NE Ph ee a Es = a g > era za ne ee + » ” se ee es en 5 re nn Se 2 un ; e u x Du 2 RE EEE z DE we ALLE DEE TE ee N en menge De > * a ; NE en un ". ” at rs => er a wg Ben ‚ii Et re — RN. Ri ® N Da ST ERERN, ii u \. Yan L ar. A og Me FER Fur „rs BE AK a 5 N Seh ee ayseniester '& _ ‚Jahres-Bericht $ x E En ne | 9) Schlesischen Gesellschaft m} \ 9) & R < RN für vaterländische Oultur. N ESTER er Yu RE RANG) DES I EI. . 1 ' Ad Enthält es A Ge Sr En I, (2 h) n den Generalbericht über die Arbeiten und Veränderungen a ‚der Gesellschaft 77. um’Jahre 1868. SER vr —_ —. NN a Pe Breslau 1869. Bei Josef Max und Komp. NKISIEAIHSIERISS Da I Sechsundvierzigster Jahres-Bericht der Gesellschaft Schlesischen für vaterländische Oultur. Enthält den Generalbericht über die Arbeiten und Veränderungen | der Gesellschaft im Jahre 1868. Breslau, 1869. Bei Josef Max und Komp. 2 E Inhalt des 46. Jahres-Berichts. Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesell- schaft im Jahre 1863, vom General-Secretär der Gesellschaft, Bürger- mnelster. Die. mel Ela N N N N SR! Kurze Uebersicht der im Jahre 1868 thätig gewesenen Sectionen: Die,matımbistorische ‚Section... „2.8... TERN ee Bienomomolomschersection ..n.2\ 2.2 ann enlessellern Ine botnnsehe Deeı ou N I Ne Diesmereorolocisehre, Section .... ar. nen. an. basllaskerlkiehee ve: Die teainmlsehie. Dean ar N N A EEE Die ökonomilsohe Soon Da le Dies ernonne Obst und ‚Gartenbau... 2.4.1.1 ale . Die: hsttoiiiselie \oleainon ae le Re VA Biespaun ogenschensechiem. 1. u aa er a ee Diespiniloloerischlenseetton.. 2.2. .0 u... me llackiinn Die juristische Section......... RI a Bl ES ER N ER, Diießmweilsallische, Sectiom, .un... 2er ee Denon ala - Diewazensolenische \Seclhon... 12... 0. en 2 hekserlenbraldn Bericht über die Kassen-Verwaltung pro 1868, vom Kassirer Geh. Commer- Deren elplaan el. N a. ee rer here res Bericht über die Bibliotheken und Sammlungen der Gesellschaft vom Bi- Diiochekar edacteur Ihr Oelsmer...... u... le aunadae ne: Bericht über die naturhistorischen Sammlungen der Gesellschaft, vom Con- Sera PLOREDIER IHM later ae en Bericht über die Thätigkeit der einzelnen Sectionen. I. Naturwissenschaftliche Section. Prof. Dr. Marbach: Ueber den Mach’schen Apparat zur Erläuterung der Helmholtz’schen Theorie von den Tönen und ihren Öbertönen, über die akustischen Staubfiguren von Kundt, und über eine Wel- lenmaschineinach’Wheatstone 4... DER ads. VER. Prof. Dr. Poleck: Ueber ein Spectroskop aus der Werkstätte von Rexroth eenedlere \Specitoskoper nn chen ua a SEbiiR Mehsräkd wenn Seite, ED 7 wid 28 I Inhalts-Verzeichniss. Prof. Dr. Websky: Ueber den Bergbau von Kupferberg und Rudelstadt Prof. Dr. Römer: Ueber Auffindung einer sandigen cenomanen Kreidebil- dung unter dem kalkigen turonen Kreidemergel von Oppeln...... — Ueber die drei neuen Sectionen (Woischnik, Guttentag, Creutzburg) seiner geognostischen. Karte von Oberschlesien .................. — Ueber mehre neuerlichst erschienene geognostische und paläontolo- SISChe Schriifen a2. wann. a2 ae N Re — Ueber Auffindung von Graptoliten in schwarzen Kieselschiefern bei Willenbere (Schonam) ım Katzbachthale 2 Ver Pr — Ueber die Section Brieg seiner geognostischen Karte von Oberschlesien — Ueber Erwerbung von Resten fossiler Wirbelthiere für das mineralo- eische, Museums der!Uniyersität ner... 1. 22er este. — Ueber einige Quarzgerölle mit Eindrücken, von Kohlendorf in der Grafschaft iGlatA HA AA ID EEE IRRE. Oberlehrer Dr. Fiedler: Ueber das Benzin und über einige Mineralien aus Schlesien, vom Vesuy und aus Bagland. . wr.2. 2 ame Prof. Dr. F. Cohn: Ueber Entstehung der Steinkohle aus Seetang ....... Privat-Docent Dr. med. Heller: Ueber die diesjährige Naturforscher-Ver- sammlung*ın? Dresden. 2.2.2... RABEN, N N Privatdocent Dr. G. Joseph: Ueber die Grotten in den Krainer Gebirgen und deren "Tierwelt EIN Te a Oberlehrer Dr. Fiedler: Ueber lebende Dreyssena polymorpha aus dem Brandschützer See ber Auras2....0:... ea Staatsrath Prof. Dr. Grube: Ueber einige vom zoologischen Museum der Universität erworbene auffallend gebildete oder seltene Eidechsen aus-Neuholland: 2. a Van 2 ee — Desgleichen über einige Pantopoden (Pyenogoniden).........: TERRA EN, — Ueber die Auffindung der Phyllopoden-Gattung Limnetis mit kuge- liger Schale in Schlesien und über mehrere Erwerbungen des zoo- logischen Museums #1 2 a N N: — Ueber L. v. Schrenck’s „Reisen und Forschungen im Amurlande‘* BO E Be 0 Een ons see /— Ueber Ehlers’ Entdeckungen fossiler Eunieiden und eine neue Diopatra — Ueber seine von Quatrefages abweichende Auffassung der Familie der Opheliaceen in. 1.2... LANE ae SU - Ueber die :Maldanien und Ammpoehares...... 2. Sri: — Ueber einen noch unbeschriebenen, angeblich aus den chinesischen Gewässern stammenden, lebendige Junge gebärenden Seeigel Ano- chanus'.chinensis 2 EL 2 N RR REN RER RER: 7 1I. Botanische Section. Prof. Dr. Milde:. "Ueber Asplenium adulterinum 1.2. 225. wuee .ddosesuihen... Privatdocent Dr. Stenzel: Ueber die Frucht des Paranussbaumes........ Consistorialrath Pfarrer Dr. Lorinser: Ueber altindische Pflanzennamen.. Kaufmann H. Hainauer: Ueber eine ausgezeichnete Sammlung alpiner u. südeuropäischer Pflanzen aus den Salzburger u. Kärnthner Alpen General-Lieutenant v. Jacobi: Ueber Clemenceau’s neues, sehr vervoll- kommnetes Verfahren, Abdrücke von natürlichen Pflanzen auf Papier herzustellen, und über Ibbetson’s galvanoplastische Pflanzen-Re- productionen vn. iu. dur RTRR NIEREN Seite, 83 Inhalts-V erzeichniss. Apotheker Müncke: Vergleichende Betrachtungen des Kopalharzes mit Bemileunstein. u. 1 DE and ER NDR La Hospitalarzt Dr. Hodann: Ueber den von Peck aufgefundenen Standort der Pilularia und ihr Verhalten daselbst, sowie über einige andere Standorten von) Gefass-Kryptogamen 12.2... en hen en a. Prof. Dr. F, Cohn: Ueber die Beziehung des Pflanzenlebens zum Licht... Privatdocent Dr. Stenzel: Ueber einen alten Cycadeenstamm mit schicht- Bueisen #Nhsonderung) von Holzringent AN: 2... Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Göppert: Ueber Frucht und Samen von Ophio- cargum paradoxzum und den schneckenförmisen Embryo von Üoc- GI EUSRHO S ES URN ARUNE I. Eh 3 RL eh a a He. .— Vorlage von Dr. Bails Abhandlung über seine mykologischen For- schungen, und einer grossen Sammlung von EDboerapIen be- Fuulamaerlbotanilkerik ns Lan ae IE Na EN. — Ueber den gegenwärtigen Zustand des botanischen Gartens zu Breslau. General-Lieutenant v. Jacobi: Vorlagen von ÜUlemenceau’schen Pflanzen- ENDaniwelgern a. nn BAD. MDR LE RS en — Ueber Conservirung von Holz-Etiquetten .....................220.... Apotheker Werner: Vorlage maserartiger Wurzelauswüchse von Vıburnum opulus, eines proliferirenden Helchrysum-Köpfchens u. A .......... Prof. Dr. Milde: Ueber das Portrait des Afrika-Reisenden Dr. Steudner . Cand. pharm. Gonnermann: Ueber den 220 Taff. starken grossen Atlas colorirter Abbildungen von Pilzen, von Apotheker Dr. Gonner- anzu Neustadtin. Rıhummaen. uam ee ee Apotheker Müncke: Ueber Bastarde von Geuwmn montanum und riale L.. — Ueber monströse Formen von Swertia perennis und Anemone narcissiflora Dundzandere, schlesische Planzenfunder.............u..n.2n.... Prof. Dr. F. Cohn: Nekrolog des Schulrath Prof, Dr. Wimmer........... Prof. Dr. Körber: Ueber seine Bearbeitung der von Dr. Em. Weiss ge- sammelten Lichenes aus Istrien, Dalmatien und Albanien und die darımalsı neusbeschmebenen Arten. ..\.n. wu. satin: Dr. Schneider: Vorlage seiner für das Herbar der Gesellschaft ange- legten Sammlung der schlesischen Peronospora-Arten .............. B:o% Des @okn: Nekrolos; des Musik-Director Siegert. .......2.....:. Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Göppert: Ueber einen prachtvollen Zapfen von Pinus Sabiniana und die v. Decker’schen Schenkungen an den bo- Daaellen Grauen. ll aa ale a lelee Prof. Dr. Galle: Ueber eine angeblich als Sternschnuppe niedergefallene llernnautioaenMassere.... 0.0... 0u.. nnd Bennenziel Weber die Rlora’ von Bad Langenau ........ .2...unn.n... Prof. Dr. F. Cohn: Ueber die Verhandlungen der botanischen Section der Naturforscher-Versammlung zu Dresden und über seine dort ge- machten Mittheilungen (über Famintzin’s Entdeckungen, Bezie- hungen des Lichts zu den Zoosporen, Brendel’s Pflanzenmodelle, Bail's Beobachtungen über Wirkung von Achlya an einem Fisch, indreine Beobachtung an Myxomyceten)ia: un. enen.nonesnan. Herr Junger: Vorzeigung einer aus Samen von der Küste Neapels erzo- genensblühenden! Sakkeornıa, kerbacen. msn netesensae. Dr. Engler: Ueber die Bereicherungen der schlesischen Flora im Jahre anskundeVierzeichniss.derselben an. un... mal RUN een... Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Göppert: Nekrolog des Cand. Bartsch ..... Prof. Dr. F. Cohn: Ueber die sogenannte Sternschnuppengallert ..... Kran IH Seite 83 86 89 89 IV Inhalts-Verzeichniss. Prof. Dr. Körber: DUeber die „generelle Morphölogie‘‘ von Häckel....... Geh. Wediecinalrath Prof. Dr. Göppert: Ueber die in Braunkohlenlagern von Naumburg a. B. gefundenen, von Heer als Nyssa bestimmten fossilen, ;Früchte iur lass talk re Prof. Dr. F, Cohn: Statistische Notizen über den Besuch der Section seit 1836, und über,jden Lesezirkel der. Section, 2.2.7, Zu tem 7 General:v.,Ja60bis ‚Ueber; Asayeen!. cu. ah An. meer re Ber ee Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Göppert: Vorlage von Günther’s photogra- phirter Flora und H, Krone’s Pflanzen-Photographien ............ — Neue Untersuchungen über Länge und Gewicht der Wurzeln unserer Getreideärten > ..0.001. 2. re ee re nelebe re a (Aus dem Jahre 1869.) Bergamts-Assistent Langner: Ueber die Gattung Euealyptus............. Stabsarzt Dr. Schröter: Ueber die Gonidienbildung bei Fadenpilzen..... Herr Junoer:, Üeber tricoiyledone Embryonen) 2.22 2 rer Dr. W. 6. Schneider: Ueber neue Pilzfunde zur schlesischen Flora..... Prof. Dr. Milde: Ueber die Flora von Görbersdorf und Einiges über die doruoe Ihterwele... 2. DREI FIEER RE ER den Dr. Hermann Zimmermann: Ueber Vaccimium Myrtilo-Vitis idaea in der preussischen Ober-Lausitzu. 322. ao lass a a III. ZEntomologische Section. Privatdocent Dr. G. Joseph: Zur Morphologie von Sphodrus Schreibersü Küst. — DUeber eine Excursion nach dem Landecker Schneeberge im Spät- herbster 1807 nee A ee ER E — Ueber Ergebnisse seiner Excursion nach der Alpenkette der Kara- vanken zwischen. Karnthent und. Kran. re ee — Ueber das Gebiet von Gotsch@e in Unterkrain, seinen Urwald, seine Grotten und seine Imsectenlauna. . 2... 2. — Ueber Pogonus lucidipennis Germ., in Schlesien aufgefunden............ Dr. med. Wocke: Ueber die Naturforscher-Versammlung zu Dresden in entomologsischer Bezielunen st... 2. 0 ee Peer — Ueber die Ergebnisse einer Excursion nach Niesky in der Lausitz... —- Ueber einige seltene und für Schlesien meist neue Lepidopteren.... — Ueber eine aul dem Altvater gesammelte Aberration von Lygris popu- Lat OS VE RE TUE SE N Dee Re EN Harptlehrer K. Letzner: Mittheilung der von Lehrer Gerhardt in Lieenitz übersandten Beschreibung eines neuen Lathrobium (Lathro- Drum letznörd)a nn nn ESEL {gb} IV. Medicinische Section. Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Lebert: Ueber Infeetion und über die neue- sten Forschungen in Bezug auf Infeetionsträger. ........scerer... Medieinalrath Prof. Dr. Spiegelberg: Ueber Formen und Genese der Puerperalfieber... ....ocssinseneran iR serien kten ee Prof, Dr. Waldeyer: Antrag, betreffend die Referate über die Seetions- Verhandlungen. „u... 2.2... 0äipdeduia iin ah Aue Fr RE — und Medicinalrath Dr. Spiegelberg: Ueber Versuche, betreffend die Veränderungen von abgeschnürten Uterusstücken und Brand- schürfen in der Peritonalhöhle von Hunden............ Site Seite 122 ar DR (Di | Inhalts-V erzeichniss. Prof, Dr. Waldeyer und Medicinalrath Dr. Spiegelberg: Vorlage einer in Vereiterung übergegangenen Ovariencyste, welche das Zwerch- Tellipersonrsihätte 49. vr en ea ee ee let — Demonstration einer Leber mit Bacteriencolonien..........::....... Med.-Rath Prof. Dr. Spiegelberg: Ueber künstliche Frühgeburt nach ee LE NEN En ern) erchen e nareh le kleine Prof. Dr. Waldeyer: Ueber die neueren Untersuchungen Buhl’, v. Reck- linghausens und Cohnheim’s, betreffend die Entzündungs- und Eite- BUNTES OLE ER NEE RD NED EISEN. Sanitätsrath Dr. Viol: Vorstellung des mit völligem Defect der oberen Extremitäten geborenen Herrn Unthan....................-.... Dr, phil. Eich (als Gast): Ueber Stammeln und Stottern................. Prof. Dr. Förster: Ueber zwei Fälle von längerem Verweilen fremder Korper in.der; vorderen Augenkammer... ................2...0.2.. Privat-Docent Dr. Freund: Ueber die Veränderungen des Uterus in einem Falle, in welchem er vor fünf Jahren den Kaiserschnitt vollzogen Prof. Dr. Förster: Ueber den schädlichen Einfluss des Tabakrauchens auf das Sauer don a El N Dr. Sommerbrodt: Vorführung eines Falles von Addison’scher Krankheit Privatdocent Dr. Hermann Cohn: DUeber die von ihm erfundenen Glimmer- Ballen As a ERAHNEN A TE Dr. Jany: Weber Xanthelasma palpebrarum ..-:..........ne..uneenolechens. Dr. Köbner: Vorführung eines Falles von Sklerodermie................. — Vorlage des Portraits eines von Niemeyer beobachteten an parasiti- | scher Sycosis leidenden Mannes, nebst Zeichnungen der Pilzbildung Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Lebert und Sanitätsrath Dr. v. Pastau: Ueber Bieheisgeentnnenseh le N See a Privatdocent Dr. Voltolini: Ueber den mikroskopischen Bau der Gehör- Tehmeckep N el ee a nen Gesine see snlete Sanitätsrath Dr. Grätzer: Ueber die öffentliche Armenkrankenpflege Bres- Isa’s. Im Jeimıe lemesl an a N Privatdocent Dr. Freund: Ueber die in der gynäkologischen Section der Dresdener Naturforscher-Versammlung gehaltene Discussion, be- tretendentrauterine Behandlung‘... . ...n.....22n Jan. cds ala. , Kreis-Physikus Dr. H. Friedberg: Ueber Proktoplastik bei angeborenem BERSEHUSSKÄESWANUSHANERTR. e a Ka liecne Bnehinähe \ Dr. Gottstein: Pathologische Beiträge zur Helmholtz’schen Hypothese von UenRonempindungen..ur. 2. de cp una nenie aussen are ns \ Prof. Dr. Waldeyer: Resultate seiner Untersuchungen über die Entwicke- landen sexual-Organer. 2... na. Nenn uneeesene nun ' Medic.-Rath Prof. Dr. Spiegelberg: Ueber die Sanitätsverhältnisse in der hiesigen geburtshülflichen Klinik während der letzten Jahre ...... ı Dr. Gottstein: Ueber eine von ihm ausgeführte Operation eines Kehl- kopfpolypen bei einem siebenjährigen Knaben................... | Privatdocent Dr. Hermann Cohn: Resultate seiner statistischen Untersu- chungen über die Augen der Breslauer Schriftsetzer ...........-. | Dr. Köbner: Ueber Behandlung der Syphilis mit hypodermatischen In- jectlonen von. Sublimabzle nun een le ae a nn sante. VI Inhalts-Verzeichniss. Sanitäts-Rath Dr. Paul: Ueber die operative Behandlung der sogenannten Schwimmkätte en ar Tanner ae Privatdocent Dr. Freund: Ueber die Toleranz der Uterinhöhle .......... V. Historische Section. Gymnasial-Lehrer Dr. Markgraf: Ueber das Verhältniss des Königs Georg von Böhmen zu Papst Pius II. 1462 bis 1464.................... Staats-Archivar Prof. Dr. Grünhagen: Ueber die Schicksale Breslau’s in der Zeit. der letzten Piasten 1290xDis 13272. 2 E ER REREI Rector Dr. Luchs: Ueber die in Trebnitz befindliche alte Grabfigur der keilisen Hedwier:.\.... nn en Prof. Dr. Kutzen: Ueber die Unächtheit eines berühmten Briefes, wel- chen Friedrich der Grosse nach der Schlacht von Kolin an Lord Marishalsgeschrieben haben ‚sell... 2.2.2.2. 2..22 2 eespE BE Privatgelehrter August Mosbach: Beiträge zu den Kriegen, welche Frank- reich in Deutschland führte, 1800—1813, aus den Berichten pol- nischer. Offiziere. nu... as u jene vun nen OÖberlehrer Dr. Reimann: Ueber die Krisis des baierischen Erbfolge- krieges. „2... an ea eeirgbbohlssstee HER a Staats-Archivar Prof. Dr. Grünhagen: Ueber die Oppeler Fehde, ein Bild der wilden Zeit am Ausgange des 14. Jahrhunderts.............. Öberlehrer Dr. Reimann: Das vorletzte Capitel seiner Geschichte des baierischen "Brbfolgekriegesen a 0 Sam EN er a Strafanstalts-Director Schück: Ueber Wilhelm v. Humboldt und Stein, ihre Vebereinstimmuns und Verschiedenheit. ........ .. wozu VI. Section für Obst und Gartenbau. Stadtrath E. H. Müller: Bericht über die Thätigkeit der Section im Jahre Obstbaulehrer Kuschel in Rütti bei Bern: Ueber Aufhülfe des Obstbaues und Abhülfe des Obstmangels auch in Schlesien (eingesandt)..... Lehranstalts-Director Göschke in Cöthen: Bericht über einen Feind der Auckerrubenfelderleineesandu)ı 2 ern. u or NE Stadt-Forst- nnd Oekonomierath Dr. Fintelmannn: Ueber Bedeutung, Umfang und Bedürfniss der ländlichen Gärtnerei................- Gärtner R. Sonntag: Ueber die Obst-Plantagen in Zobten, Kr. Löwenberg Kunstgärtner W, Kühnau in Damsdorf: Erfahrungen und Beobachtungen an Chrysanthemum indieum . (das. „Sr tan era krass — Zur Würdigung von Schisostylis coccinea. Jrideae.... en -sueeneeenene — Beitrag'zur Cultur von Tryciräs hirta: ar ssnat Sl cha el — Gedanken über das Treiben .der Hyacinthen.....x. x. .wessusr.... General-Lieutenant v. Jacobi: Ueber Anlage und Unterhaltung der Fuss- wege in Öflentlichen Promenaden und Parkanlagen............... Inhalts- Verzeichniss. Städtischer Garten-Inspeetor Lösener: Ueber Anordnung öffentlicher Plätze und Promenaden in Städten und über öffentliche Gärten......... Lehrer und Organist Bragulla in Bischdorf: Ueber das Beschneiden des Mlennstockesit hm N nn N ee Schlossgärtner Grunert in Drzazgowa: Wie ich einen kranken Cycas revo- I, Thin; „Ineillie a & dan Ha en Eee He Bere He Schlossgärtner Grunert in Drzazgowa: Cultur der Gunnera scabra R. und DL oEmehseien, Banden... ee ana een are Kunsteärtner Kühnau in Damsdorf: Ueber Sazxifraga Cotyledon L. (S. py- BR SE am) a N Kunstgärtner Schlegel in Grafenort: Ueber Decoration kalter Gewächs- \hainger oa onen, ee a NS ER Kunstgärtner Kühnau: Ueber Coronilla glauca als Kronenbäumchen ....... — Einige Gedanken über Blumisterei im Allgemeinen ................. Sectionsgärtner J, Jettinger: Ueber Mittel und Wege zur Verbesserung und Förderung des Obstbaues auf dem Lande in Schlesien....... Stadtrath E. H. Müller: Bericht über die Vertheilung von Nutz- und Zier- pflanzen-Samen und Obst-Edelreisern im Frühjahr 1868........... Sectionsgärtner J. Jettinger: Bericht über Culturergebnisse einiger an die Mitglieder der Section vertheilten Gemüsesamen ................. Stadtrath E, H. Müller: Statistische Notizen über die Section............ VII, Meteorologische Section. Prof. Dr. Galle: Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtun- gen auf der königl. Universitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre 1868, zusammengestellt von Dr. Günther......... a Redacteur Th, Oelsner: Nekrolog der im Jahre 1863 verstorbenen Mit- alisder dar Gesalkelneninn es on ara a ee 275 Nachträge und Berichtigungen. ‚Die im botanischen Theile der Verhandlungen pag. 147 aus der Umgegend von Görbersdorf erwähnte Eidechse ist Zootoca vivipara Wagl. (Lacerta montana Mik., L. crocea Wolf). Milde. Der Name des in der medicinischen Section, Sitzung vom 20. März, vorgestellten ohne Arme Geborenen (pag. 182) ist: Unthan. Biographische Arbeiten über Middeldorpf (ef. pag. 295) sind inzwischen er- schienen: von Med.-Rath Prof. Dr. Klopsch in Langenbeck’s „Archiv f£. klinische Chirurgie“ Bd. X. Heft I. (Berlin 1869) $. 397 ff.; und von Dr. med. Heinrich Schweitzer, „Middeldorpf und seine Galvanocaustik in Paris“. (Breslau 1869. Als Manuscript gedruckt). Th. Oelsner. Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1368, abgestattet in der allgemeinen Versammlung vom 30. December 1868 vom Bürgermeister Dr. Bartsch, zur Zeit General-Secretair. Yıoz der Gesellschaft wurden in ihrer allgemeinen deliberativen Versamm- lung vom 20. December 1367 für die Etatszeit der beiden Jahre 1868/69 folgende Herren zu Mitgliedern des Präsidiums gewählt: 1) Geh.-Med.-Rath Prof. Dr. Göppert, 2) Geh. Regierungs-Rath v. Görtz, 3) Bürgermeister Dr. Bartsch, 4) Director Dr. Schön- born, 5) Geh. Commerecienrath Franck, 6) Prof. Dr. Förster, 7) Director Dr. Gebauer, 8) Kammerherr Graf Hoverden, 9) Prof. Dr. Kutzen, 10) Geh. Regierungsrath Dr. Löwig, 11) Stadtrath Müller, 12) Stadtgerichtsrath Schwürz, 13) Stadtrath Trewendt, 14) Stadt-Schulrath Dr. Wimmer, 15) Prof. Dr. Röpell. Die Gewählten vereinigten sich am 30. December 1867 zur Wahl des Vorsitzenden und der geschäftsführenden Mitglieder und gingen aus dieser Wahl einstimmig hervor: 1) Herr Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert, als Präses, 2) Herr Geh. Reg.-Rath v. Görtz, Vice-Präses, 3) und 4) Bürgermeister Bartsch und Herr Direetor Dr. Schönborn, General-Secretaire, und 5) Herr Geh. Commercienrath Franck, als Kassirer. Die Gesellschaft und insbesondere auch deren Präsidium hat dureh Tod die schmerzlichsten Verluste erlitten. Es verstarben die Präsidial- 1* 4 Jahres-Bericht Mitglieder Stadtrath Trewendt und Stadt-Schulrath Dr. Wimmer, von denen jener sich um die Cultivirung des Scheitniger Parks und die Er- werbung des dortigen Versuchsgartens für unsere Obst- und Gartenbau- Section besondere Verdienste erworben, Herr Dr. Wimmer aber sich in unserer Mitte und weit über unsern Bereich hinaus, neben seiner Wirk- samkeit für das Schulwesen Breslaus und seiner Thätigkeit in den Sectio- nen, durch seine botanischen und philologischen Werke ein dauerndes Gedächtniss gegründet hat. Ihm war wenige Wochen vorausgegangen Director Prof. Dr. Wissowa, dessen hervorragende Verdienste um das königliche Gymnasium und um das Gemeinwesen unserer Stadt in Aller Andenken fortleben; uns aber war derselbe ein vieljähriges hochge- schätztes Mitglied, welches sich mit gewohnter Treue und Hingebung an den Arbeiten des Präsidiums und insbesondere der philologischen Seetion als deren Secretair auf das Erspriesslichste betheiligte. Ihm folgte am 29. Juli ec. der Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Middel- dorpf, ein Koryphäe seiner Wissenschaft, eine Zierde unserer medici- nischen Section; seine Verdienste um das Wohl der leidenden Mensch- heit werden immer und in allen Landen segensreich fortwirken. Ausser den oben Genannten sind im Laufe des Jahres abgeschieden: Appellations-Gerichts-Chef-Präsident v. Möller, Buchhändler Kern, Geh. Reg.-Rath Rau, Baron v. Rothkirch, Canonicus Dr. Sauer, Musik- Direetor Siegert, Appellations-Gerichts-Rath Klingberg, Prediger Schenk, Instituts-Vorsteher Geppert, Geh. Sanitäts-Rath Dr. Nagel, Sanitätsrath Dr. Ehrlich zu Brieg, Dr. med. Hederich zu Hirschberg, Sanitätsrath Dr. Posner zu Berlin und Hofrath Dr. Schmieder zu Liegnitz. Endlich haben wir durch den Tod verloren ein correspondi- rendes Mitglied Apotheker Dr. phil. 'Beinert zu Charlottenbrunn, der um die allgemeinen und speciellen naturhistorischen Verhältnisse unserer Provinz sich sehr verdient gemacht hat, sowie die beiden hochberühmten Ehrenmitglieder, Professor Dr. Schönbein zu Basel und den königl. Baierischen Geh. Rath ete, Dr. v. Martius. Ausgetreten sind — meist wegen dienstlicher Versetzung oder Ver- legung des Wohnsitzes — 7 Mitglieder, dagegen folgende 13 Mitglieder im Jahre 1863 neu aufgenommen, nämlich die Herren: 1) Justizrath Simon, Kaufmann Albert Schreiber, 3) Kaufmann Oscar Werther, 4) Director des Hebammen-Instituts Dr. Lange, 9) Prof. Dr. Poleck, 6) Kaufmann Sigmund Flatau, 7) Pastor Dr. Elsner, 8) Dr. med. Sigm. Caro, 9) Kaufmann Max Cohn, 10) Apotheker Werner, 11) Oberst und Festungs -Inspeeteur Weber, 12) Dr. med. Bock, 13) Dr. med. Richard Ge- scheidlen. Zu Ehrenmitgliedern wurden ernannt: I) Herr Geh. Rath Prof, Dr, Ehrenberg zu Berlin bei seinem der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 5 50jährigen Doctor-Jubiläum, und 2) Herr Dr. J. Barande zu Prag, höchst ausgezeichnet durch seine Paläontologie Böhmen’s. Das Diplom als correspondirende Mitglieder erhielten: 1) Herr Berg-Hauptmann Dr. Huyssen zu Halle, 2) Herr Staats- Anwalt Everken, 3) Herr Dr. Aug. le Jolis, Archivar der kaiserlichen Gesellschaft für Naturwissenschaften zu Cherbourg und 4) Herr Pfarrer Dr. Klein zu Arnoldsdorf bei Ziegenhals. Es sind fünfzig Jahre verflossen, seitdem der Wirklicher Geheimer Rath und General-Landschafts-Direcetor Herr Graf Burghauss, Excellenz, auf Laasan, unserer Gesellschaft angehört. Das Präsidium ist überzeugt, nur in ihrem Sinne gehandelt zu haben, indem es diesem verehrten, um die Cultur der Provinz in mannigfachen Beziehungen hochverdienten Mitgliede bei dieser Gelegenheit anerkennende Theilnahme und lebhafte Glückwünsche in einem Anschreiben bekundete. Ausserdem wurde der naturhistorische Verein der preussischen Rhein- lande und Westphalen zu Bonn, bei Gelegenheit seiner 25jährigen Jubel- feier, sowie Herr Prof. Dr. Purkinje zu Prag, einst unser hervorragend thätiges, ausgezeichnetes Mitglied, zu seinem 50jährigen Doctor-Jubiläum beglückwünscht. Auch in unserer Mitte bot sich eine gleiche Gelegenheit, denn eines der thätigeren Mitglieder der ärztlichen Section, Herr Sanitätsrath Dr. Grötzner, feierte am 4. November sein 50jähriges Doctor-Jubiläum. Verschiedene Festlichkeiten waren von uns vorbereitet, doch verhinderte sein Unwohlsein den geehrten Jubilar, daher sich das Präsidium mit einer Gratulation durch eine aus seiner Mitte gewählte Deputation sich zu begnügen genöthigt sah. Unser Gesuch um Verleihung von Corporationsrechten hat — ob- wohl von der Provinzialbehörde unterstützt — die wünschenswerthe Be- willigung höhern Orts noch nicht erhalten, weil die Fassung unserer „Constitution“, wie solche hergebracht ist und gegenwärtig besteht, hierzu nicht geeignet befunden worden ist. Das Präsidium hat Vorarbeiten ein- geleitet, um den angedeuteten Erfordernissen zu entsprechen und wird der Entwurf seiner Zeit der Gesellschaft zur Beschlussnahme vorgelegt werden. Die Zahl der Mitglieder der Gesellschaft stellt sich gegenwärtig auf 324 wirkliche einheimische, 85 wirkliche auswärtige, 37 Ehrenmitglieder und 214 correspondirende Mitglieder. Unsere Section für Obst- und Gartenbau zählt für sich 115 einhei- mische und 255 auswärtige Mitglieder, B Jahres-Bericht Allgemeine Versammlungen wurden in diesem Jahre vier ab- gehalten, in welchen nächst dem Vortrage des Jahresberichts für 1867 durch den General-Secretair und dem Vortrage des Herrn Oberlehrer Reimann: „über die Unterhandlungen, welche im Mai und Juni 1778 zwi- schen Oesterreich und Preussen stattgefunden haben“, in der allgemeinen Versammlung vom 30. Deebr. pr., — über folgende Gegenstände gesprechen wurde: am 31. Januar e. von Herrn Dr. med. Heller über den ober- schlesischen Hungertyphus im Jahre 1848; am 28. Februar c., von Herrn Privat-Docenten Dr. Alwin Schultz über die der hiesigen Stadt-Bibliothek gehörige Bilderhandschrift des Froissart und ihre Bedeutung für die Culturgeschichte; am 27. März e., von Herrn Staats-Archivar Prof. Dr. Grün- hagen über den Anfang der Breslauer Verfassungskämpfe unter König Wenzel während der Jahre 1389 bis 1599; und am 13. November e., von Herrn Director Schück über Nicolo Machiavelli. Die Sr. Majestät dem Könige am 20. November 1866 überreichte Adresse wegen Begründung einer Kunst-Akademie und eines Kunst-Mu- seums in Breslau hat bis jetzt den Erfolg gehabt, dass nach einer mini- steriellen Vorbescheidung vom 30. November e. zuvör derstdie Errichtung einer Gewerbeschule in’s Auge zu fassen sei, wonächst dann Se. Majestät geneigt seien, das jetzige Gebäude der Königl. Kunst- Bau- und Hand- werksschule zur Aufnahme einer zu errichtenden höheren Kunstanstalt mit Klassen für Malerei und Sculptur ete. zu bestimmen. — Die Gründung eines Museums sei als eine Sache der Stadt beziehungsweise der Pro- vinz zu betrachten und müsse es daher den städtischen Behörden der Provinz und anderen Betheilisten überlassen bleiben, dieses Unter- nehmen in's Werk zu setzen. Ob und in welchem Maasse ein Kosten- beitrag aus Staatsmitteln gewährt werden könne, darüber müsse die wei- tere Bestimmung noch vorbehalten bleiben. Der letzte Schlesische Provinzial-Landtag hat auf unsere Petition zur Herstellung der nöthigen Baulichkeiten in unserm pomologi- schen Garten in dankenswerther Weise auf zwei Jahre je 300 Thlr. bewilligt und ausserdem Se. Exellenz der Herr Minister für die landwirthschaftliehen Angelegenheiten Herrn v. Selchow, unserm Institute eine jährliche Beihülfe von 400 Thlr. auf fünf Jahre gewährt, für welche der Obsteultur Schlesiens förderliche Munificenz der lebhafteste Dank hierdurch auch öffentlich dargebracht wird. Auf Verwendung unsers Herrn Präses hat der Rettor der k. Uni- versität zu Warschau, Herr Prof. Dr. v. Mianowski ein schönes Stück der neuerdings in Polen gefallenen Meteorsteine unserer Gesellschaft über- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 7 eignet und dadurch unsere durch seltene Exemplare bereits ausgezeich- nete Sammlung von Meteoren noch mehr bereichert. Der Verein für schlesische Schafzucht ist auf der letzten Aus- stellung zu Paris durch die grosse goldene Medaille prämiürt worden. Der Verein hat diese Medaille durch den Landesökonomierath Herrn Elsner v. Gronow bei uns niedergelegt, und ist das betreffende Diplom nebst den Namen der Prämiürten eingerahmt in unserm Berathungs-Zimmer aufgestellt worden. Unsere archäologische Section hat mit dem Vereine für Geschichte der bildenden Künste zur 150jährigen Feier von Winckelmanns Ge- burtstag eine Abhandlung von Dr. Richard Förster: „Die Hochzeit des Zeus und der Hera — Relief der Schau- bert’schen Sammlung“ mit Beihülfe unserer Kasse herausgegeben; seitens unserer Gesellschaft selbst aber sind folgende Schriften erschienen und zwar: A, Für das Jahr 1867 1 Heft Abhandlungen, Abtheilung für Narturwissenschaften und Mediein, enthaltend: J. Grätzer, über die öffentliche Armen -Krankenpflege Breslau’s im Jahre 1865/66; J. G. Galle über die Bahn des Meteors vom 30. Januar 1863. 1 Heft der philosophisch-historischen Abtheilung: Alwin Schultz: Schatzverzeichnungen der Breslauer Kirchen ; C. Grünhagen: Der Anfang der Pfarrkirchen zu $t. Maria Magdalena und St. Elisabet zu Breslau. C. E. Schück: Friedrich Wilhelm III, und seine Räthe 1797—-1807. B. für das Jahr 1868: 1 Heft der philosophisch-historischen Abtheilung: Karl Kletke: Die Verhandlungen des Herzogs Friedrich II, von Liesnitz um Erledigung der Haft bei seinem Sohne Heinrich; J. Kutzen: Noch einmal über einen berühmten Brief Fried- richs des Grossen am Tage von Kolin; H. Blümner und L. Weniger über ein von J. de Witte publieirtes Vasenbild; J. Kutzen: Die Main-Linie; J. Hodann: Friedrich der Grosse und der Breslauer Arzt Dr. Tralles. Endlich ist im Druck erschienen: „Verzeichniss der in den Schriften der Schlesischen Gesellschaft von 1804 bis 1863 incl. enthaltenen Aufsätze geordnet nach den 8 Jahres-Bericht Verfassern in alphabetischer Folge. Angefertigt von Herrn Haupt- lehrer Karl Letzner, unserm früheren; um uns sehr verdienten Bibliothekar. Oeffentliehe Vorträge sind auch für dieses Winterhalbjahr in dem von der Königl. Universität in dankenswerther Weise bewilligten Musik-Saale veranstaltet und von nachbenannten Herren gefälligst über- nommen worden: Oberst- Lieutenant z. D. Blankenburg, Privat -Docent Dr. Oginski, Staats- Archivar Prof. Dr. Grünhagen, Kreis-Physikus Dr. Friedberg, Gutsbesitzer Dr. Wilekens, Chemiker Fuchs, Prof. Dr. Körber, Syndieus Dr. Meyer, Dr. med Heller, Ober-Wundarzt Dr. Hodann, Geh. Ober-Berg-Rath Dr. v. Car- nall und Priv.-Doc. Dr. Max Karow, Hr. Civil-Ingenier Kaiser. Die Rechnung der allgemeinen Kasse und des besonderen Fonds der Section für Obstbau ist für das Jahr 1867 von dem Kassirer Herrn Geh. Commercienrath Franck wie immer sorgfältig gelegt und nach erfolster Revision vom Präsidium abgenommen und dechargirt worden. Der allgemeine Etat für die Jahre 1868/69 wurde in Einnahme und Ausgabe auf 2809 Thlr. festgestellt. Die Feier des Stiftungsfestes erfolgte in gewohnter Weise unter reger Theilnahme am 16. Januar ce. Ueber die Thätigkeit der einzelneu Secetionen haben die Herren Se- cretaire Folgendes berichtet: | Die naturhistorische Section. (Secretaire: Herr Staatsrath Prof. Dr. Grube u. Herr Prof. Dr. Römer.) Die naturhistorische Section der Schlesischen Gesellschaft hat im Jahr 1868 zehn Sitzungen gehalten: Den 15. Januar berichtete Herr Professor Dr. Römer ‚über die Auffindung einer sandigen cenomanen Kreidebildung bei Op- peln, und leste die drei neu erschienenen Sectionen seiner seognostischen Karte von Oberschlesien (Woischnik, Gutten- tag, Creuzburg) so wie mehrere neuerlichst publieirte geogno- stische und paläologische Werke vor. Prof. Dr. Grube ‚‚über die Organisation und Systematik der Pygnogoniden und die im zoologischen Museum befindliche Arten dieser Abtheilung“. Den 29. Januar: Herr Dr. Joseph ‚über die Thierwelt der Krainer Tropfsteinhöhlen“. Den 19. Februar: Herr Professor Poleck erläuterte ein von Rex- roth construirtes Spectroskop. Herr Kreisphysikus Dr. Friedberg „über den Nachweis von Kohlenoxyd im Blut von Personen, die durch Kohlendunst erstickt sind. der Schles. Getellsch. f. vaterl. Cultur. 9 Prof. Grube legte mehrere seltsame Eidechsen aus Neuholland vor, die das zoologische Museum in letzter Zeit erworben. Den 18. März: Herr Prof. Grube ‚über einen lebendig gebä- renden Seeigel (Anochanus sinensis) und mehrere neue Anne- liden“. Den 22. April: Herr Professor Cohn ‚über Mohr’s Hypothese der Entstehung der Steinkohlen‘““. Den 27. Mai: Herr Professor Grube „über die Entdeckung von Cimnelis in Schlesien“, darauf „über einige auffallende Arten von Flusskrebsen“ und ‚über die neuerlichst erschienene Bearbeitung der Mollusken des Amurlandes und des Nord- japanesischen Meeres von L. v. Schrenk“. Herr Professor Römer ‚über die Auffindung von Graptolithen in schwarzen Kieselschiefern des Katzbachthales.“ Den 24. Juni: Herr Professor Dr. Marbach zeigte einen zur Er- läuterung der Helmholtz’schen akustischen Theorie dienen- den Apparat von Mach, sodann die akustischen Staubfiguren von Kundt und eine Wellenmaschine nach Wheatstone. Herr Dr. Fiedler legte Exemplare von Dreyssena aus dem Brandschützer See bei Auras, sodann Lavastücke von dem Ausbruch des Vesuv in diesem Jahr und einige neue Vor- kommnisse von Mineralien in Schlesien, feuerfesten Thon von Storrbridge und die sogenannten Gosens der Engländer vor. Den 283. October gab Herr Dr. Heller einen Bericht über die ‘ Naturforscher: Versammlung in Dresden. Den 25. November: Herr Ober-Bergrath Prof. Websky „über die gegenwärtige Lage des Metallbergbaues in Niederschlesien.“ Herr Dr. Fiedler legte Asphalt von Rathen in der Grafschaft Glatz vor. Prof. Grube „über die Auffindung von Kiefern vorweltlicher Anneliden im Solenhofer Schiefer durch Dr. Ehlers, welche auf Euniceen schliessen lassen und die mit Eunice nächst ver- wandten Gattungen Onuphis und Diopatra. Den 9. December: Herr Dr. Joseph, weitere Untersuchungen über die Anthropoden der Krainer Tropfsteinhöhlen. Herr Prof. Römer legte die jetzt vollendete Section Brieg seiner geognostischen Karte von Oberschlesien und einen in Schle- sien gefundenen Schädel von Bos primigenius, vor und be- richtete über einige Knochen von Elephas primigenius und einen Schädel von Bos priscus der Pannewitz’schen Sammlung, die dem mineralogischen Museum zugekommen waren; derselbe sprach zum Schluss über einige Quarzgerölle mit Eindrücken von Kohlendorf in der Grafschaft Glatz. 10 Jahres-Bericht Die entomologische Section. (Secretair: Herr Dr. med. Gustav Joseph.) Die entomologische Section hat im Jahre 1868 vier Versamm- lungen gehalten. In der 1. Versammlung am 16. März 1868 theilte der Secretair der Section die Ergebnisse einer Herbst-Excursion (October 1867) nach dem Landecker Schneeberge mit, auf welcher mehrere interessante Erfahrun- gen in Bezug auf das Insektenleben im Spätherbste gemacht und einige für Schlesien neue Coleopterenarten erbeutet wurden. In der 2. Versammlung am 16. November 1868 machte der Secre- tair der Section Mittheilungen über die Alpenkette der Karavanken in entomologischer Beziehung, und über drei Excursionen, welche derselbe im Juli c. von Ferlach in Kärnthen aus dahin unternommen hat. Meh- rere auf denselben erbeutete seltene Arten wurden der Versammlung vorgelegt. In der 3. Versammlung am 30. November ce. gab der Secretair der Section einen Ueberblick über seine Excursionen im Gottschever Gebiete in Unterkrain, über die Fauna in der Seeler Grotte und in der God-jama, einer Grotte bei Ober-Skril an der croatischen Grenze, sowie in dem Urwalde (Hornwalde). Dabei Demonstration eines Theils der von dort mitgebrachten entomologischen Ausbeute. In derselben Sitzung wurde von den anwesenden Mitgliedern der Section beschlossen, das Stiftungsfest der Section in Gemeinschaft mit der botanischen Section, wie in früheren Jahren, zu feiern. In der 4. Versammlung am 14. December c. machte Herr Dr. Wocke Mittheilungen über die diesjährige Naturforscher - Versammlung in Dresden, soweit sie die Entomologie betrafen, und demonstrirte 14 für Schlesien neue Lepidopteren-Arten, welche meist den Tineen angehören. Die botanische Section. (Secretair: Herr Prof. Dr. Ferdinand Cohn.) Die botanische Section hat im Jahre 1868 neun Sitzungen ge- halten; es trugen vor die Herren: Dr. Engler über neue oder seltene Pflanzen Schlesiens; Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Bericht über den hiesigen botani- schen Garten; über Zapfen von Pinus Sabiniana; über Nyssa aquatica; Biographisches über den verstorbenen Cand. Bartsch; über Stammver- wachsungen; Bericht über Beobachtungen von Länge und Gewicht der Getreidewurzeln, von Herrn Apotheker Richter; über Erscheinungen der Reizbarkeit von den Herren Cand. Pharm. Gonnermann, Cirves und Hagen, über Pflanzenleben in der Finsterniss. Dr. Hodann: Beobachtungen über einheimische Kryptogamen; der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 11 General-Lieutenant v. Jacobi: Ueber Clemenceau’s Methode der Pilanzenabdrücke; neue Beobachtungen über die Agaveen; Prof. Dr. Körber: Ueber dalmatinische Flechten; über die generelle Morphologie von Häckel; Consistorialrath Pfarrer Dr. Lorinser: über altindische Pflanzen- namen; Dr. Milde: über Asplenium adulterinum; über die Botrychien; Apotheker Müncke: über Copalharz im Vergleich zum Bernstein; über neue schlesische Pflanzen: Dr. phil. Schneider: über schlesische Peronosporen; Dr. Stenzel: über die Frucht von Bertholletia excelsa; über die Flora vou Langenau; Apotheker Werner: über einige Pflanzenmissbildungen ; Der Secretair der Section: über die Beziehungen des Lichts zum Pflanzenleben; über Chr. Friedrich Wimmer; über eine bei Mittelwalde aufgefundene sogenannte Sternschnuppengallert: über die Verhandlungen der botanischen Section bei der Naturforscher-Versammlung zu Dresden. Medicinische Section. (Seeretaire: die Herren Prof. Dr. Förster u. Prof. Dr. Heidenhain.) Die medieinische Section hat im Jahre 1868 fünfzehn Sitzun- gen abgehalten. I. Sitzung: 17. Januar. 1) Herr Dr. Lebert: über die Genese der Infectionskrankheiten insbesondere über die durch Bacterien hervorgerufene. I. Sitzung: 24. Januar. 1) Herr Dr. Spiegelberg: über Formen und Genese der Puer- peralfieber. 2) Der Antrag des Herrn Dr. Waldeyer: die Referate der Sections-Verhandlungen sollen in den hiesigen politischen Zei- tungen nicht mehr veröffentlicht werden — wird abgelehnt. II. Sitzung: 7. Februar. 1) Die Herren Dr. Spiegelberg und Dr. Waldeyer machen Mittheilungen über die Veränderungen, welche fremde Körper in der Peritonialhöhle erleiden mit besonderer Beziehung auf die Operation der Ovariotomie. 2) Dieselben legen eine in Vereiterung übergegangene Ovarien- cyste vor, welche das Zwerchfell perforirt hatte. 3) Dr. Waldeyer legte eine Leber vor, in welcher sich eigen- thümliche Heerde, die Bacierien enthalten, befinden. 4) Dr. Spiegelberg sprach über die Tarniersche Methode der künstlichen Frühgeburt. 12 Jahres-Bericht IV. Sitzung: den 6. März. 1) Die Section beschliesst, einen Vortrag des Herrn Dr. Eich über die Heilung des Stotterns in der nächsten Sitzung zu gestatten. 2) Dr. Waldeyer hält einen referirenden Yorke über Entzün- dung, Exsudation und Eiterung. V. Sitzung: den 20. März. 1) Herr Dr. Viol stellte den ohne Arme geborenen Geigenspieler Herrn Ungethan vor. 2) Herr Dr. phil. Eich hält seinen Vortrag über Stammeln und Stottern. VI. Sitzung: den 24. April. 1) Dr. Heidenhain: über Seeretion und Resorption in der Leber. 2) Dr. Freund: über die Veränderungen des Uterus in einem Falle, an welchem vor 5 Jahren der Kaiserschnitt gemacht worden war. 3) Dr. Förster theilte zwei Fälle von jahrelangem Verharren fremder Körper in der vordern Augenkammer mit. VII. Sitzung: den 22. Mai. 1) Dr. Förster: über die schädlichen Wirkungen des Tabak- rauchens auf das Sehvermögen. 2) Dr. Sommerbrodt stellt einen Fall von Morb. Adissonü vor- 3) Dr. H. Cohn legt verschiedene Formen von Glimmerbrillen vor. VII. Sitzung: den 19. Juni. 1) Dr. Jany über Xanthelasma; Dr. Waldeyer über die mikro- skopische Untersuchung zweier Xanthelasmatlecke. 2) Dr. Köbner über Skleroderma. IX. Sitzung: den 26. Juni. 1) Dr. Lebert über Febris recurrens. 2) Dr. v. Pastau über dasselbe Thema. X. Sitzung: den 10. Juli. 1) Dr. Voltolini über den Bau der Gehörschnecke. XI. Sitzung: den 2. October. 1) Dr. Grätzer über die Armenkrankenpflege und die Gesund- heitsverhältnisse Breslau’s im Jahre 1867. 2) Dr. Freund über die Discussion, welche in der Dresdener Naturforscher-Versammlung betreffs der Intra-Uterien-Behand- lung stattfand. XI. Sitzung: den 23. October. | 1) Dr. Friedberg über angeborene Aftersperre und Procto- plastik. 2) Dr. Gottstein: Beweise aus der Pathologie des Gehörorgans für die Helmholtz’sche Hypothese von den Tonempfindungen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 13 XIU, Sitzung: den 6. November. 1) Dr. Waldeyer über die Entwickelung der Sexualorgane. 2) Dr. Spiegelberg über die Sanitätsverhältnisse in der ge- burtshilfliehen Klinik in den Jahren 1866—1363. XIV. Sitzung: den 27. November. 1) Dr. Gottstein über die Operation eines Kehlkopfpolypen. 2) Dr. H. Cohn über die Augen der Breslauer Schriftsetzer. 3) Dr. Köbner über die Behandlung der Syphilis mit hypoder mat. Injectionen von Sublimat. XV. Sitzung: den 11. December. 1) Dr. Paul über die Operation der sogenannten Schwimmhäute. 2) Dr. Freund über Toleranz der Uterinhöhle, Die meteorologische Section (Secretair: Herr Prof. Dr. Galle) hat im Jahre 1868 eine Sitzung gehalten, am 4. März, in welcher der Secretair der Section einen Vortrag hielt: über die Bahn des am 30. Januar 1868 beobachteten und bei Pultusk im Königreiche Polen als Steinregen niedergefallenen Meteors durch die Atmosphäre. Dieser Vor: trag, ist, durch nachträglich eingegangene Beobachtungen ergänzt und er- weitert, den Abhandlungen der Schlesischer Gesellschaft für 1867 (na- turwissenschaftlich-medieinische Abtheilung) angeschlossen und mit diesen bereits veröffentlicht. Die technische Section. (Secretair: Herr Director Dr. Gebauer.) In der technischen Section hat in diesem Jahre keine Vortrags- Sitzung stattgefunden. Die Journale der Gesellschaft für diese Section sind unter den Mitgliedern derselben in regelmässigem Umlaufe gewesen und zuletzt an die Bibliothek der Gesellschaft abgeliefert worden. Seitens der ökonomischen Section ist eine Mittheilung nicht eingegangen. Die Section für Obst- und Gartenbau (Seeretair: Herr Kaufmann und Stadtrath E. H. Müller) hat im Jahre 1868 sieben Sitzungen gehalten. Vorträge hielten in denselben: 1) Herr Stadt-, Forst- und Oeconomie-Rath Dr. Fintelmann: über Bedeutung, Umfang und Bedürfnisse der ländlichen Gärtnerei; 14 Jahres-Bericht 2) Herr General Lieutenaut v. Jacobi Excellenz: über Anlage und Unterhaltung der Wege in öffentlichen Promenaden und Parkanlagen; 3) Herr Städtischer Promenaden-Inspeetor Lösener: über Anordnung öffentlicher Plätze und Promenaden in Städten und über öffentliche Gärten. Von mehreren auswärtigen Mitgliedern der Section waren Abhand- lungen, Berichte und Mittheilungen über Gegenstände eingegangen, welche von erfreulichem Interesse für die Zwecke der Section zeugen. Auch diese wurden in den verschiedenen Sitzungen vorgetragen. Die Vorlagen von Fortsetzungen vorzüglicher, pomologischer Kupferwerke und Nach- bildungen von Obstfrüchten, die laufenden Geschäfte und inneren Ange- legenheiten der Section und mündliche, auf Gärtnerei Bezug habende Mittheilungen boten ausserdem reichen Stoff zu Verhandlungen. Eine Ausstellung fand in diesem Jahre nicht statt, dagegen wurden Obst-Edelreiser, Gemüse- und Blumen-Samen abermals in reichlichen Gaben gratis vertheilt. Das erforderliche Material an Ersteren lieferte fast ausschliesslich der Garten der Section eben so wie auch einige Mit- glieder einen ansehnlichen Theil der Letzteren. Der für die hiesigen Mitglieder bestehende Lesezirkel genoss leb- hafter Betheilisung und die in demselben in Circulation gewesenen Schriften und Fortsetzungen der pomologischen Kupferwerke wurden an die Bibliothek der Schlesischen Gesellschaft abgeliefert. Die zeitherige Gartenpacht und die Pacht des Feldackers wurden am 1. April d. J. abgegeben; dagegen erhielt .das von den hiesigen städti- schen Behörden im vorigen Jahre unentgeltlich der Section für ihre Zwecke überwiesene Areal seine vollständige Umfriedung und die bereits in Angriff genommene Einrichtung desselben zu einem pomologischen und resp. Obst-Baumschul- und Versuchsgarten, so wie die Baumpflan- zungen und sonstige Bewirthschaftung wurden nach den vorhandenen Geldmitteln eifrigst gefördert, so zwar, dass mit Hülfe der Bestände auf den früheren Pachtungen die ohngefähre Hälfte des 16 Morgen grossen Gartens mit Obstbäumen, Beerensträuchern und Weinreben und einer sehr bedeutenden Anzahl von Obst-Wildlingen bepflanzt ist. Dass dies in so weitem Umfange geschehen konnte, ist der Beihülfe von 300 Thlr. zu verdanken, welche Hohe Stände der Provinz, in Folge eines Gesuchs des Präsidii der Schlesischen Gesellschaft, für die Jahre 1868 und 1869 der Section in anerkennenswerthester Weise gewährten. Ebenso muss auf das Dankbarste hervorgehoben werden, dass der Herr Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten, v. Selchow Excellenz, auf eine nochmals wiederholte Petition des Präsidii der Schle- sischen Gesellschaft, sich nunmehr bewogen gefunden hat, dieser Section der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 15 statt zeither 150 Thlr. für dieses und die nächstfolgenden vier Jahre eine jährliche Subvention von 400 Thlr. gnädigst zuzuwenden. Nächstdem hatte die Section sich Geschenke verschiedener Garten- Geräthe und von Schriften für ihren Lesezirkel zu erfreuen, auch trat die- selbe wieder mit zwei auswärtigen, angesehenen pomologischen und Gartenbau-Vereinen durch Correspondenz und Schriften-Austausch in Ver- bindung. Befinden wir uns diesmal in der glücklichen Lage, nur Erfreuliches berichten zu können, so wollen wir hoffen und um so zuversichtlicher er- warten, dass das der Section in so hohem Grade zu Theil gewordene öffentliche Vertrauen, namentlich deren begüterten Mitgliedern Veranlas- sung sein werde, deren Bestrebungen auch ihrerseits recht bald und so kräftig förderlich zu sein, dass es möglich wird, von der Erbauung eines jetzt um so mehr dringend benöthigten Gärtnerhauses schon im nächsten Jahre berichten zu können. Die historische Section. | (Secretair: Herr Prof. Dr. Kutzen.) Die historische Section versammelte sich im Jahre 1868 in zehn Sitzungen, in welchen folgende umfassendere Vorträge gehalten wurden: 1) Ueber das Verhältniss zwischen König Georg von Böhmen und dem Papste Pius II. im Jahre 1464. Vom Herrn Gymnasial- lehrer Dr. Markgraf am 3. Januar. %) Ueber Breslau nach dem Tode Herzog Heinrich's IV. Vom Herrn Staatsarchivar Prof. Dr. Grünhagen am 23. Januar. 3) Ueber denselben Gegenstand. (Schluss) Von demselben Herrn am 30. Januar. 4) Ueber das älteste Grabdenkmal der heiligen Hedwig. Vom Hrn. Rector Dr. Luchs am 30. Januar. 5) Ueber mehrere neu aufgefundene Documente, aus welchen die Unechtheit eines bisher für authentisch gehaltenen Briefes Fried- richs des Grossen vom Tage der Schlacht bei Kolin nachge- wiesen wird. Vom Secretair der Section Prof, Dr. Kutzen am 27. Februar. 6) Ueber die Geschichte der Organisation der preussischen Armee im 19. Jahrhundert. Vom Herrn General-Lieutenant v. Jacobi am 12. März. 7) Ueber die Berichte polnischer Officiere als Beiträge zu den Krie- sen Frankreichs in Deutschland 1800—1813. Vom Herrn Pri- vatgelehrten Mosbach am 23. April. 8) Ueber die Krisis des bayerischen Erbfolgekrieges. Vom Herrn Oberlehrer Dr. Reimann am 7. Mai. 16 Jahres-Bericht 9) Ueber die Oppeler Fehde, ein Zeitbild aus dem Ende des vier- zehnten Jahrhunderts. Vom Herrn Staatsarchivar Professor Dr. Grünhagen am 22. October. 10) Ueber die russisch-französische Vermittelung im baierischen Erb- folgekriege. Vom Herrn Oberlehrer Dr. Reimann am 19. No- vember. 11) Ueber die Uebereinstimmung und Verschiedenheit Stein’s und Wilhelm v. Humboldt’s, besonders in politischer Beziehung. Vom Herrn Director Schück am 10 December. Die pädagogische Section. (Secretair: Herr Director Dr. Kletke.) Dieselbe hat in Jahre 1868 zwei Sitzungen abgehalten. In der ersten (am 8. December) sprach Herr Hauptlehrer Stütze „Ueber Eigen- thümlichkeiten berühmter Gelehrten und Künstler und insbesondere über eigenthümliche Manieren der Lehrer beim Unterrichten.‘ Am 22. Decbr. sprach der Secretair der Section, Direetor Dr. Kletke über schädliche Einflüsse auf die Augen schon während der Schulzeit, insbesondere über die nachtheilige Einwirkung des blendend weissen Druck- und Schreib- papiers. Dann berichtete der Privat-Docent Herr Dr. Hermann Cohn über an den hiesigen Schriftsetzern angestellte Augenmessungen und über die auf einer Schweizerreise in Bern, Zürich, Neufchatel und Lausanne wahrgenommenen Schuleinrichtungen, insbesondere über Verbesserung der Heizmethode, der Schultische ete. und erläuterte den Vortrag durch Zeichnungen, hat auch für die Bibliothek der Gesellschaft zwei Schriften geschenkt. Die philologische Section hat seit dem Tode ihres Secretairs, Director Dr. Wissowa, keine Sitzung gehalten. Die juristische Section, (Seeretair: Herr Appellations-Gerichts Präsident Dr. Belitz.) In der juristischen Section sind im Verlaufe des Jahres 1868 nur drei Vorträge gehalten worden: 1) am 12. Februar, von Herrn Kreis-Physikus Dr. Friedberg über die Zurechnungsfähigkeit des Don Carlos, 2) am 26. Februar, von Herrn Prof. Dr. Neumann über die Zu- rechnungsfähigkeit vor den englischen Geschworenen, 3) am 18. November, von Herrn Kreis-Physikus Dr. Friedberg über die Lebensfähigkeit des Kindes. Kassen-Abschluss für das Jahr 1868. soll einkommen 6 Mn. Allgemeine Kasse. 1868 69, e MH Einnahme. — Tel An Bestand aus dem vorigen Jahre . zurückgezahlten Vorschüssen . Zinsen von Effecten: | von 2400 +5. Niederschles.-Märk. Eisenbahn-Pr.-Oblig | 1200 ‚, Bresl.-Schweid.-Freib, ,, &% © | 900 „ Oberschl. Eisenb.-Pr.-Oblie. lit. E. | 1400 „, i et. „» 300 „, Preussischer Prämien- Anleihe & 31% „ 49 || » 1792!_|__| ,„ Beiträgen einheimischer Mitglieder: | Pro I. Semester von 285 Mitgliedern & 3 +5 1 EL „ 29 3 a3 ») Beiträgen auswärtiger Mitglieder: Pro I. Semester von 78 Mitgliedern & 2 4... I. ” ” 75 ” a 2 ” ” 1 ” a 2 „ ” Eintrittsgebühren von 10 neuen Mitgliedern & 3 +7. „ Mieihsbeitrag vom Schlesischen Kunst-Verein ; 5) > 5 Gewerbe-Verein “ klassischen Musik-Verein n Jahres- Beitrag vom hiesigen Masistrat . Aussergewöhnliche Einnahmen: Für Benutzung des Saales von Frl. Lindner 3 7 Von Artieus und Hoepner für Gasbenutzung. 20 „ Josef Max und Comp. für verkaufte Ab handlungen . . 8 „ dem hies, Magistrat Zuschuss zum Dinak 60 Ueberscehuss von den Sonntags-Vorlesungen . Differenz-Ueberschuss’ von convertirten 100 Thr. Oberschl. Eisenb.-Priorit.-Obligat. . . 8 Zinsen von zeitweilig angelegten Bestands- geldern der Gesellschaft. . . . ...6 D° SE . a 1% N N one [SS Ist eingekommen. Efiecten. 6200 249 1728 Area 6200 |ası2 | 25 | Baar, K_ 4 23 | 10 Ausgabe nach dem Etat pro 1868—1869. Mb 4 Allgemeine Kasse. Ausgabe. Miethe . : Honorare und Remmnerabionen : Gehalt dem Castellan . Neujahrsgeschenk demselben B 5 dem Haushälter. Heizung Beleuchtung H Unterhaltung don lalbulllen Feuer onen ungs-Prämie Sellneiihisssitioniehhen e Zeitungs-Annoncen . Druckkosten . : Buchbinder-Arbeiten Porto Kleine Ausgaben Nelieneissescherfiidis Searan { Entomologische Section Mechanische Section. Botanische Section . Bibliothek . R Unvorhergesehene Fälle Bestand am Schlusse des Jahres 1868: Ist verausgabt. Effeeten: Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen 2400 +7. Breslau-Schweidnitz-Freiburger „, Oberschlesische Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen lit. E. . vb) tb} vb} Preussische Prämien-Anleihe Baar Effecten. Baar — OR I — || — _ 150 —| — 300 — | — Fe, 15 Peer = 3 ee — 114 16 6 — 85 | 13 9 == 32 || En 2 — 33 |ı6| 6 a ae — 11043 | 22 8 —_ 116 | 27 2 — 30 24 4 — 28 il 9 er; 2 | —- | — == 19 |25 | — — 71 | 26 A DR — 113 12 | 10 — 81 15 | — pP) ” 1200 „ . 900 „, a IR 112000 300 2 6200 — eo B2| 2 4412 | 25 | 10 6200 Franck, z. Z. Kassirer der Gesellschaft. Kassen-Abschluss für das Jahr 1868. Ist eingekonmen. Ist verausgabt, . Ä Eiffecten. Baar. Effecten. Baar. R = En Seen fir tenb: R r Section für Obst- und Gartenbau. | Separatkasse der Seetion für Obst- und Gartenbau. ei Separatkasse der Seectio DER Einnahme. Ausgabe. sam a En : Sn: — at 900 er 7 Für den Lesezirkel: An: Bestandöaus dem-vongen. Jahre -.. . . . -.. a. sc. 0a Touknale re ndeduneiit za A Colpoitation) ..0 BEREIT... 0020. ee a8... I Zinsen von Effecten: Buchbinderarbeiten nee ee - al- sa IR, u RS Extraordinanar ma re En ee von 300 2. Bresl.-Schweidn.-Freib. Eisenb.-Pr.-Oblig. 4% 12 8 — 46 — 2% , 200 „, Cosel-Oderberger Eisenbahn-Prior.-Oblig. 44% 8 „ — „ — Für Sämereien und Reiser zur Vertheilung: 400 „ Neue Posener Credit-Pfandbriefe a 4% für U, Sämereien und Versandtspesen . Jahr (1. Januar-bis 1. Juli 1868) . -. .. 8 ,—, —y = 2 | — Insgemein: Mitglieder-Beiträgen: Porto . . . ee: 2 cnlacn 2. 12T 3 3 Ss Zeitungs-Annoncen- N ee ee EEG von 79 einheimischen Mitgliedern a1... 2... 2.0.2.7 g Kleine“ Auspalien® #4 Were +... Wr 9 0 BIUSERUN a RR, CRTRTRRENEEREG ‚ 235 auswärtigen Mitgliedern. . . ecke Ro ee . 23700 Druckkosten: se VOR ET „». 13 verschiedenen Mitgliedem a1. ...:.-.-..2... 18, Angeschaffte Werke m Mn Ze u un 220, Scene — 320, 7 — Buchbinderarbeiten res 2 Exthaordinafia .„ ... ans... 6.8.6 base wien AEe: Beiträgen zum Lesezirkel: _ 66 | — N — Verkauft 3 Stück Posener Credit-Pfandbriefe Nr. 11,761 &.200 «3, Nr. 1559 u, 7586 & 100 +2. Einnahmen für den Garten und aus demselben: Beiträge von 131 Mitgliedern .........2.2..138 u — M— 4b Für den &arten: Beiträge von 13 Mitgliedern -. -.. 2. 22.2.2.202.217 3» nn Gartenpacht. . . u ie a ee Mer ah Für esse undeherinterine an: i ö Gehälter und Löme . . . . .... ER EREENTIN" 25 La eu mn EIPARIRFUNBED „2 +. BaiE P.o 2 Diverse Ausgaben „use 2 ee ER Vom Ministerium Zu: a a u ae AN en en = = = s = a Bestand am Schlusse des Jahres: Exiraordinaria: 4 y Eiffecten: Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenb.-Pr.-Oblie. .. . . . ....300 Für verkaufte 400 »g Posener Credit-Pfandbriefe . \ . 342 5 9 M— 4b Cosel- Oderberger Eisenb.- nn; -Oblie. . . . N SAT SE 500 Subvention aus der Proviozial-Hülfs-Casse . . . . . . SO wur m —_ 642 9 Baar 900 | 1996 | 11 Franck, .. %. Kassirer der Gesellschaft. der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 1 Die musikalische Section. (Secretair: Herr Oberlehrer Dr. Baumgart.) Die musikalische Section hat im ganzen verflossenen Jahre leider gar keine Versammlung halten können. Die Verhältnisse, welche die lebhaftere Thätigkeit derselben erschweren, sind früher von dem unter- zeichneten Secretair mehrfach erörtert worden; sie haben sich nicht ge- ändert, und äussere Zufälle sind noch hinzugekommen, um beabsichtigte Vorträge der wenigen thätigen Mitglieder zu vereiteln. Die archäologische Section. (Seeretair: Herr Professor Dr. Rossbach.) Dieselbe hielt während des Jahres 1868 zehn Sitzungen, in wel- chen folgende Vorträge gehalten wurden: 1) Herr Dr. philos. Hugo Blümner: Ueber einige Darstellungen der Einnahme Ilions. 2) Herr Privat-Docent Dr. phil. Alwin Schultz: Die neuesten Forschungen über die Culturgeschichte des 15. Jahrhunderts. 3) Herr Gymnasiallehrer Dr. Förster: Ueber die Denkmäler des Lateranmuseums in Rom. 4) Herr Privat-Docent Dr. Alwin Schultz: Ueber die Armen- Bibel (Biblia Pauperum) und analoge Bilderkreise. 9) Derselbe: Ueber eine neue Erklärung des römischen Spott- Crueifixes. 6) Herr Dr. philos. Hugo Blümner: 1) Ueber die Wilmowsky- sche Publication der Nenniger Inschriften; 2) über einige Dar- stellungen des schlangenwürgenden Herkules. 7) Herr Dr. phil. Weniger: Ueber einige griechische Vasenbilder mit Darstellungen aus der Heroensage. 8) Herr Privat-Docent Dr. Alwin Schultz: Ueber die Bau-Ge- schichte des Breslauer Rathhauses. 9) Herr Dr. phil. Weniger: Zwei Statuen Kaisers Augustus. 10) Herr Dr. Hugo Blümner: 1) Einige Stimmen für die Echt- heit der Nenniger Inschriften. 2) Ueber eine neuerdings vor- geschlagene Umstellung einiger Figuren in der westlichen Giebel- gruppe von Aegina, Bericht über die Kassen-Verwaltung pro 1868. Der Abschluss des Jahres 1867 ergab für die allgemeine Kasse einen Baarbestand von 1284 Thlr, 23 Sgr. 10 Pf. und einen Eiffecten- Bestand von 6200 Thlr. ° _ 18 Jahres-Bericht Die Einnahmen des laufenden Jahres haben eine nennenswerthe Aen- derung gegen das Vorjahr nicht ersehen; dagegen werden die Druck- kosten für den Jahres-Bericht pro 1867 grössere Ausgaben verursachen, die indess aus den Ueberschüssen früherer Jahre gedeckt werden dürften. Die von der Section für Obst- und Gartenbau ausgeführten Bau- lichkeiten und Einrichtungen haben, ungeachtet der dankenswerthen Zu- wendung von 300 Thlr. Seitens des Provinzial-Landtages, eine Versilbe- rung von 400 Thlr. aus dem Effeeten-Bestande der Special-Kasse noth- wendig gemacht, so dass derselbe auf 500 Thlr. redueirt ist. Inzwischen hat das Ministerium für landwirthschaftl. Angelegenheiten die bisherige Subvention von 150 Thlr. für die nächsten 5 Jahre auf 400 Thlr. zu erhöhen die Geneigtheit gehabt, wodurch die Section in den Stand gesetzt sein wird, einen Theil der noch erforderlichen Aus- gaben zu bestreiten. Breslau, den 30. December 1868. Franck, z. Z. Cassirer. Bericht über die Biblietkeken der „schlesischen Gesellschaft“ im Jahre 1868. | Die Bibliotheken der Gesellschaft haben im abgelaufenen Jahre einen Zuwachs erhalten von 640 Nummern mit 2005 Bänden, Heften oder Blättern, wovon auf die allgemeine Bibliothek 474 Nummern mitl 559 Bänden, Heften oder Blättern, auf die schlesische 166 Nummern mit mit 446 Bänden, Heften oder Blättern entfallen. Die erhebliche Steigerung der Bändezahl bei der allgemeinen Biblio- thek erklärt sich durch den Zutritt der 246 Bände aus vorjähriger Schen- kung des Herrn Sanitätsrath Dr. Grötzner, welche erst in diesem Jahre zur Eintragung gelangt sind. Gesellschaftsschriften sind durch Geschenk oder Tauschverband zugegangen von 23 schlesischen, 97 anderen deutschen, 22 österrei- chischen, 8 schweizerischen, 7 niederländischen, 7 italienischen, 5 russi- schen, 5 amerikanischen, 3 belgischen, 3 siebenbürgischen, 2 ungarischen, 2 dänischen, 2 norwegischen, 2 französischen, 2 englischen, und je I schwedischen, luxemburgischen, ostindischen und australischen, zusam- men 171 ausserschlesisehen Vereinen, Behörden und Instituten. (Im Vorjahre betrug letztere Zahl nur 156.) Unter den Spenden Einzelner sind an Werth besonders hervor- ragend: Barrande's Systeme Silurien de la Boheme, 3 Bände Text und 4 Bünde Abbildungen in Folio; die beiden Werke des Herrn Geh. Med.- Rath Prof, Dr. Barkow über die Venen der obern Extremität ete. (Jubelsehrift) und über die Schlag- und Blutadern (6. Theil). Vom Herrn BE HE der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 19 Cultusminister ging ein Fortsetzungs-Band von Peters’ Reise nach Mo- zambique der Bibliothek zu. Behufs Anschaffung von Tulasne’s „Fungi hypogaei‘ gewährte Herr Kaufmann Siegismund Theoder Flatau hier. selbst aus freiem Erbieten die Kosten mit 25 Thlr. Herr Stadtrath H. Korn verehrte der Bibliothek ein Exemplar des in seinem Verlage soeben erschienenen Kupferwerkes von Lüdecke und Alwin Schultz über das Breslauer Rathhaus, Herr Stadtrath Müller die Entwürfe zu den hiesigen neuen Oderbrücken. Dr. v. Martius in München hat noch kurz vor seinem Tode der Gesellschaft die 1867 erschienenen 2 Bände seiner „Beiträge zur Ethnographie und Sprachenkunde Amerika’s“ über- sandt. Herr Dr. phil. Schneider hier schenkte 2 neuere französische entomologische Werke (Hagen über die Libellen, Pietet die Neuro- pteren Spaniens). Herr Prof. Kützing in Nordhausen fährt in gewohntem Wohlwollem mit Zuwendung seiner Tabulae phycologieae fort, ebenso Herr Prof. Dr. Palacky in Prag mit den Fortsetzungen seiner Geschichte Böhmens. Von Herrn Rudolph Temple in Pest empfingen wir dessen ethnographische und verwandte Schriften, von Herrn Literat Mosbach hierselbst Roger’s Sammlung oberschlesischer Volkslieder, welche in der schlesischen Bibliothek sehr willkommen zu heissen waren. Denjenigen, welche der Gesellschaft die von ihnen herausgegebenen Schriften zusen- den, haben sich beigesellt der Historiker und Statistiker Herr Karl Kletke in Berlin, Herr Dr. Sklarek daselbst, Herr Direetor Kämmel in Zittau. Auf irgend eine Vollständigkeit können diese Notizen keinen An- spruch machen; sie würde Zweck und Raum dieses Berichts weit über- schreiten. Unter den Vereinsschriften dürften die Publieationen des Bureau de la recherche geologigue de la Suede, die Palaeontologia Indica vom geologi- schen Amte in Caleutta, einige Universitätsschriften (z. B. von Rostock, Christiania), d’Arrest's Beobachtungen der Nebelsterne von der Kopen- hagener Gesellschaft der Wissenschaften, die Qu &telet’schen M&moires etc. (Brüssel), die vom nordamerikanischen Kriegs-Departement ausgehenden Schriften über die Ergebnisse des letzten Krieges bezüglich des Sanitäts- wesens, und die Berichte des statistischen Bureaus der Stadt Leipzig be- sonders zu nennen sein, und zwar die letzteren als ein erstes uns zu- kommendes Zeugniss, dass auch eine Stadt-Commune ein besonderes Bureau für die Bearbeitung ihrer Statistik eingerichtet hat. Neben dem Tauschverkehr mit andern ausländischen Gesellschaften und Instituten, welche zum Theil zahlreiche und werthvolle Publicationen zuführen, steht der mit englischen und französischen (diesmal je 2) re- lativ sehr zurück. Für Erweiterung dessen mit amerikanischen hat Herr General-Consul a. D. Dr. Flügel zu Leipzig auf’s entgegenkommendste seine Mitwirkung dargeboten. ) 20 Jahres-Bericht Unter den schlesischen Vereinen und Instituten, welche ihre Be- richte, Programme und dergleichen einsenden, fehlen, wie der folgende Special-Nachweis zeigt, aus Breslau noch viele, aus der Provinz so ziem- lich alle. Von Ankäufen sind hervorzuheben: Regierungs-Rath Dr. Meitzen’s Yerk über den Boden und die landwirthschaftlichen Verhältnisse Preus- sens, Gerstäcker’s entomologischer Bericht pro 1855 — 66, und 35 Num- mern aus dem Nachlasse meines Vorgängers und lieben Freundes, des + Dr. Rudolf Drescher, meist zur Vervollständigung der schlesischen Abtheilung der Bibliotkek sehr willkommen. Die Namen der Behörden, Institute, Vereine und einzelnen Per- sonen, von deren wohlwollender Betheiligung die am Eingange dieses Berichts aufgezählte Vermehrung der beiden Bibliotheken herrührt, sind, mit beigefügter Zahl der zugewandten Werke (resp. Jahrgänge), folgende: A. Bei der schlesischen Bibliothek, a. Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Die Universität zu Breslau 55, die Stadt-Bibliothek daselbst 1, der Verein für Geschichte und Alterthum Schlesiens 3, der Verein für das schlesische Alterthümer-Museum 2, der schlesische Kunstverein 1, der Verein für Geschichte der bildenden Künste 1, der Verein für Poesie 1, die Handelskammer 1, der kaufmännische Verein 1, der Gewerbe-Ver- ein 1, das Directorium der Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn 1, der Verein für Kinderbewahr-Anstalten 1, das Magdalenen-, das Fried- vichs-, das Matthias-Gymnasium je 1, die Realschulen I (am Zwinger) und II (zum h, Geist) je 1, die städtische höhere Töchterschule II (am Ritterplatz) 1, das jüdisch-theologische Seminar Fränkel’scher Stiftung 1 (3 Expl.), die Lindner’sche höhere Töchterschule 1- — sämmtlich in Breslau; — die Ritterakademie zu Liegnitz 1, die Realschulen zu Landes- hut und zu Neisse je 1, die ökonomisch-patriotische Societät der Fürsten- thümer Schweidnitz und Jauer zu Jauer 1. Ä b. Von einzelnen Geschenkgebern. Die Herren: Buchhändler Aderholz 1, Prof. Dr. ph. Ferdinand Cohn 1, Privat-Docent Dr. med. et ph. Hermann Cohn 2, Badearzt Dr. med. Drescher in Reinerz 1, Badearzt Dr. med. Fiebig in Festenberg 1, An- tiquar Buchbändler G, Friedrich 1, Geh. Medieinal-Rath Prof. Dr. Göppert 1, Staatsarchivar Prof. Dr. Grünhagen 1, Pastor Kellner in Schwirz 4, Pfarrer Dr. pLil. et jur. Johannes Klein in Arnoldsdorf 3, Fürstbischöflicher Vieariatsamts-Assessor A. Knoblich I], Stadtrath Buchhändler H. Korn 1, Literat Carl Krause 1, Literat und 'Translateur Aug. Mosbach 1, Biblio- thekar-Redaeteur Th. Oelsner 130 (in 155 Bänden und Heften), Castellan Reisler 6, Prof, Dr. ph. Römer 1, Frhr. Hugo v. Rothkirch + 2, Gymnas.- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 2] Direetor Prof. Dr. Schönborn 1, Hauptlehrer Stütze 37, Hauptmann a.D. Bergrath Dr. Thiele 1, Hofphotograph Rob. Weigelt 26. Gekauft wurden 17 Nummern in 36 Bänden oder Heften. Eingetauscht wurden gegen Doubletten 9 Nummern in 39 Bänden, Heften oder Blättern. B. Bei der allgemeinen Bibliothek, a. Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Die koningliijike Akademie van Wetenshapen zu Amsterdam 7, der Annaberg-Buchholzer Verein für Naturkunde zu Annaberg 1, der histor. Verein von Unterfranken zu Aschaffenburg und Würzburg 1, der natur- historische Verein zu Augsburg 1, der Gartenbau-Verein für's Grossher- zosthum Baden 1, der Gewerbe-Verein der Stadt Bamberg 1, die natur- - forschende Gesellschaft zu Basel 4, der Verein für Geschichte und Alter- thumskunde in Oberfranken zu Bayreuth 2, der historische Verein von Oberfranken zu Bayreuth 1, das Ministerium für geistliche, Unter- richts- und Medicinal- Angelegenheiten zu Berlin 1, die königl. preus- sische Akademie der Wissenschaften zu Berlin 4, der landwirthschaftl. Provinzial-Verein für Mark Brandenburg und Niederlausitz zu Berlin 1, die Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin 4, der vaterländische Geschichts-Verein zu Berlin 1, der botanische Verein für die Provinz Brandenburg und angrenzende Länder zu Berlin 2, die deutsche geolo- gische Gesellschaft zu Berlin 2, die juristische Gesellschaft zu Berlin 1, der Verein für brandenburgische Geschichte zu Berlin 2, die naturfor- schende Gesellschaft zu Bern 1, das Ober-Gymnasium und die damit ver- bundenen Lehr-Anstalten zu Bistritz in Siebenbürgen 2, der naturwissen- schaftliche Verein des Harzes zu Blankenburg 2, die Academia delle scienze dell’ Instituto zu Bologna 4, der landwirthschaftliche Verein von Rhein- preussen zu Bonn 1, der naturwissenschaftliche Verein der preussischen Rheinlande und Westphalens zu Bonn 1, die Universität zu Bonn 53, die Society of natural history zu Boston 7, der naturwissenschaftliche Ver- ein zu Bremen 1, der landwirthschaftl. Verein für das bremische Gebiet zu Bremen 1, der Werner-Verein zu Brünn 1, der naturforschende Verein zu Brünn 1, die Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde zu Brünn 2, die Forst-Section für Mähren und Schlesien zu Brünn 1, die Academie royale de medecine de Belgique zu Brüssel 3, die Academie royale des sciences zu Brüssel 6, die Geological survey of India zu Caleutta 4, die Philosophical society zu Cambridge (Am.) 2, die Var- gasia sociedad de ciencias fisicas y naturales. zu Caraccas 1, die kgl. land- wirthschaftl, Gesellschaft zu Celle und landwirthschaftl. Akademie zu Göttingen-Weende 3, der erzgebirgische Gartenbau-Verein zu Chemnitz 1, die Societe imperiale des sciences naturelles zu Cherbourg 3, die Academy of seiences zu Chicago 1, die Videnskabs selskabet zu Christiania 2, die Universität zu Christiania 4, die naturforschende Gesellschaft Graubün- dens zu Chur 1, die Section Rhätia zu Chur 1, der Gartenbau-Verein zu Cöthen 1, die naturforschende Gesellschaft zu Danzig 2, der Verein für hessische Geschichte und Alterthumskunde zu Darmstadt 1, die natur- wissenschaftliche Gesellschaft ‚‚Isis““ zu Dresden 2, die ökonomische Ge- 99 Jahres-Bericht sellschaft im Königreich Sachsen zu Dresden 1, das königl. sächsische statistische Bureau zu Dresden 4, die kaiserl, Leopoldinisch-Carolinische deutsche Akademie der Naturforscher zu Dresden 1, der baltische Verein zu Eldena 1, die naturforschende Gesellschaft zu Emden 2, der Verein für Geschichte und Alterthum zu Erfurt 3, die Universität zu Erlangen 21, die physikalisch-medieinische Soeietät zu Erlangen 1, der Verein für Ge- schiehte und Alterthumskunde zu Frankfurt a. M. 4, die Gesellschaft „Zoologischer Garten“ zu Frankfurt a. M. 2, der physikalische Verein zu Frankfurt a. M. 1, der ärztliche Verein zu Frankfurt a. M. 1, der landwirthschaftl. Central-Verein zu Frankfurt a. O0. 1, der historisch-stati- stische Verein zu Frankfurt a. O. 2, der Gewerbe-Verein zu Freiberg 1, der Alterthums- Verein zu Freiberg 2, die Naturforscher - Gesellschaft zu Freiberg 1, die naturwissenschaftliche Gesellschaft zu St. Gallen 1, der historische Verein zu St. Gallen 1, die Societe de physique et d’histoire na- turelle zu Genf 1, die oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz 2, die königl. Gesellschaft der Wissenschaften und Georg-August- Universität zu Göttingen 1, der historische Verein für Steiermark zu Graz 2, die Societe Hollandaise des sciences zu Haarlem 2, der natur- wissenschaftl. Verein für Sachsen und Thüringen zu Halle 2, die königl. polytechnische Schule zu Hannover 1, die naturhistorische Gesellschaft zu Hannover 7, der naturhistorisch-medicinische Verein zu Heidelberg 2, der Verein für siebenbürgische Landeskunde zu Hermannstadt und Kron- stadt 2, der siebenbürgische Verein der Naturwissenschaften zu Hermann- stadt 1, die Universität zu Jena 49, der Verein für thüringische Alter- thümer zu Jena 1, der Verein für hessische Geschichte und Landeskunde zu Kassel 2, der Verein nördlich der Elbe zur Verbreitung naturwissen- schaftl. Kenntnisse zu Kiel 1, die schleswig-holstein-lauenburgische Ge- sellschaft für vaterländische Geschichte za Kiel 1, die Universität zu Kiel 1, die Universität zu Königsberg in Pr. 46, die königl. physikalisch- ökonomische Gesellschaft zu Königsberg i. Pr. 1, die ostpreuss. land- wirthschaftl. Centralstelle zu Königsberg und der Hauptverein der west- preuss. Landwirthe zu Danzig 2, die kongelige Danske Videnskabernes Sels- kab zu Kopenhagen 6, die kongelige nordiske Oldskrift Selskab zu Kopen- hagen 9, die physiographische Commission der k. k. gelehrten Gesell- schaft zu Krakau 1, die juristische Gesellschaft zu Laibach 1, der histo- rische Verein für Krain zu Laibach 2, die Maatschapij der nederlandsche Leiterkunde zu Leiden 4, die königl. sächsische Akademie, der Wissen- schaften zu Leipzig 12, die polytechnische Gesellschaft zu Leipzig 2, das statistische Bureau der Stadt Leipzig 1, das Museum Franeisco-Caro- num zu Linz 2, die Royal society zu London 1, die Societe royale des sciences zu Lüttich 1, die Societe pour la recherche et la conservation des monuments historiques dans le grand-duche zu Luxemburg 1, die Societa Ita- hana di scienze naturali zu Mailand 3, das Reale Instituto Lombardo di scienze e leitere zu Mailand 5, der Verein zur Erforschung rheinischer Ge- schichte und Alterthümer zu Mainz 1, die Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissenschaften zu Marburg 1, die Universität zu Marburg 31, die Royal society of Victoria zu Melbourne 2, die Societe im- periale des maturalistes zu Moskau 1, die Societe imp. d’agriculture zu Moskau 4, die königl. baierische Akademie der Wissenschaften zu Mün- chen 5, der landwirthschaftl. Verein in Baiern zu München 1, der histo- rische Verein für Ober-Baiern zu München 4, der Verein der Freunde der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 23 der Naturgeschichte in Mecklenburg zu Neubrandenburg 1, die königl. niederländische Gesandtschaft zu Berlin 1, das germanische Museum zu Nürnberg 2, die naturhistorische Gesellschaft zu Nürnberg 1, der Verein für Naturkunde zu Offenbach 1, die Societa di acchmazione e di agricol- tura in Sicilia zu Palermo 2, das Instituto teenico zu Palermo 1, die So- ciete imperiale et centrale d’horticulture de France zu Paris 1, der königl. ungarische naturwissenschaftl. Verein zu Pest 5, die Academie imperiale des sciences zu Petersburg 1, die kaiserl. russische geographische Gesell- schaft zu Petersburg 1, der Wein- und Gartenbau-Verein zu Peterwar- dein 1, die patriotisch-ökonomische Gesellschaft im Königreich Böhmen zu Prag 2, der naturhistorische Verein „Lotos‘“ zu Prag 1, die königl. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften zu Prag 2, der Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen zu Prag 2, der zoologisch-minera- logische Verein zu Regensburg 2, der historische Verein für die Ober- pfalz zu Regensburg 1, die schweizerische naturforschende Gesellschaft zu Rheinfelden 1, der Naturforscher-Verein zu Riga 1, der mecklenbur- gische patriotische Verein zu Rostock 2, die Universität zu Rostock 24, der Gewerbe-Verein und die Gewerbe-Schule zu Rostock 3, die Gesell- schaft für salzburgische Landeskunde zu Salzburg 1, der Verein für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde zu Schwerin 1, das grossherzoglich mecklenburgisch statistische Bureau zu Schwerin 1, der Verein zur Beförderung der Landwirthschaft zu Sondershausen 1, der landwirthschaftl. Verein zu Stade 1, der entomologische Verein zu Stettin 1, die polytechnische Gesellschaft zu Stettin 1, das Bureau de ia Recherche geologigue de la Suede zu Stockholm 2, die königl, würtembergische Cen- tralstelle für Land- und Forstwirthschaft zu Stuttgart 2, der würtember- gische ärztliche Verein zu Stuttgart 2, der Verein für vaterländische Na- turkunde in Würtemberg zu Stuttgart 1, der naturwissenschaftl. Verein zu Stuttgart 1, die polytechnische Schule zu Stuttgart 3, die Gesellschaft für nützliche Forschungen zu Trier 2, die Societa d’ortieultura del Litorale zu Triest 1, die Societa agraria zu Triest 1, der Verein für Kunst und Alterthum in Ulm und Ober-Schwaben zu Ulm 1, die Universität zu Ut- recht 33, das Ateneo Veneto zu Venedig 2, das Instituto Veneto di scienze, lettere ed arti zu Venedig 1, die Smithsomian institution zu Washington 2, das Departement of war, surgeon generals office zu Washington 4 (3 Doubl.), der Harz-Verein für Geschichte und Alterthumskunde zu Wernigerode 1, die k. k. Akademie der Wissenschaften zu Wien 9, die k. k. geologische Reichsanstalt zu Wien 5, die k. k. geographische Gesellschaft zu Wien 2, die zoologisch-botanische Gesellschaft zu Wien 10, die Universität zu Wien 5, der Alterthums-Verein zu Wien ], der nassauische Verein für Naturkunde zu Wiesbaden 1, der polytechnische Verein zu Würzburg 8, die physikal.-medieinische Gesellschaft zu Würzburg 1, die Universität zu Zürich 29. b. Von einzelnen Geschenkgebern. Die Herren: Sanitätsrath Dr. Abegg in Danzig 1, Prof. Dr. Aubert in Rostoek 1, Dr. Th. Back, Geh. Regierungsrath in Altenburg 13, Ober- lehrer Dr. Bail, Direetor der naturforschenden Gesellschaft in Danzig 5, Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Barkow in Breslau 2, Joachim Barrande in Prag 2, Geh. Sanitätsrath Dr. H. W. Berend in Berlin 1, Dr. Bode jun. D4 Jahres-Bericht in Nauheim 1, Literat Carlo in Breslau 1, Privatdocent Dr. ph. et med. Herm. Cohn in Breslau 1, Dr. med. et chirurg. G. Delhaes in Teplitz 1, Communal-Distrietsarzt Dr. med. Eberle in Teplitz 1, Major a.D. v. Fils in Ilmenau 2, Kaufmann Sigism. Theod. Flatau in Breslau 1, Vicedirector der k. k. Centralanstalt für Meteorologie ete. Fritsch in Wien 2, Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Göppert in Breslau 5, verw. Frau Diaconus Dr. Gröger in Breslau 9, Sanitätsrath Dr. Grötzner in Breslau 246 (vergl. vor. Jahresbericht), Justizrath Hübner in Breslau 2, Redacteur W. Janke in Breslau 3, Director Prof. H. Kämmel in Zittau 8, Prof. Dr. A. Kenn- gott in Zürich 1, Partieulier Kiessling in Breslau 1, Pfarrer Dr. ph. et jur. Joh. Klein in Arnoldsdorf bei Ziegenhals 1, Dr. Carl Kletke, Statistiker in der Bundeskanzlei zu Berlin 4, Wundarzt Knebel in Breslau 2, Prof. Dr. Körber in Breslau 1, Prof. Krocker an der königl. landwirthschaftl. Akademie in Proskau 2, A. Krocker, Oekonomie-Commissarius a. D. in Berlin 2, k. k. Rechnungsrath J. B. Kraus in Wien 1, Prof. Dr. Kützing in Nordhausen 2, Eisenbahn-Direetor Lehmann in Berlin 1, Dr. Eduard Lichtenstein, pract. Arzt in Berlin 3,'Dr. ph. Chr. Luersen in Bremen |], Dr. €. F. Ph. Martius + in München 1, Buchhändler Jos. Max in Breslau 2, Dr. Joh. Müller in Halle 2, Dr. med. Robert S. Newton in New-York 2, Redacteur Th. Oelsner in Breslau, Bibliothekar der Gesellschaft 41 (in 68 Bdn. und Heften), Dr. O. v. Oettinger in Dorpat 1, königl. böhmischer Landeshistoriograph Prof. Dr. Palacki in Prag 2, Dr. Paul Pinzger, Col- laborator an der Realschule zu Brandenburg a. d. H. 1, Dr. ph. W. €. Schneider in Breslau 2, Dr. Albr. Schrauf, Custos des k. k. Hof-Minera- lien-Cabinets in Wien 1, Dr. Simoner in Wien 2, Dr. W. Sklarek in Berlin 1, Rud. Temple, Bureau-Chef der Assecur. nat. in Pest 7, Ober- Regierungsrath Frhr. v. Tettau in Erfurt 1, Oberlehrer Dr. Tobias in Zittau 1, Dr. jur. P. Ullmann in Berlin 1, Redacteur Wegener in Berlin 1, Hof-Photograph Rob. Weigelt in Breslau 7, Gutsbesitzer Dr. Wilckens in Pogarth 1, königl. baierischer Gymnasial-Professor J. G. Zeiss in Landes- hut 1, Redacteur des „Staats-Anzeigers‘‘, Geh. Regierungsrath ©. Zittel- mann in Berlin 1. ec. Gekauft wurden 131 Nummern in 170 Bänden oder Heften. Eingetauscht wurden gegen Doubletten 2 Nummern in 3 Bdchn. D. Zu den Sammlungen der Gesellschaft sind (abgesehen von den naturhistorischen) eingegangen: Von dem königl. Ober-Bergamte zu Breslau 3 Sectionen der geo- gnostischen Karte Oberschlesiens, von Herrn Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Göppert das Portrait des Ign. Seliger, von Herrn Prof. Dr. Körber das photographische Portrait der Madame Liebert, Botanistin zu Malmedy, von Herrn Ober-Regierungsrath v. Willich das Portrait Schleiermachers, von Herrn Stadtrath Kaufmann Müller Entwürfe zu den neuen Oderbrücken in Breslau, nebst Text, vom Herrn Geh. Regierungsrath Dr. Th. Back in Altenburg mehrere Abbildungen, von Herrn Hauptmann a. D. Bergrath Dr. Thiele ein Bildchen, vom Herrn Hof-Photograph Rob. Weigelt eine Karte von Schlesien und eine Abbildung des Viaduets bei Schweidnitz, der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 35 vom Bibliothekar eine statistische Karte vom Brieser Wahlkreise und ein Plan des abgebrannten Breslauer Theaters. Gekauft wurden 7 Homannsche und andre schlesische Karten. Theodor Oelsner, Bibliothekar. Bericht des Gonservator über seine Thätigkeit im Jahre 1868, Hohes Präsidium! In dem verflossenen Jahre wurde vor Allem die Zusammenstellung des schlesischen Phanerogamen-Herbarii beendet und die Vervollständigung des Farn- und Moos-Herbarii in Angriff genommen. Hierauf wurde ein sehr umfangreiches, wohlgeordnetes Herbar schlesischer Pflanzen in 35 Packeten, welches namentlich fast alle neueren Entdeckungen enthält, und welches der Gesellschaft von dem Breslauer Vereine jüngerer schle- sischer Botaniker geschenkt worden ist, dem erossen schlesischen Herbar einverleibt. Diese Erwerbung ist nicht die einzige von Bedeutung. Durch freundliche Vermittelung des Herrn Lehrer Seltzsam, des Vormundes der Tochter unseres verstorbenen Mitgliedes, des Herrn Musik-Director Siegert, gelangten wir nämlich in den Besitz der reichen Cirsien-Samm- lung, mit denen sich bekanntlich der Verstorbene in den letzten Jahren ganz ausschliesslich beschäftigte. Dieses Herbar enthält ausserdem eine Menge Potentillen, Carices und Hieracien. Ferner wurde der Gesell- schaft ein Pracht-Herbar in 2 grossen Holzkästen, welches Pflanzen aus den verschiedensten Familien enthält und welches früher Eigenthum der Frau Josephine Kablik war, von Herrn Dr. Gottwald überwiesen. Eine sehr schöne Sammlung von 600 frisch eingelegter Phanero- gamen meist aus der Umgegend von Neisse verdanken wir der Aufmerk- samkeit unseres Mitgliedes, des Herrn Fabrik-Inspectors Winkler in Giessmannsdorf bei Neisse, und eine Sammlung kritischer Rubus-Formen dem Herrn Thierarzt Schwarzer, der sich überdies der Revision der Rubi des schlesischen Herbarii unterzogen hat. Dem Herbar gingen ausserdem noch folgende Geschenke zu: Von Herrn Dr. Rabenhorst: Algen Europa’s. Decas 205. 206. Lichenes europaei fasc. XXX. Von Herrn Lehrer Limpricht eine Sammlung Moose aus dem Iser- und Glätzer-Gebirge. Von Herrn Inspector Sehultze eine Sammlung schlesischer Moose. Von Herrn Lehrer Go- lenz Moose aus der Gegend von Schwiebus. Von Herrn Dr. Schnei- der 13 Blätter mit Staubpilzen. Von Herrn Dr. Heidenreich und Herrn Peek einige preussische und schlesische Phanerogamen. Durch Ankauf wurde erworben Lieferung V. der von Herrn Limpricht her- ausgegebenen Bryotheca Silesiaca. Mit der Versicherung grösster Hochaehtung verbleibe ich Eines ohen Präsidii ergebenster J. Milde, I: Bericht über die Thätigkeit der allgemeinen naturwissenschaftlichen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1868 abgestattet von Ed. Grube und F. Römer, zeitisen Secretairen der Section. Naturhistorische Section. In der Sitzung vom 24. Juni 1868 legte Herr Prof. Dr. Marbach einen von Mach angegebenen einfachen Apparat vor, welcher die Be- ziehungen der zu gegebenen Tönen gehörigen Obertöne zur Anschauung bringt und dadurch zur Erläuterung der Helmholtz’schen akustischen Theorie dient. Ferner zeigte derselbe die akustischen Staubfiguren von Kundt, durch welche die Fortpflanzungs-Geschwindigkeit des Schalles in verschiedenen Stoffen gemessen und interessante Interferenz-Erschei- nungen sichtbar werden. Hierauf zeigte Prof. Marbaeh eine Wellen- Maschine nach Wheatstone, welche die mannigfachen Modificationen von fortschreitenden transversalen Schwingungen erläutert. Dieses lehr- reiche Instrument lässt namentlich leicht erkennen, wie aus linearen auf einander senkrechten Öscillationen bei gleicher Fortpflanzungs-Gesehwin- digkeit je nach der Verschiedenheit der Phasen bald diagonale lineare, bald eirculare oder elliptische Schwingungen, bald rechte, bald linke Os- eillationen resultiren. Ferner bringt diese Maschine zur Anschauung: die Interferenz von gleichgerichteten oder entgegengesetzten eircularen Schwin- gungen von ungleicher Fortpflanzungs-Geschwindigkeit, die bei deren Ein- tritt in ein isotropes Mittel resultirenden linearen Schwingungen — die Abhängiskeit der Interferenzen von der Verschiedenheit der Wellenlängen und der Amplituden — und andere die optischen Erscheinungen erklä- rende Bewegungen. 28 Jahres-Bericht Herr Prof. Dr. Poleck demonstrirte in der Sitzung am 19. Februar ein aus der vortheilhaft bekannten optischen Werkstätte von Rexroth in Wetzlar hervorgegangenes Spektroskop mittlerer Grösse, welches in seiner von der bisherigen Form abweichen- den Einrichtung vorzügliche Leistungen mit einer grossen Bequemlichkeit in der Handhabung verbindet. In gedrängter Darstellung sprach sich der Vortragende über das Wesen der Spektralanalyse aus, deren wissen- schaftliche Grundlage, Ausführung und Bedeutung er im Allgemeinen als bekannt voraussetzen durfte, und ging dann zur Besehreibung des Instru- mentes selbst über, dessen innere Einrichtung durch eine Zeichnung an der Tafel veranschaulicht wurde. | Auf einem schweren runden Fuss ist eine weite cylindrische Röhre A. von ca. 10 Cent. Durchmesser und Höhe befestigt und an ihrem oberen Ende durch einen Deckel dicht geschlossen. Auf der einen Seite dieses Deckels ist vertical das Fernrohr von ca. 20 Cent. Länge und neben demselben parallel ein anderes Rohr eingefügt, welches in einer Höhe von ca. 12 Cent. rechtwinkelig, und zwar in der von dem Beob- achter abgewendeten Richtung gebrochen ist, und am Ende seines circa 8 Cent. langen, horizontalen Schenkels die durch eine Schraube verstell- bare Spaltvorrichtung trägt. Durch diese dringen die Strahlen der Licht- quelle in den Apparat, sie {reffen rechtwinklig ein Glasprisma, dessen im rechten Winkel sich schneidende Flächen den beiden Schenkeln des Rohres zugewandt sind, und gelangen durch totale Reflexionen von der hinteren Fläche des Prismas und nachdem sie durch eine Linse unter sich parallel geworden sind, in das cylindrische Rohr A. des Apparats. Hier treffen sie auf einen Planspiegel, von welchem sie nach dem Flint- glas Prisma reflectirt werden, dessen brechende Kante so gestellt ist, dass die aus ihr austretenden Strahlen durch das Fernrohr in das Auge des Beobachters gelangen. In derselben Ebene mit dem breehenden Prisma und zwar der Seite gegenüber, an welcher der gebrochene Strahl austritt, ist seitlich ein ea. 12 Cent. langes horizontales Rohr in den Mantel der Röhre A. eingefügt. An seinem äusseren Ende trägt es die auf Glas photographirte Skala, welche, von aussen durch eine kleine. Lampe beleuchtet, ihre durch Vermittelung einer Linse unter sich paral- lelen Strahlen nach der oberen Fläche des brechenden Prismas und von da durch totale Reflexionen in das Fernrohr sendet, durch welches sie zugleich mit dem Spektrum in das Auge des Beobachters gelangen. Bei richtiger Einstellung des Fernrohres erscheinen Spektrum und Skala gleich scharf und letztere war bei dem in Rede stehenden Apparat so einge- stellt, dass die Natronlinie mit dem Theilstrich 50 zusammenfällt. Die Vortheile dieser Construction liegen in der unverrückbaren Zu- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 29 sammenstellung der einzelnen Theile und in dem völligen Ausschluss jedes fremden Lichtes, während die geringe Schwächung der eindringen- den Strahlen bei ihrer Reflexion von dem Planspiegel kaum in Betracht kommt. Die Leistungen des Instrumentes bleiben hinter den grösseren Apparaten der älteren Construction nicht zurück. Die gesonderten Na- tronlinien, sowie die sehr schwache orange Lithium-Linie Li. ß sind deut- lich sichtbar. Bringt man nun noch die compendiöse Form des Appa- rates, die bequeme Handhabung und den billigen Preis — er kostet 37 Thlr. — in Anrechnung, so kann man der günstigen Beurtheilung von Bunsen und der warmen Empfehlung von Fresenius nur beistimmen. Selbst die kleineren Instrumente im Preise von 20 Thlr., welche der Vor- tragende zu sehen Gelegenheit hatte, gestatten bei sehr deutlichem Spek. trum eine Messung von Spektrallinien, welche für alle gewöhnlichen ana- lytischen Zwecke genügt. Das von J. G. Hofmann construirte ‚‚Spectroscope & vision directe“, in welchem der ganze Apparat in einer einzigen kleinen Röhre liegt, wurde durch eine Zeichnung erläutert. Es scheint jedoch gar keine Vor- züge vor dem Rexroth’schen Instrument zu besitzen, es steht vielmehr hinsichtlich der Messung der Spektrallinien weit hinter diesem zurück. Eine Anzahl Flammen-Reactionen, welche unter Benutzung der von Bunsen zu diesem Zweck angegebenen, sehr bequemer Vorrichtung zur Fixirung der Platindräthe (Annalen der Chemie 1866) angestellt und zu gleieher Zeit durch ein Spektroskop vou Rexroth und zwei Instru- mente älterer Construction von Bunsen und von Mousson beobachtet wurden, liessen keinen Zweifel über die vorzügliche Brauchbarkeit des erstgenannten Instrumentes. In gleicher Weise erlaubte dieses eine sehr scharfe Beobachtung der Absorptionsspektra und Bestimmung der betref- fenden Linien. An die beiden charakteristischen Absorptionsstreifen im Blutspektrum, welche dem Sauerstoff-Hämoglobin angehören und ihr Ver- halten zu reducirenden Stoffen wie Schwefelammonium, Zinnchlorür an- knüpfend, bemerkte der Vortragende im Anschluss an die darauf bezüg- liehen Beobachtungen von Nawrocki, dass das Spektroskop sehr wohl geeignet sei, auch in forensischen Fällen über die Identität von Blut- flecken Auskunft zu geben. Monate alte Blutflecken zeigen nach dem Aufweichen in Wasser in aller Schärfe die beiden Absorptionsstreifen, während die bekannteren vegetabilischen rothen Farbestoffe des Weins, der Kirschen, Blaubeeren etc. gar keine Absorptionsstreifen in Gelb und Grün, aber eine fast vollständige Verdunkelung im blauen und violetten Theil des Spektrums aufweisen. Die ammoniakalische Auflösung des Carmins zeige zwar auch zwei Streifen im Gelb und Grün, sie besitzen aber eine andere Lage — bei dem in Rede stehenden Instrument zwi- schen 52—58 und 63—69, während die Absorptionsstreifen des Sauer- stoff-Hämoglobins zwischen 51— 54,5 und 585—64 liegen — und bleiben 30 Jahres-Bericht bei Zusatz von Schwefelammonium unverändert. Die Schilderung des charakteristischen Verhaltens des Kohlenoxydblutes, in dessen Spektrum zwei Linien fast genau an derselben Stelle wie im Spektrum des nor- malen Blutes erscheinen, aber bei Anwendung von reducirenden Mitteln nicht verändert werden, rief eine Debatte über die Zeit hervor, in wel- cher nach dem Tode das Kohlenoxyd im Blut durch das Spektroskop noch nachzuweisen sei? Herr Kreis-Physikus Dr. Friedberg bemerkte, dass dieser Nachweisung in einem von ihm beobachteten Fall von Tödtung durch Kohlenoxyd, den er bereits früher in der juristischen Section der Gesellschaft ausführlich mitgetheilt habe, noch nach Monaten im gefaulten Blute möglich gewesen sei, während der Vortragende in Blut, welches ausserhalb des Organismus mit Kohlenoxyd gesättigt wor- den war, nach einigen Wochen das Kohlenoxyd durch das Spektroskop nicht mehr nachweisen konnte. Weitere Mittheilungen über diesen ebenso interessanten als wichtigen Gegenstand der forensischen Physik wurden von Herrn Kreis-Physikus Dr. Friedberg in nahe Aussicht gestellt. Herr Prof. Websky sprach in der Sitzung am 23. November über den Bergbau von Kupferberg und Rudelstadt. Derselbe theilte mit, dass im Laufe des Jahres die Versuche, den Bergbau von Kupferberg und Rudelstadt in Schlesien wiederum neu zu beleben, eingestellt worden seien, nachdem sie mehr als zwei Deeennien mit grosser Energie und unter Aufwendung grosser Summen fortge- setzt worden sind. Nach einer allgemeinen Schilderung der geognostischen Verhältnisse und der Geschichte dieses Bergbaus in der ersten Hälfte dieses Jahr- hunderts, bezüglich welcher wir auf den Aufsatz im V. Bande p. 373 der Schriften der deutschen geologischen Gesellschaft, so wie auf die einschlagenden Artikel im II. Bande p. 9—28 der Wochenschrift des Schlesischen Vereins für Berg- und Hüttenwesen verweisen, erörterte der Vortragende die Motive, nach denen die oben genannten Versuche ge- leitet worden sind. Die Erfolge, welche das ergiebigste Bergwerk dieser Gegend, die Grube „Friederike Juliane‘‘ bei Rudelstadt, gegen Ende des vorigen Jahr- hunderts in ihrem bis 1100 Fuss tiefen Gesenkbau erreichte, liess hoffen, dass ein "Theil der zahlreichen Lagerstätten — fast sämmtlich Kupfererz- Gänge, ohngefähr 50 an der Zahl — gleichfalls die lohnendsten Regionen in grösseren, die früheren Bergbaue unterschreitenden Tiefen besitzen möchte. Bei dem Mangel an weit hinaufreichenden detaillirten Nachrichten lag die Hauptschwierigkeit des Unternehmens darin, das locale — für Jede Gruppe gangartiger Lagerstätten verschiedene Gesetz zu finden, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 31 nach welchem die ergiebigen Anbrüche aufzusuchen sind; es lag auf der Hand, dass ein glücklicher Griff sehr bald zu dem erwünschten Ziele führen könne, eine fehlerhafte Wahl aber, bei der Kostbarkeit der Un- tersuchungsarbeiten und dem langsamen Vorschreiten derselben in so festem Gestein, die finanziellen Mittel erschöpfen werde, ohne positive Resultate zu gewähren. Nachdem man in umfangreicher Weise sich über die Beschaffenheit und Lage der in der Nähe von Kupferberg in alten Zeiten bebauten, nur dem Namen nach ‚bekannten Gänge durch jahrelange Untersuchungs- Arbeiten orientirt, und im Verein mit den vorhandenen Nachrichten über die weiter südöstlich belegenen Gänge es zu einer ziemlich genauen Kenntniss der generellen Verhältnisse der Lagerstätten gebracht, somit das Unternehmen in der vorsichtigsten Weise vorbereitet hatte, wählte man südwestlich von der Stadt Kupferberg die von dem Einigkeiter Stollen aufgeschlossene Gang-Gruppe zum Ausgangspunkt einer Tiefbau- Anlage, fand aber keineswegs diese Lagerstätten in erwarteter Weise erzführend entwickelt und den Zwischenraum zwischen dem gewählten Aufschlusspunkte an der südwestlichen Granitgrenze bis zu den hoffnungs- reicheren Anbrüchen auf dem Rosenstiel-Gange unmittelbar an der Süd- seite der Stadt Kupferberg zu gross, um dieselben von hier aus in der Tiefe aufzuschliessen. Der zweite Hauptversuch bestand in der Wiedereröffnung der 1850 aus Mangel an genügenden Wasserhaltungskräften verlassenen Baue im Neu-Adler-Schachte bei Rudelstadt mit Hülfe neu aufgestellter Dampf- maschinen; man untersuchte von hier aus in der früher schon erreichten Tiefe von etwa 300 Fuss unter dem Spiegel des Bobers die dort be- kannten Gänge, jedoch ohne auf lohnende Anbrüche zu stossen; erst ganz zuletzt richtete man das Augenmerk auch auf ihre Fortsetzung in anderweitigem Sinne; der unerwartete Anbruch reicher Silbererze auf dem Silberfirsten-Gange belebte vorübergehend die lang genug getäusch- ten Hoffnungen, jedoch ohne nachhaltigen Erfolg, da die Anbrüche sich bald verloren. Stellt man die Frage, ob mit dem Misslingen dieser mit so erheb- lichen Mitteln begonnenen und mit grosser Ausdauer fortgesetzten Unter- nehmung alle Aussichten für ein mögliches Aufleben des Kupferberger Bergbaus geschwunden seien, so muss dieselbe indessen entschieden ver- neint werden. | In der That umfassen die neuen Untersuchungen kaum den fünften Theil des durch alte Halden und Gesteins-Verkommen als im Allgemeinen als erzführend zu präsumirenden Terrains; gerade diejenigen Punkte, auf denen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erhebliche Anbrüche zu er. warten stehen, sind nicht untersucht worden, so besonders die Lager- 39 Jahres-Bericht stätten des Hofinunger Gang-Zuges und die im östlichen Theile des Helener Stollens in ganz flacher Tiefe durchfahrenen Gänge. Der wichtigste, den erzielten Resultaten leider nur allzu sehr ent- sprechende Fingerzeig, dass die an der Südwestgrenze des alten Betriebes belegenen Gänge, wie z. B. der Felix-Gang, schon in geringer Tiefe unter dem Stollen erzleer geworden, die davon weiter nördlich bele- genen in derselben Tiefe erzführend verlassen, die am meisten in die Tiefe verfolgten Erzmittel an der Nordostgrenze des alten Bergwerks- Terrains belegen sind, dass man also im Allgemeinen die Untersuchungen in grösserer Tiefe nicht auf die Südwestseite der alten Baue, wıe ge- schehen, sondern auf die Nordostseite, also nach dem Boberfluss zu und darunter hinweg zu verlegen habe, ist mit Ausnahme der letzten und keineswegs zu einem entscheidenden Ziele geführten Untersuchungs-Ar- beiten unbeachtet geblieben. Schon die Lage des Boberthales in seinem gewundenen, mit den Richtungen der Hauptgang-Züge zusammenfallenden Verlauf und der Umstand, dass dieser Fluss sich gerade diese in so har- tem und widerstandsfähigem Gestein belegene Stelle zu seinem Durch- bruch in das Hirschberger Thal gewählt hat, deuten darauf hin, dass hier eine bedeutende Spalten- und damit zusammenhängende Gangbildung statt- gefunden habe; das Bestreben, mit dem Bergbau sich von dem Bett der Hauptflüsse fern zu halten, ist wenigstens für den Grenzbergbau, ein Vor- urtheil, das einer vergangenen Zeit angehört, wo man über weniger mächtige Elementarkräfte gebot; heute genügen einige Dampfkessel, um diese Schwierigkeiten zu beseitigen. Unter diesen Umständen können noch sehr erhebliche Erzmittel in der Gegend von Kupferberg und Rudelstadt in der Tiefe anstehen, die einen ergiebigen Bergbau möglich machen, ja man kann sagen, dass die Wege, denselben zu versuchen, heute geebneter sind, wie am Beginn der Unternehmungen, deren Einstellung wir Eingangs dieses meldeten. Ob diese Aussicht aber hinreichen werde, um den Anstoss zu neuen Ver- suchs-Arbeiten zu geben, ist nicht mit gleicher Zuversicht zu behaupten; die industrielle Strömung der Gegenwart ist für Projeete, deren Erfolge von vornherein in unbestimmte Zeiten verlegt werden müssen, nicht günstig; und so wird wohl die lebende Generation der Freunde der Naturwissenschaften sich mit dem Andenken dieser nunmehr versiegten Quelle interessanter mineralogischer Vorkommen begnügen müssen. Prof. Dr. Römer berichtete in der Sitzung am 15. Januar über die Auffindung einer sandigen cenomanen Kreidebildung unter dem kalkigen turonen Kreidemergel von Oppeln. Kalkiger Sandstein zu oberst, glauconitischer Sand mit einzelnen Sandsteinlagen in der Mitte und fester Sandstein zu unterst, setzen in der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 33 einer Mächtigkeit von wenigstens 60 Fuss die Bildung zusammen. Von Groschowitz an der Oder lässt sie sich über Grudschütz und Goslawitz bis in die Nähe von Kempa verfolgen und begrenzt so die Partie von turonem Kreidemergel im Süden und Osten. Durch einen Brunnen in Groschowitz ist die unmittelbare und gleichförmige Ueberlagerung der Bildung durch den turonen Kreidemergel festgestellt, Unter den nicht zahlreichen, bisher aus dieser sandigen Schichtenreihe bekannt gewordenen Versteinerungen sind Turrilites costatus und Catopygus carinatus, welche Herr A. Halfar bei Groschowitz auffand, für die cenomane Natur der Ablagerungen am entscheidendsten. Ausserdem wurden nur verkieselte Spongien und einige Pflanzenreste beobachtet. Unter den Sponeien gleicht ein wohlerhaltenes Exemplar von Siphonia pyriformis durchaus den Exemplaren aus cenomanen Schichten Englands. Das Liegende dieser sandigen Schichten ist unbekannt. Wahrscheinlich ruhen sie unmittelbar auf dem Keuper, der bei Dembio in nicht grosser Entfernung anstehend gekannt ist. Die nächstliegenden cenomanen Schichten sind die zwischen Leobschütz und Neustadt und namentlich bei Hotzenplotz in mehreren kleinen Partien hervortretenden weissen Sande mit Exogyra columba und Protocardia Hillana. Das geognostische Niveau dieser letzteren Schichten ist anscheinend ein etwas tieferes, als dasjenige der Ablagerung bei Oppeln. Derselbe Vortragende legte dann die drei neu erschienenen Sec- tionen Woischnik, Guttentag und Creutzburg seiner geognostischen Karte von Oberschlesien vor. Die Section Woischnik zeigt von diesen die grösste Mannigfaltigkeit der geognostischen Verhältnisse. Das nördliche Ende des bemerkenswerthen zwischen Krakau und Czenstochau sich er- streckenden jurassischen Höhenzuges ist hier in seiner Zusammensetzung aus den verschiedenen Gliedern der Jura-Formation, und in seiner Zer- theilung in einzelne Erhebungen durch die mit Diluvial-Sand erfüllten Thäler zum ersten Male in grösserem Maassstabe graphisch dargestellt worden. Da die vier Sectionen Gleiwitz, Loslau, Königshütte und Pless bereits vor längerer Zeit erschienen sind, so bleiben von den 12 Sec- tionen der ganzen Karte noch die Sectionen Namslau, Brieg, Leobschütz, Troppau und die Titelblatt-Seetion mit der Farbenerklärung zu publieiren übrig. Diese Sectionen sind in der Aufnahme vollendet und zum Theil schon in der Ausführung im Farbendruck begriffen, so dass mit Ende dieses Jahres das ganze Kartenwerk wird zum Abschluss gebracht wer- den können. Derselbe berichtete endlich über mehrere andere neuerlichst er schienene geognostische und paläontologische Schriften, und zwar: 3 24 Jahres-Bericht 1) Leopold von Buch’s gesammelte Schriften. Heraus- gegeben von ). Ewald, J. Roth und H. Eck. Erster Band mit 13 Tafeln. Berlin, Georg Reimer, 1867. Es erschien als eine Pflicht der Pietät gegen den grossen deutschen Gebirgsforscher, dass seine in sehr verschiedenen und zum Theil schwer zugänglichen Zeit- schriften zerstreuten Schriften in einem Gesammtwerke vereinigt wurden, welehes dann auch als eine Hauptquelle für die Geschichte der Geognosie sich gestalten musste. Der Plan zu einem solchen wurde bald nach sei- nem im Jahre 1853 erfolgten Tode entworfen. Verschiedene Umstände haben die Ausführung desselben bis jetzt verzögert. Der jetzt vorlie- gende erste Band begreift die frühesten Schriften L. v. Bueh’s. Die- selben haben eın besonderes Interesse für Schlesien, da sich die meisten auf diese Provinz beziehen. Der Versuch einer mineralogischen Beschrei- bung von Landeck (1797), die Beschreibung des Buchberges bei Landes- hut und der Aufsatz „Ueber die Gebirgsart des Zobtenberges“, gehören zu den ersten Publicationen des Meisters. Eine geistvolle und vortreff- lich geschriebene Lebensbeschreibung L. v. Buch’s von J. Ewald, der, dem Verstorbenen durch vieljährigen Verkehr nahe stehend, zu der Ab- fassung einer solchen vorzugsweise berufen war, steht dem Bande voran. Mögen die anderen Bände des auch äusserlich vorzüglich ausgestatteten Werkes dem ersten bald nachfolgen. 2) Geologische Kaart van Nederland, verwaardist door Dr. W. ©. Staring. Haarlem, 18535—1867. Dieses auf Kosten der niederländischen Staatsregierung im Maass- stabe von z655000 ausgeführte grosse Kartenwerk, welches seit 1858 in einzelnen Lieferungen erschien, ist nun mit dem 27. Blatte zum Abschlusse gebracht. Staring hat sich durch dasselbe ein bleibendes wissenschaft- liches Verdienst erworben. Die auf dieser Karte zum ersten Male für einen grösseren Landstrich durchgeführte Unterscheidung zahlreicher ein- zelner geognostischer Glieder in den bisher wenig beachteten losen Ab- lagerungen des Diluvium und Alluvium giebt derselben ihren eigenthüm- lichen Werth und sichert derselben namentlich auch einen maassgebenden Einfluss als Vorbild für die geognostische Aufnahme unseres norddeut- schen 'Tiellandes. 3) Beitrag zur Kenntniss der jüngsten Ammoneen Nord- Deutschlands von Dr. Clemens Schlüter. 1. Heft. Ammonites der Senon-Bildungen. Bonn, 1867. In den jüngsten oder Senonen-Kreide-Bildungen ist die Gattung Am. monites, dem Zeitpunkte ihres völligen Erlöschens nahe, nur noch durch wenig zahlreiche und gewöhnlich auch nur mit geringer Häufigkeit der Individuen auftretende Arten vertreten. Die in den Senonen-Schichten Norddeutsehlands vorkommenden Arten sind bisher nur sehr unvollständig bekannt gewesen, Herr Dr. Schlüter, der sich seit einer Reihe von der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 35 Jahren mit den organischen Einschlüssen in den Kreidebildungen seiner Heimath Westfalen eingehend beschäftigt hat, sucht in der gegenwärtigen Schrift diese Lücke auszufüllen. Er beschreibt in derselben eine Reihe von Arten, welche entweder ganz neu und durch den Verfasser jüngst aufgefunden sind, wie der schöne mit einer doppelten Reihe grosser Sägezähne auf dem Rücken gezierte Ammonites Coesfeldiensis, oder bisher nur unvollständig gekannt und beschrieben waren. Die sorgfältigen Be- schreibungen werden durch die in der lithographischen Anstalt von A. Henry in Bonn vortrefflich ausgeführten Tafeln erläutert. Weitere Hefte, für welche das Material bereits durch den Verfasser vorbereitet ist, werden in Aussicht gestellt. Am 27. Mai berichtete Herr Prof. Dr. Römer unter gleichzeitiger Vorlegung von Exemplaren über die Auffindung von Graptoliten in schwarzen Kieselschiefern bei Willenberg unterhalb Schönau im Katz.bach- Thale. Die Fundstelle ist ein kleiner, auf dem linken Ufer des Flusses gelegener Steinbruch, in welchem Wegebau-Material für die neue von Schönau im Katzbach-Thale abwärts führende Landstrasse gewonnen wird. Die Erhaltung der auf den Schieferungsflächen der kohlschwarzen, in Thonschiefer übergehenden Kieselschiefer liegenden Graptoliten ist sehr unvollkommen, jedoch genügend, um ihre Natur als solche sicher festzu- stellen. Am häufigsten ist eine gradlinige Art der Gattung Monoprion, welche ganz einer auch bei Lauban häufigen Art gleicht und wie diese vielleicht zu den M. Beckii gehört. Ausserdem wurden zwei Exemplare einer von M. convolutus spiral aufgerollten Art beobachtet. Das Vorkom- men der Graptoliten an dieser Stelle ist nicht nur für das silurische Alter der hier auftretenden Kieselschiefer beweisend, sondern auch für die Altersbestimmung des ganzen nördlich und nordöstlich von dem Hirsch- berger Thale sich verbreitenden Thonschiefer-Gebirges von Wichtigkeit. Zunächst ist für alle anderen, dem T'honschiefer untergeordneten Partien von Kieselschiefer, nachdem schon früher an mehreren Punkten nördlich von Görlitz und anderer Seits bei Herzogswalde unweit Silberberg die Kieselschiefer als Graptoliten führend erkannt wurden, mit Wahrschein- lichkeit gleichfalls ein silurisches Alter anzunehmen. Da ferner die Kie- selschiefer mit dem sogenannten Urthonschiefer anscheinend einem und demselben Schichtensystem angehören, so würde daraus ein gleichfalls silurisches Alter auch der Thonschiefer folgen. In der That haben sich ja in dem Eisenbahneinschnitte bei Lauban schon die Graptoliren in einem schwarzen Thonschiefer gefunden. Zunächst wird man zu weiterer Auf- klärung der Frage auch in den übrigen Kieselschiefer-Partien nach Grap- toliten zu suchen haben. I 36 Jahres-Bericht Derselbe legte in der Sitzung am 9. December ein Exemplar der gerade im Farbendruck vollendeten und demnächst im Buchhandel aus- zugebenden Section Brieg (Blatt Nr. 4) der geognostischen Karte von Oberschlesien vor. Dieselbe begreift ausser der die nordwestliche Ecke einnehmenden Gegend von Brieg die Umgebungen von Carlsruhe, Löwen, Grottkau, Falkenberg, Proskau und Oppeln. Die nördliche Hälfte dieser Section ist von einförmiger geognostischer Zusammensetzung, da sich hier aus der herrschenden Diluvial-Bedeckung nur an einzelnen Punkten, wie namentlich in den Umgebungen von Carlsruhe, Brieg und Löwen einzelne Partien thoniger Tertiär- Ablagerungen hervorheben. Die südliche Hälfte zeigt dagegen eine grössere Mannigfaltigkeit der geognostischen Verhält- nisse. In dieselben fallen namentlich die Kreidebildungen der Gegend von Oppeln. Ausser dem längst bekannten weissen turonen Kreidemergel ist hier auch die Verbreitung der erst in den letzten Jahren aufgefun- denen sandigen cenomanen Ablagerungen zum ersten Male verzeichnet. Dieselben bilden einen schmalen Streifen im Süden und Osten der Haupt- partie des turonen Kreidemergels bei Oppeln. Auch eine senone d. i. der obersten Abtheilung der Formation angehörende Kreidebildung ist in jüngster Zeit durch Herrn A. Halfar unweit Oppeln aufgefunden und ist auf der Karte angegeben. Es sind graue sandige Mergel mit dünnen Platten von mürbem glauconitischen Sandstein, welche bei Dambrau und Sokollnik, eine Meile westlich von Oppeln, ein Paar beschränkte Partien bilden. Baculites anceps und Calianassa Faujasü beweisen die Zugehörig- keit zu der senonen Abtheilung der Formation. Derselbe Vortragende berichtete ferner über die Erwerbung von Resten fossiler Wirbelthiere, welche das mineralogische Museum der königl. Universität in jüngster Zeit gemacht hat. Herr Partieulier Jä necke hierselbst übergab dem Museum als werthvolles Geschenk einen in der Prosna, 3 Meilen oberhalb ihres Einflusses in die Wartha, zwi- schen den Dörfern Prusinow und Szymanowice gefundenen Schädel des Bos primigenius, des mächtigen Urstiers, der eines der verbreitetsten T'hiere der Diluvial-Zeit sehr wahrscheinlich noch im früheren Mittelalter in Deutschland wild gelebt hat. Durch die Liberalität des Herrn Ober- förster v. Pannewitz in Panten bei Liegnitz erhielt das Museum einige aus dem Nachlasse des Vaters, des verstorbenen Ober-Forstmeisters v. Pannewitz, herrührende Knochen fossiler Wirbelthiere. Darunter befinden sich namentlich einige sehr grosse Schenkelknochen von Elephas primigenius aus der Provinz Ostpreussen. Dann auch ein an den Ufern der Wisloca im Kreise Tarnow in Galizien sefundener Schädel des Bos priscus, des mit dem Auerochsen nahe verwandten, aber denselben an Grösse bedeutend übertreffenden zweiten stierartigen Thieres der Diluvial- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 97 Zeit, dessen Ueberreste im Ganzen viel seltener, als diejenigen des Bos primigenius vorkommen. Endlich legte Herr Prof. Römer einige Quarzgerölle mit Eindrücken vor, welche durch Herrn Obersteiger Völkel bei Kohlendorf in der Grafschaft Glatz bei dem Abteufen eines Schachtes in einem Kiesel-Con- glomerate des Steinkohlengebirges gefunden und durch Herrn Bergmeister Schütze in Waldenburg dem Vortragenden mitgetheilt wurden. Die bei den mit solehen Eindrücken versehenen häufigen Geröllen von Kalkstein zulässige Annahme einer chemischen Einwirkung zur Hervorbringung der Eindrücke scheint bei diesen Quarzgeröllen durch die Natur des Gesteins ausgeschlossen zu sein. Die schon vor einer längeren Reihe von Jahren durch Beinert beschriebenen gequetschten Quarzkiesel des Kiesel-Con- glomerats bei Charlottenbrunn zeigen auch zuweilen einen dem convexen Theile des angrenzenden Geschiebes entsprechenden Eindruck, aber dann ist das Quarzgerölle stets zugleich auch gequetscht und in mehrere durch Risse getrennte Stücke zersprengt. Die fraglichen mit Eindrücken ver- sehenen Gerölle von Kohlendorf sind nicht in solcher Weise zersprengt, sondern erscheinen übrigens unversehrt. Herr Dr. Fiedler theilte in der Sitzung am 24. Juni Bemerkungen über das Benzin und einige Mineralien mit: Dr. Nauyn in Berlin hat vor einiger Zeit nachgewiesen, dass Benzin die Umwandlung der Stärke in Kohlensäure und Zucker hindere. Hier- mit steht in Verbindung, dass die Nähe von Asphalt-Dächern die Gährung der Maische in Brauereien wesentlich beeinträchtige, Letzteres ist hier in Breslau in der Friebe’schen Brauerei beobachtet worden, wo in der Nähe einer Malzdörre eine Niederlage von Dachpappen sich befindet. Die Gerste ist schwer zur Keimung und zur Gährung zu bringen. Wir sehen daraus, dass wahrscheinlich alle Zersetzungsproducte des Asphalts gährungshemmend sind. Jedenfalls verbreitet sich durch die Einwirkung der Sonnenwärme auf das Asphalt Benzin. Der Vortragende legt Vesuv-Lava von dem Ausbruche des Vesuvs im Jahre 1868 vor und zwar als Medaillon, auf welchem das Bild Gari- baldi’s und die Jahreszahl 1868 sich hefindet. Die Lava besteht wie die früheren Vesuv-Laven aus Leucomelan. Sodann wurden verschiedene neue Vorkommen von Mineralien in Schlesien vorgelegt, und zwar hauptsächlich von Göppersdorf bei Strehlen und vom Költschen-Berge bei Zobten. An ersterem Orte kommen unter Anderem vor: Gut krystallisirter semeiner Granat, Schwefelkies, Magnetkies, Massen von opal- und chal- cedonähnlichen Mineralien. Der Vortragende zeigte ferner Kalkspath von Conradswaldau bei Landeshut, der dort am grossen Vogelsberge im Me- 38 Jahres-Bericht laphir vorkommt, Talk vom Költschenberge, ein eigenthümliches Gestein von Hohengiersdorf bei Schweidnitz, das im Gneus lagert und äusserlich dem Broneit ähnlich sieht, und eine nähere Untersuchung verdient. Die Mineralien sind von Herrn Leisner in Waldenburg gesammelt worden. Der Vortragende zeigte ferner Proben von dem weltberühmten feuer- festen Thone, welcher sich bei Stourbridge in der englischen Grafschaft Worcestershire (dieht an der Grenze von Staffordshire) findet. Das Lager nat eine Ausdehnung von etwa 2 Meilen in der Länge und streicht in scharfer Richtung aus einer nicht genau bekannten Tiefe bis an die Erdoberfläche, wo es früher zu Tage ausging. An dieser Stelle ist es aber schon ganz abgebaut. Die Kohlenformation bricht 16 Yards über dem Thone durch (Yard = 3 englische Fuss). Die Thone gehören der Steinkohlen-For- mation an, über der Steinkohle liegt der rothe Sandstein der Engländer (Rothliegendes), welcher in der ganzen Gegend die herrschende Forına- tion ist. Das Thonlager hat eine durchschnittliche Mächtigkeit von 5 Fuss. Hierauf zeigte der Vortragende die sogenannten Gosens der Eng- länder. Diese befinden sich im Hangenden der Zinnbergwerke in Corn- wallis. Das Zinn kommt bekanntlich dort in Gängen und Nestern im Granit vor. Die Gosens sind goldhaltig und werden in England an ver- schiedenen Stellen auf Gold verarbeitet. Endlich legte derselbe 2 grosse Photographien vor, welche der Photograph Leisner in Waldenburg von Exemplaren von Ulodendron abgenommen hat und die sich durch Schärfe und grosse Correetheit aus- zeichnen. Der Preis einer Photographie beträgt 15 Ser. In der Sitzung am 22. April hielt Herr Prof. Dr. Cohn folgenden Vortrag: Veber Entstehung der Steinkohle aus Seetang. Nach der gegenwärtig in der Wissenschaft herrschenden Auffassung, die sich hauptsächlich auf Göppert’s Forschungen gründet, ist die Steinkohle das Product von Land- und Sumpfpflanzen, welche ausschliess- lich in einer vergangenen, uralten Erdepoche lebten und nicht blos in den Arten und Gattungen längst ausgestorben sind, sondern grösstentheils selbst in den Formen von allen Gewächsen der Jetztzeit abweichen. Sie gehörten sämmtlich den höheren Kryptogamen und den Gymnospermen an, welche die Brücke zwischen den Kryptogamen und Phanerogamen bilden, und standen unsern Farnen, Schachtelhalmen, Bärlappen und Nadelhölzern am nächsten. Ihre Stengel und Wurzeln wurden nicht von weither zusammengeschwemmt, sondern verkohlten an Ort und Stelle, wo sie gelebt, und zwar nicht durch Feuer, sondern unter Wasser, ver- modert bei starkem Druck im Verlauf ungezählter Jahrtausende. . der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 39 Dieser Darstellung gegenüber hat Herr Mohr in neuester Zeit in mehreren Aufsätzen, welche in den Verhandlungen des naturforschenden Vereins für Rheinland und Westphalen abgedruckt sind, so wie in seiner „Geschichte der Erde“ die Behauptung vertheidigt, die Steinkohle sei keine Festlands-, sondern eine Meeresbildung, entstanden aus Seetangen, welche von den Küsten durch Strömungen fortgerissen, an bestimmten Stellen des Meeres versunken und auf dem Grunde vermodert seien. Die von Göppert und Anderen in der Steinkohle und den darüber lie- genden Schiefer- und Sandsteinschichten aufgefundenen Abdrücke von Landpflanzen seien vom Festlande angeschwemmt und von der sich zu Kohle umwandelnden Tangmasse eingeschlossen worden, hätten aber nicht selbst die Kohle gebildet. Es ist nicht unsere Aufgabe, hier die geognostischen und paläonto- logischen Gründe, welche die Kohle als Festlandsbildung bezeichnen, zu wiederholen; nur die botanischen und chemischen Betrachtungen, auf welche Mohr seine Theorie begründet hat, sollen hier einer Kritik unter- worfen werden. Offenbar die schwächste Seite von Mohr’s Darstellung ist die che- mische, da sie von einer ungenügenden Kenntniss der Chemie der Kohlen- hydrate zeugt. Mohr behauptet, die Steinkohle kann unmöglich von Landpflanzen erzeugt sein, da diese sämmtlich aus Holzfaser be- stehen; Holzfaser aber sei ein unzerstörbarer Körper, der niemals zu structurloser Kohle werden könne. Dagegen sollen nach Mohr die See- tange, wie auch andere Wasserpflanzen, z. B. die sogenannte Wasserpest (Anacharis Alsinastrum aut.) nicht aus Holzfaser, sondern aus einem schlüpfrigen Stoff bestehen, der bei der Verwesung in eine weiche schlei- mige durchaus formlose Masse sich umwandle und eine schmelzbare Kohle gebe. Diese ganze Darstellung ist ein Gemisch von halbrichtigen und un- richtigen Thatsachen und reinen Fietionen. Mohr verwechselt offenbar unter der Bezeichnung „‚Holzfaser‘‘ zwei verschiedene Dinge; er versteht darunter bald die im gemeinem Leben wohl als Holzfaser bezeichneten Pflanzengewebe, welche in der Wissenschaft den Namen der Gefässbündel (Holzzellen und Gefässe) führen; diese fehlen allerdings den Algen, wie überhaupt den niedersten Pflanzen bis zu den Moosen aufwärts. Bald wieder versteht Mohr unter „Holzfaser‘‘ den Körper, welcher in der Wissenschaft als „Zellstoff oder Cellulose‘ bezeichnet wird; dieser Zellstoff ist zwar in der Leinwandfaser, nicht aber im Buchen- und Eichen- holz, wie Mohr meint, in grösster Reinheit vorhanden, dort vielmehr mit Holzstoff oder Lignose verunreinigt, welche daher erst entfernt werden muss, wenn das Holz zur Papierfabrikation benutzt werden soll; dagegen fehlt dieser Stoff keineswegs der Anacharis Alsinastrum, noch auch den schwimmenden oder im Boden wurzelnden phanerogamischen Wasser 40 Jahres-Bericht Pflanzen, ebenso wenig auch den Algen; vielmehr ist Zellstoff das Ma- terial, aus welchem alle Zellenwände aller Pflanzen aufgebaut sind. In den Pflanzen kommt der Zellstoff allerdings nur in Membranform vor und zeichnetssich durch seine ausserordentlich langsame Verwesbarkeit, und gegen mechanische Abnutzung, kochendes Wasser und atmosphärische Einwir- kungen fast unzerstörbare Unveränderlichkeit aus, wie dies am auffallend- sten seine Jahrtausende lange Conservirung in der Leinwand und im Papier erweist. Nur von der in Kupferoxydammoniak gelösten Cellulose ist bekannt, dass dieselbe durch Säuren als stracturlose Gallert aus- gefällt werden kann. Bei vielen Landpflanzen finden wir aber auch Zell: membranen, deren Zellhaut durch Kochen, und selbst im kalten Wasser aufquillt, und knorpel-, gallert-, oder selbst schleimartig wird, sich sogar unter Umwandlung in Gummi und Zucker völlig auflöst, wie dies für den Tragant, den Salep, die schleimgebenden Samen und andere Pflanzen- schleime und Gummate in neuester Zeit nachgewiesen worden ist. Alle Zellmembranen ohne Ausnahme werden durch Schwefelsäure und andere chemische Reagentien aufgequellt und in knorpelartige Beschaffenheit ver- setzt, wie dies bei der Fabrikation des Reagenzpapiers practisch benutzt wird. Bei längerer Einwirkung der Säuren werden alle Zellmembranen in Dextrin und Glaucose umgewandelt und alsdann völlig aufgelöst. Die Membran vieler, vielleicht der meisten Seetange (Ectocarpus, Enteromorpha, Callithamnion ete.) ist von dem gewöhnlichen Zellstoff der Land- und Süsswasserpflanzen offenbar nicht im Geringsten verschieden. Bei einigen braunen und rothen Seetangen (Fucaceen und Florideen) haben die Zellhäute allerdings das Eigenthümliche, dass sie ähnlich den Tragant- zellen und Quittensamen, beim Kochen durch Wasseraufnahme leicht be- deutend aufquellen und sich in Gallert oder Schleim umwandeln; hierauf beruht unter Andern die Benutzung des Knorpeltang, Chondrus erispus, zu den schleimigen Suppen des sogenannten isländischen Carragheen-Mooses. Einige Meertange bestehen aus Zellen, deren Häute schon im lebenden Zustande zu schlüpfrigem Schleim aufquellen, oder sich ganz und gar im süssen Wasser lösen. So verhalten sich die Laminarien der nordischen Meere, wie die mit ihnen verwandten viele Ellen lange Seebindfaden (Chorda Fium) sowie die Gelatine liefernden Tange, welche auf den Märkten von Java, China und Japan als allbeliebtes Volksnahrungsmittel verkauft werden (Sphaerococeus lichenoides; Capea, Gelidium); dagegen ge- stattet bei Fucus, Demarestia und den allermeisten braunen und rothen See- algen die knorpliche oder lederartige Beschaffenheit des Laubes keine Umwandlung in Schleim. Aber die grössere oder geringere Leichtigkeit, mit welcher die Zellen gewisser Pilanzen und zwar eben sowohl auf dem Lande als im Meere aufquellen oder sich auflösen, steht offenbar in gar keiner Beziehung zur Umwandlung derselben in Kohle. Denn bei der Verkohlung muss offen- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 41 bar der entgegengesetzte Process stattgefunden haben, wie bei der Um: wandlung in Schleim und Zucker; im letzteren Falle eine Verflüssigung, verbunden mit sehr reichlicher Wasseraufnahme, im ersteren hingegen Abgabe nicht blos des in der Membran hygroskopisch enthaltenen, son- dern zum grossen Theil auch des chemisch mit der Kohle verbundenen Wassers, und gleichzeitig eine starke Verdichtung der Substanz. Da uns nun alle speciellen Bedingungen, durch welche vegetabilisches Zellgewebe in strueturlose, schmelzbare Steinkohle sich verwandelt, noch unbekannt sind, so lässt sich auch nicht behaupten, dass die in süssem Wasser quellbare Cellulose gewisser Tange sich leichter dazu eigne, als der nur in Säuren quellende Zellstoff der meisten Landpflanzen. Dass jedoch auch der letztere zu structurloser Kohle werden kann, ist durch die Ver- hältnisse der dichten Braunkohle, gewisser Torfe und des Humus wohl ausser Zweifel. Anders stellt sich die Frage, wenn wir untersuchen, ob es aus bota- nischen Gründen wahrscheinlich sei, dass Seetange das Material zur Bil- dung der Kohlenflötze geliefert. Da wir die Verhältnisse der Algenflora zur Zeit der Steinkohlenperiode nicht kennen, so lässt sich die Frage nur so erörtern: Bilden in der Gegenwart Seetange Anhäufungen oder Ablagerungen, welche der Steinkohle vergleichbar, oder von denen doch mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuthet werden darf, dass sie zu Kohle werden können? Zur Beantwortung dieser Frage können allerdings von mir nur Beob- achtungen aufgestellt werden, welche ich in den verschiedenen europäi- schen Meeren, der Ostsee, Nordsee, der Schottischen See, der Adria und dem Mittelmeer in Bezug auf ihre Algenvegetation angestellt habe. Zu- nächst ist der gewöhnliche Irrthum zu berichtigen, als ob überhaupt im Meere Algen wachsen; die Seetange haben ihre Heimath eben so wenig im Meere, als etwa die Vögel in der Luft; sie wurzeln auf dem Meeresgrunde und unterscheiden sich von den Landpflanzen eben nur dadurch, dass diese die zu ihrer Ernährung erforderliche Kohlensäure aus der Atmosphäre, jene sie aus dem Meerwasser entnehmen. Nur los- serissene Zweige einzelner Tangarten schwimmen mit Hülfe von Schwimm- blasen auf der Oberfläche des Meerwassers, spriessen auch wohl eine Zeit lang, tragen aber in soleh abnormen Verhältnissen keine Frucht und gehen früher oder später zu Grunde. Der Meeresgrund ist aber keineswegs überall mit Algen bewaclısen; die Ausdehnung vegetationsleerer Wüsten ist auf dem Meeresboden viel grösser, als auf dem Festlande. Der Meeresboden ernährt Tange nur, wenn er felsig; er ist fast ohne Algen, wo er aus Sand oder Schlamm be- steht. Ausserdem gedeihen die Algen nur in einer gewissen, müssigen Tiefe, die zwar bei verschiedenen Arten verschieden ist; im Allgemeinen kann man jedoch annehmen, dass eine reichere Tangvegetation sich 49 Jahres-Bericht nur auf flachen Riffen, oder am felsigen Strande in solcher Tiefe ent- wickelt, die von der regelmässigen Ebbe oder doch zu Springzeiten völlig trocken gelegt, oder nur von einer mässigen Wasserschicht überlagert ist. Die grossen Tange der Nordsee, Fucus und Laminarien, gedeihen nur innerhalb oder nächst an der untersten Grenze der Ebbe; die 1 bis 2 Fuss langen Fucus treten zugleich gesellig so massenhaft auf, dass sie mit den Kräutern unserer Wiesen verglichen werden können; die Lami- narien, die Riesen unter den europäischen Algen, erreichen sogar eine Länge von 10 bis 20 Fuss, so dass sie der Höhe eines niedern Busch- waldes gleichkommen; ein Seetang, der sich mit einem Baume verglei- chen liesse, existirt in Europa nicht, daher man auch nicht von Wäldern des Meeres in unserm Welttheil sprechen kann; selbst die Fucuswiesen und das Laminariengebüsch entwickeln weit weniger Pflanzensubstanz, als die analogen Formationen des Festlandes, da das wasserreiche Ge- webe der Seetange beim Trocknen sehr bedeutend zusammenschrumpft. In grösseren Tiefen kommen nur niedrige, kaum spannenhohe, dabei haarfeine und zarte Tange (meist rothe Florideen) fort, auch diese nicht rasenbildend, sondern meist vereinzelt, auf den am Grunde liegenden Steinblöcken wurzelnd, etwa wie die Alpenpflanzen auf den Felsen der höheren Gebirge; das tiefe Meer ist auf seinem Grunde ganz frei von Vegetation, oder es ernährt (zwar keine Moose und Flechten, wie Mohr meint) aber doch Krustenalgen von verkalktem Bau, in der Form den Krustenflechten der Alpengipfel vergleichbar. Den südlichen Meeren Europas fehlen sogar die Wiesen der grossen geselligen Fucus und Laminarien; die Stelle der erstern nehmen die zar- teren, höchstens fusslangen Cystosiren ein; die übrigen Tange des Mittel- meeres sind weit kleiner, nur spannenlang, dabei weit spärlicher ent- wickelt; grosse Strecken des Meergrundes sind ganz ohne Algenwuchs; die Korallen verdrängen allmählich die Vegetation, wie schon die blaue Grotte in Capri keine Spur von Algen, sondern nur Korallenpolypen ernährt. Die Meere der Tropen beherbergen nach der neuesten Bearbeitung von Martens nur ungesellise und kleine Algen; die grössten sind nicht über 3 Fuss, 90) noch nicht einen Fuss lang; auch in den tropischen Meeren giebt es keine Tangwiesen, wie in der Nordsee; dabei fehlen alle derberen massenbildenden Arten; viele tropische Algen sind verkalkt und ähneln den nur in dieser Zone Riffe und Inseln aufbauenden Korallen- stöcken. Es fehlt daher in der heissen und in der gemässisten Zone jegliches Material zu einer massenhaften Aufhäufung von Algen, wie sie zur Bildung von Kohlenlagern vorausgesetzt werden müsste. Hierzu kommt die relativ geringe Tiefe des Meeresgrundes, auf wel- chem die Algen wurzeln; er ist den Einflüssen der Gezeiten, der Wellen und Stürme ausgesetzt, daher fortdauernd bewegt und aufgerührt, so dass Eh "ah der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 43 selbst die mit zahlreichen Wurzeln an Felsen festgekrallten Tange sammt den daran hängenden Gesteinen losgerissen werden, abgestorbene Alsen- theile aber sich nirgends ablagern können. Nirgends, so weit der Meeres- srund durch das Schleppnetz von mir oder Andern untersucht wurde, hat sich auf demselben auch nur eine Spur von Humusbildung, geschweige denn kohlenartige Aufhäufung von Algen gefunden. In sehr grossen Tiefen wird zwar der Meeresgrund nicht mehr durch die Wellen auf- gewühlt, und es könnten möglicherweise sich hier organische Reste ruhig ablagern; da aber auf dem hohen Meere überhaupt keine Algen wachsen, so ist es erklärlich, dass die in neuerer Zeit von so vielen Punkten des Meeresgrundes aus den verschiedensten Tiefen heraufgeholten Grund- proben immer nur Sand, Schlamm (d. h. zerriebenen Quarz, Kalk- und Thonpartikeln), Schalen von mikroskopischen Kiesel- und Kalkorganismen, von Diatomeen und Foraminiferen, aber niemals Algen, oder deren Hu- mus zu Tage gefördert haben. Auf den Strand werden an den nordischen Seeküsten oft grosse Quantitäten Seetang ausgeworfen, die vom Meeresgrunde durch die Wellen losgerissen wurden; so imponirend diese Massen sind, so erscheinen sie doch im Grossen und Ganzen unbedeutend, wenn man bedenkt, dass an den meisten Küsten, namentlich den südlichen, solche Auswürfe fehlen, oder doch unbedeutend sind; nur an einzelnen Riffen, Inseln, Land- zungen etc. werden in Folge localer Strömungsrichtungen alle, vielleicht auf meilenweitem Seegrunde ausgerissenen Tange zusammengespült. Aber auch diese ausgeworfenen Tangmassen bilden niemals Humus; der grösste Theil wird von der Fluth wieder in’s Meer zurückgeholt; der Rest wird auf dem Strande mit Sand überschüttet und ist in kürzester Zeit spurlos verwest. Daher enthalten die angeschwemmten Sandbänke und die Dünen, obwohl sie bei ihrer Entstehung grosse Massen von Seetang einschlossen, schon nach kurzer Zeit keine Spur mehr davon und be- stehen aus reinem Sand ohne organische Reste. So zeigt die Beobachtung, dass in dem ungeheuren Gebiete zwischen den beiden Polarkreisen weder der Meeresgrund noch der Strand Be- dingungen zur Anhäufung grosser Massen von Algen, noch weniger zu ihrer Umwandlung in Koble darbietet. In den Polarmeeren erreichen allerdings die Seetange das Maximum ihrer Grösse; hier bilden sie Wälder, die denen des Festlands vergleichbar sind; die Laminarien des nördlichen Eismeeres werden bis 30 Fuss lang die Nereoeystis Lütkeana der Behringsstrasse trägt sogar auf 270 Fuss langem Stengel Blätter von 27 Fuss Länge, getragen von einer 6 Fuss langen Schwimmblase; wohl eben so gross werden die Algen des Süd- polarmeeres, die Lessonien, Durvilleen und Macroeystis, wenn auch die Angaben ihrer Dimensionen meist übertrieben werden. Gleichwohl glau- ben wir nicht, dass auch diese Tange wirkliche Kohlenablagerungen in 44 Jahres-Bericht der Meerestiefe bilden, da die Bewegung des stürmischen und seichten Eismeeres schwerlich solehe am Grunde gestattet; jedenfalls ist eine der- artige Verkohlung noch niemals beobachtet worden. Dass aber die Stein- kohlen überhaupt nicht in polaren Meeren entstanden sein können, ist schon durch die in ihnen enthaltene Landflora erwiesen, die ein warmes, oder doch ein gemässigtes Klima erforderte. Es bleibt nur noch das räthselhafte Verhältniss des Sargassomeeres, das auch durch die neuesten Untersuchungen noch nicht hinlänglich auf- geklärt ist. Bekanntlich ist nachweislich schon seit Jahrhunderten die unendliche Meeresfläche, welche zwischen den Azoren und den Inseln des mexicanischen Golfes sich ausbreitet, von einer einzigen Algenspecies, dem Sargassum bacciferum Ag. bedeckt, deren wurzellose, am Grunde ab- gerissene Büsche von den Kämmen der Wellen getragen werden, durch zahllose erbsengrosse Luftblasen schwimmend erhalten. Da das Sargassum nie fruchttragend beobachtet worden, so lässt sich auch nicht sicher angeben, von welcher Küste diese Tange losgerissen sind; der ganze Bau derselben, wie die Anlage der sehr zahlreichen, aus Ostindien bekannten Sargassum-Arten, beweist, dass dieselben, wie unsere Fucus, ursprünglich auf flachen Felsriffen wurzelten; da aber das Meer in der Nähe nirgends niedrige Steilküsten zeigt, so werden wir mit Nothwendigket zu der Annahme gedrängt, dass constante Meeres - Strömungen jene Tangmassen aus weiter Ferne zusammengeschwemmt haben; nach neueren Vermuthungen ist die Urheimath dieser Alge an der Ostküste von Afrika, etwa in Madagaskar, zu suchen, doch hat noch Niemand das Sargassum bacciferum auf seinem natürlichen Standort gefunden. Was ist nun das Schicksal der zahllosen Exemplare, welche in der „Krautsee“ seit unendlichen Jahren umher- fluthen? Möglich, dass sie früher oder später an der Oberfläche verwesen und sich im Wasser auflösen; möglich freilich auch, dass sie nach einiger Zeit auf den hier ausserordentlich tiefen Meeresgrund versinken, und so wäre es immerhin auch möglich, dass sie im Laufe der Jahrtausende bergetiefe Ablagerungen bilden, dass sie unter dem hohen Wasserdruck und geschützt vor dem zersetzenden Einfluss des atmosphärischen Sauer- stoffs selbst zu torfartigen Massen vermodern könnten. Aber eine solche Annahme schwebt in der Luft, so lange nicht durch irgend eine Meeressondirung erwiesen ist, dass auf dem Grunde der Krautsee wirklich kohlenartige Tanglager ruhen; die bisher untersuchten Proben aus dieser Gegend haben nichts davon zu Tage gefördert. Es ist daher der Wissenschaft bis jetzt keine, irgend sichere Thatsache bekannt, welche die Entstehung der Steinkohle aus Seealgen wahrscheinlich macht, während im Gegentheil jedes beliebige Kohlenstück mit seinen Abdrücken von Stigmarien, Sigillarien, Farren, Lepidoden- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 45 dren, Calamiten und Araukarien ihren Ursprung aus Landpflanzen vor Augen führt. Am 28. October 1868 sprach Herr Dr. med. Heller über die diesjährige Naturforscher-Versammlung in Dresden. Vom 18. bis 24. September d. J. tagte zu Dresden die 42. Ver- sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Angeregt durch Oken versammelte sich am 18. September 1822 ein kleiner Kreis von Gelehrten in der Leipziger Pleissenburg, mit dem Vorsatze, dem Studium der Natur immer mehr Freunde zu erwecken und sich alljährlich zu derselben Zeit an einem das Jahr vorher gewählten Orte zusammenzufinden. Die Theil- nahme an diesen Bestrebungen steigerte sich im Laufe der Zeit so sehr, dass in diesem Jahre 1132 Mitglieder nicht blos aus allen Gauen Deutsch- lands, sondern auch aus fernen Ländern in Dresden zu der bisher gröss- ten Naturforscher-Versammlung vereint waren. Die Gesellschaft für Na- tur- und Heilkunde hatte ihr eine zur Feier ihres 50jährigen Bestehens herausgegebene Denkschrift mit werthvollen Abhandlungen gewidmet. Der ehrwürdige Nestor der deutschen Aerzte und erster Geschäftsführer, Geh. Rath Dr. Carus, begrüsste sie mit einer gedruckten Ansprache, worin er, die Geschichte der Menschheit mit dem Laufe grosser Ströme vergleichend, ihren Ursprung aus der Höhe ableitete und den Wunsch aussprach, die Versammlung möge auch diesmal das Calturleben der Gegenwart und das Fortschreiten der Wissenschaft fördern. Hofrath Dr. Schlömilch eröfinete am 18. September kurz nach 10 Uhr die Ver- sammlung, welcher der Kronprinz und Prinz Georg von Sachsen von An- fang an beiwohnten, und in welcher kurz darauf der König erschien, Nach einer mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Begrüssung durch den Staatsminister von Nostiz-Wallwitz und den Ober-Bürgermeister der Stadt Dresden sprach der Direetor der Leipziger Sternwarte, Prof. Bruhns über die neuesten Himmelserscheinungen. Hierauf hielt Prof. Dr. Virchow aus Berlin, bei seinem Auftreten lebhaft applaudirt, einen geistreichen und fesselnden Vortrag über den naturwissenschaftlichen Unterricht. Er verlangte die Einführung desselben in grösserem Umfange als bisher in den Schulen und die Gründung naturhistorischer Museen, nicht solcher, wo eine Menge von Raritäten und Kostbarkeiten aufge- häuft sei, sondern solcher, wo die fortschreitende Entwickelung der Na- turkörper von den niedersten zu den höchsten Stufen, so wie deren Be- deutung und Verwerthung zur Förderung des menschlichen Wohles anschaulich gemacht wird. Indess, der practische Nutzen sei nicht die Hauptsache, die Naturwissenschaften gewährten einen noch grösseren für die Pädagogik. Man habe denselben die Schuld an vielfachen Conflieten zugeschrieben, allein mit Unrecht, denn die Naturforschung sei nie 46 Jahres-Bericht aggressiv, sondern stets nur defensiv verfahren. Der Vorwurf, dass sie als Erziehungsgrundlage nicht geeignet sei, weil ihre Hypothesen zu sehr wechselten, erledigte sich dadurch, dass Alles, was fortschreitet, wechseln müsse und Niehts von absoluter Beständigkeit sei. Die drei Hauptfragen, welche die Culturbestrebungen der europäischen Völker von jeher be- herrscht haben, 1) die Stellung der Erde zur Welt, 2) die Stellung des Menschen zur Natur, 3) die Geschichte der Erde, greifen dermaassen in das Gebiet der Naturforschung über, dass sie ohne dieselbe gar nicht gelöst werden können. Hauptaufgabe derselben ist es, die Menschen zur Denkfreiheit zu bringen. Frei denken könne aber nur derjenige, der positive Kenntnisse und Beobachtungsgabe besässe und Kritik zu üben verstände. Virchow stellte die Naturwissenschaften nicht als alleiniges Mittel der sittlichen und intelleetuellen Bildung dar, wie irrthümlich behauptet wor- den ist, er betonte im Gegentheil sehr nachdrücklich das Studium der Geschichte mit ihren Hilfswissenschaften, so wie die Nothwendigkeit, alle Forschung auf mathematische Grundlage zurückzuführen. Ebensowenig hat er die Abstammung des Menschen vom Affen behauptet. Er sagte wörtlich: Der Mensch, den man in etwas drastischer Weise vom Affen abstammen lässt. — Die Section für naturwissenschaft- liche Pädagogik fand sich in Folge von Virchows Rede veranlasst, in drei Resolutionen die Nothwendigkeit einer Reform und grösseren Aus- dehnung des naturwissenschaftlichen Unterrichts, unbeschadet der klassi- schen Studien — auszusprechen. Ir der 2. allgemeinen Sitzung hielt Prof. Dr. Hallier aus Jena einen Vortrag über die Parasiten der Infeetionskrankheiten und Prof. Dr. Re- clam aus Leipzig über die Sterblichkeit der Kinder in grossen Städten, Es wurde Innsbruck als Versammlungsort für’s künftige Jahr gewählt und die Wahl von ihm angenommen. In der 3. allgemeinen Versamm- lung sprach Dr. Wittfeld aus Celle über die Hygieine des Arbeiter- standes. Hierauf schloss Hofrath Dr. Schlömilch die Versammlung, indem er, gestützt auf die ausserordenlich starke Betheiligung und die lebhafte Betheiligung der Seetionen die Hoffnung aussprach, dass auch diese Versammlung die Naturwissenschaften ihrem Ziele einen Schritt näher gebracht haben werde, als welches er die Forderung Virchows bezeichnete, dass die fortschreitenden Naturwissenschaften immer mehr und mehr der Herrschaft der Mathematik verfallen müssten. Man werde darin einen absoluten Materialismus erblicken, welcher nichts Anderes kenne, als die Herrschaft unbeugsamer Naturgesetze, welcher keinen Raum für Sittlichkeit und Freiheit zu haben scheine, und der schliesslich das Fatum der Alten unter der gespenstigen Hülle der mathematischen Formel wieder einführe. Glücklicherweise sei die Sache keineswegs so schlimm, als sie auf den ersten Augenblick scheine, und es gebe noch der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 47 sehr viele Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen sich die Mathe- matik nichts träumen lasse. Was gut und recht, was schön und erhaben sei, mit einem Worte, das ganze Reich der Ideale, gestatte keine mathe- matische Behandlung. In der That zerstöre die Naturwissenschaft nur das, was der Zerstörung werth war; mit sanfter Hand ziehe sie die Binde des Aberglaubens hinweg, welche das Auge des Menschen be- schatte; sie mache den Blick frei, und gerade dadurch, dass sie die Ge- biete des mathematisch Erkennbaren und Nichterkennbaren sondere, befestige sie die Ueberzeugung von einer schönen Weltordnung, die wir freilich nicht wissenschaftlich demonstriren, die wir aber im Gefühle des Schönen und Erhabenen ahnen können. Die Versammlung theilte sich in 18 Sectionen, welche täglich Sitzung hielten, und worin sich ein reiches wissenschaftliches Leben entfaitete. Der Vortragende skizzirte hierauf die Verhandlungen der naturwissen- schaftlichen Sectionen und unter anderen die in ihnen gehaltenen Vor- träge unserer Mitbürger des Herrn Fabrikbesitzer Aurel Andersohn über die Unzusammendrückbarkeit des Wassers; die Debatten über die organische Structur der Steinkohle in der Section für Mineralogie, Geo- logie und Paläontologie, so wie unter dem Vorsitze des Herrn Geh. Rath, Prof. Dr. Göppert in der Section für Botanik und Pflanzen-Physiologie, nebst dessen Vortrag über die von ihm aufgefandenen und durchforschten Urwaldreviere bei Johannisberg und Seitenberg, in der Grafschaft Glatz und im böhmischen Walde an der baierischen Grenze; den Vortrag des Herrn Prof. Dr. Cohn über die vom Prof. Famintzin aufgestellte Theorie von der Einwirkung des Lichtes auf die Bildung der Stärke und der Farben. Die Nachmittage wurden verwandt zum Besuche des zoologischen Gartens und zu Ausflügen in die herrlichen Umgebungen Dresdens: in den Plauenschen Grund, nach Meissen, der Festung Königsstein und Frei- berg, wohin zum Theil unentgeltliche Extrazüge gestellt waren. Die Auf- nahme der Versammlung seitens des Staates, wie seitens der Stadt Dres- den war eine ehrenvolle und ausgezeichnete. Alle königlichen Museen und Kunstsammlungen so wie eine grosse Zahl von Privatinstituten waren den Mitgliedern der Naturforscher-Versammlung jederzeit geöffnet. So- wohl die sächsische Regierung, wie die Behörden und die Bürgerschaft von Dresden hatten weder Mühe noch Kosten gescheut, um die Anwe- senheit des Congresses würdig zu feiern. Keiner von den zahlreichen Besuchern desselben wird je die genussreichen Tage vergessen, die er in dem schönen Sachsenlande und seiner reizenden Hauptstadt mit ihren liebenswürdigen Bewohnern verlebte. 48 Jahres-B ericht Herr Dr. Gustav Joseph hielt am 29. Januar einen Vortrag: Veber die Grotten in den Krainer Gebirgen und deren Thierwelt. Trotz des traurigen Eindruckes, den Krain und besonders die öde Steinwüste des Karstes auf den Reisenden macht, der die Strecke von Laibach bis Triest auf der Eisenbahn zurücklegt, ist das Land reicher an Merkwürdigkeiten, als manches gesegnete Land Europas. Das plötzliche Hervorbrechen und Verschwinden der Flüsse, das zeitweise Auftreten von Seen, wo später Wiesengrund sich bildet und vieles Andere breitet über Krain den Zauber des Geheimnissvollen aus, der auf ein empfängliches Gemüth einen hohen Reiz ausübt. Der Hauptgrund der Eigenthümlich- keiten liegt in den Bodenverhältnissen, in der Beschaffenheit des Gesteins, das von Zerklüftungen und Hohlräumen durchzogen ist. Wer Krain wirk- lich kennen lernen, wer den Zusammenhang der Zauberwelt dieses Landes begreifen will, der muss sich nicht mit Wanderungen durch die Oberwelt begnügen; er muss in jene Hohlräume, in Grottenlabyrinthe, in die Unterwelt hinabsteigen. Nur da lösen sich die Räthsel, die ihm auf der Oberwelt entgegentreten. Doch nicht Jeder ist zu solchen Wan- derungen durch die nächtliche Unterwelt geeignet, die unbeugsamen Muth, Unerschrockenheit und gesunde, gegen T'emperatur-Contraste abge- härtete, Lungen voraussetzen. Der Vortragende erörterte hierauf die Temperatur-Verhältnisse der Krainer Grotten, ihre verschiedenen Arten, ihre Entstehungsweise als ehemalige Flussbett-Canäle und Wasserdurch- brüche, die Art ihres Verlaufes, die Beziehung der unterirdischen Flüsse und Seen zu den oberweltlichen, die Grösse der Grotten, ihre Verände- rungen und ihre innere Auskleidung. Letztere besteht aus Tropfstein- bildungen, die dadurch entstanden und noch jetzt entstehen, dass das durch Decke und Wände durchsickernde, mit zweifach kohlensaurem Kalke gesättigte Tagwasser hier einen Theil seiner Kohlensäure ent- weichen lässt, wodurch der nun unlöslich gewordene einfach kohlensaure Kalk sich niederschlagen muss. So bildeten sich und entstehen noch Jetzt mit mancherlei Modifieationen die Schichten der Tropfsteine, die Uersinterungen, Wanddraperien, haarfeine Nadeln, Stalaktiten, Stalagmiten und Tropfbrunnen. Die Stärke der Tropfsteinbildung steht zur Mächtig- keit der Grottendecke im umgekehrten Verhältnisse. So mächtig auch der Eindruck, den diese herrlichen Schöpfungen von unvergleichlicher Schönheit in der stillen, nächtlichen Abgeschiedenheit durch Mannigfaltig- keit, Grösse, Farbenpracht beim Fackelschein auf ein empfängliches Ge- müth machen, so ist doch die Thatsache, dass diese ewig finstern, von der Oberwelt abgeschlossenen Räume eine eigenthümliche Thierwelt ber- gen, dass die Meisterin der Schöpfung auch hier keine Grenze ihrer schöpferischen Thätigkeit kennt, für den Forscher noch weit interessanter. In einer früheren Erdepoche waren die Grotten von grösseren Thieren | der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 49 als jetzt bewohnt, wie dies die Skelette von längst ausgestorbenen Höh- lenbären und Höhlenkatzen beweisen, welche in dem Boden mancher Grotten gefunden werden. Auch jetzt noch halten sich in den vordern Räumen der Grotten grössere Thiere auf. Allein dieselben sind eben so wenig, wie eine Anzahl kleinerer Thiere, echte Höhlenbewohner, sondern finden sich eben so häufig am Tage in Felsenklüften, Kellern, hohlen Bäumen, unter Steinen und anderen dunkeln Orten, welche sie beim Ein- tritt der Nacht verlassen, um ihrer Nahrung nachzugehen. Die echten Grottenthiere gehören den Grotten als solchen ausschliesslich an, machen in denselben von Generationen zu Generationen ihre vollständige Ent- wickelung durch und pflanzen sich daselbst fort. Nur zufällig, meist durch die Gewalt der Hochwässer mit fortgerissen, finden sie sich ausser- halb der Grotten, ohne aber dort die Bedingungen zu Fortdauer und Fortpflanzung zu finden. Die meisten Grottenthiere sind auf animalische Nahrung angewiesen. Und so sehen wir denn die Kämpfe, welche die Thiere der Oberwelt mit einander auf Leben und Tod führen, hier in der Nacht der Unterwelt fortgesetzt. Die Existenz der fleischfressenden Thiere ist auf dem Vorhandensein der pflanzenfressenden und die Exi- stenz der Letzteren auf dem Dasein der Pflanzen selbst basirt. Dies Gesetz waltet auch hier. Auch in der ewigen Finsterniss der Grotten cbenso wie in unterirdischen Bergwerken und tiefen Kellern sprossen Gewächse empor, den niedersten Formen des Pflanzenreichs angehörend, die zum Wachsthume am wenigsten des Lichtes bedürfen. Doch zeigt sich auch hier, dass die Pflanze ungleich abhängiger vom Einflusse des Lichtes ist, als das Thier, und dass selbst die niedrigen Pilzformen der Grotten nicht ohne nachtheilige Folgen für ihr Gedeihen des Lichtes ent- behren. Während im Innersten der Grotten selbst ein höheres Thier, ein Wirbelthier, alle Entwickelungsstufen seines Lebens vollständig und normal durchläuft, gelangen die meisten der in den Grotten wach- senden Pilzformen nicht zur vollständigen normalen Entwickelung, sondern verharren in ihren ersten Ständen, oder entarten von da aus monströs. Die meisten Grottenthiere zeichnen sich durch Mangel der Augen, alle durch Mangel der Flügel aus und zeigen sämmtlich nur wenig inten- sive, erdfahle, bräunliche oder gelbliehe Farben. Sie entbehren des Far- benschmuckes der übrigen Thiere. Doch kommen diese Eigenthümlich- keiten ihnen nicht ausschliesslich zu. Von den Wirbelthieren ist nur der 9‘ lange, durch Kiemen und Lungen athmende (Fischlurch) Olm, Proteus oder Hypochthon, der in den Gewässern der Krainer Grotten in 5 Arten gefunden wird, echter Grot- tenbewohner. Seine wenig entwickelten Augen sind von der fast durch- sichtigen Körperhaut überzogen. Reicher ist das Reich der Unterwelt an Arthropoden, besonders an Inseeten. Von Letzteren sind die Coleop- teren sowohl der Zahl der Gruppen und Gattungen, als auch der Arten 4 50 Jahres-Bericht nach am meisten vertreten; die Carabieinen 1) durch die mit Augen be- gabte Gattung Sphodrus mit 3 Arten und 2) durch die augenlose Gattung Anophthalmus mit 8 Arten; die ebenfalls vom Raube lebenden Staphylinen durch eine Gattung mit einer Art, nämlich den ansehnlichen blinden Glyptomerus cavicula Müll. Von den von vegetabilischen Stoffen lebenden Coleopteren ist die durch 2 Arten repräsentirte Gattung Machaerites (zur Gruppe der Pselaphinen gehörig) dadurch besonders merkwürdig, dass die Männchen Augen besitzen, die Weibchen aber blind sind. Die Gruppe der Silphalen tritt in drei Gattungen auf, von denen die augenlose Gat- tung Leptodirus durch die blasenartige Auftreibung des Hinterleibes, den langen schmächtigen Hals und Kopf und die langen dünnen Beine beson- ders auffällt. Die Männchen haben an den Vorderfüssen fünf, die Weib- chen 4 Fussglieder. Bis jetzt kannte man drei Arten: L. Hohenwarthii, augustatus und sericeus, sämmtlich von dem verdienstlichen Krainer Natur- forscher F. Schmidt entdeckt und beschrieben. Dem Vortragenden gelang es, am 29. Juli 1864 in einer Grotte am Nanos eine vierte Art, die er L. Robieu benannt hat, zu entdecken; sie steht dem L. augustatus nah, unterscheidet sich aber durch andere Körperform, kürzere, kräftigere Beine und noch andere Merkmale von demselben. An Leptodirus schliesst, der Körperform nach, die ebenfalls augenlose Gaitung Oryotus mit einer Art sich an und bildet zugleich den Uebergang zu der augenlosen Gat- tung Adelops, die in den Krainer Grotten durch sieben Arten repräsentirt ist. Endlich sind von den Coleopteren nur noch die Cureulionen durch eine augenlose Gattung mit einer Art, nämlich Troglorrhynchus anophthal- mus Schm. vertreten. Von den übrigen Insektenklassen enthält nur die Dipteren-Gattung Nyeteribia zwei echte augenlose Höhlenbewohner. Ein ebenso spärliches Contingent stellen von den Arachniden die Arthrogastren in der Gattung Blothrus (dem augenlosen Höhlenskorpion Blothrus spelaeus Schiödte), ferner einem in mehreren Grotten vom Vor- tragenden entdeckten, noch unbeschriebeuen, augenlosen Obisium und einem neuen Thiere, Cyphophthalmus duricorius, das einen- bisher unbe- kannten Typus der Arthrogastren darstellt. Die echten Araneen sind nur durch die blinde Spinne Stalita taenaria Schiödte, die Zecken durch Ixodes gracilipes Frfld., die Crustaceen durch den Grottenkrebs Nyphargus siygius Schtödte und einen augenlosen Cyelops, die Asseln durch Tithane- thes albus Schm., die Myriapoden durch Polydesmus subterraneus, die Thy- sanuren durch Anurophorus stillieidii Schiödte vertreten. Von den Con- chylien erscheint die Grottenschnecke Carychium mit einer ansehnlichen Zahl unansehnlicher, nur mit geübtem Auge erkennbarer Arten. Obgleich die bisherige Kenntniss der Grottenbewohner noch viel zu jung ist, um eine vollständige Grottenfauna aufstellen zu können und es einer spätern Zeit vorbehalten ist, die vielen Lücken der heutigen aus- zufüllen, so stellt sich doch schon jetzt heraus, dass die Fauna der Grotten anderer europäischen Länder, wie der Grotten der Pyrenäen, der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 51 Ungarns, Siebenbürgens und der Herzegowina, ja selbst der amerikani- schen Mammuthshöhle von Kentucky viele Analogien darbieten. Der Olm der Krainer Grotten entspricht dem blinden Fisch der Kentucky- Grotte, die übrigen in den fremden Grotten aufgefundenen Thiere sind als vicariirende Formen zu betrachten. Derselbe gab in der Sitzung am 9. December eine Fortsetzung seines Vortrages, setzte zunächst die allgemeinen Eigenschaften der in der ewigen Nacht der Grotten lebenden Thiere aus der Klasse der Am- phibien und dem Kreise der Arthropoden auseinander und ging dann zu speciellen Erörterungen über. Von den wahren Grottenthieren ist eine Amphibie, nämlich der zu den Fischlurchen und zwar zur Abtheilung der Perennibranchiaten gehörende, einer Metamorphose nicht unterworfene, Olm, Proteus oder Hypochthon, wovon 5 Arten in Krain und 2 in angren- zenden Bezirken Dalmatiens vorkommen, am längsten bekannt. Die sehr klenen Augen des Thieres schimmern im Leben durch die sie über. ziehende Körperhaut je nach den Arten mehr oder minder deutlich durch. Dies wurde an einem lebenden Exeniplare von Hypochthon Freyeri, aus der Grotte von Cumpole und an zwei lebenden Exemplaren von H. Schrei- bersü aus der Grotte von Vir bei Sittich demonstrirt. An einem in Spi- ritus aufbewahrten Exemplare von H. Haidingeri aus der Planinagrotte war der nach Entfernung des Hautüberzuges blossgelegte (linke) Aug- apfel, nebst Sehnerv deutlich sichtbar, dagegen konnte an einem ebenso aufbewahrten Exemplar von H. Laurentii aus der Magdalenengrotte keine Spur eines Auges aufgefunden werden. Von den Gliederthieren (mit Uebergehung der Coleopteren, über welche bereits früher gesprochen worden war), zeigte der Vortragende von Insecten eine Anzahl Exemplare von Anurophorus Stillicidü Sch. (zu . den Podurellen gehörend) aus verschiedenen Grotten; von den Arach- niden mit ungegliedertem Hinterleibe aus den Ixodeen (Zecken) Eschato- cephalus gracilipes F'rld. aus der Adelsberger Grotte; aus den Araneen die blinde Spinne Stalita taenaria Sch. in beiden Geschlechtern und in meh- reren Exemplaren aus der Zeit der Geschlechtsreife und aus früheren Entwickelungsperioden. Die Arachniden mit gegliedertem Hinterleibe waren durch ein vom Vortragenden entdecktes neues Thier, Oyphoph- thalmus duricorius, dessen einfache Augen an der Spitze verhältnissmässig grosser, kegelartiger Hervorragungen am Kopfbrustschilde sich befinden und durch den augenlosen Grottenskorpion Blothrus spelaeus Sch. vertre- ten. Von den Myriopoden wurden Brachydesmus subterraneus Hell. und Trachysphaera Schmidti Hell., beide augenlos, gezeigt. Von Crustaceen sind die in den Grotten meist häufigen Isopoden Tithanethes albus Sch. und annulatus Schm. (Oniscinen) und Monolistra coeca Gerst. (Sphaeromiden) ebenfallsaugenlos. Von den übrigen Krebsensind bis jetzt nur zwei Gattungen 4* 52 Jahres-Bericht aus zwei Abtheilungen, nämlich aus den Ringelkrebsen die Amphipoden (Gammarinen) und von den Schalenkrebsen die Decapoden (Cariden) in den Grotten von Krain sicher repräsentirt. Von der zu ersteren gehö- renden augenlosen Gattung Niphargus war bis jetzt nur eine Art, nämlich N. stygius, Sch. bekannt. Dem Vortragenden gelang es, in einer Grotte im Gottschever Gebiete in Unter-Krain eine fast viermal so grosse, aus- gezeichnete, ebenfalls augenlose, neue Art, welche er als Niphargus or- cinus zu beschreiben beabsichtigt, in diesem Jahre zu entdecken. Die zur Decapoden-Familie der Cariden gehörende, nunmehr dritte Art, Tro- glocaris Schmidtii Dorm., bisher nur in den Gewässern der Grotten von Cumpole und Obergurk gefunden, besitzt rundliche, bewegliche Augen- stummel, welehe aus dichtem Binde- und Fettgewebe mit einem dicken Chitinhautüberzuge bestehen, aber keine Spur lichtbrechender Medien der Augen der verwandten Krebsarten enthalten. Während Niphargus stygius Sch. mit den in unseren Bächen und Brunnen vorkommenden Gamarus- Arten nahe verwandt ist, gehören alle Verwandten von Troglocaris Schmidtü Dorm. bis auf eine Ausnahme (Caridina Desmarestü Edw., welche in den Bächen Frankreichs, Spaniens und Süditaliens gefunden wird), ausschliesslich nur dem Meere an. Endlich glaubt der Vortragende auch einen augenlosen Cyclops in der Grotte von Obergurk gefunden zu haben, der sich aber bei Sichtung des Materials zu Hause nicht mehr vorfand. Sämmtliche Gliederthiere wurden in zahlreichen, in Spiritus aufbewahrten, Exemplaren demonstrirt. Herr Dr. Fiedler theilte in der Sitzung am 24. Juni mit, dass vor etwa 10 Wochen mit einer Partie Fische aus dem Brandschützer See bei Auras auch eine grosse Gruppe lebender Dreyssena polymorpha nach Breslau gebracht wurden. Diese Muscheln wurden von einem hiesigen Einwohner in einem Aquarium 10 Wochen lebend erhalten und wurden in diesem Zustande von Dr. Fiedler vorgezeigt. Es scheint, dass diese Thiere in dem Brandschützer See, der ein früherer Arm der Oder ist, ihren Wohnsitz haben. Herr Staatsrath Prof. Grube legte am 19. Februar der Section einige vom zoologischen Museum erworbene auffallend gebildete oder sel- tene Eidechsen aus Neuholland vor. Eine derselben, Pygopus (Bipes) lepidopus Lacep., gehört zu der Fa- milie der Sceincoiden unter den Kurzzünglern und zwar zu jenen Ueber- gangsformen, die wie unsere Blindschleiche durch ihren sehr gestreckten Körper und die Kürze und Beschränkung der Extremitäten auf nur ein Paar, oder den gänzlichen Mangel derselben, meist auch durch die Ver- kümmerung der einen Lunge zu den Schlangen führen. Pygopus unter- scheidet sich dadurch von den Blindschleichen, dass der Rücken mit ge- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 53 kielten Schindelschuppen, der Bauch mit kleinen Täfelchen bedeckt ist, die Augenlider fehlen und Hinterfüsse vorhanden sind, die aber, da sie der Zehen entbehren und äusserst kurz sind, nur wie dieke, beschuppte, flossenförmige Stummel aussehen; überdies zeigt sich eine Reihe von Drüsen vor dem After. Der Schwanz, der fast zu 2, der Totallänge angegeben wird, war bei dem vorliegenden Exemplar noch nicht so lang als der Rumpf. Die drei anderen Saurer stehen in der Abtheilung der Dickzüngler, zwei davon unter den Baumagamen, nämlich Grammatophora barbata Kaup und Chlamydosaurus Kingü Gray, die dritte unter den Erdagamen: Moloch horridus Gray. Die ersteren beiden besitzen, wie die Leguane Südamerika’s, eine Reihe Poren am Hinterschenkel, aber ungleich grosse Schuppen am Kör- per, auch schlanke Gliedmaassen, aber nicht die seitlich zusammen- sedrückte Gestalt des Rumpfes. Bei Grammatophora barbata giebt es zwei Reihen stärkerer spitzer Schuppen auf dem Rücken, und eine ge- drängte Masse von stachelförmigen, sehr fein zugespitzten an den Flanken des Rumpfes und der hinteren Region des Kopfes, selbst die Augenlid- tänder sind mit Stachelchen versehen, unter der Kehle sieht man eine quere Falte. Bei Weitem auffallender wird Chlamydosaurus Kingü, und zwar durch einen von der Kehlgesend an den Seiten des Halses bis fast zum Auge emporsteigenden, oben aber nicht geschlossenen Ringkragen; dieser mit Schuppen bekleidete, am Rande gezackte Kragen ist mehrfach in Falten geschlagen und von so ansehnlicher Grösse, dass sich seine Lappen auf dem Rücken kreuzen. Auch hier sind die Schuppen gekielt und am Rücken, den Flanken und dem Kragen grösser als am Bauch. Obwohl die braungelbe Farbe des lebenden Thieres verloren gegangen ist, haben sich doch die grossmaschigen Zeichnungen an den Schenkeln noch gut erhalten; das vorgezeiste Exemplar übertrifft die Grammatophora bedeu- tend an Grösse und misst an 20 Zoll, wovon jedoch nur 6 auf Kopf und Rumpf kommen. Moloch horridus ist eine der sonderbarsten Bildungen, die die Natur unter den Reptilien geschaffen hat. Das nur kleine, fast 6 Zoll lange Thier steht dem Phrynocephalus nahe, indem es weder Präanal- noch Schenkelporen zeigt, ist aber überall mit Stachelschuppen besetzt, von denen die grösseren hornartig gekrümmt und wieder mit Nebenstacheln besetzt sind. Ihre Vertheilung ist ebenso wie die Körperzeichnung eine sehr regelmässige; namentlich erhebt sich ein solches längeres Horn über jedem Auge, eines wagerecht fortgestreckt zu beiden Seiten eines Nacken- wulstes und zwei Reihen längs des Rückens. Der Hornüberzug dieser eigenthümlich gestalteten Schuppen löst sich mitunter ab und zeigt dann meist zwei in einander steckende Tuten, an denen man noch die Zell- 54 Jahres-Bericht chen, aus denen ihr Gewebe zusammengesetzt ist, erkennen kann. Der Rücken ist lebhaft braun mit fast orangegelbem Längsstreif, von dem ein paar schräge nach hinten abgehen, der Bauch gelb mit braunen paarigen Flecken. Es ist in neuerer Zeit wieder mitgetheilt worden, dass die Agamen keineswegs ausschliesslich von animalischer Nahrung leben, schon Cu- vier fand im Magen von Lophura amboincensis ausser Insecten auch Blätter und der Vortragende überzeugte sich bei einem in Dorpat unter- suchten Exemplar von Uromastic spinipes, dass der ganze Magen mit in Stücken zerschnittenen Stengelchen von krautartigen Pflanzen angefüllt war. Derselbe Vortragende machte am 15. Januar die Seetion mit eini- gen Pantopoden (Pyenogoniden) bekannt, welche dem zoologischen Mu- seum in neuester Zeit zugestellt waren. Diese kleine Ordnung von Spinnenthieren, welche ausschliesslich auf das Meer angewiesen ist, einen nur winzigen Hinterleib und gar keine Athmungsorgane besitzt, obwohl die grösseren Formen ziemlich feste Wandungen haben, war bisher in der Sammlung nur kümmerlich ver- treten. Es sind jetzt 6 Repräsentanten derselben hinzugekommen: zwei von dem Vortragenden bei St. Vaast erbeutete Pycnogoniden, Achelia echi- nata Hodge und Pallene brevirostris Johnst. ferner Achelia laevis Hodge, die derselbe während eines früheren Aufenthaltes in Nizza gefunden hatte, . alles kleine zarte Species, und zwei angeblich aus dem chinesischen Meer stammende, sehr ansehnliche ausserordentlich langbeinige mit ganz linea- rem Leibe, der an Dicke kaum die Schenkelglieder übertrifft, während er an Länge von den Beinen mehr als 6 Mal übertroffen wird, wenn man den Kopftheil und Rüssel nicht mitrechnet. Die eine derselben ist ein Nymphon von hellbrauner Farbe und der Grösse des N. grossipes, dem sie auch sonst ähnelt (N. longiceps Gr.), aber der Rüssel ist an der Unterseite merklich länger als der Kopftheil, Kopf und Rüssel zusammen länger als der übrige Körper, das Grundglied der Mandibeln länger als die Scheere, deren Palma kürzer als der Pollux, die Palpen des zweiten Paares (d. h. die Eierträger) 15 Mill. oder etwa nur !/, länger als das ganze Thier, die vier ersten Glieder der Beine merklich dicker als die folgenden, das zweite Glied nur 2 Mal so lang als das dritte; das vierte Beinpaar misst 50 Mill., der Körper nur 13. Man kennt bis jetzt keine einzige aussereuropäische Art. Die andere ist ein Phoxichilidium, oder eine Pallene — jedenfalls ein Thier ohne Maxillenpalpen — auf welches die freilich nur kurze Beschreibung der P. chiragrus von M. Ed- wards passt, obwohl derselbe weder die auffallende hellgrüne Farbe noch auch den Umstand erwähnt, dass der vordere Theil des Kopfes der die Mandibeln trägt, mit dem hinteren, auf dem der eonische Augen- höcker sitzt, gelenkig verbunden ist. Der Körper hat eine Länge von der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur, 55 17 Mill., während das zweite längste Beinpaar 59 Mill., das erste 44 Mill. misst, will man dieses Thier zu Pallene rechnen, wozu das Vorkommen einer Klaue an den (wenn man sie mitzählt) 11gliedrigen Eierträgern berechtigt, so muss man davon absehen, dass das 7. bis 10. Glied der- selben keine blattförmigen Stacheln trägt, wie sie sonst für Pallene charak- teristisch sind, und dass der Körper ganz linear, nicht, wie Kroyer für Pallene angiebt, oval oder suboval ist. Die sechste Pyenogonide endlich, die das Museum erhalten, ein win- ziges Geschöpf von nur 1,5 Mill. Länge, muss nach den bisherigen Er- fahrungen, da sie nur 3 Beinpaare besitzt, eine Larvenform, und zwar eines Pycnogonum sein, und liefert dann zugleich einen Beitrag zu der so interessanten von Kroyer entdeckten Metamorphose dieser Thiere, doch müsste sie einem späteren Stadium, als den bisher abgebildeten ent- sprechen. Der Leib ist bereits vollständig segmentirt, das letzte fusslose Segment fast ausgebildet und scharf dreizackig, indem die mittlere Zacke das Abdomen darstellt, von den Mandibeln sieht man keine Spur mehr, und an den Beinen sind ausser der Klaue 8 Glieder unterscheidbar. Der Besitz von zwei Nebenklauen ist etwas von den bekannten Pycnogonum- Arten abweichendes, und da auch der Rüssel eine gewölbte und stumpf eonische Form, und jedes der zwei anderen Segmente nur eins, das letzte aber 3 Höckerchen in einer Querreihe hat, überdies das Exemplar aus Australien kommt, gehört es einer neuen Art an (P. australe Gr.). Derselbe Vortragende theilte in der Sitzung am 27. Mai mit, dass nunmehr auch die mit kugeliser Schale versehene Phyllopodengattung Limnetis. in Schlesien aufgefunden ist. Herr Studiosus Fickert und S. v. Ende haben den L. brachyurus, den kleinsten unter unsren zwei- klappigen Phyllopoden, am 20. April in Pfützen bei Scheitnig entdeckt, am 15. Mai sah der Vortragende die ersten eiertragenden Weibchen, Ferner wurde Estheria tetracera nicht blos an der im vorigen Jahr so ergiebigen Stelle bei Oswitz, sondern auch bei Scheitnig beobachtet. Sodann legte derselbe mehrere beachtenswershe Erwerbungen des zoologischen Museums aus der Reihe der Decapoden, zunächst eine sel- tene, mit Hyas und Inachus verwandte Krabbe, Chionoecetes opilio aus Grönland in beiden Geschlechtern vor und machte auf den schon von Fabricius erwähnten auffallenden Grössenunterschied derselben aufmerk- sam. Die Schale des vorgezeigten Männchens misst in der Breite 47/, Zoll, die grossen Scheerenfüsse 9 Zoll, die nächstfolgenden 11 Zoll, es ist also eine der grössten Krabben, die wir kennen, während jene Maasse beim Weibchen nur 2°/, Zoll, 2°/, Zoll und 4'/, Zoll betragen. Hierauf ging die Demonstration zu den Flusskrebsen (Astacus) über, deren Arten man jetzt unter mehrere Untergattungen vertheilt hat. In unsern Gewässern ist bisher nur Astacus fluviatilis L. nachgewiesen, in dem west- 56 Jahres-Bericht liehen Deutschland kommt A. saxatilis u. a. hinzu, die einige als beson- dere Arten, andere als Abarten betrachten, und in demselben Verhältniss steht der bisher nur in Russland gefundene A. leptodactylus Eschsch., dessen Männchen sieh durch ungemein langfingerige Scheeren auszeichnet. Von diesem grossen bis einen halben Fuss langen Flusskrebs, dessen 1. Scheerenfusspaar 7 Zoll erreicht, und den Eschscholtz und Rathke nach Exemplaren aus der Krim und dem Bug beschrieben haben, besitzt das Museum solche aus Archangel. Drei andere Flusskrebse gehören Australien an, nämlich Astacus (Chaerops) Preisii Erichs. Paranephrops tenuicornis Dana, oder vielleicht planirostris, der in Neuseeland vorkommt, und ein durch seine starke Bepanzerung auffallender Astacoides (Astacus serratus Shaw.) aus der Gegend von Melbourne, der dem A. nobilis Dana am meisten ähnelt, sich aber dadurch von ihm auf den ersten Blick unterscheidet, dass die Kiemengegend der Schale dicht mit kleineren, nach oben hin mit einer Reihe grösserer Plattbuckelchen besetzt ist und der Schwanz auf seiner Oberseite jederseits 4 Längsreihen von Stachel- höckern trägt, von denen die zweit-innere Reihe und die am scharfen Seitenrande befindliche grössere und spitzere enthält als die andern bei- den. In jeder Reihe pflegt auf jedem Segment 1 Stachel zu stehen, aber in der zweit-inneren und der Rand-Reihe hat das Endsegment 2 hinter- einander, in der 1. Reihe geht das 6., in der dritten das 1., und in der Randreihe das 1., 2. und 6. Segment leer aus. Das 2. Segment trägt in der 3. Reihe 2 Stacheln, und das Endsegment nur kleinere. Die schmal dreiseitise Antennenschuppe ist kürzer als der Basaltheil der Antennen und der spitzige, jederseits mit 5 Randzähnchen bewaffnete Stirnschnabel. Das einzige Exemplar dieses ungemein kräftigen Fluss- krebses, das das hiesige Museum besitzt, ist ein Weibchen und hat eine Körperlänge von etwas über 6 Zoll bei einer grössten Breite von 1%, Zoll. Kalktäfelehen in dem häutigen Endtheil der Schwanzflossenblätter sind nicht wahrzunehmen. Dieselbe Art hat Heller in dem Novara-Reise- Werke unter dem Namen Astacoides spinifer Hell. beschrieben und abge- bildet. Er giebt die Länge bis auf 220 Mill. (etwa 8Y/, Zoll) an und das Pariser Exemplar übertrifft auch noch diese Angabe bei Weitem, indem es 320 Mill., d. h. über 1 Fuss misst.*) Zum Schluss legte Herr Prof. Grube die 3. Abtheilung des 2. Ban- des „der Reisen und Forschungen im Amurlande‘“ von L. v. Schrenck vor, welche die Mollusken des Amurlandes und des nordjapanischen Meeres enthält, eine sehr umfassende, von 28 Kupfertafeln und 2 Karten *) Nach dieser Zeit hat das zoologische Museum noch folgende langschwänzige Krebse des süssen Wassers erhalten: Astavus dauvicus Pall. von Herrn Dr, D ybowski aus den Amurgegenden, Cambarus astercus Sauss. und Atya scabra Lch., welche mit A. mexicana Wiegm. identisch sein soll, beide aus Mexico und die blinde Troglo- carıis Schmidts Dorm. aus den Krainer Höhlen. der Schles. Gesellsch, £f. vaterl. Cultur. 57 begleitete Arbeit, welche sich in würdigster Weise der betreffenden Partie des Middendorf’schen Reisewerkes anschliesst. Wie in dieser sind nicht nur die in diesem Gebiet beobachteten Land-, Süsswasser- und Meermollusken (von jenen beiden zusammen 55, von diesen 235 Arten), sehr eingehend, und mit Benutzung aller dahin schlagenden Literatur ab- gehandelt, und die neuen (32 Arten) und auch die Mehrzahl der andern ausführlich beschrieben, sondern auch die geographische Verbreitung dieser Thiere namentlich in’s Auge gefasst. So sehen wir einen eigenen Abschnitt der physikalischen Geographie des nordjapanischen Meeres ge- widmet, und in ihm die sehr vereinzelten und zerstreuten Nachrichten früherer Forscher über Klima, Salzgehalt und Temperatur des Wassers, Strömungen, Fluth und Ebbe, Configuration der Küsten und Beschaffen- heit des Meeresbodens mit vieler Kritik mit den eigenen verglichen und zu einem Gesammtbilde zusammengestnllt. Es ergiebt sich daraus, dass das zwischen den Parallelen von London und Oporto gelegene nordjapa- nische Meer von fast lauter Steilküsten umgeben, arm an weit einschnei- denden Busen, frei von Sandbänken und Riffen und an vielen Stellen über 50, und selbst über 90 Faden tief ist, und dass die Strömungen, die in dasselbe hineingehen, vom Amurliman des ÖOchotskischen Meeres und südlich vom Gelben Meer kommen, während es durch die La-Perouse- Strasse zwischen Sachalin und Jesso in das Ochotskische abfliesst. Da- her enthält dasselbe sowohl hochnordische Molluskenarten, als auch — und vorzugsweise solche, die im südlichen Theil des japanischen Meeres vorkommen, und selbst solche, die im stillen Ocean an dessen Westküste, ja bis in den Indischen Ocean, Australien und am Cap zu Hause sind. Da die hochnordischen Arten beinahe '/, der beschriebenen ausmachen, so ist es an diesen reicher, als die amerikanische Westküste, was sich daraus erklärt, dass an letzterer die warme Kuro-Siwo-Strömung weiter hinauf, an der Ostküste Asiens die aus dem kalten Ochotskischen Meer kommende kurilische Strömung weiter hinabreicht. So begegnen uns hier neben einander circumpolare Tritonien neben Voluten, Pyrulen, Ptero- ceren und Neriten, und Rhynchonella psittacea und Terebratella rubella, der kamtschadalische Chiton Stelleri, Ch. Zelandieus von Neuseeland und spiniger von den Philippinen treten uns als Bewohner desselben Meeres- bassins entgegen. Von den Mollusken des süssen Wassers ist als beson- ders interessant die fast fusslange Anodonta plicata Sol. (herculea Midd.) hervorzuheben, die eigentlich ergiebige auch in China weitverbreitete Perlmuschel des Amurlandes, wogegen der Unio margaritifer nur an ein- zelnen Orten vorzukommen scheint. 58 Jahres-Bericht Derselbe Vortragende sprach am 28. November über Ehlers Entdeckung fossiler Euniciden und eine neue Diopatra. Was die ersteren betrifft, so liegt nun ein Beweis vor, wie wichtig für die Bestimmung ganz weichhäutiger Thiere, deren Leib auch in Ge- steinen vom feinsten Korn nur unsichere Abdrücke hinterlässt, die Auf- findung selbst der winzigsten im Innern steckenden Harttheile werden kann. Zu solehen Thieren gehören die Ringelwürmer, von denen man zwar schon lange weiss, dass sie den Meeren der Vorwelt nicht gefehlt haben, doch konnte man ihre Existenz hauptsächlich nur aus dem Vor- kommen von Kalkröhren folgern, welche mit den von unsern heutigen Serpulen gebauten übereinstimmen: von den Bewohnern jener fossilen, durch alle Formationen gehenden Röhren ist nur in wenigen Fällen etwas Näheres ermittelt, nämlich die Beschaffenheit des Deckels, der zum Ver- schluss der Röhre dient und mit dem Thier in organischer Verbindung steht. Die Röhren selbst, die durch Ausschwitzung entstehen, bieten weniger Anhaltspunkte und erlauben weniger sichere Rückschlüsse auf die dazu gehörigen Thiere als die Schalen der Muscheln und Schnecken. Erst in neuerer Zeit entdeckte man auch Spuren von solchen Anneliden, welche gar keine oder doch vergänglichere Röhren bauen, und in den Rudern ihrer Segmente Aciculae oder Stütznadeln haben, um die sich dann zartere, weiter vorragende Borsten gruppiren. Diese Aciculae (Chi- tingebilde wie jene Deckel) haben sich gut erhalten, und zeigen, wenn sie auch nur eine Strecke lang in ihrer natürlichen paarweisen Lage er- halten sind, die Gliederung des Leibes an. Hat es in der Vorwelt solche Arten gegeben, welche derbere Borsten oder Paleen besassen, wie die Sabellarien, so dürfen wir hoffen, dass auch solche in geeigneten Ge- steinen noch gefunden werden. Ganz vor Kurzem aber hat nun Herr Dr. Ehlers, dem wir so gründliche Arbeiten über den Bau der Borsten- würmer verdanken, im lithographischen Stein von Solenhofen auch Kiefer des ausstülpbaren Rüssels solcher Thiere entdeckt, und zwar von so charakteristischer Form und Gruppirung, dass man daraus mit Sicherheit auf die Familie schliessen kann, der die betreffende Annelide angehört hat. »Bein Eunieites avitus zeigt in diesen Chitingebilden die grösste Ueber- einstimmung mit der Abtheilung der Euniceen, in welcher die jetzt leben- den Gattungen Onuphis, Diopatra, Eunice und Lysidice stehen, und der, wenn auch schwache Abdruck des Körpers unterstützt diese Ansicht und berechtigt den Entdecker sogar zu weiteren Vergleichungen mit ver- wandten Formen. An diese Mittheilungen knüpft der Vortragende noch einige Bemerkungen über die Gattungen Onuphis und Diopatra, die sich schwer auseinander halten lassen, darin aber einen gemeinschaftlichen Gegensatz zu Eunice bilden, dass sie Stirnfühler und ein geringeltes Be- satzlid der 5 hinteren Fühler, auch eine eirrusförmige Lippe an den vor- EEE der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 59 deren Borstenköchern besitzen. Bei O. Eschrichtii Oersd. ist jene Ringe- lung bisher übersehen. Audouin und Edwards suchten den Unter- schied in der Anwesenheit von Fühlereirren und spiralig-büscheligen Kie- men bei Diopatra, während jene bei Onuphis fehlten und diese kamm- förmig oder einfach seien. Quatrefages legt nur auf die Fühlereirren, Kinberg blos auf die Gestalt der Kiemen, Oersted auf die Beschaffen- heit der vordersten Segmente und ihrer Anhänge Gewicht, ohne der Füh- lereirren besonders zu gedenken, und Malmgren spaltet die Gattung Onuphis selbst, je nachdem solche vorkommen oder fehlen, in Onuphis urd Hiyalinoecia, eine Sonderung, die noch durch die Verschiedenheit des vordersten Ruders und der Bildung der Röhren unterstützt wird; Diopatra würde dann in diesen Beziehungen näher an Onuphis treten. Dass die Kiemen bei allen Diopatren spiralig emporsteisende Fäden zei- gen, ist nicht durchgehend, es giebt auch Arten mit einfachen und kamm- förmigen Kiemen, wie D. simplex (in deren Beschreibung die angeblich 2-fädigen Kiemen als eigentlicher Rückeneirrus und einfache Kieme auf- zufassen sind) und andrerseits giebt es Hyalinoecien, deren Kiemenfäden die Andeutung einer spiralen Anheftung zeigen, und deren vorderstes Ruder dem zweiten ähnlich ist. In der Form der Kieferstücke scheint kein wesentlicher Unterschied vorhanden, denn wenn auch der Verfasser bei D. cuprea d. Ch. die grosse grobgezähnte Lade auf der linken Seite doppelt fand, so zeigte sie sich doch bei D. Agave, einer neuen von Dr. Fr. Müller aus Desterro eingesandten Art einfach. Letztere ähnt am meisten D. dentata Kbg., hat aber Stirnfühler, die nur '/, der geringelten Basis der hinteren Fühler messen und Fühlereirren, die nicht den Stirn- rand erreichen, die Kiemen sind noch buschiger, die vorderen überragen die Mitte des Rückens, ihre Fäden beschreiben eine Spirale von 5 Um- gängen, die grosse Kieferlade ist nur mit 4 Zähnen und der Vorderrand der Unterlippenplatte nur mit 2 versehen. Die mittleren Fühler reichen bis Segm. 10 oder weiter, Kiemenpaare giebt es etwa 45 und sie be- sinnen am 4. Ruder. Onuphis conchilega hat der Vortragende auch bei St. Malo entdeckt. In der Sitzung am 25. März 1868 setzte Prof. Grube seine in mancher Hinsicht von Quatrefages abweichende Auffassung von der Familie der Opheliaceen auseinander und sah sich zunächst zu der Berichtigung genöthigt, dass die in der Histoire naturelle des Anneles eitirten Mittheilungen über die Anatomie dieser Thiere in Rathke’s Fauna von Norwegen nicht von diesem, sondern von dem Vortragenden selbst herrühren. Gestützt auf die Vergleichung dieser Mittheilungen mit denen, welche Quatrelages und Clapar£de über die Polyophthalmen gegeben, muss der Vortragende 60 Jahres-Bericht auf seiner in dem ‚‚Ausflug nach Triest‘ ausgesprochenen Ansicht be- stehen, dass dieselben nicht als eigene Familie und entfernt von den Opheliaceen aufzustellen, sondern mit diesen zu vereinigen sind. Der Vortragende wird hierin noch dadurch bestärkt, dass er im Adriatischen Meer (bei Portore) eine Annelide gefunden hat, welche in der äussern Organisation und der Anwesenheit von kiemenartigen Or- ganen mit Ophelia übereinstimmt, aber zugleich am Kopftheil und an den mittleren Leibes-Segmenten schwarze scharf umschriebene Augen- punkte trägt. Da nur ein Exemplar vorliegt und diese Punkte ausser- ordentlich klein sind, gelang es zwar nicht die Gegenwart einer Linse in ihnen’nachzuweisen, indessen zeigen sie eine lichte Mitte und in ihrer ganzen Erscheinung so viel Aehnlichkeit mit jenen Organen bei Polyophthalmus, dass ihre Deutung als Sehorgane sehr nahe liegt und alle Wahrscheinlichkeit für sich hat. Man erkennt auf dem conischen und in eine abgesetzte Fühl- spitze auslaufenden Kopflappen nur 2 Augenpunkte, indessen ist an Wein- geist-Exemplaren des P. pictus der hintere unpaare auch nicht immer wahrzunehmen und es wäre möglich, dass auch hier ein solcher existirte. Jedenfalls steht diese Annelide der Gattung Armandia Filippi am nächsten, und würde sogar derselben zuzuzählen sein, wenn nicht Filippi aus- drücklich das Vorhandensein seitlicher Wimperspalten am Kopflappen in Abrede stellte, während der Vortragende solche gefunden zu haben glaubt. Dennoch sieht er bis zur Bestätigung jener Angabe davon ab, eine neue Gattung aufzustellen. Diese Annelide mag vorläufig als Ar- mandia aufgeführt werden, und selbst die Zahl der Cirren oder kiemen- artigen Organe 22 Paare, nicht wie bei A. cirrosa 24, hindert nicht, vor- läufig beide für dieselbe Art zu halten. Das winzige Thierchen misst im Weingeist nur 7 Mill. in der Länge und etwas über 1 Mill. in der Dicke und zeigt einen weisslichen, wenig gestreckten, nach beiden Enden hin langsam verjüngten Körper mit 26 fünfringeligen Segmenten, deren jedes über den Rändern der vom 8. Seg- ment an abgesetzten Bauchsohle ein Borstenbündelchen trägt. Die haar- förmigen Borsten, von denen die oberen, merklich längeren, die kiemen- artigen Organe überragen, treten aus einer halbkugeligen Erhabenheit, unmittalbar darüber sitzt das griffelförmige leicht zugespitzte Organ, wel- ches nach Filippi bei seiner A. ceirrosa kein Blut führen soll, daher nicht Kieme, sondern Cirrus von ihm genannt wird; kurz vor der Er- habenheit der Augenfleck. Diese beginnen am 8. Borstenbündel und hören mit dem 21. auf, so dass 15 Paare vorhanden sind. Die Cirren erscheinen an allen Borstenbündeln, mit Ausnahme des 1sten, neben dem Munde befindlichen und der 3letzten, sehr rasch auf einander folgenden. Am Kopftheil hinter den Augenpunkten, welche noch kleiner als die oben beschriebenen sind, ragt beiderseits aus einer Spalte ein kleines sackförmiges Organ hervor, das wohl dem Wimperorgan der Polyophthalmus l \ } \ | | \ | En u EEE EEE EEE der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 61 entspricht und an dem Rande des ganz kurzen Endsegmenis sitzen we- nigstens 38 ziemlich ovale Papillen, ohne dass es zur Bildung von ansehn- licheren unteren Analeirren kommt. Die Zahl jener Papillen wird von Filippi nicht erwähnt. Von der Gattung Polyophthalmus selbst kannte man bisher nur euro- päische Arten, vor Kurzem hat der Vortragende auch eine aus Austra- lien vom Cap York erhalten (P. australis Gr.), welche sowohl in der Form des Körpers und Kopflappens, als in der Zahl der Segmente (26) und der bunten Zeichnung dem P. pictus Dug. am nächsten steht. Die bei Portor&E gesammelten Exemplare eines Polyophthalmus, welche der Vortragende für letztere noch nicht ganz sicher charakterisirte Art hält, zeigen auf dem Rücken der Segmente entweder, wie auch Claparede angiebt, bloss einen braunen mittleren Querfleck, oder ausser ihm noch 2 bis 3 Paar andere kleinere, symmetrisch um die Mittellinie gelegene punkt- oder querstrichförmige, aber auch im letzteren Fall den Seiten- rand nicht erreichend. Ein sehr kleines Exemplar ist ganz ohne Zeich- nungen. Die Zahl der seitlichen Segment-Augen, welche immer erst hinter dem 6. Borstenbündel beginnen, schwankt zwischen 9 und 11 (ist mitunter nur 7), die Zahl der fingerförmigen Randpapillen beträgt meistens 11, von den Augen des Kopflappens erkennt man öfters nur 2, der Grundton der Körperfärbung ist weisslich, zuweilen bräunlich, die Länge 9 bis 15 Mill. Bei P. austraks ist der Grundton ein bleiches Rohr- oder Sandgelb, die braunen Rückenzeichnungen der Segmente be- stehen in einem mittleren Querfleck und jederseits 2 davor gelegenen schwächeren aus Pünktchen zusammenfliessenden Querstrichen hinter ein- ander, welche den Seitenrand erreichen und von denen der eine gerade über dem Seitenauge endet, der andere zuweilen in den Mittelfleck über- geht. Doch sind diese paarigen Zeichnungen oft nur an den vorderen Segmenten bis zum Beginn der Augen ausgeprägt und schwinden nachher, während die Zahl der Mittelflecke 25 beträgt. Die Augen fan- gen hinter dem 6. Mittelfleck an und erstrecken sich gewöhnlich bis zum 17., doch zählt man bisweilen auch nur 5; sie sind grösser als bei P. pictus und enthalten einen von schwarzen Pigment umgebenen weissen Körper (welcher wohl eine Linse sein mag). Man erkennt 28 nicht weiter geringelte Segmente und 11 fingerförmige Anal-Papillen, deren unterste 2 etwas grösser erscheinen. Die Borstenbündelchen sitzen dicht hinter den Augen unterhalb der braunen Mittelflecke, während bei P. pictus die Borstenbündelchen in die Hälfte des Zwischenraumes zwischen je 2 Mittelflecken fallen. Bei beiden ist der Stirnrand des Kopflappens seitlich nicht tiefer eingekerbt, die Sohle deutlich in der ganzen Länge abgesetzt, doch bei kleinen Exemplaren von P. pictus kaum angedeutet. Von der Gattung Travisia war lange Zeit nur eine europäische Art bekannt Tr. Forbesii Joknst., welche mit Ammotrypane oestroides Rathke 62 Jahres-Bericht zusammenfällt, obschon Quatrefages beide gesondert und auch noch unter verschiedenen Gattungen aufführt. Vor Kurzem lehrte Kinberg eine zweite australische Art Tr. lithophila, der Vortragende eine von den Samoa-Inseln Tr. elongata kennen, ohne von der Kinberg’schen zu wis- sen. Die Vergleichung mit der Beschreibung von Tr. lıthophila führt zu keiner sichern Entscheidung, ob auch diese beiden vielleicht identisch sind. Die grosse Zahl der Segmente (bis 52), uud die Kürze der Kie- men, so wie die unausgeprägte Ringelung des vor der Mundöfinung ge- legenen Kopftheils haben beide mit einander gemein; wäre der Körper von Tr. lithophila hinten so auffallend verjüngt und verlängert, wie bei Tr. elongata, so würde man freilich in der Beschreibung eine Andeu- tung davon vermuthen. Dennoch muss diese Frage bis zur Veröffent- licehung von Kinbergs ausführlicherer Darstellung unerledigt bleiben. Dagegen ist dem Vortragenden eine entschieden neue Species aus den chinesischen Gewässern durch Herrn Salmin zugestellt worden (Tr. chi- nensis Gr.), diese besitzt bei einer länglich spindelförmigen Gestalt jeder- seits 27 (vielleicht ursprünglich 29) Paar Borstenbündel und 22 Kiemen. Der vor dem Munde gelegene Kopftheil des Körpers ist durch eine tiefere Ringfurche getheilt, und der hintere Theil durch eine seichtere Furche abermals getheilt, trägt auf dieser das 1. Paar Borstenbündel noch vor dem Munde. Das nächste oder Mundsegment und die folgenden bis zum 14. Borstenbündel inel. haben 3, die nächsten 13 nur 2 Ringel, die übri- gen sind einfach und das Endsegment am Rande mit 10 Kerben versehen, die untern Seitenhöcker beginnen mit dem 19. Borstenbündel, vom 21. an bis zum 26. treten je 2 auf, von den 12 unter den beiden Zeilen der Borstenbündel gelegenen Oeffnungen sind, wie bei Tr. Forbesü, die ersten und letzten 4 viel kleiner als die anderen, sie hören auf mit dem 13. Borstenbündel, d. b. am 12. vollständigen, vom Darm durchzogenen Seg- ment. Die Oefinung zwischen den beiden Zellen der Borstenbündel zeigt sich an allen Segmenten, auch schon an dem 1. Paar Borstenbündel, aber nicht am Endsegment. Die Borsten stehen zu etwa 30 in jedem Bündel zusammen, sind haarförmig, glatt und ungesäumt, die Kiemen meistens kürzer als der Leib diek, doch einzelne ungemein verlängert, und eine nicht einfach, sondern gablig. Die Körperlänge des einzigen vorliegen- den Exemplars beträgt 30 Mill. Will man nun die Familie der Opheliacen, nachdem unserer Kenntniss manche Bereicherungen und Berichtisungen auch auf die- sem Gebiet erfahren, dem entsprechend constituiren, so scheint es nach Malmgrens Vorgang angemessen, die von dem Vortragenden vorläufig in dieselbe aufgenommen gewesenen Gattungen Eumenia und Scalibregma auszusondern und den Charakter der Opheliaceen auf solche Anneliden zu beschränken, deren Körper bei einer nicht eigentlich wurm-, sondern mehr maden- oder spindelförmigen Gestalt, aus nicht zahl- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 63 reichen (höchstens etwa 60) und der Zahl nach für jede Art constanten oder doch nahezu constanten, nur schwach abgesetzten, mehr oder minder deutlich geringelten Segmenten besteht, und dessen Bauchseite sich oft verflacht und durch Entstehung seitlicher Rinnen wie eine Sohle absetzt. Der Mund liegt ganz an der Bauchfläche, der vor ihm befindliche Kopf- theil bildet nicht mehr einen blossen Lappen, sondern einen Kegel, dessen Basis die Dicke der nächsten Segmente hat und am meisten an die Gly- cereen erinnert, auf die wohl deshalb auch Quatrefages die Opheliaceen folgen lässt. Dieser Kopfkegel zerfällt entweder durch eine Ringfurche in 2 Partieen, deren vordere gewöhnlich in einem dicken spitzen Fühler ausläuft und zuweilen Augen trägt, während die hintere, wie ein Leibes- Segment gestaltete bereits mit Borstenbündeln versehen ist, oder er ist einfach und dann stumpf, in beiden Fällen jederseits mit einer Oeffnung versehen, aus der, wie man in mehreren Fällen weiss, ein wimperndes Organ hervortreten kann. Aus dem Munde stülpt sich ein kurzer Rüssel. Das Analsegment ist an der Rückenseite oft länger als an der Bauch- seite, am Rande eingekerbt oder mit Papillen besetzt, deren untere öfters dickere Cirren vorstellen. Die Borsten sind immer haarförmig, oft sehr zart und in kleine Bündel versammelt, häufiger 2- als 1-zeilig, sie treten nie aus ansehnlicheren Erhabenheiten hervor, und ireten gewöhnlich in Gesellschaft von seitlichen Kiemen auf, bald nur an den mittleren, bald an fast allen Segmenten; gewöhnlich trägt bereits der Kopftheil Borstenbündel. Die Kiemen besitzen die Gestalt von einfachen zuge- spitzten Griffeln und scheinen einer ansehnlichen Ausdehnung fähig, eine zusammengesetztere Kiemenform ist ebenso eine Ausnahme wie in der Familie der Lycorideen Die Haut pflegt leicht gefärbt schimmernd oder glänzend zu sein, zuweilen sogar mit lebhafterem Farbenspiel. Die An- lage des inneren Baues ist im Ganzen eine Wiederholung der Arenicolen, namentlich existirt auch eine Reihe aufeinanderfolgender breiter Muskel- querbinden, die von den Rändern des Nervenstranges sich nach den Flanken begeben, oder gradezu über ihn hinweg, von einer Flanke zur andern hinüberlaufen, und deren Contraction die sohlenartige Abschnü- rung der Bauchschläuche hervorbringen muss. Ebenso finden sich eine oder mehrere senkrechte Scheidewände, im vordern Theil des Leibes, welche den Genitalstoffen den Eintritt in jene Abtheilung der Leibeshöhle verwehren, und eine nur beschränkte Zahl von Segmentalorganen. Demnach würde, soweit man aus der äusseren Beschaffenheit schliessen kann, die Gattung Branchoscoles Schmarda die Quatrefages dieser Familie beigesellt, wieder auszuscheiden sein. Der Platz, den Schmarda selbst ihr anweist, neben Cirratulus und Aricia scheint jedenfalls berechtigter; denn die Branchoseolexarten besitzen einen langen wurmförmigen, vorn zum Theil vierkantigen, nach hinten sehr allmählich, aber merklich ver- 64 Jahres-Bericht jüngten Körper mit zahlreichen sehr kurzen Segmenten (über 150 bis 250), keine Andeutung einer Sohle oder seitlicher Vorragungen, einen kurzen Kopflappen ohne seitliche Wimperorgane, oder sie andeutende Gruben, keine Papillen am Endsegment, Borsten, wie es scheint von ziemlicher Stärke, ausser Lineareen mitunter auch solche, die an ge- streckte Uneini erinnern und kurze Kiemen in kleinen Querreihen oder Büscheln. Der Inhalt der Familie Opheliacea ist namentlich dadurch gewachsen, dass Kinberg mehrere neue Gattungen aufgestellt hat, deren austühr- licherer Beschreibung wir freilich noch entgegensehen, die aber doch so weit charakterisirt sind, dass man ihnen eine Stelle neben den anderen an- weisen kann, und es würde sich nun zunächst darum handeln, die Ge nera nach ihren Beziehungen zu einander zu ordnen, oder, wo es noch an eingehender Kenntniss fehlt, wenigstens übersichtlich zusammen zu stellen. Die Gegenwart eder der Mangel an Athmungsorganen giebt zunächst zwei Hauptabtheilungen: 1) Ohne Kiemen: Dahin die Gattung Polyophthalmus Qfg., welche noch das Besondere hat, dass auf den Rändern einer mehr oder weniger abgesetzten Bauchsohle an den mittleren Segmenten Augen sitzen, der Kopflappen ist nicht weiter durch eine Ringfurche getheilt, zeigt keine vorgestreckte Fühlspitze, 3 Augen und jederseits ein Wimperorgan. Die Borstenbündel sind einzeilig, aber öfters getheilt. Das erste liegt hinter der Mundöffnung. Die Segmente sind öringelig. Alles kleine Thierchen, die sich rasch wie die Anguillulen durchs Wasser bewegen. Beschrieben sind Polyophthalmus pictus (Duj.), P. Ehrenbergi Qfe., beide aus dem Mittelmeer, P. agilis Qfg. aus dem Meerbusen von Biscaia, P. australis Gr. vom Cap York, und als weniger sichere Art P. dubius Qf. von Nizza. 2) Mit Kiemen oder cirrusförmigen Organen: dahin alle anderen Gattungen. A. Die Kiemen einfach griffelförmig, selten mit einigen papillen- förmigen Auswüchsen, einzelne ausnahmsweise gabelig. a. Die Bauchfläche nicht sohlenartig abgesetzt, ohne Mittelrinne, der Körper kurz, fast spindelförmig, mit bloss äringeligen, hinten mit 2ringe- ligen Segmenten, deren hinterer verdickter, jederseits mit 2 Flanken- höckern versehener und breiterer Ring allmälig den vorderen ganz ver- schwinden macht. Aftersegment am Rande bloss tief gekerbt, nicht mit verlängerten Papillen besetzt. Borstenbündel jederseits 2zeilig.. Die Kie- men beginnen schon an den vorderen Segmenten, fehlen aber den hinteren. Gattungen: Travisia Johnst. und Dindymene Kbg., letztere scheint sich, so viel ersichtlich, von ersterer bloss dadurch zu unterscheiden, EEE EEE Es der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. | 65 dass das 1. Borstenbündel nieht vor, sondern hinter dem Munde, d.h, am 1. vollständigen Segment steht. Nach Ansicht des Vortragenden nicht Grund genug zu einer generischen Trennung. Travisia Forbesii Johnst. (Ammotypane oestroides Rathke Opheha ma- millata Orsd.) von Spitzbergen und Grönland bis Kullen. Tr. lithophila Kbg. Port Jackson, Tr. elongata Gr. von den Samoa- inseln, Tr. chinensis Gr., aus den chinesischen Gewässern. Dyndimene eoncinna Kbg. Algoa-Bay, b. Die Bauchfläche glatt mit einer Mittelrinne, b!. Pharynx mit 2 Büscheln von Papillen innerhalb des Mundes, Körper spindelförmig, Borstenbündel 2zeilig. Gattungen Ladice Kbg. und Terpsichore Kbg. Ob eine abgesetzte Sohle vorhanden sei, ist aus den Angaben nicht ersichtlich, eben so wenig, wie viele Ringel die Segmente haben. Von jeder dieser Gattun- gen ist nur eine Art bekannt: Ladice adamantea von der brasilianischen Küste, und Terpsichore delapidans Kbg. von Valparaiso. Bei beiden Gat- tungen. wird ein Anus prolapsus angegeben mit zahlreichen Papillen; bei Ladice soll er lang, bei Terpsichore kurz, die Haarborsten dort glatt, hier gesäumt, bei beiden 2 Analeirren vorhanden sein. In der spindelförmigen Körpergestalt‘ würden sich diese beiden Gattungen an die Travisien an- schliessen. b?. Pharynx ohne Papillenbüschel, Leib gestreckt, mit 5ringeligen Segmenten. Die hierher gehörigen Gattungen ordnen sich in drei Reihen. In der einen fehlen Kopf- und Leibesaugen, die Borstenbündel stehen 2zeilig; unterhalb des Afters 2 Cirren ausser den Analpapillen; dahin: Cassandane Kbg., Nitetis Kbg. und Ophelia Sav. Bei: Ophelia erscheint der Körper dick cylindrisch, bei Weingeist- Exemplaren der Bauchtheil der mittleren und hinteren Segmente sohlen- artig abgesetzt, mit einer Mittelrinne, am Kopflappen jederseits eine Grube, aus der ein wahrscheinlich wimperndes beutelförmiges Organ hervorgestülpt werden kann. Die Kiemen fehlen den vorderen und hinteren Segmenten, zwischen den beiden Zeilen der Borstenbündel sieht man an den vor- deren Segmenten eine kleine Oeffnung. Wir kennen drei europäische Arten: 0, bicornis Sav. (O. neapolitana und bicornis @f.) im atlantischen Ocean an der französischen Küste und im Mittelmeer, und O. limacina (Ammotrypane limacina Rathke, O. bicornis Sav.? Örsd., O. borealis Qfg.), nicht genügend beschrieben sind 2 ame- rikanische: O. glabra Stimps. von Grand Manan und O. coarctata M. Edw. von den Antillen; erstere, welche etwa 20 Paar Kiemen, und ausser den Analeirren 11 kleinere Papillen besitzen soll, könnte leicht mit ©. limacina zusammenfallen, bei der Rathke irrthümlich nur 2 Analpapillen angegeben. Von Cassandane und Nitetis ist die Beschaffenheit des Bauchtheils 9) 66 Jahres-Bericht und die Gegenwart zweier Oeffnungen nicht angegeben, die Haarborsten sollen fein gesägt, bei Nitelis ausserdem auch glatte vorhanden und an den vorderen Segmenten die Borstenhöcker verbunden, die Kiemen bei Cassandane geringelt sein (die Ringelung hängt bei anderen Ophiliaceen von dem Grade der Contraction ab. Man kennt nur eine Art von jeder Gattung: C. formosa Kbg. vor der Mündung des la Plata und N. prae- tiosa Kbg. von der atlantischen Küste Patagoniens. In der andern Reihe steht die Gattung Armandia Fihippi, bei welcher am Kopflappen und an den mittleren Leibes-Segmenten Augen vorkom- men, die Borstenbündel nur eine Zeile bilden und untere Aftereirren nicht bemerkt sind. Der Körper ist nicht spindelförmig, sondern gestreckt, dabei aber nicht verlängert, am Kopflappen jederseits ein sackförmiges Organ. Armandia eirrata Fil. aus dem Adriatischen- und Mittelmeer. Die dritte Reihe bildet die Gattung Ammotrypane Rathke im engeren Sinne, und so wie sie Malmgren, nicht wie sie der Vortragende früher aufgefasst hat. Hier stehen die Borstenbündel auch einzeilig, aber der Körper ist lang gestreckt, seitlich etwas zusammengedrückt und die abgesetzte Sohle erstreckt sich über die ganze Körperlänge, Augen nicht bemerkbar, wohl aber eine seitliche Grube vor dem Munde, die Kiemen fehlen bloss we- nigen vorderen und hinteren Segmenten. Dahin gehören: A. aulogaster Rathke (nach Malmgren, der viele Exemplare und von verschiedenen Orten untersucht haben muss, nicht verschieden von Ophelina acuminata örsd.), ähnlich wie Travisia Forbesü verbreitet, ferner O. appendiculata Gr. Kr., vielleicht auch Ophelia simplex Leidy (Fauna of Rhode Island und New Fersen y), die bei 3 borstentragenden elpener etwa 26 Paar Kiemen haben soll. Zwei exotische, von dem Vortragenden im Jahresbericht der Gesell- schaft für 1863 als Ophelien beschriebene Arten, O. aulopygos Gr. aus Desterro in Brasilien und O. polycheles Gr. aus dem Rothen Meer stehen der A. aulogaster sehr nahe, unterscheiden sich aber dadurch, dass sie nur einen unpaaren Aftereirrus haben, und unter dem zweitheiligen Bor- stenbündel noch ein zartes der Kieme ähnliches, aber weniger als halb so langes Fädchen besitzen. Man müsste diese beiden Thiere unter einen besonderen Gattungsnamen (Omaria) zusammenfassen und sie neben Ammötrypane stellen. Bei beiden ist das Endsegment ansehnlich ver- längert. B. Mit zusammengesetzten Kiemen: Euzonus Gr., die Kiemen sind kammförmig, der Leib kurz wurmförmig. Bei der einzigen bisher bekann- ten Art E. arcticus Gr. sind die Zähne des Kammes wieder gespalten, mit Ausnahme des untersten, der sich daher wie ein Rückeneirrus aus- nimmt. Von Borsten ist auch an dem besterhaltenen Weingeistexemplar keine Spur zu finden. Es bildet sich vom 9. Segment an eine schmale main = BE nr a EEE ee Ahern. “ie der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 67 wenig abgesetzte Bauchfläche mit mittlerer Rinne, deren Andeutung man freilich schon von dem Kopflappen an bemerkt. Die Segmente sind Sringelig, jeder 5. an den mittleren Segmenten die Kiemen tragende Ring verdickt der Kopflappen einfach, in eine Spitze verlängert, eine grössere seitliche Oefinung oder Vertiefung an ihm nicht wahrnehmbar, die ‘beiden ersten Leibessegmente nicht so dick und rund, sondern platter als die nächstfolgenden. Statt der beiden unteren Aftereirren, die bei anderen Gattungen vorkommen, nur ein einziger an der verbreiteten Basis abge- platteter. Die Gattungen Scalibregma Rathke (Oligobranchus Sars.) und Eumenia Örsd. (deren Umtaufung in Polyphysia von Quatrefages nicht annehm- bar ist, weil der Name Eumenia in der That nicht bereits vergeben war) erhebt Malmgren zu einer Familie Scalibregmidae und stellt sie sehr passend zwischen die Opheliaceen, denen Grube sie früher beigesellt und die Telethusae.e. Sucht man den Charakter dieser Familie darin, dass ihr Leib vorn aufgebläht oder spindelförmig erscheint, ohne dass sich die Bauchpartie sohlenartig absetzt, dass der Kopflappen einfach, das 1. Bor- stenbündel nie vor dem Munde gelegen ist, dass die Borstenbündel, wesent- lich aus Haarborsten bestehend, jederseits 2 Zeilen nahe über einander bilden und aus deutlichen Höckern hervorkommen, keine verlängerten nach vorn gerichteten Borsten an den vorderen Segmenten auftreten, und die Haut glatt ist, und hält man nicht daran fest, dass an diesen Seg- menten Kiemen sitzen müssen, so lässt sich dieser Familie auch die Gat- tung Sclerocheilus Gr. anreihen, welche bisher auf nur eine Art: Sct. mi- nutus Gr. beruht (Archiv für Naturgeschichte XXIX. p. 50 tab. V. 3.). | Von dieser ist noch nachträglich zu bemerken, dass in der hintern Leibeshälfte an dem obern Borstenhöcker ein Fädchen, kürzer als die längsten Borsten, wahrnehmbar ist. An einem lebenden Exemplar von St. Vaast, das specifisch nicht verschieden scheint, sah der Vortragende dasselbe niemals von Blut erfüllt, kann es also für keine Kiemen halten, sondern nur für eine eirrusartige Verlängerung des Borstenhöckers, viel- leicht mit derjenigen zu vergleichen, die Oersted an der hinteren Lei- beshälfte von Spione trioculata beschreibt. Ebenfalls an gewisse Spiodeen (Leucodore Disoma erinnert das Auftreten stärkerer gekrümmter Borsten an einem der vorderen Segmente, und an andern (Nerine, Spione) der Umstand, dass der Stirnrand des Kopflappens jederseits in eine Zacke ausläuft. Letzteres begegnet aber auch bei Scalibregma, das ebenfalls durch einen ähnlichen Kranz von eirrusartigen Analpapillen ausgezeichnet ist, und, wenn man von den Kiemen absieht, Sclerocheilus am meisten sleicht. Interessant ist die Beobachtung Malmgrens, dass bei ausge- wachsenen Exemplaren von Eumenia in jedem Bündel von Haarborsten eine stärkere an der Spitze gabelig gespaltene, an die Amphinomeen er- innernde Borste vorkommt, 5* 68 R Jahres-Bericht In derselben Sitzung fügte Herr Professor Grube seinen vor- jährigen Mittheilungen über die Maldanien und Ammochares hinzu, dass unter der von Prof. Fr. Müller ausDesterro in Brasilien eingesand- ten Anneliden sichauch einals Ammochares brasiliensis bezeichnetes Thier dieser Gattung inmehreren Exemplaren befindet, von dem sich zur Zeit nicht mit Be- stimmtheit ermitteln lässt, ob es mit dem ebenfalls brasilianischen A. Sundevalli Kbg., oder mit dem vor der La Platamündung gefundenen A. tegula Kbg. identisch ist. Beide genannte sind nämlich, wie es scheint, nur nach Vorderstücken beschrieben, gestatten also keine vollständige Vergleichung, stimmen aber darin mit jenen überein, dass die Kiemen- fühler an Länge der Leibesbreite nicht gleichkommen; was aber bei A. brasiliensis besonders auffällt und von Kinberg nicht erwähnt wird, ist die Kürze der Uncini, die etwa nur viermal so lang als breit sind und ihre regelmässige Stellung in leicht übersichtlichen Längs- und Querreihen. Jede von diesen Häkchen gebildete Binde enthält in ihrer Länge über je 100 derselben, in der Quere je etwa 25. Die sehr feinen, leicht ge- zähnten Haarborsten stehen vom 3. bis 9. Bündel auf dem Rücken, die übrigen an den Flanken der Segmente, deren man 17 bis 23 (selten 24) zählt. Bis zum 6. Segment (inel.) stehen die Borsten näher dem, Vorder- rande, vom 7. an näher dem Hinterrande der Segmente. Das 2, und 3. Segment und das 6. und 7. gehen ohne Grenze in einander über, das 5. ist das längste, von da nimmt die Länge nach beiden Enden ab und die 6 letzten Segmente sind ausserordentlich kurz, zusammen nur wenig länger als die 3 ersten, und betragen etwa ?/, des 5. Die Kiemenfühler bilden meist 6 aus, einem niedrigen Ringe entspringende plattgedrückte sich sogleich und. mehrfach diosotomisch theilende Stämmchen, welche wie eine Hohlhand eingekrümmt zu sein pflegen und eine reich belaubte Krone mit ganz kurzen Endzweigen darstellen. Der Ring, aus dem diese Stämmchen hervorsprossen, ist von einem ebenfalls niedrigen Halskragen des borstenlosen Mundsegments umgeben, ähnlich wie bei Sabella. Der Habitus des A. brasiliensis ähnt A. assimihs Sars., A. Ottonis hat viel gestrecktere Segmente des Vorderkörpers, gestrecktere Stämme der Kiemenfühler, und. noch einmal so lange, mehr fächerartig gestellte Uncin;, auch bei A. assimilis siäd dieselben noch länger als. bei A. brasiliensis. Zu bemerken ist noch, dass unter manchem Haarborstenbündel. ein äusserst zarter geschlängelter Kanal hervortritt. In der Sitzung am 25. März lenkte Herr Prof. Grube die, Aufmerk- samkeit auf einen noch unbeschriebenen, von Herrn Salmin in Hamburg erhaltenen und angeblich aus den chinesischen Gewässern herstammen- den Seeigel der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 69 Anochanus chinensis, welcher lebende Junge gebiert. Die Echinodermen galten allgemein für eierlegend, bis Prof. M. Sehultze entdeckte, dass ein Schlangenstern Am- phiura squamata lebendig gebärend sei, d. h. dass sich im Innern seines Leibes selbst die Bier zu lebensreifen Embryonen entwickeln, denn dass es einige Asterien gäbe, welche, während sich ihre Arme fest an den Boden drücken, durch Einziehung und Hohlwölbung ihrer centralen Bauch- fläche einen Raum bilden, in welchen die Eier gelangen und sich zu Embryonen bis zu einer gewissen Entwickelungsstufe ausbilden, dieses Faectum war schon früber durch Sars bekannt geworden, kann aber nieht ein eigentliches Lebendiggebären genannt, sondern nur mit der Brutlage der Clepsinen verglichen werden. Dagegen wiesen einige Jahre später Koren und Danielsen nach, dass auch eine Gattung der Asterien i. e. 8., nämlich die Gattung Pteraster recht eigentlich vivipar sei. Unter den Seeigeln nun bietet Anochanus den ersten Fall von Lebendiggebären, der beob- achtet ist, und wenn auch die Untersuchung nur an einem einzigen, noch nicht 10 Mill. langen Weingeistexemplar angestellt werden konnte, so ist doch die Thatsache sicher ermittelt. Es zeigte sich hier nämlich statt der winzigen Genitallöchelchen, welche sonst den Gipfel der Rückenwölbung einnehmen, eine einzige aber ansehnliche Oeffnung, welche in eine darunter befindliche, mehrere Embryonen, in verschiedenen Entwicke- lungsstadien entfaltende Höhle führt. Während also die Schale der See- igel sonst einen einfachen Hohlraum umschliesst, giebt es deren hier zwei, und zwar vollständig von einander geschiedene, einen grossen unteren, den Darm enthaltenden und einen kleinen oberen, eine Bruthöhle bil- denden, ausgespannt sackartigen, in dessen Wandung ein mikroskopisches Kalkgitter vorkommt und an dessen lappig eingeschnittener Mündung die Ränder der Schale sich nach innen umschlagen, innen wie aussen mit Stachelchen besetzt. Anochanus gehört zu denjenigen Seeigeln, deren nur mit kur- zen Stacheln besetzte Schale die unbewaffnete Mundöffnung etwas vor der Mitte der Unterfläche und den After in einer länglichen herabstei- senden Grube der Hinterseite trägt, und ähnt am meisten ‚Echinobrissus (Nucleotites) mit dem Unterschiede, dass die Füsschen in continuirlichen Reihen stehen. Allein diejenigen Embryonen, welche am meisten fort- geschritten waren und bereits eine Schale mit Stacheln, Mund und Füss- chen besassen, stimmten mit dem Mutterthier nicht ganz überein, der Umfang ihrer Schale war kreisrund, der Mund central, die Stacheln eini- ger Reihen merklich länger, und weder eine Analgrube noch eine Scheitel- öffnung vorhanden, vielmehr zeichnetesich die Scheitelpartie nur durch den Mangel von Stachelchenaus. Ovarien von ähnlicher Beschaffenheit wie beiden 70 Jahres-Bericht übrigen Seeigeln waren bei dem Mutterthier nirgend zuentdecken, doch hin- gen wenige einzelne ovale, in viel Säckchen eingeschlossene durchaus weich- häutige Körperchen, welche von den am wenigsten entwickelten Zuständen der Embryonen in der Bruthöhle nicht zu unterscheiden waren, von der Wandung der Bruthöhle in die grosse Leibeshöhle herab, so dass man wohl annehmen kann, dass hier die Keime der Nachkommenschaft ent- stehen und dann in die Bruthöhle hineingelangen, obgleich man bestimmt umschriebene Oeffnungen zum Durchtritt derselben nicht nachweisen kann. Erwägt man, dass Ovarien von solcher Beschaffenheit, wie bei den übrigen Echiniden fehlen, so drängt sich die Frage auf, ob jene an der Wand der Bruthöhle herabhängende Körper als einzeln sich bildende Eier, oder vielleicht als Knospen aufzufassen sind, und ob dann das von der Mutter verschiedene Aussehen der Embryonen etwa auf einen Generations- wechsel deutet. Sind jene Körper Eier, so muss eine innere Befruchtung stattfinden. Wie gelangt dann der Samen zu den Eiern? Alle diese Fragen lassen sich für jetzt nicht beantworten und müssen künftigen Beobachtungen vorbehalten bleiben. LI. Bericht über die Thätigkeit der botanischen Section der Schlesischen Gesell- schaft im Jahre 1868 abgestattet von Ferdinand Cohn, zeitigem Secretair der Section. Die botanische Section hat im Jahre 1868 neun Sitzungen gehalten, in denen Nachstehendes verhandelt wurde: In der ersten Sitzung vom 23. Januar hielt Herr Dr. J. Milde einen Vortrag. über Asplenium adulterinum. Geschichte und geographische Verbreitung der Pflanze. In seinen ‚‚Asplenü Species Europaeae‘“ (Verhandlung des zoologisch- botanischen Vereines in Wien. Bd. VI. 1856.) berichtet von Heufler p- 260 (26) über eine Form des Asplenium viride, welche die rinnen- förmige Spindel und etwas von der eigenthümlichen Steifheit des Asple- nium Trichomanes besass, aber dadurch abwich, dass die Spindel nur zu %/, rothbraun gefärbt war und die Fruchthäufchen dem Rande der Ab- schnitte näher standen. Dagegen fanden sich die Gestalt der Fiedern, der Mangel eines trockenhäutigen Flügels an der Blattspindel und die Grösse und Oberfläche der Sporen, wie bei A. viride. v. Heufler vermuthet nun nach dem vereinzelten Vorkommen dieser Pflanze, von der Pfarrer Karl nur einen einzigen Stock in Nord-Böhmen gefunden, dass es ein Bastard von A. viride und A. Trichomanes sei, und nannte seine Pflanze 1. c. p. 347 (113) A. viride fallax: 73 Jahres-Bericht Ich selbst hatte Gelegenheit, obiges, übrigens nur 3 Blätter tragendes Exemplar zu untersuchen, und fand noch ein neues Merkmal, welches die Bastardnatur dieser Pflanze zu bestätigen schien, nämlich das Auf- treten eines Scheinnerven in den Spreuschuppen, welches auf A. Tricho- manes hindeutete. Da ich gleichfalls bisher nie eine ähnliche Pflanze gesehen hatte, und die fragliche Art in der That genau die Mitte zwi- schen A. viride und A. Trichomanes zu halten schien, so stand auch ich nicht an, sie für einen Bastard von beiden zu halten und sie als solchen in meinen „Höheren Sporenpflanzen Deutschlands und der Schweiz‘ aus- führlich zu beschreiben. Erst im Jahre 1867 trat die Pflanze aus ihrer Dunkelheit wieder hervor. In dem Berichte über die Monats-Versammlung des naturfor- schenden Vereines in Brünn vom 11. December 1867 begegnen wir der Mittheilung, dass Herr Oborny unsere Pflanze bei Schönberg in Mähren mit Asplenium Serpentinn Tausch zusammen aufgefunden, und dass auch Herr Dr. Kalmus dieselbe schon vor Jahren in Böhmen, bei Einsiedel gesammelt habe. Ueberall wurde Serpentin als die Grundlage angegeben, auf der die Pflanze wuchs. Bald darauf hatte ich selbst das Vergnügen» das Asplenium adulterinum für Sachsen und Schlesien nachweisen zu kön- nen. Durch eine Notiz in der Isis aufmerksam gemacht, dass bei Zöblitz in Sachsen Asplenium viride auf Serpentin gefunden worden sei, bat ich Herrn Seecretair Seidel, mir Exemplare zur Ansicht zu schicken. Die Untersuchung der von Zöblitz stammenden Pflanzen ergab, dass daselbst Asplenium viride und A. adulterinum untereinander wachsen. Herr Louis Ehrlich, welcher auf meine Veranlassung Zöblitz besuchte, berichtete mir, dass Asplenium adulterinum daselbst sehr gemein, Asplenium viride sehr selten, Asplenium Trichomanes aber gar nicht vorhanden sei, dagegen sei Asplenium Serpentini nicht selten. Ich erhielt durch diesen Herrn zahl- reiche Exemplare zugeschickt. Die Resultate meiner Untersuchungen wurden bereits in Nr. 13 der botanischen Zeitung 1868 (27. März) veröffentlicht. Ostern -1868 wurden mehrere meiner Schüler, welche in Frankenstein und bei Zobten wohn- ten, von mir besonders zum Zwecke des Aufsuchens des Asplenium adul- terinum unterrichtet, und einer derselben schickte mir in der That am 10. April drei lebende Stöcke dieser Pflanze vom Grocheberge bei Fran- kenstein, wo sie ganz allein in etwa 20 kräftigen Stöcken vorkommt. In ihrer Nähe fanden sich Asplenium Serpentini und sehr spärlich Asple- num Trichomanes. Asplenium viride kommt dagegen erst bei Reichen- stein vor. Anfang Juni 1868 besuchte Herr Lehrer Limpricht im Auftrage der Schlesischen Gesellschaft die Frankensteiner Serpentinberge, und dehnte seine Excursion bis zum Költschen aus. Auf meine Bitte achtete derselbe besonders auf Asplenium adulterinum, und es gelang ihm, das- | | | / | ! | der Schles. Gesellsch. £f. vaterl. Cultur. 73 selbe auch am Köpprich bei Neurode, und auf den Pfaffenbergen bei Goglau, am Költschen aufzufinden, überall auf Serpentin in Begleitung von Asplenium Serpentini, während A. Trichomanes nur am letzten Stand- orte noch ausserdem vorkam, A. viride dagegen überall fehlte. Herr Dr. Kalmus, welcher sich im Sommer 1868 an der mähri- schen Seite des Glätzer Schneeberges aufhielt, besuchte auf meine Bitte den unter dem Namen „Otternstein“‘ bekannten Serpentinberg am Glätzer Schneeberge, von dem mir zufällig bekannt war, dass ihn bereits Sendt- ner besucht und dort Bariramia Oederi gesammelt habe. Auch hier fand Dr. Kalmus Asplenium adulterinum, wenngleich sehr sparsam. Asplenium Serpentini und viride fehlten hier, dagegen war A. Trichomanes vorhanden. Da dieser Punkt über 3000 Fuss hoch liegt, so ist es un- streitig von allen der höchste. Am 12. September endlich besuchte ich die Pfaffenberge bei Goglau, um die Pflanze an Ort und Stelle kennen zu lernen, Der nur 1428 Fuss hohe Költschenberg dehnt sich bekanntlich zu- letzt zu einem sehr langen (600 Ruthen), niedrigen Bergrücken aus, der in seinem westlichsten Theile, welcher dieht an das Dorf Goglau anstösst, den Namen der Pfaffenberge annimmt. Dieser letzte, sehr niedrige und sehr bequem zu ersteisende Bergrücken ist auf seiner Nordseite an mehreren Stellen von oben bis unten durch seichte Schluchten gefurcht. Die dadurch entstehenden Vorsprünge bestehen aus nackten Serpentin- felsen, und diese bilden die Hauptfundorte des Asplenium adulterinum. Die Pflanze tritt hier in so grosser Menge auf, dass die Stöcke nach vielen Tausenden zu berechnen sind. Oft hat sie in ihrer Gesellschaft Asple- nium Serpentini, sehr selten A. Trichomanes, und nur an einer einzigen Stelle fand ich einen wenige Quadrat-Fuss grossen Raum, der nur mit A. Trichomanes besetzt war, alle anderen Farne fehlten. Das A. adulteri- num befand sich offenbar hier an einem ihm ausserordentlich zusagenden Standorte; denn Stock stand dicht gedrängt an Stock, und grössere Stöcke hatten sich reichlich verzweigt zu einem Rhizoma multiceps. An schatti- sen Stellen konnte ich vielfach Keimpflanzen dieser Art bemerken, so dass also auch kein Zweifel übrig blieb, dass die Pflanze sich lebhaft durch Sporen vermehre. Von den Pfaffenbergen verfolgte ich meinen Weg aufwärts und hatte die Freude, das Asplemum adulternum noch an zwei weit davon getrennten Stellen, die beide bereits zum eigentlichen Költschen gehören, aufzufinden. Die eine, den Pfaffenbergen nähere, lag tief unten; hier wuchs die Pflanze massenhaft an einem lang ausge- dehnten, einer Gallerie ähnlichen Serpentinfelsen-Gruppe und die andere Stelle lag bereits auf der halben Höhe des Költschen selbst und war mehr beschränkter Natur. Alle diese Punkte lagen auf der Nordseite des Gebirges, während 74 Jahres-Bericht die Südseite mir nur einen einzigen Punkt darbot, wo A. adult. spärlich in Gesellschaft des A. Serpentini wuchs. Die Moos-Flora der Pfaffendorfer Serpentinhügel ist keine reiche. Ausser vielen gemeinen Arten, wie Orthotr. anomalum, Grimmia apocarpa, G. pulvinata, Barbula ruralis, Encalypta streptocarpa, Amblystegium serpens, Thuidium abietinum, beobachtete ich auch: Fissidens decipiens e. fr., Neckera complanata, Euchynchium strigosum, Hypnum chrysophyllum. Antitrichia cur- tipendula. Potentilla incana bekleidete oft weite Strecken und blühte, wie Helianthemum, zum zweiten Male, ebenso blühten noch Gentiana punctata und G. germanica. Auf dem Gipfel des Költschen fand ich zwar Asplemium Trichomanes und Serpentini häufig, suchte aber A. adulterinum vergeblich; dagegen waren Aspidium Filix mas, Asplen. septentr. und Leskea nervosa nicht selten; Vergleicht man die geographische Lage der verschiedenen Standorte des Asplenium adulterinum miteinander, so stellen sich zwei Gruppen her- aus, eine westliche mit Zöblitz im Norden und Marienbad im Süden, und eine östliche, deren nördlichsten Punkt die Pfaffendorfer Berge bilden, auf sie folgen Neurode und Frankenstein, der Otternstein am Glätzer Schneeberge und Schönberg in Mähren fast unter gleicher Breite mit Marienbad. Ich lasse nun die genaueren Angaben folgen. | 1) Böhmen: Im Walde, am Wege von Einsiedel nach Sangerberg mit Asplen. Serpentini und dem seltneren A. Trichomanes. 25. August 1857 (Dr. J. Kalmus). — Nordböhmen (Pfarrer Kar]). 2) Sachsen. Bei etwa 1800 Fuss in den Serpentin-Brüchen von Zöblitz im sächsischen Erzgebirge zahlreich mit dem weit selteneren A. viride und A. Serpentini von J. Milde nachgewiesen im Herbar des Herrn Seidel und später von L. Ehrlich aufgesucht und vielfach gesammelt. 3) Schlesien. An den niedrigen Serpentinhügeln der Pfaffendorfer Berge und am Költschenberge sehr gemein an sonnigen Stellen mit A. Serpentini und dem sehr seltenen A. Trichomanes. Bei 900 bis 1000 Fuss (Limpricht. Milde 1868). — Am Grocheberge bei Frankenstein in etwa 20 Stöcken ganz allein, in der Nähe A. Serpentini und sehr selten A. Trichomanes (auf J. Milde’s Veranlassung Ostern 1868 aufgesucht). — Am Köpprich bei Neurode an 2 Stellen in je 5 und 10 Exemplaren mit A. Serpentini; dagegen fehlten sowohl A. viride, als A. Trichomanes. (Limpricht. Pfingsten 1868). Am Otternstein am Glätzer Schneeberge bei wenigstens 3000 Fuss, dem höchsten bekannten Standorte, nur mit A. Trichomanes und A. sep- tentrionale, dagegen fehlte sowohl A. viride als A. Serpentim (Dr. J. Kalmus. 13. Juli 1868). 4) Mähren. Am Berge Zdiar bei Schönberg in Hochwaldungen und Jungholz mit A. Serpentini eirca 1200 bis 1500 Fuss (Oborny. —— min — 1 der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 5 Zdenek). — Raudenberg bei Nirkles, nördlich von Zdiar, mit A. Serpen- tini (Zdenek). 5) Auf Serpentin in der Nähe von „Gulsen‘“ bei Kraubath, nächst Leoben in Steiermark mit Asplenium viride, A. Serpentini und Notholaen«a Marantae, am 22. Juli 1868 von Herrn J. Breidler entdeckt und mir mehrfach von Herrn Juratzka und Reichardt mitgetheilt. Ueberall findet sich die Pflanze auf Serpentin, und nur in Sachsen und Steiermark wächst sie mit A. viride in Gesellschaft, während an allen übrigen Standorten diese letztere Art fehlt. Beschreibung der Art. Um ein Urtheil über Asplenium adulterinum fällen zu können, muss man vor Allem: Asplenium viride und A. Trichomanes, seine ärheten Ver- wandten, genauer in’s Auge fassen. Eine Vergleichung der drei ge- nannten Arten ergiebt folgende Unterschiede. Das Blatt des A. Trichomanes ist starr, nicht schmiegsam und steht immer von der Unterlage ab; bei A. viride ist das Blatt weicher und schmiegt sich der Unterlage an, bei A. adulierinum hält dasselbe die Mitte zwischen beiden, es ist nie ganz so schmiegsam wie bei viride, und nie ganz so starr wie bei A. Trichomanes. Die Farbe der Segmente ist bei Trich. stets dunkelgrüu, bei viride stets hell- bis gelblichgrün, bei adult. blaugrün bis dunkelgrün, nur die obersten Segmente sind oft hellergrün als die untersten. Die Farbe des Blattstieles und der Spindel ist bei Trichom. schwarz- bis glänzendbraun. Diese Färbung der Spindel geht constant bis an die Stelle, wo die Segmente mit einander zu verschmelzen be- ginnen; von da ab tritt grüne Farbe ein. Auch ist zu bemerken, dass jene schwarze und braune Färbung erst bei vollkommen ausgebildeten Blättern vorhanden ist, während solche Blätter, die noch im Aufrollen ihrer Spindel oder Segmente begriffen sind, an der Spindel zum grossen Theile grüne Färbung zeigen. Bei A. viride ist dagegen stets nur der a und auch dieser nicht einmal in seiner ganzen Ausdehnung glänzend braun gefärbt. Die Spindel ist ganz grün. Bei A. adulterinum ist der Blaitstiel seiner ganzen Länge nach und die Spindel zu ®/,, seltener bis zur Hälfte braun gefärbt, der oberste Theil der Spindel aber stets grün. Diese grüne Färbung geht oft. an den Rändern der Spindel weiter hinab, während die Mitte der Spindel braun gefärbt bleibt, ferner geht sie auf der Blattoberseite weiter hinab als auf der Blattunterseite. Hierbei muss ferner bemerkt werden, dass ein Stock aus Zöblitz, der anscheinend ganz zu A. viride gehörte, und mit diesem in der That ganz übereinstimmte, unter anderen auch drei Blätter trug, an welchen die braune Färbung des Blattstieles sich auch noch 7—11—12'' auf den Rücken der 3 Zoll langen Blatt- 76 Jahres-Bericht spindel hinaufzieht. Ein anderer Stock, der entschieden zu A. adulterinum gehörte, besass Blätter mit z. B. 4’ 2'' bis 4 5'‘ langer Spreite, an welcher oberseits 2° bis 1’ 8°, unterseits 1‘ 10‘ bis 1‘ 4‘“ der Blatt- spitze grün gefärbt war. Für die Beurtheilung des A. adulterinum schemen mir die letzten zwei Data von grosser Wichtigkeit. Der zuletzt erwähnte Stock ist un- zweifelhaft noch A. adulterinum, aber durch ungewöhnlich tief hinab- gehende grüne Färbung der Spindel ausgezeichnet. Den vor ihm er- wähnten Stock könnte man für eine zufällige Abweichung des A. virtde halten, mit dem zuletzt erwähnten Stocke aber verglichen, scheint er auf ein Uebergehen des A. viride in A. adulterinum hinzudeuten. Blattstiel und Spindel sind bei A. Trichomanes stets geflügelt, d. h. deutlich trockenhäutig braun gerandet, beide stets gerinnt, nie ge- rippt; bei A. viride ist zwar die Rinne vorhanden, der trockenhäutige Flügel fehlt jedoch stets, und es muss dieser als ein Hauptunterschei- dungsmerkmal durchaus festgehalten werden. In Bezug auf die Rinne der Spindel bei A. viride ist noch Folgendes zu bemerken. Die Spindel des A. viride ist im lebenden Zustande stets gerinnt, nie gerippt; erst durch das Pressen tritt sehr häufig in der Mitte der Spindel das Gefäss- bündel als starke Rippe hervor, und so findet man in der That an einem und demselben Stocke sehr gewöhnlich die einen Blätter mit gerinnter, die anderen Blätter mit gerippter Spindel. Bei A. adulter. ist die Spindel stets gerinnt. Bei A. Trichomanes und A. adult. ist das Heraustreten des Gefässbündels als Rippe deshalb nicht gut möglich, weil die braunen Rindenschichten der Spindel einen weit grösseren Widerstand leisten als die saftigen krautigen, grünen bei A. viride. | 5) Die Segmente bei A. Trichomanes sind fast stets sitzend, höchst selten gestielt und dann stets am Grunde durch die braunen, an dieser Stelle etwas hervortretende Spindel eingefasst. Bei A. viride und A. adulterinum sind die Segmente stets deutlich grün gestielt und am Grunde nie hraun eingefasst. 6) Die Unterseite der Segmente ist bei A. Trichomanes und bei A. adulterinum mit zerstreuten, wenigstens 2zöllligen Haaren be- kleidet, bei A. viride meist ganz kahl. 7) Die Fruchthäufchen sind bei A. Trichomanes constant von der Mittelrippe mehr abgerückt und dem Rande der Segmente genähert, bei A. viride und A. adult. mehr der Mittelrippe genähert. Diese Verhältnisse fand ich äusserst eonstant; doch muss bemerkt werden, dass dieses Merkmal im Verlaufe der weiteren Ausbildung der Sori dadurch verwischt wird, dass die Fruchthäufehen bei allen Arten zuletzt polsterförmig die ganze Unterseite der Segmente bedecken. Am meisten eignen sich solche Blätter zur Untersuchung, an denen noch die weisslichen Schleier sichtbar sind. der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur. gez! 8) Die Spreuschuppen besitzen bei A. Trichomanes mit wenigen Ausnahmen oder alle einen Scheinnerv, bei A. viride allermeist keinen Scheinnerv, bei A. adulterin. entweder die allermeisten einen Schein- nerv oder wenigstens ein sehr grosser Theil. Hierzu ist Mancherlei zu bemerken. Ich habe A. Trichomanes: von zahllosen, auch aussereuropäischen Standorten (Himalaya, Japan, Afrika, Amerika): untersucht und stets ge- funden, dass immer- mehr als °/, aller Spreuschuppen einen Scheinnerv besassen,, während sie ebenso bei A. vıride sich ohne Nerv fanden. Eine merkwürdige Eigenthümlichkeit findet sich an A. Trichomanes v. anceps von Madeira und dieselbe auch, nur etwas weniger stark aus- gebildet, an A. viride vom Serpentin in Sachsen und an A. adulterinum. Es. zeigen bei diesen einige Zellen der Spreuschuppen an ihren Ver- diekungsschichten, nämlich eigenthümliche höckerige Fortsätze, durch welche diese Verdickungsschichten an ihrer Oberfläche rauh erscheinen. Merkwürdis ist, es, dass diese Rauhigkeiten sich nur an dem A. viride findet; welches auf Serpentin wächst, und es scheint dieses Merk- mal auf. eine, innigere. Verbindung zwischen A. viride und A. adulterin. hinzudeuten, als zwischen diesem letzteren und A. Trichomanes. 9) Der Holzkörper des Blattstieles bei A. Trichomanes ist stets dreischenklig, beir A. viride stets vierschenklig, und ebenso auch bei A. adulterinum. 10), Asplenium Trichomanes und A. adulierinum überwin- tern beide, und. zwar: das letztere in noch\ ausgezeichneterem Grade als. das, vorige, dessen Blätter im Frühjahr immer mehr oder weniger verstümmelt, erscheinen. Asplen. adulterin. besitzt offenbar mehr Zähig- keit und Lebensfähigkeit als A. Trichomanes, und so ist es nicht zu ver- wundern, dass es an seinen Standorten das A. Trichomanes meist fast ganz verdrängt hat. Beide werfen endlich ihre Segmente ab und die leeren. Spindeln. bleiben noch lange auf dem Stocke stehen. A. viride überwintert, wie es; scheint, nur: an sehr geschützten Stellen und die Blätter. verwelken zuletzt, ohne die Segmente abzuwerfen. Ich füge nun noch Folgendes hinzu, was die Beschreibung der Pflanze vervollständigen soll. Das Rhizom ist, wie bei den verwandten Arten, kriechend und vielfach getheilt; daher erscheint der Wuchs der Pflanze ausgebreitet rasenförmig. Die Blätter werden bis 7‘ lang, so an der schlesischen und mäh- rischen Pflanze, meist sind sie jedoch viel kleiner, 3—5”. Demgemäss varüirt auch, ganz wie bei A. Trichomanes, die Gestalt, die Grösse und Breite der Segmente, die übrigens, namentlich an der schlesischen Pflanze, sich am Rande gern umrollen. Am Rande sind die Segmente fast ganz- randig, meist aber bald mehr oder weniger tief gekerbt, und meist 2 78 Jahres-Bericht bis 3 lang und 1Y, bis 2" breit, sehr selten 4 bis 5 lang und 4'" breit. Die obere Hälfte der Segmente zeigt meist 3 bis 4, selten bis 5 se- cundäre Venen, die untere Hälfte dem entsprechend 2 bis 3 bis 4, die obere Hälfte 3 bis 6 bis 7 Sori, die untere Hälfte 2 bis 6, welche zu- letzt zusammenfliessend polsterförmig die ganze Unterseite überkleiden. Die Nerven enden unverdickt, wie bei A. Trichomanes, während sie bei A. viride gern am Ende eine keulige Verdiekung zeigen. Die Sporen und Schleier sind bei allen drei verwandten Arten nicht ver- schieden. Formen. Man kann, wenn man will, zwei Hauptformen unserer Pflanze unter- scheiden. Die eine, welche in Böhmen und Sachsen vorkommt, steht habituell' dem A. viride näher, indem die Spindel zur Hälfte, oder fast zur Hälfte, grün gefärbt ist und das ganze Blatt ein helleres Grün besitzt. Die zweite, häufigere Form ist habituell dem A. Trichomanes ganz ähnlich, die Färbung der Blätter dunkelblaugrün, und die Epindel nur an einer kurzen Strecke an der Spitze grün gefärbt. Von dieser letzten Form könnte man wieder zwei Abänderungen unterscheiden; bei der einen haben die allermeisten Spreuschuppen einen Scheinnerv (so die Exemplare aus dem Zobtengebirge, die meisten aus Sachsen, Mähren; bei der anderen Form hat nur etwa die Hälfte ‘der Spreuschuppen einen Scheinnerv, so die Exemplare von Frankenstein, vom Köpprich, bei der Pflanze. vom Otternstein haben die allerwenigsten Spreuschuppen einen Nerv. | 33 Kritik der Art. Aus dem Vorigen geht hervor, dass A. adulterinum mit A. viride die grössere Schmiegsamkeit des Blattes, die ungeflügelte Blattspindel, die grüngestielten Segmente, die Stellung der Fruchthäufehen und die Be- ‚ schaffenheit des Holzkörpers im Leitbündel des Blattstieles gemein hat, während es mit A. Trichomanes in den allermeisten Fällen die Färbung der Segmente und des grössten Theiles der Blattspindel’ und den Schein- nerv der Spreuschuppen theilt. Berücksichtigt man die Vorkommens-Verhältnisse nieht, so liegt die Vermuthung sehr nahe, dass A. adulterinum ein Bastard von beiden genannten Arten ist. Diese Ansicht wird jedoch Niemand ernstlich festhalten können, da’ man weiss, 1) dass nirgends alle drei Arten zusammen vorkommen; 2) dass A. viride sogar nur an einer einzigen Stelle sparsam das A. adul- terinum begleitet; 3) dass nach übereinstimmenden Berichten A. adulteri- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 79 num an allen Oertlichkeiten vorherrscht und sogar das A. Trichomanes offenbar verdrängt hat; 4) dass trotz der so zahlreichen zur Untersuchung vorliegenden Exemplare nie solche gefunden wurden, die einen Ueber- gang in A. Trichomanes vor Augen führen, wohl aber deren, welche einen Uebergang in A. viride höchst wahrscheinlich machen; 5) dass gerade an solehen Orten, wo A. Trichomanes und A. viride untereinander wachsen (so z. B. massenhaft an Kalkfelsen bei Nieder-Lindewiese bei Gräfen berg), ein Bastard von beiden bisher vergeblich gesucht worden ist. Berücksichtigt man nur die Hauptmerkmale des A. adulterinum, so ist kein Zweifel, dieselben sind die des A. viride, nämlich die ungeflügelte Spindel und die grün gestielten Segmente. Wollte man demnach behaupten, A. adul- ierinum sei die Serpentinform des A. viride, so würde sich gegen diese Ansicht kein entscheidender Grund anführen lassen, obwohl damit immer noch nicht alle Zweifel gelöst sein würden. Dagegen kann auf keinen Fall davon die Rede sein, die Pflanze für eine Form des A. Trichomanes anzusehen, so ähnlich sie in den meisten Fällen diesem in ihrer Tracht ist. Der Zweifel wäre gelöst, wenn aus den auf gewöhnlichem Boden ausgesäten Sporen des A. adulternum A. viride hervorginge. Aussaat- Versuche sind von mir bereits mehrfach im hiesigen botanischen Garten versucht worden und werde ich die Resultate derselben seiner Zeit be- kannt machen. Eine besondere Unterstützung erhält obige Ansicht noch dadurch, dass nur die Spreusschuppen des anf Serpentin wachsenden A. viride die oben. erwähnten Fortsätze und Rauhigkeiten zeigen, welche zugleich an A. adulternum beobachtet werden, während A. viride anderer Standorte Derartiges nicht zeigt. Es scheint demnach in der That ein inniger Zu- sammenhang zwischen beiden genannten Pflanzen zu bestehen. Da wir in dem Asplenium Serpentini Tausch bereits eine Pflanze be- sitzen, welche nachweislich und allgemein anerkannt Serpentinform des A. Adiantum nigrum ist, in welcher v. Ebner bei einer chemischen Ana- lyse die Hauptbestandtheile des Serpentins nachweisen konnte, und welche schon an ihrem Standorte gar nicht selten zur Stammform zurückkehrt, so lag es nahe zu untersuchen, wie sich die Veränderungen, welche das Asplenium Serpentini als solches erfahren, zu den Veränderungen verhalten, welche das A. viride zu A. adulterinum gemacht haben. Leider giebt diese Vergleichung kein brauchbares Resultat. Asplenium Adiantum nigrum erleidet auf Serpentin folgende Ver- 1) Die sonst lederartige glänzende Spreite wird krautig und glanzlos und überwintert meist nicht. 2) Die sonst lanzetiliche Spreite wird meist deltoidisch. 3) Die eiförmigen, gerundeten Segmente letzter Ordnung werden ge- stutzt. Dieser letzte Unterschied ist von allen der wichtigste und durch greifendste. 830 Jahres-Bericht Dagegen zeigen weder die Spreuschuppen, noch die Färbung der Blattspindel namhafte Differenzen; bei A. Adiantum nigrum wie bei A. Serpentini haben die Spreuschuppen weder Nerv noch in ihren Zellen Fortsätze und die rothbraune Färbung des Rückens am unteren Theile der Blattspindel ist bei beiden nicht beständig. Wie wir gesehen, sind die Veränderungen, welche A. viride erleidet, indem es zu A. adulterinum wird, davon ganz verschieden. Die Gestalt der Segmente, die bei A. Adiantum: nigrum,: so wesentlich verändert wird, bleibt bei A. adulterinum ganz unverändert; dagegen er- halten die Spreuschuppen zum grossen Theile einen Nerv, und wie be- kannt, wird die Färbung der Spindel in ihrem grössten Theile verändert und zwar um so weiter, je kräftiger die Pflanze erscheint. Nach meiner Ansicht dürfte daher A. adulterinum immer noch nicht mit: voller Gewissheit als Serpentinform des A. viride anzusprechen sein, wenngleich für diese Ansicht bis jetzt das Meiste spricht. Die Vergleichung des A. adulterinum mit verwandten exotischen Arten ist nicht ohne Interesse. Merkwürdig: nahe steht: ihm das von: mir zuerst: in meinen Filices Europae p. 62: (1867): beschriebene A. Reuteri.. Diese Art, welche von der Porta eilieica: herstammt,. hat: mit‘ A. adulterinum: die Tracht, die: un- gefligelte oben grün und am grossen untern Theile braun: gefärbte, ge- rinnte Spindel: gemeinsam, selbst die obersten: Segmente: sind' denen von A. adulterinum: fast ganz gleich: gebildet. Dagegen sind die meisten Seg- mente: freilich constant gedreit, der Blattstiel: am Grunde drehrund, die Spreuschuppen ohne jeden Nerv. Da nach T,schihatscheff: (Routen in Klein-Asien 1848 und 1849. in: Dr. Petermann’s Mittheilungen aus Justus Perthes: geograph. Anstalt, Ergänzungsband IV. 1865—1867.) Serpentini in: Klein-Asien sehr häufig. und grossartig auftritt, so, wäre es leicht: möglich, dass: A. Reuteri, eine zweite. dem Serpentin eigenthüm- liche Art: darstellt. Dies ist die einzige verwandte Art mit zweifarbiger Spindel; alle übrigen Arten: stehen dem: A. Trichomanes näher und nur: eine ist. dem - A. viride verwandt. 1) Asplenium anceps von Madeira, den Canaren und dem Himalaya unterscheidet sich von A. Trichomanes- eigentlich: nur durch die bedeutende Grösse und dadurch, dass die von Madeira,und den Canaren stammende Form an ihren Spreuschuppenzellen Fortsätze besitzt. Ferner besitzt das A. anceps durchweg, einen‘ Gefässbündel: mit 4schenkeligem:‘ Holz- körper. 2) A. castaneum Cham. Schlecht. aus Mexico gleicht in den: Grössen- Verhältnissen ganz dem vorigen und besitzt alle Hauptmerkmale des A. Trichomanes; nur die breiten Spreuschuppen sind stets: ohne Nerv, der Holzkörper des Gefässbündels vierschenkelig und die vom Rande entfernten der Schles. Gesellsch, £. vaterl. Cultur. 81 Schleier stark gewölbt und fast sich gegenseitig deckend, also die Sori sehr dicht stehend. 3) Asplenium heterochroum Kze. Von Cuba, ist dem gewöhnlichen A. Triehomanes ganz ähnlich und weicht hauptsächlich dadurch ab, dass die Spreuschuppen fast ganz vom Nerven ausgefüllt werden. Alle anderen wichtigeren Unterscheidungsmerkmale von A. Trichomanes scheinen zu fehlen. 4) A. trichomanoides Mich. A. (parvulum Mart. et Gal., A. resiliens Kze.) hat gleichfalls ganz die Tracht des A. Trichomanes, einen ausser- ordentlich breiten Nerv in den Spreuschuppen, einen vierschenkeligen Holzkörper im Gefässbündel; am abweichendsten sind die Segmente, die stets herabgebogen und 3 Ma länger als breit sind. 5) Eine dem A. viride nahe verwandte, aber bestimmt verschiedene Art ist das A. fragile Pr., welches sogleich durch den ganz grünen Blatt- stiel abweicht und sehr grosse gewölbte, übrigens der Mitte des Seg- mentes genäherte Schleier besitzt. Die Blattstiele entwickeln Adventiv- knospen. Auch bei dieser Art ist, wie bei A. viride, der Holzkörper im Ge- fässbündel vierschenkelig, und die Spreuschuppen besitzen keinen Nerv. Aus diesen Untersuchungen hat sich mir wenigstens so viel gezeigt, * dass die Beschaffenheit der Spreuschuppen nıcht gleichgültig ist; so be- sitzt das auch manche Beziehungen zu A. Trichomanes zeigende A. New- manı Bolle trotz seiner Grösse constant nervenlose Spreuschuppen. Für die Kenntniss des Asplenium adulterinum wäre es von Interesse, zunächst noch mehr Material des A. viride von Zöblitz in Sachsen zur Unter- suchung zu erhalten, und dann über seine etwaige weitere Verbreitung in Europa und Klein-Asien Nachrichten zu erhalten. Bei Limoges (Haute Vienne) hat Herr Lamy bereits auf Herrn Buchingers und meine Veranlassung eine Untersuchung der Serpentin- felsen angestellt, daselbst aber nur A. Trichomanes vorgefunden. Vor Allem wären die ungarischen Punkte, die Orte in Mittel-Serbien und der Monte Ramazzo bei Genua in’s Auge zu fassen; Orte, an denen überall bereits der stete Begleiter des Asplenium adulterinum, das A. Ser- pentini, nachgewiesen worden ist. Von nicht geringerem Interesse wäre die Kenntniss der Farn-Flora der nach Tschihatscheff’s Angaben in Klein-Asien in grosser Ausdehnung auftretenden Serpentinberge. So weit mir bekannt ist, kennt man von hier noch nicht einmal A. Serpen- tim Tausch. 89 Jahres-Bericht Anhang. Messungen. Zwei Blätter der Zöblitzer Pflanze, welche habituell dem A. viride nahe standen, zeigten folgende Verhältnisse: oben unten Spreite grün 4’ Yu 924 KL 10° 4° 50 1 gu 1 4.4 Die allermeisten Zöblitzer Exemplare zeigten dagegen folgende Verhältnisse: 4" 6° 13 10 algl 914 zu Mährische Exemplare: 5 4'u 14° 944 au Rau 16‘ 10° yu yıu 10° yes Schlesische Exemplare a. Pfaffendorfer. 5 15‘ 110 4’ gu 9% al nu 4 34 6°’ gi ni b. Grocheberg. 34 gu 15 12% zu 1.44 13 gu zu min 10 guu c. Otternstein. Yu zu 11 Ge 1 gu I al Herr Dr. Stenzel demonstrirte eine der Länge nach aufgeschnittene Frucht des Paranussbaums, Berthollecia excelsa, und erläuterte die Anhef- tung der Samen. Herr Consistorialrath Pfarrer Dr. Lorinser hielt einen Vortrag über altindische Pflanzennamen. Die tiefe Empfindung und das feine Naturgefühl der alten Indier äusserte sich auch in den Namen, welche dieselben den Gewächsen ihres Landes beilegten, wie der Vortragende aus den ältesten Denkmälern der Sanseritliteratur, den Vedas, dem Ma- habaratta und dem Ramayana nachwies; letztere Epen enthalten poetische Schilderungen des tropischen Urwalds, wie kein andres altes Schriftwerk (so unter andern in der Episode von Nal und Damajanti drei ganze Stro- phen, mit Namen von indischen Waldbäumen ausgefüllt). Die speciellen Untersuchungen des Vortragenden über die Sanseritbezeichnungen für die k der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 83 Pflanze im Altgemeinen, wie für die wichtigsten Culturgewächse insbe- sondere sind eines Auszugs nicht fähig. In der zweiten Sitzung vom 6. Februar legte Herr Kaufmann H. Hainauer eine mit ausgezeichneter Sorgfalt von dem Gärtner Pich- ler in Lienz eingelegte Sammlung alpiner und südeuropäischer Pflanzen aus den Salzburger und Kärnthner Alpen, Istrien und Dalmatien, sowie eine Anzahl seltener alpiner Sämereien von demselben Sammler vor, der auch zu mässigem Preise käufliche Herbarien der oben bezeichneten Florengebiete liefert. Die Sämereien wurden von Herrn Hainauer dem hiesigen botanischen Garten zum Geschenk überwiesen. Herr Generallieutenant v. Jacobi berichtete über ein neues sehr vollkommenes Verfahren, Abdrücke von natürlichen Pflanzen auf Papier herzustellen, welches von Clemenceau in Hanau bei dem Pariser bo- tanischen Congress von 1867 ausgestellt war. Ueber die von Boscaven Ibbetson aus Biberich zu der Pariser Ausstellung eingesendeten gal- vanoplastischen Reproductionen von Farnen, Pilzen, Cacteen etc. referirte derselbe, dass sie wahrscheinlich durch Abguss in eine über das natür- liche Exemplar gemachte Form gefertigt seien, ähnlich wie das Laub: werk an dem berühmten Jamnitzer’schen Pokal in Nürnberg. Herr Geh. Rath Prof. Göppert erinnert, dass das Verfahren des Naturselbstdrucks auch den Japanern bekannt und von ihnen bei botani- schen Encyelopädien benutzt sei, wie die von dem verstorbenen Regie- rungsrath Wichura mitgebrachten Proben erweisen. Herr Apotheker Müncke gab vergleichende Betrachtungen des Ko- palharzes mit dem Bernstein. Vortragender bezeichnet verschiedene, namentlich in Mittel- und Südamerika und in Ost-Afrika einheimische Species der Gattungen Hymenaea L., Trachylobium Hayne und Vouapa Hayne als kopalliefernde Bäume und charakterisirte den brasilianischen, westindischen und den ost- und westafrikanischen Kopal des Handels durch die resp. Eigenschaften, Abstammung ete.; der ostafrikanische oder Zanguebar-Kopal ist dem Bernstein am ähnlichsten. Durch die freundliche Mittheilung interessanter Notizen und ausge- _ zeichneten Materials von rohem Zanguebar-Kopal sowohl, als auch durch die fortdauernde Unterstützung mit Rath und That, fühlt sich Vortragen- der dem Herrn Geh. Rath Göppert zu grösstem Danke verpflichtet. Nach F. Oswald wird sämmtlicher, zum Export bestimmter ost- afrikanischer Kopal in der Erde 1 bis 6 Fuss tief und darüber, zwischen Pangane und Cap Delgado und ungefähr bis 1'/), Meile landeinwärts gegraben, in baumlosen Gegenden, deren Einförmigkeit durch einzelne Sträucher unterbrochen wird. Der Kopalbaum Zanguebars wächst nach Oswald, der Blätterfrüchte und Harz übersandte, nur vereinzelt, tiefer im Innern des Festlandes und scheint identisch mit dem Trachylobium 6* 34 Jahres-Bericht mossambicense Klotzsch (Peters, naturwissenschaftliche Reise nach Mos- sambique), den Peters in Waldbeständen auf dem Festlande von Que- rimba auffand; doch sind die übersandten Früchte durch die schräg ge- stellten länglichen Warzen von der Abbildung a. a. O. abweichend; fer- neren Untersuchungen bleibt es vorbehalten, ob Trach. Hornemannianum H. specifisch verschieden ist. Durch die grosse Aehnlichkeit der Blätter der verschiedenen Trachylobium-Arten hält es schwer, die Identität der im Kopal eingeschlossenen Blätter mit denen des Kopalbaumes nachzu- weisen, und Früchte und Blüthen im Kopal aufzufinden, war bis jetzt noch nicht gelungen. Wie verbreitet der Kopalbaum gewesen sein muss, erhellt aus der Thatsache, dass nach Peters jährlich 70—100,000 Pfund Kopalharz exportirt werden, wobei die enormen Quantitäten verwitterten Kopals gar nicht berücksichtigt werden. Das zufällige jetzige Vorkommen von Kopalbäumen auf Zanguebar spricht durchaus nicht für die bestimmte Abstammung des Harzes; in Guinea und benachbarten Ländern, wo jährlich sogar über 1,600,000 Pfund Kopal exportirt werden, wächst nach Welwitsch kein Kopal- baum, und sämmtlicher Kopal wird lediglich nnr gegraben. Grosse Erd- katastrophen haben auch hier die mächtigen Kopalwälder vernichtet und das Harz in die jetzigen Lagerstätten geschwemmt, wo die vielfach zer- brochenen, oft noch mit Baumrinde bekleideten, untereinander geworfenen Stücke in Sand-, Letten- und Mergelschichten in verschiedener Tiefe ge- graben werden. Die Kenntniss der Alten über den Kopal, den sie Succinum indicum s. africanum nannten, die verschiedenen Meinungen über die Abstammung des Kopals und die daraus folgende Stellung desselben im Naturreiche bei den Naturforschern bis in die neuere Zeit, ceitirte Vortragender aus den betreffenden Werken und bezeichnete schliesslich John als denjenigen Forscher, der zu Anfang dieses Jahrhunderts schon der Meinung war, dass der gegrabene Kopal von West-Afrika von Bäumen abstamme, die ehemals dort vegetirten und dass damit etwas Aehnliches wie mit den - Buceinbäumen in Preussen stattgefunden habe. Die hin und wieder verbreitete Annahme, dass der Kopal sowohl, als auch der Bernstein im ursprünglichen Zustande andere Harze reprä- sentirten, dass sie nämlich aus einem mit anderen Eigenschaften begabten Harze durch Molekular-Veränderungen, veranlasst unter dem Einflusse tellurischer und kosmischer Agentien von Jahrtausenden, erst mit den jetzigen Eigenschaften hervorgegangen seien, entbehrt jeder Begründung, Niemals ist Bernstein ein den einheimischen Abietineen ähnliches Harz und Kopal nie Animeharz gewesen, und Dammarharz und Anime sind nie von ein und denselben Bäumen exsudirt worden. der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur, 85 Die interessanten Entdeckungen von Kopalstücken sowohl im See als auch im gegrabenen Bernstein, die verschiedenen Erklärungen über dieses Vorkommen, die Ansicht Berendts, dass wenigstens eine Kopalbaum- species einer früheren Schöpfungsperiode angehört hat, und die grosse Aehnlichkeit dieser in Preussen gefundenen Kopalstücke mit ostafrikani- schem Kopal eingehend hetrachtend, versuchte Vortragender die Eigen- schaften des ostafrikanischen Kopals mit denen des Bernsteins zu parallelisiren. Den einzelnen rohen Kopalsorten Zanguebars (Mrima-, Quali-, Sa- mango-, Quiloa- und Mgao-Kopal), die Herr F. Oswald Herın Geh.-R. Göppert überschickte, eigenthümliche Eigenschaften beimessen zu wollen, dürfte schwer fallen; wir finden in jeder der nach dem Fundort be- nannten Sorte, Kopal von den verschiedensten Farben-Nuancen, das spe- cifische Gewicht der einzelnen Stücke variirt ebenso wie die Härte, Sprö- digkeit und Form derselben. Nach dem Gehalt an schönen, weissen Stücken bestimmt man den Werth dieser Kopalsorten, in denen bald mehr, bald weniger häufig zwei weniger geschätzte Kopale, Jacass- und Brand-Kopal, vorkommen, die beide beim Sortiren der rohen Kopalstücke entfernt werden; ersterer, der nach Oswald zur Lackfabrikation nach China exportirt wird, wegen der leichten Auflöslichkeit in den Wasch- laugen, letzterer, der wahrscheinlich durch Blitze verursachten Wald- bränden seine Entstehung verdanke, der dunkelbraunen Farbe wegen, Das gleichzeitige Vorkommen von mannigfach zerbrochenen, hellen Stücken neben dunkelbraunen, von weniger harten und spröden neben dem geschätztesten Kopal, das unter diesen zerstreute Auftreten von Brand-Kopal in kleinen Fragmenten, die häufis vorkommenden Stücke ınit eingeschlossenen Insekten, Blättern, Rinde u. a., gebettet in Verwit- terungsprodukte des Kopals, die seit Jahrtausenden unter dem Einflusse von Luft, Feuchtigkeit und Wärme zu grosser Mächtigkeit herangewachsen sind, liefern einen schlagenden Beweis für die Annahme, dass der Kopal an Ort und Stelle seines jetzigen Vorkommens nicht exsudirt, sondern während grosser Erdkatastrophen an die jetzigen Fundorte geschwemmt worden ist und somit eine grosse Aehnlichkeit mit der Entstehungsweise und Lagerung des Bernsteins zeigt. In Farben-Nuancen und Durchsichtigkeit, in den verschiedenen Härte- sraden, im spec. Gewicht der einzelnen Stücke, im fettigen, öligen Glanz und grossmuschligen Bruch sowohl, als auch in der Form der Stücke zeigen Bernstein und Kopal eine übereinstimmende Mannigfaltigkeit, die gewiss nicht allein die Folge ist, dass vielleicht verschiedene Species von Bäumen, die Harze lieferten, sondern die vielmehr bedingt wird durch das verschiedene Alter der harzliefernden Bäume und des Harzes selbst, durch die verschiedenen Agentien, die nach Zeit und Ort auf die Harze verschieden einwirkten, durch kränkelnde Bäume, durch die Lagerungs- 86 Jahres-Bericht stätte der Harze, und gewiss noch durch andere Verhältnisse, die bald mehr, bald weniger energische Wirkung auf die Harze äusserten. Die Verwitterungsschicht, Rinde genannt, die den rohen ostafrikani- schen Kopal bekleidet, ein durch Jahrtausende dauernde Einwirkung von Luft, Feuchtigkeit und Wärme hervorgegangenes Oxydationsprodukt, be- steht aus mehr oder weniger unregelmässigen, dieht nebeneinander ge- drängten, prismatischen Warzen, die nach Entfernung und Waschen mit verdünnten Laugen, die den ostafrikanischen Kopal charakterisirende, chagrinirte Oberfläche, Gänsehaut, darstellt; sie ist lediglich die Folge der durch chemisch physikalische Veränderung angeregten Contraction des Harzoberflächen. Eben dieselbe Rinde, nur bald mehr, bald weniger deutlich ausgeprägt, findet sich auch bei dem gegrabenen Bernstein. Dass Bernstein und Kopal in ursprünglichem Zustande sehr dünn- flüssig gewesen sind, beweisen die eingeschlossenen, in der ungezwun- sensten Lage der Nachwelt aufbewahrten Insekten; und dass selbst srössere Thiere, wia z. B. Eidechsen im ostafrikanischen Kopal gefunden wurden, berechtigt zu der Annahme, dass ebendasselbe auch bei Bern- stein stattfinde. Nicht alle derartige Einschlüsse im Bernstein sind Kunst- produkte. Nachdem Vortragender die Erzeugung, resp. Lagerungsstätte, der Harze an den resp. Stämmen und die eigenthümliche Ablagerung vou Bernstein zwischen den Jahresringen näher betrachtete, ertheilte er ver- schiedene Rathschläge, um Kopal von Bernstein genügend zu unter- scheiden, wobei für weniger Geübte als untrügliches Mittel der charak- teristisch stechende Geruch des brennenden Bernsteins sich herausstellte, und, schliesslich die chemische Constitution der beiden Harze nur ober- flächlich berührend, schloss Vortragender mit der Bemerkung, dass auch in dieser Beziehung zwischen Bernstein und Kopal grosse Analogie zu finden wäre. In der dritten Sitzung vom 20. Februar sprach Herr Dr. Hodann | Ueber den von Peck aufgefundenen Standort der Pilularia und ihr Verhalten daselbst, sowie über einige andere Standorte von Gefäss- Kryptogamen. Zu den selteneren Gefässkryptogamen, welche theils oft ganz unzu- gänglich, theils, trotz dem angegebenen Standorte, schwer zu finden sind, gehört die Pilularia globulifera. — In trocknen Jahren wird man sie an den Stellen, wo man sie früher fand, gänzlich vermissen, in nassen Jahren gelangt man oft wegen zu starker Inundation nicht bis dahin, wo sie wächst. Leicht ist sie mit anderen phanerogamischen Pflanzen zu verwechseln, und sie vegetirt in der Regel dem Auge des Botanikers verborgen. der Schles. Gesellsch, £. vaterl. Cultur. 87 Nach Milde fanden sie Koelbing in der Oberlausitz in Sand- und Torfboden, Schuchard bei Kueba, Jänike um Hoyerswerda, Burg- hardt und Breutel um Niesky, Knorr bei Sommerfeld und Peck um Mittel-Sohra bei Görlitz. Wir sehen, dass sie ihrer Genossin, der Sal- vinia, gegenüber, welche vorzüglich in Schlesien wächst, ihren Wohnsitz in der Lausitz aufgeschlagen hat. Bei Sommerfeld wurde sie von Ascherson in neuerer Zeit reichlich gesammelt. — An allen ange- gebenen Orten würde man sie, wenn nicht geführt von dem Entdecker des Standortes, schwer auffinden, auch ich würde sie ohne die Beglei- tung von Peck nicht aufgefunden haben. Die meisten Standorte sind auch so allgemein angegeben, dass sie überhaupt Keiner allein auffinden würde. — Genauer angegeben ist der von Peck aufgefundene Standort und da er bequem gelegen ist, will ich versuchen, ihn und das Verhalten der Pflanze daselbst zu schildern, damit sie der Botaniker allein daselbst auffinden kann, insofern überhaupt das Jahr für dieselbe günstig ist. Nahe bei Görlitz, zu Fuss und zu Wagen leicht erreichbar, liegt das Dorf Mittel- (oder auch) Nieder-Sohra; hier, links von der Strasse, welche von Penzig nach Langenau führt, befindet sich, unweit einer Zie- gelei ein kleiner verlassener Torfstich hinter einem beackerten Felde und vor einem kleinem Gehölz. — Hier fand Peck unter anderen folgende Pflanzen: Utricularia minor und intermedia, Carex pulicaris und cyperoides, Andromeda polifolia, Erica Tetralix europaea, Oxycoccos palustris, Khyncho- spora alba, Gnaphalium luteo-album, Drosera rotundifolka und intermedia, Lycopodium imundatum, Arnica montana, Comarum palustre, Hydrocotyle vulgaris, Lysimachia nemorum, Potentilla nemoralis und Radiola Millegrana. — Nicht weit davon auf einer jetzt urbar gemachten Haidestrecke mit Torfsrund fand Peck einige Exemplare von Homogamne alpina. Auch Muscari botryoides kommt dort auf einem Felde vor. Der Torfstich ist nicht gross und besteht aus einer umfangreicheren Vertiefung, aus welcher in mittelnassen Jahren das Wasser in kleinen 2 bis 3 Fuss tiefen Rinnsalen langsam abfliesst. — Diese letzteren sind es, wohin man sich zuerst zu wenden hat. — Einige derselben, wo Peck die Pflanze, aus dem Schlamm aufwachsend, früher gefunden hatte, waren ausgetrocknet und von der Pilularia keine Spur mehr vorhanden. Lange wurde gesucht, bis wir uns, im feuchten Moore vorwärtsgehend, dem kleinen Torfteiche näherten. Am Rande desselben wuchs die Pflanze nicht, wohl aber in grosser Menge an einem solchen Rinnsal, wo es un- mittelbar aus dem Torfteiche trat. Die Ränder des Rinnsales waren mit in’s Wasser hängendem Grase besetzt und wenn man dieses emporhob, sah man eine lange grüne Linie von der Pflanze gebildet. — Sie wur- zelte ziemlich fest immer in einzelnen starken Exemplaren und ihre Aus- läufer waren etwa einen Fuss lang, wurden aber durch den sanften Ab- fluss des Wassers an dem Rande des Rinnsales festgehalten, ohne mitten 38 Jahres-Bericht im Wasser zu spielen. So documentirt sich die Pilularia als eine wirkliche Wasserpflanze, die, von sanftfliessendem Wasser gänzlich bedeckt, nur kräftig vegetirt. Trocknet das Wasser ein, so senken sich natürlich die Ausläufer (Rhizome) und sie. deln sich tiefer an. Trocknet das Rinnsal gänzlich aus, so wandern die Ausläufer mitten in den Schlamm, ihre feinen Wurzelfasern siedeln sich hier an und die Pflanze vegetirt in einem Nothzustande. — Dieser Nothstand entwickelt sich auch in der Gefangenschaft der Pflanze. Sie wächst im Schlamm in die Höhe, wie Schnittlauch, und ihre Spitzen ver- ieren die eigenthümliche schneckenförmige Kringelung; am Rande des Gefässes aber schleicht ein Rhizom hinaus und wächst lustig und lebens- frisch in das Wasser des zweiten Gefässes hinaus. Jetzt fehlte nur noch das sanfte Fliessen des Wassers und sie würde fortwachsen wie am ur- sprünglichen Standorte. Ein Versuch, die Pflanze auch in Schlesien ein- zubürgern, würde gelingen, wenn man sie in sanftfliessendes Wasser klei- ner Rinnsale mit Torf- und Moorboden bringen könnte. Derselbe machte Mittheilungen über einige andere Gefäss- kryptogamen. 1) Lycopodium inundatum fand ich an dem oben beschriebenen Stand- orte eisenthümlich wachsend. Auf grossen Polstern von Sphagnum sassen einige Exemplare gleichsam schwimmend auf. Die Wurzelfasern klam- merten sich schmarotzerartig an das Sphagnum an und suchten nach der Tiefe zu streben. Die Exemplare waren kräftig und stark und ganz in der Nähe, wo der Sandboden mehr hervortrat, wuchs das Lycop. inun- datum fest an den Boden geheftet auf gewöhnliche Weise. 2) Lycopodium annotinum. Auf einem verlassenen, sehr beschwer- lichen Wege aus der kleinen Schneegrube heraus auf Agnetendorf zu seitwärts der Korallensteine, doch auf demselben Bergzuge, nur etwas tiefer kommt man über grosse Steine und durch wenig cultivirten Forst über den sogenannten ,„Spornhübel“ Hier wächst Lycop. anotinum in überaus kräftigen Exemplaren auf weichem Moosteppich. Es bildet ein Aehrenfeld, auf welchem man hinschreitet und ein einzeln verfolstes Exemplar war, vom Wurzelstock gerechnet, beinahe 22 Fuss lang. Wunderschön läuft die Pflanze über Steine und grosse Baumwurzeln, um dann wieder in’s Moos zu sinken. 3) Lycopodium complanatum findet sich, wenn auch selten, bei Schön- berg unweit Görlitz vor. An den Korallensteinen (Stenzel) und den Biebersteinen Jänike, Schumann) ist es nicht mehr aufzufinden, doch habe ich einen bequemen und schönen Standort aufgefunden, wo es in kräftigen Exemplaren wächst. Er befindet sich links von dem Wege vom Ziegenrücken aus nach Spindelmühle (St. Peter) kurz vor den ersten Häusern, wenn man in das Gehölz etwas aufwärts steigt. der Schles. Gesellsch. i. vaterl. Cultur. 59 4) Lycopodium clavatum wächst in schönen grossen Exemplaren in ungemeiner Menge hinter Schönberg, auf dem Wege nach Seidenberg zu, im Rudelsdorfer Forste. Das Semen Iycopodii wird hier von den Leuten sesammelt. 5) Selaginella spinulosa wächst sehr schön auch im Elbgrunde. Wenn man von dem Wirthshause des Elbfalles, linker Seite, in den Elbgrund hinabgeht, so erblickt man eine breite Steinfläche, welche sich am Rande tief in den Grund hinabsenkt. Vor ihr wächst die Selaginella gemein- schaftlich mit Eriophorum alpinum und Drosera rotundifolia. — Sie ist hier viel leichter zu erlangen, als an den andern specieller angegebenen Standorten. 6) Aspidium Oreopteris wächst in einzelnen, grossen Exemplaren auf einer spärlich bestandenen Berglehne links vom sogenannten „‚Festungs- wege“ nahe einem Kohlenweiler. Man passirt diesen Weg, wenn man von St. Peter aus nach der Peter-Baude geht. 7) Asplenium germanicum. Hinter Seidenberg, dicht an der böhmi- schen Grenze liest das Dorf Ebersdorf. Neben ihm hin zieht sich eine anmuthige Schlucht, die rechts einen kleinen Bach, links hohe Felswände hat, welche im sogenannten ,„Katzensteine‘ enden. Auf obigen Felsen fand ich sehr schönes Aspl. germanicum einzeln vertkeilt zwischen Un- massen von Aspl. septentrionale. 8) Polypodium vulgare Var. auritum Milde wurde von Peck an ein- zelnen Granitfelsen am Neisse-Ufer dicht bei Görlitz aufgefunden und von Milde im Gesenke. An den Granitfelsen ist es noch, wenn auch nicht sehr zahlreich aufzufinden. Ich fand es ebenfalls auf dem Wege von Agnetendorf nach der Agnetendorfer Schneegrube zu in ziemlich gut ausgeprägten Exemplaren. Der Seeretair, Cohn hielt einen Vortrag über die Beziehung des Pflanzenlebens zum Licht, der anderweitig publieirt werden soll. Herr Dr. Stenzel legte einen alten Cycadeenstamm vor mit schicht- weiser Absonderung von Holzringen, die durch Parenchym von einander getrennt sind. In der vierten Sitzung vom 5. März zeigte Herr Geh. Rath Prof, Dr. Göppert die Frucht und den herausgenommenen Samen von Ophio- cargum paradorum aus Guyana, so wie den schneckenförmigen Embryo von Coceulus villosus. Ferner legte derselbe vor eine Abhandlung unseres eorrespondirenden Mitgliedes Herrn Dr. Bail über seine mykologischen Forschungen, so wie eine grosse Sammlung von Photographien berühmter Botaniker. 90 Jahres-Bericht Derselbe hielt einen Vortrag über den gegenwärtigen Zustand des botanischen Gartens zu Breslau, welcher bereits in dem Jahresbericht für 1867 abgedruckt worden ist, Herr General v. Jacobi zeigte eine Reihe Naturabdrücke von Pflan- zen vor, die sich durch ganz besondere Naturtreue auszeichneten. Die- selben werden von dem Lehrer der französischen Sprache am königl. Gymnasium zu Hanau, Herrn Clemenceau gefertigt und geben nicht bloss Blätter, sondern ganze kleine Zweige mit Blumen und Knospen, so wie Rispen und Aehren von Gramineen naturgetreu wieder. Es ver- dient um so mehr auf die überraschenden Leistungen des Herrn Cle- menceau aufmerksam zu machen, als derselbe damit beschäftigt ist, die einheimischen Gramineen in systematischer Ordnung auf diese Weise darzustellen. Bis jetzt liefert er das Einzelblatt derartiger Naturdrucke für 6 Kreuzer oder 1 Sgr. 10 Pf. Da es ihm aber jetzt auch gelungen ist, seine Na- turdrucke auf photolithographischem Wege zu vervielfältigen, so ist er hierdurch in den Stand gesetzt, hinfüro das Blatt, je nach dessen Grösse für 1 bis 2 Kreutzer oder 3'/, bis 7 Pf. zu liefern. Derselbe empfiehlt zur Conservirung von Holzetiquetten in der Erde, Eintauchen der Spitzen in eine Lösung von 6 Theil Wasser und 1 Theil Kupfervitriol durch 24 bis 48 Stunden, und nachheriges Ein- tauchen in Kalkmilch oder Gypslösung; derartig präparirte Etiquetten haben sich in seinem Garten schon drei Jahre erhalten. Herr Apotheker Werner zeigte vor: Maserartige Wurzelaus- wüchse von Viburnum Opulus, einen Stammabschnitt von Lonicera tatarica, 5'/, Millm. im Durchmesser, und ein proliferirendes Helichrysum-Köpfchen von Jutroezin. Herr Dr. Milde ladet im Auftrage des Herrn Dr. Bolle zur Sub- . seription, auf das nach einem von Frau Prof. Koch gemalten Portrait angefertigte Bildniss des verstorbenen Afrikareisenden Dr. Steudner, eines geborenen Schlesiers, ein. Herr Cand. pharm. Gonnermann legte vor einen aus 220 Tafeln bestehenden grossen Atlas eolorirter Abbildungen von Pilzen, welche sein Vater Herr Apotheker Dr. Gonnermann zu Neustadt in Thüringen, be- kannt als Verfasser verschiedener mykologischer Abhandlungen, selbst gezeichnet und mit mikroskopischen Analysen begleitet hat; die Tafeln werden von ihm selbst in musterhafter Weise lithographirt und eolorirt, um als ein grosses Werk über die Pilze Deutschlands, insbesondere des der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 91 Herzosthums Coburg, zu welchem Herr Dr. Rabenhorst in Dresden den Text schreibt, in Lieferungen herausgegeben zu werden; die erste Lieferung wird in kurzer Zeit in die Oeffentlichkeit treten. In der fünften Sitzung vom 26. März constatirte Herr Apotheker R. Müncke, dass die von ihm am südlichen Abhange des Brunnenberges gefundenen Bastarde zwischen Geum montanum L. und @. rivale L. nicht zu G. sudeticum Tausch zu ziehen sind; durch den durchgehends nicht seknieten Griffel stimmen sie mit denjenigen überein, die Hr. Dr. Stenzel im Melzergrunde sammelte. Derselbe legte ferner montröse Formen von Swertia perennis L. aus dem Riesengrunde und von Anemone narcissiflora L. von der Brunnel- haide vor; ausserdem noch aus der Gegend von Gräfenberg Agrimonia odorata Mill. (häufig in Nielasdorf bei Ziegenhals), Malaxis monophylos Sw. (zahlreich zwischen dem Zeiskensrunde und Reiwiesen), Sagina saxatilis Wim. (eben daselbst verbreitet), Fchinospermum defleeum Lehm. (altes Schloss zu Goldenstein) und Cephalanthera pallens Rich. (Jätzdorf bei Friedberg.) | Der Seeretair, Cohn trug den Nekrolog des am 12. März dahinge- schiedenen Schulrath Prof. Dr. Wimmer vor, welcher im Jahresbericht für 1867, abgedruckt worden ist, und giebt der Theilnahme der Mitglie- der über diesen um die Wissenschaft der Philologie und Botanik, wie um die Leitung des Schulwesens in seiner Vaterstadt Breslau hochver- dienten und allverehrten Mann Ausdruck. Herr Prof. Dr. Körber übergiebt der Bibliothek eine. Photographie der Madame Libert von Malmedy. Derselbe legt seine Bearbeitung der von Dr. Em. Weiss ge- sammelten Lichenes aus Istrien, Dalmatien und Albanien, und zeigt die darin als neu beschriebenen Arten: (Calopisma saccopithoides, Microthelia Oleae, Seutula socialis, Pertusaria Cyparissi, Staurolemma dalmaticum, Bla- stenia paragoga, Biatora Iygaeoides, Coniangium paradoxum vor; ferner be- spricht und demonstrirt derselbe Ramalina carpathica aus den Karpathen (Hausknecht); Blastenia Metzleri von Kandersteg, Bl. isabellina vom Gornergrat, Lecidella goniophila von Valdi Foin (Metzler); Leptorraphis Steinii von der Schneegrube (Stein); Buellia viridis von Sagan (Wecker); Imbricaria tesquarum, Rakorsteppe (Meyer): Poly- blastia Monstrum, Melzergrund, Microthelia adspersa (Sattler), Lecanora tephraea, Schneegrube (Körber). 99 Jahres-Bericht Herr Dr. Sehneider überreicht eine von ihm zusammengestellte Sammlung der schlesischen Peronospora-Arten für das Herbar der Ge- sellschaft. Der Secretair lest vor ein Verzeichniss käuflicher Pflanzen von Bordere in Gedre par Lux, Hautes Pyrenees (Preis der Centurie 10 Fres., 2000 Pflanzen 300 Fres.). Die sechste Sitzung vom 23. October eröffnete der Secretair der Section, Prof. Cohn, mit einigen Worten zur Erinnerung an den am 23. Juni d. J. im 9. Jahre dahingeschiedenen Musik-Director Gottlob Siegert. Wir lassen über Siegerts Leben und Wirken einen Nekrolog folgen, den wir aus einem in der Breslauer Zeitung vom 25. Juni 1868 erschienenen, die künstlerischen Leistungen desselben in sachkundiger Weise besprechenden Nachruf und aus einem von Herrn Junger uns übergebenen Manuscript zusammengestellt haben. Gottlob Siegert, am 17. Mai 1789 zu Ernsdorf bei Reichenbach geboren, ward schon frühzeitig von seinen Eltern, die im Besitze einer Freistelle waren, für das Schulfach bestimmt. Er besuchte zuerst die nahegelegene Stadtschule, erhielt daselbst von dem Collegen Scholz und dem Cantor Rieger seine erste musikalische Bildung und wurde im Jahre 1802 (auf Verwendung eines Bekannten) Discantist an der Bern- hardin-Kirche zu Breslau. Als solcher erhielt er freie Wohnung, freien Unterricht am Maria-Magdalena-Gymnasium und ein Einkommen von 30 Thlr, jährlich. Bald darauf ward er als Altist an der hiesigen Oper angestellt, und lernte nicht allein die besten der damals bekannten Opern, sondern auch andere lebende Vorbilder kennen, er sah und hörte Vogler als Dirigenten und Orgelspieler, und wurde von Ebell, C. M. v. Weber”) und Bierey sehr beachtet. — Als er im Jahre 1808 das Gymnasium verliess, kämpfte er lange mit sich selbst in Betreff der Wall seines künftigen Berufes, bis ihn endlich einer seiner früheren Lehrer, Director Reiche, bestimmte, seinem früheren Entschlusse treu zu bleiben. Im Herbst desselben Jahres schied er vom Theater und er- theilte nun Unterricht im Reich’schen und Hinkert’schen Institute. Gleichzeitig studirte er mit grossem Fleisse pädagogische und vorzüglich Pestalozzi'ssche Werke. Im Jahre 1809 wurde er an dem städtischen Institute zur Ehrenpforte als Lehrer angestellt. An der Bernhardin-Kirche war Siegert als Choralist thätig und hatte bereits Compositionen ge- fertigt, welche der damals angestellte Cantor Kellner auch bisweilen zur Aufführung gebracht hatte. Einen Beweis von der grossen Beschei- *) C. M. v. Weber namentlich bezeichnete ihn bei mehr als einer Gelegen- heit als die Stütze des Alt. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 93 denheit Siegert’s giebt ein. Vorfall, der in dieses Jahr fällt. In Oels war ein Posten vacant; Siegert hatte sich dazu gemeldet und von dem Cantor Kellner ein Zeugniss erbeten. Dieses lautete so vortheilhaft, dass Siegert in seinem bescheidenen Sinne meinte: „das müssten sie in Oels für parteiisch halten“ und dasselbe daher gar nicht vorzeigte. — — Im folgenden Jahre trennte sich Siegert ganz von dem kirchlichen Dienste, um sich mit allen Kräften dem Schulfache zu widmen; doch schon zu Ostern 1812 erhielt er das Cantorat zu Bernhardin, nachdem sein Vorgänger, Cantor Kellner, 1811 gestorben war. Mit dem Can- torate war eine Lehrerstelle an der Bürgerschule zum heiligen Geiste verbunden, welche Siegert mit Eifer ebenfalls versah, mit seinem Freunde Reiche im innigsten Verkehr lebte, später mit Dr. Harnisch befreundet und Mitglied des älteren Breslauer Schullehrer-Vereins wurde, und daselbst mehrere Aufsätze vortrug, welche durch den Druck uns er- halten sind. Von Reiche auf Nägeli’s Gesangsbildungslehre aufmerk- sam gemacht, versuchte er diese zuerst privatim, und sodann öffentlich am Gymnasium zu St. Elisabeth und wurde hierbei vom Rector Etzler theilnehmend unterstützt. Von der Ueberzeugung ausgehend, dass der Sinn für Tonkunst schon in den Schulen geweckt werden müsse, arbeitete er eine Sammlung dreistimmiger Choräle für Kinderstimmen aus und verfasste, in Gemeinschaft mit den Mitgliedern des Schullehrer- Vereins, eine Liedersammlung für Schulen (zum Besten der neu errich- teten Schullehrer-Wittwenkasse). Auch im ‚„Erziehungs- und Schulrathe“ befinden sich einige Compositionen von ihm. — Die von Bierey 1812 errichtete Sing-Akademie gab dem Streben und Wirken Siegerts eine neue Richtung; er lernte hier die ausserordentliche Wirkung einer gedie- genen Kirchenmusik kennen. Auch wurde er hier mit dem Ober-Landes- Gerichtsrath v. Beyer bekannt, der ihn in einen für musikalische Unter- haltung errichteten und von ihm geleiteten Familienverein einführte, dem Siegert sehr viel zu danken hat. — Im Jahre 1816 löste sich die Sing- Akademie auf. Im Umgange mit Bierey wurde Siegert mit den Re- seln des reinen Satzes und der Behandlung der gebräuchlichsten Instru- mente vertraut; er componirte von 1816-1818: zwei Cantaten, ein Te Deum, eine Messe und mehrere Kirchenstücke. — — Trotz der erössten Anstrengung für die Verbesserung der Kirchenmusik sah Sie- gert mit Betrübniss nur geringen Erfolg. Ursache hiervon war die Ge- ringfügigkeit der ihm zu Gebote stehenden Mittel. Sein Cantorat brachte ihm nicht über 160 Thlr., wofür er Sonntags mehrere Musiken aufführen, alle dazu erforderlichen Musikalien und theilweise auch Instrumente, Saiten ete. anschaffen musste. Das musieirende Corps bestand aus vier Discantisten, vier Choralisten und fünf Adjuvanten zur Instrumentalmusik. (Jeder Adjuvant bezog für 60 Musiken jährlich 7 Thlr. 8 Sgr.) Da es vorläufig nicht möglich war, die sonntäglichen Kirchenmusiken auf eine 94 Jahres-Bericht wirksamere Stufe zu erheben, strebte er dahin, alljährlich wenigstens ein. mal eine grössere und gehörig vorbereitete Musik für den öffentlichen Gottesdienst zu Stande zu bringen, und zwar am Charmittwoch. An diesem Tage der Charwoche sollte laut Stiftung des Schönfärber-Altesten Chr. Rinder vom Jahre 1688 eine Musikaufführung in der Bernhardin- Kirche stattfinden; leider waren aber von dem Stifter hierzu nur 8 Thlr, ausgesetzt. — Was liess sich mit 8 Thalern anfangen? — Und doch hat Siegert durch eine Reihe von 30 Jahren Aufführungen zu Stande ge- bracht, die an Gediegenheit und Grossartigkeit sich weit und breit einen Namen machten. Nur für zwei Aufführungen von Händels Messias wurden ihm die Kosten durch Beiträge erstattet, bei allen anderen musste er, abgesehen von den Opfern. an Kräften und Zeit, seine Kasse in An- spruch nehmen; dass er aber dies thun konnte, war nur durch über- mässige Anstrengung in Ertheilung von Schul- und Privatunterricht zu ermöglichen. Erst neuerdings (zur Zeit, als der jetzt bereits verstorbene Pastor Krause Probst an der Bernhardin-Kirche war) sind diese be- rühmten Charmittwochs-Musiken fast auf ihr früheres bescheidenes Maass herabgestellt worden, und es gehört diese Einschränkung mit zu den schmerzlichsten Erfahrungen, die Siegert in seiner amtlichen und Kunstlaufbahn machen musste. Die bei Gelegenheit des 300jährigen Reformations-Jubelfestes ein- geführte Verbesserung der Lehrergehälter an den beiden evangelischen Gymnasien und der Bürgerschule z. h. Geist kam auch unserem Siegert zu Gute; er erhielt hier einen neuen Sporn zu angestrengtem Streben und freierer Wirksamkeit. Er führte eine schon lange gehegte Lieblings- Idee aus und stiftete im Jahre 1820 den „Kirchlichen Singverein‘‘, zu welchem bald Mitglieder der geachtetsten Familien unserer Stadt, so wie eine Zahl bewährter Kunstfreunde traten. Die Wirksamkeit dieses In- stituts sollte vorzugsweise auf Unterstützung der für den öffentlichen Gottesdienst bestehenden Musikaufführungen gelenkt und somit den vorhin erwähnten Uebelständen nach Kräften begegnet werden. Dies geschah auch — doch veranstaltete der „Singverein‘‘ noch eine Reihe anderer - grossartiger Musikaufführungen, deren sich die älteren Musikfreunde Breslau’s noch mit Freuden erinnern. So im Jahre 1824 in der Bern- hardinkirche eine Aufführung geistlicher Gesänge zum Besten des Taub- stummen-Instituts, 1832 eine Aufführung des ersten Theiles des von dem königl. Musik-Direetor Hesse componirten Oratoriums Tobias, nebst einigen Piecen aus den Oratorien „Saul“ und ‚‚Gideon‘“; 1833 des Ora- toriums „Jephta“, einer Festcantate von E. Köhler, 3 Piecen aus dem Oratorium „Christus das Kind“, des 23. Psalms von A. Hesse, des 2. Theils des Oratoriums „die letzten Dinge“; 1834 des ,‚Heilig‘‘ von P. E. Bach, des Kyrie und Gloria aus Beethoven’s grosser Messe; 1856 des Oratoriums „des Heilands letzte Stunden‘; 1838 des Oratoriums der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 95 „Belsazer‘‘ und ausserdem noch bei verschiedenen Gelegenheiten: mehrere ältere Choräle von Ebeling, Ekkard, Goudimal, M. Prätorius, H. L. Hassler, Motetten von J. Gabrieli, Palestrina, Gallus, Casini, Chr. Bach, M. Bach, Fasch, Homilius und Sehicht; zwei ältere Passionsmusiken von Graun, 2. und 3. Theil von Händels Mes- sias, ein Masnificat von Leonardo Leo, ein Sstimmiges Crucifixus von Lotti, die Lamentationen von Durante, der ‚„Reuevolle David‘ von Mozart, der „Sterbende Jesus“ von Rosetti, drei Miserere von Hasse, Sarti und Vogler, die sieben Worte und das Stabat mater von Haydn, die Passion von Sebastian Bach, das Stabat mater von Rossini, eine Motette von Gallus ete. — Alle öffentlichen Aufführungen wurden (wenn nicht ganz freier Eintritt war) ohne Ausnahme für wohlthätige Zwecke gegeben, so wie hier ein- für allemal bemerkt werden muss, dass Sie- gert von allen seinen unzähligen Aufführungen nie auch nur eine einzige zu seinem eigenen Vortheil veranstaltet hat, im Gegentheil hat er bei allen erhebliche Opfer an Geld, Zeit und Kräften gebracht. — Die schon oben erwähnte Beschränkung der Charmittwochmusiken veranlasste Sie- gert, im Jahre 1847 den „‚Kirchlichen Singverein“ aufzulösen, da hier- durch ein Hauptzweck desselben verloren ging — ein Akt, den alle Musikfreunde tief bedauerten und der Siegert unzählige bittere Stunden verursacht hat. Um den’ musikalischen Theil noch mehr zu heben, war Siegert Veranlassung, dass der Magistrat 1829 die kirchlichen Singchöre in’s Leben rief, wodurch jede der evangelischen Hauptkirchen einen Stamm von Sängern für den gemischten Chor erhielt; ein Institut, welches jetzt in seiner Erweiterung die alleinige Stütze für die Ausführung der Liturgie und der sonn- und festtäglichen Musiken bildet. Doch selbst hiermit war dem Feuer-Eifer Siegert’s noch nicht ge- nügt, er wollte eine Hebung der Kirchenmusik nicht allein in Breslau, son- dern auch in der ganzen Provinz erzielen. Nachdem im Jahre 1330 die „schlesischen Gesang- und Musikfeste‘‘ von dem damaligen Seminar- Oberlehrer Hientzsch gegründet, wurde Siegert schon im Jahre 1832 deren Director, und hat sie als solcher zuletzt am 25jährigen Jubelfeste, welches bekanntlich 1855 in Breslau gefeiert wurde, geleitet. Welche unzähligen Schwierigkeiten hier zu überwinden waren, welche überaus srossartigen Erfolge Siegert durch seine Beharrlichkeit, Leutseligkeit und Umsicht, verbunden mit der reinsten und uneigennützigsten Begeiste- rung für den schönen und grossen Zweck, errungen — kann hier nicht berichtetet, dies erfordert den Umfang und Raum eines ganzen Werkes, zu welchem auch schon umfassende Beiträge im Druck erschienen sind. Mit einem Wort: Der Kreis dieser Vereine für Hebung der kirchlichen Musik umfasst den grösseren Theil Nieder- und Mittelschlesiens. Die Zahl der Sänger und Sängerinnen, die Siegert ausserdem meist mit 96 Jahres-Bericht grosser Aufopferung und Uneigennützigkeit, ausgebildet, die Zahl der klei- neren Musikaufführungen in Gesellschafts- und Privatkreisen — geht in’s Unglaubliche. Was nun Siegerts Beschäftigung in der Botanik anlangt, so datirt dieselbe schon aus seiner Schulzeit, wo er, da es mit den botanischen Kenntnissen seines Lehrers Reiche nicht sonderlich bestellt war, all- wöchentlich im Sommer des Morgens zwischen 5 bis 6 Uhr mehrmals den Jesuitenpater Heyde besuchte, der ihm die gesammelten Pflanzen bestimmte und damit seine Kenntniss förderte. Nach seiner Schulzeit musste natürlich diese Beschäftigung in den Hintergrund treten. Es ver- strichen Jahre inmitten seines musikalischen Schaffens und Wirkens, und Siegert dachte wohl kaum daran, dass er seine einstige Jugendbeschäf- tigung ziemlich spät noch einmal aufnehmen würde. Da ereignete sich dieselbe Geschichte, die wir im Leben des Rectors Conrad Sprengel verzeichnet finden. Derselbe laborirte nämlich lange Jahre an einem hartnäckigen Unterleibsleiden, bis ihn sein Arzt unter die Blumen in die Kur schickte, in Folge dessen derselbe wieder hergestellt wurde und noch zuletzt jenes berühmte Buch .„‚das entdeckte Geheimniss der Natur in der Befruchtung der Blumen‘ schrieb. Auch unser Siegert litt an jenem Uebel und erhielt vom Arzte die nämliche Weisung, deren Befol- gung nach seiner eigenen Aussage auch ihn wieder gesund und munter gemacht hat. Und so fing er gegen Anfang der vierziger Jahre wieder zu herborisiren an, welche Beschäftigung er im Verein mit Wimmer und Krause so leidenschaftlich lieb gewann, dass er derselben nie mehr untreu wurde. Schon im Jahre 1846 entdeckte er den seltenen Cirsium- Bastard, ©. canum acaule, bei Schmolz, welche Entdeckung der erste An- trieb zu seinen späteren unausgesetzten Nachforschungen in jenem Genus wurde. Nächst diesem engen Felde studirte er auf Wimmers Anre- gung mit Bifer Carices, Salices und Hieracien. Seinem Grundsatze getreu „Non multa, sed multum‘‘ legte er sich aber vorzüglich auf das Studium der Gattung Cirsium und suchte eine möglichst vollständige Sammlung aller Cirsienformen zusammenzubringen, in der Hoffnung, dass dies Ma- terial einst später gute Früchte tragen würde; denn die Leute, sagte er, die der Wissenschaft mit den Beinen nützten, würden immer seltener. Allen schlesischen Botanikern unvergesslich ist das Bild des schlichten Mannes mit der hagern, vom Alter etwas gebogenen Gestalt, ein men- schenfreundliches Lächeln auf den geistbelebten Zügen, wie er, ein hoher Siebziger, stundenlang die an Cirsium reichen Sumpfwiesen bei Canth oder Polsnitz absuchte, oder die riesige Botanisirtrommel, vollgestopft mit seltenen Hieraeiumformen, über die unzugänglichen Moore der weissen Wiese und die knieholzbedeckten Felsblöcke des Hochgebirges fort- schleppt, und dem begegnenden Collegen mit leuchtendem Auge seine der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 97 Herzens-Freude über die reiche Ernte eines heissen Tages gesprächig ausströmte. Bei solchem Eifer ist's kein Wunder, dass selbst Naegeli, als er bei seinem Hiersein Siegerts Sammlung in Augenschein nahm, darin manches Neue finden konnte, und die Gebrüder Schultz haben manchen ' Stoss nicht blos an Cirsien, sondern auch anderer Pflanzen von ihm er- halten. Ja dass selbst in den Rosenkränzen auf seinem Sarge einige Blüthenknospen seines Cirsium canum >< acaule mit zu Grabe getragen wurden, war nur eine sinnige Anerkennung seiner Lieblingsstudien. Er war seinem Deidesheimer Freunde C. H. Schulz Bipon. (+ den 19. Deecbr. 1867), für den er Jahre lang geforscht und gesammelt, nach wenig Mo- naten im Tode nachgefolgt. Siegert hat aie schlesische Flora mit fol- senden Novitäten bereichert: Erysimum repandum, Carex aristata Siegert, tricostata Fr., C. riparia >< vesicaria Sieg., C. Schummelü Sieg., Lilium bul- biferum, Epipactis rubiginosa, Salix aurita >< Lapponum Wim., Cirsium ca- num >< 'acaule Sieg., Cirs. canum >< rivulare Sieg. nebst einer Menge von Standorten seltener Pflanzen. Sein Name ist von Körber zur Bildung einer Flechtengattung verwandt worden; allein auch in seinen Lieblings- sattungen sind ihm dauernde Denkmale in Cirsium Siegertü C. H. Schultz Bip. (canım >< rivulare Sieg.), Salix Siegertii Pokorny (8. aurita >< Lappo- num Wimm.) und vor allem in Carex Siegertiana Uechtritz (C. aristata Siegert von R. Br.) gestiftet worden. Erwarb sich Siegert durch seine bis in’s hohe Alter bewahrte Hingebung für Kunst und Wissenschaft die höchste Achtung in den weitesten Kreisen, so gewann andererseits seine unbestechliche Charakter- festigkeit, seine unerbittliche Festigkeit und Consequenz im Handeln, und wiederum seine unerschöpfliche Freundlichkeit, Humanität und Anspruchs- losigkeit ihm die Herzen aller, die mit ihm in Berührung kamen. Wie allgemein die dankbare Liebe und Achtung war, deren sich Siegert erfreute, zeigte sich bei hervorragenden festlichen Gelegenheiten seines Lebens, so z. B. bei der Feier seines 25jährigen Amtsjubiläums 1837, bei dem Jubiläum der Musikfeste 1855 ete. etc. Im Jahre 1847 erhielt Siegert den Titel „Königlicher Musik-Direetor“. In dem Jahre 1859 am 15. Mai feierte er sein 50jähriges Jubiläum als Lehrer; die ungemein grosse Theilnahme an demselben machte dies Fest fast zu einem provinziellen. Von Sr. Majestät dem Könige erhielt er bei dieser Gelegenheit den Rothen Adler-Orden IV. Klasse. Das herannahende Alter machte es ihm wünschenswerth, sich mehr und mehr von der öffentlichen Wirksamkeit zurückzuziehen. Nachdem er an einer grossen Menge von öffentlichen Anstalten hierselbst gelehrt, beschränkte er sich, ausser der Leitung des musikalischen Theiles des Gottesdienstes in der Bernhardinkirche, von jetzt ab darauf, nur die Schüler der Realschulen am Zwinger und zum h. Geist im Gesange zu 7 98 Jahres-Bericht unterrichten. Doch bald musste er wegen überhandnehmender Kränk- lichkeit auch diese Stellung aufgeben, und es blieb ihm nur seine Thätig- keit als Cantor an der Kirche. Im Jahre 1862 feierte er sein 50jähriges Jubiläum als Cantor ganz in der Stille. Nur die Freude gönnte er sich, die zugleich tausend An- deren einen hohen Genuss gewährte, dass er zur 50sten Charmittwoch- musik den letzten Theil des Händel’schen „Messias“ in würdigster Weise zur Aufführung brachte. Dasselbe unsterbliche Meisterwerk hatte er auch als erste Charmittwoch-Musik aufgeführt. Wer hier. den Greis mit jugendlicher Lebendigkeit und hoher Begeisterung dirigiren sah, hätte nicht geglaubt, dass der Kunst-Veteran bereits 50 Jahre an dem Diri- gentenpulte ununterbrochen gestanden und so Grosses, so Herrliches ge- leistet hatte. Doch es war nur ein gewaltiges Aufflackern des Genius, der in ihm lebte; die Krankheit gewann immermehr Gewalt über den Körper, und so musste er sich im vorigen Jahre auch als Cantor pensioniren lassen, wobei die städtischen Behörden ihm mit anzuerkennender Munificenz das volle Gehalt als Pension bewilligten. Ein Wunsch, den er oft gegen seine Freunde und näheren Bekannten ausgesprochen hatte, dass ihn nämlich ein rascher Tod mitten in seiner Thätigkeit ereilen möge, wurde nicht erfüllt. Ein Nervenleiden fesselte ihn von da ab nur mit wenigen Unterbrechungen an die Stube, bis er endlich am 23. d. Mts. dem harten Kampfe erlag. In dem häuslichen Kreise erduldete Siegert manchen herben Schmerz, aber es erquickte ihn auch manche herzliche Freude. Es star- ben ihm 2 Frauen und 4 Kinder; jetzt hinterlässt er eine halbmündige Tochter. Hierauf zeigte Herr Geh.-Rath Prof. Dr. Göppert einen prachtvollen Zapfen von Pinus Sabiniana aus dem berühmten Garten von Nikita in der Krim, welchen er vor einiger Zeit zu aequiriren Gelegenheit gehabt. Ferner theilte derselbe mit, dass Herr Geh. Ober-Hof-Buchdrucker v. Decker den botanischen Garten mit Pracht-Exemplaren von Cyca- deen (C. revoluta, eircinalis und nicobarensis, erstere fructifieirend), sowie von Beaucarnia beschenkt habe. Herr Prof. Galle verlas einen Brief des Herrn Grafen Pfeil auf Hausdorf, welcher mittheilt, es sei in der Nacht vom 22. bis 23. Octbr. zu Steinbach bei Mittelwalde eine Sternschnuppe zur Erde fallend beob- achtet worden, an der betreffenden Stelle sei am 27. October eine Gal- lerimasse gefunden worden, die von dem Herrn Grafen eingesendet und der Section vorgelegt wurde. Es ist eine farb- und formlose, steife, trübe, halbdurchsiehtige leicht theilbare Gallert; sie enthält Blattfragmente der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 99 und schwärzliche oder weisse Klümpchen (Eier); sie hat einen unangenehmen Fäulnissgeruch, der jedoch beim Stehen an der Luft sich bald verliert, ist geschmacklos; beim Austrocknen schrumpft sie zu dünnen durchsich- tigen Häutchen zusammen und quillt beim Befeuchten wieder auf. Die mikroskopische Untersuchung hat gleich den chemischen Reactio- nen gezeigt, dass die Gallert weder Stärkekleister, noch Tragantschleim, noch Leim, noch Gummi, noch eine andere Pflanzen -Schleimsorte ist. Ebenso wenig gehört sie zu den Gallertalgen (Nostoc), die man häufig mit Sternschnuppen in Beziehung brachte; sie enthält nur sehr vereinzelte offenbar zufällige Algen- (Oscillarien) Fäden. Dagegen ist die Gallert ihrer ganzen Masse nach von Pilzfäden durchzogen, die eine schon mit blossem Auge erkennbare feine netzförmige Marmorirung in der farblosen Grundsubstanz bilden. Diese Pilzfaden gehören mindestens zwei ver- schiedenen Fadenpilzgattungen an, die beide auch reichlich fructificirend beobachtet wurden; einem Mucor und einem Fusisporium; von beider Pilzen wurden auch interessante Gonidien- und Copulations-Bildungen gefunden. Es lag der Gedanke nahe, dass hier ein Gallertpilz vorliege, und ältere Angaben über gallertartige Massen, die als Pilze gedeutet wurden, schienen dem vorliegenden Falle analog zu sein, namentlich die von Hildebrandt in einem Weinberge bei Bonn 1866 gefundene Fusispo- rium Vitis mit dem gleichzeitigen Mucor Vitis, und das von Biasoletti und Corda beschriebene Fusarium Biasolethianum. Es stellte sich indess als unzweifelhaft heraus, dass diese Pilze nur secundär in der Gallert von Steinwalde auftreten, die letztere aber einen ganz anderen Ursprung habe; sie ist nichts weiter, als die auf- sequollenen Eileiter von Fröschen. Es mögen Frösche in ihrem Winterschlaf von Vögeln, deren nähere Bestimmung noch zu geben, ver- zehrt, und während die übrigen Körpertheile verdaut, die unverdaulichen Eileiter wieder ausgespieen sein, nachdem sie schon im Magen, noch mehr aber vielleicht auf dem Boden durch Wasseranziehung zu Gallert aufgequollen. Eine ausführliche Behandlung dieses und einiger ähnlichen neuerdings von Herrn Prof. Galle ermittelten Fälle soll in den Abhand- lungen der Schlesischen Gesellschaft gegeben werden, an wel- cher Stelle auch Herr Prof. Cohn die Ergebnisse seiner eigenen Beob- achtungen ausführlich mittheilen wird. Herr Dr. Stenzel machte hierauf einige Mittheilungen über die Flora von Bad Langenau. Man sollte in der nächsten Umgebung eines der besuchteren schle- sischen Badeorte kaum noch eine unbekannte phanerogamische Pflanze zu finden hoffen, noch dazu, wenn dieselbe nur geringe Erhebungen und wenig Mannigfaltigkeit der Bodengestaltung bietet. Von Langenau ist 7*+ 100 Jahres-Bericht aber von interessanteren Pflanzen fast nur Euphorbia amygdaloides be- kannt, welehe an dem schattigen Südwestabhange des Krähenberges auch jetzt noch aufgefunden wurde. Ausserdem wächst in dem Gebüsch am Nordwestfusse zahlreich Geranium phaeum; an der Neisse noch oberhalb des Bades Galium Cruciata, Colchicum autumnale, Pieris hieracioides und am Wege nach Ober-Langenau Verbascum Thapsus. Auf den Wiesen am Krähenberge blühte von Anfang bis Mitte August in ziemlicher Zahl Orchis ustulata, vereinzelt auch auf Grasplätzen in Ober-Langenau, wäh- rend diese Art sonst im Mai blüht, eine sonderbare Erscheinung, umso- mehr, da in diesem Jahre die meisten Pflanzen früher als sonst blühten und die geringe Erhebung des Langenauer Thales die Verspätung in keiner Weise erklärt. An der Neisse, gegenüber der Kirche von Nieder-Langenau, steht zahlreich Ononis spinosa, auf den Aeckern unterhalb derselben Euphorbia exigua, an mehreren Orten Aphanes arvensis und auf einer Brache in Ober-Langenau eine Silene gallica. In dem trockenen Walde an beiden Seiten des Höllenthales, an einer Stelle zahlreich, Goodyera repens neben der in der ganzen Gegend verbreiteten Monotropa Hypopitys, von welcher auch mehrere einblüthige Exemplare gefunden wurden. Eine besondere Aufmerksamkeit wendete der Vortragende den Ba- starden der (irsien zu. Von Cirsium palustre-rivulare wurde die häufigere Form mit klebrig gekielten Hüllkelchblättchen au einem kleinen Sumpf unmittelbar unterhalb des Bades in einer vielverzweigten Staude gefun- den. Desto zahlreichere Formen wurden von C. rivulare-oleraceum beob- achtet. Auf den Wiesen am Bade, im Höllen- und Buckelthal, beson- ders aber bei Liehtenwalde, dann bei Ober-Langenau u. s. w. wurden bald die reine Mittelform zwischen beiden Arten, bald, wenn auch sel- tener, Formen, welche sich mehr und mehr dem C. oleraceum oder ande- rerseits dem C. rivulare annähern in der Zahl, Theilung, Behaarung und Vertheilung der Blätter am Stengel, der Grösse und Farbe der Deck- blätter, der Dornspitze, der Hüllkelehblätter und der Farbe der Blüthen. Ausser der gewöhnlichen, sehr bezeiehnenden milchweissen Farbe näher- ‚ten sich andere durch ihre trübrotlie, ja fast purpurrothe Farbe dem C. rivulare an. Von den erwähnten Pflanzen und den Formen von Cirsium wurden getrocknete Exemplare vorgelegt. Der Secretair, Prof. Cohn, gab Berieht über die Verhandlungen der botanischen Section der Naturforscher-Versammlung zu Dresden, deren Sitzungen sich durch die ungewöhnlich zahlreiche Bethei- ligung bedeutender älterer und jüngerer Forscher auszeiehneten. Nach einem Referate über die Vorträge der Herren Schulz-Schulzenstein, Jessen, Bail, Reichard, Sirassburger, Frank, Merklin, der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 101 Leitgeb, Eulenstein, A. Braun, Maximowitz, Rees, Eichler, Göppert gab derselbe einen speciellen Bericht über seine eigenen Mit- theilungen, zur Ergänzung der incorrecten Darstellung im Tageblatt der Naturforscher-V ersammlung. Zunächst bestätigte Referent die schöne Entdeckung Famintzins über das Verschwinden der Stärke bei Spirogyra im Dunkeln, und deren Neubildung im Lichte. Dennoch glaubt Referent, dass die Resorption der Stärke ebenso, wie ihre Bildung zunächst vom Lichte nicht direct abhängig sei, wie ja auch bei Phanerogamen (z. B. Kartoffelknollen), die Stärke sich zweifellos im Dunkeln bildet, und zu andern Zeiten (beim Auskeimen) wieder verschwindet. Nach des Referenten Aufiassung ist an das Licht aber nur die Erzeugung von Kohlenhydraten ge- bunden; die Metamorphose derselben aber in Stärke, Zellstoff oder flüs- sige Körper (Zucker, Dextrin) ist anscheinend vom Lichte unabhängig. Bei Spirogyra treten allerdings, wie in vielen andern grünen Zellen, die im Lichte gebildeten Kohlenhydrate sofort als Stärkekörner auf; ihre Re- sorption aber scheint zunächst nur mit der Ernährung ihrer Zellwände resp. deren Theilung im Zusammenhang zu stehen; und nur, weil im Dunkeln sich keine neue Stärke in den Chlorophylibändern der Spirogyra erzeust, dieselbe gänzlich zu verschwinden. Beweis dafür ist, dass bei den Zellen von Oladophora oder Closterium, die lange Zeit ohne sichtbare Veränderung fortvegetiren, die Stärke auch bei wochenlanger Cultur in der Finsterniss in den Chlorophylimassen unverändert erhalten bleibt. Ferner bemerkt Referent, dass es ihm nicht gelungen sei, die An- gaben von Famintzin über die durch das Licht beeinflusste Lagerung der Chlorophylikügelehen in den Blattzellen von Mnium zu bestätigen. Selbst bei längerer Cultur des Mnium undulatum im Finstern zeigte sich ihm keine Wanderung der Chlorophylikügelehen von der Oberseite nach den Seitenwänden, wie sie Famintzin als speeifische Dunkelstellung bezeichnet. Referent ist geneigt, diese letztere für ein hygroskopisches Phänomen zu erklären, da die Zellen dieser, an hohe Dunstspannung der Atmosphäre gewöhnten Moose in gewöhnlicher Luft derartig sich ver- kürzen, dass das gesammte Protoplasma von den breiteren Obertlächen zu den schmalen Seitenwänden zurückgedrängt wird, wie dies ähnlich auch beim Austrocknen anderer Moose und Lebermoose, so wie der Algen stattfindet, und daher in allen Herbarienexemplaren zu beobachten ist. Zusatz von Wasser stellt die ursprüngliche Lage des Protoplasma und der in ihm eingebetteten Chlorophylikügelehen wieder her, so lange nicht Luft in die Zellen eingetreten ist. Diesem Einwande des Referenten gegenüber erklärte Famintzin, dass er an der von ihm ermittelten Wanderung des Chlorophylis in den Mniumzellen in Folge des Lichts um so mehr festhalten müsse, als die von ihm ausgesprochene Erscheinung 102 Jahres-Bericht seitdem schon von mehreren andern Beobachtern und an anderen Pflan- zen (Lebermoosen, Vorkeimen von Formen) beobachtet worden sei. Endlich erklärte Referent, dass er in den von ihm neuerdings ge- machten Beobachtungen über die Beziehungen des Lichtes zu den Be- wegungen der Zoosporen das von ihm schon früher ausgesprochene Ge- setz bestätigt gefunden, wonach die Bewegungen dieser Körper selbst von innern, noch nicht näher bestimmten Ursachen veranlasst werden, dass aber das Licht die Richtung dieser Bewegung bestimme. Und zwar verhielten sich die Zoosporen polar zum Licht, so dass das eine Ende von der Lichtquelle gradlinig angezogen, das andere von derselben abgestossen wurde (positiv und negativ heliotrop); sie bewegen sich in Folge dessen der Lichtquelle entgegen. Bekanntlich verbinden alle Zoo- sporen mit ihrer Ortsbewegung zugleich eine Rotation um ihre durch die beiden heliotropen Pole bestimmte Längsachse; auch hier würde die Richtung der Drehung (nach rechts oder links) vom Lichte bestimmt. Eine solche heliotrope Wirkung besitzen aber nur die stärker brech- baren, insbesondere die blauen Lichtstrahlen, während die schwächer breehbaren rothen sich wie Finsterniss verhielten; im rothen Lichte wie im Dunkeln verfolgen die Zoosporen daher keine bestimmte Richtung in ihrer Ortsbewegung und höchst wahrscheinlich ebensowenig in ihrer Rotation. Uebrigens sind die hier entwickelten Gesetze nur an der grösseren Mehrzahl der Zoosporen nachweisbar, während immer eine kleinere Zahl anderer Bewegungsrichtungen (rückläufige) erfolgt; dass dies jedoch ein anormales Verhältniss, zeigt sich darin, dass jene rück- läufigen Zoosporen früher oder später in die gradläufigen umkehren. Referent demonstrirte ferner der Section die neuesten nach der Natur umgearbeiteten Pflanzenmodelle des Herrn Fabrikant Brendel in Breslau, welche die bedeutendsten Fortschritte zeigen, und durch ihre höchst vaturgetreue, elegante und dauerhafte Ausführung einen sehr günstigen Eindruck machen und sich im Unterricht als werthvolles Hilfsmittel be- währen. Ausserdem erwähnte Referent anknüpfend an die Beobachtungen des Herrn Dr. Bail in Danzig, dass ein mit Achlya angeriebener kleiner Goldfisch nach einiger Zeit, nachdem die weissen wolkenartigen Räschen dieses Schimmels hervorgesprosst, durch seine langsamen Bewegungen aufgefallen, dass derselbe dann ruhig am Grunde still gestanden, bald in krampfartiges, den Körper erschütterndes Zittern verfallen und dann plötzlich todt gewesen sei; die mit dem Pilzrasen überzogene Stelle des Bauches sei roth entzündet gewesen. Ferner bemerkte Referent, dass auf einem in einem Glase Wasser gebildeten und auf dessen Oberfläche schwimmenden Penicillium - Mycel sich schwarzblaue Kügelehen von der Grösse eines Mohnsamens ent- wickelten, welche sich als Myxomyceten erwiesen. Im Innern der dunkel- der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultar. 103 farbigen Balghaut, von einem feinfädigen Capillitium-Netz umgeben, fanden sich zahlreiche dunkelblaue Sporen, aus denen sich durch 'Theilung des Inhalts 2 und mehr Myxomonaden in der bekannten Form und Bewe- gung entwickelten, durch Abwerfung eines Sporendeckelchen ausschwärmten und in gewöhnlicher Weise zu Myxamoeben umbildeten. Diese Beobach- tung ist weniger durch die durchaus normale Entwickelung als durch den Standort der Myzomyceten im Wasser auffallend, da die Myxamoeben von den gewöhnlichen im Wasser lebenden Amoeben nicht za unterscheiden gewesen seien. | In der Sitzung am 12. November zeigte Herr Junger ein von ihm aus Samen von der Küste Neapels erzogenes blühendes Exemplar von Salicornia herbacea. Herr Dr. Engler sprach über die im Jahre 1868 gemachten Berei- cherungen der schlesischen Flora. Besonders werthvoll ist die Auffin- dung der in Deutschland nur sehr selten vorkommenden Bulliarda aqua- tica DC. durch Herrn Apotheker Fritze an den Ufern des auch sonst in botanischer Beziehung interessanten Rudateiches bei Rybnik. Derselbe entdeckte auch Teuerium Scorodonia L. bei Niedobschütz, sowie auch Najas major Roth in grosser Menge in dem Gottartowitzer Hüttenteiche. Eine andere für Schlesien neue und bei Borislawitz in Oberschlesien auf- gefundene Pflanze ist Prunella alba Palsas, welehe von Herrn Cand. pharm. Wetschky mitgetheilt wurde. Herr Apotheker Fick aus Bol- kenhain entdeckte in der Nähe der bekannten Dirscheler Gypsgruben Orobanche Cervariae Suard; Helleborus viridis L. am Nimmersattberge bei Bolkenhain und Lysimachia punctata L. an den Ufern der Neisse bei Würgsdorf. Bei Neusalz a. O. endlich wurde das in den angrenzenden Theilen der Mark schon zahlreich vorkommende Xanthium italicum Mo- retti aufgefunden. Schliesslich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass unter dem Namen Galeobdolon luteum Hds. bei uns bis jetzt 2 von ein- ander sehr verschiedene und auch schon von einigen Autoren als Arten unterschiedene Formen vorkommen, nämlich das gewöhnlichere Lamium Galeobdolon Crtz. und Lamium montanum (Rehb.) Kabath, welches letztere sich an mehreren Stellen des Trebnitzer Hügellandes, in dem Schosnitzer Walde und im Vorgebirge (Fürstenstein, Striegau) besonders häufig findet. Derselbe übergiebt nachstehendes 104 Jahres-Bericht Verzeichniss der im Jahre 1868 bekannt gewordenen Fundorte neuer und seltenerer Phanerogamen und Gefässkryptogamen Schlesiens von Dr. A. Engler. Die reichhaltigen Beiträge zu der Flora Schlesiens, welche seit dem Erscheinen der letzten Auflage der Wimmer’schen Flora aus der kriti- schen Feder meines Freundes v. Uechtritz hervorgingen, haben einer- seits zur Genüge bewiesen, dass in Schlesien noch so manche bis dahin nur aus den Nachbarländern bekannte Pflanze aufzufinden sei, anderer- seits aber auch von der fortdauernden Thätigkeit und dem unermüdlichen Eifer der schlesischen Botaniker ein glänzendes Zeugniss abgelegt. Dass der Eifer und das Glück derselben noch fortdauert, hat sich auch in diesem Jahre gezeigt, wo für Schlesien wiederum einige seltenere noch nieht bekannte Arten nachgewiesen und zahlreiche Beiträge für die Kenntniss der Verbreitung anderer Arten geliefert wurden. Letztere sind besonders von grossem Interesse, da nur auf Grund zahlreicher Notizen dieser Art genauere pflanzengeographische Untersuchungen angestellt wer- den können. Da mein Freund v, Uechtritz leider schon seit einem Jahre durch Krankheit gänzlich verhindert ist, seine so erfolgreichen Forschungen auf dem Gebiet der schlesischen und deutschen Flora fort- zusetzen, habe ich, um keine Stockung in dem Erscheinen der Nachträge eintreten zu lassen, es übernommen, die Beiträge meiner botanischen Freunde für die Verhandlungen der botanischen Section zusammenzu- stellen. Besonders zahlreiche und interessante Beiträge lieferten aus der Flora von Neisse Herr Fabrik-Inspeetor Moritz Winkler (W.), aus der Flora von Katscher und Bolkenhain Herr Apotheker Fick, aus der Flora von Goerbersdorf Herr Prof, Milde, aus der Flora von Rybnik Herr Apotheker Fritze, aus der Flora von Proskau Herr Ober- gärtner Stein, aus der Flora von Gnadenfeld Hr. Apotheker Wetschky, aus der Flora von Wünschelburg Herr Apotheker Max Schulze. Mehrere der Herren waren so freundlich, mir Belagexemplare mit- zutheilen, oder auch die Belege in dem so reichhaltigen und fast voll- ständigen schlesischen Herbarium unserer Gesellschaft niederzulegen, wo- für ich hiermit meinen Dank und zugleich den Wunsch ausspreche, dass auch in Zukunft die schlesischen Botaniker sich mit gleicher Liebe und Liberalität für schlesische Flora interessiren mögen. Equisetum hiemale L. Neisseufer bei Glumpenau! (W.) Equisetum pratense Ehrh. Katscher: Rösnitzer Wald!! (Fick) Equisetum Telmateja Ehrh. Zedlitz b. Neisse. (W.) In diesem Jahre wur- den auch zwischen Obernigk und Wilxen fructifieirende Exem- plare gefunden !! der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 105 Polypodium Phtegopteris L. Bechauer Wald bei Neisse (W.). Polypodium Dryopteris L. Bechauer Wald (W.). Polypodium Robertianum Hoffm. Alte Mauern in Paruschowitz bei Rybnik (Fritze) !! Blechnum Spicant Roth Wilhelmsberger Wald bei Proskau (Stein). Asplenium Breynii Retz. Unterhalb der Hohenhelmsdorfer Mühle bei Bol- kenhain (Fick)! Asplenium viride Huds. Heuscheuergebirge: Käsebrett, Leiersteg, Buchen- lehne am Posnabach (Max Schulze)!! Asplenium adulterinum Milde. Auf dem sSerpentin des Költschenberges (Dr. Milde)! des Pfaffenberges (Limprecht)! und des Groche- berges bei Frankenstein (Milde)! Aspidium remotum A. Br. Zwischen dem Rothenstein und der Schirlings- koppe bei Görbersdorf; bei Lang-Waltersdorf am Fuss der Kirch- hoflehne (Dr. Milde)! Aspidium lobatum Sw. Abhang des Heinzewaldes gegen die Hohenhelms- dorfer Mühle bei Bolkenhain (Fick)! Verbreitet im Heuscheuer- gebirge: Leiersteg, Leierdörfel, Buchenlehne (M. Schulze) !! Botrychium Lunaria. Sw. Wünschelburg: Zwischen dem Gasthaus zur Neuen Welt und den Rathener Bleichwiesen (M. Schulze). Lyecopodium annotinum L. Jaschkowitz bei Proskau (Stein), Heuscheuer! Lycopodium inundatum L. Hoyerswerda. Ehemals am grossen See auf . der Heuscheuer (Neumann). Leersia oryzoides Swartz. Proskau (Stein). Phleum phalaroides Koeler. Kohlsdorf und Glumpenau b. Neisse (W.)! Hierochlo& borealis R. Sch. Zedlitz und Ullersdorf bei Neisse (W.). Calamagrostis Halleriana DC. Zwischen Woitz und Glumpenau bei Neisse (W.). Karlsberg an der Heuschener (M. Schulze). Calamagrostis arundinacea Roth. Proskau (Stein). Aira caryophyliaces« L. Glumpenau b. Neisse (W.)! Trisetum flavescens P. B. Teschen!! selten bei Neisse (W.). Avena pratensis L. Stephansdorf und Jentsch bei Neisse (Winkler). Avena fatua L. Gorrek b. Oppeln (Stein) Giesmannsdorf b. Neisse (W.)! Poa sudetica Haenke. Heuscheuer (M. Schulze) var. hybrida M. K. am grossen See. Catabrosa aquatica P. B. Giesmannsdorf und Stephansdorf b. Neisse (W.)! Melica uniflora Retz. Ullersdorfer Busch bei Neisse (W.)! Schlossberg bei Jägerndorf (Fick)!! Eisenkoppe bei Volpersdorf (M. Schulze), Festuca heterophylia Lam. Kızizanowitz bei Ratibor (Stein). Festuca pratensis Huds. ß. loliacea. Proskau (Stein), Neisse (W.)! Festuca arundinacea Schreb. Jentsch und Stephansdorf bei Neisse (W.)! Bromus asper Murr. Reisewitz bei Neisse (W.)! Bromus erectus Hudson. Jentsch bei Neisse (W.)! 106 Jahres-Bericht Bromus arvensis L. Neisse (W.)! Elymus europaeus L. Kitzelverg bei Kauffung und Bienwald bei Bolken- hain (Fick)! Leiersteg an der Heuscheuer (M. Schulze). Hordeum murinum L. In Oppeln hfe., fehlt in Proskau und Umgegend (Stein), sehr vereinzelt und zufällig bei Neisse (W.). Carex Pseudo-Cyperus L. Ullersdorf und Stephansdorf bei Neisse (W.). Carex ampullacea Good. Neisse (W.)! Carex fulva Good. Stephansdorf bei Neisse (W.) Sillmenau bei Breslau!! Carex pilosa Scop. Krastillauer Wald bei Katscher (Fick)! überhaupt auf dem linken Oderufer verbreitet, so auch in den Laubwaldun- sen bei Czienskowitz! Ponientzitz und Wronin (Wetschky). Carex Oederi Ehrh. Proskau (Stein), Tschauschwitz bei Neisse (W.), Sill- menau bei Breslau!! Carex digitata L. Unweit des Wartebergs bei Riemberg!! Ullersdorf und Reisewitz bei Neisse (W.). Carex montana L. Bolkenhain: Lauterbacher Kalkberge (Fick)! Hohes Ufer der Neisse bei Kohlsdorf und Glumpenau (W.)! Carex longifolia Host. Ullersdorf und Oderwald bei Ottmachau b. Neisse (W.), Radoschau bei Gnadenfeld (Wetschky). Carex ericetorum Poll. Hügel zwischen Glumpenau und Giesmannsdorf bei Neisse (W.)! Carex pituhfera L. Ullersdorf, Kohlsdorf und Weidig bei Neisse (W.)! Carex tomentosa L. Weidig bei Neisse (W.)! Breslau: Brocke!! Jose- phinenberg bei Althof!! Tschechnitz!! Carex maxima Scop. Waldsumpf vor Kaltwasser, am Fuss der Heu- scheuer! an einem grösseren Sumpfe unter dem Spitzberge bei Burzdorf unweit der preussischen Grenze in Menge (M. Schulze)! Carex limosa L. var. stans Boll. Am grossen See an der Heuscheuer (M. Schulze)! Carex Buxbaumü L. Briesen usd Blumenthal bei Neisse (W.)! Carex strieta Good. Proskau (Stein) Stephansdorf und Glumpenau bei Neisse (W.)! - Var. CO. graeilis Wimm. Glumpenau und Giesmannsdorf bei Neisse (W.). Carex caespitasa L. Glumpenau und Giesmannsdorf (W.). Carex turfosa Fries. Glumpenau und Giesmannsdorf bei Neisse (W.)! Carex trieostata Fries. Glumpenau und Giesmannsdorf (W.)! Carex cyperoides L. Prschyschitz bei Proskau (Stein) sparsam am grossen See auf der Heuscheuer (M. Schulze). Carex brizoides L. Rösnitzer Wald bei Katscher (Fick)!! In Waldungen bei Czienskowitz, Gieraltowitz, Suecowitz, Roschkowitz, Ponientzitz bei Gnadenfeld und an der Burg Füllstein bei Leobschütz. (Wetschky). Briesen, Glumpenau und Ottmachau b. Neisse (W.)! Carex paniculata L. Neisse (W.). der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 107 Carex teretiuscula Good. Neisse (W.). Carex dioeca L. Stephansdorf bei Neisse (W.). Carex Davalliana Smith. Wünschelburg: Bleichwiesen, Wiesen unter dem Wartheberge gegen Albendorf (M. Schulze)! Bolkenhain: Wiesen rechts vom Wege nach der Colige, Seitendorf (Fick)! Carex pulicarıs L. Am grossen See auf der Heuscheuer (M. Schulze). Heleocharis uniglumis Link. Giesmannsdorf und Kohlsdorf b. Neisse (W.) Blysmus compressus Link. Neisse (W.)! Eriophorum vaginatum L. Wilhelmsberg b. Proskau (Stein). Eriophorum angustifolium Roth. Neisse. Eriophorum gracile Koch. Kohlsdorf bei Neisse (W.). Seirpus radicans Schkuhr. Giesmannsdorf bei Neisse (W.)! Scirpus maritimus L. Kattern bei Breslau!! Seirpus Tabernaemontani Gmel. Mariahöfchen!! Sillmenau bei Breslau!! Rhynchospora alba Vahl. Königl. Forst bei Hoyerswerda (Fick). Cyperus flavescens L. Kohlsdorf bei Neisse (W.). Oyperus fuscus L. Neisse (W.). Triglochin palustre L. Kohlsdorf und Glumpenau bei Neisse (W.). Luzula pilosa Willd. Neisse (W.)! Um Proskau häufig (Stein). Luzula albida DC. Kreuzberg bei Giesmannsdorf bei Neisse und sehr ver- einzelt bei Ottmachau (W.). Luzuia pallescens Bess. Oppeln (Baumann) Annaberg O. Schl. (Stein). Juncus capitatus Weigel. Massel bei Trebnitz!! Althammer bei Proskau (Stein). Juncus alpinus Vill. Wünschelburg: Hainwiesen bis hinter Kaltwasser (M. Schulze). Juncus supinus Mönch. Um Proskau häufig (Stein). Veratrum album L. var. Lobelianum Bernh. häufig auf der Karlsberger Hochebene an der Heuscheuer, schon am Leierdörfel (M. Schulze). Gebüsche an der Oppa zwischen Branitz und Bleischwitz bei Jägerndorf!! Oolchicum autumnale L. Schmartsch bei Breslau!! Ullersdorf bei Neisse (W.) Kızizanowitz bei Ratibor (Stein), Wünschelburg (M. Schulze). Tulipa syWwestris L. Glumpenau bei Neisse (W.), Bolkenhain: im Burg- graben (Fick). Gagea minima Schultes.. Botanischer Garten in Proskau (Stein). Bolken- | hain: Breitebusch bei Schweinhaus, Wolmsdorf, Würgsdorf (Fick). Gagea arvensis Sch. Zwischen Bolkenhain und Baumgarten (Fick). Lilium Martagon L. Przyschitz bei Proskau (Stein). Reisewitz bei Neisse (W.). + Scilla amoena L. Ottmuth bei Krappitz, im Parke verwildert (Frl, Louise Hannemann) ! 108 Jahres-Bericht Muscari comosum Mill. Wünschelburg: Aecker gegen Reichenforst und Neurode (M. Schulze). Ornithogalum umbellatum L. Wilhelmsberg bei Proskau (Stein). Ornithogalum nutans L. Im Park von Ottmuth bei Krappitz (Louise Hanne- mann), Ornithogalum Boucheanum Aschers. Schiesswerdergarten in Breslau!! Bo- tanischer Garten in Proskau (Stein). Allium ursinum L. DBriesener Wald bei Neisse, Niederwald bei Ottmachau (W.)! Buchenlehne bei Dörnikau er Schulze)! Allium vineale L. Proskau (Stein). Allium fallax Schult. an einem sonnigen Abhang bei Neustift, Kreis Leob- schütz (Wetschky)! Anthericum ramosum L. Przyschitz bei Proskau (Stein). Paris quadrifolia L. Weidig und Ullersdorf bei Neisse (W.)! Streptopus amplexifolius DC. Im Heuscheuergebirge verbreitet. Leierdörfel, Gr.-Karlsberg, Rübezahlsgärtchen!! Desgleichen im Spiegel- gebirge (M. Schulze)! Polygonatum vertieillatum Mönch. Storchberg (Milde). Bolkenhain: Seiten- dorf, grosser Hau, Bienwald, Petersgrund (Fick)! Kitzelberg bei Kauffung!! | Convallaria majalis L. Bei Görbersdorf sehr selten, nur im Scholzenbusch (Milde). Stratiotes aloides L. Kl. Schimnitz bei Proskau (Stein). Iris sibirica L. Wiesen zwischen Nendza und Rybnik am Eisenbahn- damm!! Stephansdorf und Wischken bei Neisse (W.). Gladiolus imbricatus L. Früher bei Weidig bei Neisse (W.). Galanthus nivalis L. Jentsch, Ullersdorf und Glumpenau bei Neisse (W.)! Leucoium vernum L. Am Fuss des Storchberges bei Görbersdorf (Straeh- ler) Bienwald und Petersgrund bei Bolkenhain (Fiek)! Ullersdorf, Glumpenau und Briesen bei Neisse (W.)! Im Heuscheuergebirge verbreitet (M. Schulze)! Caulinia fragilis Willd. Häufig im Gottartowitzer Teich bei Rybnik (Fritze) ! Najas major All. Häufig mit voriger im Gottartowitzer Teich (Fritze)! Potamogeton alpinus Balbis (rufescens Schrad.) Gräben und Teiche am Bahn- hof von Gr.-Peterwitz bei Katscher (Fick). Potamogeton obtusifolius M. K. Stephansdorf bei Neisse (W.)! Potamogeton pectinatus L. Weidig bei Neisse (W.). Potamogeton decipiens Nolte. Im der Ohle bei Pirscham!! Mierostylis monophylla Nutt. Heuscheuer: in der Nähe des „Käsebrettes‘ selten (M. Schulze). Corallorrhiza innata R. Br. Heuscheuer: vom Käsebrett bis Kaltwasser, Karlsberg (M. Schulze)! Unterhalb des Freudenschlosses und in - der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 109 den Anlagen von Görbersdorf (Milde). Um Bauerwitz und Leis- nitz bei Leobschütz gegenwärtig ausgerottet (Wetschky). Orchis globosa L. Leierdörfel an der Heuscheuer und Lochwiesen bei Dörnikau (M. Schulze)! Wiesen am Fuss der Lissa Hora bei riedland-Hammer (Wetschky). Orchis mascula L. Wünschelburg: bei Kessel, Lochwiesen bei Dörnikau (M. Schulze). Orchis sambucina L. Wiesen am Buckhberg bei Görbersdorf (Milde). Wünschelburg: Leierdörfel, Friedrichsberg, noch häufiger um Reinerz (M. Schulze)! Bolkenhain: in den Bergen über Baum- garten, in der Colige, Ober-Würgsdorf, Pfarrbusch (Fick). Ab- hang der Falkenberge gegen Fischbach (Fick). Orchis ustulata L. Langenau (Dr. Stenzel)! Orchis incarnata L. Glumpenau, Stephansdorf und Giesmannsdorf bei Neisse (W.)! Orchis maculata L. Stephansdorf bei Neisse (W.) Platanthera viridis Lindl. Friedrichsberg und zwischen Gränzendorf und Grunwald bei Wünschelburg (M. Schulze)! Görbersdorf (Milde). Platanthera chlorantha Custer. Bolkenhain: in den Bergen über Baum- garten, in der Colige (Fick). Um Radoschau, Wronin, Gr. Ell- gut, Kasimir bei Gnadenfeld häufig (Wetschky)! Einmal in den Festungswerken von Neisse von Prof. Poleck gefunden. Neottia Nidus avis Rich. Briesener Wald bei Neisse (W.). Petersgrund bei Bolkenhain (Fick). | Listera cordata R. Br. Hochschar im Gesenke!! Goodyera repens R. Br. Bienwald bei Bolkenhain (Fick). Klein-Karls- berg und vom Käsebrett bis zur Ringelkoppe der Heuscheuer (M. Schulze)! Epipactis atrorubens Schultz. Lauterbacher Kalkberge bei Bolkenhain (Fick). | Epipactis palustris Criz. ebenfalls im Weidiger Busch bei Neisse (W.). Cephalanthera pallens Rich. Neisse: Gebüsche bei Zedlitz, selten im Bechauer Wald (W.). Bolkenhain: Seitendorf, Töppichberg, Petersgrund, blauer Bruch (Fick). Oephalanthera ensifolia Rich. Bolkenhain: Bienwald, Petersgrund, Hohen- dorf, in der Colige (Fick)! Zedlitz und Bechauer Wald be Neisse (W.). Im Militscher Wald bei Cosel ausgerottet (Wetschky). Epipogium Gmelini Rich. Wünschelburg: dicht an der böhmischen Grenze an einem kleinen Waldsumpf vor Kaltwasser (M. Schulze)! Leier- steg (Neumann). zw. Krummhübel u. Wolfshau (Dr. Stenzel)! Oypripedium Calceolus L. Bolkenhain: bei Seitendorf von dem Entdecker (Schmaek) selbst seit längerer Zeit nicht mehr wieder gefunden; 110 Jahres-Bericht dagegen wurde die Pflanze 1868 an den Kalkbergen bei Peters- grund gesammelt (Fick). Calla palustris L. Kohlsdorf bei Neisse (W.)! Um Proskau häufig (Stein). Typha latifolia L. Neisse. Sparganium natans L. Kohlsdorf bei Neisse (W.) Moorwiesen bei Czi- enskowitz bei Gnadenfeld (Wetschky)! *Pinus Strobus L. Im Revier Copaline bei Proskau auf einem Gebiet von 100 Morgen angebaut (Stein). *Thuja oceidentalis L. Mit voriger als Unterholz (Stein). Betula pubescens Ehrh. Proskau (Stein), Glumpenau und Briesen bei Neisse (W.). Alnus incana Willd. Zedlitz und Reisewitz bei Neisse (W.)! Alnus incana >< glutinosa. Reisewitz bei Neisse (W.)! Fagus silvatica L. Nur vereinzelt bei Stephansdorf bei Neisse (W.) Parietaria erecta M. K. Rogau bei Proskau (Stein). Salic pruwinosa Wendland. Musenhain bei Proskau, wohl eultivirt (Stein). Salie pentandra L. Weidig und Stephansdorf bei Neisse (W.). Chenopodium opulifoium L. Stephansdorf und Giesmannsdorf bei Neisse (W.)! Chenopodium polyspermum L. Neisse (W.)! Chenopodium Vulvaria L. Neisse (W.)! Oppeln, Proskau (Stein). Chenopodium Botrys L. Zedlitz und Giesmannsdorf bei Neisse (W.). Chenopodium Bonus Henricus L. Proskau (Stein). Neisse (W.)! Chenopodium rubrum L. Giesmannsdorf und Stephansdorf bei Neisse (W.)! Polyenemum arvense L. Proskau (Stein). Amarantus retroflewus L. Zedlitz und Glumpenau bei Neisse (W.)! Rumex maritimus L. Giesmannsdorf bei Neisse (W.)! Rumex Hydrolapathım Huds. Kohlsdorf bei Neisse (W.)! Rumex aquaticus L. Glumpenau und Woitz bei Neisse (W.)! Daphne Mezereum L. Krizanowitz bei Ratibor (Stein). Glumpenau bei Neisse (W.)! Asarum europaeum L. Neisse (W.)! . Litorella lacustris L. Hoyerswerda: in ausgetrockneten Gräben des kgl. Forstes mit Potentilla norvegica L. (Fick). Valeriana dioica L. Jäkel bei Auras (Wetschky)!! Stephansdorf und Glumpenau bei Neisse (W.). Valeriana sambucifolia Mik. Zwischen Wünschelburg und Reichenforst (M. Schulze) ! Dipsacus pilosus L. Eichenwald von Kasimir bei Gnadenfeld (Wetschky)- Dipsacus silvestris Mill. Zladnik bei Proskau (Stein). Scabiosa Columbaria L. Adamatz bei Proskau (Stein). Eupatorium cannabinum L. Neisse (N) Ns Buchbersi he alibersdoh: (Milde). der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 111 Homogyne alpina L. Bolkenhain: Heinzewald um 1500° (Fick). Petasites albus Gärtn. Bolkenhain (Fick)! Aster Amellus L. Vereinzelt an einem sonnigen Waldabhang auf der Landecke bei Hultschin (Wetschky)! Inula Conyza DC. Bolkenhain: Bienwald, hohe Lehne, Schweinhaus, Co- lige, Lauterbacher Berge (Fick), früher am hohen Ufer der Neisse bei Giesmannsdorf (W.). Xanthium italieum Mor. (X. riparium Lasch.) Mit X. strumarium L. häufig am Fährhaus bei Neusalz a. OÖ. (Franke)! Diese Pflanze wurde schon 1853 entdeckt, und nach des Entdeckers Aussage auch an Wimmer gesendet. Die Mittheilung dieser Entdeckung und von Exemplaren verdanke ich Herrn Dr. Ascherson. Anthemis tinctoria L. Zwischen Kattern und Probotschine bei Breslau!! Musenhain bei Proskau (Stein), Reichenforst bei Wünschelburg, Leiersteg an der Heuscheuer, zwischen Kessel und Cudowa (M. Schulze). Gnaphalium luteo-album L. Massel bei Trebnitz!! Arnica, montana L. Wünschelburg (M. Schulze). Senecio vernalis W. K. Stephansdorf und Glumpenau bei Neisse (W.), um Breslau im Jahre 1863 beobachtet: im Walde zwischen Tschechnitz und Kottwitz!! zwischen Kleinburg und Krietern!! am Kratzbuschdamm!! bei Pilsnitz!! und Rohrau!! Proskau (Stein). Senecio saracenicus L. Auras!! Senecio erraticus Bert. Krzizanowitz bei Ratibor (Stein)!! Senecio nemorensis L. Neisse (W.). Senecio crispatus DC. $. rivularis W. K. Heuscheuer, Seewiesen gegen Friedriehsgrund (M. Schulze). Carlina acaulis L. Giesmannsdorf und Ullersdorf bei Neisse (W.), Wün- schelburg (M. Schulze), var. purpurascens: Lauterbacher Kalkberge bei Bolkenhain (Fick). In der ganzen Gegend von Leobschütz und Cosel gemein (Wetschky). Centaurea phrygia L. Rybnik, Krizanowitz bei Ratibor (Stein). Zwi- schen Dirschel und Katscher, Liptin (Fick). Zwischen Erdmanns- dorf und Arnsdorf (Fick). Reichenforst bei Wünschelburg (M. Schulze). Kesselberge bei Görbersdorf (Milde). Centaurea solstitialis L. Mehrere Jahre bei Giesmannsdorf b. Neisse (W.)! Onopordon Acanthium L. Um Proskau selten (Stein), sehr vereinzelt bei Neisse: Heidersdorf (W.)! Cirsium canım L. Weidig bei Neisse selten (W.), Röhrsdorf bei Bolken- hain (Fick), Wünschelburg: Wiesen von der neuen Welt bis zur böhmischen Grenze selten (M. Schulze)! Hohenwiese b. Schmivde- berg (Schwarzer). 112 Jahres-Bericht Cirsium heterophyllum All. Heuscheuer: Seewiesen, Wüstungen zwischen Gr.-Karlsberg, Passendorf bis Machau (M. Schulze)! Cirsium rivulare Lk. Um Proskau gemein (Stein) Zw. Branitz und Jä- serndorf!! Röhrsdorf bei Bolkenhain (Fick). Um Wünschelburg gemein (M. Schulze)!! Neisse (W.)! Cirsium oleraceum Scop. var. amaranthinum Lang. Friedland und Cudowa (Siegert)! Wünschelburg: bei der Zündholzfabrik (M. Schulze)! Cirsium acaule All. Rösnitzer Wald bei Katscher (Fick). Leipe und Lauterbacher Kalkberge bei Bolkenhain (Fick). Cirsium palustre >< canım Wimm. Wünschelburg (M. Schulze)! Röhrs- dorf bei Bolkenhain (Fick). Hohenwiese bei Schmiedeberg Cirsium oleraceum >< keterophyllum. Wolfshau b. Krummhübel (Dr. Stenzel)! Cirsium canum >< rivulare Siegert. Selten auf den Bleichwiesen bei Wün- schelburg (M. Schulze). Cirsium palustre >< rivulare Schiede. Häufig bei Wünschelburg (M. Schulze)! Proskau (Stein). Ullersdorf bei Neisse (W.). Lan- genau (Stenzel)! Cirsium rivulare >< oleraceum DC. Häufig um Wünschelburg, Proskau (Stein). Cirsium palustre >< oleraceum Schiede. Hainwiesen zwischen Kaltwasser und Wünschelburg (M. Schulze)! Proskau (Stein). Cirsium oleraceum >< canum Wimm. Wünschelburg (M. Schulze) öhrs- dorf bei Bolkenhain (Fick). | Cirsium oleraceum >< acaule. Wiese in den „Goldgruben“ bei Wünschel- burg (M. Schulze). Onicus benedictus Gaertn. Um Wünschelburg angebaut. Achyrophorus maculatus Scop. Neisse (W.). Zwischen Dirschel und Kat- scher (Fick). Scorzonera humilis L. Wünschelburg: Kaltwasser, zwischen Rückerts und Friedrichsgrund unweit Reinerz (M. Schulze). Zwischen Rathau und Sagritz bei Leubus (Fick). Tragopogon orientalis L. Jentsch bei Neisse (W.). Pieris hieracioides L. Proskau (Stein). Neisse (W.). Prenanthes purpurea L. Bolkenhain (Fick). Chondrilla juncea L. Kohlsdorf bei Neisse (W.). Barkhausia setosa DO. Einige Jahre bei Giesmannsdorf bei Neisse (W.). Crepis praemorsa Tausch. Lauterbacher Kalkberge bei Bolkenhain (Fick), Ullersdorf bei Neisse (W.). Crepis suceisifolia Tausch. Weidig und Jentsch bei Neisse (W.). Zwi- schen Katscher und den Dirscheler Gypsgruben (Fick). Hieracium stoloniflorum W. K. Zwischen Branitz und Jägerndorf!! Pros- kau (Stein), Ullersdorf bei Neisse (W.). Hieracium cymosum L. Perschkenstein bei Neisse (W.). der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 113 Hieracium floribundum Wimm. Zwischen Branitz und Jägerndorf!! Ste- phansdorf bei Neisse (W.). Hieracium boreale Fries. Bei Neisse selten: Reisewitz (W.) Hieracium praealtum >< Pilosella Wimm. Katscher: im Wäldchen bei den Dirscheler Gypsgruben (Fick). Mulgedium alpinum Cass. Zwischen Görbersdorf und Reimswalde (Milde). Phyteuma orbiculare L. Proskau (Stein), Reinerz, Heuscheuer (M. Schulze), Ullersdorf bei Neisse (W.), Branitz bei Jägerndorf!! Phyteuma spicatum L. Glumpenau, Ullersdorf und Briesen bei Neisse (W.), Katscher (Fick) !! Campanula latifolia L. Walditz bei Neurode (M. Schulze). Am Eingange in den Felsengrund bei Görbersdorf (Milde). Campanula Cervicaria L. Katscher: an Abhängen der Dirscheler Gyps- gruben, Rösnitzer und Krastillauer Wald (Fick). Möhnersdorf bei Freiburg (Fick). Giesmannsdorf und Mahlendorf bei Neisse (W.). Gahum Crueciata Scop. Glumpenau bei Neisse (W.). Galium vernum Seop. Dirschel (Fiek)!! Proskau, Bolko bei Oppeln (Stein). Galium rotundifolum L. Proskau (Stein), Reisewitz bei Neisse (W.). Galium Wirtgeni F. Schultz. Oppeln (Baumann). Asperula odorata L. Annaberg O/S. (Stein). Reisewitz und Ullersdorf bei Neisse (W.). Lonicera Xylosteum L. Glumpenau bei Neisse (W.)! Rösnitzer Wald (Fick). Lonicera nigra L. Kitzelberg bei Kauffung. Bolkenhain (Fick). Sambucus Ebulus L. Früher häufig bei Graschwitz bei Neisse (W.) Vinca minor L. Wilhelmsberger Wald bei Proskau (Stein). Bolkenhain: Röhrsdorf, Bienwald (Fick). Gentiana Cruciata L. Kitzelberg bei Kauffung!! Mosesberg bei Albendorf (M. Schulze). Gentiana ciliata L. Wünschelburg (M. Schulze). Freudengrund bei Gör- bersdorf (Milde). Gentiana campestris L. Bolkenhain: zwischen Kunzendorf und Märzdorf; Leipe (Fick). Freudengrund bei Görbersdorf (Milde). Gentiana germanica Willd.. Wünschelburg. Eryihraea pulchella Fries. Neisse (W.)! Origanum vulgare L. Bolkenhain (Fick). Prunella grandiflora L. Liptin bei Katscher. Prunella alba Pall. In Laubwaldungen zwischen Boruslawitz und Karsch- witz bei Gnadenfeld (Wetschky)! Lamium Galeobdolon Crtz. nebst var. montanum: Giesmannsdorf bei Neisse (W.)! 114 Jahres-Bericht Galeopsis Ladanum L. var. G. angustifolia Ehrh. Giesmannsdorf bei Neisse (W.)! Galeopsis versicolor Curt. Neisse (W.)! Galeopsis pubescens Besser. Neisse (W.)! Stachys germanica L. Lauterbacher Kalkberge bei Bolkenhain (Fick). Stachys anmua L. Proskau (Stein). Stachys recta L. Töppichberg bei Bolkenhain (Fick). Gogolin (Stein). Ajuga Chamaepiys Schreber. Kempa bei Oppeln (Baumann)! Marrubium vulgare L. Neisse (W.)! Teucerium Scordium L. Stephansdorf bei Neisse (W.)! Teucrium Botrys L. Lauterbacher Kalkberge bei Bolkenhain. Teucrium Scorodonia L. Auf Wiesen und am Eisenbahndamme bei Nie- dobschütz bei Rybnik (Fritze)! ob wild? Verbena officinalis L. Neisse (W.). Cerinthe minor L. Zedlitz bei Neisse (W.). Pulmonaria azurea Besser. Zwischen Dirschel und Katscher (Fick)! Wälder bei Rösnitz, Radoschau und Neustift bei Gnadenfeld (Wetschky)! Myosolis caespitosa Schultz Starg. Glumpenau bei Neisse (W.). Mysotis sparsiflora Mik. Dirscheler Gypsgruben (Fick). Glumpenau bei Neisse (W.). Symphytum tuberosum L. Katscher: Krastillauer Wald, Oderwaldungen um Soborschau, Roschowitz und Succowitz bei Gnadenfeld (Wetschky), Kösling, Liptiner Wald (Fick), zwischen Branitz und Bleischwitz bei Jägerndorf!! Glumpenau und Ullersdorf bei Neisse (W.)! Oynoglossum officnale L. Chorulla bei Gogolin (Stein). Echinospermum Lappula Lehmann. Proskau (Stein). Ouseuta Epilhymum L. Neisse (W.). Am Buchberg bei Görbersdorf (Milde). Datura Stramonium L. nebst var. D. Tatula L. vereinzelt um Neisse (W.). Atropa Belladonna L. Eisenkoppe bei Volpersdorf (M. Schulze). ‘ Verbaseum Thapsus L. Glumpenau bei Neisse (W.)! Niederlangenau (Dr, Stenzel)! Verbascum Blattaria L. Zedlitz bei Neisse (W.)! Kattern bei Breslau!! zwischen Rackau und Kottwitz bei Auras!! Verbaseum phlomoides L. Proskau (Stein). Verbascum phlomoides >< Lychnitis. Im Proskauer botanischen Garten wild (Stein). Linaria Elatine L. Ullersdorf bei Neisse (W.) Linaria arvensis Desf. Früher bei Kohlsdorf bei Neisse (W.). Digitalis ambigua Murr. Hohes Ufer der Neisse bei Giesmannsdorf (W.)! Bolkenhain (Fick). der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 115 Digitalis lutea L. In Laubwäldern bei Gross-Ellguth bei Gnadenfeld in Gesellschaft des Dig. ambigua Murr. von Apotheker Wetschky im Juli 1867 entdeckt! ob wild? Digitalis ambigua >< lutea G. Meyer (D. media Roth). Sehr selten in Gesellschaft der Eltern bei Gross-Ellgut (Wetschky 1867). Gratiola offieinalis L. Grunau bei Breslau!! Neisse (W.). Lindernia pyxidaria All. Einmal auf feuchten Aeckern bei Tsehanschwitz bei Neisse (W.). Am Rudateich bei Rybnik (Fritze)! Veronica verna L. Glumpenau bei Neisse (W.). Veronica montana L. An der Heuscheuer häufig (M. Schulze). Veronica latifoha L. Hohes Neisseufer bei Glumpenau (W.)! Veronica longifolia L. Neisse (W.)! Pedicularis palustris L. Zwischen Briesen und Blumenthal b. Neisse (W.)! Alectorolophus angustifolius Gmelin. Glumpenau bei Neisse (W,)! Alectorolophus hirsutus All. Zedlitz bei Neisse (W.). Wünschelburg (M. Schulze). Melampyrum eristatum L. Hohes Neisseufer bei Glumpenau (W.)! + Mimulus luteus L. Reinerz (M. Schulze). Lathraea squamaria L. Saubad bei Görbersdorf (Milde). Orobanche rubens Wallr. Gogolin (Stein). Orobanche major L. Im Wald zwischen Borıslawitz und Karschwitz bei Gnadenfeld (Wetschky)! Orobanche Cervariae Suard. (O. Buekiana Koch). In dem Gehölz bei den Dirscheler Gypsgruben, von Apotheker Fick entdeckt; vier- zehn Tage später als die dort weit häufigeren O. Galü Duby und O. major L. blühend und mit dem Buek’schen Original-Exem- plar aus dem Berliner Königl. Herbar genau übereinstimmend. Utrieularia vulgaris L. Proskau (Stein), Neisse (W.). Utricularia intermedia Hayne. Kohlsdorf bei Neisse (W.). Pinguieula vulgaris L. Wiesen bei Lichinia am Annaberg O/S. (Wetschky). Primula officinalis L. Neisse (W.)! DBohrau bei Breslau!! Primula elatior L. Neisse (W.)! Lysimachia thyrsiflora L. Neisse (W.). + Lysimachia punctata L. Bolkenhain: im Weidengebüsch der Neisse bei Würgsdorf (Fick)! Lysimachia nemorum L. Annaberg in O/S. (Stein). Centunculus minimus L. Althammer bei Proskau (Stein). Ledum palustre L. Proskau (Stein). Erica Tetralic L. Im Forst von Hoyerswerda (Fick). Pirola chlorantha Swartz. Bienwald bei Bolkenhain (Fick), am Fuss der Heuscheuer (M. Schulze)! früher bei Giesmannsdorf bei Neisse (W.). Pirola minor L. Neisse (W.). 116 Jahres-Bericht Pirola uniflora L. Früher bei Neisse (W.), Heuscheuer (M. Schulze)! Bolkenhain (Fick). Pirola umbellata L. Bolkenhain: in der Colige (Fick). Wünschelburg: zwischen der Neuen Welt und dem Hartheberg, Kaltwasser. (M. Schulze)! Hypopitys Monotropa Wimm. Briesen bei Neisse (W.). Proskau (Stein). Hydrocotyle vulgaris L. Neisse (W.). Proskau (Stein). Sanicula europaea L. Ullersdorf bei Neisse (W.)! Proskau (Stein). Bol- kenhain (Fick). Astrantia major L. Bolkenhain (Fick). Rösnitz und Dirschel bei Katscher (Fick). Neisse (W.)! | Oicuta virosa L. Neisse (W.)! Öritamus ayrestis Besser. Neisse (W.)! Kattern bei Breslau!! Berula angustifolia Koch. Kattern bei Breslau!! Neisse (W.)! Bupleurum falcatum L. Um Troppau und Strzebowitz nicht mehr wieder- gefunden, dagegen zwischen Komeise und Gotschdorf oberhalb Jägerndorf (Spatzier). + Bupleurum rotundifolium L. Um Neisse sehr selten (W.) Seseli coloratum Ehrh. Katscher (Fick). Neisse (W.)! Seseli Libanotis Koch. Schellenburg bei Jägerndorf (Fick)!! Peucedanum Cervaria Lap. Neisse (W.)! Peucedanum palustre Hoffm. Wünschelburg (M. Schulze). Kohlsdorf bei Neisse (W.)! Laserpitium latifolium L. Wronin bei Gnadenfeld (Wetschky). Laserpitium prutenicum L. Neisse (W.). Bolkenhain: in der Colise und Lauterbacher Kalkberge (Fick), var. glabrum Wiesen bei Bol- kenhain. Chaerophyllum aromatieum L. Neisse (W.)! Bolkenhain, Katscher (Fick), Chaerophyllum nitidum Wahlenb. Oberwald bei Ottmachau (W.)! Comium maculatum L. Proskau (Stein). Neisseufer in Waltersdorf bei Bolkenhain (Fick). Bulliardia aquatica D. C. Sehr häufig mit Elatine triandra Schkuhr und Linderwia pyxidaria All. am Nordrande des Rudateiches bei Rybnik von Apotheker Fritze entdeckt! Die Erklärung für das plötzliche Auftreten dieser seltenen Pflanze an einer von dem um die Kenntniss der oberschlesischen Flora verdienten Ent- decker schon früher oft besuchten Localität ist wahrscheinlich in dem diesjährigen niedrigen Wasserstande zu suchen, zumal die Pilanze an tieferen Stellen des Ufers gefunden wurde. Sempervivum Lamottei Borr. (8. tectorum Wimm. Fl. v. Schles.) Proskau (Stein). Sempervivum soboliferum Sims. Bolkenhain : Kalkberge bei Lauterbach bis der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur, 117 nach der „hohen Lehne“, auch sonst verbreitet (Fick). Rathen bei Wünschelburg (M. Schulze). ‚Daxifraga decipiens Ehrh. Neuerdings an der Buchenlehne bei Dörnikau, wo sie früher häufig war, von dem Entdecker nicht mehr wie- dergefunden. Saxifraga Hirculus L. Auf den Moorwiesen bei Polnisch-Neukirch und Czienskowitz schon seit 20 Jahren in Folge von Urbarmachung des Terrains verschwunden (Westschky). Chrysosplemum oppositifolium L. Bienwald bei Bolkenhain (Fick). Ribes alpinum L. Oberhalb Röhrsdorf bei Bolkenhain (Fick). Thalietrum aquwlegifoium L. Heuscheuer (M. Schulze)! Thalietrum montanum Wallr. (Th. minus Koch). Kösling bei Katscher und zwischen Neu-Katscher und Dirschel (Fick). Thalictrum simplex L. Wiesen zwischen Katscher und den Dirscheler Gypsgruben (Fick)!! Thalietrum angustifolum L. Rathen bei Wünschelburg (M. Schulze)! Neisse (W.)! Anemone patens >< vernalis Lasch. Jakobswalder Haide (Wetschky)! Anemone syWestris L. Wilhelmsberger Wald bei Proskau (Frl. Elise Hannemann). Hepatica triloba Chaix. Glumpenau und Briesen bei Neisse (W.)! Adonis flammea Jacg. Proskau (Stein). Adonis aestivalis L. Grunau!! Kattern!! Ranunculus aconitifolius L. Heuscheuer: Dörnikau, Karlsberger Hochebene (M. Schulze)! Heidelberg bei Görbersdorf (Straehler). Ranunculus aquatilis L. var. R. paueistamineus Tausch. Breslau: Grunau!! Sillmenau!! Ranunculus confusus Godron. Neisse (W.). Ranunculus divaricatus Schrank. Stephansdorf und Zaupitz b. Neisse (W.). Ranunculus fluitans Lam. Neisse (W.)! Ranunculus auricomus L. var. fallax. W. Gr. Weidig bei Neisse (W.)! Rös- nitzer Wald bei Katscher (Fick)!! Haidauer Wald bei Striegau (Zimmermann)!! Ranunculus sardous Ortz. Neisse (W.)! Trollius europaeus L. Ullersdorf bei Neisse (W.)! Katscher (Fiek)! Zwi- schen Wilhelmsdorf und Baumgarten bei Bolkerhain (Fick). Breslau: Wiesen bei Schmartsch!! Helleborus viridis L. Bolkenhain: im Burggraben, nicht blühend und wohl ursprünglich nieht heimisch; häufiger an einem buschigen Ab- hange oberhalb Röhrsdorf, hier vielfach blühend und jedenfalls wild (Fick)! Isopyrum thalictroides L. Weidig, Ullersdorf und Mahlendorf bei Neisse (W.)! Rösnitzer Wald bei Katscher (Fick)!! 118 Jahres-Bericht Nigella arvensis L. Neisse (W.)! Aquilegia vulgaris L. Bienwald bei Bolkenhain (Fick). Wünschelburg: zwischen Rathen und Albendorf, Kessel, Dörnikau (M. Schulze)- Aconitum Lycoctonum L. Häufig auf Kiesbänken an der Oppa bei Karls- thal mit Epilobium Dodonaei Vill. (Wetschky). Actaea spicata L. Bechauer Wald bei Neisse (W.)! Berberis vulgaris L.. An den Lauterbacher Kalkbergen bei Bolkenhain jedenfalls heimisch (Fick). Papaver dubium L. Neisse (W.)! Gnadenfeld, Katscher (Wetschky). Corydalis cava Schweigg. et Koerte. Jentsch und Reisewitz bei Neisse (W.)! Bolkenhain (Fick), Buchberg bei Görbersdorf (Strachler). Corydalis solida Frie. Tworog (Frau Baumann). Fumaria capreolata L. Rogau bei Proskau (Stein). Fumaria rostellata Knaff. Früher bei Giesmannsdorf bei Neisse, jetzt ver- schwunden (W.). Nasturtium austriacum Crtz. Im Oderthal zwischen Kosel und Ratibor, fehlt jedoch im Quellgebiet der Oder (Wetschky). Arabis hirsuta Scop. Dirscheler Gypsgruben (Fick). Arabis arenosa Scop. Buchenlehne bei Dörnikau (M. Schulze). Arabis Haileri L. Alt-Janowitz bei Kupferberg!! Erdmannsdorf (Fick)! Eisenschmelze bei Reinerz (M. Schulze). Cardamine Impatiens L. Bechauer Wald und Reisewitz bei Neisse (W.)! Cardamine hirsuta L. Heuscheuer (M. Schulze). Cardamine trifolia L. Oberwald bei Ottmachau (W.). Dentaria enneaphyllos L. Wolfsberg bei Kupferberg zwischen Seitendorf und Petersgrund bei Bolkenhain (Fick). Heuscheuer (M. Schulze)! Dentaria glandulosa W. K. Zu Tausenden in feuchten Laubwaldungen um Tatischau in O/S. (Wetschky)! Dentaria bulbifera L. Oberwald bei Ottmachau (W.)! Wolfsberg bei Kupferberg, und zwischen Seitendorf und Petersgrund bei Bol- kenhain (Fick)! Lunaria rediviva L. Wolfsberg bei Kupferberg (Fick)! An der Heu- scheuer an mehreren Orten (M. Schulze)! Alyssum calyeinum L. Neisse (W.)! Thlaspi perfoliatum L. Kl.-Schimnitz bei Proskau (Stein). Aecker dicht bei Görbersdorf (Straehler)! Biscutella laevigata L. Um Wagstadt bei Troppau, von Troppauer Bo- tanikern vergebens gesucht (Wetschky). Reseda lutea L. Mehrere Jahre an einer Sandgrube bei Giesmannsdorf bei Neisse (W.)! Helianthemum vulgare Gaert. Neisse (W.)! Wünschelburg (M. Schulze), Katscher (Fick) !! der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 119 Drosera intermedia Hayne. Wiese unter dem Schalasterberge bei Wün- schelburg (M. Schulze). Viola mirabilis L. - Weidig bei Neisse (W.)! Viola callina Besser. Kirchberg bei Jägerndorf!! Nymphaea semiaperta Klinggref. Proskau (Stein). Herniaria hirsuta L. Proskau (Stein). Sagina apetala L. Graschwitz bei Neisse (W.). Wünschelburg: vor dem Bieler Wald bei Scharfeneck (M. Schulze). Sagina nodosa E. Meyer. Neisse (W.). Stellaria nemorum L. Neisse (W.)! Bolkenhain (Fick). Heuscheuer (M. Schulze). Stellaria Friesiana Ser. In einem Bruch zwischen Rietschen und Priebus (Wetschky)! Stellaria uliginosa Murray. Zaupitz bei Neisse (W.)! Cerastium glomeratum Thull. Giesmannsdorf bei Neisse (W.)! Cerastium brachypetalum Desportes. Dirscheler Gypsgruben (Fick)! ! Dianthus prolifer L. Rackau bei Auras!! Goldgruben bei Wünschelburg (M. Schulze). Dianthus Armeria L. Rackau bei Auras!! Zedlitz bei Neisse (W.)! Dianthus superbus L. Massel bei Trebnitz!! Stephansdorf, Ullersdorf und Glumpenau bei Neisse (W.)! Lauterbacher Kalkberge bei Bol- kenhain (Fick). Silene gallica L. Früher bei Neisse (W.), Langenau (Dr. Stenzel)! Lychnis Flos Cuculi L. Bis zur Schlingelbaude beobachtet (Stein). Oucubalus baccifer L. Rackau bei Auras!! In der Colige bei Brlken- hain (Fick). Neisse (W.)! Malva Alcea L. Neisse (W.)! Hypericum tetrapterum Fries. Neisse (W.)! Hypericum montanum L. Giesmannsdorf und hohes Neisseufer bei Glum- penau (W.)! Bolkenhain (Fick). Rösnitzer Wald bei Katscher (Fick). Hypericum hirsutum L.. Neisse (W.)! Rösnitzer Wald bei Katscher (Fick) !! Myricaria germanica Desv. An dem kiesigen Ufer der Ostravieza bei Friedland-Hammer am Fuss der Lissa Hora (Wetschky)! Euphorbia platyphyllos L. Neisse (W.)! Euphorbia palustris L. Nimmersattteich bei Auras!! Probotschine!! Euphorbia lucida W. K. Breslau: Sillmenau!! Grunau!! Euphorbia exigua L. Proskau (Stein). Neisse (W.)! Langenau (Dr. Stenzel) ! Euphorbia dulcis L. Ullersdorf bei Neisse (W.)! Mercurialis perennis L. Ullersdorf bei Neisse (W.)! 120 Jahres-Bericht Geranium phaeum L. Um Wünschelburg mehrfach (M. Schulze). Proskau (Stein). Bleischwitz bei Jägerndorf (Fritze)!! Kösling bei Kat- scher (Fick), Zaupitz und Stephansdorf bei Neisse (W.). Bütt- nergrund und Ober-Reimswaldau bei Görbersdorf (Milde). Geranium silvaticum L. Alter Hau bei Bolkenhain (Fick sen.) Geranium pratense L. Neisse!! Häufig um Jägerndorf!! Katscher (Fick). Bolkenhain (Fick). Geranicum bohemicum L. Diese seltene Pflanze wurde neuerdings in einem Bruch zwischen Rietschen und Priebus von Herrn Apotheker Wetschky gesammelt! Geranium sanguineum L. Dirscheler Gypsgruben (Fick)!! Rackau bei Auras!! | Geranium dissectum L. Neisse (W.)! Geranium columbinum L. Neisse (W.)! Kitzelberge bei Kauffung (Fick). Radiola Millegrana Smith. Proskau (Stein). Oxalis Acetosella L. Stephansdorf, Ullersdorf und Weidig bei Neisse (W.)! Impatiens Noli tangere L. Neisse (W.). Epilobium hirsutum L. Neisse (W.). Epilobium adnatum Grieseb. Neisse (W.)! Epilobium chordorrhizum Fries. Glumpenau bei Neisse (W.) Circaea hutetiana L. Ullersdorf bei Neisse (W.)! Myriophyllum vertieillatum L. Neisse (W.). Trapa natans L. Kohlsdorf bei Neisse (W.). Lytrum Hyssopifolia L. Auras!! Stephansdorf bei Neisse (W.)! Pirus torminalis Ehrh. Buchenwald bei Goradeze in O/S. (Wetschky)! Rosa alpina L. Freudenschloss, Storchberg (Milde). 7 Rosa cinnamomea L. Zwischen Woitz und Ottmachau (W.)! Rosa gallica L. Kaltwasser bei Wünschelburg (M. Schulze). Um Kat- scher und Rösnitz verbreitet (Fick)!! Rubus saxatilis L. Colige und Lauterbacher Kalkberge bei Bolkenhain (Fick). Bechauer Wald bei Neisse (W.)! Fragarıa elatior Ehrh. Rösnitzer Wald bei Katscher (Fick)!! Vogelhecke bei Bolkenhain (Fick)! Comarum palustre L. Proskau (Stein). Potentilla supina L. Dirschel (Fick). Giesmannsdorf und Glumpenau bei Neisse (W.)! Potentilla norvegica L. Hoyerswerda (Fick). Potentilla recta L. Rogau bei Proskau (Stein). Glumpenau bei Neisse (W.)! Bolkenhain (Fick). Potentilla canescens Besser. Bolkenhain: zahlreich am Abhang des Heinze- waldes gegen Hohenhelmsdorf (Fick). Potentilla procumbens Sibth. Muskau: in der Haide zwischen Krauschwitz und Weisswasser (Fick). j der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 121 Potentilla silesiaca Uechtritz. Leubus: Wiesen zwischen der Anstalt und dem Mühlgraben (Fick). Potentilla opaca L. Proskau (Stein). Potentilla alba L. Um Katscher häufig (Fick)! Aphanes arvensis L. Neisse (W.)! Langenau (Dr. Stenzel)! Poterium Sangwsorba L. Weidig bei Neisse (W.). Bolkenhain (Fick) Schimnitz bei Proskau (Stein. Am Buchberg bei Görbersdorf (Milde). | Geum intermedium Ehrh. Stephansdorf bei Neisse (W.)! Spiraea Aruneus L. Rösnitzer Wald bei Katscher (Fick)!! Alt-Janowitz bei Kupferberg (Fick). Wünschelburg (M. Schulze)! Ononis hircina Jacg. Aurasl! Neisse (W.)! Proskau (Stein). Katscher und Dirscheler Gypsgruben (Fick). Bolkenhain (Fick). Ononis spinosa L. Proskau (Stein). Langenau (Dr. Stenzel)! Sarothamnus vulgaris Wimm. Am Fuss des Schalasterberges bei Wün- schelburg (M. Schulze). Genista germanica L. Ullersdorf bei Neisse (W.)! Oytisus nigricans L. Rösnitzer Wald bei Katscher (Fick)!! Cytisus capitatus Jacg. Um Katscher verbreitet (Fick)!! Neisse (W.)! (Proskau (Stein). Möhnersdorf bei Freiburg (Fick). | Oytisus biflorus l’Heritier. Kösling, Neu-Kaischer und Rösnitz (Fick). Proskau (Stein). Anthyllis Vulneraria L. Bolkenhain (Fick). Proskau (Stein). Melilotus macrorrhiza Pers. Zaupitz und Stephansdorf bei Neisse (W.)! Melilotus officinalis Desr. Neisse (W.)! Tetragonolobus siliguosus Roth. In der ganzen Gegend zwischen Kattern, Leisewitz und der Strehlener Chaussee verbreitet!! Trifohum ochroleucum L. In der Basaltgrube bei Proskau häufig (Stein). Trifolum alpestre L. Neisse (W.). Trifohum rubens L. Ullersdorf bei Neisse (W.)! Trifohum fragiferum L. Neisse (W.)! Trifolium spadiceum L. Röhrsdorf bei Bolkenhain (Fick). Astragalus glycyphylios L. Neisse (W.)! Astragalus Oicer L. Dirscheler Wald (Fick). Vieia dumetorum L. Reisewitz und Woitz bei Neisse (W.). Heinzewald bei Bolkenhain (Fick). Vicia tenuifolia Roth. Ullersdorf bei Neisse (W.)! Lathyrus tuberosus L. Kattern bei Breslau!! Lathyrus sylvestris L. Proskau (Stein). Glumpenau und Zedlitz bei Neisse (W.)! Bolkenhain (Fick). Wünschelburg (M. Schulze). Orobus vernus L. Glumpenau und Zedlitz bei Neisse (W.)! Orobus niger L. Neisse (W.)! Onobrychis sativa Tourn. Grunau b. Breslau!! Gogolin (Stein). Neisse (W.)! 122 Jahres-Bericht Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert sprach einige Worte zur Er- innerung an den im Mai dieses Jahres im Alter von etwa 50 Jahren ver- storbenen Candidaten Bartsch, welcher der Gesellschaft als correspon- direndes Mitglied angehört und sich um die heimische Flora durch mehrere Entdeekungen, sowie durch seine als Programm der höheren Bürgerschule in Ohlau 1859 veröffentlichte Flora der Umgegend von Öhlau verdient gemacht hat. Derselbe, als Sohn eines herzoglich würtembergischen Rent- meisters, zu Carlsruhe O,$., geboren, absolvirte das hiesige Magdalenäum, studirte an hiesiger Universität evangelische Theologie, bestand die theo- logischen Prüfungen, ging jedoch später zum Schulfach über, indem er an dem Richter’schen Privat-Institut zu Ohlau fungirte, später eine Leh- rerstelle an der jetzt zum Progymnasium erhobenen Bürgerschule daselbst erhielt, und bis zu Ende 1867 bekleidete. Sein Herbarium hat derselhe dem Progymnasium vermacht, wo es auf Anordnung des Directors Dr. Guttmann sorgfältig aufbewahrt werden wird. Der Secretair, Prof. Cohn, berichtet von weiteren Untersuchungen über sogenannte Sternschnuppengallert, von welcher Herr Prof. Galle am 12. November noch 2 Flaschen aus der Gegend von Gnadenfrei durch Herrn Grafen Pfeil, sowie am selben Tage aus Garben bei Polgsen durch Herrn Klinger, nachträglich Refe- rent am 10. December aus Zedlitz, Kreis Trebnitz, durch Herrn Müncke und am 10. Januar aus Rudzik, Gouvernement Warschau, Polen, von Herrn Rittergutsbesitzer Gregor erhalten hat. Alle diese Substanzen von identischer Beschaffenheit erwiesen sich durch die gekrösartigen Win- dungen der farblosen Gallert, wie durch eingeschlossene Muskelstückchen, theilweise auch beiliegende caviarähnliche Eiermassen, als die aufge- quollenen Eileiter von Fröschen, wie dies bereits in dem Referat über die Froschgallert von Steinbach (Sitzung vom 26. October) erwähnt worden ist. Ein im pflanzenphysiologischen Institut angestellter Versuch zeigte, dass die beiden Eileiter eines Frosches, welche frisch präparirt am 9. November 1,2 Gm. gewogen, durch Weasseraufnahme innerhalb 10 Tagen um mehr als das 40fache, zu einer Gallert von 50 Gm. Ge- wicht aufquollen. Dieselben Fadenpilze, wie in der Substanz von Stein- bach, wurden auch in den Gallerten von Gnadenfrei, Rudzik und Zedlitz, nicht aber in der von Garben gefunden, was ihr Auftreten als secundäre Parasiten erweist. Die bisher untersuchten Gallerte haben niemals eine Spur von Leuchten. gezeigt. Herr Prof. Dr. Körber gab ein ausführliches Referat über die ge- nerelle Morphologie von Häckel, die derselbe als eine der bedeu:- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 123 tendsten Erscheinungen . der neueren Literatur charakterisirte, indem er zugleich die Beziehungen zu den von ihm selbst im Jahre 1854 als Gym- nasialprogramm veröffentlichten „Ideen zur Geschichte der organischen Schöpfung‘‘ darlegte. Hr. Geh. Ratlı Prof. Dr. Göppert gab nachstehende Mittheilung: „Auf mehrfaches Befragen, wie es sich mit den in den Braunkohlenlagern von Naumburg am Bober aufgefundenen, vermeintlich bei uns unbekannten fossilen Früchten verhält, die Heer in Zürich als Nyssa bestimmte, er- innere ich daran, dass ich schon vor 18 Jahren dergleichen zuerst von dem für die Wissenschaft zu früh verstorbenen Professor Dr. Weber aus der rheinischen Tertiärllora zur Bestimmung erhalten und als Nyssa erkannt habe, worauf sie Weber als Nyssa rugosa abbildete und be- schrieb. Bald darauf fand ich sie auch in der mittelmiocänen Braun- kohlenformation zu Urschkau, Kreidelwitz bei Raudten, Grünberg, Ullers- dorf bei Sagan (Starke) und erhielt sie aus der sleichaltrigen Formation des Samlandes, von Salzhausen und anderen Orten in Hessen. Die jetztweltliche Gattung Nyssa gehört zu einer sehr artenarmen, den Santaleen verwandten, in Nordamerika einheimischen Familie, von der zwei Arten unter dem Namen Tupelobäume schon im vorigen Jahr- hundert in unsere Gärten kamen, aber jetzt, zum Theil wohl wegen ihrer dioieischen Blüthen, fast ganz aus ihnen verschwunden sind. Es war mir daher sehr interessant, vor einigen Jahren ein mächtiges Exemplar von Nyssa aquatica L. unter den aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts stam- menden Anpflanzungen nordamerikanischer Bäume zu Falkenberg in Schlesien zu finden, dem ich in Deutschland nur noch ein zweites in Herrenhausen zur Seite zu stellen vermag. Das Vorkommen jener fos- silen Nyssa beschränkt sich auf die Schichten des mittleren Mioeän; in den oberen, wie in Schosnitz, sind sie noch nicht entdeckt worden. Eine abermalige Bearbeitung der schlesischen Braunkohlenflora, zu der umfang reiche Sammlungen bereits vorliegen, um deren Vermehrung ich im wis- senschaftlichen Interesse bitte, wird von mir vorbereitet. Die fossile Flora von Schosnitz, welche so viele neue Bürger, insbesondere unter andern Weiden und Platanen lieferte, gewinnt ein um so grösseres Inter- esse, als sich ihre weite Verbreitung im höchsten Norden immer mehr herausstellt, wie auf der Halbinsel Alaska, dem westlichen Ende des früher russischen Nord-West-Amerika unter dem 59. Grad, in Island, in Grönland unter dem 70. Grad, und neuerdings auch in Spitzbergen. Auf jene Beobachtung gründete sich meine schon vor 8 Jahren über die Ter- tiärflora der Polarländer (Sitzungsberichte der naturwissenschaft- lichen Section, 10. December 1860) ausgesprochene Ansicht, dass in den jetzt so unwirthlichen arktischen Regionen zur Zeit der Mioeänpe- riode ein milderes Klima geherrscht hat, eine mittlere Tem- 124 Jahres-Bericht peratur von mindestens 8—10 Grad, um eine Vegetation zu fördern, wie sie gegenwärtig im mittleren und südlichen Amerika und Europa angetroffen wird, deren Flora sich im Allgemeinen mit der der Mioeänperiode am nächsten ver- wandt zeigt.“ In der neunten Sitzung vom 10. Decbr. forderte der Secretair zur Theilnahme am Stiftungsfest der entomologischen Section auf; das- selbe ist unter lebhafter Betheiligung am 19. December gefeiert worden. Hierauf gab derselbe statistische Notizen über den Besuch der bo- tanischen Section seit 1856, welche die trotz unbedeutender Schwankun- gen sich seit Jahren gleichmässig erhaltende Theilnahme der Mitglieder bezeugen. An dem von der Section begründeten botanischen Lesezirkel haben 1868 nach dem von Herrn Granier eingereichten Bericht 23 Mitglieder, darunter zwei auswärtige, Theil genommen, und sind ausser den botani- schen Zeitschriften (Berliner botanische Zeitung Flora, Hedwigia, Pringsheims Jahrbücher, Journal of botany und Bulletins de la Societe botanigque de France) noch sechs botanische Werke in Umlauf gesetzt worden. Herr General v. Jacobi gab nachstehende Mittheilungen über Agaveen unter Vorzeigung einer Anzahl Photographien aus dieser Familie. In der 1. und 2. Lieferung des Jahrganges 1862 des in Stuttgart erscheinenden, von W. Neubert redigirten, deutschen Magazins für Garten- und Blumenkunde befindet sich eine durch Abbildungen er- läuterte Beschreibung einer Agave, welche im Sommer 1861 in dem fürstlich Fürstenbergischen Garten zu Donaueschingen geblüht hat. Dieselbe wurde dort als A. americana L. geführt. Leider haben wir erst vor Kurzem von dieser Blüthenbeschreibung Kenntniss erhalten, da wir uns sonst schon früher bemüht haben würden, Näheres über diese Pflanze zu erfahren, die für Jeden, der sich einigermaassen mit den Agaveen be- schäftigt hat, auf den ersten Blick sich als eine von genannter Art sehr wesentlich verschiedene Art kennzeichnet. Der fürstlich Fürstenberg- sche Hofgärtner Hr. Kirchhof hat auch mit einem Hrn. Engesser aus Höfingen gemeinschaftlich im 9. Heft 1867 der genannten Zeitschrift seine Zweifel über die Richtigkeit der Benennung dieser Pflanze ausge- sprochen, ohne aber zu einem bestimmten Schluss darüber zu gelangen, ob A. americana oder nicht. Wir können nur nach unseren langjährigen Studien über die Familie der Agaveen uns ganz entschieden dahin aussprechen, dass die oben er- wähnte Pflanze keine A. americana, ebenso wenig aber eine A. lurida der Schles. Gesellsch. f. vaterl Cultur. 135 Ait. ist, mit der sie sonst nach der Blattbildung, so weit sich diese aus der Abbildung beurtheilen lässt, noch die meiste Aehnlichkeit hat. Was nun die fragliche Pflanze als eine neue, und nicht nur von den beiden genannten, sondern von allen bisher bekannten Agavenarten durch- aus specifisch verschiedene charakterisirt, ist Folgendes: 1) Die aufsteigende, anfangs bogig abstehende, dann aber grade 2) 3 4 ) Sr aufrechte Stellung der Blüthenäste erster Ordnung, welche nicht erst gegen ihr Ende hin sich weiter verästeln und schliesslich die Blüthendolden tragen, sondern kurz über ihrer Basis schon Aeste ers ter Ordnung, und von da ab bis zu ihrer Spitze in regelmässiger Spirale eine Menge Aeste zweiter Ordnung tragen, deren jeder dann ohne weitere Verästelung als der der Blumen- stiele (pedicelli) unmittelbar die hohe reiche Blüthendolde tragen. Form und Habitus der ganzen Blüthenhülle, einschliesslich des Fruchtknotens, sind von A. americana und lurida durchaus und wesentlich verschieden. Die regelrecht oblongen und in ihrer Mitte etwas eingeschnürten und ganz regelrecht lanzettlich zugespitzten Periggonzipfel bleiben bis auf wenige Linien unter- halb ihrer Spitze eng geschlossen und halten die Staubgefässe in einem eng geschlossenen Büschel fast aufrecht zusammen. Erst im obersten Viertel ihrer Länge biegen sich die Siaubfäden um ‚ein Geringes nach aussen auseinander. Auch sind die Staubfäden bedeutend dünner wie bei den beiden andern erwähnten Arten. Am charakteristischsten ist aber der Unterschied in der Form der Staubbeutel. Dieselben sind bei der Donaueschinger Pflanze ganz regelrecht pfeilförmig, eine Form dieses Organs, welche bis jetzt unter den Agaven ganz vereinzelt dasteht. Es sind uns bis jetzt einige sechzig Agaveenblüthen bekannt, bei denen aber die Staubbeutel stets schmäler oder breiter oblong mit etwas mehr oder weniger zugespitzter oder abgerundeter Spitze und mehr oder weniger tief gekerbter Basis sind. Die hier vorlie- sende Pfeilform ist uns vollkommen neu. Sind endlich auch Form und Abmessungen des Griffels, so wie dessen Verhältniss zu den Staubgefässen, von den gleichnamigen Theilen bei A. lurida und americana durchaus verschieden. Der Griffel ist dünnfadenförmig, kürzer als die Staubgefässe und trägt an seiner Spitze, ohne vorhergehende keulenförmige Verdiekung nach der Spitze zu, eine dreilappige bis zu ihrer Basis einge- schnittene eiförmige Narbe. Bei den beiden andern genannten Arten ist der Griffel viel robuster, überragt in der Geschlechts- reife die Staubgefässe und ist gegen die kopfförmige Narbe hin keulenförmig verdickt. Dass hier also eine ganz andere bisher noch nicht bekannte und beschriebene Form vorliegt, wird jeder Fachmann schon nach den wenigen 126 Jahres-Bericht von uns gegebenen Andeutungen zugeben, und müssen wir nur hoffen, dass die Pflanze ihrerseits keimfähigen Samen geliefert, und somit für die eisatlantischen Gärten erhalten ist. In dem ersten Heft derselben Zeitschrift vom Jahrgange 1867 be- findet sich ferner ein Bericht über eine Agave, welche im Frühjahr 1866 in dem königl. botanischen Garten zu Athen unter dem Namen A. atro- virens Karw. geblüht hat. Dieser Bericht ist von dem dortigen Garten- Inspector Herrn Fr. Schmidt, unter Assistenz des Garten-Direetors Herrn Prof. v. Heldreich, sehr ausführlich verfasst und mit mehreren sehr werthvollen statistischen Angaben über die Entwickelung des Blü- thenschaftes, so wie der gleichzeitigen Temperatur- und Feuchtigkeits- verhältnisse, letzterer nach der Beobachtung des Directors der Sternwarte zu Athen Herrn Prof. J. F. Jul. Schmidt, bereichert. Die in diesem Aufsatz gegebene Beschreibung der Pflanze und der Blattform derselben giebt uns aber die Ueberzeugung, dass hier aber- mals ein Irrthum in der Benennung der Pflanze vorliegt. Dieselbe wurde 1852 von dem Prof. Dr. Mühlenfordt am Poly- technikum zu Hannover unter dem angeführten Namen einem Herrn Hr. Fr. Hager als kleine Pflanze nach Athen gesandt, der dieselbe, als sie in dessen kleinem Garten zu grosse Dimensionen annahm, im Jahre 1856 dem botanischen Garten schenkte, wo sie auf einen ganz freien, sehr sonnigen Raum mit schlechten, fast nur aus Schutt und Steinen beste- henden von Mesembrianthemum spectabile überwucherten Boden in’s Freie gepflanzt wurde. Dort hat sie sich dann im Laufe von 11 Jahren bis zur Blüthe ent- wickelt. Wir wollen nun zuerst die Gründe mittheilen, weshalb wir die Pilanze nicht als A. atrovirens Karw. anerkennen können, und dann noch einige Eigenthümlichkeiten mittheilen, wodurch sie sich in der Entwicke- lung ihrer Infloreseenz charakteristisch von allen der bisher bekannt ge- . wordenen Blüthenstände von Agaven unterscheidet. A. atrovirens Karw. ist eine in den europäischen Gärten sehr seltene Pilanze. Der 1861 verstorbene Fürst Salm Dyck-Reifferscheidt erhielt seiner Zeit aus dem Münchener Garten ein Exemplar derselben, was bei ihm freudig gedieh, bedeutende Dimensionen annahm, und von uns bei unseren häufigen Besuchen auf dem Dyck, als die schönste Pflanze in der dortigen so reichhaltigen Agavensammlung, sehr eingehend beob- achtet und studirt worden ist. Wir haben dies vorausgeschiekt, um unser Urtheil über die Verschiedenheit dieser Pflanze mit der Athener als ge- rechtfertigt und stichhaltig, den Fachmännern gegenüber, zu begründen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 197 A. atrovirens Karw. gehört nach unserer systematischen Eintheilung der Agaven zu unserm $ 2. Carnosae * Latifoliae +Semimarginatae. Ihr Blatt hat eine längliche Form mit sehr langgestreckter lanzettlicher, min- destens '/,; der ganzen Blattlänge einnehmender Spitze, und einem sehr langen (1), Zoll schlanken eng und langgerinnten Endstachel. Die Basis dieses hornartigen Endstachels verläuft sich in den stachellosen Blatträndern jener langen Spitze als hornartiger, aber mit der Blattsub- stanz fest verbundener nicht lösbarer Rand, und selbst noch in den Aus- schweifungen zwischen den obersten Randstacheln verlaufen die horn- artigen Stachelbasen zu einem derartigen Rande ineinander, während weiter unterhalb die Blattränder in diesen Zwischenräumen vollkommen fleischig und der Blattmasse homogen bleiben. Es ist diese Randbildung das charakteristische Kennzeichen für unsere Unterscheidung der semimar- ginatae. Von den häufig in den Gärten vorkommenden und allgemein bekannten Agavenarten gehören zu dieser Abtheilung als nächste Ver- wandte der A. atrovirens die A. Salmiana, A. Jacobiana und A. Tehua- canensis. Karwinski hat die Pflanze auf dem Gipfel des Berges Tanga in der mexicanischen Provinz Oaxaca gefunden, wo die Blätter eine Länge von 12 Fuss annahmen und über einen Fuss breit waren. Der Blüthen- schaft erreichte eine Höhe von 30 Fuss. Bei der Pflanze nun, welche in Athen unter diesem Namen geblüht hat, wird die Blattform folgendermaassen angegeben: „Die sehr dickfleischigen dunkelgrün opaken Blätter, verschmälern sich aus sehr breiter Basis sofort, halten diese Breite im untersten Dritt- theil ihrer Länge nahezu bei, oberhalb dieses sonst spatelförmigen Theiles aber verbreiten sie sich in kurzer Biegung und laufen dann in einer kurz nach Innen gebogene Spitze mit etwas über zolllangem starken End- stachel aus. Die Blattränder sind graubraun, leder- oder korkartig.‘“ Hieraus ergiebt sich, dass einmal die Blattform beider Pflanzen eine durchaus verschiedenartige ist; anderntheils sind dieselben bei der Athener Pflanze fast nur halb so lang, als bei A. atrovirens, und endlich gehört erstere zu dem $ 1 unserer Eintheilung, marginatae, bei denen die Blätter rundum mit einem holz- oder hornartigen ablösbaren Rande umgeben sind, welchem die Randstacheln aufsitzen. Da die Athener Pflanze ganz im Freien eultivirt worden, und ein bedeutender klimatischer Unterschied zwischen Athen und den höheren Regionen der Cordilleren unter 17—18° n. Br. wohl kaum bestehen dürfte, so ist es nicht wahrscheinlich, dass die Athener Pflanze aus klimatischen Gründen in ihrer Entwiekelung so bedeutend hinter ihren Geschwistern im Vaterlande zurückgeblieben sein sollte. Dieses Alles sind die Gründe, welche uns zu der Annahme bestim- men, dass die Athener Pflanze keine A. atrovirens gewesen sei. 123 Jahres-Bericht Was nun die Inflorescenz der Athener Pflanze anlangt, so ist die- selbe in manchen Beziehungen ganz eigenthümlich, und von allen uns bisher bekannten Blüthenständen unter den Agaveen wesentlich abweichend. Der Schaft ist ausserordentlich robust. Bei einer Höhe von 24!/, F. hat er einen unteren Durchmesser von 8 Zoll, eine Stärke, die sich bis zum Beginn der Blüthenrispe auf ?/, seiner Höhe nur um Weniges vermindert: Die den Stamm dachziegelartig fast ganz bedeckenden an ihrer Basis halb- stammumfassenden Brakteen sind herzförmig und dem Schaft auch im ver- trockneten Zustande dicht anliegend. Nachdem sich bereits am 28. De- cember 1865 durch Theilung des inneren, sonst fest geschlossenen Blatt- kegels, in mehrere kleine und schmale, sogenannte Schaftblätter unzwei- felhaft bekundet hatte, dass die Pflanze blühen wolle, hatte der Schaft selbst am 25. Januar 1866 bereits eine Höhe von 6°/, Fuss über der Basis der Pflanze erreicht. Von da an wuchs er nur bis zum 17. März gleich einem Riesenspargel, von den breiten Deckblättern vollständig umhüllt, senkrecht und ungetheilt bis zu einer Höhe von 17!/,‘ empor. An diesem Tage sprengte der erste Blüthenast, und zwar nicht, wıe bei andern Agaven der unterste, sondern in der Reihenfolge von unten herauf der siebente und später längste, sein Deckblatt, und trennte sich von der gemeinschaftlichen Axe der Blüthenrispe. Diesem folgten die übrigen in der Ordnung der folgenden Uebersicht. 1866. Blüthenäste von unten nach oben gerechnet. März 17. Nr. 22, sız6sund 8; DT alles undid: April 2. »„ 3 und 4, 10 und 11. jy. dd: „ 1l und 2,12 und 13. na „ 14 und 15. Mai 2. „ 16 und 17. „ 10. „ 18 und 19. „ 16. 3,1208 „ 21. „ 21 (der terminale Gipfelast). Während dieser ganzen über zwei Monate dauernden Entwickelung der Rispe gelangte noch keine einzige Blume zur vollen Entwickelung. Erst am 25. Mai öffneten sich die ersten Blüthen am 6. und 7. Ast und am 22. Juni die letzten in der Gipfeldolde. Die Rispe selbst ist straussförmig und nimmt beinahe die Hälfte der ganzen Schafthöhe ein. Der längste Blüthenast (der 7.) ist einschliesslich der Blüthendolde 3'/, Fuss lang. Ueber die Art der Verzweigung der fast wagerecht vom Schaft abstehenden Blüthenäste gegen ihre Spitze hin enthält die angeführte Mittheilung keine Angaben, doch dürften, nach einer vorliegenden Zeichnung zu schliessen, die Blumen auf Aesten dritter Ordnung sitzen. der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 129 Die Verästelung tritt indessen erst kurz vor der Astspitze ein, so dass im Gesammtbilde es so aussieht, als ob die Astspitze eine einzige echte Dolde trüge. Die Blüthenhülle hat auffallende Aehnlichkeit in Form und Farbe mit der Blume von A. lurida. Nach eingetretener Geschlechtsreife überragt der Griffel die Staubgefässe bedeutend. Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert legte vor: Günther photogra- phirte Flora; Herrmann Krone, Photographien normaler und abnormer Wachsthums-Verhältnisse von Hölzern, insbesondere eingewachsenen In- schriften, so wie von Foureroya atrovirens und Stangeria paradoxa aus dem hiesigen botanischen Garten. Derselbe referirt neue Untersuchungen über Länge und Gewicht der Wurzeln unserer Getreidearten. — Wir nehmen nachstehend einige Aufsätze auf, welche zwar erst in den Sitzungen der Section von 1869 vorgetragen sind, deren Abdruck aber, um nicht die Veröffentlichung allzulange zu verzögern, wir schon jetzt erfolgen lassen. Ueber die Gattung Eucalyptus vorgetragen von Herrn Bergamts-Assistent Langner in der Sitzung vom 21. Januar 1869. Das australische Festland hat eine so eigenthümliche Flora und Fauna dass die Erforscher desselben unwillkürlich zu der Ansicht gelangten, dasselbe sei entweder der älteste oder der jüngste Erdtheil, ohne bis zur neueren Zeit entscheidende Beweise für eine dieser Ansichten beizu- bringen. Erst der neueren Paläontologie ist es gelungen, Licht in diese fremdartige neuholländische Welt zu bringen, indem sie in den untersten eocenen Ablagerungen der Tertiärzeit eine Flora entdeckte, die, nach dem Urtheile des berühmten Botanikers, Prof. Dr. Unger in Wien, im Allgemeinen einen tropischen Charakter, im Speciellen aber eine auffal- lende Uebereinstimmung mit der gegenwärtigen Flora der Südseeinseln und von Neu-Holland zeigt. Der genannte Gelehrte hat diese bedeutsame Thatsache in einem sehr anziehenden, auch im Buchhandel erschienenen Vortrage: „Neu-Holland in Europa‘ im Jahre 1861 in Wien vor einem srösseren Kreise erörtert und diesem Vortrage eine sehr interessante Gegenüberstellung der eocenen Pflanzen und der ihnen entsprechenden, mitunter sehr nahe verwandten neuholländischen und andern Floren- gebieten angehörigen Pflanzen nebst Abbildungen beigefügt. Aus diesen Resultaten folgt mit einiger Sicherheit, dass die australische Flora — und demgemäss auch die dortige Fauna — wenigstens theilweise aus jener J 130 Jahres-Bericht weit zurückliegenden Epoche in der Entwickelung der Erde herrühre und seit jener Zeit bedeutendere Umbildungen nicht erfahren habe. Unter den Pflanzen der eocenen Schichten sind bereits mehrere Arten der Gattung Eucalyptus aufgefunden worden, welche Gattung gegen- wärtig fast ausschliesslich das australische Festland bewohnt; nur eine einzige Art erstreckt sich nach der Insel 'Timor; das Vorkommen von 2 oder 3 Eucalypten auf den ostindischen Inseln ist nach Bentham, dem gelehrten Verfasser der Flora australiensis, sehr zweifelhaft. Die fossilen Eucalyptus-Arten haben meistens nur eine auf einzelne Localitäten beschränkte Verbreitung; nur E. oceanica Unger ist an den verschiedensten Fundorten in Frankreich, Deutschland, der Schweiz, Ita- lien, Griechenland, ja im Taurus aufgefunden worden. Die Gattung Eucalyptus gehört zu der Familie der Myriaceen und zwar zu der Abtheilung der Leptospermeen, welche eine trockene, 2—6fächerige klappig aufspringende Fruchtkapsel haben. Die Gattung Eucalyptus ist dadurch ganz besonders ausgezeichnet, dass die auf dem obern Kelch- rande eingefüsten Blumenblätter in ein sehr verschieden gestaltetes Deckelchen (operculum) verwachsen sind, welches beim Aufblühen sich längs des Kelchrandes wie abgeschnitten loslöst. Häufig, vielleicht immer an sehr jungen Knospen, findet sich noch ein zweites Deckelchen, das aber schon zeitig abfällt und daher selten zu beobachten ist; dieses zweite äussere Deckelchen ist vielleicht ebenso durch die Verwachsung der Kelchzipfel gebildet, wie das innere durch die der Blumenblätter. Der Kelch selbst ist fast durchweg ungezähnt; nur in 5 Arten zeigen sich vier nur wenig hervortretende Kelchzähne; möglicherweise fehlt in diesen 5 Arten, wegen der wenigstens andeutungsweise vorhandenen Kelchzähne, das äussere Deckelehen; Beobachtungen liegen hierüber nieht vor. Die Staubgefässe sind in mehreren Reihen am innern Kelchrande eingefügt und meist ganz frei; nur in den 5 Arten mit gezähntem Kelchrande sind sie, aber nur in der nächsten Nähe der Basis, in 4 getrennte Bündel verwachsen. Die Fruchtkapsel ist von dem Kelch eng umschlossen, und liegt mitunter ziemlich tief unter der Kelchmündung; in andern Arten reicht sie höher hinauf, so dass sie den Kelehsaum erreicht, ja auch noch etwas überragt. Die Blüthen sind sehr verschieden in der Grösse und stehen in den Blattachseln, in mehr oder weniger gestielten Köpfchen vereinigt, selten vereinzelt; in einer Reihe von Arten treten diese Köpf- chen an den Enden der Zweige oder auch seitwärts zu mehr oder min- der verzweigten Blüthenrispen zusammen. Die Blätter der jungen Pflan- zen vieler Arten, bei wenigen Arten vielleicht stets, haben die Horizon- talstellung und sind gegenständig, sitzend und herzförmig; in den ältern Exemplaren der meisten Arten sind dagegen die Blätter, durch eine Dre- hung des Blattstiels, vertical gestellt, wechselständig, gestielt, breit eiförmig bis schmal lanzettlich und lineal, meist zugespitzt, öfters sichelförmig, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 131 meist von dicker Textur, fiedernervig mit starkem Mittelnerv, die Nerven erster Ordnung bei den diekeren Blättern kaum sichtbar, unter sehr ver- schiedenen Winkeln zu dem, für diese Gattung charakteristischen Rand- nerven verlaufend, der seinerseits mehr oder weniger nahe dem Blatt- rande von der Basis nach der Spitze verläuft; fast stets sind die Blätter, oft sehr zahlreich, von harzführenden Drüsen durchsetzt, so dass das Blatt im durchfallenden Lichte wie durchstochen erscheint. Die Blätter einzelner Arten sind so reich an flüchtigem Oel, dass man dieselben in dem Städtehen Kyneton (nordwestlich von Melbourne) mit Vortheil zur Gasbereitung verwandt hat. Die harzigen Ausscheidungen der Blätter und namentlich der Rinde sind im Handel als australisches Kino bekannt und werden wie das echte Kino verwandt. Einzelne Arten dieser Gattung erreichen eine enorme, von keiner andern Pflanze übertroffene Höhe bis zu 480°. In den Verhandlungen des naturwissenschaftlichen Instituts von Victoria aus dem Jahre 1859 sind folgende interessante Daten über Umfang und Höhe einiger E.- Stämme mitgetheilt: Ein bei Dandenborg gemessener Stamm von E. amygdalina Labill. hatte 295‘ Länge bis zur Ansatzstelle des ersten Astes und erstreckte sich noch 90° bis zum Ende; die Krone selbst fehlte; 3° über der Erde hatte der Stamm 41‘ Umfang, der bei 295° Höhe und am Ende nur noch 4° und 3° betrug. Ein Stamm von E. globulus Lubill. vom Berge Wellinston in Tas- manien hatte 90° Umfang an der Erde, 65!/,‘, bei 5° Höhe, 60%/,’ bei 7‘ Höhe, 25‘ bei 21‘ Höhe, schätzungsweise 300° Höhe mit etwa 800 Jahresringen, die ersten Aeste entspringen bei Sandstein-Unterlage in ca. 120° Höhe, auf bataltischem Boden dagegen erst in ca. 180° Höhe. Diese Art, die sowohl in Tasmanien, als auch in Victoria längs der feuchten Küstenstriche den Hauptbestandtheil der Wälder bildet, liefert ein aus- gezeichnet festes Bau- und Nutzholz von fast unbegrenzter Dauer in freier Luft, wie in der Erde und unter Wasser. Wegen des grossen specifi- schen (fast dem der Eiche gleich) Gewichts wird es gern zu Schiffskielen verwendet, auch zu starken Säulen und Pfeilern eignet sich dieses Holz vortrefflich, da von den bis zu beträchtlicher Höhe gänzlich astreinen und durchaus grade gewachsenen Stämmen ohne Schwierigkeit Stücke bis zu 70° Länge zu beschaffen sind. In Melbourne wurde im Jahre 1859 der Cubikfuss dieses Holzes mit 20 bis 30 Sgr. bezahlt und ein bedeutender Handel nach auswärts damit getrieben. Noch andere Arten liefern ausgezeichnete Nutzhölzer, so besonders die von den Colonisten mit dem Namen „Mahogany“ bezeichneten Arten. Von der E. resinifera Sm. wird in den gedachten Verhandlungen noch mitgetheilt, dass diese Art gewöhnlich auf goldführendem Boden vorkommt. Die specifische Unterscheidung der Arten dieser Gattung ist ausser- g* . 132 Jahres-Bericht ordentlich erschwert durch die grosse Veränderlichkeit fast aller Theile der Pflanze: dazu kommt der bereits erwähnte Wechsel in der Blattstel- lung bei zunehmendem Alter vieler Arten und die meist sehr erheblich verschiedene Form der jungen Knospe im Vergleich mit der der Blüthe und Frucht, so dass, da nur selten, vielleicht nie, diese drei Entwicke- lungsstadien gleichzeitig zu beobachten sind, namentlich die Bestimmung der stets mehr oder minder unvollständigen Herbarien-Exemplare oft ganz unmöglich ist. Die zur Trennung grösserer Gruppen dieser artenreichen Gattung von den Autoren bisher verwandten Merkmale sind nach Bent- ham nicht durchgreifend und mussten daher fallen gelassen werden. Nur die Staubgefässe biefen bis zu einem gewissen Grade die zur Scheidung grösserer Gruppen erforderlichen durchgreifenden Kennzeichen. Bent: ham hat in der Flora australiensis 5 solcher Gruppen, die letzte mit 9 Untergruppen, aufgestellt, deren unterscheidende Merkmale besprochen wurden. Zum bessern Verständniss wurden zahlreiche Original-Exem- plare aus dem Herbarium des Vortragenden (von dem zur Zeit hier mit naturwissenschaftlichen Studien beschäftigten Reisenden Lothar Becker 1850 und 1851 gesammelt) und dem Gesellschaftsherbarium, sowie einige Abbildungen vorgelegt. Besonders ausgezeichnet durch die äusserst sau bere Ausführung und die Fülle des anatomischen Details sind die Ab- bildungen des E. globulus Lab. und E. odorata Behr in dem von dem berühmten Erforscher der neuholländischen Flora, Dr. Ferd. Müller, Di- rector des botanischen Gartens in Melbourne, herausgegebenen werth- vollen Werke: ‚plants indigenous to the Colony of Victoria‘, welches vom Verfasser der Gesellschafts-Bibliothek zum Geschenk gemacht worden ist. Die geographische Verbreitung der von Bentham beschriebenen 135 Arten dieser Gattung ist aus folgender Tabelle ersichtlich: West Australien 50 Arten, darunter 41 endemisch, New-South-Wales 46 „) 2) 8 ” Victoria EN ER “ 2 ai Queensland 29, ” 7 Mr Nord-Australien 283 „, o5 20 & Süd-Australien 22 „, er 3 on Tasmanien 12... “ h) Ar Diese Tabelle bestätigt auch für diese Gattung die allgemeine Be- obachtung, dass die westaustralische Flora bedeutend verschieden ist von der Flora des südlichen und östlichen Neuhollands, eine Thatsache, die vielleicht darauf hinweist, dass diese beiden Floren, ursprünglich gemein- samen Ursprungs, später durch die eigenthümlichen klimatischen und natürlichen Verhältnisse fortdauernd getrennt geblieben sind, so dass ein Austausch der gegenseitigen Eigenthümlichkeiten nicht stattfinden konnte. Der in dem hohen Procentsatz endemischer Arten klar hervortre- tende, besondere Charakter der nordaustralischen Flora findet seine Er- der Schles. Gesellsch. i. vaterl. Cultur. 133 klärung einfach- dadurch, dass dieses Gebiet vollständig der tropischen Zone angehört. In der Sitzung vom 4. Februar 1869 hielt Herr Stabsarzt Dr. Schröter einen Vortrag über Gonidienbildung bei Fadenpilzen. Man ist längst davon zurückgekommen, die Fadenpilze als eine be- sondere Familie zusammenzufassen; vielmehr bemüht man sich, das, was früher als Hyphomyceten vereinigt wurde, als Entwickelungszustände von höher organisirten Pilzen zu erweisen, und sie in den verschiedensten Abtheilungen des Systemes passender einzureihen. Das ist zwar noch nicht bei allen Schimmelarten, vielleicht bei den wenigsten der verbrei- teren Formen gelungen, und der gemeinste von ihnen, das allverbreitete Penieilium erustaceum, lässt sich, wenn gehörige Sorgfalt und Kritik an- gewandt wird, auf keine Weise zu anderen Pilzen in Beziehung bringen ; immerhin müssen wir jetzt zugeben, dass eine eigene Klasse der Hypho- myceten nicht zu existiren scheint, und wenn wir von ihnen in der Ge- sammtheit sprechen, so kann es nur sein, um gewisse, den Fadenpflanzen überhaupt gemeinsame Vegetations-Verhältnisse zu beleuchten. Zu diesen gehört die Thatsache, dass bei ihnen innerhalb des Fadengeflechts Zell- reihen auftreten, welche, von den eigentlichen Sporen verschieden, doch wie diese zur Fortpflanzung dienen. Der Name Gonidien, welcher bei den Flechten für solehe Gebilde gebräuchlich ist, wurde von Bail auf die bei Mucor aufgefundenen ähnlichen Zellen angewendet, und er mag immerhin beibehalten bleiben. Bei den Fadenpilzen sind diese Bildungen sehr verbreitet, wie die nachstehenden, grösstentheils im Pflanzenphysio- logischen Institut hierselbst angestellten Beobachtungen erweisen. Sie kommen zunächst recht ausgeprägt bei Achlya vor, wenig- stens bei der Form, welche als Achlya prolifera unterschieden wird. Wie es scheint, bilden sich bei ihr die Gonidien aus, wenn sie in schlechte Ernährungsverhältnisse kommt, wenigstens konnten sie regelmässig hervorgerufen werden, wenn man gut vegetirende Rasen in destillirtes, oder auch nur in reines Brunnenwasser brachte. Hier ver- längerten sich ihre Fäden und Aeste schnell in bedeutendem Maaase, schon nach 2 Tagen hatten sie oft 1 oder 1'/, Zoll Länge erreicht, Sie erschienen dabei sehr zart und wogten als feine, kaum sichtbare hyaline Wolke im Wasser. Bei mikroskopischer Betrachtung zeigen sich die Fäden ganz frei von Protoplasma. Dieses hat sich nach den Enden der Schläuche zusammengezogen und bildet hier so eigenthümliche Ge- bilde, dass man auf den ersten Blick ganz andere Organismen als Achlya vor sich zu sehen glaubt. Dieselben haben höchst mannigfaltige Formen. Bald sind sie eiförmig, oben etwa 21/, bis 4-mal so breit wie der Fa- den, bald lang keulenförmig, wenig dicker als dieser, selten eylindrisch. 134 Jahres-Bericht Meist haben sie aber nicht diese einfache Gestalt. Häufig bilden sie lange Schläuche, welche durch Einschnürungen in viele Glieder zerfallen. Diese Segmente sind entweder lang gestreckt, selbst keulenförmig, oder kugelig angeschwollen und ziemlich regelmässig, so dass manchmal rosen- kranzartige aus 4 bis 6 Kugeln zusammengesetzte Formen beobachtet werden. Nicht selten variürt auch di& Gestalt durch eine Art seitlicher Sprossung. Aus dem Grunde des eiförmigen Gebildes tritt z. B. ein langer Ast, der an seiner Spitze kugelig anschwillt, aus dem Grunde dieser Kugel wieder ein Zweig, der sich ebenso verhält. Die. nämliche Astbildung tritt an den keulenförmigen und cylindrischen Gebilden auf, und endlich können auch aus den rosenkranzartigen Fäden wieder Keulen und Kugeln hervorsprossen, wodurch die Mannigfaltigkeit immer weiter geführt wird. — Wenn sich auch in den meisten Fällen diese Ansamm- lungen des verdichteten Protoplasmas an den Enden der Fäden befinden, so treten sie doch auch zuweilen in der Mitte derselben auf. Dann sind sie gewöhnlich kurz, fast kugelig, bis vierfach so breit wie der Faden, mitunter haben sie aber auch hier eine verästelte Form. — Diese Gonidien lösen sieh später von den unscheinbar gewordenen Fäden los, und aus jeder Zelle kann sich ohne weitere Ruhepause eine neue Pflanze ent- wickeln. Auf eine feuchte Glasplatte gebracht und in feuchter Luft ge- halten, keimen sie schnell und haben. nach 2 mal 24 Stunden ein reich verzweigtes Mycel gebildei, dessen Aeste alternirend rechtwinkelig vom Hauptfaden abgehen und dadurch sehr an das Mycel von Mueor erin- nern. Das Protoplasma in der Gonidienzelle wird hierbei vollkommen verzehrt. Bei den Mucorineen sind Gonidienbildungen am längsten bekannt. Bei der zarteren, verzweigten, kleinsporigen Form des gemeinen Mucor, welche als Mucor racemosus beschrieben ist, finden sie sich häufig in den aufrechten fruchttragenden Fäden. Der sonst einzellige Fruchtträger ist dann in oft sehr regelmässigen Zwischenräumen von kurzen kugeligen Gliedern unterbrochen, in welchen sich dichteres, stärker lichtbrechendes Protoplasma findet. — Eine viel häufigere Gonidienform ist die an den kriechenden Mycelverzweigungen von Mucor Mucedo, der in etwas feuch- tem, aber zähem Boden, z. B. weichem Stärkekleister wächst. Wenn Mucor-Sporen auf solches Medium ausgesät werden, ist mit Sicherheit auf eine sehr reichliche Gonidienbildung zu rechnen, welche in einigen Tagen die ganze Masse durchsetzt. Es bilden sich an den Zweigenden oft auch in der Continuität des Mycels kurze Zellen, welche kugelig anschwellen und sich mit stark lichtbrechendem Plasma anfüllen, sie sitzen entweder einzeln oder in mehr oder weniger langen rosenkranzförmigen Reihen, und sind von sehr verschiedenem Durchmesser, der den des Fadens zu- weilen um das öfache übertrifft. — Eine dritte Art von Gonidien findet sich manchmal an den Wurzelverzweigungen von Mucor Mucedo, welcher der Schles. Gesellsch, £. vaterl. Eultur. 135 in festere Stoffe, z. B. gekochte Kartoffeln, eingedrungen ist. Sie be- stehen in Bündeln mehrfach gegliederter Zellen, die unten birnförmig an- schwellen, gewissermaassen knollenartige Bildungen, wie sie früher schon bei Pilobolus beschrieben worden sind. — Jede dieser Gonidienzellen kann sich schliesslich von ihrem Faden loslösen nnd als Spore eine Zeit lang ruhen, sie kann aber auch sofort sprossen und sich wieder zu Mucor entwickeln. Der Keimfaden kann jedoch auch sofort wieder in Gonidien zerfallen, die mit der älteren Kugelkette im Zusammenhange bleiben. Dadurch entstehen verzweigte Ketten, welehe einige Aehnlich- keit mit hefenartiger Sprossung bieten. Dieses Zerfallen des Keim- schlauches in eine Gonidienkette findet sich übrigens auch recht häufig bei Keimung der gewöhnlichen Mucorsporen. Er zertheilt sich hier oft, wenn er erst eine sehr geringe Länge erreicht hat durch Bildung von Scheidewänden in eine Reihe Zellen, die später kugelig anschwellen. — — Die Mucorgonidien haben schon mehrere Male grosses Aufsehen er- regt. Bail glaubte in ihnen die Quelle der Hefe gefunden zu haben; doch erscheint seine Annahme nicht haltbar, da die oben beschriebenen hefenartigen Bildyngen nicht durch Sprossung, sondern durch Spaltung eines Protoplasmaschlauches entstanden sind, und nach De Barys Beob: achtung diese Gonidien allerdings Gährung, aber nie alkoholische Gährung ver- anlassen. Eine neue Bedeutung wurde ihnen bei der Contagienfrage vindieirt. Die vonHallier als Oidiumform seines Cholerapilzes angeführten Bildungen sindsolche Gonidienketten, wie nicht nur die Abbildung lehrt, sondern wieich mich aueh durch Vergleichung seiner Präparate, die ich bei Hrn. Dr. phil. Schneider hier zu sehen Gelegenheit hatte, auf das Entschiedenste überzeugt habe. Aber auch das Bild der in seiner ursprünglichen Schrift über das Cholera-Contagium aufgestellten Cystenfrüchte fand ich täuschend wieder in Gonidien, welche längere Zeit in ihrem feuchten Nährstoffe gelegen hatten. Sie umgeben sich hier erstlich mit einer sehr dicken Zellhaut, endlich sterben sie ab, und das Protoplasma zersetzt sich, in- dem sich reichliche, gelb oder röthlich gefärbte Fetttröpfehen ausschei- den. Diese bleiben als oft sehr gleichmässig grosse, stark lichtbrechende Kugeln in den Gonidienzellen liegen, und füllen sie fast ganz aus, wobei sie in auffallender Weise den Anblick von kugeligen Sporen bieten. Aether löst sie nicht auf, da er sich mit dem Wasser nicht mischt, und darum nicht in die Zellhäute eindringt, dagegen kann man sie oft durch Compression zum Verschmelzen bringen. Auch durch Zusatz von Gly- cerin, unter dessen Einwirkung sie allmälig verschwinden, kann man sich leicht von ihrer wahren Natur überzeugen. Bei Oidium lactis beobachtete ich eine Art von Gonidienbildung ar den jungen Keimschläuchen. Wurden dessen Sporen auf eine feuchte Glasplatte ausgesät und in feuchter Luft gehalten, so keimten sie schon in den ersten 12 Stunden, und zwar jede Spore an 2 bis 4 Punkten, 136 Jahres-Bericht meist aus den Ecken heraus, aber manchmal auch mitten aus ihrer lan- gen Seite. Nach 24 Stunden hatten sie kurze Keimschläuche getrieben, die in vielen Fällen vollständig in kurze Glieder zerfielen. Sie hatten ganz das Ansehen der gewöhnlichen Oidium-Sporen, waren aber viel kleiner, entsprechend der Dicke des Keimschlauches, welche nur etwa die Hälfte von der der keimenden Sporen betrug. Die einzelnen Glie- der lösten sich sehr leicht von einander und keimten wieder aus. Da wo eine reichliche Keimung stattgefunden hatte, boten diese Ketten wie- der täuschend das Bild von Hefesprossung. Bei Penicillium sind gonidienartige Bildungen sehr bekannt und in mehreren Formen beobachtet. Sie entstehen, wenn sein Mycel inner- halb einer Flüssigkeit gehalten wird, und nicht an ihre Oberfläche ge- langen kann. In eine Lösung von Traubenzucker waren Penieillium- Sporen gerathen, welche schnell keimten und in der Flüssigkeit eine Wolke zarter Fäden bildeten. Nachdem die Lösung einige Wochen ge- standen, fanden sich an dem Mycel grosse kugelige Anschwellungen mit dicken Zellhäuten, durch Scheidewände von den Nachbarzellen abge- grenzt. An der Luft cultivirt, erhoben sich aus ihnen .Sporenträger mit den gewöhnlichen Penieillium-Pinseln. — Aehnliche Formen traten in einer Tanninlösung auf. Sie hatte sich, an der Luft stehend, mit dichtem Mycel durchzogen, welches besonders an der Oberfläche der Flüssigkeit eine dicke schwammige Schwarte bildete. Hier fructifieirte es als echtes Penieillium glaucum, und es hatte dieser Pilz ohne Beihülfe eines Asper- gillus das Tannin in Gallussäure umgesetzt, denn die zarten Plättchen der letzteren lagen überall zwischen dem Mycelium suspendirt. Das Mycel selbst zeigte an sehr vielen Stellen blasige Auftreibungen, aus welchen wieder neue Fäden sprossten, die sich mit anderen Blasen und Fäden in ver- schiedener Weise verbanden. — Durch Aussat von Penicilliumsporen in eine Fuchsinlösung entstanden ebenfalls solche abweichende Vegetations- formen. Zwischen den gewöhnlichen regelmässigen Gliedern des Mycels traten plötzlich ganz abweichende Zellen mit dieken Wänden, dichtem Protoplasma und von bedeutenderer Grösse auf. Sie waren kugelig oder lang eylindrisch, oft auch breit bisquitförmig und nierenförmig gebogen, ‘einzeln oder in Ketten verbunden. Sie waren nicht selten gesprosst, und hatten dadurch in dem Mycel eine bei Penicillium sonst nicht vorkom- mende Unregelmässigkeit der Verzweigung verursacht. Wenn sie an die Oberfläche der Flüssigkeit gebracht wurden, keimten diese Zellen schnell und produeirten meist sofort einen kurzen Fruchtast, der an seiner Spitze oft nur 1 oder 2 Sterigmen trug, von denen sich Ketten kugeliger Sporen abschnürten. Es war dies eine etwas verkümmerte Penieillium-Fructification die sich aber aus vielen Zellen mit der für Penicillium charakteristischen Verästelung des Fruchtträgers ausbildete. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 137 Um auch auf das Vorkommen ähnlicher Vegetationsformen bei Fa- denpilzen aus anderen Abtheilungen hinzudeuten, will ich kurz das er- wähnen, was ich an einem Cladosporium bemerkte, welches mit anderen Hyphomyceten (Mucor und Fusisporium) in einer sogenannten Stern- schnuppen-Gallert vegetirte. Das vielfach verzweigte Mycel dieses Pilzes, dessen Zweige sich alle allmälig in eine scharfe Spitze auszogen, war durch Scheidewände in viele kurze Glieder getheilt, die anfangs alle gleich- ınässig mit olivengrünem Plasma gefüllt waren. Nach einigen Tagen waren viele Zellen weiter gesprosst und hatten wieder lange gegliederte Fäden gebildet. Die einzelnen Abschnitte derselben zeigten sich aber nicht mehr gleichartig, sondern einzelne Zellen waren wasserhell, durch- sichtig, andere dicht mit dunkelgrünem, stark lichtbrechendem Plasma erfüllt. Diese letzteren Zellen befanden sich erstlich an den Enden der Zweige und bildeten, im Gegensatz zu dem Mycel sehr grosse Kugeln, manchmal zu zwei und drei übereinander. Von den Sporen vieler Fa- denpilze unterschieden sie sich nur dadurch, dass sie nicht an der Luft, sondern innerhalb der Nährsubstanz gewachsen waren. Eben solche Zellen fanden sich sodann in der Continuität der Fäden zwischen den wasserhellen Gliedern ebenfalls stark angeschwollen, aber mehr walzen- förmig. Nach diesen Beispielen wird es zum Schluss nur einiger Worte be- dürfen, um zusammenzufassen, was unter der sogenannten Gonidienbildung der Fadenpilze zu verstehen ist. Es ist eine Vegetationsform derselben, welche sieh wahrscheinlich dann ausbildet, wenn die vegetativen Theile des Pilzes genöthist sind, bei ungenügender Nahrung und besonders un- genügender Luftzufuhr zu verharren. Sie besteht darin, dass das Proto- plasma sich auf einen kleineren Raum zusammenzieht, verdichtet, durch Ausscheidung einer diehteren Zellhaut abgrenzt, und in diesem Zustande für eine gewisse Ruhe geeignet wird, bis es unter günstigeren Ernäh- rungsverhältnissen wieder weiter vegetiren kann. Dass diese Vegetations- form mit den grünen Gonidienbildungen der Flechten nicht zu identifi- eiren ist, ist ersichtlich, aber ebenso unbezeichnend ist für sie der Name Brutzellenbildung. Am besten wäre dieser Prozess vielleicht mit der Eneystirung des Protoplasmas, wie es unter gleichen oder ähnlichen Be- dingungen bei vielen niederen Organismen vorkommt, zu vergleichen, z. B. bei der Selerotium-Bildung der Myxomyceten. Hr. Junger jun. hielt in der Sitzung vom 1. April 1869 einen Vortrag Ueber tricotyledone Embryonen Schon Linne wurde durch aprioristische Betrachtungen von mögli- chen Ausnahmen in Betreff der Anwesenheit und Zahl der Samenblätter bewogen, folgenden Satz auszusprechen: „Zu bestimmen, wodurch sich die drei Abtheilungen der Ein- und Zweisamenblättrigen und Samenblatt- 138 Jahres-Bericht losen unterscheiden, das wird nicht leicht sein; kann es denn nicht unter denen, die man zweisamenblättrige nennt, auch Pflanzen mit vielen, mit gar keinem oder mit 3 Samenblättern geben, und wenn eine Pflanze nur einen Samenlappen hat, gehört sie dann durchaus zu den Einsamenblätt- rigen?“ Einmal im Jahre 1751 erzählt auch Linne& bei seiner Charak- teristik der Gattung Linum, dass Linum gleichsam 4 kreuzweis gegen- ständige Cotyledonen habe, von denen die beiden unteren doppelt so breit als die oberen seien; später jedoch erwähnt und widerruft er mit keiner Silbe diese Beobachtung, die sich sofort als Irrthum documentirt, da jene oberen die ersten wirklichen Laubblätter sind. Im Jahre 1846 berichtete Schlechtendal, dass Physalis somnifera zuweilen mit 3 Cotyledonen keime, und Link zeigte in demselben Jahre im Naturforscher-Vereine zu Berlin ein junges Pflänzchen von Ribes rubrum mit 3 Cotyledonen, bei dem der 3. Cotyledon unter den beiden andern sass. Ferner bemerkt Endlicher in seinem Enchiridion bei den Rhoeadeen Embryonen mit 2, selten einem, bis- weilen 3 oder 4 Keimblättern. Endlich beobachtete Focke in Bremen öfters bei den Bastarden von Rubus Keimpflanzen mit gelappten oder zweitheiligen, oder selbst 3 bis 4 Cot., Hofmeister tricotyle Keimpflanzen von Coffea arabica und Quercus pedunculata und Rohrbach eben solche bei Silene linicola, wie letzterer in seiner würdigen Monographie der Gat- tung Silere erwähnt. Mir war es am 5. December 1867 zum ersten Male vergönnt, der- gleichen Bildungen bei Lobelia Erinus zu sehen. Es fanden sich auf den Töpfen dieser Pflanze mehrere verwesende Kapseln derselben vor, deren keimende Samen sowohl dicotyle als tricotyle Keimpflänzchen zeigte. Vom Monat April bis noch spät in den November 1868 kamen mir häufig unvermuthet trieotyle Keimpflänzchen der verschiedensten Pflanzen zu Gesichte, und selbst bei manchen Arten in grösserer Anzahl. Diese ab- normen Bildungen, wie man sie wohl zu nennen berechtigt ist, zeigen gleich gesundes Aussehen, gleiches Gedeihen wie die normalen Bildungen und späterhin oberflächlich wenig Abweichendes von den dicotylen. Die drei Keimblätter sind der Form nach von den dicotylen Bildungen wenig verschieden; kommen abweichende Gestaltungen bei den trieotylen Embryonen vor, so finden sich dieselben in gleicher Weise auch bei den dieotylen Keimpflanzen. Denn die Form der Cotyledonen varürt auch, wenn gleich nicht in dem Maasse wie die der gewöhnlichen Laubblätter, da selbstverständlich der Va- riationstrieb wegen der einfachen Gestalt der Cotyledonen keinen grossen Spielraum haben kann. Die Länge und Breite zeigt sich bei Phlox am meisten veränderlich. Selbst die sonst so allgemeine Integrität der Keim- blattspreite lässt in Folge eines abweichenden Nervenverlaufs Theilungen zu, wie man dies besonders deutlich bei Delphinnum Ajacis und Eranthis der Schles. Gesellsch. £f. vaterl. Cultur, 139 verfolgen kann, wo diese Abänderungen dann für eine Andeutung der kommenden zerschlitzten Laubblätter zu nehmen sind. Unter sich sind die trieotylen Keimblätter meist gleich gestaltet, und nur bei einigen tricotylen Individuen von Lobelia Erinus, Campanula Med., Vaccinium V. J. und Stellaria media fand sich das eine Keimblatt in der Grösse ein wenig verringert, gleichsam als ob es nur eine Zugabe zu den beiden andern wäre; an Lobelia Erinus wurde ferner einmal an der Stelle des 3. Keimblättchens ein kleines Blattrestchen, ein Rudiment gesehen. Die Basis von einigen trieotylen Pflänzchen wie von Veronica hederifolia, Primula chinensis, Sambucus, war mitunter schief, was entweder in gestörter Entwickelung oder vielleicht in der Asymmetrie mancher Keimblätter seine Erklärung findet. Die Nervation war durchaus nicht abweichend. Die 3 Keimblätter waren theils gleich weit von einander entfernt, theils standen 2 von denselben einander genähert, so dass oft der Stand der 3 Keimblätter gleichsam nach zwei Richtungen erfolgte. Die Ursache dieses abweichenden Standes wird zur Genüge klar, wenn man die Einwirkung des Lichtes auf die Cotyledonen, als auch die genäherte Anheftung von 2 Cotyledonen am Keimblattknoten in’s Auge fasst. Meist stehen die 5 Cotyledonen am Keimblattknoten in einer Ebene, jedoch sind Beispiele beobachtet, wo dies nicht stattfand, wie bei Chenopodium album, Solanum nigrum, Robinia Pseud. und Iberis umbellata. Ueberhaupt möchte im Allgemeinen bei den Dicotylen die Anheftungsstelle der beiden Cotyled. einer genauen Untersuchung unterzogen werden, da dieselben auch der Variation zu unterliegen scheinen. Die Anlage 3-gliedriger Wirtel setzt sich nicht selten in den Laubblattwirteln fort, namentlich deutlich bei Pflanzen, deren darauf folgende .Wirtel sonst gekreuzt, gegenständig sind. Von Beispielen sind Phlox decussata, Lamium ampl., purp., Stellaria media Sambucus anzuführen. Diese fortschreitende Dreigliedrigkeit hat eine Ver- mehrung des Laubes, der Stengelkanten (wenn solche vorhanden, wie bei Lamium, Verbena; es sind dann 6 statt 4), der Blüthen, Früchte und Samen zur Folge. Individuen mit drei Cotyledonen zeigen das Bestre- ben, dreigliedrige Blattwirtel zu bilden, so dass im ersten oder bis zum dritten Laubblattwirtel die Dreizahl vorherrscht, selten bleibt sie durchgehend durch alle Blätter. Dieses Zurückkehren geschieht oft ganz unerwartet; sosahich, dass, nachdem an einem trieotylen Embryo von Stellaria media durch 7 Wirtel die Dreigliedrigkeit vorgewaltet hatte, beim letzten Wirtel vor der dichotomen Verzweigung trotz der bisherigen Beständig- keit zwei der Blätter verwachsen waren. Aus den Keimblattwinkeln der tricotylen Pflanzen entspringen meist drei gleichwerthige Axen, die aber bei den betreffenden Arten die Zweizahl in ihren Wirteln herrschen lassen; bei einigen (Robinia, Tilia, Phlox) befanden sich jedoch in den Winkeln der Blättchen nur 2 Blattknöspchen, von denen das eine zwi- schen den beiden genäherten Keimblättern stand. Ferner entwickelten 140 Jahres-Bericht triecotyle Keimpflänzchen von Campanula Medium zwei gegenständige primäre Laubblätter, während die Axe bei den dicotylen stets nur mit einem einzigen Laubblatt anhebt. Auch wurden einige Aussaten angestellt. Zuerst von den ersten Samen- kapseln einer tricotylen Stellaria media; ein Versuch, der aber gewöhnliche dieotyle Pflanzen lieferte. Dann wurden die geernteten Samen einiger Kapseln von einer tricotylen Lobelia Erinus ausgesät, die sehr viel trico- tyle, aber auch eine grosse Anzahl von dicotylen Pflänzchen ergaben. Endlich hatte Mitte August ein tricotyles Solanum nigrum, das, über alle Maassen üppig gedeihend, im Topfe eultivirt wurde, die ersten Beeren zur Reife gefördert, die sofort zu einer Aussaat abgenommen wurden. Ich wählte dazu die erste Beere, enthaltend 56 äusserlich gleichartig aus- sehende Samen. Am 25. August war ein Same aufgelaufen, der sich am folgenden Tage zur Keimpflanze entfaltete. Wer aber beschreibt meine Freude, als sich diese Pflanze beim Anschauen als eine dreisamen- blättrige erwies? Das eine von den Samenblättern war schon in hori- zontaler Richtung, während die beiden andern sieh deckend noch über- einander lagen. Die beiden letzteren waren auch von besonderer Gestalt, nämlich lanzettlich, während das zuerst entwickelte kürzer und breiter war, ähnlich den gewöhnlichen normalen Samenblättern. Die Anheftunes- stelle der drei Samenblätter war nicht regelrecht; das erste stand höher als die beiden andern, und die letzteren gleichartigen wieder unter sich nicht in einer Ebene, was nicht befremden darf, da die Keimblättehen der dieotylen Pflänzchen von Solanum nigrum, wie schon erwähnt, in der Regel nicht gegenständig sind. Etwa 14 Tage später liefen die übrigen Samen auf, die aber alle durchweg zweisamenblättrig waren. Die trico- tyle Pflanze wich von der dieotylen später insofern ab, als alle Laub- blätter in der Gestalt analog den beiden lanzettlichen Samenblättern ge- bildet waren, und die I. Blüthentraube erst zwischen dem 8. und 9. Blatte erschien, während die gewöhnliche Form dieser Pflanze eiförmig dreieckige Blätter und die erste Blüthentraube zwischen dem 4. u. 5. Blatte trägt. Aus einer und derselben Beere sind also zwei verschiedene For- - men entsprungen, wovon die tricotyle Pflanze zur Zucht aufgespart wor- den ist, Aussaaten der übrigen vielen Samen dieser Pflanze (die Pflanze brachte wohl über einen Theil mehr Samen als eine dieotyle) sollen erst in diesem Jahre ausgeführt werden, wo alsdann sich entscheiden wird, ob hier schon ein Anfang von Erblichkeit vorhanden ist. Ferner von Vac- cinium Vitis Idaea wurden gelegentlich die Samen einer Beere gesät, und es entsprangen der Aussat unter vielen zweisamenblättrigen zwei Keim- pflanzen mit drei Samenblättern; also kann eine (vielsamige) Frucht so: wohl 2-samenblättrige als auch 3-samenblättrige Samen in sich bergen. Die Gesammtzahl der in meinen Aussatzversuchen beobachteten trieotylen Individuen bin ich leider nicht im Stande festzustellen, da einige Arten z. B. bei Lobelia Erinus, Callistephus chinensis, Primula chinensis, Dianthus der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 141 Caryophyllus dieselben in ziemlicher Anzahl auftreten lassen. Von solchen, die in geringerer Anzahl auftraten, wurden 89 Individuen an 37 Arten in 31 Gattungen bei 26 Familien beobachtet. Die Apetalen waren am spärlichsten vertreten, und es wiesen nur Chenopodeen (an Ch. album, hybr.) und Polygoneen (Polyg. dum.) Beispiele nach. Die Gumopetalen zeigten Beispiele bei den Compositen (an Callistephanus chin. Achillea Millef.) bei den Lobeliaceen an L. Erinus, bei den Campanulaceen (an C. Me- dium, rap.), bei den Lonicereen an Lon. nigra, bei den Vaceinien an Vacc. V. J., bei den Primulaceen (an Pr. of. und praenitens), bei den Solanaceen an Sol. nigrum, bei den Borragineen an Myosotis sylv., bei den Polemoniaceen an Phlox decussata und Drummondi, bei den Verbenaceen an V. ieucrüfolia, bei den Labiaten an Lamium ampl., purp. und bei den Serophalariaceen an Veronica hederif. ‚Unter den Pleiopetalae waren tricotyle Gebilde bei den Umbellifloren an Aethusa Cynapium, Daucus Carota, Petroselinum sativum, Anelhum gra- veolens, bei den Leguminosen an Trif. repens und Robinia, bei den Cru- eifloren an Iberis umb., Capsella Bursa pastoris, bei den Alsineen an Stel- laria media, bei den Rutaceen an Ruta graveolens, bei den Sileneen an Dianthus Caryophyllus, bei den Oxalideen an Oxalis strieta, bei den Papa- veraceen an Chelidonium majus, bei den Lineen an Linum ns., bei den Ranunculaceen an Ranunculus acer und repens, Delphinium Ajacis, bei den Resedaceen an Cailusea abyssinica, bei den Tiliaceen an Tilia parvif. Ich betrachte, wie bereits erwähnt, diese Gebilde als vorübergehende Erscheinungen, die keine Constanz, keine Gesetzmässigkeit beanspruchen. Es finden sich Uebergänge der tricotylen in gewöhnliche dicotyle Gebilde, indem zwei der Keimlappen theils am Grunde oder bis zur Mitte der Spreite verwachsen waren, so dass dieselben als ein zertheiltes oder ge- spaltenes Blatt erschienen; manche Cotyledonen zeigten an der Spitze eine Einbuchtung oder Verbreiterung, so dass dasselbe häufig gelappt erschien, aber doch zwei Hauptgefässbündel in diesem verunstalteten Keimblatte bemerkt werden konnten. Bei diesem letzteren Falle ver- folgten die beiden Hauptgefässbündel keine sehr divergirende Richtung, während bei den gespaltenen Keimblättern ein starkes Divergiren der beiden Hauptgefässpündel im Blatte sofort deutlich in die Augen sprang. Aber es konnte in beiden Fällen oft nur ein Gefässbündel wahrgenommen werden. Es muss daher vorläufig noch dahin gestellt bleiben, ob die trieoty- ledonen Bildungen durch Theilung (Gabelung) der Gefässbündel eines Sa- menblattes oder durch die ursprüngliche Anlage der Keimblätter in einem höheren als dem gewöhnlichen Blattstellungsverhältniss (Y, statt '/,) zu erklären sind. Im letzteren Fall würde sie analog sein den dreigliedrigen Blattwirteln bei Pflanzen, die sonst nur gegenständige Blätter besitzen, wie ich sie bei Stellaria media, Syringa u. a. gefunden; bei Stellaria media fand ich selbst 4-gliederige Wirtel; bei einem Lamium purpureum waren 142 Jahres-Bericht sämmtliche Stengelglieder bis zum letzten Laubblattwirtel wie gewöhnlich vierkantig, zwischen diesem und dem ersten Blüthenwirtel wurde das Stengelglied fünfkantig; die drei untersten Blüthenwirtel bestanden dem- nach aus drei Blättern; bei den übrigen trat die gewöhnliche paarweise Blattstellung ein. — Der Vortragende erläuterte seine Mittheilungen durch Demonstration gepresster, so wie lebender Keimpflanzen mit drei Cotyledonen von den oben erwähnten Arten; ferner legte derselbe vor: eine abnorme Keim- pflanze von Ducus Carotta, offenbar durch Verwachsung von zwei Embryonen entstanden, mit zwei Pfahlwurzeln und 4 Keimblättern, die paarweise in entgegengesetzter Richtung standen und gesonderte Laubknospnn zwi- schen sich entwickelten: Eine Keimpflanze von Brassica oleracea, deren erste Blätter ober- halb der Cotyledonen zu einer gestielten tutenförmigen Axe verwachsen waren. Ueber einige für die schlesische Pilzflora neue Funde machte Herr Dr. W. G. Schneider Mittheilung in der Sitzung vom 11. März 1869. 1) Ergebnisse einer Excursion im Juli und August 1868 nach Johannes- bad im böhmischen Riesengebirge, es waren dies: Peronospora nivea, Ung. forma: Pimpinellae, auf Pimpinella magna; Peronospora gangliformis Berk. forma: Mulgedii auf Mulgedium alpinum; Peronospora Phyteumatis, Fuck. auf Phyteuma spicatum; Peronospora Potentillae, de Bary, forma: Al. chemillae. 2) Uebersicht der von ihm und Herrn Dr. Schröter bis jetzt in Schlesien gefundenenÜstilaguineen und Uredinen. Es wurden folgende Arten angeführt und vorgezeigt: Ustilago longissima, Lev. auf 3 Glyceria- Arten; U. hypodytes, Fries auf Calamogrostis; U. typhoides, Fries auf Phrag- mites communis; U. Carbo, Tul. auf Triticum, Avena Arrhenatherum und Hordeum; U. desiruens Duby auf Panicum miliaceum; U. Maydıs, Tul. auf Zea Mays; U. urceolorum, Tul. auf Carex brizoides; U. Vaillantü, Tul. auf Muscari comosum; U. antherarum, Fries auf Lychnis vespertina: U. neglecta, Niessl, auf Setaria verticillata; U. utriculosa, Tul. auf Polygonum lapathi- folium; U. Ornithogali n. sp. Schroet. auf Gagea minima. Tilletia Caries, Tul. auf Tritieum vulgare; Sorisporium Junci n. sp. Schroet. auf Juncus bu- fonius Urocystis pompholigodes, Rabenh. auf Anemone nemorosa; Uroc. oc- culta, Rabh. auf Secale cereale. | Von Uredineen wurden folgende angeführt: Ceratitium cornutum Rabh. auf Sorbus Aucuparia; Cerat. laceratum, Rabh. auf Crataegus Oxyacantha. Roestelia cancellata, Rebent auf Pyrus communis. Aecidium Berberidis, Pers. auf Berberis vulgaris; Aecidium Rhamni, Pers. auf Rhamnus catharticus und Rh. frangula; Aecid. Asperifoli, Pers. forma: Anchusae auf Anchusa offiei- nalis; form»: Lycopsidis, auf Lycopsis arvensis. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 143 Herr Dr. Milde übersandte nachstehende Abhandlung: Ueber die Flora von Görbersdorf. Görbersdorf liegt in einem weiten, von Westen nach Osten sich hin- ziehenden Thale, welches von drei Seiten mit 2500—2800 Fuss hohen Bergen umschlossen ist. Das Ostende begrenzt der Kramer-Berg, an . dessen Süd-Abhange die Strasse nach Reimswaldau führt, während noch südlicher der Weg nach dem nahen Freudenschlosse geht. Die Berge sind meist bis auf den Gipfel bewaldet, die Bestände fast durchweg gemischt, die Rothbuche vorherrschend, bisweilen treten Rothhuche und Ahorn (Acer Pseudo-Platanus, seltener A. platanoides) allein auf, meist aber Rothtannen, Weisstannen, Rothbuchen zusammen; untergeordnet erscheinen Ulmus campestris (U. effusa fehlt), Populus tre- mula mit Physica controversa, Betula alba, Fraxinus excelsior, hier und da an feuchteren Stellen und am Raude der Bäche in ausnehmend kräf- tigen Stämmen Alnus glutinosa. Carpinus, Quercus, Taxus fehlen ganz; sonnige Lehnen sind stellenweise dicht mit Sambucus racemosa be- deckt. Das Thal ist mässig bewässert, die tieferen, nicht bebauten Theile werden meist von nassen Wiesen eingenommen. Erst in der Nähe des Gebietes, bei Schmidtsdorf und Langwaltersdorf treten fruchtbare Wiesen auf, die Avena flavescens L. fast ausschliesslich bekleidet. Feuchte Haidestellen finden sIch nur um die Anlagen, und zeichnen sich durch Calluna, Drosera rotundifoha, Linum catharticum, Se- dum villosum, Coeloglossum viride und Platanihera bifolia aus. Trockene, grasige, sonnige Abhänge an der Seite der Aecker zeichen sich durch eine Fülle von Picris hieracioides, Origanum vulgare, Pimpinella Saxifraga in einer sehr grossen Form, Carlina acaulis aus, da- gegen Sempervivum sobohferum nur an einer Stelle, auch blühend in der Nähe des Gasthauses. Auf einer Wanderung durch das Dorf bemerken wir: Hypericum perforatum, H. quadrangulare L., Malva Alcea und M. neglecta Wallr., Ge- ranium pusillum, Robertianum (@. pratense bei Schmidtsdorf), Chenopodium album, Ch. hybridum, ©. Bonus Henricus, Atriplex patulum L., Humulus Lu- pulus Chelidonium majus, Chaerophyllum aromaticum, Angelica silv., Hera- cleum Sphond., Aegopodium Pod., Anthriscus silv., Pastinaea, Eptlobium an- gustifolium und E. montanum, Alchemilla vulgaris, Potentilla anserina, Geum urbanım und G. riv., Spiraea Ulmaria (Sp. aruncus scheint im ganzen Ge- biete zu fehlen), Linaria vulgaris, Lotus corniculatus, Myosotis interm., So- lanum dulcam. Glechoma, Campanula rotund., rapunculoides, Bidens cern., Senecio vulg., silv., viscos., Impatiens noli tang., Cirsium arv., C. lanceol., Hypochoeris rad., Galeopsis Tetrahit und G. Ladianum, Lamium maculatum, L. purpureum, L. amplexicaule, Lysimachia vulgaris, L. nummularia, Rumex crispus, R. conglomeratus, R. Acetosa, R. Acetosella, Urtica dioica. 144 Jahres-Bericht In den Grasgärten der Bauern bemerkte ich: Levisticum, Archan- gelica, Myrrhis, Ribes rubrum, Chrysanthemum Parthen., seltener Althaea offieinalıs. Um die Flora der Sumpfwiesen kennen zu lernen, besucht man am besten den nahen Freudengrund. Man hat dann links vor sich den herrlichen 2728° hohen Buchberg, rechts das dürre Gebirge (2802‘) und das hohe Gebirge. Auf den ausgedehnten Wiesen bemerken wir vor Allem Cirsium oleraceum, C. heterophyllum, C. palustre, selten C. rivulare und C. oleraceum heterophyllum, Polygonum bistorta, Epilobium roseum, E. palustre, Montia fontana, Linum cathart., Euphrasia off., Thalietrum aquilegi- folium, Chaerophyllum hirsutum, Carum carvi, Phyteuma spicatum, Colchicum, Parnassia, Cineraria erispa, Crepis suceisaefolia, Sigiraea ulm., en fliessen- dem Wasser: Petasites of. und albus, an höher gelegenen, trockenen Stellen und Waldrändern: Centaurea jacea, Arnica, Digitalis grandifl., Po- terium, Aquilegia, Lathyrus silv., Carlina beide, Cuscuta Epithym., Gahum silvestre, Epipactis latifolia die grünliche Form und eine mit lila gefärbten, inneren Perigonialblättern. | Equiseium arvense, limosum, palustre. Auf Leinäckern beobachtete Camelina dent., Lolium arv., Fumaria offie. An Moosen sind namentlich hervorzuheben: Hypnum Ciassonin, H. pratense verum, Camptothecium, Climacium, Mnium affine, M. punctat., Paludella, Philonotis fontana, seltner Ph. catcarea, Aulacomnium palustre, Dieranum palustre, Bryum Duwvalii massenhaft, Dieranella Schreberi ein einziges Räs- chen, Sphagum subsecundum, 8. acutifol. Die Wälder um Görbersdorf sind namentlich ausgezeichnet durch Actaea spicata (Ranunculus aconitifolius, R. lanuginosus, Anemone ranuncu- loides am Buchberge); Hepatica, Thalictrum aquilegifol., {Aconitum varieg. am Gipfel des Storchberges) (Zunaria rediv. im Freudengrunde) Carda- mine silvat., Impatiens (C. amara am Buchberge); Dentaria bulbıfera und enneaphyli., Geranium silvat., Sanicula, Adoxa, Hedera (Freudenschloss) Rubus Idaeus weite Strecken überziehend, Astragalus glycyphyllos, La- thyrus vernus, Ribes rubrum, Vinca, Lonicera nigra, Asperula odorata. Ga- lium rotundif., Euphorbia duleis, Melampyrum silv., (Pyrola media, rotundi- folia, minor, uniflora am Storchberge) Pyrola secunda häufig, Monotropa, Veronica montana (Lathraea nur im Saubade), Mercurialis perenn. (Rosa alpına Freudenschloss), (Homogyne alp. Buttergrund) sSenecio viscosus, silvat., nemorensis, Lychnis diurna, Galeobdolon lut., Chrysophlen. attern., Ly- simachia nemor., Asarum, Corallorrkiza (am Freudenschlosse und in den Anlagen), Lilium Martagon, Smilacina bif. (Convallaria maj. nur im Schol- zenbusch unter Corylus-Gebüsch) Neottia nidus, Listera ovata, Epipactis lat., Polygonatum vertieill. (Allium ursin. Freudenschloss) (Luzula albida Buch- berg), Elymus europaeus sehr gemein, Bromus asper, Festuca silvatica, Calamagrostis silv., Aira flexuosa, Milium effusum, der Schles, Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 145 Sehr arm an Farn-Species ist das Gebiet, um so reicher an Individuen des Aspidium Filix mas, das ich nirgends in Schlesien so zahl- reich gesehen habe. Sparsam sind Athyrium Filx fem., Asp. dilatatum und A. spinulosum; hier und da, wie unter dem Freudenschlosse, in der Hecke und im Saubade ist Aspid. lobatum nicht selten; nur an wenigen Stellen Asplenium Trichomanes und COystopteris fragilis (beide am Freuden- schlosse); ebenso finden sich Lycopodium Selago, annotinum und elavatum nur zerstreut und sparsam; Botrychium Lunaria sparsam im Freuden- grunde. Von Equiseten sind nicht selten: E. arvense, E. palustre, E. hmosum, E. silvaticum und auf der Höhe zwischen Görbersdorf und Schmidtsdorf E. litorale Kühlwein. Als besondere Merkwürdiskeit verdient Aspidium remotum A, Braun hervorgehoben zu werden, von welchem ich zuerst einen Stock auf dem Kamme zwischen Rothenstein und Schirlingskoppe auffand, wel- ches ich aber später mehrfach im Wald bei Lang-Waltersdorf, am Wege nach der ,„‚Hohen Haide“ antraf. Nach meinen Beobachtungen ist es eine Form des Aspidium Filix mas mit dem Theilungsgrade des Aspid. spimulosum. Die Abschnitte 2. Ordn. sind bei den schönsten Exemplaren deutlich gestielt, tief-fiedertheilis und die Zähne nur zum Theil stachel- spitzig. Ich fand übrigens alle Uebergänge von dieser Form bis zur ge- wöhnlichen. Immer aber bleibt das Aspid. remotum eine sehr seltene Erscheinung, der ich bisher in Schlesien vergeblich nachgespürt hatte. Meine besondere Aufmerksamkeit wendete ich der Erforschung der Moos-Flora zu, die zwar nicht sehr mannigfach, aber doch nicht ohne alles Interesse ist. Die meisten Arten findet man auf einer Excursion durch den Büttnergrund nach dem durch seine herrlichen Rothbuchen ausgezeichneten Schüsselpläne und dem nicht weit davon entfernten Sau- bade. Schon auf den Strohdächern der ersten Häuser im Büttner- grunde finden wir, freilich selten, neben dem gemeinen Hypnum cupres- siforme, Dieranum scoparium, Barbula ruralis, auch Platygyrium repens; an Sambucus racemosa beobachtete ich Pylaisia polyantha. Die Buchen- stämme und namentlich deren Wurzeln bekleiden: Brachythecium reflexum und Br. velutinum, Br. populeum, selten Brach. Starkiü; sehr gemein sind Amblyst. subtile, Leskea nervosa, Isothecium myurum, Pierigyn. Jiliforme, Anomodon longifolius, seltener Dieran. montanum, Hypnum reptile und Solm- sianum neben dem gemeinern: Hypnum uncinatum, Antitrichia curtipendula, Orthotrichum stramineum, O. leiocarpon, Ulota crispa; auf blossem Wald- boden: Mnium stellare, Mn. rostratum und stellenweise sehr gemein Mn. spinosum. Auf faulen Baumstämmen: Plagiothecium dentieulatum, Pl. sile- siacum, Tetraphis pellucida, dagegen Dieranodontium longirostre nur an | einer Stelle an Felsen, sehr selten mit Amphorid. Mougeotit, Bartramia Halleri, Burhynchium myosuroides, Hypnum cupressiforme und H. uncinatum; an feuchteren Waldplätzen Bryum roseum und Hypnum crista castrensis. I0 146 Jahres-Bericht Vom Schüsselplane führt ein fast unkenntlicher, ganz schmaler Fuss- pfad immer in gleicher Höhe zunächst nach dem Saubade, einer so- gleich durch grosse, einzelne Felsblöcke ausgezeichneten Waldstelle. Einer der grössten Porphyrblöcke ist fast ganz ausschliesslich von Brachy- thecium laetum. 2 bekleidet, einer bisher in Schlesien noch nicht be- obachteten Species, untergeordnet erscheinen Brachyth. populeum, Br. refleeum, Dieranum longifolium und Grimmia Hartmanü, hier und da an Felsen Anomodon apiculatus. In der Nähe finden sich besonders ver- breitet: Brachyth. reflexum und Leskea nervosa, Anomodon longifolius und A. viticulosus, beide an Felsen und Steinen, Homalothecium sericeum an Buchen, Eurhynch. sirialum, Isothecium Myurum, Hypnum Solmsianum. Die drei Neckera-Arten: N. erispa, pennata und complanata treten im ganzen Gebiete nur spärlich auf, die erste und die letzte noch am häufigsten an Felsen. Vom Saubade führt der Fussweg weiter nach dem Ziegen- rücken, wo wir die für das Gebiet sehr seltenen Sphagnum Girgensohnii und Leucobryum vulgare antreffen. Von besonderem bryologischen Interesse ist ein Besuch des „Tiefen Grabens“, eines engen Thales zwischen Buchberg im Norden und Kra- mer-Kamm im Süden. Ein herrlicher gemischter Wald zieht sich fast bis auf die Thalsohle herab. An freien lichten Waldstellen beobachtete ich bei etwa 1800’ Chenopodium polyspermum, Avena fatua. An der Südseite des Thales hat sich ein Bach ein tiefes Bett ge- wühlt, welches mit moosbedeckten Felsstücken reichlich übersät ist. Hier finden sich Brachythecium rivulare, Fontinalis antipyretica, Plagiotheeium sil- valicum, Hypnum palustre, Amblyst. irrignum, Fchynchost, rusciforme, Tham- nium selten, und fast überall auch an Nachbar-Bächen Hildenbrandtia rivularıs. An trockneren Stellen findet sich auf Steinen als grosse Sel- tenheit Pseudoleskea atrovirens neben Hylocomium umbratum bei etwa 1800. Sehr häufig sind dagegen Brachyth. laetum c. fr., B. reflexum, B. populeum, (Br. Starkii selten), Leskea nervosa, Pierigyn. filif., Anomod. longifol., Di- cran. longifol., Grimmia Hartmani, Hypnum incurvatum, an Buchen Am- blyst. sublile. In einem Seitenbache ist Triton alpestris nieht selten. An feuchten, erdigen Grabenrändern auf Wiesen beobach- tete ich unterhalb des „liefen Grabens‘ Fegatella, Marchantia, Blasia, Pellia, Anthoceros laevis, alle fünf oft dieht nebeneinander. Eine besondere Erwähnung verdient endlich noch ein westlich von Lang-Waltersdorf am Nord- und Nordwestabhange der hohen Haide ge- legener Hochmoor, den ich unter der Führung der Herren Förster Strähler und Schneider zu besuchen Gelegenheit hatte. Der Moor weicht dadurch wesentlich von den ähnlichen Mooren der Seefelder und der Heuscheuer ab, dass er nicht eine horizontale F läche, sondern einen sehr geneigten Berg-Abhang bedeckt. Obgleich wenig über 2000’ ge- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 247 legen, ist die auf ihm häufig vorkommende Rothtanne doch schon ver- kümmert. Ungewöhnlich hohe, halbkreisförmige Polster von Sphagnum acutifolium, die an Gräber erinnern, haben dieser Oertlichkeit wahrschein- lich den Namen „‚Kirchhoflehne‘‘ verschafft. Häufig finden sich ausser- dem Polytrichum strietum v. alpestre, mit Vaceimium Myrtillus, V. vitis Idaea, V. uliginosum und Empetrum. Hier und da bilden riesige Rasen von Dieranum fuscescens v. flexicaule steril und fructifieirend Massen-Vegetation, daneben Webera nutans, Piilidium ciliare, Scapamia umbrosa, Dier. scopa- rium, Tetraphis pellue., Dieranodont. longirostre untergeordnet, sehr selten Pogonatum alpınum. Eigenthümlich für diesen Moor ist das massige Auftreten von Dicran. Juscescens, welches hier offenbar das sonst an derartigen Stellen vorkom- mende Dier. Schraderi vertritt und zur Torfbildung beiträgt. Auffallend war nur noch die Erscheinung, welche sogleich an die in der Nähe be- findliehen Windlöcher erinnerte. Obgleich der Mittag, an welchem ich diesen Moor besuchte, ein sehr heisser war, so spürte man doch, wenn man sich bückte, einen so auffallend kalten Luftzug, der aus den Moos- polstern und kleinen Höhlen des Moores emporstieg, dass man sich vor Erkältung hüten musste. Einiges über die Thierwelt von Görbersdorf, In Folgendem erlaube ich mir einige Beobachtungen mitzutheilen, welche sich auf die Thierwelt von Görbersdorf beziehen. Lacerta agklis sah ich in Schlesien noch nie so häufig wie hier. Auffallend waren auch ihre zahlreichen Farbenspielarten, von denen namentlich eine mit bleigrauem, eine mit pomeranzengelbem Bauche und eine am ganzen Körper kohlschwarze sich auszeichneten. Triton alpestris ist hier in Bächen und Tümpeln nicht selten; doch fand ich in diesen eonstant nur junge, noch Kiemen tragende Thiere, während ausgewachsene stets unter Steinen auf dem Lande oder unter Baumrinde beobachtet wurden. | Seltener ist Salamandra terrestris, den ich auf dem Spitzberge bei Görbersdorf in mehreren Exemplaren fand. Die Blindschleiche ist nicht selten; dagegen fehlt Coluber natrix ganz. Vipera Berus kommt zer- streut im ganzen Gebiete vor, in einem bei Lang-Waltersdorf gefangenen Individuum fand ich vier Feldmäuse. In den Bächen ist Cottus Gobio zu finden; auf feuchten Waldwegen, in fliessendem und stehendem Wasser sind ganz unglaublich gemein zwei Drathwürmer, ein weisser und ein brauner (Mermis, Gordius); ein braunes Exemplar zeigte die ungewöhnliche Länge von 3 Fuss 2 Zoll. Unter den zahllosen Schrieken auf der Wiese am Fusse des Buch- berges fielen mir zahlreiche Individuen auf, welche träge dasassen oder l IM 148 Jahres-Bericht sich nur langsam fortbewegtnn. Eine Untersuchung ergab, dass hier unter den Schrieken eine wirkliche Epidemie herrschte. Alle diese zahl- reichen, anscheinend kranken Thiere waren mit weissen Drathwürmern buchstäblich vollgestopft. Verzeichniss einiger seltneren Pflanzen der Görbersdorfer Flora. Ranunculus aconitifolius Heidelberg (Straehler), Anemone ranunculoides Buchberg (Straehler). Corydalis cava Buchberg (Straehler). Geranium phaeum Büttnergrund und Ober-Reimswaldau. Rosa alpina Freudenschloss, Storchberg. Fragaria collina Scholzenbusch. Poterium Sunguisorba Fuss des Buchberges. Mulgedium alpinum am Wege nach Reimswalde. Eupatorium cannabinum auf einer Waldblösse des Buchberges. Centaurea phrygia Kesselberge. Campanula latifoia an einem Abhange am Eingange in den Freudengrund. Gentiana ciliata und G. campestris im Freudengrunde. Lathraea squamaria im Saubade. Cuscuta Epithymum am Fusse des Buchberges. Thlaspi perfoliatum auf Aeckern dicht bei Görbersdorf (Straehler). Leucojum vernum auf Wiesen am Fusse des Storchberges (id.). Polygonatum vertieillatum und multiflorum auf dem Storchberge. Convallaria majalis sehr selten, Scholzenbusch. Epipactis latifolia, gewöhnliche Form und eine var. mit lilagefärbten in- neren Perigoniablättern. Fuss des Buchberges. Coeloglossum viride, häufig in den Anlagen. Corallorrhiza innata, unterhalb vom Freudenschlosse und in den Anlagen. Orchis sambucina, Wiesen am Buchbere. Aspidium remotum A. Br., zwischen dem Rothenstein und der Schirlings- koppe bei Görbersdorf; bei Lang-Waltersdorf am Fusse der Kirchhoflehne. Andreaea petrophila. Ehrh., Oberhalb Reimswaldau in der Nähe des Freu- denschlosses. Oynodontium polycarpum Ehrh., Freudenschloss. Weisia erispula Hdwg., oberhalb Reimswaldau. Dieranum majus Turn., in der Nähe des Rothensteins. Barbula tortuosa L., Storehberg. Grimmia conferta TK., Storchbere. G. orata W. et M., Reimswaldau. Racomitrium mierocarpon Hdwg., Reimswaldau. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 149 Mnium spinosum Voit., in den höher gelegenen Wäldern verbreitet. Paludella squarrosa L., Fuss des Storchberges, Freudengrund. Philonotis calcarea Br. et Sch., Fuss des Storchberges, Bartramia Halleriana Hdw., Felsen des Büttnergrundes. Diphyscium foliosum L., sehr selten an Waldwegen des Buchberges. Fontinalis antipyretica L., Tiefer Graben, Freudengrund. Pseudoleskea atrovirens Dicks., im Tiefen Graben selten. Anomoden apiculatus B. S., im Saubade und am Freudenschlosse. Leskea nervosa Schwgr., an Felsen und Bäumen gemein. Anomodon longifolius Schl., an Felsen, Buchen und Ahorn nicht selten. Brachythecium laetum Schpr., auf Porphyrfelsen im Saubade des Büttner- | grundes und auf Felstrümmern im Tiefen Graben von 1800 bis 2000 Fuss, steril und mit Früchten. B. glareosum Br. et Sch., an trocknen Grasplätzen hier und da. B. reflewxum W. et M., an Buchenwurzeln und auf Steinen in höher ge- legenen Wäldern gemein. B. Starkiüü Brid., wie vor. Weit seltener. Eurhynchium myosuroides L., nur an einem Felsen im Büttnergrunde. Plagiothecium undulatum L., dürres Gebirge. Amblystegium irriguum Weils., im Tiefen Graben und in Görbersdorf selbst. Thamnium alopecurum L., nur im Tiefen Graben. Hypnum incurvatum Schrb., am Fusse der Berge auf schattig gelegenen Trümmern. H. Solmsianum Schpr., am Reichmacher und im Schüsselplane. H. arcuatum Lindl., hier und da an grasigen Plätzen zerstreut. H. reptile Mx., nur am Schüsselplane an Baumwaurzeln. Hylocomium umbraium Ehrh., sehr selten im Tiefen Graben auf Fels- trümmern. Hildenbrandtia rivularis Liebm., an mehreren Stellen und sehr häufig im Tiefen Graben. Eingesendet wurde ferner nachstehender Aufsatz: Ueber Vaceinium Myrtillo — Vitis idaea (V. intermedium Ruthe), in der preussischen Ober-Lausitz, von Dr. Hermann Zimmermann. Der bisher so seltne Bastard der Preissel- und Heidelbeere hat sich nun auch, was übrigens als wahrscheinlich erwartet werden konnte, in unserer Haidegegend gefunden, und ist somit für die schlesische Flora gewonnen. In der märkischen Nieder-Lausitz ist er bereits früher er- mittelt (vgl. die Angabe der Standorte in Garcke’s Flora 8. Auflage p-. 262). 150 Jahres-Bericht Ich war so glücklich, ihn Anfang dieses Monats an einer Stelle des Trebuser*) Waldreviers in zahlreichen sehr stattlichen Exemplaren von nahezu 1‘ Höhe zu entdecken. Er steht dort auf einem Raum von viel- leicht drei Schritt in’s Geviert ziemlich ausschliesslich, dazwischen nur einzelne Exemplare der ringsumher überall in Masse vorhandenen Stamm- arten. Dieser Punkt fällt schon in einiger Entfernung durch das helle Grün seiner Vegetation auf. Nachdem ich hiervon meinen hiesigen botanischen Freunden Herrn Dr. med. Glitsch und stud. Ad. Menzel Mittheilung gemacht hatte, oelang es uns bald, die Pflanze noch an fünf anderen Stellen des ge- nannten Waldes aufzufinden, zum Theil ebenso zahlreich, aber in weniger üppiger Entwickelung. Sämmtliche bis jetzt ermittelten Standorte liegen kaum "/, Stunde von einander, und von Niesky noch keine halbe Stunde in nördlicher Richtung entfernt hinter dem Vorwerk Neuhof, zum grossen Theil nahe dem Waldrand. Sie zeigen nur insofern eine übereinstimmende Be- schaffenheit, als überall der gewöhnliche reine Sandboden der Haide unter der meist sehr dünnen humushaltigen Decke von dunkeler Farbe, vorhanden ist, auf welchem die Stammeltern beide aber am besten ge- deihen. Ein besonderer Feuchtigkeitsgrad ist für das Vorkommen des Bastards nach den hiesigen Standorten zu urtheilen, nicht Bedingung, von denen zwei sogar sich auf recht trocknem Terrain befinden, wo die nie- dere Vegetation ziemlich dürftig ist, und grossentheils von der genüg- samen Rennthierflechte (Cladonia rangiferina Hoffm.) gebildet wird. Im Grossen und Ganzen besteht die Bodenvegetation unserer Kiefer- haiden, abgesehen von der fast überall vorhandenen Moosdecke, bekannt- lich im Wesentlichen aus Calluna, Vaccinium Myrtillus und V. Vitis idaea in wechselndem Massenverhältniss. Zu diesen gesellt sich auf feuchterem Moorgrund gewöhnlich Ledum palustre in bisweilen überaus mächtiger Entwickelung. Das Haidekraut bedeckt häufig ganze Strecken ausschliess- lieh; wo es aber zurücktritt, herrschen die beiden Vaceinien, allent- halben unter einander wachsend, und dann ist wohl stets die Möglichkeit für die Entstehung ihres Bastards gegeben, was allerdings durch die nicht ganz zusammenfallende Blüthezeit der beiden Arten erschwert wird. Ks unterliegt aber keinem Zweifel mehr, dass derselbe viel weniger selten ist, als es nach der geringen Zahl der bisher bekannten Vor- kommnisse scheinen möchte, und im Besonderen, dass er, nachdem man einmal hier auf ihn aufmerksam geworden ist, bald auch in anderen Thei- len unserer ausgedehnten oberlausitzer Haiden, deren Natur sich ja überall *) Trebus, Herrschaft; auf deren Territorium Niesky liegt. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 151 wesentlich gleich bleibt, vielleicht sogar wie hier recht häufig gefunden werden wird. Dass die Pflanze vielfach übersehen worden ist, erklärt sich zur Ge- nüge daraus, dass sie sich im Sommer nicht, wie wegen ihrer immer- grünen Blätter im Winter, auffällig von der Heidelbeere unterscheidet und dass an Orten, wo die Vaceinien herrschen, weil im Allgemeinen wenig Ausbeute an Arten zu erwarten ist, aueh wenig botanisirt wird. Im Winter, wo die immergrünen Blätter des Bastards und ihre hellere Färbung ihn leicht unter den Stammeltern verrathen, würde das Suchen gewiss vielfach mit Erfolg belohnt werden. Die Vergleichung unserer Pflanze von den verschiedenen Standorten zeigt, dass sie in der Beschaffenheit der Blätter merklich abändert. Die typische Form des Bastards, bei Weitem die häufigere, ist von beiden Stammarten gleich seharf unterschieden; es finden sich aber auch Indi- viduen, welche einen Uebergang von jener typischen Form zur Preissel- beere bilden. Sie sind vielleicht durch Kreuzung des Bastards mit der Preiselbeere entstanden, jener interessante Vorgang, mittelst dessen die Natur die Nachkommen der Bastarde allmälig auf ihre Stammarten zu- rückzuführen pflegt. Wenigstens erlauben die Verhältnisse, unter denen ‚diese Individuen sich finden, eine derartige Vermuthung. Herr Ilse (Verhandl. d, bot. Vereins f. d. Provinz Brandenburg 1865 p. 219) hat zwischen Anclam und Uckermünde in Pommern schon früher auch eine solche Form des Bastards beobachtet. Eine nähere Besprechung der Merkmale des Bastards und seines Verhältnisses zu den Stammeltern erscheint mir nicht überflüssig, da ich hierdurch einen Beitrag zur genaueren Kenntniss desselben liefern zu können glaube. Jenes Verhältniss lässt sich kurz so bezeichnen, dass der Bastard durch die Beschaffenheit (Form und Farbe) der Blätter wohl eine entfernte Aehnlichkeit mit der Heidelbeere erhält, jedoch durch eine Summe der wesentlichsten Merkmale der Preiselbeere unstreitis nahe ‚steht. Seine vegetativen Unterschiede von der Heidelbeere liegen haupt- sächlich in der Form der Aeste und in der Blattstellung, sodann auch ‘in einer vorhandenen Haarbekleidung. Während die Heidelbeere sich durch scharfkantige, fast geflügelte Aeste auszeichnet, sind diese beim Bastard, wie bei der Preisselbeere gerundet. Ebenso ist giesen beiden eine Haarbekleidung der Axentheile, welche sich noch bis auf den Blatt- stiel und den benachbarten Grund des Blattrands erstreckt, gemeinsam; sie fehlt bei der Heidelbeere vollkommen. Bei dem Bastard ist dieselbe auch bedeutend schwächer, als bei der Preisselbeere; die kurzen, krausen Härchen stehen weitläufig, so dass sie nicht, wie an den Axentheilen der letzteren, einen feinen grauen Filz bilden und nur mit der Loupe deutlich zu sehen sind. Auch fehlt dem Bastard der bei der Preiselbeere 152 F Jahres-Bericht meist vorhandene starke rothe Anflug der Stengeltheile, oder ist doch nur weit unten und in geringem Grade bemerkbar. Die Färbung der ganzen Pflanze ist ein ziemlich helles Grün. Die Blätter der Heidelbeere stehen abwechselnd und zweizeilig (Divergenz Y/,), der Bastard dagegen folgt auch hierin der Preiselbeere, deren Blätter zerstreut, und zwar nach °/, Divergenz (längerer Weg der Spirale) geordnet sind. Auch dieses wichtige und sehr augenfällige Merk- mal des Bastards ist für sich allein schon hinreichend, eine Verwechse- lung mit der Heidelbeere zu verhüten. Ich will hier darauf aufmerksam machen, dass dieser Unterschied, da er schon in grösserer Entfernung als die Astform deutlich wird, ganz besonders beim Aufsuchen des Ba- stards hilft. Auch im Winter findet man häufig noch an den Zweig- enden beblätterte und hierdurch täuschende Exemplare der Heidelbeere, welche an der eigenthümlichen Blattstellung aber sofort erkannt werden. Die Blattiorm endlich ist bei dem Bastard genau elliptisch, was aus der eiförmigen Gestalt des Heidelbeerblaits und der verkehrt-eiförmigen der Preisselbeere als Mittel resultirt. Im Uebrigen ist das Blatt der typi- schen Bastardform spitz, und namentlich in der vorderen Hälfte deutlich, wenn gleich noch weniger tief als bei der Heidelbeere gesägt auch ober- seits glanzlos und kaum dunkler grün als unterseits und hier nicht merk- lich punktirt. Das Blatt ähnelt auf diese Weise dem der Preisselbeere gar nicht, und unterscheidet sich von dem der Heidelbeere noch wesent- lich durch die elliptische etwas schmälere Gestalt, die entfernteren, noch weniger tiefen Sägezähne, und endlich durch seine derbere Consistenz, in Folge deren der Bastard, wie die Preiselbeere immergrün ist. Auch im Charakter der Blüthe und Frucht (s. Garcke 1. c.), welche ich noch nicht selbst zu untersuchen Gelegenheit hatte, ist seine nähere Ueberein- stimmung mit dieser Stammart unzweideutig ausgesprochen. Um es schliesslich kurz hervorzuheben, so genügt zur Unterschei- dung des Bastards von der Heidelbeere sowohl die Astform, als die Blattstellung, zur Unterscheidung von der Preiselbeere aber Form und Färbung des Blattes. Beigefügtes Schema dürfte die im Vorhergehenden erörterten Be- -ziehungen übersichtlicher machen. der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 153 V. Mirtillo — TV, idaea. V. Vihis ıdaeo. | (typ. Form.) V. Myrtillus. Aeste rund kantig-geflügelt | behaart nackt dicht, feinfilzig spärlich EEE ET un Blattstellg. r | Jh N T— 7 | Bl.-dauer immergrün | abfällig Bl.-form | verkehrt-eiförmig elliptisch | eiförmig stumpf, ausgerand N PERL DPSRETI N 7 unmerkl. gekerbt | deutlich gesägt N EEE N nn / unterseits punktirt nicht punktirt TUI ee Bl.-farbe | Obers. viel dunkler | Piattseiten fast gleich gefärbt, matt. glänzend Die schon oben erwähnte Annäherung der nicht typischen Form des Bastards an die Preisselbeere besteht in einem mehr oder minder starken Zurücktreten der Blattspitze, während zugleich auch die Serratur des Blattrandes undeutlicher wird, und auf der Unterseite eine schwache Punktirung hervortritt, ausserdem aber namentlich darin, dass die obere Blattfläche bedeutend dunkler wird, als die untere, und mehr oder we- niger Glanz annimmt. Aber auch dann ist der Bastard von der echten Preisselbeere noch wohl zu unterscheiden, da sein Blatt weder die ver- kehrt-eiförmige Gestalt, noch die dicke und starre, brüchige Consistenz annimmt, noch unterseits das eisne Weissgrün zeigt, welches die Blätter der Preisselbeere auszeichnet. Niesky, im Februar 1869. III. Bericht über die Thätigkeit der entomologischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1868 erstattet von Dr. Gustav Joseph, zeitigem Secretair der Section. Berichterstatter hielt folgende Vorträge: In der Sitzung am 1l6ten März 1868. | I. Zur Morphologie von Sphodrus Schreibersii Küst. Die Geschichte der Naturwissenschaften hat gezeigt, dass Oberfläch- lichkeit im Gewande allgemeiner wortreicher Raisonnements, welche von der, auf genauer Kenntniss des Speciellen basirten, kosmischen Natur- betrachtung weit entfernt ist, Mangel an Naturverständniss, selbst Un- wissenheit und Denkträgheit hinter keinem Umstande leichter sich ver- bergen, als wenn die Gegenstände, um die es sich handelt, nieht genau sekannt und mit bestimmten Namen nicht bezeichnet sind, Trotz des Aufschwungs der Wissenschaften im 16. Jahrhundert lastete der Uebel- stand, dass die Gegenstände, an welche man Betrachtungen anknüpfte, nicht wissenschaftlich charakterisirt und meist nicht wissenschaftlich be- nannt waren, wie ein Alp auf dem schaffenden Menschengeist und erzeugte den Drang nach bestimmter Terminologie und Diagnostik. Einem mehr ordnenden, als genial schaffenden Geiste, Linne, war es vorbe- halten, dem Bedürfnisse seiner Zeit zu genügen, die dunklen Ideen der 156 Jahres-Bericht Zeit zum vollkommenen Bewusstsein zu vereinigen, zum klaren syste- matischen Ausdrucke zu bringen. Die Riesenfortschritte, welche die Naturwissenschaften in der kurzen Zeit seit Linn& gemacht, die wich- tigen Dienste, welche sie in ihrer neuen, dem Verständniss zugänglichen, Gestalt der geistigen Entwiekelung überhaupt geleistet, die Anregung zu neuen fruchtreichen Forschungen, welche sie auf allen Gebieten des Wis- sens gegeben haben, — diese neue Aera hat in jener Zeit ihren nach- weisbaren Anfang genommen. Die Einseitigkeit, an welcher gleichwohl alle Systematik leidet, hat in der Gegenwart eine bereits bald nach Linnes Zeit in der Descendenztheorie Lamarcks entstandene Ideen- richtung in der sich daran anschliessenden Transmutationshypothese Dar- vins zur Erscheinung gebracht, welche — gleichfalls ein Kind der Zeit, — sich unter Sachverständigen und Laien einen seit fast einem Jahrzehnt immer grösser werdenden Anhang verschafft hat. Es ist hier nicht der Ort auf die wissenschaftliche Berechtigung dieser, soweit sie nicht mit Thatsachen in direetem Widerspruche steht, hochwichtigen Hypothese näher einzugehen. Wir müssen uns begnügen zu bemerken, dass 1) je weiter verbreitet der Irrthum, mit der Häckelschen“) Substituirung von Individuen 1. bis 6. Ordnung und Beseitigung des in der Natur der menschlichen Denkweise begründeten Artbegriffes werde dem wissen- schaftlichen Bedürfnisse nach genauer Unterscheidung der Naturkörper besser genügt, als mit der bisherigen Betrachtung der Species als syste- matische Einheit, 2) je grösser die Gefahr: mit Verminderung oder Leug- nung ihren Werthes durch die Consequenzen der Darvin’schen Hypo- these und Verdrängung des Thatsächlichen durch träumerische Annahmen werde das Interesse an systematisch-zoologische Studien allmählich bis zur Vernachlässigung erkalten, desto ernster an den unbefangenen Forscher die Mahnung geht, noch sorgfältiger als bisher aus genügendem Beobachtungsmaterial den Charakter der Art, die Gesetze des Umfanges, die Grenzen und Bahnen ihrer Veränderlichkeit, den Einfluss der Lebens- weise, des Aufenthaltsortes, der klimatischen Verhältnisse und anderer Existenzbedingungen auf die Entwickelung festzustellen. Nur dadurch wird es möglich sein, den Fehler mancher Systematiker, Varietäten als ‘Arten aufzustellen, zu verbessern und die Belastung der Wissenschaft mit schädlichem, ermüdendem Ballast — auch in der Entomologie — zu vermeiden. Die Arbeiten von Suffrian**) über die Zusammengehörig- keit von Carabus violaceus und purpurascens, ferner von Kraatz***) über die von Scheidleri und Preysleri nebst den dazwischen liegenden, grossen, *) Generelle Morphologie I. 241, II, 323. **) Stettiner entomologische Zeitschrift 1846 S, 248 bis 259. "*#) Stettiner entomologische Zeitschrift 1854 Seite 24 fl. der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 157 den Uebergang bildenden, Varietätenreihen zu je einer Art, können als mustergiltige Beispiele von Verbesserungen dienen. In nachstehender, den genannten beiden analogen, kleinen Arbeit versuche ich eine solche Vereinigung von Sphodrus Schreibersii Küster mit Sph. Schmidtii Schaufuss. Meine Ansicht stützt sich auf Siehtung und Zergliederung eines, auf vier Reisen in Krain gesammelten, reichen Materials und schliesst sich der in dem Artikel „‚die gelben Sphodren der Karsthöhlen‘‘*) ausgesprochenen Meinung Schaums an, ohne diese jedoch auch in Bezug auf die Beur- theilung der Artrechte von Sphodrus dissimilis vorläufig theilen zu können. Vor Allem sei hier bemerkt, dass die in Rede stehende Sphodrus- Art zum Variren, zu Schwankungen in der Ausbildung einzelner Rumpf- und Extremitätentheile und zur Entwickelung von Asymetrien sehr hin- neigt, und es schwer ist sie durch Aufstellung von stets beständigen, nie schwankenden, Kennzeichen zu charakterisiren, wie es überhaupt nicht immer möglich ist den Umfang in den Formverhältnissen einer Species in Worte zu fassen. Die äusserst unebenen, mit stalagmitischen Hervorragungen aller Art versehenen, zuweilen sehr engen, der Ent- wickelung von Organismen ungünstigen, mit Nährstoffen spärlich bedachten Localitäten, in denen die zarte Sphodruslarve ihre Entwickelung zum vollkommenen Insekt in Jahreszeiten durchzumachen hat, in denen manche Grotten von Hochwässern heimgesucht werden, dürfte für die zahlreichen und mannigfaltigen, Bildungshemmungen, Verkrüppelungen und unregel- mässigen Eindrücken am Rumpfe und an den Flügeldecken die erklärende Ursache sein. Zu den an den Sphodren häufigen Verstümmelungen an Fühlern, Palpen und Füssen mag der Kampf mit Gästen, wie ansehnliche Skolopendren, Epeira fusca, die zwar den Grotten, als solchen, nicht eigen- thümlich sind, aber häufig in deren vorderen Räumen verkehren und bei den ohnedies spärlich vorhandenen Nährstoffen als siegreiche Concurrenten auftreten, viel beitragen. Nach Entfernung einer nicht unansehnlichen Anzahl solcher, zu wissenschaftlichen Zwecken unbrauchbaren, verkrüppelten Exem- plare bestand mein im Spätherbste 1853 und Sommer 1864, 1865 und 1868 persönlich gesammeltes Material aus 354 gut eonservirten Stücken, welche Zahl darch Zusendungen von Freunden, die in denselben Grotten gesam- melt hatten, absichtlich auf gerade 400 vermehrt wurde. Die Grotten, in denen bisher Sphodrus Schreibersii und seine Varietäten gefunden und auch von mir gesammelt wurden, gehören sämmtlich Oberkrain und Inner- Krain an. Von ersteren sind besonders erwähnenswerth: die Grotten bei Vir, Podrece, Aich und Moräutsch, Dolga jama, Ihansiea jama, Bo- stonova jama, Skalaryeva jama, Devsova jama, Celeryova jama, Kew- derca jama, Sovenca jama, Cajezova jama, Dolga eirkow, pri Puhlieovim *) Berliner entomologische Zeitschrift Jahrgang VI. 1862, Seite 417—41), 158 Jahres-Bericht malnu, ferner bei Bischoflack, die Gipsova jama, Ljubniska jama. Von den Innerkrainer Grotten erwähne ich die St. Lorenzgrotte an der Kirche von Laas, die Adelsberger Grotte, Magdalenengrotte, die Grotte von Lueg, St. Kanzian bei Matauin, Franzdorf (Merzla dol, pri Zavrh) bei Koschana (Zavineca, Kukurjevee), bei Parje, bei Nussdorf, Senosetsch und Sessana. In der Grotte von Corgnale und in denen zwischen Divazza und Corgnale fand ich Sphodrus Schreibersii durch Sph. cavicola Schaum ersetzt. Von den Grotten in Unterkrain fand ich nur in der Skednenca nad Rajntur- nam bei Rasica und in einer Grotte bei Obergurk die Gattung Sphodrus vertreten und zwar durch eine höchst eigenthümliche neue Art, die ich später unter dem Namen Sphodrus paradoxus n. sp. beschreiben werde. Andere von mir besuchte Grotten im Guttenfelder Thal bei Podpee, Kumpole, v glavina, Potiskavez, Podtabor, Strugge, im Reifnitzthal die Niveja jama, im Gotschever Gebiet die Grotten im Seler Hügel und die God jama, endlich im Gebiet der südlichen Gurk ergaben keine Spur eines Sphodrus zur Ausbeute. Die verschiedenen, näher zu beschreibenden, von einander abwei- chenden Formen von Sph. Schreibersii Küst. fanden sich in den vorderen und mittleren, vom Tageslichte noch erreichten, Räumen der früher er- wähnten Grotten pe@le-mele unter einander, welche Wahrnehmung die Krainer Entomologen und ihr Nestor Ferdinand Schmidt mit mir theilen. Eben so wenig als in den Fundorten liegen in den körperlichen Merk- malen stichhaltige Unterscheidungszeichen der Art. In Bezug auf die Farbe theile ich die Ansicht Schaums*), dass lichte und dunkle Färbung von der Ausfärbung je nach dem Alter der Thiere abhängt. Das eben aus der Puppe gekommene noch weiche Thier ist gelblich weiss, durchscheinend, wird allmälig hell braungelb oder rostgelb, dann dunkler rothbraun oder dunkel rostroth. Die Augen und die Spitzen der Mandibeln leuchten schon dureh die Haut der Puppe schwarz hindurch. Zuerst werden der Kopf, dann der Thorax dunkler gefärbt, während die Flügeldecken viel später nachdunkeln, Palpen, Fühler und Beine stets etwas heller gefärbt bleiben. Dies habe ich stets constant bei solchen, welche als Schreibersiü, bei solchen, welche als Schmidti angesehen werden, und bei allen übrigen Varietäten beobachtet. Eben so wenig liegt in der Statur und verschiedenen Grösse der Individuen ein charakteristisches Unterscheidungszeichen, die Länge schwankt von 10,3 bis 16 Millimeter, am häufigsten zwischen 12,5 bis 14,8 Mm., die Breite zwischen 4,5 bis 5,35 Mm., am häufigsten zwischen 5 bis 9,7. Procentisch berechnet fanden sich unter 400 Exemplaren nur 3 Exemplare von 10,3 Mm., also 2 pCt., und nur 6 Exemplare von 16 Mm. Grösse 1,5 pCt. Die kleinsten Exemplare hatten die kleinste, *) ]. c. Seite 418. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 159 die grössten Exemplare die grösste Breite. Sowohl unter den grössten als unter den kleinsten Exemplaren fanden sich Individuen, welche mit Schreibersiü, als auch solche, welche mit Schmidtüi hätten bezeichnet wer- den müssen, ebenso in der, den Uebergang zwischen beiden Extremen vermittelnden, grösseren Zahl. Wir kommen zu den einzelnen Körpertheilen. Der Kopf ist bei männlichen Exemplaren etwas grösser, namentlich etwas breiter, in der Halsgegend mehr oder minder leicht eingeschnürt. Dass alle Exemplare mit vorn kaum erweitertem Kopfe nur der Form Schmidtü angehören soll- ten, kann ich ebensowenig bestätigen, als die Angabe, dass nur bei der Form Schreibersiü die Erweiterung des Kopfes nach vorn deutlicher sei. Die genannten Eigenschaften sind procentisch folgendermaassen vertheilt: Unter 400 Exemplaren fanden sich 32 stark ausgesprochene Schmidtü d. h. 8 pCt. Von letzteren zeigten 20 den Kopf nach vorn deutlich er- weitert, d. i. 6Y/, pCt., 9 sehr wenig erweitert, d. i. 287/,, pCt., 3 kaum andeutungsweise erweitert d. i. 9°, pCt. Die Augen sind entweder ganz flach oder wenig vorstehend, woran ebenfalls beide vorgenannte Formen und alle andern Varietäten partici- piren. Die Augen von Schmidti werden als nicht vorstehend, die von Schreibersiü als wenig vorstehend bezeichnet. Aber unter 20 der pronon- eirtesten Exemplare von Schreibersii hatten nur 3, d. i. 15 pCt., dagegen von 32 Schmidtü 15, d. i. 467/, pCt., andeutungeweise vorstehende, die übrigen nicht vorstehende Augen. Als besonderes Charakteristikon für Schmidti wurden von Schau- fuss*) „dicht über dem Augenrande eingedrückte irreguläre Gruben und die nicht abgeflachte Stelle zwischen dem hin- tern Augenwinkel und dem borstentragenden Stirnpunkte“ angegeben. Gerade aber dieses Merkmal gehört zu den schwankendsten. Allerdings besitzen es von den genannten 32 Schmidtü 18, d.i. 56'/, pCt., sehr ausgeprägt, 5 dagegen, d. i. 15°, pCt., nur auf einer Seite, wäh- rend auf der Gegenseite die irregulären Gruben fehlen, und die Stelle zwischen dem hintern Augenwinkel und dem borstentragenden Stirnpunkt abgeflacht, oder sogar flach vertieft erscheint. Von den 20 früher be- zeichneten, sehr ausgeprägten Schreibersüi besitzen das für Schmidtü an- geblieh eonstante Charakteristikon 6, d. i. 30 pCt., ein Exemplar, d. i. 5 pCt., auf der rechten Seite, die andern 13 andeutungsweise oder gar nicht. Aehnliche Verhältnisse finden bei den übrigen 348 Uebergangs- formen zwischen Schreibersiöi und Schmidti und den andern Varie- täten statt, *) Die europäischen ungeflügelten Arten der Gattung Sphodrus Dejeau. Stettiner entomologische Zeitung. Jahrgang XXI. 1861. Seite 241. 160 Jahres-Bericht Eben so wenig kann schwache Biegung oder Gradheit des Augen- randes als Kennzeichen benutzt werden, da dieser Unterschied bei Schmidtii und Schreibersü, sowie bei den übrigen Varietäten vorkommt und diese leistenartige Vorragung bei demselben Thier zuweilen auf der einen Seite „schwach gebogen“, auf der andern Seite „‚nicht geschwungen‘* erscheint. | Von den Lippentastern soll nach Schaufuss bei Schmidtü*) das 1. Glied am Grunde gebogen, über der Mitte verdickt, bei Schreibersü”*) am Grunde wenig gebogen, an Dicke allmälig zunehmend sein. Aber nicht bloss sind bei beiden die Uebergänge viel häufiger, als die angeb- liche Norm, sondern auch die Inelination zur Asymetrie spielt auch hier der gesuchten Unterscheidung einen argen Streich, indem die Thiere, welche auf der einen Seite die eine Gestaltung, auf der Gegenseite die andere zeigen, häufig sind; das Gesagte gilt auch für das 1. Glied der Kiefertaster, welches bei Schmidtü*) gleichbreit, bei Schreibersii am Grunde schmal, nach vorn erweitert und schlanker als bei Schmidtü sein soll. Um Wiederholungen zu vermeiden, bemerke ich ferner, dass weder in der Spaltung des Mittelzahns am Kinn“) **), noch in der Be- schaffenheit der Oberlippe*) °*) ein sicheres Kennzeichen liest, in- dem nicht nur Uebergänge von einer Gestalt zur andern häufig, sondern beide Gestaltabänderungen sowohl bei Schmidti als Schreibersi vorkom- men. Letzterer Umstand ist bei den Mandibeln besonders deutlich. Sie sollen bei Schmidti*) in stumpfen, bei Schreibersi”*) in fast spitzen Haken enden. Die Sache verhält sich anders. Die früher erwähnten 32 Schmidtü haben bis auf vier Männchen spitze Haken an den Man- dibeln; von diesen Männchen, alte, sehr dunkle Exemplare, hat eins an der rechten Mandibula einen stumpfen, an der linken einen spitzigen Haken, die andern drei stumpfe Haken. Auch bei den übrigen 368 zur Hauptform Schreibersit oder Uebergängen, oder andern Abweichungen an- gehörenden Arten herrschen bei den jugendlichen hellgefärbten Indivi- duen die mehr spitzen, bei alten dunklen Exemplaren mehr die stumpfen Haken vor. Die spitzen Haken sind am Ende stark, die stumpfen schwach gekrümmt. Bei letzteren kommt man leicht auf die Vermuthung, dass sie durch Gebrauch abgerieben seien. Asymetrische Mandibelbildung kommt übrigens auch bei andern Carabieinen vor z. B. bei Badister cephalotes De). Die Stirn zeigt bei allen Exemplaren jederseits einen mehr oder minder tiefen Längseindruck, der ziemlich häufig durch einen Quereindruck am Scheitel verbunden wird. Bei einigen Exem- plaren von der Form Schmidti und mehreren von Schreibersi sind die Innenränder der Gruben verwischt, das Mittelfeld der Stirn erscheint bis *) 1. c. 248. “lc, 250. der Schles. Gesellsch. f. vaterl Cultur. 161 zum Scheitel mehr oder minder tief eingedrückt. Gewöhnlich sind jeder- seits zwei borstentragende Stirnpunkte vorhanden, von denen zuweilen der hintere, seltner der vordere fehlt. Bei zwei Weibehen ragen aus dem vorderen Punkte zwei Borsten, bei 3 andern aus einem dritten, nach innen vom 2. befindlichen Punkte eine 3. Borste hervor. Beide, äusserst seltene Varietäten (var. propinguus) sind auch noch durch stärker vor- stehende Augen (Andeutung zur Verwandtschaft mit Sph. cavicola Sch.) ausgezeichnet, obwohl sie hinsichtlich aller übrigen Formverhältnisse aus- seprägte Schreibersi sind. Die Fühler sind bei den Männchen meist verhältnissmässig länger als bei den Weibchen, das 1. Glied mehr oder minder verdickt, das 2te (gesondert betrachtet) an der Basis eingeschnürt, befindet sich mit einer knopfförmigen Anschwellung in der Gelenkpfanne des ersten, ebenso das an Länge meist dem 1.-+2. gleiche 3. Glied, welches von der Wurzel bis zur Gelenkstelle am Ende allmälig an Dicke zunimmt. Zuweilen — ohne dass diese Abweichung irgendwie nach Varietät oder Geschlechts- Verhältniss sich richtet, erscheint das 3. Glied unbedeutend, noch nicht 0,1 Mm. länger als 1+2. Je nach dem Verhältniss der Länge des Halsschildes zur grössten Breite und zur Breite der Basis, zum Verlauf der Seitenränder, des Vorder- und Hinterrandes, dem Vortreten und der Neigung der Vorder- und Hin- terecken, der Wölbung der Oberfläche, der Tiefe der Eindrücke kann die Gestalt des Thorax eine sehr manmnisfaltige sein. Was zuerst die Grösse betrifft, so varürt die Länge von 3,4 bis 2,5 Mm., am häufigsten von 3 bis 2,8 Mm.; die grösste Breite, meist am Ende des ersten Drit- tels gemessen, von 3,2 bis 2,5, am häufigsten von 3 bis 2,8; die Breite der Basis von 3,2 bis 2,0, am häufigsten von 2,5 bis 2,2 Mm. Nicht immer ist die grösste Länge mit der grössten Breite und zuweilen letz- tere nicht mit der grössten Basisbreite combinirt. Welch’ grosse Reihen von Combinationen dadurch entstehen, und wie verschieden z. B. ein thorax (der Varietät laticollis) bei 3,1 Mm. Länge, 3'/, Mm. grösster Breite und 24, Mm. Basisbreite, von einem thorax (der Varietät parallelicollis) mit 2,6 Länge, 2,3 Breite und 2,1 Basisbreite sein muss, liegt auf der Hand. Wer nicht die zahlreichen direeten und lateralen Uebergänge vor Augen hätte, würde kaum von der Zusammengehörigkeit beider Varie- täten zu einer Art überzeugt werden können. Der Thorax mit 2°/, Mm. Länge, 2°/, Mm. grösster Breite und 2'/, Basisbreite erscheint verkürzt und fast würfelförmig, der häufigste mit 3 Mm. Länge, 2,8 grösster und 2,3 Basisbreite erscheint länglich, oblong. Dazwischen liegen zahlreiche allmälige Uebergänge, welche sehr schwer zu rubrieiven sind. Das über die Grössenverhältnisse Gesagte gilt für Schreibersü, Schmidtii und alle übrigen Varietäten. 162 Jahres-Bericht Der Vorderrand und Hinterrand ist am häufigsten in der Richtung von oben nach unten grade abgeschnitten; ein bedeutender Grad von Hervorragung und von Breite der Vorderecken lässt den Vorderrand schwach ausgeschweift erscheinen. In der Fläche bildet er einen con- vexen Bogen, unter welchem der Halstheil des Hinterhauptes eingelenkt ist. Wie weit letzterer vom Thorax gedeckt werden kann, zeigt dessen vorderer bogenförmige, zuweilen sehr schwach angedeutete Quereindruck. Das Abwärtsgebogensein der Vorderecken, der Grad ihrer Hervorragung, ihrer Abrundung, die Aufwärtsbiegung ihres Spitzenrandes ist häufigen Variationen unterworfen, ohne dass dieselben mit andern Gestaltab- weichungen, als den, den Seitenrand und die Convexität der Oberfläche betreffenden, zusammenhängen. Die grösste Breite des Thorax, die Ent- feınung je der Vorderecken und Hinterecken in grader Linie von ein- ander, bestimmt den Verlauf des mit meist sehr scharfer Kante vortre- tenden aufgebogenen Seitenrandes, ob er am Orte der grössten Breite stark oder schwach gerundet erscheint, ob er jäh oder sanft in die Vor- derecken, endlich ob er hinten nach starker oder schwacher Einwärts- biegung in die (in der Durchschnittsebene) genau oder fast rechtwinkligen zahnartig spitzen (885—90°), oder abgerundet spitzen (91°) Hinterecken übergeht. Der Hinterrand ist meist grade, seltener schwach ausgeschweift, und nur in 3 Fällen schwach nach hinten ausgebogen. Die Richtung eines Winkels wird durch dessen Halbirungslinie bestimmt. Denkt man sich diese durch die Durchschnittsebene der Hinterecken gezogen und verlängert, so sieht man, dass sie nach hinten und aussen gerichtet ist. Ein rechter Winkel kann auf 3fach verschiedene Weise zum spitzen wer- den. Entweder der erste Schenkel nähert sich dem zweiten, oder der zweite dem ersten, oder beide nähern sich einander. Nennen wir in unserem Falle den einen Schenkel den Seitenrand, den andern den Hin- terrand, so ergiebt sich 1) wenn durch stärkere Ausschweifung des Sei- tenrandes der Winkel vom Rechten abweicht, eine vermehrte Richtung nach aussen, und zwar um so viel mehr, als er Grade (von 90°) ver- loren hat; 2) wenn durch Ausschweifung des Hinterrandes die Abwei- chung vom Rechten bewirkt wird, eine vermehrte Richtung nach hinten und zwar ebenfalls um so viel mehr, als er Grade eingebüsst hat. Von den Hintereeken des Sphodrus Schreibersü hehauptei Schaufuss*) gerade das Gegentheil: „hinten leicht ausgesehweift, wodurch die scharfen Ecken nach aussen vortreten‘“ — was eben unmöglich ist. Und in der That erscheinen die Hinterecken um so mehr nach aussen gerichtet, je mehr einwärts gebogen die Seitenränder erscheinen und je grader der Hinter- rand ist, Bei einer Varietät (var. retractus) bildet der Hinterrand einen flachen nach hinten eonvexen Bogen und sind deshalb die Hinter- ecken mehr nach aussen gerichtet. SL CMBD. © ie) o oO der Schles, Gesellsch. £. vaterl, Cultur. 163 Wie mannigfach abweichend auch die Wölbung der Oberfläche, die ‚Tiefe, oder Seichtheit, Kürze oder Länge des mittlern und der seitlichen Längseindrücke, das Dasein oder Fehlen der Querrunzeln an Kopf und Thorax, und die dadurch bedingte Glätte oder Rauheit, sich gestaltet, die schroffen Gegensätze werden durch zahlreiche sanfte Uebergänge mit einander verbunden und finden sich bei Schreibersii und Schmidti und allen Varietäten vertreten. Das Schildchen ist dreieckig, an den Seiten gerundet, selten mit glatter, meist mit gerunzelter Oberfläche. ‚Die Flügeldecken sind an der Basis entweder so breit als das Hals- schild, oder breiter, beides in gleicher Häufigkeit bei der Grundform und bei allen Abänderungen, sehr selten (nur in 3 Fällen von 400 Exem- plaren) schmaler als das Halsschild. In diesen Fällen ist der Hinterrand des Halsschildes schwach nach hinten ausgebogen. Die Wölbung der Flügeldecken ist schwach, mit geringer Erweiterung hinter der Mitte und abgerundeter Spitze am Ende. Der scharfe umgeschlagene Seitenrand überschreitet die Basis und zeigt auf der Unterseite zwei scharfe, nach vorn sich erweiternde Kanten. Der Glanz der Flügeldecken ist geringer, als die des Halsschildes und Kopfes, was von der abweichenden Structur herrührt. Letztgenannte Rumpftheile erscheinen bei geringer Vergrösse- rung — die Querrunzeln abgerechnet — glatt, die Flügeldecken dagegen mit äusserst feinen Körnchen übersät, die bei stärkerer Vergrösserung und durchfallendem Lichte sich als rundliche durchscheinende scharf con- tourirte Bläschen darstellen. Jede Flügeldecke zeigs — den mit groben Eindrücken versehenen Randstreifen und den kurzen Streif in der Nähe des Schildchens abgerechnet — 7 (die Flügeldecke von der Basis bis segen die Spitze hin durchziehende) Längsfurchen. Dieselben beginnen in der Regel eine jede selbständig an der Basis und erlöschen an der Spitze, oder es beginnt an der Basis eine Furche, die sich nach kurzem Verlauf in zwei Aeste spaltet. Die Endigung der Furchen an der Spitze der Flügeldecken ist eine sehr mannigfaltige. indem sie entweder isolirt bis zum Aufhören bleiben, oder je 2 (selten 3) Streifen an der Spitze sich vereinigen. Das Ende der 7. Furche zeigt 2 bis 3 den Randein- drücken ähnliche Grübehen. Da höchst selten die Furchen auf beiden Flügeldecken in gleicher Weise verlaufen, der asymetrische Verlauf viel- mehr der gewöhnliche ist, endlich sehr verschieden gestaltete Exemplare zuweilen gleichen Furchenverlauf zeigen, so ist derselbe als diagnostisches Kennzeichen gänzlich werthlos. Die Streifen sind mehr oder minder deutlich punktirt. Die Punkte, welche zuweilen schwarzbraunes Pigment (var. nigripunctatus) enthalten, und comprimirte Stellen sind, zeigen sich bei durchfallendem Lichte schon bei mässiger Vergrösserung von ellipti- schen Contouren, die mit ihrem grössten Durchmesser in den Furchen einander parallel gestellt sind, umgeben. Die Zwischenräume zwischen L1* 164 Jahres-Bericht den Furchen auf den Flügeldecken werden von Schaufuss für Schreibersü*) als flach, für Schmidta**) als leicht zugerundet angegeben. Ich nenne das Interstitium zwischen den Furchen 1) flach, wenn der senkrecht auf dessen Längsaxe geführt gedachte Querschnitt eine grade Linie bildet, eine ebenso darauf gelegte grade Kante eines Gegenstandes dasselbe in allen Punkten berührt; 2) leicht gewölbt (= leicht zugerundet) wenn jener Querschnitt einen flachen, in der Mitte etwas abge- platteten Bogen bildet, 3) stark gewölbt, wenn er einen stark con- vexen Bogen bildet und von jener darauf gelegten graden Kante nur in einem Punkte berührt wird. Die erste Form des Interstitium, welche zugleich mit seichten Furchen und undeutlicher Punktirung verbunden ist, bildet die Var. planipennis, die sowohl bei der Grundform Schreibersü, als auch bei der Abart Schmidtü und den Uebergangsformen, überhaupt aber selten (unter 400 Exemplaren nur 18mal, d. i.. 4\/, pCt.) vorkommt. Bei einem zu den Uebergangsformen zählenden, 2 sind die Interstitien auf der linken Flügeldecke vollkommen flach, auf der rechten dagegen gewölbt. Die dritte Form in ausgeprägtestem Grade ist von mir noch weit seltener, nämlich unter 400 Exemplaren nur 5mal (d. i. 1Y/, pCt.) zugleich mit sehr tiefer Furchung und Punktirung beobachtet worden. Ausserdem war der allen eigenthümliche schmale Thorax, die stärkere Convexität und seitliche Erweiterung der Flügeldecken, die verhältniss- mässig kürzeren und kräftigeren Beine auffallend. Diese Varietät, möge sie sulcipennis genannt werden, gehörte den kurzen Klauen, den nicht vorstehenden Augen und Fühlern (8. Glied länger als 1-+2) nach zu Schmidt, der abgeflachten Stelle zwischen dem hintern Augenwinkel und dem borstentragenden Stirnpunkte, dem sehr langen Halssehilde mit leieht ausgeschweiftem Hinterrande, den an der Basis breiteren Flügeldecken nach zu Schreibersi. Anklänge zu dieser Varietät finden sich in den am häuligsten vorkommenden geringeren Graden der dritten Form. Ebenso häufig als letztere ist die zweite Form, die mit den sanftesten Ueber- gängen bis zur Annullirung des Unterschiedes sich der dritten Form nähert. | Obwohl ich an der Unterseite, an den Hüften, Schenkeln, Tibien manche Variationen wahrgenommen habe, so übergehe ich dieselben, um die Arbeit nieht noch mehr auszudehnen, bemerke jedoch, dass bei alten 'Thieren die Behaarung, der Füsse nur noch spärlich vorhanden ist. Ich spreche nur noch vom extremsten und scheinbar unbedeutendsten Körpertheile, den Krallen. Die Kralle stellt ein mehr oder minder gekrümmtes Komma dar -— den Bogen eines Kreises —, ist aber nicht bloss nach der Fläche, son- 0 al A ti a BE N RE 1} TB aa =; ui der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 165 dern auch nach der Seite gekrümmt. Je nachdem die Krümmung ent- weder gleich von der Basis beginnt (der seltenere Fall) oder erst, nach- dem die Kralle von der Basis aus eine Strecke weit gerade verlaufen ist, bietet die Kralle neben dem Grade ihrer Dicke oder Zartheit, Länge oder. Kürze eine verschiedene Gestalt dar. Darnach kommen bei unserer Sphodrusart folgende Formen vor: 1) Lange, schmächtige, zarte Krallen mit gerade verlaufender Basis und verlängerter, stärker gekrümmter, äusserst zarter Spitze.. Die Krallen sind entweder so lang als das zweite Fussglied, zuweilen sogar etwas länger. 2) Kurze, selten zarte, häufig kräftige Krallen mit scharfer Spitze. Die Krümmung fängt fast gleich von der Basis der Kralle an. Die Länge beträgt die Hälfte des zweiten Fussgliedes. Die seltenste Form. 3) Lange kräftige Krallen mit grade verlaufender Basis, scharfer, aber niCht verlängerter Spitze — so lang als das zweite Fussglied oder etwas kürzer. 4) Krallen von '/, oder '/, der Länge des zweiten Fussgliedes oder noch kürzer, abgeriebener, oder deutlich abgebrochener und dann gänz- lich fehlender Spitze und mit gerad verlaufender Basis. Die letztgenannten beiden Kategorien sind die häufigsten. Von Nr.'1 habe ich unter meinen 400 Exemplaren nur 20 d. i. 5 pCt., von Nr. 2 nur 4, d. i. 1 pCt., von Nr. 3 dagegen 312 d.i. 78 pCt, von Nr. 4 endlich 59, d. i. 143/, pCt. Dass die letztgenannte Kategorie nur durch Verstümmelung entstanden ist, zeigt ihre äusserst geringe oder ganz fehlende Krümmung — in letzterem Falle ist eben nur die Basis übrig geblieben, die Spitze aber abgerieben oder abgebrochen worden — und der Umstand, dass sie nicht selten nur an dem einen Fusse so gestaltet sind, während die Krallen der andern Seite noch zur Kategorie 1 oder 4 an Länge gehören. Zugleich ergiebt sich aber hieraus, dass die zur Kategorie 2 gehörenden kurzen Krallen ursprünglich unverletzte sind. Deshalb ist die Ansicht Sechaums”), dass kurze Krallen aus- schliesslich den älteren dunklen Exemplaren angehören und in Folge des Gebrauches stumpfer und mehr abgenutzt sind, nur auf die vierte Kate- sorie zu beziehen. Auf die 2. Kategorie findet sie keine Anwendung. Die Klaue ist ein Kreisbogen, der halbirt oder geviertheilt, weniger ge- krümmt, also gerader erscheinen muss. Deshalb lassen auch lange ge- krümmte Klauen nach ihrer Verkürzung durch Verstümmelung einen gera- den Basalüberrest zurück. Die unter 2 bezeichnete kurze Klaue ist aber stark gekrümmt und überdies noch mit scharfer Spitze versehen. In vorstehender Darstellung der morphologischen Verhältnisse haben wir die Beziehungen der wahrgenommenen Eigenthümlichkeiten sowohl zu einander als auch auf ihren Werth zur Charakteristik des Ganzen ge- ZN. esiale,. 166 Jahres-Bericht prüft und nach dem uns vorliegenden Material den Umfang bestimmt, innerhalb dessen Modifieationen in der Ausbildung jener Eigenthümlich- keiten eintreten können; wir haben die Grenzen festgestellt, zwischen welehen die Entwiekelung einzelner Körpertheile schwankt. Fassen wir nun als Resum& das zusammen, was in seiner Gesammtheit den wirklichen Ausdruck der specifischen Wesenheit der Art bildet, und woran sich als Varietäten auftretende Gestaltmodifieationen am leichtesten anschliessen können. Sphodrus Schreibersii Küst. ist 12,5 — 14,8 Mm. lang, 5—5,7 Mm. breit, von gestreckter Gestalt, in der Jugend braungelb oder hell rost- roth, im Alter rostbraun mit dunklerem Kopfe und Brustschilde, mit eini- gem Glanze, während die Flügeldecken auch beim Männchen matter er- scheinen. Der Kopf ist lang, bis auf den ein wenig eingeschnürten Halstheil des Hinterhauptes gleichbreit, mit zwei mehr oder minder flachen Ein- drücken zwischen den Fühlern. Letztere sind ansehnlich länger als der halbe Körper, ihr 3. Glied entweder gleich dem 1. und 2. zusammengenommen oder unbedeutend länger; die 4 oder 5 letzten Glieder sind etwas flach gedrückt. Die Pubescenz beginnt beim 4. Gliede. Die Augen sind klein, entweder ganz in die Seiten des Kopfes ein- gesenkt und flach, oder ein wenig vorstehend, jedoch den leistenför- migen, nach vorn bis über die Fühler verlängerten, flachbogenförmigen, zuweilen fast graden Augenhöhlenrand nie überragend. Dicht über der Mitte des obern Augenrandes, da, wo derselbe mit dem ÖOrbitalrande verschmilzt, befindet sich ein borstentragender punktförmiger * Eindruck. Der hintere Bogen des Augenrandes wird von einem unregelmässigen _ länglichen, meist gebogenen Eindrucke umgeben, der zuweilen durch mehrere Grübchen ersetzt ist. Darüber — doch schon etwas mehr nach hinten — befindet sich ein zweites grösseres borstentragendes Grübchen. Ueber dem Auge finden sich zuweilen noch einige irreguläre Grübchen, die meist nur leicht angedeutet sind, und entweder auf beiden Seiten, .oder auf einer Seite fehlen können. Die Stelle zwischen dem länglichen Eindrucke um den hintern Augenabschnitt und dem zweiten höher ge- legenen borstentragenden Punkte ist entweder nicht abgeflacht, oder ab. geflacht, oder vertieft. In letzterem Falle verbindet sie jenen länglichen Eindruck mit dem zweiten hinteren borstentragenden Punkte. Auch in Bezug darauf können beide Seiten sich asymetrisch verhalten. Das Brustschild ist 2,8 bis 3 Mm. lang, an der Stelle der grössten Breite (meist am Ende des vorderen Dritttheils) 2,8 bis 3 Mm. breit, an der Basis 2,2 bis 2,5 Mm. breit, am häufigsten ansehnlich länger als breit, vorn (bis auf die vorragenden Vordereeken) und hinten grade ab- geschnitten. Der scharfkantige aufgebogene Seitenrand bildet in dem der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 167 vorderen grösseren, erweiterten Theile des Brustschildes einen nach aussen convexen, im hintern kleineren Theile einen nach aussen concaven Bogen und geht dann wieder nach aussen gewandt in die scharf recht- winkligen (88 bis 90°) oder sanft rechtwinkeligen (91°) Hinterecken über. Wie der vordere Seitentheii der Oberfläche des Brustschildes, so ver- läuft auch der Seitenrand vorn etwas nach abwärts, dagegen ist die Spitze der Vorderecken etwas aufgebogen. Die Oberseite ist schwach gewölbt, seltener ganz flach. Der vordere bogenförmige Quereindruck ist seicht, zuweilen nur angedeutet, zuweilen ist auch ein hinterer, mehr serader Quereindruck vorhanden. Die Mittellinie erreicht weder den vor- deren, noch hinteren Rand des Thorax, sondern erstreckt sich entweder nur bis zu jenen Quereindrücken, oder ein wenig darüber hinaus. Die hintern schmalen Längseindrücke sind selten gesondert und gehen in die den aufgebogenen Seitenrand begleitende Vertiefung über. Die Flügeldeeken sind an der Basis etwas breiter, oder so breit, als das Brustschild, schwach gewölbt, zusammen von elliptischer Form, hinter der Mitte etwas verbreitert, am Ende abgerundet, deutlich gefurcht und in den Furchen seicht punktirt. Die Beine sind schlank, die Füsse oben und unten behaart, die Klauen sind glatt, kräftig, spitz, so lang als das 2. oder 4. Fussglied. Die vorstehende Charakteristik passt auf die am häufigsten vorkom- menden Individuen, und tritt in den nachbenannten Varietäten, womit aber nicht alle möglichen Gestaltswandlungen erschöpft sind, entweder dem Ganzen nach oder in manchen Theilen modifieirt auf. Die häufigste und leichteste Modification begegnet uns 1) in der Var. insignis. Der Charakter der Art erscheint hier am meisten ausgeprägt, sowohl am Rumpfe als an den Gliedmaassen; die Krallen sind so lang, als das zweite Fussglied, aber schmäler als bei der Grundform, mit zarter Spitze. 2) Erreichen Individuen bei einheitlich ausgeprägtestem Charakter der Art noch ansehnlichere Grösse (13—15 Mm.), so dass die Theile nicht bloss am ausgebildetsten, sondern in allen Dimensionen vergrössert erscheinen — die Krallen bleiben zart, so lang oder länger als das 2. Fussglied mit Integrität der Spitze — so gehen sie allmälig in gedehnter Reihe von Uebergangsformen in die Var. procerus üver. 3) Den Gegensatz zu diesen Abänderungen bildet die Var. brewicollis. Die Grundform hat allmälig eine gedrungenere, besonders im Brust- schilde. (2°/, Mm. lang, 2°/, Mm. breit, 2); Mm. Basisbreite) kürzere Gestalt mit kürzeren, dickeren Fühlern und Beinen angenommen. An die beiden erstgenannten Varietäten schliesst sich: 4) Die von Schaufuss als eigene Art betrachtete Var. Schmidtüi. Es gehören hierzu Individuen von 11',—13 Mm. (nach S. von 7’, d. i. 12*/, Mm.) Grösse, bei denen die irregulären Grübchen über dem Auge 168 Jahres-Bericht vorhanden, die Stelle zwischen dem hintern Augenwinkel und dem 2. (hintern) borstentragenden Punkte weder abgeflacht noch vertieft ist, die Augen nicht vorstehen, das 3. Fühlerglied etwas länger als das 1. und 2. zusammengenommen ist, die Hinterecken des Halsschildes sanft recht- winkelig (910) erscheinen und die Klauen spitz und kurz (2. Kategorie) so lang als das 4., d. i. etwas länger als das halbe 2. Fussglied sind. Da $. von den Klauen bemerkt, sie seien bis vor der Spitze wenig ver- engt, so hat er wahrscheinlich nur ältere Individuen mit abgeriebenen Klauen vor sich gehabt. Aus dem früher Gesagten geht hervor, dass sämmtliche hier angeführten, und die übrigen von $. angegebenen, hier aber als absolut unbeständige Kennzeichen (z. B. Runzelung des Kopfes und Brustschildes, Stumpfheit der Mandibularhaken, Verlauf der Furchen auf den Flügeldecken ete.) nicht wiederholten Merkmale, auch mit langen zarten Klauen combinirt sein können, und ausserdem so viel inter- mediäre Formen vorkommen. dass die Entscheidung, ob man die Stamm- form oder die Abart vor sich habe, zuweilen unmöglich ist. 5) Parallel mit der 3. Varietät gehen aus der Stammform Abände- rungen hervor, bei denen in allen Theilen, besonders aber im Thorax (3,1 Mm. Länge, 3,5 Breite, 2,5 Basisbreite) die Prävalenz der Breiten- Dimension sich geltend macht und die in prägnantester Ausbildung die ausgezeichnete Variet. laticollis darstellen. 6) Es kann aber im Gegensatze hierzu das Gegentheil, das Zurück- treten der Breiten-Dimension stattfinden und als Endpunkt einer Reihe von Mitteliormen die mit eigenthümlichem Thorax ausgezeichnete Var. parallelicolis entstehen. Das Brustschild hat hier 2,6 Mm. Länge, 2,3 Breite, 2,1 Mm. Basisbreite, also fast parallele Seitenränder, die hintern Einbuchtungen des Seitenrandes sind hier nur sanft angedeutet. Andeutung zur Verwandtschaft mit Sphodr. cavicola Schaum. finde ich 7) in der Var. propinguus mit stärker vortretenden Augen, sehr tiefem Eindrucke hinter dem Auge, und entweder mit 2 Borsten aus dem vordern, oder mit einem 3. borstentragenden Punkt nach innen und hinten vom 2. Anklänge zur Verwandtschaft mit einer neuen Art, dem später zu beschreibenden Sphodr. paradoxus n. sp., zeigt 8) die var. relractus, bei welcher der Hinterrand des Brustschildes ein klein wenig nach hinten convex vorstekt und die Hinterecken mehr nach aussen vortreten. Eine zweite Gruppe, der aus der Stammform und den vorstehend angegebenen Nebenformen hervorgehenden Abänderungen bilden: )) Die var. impressifrons, bei welcher die 2 Längsgruben zwischen den Fühlern durch eine Quergrube am Scheitel verbunden sind und die ganze Stirn zuweilen eingedrückt erscheint. 10) Die var. rugosicollis. Hier sind die häufig an der Hauptform der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 169 bemerkten Querstrichelungen am Kopf und Brustschild allmälig zu wirk- lichen Querrunzeln geworden. 11) Die var. suleicollis, bei der alle Quer- und Längseindrücke auf dem Brustschilde besonders tief erscheinen. 12) Die Var. suleipennis. Gewöhnlich sind bei der Hauptforn und vorste- henden Abäuderungen die Zwischenräume der Furchen auf den Flügel- decken mässig gewölbt. Die Wölbung kann aber in einer langen Reihe von Mittelformen einen aufiallend hohen Grad erreichen, und die damit ver- bundene tiefe Furehung und Punktirung, stärkere Convexität und seitliche Verbreiterung der Flügeldecken bei langem Kopfe und Brustschilde dem Thiere’ einen fremdartigen Habitus verleihen. Den Endpunkt dieser Ge- staltmodification bildet die var. suleipennis. 13) Das Gegentheil hiervon, die var. planipennis, geht aus dem all- mäligen Zurücksinken der mässig gewölbten Zwischenräume bis zur Flachheit hervor, womit die ganze Oberfläche des Thieres ein flacheres Aussehen bekommt. 14) Endlich können bei der Stammform und den genannten Varie- täten die meisten oder alle Punkte in den Furchen auf den Flügeldecken schwarzbraun pigmentirt sein — einzelne Punkte enthalten auch sonst nicht selten dunkelfarbiges Pigment — und bei rostrotber Färbung des sanzen Thieres sich besonders auffallend markiren. Diese Abänderung begreift die var. nigripunectalus. Wir haben hiermit nicht alle, sondern nur die auffallendsten Abän- derungen der Stammform aufgeführt. Wollten wir alle leicht angedeu- teten Wandlungen (z. B. Spitzheit und Schmalheit oder Stumpfheit und Breite der Vorderecken oder Hinterecken) und Mittelformen hier zu er- schöpfen suchen, so würden wir die bereits ohnedies auf Probe gestellte Geduld des Lesers über Gebühr in Anspruch nehmen. Wir würden aber auch daun noch nicht überzeugt sein, den ganzen Umfang der For- menverhältnisse in Worte gefasst zu halle. Wir sind zum Schlusse dem Leser noch schuldig zu en warum wir uns über die Artrechte von Sphodrus dissimilis Schauf. kein Urtheil erlauben. In dem mehrfach eitirten Aufsatze Seite 291 charakterisirt $. diese angebliche Art 1) durch Kleinheit, 2) hellste Farbe und 3) deutlich punk tirte Streifen auf den Flügeldecken. Erstere wird Seite 252 auf 5 bis 54,“ d. i. 11%/,—12 Mm. bestimmt —- Eigenschaften, welche gegen- über der obigen Darstellung der Veränderlichkeit der Stammform von Sph. Schreibersii Küst. für Charakteristik einer neuen Art werthlos sind. Lassen wir aus der darauf folgenden Beschreibung alles das fort, was wir bei Schreibersii vrepräsentirt finden, z. B. das Merkmal eines aufge- bogenen, nach vorn an Höhe abnehmenden (ist wohl gleich nach vorn niedergebogenen) Seitenrandes und langer zarter Krallen, so bleiben nur 170 Jahres-Bericht noch zur Unterscheidung der neuen Art die Angaben übrig, 1) dass der „Seitenrand ($. 253) von der Mitte des Halsschildes bis zu den Vorder- ecken eine fast grade Linie beschreibt“ und 2) bei geschweiftem Hinter rande des Brustschildes ‚‚die Hinterecken nach aussen vorstehen.‘“ Letz- teres ist, wie oben erläutert wurde, unmöglich und wird erfahrungsgemäss noch dadurch gegentheilig erwiesen, dass bei Sph. cavicola Schaum die Hintereeken nach hinten gerichtet erscheinen, weil die Basis des Brust- schildes in weitem Bogen ausgeschweift ist. Nun soll bei Sph. dissimilis diese Ausschweifung das Gegentheil, nämlich die Richtung der Hinter- ecken nach aussen, bewirken können! Wäre diese Angabe bei $. nicht vorhanden und die nur unter 1) angegeben, so könnte ich — indem ich annehme, dass jene fast gradlinige Richtung des Seitenrandes von der Mitte des Halsschildes bis zu den Vorderecken nicht so streng gemeint ist und die angebliche, fast grade Linie doch wohl flach bogenförmig sein möchte — einige Exemplare der var. procerus mit sehr langen Klauen und einige kleine Exemplare der Grundform darauf beziehen. So aber muss ich mein Urtheil über die Artrechte noch in suspenso lassen. II. Ueber eine Excursion nach dem Landecker Schneeberg im Spätherbste 1867. Nachdem bereits zahlreiche kalte Tage und Nachtfröste voran- gegangen waren und im Hochgebirge Schneefälle stattgefunden hatten, verlockte mich das schöne, heitere Wetter um Mitte October 1867 zu einer Excursion nach dem Glatzer Schneeberge, deren Resultate trotz der sehr kurzen Tage und der Einseitigkeit des Sammelns (unter Moos und Baumrinden, und Gebrauch des Siebes) denen der Sommer-Excursionen nicht erheblich nachstanden. Der Landecker Schneeberg wird fast alljährlich im Sommer von schlesischen und auswärtiger Entomologen so vielfach besucht, und die Eigenthümlichkeiten, die er und seine Umgebung darbietet, sind so be- kannt, dass ich mich jeder Berührung der topographischen und geognosti- schen Verhältnisse, jeder Bemerkung über seine Flora enthalten kann. Auch die Schilderung der herrlichen Herbstlandschaften, die mit beson- deren Reizen ausgestattet hier in üppigster Mannigfaltiskeit auftreten, belebt durch das beständige Abfallen des Laubes und durch das Rauschen der von Wasserfülle strotzenden Gebirgsbäche, liegt ausser dem Bereiche der kleinen Skizze. Obwohl überall die Zierde des Sommers, die Pflan- zenwelt, dahingewelkt ist, oder sich zum Scheiden anschickt, so fehlt es hier doch nirgends an Abwechselung; aus dem Moosteppich ragen zahl- reiche mit Flechten bewachsene Felsen hervor und aus ihren Spalten Gestrüpp, Gesträuch oder Gebüsch, deren Laub die verschiedensten Nüancen von Gelb darbietet. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 171 Am 19. October hatte ich von Landeck aus den Klessengrund er- reicht. An den Zuflüssen des Klessen ist reiche Gelegenheit zum Sam- meln unter Moos. Elmis Maugetü, die hier vorkommenden Parnus- und Hydraena-Arten waren, wie im Sommer, an Steinen zu finden, vielleicht etwas spärlicher. Der Abend überraschte mich beim Sammeln und ich übernachtete dicht am Fusse des Schneebergs bei Herrn Förster Till- ner, um am nächsten Morgen (den 20.) mit Sonnenaufgang aufbrechen zu können. Der 14 Tage früher auf den Höhen noch vorhanden ge- wesene Schnee war längst wieder geschmolzen und Moos und Erdreich waren sehr feucht, und fast nur an hügelartig aus der Umgebung empor- ragenden Stellen genau zu untersuchen. Während ich unter stetem Sam- meln in morschen Baumstümpfen, unter Baumrinden und Moos allmählig immer höher kam, stellte sich heraus, dass in dieser Jahreszeit Formen, welehe mehr dem Gipfel angehörten, auch an den Abhängen vorkamen, und solche, welche sonst am häufigsten in den T'hälern und Abhängen auftreten, auch bis auf den Gipfel sich verbreitet hatten, dass also im Spätherbste die Grenzen zwischen ‚„submontan“, ‚„montan‘ und ‚‚subalpin“ im Vorkommen wenigstens von Coleopteren verwischt seien. Auch das im Sommer in Thälern vorkommende Phalangium Hellwigii hatte sich an eine trocknere Stelle des Gipfels geflüchtet. Das Sammeln an dieser nördlichen Seite des Schneeberges war müh- samer als auf der westlichen. Die Thierehen lagen starr zwischen den Moosstengelchen und adhärent den kleinen Wurzelfasern und Holzstück- chen; aus einem Haufen von Moos-, Wurzel- und Holzstückchen neben Erdbodentheilen, aus welchem ich im Freien bei 4° bis 2° R. Nichts mehr herauszusieben vermochte, krochen im warmen Zimmer eine grosse Zahl kleiner Staphylinen, Nitidularien, Cryptophagiden, Lathridien, Micro- eureulionen, Halticinen und Corylophyden heraus, die unter vielen häu- figen Arten doch manchen willkommenen Fund enthielt. — Carabus nodulosus Creutz. hatte sich längst aus seinem nassen Sommeraufenthalte in und an Quellen und Bächen auf trockner gelegene Stellen zurückgezogen und lag in kleinen Erdhöhlen unter Moos, wie seine grossen Verwandten, die jedoch eben so zahlreich in morschen Baumstümpfen anzutreffen waren. Cychrus verhielt sich ebenso, war aber ‚viel weniger häufig als im Sommer. Von Cymindis eingulata Dej. und axilluris F. fand ich nur je 1 Exemplar unter Moos. Von Leistus zeigte sich in Localitäten, wo ich die vorkommenden Arten im Sommer stets antraf, keine Spur. Dasselbe gilt von den Nebrien, die überhaupt in unsern Gebirgen höchst selten, vielleicht nie überwintern. Von Ancho- menus gracilipes fand ich ausser der metallglänzenden Grundform auch eine schöne schwarze Varietät. Die Seite 412 Jahrgang 1867 der Ber- liner entomologischen Zeitschrift ausgesprochene Ansicht, dass das Thier in der Ebene überwintert, gilt deshalb nicht als ausschliessliches Gesetz. 172 Jahres-Bericht Anchomen. scitulus Dej. (schwarze Form) gracilis Er. in einigen Exemplaren u. M.*). Ausser Pierost. rhueticus Heer (var. von nigrita Er.) erbeutete ich von Sterop. rufitarsis Dej. gegen 50 Exemplare u. M.;, darunter eine Anzahl von geringerer Grösse mit bronceglänzenden Flügeldecken, weiche von den ungarischen und siebenbürgischen Exemplaren in Nichts abwei- chen. Von Arg. strenuus Panz., ferner Plat. oblongopunct., Pierost. metallic. ebenso Calath. mieropt. hätte ich hunderte von Exemplaren mitnehmen können; seltener war Amara erratica Dfi., dagegen Trechus austriacus Dej., pulchellus Putz., montanus Putz., striatulus Putz. u. M. häufig. Bembidien waren überall nur sparsam. Dasselbe gilt von den in den Tümpeln auf dem Schneeberge vorkommenden Hydrocaniharen und Hydrophiliden. Kleinere Staphylinen, besonders häufige Arten aus den Aleocharinen und Tachyporinen (Tachyp. hypnorum F. und T. ruficollis Grav.) waren sehr zahlreich vorhanden; darunter einige Exemplare von Tachinus marginatus Gyll. und Tachyporus humerosus Er., sowie ein Exemplar von Bolitobius inclinaus Grav. Von Quedius fulgidus F. fand ich nur Exemplare mit schwarzen Flügeldecken, punctatellus Heer 4 Exemplare, molochinus Grav., unicolor Kiesw. 1 Exemplar, monticola Er. 12 Exemplare, collaris Er. 2 Exemplare (daneben 4 Exemplare ohne rothen Aussenrand des Hals- schildes); Quedius attenuatus 6, riparıus Kellner 3, Philonthus laevicollis 2 Exemplare, marginalis F. I Exemplar (letzteres unter Buchenrinde), die kleinere Form des Ph. ebeninus Grav., exiguus Nordm., puella Nordm. I Exemplar, sämmtlich unter Moos. KBinen interessanten Xantholinus siebte ich aus Moos am Gipfel. An Gestalt und Färbung dem linearis Er. oder longiventris Heer gleichend, zeichnet er sich durch noch schlan- kere Statur und längeres Halsschild aus, das fast doppelt so lang als breit ist, und eine Rückenreihe von 15 Punkten zeigt. Ein Exemplar von Xanth. rufipennis Er. dürfte das erste in Schlesien gefangen sein. Othius melanocephalus Grav. war nicht seiten u. M.; Lathrobium fulvipenne Grav. erbeutete ich in einer auf mangelhafter Ausfärbung (nicht jugend- lichem Alter) beruhenden Varietät. Das ganze Thier ist dunkel braun- gelb, der Mund und die hintern Ränder der Abdominalringe schwaız. ‚Stenus fossulatus Er. 1 Exemplar u. M. Schneller als ich’s wünschte, war es Abend geworden. Ich über- nachtete in der Schweizerei, um am nächsten Tage, dem 21. October, den in der wärmeren Jahreszeit noch viel ergiebigeren Ostabhang (March- quelle) und Südostabhang (Schwalbenstein), sowie die Ränder der See- felder zu besuchen. Durch die übergrosse Nässe, welche durch unauf- hörliche Regengüsse in der Nacht gerade an diesen Abhängen noch be- deutend gesteigert worden war, wurde ich jedoch daran verhindert und *) Bedeutet hier und in der Folge: unter Moos. der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 173 begnügte mich den Westabharg (nach dem Wölfelsgrunde) zu durch- suchen. In Wölfelsgrunde machte sich eine erheblich höhere Temperatur als auf dem Gipfel und dem Nordabhange fühlbar. Dies war auch im Insektenleben bemerklich. Während dort alles im Winterschlafe lag, lebte es noch hier und da unter Pilzen und Steinen. In Pilzen fand ich Latrimaeum melanocephalum III. häufig, seltener Deliphrum tectum Payk., Megarthrus depressus Payk. und Proteinus atomarius Pr., zu Hunderten da- gegen Omalium rivulare Payk. Auch Catops pieipes F., nigrita Er., morio F., tristis Ps. waren daselbst in voller Thätiekeit. Unter Steinen fand ich mehrere, kleine Philonthus-Arten und 1 Exemplar von Acidota erenata F. Dagegen hatten hier wie auf dem Nordabhange und Gipfel Blater brunneicornis Germ. in morschen Buchenstutzen, mehrere Cureulioniden, darunter Otiorhynchus niger, tenebricosus, fuscipes, lepidopterus, monticola und maurus var. comosellus unter Moos ihre Winterquartiere bezogen. Das- selbe gilt von 1 Exemplar von Rhagium indagator und 2 Exemplaren von Rh. bifasciatum, die ich nahe bei der Schweizerei unter Kieferrinde fand. Die grösseren Chrysomelinen wie Timarcha metallica. Ohrysomela olivacea, opulenta, cerealis var. Megerlei, fucata und geminata, und die hier einhei- mischen Oreina-Arten fanden sich sowohl unter Baumrinde als unter Moos, die kleineren wie Phaedon carniolicum dagegen nur unter Moos; unter Rinden eine Mycelina eruciata Schall. Ich übernachtete in der Mühle am Wölfelsfall, nach dessen Besichtigung ich am 22. über Habelschwerdt nach Breslau zurückkehrte. Meine kurzen Mittheilungen dürften darthun, dass zum Sammeln von Sta- phylinen, Laufkäfern, besonders Pterostichen und Trechinen u. a. die Zeit des Spätherbstes durchaus nicht zu verschmähen ist. In der Versammlung am 16. November 1865 theilte Berichterstatter die Ergebnisse einer im Juli desselben Jahres unternommenen Exeursion nach der Alpenkette der Karavanken mit, welche als Grenzgebirge zwi- schen Kärnthen und Krain ein besonderes entomologisches Interesse in Anspruch nehmen. Die diesem und dem benachbarten Alpengebiet eisenthümlichen Coleopteren, darunter Cychrus semigranosus Palliardi, eine soldgrüne auffallende Varietät des Carabus emarginatus Dft., Pterostichus Welensii, Mühlfeldiüi, planipennis Schaschl, cognatus, Ziegleri Selmanni, Justusü Panzeri, Beckenhauptüi, Cottelüi, Hylobius albopunctatus, Plinthus Findelii Schh. Porreyssüi Germ. porcalus F. und calliginosus Fabr. wurden, zum Theil in zahlreichen Exemplaren, demonstrirt. In der Versammlung am 30. November 1868 schilderte Bericht- erstatter das Gebiet von Gotsch&e in Unterkrain, seinen Urwald (Horn- wald) und seine Grotten, und machte speciell auf die höchst interessante 174 Jahres-Bericht Insekten-Fauna dieser von Entomologen selten besuchten Landstriche mit Angabe der Ergebnisse seines Ausflugs dahin aufmerksam. Pogonus luridipennis Germ., vom Berichterstatter in Schlesien aufgefunden. Wenn in den letzten Jahren Coleopteren, welche — wie Acalles Pyrenaeus Schh. — dem fernen Westen, oder — wie andere — dem höhern Norden Europas angehören, von unermüdlichen Sammlern in Schlesien mehrfach aufgefunden worden sind, so könnte diese Thatsache, so interessant sie immerhin ist, doch darin ihre Erklärung finden, dass unsere Provinz an manchen Stellen im Riesengebirge zur Beherbergung jener uns fremd scheinenden Thiere analoge Localitäten bieten mag, als die Landstriche in welchen sie vorzugsweise einheimisch sind. Auch das vereinzelte Auffinden eines den stehenden Gewässern im Salzboden mehrerer Localitäten der Provinz Sachsen eigenthümlichen Thieres, wie Hydroporus lautus Kiesw. könnte als ein vom Zufall herbeigeführtes und derch den Umstand erklärt werden, dass Hydrocantharen durch Austrock- nen ihrer Aufenthaltsorte, zum Verlassen derselben, zum Aufsuchen neuer Gewässer veranlasst, auf ihrem, oft weitreichenden, Fluge von Sturm- winden erfasst und in ferne Gegenden mit nicht salzhaltigem Boden ver- schlagen werden. Dass aber — eine der eben angeführten analoge Thatsache — ein ausschliesslich dem Salzboden angehörendes Thier Po- gonus luridipennis Germ., welches den Salzboden zu verlassen nie genö- thigt wird, an dem steinigen Rande des kleinen Teiches im Riesen- gebirge, also in einer Localität, wo kein Salz sich findet, vom Bericht- erstatter am 3. Juli 1869 gefunden worden ist, darüber wird mancher Nestor der schlesischen Entomologie, welcher viel länger als '/, Jahr- hundert das Riesengebirge nach allen Richtungen entomologisch durch- forscht, und vielleicht jeden Quadratfuss am Rande des Kleinen Teiches durchsucht zu haben sich einbildet, ungläubig das Haupt schütteln. Hof- fentlich wird aber die Bestätigung des immerhin äusserst merkwürdigen . Vorkommens von andern Forschern jetzt, wo die Eisenbahn bis an den Fuss des Hochgebirges führt, nicht lange auf sich warten lassen. Da mein Fund erst 1369 geschah, so gehört diese Bemerkung eigentlich erst in den Bericht über das eben genannte Jahr. Ich glaubte aber das interessante Factum, welches mir der Migrations-Theorie gegen- über von Wichtigkeit erscheint, nicht noch ein Jahr lang verschweigen zu dürfen und halte vorliegenden Bericht für das geeignete Organ, um die entomologischen Mitglieder der Gesellschaft auf meinen Fund und auf die Localität aufmerksam zu machen und dem Vorwurfe der langen Ge- heimhaltung zu begegnen. Vielleicht wird mir recht bald die Befriedi- gung zu Theil, dass ich dadurch Andern noch in diesem Jahre die der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 175 Freude verschaffte, das für uns merkwürdige Thier an genanntem Orte gleichfalls zu sammeln. Das von mir dort in Gesellschaft von Bemkidium tibiale und nitidulum so wie andern später zu nennenden Thieren, aufgefundene Exemplar ist ein Männchen mit noch weichen hellgelben Flügeldecken und Beinen, also wahrscheinlich kurze Zeit vor dem Auffinden der Puppe entschlüpft. Von den aus der Provinz Sachsen stammenden Exemplaren unterscheidet es sich besonders dadurch, dass der Hinterrand des Brustschildes in dem Raume von einer Grube bis zur andern auffallend deutlich gerandet ist. Diese Randung bildet einen tiefen feinen Querstrich, auf dessen Mitte die Mittelfurche des Brustschildes senkreckt steht. Ausserdem erscheint das die Grube vom Seitenrande trennende Fältehen jederseits schärfer markirt, die Punktirung in den Furchen der Flügeldecken schon von der Mitte ab undeutlich, und erst gegen das Ende hin in einigen Furchen wieder deutlich, endlich die Gegend um das Schildchen durch mehrere schwärzliche Flecke ausgezeichnet. Ob diese — bis auf die zuerst an- gegebene — unbedeutenden Abweichungen constant sind, muss spätere Untersuchung von mehreren, an derselben Localität aufzufindenden, Exem- plaren entscheiden. Herr Dr. Wocke berichtete am 14. December 1868: 1) Ueber die letzte Naturforscher-Versammlung in Dresden in entomologischer Be- ziehung. Es waren nur Lepidopterologen in einiger Anzahl anwesend, jedoch kam es weder zur Bildung einer besonderen Section, noch wur- den Vorträge gehalten, dagegen war der persönliche Verkehr ein sehr lebhafter. 2) Ueber die Ergebnisse einer auf der Rückreise von Dresden unter- nommenen Excursion nach Niesky in der Lausitz, wo auf Ledum palustre die bisher in Schlesien noch nicht gefundene Raupe von Neptieula Lediella Schleich in Menge erbeutet wurde. Ebenso wurden die übrigen Bewohner von Ledum: Tortrix Lepidana, Penthina Lediana, Graph. Vacciniana, Co- leophora Ledi als Raupen und Lyonetia Ledi als Schmetterling angetroffen. 3) Daran wurde die Demonstration einer Anzahl seltener und für Schlesien meist neuer Arten von Lepidopteren geknüpft. Diese waren: Lithocampa ramosa Esp., von welcher die Raupen an den Abhängen des Leiterberges im Gesenke auf Lonicera Aylosteum gesammelt wurden; Aecidalia Dilutaria Hb. als Schmetterling in der Nähe von Breslau an Ga- hum gefangen; Eupithecia Virgaureata Dbld. und minutata Gn., von welchen die erstere als Raupe bei Ohlau und Trebnitz auf Solidago, die letztere als Schmetterling bei Kranst erbeutet wurden; Eupith. Cauchyata Dup., welche bisher nur in Exemplaren aus dem Elsass und aus Sibirien be- kannt war, und deren noch unbeschriebene Raupe auf Solidago Virgaurea in einem Kieferwalde bei Ohlau mehrfach gefunden wurde. Beschrei- 176 Jahres-Bericht bung: Länge erwachsen 20 Mm., Gestalt eylindrisch, nach vorn allmälig verdünnt. Kopf hellgrün, Mundtheile blassbräunlich, am Augenrande einige sehr feine schwarze Pünktchen. Körper dunkelgelbgrün ohne Zeichnung, Oberseite etwas dunkler als die Unterseite, gleichmässig mit sehr feinen nur durch die Lupe sichtbaren weisslichen Körnchen bedeckt, an den Seiten und auf dem letzten Segmente einige kurze sehr feine schwarze Härchen. Vorderfüsse blassgelblichgrün, Bauchfüsse dunkler erün. Afterklappe zweispitzig, in der Mitte zwischen den Spitzen ein braunes Fleeckchen. Lebt nur von den Blättern der Pflanze, an deren Unterseite oder Rande sie gewöhnlich sitzt, in der Ruhe grade ausge- streckt fast senkrecht herabhängend; Penihina Schreiberiana L., deren Raupe im Frühjahr in den Knospen von Prunus Padus bei Kranst aufge- funden wurde; Coleophora Saponariella Heeger auf Saponaria offiein. zahl- reich die Säcke an der alten Oder; Lithoc. Mahalebella Mühlig. Die Minen der Raupe in den Blättern von Prunus Mahaleb auf dem Bahnhofe von Obernigk; Nepticula Nylandriella HS. in den Blättern von Sorbus auc- bei Charlottenbrunn; Nepi. Basiguttelle Heinem. in Eichenblättern bei Breslau; Nept. Hannoverella Glitz. in den Blaitstielen von Populus Italica ; Ptatyptilus Saracenieus Wk. i. 1. mit Plat. Nemoralis und Zetterstedtü sehr nahe verwandt, wurde vom Vortragenden als neue Art vorgelegt. Die Puppen wurden bei Breslau in knotigen Auftreibungen der Stengel von Denecio saracenicus angetroffen; Aciptilus paludum Z. wurde in der Zeit vom 7. bis 21. Juni auf einer Torfwiese bei Riemberg in Mehrzahl ge- sammelt. Zum Schlusse legte der Vortragende noch eine auf dem Altvater in Mehrzahl gesammelte Aberration von Lygris Populata SV. vor, die ein- farbig dunkelbraun, von Freyer als eigene Art Musauaria abgebildet ist, aber dureh die sanftesten Uebergänge sich mit der Stammart ver- bindet. Herr Hauptlehrer Letzner theilte die nachstehende, ihm von Herrn Lehrer Gerhardt in Liegnitz freundliehst übersandte Beschreibung eines neuen Lathrobium mit: Lathrobium Letzneri n. sp. Elongatum, alatum, nigrum, nilidum, pubescens; ore, anlennis, femoribus, libüs, larsis anoque colore rubro-testaceo, coleopteris liquido rubris, basi nigris ; captle fronte veriiceque sparsim punctatis; ommibus artieulis antennarum lon- gioribus quam latioribus; coleopteris thoraci longituwdine quidem aequalibus, sed latioribus. Mas segmento septimo in medio margine postico exsinuato. Gestreekt; geflügelt; schwarz, Mund, Antennen, Beine mit Ausschluss der Hüften und After roth-gelb braun ; Vorderleib stark glänzend, Hinterleib der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, mr matt, durchweg dünn, Hinterleib und Antennen dichter behaart. -— Kopf bis zu den Augen gerundet-viereckig, von da zum Munde dreieckig zu- gespitzt; Mandibeln mit schwärzlicher Spitze. Antennen etwa bis zum Hinterrande des Halsschildes reichend; Glied 1 gestreckt, dreimal so lang und doppelt so breit als Glied 2, vom Grunde zur Mitte verbreitert, von da ab gleichbreit; din übrigen Glieder etwas länger als breit, mit Ausschluss des letzten zugespitzten Gliedes, obconisch; das 3. deutlich länger als die umgebenden. Die Tomentbekleidung der Fühler wird nach der Spitze hin allmälig dichter, dazwischen stehen einzelne längere abstehende Haare. Augen flach gewölbt, kaum vorragend. — Stirn ganz vorn nicht, sonst wie der Scheitel zerstreut und wie die dichter punk- tirten Seiten tief und ziemlich stark, Unterseite zerstreut und feiner punktirt. — Halsschild so lang als die Decken, 1'/,mal so lang als breit, so breit als der Kopf, schmäler als die Decken, ziemlich dicht und tief, hie und da zuweilen reihig punktirt, mit glatter Mittelline. — Schildchen halbkreisförmig, zerstreut und ziemlich stark punktirt. — Decken ziemlich so lang als breit, an der Spitze etwas schräg nach innen abgestutzt; hell geibroth, das erste Drittel — zuweilen auch nur ein schmaler Raum an der Basis — schwarz, diese Farbe an der Nath etwas weiter gehend, beide Farben der Decken nicht scharf von ein- ander abgesetzt; Punktirung ziemlich dicht, seieht und feiner als auf dem Thorax. — Vorderbrust mit scharfem Längskiel in der Mitte; Mittel- und Hinterbrust ohne Auszeichnung. — Beine: Vorderschenkel in der Mitte erweitert, am Innenrande von der Spitze gleich den verwandten Arten mit einem Zahne; Vorderschienen nach der Spitze hin allmälig erweitert, gekrümmt; Tarsenglied 1»—4 stark erweitert. Mittel- und Hinterbeine von gewöhnlicher Bildung, wenig von einander verschieden; Tarsen einfach. — Hinterleib so lang als der übrige Körper, vor der Spitze gewöhnlich ein wenig erweitert, vom 6. Gliede ab zugespitzt, Punktirung äusserst dicht und fein, nur Rückensegment 6 oben und Seg- ment 7 zerstreut-punktirt, daher glänzender; Hinterrand von Bauchseg- ment 6 und das ganze 7. Segment roth-gelbgrün, der Hinterrand des oberen 6. Segments am dunkelbraun durchscheinenden Rande noch äusserst zart weisslich gesäumt. Selten sind alle Bauchsegmente heller gerandet. Die ersten 4 Segmente sind einander fast gleich, 5 und 6 je 1'/;mal so lang als 4. Länge 31,'". Das Männchen hat am Hinterrande des 7. Segments eine deutliche halbkreisförmige Ausbuchtung; Segment 6 zeigt einen deutlichen flachen Längseindruck, ähnlich wie bei L. fulvipenne. Die beschriebene Art steht dem L. fulvipenne, vor welchem sie ihren Platz im Cataloge erhalten könnte, am nächsten. Sie unterscheidet sich von ihm durch die stets vollständig entwickelten Flügel und die hell- 12 178 Jahres-Bericht rothen Decken, welche immer etwas breiter sind, als das Halsschild. — Von L. boreale entfernt sie sich durch geringere Grösse, das hellere Roth der Decken und die schlankeren Fühler, deren 3 vorletzte Glieder noch länger als breit sind; von Z. elongatum ebenfalls durch die Fühlerbil- dung, sowie durch zerstreute Punktirung des Unterkopfis; von L. rufipenne durch bedentendere Grösse, wenig dicht punktirten Kopf und die schlan- keren Fühler; von L. laevipenne durch Fühlerbildung und Grösse. — In den Geschlechts-Auszeichnungen stimmt sie mit L. rufipenne und L. fulvi- penne überein. — L. lineatocolle, welches mir unbekannt, ist mit ihr nach des Autors eigner schriftlicher Benachrichtigung nicht identisch. Ausser hiesigen Exemplaren kenne ich noch Stücke aus der Dres- dener und Magdeburger Gegend. Es findet sich das Thier hier nament- lich im Angeschwemmten des Schwarzwassers und der Katzbach, seltener unter Laub und Steinen oder an Mauerwerk. — Bei der grossen äusseren Aehnlichkeit mit L. boreale und L. elon- gatrm ist eine Verwechselung namentlich der Weibchen dieser Arten leicht möglich. Ob die beschriebene Art auch in den montanen Gegenden Deutsch- lands vorkommt, müsste erst fernere Beobachtung lehren. Ich beob- achtete sie nur bis an den Fuss der Vorberge der Sudeten. In dem von mir beliebten Speciesnamen ehre ich meinen um die Erforschung der schlesischen Coleoptern Fauna hochverdienten, unermüd- lichen Landsmann, Freund und Collegen, den Hauptlehrer Herru Carl Letzner in Breslau. Das jährliche Stiftungsfest der Seetion wurde im Verein mit der bo- tanischen Section und mit lebhafter Betheiligung der übrigen Sectionen, sowie einer Anzahl eingeführter Gäste in bisher üblicher Weise und zwar am 19. December gefeiert. IV. > e’rniie:h't über die Thätigkeit der medicinischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1868, abgestattet von Professor Dr. Förster und Prof. Dr. Heidenhain, Zeitigen Secretairen der Section. Erste Sitzung den 17. Januar. Herr Geh. Rath Prof. Dr. Lebert über Infection und über die neuesten Forschungen in Bezug auf Infectionsträger. Dieser Gegenstand hat nicht blos unter den Aerzten in neuerer Zeit ein hohes Interesse erregt, sondern auch unter den Laien, da sich, und gewiss nicht mit Unrecht, die Meinung immer mehr verbreitet, dass die schnelle und massenhafte Vermehrung niedrigster lebender Organismen sich bei so manchen schweren und epidemischen Krankheiten geltend macht und die genauere Kennfniss derselben auch später eine nicht unwichtige prak- tische Verwerthung finden kann. Es stellt sich ja immer mehr heraus, dass bei den Gährungsvorgängen, die von jeher die besseren Aerzte mit denen bei epidemischen Krankheiten verglichen haben, diese niedrigsten Wesen die Hauptrolle spielen, indem sie durch ihre schnelle Vermehrung und Ernährung diejenigen Veränderungen in den Flüssigkeiten nothwendig machen, die wir Gährung nennen. Nachdem der Vortragende zuerst einen Ueberblick über sämmtliche Vergiftungs- und Infeetionskrankheiten, sowie auch über die von Thieren auf den Menschen übertragenen gegeben hat, und so von den bekannte- sten der mineralischen bis zu den wenigst bekannten bei manchen acuten Hautausschlägen übergegangen ist, giebt er zuerst eine kurze, natur- wissenschaftliche Skizze dieser niedrigsten Organismen. Er stellt sie näm- lieh nieht mit vielen andern Naturforschern zu den niedrigsten Thieren 12* 180 Jahres-Bericht (Infusorien), sondern zu den niedrigsten Pflanzen- und Pilzformen, wozu ihn ein aufmerksames Studium ihrer Entwickelung geführt hat. Der Vortragende führt nun zuerst seine eigenen Forschungen über Hospitalbrand, Brand skrophulöser Kinder, Ruhr und Cholera an; alsdann die an gesunden und kranken Thieren gemachten, und hebt hier beson- ders seine früheren Forschungen über die Seidenraupenkrankheit und einen kleinen einzelligen Pilz hervor, der, sich durch Theilung sehr rasch mehrend, alle Theile des Körpers durchzieht und verändert, das chemisch analysirte Blut tief modifieirt, namentlich alkalisch macht und sogar an den Spinndrüsen der Raupen mit blossen Augen sichtbare Geschwülste bildet. Auch die als Bacterien, Vibrionen bekannten niedrigsten Orga- nismen kommen besonders in alkalischen Flüssigkeiten vor. Für den Milrbrand ist es erwiesen, dass sie das Hauptelement der Ansteckung bilden. Nach den neueren Forschungen, welche der Vortragende in sei- nem Laboratorium genauer zu verfolgen die Absicht hat, spielen Bacte- rien und Vibrionen auch beim Typhus, bei den Pocken, bei der fauligen Infeetion eine wichtige Rolle. Blut dieser Kranken Thieren unter die Haut gespritzt, tödtet dieselben, zeigt zahlreiche Bacterien, und das Blut dieser Thiere ist dann wieder für andere, denen es unter die Haut ein- gespritzt wird, tödtlich, während das Blut gesunder unschädlich ist. In denjenigen Brunnen Breslau’s, die schlechtes Trinkwasser liefern, bilden sich auch sehr rasch diese kleinen Bacterien. Der Vortragende macht aber auf die sehr grossen Schwierigkeiten dieser Untersuchungen aufmerksam, da diese kleinen organischen Wesen überhaupt sehr verbreitet und sich bei jeder Zersetzung und Gährung rasch bilden. Die Forschungen müssen daher mit der äussersten Vor- sicht angestellt werden, nur sehr stark ausgekochtes und vorher unter- suchtes destillirtes Wasser darf zur Verdünnung bei der Untersuchung angewandt werden. Die mikroskopischen Vergrösserungen müssen sehr bedeutend sein, die Experimente an Thieren müssen mit grösster Vor- sicht und Skepsis geleitet werden, man kann aber hoffen, dass gerade diese Untersuchungen, die in den letzten Jahren sich sehr zu verviel- fältigen anfangen, sowohl der theoretischen wie praktischen Mediein mit der Zeit grosse Dienste zu leisten im Stande sind. Zweite Sitzung den 24. Januar. 1) Hr. Medicinalrath Prof. Dr. Spiegelberg: Ueber Formen und Genese der Puerperalfieber. Nach einer Darlegung der Schwierig- keiten einer allseitig zutreffenden Classifieation der Wochenbettfieber — gelegen in der mangelhaften Coineidenz des klinischen Bildes mit dem anatomischen und den vielfachen Combinationen der Formen unter ein- ander — begründet Redner die Eintheilung in 1) reinen locale Er- # krankungen (Colpitis, Endometritis, Parametritis simplex, Pelviperitonitis der Schles. Gesellsch. 1. vaterl. Cultur. 181 und Periton. traumat.) und 2) in infectuöse, d. h. solche, welche die Tendenz zur räumlichen Ausbreitung in hohem Maasse besitzen und sich durch die maligne Natur der gesetzten Producte charakterisiren: hier- her ist der Diphtherit-Form der Endometritis, die Metritis und Parametrit, phlegmon. mit Lymphthrombose und Peritonitis (Ietorrhämie), die Phlebo- thrombose und Pyämie, und schliesslich die Septicämie (putride Re- sorption) zu zählen. Auf eine Skizze der Erscheinungskreise dieser einzelnen Formen im Leben und ihrer charakteristischen Zeichen in der Leiche geht Redner zur Entstehung der Erkrankungen über; er zeigt, dass fast alle aus dem Traumatismus der Geburt entspringen, und dass unter ungünstigen individuellen Bedingungen und den ungünstigen äusseren Fin- flüssen von ihnen aus der Körper infieirt wird. So entstehen die spora- dischen infeetuösen puerperalen Erkrankungen. Zu einer sogenann- ten Puerperalfieber Epidemie steigern sie sich, wenn jene Einzel- erkrankungen unberücksichtigt bleiben und von ihnen aus die nur wenig verletzten — und jede Entbundene ist im gewissen Sinne eine Verwun- dete — infieirt worden. An der Analogie mit den chirurgischen Fiebern wird gezeigt, dasseskeine wahren Wochenbettfieber-Epidemien gient, höchstens Endemien in einer einzelnen Anstalt oder im Wirkungskreise einer einzelnen Hehamme oder Geburts- helfers. Daraus ergiebt sich als richtigste Folgerung, dass die soge- nannten Epidemien wie Endemien zu verhüten sind, und zwar durch die gewissenhafteste sanitätliche Ueberwachung der Gebäranstalten, wie jeder einzelnen Gebärenden und Wöchnerin; dass alles darauf ankommt, die Einzelerkrankungen für die bis dahin Gesunden unschädlich zu machen, dass demgemäss die Behandlung der Einzelerkrankung vorzüglich eine rein locale, die Leitung der Gebäranstalt eine fortwährend prophylactische sein muss. Mit fortwährender Ventilation durch die offenen Fenster, srossem Vorrathe von Wäsche und Wasser, fortwährender Entfernung alles Beschmutzten, täglicher Desinfeetion der Auswurfstoffe und ihrer Reeipienten, frühester Isolirung jeder Erkrankten von den Gesunden, srösster Reinlichkeit in den Instrumenten und auf Seite der Hülfeleisten- den — ist jede Gebäranstalt von der Plage des sogenannten epidemischen Puerperalfiebers zu befreien. 2) Ein in geschlossener Sitzung berathener Antrag des Herrn Prof. Dr. Waldeyer, dahingehend, dass die Referate über die Sec- tions-Verhandlungen nicht mehr in den hiesigen politischen Zeitungen, sondern nur in der Berliner klinischen Wochen- sehrift gedruckt werden sollen, wirg abgelehnt. 182 Jahres-Bericht Dritte Sitzung den 7. Februar. 1) Es berichten die Herren Medicinal-Rath Spiegelberg und Prof. Dr. Waldeyer über eine Anzahl von ihnen angestellter Versuche, be- treffend die Veränderungen von abgeschnürten Uterusstücken und Brand- schörfen in der Peritonnälhöhle von Hunden. Als wesentlichstes Resultat ergab sich, dass dieselben weder der Nekrose verfallen, noch in ihrer Umgebung irgend welche ausgedehntere entzündliche Prozesse erregen. 2) Dieselben legten eine in Vereiterung übergegangene Ovarien- eyste vor, welche das Zwerchfell perforirt hatte. 3) Darauf demonstrirte Herr Prof. Waldeyer eine Leber, die inner- halb zahlreicher kleiner pseudomelanotischer Flecke Bacteriencolonien zeigte. 4) Herr Medicinalrath Prof. Dr. Spiegelberg: Ueber künstliche Frühgeburt nach Tarnier. Die Tarnier’sche Methode der künst- lichen Frühgeburt — Einführung einer zierlichen kleinen, durch Injection beliebig zu dehnenden Gummiblase in den unteren Uterinabschnitt — wird unter Vorzeigung des Apparates und Mittheilung von drei einschlä- gigen Beobachtungen demonstrirt, und nachgewiesen, dass an Einfachheit, Sicherheit des Erfolges und Unschädlichkeit diese Methode alle bisher angewandten übertrifft. Vierte Sitzung den 6. März. 1) Die Section beschliesst, Herrn Dr. Eich zur nächsten Sitzung einzuladen, um einen Vortrag desselben über die Heilung des Stotterns anzuhören. 2) Prof. Dr. Waldeyer referirt über die neueren Untersuchungen Buhl’s, v. Recklinghausen’s und Cohnheim’s, betreffend die Ent- zündungs- und Eiterungs-Vorgänge. Die von Cohnheim gemachten An- gaben, nach welchen bei eiterigen Entzündungen des Mesenteriums der Frösche die Eiterkörperchen aus dem Venenblut abstammen, indem dessen farblose Körperchen durch die unverletzte Gefässwandung austreten, konnte der Vortragende nach eigenen Untersuchungen bestätigen. Fünfte Sitzung den 20. März. 1) Herr Sanitätsrath Dr. Viol stellt den mit völligem Defect der oberen Extremitäten geborenen Herrn Ungetreu vor. 2) Herr Dr. phil. Eich hielt als Gast einen Vortrag über Stam- meln und Stottern. Sechste Sitzung den 24. April. 1) Herr Prof. Dr. Heidenhain: über Resorption und Secre- tion in der Leber. Der Vortrag ist in extenso in dem 4. Hefte des „Studien des physiologischen Instituts zu Breslau“ mitgetheilt. der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 183 2) Prof. Dr. Förster theilt 2 Fälle von längerem Verweilen fremder Körper in der vorderen Augenkammer mit. In dem 1. Falle befand sich ein Glasstäckchen von c. !/, Erbsengrösse bereits seit 4 Jahren mobil zwischen Hornhaut und Iris, ohne schlimmere Zufälle als vorübergehende leichte iritische Reizungen zu erregen. Das Sehver- mögen hatte nicht gelitten. Im 2. Falle lag ein Steinsplitter von Steck- nadelknopfgrösse dem unteren Theile der Iris fest auf. Die Linse war eataractös, die Pupille bis auf einige Synechieen beweglich, Lichtempfin- dung gut. Seit der Verletzung, die vor 13 Jahren stattfand, waren wei- tere Entzündungserscheinungen nicht eingetreten. 3) Privat-Docent Dr. Freund sprach über die Veränderungen des Uterus in einem Falle, in welchem er vor 5 Jahren den Kaiserschnitt vollzogen hatte. Der Uterus ist bei bimanueller Exchloration, welche durch eine hernia ventralis inferior sehr erleichtert wird, gut zu betasten. Die frühere Adhärenz an der vorderen Bauch- wand ist gelöst; die früher leistenartig vorspringende mediane Uterusnarbe hat einer schmalen linienförmigen medianen Einziehung Platz gemacht und es ist anteflexio corpor. uteri cicatr. vorhanden. Siebente Sitzung den 22. Mai. 1) Herr Prof. Dr. Förster: Ueber den schädlichen Einfluss des Tabakrauchens auf das Sehvermögen. Der Vortragende will den Namen Amblyopie nur für diejenigen Fälle von Herabsetzung der Sehschärfe gelten lassen, bei denen wir — nach unsern jetzigen Kenntnissen — weder eine physikalische noch eine anatomische Ursache für die Störung der Sehfunction aufinden können. Er unterscheidet die Amblyopieen in habituelle und typische. Die ersteren bestehen mehr oder weniger unverändert durch das ganze Leben und datiren ihren Ursprung meist aus der Entwickelungsepoche; die typischen entstehen an bisher gesunden Oıganen, nehmen einen bestimmten Verlauf und ent- sprechen einem Krankheitsprocess. In beiden Categorien kommen monoculäre und binoculäre Formen vor. — Wenn aus den binocu- lären typischen Amblyopien diejenigen ausgesondert werden, die uns in Bezug auf ihr Wesen und ihre ursächlichen Momente einiger- maassen bekannt sind (Hemeralopie, urämische Amaurose, das Flimmer- skotom ete.), so bleibt noch immer eine erhebliche Anzahl von Fällen übrig, deren Wesen in Dunkel gehüllt ist. Um einigermaassen einen Anhaltspunkt in Zahlen zu gewinnen, hat der Vortragende aus 2000 nach einander zur Behandlung gekommenen Augenkranken diese Fälle zusammengestellt und deren 23 aufgefunden. Von diesen boten 20 tn Bezug auf Geschlecht und Alter, Verhalten des Gesichtsfeldes und Sehschärfe, in Bezug auf den Verlauf, auf die Veränderungen in der Function anderer Organe, endlich auch betrefis der therapeutischen Er- 184 Jahres-Bericht folge so viel Gemeinsames dass ein Rückschluss auf ein gemein- sames ätiologisches Moment gerechtfertigt ist. Sämmtliche 23 Fälle betrafen Männer, 15 von ihnen standen zwischen dem 40. und und 60. Lebensjahre, 6 zwischen dem 26. und 40., 2 zwischen dem 60. und 74. Die Abnahme der Sehfunction erstreckte sich bei jenen 20 Fällen nicht über das ganze Gesichtsfeld, sondern war auf einen ovalen oder kreisförmigen Herd beschränkt, der, vom blinden Fleck beginnend, bis über den Fixationspunkt hinausging (ce. 18—25° in horizontaler Rich- tung). Die Function war auf diesem Herde nicht vollständig aufgehoben, sondern nur so weit herabgesetzt, dass grössere Buchstaben etc. noch erkannt wurden. Uebrigens varirte die centrale Sehschärfe in den ein- zelnen Fällen erheblich, doch waren beide Augen stets ziemlich in der- selben Weise ergriffen. Im Dämmerlicht war die Schärfe des Erkennens relativ (vielleicht sogar absolut) bedeutender als bei vollem Tageslicht; Sonnenschein wurde stets sehr unangenehm empfunden (— ein Symptom, das übrigens auch bei anderen Krankheitsformen, z. B. Atrophien des Optieus, vorkommt). Die ersten Anfänge dieser Amblyopieen entwickelten sich sehr schleichend. Meist waren Monate, auch wohl Jahre verstrichen nach den ersten Spuren des Sinkens der Sehfunction, bevor die Kranken zur Beobachtung kommen und erst eine rascher, im Laufe einiger Wo- chen, sich entwickelnde Exacerbation, die den Kranken das Lesen etc. unmöglich machte, gab hierzu die Veranlassung. Von den 20 Fällen besserten sich 11 Laufe von Wochen und Monaten bedeutend, einige bis zur vollständigen Herstellung, 6 Fälle entschwanden der Beobachtung schon nach kurzer Frist oder nach der ersten Untersuchung, in 3 Fällen war nach mehreren Monaten keine Besserung (darunter in einem sogar eine Verschlimmerung) eingetreten. Keiner der Kranken war frei von Störungen in andern Organen, namentlich zeigten sich der Verdauungs- apparat und das Nervensystem krankhaft afficirt. Die meisten Kranken litten in gewissem Grade an Appetitlosigkeit, sie waren „schwache Esser“ seit Monaten oder Jahren, ihr Hungergefühl war rasch befriedigt. Einige hatten Widerwillen gegen Fleisch, Trägheit in der excretio alvi kam häufig vor. Der Schlaf war nicht normal; die Kranken schliefen schwer ein oder sie schliefen unruhig oder nicht genügend lange, wachten häufig auf und blieben stundenlang schlaflos.. Muskelzittern wurde oft beobachtet, ebenso eine aufgeregte Herzaction (90 bis 120 Pulse zu jeder Tageszeit), Ab- nahme des Gedächtnisses wurde mehrfach angegeben. Sämmtliche 20 Kranke waren starke Raucher, d. h. sie consumirten täglich mehr als 6 bis 8 Cigarren oder '/), Pfd. Tabak in der Pfeife und tranken, obwohl nisht immer, im Uebermaass Bier oder Spirituosen. Der Vortragende misst dem Tabakrauchen eine wichtige ätiologische Bedeutung für diese Amblyopie bei, zumal sich die Besserung bei jenen 11 Fällen haupt- sächlich auf Meidung des Tabakrauchens zurückführen lässt. Nach Ent- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 185 haltung von Tabak und Spirituosen besserte sich zunächst Appetitlosiekeit und Schlaf, ‚‚sie ässen jetzt und schliefen wie seit Jahren nicht“, wurde meist angegeben, später erst minderte sich allmälig die Sehschwäche, Das Tabakrauchen dürfte indess nur bedingungsweise diese Amblyopie hervorrufen können, nämlich nur dann, wenn durch dasselbe oder durch gleichzeitigen Genuss von Spirituosen (auch von Bier) Appetit und Schlaf lange Zeit und wesentlich alterirt wurden oder, wenn gleichzeitig äussere Momente, in Beruf oder Lebensverhältnissen liegend, die Befriedigung des noch vorhandenen Schlafbedürfnisses, oder die Aufnahme genügender animalischer Nahrung hindern. Der Vortragende belegt diese Ansicht mit einzelnen Beispielen und erwähnt schliesslich, dass zuerst Mackenzie später Sichel, Hutchinsoz, Lureiro u. A. den Zusammenhang des Tabakrauchens mit Amblyopie behauptet haben, ohne dass jedoch ein ge- nügendes Krankheitsbild für diese Amblyopie bisher gewonnen worden sei. 2) Dr. Sommerbrodt: Vorstellung eines Falles von Addi- sonscher Krankheit. — Seit Addison 1856 auf den Zusammenhang zwischen Broncefärbung der Haut und Erkrankung der Nebennieren auf- merksam machte, sind etwa 80 englische und amerikanische, und nur ein paar deutsche Beobachtungen bekannt gemacht worden. Der Vor- tragende hält sich für berechtigt, bei dem von ihm vorgestellten Kranken die Wahrscheinlichkeit einer derartigen Erkrankung anzunehmen. Es handelt sich um einen 38jährigen Mann von nicht tubereulosen Eltern, in günstigen Verhältnissen; derselbe erfreute sich noch im Herbst 1867 blühendster Gesundheit und Körperfülle. Im October begann rapide Abmagerung, _rasches Sinken der Kräfte, Husten, An- fangs starke, seit 3 Monaten fehlende Schweissabsonderung. Seit Weih- nachten auffallende tiefbraune Färbung der Handrücken, hellerbraune Färbung des Gesichts bis zur Haargrenze bei dem vorher durchaus weissen Kranken; im Februar traten inmitten der gleichmässig dunkelbraun ge- färbten Haut der Handrücken locale Pigment-Atrophien in Gestalt scharf begrenzter unregelmässiger weisser Inseln auf; dasselbe zeigte sich im Gesicht in weniger markirter Weise, in welchem jedoch die Mischung von brauner Pigmentirung und Anämie entschieden an Broncefärbung er- innert. Magenschmerzen, Drüsen- Anschwellung in der Fossa supraclavieul. d., Anämie, enorme Abmagerung, Entwickelung von Phtisis pulm. zeichnen den weiteren Verlauf der Krankheit. Das Blut des Kranken ist wässerig hell mit Vermehrung der farblosen Zellen; die farbigen Blutzellen zeigen durchaus keine Neigung zu Rollenbildung. — Der Vortragende stützte die Diagnose: Addison’sche Krankheit, auf die Coineidenz aller Er- scheinungen: rapider Marasmus, exquisite braune Pigmentirung der unbe deckten Körpertheile (der Rumpf zeigte dieselbe nur in geringem Grade), cardialgische Beschwerden, die erwähnte Beschaffenheit des Blutes und die complieirende Tuberculosis — und gab schliesslich einen Ueberblick 186 Jahres-Bericht über die auf das Wesen der Krankheit bezüglichen Ansichten, sich selbst dahin entscheidend, dass es eine essentielle Erkrankung der Nebennieren mit eigenthümlichem Symptomen-Complex gäbe. Dr. Köbner bezweifelte die Diagnose Addison’scher Krankheit im vorliegenden Falle, wenn sie sich nicht auf charakteristischere Merkmale als die abnorme Pigmentvertheilung in der Haut stützen könue. Diese macht ihm vielmehr den Eindruck einer an verschiedenen Stellen des Rumpfes, der Oberschenkel und namentlich der Stirn primär entstandenen Leucopathia circumscripta, um welche herum sich braune Pigmentdepots, wie so häufig, gebildet zu haben scheinen. Namentlich scheinen ihm mehrere hellweisse Flecken am Rücken, um welche nicht ringsum, son- dern nur an einem Theile ihrer Peripherie ein schmaler hellbrauner Hof sichtbar ist, nicht sowohl für eine inmitten von bronceartig verfärbten Hautflächen entstandene, nachträgliche, vielmehr für primäre Pigment- Atrophie mit theilweiser Pigment-Ueberhäufung (Hyperchromie) an der Grenze dieser gemeinhin Vitiligo genannten Stellen zu sprechen. Ferner bestimmt ihn zu dieser Ansicht die Entfärbung eines Haarbüschels am Vorderhaupte, genau entsprechend dem Weisswerden der darunter lie- genden Hautpartie, wie es für erworbene Leucopathie, nicht aber für Addison’s Krankheit typisch ist. Falle aber eines der von Addi- son aufgestellten Cardinalsymptome, die Broncefärbung, als primär fort, so liessen sich die übrigen Erscheinungen auf das chronische Lungen- infiltrat zurückführen. 3) Herr Dr. Hermann Cohn legte die von ihm erfundenen Glim- merbrillen in verschiedenen Formen — auch blaugefärbte — vor. Achte Sitzung den 19. Juni. Herr Dr. Jany sprach über Xanthelasma palpeprarum. Zunächst macht der Vortragende auf den in der Norm dunklern Teint der Lidhaut beim Menschen aufmerksam, eiue Erscheinung, die bis- her nirgends erwähnt worden ist und deren Grund wahrscheinlich einmal in der Ablagerung eines schwarzen Pigments in den untersten Schichten des rete Malpighi mit gleichzeitiger Pigmentirung der Cutis und in den Vorkommen eines dunkel goldgelben Pigments in den die Gefässadven- titien umgebenden Bindegewebszellen, das andere Mal darin zu finden ist, dass die Lider bei ihrer dünnen Cutis enorm reich an Blutgefässen sind, was bis jetzt auch nicht gebührend hervorgehoben wurde. Die Lider sind daher denjenigen Stellen des menschlichen Körpers anzureihen (areola mammae und lines alba in der Gravidität und das scrotum beim Mann), die sich unter physiologischen Verhältnissen durch einen stärkern Pigmentreichthum auszeichnen. Beim Uebergange zu dem Xanthelasma palpebrarum werden sodann mit Uebergehung der angeborenen und bei der Involution hämorrhagischer Flecke entstandenen Farben-Verände- der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 187 rungen der Lider sämmtliche, dem Redner meist aus englischen Quellen bekannte, pathologische Processe angeführt, die eine abnorme und zwar schwarze, gelbe, blaue und weisse Färbung der Lider bedingen. Nach einer kurzen Kritik über dieses im Ganzen noch dunkle Ge- biet der Dermatologie geht der Vortragende auf sein eigentliches Thema näher ein. Unter Xanthelasma palpebrarum verstehen die Engländer eine Haut- affeetion der Lider, die sich, wie der Name schon andeutet Eav-Ic und ehcoue = lamina) in Form gelber Flecke präsentirt. Diese Krark- heit, zuerst von Addison und Gull in den Guys Hospital Rep. (1851) unter dem Namen Vitiligoidea beschrieben, später von Wilson als Xan- thelasma aufgeführt, ist bereits von Rayer in seinem Atlas als Plaques jJaunatres des paupieres abgebildet. Gull unterscheidet 2 Formen: Vitik- goidea tuberosa et plana und brinst das Leiden mit Leberkrankheiten in Zusammenhang. Wilson beschreibt die pathologisch-anatomischen Ver- änderungen des Uebels ganz unklar und offenbar nicht richtig; er unter- scheidet auch 2 Varietäten: Xanthelasma papulosum et planum. Die von dem Vortragenden an 4, weiter unten angeführten, Fällen gemachten Be- obachtungen über dieses Leiden stimmen in mehreren Punkten mit den Wilson’schen ganz überein: so in Bezug auf das häufigere Auftreten der Flecke nach dem mittlern Lebensalter und das öftere Vorkommen beim weiblichen Geschlecht, ferner bezüglich der verschiedenen Nuancen der gelben Färbung und endlich bezüglich des Fehlens der von andern Autoren erwähnten Causalmomente, wie Leberstörungen, Uterinal- und Ovarial-Affectionen. Von :dem ausschliesslichen Vorkommen der Flecke an den Lidern und von der Erblichkeit des Leidens erwähnt Wilson nichts. Die Krankheit ist selten; als Augenkrankheit betrachtet, kam bei dem Vortragenden 1 Fall auf mehr als 5000 Augenkranke. Die 4 Fälle, von denen ein exquisiter der Gesellschaft vorgestellt wurde, waren folgende: 1) Stellmacherfrau W., 43 Jahre alt, von hier, dunkle Brünette, die stets gesund gewesen und 5 Kinder geboren hat, zeigt auf beiden sehr dunkel gefärbten Lidpaaren 6 symmetrisch geordnete hell goldgelbe Flecke, je einen auf der inneren Hälfte jedes Lides und am äusseren Augenwinkel ; einzelne derselben sind rundlich, die Mehrzahl länglich ge- staltet. Der erste Fleck trat im 35. Lebensjahre nach vorausgegangener Spannung am linken untern Lide plötzlich auf; die übrigen folgten im Verlaufe von einigen Monaten nach. Anfänglich waren sie rundlich, etwa hiersekorngross, allmälig wuchsen sie aber bis zur jetzigen Grösse (der grösste Fleck am linken obern Lide ist ca. 14 Mm. Ig., 4 Mm. breit und '/;, Mm. erhaben) und nahmen meist längliche Form an. Seit etwa 5 Jahren sind sie unverändert geblieben. In jüngster Zeit hat sich neben dem grössten Flecke noch ein kleiner hanfkorngrosser eingefunden. Einige 138 Jahres-Bericht derselben sind ganz flach, andere prominiren ein wenig über die Ober- fläche der angrenzenden Cutis. Auf 2 von ihnen sieht man mehrere kleine, etwa nadelstichgrosse schwarzblaue Pünktchen (Comedonen). — Die einzige, ältere Schwester der Kranken leidet an ganz ähnlich ge- formten sechs Flecken, die auch in der Mitte der 30er Jahre auftraten und die nämlichen Stellen der Lider einnehmen; ihre Mutter hatte das- selbe Uebel und an gleichem Orte. 2) Kaufmann $. L., 33 Jahre alt, heller Blondin, von hier, stellte stellte sich im vorigen Jahre mit einer grossen Anzahl blassgelber Fleeke auf allen 4 Lidern vor. Dieselben sind seit 1 Jahre ohne irgendwelche Empfindung plötzlich in verschiedener Form aufgetreten und an einzelnen Stellen confluirt. Einzelne derselben prominiren ein wenig mit ihrer Oberfläche. Der Kranke hat in den letzteren Jahren öfters an Blepharitis cillaris (saborrhoische Form) gelitten. — Erbliche Anlage ist nieht nach- weisbar, ebensowenig sonstige ätiologische Momente. 3) Hausmeisterfrau H., 40 Jahre alt, aus Marienbad, Brünette, prä- sentirte sich ebenfalls im vorigen Jahre mit einer grösseren Anzahl, theils rundlicher, theils länglicher, theils polygonaler dunkel goldgelber Flecke auf allen 4 Lidern, hauptsächlich auf den obern. Diese Flecke, von denen einzelne prominent erscheinen, sind im 28. Lebensjahre nach dem ersten Wochenbette ohne bekannte Veranlassung aufgetreten und all- mälig gewachsen. 4) Fräulein P., 34 Jahr alt, helle Brünette, von hier, erscheint in diesem Jahre mit 2 hellgoldgelben ovalen Flecken auf den Lidern und zwar je einem auf jedem oberen Lide nach innen zu an ganz correspon- direnden Stellen. Beide sind ein wenig prominent und heben sich von dem stark dunkel pigmentirten Untergrunde mit scharfem Contraste ab; der rechte ist ca. 8 Mm. lang und 4'/, Mm. breit, der linke nach bei- den Richtungen um 1"), Mm. kleiner. Bezüglich der Anamnese auch hier plötzliches durch keine unangenehme Empfindung eingeleitetes Auftreten der Flecke, zuerst des linken vor 4 Jahren, dann des rechten vor 2 Jahren und allmäliges Wachsthum derselben. Keine nachweisbare Ursache. — Beide kranke Hautstellen wurden exstirpirt. Die Wunden heilten per primam mit unscheinbarer Narbe. Die von Herrn Prof. Dr, Waldeyer vorgenommene mikroskopische Untersuchung der exstirpirten Hauptstücke ergab sowohl an Zerzupfungspräparaten als auch an feinen Durchsehnitten getrockneter und erhärteter Stückchen eine ganze Reihe der verschiedensten Abweichungen von der Norm, deren wesentlichste folgende sind: Zellenwucherung um die drüsigen Gebilde und die Ge- fässe und Nerven mit consecativer Verfettung, Hyperplasie der kleineren Gefässe und stärkern Pigment-Ablagerung in den Gefäss-Adventitien. 2) Herr Dr. Köbner stellte einen 31jährigen Mann, welcher an Sclerodermie litt, vor. Im Spätherbst 1865 waren, nachdem der bis der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 189 dahin gesunde ländliche Arbeiter mehrere Monate hindurch Viehfutter in mit kaltem Wasser gefüllten Bottichen präparirt hatte, beide Hände in den Zustand eines ödematösen Erysipels gerathen, welches im folgenden Sommer ein wenig nachlies. Im folgenden Winter trat dasselbe an beiden Fussrücken und in geringem Maasse auch im Gesichte auf und verschlimmerte sich gleichzeitig an den Händen so, dass dieselben zur Arbeit auch im Sommer 1867 nicht mehr brauchbar wurden; sämmtliche Finger blieben ödematös und über den nun stets flektirten Gelenken zwi- schen erster und zweiter Phalanx entstanden Ulcerationen, deren Narben noch heute sichtbar sind. Im Herbst 1867 war Appetitverlust und Em- pfindung von allgemeiner Schwächung hinzugetreten. Der Winter dieses Jahres brachte neue Exacerbation der Schwellung der Hände und Füsse, im Gesicht, besonders an den Augenlidern; das Ueberspringen derselben auf die Gegenden oberhalb der Knöchel, um die Trochanteren herum und die Ellenbeugen erschwerte überdies die entsprechenden Bewegungen der darunter liegenden Theile. Etwa gleichzeitig bemerkte Patient eine leichte Verkürzung der Randpartien der Hackenhaut, sowie jener über dem freien Rande des M. pectoralis major; — auch wurde ihm beim Vorwärtsneigen des Rumpfes die Rückenhaut zu kurz. — Gegenwärtig ist die Haut des Gesichtes, mit Ausnahme eines im Verschwinden begrif- fenen Oedems der oberen Lider, sowie die des Halses, der Brust und des Bauches normal; nur über dem Rande des M. cucullarıs und des M. pector. major jeder Seite ist die Haut verdickt und nur schwer in einer Falte abzuheben, die Randbündel der genannten Muskeln fühlen sich ver- diekt an und folgen hie und da der emporgehobenen, breiten Hautfalte. Von der etwa bis zum Acromion reichenden, schmalen, gespannten Hautpartie der seitlichen Nackengegend an, setzt sich die straffere An- heftung, aber nicht Verdickung, auf die Haut der hinteren Flächen der Oberarme, bis zum Olecranon hinab allmälig abnehmend, fort. Doch haben die Muskeln hier freies Spiel, während an der Innenseite der Ober- arme, an deren oberen zwei Dritteln die Haut ganz normal ist, eine Ver- diekung und Verlöthung der Haut mit der Sehne des Biceps derart ex- istirt, dass die Vorderarme stets leicht gebeugt gehalten werden und völlige Extension unmöglich geworden ist. Bei völliger Flexion nimmt man im Unterhautgewebe über der Insertion der Tricepssehne ein leichtes Knarren, wie bei’'m Zerdrücken eines Schneeballens, wahr, das sich auch durch Druck auf die Gegend des Oleeranon erzeugen lässt. Vorderarme und Hände normal; die Finger klauenförmig flektirt, in dem verdiekten Haut- und Unterhautgewebe derselben sind die Flexorensehnen so fest eingelöthet, dass auch nicht die geringste passive Beweglichkeit in den Fingergelenken mehr vorhanden ist; dadurch wird auch die an sich nor- male Haut der Handrücken stärker gespannt. In viel geringerem Grade ist die Haut um die Trochanteren, oberhalb der Knöchel und am Fuss- 190 Jahres-Bericht rücken, sowie an den Zehen mit der Unterlage straffer, als in der Norm verwachsen. Doch fühlt man jenes Knarren, wie bei der Tenosinitis crepitans, sehr deutlich bei Bewegungen des Fussgelenkes und zwar nicht bloss längs der sich verschiebenden Sehnen, sondern auch oberhalb der- selben, gerade wie man es bei Beugungen im Hüftgelenk unter der die Trochanteren bekleidenden Haut, bei Vorwärtsneigung des Kranken an der Haut der oberen Rückenhälfte wahrnimmt. Gerade an letzterer, welche noch nicht verdiekt und noch völlig faltbar ist, hat diese Wahr- nehmung Bedeutung für die Genese des ganzen Prozesses. Offenbar geht hier eine gelatinöse Exsudation im im Unterhautgewebe (Hydrops Iympha- ticus Virchow), an den Beugesehnen der Füsse eine gleiche innerhalb der Sehnenscheiden, der bleibenden Verdiekung, Verkürzung und schwie- ligen Verwachsung der Haut mit dem subcutanen Bindegewebe und den Fascien, resp. den Sehnencontracturen, wie sie als weiteres Stadium hier an den Fingern sichtbar, voraus. Zuletzt kann die narbige Retraction zur Atrophie der Cutis führen. Dieser Fall, ähnlich dem von Rasmussen (Kopenhagen) bestätigt die Verwandtschaft des bisher räthselhaften Processes mit der Elephan- basıs arabum. — Der Vortragende reiht an diese Demonstration Angaben über die klinischen, anatomischen und physiologischen Befunde bei der Sclerodermie, und bemerkt bezüglich der Aetiologie, dass, wenn im vor- liegenden Falle eine rheumatische Noxe als causa efficiens nieht unwahr- scheinlich sei, diese doch nur auf die Hände gewirkt habe, dass er aber an einer constitutionellen Prädisposition zu diesem Leiden, und zwar Anämie und verwandten Zuständen, festhalte, und redet demgemäss neben der meistens machtlosen localen einer roborirenden Allgemeinbehandlung das Wort. Derselbe legte das Portrait eines von Niemeyer beobachteten an parasitischer Sycosis leidenden Mannes nebst den Zeichnungen der Pıilzbildung vor, welche ihm von Cand. Michelson in Königsberg eingesandt worden sind. Die grossen Sycosisknoten und Pusteln hatten sich zum Theil erst unter den Augen der Tübinger Beobachter aus Rin- gen von Herpes tonsurans am Halse uud Kinn entwickelt, welcher von einem davon befallenen Rinde stammte. Zum Vergleich mit seinen, die Genese der parasitischen Form der Sicosis durch Trychophyton tonsurans erweisenden Beobachtungen aus dem Hospital St. Louis aus Paris im Jahre 1860/61 legte der Vortragende die seiner Sycosis-Arbeit (in Vir- chow's Archiv 1861) beigegebenen Tafeln vor, mıt welchen jene in Tübingen angefertigten Zeichnungen völlig übereinstimmen. Neunte Sitzung den 26. Juni. 1) Herr Geh. Medieinal-Rath Prof. Dr. Lebert über Febris recurrens. Ich werde in den nachstehenden Zeilen nur einen kurzen Ueberblick der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 191 dessen geben, was ich über diese interessante, glücklicherweise sehr wenig gefährliche Krankheit beobachtet und aus den besten Arbeiten über dieselbe zusammengestellt habe. Sowohl in meinen klinischen Vorlesungen, als auch in dem erwähnten Vortrage in der vaterlündischen Gesellschaft habe ich die geschichtliche Entwickelung der Kenntnisse über diese Krankheit, die Uebersicht aller bekannten Epidemien und Erfahrungen mit den meinigen verglichen, aus- einandergesetzt und jeden einzelnen wissenschaftlichen Punkt möglichst zu begründen und auf feste Thatsachen zu stützen mich bemüht, so wie auch alle statistischen Angaben, welche ich in hinreichender Menge und Zahl besitze, in ihren Ergebnissen mitgetheilt. Diese detaillirte Ausein- anderseizung nebst den entsprechenden numerischen Nachweisen werde ich in wissenschaftlichen Zeitschriften verwerthen und wird mein Assi- stenzarzt Dr. Bock, die sehr genauen und gründlichen Beobachtungen der Klinik mit allen ihren Details ebenfalls in einer medieinischen Zeit- schrift bekannt machen. In der nachfolgenden Auseinandersetznng habe ich übrigens Alles bis zum heutigen Tage benutzt, da sich seit dem 26. Juni das Beobachtungsmaterial, wenn auch nicht sehr bedeutend, gemehrt hat. Ich hätte mit dieser Mittheilung noch gewartet, wenn nicht die Kenntniss dieser kleinen Epidemie in’s Publikum gedrungen wäre und hier mannigfache und unbegründete Besorgniss und Angst erweckt hätte, wovon uns Aerzte die täglichen Nachfragen bestimmt überzeugen. Eine kurze und klare Beschreibung der Krankheit und ihres Auftretens in Breslau wird daher gewiss auch das grössere Publikum zugleich inter- essiren und beruhigen. Ich sehe nicht ein, weshalb wir uns mit unverständlichen Fremd- wörtern und Namen begnügen sollen, wenn wir so leicht einen allgemein verständlichen Namen haben können. Die von den Engländern als Re- lapsing fever und von Griesinger als Febris recurrens bezeichnete Krank- heit gehört ihrer Natur nach den typhusähnlichen Erkrankungen durchaus an und ist eine der ungefährlichsten Arten derselben. Da ihr Haupt- charakter in einem kurzen Rückfalle nach tagelanger Besserung besteht, ist der Name Rückfallstyphus, welchen ich gewählt habe, gewiss ebenso bezeichnend als anschaulich, weshalb er auch noch lange nicht allgemein angenommen werden wird. Ich gehe nun zu der kurzen Beschreibung der Thatsachen über. Am 28. März dieses Jahres erkrankte zuerst in einem Hause der Kleinen Rosengasse ein junger Mann, welcher am 1. April in die könig- liche medieinische Klinik im Allerheiligen-Hospitale kam. Bei diesem, so wie bei dem zweiten Kranken, welcher am 2. April im gleichen Hause erkrankt war und auch in die Klinik kam, stellte sich bei der Beobach‘ tung des weiteren Verlaufes heraus, dass es sich um diejenige eigen- 192 Jahres-Bericht thümliche Form des Typhus handle, welche man als Relapsing fever und als Febris recurrens bezeichnet hatte. Diese seit etwa 130 Jahren be- kannte Krankheit hatte besonders seit Anfang dieses Jahrhunderts die Aufmerksamkeit der Aerzte auf sich gezogen und hatte lange Irland als Hauptherd, von wo sie sich öfters in grossen Epidemien über England und Schottland, so wie durch Auswanderer selbst bis nach Amerika ver- breitet hatte. Zunächst war dann seit 1840 Russland der Sitz grosser Epidemien gewesen, und von diesen hat das allgemeinste Interesse die grösste aller bekannten, welche im Winter 1864 auf 1865 in St. Peters- burg geherrscht hat, auf sich gezogen. Auch in Galizien ist die Krank- heit epidemisch aufgetreten. In der französischen Armee hat sie 1855 während des Krimkrieges geherrscht und kürzlich (1867) in Ain-el-Bey in der Provinz Constantine in Algerien in einer kleinen Epidemie. Auch aus Cairo, Teheran, Peking ete. etc. besitzen wir Nachrichten über diese Krankheit. Im Allgemeinen herrscht sie besonders in Ländern, in wel- chen der Flecken-Typhus (exanthematische Typhus) öfters vorkommt. Die kurzen Angaben von Dümmler und von Baerensprung aus der oberschlesischen Typhus-Epidemie von 1848 sind zu unsicher, um auf das damalige und dortige häufige Vorkommen des Rückfallstyphus schliessen zu lassen. Auch die Breslauer Typhus-Epidemien früherer Jahre, nament- lich die grosse von 1856, habe ich verglichen und nichts auf unsere Krankheit Bezügliches gefunden, so dass ich sie für Breslau für neu halte. Nachdem im April und Mai die Fälle mehr vereinzelt vorgekommen waren, zeigten sie sich besonders im Juni und in der relativ grösseren Häufigkeit in der ersteren Hälfte desselben. Sehr beruhigend ist jeden- falls schon von vornherein die Thatsache, dass seit Ende März und An- fang April bis heute höchstens im Ganzen in Breslau 80 bis 100 Er- krankungsfälle von Rückfallstyphus vorgekommen sind, also eine merklich geringere Zahl als die Erkrankungen eines einzigen heftigen Choleratages von 1866. Während aber die Cholera in Bezug auf ihre Mortalität mit Recht sehr gefürchtet wird, ist bisher nur ein einziger unter allen beob- achteten Fällen von Rückfallstyphus tödtlich verlaufen, und wenn auch möglicherweise noch andere Todesfälle vorkommen könnten, stellt sich doch schon jetzt die höchst geringe Tödtlichkeit der Krankheit heraus, namentlich auch eine viel geringere als für den gewöhnlichen Unterleibs- Typhus. Bisher, sowie in den meisten anderweitig beobachteten Epidemien, hat der Rückfallstyphus nur unter der ärmeren Bevölkerung und grossen- theils unter in ungünstigen äusseren Verhältnissen, besonders in Bezug auf Hygiene, Lebenden geherrscht. Die meisten Erkrankungen kommen aus dem Rosenbezirke, welcher auch in früheren Epidemien Breslaus eine traurige Berühmtheit erlangt hat. Ich führe nur an, nachdem ich der medieinischen Section die Ergebnisse meiner Untersuchungen über der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 193 die Epidemien der letzten 13 Jahre in Bezug auf diesen Bezirk mitge- theilt habe, dass unter Anderem im Jahre 1856 unter 1299 Typhus- kranken, welche im Allerheiligen-Hospitale Aufnahme fanden, nach dem vortrefllichen Berichte von Ebers 231 dem Rosenbezirke angehörten. In den beiden Rosengassen waren auf etwa 26 Häuser 1866 nicht we- niger als 55 Cholerafälle, von denen 40 tödtlich. Eine gründliche Unter- suchung der Verhältnisse in Bezug auf Brunnen, Cloaken, Bodenbeschaffen- heit, Wohnräume, etwaige Ueberfüllung derselben und sonstige Verhält- nisse wäre daher für diesen Bezirk sehr wünscehbar. Natürlich kann hier nur eine sehr genaue Durchforschung nützlich sein, und wäre es gewiss gut, die jetzige kleine und wenig gefährliche Epidemie zu benutzen, um grösseren Uebelständen für die Zukunft vorzubeugen. Ich komme nun zu der kurzen Beschreibung der Krankheit selbst. Sie befällt Kinder wie Erwachsene, Greise seltener, Männer etwas häu- fiser als Frauen. Ueberfüllung der Wohnungen mit schlechter Zimmer- luft und Unreimlichkeit sind von entschiedenem Einfluss. Ansteckung ist unter ungünstigen äusseren Verhältnissen ungleich mehr zu fürchten als bei gehöriger Lüftung, Reinlichkeit und guten hygienischen Verhältnissen. Von etwa 30 Fällen unserer Klinik hat sich bisher kein Fall, trotz der zahlreichen Studirenden und dem sich sehr eifrig mit den Kranken beschäf- tisenden Wärterpersonal, von Ansteckung gezeigt. In einer andern Ho- spital-Abtheilung ist ein Fall vorgekommen. Als Vorboten der Erkrankung beobachtet man Abgeschlagenheit, alleemeine Unbehaglichkeit, zuweilen Nasenbluten, Appetitmangel. Jedoch können Vorboten fehlen. Der Beginn ist dann ein rascher, mit starkem Schüttelfrost oder leichterem Frösteln. Hierauf folgt alsbald Hitze, Fieber, Kopfschmerz, Eingenommenheit des Kopfes und in den lebhalte- sten Ausdrücken klagen die Kranken über heftige Gliedersehmerzen oder Kreuzschmerzen. Schwindel, Röthung des Gesichtes, Empfindlichkeit gegen Sinneseindrücke, nächtliche Unruhe, Schlaflosigkeit, heftiger, quä- lender Durst, Appetitmangel, Uebelsein, auch wohl Erbrechen, grosse Pulsfrequenz und rasch zunehmende Temperatur des Körpers bilden die Erscheinungen der ersten Tage. Die genauen Temperaturmessungen 1 zeigen eine stetige, progressive Zunahme, mit Schwankungen von /, bis 1 bis 1, Grad Celsius, welche jedoch an keine bestimmten Tages- zeiten gebunden sind. So können die hohen Temperaturen von 41,,°, selbst 42° Celsius erreicht, ja überschritten werden. "Während so hohe Temperaturen beim gewöhnlichen Typhus sehr beunruhigend sind, haben sie diesen Charakter durchaus nicht beim Rück- fallstyphus. Nasenbluten kommt zuweilen in den ersten Tagen vor. Nicht selten ist mässiger Durchfall von Anfang an, Andere haben regel- mässige oder seltene Ausleerungen. Der Harn bietet die gewöhnlichen Veränderungen der fieberhaften Zustände. Alle Erscheinungen steigern 13 194 Jahres-Bericht sich in den ersten Tagen, und schon in den ersten Tagen findet man auch eine Anschwellung der Milz, welche von Tag zu Tag zunimmt, mit Empfindlichkeit, zuweilen Schmerzhaftigkeit der Milzgegend. Die Zunge, von Anfang an stark belegt, hat die Neigung, trocken zu werden. Husten plagt manchen Kranken, sonst steht das etwas beschleunigte Athmen unter dem Einflusse des Fiebers. Bei einzelnen Kranken zeigt sich nach 3 bis 5 Tagen leichte Gelbsucht, welche bei Manchen ausgesprochener wird. Die bedenklichere Form mit tieferer Lebererkrankung, wie sie in manchen Epidemien beschrieben worden ist, hat sich bei uns bisher kaum andeutungsweise und vereinzelt gezeigt. Einen sonderbaren Contrast bildet die grosse und rasch zunehmende Schwäche der Kranken mit ihrer Unruhe und ihrem grossen Unbehagen, welches durch die Muskel- schmerzen noch gesteigert wird. Nur ausnahmsweise haben wir Delirien beobachtet und auch diese mehrmals unter dem Einfluss früheren Miss- brauchs geistiger Getränke. Nachdem nun dieses schwere und ernste Krankheitsbild während 5 bis 7 Tagen, auch wohl etwas länger gedauert hat und alle Erscheinungen fast stetig zugenommen haben, tritt auf ein- mal, gewissermaassen auf der höchsten Höhe der Erkrankung, ein sehr bedeutender Nachlass ein, nicht selten unter reichlichen kritischen Schweissen, welche aber auch fehlen können. Fast wie abgeschnitten hören alle Symptome auf. In Zeit von wenigen Stunden, einer Nacht beobachtet man den Uebergang von äusserstem Krankheitsgefühl zu dem des relativen Wohlseins und der Behaglichkeit, wenn gleich die Schwäche bedeutend ist. Der Kopf wird frei, die Schmerzen hören auf oder lassen sehr nach, das Aussehen wird ruhig, zuweilen blass, die Haut kühl, der Urin ist reichlich, der Puls zeigt fast oder ganz seine normale Frequenz. Nichts aber ist auffallender und merkwürdiger als die rasche sehr bedeu- tende Abnahme der Körpertemperatur, welche von der höchsten Fieber- hitze in wenigen Stunden unter die Norm um 5°, 6°, selbst 7° Celsius sinken kann, so von 41° oder 42° C. auf 36°, selbst 350 und darunter, so dass nun die Körperwärme selbst um 2 bis 2'/), Grad kühler wird als im gesunden Zustande, was sich natürlich später bald ausgleicht. Nach- ‘ dem nun auch Appetit und Schlaf normal geworden sind und die Milz angefangen hat, abzuschwellen, fühlt sich der Kranke scheinbar in Con- valescenz. Uebrigens ist der Abfall nicht immer ein so rascher. Mattie- keit, Gliederschmerzen, noch zunehmende Abmagerung deuten jedoch auch bei deutlichem Abfall nicht selten auf noch fortdauerndes Krank- sein. Einzelne Patienten dagegen finden sich so wohl, dass man sie nicht im Hospital zurückhalten kann, in welches sie doch nach einigen Tagen mit dem Rückfall wieder eintreten müssen. Nun kann die ganze Krankheit bei einem Anfalle ihr Bewenden haben und zu allmäliger Ge- nesung übergehen. Gewöhnlich aber ist dies nicht der Fall, und dieser Zustand relativen Wohlseins dauert 4—6—7, ja s—-10—14 Tage. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 195 Gewöhnlich erfolgt nun fast eben so schnell, wie das erste Mal, der Rückfall: Neuer Frost, welcher jedoch fehlen kann, bedeutendes Unwohl- sein, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen mit Eingenommenheit, zunehmen- des Fieber, alle Erscheinungen der ersten Periode treten von Tag zu Tag ausgesprochener hervor, jedoch nicht selten in geringerem Grade als das erste Mal. Nach 2—4 Tagen in günstigen Fällen, gewöhnlich nach 4--6 Tagen, aber auch später, tritt unter reichlicher Transpiration, welche jedoch keineswegs constant ist, ein rascher und sehr bedeutender Nach- lass aller Symptome auf. In seltenen Fällen erfolgt nach einigen Tagen fieberfreier Zeit ein dritter Anfall (3mal in unseren Beobachtungen). Ge- wöhnlich aber beginnt nach dem Rückfalle die langsame Genesung. Die sehr schwachen und abgemagerten Kranken erholen sich und sind nach einigen Wochen gesund. In der Convalescenz kommen mitunter Nach- krankheiten, Nierenentzündung, Brustentzündung, Ohrspeicheldrüsenent- zündung ete. vor. Den schweren und traurigen Verlauf der schlimmen Fälle brauchen wir hier glücklicherweise nicht zu beschreiben, da unsere Epidemie im Ganzen einen überaus gutartigen Charakter und eine relativ sehr geringe Verbreitung zeigt, da die meisten, in den verschiedenen Stadttheilen, den Rosenbezirk abgerechnet, sich zeigenden Fälle verein- zelt bleiben und in den Nachbarwohnungen, Häusern und Strassen sehr wenig um sich greifen. Hat nun die Krankheit weder das Regelmässige noch die sonstigen Charaktere des Wechselfiebers, so stellt sich dieser Unterschied noch auffallender durch die entschiedene Erfolglosigkeit des Chinins heraus. Der Rückfalls-Typhus heilt bei passender Pflege von selbst, in den mei- sten Fällen bedarf es keiner eingreifenden Arznei; gute, hygienische Be- handlung in Bezug auf Diät, Getränk, Reinlichkeit, Lüftung, Ernährung reicht hin. Dagegen haben wir mit grösster Sorgfalt gleich im Anfang jede Erscheinung bekämpft, welche die Grenzen mittlerer Intensität über- stieg oder sonst bedenklich oder gefahrdrohend werden konnte. Die Selbstheilung, die nieht lange Dauer, die relativ geringe Ver- breitung, die bisher äusserst geringe Sterblichkeit sind daher eben so beruhigende, wie durch Beobachtung feststehende Thatsachen. 2) Anknüpfend an diesen Vortrag theilte Herr Sanitätsrath Dr. v. Pastau seine Erfahrungen über denselben Gegenstand mit. Seit Anfang April d. J. kommen im hiesigen städtischen Kranken- hause Fälle von Relapsing fever (jebris recurrens) zur Behandlung, einer Krankheit, die bisher am hiesigen Orte weder sporadisch, noch in epide- mischer Verbreitung Gegenstand wissenschaftlicher Beobachtung ge- worden ist. 13* 196 Jahres-Bericht Es wurden aufgenommen I pe Bere SOHEFE TAT: 5 Kranke, Ma RN 21 y vom 1. bis inel. 23. Juni . . 39 } zusammen 55 Kranke. Das Verhältniss der Männer zu den Weibern stellt sich hierbei — le 0. Von den aufgenommenen Kranken sind bis jetzt 15 (9 Männer und Weiber) geheilt entlassen. Die längste Behandlungsdauer in den ge- heilten Fällen betrug bei den Männern 32, bei den Weibern 338 Tage, die kürzeste bei den Männern 8, bei den Weibern 16 Tage, im Mittel bei den Männern 25,38, bei den Weibern 29,,,, ohne Geschlechtsunter- schied 27,, Tage. Bis jetzt ist noch kein Fall tödtlich verlaufen. Mit Ausnahme des 1. bis 5. Lebensjahres kommt die Krankheit in jedem Lebensalter vor. Die grösste Anzahl fiel auf das 15. bis 259., demnächst auf das 45. bis 55. Lebensjahr. Eine Prädisposition des Standes oder der Beschäftigung lässt sich nieht nachweisen; die meisten von den dem Hospital zugeführten Kran- ken gehören dem Arbeiterstande an. Die Kranken waren theils kräftig, theils schwächlich, zum Theil schlecht genährt. Einige wollten Noth gelitten haben, wenige zeigten die Symptome des chronischen Alkoholismus. Ein constantes Verhältniss zu früheren Krankheiten liess sich nicht auffinden. Ein Stadttheil (Grosse und Kleine-Rosengasse und Viehmarkt) lieferte die meisten Kranken (40); die Kleine-Rosengasse allein lieferte 26, das Haus Nr. 4 in derselben 17 Kranke. Der übrige Theil der Kranken kam aus den anderen Stadttheilen; zum Theil waren es Dienstmädchen wohl- habender Familien. Auch eme Wärterin der Anstalt, welche Recurrens- kranke verpflegte, wurde von dieser Krankheit ergriffen. Der erwähnte Hauptheerd der Krankheit liegt im nordwestlichen Theile der Stadt. Die Lage dieses Stadttheils, die Anlage der Strassen -und Häuser zeigt nichts Gesundheitswidriges. Es wohnt dort ein grosser Theil des Breslauer Proletariats. Die Wohnungen sind zum Theilfeucht, über- füllt, in hohem Grade unsauber. Letzteres wird besonders befördert dnreh die Schlafstellenwirthschaft, wo Leute ohne Haus und Heerd auf Stroh, welehes von manchen Wirthen erst nach Monaten gewechselt wer- den soll, nächtigen. Die Kranken aus der Rosengasse waren im höchsten Grade verwahrlost, wimmelten von Ungeziefer und litten Mangel an den nothwendigsten Kleidungsstücken. Das Trinkwasser wird von den Bewoh- nern als gut und wohlschmeckend geschildert. Ein grosser Theil der in der Anstalt aufgenommenen Kranken hatte früher an dem hierorts häufigen Wechselfieber gelitten, einzelne hatten der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 197 Typhus überstanden, mehrere litten an chronischem Lungenkatarrh. In der Rosengasse und am Viehmarkt waren in den letzten Jahren, zum Theil in denselben Häusern, wo jetzt besonders febr. recurrens herrscht, Fälle von Flecktyphus, theils sporadisch, theils in kleineren Hausepide- mien vorgekommen. Unter den Kranken sind zwei zugereiste Handwerksburschen, von denen der eine, als er hier in Breslau ankam, bereits von dem Fieber ergriffen war, während der andere am ersten Tage seines Aufenthalts hierselbst erkrankte. Diese beiden Fälle waren jedoch nicht die ersten, welche in der Anstalt aufgenommen wurden. Es lässt sich nicht fest- stellen, ob die Krankheit von auswärts eingeschleppt worden ist, Contagion wurde ausser bei der oben erwähnten Hospitalwärterin auch noch in einem anderen Falle bei einem ööjährigen Manne beob- achtet, welcher aus einer gesunden Gebirgsgegend hierher nach Breslau kam, auf der Rosengasse seine Schlafstelle nahm und dort erkrankte. Die Krankheit tritt bisweilen plötzlich, bisweilen nach 10- bis 14tä- gigen Vorläufern auf. Sie macht meist zwei Anfälle, welche durch eine Intermission von einander geschieden sind. | Der erste Anfall ist der heftigere; er dauert 5—7, selten 11—14 Tage. Hohes Fieber, Schwindel, starke Kopfschmerzen, enorme Prostra- tion der Kräfte, heftige Muskelschmerzen, Störungen der Verdauung, Appetitlosigkeit, nicht selten Erbrechen, in der Hälfte der Fälle Diarrhoe, constanter Milztumor sind die hauptsächlichsten Krankheitszeichen. Nach einem schnellen Fieberabfall beginnt die Intermission, welche 4 bis 9 Tage dauert. 1 bis 2 Tage nach dem Fieberabfall verschwinden in vielen Fällen die meisten anderen Symptome vollständig, besonders Kopf- und Muskelschmerzen, sowie der Appetitmangel. Der zweite Anfall (Relaps) dauert 1—7, meist 3—5 Tage. Er be- ginnt mit einem schnellen Aufsteigen der Körpertemperatur. Die Be- schwerden während dieses zweiten Anfalles sind meist weit geringer als während des ersten. Der Relaps endet ebenfalls mit plötzlichem Tem- peraturabfall. In einzelnen Fällen hat es bei einem Anfall sein Bewenden; ein dritter Anfall ist bis jetzt noch nicht beobachtet worden. Die Reconva- lescenz ist äusserst langsam. Die Temperatur ist während der Anfälle erheblich gesteigert; 40 bis 41° C. sind häufig, bis 42° nicht selten; einmal wurde 42,5% beobachtet, Das Fieber ist eine febris continua mit Remissionen theils nur von einigen Zehntel Graden, bisweilen von 1—2° und etwas darüber: im zweiten Anfalle sind die Remissionen bedeutender. Bisweilen kommt es hier zu einer oder mehreren vollkommenen Intermissionen, aber nicht mit regelmässigem Typus. Die Temperatur-Maxima und Minima fallen auf die verschiedensten Stunden des Tages und der Nacht. Der 'Temperatur- 195 Jahres-Bericht Abfall vollzieht sich meist über Nacht, selten erst in 24 bis 36 Stunden; er kann bis 8,50 C. betragen. Die Temperatur der Intermission ist anfänglich eine subnormale, die Norm wird in derselben höchst selten, nur vorübergehend und in gerin- sem Grade überstiegen. Eine Pulsfrequenz von 100—108 während der Anfälle war die Regel, ausnahmsweise 124—136. In der Remission war sie subnormal in vielen Fällen, bis 40 in der Minute. Die Resiratonsfrequenz stieg während des Anfalles bis auf 40. Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, enorme Hinfälliskeit, Schwindel sind constante Symptome. Delirien, Tremor wurden selten beobachtet. Ohrensausen kam einige Male während des ersten Anfalles vor. Nasenbluten wurde mehrfach im ersten Anfalle und während der Remis- sion bisweilen sehr hochgradig beobachtet. Muskelschmerzen fehlen kaum. Sie sind meist sehr bedeutend, be- treffen bisweilen die ganze Muskulatur, meist nur die einzelner Glieder, besonders der Oberschenkel. Sehr bedeutende Nackenschmerzen, starke Kreuzschmerzen wurden in einzelnen Fällen beobachtet. Ausserdem kom- men im Anfalle, bisweilen auch in der Remission meist auf ein Gelenk beschränkte Schmerzen vor. Die constante Milzschwellung ist häufig so bedeutend, dass sie meh- rere Finger breit den Rippenbogen überragt; Percussion und Palpation der Milz sind häufig schmerzhaft. Die Leber überragt den Rippenbogen meist um einige Querfinger, ihr linker Lappen füllt meist das Epigastrium aus. Die Lebergegend ist meist ebenfalls sehr empfindlich. Icterus wurde einmal beobachtet. Die Zunge ist bisweilen trocken, meist feucht, diekgrau belegt, rei- nigt sich häufig in der Remission, wo häufig auch der Appetit wiederzu- kehren pflegt. Der Urin ist trübe, gelbröthlich, sauer, hat ein specifisches Gewicht von 1008—1017. Zweimal wurde Albuminurie beobachtet, einmal mit Cylindern. Beim Uebergange des Anfalles in das Remissions-Stadium wurde bis- weilen ein reichlicher Schweiss constatirt mit nachfolgenden Sudamina- Ausschlägen. Herpes labialis wurde einmal beobachtet. Am Herzen und den grossen Gefässen kommt nicht selten ein systo- lisches Geräusch vor. Catarrh der Luftwege complieirt die febris recurrens häufig. Als Nachkrankheiten wurden Furunkeln (einmal) und Oedem der Unterschenkel ohne weitere Complication (einmal) beobachtet. Die Behandlung beschränkte sich im Allgemeinen auf eine hygienische und auf die Darreichung von MNineralsäure (Acid. phosphor.). Chinin konnte weder die Anfälle abkürzen, noch den Relaps verhüten. der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 199 Gegenwärtig werden mit der Solutio Fowleri, um dem letzterwähnten Zwecke zu genügen, Versuche angestellt. } Zehnte Sitzung am 10. Juli. Herr Privatdocent Dr. Voltolini über den mikroskopischen Bau der Gehörschnecke. Der Vortragende beschrieb den feineren Bau der Ge- hörschnecke, so weit er die in dem canalis spiralis cochlese enthaltenen Gebilde betrifft, oder die auf der lamina spiralis ossea und membranacea befindlichen. Er erläuterte das Vorgetragene durch Zeichnungen und Abbildungen, rectifieirte und bestätigte manches bisher Streitige. Er be- stätigte namentlich, was auch Löwenberg in Paris gefunden, dass in dem Schneckencanale (canalis spiralis osseus) sich in der That 4 Canäle be- finden. Die lamina spiralis ossea et membranacea (letztere auch membran« basilaris genannt) nämlich theilen zunächst den Schneckencanal in 2 Ab- theilungen, Treppen, eine obere, scala vestibul, und eine untere, scala tympani. Durch die Entdeckung der Membran, die nach dem Entdecker die Reisner’sche Membran genannt wird, zerfällt aber die scala vestibuli wieder in 2 Abtheilungen, in eine obere, die jetzt allein die scala vesti- bulk genannt werden darf, und eine untere, den häutigen Schneckencanal. Dieser letztere wird sonach gebildet oben von der Reisner’schen Mem- bran, unten von der membrana basilaris. In diesem häutigen Schnecken- canale befindet sich nun aber noch ein Canal, die früher sogenannte scala media, in dem die membrana Cortüi, welche dieht nach aussen von der Reisner’schen Membran, an den Wülsten der Gehörzähne ent- springt, nach der Peripherie des knöchernen Schneckencanales hingeht und sich hier an einem Vorsprunge des higamentum spirale inserirt und somit den häutigen Schneckencanal wieder in 2 Abtheilungen zerlest. In der unteren Abtheilung der früheren scala media befinden sich nun alle jene wunderbaren Gebilde, deren Entdeckung wir vornehmlich Corti ver- danken. Die Gehörzähne, das Cortische Organ mit der lamina vela- mentosa et membrana reticularis, die eigentlichen Corti’schen, Deiter'schen und Claudius’schen Zellen, sowie die Nervenverästelungen und das vas spirale internum. Der Vortragende demonstrirte nun unter dem Mikro- skope bei Tageslichte die betreffenden Präparate. Er zeigte Querseiten des knöchernen Schneckencanales, so dass man sich von den in ihm enthaltenen 4 Canälen deutlich überzeugen konnte. Er zeigte ferner ver- schiedene Präparate vom Corti’schen Organe sowohl des Rindes, Kanin- chens als auch erwachsenen Menschen und legte auf letztere einen be- sonderen Werth, da seines Wissens Abbildungen dieser Gebilde vom erwachsenen Menschen noch nicht bekannt sind. Ebenso demonstrirte er die membrana reticularis. Schliesslich sagte er noch einige Worte über die muthmaassliche Function des Corti’schen Organes. So viel steht wohl unzweifelhaft fest, dass dieses Organ das wichtigste Gebilde in deı 200 Jahres-Bericht Schnecke und somit im Gehörorgane ist, weil sämmtliche Schnecken- nerven sich um und auf demselben verbreiten. In Bezug auf seine Be- deutung hat die Hypothese von Helmholtz eine gewisse Berühmtheit er- langt, wonach dasselbe als eine Art Clavier im Ohre anzusehen ist. Wır wissen nämlich, dass Stäbe, Membranen, Saiten auch Gläser in Mitschwin- sungen (Mittönen) serathen, wenn ein Ton auf sie einwirkt, der ihrem Eigentone entspricht. Heben wir den Dämpfer einer Saite des Claviers in die Höhe und singen den Ton dieser Saite kräftig in’s Clavier, so hören wir den Ton nachklingen; der Nachklang hört sofort auf, wenn wir den Dämpfer auf die Saite niederlassen. Aber nicht blos diese Saite klingt mit, sondern auch (wenn wir sämmtliche Dämpfer der Saiten auf- heben) alle die Saiten oder nur die Saiten, welche den einfachen Tönen entsprechen, ‘die in dem angegebenen Klange enthalten sind. In dem Oorti’schen Organe haben wir nun elastische Stäbe, von denen wir an- nehmen müssen, dass sie durch die Schallwellen in Mitschwingungen ver- setzt werden. Könnten wir nun jede Saite eines Claviers mit einer Ner- venfaser so verbinden, dass die Nervenfaser erregt würde und empfände, so oft die Saite in Bewegung geriethe, so würde in der That genau so, wie es im Ohre wirklich der Fall ist, jeder Klang, der das Instrument trifft, eine Reihe von Empfindungen erregen, genau entsprechend den pendelartigen Schwingungen, in welche die ursprüngliche Luftbewegung zu zerlegen wäre und somit würde die Existenz jedes einzelner Ober- tones genau ebenso wahrgenommen werden, wie es im Ohre wirklich seschieht. Die Empfindungen verschieden hoher Töne würden unter diesen Umständen verschiedenen Nervenfasern zufallen und daher ganz getrennt und unabhängig von einander zu Stande kommen. Heimholtz nimmt nach Kölliker 3000 Corti’sche Fasern in der Schnecke an. Die in der Musik gebräuchlichen Töne fallen innerhalb 7 Octaven; rech- nen wir 200 auf die ausserhalb der in der Musik gebrauchten Grenzen liegenden Töne, deren Tonhöhe nur unvollkommen aufgefasst wird, so bleiben 2800 für die 7 Octaven, d. h. 400 für jede Octave, d. i. 35%, für jeden halben Ton. Diese Rechnung von Kölliker ist aber nicht richtig, denn nicht 3000 Corti’sche Fasern, sondern eirea 50,000 enthält die Schnecke, wie man sich an dem vorgelegten Präpa- rate vom Menschen sofort überzeugen kann, nämlich auf Y,,, Mm. kom- men 7 aufsteigende Corti’sche Fasern, also 7 >< 250 = 1750 auf einen Mm., und da der Schneckencanal 28 bis 30 Mm. lang ist, also eirca 50,000 auf den ganzen Canal. Dieser Fehler beeinträchtigt aber nicht die Helmholtz’sche Theorie, im Gegentheil stützt sie noch mehr, da durch eine grössere Anzahl Corti’'scher Fasern die Feinheit des Gehörs erhöht werden muss, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 301 Elfte Sitzung den 2. October. 1) Herr Sanitätsrath Dr. Grätzer „über die öffentliche Armenkran- kenpflege Breslau’s im Jahre 1867. Der ausführliche Bericht des Vor- tragenden wird in die Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft auf- genommen werden. 2) Hierauf berichtete Herr Privat-Docent Dr. Freund über die Dis- eussion, welche in der gynäkologischen Section der Dresdener Natur- forscher-Versammlung: ‚‚über intrauterine Behandlung“ stattfand. Zwölfte Sitzung den 23. October. 1) Herr Kreis-Physikus Dr. H. Friedberg über Proctoplastik, bei angeborenem Verschluss des anus. Er bezog sich auf drei früher von ihm veröffentlichte Fälle, in denen eine dauernde Heilung durch die „Proctoplastik‘‘ bewirkt wurde, also durch ein operatives Verfahren, wel- ches die natürlichen Verhältnisse herstellt. Hierauf theilte er ausführlich die Krankheitsgeschichte eines von ihm am 28. September 1859 wegen ‚ange»orener Aftersperre operirten 10 Monate alten Knaben mit, welchen er vor Kurzem wiedergesehen und vollkommen gesund gefunden hat. Hieran anknüpfend, erörterte er die bei jener Krankheit vorkommenden anatomischen Verhältnisse und klinischen Erscheinungen, so wie das operative Verfahren. Unter den klinischen Erscheinungen machte er auf eigenthümliche, von ihm beobachtete Anfälle aufmerksam, welche in der Literatur nicht erwähnt sind: Das Kind wird blass und kalt, der Puls frequent und klein, das Athmen mühsam und aussetzend, Zuckungen der Glieder- und Gesichtsmuskeln treten auf, das Kind erscheint wie ohn- mächtig, kommt aber bald unter Wimmern und Stöhnen wieder zu sich. In diesen Anfällen glaubte der Vortragende eine Reizung des Sympa- thieus durch die Zersetzung des Darminhaltes zu finden. Den Umstand, dass so selten ein mit angeborener Aftersperre behaftetes Kind am Leben erhalten wird, leitete er von der Wahl eines unzweckmässigen Opera- tionsverfahrens her. Als Todesursache bezeichnete er theils Entzündung des Darmes und Bauchfelles, theils Zersetzung des Darminhalts (Ent- wickelung von Schwefelwasserstoff), durch welche eine Blutvergiftung und Herzlähmung herbeigeführt wird. 9) Hierauf theilte Herr Dr. Gottstein mit: „Pathologische Bei- träge zur Helmholtz’schen Hypothese von den Tonempfin- dungen.‘ Gestützt auf die anatomischen Untersuchungen von Corti, Deiters Sehultze u. A. über die feinere Histologie der Endausbreitung der Ge- hörnerven hat Helmholtz die Hypothese aufgestellt, dass wir im innern Ohr verschiedene Organe zur Perception von periodischen und nichtperio- dischen Schallschwingungen besitzen, dass die erstern wahrscheinlich in der Zumina spiralis membranacea pereipirt werden und dass jeder Ton, 202 Jahres-Bericht den wir vernehmen, hier seine besondere Nervenfaser hat. Auf Grund dieser Theorie hielt er es für nothwendig, bei Erkrankungen des Ohrs nicht allein die Quantität der Hörstörung, sondern auch die Qualität fest- zustellen, d. h. das Verhalten der Perception sowohl für Geräusche als für verschiedene hohe und tiefe Töne zu prüfen. In der That ergab diese Untersuchungsmethode Krankheitszustände, von denen man nur sagen kann, dass sie einerseits nur ihre Erklärung finden durch die Helmholtz’sche Theorie, andererseits ihr zur Stütze dienen. Man kann unter diesen Krankheitszuständen drei Arten unterscheiden: 1) solche, bei denen die Perception für Töne nur vermindert ist — paretischer Zu- stand; 2) solche, bei denen die Perception für einzelne Tonreihen ab- solut aufgehoben, während sie für andere noch erhalten iss — paralyti- scher Zustand und 3) solche, bei denen die Perception in krankhafter Weise gesteigert ist — neuralgischer oder hyperästhetischer Zustand, „Verstimmung des Corti'schen Organs.“ Zustände der Parese sind von Moos und Magnus veröffentlicht. Daran reiht der Vortragende folgende Beobachtung: Eine Dame wird nach einer nervösen Krankheit schwerhörig; diese Schwerhörigkeit be- trifft besonders die tiefen Töne, sie ist ausser Stande, den Donner zu hören, während sie den Vogelgesang im Walde wahrnimmt; gleichzeitig hat ihr musikalisches Gehör gelitten, sie trifft keinen Ton beim Gesang richtig; ebenso vernimmt sie am ÜClavier alle tiefen Töne nur schwach, während sie die höheren beim Pianospielen wahrnimmt. i Zu den paralytischen Zuständen kann ein Fall von Schwartze mit Taubheit für alle Töne, von e aufwärts und folgende zwei vom Vortra- genden beobachtete gerechnet werden: Ein Mann wird in seinem 20. Le- bensjahre nach Scharlach unter Hirnerscheinungen auf dem rechten Ohr taub für die Sprache, dagegen werden alle tieferen Töne bis zum d. wahrgenommen und nachgesungen. Ein bis zu ihrem 6. Jahre guthören- des Mädchen wird nach einem gastrischen Fieber unter Hirnerscheinungen plötzlich taub auf beiden Ohren, allmälig verliert sich auch die Sprache, so dass es jetzt in ihrem 10. Lebensjahre als taubstumm betrachtet wer- den kann. Die Untersuchung am Clavier ergiebt indess, dass die tiefen Töne bis zum g noch als Töne gehört werden. Fälle von „Verstimmung des Corti’sehen Organs“ sind von Moos und Czerny bekannt gemacht, dazu kamen zwei vom Vortragenden beobachtete Fälle: Ein Militairkapellmeister, der längere Zeit sehr an- gestrengt war, vernimmt fortwährend zwei Töne in der Terz, gleichzeitig erregt ihm das Spiel gewisser Instrumeute die unangenehmsten Empfin- dnngen im Ohr, so dass die Musik ihm keine Freude mehr macht. All- mälig verliert sich das Hören der subjectiven musikalischen Töne, um einem continuirlichen Sausen Platz zu machen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 203 In einem zweiten Fall wird von einem andern Kranken nach einer heftigen Schallerschütterung ein musikalischer Ton gehört, der späterhin gleichfalls einem feinen Sausen Platz macht. Schliesslich theilt der Vortragende noch eine Beobachtung von Lucae mit, bei welcher wenigstens theilweise ein anatomischer Nach- weis gegeben ist, dass die Schnecke allein hinreicht, um unserm Ohre die Wahrnehmung der Töne zu vermitteln; sie betrifft eine Missbildung des Ohres, wo rechts die Ohrmuschel und der Gehörgang fehlte, ebenso das mittlere Ohr und die häutigen Gebilde des Vorhofs, wo ferner die Ampullen entartet, dagegen die Schnecke mit dem Corti’schen Organ normal erhalten waren und wo bei Lebzeiten vollkommene Taubheit für die Sprache, dagegen für den Ton a noch Knochenleitung vorhan- den war. Dreizehnte Sitzung den 6. November. 1) Herr Prof. Dr. Waldeyer theilt die Resultate seiner Unter- suchungen über die Entwickelung der Sexualorgane mit. — Nach den Ermittelungen über den Bau des Ovariums, welche der Vor- tragende bereits vor einem Jahre vorlegte, s. Sitz.-Ber. d. Schles. Ges. v. 25. October 1867, musste es nothwendig erscheinen, auch die Ent- wickelungsgeschichte der Keimdrüsen und ausführenden Gänge einer er- neuten Prüfung zu unterwerfen, Die Entwickelung der Genital-Organe beginnt beim Hühner-Embryo mit dem Auftreten des Urnieren- sanges ungefähr um die 20. bis 24. Brütstunde. Dieselbe axiale Zellen- wucherung, welche das Material zu den Urwirbelplatten liefert, bringt auch die Anlage des Urnierengangs hervor. Der letztere bildet sich aber nicht aus den Urwirbeln, sondern tritt von Anfang an als ganz selbstän- dise Anlage auf, parallel den Urwirbeln. Wahrscheinlich stammen die Zellen des Urnierenganges, sowie die der übrigen Sexualorgane vom oberen Keimblatte ab; es sind diejenigen Zellenproducte des oberen Keimblattes, welche am meisten lateralwärts von der embryonalen Längs- axe zu liegen kommen. Die erste auf dem Querschnitt sichtbare Spur des Ganges erscheint als kleiner knopfförmiger Vorsprung zwischen der lateralen Ecke der Urwirbel und einer anderen sanft abgerundeten Er- höhung, die man am besten als Seitenplattenwölbung benennen kann, Sie entspricht nämlich genau der Stelle, bis wohin medianwärts die Pleuroperitonealspalte reicht, und bezeichnet den Anfang der Seitenplatten Remak. Die obere Seitenplatte (obere Muskelplatte His) pflegt hier eine deutliche Wölbung nach oben zu machen. Die Urnierenanlage liegt nun hart an dem medianen Abhange dieser Wölbung und reicht bis tief in die darunter liegende Mittelplatte (Remak) hinein. Nach den Unter- suchungen des Vortragenden gehört der grösste Theil der Mittelplatten der gemeinsamen Urogenital-Anlage an; auch der Anfang der Seiten- 204 Jahres-Bericht plattenwölbung gehört hierher, sowie die Zellenlage, welche den medialen Umfang der Pleuroperitonealspalte auskleidet. An guten Präparaten lässt es sich leicht demonstriren, dass alle die in diesem Bereiche liegenden Zellen mit dem kleinen knopfförmigen Vorsprunge des Urnierenganges zusammenhängen und die gemeinsame Urogenital-Anlage bilden. Auch die Formation des Lumens erfolgt beim Wolff’schen Gange unter Betheiligung der Seitenplattenwölbung, wie an einem andern Orte genauer mitgetheilt werden soll. Der Gang wird nunmehr allseitig von jungen rundlichen Zellen (Zwischengewebe) umwuchert, so dass er scheinbar tiefer nach abwärts rückt. Dabei bleibt er aber stets in unmittelbarer Verbindung mit der Zellenlage, welche den medialen Winkel der Peri- tonealspalte auskleidet, und die von Anfang an einen Theil der gemein- samen Urogenital-Anlage ausmachte. Dieses Zellenstratum besteht aus einer einfachen Schicht kurzeylinderischer Zellen von epithelialer Form, und liest dem Urnierengange unmittelbar von dessen Peritoneal- fläche her auf (60—72. Brütstunde): Sie unterscheidet sich schon um diese Zeit ganz deutlich von den übrigen die innere Auskleidung der Peritonealhöhle bildenden Zellen, die den Charakter eines Endothels (His) tragen, während diese einem echten Schleimhautepithel gleichen. Sie gehen verschieden weit nach oben und unten auf die Wandungen der Peritonealhöhle über. Diese Zellen sind nun von besonderer Wich- tigkeit, denn aus ihnen bildete sich das drüsige Parenchym sowie die Epithelialbekleidung der Ovarien und die Müller’schen Gänge, d. h. deren Epithel. Man kann daher passend diesen medialen Winkel der Peritonealspalte als regio germinativa den übrigen Abschnitten der Bauchhöhle (regio Iymphatica) gegenüberstellen, und das ihn ausklei- dende, wahrscheinlich vom oberen Keimblatte abstammende Epithel als „Keimepithel“ benennen. Schon am 4. Tage erkennt man am me- dialen Umfange des ganz vom Keimepithel überzogenen W olff’schen Körpers, der sich inzwischen aus dem W olff’schen Gange hervorgebildet hat, eine beträchtliche hügelartige Verdickung des Epithels und darunter auch eine Wucherung des Zwischengewebes. Es ist das die erste An- lage der Keimdrüse. Schon jetzt ist es möglich, männliche und weib- liche Individuen zu unterscheiden, denn man trifft Embryonen, bei denen die Epithelialwucherung sehr mächtig ist und bei denen man einzelne dieser Zellen durch ihre besondere Grösse und die Grösse ihrer Kerne ausgezeichnet findet; das sind unzweifelhaft die ersten Spuren eines Ova- riums mit den primitiven Eiern. Bei andern Individuen bleibt die epi- theliale Wucherung von Anfang an zurück; diese sind wohl für männ- liehe zu erklären. Die Untersuchung älterer Embryonen giebt für die Richtigkeit dieseı Auffassung mancherlei Anhaltspunkte. Die Müller- schen Gänge entstehen, wie bereits Bornhaupt, Diss. inaugur. Riga 1567, der auch das Keimepithel, aber als Peritonealverdiekung, zuerst der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 205 beschrieben hat, meldet, aus einer Einstülpung des letzteren. Der Vortragende fand aber, dass die zuerst eingestülpte Zellenmasse nicht in Form eines soliden Zapfens weiter caudalwärts wuchert, sondern der Einstülpungsvorgang, vom Kopfende des Wolff’schen Ganges beginnend, an letzterem entlang nach abwärts vorschreitet. Der vorderste einge- stülpte Theil schnürt sich nicht zum vollständigen Rohr ab, er bleibt die abdominelle Oeffnung der Tube. Auf diese Weise sind durch das Keim- epithel das Epithel der Tube und das drüsige Parenchym des Eierstockes in genetischen Zusammenhang gebracht; nur die Dazwischenkunft des Wolff’schen Körpers schafft die Trennung beider Organe, wie sie bei den höheren Geschöpfen bestehen bleibt. Bei Kanincehen-Embryo- nen fanden sich wesentlich dieselben Verhältnisse. Schliesslich macht der Vortragende noch auf die histologische Be- deutung des Keimepithels aufmerksam, welches sich als eine besondere 4. Gruppe den anderen epithelialen Formationen, Deckungs-Neuro- und Sekret-Epithelien an die Seite stell. Auch werden mancherlei mehr pathologische Befunde, wie die Nebenöffnungen der Tube und viele Cy- sten, der Ligamenta lata, selbst der Mesenterien, durch das Keimepithel ihre Erklärung finden. Weitere Mittheilungen erfolgen später. 2) Herr Medieinalrath Prof. Dr. Spiegelberg über die Sanitäts- Verhältnisse in der hiesigen geburtshülflichen Klinik während der letzten Jahre. Derselbe hatte in einem im vorigen Winter gehaltenen Vortrage nach seinen Erfahrungen und Beobachtungen sich dahin ausgesprochen, dass es kein speeifisches Puerperalfieber, demgemäss auch keine Puerperalfieber-Epidemie, und bei passender Hygiene auch keine Endemien gäbe, dass die schweren wie leichten puerperalen Erkrankungsformen vielmehr von den gleichen oder wenigstens ähnlichen Erkrankungen, wie sie Verwun- dete überall befallen können, im Wesentlichen sich nicht unterscheiden. In Folge der Insulte, welche der Uterus und die im Becken gelegenen Gebilde in der Geburt erleiden, ist die Gelegenheit zur localen Erkrankung gegeben; bei der enormen Geneigtheit zu dil- fusen Entzündungen und zur Weiterführung localer Erkrankungsproducte auf dem Wege der Blutgefässe wie der Lymphbahnen, wie sie dem puer- peralen Zustande eigen ist, kommt es nun leicht zu einer sogenannten Selbstinfeetion, zum Puerperalfieber; dies geschieht um so leichter, wenn der Traumatismus einen heruntergekommenen Körper trifft, weil in einem solchen die localen Affeetionen gern dem Zerfall anheimgegebene Pro- dukte liefern. Dass jene Affeetionen von vorn herein den malignen Cha- rakter haben können, wenn eine Infection des Genitaltractus und beson- ders der insultirten Partien durch von aussen kommende deletäre Stolle stattfindet, liegt auf der Hand. 206 Jahres-Bericht Es ergeben sich aus diesen Grundsätzen die Maassregeln, mittelst deren man in vielen Einzelfällen dem Ausbruche allgemeiner Infeetion vorbeugen, auf jeden Fall aber verhüten kann, dass in Entbindungs- Anstalten Puerperalfieber endemisch auftritt; diese Maassregeln bestehen in grösster Reinlichkeit der Anstalt, fortgesetzter bis in’s Detail über- wachter Desinfeetion derselben, möglichster Isolirung jeder Erkrankten, und in frühzeitiger localer Behandlung der insultirten Partien, wie in möglichster Zerstörung der an und in ihnen gebildeten Produkte. Letz- teres gilt auch für die ausserhalb eines Gebärhauses vorkommenden Ein- zelerkrankungen. — Zur Illustration des Gesagten wurde die Morbili- täts- wie Mortalitätsziffer der hiesigen geburtshülflichen Klinik aus den Jahren 1865/68 mitgetheilt. In den ca. 27 Monaten dieses Zeitraumes, während welcher die Klinik Gebärende aufnahm (in den Herbstferien ist sie geschlossen), gebaren in derselben 896 Personen 305 Kinder, von diesen erkrankten 98 —= ca. 11 pCt. und starben 27 = 5 pCt. Diese Ziffern sind hohe; die Morbilität entspricht indess dem ausserordentlichen Reichthum an complieirten und schweren Ge. burten, deren sich die Klinik in Folge localer Verhältnisse leider erfreut; so kamen z. B. unter jenen 896 Geburten 71 frühzeitige und 133 (!) mit engem Becken vor; so musste u. A. die Operation der Wendung 24, der Zangenextraction 35, der Perforation 9, der künst- lichen Frühgeburt 8, des Kaiserschnittes 1 Mal ausgeführt werden. Die grosse Zahl anomaler Geburten erklärt die hohe Erkran- kungszahl. — Aber auch die Mortalität, wenn sie auch, betrachtet zu den eben angedeuteten Verhältnissen, nicht auffallen kann, ist noch hoch. Sie sinkt indess, wenn man die Todesfälle durch zufällige, nicht vom Puerperium direet bedingte Erkrankungen (8 an Zahl) abzieht, wie man es bei dieser Betrachtung doch thun muss — auf 2,14 pCt. Nachdem nun erst in den Jahren 1866/68 alle die Maass- regeln und Verfahren, wie wir sie oben als zur Prophylaxe nothwendige angedeutet, in Wirksamkeit treten konnten, fiel die Mortalität immer mehr; die Morbilitätsfrequenz blieb ziem- lich dieselbe, weil die relative Zahl der anomalen Geburten, also die Ursachen des Traumatismus, die gleiche blieb. 1866/67 war die Mortalität wohl = 3. 6 pCt., die Hälfte der Todesfälle aber durch zufällige Erkrankungen verursacht; die Sterblichkeit an Wo. chentieber war = 1.8 Cpt., und von den 5 an letzterem Gestorbenen waren 2 sehr schwer künstlich entbunden. 1867/63 betrug die Mortalität 2. 3 pCt., die am Wochenfieber nur 1. 6 pCt., und alle Gestorbenen waren in der Geburt schwer insultirt. Gegenüber den Resultaten, wie sie den meisten anderen Entbindungs- Anstalten und auch die private Praxis liefern, ist die Mortalität der bei- den letzten Jahre als eine ganz geringe zu betrachten, wenn man nur der Schles, Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 207 die grosse Zahl complieirter und schweser Geburten unserer Anstalt nicht aus dem Auge lässt. Gruppenweises Erkranken aber, wie es doch auf- treten müsste, läge ein Miasma zu Grunde, beobachteten wir in den Jahren 1866/68 gar nicht. Den besten Maassstab für die Einwirkung eines Miasma giebt das Verhalten der Neugebornen, d. h. die Häufigkeit ihrer Erkran- kung an puerperaler Infection ab. Wir verloren an letzterer von den 843 lebend gebornen Früchten überhaupt nur 8 = 0. 95 pCt.; da- von kommen auf das 1. Jahr allein 5 = 1. 60 pCt., auf das Jahr 1866 und 1867 2 = 0. 73 ptCt., und auf 1867/68 nur 1 = 0. 35 pCt. - Wenn somit auch epidemische (atmosphärische) Einflüsse als Ur- sache der Puerperalfieber nicht angenommen werden können, so braucht ein Einfluss gewisser sogenannter Krankheits-Constitutionen doch nicht ganz ausgeschlossen zu sein; gewisse (katarrhalische, diphtheritische) Krankheits-Constitutionen setzen aber nur eine Disposition zur Er- krankung der Puerpera, wie eines jeden Andern überhaupt, und unter dem Einflusse dieser Disposition entwickelt sich die puerperale Erkrankung leichter als ohne sie; die direcete Veranlassung letzterer ist aber immer das Geburtstrauma und die Selbstinfection von diesem aus oder die Infection durch Uebertragung deletärer Stoffe von aussen. Vierzehnte Sitzung am 27. November. 1) Dr. J. Gottstein bespricht eine von ihm ausgeführte Opera- tion eines Kehlkopfpolypen bei einem siebenjährigen Kna- ben. Der Knabe hatte seit seiner Geburt eine Anfangs stark heisere, später vollständig klanglose Stimme. Als Ursache fand sich eine Neu- bildung im Larynx, die ihre Basis an der vordern Commissur der Stimm- bänder hatte, und fast die ganze rima glottidis ausfüllte. Die Operation wurde vom Vortragenden in zwei Sitzungen mittels der Bruns’schen Schlinge ausgeführt, und hatte den Erfolg, dass nach vollständiger Be- seitisung der Geschwulst die Stimme ihren lauten Klang erhielt. Schliess- lich giebt der Vortragende eine statistische Zusammenstellung der in der Literatur verzeiehneten Fälle von Larynxpolypen im kindlichen Alter, aus der hervorgeht, dass in den meisten Fällen der Tod durch Suffocation erfolgte, und dass nur in wenigen Fällen die Operation ausgeführt wer- den konnte. 2) Privatdocent Dr. H. Cohn theilt die Resultate seiner statistischen Untersuchungen, betreffend die Augen der Breslauer Schriftsetzer, mit. Dieser Vortrag erscheint ausführlich in nächster Zeit in der Berliner kli- nischen Wochenschrift. 38) Dr. Köbner: Ueber die Behandlung der Syphilis mit hypodermatischen Injectionen von Sublimat. Der Vortragende theilte vorläufig seine Erfahrungen über die von Charles Hunter, 208 Jahres-Bericht Berkeley Hill, Hebra angewandte, aber verlassene, neuerdings wie- der von Lewin empfohlene Behandlung der Syphilis durch subeutane Sublimatinjeetion mit. Er behandelte damit 8 Fälle, sämmtlich In- dividuen von 20 bis 30 Jahren, wovon 7 die erste, condylomatöse Pe- riode der Syphilis, 1 als Reeidiv nach einer Schmierkur eine verbreitete Psoriasis syph. darbot. Da 2 dieser Patienten nach etwa 3-wöchentlicher Behandlung, während welcher 1'/,, beziehungsweise 2 Gran injieirt, und nur einige Symptome geschwunden waren, sich wegen zu grosser Schmerzhaftigkeit der Einstichsstellen der Kur entzogen, konnte der Vor- tragende nur 6, deren Krankengeschichien ausführlich verlesen werden, verfolgen. Es wurde stets '/, bis '/; Gran, im Beginn nur an einer, später an zwei, nur bei sehr hartnäckigen Formen an drei Stellen zu- gleich und zwar, so lange es sich thun liess, am Rücken, seltener an den Seitentheilen der Brust, am Unterleib, und nur einmal an der Innen- seite der Oberschenkel und der Oberarme injieirt. Alle Patienten em- pfanden bald darauf heftiges Brennen in der Nachbarschaft der Injeetions- stelle, welches bei dem einen besonders empfindlichen, der bei den ersten Sitzungen von Lipothymie befallen wurde, auch durch Morphiumzusatz (von !/, Gran) nicht sehr gemildert wurde. Demnächst stellten sich bei allen um die Injeetionspunkte Zellgewebs-Entzündungsherde ein, welche sich bei 3 Patienten zu — nach 6 bis 8 Wochen noch fühlbaren — harten, wulstigen Strängen zurückbildeten, bei 3 anderen aber zu Haut- abscessen mit folgenden tiefen, wie mit dem Locheisen durch das ganze Corium hindurch ausgeschlagenen, rundlichen Geschwüren führten; die- selben entstanden entweder acut, wie bei der einen der (der Gesellschaft vorgeführten) Kranken aus einem mit heftigem Fieber und Oedem der ganzen Extremität kurz nach der Injection beginnendem Pseudoerysipelas bracht, oder langsam und ohne heftige Allgemeinreaction, wie in einem Falle in der Haut nahe der Mamma und über dem Sternum, in einem anderen an 14 verschiedenen Injeetionsstellen am Rücken und Abdomen. Auf das Eindringen der Sublimatlösung in das subeutane Zellgewebe und nicht in das Corium, welches nach dem Eingeständniss auch der Ver- theidiger der Methode sehr bald gangraeneseirt, war stets geachtet wor- den. Die Injectionen, deren Einzeldosis sonach U, bis höchstens '), Gran (auf 4 Stellen vertheilt) betrug, waren im leichtesten Falle bin- nen 16, in den meisten Fällen binnen 24 bis 34, in zwei hartnäckigeren binnen 50 Tagen, und zwar nnr 2 bis 3mal in der Woche gemacht worden, und in Summa waren in einem Falle 3 Gran, in den 5 übrigen 4 Gran Sublimat bis zum Schwinden sämmtlicher Symptome nöthig ge- wesen. Salivation war nur einmal, und auch da nur in geringem Grade aufgetreten. Was nun die therapeutischen Erfolge dieser Methode be- trifit, so sah Referent im Allgemeinen zuerst die Roseola (meistens schon nach Verwendung von 1 Gran Sublimat) erblassen; länger widerstanden der Schles. Gesellsch. f. vaterl Cultur, 209 die Papeln und Condylome, und zwar die der Rachenschleimhaut länger als die der Haut. — Einmal sah der Vortragende Condylome an der dem Brustkorbe anliegenden Haut der Mamma, in deren Nähe er zwei Sublimat-Injectionen gemacht hatte, auffällig rasch in 6 Tagen einsinken und eintroeknen, während jene am Anus und im Pharynz der Kranken ganz un- verändert geblieben waren; bei einer anderen Patientin war eine quer über den Schultergürtel verbreitete Syphilois papulosa conferta, in deren Mitte mehrmals Sublimat injieirt worden, rasch erblasst, während eine gleich grosse Gruppe dieser Knötchen, quer über die Lendengegend zer- streut, sich nicht verändert hatte. Der Vortragende erblickt hierin einen Beweis für die zunächst lokale Wirkung des subeutan injieirten Sublimats, wie sie auch Ch. Hunter und Hebra beobachtet haben, und möchte diese beiZellenwucherungen in der Haut in die Augen fallende, zuerst locale Wirkungsweise des Sublimats für diejenige der subeutan injicirten Arzneistoffe ü berhaupt (z. B. der Alkalcide) geltend machen. — Viel langsamer resorbir ten sich die ursprünglichen Indurationen am Infeetionsorte und:nursehr wenig verkleinerten sich die indurirten Lymphdrüsen während der Kur. Da aber auf diese bei der Prognose von Reecidiven grosser Werth zu legen ist, hält sich der Vortragende von der dauernden Heilung der sechs, durch die erst seit einigen Monaten bis einigen Wochen geschlossene Kur allerdings von ihren Symptomen befreiten Individuen“) noch nicht überzeust. Das Eingeständniss Lewin’s, welcher schon in wenig mehr als zwei Jahren 35 pCt. Recidive bei seinen Kranken notirt hat, genügt nach dem Vortragenden nicht zur statistischen Bevorzugung dieser vor den bekannten Heilmethoden der Syphilis; jene Ziffer müsste sich erst durch eine vieljährige Beobachtung, welche in der Syphilistherapie allein entscheidend ist, bewähren. Mit Rücksicht also 1) auf die Schmerz- haftiskeit, 2) auf die nicht mit Gewissheit zu vermeidenden Abscesse mit ihrer oft starken Allgemeinreaction, 3) auf die noch durchaus nicht erwiesene erhebliche Verringerung der Zahl von Reeidiven erblickt Dr. Köbner nach seinen bisherigen, freilich an Zahl noch geringen, so wie nach den aus Wien und aus Heidelberg gemeldeten Erfah- rungen in dieser Methode keinen Fortschritt gegenüber den an- deren Arten den merecuriellen Therapie; für die ambulato- rische Behandlung insbesondere, für welche sie namentlich *) 3 derselben, darunter 2, welche Hautabscesse bekommen hatten, kamen innerhalb des nächsten Vierteljahres mit Haut- und Schleimhaut-Reeidiven wie» der; die anderen 3 entzogen sich der späteren Beobachtung. — Im nächsten Halbjahr wandten sich 4 von anderen Collegen mit dieser Methode behandelte Patienten wegen Recidiven an mich. K. 14 210 Jahres-Bericht anempfohlen worden ist, hält der Vortragende diese Methode für ungeeignet und gewagt. — Zum Schluss demonstrirt derselbe ein Stüek der an mehreren Punkten gangraenösen Rückenhaut von eihem im Heidelberger Kinderhospital von Prof. Oppenheimer mit Sublimat- Injeetionen behandelten und gestorbenen Kinde.*) Fünfzehnte Sitzung am 11. December. 1) Sanitätsrath Dr. Paul: Ueber die operative Behandlung der sogenannten Schwimmhäute. — Der Vortragende sprach über die operative Behandlang der sogenannten „Schwimmhäute‘“, d. h. ano- maler augeborener oder nach Verbrennung entstandener narbiger Haut- verbindungen zwischen den Fingern, an verschiedenen Gelenkbeugen, zumal an der Achselgrube. Die verschiedenen Grade und die bekannte Schwierigkeit der Heilung dieser Anomalie wurden erörtert und beson- ders die Erfolglosigkeit blosser Durchschneidungen solcher Verwachsun- gen hervorgehoben, da jedesmal dieselben durch die Vernarbung vom Vereinigungswinkel her wieder entstehen. Nur ein plastisch-operatives Verfahren, die Ueberpflanzung einer gesunden Hautbrücke an die Stelle der Verwachsung, besonders am Winkel derselben, vermag diese Wie- derkehr zu hindern. Der Vortragende beschrieb darauf zwei Fälle von solchen Narben- verwachsungen, den einen zwischen den Fingern der Hand eines Knaben, den anderen in der Achselhöhle eines Arbeiters, welche er operativ be- handelt und geheilt hatte. Bei der Fingerverwachsung wurden zwei vier- eckige Hauptlappen, ein dorsaler und ein volarer gebildet, deren Ernäh- rungsbrücke — jeder auf dem Rücken des dritten, dieser auf der Vola des zweiten Fingers lag, und welche aus der Dicke der Hautverbindung gebildet, um die Wundflächen des betreffenden Fingers herumgeschlagen und angenäht wurden. Ebenso wurde der Winkel zwischen den Fingern mit zwei feinen Kopfnäthen geschlossen. Ebenso wurde bei der Lappen- bildung mit der Schwimmhaut zwischen dem 3. und 4. Finger verfahren. Die Heilung war eine fast vollkommene. — Weit bedeutender war der andere Fall. *) Nach späterer brieflicher Mittheilung des Herrn Prof Oppenheimer waren demselben wegen Recidives nach früherer Calomelkur binnen 4 Wochen kleinste Dosen ("oo Bis '"%, Gran) injieirt worden; gegen Ende der 4. Woche trat fieber- hafter Darmkatarrh mit Schwellung der Leber und Milz ein, welchem das acht. monatliche Kind erlag. Die necrotischen Heerde um die Einstichspunkte hält Herr Oppenheim nicht für die Todesursache, sondern die allgemeine schlechte Ernährung, resp. den Darmcatarrh und die Schwellung der Mesenterialdrüsen. — Demnächst berichtet Herr Prof. Oppenheim von 2 zu derselben Zeit mit dieser sogenannten neuen Methode behandelten und anscheinend geheilten Kindern, welche nach 3 Monaten Recidive bekamen. und erklärt sich schliesslich für die bisherigen mercuriellen Applicationsweisen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 311 Ein Hüttenarbeiter war vor 2 Jahren in geschmolzenes Eisen, das auf den Boden geflossen, gefallen und hatte sich eine breite Verbrennung des Rückens, der Hinterfläche des linken Oberarmes und der Seitenwand der Brust zugezogen. Man hatte ihm zwar die breite Brandwunde ge- heilt, es aber nicht verhindern können, dass eine Hautvernarbung zwi- schen Arm und Brustwand zu Stande kam, welche am Arm 12 Ctm., an der Brust 14 Ctm. lang herabstieg und die Aufhebung des Armes zu kaum 45° erlaubte. Die Trennung dieser Hautverwachsung geschah zum srössten Theil mit der galvanocaustischen Schneideschlinge, und zwar längs der Brustwand, worauf die Hautduplicatur nach dem Oberarm zu verschwand. Hiernach wurden mit dem Messer vorsichtig nach oben in der Achselhöhle die noch übrigen narbigen Stränge durchtrennt und von der Rücken- und Brusthaut zwei schräge Hauptlappen gebildet, welche in der Achselhöhle durch die Naht vereinigt wurden. Die Heilung ge- lang vollständig. Die Hautbrücke blieb zwar nur zum Theil an ihrem Ueberpflanzungsorte bestehen, genügte aber vollkommen zur Verhinderung der Wiederverwachsung. Die Gebrauchsfähigkeit des Armes wurde völlig wiederhergestellt, nachdem der noch etwas atrophirte Deltoideus durch den electrischen Strom und durch Uebungen gekräftigt worden war. 2) Privatdocent Dr. Freund: Ueber die Toleranz der Uterinhöhle. MV: Bericht über die Thätigkeit der historischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1868 erstattet von Prof. Dr. J. Kutzen, zeitigem Secretair der Section. 0 Die historische Section hielt im Laufe des Jahres 1868 zehn Sitzun. gen, in welchen hauptsächlich die bereits oben (8. 15) im allgemeinen Berichte genannten umfassendere Abhandlungen zum Vortrag kamen. Das Wesentlichste ihres Inhalts enthalten folgende Mittheilungen: In der Sitzung am 3. Januar wurde vom Herrn Gymnasiallehrer Dr. Markgraf ‚das Verhältniss des Königs Georg von Böhmen zu Papst Pius II. 1462--1464“ erörtert. Der Vortrag ging von dem Prager Hoftage im August 1462 aus, wo sich der König offen zum Utraquismus bekannt hatte, die Katholiken ihn jedoch im Stiche gelassen hatten, als er von ihnen eine Garantie gegen die Compactaten begehrt hatte. Nach diesem Ereigniss sagte sich Breslau offen vom König los und suchte einerseits ganz Schlesien mit sich fortzureissen, andrerseits den Papst zum Einschreiten gegen den König zu bewegen. Das Erstere gelang nicht, hauptsächlich weil der Bischof, ein böhmischer Magnat aus dem Hause Rosenberg, ihnen entgegenarbeitete. Der Papst aber wurde durch die Intercessionen des Kaisers ebenfalls von direeten Feindseligkeiten gegen den König abgehalten. Dies dauerte vom December 1462 bis März 1463. Als indess die versprochenen Erbietungen des Königs immer noch ausblieben, nahm Pius am 29. März 1463 Breslau in den päpst- lichen Schutz und befahl dem auf den Nürnberger Reichstag abreisenden 214 Jahres-Bericht Legaten Bischof von Torcella, den deutschen Fürsten zu erklären, dass in Betreff der Compactaten keine Nachgiebigkeit zu erwarten sei. Auf neue zweimalige Intercession des Kaisers suspendirte er jedoch am 18. Juli die sich an die Bulle vom 29. März knüpfenden geistlichen Pro- cesse, wenn der König Breslau in Ruhe liesse. In dieser Stadt selbst war inzwischen über die Bulle ein heftiger Streit zwischen dem seit dem 12. Mai hierselbst weilenden Legaten Erzbischof Hieronymus von Kreta und Bischof Jost ausgebrochen, der am 6. Juni selbst zu Thätlichkeiten zwischen den beiden Prälaten führte. Der Erzbischof musste endlich nachgeben und noch vor der päpstlichen Entscheidung die Publication der Bulle suspendiren; am 29. Juni fand darüber ein Landtag in Breslau statt. Auf Betreiben des Bischofs Jost, der vor Allem einen Religionskrieg und ein eventuelles Losreissen Schlesiens von Böhmen verhindern wollte, hatte auch König Georg auf den 12. Juli einen allgemeinen Landtag nach Brünn ausgeschrieben. Er kam dort aber nicht weiter, da die Katho- liken mit den Compactaten Nichts zu thun haben wollten. Es ward be- schlossen, dass der Landtag in Rom um Einhaltung der geistlichen Pro- cesse bitten sollte, während der König versprach, dem Kaiser Eröffnun- gen zu machen, die zur Versöhnung mit Rom führen könnten. Mit der Erfüllung dieses Versprechens zögerte der König jedoch bis zum März 1464 und benutzte die Zwischenzeit zur Befestigung seiner Stellung, beson- ders auch zur Ausdehnung seiner Macht in Schlesien. Dabei trat ihm der Erzbischof von Kreta mehrfach entgegen, doch opponirte Bischof Jost diesem wiederum in allen Stücken. Die Breslauer agitirten mit allen Kräften in Rom gegen den König; auch war Pius selbst entschlossen trotz der Abmahnungen des Kaisers gegen Georg vorzugehen und ihn vom Throne zu stossen; es fand sich nur Niemand bereit, eine derartige Mission zu übernehmen. Er selbst rechnete in erster Reihe auf den König von Polen. Im Frühjahr 1464 suchte der Erzbischof den Mark- grafen Friedrieh von Brandenburg dafür zu gewinnen, doch ohne Eıfolg. Er verliess um diese Zeit Breslau und kam im Mai nach Rom. Dort hatte man inzwischen Kunde von den Eröffnungen erhalten, die Georg dem Kaiser gemacht; sie bestanden in der Forderung, dass ein neuer Legat nach Böhmen kommen solle, dem er Weiteres eröffnen wolle. Darauf ging Pius nicht ein, sondern setzte eine Commission von 3 Car- dinälen nieder, und diese beschloss, den König nach Rom zu eitiren. In dem Consistorium vom 16. Juni 1464 wird die Citation beschlossen, aber die Ausfertigung der betreffenden Bulle durch Cardinal Carvajal so lange hingezogen, bis Pius am 15. August starb. In Folge dessen unterblieb auch die Citation. — In den Sitzungen am 23. und 30. Januar sprach -Herr Prof. Dr. Grünhagen über die Schicksale Breslau’s in der Zeit der letzten Piasten der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 915 von 1290—1327. Vom Todestage Heinrichs IV. sind zwei höchst merk- würdige Urkunden datirt; die eine ein grosser Freiheitsbrief für das Bis- {hum Breslau, welcher dureh Uebertragung der bisher noch vorbehaltenen Hoheitsrechte das Neissische und Ottmachauische Land erst als wirkliches selbständiges Fürstenthum eonstituirte, die andere des Herzogs Testament, in welchem er Krakau, um dessen Besitz er so hartnäckig gekämpft hatte, nun einem der polnischen Herzoge preisgab, und sein schlesisches Herzogthum Heinrich von Glogau vermachte, während sein bisheriger nächster Freund, der Führer seiner Heere, Heinrich von Lieenitz, leer ausging. So war der Fürst auf seinem Sterbebette der Allianz zwischen der Kirche und den polnischen Interessen, welche er so lange bekämpft hatte, unterlegen, und die Breslauer sahen mit Schmerz die Verbindung mit den Deutschen in Krakau, für die sie so viele Opfer gebracht, gelöst und sich selbst von einem verhassten Prätendenten bedroht, gegen den sie sich zu verzweifelter Gegenwehr rüsten. In dieser Noth mögen sie nicht auf König Wenzel von Böhmen warten, obwohl sie an seiner deutschen Gesinnung nicht zweifelten und sogar die Fortdauer der Ver- bindung mit Krakau von ihm hoffen konnten; sie wählen den nahen Freund, ihren früheren Feldherrn Heinrich von Liesnitz, der sich auch mit ihrer Hülfe gegen den Glogauer Prätendenten behauptet. Doch mit der grossen Stellung, wie sie die früheren Herzöge einnahmen, ist es nun vorbei, der bedrängte Fürst kann sich kaum selbst halten und muss, um einen drohenden Angriff der Böhmen abzuwehren, die Unterstützung sei- nes Bruders Bolko von Schweidnitz durch verschiedene Landabtretungen erkaufen. Wir übergehen als mehr bekannt die verrätherische Gefangen- nehmung des Herzogs und seine martervolle Gefangenschaft in Glogau. Und ermittelt ist hier, dass ein Breslauer Patrieier, Walther de Po- merio, den Kerkermeister und Peiniger Heinrichs V. gespielt hat. Nach Heinrichs Tode führt die Vormundschaft über dessen unmündige Söhne zuerst der tapfere, aber gewaltsame Bolko von Schweidnitz bis 1301 und dann Bischof Heinrich, dessen Wahl die deutsche Partei des Domkapitels durchgesetzt hatte, und welchen der Vortragende gegen die verleumderischen Beschuldigungen späterer Chronisten vertheidigte. Die Vermählung des ältesten Herzogs mit der Tochter des Böhmenkönigs Wenzel's Il. spielt die vormundschaftliche Regierung in die Hände des Letzteren, der jedoch ;schon 1305 starb, wo dann der älteste Sohn Heinrich’s V., Boleslaw, und seit der 1311 erfolgten Theilung dessen Sohn Heinrich VI. regierte, ein guter und wchlwollender, aber schwa- cher Fürst. Von seinem Bruder beständig bedrängt, durch das unter Wladislaw Kokintek auf’s Neue erstarkte Polen bedroht, warf er sich, nachdem er vergebens bei dem deutschen Kaiser Ludwig Schutz sesucht, dem Böhmenkönige Johann in die Arme und nahm 1527 von diesem sein Land zu Lehen, ganz in Uebereinstimmung mit den Bres- 216 Jahres-Bericht lauern, ja sogar auf deren Antrieb, welche in dem Anschlusse an Böh- men den einzigen Weg zur Wiederherstellung geordneter Zustände in dem unter 17 ewig uneinigen Fürsten zersplitterten Schlesien und zu. gleich den Schutz ihrer deutschen Nationalität vor Polen erblickten. Hierauf sprach in der Sitzung am 30. Januar Herr Reetor Dr. Luchs über die in Trebnitz befindliche alte Grabfigur der heiligen Hed- wig, indem er nachwies, dass die Fürstin niemals anderswo begraben gewesen sei, als wo ihr 1680 errichtetes modernes Denkmal stände, und dass an eben der Stelle die Erhebung ihrer Gebeine 1267 stattgefunden habe. Dass sie gleich anfangs ein Grabmal gehabt, gehe aus der Le- gende hervor; jedoch sei die oben erwähnte Figur eher in die Zeit nach ihrer Heiligsprechung zu setzen. Das prachtvolle Denkmal sei in Tracht und Kunstcharakter so abweichend von allem Uebrigen, was die schle- sische Kunstgeschichte aufzuweisen habe, dass sein Ursprung wahrschein- lich ausserhalb der Landesgrenzen, vielleicht in Byzanz, zu suchen sei, In der Figur besässen wir das älteste grössere Sculpturwerk der Provinz und ausser ihrem Siegel das älteste Bild der Heiligen. — Das nächstens erscheinende neunte Heft der schlesischen Fürstenbilder von Dr. Luchs, auf die man in allen Buchhandlungen abonniren kann, wird das Bild, welches wie die früheren aus der trefflichen lithographischen Anstalt von Lilienfeld hervorgegangen und von Herrn A. Bräuer gezeichnet ist, nebst Text bringen. In der Sitzung am 27. Februar sprach der Secretair der Section, Prof. Dr. Kutzen, über die Unechtheit eines berühmten Briefes, wel- chen Friedrich der Grosse nach der Schlacht von Kolin am 18. Juni 1757 an seinen Freund Lord Marischal, damals Gouverneur von Neufchatel, geschrieben haben soll, und welcher bis in die neueste Zeit allgemein für echt gehalten wurde. Eine hiervon abweichende Ansicht hatte der Vortragende bereits 1857 in seiner Schrift „Der Tag von Kolin“, $. 265 f. ausgesprochen und dieselbe in der Sitzung der historischen Section am 2. Februar 1366 noch verschärft und näher begründet. Was hier jedoch nur als Conjeetur, als Folgerung, gestützt auf Datum, Form und Inhalt der bisherigen Editionen des Briefes, aufgestellt werden konnte, kann jetzt auf Grund mehrerer neu aufgefundener Documente als sichere That- sache geltend gemacht werden, nämlich dass jenes gefeierte Schreiben nicht nur an vielen einzelnen Stellen gefälscht, sondern dass es über- haupt ein untergeschobenes, ein Schriftstück fremder Hand sei, das in Form der damaligen politischen und militairischen Flugblätter während der ersten Monate nach der Schlacht von Kolin in französischer und deut- scher Sprache verbreitet wurde, höchst wahrscheinlich mit in der Ab- sicht, um auf verlockende Weise darauf hinzudeuten, wie schlecht der Schles, Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 917 Friedrichs Sache in Folge jener Schlacht stehe. — Es genüge hier die kurze Mittheilung über den Inhalt des Vortrages, da derselbe voll- ständig im I. Hefte der Abhandlungen der Schles. Gesellschaft für vater- ländische Cultur, philosophisch-historische Abtheilung für 1868, bereits sedruckt erschienen ist. In der Sitzung am 23. April hielt Herr Aug. Mosbach einen Vor- trag unter dem Titel: „Beiträge zu den Kriegen, welche Frankreich in Deutschland führte, von 1800---1813, aus den Berichten polnischer Offi- ziere.‘“ Der Vortragende hatte aus den Schriften mehrerer höherer pol- nischer Offiziere, welche diese Kriege mitgemacht, z. B. des Brigade- Generals J. Zakuskis „Erinnerungen an das polnische Chevauxlegers- Regiment der Garde Napoleons 1.‘‘, des Generalstabs-Obersten T. Wyle- zynskis „Beiträge zum Kriege in Deutschland im Jahre 1815‘, des Oberst W. Dobieckis „Denkschrift über das Reiter-Regiment der pol- nischen Legionen, von 1797—1813“ u. a. m., alles dasjenige zusammen- gestellt, was in französischen und deutschen Schriften, welche die Kriegs- seschichte jener Zeit, insoweit sie auf deutschem Gebiete spielt, behan- deln, entweder mit Stillschweigen übergangen oder anders beschrieben worden. Von besonderem Interesse waren die bisher unbekannten Ein- zelheiten über den Antheil, den das kleine polnische Corps unter dem Divisions-General Dombrowski (bestehend aus den Resten dreier In- fanterie-Regimenter unter dem Brigade-General Zoltowski, einigen hun- dert Ulanen unter Brigade-General Krakowiecki und einer reitenden Batterie unter dem Escadronchef Szweryn) an der Schlacht von Leipzig und vorzüglich an der Vertheidisung des Halleschen Thores und Liehr- schen Gartens nahm. Diese letzteren Mittheilungen waren der kürzlich in Posen unter dem Titel: „Denkschrift über die Kriegsthaten des Generals Heinrich Dombrowski und des polnischen Heeres, von der Schlacht bei Leipzig an, von einem Augenzeugen‘‘ — in polnischer Sprache erschienenen Schrift entlehnt. Derselben Quelle entflossen die ebenfalls bisher noch nirgends erwähnten Nachrichten über den Rückzug Napoleons nach der Schlacht von Leipzig, aus denen unter Anderem her- vorgeht, dass Napoleon auf alle mögliche Weise bemüht war, die Trüm- mer sämmtlicher polnischen Truppen, welche er unter Dombrowskis Oberbefehl stellte, mit sich nach Frankreich zu führen. Das Corps Dombrowskis zählte in Sedan, am 15. December 1813, 777 Offiziere, 4721 Unteroffiziere und Gemeine, nebst 2661 Pferden. Am 7. Mai hielt Herr Oberlehrer Dr. Reimann einen Vortrag über die Krisis des baierisehen Erbfolgekrieges. Am 16. Fe. bruar hatte derselbe in einem der Sonntags-Vorträge der vaterländischen Gesellschaft vor einem grösseren Kreise im Musiksaale der Universität 218 Jahres-Bericht die ersten sechs Wochen dieses Krieges dargestellt: die militairischen Pläne Friedrichs II., die Unterhandlung, welche Maria Theresia bald nach dem Einfalle der Preussen in’s Werk setzte, die Misshelliskeiten, in welche sie darüber mit ihrem Sohne gerieth, und das siegreiche Vor- dringen des Prinzen Heinrich bis nach Niemes. Nachdem hieran kurz erinnert worden war, theilte der Vortragende die Fortsetzung seiner Ar- beit mit, welche sowohl den Abbruch der Unterhandlungen als die wei- teren Kriegsbegebenheiten bis zum 8. September enthielt. Es ergab sich Jaraus, dass der grosse König die Lage der Dinge viel richtiger beur- theilte, als sein Bruder Heinrich, der trotz aller Ermahnungen Fried- richs nach Leitmeritz zu ziehen, einen Monat unthätig in Niemes stehen blieb und dadurch den Feldzug verdarb, welcher so schön durch sein Verdienst angefangen hatte. Die von Arneth im vorigen Jahre ver- öffentlichten Briefe Josephs an Maria Theresia zeigen, wie schlimm es mit Laudon schon am 8. August stand, wie er allen Muth verloren und am Ende des Monats noch einmal den Kaiser durch den panischen Schrecken, den ihm ein Streifzug der Generale Möllendorf und Pla- ten einjagte, beinahe zum Rückzuge verleitet hätte. Da auch der Ver- such des Königs, bei Hohenelbe die österreichischen Verschanzungen zu durchbrechen, misslungen war, so verfolgten die Preussen für die nächste Zeit kein anderes Ziel, als so lange wie möglich in Böhmen auf Kosten des Feindes zu leben. Mit dem Rückzuge Friedrichs nach Wildschütz endete der Vortrag. In der Sitzung am 22. October sprach Herr Prof. Dr. Grünhagen über die Oppeler Fehde und gab damit ein Bild jener wilden Zeit am Ausgange des XIV, Jahrhunderts, wo fast in allen Theilen Deutsch- lands sich Scenen des rohesten Faustrechts abspielen. Aehnliches wie- derholt sich auch in Schlesien, und die sogenannte Oppeler Fehde ist ein sprechendes Beispiel dafür. Ihre Entstehung war folgende: Kaiser Carl IV. hatte, als er durch seine Vermählung mit Anna von Jauer der Erbe der beiden Herzogthümer Schweidnitz-Jauer wurde, zugleich die Verpflichtung übernommen, der Schwester des letzten Herzogs von Schweidnitz-Jauer, der Gemahlin Bolko’s III. von Oppeln, eine Abfin- dungssumme von 10,000 Mk. auszuzahlen unter Verpfändung einiger böh- mischer Schlösser. Diese Schuld vererbte auf Carls Sohn, König Wenzel, der dann im Jahre 1389 einen neuen Schuldschein ausstellte mit der Verpflichtung, in 8 Jahren die ganze Summe zu tilgen. Einige böhmische Barone und die Stadt Prag dienten dabei als Bürgen, und Zwang und Ueberredung bewogen auch die schlesischen Städte Breslau, Glatz, Frankenstein, Neumarkt und Namslau, als Bürgen ihre Siegel an den Brief zu hängen. Sie hatten es bald genug zu bereuen; denn Wenzel zahlte nicht, LEN EEE TEL DET PRPOEEEETETETEE Ä N “r -Piy * Pe, Se m- ww der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 219 und als er endlich zahlte, unterschlug sein Kämmerer Huler die Summe, und die spätere Enthauptung desselben vermochte doch das Geld nicht wieder zu schaffen. Seitdem wurden nun die Breslauer fast 20 Jahre hindurch auf Grund jener Bürgschaft von den Oppeler Herzogen in der unerhörtesten Weise gepeinigt und geschädigt, ihren Kaufleuten aufge- lauert, Lösegelder erpresst, Waaren weggenommen, der ganze Handel Breslau’s unterbrochen und gefährdet. Alle Mittel dagegen waren um- sonst, vergebens kauften sie sich theuer genug regelrecht von der Bür- gerschaft los, die Herzoge kümmerten sich nicht darum, vergebens such- ten sie Schutz bei dem schlesischen Fürstenbunde, die Oppelner trotzten demselben, alle Schiedssprüche der Fürsten, des Bischofs, des Polen- königs, die Intervention des Königs von Ungarn, halfen Nichts, und als die Breslauer endlich zum Schwert griffen und Söldner anwarben, rich- teten diese auch Nichts aus. Noch schlimmer ward ihre Sache, als sie auf directe Weisung König Wenzels einen der räuberischen Herzoge, Johann, der zugleich Bischof von Breslau war, in Breslau verhaften liessen, jetzt wandte sich auch der ganze Clerus gegen sie, und der Bischof belegte die Stadt mit dem Interdiete. Von ihrem Landesherrn im Stich gelassen, mussten sie sich endlich noch der Demüthigung einer öffentlichen Busse unterwerfen; ihren Schaden, der nach unserem Gelde ungefähr 70,000 Thlr. betragen haben soll, ersetzte ihnen Niemand, und erst mit dem Tode Wenzels 1419 hörte dieser für unsere Stadt so unheilvoll gewordene Streit auf. In der Sitzung am 19. November theilte Herr Oberlehrer Dr, Rei- mann das vorletzte Capitel seiner Geschichte des baierischen Erbfolge Krieges mit, welches das Zustandekommen einer französisch-russischen Vermittelung und die Unterhandlung über die Präliminarien enthält. Für jenen Punkt leistete, wie früher, neben der Correspondenz Fried- richs II. mit dem Prinzen Heinrich auch noch der Briefwechsel zwi- schen Maria Theresia und Joseph erhebliche Dienste; nachdem aber der Kaiser am 23. November nach Wien zurückgekehrt war, hör. ten die so lehrreichen schriftlichen Berathungen zwischen Mutter und Sohn auf. Der Forscher sieht sich daher auf das alte, freilich noch nicht völlig ausgenutzte Material beschränkt, welchem dann die Denk- würdigkeiten des Freiherrn von Asseburg und die genannte Üorre- spondenz noch einiges Neue hinzufügen. Ein Auszug aus dem Vor- trag ist hier um so weniger nothwendig, als die ganze Geschichte des baierischen Erbfolge - Streites bereits gedruckt erschienen ist. In der Sitzung am 10. December sprach Herr Director Schück über Wilhelm v, Humboldt und Stein, ihre Uebereinstimmung und Ver- schiedenheit. Er eniwickelte den politischen Bildungsgang Humboldt, 220 Jahres-Bericht zeigte den Einfluss der französischen Revolution auf ihn, und wie er, von Dalberg veranlasst, die im Jahre 1851 von Cauer vollständig her- ausgegeberen Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen, geschrieben, und in welcher Weise sein Handeln den in dieser Schrift niedergelegten Grundsätzen entsprochen habe. Eine Hauptverschiedenheit beider Staatsmänner findet sich in ihrem Verhältniss zur Religion: Stein, ein frommer, gläubiger Christ, Hum- boldt kühl und in gewisser Entfernung vom positiv Christlichen, doch dasselbe nicht verleugnend. Stein ungestüm Bahn brechend, Humboldt gelassen vortretend, elegant in Ausdruck und That. Für vollständige Gewerbefreiheit ist Humboldt, nahekommend dem Nothgewerbegesetz des Reichtages; für Zünfte und vollständige Beseiti- gung der Gewerbefreiheit Stein; übereinstimmend Beide in Bezug auf Beamtenwesen, Vielschreiberei und Vielregiererei. Die Initiative für Ge- setzgebung will Humboldt der Landesvertretung entzogen, Stein ihr gewährt wissen. Beide wollen dem Gutsbesitzer die Polizei-Verwaltung velassen sehen. Die Vertretung des Volks, wie sie jetzt besteht, stimmt weder mit Stein’s noch Humboldt’s Ansichten überein. Humboldt’s Ideen über die Strafrechtspflege sind nahe verwandt denen seines Freundes Beyme und unter Friedrich Wilhelm Il. schon in der That verwirklicht worden, Stein stimmt zum grossen Theil mit ihnen überein und weiset auf die Thätigkeit des Dr. Ju- lius hin. Die erfolgreiche Thätigkeit Humboldt’s in Wien, in Prag und Chatillon wird dann hervorgehoben und gezeigt, wie Stein während seines Lebens in Prag durch Rittmeister v. Prittwitz, später Landrath in Brieg, und Andere mit Berlin in steter Verbindung geblieben, und dabei der Verdienste des Regierungs-Rath Drewitz und des nachma- ligen, im vorigen Jahre verstorbenen Geheimen Rechnungs-Rathes Neu- gebauer gedacht. Das vergebliche Ringen Humboldt’s und Stein’s für Preussen am "Wiener Congress wird dargelegt, und wie Stein die Erfolge von 1866 gleiehsam prophezeit, und wie Humboldt durch die Carlsbader Be- schlüsse, die Stein’s grosses Missfallen hatten, zum Rücktritt von den Staatsgeschäften bewogen worden. Stein war nicht einverstanden mit Pressfreiheit für Zeitungen, Journale und Broschüren, und Humboldt verlangte auch in dieser Be- ziehung Geschmack und Maass, ohne welche Eigenschaften die Schätze des Geistes todt und unfruchtbar seien und der erwärmenden Segenskraft entbehren. (Gedruckt in den Abhandlungen der Schles. Gesellschaft für vaterländische Cultur, phil.-hist. Abth. für 1869.). a EZ N En 2 un Near er ır eh+ über die Verhandlungen der Section für Obst- und Gartenbau im Jahre 1868 von Kaufmann und Stadtrath E. H. Müller, zeitisem Secretair der Section. Die Section für Obst- und Gartenbau der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Breslau hielt im Jahre 1868. 7 Sitzungen. In der ersten Sitzung am 12. Februar benachrichtigte Hr. Ritter- gutsbesitzer v. Kraevel-Bresa auf Gross-Bresa brieflich, dass der Kreistag des Neumarkter Kreises ein Comit& erwählt hat zur Begutach- tung der Anlage einer pomologischen Kreis-Baumschule zu Neumarkt, dass er die Ehre habe, diesem Comit& als Mitglied anzugehören und als solches submittirt habe: 1) die Anlage von Kreis-Baumschulen in allen Kreisstädten, besonders da, wo Gefangenen-Anstalten die Arbeits- kräfte billig stellen können, durch Zuschriften an das betreffende Mini- sterium, die Landwirthe und landwirthschaftlichen Vereine herbeizu- führen; 2) die projectirte Kreis-Baumschule zu Neumarkt durch Geschenke oder billige Ueberlassung von Obst-Wildlingen und Samen begründen zu helfen; 3) einen Normal-Etat für Begründung, laufende Kosten und spä- tere Einnahmen, mit Amortisationsplan ete. für Kreis-Baumschulen von 10 bis 20 Morgen Grösse entwerfen und verbreiten zu lassen; 4) die Ausbildung von Kreis-Baumwärtern und 5) Herbeiführung von Staats- Prämien für Kreis-Obstbaumschulen. Der Zweck soleher Kreis-Baumschulen solle zunächst der sein, zu sehr niedrigem Selbstkostenpreise junge, starke, hochstämmige Bäume von späten Obstsorten zur Bepflanzung von Strassen, Dorlangern ete. den Gemeinden zu liefern und den fleissigsten derselben Prämien in Gratis- 2292 Jahres-Bericht Baumlieferungen auszusetzen. Die Anlagekosten solcher Gemeinde-Baum pflanzungen würden nach sieben Jahren entweder aus den Kreis-Spar- kassen, oder aus den Provinzial-Hülfskassen amortisationsweise zu ent- nehmen sein. Ob und welehe weitere Schritte zur Ausführung eines solchen Vor- habens geschahen, darüber haben wir bis zur Zeit nichts erfahren. Zur Kenntniss wurde gebracht, die Offerte des Wenzel Dostal in Nechanitz bei Königgrätz verschiedener getrockneter Obstsorten zu billigen Preisen. Ueber Oberschlesische Obsteuliur berichtet Herr Lehrer Oppler in Plaria: „Wenn auch in Folge der vorjährigen reichen Obsternte auf den Märkten, besondersin Ratibor, Massen von Obst zum Verkauf gestellt wurden, so waren dies doch im Grossen und Ganzen nur geringe Sorten Sommer- und Wirthschaftsobst, seltener Herbst- und Winterobst von Chausseebäumen. Die Preise waren äusserst niedrig, und so kam es, dass von Landleuten, welche den Absatzorten entfernter sind, grosse Mengen Obstes an das Schwarzvieh verfüttert wurden, da jene eben auch nicht Thätigkeitstrieb und Kenntniss von vielseitig möglicher, besserer Verwerthung des augenblicklichen Ueberflusses in die eigene Hauswirth- schaft, ja selbst von dessen Aufbewahrung in frischem Zustande besitzen. Nur Winterobst wurde zuweilen, wie die Kartoffeln in Kellern, oder in im Freien errichteten, mit Erde bedeckten Haufen zur späteren Erzie- lung besserer Preise aufbewahrt; nur unter den Bewohnern deutscher Herkunft findet man die wirthschaftliche Fürsorge, Obst bei reichen Ernten zu dörren.“ „Ist es richtig, dass man in Schlesien mehr Aepfel- als Birnbäume angepflanzt findet, so sind letztere in Oberschlesien dennoch in grosser Anzahl vorhanden; es sind dies aber nur Wildbäume unveredelt geblie- bener Sämlinge, welche zwar keine grosse Pflege beanspruchen, den Besitzer aber auch für seine Unthätigkeit erst nach zwanzig und meh- reren Jahren mit ihren zwar sehr dauerhaften, zuweilen auch recht grossen Früchten lohnen, die jedoch nur sehr mittelmässiges Wirthschaftsobst sind, daher auch nur Dörrobst von untergeordneter Güte liefern. Von dem Anbau besserer Obstsorten scheint in hiesiger Gegend jedenfalls auch der Umstand abzuhalten, dass das Publikum für solche nur die Preise gewähren will, welche es für ganz schlechte, zu frühzeitig ge- brochene, daher unreife und ungesunde Früchte zahlt; leider gestatten auch die Aufsichtsbehörden, trotz bestehender Verbote, den Verkauf solch unreifen Obstes.‘ „Der Ratiborer Kreis wird in wenigen Jahren 30 Meilen nur mit Obstbäumen bepilanzter Chausseen zählen; es muss jedoch bei Bepflan- zung dieser und der Communicationswege rationeller verfahren, d. h. längere Strecken weit nur eine und dieselbe Sorte, oder doch nur solche der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 293 bessere Wirthschaftssorten angepflanzt werden, welche gleichzeitig reifen. Unzweifelhaft werden auf diese Weise die Kosten der Pflege und Unter- haltung nicht nur gemindert, sondern es wird dadurch den Obstpächtern ein grosser Theil der andern Falls nothwendig grösseren Bewachungs- kosten, so wie mancher andere Nachtheil und Unbequemlichkeit erspart bleiben, sie werden deshalb auch williger sich zur Zahlung höherer Pachtbeträge verstehen können; es wird aber ausserdem noch die Mös- lichkeit gemindert, unreifes, mit reifem gemischtes Obst an den Markt zu bringen.“ Weiter berichtete Herr Oppler über den Zustand des Ratiborer Gartenbau-Vereins, und beklagt dabei die geringe Betheiligung der Mit- glieder an den Vereins-Sitzungen und deren nur zu mässiges Interesse für die Zwecke des Vereins. Herr Gutsbesitzer Seyler in Ober-Weistritz machte briefliche Mitiheilung von dem gesunden und kräftigen Gedeihen seiner, in hoher und rauher Gebirgsgegend angelegten Obstbaumschule und über den er- freulichen Absatz der in derselben unter strengster Beobachtung richtiger Sortenbenennung erzogenen Edelstämmchen. Gelegentlich Beantwortung einer an Herrn Kunstgärtner Sonntag in Zobten gerichteten Anfrage schreibt uns derselbe: — ‚Einen Theil der Schuld, dass der Obstbau oft genug noch wenig gepflegt wird, trifft allerdings die Domivial-Gärtner, welehe mitunter wenig Sinn für diesen haben, denn in vielen Fällen bedarf es eben nur einer Anregung bei der betreffenden Gutsherrschaft, dass für den Obstbau etwas geschieht. Vor allem muss auf die Ausbildung der jungen Gärtner mehr gesehen werden; viele von ihnen treten in die Lehre, ohne sich auch nur genügende Rle- mentar-Schulkenntnisse erworben zu haben, aber noch mehrere lernen die Behandlung der Obstbäume nur höchst oberfiächlich oder gar nicht, und haben später nicht den eigenen Trieb, dasjenige hierin nachzuholen, was sie während ihrer Lehrzeit versäumten.“ „Die jetzt so in Aufnahme gekommenen Gärtner-Lehranstalten sind an und für sich recht löblich, einzelne mögen auch wohl Tüchtiges lei- sten, wenn man aber von einer neu zu gründenden derartigen Anstalt hört, welche mit einer Handelsgärtnerei verbunden werden soll, deren Cataloge über Obstsorten nur französische Namen bringen, wodurch die Nomenelatur nur noch mehr erschwert und verwirrt wird, so ist wohl von einem solchen Etablissement wenig genug zu hoffen.“ „Einer von mir getroffenen Einrichtung erlaube ich mir noch Er- wähnung zu thun, welche recht günstige Resultate gewährte. Im vorigen Herbste liess ich die Lehrer der benachbarten Schulen ersuchen, mir solche Knaben zuzuweisen, welche Lust hätten, das Veredeln, Pflanzen und: überhaupt die Behandlung der Obstbäume zu erlernen; es meldete sich anfangs nur einer, später noch drei Knaben und auch ein Schul- 224 Jahres-Bericht präparande, welcher es einsah, wie wichtig für ihn diese Kenntniss sei. Die Kinder zeigten regen Eifer und oculirten mit grosser Sorgfalt. Auch künftig werde ich derartige Belehrung fortsetzen, theils um die Liebe zum Obstbau in den jungen Leuten zu wecken, theils, um einen Bestand an brauchbaren Veredlern zu gewinnen. Selten lernen solche Kinder ein Handwerk, sie gehen, wenn sie die Schule verlassen haben auf Tage- arbeit. wenn sie arm sind; haben aber die Eitern Landbesitz, so helfen sie diesen bebauen, und da sie den Obstbau aus eigener Erfahrung ken - nen gelernt und Neigung zu demselben gewonnen haben, so werden sie ihn auch um so mehr pflegen.“ Herr Drathwaaren-Fabrikant Algoever sprach über die Zubereit- ungsweisen des Maiskornes und der daraus gewonnenen Fabrikate, wie solche in Amerika bei der bemittelten und ärmeren Bevölkerung üblich sind. Während der zweiten Sitzung am 22. April gelangte der Bericht des Ratiborer Gartenbau-Vereins pro 1866/67, verfasst und eingesendet von dessen Secretair Herrn Lehrer Oppler in Plania, zum Vortrage. Aus demselben merken wir an, dass die Handelsgärtnereien zu Ratibor, und der Obst-, Gemüse- und Tabakbau daselbst und in der Umgegend an Bedeutung gewinnen. Auch die Bepflanzung der Chausseen und an- derer Wege mit Obstbäumen schreitet in erfreulicher Weise fort, aber leider wird hierbei, wie so oft auch anderwärts der Fehler begangen, auf hierfür geeignete Sorten nicht genügend zu rücksichtigen und eben so auch Bäume von zu sehr verschiedenen Zeiten reifenden Obstsorten durcheinander zu pflanzen. In einem Schreiben des Ober-Hofeärtner Herrn Sehwedler zu Slawentzitz beklagt derselbe, dass seine Pflanzeneulturen, namentlich die Camellien, durch den häufig eingetretenen schnellen Temperatur- wechsel, während des letzten Winters ausserordentlich gelitten haben; nicht selten sei durch denselben eine plötzliche übermässige Wärme und dadurch eine schnelle Austrocknung der Luft in den Häusern erzeugt worden, was das Abfallen unzähliger Camellien-Knospen zur Folge hatte, ihm daher ausserordentlich erschwerte, die herrschaftlichen Zimmer mit blühenden Pflanzen zu decoriren und die sehr grosse Anzahl der erfor- derten Bouquets herzustellen; die grosse Menge angetriebener anderer Blüthensträucher, als: Amygdalus, Prunus, Syringa, Deutzia, Spiraea, Azalea ete. habe ihm unter diesen Umständen neben den blühenden Zwie- belgewächsen um so mehr die wesentlichsten Dienste geleistet. Herr Hofgärtner Götz in Slawentzitz meldet von den Fort- schritten und dem guten Gedeihen seiner besonders Zwergobst-Pflan- zungen, klagt aber bitter, dass, weil aus Schönheitsrücksichten ein grosser Theil der Gartenmauer einem nur 2", Fuss hohen Drathzaun der Schles, Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 235 habe weichen müssen, über diesen bei starkem Schneefall die Hasen in den Garten eingedrungen sind und argen Schaden anrichteten. Die dritte Sitzung am 13. Mai wurde mit einem Vortrage des Stadt-, Forst- und Oekonomie-Rath Herrn Dr. Fintelmann ‚über Be- deutung, Umfang und Bedürfniss der ländlichen Gärtnerei“ eröffnet und bringen wir denselben seinem Hauptinhalte nach weiterhin zu allgemeinerer Kenntniss. Herr Juvelier Herrmann empfahl die aus Nord-Amerika stammende neue Brombeere „‚Rochelle‘“ oder ‚„Lawton“. Wird dieselbe bei uns erst mehr Verbreitung erlangt haben, so werden die Früchte des in den Gärten noch seltenen Brombeerstrauches auch bald viele Freunde finden. Die grössten Früchte erzielt man allerdings nur an freien, liegenden Drathspalieren mit gutem Boden in sonniger Lage, mit Hülfe von Dünger kann man jedoch auch auf schlechtem Sand- oder Felsboden noch gute Erfolge haben und sonst unbrauchbare Flächen nutzbar machen. Herr Drathwaaren-Fabrikant Algoever erwähnt einer jüngst in Amerik& construirten und mit Erfolg zur Anwendung gebrachten Ma- schine, um die Baumwollenstaude von Insecten zu befreien und rein zu erhalten (Patent von Karl Steinmann, Napoleonville), und meint, dass dieselbe zu ähnlichen Zwecken sich auch bei uns in der Landwirth- schaft, ja vielleicht sogar in der Gärtnerei nutzbar erweisen würde. Die Maschine besteht aus einem gewöhnlichen kleinen Dampfkessel, der mit einer neuen Vorrichtung von Röhren und Pfeifen zur Vertheilung des Dampfes versehen ist. Dieser Kessel ist mit einem Oelbehälter verbun- den. Die ganze Maschine ruht zur bequemeren Fortschaffung auf einem kleinen Wagen. Wenn der Kessel mit Wasser und der Oelbehälter mit Oel gefüllt ist, erfolgt die Operation folgendermaassen: die Maschine wird zwischen zwei Reihen Baumwollenstauden gebracht, und nach der nöthigen Dampfentwickelung werden die Hähne geöffnet, damit der Dampf durch das heruntertropfende Oel entweicht, und indem er dieses in Dampf verwandelt, die Pflanzen bedeckt. Durch diesen sehr feinen Oel- staub werden nicht nur alle Insekten getödtet, sondern sogar die Eier derselben zerstört. Eine einmal so besprengte Pflanze ist auch fernerhin vor Insekten geschützt. Man kann jedes säurefreie Oel anwenden, z. B. Petroleum. Am zweckmässigsten sind diejenigen Oelarten, welche den stärksten und unangenehmsten Geruch haben, z. B. thierische Oele. Verschiedene Umstände gestatteten die Abhaltung der vierten Sitzung erst am 7. October. Herr Kaufmann R. Brendel legte eine Anzahl botanischer Modelle vor und demonstrirte dieselben zur Anschauung der inneren Organe der Pflanzenblüthen unter Zerlegung in ihre einzelnen Theile. Diese Modelle sind in der Fabrik des Herrn Brendel aus dauerhaftem Material mit grösster Genauigkeit nach der Natur gefertigt, mit Oel in den natürlichen 15 236 Jahres-Bericht Farben der Objecte bemalt und ruhen auf polirten Ständern. Jedes ein- zelne Modell repräsentirt den Blüthenbau einer wichtigen Pflanzenfamilie und ist bezeichnet mit dem botanischen Namen der dargestellten Pflanze, ihrer Stellung im Linne’schen und natürlichen System und seinem Grös- senverhältniss; in Bezug auf wissenschaftliche Zuverlässigkeit, sind sie sämmtlich von Herrn Prof. Dr. F. Cohn revidirt, auch die Urtheile an- derer gelehrter Autoritäten sorgfältig benutzt worden. Die neueste Aus- gabe der bis zur Zeit erschienenen, sich für den botanischen Unterricht als ein überaus instructives Hülfsmittel erwiesenen 60 Modelle wird inel. Emballage, freib ab hier mit 70 Thlr., jedes einzelne Modell mit 1Y/, Thlr. excl. Verpackung von Herrn Brendel abgegeben. Zum Vortrage wurde gebracht ein Schreiben des Obstbaulehrers an der landwirthschaftlichen Lehranstalt zu Rütti bei Bern, Herrn Kuschel, eines geborenen Schlesiers und früheren Gärtners in dem Obstbaumschulgarten unserer Section. Derselbe spricht hierin seine An- sichten aus, wie im Allgemeinen, auch in unserer Provinz, dem Obstbau auf — und dem oft nur zu fühlbaren Obstmangel in einfachster und bil- ligsster Weise abzuhelfen sein möchte. Es gipfeln diese Ansichten darin, dass beides in dieser Art erreicht werden würde, durch Belehrung und Heranbildung von Obstbaum-Wärtern in pomologischen Gärten (Obst- Muttergärten), begründet durch hierfür vom Staate unterstützte Privat- Vereine, und durch diese angelegte und überwachte Kreis- und Gemeinde- Baumschulen; an diese würden die Ersteren die Edelreiser und Wild- linge gratis, Letztere aber die jungen Edelstämmchen an die Einwohner zu sehr billigen Preisen zu überlassen haben. Auch in nicht zu langen Zeiträumen durch jene Centralstellen in den Kreisblättern und anderen, der ländlichen Bevölkerung leicht zugänglichen öffentlichen Organen zu verbreitende Berichte über die Fortschritte einzelner Gemeinden und des ganzen Unternehmens würden anregend auf säumige Gemeinden wirken. Die anwesenden Mitglieder der Section konnten diesen Ansichten, der Hauptsache nach, ihre Zustimmung nicht versagen, zugleich aber auch das Bedauern nicht unterdrücken, dass die Section gegenwärtig sich ‚noch nicht in solch glücklicher pecuniärer Lage befinde, um zur Zeit ihrer Wirksamkeit nach aussen in anderer als der zeitherigen Weise zu bethätigen, vielmehr alle Kraft und Aufmerksamkeit der vollständigen Einrichtung und sorgfältigsten Unterhaltung ihres neuen Obst-, Mutter- und Baumschul-Gartens zuzuwenden habe. Von dem Director der Gärtner-Lehranstalt, Kunst- und Handels- gärtner Herrn Goeschke zu Cöthen gefällig eingesendet, lag ein in der Cöther’schen Zeitung vom 1. Juli e. durch denselben erstatteter Be- richt vor, welchen wir, obschon derselbe ein grösseres Interesse in den landwirthschaftlichen Kreisen in Anspruch zu nehmen berechtigt ist, den- noch nieht versäumen wollen auch hier mitzutheilen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 327 Herr Goeschke berichtet: „Seit ungefähr 8 Tagen zeigen die Zuckerrübenfelder in hiesiger Gegend eine in ihrer Art ganz neue Er- scheinung. Die Zuckerrüben werden von einer grünen Raupe über der Erde radical abgefressen, so dass schliesslich vur noch die Blattrippen stehen bleiben, eine Plage, welche seit der Rübeneultur in unserer Ge: send noch nicht beobachtet wurde. Durch den Unterzeichneten wurden solche Raupen an Herrn Dr. E. Taschenberg in Halle eingeschickt, welcher sie als die Raupen des Gamma, Plusia gamma Linne erkannte, eines Schmetterlings, welcher über ganz Europa, Asien bis Japan, Nord- Afrika bis Abyssinien, Grönland bis Nordamerika verbreitet, und in Deutschland als Ypsilon-Eule, Pistolen-Vogel, Lein- und Zuckererbsen- Eule bekannt ist. Dieses Uegeziefer ist in den Gersten- und Kleefeldern, am Hederich ausgekommen, hat den letzteren vollständig abgefressen, und findet es da keine Nahrung mehr, so wandert es in die Zucker- rübenfelder und frisst in einigen Tagen ganze Breiten ab. Die Raupe frisst ausser Gräsern und Holzgewächsen alles. Dass sie auch den Zuckerrüben schadet, ist nach dem Wissen des Dr. Taschenberg noch nicht beobachtet worden. Da sie aber eben alles frisst, so darf man sieh darüber nicht wundern. Herr Dr. Taschenberg verweist in seinem Antwortschreiben auf die von ihm herausgegebene ‚‚Naturgeschichte der wirbellosen Thiere*), die in Deutschland den Feld-, Wiesen- und Weide-Culturpflanzen schäd- lich werden“ und empfieblt, da es an den natürlichen Feinden dieses Ungeziefers, Krähen, Staaren und andern Insekten fressenden Vögeln fehlt, vorsichtiges Ablesen der Raupen durch Kinder. Die Vorsicht besteht darin, dass vom Rande her ruhig vorschreitend gelesen wird. Die Rau- ‚ pen pflegen nämlich bei Erschütterung ihrer Futterpflanzen auf die Erde zu fallen, weshalb die Pflanzen vorher abgesucht sein müssen, bevor man zwischen sie tritt.‘ | Nach Ansicht des Herrn Goeschke ist folgendes Mittel anzuwen- ' den, um die von den Raupen noch nicht befallenen Rübenfelder zu ' schützen, resp. die Raupen zu vertilgen. Man mache um die unversehr- ten Rübenstücke einen 8 bis 9 Zoll liefen und eben so breiten Graben. ' Sobald nun die Raupen diesen Graben überschreiten wollen, um zu den Rüben zu gelangen, so fallen sie hinein und sind nicht im Stande, auf der lockern Erde des Grabenrandes hinanzuklettern; sie werden immer ' wieder herunterfallen, wovon man sich durch einen Versuch sehr leicht überzeugen kann. Haben sich in den Gräben eine Menge Raupen ge- | sammelt, gewissermaassen sich selbst gefangen, dann können sie leicht durch Zertreten getödtet werden.“ *) Dieses Werk (gekrönte Preisschrift) ist den Herren Landwirthen ange- | legentlichst zu empfehlen. 15* 228 Jahres-Bericht Als Curiosum präsentirte Herr Direetor Inkermann drei, mit ihren Stielen zusammen gewachsene Aepfel von gleicher normaler Grösse, ein gleichschenkeliges Dreieck bildend. Fünfte Sitzung am 11. November. Der Secretair giebt Nach- richt, dass seit dem Monat September verschiedene grössere und kleinere Partien Kernobstfrüchte zur Bestimmung der pomoloeisch richtigen Na- men an die Section eingesendet wurden. Dies mühevolle und zeitrau- bende Geschäft übernahm der Gärtner der Section, und führte dasselbe, so weit es überhaupt möglich war, mit aller Sachkenntniss aus. Solche Zusendungen sind ein neues erfreuliches Zeichen des Vertrauens und der Anerkennung wirksamer Thätigkeit der Section, aber auch ein Beweis, dafür, dass man dem Obstbau und der richtigen Benennung der Obst- Sorten immermehr die wünschenswerthe Aufmerksamkeit in der Provinz zuwendet. Den resp. Mitgliedern wird auch fernerhin in gleicher Weise, nach Maassgabe nur der genauesten Sortenkenntniss, aber auch der sehr beschränkten Zeit gern gedient werden. Aus einem Schreiben des ÖOber-Hofgärtner Herrn Schwedler in Slawentzitz theilt der Secretair mit, dass daselbst schon am 29. Oc- tober ein erster, leichter Frost das Leben krautartiger Pflanzen im freien Lande zerstörte, dagegen die Camellien sich sehr gut entwickeln und einen zeitigen, reichen Flor versprechen. Tulpen und Tazetten blühen bereits in den Kästen und Azaleen und die Hyacinthe ‚Romain‘ zeigen ihre Knospen. Durch fast 5 Monate, vom Juni bis zum November stan- den die Georginen in vollster Blüthenpracht, so dass man in Wahrheit sagen konnte, sie blüthen ab. Remontant-Rosen zeisten im October nur sehr spärlich Blüthen, wahrscheinlich aus Mangel an atmosphärischer Feuchtigkeit, aus welchem Grunde auch Sonchus laciniatus eher Rück- als Fortschritte machte. Herr Schwedler spricht die Hoffnung aus, auch im nächsten Jahre wieder einen reichen Obstsegen erwarten zu dürfen, weil das Holz der Obstbäume und Sträucher vollständige Reife erlangt habe; allerdings könne die durch die Trockenheit des Sommers entstandene Saftarmuth, welcher überhaupt wohl gar mancher Obstbaum erliegen würde, noch nachtheilis wirken, aber erst das Frühjahr werde dies zeigen, Herr Lehrer Oppler in Plania hatte verschiedene Notizen von mehr oder weniger gärtnerischem Interesse eingesendet. Aus denselben wollen wir anführen, dass derselbe in Folge von Olmütz ausgegangener Empfehlung die weisse Herbst-Butterbirn für Anpflanzungen in hohen, rauhen Gebirgsgegenden auf Eberesche zu veredeln, vor 3 Jahren ver- suchte, mehre solche veredelte Stämmcehen besitzt und für Pfirsichbäume, weil bei denselben auf zu weicher Unterlage, namentlich durch Frost, der Harzfluss sehr leicht entstehe, Schlehdorn-Sämlinge als Unterlage em- plieblt. Als in der Umgegend von Ratibor und an andern Stellen Ober- der Schles. Gesellsch. £, vaterl. Cultur. 9239 schlesiens vorkommende, auch als Gartenzierden verwendbare Pflanzen werden genannt: Trollius europaeus L., Gladiolus commums L., Illecebrum (wahrscheinlich vertieillatum L., die Red.), Gypsophila verschiedene Species, Seilla bifolia Ait., Muscari Moschatum Wild. (Hyacinthus L.)? Herr Oppler erwähnt ferner, dass die in Aussicht gestandene sehr reiche Pflaumenernte durch das von der anhaltend grossen Hitze veran- lasste Abwerfen der Früchte ausserordentlich beeinträchtigt worden sei, es wäre dies aber in auffälliger Weise nur bei der gewöhnlichen blauen Hauszwetsche der Fall gewesen; der blaue und der gelbe katalonische Spilling, die durchsichtige und die blaue Reineclaude seien sehr zeitig passirt, Washington, auch die Otiomanische und die Johannis-Pflaume haben reiche Erträge grosser, süsser Früchte gewährt. Derselbe bemerkt ‘noch, dass er im Laufe des Winters durch Schulkinder, nach Dr. Glo- ger’schem Modell, Brütekästen aus Baumrinde anfertigen lassen werde, da diese geeigneter sind, sich auch im Preise billiger stellen und erin- nert daran, dass klein gehackte Wacholderreiser, oder besser noch, mit Steinöl, oder mit Steinkohlentheer getränkte Baumwolle oder Tuchlappen, wenn solche bloss, vortheilhafter aber in Drainröhren verwahrt einge- graben, Mäuse, Ratten, Maulwürfe ete., da wo sie in Gärten Schaden anrichten, z. B. in Frühbeeten sicher vertreiben. Zum Vortrage gelangten: der Bericht des Kunstgärtner Herrn Sonn- tag in Zobten „über die dortigen Obstbaumschulen und Obstplantagen, uud über den Nutzen des Piquirens der Obstsämlinge‘‘, so wie von Herrn Kunstgärtner Kühnau in Damsdorf (jetzt Handelsgärtner in Breslau, Hundsfelder Chausse 53) „Erfahrungen und Beobachtungen an Chrysanthe- mum indicum“; „Zur Würdigung von Schizosiyhs coccines gegenüber der Tritonia aurea‘; Ein Beitrag zur Cultur der Tricoxetis (Uvaria Thbg.) hirta‘“ und „Gedanken über das Treiben der Hyacinthen“. Jener Bericht, so wie die hier angegebenen Aufsätze fanden bei den anwesenden Mitgliedern so lebhaftes Interesse, dass wir nicht unterlassen wollen, dieselben wei- terhin aueh für grössere Kreise bekannt zu geben. Noch legte Herr Justizrath Krug sehr vollkommen ausgebildete Früchte der Castanea vesca Wild. (echten Maronenbaum) vor, welche auf ‘seinem bei Münsterberg gelegenen Gute an noch sehr jungen Bäumen in diesem Jahre als erste Frucht zur Reife gelangt waren. Die sechste Sitzung am 25. November war hauptsächlich den Vorträgen $r. Exellenz des Herrn General-Lieutenant von Jacobi „über Anlage und Unterhaltung der Fusswege in öffentlichen Promenaden und Parkanlagen‘ und des städtischen Garten-Inspeetor Herrn Lösener „über Anordnung öffentlicher Plätze und Promenaden in Städten und öffentlichen Gärten‘ gewidmet. Von beiden Vorträgen geben wir im Anhange auszugsweise Nachricht. Die siebente Sitzung wurde am 9, December gehalten. 230 Jahres-Bericht Herr Kunstgärtner Pfeiffer in Zölling berichtete über eine ihm merkwürdige Erscheinung bei den Eiern des Kohlweisslings und machte darauf aufmerksam, dass, wenn bei der Ernte der Ober- (Glas-) Kohlrabi dieselben von der Wurzel mit scharfem Messer derartig abgeschnitten würden, dass der untere Theil der Rübe in einer Scheibe auf dem Wurzelhalse stehen bleibe, sich aus dieser Scheibe 2 bis 4 kleinere Rüben entwickeln, welche wiederholte Ernten gewährten. Bemerkt wurde hiergegen, dass dies zwar schon öfter beobachtet wurde, die nachwach- senden Rüben aber so lange Zeit zu ihrer Entwickelung bedurften und so klein blieben, dass es jedenfalls mehr lohnend sei, das Land zu an- deren Zwecken zu verwenden, als eine zweite derartige Ernte der Kohl- rabi abzuwarten. Herr Kunstgärtner Bayer in Probsthain beklagt brieflieh die in seiner Umgegend häufig vorgekommene ungeeignete und missbräuchliehe Verwendung des diesjährigen reichen Obstsegens. Derselbe erzählt: Grössere wie kleine Grundbesitzer verfütterten viele hunderte von Schef- feln mitunter der besten Sorten Kernobst, besonders Aepfel, an das Vieh; war dasselbe allerdings auch nur Fallobst (an manchen Orten ist alle Frucht Fallobst geworden), was höchstens zu einem Preise von nur 4 Sgr. pro Scheffel an Händler verkäuflich war, so befand sich immer- hin vieles zum Dörren geeignete darunter, was auf diese Weise nütz- lichere Verwerthung finden konnte. Zum Andern räumten die Obst- pächter ganze Alleen voll der herrlichsten Früchte schon Ende August in noch durchaus unreifem Zustande schonungslos ab und verkauften diese so ungeeignete Waare natürlich nur zu den niedrigsten Preisen an die Pressen, welche hiervon wiederum ein nur schlechtes und unhalt- bares, gewiss aber auch ein für die Gesundheit eben nicht vortheilhaftes Getränk lieferten. Herr Baumgärtner Peiker in Grafenort theilt mit, dass er einige hundert Eimer Apfelwein und etwa 20 Eimer Birnenwein, letzteren nur aus Most- und wilden Birnen, fabrieirt und auf der neu erbauten Obst- dörre über 50 Ceniner trockenes Obst hergestellt habe. Die Birnen ‘ wurden in nur reifem Zustande gesammelt, gewaschen, zerschnitten, auf luftigen Böden getrocknet und lieferten nebenher noch eine erhebliche Quantität des besten keimfähigen Samens. Der Gärtner der Section, Herr Jettinger, sprach über „Mittel und Wege zur Verbesserung und Förderung des Obstbaues auf dem Lande in Schlesien‘ und wurde eine briefliche Mittheilung des Herrn Geheimen Rath, Prof. Dr. Göppert, folgenden Inhalts vorgetragen: Die Lösung der Aufgabe, ein dauerhaftes Material für Standetiquetten zu finden, beschäftigt mich schon seit längerer Zeit. Zuletzt war ich auf Porzellan wieder zurückgekommen, trotz seiner Zerbrechlichkeit und der Schwierigkeit solche Etiquetten immer bald ersetzen zu können. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 231 Unter diesen Umständen erregten die Glimmer-Fabrikate des hiesigen Kaufmanns Herrn Raphael meine besondere Beachtung, und es gelang mit Hülfe des Glimmer nach vergeblichen Versuchen endlich ganz unver- gängliche Etiquetten herzustellen, die ich glaube nicht genug empfehlen zu können. — Auf Pergamentpapier wird mit Buchdruckerschwärze ge- schrieben, dann das Papier mit der Schrift mit Zinkblech eingefasst und das Ganze mit Glimmerblatt gedeckt. Wochenlang bewahrte ich der- gleichen in Wasser, ohne dass sie die geringste Veränderung erfuhren, woraus mehr als durch langes Aussetzen und Anhängen an Pflanzen im Freien ihre Dauerhaftigkeit erprobt wird; dass sie dabei durch elegantes Aussehen und Leichtigkeit alle bisher in Gebrauch gekommenen Eiti- quetten übertreffen, kann man sich leicht denken. Ausser diesem wurden noch vorgelesen: die Aufsätze des Lehrers und Organisten Herrn Bragulla in Bischdorf, „Ueber das Beschnei- den des Weinstocks‘‘; des Schlossgärtner Herrn Grunert in Drzaz- sowo (jetzt in Gross-Paniow), ‚Gelungene Heilung eines kranken cycas revoluta,‘“ und ‚Ueber die Cultur der Gunnera scabra R. u. Pav. im freien Lande;‘‘ des Kuustgärtner Herrn Kühnau in Damsdorf (jetzt in Breslau), „Ueber Saxifraga Cotyledon und deren Cultur‘‘ und „Ueber Coronilla glauca L. als Kronenbäumchen“, nebst einem Anhange: ‚‚Gedanken über Blumi- sterei im Allgemeinen“, so wie des Kunstgärtner Herrn Schlegel in Grafenort, ‚Ueber Decoration kalter Gewächshäuser während des Sommers.‘ Am Schlusse unseres Berichtes bringen wir auch diese Auf- sätze zur Kenntniss weiterer Kreise. Wenn wir in dem hier Vorangegangenen vorerst der geistigen Be- ziehungen der resp. Mitglieder unter einander gedachten, so haben wir zunächst die Thatsache zu constatiren, dass sich dieselben bei weitem reger als in den Vorjahren erwiesen. Es ist dies um so erfreulicher, nicht nur als ein beredtes Zeugniss der lebendigeren Theilnahme an den Bestrebungen der Section, sondern auch deshalb, weil in den gehaltenen Vorträgen, eingesendet erhaltenen Aufsätzen und empfangenen Mittheilun- gen gar manches Lehrreiche geboten, oder doch indireet zu Versuchen von Culturen und dergl. aufgefordert wurde, welche bereits zu günstigen Resultaten führten. Nicht unterlassen können wir daher, allen denjenigen resp. Mitgliedern hiermit den wärmsten Dank auszusprechen, welche auf diese Weise in der Erfüllung unserer Aufgabe so freundlich uns zur Seite standen, dieselben aber auch zu bitten, in dieser so erwünschten Unter- stützung im Interesse für die Sache selbst nicht zu ermüden, und zugleich hieran die Bitte zu knüpfen, dass uns auch von Seiten anderer unserer geschätzten Mitglieder gleiche Hülfe werden möge. Gewiss bietet die Gärtnerei in allen ihren vielfach verschiedenen Zweigen stets so vieles des Interessanten und Neuen, dass an Wahr- nehmungen, dessen es nie fehlen kann, weder dem aufmerksamen und DEI) Jahres-Bericht intelligenten Manne von Fach, noch dem Laien, welcher in einem der selben seine Lieblingserholung sucht und findet. Zur Aufzeichnung sol- cher interessant erscheinenden Wahrnehmungen, Beobachtungen oder Er- fahrungen wird sich bei ausreichendem Interesse aber auch immer, irgend wenn, genügende Zeit finden lassen, und es dürften solche Auf- zeichnungen oft genug zu gleichem Anspruch auf höheren Werth berech- tigt sein, als grössere Abhandlungen über wichtige gärtnerische Fragen; wir werden daher die Mittheilungen der Einen wie der Andern stets mit gleichem Danke empfangen. Möchte man sich doch aber von sol- chen Mittheilungen auch nicht durch die Meinung zurückhalten lassen: vielleicht nichts Neues, oder für Andere Werthloses zu bringen, oder der Feder nicht genügend gewachsen zu sein. Iu ersterem Falle, der zu meist zu erkennen sein dürfte, würde der gute Wille dennoch gern, wenn auch schweigend anerkannt werden, andern Falls aber wird mit Genehmigung des Einsenders, da wo es für den Vortrag oder den Ab- druck wünschenswerth erscheinen sollte, bereitwillig eine Redaction ein- treten. In den stattgehabten Sitzungen wurden auch die eingegangenen Preisverzeichnisse und Programme für die Ausstellungen verschiedener Gartenbau-Vereine, die 30. Lieferung von H. Arnoldi’s in Gotha „Obst- Cabinet‘‘ und die 92. bis 96. Lieferung des ‚‚Jardin fruitier du Museum par J. Decaisne‘“ vorgelegt. Aus den Ersteren wurden die Beachtens- werthesten zu näherer Kenntnissnahme empfohlen, die Letzteren dagegen eingehender Besprechung in Bezug auf die in denselben vorgeführten Obstsorten unterzogen. Leider nöthigten die verfügbaren, gegenwärtig wichtigeren Zwecken der Section zuzuwendenden Geldmittel, zur einst- weiligen Einstellung der Anschaffung der Fortsetzungen der beiden klas- sischen, beschreibenden Kupferwerke: des soeben genannten, und des im vorigen Jahre bis zum Schlusse des 2. Bandes erworbenen: „Jardin fruitier Neerlandais (Niederländischer Obstgarten) par S. Berghuis, deutsch bearbeitet von Dr. C. de Gaverre.“ Nahm der innere Verkehr der Section, wie wir soeben nachwiesen, in dem jetzt abgelaufenen Jahre einen recht erfreulichen Aufschwung, so war ein Gleiches nicht wieder auch nach aussen hin der Fall. Zeug- niss hierfür gewähren die neu eingetretenen Verbindungen des hannover- schen Pomologen-Vereins, des Vereins für Land- und Forstwirthschaft im Herzogthum Braunschweig, und der Obst- und Weinbau-Section der k. k. mährisch-schlesischen Gesellschaft für Ackerbau, Natur- und Landeskunde zu Brünn mit uns, zum Zwecke des Schriften-Austausches. Ebenso haben wir dankbarst zu registriren die schätzenswerthen Geschenke einiger ihrer Schriften, von den Herren Kunst- und Handelsgärtnern Franz Goeschke und Ludwig Schroeter, Ersterer Direetor, Letzterer Inspeetor der Gärt- ner-Lehranstalt zu Cöthen, wie auch des Herın Ed. Lucas, Director des der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 233 pomologischen Instituts zu Reutlingen, seines pomologischen Taschen- buches Jahrgang 1867 und 1868 und die Zusicherung des Herrn Dr. Wilhelm Neubert in Stuttgart, künftiger geneigter Gratislieferung des von demselben herausgegebenen, so beliebten: „Deutschen Magazin für Garten- und Blumenkunde.“ Neben andern zur Discussion gestellten, die Section betref. fenden wichtigeren inneren Angelegenheiten und gemachten Mit- theilungen wurde der durch den Seeretair entworfene Geld-Etat berathen und festgestellt und Gratis-Veriheilungen von Sämereien empfehlenswerther Gemüse und Florbiumen und von Edelreisern anbau- würdiger Obstsorten an die resp. Mitglieder beschlossen. Den Bericht über diese Vertheilungen lassen wir im Anhange, zugleich mit einer Zu- sammenstellung der gefälligen Angaben folgen, welche uns von einigen Empfängern der vertheilten Gemüsesamen über deren Culturen zugegangen sind und werden denselben unsere, die Section betreffenden statistischen Notizen anreihen. Wenden wir uns nunmehr unserem pomologischen und resp. Obst- Baumschul- und Versuchsgarten zu, so werden wir den Bericht über den- selben in Folgendem zusammenfassen können: In unsern beiden letzten Jahresberichten hatten wir zu beklagen, dass Se. Exellenz der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegen- heiten Herr v. Selchow sich nicht bewogen finden konnte, den wieder- holten Bitten des verehrlichen Präsidii der Schlesischen Gesellschaft zu erfüllen, ihrer Section für Obst- und Gartenbau eine höhere als die frü- here Subvention für die Einrichtung und Erhaltung ihres neuen pomolo- gischen Gartens aus Staatsmitteln zu gewähren. Dagegen befinden wir uns diesmal in der glücklichen Lage, unsern resp. Mitgliedern danker- füllt die erfreuliche Kunde geben zu können, dass Se. Excellenz der Herr Minister auf nochmalige Vorstellung und Petition des genannten Präsidii, uns nunmehr für den eben genannten Zweck und für die Jahre 1863 bis inel. 1872 eine jährliche Unterstützung von 400 Thlr, gnädigst bewilligte. Doch nicht diese Bevorzugung allein wurde uns zu theil: denn schon im Frühjahr hatten wir hohen Landständen der Provinz, ebenfalls in Folge Wohldenselben durch das geehrte Präsidium der Schlesischen Gesell- schaft vorgetragenen Gesuches, und nachdem der Herr Landtags-Marschall, Se. Durchlaucht der Herr Herzog von Ratibor, durch persönliche Kennt- nissnahme von dem Zustande unserer neuen Gartenanlage und von un- sern bezüglichen Absichten uns beehrt hatte, für die Jahre 1868 und 1869 eine Subvention von zusammen 300 Thlr. zu verdanken. Gestärkt durch diese Geldmittei und mit Hülfe derselben konnte es nun unternommen werden, die noch fehlende Umfriedung von ea. 10 Mor- sen, des 16 Morgen Fläche umfassenden Gartenareals, durch den Drath- waaren-Fabrikanten Herrn Algoever vollständig herstellen zu lassen 234 Jahres-Bericht und die dringend nothwendige Anlage eines grossen ummauerten Wasser- bassins auszuführen. Gegen Ausgang des Winters 1867/68 wurde der Rest der Baum- schulbestände des früheren Pachtgartens, welcher am 1. April 1868 ab- gegeben wurde, nach unserer dicht hinter dem Park von Scheitnig ge- legenen neuen Gartenanlage übergesiedelt. Zwar mussten Ersterem con- tractmässig und zum Theil wegen zu weit vorgerückten Alters eine An- zahl Stand- und Probebäume und Cordons verbleiben, doch war für deren zunächst theilweisen Ersatz schon im Vorjahre Sorge getragen worden und wurde mit deren Ergänzung auch in dem jetzt abgelaufenen Jahre durch eigene junge Veredelungen und Mutterstämmchen aus den nur aller- zuverlässigsten Quellen fortgefahren; die weitere Completirung derselben wird aber demnächst in noch grösserem Umfange geschehen. Die nunmehr vollständig fertig gestellte Einfriedung des neuen Gar- tengrundstückes gestattete auch dessen weitere Einrichtung in regelmäs- sige Schläge, ferner das Ausstechen und Bekiesen der Wege, so wie das Rigolen auf 3 Fuss Tiefe und die sonst erforderliche Bearbeitung von noch ca. 2'/, Morgen Landes. Die Bewirthschaftung der ganzen Area erfolgte nach dem durch den Gärtner der Section aufgestellten und von der Garten-Commission genehmigten Plane. Am Schlusse des Jahres war die reichliche Hälfte des Gartens mit den verschiedenen Obst -Wildlingen den Beständen aus dem früheren Garten und mit den seit 3 Jahren auf diesem Besitzthum erzogenen Obst-Edelstämmchen, Beerenobst und Wein- pflanzen bestellt, während der übrige Flächenraum als Voreultur mit Hackfrüchten und einigen andern Gemüsen bebaut wurde. Ausserdem wurden noch zwei in dem Garten, längs der Schwoitscher Chaussee gele- gene grosse Erdausstiche als Wasserhälter regelrecht abdossirt und ein Theil deren Böschungen mit Weiden zum Binden geeigneter Sorten bepflanzt. Auch speeiell für den Garten hatten wir uns einiger Geschenke zu erfreuen, und zwar von Herrn Gymnasial-Director Dr. Fickert einer Wachhütte und einiger Utensilien, von Herrn Landesältesten v. Thielau einer grösseren Partie Faber’scher Baumetiquetten von Schiefer, und von dem Director der Gärtner-Lehranstalt zu Cöthen Herrn Goeschke ein grösseres Sortiment der besten neueren Erdbeersorten zum Versuchs- anbau. Für alle diese uns so werthvollen Gegenstände sprechen den wohlwollenden Gebern wir hiermit den verbindlichsten Dank aus. Die Handbibliothek des Sections-Gärtners wurde durch Anschaffung der 16. und 17. Lieferung des „lIllustrirten Handbuchs der Obstkunde von Oberdieck und Lucas‘ vermehrt. Das in diesem Jahre ausgegebene Verzeichniss der aus dem Garten der Section abgebbar gewesen, nur richtig benannten Obst , Baum- und Strauch- sorten führte auf: 91 Aepfel, 107 Birnen, 16 Kirschen, 15 Pflaumen, der Schles. Gesellsch. {. vaterl. Cultur. 235 24 Weinreben, 25 Stachelbeeren, 12 Johannisbeeren, 9 Himbeeren und 13 Erdbeeren der edelsten und tragbarsten Sorten, und gab dasselbe zu- gleich Auskunft darüber, in welchen Formen die Obstbäume abgebbar waren, über beachtenswerthe Erfordernisse bei Auswahl und Anpflanzung der- selben, ferner über manche Eigenschaften verschiedener Obstbaumsorten und über die Reifezeit und Dauer der Früchte; die gebräuchlichsten 8y- _ nonyma waren den durch das „Illustrirte Handbuch“ festgestellten Sorten- namen ebenfalls beigefügt. Am Schlusse des gegenwärtigen Jahres- berichtes werden wir noch die Verkaufsresultate anführen, ünd wollen hier nur voraus bemerken, dass dieselben günstiger ausgefallen sein wür- den, wenn wir schon im Stande gewesen wären, grössere Mengen von Bäumen einer und derselben Obstsorte, besonders für Chausseen und Alleen geeigneter Obstsorten abgeben zu können. Wenn nun durch die erfolgte Begründung und Einrichtung eines eigenen Gartens, wie in Vorstehendem darzuthun gesucht wurde, es ge- lungen ist, wieder einen bedeutenden Schritt vorwärts zu thun für einen der Hauptzwecke der Section, für die Förderung des schlesischen Obst- baues, so leidet dieses Etablissement doch immer noch sehr unter dem Mangel eines in demselben zu errichtenden Gärtnerhauses mit den erfor- derlichen Wirthschaftsräumen, weil durch die unvermeidliche grössere Entfernung der Wohnung des Gärtners, diesem viele Zeit für den Garten verloren geht, auch dessen beständige Ueberwachung unmöglich ist. Die recht baldige Errichtung eines solchen Hauses in dem Garten selbst, ist daher für dessen Gedeihen dringendes Bedürfniss. Hierzu sind aber die durch Se. Excellenz den Herrn Minister v. Selehow gnädigst gewährten Geldmittel und die regelmässigen Beiträge der resp. Mitglieder nicht ent- fernt ausreichend. An Letztere, und namentlich an die Begüterten unter ihnen, richten wir daher die recht dringende Bitte, im Interesse der für die höhere Landescultur so überaus wichtigen Sache, uns nunmehr auch zu dem Bau des Gärtnerhauses die möglich kräftigste Hülfe geneigtest zuzuwenden. Ist mit solchem Beistand dieser Bau gesichert, dann wird es auch möglich sein, in dem Garten der Section für die Abhülfe des in Schlesien so sehr fühlbaren Mangels an tüchtigen Obstbaum-Gärtnern und Wärtern mit Sorge zu tragen. Nach den zeither seitens der Section gemachten erheblichen Fort- schritten und den damit erzielten günstigen Erfolgen, können wir uns einem Zweifel darüber nicht hingeben, dass in hoffentlich kürzester Zeit es durch guten Willen und Leistungen ihrer Mitglieder es möglich sein wird, endlich auch das so sehr benöthigte Gärtnerhaus errichtet zu sehen. Demnächst werden wir uns gestatten, den resp. Mitgliedern in dieser Beziehung näher zu treten, und erbitten uns deshalb hiermit schon im voraus geneigte Berücksichtigung. 236 Jahres - Bericht Zum Schlusse ersuchen wir noch die resp. Mitglieder der. Section, etwaige Veränderungenihrer Adresse jedesmal möglichst bald und genau uns gefälliganzugeben, damit Zusendungen und sonstiger Verkehr, wie dieses leider zuweilen der Fall ist, Störungen nicht erleiden, Ueber Bedeutung, Umfang und Bedürfniss der ländlichen Gärtnerei, von Stadt-Forst- und Oeconomie-Rath Dr. Fintelmann. Wenn ‚Förderung des Gartenbaues und der Obstkultur‘“ die Aufgabe unserer Section ist, so treten wir mit dem vorgesetzten Thema mitten in unsern Wirkungskreis, und es würde nicht so schwer fallen, selbst dem Nichtgärtner, die ganze Bedeutung desselben nachzuweisen, Der Gärtner von Fach wird zu prüfen haben, in wie weit das Rich- tige getroffen ist; es soll hier nur nach Eindrücken geurtheilt werden, gewonnen aus dem mehr als vierzigjährigen Vertrautsein mit den länd- lichen Verhältnissen und ihren Forderungen, aus dem Selbstbetriebe der ländliehen Gärtnerei, ohne irgendwelchen Anspruch auf Sachkenntniss im engeren Sinne des Wortes zu machen. Diese Eindrücke berechtigen zu dem Urtheile, dass es mit der länd- lichen Gärtnerei nicht so stehe, wie es stehen könnte und müssie, dass sie noch sehr Vieles zu wünschen übrig lässt. Hält man daran fest, dass die Kunst der Gärtnerei (der Gartenbau), ungeachtet ihrer grossen wissenschaftlichen Abgeschlossenheit, auch heute noch ein Theil des Gesammtgebietes des Landbaues ist, weil zu den Boden- productionen gehörend, und dass auch heute noch in Deutschland die Landwirthschaft als die Mutter unseres Nationalwohlstandes anerkannt werden muss, so ist unschwer zu erkennen, welchen bedeutsamen Stand- punkt darin der Obst- und Gartenbau einnehmen. Nicht die dem Obst- und Gartenbau zugemessenen Flächen, im Ver- hältniss zu denen, welche von dem Ackerbau im engeren Sinne einge- nommen werden, sind in dieser Beziehung entscheidend, auch nicht das Verhältniss der Massenproductionen beider gegeneinander, sondern ihre Werthe bezüglich der Befriedigung der mannigfachsten menschlichen Bedürfnisse. Der Werth der Erzeugnisse des Gartenbaues, einschliesslich des Obst- und Weinbaues und der Parknutzungen sind gewaltige in Deutschland — vielleicht nicht viel geringer als die des Ackerbaues. Man hat sich hierbei nur den ungeheuern Verbrauch von Gartenerzeugnissen jeglicher Art in deu grossen Städten und auf dem platten Lande zu vergegenwärligen, seien es lediglich Dinge des Luxus, seien die Erzengnisse lediglich zur vielleicht monatelangen Befriedigung der leiblichen Bedürfnisse bestimmt der Schles. Gesellchs. f, vaterl. Cultur. 937 — die Hauptmasse fliesst mit Bestimmtheit aus dem Quell der ländlichen Gärtnereien, und hierin liegt vorzüglich ihre grosse Bedeutsamkeit. Wer sieh von der Wahrheit des Gesagten überzeugen will, bewache das Thor einer grossen Stadt an Wochenmarktiagen und es wird ihm klar werden, was die ländlichen Gärtnereien hergeben. Das Gewerbe des Gartenbaues ist zu scheiden: a. in das städtische und Ö. in das ländliche. Das erstere ist mehr merkantiler, industrieller Natur, darum auch vorzugsweise „Handelsgärtnerei‘ genannt. Sie erheischt den kauf- männischen Betrieb und rücksichtigt nicht darauf, ob sie nur für den Luxus (was vorzugsweise geschieht) oder auch nur für die Befriedigung der einfachsten Leibesbedürfnisse arbeitet. Die Handelsgärtnerei fordert nur schnelleren Absatz ihrer Erzeugnisse und damit auch rascheren Um- satz ihres Betriebskapitals; daher sucht sie sich gute Verkehrsstrassen und ihre Knotenpunkte — die Städte, mit dem darin herrschenden Sinne für Luxus. (Luxusgärten, Blumenliebhaberei etc. etc.) Anderer Natur ist nun die ländliche Gärtnerei; sie ist träger in ihren Bewegungen — und mag am richtigsten als die „öconomische“ be- zeichnet werden. Ausgeschlossen bleibt von ihr aber nieht, dass sie unter gewissen Verhältnissen auch einen merkantilen Betrieb gestattet, Baum- schulen ete., und sogar fordert, wie ebenso sie die Luxusgärtnerei in den ausgedehntesten Parkanlagen bis zur höchsten Blüthe zu gestalten ver- mag. Die Hauptaufgabe der ländlichen Gärtnerei bleibt in erster Reihe aber immer ‚die Befriedigung leiblicher Bedürfnisse der Einwohner des Ortes, wo sie betrieben wird,“ und hat bei ihrer Lösung fest im Auge zu behalten, dass die Selbsterzeugung nicht nur die aufgewendeteu Kosten decke, sondern auch vortheilhafter als der Ankauf der Erzeugnisse zu stehen komme. In zweiter Reihe hat die ländliche Gärtnerei aber auch noch für ein Mehr und für Andere als für sich zu sorgen, selbst wenn diese Mehrerzeugung sich auch nicht aus dem Kreise der öconomischen Thätigkeit herauszuwagen vermag. Für dies Mehr ist reichlicher und lohnender Absatz vorhanden; wir bedürfen dann nicht mehr der fremdländischen Zufuhr von bei uns ebenso gut ge- deihenden Gartenerzeugnissen. Die so angedeutete wahre Bedeutung und der mögliche Umfang der ländlichen Gärtnerei ist leider noch nicht überall voll anerkannt, weder von den Besitzern, noch von den Gärtnern selbst; von letzteren oft in vollkommener Misskennung ihrer Stellung und ihrer Wirksamkeit, und daher der oft traurige Zustand derselben rührend. Beiden ist gleiche Schuld beizumessen. Wie hoch und wie bedeutsam auch die Aufgaben der Handelsgärtnerei sein mögen, diejenigen der ländlichen Gärtnerei sind noch viel höher und bedeutsamer. Sie hat nicht nur die Befriedigung der menschlichen Be- 238 Jahres - Bericht dürfnisse an möglichen Gartenerzeugnissen mit dem unablässigen Streben nach Gewinnung des höchstmöglichen Boden-Reinertrages zu fördern, son- dern auch !den Gesundheitszustand der Bevölkerung durch Erzeugung mannigfaltiger und guter Nahrungsmittel. Durch ihr Schaffen hat sie das Klima heilsam zu gestalten; dadurch, dass sie sich hierbei gleichzeitig zur bildenden Kunst erhebt, wirkt sie veredelnd auf den Geschmack der Orts- bewohner und daher in ihrem Gesammtwirken dieser Art auch auf das Menschengeschlecht. Wo irgend die ländliche Gärtnerei diese Bahn schon betreten hat, zeigen sich auch unverkennbar die Wirkungen. Was also Bedürfniss der ländlichen Gärtnerei ist, lässt sieh leicht aus dem Gesagten schliessen. In dem Bestreben nach voller Befriedigung derselben ruht die werdende und heilsame Einsicht von Grundbesitzer und Gärtner vom Fach. Herr und Diener haben nach gleichem Ziele zu ihrem eigenen und ihrer Mitmenschen Heil zu streben. Die Mittel und Wege hierzu müssen einem späteren Vortrage vor- behalten bleiben. Die Obst-Plantagen in Zobten, Kreis Löwenberg, von Gärtner R. Sonntag. Der Obstbau in grösserem Maasstabe und in zum Theil besseren Sorten, datirt hier, nach Aussage der ältesten Leute, aus dem Jahre 1811, und beweisen dies auch einzelne sehr starke Bäume. Nach der neuesten Zählung besitzt das Dom. Zobten, dem Grafen v. Nostiz gehörig, 2558 Kirschbäume, 1227 Aepfel- und Birnbäume, 2399 Pilaumenbäume, 12 Wallnussbäume, in Summa 6375 Bäume, Hoch- stämme und ausserdem 816 Cordon- und Pyramiden-Stämmehen (seit 2 Jahren angepflanzt). In nächster Pflanzperiode sollen auf einer abgetriebenen Waldparzelle 600 Kirschbäume der einträglichsten Marktsorten und möglichst nach_der Reifezeit geordnet und zusammengepflanzt, gepflanzt werden. In gleicher Weise pflanzte ich in diesem Frühjahr eine Allee von Aepfelbäumen, 178 Stämme Winter-Gold-Parmäne und auf einer Wiese, 5 Ruthen im Quadrat Abstand, 80 Stämme Pariser Rambour-Reinette. Vor drei Jahren gepflanzte, jährlich zurückgeschnittene Stämmchen haben einen Stamm-Durchmesser von durchschnittlich 2'/, Zoll erreicht und erfreuen durch schöngebaute Kronen. In diesen jungen Anlagen ist Baumfrevel noch nicht vorgekommen, obschon sie sich an einer der belebtesten Strassen befinden. Der Besitzer scheut keine Kosten für Hebung der Obstkultur, so dass es möglich wurde, noch eine zweite Allee mit 100 Stämmen der grossen Casseler-, Champagner- und Orleans -Reinette zu pflanzen. £ der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 239 Das Baumschulen-Grundstück, wozu ausser einer anliegenden Besitzung mit Wohnhaus, Scheuer, Stallung und einem Morgen Land noch Jährlich zwei Morgen Land bewilligt sind, liegt völlig frei im Felde und geniesst die Sonne von früh bis Abends, hat sanfte Abdachung nach Westen und der Boden, zeither meistentheils zum Anbau von Getreide und Futter- früchten benützt ist sandiger Lehm. Das Gesammt- Arenl beträgt circa 14 Morgen und wird ein siebenjähriger Turnus eingeführt. Die Anpflan- zung erfolgt in 2 Fuss von einander entfernten Reihen mit 1'/, Fuss Entfernung der Bäumchen. Das Ganze ist in Quartiere eingetheilt, um- geben mit Rabatten, welche mit Pyramiden als Standbäume besetzt sind; die leeren Räume zwischen diesen werden mit zur Anzucht von Wild- lingen benutzt. Die Wildlinge habe ich auch in diesem Jahre wieder in krautartigem Zustande piquirt. Aepfel, im März ausgesät und im April auf Kartoffel- Acker ohne Düngung piquirt, haben trotz der anhaltenden Dürre, ja ohne alles Giessen eine Höhe bis 2 Fuss erreicht und stehen sehr gesund. Dagegen haben die Kirschen durch die Dürre sehr gelitten und Birnen waren so wenige aufgegangen, dass sich mein Vorhaben, 40 Mille Wild- linge zu piquiren, auf nur etwa 30 Mille beschränken musste. Von Aepfelwildlingen copulire ich die stärksten schon während des Winters im Zimmer und pflanze sie in Reihen aus, so dass es möglich wird, mit einem Jahre schon veredelte Stämmchen zu haben. Von andern Seiten wird das Piquiren als zu zeitraubend verworfen; hier haben 2 Frauen bis 800 Stück (?) Pflanzen täglich piquirt, nur bei grosser Dürre ist es nothwendig, dieselben so lange, bis sie angewachsen sind, durch Reiser, oder sonst wie, zu beschatten, danı aber halte ich sie nur stets von Unkraut rein. Durch das Piquiren bald nach dem Aufgehen der Kerne erhalte ich starke Pflanzen und kann mir aus den schwächeren immer noch den Bedarf zu einem Schlage reserviren; das zweimalige Verpflanzen in einem Jahre stärkt aber das Wurzelvermögen, giebt, wenn der Dittrich’sche Schnitt dabei angewendet wird, starke Stämme und die Bäume liefern zeitig Früchte. Die beste Zeit zum Piquiren ist, wenn die Pflanzen das vierte Blatt gebildet haben. Uebrigens bemerke ich, dass es besser ist, die zu verpflanzenden Wildlinge im ersten Jahre nicht in rigoltes Land zu bringen; dass dies nicht geschehen, ist unzweifelhaft die Ursache, dass meine diesjährigen Kirschpflanzen hinter allem Erwarten zurück blieben, die Kirschen halten nun einmal vom Saatbeet weg keinen Wurzelballen und so ist ihr Anwurzeln auch schwieriger. — Von piquirten zweijährigen Aepfelwildlingen konnte ich ein Quartier bepflanzen, sie wurden diesen (ersten) Sommer oculirt und stehen auf 2 Fuss tief rigoltem Boden sehr gut. Mit Bepflanzung von 2 Morgen Land wird in diesem Herbste vor- gegangen. 240 Jahres-Bericht Zur Umzäunung wurde Weissdorn gewählt, der, weil er nicht ge- flochten werden soll, in nur 2 Zoll Entfernung gepflanzt wurde und alljährlich tief geschnitten wird, um von unten auf eine dichte Hecke zu bilden; den Schutz für dieselbe bietet ein Zaun von Kieferstängeln. Ueber die hierorts eultivirten Sorten lege ich ein Verzeichniss bei, aus dem hervorgehen dürfte, dass nur wirklich brauchbare Sorten gezogen werden und zwar sämmtliche Stämmchen ohne Pfähle. Für Zwergobst sind 2 Qnartiere im ersten Schlage reservirt, ebenso für Schalen- und Beerenobst eine besondere Abtheilung. So ist denn Zobten mit seinem den Obstbau so befördernden Be sitzer, keine Kosten und Mittel scheund, muthig vorangegangen, den hie- sigen Obstbau auf Höhe der Zeit zu bringen und zu erhalten; mir fiel der Auftrag zu, Obst-Baumschule, Alee’n und Plantagen zu übernehmen, während für Blumen und Gemüse zu sorgen, der Schlossgärtner berufen ist. Erfahrungen und Beobachtungen an Chrysanthemum indicum, von Kunstgärtner W. Kühnau in Damsdorf. Seit einer langen Reihe von Jahren habe ich mir viele Mühe mit den indischen Chrysanthemum gegeben. Das Ideal, welches mir vorschwebte, war eine niedrige, höchstens einen Fuss hohe Pflanze, reich bedeckt mit vollkommenen Blumen. Auf verschiedene Weise habe ich das zu errei- chen gesucht, aber erst in diesem Jahre einen entschiedenen Erfolg erzielt. Zuerst habe ich im März Stecklinge gemacht, dieselben im May ins freie Land gepflanzt und während des Sommer zweimal gestutzt. Dadurch wurden die Chrysanthumum wohl buschig, blühten aber nur unvollkommen. Im folgenden Jahre stutzte ich die Stekklinge nicht, sie blühten recht schön, wurden aber zu hoch. Nun machte ich die Stecklinge erst Linde April und pflanzte sie über Sommer ins freie Land, ohne sie zu stutzen. Auch diese Stecklinge wurden noch zu hoch; ich sah ein, dass ich die Stecklinge noch später machen müsse. Dieses Jahr habe ich die Stecklinge ert Mitte Juni gemacht, dieselben dann in abgetragene Mist- beete in gehöriger Entfernung verpflanzt und habe nun die grosse Freude, sehr sehön buschige, reich und vollkommen blühende Chrysanthemum vor mir zu haben, ganz so, wie ich sie mir immer gewünscht habe. Einen Theil der Stecklinge, welche ich übrig hatte, pflanzte ich auf ein Beet ins freie Land. Auch diese sind so vollkommen schön geworden, dass ich sehr bedaure, diese niedlichen kleinen Büschehen, aus Mangel an Raum im Gewächshause, im Freien erfrieren lassen zu müssen. Von einer andern mir wohlbekannten Methode, buschige Chrysanthe- mum zu haben, habe ich bei den oben angeführten Culturen gänzlich ab- gesehen. Es ist die bekannte Weise, Ende August, oder Anfang Sep- der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 341 tember die Spitzen der Mutterpflanzen abzuschneiden und zu 3 bis 5 Stück in kleine Töpfehen zusammengesteckt, in geschlossenem Raum wurzeln zu lassen. Diese Töpfehen sehen mit ihren Blüthen recht hübseh aus, nie aber sind die Pflanzen und Blüthen so vollkommen, wie ich es in diesem Jahre durch mein Verfahren erreicht habe, denn durch die Tren- nung vom Mutterstocke wird die um diese Zeit schon beginnende Ent- wiekelung der Blüthen gestört, weil der Steckling natürlich zunächst zur Wurzelbildung gezwungen ist. Das Holz zu den Stecklingen habe ich von den Mutterpflanzen ge- nommen, von denen ich 2 Stück jeder Sorte, alljährlich im April zum Zwecke der Vermehrung auf ein Beet ins Freie pflanze. Was ich hier von indischen Chrysanthemum sagte, bezieht sich natür- lich nur auf die spät blühenden Varietäten; die früh blühenden bilden von selbst und ohne dass man besondere Aufmerksamkeit und Mühe auf sie verwenden müsste, niedrige, buschige und reichblühende Pflanzen, stehen aber, abgesehen von ihrer in eine frühere Periode fallenden Blüthe- zeit den späten Sorten, soweit ich diese kenne, an Füllung der Blumen, hauptsächlich aber an Verschiedenheit und Schönheit der Farben nach, Auch hat man, so viel mir bekannt ist, unter den frühblühenden gar keine grossblumigen, welche doch gut behandelt, die Liliputen an blumistisehem Effeet weit übertreffen. Zur Würdigung von Schizostylis coccinea. Irideae., von Kunstgärtner W. Kühnau in Damsdorf. Schizostylis coccinea hat neuerdings viel von sich reden gemacht. Man hat sie gerühmt als eine ausgezeichnete neue Acquisition für das kalte Haus und hat sie mit Tritonia aurea, welcher sie ja nahe verwandt ist, verglichen, auch hat man sie mit derselben auf gleiche Stufe gestellt. Seit 2 Jahren cultivire ich diese Pflanze mit lebhaftem Interesse und sünstigem Erfolge und kann denen, welche sie ihrer schönen Blumen und der Leichtigkeit ihrer Cultur wegen empfehlen, nur beistimmen. Auch erhält sie dadurch einen besonderen Werth, dass ihre Blüthezeit in die Monate October bis December fällt. Dennoch lässt sich nicht läugnen, dass sie an blumistischem Werthe hinter Tritonia aurea weit zurücksteht. Der Farbe wegen nicht, denn diese ist bei Schizostylis schön roth, bei Tritonia aurea schön orange. Das hebt sich gegenseitig auf. Aber wir verlangen von einer Pflanze, wenn sie uns gefallen soll, vor Allem, dass sie uns zu einer bestimmten Zeit einen vollkommenen Flor, d.h. recht viele offene Blumen zeigt, wie dies Tritonia aurea thut. Bei Schizostylis coceinea ist dies aber nicht der Fall, sie zeigt uns nie mehr als eine, höchstens 2 offene Blumen und das geht so dürftig fort, bis die ganze 16 49 Jahres - Bericht lange Aehre abgeblüht ist. Auch präsentirt sie sich schlecht. Während Tritonia aurea einen schön verzweigten Blüthenstengel bringt, sitzen bei Schizostylis coccinea die Blumen ohne Blüthenstiel so dicht an dem gemeinschaftlichen Stengel, dass sie kaum so viel Platz haben, um sich ordentlich zu entfalten. Dennoch ist Schizostylis coceinea ihrer schon ge- nannten Vorzüge, auch ihres hübschen Laubes und ihrer prachtvollen Farbe wegen sehr zu empfehlen, und wird sich immer mehr verbreiten, Ein Beitrag zur Cultur von Tricyrtis hirta. von Kunstgärtner W. Kühnau in Damsdorf. Trieyrtis hirta (Uvaria Thbg.) ist unstreitig eine der schönsten in neue- rer Zeit aus Japan und vom Himalaya eingeführten Metanthaceen, überhaupt Pflanzen. Ihre grossen weissen, dunkelroth getupften Blumen mit dem schön orangegelben Ringe am Grunde und die Fülle ihres Blüthenflores, so wie auch ihre eigenthümliche Blüthezeit in den Monaten October und November, machen sie zu einer ganz ausgezeichneten Erscheinung auf dem Gebiete der Blumisterei. Ich behandle dieselbe seit 2 Jahren sehr glücklich; nur einen Fehler habe ich an ihr gefunden, welchen zu beseitigen mir aber vollkommen gelungen ist. Sie macht bekanntlich bis zum Herbst einen ziemlich hohen Stängel, welcher zur Zeit, wo die Knospen sich entwickeln, durch das Abwelken der Blätter kahl wird, so dass die Pflanze trotz ihrer vielen Blumen ein dürftiges Ansehen erhält. Ich stellte mir vor, dass eine solche Pflanze weit schöner sein würde, wenn sie recht buschig wäre und doch auch recht reich blühe. Im Monat März pflanzte ich deshalb die zu dieser Zeit reichlich über der Erde erscheinenden jungen Triebe, wie man es ja auch bei andern Pflanzen macht, einzeln in Töpfe und verpflanzte sie dann im Mai ins Freie auf ein sonniges Beet. Sobald die Stängel etwa 5 Zoll hoch waren, schnitt ich die Spitzen ab; hierdurch wurde die Pflanze genöthigt, an den Seiten auzutreiben, was denn auch, obgleich zögernd und langsam geschah. Nun lies ich sie ungestört wachsen und pflanzte sie Ende September, wo sie schon viele kräftige Knospen zeigte, in Töpfe. Die Pflanzen sind jetzt, Ende October, einen Fuss hoch und haben 5—8 Seitenzweige, jeder mit einer ansehnlichen Anzahl von Blüthen besetzt. Ich begiesse sie wöchentlich 2 bis 3 mal mit flüssigem Dünger, natürlich nur bei feuchtem Zustande des Wurzelballens und finde, dass dies der Entwiekelung der etwa noch zurückbleibenden Knospen förderlich ist, wie sich denn auch die Pflanzen überhaupt sehr wohl dabei befinden. Eine der gestutzten Trieyrtis habe ieh versuchsweise im freien Lande stehen lassen und habe gesehen, dass die Blüthen durch die bisher nur schwachen Fröste doch schon so gelitten haben, dass sie sich nieht mehr der Schles. Gesellsch, für vaterl. Cultur. 343 ordentlich entwiekeln. Hieraus ergiebt sich, dass die Trieyrtis hirta in unserem Klima zu der Kategorie der Topfstauden gehört. Sie verlangt sogar zu vollständiger Blüthenentwickelung einen bevorzugten Platz im Gewächshause, in der Sonne, recht nahe am Glase. Gedanken über das Treiben der Hyacinthen, von Kunstgärtner W. Kühnau in Damsdorf. Man hört und liest hier und da, dass dieser und jener Gärtner be- sonderes Glück mit dem Treiben der Hyacinthen hat, und dass es ihm regelmässig gelingt, sehr schöne und vielblumige Blüthenkolben zu erzielen. Ohne diesem Ruhme irgendwie zu nahe treten zu wollen, kann ich doch die Ansicht nicht theilen, dass dies in seiner besondern Erdart, oder seiner besonderen Culturmethode seinen Grund hat. Es lässt sich aller- dings nicht läugnen, dass es möglich ist, wie man es leider oft genug erfährt, auch die stärkste Zwiebel durch eine naturwidrige Behandlung zu verderben, aber auf der andern Seite ist es auch bei der vorzüglich- sten und vernünftigsten Behandlung nicht möglich, mehr Blumen aus einer Zwiebel herauszutreiben, als schon im Herbst bei dem Einpflanzen die Zwiebel enthielt. Durch Zerschneiden einer Zwiebel kann man sich sehr leicht von der Richtigkeit des Gesagten überzeugen. Der Ruhm also, schönblühende Hyazinthen mit sehr vielblumigen Blüthen- kolben erlangt zu haben, gebührt daher zunächst dem Züchter, welchem es gelungen ist, so starke Zwiebeln zu erzielen; demjenigen welcher sie getrieben hat, bleibt aber nur das bescheidene Verdienst, die Zwiebeln nicht verdorben zu haben. Ueber Anlage und Unterhaltung der Fusswege in öffentlichen Promenaden und Parkanlagen, von General-Lieutenant von Jacobi. Wenige Städte können sich so ausgedehnter, geschmackvoller und wohlunterhaltener Promenaden in ihrem Inneren rühmen, wie Breslau, und die Gemeinde- Verwaltung sorgt mit nicht genug anzuerkennender Freigebigkeit für die Mittel zur Unterhaltung, Verschönerung und Erwei- terung derselben. Selbst wissenschaftlichen Zwecken sind diese ange- nehmen, dem grössten Theile der Stadtbewohner so leicht erreichbaren Wandelgänge durch umsichtige Vorsorge dadurch dienstbar gemacht, dass eine Menge von Bäumen, Sträuchern und Pflanzen mit Etiquetten ver- sehen sind, welche den 'spezifisch wissenschaftlichen Namen derselben angeben. 16# 944 Jahres - Bericht Leider nur, dass die ursprüngliche Anlage und zum Theil die nicht ganz sachgemässe Unterhaltung der Wege, diese schönen und für die Hebung des Gesundheits-Zustandes der Stadt so wichtigen Anlagen, wäh- rend und nach ungünstigem Wetter, oder bei dem Wegthauen des Schnees, auf kürzere oder längere Zeit unbenutzbar sein lässt. Wenn nun nach Ansicht eines grossen Theiles der Einwohner die Wege in sädtischen Anlagen nicht auf gleichberechtigter Stufe mit den gewönlichen Verkehrs- wegen, d. h. mit Strassenpflaster und Trottoir zu stehen haben, so folgt nach unserer Ansicht ihre Berechtigung zur Rücksichtnahme doch unbe- dingt unmittelbar hinter jenen, denn es ist die Möglichkeit sich bei jedem Wetter und in jeder Jahreszeit die für die Erhaltung der Gesundheit so unumgänglich nöthige Leibesbewegung machen zu können, ein durchaus vollberechtigter Anspruch für die Bewohner grosser und volkreicher Städte. Die Kosten für zweckentsprechende Regulirung von Promenadenwegen sind daher um so weniger zu scheuen, sie sind, in richtiger Weise ver- wendet, auch nur als ’einmalige zu betrachten. Sind diese Wege erst einmal in wirklich praktischer Art und Weise angelegt, so bedürfen sie auf viele Decennien hin so gut wie keiner, oder doch nur kaum nennens- werther Instandsetzungen. ; Wirft man uns mit Recht ein, dass Kritisiren sehr leicht, Besser- machen aber oft sehr schwer sei und richtet damit die Frage an uns, was soll denn geschehen, um den beregten Zweck zu erreichen ? so wollen wir diese vollberechtigte Frage möglichst kurz in folgendem beantworten: Um in einer Parkanlage gute und dauerhafte, ebene und bei jedem Wetter benutzbare Wege herzustellen, bedarf es 1) einer sorgfältigen Nivellirung, 2) einer zweckmässigen Wasser ableitung (Drainage), 3) einer so festen und dauerhaften Unterlage, dass sich dieselbe bei alleiniger Benutzung durch Fussgänger nicht aus- tritt, und schliesslich 4) einer derartigen Ebenung, beziehentlich For- mung der obersten Schicht des Wegedammes, dass man bei Tag und bei Nacht denselben mit Bequemlichkeit benutzen kann. Was ad 1) und 2) anbelangt, so stehen dieselben in unmittelbarster Wechselwirkung, jedoch muss ein recht genaues und sorgfältiges Nivelle- ment der Drainage vorangehen. Hat man die Nivellirung auf dem Papier festgestellt, so ergiebt sich aus derselben die Tiefe des Grabens, in dessen unterster Rinne die Drain- röhren in der erforderlichen Neigung nach dem Nullpunkt hin zu legen sein werden. Auf die technischen Einzelheiten uns hier einzulassen, würde zu weit führen; wir wollen daher nur ganz im Allgemeinen unsere Vorschläge zur Erreichung des vorliegenden Zweckes andeuten. Der untere Theil des zur Bildung des Wegedammes bestimmten Grabens über den Drainröhren ist mit groben Ziegelbrocken auszufüllen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 245 Ueber diese bringt man eine etwa 3 Zoll hohe Schicht grober Coaksasche und über diese alsdann bis zur oberen Fläche des sich nach beiden Seiten hin ganz flach abböschenden Wegedammes eine Schicht ganz kleiner, höchstens 1 Kubikzoll starker Ziegelbrocken, die mit einer Chausseewalze bewalzt und zuletzt mit einer Schicht ganz lehmfreien Sandes von nur U, Zoll Dicke überschüttet wird. Ein derartig angelegter Weg, der nur von Fussgängern benutzt wird, hält sich erfahrungsmässig Decennien hindurch, und ist bei jedem Wetter und in jeder Jahreszeit benutzbar, sofern man nur bei Schneefall ihn recht- zeitig abfegen lässt, was ja auch bei dem Trottoir geschehen muss. Veber die Anordnung öffentlicher Plätze und Promenaden in Städten und über öffentliche Gärten, von dem Städtischen Garten-Inspector Loesener. Es ist wohl nicht zu leugnen, dass von Seiten der Communalbehörden, und auch von Seiten des Staates in der neueren Zeit der Anlegung von Promenaden und Volksgärten und der gartenähnlichen Einrichtung öffent- licher Plätze in Städten eine besondere Aufmerksamkeit zugewendet wird, da sie ein Mittel sind für die sittliche und ästhetische Erziehung des Volkes und ein dringendes Bedürfniss für die Gesundheitspfllege. Was könnte auch wohl dem Bewohner, namentlich einer grossen Stadt, Angenehmeres geboten werden, als die Möglichkeit seine kurze Erholungszeit mit den unschuldigen Freuden an der Natur und der gesunden Bewegung in freierer Luft auszufüllen. Möchten daher alle die Herren, welche in srösseren Städten für deren Gemeinwohl arbeiten, mit der ganzen Ihnen zu Gebote stehenden Kraft dahin wirken, dass jeder Raum, auch der kleinste, der den Strassen und Plätzen, selbstverständlich ohne den Ver- kehr zu beengen, oder gar zu stören, abgewonnen werden kann, zu öffentlichen Promenaden, oder Gartenanlagen verwendet wird, denn diese sind eine Wohlthat. In den meisten Fällen, ja wohl stets, sind solche Plätze von geraden Linien begrenzt, die Form der auf denselben zu machenden Schmuckanlage wird daher gewöhnlich auch eine regelmässige sein müssen, deren Aus- schmückung selbst, von dem Charakter der umgebenden Baulichkeiten abhängig, aber entweder Pracht oder Bescheidenheit, Einfachheit oder Zierlichkeit auszudrücken haben. Ist es möglich, so kann man einige schatlige Gänge und Sitzplätze mit dem Blick auf die schönsten Gebäude des Platzes einrichten; ist derselbe klein, so muss es genügen, ihn mit einer Allee von Bäumen, welche eine geringe Grösse erreichen, einzufassen, z. B. Pyrus Aria Ehrh., P. americana D. C. (Sorbus Pursch.), ist er gross, so kann man hierzu auch grössere Baumarten wählen, man wird jedoch 246 Jahres-Bericht darauf zu achten haben, dass die umstehenden Gebäude, sowie der Platz selbst, Licht und Luft in hinreichendem Maasse behalten. Bei der Aus- wahl der zur Anpflanzung zu verwendenden Bäume ist es nothwendig dafür zu sorgen, dass nur solche gepflanzt werden, welche frühzeitig aus- treiben, sich durch ihre Blüthe auszeichnen, keine die Wege verunreini- genden Früchte tragen und im Herbst ihr Laub lange behalten, z. B. Linden, roth und gelb blühende Kastanien, Platanen. Der innere Raum des Platzes ist mit Rasen, Ziergruppen und regelmässigen Blumenbeeten auszuschmücken, deren Lage und Charakter von demjenigen des Platzes überhanpt und insbesondere von der Art und Aufstellung der Ornamente, welche in Denksäulen, Springbrunnen u. s. w. bestehen können, abhängig iste Jedenfalls wird die ganze Eintheilung und Anordnung auf dem Platze sich nach dessen Ausdehnung, Form und Umgebung zu richten haben. Die öffentlichen Promenaden sollen die Stadt womöglich umgürten, um allen Bewohnern aus allen Theilen derselben leicht zugänglich zu sein. Viele Familien besuchen die Promenaden ja oft nur in der Absieht, um im Schatten und in frischer Luft sich Bewegung zu machen, um mit andern Familien hier zusammen zu treffen und geselliger Unterhaltung zu pflegen. Es muss bei der Anlage solcher Promenaden daher zunächst Sorge dafür getragen werden, dass eine Hauptstrasse, d. h. ein breiter, schattiger Hauptweg, welcher eine grosse Anzahl Spaziergänger, ohne dass diese sich gegenseitig hinderlich werden, aufnehmen kann, die Stadt entweder rings umgiebt, oder doch die Hauptausgänge derselben ver- bindet. Bei grossen Städten ist eine Allee, aus vier- bis sechsfachen Baumreihen bestehend, zum Fahren, Reiten und auf den Seiten zum,Gehen eingerichtet, einem unregelmässig mit Bäumen eingefassten Hauptwege vorzuziehen. Hieran haben sich zu beiden Seiten genügend breite und schattige, mit Ruhesitzen beränderte Nebenwege in den vom Verkehr und der Localität vorgeschriebenen Richtungen in meist flachen Curven oder doch ohne alle unnütze Krümmungen anzuschliessen, Die Pflanzungen — meist aus edleren Bäumen und Sträuchern be- stehend, müssen leicht und sorgfältig gehalten und dem Ganzen der Cha- rakter von Anmuth, Heiterkeit oder Zierlichkeit aufgedrückt sein. Sehr erwünscht ist es, wenn die angrenzenden Häuserreihen mit kleinen, von Eisengittern umschlossenen Vorgärtchen versehen werden können, oder wenn die Gärten villenartiger Gebäude an die Promenade sich anschliessen und mit ihrem Schmuck die Annehmlichkeit derselben erhöhen. In diesem Falle wird auf eine Uebereinstimmung solcher Theile der Promenaden mit den angrenzenden Gärten zu rücksichtigen sein. Dass dagegen alle unschönen Gegenstände durch Pflanzungen sorgfältig zu verdecken sind, ist eine Regel, welche bei jeder Art von Verschönerungen, hier aber be- sonders strenge, zu befolgen ist. Die Promenade in Frankfurt a. M., in der Nähe der Bahnhöfe, zeigt uns solche Vorgärtchen; an die Prome- der Schles. Gesellsch, £. vaterl. Cultur. 247 nade in Breslau, mit Ausnahme des an dem Excerzierplatze gelegenen Theiles derselben, grenzen zwar auch an der einen Seite Vorgärten, leider aber bieten sie nichts an Zierlichkeit. Die öffentlichen oder Volksgärten bei grossen Städten sollen in aus- gedehntem Maasse Gelegenheit zur Bewegung in freier, frischer Luft, zum Genuss geselliger Unterhaltung und zur Erholung von den täglichen Ge- schäften bieten; sie müssen daher eine durchaus gesunde Lage, bequeme, stets trockene Wege und hinreichenden Schatten haben, durch anmuthige Natur zu ihrem Besuche einladen. Es eignet sich für Volksgärten nur ein freundlicher, mehr in Grösse und Freiheit, als in Zierlichkeit und Abgeschlossenheit bestehender Cha- rakter, daher mehr die Hainpflanzung als das dichte Gebüsch, mehr das einheimische, als das exotische Gehölz, was jedoch nicht ausschliesst, dass eine besondere Parthie für exotische Pflauzen eingerichtet, oder ein bota- nischer Garten mit demselben verbunden werde. Bietet sich, wie es im Thiergarten bei Berlin, oder im Scheitniger Park bei Breslau der Fall war, ein Waldbestand zur Einrichtung eines Volksgartens dar, wo es nur der Forträumung eines Theiles des Unterholzes bedarf, so gehört dieser Umstand zu den selteneren Fällen für solche Gärten, denn dergleichen schattenreiche, naturwüchsige Haine sind selten in solcher Kraftfülle und immer erst im Verlaufe vieler Jahre durch die Kunst herzustellen. Denkmäler, welche Männern von hohem Verdienst um die Stadt er- richtet werden, finden in den Volksgärten eine meist schicklichere Stelle, als in der Stadt selbst, da man sie dort mit mehr Muse betrachtet, auch der Mensch für das Edle und Grosse, zu welchem dergleiehen Monumente anregen sollen, in der freien Natur zugänglicher ist, als in dem geräusch- vollen Treiben der Stadt. Ebenso muss möglichst gesorgt werden für mannigfaltige Unterhaltung im Freien. Es können z. B. eine Rennbahn, ein Turnplatz und ein Platz zu Ball- und dergleichen Spielen an den Volksgarten sich anschliessen ; ausserdem mögen Gewässer, zum Theil von steilen, mit Nadelholz be- setzten Ufern umschlossen, im Sommer zu Weasserfahrten in zierlichen Gondeln, im Winter zum Schlittschuhlaufen einladen; es mögen ferner Plätze zu Öffentlichen Conzerten hergestellt und Gebäude zum Schutz und zur Verabreichung von Erfrischungen errichtet werden; jedoch ist in die- sem Punkte ein bescheidenes Maass einzuhalten, um den Erholungsort nicht zu einem blossen Tummelplatze herabsinken zu lassen. In Bezug auf die landschaftliche Anordnung eines Volksgartens dürfte wohl unter allen Umständen der unregelmässige Styl, als Gegensatz zur regelmässigen Strasseneintheilung der Stadt, mit einem regelmässigen An- schlusse an dieselbe der passendste sein. Fahr-, Reit- und Fusswege müssen in angemessener Anzahl vorhanden und so geleitet sein, dass die Fuss- 248 Jahres-Bericht gänger durch Wagen oder Reiter nicht belästigt werden. Selbstverständ- lich müssen Sitzplätze massenhaft eingerichtet werden, so wie auch Höhen- punkte mit Fernsiehten wünschenswerth sind. Das Beschneiden des Weinstockes, von Lehrer und Organist Bragulla in Bischdorf. Wenn über das Beschneiden des Weinstockes ich mich in einigen Worten äussern will, so geschieht dies zugleich mit der Bitte, sich dieses edlen Gewächses nach Kräften anzunehmen und es durch den Schnitt nicht zu verderben. Bei den meisten Gärtnern hiesiger Gegend ist es althergebrachte Sitte, alle Reben auf 3 Augen zu schneiden, das heisst mit andern Worten: die künftigen Trauben in den Ofen werfen. Sehen wir uns eine naturgemäss gewachsene Weinranke an, so werden wir finden, dass nach vollständiger Reife des Holzes, das erste, das zweite ja selbst noch das dritte Auge daran klein blieben, dagegen das vierte, fünfte ete. bedeutend grösser wurden. Schneidet nun der Gärtner die Reben bis auf 3 Augen zurück, so treiben im Frühjahr zwar die Augen, aber kaum hat das dritte etwas Fruchtansatz (Trauben); diejenigen Augen, welche viel Fruchtansatz bargen, wurden abgeschnitten, die Trauben also mit. Diese der Natur des Weinstockes Hohn sprechende Methode wolle man doch ja verwerfen; wird die Fruchtrebe länger belassen, so zeigt sicher schon das kommende Jahr den Lohn dieser Schonung. Zog ich gegen den alten Schlendrian los, so bin ich auch verpflichtet zu zeigen, wasam Weinstock beschnitten, resp. was an ihm und wie viel ab- geschnitten werden muss. Vorausschicken will ich, dass ich dies Geschäft seit 25 Jahren nach Kecht’s Anleitung mit Erfolg betreibe; was ich sagen werde, macht keinen Anspruch auf Neuheit, kann aber zur Unter- drückung eines alten Missbrauchs ‘wohl wieder einmal in Erinnerung gebracht werden. Soll der Weinstock richtig verschnitten werden, so muss man an demselben Zapfen, Schenkel und Ruthen (Reben) deutlich unterscheiden können. — Zapfen werden in der Regel von den untersten Reben ge- schnitten und zwar nur 3 Augen lang; sie haben nicht den Zweck im kommenden Jahre Früchte zu liefern, sondern Fruchtreben zu treiben, was auch, wenn nicht besondere Naturhindernisse eintreten, oder Käfer die Augen ausfressen, aus dem obersten Auge geschieht. Schenkel sind gewöhnlich auf 5 Augen zurückgeschnittene Reben; auch sie sind weniger zur Frucht, als vielmehr zum stärkeren Holzwuchse (künftige Reben) bestimmt. Reben sind die stärksten Zweige des Weinstockes, die im letzten Jahre gewachsen. Diese werden im nächsten Frühjahr lediglich der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 249 zum Fruchtgewinn gebraucht. Sie werden je nach ihrer Stärke 10 bis 16 Augen lang belassen. Bequeme Gärtner nahmen und nehmen noch das Geschäft des Be- schneidens im Frühjahr vor. Es ist dies eine wahre Misshandlung, denn wird diese Jahreszeit für den Schnitt des Weinstocks gewählt, so wird demselben dadurch sehr viel Saft entzogen (der Wein blutet), derselbe mithin in hohem Grade benachtheiligt; unbestreitbar vortheilhafter ist es, wenn der Schnitt im Herbst vorgenommen wird. Nach den neuesten Berichten berühmter Weinzüchter ist es sogar von noch grösserem Vor- theil, die künftigen Reben bald nach der Abnahme der Trauben zu schneiden. Die Augen gelangen hierbei durch stärkeren Saftzufluss zu grösserer Kraft, welche sonst dem Holze uunütz zugewendet würde, das später abge- schnitten wird. Um mich von der Richtigkeit dieser Lehre zu überzeugen, habe ich in diesem Jahre die frühreifenden Sorten, z. B. früher Leipziger, weisser Diamant, blaue Augusttraube und Chassclas blanc bald nach der Trauben- abnahme beschnitten, die späteren Sorten aber erst im Laufe des Monat October. Ueber das Resultat werde ich, so Gott will, kommenden Herbst berichten. Wie ich einen kranken Cycas revoluta Thb. heilte, von Schlossgärtner Grunert in Drzazgowa. Aus einer mir bekannten Gärtnerei erhielt ich im December 1365 einen durch Verhältnisse in seiner Behandlung dermaassen vernachlässigten und ruinirten Oycas revoluta, dass dessen 1'/, Fuss hoher und 9 Zoll starker Stamm aller Wurzeln und Wedel entbehrte, doch war zum Glück die Wurzelkrone noch leidlich gesund. Es war mir natürlich sehr daran gelegen, diesen Cycas womöglich noch zu retten und schlug ich dazu folgendes Verfahren ein. Zuerst befreite ich die Wurzelkrone sorgfältigst von allen faulen Theilen, bestrich die dadurch entstandenen Wunden mit Colodium, weichte darauf den Stamm während zwei Stunden in lauwarmem Wasser ein, wusch ihn alsdann bei wiederholtem Abspülen in klarem Wasser mit einer scharfen Bürste rein und pflanzte ihn endlich in einen 2 Fuss hohen und 3 Fuss im Geviert haltenden Kasten in ein Gemenge aus 2 Theilen durchaus ver- ‚ faulter Sägespäne, 16 Theilen kurz gehackten Mooses und 2 Theilen un gesiebier sandiger Haidenerde. Den so eingepflanzten Cycas stellte ich nun in einen über dem Heizkanal des Warmhauses angebrachten Glas- kasten in gesperrte Luft; die Bodenwärme hielt ich stets auf 20—25°R., die Luftwärme im Kasten auf 20° R. und spritzte häufig mit lauwarmem 350 Jahres-Bericht Wasser so, dass der Stamm nie trocken wurde und auch die Beschaffenheit des Bodens und der Luft im Kasten immer eine feuchte war. Zu meiner Freude erwies sich diese Behandlung erfolgreich, denn schon nach drei Monaten hatte der Cycas dicke, an Spargel erinnernde, 5 Zoll lange Wurzeln getrieben und 2 Monate später, im April, brachte derselbe 7 schöne, vollkommen ausgebildete Wedel. Nachdem die Wedel ihre volle Reife erlangt hatten, verpflanzte ich meinen Reconvalescenten in einen entsprechend grossen Kübel mit starker Drainage in reine sandige, mit etwas altem Mauerlehm gemischte Haideerde und noch in demselben Jahre war der Kübel bis an den Rand mit fingerstarken und gesunden Wurzeln durchflochten. Seitdem geniesst der erwähnte Cycas dieselbe Pflege mit den übrigen Warmhauspflanzen und gedeiht ganz gut, so dass er jetzt, im Herbst 1868, mit 35 kräftigen, schön dunkelgrünen, 3 Fuss langen ganz fehlerfreien Wedeln prangt. Neben den kranken Cycas stellte ich noch Dion edule, Latania bor- bonica und einen Rhapis flabelliformis, die ebenfalls krank waren, behan- delte sie ebenso und haben auch diese hierdurch ihr früheres gesundes und frisches Aussehen wieder erlangt. Jetzt wird mir die gehabte Mühe und Arbeit durch die Freude belohnt, meine früheren Kranken in voller Gesundheit zu sehen! Cultur der Gunnera scabra R, u. Pav. im freien Lande, von Schlossgärtner Grunert in Drzazgowa. Bei meinem Antritt hierselbst fand ich zwei sewächliche und schlecht aussehende Pflanzen der Gunnera scabra in Töpfen vor und beschloss, dieselben später im freien Lande zu eultiviren. Zu diesem Zwecke pflanzte ich die beiden jetzt etwa 7 Jahre alten Exemplare in die dazu hergerichtete Erde auf einem vor dem Schlosse gelegenen Rasenplatz, der vollen Sonne ausgesetzt, im Frühjahr 1866 aus, nachdem ich zuvor 4 Fuss tiefe und 4 Fuss Durchmesser habende runde Löcher ausgraben liess, die ausgeworfene Erde entfernt, die Sohle des Loches 9 Zoll hoch mit klein geschlagenen Ziegelstücken bedeckt und darauf eine Erde gebracht hatte, welche aus 3 Theilen mooriger Haidenerde und 2 Theilen Kuhdünger- Compost mit etwas Sand, alle Theile gut durcheinander gemengt, jedoch ungesiebt, bestand. Da die Gunnera scabra eine Pflanze ist, welche in ihrer Heimath Chili und Peru an feuchten Stellen wächst, liess ich diesen beiden Pflanzen während des ganzen Sommers, besonders aber in der Periode ihres Wachs- thums reichlich Wasser, und alle 4—6 Wochen einen Guss flüssigen Dün- gers zukommen; die Erde wurde öfters aufgelockert, von Unkraut rein gehalten, aber auch nie versäumt, bei trockenem Wetter mit der Spritze der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 21 zur Hand zu sein. Schon im ersten Jahre wurden meine Gunnera prächtig, die fernere Behandlung blieb dieselbe und in diesem Jahre sind dieselben grosse Exemplare geworden, welche mit ihren auf 3 Fuss langen Blatt- stielen ruhenden, 2'/, Fuss breiten Blättern und bis 8 Zoll langen Blüthen- kolben einen herrlichen Effeet machen. Die Hauptsache für eine gute Ueberwinterung im} freien Lande ist, dafür zu sorgen, dass der Kopf der Pflanze nicht faul wird, da solche sonst nie ein tadelfreies, imposantes Ansehen erhält. Die Be- deckung ist dieselbe, wie ich sie schon im vorigen Jahre bei meiner Cul- tur der Artischocken andeutete, nur mit dem Unterschiede, dass der Boden, nachdem er von Unkraut gereinigt wurde, zur Verhütung des Faulens der Pflanzen um den Stock herum 5 Zoll hoch mit trockenem Sande bedeckt wird und die Bedeckung der Pflanzen selbst recht stark, aber ebenfalls am Fusse mit 2 entgegenstehenden Luftlöchern, welche, wenn die Pflanzen ganz abgetrocknet, bei kalter Witterung zu schliessen sind, zu geschehen hat. Noch will ich bemerken, dass das Deckmaterial ein recht trockenes» aber kein Stroh sein darf, denn bei dessen nassem Zustande kann man leicht Gefahr laufen, bei dem Aufdecken nur verschimmelte Pflanzeu zur Schau zu bekommen. Auf diese Weise überwinterte Gunnera werden ge- wiss immer gut sein und das Vergnügen des Anblicks schöner Pflanzen gewähren. Ueber Saxifraga Cotyledon L. (S. pyramidalis Lap.) | von Kunstgärtner W. Kühnau in Damsdorf. Saxifraga Cotyledon, eine Pflanze der Tyroler und Schweizer Alpen, ist eine unserer schönsten Topfstauden. Ihre im Monat Mai erscheinende Blüthenrispe, deren untere Blüthenäste länger, die oberen kürzer sind, bildet eine so vollkommene Blumenpyramide, wie man sie sich nicht sehöner denken kann und zu welcher es sch wer sein dürfte, ein Gegen- stück zu finden. Die Länge dieser Blumenpyramide von einem bis zwei Fuss, ist bedeutend genug, um die Pflanze zu einer auffallenden Erschei- nung zu machen und stellen wir uns dabei die fünfspaltigen Blumen in einem sehr reinen Weiss vor, so können wir dieser Pflanze eine grosse Schönheit und hohen blumistischen Werth nicht absprechen. Dazu kommt, dass Saxifraga Cotyledon auch zu der Zeit, wo sie nicht blüht, dureh ihre regelmässige Rosette spatelförmiger, am Rande knorpelich gesägter Blätter, welche sie einem Sempervivum nicht unähnlich erscheinen lassen, ein immer- hin interessantes und ästhetisch schönes Bild gewähren. Trotz ihrer Schönheit ist Saxifraga Cotyledon dennoch wenig in den Gärten verbreitet, was mich veranlasst, hier einige Worte über sie zu 252 Jahres Bericht sagen und sie zur Cultur zu empfehlen. Sie ist, wie ich schon oben sagte, eine Alpenpflanze, welche in den Felsenspalten der schweizer, ty- roler und steiermärker Alpen vorkommt. Sie ist dort einen grossen Theil des Jahres von Schnee überdeckt und in der übrigen Zeit des Jahres nährt sie sich mehr von den wässerigen atmosphärischen Niederschlägen, welche sie in ihrer Blätterrosette aufsammelt und aufbewahrt, als von dem spärlichen Humus zwischen dem verwitternden Gestein; diese klima- tischen Verhältnisse können wir in unsern Gärten in der Ebene nicht nachahmen. Auch die feinste Brause kann die feuchten Gebirgsnebel nicht nachbilden. Auch ist die Wurzelrosetie, so sehr sie am natürlichen Standorte eine gleichmässige Feuchtigkeit verlangt, dennoch bei über- mässiger Nässe sehr schnell zum Verfaulen geneigt. Die Erfahrung lehrt, dass es am besten ist, die Befeuchtung der Blätter von oben zu unter- lassen und es denselben selbst zu überlassen, die nöthige Feuchtigkeit aus der Luft an sich zu ziehen. Wie denn nun ein grosser Theil der Erfolge der Topfpflanzen-Cultur aus der wunderbaren Eigenschaft der Pflanzen entspringt, sich sehr ver- schiedenen klimatischen und Bodenverhältnissen anzubequemen, wenn nur nieht allzugrobe Verstösse gegen ihre unentbehrlichsten Vegetationsbedin- gungen gemacht werden, so auch hier bei Saxifraga Cotyledon. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Pflanze eine freie und gute Drainage vor allem andern verlangt. Giebt man ihr diese vermittelst einer ziemlich hohen Unterlage von Scherben, welche durch darüber gelegtes gut schlies- sendes Moos vor dem Dazwischenfallen der darüber anzufüllenden Erde bewahrt werden, so ist eine Bedingung gesunder Vegetation erfüllt. Die Erdart, in welcher sie gedeihen soll, muss eine leichte und poröse sein, wie sich ja von selbst ergiebt, und diese Bedingung erfüllt unsere Laub- und Düngererde, welcher man zur Erzielung möglichster Lockerheit eine Parthie recht feinen Sandes beimischt. Bei einer solchen Behandlung ge- deiht die Saxifraga Cotyledon ganz vortrefflich im Sommer im Freien und im Winter in den kalten Gewächshäusern. Nur gegen eines ist sie sehr empfindlich, nämlich gegen Tropfwasser, welches sehr schnell die Pflanze zu Grunde richtet. Hierauf muss man also bei der Auswahl des Platzes wohl Rücksicht nehmen. Den Sommer über begiesst man stärker, im Winter weniger. Der guten Drainage wegen kann auch durch zu reichliehes Begiessen nicht leicht Schaden geschehen. Im Frühlinge, etwa zu Ende des Mai, wo sich Wachsthum bemerkbar macht, verlangt die Sarifraga Cotyledon einen Platz recht nahe am Glase, damit die Blüthen- stengel sich recht stark entwickeln. Die Vermehrung geschieht sehr leicht durch die in den Blattwinkeln der Wurzelrosette hervorwachsenden Seiten- iriebe, welche sich sehr leicht loslösen lassen und einzeln oder zu meh- reren in Töpfe gepflanzt, sehr schnell Wurzeln machen, natürlich an einer schattigen und kühlen Stelle. ee Per a ZB ic Aa 2 der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 953 Ueber die Ueberwinterung von Saxifraga Cotyledon im Freien stehen mir keine Erfahrungen zur Seite. Dass der Frost dieser Pflanze nicht schadet steht freilich fest, denn sie hat auf den Alpen einen längeren und härteren Winter zu ertragen, als bei uns, aber gleichwohl ist der Winter in den Alpen himmelweit von dem unsrigen verschieden. Dort liegt die schützende Schneedecke den ganzen Winter hindurch gleich- mässig überall ausgebreitet, wo nicht steile, glatte Wände ein Haften desselben unmöglich machen, bis die wärmenden Strahlen der höher steigenden Sonne sie auflösen. Unsere Winter sind sehr veränderlich, Schnee und Regen, offener Frost und Thauwetter, trübes Wetter und Sonnenschein wechseln mit einander ab und wir erleben es alle Jahre, dass dieser Wechsel vielfach schädlich auf die Pflanzenwelt einwirkt. Es liest klar auf der Hand, dass das Gefrieren und Aufthauen und Wie- dergefrieren der Pflanzen eine grosse Unempfindlichkeit voraussetzt, um ohne Schaden ertragen zu werden, und am meisten auf solche Pflanzen schädlich wirken muss, welche, wie ein grosser Theil der Alpenpflanzen, ihre perenirenden krautartigen Stämme über der Erde haben wie Sazi- fraga mutata, erustata, Aizoon, Hostü, Burseriana, die zierliche caesia, Pri- mula minima, Soldanella alpına, Erinus alpinus. Dies ist auch der Grund, weshalb so viele prachtvolle Alpenpflanzen sich nicht in der Ebene ein- bürgern wollen. Freilich fehlt es auch in dieser Richtung noch sehr an genügenden Versuchen, besonders mit den prachtvollen ultramarinblauen, niedrigen, rasenbildenden Gentianeen: bavarica, brachyphylla, aestiva, verna, imbricata, pumila, der schönen höheren dunkelblauen Asclepiadea und ciliata, welche letztere, sowie pneumonanthe auch in den Ebenen vorkom- men; ferner, der schönen gelben und purpurfarbenen Gentianeen: lutea, pannonica, purpurea und punctata. Leichter als die Cultur der genannten perenirenden Gentianeen dürfte die erfolgreiche Behandlung der einjäh- rigen: utriculosa, nivalis, obtusifolia, tenella und nana sein, welche an ihren natürlichen Standorten, an der Grenze des ewigen Schnees (ausgenommen utriculosa) allerdings sehr zwergis sind, aber auch an tiefer gelegenen Stellen vorkommen und sich dort schon sehr verändern, höher, ästiger, vielblumiger werden und in üppigem Gartenboden mit grosser Wahr- scheinlichkeit sich noch viel verändern würden. Es ist um so mehr zu verwundern, dass diese Gentlianeen noch so wenig in den Gärten eultivirt werden, als wir unter den eultivirten Pllan. zen keine sehen, auch nicht die Kornblume oder Delphinium chinense, welche ein so prachtvolles, tiefes und doch leuchtendes Blau haben, von welchem sieh derjenige, welcher es nicht sah, keinen Begriff machen kann. 254 Jahres-Bericht Die Decoration kalter Gewächshäuser im Sommer von Kunstgärtner Schlegel in Grafenort. Wenn zwar der eigentliche Zweck der Section der ist, den Garten- bau hauptsächlich in seiner wirthschaftlichen Bedeutung zu heben und darauf hinzielendes zum Vortrage zu bringen, so mag eine freundliche Aufforderung an mich, ‚irgend eine meiner gärtnerischen Erfahrungen der Section zur Kenutniss zu geben“, mir zur Entschuldigung dienen, wenn ich mich hier über das in der Ueberschrift angedeutete Thema äussern will. Gewiss bleibt es aber wünschenswerth, neben den so be- rechtigten Bestrebungen, das materielle Wohl in allen Schichten der Ge- sellschaft, also auch auf denjenigen der schönen Gartenkunst zu fördern, auch dahin zu wirken, dass der Schönheitssinn, wenn auch nicht mate- riellen Nutzen bringend, eine ernste Pflege findet. Wohl nirgends, als in der Gartenkunst, lässt sich das Schöne so leicht mit dem Nützlichen verbinden, dennoch ist es nicht gerade immer möglich. Wie reich auch die Zahl der Gewächse ist, welche geeignet sind unsere Gärten im Sommer zu schmücken, so giebt es doch noch eine Menge Pflanzen, welche dem freien Lande nicht anvertraut werden können, wenigstens nicht mit Vortheil in rauheren klimatischen Lagen, theils wegen der Einflüsse des Wetters, als Regen, heftige Winde und brennende Sonne, theils wegen mangelnder Wärme des Nachts und nicht entsprechender athmosphärischer Feuchtigkeit. Gerade tragen aber der- artige Pflanzen ein so eigenthümliches Gepräge in Blüthen und Blättern, ja in ihrem Habitus überhaupt, dass sie einen besonderen Genuss ge- währen, dadurch noch vorzüglich erhöht, dass sie, wenn auch nicht sel- ten, doch immerhin nur spärlich vertreten sind. Es ist nun in grösseren Gärtnereien allerdings, vom bescheidenen Warmhause bis zu den prächtigsten Palmenhäusern, hinreichend für der- gleichen Pflanzen gesorgt, allein von diesen abgesehen, giebt es gewiss mehr Gärtnereien, wo Warmhäuser fehlen, wohl aber befinden sich fast überall in denselben Gewächshäuser zur Aufnahme der Pflanzen für den Winter. Diese stehen aber über Sommer in der Regel leer und ge- währen dadurch einen keinesweges schönen Anblick, namentlich, wenn dieselben mit den Anlagen in so unmittelbarer Verbindung stehen, dass ihre Leere dem Auge nicht entgehen kann. Solehe Häuser nun für den Sommer zu einem kleinen Paradiese umzuschaffen und dabei eben jene Gewächse zur Verwendung zu bringen, welche im Freien theils nie ihre volle Schönheit entwickeln, theils aber überhaupt nicht ausgepflanzt wer- den können, dürfte einiger Beachtung werth sein, und zwar selbst da, wo Warmhäuser vorhanden sind, wo es sich nieht darum handelt, tropi- schen Gewächsen für kurze Zeit ein Asyl zu gewähren, als vielmehr der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 355 darum, einzelnen Prachtpflanzen des Warmhauses mehr Raum zu ver- schaffen und dieselben dem Auge gefälliger aufstellen zu können, da in der Regel jene Räume überfüllt und für den Beschauer, wenn es nicht grandiose Luxusbauten, wie Palmhäuser und dergleichen, zu beengt sind. Um nun zur Deecoration eines solchen Hauses zu schreiten, ist aller- dings dieselbe da am leichtesten ausführbar, wo der Fussboden des Hauses nicht gepflastert ist, was sich, beiläufig gesagt, überhaupt nicht empfiehlt und sonst keine feststehenden Stellagen darin angebracht sind, wo der Raum also vollständig frei gemacht werden kann. Die Einför- migkeit des Platzes, der in der Regel ein längliches Viereck ist, ist da- durch aufzuheben, dass an beiden schmalen Seiten und der Hinterwand entlang eine Garnitur Feldsteine, je grösser je besser, in gefälliger Wel- lenform derartig aufgestellt werden, dass sie eine Felsenparthie bilden, welche in ihren Zwischenräumen Erde aufzunehmen geeignet ist, um Gewächse darein zu pflanzen. Sodann ist ein einziger, verhältnissmässig sehr breiter Gang in gefälliger Form dem Platze entlang zu führen, und der übrige Raum des Hauses so einzutheilen, dass einzelne Pflanzen und sanze Gruppen, je nach den zur Disposition stehenden Pflanzen in dem- selben malerisch Platz finden können; aller übrige Raum wird zu einem Rasenplatze bestimmt, nur mit dem Unterschiede,‘ dass statt des Grases ein herrliches Moos, und zwar vorzugsweise Lycopodium denticulatum ver- wendet wird. Den Fenstern entlang befindet sich in der Regel eine Art Brustbeet oder feststehende Stellage; diese dient zur Aufnahme aller der- jenigen Pflanzen, welche des Lichtes mehr als andere bedürfen, nur müssen die Fenster beschattet werden, was am leichtesten dadurch ge- schieht, dass man der inneren Fensterseite einen Kalkanstrich in ganz schmalen Streifen giebt; es hält derselbe wohl die brennenden Sonnen- strahlen ab, lässt aber doch noch hinreichend Licht durch. So weit sind alle Einrichtungen sehr leicht ausführbar gewesen, allein woher sollen die Pflanzen bei dem Mangel eines Warmhauses ge- nommen werden, um diese Felsparthien, Gruppen, Rasenplätze, die Fen- sterbretter zu decoriren und Einzelpflanzen zu haben? Auch dies ist bei einiger Beschränkung auf eine entsprechende Auswahl von Pflanzen leicht ausführbar. Eine Hauptrolle müssen diejenigen Gewächse hier überneh- men, welche über Winter keiner besonderen Pflege bedürfen, d. h. solche, die sich in trockenem Zustande in ihren Wurzelknöllchen coserviren, Wie reich in diesen und ihren Varietäten die Auswahl ist, genügt die Andeutung durch Nennung deren Genus; diese herrlichen Caladien, Glo- xinien, Gesnerien, Tidaeen, Achimenes u. a. m., welche alle nur erst wieder eine Pflege bedürfen, wenn der beginnende Frühling das Anlegen warmer Mistbeete gestattet, um dieselben zu begünstigen, und zwar immer nur in den beschränktesten Raumansprüchen, da auf einem (Qua- dratfuss Raum, Hunderte ihre erste Entwickelung beginnen können. 256 Jahres-Bericht Neben diesen sind nun vorzugsweise solche Pflanzen zu wählen, welche als Stecklinge geschnitten leicht bewurzeln, daher in nur wenigen Monaten eine so ausreichende Vermehrung erzielen lassen, um jedwedes Arrangement damit auszuführen. Dahin gehören hauptsächlich die präch- tigen Begonien in ihren so reizenden Farbennuancen und Zeichnungen der Blätter, deren es so viele Spielarten jetzt giebt. Doch nicht minder reich an Mannigfaltigkeit sind die Coleus-Arten, deren gerade jetzt ein ganzes Sortiment neuer Spielarten eingeführt, im hiesigen Garten sich befinden, und besonders für derartige Arrangements wie geschaffen sind, weil sie, obwohl auch unter günstigen Verhältnissen im freien Lande ver- wendbar, doch ihre volle Schönheit nur im Hause entwickeln, zu denen aber Warmhäuser kaum den Raum übrig haben, da sie nicht werthvoll genug sind, um in grösseren Parthien aufgestellt zu werden. Dasselbe widerfährt eigentlich auch den Begonien, denen der nöthige Raum zu ihrer vollen Entwickelung, in Anbetracht anderer werthvollerer Pflanzen, im Warmhause auch nicht gegönnt werden kann. Ebenso sind die Achyranthes-Arten nur in solcher Weise zur vollen Schönheit zu bringen, namentlich die Spielart ‚‚aurea reticulata“, so vielfältig sonst auch ihre Verwendung im Freien ist. ' Bei allen diesen Pflanzen genügt es, ein einziges Exemplar durch den Winter zu bringen, um in den Frühlings-Monaten so viel Vermeh- rung davon machen zu können, als ein projectirtes Arrangement benö- thigt. Um die Steinparthien in Kurzem mit einem üppigen Grün in allen Nüancen zu bekleiden, eignen sich vortrefflich die verschiedenen Species von Selaginella und T’rradescantia, welche so reichlich mit Luftwurzeln ver- sehen sind, dass jedes damit ausgestattete Zweigelchen leicht anwächst und somit reichliche Vermehrung erzielt werden kann. Sollte der Laie sich dafür interessiren, so sei hier auch des Ver- fahrens gedacht, welches anzuwenden ist, um diese reichhaltige Vermeh- rung machen zu können. Den erwähnten Sammetteppich als Rasenplatz, welcher eine Hauptbedingung sein und die Grundlage des Ganzen aus- machen muss, herzustellen, ist vorerst allerdings eine grössere Anzah, Pflanzen nothwendig, doch ist derselbe einmal hergestellt, so ist in der Folge die alljährige Erneuerung desselben sehr leicht, da es nur nöthig ist, bei dem Ausräumen im Herbst einen Streifen davon stehen zu lassen, denn das erwähnte Lycopodium hält sich ganz gut über Winter im Kalt- hause, und giebt noch besonders für die aufzustellenden Pflanzengruppen als grüne Bordüre eine prächtige Begrenzung; im Frühjahr aber ist dann Jedes einzelne Zweigelchen so massenhaft mit Luftwurzeln versehen, dass Jedes einzeln losgeschnitten und eingepflanzt leicht fortwächst. Es kön- nen daher dieselben in Töpfe eng zusammengepflanzt werden, dann in einen warmen Kasten untergebracht, gut beschattet und mässig feucht erhalten, werden sie sich in wenigen Wochen wieder ausgebreitet haben, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 957 und ausgepflanzt in Kurzem geneigt sein, eine dichte grüne Fläche zu bilden. Vor dem Auspflanzen ist der Boden jedoch einen Zoll tief zu lockern und eben so hoch leichte Mistbeeterde aufzubringen; die Wür- zelehen werden hierauf eingepflanzt, die Zweige ausgebreitet, ein wenig Erde darüber gestreut, mässig angedrückt und mit feiner Brause leicht bespritzt. Die nöthige Anzahl der Begonien zu erhalten, würde es nur der Blätter bedürfen, wenn durch den Winter kein Raum zur Erhaltung der Mutterpflanzen vorhanden ist. Jedes einzelne Blatt wird in so viele Stücke geschnitten, als die stärkeren Nerven dies zulassen, so zwar, dass jedes einzelne Stück der Länge nach mit einem Nerv versehen ist, an welchem auf beiden Seiten etwas Blattfläche stehen bleibt, in der Ge- sammtbreite eines Zolles und in Länge von 2 Zoll. Diese Stücken wer- den nun mit dem stärkeren Ende einige Linien tief in feinen Wassersand eingesenkt, wozu ein Kästchen von einigen Zoll Höhe genügt, welches dann mässig feucht zu halten und an eine warme Stelle zu bringen ist, wo eine hermetisch schliessende Glasdecke das Kästchen überdecken muss; in nicht zu langer Zeit vollzieht sich die Wurzelbildung, wonach sich auch die Blätter bald entwickeln und nun atmosphärische Luft wie- der zutreten kann; nehmen bei der weiteren Entwickelung die Blätter einen grösseren Raum ein, so müssen sie ällerdings auseinander gepflanzt werden, doch immer noch so eng, dass sie, wenn eben kein Raum vor- handen ist, sich mit wenigen so lange begnügen müssen, bis die Jahres- zeit so weit vorgerückt ist, um sie im Mistbeetkasten reichlicher damit versehen zu können. Es darf dies jedoch nicht so verstanden werden, sie daselbst in die Erde zu pflanzen, vielmehr müssen sie in kleine Töpfe gepflanzt und so in das Mistbeet eingesenkt werden, wenn vorher auf dessen wärmende Stoffe eine Schicht Sägespäne gebracht wurde. Be- kommen die Pflänzchen nun hier die geeignete Pflege, so werden sie sich schon jetzt prächtig entwickeln und später an den Ort ihrer Bestim- mung aus den Töpfen in das freie Land des Hauses verpflanzt, eine Fülle der Pracht entfalten, welehe die gehabte Mühe reichlich belohnt und diese fast schon wieder aus der Mode gekommene Pflanze von Neuem lieb und werth macht. Von den andern leicht zu vermehrenden Pflanzen ist es allerdings unerlässlich wenigstens ein Exemplar glücklich durch den Winter zu bringen, um im Frühjahr jeden jungen Zweig zu benutzen, und selbst von diesen wieder die Vermehrung fortzusetzen. Es würde am zweck- mässigsten sein, dergleichen überwinterte Pflanzen, sobald dies irgend die Witterung zulässt, aus den Töpfen in ein warmes Mistbeet zu pflan- zen und den Trieb anzuregen; ist dies einmal geschehen, so werden die Zweige in Kurzem zur Vermehrung tauglich sein und abgeschnitten, im- mer wieder von Neuem dergleichen bilden, so dass eine hinreichende 17 258 Jahres-Bericht Anzahl von Pflanzen erzielt werden kann. Das Verfahren ist dasselbe wie bei den Begonien, nur wählt man die jungen Triebe anstatt der Blätter zu Stecklingen, und hat eine weit grössere Aufmerksamkeit nö- thig, damit dieselben nicht faulen. Die Vermehrung der knollentragenden Pflanzen ergiebt sich bei den meisten von selbst, da der Ansatz von Knöllchen reichlich genug ist, da- von so viele zu bekommen, als man bedarf, oder wo dies doch nicht hinreichend sein sollte, wie bei Gesnerien, welche eine geringere Anzahl ansetzen, durch Zertheilen in Stücke, von denen jedes einzelne austreibt. — Caladien lassen sich in so viele Theile theilen, als die Knolle sicht- bare Augen entwickelt, nur bedürfen sie zur ersten Bewurzelung eines hohen Wärmegrades, um nicht zu faulen. — Gloxinien lassen sich gleich den Begonien aus Blättern vermehren, was allerdings ein Jahr vorher geschehen muss, um sie blühbar zu haben. Bisher ist nur die Rede von solchen Pflanzen gewesen, welche, ohne ein Warmhaus zu besitzen, doch in solch hinreichender Menge erzogen werden können, um ein Glashaus über Sommer zu besetzen; wie sehr dies aber in seiner Mannigfaltigkeit erhöht werden kann, wenn man in Besitz eines solchen ist, darf wohl nicht erst hervorgehoben werden. Es dürfte überflüssig erscheinen, hier näher darauf einzugehen, als dem Besitz eines Warmhauses kein Bedürfniss vorliegt; allein dem ist nicht ganz so, wenn man in Betracht zieht, dass dergleichen Häuser in der Regel überfüllt, in ihrer Bauart, ausser den luxuriösen Praehtbauten, der Palmhäuser, immer mehr oder weniger im Raume beschränkt sind, so dass einzelne Prachtpflanzen nicht ganz den Effeet machen können, wel- chen sie machen würden, wenn sie ganz freigestellt sind und hauptsäch- lich der Besucher in seiner freien Bewegung nicht zu sehr beengt wäre, um sich längere Zeit in solehen Räumen wohl zu fühlen. Wie anders, wenn diese verschiedenen Prachtpflanzen in den weiten Räumen der sonst im Bommer unbenützten Gewächshäuser, malerisch aufgestellt, ihre ganze Schönheit dem Auge darbieten. Wie viele Pflanzen, welche nothge- drungen nur ein bescheidenes Plätzchen finden dürften, können sich hier in voller Ueppigkeit entwickeln, und so zu einer Vollkommenheit gelan- gen, die sie kaum gegen ihren vorherigen Zustand wieder erkennen lässt. Ja selbst viele Gewächse, welche man für nicht werthvoll genug hält, um denselben ein Plätzchen gegönnt zu haben, die aber dennoch in ihrer Ueppigkeit das Auge erfreuen, können hier ihren Platz vollberech- tigt einnehmen. Manche Andeutung würde hier noch zu machen sein, doch mag das bisher Gesagte genügen, um eine Anregung gegeben zu haben, zu einer bis jetzt noch nicht sehr verbreiteten Verschönerung unbenutzter Räum- liehkeiten. Hauptsächlich dürfte diese Anregung für solche Gärten am Platze sein, wo ausser einem Kalthause, zwar keine eigentlichen Warm- der Schles, Gesellsch. f. yaterl. Cultur. 2359 häuser zur Cultur tropischer Gewächse, wohl aber Ananashäuser vorhan- den sind, die es sehr wohl ermöglichen, einigen werthvolleren tropischen Pflanzen ein Asyl für den Winter zu gewähren, aber auch einer Ueber- füllung mit derartigen Gewächsen vorzubeugen, wenn diese über Sommer daraus entfernt werden können. Coronilla glauca als Kronenbäumchen von Kunstgärtner Kühnau in Damsdorf. Coronilla glauca ist eine so bekannte, beliebte und leicht zu eulti. virende Pflanze, dass ich es füglich unterlassen könnte, etwas über sie zu sagen, wenn ich nicht eine besondere Veranlassung dazu hätte. — Trotz ihrer vielen Vorzüge hat doch diese Pflanze einen kleinen Fehler, der ihrer Verbreitung vielfach hinderlich zu sein scheint. Sie wächst nach der Blüthe ein bischen sehr aus der Ordnung, macht lange, aus der übrigen Masse der Pflanze herauswachsende Zweige, welche ihr ein sparriges Ansehen geben und durch späteres Herabhangen unange- nehm werden. Was nun bei einer in Buschform gezogenen Pflanze unschön ist, das gereicht oft einer hochstämmigen Pflanze zum Schmuck, wie wir an Ro- binia inermis, Prunus Chamae- cerasus, Halodendron argenteum, zumal an alten Trauerbäumen ja täglich sehen. Diesen Gedanken verfolgend, ge- lanste ich zu der Idee, auch mit Coronilla glauca einen Versuch in die- sem Sinne zu machen. Ich schnitt Ende Mai, nach der Blüthe, von mehreren der mir zur Verfügung stehenden Pflanzen die unteren Zweige ab und liess ihnen nur die oberen, welche ich gleichfalls so stutzte, dass die so beschnittenen Pflanzen einem Hochstamme möglichst ähnlich wur- den. Nachdem die Ballen gehörig aufgelockert waren, pflanzte ich die Coronillen ganz in’s Freie in gutes Gartenland, band sie an Stäbe fest, goss sie an und überliess sie ihrem Wachsthum, welches sehr bald flott von Statten ging. Während des Sommers stutzte ich nur zuweilen die all zu sehr aus der Ordnung wachsenden Triebe zurück und erhielt auf diese Weise prächtige Krönchen von '/, bis 2 Fuss Durchmesser bei 2 bis 3 Fuss Stammhöhe. Das Einpflanzen in Töpfe im Herbst, welches bei den meisten Pflanzen, welche über Sommer im Lande gestanden haben, grosse Schwierigkeiten hat, in dem es doch auch bei der grössten darauf verwendeten Sorgfalt ein sehr gewaltsamer Vorgang für dieselben ist, vertrugen die Coronillen sehr gut. Es versteht sich von selbst, dass ich die Pflanzen gleich nach dem Eintopfen sehr stark angoss, sie an einen schattigen Ort stellte, und sowohl Krone wie Ballen durch täglich viele Male wiederholtes Spritzen in der ganzen ersten Woche fortwährend NR Ei 260 Jahres-Bericht feucht erhielt. Da ich überdies die Ballen beim Einpflanzen in die Töpfe sehr vorsichtig behandelte und sie recht fest pflanzte, so trauerten die Coronillen fast gar nicht und blieben vollkommen so frisch und schön, wie sie im Lande gewesen waren. Diese Kronenbäumehen haben schon vom Monat November an mit einzelnen Blumen geblüht, und dann im Frühlinge vom März bis tief in den Mai hinein eine solehe unzählige Menge von Blumen gebracht, dass Jeder, der diese Kronenbäumchen hier blühen sah, entzückt war über ihre Schönheit. Die Kronen entwickelten sich im Frühling mit Hülfe der neu erscheinenden Triebe, in deren Blattwinkeln bekanntlich die Blumen ‚stehen, fast zu doppelter Grösse als im Herbste und das dichte, grau- grüne gefiederte Laub, welches gleichsam den Hintergrund bildete, für das reine Gelb der Blüthendolden, strotzend von Saftfülle und Gesund- heit, gewährte ein schönes Bild vegetabiler Ueppigkeit. Wenn auch zu- weilen einzelne Zweige, durch die Last ihrer Blüthen gedrückt, herab- hängen, so konnte dies der Schönheit des Exemplars, eben weil es ein Hochstamm war, keinen Eintrag thun. Natürlich müssen diese Krönchen frei und nicht zu weit vom Glase entfernt stehen, auch muss zur Frühjahrszeit, wenn die Töpfe durchwur- zelt sind und sehr austrocknen, wöchentlich wenigstens zweimal mit flüs- sisem Dünger gegossen werden, natürlich nur bei feuchtem Zustande des Wurzelballens, sonst werfen diese Coronillen trotz fortwährenden Be- giessens die Blätter ab, werden kahl und verblühen viel schneller als die gedüngten. Es kann kaum etwas Leichteres und Einfacheres geben, als diese Culturmethode, welche überall, wo nur ein kaltes Haus zur Verfügung steht, durchzuführen ist. Ich nehme hiermit Veranlassung dieselbe an- gelegentlichst zu empfehlen. Einige Gedanken über Blumisterei im Allgemeinen von Kunstgärtner Kühnau in Damsdorf. Die Schönheit einer Pflanze liest vom blumistischen Standpunkte aus betrachtet, nicht allein in der Art oder Sorte, sondern auch in dem Exem- plare, welches man vor sich hat, und zwar so sehr, dass selbst der un- befangene Blumenfreund einer recht üppigen, reichblühenden Pflanze ge- ringerer Sorte (ich gebrauche mit Absicht den Ausdruck „Sorte“, weil darunter ebensowohl Art, wie Abart, Bastard und Varietät verstanden werden kann) vor einer schwächlichen und kränklichen Pflanze edlerer Sorte den Vorzug geben wird. Sind beide Vorzüge mit einander ver- einigt, dann natürlich um so besser, dann hat der Blumist sein Ideal der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 361 erreicht. Zwei Richtungen sind es, nach welchen hin wir dieses Ideal zu erreichen streben, nach welchen hin wir fortwährend unsere Pilanzen zu entwickeln suchen, zwei Richtungen, obgleich schliesslich zu- sammentreffend, doch vielfach weit auseinander gehen; so weit, dass sie sich als eigene Geschäftszweige entwickeln; ich meine das Streben nach Vollkommenheit des Exemplars und das Streben nach Vollkommenheit der Sorte. Das letztere, schwierige Ziel zu verfolgen ist nicht Jedermanns Sache. Es wird erreicht auf dem langsamen, viele Jahre dauernde, scharfe Beobachtung, Geduld und durch Misserfolge nicht zu beirrende Ausdauer erfordernden Wege der Sämlingszucht. Die Erfolge jahrelanger Mühen treten uns in den herrlichen neuen Züchtungen vor Augen, welche alljährlich die reiche Auswahl unserer Sortimente noch mehr bereichern. Dieses Ziel zu erreichen, ist nicht Jedem beschieden. Zeit, Mittel, Inter- esse zur Sache und — wer wollte es leugnen? — Befähigung dazu, sind nicht in gleicher Weise Jedem gegeben. Die andere Richtung, Vervollkommnung des Exemplars, bei welcher eine Möglichkeit des Erfolges viel näher liegt, verfolgt jeder Blumen- freund und Blumencultivateur vom Ober-Hofgärtner bis zum alten Mütter- chen, das hinter der Scheibe ihres Fensterchens noch ihre Fuchsie, ihr Geranium, ihren Caetus und ihr Myrthensträuchlein mit Liebe pflegt. Freilich schlägt oft alle Mühe fehl oder gelingt nur halb, und viele Gärt- ner haben dann die Schwäche, nach einem solchen fehlgeschlagenen Versuche Pflanzen wegzuwerfen, welche, wenn sie nicht all zu schnell die Geduld verloren hätten, bei einem zweiten oder dritten Versuche diese Mühe doppelt und dreifach belohnt gesehen haben würden. Jede, auch die geringste Pflanze kann schön sein, wenn sie recht gesund und üppig ist, eine gute Seite ist aber jeder Pflanze abzugewinnen und gewiss thut man unrecht, eine Pflanze eher bei Seite zu werfen, ehe man nicht alles versucht hat, um ihr eine gute Seite abzugewinnen. Noch mehr ist dies aber der Fall bei sehr vielen unserer alten Topfpflanzen, die einen ganz entschieden hohen blumistischen Werth haben und ganz geringer, leicht zu beseitigender Fehler wegen, fast ganz aus den Pflanzenhäusern verdrängt sind. Was hat Siphocampylos bicolor, Habrothamnus fascieularis und elegans, Fuchsia serratifolia, Salvia gesneriaeflora, Petasites fragrans, Colutea frutescens, was hat die am schönsten blühende von allen Aroideen, Calla aetiopica, was die Aurikeln verbrochen, dass sie so sehr selten seworden sind? Einige wachsen so lang in die Höhe und werden unten kahl und unansehnlich; stutzt man sie aber und pflanzt sie über Som- mer in’s freie Land, so werden sie wunderschön buschig und blühen desto schöner. Andere blühen schwer; natürlich, weil sie total falsch behandelt worden sind. Man muss hier oft die Wunderkraft der Natur bewundern, die solch eine Pflanze, trotz aller Misshandlungen noch immer 262 Jahres-Bericht am Leben zu erhalten weiss. — Wieder Andere sind zu mühsam zu cultiviren, es fehlt an Zeit dazu. Dieser Einwand bezieht sich auf die Aurikeln, das ist leicht zu sehen. — Wo aber Mühe und Erfolg in einem so günstigen Verhältnisse zu einander stehen, wie bei den Aurikeln, da sollte man eine so kleine Mühe so grossen Erfolges wegen nicht scheuen. Es giebt bekanntlich kaum eine Pflanzenart unter den Tausen- den, die wir cultiviren, welche so geneigt wäre zur Bildung von Varie- täten, wie die Aurikel, nur Georgine und Stiefmütterchen nehme ich aus. Liegen doch die herrlichsten Schattirungen in gelb, braun, lilla, roth, vom hellsten bis zum dunkelsten, in dem Bereiche der Farbenentwickelung dieser bewundernswürdigen Blume. Dass die Anzucht durch Samen müh- sam ist, wer könnte das leugnen? Und dass guter Samen aus guten Exemplaren theuer ist, wer könnte sich darüber wundern? das sollte aber doch Niemanden wenigstens von einem Versuche abhalten, der, wenn nur nicht allzu früh die Geduld verloren geht, ganz gewiss zu einem günstigen und hocherfreulichen Erfolge führen wird und muss. Mittel und Wege zur Verbesserung und Förderung des Obstbaues auf dem Lande in Schlesien von J. Jettinger, Gärtner der Section. Wenn ich mir biermit erlaube einige Vorschläge zur Förderung des Obstbaues zu machen, zu einem Gegenstande, welcher hier und ander- wärts schon so vielfachen Erörterungen und Berathungen unterzogen wurde, und wenn ich mir dabei wohl bewusst bin, dass ich gegenwärtig eigentlich Erhebliches und Neues nicht hinzufügen werde, so leitet mich dahin die feste Ueberzeugung, dass es Noth thut und von Nutzen sein wird, immer wieder und so lange in einer oder der anderen Weise auf denselben Gegenstand zurück zu kommen, bis wirkliche und umfassende Resultate erreicht sind, das vorgesteckte Ziel gewonnen ist. Solche jeweilige Wiederholungen dürften um so nützlicher erscheinen, als natur- gemäss eine weitere Eintwickelung des Obstbaues nur langsam fort- schreiten kann, weil nicht selten ungeahnte Schwierigkeiten in den Weg treten, deshalb Ausdauer und ein zähes Festhalten um so nothwen- diger ist. Soll unserem vaterländischen Obstbau der kräftige Vorschub geleistet werden, welcher ihn auf die Stufe der einträglichen landwirthschaftlichen Culturen erhebt, so wird derselbe z. B. etwa in Folgendem zu be- stehen haben: 1) Die Kenntnisse, welche die Obstbaumzucht und der Obstbau er- fordern, müssen mehr Gemeingut werden. — Es genügt nicht, wenn diesen WET der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 263 Culturzweig nur einzelne grosse Grundbesitzer pflegen, hauptsächlich muss auch der kleine ländliche Grundbesitzer, dem die beste Gelegenheit hierzu geboten ist, für denselben gewonnen werden. Es wird dies aber nur zu erreichen sein, durch hierzu geeignete Lehranstalten, durch pomo- logische Gärten — die in erfreulicher Weise ihren Anfang nehmen — in welchen zur geeigneten Zeit öffentliche instructive Vorträge, verbunden mit Demonstrationen, gehalten werden, welche jedem sich für die Sache Interessirenden zugänglich sein sollten, um die leichtest erreichbare Ge- legenheit zur Erlangung der nöthigen Kenntnisse zu bieten, Boden und Klima der betreffenden Oertlichkeiten beurtheilen und die hauptsächlich- sten Handgriffe kennen zu lernen, aber auch, um sich über die zweck- mässigste Verwerthung des Obstes zu unterrichten. 2) Musterpflanzungen sind anzulegen; sie werden dem Obstbau ein bedeutender Hebel sein. Solche zu errichten, dazu ist der grosse Grund- besitzer recht eigentlich berufen; Namhaftes hierin ist aber noch wenig geschehen, und doch sind wir überzeugt und Beispiele beweisen es, wie sehr solche Musterpilanzungen Nachahmung hervorrufen, sie sind es, welche am deutlichsten darlegen, zu welchem höheren Werth der Obst- bau den Besitz von Grund und Boden steigert. 3) Auf diesen höheren Werth ist besonders der kleine ländliche Grundbesitzer hinzuweisen, der den verhältnissmässig grössten Nutzen davon haben wird, damit wird auch das Pflanzen der Obstbäume ein all- gemeineres werden, denn wo sollte sich nicht gerade bei ihm Raum, welcher zum Anbau von Feldfrüchten oder sonstiger Benutzung ungeeignet ist, für die Anpflanzung eines oder mehrerer Obstbäume fin- den? Gewähren diese auch nicht in so kurzer Zeit Erträge als die Feld- früchte, so ist doch zu bedenken, dass die Kosten der Anpflanzung nur einmal aufzubringen sind, dann aber bei verhältnissmässig geringem Auf- wande von Zeit und Mühe, sich eine Einnahmequelle eröffnet, welche auf andere Weise nicht erzielt werden kann, denn mit dem Obstbaum bebauen wir, um mit „Fürth“ zu sprechen, gleichsam die Luft. 4) Neupflanzungen müssen mit besonderem Bedacht darauf vorge- nommen werden, neben den für die Oertlichkeit passenden Obstsorten, nur gesunde, kräftige Bäume zu wählen. Nicht unterlassen können wir, hierbei zu erwähnen, dass sogar an einer einflussreichen Stelle die Ansicht Platz gegriffen hat: bei Neuan- lagen, Ergänzungen der Obstbäume an Strassen u. s. w. nur schlechte, wo möglich recht verkrüppelte und verkommene Bäume zu wählen. Ge- wiss, traurig und beklagenswerth! — Will man vielleicht, indem man solch’ elendes Zeug pflanzt, Ersparnisse machen? natürlich, billiger kauft man solche Waaren ein; man giebt sich sogar der Hoffnung hin, durch derartiges Verfahren dem Baumfrevel vorzubeugen, wofür Erfahrungen 264 Jahres-Bericht deutlich sprechen sollen. Eines Weiteren über solche Ansichten wollen wir uns enthalten, schlimm genug, dass sie bestehen. Um kräftige Bäume heranzuziehen, sind vor allen Dingen kräftige, gesunde und gut bewurzelte Wildlinge nöthig, deren Anzucht unsere ganze Aufmerksamkeit zugewendet werden muss. Neben den Samen unserer wilden Aepfel und Birnen — worunter wir Holzäpfel und Holz- birnen verstehen — liefert zunächst unser ordinaires Wirthschaftsobst die besten und dauerhaftesten Wildlinge. Ist das Land, worauf wir säen, nicht von Natur so beschaffen, dass eine reiche Bewuizelung zu erwarten ist, so muss durch zeitiges piquiren der Pflanzen nachgeholfen werden- Dies gilt hauptsächlich von den Wildlingen der Birnen, obwohl es bei andern, wenn auch nicht eben nothwendig, auch von grossem Vortheil ist. Der Glaube, dass auf schlechtem Boden erzogene Obstbäume in jeden Bodenverhältnissen gedeihen, ist durchaus falsch und schon vielfach sründlich widerlegt worden. Auf schlechtem, an Pflanzennährstoffen armen Boden wird nie eine reiche Bewurzelung zu erzielen sein, es wird somit dem jungen Stämmchen die erste Grundbedingung eines guten Ge- deihens fehlen. Nur guter Bewurzelung folgt ein kräftiges Wachsthum, weshalb mit einer solchen versehene Bäume auch mehr befähigt sind, die in weniger gutem Boden weniger enthaltenen Nährstoffe zu ihrer Fortbildung aufzunehmen, einfach aus dem Grunde, weil mehr Organe vorhanden sind, welche diesen Akt ausführen. 5) Obst-Ausstellungen haben erfahrungsmässig jederzeit günstig auf den Obstbau gewirkt, sie sind deshalb öfter zu veranstalten. — Wenn es auch seine Schwierigkeiten hat, solche Ausstellungen zu arrangiren, — die grösste derselben dürfte wohl immer der Kostenpunkt sein — so sind dieselben dennoch nicht unüberwindlich. Es sollte diesen Aus- stellungen nicht immer der Stempel grosser Schaustellungen aufgeprägt werden, wodurch eben jene Schwierigkeiten entstehen, vielmehr sollten sie, ohne den Charakter einer Ausstellung gänzlich zu entbehren, einfach den Zustand des Obstbaues einer gewissen Gegend oder einer Provinz vorführen. Der Ort der Ausstellung müsste jedesmal gewechselt werden, -um so allerorts anregend und belehrend zu wirken. Vorträge von be- fähigten Personen über Erziehung, das Pflanzen, die Pflege der Obst- bäume, über besonders empfehlenswerthe Sorten, unter Vorzeigung dieser, würden der Sache ungemein dienen. Dass solche Ausstellungen dem Publikum in liberalster Weise zugänglich zu machen sein würden, bedarf wohl kaum der Erwähnung. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 265 Bericht über die Vertheilung von Nutz- und Zierpflanzen-Samen und Obst-Edelreiser im Frühjahr 1868 von dem zeitigen Secretair der Section. In der Sitzung am 12. Februar a. e. wurde dem Secretair behufs Gratis-Vertheilung an Mitglieder, zur Anschaffung von Gemüse- und Blu- men-Samen zum Versuchsanbau und von Obst-Edelreisern aus dem Garten der Section der Betrag von 35 Thlr. bewilligt und demnach von den Herren G. Teicher in Striegau, Krüger u. $. in Lübbenau, E. Be- nary, F. A. Haage jun., Haage und Schmidt und F. Jühlke Nach- folger in Erfurt 50 Sorten Gemüse- und 22 Sorten Blumen-Samen be- zogen. Dieselben wurden vermehrt durch den Secretair, die gewogent- liehen reichen Zuwendungen der resp. Mitglieder: Herren Baier, Borr- mann, Grunert, Kurtz und der oben genannten Firmen, namentlich der Herren Haage und Schmidt durch eine beträchtliche Anzahl werth- voller Novitäten und weniger bekannten Sorten in starken Proben, um 26 Sorten Gemüse- und 80 Sorten Blumensamen, und aus dem Garten der Section, ausser den zur Complettirung des Bedarfs einiger bestellten Sorten, um noch 20 Sorten Gemüse-Samen, so dass in Allem 96 Sorten Gemüsesamen in 1357 Portionen ar 93 Mitglieder und 102 Sorten Blu- mensamen in 1104 Portionen an 84 Mitglieder vertheilt werden konnten. So bedeutend dieses zur Vertheilung gelangte Quantum war, um eine so geringere Ausdehnung musste der Vertheilung von Obst-Edelreisern richtig bestimmter, besonders empfehlenswerthen Sorten aus dem Sections- Garten gegeben werden. Es begründete sich dies in dem sehr starken eigenen Bedarf von dergleichen, aus dem früheren kleinen Pachtgarten der Section, für die zahlreich vorzunehmenden Veredelungen in deren neuem und grossen, in der Anlage begriffenen pomologischen und Obst-Baum- schulgarten. Immerhin wurden aus demselben noch 1000 Stück Edel- reiser in 29 Sorten Aepfeln und 28 Sorten Birnen geliefert, welche mit denen, Seitens des Mitgliedes Herın Seyler geneigt übersendeten 150 Stück Edelreisern einiger jener Sorten an 41 Mitglieder zur Vertheilung gelangten. Die Versendung sowohl der Sämereien als der Edelreiscr erfolgte in der letzten Hälfte des Monat März und wurde diejenige der Ersteren durch den Secretair, diejenige der Letzteren durch den Gärtner der Section bewirkt. Die Kosten dieser beiden Vertheilungen beliefen sich nach der darüber gelegten speeiellen Berecheung auf 37 Thlr. 25 Sgr. 6 Pf. Die geringe Ueberschreitung der dafür bewilligten Summe war durch die wegen der so reichlich empfangenen gütigen Geschenke von Sümereien, sich erhöhten Verpackungsspesen entstanden. 266 Jahres-Bericht Indem wir für diese Spenden den recht verbindlichsten Dank aus- sprechen, wollen wir doch zugleich einmal auf den Vortheil hindeuten, wel- cher ausser demjenigen des Empfanges zuverlässiger Sämereien und Edel- reiser, den resp. Mitgliedern aus diesen Gratis-Sendungen sich ergiebt. Nach einer angestellten Durchschnitts Berechnung würden die geehrten Em- pfänger von Sämereien, hätten sie dieselben käuflich erwerben wollen, dafür sehr reichlich das Doppelte des statutenmässigen Jahresbeitrages, den sie an die Section zahlen, diejenigen von Eaelreisern aber minde- stens den gleichen Werth dieses Beitrages aufzuwenden gehabt; es wird derselbe daher in den meisten dieser Sendungen bei weitem reichlich zurückvergütet. Dieser eben erwähnte gewiss wesentliche Vortheil er- giebt sich zum Theil durch den Ankauf der einzelnen Sorten in grösseren Quantitäten, überwiegend aber durch die wohlwollenden Zuwendungen einzelner Mitglieder, durch die ansehnlichen Lieferungen aus dem Garten der Section, und endlich, durch die zum bei weitem grössten Theile un- entgeltlichen Leistungen bei der, bedeutenden Aufwand von Zeit und Mühe erfordernden Eintheilung und Expedition, Möchte doch dieser Hinweis diejenigen unserer resp. Mitglieder, welchen dergleichen Sendungen wohl erwünscht sind, welche jedoch uns noch nicht mit einem laufenden Extra-Beitrage für die Unterhaltung un- sers Obst-, Baumschul- und resp. Versuchs-Gartens unterstützen veran- lassen, sich hierzu freundlich geneigt zu finden, eben so ihre so sehr erwünschten Culturberichte uns auch nicht vorzuenthalten und unserer Section auch mehr und mehr Mitglieder zuzuführen. Cultur-Ergebnisse einiger an die Mitglieder der Section vertheilten Gemüse-Samen von J. Jettinger, Gärtner der Section. Es ist nicht zu vermeiden, Öulturberichten über Erzeugnisse des Fel- des oder des Gartens auch einige Worte über die auf dieselben einge- wirkten meteorologischen Verhältnisse vorauszuschicken. — Was sollen wir in dieser Beziehung von dem Jahre 1868 sagen? -—- Geklagt über das Fehlschlagen des einen oder des andern Productes wird mit mehr oder weniger Recht alle Jahre; für dieses Jahr und in dieser Beziehung ist aber die fast allgemeine Klage eine vollberechtigte, denn wir sind, wie man sagt, verbrannt. Von Ende April bis in die erste Hälfte des Monats August, mit Ausnahme eines einzigen Gewitterregens in den ersten Junitagen, kein Tropfen erquickenden Regens, — wenigstens auf meilen- weite Entfernung von Breslau, und in andern Gegenden Schlesiens kaum der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 367 anders — ist für den Gemüsezüchter doch zu hart, wenn nicht gar ent- muthigend. Wäre es noch bei diesem einen Uebel der Trockenheit geblieben, so hätte noch Manches gerettet werden können, aber mit diesem zugleich traten Mehlthau und Raupenfrass in nicht zu bewältigender Menge und Dauer auf. Die Kohlfelder wurden von diesen beiden Uebeln auf das ärgste heimgesucht. Ganze Schwärme von Kohlweisslingen kamen an- gezogen und setzten ihre gefrässige Brut ınassenhaft auf den Kohlpflanzen ab, so dass jeder Verlilgungskrieg fruchtlos blieb. Ueber eine eigenthümliche Erscheinung bei den Kohlgewächsen wird uns durch Herrn Kunstgärtner Pfeiffer in Zölling in Folgendem be- richtet. „Gleichzeitig mit Schmetterlingseiern waren die Kohlgewächse mit Mehlthau überzogen. Es zeigte sich trotzdem aber nur sehr selten eine Raupe und ich fand bei näherer Untersuchung, dass sämmtliche Eier auf den Kohlarten schwarz waren und wie verkohlt aussahen.‘ Derselbe fragt nun: war hier die ungewöhnliche Hitze, oder war es der Mehlthau, der die Eier verdarb? Auch uns ist diese Erscheinung neu und eine Be- dingung dafür unbekannt. Um so interessanter wäre es daher, zu er- fahren, ob dieser Fall auch anderwärts und auch in früheren Jahren beobachtet wurde, und wenn die Wissenschaft über die Ursache desselben Auskunft geben möchte. Wir sind der Ansicht, dass der Mehlthau die Eier tödtete. | Aus den uns gütig übersendeten Culturberichten, welche freilich im Verhältniss zu der Anzahl der im Frühjahr mit Sämereien gratis betheil- ten resp. Mitglieder uns noch spärlich genug zukamen und nach unsern eigenen, in dem Garten der Section gemachten Wahrnehmungen wollen wir nun das uns am beachtenswerthesten Erschienene hier mittheilen. A. Blumenkohl. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass der Blumenkohl am meisten durch die anhaltende Dürre zu leiden hatte, denn er bedarf zu seinem Gedeihen einen höhern Grad von Feuchtigkeit. Zum Anbau kamen: 1) Lenormand, 2) asiatischer später, 3) von Alßgier, 4) Berliner Treib-. Die beiden letzten Sorten gaben bei frühem An- bau noch lohnenden Ertrag; die Ersteren hingegen, von denen wir bedeu- tende Quantitäten angebaut hatten, gingen durch. B. Kopfkohl. Im Garten der Section wurden ca. 1'/; Morgen be- baut mit: 1) Ulmer Centner, von einem Referenten als vorzüglich bezeichnet, 2) Braunschweiger, 3) Riesen- von Saratow, 4) Schweinfurter, 5) Er- furter blutrother, 6) Holländischer früher schwarzrother. Letztere vier Sorten gaben den Verhältnissen angemessen befriedigende Resultate. Ausser diesen liegen uns Berichte vor über: 7) Weseler weisser grosser, derselbe wurde in lehmigem Boden in freiem Felde gebaut und erlangten die Köpfe, trotz der grossen Trockenheit dennoch in einem 268 Jahres-Bericht durchschnittliehen Durchmesser von 10 Zoll zeitig ihre Vollkommenheit. 8) Colominskischer Riesen-. Die Berichte sprechen sich über das Gedeihen dieser Sorte nicht bestimmt aus, was in der abnormen Witte- rung zu suchen sein wird; früher wurde dieselbe mit gutem Erfolge an- gebaut. C. Wirsing und D. Erdkohlrabi unterlagen allermeist dem Einfluss der Witterung, weshalb sich maassgebende Urtheile nicht aufstellen lassen. E. Sprossenkohl, Perkin’s verbesserter Zwerg. Welchen Vor- theil eine Zwergsorte von Sprossenkohl bieten könnte, ist uns nicht ein- leuchtend. Bringt eine solche doch bei dem gleichen Anspruch auf Flächenraum bedeutend weniger Rosen, als unsere älteren, höher wer- denden Sorten. Etwas früher scheint diese Zwergsorte zu sein, aber auch hierin liegt kein wesentlicher Vortheil, weil der Sprossenkohl eine Delicatesse für den Winter ist, und nicht einmal fein schmeckt, bevor er einen leichten Frost bekommen hat. F. Gurken. 1) Immertragende Treib- und Land-. Ausser dass sie zu stark in Ranken geht, was an frischem Samen liegen mag, ist ihr Gedeihen gut. Die Früchte varlirten in Weiss und Grün. 2) Spanische srosse weisse und 3) Walzen von Athen, sind beide, nach den erhalte- nen Berichten empfehlenswerthe Sorten. G. Melonen. Zucker- von Tours. Brachte bis 8'/, Pfund schwere Früchte von vortrefflichem Geschmack. Andere Sorten lassen keine all- gemeine Beurtheilung zu, weil die Berichte darüber zu Einzelne sind. H. Zwiebeln. James Dauer- und Ochsenhorn; beides, wie schon in früheren Berichten erwähnt, gute Sorten. Englische weisse kugelförmige gedieh gut, soll aber wenig haltbar sein. I. Winter-Hollauch. Ist uns unter der Benennung ‚„‚Ewige Zwiebel“ bekannt, und dürfte diese Bezeichnung daher entnommen sein, dass diese Zwiebeln ausdauernd sind. Bei Beginn des Frühjahrs liefern sie schon lange vor dem Schnittlauch das erste für die Küche verwendbare Grün. Die sogenannten Röhrchen werden abgeschnitten und bald wachsen wie- der neue nach. K. Porree. Da derselbe bei uns gewöhnlich nur als Suppenwürze benutzt wird, und überall so zu sagen locale Formen zeigt, so haben neuere Öorten keinen eigentlichen Werth. Nebenbei sei bemerkt, dass Porrde mit Milch zubereitet, auch ein angenehmes, gesundes Gemüse für den Winter bietet. L. Kopfsalat, Bossin’s Riesen-, verwerfen alle uns darüber zugekom- menen Berichte; die Pflanzen nehmen einen sehr bedeutenden Raum in Anspruch und bilden flatterige, wenig geschlossene Köpfe mit zähem Blattwerk von bitterem Geschmack. Wheeler's Tom Thumb wird hin- gegen allseitig das beste Lob zugesprochen; die Köpfe sind sehr klein, 2 f h T 5 , der Schles. Gesellsch. £f, vaterl. Cultur. 2659 aber sehr fest, halten lange aus und sind von gutem Geschmack, auch eignet sich diese Sorte ganz vorzüglich zum Treiben. Unter den Bohnen haben wir auch über einige neue, oder doch neu eingeführte Sorten zu berichten. Bei der so grossen Menge von Bohnen- sorten, welehe wir besitzen — und unter diesen befindet sich recht Gutes —., ist es gewiss bemerkenswerth wieder noch Besseres produeirt zu finden; allein die Intelligenz unserer Züchter einerseits, so wie andererseits der Zufall stehen auch hier nicht still, und jährlich finden wir in den Ver- zeichnissen der Handelsgärtner neue Sorten, unter denen auch wohl recht Gutes, für die meisten Verhältnisse Brauchbares ist. M. Buschbohnen. 1) Schwaneckes Zucker-Brech- ist eine vortreffliche Sorte zum Grünverbrauch, die Schoten sind dick, fast rund, sehr zartfleischig und entfasern sich leicht; sie ist frühzeitig und reichtragend. 2) von Aix; eine der zartesten und feinsten Bohnen, welche aber nur in ganz gutem Gartenlande und in warmer Lage zur Geltung kommen wird. Die Schoten sind biassgelb, bleiben klein und zerfahren beim Kochen fast ganz. Diese Sorte hat die Unart, zuweilen Ranken zu ma- chen, wie dies überhaupt an französischen Buschbohnen-Sorten z. B. d’Abondance, von Villateneuse etc. etc. von uns beobachtet wurde. 3) Gelbe aus Schottland. Eine in jeder Beziehung empfehlens- werthe Sorte. 4) Frühe Salat-. Wenn reicher tragend, was auf gutem Boden zwei- fellos ist, eine vortreffliche Sorte, deren weisse Körner sehr gut kochen. 5) Schweitzer Zucker-Brech-. Weisses Korn; reichtragender als die vorhergehende Sorte und eben so gut. 6) Weisse von Portugal. Sehr reichtragend, besonders als Trocken- bohne zu empfehlen. 7) Taurische Eier-. Zeichnet sich durch sehr reichen Ertrag in jeder Lage aus und ist als Trockenbohne vorzüglich. 8) Wichum von Japan. Als Schnittbohne der lange grünbleibenden Schoten wegen des Anbaues werth. 9) Aus St. Domingo. Wird ohne weitere Bemerkung von zuverläs- siger Seite als gute Schnittbohne empfohlen, während sie von Andern eben so verworfen wird. 10) Frühe, weisse Perl-. Besonders als feine Trockenbohne em- pfehlenswerth. 11) Potsdamer Treib-. Bewährte als frühe Sorte ihren alten guten Ruf. 12) Ganz kleine, feine weisse Zucker-Perl-. Der enorme Ertrag, welchen diese feine Bohne liefert, und der gute Preis, welcher dafür im trockenen Zustande bezahlt wird, veranlassten uns, ca. 72 Q.-R. damit zu belegen. Nach Berechnung von Aussaat und Ernte im Jahre 1867 mussten 270 Jahres-Bericht wir von diesem Flächenraume auf eine Körnerernte von mindestens 6 bis 7 Scheffel rechnen. Die Aussaat geschah am 12. Mai. Freilich lagen die Körner 22 Tage ehe sie das trockene Erdreich durchbrechen konnten, doch förderte ein Regen im Anfang des Juni das Wachsthum ungemein. Die Pflanzen konnten bald behäufelt werden und blühten zur gehörigen Zeit. Es sollten jedoch unsere Erwartungen nicht in Erfüllung gehen; trotz der überreichen Blüthen kam nicht eine Schote zum Ansatz, die Blüthen verbrannten förmlich und fielen ab; ein Beweiss, wie gross die Trockenheit war. N. Stangenbohnen. 1) Neue blauschotige Speek-. Gleichviel ob diese Sorte neu, oder schon länger in Deutschland heimisch ist, wir müssen es Dank wissen, dass sie der allgemeinen Verbreitung nicht länger entzogen blieb. Der Wuchs ist kräftig, der Schotenansatz reichlich. Die blauen Schoten sehen sehr hübsch aus, bei allmäliger Abnahme der Temperatur wird ihre Fär- bung jedoch weniger schön; sie sind voll Mark, entfasern sich leicht und kochen sehr gut, wobei sie die blaue Farbe ganz verlieren. Diese Sorte verdient alle Empfehlung; das Vorurtheil gegen ihre blaue Farbe wird jedoch erst zu überwinden sein, bevor sie sich auf dem Gemüsemarkte einbürgert; wir erinnern daran, wie schwer es wenigstens auf dem hie- sigen Markte ist, den doch gewiss sehr guten Forell-Salat an Jedermann abzusetzen. 2) Speck von Tours. Die Schoten sind sehr feinschmeckend, aber der Ertrag ist weder gross noch andauernd. 3) Römische Schwerdt-. Zwar eine alte Sorte mit weissem Korn, verdient aber Empfehlung. Der Ertrag ist ausserordentlich und die lan- gen breiten Schoten vortrefflich. 4) Riesen-Butter- aus Japan. Die diesjährigen Berichte über diese Bohne stimmen mit den früheren überein. Ziemlich reichtragend, gegen Nässe empfindlich, Geschmack vorzüglich. 5) Cook aus Amerika. Sehr reichtragend, aber als Schnittbohne ohne Werth, weil die rothpanachirten Schoten zu klein sind und bald ‚hart werden. Nur der Sortensammler könnte sie ihrer runden, schön rothbunten Körner wegen aufnehmen. 6) Neue arabische Riesen-. Mit andern Referenten können wir in ihr nichts anderes erkennen, als unsere gewöhnliche, alte Feuerbohne, hier „Türkenbund“ genannt, nur mit dem Unterschiede, dass bei dieser die Blumen massenhafter erscheinen. Für die Küche ist sie entschieden ohne jeden Werth, und wäre nur etwa zur Bekleidung von Lauben, Ge- ländern ete. verwendbar. 0. Erbsen. 1) Zucker-Erbse, spanische Capuziner-. Von uns auf sehr magerem, von einem Berichterstatter auf lehmigem, nicht gedüngtem, mit Eisen- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 2371 theilen gemischtem Boden erbaut, liess diese Sorte in keiner Beziehung etwas zu wünschen übrig. Der vorjährige Misserfolg bei einem resp. Mitgliede lag daher, wie wir damals schon aussprachen, sicher nur in lokalen Verhältnissen. 2) Engl. weisskörnige Riesen-. Wird ziemlich hoch, trägt reichlich und geben die jungen Schoten, wenn sie, wie dies überhaupt mit Zucker- schoten in vielen Gegenden geschieht, mit der Schale zubereitet werden, ein gutes Gemüse. Die trockenen Samen kommen im Geschmack denen anderer guter Sorten gleich. Den geehrten Mitgliedern, welche uns ihre Culturberichte einsendeten, sagen wir zum Schlusse unsers Referates noch den wärmsten Dank für die damit gewährte bereitwillige Unterstützung, bitten aber zugleich, dass auch andere resp. Empfänger unserer Gratis-Sendungen uns künftig ihre Berichte im allgemeinen Interesse nicht vorenthalten wollen. Hoffentlich wird der Sommer 1869 ein der Gemüsecultur günstigerer sein, und des- halb um so mehr Veranlassung zu gefälligen Berichterstattungen geben. Statistische Notizen von dem zeitisen Secretair der Section. Primo Januar 1868 zählte die Section für Obst- und Gartenbau Mitglieder: Hiesige. Auswärtige. Summa, 114 242 356 ImrJahre 1868 traten zu. .... ....% 7 14 21 na OL anmpantt Daran und schieden durch Ableben und Verziehen aus 10 6 16 so dass Primo Januar 1869 verblieben . . 111 250. Sch, von denen als wirkliche Mitglieder der Schle- sischen Gesellschaft beitragsfrei sind 35 10 45 zur Unterhaltung des pomologischen- und resp. Obst-, Baumschul- und Versuchsgarten aber gütige Extrabeiträge zahlen. . 30 105 135 An dem für die hiesigen Sectionsmitglieder bestehenden und durch den Secretair geleiteten Lesezirkel waren im Jahre 1568 betheiligt 65 Mitglieder und befanden sich in demselben im Umlauf: 12 zum Theil mit Abhildungen versehene deutsche und auslän- dische Garten-Zeitschriften; 7 Berichte von Gesellschaften, welche mit der Seetion in Schrif- tenaustausch stehen und 972 Jahres-Bericht 10 in neuester Zeit erschienene, über verschiedene Fächer der Gärtnerei und Obst-Cultur handelnde Bücher und Brochüren. Von Letzteren haben wir 3 dem Direetor und 1 dem Inspector der Gärtner-Lehranstalt zu Coethen, den Heiren Goeschke und Schroeter als freundliche Gaben zu verdanken, und 3 derselben widmete der Referent. Ausser der Fortsetzung eines beschreibenden pomologischen Kupfer- werkes, wurden der Bibliothek der Schlesisehen Gesellschaft für vater- ländische Cultur, Abtheilung für Obst- und Gartencultur, aus welcher nach einem besonderen Reglement die Bücher zu weiterer Benutzung stehen, die in dem Lesezirkel in Umlauf gewesenen hier näher bezeichneten Schriften übergeben: Bericht über die Thätigkeit der schwäbisch-baierischen Gaitenbau-Gesell- schaft in Augsburg, 1. Jahrgang 1866. Gartenbau-Verein in Cöthen, 2. Jahresbericht 1866. Garten- und Blumenzeitung, Hamburger, herausgegeben von Ed. Otto. 22. Jahrgang. Hamburg 1866. Garten-Flora. Monatsschrift für deutsche, schweizerische und russische Garten- und Blumenkunde. Herausgegeben und revidirt von Dr. Ed. Regel. 15 Jahrgang. Erlangen 1866. Garten-Zeitung, Deutsche. Herausgegeben von Th. Rümpler in Erfurt. 4. Jahrgang. 1866. — lIllustrirte. Eine monatliche Zeitschrift für Gartenbau und Blumen- zucht. Herausgegeben von der Gartenbau-Gesellschaft Flora in Stuttgart. Red. von Alb. Curtin. 10. Jahrgang. Stuttgart 1866. Jacobi, B., Das Schlesische Weinland, oder der Wein- und Obstbau im Kreise Grünberg und dessen schlesischer Nachbarschaft. Breslau 1866. Jäger, H., Der Hausgarten. Ideen und Anleitung zur Errichtung, Aus- stattung unb Erhaltung geschmackvoller Haus- und Vorstadtgärten, sowohl für den Luxus als zur Nutzung. Für Gärtenbesitzer, Gärtner, Architeeten und Bauunternehmer. Weimar 1867. — Der immerblühende Garten. Anleitung zur Ausschmückung und Er- haltung von Blumengärten und Beeten jeder Art, so wie zur Cultur und Verwendung der schönsten Land- und Topf-Gartenblumen in jeder Jahreszeit. Leipzig 1867. Illustration horticole, l', Journal special des Serres et des Jardins ete. Red. par Ch. Lemaire et publiE par Ambr. Verschaffelt. Vol. 13. Gand 1866, Lucas, Ed., Dr., Die Lehre vom Baumschnitt. Für die deutschen Gärten bearbeitet. Ravensburg 1867. Magazin, Deutsches, für Garten- und Blumenkunde. Zeitschrift für Gar- ten- und Blumenfreunde und Gärtner. Herausgegeben und redigirt von W. Neubert. 19. Jahrgang. Stuttgart 1866. 4 2 nur, L | der Schles. Gesellschaft f. vaterl, Cultur. 373 Monatsblatt für Gartenbau in den Herzogthümern Schleswig und Holstein. Jahrgang 1866. Kiel. Monatshefte, Illustrirte, für Obst- und Weinbau. Organ des deutschen Pomologen-Vereins. Red. von Oberdieck, Fehleisen und Lucas. 2. Jahrgang. Ravensburg 1366. Protokoll-Auszüge und Verhandlungen der Gartenbau-Gesellschaft Flora zu Frankfurt a M. 16. bis 18. Jahrgang. Frankfurt a. M. 1865 und 1866. Rümpler, Th., Blüthen und Fruchtzweige des Erfurter Gartenbau-Vereins. Verhandlungen desselben vom Herbst 1861 bis Sommer 1865 in aus- zugsweiser gedrängter Darstellung und Bericht über die allgemeine deutsche Ausstellung von Gemüsen und landwirthschaftlichen Pro- dueiten, Obst, Pflanzen, Blumen ete. vom 9. bis 17. September 1865, so wie über den gleichzeitig abgehaltenen Congress deutscher Gärt- ner, Botaniker und Gartenfreunde. Mit einem Plane der Ausstellung. Erfurt 1866. Satzungen des Gartenbau-Vereins für das Grossherzogthum Baden. Schroeter, Ludwig, Gartenbilder. Ideen zu leicht ausführbarer Verschö- nerung der Hausgärten, Gewächshäuser und Zimmer. Zerbst 1867. Statut des hannoverschen Pomologen-Vereins. Salzgitter 1867. — des königl. pomologischen Instituts zu Proskau. Berlin 1868. — der Wein- und Gartenbau-Gesellschaft in Peterwardein. Neusatz 1868. Wörmann, R. W. A., Garten-Ingenteur. 7. Abtheilung: Das Wasser und seine Verwendung in der Gärtnerei. Eine vollständige Anlei- tung zur Ent- und Bewässerung; zur Anlage der Eiskeller, Teiche, Springbrunnen, Brücken, Fähren, Bade-, Enten- und Schwanenhäuser, Fischbehälter und Fischkästen. Nach eigenen Erfahrungen und Ent- würfen. Berlin 1865/66. Das Obst-Cabinet von H. Arnoldi in Gotha in seiner 30. Lieferung aus Porzellan- Compositionsmasse naturgetreu nachgebildeter Obstfrüchte verschiedener Art. Herausgegeben unter Controle des Thüringischen Gartenbau-Vereins zu Gotha. Aus dem Obst-Baumschulgarten der Section wurden im Jahre 1868 verkauft: 10,900 Stück Obst-Wildlinge, 806 Stück Obst-Edelstämmchen, 1111 Stück Beerenobst-Pflanzen und 49 Stück Weinstöcke. Am Schlusse desselben Jahres verblieb ein Bestand von 22,500 Stück Obst-Wildlingen, 8600 Stück Obst-Edelstämmehen, 3500 Stück Beerenobst-Pflanzen und 240 Stück Weinstöcken, welche nach einer äusserst mässigen Schätzung einen Werth von 1700 Thlr. haben. 18 ine al ar Ba ea | = Bi v = BE? fr u b sr WEITE LEBTEN ET ul Sega Rn Bass Be | ah ori = BET 33% ei e taste; ui er Ind 2 % N. ersine i j vr Ba anloH hau Blereslılad fer a Si 2:0 öl Ba et a d le an a al in : ER we Be en Shen h a “. ka RN WORK ist TE sale tan ur en ER M) h Ku OR TER BDHRREER ET a + Slalheke er” ARE h Ph W EIER is: rl ei ersllskank del [277 = je RN] Km ns ne Alenbh: Ei Bez an NEE) Kr Bi N AN ana zB a a untl FOR ER Er ' ; \ Ri BENSET il | 3 { „ra kl H an IB“ N le 18: . A ix 5 aber ge a Bu x fr 2 X nt Fe w b ia 3 DI RAN ae EN u gr a Da AD I re aan) 3 don. ER. she In Br E BEN a N ze R N a ER ;2 vers 1 N, N “ iR kai. A: Y Are: MENT a SR ‚Mi fr 2 le vn. 23 ‚hi ih ae | us Me) Ü alten uni nr 4 bir EG aaa, ‚eith: PER Do: Iiw anlosstunitelahlh add Joinkl: A) Prey use). EHER. PIE Ki: # Ha R Bi he stad(h; 41 il AacA N; I; krei, jasaahst: ea, inf: ae noce vuushinko®, ungigeiin Varia NER: £ ’ PR v ar \ E Yo Dr DEREN KOM f ER) | Ren V1U. IB erice-ht über die Thätiekeit der meteorologischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1868, abgestattet von Dr. J. G. Galle, zeitisem Secretair der Section. Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der königl. Universitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre 1868.) Höhe des Barometers 453,62 Pariser Fuss über dem Ostseespiegel bei Swinemünde. I. Barometerstand, ll. Temperatur 4868. redueirt auf 0° Röaumur, der Luft in Graden nach in Pariser Linien. Reaumur. & o e ® 2 17 %) ; ä t7 3) Monat. =] 2 = aD 5 = © = =D Ö Suhl < Sulag = S| 8 2| 3 2 Ss : S - B= SE RE Ne - Sr 1= | Dale 9 Bo- E | i eamarı 10 [335,76 | 20 |321”,55 |331%,76 | 19 |+ 797 | 1|— 1404 |— 1972 Februar ....|17 | 33642| ı| 325,17| 33211 [26 + 82|10|— 34|+ 2345 Märzer . 13 | 337.79 | 8| 323,20| 33140] 1 |+ 109|.4|- 40|+ 29 Ana 3! 33745| 9| 324,13| 330,691 23 |+ 202| 3I— 241+ 6,41 Mail. a, 14 | 336.20|22 | 329,86] 333,01 125 |+ 23,9| 7|+ 3,7 |-+ 13,52 Ani. 4... 20 | 335.79| 3| 330,35| 333,095 24 |+ 26,1129j+ 86|+ 14,84 a. 25 | 335,84|29| 328,29) 332,00 [23 |+ 26,8] 6|+ 9,5 |-+ 15,58 August ..... 27| 33491123 | 328,27| 331,84 | 11 )+ 26,0|27|+ 9,014 16,13 September..]| 6 | 336.07 |23| 327,10) 331,59 | 11 |+ 20,9 | 18 |+ 5,8 |+ 13,11 October ....1 6| 33534125 | 325,51! 331,951 2)-+ 20,61 10\+ 1,4|+ 7,94 November ..|21 | 337.40 | 9| 325,08| 331,731 2|+ 11,6 |21!- 63|+ 1,78 December ..]10 | 339,20 | 24 | 322,72| 330,14$ 7|+ 11,0]10|— 84|+ 2,79 Ba. | |339°,20] 1321,55 |3314,77 | + 2608 | 1494 [+ 8301 . . < Fr 79 *) Zusammengestellt, wie in den vorhergehenden Jahres-Berichten seit 1857 von Herrn Dr. Günther. 18* 276 Jahres-Bericht III. Feuchtig- | IV. Woilkenbildung 1868. keit und der Luft. Niederschläge. N 3 Se als ea de Monat. 3 = = u 5 s|3 sen EA | ah e > 8 a A. r Tage. Ds Januar. ee | 1754085 | 0 | 70 24 | 13,83 Kebruar u... 2,00 0,79 0:19,14 17,42 Mänzhiu ee iu 2.03 10,78 le ll 118, 112 17,25 IND 2,54 | 0,72 1 8 | 21 31,25 Mäi u... 3.67 | 057 | ı6 | 12 | 3 6,92 Juni an. aa 4,35 0,63 4 11 971710 34,50 A de 4166 | 064 | ı0o | 13 | 8 17,67 Ausutna. As) 04 | so u 39,25 September........ 4,08 0,68 Zi EZ: 6 11,87 Oeiobr a N 309° 0 077 1 1 19 0 18,00 November ........ 2,07 0,85 2 8 | 20 28,75 December ........ 220.,.084 1 41 9, 18 21,75 Tale een | 3,09 | 073 | sı | 147 | 158 | 258,46 Minimum der Dunstsättigung 25 pCt. Juli19. Minimum des Dunstdruckes 0’‘,41 Januar 1. Maximum 7'‘41 August 10. V. Herrschende Winde. Januar. Am öftesten wurden südliche und östliche Winde beobachtet, auch West kam oft vor, am seltensten Nordwest, Nord, Nordost. Februar. West den ganzen Monat hindurch vorherrschend. Daneben Südwest, Nordwest, Südost und Süd, die anderen Richtungen bei- nahe gar nicht. März. Südliche Richtungen kamen am häufigsten vor, Ost, West, Nord- west, so wie Nord wurde auch oft, Nordost aber äusserst selten beobachtet. April. West mit den Nebenrichtungen Südwest und Nordwest vorherr- | schend, Süd und Südost häufig beobachtet, die anderen Rich- tungen selten. Mai. Südost und Ost ward am häufigsten, West, Nordwest, Südwest und Nordost ziemlich oft, dagegen reiner Nord- und Südwind selten beobachtet. Juni. Den ganzen Monat hindurch Nord mit den Nebenrichtungen NO., NW. vorherrschend, Ost und Südost ziemlich häufig, andere Richtungen fast gar nicht beobachtet. Juli. Am zahlreichsten Ost-, Nord- und Nordwestwind, Nordost, Südost, West kamen ziemlich oft, Süd und Südwest dagegen nur sehr selten vor. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 377 August. Öst- und Südost-Winde blieben vorherrschend. Demnächst ward West häufig, die übrigen Richtungen sämmtlich, jedoch weniger oft beobachtet. September. Bei schwach vorherrschenden Ost- und Westwinden kamen auch die übrigen Richtungen, wenn auch in geringerer Anzahl im Laufe des Monats vor. October. Bei stets wechselnder Windesrichtung waren im Laufe des” Monats alle Winde mit alleiniger Ausnahme von Nordost ziem lich gleichmässig vorgekommen. November. Beinahe den ganzen Monat westliche Winde vorherrschend. Gegen Ende dagegen reiner Ostwind. December. Süd mit den Nebenrichtungen Südwest und Südost fast den ganzen Monat wehend; Ost und West ziemlich oft, die an- deren Richtungen gar nicht. VI Witterungs-Charakter. Januar. Trüber Himmel mit häufigen, aber meist unbedeutenden Nieder- schlägen, Reif und Nebel selten, normaler Luftdruck und Luft- wärme, beide sehr bedeutenden Schwankungen ausgesetzt, ge- ringer Dunstdruck, hohe Dunstsättigung. Februar. Im Allgemeinen wie der Januar bewölkt, viele mässige Nie- derschläge von Regen, Schnee und Reif, selten Nebel, ein Ge- witter, mittlerer ziemlich lebhaft schwankender Luftdruck, unge- wöhnlich hobe "Temperatur, normaler Dunstdruck, hohe Dunst- sättigung. | März. Bei meist bewölktem Himmel oft Regen, Schnee und Reif, wenig Nebel, mittlerer stark schwankender Luftdruck, ziemlich hohe Temperatur, normaler Dunstdruck und etwas verminderte Dunst- sättigung. April. Selten wolkenfreier Himmel, viele Regentage, ein Mal Schnee, 2 Mal Nebel, 3 Mal Reif, gegen Ende 3 Gewittertage, ziemlich niedriger, oft schwankender Luftdruck; bis zum 20. normale, wenn auch stark veränderliche Temperatur, dann höher; normaler Dunstdruck, sehr verringerte Dunstsättigung. Mai. Sehr heiter und trocken, nur gegen Ende ein paar unbedeutende Regen, mehrmals Gewitter und Wetterleuchten, mittlerer wenig schwankender Luftdruck, mit Ausnahme der ersten Woche recht hohe Temperatur, stetig wachsender Dunstdruck, geringe Dunst- sättigung. Juni. Heiter, trocken und zuweilen sehr warm, am Anfange ein paar Gewitter mit Sturm und Regen, ziemlich hoher wenig schwan- kender Luftdruck, oft veränderliche, im Allgemeinen jedoch nor- male Temperatur, mässiger Dunstdruck und Dunstsättigung. 378 Jahres-Bericht Juli. Anfangs regnicht, kühl, dann anhaltend heiteres, trockenes, sehr günstiges Erntewetter, mehrere Nebel, ein paar Gewitter (am 14. in Rosenthal einschlagend), normaler Luftdruck (erst niedrig, dann hoch), sommerliche Temperatur mit heissen Tagen, mittlerer Dunstdruck und Dunstsättigung. | August. Bei vorherrschend heiterem Himmel mehrere Regen-, einige Gewitter- und Nebel-Tage, ein Hagelfall, mittlerer, wenig schwan- kender Luftdruck, vom 7. bis 20. tropische Hitze, dann plötzliche und sehr merkliche Abkühlung der Atmosphäre, hoher Dunst- druck, geringe Dunstsättigung. September. Auch hier noch fortdauernd heiteres und trockenes Wetter, Regen und Gewitter selten. Nebel fehlte ganz. Erst hoher, dann niedriger Luftdruck, angemessene, wiewohl etwas schwankende Temperatur, normaler Dunstdruck und ein wenig erhöhte Dunst- sättigung. October. Bei meist bewölktem Himmel die erste Hälfte sehr trocken, dann hinlänglicher Regen, mehrere Nebel und Reife, mittlerer, stärker schwankender Luftdruck, ziemlich hohe, bedeutenden Öscillationen ausgesetzte Temperatur, normaler Dunstdruck, hohe Dunstsättigung. November. Mit Ausnahme weniger Tage im letzten Drittheil des Mo- nats trübe mit häufigen Niederschlägen von Regen, Schnee, Nebel und Reif, ein Mal Wetterleuchten, mittlerer erheblich schwankender Luftdruck, die ersten Tage warm, dann normale herbstliche Temperatur (13. erster Schnee, 14. erster Frost), ver- minderter Dunstdruck, hohe Dunstsättigung. December. Fast immer trübe mit öfteren Regenfällen, mehreren Nebel- und Reifbildungen, wenig Schnee, ein Gewitter, am 7. und 11. Orkane, kaum mittlerer stark schwankender Barometerstand, un- gewöhnlich hohe Temperatur mit starken Oseillationen, normal hoher Dunstdruck und hohe Dunstsättigung. In einer Sitzung am 4. März hielt der zeitige Secretair der Section Prof. Dr. Galle einen Vortrag über die Bahn des am 30. Januar 1868 beobachteten und bei Pultusk im Königreiche Polen als Steinregen niedergefallenen Meteors durch die Atmosphäre, welcher bereits in den naturwissenschaftlichen Abhandlungen des Jahres 1867 veröffentlicht ist. Dre ..k..20.0,1,0,2 der im Jahre 1868 verstorbenen Mitglieder der „Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur“, (Vorgetragen am 30. December 1868.) Durch den Herrn Präses der Gesellschaft ist mir der ehrenvolle Auf- {rag geworden, für die Jahres-Schlussversammlung ein Nekrologium der im Jahreslauf verstorbenen Mitglieder zu entwerfen. Nicht darum kann es sich hierbei handeln, einen breiten Strom von Details und Zahlen fliessen zu lassen, sondern allein um den allerdings schwachen und auf Kürze angewiesenen Versuch, die Bedeutung des Lebens der dahingegan- genen Männer und die Stellung ihres Wirkens in der sie enger oder weiter umgebenden Welt mit flüchtigem Stifte anzudeuten. Der Tod ist freigebig gewesen mit seinem Ritterschlage. Achtzehn schlesische Namen sind zu nennen. Sie gruppirend, finden wir unter ihnen zwei höhere Beamte der Justiz und der Verwaltung: v. Möller und Rau; zwei Männer des geistlichen Amtes: Sauer und Schenk; zwei, welche als Männer des praktischen Lebens zur Wissenschaft hin- überleiten: die Buchhändler Trewendt und Kern; ihnen reihen wir die an, die auf unvermitteltem Wege das Wissen zu verbreiten berufen sind, die Lehrer: Geppert, Wissowa, Wimmer und, ein Lehrer auch auf dem Gebiete der Tonkunst, Siegert. Mit den letzten beiden Namen stehen wir bereits auf dem Boden der reinen Wissenschaft, und zwar der Naturforschung, wo uns weiter begegnen Beinert, Bartsch und, nach seiner Seite als rechnender Astronom, Hugo v. Rothkireh. Die Wissenschaft schöpferisch für den Dienst des Lebens im eminenten Sinne repräsentirt uns Middeldorpf. Dem schliessen die praktischen Aerzte Ehrlich, Hedrich, Nagel und Schmieder sich an. 280 Jahres-Bericht Ein Gefolge würdiger und zum Theil höchst ausgeprägter Persön- lichkeiten! so dass es mir, der nur zu den wenigsten derselben in nähe- rem Berühren stand, nicht bloss schwer, sondern unausführbar ist, die oben angedeutete Aufgabe zu lösen, d. h. mit kurzen Worten die Essenz ihres Lebens herauszuschälen. Zusätze und Berichtigungen, wo sie nöthig, werden mir willkommene Gabe sein. Auch der Zeit nach voran ging den übrigen Genannten der Appella- tions-Gerichts-Präsident Dr. jur. Gottfried Gustav v. Möller. Er starb am 27. Februar früh 2 Uhr, Allen unerwartet. Noch am Abende vorher hatte die juristische Section ihn rüstig und regsam in ihrer Mitte gesehn. Der Geburt nach gehörte er nicht Schlesien, sondern Pommern an; aber es bedurfte bei seiner liebenswürdigen und wohlwollenden Persönlichkeit nicht der 11 Jahre, während deren ihm hier zu amtiren beschieden war, um ihn völlig in Breslau einzubürgern. Der Gesellschaft war er 1857 kurz nach Beginn seines Hierseins beigetreten, mit grosser Regelmässig- keit zumal an den Sitzungen seiner Section theilnehmend, doch auch an anderen, wie er denn Interesse an mannigfachen Gebieten des Wissens u. a. auch an der Numismatik nahm. Geboren war er zu Greifswald am 23. Juni 1803. Dort und in Göttingen hat er studirt. Bevor er die Staffel des Präsidiums erstieg, war er zu zweien Malen im Justizministerium beschäftiget: ein Mal als Hülfsarbeiter, später als Geh. Justiz- und Ministerial-Rath. Seine Vor- stufen absolvirte er beim Kammergericht. Appellations-Gerichts-Vice- Präses war er 6 Jahre zu Stettin, 7 Jahre zu Cöslin. Nachdem er so das Rechtsleben Alt-Preussens von verschiedenen Seiten und Stellen ken- nen gelernt, kam er 1857 nach Breslau als erster Präsident, um noch in voller Manneskraft die Früchte einer reichen Thätigkeit bei dem obersten Gerichtshofe unseres Regierungs-Bezirks zu verwerthen. Erst seit 1864 gehörte Gustav Adolph Rau der Gesellschaft an. Geboren den 25. Februar 1809 zu Landsberg a. W., Sohn eines dortigen Kaufmanns, gebildet auf dem Joachimsthalschen Gymnasium zu Berlin (1823—1829), den Universitäten zu Berlin und Breslau (1829—1332), hat er seine Auscultatur zu Ratibor, Landsberg und hier absolvirt, und war seit 1835 Referendar, seit 1840 Assessor beim hiesigen Ober-Landes- Gericht; im folgenden Jahre wurde er, da er ausser Jura auch Cameralia studirt hatte, der landwirthschaftlichen Regierungs-Abtheilung zu Frank- furt a. OÖ. zur Beschäftigung überwiesen, 1842 zu deren Special-Commis- sarius für Auseinandersetzungs-Sachen in Züllichau ernannt, 1846 als Mit glied in das Collegium der General-Commission zu Posen berufen, 1849 der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 381 zum NBegierungsrath befördert, 1861 an die General-Commission zu Breslau versetzt, 1867 zum Geh. Regierungsrathe ernannt. Am 6. Juli d. J. erlag er zu Warmbrunn der Bräune in Folge einer Erkältung, welche er sich auf einer Erholungsreise zugezogen. Der Familie ganz gleichen Namens, welche Schlesien mit einer Anzahl von Aerzten be- schenkt hat, ist er nicht anverwandt. Fern vom Geräusche der grossen Stadt war der am 24. Juni dahin- geschiedene Canonicus Joseph Sauer geboren, in einem Jahre mit v. Möller (1803, 27. November); der grüne Wald war seines Vaters Amtsstube, und von dieser scheint ein Hauch dem Theologen auch unter seine Bücher gefolgt zu sein. Leider währte die Naturfreiheit nicht lange: Der Vater, bischöflicher Revierförster in Spurwitz bei Wansen, starb, als das Kind noch nicht 6 Jahre alt; die Mutter zog nach Breslau. Die Fähigkeiten des Knaben, welche wohlthätige Freunde bewogen, ihm die Laufbahn gelehrter Bildung zu erschliessen, bewährten sich schon auf der Universität in Lösung mehrer Preisaufgaben. Mit kaum 24 Jahren zum Priester geweiht, hat er in rascher Folge eine Reihe geistlicher Aemter verwaltet und zumtheil gleichzeitig in seiner Hand vereiniget, und es zeugt ebenso von seinem Eifer, wie von seiner persönlichen Kraft, dass er noch Zeit und Sorgfalt für Gründung und Förderung zahlreicher ausseramtlicher Bestrebungen übrig behielt. Etwa ein Jahr war er Pri- vatdocent (1829/30); dann zum Dienst als praktischer Geistlicher zurück- berufen, ward er Curatus bei den hiesigen Elisabetinerinnen. Das Jahr 1842 führte ihn dem Lehramt an anderer Stätte wieder zu: als Rector des Clerical-Seminars (Alumnates), welches er bis zu seinem Tode ver- waltete. Eine ‚‚Sauer-Stiftung‘‘ erinnert an sein 25jähriges Jubiläum in dieser Stellung. Im Jahre 1848 wurde er zum Domherrn, weiter zum Bisthums-Offieial, zum fürstbischöflichen Ober-Consistorial- und Vicariatamts- Rathe ernannt. Nach dem Tode des Cardinal v. Geissel für den erz- bischöflichen Stuhl zu Cöln in Vorschlag gebracht, lehnte er ab und wahrte der Stadt und Provinz seine schwer zu ersetzende mannigfache Thätigkeit als Präses und Mittelpunkt von Vereinen u. s. w. („Christ- lieher Kunstverein“, „Vincenzverein“ ete.). Auch literarisch hat er sich in Schlesien ein Denkmal gesetzt durch seine Geschichte der hiesisen Elisabetinerinnen (Jubelschrift 1837). Im Jahre 1834 begründete er mit dem Curatus, nachmaligen Domherrn Thiel das noch bestehende „Schles. Kirchenblatt“. Das Voibildliche, welches er, wie eine kundige Feder in den „‚Schles. Provinzialblättern‘‘*) bezeugt, sich gesetzt und dem er als Seelsorger, wie als Lehrer, im Amte am geistlichen Gericht, wie auf dem Kampfplatze der Oeffentlichkeit nicht untreu geworden, ohne je seiner *) 1868, Ileft 7. 282 Jahres-Bericht confessionellen Stellung etwas zu vergeben, klingt aus dem Thema seiner Habilitationsschrift wieder: ‚‚Christus praestantissimum verae Tolerantiae exemplum“. „Er beklagte, dass im Streite der Meinungen das Vorbild der Christustoleranz so ganz unbeachtet und unbefolgt bleibe“, erzählt der erwähnte Biograph und fasst sein Urtheil dahin zusammen, „dass in dem Verstorbenen die Diöcese einen grossen Charakter, der Bischof einen aufrichtigen Rathgeber, der Clerus einen biedern Freund, die Armen einen wahren Vater, die Stadt Breslau einen Ehrenmann verloren haben.“ Mitglied der Gesellschaft war er seit 1832. Nur wenige Monate hingegen war dies der Fall bei Richard Schenk, einem Jünglinge von 24 Jahren, der, als begabter Kanzelredner, erst in der zweiten Hälfte des Vorjahrs als Hülfsprediger an die hiesige Hof- kirche und als Religionslehrer an das Friedrichs-Gymnasium berufen war. Der Tod machte bereits am 9. Februar die auf ihn gesetzten Hoffnungen zunichte. Seine irdischen Reste kehrten nach seiner Vaterstadt Tilsit zurück. — Eine Wirksamkeit, noch vielseitiger als eine der bisher skizzirten, tritt uns beim Blicke auf das Leben des Präsidialmitgliedes dieser Ge- seilschaft, Eduard Trewendt, entgegen (Mitglied seit 1853). Neben sei- nem umfassenden Berufsgeschäfte war er in communalen Ehrenämtern, zuerst als Stadtverordneter, dann seit 1860 als Stadtrath thätig, und fand hier insbesondere Gelegenheit, als Mitglied der Promenaden-Deputation seine Neigung für die Pflege der Gartenkunst bei Verwaltung der Pro- menaden-Angelegenheiten und insbesondere der Scheitniger Anlagen zu bethätigen, wie er derselben auch auf eigenem Grund und Boden, als Mitglied unserer Obst- und Gartenbau-Section und bei den Blumen- und Frucht-Ausstellungen derselben Genüge leistete. Auch war er Cu- rator der städtischen höheren Töchterschule I. (Taschenstrasse) und des Kinderhospitals „zum heiligen Grabe‘. Geboren ward er, ein Breslauer Kind, am 19. Juni 1817, Sohn eines " Packhofs-Inspeetors, genoss seine Gymnasialbildung zu Glaz, lernte hier- orts bei Josef Max u. Comp., etablirte sich im Jahre 1845. Im Jahre 1350 überliess er das Sortimentsgeschäft seinem Soeius Granier allein und widmete sich ausschliesslich der Pflege des Verlags, aus welchem unter vielem Andern eine blühende Kalender-, Jugendschriften- und Ro- man-Literatur (wir nennen nur Holtei, Struensee [Gustav vom See, Th. Mügge), sowie neben noch manchem Werke der zeiehnenden Künste (z. B. der „Argo“, der Liebenow’schen Landkarten) Koska’s grosses und kleines „‚Sudetentalbum‘“ hervorgegangen sind. Die Schriften Holtei’s hat er theils durch ersten Verlag theils durch nachträglichen Ankauf bei sich monopolisirt. Auch im Gebiete der landwirthschaftlichen der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 283 Literatur war er mit Redacteur W. Janke zusammen durch Gründung der „Schlesischen landwirthschaftlichen Zeitung“, des „Deutschen Heerd- und naht: Buches‘ u. a. dergl. thätig. Seit etwa einem Jahrzehnt widmete er einen grossen Theil seiner Sorge nicht nur, sondern seiner Sorgen, der Verwaltung der „Breslauer Zeitung‘, deren Haupt-Antheils- haber er geworden; wie er denn auch Mitactionär des hiesigen Theaters war, eine Stellung, bei der, wie Kundige versichern, man ebenfalls nicht immer auf Rosen wandelt. Sein Haar war in den letzten Jahren ergraut; gleichwohl in voller, fast jugendlicher Manneskraft überraschte ihn der Tod. Auf einer Gebirgswanderung mit einem seiner Söhne begriffen, starb er, vom Schlage getroffen, am 22. Juli frühmorgens zu Altwasser. Ein dornenreicherer Heimgang war seinem Collegen Johann Urban Kern beschieden, der, recht traurig an unsern unvergesslichen Kahlert erinnernd, seit Jahren mehr und mehr an den Füssen gelähmt, bei völ- liger Geistesfrische auf seinen Stuhl gebannt war. Wiederum für ihn mag man es als ein Glück preisen, dass ihm nicht jener Drang Tre- wendt’s zur praktischen Vielgeschäftigkeit anhaftete. Das volle Bild eines buchhändlerischen Gelehrten bot der kleine, schmächtige, & son aise sich bewegende, den behaglichen Frankfurter Dialekt redende Herr schon in seinen jüngeren Jahren, und es ist nicht abzustreiten, dass, als er 1837 zuerst eine kleine Leihbibliothek im 1. Stock der „Sieben-Kurfürsten“, nicht lange darauf aber in ziemlich dunklen Hallen der Elisabet- vulgo Tuchhausstrasse seine Buchhandlung aufgethan hatte, er den Betrieb von Verlag, Leihbibliothek, Lesezirkeln, bald auch von wiederkehrenden grossen Bücherversteigerungen mit rationeller Hand und mit dem Tie und System eines „‚gelehrten Buchhändlers“ ergriff und damit nicht ohne mo- dernisirenden Einfluss blieb auf Manches, was in diesem Gebiete etwa im Laufe der Zeiten in Breslau alt geworden war. Er arbeitete einen systematischen Catalog für seine Leihbibliothek aus, begleitet von literar- historischen Notizen über die Schriftsteller, ja er schrieb sogar ein paar kurze Leitfäden für gebildet sein wollende Leser. Er literirte selbst ein wenig in „‚Polterabendscherzen“ von „Jean Kern“ und Mary Osten, in dramatischen Charaden, „Liedern und Sagen‘, aber auch in einer en Uebersetzung von Homers Batrachomyomachie. Freundlich, gef umgangskundig und dabei von offener Seele, nebenher bereitwilliger Ge- legenheitsdichter, ward er in Gesellschaften, wo man mehr als Thee und Tanz verlangt, gern gesehen, und als Verleger erschloss er sieh die Herzen der schönen Welt, indem er neben Joseph Max — wo früher die Romane von Steffens, jetzt die der Paalzo w aufsehenerregend er- schienen waren — mit den Schriften Ida’s von Düringsfeld (jetzt Baronin v. Reinsberg-Düringsfeld, deren Autobiographie das De- cemberheft (1868) der „Schles. Provinzialblätter“ gebracht hat), sodann 284 Jahres-Bericht mit denen von Walter Tesche, Max Ring und Anderen, ebenfalls das Feld des Romanverlages beschritt. Gern auch reichte er jungen Talenten, sowie für mancherlei Gelegenheitsliteratur die Hand; Gustav Freytag, Moritz Graf Strachwitz, Max Kurnik, Rosalie Koch, Jeanne Marie v. Gayette u. A. haben in seinem Vortrage ihre Primiz ge- halten. Auch an Schulbüchern (durch deren reiche Besaamung übrigens der Breslauer Buchhandel vorzugsweise bemerkbar sein soll) liess er es nicht fehlen (es sei nur an die vielgebrauchten von Otto Eichert und Ottomar Behnsch erinnert). Von Klein’s „Volkskalender für Israe- liten“ erschienen 5 Jahrgänge bei ihm. Auch der landwirthschaftlichen Literatur wandte er in den letzten Jahren Theilnahme zu, sowie der praktisch -jnristischen, dies nicht allein mit seinem Handbuch „Kern's- Consulent“ sondern auch mit einer grossen Menge von Gesetzabdrücken in Sonderausgaben und Zusammenstellungen, zu denen der jetzige Abgeordnete und Königsberger Ober-Tribunalsrath K. Hahn, damals noch Referendar und Assessor, seine Mussestunden sehr fruchtreich verwendete. Mit dem Vertriebe auf dem grossen Büchermarkt jedoch schien es ihm nicht zu glücken, vielleicht war er zu bequem dafür, und so ist denn ein klassi- sches Werk sauberster Arbeit, Carl Eitners ‚‚Synchronistische Tabellen zur Geschichte der deutschen Nationalliteratur“, auf seinem Bücherboden in’s Verliegen gekommen. Ein Schlaglicht auf Buchhandel und Publikum wirft übrigens die verbürgte Thatsache, dass unter allen Unternehmungen Kern’s seine Gelegenheits-Karte der Krim, 1854, wohl das Lohnendste gewesen ist: binnen wenigen Monaten wurden 20,000 Exemplare ab- gesetzt. Was uns Kern besonders anverwandt macht, das ist die getreue Hinneigung, mit welcher er, ein Nichtschlesier, Schlesischem sich zu- wandte. Sein „Sudetenführer“ und ‚Gebirgswanderer“, von Julius Krebs bearbeitet, sind prototypisch für diese Art von Reisebüchern ge- worden, und er selbst sammelte schlesische Sagen und Legenden, versi- fieirte deren auch eigens, und gab sie zuerst als „Schles. Sagenchronik“, kürzlich viel vermehrt, noch in den Jahren seiner Leidenszeit unverdrossen bearbeitet, als ,„Schlesiens Legenden, Sagen und Geschichten‘ heraus. Der Vorwurf, dass er metrische Bearbeitungen, nicht Urtexte gesammelt, ist unbillig; letzteres vollbringt man nicht im Comptoir, nur in Feld und Wald und auf der Landstrasse; und das grosse Publikum, dem erst Inter- esse für diese Dinge zugeführt werden soll, liest, wenige Ausnahmen abgerechnet, Sammlungen von Urtexten nicht. Urban Kern, Mitglied der Gesellschaft seit 1856, verstarb am 31. März im Alter von noch nicht 57 Jahren. Geboren war er 1811 zu Frankfurt a. M., wo er auch in der Handlung Jügel seine kaufmän- nische Ausbildung erhalten hat. der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 285 Noch mehr den Typus gänzlichen Aufgehens in seinem Berufe zeigt uns der letzte unter unsern Jahrestodten der Zeit nach, seit 1847 ge- treues Mitglied der pädagogischen Section, der am 14. December hin- gegangene Gottlieb Geppert. So obenhin angesehen, machte der Mann keineswegs den Eindruck, als sei er zum Erzieher geschaffen. Aber schon wenn man seinen Prüfungen beiwohnte, ward man anderer Mei- nung, und der Erfolg hat schlagend für ihn gezeugt. Mehr als 2000 Schüler sind während der 33 Jahre, in denen er das vormals Bo g’sche Knaben Institut selbständig geleitet, an welchem er bereits lange als Lehrer gewirkt hatte, erfolgreich durch seine lehrende Führung hindurch- gegangen, darunter über 100 aus Oesterreich, Russland, Asien und Ame- rika. Im Jahre 1856 wurde seinem Wirken ein anerkennendes Schreiben seitens des Magistrats zutheil, 1859 übertrug man ihm das Revisorat der Kallenbach’schen Spielschule. -- Geppert war Sohn eines armen Landmanns zu Buchwald im Kreise Trebnitz, nur wenige Monate älter als das Jahrhundert (geboren den 10. September 1800). Von 1818 bis 1820 besuchte er das damals in Breslau florirende evangelische Seminar. Aus seiner Feder sind während der Zeit seines Wirkens 12 Schriften in den Druck gegangen, meist Lehrbücher (wir nennen als das verbreitetste die mit den Collegen Gutsche und Stütze herausgegebenen Aufgaben zum Unterricht im deutschen Styl, 2 Bände, jetzt in fünfter Auflage), und fünf hinterlässt er im Manuscript. Seinen Fleiss unterstützte die sonderliche und — man weiss nicht ob zum Glück oder Unglück der Lehrer ziem- lich seltene Eigenschaft: nur in den Ferien von Krankheiten heim- gesucht zu werden. Während aller 33 Jahre seiner Anstaltsführung hat er niemals eine Stunde, sei es aus welcher Ursache immer, ausgesetzt. Und ohne vorbereitende Leidenszustände ist auch er geschieden. Am 11. December sass er über einer Arbeit für die Section — da über- raschte ihn ein Gehirnschlag; am 14. gedachte er den Vortrag zu halten, das war sein Todestag. In einer erklärenden Sammlung von Bibel- sprüchen, an welcher er schrieb, findet sich als letzter der 10. Vers des 90. Psalms: „Unser Leben währt 70 Jahr ete.“ In einem weiteren Wirkungskreise und auf einer mehr bewegten Lebensbahn zeigt sich uns August Wissowa, der bereits seit dem 28. Fe. bruar aus unserer Mitte fehlt. Er war ebenfalls seit 1847 Mitglied der Gesellschaft, seit einer Reihe von Jahren Seeretär einer ihrer jüngeren Seetionen, der philologischen. Hierorts geboren am 10. Mai 1797, hat er Gymnasial- und Universitätsstudien ebenfalls hier vollbracht. Obwohl er auf der Schule untern den Lehrern dem Naturkundigen Kaluza und dem Mathematiker Wiechota am nächsten stand, zogen doch auf der Universität Passow und Schneider ihn zur Philologie hin, und er hat hauptsächlich diesem Felde seine literarische Wirksamkeit wie seinen 286 Jahres-Bericht Unterricht zugewandt. Im Jahre 1820 ward er angestellt, 1822 zum Oberlehrer befördert, 1828 promovirte er und habilitirte sich bei der philosophischen Faeultät; aber auch er musste, wie Sauer, nach kaum Jahresfrist dem akademischen Lehrstuhle entsagen, um das Rectorat des Gymnasiums zu Leobschütz zu übernehmen. Nach wenigen Jahren hatte er die Freude, anerkannt zu sehen, dass es ihm gelungen sei, durch die nieht ohne Schwierigkeit bewirkte Umgestaltung der früheren Verhältnisse dieser Anstalt den Zweck seiner Sendung zu erfüllen. Nach zehnjähriger Abwesenheit kehrte er, nunmehr als Leiter, an die Bildungsstätte zurück, an welcher er gelernt und gelehrt, das hiesige Matthias-Gymnasium. Be- reits 1835 hatte er den Professortitel erhalten. Leider will es uns dün- ken, als habe das Friedliche, Freundliche und Milde seiner Persönlich- keit, sowie sein Streben auch auf ausseramtlichem Boden nützlich zu wirken, nicht überall diejenige gerechte Anerkennung gefunden, welche solchen Zügen bei Anderen zutheil zu werden pflegt; wenigstens mussten wir Zeuge sein, wie er sich je mehr und mehr, sichtlich verstimmt, obwohl tief schweigsam über die Gründe, aus den Reihen der Stadtverordneten, aus Vereinskreisen und von andern Öffentlichen Stätten zurückzog; kaum dass noch das Katheder der Sonntags-Vorlesungen ihn ein paar Mal sah, wo er durch sein grosses Geschick, Bilder aus dem antiken Leben inter- essant vorzuführen, viel Dankenswerthes dem Publikum geboten hat, — Manche Aehnlichkeit mit dem vorigen zeigt in seinem ersten und überwiegend längeren Theile der Lebenslauf unseres theueren Wimmer; doch nimmt er bei diesem so vielfache Verzweigsung und darin theilweis solche Dimensionen an, dass es absolut unmöglich ist, hier mit wenigen Zeilen auch nur im Umrisse ihm gerecht zu werden. Es gereicht dabei zum Troste, auf drei treffliche und einander ergänzende Monographien verweisen zu können, welche zusammen ein genügendes Bild dieses rei- chen Lebens bieten dürften: Die eine von Prof. Dr. Ferdinand Cohn im Jahresbericht 1867 unserer botanischen Section, die andere von Rector Dr. Theodor Bach im laufenden Jahrgange (1868) der ‚‚Provinzial- Blätter“, Juliheft; die dritte, ältere, höchst wahrscheinlich auf Wim- mer's eigenen Angaben fussende in Karl Gabriel Nowack’s „Schle- sischem Schriftsteller-Lexieon“. Christian Friedrich Heinrich Wimmer war geboren hierorts am 30. October 1803 (mit v. Möller wie mit Sauer in einem Jahre), Sohn eines Oberamt-Kanzlei-Inspeetors. Mit ihm wird für Die, welche ein rascher und plötzlicher Tod unserer Gesellschaft wäh- rend dieses Jahres entrissen, die Zahl vier voll. Auch er ist an dem- selben Gymnasium Director geworden (1843) und 20 Jahre lang geblie- ben, an dem er zuvor Schüler, dann (seit 1826) Lehrer gewesen. Wie Wissowa, erhielt er ebenfalls 1835 den Professortitel. Auch er ward der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 987 auf der Schule, durch seine Lehrer Kayssler und Mücke, stark zu den Naturwissenschaften, auf der Universität dann durch Passow und Schneider zu den philologischen, durck Wachler zur Geschichte hin-, nicht aber von jenen ersteren abgezogen, für welche hier ein Steffens, Treviranus, Gravenhorst die Waage hielten, wie dort bereits Schaub für Sprache und Alterthumskunde auf ihn gewirkt hatte. Einem solchen in zwei Richtungen und doch nicht auseinandergeheuden Bil- dungsstrome nach Neigung und Befähigung gewachsen”), verdankt er eben dieser „vielleicht einzig dastehenden Verbindung gründlicher naturwissen- schaftlicher und philologischer Gelehrsamkeit‘‘ seine wissenschaftliche Be- deutung. Nur kraft deren war er, anderer eben darauf fussender Ar- beiten nicht zu gedenken, zum kritischen Bearbeiter des Botanikers Theophrast, und zum Schlusswerke seines Lebens, der Herausgabe der naturwissenschaftlichen Schriften des Aristoteles berufen, welcher er seit 1838 und in Gemeinschaft mit Prof. Aubert (jetzt in Rostock) seit 1858 sich unterzog. Welche Bedeutung Wimmer für die Botanik hat, für die allgemeine durch seine virtuose und erschöpfende Leistung be- züglich der Bastardirungen, insbesondere rationell und experimentativ ver- folgt an den bisher ein Chaos (,,crux et scandalum botanicorum‘‘) bilden- den Weidenarten, — für die besondere Schlesiens durch die wis- senschaftliche Bearbeitung der Flora dieses Landes — das ist nicht den Fachgelehrten allein bekannt; denn „Wimmers Flora von Schlesien“ ist bei uns ein Codex geworden für alle Lernenden und alle Praktiker, die irgend durch das Gebiet der Pflanzenkunde hindurchmüssen. Eben nur im Vorbeigehen können wir noch Wimmer’s Bestrebun- sen für Anerkennung der Bedeutung und für eine richtige Methode des naturwissenschaftlichen Unterrichts, seiner Thätigkeit in der botanischen und der Gartenbau-Seetion, denen beiden er zeitweise Secretär gewesen ist, sowie seiner pädagogischen und pädagogisch-literarischen Wirksam- keit gedenken. Die gerechte Würdigung dieser Seite berief ihn auf den Platz, welchen wir ihn während der letzten fünf Lebensjahre ein- nehmen sahen: den eines Schulraths unserer Stadt. Obwohl, wie Dr. Bach gewiss mit Recht urtheilt, ein soleher Mann recht eigentlich dazu geschaffen schien, einen akademischen Lehrstuhl zu besteigen, hat er doch auch auf jenem neu gegründeten und darum doppelt schwierigen Posten verwaltender Praxis so gewirkt, dass sein Verlust tief schmerzlich beklagt werden musste. Die Resultate dieses Wirkens finden wir, von Herın Stadtrath Altmann klar und übersichtlich nachgewiesen, der er- wähnten Arbeit unseres Prof. Cohn einverleibt. Die Charakter- und Umsangs-Eigenschaften, welche Wimmer in allem seinem Thun, im *) Wimmer war noch nicht 13 Jahr alt als er nach Prima kam; dort ver- weilte er, nichts überhastend, fünf Jahre, 288 Jahres-Bericht Verkehr mit den Schülern, wie mit Freunden und Arbeitsgenossen ge- fördert und ausgezeichnet, blieben ihm auch hier hülfreich und treu. Nur des hingebenden Fleisses lassen Sie mich gedenken, welcher ihn selbst in seinen Erholungszeiten wochenlang mühselig Pflanzen suchend und sammelnd festhielt, und seiner tiefgemüthlichen Freude an der Natur, die ihm einst das Wort auf die Lippen legte: ‚ja, wenn David nicht ein Hir- tenknabe gewesen wäre, wie hätte er so schöne Lieder voll reiner und erhabener Naturanschauung dichten können!‘ — oder ihn antrieb, den Schulschluss, den Beginn der Ferien, die Hoffnung auf baldiges Wieder- sehen der grünen Freundin durch ein paar Gänge auf seinem sonst selten berührten Instrument, der Flöte, zu begrüssen. Mitglied dieser Gesellschaft war Wimmer seit 1825, des Präsi- diums seit 1856. 1853 verlieh ihm auf Göppert’s Antrag die philoso- phische Facultät das Ehren-Doctor-Diplom. Ebenfalls Forscher und Entdecker im Reiche der Pflanzenwelt, doch nur während der Nebenstunden seines vielbeschäftisten Lebens, und lite- rarisch thätiges Mitglied der botanischen Section seit 1829 war Gottlob Siegert, ein Mann, welchem das musikalische Breslau Viel verdankt. Sein Lebensgang ist einfach, die Resultate seines Arbeitens sind im Ge- biete des Idealen verblieben. — Er ward geboren am 17. Mai 1789 zu Ernsdorf bei Reichenbach, Sohn eines Freistellenbesitzers, und ist ge- storben am 23. Juni 1868 allhier. In Reichenbach genoss er den ersten Schul- und Musik-Unterrieht. Mit 13 Jahren kam er nach Breslau und erhielt eine mit Wohnung und freiem Gymnasial-Unterricht im Magda- lenäum verbundene Sängerstelle an der Bernhardinkirche, später auch Anstellung am Theater, wo K. M. v. Weber, welchen Breslau damals den Seinen nannte, des Knaben treffliche Altstimme erkannte und pries, gab bald selbst Musik- und andere Lehrstunden, besuchte dabei bis 1808 das Gymnasium, ward Lehrer an Reiche’s Privat-Institut, dann im Ho- spital zur „Ehrenpforte“, und Choralist bei Bernhardin, arbeitete unterdess immerfort für seine weitere Ausbildung als Musiker wie als Pädagog, und errang nach rühmlichst bestandener Prüfung 1812 neben einer Lehrer- stelle an der Bürgerschule „zum heiligen Geist“, wo er 15 Jahre lang neben Morgenbesser und Bürgel (dem Vater unseres Taubstummen- Unterrichts) gewirkt hat, das Cantorat an obgenannter Kirche mit baaren 160 Thlrn. Gehalt. Wie einst Reetor Reiche ihn seinem Lehr- berufe treu erhalten hatte, so befestigte ihn nun in seinem Streben die Aufmunterung und Anerkennung Webers, Bierey’s und Ebell’s, des so enthusiastischen wie produetiven Musikfreundes. Er begann zu com- poniren, Bierey führte ihn in seiner Singakademie beim Publikum ein. Die Gehaltszulage von 100 Thalern, welche er seit 1817 bezog, erhöhte seine Schwungkraft so sehr, dass er 1820 selbst einen Gesangverein der Schles. Gesellsch. £f. vaterl. Cultur, 389 stiftete: jenen „‚Siegert’schen Singverein für Kirchenmusik“, der fast 30 Jahre lang bei den Gottesdiensten wie in besonderen grossen Auf- führungen so Schönes und Erhebendes geleistet hat, wie z. B. an den Charmittwochen in der sogenannten Rinder’schen Stiftungsmusik. Den- noch ist der Verein schlafen gegangen (1347) lange vor seinem Gründer, welcher ihn mit so viel Kraft- und Zeitopfern in’s Dasein gerufen hatte. Es mag Kundigere geben mir — sind die Ursachen dafür nie ganz klar seworden; in Siegert selbst lagen sie nicht. Die Entstehung der (Mo- sevius’schen) „Sing-Akademie‘‘ allein kann es nicht bewirkt haben, denn der Siegert’sche Verein hat noch lange Frist mit dieser bestanden. Alle Aufführungen, die Siegert veranstaltete, galten wohlthätigen Zwecken, keine seiner eigenen Kasse: im Gegentheil musste er oft noch zusetzen, denn die Rinder’sche Musik z. B. ist mit 8 Thlr. dotirt. Wie für seinen Verein, so ging er mit Aufopferung und Kraft auch für jene 1830 durch Hientzsceh in's Leben gerufenen grossen „schlesischen Ge- sang- und Musikfeste‘“ in’s Feuer, welche den Samen ausgestreut haben für das reiche Netz von Gesang- und Musikvereinen, das jetzt Schlesien durchzieht, er dirigirte diese seit 1831 und noch, zum letzten Male, bei deren 25jährigem Jubiläum 1855. Seine Lehrerthätigkeit setzte er fort, und zwar an einer ganzen Zahl von Anstalten, auch im Einzelunterrichte, sehr viele tüchtige Sänger und Sängerinnen verdanken ihm ihre künst- lerische Ausbildung, und seine Schüler rühmen an ihm das lebendige Feuer, das, Interesse, welches er dem Gegenstande zu geben wusste, die pädagogische Kunst, die psychologische Bereehnung der Charaktere, die strenge Diseiplin. Er hatte seinen Pestalozzi studirt und nicht umsonst mit Reiche und Harnisch Umgang gepflogen. Im Jahre 1827 ward er endlich von der doppelten Bürde befreit, und konnte sich nun allein dem Cantorat widmen bei 400 Thlr. Gehalt; auch anderweit kam man seinen musikalischen Bestrebungen entgegen, und dies bewog ihn zur Aufgabe des Entsehlusses, Schlesien zu verlassen. Von 1829 datiren, durch ihn angeregt, die Singchöre an den 3 hiesigen evangelischen Hauptkirehen. Auch literarisch in Zeitschriften und durch Vorträge im ' älteren Lehrervereine, dessen altes Mitglied er war, ist Siegert thätig gewesen. Seit 1847 führte er den Titel „königlicher Musik-Director‘; seit vorigem Jahre war er im Ruhestande. Lange hat er diesen nicht genossen. Auf den Fernerstehenden machte Siegert den Eindruck einer ächten, in sich gekehrten, der Aussendinge wenig begehrlichen Ton- künstlernatur. Heimgegangen ist denn nun auch — am Morgen des 20. December — unser alter Carl Christian Beinert, seit Jahren freilich in Folge von Lähmung nur noch eine traurige Ruine; seit mehr als zwei Menschen- altern (seit 1823) ein integrirender Theil Charlottenbrunns, dessen zweiter 19 290 Jahres-Bericht Schöpfer er wurde, und seit langen Jahren correspondirendes Mitglied der Gesellschaft. Er war geboren 1795 am 15. Januar zu Woitsdorf bei Bernstadt, Sohn des Organisten und Schullehrers. Sein Fach war die Pharmacie, welche er praktisch zu Bernstadt erlernte. Als Gehülfe bei Trommsdorf in Erfurt öffneten sich ihm die Hallen der Wissenschaft unter dessen, wie unter Bernhardi’s Leitung. Nachdem er in Berlin die Staatsprüfungen bestanden, beschloss er, in Breslau Mediein zu studiren, verliess indes diesen Plan nach wenigen Monaten, um die Apotheke in Charlottenbrunn zu kaufen, was ihn jedoch der Wissenschaft nicht abtrünnig machte; vielmehr sehen wir ihn den Gedanken Göppert’s, die Natur überall, wo es angeht, zu einem Lehrsaale zu machen, sie, zugleich verschönernd, in einen Tempel der Wissenschaft zu gestalten, nach seiner Weise ausführen. Haben die „Beinert’schen Anlagen‘ theilweise in der That etwas Nippesartiges, so verschwindet dies, weil nicht mit einer grotesken Umgebung contra- stirend; Charlottenbrunn selbst ist ja ein liebliches Bild in’s Kleine ge- zeichneter landschaftlicher Reize. Der Werth dieser Anlagen für den Ort und seine Gäste ist keines Beweises bedürftig, und ihren Nutzen mag bestreiten, wer im Freien nur gedankenlos vegetiren will. Von jener Pietät aber, welche für Freundschaft und Achtung durch Benennung von Plätzen rundumher Ausdruck sucht, die Namen verdienter Männer ehrend, einer dem Nationalstolze nicht unverwandten Eigenschaft, könnten die Schlesier, welche, wie mich dünkt, in neuerer Zeit keinen Ueberfluss daran leiden, sich ihr Theil zum Muster nehmen. Auch durch eine in zweiter Auflage erschienene Schrift über Char- lottenbrunn, sowie durch Verwaltung des Amts als Brunnen- und Bade- inspeetor und anderer Ehrenämter ist Beinert seinem Orte dienstbar geworden. Unter anderen wissenschaftlichen Arbeiten ragt die von der holländischen Akademie der Wissenschaften zu Haarlem gekrönte Preis- schrift hervor, welche Beinert zusammen mit unserm hochverehrten Präses im Jahre 1849 verfasste und veröffentlichte: „Abhandlungen über Be- schaffenheit und Verhältnisse der fossilen Flora in den verschiedenen Steinkohlen-Ablagerungen eines und desselben Reviers, begründet auf die Untersuchungen in dem Weissstein-Altwasser-Waldenburger Becken.‘ Zum Ehren-Doctor wurde er 1848 von der hiesigen phil. Faeultät er- nannt, in Folge seiner vortrefflichen Schrift über den Meteoriten von Braunau. Mit gastfreier Geselligkeit war Beinert ein Mittelpunkt des Char- lottenbrunner Lebens, gern pflegte er des Umgangs, mündlichen und schriftlichen, mit gelehrten Freunden, nicht ohne Stolz erwähnte er seiner Beziehungen zu Murchison. Manchen Reisenden hat sein Name nach dem bescheidenen Badeörtchen gelockt, und seine Stelle wird schwerlich wieder. ausgefüllt werden. Ein Denkmal hat er sich mit seinen Anlagen selbst gestiftet; es ist wohl vorauszusetzen, dass, ihm dankbar Gleiches der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 39] mit Gleichem vergeltend, man in würdiger und achtender Weise sie erhalten werde. Den Naturkundigen müssen wir, obwohl er vor seiner beabsichtigten Ernennung zum correspondirenden Mitgliede verschieden ist, den mit der Gesellschaft in langer vielfacher Verbindung gewesenen, im Mai d. J. im Alter von etwa 50 Jahren verstorbenen Botaniker, den Candidaten Bartsch anreihen. Ferdinand Bartsch, gebürtig aus Cerlsruhe in O/S., Sohn eines herzogl. würtembergischen Rentmeisters, hatte evangelische Theologie studirt und die betreffenden Prüfungen bereits abgelegt, ist jedoch, als Lehrer zuerst an einem Privatinstitut, dann an der Bürgerschule, nunmehrigem Progymnasium zu Ohlau, dem Schulfache treu geblieben. Für die schle- sische Botanik hat er durch mehre Entdeckungen und durch eine Flora der Umgegend von Ohlau (im Schulprogramm von 1859 veröffentlicht) sich verdient gemacht. Sein Herbarium hinterliess er der Anstalt. Eine der eigenthümlichsten Erscheinungen, der „letzten Originale“ eines war Hugo Bernhard Sigismund Freiherr v. Rothkirch-Panthen, Besitzer der Schottgauer Majoratsgüter, Privatgelehrter, seit 1842 Mitglied der Gesellschaft und ihrer historischen, philologischen, meteorologischen, naturwissenschaftlichen, ökonomischen und technischen Sectionen. Ganz das Gegentheil der äusseren Gestalt, die eckig, sonderbar und unbehülf- lich, war der innere Mensch, wie das Bild zeugt, welches in kurzen, treffenden Zügen ein Schulfreund, dessen Anonymität an dieser Stelle fest- zuhalten ja wohl kein Grund ist, Herr v. Salisch auf Kratzkau, in den „Provinvialblättern“ (H. 5. a. ec.) von ihm entworfen hat: „Mehr als wohlhabend zu nennen, hatte Freiherr v. Rothkirch-Panthen ausser Büchern keinerlei persönliche Bedürfnisse; aus einer Familie, deren Ge- schichte mit der ältesten Geschichte Schlesiens verwebt ist, kannte er nur den Adel der Wissenschaft; immer sich selbst vergessend, war er munificent gegen Andere; mit vielseitigen Kenntnissen ausgerüstet, hielt er sich für unbedeutend; dankbar und pietätvoll gegen Alle, die mit ihm in irgend einer Verbindung standen, übersah er Undank und Rücksichts- losigkeit; von schwächlichem Körper und schwankender Gesundheit, klagte er nie und hielt sich stets für gesund.‘ Seine wahrhaft feurige Liebe zur Wissenschaft ist durch den Einfluss seines Lehrers Suckow (Posgaru) in ihm geweckt worden. Sie liess ihn alles Streben nach andern Zielen vergessen, und es ist aufrichtig zu bedauern, dass seine anderweite Eigenthümlichkeit ihn verhindert hat, grössere Früchte für die Welt daraus zu ziehen. Am meisten hat er sie praktisch verwerthet bei astronomischen Berechnungen für die hiesige Stern- warte und für v. Boguslawski’s „Uranus“, zu denen er eine uner- müdete Geduld darbot. Seine anderen Arbeiten mannigfachster Art, 19° 392 Jahres-Bericht darunter viele Uebersetzungen in Vers und Prosa, sind meist Manuseript geblieben, mit Ausnahme einiger in Zeitschriften gedruckten Abhandlun- gen, und es ist zu wünschen, dass sie wenigstens in dieser Form er- halten werden. Vielleicht kann die Gesellschaft Etwas hierfür thun. Hugo v. Rothkireh-Panthen, geb. am 22. April 1812 hierorts, hat auf der Liegnitzer Ritter-Akademie, dem Elisabetan und der hiesigen Hochschule seine Studien gemacht, hier zwar als Jurist eingeschrieben, aber fast nur Humaniora und Mathematica treibend. Er erlernte Enslisch, Französisch und Italienisch zu geläufigem Ausdruck, später auch Spanisch und Polnisch, unter den alten Sprachen neben Lateinisch und Griechisch auch Hebräisch, selbst mit dem Rothwelsch und der Zigeunersprache be- schäftigte er sich. An allem Literarischen nahm er lebhaften Antheil. Der Astronomie gehörte seine Vorliebe, auch der beobachtenden, was ihn bisweilen auf den Promenadenbastionen unangenehmem Verdacht bei den Nachtwächtern aussetzte. Seine Geldmittel verwandte er nicht für Bücher allein, sondern, wie zu Wohlthun überhaupt, für arme Schüler und Studenten insbesondere, denen er, wenn er Kunde von ihrer Noth bekam, dies sowie seine persönliche Hülfe so zu sagen in’s Haus trug. Am 16. März ist er nach kurzer Krankheit sanft dahingegangen, ein still wirkender, gewiss von Vielen arg vermisster Mittelpunkt einer klei- nen Welt. Grösser noch beiweitem ist die Zahl der Armen und die der Schmerz- leidenden, deren Blicke dem Sarge des Geh. Sanitäts-Rathes Nagel folgten, Obwohl bereits Siebziger (geb. 1798, also nächst Siegert der älteste Derer, welche wir heut zu betrauern haben), war Nagel doch noch un- ausgesetzt thätig in eigener wie in Institutspraxis. Von der Ausdehnung seines Wirkens in letzterer Richtung giebt eine Aufzählung der Anstalten Zengniss, denen er, zumtheil gleichzeitig und dauernd, seine Hülfe ge- widmet: er war städtischer Armenarzt 23, Arzt für arme Schüler des katholischen Gymnasiums 41, des Hospitals für alte Dienstboten und des Hausarmen-Mediecinal-Institus 43, des Marienstifts 13, bei den Elisabeti- nerinnen 5 Jahre lang, Impfarzt bei der Blatter-Epidemie von 1827 und 1828, Polizeidistriets- resp. Armen-Arzt in jeder der 6 Choleraepidemien, Lazareth-Oberarzt bei der Mobilmachung 1850 und Arzt der Lazareth- Cholerastation 1866. Bei all dieser praktischen Wirksamkeit ist er doch in der medieinischen Literatur nicht unvertreten geblieben. In der Praxis wird ihm Sicherheit, in der Diagnose und in der Behandlung festes Ge- dächtniss für seine eigenen ärztlichen Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit im Berufe, herzliche Theilnahme am Krankenbette nachgerühmt. Den tödt- lichen Verlauf seiner eigenen letzten Erkrankung prognostieirte er mit Bestimmtheit voraus. Nagel gehörte jenen Aerzten älterer Schule an, n deren Art des Auftretens etwas originell Persönliches, Vertrauen ein- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 2953 flössendes, auch wenn es bis an’s Absonderliche streift, gegeben ist; eine Art, die sich nicht absehen und nachmachen lässt, wohl zum Theil aus dem Verkehr mit so vielen und vielerlei Menschen in der einen Situation des Krankseins, aus der Weise und den Ansprüchen dieses Verkehrs sich erzeugt, darum auch bei den Medicinern unserer unsteteren Gegenwart noch, wiewohl seltener, zum Vorschein kommt. Carl Nagel war Sohn eines Arztes zu Leobschütz, studirte in Breslau, Berlin und im allgemeinen Krankenhause zu Wien, promovirte 1820, bereiste im Interesse weiterer Fachbildung Deutschland, die Schweiz und Italien, lebte dann seit 1822 in Breslau, seit 1823 gehörte er un- serer Gesellschaft an. Noch Schüler, war er i. J. 1813/14 in den Land- sturm getreten, Ueber seine von Sanitätsrath Junge in den „Provin- zial-Blättern““ angedeutete Stellung zur Burschenschaft vermochte ich nicht in's Klare zu kommen. In seinem Nachlass finden sich Sammlungen von allerlei Alterthümern, die Freuden seiner Mussestunden. Eine seiner segensreichsten T'haten ist sein Mitwirken bei Gründung des Vereins für Unterstützung der Wittwen von Breslauer Aerzten (im Jahre 1827), dessen Kassenführer er bis zu seinem Tode verblieben ist. Eine verwandte Gestalt tritt uns entgegen in dem am 26. October zu Brieg verstorbenen Sanitätsrath Ludwig Ehrlich, Mitglied der Gesell- schaft seit 1840, geboren am 1. März 1799 zu Halbendorf bei Oppeln. Zuerst Lehrling in einer Apotheke, legte er nachträglich das Abiturienten- examen in Berlin ab, studirte dort und in Halle. Seit 1824 in Brieg eingebürgert, hat er daselbst das wärmste Andenken hinterlassen, das sich in einem unabsehbaren Leichengefolge kundgab, an dessen Spitze die evangelischen Geistlichen vereint mit den jüdischen zum Friedhofe schritten, Durch mehr denn 30 Jahre hat er seiner zweiten Vaterstadt als Stadtverordneter, durch mehr denn 20 Jahre als Arzt am Kranken- hause gedient; im Jahre 1831 war er unter Denen, welche freiwillig zum Kampfe gegen die Cholera nach Oberschlesien gingen; seit 1850 fungirte er als Institutsarzt bei der Provinzial-Irrenanstalt. Günstige Erfolge, Dank und Verehrung der Geheilten und der Mitbürger begleiteten seine Schritte. | Jünger an Jahren war der am 11. Januar als Arzt in Hirschberg, ebenfalls plötzlich, verstorbene Hermann Emanuel Hedrich, geboren den 26. März 1829 zu Muskau, Sohn eines Apothekers; bereits mit dem 17. Jahre ging er zur Universität, studirte in Breslau und Berlin, liess sich 1822 zu Hirschberg nieder, wo er zeitweise Armenarzt, immer aber den Armen ein uneigennützig bereiter freiwilliger Helfer war, bald grosses und allgemeines Vertrauen als Arzt und Bürger sich erwarb, Stadtver- ordneter wurde, mannigfach gemeinnützig thätig, besonders von warmem 294 Jahres-Bericht Interesse für das Schulwesen erfüllt war. Der Wissenschaft getreu, legte er für seine Studien werthvolle Sammlungen an Apparaten, Naturalien und Schriften an, deren Erhaltung wünschenswerth sein. dürfte. — Mit noch entschiedeneren Zügen zu idealeren Sphären neben seinem praktischen, aber gleich sehr mit Wärme und Menschenliebe erfassten Berufe tritt uns der Liegnitzer Arzt, Hofrath, später Sanitätsrath, Schmie- der entgegen. Friedrich Wilhelm Schmieder, geboren am 10. October 1789 in Greiffenberg (schles.), ward (wie der Vorige) vom Vater, einem Apotheker, zum Medieiner bestimmt. Die Yonkunst aber, der er gleich sehr durch Liebe und durch Begabung von frühester Jugend an sich ver- ‘ wandt fühlte, so stark, dass der Knabe einst heimlich mit seiner Geige einer wandernden Musikbande folgte — sie zog ihn in Wien aus den akademischen Hörsälen in ihre Arme, führte ihn in vertrauteren Umgang ınit Beethoven, und er widmete sich viel mehr inren Studien, als denen seines Faches — so dass der Vater ihn gen Breslau sandte, wo er, wie einst als Gymnasiast zu Manso’s Füssen die klassische, nun auch die praktische Bildung sich holen sollte. Doch der Krieg zur Befreiung des Vaterlandes trat dazwischen, Schmieder schloss sich den Lützowern an, ward indess bald sammt allen jungen Fachgenossen in die Lazarethe berufen und unterlag in diesem Dienste der Ansteckung durch den Ty- phbus. Fast Jahresfrist bedurfte er ‚zu völliger Wiedergenesung. Nach dem Frieden nahm er seine Studien wieder auf, betheiligte sich rege am studentischen Leben, ward Mitstifter der Breslauer Burchenschaft, der Studenten-Krankenkasse und der durch zwei Jahrzehnte blühenden Zob- ten-Commerse mit ihren Maskenfahrten, schloss sich nahe an Steffens an, in dessen Hause er vielfach verkehrte, trat in nähere Beziehungen zu Behrens, Bartels, Remer und Benedict, theils als Famulus theils als Secundärarzt in der chirurgischen Klinik, und promovirte 1818 mit einer Dissertation über einen besonderen Fall von Kaltwasserbehand- lung; denn schon damals war seine Vorliebe für zwei medieinische Specialzweige erwacht, für die Hydrotherapie und den animalischen Ma- gnetismus, die in seiner späteren ärztlichen Wirksamkeit zeitweise eine bedeutende Rolle gespielt haben. Der Wasserkur blieb er, nachmals ein Schüler von Priessnitz in Gräfenberg selbst, treu bis an sein Ende, na- mentlich in der Behandlung seiner eigenen Person; und dass ein so geist- voller, durch und durch gebildeter Mann, wie er, sich mit dem andern der genannten Zweige ernsthaft beschäftigen konnte, dürfte vielleicht geeignet sein, dem heutzutag wegen des darum angehäuften Missbrauchs nur noch mit Lächeln betrachteten einiges Relief zu geben. Das nächste Jahr begab sich Schmieder nach Berlin, wo er die Staatsprüfung ablegte und bis 1822 weilte. Von da ab durch 46 Jahre bis an seinen am 31. März d. J. erfolgten Tod hat er zu Liegnitz in der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 295 unserm Schlesien gewirkt, „das Muster eines treuen, vielbeschäftisten, seinem schweren Berufe in edelster Selbstvergessenheit und Aufopferung ergebenen Arztes“. Neben dieser umfangreichen Thätigkeit und unaus- gesetzten medieinischen Studien, die ihn Anfang der Dreissigerjahre auch der homöopathischen Therapeutik zuführten, blieb er den schönen Künsten treu, suchte seine Erholung bei ihnen. Mitglied der Gesellschaft ist er seit 1832 gewesen. Trefflicher Clavierspieler, als Componist schon in der Studentenzeit von hervorragenden Musikern anerkannt, schuf er fort und fort nicht allein melodiöse und formvollendete Liedereompositionen, sondern auch grössere Tonwerke, namentlich ziert seine Hinterlassenschaft eine vollständig ausgearbeitete Symphonie. Allbekannt ist seine schöne Composition des Baggesen’schen Liedes „Brüder, zu den festlichen Ge- lagen ete.‘“ Später wandte er,mehr der Pflege seiner grossartige Di- mensionen annehmenden Sammlung von Gemälden und Kupferstichen, überwiegend älterer Meister, sich zu. ‚Ein ungewöhnlicher Mensch, dem der Stempel des Genius wie nur Wenigen aufgeprägt war, ein wirklicher Liebling der Götter, welche ihm ihre schönsten, unvergänglichsten Gaben für sein langes, segensreiches Leben mitgegeben‘ — so schildert ihn die Feder eines ihm Nahestehenden, aus deren Aufzeichnungen wir vor- stehende Mittheilungen geschöpft. ‚Er gehörte zu den Menschen, durch die man sich gleichsam magisch angezogen, in deren Gegenwart man sich gehoben und besser als gewöhnlich fühlt, welche nichts Gemeines, Tri- viales neben sich aufkommen lassen; und darum ist er in seinem langen Leben stets ein Mittelpunkt für Solche gewesen, welche in Kunst und Wissenschaft nach höheren Zielen strebten und in ihrem Streben von ihm die geistreichste Anregung erhielten.“ Während das Wirken der genannten vier Aerzte als solche nicht über den Kreis ihres persönlichen Auftretens hinausreicht, begegnet uns in Albrecht Theodor Middeldorpf, einem Sohne dieser Stadt, ein Name von Weltruf; das Thun Jener wirkte durch längere Perioden erwärmend und das Antlitz Leidender aufhellend in engem Bezirke; dieser geht mit leuch- tender Kraft auf wie ein Meteor, aber auch wie dieses rasch vorüber. Nur 44 Jahre erreicht sein Alter. Aber als unverlöschende Spuren hat er dem Firmamente der Heilkunst wissenschaftliche und praktische Ent- deekungen ersten Ranges eingeprägt. Auch über ihn ist eine schätzbare Monographie, und zwar von einem strebensverwandten Fachgenossen, dem Sanitätsrathe Prof, Dr. Klopsch, geliefert worden, leider an einen Ort gestreut, wo sie mit dem Tage aus den Augen schwindet und schwer wieder aufzufinden ist: in die politische Tageszeitung. *) *) Dasselbe gilt von einer anonym veröffentlichten Biographie Siegerts. — Bei dieser Gelegenheit ist es wohl erlaubt, Bedauern auszusprechen, dass die „Schlesischen Provinzialblätter‘“ mit Nekrologen seitens der Schlesier im 296 Jahres-Bericht Mi ddeldorpf, Sohn des Prof. und Consistorialraihs Hinrich Middeldorpf, ward am 3. Juli 1824 geboren, studirte an hiesiger Hochschule, wo damals neben Göppert noch -Duflos, Purkinje (}), Remer (7) und Otto (7) glänzten, dann in Berlin besonders unter Johannesv.Müller’s und Dieffenbach’s Leitung, promovirte in Breslau 1846, unternahm wiederholt wissenschaftliche Reisen zur Besichtisuns fremder Einrichtungen und Anstalten im Gebiete der Heilkunst. In Breslau wirkte er seit 1848 (seit diesem Jahre auch Mitglied der Ge- sellschaft) in verschiedenen Hospitälern unter Klose, den beiden Krocker, Ebers und Nega, stiftete mit Klose, Paul und Güns- burg den „Verein für physiologische Heilkunde“, aus welchem Güns- burg’s Journal hervorging, und benutzte seine Thätigkeit in einem Cho- leralazareth zu wichtigen Forschungen über die Seuche. Als Assistenz- Arzt im Allerheilisen-Hospital begann er die Experimente zur Beerün- dung seiner Wwunden-Untersuchungsmethode mit spitzen Instrumenten (Akidopeirastik) und seiner neuen Verbandlehre für die Kno- chenbrüche, seit 1851 auch zu dem von ihm geschaffenen Operations- Verfahren, der Galvanokaustik. Das sind nächst einer Anzahl anderer, an sich auch werthvoller, die drei grossen Erbschaften, welche er, in Schriften dargelegt und mit einer auf’s Höchste ausgebildeten, durch die nöthigen persönlichen Eigenschaften unterstützten operativen Fertigkeit bewährt, der ärztlichen und der schmerzleidenden Welt hinterlassen, mit denen er sich Ruhm, Anerkennung und Dank in reichem Maasse er- worben hat. Es ist hier nicht Zeit und Ort, auf die Stufenfolge wissen- schaftlichen und praktischen Arbeitens einzugehen, in welcher er seine Resultate gewann, ausbildete und feststellte; es genügt, zu sagen, dass erin der Galvanokaustik ohne Vorgänger ist und dass er unter Mitwirkung von Proreetor Marbach und Mechanikus Püschel sich auch die opera- (iven Instrumente dafür selbst ersinnen und erbauen musste. Gegen Ende 1856 demonstrirte Middeldorpf seine Erfindnung in Paris. Von Allgemeinen nur sehr kärglich unterstützt werden. Und doch bedarf gerade diese wichtige und Vielen erwünschte Partie der Darstellung aus erster Hand. Von den oben Behandelten sind nur Geppert, Kern, Nagel, v. Rothkirch, Sauer, Wimmer solcherweis in der qu. Zeitschrift ausführ- lichere Darstellungen zu Theil geworden; Middeldorpf und Schmieder sollen nachfolgen. Ich bemerke hierzu, dass in dem jährlichen Nekrologium des Blattes Alles zusammengestellt wird, was über die sämmtlichen während des Jahres verstorbenen Schlesier, seien sie dies nach Geburt oder Lebensstellung von irgend einiger Bedeutung an Factischem (einschliesslich der literarischen Thätigkeit) aus anderen Quellen sich ermitteln lässt; biographische Arbeiten hin- gegen, die, wenn auch nur kurz und skizzenhaft, ein Lebensbild der Verstor- benen bieten, können nur aus ihnen nahestehender Hand hervorgehen, und nur bei Zugebotstellung umfassender Matcrialien, ausnahmsweis und nicht gern, aus der Hand eines Dritten. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 27 da ab häuften sich auf ihn, den noch nicht 33jährigen Mann, Anerken nung und Ehrenbezeigungen aller Art aus Ferne und Nähe, von gelehrten Körperschaften und Regierungen; 1859 .ward er zum Medicinalrath und Mitglied des schlesischen Medicinal-Collegiums ernannt, schon 1854 war er ausserordentlicher Professor für Chirurgie und Augenheilkunde, 1856 ordentlicher und zugleich Direetor der gesammten augenärztlich-chirur- gischen Klinik geworden. Ausserdem war er Consiliar-Wundarzt am Fränkel’sehen, Oberwundarzt und nach Ebers’ Tode interimistischer erster Arzt des Allerheiligen-Hospitals. Die Feldzüge von 1864 und 1866 boten ihm Gelegenheit, sowohl zur umfassenden Ausübung seiner Metho- den dureh eigene Hand und die seiner Schüler, wie zur neuen Berei- cherung mit operativen Erfahrungen. Er ward 1867 zur Conferenz für Verbesserung des Militair-Medieinalwesens gezogen und erhielt den Titel Geh.Med.-Rath. Aber die aufreibende Thätigkeit und die Eindrücke auf den Schlachtfeldern Böhmens hatten auch diese energische und starke Natur unterminirt und seine schmerzvolle Todeskrankheit vorbereitet. Der 29. Juli 1868 war sein letzter Tag. Trotz der nur kurzen Jahre, die ihm vergönnt waren, übersteigt die Zahl der durch ihn vollzogenen Operationen 5000. Er hat durch die Gal- vanokaustik der befreienden und oft lebenrettienden Hand des Operateurs einen sicheren und fast schmerzlosen Zugang gebahnt in Tiefen des Kör- pers, wohin andere Instrumente, und selbst das bewaffnete Auge, nicht zu dringen vermochten. Und zwischen diesen Kranz von Lorbeer schlingt sich als weiches Band eine Reihe von Zügen des Gemüthes, insonders von freundschaftlicher Treue, die dem Fremden hinter der kalten und glatten Aussenseite verborgen blieben. — Diesen sechszehn wirklichen und zwei eorrespondirenden Mitgliedern welche schlesischer Rasen deckt, reihen zwei grosse Namen ausserhalb der Heimstätte unsrer Gesellschaft sich an: die Ehrenmitglieder v. Mar- tius und Sehönbein. Anderer Aufgabe wird es sein, das volle Bild ‘ihrer Persönlichkeiten und ihres Schaffens der Nachwelt vorzuführen; hier nur wenige Striche für das Gedenkbuch! Karl Friedrich Philipp Martius (seit der Rückkehr von der brasi- lianischen Reise: v. Martius), geboren am 17. April 1794 zu Erlangen, gestorben am 13. December 1868 zu München, steht unter den Botaui- kern, welche die Kunde von dem Pflanzenkleide unserer Erde erweitert haben, in erster Reihe. Sein dreijähriger Aufenthalt in Brasilien (1517 bis 1820), zusammen mit dem Zoologen Johannes v. Spix (fr 13206), hat die reichsten Früchte getragen, welche er, relativ kleinerer Arbeiten nieht zu gedenken, in einer Reihe von grossen Werken niedergelegt hat, die gleich sehr durch wissenschaftliehen Genius, wie durch Schönheit der Sprache und Darstellung ausgezeichnet sind: in der Reisebeschreibung 298 Jahres-Bericht (verf. mit Spix in Gemeinschaft, 3 Bde.), der „Physiognomie des Pflan- zenreiches in Brasilien“, der Naturgeschichte der Palmen, und der mib Stephan Endlicher 1839 begonneuen, noch unbeendeten Flora Brasi' liensis nebst deren grossen Vorarbeiten über die neuentdeckten Pflanzen und über die Kryptogamen Brasiliens; endlich, auf anderem Gebiete, in den „Beiträgen zur Ethnographie und Sprachenkunde Amerika’s, zumal Brasiliens“. Martius gehörte der königl. baierischen Akademie der Wissenschaften und der Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Natur- forscher an und war durch den Titel eines königl. baierischen Geheimen Rathes geehrt; seit 1520 war er Professor zu München, später auch Di- rector des dasigen, durch ihn berühmten botanischen Gartens. Sohn des Apothekers und Docenten der Pharmacie zu Erlangen, Ernst Wilhelm Martius, genoss er schon in seinem Jugendleben vielfältige wissen- schaftliche Anregungen“), besonders im Felde der Botanik, welcher der Vater mit Vorliebe oblag. Diese Richtung beherrschte ihn auch bei dem Studium der Mediein, dem er sich widmete; bald nach Bezug der Uni- versität gab er ein beschreibendes Verzeichniss der im botanischen Garten zu Erlangen vorhandenen Pflanzen, und im Jahre 1817 eine Flora kry- plogam. Erlangensis heraus. Niemals aber hat er sich in die blosse Spe- cialität verloren, überall leuchteten höhere Gesichtspunkte seiner For- schung, und das ist vielleicht ein Mitgrund, weshalb die naturalistische Richtung der Neuzeit ohne Einfluss auf ihn, und seine Weltanschauung einem persönlichen Gottessein und einer wahrhaftigen Geistiskeit zuge- wendet blieb. — Christian Friedrich Schönbein, verstorben am 29. August 1868 als Professor der Chemie an der Universität Basel, geboren am 18. October 1799 zu Metzingen in Würtemberg, ist der Entdecker des immerhin noch nicht ganz enträthselten allotropisch metamorphosirten Sauerstoffs, den er „Ozon“, das Riechende, benannte (1839), der Erfinder jener proteus- ähnlichen Substanz, der Schiessbaumwolle, und ihrer Auflösung in Aether, des Collodiums, von Schönb ein „Klebäther“ genannt, eines für die Wundarzneikunst und mehr noch für die Photographie wichtig gewor- denen Stoffes. Unter seinen Forschungen über die Farbenveränderungen der Körper unter dem Einflusse der Temperatur, über die chemischen Einwirkungen der Lichtstrahlen, über die Volta’sche Electrieität (später mit Grove zusammen), über den Sauerstoff u. a., waren die letztge- *) Der von dem Vetter des Verstorbenen, Hofbaudireetor Martius zu Ca- menz, gegenüber einem Mitarbeiter der „Schlesischen Zeitung“ aufgeworfene Zweifel: ob Martius auch Nees v. Esenbecks „Schüler“ gewesen, dürfte sich damit erledigen, dass Nees unter den in Martius’ Vaterhause Verkehrenden genannt wird. (Schles. Ztg, 1568 Nr. 6ll und 1869 Nr. 3.) U wLAERS ac ur Lf # der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 299 nannten die am meisten bevorzugten, und ihr vorhin erwähntes Resultat birgt wahrscheinlich Keime noch weiterer bedeutungschwerer Entdeekungen in sich, ja es wäre nicht unmöglich, dass daraus einst Erkenntnisse auf. gingen, dazu angethan, der gesammten Atomistik und Stofflehre, welche die Chemie und Physik zu ihrer Basis gemacht haben, ein arges Frage- zeichen zu stellen. Schönbein scheint einen Hauch jenes intuitiven Genius in sich getragen zu haben, welcher gleichsam durch die Rinde der Dinge wie durch Glas blickt und da Einiges erschaut, wohin die exacte Forschung auf dem langsamen Wege ihres Stollenbaues erst nach weiten Zeiträumen gelangt. „Er war“, sagt etwas dunkel ein Ungenannter, „vor Allem Naturforscher, darum konnte er nicht in gleichem Grade Gelehrter sein‘‘, und Dumas äusserte bei der Ankündigung seines Todes in der französischen Akademie über ihn: seine Arbeiten trügen alle den Stempel der Originalität und des Ueberraschenden; ‚er konnte nicht die sebahnte Heerstrasse einschlagen, er fand sich angezogen durch seltsame Untersuchungen und verwickelte Probleme, er schien geschaffen, um wissenschaftliche Traumgebilde zu verwirklichen.“ Ist es eine Folge hier- von, dass, wie Zarncke's literarisches Centralblatt (bei Besprechung des Lebensbildes Schönbein’s von Ed. Hagenbach, Basel 1868) rügt, Schönbein’s Arbeiten beiweitem noch nicht die Berücksichtigung bei der Aufstellung der neueren chemischen Systeme gefunden, die sie ohne allen Zweifel zu beanspruchen das Recht haben? „In der modernen or- sanischen Chemie ist es jetzt förmlich Sitte geworden, die Arbeiten und Theorien Sehönbein’s zu ignoriren, die aber sicherlich eins der schön- sten Blätter in der Geschichte der Chemie bilden werden, wenn manche der jetzt mit so grosser Zuversicht in die Welt gesandten Structurfor- meln den Weg alles Fleisches engangen sein wird.‘ Schönbein war zuerst Lehrling in einer chemischen Fabrik, bevor er, mit mancherlei Hindernissen, die wissenschaftliche Laufbahn antreten und verfolgen konnte; er studirte in Tübingen und Erlangen, wo Pfaff und Sehelling lehrien. Seit 1828 amtirte er zu Basel, scit 1835 als ordent- licher Professor der Physik und Chemie, seit 1352 nur der letzteren. Er ward Ehrenbürger der Stadt, Mitglied des grossen und des kleinen Ra. thes, sowie mehrer gelehrter Gesellschaften in- und ausserhalb der Schweiz. Somit wäre mein umflortes Amt, gleichsam eine Gräber- schau zu halten und mit der Fackel des Gedächtnisses die Stätten insgesammt zu beleuchten, welche wir im Vorübergange des Jahres nach und nach leer werden sahen, beendet. Erleichtert und verschönert ist es dadurch, dass es nicht forderte, von dem 300 Jahres-Bericht Schleier des De mortwis nil nisi bene Gebrauch zu machen. Eine bedeu- tende Reihe und eine Reihe Bedeutender unseres Kreises, scharf aus- geprägte, markige Individualitäten zumeist, ist aus dem Buche der Le- benden gestrichen und in das der gedenkenswerthen Todten eingetragen zu dauerndem Besitz. Ihre Namen werden unter uns lebendig, bleiben! Th. Oelsner. Inhalts-Verzeichniss der im Jahre 1868 erschienenen Abhandlungen. Abtheilung für Naturwissenschaften und Medicin. (Für 1867/68. Mit Tabellen.), Sanitätsrath Dr. J. Grätzer: Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege Breslaugsnne Jchnes18098. 3.02... elle: — Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege Breslau’s im Jahre 1866 . Prof. Dr. Galle: Ueber die Bahn des am 30. Januar 1863 beobachteten Meieors auzch die Atmosphäre... .... Nnneeunnensanenenen (Für 1868/69.) Sanitätsrath Dr. J. Grätzer: Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege Bresiauyssmnlahrer 180975 2... 2a N ee een ce Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: Ueber algenartige Einschlüsse in Dia- gentensundsüpersBildungzderselben 2.2 2... nenn, Prof. Dr. Galle: Ueber den gegenwärtigen Stand der Untersuchungen über die gelatinösen sogenannten Sternschnuppen -Substanzen ......... Staatsrath Prof. Dr. Grube: Mittheilungen über St. Vaast-la-Hougue und seine Meeres-, besonders seine Annelidenfauna. Beschreibungen Eimer Pyenoeonoiden und Crustaceen. . 2... ne... een Eror Dr. Br Cohn: Ueber Sternschnuppen.Gallert.................uere.- General-Lieutenant v. Jacobi: Nachträge zu dem Versuch einer systema- BschentOrdnunp der Agaveen....un. ru usenerosnaanunnueen Prof. Dr. F. Cohn: Untersuchungen über Insectenschaden auf den Schle- sischen Getreidefeldern im Sommer 1869 ............2s22sser2000 Seite. 61 Inhalts-V erzeichniss, Philosophisch-historische Abtheilung. Heft 1. Karl Kletke (Berlin): Die Verhandlungen des Herzogs Friedrich II, von Liegnitz, um seiner Haft bei seinem Sohne, dem Herzoge Heinrich, erledigt zu werden ........ 2.2 2... 00m. ara 2 Prof. Dr. Kutzen: Noch einmal über einen berühmten Brief Friedrichs des Grossen am Tage der Schlacht von Kelm..2.. wm Dr. H. Blümner und L. Weniger: Ueber ein von J. de Witte in der archäologischen Zeitung publieirtes Vasenbild .......... 2.2.7 Prof. Dr. Kutzen:; Die Main-Lmie \. 22... Sa re ee Hospitalarzt Dr. Hodann: Friedrich der Grosse und der Breslauer Arzt Dr. Trallest. 2... 22202. 3 ae RN lest U. Staatsarchivar Prof. Dr. Grünhagen: Der Reichstag zu Breslau und das Strafgericht des Kaisers Sigismund im Jahre 1420 ............... Ober-Bergrath Dr. Thiele: Ueber die Belagerung Breslau’s 1806-1807 ... (Für 1869.) Dr. CIE) Schü ck: Wilhelmiw. Humboldt und)Stein 21.2 u zer Dr. H. Markgraf: Der Liegnitzer Lehnstreit 1449—1469................. Prof. H. Palm: Schlesiens Landesdefension im XV., XVI. und XVII. Jahr- hundert. ya... Sr ah eye her Ser. ie Br — EEE Er ae an 2 ur + 2 Fa Ar bu ” 2 un” SEE Er GE TEE u el GERPE ERBE RT nn nd . “; e nes a SL wa LT aut AT u Ele, ne ee >. u a ME ee ne 2 re a en en en Fu a tr ee ie w Be ie .. a BE BL nun Fe u le ?. “r 5 . Bu . . ee me der 5 - a “ 2 un Aa E u I nz rn er . - En PP Ser - Ds - - Ei Su E an Ki > wer nr nr ET u”