er Tee wi Fk gen .— in - gr a, . u a v Uag Sn EN a Tr % -i nn BER ” 7 En Kr 22 am “ “ Sara > Ku ve a 07 f “ r nn Br neh . w, PX - re r - De » n 2 . ” 2 ir 3 . ei e Eee . N it - = x u went 2 D% tz, “ ars AN a RENT IE LE TELIE TE - .. a ,’ 7 ei N 5 _ Y = ee Sa, < fe a : ni u > = s El , } er - a > « } ee, “ £ - . RL a £ - nn = Y vw. “ Fr RZ en nn - a Ba BZ ur 7 es „ % Ener - pe ae x = . : , . AR Fa 2 . a r ” er: . ie I E 2 > Bet > E n Pc nz Fr > ei EEE ur 2 x a ee unser u n BSH Ta TR LUFT EIER TO VBSEO ARSTER LESE AZ TR DS TER FRAGEN TEE URS U ME 3 FREE. EAU AU FL EL KSOERE Uz 1 Tum—ree vu Me | i ü j | \ | R SICH 9: ST SR @: STIRBT I Bu u. A SAH ; N 7 nn or 2 u ER . Fünfundvierzigster i tale 2 Schlesischen Gesellschaft, .ah® (eb INS ) 1 x A nt N E für vaerländische Oultur. n “ Enthältr den Generalbericht über die Arbeiten und Veränderungen | der Gesellschaft im Jahre 1867. Breslau 1868. Bei Josef Max und Komp. Fünfundvierzigster Jahres-Bericht und Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Oultur. Breslau, 1868. Bei Josef Max und Komp. P} au Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1867, abgestattet in der allgemeinen Versammlung am 20. December 1867 vom Bürgermeister Dr. Bartsch, z. Z, General-Secretair, k. Laufe des nun zu Ende gehenden Jahres sind in der Zusammen- setzung des Präsidiums Veränderungen nicht eingetreten. Die Gesellschaft hatte sich auch während dieses Zeitraums der umfassenden Fürsorge und unermüdlich anregenden und fördernden Leitung ihres allgemein verehrten Präses zu erfreuen. In dieser Beziehung verdient hervorgehoben zu wer- den, dass das Präsidium vor Kurzem bei den Königlichen Staatsbehörden darum nachgesucht hat, der Schlesischen Gesellschaft Corporationsrechte zu verleihen, um ihre Anerkennung nach aussen dauernd sicher zu stel- len und den Einfluss ihrer Wirksamkeit zu erhöhen. Es steht wohl zu hoffen, dass unserer durch ihre Bestrebungen und Leistungen während ihres mehr als halbhundertjährigen Bestehens bewährten Gesellschaft jene Anerkennung nicht werde versagt werden. Unser Bibliothekar Dr. Drescher ist uns leider durch einen plötz- lichen Tod entrissen worden. Die Gesellschaft verlor in ihm ein thätiges Mitglied und einen treuen, werthgeschätzten Beamten, die Wissenschaft einen strebsamen, vielversprechenden Gelehrten. An dessen Stelle wurde der Redacteur der Schlesischen Provinzialblätter Herr Th. Oelsner von dem Präsidium zum Bibliothekar ernannt und in die Verwaltung ein- geführt. Im Laufe des Jahres verstarben ausser Dr. Drescher der Pro- fessor Dr. med. Otto Weber zu Heidelberg, correspondirendes Mitglied der Gesellschaft, und die wirklichen Mitglieder: Wundarzt Dr. Hauffen, 1° A Jahres-Bericht Geh. Commercienrath Theodor Molinari, Oberforstmeister von Panne- witz, Probst Schmeidler, Markscheider Heer zu Rybnik und Geh. Hofrath Dr. med, Zemplin auf Lorzendorf. Ausgetreten sind — meist wegen dienstlicher Versetzung oder Ver- legung des Wohnsitzes — 17 Mitglieder, dagegen folgende 20 ae im Jahre 1867 neu aufgenommen, nämlich die Herren: 1) Regierungs-Rath Kelch, 2) Kaufmann Fritz ee 3) Kaufmann Paul deiden 4) Gutsbesitzer Wolfsohn, 5) Kaufmann Moritz Tietze, 6) Assessor Dr. Meyer, 7) Kanzlei- Rath Klose, 8) Partieulier Severin, 9) Stadtgerichts - Rath Dobers, 10) ehemaliger Rittergutsbesitzer Pilasky, 11) Oberst- Lieutenant Blankenburg, 12) Sanitätsrath Dr. Methner, 13) Fabrik-Inspector Winkler zu Giesmannsdorf bei Neisse, 14) Dr. phil. Blümner, 15) Dr. Weniger, 16) Dr. phil. Förster, 17) Gymnasial-Lehrer Peiper, 18) Prediger Schenk, 19) Ober-Berg-Rath Runge, 20) Professor Dr. Goeppert jun. Zum Ehrenmitgliede wurde ernannt: Herr Professor Dr. Koch, General-Secretair der Gartenbau-Ver- eine in den Preussischen Staaten zu Berlin, und das Diplom als ecorrespondirende Mitglieder erhielten: 1) Herr Regierungs-Rath Freiherr von Wolzogen in Schwerin; 2) Herr Regierungs-Präsident, Geh. Regierungs-Rath Dr. Elwanger zu Kiel; 3) Herr Elementarlehrer Limpricht zu Bunzlau, Herausgeber einer Sammlung schlesischer Moose; und 4) Herr Dr. phil. Carl Kletke zu Berlin. Dem Herrn Pastor Cochlovius in Schönwalde bei Creuzburg wurde bei seinem fünfzigjährigen Amts-Jubiläum, in Anerkennung seiner Ver- dienste um den Obstbau die silberne Medaille der Gesellschaft verliehen. Die Zahl der Mitglieder der Gesellschaft stellt sich gegenwärtig auf 330 wirkliche einheimische, 91 wirkliche auswärtige, 39 Ehrenmitglieder und 220 correspondirende Mitglieder. Unsere Section für Obst- und Gartenbau zählt für sich 113 einhei- mische und 259 auswärtige Mitglieder. Allgemeine Versammlungen wurden sieben abgehalten, in wel- chen, nächst dem Vortrage des Jahresberichts von 1866 durch Herrn Director Dr. Schönborn und des Privatdocenten Herrn Dr. A. Schultz: „Miscellen aus mittelalterlichen Chroniken und Annalen“, in der allgemeinen Versammlung vom 28. December v. J., über folgende Gegenstände gesprochen wurde: am 8. Februar e, von Herrn Berghauptmann und Geh. Ober-Berg- der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 5 Rathe, Stadtrath Dr. von Carnall über Deutschlands Eisen-In- dustrie, deren Fortschritte und weitere Aussichten; am 24, Februar c. von Herrn Professor Dr. Kutzen über die Al- penseen und ihren Einfluss auf Gemüth und Leben der Menschen , am 29. März c. von Herrn Dr. Drescher über das Todesaustreiben und den Sommeranfang bei den deutschen und slavischen Schlesiern; am 12. April e. von Herrn Professor Dr. med. Neumann über Ehen in der Blutsverwandtschaft und insbesondere auch deren Folgen für die Nachkommenschaft ; am 25. October c. von Herrn Kreis-Physicus Dr. Friedberg über die Wirkung des Chloroforms und am 29. November e. von Herrn Professor Dr. Kutzen über die seit dem Prager Frieden des vorigen Jahres so oft genannte Main- Linie in ihrer geographischen Eigenthümlichkeit und historischen Bedeutung. Ueber den Erfolg der in der Versammlung vom 6. November pr. beschlossenen und am 20. November pr. von dem Präses der Gesellschaft zu Berlin überreichten Adresse an Se. Majestät den König wegen Be- gründung einer Kunst- Akademie und eines Kunst-Museums in Schlesiens Hauptstadt kann noch nichts gemeldet werden. Se. Excellenz der Herr Minister für die landwirthschaftlichen Ange- legenheiten hat sich zur Zeit ausser Stande erklärt, die Mittel für die nothwendigen Baulichkeiten auf dem von der Stadt zur Einrichtung eines ‚pomologischen Gartens uns überwiesenen Grundstücke zu Altscheitnig aus Staatsfonds zu gewähren. Das Präsidium hat daher beschlossen, bei dem nächsten Schlesischen Provinzial Landtage eine Petition um Bewilligung dieser Mittel aus Provinzialfonds einzubringen. Dagegen hat der Herr Minister die Fortgewährung der bisherigen jährlichen Unterstützungen von 150 Thalern unserer Section für Obst- und Gartenbau wieder bewilligt. Oeffentliche Vorträge sind auch für dieses Winterhalbjahr in dem von der Königlichen Universität in dankenswerther Weise wieder bewillisten Musik-Saale veranstaltet und von den Herren: Privat-Docent Dr. phil. Max Karow, Kreis-Physieus Dr. Friedberg, Privat-Docent Dr. Oginski, Dr. med. Heller, Oberlehrer Palm, Berghauptmann Geh. Ober-Bergrath Dr. von Carnall, Justizrath Fischer, Ober-Wundarzt Dr. Hodann, Gymnasial-Lehrer Dr. Eitner, Staats-Archivar Professor Dr. Grünhagen, Oberlehrer Dr. Reimann und Professor Dr. Eberty gefälligst übernommen worden. Die Rechnung der allgemeinen Kasse und über den besondern Fond der Section für Obstbau ist für 1866 von dem Kassirer Herrn Commer- cien-Rath Franck mit gewohnter Sorgfalt gelegt und nach erfolgter Re- vision dem Herrn Rechnungsleger dechargirt worden. Jahres-Bericht Das Stiftungsfest wurde von der Gesellschaft am 27. Januar e. unter lebhafter Betheiligung gefeiert. | Ueber die Thätigkeit der einzelnen Seetionen haben die Herren Secretaire Folgendes berichtet: Die naturwissenschaftliche Section (Seceretaire: Staatsrath a. D. Prof. Dr. Grube und Prof. Dr. Römer) der Schlesischen Gesellschaft hat im Jahre 1867 10 Sitzungen gehalten. In diesen wurden folgende Vorträge gehalten: 16. Jan. Herr Prof. Roemer über die Sectionen Gleiwitz, Königshütte, 13. Febr. 13. März. 3. April. 1. Maı. 20. Juni. 17. Juli. 20. Nov. 4. Dee. Loslau und Pless der Oberschlesischen Karte, und einige Reste von Säugethieren aus dem Schlesischen Diluvium, - Herr Prof. Grube über neue Land- und Seeplanarien. Herr Herr Herr Herr Herr Herr Herr Herr Herr Herr Herr Herr Prof. Galle Beobachtungen über Cometen aus neuerer Zeit. Prof. Sadebeck (Schriftliche) Mittheilungen über die mitteleuropäische Gradmessung. Dr. Wilckens über das Wiederkauen des Schafes. Prof. Grube über neue Formen von Sipunkeln. Prof. Löwig über Desinfections-Mittel. Prof. Grube über einen merkwürdigen Seeigel mit bieg- samer Schale. Dr. Fiedler über schwefelsaure Strontianerde in La- sern bei Ratibor. Prof. Grube über neue Schlangensterne und Anneliden. Prof. Roemer über mehrere neu erschienene paläonto- logische Werke, über schwarzen Spinell aus New-York und die im alten Rom verwendeten Baumaterialien. Prof. Grube über das jetzt wieder beobachtete Vor- kommen von Estheria bei Oswitz, eine noch nicht be- schriebene Dipterenlarve des süssen Wassers und eine auffallende Art von Onuphis. | Ober-Bergrath Runge über die Gewinnung des Bern- steins in Ostpreussen, Prof. Göppert über die Abstammung des Bernsteins. Herr Prof. Göppert über organische Einschlüsse im Diamant. Herr Herr Herr Öber-Bergrath Dr. Websky über Anwendung des Mi- kroskops in der Mineralogie. Prof. Grube über seinen Aufenthalt in St. Vaast-la- Hougue. Prof. Grube Schilderung des Thierlebens an der Küste St. Vaast-la-Hougue. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 7 18. Dee. Herr Prof. Göppert über seine auf die Pariser Ausstellung seschickten Photographien von Steinkohlenpflanzen. Herr Prof. Grube über die Clymenen. Die entomologische Section (Secretair: Herr Dr. phil. W. G. Schneider) hielt in diesem Jahre sechs Versammlungen, in welchen folgende Vor- träge abgehalten wurden: 1) In der Sitzung am 23. Januar ec. sprach Herr Hauptlehrer Letz- ner über den Rüsselkäfer Lixus Myagri und dessen vollständige Verwandlungsgeschichte, welche bis jetzt noch nicht bekannt war, Derselbe beschrieb ferner einen neuen, von ihm entdeckten schlesischen Käfer unter dem Namen Anthobium silesiacum. 2) In der Sitzung am 25. März, c. demonstrirte Herr Dr. med. G. Joseph mehrere bisher in Schlesien noch nicht gefundene Käfer aus der Familie der Staphyliniden. 3) In der Sitzung am 1. April e. machte Herr Dr. Wocke Mit- theilungen über eine neue Art von Nepticula aus Südfrankreich, deren Larve in den Blättern von Pistacia Terebinthus und Rhus cotinus minirt. Ferner sprach derselbe über mehrere unsichere Lepidoptern-Arten, welche als vermittelnde Uebergangsformen zu betrachten sind. Der Secretair Dr. phil. Schneider beschrieb eine neue Art aus der Familie der Phryganeiden, nämlich Ana- bolia stigmatica, aus Finnmarken. 4) In der Sitzung am 11. November c. erläuterte Herr Hauptlehrer Letzner die Käfer-Familie Elateridae und insbesondere die schle- _ sischen Arten der Gattung Oryptohypnus. 5) In der Sitzung am 25. November ce. machte Herr Dr. med. G. Joseph Mittheilungen über die Käferfauna von Primuchim im Innern Russlands. 6) In der Sitzung am 9. December ce. machte Herr Dr. Wocke Mittheilungen über die von ihm in diesem Jahre in Schlesien gefundenen, für unsere Fauna neuen Lepidoptern, so wie über neue Vorkommnisse einzelner seltener Arten. Für die neue Etatsperiode 1868/69 wurde Herr Dr. med. G. Joseph als Secretair gewählt. Die botanische Section (Secretair: Herr Prof. Dr. Ferdinand Cohn) hat im Jahre 1867 neun Sitzungen gehalten. Es trugen vor die Herren: Dr. Engler über ein altes Breslauer Weidenherbarium — über Pa- Jahres-Bericht pier aus Weidenwolle -— über die Flora von Teschen und dem mährischen Gesenke — über verschiedene Monstrositäten; Geh. Rath Prof. Dr. Goeppert über neue Einrichtungen des bota- nischen Gartens und botänischen Museums — über Gwuielmites permicus von Volpersdorf — über Erblichkeit von Farnmonstro- sitäten — Nachruf an den Oberforstmeister von Pannewitz; General von Jacobi, Exc., über Agave Goeppertiana und einige andere neue Agaven — über eine mexicanische Agavenschrift — botanische Reiseeindrücke aus Frankreich; Prof. Dr. Koerber: über tropische Flechten, insbesondere aus Cuba — über ein Manuscript von Bayrhofer; Dr. Milde: über die Farnflora von Kleinasien, Sibirien und Amur- land — über Novitäten der Schlesischen Kryptogamenflora, und über Limprichts Bryotheca silesiaca — über die Familie der Osmundaceen; Stabsapotheker Müncke: über die Flora von Nieder-Oesterreich und Mähren; Dr. Stenzel: über Eichengallen — über einen Bastard von Geum rivale und montanum; Dr. Schneider: über Halliers Cholerapilz; Schulrath Dr. Wimmer: über einige hybride Weiden; der Secretair: über die neuesten Mikroskope, insbesondere von Hartnack und Gundlach — über eine neue heizbare Kammer am Mikroskop — über die botanischen Modelle von Lohmeyer und Brendel — über Clytia — über Bacterien in Cholera- dejectionen und Cholerabrunnen — über ein neues Handmikro- skop von Gundlach. Für die Etatszeit 1868/69 wurde der bisherige Secretair wieder- gewählt. An dem®von der Section begründeten botanischen Lesezirkel nehmen 25 Mitglieder theil. Die medicinische Section (Seeretaire: Herr Prof. Dr. Förster und Prof. Dr. Heidenhain) hielt im Jahre 1867 dreizehn Sitzungen, in denen folgende Gegen- stände behandelt wurden: I. Sitzung, am 25. Januar: 1) Die Section setzt die in der letzten Sitzung des vorigen Jahres begonnene Discussion über Icterus gravis fort, bei welcher Gelegenheit Herr Waldeyer mikroskopische Präparate vorlest. 2) Herr Jany spricht über einen Fall acuter syphilitischer Ge- hirn- und Augenentzündung. Il. Il. IV. VL v2. nn. IX. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 9 3) Herr Köbner trägt über pflanzliche Parasiten auf der Haut vor. 4) Herr Waldeyer demonstrirt einen multiloculären frischen Ovarialtumor. Sitzung, am 15. Februar: 1) Herr H. Cohn spricht über Mikroskopie am lebenden Auge. 2) Herr Friedberg über Gehirnquetschung. Sitzung, am 1. März: 1) Herr Barisch berichtet über drei Fälle von Erkrankungen in der Brusthöhle. 2) Herr Waldeyer über Adenome, Kystome, Epithelialearei- nome und ihr gegenseitiges Verhältniss. Sitzung, am 15. März: 1) Herr Förster über die Gesichtswahrnehmungen der Am- blyopischen. 2) Herr Gottstein über intralaryngeale Beobachtung und Lös- barkeit der Croupmembranen. 3) Herr Hodann über das Endoskop und einige daran von ihm angebrachte Verbesserungen. . Sitzung, am 29. März: 1) Herr Bujakowski über Atresia ovi und eine von Herrn Freund vorgenommene Operation derselben. 2) Herr G. Joseph Mittheilungen aus dem Kriegsreservelazareth. Sitzung, am 17. Mai: 1) Herr Freund über eine neue Methode der Behandlung der retroflexio uteri. 2) Herr Auerbach über einen Fall von Atrophie eines Armes als Folge einer Obliteration der gesammten Hauptarterien desselben. Sitzung, am 31. Mai: 1) Herr Lebert über Tuberculose. 2) Herr Freund demonstrirt einige Uteringeschwülste. Sitzung, am 12. Juli: 1) Herr Friedberg über einen Fall von Riesenwuchs einer untern Extremität. 2) Derselbe über einen Fall von Schussverletzung der art. iliaca commumis destra. Sitzung, am 11. October: 1) Herr Grätzer über die Armenkrankenpflese Breslau’s im Jahre 1866. 2) Herr Waldeyer über den Bau des Ovariums. . Sitzung, am 1. November: 10 Jahres-Bericht 1) Herr Heidenhain: Mittheilungen aus dem physiologischen Institute. XI. Sitzung, am 15. November: 1) Herr H. Cohn stellt einen Patienten mit Operation eines Stephyloms nach der Methode von Critchet vor. 2) Herr Köbner berichtet über zwei Fälle von Sarcomen. 3) Herr Waldeyer über den Bau der in dem letzten Vortrage beschriebenen Sarcome. XI. Sitzung, am 6. December: 1) Herr Paul über ein Sarcom der Orbita und Hirnhöhle. 2) Herr Wyss über einen eigenthümlichen Farbstoff des Cholera- Harnes. XII. Sitzung, am 13. December: 1) Herr Freund über Procto-Perinaeoplastik. 2) Herr Ebstein berichtet über drei Fälle von Aneurysmen. 3) Herr Heidenhain über die Einwirkung des Chinin auf die Gefässnerven, In der Sitzung am 6. December wurden die bisherigen Secretaire wiedergewählt. Die meteorologische Section (Seceretair: Herr Prof. Dr. Galle) hat im Jahre 1867 eine Sitzung gehalten, am 17. December, in wel- cher der Secretair einen Vortrag hielt über die zwischen den Stern- schnuppen und Meteoren und zwischen den Cometen aufgefundenen Be- ziehungen. Der bisherige Secretair wurde für die nächste Etats-Zeit wieder- - gewählt. In der technischen Section (Secretair: Herr Director Dr. Gebauer) wurde am 17. December der bisherige Secretair für die nächste Etatszeit wiedergewählt. Vorträge fielen in diesem Jahre aus, jedoch sind die Zeitschriften der Section aber in geordneter Weise den betreffenden Mit- gliedern zugestellt worden. Die ökonomische Section (Seeretair: Herr Kraker von Schwarzenfeld) unter Leitung des Herrn Geh. Ober-Reg.-Rathes Dr. Elwanger ver- sammelte sich im Laufe des Jahres zweimal, am 29. Januar und am 12. März, worin Herr Gutsbesitzer Fiedler einen Vortrag hielt über die volkswirthschaftlichen Verhältnisse des Grossherzogthums Posen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 11 Wegen Abgangs des Herrn Geh. Ober-Reg.-Raths Dr. Elwanger nach Schleswig ward eine Neuwahl des Secretariats erforderlich, die unter der Leitung des Herrn Vicepräses von Görtz am 17. December 1867 erfolgte und auf den Herrn Kraker von Schwarzenfeld auf Gross-Sürding fiel, welcher sich auch bereit erklärte, die Wahl anzu- nehmen. Die Section für Obst- und Gartenbau (Seeretair: Herr Kaufmann und Stadtrath E. H. Müller) hielt im Jahre 1867 neun Sitzungen. In denselben hielten Vorträge: 1) Herr Garten-Inspector Stoll: Ueber Wein-Cultur in Italien und Ueber Ricinus communis ; 2) Herr Städtischer Promenaden-Obergärtner Lösener: Ueber Hausgärten; 3) Herr Stadt-, Forst- und Oekonomie-Rath Dr. Fintelmann: Ueber Anlage, Pflege und Nutzen lebendiger Hecken; 4) Herr Prof. Dr. Ferdinand Cohn: Ueber Pariser Gartenanlagen; auch wurden mehrere schriftliche Abhandlungen und Berichte auswärtiger Mitglieder über verschiedene Gegenstände von gärtnerischem Interesse vorgetragen. Ausserdem war mannigfaches Material zu Verhandlungen geboten, durch mündliche Mittheilungen, Vorlage weiterer Lieferungen kostbarer pomologischer Kupfer- und plastischer Werke, die laufenden Geschäfte und inneren Angelegenheiten der Section. Eine reichliche Gratis-Vertheilung von Obst-Edelreisern, Gemüse- und Blumen-Sämereien fand statt. Das für Erstere erforderliche Material konnte fast lediglich dem Sectionsgarten entnommen werden, während neben einigen Mitgliedern derselbe auch einen ansehnlichen Theil der Letzteren lieferte. Der Bibliothek der Schlesischen Gesellschaft wurden die Fortsetzungen vorerwähnter Kupferwerke und die Bücher und Journale überwiesen, welche in dem in zeitherigem Umfange bestehenden Lesezirkel hiesiger Mitglieder coursirt hatten. Die für den 6. und 7. October ce. veranstaltete Ausstellung von Obst- früchten war reichlich beschickt und erweckte auch bei einem grösseren Publikum ein so lebhaftes Interesse, dass eine zweitägige Prolongation derselben sich bewährt erwies. Die Obstbaum-Culturen in dem erpachteten Garten und Felde wur- den ordnungsmässig fortgesetzt und gepflegt, gediehen wohl, und fanden die erzogenen Producte erwünschten Absatz. 12 Jahres-Bericht Das von den hiesigen städtischen Behörden zur Anlage eines pomo- logischen Gartens auf eine lange Reihe von Jahren zugesicherte Areal wurde am 4. October ec. dem Secretair der Section übergeben. Die Um- friedung und zweckgemässe Einrichtung desselben sind in Angriff genom- men, so, dass im Frühjahr 1863 mit Baumpflauzungen und anderweiter Bewirthschaftung auf demselben vorgegangen werden kann. Grund dessen erfolgte die Kündigung der Pachten des zeitherigen Gartens und des Feldackers. Durch die nothwendige Herstellung der ausgedehnten Umfriedung und Förderung der unabweislichen, umfangreichen Erdarbeiten auf dem überwiesen erhaltenen Terrain wird das aufgesammelte Capital-Vermögen der Section absorbirt werden; dieselbe hat daher um so mehr zu bekla- sen, dass auch wiederholte Anträge des verehrlichen Präsidii der Schle- sischen Gesellschaft bei Einem Königlichen Ministerium für landwirth- schaftliche Angelegenheiten, ihrer Gartenbau-Section für deren umfassen- dere Wirksamkeit eine höhere als die zeitherige Subvention gewähren zu wollen, abgewiesen wurden. Die unbedingt erforderliche Erbauung eines Gärtnerhauses und ein rasches Fortschreiten auf der erreichten Bahn erscheint deshalb momentan unthunlich, dennoch zweifeln wir nicht, dass sich Mittel finden lassen werden, in nicht ferner Zeit auf der durch die hiesigen städtischen Be- hörden mit der anerkennenswerthesten Munificenz, zum Zwecke der Hebung eines hochwichtigen Landesculturzweiges, überlassenen weiten Area das angestrebte gemeinnützige Ziel zu erreichen. Für die nächste Etatszeit wurden wieder erwählt: Als erster Secretair, der Kaufmann und Stadtrath E. H. Müller; als zweiter oder stellvertretender Secretair, Herr Bureau-Director Inkermann; als Mitglied der städtischen Promenaden-Deputation, Herr Prof. Dr. Ferdinand Cohn; und in die Commission für Verwaltung des Sections Gartens 1) Herr Bureau-Direetor Inkermann; und an Stelle des wegen überhäufter Amitsgeschäfte, seine Wie- derwahl ablehnenden Herrn Stadt-Schulrath Dr. Wimmer, 2) Herr Stadt-, Forst- und Oekonomie-Rath Dr. Fintelmann. Die historische Section (Secretair: Herr Prof. Dr. Kutzen). Dieselbe hielt während des Jahres 1867 neun Sitzungen, in welchen folgende umfassendere Vorträge gehalten wurden: 1) Herr Dr. Drescher: Ueber den gegenwärtigen Standpunkt der Kenntniss von den heidnischen Alterthimern Schlesiens. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 13 2) Der Privatgelehrte Herr August Mosbach: Ueber die Ruthenen in Galizien. 3) Herr Gymnasiallehrer Dr. Markgraf: Das Verhältniss Georgs von Böhmen zu Papst Pius 1. 4) Herr Oberlehrer Dr. Reimann: Die Unterhandlungen Oester- reichs mit der Pfalz über die bayerische Erbfolge. 5) Herr Director Schück: Ueber Minnehöfe und Minnegerichte. 6) Derselbe: Ueber die Bestrebungen Friedrich Wilhelms III. und seiner Räthe, hauptsächlich in Beziehung auf innere Reformen während der Jahre 1797 —1807. 7) Herr Oberlehrer Dr. Reimann: Die Unterhandlungen Friedrichs 1. und Josephs U. im April 1778. 8) Herr Oberlehrer Palm: Bethlen Gabor’s Theilnahme an der Conföderation der Schlesier und Böhmen in den Jahren 1619 und 1620. 9) Herr Dr. Heinrich Thiele: Ueber die Belagerung Breslau’s 1806/7. Ausser dem letztgenannten Vortrage fand in derselben Sitzung die Wiederwahl des bisherigen Secretairs für die nächste Etatsperiode statt. Die pädagogische Section (Secretair: Herr Director Dr. phil. Kletke). Nachdem die von der pädagogischen Section im Jahre 1866 auf Grund der von Herrn Dr. Hermann Cohn angestellten augenärztlichen Untersuchungen gemachten Vorschläge ‚Zur Verbesserung der Schul- zimmer‘ von dem Präsidium der Schlesischen Gesellschaft zum Druck befördert und den Schulbehörden und Schulen zur allgemeinen Berück- siehtigung empfohlen worden waren, und auch bei der Anlage neuer städtischer Schulhäuser und deren Einrichtung hierorts anzuerken- nende Beachtung gefunden haben, erachtete die Section diesen Ge- senstand ihrer practischen Thätigkeit für erledigt und begab sich auf das Gebiet der Didaktik. Wiewohl nun die noch im Jahre 1866 ge- haltenen Vorträge über deutschen, geographischen Unterricht u. s. f. wohl geeignet waren, die Theilnahme der zu den Versammlungen ein- geladenen Lehrer zu wecken, waren dieselben von solchen doch nur spärlich besucht. Die Section hat sich daher im Jahre 1867, auf weitere Versuche der Art verzichtend, und da sich kein practisches Object von allgemeinerm Interesse bot, auf eine Versammlung am 8. De- cember beschränkt, in welcher der Secretair die im Jahre 1710 bei Ein- weihung des neuen Gymnasiums zu St. Maria Magdalena stattgefundene Feierlichkeit beschrieb und die dabei gehaltenen Reden nach authentischen Quellen mittheilte. So grosses Interesse diese Mittheilungen bei den an- 14 Jahres-Bericht wesenden Mitgliedern erweckten, liess doch der spärliche Besuch auch dieser Versammlung Seitens der Lehrer Collegien hiesiger höheren Schulen, an welche sämmtlich eine Einladung ergangen war, die Thätigkeit der Section nicht als ein Bedürfniss erkennen, weshalb auch der zeitherige Secretair eine Wiederwahl nicht anzunehmen geneigt war. Es wurde hierbei die Wahrnehmung ausgesprochen, dass theils die Thätiskeit der Gesellschaft sich in zu viele Sectionen zersplittere, theils, dass ihr die besten Arbeitskräfte durch die ausser ihr bestehenden wissenschaftlichen und Kunstvereine entzogen werden. Schliesslich nahm Herr Director Dr. phil. Kletke die Wahl für die nächste Etatszeit versuchsweise an. Die philologische Section (Seceretair: Herr Director Dr. Wissowa). Diese hielt im Jahre 1867 eine Sitzung, am 17. December, worin Herr Director Dr. Schönborn über die Entzifferung der Handschriften in lyeischer Sprache handelte. Als Secretair wurde Herr Director Dr. Wissowa für die nächste Etatszeit wiedergewählt. Die juristische Section (Secretair: Herr Appellations-Gerichts-Präsident Dr. jur. Belitz) hat im Laufe des Jahres vier Sitzungen abgehalten. Am 13. Februar sprach Herr Appellations-Gerichts-Rath Krüger über das schlesische Ehegüterrecht vor und nach dem Gesetze vom 11. Juli 1845 (Fortsetzung des Vortrages vom 29. No- vember 1866). Am 17. April, Herr Kreis-Physicus Dr. Hermann Friedbers: Ueber Zwitter. Am 16. October, derselbe: Ueber drei gerichtliche Fälle von un- bekannter Todesursache, in denen er durch den Spectral-Apparat Vergiftung durch Kohlendunst nachgewiesen hat. Am 18. December sprach Herr Director Schück über altdeutsches Walarecht. In letzter Sitzung wurde Herr Appellations - Gerichts - Präsident Dr. jur. Belitz wieder für die nächsten zwei Jahre als Secretair gewählt. Die musikalische Section (Secretair: Gymnasial-Oberlehrer Dr. Baumgart). Der Seceretair der musikalischen Section kann diesmal von einer bessern Thätigkeit derselben berichten, als in den letzt vergangenen bei- den Jahren. Von den statutengemässen vier Versammlungen haben drei der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 15 stattfinden können, am 28. November, am 3. December und am 17. December. In der ersten und zweiten hielt Herr Musik-Director Schäffer einen Vortrag über R. Franz’ Bearbeitung der Matthäus-Passion von Sebastian Bach, in welchem er zunächst über die Berechtigung solcher Bearbei- tungen älterer Musikwerke überhaupt, so wie der Bach'schen Kirchen- Compositionen insbesondere sprach, dann die von R. Franz beobachteten Grundsätze und die practische Ausführung derselben erläuterte und wür- diste, Da der Vortrag binnen kurzer Zeit veröffentlicht werden wird, so scheint eine nähere Inhalts-Angabe hier nicht nöthig. Den dritten Vortrag, am 17. December, hielt der Secretair und sprach über Accord- Verbindungs-Gesetze. Nach kurzer Darlegung der hierüber von M. Hauptmann, Helmholtz, Krüger u. A. aufgestellten Ansichten erklärte er sich für das Dominanten-Verhältniss als das engste und wichtigste Bindemittel in der neueren Harmonik und besprach mit Rücksicht hierauf die Verknüpfung von Dreiklängen. Anwesend waren in der ersten Versammlung 12 Personen, in der zweiten 10, in der dritten ebenfalls 10, Der bisherige Secretair wurde wiedergewählt. Er hofft, dass die Section auch im künftigen Jahre in lebendigerer Thätigkeit verharren wird, und kann nur den Wunsch nicht unterdrücken, dass sie unter den ausübenden Musikern in der Stadt eine grössere Zahl von Mitgliedern und Freunden gewinnen möge. Die archäologische Section (Secretair: Herr Prof. Dr. Rossbach, Magnif.) wurdeim Beginn des Jahres 1867 in der Absicht gegründet, denjenigen, welche sich fachmässigfür Archäologie,namentlich der alten Kunst, interessiren, durch Vorlage möglichst aller neuen Erscheinungen auf diesem Gebiete und eingehende Referate über dieselben die Möglichkeit zu gründlicher und methodischer Fortbildung zu geben. Vorträge über freigewählte Themata sollen nur in dem Falle gehalten werden, dass sie eigene, die Wissen- schaft fördernde Resultate enthalten. Es wurden im Ganzen während des Jahres 12 Sitzungen gehalten, in welchen ausser zahlreichen Vor- lagen namentlich die folgenden Gegenstände behandelt wurden: 1) Herr Prof. Dr. Rossbach: Ueber die Pallas Parthenes auf dem Akropolis in Athen. 2) Derselbe: Ueber die Ino Leucothea. 3) Herr Privat-Docent Dr. Schultz: Ueber die Fresken des Schlosses Runkelstein. 4) Derselbe: Ueber mehrere neu entdeckte Schatzinventare Bres- lauer Kirchen. 16 Jahres-Bericht 5) Herr Dr. Förster, Lehrer am Magdalenen-Gymnasium: Ueber die Eleusinien in Athen und die Lage der Altstadt nach Böt- tiger und Curtius, | 6) Herr Prof. Rossbach hielt drei Vorträge üben den eleusinischen Bildereyeclus, 7) Herr Dr. Blümner, Lehrer am Magdalenen-Gymnasium: Ueber bemalte Vasen mit Goldschmuck, nach einer Abhandlung von O. Jahn. 8) Derselbe: Ueber Thamyris und Sappho nach einer Abhandlung von Michaelis. 9) Herr Privat-Docent Dr. Schultz: Ueber die Seulptur im Mittel- alter im Anschluss an Viollet Leduc. 10) Derselbe: Ueber den Marienaltar des Museums schlesischer Alterthümer. 11) Herr Dr. Förster: Ueber den Mithrascultus und die Mithreen. 12) Derselbe: Ueber das Relief „Leichnam im Fischernetz‘‘ und Dr. Blümner: Ueber Kadmos und Harmonia auf einem bisher für Pelops’ Sieg gedeuteten Vasenbilde. Die Ergebnisse der Vorträge Nr. 4, 6, 10 und 12 sollen veröffent- licht werden. Am Schlusse der Sitzung vom 15. December wurde der bisherige Secretair für die nächste Periode wieder gewählt und Dr. Förster zu seinem Stellvertreter ernannt. bericht über die Kassen-Verwaltung pro 1867. Der Abschluss des Jahres 1866 ergab für die allgemeine Kasse einen Baarbestand von 615 Thlr. 13 Sgr. 5 Pf. und einen Effeceten-Bestand von 6200 Thlr. Da erhebliche Ueberschreituugen bei der Ausgabe nicht stattgefunden und die Einnahmen durch den Zutritt neuer Mitglieder, sowie durch mehr eingenommene Zinsen sich etwas gesteigert haben, so ist auch für das laufende Jahr ein verhältnissmässiger Ueberschuss zu erwarten. Dagegen haben die schon im vorigen Jahresbericht erwähnten, von der Section für Obstbau und Gartencultur theils bereits ausgeführten, theils projectirten Baulichkeiten und Einrichtungen grössere Ausgaben herbeigeführt, zu deren Bestreitung, da die von dem landwirth- schaftlichen Ministerium dafür erbetene, wenn auch mit einiger Sicherheit erwartete Subvention nicht gewährt wor- den, aus dem Effeeten-Bestande der Special-Kasse 700 Thlr. Effeeten versilbert werden mussten. Es hat sich demzufolge der Effeeten-Bestand dieser Kasse auf 900 Thlr. reducirt. Breslau, den 20. December 1867. Franck, z. Z. Cassirer der Gesellschaft. Kassen-A bschluss für das Jahr 1867. Soll Ist eingekommen. Ausgabe Ist verausgabt. einkommen nach nach i D ii dem Etat pro 21 dem Etat pro Allg emeime Kas Se, Effecten. Baar. 1866 —1867. Allgemeine Kass 6. Eiffecten. Baar. 1866/67. \ i | ) + M» Einrähme, te | ww #% # || © 4» Ausgabe. tl kb» An Bestand aus dem vorigen Jahre. . » . 2 2 u 20. 6200 613 | 13 5 || 600|[—|— | Miethe. . . ie le ar 1 ne dein, SRMERRNENNRERREREN 000 Lee _ 600 | — | — 130 I|— | — | Honorare und Remmmerationen ee Na er 0 SER Free 2 Se Re RE —_ 125 | — | — un ? 300. | —| Gehalt: dem -Gastellan, . SS ErEerEr ee rer re 300 | — | — a6 105 | 3 pAuzEneZonnfterien: 75. | —) — #Neujahrsgesehenk demselben 1. 2 ea 1 02 05 2 von 2400 »,. Niederschles.-Märk. Eisenbahn-Pr.-Oblig. a 4% 96 +2: es = B letanne 22 dem Haushällenge es “r I: 29 = „ 1200 „ Bresl.-Schweid.-Freib. „, ua = 48 „, or Be 5 Z. 7 = Er a 98 || — » 900 „ Oberschl. Eisenb.-Pr.-Oblig. lit. E. a 31%. . 314, n Unterfellung Her Mobiliar iii A a je joa | „ 1400 „ » „ lit. F. & 4,%. 63 ” 20 BE ech Hall a, OL dad abigmiaz: 20 | 3 D R a 3ly p 10L = | alien \ su Dh e . A — —| — „. 7:800 „, Preussischer Pr: ämien-Anleihe a 35% Br IS Sohreummesiiien ne, a an ee _ 2499| — | — 45), — | |\Zeitungs-Annoncen = 2 1 == 68 1 — & 308: = | Dru@ikkosten | fer 2° u 6 Re Tea u a Eee =, 2 10r 10 1580|—|— | ‚„ Beiträgen einheimischer Mitglieder: 65 |— |—| Buchbinder-Atbeiten- ... .—-. _ An... eh srl) ro. = x 12 40 —ı . . . .. Dee) . . . n . . . . . . . . . A . = 1 Pro I. Semester von 286 Mitgliedem a3 m... . 858 45 nel Fe ee nr Be ee a — | 36 \22| — nal. ” „10 ” nn ce 25|— | — | Naturwissenschaftliche Section EEE er Er 20u.lUzel — ——n 1 178 | — | — 20) 7 | EntomolosischegSechtonge. a — 2 ei 6 En A Re. 60. — | — | Technische Sdetion 87. . 2... 0 u a ee Eh oa ee SF = 308|— || » Beiträgen auswärtiger: Mitglieder: 25) | =" | Botanische" Seption .gsa H. u. 00 ae nn ee Zr a Pro I. Semester von 77 Mitgliedern & 2 ro Baer 15, 1— | —:l Jmistische 'Seetione.a— = u Tell allen er Te a 2 5 A I 60|—|—| Bibliothek. , . . ee) 7 \23| 6 —[ _ 306 | — | — || #78 |15|— | Unvorhergesehene Fälle a ee a oa — N 36/—/— | „ Eintrittsgebühren von 17 neuen Mitgliedern & 3 A E. c — Sl 150/—|—f ,„, Miethsbeitrag vom Schlesischen Kunst-Verein . . 2. .! v2 2. 150 | — I — 180 — me 5; n ” en; Gewerbe-Verein . . 2 ee EN | — | h 2 £ 6: n% klassischen Musik-Verein ae | Ve ER Bestand am Schlusse des Jahres 1867: 5 WI Kern Beitrag m hiesigen, Masistrat a9... 1... 53. u. eh: — I I — || — i Effeeten: Nibderschleiketr: Märkische Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen 2400 “| . 2 Breslau- Schweidnitz-Freiburger "n ar Er 1200 „, . Aussergewöhnliche Einnahmen: Oberschlesische Eisenbahn- Prioritäts-Obligationen lit: E.. 900 „ Für Benutzung des Saales von Frl. Lindner 3 7 —- M—% er BIS ” „” lit. F. 1400 „, Beitrag zum Gasverbrauh. . o . ... ı n 18 RE PreussischesPrämien-Anleihe 2. rs er e vom Artieus . . 14 27 10 EEE IT j Für verkaufte Lieder 20 R 1 s pi “ I” ic a ir SA0R „ Zinsen von zeitweilig angelegte Gelder sol u, u, h ; a nal 32 ie EEE En ee en ee 6200 | 3578 | 24 | 9 S; | 6200 | 3578 | 24| 9 Franck, z. Z. Kassirer der Gesellschaft. KastenAlbsahlus® für das J ahr 1867. Separatkasse der Section für Obst- und Gartenbau. Einnahme, An Bestand aus dem vorigen Jahre . , Zinsen von Eiiecten: von 300 + Bresl.-Schweidn.-Freib. Eisenb.-Pr.-Oblig. 44% 12 5 — #6 — 2 200 „, Cosel-Oderberger Eisenbahn-Prior.-Oblig. 4% 8 , — » — » 700 „ Oberschles. Eisenb.-Prior.-Oblig. lit. E. a 33% 24 „ 15 ,„ — „ 400 ,„„ Neue Posener Credit-Pfandbriefe 4% . . . 16 „ — „ — » ” ” , Mitglieder-Beiträgen: von 7 238 HuswarligenMilcliedernee. = 20 ne 0 2 Ba 2252 ‚ Beiträgen zum Lesezirkel: von 64 Mitgliedern... ..... EL re u are Einnahmen für den Garten und aus demselben: Beiträge von 132 Mitgliedern ....... 139. — GG — 4 Für Erzeugnisse und Ueberwinterungen . . . BAM Zuschuss vom Ministerium -. . . 2. . 2. 2 2 2... 10.4, Ay ln Für verkaufte 700 »g Oberschles. Eisenb.-Prior.-Oblig, litt. E. 548 4: 28 4 — % Vorschuss von der allgemeinen Kasse. ........ 165 „— „ — ” ” D2EE 5 einheimischen Mitgliedern ale .. 2.2.2... ...0.170 8 Ist eingekommen. Effecten. Baar. "6: BEP 1600 8 8 3 — 60 152 — — SR —|— > 64 Fe 2 —_ 7133 H 6 — 713 28 | — 1600 1906 28 9 Separatkasse der Section für Obst- und Gartenbau. Für den Lesezirkel: Journale und Bücher Colportation . Buchbinderarbeiten . Extraordinaria.. . Für Sämereien und Reiser zur Vertheilung: Sämereien und Versandtspesen . Insgemein: Porto Zeitungs-Annoncen Kleine Ausgaben . Druckkosten . Angeschatfte Wer ke Buchbinderarbeiten . Extraordinaria . Verkauft 5 Stück Oberschles. Eisenb.-Prior.-Oblig. lit. E. Für den Garten: Gartenpacht, Gehälter, Löhne und Remunerationen . Diverse Ausgaben . Bestand am Schlusse des Jahres: Effeeten: Breslau-Schweidnitz- en Eisenb.-Pr.-Oblig. Cosel-Oderberger Eisenb.-Pr.-O ; Neue Posener Credit-Pfandbriefe Baar 27235664 a m 2» Mn B) o)) 10 ” 4 ” 2 3, ee) 34.116 4 4 ” 11 ” 6 » 3 Pr) 3 ” 6 ” Br N ch sl b}) 3 ” 6 „ 1 ” 12 „ UM 1 ” 7 » ——» 197 - Mm —- » 336 a m ISO. Bun Sa .. 300 »g: ao: . 400 Franck, z. Z. Kassirer der Gesellschaft. ” 1600 | 1906 | 28 | 9 Ist verausgabt, Effecten. Baar. » leo M # — 81 50) — 33 | 28 4 — 99 | 13 | 10 700 — —e =. Da 900 —- ke — » ) ee f m f ee “ In. K (# h> n N } Er 4 LurE * 4 r x sau Kun f Br wer ar EI Y ai! Be a N öhozlen areR a: ‚Rosi Ban re ‚ö Damme en REES ee TEEN Zn ET TEE RER ETEE gun rm SIDE ai ea na en re Te een ‘ 2 “ Bere ne high por sen an anne DE ee : ne “ ’ fi Etat der Einnahmen und Ausgaben der „Alu Einnahmen. I. | Zinsen von Activ-Capitalien: | von 2400 3%. Niederschles.- Märk. Eisenb.-Prior. L) Oblie, Ser L a4... 22 I6H— Str. | „ 1200 ,, Breslau -Schweidn. - Freib. - Eisenb.- | Prior.-Oblie. 44 .%,..... 2 48, — | » 900 „, Oberschles. Eisenb. - Prior. - Oblig. | Lit..0.0.3%, Zeus... 0 31 ,.:105,, Ei) „ 1400 ,„ Oberschles. Eisenb. - Prior. - Oblig. Beer a een a, | „» * 300 ,„ Preuss. Präm.-Anleihe a 31), £ . 10,15,| 949 II. | Beiträge von einheimischen Mitgliedern nach der Ende 1867 verbliebenen Anzahl von Mitgliedern... .......... 1722 Ill. | Beiträge auswärtiger Mitglieder, nach der Ende 1867 verblie- benen Anzahl’ von Mitgliedern . 2.2... 2 316 IV. | Eintrittsgelder neu aufgenommener Mitglieder (12 a 3 #) .. 36 V. | Beitrag zur Miethe vom hiesigen Kunstverein ..... 2... 150 VI. | Beiträge zur Miethe vom hiesigen Gewerbeverein incl. Beleuch- tungs- und Beheizungs-Kosten .. ... 2. mare 180 VI | Beiträge zur Miethe vom Verein für klassische Musik inel. Be- leuchtungs- und Beheizungs-Kosten ..... 2.2... 0... 56 VII. | Beitrag vom hiesigen Magistrat... ... 222er 000. 100 Breslau, den Das Präsidium der Schlesischen Göppert. v. Görtz, An iemeinen Kasse“ für die Jahre 1868 und 1869. Ausgaben. Kemabrsgeschenk demselben 2... 2.2... ..00... Neujahrsgeschenk dem Haushälter Scholz ............ Heizune‘.‘.,... VO ER DA U Beleuchuupan en nee ea ae Bnferbaltungeder Mobilien.. . 2... ur... 2.0006 Heseryersicherunssbramie........ 2... seele Fesensntlatennllenin nal en se a seen Heimmses Annoncen ® non mon EIRSEROSEN pe ae Ro ou Dee Se nA Boebbimder Arbeiten». 2.2.0... en IE. a ee a re ON in MlemeeNuscabem a. u m ten aa Natıewissenschaftliche Section". . 2. ........u.. 2... Enemmelosische’sechoen. . 2... . 2.2... nn. Herimisebensectone 20 na. en. le en ae Botanische Seetion.'. ........ as le dal). December 1867, esellschaft für vaterländische Cultur. isch, Schönborn, Franck, 1 \ En NETTER ER | us Die Krat al Buena ar Kae en } j w a ee ei ende us | © {n w sein { Fr Kr u ehem jr neun f Pr NE Wa ee ee TThamrarniinnehe er der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 17 Bericht über die Bibliotheken und Museen im Jahre 1867. Die Bibliotheken der Gesellschaft haben im abgelaufenen Jahre einen Zuwachs von 503 Nummern mit 1473 Bänden, Heften oder Blättern erfahren, wovon auf die allgemeine Bibliothek 421 Nummern mit 1094 Bän- den, Heften oder Blättern; auf die schlesische 82 Nummern mit 379 Bänden, Heften oder Blättern entfallen. An Gesellschaftsschriften verdanken dieselben ihre Vermeh- rung, ausser 20 schlesischen, 87 deutschen, 22 österreichischen, 10 schwei- zerischen, 7 italienischen, 5 niederländischen, 5 russischen, 3 französischen, 3 belgischen, 2 luxemburgischen, 2 dänischen, 2 schwedischen, 2 unga- rischen, und je 1 englischen, siebenbürgischen, norwegischen, amerika- nischen, ostindischen, australischen, zusammen 156 ausserschlesischen Vereinen, Behörden und Instituten. Unter den Spenden Einzelner ist besonders einer Schenkung des Herrn Sanitätsrath Dr. Grötzner zu erwähnen, welche jedoch, zufolge der durch Kunstausstellung und Tod des Bibliothekars entstandenen Unter- brechung im Bibliotheksdienste, noch nicht geordnet und verzeichnet wer- den konnte; ferner einer durch Herrn Stadtgerichtsrath Güttler zuge- wandten namhaften Anzahl kleinerer, meist schlesischer Gelegenheits- schriften u. dergl. aus dem Nachlasse des Stadtrath a. D., Stadtältesten Pulvermacher. Herr Prof. Kützing fährt in Schenkung der Liefe- rungen seiner werthvollen phykologischen Sammlung fort. Herr Dr. Fer- dinand Müller in Melbourne fügte seiner diesmaligen Sendung einen (Wuartband trefflicher lithographischer Abbildungen der in Victorialand heimischen Pflanzen bei. An Einzelheiten dürfen wir mit besonderem Danke eines von Herrn Stadtrath Müller überwiesenen Manuscriptbandes zur schlesischen Geschichte (Peterswaldauer Kirchenchronik) und einer von Herrn Gymnasial-Lehrer Dr. Tobias in Zittau gesandten alten schle- sischen Dissertation Erwähnung thun, da dergleichen äusserlich unschein- bare Sachen erst in den Händen einer öffentlichen Bibliothek gegen früheres oder späteres Verlorengehen gesichert sind. Unter den Vereins-Zusendungen nehmen diesmal die der Smithsonian institution (Washington), der Society of natural history in Boston und der Academie zu Brüssel die Hauptstelle ein, leider scheint die bändereiche Bostoner Sendung unterwegs eine Decomplettirung erlitten zu haben. Die Namen der Behörden, Institute, Vereine und einzelnen Personen, von deren wohlwollender Betheilisung die oben aufgezählte Vermehrung 2 18 Jahres-Bericht der Bibliotheken herrührt, sind, mit beigefüster Zahl der zugewandten Werke, folgende: A. Bei der schlesischen Bibliothek. a. Von Behörden, Instituten, Vereinen ete. Der Magistrat zu Breslau 1, die Universität daselbst 55, die Han- delskammer das. 1, der Verwaltungsrath der Oberschlesischen Eisenbahn das. 1, das Museum schlesischer Alterthümer das. 2, das jüdisch-theolo- gische Seminar Fränkelscher Stiftung das. 1, der kaufmännische Verein das. 1, das Friedrichs-Gymnasium das. 1, das Matthias- Gymnasium das. 1, das Magdalenen-Gymnasium das. 1, die Realschule am Zwinger das. 1, die Realschule „zum heiligen Geist‘ das. 1, die höhere Töchterschule „am Ritterplatze‘“ das. 1, der Gewerbeverein das. 1, die Ritterakademie zu Liesnitz 1, die Realschule zu Neisse 1, die Philomathie zu Neisse 1, der botanische Verein zu Landeshut 1, die „ökonomisch - patriotische So- cietät der Fürstenthümer Schweidnitz und Jauer“ zu Jauer 1, der allge- meine landwirthschaftliche Verein im Kreise Oels 1. b. Von einzelnen Geschenkgebern. Die Herren Privat-Docent Dr. med. et phil. Hermann Cohn in Breslau 1, Dr. phil. Rudolf Drescher (7) 1, Prof. Dr. E. Friedberg in Halle a. S.1, Bauschul-Direetor Gebauer in Breslau 1, Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Göppert in Breslau 8, Prov.-Archivar Prof. Dr. Grünhagen 2, Redacteur Janke in Breslau 2, Prof. Dr. Kastner in Neisse 1, Stadtrath Kaufmann E.H. Müller in Breslau 2 (davon 1 in vielen einzelnen Heften und Blättern), Redacteur Th. Oelsner in Breslau 11, durch Stadtgerichts-Rath Güttler aus dem Nachlass des Stadtraths a. D. und Stadtältesten Pulvermacher in: Breslau 192, Castellan Reisler in Breslau 4, Buchhändler Ruthardt in Breslau 23, Antiquar Stett im Breslau 1, Hauptlehrer Stütze in Breslau 1, Gymnasiallehrer Dr. Tobias in Zittau 1, Instituts-Vorsteherin Fräulein Lindner in Breslau 1. Gekauft oder eingetauscht wurden 27 Nummern mit 52 Bänden oder Heften etec. B. Bei der allgemeinen Bibliothek. a. Von Behörden, Instituten, Vereinen ete. - Die Geschichts- und alterthumsforschende Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg 1, dieuaturforschende Gesellschaftund der Kunst-und Handwerksver ein des Osterlandes zu Altenburg1, der Gewerbeverein zu Altenburg 1, die königl. Akademie der Wissenschaften zu Amsterdam 3, der historische Verein für Mittelfranken zu Ansbach 1, der historische Verein für Unterfranken zu Aschaffenburg und Würzburg 1, die naturforschende Gesellschaft zu Basel 2, der Gewerbeverein zu Bamberg 3, der historische Verein zu Bamberg 1, der historische Verein von Oberfranken zu Bayreuth 1, der Verein für Geschichte der Mark Brandenburg zu Berlin 5, die königliche Akademie der Wissenschaften zu Berlin 11, die Universität zu Berlin 6, die deutsche geologische Gesellschaft zu Berlin 5, die juristische Gesell- schalt zu Berlin 2, der botanische Verein für die Provinz Brandenburg der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 19 zu Berlin 1, die königlich niederländische Gesandtschaft zu Berlin 2, die naturforschende Gesellschaft zu Bern 1, die Academia delle scienze dell’ instituto zu Bologna 3, der naturhistorische Verein der preussischen Rhein- lande und Westphalens zu Bonn 2, der landwirthschaftliche Verein für Rheinpreussen zu Bonn 8, die Society of natural history zu Boston 34, das Institut für Heilgymnastik zu Bremen 1, der naturwissenschaftliche Verein zu Bremen 1, der Naturforscher-Verein zu Brünn 3, die k. k. mähriseh-schlesische Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues etc. zu Brünn 5, der Werner-Verein zu Brünn 2, die Academie Royale de mede- cine de Belgique zu Brüssel 4, die Academie Roy. des sciences de Belgique zu Brüssel 9, die Geological survey of India zu Calcutta 6, die Universität zu Christiania 6, der Geschichts-Verein zu Chur 1, der Haupt-Verein west- preussischer Landwirthe zu Danzig nebst der ostpreussischen landwirth- schaftlichen Centralstelle zu Königsberg 6, die naturforschende Gesell- schaft zu Danzig 2, der Verein für Erdkunde zu Darmstadt 1, die k. k. Leopoldinisch -Öarolirische deutsche Akademie der Naturforscher zu Dresden 2, die naturwissenschaftliche Gesellschaft zu Dresden 6, das statistische Bureau des königlich sächsischen Ministerzums des Innern zu Dresden 2, die Versammlung deutscher Land- und Forstwirthe zu Dres- den 2, der naturwissenschaftliche Verein der Rheinpfalz „Pollichia“ zu Dürkheim a. H. 3, der landwirthschaftliche baltische Central-Verein zu Eldena 9, die naturforschende Gesellschaft zu Emden 1, der Verein für Geschichte und Alterthumskunde zu Erfurt 1, die Universität zu Er- langen 16, der ärztliche Verein zu Frankfurt a. M. 3, der zoologische Garten zu Frankfurt a. M. 9, die Senkenbergische naturforschende Ge- sellschaft zu Frankfurt a. M. 5, der physikalische Verein zu Frank- furt a.M. 1, die Academia Reale economico-agraria de’ Georgofili zu Florenz 8, der landwirthschaftliche Centralverein zu Frankfurt a. O. 1, die königl. Berg-Akademie zu Freiberg 1, das königl. Ober-Berg-Amt zu Freiberg 1, der Gewerbe-Verein zu Freiberg.2, die naturforschende Gesellschaft zu Freiburg i. B. 3, die naturwissenschaftliche Gesellschaft zu St. Gallen 2, die Societe de physique et d’hist. nat. zu Genf 1, die oberhessische Gesell- schaft für Natur- und Heilkunde zu Giessen 1, die oberlausitzische Ge- sellschaft der Wissenschaften zu Görlitz 2, die königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1, der historische Verein für Steiermark zu Graz 5, der naturwissenschaftliche Verein für Steiermark zu Graz 1, die Gesellschaft für pommersche Geschichts- und Alterthumskunde zu Greifs- wald 1, die Hollandsche Maatschappij der Wetenschapen zu Haarlem 8, der naturwissenschaftliche Verein für Sachsen und Thüringen zu Halle 7, der naturwissenschaftliche Verein zu Hamburg 2, der historische Verein für Niedersachsen zu Hannover 3, die polytechnische Schule zu Hannover 1, der naturhistorisch-medieinische Verein zu Heidelberg 1, die Sällskapet pro flora et fauna Fennica zu Helsingfors 1, der Verein für siebenbürgische Landeskunde zu Herrmannstadt und Kronstadt 11, das Ferdinandeum zu Innsbruck 2, die Universität zu Jena 33, die medieinisch-naturwissen- schaftliche Gesellschaft zu Jena 3, der Verein für thüringische Geschichte und Alterthumskunde zu Jena 1, der Verein für hessische Geschichte und Landeskunde zu Kassel 8, die schleswig-holstein-lauenburgische Gesellschaft für vaterl. Geschichte zu Kiel 1, die Universität zu Kiel 1, der Geschichtverein für Kärnthen zu Klagenfurt 1, die Universität zu Königsberg 43, die physi- kalisch-ökonomische Gesellschaft zu. Königsberg 3, die Universität zu I 20 Jahres-Bericht Kopenhagen 15, die königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Kopen- hagen 16, die physiographische Commmission der k. k. gelehrten Gesell- schaft zu Krakau 1, die juristische Gesellschaft zu Laibach 4, der histo- rische Verein für Krain zu Laibach 2, die Universität zu Leipzig 4, die fürstlich Jablonowski’sche Gesellschaft zu -Leipzig 1, die polytechnische Gesellschaft zu Leipzig 26, die Societe Roy. des sciences zu Lüttich 1, die Royal society zu London 17, die Societe pour la recherche et la conservation des monuments historigues dans le grand-duche de Luxembourg zu Luxem- burg 6, die Societe des sciences nalurelles du grand-duche de Luxembourg zu Luxemburg 2, die Societüa italiana di scienze nat. zu Mailand 5, das Instituto lombardo di scienze e lettere zu Mailand 10, der Verein für Na- turkunde zu Mannheim 1, die Universität zu Marburg 20, die Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissenschaften zu Marburg 1, das Gymnasium zu Mediasch 1, die Royal Society of Vietoria zu Melbourne 1, die Academie des sciences et lettres zu Montpellier 3, die Societe Imp. des naturalistes zu Moskau 4, die königl. hairische Akademie der Wissen- schaften zu München 11, der historische Verein für Oberbaiern zu Mün- chen 2, der landwirthschaftliche Verein zu München 2, der Verein von Freunden der Naturgeschichte in Mecklenburg zu Neu-Brandenburg 1, das germanische Museum zu Nürnberg 2, die naturforschende Gesellschaft zu Nürnberg 1, die Societe helvetigque zu Neuchatel 1, die Societa di acclima- zione e di agricolt. in Sicilia zu Palermo 7, das Instituto teenico zu Pa- lermo 13, die Akademie zu Palermo 1, die Societe Imp. et centr. d’horti- culture zu Paris 1, die Societe geologique zu Paris 1, die Academie Imp. des sciences zu St. Petersburg 2, die Commission Imp. archeologique zu St. Petersburg 1, der landwirthschaftliche Verein für die Mark Branden- burg und Niederlausitz zu Potsdam 9, die patriotisch-ökonomische Gesell- schaft im Königreich Böhmen zu Prag 4, die königl. böhmische Gesell- schaft der Wissenschaften zu Prag 2, der naturhistorische Verein „Lotos“ zu Prag 1, der Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen zu Prag 13, der Verein für Naturkunde zu Pressburg 2, der zoologisch- mineralogische Verein zu Regensburg 2, der mecklenburgisch-patriotische Verein zu Rostock 2, die Universität zu Rostock 4, der thüringische Kunst- und Gewerbeverein zu Saalfeld 1, das grossherzogliche statistische Bureau zu Schwerin 3, der Verein für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde zu Schwerin 2, der provinzial-landwirthschaftliche Verein für die Landdrostei Stade zu Stade 2, der entomologische Verein zu Stettin 1, der Verein zur Beförderung der Landwirthschaft in Sonders- hausen 1, die königl. Commission zu geognostischen Untersuchungen von Schweden zu Stockholm 3, die königl. Centralstelle für die Landwirth- schaft zu Stuttgart 1, der medicinische Verein für Würtemberg zu Stutt- gart 1, die königl. polytechnische Schule zu Stuttgart 3, der Verein für vaterländische Naturkunde zu Stuttgart 2, das königl. statistisch-topogra- phische Bureau zu Stuttgart 1, die Gesellschaft für nützliche Forschungen zu Trier 2, die Societa d’orticoltura del litorale zu Triest 6, die köniel. Gesellschaft der Wissenschaften zu Upsala 1, die Smithsonian instilution zu Washington 6, der akademische Leseverein zu Wien 2, die k. k. geo- logische Reichsanstalt zu Wien 24, die k. k. Akademie der Wissen- schaften zu Wien 3, die Gartenbaugesellschaft zu Wien 1, die zoologisch- botanische Gesellschaft zu Wien 9, der Verein für nassauische Alterthums- kunde zu Wiesbaden 3, der historische Verein für Nassau zu Wiesbaden 1, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 931 die physikalisch- medieinische Gesellschaft zu Würzburg 5, der polytech- nische Verein zu Würzburg 2, die Universität zu Würzburg 46, die land- wirthschaftliche Gesellschaft zu Zelle 3, die antiquarische Gesellschaft zu Zürich 2, die naturforschende Gesellschaft zu Zürich 3, die Universität zu Zürich 25. b. Von einzelnen Geschenkgebern. Die Herren Geh. Regierungs-Rath Dr. Back in Altenburg 9, Dr. Bail in Danzig 3, J. A. Barral in Paris 4, J. Barrande in Prag 2, Geh. Sani- tätsrath Dr. H. W. Berend in Berlin 2, kaiserlich russischer Staats- Rath Brandt in Petersburg 3, Dr. Rudolf Drescher (+) 2, Dr. Engler in Breslau 1, Vice-Director der k. k. Centralanstalt für Meteorologie zu Wien K. Fritsch in Wien 1, Geh. Medieinal-Rath Prof. Dr. Göppert in Breslau 13, Redacteur Gühmann in Zobten a. Bg. 1, Dr. M. Karmin, Badearzt in Teplitz 1, Prof. Dr. Kenngott in Zürich 1, Partieulier Kiesling in Breslau 1, Dr. A. Kisch, Badearzt in Marienbad 1, Oekonomie-Com- missarius a. D. Krocker in Berlin 2, Franz v. Kubinyi, Präses der geolo- gischen Gesellschaft für Ungarn in Pesth 1, Prof. Dr. Kutzen in Breslau 2, Prof. Kützing in Nordhausen 2, Sanitätsrath Dr. Ed. Levinstein in Berlin 1, die Buchhandlung Jos. Max et Comp. in Breslau 2, Oberlehrer Dr. M. Löbe in Altenburg 1, Geh. Medicinal-Rath Prof. Dr. Middeldorpf in Breslau 1, Stadtrath Kaufmann E. H. Müller in Breslau 1, Dr. Ferdinand Müller in Melbourne 3, Redacteur Theodor Oelsner in Breslau 8, Dr. Th. Poleck in Neisse 1, Dr. M. A. F. Prestel in Emden 1, durch Herrn Stadt- Geriehts-Rath Güttler aus dem Nachlass des Stadtrath a. D. und Stadt- ältesten Pulvermacher in Breslau 152, Prof. Dr. Sadebeck in Berlin 5, Dr. H. Schneider in Breslau 3, Dr. med. €. H. Schulz in Deidesheim 1, W. J. A. Frhr. v. Tettau in Erfurt 2, Gymnasiallehrer Dr. Tobias in Zittau 17, Ober-Stadtphysikus Dr. W. A. Weitenweber in Prag 1, Forst- Inspector H. Weber in Brünn 1, Dr. Wilckens auf Pogarth 1. Gekauft oder eingetauscht wurden 59 Nummern mit 175 Bänden. Zu den Sammlungen der Gesellschaft sind (abgesehen von den naturhistorischen) neu zu verzeichnen: Von dem königl. Ober-Bergamte zu Breslau 4 geognostische Karten, vom Wernerverein zu Brünn 2 dergl., aus dem Stadtrath Pulver- macher’schen Nachlass 5 Landkarten, vom Herrn Stadtrath Müller in Breslau 2 Landkarten, 1 colorirter Kupferstich (Burgruine Graupen) und ein Band Handschrift (Kirch- und Prediger-Chronik von Peterswaldau), vom Bibliothekar ein grosses Futteral zu Landkarten. Theodor Oelsner, Bibliothekar, 33 Jahres-Bericht Bericht des Gonservator der naturhistorischen Sammlungen. Obgleich durch die diesjährige Kunst-Ausstellung meine Amtsthätig- keit sehr beschränkt wurde, indem bekanntlich während dieser das Her. barium nicht zugänglich ist, ist es mir doch durch beständige Beihülfe möglich geworden, fast das ganze, grosse schlesische Herbar, über dessen Zusammenstellung bereits im vorigen Jahre berichtet worden ist, so weit zu ordnen, dass es jeder Zeit wissenschaftlich benutzt werden kann. Nur die Caryophylleen und einige kleinere Familien sind noch zu sichten. Es wurden nämlich im verflossenen Jahre die verschiedenen Genera und Familien genau nach Wimmer’s Flora mit Nummern versehen und in besondere Umschläge gepackt, nachdem vorher die verschiedenen Arten geordnet worden waren. Das Auffinden einer gesuchten Art muss daher jetzt in der kürzesten Zeit erfolgen. Vermehrt wurden die Sammlungen durch folgende Geschenke: 1) Herr Inspeetor Schultze schenkte eine Anzahl schlesischer Laubmoose. 2) Herr Dr. Nitschke schenkte ein Packet Pilze. 3) Herr Dr. Rabenhorst schenkte folgende Lieferungen: a) Hepaticae europ. Decas 88— 41. b) Algen Europas (Octav) 190-—-197. 201— 204. c) Algen Europas (Folio) 98—100. d) Lichenes europ. fasc. 29. Durch Ankauf wurde die Sammlung vermehrt: a) Die von Herrn Limpricht herausgegebene Bryotheka Sile- siaca. Lier 322. b) Erbario crittog. Ital. fasc. 25—26, 27—28, 29--30. J. Milde. Indem das Präsidium hiermit sein Amt in die Hände der Gesellschaft niederlegt, scheidet es mit den lebhaftesten Wünschen für deren fernere immer erfolgreichere, für das Wohl des theuern Vaterlandes erspriessliche, thatkräftige Wirksamkeit. ——n en I. Bericht über die Thätigkeit der allgemeinen naturwissenschafllichen Seclion der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1866, abgestattet von Ed. Grube und F. Römer, zeitisen Secretairen der Section. Naturhistorische Section. In der Sitzung der naturhistorischen Section am 13. Februar gab Herr Prof. Galle Nachricht von einem am 25. Januar in Marseille entdeckten neuen Cometen und machte Mittheilungen über einige neuere Beobachtungen und Unter- suchungen, betreffend die Zertheilung, Lichtabnahme und vielleicht gänz- liche Zerstreuung einzelner Cometen. Der Biela’sche Comet theilte sich bei seiner Erscheinung im Jahre 1846 unter den Augen der Beobachter in zwei gesonderte, in der Helligkeit wechselnde Cometen. Im Jahre 1852 wurden beide Theile dieses Cometen wieder aufgefunden, aber in einer bereits 8 Mal grösseren Entfernung von einander als 1846 und schwächer an Licht; 1859 war der Comet nicht sichtbar; 1865 und 1866 sollte der Comet wiederkehren, ist aber ungeachtet der angestrengtesten Nachforschungen mit den besten optischen Hilfsmitteln nicht gefunden worden: so dass eine weitere Zertheilung und Auflösung dieses Cometen als die wahrscheinlichste Ursache hiervon angenommen werden muss. Minder sicher ist das Verschwinden des de Vico’schen Cometen vom Jahre 1844 festgestellt, der ebenfalls bisher nicht wieder gefunden ist. Gerade bei diesem würde jedoch das Verschwinden noch erklär- 94 Jahres-Bericht licher sein, da seine geringe Neigung gegen die Planetenbahnen den- selben bei jedem Umlaufe durch das System der kleinen Planeten führt und zahlreiche Verluste seiner materiellen Partikeln dabei zu erwarten sind. Ein zweites Beispiel eines Doppel-Cometen ist der, welcher An- fang 1860 von Liais in Brasilien beobachtet wurde. Es sind ferner hierher zu ziehen die Untersuchungen von Hoek in Utrecht, wonach in nahe auf einander folgenden Jahren oft mehrere Cometen aus derselben Gegend des Himmelsraumes ausserhalb des Planeten-Systems kommend einander folgen, als ob dieselben in der Ferne eine einzige Ansammlung gebildet, auf dem Wege zur Sonne hin aber sich getheilt hätten. Sodann wurde noch über einige jüngst publieirte Rechnungen berichtet, welche einen merkwürdigen Zusammenhang zwischen den aus gewissen Radia- tions-Punkten kommenden Sternschnuppen-Schwärmen und den Cometen ergeben und worüber inzwischen bis zum Drucke dieses Berichtes noch einiges Weitere bekannt geworden ist. Herr Schiaparelli in Mailand hat gefunden, dass die August-Meteore eine Bahn beschreiben, welche fast genau die des hellen dritten Cometen vom Jahre 1862 ist und dass die Bahn der November-Meteore mit der des vorjährigen Tempel’schen Cometen übereinstimmt, dessen Umlaufszeit nach der Rechnung von Dr. Oppolzer in Wien gleichfalls 33 Jahre beträgt. Zu demselben Re- sultate für die Meteore des 13. November haben Untersuchungen, zum Theil noch allgemeinerer Art, von Le Verrier geführt, so dass diese Meteor-Schwärme, sehr genau in den Bahnen der genannten Cometen sich bewegend, gewissermassen Abtheilungen oder Anhänge dieser zu bilden scheinen. Vom Herrn Prof. Sadebeck waren aus Berlin Nachrichten ein- gegangen über die Organisation und die Arbeiten des Central-Bureaus der mitteleuropäischen Gradmessung, welche zunächst mitgetheilt wurden. Es wurde im verflossenen Jahre zuerst die Dreiecks-Verbindung be- rechnet, durch welche Breslau (Sternwarte) und Rosenthal (Station der russisch -preussischen telegraphischen Längengradmessung) in das schle- sische Hauptnetz eingefügt worden sind; desgleichen der durch Dr. Tietjen astronomisch bestimmte Punkt Dangast in Oldenburg. Im Herbst führte Prof. Sadebeck eine neue Bestimmung der Polhöhe der Berliner Stern. warte aus mit dem Universal-Instrumente des Gen. Baeyer, wobei sich genau ein früher von Gen. Baeyer selbst gefundenes Resultat wieder fand, etwas grösser als Enke’s Bestimmung und übereinstimmend mit neueren Untersuchungen am Berliner Meridiankreise. Nächstdem sind Mass-Ver- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 35 sleichungen angestellt worden. Die nordamerikanische Regierung hat in Berlin unter Vermittelung von Gen. Baeyer eine Toise anfertigen und mit einer Normal-Toise an dem Bessel’schen Comparateur vergleichen lassen. Desgleichen ist aus Italien eine Toise zur Vergleichung einge- sendet worden. Die einzelnen Vergleichungen stimmen untereinander mit vorzüglicher Genauigkeit und es darf gehofft werden, dass das aus den Arbeiten Bessel’s hervorgegangene genau normirte preussische Mass- System nicht blos gegenwärtig der mitteleuropäischen Gradmessung, son- dern auch weiterhin den übrigen Ländern der Erde zu Gute kom- men werde. In der Sitzung am 3. April hielt Herr Geh. Regierungs-Rath Prof. Dr. Löwig einen Vortrag über die Wirkung der Stoffe, welche zum Des- infieiren bis jetzt in Vorschlag gebracht wurden. In der Sitzung am 1. Mai machte Herr Dr. Fiedler Mittheilung von einem bei Krischkowitz unweit Ratibor vorkommenden Lager schwefelsaurer Strontianerde. Dasselbe gehört zu den tertiären Kalkablagerungen jener Gegend, aus welchen schon seit längerer Zeit Cölestin-Crystalle bekannt sind, die in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft wiederholt Be- sprechung gefunden haben. Die Masse des Lagers ist von Prof. Krocker in Proskau chemisch untersucht worden und ergab folgende Analyse: Schmelelsäurer tz umin. eb. anhalten 36% EEOmUamerdeh. 2... un. an a ans Ab, Kealkerde, 2... .2%....Luneen. ya ehkoie ug Masmesia @....... Mena angiklaisdautk.a Iso KEIN > 0 2 a are a) (0,0 Chlornatuiums an. ae N 0,; IKohlenszure..... „1.0... 20a DE TS 1% Ehosphorsaure, 0. un. ehe SAU E Kireselsautei sage. ua ELLE AN, int 20 Iinomerde, Bisenoxsyd .. .. sn. auue. naais. .\ Iso Mhon vSandın. an en lau: Ays Glühverlust (Feuchtigkeit und organische Stoffe) 15, 100,, Nach der von Herrn Prof. Krocker erhaltenen Mittheilung sind bereits seit Jahren von der Ablagerung jener schwefelsauren Strontianerde viele hundert Fuhren mit gutem Erfolge zur Düngung der Felder benützt wor- den. Die Verwendung geschah in der Meinung, dass ein Kalkmergel oder gypshaltiger Mergel vorläge. — Dr. Fiedler sprach schliesslich noch 36 Jahres-Bericht über die Darstellung von Chlorstrontium und salpetersaurem Strontian aus schwefelsaurer Strontianerde und über die Anwendung der Strontian- Salze in der Technik. In der Zusammenkunft am 20. November sprach Herr Ober-Berg- Rath a. D., Dr. Websky nach einigen einleitenden Worten über die heutige Anwendung des Mikroskopes in der Mineralogie über die verschiedenen Mineralien, welche sich als kleine Geschiebe in dem Goldsande von Goldberg in Schlesien vorgefunden haben. Es wurden, wie er mittheilt, bei den um das Jahr 1840 für Rech- nung des Staates betriebenen Versuchen, den Bergbau auf der Goldsand- Ablagerung bei Goldberg wieder zu beleben, die durch unterirdischen Abbau gewonnenen Goldsande zunächst von allen gröberen — erfahrungs- mässig goldfreien Geschieben bis auf Erbsengrösse getrennt, dann das so gewonnene feinere Haufwerk auf Satzsieben bearbeitet, wobei der Goldgehalt, hauptsächlich in äusserst kleinen Blättchen bestehend, in den Bodensatz — Fassvorrath — überging, der sich in den unter den Satz- sieben befindlichen Bottigen ansammelte; in den auf dem Siebe verblei- benden, aus hellfarbigem Quarz bestehenden Sandmassen sonderte sich dabei indessen eine Lage von specifisch schwereren Körnern ab, welche einzelne Goldkörner enthielten, ihrer Hauptmenge nach aber aus Titan- eisenerz oder titanhaltigem Magneteisenstein bestanden. In geringer Menge fanden sich aber darin: kleine abgerundete Körner des zimmtfarbigen Zirkons — Hya- cinth genannt, carmoisin-rothe Körner von Spinell, braunrother durchscheinender Korund, ferner sehr sparsam: blauer Saphir, blaulich-weisser Cyanit, und braungelber Granat. Proben von diesen Mineralien nebst Exemplaren von anderen Loca- litäten wurden zur Ansicht vorgelegt. Als besonders interessantes Vorkommen wurde eine kleine Probe eines feinkörnigen Sandes hervorgehoben, welcher bei der Verarbeitung des goldhaltigen Fassvorrathes auf der brasilianischen Goldschüssel von dem sich im Gemenge mit Titaneisen concentrirenden Goldschüppehen bei der letzten Reinigung abgesondert wurde und fast ausschliesslich aus kleinen, auffallend scharfkantigen Zirkonen besteht, an denen eine acht- seitige Pyramide in ungewöhnlicher Ausdehnung auftritt; man hat diese Zirkone fast in allen goldhaltigen Sanden vorgefunden und dieserhalb der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 97 diese Varietät die der Goldsande genannt (— vergleiche Des Cloizeaux Manuel, T. I. p. 155. — fig. 81.). Die Aufstellung eines für diese Zwecke vortrefflich eingerichteten Mikroskopes von Gundlach in Berlin (bezogen durch J. H. Büchler in Breslau) machte dieselben der Beobachtung zugänglich. Zur Vergleichung wurde eine Probe derselben Varietät des Zirkon’s von Trinidad in Antioquia (Columbien), welche der Vortragende der Güte des Herrn Geh. Regierungs-Rath, Prof. Dr. G. Rose in Berlin verdankt, vorgelegt. Anknüpfend an die Erklärung dieser scharfkantigen Krystalle unter abgerundeten Geschieben zum Theil härterer Mineralien als Einschlüsse von Gesteins-Brocken, welche erst auf der Lagerstätte des Goldsandes ihre völlige Zersetzung erlitten haben und daher vor dem Abschleifen beim Transporte der Sandmassen durch die Gewässer bewahrt geblieben sind, zeigte der Vortragende die bekannten Einschlüsse von Eisenglanz im Olisoklas von Twedestrand an einem Schliffe, welcher von dem ver- storbenen Dr. Oschatz in Berlin angefertigt wurde, so wie an einem anderen Präparate die brillante Farben-Erscheinung, welche in gewissen Stellungen die in Labrador aus dem nördlichen Amerika eingeschlossenen kleinen Krystalle von Hypersthen hervorbringen. Zum Schluss wurden die von Prof. Zirkel in Lemberg vor einiger Zeit beschriebenen Wasserspuren im gemeinen Quarz mit ihren Luft- bläschen unter dem Mikroskope gezeigt. Herr Prof. Dr. Römer legte in der Sitzung am 26. Juni eine An- zahl neuerschienener paläontologisch-geognostischer Schriften vor, nämlich: 1). Systeme Silurien du centre de la Boheme par Joachim Barrande. I. Partie. Recherches paleontologiques Vol. II. Texte. Classe des Mollusques Ordre des Cephalopodes 1867. Chez l’auteur et editeur & Prague et ü Paris. Nachdem erst unlängst über das Erscheinen der zweiten Abtheilung der Tafeln der Cephalopoden (Pl. 108—244) berichtet wurde, ist schon jetzt der 714 Seiten starke Quart-Band gefolgt, welcher die erste Abthei- lung der Beschreibung der silurisehen Cephalopoden Böhmens enthält und zugleich sehr wichtige und umfangreiche Untersuchungen über die Gat- tungen der silurischen Cephalopoden überhaupt enthält. Das vollendete Werk wird jedenfalls die wichtigste Quelle für die Kenntniss der siluri- schen Cephalopoden bilden. Die Zahl der in diesem Bande beschriebenen Arten beträgt 447. Das ist eine viel grössere Zahl, als aus irgend einem anderen silurischen Becken bekannt ist. Da nach einer brieflichen Mittheilung das Erscheinen des dritten, die Pieropoden enthaltenden Bandes in naher Aussicht steht, so befestigt sich die erfreuliche Hoffnung, dass es dem Verfasser gelingen 28 Jahres-Bericht werde, sein grosses Werk, welches stets zu den Fundamentalwerken für die Kenntniss der ältesten fossilen Organismen zählen wird, trotz des die Kräfte eines Einzelnen anscheinend übersteigenden Umfanges der Aufgabe, zu einem glücklichen Ende zu führen. 2) Monographie der Echinodermen des Eifler Kalks von Dr. Ludwig Sehultzein Bonn, mit 15 Tafeln. Wien 1867. In dieser Schrift ist ein ausserordentlich umfangreiches, von dem Verfasser durch zehnjähriges Sammeln zusammengebrachtes Material in sehr sorgfältiger und umsichtiger Weise verarbeitet worden. Die Zahl der aus dem Kalk der Eifel bekannten Crinoiden - Arten ist durch den Verfasser verdoppelt und auf 73 gebracht worden. Ausserdem ist eine Anzahl ganz neuer Geschlechter hinzugefügt und die Kenntniss der übri- sen Geschlechter durch zahlreiche neue Beobachtungen erweitert worden. Erst durch diese Schrift ist es möglich geworden, von der Entwickelung, welche der Crinoiden-Typus während der Devonischen Epoche gehabt hat, eine übersichtliche Vorstellung zu gewinnen. Die Wiener Academie hat durch die Herausgabe der Schrift und namentlich dureh die Herstel- lung der vortrefflichen, dieselbe begleitenden Tafeln einen wohlbegrün- deten Anspruch auf den Dank des paläontologischen Publikums sich erworben. 3) The Gastropoda of the cretaceous rocks of southern India by Ferd. Stoliezka. Calcutta 1867. Nachdem die Cephalopoden der indischen Kreideschichten durch den- selben Verfasser und Blanford in einem starken Quart-Bande beschrie- ben worden sind, bringt der gegenwärtige Band die Beschreibung der Gastropoden derselben Schichten. Ausser der sorgfältigen Beschreibung der Arten werden werthvolle Untersuchungen über die Begrenzung der Gattungen mitgetheilt. Das allgemeinere Interesse der Arbeit beruht ausserdem vorzugsweise in dem neuen Material, welche es für die Beur- theilung der Frage nach dem Grade der Uebereinstimmung, welche wäh- rend der Kreidezeit zwischen den Organismen der verschiedenen Theile der Erdoberfläche geherrscht hat, beibrinst. Im Ganzen zeigt sich diese Uebereinstimmung überraschend gross und tritt namentlich in den den Europäischen ganz ähnlichen Arten der Gattungen Actaeonella und Nerinea hervor. Uebrigens gehört der Band zu den Publieationen der geologi- schen Aufnahme von Indien, welche, unter der umsichtigen und thatkräf- tigen Leitung von Th. Oldham stehend, schon sehr Wichtiges für die Lösung der grossen ihr gestellten Aufgabe geleistet hat. 4) Geological survey of Illinois. A.H. Worthen, Director. Vol. I. Geology. Vol. II. Palaeontology. Chicago 1866. Mehr als zwei Dritttheile der Oberfläche des Staates Illinois wer- den von flach gelagerten Schichten des Steinkohlengebirges eingenommen. Aus diesen rühren denn auch die meisten der in dem zweiten Bande der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 39 beschriebenen fossilen Organismen her. Die Wirbelthiere sind durch Newberry und Worthen, die wirbellosen Thiere durch Meek und Worthen und die Pflanzen durch Lesquereux beschrieben. Die Reste von Wirbelthieren sind namentlich Fischzähne aus dem Kohlenkalke in einer Mannisfaltigkeit der Formen, wie sie kaum aus dem Kohlenkalke Englands und Irlands bekannt. Unter der Benennung Amphibamus gran- diceps wird aus dem productiven Kohlengebirge (coal measures) ein merk- würdiges neues Reptil beschrieben, welches mit dem vorherrschenden Charakter der Batrachier gewisse Merkmale der Lacerten vereinist. Von besonderem Interesse ist auch die Nachweisung der den Typus der lebenden Gattung Limulus in der Kohlen-Periode vertretenden Gattung Belinurus. Die als Belinurus Danae beschriebene Art steht den B. rotun- datus Prestw. von Coalbrook Dale nahe und stammt wie diese aus Schichten an der Basis des productiven Kohlengebirges. Durch Lesquereux wer- den 120 Arten fossiler Pflanzen aus dem Kohlengebirge beschrieben — eine unbedeutende Zahl, wenn man den Artenreichthum der gegen- wärtigen Flora von Illinois vergleicht, eine bedeutende, wenn man erwägt, dass die Zahl eämmtlicher aus den verschiedenen Kohlenbecken Nord-Amerikas bekannten Arten von fossilen Pflanzen nur gegen 400 beträgt. Trotz einer ansehnlichen Zahl eigenthümlicher Arten zeigt diese Kohlen-Flora von Illinois im Ganzen eine auffallende Uebereinstimmung mit derjenigen der östlichen Staaten. Derselbe legte auch ein von Herrn Thomas Dickert, Conser- vator des natur-historischen Museums der Universität zu Bonn, mit zu Grundelegung der Karte von Sartorius von Waltershausen im Massstabe von "%sooo0 gefertigtes geognostisch colorirtes Relief-Modell des Aetna vor. Dasselbe ist 3 Fuss 4 Zoll lang und 3 Fuss 2 Zoll breit. Der Massstab der Höhen ist derselbe wie derjenige der horizontalen Abstände. Bei der bekannten Vortrefflichkeit der zu Grunde gelegten Aufnahmen von Sartorius und bei der sauberen und sorgfältigen Ausführung der Mo- dellirung ist dieses Relief sehr geeignet, um als Lehrmittel bei der Demonstration des geognostischen Baues dieses grossartigsten und merk- würdigsten unter den europäischen Vulkanen zu dienen. Dasselbe ist bei dem Verfertiger zu dem Preise von 40 Thlr. käuflich. Derselbe legte ferner eine Gruppe ungewöhnlich grosser Krystalle von schwarzem Spinell von Amity im Staate New-York vor, welche un- längst für das mineralogische Museum der königl. Universität erworben wurde. Der grösste der zu einer Gruppe mit einander verwachsenen und sehr regelmässig und glattflächig ausgebildeten octaedrischen Krystalle misst 6 Zoll im Durchmesser. Wie gewöhnlich bei den Krystallen dieses Fundorts sind die Kanten des Octaeder’s abgestumpft durch die Flächen 30 Jahres-Bericht des Granato@der’s und die Ecken zugespitzt durch die Flächen des Leueitoid’s (a: 3a: 3a). Herr Prof. Römer sprach endlich über die im alten und neuen Rom verwendeten Bau-Materialien unter Vorlegung von Gesteinsstücken, welche auf einer durch den Vortragenden in Gemeinschaft mit Herrn Ober-Berg- Rath Dr. Websky unlängst ausgeführten Reise nach Italien gesammelt wurden. Rom ist für die Ausführung monumentaler Bauten durch das Vorkommen geeigneter Baumaterialien in seiner nahen Umgebung sehr begünstigt. Wenn sich von den Bauwerken des Alterthums so zahlreiche und namentlich im Vergleich mit Constantinopel so bedeutende Ueber- reste in Rom erhalten haben, so ist dies zum grossen Theile der Vor- züglichkeit der verwendeten Baumaterialien zuzuschreiben. Es sind be- sonders drei Arten von Bausteinen, welche zur Ausführung der monu- mentalen Bauten des alten Rom dienten, Travertin, Tuff und Ziegel. Der Travertin (lapis Tiburtinus der Alten) ist ein sehr fester poröser Süsswasserkalk, welcher sich als Absatz aus kalkhaltigen Quellen gebildet hat und in horizontalen mächtigen Bänken abgelagert ein Plateau vor Tivoli zusammensetzt. Durch die Festigkeit und Unverwitterbarkeit sowie durch die Art des Vorkommens bei Tivoli, derzufolge es dort mit Leichtigkeit in Blöcken von beliebiger Grösse zu gewinnen ist, machen dieses Gestein zu einem vorzüglichen Material für monumentale Bauten. Das grossartigste aus dem Alterthum erhaltene Gebäude Rom’s, das Colosseum, ferner die Engelsburg, das Grab der Metella, und von Ge- bäuden der modernen Zeit z. B. die Peterskirche sind aus Travertin- (Quadern erbaut. Der Tuff ist ein aus mehr oder minder zersetzten Lava- und Bimsteinstücken bestehendes, aus dem Wasser abgesetztes Gestein, welches in verschiedenen Abarten überall in der Gegend von Rom ver- breitet ist und namentlich den Boden der Campagna zwischen Rom und dem Albaner-Gebirge zusammensetzt. Leichtigkeit der Gewinnung und der Bearbeitung bilden den Hauptvorzug dieses Gestein. An Dauerhaf- tigkeit kommt es jedoch dem Travestin nicht gleich. Die Cloaca mazxima, die Fundamente des Capitols und viele andere Bauwerke des Alterthums sind daraus erbaut. Das dritte Hauptmaterial, die Ziegel von der be- kannten platten Form und vorzüglichen Qualität, wurden aus den blau- grauen Thonen hergestellt, welche auf dem rechten Tiberufer und na- mentlich am Fusse des Janiculus und Monte-Mario in wagerechten Schichten zu Tage treten und dort noch heute das Material für zahlreiche Töpfereien und Ziegeleien liefern, Aus Ziegeln sind unter anderen das Pantheon, die Thermen des Caracalla und die Kaiser-Paläste erbaut. Ausser den genannten Arten von Bausteinen besitzt nun Rom in der Puzzolanerde ein vortreffliches Material zur Bereitung von Mörtel. Es ist dies ein brawnrothes crdiges Aggregat von zeısetzten kleinen Lava- der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 31 stücken, welches noch heute an zahlreichen Punkten in der Campagna in flachen Gruben gewonnen wird. Endlich benutzten die Römer für die Ausschmückung ihrer monumentalen Bauten auch zahlreiche aus der Ferne herbeigeführte Gesteinsarten. Weisser Statuen-Marmor kam aus Griechen- land und aus der Gegend von Carrara, der durch dünne Lamellen von Glimmer oder Talg streifige Marmor, der sogenannte Cipollino, aus welchem viele Säulen, namentlich auch einige der auf dem Forum noch theilweise erhaltenen Tempel bestehen, soll vom Pentelicon in Griechen- land herrühren. Der prachtvolle rothe Granit, aus welchem sämmtliche Obelisken und viele Tempelsäulen bestehen, rührt bekanntlich von Syene in Egypten her. Es ist ein ausgezeichneter Granitit in dem Sinne von G. Rose und enthält neben fleischrothem Feldspath weissen Oligoclas. Der vielfach zum Täfeln der Wände benutzte schöne rothe Porphyr (Porfido rosso antico) wurde ebenfalls aus Egypten gebracht. Der Ur- sprungsort des in gleicher Weise verwendeten ausgezeichneten grünen Diabas-Porphyr (Porfido verde antico), dessen fingersdicke Platten in allen römischen Ruinen häufig gefunden werden, ist Griechenland, und zwar die Landschaft Lakonien im südlichen Morea. Derselbe Redner legte am 16. Januar die vier in Farbendruck ausgeführten Sectionen Gleiwitz, Königshütte, Loslau und Pless der geognostischen Karte von Oberschlesien, welche im Auftrage des Handels-Ministeriums unter Leitung der Vortra- senden in 12 Sectionen im Massstabe von !/,yooon bearbeitet wird, der Gesellschaft vor. Diese vier Sectionen sind die für technische Zwecke wichtigsten der ganzen Karte, insofern sie den Oberschlesischen Berg- Distriet, d. i. die Gegend, in welcher sich der Bergbau und die Hütten- Industrie Oberschlesiens vorzugsweise bewegt, vollständig begreift. Ausser- dem erstrecken sich diese vier Sectionen dann auch noch über ansehn- liche Theile des angrenzenden österreichischen und russisch -polnischen Gebietes. Von dem letzteren ist der ganze zwischen der preussischen Grenze an der Przemsa und dem grossen polnischen Jurazuge liegende Landstrich aufgenommen worden. Derselbe erscheint hier zum ersten Male in einem geognostischen Bilde in grösserem Massstabe. Erst jetzt lässt sich auch die Verbreitung des grossen oberschlesisch -polnischen Steinkohlenbeckens und der Zusammenhang der Partien desselben auf polnischem Gebiete mit denjenigen in Oberschlesien vollständig übersehen. Die Special-Aufnahmen für diese vier Sectionen der Karte sind vorzugs- weise durch Herrn Berg-Assessor 0. Degenhardt ausgeführt worden. Ausserdem sind auch die Herren Dr. H. Eck, Berg-Referendar Don- dorff und Berg-Referendar Janik bei denselben thälig gewesen. Die 39 Jahres-Bericht Ausgabe der vier Sectionen im Buchhandel wird im Laufe der nächsten Wochen erfolgen. Derselbe Vortragende erläuterte eine Reihe von diluvialen Säuge- thierresten, welche vor einigen Jahren bei Proschowitz unterhalb Ratibor an dem Ufer der Oder gefunden und durch Herrn Prof. Dr. Kuh, Ritter- gutsbesitzer auf Woinowitz, als ein sehr werthvolles und dankbar anzu- erkennendes Geschenk dem hiesigen mineralogischen Museum der königl. Universität unlängst übergeben worden sind. Dieselben gehören der Mehrzahl nach entschieden dem Mammuth (Elephas primigenius) an. Ausser sehr grossen und vollständigen Backenzähnen befindet sich darunter ein 2!/, Fuss langer ganz vollständiger Schenkelknochen (femur) und ein etwas defectes Schulterblatt (scapula). Von besonderem Interesse ist noch die rechte Unterkieferhälfte eines jungen, durch irgend einen Unfall vorzeitig getödteten Individuums. Durch theilweise Zerstörung der inne- ren Kieferfläche ist der Backenzahn dieser Unterkieferhälfte in seiner Stellung in der Alveole deutlich sichtbar. Allgemein zeichnen sich diese Reste des Mammuth von Proschowitz durch gute und feste Erhaltung von den meisten an anderen schlesischen Fundorten beebachteten, die ge- wöhnlich sehr zum Zerfallen geneigt sind, vortheilhaft aus. In der Sitzung am 17. Juli hielt Ober-Berg-Rath Runge einen Vortrag über das Vorkommen und die Gewinnung des Bernsteins im Samlande, sowie dessen Verwerthung. Von dem bekannten Vorkommen des Bernsteins in den Lehm- und Sandschichten des norddeutschen Diluviums ausgehend, stellte der Vor- tragende demselben das Vorkommen des Bernsteins in der charakteri- stischen blauen Erde des Samlandes gegenüber. Diesen Namen führt eine an Bernstein besonders reiche, 4 bis 20 Fuss mächtige, aus thonigem Quarzsande bestehende, an Glimmer, kohligen Theilen und Grünerdekörn- chen (Glaukonit) reiche Schicht. Dieselbe gehört zu der unter der sam- ländischen Braunkohlenbildung in 70 Fuss Mächtigkeit auftretenden, durch ihren Glaukonitgehalt ausgezeichneten Glaukonit-Formation, deren Lage- rungsverhältnisse und Eigenschaften durch die ausgezeichneten Arbei- ten des Herrn Professor Zaddach in Königsberg in den letzten Jahren bekannt geworden sind. Der genannte Gelehrte ist nämlich auf Grund früherer, den Gegenstand betreffenden, Arbeiten von der königlichen physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg, die überall in der Provinz Preussen ein reges wissenschaftliches Leben verbreitet und unter- hält, beauftragt worden, die Strandstrecken des Samlandes, die allein über die Lagerungsverhältnisse jener Glaukonit-Formation Aufschluss geben, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 33 geognostisch zu untersuchen. Diese Untersuchung bildet wiederum nur einen Theil der von derselben Gesellschaft angeregten geognostischen Untersuchung und Kartirung der ganzen Provinz Preussen, welche von dem Dr. G. Berendt im Auftrage jener Gesellschaft und mit liberalster Unterstützung von Seiten der preussischen Provinzialstände ausgeführt wird und so weit vorgeschritten ist, dass die ersten beiden Sectionen der Karte binnen Kurzem dem Publikum werden übergeben werden können. Nicht ganz sicher und zweifellos ist bis jetzt das geognostische Ni- veau dieser Schicht. Einige Petrefacten (Ostreen, Echiniten, eine See- krabbe u. s. w.) weisen auf obereocäne Bildungen hin, während Haifisch- zähne, ein Saurierzahn, dessen Diagnose Herr Prof. Römer auf Ersuchen des Vortragenden einschaltete, und zwei Ptychoduszähne an obere Kreide denken lassen. Es ist indess nicht unmöglich, dass derartige, für die Kreideformation bezeichnende Petrefacten in diesen marinen Sandablage- rungen als Geschiebe eingeschlossen sind. Wichtig für die genetische Abstammung dieser Schichten sind einige silurische Geschiebe, welche Gesteinen entsprechen, die an der Nordküste des finnischen Meerbusens und auf der Insel Oesel anstehen. In dieser Gegend sucht Herr Prof. Zaddach daher mit Recht den Standort des untergegangenen Bernstein- waldes, der seit vielen Jahren die Geologen zu den verschiedensten Hy- pothesen herausgefordert hat. Nachdem der Vortragende angeführt hatte, dass diese Grünsand- bildung oder Glaukonit-Formation bis jetzt auf einer Fläche von ppr. vier Quadratmeilen an der 'Nord- und Westküste des Samlandes nach- gewiesen ist, dass das Terrain, in welchem sie möglicherweise vorhanden ist, durch die Vorkommen älterer Jura- und Kreideschichten bei Colberg und Bralin in Hinterpommern, bei Dirschau und Thorn in Westpreussen und dureh die Kreidebildungen in Curland begrenzt wird, wandte er sich zu den verschiedenen Gewinnungsarten des Bernsteins durch Schöpfen am Strande, Stechen auf Booten in der See, Baggern und Gräberei in den Strandbergen. Die enormen Erträge, welche zeitweise einzelnen Schöpf- stränden bei günstigen Windrichtungen zufallen, die eigenthümlichen Ma- nipulationen und Geräthschaften, welche beim Stechereibetriebe in An- wendung kommen, und die grossartigen Baggerei-Unternehmungen im kurischen Haff, bei welchen die Firma Becker und Stantien in Memel zur Zeit mit 12 Dampfbaggern und 3 Handbaggern jährlich 70,000 Pfd. Bernstein gewinnt, boten Gelegenheit zu interessanten und fesselnden Mittheilungen. Demnächst ging der Vortragende, welcher im Auftrage der königlichen Staatsregierung die Frage untersucht hatte, ob eine berg- männische, unterirdische, Gewinnung des Bernsteins im Samlande ausführ- bar und zweckmässig sei, näher auf den Gräbereibetrieb in den Strand- bergen ein, beschrieb das Verfahren und hob hervor, dass der Bernstein- 3 34 Jahres-Bericht gehalt der eigentlich bernsteinreichen Schicht, der blauen Erde, zwischen /,. und !/, Pfund pro Cubikfuss schwankt, so dass man einen mittleren Gehalt von 1 Pfund Bernstein in 12 Cubikfuss der blauen Erde anneh- men könne. Die ganze Production des Samlandes ist auf ungefähr 200,000 Pfund pro Jahr zu schätzen, wovon 100,000 Pfund auf das Schöpfen und Stechen, 30,000 Pfund auf den Gräbereibetrieb in den Strandbergen des Samlandes und 70,000 Pfund auf die Baggerei fallen. Der Werth des Bernsteins ist ausserordentlich verschieden und schwankt zwischen 3 Sgr. und mehreren 100 Thlr. pro Pfund; da der Werih des einzelnen Stückes durch Farbe, Grösse und Form desselben bestimmt wird. — Nur ein verhältnissmässig sehr kleiner Theil des Bern- steins eignet sich zur Herstellung von Cigarrenspitzen und Brochen, den Livorneser Olivenperlen und sonstigen Luxus- oder Kunstgegenständen; der bei Weitem grösste Theil, ganz gleichgiltig ob klar und durchsichtig oder un- durchsichtig wird zu Perlen, sogenannten Corallen, d. h. nur roh bearbeiteten rundlichen, aber durchbohrten und auf Schnüre aufgereihten Stücken von der verschiedensten Grösse verarbeitet, die bei den wenig cultivirten Völker- schaften, den Negerstämmen Afrika’s, den Eingeborenen der Südseeinseln und den Bewohnern Ostasiens willige Abnahme finden und häufig als Tauschmittel gegen Naturproducte jener Gegenden ausserordentlich hoch verwerthet werden. — Man kann auf diese Corallen-Production wenig- stens 50 pÜt. des ganzen gewonnenen (Juantums rechnen; das Absatz- gebiet für die Hauptmasse des Bernsteins ist daher ein sehr ausgedehntes und der Absatz erscheint als ein sehr sicherer, da der Bernstein seit Herodots Zeiten sich im Geschmacke jener Völkerstämme erhalten hat. Etwa 40 pCt. des gewonnenen Bernsteins sind endlich wegen ihrer Undurchsichtigkeit, der Verunreinigung durch die verschiedensten organi- schen, theils thierischen, theils pflanzlichen Stoffe, theils wegen der Klein- heit der Stücke auch nicht einmal mehr zur Herstellung kleiner Perlen geeignet. Dieses Quantum, welches also etwa auf 80,000 Pfund per Jahr sich belaufen würde, wird nur noch als Räucherungsmittel verwendet, als welches der Bernstein bei verschiedenen religiösen Culten benutzt wird; theils wird aus demselben Bernsteinsäure, Bernsteinöl und Bern- stein-Colophonium resp. Bernsteinlack dargestellt. Die Bernsteinsäure und das Bernsteinöl werden wohl hauptsächlich in den Apotheken zur Darstellung des bernsteinsauren Ammoniaks ver- wendet; es soll die Bernsteinsäure aber auch in der Färberei und neuer- lich auch bei der Photographie (der sogenannte Schaussische Entwickler) Anwendung gefunden haben. Der Bernsteinlack eignet sich da- gegen ganz ausgezeichnet zum Anstrich eiserner Röhren, Thüren, Maschi- nentheile, Gusswaaren u. s. w., da er denselben ein sehr elegantes Aus- sehen und eine tiefschwarze Farbe verleiht. Es widersteht aber auch dieser Lack allen Säuren und Salzen und Temperaturen bis zu 250 Grad der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 35 Celsius. Der Vortragende führte an, dass er auf den Dampfschiffen die eisernen Maschinentheile vielfach mit Bernsteinlack angestrichen gefunden habe und dass er nach den ihm gewordenen Mittheilungen hoffe, die Verwendung des Bernsteinlackes in der Industrie werde vielleicht noch sehr an Ausdehnung gewinnen, wenn derselbe erst mehr bekannt werde und die Vergleichung mit den Surrogaten und Falsificaten die Vorzüge des echten Bernsteinlackes herausstelle. Es stellt diesen Lack seit einiger Zeit Herr Apotheker E. Pfannenschmidt in Elbing in grösseren Quantitäten dar, dessen Fabrikanlagen der Vortragende besucht hatte. Der Vortragende schloss mit der Bemerkung, dass der Bergbau in der blauen Erde sehr bedeutenden, nicht zu unterschätzenden Schwierigkeiten begegne, dass diese Schwierigkeiten indess doch nicht von der Art seien, um von einem energischen Versuche abzuschrecken. Der Bergbau würde auf einem sehr ausgedehnten Terrain die Bernsteingewinnung ermöglichen und wenn er gelingt, sehr bedeutende Güterwerthe erzeugen können, da bei dem ausgedehnten und sicheren Absatzgebiete für die nächste Zeit an ein Sinken des Preises gar nicht zu denken ist, aber wenn dieses auch einträte, die Rentabilität immer eine sehr hohe bleibe. Hierauf folgte Herr Geh. Medieinal-Rath Prof. Dr. Göppert mit nachstehend von ihm auszüglich mitgetheiltem Vortrage über die Abstammung des Bernsteins, der durch zahlreiche Exemplare und mikroskopische Demonstrationen erläutert wurde: Bereits im Jahre 1336 empfing ich aus einer alten Samınlung ein bernsteinreiches, in Schwarzkohle verwandeltes Stämmchen, welches, abgesehen von dem Interesse als Mutterpflanze des Bernsteins, auch dadurch noch beachtungswerth erschien, dass es einen augenschein- lichen Beweis für die Bildung der Schwarzkohle auf nassem Wege abgab, welche damals noch zu beweisen war. Als ich eben im Begriff stand, diese und andere Beobachtungen über den Ursprung des Bernsteins zu veröffentlichen, forderte mich der im Jahre 1850 verstorbene Sanitätsrath Dr. Berendt in Danzig auf, die vegetabilischen Inclusa seiner Bernstein- sammlung zu beschreiben, welche zu den reichsten ihrer Zeit gehörte. Ich folgte dieser Einladung und so entstand eine im Jahre 1843 erschie- nene Abhandlung des von ihm projectirten, leider durch seinen zu frühen Tod nicht beendigten Werkes, in welchem er selbst die naturgeschicht- lichen und geologischen Verhältnisse des Bernsteins schilderte und ich die Beschreibung des Bernsteinbaumes und Beiträge zur Braun- kohlen-Flora Preussens hinzufügte. Die verehrte Familie des hoch- verdienten Verstorbenen erachtete es für ein theures Vermächtniss, auch für die Herausgabe der im Jahre 1850 zur Veröffentlichung bereits vor- liegenden Abhandlungen Sorge zu tragen. So wurde 1854 eine von dem 3°: 36 Jahres-Bericht bereits ein Jahr vor Berendt verstorbenen Forstrath Koch bearbeitete Monographie der Crustaceen, Myriapoden, Arachniden und Apteren im Bernstein als 2. Abtheilung des 1. Bandes (174 S. und 17 Taf. in Folio) veröffentlicht und ihm durch die beigefügten Bemerkungen des ausgezeich- neten Forschers und Kenners dieser Thiere, Herrn Oberlehrer Menge, ein noch hervorragenderer Werth verliehen. 1856 folgten als 2. Band die Hemipteren und Orthopteren, 48 $. und 4 Taf. in Folio von E. F. Germar in Halle, die Neuropteren von E. J. Pietet-Baraban und H. Hagen, 80 $S. und 4 Taf., die Dipteren 1850 von H. Loew sollten den 3. und 4. Band ausmachen. Ueber den augenblicklichen Stand die- ser durch ein vortreffliches Programm 1850 angekündigten Arbeit bin ich nicht unterrichtet. Von Herrn Oberlehrer Menge besitzen wir in den Schriften der Danziger naturforschenden Gesellschaft, welche sich seit einer langen Reihe von Jahren durch werthvolle Publicationen auszeichnet, noch geognostische Bemerkungen über die Umgegend von Danzig 1850, dann Lebenszeichen vorweltlicher im Bernstein eingeschlossener Thiere 1856; über die Scheerenspinnen, Chernetidae, mit besonderer Berücksich- tigung der im Bernstein vorkommenden Arten 1858 und Beiträge zur Bernsteinflora mit 1 Tafel. In meinem oben angeführten Werke habe ich die im Bernstein eingeschlossenen Pflanzen von den mir aus den Braunkohlenlagern des Samlandes bei Rauschen und aus Redlau bei Danzig, mitgetheilten Pflanzenresten sorgfältig auseinander gehalten, weil wir Beide meinten, dass sie nicht in ein und dieselbe Vegetationsperiode gehörten. Von den Bernsteineinschlüssen haben sich besonders die Blü- then von Eichen (Quercus Meyerianus) wie auch zu denselben gehörende sternförmigen Haare fortdauernd häufig gefunden, desgleichen die dort beschriebenen Cupressineen, Ericineen, Moose und Schimmelarten, viele andere sind freilich unica geblieben, wie unter Anderen ein schönes Farrn- kraut (Pecopteris Humboldti). Ich habe nicht verfehlt, durch ihre Bezeich- nungen an die Männer Preussens zu erinnern, die sich Verdienste um die Kunde des Bernsteins erworben, wie Breyn, Hartmann, Sendel, Bock, Klein, John, Hagen, Schweigger, Aycke, Klinsmann, Thomas, Berendt, Menge. Die von Herrn Dr. Thomas in der Sam- länder Braunkohle entdeckten Zapfen (Pinites Thomasianus) und bitumi- nösen Hölzer, welche ich in den damals für miocän gehaltenen Braun- kohlenlagern Deutschlands auffand, veranlassten mich, später, im Jahre 1354, in einer in der Tertiärflora Java’s gegebenen Uebersicht der ge- sammten Tertiärflora, die preussische Braunkohle ebenfalls für miocän zu erklären, womit auch spätere Forschungen übereinstimmen, wenn auch die Fortschritte, welche die Erkenntniss der Tertiärflora seit jener Zeit gemacht hat, jetzt eine viel genauere Begrenzung gestatten dürften. Für Mutterpflanzen des Bernsteins erklärte ich nur diejenigen Coniferen (Nadelhölzer), welche in ihrem Innern noch Bernstein enthielten der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. a und von ihm so umgeben waren, dass man ihn nothwendig als Ausson- derungsproduct zu betrachten genöthigt ward. Bei der grossen Schwie: rigkeit, aus blossen Structur-Verhältnissen die einander so ähnlichen Co- niferen-Arten zu unterscheiden, wozu überhaupt damals die diagnostischen Merkmale erst zu schaffen waren, begnügte ich mich wenigstens eine Art unzweifelhaft zu begründen, welche ich mit dem Namen Pinites (Pinus) succinifer bezeichnete. Eine nie geahnte Erweiterung meiner Kenntniss der Bernsteinflora erlangte ich im Jahre 1853, als ich so glücklich war, von Herrn Menge seine Sammlung zur literärischen Benutzung zu er- halten, welche unstreitig in dieser Hinsicht den ersten Rang behauptet, der ihr auch wohl sobald durch keine andere streitig gemacht werden dürfte. Eine vorläufige, im Jahre 1853 veröffentlichte Uebersicht wies nicht weniger als 120 Arten nach, so dass die gesammte Bernsteinflora inclusive der 44 von mir bereits aus Berendt’s und meinen eigenen Sammlungen beschriebenen Arten etwa 163 Arten umfasst. Für etwaige Reductionen liefern nachträgliche Funde hinreichenden Ersatz. Der da- mals schon beschlossenen gemeinschaftlichen Veröffentlichung traten später mancherlei Umstände entgegen, namentlich die Beendigung anderer be- reits früher begonnener literarischer Arbeiten, obwohl wir unser Thema niemals aus den Augen verloren. So beschrieb mein verehrter Freund in dem obengenannten Programme einige höchst interessante Pflanzen, unter anderen einen zweiten Bernsteinbaum und 2 Laurineen (Camphora prototypa) von principieller Wichtigkeit, insofern sie die nahe Verwandt- schaft unserer Bernsteinflora mit der miocänen Deutschlands noch mehr begründeten. Hierzu kamen auch noch Grundformen der neuholländischen Flora aus der Berendt’schen Sammlung, welche ich von der geehrten Familie des Verstorbenen zu literarischer Benutzung erhielt. Somit ist der Weg zu weiterem Anschluss an die ältere Braunkohlenformation Deutschlands gebahnt, doch ist nur an diese, nicht an die der Kreide- Formation hiebei zu denken, eines weiteren Urtheiles begeben wir uns bis nach Vollendung der ganzen Arbeit. Noch kannte ich jedoch nicht aus eigener Anschauung. die Lagerungs-Verhältnisse unseres so inter- essanten Fossiles. Gern benutzte ich daher im Juni d. J. die durch amt- liche Aufträge veranlasste Anwesenheit meines hochgeehrten Freundes, des Herrn Ober-Berg-Raths Runge, um in seiner sachkundigen Beglei- {ung die merkwürdigen geognostischen Verhältnisse des Samlandes zu sehen. Ich fand sie ganz so, wie sie von ihm oben geschildert worden sind, und überzeugte mich einerseits wohl von der Richtigkeit meiner im Jahre 1854 ausgesprochenen Ansicht, dass auch die gegenwärtige Haupt- fundstätte des Bernsteins nicht die primäre, sondern nur eine secundäre, aber andererseits auch zugleich, dass sie jedenfalls viel älter sei, als ich früher vermuthete. Vor Allem war ich bemüht, so viel als möglich noch mehr Material zur näheren Kenntniss der Bernsteinbäume 38 Jahres-Bericht selbst zu erhalten, welches viel häufiger ist, als man gewöhnlich an- nimmt, aber, weil weniger beachtet und erkannt, alljährlich in zahllosen Exemplaren verloren geht. Die Hauptfundstätte desselben ist nämlich in dem sogenannten schwarzen Firniss zu suchen, unter welchem Namen man bekanntlich den nur zu Salz-, Oel- und Firnissbereitung verwendeten Bernstein von schwärzlich grauer Farbe versteht, welcher aber diese Farbe grösstentheils nur Holz- und Rindenresten verdankt. Die ersteren gehören fast durchweg, wie die mikroskopische Untersuchung zeigt, den Bernsteinbäumen selbst an und haben, abgesehen von Nachweisung etwaiger specifischer Verschie- denheiten, auch ein gewisses statistisches Interesse, indem sie uns Winke über das quantitative Verhältniss der einzelnen Arten liefern. Die Rin- denreste zeigen auf ihrer Oberfläche zuweilen noch die Narben der ab- gefallenen Blattnadeln, aus welchen man auf ihre Beschaffenheit schliessen und somit die vielen einzelnen im Bernstein vorkommenden Blätter auf ihre Stammarten zurückzuführen vermag. Auf diese Weise gelingt es den Bernsteinbäumen, auch ihren Blätterschmuck zu verleihen, von denen wir schon wissen, dass sie auch hinsichtlich ihrer anatomischen Struetur, ihrer Ast- und Jahresringebildung unseren jetztweltlichen Nadelhölzern am nächsten stehen, an Harzreichthum sie aber übertrafen. Auf ihrer Rinde wucherten einst zahlreiche, oft von den gegenwärtigen nicht verschiedene Pilze, Flechten, Laub und Lebermoose, unter ihrem Schutze sprossten mannigfaltise Cupressineen, Erieineen, welche dem Bernsteinwalde ein gewisses nordisches Aeussere verliehen, dem es aber doch auch durch die Beimischung von immergrünen Eichen und anderen subtropischen und neuholländischen Formen an Abwechselung nicht fehlte. Meine Reise gewährte mir nach allen oben angedeuteten Richtungen hin reiche Ausbeute, die ich in Danzig Fräulein Louise Berendt, Herrn Sanitätsrath Dr. Abegg, Herrn Director Dr. Bail, Herrn Kauf- mann und Bernsteinhändler Janzen und insbesondere meinem hochge- ehrten Mitarbeiter Herrn Menge verdanke. An die Bewohner Preussens ergeht aber die Bitte, meine eben besonders den Bernsteinbaum betref- fenden Notizen beachten und durch Bewahrung der dort erwähnten, stets und überall vorkommenden Exemplare auch ihrerseits zu weiterer Illustration eines Productes beitragen zu wollen, dessen Ruf sich weit über die Grenzen unserer Geschichte erstreckt. Will man mir das Gesammelte zur wissenschaftlichen Benutzung anvertrauen, so werde ich es dankbar empfangen, und abgesehen von direeter Zusendung werden die Herren Bail und Menge und in Königsberg Herr Prof. Dr. Cruse gern bereit sein, es für mich leihweise entgegenzunehmen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 39 Derselbe Vortragende sprach am 20. November über einige jüngst beobachtete algenartige Einschlüsse und Dendriten | in Diamanten unter Vorzeigung der Exemplare und ihrer Abbildungen: In einer im Jahre 1864 von der holländischen Gesellschaft der Wis- senschaften in Haarlem gekrönten Schrift, „über die Einschlüsse im Dia- mant“ (84 $. Q. mit 4 colorirten Tafeln, Haarlem, Die Erben Loosjes, 1864), habe ich die Ansichten über die Bildung desselben, die pyroche- mischen und neptunischen nebst den dafür und dagegen geltend gemach- ten Gründen kritisch erwogen und mich namentlich vom Gesichtspunkte der in demselben vorkommenden Einschlüsse, dem Schwarzwerden und coaks- artisen Bildungen bei dem Verbrennen, und dem Verhalten des soge- nannten schwarzen Diamanten beim Unterziehen eines gleichen Verfah- rens und endlich wegen seines Vorkommens in und mit neptunischen Gesteinen für neptunischen Ursprung desselben erklärt,* die Frage jedoch über seine etwaige organische Abstammung nicht zur Entschei- dung geführt, sondern hierzu nur einzelne, künftig vielleicht erspriessliche Beiträge geliefert. Diese bestanden in möglichst getreuen Abbildungen verschiedener in mehreren Diamanten meiner Sammlung enthaltenen Ein- schlüsse, welche nicht nur rundlichen und parenchymatösen Pflanzen- zellen entsprechen, sondern sich auch nicht unpassend mit Algen und Pilzen vergleichen lassen. Obschon mit den in Diamanten noch viel häu- figer vorkommenden, durch Bläschen, Spalten und Sprünge sichtlich be- wirkten .verwandten Bildungen sehr vertraut und mir somit ihres Unter- schiedes wohl bewusst, habe ich dennoch es nicht unternommen, diese jetzt schon für organischen Ursprunges zu erklären oder sie wohl gar schon mit einem systematischen Namen zu bezeichnen, sondern mich be- snügt, sie der Aufmerksamkeit der Forscher zu empfehlen. Sie ver- dienen dies um so mehr, als in der neuesten Zeit die sogenannten Ur- thonschiefer, selbst Gneise, die Begleiter des Diamantvorkommens durch Entdeckung organischer Reste (ich erinnere nur an das Eoz00n canadense im Fundamentalgneis Murchison’s), immer mehr in den Kreis der ver- steinerungsführenden Schichten gezogen werden, und im All- gemeinen, woran nicht genug erinnert werden kann, schon Delesse in einer sehr interessanten Abhandlung über das Vorkommen des Stickstoffes und der organischen Stoffe in der Erdrinde (in der Zeitschrift der deut- schen geologischen Gesellschaft, 12. Band, 1860, 8. 429 u. f.) in so vielen Mineralien dergleichen entdeckt hat, wie im Quarz, Flussspath, Smaragd, Magneteisen, Kalkspath u. A. wie auch in Gebirgsarten, wie im Granit, Porphyr, Diorit, Melaphyr, Serpentin, Traphyt, Basalt, Horn- blendeschiefer und im Itakolumit, dem angeblichen Muttergestein des Diamanten. Ich sage angeblich, da Tschudi in neuester Zeit sein 40 Jahres-Bericht natürliches Vorkommen im Itakolumit gewiss nicht mit Unrecht in Zweifel zieht und sogar auch dessen Biegsamkeit, diese vielbewunderte Eigenschaft des immerhin merkwürdigen Gesteines, nicht für eine ursprüngliche, son- dern ihm erst durch Glühen ertheilte erklärt. Gustav Bischof (Lehr- buch der physikalischen und chemischen Geologie, 1. Band, 1863, 8. 658 u. f£.) spricht sich auch für den Ursprung des Diamanten auf nas- sem Wege aus. Fortgesetzte Nachforschungen führten mir jüngst einen geschliffenen Rauten-Diamant zu, in dem ich zum ersten Male die für die Bildung auf nassem Wege ganz besonders wichtigen und dafür sprechenden aus äusserst zarten schwärzlichen Körnchen gebildeten Dendriten be- obachtete, wie sie in Chalcedon, Japis und andern in und mittelst des Wassers gebildeten Mineralien häufig wahrgenommen werden. Ein viel grösseres Interesse aber erregten zwei Diamant-Krystalle mit grün ge- färbten Einschlüssen, welche ich im königlichen Mineralien -Cabinet in Berlin fand und die mir von dem Director desselben, Herrn Geheimen Rath Prof. Dr. Rose auf dankenswertheste Weise zur Untersuchung überlassen wurden. Der eine von 263 Millesrammen Gewicht enthält eine sehr grosse Zahl von höchst exact runden, gleichmässig grün gefärbten, kaum etwas gedrückten Körnchen, die aber selbst an den Stellen, wo sie sehr dicht aneinander liegen, nicht in einander fliessen, sich auch nicht ab- platten, sondern ihre runde Form beibehalten. Unwillkürlich wird man also gleich an eine Alge, an eine Palmellacea, wie Protococeus pluvialis erinnert, dem sie in Gestalt auf ein Haar gleichen. Der zweite 345 Millegr. schwere Crystall lässt eine andere Algenform von gleicher grü ner Farbe erkennen, weniger rundliche, sondern längliche, etwas in die Breite gezogene Körnchen, die oft kettenartig aneinander hängen, aber auch häufig einzeln oder gepaart vorkommen. Diese Letzteren erscheinen dann anfänglich durch einen brückenartigen Fortsatz von verschiedener Breite mit einander verbunden, endlich zu einem grösseren Körper ver- einigt, welche der Conjugation niederer Algen verwandte Formen zu oft vorliegen, als dass man sie ohne Weiteres in das Gebiet der zufälligen Bildungen verweisen könnte, wenn auch nicht überall der bestimmte Ab- schluss der Form oder des Randes so entschieden hervortritt, wie bei dem Protococeus in dem vorigen Diamanten. Dass hier übrigens bei wirklich algenartiger Natur nur eine Ausfüllung der organischen Form vorliege und die grüne Farbe trotz ihrer Aehnlichkeit mit der der Pal- mellaceen u. a. niederen Algen jedenfalls wohl nur von Mineralien her- rühre, glaube ich annehmen zu müssen. Unter den mir bekannten Algen erinnert sie am meisten an die Pal- mogloea macrococca Kützing, welche A. Braun bereits im Jahre 1849 in seinen Betrachtungen über die Erscheinung der Verjüngungen in der Natur p. I. 45, 216 und 305, T. I. Fig. 1—42 beschrieb und abbildete. Am Schlusse des Vortrages noch Mittheilungen über die Diamanten- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 41 Ausstellungen Brasiliens und die Diamantschleiferei von Coster in der grossen Pariser Ausstellung, sowie über die jüngst entdeckten neuen Fundorte von Diamanten nach Siliman und Whitney in 15—20 ver- schiedenen Orten in Californien und am Cap im Distriet von Colesberg. Am 20. November 1867 hielt Herr Geh. Medicinal-Rath Professor Dr. Göppert folgenden hier im Auszug mitgetheilten Vortrag: Bald nach der im Jahre 1821 erfolgten Gründung der fossilen Flora als Wissenschaft wurden die Hauptpflanzenformen der Steinkohlenforma- tion ermittelt, die man in allen dazu gehörenden mit der Steinkohle, selbst mehr oder weniger abwechselnd, lagernden Schichten gefunden hatte. Da nun ein inniger Zusammenhang zwischen ihnen sich ganz unzweifelhaft herausstellte, auch andere Pflanzen am wenigsten etwa die von einigen supponirten Seepflanzen darin vorhanden waren, so liess es sich nicht bezweifeln, dass diese Flora auch das Material zur Masse der Steinkohle selbst geliefert haben müsste. Die nähere Nachweisung dieser Voraussetzung führte der Vortragende bereits im Jahre 1846 aus und alle vorurtheilsfreien Beobachter des In- und Auslandes haben seitdem diese Beobachtungen bestätigt. Als Hauptresultat stellte sich heraus, dass in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle, nicht die Farn, wie man bisher glaubte, sondern die Sigillarien in Verbindung mit den zu ihnen gehörenden Stigmarien, dann Coniferen und zwar Araucarien im Verein mit den Calamiten und Nögge- rathien, den Repräsentanten der Palmen der Kohlenformation, die eigent- liche Hauptmasse der Steinkohle bildeten, dann erst die Lepidodendreen, die Farn und die übrigen weniger umfangreichen bis jetzt darin entdeckten Pflanzengruppen folgen (Calamodendron, Annularien, Sphenophylleen ete.). Die mannigfaltigen Verhältnisse, unter denen die Fossilisation dieser Vege- tabilien, erfolgte, wovon ebenfalls schon ausführlich gehandelt ist, waren natürlich auch nicht ohne Einfluss auf ihre Erhaltung, die sich in der That auch in verschiedenen Kohlenlagern verschieden herausstellt, so leicht aber nirgends in solcher Ausdehnung, wenigstens nicht in Deutschland, so ausgezeichnet zu nennen ist, als in dem ausgedehnten Nikolaier Revier von Oberschlesiens Kohlenlagern. Um dies zu weiterer Anschauung zu bringen, als dies bisher durch Beschreibung und Bild geschehen war, ward beschlossen, mit Unterstützung des königlichen Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten für die dies- jährige Pariser internationale Ausstellung eine Sammlung von Repräsen- tanten der in der Kohle selbst noch mit unbewaffnetem Auge erkenn- baren Pflanzen, so wie Photographien derselben zu veranstalten, was auch in Ausführung gebracht ward. Die in der photographischen Anstalt der Herren Buchwald und Georgi hierselbst ganz vortrefflich ange- 49 Jahres-Bericht fertisteua Photographien, 29 an der Zahl, in Gr. Quart und Gr. Folio, stellen vor: zahlreiche Arten von Sigillarien (die der Vortragende in seiner Sammlung bis zu 21 Fuss Länge besitzt), als den Hauptkohlenbildern in mehreren bisher noch nicht bekannten Formen, ferner die dazu gehören- den Stigmarien; die Selagineen (Lepidodendron, Halonia, Ulodendron, Le- pidofloges u. s. w.), Calamiteen, Araucarien, Früchte wie Trigonocarpeen, Nöggerathien, die Repräsentanten der Palmen in der Kohlenformation, merkwürdige Formen der Kehle. Der Vortragende legte diese in einem Atlas vereinigten Photographien nebst kurzem, sich darauf beziehendem Text in deutscher und französischer Sprache vor, von welchen auf Ver- langen des In- und Auslandes noch eine Anzahl Exemplare, & zu 39 Thlr., angefertigt wurden, die durch die hiesige Buchhandlung der Herren Maruschke und Berendt zu beziehen sind. Herr Prof. Dr. Grube legte in der Sitzung am 3. April mehrere interessante, vom zoologischen Museum erworbene, zum Theil vorzüglich erhaltene Seeigel der Section in Weingeistexemplaren vor; zunächst einen neuen, höchst eigenthümlichen Asthenosoma varium, welcher schon durch seine platte Gestalt (4°/, Zoll Durchmesser bei kaum 1 Zoll Höhe) auffällt und von allen Thieren dieser Ordnung durch seine — wenn man diesen Ausdruck brauchen darf — biegsame Schale abweicht. Dennoch ist dies mehr für den ersten Anblick überraschend, als im Widerspruch mit der allgemein giltigen Organisation der Echini- denschale. Bei allen Seeigeln werden in der Haut Kalkpartikelchen ab- gesondert und häufen sieh zu polygonalen Täfelchen zusammen, die, wenn sie mitunter auch sehr dünn bleiben, sich doch unmittelbar an ein- ander legen und in einander fügen und so ein festes, nur noch von einem Hautüberzuge bekleidetes Gewölbe, die die Eingeweide umschliessende Schale bilden: Bei dem Asthenosoma spielt nun die weiche Partie der Haut eine grössere Rolle, wird an den Grenzen der grösseren Verbände der Täfelchen oder auch einzelner Täfelchen nicht durch die Kalkabson- derung verdrängt und verleiht ihm dadurch jene auffallende Biegsamkeit, welche so gross ist, dass, wenn man diesen Seeigel am Rande aufhebt, sich sein ganzer scheibenförmiger Körper krümmt. Im Uebrigen ähnt das Asthenosoma den sogenannten regelmässigen Seeigeln, sowohl in dem Besitze von Zähnen an dem in der Mitte der Unterfläche befindlichen Munde und der Lage der Darmmündung auf der Höhe des Rückens als in der Anordnung der Füsschen und der Beschaffenheit der Stacheln; aber eigenthümlich ist, dass die nadelförmigen Stacheln, welche den sanzen Rücken bedecken und hohl sind, in Hautscheiden stecken und dass an der Bauchseite ausser ähnlichen sehr zahlreiche nackte, theils der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 43 spatelförmige (um den Mund herum), theils viel ansehnlichere bis %, Zoll lange leicht gekrümmte, abgestutzt -keulenförmige vorkommen, welche ebenfalls hohl, doch trichterförmig erweitert sind, und dass die Anal- öffnung aus dem Centrum etwas nach hinten gerückt und nur von 4 Genital- platten umgeben ist, deren eine sich freilich sogleich gablig theilt, es ist die vordere; auch sind (vielleicht eine blosse Abnormität dieses Exem- plars) nur 3 Genitalöffnungen zu finden, dagegen 4 kleinere zwischen den Genitalplatten gelegene Oeffnungen; die Madreporenplatte liegt auf der hinteren Genitalplatte. Die Füsschen, auf der Bauchseite der Schale stielrund, auf der Rückenseite spindelförmig, bilden an der Grenze ihrer Felder nur 1 Zeile und diese Felder sind noch nicht halb so breit als die Interambulacra. Pedicellarien giebt es überall in Menge und darunter auffallend grosse. Die grösseren Stachelhöker sind deutlich durchbohnt, die Zähne am Ende breit und ohne Kiel und von der Form eines beinahe gleichseitigen in der Höhe gebrochenen Dreiecks. Diese Art zeigt eine sehr bunte Färbung, indem die Haut rosenroth (im Leben vielleicht dunk- ler) und violett getipfelt, die spatel- und keulenförmigen Bauchstacheln hellgrün, die Rückenstacheln weiss, beide mit 2 oder 3 violetten Ring- binden geziert und die Knöpfe der grösseren Pedicellarien grünlich oder schwerelgelb sind. Die Gattung Asthenosoma muss ihren Platz in der Nähe von Asteropyga finden. Ein paar andere, auch wohl noch unbeschriebene Seeigel zeigen alle Merkmale der Gattung Salmacıs, ausgenommen, dass die Fussporen nicht wie bei den bisher bekannten Arten in Systemen von je 2, sondern von je 3 Paaren stehen, und dass auch auf der Grenze der Ambulacral- und Interambulacralfelder eine Reihe vertiefter Punkte vorkommt. Die Füss- chen sind auf der Rückenseite spindelförmig, an der Bauchseite dreh- rund, die Stacheln nadelförmig und um das Peristom spatelförmig. Bei dem prächtig gefärbten S. rubrotinetus stehen die grösseren auf den Fuss- feldern in je 4, auf den zwischenliegenden in je 8 Zeilen, haben am Rande der Schale eine Länge von °/, Zoll und 7 bis 9 blutrothe Ringe, halb so lange nur 4 bis 5 dergleichen, wozu das sanfte grünliche Grau der Schale angenehm contrastirt; die punktförmigen Eindrücke auf den Ecken der Täfelchen sind nur schwach und die stacheltragenden Quer- rücken der letzteren breiter als die Zwischenpartie. Die etwas conoidisch kugelige Schale misst 46 mill. im Durchmesser, 33 in der Höhe, die Breite der Ambulacral- und Interambulacralfelder am Rande der Schale verhält sich wie 16:22. Die Identität mit rarispinus wäre wahrscheinlich, wenn die Porenpaare zu je 2 stünden; bei $. pyramidata Trosch. sollen auf jedem der Ambulacral- und Interambulacralfelder nur je 2 Länes- reihen grösserer Stachelhöckerchen vorkommen. Der kleinere nur 1 Zoll breite und viel flacher gewölbte S. festivus von hellgrüner Farbe, zeigt ebenfalls weisse, aber mit 2 oder 3 violetten Ringen gezierte Stacheln, 44 Jahres-Bericht die grösseren auf Ambulacral- und Interambulacralfeldern nur in 2 Zeilen wie 8. pyramidata und auffallend grosse Eindrücke auf den Ecken der Täfelchen. Pedicellarien sieht man bei beiden Arten nur in der obersten Region des Rückens. Von einer dritten Art S. conicus Mart. (?) hat das Museum bloss eine Schale; diese zeichnet sich durch ihre eonische Ge- stalt und ebenfalls grosse und tiefe Eindrücke auf der Mitte der Felder aus, die an der Aussengrenze der Interambulaeren sind zum Theil durch- bohrt, die Reihen der grösseren Stacheln stimmen mit 8. festivus überein, weniger mit Martens Angabe, doch schwankt die Zahl der Reihen in ver- schiedenen Höhen der Schale. Farbe graugrün. Die Auriculae sind mit einander zu einem Kreise verbunden. S. conicus soll in den australischen, die beiden anderen und Asthenosoma in den chinesischen Gewässern ge- funden sein. Derselbe knüpfte an diesen Vortrag in der Zusammenkunft am 1. Mai Mittheilungen über einige seltenere oder neue Ophiuriden und zeigte zunächst ein stattliches ostindisches Medusenhaupt mit 8 bis 10 Zoll langen und bis 20mal getheilten Armen; die vierkantige Gestalt der letzteren, die doppelte Reihe ihrer Rückenstacheln und die Bewaff- nung der Rippen der Scheibe mit Stacheln weisen auf Asterophyton aspe- rum (Lam.), doch machen die Zusätze von Müller und Troschel, denen ein Pariser Exemplar vorgelegen haben muss, „die Rippen seien bei dieser Art fein-, die Bauchfläche grobgranulirt und die Stacheln endeten mit echinulirten Knöpfen“, die Identität zweifelhaft. Das Me- dusenhaupt des Breslauer Museums, ein Weingeist-Exemplar, das in der kräftigen Gestalt und schnell wiederholten Gabelung der Arme der Ab- bildung bei Linck (Taf. 20) entspricht, auf der man jedoch nur eine Andeutung von ein paar Rippenstacheln sieht, zeigt bei einer dunkel- braunen, an den Armenden meist ocherbraunen Färbung eine lederartige durchaus glatte Hautbedeckung, auch die Stacheln sind mit Haut über- zogen und durchaus conisch, kaum ein wenig echinulirt, geschweige denn mit einem solchen Knopf versehen, Bauchplatten sind nicht wahrzu- nehmen, es liegt hier also mindestens eine Varietät (A. laevipelle) von A. asperum, vielleicht eine eigene Art vor. Eigenthümlich ist ferner unter den mit jenem Medusenhaupt von Herrn Salmin erworbenen Schlangensternen eine Öphiolepis im Sinne Lütken’s, O. adspersa Gr., dadurch, dass bei dieser hellbraunen, dun- kelgetipfelten, auf den Radialschildern weissfleckigen, mit je 4 bis 5 kurzen anliegenden Armstacheln versehenen Art alle Schuppen der Scheibe nicht wie sonst am Rande mit Schüppchen eingefasst, sondern mit sol- chen ganz und gar bedeckt und die Mundschilder durch eine Querfurche der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 45 getheilt sind, Umstände, welche die O. adspersa zu einer besonderen Untergattung (Ophiochasma) zu erheben veranlassen. — Dem Genus Ophiothrix, das sich vorzugsweise durch lebhafte und bunte Färbung seiner Arten hervorthut, gehören 3 andere noch unbeschriebene Seesterne dieser Sendung an: 0. roseo-coerulans, O. melanosticta und O. striolata, alle mit glatter Scheibenfläche und beweglichen nicht haarförmigen Stacheln. Die erste besitzt rosenrothe Stacheln an den Armen zu je 5, und diese Arme sind ebenfalls rosenroth, an den Seiten blau oder blaugebändert, die Scheibe rosenroth mit blaugrauen Radialschildern oder blaugrauem Rande, die Radialschilder mit zwei- oder dreizackigen Stümpfchen besetzt. O. melanosticta zeigt einen rosenrothen Scheibenrücken mit an der Innen- hälfte maigrünen Radialschildern und oben rosenroth- und grüngebänderte Arme mit einer Längsreihe schwarzer Punkte, während jedes Radial- schild 2 solcher Punkte hintereinander besitzt. Diese Art fällt durch die wenig echinulirten Stacheln auf, welche wie bei der ersten an den Armen zu 5 sitzen und deren längster (der 2.) um die Hälfte länger als der Arm breit ist. O. striolata, deren Armlänge sich zum Scheibenradius wie 6:1 verhält, während sie bei der andern wie 4 und 5 zu 1 ist, zeigt einen bräunlich hellgrauen Grundton, mit smalteblauen Zeichnungen, in- dem auf den Armen kurze paarige dicke und dünnere Streifen oder Punkte abwechseln und jedes 5. Glied eine blaue Färbung annimmt; die schmalen Strahlen zwischen den Radialschildern sind intensiv weiss mit blauen Punkten, die zu je 5 oder 6 stehenden Armstacheln graulich, nach dem Ende verbreitert. Alle diese zierlichen Seesterne sollen aus dem chinesischen Meere stammen, 0. roseo-coerulans bei St. Helena ge- funden sein. In der Sitzung am 16. Januar setzte derselbe, auf den Vortrag vom 2. Mai v. J. hinweisend, seine Mittheilungen über Landplanarien fort und deutete darauf hin, wie diese Gruppe der Plattwürmer nicht nur dureh ihren Aufenthalt auf dem Lande, während alle übrigen im Wasser leben, sondern auch durch ihre geographische Verbreitung, lebhaft an Jie Landblutegel erinnere. Was die verticale Verbreitung betrifft, so steigen einige tropische, wie die Landblutegel, zu einer ansehnlichen Höhe hin- auf (z. B. Polyclados andicola, Schmarda bis gegen 9000 Fuss über dem Meere), und die horizontale Verbreitung zeigt zunächst, dass die Land: planarien dasselbe Gebiet einnehmen, auf dem wir die Landblutegel an- treffen, Chili, die Philippinen, Ostindien, Ceylon und Australien, doch wird auch China und Japan von Landplanarien bewohnt; von den Fischerinseln legte der Vortragende ein paar Arten vor, und Brasilien ernährt, wie Fr. Müller nachgewiesen, eine Menge derselben; auch gehen diese 'Thiere 46 Jahres-Bericht noch weit nach Norden über die Tropen hinaus, indem noch einzelne Species in Nordamerika (c. 40°) und selbst in Europa (hier etwa vom 5l. bis 56. Grade n. B.) beobachtet sind. Im westlichen Asien und in Afrika hat man bisher weder Landblutegel noch Landplanarien gefunden. Die Landplanarien bilden aber auch eine bei Weitem grössere und man- nigfachere Gruppe, so dass man sich bereits zur Aufstellung mehrerer Gattungen gedrängt gesehen hat; die Arten unterscheiden sich meist durch die Färbung, deren Muster hauptsächlich in dunkleren oder helleren Längs- streifen besteht. Die beiden Arten von den Fischerinseln (Samoa), die Herr Godeffroy erhalten, gehören, da sie nur 2 Augen und nahe dem Vorderrande besitzen, zur Gattung Rhynchodesmus Stimps. und scheinen noch nicht beschrieben. Rh. bistriatus zeigt jetzt auf blassfleischfarbenem Grunde 2 braune Längsstreifen nahe dem Rande, ein allmälig verschmä- lertes und vorn abgestutztes Vorder- und ein schneller zugespitztes Hin terende, dabei eine gestreckte Form (12—22 mm. Länge bei 2 mm. oder etwas mehr Breite) und Rh. quadristiatus, von dem leider nur die Vorderhälfte erhalten ist, 4 dunkelbraune Längsstreifen, deren mittlere näher aneinanderstehen auf ochergelbem Grunde, Von derselben Insel Samoa legte Prof. Grube noch mehrere See- planarien vor, deren prächtige Färbung im Leben kaum viel lebhafter gewesen sein mag und die alle 2 Genitalöffnungen besitzen: Thysanozoon verrucosum Gr. gelbbraun, il mm. lang, dadurch an Th. australe Stimps. erin- nernd, dass der Rücken statt mit weichen verlängerten Pupillen mit viel stärkeren, mehr warzenförmigen, diekeonischen oder platteren Erhaben- heiten von braunschwarzer Farbe mit ochergelber Spitze besetzt ist, die aber weder wie dort in einer gewissen Ordnung stehen, noch Tuberkel- chen tragen. Die Stirnfalten zeigen auf ihrer First schwarz2 Querstreif- chen. Eurylepta fulvolimbata Gr. von ähnlicher Farbe und Grösse, mit einem orangegelben, innen schwarzgesäumten Bande eingefasst, scheint nur ein Paar Aeugelchen zu besitzen, welche hinter den Stirnfalten in einer kleinen schwarzen spitzwinkligen Figur stehen, wogegen E. pan- iherina gr. keine mehr erkennen lässt. Diese schöne Art, -breitoval, 20 mm, lang, ist noch bunter gefärbt, indem der Rücken auf dunklem sand- selbem Grunde mitten mit schwarzen, an den Seiten mit orangerothen rundlichen Fleckchen übersät, die Mitte selbst mit einer orangerothen Längsbinde, der grauliche Rand mit einer Reihe schwarzer Flecken ge- ziert ist. Von den runden Fleckchen erheben sich einige wie niedrige Papillen, wodurch eine Annäherung an T’hysanozoon entsteht. Ein Sty- lochus endlich, blos mit einem Häufchen spärlicher Aeugelchen an den Fühlern, ist mit St. oligochlaenus, den Schmarda von Ceylon mitge- bracht, am nächsten verwandt oder identisch, zeigt aber weder die nach Schmarda’s Angaben. durchscheinende Darmverästelung noch den fein der Schles,. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 47 wellisen Rand, dagegen ist die Randkante selbst entschieden bräunlich gefärbt. Die Länge beträgt nur 10,5 mm., Schmarda giebt 32 mm. an. Am 13. März machte Herr Prof. Grube die naturwissenschaftliche‘ Section mit einigen Sipunkuloiden bekannt und sprach namentlich über Loxosiphon, Cloeosiphon und einige Phascolosomen, Die Sipunkeln sind Seethiere mit weichwandigem, schlauchförmigen hinten gerundeten oder conoidischen Leibe, der sich vorn in einen langen verdünnten aus- und einstülpbaren Rüssel fortsetzt und deren Darmcanal, an der Spitze desselben beginnend und die Leibeshöhle in vielen Win- dungen durchziehend, vorn auf dem Rücken, an der Basis des Rüssels mündet. Nachdem der Vortragende in kurzen Zügen die Organisation und Systematik dieser (von Cuvier den Holothurien angereihten) Thiere mit Hinweis auf Diesing’s, Keferstein’s, Semper’s und Quatrefages Publica- tionen auseinandergesetzt, ging er näher auf die Gattungen Sipuneulus und Phascolosoma ein. Sipunculus umfasst die glatthäutigen, wegen der deutlich gesonderten Stränge von Längs- und Ringbinden von Quermus- keln gitterartig gefurcht erscheinenden, meist ansehnlicheren Formen, deren Mund eine unregelmässig zerschlitzte Membran umgiebt: es gehört dahin der S, nudus ©. des Mittelmeeres, der eine Länge von mehr als 2 Fuss erreichen kann, und der essbare S. edulis Pall. aus Java. Bei den Phascolosomen gehen die Längsmuskelstränge, ohne sich in den Rüssel weiter fortzusetzen, durch Gabeltheilung in einander über oder bilden wie die Quermuskeln eine gleichmässige Schicht. Ihre Haut ist mit zahlreichen, in der Gegend vor dem After und am Ende des Leibes oft grösseren, derberen, auch gedrängter stehenden Papillen besetzt, die vordere Partie des Rüssels, die bei Sipunculus nur weiche und weitläu fiser im Quincunz stehende Papillen trägt, fast immer mit Kränzen von ‘ Häkchen bewaffnet, mit denen Ringe von Papillen abzuwechseln pflegen, und an seinem Ende sieht man kurze oder längere Fühler. Bei Ph. gra- nulatum Leuck. bilden sie einen hinten offenen Kreis, der nicht den Mund umgiebt, sondern oberhalb desselben auf einer flachgewölbten Stelle sitzt; innerhalb dieses Kreises stehen 2 Augenpunkte. Ebenso verhält es sich bei Ph. asperum Gr. und Ph. semirugosum Gr. aus dem Rothen Meer. Das erstere erreicht die für ein Phascolosoma seltene Länge von 12 Cent., ist ganz mit conischen, in ein Stachelchen auslaufenden, braunen Wärz- chen besetzt, deshalb rauh anzufühlen, hat anastomosirende Längsmuskeln, über 100 doch meist sehr unvollständige Hakenkränze an seinem Rüssel nnd etwa 46 Fühler; das noch nicht halb so lange Ph. semirugosum etwa 21 spitzig fingerförmige Fühler, gar keine Hakenkränze, sondern blos Gürtel von Papillen am Rüssel und einen unbewaffneten fleischfarbigen Leib, dessen Vorderhälfte von groben Längsrunzeln durchzogen hier Längs- 48 Jahres-Bericht reihen weicher ansehnlicher Papillen trägt, während an der hinteren glat- ten nur die gesonderten Längsmuskeln und in deren Zwischenräumen ganz dünne zahlreiche Quermuskelstreifen durchschimmern; an der End- spitze selbst treten zerstreute Papillchen auf. Die 4 Rückwärtszieher des kurzen Rüssels entspringen in gleicher Höhe weit nach vorn, bald hinter dem After, bei Ph. asperum dagegen die beiden oberen weiter nach hinten als die beiden unteren. Eine andere Gruppe von Phascolosomen enthält solche, bei denen die Fühler den Mund selber und das Ende des Rüssels in mehreren Kränzen umgeben, so bei Ph. margaritaceum Sars und bei dem von Fr. Müller in Desterro zugesandten Ph. Catharinae einer Art mit weichen punktförmigen, am Hinterende etwas vorragenderen Papillen und einem unbewaffneten, den Leib an Länge übertreffenden Rüssel, dessen kolbenförmige Spitze dicht mit fadenförmigen Papillen besetzt ist und eine am Rande ähnlich eingefasste Unterlippe trägt; Längsmuskeln sind von aussen nicht wahrnehmbar. Einer anderen neuen Art, dem Ph. lobostomum Gr., sehr kenntlich an den dunkeln geschlän- gelten Längslinien (wohl Canälen), die die ansehnlicheren Wärzchen des Hinterendes umziehen und verbinden, scheinen nach einer früheren Unter- suchung die Fühler gänzlich zu fehlen, und man bemerkt nur eine trich- terförmige in 2 gegenüberliegende Zipfel ausgezogene, lappig gekerbte Mundmembran. Ihr Rüssel ist wie bei den 2 zuerst genannten Arten ausgestattet und etwas kürzer als der mit punktförmigen, hinten etwas grösseren Papillen besetzte Leib. Die Gattung Loxosiphon, welche sipunkelartige Thiere mit einer am Ende des Körpers liegenden Darmmündung umfassen soll und auf Stern- aspis elegans Cham. gegründet ist, scheint dem Vortragenden sehr frag- lich, da die genauere Untersuchung eines im Dorpater Museum befind- lichen Exemplars deutlich darthut, dass die Analöffinung ebenda liegt, wo sie die Phascolosomen und sternaspis haben. Was aber die von Quatrefages hinzugefügte zweite Art (L. aspergillum) betrifft, so glaubt diese der Vortragende in einer von H. Godeffroy eingesandten ca. 48 Mill. langen Sipunculide aus Samoa wieder zu erkennen, und ist bei ihr zu demselben Resultat gelangt. Diese letztere fällt dadurch auf, dass der Rüssel aus der Wölbung einer auf’s Zierlichste aus Kalktäfelchen gebil- deten Kuppel hervortritt, deren Hinterrand auf der Rückenseite einen Ausschnitt bildet. An dieser Stelle mündet eben der Darm. Die dicken Kalktäfelchen sind in schrägen Reihen geordnet, und jedes, die vorder- sten gestreckteren ausgenommen, die bei zurückgezogenem Rüssel dessen Austrittsstelle verdecken, stellt eine vierseitige, aber abgestutzte Pyramide dar, an deren Endfläche ein schwarzbrauner Punkt erscheint. Dieser ist die Spitze einer stachelförmigen Papille, welche den Kalk absondert und so sich mit ihm dick bekleidet hat. Quatrefages beschreibt eine mit Stacheln besetzte weit genabelte Pelotte, deren Stacheln eine Kalkrinde der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 49 tragen und deren Zwischenräume durch eine Art Mörtel ausgefüllt seien; fügt jedoch hinzu, dass der Darm am Hinterrande des Körpers ausgehe. Nach einer hinteren Oeffnung hat der Vortragende vergeblich gesucht und kann die Vermuthung nicht unterdrücken, dass jene Oeffnung viel- leicht nur eine Einstülpung gewesen oder zufällig, und die wahre Darm- mündung von Herrn Quatrefages als Mund gedeutet sei; seine Exem- plare könnten entweder von derselben Aıt, aber schlecht erhalten gewesen sein oder auch einer nahe verwandten angehört haben.”) Eine anatomische Untersuchung, welche die Richtigkeit seiner Deutung beweisen würde scheint nicht vorzuliegen; daher und da der Name Loxosiphon nicht mehr passt, mag die Art von Samoa vorläufig als Oloeosiphon aspergillum aufge- führt werden. Ihr Rüssel beträgt etwa ”%, der übrigen Leibeslänge, ist im hinteren Theil dicht mit weichen Papillchen, im vorderen mit 23 voll- ständigen und noch vielen theilweise erhaltenen Kränzen sehr gedrängter zweispitziger Häkchen besetzt und der Mund von einer trichterförmigen am Rande zackig gefalteten Membran umgeben, auf deren Rückenseite 2 fühlerartige Läppchen sitzen, wie bei Petalostoma, dem sich das Thier auch sonst anzuschliessen scheint; der Leib ist mit punktförmigen bräun- lichen Papillchen übersäet, die nur am Hinterrand der Kalkkuppel an: sehnlicher werden. Was den oben genannten Sternaspis elegans betrifft, sc ist dieser für einen echten Aspidosiphon zu halten. Von dieser Gattung wurde die Abbildung einer schon durch ihre Grösse sich auszeichnenden neuen Art (A. annulosum) aus Zanzibar vorgelegt, deren ocher- gelber, körnig geringelter Leib 4 Zoll misst. Der auf der Basis des- etwa 2 Zoll langen Rüssels liegende Schild ist eine nach vorn verjüngte und fächerartig längsgefurchte Platte, auf der mehrere fadenförmig ver längerte Papillen stehen, das Hinterende des Leibes ein niedriger, scharf abgesetzter, strahlig gefurchter Kegel, der hintere Theil des Rüssels ist dicht mit ringförmigen, geknitterten Falten, der Endtheil mit Kränzen von dreieckigen, wenig gekrümmten Häkchen und abwechselnden Ringen von Papillen versehen, aber an dem untersuchten Exemplar nicht durchweg gut erhalten. Dass übrigens bei dem in den Sammlungen verbreiteteren A. Mülleri oberhalb des Mundes ebenfalls Fühlerchen vorkommen, ist eine Beobachtung von O. Schmidt, welcher der Vortragende bei- treten muss. *) Bei seinem Herbstaufenthalt in Paris wurde dem Vortragenden die Unter- suchung der in Rede stehenden Exemplare des zoologischen Museums freund- lichst gestattet und er überzeugte sich von der Identität derselben mit den seini- gen und der Richtigkeit seiner hier vorgetragenen Beschreibung. 4 50 Jahres-Bericht In der Sitzung am 1. Mai und 20. Juni zeigte Prof. Grube eine Reihe neuer Anneliden und deren Abbildungen. Von mehreren aus dem rothen Meere kommenden hob der Vor- tragende als besonders auffallend eine von Ritter v. Frauenfeld gesam melte Polynoe (Lepidonotus Kbg.) und einen Sigalion (Psammolyce) hervor, Bei P. (L.) quadricarinata Gr. tragen die glattrandigen graugetipfelten Elytren 2 lineare schwarz- und weissgefleckte niedrige Leistchen, welche von einem hellgelben, über der Insertionsstelle liegenden Fleck ausgehen und nach hinten laufen, die glatten Rückeneirren mit langem Basalglied verdiecken sich nicht unter der Spitze und ragen so weit vor als die Bauchborsten, der unpaare Fühler ist kaum länger als die äusseren und die Fühlereirren. Die oberen Borsten sind der ganzen Länge nach mit zarten Zähnchen besetzt. Bei P. rigida Gr..sind die Rückenschilder dreieckig, mehr oder minder breit, am Aussen- und Hinterrande gefranzt, von letzteren Franzen aber einige auffallend gross und gefiedert; an diese wie an die kurzen Papillen der Rückenfläche heften sich weisse und rothe Conchylienfrag- mente und zwar so fest, dass die Schilder wie incrustirt aussehen; das hintere punktförmige Augenpaar sitzt oben, das vordere, aber viel grös- sere ganz seitlich, der unpaare Fühler auf einem fast kugeligen Grund- gliede, und der Baucheirrus, länger als der Rückenceirrus, trägt ein Läpp- chen an seiner Basis. Die Borsten des oberen Köchers wie bei der vorigen Annelide, die anderen mit einem Sichelanhang. Chloeia bistriata Gr. kaum 8 mill. lang mit 15 Segmenten, 10 Paar Kiemen und 2 schwarzen auf jedem Segment durch eine erhabene Quer- binde unterbrochenen Längsstreifen des Rückens, der jetzt eine bräun- liche Fleisehfarbe zeigt, ist dadurch ausgezeichnet, dass sowohl die oberen als die unteren sehr ansehnlichen weissen Borstenbündel aus ungleich zweizinkigen Borsten bestehen, denen nur spärliche mit einfacher ge- zahnter Spitze beigemischt sind. Die Karunkel ist mit 15 Paar Lamellen besetzt und an 3 Segmenten angeheftet, erstreckt sich aber bis zum öten, die vorderen Augen grösser als die hinteren. Eine Nereis (N. Ehrenbergi Gr.) ebendaher, aus Ehrenberg’s Samm- lung ähnt in der Bildung der hinteren Ruder (vom 17. an) der Hetero- nereis lobata Gr., weicht aber darin ab, dass dem oberen Borstenköcher das grosse Lippenblatt abgeht und zu dem grossen Blatte des unteren noch ein Läppchen hinzukommt, lässt nirgend Messerborsten erkennen, würde nach Quatrefages zur Gattung Nereilepas gehören und vermehrt das Bedenken, ob Nereilepas und Heteronereis als Genera aufzufassen sind. Die Fühlereirren der N. Ehrenbergi sind kürzer als bei lobata, reichen nur bis zum 10. Segment, die Züngelchen der vorderen Ruder sind stumpf und der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 51 kürzer, die Augen grösser und die Kiefer zahnlos, und der hintere Wulst des Rüssels trägt nur eine einfache Reihe von Kieferkörnchen. In einer von Prof. Fr. Müller aus Desterro gemachten Sendung be- findet sich ein als Palmyra obscura bezeichnetes Thier, welches eine eigene Gattung Psectra bilden und neben Bhawania Schmard. stehen muss, der es in der wurmförmigen Gestalt des Körpers und den zu ganzen Quer- reihen verbundenen Rückenpaleen ähnt; allein der obere Ruderast ent- hält ebenfalls nur Paleen und zwar von geringerer Grösse, der untere wenige Gräten- und viele Sichelborsten, Rückeneirren und fleischige Her- vorragungen unter den Paleen des Rückens fehlen gänzlich, ebenso wenig kann man Fühler und Augen wahrnehmen. Länge bis 38 mill., Rücken und Ruder dunkelbraun, Bauch bläulich grau, 160 bis 180 Segmente. Paleen am Ende abgestutzt, sehr zart. Endlich wurden noch einige seltsame, neuerlich von Herrn Salmin angekaufte, aus dem Meere am Cap gefischte durchscheinende Wurm- röhren vorgelegt, welche bei einer Länge von 8 bis 10,5 Zoll nur die Dicke eines starken Drathes besitzen und durch ihre federkielartige Beschaffen- heit sogleich an die Röhre der europäischen Onuphis tubicola erinnerten, doch ist diese starr, sehr viel kürzer und weiter und nur leicht gebogen oder gerade, während die vorgelegten sich zu einem Kreise zusammen- krümmen lassen. Bei näherer Untersuchung ward in einer derselben der Bewohner und zugleich Erbauer entdeckt, und bestätigte die Vermuihung, dass man es mit einer ganz ähnlichen Annelide zu thun habe. Es war eine nur 1 Mill. dicke, aber mit mehr als 230 Segmenten versehene und über 2'/, Zoll lange noch unbeschriebene Onuphis (O. tenuissima Gr.), deren ausgeschwitzter und dann verhärteter Schleim die durchscheinende Wand dieser einfachen Wohnung bildet. Die neue Art unterscheidet sich von den O. tubicola hauptsächlich dadurch, dass sie bloss 11 Kiemenpaare besitzt, welche schon am 6. Seg- ment beginnen, und dass die vorderen 5 in mehrere Fäden (die erste sogar in 8 oder 9) auslaufen, während die übrigen wie dort alle nur ein- fach sind, ferner dadurch, dass das Basalglied der hinteren Fühler 4 bis 5 Ringel zeigt und im Verhältniss zu dem Endfaden viel dicker und län- ger (bei dem längsten unpaaren Fühler etwa ", der Totallänge), und dass das Mundsegment nicht kürzer, sondern eben so lang als das folgende ist, dessen Ruder zwar auch nach vorn gestreckt, aber nicht so kräftig sind, auch nicht einmal den Kopflappen erreichen. Wenn übrigens, wie Quatrefages angiebt, die Onuphis des Mittelmeeres von der nordischen sich hauptsächlich dadurch unterscheiden und deshalb eine eigene Art (0. sieula) bilden soll, weil die Hakenborsten der ersteren nicht gesäumt sind, so muss der Vortragende dies in Abrede stellen; auch hier tritt bei als 52 Jahres-Bericht 60facher Vergrösserung das die Doppelspitze überragende Blättchen ganz deutlich hervor. Neu scheinen auch zwei am 4. December beschriebene Syllideen von St. Vaast: Sylline flava, citronengelb mit über 70 sehr kurzen Segmenten, 4 rothen im Rechteck stehenden Augen und getrennten Stirn- polstern, Rückeneirren kurz fadenförmig, die Borsten etwas überragend, und eine hellgraue, oben 'schwarzgefleckte Art der Gattung Grubea Qfe. Gr. adspersa, mit ähnlichen Augen, vorn nicht vereinten Stirnpolstern und 50 minder kurzen, 3 his 5 mal so breiten als langen Segmenten; Fühler und Rückencirren spindelförmigs. Beide Thiere besitzen bloss Sichelborsten und ein auf der Vordergrenze des Mundsegments sitzeudes queeres Läppchen. In der Sitzung am 18. December hielt Herr Prof. Grube einen Vortrag über die Familie der Maldanien unter den Anneliden. Quatrefages dehnt diese Familie am weitesten aus, indem er den Clymenen Sav. und ihren nächsten Verwandten nicht bloss die Ammochares, sondeın auch die Clymenides, Arenien, Aneistrien und Ulymenien als. „Clymeniens degrades“ anschliesst, welche grössere Aehnlichkeit mit den Capitellen, Notomastus und Dasybranchus zeigen, während Malmeren und Keferstein darin nur die erstgenannten aufnehmen und schon die Ammochares ausschliessen. In diesem engeren Sinn umfasst die Familie danu nur Gattungen, deren Hakenborsten in I (oder 2) Querreihen geordnet sind und stellt sich durch mehrere ausschliessliche Charaktere allen anderen gegenüber. Es giebt überhaupt nur wenige Anneliden, die sich durch eine geringe und constante Zahl von Segmenten auszeichnen, wie die Aphroditen, ein Theil der Polynöen Sav., die Hesionen u. A., aber unter allen diesen keine, bei denen die Segmente eine so ansehnliche Länge erreichen. Bei den Maldanien steigt ihre Zahl nicht über 26 oder 27, und die Länge derselben kommt bei den ausgebildeteren mindestens der Dicke gleich oder übertrifft sie, und zwar meistens bedeutend; indem die Länge von beiden Enden gegen den Mittelkörper zunimmt, wachsen einige Segmente so beträchtlich, dass sie zwei oder dreimal so lang als breit oder noch länger sind. Man bemerkt ferner, dass die Haar- und die unter ihnen sitzenden Hakenborsten nicht an allen Segmenten dieselbe Stelle ein- nehmen, sondern an den vorderen vor der Mitte, an den übrigen nahe dem Hinterrande sitzen. Dieser Gegensatz der Stellung tritt vielleicht allgemein vor der Mitte des Körpers ein, und die beiden Segmente, an denen dies geschieht, zeigen eine weniger scharfe Grenze zwischen ein- ander als die übrigen. Häufig schwellen die längeren der hinteren Seg- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 53 mente durch die Erhöhung der Polster, auf welchen die Hakenborsten eingefüst sind, hinten sehr stark an und reissen, da das folgende dünn beginnt, leicht von diesem &b. Doch sind nicht alle Segmente in gleicher Weise mit Borsten ausgestattet: das Mundsegment ist wie bei den Lum- brieinen ganz borstenlos, die nächstfolgenden 3 führen zwar Haarborsten aber nur wenige Hakenborsten, oder statt ihrer eine oder ein paar an der Spitze leichtsekrümmte Stachelchen, und das Endsegment, meist auch die 1 bis 3 (4) vorhergehenden sehr verkürzten sind wieder borstenlos, doch letztere in der Regel mit Andeutungen der Polster, in denen sonst die Hakenborsten stecken. Quatrefages giebt im Widerspruch mit den anderr neueren Beobachtern auch hier Hakenborsten an. Hienach unter- scheidet Quatrefages 3 Regionen am Körper der Maldanien, von denen Jie mittlere (regio intermedia) die grosse stets überwiegende Zahl der mit Haarborsten und vollen Reihen von Hakenborsten versehenen Segmente umfasst. Die Hakenborsten, stets von langer S-Form unterscheiden sich dadurch von allen ähnlichen, dass unter der Spitze ihres meist mehr- zähnigen Schnabels ein bandförmiges Chitinblättchen sitzt. Kopf- und Schwanzende sind so eingerichtet, dass sie zwar nicht den Eingang in die vom Thier erbaute an beiden Enden offene Röhre hindern, weil diese viel länger ist, aber doch höchst zweckmässig dasselbe in seiner Röhre gegen einen Eindringling schützen. Sie sind nach einem ähnlichen Plan wie bei den Pectinarien gebaut, indem die Rückenfläche des Mund- segments meist eine consistentere nach vorn geneigte Platte, das End- segment eine ähnliche nach hinten abfallende Platte oder einen Trichter bildet, welche dem Durchmesser der Röhre entsprechen, wogegen bei den Pectinarien die Endplatte mehreren letzten Segmenten angehört, die zusammen eine nach unten umschlagbare Klappe bilden. Der Kopflappen selbst ist bei den Maldanien nur wenig entwickelt und wohl nur in dem schmalen nach vorn in ein freies Läppchen vorragenden Längsstreif zu suchen, der beiderseits durch eine Furche abgesetzt, mehr oder minder weit die Scheitelplatte des Mundsegments halbirt. Um eine Maldanien- sattung aufzustellen, müssen daher beide so charakteristisch gebildete Körperenden erhalten sein, was bei der leichten Zerreissbarkeit dieser Thiere häufig nicht zu erreichen ist. So kennt man nur die Vorderhälfte von Olymene torguata Leidy, Leiocephalus parvus Qfg. und Ol. ebiensis M. Edw., und von den Gattungen Rhodine Men. und Mandrocles, Iphianissa, Neco und Miliita Kbg., und die Olymene spathulata Gr. ist wahrscheinlich nach zwei nicht zu derselben Art gehörenden Körperenden beschriebven, daher vorläufig aus dem System zu entfernen; Cl. microcephala Selm. scheint der Abbildung nach in der Reproduction des Vorderendes be- sriffen, denn das erste Segment der Figur trägt Borsten, ist also wohl nicht das Mundsegment, und der vor ihm befindliche Zapfen ähnt durch- aus nicht dem Kopflappen anderer Maldanien, 54 Jahres-Bericht Zu einer übersichtlichen Anordnung der Gattungen scheint dem Vor- tragenden zunächst die Bildung des Kopf- und Schwanzendes geeignet, und er glaubt diese Anordnung am zweckmässigsten in folgender Weise zu geben: 1) Das Endsegment ist trichterförmig, der After in der Mitte des Trichterbodens. a. Bei fast allen dahin gehörigen Formen läuft der Triehterrand in Zacken oder Zähne aus, so bei der Gattung Clymene Sav. die Malmgren, je nachdem die Scheitelplatte sich in einen freien Rand ausbreitet oder nicht und nach der Zahl der Segmente, der borstentragenden wie der borstenlosen, in die Genera: Rhodine, Nico- mache, Axiothea und Praxilla zerfällt: Grube würde alle Formen unter Clymene vereinigen, die eine gesäumte Scheitelplatte haben, daher also die Axiotheen und Praxillen hierher ziehen, die Nicomachen hingegen zu Leiocephalus bringen. Von Rhodine ist das Endsegment noch unbekannt. Die Gattung Clymene Sav. kommt unter den nordischen von Malmgren ausschliesslich beschriebenen gar nicht vor, Kinberg beschränkt sie bloss auf Cl. amphistoma Sav., und giebt als Charaktere derselben nach Savigny 25 (wohl 28) Segmente an, ınd dass die 3 Anteanalsegmente noch Hakenborsten, die 3 auf das Mundsegment folgenden aber bloss Haarborsten tragen. Allein Savigny giebt nur als nicht sicher beobachtet 23 Segmente an und die Exemplare, die der Vortragende in der Ehren berg’schen Sammlung aus dem rothen Meer mit diesem Namen be- zeichnet gefunden, sind nur in Bruchstücken (längeren Kopf- und Schwanz enden) vorhanden, lassen darüber also im Unklaren, stimmen aber im Uebrigen soweit mit Savigny’s Beschreibung überein, dass man sie für identisch halten kann, doch lassen sich an den Anteanalsegmenten keine Hakenborsten nachweisen, wogegen an den drei betreffenden vorderen Segmenten unter den Haarborsten ein kleiner Stachel vorhanden ist, der Savigny leicht entgangen sein kann; seine Figur zeigt wenigstens das Grübchen, aus dem er hervortritt. Lest man auf die Zahl der Segmente ein so grosses Gewicht wie Malmgren, so entstünde eine neue Frage, ob nur die Gesammtzahl der Segmente oder auch die Zahl der borstentragenden zu der Errich- tung neuer Gattungen erforderlich sei; dem Vortragenden scheint es für jetzt räthlicher, Malmgrens Genera als blosse Unterabtheilungen von Clymene anzunehmen. Die Gattung Clymene würde dann folgende Arten enthalten: mit 16 borstentragenden Segmenten: Cl. zostericola @fg. mit 17 borstentragenden Segmenten: Awiothea catenata Mgn. (die 4 Antea- nalsegmente besitzt) Cl. modesta Qfg., Cl. Iyrocephala Schm. ; mit 18 borstentragenden Segmenten nach Qfe.: Cl. uranthus Sav. (Savigny siebt deren 19 und 4 Anteanalsegmente an); a der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 55 mit 19 borstentragenden Segmenten, mit 5 Anteanalsegmenten: (Praxilla) Pr. praetermissa Mgn., Pr. arctica Mgn., Pr. Kefersteim Kbg.., Cl. gracilis Sars., Cl. Muelleri Sars.; mit 3 Anteanalsegmenten (l!. lumbricoides M. Edw. (Quatre- fages hat nur 15 bis 16 angegeben; Cl. diadema Gr. n. sp. mit 2 Anteanalsegmenten (I. digitata Gr., Cl. Oerstedi Clap.; mit 22 borstentragenden Segmenten und 2 Anteanalsegmenten: Cl. pa- lermitana Gr.; mit 23 borstentragenden Segmenten (?) und 3 Anteanalsegmenten: (I. amphistoma Sav. Olymene diadema Gr., von Ritter v. Frauenfeld im Rothen Meer ge- funden, zeigt wie Cl. lumbricoides, die bei St. Vaast nicht selten vor- kommt, längere und kürzere Trichterzähne, doch wechseln diese fast regelmässig ab, indem je 1 der langen zwischen je 2 oder 3 äusserst kurzen steht, der Mittelstreif durchsetzt die Scheitelplatte nicht wie dort bis zur Mitte, sondern bis beinahe zum Hinterrand und läuft am Stirn- rande in kein Läppchen aus. Cl. digitata Gr. und Cl. Oerstedi Clap. sind einander sehr ähnlich, doch ist erstere, wenn das untersuchte Exemplar ausgewachsen war, nur ein Drittel so lang, ihre Segmente bis über die Mitte des Leibes hinaus viel kürzer und dicker, und die kreisrunde Scheitelplatte hat einen deut- lichen Rand und ist ganzrandig, wogegen bei CI. Oerstedi dieselbe mehr abgerundet fünfseitig und wenig abgesetzt ist und hinten jederseits einen Einschnitt hat. Von den Clymenen sondert Quatrefages die Gattung Leiocephalus, - welche sonst mit jenen übereinstimmt, doch keine oder fast keine Schei- telplatte besitzt; lässt man diesen letzteren Zusatz fort, hält L. coronatus Ofg. und Cl. intermedia Oerst. fest und nimmt noch Sabella lumbricalis Fabr. hinzu, so empfiehlt sich die Annalıme dieser Gattung, die dann mit Nicomache Mgn. vereint werden könnte, wenn man nicht an der von Malm- sren in den Gattungscharakter aufgenommenen Zahl von 22 borstentragenden Segmenten festhält. Cl. intermedia muss weniger, L. coronatus soll nur 13 haben. Von (Il. Ebiensis, die vielleicht mit Cl. intermedia identisch ist, und von Leiocephalus parvus Qfg. kennt man nicht das Hinterende, sie können also ebensowenig als die oben erwähnte CI. spathulata unter den Leiocephalen mitzählen. Neben Clymene würde ferner die Gattung Johnstomia Qfg. zu stehen kommen, von deren borstentragenden Segmenten einige auf der Oberfläche mit blutreichen Blindsäckchen besetzt sind. Bei der einzigen bekannten Art J, clymenoides Qfg. sind in dieser Weise die 6 letzten borstentragen- den Segmente ausgezeichnet. b. Nur bei ein paar Clymenen sehen wir den Endtrichter glattrandig, ohne Zähne, nämlich bei Cl. urceolata Leid. und (Cl. leiopygos Gr. Diese 56 Jahres-Bericht könnten eine eigene Gruppe (Leiochone) bilden, doch bedürfen sie noch einer wiederholten Untersuchung, namentlich fragt sich, ob das unter- suchte Exemplar der letzteren nicht ein verstümmeltes Hinterende hat, da abweichend von dem sonstigen Verhalten Haken- und Haarborsten auch noch an dem vorletzten Segment existiren, und ob zudiesem Hinterende das betreffende hinten abgerissene Vorderende wirklich gehört. In die- sem Fall würde sich Cl. urceolata durch den ausgebildeten Randsaum der Scheitelplatte unterscheiden, während eine solche bei Cl. leiopygos gar nicht existirt. 2) Das Endsegment bildet keinen Trichter, der After liegt auf der Rückenseite. In dieser Abtheilung würden die Genera: Chrysothemis und Sabaco Kbg., Maldane Gr. und Petaloproctus Qfg. stehen. Bei den beiden ersten ist das Endsegment nach Kinberg nicht bloss zweiringelis, sondern auch durch zwei Seitenfurchen der Länge nach zweitheilig und an der Unterfläche abgestutzt, oben verlängert; die Haarborsten sind theils schmal- theils breit-gesäumt, theils mit gezähnelten Rändern versehen: die Haken- borsten sind am 2. bis 4. Segment stärker, bilden aber schon kleine Kämme, weiterhin breitere und treten noch am vorletzten Segment auf: Wesentlich trennende generische Charaktere zwischen diesen beiden Gattungen ver- mag ich aus der Beschreibung nicht herauszufinden. Beide sind durch je eine und zwar eine exotische Art repräsentirt: Chr. amoenaKbe. und S. ma- culatus Kbg. Bei Maldane und Petaloproctus fehlen die eben erwähnten Seitenfurchen am Hinterende und an demselben bildet sich eine abge- setzte Hinterfläche aus. Was Maldane betrifit, bei welcher das Endsegment so viel Aehn- lichkeit mit dem Mundsegment von Ulymenen zeigt, so hat Malmgren die von dem Vortragenden gegebene irrige Auffassung, nach welcher ersteres das Mundsegment sein und die Hakenborsten über den Haarbor- sten stehen sollten, widerlegt und den richtigen Gattungscharakter auf- gestellt. Das Endsegment hat eine nach unten und vorn geneigte oder fast vertical stehende und kreisrunde Endfläche, der After liegt oberhalb derselben, und das vorhergehende nackte Segment, wie die borstentra- senden zweiringelig, zeigt keine Andeutung von seitlichen oder ventralen Polstern. Die Scheitelplatte besitzt einen deutlichen Rand, wie bei Cly- mene, und die Haarborsten sind theils gesäumt, theils feingezähnt. Von den drei hieher gehörigen Arten sind M. biceps (Clymene biceps Sars) und Cl. Sarsiö Mgn. scandinavisch und arctisch, M. glebifex Gr. mittelmeerisch. Die nach bloss einer Art aufgestellte Gattung Petaloproctus Qfg. un- terscheidet sich von Maldane theils durch den Mangel einer Scheitelplatte und ein sehr verkürztes halbkugelig aufgetriebenes Mundsegment, auf dessen nach vorn gekehrter Hälfte jedoch der dem Kopflappen ent- der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 57 sprechende Mittelstreif sehr deutlich kielförmig ausgeprägt ist, theils durch eine nach hinten geneigte, den After selbst enthaltende Rückenplatte des Endsegments. Jene Art ist P., terricola Qfg. von St. Sebastien, angeblich mit 24 Seg- menten, von denen 4 zur vorderen, 14 zur mittleren und 6 zur hinteren Körperregion gehören sollen, letztere beide aber nicht gut unterscheidbar sind, da nach Qfg. ihre Segmente Haar- und Hakenborsten tragen. Prof. Grube glaubt dasselbe Thier bei St. Vaast wiedergefunden zu haben, zählt aber nur 22 borstentragende Segmente, Mund- und Endsesment sind wie überall borstenlos und dem letzteren scheint kein borstenloses vor- herzugehen. Ist in Quatrefages Zahlenangabe der borstentragenden Segmente kein Irrthum, so würde sein Thier, da Mund- und Endsegment nie bei den Maldanien mit Borsten versehen sind, im Ganzen 26 Seg- mente besitzen. Ueberdies ist zu bemerken, dass bei dem Petaloproctus von St. Vaast die Wülste für die Hakenborsten des 17. und der folgen- den 5 Segmente sich auch auf den Rücken erstrecken und hier ringförmig schliessen und dass diese Rückenpartie des Ringes sich nach hinten in einen breiten dieken Zipfel verlängert. Das Schwanzende von Clymene spathulata entspricht so ganz dieser Beschreibung, dass es wahrschein- lich demselben Petaloproctus angehört hat. Vielleicht gehört auch Rhodine Loverni Men. hieher. Auf die Maldanien lässt Malmgren als eigene Familie die Ammo- charideen folgen, welcher die Gattung Ammochares zu Grunde liegt. Er beschreibt noch eine zweite Gattung Myriochele, die mit Psammocollus Gr. fast zusammenzufallen scheint, fügt aber wenigstens in seinem neuesten Werke (Annulata polychaeta Spitzbergiae etc.) keine Charakteristik der Familie hinzu. Kinberg, der dieselbe Familie aufstellt, findet den Charakter in fühlerartigen am Mundsegment sitzenden Kiemen, einem Borsten- wechsel und der Anwesenheit von oberen Haar- und unter ihnen stehen- den sehr zahlreichen und winzigen Hakenborsten. Der Vortragende würde, indem er ebenfalls Ammochares und Psammocollus zusammenstellt, hervor- heben: dass der Körper nur aus wenigen gegen die Mitte bedeutend an Länge zunehmenden Segmenten besteht, dass diese alle mit Haarborsten und die vordersten und hintersten ausgenommen, auch mit Hakenborsten versehen sind, die jedoch in mehr als zweifachen und unregelmässigen Reihen und nicht auf Polstern sitzen, und dass das Mund- und Endseg- ment keine Platte’'tragen, doch kann sich das Mundsesment vorn in einen am Vorderrand ästig zerschlitzten Lappen (Kopflappen ?) fortsetzen. Die Aehnlichkeit mit den oben abgehandelten Maldanien springt in die Augen doch kann bei dieser Auffassung des Charakters Kinbergs Gattung Sandanıs, deren Stellung ihm auch noch zweifelhaft scheint, nicht mit dazugezogen werdeu; sie wird von Capitella nicht getrennt werden dürfen. Zu Ammochares gehören 4 Arten: A. Ottonis Gr., A. assimilis Sars., 58 RN Jahres-Bericht A. tegula Kbg. und die nur nach ihrem Vordertheil bekannte A. Sunde- valli Kbe. | Von Psammoeollus kennt man nur eine Art: Ps. australis Gr. von der Insel St. Paul, von Myriochele ebenfalls nur eine: Mwyriochele Heeri Men., welche bei Spitzbergen und Grönland, doch nicht häufig beobachtet ist. Am 20. November und 4. December berichtete derselbe Vor- tragende über seinen Aufenthalt in St. Vaast-la-Hougue. Diesen Vor- trag beabsichtigt derselbe erweitert in den Abhandlungen der Gesellschaft mitzutheilen. In der Zusammenkunft am 1. Mai machte Herr Prof. Grube auf die ietzt in den Gräben an den Marienauer Dämmen vorkommenden Bran- "hipus Grubü Dyb. und die Grösse und zierliche Ausstattung der Fühler- zangen der Männchen aufmerksam, durch welche sich diese auf den ersten Blick von dem Weibchen unterscheiden lassen. Zuerst bei Berlin von Dr. Dybowski beobachtet, ist diese Art, welche zu den ansehnlichsten gehört und bis 1 Zoll lang wird, auch in Ungarn (Br. hungaricus Chyzer), bei Königsberg i. Pr. und bereits im vorigen Jahre auch hier gefunden. Beide Geschlechter waren ziemlich gleich zahlreich vertreten und hell- grün gefärbt, die Schwanzblättchen hochroth. Derselbe berichtete am 20. Juni, dass die vor mehr als 13 Jahren von Prof. v. Siebold bei Breslau entdeckten und seitdem nicht wieder beobachteten Estherien, kleine von einer zweiklappigen muschelähnlichen Schale umgebene Krebschen mit blattförmigen Füsschen, im Anfang des Mai d. J. wieder gesehen sind.*) Der Secundaner $. v. Ende war der Erste, der sie bei entomologischen Streifzügen in unserer Gegend in einer kleinen Lache vor ÖOswitz, nahe der von der Stadt dorthin führenden Strasse mit Branchipus Grubü zusammen wahrgenommen und dem Vor- tragenden mitgetheilt hat. Die Art ist Estheria tetracera Kryn. und be- reits in früheren Vorträgen hier besprochen worden, Die damals gesam- melten Exemplare hatten eine Länge von nur 6 mill. bei einer Höhe von 4 mill. uud einer Dicke von 2 mill., und die Weibchen trugen noch keine Eier an den dazu bestimmten Griffeln, paarten sich in den nächsten Wochen mit den zwar weniger zahlreichen, aber doch keineswegs spär- *) Nach einer nachträglich von Herrn Hauptlehrer Fr. Adam hierselbst ein- gegangenen Mittheilung hat derselbe bereits im Jahre 1864 in denselben oder doch in sehr nahe gelegenen Lachen ebenfalls Estherien beobachtet, sie aber lei- der nicht aufbewahrt, so dass man nicht eonstatiren kann, dass es doch Estheria tetracera gewesen. Alle seine Bemühungen, diese Thiere ebendort in den nächsten Jahren wieder zu finden, waren vergeblich, da sich jene Vertiefungen, so oft er sie besuchte, nicht mit Wasser gefüllt zeigten. Apus cancriformis hat Herr Adam 1866 an einem Teiche der Strachate in ungeheurer Menge angetroffen, der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 59 lichen Männchen, waren weiterhin sehr leicht an den durchsechimmernden Eiern zu erkennen und erreichten bis zum 2. Juni eine Länge von 11 mill. und eine Höhe von 7 mill. Wenige Tage nach dem 4. Juni war die ganze Phyllopoden-Bevölkerung der Lache mit dem Verdünsten des Was- sers dem Tode verfallen, und es wird sich im nächsten Jahre nun zeigen, ob die in ihrem Schlamme begrabenen Eierchen die günstigen Bedin- gungen zu ihrer Entwickelung finden werden. Durch die Beobachtung fand der Vortragende bestätigt, dass diese 'Thierchen bei ihrer Häutung nur den Theil der Haut abwerfen, der den Leib und seine Extremi- täten umgiebt und die Innenfläche des Mantels auskleidet; das Hautblatt, das seine Aussenfläche überzieht und unmittelbar unter der erhärteten Schale liegt, bleibt mit dieser vereinigt, erhärtet ebenfalls und bildet bei suecessiver Wiederholung dieses Prozesses die concentrischen Streifen derselben. Derselbe zeigte eine auffallende, vielleicht noch gar nicht näher beschriebene Insectenlarve des süssen Wassers vor, die nach dem ganzen Habitus und nach der Bildung des Kopfes und seiner Fresstheile zu ur- theilen einer Diptere angehören muss. Namentlich erinnert die Kopf- bildung sehr an die rothen am vorletzten Segment mit langen dicken Bauchfäden versehenen Chironomuslarven. Der gestreckte, 9 mill. lange Körper ist fusslos bis auf 2 Endhäkchen, schmutzig olivengrün mit Quer- reihen von einigen winzigen gelblichen Fleckchen und überall mit faden- förmigen, zugespitzten Anhängen versehen; sie kommen sowohl auf dem Rücken als an den Seiten und auf dem Bauche vor und bilden Gürtel, von denen je 2 auf ein Segment zu kommen scheinen. Man zählt jeder- seits 4 Längsreiken von Fäden, 1 auf dem Mittelrücken, 1 am Rücken-, 1 am Bauchrande und 1 auf dem Mittelbauch, die ersteren beiden ent- halten viel stärkere, längere und schwärzliche Fäden, die übrigen sind weisslich und kürzer, besonders die am Mittelbauch stehenden, und jeder wird von einer ansehnlichen Trachee durchzogen, so dass man sie als Kiemen bezeichnen muss. Das erste Segment trägt nur die 4 Rücken- fäden, das letzte nur 2 derselben, und bei den übrigen wechseln, mit Ausnahme des zweiten, das nur einfache hat, solche eipfache mit gabelig gespaltenen Fäden des Mittelrückens ab. Die Haut erscheint an vielen Stellen wie mit Schüppchen besetzt und die Spitzen dieser Schüppchen geben den Fäden eine fein zackige Oberfläche. Wenn die obige Beur- theilung der Segmente die richtige ist, würde man freilich nur 10 Seg- mente zählen. Nach dieser Beschreibung wird es den eigentlichen Fach- kennern vielleicht doch einmal möglich werden, nähere Auskunft zu er- theilen. *) *) Unser ausgezeichneter, an Erfahrung so reicher Dipterologe, Prof. Loew, dem der Vortragende diese Beschreibung. mittheilte, ist der Ansicht, dass, wenn 60 Jahres-Bericht Herr Rittergutsbesitzer Dr. Wilckens hielt am 13. März einen Vortrag über das Wiederkauen und die Verdauung des Schafes, Das Wiederkauen stehe in Beziehung zur holzfaserreichen Pflanzen- Nahrung. Das Futter gelange nur grob zerkleinert in die erste und zweite Magen-Abtheilung der Wiederkauer. Jene, der Pansen, bestehe aus zwei Säcken mit je einem Blindsack. Der obere Sack liege unter der Wirbelsäule, mehr der linken Seite zugewandt, und empfange das Futter aus der weit ausgedehnten Speiseröhre. Aus dem oberen Sacke und dessen kleinerem Blindsacke werde das Futter durch die schräg von oben und links nach unten und rechts verlaufenden Muskelfasern in den unteren Sack befördert, der durch eine Falte mit ringförmigen Muskel- fasern von jenem abgegrenzt sei. Der untere Sack liege mit seinem grösseren Blindsacke auf den Bauchmuskeln, nur durch sein Netz und das Bauchfell von ihnen getrennt. Die Richtung seiner Muskelfasern ent- spricht der Längsaxe des Körpers und den Fasern des graden Bauch- muskels. Die stark entwickelten Längsmuskelfasern des unteren Pansen- sackes und die willkürlichen Bauchmuskeln befördern das Futter aus dem unteren Sacke in die vordere Abtheilung des oberen Sackes und in die zweite Magen-Abtheilung (Haube). Diese ziehe sich concentrisch zusam- men, wobei Flüssigkeiten in ihren netzförmigen Maschen zurückgehalten werden, der feste Inhalt aber nach oben gepresst werde gegen eine glatte Fläche, die seitwärts begrenzt sei durch Wülste mit starken Muskelfasern, nach vorn und hinten durch die ringförmigen Oeffnungen der Speiseröhre und der dritten Magen - Abtheilung (Psalter).. Auf dieser Fläche, dem sogenannten Halbkanal der Speiseröhre werde das aus der Haube hinaufgedrängte Futter durch die Contractionen der beiden Seiten- wülste und der beiden ringförmigen Oeffnungen der Speiseröhre und des Psalters — zu Bissen geformt, die bei Erschlaffung des Zwerch- felles durch die willkürlichen Muskeln der Speiseröhre in die Mundhöhle zurückgebracht würden, um hier wiedergekaut und vom Speichel durch- feuchtet zu werden. Die so breiig gewordene wiedergekaute Futtermasse selange durch die wenig ausgedehnte Speiseröhre zum Halbkanal und aus diesem zwischen die Blätter des Psalters und endlich in die vierte Magen-Abtheilung (Labmagen). Die weitere Ausdehnung der Speiseröhre durch grobe, nicht wiedergekaute Futtermassen bewirke den Eintritt der- selben in Pansen und Haube, die geringere Ausdehnung der Speiseröhre durch breiiges oder flüssiges Futter führe dieses durch den Halbkanal in Psalter und Labmagen, was durch die Untersuchungen von Flourens es eine Dipterenlarve sei, sie nur den Tipuliden angehören könne, und zwar der Abtheilung der Limmnobina. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 61 festgestellt sei. Der Vortragende demonstrirte die Bewegungen der Ma- senmuskeln vermittelst starker Electroden an einem frisch geschlachteten Schafe. Es wurde dann an einem präparirten Schafmagen nachgewiesen, dass die Stellen des Pansens, an denen das Futter längere Zeit verweile, wie im unteren Sacke, in beiden Blindsäcken und an der vorderen Ab- theilung des oberen Sackes am Ausgange zur Haube — bedeutend ent- wickelter seien als an den Stellen, wo das Futter nur kürzere Zeit ver- weile oder nur vorüberpassire. Aus diesem Verhalten, sowie aus seinen vergleichenden Futterversuchen, die ergaben, dass das Beharren der Zottenform im Jugendzustande abhängig sei von alleiniger Milch-Futte- rung, die ausschliesslich den Labmagen in Anspruch nähme, dass ferner die rasche Entwickelung zur ausgebildeten Form die frühe Aufnahme festen und namentlich holzfaserreichen Futters begleite — schloss der Vortragende, dass die Form der Pansenzotten in Beziehung stehe zur Zersetzung der Holzfaser des Futters. Aus den Untersuchungen von Grouven ergebe sich, dass die Holzfaser durch einen im Pansen einge- leiteten Gährungsvorgang zersetzt werde in Fettsäuren und Neutralfette (Glyceriden). Der Vortragende weist an seinen mikroskopischen Präpa- raten nach, dass die Pansenzotten von schlauch- oder franzenförmigen Gebilden begrenzt seien, die an der Oberfläche in polygonale nicht kern« haltige Zellen übergingen. Diese kämen indessen nur in functionirenden Pansen vor, nicht aber in jugendlichen Pansen, denen die Zufuhr fester, namentlich holzfaserreicher Nahrungsstoffe vorenthalten würde. Hier seien die Zellen länglich, enthielten Kerne und würden nicht abgesondert, was an mikroskopischen Präparaten nachgewiesen wurde. Die schlauchför- migen, die Pansenzotten begrenzenden Gebilde hält der Vortragende für Drüsen, die polygonalen Randzellen functionirender Zotten für Absonde- rungen derselben und für die Erreger der Gährung der Holzfasersubstanz. Aehnliche Organe kämen auch an den netzförmigen Falten der Haube und an den Blättern des Psalters vor, so dass diese den Wiederkauern eigenthümlichen drei Magen-Abtheilungen die physiologische Aufgabe haben: durch Absonderung gährungserregender Zellen die Zersetzung der . Holzfaser in Fettsäuren und Glyceriden einzuleiten. Diesem Vortrage schloss sich eine eingehende Discussion an. Herr Professor Heidenhain widersprach der Annahme, dass die schlauch- förmigen Gebilde der Pansenzotten — Drüsen seien und bestritt die spe- eifische, gährungserregende Natur der Randzellen. Diese seien in ihrer Form identisch mit den Oberhautzellen der Mundschleimhaut, der äusseren Haut und anderen, die keine specifische Function haben. Die von dem Vortragenden als Drüsen erkannten Gebilde seien seiner Ansicht nach Fortsätze des Epitels, die zwischen die Bindegewebspapillen der Schleim- haut ganz so, wie auf anderen mit Papillen versehenen Häuten, hinein- ragen. Herr Prof. Kühn aus Halle, der als Gast anwesend war, bestritt 62 Jahres-Bericht die durch einen Gährungsvorgang im Pansen eingeleitete Zersetzung der Holzsfaser in Fettsäuren und Glyceriden. Er nahm an, dass die Zer- setzung der Holzfaser durch die Einwirkung des Mund- und später des Bauchspeichels geschehe. Der Mundspeichel reagire alkalisch und die Futtermasse im Pansen ebenfalls, woraus folge, dass die Verdauungs- Hüssigkeit im Pansen Mundspeichel sei. Das Wiederkauen bezwecke eine wiederholte Durchtränkung der Futterstoffe mit Mundspeichel. Herr Dr. Wilekens widersprach der Annahme, dass gleiche Form auch gleiche Function bedinge, dass also die gleiche Form der Randzellen der Pansenzotten und’der Oberhautzellen der Mundschleimhaut nicht den Schluss gestatte, dass jene eben so wenig wie diese in Wechselwirkung träten mit den sie berührenden Nahrungsstoffen. Uebrigens seien nur die Rand- zellen jugendlicher, nicht funetionirender Pansenzotten ‘jenen Oberhaut- zellen ähnlich. Wenn der Mundspeichel die Zersetzung der Holzfaser im Pansen bewirken könne, dann sei nicht einzusehen, warum der Pansen mit so mannigfachen Abtheilungen und so verschieden entwickelten Zotten versehen sei. Das Vorkommen besonderer Organe gestatte den Schluss auf besondere physiologische Function, einer besonderen Form müsse auch eine besondere Kraft entsprechen, und die Function der dem Magen der Wiederkauer eigenthümlichen Pansenzotten sei die Absonderung von Zellen, welehe die Gährung der Holzfaser bewirke. Herr Prof. Heiden- hain meinte schliesslich, dass die gährungserregende Kraft der Pansen- Fpitelial-Zellen sich nur experimentell nachweisen, dass aber der nega- tive Erfolg derartiger Versuche sich mit Sicherheit voraussagen liesse. 11. Bericht über die Thätigkeit der botanischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1866. abgestattet von Ferdinand Cohn, zeitigem Secretair der Section. Die botanische Section hat im Jahre 1866 neun Sitzungen gehalten, in denen Nachstehendes verhandelt wurde: In der ersten Sitzung vom 17. Januar hielt Se. Exc. Herr General- Lieutenant v. Jacobi einen Vortrag über die im vorigen Sommer zur Blüthe gekommene Agave, welche derselbe in Folge ihres Blattbaues und ihrer. Bestachelung schon früher für eine neue Art erkannt und als Agave Goeppertiana bezeichnet hatte. Schon im Januar hatte der Vortragende an der Form der Endknospe wahrgenommen, dass die Pflanze bald in Blüthe treten werde; Anfang März wurde die Spitze des Blüthenschafts deutlich, Mitte Mai war dieselbe zur vollständigen Entwickelung gelangt, doch verhinderte die ungewöhnliche Kälte in der zweiten Hälfte des Mai die vollkommene Ausbildung der ersten, in %%, der Schafthöhe erschie- nenen Blüthen; erst die hohe Temperatur im Juni und bis zur Mitte des Juli brachte die Blüthenähre mit ihren dichtgedrängten, grünpurpurnen, paarweise von einer Bractee gestützten, unangenehm nach Terpentin rie- chenden Blüthen zur vollständigen Entwickelung. Der Blüthenschaft mass am 31. März 50 Zoll, am 2. April 33 Zoll, war vom 4. bis 6., am 12,, 13., 20., 23. his 28. April, am 3., 4., 9. bis 11. Mai täglich 1 Zoll, am 11.,:16., 13., 29. April täglich 1!/,, am 10., 17. April je 2 Zoll, am 9. April sogar 3 Zoll gewachsen und mass am 15. Mai 75 Zoll. Der Bau der Blüthe erwies nicht nur, dass Agave Göppertiana in der That eine durchaus eigenthümliche bisher unbekannte Art, sondern auch, dass sie wahrscheinlich zu einer bisher noch nicht bekannt gewesenen, durch die in der Knospe aufrechten, nicht eingebogenen, sondern in die kapuzen- 64 Jahres-Bericht förmig ausgehöhlte Spitze der Perigonzipfel eingeklemmten Staubfäden ausgezeichneten Abtheilung unter den eigentlichen Agaven gehöre. Der Vortragende schloss mit einer speciellen Beschreibung der Blüthen und Fruchtbildung bei Agave Goeppertiana unter Vorlegung von Zeichnungen und Photographien, und zeigte zur Vergleichung auch Abbil- dungen der übrigen bisher blühend beobachteten Agaven, Fourcroyen und Beschornerien vor, deren Zahl sich in Folge des dafür neuerdings erregten Interesses für diese ornamentale Pflanzengruppe so vermehrt hat, dass zu den 1859 bekannten 21 nunmehr bereits 27 getreten, also im Ganzen 48 blühende Arten bekannt sind. Der Vortragende hat die Ge- nugthuung gehabt, dass durch diese Blüthen in vielen Fällen die Prinei- pien seines auf Blatt unh Stachelbildung begründeten vorläufigen Systems der Agaven sich bewährten, insbesondere bei Agave schidigera, filifera und Jilamentosa, sowie bei Agave lurida und Jacquiniana die von ihm ausge- sprochene specifische Verschiedenheit vollständig bestätigt worden ist. Im Anschluss an diesen Vortrag ist uns am 1. März 1868 zur Ver- öffentlichung übergeben worden: Uebersicht einer systematischen Ordnung der Agaven von General-Lieutenant G. A. von Jacobi. Seit mehreren Jahren mit den Vorarbeiten zu einer vollständigen Monographie der Agaveen beschäftigt, haben wir die Ergebnisse unserer Forschungen auf diesem Felde bisher in der Hamburger Garten- und Blumenzeitung, Jahrgang 1864—1867, veröffentlicht. Da aber der von uns festgehaltene, vorherrschend wissenschaftliche Standpunkt, der Tendenz einer Zeitschrift wenig entspricht, die sich vorwiegend mit praktisch gärtnerischen Gegenständen beschäftigt, so haben wir mit verbindlichstem Dank das Anerbieten des Secretairs der botanischen Section der schle- sischen vaterländischen Gesellschaft angenommen, unsere ferneren Ar- beiten über die genannte Pflanzenfamilie in den Verhandlungen dieser Gesellschaft aufzunehmen. In den Sitzungen der botanischen Section dieser Gesellschaft, an denen wir uns seit mehreren Jahren mit besonderem Interesse betheiligen, haben wir auch bereits am 17. Januar 1867 eine eingehendere Mitthei- lung über die Blüthen der Agaveen gemacht und knüpfen wir jetzt an diese Mittheilung hiermit an, indem wir nachstehend eine auf unsere neue- sten Forschungen begründete Umarbeitung der systematischen Eintheilung der Agaveen geben, welche zuerst in dem Novemberheft der Hamburger Gartenzeitung, Jahrgang 1864, Seite 495—503, erschienen ist. Wir sind leider in der Kenntniss der Agavenblüthen noch nicht so weit fortge- schritten, um innerhalb der Subgenera dieser Pfilanzenfamilie bereits jetzt schon eine auf den Blüthenbau begründete Eintheilung geben zu können, | | | | der Schles, Gesellsch. £f. vaterl. Cultur, 65 und müssen daher einstweilen noch an den Grundlagen festhalten, auf welchen bereits unsere frühere Eintheilung beruhte, d. h. an dem Cha- rakter der Stachelbildung, unter gleichzeitiger Zuhülfe- nahme der Blattform und Structur, so wie an der ganzen Tracht der Pflanzen. Im eigentlichen Wesen unterscheidet sich daher die nachstehende systematische Ordnung von der 1864 veröffentlichten nicht; nur haben wir die Diagnosen der einzelnen Haupt- und Unterabtheilungen einer ein- gehenden Umarbeitung unterworfen, dann mehrere Arten anderen Paragra- phen beziehentlich deren Unterabtheilungen eingereiht, je nachdem eine ge- nauere Kenntniss derselben, oder die seitdem stattgehabte Weiterentwicke- lung einzelner Pflanzen, denselben eine andere Stelle im System anwies. Schliesslich haben wir dann auch noch mehrere neue noch zu beschrei- bende Arten eingeschaltet, von denen wir erst in der neuesten Zeit Kennt- niss erhalten haben. Da nun aber diese systematische Eintheilung nicht auf streng wissen- schaftlicher Grundlage ruht, so kann sie auch keinen Anspruch auf eine bleibende Gültigkeit machen, und sind wir weit davon entfernt, einen derartigen Anspruch zu erheben. Wir haben, wie wir dies schon früher ausgesprochen, mittelst derselben nur einen vorläufigen Anhalt schaffen wollen, für alle die Botaniker und Pflanzenfreunde, die sich mit den Asaveen näher beschäftigen. Sie finden darin wenigstens eine nach ihren Grundlagen folgerichtige Ordnung der Familie und können sich über die vorkommenden Synonyma daraus Raths erholen. Da wir ausser den Gärten zu Petersburg, Bologna und Palermo, wohl alle diejenigen europäischen Gärten besucht haben, in weichen sich nennenswerthe Agavensammlungen vorfinden, so glauben wir kaum, dass sich irgend wo leicht noch Pflanzen finden dürften, die uns nicht bekannt seworden wären. Wir dürfen daher wenigstens für diese Arbeit das Verdienst beanspruchen, durch sie einen ziemlich sicheren Anhaltspunkt über die heute in den europäischen Gärten cultivirten Agaven zu liefern. In der nachstehenden systematischen Ordnung haben wir alle die- jenigen wesentlichen Aenderungen, welche dieselbe gegen das von uns 1864 aufgestellte System erfahren hat, durch Anmerkungen an den be- treffenden Stellen erläutert, und wir fügen daher hier nur noch einige Worte zur Erklärung der in dem Verzeichniss vorkommenden Zah- len hinzu. Die den einzelnen Arten vorgesetzten Zahlen sind, wie der Augen- schein lehrt, die fortlaufende Nummer, die durch alle drei Genera durchgeführt ist. Selbstverständlich zählen hier nur die wirklich guten Arten, während die bei einzelnen Arten vorkommenden Varietäten, in- nerhalb der Art selbst durch griechische Buchstaben bezeichnet sind. Die hinter den einzeinen Arten in Parenthese eingeklammerten 5 66 Jahres-Bericht Nummern weisen diejenige Nummer nach, welche jede Art in unserem System von 1864 eingenommen hat, und diejenigen Arten, bei denen eine solche eingeklammerte Nummer fehlt, sind solche, die wir erst in der neueren Zeit kennen gelernt haben und deren Beschreibung wir nunmehr folgen lassen. AGAVEAE Salisb. Endı. Agaviformes Herb. Am. 57. 69. 126. Agavae Lin. Vent. Herb. Endl. Caulescentes aut acaules. Inflorescentia panieulata, racemosa vel spicata. Perigonii superi tubulosi aut infundibiliformis laciniae inferne connatae, rarius distinetae. Stamina plerumque perigyna vel interdum epi- gyna, aeque ac stylus filiformia ante anthesin inflexa (exserta) aut inter- dum erecta. Antherae dorso submedio aflixae. Semina plano -com- pressa nigra. !. Ceratacanthae, Folia cerassa vel subcoriacea, margine repando- excavata aut recta dentata aut filifera; dentibus corneis vel interdum spinescentibus validis aut minutis; spina terminali saepe validissima omnino cornea aut spinescente, semper dura pungente. $ 1. Marginatae. Folia angustata canaliculato- ensiformia aut lanceolata rigidissima plerumque crassa, margine plus minusve distinete solubili fibroso lignoso aut eorneo einceta dentata aut filifera; dentibus rigidis spinaque terminali valida canaliculata, = Margine üiliferae. 1. Asave filifera Sim. (1.) filamentosa Sim. (2) Schidigera Lem. (8.) IS) 2) 3) vD) ” * Margine dentalae. + Angustifoliae. 4. Agave Funkeana ©. Koch. (4.) „ lophanta Schiede. (6.) Ne. & ß. eoerulescens (4.) syn. A. coerulescens S/m. (4.) (sby » 5 y. subeanescens Nob. syn. A. coerulescens Sim. ß. grisea (d«.) 2) $) d, brevifolia Nob. (4d.) & &. longifolia Mob. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 67 Agave lophanta [. gracilior Nob. (2ß.) G. 0.5. boselgerüi; Sim. .(7.) 7: univittata Aaw. .(8.) ß. spinosior Nob. 5 " y. obseura Hort. Belg. ensifera Hort. Paris. + + Oblongae. . Agave heteracantha Zuce. (9.) ») ” Je) 10. ,, Ghiesbrechtii Oh. Lem. (10.) Syn. A. splendens Hort. Belg. N 55 ß. obscura Nob. Syn. A. Bohanü Hort. Beig. (11.) ll. ,, horrida Ch. Lem. (12.) 12. ,, grandidentata Hort. Belg. (12a.) ++ + Xylacanthae. 13. Agave Xylacantha Sim. (13.) ß. torta Nob. y. latifolia Hort. Belig. od. macracantha Hort. Belg. ei 2: e. vittata Hort. Belg. Kochü Nob. (14.) Syn. A. amurensis Hort. Belg. Kerchovei Ch. Lem. (14a.) Syn. A. Beaucarnei Ch. Lem. (14b.) ß. macrodonta Ch. Lem. (14ß.) y. diplacantha Ch. Lem. (14y.) " & d. distans Ch. Lem. (140d.) 16. ,, Maegretiana Nob. (14ec.) + rr r Ouspidalae. 17. Agave applanata Ch. Lem. (15.) ß. major Nob. " 5, y. subnivea Nob. 18. ,, de Meesteriana Nob. (14d.) 19. Van der Vinnii Hort. Belg. 20. ,, mitraeformis Hort. Belg. ”) ” 14, 15, yD) DD) 2) ” ” ») $ 2. Carnosae. Folia basi semper percrassa carnosa margine dentata, dentibus va- lidis vel minutis, spina terminali omnino cornea valida. * Latifoliae. Folia erassa plerumque rigida sublanceolata, basin versus saepe an- gustata, superne plus minusve longe acuminata, dentibus marginalibus validis aut minutis, spina terminali canaliculata. 5% 68 Jahres-Berieht + Semimarginatae. Folia plerumgne longissime acuminata, in suprema parte margine integro discolore subcorneo sed non solubili limbata. Dentes marginales validi basi perlati ibique interdum eonfluentes, vel saepe minores in inter- stitiis profunde excavatis spina terminalie perlonga perangusto-semi- canaliculata. 21. Agave latissima ob. (16.) Syn. A. atrovirens ©. Koch. 22. ,„ Hookeri ob. (16a) 23, : ,, einerascens Nob.: (1.7.) 24. ,, inaequidens C. Koch. (18.) 25. „u, Schlechtendalii ,Vob. (195 )) 26. ., atrovirens Karw. (20.) 27. , Lehmanni Hort. Beig.?) 28. ,, ..coaretata NVob- (219). 29. ,, Jacobiana Sim. Syn. A. Fernand Cortez et A. Mon- tezumae Hort. Belg. 30. , Salmiana Otto. (22.) 55 55 ß. recurvata Nob. (23.) n an y. cinerea Nob. (23a.) 3l. , Benzeliana ob. (23b.) 32. ,, Tehuacanensis Karw. (24.) 33. ,, a&sperrima Nob. (25.) 34. ÖOttonis Nob. (25a.) + + Substantia totius marginis folio aequalis. * Foliis lanceolatis. Spinae marginales minutiores ac spina terminalis brevior sed crassior. 35. Agave americana Lin. (26.) 5 5 8. intermedia C. Koch. (27.) „3 y. foliis luteo marginatis. " n 0. foliis luteo striatis. 5 Rn &. foliis luteis viride marginatis. “ H t. abbreviata Nob. Syn, A. Amerie. co- aretata Nob. ») A. Schlechtendalii stammt wie wir seitdem von Herrn Geheimrath Bartling erfahren haben, aus Saamen, den der Göttinger Garten seiner Zeit mit einer Pflanzensendung aus der mexicanischen Provinz Sonora erhalten hat. Diese Form ist daher um so interessanter, als sie eine der wenigen ist, die wir bisher von der westlichen Seite der Anden kennen. 2) A. Lehmann! stammt aus der Sammlung von Van der Viennen und be- findet sich jetzt im Jardin Fleuriste de la ville de Lyon. 3) A. coarctata hat der verstorbene Tonel in Gent eingeführt. Die Pflanze nach welcher wir unsere Diagnose aufgestellt haben, befindet sich im Besitz des Baron Kerchove d’ Ouselghem. Kun der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 69 36. Agave Milleri Haw. (28.) BER pietarSim. (29) | 38. ,„ ornata Nob. Syn. A. laetevirens marginata Hort. Belg. (30.) 39. ,„ Saundersii Hook. (30a.) 40. ,„ flaceida Nob. (30b.) 41. ,, eyanophylla Nob. (30e.) 42. ,„ Theometel Roem. (31.)) * * Foliis spathulatis. Folia carnosa rigidissima spathulata vel subrhombea plus minusve cuspidata, dentibus marginalibus aeque ac spina terminali plerumque flexuosis vel tortis pervalidis. 43. Agave ferox ©. Koch. (34.) 44, „, erenata Nob. (34a.) 45. „,. eocceinea Roezl. (39.) 46. ,, potatorum Zucc. (36.) a9. ,, ..scolymus Karw.: (37.) 48. ,, amoena Ch. Lem. (39.)°) 49. Verschaffeltii Ch. Lem. (40.) ©) 507 ,,. scabra Sim. (41.) z „» . ß. oblongata Mob. 7) Dil: cucullata Ch. Lem. (42.) 4) Die hier in unserem früher aufgestellten System sub Nr. 32 und 33 auf- seführten A. Xalapensis und A. polyacantha haben wir wegen ihres Bestachelungscha- rakters hier weggenommen und dieselben unter die Subcoriacese gestellt, wenn auch gleich die letztere der beiden ihrer Blattsubstanz wegen mehr hierher gehört. >) Die unter Nr. 33 früher von uns aufgestellte A. Schnittspahni müssen wir einziehen. Wir hatten seiner Zeit unserer Diagnose im Darmstadter Garten nach einem noch nicht vollkommen entwickelten Exemplar, welches jedenfalls unrichtig als A. potatorum etiquettirt war aufgestellt. Nachdem uns nun aber einentwickeltes Exemplar von dort zugegangen, haben wir dasselbe als A. applanata erkannt. 6) Diese Art muss der vielen bei ihr vorkommenden Varietäten wegen, in mehrere Unterabthoilungen gruppirt werden, da es kaum möglich ist, alle ein- zelnen bei derselben vorhommenden Verschiedenheiten in Blattform, Blattfarbe oder in Form, Farbe und Stärke der Bestachelung besonders zu charakterisiren und zu benennen. Die Gärtner sind hiermit zwar schon fleissig vorgeschritten., so dass sich z. B. in dem Agavenkatalog des Lyoner Gartens bereits 33 ver- schiedene Formen benannt finden. Ein Verfahren, wodurch die Sache nur be- nachtheilist und nur dem Geld-Interesse der Gärtner auf einige Zeit Vorschub geleistet wird. 7) Es kommen Pflanzen dieser Art vor, deren Blätter doppelt so lang sind, als die der Grundform, weshalb wir uns veranlasst gefunden haben, dieselbe hier unter dieser Benennung als Varietät aufzunehmen, um dadurch der ungerecht- ertigten etwanigen Aufstellung einer neuen Art vorzubeugen. 70 Jahres-Bericht 92. 93. „ Chiapensis Hort. Belg. (41a.) » Decaisniana Nob. * = * Foliis angustatis subbrevi-apiculatis. Folia plus minusve crassa recta angusta rigida interdum eylindraceo- aut semiteriti-compressa; inter dentes marginales paene recta, spina ter- minali pervalida tereti-conica. 54. Agave flavescens Hort. Monac. (43.) Syn. A. Besserreriana Hort. Belg. (45.)®) ei 5 8. macracantha Karw. (44.) 55. ,„ Karwinskiana Zucc. (46.) „» Itly Haw. (48.) $ 3. Subcoriaceae, Folia subeoriacea subrigida, margine recta vel minime sinuata plus minusve corneo vel subspinescente dentata, dentibus multo minoribus ple- rumque triangularibus, repandis vel confertis, spina terminali conoidea recta, valida aut tenui, omnino cornea aut spinescente. * Foliis latioribus erectis vel subascendentibus. 57. Agave Jacquiniana Gawl. (49.) 58. , Mexicana Lamk. (50.) Syn. A. polyphylla C. Koch. 59. ,, uneinata Nob. (51.) Syn. A. multiflora Hort. Kew. et A. polyacantha Hort. 60. ,, Xalapensis Roezl. (32) o) 61. ,, densiflora Hook. (63.) 62. ,, polyacantha C, Koch. (33.) * * Foliis angustatis elongatis subllaceidis plerumque mox a medio arcualo recurvis vel dependentibus. 63. Agave Regeliana Nob. (51a.) 64. ,, Foureroydes Nob. (52.) Syn. A. Ixtly ©. Koch. 65. Agave Ixtlioides Ch. Lem. (52a.) 66. , elongata Nob. (53.) 67. ,„ lurida Ast. (54.) 2) Von dieser Art kommen mehrere Varietäten in den Gärten vor, die sich nur durch mehr oder minder kräftige Bestachelung und die verschiedene Stachel- und Blattfarbe von einander unterscheiden. Die Stachelfarbe wechselt vom hel- len Kastanienbraun bis zum reinen Schwarz und neben verschiedenen Nüanci- rungen von graugrün kommen auch Pflanzen \mit intensiv-grünen Blättern vor. °) Siehe Nr. 32 und 63 der älteren Eintheilung. Diese beiden Pflanzen müssen ihres Blattcharakters und ihrer ganzen Habitus wegen hierher. der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. al 68. Agave Brauniana Nob. (54a.) 69. 70. Ze 72. 73. Desmettiana Nob. (54b.) excelsa Hort. Lovan. (54c.) angustifolia Haw. — Syn. A. rigida Mil, (47.)1°) Verae-crucis Mill. (55.) pallida Nob. (56.) $ 4. Aloideae.'') Folia plus minusve molliora carnosa saepius crassa plerumque irre- gulariter pluricarinata, margine minus aut minime dentata, dentibus cor- neis vel cartilagineis apice solum corneis, spina terminali spinescente sub- canalieulata aut tereti-conica. * Dentibus Corneis. 74. Agave Martiana ©. Koch. (57.) 75. 76. 89. Offoyana Hort. Belg. (53.) melanacantha Ch. Lem, (89.) rudis Ch. Lem. (60.) Syn. A. Malinezii ©. Koch. Bouchei Nob. Hort. Berol. (61.) Kewensis Nob. (61la.) horizontalis Nob. Goeppertiana Nob. (61b.) Thompsoniana Nob. (68a.) Smithiana Nob. (68b.) lamprochlora Nob. perlucida Nob. * * Dentibus spinescentibus. Haseloffii Nob. (61e.) 1?) sobolifera Herm. (62.) Sartori C. Koch. (91.) Syn. A. aloma C. Koch et A. Noackü Hort. (64.) rubro-eineta Nob. 10) Nachdem wir im verflossenen Sommer völlig entwickelte Exemplare der A. angustifolia auf der Pariser Ausstellung gefunden haben, sind wir zu der Ueber- zeuguug gelangt, dass diese Pflanze nicht hierher, sondern unter die subcoriaceae gehört, wohin wir sie daher stellen. 11) Wir haben es angemessen gefunden, den Titel dieses $ zu ändern und an Stelle des früheren — subcarinatae — den obstehenden zu wählen, da er uns erscheint. für diese Gruppe, als ein angemessenerer und dieselbe besser charakterisirender 1?) In belgischen und französischen Gärten kommt diese Art sehr häufig als A. densiflora und A. chloracantha vor. 73 Jahres-Bericht 90. Agave Keratto Mill. (65.) 91. , pendula Schnittspahn. (67.) 92. x. . Celsiana Hook. )(89.) 95. .,. vivipara Lin... (68.) 94. ,, rupicola Regl. (69.) 93. . ,„ mıtis Hort. Monae. (1.9) 96. ,, mieracantha Sim. (71.) Syn. A. glaucescens Hort. Berol. A. coneinna Hort. Belg. an Ch. Lem. 97. „. oblongata Hort. .Beig. 98. ,, Ousselghemiana Hort. Belg. 99.4... Bihrenbersii Nob, (72, 100. ,, Legrelliana Nob. (72a.) 101. ,, Humboldtiana Nob. (68c.) 102. ,, Laurentiana Nob. (72b.) 103. ,, albicans Nob. (73.) Syn. A. mieracantha albidior Sim. $ 5. Margine integerrimae. Folia angusta sublanceolata fibroso-carnosa in spinam corneam sub- validam excurrentia, margine subcorneo integerrimo omnino inermi. 104. Agave Houlletiana Cels. (74a.) $ 6. Canaliculatae. Folia angusta recurvata interdum laxa pergameno-coriacea cana- lieulata, margine spinescente-denticulata vel serrata, spina terminali tenui nonnunguam spinescenti. 105. Agave pugioniformis Zucc. (75.) 106. _,, serrulata Selm. (X6.) 107. rubescens Sim. (77.) Syn. A. punctata Sim. 108. ,, Rumphiü Hasskarl. (78.) 109., „, laxa.Karw. (79) 110. ,, stenophylla Nob. (79a.) 111. Yuccaefolia Redout.(80.) Syn. A. Cohniana Nob. (80a.)1?) $ 7. Loriformes. Folia numerosissima lori- aut ensiformia interdum apicem versus 13) Wir müssen diese Art einziehen. Die Pflanzen, nach denen wir dieselben aufgestellt hatten, fanden wir im Leipziger Garten als F. longaeva, was sie in kei- ner Weise sein konnten. Dieselben waren, wie wir später erst erfuhren, im warmen Hause cultivirt worden, und hatten dadurch ein so laxes und von der Art so abweichendes Ansehen gewonnen, dass es unmöglich war, sie für A. yuc- caefolia zu erkennen. Nachdem die Pflanzen nunmehr im letzten Sommer im Freien cultivirt waren, erkannten wir sie sofort als A. Yuccaefolia. ne > an nn U nn = u r der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 73 tenuata et applanata, margine reeto minutissime serrata, in spinam ter- minalem tenuem longissime acuminata. 112. Agave Dasylirioides Mob. et Bouche. Hort. Berol. (81.) 113. dealbata Ch. Lem. (82) ») $ 8. Juncineae. Folia numerosissima congesta lineari subulata subrhombeo- ceylin- dracea- aut semiteritia ancipitia, in spinam terminalem corneam plus minusve _ longam excurentia, interdum longitudinaliter asperule-striata, ad margines integras nonnunquam serrata aut interdum filifera, 114. Agave strieta Slim. (83.) 115. ,, striata Zucc. (84.) 116. ., recurva Zucc. (89.) 117. seminiflora Brande. (86.) Syn. Bonapartea juncea Wild. : YD) I. (hondracanthae. $ 9. Folia plus minusve lato-lanceolata aut angustata interdum canaliculata, margine spinescente aut membranaceo minute vel minutissime dentata aut serrulata, absque spina terminali. * Folia subcoriacea loriformia aut lineari lanceolata, margine spine- scente dentata. | 118. Agave bulbifera Sim. (87.) Ro, bromeliaefoha Sim. (88.) * = Folia subcarnoso fibrosa oblonga in apicem perlongum rectum acuminata subspinescente minutissime dentata, in mucronem mox mar- cescentem desinentia. 120. Agave chloracantha Sim. (90.) II. Subinermes. $ 10. Folia molliora fragiliague lato-lanceolata aut ensiformi cana- lieulata in mucronem mollem excurrentia nonnunguam maeulis discoloribus notata, margine integerrimo interdum undulato obsolete cartilagineo-denti- eulata aut perconferto minutissime serrulata. * Folia mollia membranaceo-subcarnosa tenuia ensiformi-canaliculata, maculata, märgine obsolete denticulata. 121. Agave maculosa Hook. (93.) ß. minor Nob. ” „) 12) Wir haben diesen $ nochmals einer Umgestaltung unterwerfen. müssen, im Vergleich zu der von uns auf $. 273 des Jahrgangs 1866 der Hamburger Garten-Zeitung und $. 262 der sep. Abdrücke aufgestellten Eintheilung desselben I». Jahres-Bericht 122. Agave maculata Regl. (94.) 123. ,„, virginica Lin. (95.) 124. ., saponaria Hook. (96.) ’ 125. ,, variegata Nob. (100.) an Syn. A. saponaria Dietr. * = Folia lato-lanceolata oblonga aut elliptica in mucronem mollem excurrentia, toto margine aut in inferiori parte solum minutissime serru- lata vel omnino inermia. 126. Agave pruinosa Ch. Lem. (92.) 127. ,, Debaryana Nob. — Syn. A. Ghiesbrechtii mollis Hort. Belg.!?) 128. ., attenuata Hort. Berol. (96.) Syn. A. glaucescens Hook. (74.) | 5 N ß. elliptica Nob. sn I y. compacta Hort. Belg. (97.) 129. ,, Ellemeetiana Hort. Paris.. (101.) IV. Herbaceae. $ 11. Folia herbacea marcescentia e rhizomate perenni, ensiformi- canaliculata in mucronem mollem excurrentia, perangusto albo vel rubes- centi-marginata, margine minutissime serrata asperula aut integra. 130. Agave brachystachys Cav. (101.) Syn. A. polyanthoides Hort. nec Schlecht. 131. . ,. ‚spicata, Cev. =(102.,) 132. ,, undulata Klotzsch. (103.) 133. ,„ revoluta Klotzsch. (104.) 154. ,„, guttata ob. et Bouche. Hort. Berol. (105.) F OUTrCrOYa. Schutt. Herb. Zuce. Foureroya Endl. Fourcraea Vent. Juss. Haw. Perigonium superum hexapetalum, tubo nullo, stamina e fundo floris, a petalis libera, basi aeque ac stylus valde incrassata ante anthesin erecta (inclusa). Zuce. 135. Foureroya longaeva Zucc. (106.) 136. atroviridis Nob. et Goeppert. (108.) ”) 15) Nachdem wir im vorigen Herbst in Gent ein vollkommen ausgebildetes Exemplar dieser Art gesehen haben, können wir nicht mehr daran zweifeln, dass dieselbe, keine Spielart von A. attenuata, sondern eine eigene gute Art ist, die sich durch ihre mächtige regelmässig trichterförmige weite Blüthenkrone und ihre im untern Theile serrulirten Blattränder sehr charakteristisch von 4. attenuata unter- scheidet. der Schles, Gesellsch, f, vaterl. Cultur. 15 137. Foureroya gigantea Vent. (107.) 138. n Barilletti IVob. 139. R Commelyni Sim. (111.) Syn. A. Commelyni Dim. 140. is seminispina Nob. (109b.) 141. en depauperata Nob. (114.) 142. 3, eubensis Haw. (110.) 143. ;s Selloa ©. Koch. (112.) 144, 1: tuberosa At. (109.) 145, 5 flavo-viridis Hook. (109a.) 146. ® undulata Nob. 147. & Bedinghausii C. Koch. €113.) Syn. Besch. Par- mentieri Vob. — Yucca Parmentieri Roezl. (117.) Beschorneria. Perigonium superum corollaceum tubulosum profunde sexpartitum fundo nectarifluum, stamina aeque ac stylus basi incrassata subulata, ante -anthesin erecta inclusa.. Semina anatropa applanata nigra nitentia. 148. Beschorneria bracteata Hort. 149, Galleottii ob. 150. R pumila Nob. 151. ‘ Schlechtendalii Vob. 152. R Toneliana Nob. (116.) 153. “= tubiflora Kunth. (114.) 154. 5 Verlindeniana Nob. 155. s Yucceoides Hook. (115.) Hierauf legte Herr General v. Jacobi eine im J. 1865 in Mexico er- schienene, dem Kaiser und der Kaiserin von Mexico dedicirte Abhandlung: ‚‚Me- moria sobre el Maguey Mexicano, Agave Masximiliana, escrita por los Ha- ciendados Pedro Blasquez € Ignacio Blasquez“ vor; dieselbe enthält eine Beschreibung der Cultur und Benutzung von Agave americana, mit der jedoch anscheinend auch andere Arten verwechselt worden, dazu zwei Abbildungen der Blüthe einer Agavenart, sowie einer in ihren Blättern lebender Raupe, resp. des dazu gehörigen Schmetterlings. Zur Vorlesung kam eine von Herrn Schulrath Prof. Dr. Wimmer eingesendete Abhandlung über einige demselben von Herrn Pharmaceut Zinke, gegenwärtig in Hamburg, mitgetheilte hybride Weiden und zwar: Salıw aurita-viminalis 2, ganz gleich den Exemplaren von Tilsit und Driesen; $. viminalis-repens 2. (8. rosmarinifolia L., S. angustifolia Koch, non Wulf), bisher nur aus der Nähe des Meeres bekannt, doch schwer- lich eigene Art; S. purpurea-viminalis b. Forbyana, die ersten spontanen Exemplare, da die anderwärts, z. B. bei Canth, gefundenen wohl ange- 76 Jahres-Bericht pflanzt; S. purpurea-vimmalis ce. sericea, ganz gleich den schlesischen; S. Calodendron (S. conifera Sonder, S. acuminata Horst) hybrid, doch Stamm- eltern unbekannt; ferner S. fragilis androgyna (8. Russeliana? Koch). Diese Abhandlung ist bereits in den Verhandlungen der botanischen Section für 1866 abgedruckt worden. Herr Geheimrath Prof. Dr. Göppert legte vor die für das Herba- rum der Gesellschaft angelansten neuen Lieferungen des Erbario critto- gamico Italiano und Commentario della societa crittogamologica Italiana; Herr Dr. phil. Schneider die von ıhm für das Herbarium geschenkten Fas- cikel der Sammlung Schweizer Cryptogamen von Wartmann und Schenk. In der zweiten Sitzung vom 31. Januar 1867 leste Herr Prof. Dr. Körber ein werthvolles Geschenk des Prof. Tuckermann in Ambergh (Massachusets) vor: Wright’s Lichenes insulae Cubae, d. i. eine Samm- lung von etwa 250 Arten Cubanischer Flechten, die ebensowohl durch ihre Schönheit wie durch ihren grossen Formenreichthum das Interesse fesselten. Unter denselben befinden sich eine grosse Menge novae species, die neuerdings von Tuckermann in einem amerikanischen Journal be- schrieben worden sind. Derselbe besprach sodann die neuesten Studien über die Ent- wickelungs- und Befruchtungsweise der Flechten und legte ein dahin einschlägiges umfassendes Manuscript vor, das ihm der Verfasser, Herr Bayrhoffer in Lorch, zu weiterer Benutzung aus freiem Antrieb übergeben hat. Die äusserst zahlreichen und genauen mikroskopischen Zeichnungen, welche den Text begleiten, gewähren eine reiche Fülle zu bearbeitenden Materials und behielt sich der Vortragende vor, seiner Zeit die Resultate seiner Ausbeute dieses Manuscripts mitzutheilen. Der Secretair Prof. Cohn sprach über neuere Mikroskope. Durch die vor etwa 20 Jahren eingeführte schiefe Beleuchtung wurden die Gren- zen des mikroskopischen Sehens insofern erweitert, als dadurch auf sehr zarten Objecten, insbesondere auf den durch Glühen gereinigten Hälften gespaltener Diatomeenschalen sehr geringe Unterschiede im Relief oder in der Dichtigkeit, von denen man früher keine Ahnung hatte, als Strei- fensysteme, Polygone oder Pyramiden sichtbar wurden. In Folge dessen war das Streben namentlich englischer und französischer Optiker bei der Construction ihrer stärksten Objective darauf gerichtet, jene Streifungen der Diatomeenschalen in möglichst vollkommener Weise aufzulösen; doch leisteten die betreffenden Objeetive der Wissenschaft nur geringen Vor- theil, weil die bei ihnen fast ausschliesslich berücksichtigte sogenannte der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 7 penetrirende Kraft nicht immer vereint wurde mit den übrigen für die Untersuchung anderer mikroskopischer Objeete wichtigeren Erfordernissen eines guten Systems: ausreichender Focaldistance, grossem Gesichtsfeld, bedeutender Lichtstärke, gänzlichem Freisein von chromatischer und sphä- rischer Aberration, welche die sogenannte definirende Kraft bedingen. Einen wesentlichen Fortschritt im Bau der Mikroskope brachten erst die von Amiei in Florenz erfundenen, von E. Hartnack in Paris vervoll- kommneten Immersionssysteme, welche auch bei grader Beleuchtung die schwierigsten Diatomeenstreifungen auflösen und zugleich die für wissen- schaftliche Arbeiten wichtigste, definirende Kraft in noch nicht erreichter Vollendung besitzen; die Hartnack’schen Immersionslinsen geben Ver- srösserungen von 500 bis 1500 in derselben Vollkommenheit, wie sie früher nur für 100- bis 300fache Vergrösserungen gekannt waren. Ihre Ueberlegenheit über alle bekannten Mikroskope verdanken übrigens die Hartnack’schen Mikroskope nicht blos den Immersionssystemen, son- dern in ebenso hohem Grade den schwachen und mittleren Vergrösse- rungen, welche sämmtlich Bilder von unübertrefflicher Schärfe und Rein- heit darstellen, ihrem einfachen und durchaus praktischen Stativ, sowie ihrem im Verhältmiss zu den Leistungen billigen Preise. Man kann die- selben als in jeder Beziehung fehlerlos bezeichnen. Leider macht die überaus grosse Zahl der Bestellungen es schwierig, Instrumente von Hartnack bald zu bekommen; von dem stärksten Immersionssysteme Nr. 12 hat Hartnack überhaupt erst zwei gefertigt, von denen sich eins in Aachen, das Andere in Potsdam befindet; nach seiner eigenen Aussage fehlt es ihm an Muth und Zeit, diese so schwierige und mühsame Arbeit wie- der zu unternehmen. Für botanische Untersuchungen empfiehlt sich das Nowveau petit modele Nr. VIII des neuesten Preis-Courants mit den Ob- jeetiven 2, 5, 7 und Immersionssystem 9, den Ocularen 3 und 4, dessen Vergrösserungen bis 1000 reichen; der Preis derartiger Instrumente be- trägt ca. 400 Fres. Die Linsencombination 2, 5, 7 mit den beiden Ocu- laren 3 und 4 kostet bei einem einfacheren, aber durchaus zweckmässigen Stativ (mit eisernem Hufeisenfuss und ohne Cylinderblendung) ca. 185 Fres.; sie ist für die gewöhnlichen anatomischen Arbeiten, welche die Immer- sionslinse nicht erfordern, in vorzüglichem Masse geeignet; die Maximal- vergrösserung beträgt 450. In neuester Zeit hat E. Gundlach in Berlin (Verlängerte Ritter- strasse 26) ein ernstes Streben nach Herstellung sehr vollkommener und dabei sehr billiger Mikroskope mit gröstem Erfolge bewährt; es ist ihm allein unter allen deutschen Mikroskopikern bei der Pariser Ausstellung die bronzene Medaille ertheilt worden. Aus seinem reichhaltigen Preis- Courant scheint für gewöhnliche wissenschaftliche Zwecke die preiswür- digste Combination das mittlere feste Stativ (Nr. 7 des neuesten Preis- Courants) mit den Ocularen 1 und 3, den Objectiven 1, 3, 5; der Preis 78 Jahres-Bericht derselben beträgt 36 Thlr.; der mechanische Theil ist sehr sorgfältig ge- arbeitet; doch wäre vielleicht eine etwas höhere Placirung des Object- tisches bequemer; die Objective gehören in penetrirender und definirender Kraft, Lichtstärke, Grösse des Gesichtsfeldes und ausreichender Focal- distance zu den besten Leistungen Ein besonderes Verdienst hat sich Gundlach durch Herstellung von Immersionssystemen erworben, bei denen die kostspielige Correction der Hartnack’schen Linsen durch Eintauchen in einen mehr oder weniger concentrirten Glycerintropfen sinn- und erfolgreich ersetzt wird; die Gundlach’schen Immersions- Systeme lösen bei gradem Licht und sehr starker Vergrösserung die Streifen von Pleurosigma angulatum mit ungewöhnlicher Vollkommenheit und stehen, soweit meine bisherigen Erfahrungen reichen, den Hart- nack’schen Immersionslinsen nur in der Lichtstärke in etwas nach. Da- bei ist ihr Preis äusserst mässig; er beträgt für System 7 mit Glycerin- Immersion und Oeffnungswinkel 175°, Vergrösserung 1140, nur 12 Thir., während bei Hartnack das Immersionssystem Nr. 9 150 Fres., Nr. 10 206 und Nr. 11 250 Fres. kostet; ein Gundlach’sches Immersionssystem mit Correetion kostet 15 Thlr. Sehr empfehlenswerth ist auch Gundlachs Präparirmikroskop, deren eins im Besitz des hiesigen phytophysiologischen Instituts ist; es kostet mit zwei Doubletts (Vrg. 10 und 20) und festem Mahagonikasten, zum Auflegen der Hände eingerichtet, 12 Thlr. Zum Schluss wurden einige neueste Mikroskope von Hartnack und Gundlach, dem phytophysiologischen Institute gehörig, demonstrirt. In der aritten Sitzung vom 15. Februar gab Herr Apotheker Müncke Mittheilungen über die Vegetation von Niederösterreich, die er während des Feldzuges im vergangenen Sommer zu untersuchen Gelegenheit nahm. In Böhmen und Mähren war es gradezu unmöglich, sich botanischen Studien zu widmen; die kriegerischen Ereignisse vermochten selbst den mächtigsten Hang zu Naturwissenschaften in den Hintergrund zu drängen. Dazu kam das schnelle Marschiren und die Gefährlichkeit, sich von den Truppen zu entfernen. Die durch die kriegerische Situation” hervorgeru- fene Stimmung verlor sich erst, als in Nikolsburg die Friedens-Unterhand- lungen begannen. Es war dies zu der Zeit, als Vortragender Ende Juli einige Tage in Staatz einquartiert war, etwa 10 Meilen von Wien ent- fernt, in einer anmuthigen, stellenweise bewaldeten Hügellandschaft des niederösterreichischen Kreises Unter-Manhardsberg. Staatz selbst liegt am Abhange eines grossartigen, kahlen, isolirten Jurakalkfelsens, der in bo- tanischer Beziehung namentlich interessant war; hier wurde gesammelt: Olematis Vitalba L., Rhus Cotinus L. (wahrscheinlich nur verwildert), Sesel Hippomarathrum L., Asperula galioides M. a. B., Bupleurum Gerardi, a. pa- tens Neilreich, Thalietrum collinum Wallr., Oxytropis pilosa DC., Alsine se- tacea M. K., Centaurea asxillaris Willd., Melica ciliata L., Stipa capillata L., der Schles. Gesellsch. £f. vaterl. Cultur. 79 Medicago minima Lk., Allium flavum L., Aster Amellus, Veronica dentata Sm., Alyssum saxatile, Stachys recia, Artemisia Scoparia, neben vielen im nörd- liehen Niederösterreich weit verbreiteten Pflanzen, als: Bupleurum falca- tum, Asperula eynanchica, Tragopogon major, Astragalus Onobrychis, Sisym- brium Coltelii, Marrubium peregrinum, Sedum album, Teucrium Chamaedrys, Salvia vertieillata, silvestris und pratensis, Reseda lutea, luteola, Orepis foe- tida L., Podospermum Jacguimanum Koch, Echinospermum Lappula Lehm. In der Umgegend von Staatz sammelte Vortragender: Dipsacus laciniatus, Diplotaxis muralis, Lathyrus sativus, Ajuga Chamaepitys, Plantago maritime, Adonis flammea, Androsace masima L. (heerdenweise), Cirsium canumc. Ffolis pinnatifidis, Quercus pubescens, Cerris, Viburnum Lantana, Evonymus verrucosus, Linum hirsutum, Lin. tenuifolium, Dorycmum pentaphyllum Scop., Peucedanum alsaticum, Chrysocoma Linosyris, Euphrasia lutea, Allium flavum, Asier Amellus, Bupleurum rotundifolium ete. Von den Pflanzen, welche in der Umgegend von Feldsberg gefunden wurden, sind namentlich zu er- wähnen: Lathyrus latifolius, Lavalera, Euphorbia virgata, Doryenium penta- phyllum Scop., Cylisus austriacus, Polygala major, Seseli varium, Plantago maritima, Scorzonera parvifiora, Lithospernum officinale, Artemisia pontica, Aster Tripolium, Lepigonum marginatum K., Asperula rivularıs (bisher in Nieder-Oesterreich noch nicht beobachtet), Galega offieinalis und Sonchus palustris. Auch in der Umgegend von Brünn botanisirte Vortragender zu wiederholten Malen und fand z. B. am Spielberge unter anderen Pflanzen auch Glaucium cormiculatum, Linum austriacum, Tragus racemosus, Potentilla canescens, Medicago mumima, Polyenemum majus Al, Br, Xeranihemum an- nuum. Von den übrigen bei Brünn gesammelten Pflanzen wären zu er- wähnen: Equisetum ramosum (am Ufer der Schwarzawa vor der Stein- mühle), Campanula bononiensis, Lactuca viminea, Aristolochia Clematitis, Anthemis austriaca, Crepis rhoeadifoha M. B. (gelber Berg), Centaureu« montana, An- dropogon Ischaemum, Aster amellus (mit langen, schmalen Randblüthen), Alhum flavum, Linaria genisiaefola, Rosa pimpinelhfolia, Campanula sibirica, Gentiana eruciata und G. ciliata, Euphorbia epithymoides, Lithospernum pur- pureo coeruleum, Saxifraga Aizoon, Sempervivum soboliferum und Potentilla recia. Sämmtliche der genannten Pflanzen legte Vortragender in zahl- reichen getrockneten Exemplaren vor. Der Secretair der Section erläuterte und demonstrirte eine nach seinen Angaben von Herrn Mechanicus Feige hier construirte heizbare Kammer als Hilfsapparat zum Mikroskop. Dieselbe gestattet, die Wir- kung höherer Temperaturgrade auf mikroskopische Objecte genauer und vollständiger zu beobachten, als dies bei den bisherigen heizbaren Tischen der Fall war. Bei letzteren, die aus Metallplatten dargestellt, an einem Ende erhitzt, ihre Wärme durch Leitung auf ein aufgelegtes Objectglas übertragen, ist die Erhaltung einer constanten Temperatur durch längere 80 Jahres-Bericht Zeit nur sehr schwer zu erreichen, ganz abgesehen von der in der Wärme natürlich beschleunigten Verdunstung des zu untersuchenden Tropfens. Die heizbare Kammer besteht aus einem Messinsring von 20 mm. Durch- messer und 10 mm. Höhe, dessen Boden von einer Glasplatte verschlossen ist, während ein messingner Deckel, in dessen Mitte ein dünnes Deck- gläschen eingekittet ist, die obere Oeffnung des Ringes verschliessen kann. Das Object befindet sich in einem Wassertropfen, welcher der Unterseite der Deckgläschens adhärirt und in der verschlossenen Kammer um so weniger verdunstet, als die Mitte des Deckgläschens namentlich beim Er- wärmen der kälteste Theil der Kammer ist. Die Erwärmung der letz- teren geschieht durch ein dieselbe rings umschliessendes Messingrohr, in welches von der einen Seite erhitzte Luft ein- und durch einen kleinen Schornstein am entgegengesetzten Ende wieder ausströmt. Durch eine sehr kleine Gasflamme, wie man sie von jedem Bunsen’schen Brenner nach Entfernung des langen Rohres erhalten kann, wird zunächst ein unten offener Messingkolben bestrichen, von wo die erhitzte Luft in dem die Kammer umgebenden Messingrohre aufsteigt; indess nimmt auch die im Messing selbst fortgeleitete Wärme wesentlichen Antheil an der Er- höhung der Temperatur, welche durch ein in die Kammer hineinreichen- des 'Thermometer direct gemessen wird. Durch Regulirung der Flamme lässt sich nach einiser Uebung eine fast constante Temperatur in der Kammer erreichen und die Einwirkung derselben auf die im Tropfen des Deckgläschens befindlichen Körper durch dieses hindurch sich leicht unter dem Mikroskop beobachten. Um die Entwickelung mikroskopischer Objecte durch viele Wochen in bestimmter Temperatur zu beobachten, benutzt der Vortragende die von ihm modifieirte feuchte Kammer von Kühne, bestehend aus einem gewöhnlichen Objectglase, auf welches ein eirca 2 mm. hoher Glasring aufgekittet und durch einen eingepassten Deckel von Hartgummi mit einem in der Mitte eingesetzten Deckgläschen oben verschlossen werden kann. Der auf der Unterseite des Deckgläschens adhärirende Tropfen verdunstet selbst nach Wochen nicht, namentlich, wenn auf den Boden der Kammer etwas Wasser gebracht wird. Eine solche Kammer wird in einen Keim- kasten eingesetzt, der im Wesentlichen nur ein Wasserbad ist und durch eine sehr kleine regulirbare Gasflamme leicht auf. einer beliebigen fast ganz constanten Temperatur erhalten werden kann. Obige Apparate sind für das phytophysiologische Institut construirt worden. Schliesslich machte der Vortragende aufmerksam auf die Wichtigkeit der heizbaren Kammern, namentlich für Versuche über die Entwickelungs- geschichte der auf warmblütigen Thieren und Menschen parasitischen Pilze, denen so viel pathologische und selbst epidemische Zustände zuzu- schreiben sind. Hieran knüpfte derselbe ein Referat über die Ergebnisse von Prof. Klob in Wien (Anatomische Studien über das Wesen des der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 81 Choleraprozesses. Leipzig 1867), wonach die Choleradejectionen, wie der Darminhalt der Choleraleichen einen farblosen Schleim darstellen, dessen Hauptmasse organisirt und zwar Bacteriengallert (Zoogloea Termo Cohn) ist, während in normalen Faeces die Zoogloea fehlt. Ohne sich über die Richtigkeit dieser Klob’schen Angaben ein Urtheil zu erlauben, muss doch der Vortragende hervorheben, dass er in fast allen hiesigen Brunnen aus solchen Häusern, die ihm durch Herrn Stadtphysikus, Medi- einalrath Dr. Wendt im Sommer 1868 wegen besonders heftigen Auf- tretens der Cholera zur mikroskopischen Untersuchung zugesendet wur- den, Bacterien, theils in beweglichem, theils in gallertartigem Zoogloea- Zustande und zwar zum Theil (Laurentiusstrasse, Mehlgasse ete.) in solch ungewöhnlicher Menge nachgewiesen, dass das Wasser einem wimmeln- den Bacterienhaufen glich und er in seinem amtlichen Gutachten schon damals die Bemerkung nicht zurückhalten konnte, es möchten jene Bacte- rien im Trinkwasser vielleicht die directen Träger des Choleragiftes sein. In der vierten Sitzung vom 4. April gab Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert Mittheilungen aus dem hiesigen botanischen Garten und dem botanischen Museum. 1) Die Alpenflora im botanischen Garten ist dergestalt bereichert wor- den, dass in den dortigen Anlagen 60—70 °, der europäischen Alpen- pflanzen repräsentirt sind, die Saxifrageen hat Herr Dr. Engler zu seiner Monographie dieser Familie benutzt. 2) Durch Tausch erlangt der Garten an 50 tropische Orchideen sowie ca. 50 Erdorchideen. 3) In Folge Regulirung der Sternstrasse ist ein an den botanischen Garten anstossender Winkel von ca. ®/, Morgen dem botanischen Garten unter sehr günstigen Bedingungen. überlassen worden. 4) Die im Garten cultivirten Species von Rheum, Thalictrum und Agui- legia wurden im verflossenen Jahre revidirt und dabei die Identität vieler Gartenspecies erwiesen. 5) Das in dem Lokale des alten chemischen Laboratoriums seit 1856 untergebrachte botanische Museum, wohl eines der reichhaltigsten auf dem Continent, erfordert dringlichst eine zweckmässigere Plaeirung, welche seine -Schätze erst an’s Licht stellen würde; eine Anzahl neuer , Zugänge von Hausknecht aus dem Taurus, so wie von Dr. Theodor ı Peckolt, Medicinal-Inspector von St. Catarina in Brasilien, ansässig in _ Cantogallo, eingesendet, wurden demonstrirt, so unter andern: Ein prächtiges Exemplar des syrischen Astragalus mit dem von ihm stammenden Tragant; ferner türkische Confituren: Sudschuk (an Fäden gereihte Wallnusskerne mehrmals durch eingedämpften Weinbeersaft ge- 82 Jahres-Bericht zogen); Kesme (eingedickter Weinbeersaft, mit Mehl gemischt); Usma Pastik und Tat Pastik- (Weinbeer- oder Maulbeersaft mehrmals mit Mehl auf Leinwand aufgestrichen) ete. Ferner von Brasilien: Lophophytum Weddellü (vgl. die Abhandlung von Hoker über Balanophoren) Aylopia frutescens (Anonacee) Bixa orel- lana, Ununa pruriens, Rinde des Balsambaum Myroxylon perwvianum, männ- liche Zapfen von Araucaria brasiliensis, Harz der Araucaria, Bombax Ceiba Ophiocarpon paradoxum und zahlreiche andere Samen, Früchte und Hölzer. 6) Vorgelegt wurde eine Palmfracht aus der Kohle von Volpersdorf in Schlesien Guilelmites permicus Geinitz. 7) Die Herren Buchwald und Georgi hierselbst haben treffliche Photographien des hiesigen botanischen Gartens, insbesondere des Palmen- hauses, der mexicanischen, der physiologischen, der Steinkohlenpartie u. A. angefertigt. Zum Vergleich wurden gleichfalls vorzügliche Photographien aus dem botanischen Garten der Capstadt, von Herrn Dr. med. Fritsch sütigst mitgetheilt, vorgelegt. $) In dem botanischen Garten von Melbourne sind von dessen Di- rector Dr. Ferdinand Müller Stücke eines der bis 400 Fuss hoch werdenden Riesenstämme Eucalipnus Globulus, E. colossus, E. gonyocalyx und E. Stuartianus aufgestellt, wovon eine Abbildung vorgezeigt wurde; vergleichungshalber wurde daran erinnert, dass der als Flagsenstange im botanischen Garten zu Kew dienende Tannenstamm 180 Fuss hoch ist. Im Anschluss an diesen Vortrag ist uns am 10. März 1868 nach- stehende Abhandlung zur Veröffentlichung übergeben worden: Bericht über den gegenwärtigen Zustand des botanischen Gartens in Breslau von Professor Dr. H, R. Goeppert, Director des botanischen Gartens. Botanische Gärten sollen meiner Meinung nach nicht nur zur Erwei- terung der Wissenschaft und dem akademischen Unterricht, sondern auch zur Verbreitung allgemeiner Bildung dienen, welche Zwecke ich vorzugs- weise durch folgende, eine Reform der botanischen Gärten anbahnende Einrichtungen zu erreichen suchte: 1) Möglichst genaue und vollständige Etiquettirung. 2) Erzielung botanischer Physiognomik oder Anordnun- sen des gesammten Pflanzenvorrathes nach natürli- chen Familien, nach Floren einzelner Länder mit be- sonderer Beachtung hervorragender Gattungen und Arten, so wie der Hauptpflanzenformen der Erde. 5) Beachtung oder Berücksichtigung der Pflanzengeo- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. | 83 graphie oder der geographischen Verbreitung der Ge- wächse und ihres Vorkommens in einzelnen Klimaten und Regionen. 4) Möglichst vollständige Sammlung der für die Medicin, Pharmacie, wie auch für die Technik wichtigen Ge-, wächse in Verbindung mit einer Aufstellung ihrer Blüthen, Früchte und Produkte, welche sie liefern (nach Art eines bo- tanisch-pharmacologischen Museums). 5) Errichtung einer physiologisch - morphologischen Partie im Freien, insbesondere zur Illustration der Wachsthums-Verhältnisse der Holzpflanzen und endlich 6) Berücksichtigung der vorweltlichen Flora in ihren Beziehungen zur gegenwärtigen. Insofern ich nun mit allen diesen Einrichtungen zu einem gewissen Abschluss gelargt bin, erscheint es vielleicht nicht unangemessen, hier- über zu berichten, wie ich denn überhaupt glaube, dass in unserer Zeit an jedes akademische Institut die Forderung zu stellen ist, von seinem Zustande von Zeit zu Zeit öffentliche Kunde zu geben, wie von mir auch seit der im Jahre 1357 veröffentlichten, von Plänen und Abbildungen begleiteten Beschreibung des Gartens (der botanische Garten der Universität Breslau, Görlitz 1857, bei Remer) bereits zu wiederhol- tenmalen geschehen ist. Unser zwischen 1811—1815 nee Garten umfasst 23 preus- sische Morgen, von denen etwa 1 Morgen die Gewächshäuser, 3 Morgen die Wasserfläche, 6 Morgen die Landpflanzen und 13 Morgen die An- pflanzungen von Bäumen und Sträuchern einnehmen. Der jährliche Etat des Gartens beträgt 2700 Thlr., wovon der Gehalt von 4 Gehülfen, Tagelohn der 5—”7 Arbeiter, Heizungsmaterial, Beschaffung und Unterhaltung aller zur Cultur des Gartens erforderlichen Utensilien, Ankauf von Gewächsen, Bibliothek und Sammlungen zu be- streiten sind. Die Direction führe ich seit 1852. Als Inspector fungirt Herr C. Nees von Esenbeck, der mit aner- kannter Thätigkeit und Umsicht bei unserer etwas complicirten Verwal- tung hülfreich zur Seite steht. 1. Zahl der Gewächse. Die genaue Angabe der Zahl der in einem botanischen Garten wirk- lich effectiv vorhandenen, d. h. in Cultur befindlichen Gewächse unter- liegt besonderen Schwierigkeiten. Gewöhnlich rechnet man hiezu auch durchschnittlich die vielen einjährigen von Jahr zu Jahr ceultivirten, aber nicht gleichzeitig ausgesäten Arten, deren Samen in jedem wohleinge- richteten Samenkabinete noch vorhanden sind. Wenn wir diesem Ge 6” 84 Jahres-Bericht brauch nachkommen, können wir die Zahl der bei uns vorhandenen Arten auf 12 bis 13,000 anschlagen. Hierunter befinden sich 3000 einjährige, von denen 1000 bis 1200 jährlich ausgesät werden, 3000 im Freien ausdauernde, 2000 Arten und Varietäten von Bäumen und Sträuchern (unter ihnen fast alle Coniferen unserer Gärten an 200 Arten), sowie etwa 4000 Gewächshauspflanzen. Doubletten werden möglichst vermieden, nur die Gruppenaufstellungen erfordern oft von der einen oder der anderen Art eine grössere Zahl. An der Aufstellung der seit vielen Jahren aufgesammelten Säme- reien, an 6000 Arten, in Gläsern, wird gearbeitet. Ich halte eine solche Sammlung für ein wesentliches Erforderniss unserer Zeit, weil sie dazu dienen kann, einem eigentlich sehr vernachlässigten, seit Gärtner im vorigen Jahrhunderte nicht mehr gründlich bearbeiteten Zweige unserer Wissenschaft zu Hülfe zu kommen und in dem jetzt so vielfach venti- lirten Streite über Art und Abart grosse Bedeutung zu erlangen. Abgesehen von einzelnen monographisch verfolgten Richtungen, über welche ich in etwa 16 verschiedenen Abhandlungen Nachricht gegeben habe, bemühe ich mich Repräsentanten von möglichst vielen Familien zu erlangen, doch fehlen von den bis jetzt bekannten 2830 bis 290 Familien immer noch an 30, welche freilich mit etwaigen Ausnahmen von 10 bis 15 in allen anderen botanischen Gärten auch noch vermisst werden. Als Zu- gänge in dieser Hinsicht haben wir in neuester Zeit zu nennen: Taccaceae, Xyrideae, Burseraceen, Lardizabaleen, Sauvagesieae, Erythroxyleae, Ersatz für die Rhizantheen liefert ein nach der bekannten Abbildung von Robert Brown in natürlicher Grösse angefertigtes Modell der Rafflesia Arnoldi, welches im Sommer im Freien auf einem Cissusranken, umgeben von tropischen Pflanzen, aufgestellt wird. (Der Preis eines solchen, von unse: rem Klemptnermeister Adler gut ausgeführten Modells ist 15 Thlr.) 2. Etiquettirung der Gewächse. Bei der Unmöglichkeit, den Studirenden ein vollständiges, alle Ge- wächse des Gartens betreffendes Werk zu liefern, erscheint es noth- wendig, diesem Mangel durch möglichst vollständige Etiquettirung wenigstens einigermassen abzuhelfen. Auf jeder Etiquette befindet sich bei uns ausser dem systematischen Namen hie und da auch dann noch Synonymie, die Familie, das Vaterland und die etwaige medieinische oder technische Verwendung, und bei mehr als 1000 Gewächsen auch noch der deutsche Namen. Für die Etiquette der offieinellen Gewächse wählten wir Porzellan mit eingebrannter Schrift, deren Kosten für 412 Stück sich in Betracht des Umfanges des Geschriebenen auf den mässigen Preis von 87 Thlr beliefen. Für alle solche der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 85 und ähnliche Standgewächse, deren Namen so leicht keine Veränderung erfah- ren, halten wirPorzellan für das beste Material und auch hinsichtlich der Kosten wohl zu erschwingen, da die Zahl dieser letzteren im Verhältniss zum Ganzen nur eine kleine ist und sich auch in den grössten Gärten nicht über 1- bis 2000 beläuft. Den Einwand geringerer Haltbarkeit vermag ich nicht zu theilen, Stoss und Schlag vertragen sie freilich nicht. Nur 6 Etiquetten sind bei uns im Laufe der letzten fünf Jahre zerschlagen worden, und zwar unter Umständen, die sich wohl allenfalls hätten vermeiden lassen. Inzwischen bediene ich mich, da ich mit der Einführung der Porzellan- Etiquetten nur allmählich vorzuschreiten vermag, für die grösseren Ge- wächshauspflanzen und die im Freien befindlichen Sträucher und Bäume Zinkbleche mit Firnissüberzug und Firnissschrift, und was wohl zu be- achten, zur Befestigung auch Nägel von gleichem Material. Eisen ist hierbei sorgfältig zu vermeiden, da dessen Oxydation die Schrift schon nach kurzer Zeit in unleserlichen Zustand versetzt. Selbst im Freien halten sich solche Zinketiquetten an 10 Jahre. Eine dergleichen Eitiquette kostet mit Lack und Schrift 2 Sgr. Für die perennirenden und einjäh- rigen Gewächse wählten wir Hölzer mit Firniss-Ueberzug und Bleistift- schrift, weil hierin ein fortdauernder Wechsel stattfindet, der durch- schnittlich innerhalb 10 Jahren fast ein totaler ist, und ziehen sie den oft splitternden Schieferetiquetten vor. Für alle diese Pflanzen wäre ein so dauerhaftes und zugleich so kostbares Material, wie Porzellan, wicht anzuwen- den,und auch von derwissenschaftlichenSeite gar nichtzu empfehlen, da die Fort- schritte der Wissenschaft Wechsel der Namen oft gebieten. Eine solche 6 Zoll lange und 2 Zoll breite Holzetiquette mit Schrift kostet uns 1 Sgr. 9 Pf., die Schrift 9 Pf. Die Erneuerung der Schrift ist nach 4 bis 5 Jahren nothwendig, wozu dasselbe Holz jedoch noch zu dienen vermag. Nach 8—10 Jahren kann sie zu diesem Zwecke nicht mehr verwendet wer den, wohl aber macht sie ihre obschon durch Abschleifen und Zerschnei- den allmählich verringerte Grösse immerhin noch geschickt zu kleineren Etiquetten für einjährige und Topfpflanzen, wodurch nur bei so langem und oft wiederholtem Gebrauch die Kosten sich sehr verringern. Man hat meiner Ansicht nach die Schwierigkeit der Etiquettenfrage, wenig- stens für botanische Gärten, ohne Noth übertrieben, denn kein botanischer Garten von einigem Umfang kann sich der Nothwendigkeit entziehen, wie sich aus dieser Darstellung des Sachverhältnisses ergiebt, alljährlich 2—4000 Eti- quetten schreiben zu lassen, wenn er in entsprechender Ordnung erhalten werden soll. Eine so vollständige und umfangreiche Etiquettirung, wie sie bei uns eingeführt ist, nimmt freilich bei der ersten Einrichtung viel Zeit in Anspruch, erleichtert aber dann auch die von uns noch zu erwähnende Anordnung in Gruppen, Familien u. s. w., so dass die hierauf verwendete Mühe sich hinreichend belohnt. Jeder Gartengehilfe vermag sich dann leicht in diese Einrichtungen zu finden und die Ge- 36 Jahres-Bericht wächseeben so schnellnach Gruppenund Vegetationsbildern zu stellen, als nach der bisher beliebten Weise nach zufäl- ligen äussern Verhältnissen, wie man es wohl in Handelsgärten, aber nicht mehr in botanischen Gärten finden sollte, noch weniger bei grösseren zur allgemeinen Belehrung veranstalteten Aus- stellungen, wie dies bisher meistens der Fall war. Bei keiner der bis jetzt veranstalteten sogenannten internationalen Weltausstellungen hat man auf Herstellung von Etiquetten in ächt wissenschaftlicher Form irgend Rücksicht genommen, noch auch im Entferntesten daran gedacht, sie auf eine dem grossen Publikum einigermassen belehrende Weise ein- zurichten, für welches diese Ausstellungen doch eben so wie für Gärtner und Cultivatoren veranlasst worden. Auch ist keinem Berichter- statter eingefallen, darauf zurückzukommen. Meine in den Verhand- lungen des Amsterdamer und Londoner internationalen Congresses mit- getheilten und darin veröffentlichten Bemerkungen undVorschläge hat man bis jetzt nicht beachtet. 3. Gewächshäuser. Unsere Gewächshäuser genügen nur dem dringendsten Bedürfniss, insofern wir zur Zeit noch keine eigenen, einzelnen grösseren Familien, wie Farnen, Orchideen, Fettpflanzen, Palmen, Wasserpflanzen besonders sewidmete Häuser besitzen und uns daher genöthigt sehen, die oben er- wähnten Gruppirungen nur in beschränktem Grade in Ausführung zu brin- gen. Demohngeachtet aber ist dies wenigstens mit den warmen Häusern vielleicht nicht ohne Erfolg versucht worden, bei dem temperirten und kalten überdies weniger erforderlich, da die dahin gehörenden Pflanzen in der wärmeren Jahreszeit sämmtlich im Freien aufgestellt werden. Das grösste Gewächshaus, Nr. I., wurde durch den gänzlichen Umbau des ältesten Hauses gewonnen, der vor vier Jahren durch die Fürsorge unseres hohen Königlichen Ministeriums der geistlichen Unterrichts- und Medieinal-Ange- legenheiten vermittelt ward. Es besteht aus drei grösstentheils aus Eisen und Glas construirten Abtheilungen: Der Mittelbau, das sogenannte Palmenhaus, ist 44 Fuss lang; 40 Fuss tief und 43 Fuss hoch, jeder der beiden Seitenflügel B. und C., die zu Tepidarien und Frigidarien dienen, 57 Fuss lang, 32 Fuss tief und 30 Fuss hoch. A. Der Mittelbau: zur Illustration der Flora der aequatorialen und tropischen Zone, enthält Exemplare von ansehnlicher Grösse, wie Pandanus jurcatus, recurvatus, ulilissimus, Strelitzia augusta, An- giopteris evecta, 20 bis 30 Fuss hohe alljährlich blühende Bäume von Cinnamomum nitidum und eucalyptoides, Cocos coronata, Elais guia- nensis, Wallichia caryotoides, Phytelephas macrocarpa, Condaminea corym- bosa, Ravenala madagascariensis, die so interessante abyssinische Musa der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 87 Ensete, die grösste krautartige Pflanze der Erde und gefeiertste Banane unserer Zeit, welche innerhalb 5 bis 6 Jahren einen Umfang von 5 bis 6 Fuss erreicht und einen grossartigen Busch von 15 bis 20 Fuss langen und 5 Fuss breiten rothnervigen Blättern treibt. Schlingpflanzen ; Dios’ coreen, eine Testudinaria mit 2 Fuss hohem Knollenstamm, Artocarpeen, Asclepiadeen, Passifloren, Combretaceen, ferner viele grosse Cycadeen, deren wir an 25 Arten, fast die Hälfte der bekannten eultivirten, unter ihnen blühen Cycas-revoluta, circinnalis, Ceratozamia, Dion, Encephalastohor- ridus, Zamia muricata, spiralis, die so seltene Zamia Skinneri, Stangeria paradoxa mit Farnblättern vom Cap Natal; ferner Dammara oörıentalis, D. oceidentalis und alba in 10 Fuss hohen Ex. ete., B. Flügelabtheilung oder sogenanntes Caphaus für die Flora der wärmeren und subtropischen Zonen beider Hemisphären. C. Flügelabtheilung Neuholländerhaus für die Flora der wärmeren gemässigten und zum Theil subtropischen Zone. Ein älteres Haus, Nr. II, an 84 Fuss Länge, 23 Fuss Tiefe und Höhe, dient, wie ein kleineres von 72 Fuss Länge, 16 bis 28 Fuss Tiefe und nur 12 bis 16 Fuss Höhe ebenfalls zu Pflanzen der wärmeren, und noch drei andere für die der temperirten Zone. Es sei erlaubt, hier nur auf einige in irgend einer Beziehung interessante Gewächse zurückzu- kommen, wie Alsophila australis, Balantium, viele Marattiaceen, ein 2 Fuss grosses Exemplar von Platycerium Stemmaria ete., Areca Catechu (Catechu von Bengalen), Calamus Rotang (Sanguis Draconis), Attalea speciosa Mart. (Cocos lapidea), viele Sago- und Weinpalmen, wie die seltenen Hyphaene thebaica, Sagus Rumphiü, Metroxylon Sago ete., die höchst interessanten Tac- caceen, Tacca pinnatifida (Taheitische Arrow Root), Dorstenia Contrayerva (Rad. Contrayerva), D. ceratosanthes und aristata, Laurelia aromatica L., (eine Monimiacee) Chloranthus- und Piper-Arten, Oubeba offic. (Cubebae), Chavica Betle (Betel), Ch. Roxburghi (Piper longum), Artanthe tiliaefolia, Pfefferrohr, Piper nigrum, P. spurium, Lk., P. elongatum (Folia Matico); die mexicanische Kautschoukpflanze Castilloa elastica Cerv. und die noch seltenere brasilianische Siphonia elastica, die sich kaum noch anderswo findet; der drastisch wirkende Caramellabaum, Cicca dislicha Lam. aus Ostindien; Jatropha Curcas L. (Sem. Ricini majoris) die Manihot-Arten, Jatropha L., J. Aipi, und Manihot L. (Sago Tapiocca), Croton Cascarilla, Cinnamomum zeylanicum, Cassia, Oulilavan (Cort. Massoy), C. albiflorum N. ab E. (Fol. Malabathri); Coccoloba uvifera L. (Kino), C. pubescens (Art Eisenholz), Strychnos nux vomica L. (Nuc. vomic. et Cort. Angusturae spu- riae) : Strychnos Tieute und St. Curare, Antiaris toxicaria Giftbaum, A. saceidora Lindl., Sackbaum wegen des Bastes; unsere kleine Colonie von Cinchona- ceen ausser Arten von Condaminea, Exostemma, den Mutterpflanzen falscher Chinarinden, noch 10 ächte Cinchonen, wie ©. Condaminea Lam., C. offi- einalis in zahlreichen Sämlingen, welche wir zu chemisch physiologischen 88 Jahres-Bericht Untersuchungen aufziehen, und ©. ß. lancifolia Ruiz et Pav. (Cort. Chinae Juseus) (letztere blühte zu wiederholten Malen), C. mierantha R. A. P. (Cort. Chinae Huanuco?), C. purpurascens Wedd. (Cort. Chin. alb de Loxa), C. nitida R. et Pav. (Cort. Chin. Pseudo-Loxa), ©. succirubra Kl. (Cert. Chin. ruber), C. Calisaya vera A. C. 8 Josephiana Wedd. (Cort. Chin. regius et flavus 2), ©. Boliviana Wedd., C. tucujensis Karst. (Cort. Chin. Maracaibo), ©. nobilis Hort. Linden. und Ü. muzonensis; dann Hymenodictyon thyrsiflorum Wedd. (Cort. Chin. indie.), Luculia Pinceana Sweet. (Cort. Chin. nepalensis), die eben blühende Cephaelis Ipecacuanha (Rad. Ipecac. griseue) und Bearü; die prachtvollen Psychotrien Ps. leucocephala, magnoliaefolia, ebenfalls mit brechenerregenden Wurzeln; Cordia Myxa und Sebestena L. (Baccae Se- bestenae), Ophioxylon serpentinum L., viele giftige Apocyneen wie Tabernae- montana, Tanghinia venenifwa, das Madagascar. Gottesurtheilgift, Cerbera, Echites ete., Diospyros Ebenum (Lignum Ebenum), Mikamia Guaco (Stipites et succus Guaco); die sehr seltene Paulinia sorbilis (Guaranin); Guajacum officinale und 8 jamaicense Tausch (Lignum et Resina Guajacı), G. arboreum DC.; die in Peru so gefeierte, in ihren Wirkungen immer noch etwas räthselhafte Coca, Erythrosylon Coca (Indianer sollen durch Kauen einer Handvoll Blätter in den Stand gesetzt werden, einen ganzen Tag hin- durch ohne alle anderweitige Nahrung sich den grössten Anstrengungen zu unterziehen); Jatropha urens und andere giftige Euphorbiaceen, E. piscatoria, IHippomane spinosa, einer der so gefürchteten Mancinellbäume; Codiceum chrysostictum; Canella alba (Cort. Canellae albae); Guttibiume wie Xantho- chymus Cova Roxb., ovalifohus Roxb., ovatus und pietorius; Clusien; Calo- phyllum Madrunno (Tacamahaca brasiliensis), C. Calaba, Jacg. (Tacamahaca Indiae occidental.), C. Limoncello Ht. Lindl., Bixa Orellana L. (Orlean), Ga- hpea Cusparia St. Hil. (Cort. Angusturae verae) und mehrere verwandte Arten von gleicher medieinischer Wirkung und Verwendung, wie Galipea macrophylla und ovata St. Hil., G. odoratissima Ldb., G. pentandra W., (uassia amara (Lignum et Cort, Quassiae), Simaruba excelsa DC. jährlich blühend (C. Simarubae), Physostigma venenosum die Calabarbohne ; Swietenia Mahagony L., Eriodendron orientale Steud. und das wenig bekannte Cochlo- spermum Gossypium DC., Caesalpinia echinata und tortuosa, Fernambuk- oder Brasilienholz, Fagraea peregrina Bl. Eisenholz, die im vorigen Sommer ihre Blüthe von 5 Zoll Durchmesser entfaltete; Heritiera fomes, Tecton«a grandis Teakholz, Brosimum Alicastrum, Galactodendron utile Milch- oder Kuhbaum, Sapota Mülleri Blakrode der Gutta-Perchabaum von Surinam und Trinidad; Chiococca racemosa Jacg. (Rad. Caincae), Dipterix odorata L. (Tonkabohne); Myroxylon Pereirae (Balsamus peruvianus); Indigofera linctoria (Indigo), Copaifera officinalis (Balsam. Copaivae), Haematoxylon campechianum (Lignum campechianum), Tamarindus indica L., Cassia fistula und CC. brasiliensis (Cassia ‚fistula), C. Tora, Acacia nilotica, mellifera, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 89 Benth., flava Forsk., leucocephala (Gummi Mimosae), Hymenaea Courbaril und stilbocarpa etc. Ferner von tropischen Fruchtpflanzen: Artocarpus incisa, A. rigida, Brodfruchtbäume, Mammea americana, Mangostana Morella, die geschätzteste Frucht des tropischen Asiens, Malpighia urens mit Früchten, Stellvertreter unserer Kirschen, Crataeva Tapia, Bertholleia excelsa die Para-Nüsse, Le. cythis Ollaria Topffruchtbaum, unstreitig eine der wunderbarsten Früchte der Erde und grösste bekannte Kapselfrucht; Coffea mauritiana Lam., Orescentia Cujete, C. macrophylla; zahlreiche Psidien Stellvertreter unserer Birnen und Aepfel; Anona-Arten, Cordien, Diospyros Embryopteris, wie unsere Pflaumen, Achras sapota; desgleichen Myrtaceen mit kirschenähn- lichen Früchten; Durio zibethinus (Durionfrucht, Frucht von süsser cr&me- artiger Beschaffenheit und trotz Knoblauchgeruch in Indien sehr beliebt); Euphoria Longan; Feronia Elephantum Corr. Elephantenapfel ; Lea sanguinea Lam. aus Ostindien; Mangifera indica Mangosapfel; Spondias Mombin L. und tuberosa (ebenfalls Stellvertreter unserer Pflaumen); Passiflora qua- drangularis L.; Platonia insigms Mart., der Pekorybaum; Chrysophyllum Cainite ete., von Orchideen unter anderen Vanda tricolor, Laelia purpurata, Ohysia Simminghü, Aerides quinque vulnerum ete. Von physiologisch oder morphologisch wichtigen Ge- wächsen, die möglichst vollständig vorhanden: die Schlauchpflanzen, Nepenthes destillatoria, Sarracenia, Cephalotus follicularis aus Neuholland mit sewöhnlichen und Schlauchblättern, Noranta gujanensis mit schlauchför- misen ‚Bracteen, Rubus australis Forst., Colletia pietoniensis mit zusammen- sedrückten stachligen Aesten, Polygonum platyeladum und Oxalis mit band- förmigen Aesten. Ferner reizbare Pflanzen, wie Mimosa sen sitiva, natans (Desmanthus natans W.) und M. pudica, Dionaea muscipula, Biophytum sensitivum, Hedysarum gyrans, Torenia asiatica, Stylidium adnatum, die seltene Averrhoa Carambola etc. Viele von diesen sind für europäische Gärten neu oder als neue Einführung zu betrachten, und von uns wie auch noch manchen An- dern durch unsere alljährig vertheilten Samen auch in andern botani- schen Gärten verbreitet worden, worauf man an manchen Orten so grossen Werth legt, hier jedoch nur beiläufig erwähnt wird. Unser Institut steht mit allen europäischen und aussereuropäischen bekannten Gärten, an 80, in Tauschverbindung. In den letzten fünf Jahren wurden von uns durchschnittlich jährlich etwa 4000 Prisen Samen abgegeben und 2000 empfangen. 4. Anordnung der Gewächse. Bei Anpflanzungen perennirender und einjähriger Pflanzen wird stets das natürliche System zu Grunde gelegt, wobei es gelungen ist, die verwandtschaftliche Reihenfolge nicht nur bei den krautartigen, sondern 90 Jahres-Bericht auch bei Holzgewächsen festzuhalten. Um aber bei dem grossen Umfang einzelner Familien eine schnellere Uebersicht zu erzielen, wurde noch eine mit den gehörigen Bezeichnungen versehene Aufstellung von etwa 600 Topfpflanzen aus möglichst vielen Familien auf ausser den Feldern gelegenenRabatten eingerichtet, eine Art schola botanica, die sich zum Unterricht sehr nützlich erweist. Umfangsreichere Gruppen nach ihren gegenseitigen Verwandtschafts- Verhältnissen, wenn sie sich wie bei uns noch speciell auf die Haupt- pflanzenformen der Erde beziehen, gewähren Anschauungen von Vegetationsbildern, Kenntniss der botanischen Physiognomik überhaupt, welche für die Förderung der Pflanzengeographie, einen der jüngsten Zweige unserer Wissenschaft, gewiss nicht ohne Bedeutung sind. Ich habe bereits seit 1858 auf folgende Weise versucht, diesen Zwecken Zu genügen: Im Ganzen beziehen sich 110 Aufstellungen auf die einzelnen Haupt- pflanzenformen der Erde und 30 auf Floren einzelner Länder und Zonen, versehen mit den entsprechenden Erläuterurgen auf besonderen Tafeln, deren Zahl sich überhaupt auf 180 belauft. Man unterscheidet bekanntlich folgende auch hier repräsentirte Zonen: I. die arktische, II. die subarktische, III. die nördlich gemässigte beider Hemisphären, IV. die wärmere temperirte zu beiden Seiten des Aequators, V. die subtropische, VI. die tropi- sche und VII. die Aequatorialzone. I. Die arktische und II. diesubarktischen Zonen. Zwischen ihnen und der alpinen Flora oder der Flora innerhalb der Baum- und Schneegrenze herrscht innige Verwandtschaft, veranschaulicht durch Pflan- zen in Töpfen oder in freiem Lande zwischen den dazu gehörenden Bäumen und Sträuchern in folgender auch noch auf einem besonderen Anschlage näher bezeichneten und motivirten Ordnung. 1) Pflanzen des höchsten Nordens über dem 80° oder der Polarzone und Pflan- zen der Centralalpen auf Firn- und Gletscherinseln über der Schneelinie zwischen 10,000 bis 10,700 Fuss. Bäume, Sträucher, einjährige Ge- wächse nicht mehr vorhanden. Von den etwa 60 bekannten Phanero- samen der erstern Gruppe fehlen etwa 20. Protococceus nivalis ist nicht vergessen. 2) Pflanzen der Schneelinie der Alpen von 3500—10,000 Fuss Höhe. 3) Pflanzen der subnivalen Region von 6- bis 8000 Fuss Höhe der Alpen, oder die eigentliche Alpenflora, welche im Allgemeinen der Flora der baumleeren Region der arktischen Zonen entspricht. 4) Pflanzen des höchsten Nordens, die in der baumleeren Region um den ganzen Pol verbreitet und auch in Deutschland einhei- misch sind, inclusive der strauchartigen Holzgewächse (Rubus idaeus, Sor- Ve ee nn der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 9] bus Aucuparia, Alnus incana, Betula alpestris, Prunus Padus, Populus tre- mula, Juniperus nana et communis. 5) Pflanzen der Bergregion Mitteleuropa’s innerhalb des Baum- wuchses etwa zwischen 2- bis 6000 F.Höhe, unter ihnen besonders vollständig die Pflanzen des Riesengebirges. Ueberhaupt sind von sämmtlichen etwa 1100 Arten der Berg- und Alpenflora Deutschlands an 800 vor- handen, unter ihnen z. B. sämmtliche Saxifragen, die von einem meiner Schüler, Herrn Dr. Engler, monographisch bearbeitet wurden. Il. Nördlich gemässigte Zone beider Hemisphären zwi- schen dem 58. bis zum 45 Gr. südlicher Breite, mittlere Temperatur von 4\/, Gr. bis 9!/, Gr. 1) Europa’s Laub- und Nadelhölzer, nebst entspreehendem Unterholz und krautartiger Vegetation, die wir ebenfalls schon seit Jahren eingeführt haben. Von den in Deutschland wildwachsenden 304 Arten von Holzgewächsen cultiviren wir 270, 2) Nordamerika: Vereinigte Staaten- und Oregon-Gebiet. Laub- hölzer wie Acer, Carpinus, Carya, Juglans, Liguwidambar, @Quercus, Platanus, Populus, Betula, Tilia, Liriodendron, Mahonia, Nadelhölzer, letztere fast vollständig. Von 348 nach Asa Gray in dem nörd- lichen Theil der vereinigten Staaten einheimischen Bäumen und Sträuchern enthalten unsere Anlagen 280, viele in höchst ansehn- lichen Exemplaren. Die mit der nordamerikanischen Waldflora so innig verknüpfte halbstrauchartige Prärie- und Niederwald- vegetation (Solidago, Aster, Silphium, Helianthus etc.) schliesst sich an. Die Erieineen aller Erdtheile finden sich vereinigt in einer besonderen Anlage. 3) Nordasien. Laub- und Nadelholz, zum Theil mit dem Vorigen in einiger Vermischung, aber auch getrennt (Pinus Cembra, obo- vata u. dgl., Spiraeeen, Heraclea.) 4) Südamerika. Aus der kälteren gemässigten Zone der südlichen Hemisphäre, vorzugsweise auf die Südspitze Ame- rika’s und Falklandsinseln beschränkt, finden sich nur wenige Pflanzen in unseren Gärten, bei uns Cupressineen, Drimys Winteri, Mahonia Darwimi Hook., Empetrum rubrum, Metrosideros lucid«; Dracophyllum, Veronica decussata Ait, Myrtus Ugni. Peumus, Azer«, Mauria, Guevinia. IV. Die wärmere temperirte Zone zu beiden Seiten des Aequators zwischen dem 34° und 45°, mit einer Temperatur von 9,5° bis 13,5 ° Gr. 1) Nördliche Halbkugel: a. Südeuropa: Chamaerops, Ruscus, Donax, Pinus Pinea, hale- pensis, maritima, Juniperus Oxycedrus, phoenicea, macrocarpa, Ficus, die vielen immergrünen Sträucher und Bäume der Cupuliferen, 92 Jahres-Bericht Labiaten, Rhamneen, Viburneen, Ericeen, Terebinthaceen, Cisteen, Plumbagineen, Papilionaceen etc. . Asien, Kaukasus und Kleinasien (Amygdaleen, Pomaceen, Elaeagneen, Ericineen, Tamariscineen. China und Japan, deren Flora bei uns durch mehr als 400 verschiedene Arten vertreten wird, darunter Farn, Palmen, die meisten arzneilich oder technisch wichtigen Gewächse, Coni- feren, seltenen Familien angehörende Arten, Akebia quinata, Kad- sura japonica, Sterculia japonica; Helwingia rusciflora W. einzige Art einer ganzen Familie der Helwingiaceen, Obstarten, Bambusen (Bambusa aurea, gracilis, nigra), von denen ein grosser Theil im Freien ausdauert. . Nordamerika: südliche vereinigte Staaten: Magnolien, Eichen, Balsamifluae, Terebinthaceae, Moreen, Hippocastaneen, Ericineae, die zahlreichen Coniferen, insbesondere Cupressineen, mit Palmen, Chamaerops Palmetto, Ch. Adansoniü, Dasylirion, Yucca etc. 2) Südliche Halbkugel: . Australien Süd- und Südostseite: (Casuarineen, Acacien, Eucalyptus, Myoporum, Leptospermum, Cupressineen, Taxus, Podo- carpeen. | . Neu-Seeland, Baumfarn (Balantium), Liliaceen (Phormium) Abieti- neen (Dammara australis) in einem 25 Fuss hohen zapfentragenden Originalexemplar), D. robusta, obtusa, Cupressineen, Podocarpeen, Dracaeneen. (Gruppe von Pflanzen mit braunen Blätter.) . Südamerika: Chilenische Flora, Palmen (Jubaea spectabilis), Lau- rineen, Cupressineen, Araucarien, Eupatorien, Calceolarien, Fuchsien, Escallonien, Mwyrtaceen, Ilicineen, Verbenaceen, Colletien, Rubus australis Forst . Subtropische Zone. 1) Nördliche Halbkugel. . Nord-Afrika und Canarische Inseln (baumartige Cichoraceen, Ericeen und Crassulaceen, Leguminosen, Laurineae, Abietineae, Cu- pressineen, Dracaeneen. . Asien: Himalaya (Ericineen, Pomaceen, Berberideen, Abietineen, Cupressineen). . Amerika, Mexiko, Texas: Agave, Palmen, Abietineen, Dasy- lirion, Yucca, Cacteen etc.) 2) Südliche Halbkugel. a. Süd-Australien: Ostküste, Neu-Südwales, Baumfarn (Alsophila australis), Palmen (Corypha, Seaforthia) Dracaeneen, Araucarien, Podocarpeen, Proteaceen, Casuarineen, Epacrideen, Diosmeen, Myrta- ceen, mit den Baumriesen der Eucalypten, E. Globulus, amygda- eu en. er An eh “ Were der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 93 lina, gomiocalyx, ‘viminalis, die 4- bis 500 Fuss Höhe erreichen. Fagus Cunninghami Hook. Leguminosen, Acacien etc. b. Südafrika: Palmen (Phoenix reclinata.) Proteaceen, Araliaceen, Crassuleen, Aizoideen, Geraniaceen, Malvaceen, Oxalideen etc. VI Tropische Zone, zu unseren Zwecken schwer zu ' trennen von der VI. Aequatorialzone, ‚grösstentheils auf die Gewächshäuser an- ' gewiesen, doch auch im Freien wenigstens Gruppen der Hauptvegetations- formen (Gramineen, Aroideen, Museen, Palmen, Farn), Feigen, Laurineen, Pi. ‚ peraceen, Solaneen, Malvaceen, Begonien, Leguminosen, Mimosen, Passıfloren, Bignoniaceen und andere Schlingpflanzen verschiedener Familien. Vieles erscheint freilich noch lückenhaft repräsentirt und kann erst bei grösserem Reichthum an Gewächsen allmählich vervollständigt werden. Inzwischen wollte ich nicht verfehlen, wenigstens den Rahmen des , Vegetationsgemäldes zu liefern, nach dessen Vervollkommnung ich strebe. , Bei neuen Anlagen lässt sich dies auch leichter ausführen, als bei älteren ‚ nach ganz anderen Principien begründeten Gärten wie bei dem unsrigen, ‘ dessen Errichtung zwischen 1811 bis 1815 fällt. Inzwischen ist es doch ‚ gelungen, einigen Zusammenhang herzustellen. Wenn man von der ' Kastanien- und Lindenalle des Einganges sich nach rechts , wendet, gelangt manin die Anpflanzung der Nadel-und Laub- ‚ hölzer der nördlich gemässigten Zone; dann längs dem Was- | sergraben hinter der grossen Pappel, dem ältesten Baume ‚ des Gartens, in diearktische, subarktische, inclusive Alpen- ‚ zone, und im weiteren Verlaufe rechts vom Graben, in die gemässigte, später wärmere, temperirte Zone der nördli- chen Halbkugel, die sich nun weiter immer längs des Ufers | bis zu dem waldfreien Lande erstreckt, auf welchem sich die Anpflanzungen und Aufstellungen aller übrigen näher | bezeichneten Zonen befinden. 5. Aufstellung von Produceten, Blüthen und Früchten neben den Mutterpflanzen. An obige nur skizzirt gelieferten Angaben über hervorragendere Ge- wächse unseres Gartens schliessen wir die Beschreibung unserer Auf. stellungen von Arznei- und technischen Produkten, Blüthen, Früchten der bedeutendsten Familien, insbesondere tropischen, die hier nicht zur Entwickelung gelangen. Die Zahl der einzelnen, theilsim Innern der Häuser, theils ‘ während des Sommers im Freien neben den Mutterpflanzen 94 Jahres-Bericht in wohl verwahrten Glasgefässen aufgestellten Gegenstände beläuft sich an 1000, wohl mehr als manche andere Museen in geschlossenen Räumen enthalten. Einzelnes erlauben wir uns zu er- wähnen; in dem grossen warmen Hause von Palmen: Blüthen von Phönix-, Sagus-Arten, Cocos nucifera, Elais guinensis, Caryota, Früchte aller fünf Unterabtheilungen, unter ihnen die seltene Borassus, ferner die Schei- dengewebe der Manicaria, baumartigen Gräser, Blüthen von Bambus-, Zuckerrohr; dann Tabaschir, Pandaneen, Blüthen und Früchte Pandanus furcatus, utilis u. s. w., Cycadeen in ihrer Gesammt-Organographie an 20 Exemplare, Zapfen von Cycas, Dion, Zamia, Encephalartos, Stangeria, Ceratozamia, tropische Leguminosen (Dalbergieae, Mucuna) die 6 Zoll breite Blüthe der seltenen Fagraea auriculata. In dem kleinen warmen Hause: die Scitamineen, sämmtliche Baumwollenarten, insbesondere an 20 osi- indische Varietäten von Gossypium religiosum, barbadense, herbaceum; dann von Ühorisia speciosa St. Hil., Petzoldiana Mart, Bombax Ceiba De., B. malabaricum De., Ochroma Lagopus, Cochlospermum Gossypium die zier- lichste aller Kapselfrüchte, tropische und subtropische Seidenpflanzen von Asclepiaden an 30 Exemplare, Holz und Früchte von Adansonia, von Thheobroma, Myristica, Hymenaea, Lecythisollaria, Bertholletia, Cinchona, mit allen Rindenarten, Dipterocarpus, Thea, Coffea, Cinnamomum u. s. w. Im Freien bei den betreffenden Gruppen: Coniferenzapfen aller Familien derselben Welwitschia inclusive Wellingtonia, die colossale Pinus Lamber- tiana, P. Teocate, Montezumae, occidentalis, Banksiana, Gerardiana, palustris, Cedrus, Araucaria imbricata, Sciadopitys verticillata Siebld. et Zucc., Dam- mara australis; bei den Cupuliferen zahlreiche Eicheln, Proteaceen, Banksia, Dryandra, Lomatia etc., Myrtaceen (Eucalyptus), Juglandeen und auf dem offieinellen Felde alle vegetabilischen Arzneiproducte. Vortreffliche mit- telasiatische Producte (Scammonium Wurzel und Milchsaft derselben) ver- danke ich unserem jüngeren Freunde und Schüler dem Reisenden Hausknecht und eine ausgezeichnete Sammlung brasilianischer dem Herrn Medieinal-Inspector Ritter Dr. Peckold in ‚Santagollo durch gü- tige Vermittelung des Herrn Apotheker Knorr. Wir erwähnen hier nur Rinde und Balsam von Myroxylon peruiferum, Zapfen von Araucaria im- bricata, eine prachtvolle Frucht von Crescentia Cujete, Früchte von Feuillea cordifolia, Copaifera, Dalbergeen, Xylopien, Cassieen und vieler andern zu uns bis jetzt wohl kaum gelangten Gegenstände. Ich wählte diese eigenthümliche Art der Aufstellung, weil es mir insbesondere bei ihrer Begründung im Jahre 1857 an jedem anderwei- tigen hiezu passenden Raume gebrach und glaube es nicht bereuen zu dürfen. Ueber ihren Nutzen habe ich wohl kaum nöthig mich auszu- sprechen, wohl aber über die Conservation der eingeschlossenen Gegen- stände, die von Manchem bezweifelt ward. Wenn die mittelst eines gewöhnlichen gut bereiteten Glaserkittes der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 95 bewerkstelligte Schliessung der Gefässe sorgfältig, und die Austrocknung nur langsam geschah, so hält er sich Jahre lang und eben so das Ein- geschlossene, das nur dann von Schimmel befallen wird, wenn vor der Austrocknung es noch feucht in das Glas gebracht wurde. Obschon nun bei der grossen Ausdehnung des Gartens und dem be- schränkten uns zu Gebote stehenden Personale eine genaue Beaufsich- tigung dieser ganzen kostbaren und zum Theil wenigstens in ihrer Art einzigen Sammlung fast unmöglich erscheint, so muss ich doch zur Ehre des hiesigen Publikums sagen, dass sie, bis jetzt im zehnten Jahre ihres Bestehens nur äusserst geringe Beschädigungen und gar keine Entwen- dungen erfahren hat. Vertrauen weckt Vertrauen und Achtung beim srossen Publikum, wie ich in diesen und ähnlichen Fällen oft erfahren habe, und Andern, die etwa Aehnliches beabsichtigen, zur Ermunte- rung zurufen kann. Uebrigens ist diese Sammlung nicht mit dem botanischen Museum zu verwechseln, welches ich bereits im Jahre 1852 begründete und 1854 in einer eignen Schrift beschrieb. Von ihm völlig getrennt und selbst- ständig, ist es in eignen Räumen der Universität aufgestellt und noch viel umfangreicher als jene Sammlung des botanischen Gartens, wie das bald erscheinende Verzeichniss desselben zeigen wird. 6. Die physiologisch-morphologische Partie. Sie ist bestimmt zur Veranschaulichung aller mit unbewaffnetem AugeerkennbarenWachsthumsverhältnisse derHolzgewächse, wozu möglichst grosse Exemplare dienen. Ein 6 Fuss dieker und 10 Fuss hoher am Rande des Wassergrabens aufgestellter Stamm einer Populus nigra deutet aus der Ferne auf sie hin. Das normale Wachsthum erläutern unter andern 2- bis 500jährige Quer- schnitte von Eichen, Taxus und andern Nadelhölzern bis zu 16 Fuss Um- fang, neben fast eben so alten nur 6 Zoll dieken Orangen und Myrten- bäumen ete. Viele andere sind zu schneller Uebersicht in Querschnitte verschiedenen Alters übereinander gestellt. Abweichende Wachsthumsverhältnisse zeigen: Verwachsun- gen von Wurzeln, Stämme von Pandaneen oder palmenartisem Weachs- thum der Nadelhölzer, alles in ansehnlichem, zum Theil colossalem Mass- stabe. Pathologische Vorgänge erläutern: Formen wie Naturhei- lungen, regelwidrige Vergrösserungen einzelner Theile oder knolliger Gebilde. Abbildungen und Erläuterungen auf grossen Tafeln dienen zur lllu- stration dieser aus mehr als 100 Exemplaren bestehenden Aufstellung, unter denen sich, wie schon erwähnt, sehr seltene, zum Theil schon mehr- fach in eigenen Abhandlangen beschriebene Formen befinden. Im Sommer 96 Jahres-Bericht stehen sie auf einem schattigen, zugleich zu Vorlesungen ein- gerichteten und benutzten Platze, in der rauhen Jahreszeit werden sie be- deckt. Leidet hie und da auch wohl das Eine oder das Andere, so nützen sie auf diese der allgemeinen Beschauung preisgegebene Weise doch mehr, als wenn sie in irgend einem Winkel eines Museums zusam- mengehäuft sich befänden; denn wegen ihrer Grösse würden Säle zu ihrer Aufstellung erforderlich sein, die hiezu selten übrig sind. Schon vor sechs Jahren habe ich in den Verhandlungen des schlesischen Forst- Vereins dieser Anlage nebst andern den Forstmann besonders interessirenden Einrichtungen unseres Gartens ausführlich erwähnt, doch ist mir nicht bekannt geworden, dass sieinirgend einem der Gärten unserer Forstlehranstalten Nachahmung gefun- den hätten. In der Nähe dieser Partie habe ich auch sur Erläuterung des Wachs- thums und der Entwickelung der Bäume dienende Versuche an Bäumen angestellt, wie künstliche Verwachsungen, Unterbindungen, Pfropfen u. s. w., Anpflanzungen buntfleckiger Holz- und krautartiger Pflanzen. Formen- reiche Gattungen, wie Rheum, Saxifraga und andere Demonstrationsgegen- stände, mit Rücksicht auf den Zweck der ganzen Anlage, befinden sich in grösster Nähe. 7. Die paläontologische Partie. Die Kenntniss der fossilen Pflanzen hat nicht nur die der lebenden vielfach gefördert, sondern auch in unserer Zeit für die: gesammte Geo- logie, insbesondere für die Bestimmung nützliche Fossilien enthaltender Formationen eine so hohe Bedeutung erlangt, dass es gewiss wünschens- werth erscheint, sie nach allen Richtungen hin zu fördern. Ich glaubte dies durch eine plastische Darstellung der für alle unsere soeialen Ver- hältnisse so wichtigen Steinkohlenformation in Verbindung mit der Flora der Gegenwart vorzugsweise zu erreichen, und habe daher in unserem botanischen Garten bereits im Jahre 1856 ein Profil eines durch Porphyr gehobenen Steinkohlenlagers in dem grösseren Mass- stabe von 60 Fuss Länge und 15 bis 30 Fuss Höhe errichtet, in dessen Sandsteinen und Schieferthone auf möglichst naturgemässe Weise alle die fossilen Pflanzen, die Lepidodendreen, Sigillarien, Calamiten, Coniferen in umfangreichen Exemplaren angebracht sind, welche zur Bildung des wich- tigsten aller Fossilien, der Steinkohle, wesentlich mitwirkten. In der oben erwähnten Beschreibung unseres Gartens findet sich eine Abbildung und Schilderung dieser Anlagen. Zu den schon vorhandenen grossen Araucariten kamen in neuester Zeit noch eine von 8 Fuss Höhe und 2 von 7 Fuss Umfang, welch letz- tere ich Herın Bergwerks-Direetor Mehner in Neurode verdanke und eine Sigillaria tessellata von 21 Fuss Höhe, aus dem Sigillarien-Reviere des Ti ra a - rs Tre er ' der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 97 Herrn Obergeschworenen Degenhart, wofür ich mich den geehrten Herren zu grossem Danke verpflichtet fühle. Auch auf andere geognostische Formationen mit ihrem vegetabili- schen Inhalt habe ich im Bereiche unseres Gartens Rücksicht genommen, namentlich durch entsprechende Bezeichnungen, wie bei der Familie der Cycadeen, als Hauptpflanzen der Trias und jurassischen Formation, bei ‘ Dioon (als Analogon von Pterophyllum) Cycas, Zamia und Slandene. Zur / Illustration der Tertiärformation dient ein fossiler hier aufgestellter Stamm von | 36 Fuss Umfang, der grösste, der jemals im fossilen Zustande beobachtet / ward, und um so interessanter, als es mir in der letzten Zeit mit grosser ' Wahrscheinlichkeit gelungen ist, ihn auf seine höchst ähnliche vielleicht | identische lebende Art zurückzuführen, auf Sequoia sempervirens, ‚ wofür die Beweise in unserer Monographie der Bernsteinflora ge- ‚liefert werden sollen. Ein Bild der sesammten Tertiärflora mittleren | Alters liefert die nicht weit davon befindliche Baum-Pflanzung der ; mittleren vereinigten Staaten Amerika’s mit ihren Populus-, Quercus-, Ma- ‚ gnolia-, Liguidambar , Betula-, Liriodendron-, Fagus-Arten. | Die Bäume ältesten geologischen Alters sind als solche bezeichnet, ‚ wie die Platanen, das Taxodium u. A., deren Existenz bis in die Tertiär- ‚ formation hinauf reicht. 8. Wissenschaftliche Benutzung des Gartens. | Im botanischen Garten selbst wird namentlich im Sommer von mei- nen Herren Collegen und von mir ein grosser Theil unserer Vorlesungen ‚gehalten, wozu ausser dem oben schon erwähnten Auditorium im Freien im Bereiche der physiologischen Partie auch noch ein mit vielen Unter- richtsgegenständen ausgestattetes Auditorium im Gewächshaus Nr. I. dient. 56000 Exemplare frischer Pfianzen werden etwa zu Demonstrationen, wie ‚ auch zum Einlegen für Studirende verwendet. In zwei Zimmern des ee ‚ Nr. III. befindet sich noch eine etwa 500 Bände starke Bibliothek von botani ‚schen und Gartenschriften, desgleichen zwei Mikroskope, chemische Rea- | gentien, ein Herbarium von den im Garten cultivirten Pflanzen, an 6000 Arten, welches ich aber auch schon durch andere, für die Beeinmilne mieküge Sammlungen ergänzt habe, wie z. B. March Pflanzen aus der Flora von NordAmerika etc. Für wissenschaftliche Arbeiten, zu den in den letzten Jahren ziem- lich zahlreich erschienenen botanischen Dissertationen und Arbeiten mei- ‚ner jJüngern literarischen Freunde und Collegen lieferte der Garten ent- sprechendes Material. Studirende haben täglich freien Zutritt; des» gleichen das grössere Publikum mit Ausnahme des Sonntags. Alle anderweitigen öffentlichen hiesigen Lehranstalten benutzen ihn zu Unter- richtszwecken. Der jährliche Besuch erstreckt sich wohl auf 15—20,000 "Personen. Die vielleicht allgemein verständlichen Einrichtungen unseres 7 98 Jahres-Bericht Institutes regen das Interesse an, dem ich wohl die zahlreichen Beiträge und Schenkungen aller Art zuschreiben darf, der ich mich von jeher zu erfreuen habe, ohne welche, wie wohl Jeder in Erwägung des oben angegebenen Etats zugestehen wird, ich viele der hier beschriebenen Einrichtungen nicht hätte zu Stande brin- sen können, noch auch zu unterhalten vermöchte Un- ter diese gehören namentlich die physiologische und die paläontologische Partie, die zu ihrer Zeit ganz allein durch Bei- träge von Gönnern und Exemplare meiner Sammlungen angelegt wurde. in dankbarer Erinnerung folgen hier die Namen derjenigen, von denen wir im letzten akademischen Jahre bis heut, Ende Februar 1368, Beiträge verschiedener Art erhielten: Die Herren Dr. Med. et Chir. Hodann, Heller, Privatdocenten Dr. Auer- bach, Candidaten der Philos.v. Uechtritz,O.-Forstmeister v.Baillodz,DDr.phil. Engler, Milde, Stenzel, Oberdieck, Schieweck, Prof. Dr. F. Cohn, Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Lebert,Hr. Stadtgäritner Lösener,Hr. Partie. Adler, die Hrn. Kaufl. undDroguistenMaruschke, O4Wolff, Kaufl.Hainauer, Kärger, Wolf, J. Monhaupt, Hutstein, H. Levy, Stadtger.-Rath Lehmann, Reg -Rath Heer- mann, Apotheker Fitzau, Schack, Fritze, Freede, Martin, Pohl, Kruppa, Blum, Otto, Stabsapotheker Müncke, Cand. pharm, Rothe, Johanny, Gon- nermann,Wetschky,Berg,Pietsch, Just,Blankenhain,Richters, Arthur Scholtz, Lehrer Hilse, General-Lieut. v. Jacobi Exc. (werthvolle Agaven und Cactus) Frau Reg.-Räthin Gossow und Fr. Hoflieferant Dietrich, Müller Assi- stent des chemischen Laboratoriums in Breslau. Dann: die Herren v. Thielau auf Lampersdorf, Baron v. Seidlitz, Magistrat der Stadt Sprottau, Herr Elias, Oberförster und Forstmeister in Kieferstättel, Herr Baron v. Richthofen auf Gr.-Rosen, Herr Dr. Baron v. Richthofen zu Eurica in den pacifischen Staaten Nord-Amerika’s, Herr Apotheker Oswald in Oels und Herr Kaufmann Oswald in Hamburg, Oberförster Cogho, Forstmeister Bormann in Herms- dorf u. K., Oberförster Mielitz, in Petersdorf und Haas in Giersdorf, Hr. Berg- werks-Director Mehner in Neurode, Herr Obergeschworener Degenhart' in Orezesche, Herr Bergwerks-Director Steiner in Hermsdorf, Apotheker Fritze in Rybnik, Wolf sen. et jun. in Bunzlau, Sonntag in Wüstewaltersdorf, Knorr in Sommerfeld, Oswald in Oels, Kaufmann und Droguist Gassmann in Dresden, Apotheker Hausknecht in Weimar, jetzt in Persien, Herr Dr. phil. Bail und Öberlehrer Menge in Danzig, Herr Kaufmann Oswald in Hamburg, Inspector Bouch& in Berlin, Garten-Director Jühlke in Potsdam, Obergärtner Klein- wächter in Hamburg, Lehrer Zimmermann in Striegau, Bukert Director des österreichischen Apothekervereins in Wien (Sendung echter Saffranzwiebeln), Apotheker Dittrich in Prag, Garten-Inspector Schwedler in Slawentzitz, Stoll, Garten-Director in Proskau, Hofgärtner Fintelmann auf der Pfaueninsel bei Potsdam, Kaufm. Hartmann in Cudowa, B. Schroll in Braunau Dr. Schneider inStolpe, Obergärtner Kittelin Eckersdorf, PlosselinFalkenberg,Stein in Proskau, Apothekeru. ConservatorPeckin Görlitz, Forstmeister Johnin Winterbergin Böhmen, Partieulier Becker aus Melbourne, Prof. Ernst in Caraccas, Director Dr. Ander- son Kurz und Commereienrath Schillerin Calcutta, Dr. Leopold Kny in Berlin, Herr Graf v. Krockow in Dresden, Dr. Schweinfurth in Berlin, Collegienrath Dr. Regel in St. Petersburg, Director des botanischen Gartens in Melbourne der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 99 Herr Dr. Ferdinand Müller, dem wir seit Jahren fort und fort die werthvoll- sten Sämereien und Schriften, insbesondere durchgütige Vermittelung des Dr. Son- der in Hamburg verdanken, zunächst wieder einen 2 Fuss starken und 8 Fuss hohen Farnstamm von Balantium antarcticum, Herr Medicinal-Inspector und Ritter Dr. Peckolt in Santagallo in Brasilien, Eine noch ausgedehntere Benutzung unseres Institutes würde wohl eintreten, wenn die früher weinmal bereits abgelehnte, jetzt aber wieder in Aussicht gestellte Besetzung einer Professur der Land- wirthschaft erfolste und die Zahl unserer Studirenden sich auch nach dieser Richtung hin vergrösserie. Unsere Museen enthalten hinsichtlich ihres naturhistorischen Theiles alles zum Unterricht Erforderliche, ja wohl viel mehr davon, wie ich wohl ohne Uebertreibung sagen darf, als irgend eine der mir bekannten für forstlich- ökonomische und Gewerbe-Angelegenheiten bestimmten Sammlungen, und in unserem Garten selbst findet man fast alle in irgend einer Hinsicht technisch wichtigen Gewächse. Wir bedürfen nur eines umfangreicheren Areals, um grössere Aussaaten der zahlreichen, für die Oekonomie besonders wichtigen einjährigen Pflanzen machen zu kön- nen. Hierzu wird sich aber wohl bald in einem zum Verkauf kommen- den, unmittelbar daran grenzenden Grundstück Gelegenheit bieten dessen Acquisition auch sonst die Universität sich nicht entgehen las- sen wird. Bessere Regulirung unserer Bewässerungsverhältnisse erscheinen im- mer noch wünschenswerth, wie auch der Neubau eines der grossen bis- her für Gewächse temperirter Zonen benutzten Hauses kaum länger noch aufgeschoben werden kann. Damit liesse sich dann auch die Anlage eines umfangreicheren Aquariums und als eines der Hauptrequisite unserer Zeit die Erweiterung unserer zu physiologischen Untersuchungen be- zweckenden Einrichtungen und Erhebung zu einem eigenen Institut in Verbindung bringen. Breslau, den 8. März 1868. In der fünften Sitzung vom 11. April legte Herr Geheimerath Prof. Dr. Goeppert folgende Schriften des Dr. Ferdinand Müller, Govern- ment-Botanist und Director des Botanical- und Zoological-Garten zu Melbourne .vor: Fragmenta Phytographiae Australiae; Plants indigenous to the Colony of Vietoria — Plants collected by Fitzatlan, Dr. Leichardt ete. Herr Dr. Stenzel zeigte zwei Arten von Galläpfeln, Stachelgallen und gewöhnliche Knoppergallen, welche nach den Ermittelungen des Prof. Al. Braun in Berlin von einer und derselben Gallwespenart, Cynips ca- Iyeis (uercus, erzeugt werden. Der Seeretair Prof, Cohn demonstrirte die veuesten botanischen Modelle ® 100 Jahres-Bericht des Herrn Apotheker Lohmeyer, welche die gesammte Entwickelungs- geschichte der wichtigsten, Epidemien erzeugenden Pilze in instructivster Weise erläutern; die ganze nunmehr ca. 300 Modelle umfassende Samm- lung der Lohmeyer’schen Modelle ist von dem Verfertiger der hie- sigen königl. Universität zum Geschenk überwiesen und in dem neuen pflanzenphysiologischen Institut in zweckmässiger Weise aufgestellt worden. Herr Dr. Milde hielt einen demonstrativen Vortrag über die Farn- Flora von Klein-Asien und Sibirien. Der Vortragende schilderte zuers den Haupt-Charakter der südeuropäischen Farn-Flora und machte darauf aufmerksam, wie im äussersten SW. und SO. noch je eine Art auftritt, die sonst nirgends beobachtet wurde, nämlich Ceterach Pozoi aus der Sierra Nevada und Hymenocystis caucasica vom Kaukasus. Beider Arten Geschichte und Eigenthümlichkeiten wurden näher beleuchtet. Hierauf sing der Vortragende zu. Klein-Asien über, dessen Charakter er nach den neuesten Entdeckungen schilderte. Hervorgehoben wurden und näher betrachtet namentlich Asplenium Haussknechtü, A. Reuteri und A. Bourgaei. Ausserdem wurden besonders bemerkt Athyrium alpestre, Scolopendrium HHemionitis, Pteris cretica, Isoetes olympica, I. velata, I. Duriaei, Pilularia minuta. Die Farn-Flora Sibiriens wurde mit der Europas verglichen und ihre Eigenthümlichkeiten hervorgehoben. Am ärmsten an eigenthümlichen Arten scheine das uralische Sibirien. Manche in Deutschland gemeine Arten fehlen entweder ganz oder gehören zu den grössten Seltenheiten. Als wichtige Punkte erscheinen namentlich der Altai, die baicalische Gegend das Wiluigebirge am Wiluiflusse und Ochotzk. Das Amurland wurde einer besonderen Betrachtung unterworfen. Sehr verbreitet unter den sibirischen Arten sei Aspidium fragrans und Cheilanthes argentea, selten Allosorus Stelleri und Camptosorus sibiricus. Merkwürdig in pflanzengeo- graphischer Hinsicht ist das Auftreten der Cystopteris sudetica im Wilui- Gebirge unter 64° nördlicher Breite und 125° östlicher Länge. Im Osten von Sibnien treten erst die 4 Lycopodiaceen auf, welche für Sibirien charakteristisch sind: Lycopodium dendroideum, Selaginella bo- realıs, sanguinolenta und rupestris. Das Amurland ist höchst interessant durch das Auftreten neuer Formen, die zum Theil an Nord-Amerika er- innern, wie Onoclea sensibilis, Athyrium thelypteroides, Osmunda eimnanomea ; ausserdem seien zu bemerken: Athyrium Hookerianum Moore (Cystopteris spinulosa Maxim), Selaginella involvens, Woodsia subeordata, und noch süd- licher Pleopeltis ussuriensis Ryl. et Maack, Woodsia manchuriensis. Hier lässt sich nun keine scharfe Grenze mehr ziehen, die Flora geht schnell in die subtropische über, wie das Auftreten von Onoclea orientalis, Gym- nogramme serrulata, Osmunda bipinnata, O, javanica, O. Presliana beweist, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 101 Derselbe theilte mit, dass Dr. Hein Selaginella helvetica in Oester- reichisch- und Preussisch-Schlesien an den Ufern der Oppa und Mora gefunden habe. (Vergleiche Jahresbericht der botanischen Section für 1867 P22- .) Ferner besprach derselbe einige neuere Funde aus dem Bereich der Schlesischen Moos-Flora, insbesondere des Riesengebirges, unter Vor- legsung von Original-Exemplaren: I. Ueber die Laubmoos-Flora der erratischen Blöcke der schlesischen Ebene. Mit grosser Vorliebe habe ich die Laubmoose der erratischen Blöcke verfolgt und habe namentlich die an nordischen Geschieben reiche Um- gegend des Dorfes Riemberg bei Obernigk fleissig durchsucht. Seit ich das erste hierauf bezügliche Verzeichniss veröffentlicht habe, ist nun auch die Zahl der Funde durch Freunde und mich ansehnlich vermehrt worden. Bei dem Interesse, welches der Gegenstand in Anspruch nimmt, glaube ich es daher nicht für überflüssig ansehen zu müssen, wenn ich ein vollstän- diges Verzeichniss hier folgen lasse. l) Andreaea petrophila Ehrh. Sagan. (Everken.) 2) Dieranum longifolum Ehrh. An dem grössten Blocke in der Nähe des Wartheberges bei Riemberg (Schultze); an zahlreichen Steinen an der Strasse nach Prausnitz (Milde); Sagan (Everken). 3) Hedwigia ciliata Hdw. Gemein. 4) Grimmia apocarpa Hdw. Nicht selten. 5) G. leucophaea Gr. Bunzlau. (Limpricht.) 6) G. Hartmani Schpr. Sagan. (Everken.) 7) @. Miühlenbeckü Schpr. Ein MRäschen östlich von Riemberg. (v. Uechtritz). Ein Räschen in dem Theile des Waldes zwischen der Strasse nach Obernigek und der Strasse nach Prausnitz, wo auch Nr. 9 sehr häufig war. (Milde.) 8) G. ovata W. et M. Wohlau (Milde); in mehreren schönen, fruchtreichen Polstern um den Wartheberg bei Riemberg (ders.). 9) Racomitrium heterostichum Hdw. In zahlreichen, fruchtreichen und sterilen Rasen um den Warthe- berg und an der Strasse nach Prausnitz (Milde); Bunzlau (Limp- richt). 10) Orthotrichum anomalum Hdw. Gemein. 11) ©. cupulatum Hoffm. Hasenau bei Breslau (Milde); Grosser Nischlitz-See bei Schwiebus (Golenz). 102 Jahres-Bericht 12) O. rupestre Schw. Seifroda (Wichura); Sagan (Everken). 13) O0. Sturmuü H. et H. Wilkauer See bei Schwiebus (Golenz); Sagan (Everken). II. Die wichtigsten Entdeckungen in der schlesischen Laubmoos - Flora, 1) Archidium alternifohum Dicks. Dachsberg bei Sagan (Everken). 2) Oynodontium gracilescens. Kessel (Fritze). 3) Dieranum Mühlenbeckü Brceh. et Sch. Elbwiese (Wichura); Peterstein 4) Fissidens decipiens DNitrs. Kitzelberg bei Kauffung; Moisdorf bei Jauer; Nieder-Lindewiese im Gesenke; Riesengrund; Teufelsgärtehen; Basalt der kleinen Schneegrube; Bielafall im Gesenke., 5) F. pusillus Wils. Johannesbad (Milde). 6) F. Bloxami Wils. Schwiebus (Golenz). 7) Conomitrium Julanum Savı. Am Bober bei Sagan (Everken); in steinernen Trögen in Lauban (Wille); Rybnik (Fritze). 8) Barbula vinealis Brid. Dorfmauer bei Ingramsdorf (Zimmermann). 9) B. pulvinata Jur. Lamsfeld; Hundsfelder Chaussee (Milde). 10) B. ambigua Br. et Sch. Kalkbruch bei Wehrau (Limpricht). 11) B. intermedia Brid. Kitzelberg (Sendtner), 12) Grimmia montana Breh. Ziegenrücken bei Schönau (Limpricht); Spathlöcher beim Krumm- hübel (Milde). 13) Gr. Mühlenbeckii Schpr. Zobtengipfel (Wichura). 14) @. alpestris Schl. Kessel im Gesenke (Kalmus). 15) Bryum Klinggraeffii Schpr. Masselwitz, alte Oder und Pirscham bei Breslau; Ohlau (Wichura). 16) Philonotis capillarıs Lindb. Sagan (Everken). 17) Fontinalis gracilis Lindbg. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 103 Reinerz, am Wege nach den Seefeldern (Milde 1853); Krumm- hübel (ders. 1866); Bunzlau (Limpricht). 18) Neckera pumila Hdw. v. Philippeana. Sagan (Everken). 19) Plagiothecium nanum Jur. Löwenberg, Sandsteintelsen des Plagwitzer Steinberges (Limpricht). 20) Hypnum vernicosum Wils. Sagan (Everken); Wehrau (Limpricht); Schwiebus (Golenz); Salzbrunn (Zimmermann). III. Ueber eine neue Jungermannia. Zu den moosreichsten Plätzen in der Umgegend von Breslau gehö- ren unstreitig die feuchten Ausstiche an der Eisenbahn zwischen Obernigk und Hasenau. Der eine derselben ist fast ganz mit Fguisetum litorale ausgefüllt, während am Rande Egquisetum silvaticum und das seltene Equr- ‚selum arvense v. campestre vorkommen. Im Wasser bildet die schöne Philonotis caespitosa Wils. Massen-V ege- tation und prangt Mitte Juni mit zahllosen Früchten; an einer einzigen Stelle finden sich mächtige Polster von Sphagnum fimbriatum und das für die Kämme unseres Riesengebirges so charakteristische Sphagnum squar- rosum v. squarrosulum, welches in der Ebene jedoch zu den allerseltensten Erscheinungen gehört. Hier und da findet sich in diesem Sumpfe auch in dunkelpurpur- rothen und braungrünen Rasen Bryum alpinum und Jungermannia erenulata, neben einer zweiten, sonderbaren Art, die Herr Dr. Gottsche auf meine Bitte genauer zu untersuchen die Güte hatte. In Folgendem gebe ich die von ihm aufgestellte Diagnose dieser Art, welche nach Gottsche mit keiner bekannten übereinstimmt. Jungermannia Mildeana G. Jg. amphigastrüs nullis, caule flexuoso decumbente radiculoso, apice bi- ‚do trifidove subascendente, folüs subquadratis margine laterali rotundatis, Junioribus et inferioribus bidentatis, majoribus plerumque 3—4 lobis concavis apicem versus arclius imbricatis capitulumque formantibus, lobis (vel dentibus) lanceolatıs (rariusve obtusioribus) reflexis inflexisve, involucralibus majoribus margme sinuato-crispalis 4- (rarius 5-) lobis, perianthio terminali (jumiore tanlum viso) ovato plus minus violaceo longitudinaliter 8—I plicato, ore lobu- lato-dentato connivente aperto; Z ‚lore hucusque incognitoe. — (Gottsche Icones Hepat. inedit.) Ein zweiter Standort dieser neuen Art ist zwischen Nimkau und Bruch, auf feuehtem, sandigen Haideland, wo sie aber, wie bei Hasenau) auch nur sehr sparsam vorkommt. 104 Jahres-Bericht Herr Dr. Engler machte Mittheilung über ein im Naturaliencabinet des Magdalenäums aufgefundenes und im Jahre 1767 von Stief zusam- mengestelltes Herbarium der in der Umgegend von Breslau wachsen- den Weiden. Dasselbe enthält ausser den gewöhnlichen Arten auch Sal pentandra L. mit vorlinne’scher Nomenclatur und Etiquettirung. Zu- gleich fand sich an derselben Localität ein aus der Zeit Friedrichs des Grossen herrührendes Avertissement der königlichen Domainenkammer, in welchem der Anbau der sogenannten Lorbeerweide (der Beschreibung nach offenbar Salia pentandra L.) allgemein anempfohlen wurde mit der festen Zuversicht, durch die Bearbeitung der Samenhaare dieser Weide die Einfuhr ausländischer Producte von Seide und Baumwolle etc. zu vermindern. Beiliegende Proben von Weidenpapier dienen nicht zu be- sonderer Empfehlung soleher Produete. Wahrscheinlich hängt mit dieser königlichen Empfehlung der Salix pentandra ihr ungewöhnliches Vorkom- men in einigen Bauergärten in der Umgegend von Breslau zusammen. Ferner wurde Lychnis dioica L. von Cranst bei Breslau vorgelegt, deren Staubgefässe sehr stark mit Uredo antherarum Pers. befallen und deren Blüthen schön roth gefärbt waren, so dass die Pflanze der Lychnis diurna Sibth sehr ähnlich sieht, ferner Veronica officinalis flore pleno, an dem- selben Orte in grosser Menge vorkommend und Hieracium racemosum WK.., das von dem Vortragenden in grosser Menge auf dem Milleschauer in Böhmen aufgefunden wurde. In der sechsten Sitzung vom 31. October gab Herr Generallieute- nant von Jacobi botanische Mittheilungen von seiner im vergangenen Sommer gemachten Reise nach Frankreich. Insbesondere schilderte der- selbe die bewunderungswürdige Anlage, die Sammlungen und Glashäuser des Jardin reserve der Pariser Weltausstellung, sowie den unter Barreliers Leitung stehenden Jardin fleuriste de la ville de Paris bei Passy, der 28 Morgen gross, 4 Morgen unter Glas hat, und jährlich 3'/, Millionen Pflan- zen auspflanzt; von seinem Jahresbudget von 400,000 Fres. wird die Hälfte auf Transport verwendet, da dieser Garten sämmtliche Anlagen der Stadt Paris, die Champs Elysees, das Bois de Boulogne, den reizenden Park von Mouceaux, die wunderbare Schöpfung der Buttes Chaumont, sowie die Feste der Stadt im Hötel de ville zu versorgen hat. Auch die kaiserlichen Gärten der Tuilerien, des Luxembourg, die Orangerien von Versailles, sowie der an seinen beschränkten Mitteln lei- dende Jardin des plantes wurden geschildert; desgleichen die Garten-An- lagen von Vichy und Lyon, in letzter Stadt insbesondere der höchst aus- gezeichnete Jardin de la Tete d’Or unter Bonnets Leitung. Eine Anzahl interessanter Agaven aus diesem Garten wurden in Photographien vor- gezeigt, gleichzeitig auch hier von Herrn Buchwald angefertigte Photo- graphien von instructiven Stammdurchschnitten und Knospenbildung der ne A nn ir ri der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 105 Agave Demouliniana und Yuccaefolia, welche Vortragender im letzten Som- mer genauer untersucht hatte. Im Anschluss an den Vortrag legte Herr Geheimrath Göppert An- sichten aus dem Jardin reserve von Paris vor und gab Mittheilungen über die im Jardin des plantes noch in der Nähe des kleinen Caf& stehende, von Robin eingepflanzte älteste Robinia Pseudacacia, sowie über die Jussieu’sche Libanonceder. Hierauf sprach Herr Geheimerath Göppert nachstehende Worte als Nachruf an den am 19. August d. J. verstorbenen Ober-Forstmeister v. Pannewitz. Julius v. Pannewitz, geboren 1738 zu Niederbuchwald bei Sagan, widmete sich schon früh dem Forstwesen, mit Unterbrechungen in den Jahren 1806 und 1813 bis 1815, in denen er in verschiedenen Verhält- nissen an der Landesvertheidigung sich betheiligte. Nach dem Kriege Oberforstmeister in Westpreussen, später 1832 in gleicher Stellung in Oppeln und Breslau trat er hier der Schlesischen Gesellschaft und zwar vorzugsweise unserer botanischen Section näher, insbesondere nach der 1841 von ihm bewirkten höchst verdienstlichen Stiftung des schlesischen Forstvereins. Durch die jährlichen Versammlungen des Vereins, weichen er durch Herbeischaffung wichtiger forstlicher Producte, durch Demon- strationen seiner werthvollen Sammlungen und Original-Mittheilungen der verschiedensten Art eine ganz besondere Theilnahme zu verschaffen wusste, sowie durch die von ihm eifrigst und pünktlichst publieirten Jah- resberichte, von denen 24 mit zahlreichen Abbildungen interessanter forst- licher Gegenstände gezierte Bände vorliegen, trug er zur Verbreitung wissenschaftlichen Sinnes und practisch nützlicher Erfahrungen wesentlich bei zum Nutzen vaterländischer Forsteulturen und zur Begründung des guten Rufes ihrer Vertreter im In- und Auslande. 1866 hatte er noch die Freude, das 25jährige Stiftungsfest seiner Schöpfung feiern zu können, von der wir hoffen, dass sie ihn überlebe und wir bald etwas über ihre Fortdauer und die Art ihrer ferneren Führung erfahren mögen. Die Mit- glieder unserer Section, welche der Verstorbene so oft durch seine Mit- ‚ theilungen erfreute und deren literarischen Wünschen er stets auf das Bereitwilligste entgegen kam, werden, so darf ich wohl versichern, sich stets gern anschliessen, um auch auf diese Weise das Andenken des um ihre Zwecke sehr verdienten Verstorbenen zu ehren, dem sie sich zu grossem Danke verpflichet fühlen. In der siebenten Sitzung vom 14, November nahm Herr Dr. Milde zuerst Gelegenheit, den Vorsitzenden, Professor Cohn, wegen der euerdings wieder in Russland, sowie auch in einem Inserat der Breslauer 106 Jahres-Bericht Zeitung für Schlesien als Culturpflanze angepriesenen Aselepias syriaca zu interpelliren. In Erwiderung erinnerte Referent, dass Asclepias syriaca L., oder wie ihr botanischer Name jetzt lautet, Asclepias Cornuti Dec. nicht in Syrien, son. dern in Nordamerika, von Virginien bis Canada einheimisch, im letzten Jahrhundert bis in die neueste Zeit wegen ihrer seidenartigen Samen- haare als Surrogat der Baumwolle, und wegen ihres feinen Bastes als Surrogat des Flachs empfohlen, auch im Kleinen angebaut worden ist. Eine Zusammenstellung der älteren schlesischen Culturversuche enthält das Gutachten, welches Referent im Auftrage des landwirthschaftlichen Central-Vereins für Schlesien im Jahre 1858 in den Mittheilungen des Central-Vereins veröffentlicht hat. Zu definitiver Entscheidung dieser Frage bat auf des Referenten Veranlassung Herr Dr. Huge Meitzen die Asclepias Cornuti zum Gegenstand specieller Untersuchung gemacht und die Resultate als Inaugural-Dissertation (Ueber den Werth der Ascle- pias Cornuti als Gespinnstpflanze, Göttingen 1862) veröffentlicht. Aus diesen Versuchen ergiebt sich, dass die Samenhaare (Fruchtseide) der Asclepias Cornuti für sich allein gar nicht, mit Baumwolle gemischt in der hiesigen Baumwollspinnerei sich allerdings zu einem glänzend-gelblichen Gespinnst verarbeiten liessen, jedoch wegen grosser Brüchigkeit, die auf der schwachen Verdickung der Haare und ihrem grossen Reichthum an Kieselerde beruht, ähnlich Glasfäden, leicht aussplittern und daher keine Dauerhaftigkeit besitzen. Dieselbe Brüchigkeit charakterisirt auch den Bast der Pflanze, der sieh noch dazu nur schwer rein darstellen lässt. Auch zur Papierfabrication ist die Fruchtseide nicht zu verwerthen, da der Centner sich voraussichtlich auf 10 Thlr. stellen würde; hiernach muss der Asclepias Cornuti ein Werth als Gespinnstpflanze abgesprochen werden. Hieran knüpfte Referent eine Mittheilung über eine in neuester Zeit vielfach reproducirte, angeblich antike Büste, welche nach der gewöhn- lichen Angabe die aus Ovids Metamorphosen IV. v. 256—270 bekannte Nymphe Clytie vorstellen soll. Nach der Mythe verwandelte sich diese in Folge einer unglücklichen Liebe zu dem Sonnengott in eine Blume, Heliotropium, welche nach Plinius sich mit der Sonne dreht, und zur untergehenden sich hinneigt (heliotropium cum sole eircumagitur, abeuntem sequitur; tanlus amor sideris). Nach Ovids Beschreibung und anderen An- saben der Alten ist unter Heliotropium wahrscheinlich die noch heut so senannnte Pflanze (H. europaeum) zu verstehen.*) Die moderne Symbolik hat jedoch das alte Heliotropium auf die Sonnenrose übertragen, die *) Est in parte rubor, violaeque simillimus ora Flos tegit; ille suum quamvis radıce tenetur Vertitur ad Solem, mutataque servat amorem. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 107 daher in neueren Dichtungen auch als Clytie*) bezeichnet wird. Nun stellt aber jenes Kunstwerk die Büste eines Mädchens dar, die sich aus einem Blätterknauf erhebt. Die Blätter sind in den käuflichen Abgüssen oval mit nach aussen und unten umgerolltem Rand, von einer tieferen Mittel- und zwei flacheren, breiteren, nach der Spitze zusammenlaufenden Seitenfurchen durchzogen, in zwei abwechselnde Reihen gestellt, 28 an Zahl, nach unten in einem korbförmigen, von ca. 40 graden gefurchten Streifen gebildeten Kelch zusammengestellt, so dass man von selbst an das Köpfehen einer Composite erinnert wird und an die stylisirte Darstellung einer Sonnenrose denken muss. Da aber die Sonnenrose (Helianthus an- nuus) aus Amerika stammt und daher den Alten nicht bekannt sein konnte, so würde offenbar diese Darstellung der Clytie einen modernen Ursprung erweisen. | Indess ist die ganze Auffassung der Büste als Clytie sehr problema- tisch, ‘wie sich aus nachstehendem Schreiben des Secretairs der archäologischen Gesellschaft E. Hübner ergiebt, welches ich der gütigen Vermittelung von Th. Mommsen, an den ich mich wegen Auskunft über das Alter des fraglichen Kunstwerks gewendet hatte, verdanke: „Die Londoner Clytia, die Townley im Jahre 1772 aus dem Be- sitz der Familie Laurenzano in Neapel gekauft hat, ist abgebildet in Sir Henry Ellis kleinerer Beschreibung der Townley Gallery (London 1836, 8.) Band 2, S. 19 (vgl. 1, S. 9) und danach von Vaux in seinem Handbook to the British Museum 8. 192. Dass die Sonnenrose erst nach der Entdeckung von Amerika bekannt werden konnte, wird in Ellis’ Buch ausdrücklich erwähnt. Auf die Frage nach der Bedeutung und nach der Aechtheit der Büste hat aber dieser Umstand nicht den geringsten Einfluss. Denn die Blätter des Kelches sind gar keine Helianthusblätter, und die Bezeichnung der Büste als Clytia, die von Townley selbst her- zurühren scheint, ist von allen Sachverständigen längst als gänzlich un- haltbar aufgegeben. Es ist vielmehr das Portrait einer vornehmen römi- schen Frau aus der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts nach Christo — die Engländer (z. B. R. Stuart Poole in der Encyelopaedia Britan- nica, 8. Ausgabe, Artikel Numismatios 8. 385, Note 1) denken an An- tonia, die Mutter des Claudius. Dazu stimmt die Haartracht, aber die Bezeichnung lässt sich nicht erweisen. Dass das Werk nicht modern, sondern antik sei, zeigt der Marmor und seine Behandlung eben so be- stimmt, wie es aus der Erwägung hervorgeht, dass vor dem Jahre 1772 ein Werk von solcher Vollendung nicht leicht ein moderner Bildhauer, ausser etwa Rafael oder Michelangelo, dürfte haben machen können. Ueber die eigenthümliche Ausschmückung des Fusses mit dem Blattkelch *) I will not have the mad Clytie Whose head is turn’d by the sun. Hood. 108 Jahres-Bericht lässt sich vieles, aber nicht kurz sagen; die Unächtheit folgt aus ihm in keiner Weise.‘ Nach Erledigung dieser Angelegenheit legte Herr Dr. Milde die 4. Lieferung der von Herrn Limpricht herausgegebenen Bryotheca Sile- siaca vor, welche unstreitig von allen bisherigen Lieferungen die werth- vollste ist. Mit dieser Lieferung schliesst die erste Hälfte der schlesischen Moose ab, wobei bemerkt wurde, dass von dieser höchst empfehlens- werthen Sammlung noch einige Exemplare abgelassen werden können. Der Vortragende ging hierauf zu Bemerkungen über die Kenntniss der Moosflora, der erratischen Blöcke und zur Aufzählung der neuesten bryo- logischen Entdeckungen für Schlesien über. (Siehe oben pag. 101.) Hierauf folgte ein längerer Vortrag desselben über die Familie der Osmundaceen, welcher durch vielfache Demonstrationen an getrockneten Pflanzen, Zeichnungen und Photographien begleitet wurde. Zwei auf photo lithographischem Wege von der hiesigen Firma Buchwald und Lilienfeld ausgezeichnet ausgeführte Bilder in Quart, welche Osmunda cinnamomea und ©. Claytoniana in ihren natürlichen Wachsthumsverhält- nissen darstellen, wurden an die Anwesenden vertheilt, Die Familie der Osmundaceen wurde zuerst 1810 durch Robert Brown aufgestellt. Ihr Haupt-Charakter liegt im Sporangium, welches von knopfförmiger Gestalt ist und einen deutlichen Halstheil oder Stiel zeigt. Am Hinterkopfe findet sich der mehrere (bis 10) Zellen breite und 3--4 Zellen hohe, unvollständige Ring, vorn dagegen verläuft in ver- ticaler Richtung eine Nath, in welcher das Sporangium aufspringt. Dis Sporen sind mit drei Leisten bezeichnet und enthalten in der Mitte einen grünen Körnerhaufen sammt Cytoblasten. Die Sporangien sind bei Osmunda zu kugeligen Fruchthäufchen ver- einigt, welche je eine einfache oder gabelige Vene einnehmen. Die Bil- dung derselben erfolgt dadurch, dass zuerst an den sterilen Fiederchen Lappen auftreten, deren jeder stets das Gebiet einer secundären Vene mit ihren Aesten umfasst, sich jedoch nie weiter ausdehnt. Diese Lappen werden immer tiefer, das Parenchym schmäler und entfärbt, die Nerva- tion immer einfacher, die secundären Nerven zuletzt ganz einfach oder höchstens gabelig. Die Sporangien erscheinen stets in der Richtung der Nerven, nie auf Parenchym zwischen den Nerven und zwar sowohl auf der Blattoberseite, als auf der Unterseite, Der Sorus ist demnach stets hervorgegangen aus einer Umbildung des Parenchyms, die Gefässbündel ziehen sich nie in die Sporangien hinein. Bei der Keimung entsteht ein oberirdischer, grüner, zweilappiger Vor- keim, der nicht blos auf seiner Unterseite, sondern regelmässig auch an der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 109 seinem Rande Antheridien trägt. Die Archegonien treten auf einer Zellen- leiste auf, die in senkrechter Richtung von dem Einschnitte des zwei- lappigen Vorkeimes an bis zu seinem unteren Ende hin auftritt. Eine ausführliche Darstellung der Entwickelungsgeschichte wird in nächster Zeit Herr Dr. Kny liefern. Osmunda besitzt ein kräftiges Rhizom, welches von dicht anliegenden Blattstielästen bekleidet ist, die sich ganz am Grunde auffallend flügel- ähnlich häutig verbreitern. Blattstiel und Fiedern enthalten ein hufeisen- förmiges Gefässbündel mit einwärts geschlagenen Enden. Die Spreite selbst ist von dreifacher Art, entweder einfach gefiedert oder doppelt gefiedert, oder einfach gefiedert-fiedertheilig. Fiedern und Fiederchen sind stets der Spindel eingelenkt und fallen selbst bei O. regalis im Gelenk ab. Das grüne Parenchym läuft bei allen Arten in Form eines schmalen Saumes an den Spindeln herab und in der Anordnung der Fiederchen und Nerven herrscht constant das Gesetz der Catadromie. Sowohl die Nervation, als auch die Beschaffenheit und Stellung der Fruetifiecation haben sich zum Zwecke einer Classification als unbrauchbar erwiesen, das einzig brauchbare Merkmal giebt die Fiederung ab. Zu den gefiederten gehören: 1) O. javanica. 2) O. Presliana. Zu den doppelt gefiederten: 5) O. regalis. 4) O. lancea. 5) O. bipinnata. Zu den gefiedert-fiedertheiligen: 6) O. cinnamomea. 7) O. Claytonia. Unter diesen Arten hat O. regalis die grösste geographische Verbrei- tung. Sie findet sich in allen Erdtheilen, nur nicht in Australien, wo überhaupt keine Osmunda, sondern nur das verwandte Gluns Todea vor- kommt. | O. Presliana und ©. javanica leben nur im heissen Asien, O. bipin- nata und OÖ. lancea nur in Japan, O. cinnamomea in Amerika und im Amurlande, ©. Claytoniana in Amerika und im Himalaya. In der achten Sitzung vom 28. November sprach Herr Dr. Engler über die Flora der Umgegend von Teschen und des mährischen Gesenkes, Die Flora der Umgend von Teschen unterscheidet sich von der des übrigen schlesischen Vorgebirges durch das Auftreten einer Anzahl süd- östlicher Pflanzen, welche hier oder in Oberschlesien ihre Grenzen finden, und das niedrige Vorkommen einer Anzahl Pflanzen, welche sonst nur in der mittlern Region des Hochgebirges auftreten. Als besonders inter- essante Localitäten wurden besprochen die Hügelkette von Teschen bis Konska, so wie auch der Tul, berühmt durch seine mannigfaltige Flora, welche von den schlesischen Orchideen fast 80 °%/, zählt. Der Reichthum dieses nur 1906 Fuss hohen Berges scheint auf der geognostischen Un- terlage (Teschner Kalk) zu beruhen. Als neu wurden von dem Vortra- genden für jene Gegend aufgefunden: Stachys annua, Valeriana simpliei- 110 Jahres-Bericht folia Kab. und Chaerophyllum nitidum W. K. (Anthriseus dubius Kab.), welches an dem Ufer der Olsa in der nächsten Nähe von Teschen ziem- lich verbreitet ist; es wird durch diesen Standort die Lücke zwischen den Fundorten in Oberschlesien und den Centralkarpathen einigermassen ausgefüllt. Was nun die Flora des Gesenkes betrifft, so ist dieselbe schon zu bekannt, als dass ich mich auf eine ausführliche Schilderung derselben einlassen sollte. Ebenso wissen wir, dass das Gesenke in seiner Flora einige Beziehungen zur Flora der Karpathen darbietet, sei es nun, dass die dem Gesenke und den Karpathen gemeinschaftlichen Pflanzen von letzteren nach dem Gesenke gewandert sind, oder dieselben in Folge gleicher klimatischer und localer Verhältnisse in beiden Gebirgen zugleich ihren Ursprung haben: Dagegen dürfte es vielleicht von Interesse sein, wenn ich mir erlaube, die Unterschiede der Flora dieser Gebirge und des Riesengebirges hervorzuheben, welche mir nach mehrmaligem Besuch besonders auffallend erschienen sind und die Ursachen anzuführen, welche mir jene Verschiedenheiten bewirkt zu haben scheinen. Beide Gebirge besitzen eine solche Höhe, dass sich auf ihren Gipfeln eine alpine Vege- tation halten kann, und auch die Thäler beider Gebirge sind geeignet, in ihren obern Theilen die von oben herabkommenden alpinen Pflanzen im Verein mit subalpinen Pflanzen zu beherbergen. Eine ziemliche An- zahl alpiner und subalpiner Pflanzen ist beiden Gebirgen gemeinsam und in ihnen mit gleichem Grade der Häufigkeit verbreitet. Es sind dies meist solche Pflanzen, welche wie Juncus trifidus, Hieracium alpinum, au- rantiacum, nigrescens, Carex atrata, Aconitum Napellus, Gnaphalium norvegi- cum auf jedem Theil der Alpenkette, zum grossen Theil auch noch auf dem Harz und den Gebirgen Skandinaviens anzutreffen sind, gewissermaassen Proletarier, welche wenig zu ihrer Existenz bedürfen und mit den Haupt- bedingungen, welche ihnen jene Höhen gewähren, zufrieden, sich um locale Einflüsse nicht viel kümmern. Doch finden wir bei genauerer Be- obachtung eine Anzahl mehr wählerischer Pflanzen, welche im Riesen- gebirge häufiger sind als im Gesenke und andere, bei denen das Gegen- theil der Fall ist. So sind z. B. im Riesengebirge viel häufiger als im Gesenke: Lycopodium alpinum, Salie Lapponum, Hieracium alpinum, Gna- phalium supinum, Bartsia, Sweertia, Carex atrata, Eriophorum alpinum, Stre- ptopus, Cirsium heterophyllum; im Gesenke dagegen: Delphinium elatum, Viola lutea, Bupleurum longifolium, Arabis sudetica, Hieracium prenanthoides, Pleurospermum austriacum, Asplenium viride, Luzula maxima, Stachys alpina, und noch andere, wie wir schon aus den angeführten Namen entnehmen können, meist Pflanzen, welche vorzugsweise der subalpinen Region an- söönenl Wenn wir ran hieraus auf eine grössere Fruchtbarkeit der subalpinen Region des Gesenkes schliessen können, so werden wir dari. noch dadurch bestärkt, dass auch eine beträchtliche Anzahl, ja der grösste der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 111 Theil der dem Gesenke vor dem Riesengebirge eigenthümlichen Pflanzen in jene Region gehören. Aspidium Brauniü, Cystopteris sudetica, Laserpi- tum Archangelica, Conioselinum, Aconitum Lycoctonum, Sasifraga Arzoon, Valeriana Tripteris, Orchis globosa, Carex rupestris, Microstylis monophyllos, Doronicum austriacum, Ürepis sibirica und auch Campanula barbata, sowie Euphrasia picta sind vorzugsweise in der Höhe von 3000 bis 4000 Fuss anzutreffen, während im Riesengebirge das normale Vorkommen der im Gesenke fehlenden Pflanzen meist nicht unter 4000 Fuss ist; so ist es der Fall bei Anemone alpina, Geum montanum, Alsine verna, Alchemilla fissa, Sorbus Chamaemespilus, Saxifraga oppositifolia, arvalis, muscoides, bryoides, Pedicularis sudetica, Androsace obtusifolia, Primula minima, Luzula spicata, Carex capillarıs, Poa laxa, Festuca varia und Agrostis rupestris. Einige der oben erwähnten Pflanzen, besonders Anemone alpina und Alsine verna fin- den auch im Harz ihr Fortkommen, der niedriger ist als viele Theile des Gesenkes. Daher wird der Grund für jene Unterschiede kaum bloss in den Höhedifferenzen unserer Gebirge zu suchen sein, ebenso wenig in der geognostischen Unterlage, da dieselbe nicht verschieden genug ist und bekannter Weise oft genug ohne Einfluss ist; aber vergleichen wir die äussere Gestaltung der beiden Gebirge, die Beschaffenheit, Bildung und Oberfläche ihrer Kämme und Gipfel, sowie auch ihrer Abfälle und Leh- nen, so ergeben sich bedeutende Verschiedenheiten, von denen nur einige auch für die Vegetation wichtig scheinen können. Nicht allein, dass im Gesenke derartige grosse entblösste Felspartien, wie die Schneegruben, gänz- lich fehlen, sondern aueh die einzelnen Berggipfel und Kämme sind am Gesenke kuppelförmig, gewölbt und auch wie die Gipfel des Riesen- gebirges kegelförmig zugespitzt. Dazu kommt noch, dass letztere mit zahllosen nur von Flechten bewachsenen Felstrümmern bedeckt sind, welche wenig Humusbildung gestatten, aber für jene echt alpinen Ge- wächse in ihren Ritzen und Spalten geeignete Wohnplätze darbieten. Aehnlich ist auch der Gipfel der Babia Gora beschaffen, auf der wir wegen ihrer dem Gesenke näheren Lage eine grössere Uebereinstimmung mit demselben in der Vegetation erwarten, als es wirklich der Fall ist, vielmehr besitzt auch sie eine Anzahl der dem Gesenke fehlenden Rie- sengebirgspflanzen. Die eigenthümlichen Gesenkpflanzen jedoch, welche wie Doronicum austr., Meum Mutellina, Saxifraga Aizoon, Valeria Tripteris auch an der Babia Gora vorkommen, sind subalpin, im Karpathengebiet besonders verbreitet und finden entweder im Gesenke oder auf dem nahegelegenen seinem Vegetationscharakter nach sich an das Gesenke vollkommen an- schliessenden Glatzer Schneeberg ihre nordwestliche Grenze. Der Cha- rakter der Gesenkflora ist, wie schon aus dem Angeführten zu ersehen, ein vorherrschend subalpiner, der der Riesengebirgsflora ein vorherrschend alpiner. Dieser Eindruck wird noch dadurch erhöht, dass das im Riesen- 112 Jahres-Bericht gebirge eine eigene Region bildende Knieholz im Gesenke fehlt. Diese Erscheinung ist ziemlich schwer zu erklären, da das Knieholz auf der Babia Gora wieder auftritt und auch in den Karpathen eine eigene Re- gion bildet, endlich auch die Höhe des Gesenkes kein Hinderniss für das Auftreten jenes Nadelholzes bietet, das ja im Riesengebirge weit unter die Höhe des Gesenkes, bis 5500 Fuss herabreicht und auf der Iser- wiese sogar in der Höhe von 2400 Fuss grosse Strecken bedeckt. Es ist äusserst wahrscheinlich, dass hierfür klimatische Ursachen vorliegen ; denn wenn schon jetzt das Klima des Gesenkes nicht so rauh ist, wie das des Riesengebirges, so beweisen uns die zahlreichen auf den Käm- men und fast bis auf die Kuppen des Gesenkes verbreiteten Leichen von Abies excelsa und Sorbus Aucuparia, dass hier früher ein bei Weitem mil- deres Klima herrschte, welches für das Fortkommen des Knieholzes nicht geeignet war, das in der Bildung aller seiner Theile sich als echtes Al- penkind documentirt und zu seinem Fortkommen einer ununterbrochenen gleichmässigen Befeuchtung des Bodens durch reichliche Thau- und Nebel. bildung bedarf, welche im Riesengebirge bei Weitem stärker ist als im Gesenke. Dazu kommt noch Folgendes: die Kuppen des Gesenkes son- dern sich durchaus nicht so scharf von den Kämmen, wie die Kuppen des Riesengebirges, sondern gehen vielmehr allmälig in dieselben über. In Folge dessen wird einestheils der auf den Kuppen durch Verwitterung des Gesteins gebildete Humus nicht durch Regengüsse herunterge- schwemmt, andererseits dem Boden leichter Jie Möglichkeit gegeben, das Wasser aufzusaugen und so entsteht schon auf den Kuppen und Kämmen eine reichere Gras- und Moosvegetation, untermischt mit Cam- panula barbata, Meum Mutellina, Viola lutea und Fieracium alpinum. Im Riesengebirge dagegen fallen die kegelförmigen Gipfel zu steil gegen die ausgebreiteten Pläne ab, der wenige gebildete Humus wird zum grossen Theil auf dieselben herabgeschwemmt und der grösste Theil der dem Gebirge jährlich zukommenden Regenmenge eoncentrirt sich auf den brei- ten Plänen, wo das Knieholz dann die genügende Feuchtigkeit findet und zugleich unter seinem Schutze eine reiche Moosbildung befördert, die im Gesenke erst an tieferen Stellen der subalpinen Region erscheint. So können wir uns denn auch das reiche Auftreten von Hochmoospflanzen im Riesengebirge erklären, wie Limnochloe caespitosa, Pedieularis sudetica, Carex irrigua, Eriophorum alpinum, Bartsia, Sweertia, welch letztere im Gesenke zu den Seltenheiten gehören. Auch die Hieracien lieben der- gleichen Localitäten und so scheint mir auch die reiche und eigenthüm- liche Hieraeienflora des Riesengebirges hierin ihre Erklärung zu finden. Während nun im Riesengebirge die der alpinen Region zukommende Feuchtigkeit unmittelbar am Fuss dieser Region festgehalten wird und durch die zugleich stattfindende Verdunstung und Nebelbildung die für das Fortkommen echt alpiner Pflanzen nöthigen Bedingungen gewähr a der Schles, Gesellsch. £f. vaterl. Cultur, 113 werden, ist bei dem ziemlich steilen Abfall des Gebirges in der subal- pinen Region geringere Feuchtigkeit vorhanden und daher nur im Grunde der an ihren obern Abhängen Schnee sammelnden Schluchten eine rei- chere und üppige Vegetation anzutreffen. Im Gesenke gestatten die nach allen Seiten gleichmässig und allmälis abfallenden Berge eine gleich- mässigere Bewässerung, weshalb denn auch an den Waldblössen überall so üppige Kräuterwiesen entstehen, dass man nur mit Mühe die hindurch- führenden Pfade der Holzhauer und Wurzelgräber verfolgen kann. Ade- nostyles, Polypodium alpesire, Asplenium Fils femina haben hier ganze Strecken in Beschlag genommen. Aconitum, Geranium silvaticum, Hheracium prenanthoides, Rumex arifolius, Mulgedium wachsen in grosser Menge und andere Pflanzen der höhern Region, besonders Campanula barbata, Meum, Viola Iuiea und Euphrasia piet« mengen sich unter diese staudenartigen Gewächse. Auch an den bewaldeten Stellen dieser Region ist die Flora eine äusserst reichliche zu nennen; nur Arnica montana und Gentiana asclepiadea, beide in der entsprechenden Region des Riesengebirges so verbreitet, suchen wir hier vergebens, obwohl wir Gent. aselep. wohl er- warten könnten, die in der Umgegend von Teschen und auf der Babia Gora wieder häufig genug ist. Eine andere bekannte Eigenthümlichkeit der Gesenkflora ist die, dass sich mit geringen Ausnahmen alle Seltenheiten der Flora auf einen ein- zisen Punkt, den sogenannten Kessel, den weiten nach Südosten amphi- theatralisch geöffneten ziemlich steilen Abfall“) der 4500 Fuss hohen Jano witzer Haide zusammendrängen. Einestheils ist die Lage dieses Kessels durch seine Oeffnung nach Südosten eine so günstige, anderntheils sind die einzelnen Localitäten dieses Platzes so verschieden, dass wir die un- semeine Mannigfaltigkeit seiner Flora wohl erklärlich finden. Es ist auch dies ein Gegensatz zum Riesengebirge, dessen zwar zahlreichere Selten- heiten sich auf mehrere Punkte vertheilen und daher auch nicht mit sol- cher Leichtiskeit und in so kurzer Zeit von dem Botaniker gesammelt werden können, der nach eintägigem Aufenthalt im Kessel sich mit Leich- tigkeit ein Bild der genannten Gesenkflora entwerfen kann. Endlich habe ich auch noch der Eigenthümlichkeit des Gesenkes zu ' gedenken, dass in der subalpinen Region stellenweise Pflanzen der Ebene auftreten, weiche wir sonst nicht gewohnt sind, höher hinaufsteigen zu sehen. So kann man besonders folgende Pflanzen beobachten: Tussilago, Viein sepium, Carex Dusxbaumü, Scirpus silvaticus, Hlieracium praealtum, Cardamine pratensis, Dianthus Carthusianorum und sogar Salıx purpurea in einer Höhe von 4000 Fuss. *) Hier allein in ganz Schlesien treffen wir Hieracium, Meum, Agrostis alpina, Plantago montana, Aster alpinum, Hieracium silesiacum, Poa alpina und Ürepis sibirica. 8 114 J ahres-Bericht Derselbe besprach schliesslich ausser mehreren Monstrositäten einige Metamorphosen, welche sich an den Blüthenorganen der Weiden finden, so die fortschreitende Metamorphose der Staubblätter in Karpelle bei Salix cinerea L., und die rückschreitende Metamorphose der Karpelle in Staubblätter bei derselben Art, so wie auch eine sehr interessante Metamorphose von Karpellen in Laubblätter bei S. Russeliana Smith. Herr Dr. Stenzel legte einen Bastard von Geum riwale mit Geum (Sieversia) montanum vor, welchen er in mehreren Exemplaren im Riesen- srunde, in einem am oberen Rande des Melzergrundes gefunden hatte, an beiden Stellen unweit der beiden Stammarten. Derselbe stellt in allen Stücken eine ausgezeichnete Mittelform zwischen den Stammarten dar, und unterscheidet sich von Geum sudeticum Tausch (G. inclinatum Schleich.) am bestimmtesten durch den ganz ungeknieten Griffel (an der Frucht- Granne). Er könnte deshalb als Geum (Sieversia) rufescens bezeichnet werden, wenn es nicht, seiner unzweifelhaften Bastardnatur wegen, vor- zuziehen wäre, ihn als Geum riwali-montanum aufzuführen, und das @. in- chnatum als G. montano-riwale daneben zu siellen. Ein im Herbarium der schlesischen Gesellschaft befindliches Exem- plar, als ,G. sudeticum Tausch vom kleinen Teich“ bezeichnet, zeigt aus- gezeichnete Zwischenformen zwischen dem geknieten Griffel, wie ihn @. rivale hat, und dem graden des G. montanum und unseres Bastards. Referent legte die so eben erschienene, von Herrn Fabrikanten Brendel hierselbst herausgegebene zweite Serie von 30 botanischen Modellen vor, welche den Blüthenbau einiger interessanten Phanerogamen- Familien, z. B. von Pinus, Taxus, Quercus, Daphne, Cynanchum ete. die Früchte der Leguminosen, COruciferen und Geraniaceen, sowie die ganze Entwickelungsgeschichte der Farne und Equiseten durch eben so natur- getreue als elegante und dauerhafte plastische Darstellung veranschau- lichen. Nachdem bereits die erste Serie von der internationalen Jury der Pariser Ausstellung durch eine ehrenvolle Erwähnung ausgezeichnet, bietet diese zweite, nach vollständiger Umarbeitung der meisten Modelle nach der Natur für den botanischen Unterricht an höheren Lehranstalten ein durch- aus vervollkommnetes Hilfsmittel. In der neunten Sitzung vom 12. Dechr. hielt Herr Dr. phil. Schnei- der einen Vortrag über Hallier’s Cholerapilz und dessen Entwiekelung, Nachdem bereits Anfang dieses Jahres Prof. Klob und Dr. Thom& ihre Entdeckungen über das Vorhandensein pflanzlicher Organismen in dem Darm Cholerakranker veröffentlicht hatten, über die wahre Natur und Abstammung derselben jedoch noch im Unklaren waren, unternahm es Prof. Hallier in Jena, Ursprung und Entwickelung jener pflanzlichen der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 115 Organismen, welche einer Pilzform angehören, durch 44 Culturen und verschiedene Fütterungen näher zu untersuchen und die Ergebnisse seiner | Forschungen in einer Schrift: „Das Cholera-Contagium. Leipzig 1867‘ : darzulegen. Ohne objectives Urtheil sollen hier nur die wichtigsten Hauptresultate ‚ jener Untersuchungen, welche bis jetzt noch nicht in gleicher Nase wie- derholt und bestätigt zu sein scheinen, erwähnt werden. Hallier benutzte zu seinen Untersuchungen 1) Reiswasserstuhl eines Cholerakranken von Berlin aus der Epidemie vom Jahre 1866 und 2) Stuhl und Erbrochenes von Cholerakranken zu Elberfeld vom Jahre 1867. In dem Reiswasserstuhl von Berlin fand derselbe ausser den in der Flü- sigkeit zahlreich dispensirten Speiseresten Epithelzellen, auch Hefezellen und hauptsächlich die wegen ihrer grösseren Schwere zu Boden sinken- den Früchte oder Cysten eines Pilzes, welchen Hallier als der Gattung ‚ Uroeystis, aus der Abtheilung der Ustilagineen (Brandpilze) angehörig er- ' kannte, und welche denen der Urocystis oceulta, Rab., die unsere Ge- | treidepflanzen bewohnt, sehr ähnlich sind, jedoch einer noch nicht näher bekannten Art angehören, in der Entwickelungsgeschichte indess mit jener Art sehr übereinstimmen. Diese Früchte oder Cysten sind von chrom- ‚ gelber oder bräunlicher Farbe, kugeliger oder länglich-runder Gestalt und ‚ verschiedener Grösse; einzelne davon enthalten eine Anzahl glänzender ‚ gelblicher Zellen (Sporen). Ein anderer Theil der Oysten ist im Zerfallen ‚ begriffen, indem entweder die dünne Wand der Cyste durch die erwähn- ‚ ten quellenden Sporen gesprengt wird, oder indem die Cystenwand ge- latinös aufquillt und sich allmälig vollständig auflöst, wodurch die Sporen ‚ frei werden; im letzteren Falle sind die Sporen bereits vor dem Frei- ‚ werden in Micrococeus-Colonieen umgewandelt; ausserdem finden sich ı noch viele, ihrer Sporen entleerte zerrissene Cysten vor. Wenn die | Sporen durch fortgesetzte Theilung ihres Kerns den Micrococcus ausbil- den, so wird Sporen- und Cystenwand gelatinös, stark verdickt und weich, ‚ wenig durchscheinend und die Cystenhaufen haben dann das Ansähen ‚ unförmlicher gelatinöser Massen. | Die frei gewordenen Sporen haben meist schon vor Verlassen der Ä Cyste ihren Kern mehrfach getheilt, glänzen sehr stark, quellen bedeu- tend auf und erscheinen in den Cholerastühlen als grosse gelatinöse Ku- seln, die bald einzeln, hald haufenweise beisammen liegen. Die im In- nern der sich auflösenden Sporenwand befindlichen Micrococcuszellen setzen ihren Theilungsprozess in’s Unendliche fort und bilden zuletzt ‚ grosse kugelige Ballen, welche endlich die Grenze der aufgelösten Spo- ' renwand überschreiten und unregelmässige Haufen bilden. Dieser Mierococeus siedelt sich auf allen in den Dejectionen befind- ‚ lichen Körpern, z. B. den Speiseresten, Stärkekörnern, Muskelfasern, g* 116 Jahres-Bericht \ Feittropfen, auf pflanzlichen Zellen, ganz besonders aber auf dem Darm- epithelium an und unter seinem Einfluss gehen alle stickstoffreichen Kör- per in faulige Zersetzung über. Ausserdem kommen in den Dejectionen noch Torula-ähnliche Bil- dungen vor, welche aus den Micrococeuszellen hervorgehen, womit der Uebergang zu einer höhern Pilzform, der Oidium-Bildung ausgesprochen ist; es sind dies zahlreiche sehr zartwandige Zellen mit glänzendem Kern, die theils einzeln, theils in kleinen Ketten in der Flüssigkeit schwimmen. In den Cholera-Dejeetionen von Elberfeld zeigten sich besonders in dem Stuhlinhalt schöne Beispiele der verschiedenen Besetzung und Zerstörung des Darmepithelium durch den Micrococeus. Im Erbrochenen fanden sich merkwürdiger Weise schön fructificirende Exemplare von Penicillium erustaceum Fr. mit sehr grossen Sporen; der erste Fall, wo Hallier diesen Pilz im Innern des menschlichen Körpers fructifieirend antraf trotz der sauern Reaction des Mageninhalts. Culturversuch. Sämmtliche Culturversuche mit den in den Dejectionen gefundenen Cysten wurden in dem für Gährungsversuche geeigneten Culturapparate auf verschiedenen Medien vom 28. Mai d. J. ab vorgenommen; von sämmtlichen 44 Culturen mögen hier nur einige der wichtigsten Erwäh- nung, finden. 1) Aussaaten von Reiswasserstuhl (von Berlin) auf Zuckerlösung bei 16—25° R. Zimmerwärme zeisten am dritten Tage an der Oberfläche einen sehr zarten Beleg, aus sehr kleinzelligem Micrococceus bestehend, einestheils schon in Torula-Bildungen übergehend, anderntheils Crypto- coceus darstellend; nebenbei bildeten sich auch Leptothrix-Ketten, die aber bald wieder zerfielen. In den folgenden Tagen keimten die Torula-Zellen zu kettentragenden Fäden aus und bildeten demnächst Oidium lactis aus, welches identisch ist mit dem von Dr. Thome& entdeckten Oylindrotaenium cholerae asiaticae.e An den Zweigenden der hie undda septirten, mit kör- nisem Plasma erfüllten Oidium-Faden stehen einzeln, oder in grösseren und kleineren Ketten die Macroconidien, welche, wenn vereinzelt und gross, durch Keimung Mucor-Pflanzen hervorbringen, während die klei- neren, mehr kettenförmigen Conidien vorzugsweise Penicillium erzeugen. Erst neun Tage nach der Aussaat traten an einzelnen Zweigen der Ma- eroconidien-Pflanze grosse Cysten von blasser Farbe auf, deren kugelige Inhaltskörper matt glänzend und im Zerfall begriffen erschienen. Später, nach 10 Tagen keimten die Macroconidien häufig, erzeugten schwächere Exemplare von Oidium lactis, welche dann Pinsel von Penieillium trugen. Die etwa noch übrigen Exemplare von Oidium mit Maeroconidien sind blass und degenerirt und sollen nach Hallier den gemeinsamen Ursprung der Maecroconidien-Ketten und der Cysten beweisen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 117 Eine zweite Cultur mit Zusatz von weinsteinsaurem Ammoniak ent- wickelte nur grosse Mengen bräunlichen und farblosen Mierococeus. Eine dritte Cultur auf Stärkekleister zeigte Anfangs ziemlich die- selben Erscheinungen, wie die erste, nur dass am fünften Tage an einer ziemlich trockenen Stelle des Kleisters an der Macroconidien - Pflanze einige Keimlinge von Maeroconidien zur vollen Ausbildung normaler Pflan- zen von Mucor racemosus Fres. kamen; aus Mangel an Stickstoff ver- schwand jedoch dieser kleine Rasen am nächsten Tage wieder und es zeigten sich unter demselben einzelne blassgelbe Cysten; durch Gährung und Zersetzung bei saurer Reaction verschwanden später alle Gebilde und zuletzt entstand auf der Flüssigkeit eine dicke Haut, aus Arthrococcus lactis bestehend. Bei einer vierten Cultur auf Stärkekleister mit Zusatz von etwas weinsteinsaurem Ammoniak bildete sich nach 3 Tagen ein dichter Beleg, sanz aus Leptothrix-Ketten und Micrococceus-Zellen bestehend; erstere zerfielen sehr bald und bildeten fortwährend Micrococeus aus, aus wel- chem hie und da sich sehr zarter Cryptococcus bildete. Einige Tage später zeigte sich an einer vertieften, mit etwas angesammeltem Ammo- niaksalz versehenen Stelle ein kleiner brauner Fleck, bestehend aus einem sehr zerbrechlichen Mycelium mit cystenartigen Früchten, einer Ustila- sineen-Form angehörend; das Mycelium war rothbraun bis schwarzbraun und die Oysten soldgelb bis dunkelbraun gefärbt; die Cysten, selten mit ihren Tragfaden verbunden, lagen meist lose zwischen den Bruchstücken des Mycelium. Später entstanden noch zwei gleiche braune Flecke mit Oysten. Als die saure Reaction des Kleisters eintrat, bildete sich um die Flecke eine Vegetation von Mucor racemosus. Die Cystensporen keimten und erzeugten eine sehr seltene Schimmelform, die Hallier für degene- rirende Tilleia erkannte, ausserdem bildeten sich auch einzelne normale Tilletia-Sporen aus; die meisten Sporen, am Ende glänzender Faden- zweige ausgebildet, fielen ab, ohne ein gitterförmiges Episporium zu bil- den, keimten sofort und bildeten normales Peniecillium crustaceum aus, Nach diesen Vorgängen schliesst nun Hallier aus dem merkwürdigen Vorkommen der Cysten auf die generische Verbindung derselben mit Muücor-Tilletia-Pemeillium. Indess hängt die Ausbildung der Cysten im Darm, wie in der Natur, von besonderen Umständen ab, die bei gewöhn- lichen Culturen, auch mit stiekstoffhaltigen Substanzen, resultatlos sind. Eine fünfte Cultur am 29. Mai ec. wurde auf gekochtem Rindfleisch, in etwas Zuckerwasser liegend, vorgenommen. In zwei Tagen war die Flüssigkeit dieht mit bräunlichen Mierococeus-Zellen und Leptothrix-Ketten bedeckt; in den nächsten Tagen bildete sich normales Oidium lactis; der Mieroeocceus schwoll zu kugeligen Zellen an, welche keimten; an den Enden des Keimfadens und seiner Zweige wurden in einfacher Kette Oidium-Conidien abgeschnürt. Bald verschwand das Oidium vollständig, 118 Jahres-Bericht die Masse reagirte stark alkoholisch und fing an zu faulen, Massen von Mierococeus fanden sich ein und in den folgenden Tagen bildete sich die Ustilagineen-Pflanze mit zahlreichen Cysten aus; das Mycelium derselben war ebenfalls sehr zerbrechlich und, wie die Cysten, blass gefärbt. Der Mierococeus entwickelte sich hier aus den Cysten genau auf dieselbe Weise, wie in den Cholerastühlen; die Fleischfasern wurden von ihm in gleicher Weise belagert und zerstört, wie das Darmepithelium, sie lösen sich in ihre sehr zerbrechlich werdenden Elemente auf und zer- gehen zuletzt in einen klaren, dem Hühnereiweiss ähnlichen Schleim; die Masse war von Haufen Zerfallender Cysten erfüllt. Bei Culturen im Isolirapparate vorgenommen, und zwar theils auf Stärkekleister, theils auf Fleisch, mit und ohne Zusatz von weinstein- saurem Ammoniak, zeigte sich eine in einigen Fällen reichliche Bildung von Cysten nebst Micrococcus, nach vorangegangener Entwickelung von Mucor und Penicillium u. s. w. Die übrigen Culturen lieferten meist ähn- liche Resultate, wie auch diejenigen mit den Cholera-Dejectionen von Elberfeld; eine Cultur durch Aussaat eines Gemenges von Stuhl und Er- brochenem auf einer geschälten und zerschnittenen Citrone lieferte eine reiche Vegetation von reinem Penicillium cerustaceum, welches aus Keimen von Arthrococeus-Zellen hervorgegangen war. Analog der Keimung der Cysten und Sporen des Cholerapilzes ver- hält sich nach Hallier auch diejenige bei Urocystis occulta Rab. im Innern der Gewebe der Getreidepflanze, wo die Cysten nach allen Seiten Keim- schläuche treiben, welche die Cystenwand durchbrechen, wobei vor der Keimung die Cysten in einer breiartigen oder flüssigen Substanz zerfallen. Fernere Analogieen bestehen nach Hallier zwischen Uroeystis oceulta und Urocystis cholerae darin, dass erstere eine Acrosporenfrucht und eine Thecasporen-Pflanze = Stemphylium besitzt, analog dem Mucor, ferner eine anaörophytische Form als Ustilago-Ketten, analog der Tilletia, und die aus dem Ustilago hervorgegangene Urocystis, welche den Cysten des Cholerapilzes entspricht. Da die Cysten des Cholerapilzes weder selbständig in gewöhnlichen künstlichen Culturen, noch autochthon in Deutschland vorkommen, so behauptet Hallier eine Einwanderung dieses Pilzes mit allen seinen Generationen aus Asien nach Europa und andere Welttheile und somit auch die Ausbreitung der Cholera. Hauptbedingungen zur Cystenbildung sind hohe Temperatur, hoher Stiekstoffgehalt bei Anwesenheit von Koh- lenhydraten und hohe Feuchtigkeitsgrade. Da die Urocystis meist auf Gramineen vorkommt und die Cholera in Indien meist nach ungesunden Reisernten bei anomalen Witterungs- Verhältnissen auftrat, so vermuthet Hallier ihr natürliches Vorkommen auf der Reispflanze, und versuchte demnach durch Aussaat von Reis den Cholerapilz auf die Reispflanze zu übertragen, indem die verschiedenen der Schles. Gesellsch, f, vaterl. Cultur. 119 Aussaaten mit Cholerastuhl und Erbrochenem von Berlin und Elberfeld begossen wurden. Nach drei Tagen wurden die stärksten Keimlinge untersucht und es zeigten dünne Längsschnitte, dass am obern Ende der Wurzel an mehreren Stellen zarte glänzende Pilzfäden in Menge die Epidermiszellen durchbohrt hatten und tief bis in das innere Parenchym und in die Intercellulargänge eingedrungen waren; in den Pflanzenzellen zeigte sich eine Menge Cryptococcus; in der Nähe des Wurzelansatzes war die Oberhaut äusserlich mit keimenden, conidienartigen Pilzzellen besetzt. Da diese Culturen noch nicht zum Abschluss gebracht waren, stehen sie ausser Beweis für die Möglichkeit einer Identität des Cholera- pilzes mit einer Urocystis der Reispflanze. Fütterungsversuche mit Cholerastuhl u. s. w. an Hunden, von Weber und Müller angestellt, lieferten sehr verschiedene Resultate, indem eine Anzahl derselben gesund blieb, während andere an der Cho- lera ähnlichen Symptomen erkrankten und starben. An diesen Vortrag knüpfte sich eine längere Debatte. Herr General-Lieutenant v. Jacobi macht aufmerksam auf den von Lemaire durch Niederschlagen des Wasserdampfes in bewohnten Räumen, Kasernen, Hospitälern ete. geführten Beweis von organisirten Gebilden (Bacterien, Vibrionen, Monaden, Pilzsporen) in der Luft. Herr Dr. Heller glaubt, dass eine persönliche Empfänglichkeit für die Ansteckung in Epidemien, wie die Cholera, Vorbedingung für das Befallenwerden sei. Herr Dr. Köbner erklärt, dass seine Untersuchungen in Bezug auf die Entwicklung des Favus eine persönliche Praedisposition nicht haben hervortreten lassen, insofern es ihm gelungen, an völlig gesunden Perso- nen durch äusserliche Befestigung des Favuspilzes an der Haut, z. B. des Ar- mes, vermittelst eines Heitpflasters, Erkrankungserscheinungen hervorzurufen. Herr Kreis-Physikus Dr. Friedberg hebt gewisse Analogien des Cholera- und des Syphilisgiftes hervor, welches letztere gegen verschie- dene Thiere sich wirkungslos gezeigt habe. Herr Dr. Köbner bemerkt dagegen, dass die Thiersch’schen Füt- ‚terungsversuche die Uebertragungsfähigkeit der Cholera auf Ratten durch Ernährung mit zersetzten Cholera-Dejectionen herausgestellt haben. Der Secretair Prof. Cohn giebt ein Referat seiner eigenen Beob- achtungen über Choleradejeetionen: Nach Bekanntwerden der Thom&-Klob’schen Arbeiten habe ich den Wunsch gehegt, selbst mir ein Urtheil über die sogenannten Cholera- pilze zu bilden; doch hinderte meine Abwesenheit von Breslau während der Herbst-Epidemie von 1867 mich an der Untersuchung frischen Ma- terials. Erst am 3. December habe ich von dem Prosector am Hospital Allerheiligen, Herrn Dr. Ebstein, ein von demselben aufbewahrtes, versiegeltes Fläschchen, gefüllt mit dem Reiswasserstulil eines Cholera- 120 Jahres-Bericht kranken aus der verflossenen Epidemie erhalten. Diese Masse erschien als ein dicker weisslicher Bodensatz in einer dünnen molkenartigen Flüssig- keit; durchschüttelt war das Ganze von milchig-gelblich-grauer Farbe und einem höchst penetranten widerlichen Gestank. Unter dem Mikro- skop zeigte der Niederschlag nichts als Epithelzellen in verschiedenen Graden der Zersetzung; die dünnere Flüssigkeit war im strengsten W ort- sinn ein Gewühl zahlloser Bacterien, die sich überaus lebhaft durchein- ander bewegten. Ausserdem fanden sich vereinzelt verschiedene, an- scheinend fremdartige Pilzsporen (Phragmidien), Eier von Nematoden etc. aber keine Spur von den Formen, die Hallier als Cholerapilz, Cy- sten ete. bezeichnet; auch nicht am Grunde, oder am Kork, wo sie sich nach Hallier wegen ihrer Schwere sammeln sollen. Mit einer kleinen Quantität dieser Choleraausleerung wurde nach Halliers Vorschrift dün- ner, sorgfältig vorher ausgekochter Stärkekleister mit und ohne Zusatz von weinsteinsaurem Ammoniak versetzt, und in dem oben (vergleiche die Sitzung vom 15. Februar pag. 80) beschriebenen Apparat bei 25° bis 30° C. längere Zeit sich selbst überlassen; die Bacterien vermehrten sich und bildeten weisse dicke Gallerthäute und Klumpen (Zoogloea) in der molkigen Flüssigkeit, die selbst von zahllosen beweglichen Bacterien wimmelte; sie reagirte bald stark sauer; die Bacterien verloren alsdann ihre Bewegung, ohne aufgelöst zu werden; weitere Entwiekelung von Pilzen fand nicht statt. Die obigen Beobachtungen mögen als rein negativ, gegenüber den pe- remptorischen Behauptungen von Hallier, von geringer Bedeutung erschei- nen, und ich selbst lege auf dieselben um so weniger Gewicht, je ge- ıinger das von mir benutzte Material war; indess geben dieselben doch zu einigen Betrachtungen Veranlassung. Alle Thatsachen sprechen für die Existenz eines speeifischen Cholera- giftes, das, von Kranke auf Gesunde übertragen, in diesen gewisse krank- hafte Erscheinungen herbeiführt, wobei dahingestellt bleibt, ob jenes Gift seine Wirkung schon durch direete Berührung äussert, oder ob es eıst durch nachträgliche Zersetzung der an sich unschädlichen Dejectionen im Boden, Kloaken, Wasser erzeugt wird. Das Choleragift kann möglicherweise eine nicht organisirte orga- nische Verbindung sein; eben so wahrscheinlich ist aber auch die An- nahme, dass mikroskopische Pilze die Träger des Choleragiftes seien. Die Geschichte der Cholera bietet so viel Analogien zu der Verbreitung anderer, entschieden durch Pilze veranlasster Epidemien (Traubenkrank- heit, Kartoffelkrankheit, Muscardine ete.), dass man von selbst auf die Vermu- thung gleichartigen Ursprungs gedrängt wird. Es kommt eben nur darauf an, ob ein den bekannten Oidien, Peronosporen, Botrytis analog sich verhal- tender Pilz, der, wie Hallier consequent schliesst, im tropischen Indien einheimisch sein und bei uns im Allgemeinen nur in den heissen Som- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 121 mermonaten die günstigsten Bedingungen für seine Entwickelung finden mag, bereits nachgewiesen ist. Ein Pilz, dem man eine causale Beziehung zur Cholera zuschreiben soll, muss offenbar im Organismus der Patienten, oder wenigstens in den Ausleerungen jedesmal und zwar in solcher Masse auftreten, dass von einem zufälligen Vorkommen nicht die Rede sein kann. Die von Thome und Hallier angegebenen Organismen sind nur in den Dejectionen aufgefunden; da wir selbst in unserm Fall nichts Analoges wahrnehmen konnten, so können wir auch nicht annehmen, dass insbesondere die Hallier’schen Formen zum Wesen des Choleraprozesses gehören. Wir erinnern daran, dass das Material, welches Hallier benutzte, auch nicht mehr als ein Arzneifläschchen mit der ein Jahr alten Dejection eines Berliner Cholerakranken war; von Elberfelder Proben wird angegeben, dass dieselben ärmer an ‚‚Oysten‘“ gewesen. Eher könnte man mit Klob den Bacterien eine Bedeutung zuschrei- ben, um so mehr, da ihr massenhaftes Auftreten in den Choleradejec tionen auch von Thome& (er nennt sie Cholerasporen und lässt sie aus den mir leider nicht zugänglich gewesenen grossen Kugeln ausschwärmen) eben so wie von Hallier, der sie Micrococeusschwärmer nennt, beob- achtet scheint, und auch in meiner Probe fast die ganze Masse des Reis- wasserstuhles aus Bacterien bestand, soweit sie eben nicht aus Epithel- zellen gebildet war. Ebenso könnten unsere Beobachtungen über die Bacterienhaufen im Trinkwasser inficirter Häuser hierher gezogen werden (Siehe oben pag. 81). Jedoch ist bei Beurtheilung dieser Vermuthung zunächst zu berück- sichtigen, dass nur Untersuchungen an frischen Dejeetionen von Gewicht sind, wie sie Klob und Thome&, nicht aber an aufbewahrten und in Zersetzung begriffenen, wie Hallier und ich sie gemacht haben. Gegen die Bedeutung der Bacterien als Träger des Choleragiftes spricht, dass die in den Dejeetionen beobachteten Bacterien anscheinend keine specifische, ausschliesslich an die Epidemie gebundene Form dar- stellen, da ja Bacterien in allen faulenden Substanzen vegetabilischen wie animalischen Ursprungs sich entwickeln und daher höchstens als Träger des Fäulnissprozesses gelten können. Man könnte freilich anneh- men, dass die Bacterien der Choleradejectionen, obwohl sie sich von de- nen faulender Samen, faulenden Fleisches, Harnes, im Weinstein der Zähne ete. nicht unterscheiden lassen, dennoch eine eigenthümliche Art seien; denn die Bacterien sind so klein, dass sie eigentlich ausserhalb der Grenzen unserer heutigen mikroskopischen Hilfsmittel, selbst der Hartnack’schen Immersionslinsen liegen. Unsere Mikroskope verhalten sich zu den Bacterien etwa wie das unbewaffnete Auge zu den Schim- melpilzen, den Diatomeen ete., wir sind niemals sicher, ob wir nicht Ver’ schiedenartiges verwechseln, oder gleiche Formen fälschlich unterscheiden, 122 Jahres-Bericht da uns eben keine genügenden Unterscheidungs-Merkmale zugäng- ich sind. Hält man die Bacterien für die wahren Cholerapilze, so kann man mit Thome& und Hallier annehmen, dass dieselben zunächst das Darm- epithel zerstören und dadurch krankhafte Erscheinungen im Organismus hervorrufen; trotz der oft beobachteten Anhäufung der Bacterien um die in den Faeces ausgeschiedenen Epithelzellen möchte diese Annahme jedoch schwerlich zur Erklärung des oft so rapide tödtlich verlaufenden Krank- heitsprozesses ausreichen. Oder man kann vermuthen, dass die Cholera- Bacterien das Choleragift erzeugen, während andere mikroskcpisch viel- leicht gar nicht unterscheidbare Bacterien unschädlich sind. Ist ja doch von allen Acarusarten nur die der Krätze dem Menschen verderblich; sind doch von zwei ganz ähnlichen, neben einander im Boden wachsen- den Agaricusarten der eine geniessbar, der andere giftig, oder, um ein Beispiel von Phanerogamen zu wählen, enthalten doch von zwei weder mit dem blossen Auge noch durch mikroskopische Anatomie zu unter- scheidenden Mandelkernen die Zellen des einen nur aromatisches Bitter- mandelöl, die des andern tödtliche Blausäure! Die Erzeugung des Cho- leragiftes aus dem Darminhalt durch Bacterien könnte analog sein der Er- zeugung des Alcohol aus dem Zuckerwasser durch den Hefepilz. Be- kanntlich hat neuerdings Erdmann behauptet, dass bacterienartige Kör- per aus Eiweissstoffen eine Anilinfarbe produciren, indem er annimmt, dass das Blutroth der Monas prodigiosa Ehrbrg, die zu den unbeweg- lichen Bacterien (Bacteridien) gehört und zeitweise durch Intercellular- Zusatz zu Zoogloeagallert verbunden ist, nicht wie man bisher annahm, die jenen Körperchen eigenthümliche Farbe, sondern eine von ihnen aus ihrem Substrat erzeugte Anilinverbindung sei. Thatsache ist, dass der rothe Farbestoff nicht bloss den mikroskopischen Körperchen innewohnt, sondern dass er auch im Wasser gelöst sein muss; denn alle Fadenpilze, welche zwischen der blutrothen Gallert vegetiren (Penicillium, Rhizopus u. A.) haben ein roth gefärbtes Protoplasma; sie müssen also jenen Farbestoft, dessen Anilinnatur ich jedoch dahin gestellt sein lasse, nur in Lösung aufgenommen und damit ihren eigenen Zellinhalt gefärbt haben. Viel- leicht eine analoge Thatsache beobachteten wir in einer faulenden Mais- malzinfusion, wo sich die Flüssigkeit bald durch unzählige Bacterien- schwärme trübte, nach einiger Zeit aber eine schöne kastanienbraune Fär- bung annahm, welche im Wasser gelöst war; auch die Bacterien selbst und die Zoogloeagallert wurden alsbald braun gefärbt. Auf der Ober- fläche der Flüssigkeit entwickelte sich ein allmälig dicht lederartig werdendes Mycelium von Penicillium glaucum, das an der Luft fructifieirte, während das auf der braunen Flüssigkeit schwimmende Pilzgeflecht, in dessen Zwischenräumen sich zahlreiche Octaeder von oxalsaurem Kalk ausge- bildet hatten, ein braunes Protoplasma in seinen Zellen enthielt. Die der Schles, Gesellsch, £f. vaterl. Cultur. 123 Analogie mit der Monas prodigiosa, der blauen und gelben Milch, ete. macht es wahrscheinlich, dass auch der von uns beobachtete braune Farbestoff, der durch Säuren, Alkalien, und Kochen und Licht nicht we- sentlich verändert wurde, ein Produkt der Bacterien sei. Ueber die Auf- nahme flüssiger Farbestoffe durch Pilzmycalien vergl. de Bary Hand- buch pag. 10. Wenn wir erst von der Zukunft eine Entscheidung über die etwaige Bedeutung der Bacterien für die Cholera erwarten, so können wir die von Hallier gegebene Entwickelungsgeschichte der Bacterien (Micro- coeeusschwärmer) aus Cysten, Hefe, Penieikum und andern Pilzsporen als eine pure Fiction erklären, die mit allen von uns und Andern ermit- telten Thatsachen in Widerspruch steht. Thatsächlich kennen wir von den Bacterien ausser dem bekannten selbstbeweglichen Zustand nur noch einen ruhenden, wo die Körperchen übrigens noch Molecularbewegung zeigen. Manche bacterienähnliche Gebilde scheinen niemals active Be- wegung zu besitzen (Bacteridien Davaine, die Körperchen von Monas pro- digiosa u. A.). Ein dritter Zustand ist der, wo die Körperchen durch sallertartige Intercellularsubstanz zu palmellartigen Häuten, Kugeln, baum- förmigen Gestaltungen verbunden sind (Zoogloea Cohn). Ein vierter Zu- stand findet sich an der Oberfläche des Wassers, wo die Körperchen ketten- oder linienweis zu äusserst dünnen Häutchen aneinander gereiht sind, aber nicht die geringste Bewegung zeigen, vielleicht abgestorben sind. Selbst der entwickelungsgeschichtliche Zusammenhang dieser Zu- stände ist nicht genügend festgestellt; dass aus Bacterien durch successive Theilung farblose Hygrocrocisfäden (Hallier nennt solche missbräuchlich Leptothrix, welche nach der Diagnose Phycochrom enthalten) entstehen, ist mir sehr zweifelhaft, da mir nur kurze, wenig zellige, und die ein- zelnen Glieder leicht zerbrechende Stäbchen bekannt sind. Nach Hallier ist die Hefe der Biermaische, das Mutterkorn des Roggen, der Brand des Weizens, die Urocystis des Reis und anderer Sumpfpflanzen, die Bacterien der Fäulniss, das Penicillium und der Mucor des schimmeligen Brotes, alle Parasiten der menschlichen Schleimhäute und Haare, kurz alle möglichen irgendwo beobachteten Pilzspecies ein und dasselbe Ding und identisch mit dem Cholerapilz. Dass eine solche Behauptung an und für sich unglaublich ist, auch wenn sie auf weniger oberflächliehe Untersuchungen und minder unlogische Conjecturen sich stützte, braucht für dem Botaniker nicht erwähnt zu werden; ich bemerke es nur, weil insbesondere die Aerzte sich vielfach durch die grosse Sicher- heit der Hallier’schen Behauptungen imponiren liessen. Anfänglich machten’ mich die sonderbaren Myceliumformen stutzig, welche Hallier in seinen Choleraculturen angetroffen und auf Fig. 7 bis 30 der Tafel zu seinem Schriftchen abgebildet hat. Diese Formen waren mir vunerklärlich und schienen allerdings die Möglichkeit eines spe- 124 Jahres-Bericht cifischen Cholerapilzes zu unterstützen. Ein Zufall schaffte uns über diese Formen Aufklärung. Allerdings nicht in unsern Versuchen mit Cholera- Dejectionen, wohl aber in einem zur selben Zeit von Herrn Stabsarzt Dr. Schroeter behufs anderweitiger Untersuchungen angestellten Auf- guss von destillirtem Wasser auf getrocknetes Maismalz entwickel- ten sich Pilzmycelien, deren Identität mit den Hallier’schen Cholerapilzen sofort hervortrat. Auf der Oberfläche fructifieirte Pe- nicillium; in der Flüssigkeit selbst bildeten sich ausser Bacte- riumgewimmel auch weisse Flocken, namentlich dicht um die Mais- körner gelagert; sie bestanden aus weiten, einzelligen, rechtwinkelig sich verästelden und in Conidienketten abgegliederten Fäden; dieselben For- men, welche Hallier 1. e. Fig. 12—26 abgebildet hat, zugleich aber auch die nämlichen, welche Bail aus der Biermaische durch Aussaat von Mucorsporen erhielt, und an denen er zuerst die an Hefe erinnernde Entwiekelung des Wassermyceliums nachwies. Ob unsere Mycelien wirklich von Mucor stammen, ist allerdings in sofern nicht erwiesen, als es uns nicht gelang, sie zur vollkommenen Fructification zu bringen; doch macht die vollständige Uebereinstimmung mit Bails Formen es im höchsten Grade wahrscheinlich. Halliers vollkommene und degenerirte Cysten, Macroconidien und Uroeystisfrüchte sind also höchst wahrscheinlich nur Entwickelungszustände eines Mucor, (racemosus? cf.p.117)der in verschiedenen Flüssigkeiten nach Zusatz von Cho- leradejectionen sich entwickelt hat. Choleradejectionen sind Darminhalt, und dass im Darm auch Mucorsporen enthalten sind, kann eben so wenig verwundern, als die von uns und Debey in den Ausleerungen beobach- tete Anwesenheit von Nematodeneiern, da die Mucorsporen ja leicht mit den genossenen Speisen in den Magen gerathen können; diese und andere Sporen sind möglicherweise auch in dem Fläschehen, oder auf dem Kork vorhanden gewesen, oder beim Uebergiessen aus der Luft hineingefallen. Da bei Hallier's wie bei Thom&’s Versuchen die Dejectionen niemals gekocht wurden, so mussten die darin enthaltenen Sporen in den Keim- und Cultur-Apparaten sich auch weiter entwickeln. Das Auftreten von Tilletiasporen, welches Hallier mehrmals in seinen Versuchen mit Stärke- kleister beobachtete und das ihn zu den abenteuerlichsten Vermuthungen (Entstehen von Tilletiaus Penicillium) verleitete, erklärt sich aus der That- sache, dass Weizenmehl sehr häufig Tilletiasporen enthält (herstammend von brandigen Weizenkörnern); wenn man diese Sporen nicht ohne Wei- teres zwischen den Amylonkörnern, von denen sie oft verdeckt werden, auffindet, so gelingt dies leichter, nachdem man die Stärkekörner durch Kochen oder durch Kalihydrat in Kleister aufgequollen und durchsichtig semacht hat; vermittelst dieser Behandlung überzeugt man sich, dass auch andre Sporen (Puccinia, Penieillium) im Mehl enthalten sind, die natürlich beim Genuss des Mehles auch in den Magen und von da in die Faeces übergehen müssen und unter Umständen keimen können, der Schles. Gesellsch. £f. vaterl. Cultur. 125 Wenn nach Schoenlein jede neue grosse medieinische Entdeckung sich höchstens vier Jahre erhält, so möchten wir dem Hallier’schen Cholerapilze kaum eine Lebensdauer von eben so viel Monaten pro- gnosticiren. Schliesslich demonstrirte der Secretair Prof. Cohn ein nach seinen Angaben von E. Gundlach construirtes Handmikroskop (Nr. 12 des neuesten Preiscourants). Dasselbe ist dazu bestimmt, den Zuhörern einer Vorlesung mikroskopische Objeete in bequemerer Weise zu demon- striren, als es bei der bisherigen Methode vermittelst des Compositum möglich war; bekanntlich veranlassen mikroskopische Demonstrationen durch das gewöhnliche Mikroskop nicht bloss einen ganz unverhältniss- mässigen Zeitverlust, sondern auch grosse Störungen im Auditorium, abgesehen etwa, dass die grössere Zahl der Zuhörer wegen fehlerhafter Einstellung das Object gar nicht ordentlich zu sehen bekommt. Das Gundlach’sche Handmikroskop ist dagegen so eingerichtet, dass das Objeet zwischen zwei vortretende Platten eingeklemmt, an der Hülse des Mikroskopes befestigt wird, welches letztere durch Verschiebung in die gewünschte Focaldistanz eingestellt wird; das Objectiv besteht aus drei Linsen, welche einzeln, oder zu zwei oder drei zusammengeschraubt, eine dreifache klare und lichtstarke Vergrösserung bis zu ca. 150 geben. Das Mikroskop wird von dem Beobachter in die rechte Hand genommen und gegen den Himmel gerichtet, dessen Licht zur Beleuchtung des Objects vollständig ausreicht; zur Verstärkung der Beleuchtung bei Abend dient ein Condensator, welcher das Gaslicht eoncentrirt auf das Object wirft; indem das Mikroskop von Hand zu Hand geht, können in kurzer Zeit einer grossen Zahl von Zuhörern ohne alle Störung die meisten mikro- skopischen Objecte zugänglich gemacht werden. Der Preis des für das phytophysiologische Institut angefertigten Handmikroskops beträgt 10 Thlr., mit einem Stativ, welches die Benutzung als Compositum gestattet, 12 Thlr. Das Handmikroskop empfiehlt sich auch als Begleiter bei bo- | tanischen Excursionen und Reisen. Herr Geheime Rath Prof. Dr. Goeppert theilt mit, dass gegen | wärtig im königl. botanischen Garten ein im Jahre 1845 gekeimtes weib- liehes Exemplar der Cycas circinalis blühe; gleichzeitig macht derselbe auf das prachtvolle Exemplar der Musa Ensete im botanischen Garten aufmerksam. Das seit 1335 alljährlich in Gemeinschaft mit der entomologischen Seetion gefeierte Stiftungsfest der botanischen Section wird auf den , 21. December festgestellt, und ist an diesem Tage in gewohnter Heiter- keit unter lebhafter Betheiligung begangen worden; es waren zu diesem 126 Jahres-Bericht Zwecke die gesammten, für die früheren Stiftungsfeste gedichteten Lieder in einem kleinen Bändchen zusammengedruckt worden, welches bei dem Castellan Reisler zum Preise von 5 $gr. käuflich ist. Auf den Antrag des Herrn Geheimrath Prof. Dr. Goeppert wird der bisherige Seeretair durch Acelamation für die Etatsperiode 1868/69 wieder gewählt und erklärt sich zur Annahme bereit. Ehe der Druck dieses Berichts abgeschlossen war, erlitt die Section, mit ihr die ganze Wissenschaft einen schweren Verlust durch das am 12, März 1868 unerwartet eingetretene Hinscheiden eines ihrer ältesten Mitglieder, des Schulrath Prof. Dr. Wimmer. Es sei uns gestattet, an dieser Stelle eine Lebensskizze dieses ausgezeichneten Mannes aufzu- nehmen, welche der Secretair der Section in der Sitzung vom 26. März 1868 vorgetragen, und bei deren Abfassung er sich der Unterstützung seiner Freunde, Prof. Dr. Aubert in Rostock und Stadtrath Altmann hier zu erfreuen hatte. Christian Friedrich Heinrich Wimmer ist am 30. October 1803 in Breslau geboren, wo sein Vater als Canzlei-Inspector an dem damals sogenannten Oberamte angestellt war; er trat 1811 in die Fried- richsschule ein, welche im darauf folgenden Jahre zum Friedrichs-Gym- nasium erhoben wurde; noch nicht 13 Jahr alt kam er in die Prima, in welcher er fünf Jahre blieb; Michaeli 1821 bezog er die Breslauer Uni- versität, auf welcher er sich mit philologischen und naturwıssenschaftlichen Studien beschäftigte, nachdem er seinen ursprünglichen Plan, Mediein zu studiren, bald aufgegeben. Am 30. September 1826 trat Wimmer in demselben Gymnasium, in dem er seine eigene Schulbildung erlangt, als ordentlicher Lehrer, an Stelle von Schaub, ein; Ostern 1843 wurde er als Nachfolger von Kannegiesser, zum Director der Anstalt erwählt, der er bis Michaelis 1863 vorstand; in diesem Jahre verliess Wimmer das Gymnasium, welchem er als Schüler und Lehrer 52 Jahre angehört, und trat als städtischer Schulrath an die Spitze der gesammten Erzie- hungsangelegenheiten seiner Vaterstadt. Schon lange Jahre vorher hatte Wimmer, durch das Vertrauen seiner Mitbürger in das Stadtverordneten- Collegium berufen, an der städtischen Verwaltung, namentlich als Vor- sitzender der Commission für die Schulangelegenheiten, wie als Mitglied der Promenadendeputation fördernden Antheil genommen. Es war eine Zeit mäch- tiger Entwickelung, in der Wimmer seine neue Stellung antrat, und wiein fast allen Verwaltungszweigen, waren namentlich im Schulwesen grosse Neu- schöpfungen in Aussicht genommen; daher war das Amt eines Schulraths kein Ruheposten, den ein in Arbeiten aller Art ergrauter Mann sich für seine späteren Jahre auswählte; sie erforderte eine unablässige, keine Stunde unterbrochene jugendfrische Arbeitskraft, die durch Hindernisse der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 127 aller Art sich nicht abschrecken lässt; und es kann wohl sein, dass die allzu grosse Anstrengung die Lebenskräfte des gewissenhaften Mannes vor der Zeit erschöpft hat. Es sei uns gestattet, über diese Seite von Wim- mers Thätigkeit einen ausführlichen, von sachkundiger Feder uns über- gebenen Bericht hier anzuschliessen: „Liegt es auch in der Natur der Sache, dass nicht alle Verbesse- rungen, welche in den letzten Jahren in so rascher Reihenfolge und in so umfassender Weise auf dem Gebiete des Schulwesens unserer Stadt hervorgetreten sind, als Resultate der Thätigkeit ausschliesslich des Ge- schiedenen hingestellt werden können, so ist es doch immerhin als ein besonderes Verdienst des Einzelnen zu erkennen, in rechtzeitiger und richtiger Würdigung der vorwärtsdrängenden Aussenverhältnisse auf das hingewiesen zu haben, was zur Förderung der Volksbildung ihm Bedürf- niss schien, durch seine einsichtigen, auf praktischen Erfahrungen beru- henden Gutachten die Absichten der städtischen Behörden unterstützt und deren Ausführung unermüdlich und bis zum letzten Tage seines Le- bens in sich stets gleich bleibender Unparteilichkeit gefördert zu haben. Die Stelle eines Stadt-Schulrath, zu welcher Wimmer am 18. December 1862 von der Stadtverordneten- Versammlung erwählt und die er am 1. April 1863 nach erlangter Bestätigung der königl. Regierung antrat, war neu creirt, und es waren nach innen wie nach aussen Aufgaben zu lösen, bei denen es nicht allein auf energisches Eingreifen und Ordnen ankam, sondern vorzugsweise auch darauf, in taktvollster Weise zu be- rücksichtigen, was die Vergangenheit lehrte und die Gegenwart forderte, und in umsichtiger Weise mit den zu Gebote stehenden Mitteln zu rech- nen, nur erreichbare Ziele fest im Auge zu behalten. Sein gediegenes Urtheil, seine sich stets gleich bleibende volle Hingebung zur Sache und sein gewinnendes Wesen im Verkehr mit Allen, welche mit ihm vereint zu wirken berufen waren, haben dem Verstorbenen über mancherlei Schwierigkeiten hinweggeholfen, über die Klippen, an welchen im Leben die gute Sache nur allzu oft Schiffbruch leidet. Vor dem Eintritt Wimmers in das Magistrats-Collegium waren die Schulsachen stets von einem unbesoldeten Stadtrath bearbeitet worden. Zur Ausfüllung von Mussestunden war jedoch das Geschäft zu bedeutend, und es darf deshalb gewiss nicht befremden, wenn Theile dieses Ressorts im Laufe der Zeit freiwillig von anderen Händen übernommen worden waren. Das nächste Bedürfniss war deshalb, die Geschäftssphäre des Stadtschulraths abzugrenzen und andererseits den Wirkungskreis der Schulen-Inspeetionen zu bestimmen. Nicht so leicht war letzteres, nament- lich in Betreff der bedeutenden evangelischen Schul-Inspection. Indess auch hier gelang es dem versöhnlichen und massvollen Handeln des Verewigten sehr bald, das Interesse des Einzelnen dem des Ganzen unterzuordnen und in gemeinsamem Streben nur dieses zu fördern. 1238 Jahres-Bericht Die Verbesserung des Elementar-Schulwesens war eine der zu lösen- den Hauptaufgaben. Wie dies geschehen, zeigen Zahlen am besten. Bei dem Amtsantritt des Dr. Wimmer bestanden a. 28 evangelische Schulen mit 94 Klassen und Lehrern, und b. 6 katholische (städtische) Schulen mit 20 Klassen und Lehrern. Ultimo 1867 aber bestanden: a. 38 evangelische Schulen mit 135 Klassen und Lehrern, b. 10 katholische (städtische) Schulen (excl. der Seminar-Uebungs- Schule Nr. III) mit 41 Klassen und Lehrern. Ausserdem sind zur Eröffnung im Lauf dieses Jahres vorbereitet: a. für Ostern: 3 evangelische Schulklassen zu schon bestehenden Schulen; b. für Michaelis: | 1) 5 evangelische Klassen, wovou 4 zu einer ganz neuen Schule gehören; 2) 9 katholische Klassen für 3 neue Schulen. Wo irgend möglich wurden vierklassige und nach den Geschlechtern getrennte Schulen hergestellt. Aber auch das materielle Wohl der Lehrer dieser Schulen fand bil- lige Berücksichtigung. Der Wohnungswerth und die Wohnungsvergüti- gung wurde von resp. 50 Thlr. und 60 Thlr. auf 100 Thlr., das Gehalt a. der lten Lehrer von 500 Thlr., 450 Thlr., 400 Thlr.; b. der 2ten Lehrer von 400 ,„ 350 ,„ 300 c. der 3ten Lehrer von 280 ,„ 250 ., 230 ” ” auf ad a: 600 Thlr., 550 Thlr., 500 Thlr.; adıbi:n450.llar: nl re adıicw 32041), ür280nlny,Y 250, erlischt: In Betreff der Ascension der Lehrer war damals lediglich die Zeit des Eintritts in den städtischen Dienst maassgebend; jetzt wird das Ge- halt der Lehrer in ihren einzelnen Abtheilungen nach dem Dienstalter derselben als Lehrer überhaupt bemessen. Die Einfügung der Schulen in den am 1. Januar c. annectirten Ort- schaften in den Organismus der städtischen Schulen hat den Verstorbenen noch lebhaft beschäftigt. Er wusste, dass hier ein neues Feld persön- licher 'Thätigkeit gewonnen worden sei und er dachte mit Vorliebe daran, hier fühlbare Mängel beseitigen zu können. Besonders aber lag ihm die Pflege der seiner Obhut anvertrauten ersten Mittelschule und des Mittelschulwesens überhaupt am Herzen. Er war überzeugt davon, dass durch solche Schulen dem mittleren Bürger- stande die beste Gelegenheit geboten werde, seinen Kindern eine gute Vorbildung für das bürgerliche Leben zu Theil werden zu lassen. Die aus einer Elementarschule gebildete erste (evangelische) Mittelschule hat der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 129 sich so kräftig entwickelt, dass sie zur Zeit 7 Klassen mit 8 ordentlichen Lehrern zählt, zu welchen nach Ostern c. als Anfänge einer künftigen zweiten evangelischen Mittelschule noch 3 Klassen mit 3 ordentlichen Lehrern treten werden. Er hatte die Freude, die Räume für 3 Mittel- schulen in schönen Neubauten geboten zu sehen, — aber nur der einen konnte er diese neuen Räume übergeben. Die Eröffnung der projectirten katholischen Mittelschule an derselben Stelle blieb ihm versagt; an sei- nem Begräbnisstage ging die Genehmigung der Regierung ein, deren an- fängliche Versagung ihm manche Stunde getrübt hat. Die zweite evan- gelische Mittelschule wird eingerichtet werden, sobald die jetzt dem Gym- nasium zu St. Maria Magdalena mit überlassenen Räume werden frei werden. In diesem Schulhause wird alsdann auch ein neues Gymnasium — Johannes — entstehen, für dessen Inslebentreten. Wimmer eifrigst mit gesorgt hat. Nicht minder hat er das Werk gefördert, dem Gym- nasium zu St. Maria Magdalena durch einen Neubau eine würdigere Stätte zu bereiten, als das abgebrochene alte Schulhaus bot. Das Projeet der Eröffnung einer zweiten höheren Töchterschule fand Wimmer zwar schon vor, aber es fiel ihm die Hauptaufgabe zu, es aus- zuführen. Im October 1863 wurde die alte Töchterschule zu St. Maria Magdalena aufgelöst und an ihre Stelle traten zwei höhere Töchterschulen, die eine mit 8, die andere mit 7 Klassen. Die letztere verblieb unter der speeiellen Ober-Aufsicht des Schulraths, und sie hat unter seiner Für- sorge nicht allein an Umfang (sie zählt jetzt ebenfalls 8 Klassen), son- dern auch bessere Schulräume und insbesondere einen zu Anfang sehr vermissten, schönen Prüfungssaal gewonnen. Seiner Mitwirkung ist es auch zu danken, dass in beiden Töchterschulen eine zeitgemässe Erwei- terung des Unterrichts durch Einführung des Turnens stattgehabt hat. Seit Jahren verfolgte Wimmer den Plan, eine dritte Töchterschule zu gründen, weil die gemachten Erfahrungen in ihm die Ueberzeugung gezeitist, dass eine dritte Töchterschule, welche bei einem geringeren Schulgeldsatze von monatlich 20—25 Sgr. ein etwas niedrigeres Ziel bei fünf oder sechs Klassen verfolge, für Breslau ein unabweisbares Bedürf- niss sei. Wenn dieser Plan nicht in’s Leben getreten, so mögen — bei den grossartigen Aufwendungen für Schulhausbauten innerhalb der letzten Jahre — wohl vorzugsweise finanzielle Rücksichten von Einfluss ge- wesen sein. Die Hebung der Realschule zum heiligen Geist, deren Obervorsteher der Verstorbene war, verfolgte er mit der lebendigsten Theilnahme. Die Förderung der Interessen der beiden Gymnasien und der Realschule am Zwinger ist, obgleich er im Decernat derselben nur Codecernent war, stets sein eifrigstes Streben gewesen, und es gilt dies insbesondere in Bezug; auf die Verbesserung des Lehrereinkommens. Er vertrat conse- quent die Anschauung, dass es nothwendig sei, alle wissenschaftlichen N 130 Jahres-Bericht Lehrer der höhern städtischen Lehranstalten mit einziger Ausnahme der Rectoren- und Prorectorenstellen und von etwa zwei höheren Lehrer- stellen von jedem Gymnasium und jeder Realschule — nach Maassgabe ihres Dienstalters als Lehrer überhaupt so untereinander rangiren zu lassen, als ob sie Lehrer einer Anstalt seien. Ist nun auch die wieder- holt versuchte Ausführung dieses Projects stets an dem Widerstande der Staats- Aufsichtsbehörde gescheitert, so haben doch die betreffenden Lehrer schon aus diesen Versuchen zum Theil sehr erhebliche pecuniaire Vortheile erreicht, weil auch die in neuester Zeit gewährten Gehaltsauf- besserungen nach dem Prineip der Anciennität aller Lehrer unter einan- der bemessen worden sind. Hervorzuheben ist übrigens, dass alle Leh- rerbesoldungs- Angelegenheiten dem Decernat des Schulraths vorbehalten waren. Es dürfte interessiren, in Zahlen dargelegt zu sehen, wie seit dem April 1863 sieh die Verhältnisse der höheren Schulen und ihrer Lehrer verändert haben. Damals zählte: 1) Das Gymnasium zu St. Elisabet: 13 ordentliche Lehrerstellen (exel. Vorschule) mit einem Einkommen (incl. Wohnungswerth) von: 10,780 Thlr. 2) das Gymnasium zu St. Maria Mag- dalena (exel. Vorschule): 6 20 16,500 „, 3) die Realschule am Zwinger: 16 12,480 ,, 4) die Realschule zum heil. Geist (exel. Vorschule) 14 10,050 ,, 5) die Töchterschule zu St. Maria Magdalena 8 DIIEe Be HL DISSTER in-Summa 72 55,160 Thlr. Der Besoldungs-Etat pro 1868 weisst nach: ad 1: 17 Stellen mit: 15,480 Thlr. ad 2: 23 ;'919,080:004; ad 73: 9m, 516,630, 1% ad 4: 14 „, 2550005 ad 5: a. Töchterschule I: 8 ,, ya 6000 b. ” U: ü ” „ 9,050 ) in Summa 88 Stellen mit: 74,790 Thlr. Die 12 Lehrerstellen an den Vorschulen ad 1, 2, 4 waren 1863 datint mit. Aa. het air erea ...9050 Thlr, ihre Inhaber beziehen jetzt! ueutkuk ar 6200 Thlr. Ebenso darf Wimmers Thätigkeit auf dem Gebiete des Schultur- nens nicht unerwähnt bleiben. Schon oben ist angeführt worden, dass der Turnunterricht auch in beiden Töchterschulen Aufnahme gefunden der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 131 hat. In den ersten 4 Klassen der Mittelschule und in den ersten Klassen der Elementar-Knaben-Schulen ist derselbe obligatorisch geworden. Die Zahl der Elementar-Turnlehrer ist vermehrt, das Einkommen der beiden ordentlichen Turnlehrer verbessert worden. Neue Schul-Turnplätze sind entstanden und theils zur Eröffnung vorbereitet. Wenn gerade hier bei den anderweiten grossen Anforderungen an die Communalfonds es oft schwer war, Mittel für extraordinaire Bewilligungen flüssig zu machen so ist es um so mehr anzuerkennen, dass unter augenblicklichen Be. schränkungen das Ganze nicht gelitten, sondern die Institution grösserer Entwickelung zugeführt worden ist und ihre Wirksamkeit sich in Ein- klang mit den Forderungen und Bedürfnissen erhalten hat. Die Sonntagsschule für Handwerks-Lehrlinge hatte in Wimmer einen Gönner, der unausgesetzt bemüht war, sie mehr und mehr durch ihre Leistungen den Kreisen zu empfehlen, für welche sie ihrer Natur nach vorzugsweise besteht. Die Schule hat nicht allein durch Vermeh- rung der Klassen und Lehrkräfte, sondern auch besonders dadurch ge- wonnen, dass sie in zwei Abtheilungen von gleicher Organisation getheilt worden ist. Zum Schluss ist noch der ungelösten Frage zu gedenken, die in ‚neuester Zeit in vielen Kreisen Gegenstand der eingehendsten Behand- lung gewesen ist: es ist dies die Frage wegen der Confessionslosigkeit der höheren Lehranstalten, deren Eröffnung für die nächste Zukunft in Aussicht genommen ist. Magistrat und Stadtverordneten - Versammlung slauben dem Interesse der Gesammt-Bevölkerung nicht besser dienen zu können, als wenn den neuen Bildungsanstalten kein bestimmter confessio- neller Charakter gegeben wird. Auch der Verstorbene war ein entschie- dener Vertreter dieser freisinnigen Anschauung, für deren Anerkennung nach oben hin er an seinem Theile redlich — allerdings bisher erfolglos mitgewirkt hat. Freundlich und zugänglich zu jeder Zeit, war er im schönsten Sinne des Wortes der Stadt ein Schulrath. Geräuschlos hat er gewirkt; aber wer Gelegenheit gefunden, ihn in seiner umfassenden Thätigkeit, in seiner Fürsorge auch für das Kleinste seines Berufskreises zu beob- achten, der wird mit Bewusstsein aussprechen, dass der Verewigte für die Communal-Verwaltung ein Kleinod war, dessen Verlust so leicht nicht zu ersetzen sein wird.“ War nun auch Wimmer vermöge seiner ganzen Natur zu einer ausgedehnten practischen Thätigkeit angelegt, so führte ihn doch ein inneres Bedürfniss, dem freilich nur eine ungewöhnliche Arbeitskraft ge- nügen konnte, immer wieder zur Wissenschaft zurück. Wimmers wis- senschaftliche Bedeutung beruht in einer vielleicht einzig dastehenden Verbindung gründlicher naturwissenschaftlicher und philologischer Gelehr- samkeit. 9* 139 Jahres-Bericht Schon auf der Schule hatte Wimmer auf Anregung seiner Lehrer Kayssler und Mücke sich zur Botanik hingewendet; auf der Univer- sität hatten ihn Passow und Schneider in das griechische und römische Alterthum eingeführt; letzterer, der Bearbeiter des Theophrast, hatte in Wimmer insbesondere das Interesse für die naturwissenschaftliche Lite- ratur der alten Griechen erweckt; auf diesem Gebiete bewegen sich die sämmtlichen philologischen Arbeiten Wimmers, die bis in seine letzten Tage hineinreichen, mit Ausnahme eines Gymnasial-Programmes von 1843 (De parabolis Homeriecis). Sie können nur gehörig gewürdigt und in Bezug auf die Wahl der bearbeiteten Werke, so wie rücksichtlich der Art der Bearbeitung ver- standen werden, wenn wir Wimmers naturwissenschaftliches Interesse in Anschlag bringen. Die Werke des Botanikers Theophrast waren es zuerst, welche er schon im Jahre 1823 einer Bearbeitung als bedürftig erkannte; von ihnen erschien im Jahre 18342 eine mit allem kritischen Apparate und mit einer Uebersetzung versehene Ausgabe der Historia Plantarum. Später 1854 und 1862 sind die Werke Theophrast’s von Wimmer herausgegeben worden ın kleiner Ausgabe bei Teubner, und im Jahre 1866 in einer grösseren Ausgabe mit lateinischer Uebersetzung bei Didot in Paris. Mit diesen Arbeiten in Verbindung stand das Stu- dium der naturwissenschaftlichen Schriften des Aristoteles, den er als den würdigen Vorgänger und Lehrer des Theophrast auf dem Gebiete der Botanik erkannte und einem eingehenden Studium unterwarf. Schon im Jahre 1833 gab er seine Phytologiae Aristotelicae Fragmenta heraus, in denen die zerstreuten Angaben des Aristoteles über die Natur der Pflanzen mit grossem Fleisse zusammengestellt und mit grosser Umsicht und Klarheit geordnet sind. 1844 und 1851 erschienen von- ihm Lectiones Theophrasteae, 1859, 1860, 1861 Lectiones Aristotelicae als Gymnasialpro- gramme. Seit 1858 arbeitete Wimmer mit dem Privatdocenten, nach- herigem Professor der Physiologie Aubert gemeinschaftlich weiter an den Werken des Aristoteles; es erschien 1860 die Zeugungs- und Ent- wickelungsgeschichte des Aristoteles (Leipzig bei Engelmann) mit revidirtem Texte und deutscher Uebersetzung, und die folgenden Jahre waren einer eingehenden Bearbeitung der Thierkunde des Aristoteles, der berühmten Historia Animalium, gewidmet. Diese Arbeit wurde voll- endet Ostern 1867; sie enthält eine kritische Revision des Textes mit Zusammenstellung des ganzen kritischen Apparates, deutsche Uebersetzung, sachliche und sprackliche Commentirung, Bestimmung der Thiere und Pilanzen und einen ausführlichen: Index. Die Beendigung des Druckes (Verlag bei Engelmann in Leipzig) hat der Dahingeschiedene noch er- lebt; die Freude, seine Frucht langjähriger Arbeit, welcher jede freie Stunde geopfert wurde, völlig vollendet vor sich zu sehen, ist ihm nicht mehr vereönnt gewesen. Bi der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 133 Wenn schon die Wahl dieser Werke naturwissenschaftlichen Inhalts darauf hinweist, dass ihm nicht blos das Sprachliche, sondern auch das Sachliche am Herzen lag, so tritt dies noch viel mehr in den Vorder- grund, wenn wir die Art seiner Bearbeitung uns vergegenwärtigen, Bei aller Sorgfalt und Genauigkeit, die Wimmer dem speeciell Philologischen, den Lesarten, den Conjeeturen und Emendationen widmete, verlor er nie das Interesse für das Sachliche, für das Ganze aus dem Auge. Stets hatte er bei der Prüfung der Lesarten u. s. w. den Zusammenhang, die ganze Vorstellungsweise des Autors klar vor sich und wusste diesen Ein- flüssen gebührend Rechnung zu tragen. Diesen Vorzug seines Arbeitens dürfen wir gewiss nicht gering anschlagen, wenn wir ihm zugestehen müssen, dass darunter die Berücksichtigung des Speciellsten nicht im Min- desten zu leiden hatte. Wir verweisen zum Belag dieser Angaben auf seine Programme aus den Jahren 1859, 1860, 1861 über Leetiones Ari- stotelicae. — Diese Art der Bearbeitung fand eine vortreffliche Stütze in seinem ausgezeichneten Gedächtnisse und besonders in der Ruhe und dem Gleiehmuthe, womit er entgegenstehende Ansichten zu würdigen, und in der Gewandtheit, womit er verstand den Kern der Gedanken An- derer herauszuschälen und sich in ihre Auffassung hineinzudenken. So charakterisiren sich seine Arbeiten als Werke, welche, basirend auf den Kenntnissen und Forschungen der Philologen, dem Verständnisse des Na- turforschers zugänglich gemacht werden. Nicht minder bedeutend sind Wimmers botanische Leistungen. Schon in Mitten der zwanziger Jahre trat Wimmer in einen Kreis streb- samer Freunde, der sich zur Aufgabe stellte, die schlesische Flora nach allen Richtungen hin zu sammeln und kritisch festzustellen. In Gemein- schaft mit dem literarisch zwar unproductiven, aber durch sein scharfes Beobachtungstalent mächtig anregenden Schummel (+ 1848), mit Günther (+ 1833) und Grabowski (+ 1842), nach deren Tode die ebenfalls schon verstorbenen Krause (+ 1856) und Wichura (+ 1865) eintraten, wurden botanische Excursionen nach den verschiedensten Punkten Schle- siens angestellt, und insbesondere das schlesische Hochland vom Riesen- gebirge bis zum Gesenke in seine entlegensten Gründe durchforseht. Bis in seine letzten Jahre hat Wimmer die Gewohnheit beibehalten, einen Theil seiner Ferien im schlesischen Gebirge mit botanischen Forschungen zuzubringen; er war mit seiner heimathlichen Provinz so innig ver- wachsen, dass er unseres Wissens nie ausserhalb derselben gewesen ist. Kein Wunder, dass Wimmer bei den Leuten des Gebirges ein eben so gut E kanete, und verehrter Gast war, als ihm selbst kein Winkel dieses in naturwissenschaftlicher Beziehung a immer nicht genügend durch- forschten Gebietes fremd war; Wimmer war daher besonders dazu be- fähigt, ‘die zweite Auflage von Seharenbergs Sudetenführer, namentlich mit Berücksichtigung der naturwissenschaftlichen Verhältnisse zu redigiren. 134 Jahres-Bericht Das Material, welches die botanischen Exeursionen Wimmers und seiner Freunde zusammenbrachten, wurde zuerst in den von Günther herausgegebenen „‚‚fünfzehn Centurien schlesischer Pflanzen‘ publieirt; bald aber stellte sich Wimmer die höhere Aufgabe, die einst von Matuschka und Kroker in Angriff genommene „Flora der Provinz“ auf den Standpunkt der inzwischen mächtig fortgeschrittenen Wissenschaft zu heben; er löste diese Aufgabe in einem durch ein halbes Jahrhundert fortgesetzten und unablässig vervollkommneten Werke, das in der natur- wissenschaftlichen Erkenntniss Schlesiens Epoche gemacht und sich selbst einen dauernden Platz in der Geschichte der deutschen Flora gesichert hat. Schon im Jahre 1824 veröffentlichte Wimmer in Gemeinschaft mit Günther und Grabowski eine Enumeratio Sturpium Phanerogamarum ; die erste Ausgabe der Flora Silesiae erschien 1828 in lateinischer Sprache in 3 Bänden, gemeinschaftlich mit dem Apotheker Grabowski in Op- peln herausgegeben, der zuerst das Gesenke und Oberschlesien durch- forscht hatte. Schon vier Jahre später wurde eine deutsche Umarbeitung erforderlich (Flora von Schlesien. Berlin. 1832.); 1844/5 erschien zu Breslau eine zweite Auflage derselben, 1288 phanerogame Arten enthaltend, in 2 Bän- den. Von dieser letzteren enthält der erste Theil die Beschreibung der schlesischen Pflanzen, während der zweite (auch unter dem Titel „Neue Beiträge zur Flora von Schlesien‘) durch eine meisterhafte pflanzengeo- graphische Schilderung der schlesischen Vegetationsverhältnisse, von der Tiefebene bis zum Hochgebirge, durch eine Statistik der schlesischen Flora, eine Geschichte und Literatur der schlesischen Floristik, eine Höhenkarte und andre naturwissenschaftliche Beilagen (Anweisung zum Sammeln, Bestimmen, Trocknen und Aufbewahren der Pflanzen; Ueber- sicht der fossilen Flora Schlesiens von H. R. Goeppert) einen ganz be- sonderen, noch heute nicht übertroffenen Werth erhielt. Der erste Band erlebte eine neue Umarbeitung in der „Flora von Schlesien, preussischen und österreichischen Antheils, oder vom obern Oder- und Weichselquel- lengebiet, Breslau, F. Hirt, 1857“, worin nicht nur die neuen Ent- deckungen (41 neue Arten) eingetragen, sondern auch die Angabe der Fundorte reichlich vermehrt, die Erläuterung der Arten, die Kennzeichen der 1521 beschriebenen Species, wie der Genera, Familien und Klassen in klarer Schärfe und in einer für die Studirenden der Botanik ausrei- chenden Vollständigkeit gegeben, ausserdem das gesammte Material nach dem Endlicher’schen System umgeordnet war. Eine vierte, noch von seiner Hand durch die neuesten Entdeckungen vervollständiste Auf- lage der Flora, so wie, als Auszug daraus, eine Excursionsflora, nach dem Linn& "schen System geordnet, wird im Mai 1868 erscheinen. Wimmer war zu dem selbstgewählten Beruf des schlesischen Flo- risten nicht blos durch die ungewöhnliche Localkenntniss seines ganzen der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 135 Gebiets, sondern vor allem durch die ihm zur Natur gewordene, fast skeptische Kritik und durch einen auf unablässige Beobachtung gegrün- deten feinen Taet in der Beurtheilung und Unterscheidung der Species befähigt. Er strebte überall nach der richtigen Mitte zwischen allzu- grosser Zersplitterung und unnatürlicher Zusammenwerfung wohlunterschie- dener Formen. Aber nicht zufrieden mit der Feststellung der klaren Artenverhältnisse, „über welche im Gebiet der deutschen Flora überhaupt kein sonderlicher Dissensus besteht“, erwählte er sich zum Gegenstande monographischen Studiums gerade solche Gattungen, in denen die Fest- stellung der Arten wegen der vielen Mittelformen seinen Vorgängern unauflösliche Schwierigkeiten geboten hatte. Die durch Schiede und Naegeli in die deutsche Flora eingeführte Unterscheidung der Bastarde von den Formen und Varietäten der echten Arten bei Cirsium und Ver- bascum gab Wimmer Veranlassung, auch für die Bearbeitung der schle- sischen Arten von Carex, Rubus, Mentha, Viola u. a. eine klarere Ueber- sicht, als sie Andern gelungen war, zu gewinnen, sowie auch die entspre- chenden Forschungen von Krause über Epilobium, von Siegert über Cirsium, wie von andern schlesischen Botanikern zu benutzen. Vor allen waren es die Gattungen Hieracium und Salix, welche Wim- mers Scharfsinn und Ausdauer in Anspruch nahmen, und zu deren Fest- stellung er nicht nur zahlreiche botanische :Reisen unternahm, sondern auch einen anhaltenden Briefwechsel mit auswärtigen Notabilitäten, na- mentlich mit Fries in Upsala, unterhielt. Die Weiden nannte noch 1844 Endlicher botanicorum erux et scandalum; Wimmer war nächst Lasch der Erste, welcher die ‚„namenlose‘‘ Verwirrung durch Feststellung einer kleineren Zahl scharf begrenzter Arten (22 schlesische in 9 Gruppen), zwischen denen unzählige Bastardformen existiren, in einfachster Weise löste. Schon in der Flora Silesiae 1829 hatte Wimmer nach Schum- mel’s Vorgang die Ueberzeugung gewonnen, dass Salix rubra ein Ba- stard von viminalis und purpurea sei; mit fortdauerndem Studium erwei- terte sich seine Kenntniss der Hybriden, deren Natur er nicht durch flüchtige Betrachtung getrockneter Exemplare, sondern dadurch feststellte, dass er Stecklinge in einen eigens zu diesem Zweck vor dem Oderthor gemietheten Garten verpflanzte und sie einer jahrelangen Beobachtung ihrer Gesammtentwickelung in Gemeinschaft mit den treuen Gefährten seiner Untersuchungen, Krause und Wichura, unterzog. Auf diesem Wege gelangte er zur Kenntniss einer grossen Reihe von Bastardformen, von denen jede folgende die früheren Beobachtungen und Erfahrungen erweiterte und vervollständigte. Eine Zusammenstellung der bis zum Jahre 1853 ermittelten hybriden Pflanzen der schlesischen Flora gab Wimmer in der Denkschrift der schlesischen Gesellschaft zur Feier ihres fünfzigjährigen Bestehens 1853 („Wildwachsende Bastardpflanzen hauptsächlich in Schlesien beobachtet“). Hier beschreibt er einen Bastard 136 Jahres-Bericht von Alopecurus, Populus, Almus, Pulmonaria, Gentiana, Euphorbia, Geum, Rosa, Medicago; zwei von Üarex, Viola, Anemone, vier von Verbascum, sechs von Epilobium, elf von Cirsium, 56 von Salix. Die Weidenbastarde selbst wurden ausserdem in mehreren Jahresberiehten der Schlesischen Gesellschaft 1841—1866, so wie in der Regensburger Flora 1845, 1846, 1848, 1849 wiederholt erläutert. Ausserdem wurden die schlesischen Sa- lices in authentischen Exemplaren dem botanischen Publikum durch ein in Gemeinschaft mit dem am 22. October 1858 verstorbenen Krause herausgegebenes Herbarium Salicum (Sammlung getrockneter Weiden- arten, Abarten und Bastarde zunächst aus Schlesien Dodecas I—11 1857), 144 Formen enthaltend und die später erschienene Fortsetzung zugänglich gemacht. Die innige Verbindung, in welche Wimmer zu seinem Schüler und Freunde, dem am 25. Februar 1866 ver- storbenen unvergesslichen Wichura trat, gab Gelegenheit, Wim- mers Auffassung von der Bastardnatur der zahlreichen, früher für echte Species gehaltenen Weiden durch das Experiment zu bestätigen; in dem Wimmer’schen Weidengarten wurden von Wichura in den Jahren 1852—1853 künstliche Bastardversuche mit dem glücklichsten Erfolge angestellt. Das Ergebniss dieser ebenso mühevollen als lehrreichen Experimente ist in Wichura’s Buch (die Bastardzeugung im Pflanzen- reiche, erläutert an den Bastarden der Weiden, Breslau, Morgenstern 1863) veröffentlicht worden. Während Wimmer in freier Natur selbst dreifache Bastarde ermittelt hatte, gelang es Wichura, durch künstliche Befruchtung Weiden zu erzeugen, welche die Eigenschaften von 6 ver- schiedenen Species in sich vereinigten. Wimmers Darstellung der Salices fand bei fast allen Beobachtern und Kennern dieser schwierigen Pflanzengattung Billigung und Bestäti- gung; auch der gründlichste Kenner der nordischen Weiden, Professor N. J. Anderson zu Stockholm schloss sich in seiner Monographia Sa- licum 1863 Wimmers Anschauungen wenigstens theilweise an. So wurde Wimmer veranlasst, seine Gesichtspunkte von dem specifisch schlesischen Gebiete, welches seine früheren Studien begrenzte, zu er- weitern und die gesammten europäischen Weiden nach den durch ihn bewährien Prineipien zu bearbeiten; in einer schon 1859 vollendeten, aber erst 1867 publieirten meisterhaften Monographie (Salices europaeae Breslau, Ferdinand Hirt) fanden Wimmers dreissigjährige Weiden- forschungen ihren Abschluss; aus den hunderten, früher als selbständige Arten oder Abarten unterschiedenen und benannten Formen wurden hier 34 echte europäische Weidenspecies ausgesondert, 74 als Bastarde nach- gewiesen. Den speciellen Beschreibungen geht eine Einleitung voraus, worin die biologischen und morphologischen Verhältnisse der Gattung Salix dargelegt und die älteren Bearbeitungen kritisch beurtheilt werden. Es wäre zu wünschen, dass Wimmers Herbar, welches die Belege zu der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 137 seinen sämmtlichen Arbeiten enthält, für die Wissenschaft erhalten wer- den könnte. Bei einem Rückblick auf Wimmers literarische Arbeiten dürfen wir nicht unerwähnt lassen, dass derselbe auch zur Einführung der Bo- tanik als Gegenstand des Schulunterrichts durch sein „Pflanzenreich“ bei- getragen hat, welches mit einem Abriss der Pflanzengeschichte und Pflan- zengeographie in einer doppelten Bearbeitung nach dem natürlichen System (mit 560 Abbildungen, 1868 in siebenter Auflage) und nach dem Linn&’schen System (mit 613 Abbildungen 1868 in neunter Auflage im Verlage von Ferdinand Hirt in Breslau erschienen ist. Diese Lehrbücher haben einen wohlthätigen Einfluss auf Erweckung des naturwissenschaftlichen Sinnes bei der Schuljugend gehabt; ihre Be- deutung liegt nicht sowohl in der sachgemässen Behandlung des Stoffes, als insbesondere in der tactvollen Auswahl der Illustrationen, welche alles Wichtige, durch Worte schwer zu Erläuternde naturgetreu veran- schaulichen. Die Flora von Deutschland, wie die mit Wald- und Culturpflanzen in nächster Verbindung stehenden Insekten sind besonders berücksichtigt. Zur Erläuterung der Pflanzengeographie dienen zahlreiche Abbildungen von Bäumen, die, meist nach der Natur von Künstlerhand gezeichnet, das Charakteristische der Pflanzenformen treffend hervorheben. In dem „Atlas des Pflanzenreichs“ ist die Zahl der Illustrationen, welche von einem zur nothwendigen Erläuterung dienenden kurzen Text begleitet sind, noch grösser (an 1000); diese selbst sind nach Zonen geordnet, Der Ver- leger hat zur Einbürgerung des naturwissenschaftlichen Anschauungs- Unterrichts in den Volksschulen durch elegante Ausstattung und einen ungewöhnlich billigen Preis dieser Lehrbücher das Seine beigetragen. Beherzigenswerth sind die schönen Worte, in denen Wimmer seine _ Ansiehten über die Bedeutung und die Methode des naturwissenschaft- lichen und speciell des botanischen Unterrichts in den Schulen darlegt. Schon im Jahre 1829 hatte Wimmer in einem Gymnasialprogramm „über den Unterricht in der Naturgeschichte‘‘ sich ausgesprochen; noch in ‘den letzten Ausgaben seiner Lehrbücher hebt er seine „zweifellose Ueberzeugung hervor, dass diesem Unterricht trotz seiner gegenwärtigen Ver- kürzung in nicht ferner Zukunft wieder seine gebührende Stelle in den Unterrichtsanstalten jeder Art und jeden Grades eingeräumt werden wird. In methodisch abgestufter Fortschreitung biete der Unterricht in den Na- turwissenschaften, diesem wichtigen Gliede in der Entwickelung und Ge- staltung des Culturlebens der Neuzeit, einen für die Diätetik des Geistes nothwendigen Gegensatz zum Sprachunterricht; die Aufgabe der Schule sei es, den angeborenen Sammeltrieb der Jugend zu regeln und zum Zweck der Bildung zu benutzen; es sei eine schöne und würdige Anfgabe des naturwissenschaftlichen Unterrichts, das Verständniss der in reichster Mamigfaltigkeit entfalteten Naturwelt vorzubereiten, die Erkenntniss anzu- 138 Jahres-Bericht bahnen, wie der verwirrende Reichthum der Gestalten zur Einheit zu- sammengefasst und das wechselnde Spiel der Erscheinungen aus noth- wendigen Ursachen abgeleitet werden muss. Indem die Natur auf den Menschen als ihre Spitze bezogen wird, dürfen auch die in derselben vorhandenen Kräfte und Stoffe, welche für das Leben, seine Formen und Verschönerung wichtig sind, nicht vergessen, und muss auch darauf hin- gewiesen werden, wie der Geist die Natur seinen Zwecken dienstbar macht und seine Macht über sie an den Tag legt.“ Eine wesentliche Förderung verdankt das Studium der Botanik in Schlesien Wimmer auch durch seine Betheiligung an den Arbeiten der botanischen Section der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Auf Anregung des Professor Henschel wurde diese Section als Filiale der entomologischen Section am 7. November 1824, als selbständige Section dagegen am 22. December 1825 gegründet; sie stand bis Ende 1831 unter dem Secretariat ihres 1856 verstorbenen Gründers Henschel. Von 1832—-1841 leitete Wimmer die Section, übertrug dann das Secretariat an Grabowski, der dasselbe jedoch nur kurze Zeit, bis zu seinem unerwarteten Tode am 1. October 1842 ver- waltete, und trat dann wieder bis Ende 1856 an die Spitze der Section, in welchem Jahre er sein Amt in Folge überhäufter Berufsgeschäfte an den gegenwärtigen Secretair übergab. Die Section hat anfänglich alle vier Wochen, seit 1858 alle vierzehn Tage, während des Winterseme- sters in den Abendstunden von 6—8 Uhr regelmässig ihre Sitzungen ge- halten und eine Fülle des anregendsten und belehrendsten Stoffes zu Tage gefördert. Männer wie Henschel, Nees von Esenbeck, Runge, Steffens, v, Flotow, H. Scholz, Prudlo, Schauer, v. Pannewitz, v. Vechtritz, Wichura, Krause — M. Elsner, Valentin, Pur- kinje, Bail u. A., von den noch jetzt thätigen Mitgliedern ganz abge- sehen, haben in der Section regelmässig ihre Forschungen vorgetragen und durch Demonstrationen belegt; es ist durch diese Vorträge, wie durch die Jahresberichte der Section die Wissenschaft nach allen Seiten hin gefördert, das Interesse für die einheimische Pflanzenkenntniss, wie für die allgemeinen Fragen des Pflanzenlebens, in weiteren Kreisen er- weckt und rege erhalten, und zwischen den Mitgliedern der Section ein gegenseitig fördernder freundschaftlicher Verkehr ins Leben gerufen wor- den. Dieser, die Wirksamkeit der Section bezeichnende schöne Geist ist derselben durch Wimmers fünfzehnjährige Leitung aufgedrückt und seinen Nachfolgern als Vermächtniss hinterlassen worden. Schon am Anfang seiner Leitung knüpfte Wimmer Verbindungen mit den in der Provinz zerstreuten Botanikern an, welche die Section zum Mittelpunkt aller botanischen Forschungen Schlesiens machen sollten und ihn in den Stand setzten, alljährlich derselben Mittheilungen über neu entdeckte Arten oder Fundorte zu machen; unter Wimmer ist auch der Grund zu der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 139 dem schon bei der Entstehung der Section in Aussicht genommenen schlesischen Central-Herbarium und, nach Henschels grossartiger Schen- kung, zu einem allgemeinen Herbarium gelegt worden, welches gegen- wärtig das werthvollste Besitzthum unter den Sammlungen der Schlesi- schen Gesellschaft darstellt. Nach Niederlegung des Secretariats der botanischen Section verwaltete Wimmer 1852 -18S55 und 1860—1863 das Secretariat der neu gegrün- deten Section für Obst und Gartenbau in Gemeinschaft mit dem Kauf- mann, jetzigen Stadtrath Müller; er betheiliste sich mit Eifer an den von der Section unternommenen Ausstellungen, wie insbesondere an dem von derselben begründeten und geleiteten pomologischen Garten, welcher die Förderung der Obstzucht in Schlesien durch die Verbreitung edlerer, richtig bestimmter Sorten erfolgreich ins Auge fasst; noch der Jahres- bericht für 1866 enthält einen Aufsatz Wimmers über den Zustand des Obstbaues in Schlesien. Als Mitglied des Präsidiums und als Director der Gesellschaft war Wimmer von 1856 bis zu seinem Tode thätig, als Mitglied hat er ihr schon seit 1825 angehört. In Anerkennung seiner nach so vielen Seiten bedeutenden rastlosen Thätigkeit wurde ihm neben der Mitgliedschaft verschiedener gelehrter Gesellschaften im Jahre 1835 der Professortitel verliehen, und im Jahre 1853, unter Goepperts Rectorat, ernannte ihn die Breslauer Universität zum Dr. phil. honoris causa, Nach andern Anerkennungen hat der be. scheidene Mann, der mit seinen Verdiensten stets zurückhielt, nicht ge- strebt; er fühlte sich' am wohlsten im Kreise der Seinen und im un- gezwungenen Verkehr mit seinen jüngeren Freunden, denen er durch seine gewinnende Güte und liebenswürdige Feinheit seines Geistes Liebe und Verehrung einflösste. Es war eine Gunst des Schicksals, dass Wimmer in seinem letzten Lebensjahre alle die wissenschaftlichen Aufgaben, welche er im Laufe seines Lebens sich gestellt, einer glücklichen Vollendung entgegenführen konnte; in diesem Jahre erschien fast gleichzeitig seine Monographie der Weiden, die mit Aubert bearbeitete Naturgeschichte des Aristoteles, und die Didotsche Ausgabe des Theophrast; auch eine neue Auflage der Flora und der Schulbotanik hat Wimmer druckfertig hinterlassen, welche noch nach seinem Tode an’s Licht treten werden. Wimmer war von kaum mittlerer Statur, aber kräftig, und na- mentlich bei botanischen Excursionen von unermüdlicher Ausdauer; er hatte bis in die letzte Zeit eine solche Jugendfrische bewahrt, dass Nie- mand den Sechsziger vermuthet hätte; erst in dem letzten Winter ver- rieth der weissgewordene Vollbart das Nahen des höheren Alters und die sich steigernde Verdunkelung seines Augenlichts machte ihm manche trübe Stunde, ohne doch seine wissenschaftlichen und amtlichen Arbeiten zu unterbrechen. Um Weihnachten 1867 hatten sich unerwartet asthma- 140 Jahres-Bericht tische Leiden zugefunden, die jedoch der sorgsamen Behandlung des Arztes zu weichen schienen; noch am Tage vor seinem Tode hatte Wimmer bis nach 7 Uhr in seinem Bureau auf dem Rathhause emsig gearbeitet und dann den Abend in seiner Familie zugebracht; in der Nacht stellten sich quälende Athembeschwerden ein, die, anfangs be- kämpft, sich um Mitternacht steigerten, so dass die Hülfe des Arztes in Anspruch genommen wurde. Eine Linderung schien eingetreten, als am frühen Morgen des 12. März 1868, ihm und den Seinen völlig unerwartet, _ ein Herzschlag sein Dasein plötzlich endete, An Wimmers Persönlichkeit müssen wir zunächst seine unermüd- liche Arbeitskraft hervorheben, welche ihn zu so bedeutenden wissen- schaftlichen Leistungen neben einer amtlichen Arbeitslast, welche völlig genügt, die Arbeit eines fleissigen Mannes zu absorbiren, befähigte. Diese Arbeitskraft war begleitet von grosser Klarheit des Verstandes, welche seinem Fleisse bestimmte Bahnen anwies und begrenzte, und von Zähig- keit des Willens, welche ihn an dem einmal Begonnenen, trotz gehäufter Hindernisse, geduldig festhalten liess. Seine Klarheit und Besonnenheit machten sein ganzes Wesen einfach, seine Urtheile und Ansichten fein, leidenschaftslos und milde und hielten ihn von allen Extremen fern. End- lich müssen wir noch seine Gewissenhaftigkeit hervorheben, welche seine ganze Thätigkeit beherrschte. Er hat sie einmal selbst angedeutet, als er einem botanischen Gegner in Bezug auf eine Speeialität schrieb: „Ausser uns Beiden müssen Sie noch einen Dritten, welcher die Sache versteht, in Rechnung bringen: die, welche nach uns kommen werden.“ In der That, Wimmer konnte mit gutem Gewissen der Beurtheilung der ihn Ueberlebenden und späterer Forscher seine Werke hinterlassen. In seiner Vaterstadt, um die er sich nach allen Richtungen hin verdient ge- macht, wird sein Verlust noch lange nachgefühlt werden. ILILT. Bericht über die Thätigkeit der entomologischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1867, abgestattet von W. G. Schneider, zeitigem Secretair der Section. Herr Hauptlehrer K. Letzner hielt folgenden Vortrag über die Naturgeschichte des Lixus myagri Oliv. Da über Lebensweise, Larve und Puppe dieses Thieres bis jetzt noch nichts bekannt ist, so erlaube ich mir Folgendes darüber mit- zutheilen: | Die Larve ist 41),—5 Linien lang, weiss, gedrungen, vorn und hin- ten gleich dick, in der Mitte wenig breiter, aus Kopf, 11 Segmenten und Anus bestehend, fusslos, stark quergerunzelt, mit einzelnen, zerstreuten, gelblichen Haaren besetzt. — Der Kopf ist mit einer glänzenden, gelb- lichen oder gelblichrothen Hornplatte bedeckt, und auf dem Scheitel mit einer das Kopfschild nicht erreichenden Längsvertiefung versehen. Mund dunkel-, ja schwärzlich-braun; Kinnbacken kräftig, wenig vorragend, mässig scharf, zweispitzig; Kopfschild niedergedrückt, mit vertiefter Längs- linie; Oberlippe durch eine vertiefte Querlinie deutlich vom Koptschilde getrennt. Oberhalb der Insertion der Kinnbacken steht jederseits eine Ocelle; Fühler sind nicht wahrnehmbar. Die Taster sind sehr kurz, zweigliedrig, dunkelbraun. — Die drei Brustringe sind verhältnissmässig kurz (wie auch die Bauchsegmente), der Prothorax oben mit hellgelber glänzender Hornbedeckung, und jeder derselben hat oben auf der Mitte an seinem Hinterrande eine durch eine vertiefte Querlinie getrennte Wulst, welche zwischen je zwei Segmente eingekeilt erscheint. Auf der Unter- seite hat jedes der Brustsegmente zwei wenig nach unten vortretende Fusswulste, die unten mit mehreren (etwa 6—8) kurzen, jedoch nicht 142 Jahres-Bericht gleich langen Haaren besetzt sind. — Hinterleib aus 3 Segmenten und Anus bestehend, an jeder Seite mit einer stark vertieften Längslinie ver- sehen, an welcher jedes Segment, nach der Rücken- wie nach der Bauch- seite zu, eine rundliche, stumpfe Tuberkel zeigt. Diese doppelte Tuber- kelreihe jeder Seite ist selbst dem blossen Auge schon deutlich. Auf der Mitte der Oberseite ist das 1. und 8. Segment mit je 1, auf den da- zwischen liegenden Segmenten jedes derselben mit 2 vertieften Querlinien versehen, welche den Zwischenraum wulstartig emporheben. Das Anal- Segment ist klein, nicht vorgestreckt. Die Bauchsegmente sind auf der Mitte meist der Länge nach etwas eingedrückt. Die Puppe ist 41/,—5 Linien lang, gelblich, mit einzelnen gelblichen Haaren besetzt. Der Rüssel liegt wie gewöhnlich auf dem Bauche und reicht bis an die Spitze der Vorderschienen; an seiner Basis zeigt er einen kleinen Längseindruck. Die gebrochenen Fühler, fast in der Mitte des Rüssels eingefügt, liegen auf der Unterseite des Thorax, die Spitze ihrer Keule die Mitte der Vorderschenkel berührend.. — Thorax wie bei dem Käfer gestaltet, so lang als Meso- und Metathorax, glatt, hinten auf der Mitte des Rückens mit einer Längsvertiefung. — Die Abdo- minal-Segmente sind fast nur halb so lang als Meso- oder Meta- thorax, auf dem Rücken an ihrem Hinterrande etwas emporgehoben und daselbst der ganzen Breite nach mit einer Reihe kurzer, ziemlich starker, sanft nach hinten gekrümmter Dörnchen besetzt, welche auf den hinter- sten Segmenten allmälig etwas an Grösse zunehmen. Das 7. Segment ist etwas länger als die vorhergehenden, und ein wenig, das 8. (etwas kürzere) stärker nach unten gebogen. Der noch mehr nach unten ge- kehrte, wenig vortretende Anus zeigt jederseits ein kurzes, bräunliches Dörnchen, die etwas länger, als die vorerwähnten auf den vorhergehen- den Segmenten sind. — Die Deckschilde zeigen zahlreiche, die Punkt- reihen auf den Decken des Käfers andeutende vertiefte Längslinien. — Die Tarsen aller Beine sind wie gewöhnlich von vorn nach hinten ge- richtet und berühren sich auf dem Bauche. Die Larve, welche an feuchten Localitäten von mir an mehreren Orten nahe bei Breslau aufgefunden wurde, lebt in den etwa 4—5 Linien dicken Wurzelköpfen des Sisymbrium aquaticum, welche sie mehr oder weniger tief nach unten zu aushöhlt, und worin sie sich auch verpuppt. Der Käfer kommt im Juni aus, und wurde von mir zahlreich aus halb- erwachsenen Larven erzogen. Vor der Verpuppung ist die Larve weniger gekrümmt und erscheint mehr zusammengezogen. — Die im Monat April bereits einzeln vorkommenden Käfer haben offenbar überwintert und legen ihre Eier etwa Ende dieses Monats an die Futterpflanze, in wel- cher sich die Larve im Mai entwickelt und etwa Anfang Juni verpuppt. Herr Hauptlehrer K. Letzner hielt einen Vortrag über die schle- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 143 sischen Arten der Gattung Cryptohypnus Esch., und in’s Beson- dere über Cryptohypnus tetragraphus Germ. und dermestoides Hbst. Die schlesischen Arten der Gattung Cryptohypnus sind folgende: 1) C. riparius F., 2) C. maritimus Curt., gracilis Muls., morio Kiesenw., bis jetzt nur von mir in 2 Exemplaren in den Beskiden gefangen. 3) C. tenuicornis Germ., elongatus Redt., minusculus Bach, ebenfalls selten, 4) C. quadripustulatus F., 5) C. pulchellus L., 6) tetragraphus Germ., quadripustu- latus Payk., quadriguttatus Cand., 7) C. dermestoides Herbst., 8) C. lapidi- cola Germ., 9) C. minutissimus Germ., 10) C. (Drasterius) bimaculatus F. — Ausserdem habe ich unter den Exemplaren meiner C. lapidicola noch ein Stück gefunden, auf welches Kiesenwetter’s Anmerkung in der Naturgeschichte der Insekten Deutschlands Band 4, Seite 368 passt. Dieselbe lautet also: ‚‚C. pumilio: kleiner und paralleler als ©. Iapidieola, mit grösserem, besonders nach vorn breiterem Halsschilde, mit fast unge- kielten Hinterecken; etwas gröber und sparsamer behaart. Aus Sieilien.“ — Da ich nicht genau mich erinnere, wo ich dasselbe gefangen habe, so wage ich nicht, den C. pumilio Kiesw. schon jetzt als schlesische Art aufzuführen, obwohl ich sein Bürgerrecht in der schlesischen Fauna nicht bezweifele.. Er würde zugleich auch für die deutsche Fauna neu sein. Was nun den Cryptohypnus tetragraphus Germ. und Ü. dermestoides Hbst. anbelangt, so kann ich von Kiesenwetters Vermuthung, dass die Verschiedenheit der letzten Art von der ersten der Gewissheit entbehre, nach dem mir zu Gebote stehenden reichen Materiale (über 120 Exem- plare von beiden Arten) wohl zu der Gewissheit erheben, dass beide nur eine Art sind. C. dermestoides ist sicher nur eine weniger voll- kommen ausgefärbte Form von C. tetragraphus. Von seinen Kennzeichen ist auch nicht eines constant. Nach Kiesenwetter (Insekten Deutsch- lands Band 4 Seite 367) hebt Germar als Unterscheidungszeichen des C. dermestoides hervor: 1) Den Mangel der 4 gelben Flecke auf den Deckschilden, welche C. tetragraphus besitzt. Allein diese Flecken sind bei letzterer Art an Grösse und Deutlichkeit höchst verschieden und erlöschen allmälig, bald alle 4 gleichmässig, bald die beiden an den Schul- tern allein, so dass diese bei manchen Exemplaren ganz fehlen, während der Fleck vor der Spitze noch von normaler Grösse und Bestimmtheit ist. Sind diese beiden Flecken auch fast verloschen, so kann man die betreffenden Exemplare eben so gut zu (. tetra- graphus, wie zu dermestoides rechnen; denn bei dem letzteren bleibt bei den meisten Exemplaren die Stelle der Decken unfern der Spitze mehr oder weniger düster bräunlich gefärbt, jedoch nach allen Seiten allmälig verwaschen. 144 Jahres-Bericht 2) Das schwarze erste Fühlerglied. Dies Kennzeichen kann um so weniger maassgebend sein, als selbst bei Normal-Exemplaren des C. tetragraphus nur selten das erste Fühlerglied ganz gelbroth, sondern bald mehr, bald weniger (von der Basis zur Spitze fort. schreitend) schwarz gefärbt ist, und auch Exemplare vorkommen, wo dasselbe ganz so dunkel wie bei Normal-Exemplaren von C. dermestoides ist. Bei dem Letzteren aber kommen eben so häufig auch Exemplare vor, bei denen die Färbung des Wurzel- gliedes mehr oder weniger röthlich ist. 3) Die in der Mitte dunkler gefärbten Schenkel. Dies Kennzeichen ist ganz unzuverlässig, da bei sonst ganz normal gefärbten C. der- mestoides nicht nur die vorderen, sondern selbst die Hinterschenkel des leisesten dunkleren Schattens entbehren; dagegen bei C. tetra- graphus selten alle Schenkel gelb, dagegen auch die verderen eben so dunkel vorkommen, als bei Ü. dermestoides. 4) Die im Verhältniss zum Halsschilde etwas kürzeren Flügel- decken. Auch dies ist kein Unterscheidungs-Merkmal. Zwar kommen Exemplare vor, bei welchen die Deckschilde etwas kürzer erscheinen, weil sie am Ende breiter sind, als bei andern, wo sie mehr zugespitzt erscheinen; beide Formen kommen aber auch bei C. tetragraphus vor und sind nichts weiter als Bezeich- nung für die beiden Geschlechter, indem die Exemplare mit hinten mehr abgestutzten Decken (es sind auch die kleineren) die Männchen, die andern die Weibchen sind. Für das Zusammengehören beider Arten spricht auch das gesell- schaftliche Vorkommen beider an denselben Orten. In Schlesien sind beide Arten häufig im trockenen, reich mit Steinen besäeten, sandigen Bett der Flüsse, welche unlängst das Gebirge verlassen haben, oder in breiteren Gebirgsthälern fliessen, und also einen weniger schnellen Lauf haben, wenigstens bei kleinem Wasserstande, z. B. der Weistritz bei Schweidnitz, der Glatzer Neisse bei Wartha, der Neisser Biele bei Frei- waldau, der Weichsel bei Ustron, der Katzbach bei Goldberg, des Queis bei Flinsberg u. s. w. Da der Herbst’sche Name C. dermestoides der ältere ist, so würde dieser wohl fortan allein das in Rede stehende Thier bezeichnen müssen. — Die verschiedenen Formen desselben lassen sich auf folgende Weise zusammenstellen: 1) Jede Flügeldecke mit zwei gelben Flecken, nämlich einem läng- lichen an der Schulter, und einem runden, scharf begrenzten un- fern der Spitze. Crypt. tetragraphus Germ. Ziemlich häufig. a. Erstes Fühlerglied ganz gelbroth, das 2. und 3. dunkler. b. Erstes Fühlerglied nach der Spitze hin in grösserer oder ge- ringerer Ausdehnung röthlich, die beiden folgenden heller oder der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 145 dunkler braun, das zweite öfters heller als das dritte und also mit dem äussern Theile des Wurzelgliedes gleichgefärbt. Die häufigste Form. c. Erstes Fühlerglied ganz dunkel, das zweite und dritte dunkel- “ bräunlich. Selten. d. Alle Schenkel gelb. Selten. e. Die beiden Hinterschenkel allein, oder, was am häufigsten ist, auch die vier vorderen Schenkel in ihrer Mitte mehr oder weniger dunkel. Ziemlich häufig. 2) Der Schulterfleck nur noch punktförmig, heller oder dunkler braun, der Fleck vor der Spitze normal, gross und rund. Ziem- lich häufig. Der Schulterfleck ganz erloschen, der hintere Fleck gross, rund, gelb oder röthlich. Erstes Fühlerglied meist schwarz, an der Spitze zuweilen bräunlich, zweites und drittes Glied braun oder pechschwarz. Schenkel sämmtlich mehr oder weniger schwärz- lich. Exemplare mit heller gefärbter Fühlerbasis und helleren Schenkeln kommen zwar vor, aber seltener. — Häufig. 4) Der Schulterfleck erloschen, der Fleck vor der Spitze klein, röth- lich oder bräunlich, am Rande verwaschen. Die Fühlerbasis und die Schenkel sind auch hier bald mehr gelbroth, bald mehr schwarz. Ziemlich häufig. 5) Auch der hintere Fleck erloschen, und nur als bräunlicher Punkt noch wahrnehmbar. Zuweilen ist auch der Schulterfleck noch als eben solcher Punkt zu erkennen. Diese Form kann man eben so gut zu (. tetragraphus als zu C. dermestoides rechnen. Ziemlich häufig. Die Decken schwarz, ohne hellere Flecken oder Punkte; doch zeigen die Flügeldecken unfern der Spitze meist immer eine un- bestimmte, trüb-bräunliche Färbung, welche einen verhältniss- mässig grösseren Raum einnimmt, als der gelbe Fleck in Var. I. Diese Form ist der C. dermestoides Hbst. — Hinsichtlich der Fär- bung der Fühler und Schenkel kommen hier alle sub b—e der ersten Form aufgeführten Abänderungen vor, und zwar so, dass die Exemplare mit dunkler gefärbten Fühlern und Beinen keines- wegs an Zahl die vorherrschenden sind. — Wie in der Fär- bung, so scheint diese Form auch hinsichtlich der Kiellinie nahe am Seitenrande des Thorax unvollkommener zu sein, da dieselbe öfters schon in der Mitte des Halsschildes verlischt, während sie bei den ersten Formen meist immer bis in die Nähe des Vorder- randes reicht. — Ziemlich häufig. 7) Die ganze Oberseite bräunlich roth. — Sehr selten. 8) Auffallend kleine, noch nicht eine Linie lange Exemplare, der 10 3 ni 6 a Z 146 Jahres-Bericht Färbung nach den vorstehend sub 1—6 aufgeführten Formen angehörend. Derselbe hielt ferner einen Vortrag über eine neue, von ihm in Schlesien an mehreren Orten gefangene Art der Gattung Anthobium, nämlich: Anthobium silesiacum n. sp., welche dem Anthobium Sorbi Gyl. und dem A. torguatum Marsh. nahe steht, sich aber von ersterem durch mehr gelbliche Färbung, grössere Breite des Halsschildes und der Decken, durch flacheres Halsschild und durch kürzere Flügeldecken, von A. torguatum durch die rothe Färbung der Hinterbrust und die fehlenden Höckerchen auf dem sechsten Bauch- Segmente des Männchens unterscheidet. Eine ausführlichere Beschrei- bung befindet sich in der Berliner entomologischen Zeitschrift. Derselbe trug ferner folgende, ihm von Herrn Lehrer Gerhardt in Lieenitz zugekommenen Mittheilungen über seltene oder für Schlesien neue Käferarten vor: Ueber einige seltene oder für Schlesien neue Käfer-Arten von Gerhardt in Liesnitz. Wenn die Auffindung neuer Käferarten in gut durchforschten Gegen- den Mittel Europas zu den seltenen Glücksfällen gehört, ist hingegen in Deutschland die Entdeckung ausserdeutscher, speciell in Schlesien das Auffinden ausserschlesischer minder selten. Interessanter schon ist der Fall, dass ein dem Süden oder höheren ‘Norden Europas angehöriger Käfer mit Ueberspringung der dazwischen liegenden Länder, also isolirt vorkommt. Es sei mir hier gestattet, aus dem Felde eigener Beobachtung einige solche Fälle anzuführen. 1) Ceuthorhynchus Javetü Brisout ist ein französischer Käfer, sehr ähnlich unserm C. crucifer, doch grösser und an den leicht ge- zähnten Vorderrandseiten des Thorax, sowie an den reihig ge- höckerten drei äusseren Decken-Zwischenräumen von jenem nicht unschwer zu unterscheiden. Er lebt auf Anchusa offieinalis und arvensis und ist bei Liegnitz in manchen Jahren nicht allzuselten. (Kommt nach Letzner auch bei Breslau vor.) 2) Hydroporus geniculatus Thoms gehört dem Norden Europas z. B. der schwedischen und lappländischen Fauna an. In Schlesien der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 147 bevölkert er die Hochmoore des Riesengebirges*), woselbst ich ihn auch dies Jahr wieder in Menge gefangen habe. Er sieht dem H. nigrita ähnlich, ist aber länglich eiförmig, oben weit- läufiger und stärker punktirt und das Z hat an der äussern Klaue seiner Vordertarsen einen deutlichen Zahn. 3) Acalles pyrenaeus Schh., eine aus den französischen Pyrenäen be- kannte Species, kommt in und unter der obern Waldregion des Riesengebirges vor, z. B. im Riesengrunde, unterhalb der Seiffen- lehne, in Mittel-Schmiedeberg und bei den Friesensteinen. Er ist zwar äusserst selten und ausser mir nur noch von Hrn. Ge- richtsrath Klette in Schmiedeberg gefunden worden, jedoch lässt sich aus den Fundorten auf seine weitere Vertretung schliessen. Bei ganz reinen Individuen treten auf dem Halsschilde zwei höckerartige Fascikel am Vorderrande und vier quer über die Scheibe deutlich vor, bei abgeriebenen erscheint das Halsschild eben und nur die Decken gehöckert. Von unsern deutschen Acalliden ist er der mit Höckern am zahlreichsten versehene. Amphibolus striatellus Brisout, in Frankreich bei Bugey, Grand- Chartreuse, Aix und Lyon gefunden, seit 1864 beschrieben, wurde vor einigen Jahren und auch dies Jahr wieder von mir von Tannen auf dem Hessberge geklopft. — Das Genus Amphi- bolus, mit Recht von Oligomerus getrennt, unterscheidet sich von diesem vorzüglich durch gleichmässig, nicht buckelig gewölbtes Halsschild, welches deutlich schmäler als die Decken ist und ohne deutlich abgesetzten Seitenrand erscheint, sowie durch die Geschlechtsdifferenzen: der Kopf des 3 ist mit seinen kugelig vortretenden Augen viel breiter, der des 2, fast schmäler als der Thorax, und die drei letzten Antennenglieder des g' sind lang- lineal, die des 2 deutlich nach dem Grunde verengt. Die Species A. striatellus Bris. hat nur noch einen nahen, auch deut: schen Verwandten an A. gentilis, von welchem sie sich vorzüglich durch die braunrothen gleichfarbigen Antennen, die angedunkelten Schenkel, die beiden deutlichen Schrägeindrücke auf dem Halsschilde und die ganz mit Reihen seichter, grösserer Punkte bedeckten Decken unterscheidet. Bei nicht geringer äusserer Aehnlichkeit mit Dryophilus pusillus und den schmalen Anobien kann diese Art leicht übersehen werden. An dem angegebenen Fangorte ist sie bisher von mir nur sehr sparsam beob- achtet worden. Ueber ihre weitere Verbreitung in Schlesien ist bis jetzt noch Nichts bekannt. 4 Nr *) Das Thier kommt ebenso häufig in den Wassertümpeln des Altvater-, Schnee- und Isergebirges, oft in Gesellschaft des Hydroporus nigrita und nivalis vor. Letzner. 10* -148 Jahres-Bericht Entomologische Excursionen in Krain und dem Küstenlande im Sommer 1864 nebst Beschreibung eines neuen Lathrobium vom Krn: | Lathrobium Krniense n. sp. von Dr. Gustav Joseph in Breslau. Krain betrat ich das erste Mal im November 1853, auf einer Reise nach Italien begriffen, die mich dreiviertel Jahr von Deutschland fern hielt. Der Aufenthalt in Adelsberg, bis wohin damals die Eisenbahn führte, war zu kurz, als dass ich mehr als flüchtig den Szowiez-Hügel besuchen konnte, auf welchem unter Moos Carabus catenatus Cz., emargi- natus Dfl., Philonthus laevicollis Lac., Otiorhynchus planatus F. und inflatus Schh., Chrysochus pretiosus F., damals für mich neue Species, alsbald in meine Hände fielen. Im Gegensatze zu dem trüben, düstern Eindruck, den das Land auf Jeden macht, der es nur flüchtig auf der Landstrasse durchzieht, oder vom Wagen aus kennen lernt, hatten sich zwei Mo- mente in meiner Erinnerung mit unauslöschlicher Kraft festgesetzt: der Besuch der Adelsberger Grotte und die zu der öden Steinwüste des Kar- stes sehr contrastirende Scene beim Anblicke des adriatischen Meeres und der herrlichen istrischen Küste von der Höhe von Optschina aus. Weder die anmuthigen Landschaften Italiens, noch die ergreifenden Ein- drücke in den Alpen Tyrols, Steiermarks und Kärnthens waren später im Stande, jene Erinnerungen abzuschwächen. Dies und der besonders leb- hafte Wunsch, das Leben der Thierwelt in den Grotten aus eigner An- schauung kennen zu lernen, führte mich im Sommer 1864 wieder nach Krain. Am 21. Juli langte ich in Laibach an, um den um die Krainer En- tomologie so verdienten Ferdinand Schmidt in Untershiska zu be- suchen, seine reichen Sammlungen kennen zu lernen und von ihm, dem viel erfahrenen Forscher, Winke für die zweckmässigste Bereisung der Grotten zu empfangen. Ausser vielen andern Unbequemlichkeiten, z. B. dem Wassermangel, der Unwirthlichkeit der Dorfgasthäuser, hat der zu Fuss Reisende in Krain noch mit der Schwierigkeit, sich verständlich zu machen ganz besonders zu kämpfen. Ich hoffte deshalb von Herrn Schmidt auf etwa an den verschiedenen Orten vorhandene brauchbare Führer aufmerksam gemacht zu werden. Obgleich ich Laibach im Herbste 1853 nur flüchtig gesehen, so hatte sich doch die Physiognomie der freundlichen Stadt mit dem aus ihr em- porragenden Schlossberge, ihrer Umgebung und der im Norden sie über- ragenden zackigen Kette der blauen Steiner Alpen treu meiner Erinne- rung eingeprägt. Schon am nächsten Morgen eines prächtigen Tages (22. Juli) besuchte ich auf Schmidt’s Anweisung zwei kleine Grotten (Brezen) ir der Nähe von Untershiska, in Utik am Fusse eines aus Kalk- fels bestehenden Bergrückens (Tosco celo). Ich legte den anmuthigen der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Qultur. 149 Weg dahin durch zwei Dörfchen, über Wiesengründe und ein kleines Wäldchen in 1'/, Stunden zurück. Limenitis Lucilla und Sybilla, Apatura Iris und Ilka, Hipparchia Briseis und Hermione sowie mehrere Lyeänen- arten hätte ich daselbst häufig fangen können. Doch hatte ieh keine Geduld dazu und eilte fort. In Utik angelangt fand ich nach einigem Suchen einen mit Behauen von Nutzholz beschäftigten Mann, mit dem ich mich zur Noth italienisch verständigen konnte. Er brachte mir alsbald eine Leiter, auf welcher ich in die Grotten hinabstieg. Beide befanden sich im Gehölz von Gesträuch und Buschwerk überwachsen. Den Ein- gang in die erstere bildete ein kleiner Triehter von !/, Klafter Durch- messer und 2 Klaftern Tiefe, der in einen niedrigen mit Tropfsteinen gezierten Raum führte. Eine mit Kalksinter überzogene Säule theilt den- selben in zwei Gänge, deren jeder eine Länge von etwa 4 Klaftern hat, Ich fand hier meine ersten Grottenthiere, nämlich zwei Exemplare von Troglorrhynchus amophthalmus Schm. und einige von Carychium lautum, die ruhig an den Wänden sassen. Die andere Grotte, ebenfalls mit schacht- artigem Eingange, der in einen flaschenförmig ausgedehnten Raum führte, ergab ein Exemplar von Adelops Milleri 8. zur Ausbeute. Die Freude über diesen Fund und dieser erste, in meinen Augen so reiche, Erfolg ermuthigte mich ungemein zur Fortsetzung meines Reiseplanes. Das nächste Ziel war Franzdorf, im Süden des Laibacher Moores, durch einen srossarligen Eisenbahn-Viaduct ausgezeichnet. Daselbst befindet sich eine horizontal verlaufende, leicht zugängliche Grotte an einem Bergab- hang, die man sich von jedem Bahnwärter zeigen lassen kann. Die Grotte wird von einem Bächlein durchströmt und ist im Innern ziemlich geräumig. Nach etwa 30 Schritten geht zur Linken (vom Eingange aus gerechnet) ein kurzer Seitengang ab, der mit Tropfsteinen geziert ist und ein wenig aufwärts führt. Die Hinterwand der Haupthalle senkt sich so tief auf den Boden herab, dass eben nur das Bächlein unter ihr seinen Weg findet. Durchkriecht man diesen Engpass, so gelangt man in eine zweite Kammer, an deren Hinterwand das Wasser aus einer Spalte hervorquillt. Mehrere Sphodrus Schreibersü Küst.,, Adelops Kewenhülleri Mill, sowie Tianethes albus Schiödte, Anurophorus stillieidii Sch. unter Steinen, Niphargus stygius Sch. (Grottenkrebs) unter Steinen am Bache fielen in meine Hände. Der Bach rieselt, aus der Grotte getreten, bergabwärts über bemooste Felsen, an denen sich Elmis aeneus häufig fand. Zugleich wurden einige Exemplare von Scydmaenus Motschulskiü und von, auch bei uns vorkom- menden, Pselaphinen gekötschert. Der angenehmste Fund war aber die Bekanntschaft mit Herrn Caplan Robie, einem eben so liebenswürdigen Forscher, als eifrigen Sammler, der es bis jetzt verschmäht hat, aus dem reichen Schatze seines naturhistorischen Wissens Etwas zu veröffentlichen. Ihm verdanke ich die Kunde von einer Anzahl sehr verborgener Grotten, deren Auffindung mir wahrscheinlich nicht gelungen wäre. Derselben 150 Jahres-Bericht soll in einer spätern Arbeit im Zusammenhange mit andern Grotten in der Umgebung Laibachs, Laaks, Krainburgs, Veldes und des Terglou, welche ich im Jahre 1865 besuchte, gedacht werden. Zunächst beabsichtigte ich den Zirknitzer See und dessen Umgebung kennen zu lernen und fuhr am 23. Juli nach Station Rakek. Am fol- genden Morgen machte ich mich auf den Weg nach Zirknitz, der mich bald über eine Höhe führte, von der aus ich das Zirknitzer Thal und den See in Gestalt eines Silberbandes überblicken konnte. Jenseits des Thales ragte von fern auf einem waldigen Berge eine Kirche empor — die Wallfahrtskirche auf dem Kreuzberge bei Laas — mit dessen Hohl- räumen ich ebenfalls bekannt zu werden beabsichtigte. Ein weiter Thal- kessel und in dessen Grunde ein von Südost nach Nordwest hinziehender Spiegel öffnete sich immer mehr meinen Blicken. Da lag er also, der fabelhafte See, den ich schon von früher Jugend her dem Namen und den merkwürdigen Eigenschaften nach kannte. Die darum stehenden Berge, die höchsten an den Lehnen mit aufragenden Felsenkämmen, haben so eigenthümliche Gestalten und es ragen so viele Vorgebirge, Landzungen und Halbinseln in das Seebecken, dass ich mir wohl ge- stehen musste, vor einer ähnlichen Physiognomie der Landschaft noch nicht gestanden zu haben. Obgleich es schon lange nicht geregnet hatte, war doch noch mittlerer Wasserstand und der See hatte eine Ausdeh- nung von 2'/, Stunden in die Länge und 1 Stunde in die Breite. Von den vier Inseln des See’s besuchte ich eine, welche Venetate, Klein- Venedig, heisst. Von den Sauglöchern und Trichtern, durch welche der See unterirdisch abläuft oder seine Zuflüsse erhält, konnte ich nur zwei bei höchstem Wasserstande zum Abfluss dienende sehen. Die Höhlen Velka und Mala Terglauza waren nicht zugänglich. Ostwärts waren die Ufer flach und sandig und boten Gelegenheit zum Sammeln. Aber mit Ausnahme von Chlaenius festivus und velutinus waren es nur gewöhnliche Arten der Gattungen Chlaenius, Anchomenus, Bembidium, Heterocerus, Par- nus, sStenus und Philonthus. Auf Sparganium war Bagous lutulentus Gyll. ziemlich häufig, Das Schilf und die Gesträuche am Ufer waren arm an Insekten. Das Städtchen Zirknitz wird durch Unterseedorf mit dem See ver- bunden. Mittags setzte ich meine Reise mit der Botenpost nach Laas fort. Die Strasse (Bezirksstrasse) durchzieht das Zirknitzer Thal, die Dörfer Martinsbach und Scheraunitz und ersteigt im Angesichte einer herrlichen Gebirgsscenerie den ziemlich beschwerlichen Pass am Fusse des Kreuzberges, um in das jenseitige Thal zu gelangen. Hier hat man eine der vielen wasserlosen Thalmulden des Karstes unter sich, an deren oberem Ende die wenigen Häuser von Podlaas liegen. Am Ausgange dieses schmalen Thales öffnet sich links der Kessel, in welchem das Städtchen Laas (Terpo der Römer) gelegen ist. Ein eigenthümlicher der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 151 Anblick; es ist die Karstphysiognomie, wie sie statt anderwärts an nackten Felsenwüsten hier an Thalmulden, die mit Vegetation bedeckt sind, sich darstellt. Wenn man in den Alpen eine Höhe erstiegen hat und in ein neues Thal hinabblickt, so wird man auf dessen Grunde einen Alpensee oder einen Bergstrom, einen lustig dahinfliessenden Bach er- blicken, was zur Hebung des Malerischen der Landschaft nicht wenig beiträgt. Im Karst ist es anders. Weite Kesselthäler und Mulden blicken aus der Tiefe herauf, zuweilen umsäumt von nackten grauen Kalkstein- felsen, zuweilen spärlich bewaldet, aber das belebende Element fehlt ihnen. Den herrlichen Schmelz der Matten, das saftige Grün der tyroler, kärnthner und steirischen Alpenthäler und Abhänge sucht man hier ver- seblich. Und doch haben auch diese Landschaften einen eignen Reiz, den des Geheimnissvollen. Wer nach starkem, anhaltendem Regen oder plötzlichem Thauwetter hier eintrifft, vor dessen Augen wird sich eine ganz andere Scene entwickeln. Durch zahllose, kaum bemerkbare Spal- ten, Ritze und Löcher im Boden, an den Berglehnen und Felsen dringt aus unterirdischen Reservoirs Wasser hervor und der Thalgrund wird vorübergehend von einem Wasserspiegel bedeckt, ein See. Wie oben angedeutet, ist die Podlaaser Mulde durch einen Bergrücken von dem Thalbecken getrennt, in welchem Laas, und eine Viertelstunde weiter — segen den Schneeberg zu — Altenmarkt liegt. Im Wirthshause in der Nähe der Post zu Laas fand ich ein leid- liches Unterkommen und besuchte noch an demselben Tage in Beglei- tung des Sohnes des Wirthes zwei Grotten. Zuerst eine kleine im Hin- tergrunde des Laaser Thalbeckens in der Nähe der Kirche. Dieselbe ist etwa 12 Klafter tief und verläuft in vielen Windungen bis zu einem Wassertümpel, in welchem ich mehrere Prot6en (Hypochthon Laurentii und Freyeri Fitz.) erhaschte. Die Höhle, aus welcher bei anhaltendem Regen das Wasser mit grosser Gewalt hervorbricht und zuweilen auch Prot&een herausschleudert, ist an mehreren Stellen 3 bis 5 Klaftern hoch, meist aber niedriger. Ihre Wände sind nur übersintert und arm an Tropfsteinen, ihr Boden lehmig. Sie beherbergt eine grosse Anzahl Fledermäuse, in deren Dejeetionen Homaloia spelaea Er. ziemlich häulig war. Sphodrus Schreibersüi Küst., Adelops Milleri St. Tianethes albus Schiödte - wurden in mehreren Exemplaren gesammelt. Ergiebiger war die Grotte am Kreuzberge (merzla jama). Links vom Wege nach Zirknitz, da, wo der Weg von Podlaas heraufkommt, wendet man sich durch den Laubwald abwärts — ohne Pfad — und erreicht bald den Wiesengrund eines Kessels von bewaldeten Höhen ringsum eingeschlossen, am Fusse des Kreuzberges. Hinter einem Hügel von bemoosten Felstrimmern erhebt sich eine dunkle Felswand. Man ersteigt den Hügel und steht vor dem Eingang der Höhle, die sich in jener Felswand befindet, unten von 25 Fuss Weite. Der Trümmerhügel 152 Jahres-Bericht setzt sich nach innen am Boden der Höhle fort. Eine sehr kalte Luft hauchte aus dem uns entgegenstarrenden schwarzen Schlunde. (Mein Ther- mometer zeigte (8 Uhr Nachmittags) im Schatten 12 Schritt vor der Höhle 18°, am See im Innern der Höhle 7°% am Bache 6,5°). Man hält sich längs der Wand zur Rechten und bemerkt schon anfangs Klüfte, die in Seitengänge führen. Man gelangt nun an einen zweiten Trümmer- berg, über welchen man mit grosser Anstrengung und Vorsicht hinüber- klimmen muss, und kommt in einen mit Tropfsteinen gezierten Dom von etwa 100 Fuss Breite und vielleicht 30 Fuss Höhe, aus dessen Hinter- srunde ein gewaltiger Tropfsteinkegel emporsteigt. Die lautlose Stille der Finsterniss wird jetzt durch Rauschen unterbrochen, dessen Ursache nach Ersteigung jenes Kegels erkannt wird. Man steht nämlich vor einem Abgrunde, der sich nach rechts und links in unabsehbares Dunkel verliert und in dessen Tiefe man nach dem Herabsteigen einen Bach von rechts nach links vorüberbrausen sieht. Ehe ich hier hinabkletterte, er- beutete ich einen noch unbeschriebenen Anophthalmus, den ich unter dem Namen pilosus m. zu veröffentlichen beabsichtige. In dem wild zerrisse- nen ausgewaschenen , deutlich geschichteten Gestein am Bachrinnsal sammelte ich einige Exemplare‘ von Niphargus stygius 8. Nachdem wir flussaufwärts etwa 70 Klafter vorgedrungen waren, erweiterte sich die Höhle und wir kamen plötzlich an einen See. Der Eindruck, den dieser Anblick in der nächtlichen Stille und unheimlichen Abgeschiedenheit auf das Gemüth macht, ist ein gewaltiger, und es dauerte einige Zeit, ehe ich mich zum Weitergehen zu sammeln vermochte. Beim Scheine meiner Kerze sah ich wohl Proteen, ohne sie aber erreichen zu können. Der See schien von der steil abfallenden Höhlenwand ringsum eingeschlossen; nur rechts konnten wir längs seines Ufers weiter vordringen und gelang- ten zu einem, etwas aufwärts verlaufenden, Seitengange von vielleicht 50 Klaftern Länge, der sowohl an den Wänden als auch am Boden reich an Tropfsteinen war. Hier fand ich ein zweites Exemplar der vorher- erwähnten neuen Anophthalmusart. ‘Am linken Ufer des See’s zeigte sich eine Kluft, aus welcher dumpfes Getöse wie von einem Wasserfall her- aufdrang; auch an der südlichen Ecke des See’s öffnete sich eine kurze Seitengrotte, die in einem Wassertümpel endete. Letzterer lieferte ein Exemplar von Hypochthon Freyeri. Obgleich meine Uhr 8 Uhr zeigte, so beabsichtigte ich doch noch den merkwürdigen Seitengang zu besuchen, der sich gleich zu Anfange des Seebeckens an der linken Hauptwand öffnet, und in welchem nach Aussage meines Begleiters Knochen von dem vorweltlichen Ursus spelaeus gefunden worden sind. Ein riesiger Tropfsteinkegel ragt hier aufwärts empor, der, mit feuchtem Lehm über- zogen, schwer zu erklimmen war. Oben angelangt gähnte ein weiter tiefer Abgrund entgegen. Obwohl anf der Oberfläche des Kegels massen- hafte Dejecetionen von Fledermäusen zu sehen waren und einige Adelops der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 153 Milleri St. zum Vorschein kamen, so zeigte sich auch nicht ein Exem- plar von Homalota spelaea Er. Auch später begegnete mir die Erfahrung, dass dieselbe nicht sehr tief in’s Innere der Grotten eindringt und voll- ständige Finsterniss meidet. Dasselbe gilt von den Arten des Genus Spho- drus. Der Kegel an jenem Abgrunde war offenbar zu weit vom Grotten- eingange entfernt. Auf Felstrümmern gelang es, in den Abgrund hinab- zuklettern, eine der unheimlichsten Partien der Höhle. Den Boden des Abgrundes füllte Wasser und fusstiefer Schlamm aus, den ich nicht durch- waten konnte. So musste ich ohne Beute an vorweltlichen Knochen um- kehren und gelangte zum Hauptgange zurück. Im grossen Dome besuchte ich bei dem vorgenannten Tropfsteinkegel einen linken Quergang, an dessen einer Wand ein Exemplar von Anopthalmus Schaumii umherklet- terte. Wieder zweigte sich links eine Seitenkluft ab, die sich ebenfalls in einen rechten und linken Arm theilte. Rechts kamen wir zu Wasser, welches aus einer Spalte und unter den Steinen hervorrauschte und in dessen Nähe ich ein Exemplar von Niphargus stygius Schiödte unter einem Öteine fand. Eine andere linke Seitenkluft des Hauptganges bei einem grossen Felsblocke führte uns durch eine geräumige Halle zu einem klei- nen Wasserbecken, neben welchem ein grosser Stalagmit steht und ein Hypochthon Freyeri auf dem unebnen Boden kroch, um zu seinem Le- benselement, dem Wasser, zu gelangen. Die Bewegungen ausserhalb des Wassers waren langsam und schwerfällig, gewähren aber dem Thiere die Möglichkeit, aus ausgetrockneten Grottenbassins in wasserhaltige zu kommen. Die Kiemenbüschel hängen dabei schlaff herab. Nach dem Wasserbecken folgte noch eine zweite Halle, die in einen immer enger werdenden Gang führte, der nahe bei einigen Flügeldecken von Anoph- Ihalmus Schaumii eine schöne Stalita taenaria 9. zur Beute gab. Durch das mehrere Stunden fortgesetzte Schauen und emsige Suchen bei meist gebückter Stellung des Körpers, durch die ergreifenden Ein- drücke und durch die Aufregung, welche jeder neue kostbare zoologische Fund in mir erreste, trat jetzt gegen 10 Uhr Abends Ermüdung ein, welche mich nöthigte auf den Besuch des gleich beim Eingange in die Grotte sich rechts öffnenden, mit schönen Tropfsteinen reich gezierten Seitenganges zu verzichten und die Grotte zu verlassen. Es ist ein wohl- thuender Eindruck, wenn man aus dem Reiche der ewigen Finsterniss ans holde Tageslicht zurückkehrt. Als ich aus der Grotte trat, fehlte dieser Contrast. Es war längst Nacht und nur der Sternenhimmel und die mich anfächelnden lauen Abendlüfte deuteten mir an, dass ich wieder der Oberwelt angehörte. | Die Bilder der reichen Erlebnisse des vergangenen Tages umgau- kelten mich noch im Traume am Morgen des 25. Juli, als verabredungs- gemäss ein alter Forstwart mich weckte, um mich auf einer Exeursion nach dem Laaser Schneeberge (slov. Snisnick, 5332 Fuss hoch) zu be- 154 Jahres-Bericht gleiten. Wir waren bald über Altenmarkt hinaus in das freie, wiesen- srüne, von dunklen Waldbergen umrahmte Schneeberger Thal gekommen und hatten das Schloss Schneeberg erreicht. Der Oberchbach, der sich in vielen Krümmungen durch das Thal windet, wurde mehrmals über- schritten, endlich verschwand er in einem der Sauglöcher. Die Sonne stieg immer höher und mit ihr die tropische Hitze und unser Durst, nach- dem unsere flüssigen Vorräthe erschöpft waren; aber keine Quelle labte die durstigen Wanderer. Es war überhaupt alles trocken und dürr und nirgends — wir mochten klopfen und kötschern, oder Steine umdrehen, so viel wir wollten — zeigte sich ausser einigen Exemplaren von Molops Cotelü, welche sich an die Wurzeln von Cytisus purpureus fast 1/, Fuss tief in die Erde geflüchtet hatten, einigen Opatrum Viennense und Pedinus femoralis, irgend etwas Bemerkenswerthes von Insekten. Zu diesem, fast resultatlosen, Suchen kam noch der Umstand, dass wir, auf dem mühsam erklommenen Gipfel angelangt, keine lohnende Aussicht in die Ferne hatten, die ganz von Höhenrauch verschleiert war. Kaum wurde die Ungunst des Schicksals durch das Auffinden eines Carabus caelatus mit blauen Flügeldecken unter einem Steine und einer Anzahl von (. croa- ticus Dej. in alten modernden Baumstümpfen vermindert. Im Frühlinge müsste hier eine viel grössere Ausbeute zu machen sein. Der hohe Sommer ist sicher von allen Jahreszeiten für das Sammeln auf den Krainer Bergen die ungünstigste. Spät am Nachmittage erreichten wir wieder den Oberchbach, dessen warmes Wasser kaum trinkbar war; Abends traf ich wieder in Laas ein. Am Morgen des 26. Juli besuchte ich nochmals die Grotte am Kreuz- berge, um den beim ersten Besuche ausgelassenen ersten Seitengang zu besichtigen. Er gab kein entomologisches Resultat. Dagegen hatte ich vor der Grotte unter abgefallenem Laube ein Exemplar von Carabus Dal- matinus und im Walde einen grossen modernden Pilz gefunden, welcher eine Schaar von Gyrophänen (G. nana Poyk, affınis Sahlb. und congrua Er.) zu Gästen hatte. Die Botenpost brachte mich wieder nach Rakek zurück, von wo aus ich alsbald die beiden sehenswerthen natürlichen Felsenbrücken, die eine von St. Kanzian bei Maunitz, die andere noch grossartigere bei der Ruine der obern Selsacher Sägemühle betrat. Indem Walde, durch welchen der Weg zu ersterer führte, war Aptinus mutillatus, den ich bis dahin noch nie gesammelt hatte, ziemlich häufig; auch ein Ex. von C. caelatus mit tiefblauen Flügeldecken fiel in meine Hände, des- gleichen ein todtes verstümmeltes Exemplar von Morimus lugubris, der hier nach Aussage eines Holzhauers im Juni häufig sein soll. Von Maunitz gelangte ich über einen Bergrücken unter dem neuen Schlosse Haasberg vorbei nach Planina. Durch eine Brettmühle, deren Besitzer so gütig war, mir einen erfahrenen Arbeiter als Führer zum Besuch der Planinagrotte mitzugeben, gelangt man in eine der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 155 schöne wiesengrüne Schlucht, deren Hintergrund der grüne Wasserspiegel eines Teiches so sehr erfüllt, dass an den ihn begrenzenden schroffen Felswänden kaum ein fussbreiier Raum zu einem Wege übrig bleibt. Eine imposante fast senkrechte Kalkfelswand schliesst den Hintergrund. An ihrem Fusse öffnet sich 60 Fuss hoch und 90 Fuss breit eine Höhle, aus welcher der Fluss hervorbricht, um den vorerwähnten Teich zu bil- den. Nur am linken Ufer konnte man zu Fuss zur Höhle gelangen und in ihrer Mündung über Gerölle links weiter vordringen. Die Höhle erweitert sich alsbald zu einem schönen Dom, an dessen gelblich grauen, stellenweise mit grünlichem Sinter üdertünchten Wänden ich einige Exem- plare von Carychium lautum und einer bisher noch nicht bestimmten Spe- cies sammelte. Das Wasser fliesst ruhig und wir stiegen in einen zur Fahrt bereit stehenden Kahn. Von links ertönt Rauschen aus dem Dunkel. Der Dom biegt nach einem Verlaufe von 70 Klaftern in grader Richtung nach links, um noch 30 Klafter weiter sich zu erstrecken. Die Höhle schliesst sich jetzt bis auf ein 5 Klafter hohes Thor, aus welchem der Fluss hervorbraust und durch welches wir mit Mühe der Strömung entgegen weiter vordrangen. Wir stiegen aus dem Kahn, klommen über einen Trümmerhaufen und standen vor einem von undurchdringlichem Dunkel erfüllten sehr grossen Raum (Chorinsky-Dom), aus dessen Grunde das Tosen des Flusses heraufbrauste. Mit Mühe kamen wir rechts längs der Lehne eines Trümmerberges weiter gegen das Ende des Doms und stie- gen zum Flusse hinab, an welchem ein gewaltiger Felsblock lag, wo ich einige Carychien fand. Wir stiegen in einen daselbst befindlichen Kahn, um stromaufwärts weiter vorzudringen. Diese unterirdische Wasserfahrt erforderte grosse Vorsicht. Man musste oft mit Kraft der Strömung ent- gegenarbeiten und doch sich hüten, an die seitlich oder unter Wasser befindlichen Felsen anzuprallen. Ein schmales, 8 Klafter hohes Thor öffnete sich jetzt im Hintergrunde des Chorinsky-Doms, aus welchem der Fluss herausströmt. Nach innen zu erweitert und erhöht sieh dasselbe. An der linken Wand tritt dann eine Sintermasse aus einer Kluft heraus, weiterhin erscheinen noch mehrere soleher Sintermassen und man kommt dem Donnern eines Wasserfalles ımmer näher; die Wände des Thores treten endlich ganz auseinander und wir befanden uns mit Erstaunen auf einem See (von 240 Fuss Länge und 150 Fuss Breite). Das war nun freilich ein See grösserer Dimensionen als in der Kreuzberghöhle. Der Eindruck war auch schon deshalb viel mächtiger, als wir uns nicht am Rande, sondern auf demselben in einem Fahrzeuge befanden. Es war eine überaus erhabene und tief ernste Scene, deren Bild nie in mir er- löschen wird. Unwillkürlich trat die Vorstellung der Alten vom Styx, von dem Nachen und dem Fährmann mir vor die Seele. So mächtig war der Eindruck, dass ich an’s Sammeln vergass. Die Wände des Sees — nacktes Gestein — steigen überall schroff aus dem Wasser empor. 156 Jahres-Bericht Durch die nächtliche Einsamkeit tönte das Donnern des Wasserfalls um so schauriger, je näher wir demselben kamen. Der See wird aus dem /usammenströmen von zwei Flüssen gebildet, einem zur Rechten und einem zur Linken (Poik). In letzterem befindet sich der Wasserfall. Der Canal zur Rechten ist anfangs breit, verengt sich aber immer mehr. Zur Seite bunte Sintermassen und ein weisser länglicher Stalagmit (Isis- säule). Wir stiegen bei einem Trümmerberge aus und legten den wei- tern Weg zu Fuss zurück, bis zu einer Stelle. wo man nur zu Wasser weiter kommen kann. In mehreren kleinen Bassins sammelte ich Ay- pochthon Laurentii F. Nach der Aussage meines Begleiters gelangt man auf weiterer Fahrt zu einem etwas grösseren Bassin, in welchem es von Prot&en wimmelt und ausserdem zu einem Seitengang, der die schönsten und reinsten Tropfsteingebilde in ganz Krain enthält. Wir kehrten zum grossen See zurück, um den Wasserfall im linken Arm (Poik) zu besu- chen, und hielten uns jetzt an der linken Höhlenwand. Aus dem See kamen wir in eine anfänglich breite Bucht, die bald zum Wasserfall führte, der sicher 10 Fuss hoch über Felsen in milchweissem Schaume herabstürzt. Der fernere Theil dieses linken Armes (Poik-Canal), den man nach Uebersteisung eines Trümmerhügels wieder nur zu Wasser besichtigen kann, soll noch grossartiger als der rechte sein. An dem Trümmerhügel kamen unter Steinen Tianethes alb. Sch., Anurophorus stil- lieidii Sch., Anophthalmus hirtus St., an einer Wand Blothrus speleus Sch. mehrfach zum Vorschein. Die Temperatur der Luft war Abends 9 Uhr 90 R., das Wasser 7° die Luft im Planina 14° R., des Teiches vor der Grotte 16° R. Die Rückkehr aus der Höhle erfolgte, Dank der Vorsicht meines Begleiters, ohne jeglichen Unfall. Die Nacht war bereits herein- gebrochen, als wir die Oberwelt wieder erreichten. Ich übernachtete in Oberplanina in einem sehr guten Gasthause (zum schwarzen Adler?), um an dem herrlichen Morgen des 27. Juli nach Adelsberg zu fahren. Ueber Adelsberg hatte sich am vorhergehenden Tage ein Schwarm von Theilnehmern am Stangen’schen Extrazuge, welche von Venedig zurückgekehrt waren, ergossen und ich fand sie bei meinem Eintreffen vor dem Bureau der Grotten-Verwaltung in grosser Schaar aufgestellt, wo ihr Führer Stangen wegen des Preises der sogenannten grossen Kerzenbeleuchtung der Grotte verhandelte. Obgleich mein Inneres noch übervoll von den mächtig ergreifenden Bildern der vorangegangenen Tage, die Aussicht auf zoologische Ausbeute = 0, die Grotte überdies mir von früher bekannt war, so wollte ich mir doch die Gelegenheit nicht ent- gehen lassen, zu dem billigen Preise von -— wenn ich nicht irre — 1, Gulden den grossen Dom, den Vorhang und den Calvarienberg bei „grosser Beleuchtung“ zu sehen und nahm deshalb an dem Besuche der Grotte Theil. Schon nach zwei Stunden war derselbe beendet, und ich hatte hinlänglich Zeit, noch am Vormittage mit einem Führer zur Magda- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 157 lenengrotte zu wandern. Obgleich der Weg dahin über den $zowiez- hügel, über öde Steinwüsten, durch dichtes Buschwerk, Wald und Rasen- plätze, also über höchst mannigfaltige, zum Sammeln geeignete, Locali- täten führte, so war doch — einige unbedeutende, auch anderwärts häufige Species abgerechnet — z. B. Chrysochus pretiosus auf Oynanchum Vincetoxicum, Chrysomela cerealis var. mixta, so wie Carabus Catenatus D/l. unter Steinen, abgeflogene Apaturae Iris und Ika an der Landstrasse nach Planina, die wir eine Strecke weit gingen, nichts Bemerkenswerthes zu finden. Die Zeit zu einem erfolgreichen Sammeln war offenbar längst hier vorüber. Es war alles welk und dürr. Von einem kleinen Rasen- platze, wo Cieindela Germanica häufig war und in einigen schwarzen und blauen Varietäten gefangen wurde, wandten wir uns links durch Busch- werk und Nadelwald in eine Doline abwärts steigend und sahen uns plötzlich vor einer hohen blauschwarzen Felswand, die den Hintergrund des Kessels bildete und an deren Fusse der breite, aber niedrige schwarze Schlund der Magdalenengrotte entgegengähnte. Das ganze Bild hat etwas Schauriges und Düsteres. Unter die Wölbung getreten, befanden wir uns auf einer Art von Terrasse, die mässig steil in die Höhle hinabstürzt. An den Seitenwänden Schaaren von Phalangopsis cavicola. Grade hinab gelangten wir auf sehr schlüpfrigem Boden in eine grosse Halle mit rie- sigen Tropfsteinsäulen, an deren Füssen zahllose Trümmer zerbrochener Stalaktiten lagen. Wir kamen später zu einem Wassertümpel, in wel- chem sich Prot&en aufhalten sollen, ich aber keine entdecken konnte. Unter Steinen am Rande Niphargus stygius 8., an trockneren Stellen Anophthalmus Schmidtii sowie Sphodrus Schreibersiü und Schmidtü, in dem verlassenen Gespinst einer Spinne (Epeira fusca?) ein verstümmeltes Exem- plar von Leptodirus Hohenwarti. Im grossen Dome unter Steinen Tiane- thes albus S. und Anurophorus stillicidü $. Auch die beiden grossen Sei- tengänge, einen zur Rechten und einen zur Linken, von Fackelruss ge- schwärzt, von Menschenhänden ihres Schmuckes an Tropfsteinen beraubt, wegen des feuchten lehmigen Bodens beschwerlich zu durchwandern, ergaben ähnliche Funde. Die Temperatur der Grotte war kälter als in der mehrere Stunden früher besuchten Adelsberger Grotte, nämlich an dem erwähnten Wasser 6° R., während dort am Calvarienberge 7,5°. Wir besuchten noch den eine halbe Stunde nördlich von der Mag- dalenengrotte gelegenen Abgrund, aus welchem das Rauschen der ihn durchströmenden Poik heraufdringt und an dessen Boden sich die höchst interessante Poikhöhle (Piuka-jama) öffnet. An dem buschreichen Rande desselben fand ich unter Steinen Ocypus pedator Grav., Batrisus formicartus, Molytes Illyrieus Schh., Otiorrhynch. Duinensis Germ. und Timarcha pra- tensis. Auf dem Rückwege nach Adelsberg fing ich bei Sonnenuntergang eine Anzahl (noch unbestimmter) Cryptophagen im Fluge. - Der folgende Tag (28. Juli) war für den Besuch der Grotten in 158 Jahres-Bericht Lu&g — zu den sonderbarsten Merkwürdigkeiten in Krain gehörend — bestimmt. In Begleitung eines Kaufmannes aus Breslau, der von der Stangen’schen Reisegesellschaft zurückgeblieben war, um mit mir das abenteuerliche Schloss zu sehen, brach ich früh, ohne jeden andern Führer als meine vortreffliche Charte, dahin auf. Die Dörfer Ottok, Sagon und Prestawa waren bald passirt. Auf dem nun folgenden Fuss- wege behielt ich die Kapelle $. Georg zur Rechten, den Nanos zur Lin- ken. Als der Fussweg ganz aufhörte, hielt ich mich stets gradeaus und gelangte abwechselnd über Hügel und Vertiefungen, Wiesen und Wald zu meinem Ziele. Die in der heissen Sommerszeit spärliche Vegetation des trocknen Kalkbodens schied sich scharf von der weit üppigern des in der Tiefe noch immer etwas Feuchtigkeit bergenden Sandsteins zu- nächst der Poik. Trotz der zum Sammeln einladenden mannigfaltigen Oertlichkeit zeigte sich nichts Bemerkenswerthes von Insekten; selbst an koprophagen Lamellicornien war die Gegend arm. Obgleich ich emsig Gebüsche abklopfte, Wiesen abkötscherte, Steine umdrehte und jeden Ameisenhaufen, der sich bemerklich machte, durchstöberte, hatte ich doch nur 2°, Stunden zu dem Wege bis zum Dorfe Predjama (slov. Name für Luög) gebraucht. Die kleine Häusergruppe des Dorfes liegt am öst- lichen Rande einer Wiesenschlucht, in welcher der Lokwabach einige Sägemühlen treibt. Nördlich erscheint diese Schlucht von einer grauen (65 Klafter hohen) Felswand geschlossen, welche aus derselben äusserst schroff, senkrecht emporsteigt. In dieser Kalkwand befinden sich, wie die Oeffnungen zu Schwalbennestern, Schlossfenster, und die Mündungen von fünf Grotten, welche in verschiedener Grösse und Richtung in Etagen über und nebeneinander verlaufen. Vom Dorfe geht man am Bergab- hange fort, passirt die Brücke über den Schlossgraben und zieht durch das Thor (Wappen der Cobenzl 1583) in die abenteuerliche Höhlenburg ein. Es würde den für diese kleine Arbeit zugemessenen Raum bei Weitem überschreiten, wollte ich das höchst complieirte Innere der zum grössten Theile verfallenen alten Burg und die in drei Etagen noch be- wohnte, in späterer Zeit erbaute, schildern. Ich verweise hier auf Val- vasor’s und Nagel’s Werke. Das Innere der alten Burg, welche sich ganz in einer Grotte befand, ist verfallen, mit Schutt und "Trümmern er- füllt, finster und scheint eher zum Aufenthalte von Eulen und Bären als für Menschen geeignet gewesen zu sein. Nahe bei der Cisterne in derselben, welche noch jetzt das ganze Schloss mit Wasser versorgt, und in der von hier auf einer Holztreppe erreichten obersten Grotte waren Pristonychus elongatus Dej., Sphodrus Schmidti und Schreibersi, Homalota spelaea Er., Quedius fulgidus mit schwarzen Flügeldecken unter Steinen ziemlich häufig. In einer Seitengrotte der Burg, in welcher durch einen Schacht von oben noch Tageslicht hineindämmert, und von den Burg- bewohnern Kehricht und pflanzliche und thierische Abfälle hineingeworfen der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 159 werden, fand sich ausser den genannten Sphodren auch noch Anophthal- mus Schmidtii und an einem feuchten Lederstück eine grosse Menge eines vielleicht noch unbeschriebenen Piemidium. Um zu der mittleren grossen Luöser Grotte zu gelangen, steigt man vom Schlosse den steilen mit Rasen bewachsenen Abhang hinunter. Sie hat, wie auch die andern, eine eiförmige Mündung, deren schmaler unterer Theil bis zum innern ebenen Niveau ausgefüllt und dann durch eine alte Befestigungsmauer geschlossen ist. Man geht über einen Steg zur Thür hinüber, kommt durch das zehn Schritte lange ruinenhafte Gewölbe eines Thorbogens in eine weite hohe Halle, wo gleich ein Tropfbrunnen sich vorfindet. Links eine grosse Oeffnung in der Wand, durch welche man in die unterste Höhle hinabsieht, in welcher der Lokwabach sich verliert. Im weiteren Verlaufe wird die Höhle enger und weniger hoch, senkt sich plötzlich und führt zu einem Absturz, über den eine Brücke zu einem durch den Fels gebrochenen Durchgang führt und durch welchen man in einen gros- sen Dom gelangt. Hier bekundet ein grosser Trümmerhaufen einen der in den Grotten häufig vorkommenden Einstürze der Decke. Die Haupt- srotte ist überall an ihren Wänden und Stalagmiten mit schmutzigem Kalksinter überzogen, stellenweise mit Schlamm und Schutt erfüllt und endet 440 Klafter vom Eingange an einer aufwärts führenden Kluft, wo ein starker Luftzug gefühlt wird. Nur ein Exemplar von Anophthalmus Schmidt und Polydesmus subterraneus unter einem Steine. An den we- niger feuchten Wänden fanden sich Blothrus speleus in verschiedenen Al- tersstufen und ein Exemplar eines noch unbeschriebenen augenlosen Obi- sium, Funde, welche mich bestimmten, im Jahre 1865 nochmals hierher zurückzukehren, und welche zu neuen Entdeckungen führten. Bei dem vorerwähnten Trümmerberge finden sich links zwei Oeffnungen, die in abwärts geneigte Höhlen führen; die eine von letzteren führt zu einem Absturze und dem unterirdischen Flussbett des Lokwabaches. Hier unter Steinen am Rande des Wassers Niphargus stygius S. Der Verwalter des Schlosses (des neuen) nahm uns sehr freundlich auf und bewirthete uns auf's Beste. Im folgenden Jahre habe ich sogar in einem der Schloss- zimmer höchst bequem übernachtet. Auf dem Rückwege nach Adelsberg fing ich bei Prestawa eine Anzahl seltener Aphodien und einige Exem- _ plare von Exocentrus adspersus Muls= (an Weiden) im Fluge. Am 29. Juli unternahm ich die Besteigung des 4100 Fuss hohen Nanos. Die Excursion nach dem Laaser Schneeberge hatte mich zwar belehrt, dass die Zeit für ein erfolgreiches Sammeln auf den trocknen Krainer Kalkbergen längst vorüber und wenig Aussicht auf ein günstiges Resultat vorhanden wäre; aber der Nanos sah so einladend aus, das Wetter war so herrlich, dass ich schon wegen der grossartigen Aussicht auf’s Meer und die südlichen Küsten, welehe der Nanos bietet, ihn nicht unberührt lassen wollte. Ueberdies beabsichtigte ich, die Grotte am 160 Jahres-Bericht Nanos ebenfalls zu besuchen. Ich fuhr deshalb früh 6 Uhr mit der Post nach Prewald (Resderto, 1750 Fuss hoch). Der Wirth eines leidlich aus- sehenden Gasthauses besorgte mir einen Führer und bald schritten wir mit Vorräthen wohl ausgerüstet rüstigen Schritts dem Berge zu. Die Wiesen, über welche wir kamen, waren abgemäht und Legionen von hüpfenden Orthopteren schienen hier das Gros des Insektenheeres zu bil- den. Ausser einigen bei uns häufigen Tagfaltern, Noctua Gamma und einigen Raubfliegen sah ich keine andern Insekten. Wir kamen bald in’s Steigen und erreichten eine weite, nur spärlich bewachsene Lehne, auf welcher unter Steinen Scorpio Europaeus in allen Altersstufen, Poecilus Koyi Germ. (schwarz), Pedinus femoralis, Ocypus chalcocephalus, Otiorrhyn- chus mastix, Timarcha pratensis und Metallica Chrysomela cerealis v. mixia und Chrysochus pretiosus auf Cynanchum Vincetoxicum zum Theil häufig waren. Der Weg, auf welchem wir den Berg etwas umgingen, führte gleichwohl etwas weiter noch steiler aufwärts. Man blickt zur Linken in das nach Wipbach führende Thal von St. Veit, durch welche die Strasse nach Görz wie ein weisser Faden zog. Zuweilen mussten wir uns durch dichtes Gebüsch oder dürres Gestrüpp emporarbeiten, bei wel- cher Gelegenheit (von Eichengebüsch) Mesosa curculionoides L. in herr- lich scharf gezeichneten Exemplaren in den Schirm fiel. Auf Dolden: eine grosse Zahl abgeflogener Zygänen, Cistela umbellatarum Kiesw. Me nesia bipunctata Zubk., Phytoecia virgula Charp., Lycäna W. album und Pruni flogen häufig umher, Hhpparchia Briseis an Felsen, Hermione an Nadelholzstämmen. Nach vielem Schweiss — die Sonne brannte trotz meines weissen Schirmes heftig — gelangten wir endlich an eine Ka- pelle, welche das Ende der steilen Partie bezeichnete, und nach Kurzem auf den plateauartigen Gipfel selbst. Derselbe stellt eine mit schwachen Vertiefungen jabwechselnd busch- und waldreiche Wiese dar, zum Theil bedeckt mit überaus üppiger Vegetation (Buchenwald, Evonymus latifolius, Cylisus hirsutus, Genista sericea, Rhus colinus). An sehr vielen Stellen hatten die Heerden oder die Sense die Wiese bereits ihres Schmuckes beraubt; an manchen andern konnte man noch das Schöpfnetz brauchen. Einige Exemplare von Athous pallens, Stenaxis annulata germ., Xanthochroa carmolica Gistl.,, Henicopus hirtus Linn., Dasytes brevicornis Kiesw., griseus Küst., Haplocnemus aestivus Kiesw., alpestris Kiesw., nigricornis F., meist Weibehen, als Zeugen der bereits vorgerückten Erscheinungszeit, wurden gekötschert, Mordellistenen und Curculionen aus Jen Gattungen Polydrusus, Phyllobius und Phytonomus waren zwar zahlreich vertreten, aber bis auf „wei Exemplare eines Pilochus häufigen Arten angehörend. Im Frühlinge — etwa Ende Mai und Anfang Juni — müsste hier auf dem günstigen, umfangreichen Terrain, welches die mannigfaltigsten Abwechselungen von Wiesen, Gebüschen und Waldungen bietet, leider aber kein Wasser ent- hält, sehr reiche entomologische Ausbeute zu machen sein. Ich erhielt der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 161 nur — sero venientibus ossa — die Ueberreste der Thiere, welche die srausame Hand des Grasmähers oder der glühende Strahl der Julisonne verscheucht hatte. Die Entbehrung einer grösseren Ausbeute wurde aber durch eine kostbare, zu den schönsten in Europa gehörende, Fernsicht entschädigt. Bewaldete Gebirge, aus denen das breite Haupt des Schnee- berges besonders hervorragte, die Steinfelder und kahlen Wellenlinien des Karstes, die blaugrüne istrische Halbinsel, der unermessliche Spiegel des herrlichen blauen Meeres bis zu den in Dunst gehüllten, nur auf Augen- blicke deutlichen, Küsten Dalmatiens boten ein landschaftliches Bild, das selbst das kühlste Gemüth entzückt hätte. Kaum konnte ich mich von dem berauschenden Anblicke trennen, als es bereits hohe Zeit war, nach Prewald zurückzukehren. Meinen Plan, am folgenden Tage, dem 30. Juli, die drei Stunden von Prewald entfernte Grotte am Nanos zu besuchen, führte ich zwar aus, musste «aber nach kaum 11/,stündigem Verweilen in derselben, wegen plötzlichen Unwohlwerdens meines Führers, die Grotte verlassen. Doch schon dieser kurze Aufenthalt brachte mir einige Exemplare von Leptodirus augustatus Schm. nebst einer interessanten Va- rietät dieser Art, von mir Lept. Robieii m. benannt, sowie mehrere Exem- plare von Blothrus spelaeus S. aus verschiedenen Altersstufen ein. Abends langte ich wieder in Adelsberg an. Am 31. Juli setzte ich meine Reise nach Divazza fort, um von da die Grotte von St. Canzian und das Reccathal zu besuchen. Der Weg von Divazza über das ärmliche Lesece nach Mataün und Nacla führt durch die Karstöde und bietet das Bild einer trostlosen Kalksteinwüste mit höchst dürftiger Vegetation zwischen den Felsen, die stellenweise wie Leichensteine aus der Erde hervorragen, und mit üppigstem Pflanzen- wuchs in den geschützten Dolinen. Dem entsprechend war auch die Ausbeute kärglich, aber immerhin mitzunehmen. Unter Steinen Oborhynchus infernalis Schh., Duinensis Germ., lugens Germ., planatus Fabr. Oreina speeiosa L.: var. iristis, luctuosa Dft., glorıosa F. Chrysomela vernalis Br. (1 Ex.) hemisphaerica Dft., cerealis var. mixta Küst. s. h., crassimargo Ss. s., Ti- marcha pratensis H. Schäff., Brachinus exhalans Rossi, Oymindis awillarıs F. und v. lineata Schh., miliaris F. mit blauen und blaugrünen Flügeldecken, Poecilus Koyi Germ., an Dejectionen Staph. lutarius Grav., Hiwter major L. und inaequalis F. in sehr grossen Exemplaren, Sisyphus Schaefferi L. Gym- nopleurus Mopsus Pall. und Sturmii M. L. Das Abklopfen der Karstkirsch- sträucher ergab kein Resultat. Die St. Kanzian-Grotte ist nur gegen Entrichtung von 40 Kreuzern, so wie von 50 Kreuzern für den Führer zu besuchen gestattet. Man steigt auf Steinstufen in einen weiten tiefen Kessel hinab, aus welchem das Rauschen der Recca herauftönt, bis zu einer verschlossenen Thür, welche der Führer öffnet, und gelangt zu einer interessanten Aussicht auf die Reeca, welche den Boden des Kes- sels durchbraust. Ehe man jedoch denselben erreicht, befindet man sich 11 162 Jahres-Bericht an dem Eingange der Grotte. Derselbe ist geräumig, bequem und hori- zontal.e Unter den dürren Blättern vor dem Eingange fand ich ein pracht- volles Exemplar von Carabus Dalmatinus Dft., im vordern trocknen Theile der Grotte war Prisionychus elongatus ziemlich häufig, weiterhin, als bereits jeder Schimmer des Tageslichts verschwunden war, drei Exemplare eines Sphodrus, welcher unter anderen durch sehr schmales Halsschild mit parallelen Seiten, ausgeschweiftem Hinterrande und stark vortretenden Hinterecken von allen bisher bekannten Arten sehr auffallend verschieden ist. Weiterhin wird die Grotte, nachdem sie mehrere Biegungen ge- macht, sehr feucht, ihr lehmiger Boden schlüpfrig und sehr beschwerlich zu durchwandern. Dies gilt besonders von den Seitengängen. Wände und Säulen, sowie kleine Tropfsteine sind mit schmutzig grauem Schlamm bedeckt. Unter morschen Holzstückchen eine Anzahl Adelops Milleri St. und unter einem Steine ein herrliches Exemplar von Glyptomerus cavicola Müll., das in seinen Bewegungen einem Lathrobium völlig gleicht. Noch weiter verläuft die Grotte in engern Dimensionen, ohne weitere entomo- logische Ausbeute zu geben. Abends gelangte ich von Divazza durch Karstwüste und baumreiche Oasen in derselben nach Corgnale, wo ich im Gasthause des Herrn Mucha ausgezeichnet gut übernachtete. Am 1. August besuchte ich in Begleitung des Wirthes mehrere kleine Grotten in der Umgebung. Die eine liegt in einer flachen Doline auf dem Wege nach Divazza und nicht weit von der Strasse abseit. Im vordern Theile derselben bringt der Hirt einer kleinen Schafheerde die heissen Mittagsstunden zu. Sie hat wenig gut erhaltene Tropfsteine, gab im vordern Raume Quedius fulgidus F. und Pristonychus elongatus De). und weiterhin ein Exemplar von Sphodrus cavicola Schaum sowie ein Exemplar von Glyptomerus cavicola Müll. zur Ausbeute. Die Grotte wendet sich vom vordern Raume links ab und führt zu einem mit Geröll be- deckten, sehr steilen und tiefen Absturz, der ohne Leiter nicht zugänglich war. Vor dem Eingang einer andern kleinen Grotte, die gegen Lippiza hin liegt, fand ich unter Blättern verborgen Carabus Dalmatinus Dft., im Innern Phalangopsis cavicola und ein Exemplar eines Sphodrus der früher erwähnten, noch unbeschriebenen Art. Endlich besuchte ich die ebenfalls in einer Steinwüste gegen Lippiza hin liegende grosse Grotte von Corgnale zu welcher der Eintritt nur gegen Erlegung von 1'/, Gulden in Beglei- tung eines dazu bestallten Führers gestattet ist. In Stein gehauene Stu- fen führen zu ihrem Eingange hinunter, Ein gebahnter Weg, zum Theil aus Brücken über Vertiefungen bestehend nnd mit Geländern versehen, führt aus einer Etage in die nächst untere. Man -sieht recht deutlich, wie die Grotte durch Durchbrechung der Scheidewände von Kammern entstanden ist, welche nicht neben einander, sondern treppenartig unter einander gelegen und wie das Wasser allmälig aus dem einen Stock- werk in das nächst niedere gelangt ist. Der Hauptgang der mehrere der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 163 Dome enthaltenden Grotte ist vollständig zugänglich gemacht, nicht aber die Seitengänge, Sie enthält riesige Tropfsteinsäulen, auch kleinere Sta- laktiten und Stalagmiten, von denen die wenigsten hell und rein sind, mehrere schöne Faltenwürfe.. An einer Wand zur Linken mit gut er- haltenen Tropfsteinen sammelte ich unter Steinen zwei sehr dunkel ge- färbte Exemplare von Sph. cavicola 8. und ein Exemplar von Anophthal- mus hirtus. Bei dem Grottendiener erhält man zu billigem Preise eine ausführliche Beschreibung der Grotte, die, mit mehr Musse durchsucht, wahrscheinlich bedeutend grössere entomologische Ausbeute geben dürfte. Ich habe in keiner andern Grotte so viel Ueberreste von Coleopteren und Arachniden gefunden, die darauf hindeuteten, dass sie andern Raub- insekten zur Beute geworden. Nach dem Besuche der Grotte setzte ich meinen Weg nach Lippiza fort, anfangs durch öde Karstwüste, wo ausser früher (Lesece) schon erwähnten Thieren auch Myas chalybaeus in einem Exemplar erbeutet wurde. Jemehr ich mich Lippiza näherte, desto häufiger wurden frucht- bare Oasen mit Mandelgebüsch, Feigensträuchern und hohen Kastanien neben wilden Karstkirschsträuchern und Wachholder zwischen Gestein. Wir betraten den umzäunten Eichenwald von Lippiza, in welchem Le sionen von Lucanus cervus in allen Grössen umherflogen, darunter auch die Varietät pentaphyllus Reiche (ein Exemplar). Der herrliche Morgen des 2. Augusts sah mich auf dem Wege nach Triest. Ich wählte den Weg über Trebich, um daselbst zwei Grotten zu besuchen, beide mit ziemlich bequemem Eingange und mit geringer Mühe zu durchwandern. Sie bieten tiefer im Innern kleine, mit Tropf- steinen verzierte Hallen, in welchen Leptodirus Hohenwarti Schm. Bloo- thrus spelaeus S., Polydesmus subterraneus, Tianethes albus S., Anurophorus stillicidn S. nicht selten waren. Gleich hinter den Häusern des Dorfes erblickte ich das herrliche Meer, und die Erinnerungen an die Eindrücke und Erlebnisse vor einem Jahrzehnt traten lebhaft vor mein Auge. Für die Oberwelt war auch an der Lehne, welche zum Gestade des Meeres hinabreicht, die Zeit erfolgreichen Sammelns vorüber und nur einige Nachzügler von, der Gegend eigenthümlichen, Otiorrhynehen, so wie Dorcadion pedestre L. und einige Exemplare von Quedius scintillans Grav. fielen in meine Hände. Die Luft schwirrte von den gellenden Stimmen der Cicaden, von denen man zwei Arten, auch schon an dem Tone ihrer Stimme unterscheiden konnte. Ich wurde mir bewusst, dass ich in ein südliches Land gekommen. Nicht bloss die freie Natur und ihre Kinder, sondern auch die Menschen waren andere. In Triest endet der bei Wei- tem grössere Theil meiner Excursionen; ich bestimmte die Stadt zum Ruhepunkte, um die bisher gesammelten Schätze zu sichten und sorg- fältig zu verpacken. Welche Freude bei dem Anblick so vieler Selten- heiten! Der Naturforscher hat ein Heute und ein Morgen, alle andern I 164 Jahres-Bericht Jäger nur ein Heute. Bei ihnen erstirbt der Werth des ersehnten Ge- genstandes mit dem erlangten Besitz desselben. Bei dem Naturforscher ist der Werth ein bleibender. Wie Triest durch seinen Meeresstrand für den Zoologen, der sich speciell mit der 'T'hierwelt des Meeres befasst, zu jeder Jahreszeit eine wahre Fundgrube ist, so hat der Entomologe dagegen nur im Frühlinge und Herbste daselbst auf Ausbeute zu hoffen. Ausser einigen Myriopoden und Arachniden, einem Exemplar von Quedius dilatatus in einem Pilze, Limenüs Sybilla und Camilla, Hipparchia Hermione und sSemele, Catocala electa, welche ich im Boschetto erbeutete, schien bei einer wahrhaften tropischen Hitze Alles, bis auf die lärmenden Cicaden, wie ausgestorben. Selbst die gewöhnlichsten Strandkäfer waren äusserst sparsam vertreten. Die Bekanntschaft mit Herrn Custos Freyer, Herrn Rechnungs-Rath Rzechaczeck und Herrn von Meiler gab mir Gelegenheit, in deren Sammlungen einen Ueberblick über die Fauna der Stadt und ihrer Um- gebung zu erhalten. Am Nachmittage des 3. August reiste ich von Triest nach Görz, eine Eisenbahnfarth durch eine landschaftliche Scenerie, die zu den schön- sten in Europa gehören dürfte. Zur Linken das herrliche Meer, die ent- zückend schöne Küste mit Miramare und andern Lustschlössern und dabei fortwährend der bezaubernde Rückblick auf Triest am Ausgange einer bewaldeten Bucht in reizendster landschaftlicher Zusammenstellung! Man merkte recht deutlich, wie mit der Zunahme der Entfernung vom Süden sowohl die Pflanzen- als auch die Thierwelt sich änderte. Die gellenden Stimmen der Cicaden schwanden immer mehr und um Görz, obwohl auch da noch ein südlicher Hauch weht, die Physiognomie der Landschaft noch an Italien erinnert, lässt sich keine mehr hören. -In der Coleop- terenfauna mischen sich hier deutsche mit italienischen Formen, wie ich mich in der Sammlung des Herrn Professor Schreiber und bei einer kleinen Exeursion mit demselben in die nächste Umgebung zu überzeugen Gelegenheit hatte. Die Italien angehörenden Arten Lebia pubipennis, Hy- droporus bicarinatus und andere kommen hier ebenfalls vor. Obgleich ich bis jetzt überall auf den Bergen die Erfahrung hatte machen müssen, dass ich in einer ungünstigen Zeit nach Krain gekom- men, so konnte ich doch dem Drange einen der colossalsten südlichsten Ausläufer der Julischen Alpen kennen zu lernen nicht widerstehen. Herr Professor Schreiber, der mehrmals und zuletzt im Jahre vorher die Ex- cursion nach dem Krn mit Herrn von Kiesenwetter gemacht hatte, redete mir zu. Und so fuhr ich denn am frühen Morgen des 5. August mit der Botenpost nach Tolmein. Die Strasse führt durch das herrliche Isonzothal längs des Isonzo aufwärts, der in tief gegrabenem Flussbette (liesst, anfangs durch Gebiet, das noch an die Karststeinwüste erinnerte, dann durch Landschaften mit norditalienischem Anstrich. Die Thalwände der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 165 bestehen aus aufgeschwemmter Gebirgsformation. Bis Canale hat man den prächtigen blaugrünen, weissschäumenden Isonzo zur Linken, von da ab zur Rechten. Je weiter wir kamen, desto höher schienen die das Thal umrahmenden Berge, die Felswände wurden schroffer bis vor Tol- mein, das in einer Thalerweiterung gelegen ist und gegen Mittag erreicht wurde. Die Häupter der Alpen umgeben in riesiger Kette den anmuthi- gen Ort — andere Alpen als in Tyrol und Kärnthen ohne Gletscher, höchstens hie und da mit schneedurchfurchten Firnen. Ich machte die Bekanntschaft des Herrn Försters Hackenberg, der so freundlich war, für mich den Führer ausfindig zu machen, der bereits mehrmals die höhe- ren Alpen bestiegen und im verflossenen Jahre an der Excursion nach dem Krn (mit Herrn Professor Schreiber, Oberförster Micklitz und von Kiesenwetter) betheiligt war. Nachdem wir uns mit Kochge- schirr und den für mehrere Tage nöthigen Lebensmitteln versehen hatten, brachen wir auf. Wieder hatten wir zur Linken den Isonzo. Anfangs ging es etwas steil, dann durch schattige Gebüsche und Waldungen in allmähliger Steigung aufwärts. Auch als wir schon eine erhebliche Höhe erreicht hatten, blieb der Isonzo und die an seiner Seite wie ein $Silber- band sich hinschlängelnde Strasse nach Caporetto sichtbar. Von Gebü- schen wurden abgeklopft: Otiorrhynchus Goerzensis, plumipes, bisulcatus, obsitus, sulphurifer, infernalis und einige noch unbestimmte Arten d. G., auf Dolden und an verschiedenen Aconit-Arten Callidium insubrieum, Olytus nigripes, Strangalia aurulenta, Agapanthia violacea F. und Stenaxis annulata, an alten Buchenstämmen vereinzelt Rosalia alpina L. Der Weg führte am Rande eines Kessels hin, aus welchem das Rauschen der Vollaria, eines Zuflusses des Isonzo, heraufdrang. Hier erbeutete ich eine Anzahl riesiger Carab. caelatus Dft. mit schwarzen Flügeldecken, und Procerus Gigas Cr. Andere Hochgebirgsbewohner waren an Disteln und Dolden häufig. Es fing bereits an dunkel zu werden, als wir das aus zerstreut liegenden Alpenwirthsehaften bestehende Dorf Krn und etwas später deren letzte erreichten. Es war ein schöner Abend und in der lauen Luft flogen zahlreiche Leuchtkäfer Luciola Italica L. und Lamprorrhiza splendidula L. umher. Man konnte die erstere an dem röthlichen Lieht- glanze schon im Fluge von der letzteren, die als bläulicher Funken glänzt, leicht unterscheiden. Dieses Schauspiel in einer erhabenen Bergwildniss machte einen tiefen ‚Eindruck. Unser Nachtquartier fanden wir in einem Heuschuppen, durch dessen Dach der tiefblaue Sternenhimmel hinein- schaute, und wurden früh durch das Blöken der Heerden geweckt. Es war der 6. August. Das Frühstück war bald eingenommen und frisch und gestärkt, als wenn ich gestern den Tag über geruht hätte, wurde aufgebrochen. Eine Andeutung von Weg führte Anfangs zwischen Ebereschen, Kastanien und Kirschbäumen, Gebüschen von Viburnum, Sam- bucus und Crataegus aufwärts. Im Rückblicke erscheint noch für einige 166 Jahres-Bericht Zeit tief unter uns das Isonzothal mit Fluss und Strasse, sowie die Thürme mehrerer Ortschaften (Vollaria, Libusina, Cosetz). Da es keine Gelegenheit gab uns aufzuhalten, so erreichten wir bald die alpine Re- sion. Der Baumwuchs hörte ganz auf; wir überschritten Alpenwiesen, auf welchen Geschiebe von Kalkfels und mergelartigem Gestein umher- lagen. Wir gelangten in eine von steilen Felswänden umgebene Schlucht, deren Boden, nach Aussage des Führers, sonst mit üppigster Vegetation bedeckt, zu meinem Verdruss leider abgeweidet und abgemäht war, so dass es unmöglich war, den Kötscher zu brauchen, und ich mich deshalb auf das Sammeln an und unter den zahlreich den Boden bedeckenden Steinen beschränken musste. COychrus Schmidtii Chaud., Carabus Creuzeri F. alpestris St., C. violaceus v. glabrellus und Neesiü Hoppe; Abbax Becken- hauptü mit rothen und schwarzen Beinen, Pterostichus Ziegleri waren häufig; seltener Trechus rotundatus, rotundipennis und laevipenis, COryptohypnus fri- gidus, in einem Exemplar: Pterostichus planipennis Schaschl, Lathrobium angusticolle Lac. und scabricolle Er. erbeutet. Zwischen Felsen wuchsen: Rhododendron, Achillew clavenae, Geramum alpinum, Gentiana pusilla, die viele Arten von Spinnen und Ichneumonen, sonst aber keine Insekten bargen. Die Kalkfelsen, an welchen Herr von Kiesenwetter und Herr Oberförster Micklitz im Juli des vergangenen Jahres Podistra rupi- cola gesammelt hatten, untersuchte ich lange und sorgfältig, ohne jedoch so glücklich zu sein, auch nur ein Exemplar dieses interessanten Thieres zu finden. Der Sommer war offenbar für alle Malaccodermen bereits zu weit vorgerückt, von denen überhaupt nur Spätlinge der überall häufigen Rhagonycha fulva Scop. und ein Exemplar von signata Germ., sowie Da- nacea nigritarsts Küst. die einzigen Repräsentanten waren. Als wir unter- dess den steilen Kalkwänden nahe gekommen waren, welche von dem gewaltigen Riesencomplexe des Krn abfielen, wurden wir auf herab- stürzende Steine aufmerksam, welche, von einer auf den Höhen weiden- den Ziegenheerde losgelöst, krachend herabfielen. Um der drohenden Gefahr zu entgehen, gingen wir in einiger Entfernung von den Felswän- den denselben parallel weiter und klommen endlich zu einer sattelför- migen Einbuchtung empor. Für den Umweg wurde ich durch ein Exem- plar von Pterostichus planipennis Schaschl und durch Anffindung eines neuen Lathrobium unter einem Felsstück, welches ich nach dem Fundorte La- throbium Krniense m. nenne und dessen Beschreibung folgt, reichlich be- lohnt. Auf die Höhe der sattelförmigen Einbuchtung gelangt, standen wir am Rande des jenseits liegenden furchtbaren Abgrundes, der mir viel tiefer als der Riesengrund — von der Schneekoppe aus gesehen — er- schien, in welchen die kahle Felswand, auf deren Zinne wir standen, senkrecht abfiel. Auch ohne die Warnung der unterdess herangekom- menen Hirten wären wir hier umgekehrt. Wir erreichten sodann eine dem Führer von früher bekannte Passhöhe mit einem ziemlich ausge- der Schles. Gesellsch, f, vaterl. Cultur. 167 dehnten Schneefelde, dessen Wasser einem kleinem See zuströmte. In demselben tummelten zahlreiche Agabus Solieri umher und eine Anzahl vom Winde verschlagener Aphodien und Sinodendron cylindricum hatten in seinen kalten Fluthen ihren Tod gefunden, Beim weiteren Aufwärts- steigen fanden wir alles kahl, hin und wieder Schneefelder, an deren Rändern ich vergeblich nach Nebria Dahlii suchte, überhaupt keine Spur eines lebenden Wesens zu Gesichte bekam. Ueberdies war der Nach- mittag so sehr vorgeschritten, dass es hohe Zeit war, umzukehren, um noch vor dem Einbrechen der Nacht unser Standquartier zu erreichen. Am Morgen des 7ten traten wir den Rückweg in's Isonzothal, näm- lich nach Caporetto an. Dieser Weg, sowie dessen Fortsetzung längs des Isonzo bis Flitsch, so reich an grossartigen landschaftlichen Bildern, bot gleichwohl kein entomologisches Interesse dar. Den 8. August benutzte ich, um den 7500 Fuss hohen Grintouz zu besteigen. Ein Führer dazu war in Flitsch bald gefunden. Wir gingen von der ruinenhaften Flitscher Klause links ab nach Bauscia und erreich- ten bald Schneefelder, die fast bis auf die Thalsohle herabreichten. Nur mit Mühe gelangten wir anfangs längs eines herabrieselnden Baches oder in demselben von Fels zu Felsen springend, dann über Geröll und schroffen Felsen in die Nähe des Berggipfels. Da wir bereits wahr- nehmen konnten, dass Höhenrauch die Fernsicht verschleierte, und nur auf die zunächst gelegenen Thäler und Höhenzüge klare Aussicht ver- stattete, so unterliessen wir, den steilen Gipfel zu erklimmen den wir überdies nur auf allen Vieren hätten erreichen können. Der beschränk- ten Aussicht entsprach auch die entomologische Ausbeute. Mit Ausnahme von (Carabus intermedius Dej. (zuerst auf dem Monte Baldo gefunden) unter einem Steine, Larinus sturnus und planus auf Disteln, manchen der früher erwähnten Otiorrhynchen auf Gebüschen, Strangalia aurulenta auf Aconitum, Agapanthia lineaticollis Marsch. und Cardui auf Dolden, der al- pinen Form des Doritis Apollo und einigen auch anderwärts in Krain häufigen Lycänen und Hipparchien wurde nichts Bemerkenswerthes ge- sammelt. Spät am Nachmittage erreichten wir wieder die Flitscher Klause, in deren Nähe ich in einer Lache an der Coritenza Pelobius Her- manni sammelte. Ich übernachtete in Preth und setzte am 9. August den Weg über den herrlichen 3700 Fuss hohen Predilpass fort, welcher zwischen dem Colossencomplexe des Terglou und des Monte Canin aus dem Flussgebiet des Isonzo in das der Drau führt, unter dem ergreifen- den Eindrucke grossartiger Alpenlandschaften, die durch die rauschende grüne Coritenza belebt wurden. Am Predil sammelte ich einige der Oert- lichkeit eigenthümliche Landconchylien, darunter Clausilia Prediliensis. Die entomologischen Sammelversuche dagegen, sowohl auf den Höhen, als am Raiblesee, waren ebenso resultatlos, als auf dem hoben Mangert, den ich noch zuletzt bestieg; es müsste denn Molops Cotelii, den ‚ich 168 Jahres-Bericht mit den Knollen von Cyclamen Europaeum aus der Erde ausgrub und Hyphidrus variegatus in kleinen Lachen an einem der Weissenfelser Seen einigen Werth haben. Gar bald erreichte ich die Poststation Obertarvis, um über Villach, Klagenfurth und Marburg meine Rückreise anzutreten. Auf meiner ganzen Reise hatte ich constant das schönste Wetter gehabt, nur zuweilen nächtlichen Regen. Als ich in Marburg eintraf, fing es zu regnen an und hörte bis zur Ankunft zu Hause nicht auf, so dass ich weder auf dem Semmering, noch in Wien an’s Sammeln den- ken konnte. Ueber einen neuen Staphylin vom Krn.: Lathrobium Krniense mihi. Wie Lathrobium scabricolle Er. dem äussern Habitus nach den Ueber- gang zu der Gattung Stilieus vermittelt, so deutet die flach gedrückte Ge- stalt dieses neuen Lathrobium auf die Verwandtschaft mit Achenium und Scimbalium hin. Alatum, longulum, testaceum, nitidulum, forma depressa generibus Achenü et Scimbalii comparabile, capite subquadrato, mandibulis fortibus longeque por- rectis, thorace oblongo suleum linearem praebente, capite thoraceque profundius et parcius, elythris densius et crassius, sed minus profunde punctatis, labro superiore, oculis, abdominisgue swperficie nigricantibus, femoribus antieis tu- mescentibus et in parte masxime prominente insigmbus spina brevi, cruribus anticis modo simili denticulatis. Longitudine 2°/,‘'. Eine durch flache, an Achenium erinnernde, Gestalt, ansehnliche schwarze Augen, stark vorgestreckte Unterkiefer, mit einem Zahne versehene verdickte sehr breite vordere Schenkel und ähnlich, aber schwächer bewaffnete Unterschenkel ausgezeichnete Art. Sie ist bräunlich gelb, vorn schwach glänzend, am Hinterleibe matt, oben schwärzlich grau, unten pechbraun, an der Spitze bräunlich gelb. Der Kopf hat, wenn man Öberlippe und Mandibeln abrechnet, eine fast quadratische, und wenn man eine Grenz- linie vor den Augen gezogen denkt eine quer oblonge Gestalt mit fast parallelen Seiten und schwach abgerundeten Hinterecken. Er ist sparsam, aber tief punktirt. Die meisten Punkte befinden sich am Hin- terrande und an den Seiten, die wenigsten auf dem Scheitel und zwischen den Augen. Die Zwischenräume zwischen den Punkten auf Kopf und Brustschild sind glatt. Die fein behaarten, im Verhältniss zur Grösse des Thieres — kräf- tigen Fühler sind etwas kürzer als Kopf und Brustschild zusammen, das erste Glied, das längste und dickste, das zweite und dritte gleich lang, um die Hälfte länger als breit, länger als die fast quadratischen einander fast gleichenden folgenden, letztes Glied stumpf zugespitzt. Die schwarzen Augen sind grösser und ragen verhältnissmässig mehr der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 169 vor, als bei andern Lathrobien. Die kräftigen dreizähnigen Mandibeln von Y Länge des Kopfes, zeigen die den Lathrobien zukommende Zahn- entwickelung sehr stark ausgeprägt. Die übrigen Mundtheile wie bei den übrigen Lathrobien. Ebenso das Schildchen. Das oblonge Brustschild ist reichlich '/;, länger als der Kopf und um die Hälfte länger als breit, stärker als dieser punktirt, mit glatter Längslinie in der Mitte und einem haarfeinen Eindruck in derselben, der vom Hinterrande bis etwas über die Mitte hinausreicht, Seitenränder pa- rallel und grade. Vorder- und Hinterrand grade, Ecken abgerundet. ‚Die Flügeldecken sind etwas kürzer und zusammen etwas breiter als das Brustschild, kaum '/, länger als zusammen breit, dicht und grob aber seicht punktirt, lederartig, die Zwischenräume zwischen den seichten Vertiefungen glanzlos und uneben. Nath etwas erhaben. Die Unter- flügel reichen ausgestreckt '/, Linie über die Abdominalspitze hinaus. Der Hinterleib ist beinahe gleich breit, nur im letzten Segment ver- sehmälert, bis auf letzteres oben schwärzlich grau mit dichter, feiner an- liegenden grauen und spärlichen, abstehenden greisen Behaarung, unten pechbräunlich. Da die beiden vorletzten unteren Hinterleibssegmente weder Höcker, noch Vertiefungen, noch Ausschnitte zeigen, so halte ich das mir vorliegende Thier für ein Weibchen. Die Beine sind kurz und ziemlich kräftig, besonders die vorderen sehr breit, wie bei Achenium gebildet, die breite Fläche der Unterfläche des Körpers zukehrend, die vordern Oberschenkel stark verdickt und mit einem in einen Zahn auslaufenden Höcker versehen, der durch eine rinnenartige Aushöhlung vom Kniegelenk getrennt ist. Der vordere Unterschenkel ist nicht verdickt, zeigt ein zahnartiges Höckerchen, das bei Adduction des Unter- schenkels an den Oberschenkel bis zur Berührung in die Aushöhlung an letzterem hineingreift, während der Zahn am Oberschenkel in eine ent- sprechende Aushöhlung am Unterschenkel neben dem Höckerchen passt. Das zweite Glied der Hinterfüsse ist grösser als das erste und als jedes der beiden folgenden, sonst alles wie bei Lathrobium. Wegen der plat- ten, an Achenium erinnernden Gestalt, der von Lathrobium etwas abwei- chenden Kopfform, der Rinne auf dem Brustschilde und der Bildung der Vorderschenkel dürfte das Thier eine Unterabtheilung im Genus Lathro- bium bilden und schlage ich vor, dieselbe nach der auffallenden Gestalt der vordern Unterschenkel mit Centrocnemis zu bezeichnen. Das in meiner Sammlung befindliche Exemplar fand ich nebst einem zweiten am 6. August 1864 in einer Schlucht am Krn unter einem Steine. In Spiritus geworfen machten beide Exemplare Fluchtversuche, wobei sie die Hinterfligel spreizten und ausstreckten. So viel ich mich zu erinnern vermag, hatte das zweite, leider verlorene, Exemplar kräftigere Fühler, breitere Vorderbeine mit noch mehr daran hervortretenden Höckern und war wahrscheinlich ein Männchen. 170 Jahres-Bericht Beschreibung einer neuen Leptodirus- Abart Leptodirus Robicii n. sp. var. aus Krain von Dr. Gustav Joseph in Breslau. In der Sitzung der entomologischen Section am 20. November 1865 demonstrirte ich eine neue Leptodirusart, welche ich am 30. Juli 1864 in einer Grotte zwischen dem Nanosberge und Lu&g in einem weiblichen Exemplar erbeutet hatte. Ich erlaube mir dies neue interessante Thier hier kurz zu charakterisiren. Da die Möglichkeit vorhanden ist, später in den Besitz noch einiger Exemplare zu gelangen, deren Untersuchung Manches ergänzen, das eine oder andere der hier angedeuteten Kenn zeichen in einem andern Lichte erscheinen lassen und ihren Werth mo- difieiren könnte, so bitte ich sowohl Diagnose als auch Beschreibung nur als vorläufige zu betrachten. Leptodirus Robicii m. apterus, ceuecus, levissime punctatus, nitidus, testaceo -ferrugineus; capite deorsum curvato, inter anfennarum bases serie ımpressionum levissimarum insigni ; articulo palporum mazillarium secundo longo, fortitergue curvato, quarto fortiori, guam in caeteris hujus generis forms; thoracis elongati superficie recta fereque plana, post anteriorem tertiam partem latissima, media tertia parte valde constricta, paululo denique ante basın denuo latius extensa; elytrorum connatorum am- bitu rhomboideo, angulis rotundatis excellente; femorum statura forti et brevi genua non incrassata praebente. Longitudine fere 3, latitudine 1°), linearum. Von der Grösse kleinerer Exemplare des Leptodirus Hohenwarti Schm. grösser als L. augustatus Schm. und letzterem an Farbe, Gestalt des Rum- pfes, besonders des Kopfes und Halsschildes so nahe verwandt, dass es zur Unterscheidung genügen dürfte, die differirenden Merkmale hier an. zugeben. Der augenlose Kopf ist stark nach abwärts gebogen. Dagegen nimmt das Halsschild an dieser Abwärtsbiegung nicht Theil. Das zweite Maxil- larpalpenglied ist lang und stark gekrümmt, das vierte kräftiger als in allen übrigen Leptodirusarten entwickelt. Das Halsschild, so breit als die Basis des Kopfes, ist lang und grade, oben sowohl der Breite, als der Länge nach fast flach (bei L, august. in beiden Richtungen gewölbt). Bis zum Ende des ersten Dritttheils ist es gleich breit und am breitesten, von da bis zum Ende des zweiten Dritttheils allmälig an Breite abneh- mend und im Anfange des letzten Dritttheils stark eingeschnürt, an der Basis wieder verbreitert und fast so breit als voın. Die eingeschnürte Stelle ist nur halb so breit alt die breiteste des Halsschildes. Diese Differenz ist bei L. augustatus viel geringer. Die Deckschilde sind in der Mitte am breitesten, halb so breit als lang (bei L. augustatus 2 !/, so breit als lang), gegen die Spitze jäh abnehmend. Eine durch die Deck. schilde horizontal gelegt gedachte Ebene ergiebt hier die Form eines der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 171 Rhomboids, dessen vordere (spitze) Ecke abgeschnitten, hintere und seit- liehe (stumpfe) Ecken abgerundet sind. Bei den übrigen Lepthodirusarten gleicht ein soleher ideeller Durchschnitt einer Ellipse. Die Beine sind kürzer als bei allen andern Leptodirusarten. Die Schenkel kurz und kräftig, nicht gebogen, im Knie nicht verdickt. Von den Tarsalgliedern der Vorderfüsse ist das erste so lang als das zweite und dritte zusam- mengenommen. Da nur vier Tarsalglieder an den Vorderfüssen vorhan- den, so ist das vorliegende Thier ein Weibchen. Ich betrachte dasselbe so lange als eine, allerdings auffallende, Varietät des Weibchens von Leptodirus angustatus Schm.,, so lange ich nicht durch die Untersuchung einer grösseren Anzahl von Exemplaren von den Artrechten des neuen Thieres vollständig überzeugt bin. bus) ng Binde ei Ze Nr N IN” Bericht über die Thätigkeit der medicinischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1867 abgestattet von Prof. Dr. Förster und Prof. Dr. Heidenhain, zeitisen Secretairen der Section. Erste Sitzung vom 25. Januar 1867. 1) Herr Prof. Dr. Waldeyer legt im Anschluss an die am 14. De- cember vertagte Discussion über Icterus gravis einige mikroskopische Präparate aus jener Leber vor. 2) Herr Dr. Jany sprach über einen Fall von acuter syphiliti- seher Gehirn- und Netzhaut-Erkrankung, der wegen des rapi- den Verlaufes und des die diagnostischen Zweifel einigermassen beheben- den Sectionsbefundes Aufmerksamkeit verdient. Derselbe betraf eine 32 Jahre alte Beamtenfrau, die wegen einer angeblich erst seit drei Tagen bestehenden und von heftigen Kopfschmerzen begleiteten Seh- schwäche des rechten Auges in seiner Klinik Hilfe suchte. Die Unter- suchung ergab auf dem rechten Auge eine ziemlich hochgradige Am- blyopie, auf dem linken normale Sehschärfe, und als Ursache der ersteren das charakteristische ophthalmoskopische Bild einer Retinitis, die in Rück- sicht auf die am ganzen Körper deutlich wahrnehmbaren Infectionserschei- nungen als eine Retinitis specifica angesprochen werden musste. Aus der Anamnese liess sich der Zeitpunkt der stattgehabten primären Affeetion nicht feststellen, wohl aber der Eintritt der sogenannten secundären Er- scheinungen, welcher Y, Jahr vorher erfolgt war. Damals litt die Pa- tientin an einem fleckigen Ausschlage und einer Halsaffeetion, gegen die sie die ihr verordneten Pillen (Sublimat) nur so lange gebraucht hatte, bis die unangenehmsten Beschwerden beseitigt waren. Diesmal wurde 174 Jahres-Bericht ihr eine Inunctionseur ordinirt. — Unter fortwährend anhaltenden, des Nachts gesteigerten Kopfschmerzen erkrankte drei Tage später das linke Auge in sehr rapider Weise an einer heftigen Iritis mit starkem Beschlag der hinteren Cornealwand und nach Verlauf von abermals drei Tagen trat plötzlich eine vollständige motorische Lähmung der ganzen rechten Körperhälfte ohne Anaesthesie ein. Das Bewusstsein war soweit erhalten, dass die Kranke, deren Sprache ganz unverständlich war, die Frage, ob und wo sie Schmerzen empfinde, mit einer Bewegung der linken Hand nach dem Kopfe beantwortete. Ferner zeigten sich beim Perkutiren des Schädels im Gesichte Schmerzensäusserungen. Auffallend war das Fehlen aller Congestionserscheinungen nach dem Kopfe; derselbe war kühl, ebenso das Gesicht, in dem keine Spur von Cyanose sichtbar war; kein Carotidenklopfen, keine gesteigerte Puls- und Respirationsfrequenz, kein Stertor, kein Erbrechen. Auf die differentielle Diagnostik bezüglich der Hemiplegie in diesem Falle näher eingehend, erwähnte der Vortragende, dass bei dem rapiden Verlauf der Lues und bei dem bekannten Vorkom- men von Hemiplegien in Folge syphilitischer Gehirnleiden die Frage sehr nahe lag, ob nicht eine durch das Grundleiden hervorgerufene Verände- rung an der Schädelbasis oder an den Meningen oder in der Gehirnsub- stanz selbst den Symptomencomplex veranlasst habe. Diese Frage musste indess verneint werden, da nach genauer Erwägung der vorliegenden Erscheinungen und des Verlaufes der Krankheit die Annahme einer Apo- plexie als Ursache der Lähmung weit mehr Wahrscheinlichkeit für sich hatte. Gegen eine Apoplexia sanguinea sprach aber Vieles: das Gesicht war nicht geröthet und heiss, die Carotiden pulsirten nicht lebhaft, die Respiration war normal, die Herzaetion nicht retardirt, der Radialpuls nicht kräftig, das Bewusstsein nicht aufgehoben. Ausserdem fehlten fast alle ätiologischen Momente, die gewöhnlich Apopl. sanguinea bedingen, so dass nichts Anderes übrig blieb, als eine Apopl. ischaemica anzuneh- men. Für letztere sprach vor Allem das Vorhandensein einer absoluten Lähmung ohne alle Reizerscheinungen, gegen sie aber auch wieder der mangelnde Nachweis eines Herz- cder Gefässleidens. Das Herz war nämlich nicht vergrössert, die Töne rein, Arteriosclerose fehlte. — Der Kranken wurde ein Clysma applieirt und ausser den weiter fortgesetzten Inunctionen innerlich Jodkalium gereicht. Am folgenden Tage blieb der Zustand derselbe; Contracturen der Extremitäten blieben aus. Am zwei- ten Tage aber war nach einer unruhigen Nacht und nach vielfachem scheinbar zwecklosem Agitiren mit der linken Hand der Kopf der Kran- ken nach hinten und links verzogen, tief in die Kissen gebohrt, der Nacken steif, das Bewusstsein verschwunden. So blieb das Befinden bis zum Morgen des folgenden Tages, wo, also drei Tage nach der Hemi- plegie, der lethale Ausgang eintrat. Ein vollständiger Obductionsbefund konnte leider nicht erlangt wer- der Schles, Gesellsch, f, vaterl. Cultur. 175 den, da nur die Eröffnung der Schädelhöhle gestattet wurde. Diese ergab folgendes Resultat: Keine pathologischen Veränderungen an der lamina interna, weder am Dache noch an der Basis. An der Oberfläche der grossen Hemisphären zu beiden Seiten des Längseinschnittes Ver- wachsung der dura mater mit der pia theils durch frische Exsudate auf der letzteren, theils durch ältere. Ausserdem war die pia mater an dieser Stelle verdickt und liess sich nieht vom Cortex ablösen, ohne einzelne Partikelehen desselben mitzunehmen. An der Basis des Gehirns selbst zeigte sich deutlich die Verschliessung der arteria basilaris, welche braun- roth aussah und sich strangartig anfühlte, durch einen derben, an den Wandungen ziemlich fest adhärirenden 'Thrombus. In ähnlicher Weise war auch ferner die linke arteria fossae Sylvii thrombosirt. Sämmtliche Gehirnarterien frei von Atherose. In der Substanz des Gehirns war keine Apoplexie sichtbar. Im linken Seitenventrikel mehr serum als rechts und die grossen Marklager breiig erweicht. Zum Schluss sprach der Vortragende die Vermuthung aus, dass sich im Herzen wahrscheinlich an den Klappen irgend welche Veränderungen vorgefunden haben mögen, in Folge deren hier die Embolie zu Stande kam. 3) Herr Dr. Köbner besprach die Gesichtspunkte über die Entstehung und die Methode der Heilung der pflanzlich-pa- rasitischen Ausschläge. Es wurden in ersterer Beziehung die An- schauungen vorgeführt, nach welchen diese Exantheme ursprünglich als rein dyserasische, später als wesentlich dyserasische mit accidentellem Hinzutritt von Pilzen, in neuester Zeit endlich als wirkliche Schmarotzer- krankheiten, einzig durch die Vegetation von Fadenpilzen auf und in der Haut, den Haaren und Nägeln sonst ganz gesunder Menschen bedingt, aufgefasst wurden. Nach Andeutung der allgemein prophylaktisch und sanitätspolizeilich zu erörternden Frage über die Möglichkeit, sämmtliche Dermatomycosen durch umfassende Maassnahmen zu tilgen — worüber die Entscheidung nur zu treffen ist, wenn die neuerdings von dem Vor- tragenden und Hebra diseutirte Frage über die Stellung der Epiphyten als echter parasitischer oder als allgemein in der Natur verbreiteter Pilz- species mit Bestimmtheit erledigt sein wird — ging der Vortragende speciell auf die Beweisführung der für die Heilungsgrundsätze richtigsten und förderlichsten, dritten Anschauung ein. Die tägliche Beobachtung von anderweitig ganz gesunden Mycosenkranken, die vervielfältigten Aus- saatversuche mit sämmtlichen Epiphyten, welehe auf den verschiedensten Constitutionen dieselben Resultate ergeben haben, das Vorkommen jener auf Säugethieren und Vögeln, sowie die nun schon häufigen Uebertra- eungen derselben von solchen auf den Menschen und umgekehrt erheben diese Ausschlagsgruppe zweifellos zum Range blosser Schmarotzerkrank- 176 Jahres-Bericht heiten, welche einzig und allein durch Fadenpilze erzeugt werden, wenu dieselben nur die zu ihrer Entwickelung nöthigen örtlichen Keimungs- Bedingungen auf der Hautoberfläche vorfinden. Demgemäss kann nur von einer streng örtlichen Therapie hier die Rede sein, welche sich zuerst zur Entfernung und Tödtung der Parasiten selbst, sodann zur Heilung der durch sie geschaffenen pathologischen Lä- sionen anzuschicken hat. Die erste, wichtigste Indication kann erfüllt werden auf mechanischem oder chemischem Wege. Die mechanischen Entfernusgsmethoden werden repräsentirt bezüglich der Epidermis durch Bäder, Abreibungen, bezüglich der befallenen Nägel durch die Nagel- feile, bezüglich der Haare durch die Pechkappe — wegen der Schmerz- haftigkeit und der Unsicherheit des Erfolges gleich sehr verwerflich — durch einzelne Pflasterstreifen, durch die Epilation mit dem Kamm und den Fingern und endlich durch die — bei Weitem vorzuziehende — Epi- lation mittelst Pincetten. Chemisch wirkende Stoffe können bei den oberflächlich sitzenden Epiphyten zur Tilgung ausreichen, bei den in der Tiefe der Haarbälge und Haarwurzeln vegetirenden aber niemals, da sie nur den extracutanen Theil erreichen; darum kann auch die Epilation nicht durch sogenannte depilirende Substanzen auf die Dauer ersetzt wer- den. Das zweckmässigste Verfahren, durch Bazin besonders eingeführt, ist die Verbindung der Epilation mit darauf folgender Anwendung der Parasitiecida in flüssiger Form. Als solche empfiehlt der Vortragende besonders den Sublimat in wässeriger oder besser schwach alkoholischer Lösung und verschiedene Theerpräparate, nur muss man zur Vermeidung entzündlicher Reactionserscheinungen die Dosen niedrig bemessen. Die durch die Pilze erzeugten pathologischen Läsionen werden nach bekannten Regeln geheilt. Dabei -ist auf Verhütung neuer Contasgion durch die Kleidung oder umgebende Familien- und Schulgenossen zu achten. Bei diesem Verfahren regeneriren sich, wie man an den drei vorgestellten, seit 5—10 Monaten von altem Favus geheilten Kindern sieht, die Haare überall wieder, natürlich ausser an einzelnen Narben, in welchen die Haarbälge durch jahrelangen Druck der Favus-Scutula vor Beginn der Cur obliterirt sind. 4) Herr Professor Dr. Waldeyer demonstrirt das frische Präparat eines aus vielen Cysten bestehenden Ovarialtumors, das über die Ent- stehungsweise der Cysten Aufklärung zu geben sehr geeignet ist. Zweite Sitzung am 15. Februar. 1) Herr Kreisphysikus Dr. Hermann Friedberg sprach über Quetschung des Gehirns. Er theilte einen von ihm vor Kurzem beobachteten Fall mit, in welchem er bei der Leichenuntersuchung in der linken behaarten Stirahälfte eine Wunde der Schädeldecken, einen haar- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. rl feinen Spalt der äusseren Knochentafel bei normaler Beschaffenheit der inneren Tafel und eine von Entzündung, brandigem Zerfall und Blut- erguss herrührende Veränderung der Gehirnhäute und des grossen Ge- hirns vorfand. Die Verletzung, die nach 23 Tagen den Tod zur Folge hatte, wurde dadurch bewirkt, dass der Rand einer Schaufel den Kopf traf. -Den von Entzündung, brandigem Zerfall und Bluterguss herrühren- den Herd in der linken Hirnhemisphäre hält der Vortragende für eine Folge von Quetschung des Gehirns, welche das verletzende Instrument erzeugte, indem es den Knochen an der betreffenden Stelle ein- bog, worauf dieser sofort in seine frühere Lage wieder zurücktrat, ohne dass seine innere Tafel irgendwie verletzt wurde. Der Hieb hätte dieselbe Folge auch dann haben können, wenn er eine Continui- tätstrennung in der äusseren Tafel nicht bewirkt hätte. Die Fähigkeit des Schädels, sich unter einer ihn treffenden äusseren Gewalt elastisch einzubiegen, werde durch die Verknöcherung der Näthe kaum ganz auf- . gehoben. Durch die sich einbiegende Schädelpartie erfahre das Gehirn je nach der Intensität, mit der das Einbiegen erfolge, und nach seiner Nachgiebigkeit entweder eine Erschütterung oder eine Quetschung. Die äussere Gewalt könne das Gehirn quetschen entweder an derjenigen Stelle, an der sie auf den Schädel einwirkt, oder an einer entfernteren Stelle (direete oder indirecte Quetschung) oder an beiden Stellen zugleich. Bei verschiebbaren Schädelknochen könne das Gehirn einer von aussen andringenden Gewalt besser ausweichen. Eine Quetschung sei in diesem Falle weniger zu befürchten, jedoch auch möglich, da selbst der Geburts- act eine tödtliche Quetschung des kindlichen Gehirns erzeugen könne. Bei vielen Neugeborenen, bei denen „‚blutiger Schlagfluss des Gehirns‘ als Todesursache angegeben wird, sei diese lediglich in jener Quetschung des Gehirnes zu suchen. Die Erfahrung lehre, dass nach der Geburt eine von aussen gegen den Schädel andringende Gewalt das Gehirn viel weniger quetsche, wenn sie den Schädel bricht, als wenn dieser ohne Continuitätstrennung sich nur einbiegt. Hierauf erörterte der Vortragende die von der Quetschung herbeigeführten pathologischen Vorgänge in der Gehirnsubstanz und ihren Blutgefässen. 2) Herr Dr. Hermann Cohn spricht über Mikroskopie am le- benden Auge. Seit jüngster Zeit verfertigt Herr Nachet in Paris Mikroskope ‚‚pour lobservation des surfaces de l’oeil“, welche nach seiner Angabe 20- bis 80mal vergrössern. Der Vortragende legt ein solches Instrument vor, das allen Anforderungen der Mechanik und Optik vor- züglich entspricht, nur ist die stärkste Vergrösserung nicht 80-, sondern 45fach bei 11'mm Focaldistanz. Es besteht aus einem, an eine Tisch- kante anschraubbaren, höher und niedriger zu schiebenden Stativ, welches einen nach allen Seiten drehbaren Kinn- und Stirnhalter zur Fixation des 12 178 Jahres-Bericht Kopfes des Untersuchten, eine durch drei Kugelgelenke nach allen Rich- tungen bewegliche Beleuchtungslinse und eine in einem kardanischen Ringe frei sich bewegende Mikroskopröhre mit Mikrometerschraube trägt. An jenem Ringe ist ein ebenfalls nach allen Richtungen drehbares Knöpf- chen angebracht, um dem beobachteten Auge als Fixationspunkt zu die- nen. Eine am Ocularende des Mikroskoprohres drehbare Platte schützt das nicht in das Mikroskop blickende Auge des Beobachters vor dem Lichte der beleuchtenden Lampe. — Vor der Loupe hat dieses Oph- thalmomikroskop den Vorzug der Stabilität, daher der längere Zeit möglichen genaueren Beobachtung und der bedeutenderen Vergrösserung. Störend ist beim anfänglichen Gebrauch der Hornhautreflex, welcher leider auch das Photographiren der vergrösserten Theile hindert. Schwierig zu verwenden ist es wegen der heftigen Lichtscheu bei frischen Erkrankungen der Hornhaut und der Iris; dagegen ist seine Anwendung leicht und sehr lehrreich bei Untersuchungen des Kammerwassers, der Linse, des vor- deren Theiles des Glaskörpers, sowie bei abgelaufenen Prozessen der Horn- und Regenbogenhaut. — Absolut unentbehrlich kann es bei der Diagnose seltener Erscheinungen am Auge werden. Zum Beweise führt der Vortragende einen 20jährigen Studenten vor, in dessen braunem linkem Auge bi M—= !,,A = ! undS = N, ohne oder mit Lonpe bei ganz frei beweglichem Pupillarrande der Iris nur zwei längliche, braune, an den Rändern zerrissene Flecke auf der (in ihrer Mitte trüben) Linse gesehen werden können. Bei 4ömaliger Vergrösserung zeigt sich ausser diesen ein sehr zartes zweiwurzeliges Fädchen, welches vom klei- nen lriskreise ausgehend in das Kammerwasser hineinragt, wiederum ein Rest einer persistirenden Pupillarmembran (der fünfte, seit Kur- zem vom Vortragenden beobachtete Fall). — Hierauf demonstrirt derselbe an zwei Kranken zwei in ihren Details verschieden gezeichnete Schicht- staare mit dem Mikroskope. Dritte Sitzung am 1. März. 1) Dr. Barisch spricht über drei im hiesigen Barmherzigen-Brüder- Kloster beobachtete seltene Erkrankungen der Brustorgane. Im ersten Falle, der am Lebenden täuschend das Bild einer Lungentuberkulose vorspiegelte, fand sich bei der Section im mittleren und oberen Theile der rechten Lunge eine ausgedehnte Höhle, welche mit sterilen, zum Theil in Zersetzung begriffenen Echinoeoccenmem- branen ausgefüllt war. Durch die Hydatidenbildung waren zwei grössere Bronchialäste und ein Ast dritter Ordnung der Lungenarterie durehbrochen und erklären sich hieraus die während der Krankheit beobachteten, nicht zu stillenden, massenhaften Lungenblutungen. In andern Organen wurden Echinoeoccen nicht gefunden. Der zweite Fall behandelt einen mehr als kindskopfgrossen der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 179 Tumor (Lymphosarkom), der, den obern Theil der rechten Lunge ein- nehmend, durch Compression der Brustorgane, namentlich der Luftröhre, den Tod durch Erstiekung herbeigeführt hatte. Als Todesursache in einem dritten Falle erwies sich eine manns- kopfgrosse Dermoid-Cyste (Atherom), welche, wahrscheinlich in der Nähe der Schilddrüse entstanden, durch ihr Wachsthum und die Schwere in den vorderen Mediastinalraum der Brusthöhle hinabgesunken war und die rechte Lunge vollständig zusammengepresst hatte. Der in der Ein- stülpung des Brustfelles und einer dünnen Cystenwand eingeschlossene Inhalt des Tumors glich täuschend einer weisslichgrauen, plastischen Thonmasse und bestand, wie das Mikroskop ergab, aus einem feinkörni sen Fettbrei mit einzelnen Haaren. Die einzelnen Fälle wurden durch mitgebrachte Präparate erläutert. 2) Prof. Dr. Waldeyer theilte die Resultate seiner Untersuchungen über den Bau und die Entwickelung der Carecinome mit. Im Wesent- lichen sind die Krebse als epitheliale Geschwülste zu bezeichnen, indem ihre ersten Anfänge stets von Wucherungen der epithelialen Bestandtheile der Organe ausgehen. Die Angaben von Thiersch über die Entwicke- lung des Epithelioms der Haut kann der Vortragende fast durchweg be- stätigen: zu analogen Resultaten gelangten auch Robin und Cornil in Frankreich. Zu der epithelialen Wucherung gesellt sich stets eine Ver- mehrung der bindegewebigen Elemente, welche das sogenannte „Krebs- gerüst“ liefert, in dessen Maschenräumen die epithelialen Zellen liegen. Je nach dem Verhältnisse des bindegewebigen und epithelialen Antheils der Neubildung kommen verschiedene Structuren der Carcinome zu Tage, namentlich bei den als „Markschwämme‘‘ und „Skirrhen‘‘ bezeichneten Formen. Ausserdem walten sehr viele Verschiedenheiten ob nach dem Baue der Organe, in welchen sich das Careinom entwickelt. In Bezug auf die Entwickelung stehen den Careinomen die Adenome und die Kystome am nächsten, bei denen jedoch stets eine bestimmte typische Form bei der Wucherung der epithelialen Elemente eingelalten wird, während die letzteren beim Careinom in ganz schrankenloser Weise wei- terwachsen und niemals in einer genau zu charakterisirenden Form ange- ordnet sind. Insofern nimmt das Careinom unter den epithelialen Ge- schwülsten ungefähr dieselbe Stelle ein, wie das Sarkom unter den bindegewebigen Neubildungen. Vierte Sitzung am 15. März. 1) Professor Dr. Förster macht in seinem Vortrage über das Sehen der Amblyopischen zunächst darauf aufmerksam, dass die subjeetiven Symptome bei Erblindenden sich sehr verschieden darstellen, da bekannt- lich in gewissen Fällen das Schen noch zum Lesen feinster Schrift 12" 180 Jahres-Bericht genüge, gleichzeitig aber nicht mehr befähige, sich ohne Führer auf der Strasse zu bewegen, während im Gegensatze hierzu in anderen Fällen die Orientirung mit derselben Leichtigkeit wie bei Gesunden statthabe, obwohl halbzöllige Buchstaben nicht mehr erkannt würden; gewisse Kranke bemerken in der Dämmerung kaum eine Abnahme ihres Sehver- mögens, während Sonnenschein ihnen entschieden hinderlich sei; andere hingegen wären in der Dämmerung absolut blind, hätten aber bei Tages- licht eine normale Sehschärfe. Die Mittheilungen des Vortragenden be- schränken sich heute zumeist auf die Darlegung der Veränderungen in der Ausdehnung des Gesichtsfeldes und stützen sich auf eine Anzahl graphischer Darstellungen von Gesichtsfeldern, die nach Messungen mit dem Gradbogen entworfen sind. Es werden drei Reihen von Fällen unterschieden: ! a. Einengungen des Gesichtsfeldes, wobei die stumpfen Theile desselben häufig die Form eines Sectors haben; die Spitze des Sectors fällt in das Centrum des Gesichtsfeldes, d. h. in den blinden Fleck. Hierher gehören die Erblindungen durch Glaucom, Atrophie des Seh- nerven bei tabes dorsualis, Retinitis pigmentosa, Fettdegeneration etc. Charakteristisch ist hier noch, dass der letzte Rest des Sehens sich auf dem kleinen Raume zwischen blindem Fleck und Fixationspunkt findet. Es unterscheiden sich übrigens die Gesichtsfelder bei den genannten Krankheiten in ihrer Form doch wesentlich, so dass z. B. Formen, wie bei tabes dorsualis nie beim Glaucom vorkommen. Ein anderer Unter- schied ist noch durch das Symptom der Hemeralopie gegeben, welches bei Glaucom, Retinitis pigment., Netzhautablösung vorkommt, bei den an- dern Atrophien der Netzhaut fehlt. b. Defecete im Centrum des Gesichtsfeldes, meist herrührend von partiellen Erkrankungen der Choricidea und Retina; doch auch viele Am- blyopieen aus unbekannten Ursachen gehören hierher. Der Nebel, den die Leidenden am Fixationspunkte zu sehen angeben, ist in gewissen Fällen auf die Farbe des Hintergrundes zu beziehen, so dass er aller- dings bei Betrachtung von Druckschrift grau, bei Fixation einer rothen oder grünen Gitterzeichnung hingegen roth oder grün erscheint. c. Halbseitige Defecte, herrührend von Erkrankungen eines Iractus opticus oder einer Gehirnhemisphäre. Die Defecte sind dann stets auf beiden Augen vorhanden und liegen nach derselben Seite hin. Aus einer Reihe von Zeichnungen solcher Gesichtsfelder folgert der Vortra- sende: 1) dass die vom fasciculus eruciatus versorgte, nach aussen gele- gene Gesichtsfeldshälfte bedeutend grösser ist, als die dem asciculus lateralis angehörende; erstere hat 85° in horizontaler Ausdehnung, letz- tere 50 bis 55°; 2) die letztere fällt in ihrer ganzen Ausdehnung inner- halb der ersteren des anderen Auges, so dass der fasciculus lateralis zur Vergrösserung des binoculären Gesichtsfeldes nichts beiträgt. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 181 2) Herr Dr. J. Gottstein spricht über einen von ihm laryngo- skopisch beobachteten Fall von „häutiger Bräune“. Der Fall ‚betraf einen dreizehnjährigen Knaben, der nach längerer Heiserkeit an den charakteristischen Erscheinungen der Laryngitis membranacea erkrankte und bei dem die Untersuchung mit dem Kehlkopfspiegel die Larynxschleim- haut vollständig ausgekleidet mit Membranen zeigte. Nachdem sich der Vortragende an einer von dem Kranken ausgehusteten Membran durch Versuche überzeugt hatte, dass sich dieselbe auch in kleinen Mengen von Aqua ealeis löste, versuchte er durch Einspritzung von Aqua caleis ver- mittelst der Störk’schen Spritze eine solche Lösung zu bewerkstelligen. In der That konnte er beobachten, dass nach stattgehabter Einspritzung die noch kurz vorher gesehene Membran bis auf geringe Fetzcehen, die besonders in dem unteren Theil des Larynx flottirten, unter Nachlass der Athmungsbeschwerden verschwunden war. Dieselbe Beobachtung konnte mehrere Tage hintereinander gemacht werden. Der Kranke wurde ge- heilt und mit normaler Stimme entlassen. 3) Herr Dr. Hodann skizzirte seine Ansichten über das Endoskop, dessen Lichtquellen und zweckmässige Modification, sowie seine Idee eines Verfahrens, den Blasenraum vom Rectum aus zu er- leuchten. Er legt ein zu diesem Behufe construirtes Instrument vor, mit dem er bereits viele Versuche angestellt, und wird nächstens weiter darüber berichten. Den Werth dieses Verfahrens möchtg er erst dann ermessen, wenn er dasselbe am lebenden Menschen in Ausführung ge- bracht haben wird, da andere Versuche unmöglich genügen können. Fünfte Sitzung am 29. März. 1) Herr Dr. Bujakowski sprach über einen Fall von atresia anı. Derselbe betraf ein neugeborenes Mädchen, welches von dem Vortragen- den mit Zuziehung des Herrn Docenten Dr. Freund insofern glücklich operirt wurde, als es gelang, einen künstlichen Weg nach dem hoch oben blind endigenden Mastdarm zu bahnen, und den Darmverschluss zu heben. Indess waren die Erscheinungen der Bauchfell-Entzündung und der allgemeine Kräfteverfall bei dem ohnehin schwächlichen Kinde zu weit gediehen, um den lethalen Ausgang zu verhindern. — Die Section erwies, dass das mechanische Hinderniss durch die Kunst glücklich be- seitigt worden war, bestätigt aber auch die vorgeschrittene Bauchfell- Entzündung. Interessant war noch in dem Sectionsbefunde eine enorme Dilatation des Mastdarms und die hierdurch entstandene Druckatrophie des uterus. Diese Verhältnisse illustrirte der Vortragende durch das bei- gebrachte anatomische Präparat. 182 Jahres-Bericht 2) Herr Dr. Gustav Joseph berichtet über Heilung von drei Fällen schwerer Schussfracturen, welche der Vortragende wegen mannigfacher Analogien in ihrem Verlauf aus seinen Erfahrungen in einem hiesigen Kriegs-Reservelazareth ausgewählt hatte. Bei einem im Ganzen nicht bedeutenden Umfange der Verletzungen waren die Verwundeten — nach dem langen und beschwerlichen Transport hierher — durch Hinzu- tritt von Septicämie und pyämischen Localisationen, sowie durch er- schöpfende Eiterung in die höchste Lebensgefahr gerathen. Ihre Heilung liefert zu der noch vielfach bestrittenen Frage, ob schwere Fälle von Septicämie rückgängig werden, heilen können, einen bejahenden Beitrag. Der erste Fall betraf einen 29 Jahr alten, am 28. Juni 1866 bei Nachod durch einen Schuss verwundeten, ungarischen Hornisten. Die Kugel war schief von oben und seitwärts durch das linke Wadenbein, oberhalb der Epiphysengegend, ferner durch das Sprungbein gedrungen, hatte an der innern Fläche des Fersenbeins eine rinnenförmige Aus- höhlung gemacht und am innern Fussrande ihre Ausgangsöffnung gefun- den. Bei seiner Ankunft am 8. Juli im Lazareth war er von gelbsüch- tigem Aussehen, an Kräften sehr herunterkommen, in heftigem Fieber, und das verletzte Fussgelenk in einem Zustande, dass zu irgend welchen operativen Maassnahmen nicht geschritten werden konnte. Trotz der energischsten innern und äussern Behandlung traten Herzbeutelaus- schwitzung und Eitersenkungen ein. Und doch gingen die bedrohlichan Erscheinungen wieder zurück, und konnte am 2, August die Entfernung von fünf abgestorbenen, zum Theil losen, Knochensplittern vorgenommen werden. Die enormen, bis an’s Kniegelenk sich erstreckenden, Eitersen- kungen heilten, die erschöpfende Eiterung hörte auf, die Kräfte nahmen wieder zu und der Allgemeinzustand war nach Heilung .der Verletzung nach sechs Wochen ein so guter, dass der Verwundete am 14, September die Rückkehr in seine Heimath antreten konnte. Unter analogen Phänomenen verlief der zweite Fall bei einem 28 Jahr alten ungarischen Corporal, dem am 3. Juli bei Königgrätz durch einen Doppelschuss das Knochengerüst des rechten Fusses zertrümmert worden wär. Er hatte im Feldlazarethe die Absetzung des Fusses ver- weigert und befand sich bei seiner Aufnahme in’s Lazareth am 10. Juli in so heftigem Fieber mit septicämischen Erscheinungen (Gelbsucht, Milz- anschwellung, Leberschmerz, Delirien), dass weder zu Entfernung der noch im Fusse vorhandenen zweiten Kugel, noch der abgestorbenen Knochensplitter geschritten werden konnte. Dies konnte erst nach Rück- sang der Allgemeinerkrankung Anfangs Augusts geschehen, worauf die Heilung ohne Unterbrechung von Statten ging. Der Genesene konnte am 15. September dem Transport in seine Heimath überwiesen werden. Der dritte Fall bei einem 26 Jahr alten Galizier vom Infanterie-Re- siment Nr. 57 verlief unter den stürmischesten Erscheinungen. Er war der Schles, Gesellsch. f. vaterl, Cultur.. 153 am 3. Juli 1866 bei Königgrätz durch einen Schuss durch das linke Ellen- bogengelenk schwer verwundet worden. Bei seiner Aufnahme am 10. Juli ' zeigten sich die Gelenkenden des Oberarmknochens und Ellenbogenbeins zertrümmert, die Weichtheile von Eitersenkungen durchwühlt und bis über die Schulter hinaus infiltrirt, die Venen thrombosirt, die Armaterie obturirt. Zu dem sehr heftigen Fieber mit septicämischen Erscheinungen, (Gelbsucht, Milzanschwellung, Delirien) trat Tags darauf linksseitige Lun- senentzündung (pyäm. Infaret) und befand sich der Verwundete bei er- schöpfender Eiterabsonderung durch mehrere Wochen in der höchsten Lebensgefahr. Die so nöthige Spaltung der Eitercanäle und Entfernung einer grossen Anzahl von Knochensplittern schien Nichts zu bessern. Und doch ging auch hier der gefahrdrohende Zustand allmälig vorüber. Das Fieber, die septischen Erscheinungen hörten auf, die Lungeninfiltra- tion löste sich, die Gelenkwunden heilten dann rasch, und der in hoff- nungslosem Zustande aufgenommene Verwundete verliess das Lazareth am 14. September als rüstiger Mann mit einem zwar steifen linken Elien- bogengelenk, aber brauchbarem Arme. Bei der sich an diesen Vortrag knüpfenden Debatte machte Herr Kreis-Physikus Dr. Friedberg die Anwendung des continuirlichen allgemeinen warmen Wasserbades zum Gegenstande einer aus- 'führlieheren Erörterung. Die Vortheile des continuirlichen örtlichen warmen Wasserbades seien unbestreitbar, wenn man mit praktischem Tacte die Verhältnisse würdige, unter denen es in Anwendung zu ziehen und auszusetzen ist. Die Nachtheile und Unzulänglichkeiten des örtlichen Bades haben den Vortragenden bestimmt, das continuirliche allgemeine warme Wasserbad bei der Behandlung von Wunden nach eingreifenden chirurgischen Operationen anzuwenden und zu empfehlen. Er erörterte die therapeutischen Wirkungen des letzteren, führte von den Operirten bei denen er es angewandt hat, zwei an (Dammschnitt wegen Harnröhren- Verschluss, Amputation des Harnblasenhalses und eines grossen Theiles der Vagina wegen Krebs), in denen es einen sehr günstigen Krankheits- verlauf und sehr schnelle Heilung zur Folge gehabt hat, und beschrieb das Verfahren bei der Anwendung dieses Heilmittels, welches wegen seiner Einfachheit sich sehr leicht herstellen lässt. Sechste Sitzung am 17. Mai. Herr Dr. Freund sprach über retojlexio uteri und eine neue operative Behandlung derselben. Nach einer kritischen Uebersicht der bisherigen Ansichten über Pathologie und Therapie der Uterus Flexionen im Allge- meinen entwickelte der Vortragende seine eigenen Erfahrungen über den anatomischen Befund, Symptomatologie und Aectiologie dieser Krankheit und gab, indem er die einfache, meist aus dem Puerperium stammende, weder durch Neubildungen noch durch perimetritische Adhäsionen com- 184 Jahres-Bericht plieirte retroflexio uteri als das einzige Heilobjeet dieser Krankheitsklasse erklärte, die Beschreibung seiner auf eigene wie fremde Beobachtungen gegründeten Behandlungsweise. Diese besteht darin, dass eine durch das labium anterius gelegte und daselbst eingeheilte dicke Silberdrahtschlinge nach Aufrichtung des Uterus um einen in dem oberen Bogen eines Hodge’schen Pessariums angebrachten Knopf geschlungen wird. — Die Procedur und der Apparat werden gut vertragen; die mechanisch bewirkten Symptome der retroflexio uteri verlieren sich. Die einzigen bis jetzt beobachteten Nachtheile sind das nach wochenlangem Tragen des Apparates bemerk- bare Einschneiden der Schlinge in die Substanz des labium. anterius und die durch dieselbe bewirkte Bildung einer schmalen Rinne auf dem Rande des labium posterius portionis vaginalıs. Die genauere Beschreibung mit Aufführung von Fällen, wie sie der Vortragende gab, wird in kurzer Zeit in einer ausführlichen Abhandlung erscheinen. . Siebente Sitzung am 31. Mai. Herr Geheimer Rath Professor Dr. Lebert hält einen einig über seine neuesten Forschungen über die Natur und Entstehung der als Lun- senschwindsucht bekannten Krankheit der Lungentuberkulose und der Tuberkulose im Allgemeinen. Zuerst giebt er einen geschichtlichen Ueberblick der wichtigsten auf diesem Gebiete gemachten Arbeiten seit dem Anfang dieses Jahrhunderts bis auf den heutigen Tag und besonders der Arbeiten der letzten Jahre. Er beschreibt alsdann die chronischen Lungenerkrankungen, welche durch Inhalation von Staubtheilchen erzeugt werden, namentlich die der Steinhauer und der Kohlenbergwerk-Arbeiter. Er geht hierauf zu der Lungenerkrankung in Folge von gestörtem Lun- senkreislauf über, wenn eine angeborene Verengerung der Lungenarterie an ihrem Ursprung besteht, und zeigt überhaupt, in wie mannigfacher Art mechanische Ursachen andauernde chronische, selbst sehr verderb- liche Lungenkrankheiten bewirken können. Hierauf bespricht er seine Forschungen, die gewöhnlichen Formen der Lungensehwindsucht betref- fend, behält sich jedoch für einen besonderen Vortrag Mittheilung über die zahlreichen Experimente vor, welche er mit Herrn Dr. Wyss im klinischen Laboratorium über ie Uebertragbarkeit ‘der Tuberkeln und chronischen Reizzustände der Lungen von Menschen auf Thiere, über mechanische Lungenreizung und künstliche Störung des Lungenkreislaufes angestellt habe. Das Ergebniss sämmtlicher Untersuchungen des Vortra- genden ist, dass alle zur Lungenschwindsucht und zur Tuberkulose im weitesten Sinne gerechneten Krankheiten auf einem Prozesse schleichen- der Entzündung beruhen, welche, wie die schleichende und chronische Entzündung überhaupt, viel eher bei geschwächten, oft kränklichen und schon kranken Individuen sich entwickelt, als bei gesunden und kräftigen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 185 Diese primitiven Entzündungsherde, welche hauptsächlich in den kleinen Endhöhlen der Lungen sitzen, aber auch die Wandungen derselben, sowie die kleinen Gefässe und die allerkleinsten Aeste der Luftröhre zum Ausgangspunkt haben, können heilen, wenn ie auf einen kleinen Raum beschränkt sind. Hat die Krankheit ihren gewöhnlichen Verlauf, so bilden sich nun immer mehr solcher schleichender Entzündungsheerde, von welchen ein Theil zerfällt und so in Hohlgeschwüre übergehen kann. Aber auch noch in diesem Stadium und bei bereits bestehender Hohl- geschwürsbildung ist die Krankheit der Heilung, oder wenigstens des Stillstandes, fähig. Diese Entzündungsherde sind nicht die Folge kleiner Knötchen, Tuberkel, sondern umgekehrt gehen diese erst aus der Ent- zündung hervor. Theils sind es die kleinen Entzündungsherde der letzten Lungenhöhlen, an welchen die Tuberkeln entstehen, theils sind diese die Folge einer Art von Nachbaransteckung von den grösseren Herden und Geschwüren her, und so hat der in seine Nachbarschaft immer weiter ausstrahlende Krankheitsprozess die Bildung vieler kleiner Knötchen, knotenartiger Reizungsheerde zur secundären Folge. Fast in allen Fällen von acut verlaufender Schwindsucht findet man bei sorgfältiger Unter- suchung derartige ältere Reizungsherde, welche eine Zeit lang verbor- sen und ohne jede Erscheinung bestanden haben und später der Aus- gangspunkt jener fürchterlichen Krankheit geworden sind, welche man als galoppirende Schwindsucht kennt. Der Vortragende geht nun auf die nähere Beschreibung der feineren anatomischen Structur der verschiedenen Phasen der Krankheit und der Ablagerungen in den verschiedensten Theilen des Körpers über und zeigt, dass seine, sowohl durch vieljährige Beobachtung am Krankenbett, als auch durch zahlreiche Experimente an Thieren gewonnenen Anschauungen sich allgemein anwenden lassen und viel mehr Klarheit als bisher in dieses immer noch so dunkle Gebiet bringen. Eine Krankheit, welche wie keine andere dem Menschen- seschlechte so überaus verderblich ist, kann nicht genug die Aufmerk- sarnkeit genauester und gründlichster Forschung auf sich ziehen, denn nur auf diesem Wege ist es möglich, auch in die Verhütung sowohl, wie in die Bekämpfung dieser Krankheiten nach und nach immer mehr Licht und immer mehr vernunft- und erfahrungsgemässe Grundsätze zu bringen. Achte Sitzung am 12. Juli. Herr Privat-Docent und Kreis-Physikus Dr. Friedberg spricht: 1) Ueber eine angeborene Vergrösserung der rechten unteren Extremität, wie sie sehr selten vorkommen dürfte. Die 11 Jahre alte, 3 Fuss 5 Zoll grosse Kranke hatte einen hinkenden Gang, die rechte untere Extremität wurde im Bogen geschleudert und alle Gelenke dieser befanden sich im halben Flexionszustande; die betreffende Beckenhälfte stand höher (3 Zoll an der Spin. tei ant. sup. gemessen); secundäre 186 Jahres-Bericht Skoliose. Die Verlängerung der kranken Extremität betrug gegen die gesunde 71, Zoll, ohne dass eine normale Proportion unter den einzelnen Abschnitten derselben vorhanden gewesen wäre. Die Hypertrophie nahm vielmehr gegen das periphere Ende relativ zu. Die Vergrösserung war angeboren. Eine zweite Messung, die drei Jahre später vorgenommen wurde, ergab, dass die vergrösserte Extremität stärker gewachsen war als die gesunde. An der linken oberen Extremität befanden sich par- tielle Verdiekungen, die als Elephantiasis Arabum aufzufassen waren. Zweitens theilt derselbe einen Fall von Verletzung der arteria iliaca communis dextra durch einen Schrotschuss mit. Der Schuss war vom Rücken aus eingedrungen, der Schrot in zusammenhängendem Klumpen unter der faseia ihaca sitzen geblieben. Ein einzelnes Schrot- korn hatte das peritonaeum durehbohrt und sass in der Darmwand fast. Der Bluterguss war subperitonäal geblieben und betrug nach Schätzung zwei Pfund. Der Tod war wenige Minuten nach der Verletzung erfolgt. Die Arterie war von jenem einzelnen Schrotkorn von hinten naclı vorn durchbohrt worden. Neunte Sitzung am 11. October. 1) Herr Sanitätsrath Dr. Grätzer über die Armenkrankenpflege Bres- lau’s im Jahre 1866. Das vergangene Jahr bot sehr ungünstige Resul- tate dar. Mittelbar der Krieg — so kurz und glücklich er war — un- mittelbar aber eine Seuche, wie sie Breslau seit Jahrhunderten nicht erlebte, verdoppelte beinake die sonst gewöhnliche Gestorbenenzahl. Iu der städtischen Armen Krankenpflege treten das Allerheiligenhospital mit 4835, die drei Cholera-Lazarethe mit 1526 und die Hausarmen mit 9304 Kranken auf, zusammen 15,665 Kranke. Die nicht.städtischen Anstalten verpflegten etwas weniger als sonst, nämlich 22,845 Individuen, so dass im Ganzen hier 38,510, von denen 3816 gitarre unentgeltlich behandelt worden (gegen 35,548 im Vorjahre). Die Cholera hatte hieran den Hauptantheil. Seitens der Stadt wurden ausser den obigen 1526 Cholera-Lazarethkranken mit 816 Todten, unter den 9304 Hausarmen- kranken von den Bezirks-Aerzten an der Cholera 1691 mit 842 Todten behandelt, überdies im Hospitale Allerheiligen auch noch 142, wovon 62 starben. Nach Abzug dieser 3559 Cholerakranken und 188 verwundeter Soldaten von der städtischen Armen-Krankenzahl verblieben immer noch 12,118, demnach 1424 mehr als die Commune im Jahre 1865 zu ver- pflegen hatte, wo diese Zahl 10,694 betrug. Dass bierdurch der Com- mune sehr grosse Kosten erwuchsen, ist selbstverständlich. Die Cholera allein hat gegen 25,000 Thlr. direeter Ausgaben veranlasst; die drei La- zarethe 15,869 Thlr., die Desinfeetion 2625 Thlr. etc. Der Vortrag wies in vielfachen Zahlen und Tabellen nach, wie sich die betreffenden Mehrkranken auf die verschiedenen armenärztlichen Be- sun EI ie ie En der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 1187 zirke vertheilten, wie die Cholera in diesen verbreitet war, und es stellte sich hierbei überhaupt heraus, dass bei der Epidemie, in welcher die Anzahl von 6303 Individuen als erkrankt (gewiss zu gering) angemeldet wurden und 4455 als gestorben, der Antheil der verpflesten und ver- storbenen Armen mit 3441 und 1769 sich bezifferte und derjenige der übrigen, also wohlhabenderen Bevölkerung mit 2862 und 2686. Die ferneren Notizen betrafen die Populations-Verhältnisse. Nach diesen sind im Jahre 1366 hier geboren 6459, gestorben 9839. Zöge man von letzteren die 4455 in der Stadt an der Cholera Gestorbenen ab, so stellie sich die Mortalität nicht nur günstig, sondern es ergebe sich dann auch noch ein Mehr von 1075 Geburten; wie indess die Sache einmal liegt, hat die hiesige Bevölkerung in dem Jahre 1866 mindestens so viel an Einwohnern verloren, als sie sonst durch Zuzug gewinnt. Die binnen Kurzem stattfindende Volkszählung dürfte dies erweisen. Der Vortragende legte noch einen von ihm colorirten Plan der Stadt vor, auf welchem die Verbreitung der Epidemie dargestellt ist. Am wenigsten ergriffen von der Cholera erscheint das Centrum der alten Stadt, der 3. und 1. Polizeibezirk, also Wall-, Schweidnitzer-, Carls-, Junkernstrasse, Rossmarkt, Blücherplatz, Ring: mit 18 resp. 21 Cholerakranken von 1000 Einwohnern, während die Vorstädte das Doppelte zählten und der 7. und 8. Polizeibezirk, also die Odervorstadt, der Sand- und Dombezirk, die grössten Zahlen, sogar 47 und 62 von 1000 darboten. Im Durchschnitt starb in Breslau der 36. Mensch oder 2,6 Procent der Bevölkerung an der Cholera. Hieran reihte der Vortrag zum Schlusse einige Mittheilungen darüber, was bisher über die hiesige Cholera-Epidemie von 1866 literarisch ge. leistet worden ist und machte namentlich auf den amtlichen Bericht auf- merksam, welchen der Physikus, Medieinalrath Dr. Wendt, am 14. Ja- nuar d. J. dem königlichen Polizei-Präsidium darüber erstattet hat. Der. selbe, unter Benutzung der polizeilichen Acten bearbeitet, enthält Tabellen und graphische Darstellungen über die täglichen Erkrankungs- und Sterbe- fälle, über Witterungs-Verhältnisse während der Epidemie, über die Ver, theilung der Choleraerkrankungen und Sterbefälle nach Strassen und Häusern und so vieles andere statistische Material, dass es wünschens- werth erscheint, diese instructive Arbeit — gleich den derartigen Sehriften über Berlin, Stettin u. s. w. -— durch den Druck veröffentlieht zu sehen. 2) Herr Prof. Dr. Waldeyer berichtet im Anschluss an seine frü- heren Mittheilungen über Ovarialkystome (s. Sitzung vom 25. Januar 1867), über den normalen Bau der Ovarien, welcher behufs einer genaueren Einsicht in die Genese der genannten Tumoren auf's Neue untersucht werden musste. Es ergab sich zunächst, dass die Ovarien der Säugethiere und des Menschen, die vorzugsweise berücksichtigt wurden, 188 Jahres-Bericht keinen Peritonealüberzug besitzen, wie bisher allgemein angenom- men worden ist, dagegen aber von einem echten Epithel bekleidet werden. Die Formen des Epithels sind bei den verschiedenen Thieren nicht gleich; am häufigsten, auch beim Menschen, findet sich ein ganz kurzzelliges Cylinderepithel. Flimmerung wurde nie wahrgenommen, ob- gleich unbestreitbar das Epithel der Tuben durch deren abdominelle Oeffnung mit dem der Ovarien im Zusammenhange steht und zwar beim Menschen durch die Henle’sche fimbria ovarica. In vielen Fällen ist jedoch das Tubenepithel vom Epithel des Eier- stockes durch einen schmalen Streifen Peritoneums getrennt. Das Peri- toneum hört am unteren zugeschärften Ende des Ovarium (in der Nähe des Hilus) mit einem ziemlich scharfen, etwas zackig verlaufenden Rande auf, den man an jedem Eierstocke, namentlich leicht aber am mensch- lichen, mit freiem Auge wahrnehmen kann. Es existirt dort gradezu eine „Lücke im Peritoneum‘, durch welche der mit einem Schleimhaut-Epithel überzogene Eierstock frei in das Ca- vum des Bauchfellsackes hineinragt. Der Unterschied zwischen Eierstocks- Epithel und Peritoneal-Epithel tritt sofort hervor, wenn man am frischen Präparat einen Flächenschnitt von der bezeichneten Peritonealgrenze des Ovariums nimmt und von oben mit schwacher Vergrösserung betrachtet; noch schärfere Distinetion ermöglicht die Behandlung mit Arg. nitric. in der bekannten Weise. Ferner lässt sich fast an jedem Vertikalschnitt jüngerer Ovarien, namentlich des Hundes, constatiren, dass das Eierstocks-Epithel in ziem- lich regelmässigen Abständen drüsenschlauchähnliche Fortsätze in die Rindenschicht des Ovariums hineinschickt, welche die Pflüger’schen Schlauchfollikel bilden. Beim Kaninchen finden sich etwa 30-50 derartige Einsenkungen euf den Quadrat-Millimeter Oberfläche; es konnten die verschiedensten Entwickelungsstufen der Schläuche nachgewiesen werden. Pflüger hat die meisten der erwähnten Thatsacheu richtig beobachtet, aber falsch gedeutet; durch die hier gegebene Auffassung erhalten die Pflüger’schen Angaben über die Oogenese eine wesentliche Ergänzung. Grade wie beim normalen Eierstock die Follikel aus drüsenschlauch- ähnlichen Fortsätzen des Ovarial-Epithels sich bilden, so entstehen auch die seeundären Cysten der proliferirenden Ovarialkystome aus drüsigen Formationen, die vom Epithel der primären Follikel in das Ovarialstroma hineinwachsen. Weitere Mittheilungen erfolgen später. Zehnte Sitzung am 1. November. Herr Prof. Heidenhain theilte die Fortsetzung seiner Untersuchun- gen über die Speichelsecretion mit. Es wurden die Verschiedenheiten des Baues der Unterkieferdrüse beim Kaninchen, dem Hunde und dem der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 189 Schafe, die eutsprechenden Unterschiede des Secretes dieser Drüsen ge- schildert; ferner die Abhängigkeit der Zusammensetzung des Speichels von der Dauer und der Stärke der Reizung der Chorda iympaci bespro- chen, die chemischen und morphologischen Aenderungen der Unterkiefer- drüse bei anhaltender Thätigkeit. Sodann ging der Vortragende auf das sympathische Secret der Drüse über und wies nach, dass dessen Ver- schiedenheit von dem Chordasecrete eine rein graduelle, nicht eine spe- eifische sei. Als ein wesentliches Resultat seiner Untersuchungen führt der Vortragende an, dass man in der Chorda wie im Sympathicus der Hundearüse solche Nervenfaseın anzunehmen habe, welche die Schleim- bildung in der Drüse veranlassen, und solche, deren Thätigkeit die Flüs- sigkeitsabsonderung hervorrufe. Schliesslich wurde eine Erklärung für die sogenannte ‚‚paralytische Secretion‘“ Cl. Bernards gegeben. Sodann theilte der Vortragende die Resultate von Versuchen mit, welche die Herren Kube und Szostakowski über den Einfluss der nv. splanchnici auf die Gallensecretion angestellt haben. Elfte Sitzung am 15. November. Herr Dr. Köbner theilt zwei Fälle von generalisirten Sar- comen mit. In dem ersten, einen 43jährigen Mann aus der Praxis des Herrn Dr. Lion betreffend, hatte sich nach mehrmonatlichem Bestehen einer indolenten Adenitis femoris dex. und eines Gastrokatarrhs eine kleine Zahl weisser, sehr derber kleiner Knoten an der Haut des Rumpfes und wenige Wochen darauf in wenigen Tagen doppelseitig Exophthalmie ent- wickelt. Unaufhörliche bohrende Frontalschmerzen waren dem Auftreten der letzteren, welche innerhalb drei Wochen bis zur Berstung der einen Cornea stieg, vorausgegangen und gefolgt. Als Ursache der Exophthalmie fand der Vortragende harte, theils subeonjunctival, theils retrobulbär lie- gende, erbsen- und bohnengrosse Knoten in beiden Augenhöhlen. Unter stetiger Zunahme der allgemeinen Cachexie traten erst 24 Stunden vor dem Ende die Erscheinungen von Gehirnoedem ein. Die nur partiell gestattete Section erwies ‚die Neubildungen in den in den letzten Wochen sehr vervielfältisten Knoten der Haut und des subconjunctivalen Zellen- sewebes, sowie in der Lymphdrüsengeschwulst des rechten Oberschen- kels als Spindelzellensarcom; in der letzteren fanden sich überdies zahl- reiche Riesenzellen. Analoge Tumoren existirten in beiden Testikeln und Epididymides, welche der Vortragende, da sonstige primäre Neoplasmen im Lymphgefäss-Rayon der zuerst befallenen Femoraldrüse fehlten, für den wahrscheinlichen Ausgangspunkt der später in der Haut und den Augenhöhlen, wohl auch in den Hirnhäuten sich entwickelnden Sarcome hält. — Nach diagnostischen Bemerkungen, welche die Exelusion von Lues, sowie von Rotz (Patient war Pferdehändler) betrafen, schilderte Dr. Köbner den seiner Entwickelung nach sichergestellten zweiten Fall. 190 Jahres-Bericht Ein angebcrenes Pigmentmal am linken Zeigefinger, das durch Reibungen bei anstrengenden Handarbeiten Jahre lang wiederholt erodirt worden, war im 42. Jahre der Patientin stärker emporgewuchert und trotz mehr- maliger Aetzung innerhalb drei Jahren stets wiedergekehrt. Die linken Achseldrüsen intumescirten, besonders rasch, nachdem Patientin die Cho- lera überstanden, und als der Vortragende die Behandlung übernahm, existirten auch schon in der rechten Achselhöhle, über der linken Cla- vieula und der rechten Scapula, grosse, dem Seirrhus der Alten gleichende Tumoren. In den nächsten Monaten entstanden metastatische "Tumoren über dem Sternum und in den regg. epigastr. und lumbales, Ieterus mit unstillbarer Hyperemesis trat auf und fünf Wochen später erfolgte der Tod. Die Section durfte sich leider auch hier nicht auf die inneren Or- sane — von denen die Leber mit Sicherheit als Sitz secundärer Abla- gerungen anzunehmen war — erstrecken, sondern nur auf den Mutter- knoten am Zeigefinger, einige metastatische des Unterhautgewebes und eine Lymphdrüse. Auch diese Präparate erwiesen sich mikroskopisch als enorm entwickelte Spindelzellen-Sarcome, in denen stellenweise, beson- ders in den subeutanen und glandulären, Verfettung und Hämorrhagien eingetreten waren. In dem sarcomatös gewordenen, ursprünglichen Naevus hypertrophieus ging die Neoplasie hauptsächlich vom subeutanen Bindegewebe und den tieferen Lagen des Derma aus, was die Erfolg- losigkeit der früheren oberflächlichen Cauterisation erklärt. Der Vortra- gende beschloss seine casuistischen Angaben über die Metaplasie ange- borener Fleischwarzen zu Sarcomen und deren möglichst frühzeitige Exstirpation mit Vorlegung der angeführten mikroskopischen Präparate aus diesem und dem ersten Falle. Dergleichen vom letzteren demonstrirte auch Herr Prof. Dr. Waldeyer. (Ausführlichere Mittheilungen wird das erste Heft der Wiener medieinischen Jahrbücher, 1868, bringen.) Zwölfte Sitzung am 6. December. Herr Sanitätsrath Dr. Paul berichtet über die Exstirpation eines Bulbus oculi wegen der Entwickelung eines grossen Sarcoma Chorioideae sin. bei einem 26jährigen Manne. Das Sarcom hatte den hinteren Ab- schnitt des Augapfels durchbrochen und war weit in die Orbita hinein- gewuchert. In der Orbita entwickelten sich bald gute Granulationen; das Allgemeinbefinden war in der ersten Zeit ungestört. Vierzehn Tage nach der Operation trat plötzlich einseitiger Trismus und zwar an der operirten Seite auf, später Krampf der Nackenmuskeln und Schling- beschwerden. Der Tod erfolgte vier Tage nach Auftreten des Trismus. Bei der durch Prof. Dr. Waldeyer ausgeführten Autopsie fand sich neben Atrophie und grauer Degeneration der Nervi opt. und oculomot. sin, ein wallnussgrosses retropachymeningeales Sareom in der mittleren Schä- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 191 delgrube linkerseits, das nach hinten bis zum Felsenbein vorgedrungen war und dort dem Ganglion Gasseri unmittelbar auflag. Hierauf sprach Herr Dr. Wyss: Ueber die Beschaffenheit des Harns im Reactionsstadium der Cholera. Der Vortragende hat im vergangenen August, September und October Untersuchungen über den Harn im Reactionsstadium der Cholera ausgeführt und fand dabei Folgen- des: Die Menge des nach dem Choleraanfall’ secernirten Harns beträgt in den ersten 24 Stunden nur 25 bis 150 Cubik-Centimeter; in den fol- genden 24 Stunden steigt sie auf 200 bis 400 Cubik-Centimeter, mitunter sogar schon auf 800 bis 900 Cubik-Centimeter; und weiterhin nimmt die Quantität noch mehr zu, so dass im Mittel zwischen dem fünften und sechsten Tage nach dem Anfall (in leichten Fällen früher, in schweren später) die Harnmenge beträchtlich über das Normalquantum steigt (3000 Cubik-Centimeter pro Tag). Das specifische Gewicht des ersten Harns fand Wyss höher als frühere Beobachter (1012 bis 1033); mit der Zunahme der Harnmenge sinkt das specifische Gewicht, mitunter bis auf 1004. — Die trübe Beschaffenheit kommt durch grosse, mitunter enorme Quantitäten von Cylindern — deren reichliche Ausscheidung ein gutes, die spärliche ein schlechtes prognostisches Zeichen ist — fer- ner von Schleimgerinnseln, Eiterkörperchen, Epithelien und nicht selten krystallinischen Sedimenten, Harnsäure, Kalkoxalat und Uraten, zu Stande. In den späteren Harnmengen trifit man häufiger Eitersedimente, Tripelphosphatkrystalle, harnsaures Ammo- niak. — Nur ein einziges Mal fand Wyss Gallenfarbstoff (neben oleichzeitig vorhandenen Gallensäuren) im ersten Choleraharn. Der Körper, der beim Behandeln dieser Flüssigkeit mit Mineralsäuren die prachtvoll rothe oder violette Färbung bedingt, ist Indican, eine farb- lose Substanz, die durch jene Agentien in Indigroth und Indigblau _ gespalten wird. Das Indigblau aus dem Choleraharn zeigt bei der Untersuchung mit dem Speetralapparat, wie das Indigblau des Pflanzen- reiches ein Absorptionsband zwischen den Frauenhofer’schen Linien C und D; da indess bisweilen eine Verlagerung des Absorptionsstreifs nach dem rothen Ende des Speetreurs hin beobachtet wurde, so ist es möglich, dass das Indigblau des Choleraharns nicht identisch ist mit dem Indigblau des Pflanzenreiches. Eiweiss fand Wyss mit Einer Ausnahme immer im ersten Cho- leraharn; dasselbe blieb. bis zum fünften bis achten Tage nach dem An- fall, ausnahmsweise noch länger. Zucker fand er im ersten Harn nicht immer, oft zweifelhaft, immer nur in geringer Menge, wenn er vorhanden war. Constant aber trat nach dem Verschwinden des Eiweisses Glyco- surie während eines oder mehrerer Tage ein, die Zuckermenge war hier immer beträchtlicher. 192 Jahres-Bericht Die quantitative Harnanalyse lehrte, dass die festen Körper zwar ebenfalls wie die Harnmenge in den ersten Tagen vermindert seien, dass sie allmälig an Menge zunehmen, aber nicht in gleichem Verhältniss wie die Harnquantität. Das Chlornatrium ist aus dem ersten Harn ganz oder fast ganz geschwunden, nimmt nur allmälig zu und ist am neunten bis elften Tage noch immer vermindert, trotz der excessiven Harnquan- tität; erst später steigt seine Menge noch bedeutend. Der Harnstoff dagegen nimmt viel rascher an Menge zu, etwa entsprechend dem Harn- quantum. Die Menge der Phosphorsäure und Schwefelsäure ist anfangs gleichfalls vermindert; die Schwefelsäure steigt später als der Harnstoff, aber früher als das Chlornatrium auf sein Maximum. Krea- tinin wird in ziemlich normaler Menge ausgeschieden, die Harnsäure dagegen ist, trotzdem sie öfters in den ersten Tagen Sedimente bildet, anfangs bedeutend, unter Umständen auf Spuren vermindert. Dreizehnte Sitzung am 13. December. 1) Herr Dr. Freund sprach über Procto-Perineal-Pla'stik. Zur ‚möglichst genauen Eruirung der Mechanik der Dammrisse und der Folgen derselben ist ein richtiges Verständniss des anatomischen Baues der Dammgegend nothwendig. Derselbe wird zunächst in verschiedenen Durchschnitten schematisch erläutert, einige Verhältnisse aber, auf welche bisher nicht geachtet worden war, genau vorgeführt; vor Allem die Ver- theilung der Muskelzüge und das Lagerverhältniss derselben zur Damm- haut, der untern Partie der hinteren Scheiden- und vorderen Mastdarm- wand. — Da die Muskulatur keineswegs parallel den angegebenen Flächen verläuft, ferner an verschiedenen Stellen verschieden tief unter denselben liegt, so haben Dammrisse auf der einen Seite, je nachdem dieselben bis an, oder verschieden tief in, oder gar vollständig durch die Muskulatur dringen, verschiedene Folgen, und stellen auf der andern Seite dem Chirurgen verschiedene Indieationen. Es werden nun die verschiedenen Grade des Dammrisses schema- tisch vorgeführt und gezeigt, dass die vorzüglichsten der bisher angege- benen Methoden zur Operation rationeller Weise nur für ganz bestimmt charakterisirte Fälle angewendet werden können. Das wird genauer an der älteren deutschen, den neueren englischen, an der Langenbeck’schen und Küchler’schen Methode nachgewiesen. Hieran schliesst sich die Mittheilung eines Falles, welcher wegen der celossalen Läsion eine bedeutende und in mancher Hinsicht von der bis- herigen Praxis abweichende Operation erforderte. Eine 35jährige Frau hatte bei ihrer ersten, durch eine schwierige Zangenoperation beendeten Geburt (im Februar 1867) einen Riss erlitten, welcher den ganzen Damm, die hintere Scheiden- und die vordere Mastdarmwand bis in die Mitte der Scheide durchdrang. Neben vollstän- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 193 diger incontinentia faecium hatte sich Dickdarm -Scheiden -Blasenkatarrh, descensus des reclinirten schweren uterus ziemlich schnell entwickelt. Die Steissränder waren an den unteren Partien, besonders an der rechten Seite ungleichmässig vernarbt und speciell an der letztgenannten Stelle befand sich eine breite Adhäsion der Narbe am os ischü; die oberen spitzwinkelig zulaufenden Partien des Steisses waren ziemlich glatt. Nach sründlicher Darmentleerung wurde an der in der Steinschnittlage liegen- den, chloroformirten Frau unter Assistenz der Herren Dr. Fischer, Prof. Dr. Förster, Dr. Neisser (Charlottenbrunn) folgendermaassen operirt: Es wurde der ganze Riss breit derartig angefrischt, dass die oberen Theile desselben von einem breiten, nur in der Scheide gebildeten Wund- streifen, welcher mit seiner Höhe bis an’s laquear vaginae reichte, um- geben, die ganze untere Partie durch breite Abtrennung der Seitengegen- den des $Steisses bis über den Theilvorrand an die untere Grenze der labia minora, nach hinten bis in das recium hinein angetrischt wurde. Wesentliche Schwierigkeiten bot die oberste Partie des Steisses und jene schon erwähnte tiefnarbige Stelle rechterseits; dort musste auch eine Arterie torquirt werden. Die kolossale Wunde, welche ein grosses W mit breitem Anfangs- und Endstrich bildete, wurde nun derartig geheftet, dass der Mastdarm für sich mittelst sechs Nähten (Seide), die in’s Lumen des Mastdarms geknotet wurden, darauf die hintere Scheidewand in der selben Weise in eine schräg von oben, hinten nach unten vorn laufen- den Richtung mittelst acht Silberdrahtsuturen, endlich die eigentliche Dammwunde mittelst sechs starken tiefgreifenden Silberdrahtsuturen ge- heftet wurde. So war eine dreieckige Fläche in geschwungenen Linien von Nähten umgeben, von denen die im Mastdarm und in der Scheide liegenden eine Strecke weit ziemlich nahe übereinander nach abwärts liefen, dann aber divergirten, indem die Rectalnaht direct nach abwärts, die Vaginalnaht nach unten vorn, schliesslich nach vorn oben sich wendete. Die Operation hatte 31/, Stunde gedauert; die letzten Acte wurden an der bereits aus der Narkose erwachten Frau ausgeführt. Die Operirte lag 12 Tage mit zusammengebundenen Beinen bei ge- ringer, flüssiger Nahrung, mit durch tägliche Opiumgaben zurückgehal- tenem Stuhl abwechselnd auf dem Rücken oder einer Seite. Der Urin wurde künstlich entleert; die operirte Stelle mit in kaltes Wasser ge- tauchten ausgewundenen Compressen bedeckt. — Am siebenten Tage wurden vier (mittlere) Nähte aus dem Damm entfernt; am zwölften Tage nach Verabreichung von ol. Ricini und Oelklystiren mittelst des Fingers Stuhl in grosser Quantität entleert; darauf die zwei Dammnähte und zwei Scheidennähte,;, am vierzehnten Tage sechs weitere Scheidernähte ent- fern. Am zwanzigsten Tage verliess die Operirte zum erstenmal das Bett; am einundzwanzigsten Tage gingen Seidensuturen aus dem Mast- 13 194 Jahres-Bericht darm mit nekrotischen Gewebstheilchen ab. Am dreissigsten Tage reisste die nach dem Urtheile meiner schon genannten Herren Collegen und nach dem meinigen vollständig hergestellte Frau nach Hause. Nach drei Monaten entfernte ich noch zwei Silbersuturen aus der Scheide und con- statirte im Beisein der Herren Dr. Juliusburg und Dr. Skutsch die vollständige Restitutio in integrum der Frau: vollständige continentia faecium, normal stehenden uterus, Abwesenheit des Rectal- Vaginal-, Vesical-Katarrhes. — Die Narbe ist glatt und fest; die Dammgegend bildet wie im Nor- malzustande eine feste Gewebsmasse, deren S#agittaldurchschnitt ein Dreieck darstellt. 2) Herr Dr. Ebstein: Ueber drei seltene Fälle von Aneu- rysmen. ]l. Aneurysma verum carotid. cerebralis sin. Der Kranke, ein 60jähriger Hausirer, stürzte am 16. August 1867 bewusstlos zusam- men, bekam mehrmaliges Erbrechen und wurde sterbend in’s Allerheili- genhospital als „Cholerakranker‘‘ gebracht, wo er bald, etwa 7 Stunden nach Eintritt der Bewusstlosigkeit, starb. — Bei der Section fand sich ein etwa haselnussgrosses Aneurysma der linken Cerotis cerebralis, da wo sich dieselbe in ihre Endäste theil. An der oberen Fläche fand sich die Wand des Sackes in ungefähr Stecknadelkopfgrösse perforirt. An der Schädelbasis sowie in dem Gewebe der Pia war ein reichlicher Blut- erguss, das Ependym des dritten und der beiden Seitenventrikel zeigte geringen Blutbelag. Ein Druck auf die benachbarten Hirnpartien oder Nerven war nicht erweislich. — Die Aneurysmawand zeigte die Zeichen parenchymatöser Entzündung. Der Sack enthielt viel derbe geschichtete Gerinnsel. Die Basalgefässe waren getrübt; die Art. communic. posterior entsprang aus dem aneurysmatisch erweiterten Theil der Carot. cerebr. sin. Bei demselben Individuo fand sich ein Aneurysma cylindrie. verum aort. thor. asc. et arc. aort. Der linke Ventrikel war dilatirt und hyper- trophisch. — Im Fundus des Magens fand sich, in die Magenhöhle hin- einragend, ein Borsdorfer Apfel grosser Tumor, welcher sich in der Sub- mucosa entwickelt und die Schleimhaut auf der Höhe des Tumors in der Ausdehnung eines Guldenstückes usurirt, nicht ulcerirt hatte. Die Ge- schwulst bestand aus einer schleimhaltigen weichen Grundsubstanz und mehr oder weniger reichlichen in dieselbe eingebetteten zelligen Elemen- ten. Es handelte sich also um ein Myxoma ventriculi. U. Insuffic. valv. aortae. Aneurysma sacciforme verum aor- tage ascendent. (dicht über den Klappen) mit consecutiver Stenose des rechten arteriellen Ostiums und Insufficienz der Pulmonalarterienklappe. Verfettung des Herzmuskels. — Der Kranke, ein 42jähriger Tischlergesell, kam wegen eines Fuss- geschwürs in’s Allerheiligen-Hospital. Hier entwickelten sich allgemeine Odeme, Albuminurie, und es wurde eine bedeutende Vergrösserung der der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 195 beiden Herzhälften und ein sowohl die Systole, wie Diastole einnehmen- des lautes, blasendes, bisweilen klappend endendes Geräusch constatirt, welches in der ganzen Ausdehnung der Herzmattigkeit im Allgemeinen sleich deutlich war, besonders laut aber links zwischen der 5. und 6. Rippe etwa in der Mamillarlinie gehört wurde. Der Herzchoc konnte nicht gesehen und nicht gefühlt werden. Die Sec- tion bestätigte zunächst; die im Leben auf Insuffieienz der Aortenklappen ge- stellte Diagnose; indem der vordere Aortenklappenzipfel in Folge athero- matöser Einlagerungen an seinem freien Rande bei sonst normalem Ver- halteu sich nach der Innenwand der Aorta zu umkrämpelte. Dicht über der rechten Hälfte des rechten Zipfels der Aortenklappen fand sich ein etwa kastaniengrosses Aneurysma verum, ganz entsprechend der Aneurys- maform, welcher Cruveilhier den Namen Ampoule ü bosseloures gegeben hat. Dasselbe war ausgefüllt mit derben, festen, geschichteten Faserstoff- gerinnseln. Dieses Aneurysma verengte, sich in den Conus arteriosus dexter, entsprechend den Pulmonalarterienklappen, vorwölbend, das rechte arterielle Ostium derart, dass es kaum für die Spitze des kleinen Fingers passirbar erschien. Der rechte Zipfel der Pulmonalarterienklappen war mit Ausnahme eines kleinen halbmondförmigen Theils am freien Rand, der linke Zipfel mit Ausnahme der kleineren linken Hälfte in Folge adhäsiver Entzündung mit dem entsprechenden Theil des Endocard. des Con. art. dexter ver- löthet. Auf diese Weise bedingte das Aneurysma eine Verengerung des rechten arteriellen Ostiums und eine Insuflieienz der Pulmonalarterien- klappen. Beide Herzhälften waren stark erweitert, das Myocordium ver. dickt, aber fettig entartet. II. Aneurysma aort. abdominalis. Die Kranke war eine 65jäh- rige Frau, bot die Erscheinungen des chronischen Darmceatarrhs und des Mb. Bright und ging marastisch zu Grunde. Das Aneurysma selbst hatte intra vitam keine Erscheinungen veranlasst. Das Aneurysma der Bauch- aorta begann dicht unter dem Durchtritt der Aorta durch’s Zwerchfell, hatte eine Länge von 10 Cent., eine grösste Circumferenz, welche bei- läufig der Mitte desselben angehörte, von 13 Cent., seine Form war eine reichlich semiperipher spindelförmige, indem es hinten abgeplattet und mit den Wirbelkörpern verwachsen war, ohne diese zu usuriren. An der rechten Hälfte besonders zeigte das Aneurysma keine glatte Ober- fläche, sondern war mit zahlreichen Buckeln und Unebenheiten versehen, und war in seinem oberen Theile mit den Muskelfasern des Zwerchtells, weiterhin mit der Vena cava inferior und den grossen Bauchgefässen aul- liegenden, hier mässig geschwellten Lymphdrüsen verlöthet. Die Aneu- rysmawand bestand aus der besonders stark verdiekten Adventitia und der weniger verdickten, aber hochgradig entarteten Media und Intima und der Sack war angefüllt mit derben, festen Faserstoflgerinnungen. Mit 13* 196 Jahres-Bericht Ausnahme der Art. mesenterica infer. entsprangen alle Aeste der Bauch- aorta aus dem Aneurysma und zwar die Art. coeliaca ganz frei, während der Zugang zu den Nierenarterien und zur Mesenterica superior durch die geschilderten derben Gerinnungen sehr genirt wurde. Auf diese Weise entstand in den von diesen Arterien versorgten Organen ein verminderter Blutzufluss, und der Blutdruck wurde in den betreffenden Arterien so herabgesetzt, dass die nöthige Vis a tergo fehlte, um das Blut durch die Capillarbahnen und die Venen hindurchzutreiben. So lassen sich die im Ileum gefundenen Veränderungen: starke Verdickung der Darmwand, In- jeetion der Schleimhaut und Extravasate in derselben und die Bright’sche Erkrankung der Nieren als Folgezustände des Aneurysmas erklären: es sind dieselben Ernährungsstörungen, wie sie experimental bei Unterbin- dung und klinisch bei Embolien grösserer Arterienäste von einer Reihe von Forschern beobachtet wurden. Unterhalb dieses Aneurysmas fand sich die Wand der Aort. abd, sowie auch beider Ilac. communes hoch- sradig verdickt und das Lumen derselben so verengt, dass es nur für eine Sonde passirbar erschien. Die Art. iliac. inter. et ext. zeigten ein normales Verhalten. Eine Erweiterung der Art. epigastric. und mammariae intern. hatte nicht stattgefunden. Odeme der Beine fehlten, ebenso an andern Körperstellen. Ausserdem fand sich ein Aneurysma sacciforme verum drei Cent. über den Aortenklappen an der vorderen Wand der Aorta asc. Dasselbe war durch straffe Bindegewebsadhäsionen mit dem Pericardio verlöthet. Die grossen Halsgefässe waren normal und wurden durch dieses: Aneurysma nicht genirt. Die Aort. asc., der arcus aort. und die Aort. thor. descend. waren stark atheromatös. Die Präparate wurden von dem Vortragenden demonstrativ erläutert. N, Bericht über die Thätigkeit der historischen Section der Schlesischen kesellschaft im Jahre 1867, abgestattet von Prof. Dr. J. Kutzen, zeitigem Secretair der Section. Die historische. Seclion versammelte sich während des Jahres 1867 in neun Sitzungen, in welchen neun umfassendere Vorträge gehalten wurden, die bereits oben (Seite 12, 13) im allgemeinen Berichte ange- geben worden sind. Zwei derselben sind seitdem im Druck erschienen, nämlich Nr. 1 in Bericht VII. f. des Museums Schlesischer Alter- thumskunde, Nr. 6 in den Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur, Philosophisch -historische Abtheilung 1867, deren nächstes Heft auch Nr. 9 enthalten wird; demgemäss werde hier nur von den übrigen 6 das Hauptsächlichste des Inhalts mitgetheilt. In der Sitzung am 1. Februar hielt Herr August Mosbach einen Vortrag über die galizischen Ruthenen. Die Landbevölkerung Galiziens gehört mit Ausnahme des nordwest- lichen Theiles, der im Süden von den Karpathen, im Osten vom San begrenzt wird, fast ausschliesslich dem kleinrussischen Volksstamme an. Gegen Ende der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts nahm der polnische König Casimir der Grosse von diesem Lande Besitz, nach- dem der letzte dortige Fürst von Halicz, sein Verwandter, von seinen eigenen Unterthanen durch Gift aus dem Wege geräumt worden. Aus dem Lande Halicz wurden die polnischen Wojewodschaften Reussen (Rus) und Belz errichtet. Die griechische Kirche, der die ruthenische Bevölkerung angehörte, blieb unangetastet in ihren Besitzungen und Rech- ten. Der ruthenische Adel, der mit dem polnischen, römisch-katholischen 198 Jahres-Bericht Adel auch politisch gleichgestellt wurde, wählte die Bischöfe fast durch- gehends aus der Klostergeistlichkeit. Die Patriarchen von Constantinopel waren die Oberhirten der griechischen Kirche in Polen; die katholische polnische Regierung mischte sich nicht in die kirchlichen Angelegenheiten der griechischen Ruthenen; von einem placetum regium war keine Rede. Die amtliche und Gerichts-Sprache blieb die russische; die königlichen Privilegien für die Wojewodschaften Reussen und Belz wurden in russi- scher Sprache ausgestellt; auf den Provinzial-Landtagen sprach der ruthe- nische Adel russisch; die geistlichen Gerichte verhandelten nur in russi- scher Sprache; die höhere und die niedere Geistlichkeit sprach, schrieb und lehrte in ihrer Muttersprache; die Kirchenbücher wurden russisch geführt. Den Ruthenen unter polnischer Herrschaft stand es frei, Kirchen zu bauen, Klöster, Schulen und Akademien zu errichten, in Städten und Klöstern russische Druckereien anzulegen, russische Bücher ohne Censur herauszugeben und in den grösseren Städten kirchliche Brüderschaften zu gründen, die zum Theil grossen Einfluss erlangten. Die Reformation untergrub zuerst das Ruthenenthum; denn der der ruthenischen, der griechischen Kirche angehörige Adel der Wojewod- schaften Reussen und Belz, sowie der anderen damals zu Polen gehöri- gen ruthenischen oder kleinrussischen Wojewodschaften ging, ebenso wie der polnische, römisch katholische Adel, massenweise zur reformirten Kirche und später zur polnischen Brüdergemeinde, den sogenannten Aria- nern, Socinianern, Antitrinitariern, über. Dieser protestantisch gewordene Adel entsagte freiwillig seiner ruthenischen Nationalität und polonisirte sich, wie denn überhaupt die Reformation ein mächtiger Hebel für Aus- breitung der polnischen Sprache und Nationalität im ehemaligen Polen war. Erst im Laufe des 17. Jahrhunderts gingen die Nachkommen des protestantisch und polnisch gewordenen ruthenischen Adels nach und nach grösstentheils zum Katholieismus über. Merkwürdiger Weise war der erste polnische Dichter Mikolaj Rej, ein protestantisch gewordener ruthe. nischer Adeliger, gebürtig aus Zurawno am Dniester, einem Städtchen südlich von Lembere. Das ruthenische Landvolk blieb von der Reformation unberührt. Selbst der Umstand, dass der grösste Theil der Bekenner der griechischen Kirche Polens sich mit der römisch-katholischen Kirche unirte, hatte kei- nen grossen Einfluss auf dasselbe. Diese Veränderung war nur insofern von Bedeutung für das Volk, dass die Bischofsitze, Canonicate und ein- träglichen Abteien meistens nieht allein von ruthenischen, sondern auch von polnischen Adeligen, welche zur griechisch-unirten Kirche übertraten, in Besitz genommen wurden. Im Iahre 1772 nahm Oesterreich Besitz von den Wojewodschaften Reussen und Belz, welche Länder nebst anderen acquirirten polnischen Landestheilen den Namen „Königreich Galizien und Lodomerien“ erhielten. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 199 Die griechisch-unirten Bischöfe Galiziens wurden nun von 1780 an und die Erzbischöfe von 1808 an nicht mehr aus dem Basilianerorden, sondern aus der weltlichen Geistlichkeit gewählt, und zwar von der Re- gierung. Kaiser Joseph II. gründete 1789 in Lemberg für den ruthenischen Clerus ein besonderes Seminar, und damit der griechisch-unirte Clerus nur in der Volkssprache seine Erziehung genösse, errichtete er an der im Jahre 1787 von ihm begründeten Lemberger Akademie eine beson- dere ruthenisch-philosophisch-theologische Facultät, wo alle Lehrgegen- stände nur ruthenisch vorgetragen werden sollten. Diese ruthenische Facultät bestand bis 1809; denn in diesem Jahre trugen die ruthenischen Bischöfe Galiziens bei der österreichischen Regierung um Aufhebung der- selben an. Im Lemberger griechisch-katholischen Seminar, wo die ruthenischen Geistlichen ausgebildet wurden, sprachen alle polnisch. Der einzige griechisch-katholische Bischof, dem die geistige Hebung des ruthenischen Volkes am Herzen lag, war kein Ruthene, sondern ein Pole, nämlich der griechisch-unirte Bischof von Przemysl, Maximilian Ryllo. Derselbe richtete im Einverständniss mit dem Lemberger Bischof Bielanski am 11. Mai 1790 an den Kaiser Leopold II. ein Gesuch, worin er unter Anderem um Errichtung von Normalschulen in den Städtchen und von Trivialschulen in den Dörfern mit ausschliesslich ruthenischer Unterrichtssprache bat. Doch sein Gesuch wurde nicht berücksichtigt, weil seine Nachfolger und Collegen sich nicht weiter um diese Angelegen- heit kümmerten. Diese geistlichen Herren waren nur darauf bedacht, mit dem lateinischen oder römisch-katholischen Clerus gleichgestellt zu werden. Sie erlangten, dass das Lemberger griechisch-katholische Bis- thum zum Erzbisthum erhoben, in Lemberg eine Metropole errichtet wurde, welche Würde abwechselnd der römisch-katholische und griechisch- katholische Erzbischof bekleidete; dass das griechische erzbischöfliche Capitel in Bezug auf Anzahl und Stellung seiner Mitglieder mit dem latei- nischen erzbischöflichen Capitel gleichgestellt wurde; ferner, dass sie, gleich dem lateinischen Clerus, die Distinctorien tragen dürften. Die griechisch-katholischen Bischöfe und Erzbischöfe erlangten schliesslich Sitz und Stimme auf dem galizischen Landtage, dessen weltliche Mitglie- der in polnischer Nationaltracht, mit der Karabella (Säbel) an der Seite, erschienen, neben den lateinischen Bischöfen und Erzbischofe und dem armenisch-unirten Erzbischofe von Lemberg. Der Lemberger griechische Bischof, der Ruthene Angellowiez, dem es gelang, zuerst die Metropolitanwürde zu bekleiden, hob die ruthenisch- philosophisch-theologische Facultät in Lemberg auf, war der grösste Feind der ruthenischen Sprache und entfernte dieselbe aus dem Seminar und der Consistorial-Kanzle. Er sowie die anderen ruthenischen Bischöfe 200 Jahres-Bericht sprachen nur polnisch, erliessen Hirtenbriefe und andere Verordnungen in polnischer und lateinischer Sprache und untersagten den Seminaristen den Gebrauch der ruthenischen Sprache. Sie erlangten endlich von der Regierung die Berechtigung, die bischöfliche Censur über russische Bücher zu üben, und seitdem erschien kein theologisches Buch in dieser Sprache mehr. Der griechisch-unirte Bischof Skorodynski schrieb eine Pastoral- theologie für Ruthenen in polnischer Sprache, und sein College, der ruthe- nische Bischof Michael Harasiewiez, gab in den Jahren 1795—1797 in Lemberg sogar eine polnische Zeitschrift unter dem Titel ‚„Dziennik poli- tyköw patryotyeznych“ (‚Tageblatt patriotischer Politiker“) heraus. Der griechische Bischof von Przemysl, Lewicki, suchte zwar im Jahre 1818 bei der Regierung zu erwirken, dass die ruthenische Volkssprache auch in den Volksschulen als Unterrichtsgegenstand eingeführt würde; doch änderte er seine Gesinnung, als er Metropolit und Cardinal wurde. Er ward Gegner der ruthenischen Volkssprache, verbot im griechisch-katho- lisehen Seminare den Seminaristen des vierten Cursus, die Pastoraltheo- logie, Katechetik ete. in ruthenischer Sprache vorzutragen; sie mussten die polnischen Vorträge besuchen. Der grösste Theil der ruthenischen Geistlichkeit sprach, schrieb und predigte polnisch. Ja, die Ruthenen, die als Schriftsteller auftraten, schrieben polnisch. Der ehemalige Secretair des Lemberger Magistrats, Dyonizy Zubrycki, ein Ruthene und Todfeind des Polenthums, schrieb eine Chronik der Stadt Lemberg in polnischer Sprache. Nach dem Jahre 1848, wo durch den damaligen Gubernator von Galizien, Grafen Stadion, eine ruthenische Nationalität als feindlicher Gegensatz zum Polenthum geschaffen wurde, russifieirte Dyonizy Zubrycki seinen polnischen Namen und schrieb als Denis Zubrickij eine Geschichte des Fürstenthums Haliez in grossrussischer Sprache, welche aber den galizischen Ruthenen, die kleinrussisch sprechen, im Allgemeinen unverständlich ist. In dem ange- sebenen Sinne traten nun mehr und mehr Bemühungen hervor, das Ru- thenische wieder zu heben und zu verbreiten. — In der Sitzung am 8. März stellte Herr Gymnasiallehrer Dr. Mark- sraf das Verhältniss Georg’s von Böhmen zu Papst Pius II. dar. Der Vortragende suchte nachzuweisen, durch welche Mittel Georg von Podiebrad, als er am 2. März 1458 den böhmischen Thron als Wahlkönig bestiegen hatte, die Anerkennung Seitens der Curie erlangte, wie er aber später, zur Erfüllung seiner dabei gemachten Versprechungen ‘ gedrängt, nachdem er die Entscheidung vier Jahre lang hingezogen, sich doch endlich zu einem offenen Bruche mit Rom entschloss. Seine Wahl wurde durch die Verwandten des letzten Königs, Ladislaw, und durch der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 201 die nicht um ihre Stimme befragten Nebenländer angefochten, und das böhmische Reich kam in die Gefahr, durch Anschluss der letzteren an die deutschen Prätendenten, insbesondere Schlesiens, an Herzog Wil- helm von Sachsen zerrissen zu werden. Den Vorwand zur Opposition gegen Georgs rein nationale Wahl, die eben deshalb so verhasst war, fanden die deutschen Nebenländer vor Allem in dem utraquistischen Be- kenntniss desselben. Deshalb war es von vorn herein sein Bestreben, durch die Erlangung der päpstlichen Anerkennung dieser Opposition die Spitze abzubrechen. Gleich bei seiner Krönung leistete er einen Eid, auf Grund dessen ihn Papst Calixt III. schon als katholischen Fürsten begrüsst haben soll. Dessen Nachfolger Pius II. war zwar vorsichtiger, drängte ihn aber nicht öffentlich zu weiteren Schritten, sondern begnügte sich mit einem am 9. März 1459 für des Königs Person geleisteten Obe- dienzeide, Beide Eide geschahen heimlich und wurden erst 1462 bekannt. Da der König durch Versprechungen in Betreff des Mantuaner Congresses und des Türkenzuges, um die sich Pius’ II. Politik drehte, denselben immer mehr für sich gewann, so erreichte er dadurch, dass der Papst selber ihm Schlesien und endlich auch Breslau, das sich auf seine Ein- mischung berufen hatte, in die Arme trieb. Mit eben so grosser Klug- heit und weniger Zweideutigkeit, wenngleich durch Mittel, welche die Confliete immer nur vertagten, ohne sie zu lösen, war es ihm gelungen, in den brandenburgisch-bayerschen und ungarisch-österreichischen Hän- deln eine schiedsrichterliche Stellung einzunehmen, die ihm nicht nur die allgemeine Anerkennung sicherte, sondern ihm auch eine Macht verlieh, dass er die Hände nach der höchsten, der kaiserlichen Krone ausstrecken durfte. Dabei suchte er seinen kirchlichen Standpunkt immer weiter in derselben Unklarheit festzuhalten, um nicht, da er nach beiden Seiten hin engagirt war, mit der einen brechen zu müssen. Wie aber Pius ihn immer drohender an seine Verpflichtungen mahnte, so erkannte er selber immer deutlicher, dass die einzig sichere Stütze seiner Macht uur die hussitische Partei sei. So kam er dann wieder ganz auf den durch seine bedingungslosen Eide bereits aufgegebenen Standpunkt Rokyeanas zu- rück, der an der Rechtmässigkeit der Compactaten festhielt, obwohl sie von der Curie nicht bestätigt worden waren. Im Frühjahr 1462 erfolgte die Entscheidung in Rom, als der König öffentlich für sich und das Reich die Obedienz leisten und doch die Compactaten fordern liess. Pius da- gegen liess sie — zum ersten Male mit grosser Feierlichkeit — als un- giltig erklären, brach aber die Verhandlungen deshalb nicht ab, sondern sandte den Nuntius Fantin de Valle, bisherigen Procurator Georgs, nach Prag. Da löste der König durch die bekannten Vorgänge auf dem Laurentius-Landtage das bisherige Verhältniss zu Pius offen auf, durch die Gefangennahme Fantins noch eine Gewaltthat hinzufügend Durch Benutzung noch ungedruckter Materialien aus dem lateinischen 202 Jahres-Bericht Manuseripte Eschenloers konnte der Vortragende manches neue Licht auf diese Vorgänge werfen, so dass die Zweideutigkeit des Königs jetzt im Gegensatze gegen die Darstellung Palackys ausser Zweifel er- scheint. — In der Sitzung am 5. April hielt Herr Oberlehrer Dr. Reimann einen Vortrag über die Unterhandlungen, die im Jahre 1777 zwischen dem österreichischen Staatskanzler Fürsten Kaunitz und dem Kurfürsten Karl Theodor über die bayerische Erbfolge stattfanden. Er stellte zuvörderst die Gefahren dar, welche die Verbindung Bayerns mit Frank- reich während der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts dreimal dem Wiener Hofe bereitet hatte, und erinnerte an die Pläne, die Maria Theresia schon nach dem ersten schlesischen Kriege hegte, Bayern mit Oesterreich zu vereinigen und das Haus Wittelsbach anderswo unterzu- bringen. Dann ging er auf den eigentlichen Gegenstand seines Vortrages über. Er konnte dafür keine neuen Quellen zu Rathe ziehen; aber die alten Hilfsmittel waren bisher keineswegs so eingehend, wie sie es ver- dienten, benutzt worden, und namentlich boten die amtlichen Streitschriften des Jahres 1778 noch manche willkommene Nachricht dar. Zuletzt wurde der Vertrag vom 3. Januar 1778, welcher Friedrich I. von Preussen veranlasste, zum vierten Male gegen Oesterreich in’s Feld zu ziehen, einer genauen Betrachtung unterzogen und gezeigt, dass Kaunitz zwei Ziele verfolgte, nämlich entweder ganz Bayern zu gewinnen oder wenigstens den Winkel zwischen Böhmen und Tirol durch die neue Er- werbung auszufüllen. — Der Vortrag des Herrn Direetor Schück in der Sitzung vom 26. April über Minnehöfe und Minnegerichte hatte den culturhistorischen und juristischen Standpunkt derselben im Auge. Der Begriff des Wortes Minne ward als gewisse im Geist des Ritterthums gefasste Grundsätze und Maximen über Galanterie und Liebe entwickelt, die eine besondere Wissenschaft ausmachten, die Minnehöfe event. Gerichte als entscheidend über Zwistigkeiten der Ritter und Damen auf dem Gebiete der Galanterie dargestellt und gezeigt, dass sie eben so wenig blos heiteres Spiel, als ein Criminalgericht waren. Sie finden sich in dreifacher Gestalt, nämlich als geselliger Kreis, als Schutzbündniss und als Sittengericht der Frauen und beruhen im Grunde auf der Lehnsverfassung. Nach den mitgetheilten Quellenschriften, die über diese Institution sich finden, wurden 11 Minnehöfe bezeichnet, deren Verfassung, Gesetze, Competenz nachgewiesen, dabei auch die mit den Minnehöfen nichts zu der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 203 schaffen habenden Feste de l’epinette, du prince des fols, du prince d’amour et du prince de plaisance und der Abgabe des droit de pelote, ferner la gaie societe de sept trobators de Tolouse, die Rederikers-Kammern in Flan- dern erwähnt, ebenso die Assemble galante des Cardinals Richelieu im Hotel Rambouillet, das Tugendgericht der Kaiserin Maria Theresia. Die 13 Gebote der Minne und die Deductionen des Tractatus amoris vom Capellan Andreas wurden vorgetragen, weil auf ihnen die Ent- scheidungen der Minnehöfe beruhten. Weder nach England, noch nach Deutschland, auch nicht nach Spanien und Italien hat sich diese Institu- tion verbreitet. — Am 1. November hielt Herr Oberlehrer Dr. Reimann einen Vor trag über die Unterhandlungen Friedrichs II, und Josephs II. im April 1778. Die von den beiden Herrschern geführte Correspondenz jener Zeit ist längst bekannt; aber solche Schriftstücke sagen nicht alles. Wenn uns die von Schöning veröffentlichten Briefe des grossen Königs an seinen Bruder Heinrich die Beweggründe zeigen, von denen Fried- rich geleitet wurde, die Absichten, die er verfolgte, so sind wir nun auch im Stande, die Politik des Wiener Hofes besser zu verstehen, nach- dem sich Arneth das Verdienst erworben, den Briefwechsel zwischen Maria Theresia und Joseph herauszugeben. Jetzt erfahren wir erst, warum der Kaiser mit Vergleichs-Vorschlägen im April 1778 hervortrat, und warum er sich zu der Unterhandlung bequemte, die ihm Friedrich anbot. Auch über die Stellung, welche Maria Theresia zu der bayeri- schen Erbfolgesache einnahm, erhalten wir hier zahlreiche dankenswerthe Mittheilungen. Aber wie bei Schöning, so finden sich auch bei Ar- neth falsche Datirungen, welche die Forschung erschweren; z. B. der Brief Nr. 278 ist nicht vom 12. Januar, sondern vom 12. Februar, und Nr. 285 nicht vom 9. März, sondern vom 9. April. Mit Hülfe dieses neuen Quellenmaterials setzte der Vortragende die preussische und öster- reichische Politik jener Tage ausführlich auseinander. — Herr Gymnasial-Oberlehrer Palm sprach am 15. November über die Betheiligung Bethlen Gabors an der Conföderation der Böhmen und Schlesier im Jahre 1619 und 1620. Als im Jahre 1619 die im Aufstande gegen Ferdinand II. befind- lichen Böhmen sich mit den Mährern, Schlesiern, Lausitzern, ja zuletzt auch mit den evangelischen Ständen von Ober- und Nieder-Oesterreich verbündet hatten, lag es nahe, auch Ungarn zur Theilnahme an dieser 204 Jahres-Bericht Conföderation einzuladen, wo ebenfalls Grund zur Unzufriedenheit mit dem Regiment der Habsburger vorhanden war. Die Aufforderung erging denn auch und fand guten Erfolg, nicht minder diejenige, welche an den Ungarn benachbarten Fürsten von Siebenbürgen, Bethlen Gabor, von Böhmen aus um Hülfe gerichtet wurde. Dieser ebenso thätige und ge- wandte als ränkevolle und verschlagene neue Gegner des Kaisers war ein Schützling und Vasall der Pforte, die damals über Siebenbürgen eine Oberhoheit geltend zu machen wusste. Indem ihm die Gelegenheit gün- stig schien, sich der Krone Ungarns zu bemächtigen, sagte er den Ver- bündeten seine Hülfe zu, und während der Kaiser durch heuchlerische Anerbieten getäuscht wurde, fiel er plötzlich im August mit seinen Schaaren in Ungarn ein, das er mit leichter Mühe fast ganz eroberte. Im November erschien er vor Wien, wohin auch das böhmische Heer unter Thurn sich wendete. Hätten nicht Hunger, Seuchen und Kälte eine ernsthafte Belagerung der Stadt unmöglich gemacht, so wäre sie leicht in Bethlens Hände zu bringen gewesen; unter jenen Umständen aber mussten beide Heere sich unverrichteter Sache zurückziehen. Dafür wurde nun um so lebhafter auf diplomatischem Gebiete agirt. In Press- burg trat im November 1619 ein ungarischer Landtag zusammen, zu welchem auf Aufforderung auch böhmische Gesandte gingen, um über die Theilnahme Ungarns an der Conföderation zu verhandeln. Auch die Schlesier ordneten Deputirie dahin ab, die aber zu spät kamen und schliesslich in Brünn genehmigten, was vorher in Pressburg abgemacht worden war. Am 15. Januar 1620 hatte man dort das Bündniss mit Ungarn und mit Bethlen Gabor zu Stande gebracht. Zweck desselben war der gegenseitige Schutz gegen die Angriffe des zwar nicht ausdrück- lich genannten, aber doch unverkennbaren Feindes, des Kaisers. Zur Förderung dieses Zweckes sollte eine gemeinsame Gesandtschaft an die Pforte ergehen, die man auffordern wollte, zwar nicht den Kaiser anzu- greifen, aber doch die Verbündeten nicht in ihrem Kampfe zu hindern. Starke Bundeshülfen mussten an Bethlen Gabor bewilligt werden unter dem Titel des früher an den Kaiser gezahlten Grenzschutzes.. Während man nun von diesen Anstalten die grössten Hoffnungen hegte, schloss unvermuthet Bethlen am Tage nach seinem Abkommen mit den Con- föderirten, am 16. Januar, einen Waffenstillstand mit dem Kaiser, der ihm freilich äusserst günstig war, für seine Bundesgenossen aber nichts eintrug, als ein ganz nutzloses Versprechen eines gleichen Waffenstill- standes, wenn sie den Kaiser darum ansuchten. Daran konnte ihnen unmöglich etwas gelegen sein, da der Kaiser ja nimmermehr seine eigene Verwerfung und die Wahl des neuen Königs von Böhmen würde aner- kannt haben. Darum unterliessen es namentlich die schlesischen Stände nicht, ihren neuen Bundesgenossen Vorwürfe zu machen, dass er seinen Privatvortheil dem allgemeinen Besten vorgezogen habe. Bethlen ver- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur., 205 theidiste sich gegen sie mit schwachen Gründen, und da auch der Kaiser nicht gesonnen war, den ausbedungenen Waffenstillstand zu gewähren, zumal er von keinem anderen als von Bethlen darum angegangen war, so wurde dieser zuletzt genöthigt, die Erneuerung der Feindseligkeiten wieder in Aussicht zu stellen, von denen er ausser den bedeutenden Geldlieferungen der Conföderirten die definitive Erwerbung der ungari- schen Krone erwarten durfte. Zum Fürsten von Ungarn hatte ihn der Pressburger Landtag ohnedies schon im Januar ausgerufen. Doch ehe sein Kampf mit dem Kaiser wieder begann, lag ihm an dem definitiven Abschlusse der Conföderation mit den Böhmen, und dieser kam auf einem zu Prag im März beginnenden General-Landtage aller Läuder zu Stande, wo die Ratificationen des Pressburger Beschlusses durch die Stände der einzelnen Länder eintrafen und namentlich die Antheile an den zu zah- lenden Summen für dieselben festgestellt wurden. Die Erwartungen, welche man allseitig auf dies grosse, auch mit der evangelischen Union in Beziehung tretende Bündniss setzte, sollten sich jedoch nicht verwirk- lichen; dazu fehlte es an Einheit in der Leitung und in den Zwecken, sowie an der rechten Entschlossenheit und Energie bei den Verbündeten, deren Grund zum Theil auch auf dem mangelnden Rechtsbewusstsein der Einzelnen beruhte. ai ie / | gi 36 Be Ta Y a; ir] 7 3 N SL bi f ji ri f EL ‚ : 2 aba jicigaal $ 7 92) aoih en BEL oh; « nz ui sa le vun 5 VI. Bericht über die Verhandlungen der Section für Obst- und Gartenbau im Jahre 1867 von Kaufmann und Stadtrath E. H. Müller, zeitisem Secretair der Section. Im Jahre 1867 hielt die Section für Obst- und Gartenbau der Schle- sischen Gesellschaft für vaterländische Cultur neun Sitzungen. Die erste Sitzung am 16. Januar wurde eröffnet durch Mittheil- ung des Garten-Inspectors Herrn Stoll von Auszügen aus der zu Triest erscheinenden Zeitschrift L’Ortolano und den Acten der Acclimatisations- Gesellschaft in Sicilien. Weiterhin lassen wir dieselben folgen und möchten hier nur die Herren Weinzüchter auffordern, die in ersteren Beiden ange- gebenen Mittel zur Erreichung ausserordentlich reicher Weinernten und zur Vertilgung des Weinpilzes (Oidium Tueceri) eingehender Prüfung zu würdigen, uns auch, so unglaublich auch ein günstiger Erfolg der in letz- terem angegebenen Procedur erscheint, seiner Zeit über die durch deren Anwendung erzielten Resultate gefällig zu berichten. Hiernächst brachte der Secretair briefliche Benachrichtigungen des Kunstgärtner Herrn Frickinger in Laasan zur Kenntniss, in welchen sich derselbe über die nachtheiligen Folgen der vorjährigen Witterungs- verhältnisse für die Cultur der meisten Küchengewächse, namentlich aber für die Obsternte äussert. Was derselbe Herr Correspondent weiterhin über die schädlichen Einwirkungen einer chemischen Fabrik auf das Pflanzenleben in deren Nähe erzählt, soll im Anhange mitgetheilt werden. 208 Jahres-Bericht Auch Herr Garten-Inspector Becker in Miechowitz beklagt die dies- jährige Missernte, besonders an Kernobst. Derselbe schreibt: der Blü- thenfior war durchweg reichlich, ebenso der Fruchtansatz; ein in der Nacht vom 23. zum 24. Mai eingetretener Frost von 4° vernichtete je- doch alle Hoffnung. Sämmtliche Aepfelbäume, mit Ausnahme der Büschel- Reinette, des rothen Herbst-Calville und des Virginischen Sommer-Rosen- apfel hatten keine Früchte; bei den Birnbäumen stellte sich das Ver- hältniss etwas günstiger, am reichlichsten trugen: Punktirter Soemmerdorn, Salzburger, Napoleon’s, rothe Dechant’s, grüne Sommer-Magdalene, Gute graue, Pastorenbirn, weniger Früchte lieferten: Römische Schmalz-, Ber- samotte Crasanne, Pommeranzenbirn, Fellenzer, Honigbirn und Wildling von Motte. Kirschen- und Pflaumenbäume gewährten dagegen gute Er- träge, besonders volltragend waren die Reitzensteiner Zwetsche und die Aprikosenpflaume. Dem Schreiben waren noch beigelegt: die Pläne der sehr umfangreichen Obst- Gemüse- und Obst-Baumschulgärten zu Miecho- witz und die Verzeichnisse der in diesen eultivirten Obstbaumsorten und der, der Pflege des Berichterstatters anvertrauten Warmhauspflanzen. In der zweiten Sitzung am 6. Februar hielt der Obergärtner der hiesigen städtischen Promenaden, Herr Lösener, Vortrag „über Haus- gärten in Städten und Vorstädten mit besonderer Beleuchtung der Bres- lauer Hausgärten“ und lassen wir denselben weiterhin folgen. Auch ein, durch Herrn Hofgärtner Götz zu Slawentzitz eingesen- deter längerer Aufsatz „über das Pinciren der Obstbäume“ gelangte zum Vortrag; wir finden denselben jedoch bereits in dem gegenwärtigen Jahrgange von Dr. Ed. Regel’s Gartenflora wiedergegeben und ver- meiden deshalb dessen Wiederholung an dieser Stelle. Das zur Mittheilung gelangende Schreiben eines sachkundigen Nicht- Mitgliedes der Section, in welchem sich über deren Leistungen in freund- lich anerkennender Weise ausgesprochen wird, machte einen auf alle Anwesenden zu weiterer Thätigkeit angenehm anregenden Eindruck. Die dritte Sitzung am 20. März war einem längeren Vortrage des Stadt-, Forst- und Oeconomierath Herrn Dr. Fintelmann, „über Anlage, Pflege, Unterhaltung und den Nutzen lebendiger Hecken“, ge- widmet, welchen wir ebenfalls im Nachtrage, auszüglich zu weiterer Kenntniss bringen. Der Secretair legte die Abbildung der von Herrn Ernst Benary in Erfurt in verschiedenen Farben-Nüancen neu gezüchteten Scabiosa nana fl. pl. vor; die Pflanze soll bei fast rasenbildendem Wurzelstock nur eine Höhe von 8 Zoll erlangen und überreich blühen, sie dürfte daher eine gute und häufig verwendbare Acquisition sein. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 309 Derselbe verlas ferner Cireulaire der Königlichen landwirthschaft- lichen Akademie zu Proskau i. Schl. und der Promenaden - Verwaltung der Stadt Paris. In Ersterem wird zu Beiträgen für ein in Proskau zu begründendes landwirthschaftliches Museum aufgefordert. In Leizterem wird bekannt gegeben, dass in dem kunstgärtnerischen Etablissement jener Verwaltung, Avenue d’Eylau Nr. 137, junge Kunstgärtner, auch Aus- länder, alljährlich als Zöglinge untergebracht werden können. Die jungen Leute müssen das Alter von 18 Jahren erreicht, schon ein Jahr prak- tisch gearbeitet haben und mit einem Pass versehen sein. Die Gesuche um Aufnahme haben bis zum 1. März jeden Jahres bei dem Ingenieur en Chef au Corps imperial des Ponts et chaussdes, Administrateur des Prome- nades de la Ville de Paris Monsieur Alphand zu erfolgen, sie müssen den Vor- und Familiennamen, Datum und Geburtsort des Candidaten und Notizen über dessen vorhergegangene Verhältnisse enthalten und mit der Einwilligung begleitet sein, sich dem die Arbeiter und die Chefs des Etablissements betreffenden Reglement zu unterwerfen. Um mit Erfolg alle Culturweisen zu studiren, wechseln die Zöglinge jeden Monat die Abtheilungen und die Bibliothek liefert denselben Material zu weiterem Studium während den Freistunden. Die Verwaltung bewilligt den Eleven als Lohn ihrer Arbeit monatlich 65 Fres., deren Auszahlung am 3. bis 10. jeden Monats erfolgt, und haben dieselben, wenn sie das Etablisse- ment zu verlassen wünschen, vierzehn Tage vorher den Chef hiervon zu benachrichtigen. Noch wurde ein Brief des Hofgärtner Herrn Kleemann in Carolath vorgelesen, in welchem derselbe die durch starke Nachtfröste in der letzten Hälfte des Mai verursachten Schäden an verschiedenen Pflanzun- sen bespricht und über das Befallen der Melonen und Gurken klagt, dem nur die japanische Walzen- und besonders die chinesische Schlangen- Gurke widerstanden. Derselbe berichtete ferner, dass er schon seit Jah- ren bemüht sei, die in den auf leichtem, zum Theil kiesigen Sandboden angelegten Obstpflanzungen vorhandenen geringen Apfel: und Birnsorten durch Bessere zu ersetzen. Das gewonnene Obst sei von gutem Ge- schmack, dauerhaft und deshalb zur Ausfuhr nach Stettin und dem wei- teren Norden sehr gesucht; es hätten jedoch die letzten trockenen Jahre besonders der Mangel an Winterfeuchtigkeit den Bäumen sehr geschadet, so dass selbst alte, grosse, schöne Birnbäume im Absterben sich befän- den. Auch der Weinstock habe aus gleichen Gründen sehr gelitten, und besonders in freier Lage auf leichtem Boden sehr schwaches Holz ge- macht, doch wären die Trauben bei sehr geringer Quantität in Qualität ausgezeichnet gewesen und hätten vorzüglich guten Wein geliefert; der Weinberg umfasse zwanzig und einige Morgen, und in neuester Zeit würden die Wege um Carolath mit Pflaumenbäumen besetzt, welche in den nächsten Jahren die Zahl von 2000 Stück erreichen sollten, die 14 310 Jahres-Bericht Bäume, auch diejenigen, welche in tiefliegendem Terrain auf Hügel ge- pflanzt wurden, zeigen ein sehr gutes Gedeihen, und lassen nichts zu wünschen übrig. Während der vierten Sitzung am 24. April brachte der Secretair briefliche Mittheilungen des Kunstgärtner Herrn Pfeiffer in Zölling zur Kenntniss, über die dortige gutsherrschaftliche Obst-Baumschule und Plantage, und deren kürzlich erfolgte und noch vorhabende Erweiterun- gen; denselben lag auch das Verzeichniss der daselbst eultivirten Apfel- und Birnsorten bei. Ebenso gelangte zum Vortrage ein vom Lehrer Herrn Oppler in Plania eingesendeter Aufsatz „über den St. Annaberg in pomologischer Beziehung“, welchen wir weiterhin im Auszuge bekannt geben. Die beiden nächsten Sitzungen am 14. und 28. August galten der Berathung und Beschliessung darüber, ob in Folge der an sie er- sangenen Einladung, die Section sich an der zu Reutlingen (Würtemberg) vom 24. bis 27, September d. J. statthaben sollenden fünften allgemeinen Versammlung deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter, verbunden mit einer Ausstellung von Obst, Trauben, Wein und Geräthschaften be- theiligen möge, und ob die Section selbst eine Ausstellung von Obst- früchten am hiesigen Orte zu veranstalten für angemessen erachte? Nach den eingehendsten Verhandlungen hierüber wurde als geeignet befunden, dass die Section als solche, sich weder durch einen Depu- tirten, noch durch Einsendung einer Obst-Colleetion, aufgesammelt aus den Gärten ihrer Mitglieder, an der Versammlung und Ausstellung zu Reutlingen betheilige, hauptsächlich aus dringend nothwendiger Sparsam- keit, und weil dieselben für unsre Provinz in zu früher Jahreszeit statt- finden, auch die diesjährige Obsternte Schlesiens eine gar zu mangel- hafte sein werde; es seien jedoch die der Obsteultur sich widmenden Sectionsmitglieder auf diese Versammlung und Ausstellung durch die hie- sigen Zeitungen und besondere Circulaire aufmerksam zu machen und zu direeten Einsendungen aufzufordern. Dahingegen wolle die Section selbst in Anerkennung der Wichtigkeit von Obstausstellungen für Pomologen, Obst-Züchter und Freunde, wegen Bewahrung oder Erlangung der noth- wendigen Sortenkenntniss, der Berichtigung irrthümlicher Benennungen und Beseitigung der so verwirrenden als täuschenden Synonyma, eine Ausstellung von Obstfrüchten und zwar am 6. und 7. October d. J. in den von dem Präsidium der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur hierfür geneigtest bewilligten ihren Sitzungssälen veranstalten. — Weitere Gründe hierfür, sowie dafür, dass bei dieser Ausstellung keine Preisvertheilung statthaben, auch für deren Besuch kein Eintrittsgeld er- hoben werden solle, fanden sich darin, dass schon seit einigen Jahren der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 911 mangelhafte Obsternten eine derartige Veranstaltung verhinderten und in der Absicht, die Kenntniss der Obstsorten auch denjenigen zu erleich- tern, welche nur ein hauswirthschaftliches Interesse dafür haben, anderer- seits, um den Kenner und Cultivateur in seinen hierbei übenden Studien durch die wenig Nutzen schaffenden Verhandlungen einer Preis-Verthei- lungs-Commission nicht zu stören, endlich aber auch in der Voraus- setzung, dass eine grössere Anzahl unserer strebsamen Obstzüchter den- noch im eigenen Interesse und in Würdigung der Gemeinnützlichkeit des Unternehmens geneigt sein dürfte, an demselben durch Einsendungen von Obst-Sortimenten und persönlichen Besuch sich zu betheiligen. Ueber die Ausstellung selbst bringt der Anhang zu gegenwärtigem Be- richt das Nähere. Der Secretair machte Mittheilung davon, dass im vergangenen Jahre zu Augsburg ein schwäbisch-baierischer Gartenbau-Verein und zu Karls- ruhe ein Verein für Gartenbau für das Grossherzogthum Baden begründet wurden, mit denen er für die Seetion zum Austausch der jederseitigen Schriften in Verbindung getreten sei, auch deren erste Jahresberichte pro 1866 ihm bereits übersendet wurden. Einer Aufforderung desselben, bei der fünfzigjährigen Amtsjubelfeier am 16. October d. J. des Herrn Pastor Cochlovius zu Schönwald, einem der langjährigsten Mitglieder der Section, in Anbetracht der hohen Verdienste des Jubilar um die Verbreitung der Obsteultur und des Gar- tenbaues in seiner näheren und entfernteren Umgegend, durch schriftliche Gratulation sich zu betheiligen wurde freudig zugestimmt; ebenso dem Antrage, auch Seitens des verehrlichen Präsidii der Schlesischen Gesell- schaft eine Ehrung des würdigen Jubilar zu bewirken, welehem in Folge dessen in gleicher Anerkennung bereitwilligst die grosse silberne Medaille der Gesellschaft zuerkannt wurde. In der ersten dieser beiden Sitzungen wurde auch ein Bericht des Lehrer Herrn Oppler in Plania vorgetragen. Zunächst erwähnt der- selbe, bei einem kürzlich wiederholten Besuche des Annaberges in dem dortigen Klostergarten alle Gemüsesorten in ganz vorzüglichem Cultur- zustande angetroffen zu haben. Weiter erfahren wir: Zu den 5 Meilen Chaussee des Ratiborer Kreises sollen nach Kreistagsbeschluss in den nächsten Jahren noch neun Meilen Chaussee erbaut und mit Obstbäumen beflanzt werden; rechnet man hierzu die bedeutenden Obstpflanzungen auf den fürstlich von Lichnowsky’schen Gütern und auf denen des Herzog von Ratibor, so wird in dieser Beziehung der Kreis bald zu den intelligentesten gezählt werden müssen. Auch in dem benachbarten Leobschützer Kreise sind sämmtliche, freilich nur chaussirt angelegte Fahrstrassen mit Obstbäumen bepflanzt, für deren Pflege und Erhaltung Sorge getragen wird. Der Frost und Schneefall am 25. Mai hat nur den Kartoffel- und Gurkenpflanzen geschadet. Der Gemüsebau von Ratibor 14* 313 Jahres-Bericht und dessen Umgegend ist einer der bedeutendsten der Prozinz, alltäglich werden von dort die verschiedenen Gemüse frachtfuhrenweise nach den oberschlesischen Hüttendistrieten und den österreichischen Nachbargegen- den verfahren; leider fehlen den fleissigen Gemüsebauern nur zu oft die nöthigen Arbeitskräfte, da ein nicht geringer Theil der männlichen und weiblichen Bevölkerung lieber der Faulheit fröhnt, oder durch Bettelei und Diebstahl zur Last fällt als arbeitet. Auch der Tabakbau gewinnt alljährlich grössere Dimensionen. Die erhofften günstigen Resultate der so überreichen Obstbaumblüthe sind in den Gärten sehr verschieden; weniger nachtheilig waren die eingetretenen Spätfröste, als die öfteren starken Gewitterregen während der Blüthezeit und das allgemeine Auf- treten der Wickelraupe, Maikäfer gab es nur in einzelnen Gegenden. Die Kirschbäume lieferten reichlich Früchte und im Ganzen wird auf eine mittlere Obsternte zu rechnen sein. Ferner giebt der Herr Berichterstatter an, dass in seinem Garten von Apfelsorten die Winter-Gold-Parmaine, der rothe und der weisse Astracaner, und der am frühesten reifende Sommer-Gewürzapfel durch reiche Tragbarkeit sich am meisten auszeichnen; hierin kommen diesen am nächsten: der weisse Sommer-Rabau, Rosmarin-Reinette, weisser Winter-Calville und grosse Casseler Reinette. Die Kirschpflaume, deren frühzeitige Blüthe zeither stets durch Spätfröste zerstört wurde, zeigt in diesem Jahre ihre Erstlingsfrüchte. Zu den grössten hier heimathlichen Birnen gehören die schon im August zeitigsende Polnische Seidenbirn (Jedwabnica), die grosse lange — die runde und die Arer Pfundbirn und Königsgeschenk von Neapel, welche letztere jedoch nur am Spalier ihre normale Grösse und volle Güte erlangt. Die grosse Süssweichselkirsche Reine Hortense oder Monstreuse bewährt auch in diesem Jahre ihren zwei- felhaften Ruf; ob derselbe sich durch Veredelung auf Zwergunterlage beseitigen lässt, muss nach den damit angestellten Versuchen erst die Erfahrung lehren. Auch der Weinstock hat in Folge der vorjährigen Spätfröste gelitten, das nicht vollständig gereifte Holz hat gar nicht, oder nur lückenhaft getrieben. Gelegentlich der siebenten Sitzung am 25. September brachte der Secretair sehriftliche Mittheilungen auswärtiger Mitglieder zur Kenntniss. Die Herren Schlossgärtner Kuschel in Salaberg (Nieder-Oesterreich) und Hofgärtner Schwedler in Slawentzitz berichteten über im Anfange des Sommers durch starke Hagelschläge angerichtete arge Verwüstungen in den unter ihrer Verwaltung stehenden Gärtnereien. In Salaberg wurde durch eines dieser schlimmen Wetter, ausser vielem Anderen, nicht nur alles Gemüse, sondern auch sämmtliche Weinanlagen sammt den Reben, die Spalier-Obstbäume und mehr als 60 Stück starke Orangenbäume, der Schles, Gesellsch, f, vaterl, Cultur, 913 von denen die Zweige abgeschlagen wurden, fast gänzlich vernichtet. Ein Anderes richtete zu Slawentzitz an Bäumen und Pflanzen nicht: ge- ringeren Schaden an; ohnerachtet es hier gelungen war, die Pflanzenhäuser und wenigstens einen Theil der Kästen und des Ananashauses noch vor dem raschen Hereinbrechen ‚eines solchen Wetters zu decken, wurde dennoch an deren Fenstern allein ein Schaden angerichtet, dessen Repa- ratur einen Kostenaufwand von ohngefähr 100 Thlr. erforderte. In seinen weiteren Benachrichtigungen sagt Herr Sehwedler: Nun zu einer Erfahrung, welche wohl manchem Gärtner, dessen Wirkungs- kreis in einer rauhem und schnellem Temperaturwechsel unterworfenen Gegend gelegen ist, zur Richtschnur dienen dürfte. Dass ich im Sommer 13866 eine grosse Gruppe buntblätteriger Pflanzen (davon natürlich die Warmhäusler ausgenommen) in’s freie Land auspflanzte, ist nach meinem damaligen Berichte bekannt. Im Herbst desselben Jahres liess ich, theils wegen Ueberfluss, theils um ihre Härte zu prüfen, viele dieser Pflanzen ohne alle Bedeckung an ihrer Stelle stehen. Von diesen haben sich als hart bewährt: z. B. Rhodea japonica Roth. (orontium Thbg.) variegat., Bambusa Fortunei fol. variegat., Iris moraeoides Ker. (Moraea irioides L.) ol. var., Salvia argentea Er., Keria japonica D. C. (Corchorus Thbg.) fol- var., Molinia fol. var., Vinca major fol. var., Ballota niger fol. var., Ajuga replans fol. var., Spiraea ulmaria L. fol. var., Hedera helis punctata. Ge- nannte Pflanzen sind in diesem Jahre kräftig gewachsen. War zwar der Winter zu 1867 ein gelinder, so glaube ich doch, dass bei einiger Be- deckung diese Pflanzen auch kältere Winter im freien Lande ohne allen Schaden ertragen werden. — Rhododendron, Laurus, Viburnum und Coni- feren des Kalthauses, welche im October 1866, einer Decoration wegen, einer Kälte von 7 Grad ausgesetzt bleiben mussten, haben nur wenig gelitten. Es möge dies als Beweis gelten, wie viel weniger empfindlich für Kälte die Pflanzen im Herbst sind, als wenn dieselben im Frühjahr das schützende, wenn auch gehörig gelüftete Haus verlassen haben, wo man bei ihrer Aufstellung im Freien immer noch einige Zeit die gegen etwa wieder eintretende Kälte erforderlichen Deekmittel zur Hand haben muss, weil ihnen zu dieser Zeit oft ein selbst nur sehr geringer Kälte- srad oder rauhe Winde nachtheilig sind. Herr Kunstgärtner Sonntag in Dippelsdorf (jetzt in Zobten bei Löwenberg) hatte seiner Zeit die Güte, Früchte einer Varietät von Pru- nus avium aus den dortigen Obst Plantagen einzusenden, deren stets zwei oder mehrere auf einem Stiele, ohne untereinander verwachsen zu sein, sich befinden. Nach dem Berichte desselben findet sich diese Varietät in dortiger Gegend anderswo nicht vor; der Baum ist allem Anschein nach Kernwildling, da eine Veredelungsstelle nirgends wahrnehmbar ist, er ist eirca 30 Jahre alt und in bestem Gedeihen. Schon früher haben wir dieser Varietät, als auf noch zwei verschie- 214 Jahres-Bericht denen Standorten in unserer Provinz, in je einem Exemplar vorkommend, Erwähnung gethan; interessant war es daher, nun auch einen solchen Dritten kennen zu lernen, und ist wohl wünschenswerth, dass über die- selbe sich uns in botanischer Beziehung geäussert werde. Herr Sonntag giebt ferner an: obschon in seiner Gegend der Obst- bau ein sehr umfangreicher sei, auch früher durch gute Obstsorten be- rühmt war — das Dominium Dippelsdorf besitzt selbst 21 Morgen Plan- tagen Obst aller Sorten, denen in neuester Zeit noch 2 Morgen Land zur Anlage einer Obstbaumschule hinzugefügt wurden — dennoch eine srössere Verbreitung guter und edler, aber auch ein rauheres Klima ver- tragender Obstsorten sehr erwünscht wäre, es auch an Standbäumen richtig benannter Sorten fehle, deren im Herbst eine Partie aus dem Garten der Section bezogen werden solle. — Die Kirschensorten seien die durch jahrelange Erfahrung als zum Transport am geeignetsten sich bewährt bekannten. Einzelnen Dominien habe in diesem Jahre die Kir- schenpacht allein 300 Thlvr. Erträgniss gewährt, woraus man wohl auf den Umfang des Obstbaues schliessen könne. Leider grassiren jedoch alljährlich hausirende Händler, welche den Leuten Stämmehen unter Na- men verkaufen, in deren Früchten sie endlich betrogen sind. Die Kern- obsternte verspräche reichlicher auszufallen, als anfänglich erwartet war. Noch gelangte zum Vortrage ein durch den Lehrer und Organist Herrn Bragulla in Bischdorf gefälligst eingesendeter Bericht „über sein Verfahren bei Ueberwinterung der Georginenknollen“, von denen derselbe dem Secretair ausgezeichnet gesunde und kräftige Exemplare wieder- holt einzusenden die Güte hatte. Auch diese Belehrung bringen wir im Anhange um so lieber zu weiterer Kenntniss, als dieselbe manch Neues enthalten dürfte und zeigt, was bei aufmerksamer Beobachtung lang- jährige Erfahrung den Herrn Berichterstatter lehrte. Nachdem der Secretair in der achten Sitzung am 27. November über verschiedene innere Angelegenheiten der Section Bericht erstattet hatte, hielt Herr Prof. Dr. Ferdinand Cohn einen längeren Vortrag „über die neuen Pariser Gartenanlagen‘“, welchen wir auszugsweise im Anhange wiedergeben. Auch die neunte Sitzung am 18. December musste zum Theil den Beschliessungen über innere Angelegenheiten der Section gewidmet werden. Diesen schlossen sich die Wahlen für die nächste Etatszeit 1368/69 an. Es wurden wiedererwählt: Kaufmann und Stadtrath Müller zum ersten, Bureau-Direetor Inkermann zum zweiten, oder stellver- tretenden Secretair, und Professor Dr. Ferdinand Cohn zum Mitgliede der Städtischen Promenaden -Deputation ; ferner, für die Verwaltung des Gartens der Section: Bureau-Direetor Inkermann, und an Stelle des der Scehles. Gesellsch. f, vaterl. Cultnr. 915 wegen überhäufter Amtsgeschäfte seine Wiederwahl ablehnenden Stadt- Schulrath Dr. Wimmer, der Stadt- Forst- und Oeconomie-Rath Dr- Fintelmann. Hiernächst verlas der Seeretair briefliche Mittheilungen des Kunst- särtners Herrn Pfeiffer in Zölling. Derselbe schreibt: Das Obst der Dominial-Plantagen wird regelmässig verpachtet, die Pächter nehmen auch den Rustikalen ihren Ueberfluss ab und liefern alles Winterobst irgend einem Obst-Grosshändler; Ende September müssen die Lieferungen an diese erfolgt sein, die Ernte beginnt deshalb schon Mitte September, also oft vor völliger Baumreife der meisten Sorten, was deren Güte sehr erheblichen Abbruch thut. Interessant ist, von den enormen Preisen zu hören, welche die Con- sumenten an manchen Orten für die Früchte bezahlen; daher einige Worte hierüber. Die Grosshändler erscheinen gewöhnlich mit einigen Oderkähnen an einem bestimmten Platze, laden nur gutes Winterobst und zahlen für den Scheffel 1 bis 1Y, Thlr. In Stettin werden die Früchte auf ein Seeschiff umgeladen, dabei nochmals sorgfältig ausgelesen und sortirt und fort geht’s nach Petersburg. Hier hört der Scheffel- oder Metzen-Verkauf auf, die Früchte werden stückweise verkauft und kostet ein Apfel von mittlerer Grösse nach unserem Gelde 2 bis 3 Ser. Rothe oder rothwangige Aepfel sind die beliebtesten. Eine Sorte Birnen wird dort sehr gesucht und für das Stück bis 17 Sgr. bezahlt; — die Knochen- birn, Nr. 26 meines Sortiments, soll mit dieser identisch sein, doch habe ich mir darüber noch genauere Kenntniss zu verschäffen. Russland ist und bleibt ein guter Obstmarkt und werden erst die besseren Winterfrüchte häufiger bei uns angebaut und der Obstbau über- haupt energischer und mit mehr Interesse betrieben, worin in hiesiger Gegend ein erfreulicher Fortschritt stattfindet, dann findet Schlesien in dem Obstbau sicher eine reiche Erwerbsquelle und die Provinz kann sich nur Glück wünschen. Was nun den Obstbau im Allgemeinen betrifft, so stehen die Kreise Freistadt und Grünberg gewiss keinem der Provinz nach, auch im Nach- barkreise Glogau wird viel Obst gebaut. Nicht nur haben die Dominien, sondern sogar jeder Rustikale ihre Obstgärten und auch die Strassen und Feldwege sind mit Obstbäumen bepflanzt, welche hübsche Erträge bringen. Die Alleen weisen zumeist Sauerkirschen und die gewöhnliche blaue Pflaume auf. Erstere werden ausgeführt, letztere meist am Orte gesotten „ge- gossen“. Zur Zeit der Pflaumenreife kommen dann aus dem Oderbruche Pflaumenmushändler, oder wenn man will Fabrikanten, mit einer Schaar kräftiger, stämmiger Mädchen, nehmen bei einem Bauer Quartier, finden ihre Pflaumengussanstalt — eine Reihe eingemauerter Kessel unter einem gemeinsamen, auf Säulen ruhenden Dache — frisch renovirt vor, kaufen die von allen Seiten zugeführten Pflaumen auf und nun kochen, rühren 216 Jahres-Bericht und schüren die Mädchen bei Sang und tollem Lärm Tag und Nacht, oft drei Wochen und länger, je nachdem die Pflaumenernte ausgefallen war. Das Mus wird in Fässchen verpackt und zum grössten Theil nach Berlin versandt. Das Dominium Zölling hat auch einen Weinberg von mehreren Morgen, ja sogar ein Bauer hat einen solchen. Viel Wein wird auch von den Nachbarstädten Freistadt und Beuthen a. O. angebaut, obenan aber | steht hierin unser Grünberg. Wenn es auch in irgend einem Witzblatte heisst: „Grünberg sei eine ganz hübsche Stadt und habe recht gemüth- liche Einwohner, aber die Leute könnten nicht dafür, dass Wein da wüchse‘“, so ist das ein Zeichen, dass der gute Mann den Grünberger Wein nicht kennt, und rathe ich ihm mehr Respect vor demselben an. Gar Mancher meint Champagner und andere fremde gute Weine zu trin- ken, während es dennoch Grünberger ist. Was die Leute in Grünberg doch nicht alles können; auch ihr Backobst und ihre eingemachten Früchte sind weit berühmt und finden guten Absatz. An guten, ja überhaupt an Baumschulen ist dagegen leider immer noch grosser Mangel, obgleich tüchtiger Absatz sein würde, denn schon fängt man an nach besseren und guten Obstsorten zu fragen. Die Ur- sache dieses Uebelstandes glaube ich darin zu erblicken, dass es 5 bis 7 Jahre dauert, bevor die Baumschule rentirt und deshalb zu wenig bringen soll. Letzteres Vorurtheil wird aber bald überwunden sein, wenn nur erst das Interesse für gutes und richtig benanntes Obst mehr Ausdehnung gewinnt und der Baumschulbetrieb mit mehr Sachkenntniss rationell geführt wird. Zur Vorlesung gelangte ferner noch ein Bericht des Kunstgärtner Herrn Grunert in Drzazgowo „über sein Verfahren bei‘ der Cultur der Artischoke und resp. des Cardy“, welcher sich ebenfalls im Anhange vorfindet. Ausser dem im vorangegangenen Erwähnten wurden in den statt- gehabten Sitzungen auch die neu erschienenen Fortsetzungen von „H. Ar- noldi’s Obstkabinet“, des ‚Jardin fruitier du Museum par J. Decaisne““ und des „Niederländischen Obstgartens von $. Berghuis, deutsch be- arbeitet von Dr. C. de Gavere“ vorgelegt und die in denselben nach- und abgebildeten Obstsorten besprochen; ferner der Geld-Etat der Section pro 1867, entworfen durch den Secretair, berathen und festge- stellt und dureh denselben Bericht gegeben sowohl über die im Früh- jahr stattgehabte Gratis-Vertheilung an Sections-Mitglieder von Obst-Edel- Reisern und Sämereien, als auch über die im October veranstaltet gewe- sene Früchte-Ausstellung und die von dem Seeretair zusammengestellten statistischen Notizen, und wird hier im Nachtrage Weiteres darüber zur Kenntniss gebracht werden. | In dem Miethsgarten der Section wurde durch deren Gärtner unter der Schles,. Gesellsch. f. vaterl, Cultur, 917 Leitung der Garten-Commission die Bewirthschaftung nach dem hierfür festgestellten Plane ausgeführt und gewährte derselbe erfreulicher Weise einen erheblich höheren Ertrag, als solcher im Jahre 1866, durch die damaligen politischen und Witterungs-Verhältnisse veranlasst, zu erzielen möglich war. Nähere Nachweise hierüber werden einige Anlagen des gegenwärtigen Berichtes bieten, doch wollen wir schon hier die Bemer- kung nicht zurückhalten, dass unter den in das Jahr 1868 übergeführten Beständen auch schon diejenigen mit enthalten sind, welche die neue Gartenanlage zur selben Zeit enthielt. Zur geeigneten Zeit wurde ein Preis-Verzeichniss, gültig für den Herbst 1867 und für das Frühjahr 1868 ausgegeben, in welchem 85 Aepfel, 79 Birnen, 16 Kirschen, 15 Pflaumen, 24 Weinreben, 25 Sta- chelbeeren, 12 Johannisbeeren, 9 Himbeeren und 13 Erdbeeren der edelsten und tragbarsten Sorten zu sehr mässigen Preisen, und für die Mitglieder der Seetion mit noch 10 Procent Rabatt, offerirt wurden. Zu- ' gleich gab dieses Verzeichniss Auskunft über die am häufigsten vorkom- menden Synonyma der in demselben nach dem „Illustrirten Handbuch der Obstkunde von Jahn, Lucas und Oberdieek‘ pomologisch richtig benannten und angebotenen Sorten, über manche Eigenschaften derselben, welche zu kennen bei deren Auswahl und Anpflanzung ein beachtens- werthes Erforderniss ist, auch in welchen Formen die Bäume abgebbar sind, so wie über die Reifezeit, Dauer und Qualität der Früchte. Der nach unsrem vorjährigen Bericht in vorläufige Afterpacht ge- nommene Theil einer uns von den hiesigen städtischen Behörden zur unentgeltlichen Benutzung für die Neuanlage eines pomologischen Gartens zugesicherten Ackerparzelle wurde gegen den Ausgang des Winters und während der ersten Frühjahrszeit in einer Gesammtausdehnung von 1063 laufende Fuss mit einer 8 Fuss hohen, durch den Drathwaaren-Fabrikant Herrn A. Algoever hierselbst ausgeführten soliden Drathumfriedung um- ‚geben, bei welcher zugleich gegen das Eindringen der Hasen Sorge ge- tragen ist. — Die im vorigen Jahre hier auf einer Fläche von ca. 3 Morgen ausgepflanzten Obst-Wildlinge waren gut durchwintert und wurden später veredelt; die Veredelungen gingen gut an und wuchsen vortrefflich, leider wurde jedoch ein Theil der Kirschen von Blattläusen arg heimgesucht und ging zumeist verloren. Die im Vorjahre mit Kartoffeln bebaut ge- wesenen anderweiten 3 Morgen wurden rigolt und planirt, hiervon eirea 3 Morgen mit Kern- und Steinobst-Aussaat und Auspflanzung von Wild- lingen zu künftiger Veredelung bestellt und der Rest von eirca 1 Morgen für den Anbau von Kartoffeln und andern Hackfrüchten benutzt; erstere sind gut aufgegangen und gewachsen und letztere gewährten genügen- den Ertrag. Am 4. October erfolgte Namens des hiesigen Magistrats, durch die Herren Stadtrath und Verlags-Buchhändler Trewendt und Stadt- Forst- 213 Jahres-Bericht und Oeconomierath Dr. Fintelmann, die Uebergabe des ganzen, eirca 16 Morgen umfassenden Terrain an die Schlesische Gesellschaft für vater- ländische Cultur für unsere Section zu Händen des Secretair derselben. Hierauf wurde alsbald mit dem weiteren Rigolen und Planiren vor- gegangen, Dünger- auf- und untergebracht, die Wege ausgehoben und so weit als eben thunlich war, auch mit der Uebersiedelung der Bestände aus dem bereits für den 1. April 1868 gekündigten, zeitherigen Mieths- garten begonnen. Ebenso wurde die baldige Fertigstellung der gleich- artigen Umfriedung des noch nicht umfriedeten Theiles der nun über- wiesen erhaltenen ganzen Area in Auftrag gegeben. Hierbei glauben wir nicht unterlassen zu dürfen, die Aufmerksamkeit wiederholt dahin lenken zu müssen, dass dieser unser nunmehr in wei- terer Anlage und Ausstattung begriffener neuer pomologischer und resp. Obst-, Baumschul- und Versuchsgarten sich an die dicht hinter dem städtischen Park von Scheitnig gelegene städtische Promenadenbaumschule anschliesst, so zwar, dass derselbe für jeden Besucher des genannten schönen Parkes einerseits, auf der bei dem zoologischen Garten vorbei- führenden neuen Schwoitscher Chaussee, als dicht an dieser gelegen, aber andererseits leicht erreichbar und stets für den unentgeltlicher Eintritt geöffnet ist. Wenn nun im folgenden Jahre die Einrichtung und Bepflanzung des Gartens möglichst raschen Fortschritt nehmen soll, so wird derselbe als- bald für Pomologen und Obstzüchter, aber auch für den Laien und ein grösseres Publikum gewiss nicht ohne Interesse sein, weshalb wir denn auch zu dem uns erwünschten, recht öfteren Besuche dieses unseres Gar- tens hiermit freundlichst einladen. Unser Gärtner, Herr Jettinger, wird sich es angelegen sein lassen, jede wünschenswerthe Auskunft an Ort und Stelle bereitwilligst zu ertheilen. Unter den Berathungen über die Angelegenheiten der Section nah- men ohne Zweifel diejenigen, den neu anzulegenden Garten und dessen Unterhaltung betreffend, die hervorragendste und zugleich wichtigste Stelle ein. Schon in unserem letzten Bericbte pro 1866 gaben wir zu erkennen, dass der blosse Besitz von Grund und Boden nicht ausreichend sei für die Neuanlage eines grossen pemologischen Gartens, zum Zwecke des Erstrebens eines umfangreicheren Obstbaues in der Provinz, zugleich aber auch für die Belehrung in demselben und für die Sortenkenntniss; dass vielmehr auch nicht unerhebliche Geldmittel erforderlich sein würden, für die unabweisliche Herstellung dessen Umfriedung, gründliche Um- arbeitung und Herrichtung des Bodens, die Einrichtung des Gartens selbst, wie auch zu dessen Betriebe in den ersten Jahren und endlich zur An- lage von Wasserhältern, ganz besonders aber für den unbedingt noth. wendigen Bau eines Gärtnerhauses nebst Garten - Wirthschaftsräumen. der Schles. Gesellsch. f, vaterl, Cultur, 919 Wir sagten auch, dass das verehrliche Präsidium der Schlesischen Ge- sellschaft auf Grund früher von hoher Stelle gegebener Andeutungen für Gewährung ausreichender Geldmittel zur Befriedigung jener dringenden Bedürfnisse sich bewogen gefunden habe, bittweise Se. Excellenz den Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten, Herrn von Sel- ehow, um dieselben aus Staatsmitteln anzusprechen, mussten aber schlies- lich darauf hindeuten, dass äusserem Vernehmen nach diese Bitte wahr- scheinlich keine Berücksichtigung finden würde. Zu unserer aufrichtigen Betrübniss hat sich diese Befürchtung er- füllt; am Beginn dieses Jahres wurde nämlich durch den Herrn Minister das Präsidium benachrichtigt, dass die erbetene Hülfe nicht gewährt wer- den könne. Eine demnächst erneuerte und weiter begründete Petition war sehr bedauerlicher Weise von gleich ungünstigem Erfolge, der Er- lass jedoch wenigstens von der Bedeutung begleitet, ‚dass die Verhält- nisse — mindestens für jetzt — nicht gestatteten, den Wünschen des Präsidiums zu entsprechen“. Ein anderer Schritt wurde später noch bei derselben hohen Stelle mit der Bitte gethan: für das laufende und die nächsten Jahre an Stelle der zeitherigen Beihülfe eine solche in etwas höherem Umfange zuwenden zu wollen; leider aber gingen auch die auf dieses Petitium gestellten Hoffnungen verloren, „wegen der bei den stets wachsenden Ansprüchen vorhandenen Unzulänglichkeit der zur Verfügung stehenden Mittel“. Dagegen bewilligte der Herr Minister von Selechow, Excellenz, gnädigst die zeitherige Subvention auch für dieses Jahr, wofür wir uns unter den obwaltenden Umständen zu um so lebhafterem Danke ver- pflichtet; fühlen. Ohnerachtet des Fehlschlagens jener Hoffnung liest uns dennoch der Gedanke fern, an der Gewissheit zu zweifeln, in nicht ferner Zeit die oben angeführten Bedürfnisse befriedigt zu sehen, welche für das Ge- deihen unseres gemeinnützlichen, haus- und landwirthschaftlich wichtigen Unternehmens von hoher Bedeutung sind. Hatte doch auch der gleich- artige, bei Weitem kleinere Versuch in dem früheren Miethsgarten an- fänglich gegen verhältnissmässig grössere Schwierigkeiten anzukämpfen; mit Geschick und Glück wurden sie überwunden und der Erfolg konnte endlich als ein durchaus befriedigender bezeichnet werden. Auch im gegenwärtigen Falle lässt sich ein solcher mit Sicherheit voraussehen, Ausdauer und die geneigte fernere, möglichst kräftige Unterstützung un- serer geehrten Mitglieder sind hierzu allerdings erforderlich. - 220 Jahres-Bericht Vorgetragen von Garten-Inspector Stoll. Auszug aus dem „L’Ortolano‘“. Ein Geheimniss, um immer eine ausserordentlich reiche Weinerndte zu haben. In Leeco (Lombardei) lebt ein Weinzüchter Caesare Pozzoli, welcher in einem Briefe an den Redacteur des Giornale di Agricultura zu Bologna diese dreisten Worte sagt: Für mich giebt es keine schlechten Jahre; ich mache immer eine ausserordentlich reiche Traubenerndte, 50 bis 60 Hectoliter Wein vom Hectar in ungünstigen Jahren, 70 bis 80 Hectcliter aber in guten Jahrgängen. Und worin besteht dies Geheim- niss? — Ich werde es Ihnen mittheilen. Das Geheimniss dieser ausserordentlichen Ernten beruht in einer sehr einfachen physiologisch - vegetabilischen Anwendung, auf dem voll- kommenen Reifwerden der Reben, die im kommenden Jahre Früchte tragen sollen! Ich werde mich besser ausdrücken: Gleich beim Beginn der Weinlese folgen den Weinlesern zwei, auch mehr Männer und ent- fernen alle überflüssigen Reben und Schossen, nur so viel Holz lassend, als zum Fruchttragen im nächsten Jahre erforderlich ist. Bei dieser Verrichtung muss man Acht haben, dass die Blätter an den zu lassenden Reben weder abgebrochen noch beschädigt werden; hierdurch kommen die Pflanzensäfte durch den ganzen Monat Obtober dem Fruchtholze zu Gute und die vollkommen reif gewordenen Augen leiden gar nicht von den oft zeitig eintretenden Frösten; auch nicht eine Rebe leidet, selbst nicht an ihren Enden. Die anderweitigen Manipula- tionen, wie das Ausputzen der Stöcke und Reben kann dann im Laufe des Winters mit Bequemlichkeit geschehen. | Ich habe in diesem Jahre (1864) ganz vorzügliche Reben; die Augen sind kräftig und vollständig ausgebildet. Trotz des Nachtheils einer 50tägigen Dürre habe ich auch in dem verflossenen Jahre 90 Hectoliter pro Hectare geerntet. In diesem Jahre verspreche ich mir noch mehr, wie im vorigen, welches immerhin ein gutes Weinjahr war. Aus den Acten der Acelimatisations-Gesellschaft in Sieilien. Der Schwefel als Impfstoff am Weinstocke angewendet. Im Monat März, bevor der Weinstock in Saft tritt, macht man dicht unten am Stocke einen, zwei oder drei Längsschnitte, je nachdem der der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 931 Stock klein, mittelgross oder gross ist, und zwar werden die Schnitte so angebracht, dass, wenn zwei, diese möglichst gegenüber, wenn drei, diese nach drei Seiten hin vertheilt sind. Diese Einschnitte werden ohn- gefähr einen Zoll lang gemacht; man sehe aber darauf, dass sie nicht tiefer als bis an den Splint gehen. In diese Einschnitte bringt man ver- mittelst eines stumpfen Messers Baumwolle, die stark mit sehr fein pul- verisirtem Schwefel versetzt ist, und suche diese möglichst fest hineinzu- drücken. Hiermit ist das Impfen beendet. Das Weitere wird durch das ewige Naturgesetz vollbracht, indem der aus den Wurzeln aufsteigende Saft bei der mit Schwefel versetzten Baumwolle vorbeifliesst, die fein- sten Schwefeltheilchen in die sich bildenden jungen Triebe mit hinauf- führt und hier die Keime des Cryptogams zerstört, welches wir durch wiederholtes Bestreuen mit pulverisirtem Schwefel von aussen zu unter- drücken suchen. Diese so einfache Verrichtung ist namentlich auch bei solchen Stöcken in Anwendung zu bringen, die auf Ulmen oder anderen Bäumen gezogen sind. (Wie der Italiener sagt, mit diesen ver- mählt sind.) Im Jahre 1864 wurde auf einem Gute, drei Miglien von Como, wo- selbst der Weinbau, wie Agricultur überhaupt, sehr rationell betrieben werden, mit 35 solchen, auf Bäumen gezogenen Weinstöcken dieses Im- pfen angewendet, im Uebrigen diese Stöcke aber ganz so wie die andern behandelt. - Alle bis auf einen Stock, und dieser vielleicht, weil das Impfen möglicher Weise mangelhaft ausgeführt worden war, entwickelten ihre Triebe vollkommen und gaben eine reichliche Ernte, ohne dass auch nur eine Spur der Krankheit sich zeigte. Ein Weinstock, welcher die lange Mauer eines Hofes bedeckt und welcher in Folge der Traubenkrankheit durch eine Reihe von Jahren keine Trauben geliefert hatte, wurde auf die angegebene Art mit Schwefel geimpft, worauf er im selben Jahre vollkommen gesund blieb und eine Traubenernte von 137 Pfund gab. — Auch in einem andern Falle wurde dies Impfen an zwei Weinstöcken angewandt, die an einer Mauer stan- den und schon mehrere Jahre von der Traubenkrankheit der Art befallen waren, dass sie keine Früchte trugen und sogar abzusterben schienen. Diese Weinstöcke erholten sich gleich im ersten Jahre, bildeten gesunde, kräftige Triebe und gaben eine reichliche Ernte. Nach diesen so ausserordentlich günstigen Resultaten dürfte es an- Gemessen erscheinen, die Weinzüchter auf dies so einfache Mittel hin- zuweisen. 929 Jahres-Bericht Der Ricinus communis und seine Eigenschaften. In Italien heisst er Ricino, ist aber auch unter dem Namen bekannt: Fagiolo romano, römische Bohne, Fagiolo dell India, indische Bohne, Fico d’inferno, Höllenfeige, Mirasole, Sonnenkorn, Zecche, Schafslaus, Cafe da oglio, Oelkaffee, Manteca, Pomadenbohne, Palmachriste, Christuspalme, Mexico Sud oder Castor-vit plant nennen ihn die Engländer, Ricin ordinair die Franzosen, Wunderbaum die Deutschen, Vanderboom die Holländer, Rieini die Spanier, Nhambugnaca die Brasilier, Charna oder Kerva die Araber, Karapal die Indier. Er zeichnet sich durch seine sehr ölreichen Samen vor vielen andern Oelgewächsen aus. Diese Eigenschaft des Ri- cinus wurde im verflossenen Jahrhundert in der sehr verdienten patrio- tischen Gesellschaft zu Mailand beobachtet, welche sich damit beschäftigte, den ökonomischen Werth der verschiedenen Oelgewächse und Oele zu untersuchen; hierbei ergab sich auch, dass die Samen dieser Euphorbiacee 50 Procent ihres Gewichts Oel gaben. Dieses Oel, so trübe und schmierig wie es aus der Presse kommt, ist verwendbar zu den verschie- densten Seifen; als Schmiere für Leder verwendet, macht es dasselbe weich und geschmeidig, auch als Schutzmittel gegen die Motten soll es dem Lavendel- und Terpentinöl nicht nachstehen. Alt und sehr gebräuchlich ist die Anwendung des Rieinusöls in der Mediein. Die Neger in Guiana, Guadaloupe, Martinique und St. Do- mingo benutzen das Ricinusöl, um sich von Ungeziefer zu befreien und sich davon rein zu halten; in dieser Beziehung ist es mindestens so wirk- sam, wie die Früchte von Evonymus europaeus L., welche in einigen Theilen Europas zu gleichen Zwecken verwendet werden. (Die Früchte des Evonymus europaeus werden getrocknet, pulverisirt, und so benutzt um Läuse zu tödten. Siehe Frdr. Guimpel, Abbildungen der deutschen Holzarten.) Acht Körner von Rieinus sind das Mittel, welches die Neger gegen das Fieber anwenden, Auf den Antillen und am Senegal wird ein Blatt von Rieinus auf die Stirn gelegt, um die Migräne zu vertreiben. Auch werden die Blätter benutzt, um bei den Wöchnerinnen die Milch zu unterdrücken, indem ein Blatt auf jede Brust gelegt wird. Der Gebrauch dieser Pflanze ist unter dem Volke in Toscana so allgemein, dass in Florenz im botanischen Garten ein Gewächshaus zur Cultur derselben bestimmt ist, um auch im Winter Blätter von ihr vertheilen zu können. Die Bewohner von Brasilien, erzählt Pisone, machen täglich Gebrauch von Rieinusöl und hauptsächlich als äusserliches Mittel, um Geschwülste und Beulen damit zu vertreiben; sie reiben den Bauch damit ein, als wirksames Mittel gegen Kolik und Blähungen, auch wird es angewendet, um Geschwüre damit zu heilen; vielfach wird es bei Kindern zur Ver- treibung der Würmer gebraucht, indem der Nabel damit eingeschmiert wird; auch kommt es öfters gegen Kretze und andere Hautkrankheiten in Anwendung. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 393 Das Brennen, welches man im Schlunde empfindet, wenn man ein Cotiledon von Rieinus zerkaut und hinunterschlingt, beweist genügend, wie herb und beizend seine Bestandiheile sind, und dass Oel und Samen ein sehr heftiges Abführungsmittel sein können. Zwanzig enthülste Sa- menkörner genossen, bewirken nicht nur sehr heftiges Abführen, sondern auch Erbrechen, als ob der Magen zerreissen wollte; aber auch in viel seringerer Anzahl eingenommen, können die Samen recht traurige Folgen bereiten. Die Bewohner von Brasilien, welche an den Gebrauch dieses Medicaments gewöhnt sind, würden zu sterben befürchten, wenn sie eine Dosis von nur 7 Körnern, als solche, einnehmen sollten, während es mit- unter vorkommt, dass sie bis 20 Körner in Emulsion einnehmen. Die scharfen Bestandtheile befinden sich im Keim, Haut und Fasern, daher können die Ueberbleibsel, welche nach dem Auspressen des Oeles zu- rückbleiben, nicht wie Leinkuchen zur Viehfütterung verwendet werden, sondern sie dienen nur als Düngmittel und erweisen sich auch nützlich zum Vertilgen der Erdmäuse. Peter Castelli sagt in seinen medieinischen Briefen: ich war be- stürzt, als ich sah, dass bei einem Jünglinge ein einziger Cotiledon von Ricinus genossen, die heftigsten Kopfschmerzen, Magenentzündung, Fieber, Ohnmacht, Krämpfe und den Tod herbeiführte. Das Rieinusöl erhellt des Abends die Hütte des armen Ostindiers. Bei dem schwachen Scheine seiner Lampe sitzt er, sich mit seinem Ma- nioe erquickend, von dem schweren und mühevollen Tagewerk aus- ruhend; durch Gewohnheit ist ihm der unausstehliche Dunst und Geruch den seine Lampe verbreitet so wenig lästig, wie dem Lappländer der Dunst seiner durch Fischtrahn erhellten unterirdischen Höhle während des langen Winters. | Da die Blätter des Rieinus, vom Bombix Cinthia, einer Lepidop- tere aus Bengalen als Nahrung angenommen werden, so glaubte man den Rieinus für den Seidenbau nutzbar zu machen, indem man durch den Bombix Cinthia die Seidenraupe ersetzen zu können vermeinte; aber man fand, dass das eine Ende des Cocons nicht geschlossen war, wodurch die Abhas- pelung derselben bei den gegenwärtigen Einrichtungen viele Schwierigkeiten verursacht. Brasilien, Guiana, Yucatan, Mexico und andere amerikanische Län- der, die Küste ‚von Coromandel, die feuchten Distriete des Senegal und Esypten scheinen die Heimath des Rieinus zu sein; aber auch im süd- lichen Spanien, Sieilien und Candia erreicht er die Grösse stattlicher Bäume; Stämme von der Stärke eines Mannes sind nicht selten. Diese ausserordentliche Vegetation, welche der Rieinus in den heissen Ländern durch längere Zeit entwickelt, ist bei uns durch das kalte Klima ge- hemmt, er ist bei uns wie andere einjährige Pflanzen, er entwickelt sich, fructifieirt und stirbt ab im Laufe eines Jahres. 9234 Jahres-Bericht Der Oleander, Nerium Oleander und seine Eigenschaften. Schon seit des Dioscorides und des Plinius Zeit bekannt, damals Rhododaphne und Rhododendron, das ist Rosenbaum, genannt, wurde von jeher von Gartenfreunden in Ehren gehalten, nicht allein der immer- grünen Blätter und der Pracht seiner Blumen wegen, sondern hauptsäch- lich auch deshalb, weil seine Blüthezeit in die heissesten Monate des Jahres fällt und dort, wo er im Freien wächst, den andern Blüthen- pflanzen gegenüber, welche von der sengenden Sonne fast verbrannt sind, einen sehr angenehmen Contrast bildet; dieser ausgezeichneten Eigenschaft wegen giebt es im Süden wohl kaum einen Garten, wo diese Pflanze nicht den Hauptschmuck während des heissen Sommers bildet. Bei uns (Triest), wo wir keine geschlossenen Hecken und Bosquets davon bilden, und dessen flammende Blüthen recht bewundern können, wie in den südlichen Ländern, findet man ihn nicht selten sich an Wänden grosser Gebäude bis zu den Balkonen hinauf mit kräftiger Vegetation erheben. Die Liebhaber dieser Pflanze kennen aber vielleicht nicht alle Eigen- schaften derselben; es würde Mancher seinen Liebling mit verdächtigen Augen ansehen. Die ganze Pflanze ist scharf narkotisch, ihre Blätter wurden früher gegen chronische Hautkrankheiten angewendet. Der Geruch der Blüthen ist betäubend und gefährlich. Deslongehamps erwähnt, dass mehrere französische Soldaten auf Corsica, wo der ÖOleander sehr häufig vor- kommt, sich eines Spiesses von dessen Holz zum Braten von Wildpret bedienten, und alle, die von diesem Braten genossen, vergiftet wurden. Wie sehr gefährlich diese Pflanze dem Viehe ist, wurde nicht nur durch Orfila, der sehr specielle Versuche anstellte, sondern auch durch mehrere ältere und neuere Schriftsteller auf das Bestimmteste constatirt. Besonders sind es die Esel, denen der geringste Genuss davon schädlich wird; nach den Eseln ist es die Race der Wiederkäuer. Als Beispiel will ich anführen: In einer ländlichen Besitzung bei Saragna. verendeten zwei Ochsen und drei Kühe zwischen 24 bis 48 Stunden nach dem Ge- nusse einiger Oleanderzweige, die aus Versehen mit unter das Futter ge- kommen waren. Veber die schädliche Einwirkung einer chemischen Fabrik auf das Pflanzenleben in deren Nähe von Kunstgärtner C. Friekinger in Laasan. In der Nähe meines Wohnortes befindet sich seit einiger Zeit eine Fabrik zur Herstellung verschiedener Chemicalien. Die Arbeiter dieser der Schles. Geselisch. f. väterl. Cultur. 395 Fabrik haben ein bleiches, krankhaftes Aussehen und sind nur in wollene Stoffe gekleidet, weil andere Stoffe alsbald zerfallen, ja sogar die Knöpfe an den Arbeitsanzügen müssen mit Kameel- oder Rosshaaren befestigt werden; auffallend ist, dass bei der im Jahre 1866 geherrschten Cholera- Epidemie, welche auch in hiesiger Gegend viele Opfer forderte, mir nicht bekannt geworden ist, dass einer jener Arbeiter an derselben erkrankt sei, möglicher Weise aus Anlass einer fortdauernden Desinfeetion. Welche schädlichen Einflüsse die dieser Fabrik entströmenden Dämpfe und Wässer, selbst noch in grösserer Entfernung, dagegen auf das vegetabilische Leben äussern, wird aus Folgendem erhellen: Der Saum der an der Fabrik vorbeiführenden Strasse ist mit 20- bis 30jäh- rigen Obstbäumen, theils Aepfel gewöhnlicher — theils Birnen vorzüg- licher Tafel-Sorten besetzt. Die Bäume standen im üppigsten Wuchs und Grün; eines Morgens jedoch boten die zunächst der Fabrik stehen- den ein trauriges Bild! Alles Laubwerk war wie verbrüht, dieses und das junge Holz mit einem glänzenden Kleber überzogen. Die Allee steht unter meiner Aufsicht und Pflege. Meine Nachfrage in der Fabrik führte zu der Auskunft, dass durch ein während der Nacht in derselben vor- gekommenes Versehen diese plötzliche, auffallende Erscheinung hervor- gerufen sein möge. Von dieser Zeit an muss jedoch dasselbe oder ähnliche Versehen wiederholt eingetreten sein, denn ein Kleefeld zeigte deutlich, wie der eben herrschende Luftzug den Niederschlag der Dämpfe aus der Fabrik in einer Breite bis 100 Fuss auf dasselbe geführt und das Laub in denselben Zustand, wie das jener Obstbäume versetzt hatte; eben so ergab ein zwar üppig herangewachsenes Weizenfeld von eirca 3 Morgen, nur den Erdrusch einiger wenigen Scheffel in hohem Grade verkümmerter Körner. Gräser, Getreide, Rüben, Kartoffeln, Sträucher und Bäume in der Nähe der Fabrik erlitten das gleiche Ungemach. In jener Obstallee aber starben gegen 60 Stück der gesündesten Bäume in kürzester Zeit von oben ab, und wiederholte Versuche, dieselben durch junge, kräftige Bäume zu ersetzen, erwiesen sich aus gleichem Grunde nutzlos; selbst die Acacie (Robinia pseudoacacia) fristete nur noch kurze Zeit ein kümmerliches Leben. Gleich ungünstige Wirkung äussern aber auch die Abflüsse aus dieser Fabrik. Der sich an der Strasse hinziehende Abzuggraben entführt aus derselben trübe, höchst übelriechende Flüssigkeiten, welche sich mit einer dieken, alle Nüancen vom schmutzigsten Schwarzgrün bis zu hellem Gelb- grün zeigenden Haut überziehen und eine grosse Menge den schnelleren Abfluss hindernden Schlamm absetzen, dessen lästige Ausdünstung eine dauernde ist. Ein Anwohner, in der Voraussetzung, diesen Schlamm als Düngmittel gebrauchen zu können, legte einen Schlammfang an, welcher alsbald gefüllt war; der mit dessen Räumung beauftragte Arbeiter ver- mochte jedoch nicht seine Arbeit zu beenden, er wurde von derselben 15 296 Jahres-Bericht durch schmerzhaftes Brennen und bald entstehende wässerige Blasen an den von dem Schlamme berührten Körpertheilen vertrieben, von lang- wieriger Krankheit heimgesucht und der als Dung ausgeführte Schlamm vernichtete vielmehr alles Pflanzenleben. Verfolgt man den Grabenlauf, dessen Ufer mit allerlei Gehölz als: Schlehdorn, wilden Rosen, Haselnuss, verschiedenen Weidenarten, Ulmen, Linden und Eichen ete. bestanden sind, so gewahrt man, dass seit eini- ger Zeit alle diese Gehölzarten, eine Gattung früher als die andere, ab- sterben, zunächst die Linden, dann die Weiden, selbst alte, gesunde Kopfweiden und Haselnusssträucher, am besten scheint die Ulme zu widerstehen. In grösserer Entfernung befindet sich ein vor Jahren trocken gelegter Teich, dessen tiefste Stellen mit üppig wuchernden Schilfarten und Sumpfpflanzen bestanden waren, nach welchen jedoch zuweilen die Wässer jenes Grabens dringen; aber auch selbst dort wirkten dieselben noch so vernichtend auf die Vegetation ein, dass jetzt kein Grashalm mehr zu finden ist. Fische verschiedener Art, namentlich Hechte, durch welche mehrere tiefe Lachen des Grabens früher zahlreich bevölkert waren, sind ebenfalls ausgestorben, und vergebens würde man selbst nur einen Frosch darin suchen. Ueber Hausgärten in Städten und Vorstädten mit besonderer Berücksichtigung der Breslauer Hausgärten von dem Städtischen Promenaden-Öber-Gärtner Lösener. — Das Thema zu meinem heutigen Vortrage habe ich deshalb gewählt, um einmal einen Gegenstand zu berühren, der in der That einer Reform bedarf, indem die Hausgärten unserer Stadt, mit Ausnahme weniger, ge- schmacklos und deshalb unschön sind. Bei der oft sehr geringen Räumlichkeit städtischer Gärten kann es bei ihrer Anlage nicht auf Anlage pittoresker Naturscenerien abgesehen werden, sondern es kann nur darauf ankommen, durch eine entsprechende Auswahl an sich schöner Natur- und Kunstgegenstände, besonders schö- ner Sträucher, Bäume und Blumen in deren Anordnung zu einem wohl- gefälligen Ganzen, den Aufenthalt im Freien angenehm zu machen, den nöthigen Schutz zu erzeugen, Gelegenheit zu einiger Bewegung zu ver- schaffen und einige anmuthige Sitzplätze mit dem Blick auf geeignete Gegenstände des Gartens selbst einzurichten, der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 297 Es kann die Anordnung in regelmässiger oder unregelmässiger Form geschehen, je nachdem der Gartenraum mit seiner Umgebung für die eine oder die andere dieser Formen, oder für die Vereinigung beider am besten sich eignet. Bei bemittelten Besitzern in Vorstädten kommt es häufig vor, dass man über einen verhältnissmässig grossen Raum ge- bieten kann; in diesem Falle kann die Einrichtung derjenigen eines Pleasureground’s ganz ähnlich sein, meist jedoch wird die Hausfrau noch den Wunsch haben, dass für die aussergewöhnlichen Bedürfnisse der Küche ein Stückchen Land für Suppenkräuter bestimmt, oder für die Kin- der eine kleine Abtheilung, mit Erdbeeren, Fruchtsträuchern und einigen Obstbäumen besetzt, ein sogenannter kleiner Naschgarten eingerichtet werde; nicht selten ist auch ein Plätzchen zum Turnen für die Kinder erwünscht, und ohne Beeinträchtigung des Ganzen recht gut anzubringen. Immerhin aber müssen diese Gegenstände von dem Wohnhause aus mög- lichst dem Auge entzogen und daher meist zur Seite desselben in einer Ecke, oder zu Ende des Gartens angebracht werden. Die der Mittags- sonne zugänglichen Grenzmauern oder Zäune können zu gern besuchten Laubengängen eingerichtet und mit edlem Wein berankt werden; andern Falls kann man sie mit Spalierobstbäumen, besonders mit Pfirsichen und Aprikosen besetzen, und diese Nutzanlage von den eigentlichen Spazier. gängen aus durch niedrige Strauchpflanzungen dem Auge entziehen, ohne der Obstwand zu schaden. Durch Verwandlung solcher Umwehrungen in Laubengänge und deren Verbindung mit dem Naschgarten, durch .die Anwendung von Festons und andern Gegenständen decorativen Charakters ist es sehr leicht möglich, dergleichen Nutzanlagen als rein schöne Ein- richtungen erscheinen zu lassen und ein um so anhaltenderes Interesse daran zu erwecken. Ebenso sind Fontainen, welche von dem Kraftüber- flusse der Dampfmaschine einer Fabrik getrieben werden, oder ein klei- ner, eben dorther in Gestalt einer Quelle entspringender Riesel, welcher einen Theil der Grasplätze und Pflanzungen durcheilt und befruchtet, eine höchst erfreuliche Erscheinung in solchen Gärten. Ferner vermag die Gartenkunst in der Darstellung bestimmter Vegetations - Charaktere, ‚zugleich mit Rücksicht auf malerischen Effeet, zur Belebung des Sinnes für die Natur und zur Anregung zum Naturstudium ein wirksames Mittel darzubieten. Bei kleineren Gärten wird man zwar aus nahe liegenden Gründen von einer solchen nach klimatischen und landschaftlichen Vege- tations-Charakteren auszuführenden Gruppirung absehen müssen. Wie interessant und reizend schön ist nicht eine felsige Schlucht, ın der man einen Theil der Pflanzen zusammen vorfindet, welche den Ge- birgen oder speciell der Alpenregion angehören, und wie höchst ange- nehm ist nieht auch der Aufenthalt in einem Gärtehen mit Cultur und Ziergewächsen, hauptsächlich südlicher Gegenden. Vertieit man sich unter dem Eindrucke ihres Reizes auch nicht so weit, dass man den 15* 338 Jahres-Bericht heimischen Boden unter den Füssen nicht mehr fühlte, so sind dieses doch in der That Mittel, die Einbildungskraft ausserordentlich stark und anhaltend anzuregen. Ist die zu bearbeitende Grundfläche flach, indem sie eine Ebene bildet, oder einer solchen nahe kommt, so müssen Verbesserungen durch Ausführung von Erhöhungen und Austiefungen geschaffen werden; es lassen sich dieselben meist nur in beschränktem Maassstabe, und daher nur in kleinen Anlagen vornehmen, sie aber gänzlich zu unterlassen, weil man wegen ihres Effects etwa in Unsicherheit ist, und weil oft darin gefehlt worden, ist sicher unrecht. Der Effect, wenn vorher ge- hörig überlegt, ist bei Aufwendung nur geringer Mittel eben so gross, als bei kostbaren Erdarbeiten im regelmässigen Style, wofür man einst mehr Geld ausgab, als jetzt für die Ausführung einer ganzen Anlage. Die ganz in der Nähe der Wohnung vorzunehmenden Verbesserungen in der Bodenoberfläche werden in Herstellung sanft geschwungener, in einander übergehender Anhöhungen und Tiefungen oder überhaupt in Herstellung eines wellenförmigen Wurfes des Bodens zu bestehen haben. Dergleichen Operationen mit dem Grund und Boden sind nicht so unwe- sentlich, als sie gemeinhin selbst von Garten-Schriftstellern hingestellt werden, denn sie geben dem damit bereicherten Theile der Anlage eine schlagende Wirkung. Durch Aufführung eines einzelnen kegelförmigen Hügels, oder einer einfachen Vertiefung wird man indess diese Wirkung nicht erreichen, sondern nur durch Ausführung eines ganzen Systems von Höhenzügen und zusammenhängenden Tiefungen. Da nun dergleichen Höhungen und Tiefungen, indem sie bestimmte Bahnen von Licht und Schatten bezeichnen, wie solche durch blosse Anpflanzungen in Lichtun- sen nicht zu erreichen sind und dem Ganzen einen ausdrucksvollen Charakter aufprägen, auch nichts grösseren Reiz hat, als den Lauf eines Thales von der Wohnung aus zu verfolgen, so ordnet man vor allem gern die Rasen- oder Aussichtsbahn vor dem Hause im Charakter eines Thales oder einer thalartigen Mulde an, indem man die Fläche mulden- artig senkt und den hierbei, wie auch durch Wasserausgrabungen ge- wonnenen Boden an den Seiten derselben auf geeigneten Stellen zu eini- gen Bodenanschwellungen verwendet, und die Mulde durch Pflanzungen geschickt begrenzt. Hierbei ist noch zu bemerken, dass der Scheitel und der obere Abhang der Hügel, um natürlich zu sein, convex und nur der Fuss so viel concav sein muss, dass die Thalsohle gut einschwingt. Man hüte sich, die Mulde auch nur um ein Geringes zu tief zu legen, und halte als allgemeinen Maassstab für dergleichen Fälle fest, dass auf 10 Ruthen Breite in der Regel 1 bis 1'/, Fuss Tiefe für die Mulde ge- nügend sind. Bei schwer durchlässigem Boden ist dafür Sorge zu tra- gen, dass, um den Abfluss des Schnee- und Regenwassers zu fördern, ‚die Thalsohle nach einem seitwärts gelegenen Punkte gesteckt werde, der Schles, Gesellsch, f, vaterl, Cultur, 399 etwa nach einem kleinen Wasserbecken, welches auch austrocknen und angemessen bepflanzt werden kann. — Ueber die technische Ausführung soleher Arbeiten werde ich später sprechen. Wo der Gartenraum sehr eng und von hohen Gebäuden umschlossen ist, so dass selbst wenige starke Bäume zur Deekung der Wände nicht angepflanzt werden können, kann man die Wände mit Epheu, Schling- und Kletterpflanzen verschiedener Art so dicht und zum Theil blumig beranken, dass sie sich nicht mehr als lästige Begrenzungen darstellen, zumal wenn man auf einigen Stellen die Kletterpflanzen durch geschiektes Anbringen knorriger Aeste zu grossen Partien herabhängen lässt. So beschaffene kleine Gärtchen vertragen viel Immergrün und kön- nen mit einigem Blumenschmuck auf grünem Grunde, aus Epheu oder Rasen, bei sorgfältiger Unterhaltung, wie die Viridarien der Römer, in grossen Städten zu höchst angenehmen Erholungsplätzen für die Fa- milie werden, zumal wenn man sie aus einer angrenzenden offenen Halle, oder einem Gartensalon überschauen und auch des Abends bei schlechtem Wetter geniessen kann. In Bezug auf die Construction solcher kleinen, leicht zu übersehen- den Gärtchen, zumal wenn sie eine sichtbar regelmässige Umgrenzung haben, bin ich ganz entschieden der Ansicht, sie nur in geometrischem Styl anzulegen, bei grösseren Flächen ist der natürliche Styl vorzuziehen. Der Rasen sollte auch bei regelmässigen Gärtchen nie ganz fehlen, da Blumenmassen auf grünem Grunde sich stets vortheilhafter ausnehmen, als ohne einen solchen, jedoch muss die Masse des Rasens mit den vor- handenen Blumenmassen in einem passenden Verhältniss stehen. Der Rasen hat auch noch das Gute, dass Blumenbeete darin ausgeschnitten werden können und Buchsbaumeinfassungen überflüssig werden. Nichts vermag eine cultivirte Gartenscene mehr zu heben, als ein kurzer, dichter, welliger Rasen, wie ihn die Natur in den Gebirgsmatten darbietet und wie er in den Niederungen nur auf Triften zu finden ist, wo die Gräser durch das Abweiden beständig kurz gehalten und ge- zwungen werden sich dicht in einander zu verflechten, indem sowohl die Wurzelstöcke wie die Stolonen platt auf die Erde getreten werden und unter diesen Umständen aus ihren Knoten beständig neue Wurzeln trei- ben und neue Pflanzen bilden. Man sticht daher, wenn sich Triften zur Benutzung darbieten, den Rasen in einzelnen Tafeln von einem Quadrat- fuss Grösse und 2 bis 3 Zoll Stärke ab, setzt sie im Garten wiederum zu Rasenflächen zusammen, fülll die Fugen sorgsam vermittelst Binbringen von Erde aus, stampft, oder besser, walzt hierauf die Fläche gehörig fest und sucht durch oft wiederholtes Mähen und Walzen nach jedesmaligem Schnitt das Gras kurz zu erhalten. Grössere Rasenflächen durch Translocation des Rasens von Triften zu bilden, ist meist zu kostspielig und zieht man daher bei solchen 230 Jahres-Bericht Flächen die Besamung mit geeigneten Gräsern vor. Solche aber sind diejenigen, welche von Natur mehr kurz bleiben, Stolonen bilden, nicht staudenförmig wachsen, kein borstiges Ansehen und ein frisches lichtes Grün haben. Für die meisten Lagen wird man einen vorzüglich feinen, kurzen und dauerhaften Rasen erzielen, wenn man von den im Handel zu haben- den Gräsern folgende Auswahl trifft: Lolium perenne 3 Theile, Poa pra- tensis, P. compressa, P. trivialis, Agrostis stolonifera A. vulgaris (alba), Cy- nosurus cristata, Anthoxanthum odoratum je einen Theil. Wenn der Boden im Ganzen sich entschieden mehr dem Trockenen als Feuchten zuneigt, thut man wohl, Poa compressa, Cynosurus eristata und Ayrostis stolonifera vor den übrigen feinen Gräsern etwas vorwalten zu lassen, etwa 1'/, Theile von diesen zu nehmen. Neigt er sich entschieden mehr dem Feuchten zu, so ist es gut, Poa pratensis und P. trivialis um je einen Theil mehr vorherrschen zu lassen. In mässigem Schatten unter Bäumen bilden noch einen guten Rasen Poa nemoralis, Agrostis stotonifera und vul- garis; in tieferem Schatten, wo keine der feinen Gräser mehr gedeihen, thut man wohl, Moos zu legen, welches man zu diesem Zwecke in dem Walde zu Tafeln mit einer dünnen Erdkrume, ähnlich wie Rasen, sticht und legt, aber nicht anwalzt, sondern nur mit den Händen gut andrückt, damit es nicht hohl liege, auch möglichst keine Erde darauf bringt, wo- nach es leicht abstirbt. Auch kann man, wo es passend ist, dergleichen Stellen mit Heidelbeeren oder Epheu bekleiden. Von den wie oben be- zeichneten Grassamen-Mischungen rechnet man auf die @Qauadratruthe %, Pfund. Das wird im Allgemeinen zu beachten sein. Herr Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Göppert, welcher im Jahre 1864 in unserer Section einen höchst interessanten Vortrag über die Geschichte der Gärten, insbesondere in Schlesien hielt, hob in demselben auch als besonders bemerkenswerth hervor, dass schon ziemlich frühzeitig in Schle- sien feinere Gartencultur herrschte, schon zu Ende des fünfzehnten Jahr- hunderts Gartenschriftstellerei getrieben wurde und in der Mitte des sechs- zehnten Jahrhundert Schlesien selbst schon berühmte Gärten besass. So erscheint die Liebe zu Pflanzen und Blumen, aber auch die Neigung, seine nächste Umgebung zu verschönern, fort und fort in Schlesien zuge- nommen zu haben und es unterliegt keinem Zweifel, dass besagtes Land jetzt zu denen Deutschlands gehört, wo die schönsten Gärten existiren. Wie ich schon im Anfange meines Vortrages sagte, verhält es sich aber im Allgemeinen leider nicht ganz so mit unsern hiesigen Stadt- und Vorstadt-Gärten; worin wohl die Gründe zu suchen seien, dass wir hier nicht so geschmackvolle Hausgärten sehen als z. B. in Berlin, Magde- burg u. s. w. und wie wohl diesem Uebelstande abzuhelfen sei? Darüber will ich heute und an dieser Stelle nur kurze Andeutung geben. Durch schlagende Beispiele ist es leicht nachweisbar, dass in den der Schles, Gesellsch, £. vaterl, Cultur. 93] wenigsten Fällen es die Schuld des Besitzers ist, sondern diese vielmehr in der Untüchtigkeit und oft auch Unreellität der mit der Ausführung solcher Anlagen beauftragten Gärtner zu suchen sei. Dem Üebelstatnde wird aber nur dadurch abgeholfen werden können, dass für die Ausbil- dung junger Gärtner auch von Seiten der Gärtner- und Gartenbau-Ver- eine, wie dies schon mehrfach an andern Orten geschieht, auch hier entsprechende Schritte eingeleitet werden. Ueber Anlage, Pflege, Unterhaltung und Nutzen lebendiger Hecken von Stadt-, Forst- und Oeconomie-Rath Dr. Fintelmann. Es soll nicht Unbekanntes oder Neues, sondern nur Allbekanntes und durch Erfahrung Begründetes gegeben werden. Die Heckencultur darf zwar nicht zu den der Gärtnerei, dem Forst- mann und Landwirth entschwundenen, wohl aber zu den in höchstem Grade vernachlässigten Culturarten gerechnet werden. Ihre Glanzperiode stand in den Zeiten des alten französischen Gartenstyls, sich verlierend in demselben Maasse, als die Zahl der Gartenanlagen nach englischem Geschmacke zunahm. Ueberreste jener finden sich noch in alten Gärten, ordnungsmässig erhalten auch in Italien, überhaupt im südlichen Europa und im Orient; neuerlichst aber sind Hecken wieder angelegt in grosser Pflege und Sauberkeit in den sogenannten Paradiesgärten urd in der un- mittelbaren Nähe im italienischen Style erbauter Villen. Wie verändert auch Geschmack und Styl in der schönen Gartenkunst sind, so erfreuen jedenfalls heute auch noch gut gepflegte Hecken Ge- müth und Herz des Menschen — den kühlenden Schatten, Schutz gegen rauhe Witterung Suchenden. Sie sind auch die gesuchteste Herberge der lieblich gefiederten Sänger, der nützlichen Vögel — wenn auch nicht geleugnet werden kann, dass Hecken auch wohl die Wohnstätte man- chen Ungeziefers und sonst noch nachtheilig für die unmittelbare Umge- bung sein können. Der Nutzen der Hecken ist aber jedenfalls überwiegend ein grosser und grösser als der mögliche Schaden, den sie verursachen und nach Manchen veranlassen sollen; für Gärten und Felder gewähren sie als Ein- hegungsmittel den trefflichsten Schutz gegen Stürme, rauhe Winde und örtliche, nachtheilige klimatische Verhältnisse; als solche für Felder an- gewendet, wie z. B. in Holstein, sind sie aber auch in sorst holzarmen Gegenden ein höchst geeignetes Mittel für Beschaffung von Nutz- und 232 Jahres-Bericht Brennholz, unzweifelhaft aber nach beiden Richtungen hin von hoher Be- deutung. Gegen Hasen schützt freilich keine Art von Hecken. Je nach dem Zwecke, den man mit der Anlage einer Hecke ver- bindet, können diese verschiedener Art sein. Man fordert: 1) blosse niedrige Einfassungen, welche Blumenbeete und Wege in einer Höhe von nur 6 bis 8 Zoll scharf begrenzen sollen; 2) Einfriedungen von 1\, bis 2 Fuss Höhe, gegen leichtsinniges Betreten von Anlagen; 3) 3 bis 5 Fuss hohe und 4) 5 bis 9 Fuss hohe wirkliche Einhegungen. Diese vier Heckenarten könnte man gärtnerische im engeren Sinne des Wortes nennen; sie werden mehr oder weniger unter der Scheere gehalten, je nach Zweck und je nach Art der dazu verwendeten Holzgattungen. Die ad 3 und 4 bezeichneten werden in einfachen und doppelten Reihen angelegt, erstere verdienen wegen ihrer grösseren Schön- heit und Dauer den Vorzug. Mehr land- und forstwirthschaftlichen Zwecken dienen die sogenannten Knicke, wie man solche in Holstein, Meklenburg etc. und Buschhecken, wie man sie in Südbrabant, Ostflandern ete. findet. Sie sind nicht mehr Hecken im strengeren Sinne des Wortes, da sie nicht unter der Scheere, sondern nur periodisch unter der abtreibenden Axt stehen; aber auf Wällen liegend, welche durch zwei parallel lau- fende und bis zu 12 Fuss von einander entfernte Gräben gebildet wer- den, umschliessen sie koppelförmig die Wiesen und Aecker und verhin- dern dadurch das Austreten des frei in denselben weidenden Viehes, gewähren kräftigen Schutz gegen heftige Winde und einen reichen Er- trag an Holz, nicht nur zum Brennen, sondern auch durch Ueberhalten kräftiger Lohden bis zur Baumgrösse, zu Nutzholz. Die Knieke könnte man mehr dem Niederwaldbetriebe, die Buschhecken, die auch wohl bis zu 24 Fuss Breite angelegt werden dagegen wegen Haltens von Ueberständen bis zur Baumgrösse dem Mittelwaldbetriebe der Forstmänner vergleichen. Ihre Anlage wird oft den Gärtnern der Güter übertragen werden müssen, weshalb die Kenntniss davon denselben wünschenswerth sein muss und nicht feh- len darf. Sollen Hecken dauernden Werth und Nutzen haben, so ist vor Allem die Wahl der Holzgattungen, dem Boden und Zweck entsprechend, von srösster Wichtigkeit. Bezüglich des Bodens braucht man wenigstens für die Hecken sub 2 und 3 minder ängstlich zu sein; die geringeren Boden- arten liefern die schönsten Hecken dieser Art. Zu den. gärtnerischen Hecken, namentlich zu denen sub 3, wähle man nur Holzarten von diehtem Wuchse und vermeide diejenigen, welche der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 233 Ausläufer treiben. Die schlechtesten, obwohl wegen ihrer stacheligen Bewaffnung oft sehr angepriesenen Holzgatiungen sind Prunus spinosa, Robinia pseudoacacia, Gleditschia triacanthos, da dieselben unten immer licht bleiben. Alle zu solchen gärtnerischen Zwecken zu verwendenden Hölzer müssen den Schnitt gut vertragen. Zu den Hecken sub 1 werden die kleinen Erdholzsträucher verwen- det, als: Buxus, Ulex europaeus, mehrere kleine Ginsterarten, Salbey, La- vendel ete.; zu denen sub 2 verschiedene Juniperusarten im jüngeren Alter, Spiraea salicifolia, Prunus pumila, Rosa ete. Zu den Hecken sub 3 und 4 werden hauptsächlich Sträucher und Bäume zweiter und dritter Grösse, und je nach Beschaffenheit des Bo- dens und des Zweckes der Hecken auch Bäume erster Grösse gewählt, Die Folgenden sird die besten und gewähren eine reiche Auswahl: Abies canadensis und excelsa (Pinus abies) auf nicht zu schlechten Boden; Acer campestre, A. mons pessulanum, Alnus glutinosa auf nassen und feuchten Boden; Alnus incana auf feuchten Boden; Berberis vulgaris nicht in der Nähe von Getreidefeldern; Robinia caragana, Carpinus Betulus, C. orien- talis, Colutea arborescens, Cornus mascula, Crataegus coccinea, C. oxyacantha, Ö. pyenacantha auf Lehmboden; Cydonia vulgaris, Fagus sylvatica, Hyppo- phae rhamnoides auf feuchten Boden, Ilex aquifolium auf Lehmboden, vor- züglich, jedoch in manchen Lagen empfindlich; Juniperus Communis und J. Virgima auf Sandboden vorzüglich; Morus alba auf lehmigen Sand- boden; Philadelphus coronarius und Pinus picea auf frischem, guten Boden vorzüglich; Quercus foemina und robur, und als Sträucher zweiter und dritter Grösse Rhamnus catharticus, Ribes alpinum (im Schatten) R. grossu- larıa, Salices, Taxus baccata vorzüglich, Tilia europaea, Thuja osxidentalis vorzüglich, Ulmus campestris, effusa et suberosa auf tröckenen und mageren Boden. — Zu gärtnerischen Hecken, wie sub 1 bis 3 müssen die Pflänzlinge besonders erzogen werden, auch wohl zu den höheren Hecken, doch mag man zu diesen die Pflänzlinge auch eher aus den Waldungen ent- nehmen. Das Verfahren bei Anlage der verschiedenen Hecken und die Kunst ihrer Pflege setze ich als bekannt voraus, daher nur etwa Folgendes in Kürze: Auf welchem Boden und zu welchem Zwecke auch Hecken ange- legt werden mögen, so ist ein lockeres Pflanzbett von grösster Wichtig- keit, da hierdurch die Entwiekelung der Wurzeln und damit auch das freudige und sichere Gedeihen der Pflänzlinge gefördert werden. Eine in dieser Beziehung vernachlässigte und deshalb gewöhnlich Nachpilan- zungen erfordernde Heckenanlage muss von vornherein eine verunglückte genannt werden. Nur eine gleichmässig und ohne Lücken erwachsene 234 Jahres-Bericht Hecke wird zweckdienlich und schön. Dies gilt besonders von den Hecken sub 3. Das genügend lockere Pflanzbett für die Hecken sub 1 bis 3 wird in der Regel durch gehörig breite und tiefe Gräben, selbstverständlich der Grösse der Pflänzlinge entsprechend beschafft, mit deren Dimensionen man um so weniger zu geizen hat, als der Boden von Natur fest und todt ist. Bei Anlage der Knicke und Buschhecken bilden die nach innen ge- machten Grabenauswürfe in der Regel ein ausreichend lockeres und tiefes Pflanzbett,; wo dies nicht der Fall, muss die zu bepflanzende Fläche vor Auflegen der Grabenauswürfe genügend tief umgegraben, ja selbst rigolt werden. Kann dies wegen Kostspieliskeit nicht geschehen, so muss durch tiefe und weite Pflanzlöcher geholfen werden. Die hierdurch ent- stehenden Kosten werden stets durch sehr reiche Holzerträge gedeckt. Um ein Schräglegen der Hecken sub 3 durch Winddruck (weil sie in Freilagen Windfänge bilden) zu verhindern, scheue man nicht die Kosten einfacher Vorrichtungen durch senkrecht eingeschlagene Pfähle und horizontal gebundene Stangen, an welche die Pflänzlinge zu binden sind. — Je nach den Witterungs- und Boden-Verhältnissen darf das An- schlämmen und spätere Begiessen der sub 1 bis 3 bezeichneten Hecken nicht verabsäumt werden. Bei den Heckenanlagen sub 3 dient das Verflechten der Zweige zur wesentliehen Verdichtung derselben. Etwa entstehende Lücken sind ungesäumt in passender Jahreszeit auszupflanzen. Nie übersehe man, dass zur Erzeugung dichter Hecken (sub 3) den Pflänzlingen sofort beim Einsetzen der Haupttrieb genommen werde; auch zu weit ausgereckte Seitentriebe sind genügend zu kürzen. Etwa in späteren Jahren unten entstehende Lücken, können durch neugepflanztes kleineres Gesträuch wieder gedeckt werden. Zu freudigem Gedeihen der Hecken, namentlich derer sub 2 und 3 ist besonders das Reinhalten des Bodens von Unkräutern an denselben erforderlich, weil diese nicht selten die alleinige Ursache des Lichtwer- dens des unteren Theiles derselben sind. Damit wird auch das Unge- ziefer, namentlich Mäuse, von den Hecken vertrieben. Die Anlage der Knicke und Buschhecken geschieht in mehr forst- männischer Weise, d. h. je nach den obwaltenden Umständen, entweder durch Saat oder Pflanzung. Eben so ihre weitere Behandlung. Der Ab- trieb derselben erfolgt in der Regel alle 10 bis 16 Jahre; ihre Ergän- zung entweder durch Pflanzung oder Senker. Als Ueberständer zur Er- zeugung stärkerer oder schwächerer Nutzhölzer wähle man stets die wüchsigsten Lohden, am besten aus dem Samen erwachsene. der Schles. Gesellsch. f, vaterl, Cultur. 935 Der St. Annaberg in Oberschlesien in pomologischer Beziehung von Lehrer und Organist Oppler in Plania, — Im Jahre 1863 machte ich einen Ausflug auf den St. Anna- oder Chelmberg, einen im Gross-Strehlitzer Kreise gelegenen ca. 1500 Fuss über die Ostsee und 800 Fuss über das umliegende Flachland sich er- hebenden Basaltkegel, mit dem sich an demselben hinaufziehenden Dorfe Annaberg und einem Franziskanerkloster, um von dem Garten des letz- teren Einsicht zu nehmen. Da jedoch das Kloster auf’s Neue restaurirt worden und deshalb der Garten, seinem Verfall nahe gebracht, nur einige verkrüppelte Obstbäume aufweisen konnte, so stieg der Wunsch in mir auf, hier durch Rath und That zu unterstützen, aus Dankbarkeit gegen die Klöster, denen die Nach- welt in eulturhistorischer Beziehung gar Manches zu verdanken hat. Meinem Vorhaben schlossen sich im gärtnerischen Interesse mehrere Freunde an, und es wurden nach St. Annaberg von Obstbäumen die besten Sorten in Hoch- und Zwergstämmehen, Frucht und Ziersträucher, perennirende Zierpflanzen, Gemüse- und Blumensämereien gesendet. Im vorigen Jahre erhielt ich eine Einladung zur Inspieirung des Gar- tens und der Anlagen, und zu mündlicher Besprechung im Garten-Inter- esse. Zeit und Umstände gestatteten jedoch nicht, dieser Einladung zu folgen, obwohl mich schon der Wiedergenuss einer unvergleichlich schö- nen Rundsicht von der höchsten Spitze Oberschlesiens, wie sie mir bei meinem ersten Besuche zu Theil geworden war, mächtig anzog. Leider soll es solch schöner, die äusserste Fernsicht vermittelnder Tage im Jahre nicht viele geben, wie es jener Tage war, an dem ich mit unbe- waffnetem Auge die Umrisse des Riesengebirges noch deutlich erkannte, die Glatzer Gebirge und die Sudeten mir fast nahe erschienen und die reizende Rundsicht auch über die Karpathen hinaus erst bei dem Kra- kauer Gesenke ihr Ende erreichte, während im Norden Oberschlesiens meist ausgedehnte Waldungen den Hintergrund bildeten und das Thal in fast zwanzigmeiliger Ausdehnung einer grossartigen Parkanlage glich. Am Fusse des Berges wird Kalkstein gefördert, dessen Lager sich von Oppeln bis fast an Cosel, rechts der Oder ausdehnt, während links derselben die Umgegend von Krappitz ein solches aufzuweisen hat. Der Klostergarten, auf Basaltgrunde, nimmt eine Fläche von eirea 7 Morgen ein und liegt am südlichen Bergabbange. Ganz eingeschlossen von einer hohen Basaltmauer enthält derselbe ausser den Vegetabilien noch ein staunenswerthes Werk der Gründer dieser Wallfahrtsstelle und sämmtlicher Anlagen, der Grafen Gaschin auf Zyrowa am Fusse des 236 Jahres-Bericht Berges, nämlich einen 300 Fuss tiefen, in Fels gehauenen Brunnen, wel- cher vortreffliches Trinkwasser liefert. Nach einer erneuerten Aufforderung konnte ich endlich die Tage vom 21. bis 25. März d. J. einem wiederholten Besuche des Annaberges widmen. Den Garten, dessen Bodentiefe, wenn die Basalt-Bruchsteine entfernt und die Vertiefungen durch andern Boden ausgefüllt werden, den man am Berge aus einem kleinen Teiche gewinnt, zum grössten Theil 2 Fuss und darüber ist, fand ich unter Cultur, zumeist der Existen des Convent, resp. dem Gemüsebau dienend. Auch die neugepflanzten Zwerg- und Hoch-Obststämme fand ich bis auf wenige recht gut erhalten; was mich aber am meisten überraschte, waren die starken Wallnuss- bäume, welche alljährlich reichen Ertrag geben sollen und unter diesen ein achtjähriger Stamm, förmlich vor Ueppigkeit auf der Basaltunterlage strotzend; diese, so wie die Pflaumenbäume, welche schon in Leschnitz auf den Anfängen des steinigen Untergrundes sehr, auf dem Annaberge in allen Gärten der Gemeinde aber herrlich gedeihen und die schönsten süsssaftigen Früchte liefern, sowie selbst die Spalier-, Pfirsich- und Apri- kosenbäume, sollen wenig oder gar nicht vom Froste zu leiden haben. Wenn bei uns im Thale, und namentlich in Oberschlesien, die Obst- bäume von allen Witterungszufällen mehr oder minder leiden, besonders durch Spätfröste und Niederschläge, die der Frost in Eis verwandelt, so ist dies dort oben nicht so der Fall. Ersteres hat zur Folge, dass nach Verlauf mehrerer Jahre die obere Rindenschicht der jungen Obststämme bis in die Krone hinauf rissig wird, die Glätte des Stammes verschwindet und erstere vertrocknet, dann aber schädlichen Inseeten und deren Lar- ven als Schlupfwinkel dient. — Auf den Anhöhen aber herrscht das Gegentheil. Trotz kalter Luftströmung ist diese rein und trocken, so dass, als ich die erst gedachte Reise nach Annaberg an dem Tage an-. trat, an welchem uns der September 1863 einen so starken Frost brachte, dass sämmtliche Blumen im freien Lande des Thales erfroren waren, oben auf dem Berge die Georginen noch in schönster Blüthe prangten und gar nicht gelitten hatten. Auch Leschnitz besitzt grosse Obstgärten, und von dort, so wie vom Annaberge überziehen die Obstpächter, resp. Obstkäufer und Verkäufer zur Zeit der Obstreife, in den Städten das Obst feilbietend, fast ganz Oberschlesien und machen gute Geschäfte, leider nur mit gewöhnlich zu früh abgenommenem, daher unreifem Obste; zu diesem bedauernswerthen Umstande bieten sowohl die Obstgartenbesitzer, als besonders aber das Publikum durch dessen Ankauf die Hand. Wie ich mich überzeugt habe, fehlen in jener Gegend, in welcher Wallnüsse und Pflaumen so vortreff- lich gedeihen, unsere edleren Obstsorten, besonders die weisse Herbst- Butterbirn (Beurre blanc), welche für sich allein schon den vorzüglich- sten Handelsartikel abgeben würde; wir könnten dann die Einfuhr dieser : der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultut. 937 auf benachbartem österreichischen Gebirgsboden häufig erzeugten, so schön eolorirten, vortrefflichen Früchte entbehren. Erfreulich war es mir, zu vernehmen, dass die Herren Franziskaner- Patres des St. Annabergklosters an Geistliche, Lehrer und Wallfahrer vegetabilische Spenden in Sämereien und Obst-Edelreisern vertheilen und somit auch ihrerseits die Verbreitung der Gartencultur und des Obstbaues fördern. Herr Pater Ladislaus Schneider, von Jugend auf ein Garten- und Naturfreund, welcher auf weiten Reisen in fernen Landen überall sein Interesse für Naturschätze verfolgte, ist unter den gegenwär- tigen Herren Conventualen des Klosters unzweifelhaft das befähigtste und nie rastende Mitglied für die dortige Bodencultur. Mit einer Weinlage ist jetzt der Anfang und Versuch gemacht worden. In botanischer Beziehung will ich noch erwähnen, dass in dem Klo- stergarten auch an 100 Species wilder, mitunter schöner Pflanzen sich vorfinden und die Flora des Annaberges mit seinen Thälern dem Bota- niker eine reiche Ausbeute gewähren soll; so z. B. befindet sich in einem dieser kleinen Thäler, am südlichen Fusse des Berges, auf vormaligem Waldboden eine sehr grossblätterige Varietät des Epheu. Mein Verfahren bei Ueberwinterung der Georginen-Knollen von Lehrer und Organist Bragulla in Bischdorf. Ihrer Aufforderung bin ich erst jetzt im Stande nachzukommen; gewiss -werde ich Ihnen nichts Neues bringen. Es sind theils eigene, theils die Erfahrungen Anderer. Die Georgine gehört schon seit 25 Jahren zu meinen LieblingsbInmen, und so habe ich an derselben denn auch Ver- schiedenes selbst erlebt und erfahren, oft in unangenehmer und bitterer ‚Weise. Um nicht erst viele Worte zu machen, fange ich mit dem "Herbst an: Da mein Garten von drei Seiten mit Wiesen umgeben und dessen "Lage nur eirea 200 Schritte von dem Flusse Pratwa entfernt ist, so stellen sich die Herbstfröste zeitiger ein, als z. B. auf höher gelegenen Ort- ‚schaften. Im vorigen Jahre waren bei mir die Georginen im Anfang October total erfroren, während ein College im Nachbarorte, nur circa '1/, Meile entfernt, aber höher gelegen, noch Ende October blühende Georginen hatte. Durch Schaden wird man oft klüger als durch Bücherweisheit. So ging es auch mir, Nachdem der Frost die Georginenblumen getödtet, wird bald an ‚deren Abschneiden und Herausnehmen der Knollen Hand angelegt. Die 238 Jahres-Bericht besten Sorten kommen immer zuerst an die Arbeit. Ich halte es für eine Hauptsache die Knollen nach dem Froste nicht weiter treiben zu las- sen, was sie sehr gern thun, besonders wenn wieder warme Witterung eintritt. Knollen, welehe nach dem Abschneiden der Schäfte treiben, sind in der Regel Todescandidaten. Bei dem Ausheben der Knollen, welches nur bei hellem und schönem Wetter geschieht, nehme ich zwei Spaten, stosse diese von zwei Seiten in die Erde, drücke dann behutsam beide seitwärts und hebe auf diese Art die Knollen aus der Erde, wo- durch dieselben vor dem Anreissen oder sonstiger Beschädigung mög- lichst geschützt werden. Angebrochene oder angerissene Knollen werden sogleich dicht am Schaft abgeschnitten, weil sie sonst leicht faulen und den ganzen Stock in Fäulniss setzen. Wichtig ist auch der Abguss des in den Röhren angesammelten Wassers. Bei der Herausnahme werden die Stöcke so gelegt, dass das in den Röhren etwa vorhandene Wasser, welches bei starken Frösten und Regenwetter sich reichlich ansammelt, bequem ausläuft und die Röhren von der Sonne beschienen und abgetrocknet werden. Ist dies geschehen, so werden die Knollen von der Erde gereinigt und die Haar- wurzeln abgeschnitten. Der Schaft muss auch so tief abgeschnitten wer- den, als etwa die Einwirkung des Frostes an demselben zu bemerken ist. Abends werden dann die am Tage herausgenommenen, und bei dem Herausnehmen etiquettirten Knollen auf den Boden des Hauses getragen und hier nebeneinander gesetzt, damit sie ab- und austrocknen. Treten Nachtfröste ein, so bringe ich die Knollen in 6 Zoll hohe Kästen und Körbe und lege solche dabei so nebeneinander, dass deren Ueberblick und Besichtigung gut erfolgen kann. Anfangs December, oder wenn es über 5° Kälte giebt schon früher, werden die Kästen und Körbe in den Kartoffelkeller gesetzt, und zwar nicht auf den Boden des Kellers, sondern auf die Kartoffeln, welche da- selbst in Höhe von 4 Fuss liegen. Den Winter über sehe ich alle 14 Tage meine Lieblinge durch. Steigt die Kälte nicht über 10%, so werden die Kellerfenster nicht zuge- macht, damit reine, frische Luft eindringen kann. Knollen, auf welchen sich Schimmel ansetzt, werden herausgenommen, gereinigt und in der Küche abgetrocknet. Zeigen sie Trieb, so werden sie in Töpfe gesetzt, und wenn es flugs erst Anfang Januar sein sollte. Die Töpfe werden in die Stube gesetzt und die Georgine fängt an zu wachsen. Lässt man die Georginen, welche Ende December oder im Januar zu treiben be- ginnen, noch weiter liegen, ohne sie in Erde zu setzen, so hat man daraus sicher Leichen. | Nehmen die Kartoffeln im Keller ab, so werden die Kästen nicht auf den Boden des Kellers, sondern auf Holzscheite, oder so auf ein- ander gestellt, dass die Hälfte der Kiste oben unbedeckt bleibt. Anfang der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 939 April oder schon Ende März lasse ich alle Kästen und Körbe mit den Knollen in den Regen setzen, damit die Knollen nass werden und der etwaige Staub abgewaschen ind) Nach dieser Procedur fangen alle an zu treiben. Ende April oder Anfang Mai werden sie getheilt und an Liebhaber versendet und vertheilt. Von den 152 Sorten, bestehend in 316 Exemplaren, welche ich zum Herbst vorigen Jahres einlegte, habe ich in dem verflossenen Winter z. B. nur drei Stück verloren, und wie ich glaube, nur darum, weil sie des im Allgemeinen milden Winters wegen zu stark trieben. Zu Pfing- sten hatte ich im Freien blühende Georginen, und jetzt, Anfang August, sind nur noch einige Sorten mit der Blüthe im Rückstande. Den Knollen lege ich anstatt des Dünger verrotteten Lehm unter. In trockenen Jahren gewährt er den Stöcken viele Nahrung, so dass meine Georginen bis 8 Fuss Höhe erlangten. Je kräftiger der Boden, desto besser der Wuchs! — Ueber die neuen Pariser Gartenanlagen von Professor Dr. F. Cohn. In dem System grossartiger Reformen, durch welche das gegen- wärtige Kaiserthum die Stadt Paris aus einer der schmutzigsten, unregel- mässigsten und ungesundesten zu der schönsten Stadt der Welt umge- schaffen, nehmen auch die Anlagen neuer öffentlicher Parke, wie die Erhaltung und Verjüngung der früher vorhandenen eine hohe Stelle ein, da sie bestimmt sind, dem gesammten Volke und selbst den Bewohnern der innersten und entlegeneren Stadttheile Luft, Licht und Grün und den Genuss immer schöner Naturreize in dem aufreibenden Getümmel der Riesenstadt zu gewähren. Hierher gehört die neue Bepflanzung der viele Meilen langen, alten und neuen Boulevards mit Doppelalleen von Platanen, Ulmen und Ahorn- bäumen, welche trotz des unendlichen Verkehrs gedeihen, Dank der sorg- fältigen Bewässerung der Wurzeln, deren Umkreis mit durchbrochenen Eisenplatten überdeckt, und deren Stämme durch eiserne oder hölzerne Umkleidung geschützt sind. Von genialen Künstlern wie Belanger, Charmontelle, Vicair, Bassonpierre und Alfand sind alle grös- seren Plätze in Squares umgeschaffen, nach denen der Kleinhandel in hallenartige Bauwerke (Halles centrales) centralisirt wird. — Diese Squares, nicht abgeschlossen, wie die englischen, Jedem aller Klassen zugünglich, vereinigen in der Regel ein Wasserbassin, oft mit omamentalen Spring- 240 | ‘ Jahires-Bericht brunnen, neben Rasenplätzen, Gehölzen und den herrlichsten Blatipflanzeh und Blumengrüppen. Ganz neu angelegt sind die wunderbaren Pares de Monceaux und Buttes Chaumont; völlig umgeschaffen die Champs Elys&es mit ihren prächtigen Avenuen, das Bois de Boulogne und de Vincennes, die Blu- menpartien der kaiserlichen Gärten vor dem römischen Cäsarenpalast (Palais de Thermes) bis zu den Schlössern der Königs- und der Kaiser- zeit (Luxembourg, Tuilerieen, St. Cloud, Versailles etc.) Alle diese Anlagen erweisen, dass sich die Gartenkunst in Paris auf höchster Stufe befindet. Herrschend ist überall der sogenannte englische Styl, der schon seit den Zeiten von F. J. Rousseau den älteren regel- mässigen Styl von Le Notre, bei uns grossentheils als französisch be- zeichnet, verdrängt hat. Für die Pariser Landschaftsgärten charakteristisch ist das verhält- nissmässig kleine Areal, im Gegensatz zu der oft ausserordentlichen Aus- dehnung englischer und deutscher Parks. Gleichwohl wird eine grosse Mannigfaltigkeit erzielt durch sorgfältig ausgeführte Terrainbewegung, die selbst dem Pariser Square nicht fehlt und Hügel und Thäler meist zu einem Wasserlauf oder See in Beziehung bringt. Die Meisterschaft der französischen Landschaftsgärtnerei gipfelt in in den Felsparthieen, die von gründlichen Naturstudien zeugen, und deren Manche die Kunst oft vollständig verleugnen; nicht kleinlich und ge- schmacklos wie bei uns in Deutschland, sondern in grossem Styl und fast pittoresk gestalten sich diese Felsmassen zu Grotten und Höhlen mit Stalactiten und Tropfsteinpfeilern, welche aus dem Harz oder dem Jura entlehnt scheinen; sie sind überstürzt von gewaltigen Cascaden, durch welche wie durch einen Schleier der Beschauer die Landschaft über- blicken kann. Die merkwürdigste Leistung dieser Art, war das Seeaqua- rium im Jardin reserve der Pariser Ausstellung, „eine unterirdische Fels- grotte mitten im Meerwasser‘ welches, belebt von Seefischen und andern Meerungeheuern, nicht blos zwischen den Pfeilern, sondern auch über den Häuptern des Publikums sich ergoss. Die Bauwerke in den franzö- sischen Parken sind nicht überhäuft, wie in den alten Landschaftsgärten; nur an den günstigsten Punkten sind zierliche Kiosk's aufgeschlagen. Ganz besondern Reiz verleiht diesen Anlagen der musterhafte Rasen, der als Tapis vert schon die Versailler Gärten zierte, neuerdings in Folge der sorgfältigen Pflege und Bewässerung, selbst in schattenlosen der Sonne ausgesetzten Flächen, wie auf den Pelousen des Jardin reserve eine Sammetpracht zeigt, von der man bei uns keine Ahnung hat. In den Gehölz- und Blattpflanzen-Gruppen sind buntblätterige, sowie exo- tische Pflanzenformen massenhaft benutzt, wodurch die Anlagen oft einen mährchenhaften Charakter erlangen, der an die Holzschnitte von Hoch- lave Doret oder an die Decorationen der F&eries erinnert. — Musterhaft der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 241 sind auch die Farbenzusammenstellungeu der Blumenpartieen in den Plea- sure greands, wie dies bei dem so hoch entwickelten Farbensinn der Pariser Künstler sich von selbst versteht. Dieselben zeichnen sich aber auch sehr vortheilhaft von den bei uns modernen, überkünstelten Teppich- gärten durch Einfachheit der Zeichnung aus, die meist in regelmässigen Ovalen, oder Kreisen von concenirischen Bändern in den verschiedensten Tönen, oft in wellenförmiger Erhebung, so wie von saubern Rosenbeeten eingefasst sind. Nichts ist heiterer und geschmackvoller, als die Pleasure greands der Tuilerien, des Luxembourg, oder des Jardin central der Pa- riser Ausstellung. Eine glänzende Repräsentation der heutigen Leistungen der Pariser Gartenkunst bot der Jardin reserve der Ausstellung, der 5 Hectaren ein- nahm und neben einem lieblichen Erholungsort für die Besucher der Ausstellung auch das Local für die Producte der Klassen 83 bis 88 bieten sollte. Er enthielt ausser dem reizenden Pavillon der Kaiserin und vielen Kiosken und Gewächshäusern zwei als See- und als Süss- wasser-Aquarien hergerichtete Felsgrotten mit Cascaden und Seen, auch ein ornamentales Glashaus für Palmen, Cycadeen und andere Tropen- gewächse, wo der Pariser Chartin sich dem schon früher preisgekrönten Brüsseler Linden und dem Londoner Veitch als Nebenbuhler an die Seite stellte, und einen als Ausstellungslokal für Blumen hergerichteten Vesti- bulum, wo (im September) vor allen die Gladiolus mit einer bei uns un- bekannten Farbenpracht um den Preis concurrirten. Uebrigens war für den Zweck einer internationalen Gartenausstellung die Anlage des Jardin reserve wegen allzu grosser Ausdehnung und daraus bedingter Zerstreuung der Gruppen, wie nicht minder wegen ungenügen- den Schutzes für viele Ausstellungsgegenstände verfehlt. Gleichwohl ver- dient die Gesammtschöpfung dieses Gartens in wenigen Wochen auf ste- rilem Sandboden, wie nicht minder der das Ausstellungsgebäude selbst umgebende Park, wo freilich das gärtnerische Element hinter den vielen Gebäuden und Kunstwerken verschwand, die grösste Bewunderung und botanisch für unsere Verhältnisse viel Nachahmungswerthes dar. Einiges über die Cultur der Artischoke von Kunstgärtner Grunert in Drzazgowo. Meine Artischoken ziehe ich zumeist aus Samen, aber auch aus den am Fusse derselben hervorwachsenden Sehösslingen. Ersteres ge- schieht, wenn ich keine Schösslinge habe, welche immer bedeutend früher ihre Früchte liefern. 16 242 Jahres-Bericht Ziehe ich die Artischoken aus Samen, so säe ich denselben Anfang März auf ein lauwarmes Beet unter Fenster, welche, bis die Samen auf- sesangen sind, fest geschlossen bleiben. Sind die Samen aufgegangen, so gewöhne ich die jungen Pilanzen langsam an mehr Luft und gebe denselben bei schönem trockenen Wetter reichliche Bewässerung. Im Mai, wenn Nachtfröste nicht mehr zu befürchten sind, pflanze ich die stärksten dieser Pflanzen auf 4 Fuss breite Beete in drei Reihen, in 2 bis 3 Fuss Abstand von einander im Verband. Die Beete hierzu werden schon im vorangehenden Herbst in folgen- der Weise hergerichtet. Die obere Erde des Beetes werfe ich auf die eine, die untere aber auf die andere Seite bis zu einer Tiefe von 3 bis 4 Fuss aus; hiernach wird auf die Sohle eine starke Schicht Reisig ge- bracht und fest zusammengetreten. Auf diese Drainage kommt eine Schicht der zu beiden Seiten ausgeworfenen Erde, und auf diese eine Lage gut verrotteter Pferde-, am besten aber Kuhdünger, dann wieder Erde und so fort, bis die ganze ausgeworfene Erde abwechselnd mit Dünger aufgeschichtet ist und das Beet einen 4 Fuss breiten und 1'/, Fuss hohen Damm bildet, worauf dessen Oberfläche noch mit guter Composterde vermischt wird. So zubereitete Beete eignen sich nur für nasse Lage, und wenn man die Pflanzen im Freien überwintern will; die Drainage schützt dieselben vor übermässiger Winterfeuchtigkeit, die Wurzeln bleiben gesund und die Pflanzen liefern in den folgenden Jahren ausgezeichnete Ernten. Ist der Boden sandig, oder die Lage überhaupt eine trockene, so ist zur Anlage der Beete nur ein 2'/, bis 3 Fuss tiefes Rigolen erforder- lich, und dass während desselben nicht nur der Boden von unten bis her- auf recht stark mit verrottetem Dünger untermischt, sondern auch als- bald darauf Bedacht genommen wird, dass der Rücken des Beetes eine Höhe von 1!/, Fuss erhält; auch in diesem Falle ist sodann die Ober- läche ziemlich tief mit guter Composterde zu untermischen. Die auf eine dieser Weisen zubereiteten Beete bleiben nun den Winter über liegen, werden im Mai gut bearbeitet, dann in der schon erwähnten Weise bepflanzt, von Unkrant stets rein erhalten und bei trockener Witterung recht stark gegossen; erhalten dann die Pflanzen auch zuweilen einen Guss flüssigen Düngers, so gedeihen sie desto er- freulicher nnd liefern ausserordentlich grosse, schr saftige und wohl- schmeckende Früchte. Sollen die Artischoken im Freien überwintert werden, so befreie ich, je nach Beschaffenheit der Witterung, im October oder November, die Pllanzen von sämmtlichen unteren, schlechten Blättern, binde jene mit Stroh oder Weidenruthen zusammen, reinige hierauf nochmals das Beet von allem Unkraut und bringe über dasselbe eine 3 bis 4 Zoll starke Schicht guter Erde. Ist diese Arbeit gethan, so stecke ich um jede der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 243 Pflanze Pfählchen, die über derselben in Form einer stumpfen Pyramide zusammengebunden werden. Diese Pyramide wird sodann mit Fichten- oder Tannenreisig umgeben, auf dieses eine ziemlich starke Lage Tan- nennadeln oder trockenes Laub gebracht, dasselbe zum Schutze gegen Winde wiederum mit Reisig bedeckt, und obenauf ein Dachziegel oder Scherben gelegt, um die durch Schnee oder Regen erzeugte Feuchtiekeit von dem Herzen der Pflanze abzuhalten, da diese derselben äusserst nachtheilig sein würde. In dem Fusse der Pyramide werden in entgegen- gesetzter Richtung zwei Oefinungen gelassen, welche mit Stroh verstopft, bei milder Witterung geöffnet werden, um der Pflanze frische Luft zuzu- führen. — Man kann auch das ganze Beet mit einem Dache schützen, welches auf die vorbeschriebene Art hergerichtet wird; in diesem Falle ist es weder nöthig die einzelnen Pflanzen aufzubinden, noch zu umklei- den, doch müssen dann an beiden Enden des Daches ebenfalls Oeffnun. sen angebracht werden, welche bei kalter Witterung zu schlies- sen sind. Im Frühjahr werden die Pflanzen nach und nach wieder an die freie Luft gewöhnt, es. kann dann auch mit dem Abnehmen der Schösslinge besonnen, und diese, so wie oben beschrieben gepflanzt und behandelt werden. Alten Mutterstöcken lasse man 1 bis 2 starke Schösslinge, die- selben liefern recht zeitig Früchte, und wenn man deren zu Samen ste hen lassen will, auch reifen Samen. — Um den Samen recht vollkom- men reif zu erhalten, lasse ich auf jedem Mutterstocke nur 2 bis 4 der stärksten Köpfe stehen und bedecke dieselben mit Glasscherben so, dass die Luft zwar überall freien Zutritt hat, die Samenköpfe jedoch vor Re- gen geschützt sind, weil die Samenwolle in den Köpfen schwer trocknet. und mit diesen der Samen dann auch leicht fault, andern Falls aber im Obtober zu voller Reife gelangt. Cardy auf in gleicher Weise zubereitete Beete gepflanzt und wälı rend der Sommermonate wie die Artischoken behandelt, werden oft bi: 7 Fuss und darüber hoch, und liefern ausserordentlich starke Rippen. welche gebleicht ein sehr gesundes und wohlschmeckendes Gemüse bieten. Die in der beschriebenen Weise hergerichteten Beete halten viele Jahre‘ an und liefern immer schöne Früchte. Eine recht tiefe Boden- Cultur ist für Artischoken und Cardy Hauptsache, weil deren spindel- förmige Wurzeln oft bis mehr als 3 Fuss tief in die Erde dringen. 244 Jahres-Bericht Bericht über die Vertheilung von Nutz- und Zierpflanzen-Samen und Obst-Edelreisern im Frühjahr 1867 von dem zeitigen Secretair der Section. Nach vorangegangenem Beschluss erfolgte auch in diesem Jahre eine Gratis-Vertheilung von Sämereien und Obst-Edelreisern. Zu diesem Zweck wurden von einigen wohlbewährten Firmen 45 Sorten Samen verschiedener empfehlenswerther Gemüse bezogen. Ein weiteres Quantum war der gütigen Einsendung der resp. Mitglieder Herren Bragulla, Kurtz, Seyler und Weinhold zu verdanken, und zum Theil zur Completirung des Bedarfs bestellter Sorten lieferte auch der Garten der Section eine ganz erhebliche Beisteuer. Hiernach konn: ten in Allem 81 Sorten Gemüsesamen in 939 Portionen an 75 Mitglieder abgegeben werden. | Blumensamen, zur Vertheilung bestimmt, waren auch diesmal nicht bestellt worden, vielmehr entstammten die dennoch in 391 Portionen an 75 Empfänger gelangten 36 Sorten der geneigten Zuwendung der oben genannten resp. Mitglieder und des Herrn Wollny, so wie der in dem Sectionsgarten von dergleichen gewonnenen Ernte und der Wid- mung der Referenten. Die Vertheilung von Edelreisern richtig bestimmter und empfeh- lenswerther Obstsorten aus dem Garten der Section musste in diesem Jahre erheblich beschränkt werden, da es dringendes Erforderniss war, einen sehr bedeutenden Theil der in demselben zur Verfügung stehenden Edelreiser zu Veredelungen der beträchtlichen Anzahl von Obstwildlingen zu reserviren, welche die Section auf dem vorläufig erpachteten Theile derjenigen Area anpflanzen liess, deren Ueberweisung durch die Munifi- cenz der hiesigen städtischen Behörden derselben zur Anlage eines Po- mologischen und resp. Obst-Baumschul- und Versuchsgarten für den Herbst d. J. zugesichert ist. Indess wurde es immerhin noch möglich 1215 Stück Edelreiser in 60 Sorten an 51 Mitglieder zu vertheilen, da auch hierzu die resp. Mitglieder v. Drabizius, Inkermann, Seyler, v. Wille und der Secretair 238 Stück einiger jener Sorten von zuver- lässig richtig bezeichneten Stämmen spendeten. — Im Anfang des März geschah durch den Gärtner der Section die Versendung der Obst-Edel- reiser, während wie zeither, durch den Referenten die Versendung der Sämereien in der zweiten Hälfte desselben Monats bewirkt wurde — der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 245 Die gelegte specielle Kostenrechnung dieser Gratis- Vertheilungen ergab einen aus der Sectionskasse dafür entnommenen Gesammtbetrag von 33 Thlr. 28 Sgr. 4 Pf. Notizen über die. von der Section für Obst- und Gartenbau vom 6. bis inel. 9. October 1867 veranstaltete Obst-Ausstellung von dJ. Jettinger, Gärtner der Section. Es hatten ausgestellt: 1) Kunst- und Handelsgärtner Herr von Drabizius hier (Klein- Kletschkau). Ein Sortiment von 100 Sorten Birnen, meist Tafelobst auf Zwergbäumen erzogen, worunter besonders erwähnenswerth: William’s Christbirn, Belle Angevine, Gute Louise v. Avranches, Herzogin v. Angou- leme, Pastorenbirn, Schöne und Gute (Belle de Bruxelles), Esperine, Neue Poiteau, Winter-Dechantsbirn, Clairgeau, Doppelte Philipsbirn (Doyenne Bauscech), de Tongre, Capiaumont, Blumenbach’s Butterbirn, Hardy’s und Goubault’s Butterbirn, Dechantsbirn v. Alencon, Diel, Six, Regentin, Virgouleuse, Coloma’s Herbst Butterbirn (Urbaniste), Esperens, Herrnbirn, Goldenbeurre of Bilbao. — Alle Früchte liessen erkennen, dass wir auch in der Provinz im Stande sind, bei richtiger Behandlung feinere Obstsorten mit Erfolg anzubauen. Ausserdem stellte derselbe noch einige Sorten Aepfel: Herfordshire Parmaine, Reinette de Coux und Pariser Rambour-Reinette, alle drei Sorten von ausgezeichneter Vollkommenheit aus. Ebenso Weintrauben, einige Pflaumensorten, ein Sortiment abgeschnittener Rosen und drei Stück mit Früchten behangene Zwerg-Obstbäume in Kübeln. 2) Secretair Dulin hier. Einen Ward’schen Kasten, welcher in recht gelungener Weise ein landschaftliches Bild zeigte. Ferner ein kräftiges Exemplar von Cycas revoluta, Sonerila margaritacea und Rhapıs Jurotsik (Rh. humilis Bl.2) eine Fächerpalme und v. Siebold’sche Ein- führung aus Japan, mit wehrlosem Stengel und 7 bis 10 über halb- kreisförmig ausgebreiteten Wedeleinschnitten, bei Weitem zierlicher ge- ‘ baut als Rh. flabelliformis. 3) Der Garten der Section. 25 Sorten Birnen, darunter: Diel’s und holzfarbige Butterbirnen, Schöne und Gute, doppelte Philippsbirne, weisse Herbst-Butterb. — in der Provinz kurzweg „Blanche“ genannt — St. Ger- 246 - Jahres-Bericht main, Clairgeau, William’s Christbirn, Rogentin, Herzogin von Angou- leme, Dachenhausen’s Butterb., rothe Dechantsbirn, Pastorenbirn, hol- ländische Butterbirn, Adele Lanzelot. Obschon die Früchte an:Probe- zweigen auf Hochstamm gezogen waren, hatten sie doch ihre normale Grösse erlangt. Ferner, einige Sorten Aepfel, als: rother Herbst-Calville Parker’s Pepping, Duquesne’s Pepping, weisser Rosmarinapfel, Winter Gold-Parmaine und Lucas’s Reinette — letztere Sorte ist neu, von de Jonghe gezüchtet, nicht im Garten gewachsen — auch zwei Sorten Himbeeren: Belle de Fontenay und Quatre saison ü fruit rouge, welche ihres grossen Ertrages wegen zu häufigem Anbau sehr zu empfehlen ist. 4) Rittergutsbesitzer Finkerney in Lilienthal. Sehr schöne Exem- plare von weissem Winter-Calville, rothem Herbst-Calville, ebenso Birnen: Wildling v. Motte, Winter-Dechantsbirn und grosse Apfelquitten. 5) Inspector Nees v. Esenbeck aus seinem Privatgarten: schöne Früchte von Grumkower Butterbirn, Liegel’s Winter-Butterbirn als Non- pareille,. Schöne und Gute, rothe Dechantsbirn, Poire Mann? grüner Stettiner, gestreifter böhmischer Borsdorfer, rother Winter-Calville. 6) Kunstgärtner Frickinger aus der Gärtnerei des Grafen von Burghauss auf Laasan. 13, Sorten Birnen, darunter als vorzüg- lich: Zephirine Gregoire, Graf v. Flandern, Hardenpont’s Winter -Butter- birn, als Graf Starenberg, Regentin. 55 Sorten Aepfel, unter denen Ananas-, Pariser Rambour-, grosse Casseler- und rothe Winter-Reinette, Parkers Pepping, rother Winter-Calville, Alantapfel, rother Stettiner, purpurrother Cousinot, hier schlechtweg .‚rothe Winter-Reinette‘“ ge- nannt, erwähnenswerth sind. Ausserdem noch Früchte von Quitten. 7) Kunst- und Handelsgärtner Schönthier hier. 30 Sorten Bir- nen, einige Aepfelsorten, Himbeeren und böhmische Wallnüsse. Unter den ersteren waren vertreten: Graslin, Napoleon’s, Clairgeau’s und Arem- berg’s Butterbirn, Regentin, grosser Katzenkopf, Marie Louise, Bonne d’Epee, gute Louise v. Avranches; unter den Aepfeln: Kaiser Alexan- der, Pariser Rambour-Reinette. — Ein von dem Aussteller selbst ge- züchtetes Exemplar von Gazania rigens fol. variegat. fand allgemeinen Bei- fall. Gazania (Goteria) rigens ist bekanntlich ihrer prächtigen. Blumen wegen, neuerdings eine sehr beliebte Zierpflanze geworden. 8) Brauereibesitzer Sindermann hier (Gärtner Guttwein). Einige Körbehen mit Aepfeln und Birnen. Grumkower Butterbirn lag von ausserordentlicher Grösse, eine Frucht 26 Loth schwer, auf. 9) Aus dem Garten des Bureau-Director Inkermann hier. 8 Sor- ten Aepfel, darunter sehr schön: Kaiser Alexander, Pariser Rambour- Reinette 25 Loth schwer, Oberdieck’s Taubenapfel, Winter Gold-Parmaine, sibirischer Eisapfel; ferner 8 Sorten Birnen von. ausgezeichneter Voll- kommenheit, als: weisse Herbst-, holzfarbige-, graue Herbst- und Napo- leons-Butterbirn. der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 347 10) Fabrikbesitzer E. Hoffmann hier. 6 Sorten Birnen von sel- tener Schönheit ohne Namen. Es waren: Holzfarbige- 26 Loth schwer, Napoleons- 19 Loth, weisse Herbst-, Liegel’'s Winter-Butterbirn und Wildling v. Motte. 11) Dominium Zölling (Kunstgärtner Pfeiffer). 20 Sorten Aepfel, meist unter Localnamen, darunter: Carmeliter-Reinette, rother Herbst- ‚alville als Himbeerapfel, Danziger Kantapfel als Kirschapfel, geflammter Cardinal als Mannheimer, purpurrother Cousinot, Alantapfel als Tiefkäpp- chen, ferner Beurr6e blane und gris, eine Sorte Pflaumen und eine Sorte Pfirsich. | 12) Oeconom E. Müller in Simmelwitz. 50 Sorten Aepfel, hierbei: Reinette von Orleans, rother Herbst-Calville, böhmischer Jungfernapfel, rother Stettiner, _ Muscat-Reinette; ausserdem einige Sorten Birnen, (uitten, Mispeln, Paradies-Aepfel und Birnen, so wie 6 Sorten Wallnüsse. 13) Die Städtische Promenade hier (Obergärtner Loesener). Ab- geschnittene Zweige mit Früchten von Amygdalus communis, Crataequs Oxiacantha et coccinea, Pyrus Aria, spectabilis, malus fructu rubro, Ricimus commamis et sanguineus, Morus alba var. Lulo, Berberis vulgaris, Cydonia japonica, Aristolochia Sipho mit Samenkapseln, Solanum atrosanguineum, Phy- salis Alkekengi und Citrus myrtifolius. 14) Aus dem Garten des Stadtraih Müller hier. 7 Sorten Aepfel, darunter: :Winter-Gold-Parmaine, Muscat- und Mutthaupt’s Carmin-Reineite, Alantapfel. Ferner 11 Sorten Birnen, als: Napoleons und Aremberg’s Butterbirn, Hardenpont’s Winter - Butterbirn, Gute Leuise, Jaminette, Win- ter-Dechantsbirn und schönste Winterbirn, letztere 30 Loth schwer. 15) Graf v. d. Recke-Volmerstein auf Craschnitz. Traubennüsse. Diese: Wallnüsse sitzen traubenförmig zu 10 bis 15 Stück an einem Stiele. -16) Zimmermeister Sander fhier. Kaiser Alexanderäpfel und die Birne Herzogin v. Angouleme 23 Loth schwer. 17) Bildhauer Dähmel hier. 5 Sorten Birnen, hierunter: Weisse Herbst-Butterbirn und holzfarbige Butterbirn von grosser Schönheit. Ausser- dem einen monströsen Maiskolben aus welehem noch 6 kleinere Kolben gewachsen waren. 18) Rittergutsbesitzer Dr. Heimann zu Wiegschütz (Gärtner Kurtz). 19 Sorten Aepfel, unter diesen: Alantapfel, rother Winter-Calville, Königlicher Kurzstiel, Kaiser Alexander, Danziger Kant- und Boehmi- scher Jungfernapfel. Ferner 7 Sorten Birnen und 1 Sorte Quitten. 19) Rittergutsbesitzer v. Schönermark auf. Grossburg (Gärtner Oertel). 5 Sorten Aepfel, dabei sehr schön: Englische Granat- und Pa- riser Rambour-Reinette; auch 10 Sorten Birnen und unter diesen: Clair- seau, Pastorenbirn, gute Louise v. Avranches, Fondante de Noöl, Urasanne und Napoleons Butterbirn. 248 Jahres-Bericht 20) Kunst- und Handelsgärtner Weckwerth in Schalkau. 18 Sorten Aepfel, hierunter: Diel’s Reinette, Köstlicher v. Kew, Reinette v. Or- leans, Geflammter Cardinal, rother Stettiner, rother WinterTaubenapfel, Pariser Rambour-Reinette; daneben 15 Sorten Birnen, wobei: Grosser Katzenkopf, Diel’s-, Napoleon’s- und Liegel’s Butterbirn, Wildling v. Chau- montelle, Zwiebel-Bergamotte und eine Sorte Birn-Quitte. 21) Kunst- und Handelsgärtner Arlt in Ratibor. 28 Sorten Aepfel, hierbei: Englische Granat-, Orleans- und Muscat-Reinette, Danziger Kantapfel, rother Herbst-Calville, Sommer-Parmaine, Gravensteiner, Edel- Borsdorfer, Köstlicher v. Kew. Ebenso 10 Sorten Birnen, unter diesen: Prinzessin Marianne, Grumkower Butterbirn, Esperine, Regentin, Gute graue, Winter-Nelis. Ausserdem noch Pflaumen: Reine Claude de Bavay- 22) Kunst- und Handelsgärtner Bucholtz in Cantlı. 26 Sorten Bir- nen, darunter Diel’s Butterbirn, Enghien, Esperens Herrnbirn, Köstliche v. Charneu, Broneirte Herbstbirne, Kampervenus, schönste Winterbirn und 4 Sorten Aepfel. Sämmtliche Früchte waren von Probezweigen; leider aber hinter normaler Grösse. 25) Die Section für Obst- und Gartenbau hatte ausserdem noch H. Arnoldi’s in Gotha Obstkabinet in den bis dahin erschienenen 29 Lieferungen mit 174 Früchten ausgestellt. Von mehreren Seiten waren Klagen darüber eingegangen, wegen mangelhafter Früchte an der Ausstellung sich nicht betheiligen zu kön- nen. Das Arrangement der auf weissen Porzellantellern oder in zierlichen Körbchen auf langen schmalen oder runden, von allen Seiten freistehen- den Tafeln ausgestellten Früchte gewährte in den hellen Sälen der Schle- sischen Gesellschaft einen guten An- und Ueberblick. Während der ganzen, um zwei Tage verlängerten Dauer der Ausstellung war deren Besuch auch von Auswärtigen, ein recht lebhafter, und gewährte das, durch suchende und findende Belehrung, dabei sich offenbarende rege Interesse hinreichende Entschädigung für die durch diese Ausstellung ver- anlassten Mühen und Kosten. — B;esrii chit über die Gultur-Ergebnisse einiger an Mitglieder der Section vertheilten Gemüsesamen und den Anbau einiger Kartoffelsorten von J. Jettinger, Gärtner der Section. Mit Bedauern müssen wir es aussprechen, dass auch diesmal nur eine sehr mässige Anzahl derjenigen resp. Mitglieder, welche bei der Gratis-Vertheilung von Sämereien mit dergleichen versehen wurden, die ® der Schles. Gesellsch, f,. vaterl. Cultur. 249 erbetenen und so sehr wünschenswerthen Berichte einsendete; aus den- selben geben wir hier das uns eben nur Gebotene wieder. A. Kopfkohl, Calominski’scher Riesen-. Es liegen uns nur über diese eine Sorte Nachrichten vor, die aber, wie die |früher über dieselbe ge- äusserten, günstig lauten. Der Anbau dieser Sorte im Grossen dürfte daher Versuche verdienen., Da der Anbau von Kopfkohl ein Hauptzweig des Gemüsebaues, und wo der Boden dafür geeignet, auch bei der Landwirthschaft eine gute Ein- nahmequelle ist, so möchten wir hier zugleich auffordern zum Samen- bau der sich bewährenden neuen Einführungen. Dass hierzu die con- stantest sich zeigenden und solche Exemplare, welche den Typus der Sorte recht deutlich ausdrücken, gewählt werden müssen, ist selbst- verständlich; da jedoch von dieser Auswahl die Beschaffenheit der nächstfolgenden Generation abhängt, so kann bei derselben immerhin nicht streng genug verfahren werden. Durch solchen Nachbau einer guten Sorte wird bei gewissenhaftem Verfahren der grosse Vortheil des Localisirens derselben erreicht. B. Wirsing, Erfurter neuer goldgelber, wird sehr gelobt. C. Erdkohlrabi, lange weisse Kannen-, haben auf leichtem Sand- boden, trotz Raupenfrass, schöne Rüben gebildet. D. Salat. Die schon früher angebauten Sorten können wir mit Hin- weis auf unsere vorangegangenen Berichte übergehen. Als neue versucht, führen wir an: 1) Augsburger brauner. Nach allen Beıichten bildet derselbe keine geschlossenen Köpfe, ist also werthlos. 2) Eichenblättericher. Die Pflanzen wuchsen auf ungedüngtem Boden zwar üppig heran, bildeten aber keine Köpfe. Im Garten der Seetion wurden die Pflanzen wie Bindsalat behandelt, worauf sie in ca. 14 Tagen schön gebleicht waren. Im Geschmack ist diese Sorte zwar nicht bitter, sie ist aber so hart, dass sie nach gewöhnlicher Zuberei- tungsweise des Salat nicht genossen werden konnte; daher ebenfalls ohne Werth. E. Buschbohnen. 1) Weinbohne aus Christiania, 2) Harricot Martini, 3) Wichum aus Japan, verdienen keinen Platz in unsern Gärten, höchstens passen sie für Liebhaber grosser Sortimente. 4) Ganz kleine weisse, feine Zucker-Perl-. Eine unserer besten Boh- nen zum Trocknen, als auch zum Grünverbrauch, obwohl zu letzterem Zweck, wegen ihrer sehr kleinen Schoten, grössere Quantitäten erhei- schend; zur Untereultur vortheilhaft verwendbar, da sie sehr niedrige Stauden bildet. 5) Grossschotige von St. Domingo. Das Korn dieser Sorte sieht der 250 Jahres-Bericht „Berliner‘‘ oder „Sanssouci zum Verwechseln ähnlich, hat jedoch, ob- gleich sie ziemlich früh zarte Schoten liefert, nicht alle gute Eigen- schaften dieser. 6) Violette. Empfiehlt sich nach den diesjährigen Anbau-Versuchen. 7) Sechs Wochen. Rechtfertigt ihren Namen nicht, da sie in der Frühreife von andern Sorten übertroffen wird; ebenso verhält es sich in Bezug auf Güte und Ertrag. 8) Pyramiden. Eine schon früher erwähnte Sorte, welehe nament- lieh für den Trockenverbrauch allseitige Verbreitung verdient. Ein Be- richt erwähnt, dass die Blüthe in verschiedenen Perioden eintrete, was diese Sorte einerseits noch werthvoller machen dürfte. F. Stangenbohnen. Ueber die in dem vorjährigen Bericht schon er- wähnten Sorten als: Riesen-Butter aus Japan und Riesen-Wachs-Schwerdt von Algier liegen uns dieses Jahr mehrfache sehr günstige Urtheile vor. G. Erbsen. a. Kneifel-Erbsen. 1) Carter’s first erop. Das früher über dieselbe Gesagte bestätigte sich vollkommen, sie ist sehr empfehlenswerth. 2) Royal Adelaide. Wird als sehr reichtragend und wohl- schmeckend empfohlen. 3) Peabody-Zwerg-. Eine neue vorzügliche Sorte, die sich durch ihren gedrungenen, niedrigen Habitus vor andern auszeich-net. Unsern späten Sorten sich anreihend, gewährt sie sehr reichen Ertrag. 4) Laxton’s prolifice early longpod; können wir als ebenfalls neue Acquisition auch nur empfehlen. Schotenansatz reichlich und enthalten selben nicht selten 10 bis 12 wohl ausgebildete Körner von süssem Geschmack. Reifezeit, mittelfrüh; verlangt hohe Reiser. _ 5) Waterloo Zwerg-. Die Urtheile gehen bei dieser Sorte ausein- ander; frühe Aussaat scheint lohnenden Ertrag zu sichern. b. Mark-Erbsen. 1) Neue runzliche,; sehr reichtragend, wohlschmeckend und ziem- lich früh. 2) Mac Lean’s littlegem. Eine der allerfrühsten Sorten, wird nicht hoch und ist sehr ertragreich. 3) Prince of Wales. Diese Sorte verdient nach allseitiger Beob- achtung in jeder Hinsicht empfohlen zu werden. c. Zucker-Erbse. Spanische Kapuziner. Nachdem wir diese Sorte in unserm letzten Berichte als gut empfehlen konnten, geht uns jetzt von einem Referenten ein ganz gegentheiliges Urtheil zu. Die Ur- sache liegt sicher am Boden, wir wollen daher in nächstem Jahre bei uns, in ganz freier Lage, auf schwerem Boden ihr Verhalten beobachten und bitten, dieser Sorte auch andern Orts Beobachtung zu schenken und gefällige Mittheilung darüber an uns zu machen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 251 Berichte über Gurken und Melonen fehlen in Folge Missernte gänzlich. Die in unserm vorjährigen Bericht erwähnten Kartoffelsorten hatten wir Gelegenheit in grösserer Quantität, wenn auch immer noch in sehr beschränktem Maase und nur im umschlossenen Garten anzu- bauen, Leider ist uns von andern Seiten Material nicht .zugegangen, wir können daher nur über die Resultate unsers eigenen Anbaues berichten, müssen uns auch ein Urtheil über den Geschmack der einzelnen Sorten für künftig aufsparen, da Rücksicht auf das Saatgut für nächstes Jahr keinen Versuch nach dieser Richtung hin zuliess. Was man aus ver- schiedenen Schriften über die Widerstandsfähigkeit dieser Patterson’schen Sorten gegen Krankheit erfahren hat, fand sich bei uns nicht überall be- stätigt, wie hier nachfolgend wahrheitsgetreu aufgezeichnet ist. 1) Patterson’s Vietoria. Knollen gelb, gross bis sehr gross, von flach nierenförmiger Gestalt mit flachliegenden Augen. Eine äusserst ertragreiche späte Sorte, die wegen ihrer Form für häusliche Zwecke sehr nützlich zu verwerthen ist. Kranke Knollen nur sehr wenige, im Uebrigen sehr haltbar. 2). Amerikanische Festtags-. Knollen gross, bald rund, bald länglich mit vielen tiefliegenden Augen. Grundfarbe gelb, um die Augen — sel- ten an andern Stellen — röthlich gezeichnet. Reife sehr spät; Ertrag sehr reichlich. — Diese Sorte setzte bei uns ihre Knollen an sehr kur- zen Stolonen an, was auch ein Vorzug ist; von der Krankheit wurde sie nicht befallen. | 3) Blanchard-. Knollen rund, mittelgross; "Grundfarbe gelb, um die flachliegenden Augen violett gezeichnet; frühreif, ertragreich. — Bei der Ernte, Anfang October, zeigten sich gar keine kranke Knollen. Nach- dem sie mit andern Sorten an der Sonne gehörig, abgetrocknet war, wurde sie in einem trockenen, kühlen Keller auf Sand gelegt. Unge- fähr 4 Wochen später zeigten sich bei Besichtigung der Sorten, unter diesen, einige von der sogenannten Trockenfäule ergriffene Knollen, welche sofort gänzlich entfernt wurden. Bald darauf trat dies Uebel aber so rapide auf, dass binnen 10 Tagen ?, der Ernte verloren waren und nur gänzliches Trockenlegen auf einer der Sonne ausgesetzten Stellage des Glashauses den Rest vor dem Verderben rettete. Ob der Lagerplatz an dieser Krankheit schuld war, dürfte zu bezweifeln sein, denn alle andern Sorten und ausser diesen eine bedeutende Partie ge- wöhnliche Speisekartoffeln, hielten sich vortrefflich. Mit Sicherheit darf daher wohl angenommen werden, dass der Krankheitskeim schon mit der Kartoffel aus der Erde kam und an dieser Sorte, wegen der vio- letten Zeichnung um die Augen, schwer erkannt werden kann, es wäre denn, die Knollen würden ganz genau untersucht und wo möglich sanz leicht angeschnitten. Der nächstjährige Anbau soll uns zu genaue- ren Beobachtungen veranlassen. 252 Jahres-Bericht 4) Preis von Paris. — Knollen fast eiförmig, selten rund, gelb, mit ganz flach liegenden Augen; Grösse mittelmässig, Reifezeit mittelfrüh, Ertrag mässig; keine kranke Knollen. 5) Early Gooderich. — Knollen flach nierenförmig, gelb, mit flach- liegenden Augen. Grösse mittelmässig, selten gross; Ertrag sehr reich- Eine der frühreifesten Kartoffeln, welche nicht allein wegen ihres Er- trages, sondern auch deshalb mancher andern vorzuziehen sein dürfte, weil sie sich gewiss auchı zum Treiben im Frühbeet eignet, wozu sie sich noch ihres ganz niedrigen Krautes wegen empfiehlt. Kranke Knollen kamen nicht vor. Sämmtliche Kartoffelsorten wurden, nachdem die Knollen in mög- lichst viele Stücke geschnitten und die Schnittflächen übertrocknet wa- ren, in der meist üblichen Weise, in 18 Zoll weite Furchen auf 1 Fuss Abstand gelegt, behackt und behäufelt. Der Boden war ein magerer, mit vielem Odersand und Eisentheilchen vermischter und 2 Fuss tief be- arbeitet. — Denjenigen geehrten Mitgliedern, welche für den gegenwärtigen Be- richt durch bereitwillig gebotenes Material ihre freundliche Unterstützung gewährten, sagen wir dafür den wärmsten Dank mit der Bitte, die be- tretene Bahn weiter zu verfolgen. Aber auch an die andern resp. Mit- glieder richten wir wiederholt die schon oft an dieser Stelle ausge- sprockene, leider aber allzuwenig beachtete Bitte um Einsendungen von Culturberichten, sei es auch nur über wenige oder einzelne Sorten; dem Gartenbau wird damit wahrlich ein grosser Nutzen zugewendet sein. Ueber den Nutzen des Obstbaues- und über Mängel und Fehler welche dem weiteren Fortschritt desselben entgegenstehen von J. Jettinger, Gärtner der Section. Wenn ich es versuche über obiges Thema einiges niederzuschreiben so geschieht es, um meinem in dem vorjährigen Berichte gegebenen Ver- sprechen nachzukommen und den geehrten Lesern zu zeigen, welche grosse Vortheile rationell betriebener Obstbau gewährt. Die Mängel und Fehler, welche den Obstbau niederhalten, will ich aber deshalb in Be- tracht ziehen, um vielleicht Manchen zu deren Beseitigung zu veranlassen und auch hierdurch zur Hebung des vaterländischen Obstbaues bei- zutragen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 953 Bedenken wir, wie die alljährliche Zunahme der Bevölkerung auch eine gleichmässige Zunahme der Bodenproduction erheischt, und erwägen wir darum den immer lauter an unsere Landwirthschaft ergehenden Mahn- ruf: „‚Erhöhet den Ertrag Eurer Felder!‘ so kann uns kein willkomme- neres Mittel zu dessen Erreichung geboten werden, als der Obstbau, denn die Productivität der Erde ist, so lange noch ein Baum auf ihr Raum hat, nicht als erschöpft anzusehen. Welche enorme Erträge der Obstbau abwirft, wo er regelrecht und in ausgedehnter Weise betrieben wird, mag wohl Manchem einleuchtend sein, wie hoch diese Erträge in baaren Einnahmen sich aber belaufen können, davon dürften wohl Viele keine Ahnung haben; deshalb will ich einige Beispiele anführen, welche auf authentisch amtlichen Nachrichten beruhen. In Würtemberg giebt eine durchschnittliche Obsternte über drei Millionen Scheffel Obst, obschon der Schwarzwald-, Jaxt- und Donau- Kreis im Betriebe des Obstbaues weit hinter dem Neckarkreise zurück- bleiben. Die Ursache hierfür liegt in ungünstigen klimatischen und Bo- denverhältnissen, In letzterem Kreise — Neckarkreis — steigert sich der Ertrag in günstigen Jahren um das Vier- bis Sechsfache. Dennoch bleibt bei diesen enormen Erträgen kein Obst unbenutzt, und ebenso wird, wie man annehmen könnte, der Preis desselben nicht übermässig herabge- drückt. Das beste Beispiel reichen Ertrages giebt die Obsternte des Jahres 1860 der Stadt Reutlingen in Würtemberg; hier wurden auf einem mit Obstbäumen bepflanzten eirca 2000 Preussische Morgen haltenden Flächenraume circa 137,000 Scheffel Obst geerntet, welche eine baare Einnahme von über 50,000 Thlr. gewährten. In Hohenheim, land- und forstwirthschaftliche Akademie in Würtemberg, wurde im Jahre 1862 von eirca 4500 Bäumen ein Ertrag von über 8000 fl. = 4570 Thlr. erzielt. In dem an die Provinz Schlesien grenzenden Böhmen giebt es Do- mainen, welche allein vom Obst eine jährliche Einnahme von 10,000 Thlr. und mehr erreichen, ohne dass andere Culturen durch den Obstbau ge- schädigt sind. Bekanntlich sendet Böhmen viel und gutes Obst zu uns, hauptsächlich jedoch nach Berlin und weiter Pflaumen und Aepfel, aber auch Birnen, namentlich Winterobst. In Schlesien steht wohl die Gegend von Grünberg mit der Produc- tion des Obstes, und was nicht zu unterschätzen ist, auch mit der zweck- mässigsten Verwendung desselben obenan; es beweisen dies die vielen Etablissements zur verschiedenartigsten Verwerthung des Obstes und der bedeutende Absatz nach den entferntesten Gegenden. Die dortigen Obst- züchter fühlen es recht gut, dass dem Obstbau bei rationellem Verfahren noch höhere Erträge abgewonnen werden können, weshalb der Garten- bauverein daselbst auch bereits einen pomologischen Garten begrün- det hat und hierzu bei seinen Mitgliedern reiche Unterstützung fand. 254 | Jahres-Bericht Nachdem wir die bedeutenden Erträgnisse, welche der Obstbau durch baare Einnahmen gewährt, ın kurzen Umrissen vorgeführt haben, wollen wir nun auch der mannigfachen Art und Weise Erwähnung thun, in wel- cher das Obst zur Selbstverwerthung dienen kann. — Sowohl in frischem Zustande, als auf verschiedene Weise als Nahrungsmittel zubereitet, ist dasselbe eine sehr gesunde, angenehme und billige Speise; denken wir zunächst an gedörrtes Obst — Backobst — z. B. Pflaumen, eingemachtes Obst und Obstsäfte, abgesehen von vielen andern hauswirthschaftlichen Verwendungen. Ausserdem ist der aus Obst, namentlich aus Aepfeln bereitete Wein — Most oder Cider — ein erquickendes, billiges und gesundes Getränk. Es giebt kein besseres Mittel, dem schädlichen Ge- nusse des Branntweins entgegen zu wirken, als die Bereitung und Ein- führung des Obstweines als Getränk. Wie wohlthätig nnd nachhaltig die Wirkung in dieser Beziehung ist, ersehen wir an der Rheingegend, Ba- den, Würtemberg und der Schweiz, wo dieses Getränk, hinreichend vor- handen, auch demjenigen, welchem die Selbstbereitung nicht möglich ist, überall äusserst billig verabreicht werden kann. Wenn schon in dieser Beziehung durch den Obstbau eine günstige moralische Einwirkung erzielt wird, so steht unzweifelhaft fest, dass das- selbe auch nach andern Richtungen hin der Fall ist. Wird Obstbau erst überall, wo nur irgend möglich, und von jedem Grundbesitzer betrieben, so wird auch der beklagenswerthe Baumfrevel nachlassen; ich will nicht behaupten, dass derselbe ganz aufhören würde — rohe Menschen giebt es immer und überall, die in dummem Uebermuth oder auch in Bosheit nicht wissen, was sie durch Vernichtung eines Baumes begehen — aber die Erfahrung lehrt, dass regelrechte, gepflegte und gut gedeihende Pflan- zungen auch eine gewisse Scheu vor boshaftem Frevel einflössen. Auch in sanitätischer Beziehung übt der Obstbau höchst wohlthäti- sen Einfluss und gilt dies hauptsächlich für baumarme Gegenden, da die Bäume resp. Pflanzen, sowohl auf die Feuchtigkeit als auf die Luft ein- wirken, erstere für die Gesammtzahl unserer Culturpflanzen in richtigem Maasse herbeiführen und festhalten, letztere für das Gedeihen alles orga- nischen Lebens, mithin namentlich für den Menschen wohlgeeigneter machen. ? Haben wir jetzt in Kürze auf den Nutzen des Obstbaues hingewiesen, so wollen wir nun auch einige Augenblicke diejenigen Elemente in's Auge fassen, welche demselben hemmend entgegentreten, denn nur durch Darlegung und ein zähes Bekämpfen derselben werden wir sie mit der Zeit beseitigen können. Es sind dies etwa felgende: 1) Fast gänzlicher Mangel an solehen Kenntnissen, welche die Obst- baumzucht und der Obstbau, sollen sie nutzenbringend sein, un bedingt verlangen; leider finden wir dieselben immer noch äusserst selten. Wohl werden alljährlich eine nicht unbeträchtliche Anzahl junger Leute in der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 955 Handels- und Privatgärten zu sogenannten Kunstgärtnern herangebildet, aber zumeist sind dies nicht die Stätten, wo der Baumzucht und dem Obstbau die ihnen gebührende Stufe eingeräumt wird. Viele dieser jun- gen Leute halten es auch gradezu nicht der Mühe werth, sich in die- sem Fache, selbst nur oberflächlich zu unterrichten. Freilich bleiben hier oft die Prinzipale nicht ganz von dem Vorwurfe frei, ihre Lehrbefoh- lenen zu wenig in diesem Fache zu unterrichten, es hat dies aber wiederum seinen Grund darin, dass gar Manchem derselben die Befähi- gung, hierin unterrichten zu können, selbst abgeht, an andern Orten wohl auch die Gelegenheit dafür gänzlich fehlt. Es genügt nicht, wenn solche Lehrlinge nur mit dem Veredeln der Bäume vertraut sind, die Pomologie verlangt auch mehr und Anderes, was das Leben, die Ent- wickelung und Tragbarkeit der Bäume erklärt und in vielen Fällen nur allein den richtigen Weg zeigt, um zu günstigen Resultaten zu gelangen. 2) Mangel an Sortenkenntniss, schon von Seiten der Baumzüchter. Da wird in’s Blaue hinein veredelt, ohne Rücksicht auf Unterlage oder örtliche Verhältnisse und womöglich nur mit Bezeichnung der localen Sortennamen, wenn eine solche überhaupt noch geführt wird, oder wohl gar mit ganz beliebigen Namen. Hierzu kommt noch unverzeihlich leicht- fertige Handhabung des Verkaufsgeschäfts, aus welcher dem Käufer nicht selten die gründlichstsn Enttäuschungen werden, die dann in der Regel die aufgesprossene Neigung für Ausdehnung einer etwa schon vorhandenen, oder für Neuanlage einer Obstpflanzung abstumpfen, weil Arbeit, Zeit und Geldaufwand auf lange hinaus verloren wurden. 3) Auf die Frage, ‚warum wird in dieser oder jener Gegend kein Obstbau betrieben?“ erhält man nur zu oft den trockenen Bescheid: es gedeihe kein Obst, sei alles schon versucht worden und dergl. — Wir werden aber in Deutschland wenig Gegenden haben, wo factisch gar kein Obstbau betrieben werden könnte, etwa diejenigen ausgenom- men, in welchen selbst der Versuch, Forstbäume zu ziehen, gescheitert ist. Das Fehlschlagen jener Versuche wird in fast allen Fällen nicht am Boden oder Klima liegen, sondern vielmehr an schlecht erzogenen Bäu- men, schlechter Pflanzung, mangelhafter Pflege nach der Pflanzung und hauptsächlich in fehlerhafter Auswahl der Sorten. Es wäre z. B. oradezu illusorisch, wenn wir unsere feinen Beurr@’s oder Calvillen in rau- hen, hohen Lagen mit kaltem Boden versuchen wollten. Hier ist es abermals Schuldiekeit des Baumzüchters, mit der Kenntniss „was passt für da und was für dort‘“ dem Laien an die Hand zu gehen. — Vielen ist es eigen, womöglich alle Sorten besitzen zu wollen, nicht ahnend, dass die Einen oder Andern absolut nicht bei ihnen gedeihen können, weil örtliche Verhältnisse es verhindern. Hierüber Belehrung und Ratlı zu ertheilen ist von der neueren Pomologie und besonders durch den deutschen Pomologen-Verein viel geleistet worden. Eine nieht geringe 256 Jahres-Bericht Zahl guter Sorten der verschiedenen Obstgattungen wurde nach genauen Beobachtungen zum Anbau empfohlen, und können diese vollkommen genügen; es wird nur eben daran liegen, die Sucht abzulegen, Alles zu erhaschen und zu besitzen. Einen deutlichen Beweis für das Gedeihen von Obst in ganz Deutschland liefern uns die provinziellen, noch mehr aber die allgemei- nen grossen Obst-Ausstellungen, wo wir nicht nur fast alle Gegenden Deutschlands, bis zu den nördlichsten, mit werthvollen Sorten vertreten sehen, sondern in neuerer Zeit sogar auch Schweden und Norwegen. 4) Den Meisten, und vornehmlich den kleineren Grundbesitzern fehlt die Geduld und Ausdauer, welche der Obstbau verlangt; sie möchten von ihrer daran gewendeten Mühe und Anlagekapital sogleich, womög- lich schon im nächsten Jahre Rente ziehen, was allerdings nicht so schnell geht. Diesen geben wir zu bedenken, dass ein verhältnissmässig sehr geringes Capital schon in wenigen Jahren sich recht gut, der näch- sten Generation aber ausserordentlich hoch verzinsen und so das anfangs versäumte reichlich ersetzen wird. Durch den Obstbau setzen sie sich aber auch ein erhabenes und bleibendes Denkmal. Wie wäre es, wenn unsere Voreltern für den Obstbau auch nicht das selbst nur Wenige ge- than hätten, wovon die Gegenwart den Genuss und mit ihm den Nutzen hat? 5) Fast überall mangeln die nöthigen Kenntnisse zur zweckmässigen Verwendung des Obstes. Den besten Beweis hierfür liefert die oft ver- nehmbare Aeusserung: ‚Was soll aus den Früchten werden, wenn der Obstbau mehr verbreitet, öfter im Grossen betrieben wird?“ Schon weiter oben habe ich zu zeigen versucht, dass solche Befürchtungen hier nicht angebracht sind. Es ist eine bekannte Thatsache, dass heut zu Tage die Industrie sich jeden Materials bemächtigt, so bald es nur in ge- nügender Menge zu beschaffen ist. Haben wir daher nur erst han- delsfähiges, d. h. gutes Winterobst, in ausreichender Menge, so werden sich auch bald genug mehr Anstalten finden, welche dafür in jeder Quantität zu angemessenen Preisen Abnehmer sein werden, wo für auch unsre jetzigen bequemen Verkehrswege nach entfernteren Gegenden Erleichterung und deshalb sichere Garantie bieten; andauernde Entwer- thung des Obstes ist also nicht zudenken. 6) Dem Schullehrer auf dem Lande ist es zwar durch Verordnungen zur Pflicht gemacht, für den Obstbau zu wirken. Aber wie soll er dies bewerkstelligen? Da ist es mit wenigen rühmlichen Ausnahmen schlecht bestellt. In den Seminaren soll dem künftigen Landschullehrer der Obst- bau gelehrt werden; wer lehrt ihn aber da, und wie wird er gelehrt? — Geschieht hier und da wirklich einmal Etwas, so ist es verschwindend wenig, und hat der Lernensollende nicht das nöthige Interesse in sich selbst — was die Hauptsache ist — so ist eben auch nur der Form genügt, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 2357 Setzen wir den Fall, der Lehrer wolle sich wirklich mit aller Liebe und Aufopferung des Obstbaues und der Belehrung über denselben annehmen, er sei auch ganz befähigt dazu, wer, fragen wir, giebt ihm das geeignete Stück Land zur Anlage einer Baumschule her? wovon soll er die unumgänglich dafür erforderlichen Anlagekosten decken? denn solche erwachsen dennoch, obschon die meisten Arbeiten sehr billig, ja selbst unentgeltlich durch die Schulkinder zu erreichen sein werden, Aeusserst selten wird eine Gemeinde das Verständniss dafür haben, zu solehem Zwecke etwas zu leisten; vom Staate wird dem Lehrer auch keine Hülfe in dieser Richtung, seine eigenen, gewöhnlich auf das Aeusserste beschränkten Mittel erlauben ein solches Unternehmen auf eigene Kosten auch nicht; was bleibt also übrig: sein guter Wille, seine Kenntnisse zum Nutzen der Gemeinde anzuwenden, seine Thätigkeit nach dieser Richtung hin sind lahm gelegt, er kann sein Pfund vergraben, Dass es sich so verhält, bekundet sich am deutlichsten dadurch, dass von erspriesslichen Erfolgen jener Verordnungen nichts wahrzunehmen ist. Hier wäre es angebracht, wenn Staat und Gemeinden eingreifen möchten, denn die Erfahrung lehrt, wie erfolgreich der Lehrer auch in Bezug auf den Obstbau auf seine Schüler einzuwirken vermag; Ein- drücke die auf das jugendliche Gemüth gemacht werden, übertragen sich auch auf das reifere Alter. 7) Die so häufige, fast gänzliche Vernachlässigung bereits bestehender oder neu angelegter Obstpflanzungen, wenn dieselben ersichtlich auch früher ganz regelrecht ausgeführt und gepflegt wurden, ist ein ebenso beklagenswerther Fehler. Man glaubt eben, mit dem Anpflanzen allein schon seine Schuldigkeit gethan zu haben; an ein jährliches Beschneiden und Ausputzen der Bäume, was besonders in den ersten 3 bis 4 Jahren unumgänglich nothwendig ist, Anbinden, Absuchen der schädlichen Insek- ten, Auflockern des Bodens um den Stamm wird nicht gedacht, ge- schweige denn, dass dürre Aeste ausgeschnitten, Schnitt- oder durch Zufall entstandene Wunden gehörig mit Baumwachs verstrichen, auch den Bäumen durch Düngung einmal neue Nahrung zugeführt würde. Einen kläglichen Beweis hierfür liefern zahlreiche Chaussee- und sonstige Wegestrecken, und doch sollten diese, besonders Erstere, dem länd- lichen Obstbau vorzugsweise als Vorbild dienen. Aber dem Chaussee- und Wege-Wartepersonal fehlt zumeist jegliche Kenntniss und Verständniss über Pflanzung und Pflege des Obstbaumes; dasselbe müsste wenigstens in den für den Obstbau allernothwendigsten Beschäftigungen eingeschult werden. Will man dies nicht, so müssen Kreis- oder Wander-Baumgärtner angestellt werden. In wenigen Zügen haben wir nun auf den Nutzen eines hochwich- tigen Landeseulturzweiges, aber auch auf die denselben hemmenden, be- stehenden Fehler und Mängel hingewiesen. Dass letztere ohne erhebliche 17 258 Jahres-Bericht Sehwierigkeiten beseitigt werden können, sehen wir an den Erfolgen, welche andernorts erreicht wurden. Der nächste Jahresbericht soll uns Gelegenheit bieten, zu versuchen, diejenigen Mittel und Wege anzudeuten, dureh welche auch in unserer Provinz gleiche Erfolge zu erreichen sein würden. Statistische Notizen von dem zeitigen Secretair der Section. An dem durch den Referenten geleiteten Lesezirkel waren 64 hie- sige Mitglieder im Jahre 1867 betheiligt und kamen in demselben in Umlauf: 5 Berichte von Gesellschaften, welche mit der Section in Schrif- tenaustausch stehen, 9 zum Theil mit Abbildungen versehene deutsche und auslän- dische Garten-Zeitschriften und 10 in neuester Zeit erschienene, die verschiedenen Zweige der Garten-Literatur umfassende Bücher und Brochüren. Unter diesen befanden sich noch wohlgeneiste Spenden der Herren: Superintendent Oberdieck in Jeinsen, Literat Th. Oelsner hierselbst und des Pomologischen Vereins zu Reutlingen. Für diese freundlichen Gaben wird der verbindlichste Dank der Section hiermit ausgesprochen. Die in dem Lesezirkel in Circulation gewesenen Schriften und die durch die Section angekauften Fortsetzungen zweier klassischen, beschrei- benden pomologischen Kupferwerke wurden der Bibliothek der Schlesi- schen Gesellschaft, Abtheilung für Obst- und Garteneultur überwiesen und stehen nach einem besonderen Reglement daselbst zu weiterer Benutzung- Es sind dies die folgenden: Baltet, Ch., praktische Anleitung zur Baumzucht. Ravensburg. 1865- Belke, Th., Vollständiges Register zu den zehn Jahrgängen der Monat- schrift für Pomologie und praktischen Obstbau von Oberdieck und Lucas. Eine systematisch geordnete Zusammenstellung der verschie- denen Aufsätze mit kurzer Inhaltsangabe. Ravensburg. 1867. Fischer, Carl, Der Obstfreund und Obstzüchter. Anregung zum ausge- dehnten Betriebe der Obstbaumzucht in den Gärten und im Freien. Beschreibung der vorzüglichsten Obstsorten; Anleitung zur bewähr- testen und einträglichsten Erziehung und Behandlung der Obstbäume. Leipzig. 1866. ‚der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 359 Flore des Serres et des Jardins de l’Europe etc., publie et editE par Louis van Houtle. II. Ser. Tom. V. Gand 1862/65. Gartenbau-Verein, Thüringer, zu Gotha. 28. Bericht für das Jahr 1865. Garten- und Blumenzeitung, neue allgemeine deutsche. Herausgeg. von Ed. Otto. 21. Jahrgang. Hamburg. 1865. Garten-Flora. Monatsschrift für deutsche, schweizerische und russische Garten- und Blumenkunde. Herausgegeben und redigirt von Dr. E. Regel. 14. Jahrgang. Erlangen. 1865. Gartenzeitung, deutsche. Organ vereinister Gartenbau - Gesellschaften. Herausgegeben von Theodor Rümpler in Erfurt. 3. Jahrgang. Leipzig. 1865. — illustrirte. Eine monatliche Zeitschrift für den Gartenbau und Blu- menzucht. Herausgegeben von der Gartenbau-Gesellschaft Flora in Stuttgart. Red. von Carl Müller. 9. Bd. Stuttgart 1865. Handbuch, illustrirtes der Obstkunde. Herausgegeben von Fr. Jahn, Ed. Lucas und J. G. C. Oberdieck. 4. Bd. 3. Lfrg., Aepfel. Ravensburg 1865, und 5. Bd. 3. Lfrg. Birnen. Ravensburg 1866. Jahresbericht des Erzgebirgischen Gartenbau-Vereins in Chemnitz, ver- fasst von Theodor Bader, Secretair des Vereins. 4. und 5. Lfrg. für 1865 und 1864. Chemnitz 1863 und 1865. Jardin, Le, Fruitier Neerlandais (Niederländischer Obstgarten), deerit ei publie par la Societe pour regler et ameliorer les Races fruitieres, etablie ü Boscoop; Dessine d’apres Nature par M. $. Berghuis; Texte fran- cais et allemand par Dr. ©. de Gavere; Leipzie, Groningue, Bruxelles. Illustration L’, horticole. Journale special des Serres et des Jardins etc. Red. par Ch. Lemaire et publie par Ambroise Verschaffelt. Tom 12.Gand 1865. Jühlke, F., Ueber die Stellung der Botanik zur Landwirthschaft und zum Gartenbau. Erfurt 1865. Link, F. J., Katechetischer Unterricht in der Obstbaumzucht. Lahr 1866. Loisel, Die Zucht der Melonen unter Glocken, auf. Erdhaufen und auf Treibbeeten. Nach der 4. Aufl. übersetzt von Aug. Wilh. Stiehler. Quedlinburg 1864. Lucas, Ed., Kurzer Rechenschaftsbericht über die Geschäftsführung des deutschen Pomologen-Vereins im Jahre 1864/65. Magazin, deutsches, für Garten- und Blumenkunde. Zeitschrift für Gar- ten- und Blumenfreunde und Gärtner. Herausgegeben und red. von ‘ Dr. W. Neubert. 18. Jahrgang. Stuttgart 1865. Möhle, H., Kurze Anleitung zur Behandlung und Pflege der auf die wilde Heckenrose (Rosa canina) veredelten feineren Rosensorten. Olden- burg 1866. Monatshefte, Illustrirte, für Obst- und Weinbau. Organ des deutschen Pomologen- Vereins. Red. von Oberdieck, Fehleisen und Lucas. 1. Jahrgang. Ravensburg 1865. Er? 260 Jahres-Bericht Regel, E., Dr., Die Erdbeere und und die Himbeere, deren zum Anbau geeignetste Sorten, deren Cultur und Treiberei mit besonderer Be- rücksichtigung der Cultur in rauhen Klimaten. Erlangen 1866. Reimann, Justus., Die Obst-Orangerie, oder kurze Anleitung Aepfel, Bir- nen, Pflaumen, Kirschen, Aprikosen und Pfirsichen in Blumenscherben oder Kübeln zu erziehen. Halle 1866. Rümpler, Theodor., Erfurt’s Land- und Gartenbau in seinen wichtigsten Entwickelungs-Momenten. Eine Festgabe für den zweiten Congress deutscher Gärtner, Botaniker und Gartenfreunde und die allgemeine deutsche Ausstellung von Producten des Land- und Gartenbaues vom 9. bis 17. September in Erfurt, so wie ein Führer durch Erfurt’s han- delsgärtnerische Etablissements. Erfurt 1865. Simmen, Joh. Friedr., Der rationelle Obstbau in Garten und Feld. Für Landwirthe, Gärtner, Lehrer und Förster. Aarau 1366. Taschenbuch für Pomologen, Gärtner und Gartenfreunde. Herausgegeben von dem Pomologischen Institut in Reutlingen. 5. Jahrgang. Stutt- gart 1869. Teicher, Oscar., Geschichte der Ziergärten und Ziergärtnerei in Deutsch- land während der Herrschaft des regelmässigen Gartenstyls. Berlin 1865. Uckro, v., Die Gartencultur im Regierungsbezirk Erfurt bis zum Jahre 1860. Wesselhöft, Johannes., Der Rosenfreund. Vollständige Anleitung zur Cultur der Rosen im freien Lande und im Topfe, Treiben der Rosen im Winter, so wie Beschreibung der schönsten neuen und alten Sorten, nebst Angabe der Verwendung. Mit einem Vorwort von H. Jaeger. Weimar 1866. Wochenschrift des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten für Gärtnerei und Pflanzenkunde. Red. von Prof. Dr. Karl Koch. 8. Jahrgang. Berlin 1865. Wörmann, R. W. A., Garten-Ingenieur. 6. Abtheilung. Die Cireulations- Wasserheizung mit Nieder- und Hochdruck in ihrer Anwendung auf die Gärtnerei. Nach langjährigen eigenen Erfahrungen und Ent- würfen. Berlin 1865. Das Obst-Cabinet von H. Arnoldi in Gotha in seiner 28. und 29. Liefe- rung aus Porzellan-Compositionsmasse naturgetreu nachgebildeter Obstfrüchte verschiedener Art. Herausgegeben unter Controle des Thüringischen Gartenbau-Vereins zu Gotha. 261 der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. ‘I3p0I Y9IJJWULRS Z98T TOWWOS WII u9durs SU PILAYOSAITH u9joyyeydd U9SUETYIEIT MW 9OIST J9wWwosS wı old (x 96262 == E08] FE 168 — | $86IeL) — 10592 | — |rezIel — | pueIsag 98T oqwaaag apuy umyyu uogtaIg SH -— | |< |»r| —- |_e | — ser) <= |— | — | zerı | emuns — _— — Ssı — | -—_ — — — —ıS en u Man een men nee nennen. ne . 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Bericht über die naturhistorischen Sammlungen von Dr. J. Milde eoreNerı.,el ie) e, ne,.e lie olVer tel Jeite, eV nerile,n,e er eunenLeimelzeneuneiierherte “la 0. lee, wrle,ie, je 0, e,.’ellell.le, to, ie,iie eh ie/ Dali ielleliiatieureiiieinie,.er.e er ne ce, ‘u Ne.e Bericht über die Thätigkeit der einzelnen Sectionen. l. Naturwissenschaftliche Section. Prof. Dr. Galle: Ueber Zertheilung, Lichtabnahme und vielleicht gänzliche Zerstreuung einzelner Cometen"u. en ee KU il: Prof. Dr. Sadebeck in Berlin: Ueber die Organisation und die Arbeiten des Central-Bureaus der mitteleuropäischen Gradmessung ...... Dr. Fiedler: Ueber ein Lager schwefelsaurer Strontianerde bei Kirschko- witz unweit Ralibor „u.a Ober-Berg-Rath Dr. Websky: Ueber die verschiedenen Mineralien, welche sich als kleine Geschiebe im Goldsande von Goldberg finden ... Prof. Dr. F. Römer: Ueber 4 neuerschienene paläontologisch-geognostische Schriften. ss: „use sh nalsd Rah Ne RE ee te U ar Yorar Yon Yan ner Ye) — Ueber eine Gruppe ungewöhnlich grosser Krystalle von schwarzem Spinell von Amity . wu oe 2 ol SE — Ueber die im alten und neuen Rom verwendeten Baumaterialien... .. — Ueber vier Sectionen der geognostischen Karte von Oberschlesien ... Seite. > Inhalts-Verzeichniss. 975 Seite, Prof. Dr. F. Römer: Ueber Knochen von diluvialen Säugethieren, gefun- densbei Broschowitz. unterhalb Ratibor 4... Pu} SE PET. Ober-Berg-Rath Runge: Ueber Vorkommen und Gewinnung des Bern- steins im Samlande, sowie dessen Verwerthung ............ 32 Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: Ueber die Abstammung des Bernsteins 35 — DUeber einige jüngst beobachtete algenartige Einschlüsse und Dentriten os 32 TAB EBRT aim KEN SIE SEN REIT ODE UN 39 — Ueber seinen Atlas von die Steinkohle bildenden Pflanzen (Photogra- ee Ne REN ER NER ER BIN BP NE Dr ar 41 Staatsrath Prof. Dr. Grube: Ueber mehrere Seeigel (Asthenosoma varium n. sp.) 42 Zu Weber einice seltene. oder neue Ophiuriden :......-.n....2.. N... 44 = Wistheilungenmüiber Bandplanarien .. rn 2.0, I, PIE. 45 — Ueber Loxosiphon, Cloeosiphon und einige Phascolosomen ....... 47 alenereme keihe neuersAnneliden ot wa. Mb... non .ee 50 —eleperzdierRamile der’ Maldanien . .,. .. 0 cr. we union este Aleieneie.s 52 — Ueber Branchipus Grubi Dyb., vorkommend an den Marienauer Dämmen und Dei. Omar sk a el 58 —— Bstheria tetracera Kryn. gefunden bei Breslau ....... 2.2.2... .u.0« 98 — Ueber eine Insekten-Larve ans dem süssen Wasser ............ 59 Gutsbesitzer Dr. Wilckens: Ueber das Wiederksuen und das Verdauen dessschates“ 02... ,..... .. Ks ON ST OHG EN Ra SA RL RE 60 I. Botanische Section. General-Lieutenant v. Jacobi: Ueber die in Breslau zur Blüthe gekommene Klee (Cugmar dan 33 ae ee 2 ne Be 63 — Uebersicht einer systematischen Ordnung der Agaven ........... 64 Pharmazeut Zinke in Hamburg: Ueber einige hybride Weiden ........ 75 Prof. Dr. Körber: Ueber Wright’s Lichenes insulae Cubae ........... 76 Prof. Dr. F. Cohn: Ueber neuere Mikroskope. ........ 2.2... 0000. 76 Apotheker Müncke: Ueber die Vegetation von Nieder-Oesterreich im Som- EOOD NN ENEIB IDEE EIER IR nn 78 Prof. Dr. F. Cohn: Ueber eine nach seinen Angaben construirte heizbare Kammer als Hilfsapparat zum Mikroskop ........ cr... 00. 79 Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: Mittheilungen aus dem hiesigen bota- nischen Garten und dem botanischen Museum .... . cc... .. sl — Bericht über den gegenwärtigen Zustand des botanischen Gartens in Bir es any. ua: DR ER. Sb RENTEN REN er 82 Dr. Stenzel: Ueber die Gallen der Cymips calyeis Quercus (nach Braun) ... 9 Prof. Dr. F. Cohn: Ueber die botanischen Modelle des Apotheker Loh- NEO an N SR LEER BIER I ERITREA 99 Dr. J. Milde: Ueber die Farnflora von Klein-Asien und Sibirien... ....» 100 — Selagimella helvetica in Schlesien gefunden. ...c..rcrernenecnen 101 — Ueber einige neuere Funde aus dem Gebiete der schlesischen Moos- Blonallinett w4laraie wedenanite, bin UT En 101 Dr. Gotsche: Jungermannia Mildeana n. sp... «er reeeenenennn nn 103 Pr. Engler: Zur Geschichte der Saliw pentandra .. creme rer 104 General-Lieutenant v. Jacobi: Ueber französische Pflanzengärten .... +» 104 Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: Nachruf an den verstorbenen Ober- Eoustmeister.v, Pannewitz. cn aan DEI NE: 105 Prof. Dr. F. Cohn: Ueber Asclepias Cornuti Dee. (A. syriaca L) sense en — Ueber die angeblich antike Büste der Nymphe Clytia.... nr... J06 976 Inhalts-Verzeichniss. Dr. J. Milde: Ueber Limpricht's Bryotheca Silesiaca ......... — _UVeber die Familie der Osmundaceen it... ii. -ssisundinsed rk neb. Dr. Engler: Ueber die Flora der Umgegend von Teschen und des mähri- schen :Gesenkesust 4 ar sk Sean Band er Er Rare. — Ueber einige Metamorphosen an Blüthen von Weiden. .......... Dr. Stenzel: Geum rivali-montanum, ein Bastard vom Riesengebirge...... Prof. Dr. F. Cohn: Ueber Brendel’s zweite Serie von botanischen Modellen Dr. phil. Schneider: Ueber Hallier’s Cholerapilz und dessen Entwickelung Prof. Dr. F. Cohn: Ueber die sogenannten Cholera-Pilze............ — Ueber ein nach seinen Angaben von Gundlach construirtes Handmikro- skoP. -.....- 2. este an ahnen Peer adgan — Lebensskizze des verstorbenen Schulrathes Prof. Dr. Wimmer Ill. Entomologische Section. Hauptlehrer K. Letzner: Ueber die Naturgeschichte des Lixus myagri Oliv. — Ueber die schlesischen Arten der Gattung ÜOryptohypnus, in's Besondere über C. tetragraphus Germ. und dermestoides Hbst 7 3 Anthobnum. sllestacum .nSD. = anceie Selen ee ee Lehrer Gerhardt in Liegnitz: Ueber vier für Schlesien seltene oder neue Käfer: a nr ae re A ee ra Dr Dr. G. Joseph: Ueber entomologische Excursionen in Krain und dem Küstenlande im Sommer 1864 ..ı 8 sp, er jeNietalieiteiteieTe Fe “is n.e) elie oe = ® „are jal,er.e were telhisiieiganlie tee IV. Medicinische Section. Dr. Jany: Ueber einen Fall von acuter syphilitischer Gehirn- und Netzhaut- Erkrankung. .......u...4:,. je REDE EINER Dr. Köbner: Die Gesichtspunkte über die Entstehung und die Methode der Heilung der pflanzlich-parasitischen Ausschläge ............ Kreis-Physikus Dr. H. Friedberg: Ueber Quetschung des Gehims ..... Dr. Herm. Cohn: Ueber Mikroskopie am lebenden Auge... ......... Dr. Barisch: Ueber drei beobachtete seltene Erkrankungen der Brustorgane Prof. Dr. Waldeyer: Resultate seiner Untersuchungen über Bau und Ent- Dr. J. Gottstein: Ueber einen von ihm laryngoskopisch beobaehteten Fall vonshäutiger Bräune ba allen. Reh Dr. Bujakowski: Ueber einen Fall von airesia ani ....... .. un... Dr. G. Joseph: Ueber Heilung von drei Fällen schwerer Schussfracturen . Kreis-Physikus Dr. Friedberg: Ueber die Anwendung des continuirlichen allgemeinen warmen Wasserbades als Heilmittel... ......... Dr. Freund: Ueber retroflexio uteri und eine neue operative Behandlung der- selben. 1... 2 nal At ar ER Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Lebert: Ueber seine neuesten Forschungen über Natur und Entstehung der Lungentuberceulose ............. Kreis-Physikus Dr. Friedberg: Ueber eine angeborene Vergrösserung der reehten ‚untern Bxtremität ... 7... wBaRRR MASBEIREIRE — Ueber einen Fall von Verletzung der arteria iliaca commumis dextra durch einen Schrootschuss seem te tee ee ea iiatie. Teciiaii DEEnBRRE Kan u WEBER Dunn Inhalts- V erzeichniss. Sanitäts-Rath Dr. Grätzer: Ueber die Armen-Krankenpflege Breslau’s im ante 1 S0O WE. HD. aeaentah Yin anllk hun... Prof. Dr. Waldeyer: Ueber den normalen Bau der Ovarien ...22.... Prof. Dr. Heidenhain: Seine Untersuchungen über die Speichelseeretion . Dr. Köbner: Ueber zwei Fälle von generalisirten Sarcomen . ..22..... Sanitäts-Rath Dr. Paul: Ueber die Exstirpation eines Bulbus oculi....... Dr. Wyss: Ueber die Beschaffenheit des Harns im Reactionsstadium der Premier ae sie ei aadsll.rakksin Jq V. Historische Section. Ausust Mosbach: Ueber die galizischen Ruthenen ............... Gymnasiallehrer Dr. Markgraf: Ueber das Verhältniss Georgs von Böhmen ZN FEDER JENE) UWE Rare RE N RP Oberlehrer Dr. Reimann: Ueber die Unterhandlungen zwischen Kaunitz und dem Kurfürsten Karl Theodor über die baierische Erbfolge. . Dizector Schück: Ueber Minnehöfe und Minnegerichte ............. Oberlehrer Dr. Reimann: Ueber die Unterhandlungen Friedrich I. und Sesep le lem BADEIL IS N ET En OÖberlehrer Palm: Ueber die Betheiligung Bethlen Gabors an der Conföde- ration. der Böhmen und Schlesier 1619 und 1620 ........... VL. Section für Obst- und Gartenbau. Stadtrath E. H. Müller: Ueber die Thätigkeit der Section im Jahre 1867 — Ueber ein Circulair der Promenaden-Verwaltung der Stadt Paris.... Garten-Inspector Stoll: Ein Geheimniss, um immer eine ausserordentlich Berelew\yeineunte zu haben. ..a.0.... 20. ma. @ een — Der Schwefel als Impfstoff am Weinstocke angewendet. ......... — Der Ricinus communis und seine Eigenschaften ...... 2.2.2.0 000. — Der Oleander (Nerium Oleander) und seine Eigenschaften ........» Kunstgärtner Frickinger in Laasan: Ueber die schädliche Einwirkung einer chemischen Fabrik auf das Pflanzenleben in deren Nähe... Ober-Gärtner Lösener: Ueber Hausgärten in Städten und Vorstädten, mit Berucksichüeune dererin Breslau ... 2.2.2. vun nor aut. Stadt- und Oeconomie-Rath Dr. Fintelmann: Ueber Anlage, Pflege, Un- terhaltung und Nutzen lebendiger Hecken... .........».c. Lehrer Oppler in Plania: Der $t. Annaberg in Oberschlesien in pomolo- BischergBeziehung. „Im. en Sauce. naen ana un du. Lehrer Bragulla in Bischdorf: Mein Verfahren bei Ueberwinterung der Kearsimen Knollen a un. ei a ce Prof. Dr. F. Cohn: Ueber die neuen Pariser Garten-Anlagen .......»- Kunstgärtner Grunert in Drzazgowo: Einiges über die Cultur der Ar- lISCcHOkeHR a LI N ro en ee Stadtrath E. H. Müller: Bericht über die Vertheilung von Nutz- und Zier- pflanzen-Samen und Obst-Edelreisern im Frühjahr 1867 .....- Gärtner J. Jettinger: Notizen über die von der Section vom 6. bis 9. Oc- tober 1867 veranstaltete Obst-Ausstellung . ..... 2. reeeen. — Bericht über die Cultur-Ergebnisse einiger an die Mitglieder der Section vertheilten Gemüsesamen und der Anbau einiger Kartoffelsorten .. ern 2373 Inhalts-Verzeichniss. Gärtner J. Jettinger: Ueber den Nutzen des Obstbaues, und die Mängel und Fehler, welche dem weiteren Fortschritte desselben entgegen- stehen... nur Vi TA IE Stadtrath E. H. Müller: Statistische Notizen, die Section für Obst- und Gartenbau. betreffend tan da a Bere Vil. Meteorologische Section. Prof. Dr. Galle: Ueber die zwischen den Sternsehnuppen und den Cometen aufgefundenen: Beziehungen. nen a0. DIE Br EEE — Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der königl. Universitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre 1867 ...... Seite. Inhalts-Verzeichniss der im Jahre 1867 erschienenen Abhandlungen. Abtheilung für Nalur- Wissenschaften und Medicin. Sanitäts-Rath Dr. J. Grätzer: Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege Be u spimedahren 1869... m... ame tenee — Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege Breslau’s im Jahre 1866... Prof. Dr. Galle: Ueber die Bahn des am 30. Januar 1868 beobachteten Me- teors durch die Atmosphäre enl,oileneji ‚er ne)iıe, .eis,e, (e/l,or er ol.eteWie ie tier sherieiteiie’a Philosophisch-hisiorische Abitheilung. Privat-Docent Dr. Alw. Schultz: Einige Schatzverzeichnisse der Breslauer Kirchen Prof. Dr. Grünhagen: Die Anfänge der Pfarrkirchen zu Maria-Magdalena md Bliselkein soil 2 6 A ee Director C. E. Schück: Friedrich Wilhelm III. und seine Räthe für die in- niere Gesetzgebung Preussens 1797 bis 1807 .. 2... ........ 2 2 j RT ENG) | REIS Ne Druck von Grass, Barth und Comp. (W. Friedrich) in Breslau. Seite. DI in 97 44 - u Dar Dr . - Re" — ge en ru er ee ö Pr een Eh h - - ‘ A er eu on De . -$: . re ee