RN R HARVARD UNIVERSITY \ IM VER I] © SH Mm TA W LIBRARY OF THE MUSEUM OF OOMPARATIVE ZOÖLOGY 412 Bougl Ab,114 3 Rs Br “ ‚ zZ we. - “ —r « - Ze ) \ > \ 2 . S 3 ? + r € Ya = = Nr A) P } 2 “% f De DC = Te oE 5 ); ) Jahresbericht AS TR der Naturforschenden Gesellschaft Araubündens. a Company su“ # A Zool0g9 %\ | en nn 26 1943 L18 Ä N Un 7 Neue Folge. I. Jahrgang. (Vereinsjahr 1854 — 1855.) 2 Zee gr - ‚Chur. Druck der Offizin von Fried. Wassal. \ 1856. ne _ ON, =, : ERST WA on NOS EO N a ZEN, WEN AN } e zz. YAniersdanudnl. | äh | I ) un u; . mu angill 1” ‚ale re | HE BERLTR KiRaEe te 0) f Fat ae $ Y h u ja Jahresbericht der \aturforschenden Gesellschaft Araubündens. ala Fulda I. Jahrgang. (Vereinsjahr 1854 — 1855.) CHUR, Druck der ÖÜfüizin von Friedr. Wassali. 1856. HI7A ET nenn 0, FEB 26 1948 IELLIS Inhalt. Seite, Vorwort . & B : c £ c 5 I I. Bericht über die Thätigkeit der naturforschenden Gesellschaft Graubündens im Vereinsjahre 1854—1855 . . ; : i . l II. Der Calanda. (von Professor &. Theobald) : : ! 7 II. Topographischer Ueberbliek über den Bernina-Gebirgs- stock und Beschreibung der Ersteigung seiner höchsten Spitze (von Forstinspektor Coaz) . ; > 44 VI. Ueber eine im Februar 1855 bei Chur beobachtete Desoria (von Dr. J. Papon) . a ; R ; 6% V. Nachtrag zu Alex. Moritzis Verzeichniss der Pflanzen Graubündens (von Ed. Killias) G i R : 7 VI. Resultate der Untersuchung einiger Stücke eines ge- räucherten Ochsenschlundes, der zu einer Ver- giftung Anlass gab (von Dr. Adolph v. Planta) . - 87 VII. Ueber das Vorkommen der Traubenkrankheit in Grau- bünden (von Friedr. Wassali, Präsident des land- wirthschaftlichen Vereines in Chur) BE - N | N > = Seite. 93 Der hier vorliegende Jahresbericht der Naturforschenden - Gesellschaft Graubündens verdankt seine Entstehung einem in der Sitzung vom 30. Januar 1855 gefassten Beschlusse. Es lag demselben namentlich der Gedanke zu Grunde, dass derartige Publikationen ebensowohl anregend auf die wissenschaftliche 'Thätigkeit eines Vereins rückwirken, als sie anderseits geeignet sind, ein grösseres Publikum für seine Bestrebungen zu interessiren. Unser bescheidenes Unternehmen tritt zudem keines- wegs als etwas ganz Neues auf, indem die Geseilschaft schon früher Jahresberichte veröffentlicht hatte, die aber leider bald wieder liegen gelassen wurden. Es mag daher hier am Platze sein, einen kurzen Rückblick auf die Geschichte des Vereines überhaupt zu werfen. Die Naturforschende Gesellschaft Graubündens gieng zunächst aus der nach langjährigem Wirken im Jahr 1813 entschlafenen Oekonomischen Gesellschaft hervor, wobei sie deren Hinterlassenschaft ererbte. Sie trat zuerst im Jahre 1824 unter dem bescheidenen Namen eines natur- wissenschaftlichen Lesevereines auf, an dessen Spitze Major Amstein und Dr. Pauli standen. Als nun im Jahr 1825 die schweiz. naturforschende Gesellschaft zu Solothurn u beschlossen hatte, für das folgende Jahr in Uhur sich zu versammeln, kam die Bildung einer naturforschenden Ge- sellschaft Graubündens zuerst in einem kleinen Kreise von Freunden der Naturwissenschaft in Malans zur Sprache und am 25. October 1825 wurde die constituirende Ver- sammlung durch Herrn Bundslandammann J. U. Sprecher v. Bernegg in Chur eröffnet. Die Hauptpfeiler der damaligen in Stadt und Land aus nahe an hundert Mitgliedern bestehenden Gesellschaft waren die Herren Major Amstein, Peter v. Salis-Soglio, Dr. Kaiser, Dr. Rascher, Hier. v. Salis, Dr. Eblin, Dr. Pauli, Dr. Gubler, Ulrich v. Planta und Prof. Röder. Zur Bibliothek und den naturgeschichtlichen Sammlungen wurde gleich im ersten Jahre der Grund gelegt, und dieselben später hauptsächlich durch Geschenke und Austausch, so- dann durch Ankäufe, (namentlich der Mineralien-Sammlung des Pater Placidus a Spescha in Dissentis) wesentlich bereichert. In monatlichen Versammlungen wurden Vorträge ge- halten, die insbesonders die naturwissenschaftliche Er- forschung; unseres Kantons zum Zwecke hatten; es wurden hierin, wie auch in topographischer Hinsicht manche tüchtige Arbeiten geliefert, wie solche schon früher im Neuen Sammler erschienen waren. Im Jahr 1829 wurden zur Hebung der bündnerischen Landwirthschaft, Viehzucht und Industrie Preisfragen aus- geschrieben mit Prämien von 1—6 Thaler. Das rühmlichst bekannte Bündn. Volksblatt, welches der Kanton durch einen jährlichen Beitrag von 300 fl. unterstützte, war Organ der Gesellschaft; der Garten des Regierungsgebäudes wurde vom Kleinen Rathe der Gesellschaft zur Verfügung gestellt und in einen botanischen Garten umgeschaffen. 11 So entwickelte die Gesellschaft in den ersten Jahren ihres Bestehens eine rühmenswerthe Thätigkeit, wie sie im gleichen Maasse sich später nicht mehr geltend machte, und ohne dass man sich von der Discussion rein wissenschaftlicher Fragen entfernte, war man zugleich bemüht, durch populäre Vorträge und Mittheilungen bildend und belehrend auf das Volk einzuwirken. — Damals er- schienen auch Jahresberichte, welche ein detaillirtes und erfreuliches Bild über die im Vereine herrschenden 'Thä- tigkeit geben. Anfangs der dreissiger Jahre jedoch unterlag die Gesellschaft dem Schicksale der meisten ähnlichen Vereine in der Schweiz. Die damaligen politischen Wirren wirkten auf unseren Verein derart lähmend ein, dass er seiner Auflösung nahe gebracht wurde. Die Zahl „der Mitglieder war bedeutend gesunken, Versammlungen fanden keine mehr statt, so dass der Vorstand einen dringenden Aufruf an die noch vorhandenen Mitglieder erliess, der dann zur Folge hatte, dass zu Ende des Jahres 1833 die Vereinsgeschäfte wieder aufgenommen wurden. Indessen mussten sie im Jahre 1838 aus Mangel an gehöriger Theilnahme abermals bis auf Weiteres eingestellt werden. Wie die schweizerische naturforschende Gesellschaft den ersten Antrieb zur Bildung der bündnerischen Section gegeben hatte, so erweckte sie dieselbe im Jahre 1844 aus ihrer Unthätigkeit durch den Beschluss, sich zum zweiten Male in Chur zu versammeln. Die Veteranen unter den bündnerischen Naturforschern traten zusammen, neue Mitglieder wurden aufgenommen, und so die Section zum Empfange der schweizerischen Gesellschaft hergestellt. Eine eigentliche Thätigkeit entwickelte der Verein jedoch erst im Jahre 1845, wo er in veränderter Gestalt und mit erweiterten Tendenzen auftrat, und wobei namentlich IV Herr Dr. Bernheim, damaliger Professor der Chemie und Physik an der Kantonsschule, eine rege Thätigkeit ent- wickelte. Die Gesellschaft gliederte sich nämlich in zwei Sectionen, eine wissenschaftliche und eine technische; jede derselben hatte ihren Director und getrennte Versamm- lungen; einzig in Generalversammlungen lag das Band. welches beide Theile zusammenhalten sollte. Nachdem die technische Section in der sehr befriedigend ausge- fallenen Industrieausstellung vom September 1846 ihren Höhepunkt erreicht hatte, gieng sie bald darauf wieder ein und die naturforschende Gesellschaft kehrte auf ihre ursprüngliche Basis zurück. Im Jahre 1848 wurde eine Revision der Statuten, wie solche jetzt in Kraft sind, vorgenommen, und so hat seither der Verein seine regel- mässigen Wintersitzungen gehalten, und sich neben der Behandlung rein naturwissenschaftlicher Fragen auch mit Gegenständen von mehr landwirthschaftlichem Interesse befasst. — Die Arbeiten deren Veröffentlichung wünschens- werth erschien, wurden von der Redaction des bündner. Monatsblattes bereitwillig aufgenommen, indem die Ge- sellschaft seit der Krisis in den dreissiger Jahren kein eigenes Organ mehr unterhalten hatte. Die regere Theilnahme, welche sich in unserem Kanton sowohl naturwissenschaftlichen Bestrebungen überhaupt, als in letzterer Zeit auch unserem Vereine zugewandt hat, lässt denselben bei der Veröffentlichung dieser Blätter hoffen, dass seine Mittheilungen auch in weitern Kreisen Anklang finden, und für manche Fachmänner nicht ohne Werth sein werden. So sehr auch in physiographischer wie in speciell naturhistorischer Hinsicht einzelne Gebiete unseres Kantons ihre Pfleger und Forscher gefunden haben, so ist doch keineswegs zu bestreiten, dass zu einem ganzen V Bilde unseres Landes das Material noch sehr lückenhafl bearbeitet ist. Und selbst von diesem ist Manches alıher- gebrachte Ueberlieferung, die der Sichtung bedarf, Manches das nicht immer genügende Resultat der Beobachtung durchreisender Gelehrter. Nehmen wir überdies die Ab- gelegenheit und geringe Zugänglichkeit mancher der interessantesten Punkte, verbunden mit der kurzen Dauer der für den Forscher günstigen Jahreszeit, so wird wohl Niemand verkennen, dass noch gar Manches geihan, und lange gearbeitet werden muss, bis den herrlichen Dufour’- schen Karten ein eben so vollständiges naturwissenschaft- liches Detail an die Seile gesetzt werden kann. So haben die geologischen Fragen, die in unserem Kantone ein besonderes Interesse erregen, noch keineswegs eine befriedigende Erklärung gefunden, und sind der Haupt- sache nach noch immer Räthsel geblieben. Von unserer Fauna sind mehr die grösseren und augenfälligeren Formen bekannt, da sie zunächst auch ein mehr praktisches Interesse erregen; dagegen ist die grosse Schaar der Insecten, Mullusken u. s. w. nur an sehr vereinzelien Punkten studirt worden; und namentlich hier ist zu bedauren, dass manche schätzenswerthe Resultate von Forschern, welche unser Land wieder verlassen haben, vielleicht für uns verloren gegangen sind. Bei der verhältnissmässig leichteren Pflege des Gegenstandes hat unsere reiche Flora von jeher den Sinn für Botanik bei uns geweckt; indessen sind es wieder mehr die Phanerogamen, welche bekannt wurden, während bei den Cryptogamen kaum über einzelne Klassen ver- einzelte Angaben und Beobachtungen vorliegen. So wird man leicht sehen, dass in unserem Kantone noch ein gewaltiges Material dem Scharfsinne und der Thätigkeit der Naturforscher geboten ist. Der Einzelne Be ist bei dem heutigen Stande der Wissenschaften einer solehen Aufgabe nicht mehr gewachsen, sondern es bedarf des Zusammenwirkens Vieler. Möge daher auch dieser kleine Beitrag zur Kenntniss unseres schönen Heimath- kantons nachsichtig beurtheilt und von weiteren Freunden und Pflegern der Naturkunde ihrer Unterstützung und Mittheilungen werth gehalten werden. Chur, im Januar 1856. Bericht über die Thätigkeit der naturforschenden Gesellschaft Graubündens im Vereinsjahre 1854—1855. Nach Ablauf der Sommerferien fand am 7. November vo- rigen Jahres die erste Wintersitzung im Locale des Hrn. Dönier statt, wobei die Vorstandswahlen vorgenommen und folgender- massen bestellt wurden: Präsident: Herr Forstinspeclor Coaz. Vicepräsident: „ Dr. Kaiser. Actuar: „» Dr. Cassian. Quästor : „ Controlleur Bernhard. Assessoren: » Dr. Papon. „ Dr. Mosmann, Die Anzahl der Gesellschaftsmitglieder belief sich auf 44 (wovon 4 auf dem Lande). Im Ganzen wurden bis Ende Mai 1855 ausser einem ge- meinschaftlichen Festessen im weissen Kreuz, 14 Sitzungen gehalten, in welchen folgende Vorträge stattfanden : 2 1. Von Herrn Professor Theobald: Über den Bernina. ss » Forstinspector Coaz : Über Pilzbildungen in den Fichtennadeln. 3: I „ Rg.R. Wassali: Über die Traubenkrankheit nach Granier de Cassagnae. 4 u „ Killias: Über den Generationswechsel einiger Entozoen, Dre „ Professor Theobald: Über die geognostische Bildung des Calanda. 6,5 „ Dr. Papon: Über fremde Körper im Schnee. TRIZIR: ‚„. Professor Theobald: Über die europäischen Schlangen. Ss „ Dr. Cassian: Über die Alpenseen der Schweiz. Ga: „ Professor Theobald: Über Verbreitung der Culturpflanzen. 10, 5, „ Killias: Über den Blutkreislauf. Ausserdem wurden von der Gesellschaft folgende Anträge discutirt und zum Beschluss erhoben : I. Herausgabe eines Jahresberichtes. Derselbe soll im Allgemeinen folgende Puncte berücksich- tigen: 1) Einen Bericht über die jedesmalige Thätigkeit der Ge- sellschaft während des verflossenen Jahres. 2) Nachricht über neu angeschaffte oder sonst zugekommene litterarische Hülfsmittel und Naturalien. 3) Mittheilungen aus dem Gebiete der Naturkunde, mit be- sonderer Berücksichtigung unseres Kantons, namentlich auch meteorologische Beobachtungen. Abhandlungen landwirthschaftlichen und technischen Jn- haltes. 4 u 3 5) Angaben über Fundorte von Naturalien in unserem Kanton. 6) Bibliographische Notizen, Necrologe u. drgl. 7) Preisfragen und anregende Ausschreibungen naturhisto- rischer Gesellschaften, Zu Redactoren für den ersten Jahrgang des Berichtes wurden erwählt die Herren: Coaz, Prof. Theobald, Dr. Papon und Killias. (Beschluss vom 30. Jan. 1855.) 11. Anlegung eines botanischen Gartens. Veranlassung hiezu gab die Bewilligung des hochl. Kl, Rathes an die Gesellschaft, den Regierungsgarten zu einem botanischen umzuwandeln, wobei gleichzeitig der für den früheren Gärtner ausgesetzte Gehalt auf den Gesellschaftsgärtner übertragen wurde. Von Seite des Vereines wurden für die nothwendigen Anlagen 200 Fr. vom Gesellschaftscapital zugestanden, und die bei der Redaction des Jahresberichtes genannten Herren mit der Realisirung des Planes beauftragt. (Beschluss vom 13. März 1855). Die bisherige ökonomische Eintheilung des Gartens musste zur Gewinnung des nöthigen Raumes durchaus abgeändert wer- den, um die Gewächse nach den natürlichen Familien zu grup- piren. Die ganze Cultur bezieht sich zunächst auf keine andere als ım Freien überwinternde Pflanzen, indem das frühere Ge- wächshaus gegenwärtig zu andern Zwecken dient. Neben ei- nigem botanischen Material, das sich im Garten vorfand, sowie mehreren dankenswerthen Beiträgen hiesiger Privaten, waren es besonders reichliche Zusendungen an lebenden Pflanzen und Sämereien des botanischen Gartens in Genf (durch Herrn Di» rector Reuter) und des botanischen Gartens in Zürich (durch Herrn Professor O. Heer), welche genügenden Stoff für die & erste Aulage darboten. Nochmals drücken wir an dieser Stelle den gedachten Anstalten unsern besten Dank fur ihre freund- schaftliche Unterstützung aus. Leider gieng durch die Verzögerung der ersten Erdarbeiten und die ungünstige Witterung des Früh- lings Manches wiederum zu Grunde, sowie es bei den viel- fachen und zeitraubenden mechanischen Vorkehrungen noch nicht möglich war, dem äusseren Ansehen des Gartens die ge- hörige Sauberkeit und Schönheit zu verleihen. Hiezu kommt noch, dass bei der Beschränktheit des Raumes die Vertheilung von (namentlich strauchartigen) Zierpflanzen nicht sehr reich- lich ausfallen durfte, und viele Gewächse erst nachdem sie besser Wurzel gefasst haben, auch ein günstigeres Ansehen gewinnen werden, Ein besonderes Augenmerk ist bereits auf die Cultur unserer Alpenflora gerichtet worden; dieselbe ist jedoch bei der kaum nachzuahmenden Combination von Bo- denmischung und äusserer Temperatur keineswegs. leicht, und im Ganzen scheinen sich nur wenige Species bei der Ver- setzung in die Tiefe wohlzubefinden. Die betreffenden Erfah- rungen hierüber sollen seiner Zeit mitgetheilt werden. II. Aufnahme von Gesellschaftsmitgliedern auf dem Lande. Es wurden zu diesem Zwecke vielfache Zuschriften auf das Land erlassen; doch wurde diese Bestrebung, die naturfor- schende Gesellschaft zu einer wahrhaft cantonalen zu machen, bis jetzt noch von keinem besonderen Erfolge gekrönt, wie die geringe Anzahl von Mitgliedern auf dem Lande beweist, — 2 vorm v Mitglieder der Gesellschaft. (Im Januar 1856.) a. In Chur ‚wohnhaft. Bärtsch Kupferschm, Bavier Sim,, Bürger- meister, Bavier S., Jngenieur, Bavier Ed., Dr. Bernhard, Standes- buchhalter, Camenisch S., Stadt- förster, | CGhallandes, Stabsma- jor. Gajöri, Stadtbaumei- ster. | Gassian Dr., Profess. Gaviezel Rudolf. | Coaz, Forstinspector. Darms, Photograph. Depuoz, Ingenieur, Fischer Fr. A,, Inge- nieur. Hilty Dr., Advokat. Hold H., Advokat. Kaiser, Dr. Killias, Dr. 21. 22. 23. 24, 25. 26. We 28. ar | 30, 31. | 32, 30. 34, | 35. ' 36, 3. 38, I 39, 40. 41. 2m. 2) . Herr Albert, Goldschmied, | 20, Herr la Nieca, Oberst, de Latour, Reg.-Rath, Lorez, Pfarrer, Lorez, Kreisrichter. Manni, Forstadjunct. Mengold, Jngenieur, Morath, Kaufmann. Mosmann Dr, Pro- fessor. Olgiati, Apotheker. Papon, Dr, v, Planta, Reg.-Rath. v, Planta, Oberst. v. Planta, Dr. v. Planta, Major. v, Rascher, Dr. v. Salis Gaud., R.-R. v. Salis J,, Oberst in Jenins. Schlegel, Lehrer. v, Sprecher Peter. Tester, Actuar, Theobald, Professor. v. Tscharner Friedr, Wassali, Reg,-Rath. fer) b, Ausserhalb der Stadt. 43. Herr Amstein Dr. in Zizers. | 49, Herr v. Salis, Ingenieur in 44. 49. 46. AT. 48. ” Andeer, Pfarrer in Bergün. Bernhard, Apotheker in Samaden. Brügger, Engelhard, in Churwalden. Emmermann, Förster in Samaden, | DR Nicolai, Lehrer inBer- gün, | 50, ı 91. 50. Splügen. Stocker, Secretair in Zurich, Valär, Major in Rei- chenau. Vital, Pfarrer in Pon- tresina. Walser Ed., Hauptm, in Seewis, ul, Der Calanda (von Professor @, Theobald). Wer das Rheinthal bei Chur gesehen hat, der kennt den Calanda, den mächtigen Gebirgsstock, der dieses Thal im Westen und Nordwesten begrenzt. Seine bedeutende Höhe (8650 Fuss), sowie die eigenthümliche Gestaltung seiner Fels- bildungen, lassen ihn dem Fremden auf den ersten Blick auf- fallen; die fortwährend mit Einsturz drohenden Bergmassen von Felsberg haben ihm eine gewisse Berühmtheit auch in weiteren Kreisen verschafft; aber auch der Bewohner der nächsten Umgebung wendet die Blicke oft nach dem heimath- lichen Gebirgsstock. Seine waldigen Gehänge, die kühn auf- steigenden Felsenbänder, die an ihm herablaufen, die zackigen Kämme, welche seinen Gipfel krönen, machen auf das Auge einen eignen immer wechselnden Eindruck, mag man den Berg sehen, wenn die Morgensonne seine Felsengipfel röthet, oder wenn sie glänzen im hellen Sonnenlicht, oder wenn die be- schneiten Spitzen im Mondlicht auf das Thal herabschauen. Dazu ist der Calanda eine Art Wetteranzeiger für die Gegend. Wenn dicke Wolkenbänke tief an ihm herziehen, sagt man Regen voraus, schönes Wetter wenn die Spitzen klar erschei- nen, Gewitter oder Schneefall wenn sie sich mit weissem Duft umhüllen, und wenn der Schnee dort oben in phantastischen Gestalten aufwirbelt, dann kommt der Föhn heran, der das 8 Eis bricht und die Gebirge fegt. Auch in technischer Bezie- hung hat der Calanda einige Bedeutung erlangt, denn an ver- schiedenen Stellen wurde an ihm Bergbau auf Gold und Kupfer versucht, wiewohl ohne bedeutenden Erfolg; dagegen liefert besonders der untere Theil geschätzte Bausteine, Der Calanda ist ein letzter Ausläufer der Dödikette und ein Theil jenes Systems von Gebirgen, welche die Gegend des Wallensees und Glarus mit steil abfallenden, dem Centrum zugekehrten Schichtenköpfen umgeben, so dass dieser Mittel- punct fast das Ansehen eines gewaltigen Erhebungskraters er- hält. Es bildet unser Bergstock, mit seinen Vorhöhen bei Ragaz, einen weit nach Nordost vorgeschobenen Posten, Er wird von den höheren Bergmassen des Sardonagebirgs und der grauen Hörner durch den Kunkelser Pass und das Thal der Tamina getrennt, und bildet so eine lang elliptische Gebirgsinsel für sich, den einen, fast senkrechten Abhang mit den Schichtenköpfen nach NW,, die sanftere, aber immer noch steile Abdachung in der Richtung des Schichtenfalles nach SO, gegen das Rheinthal gekehrt, kann aber, was seinen inneren Bau betrifft, von jenen Bergen nicht getrennt werden. Man sollte denken, ein so vereinzelter, im Ganzen ziem- lich zugänglicher Gebirgsstock, müsste längst in allen seinen Theilen erforscht und bekannt sein. Diess ist aber nicht der Fall; ausser dem, was Escher und Studer in ihrer Geologie der Alpen mittheilen, ist bis jetzt darüber wenig bekannt ge- worden, Auch gegenwärtige Blätter machen keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sollen nur als Anfang genauerer Studien gelten, welche ich in der nächsten guten Jahreszeit zu vollenden gedenke. Diejenigen, welche die Schwierigkeiten der Alpengeologie kennen, werden es verzeihlich finden, dass ich die bis jetzt gemachten Beobachtungen veröffentliche, noch ehe sie zum völligen Abschluss gekommen sind. Ich habe an einem 9 grossen Theil des Gebirgs Schichte für Schichte untersucht, aber der Mangel an guterhaltenen und kenntlichen Versteine- rungen setzte bis jetzt der sichern Bestimmung und Deutung des Einzelnen fast unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen, Doch werden diese Untersuchungen vielleicht Andern willkom- men sein, und sie zu weiteren Beobachtungen veranlassen. Der Calanda besteht nur aus geschichteten Gesteinen; ein Durchbruch plutonischer Massen ist nirgends nachgewiesen, Wenn gleich es wahrscheinlich ist, dass in der Richtung von Tamins über den Kunkelser Pass und Vättis sich solche finden, so sind si wenigstens nicht zu Tage ausgehend, von geschich- teten Felsarten, oder von Schutt bedeckt. Die Basis des Berges besteht aus Verrucano, der allerdings an manchen Stellen dem Gneiss, an andern dem Grünstein sehr ähnlich sieht. Am Calanda selbst fällt diese Felsart steil nach SSO. und SO, ein, und auf ihr liegen eben so einfallend Do- lomit, Schiefer, Kalk u. s. w., über deren geognostische Stel- lung aus oben angegebenen Gründen zum Theil noch ein schwer aufzuhellendes Dunkel liegt, Zwei Anhaltspunkte sind jedoch mit Bestimmtheit gegeben. Der eine ist der genannte Verrucano, eine Felsart, welche in den Alpen sehr vielgestaltig auftritt und bald als grobes CGon- glomerat, bald als feiner Sandstein oder auch als Schiefer er- scheint, roth, grau, grün, gelb u, s. w., und den man in neuerer Zeit ziemlich allgemein als ein Aequivalent des bunten Sand- steins, mithin als der Trias angehörig, betrachtet, weil man auf der italienischen Seite der Alpen darin Versteinerungen des bunten Sandsteins gefunden. Als andern Anhaltspunct kann man den Nummulitenkalk und Schiefer von Pfäfers und Ragaz ansehen. Die zwischen beiden liegenden mächtigen Schichten müssen dann als Vertreter der übrigen Triasbildungen (Mu- schelkalk und Keuper) der Juragebilde und Kreideformation 10 angesehen werden. Die Grenze des Verrucano ist ziemlich gut aufgeschlossen oberhalb Felsberg am Wege nach Tamins; die Grenze der Jurabildungen setzt die geologische Karte von Escher und Studer bei Haldenstein, so dass das Felsenband, welches vom Schloss Lichtenstein sich schief aufwärts gegen die Ca- landaalp zieht, als unterster Theil der Kreidebildungen anzu- sehen wäre, wozu dann auch ein Theil der Hörner gehören würde. Die Felsen zwischen Haldenstein und Felsberg wären demnach Jurakalk, was auch durch aufgefundene Versteine- rungen bestätigt wird. Dieser durchsetzt die ganze Bergmasse und der grösste Theil des steilen Abhanges auf der Seite des Taminathales und Kunkelser Passes besteht daraus, Die Num- mulitenbildungen beginnen bei der unteren Zollbrücke, wo sie der Kreideformation aufgelagert sind, die Höhe des Pizalun und den unteren Theil des Taminathals bilden, und hier die Tamina überspringen, Die Schlucht von Pfäfers ist in sie ein- geschnitten. Ihnen ist weiterhin Flysch aufgelagert, mit welchem der ganze Bergzug in der Sarganser Ebene endet, Nach dieser allgemeinen Uebersicht gehen wir an die Be- trachtung des Gebirges im Einzelnen, und zwar so, dass wir in einer gewissen Reihenfolge, welche auch der Formations- folge entspricht, erst die östliche, dann die westliche Seite betrachten, einmal desshalb, weil es so am leichtesten ist, der Beschreibung zu folgen, und dann, weil noch nicht alle Theile des Bergzuges haben untersucht werden können ‚welche wir auf diese Art andern Forschern am besten zu bezeichnen im Stande sind. 1) Foppa oder Gürsch bei Tamins. Nordwestlich von Reichenau, wo der Vorderrhein sich mit dem Hinterrhein ver- einigt, liegt das Dorf Tamins am Ende einer Kette scharfkan- tiger und zerrissener Hügel, auf deren einem die Kirche des Ortes steht, ausgezeichnet durch solche romantische Lage und weithin das Thal überschauend. Reichenau selbst liegt auf m Dolomitfelsen, an welchen die Kraft der zusammentreffenden Ströme sich bricht, deren Lagerungsverhältnisse aber so eigen- thümlich erscheinen, dass sich darauf Schlüsse bauen lassen, auf welche im Augenblick noch nicht eingegangen werden kann. Eben so liegt 'Famins noch theilweise auf Dolomit. Dicht hinter dem Dorfe erheben sich, steil nach SSO, einfallend, hohe Felsen von Verrucano und auch der obere Theil des Ortes liegt schon auf dieser Felsart, Es erscheinen diese Felsen schon von Weitem als grünlich-graue Massen, durch Farbe und Ge- stalt durchaus verschieden von dem umliegenden und überla- gernden Kalk und Dolomit, Geht man etwas weiter in nördlicher ' Richtung, so finden sich rechts einige sehr starke Quellen am Fusse der oben genannten felsigen Hügel, und weiterhin schliessen diese die vordere Seite eines Amphitheaters von Feisen, die in senkrechten grauen Wänden ringsum ansteigen, und durch welche sich in nördlicher Richtung der Pfad auf- wärts schlängelt, welcher über den Kunkelser Pass nach Vättis und Pfäfers führt, Rechts von der tiefen, wilden Schlucht, durch welche dieser Weg geht, bestehen die Felsen aus Do- lomit und gehören dem Calanda an, links sind es die letzten vorgeschobenen Klippen des Sardonagebirgs, die in wild zer- rissenen, von Klüften und Höhlen durchfurchten Massen, eben- falls aus Dolomit gebildet, den Weg überragen. Diese Klippen bilden nun eine tiefe Einbiegung nach Westen und vollenden so mit dem Verrucanofelsen von Tamins den genannten Circus, der la Foppa (die Grube) oder Gürsch heisst, Der Hinter- grund desselben ist dicht bewaldet, im Vordergrund ist eine kleine angebaute Fläche; das Ganze ist mit Schutt gefüllt; dass aber der Verrucano unten durchsetzt und dem Wasser das tiefere Eindringen verwehrt, scheint aus der theilweise sumpfi- gen Beschaffenheit des Bodens und den ausströmenden Quellen hervorzugehen. Vielleicht kommen diese auch aus einer mit 2 12 dem Kunkelser Pass zusammenhängenden Spalte. Der Verru- cano von Tamins ist von sehr wechselnder Beschaffenheit, im Ganzen wohl geschichtet. Dicke Bänke eines grünlich grauen Conglomerats wechseln mit dünnblättrigen Schiefern. Das Conglomerat besteht meist aus scharfeckigen kleinen Quarz- fragmenten, durch ein talkiges und chloritisches Bindemittel verkittet. Man findet auch viel weissliche und grünliche Feld- spattheile darin, und der Chlorit scheidet sich hie und da massenweise aus, auch Glimmerblättchen finden sich vor, so dass das Gestein bald einem Gneiss oder Protogyn, bald einem Talk oder Chloritschiefer gleicht, überhaupt so ziemlich den Character einer metamorphischen Felsart trägt. Die zwischen- gelagerten Schiefer sind theils chloritisch und dunkelgrün, theils heilgrün, mehr talkig und honig, theils auch gelb und fast weiss, mit glänzendem Talkanflug auf den Schieferflächen. Die einen wie die andern Formen des Verrucano sind mit zahl- reichen Quarzschnüren durchzogen, und enthalten zum Theil Bergkrystalle. Von Versteinerungen fand sich bis daher keine Spur. Beim Aufsteigen durch ein etwas schwer zugängliches To- bel am Eingang der Foppa fanden sich folgende Verhältnisse (von unten auf): 1) Schutt. 2) Grobkörniger Verrucano mit grünlichem Schiefer wechselnd. 3) Gelber Talkschiefer, in den obern La- gen in’s Weissliche übergehend, 4) Diesem aufgelagert ein gelblicher schieferartiger Kalk mit Lagen eines quarzigen CGon- glomerats und grünlichen oder weisslichen Talkschiefern wech- selnd. 5) Dolomitconglomerat, wahrscheinlich eine locale Bil- dung. 6) Dolomit von grauer Farbe, aussen gelblich bestäubt. 7) Graue, gelbe und röthliche Schiefer, schlecht aufgeschlossen, 8) Grauer Kalk mit muschligem Bruch, Belemnites hastatus enthaltend, 9) Hohe Felswände von grauem Dolomit, welche 13 die Spitze des Taminser Berges bilden. Diese Felsarten fallen alle nach SO. ein, je mehr man sich aber nach Westen wen- det, desto mehr geht das Einfallen in südliches und theilweise südwestliches über. Steigt man über diese Kämme, so senken sie sich nach NW, in ein enges Thälchen, in welches man über Dolomit hinabsteigt. Ein Bach kommt von N. her und bildet zahlreiche Fälle über grauen Kalk, Dieser enthält wieder Belennites has- latus, so wie eine kleine Auster mit wellenförmig gebogenen Rändern, Spuren von Pentakriniten und andere undeutliche organische Reste. Die jenseilige steile Felswand bestehi aus eben diesem Kalk, den wir kurzweg Belemnitenkalk nennen wollen, und dem wir noch oftmals begegnen werden. Er fällt südlich, etwas weiter nach rechts südsüdöstlich ein, so wie auch der nahe dabei anstehende Dolomit, welcher darauf liegt. Weiter habe ich das Gebirg hier nicht untersucht, Unten in der Foppa, wo die Schichten südöstlich fallen, ist die Untersuchung durch Trümmerhalden sehr erschwert, aber auch hier geht der Verrucano nachgerade in gelben Schiefer und Conglomerate über, dann folgt Dolomit und talkig schie- ferige Kalkschichten. Die übrige Formation ist unstreitig die- selbe wie oben, doch habe ich die oberen Schiefer und den Belemnitenkalk hier noch nicht anstehend aufgefunden, weil die Stellen, wo sie normaler Weise vorkommen müssten, ver- schüttet sind, In dem Schutt finden sich indess zahlreiche Trümmer davon, welche ihr Dasein beweisen, Der Hintergrund des Circus besteht aus Dolomit. Mächtige Schutthalden ver- hindern, die Grundlage der Formation zu sehen, Wir haben hier also zweierlei Schiefer und zweierlei Do- lomit, Der untere Schiefer gehört zum Verrucano, der obere liegt auf den Dolomitschichten, welche zunächst auf den Ver- rucano folgen, und als untere Dolomite bezeichnet werden 14 können, Der obere Schiefer gehört nach Analogie anderer Orte zur Unterjuraformation, der Belemnitenkalk ist wohl, nach Belemnites hastatus zu schliessen, Oxfordkalk, und zwar von dem untern Stockwerk, Callovien, während der obere Dolomit die obere Oxfordgruppe, so wie überhaupt den obern Jurakalk darstellt. Die Foppa selbst aber erscheint als Ende des Ta- minalhales, welches bei Ragaz mit dem tiefen Einschnitt von Pfäfers beginnt, sich dann in dem Vättiser Thal zum breiten Thalgrund erweitert und an den oben behandelten Stellen sich wieder in die schmale Spalte des Kunkelser Passes zusammen- zieht, um sich noch einmal zum Felsencircus zu erweitern, der eine Lücke im Gebirg bildet, Das Auftreten des Verrucano in dieser Richtung, scheint auf die Wirkung mächtiger Kräfte hinzuweisen, welche die tiefer liegenden Gesteine emporgeho- ben, das Gebirg gesprengt und so den Galanda isolirt haben. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass man bier noch eruptive Gesteine finden wird. Die Hugelkette vor der Foppa aber, der Kirchenhügel von Tamins, die Hügel ım Thalgrund von Rei- chenau und Ems können mit ziemlicher Sicherheit als eine bei dieser Erhebung herabgesunkene Bergseite, als Reste eines gross- artigen Bergschüpfes angesehen werden, der über die glatte Fläche des Verrucano herabgeglitten, als das Stück Gebirg, welches an dem südwestlichen Ende des Calanda fehlt. 2) Die Strecke von Reichenau bis Felsberg. Folgt man von Reichenau aus dem Rhein abwärts, so befindet man sich fortwährend aufDolomit, dessen Lagerung ziemlich un- regelmässig ist, so dass auch hierdurch die Ansicht von einer herabgesunkenen Bergseite unterstützt wird. Indessen ist doch noch Schichtung und südöstliches Fallen zu erkennen. Dasselbe ist der Fall, wenn man von der Foppa aus den waldigen Kamm übersteigt, welcher diese von dem Rheinthal trennt. Hoch über dem Walde steigen wild zerrissene Dolomitwände an, 15 welche noch einer näheren Untersuchung bedürfen. Indessen gelangt man bald zu einer Einbucht und in deren Hintergrund in eine Rüfe, wo grüner Verrucano ansteht, mit steilem Fallen nach SSO. Derselbe ist die Fortsetzung des Verrucano von Tamins, von welchem er durch die Foppa getrennt ist, Das Gestein hat ungefähr dieselbe Beschaffenheit, wie oben be- schrieben worden, und von der plattenförmigen Lagerung der Felsenbänke heisst die Stelle „an den Platten“. Der Weg durch die Rufe auf den glatten Schieferflächen ist ungangbar, man kann aber auf der östlichen Seite derselben an den plat- tenförmigen Schichten hinaufkommen, wo man denselben Wech- sel der Gesteine gewahrt wie bei Tamins, Die oberste Verru- eanoschichte ist wieder gelber Talkschiefer, dann folgt nach oben gelber Kalk mit Talklagen von gelber und grüner Farbe, so wie mit dünnen Schichten von einem quarzigen Conglomerat wechselnd, welches ebenfalls viel Talk enthält. Es folgt eine Lage Dolomitconglomerat, in das vorige übergehend, dann gelber Dolomit, endlich eine steile, an dieser Stelle unzu- gängliche Felswand von grauem Dolomit mit viel Quarz und Bergkrystall. Die Dolomitschichten fallen wie der Verrucano nach SSO. Für den Botaniker mag bemerkt werden, dass auf den Verrucanoschichten Asplenium adianthum nigrum, und auf dem Dolomit am Fusse der obern Felswand Allium fallax steht. An der Dolomitwand läuft Wasser herunter, und darum hat sich in den Spalten eines Quarzganges ein Protococeus ange- siedelt. An dieser Stelle ist mit bergmännischen Instrumenten ein Loch in den Quarz gebrochen — die Alge wurde für ein Kupfererz angesehen — ein Beispiel ehemaliger bergmänni- scher Intelligenz. Man scheint indess diesen Schürfungsver- such bald aufgegeben zu haben. Etwas östlich von der genannten Stelle an den Platten zieht der Verrucano als eine auf der westlichen Seite steil abge- 16 brochene, sonst aber schieferig glatte Felsenmasse bis zum Rhein hinab. Er besteht hier meist aus grünem Schiefer, die obersten Lagen wieder aus gelbem Talkschiefer. Auf diesen folgt ein gelber Kalk, in dünnen Schichten wechselnd mit quarzig talkigem Conglomerate, rein weissen Quarzschichten und Lagen von dünnschieferigem durchscheinenden Talk von grüner Farbe, dann ein mehr dolomitisches Conglomerat. Diese letzteren Felsarten, so wie die darunter liegenden Verrucano- schichten biegen sich hier plötzlich knieförmig um, ihre Schich- tung wird verbogen und verdreht, und sie gehen aus dem bisherigen südöstlichen Fallen auf kurze Erstreckung in nord- westliches über. Dann folgt, diesen verbogenen Schichten auf- gelagert, gelber und grauer, äusserlich gelblich bestäubter Dolo- mit, welcher eine ansehnliche Felswand bildet und anfangs auch nördlich einfällt. Es erscheint nun eine Einknickung und eine tiefe Spalte, worauf die Dolomitschichten, die hier mit grauem, doch auch dolomitischem Kalk wechseln, wieder in das alte südöstliche Fallen übergehen. Auf diesem Dolomit liegt weiter oben wieder gelber Kalk, dann folgen die schiefrigen Bildun- gen der goldenen Sonne und über diesen Belemnitenkalk und mächtige Dolomitwände, also ganz wie jenseits der Foppa, Das oben genannte Knie ist an der zuerst beschriebenen Stelle bei den Platten nicht vorhanden, weil es durch Einsturz wegge- rissen ist, wovon die Lücke im Gebirg und die Trummerstücke unten am Rheinufer Beweis geben, es ist aber weiter oben, selbst noch in den Gruben der goldnen Sonne bemerklich, Ueber die eingeknickte Stelle führt ein steiler Fusspfad auf- wärls. Ehe wir die weiter oben liegenden Bildungen betrachten, wird es zweckmässig sein, den weitern Verlauf der Verrucano- schichten zu verfolgen. Dieselben ziehen von hier schief ab- wärls gegen Felsberg und fallen steil unter die Thalsohle ein. 17 An dem Pfade, der von den Platten nach Felsberg führt, be- stehen sie meist aus grünem und grauem Schiefer, weiter ab- wärts kommen einige Rufen herab, in denen sich Schiefer mit Schwefelkies und graue Kalkgerölle mit Belemnites hasta- tus finden. Die Belemniten sind wie überall am Galanda in weissen Kalkspath umgewandelt, Wir werden alsbald sehen, woher sie stammen. Noch näher bei Felsberg tritt der Ver- rucano noch einmal als steile Felswand auf, und zwar in mas- sigen Bänken von graugrünem Gonglomerat, welches aus (Juarz, Feldspath, Chlorit und Talk besteht, und sonst krystallinisches Gefüge hat, auch kleine Hornblendeblättchen scheinen einge- mischt, und Pistazitschnüre von apfelgrüner Farbe durchziehen es. Die Felsart hat hier auffallende Aehnlichkeit mit dem Diorit vom Hörnli in Erosa, und man ist versucht, sie fur ein Eruplivgestein oder wenigstens für ein stark durch Liefer lie- gende Gesteine metamorphosirtes zu halten. In den aufgela- gerten grünen Schiefern, welche bald chloritisch, bald talkig sind, finden sich Granaten, Weiterhin ist der Verrucano durch mächtige Schutimassen bedeckt, erstreckt sich aber jedenfalls unter diesen her bis dieht vor Felsberg. Nicht weit von der oben beschriebenen Kniebeugung der Schichten, in ziemlich bedeutender Höhe, erscheint ebenfalls jener massive chloritische Verrucano mit Epidot und viel Quarz. Der Chlorit ist hier zum Theil in kleinen Nestern ausgesondert und giebt der etwas heller gefärbten Felsart ein grünfleckiges Ansehen. An beiden Orten ist diese äusserst hart. Wenden wir uns nun zu den höher liegenden Gebilden. Auf dem Dolomit, welcher über dem Verrucano liegt, und den wir als untern Dolomit bezeichnen, liegt ein System von schie- ferigen Gesteinen, welche wir nach einem alten Goldbergwerk „Schiefer der goldenen Sonne“ nennen wollen. Diese verlas- sene Grube befindet sich ziemlich hoch am Abhange des Calanda (1312 Meter nach Dufours Karte), etwas rechts auf- wärts von den Platten. Es führt von Felsberg aus ein Weg dahin durch Buchen- und Tannenwälder, aber hier ist alles so mit Trümmern und Vegetation bedeckt, dass wenig Bestimmtes und Zusammenhängendes zu erkennen ist. Besser erscheint die Folge der Formationen in einigen Rüfen und Tobeln, so wie beim Aufsteigen von dem Knie bei den Platten, zum Theil kann man sie auch noch in der Grube selbst auffinden. Durch Zusammenstellung verschiedener Beobachtungen ergiebt sich im Allgemeinen Folgendes. Auf dem untern Dolomit liegt zunächst noch einmal gelber Kalk, dann folgen: 1) Rothe und graue Schiefer, nach Trummerstücken zu schliessen, da die Stelle selbst überall verschüttet ist. 2) Graue glänzende, dem Glim- merschiefer ähnliche Schiefer mit Glimmer und Talk. 3) Graue Schiefer, weniger glänzend. 4) Gelbe Talkschiefer mit Schwe- felkies; sehr mächtig. 5) Graue, gelbe und grünliche Schiefer mit sehr grossen Quarzmassen, die ebenfalls Schwefelkies ent- halten. 6) Graugrüne Schiefer, worin die Gruben stehen, wie die folgenden mit viel Quarz, Schwefelkies, Magnetkies und Kalkspath. 7) Graue glänzende Schiefer, 8) Grauer und grün- licher Schiefer. 9) Grauer Kalkschiefer. 10) Gelblicher Kalk- schiefer mit gelben und weissen Flecken und Streifen, 11) Grauer Kalkschiefer, allmälig in dickere Schichten übergehend. 12) Belemnitenkalk. 13) Schieferiger Dolomit. 14) Dolomit in dicken Schichten gleich dem bei Felsberg. Es liessen sich noch mehr Abänderungen der Schieferbildungen anführen; doch sind die obigen die hauptsächlichen. Keine dieser bunten Schichten sieht ganz der andern gleich. In dem sogenannten Quellentobel, wo unter hohen Buchen auf dem Wege von Felsberg her einige starke Quellen auf den Schiefern entsprin- gen, sind die untern Partien der Formation ziemlich aufge- schlossen, und in dieser düsteren Schlucht sollen in neuerer 19 Zeit einige Stückchen Gold aufgefunden worden sein. Weiter oben kommen einige Rüfen von den Gruben herab, die auch ziemlich gute Beobachtungen zulassen, namentlich finden sich hier die gelben schwefelkieshaltigen Schichten wohl entwickelt. Sie enthalten Schwefelkieskrystalle in ungemeiner Menge, und zum Theil von seltener Schönheit, Würfel, Pentagon-Dodecaeder, und Gombinationen von beiden. Von da aus steigt man über mächtige Trümmer von Quarzblöcken nach dem untern Stollen. Die Quarzblöcke enthalten ebenfalls viel Schwefelkies und schöne Bergkrystalle. Der untere Stollen ist mit Wasser gefüllt und dadurch unzugänglich, doch sieht man, dass er in gelben, Schwefelkies haltenden Schiefer getrieben war. In diesen Stol- len ist man auch angeblich bis auf gelben, mit weissem und grünem Talk gemengten Kalk vorgedrungen, welcher nach N. in den Berg hinein einfiel, aiso auf die oben angegebene For- malion, welche hier auch dieselbe Kniebeugung macht, Der mittlere Stollen ist in grünen Schiefer getrieben, und ebenfalls wegen Wasser und Schlanm nicht mehr wohl zu befahren, im obern, etwa 50—60° darüber gelegenen kann man bis an’s Ende vordringen und einige Nebengänge besuchen, Er steht in grauem und grünlichem Schiefer von grossen und kleinen Quarz- und Kalkspathgängen durchsetzt; der Hauptstollen führt etwa 100 Schritte in den Berg, nach links gehen einige kurze, nach rechts mehrere lange Galerien. Diese sind namentlich einigen grossen Spalten im Gestein gefolgt; ein Gesenke führt in den untern Stollen und ist nicht mehr zu befahren. Man findet in der Grube Bergkrystalle, Schwefelkiese, Magnet- kies, Kalkspath und als secundäre Producte Gyps, Eisenvitriol und Bittersalz. In den quarzigen Gesteinmassen, welche vor den Gruben liegen, kommen dieselben Gegenstände auch vor, von Gold konnte ich bisher keine Spur entdecken. Man hat indess ehemals dieses Metall hier gefunden, und zwar als Anflug 20 und in kleinen dendritischen Stückchen, auch in Krystal- len, auf Kalkspath und Quarz. Auch wird behauptet, der Schwefelkies sei theilweise goldhaltig, was sehr bezweifelt wer- den muss. Der Bergbau hörte auf, weil er weitaus mehr ko- stete als einbrachte, der Punct ist indess immerhin von Interesse als Fundort der genannten Mineralien und guter Anhaltspunct für geognostische Studien, theils auch wegen der ausgedehnten Aussicht und der wildrumantischen Umgebung. Versteinerun- gen, welche Studer hier angiebt, konnte ich nicht finden, einige schlecht erhaltene Belenniten abgerechnet, welche weiter oben anstehen. Steigt man nämlich rechts von den Gruben an der sehr steilen Felsenwand in die Höhe, so kommt man erst über grauen, dann über gelblich-grauen, gelb und weiss gefleckten und gestreiften Kalkschiefer. Dieser hält noch eine Strecke an dann folgt anstehender Belemnitenkalk, dessen Schichten leicht in rhombische Stücke zerbrechen und dem Zerfallen ausgesetzt sind, daher auch hier wie auf dem Taminser Berg einen Talus bilden. Von hier stammen alle Fragmente, welche man an der goldenen Sonne und durch die Rüfe hinab bis zur Rhein- fläche findet. Ueber der Halde, welche durch den genannten Kalk gebildet wird, steht schieferiger dolomitischer Kalk an, dann der gewöhnliche Hochgebirgsdolomit, der eine sehr hohe, senkrechte Felswand bildet, und sich bis auf den Kamm des Gebirgs zu erstrecken scheint. Wir wollen diesen obern oder Hochgebirgsdolomit, so weit er am Galanda vorkommt, der Kürze wegen Felsberger Dolomit nennen, weil er es ist, der den Bergsturz von Felsberg bildet, Dieses Gestein, die vor- herrschende Felsart am mittleren Calanda, ist schon von Wei- tem kenntlich an den steilen abgerissenen Felswänden, die es bildet, sowie an deren verwitterlem, zerbröckeltem Aussehen und graugelbem Anflug. Im Bruch ist es hell oder dunkelgrau, 21 mit einer Menge Flecken von weissem Kalk und Bitterspath, die aber beide selten schöne Kristalle zeigen und oberflächlich betrachtet wie Versteinerungen aussehen. Die Hauptmasse ist kleinkörnig oder versteckt krystallinisch, zuweilen fast dicht, theils sehr hart, theils fast mit den Fingern zerreiblich. Es wechseln dicke Bänke mit schieferigen Lagen ab, und unter den erstern giebt es solche, die unter Einfluss der Atmosphäre in unbestimmt eckige Brocken und selbst in sandige Masse zerfallen. Eben so zerspaltet sich das Ganze auch leicht im Grossen in prismatische Stücke. Von der goldenen Sonne an bis unterhalb Felsberg ist die ganze Berghalde von Trümmer- stücken der obern Dolomitwände bedeckt; rechts von den Gruben ist vor nicht langer Zeit eine gewaltige Masse herab- gestürzt, und von dort zieht sich diese Felswand, an einigen Stellen wohl mehr als 100° hoch, in schiefer Richtung gegen Felsberg hinab und erreicht unterhalb des Dorfes die Sohle des Rheinthales,. Niemand kümmert sich um jene Felsbrüche, welche fern von menschlichen Wohnungen, wie oben an der goldenen Sonne, nur die Wälder bedrohen, wo Felsentrüm- mer und zersplitterte Tannen die fortdauernde Gefahr des Einsturzes bezeugen; dagegen ragen gerade über dem Dorfe Felsberg zerklüftete Massen empor, durch liefe Spalten von der Felswand gelöst, und bedrohen den Ort mit Verschütltung, Auch die Hauptmasse des Dolomites ist an dieser Stelle von tiefen Rissen durchzogen, die sich fortwährend zu erweitern scheinen. Vor dem Dorfe hat sich ein Wall von ungeheuren Felsenblöcken aufgehäuft, der es gegen kleinere Massen schützt, welche sich von Zeit zu Zeit losbröckeln. Denn oft genug ge- schieht es, dass solche Blöcke, immer noch gross genug, um Häuser zu zerschmettern, herabstürzen, besonders im Frühling und Herbst. Dann umhüllt eine Staubwolke die Felsenwände, in gewaltigen Sätzen hüpfen die Blöcke die graue Schutthalde 22 hinab, und weithin wiederholt das Echo des Thales das Krachen der stürzenden Felsen. Oestlich von dieser gefährlichen Stelle, da wo die Felsen- wände die Thalsohle erreichen und den Schuttkegel des Berg- sturzes begrenzen, treffen wir auf bekannte Gesteine, Graue, gelbe und grüne Schiefer stehen hier an, welche Schwefelkiese enthalten, und nach Lagerungsverhältnissen und mineralogischen Characteren nichts anderes sind, als die Schiefer der goldenen Sonne, dern von Fossilien wurde hier so wenig als in den Dolomiten jemals etwas anderes als höchst unvollständig er- haltene und unbestimmbare organische Reste gefunden. Der Schutt des Bergsturzes bedeckt diese Formation grösstentheils, doch reicht, was ansteht, hin, um sie zu erkennen. Darauf liegt schieferiger Kalk und auf diesem Belemnitenkalk mit deut- lichen, obwohl in weissen Kalkspath umgewandelten B. hastatus. Auch der Abdruck einer Terebratula fand sich daselbst, so wie Schwefelkiesknollen, welche aussehen, als hätten sie die Stelle ehemaliger organischer Gegenstände eingenommen, Es ent- halten diese Kalke viel Quarz und Kalkspath. Diese Forma- tion fällt steil der Thalsohle zu nach SO., steigt dann bogen- förmig auf, um endlich für immer bei neuer Abwärtsbiegung zu verschwinden, Ihr aufgelagert ist der Felsberger Dolomit, welcher noch einmal im Bogen aufsteigt und an dem steilen Rheinufer in gewölbartig gebogenen, von SW. nach NO. strei- chenden und nach SO, fallenden Schichten ansteht. Die tiefsten Schichten dieser Bogengewölbe sind äusserlich rostgelber, inner- lich grauer massiger Dolomit, mit schieferigen Schichten wech- selnd, welcher Wechsel sich weit bergauf öfters wiederholt. Die schieferigen Schichten sind auch theilweise mergelig und nur ver- steckt dolomitisch, eben so haben zwischengelagerte Kalkschich- ten oft ganz dichten Bruch. Ueber die so eben erwähnten wellen- förmigen Biegungen ist noch hinzuzufügen, dass sie sich durch 23 die ganze Gebirgsmasse, die Beobachtung vielfach störend, bis zur höchsten Spitze fortpflanzen, wo wir sie wiederfinden werden. Die Erklärung des Bergsturzes ist, wenn man die Ge- steinsfolge berücksichtigt, sehr leicht. Die Schiefergebilde der goldenen Sonne ziehen bis Felsberg herab und unterteufen überall den Dolomit und Belemnitenkalk ; sie verwiltern um so leichter, als der überall anwesende Schwefelkies sich zersetzt und die dadurch erzeugte Schwefelsäure die ohnediess weichen Gesteine zum Zerfallen bringt. Es entstehen dabei secundäre Producte, Bittersalz und Eisenvitriol, der Schiefer selbst aber zerfällt, verwandelt sich in thonigen Schutt und das Wasser wäscht ihn vollends aus. Dadurch entstehen Höhlungen unter den obern Felswänden, die dünnen Schichten des Belemniten- kalks zerfallen ebenfalls in eckige Stücke, welche nachbrechen, der Dolomit, der ohnediess Neigung zum Zerspalten hat, zer- reisst in die bekannten ruinenarligen Prismen, und da auch durch die partielle Verbiegung der Schichten, welche sich in der Kniebeugung an den Platten, so wie in dem theilweise nördlichen Fallen in den Gruben ausspricht, bedeutende Spal- ten in der Richtung von SW. nach NO. entstanden sind, so gleiten diese losgerissenen Dolomitmassen auf den glatten steil einfallenden Schieferflächen hinab und brechen immer weiter nach, bis die aufgehäuften Schuttmassen diesem Vorgang Ein- halt thun, wovon wir an dieser Stelle noch weit entfernt sind. Weit schwieriger ist die Bestimmung der einzelnen bis- her beschriebenen Schichten. Es ist darüber schon bei den Formationen der Foppa Einiges angedeutet, Nehmen wir an, wie diess nicht wohl zu bezweifeln ist, dass der Belemni- tenkalk dem untern Oxfordjura entspricht, so folgt daraus, dass die ihm aufgelagerten Dolomitmassen, die dem in den Alpen so verbreiteten Hochgebirgskalk angehören, den mitt- leren und theilweise obern Jurakalk repräsentiren. Die Schiefer = der goldenen Sonne wären somit unterer Jurakalk und Lias, wofür sich freilich zur Zeit kein anderer Beweis als die Lage- rungsverhältnisse beibringen lässt. Entspricht endlich der Ver- rucano dem bunten Sandstein, so bleibt uns noch die mächtige untere Dolomitmasse zu bestimmen, in der auch noch niemand Versteinerungen gefunden hat. Es ist wohl nicht zu gewagt, sie als Muschelkalk anzusprechen, und somit fehlte hier nur ein Aequivalent des Keupers, um die Reihenfolge zu vervoll- ständigen. Spätere Beobachtungen oder glückliche Zufälle ge- ben vielleicht über diese Dinge näheren- Aufschluss. 3) Haldenstein. Von der so eben beschriebenen wellenförmigen Biegung der Dolomitschichten an, sind die untern Felsbildungen gänzlich verschwunden. Der Dolomit hält an bis nach Haldenstein und sinkt dort unter die Thalsohle ein. Aufwärts erstreckt er sich bis nahe an eine neue bandförmige Felsenwand, welche der von Felsberg parallel, am Gebirge schief hinabläuft, aufwärts aber in südwestlicher Richtung sich bis auf die Galandaspitze verfolgen lässt. Der Dolomit hat hier etwa dieselbe Beschaffenheit wie bei Felsberg, doch herrschen mehr schieferige Bildungen vor, und in einer dieser Schichten, westlich aufwärts von Haldenstein, fanden sich undeutliche Reste von Corallenstöcken. Es ist wahrscheinlich, dass zwischen dem Dolomit und der erwähnten Felswand, die vorläufig nach der Ruine Lichten- stein, welche darauf liegt, als »Lichtensteiner Schichten« be- zeichnet werden mag, schieferige oder mergelige Bildungen liegen, ich konnte sie aber bisher nicht anstehend finden, da hier alles mit grossen Massen von Trümmern bedeckt ist. Jedenfalls können solche Schichten, wenn sie vorhanden sind, nicht sehr mächtig sein. Auf der Terrasse, welche hier die dolomitische Formation bildet, liegen etwa 1000° über der 25 Thalsohle und höher hinauf, zahlreiche erratische Blöcke zer- streut, während da, wo die Felsstüurze statt hatten, sich keine finden, ein Beweis, dass dort das Gebirg nach der erratischen Zeit seine jetzige Gestalt angenommen, Es bestehen diese Blöcke aus Gesteinen des Oberlandes und des Hinterrheinthales; Granit von Ponteglias und Medels, Gneiss und Syenit von eben daher, Verrucano des Oberlandes, grüne Gesteine der Rofla u. s. w, Einige glatte polirte Dolomitwände zeigen deutliche Gletscherschliffe und eingeritzte Streifen in horizontaler Rich- tung. Die so eben erwähnte Felswand, welche deutlich dem Dolomit aufgelagert ist, bildet eine Art von geognostischem Hori- zont am Calanda. Sie fällt unterhalb Lichtenstein südöstlich unter die Rheinfläche ein. Die mächtigen Trüummerstücke, welche unmittelbar unter ihr den Dolomit bedecken, beweisen, dass sie durch Herabrutschen und Brechen ihrer vordern Theile, die jetzige Gestalt erhalten hat. Oberhalb Haldenstein besteht Alles aus solehen Schuttmassen, die zum Theil durch Kalktuf neu verbunden, das Ansehen eines Conglomerats erhalten, Der Felsen, worauf das alte Haldensteiner Schloss steht, ist nichts Anderes als ein solches herabgestürztes Trümmerstück. Es erhebt sich die Wand senkrecht über den Buchenwald der Halde, und bildet ein 60—100‘ hohes nur an wenig Stellen ersteigbares Felsband; die röthlichgelbe Farbe, welche das Ge- stein an der Athmosphäre annimmt, unterscheidet es wesent- lich von dem darunter liegenden grauen Dolomit. Im Ganzen bestehen diese Schichten aus einem mehr oder minder schief- rigen Kalk, im Bruch grau oder schwarzgrau, krystallinisch schuppig, mit Glimmer und Talkblättchen gemengt, von zahl- reichen Kalkspath und Quarzadern durchzogen, Beim Schloss Lichtenstein ist die Wand von dem Wege durchbrochen, und hier finden sich zahlreiche organische Reste, corallenarlige 26 = Bildungen, einzelne Pentakrinitenwirbel, Seeigelstacheln, Spuren von Belemniten, kleine Austern, die der Exogyra Couloni ähn- lich sehen, aber flacher sind, so wie eine andere Auster mit tief gezackten Rändern, wahrscheinlich Ostrea macroptera. Diese freilich äusserst schlecht erhaltenen Versteinerungen scheinen diese Formation als unteren Neocomien zu bezeichnen. Dieselbe Beschaffenheit der Gesteine und dieselben Petrefacten finden sich auf dem nördlichen Calandasattel wieder und es ist kein Zweifel, dass die Lichtensteiner Schichten bis da hin- auf reichen, Hinter dem Felsenriff, welches als Endpunkt dieser For- mation in den Rhein hinaus reicht, ist eine grosse Lücke im Gebirg, und ein Wiesengrund erstreckt sich bis zu einem zweiten Riffe ähniicher Form, wo man über einige Leitern nach der alten Brücke von Untervaz übersteigt. Dieses zweite Riff besteht aus dem Kalk der Lichtensteiner Schichten, mit denselben organischen Resten, und daraus besteht auch die Felswand, welche auf dieselbe Weise wie die Haldensteiner, sich am Gebirge aufwärts gegen Pategna zieht. Umgeht man jedoch den ersten, Lichtensteiner Vorsprung, so folgen an den Felswänden, die nach einem tiefen Tobel führen, zuerst die Lichtensteiner Kalke, gehen aber nach und nach in einen hellgrauen, ziemlich dünn geschichteten Kalk über, zwischen dem dickere ebenfalls hellgraue, meist gefleckte Kalkbänke erscheinen. In dem untern Theil des Tobels ist diese Formation schlecht aufgeschlossen; es finden sich dort neben ansehnlichen Kalktrümmern auch eine Menge erratischer Blöcke, meist Granit und Gneiss mit grossen Felsspathkrystallen, Ueber dem Wege nach Pategna, der dieses Tobel durchschneidet, liegen unter dem grauen, gelb angelaufenen Kalk, schwarz- graue, seideglänzende Schiefer, darunter auch eine Schichte, welche längliche Quarzflecken oder vielmehr Streifen von 27 1—2“ Länge und 2—3 Linien Dicke enthält, wodurch dieser Schiefer weissbunt und gestrichelt erscheint. Diese Schichte findet sich auch auf dem Calandasattel und scheint einen An- haltspunct abgeben zu können, Trotz alles Suchens war es bisher nicht möglich, Versteinerungen weder in dem grauen Kalk, noch auch in dem Schiefer zu entdecken. Unter dem letzteren jedoch, der etwa 20- 30° mächtig sein mag, liegt eine graugeibe, sandige Schichte, welche dem Lichtensteiner Kalk gleicht und auch ähnliche, aber ganz undeutliche organische Reste enthält. Darunter liegt wieder grauer Kalk von dolomi- lischem Aussehen. Seltsam ist der Umstand, dass dieser in dem Tobel und überhaupt in dieser Einbucht des Gebirges so mächtig ent- wickelte graue Kalk auf der Haldensteiner Seite nirgends zu Tage geht, was doch der Gesteinsfolge nach nothwendig der Fall sein müsste. Zwar könnte er unter der Trümmerhalde verborgen sein, welche zwischen dem Juradolomit und der Lichtensteiner Felswand liegt, aber da wäre nur geringer Raun: für diese jenseits so mächtig anstehende Formation, Sollte er sich nach jener Seite auskeilen, oder sollte er vielleicht iden- tisch mit dem Dolomit sein, der nach jener Seite zu in ein- fachen Kalk oder in dolomitischen Kalk ohne krystallinische Gefüge überginge ? Letzteres ist wahrscheinlich, indess müssen diese Fragen durch fernere Beobachtungen entschieden werden. Gewiss bleibt, dass er unter den Lichtensteiner Schichten liegt. Er gleicht dem grauen Kalk am Signal des Calanda, 4) Untervaz. Die Lichtensteiner Schichten des zweiten Riffes erstrecken sich bis zur alten Brücke von Untervaz und enthalten hier auch einige undeutliche Versteinerungen, unter andern eine Auster. Wo der Weg sich von da gegen Untervaz und Neuenburg wendet, erscheint wieder grauer Kalk unter jenen Schichten. 3 28 Es ist derselbe, theils dünn, theils dick geschichtete hellgraue weiss gefleckte und gestreifte Kalk, von dem oben die Rede war, und der hier unter dem Namen Marmor von Untervaz ausgebeutet wird. Die Ruine Neuenburg liegt auf einem Kopf, der aus diesem Kalk besteht, und von hier aus nach links, wo Untervaz in einer ähnlichen aber liefern Einbucht des Gebirges liegt, wie die unterhalb Lichtenstein, sind mehrere Steinbrüche in starkem Betrieb, Es finden sich in dem grauen Kalk talkige Ablosungen und mehrmals ist schwarzgrauer glänzender Schie- fer dazwischen gelagert. Hinter der Neuenburg und in dem Tobel, in welchem man nach den Maiensässen von Praman- engel aufsteigen kann, liegen wieder unter dem grauen Kalk graubraune schuppig blättrige, zum Theil sandige Schichten, die wahrscheinlich jenen im Tobel am Wege von Pategna iden- tisch sind und ziemlich weit hinaufreichen. Dann folgt unter diesen Gesteinen grauer, dünn geschichteter, zum Theil schie- feriger und talkhaltiger Kalk, der mit scharfkantigen Felsen- kämmen das kleine hochgelegene Längenthal Pramanengel nach SO, abschliesst und auch südöstlich einfällt. Es ist dieses Thälchen eine der lieblichsten Stellen des Calanda mit üppigem Graswuchs bedeckt, wo unter hohen Kirschbäumen zwischen Felsengruppen und Gebüschen eine Menge Alphütten liegen, und namentlich im ersten Frühling der Boden sich mit einer reichen Vegetation schmückt, die zum Theil seltene Pflanzen aufzuweisen hat, als z. B. Gagea minima, Corydalis fabacea, Dentaria polyphylla und weiter oben eine reiche Gryptogamen- flora, z, B. Timmia megapolitana und austriaca,. Auch hier finden sich viele erratische Blöcke, welche bis Pategna an- halten, Steigt man jedoch im Hintergrunde von diesem Thale ge- gen die letzten Hütten aufwärts, so kommt man auf zahlreiche, aber dünne Schichten eines gelbbraunen Gesteins, welches fast 29 wie Gault aussieht und aus Kalkmasse, eisenschüssigem Sand und äusserst feinen Glimmerblättchen besteht. Es mag diess Schichtensystem 30—40° mächtig sein, enthält undentliche Ver- steinerungen in sehr geringer Menge und zieht sich riffartig in westlicher Richtung gegen die Höhe aufwärts, mit östlichem und südöstlichem Einfallen. Zwischen Pramanengel und Pa- tegna kommt es wieder zu Tage und auch auf dem Calanda- sattel glaube ich es gefunden zu haben. Ihm unmittelbar untergelagert ist ein hellgrauer Kalk, dem Untervazer Marmor ähnlich, welcher in weissen Kalkspath umge- wandelte austernartige Versteinerungen enthält. Tiefer sind die Schichten an dieser Stelle nicht untersucht. Ein Durchschnitt von Neuenburg bis Pramanengel würde also etwa folgende Schichten zeigen: 1. von oben, Lichtensteiner Schichten (Neocomien infe- rieur?) an der Vazer Brücke, 2. Marmor von Untervaz am Schlossberg von Neuenburg. 3. Braungrauer sandig schieferiger Kalk. 4. Grauer schieferiger Kalk (unter dem Lichtensteiner), 5. Braune sandige Schiefer, wahrscheinlich der obere Theil von 3. 6. Grauer Kalk in dicken Bänken, zum Theil auch schie- ferig, mit Versteinerungen. Untervaz liegt, wie bemerkt, in einer tiefen Einbucht des Gebirgs, auf und zwischen Schichten von grauem sogenannten Marmor, Steigt man von dem Dorfe gegen Pramanengel, also in südlicher Richtung auf, so kommt man fortwährend über Schichten dieses Gesteins, welches mit grauem und schwärz- lichem Schiefer wechselt. Versteinerungen wurden bisher hier nicht gefunden. Viel Aufschluss hatte ich mir von dem sogenannten Rap- pentobel hinter Untervaz versprochen, doch wurde diese Er- 30 wartung nicht befriedigt. Man dringt von den Vazer Mühlen aus in diese wilde Felsschlucht ein und kommt bald an eine Stelle, wo sich dieselbe zu einer Spalte verengert und nicht mehr gangbar ist. Die Felsen bestehen aus Untervazer Mar- mor, Man kann jedoch diese Stelle umgehen und gelangt so, schief, aber immer auf denselben Schichten ansteigend ziemlich hoch hinauf. Das Tobel ist mit Kalktrümmern und erratischen Blöcken gefüllt, der Thalbach ziemlich stark, zum Theil nicht wohl gangbar, die Felswände zu den Seiten sind hoch und steil. Einen überraschenden Anblick bietet ein mittelalterliches Bollwerk, auf der rechten Seite des Tobels, das sogenannte Zwingherrnschlössli. Es besteht jetzt nur noch aus einer ho- hen, mit Schiessscharten versehenen Mauer vor dem Eingang einer Höhle, und einigem geringeren Mauerwerk davor, In- wendig ist das Gewölbe meist zusammengestürzt, da man einen röthlichen Thon, der sich im Boden der Höhle findet, als Tö- pferthon ausbeutet, und so durch Untergrabung Einstürze ver- anlasst. Noch weiter oben wechselt der Kalk mehrmals mit grauem Schiefer, der zum Theil Quarzstreifen enthält. Von hier an wird die Schlucht wieder ungangbar und wurde nicht weiter verfolgt. Versteinerungen fanden sich keine; die Schich- ten fallen nach SO,, wie meist am Calanda. Dem Botaniker kann diese Stelle empfohlen werden. Das Tobel enthält viel schöne Uryptogamen und am Eingang steht Lunaria rediviva, Von Untervaz rechts gegen die nordöstlich gelegenen Maien- sässe geht man erst fortwährend über grauen Kalk (vulgo Marmor), der zum Theil auffallend zerbröckelt und wie es scheint, dolomitisch ist, Dann kommt man in waldige Gegen- den und Maiensässe, (Val Schernus) wo die Formationen schwer erkennbar sind, aber doch aus demselben Kalk zu bestehen scheinen. Eine Menge grosser erratischer Blöcke, meist granitische Gesteine, liegen umher, Weiter oben folgt ein hellgrauer Kalk mit austernartigen Fossilien und corallenartigen Gebilden, Noch weiter oben erscheint unter diesem Kalk, so weit die zertrüm- merte Beschaffenheit des Bodens die Schichtenfolge erkennen lässt, ein dünn geschichteter Kalk, äusserlich graugelb oder rostbraun, inwendig dunkelgiau, krystallinisch schuppig, mit denselben Austern, Corallenresten, Seeigelstacheln u, s, w,, die in den Lichtensteiner Schichten vorkommen, denen er auch äusserlich vollkommen ähnlich sieht. Er scheint bis auf den Kanm des Berges fortzusetzen, Von hier an springt das Gebirg wieder bedeutend nach Osten vor, rechts erhebt sich ein steiler Kopf, und zwischen diesem und dem Mastrilserberg ist ein schmaler Durchgang nach dem Wiesengrund hinter dem Pizalun, welcher nach Pfäfers hinabführt. Auf dieser Passhöhe liegt wieder der oben angegebene graue, Corallen u. drgl. führende Kalk auf den Lichtensteiner Schichten, und derselbe könnte, wenn wir die letzteren als Neocomien ansehen, als Schrattenkalk (Neocomien superieur) betrachtet werden. Der Kopf auf der rechten Seite des Passes besteht aus einem dünn geschichteten dunkelgrauen Kalk, welcher dem hellgrauen aufliegt und südöstlich einfällt. Aus diesem Kalk scheint auch die ganze Seite des Berges am Rheinufer zwischen Untervaz und der Zollbrücke zu bestehen; er könnte Severkalk sein, was aber wegen Mangel an Verstei- nerungen nicht mit Bestimmtheit behauptet werden kann. Was von der untern Zollbrücke an bis nach Ragaz diesem grauen Kalk aufliegt, gehört zu den Nummulitenbildungen oder Flisch. Welche Stellung der Untervazer Marmor und die ihm ent- sprechenden Bildungen bei Haldenstein einnehmen, ist schwer zu sagen, Der Lage nach könnte es oberer Jura-, CGorallen- oder Portlandkalk sein. Künftige Beobachtungen müssen diess entscheiden. 32 9. Pizalun und Ragaz. Den Namen Pizalun führt ein steiler Felskopf, welcher einen Theil des Mastrilser Berges, das letzte Ende des Calanda bildet, und einer Ruine ähnlich 4559 hoch auf das Rheinthal herab schaut. Es gehört diese Bergspitze der Nummulitenforma- tion an, die sich den Kreidegebilden auflagert, und zwar so, dass eine bestimmte Grenze schwer aufzufinden ist. Ein Theil der obern Schichten ist auch wohl schon zum Flysch zu zählen, in welchen die Nummulitenbildungen übergehen. An der untern Zollbrücke stehen graue Schiefer im Rheinbette an; dieselben finden sich weiter oben im Dorfe Mastrils, welches zerstreut an der Berg- halde hinaufliegt, und in einem Tobel jenseits des Dorfes. Diese Schiefer sind unstreitig Flysch. Auf der andern Seite des Tobels, unter den grauen Schiefern steigt eine südöstlich einfallende Wand von gelblichgrauem kalkigem Schiefer auf, welcher mit Kalkbänken von bedeutender Dicke wechselt. Diese Formation bildet eine schief aufsteigende Felsenwand in dem tiefen Tobel rechts von Mastrils, und zieht hinauf bis zur Spitze des Pizalun, welche aus schiefrigem graugelbem talkig glänzendem Kalk besteht, Von da aus fällt das Gebirg terrassenförmig gegen Pfäffers und Ragaz mit beständigem Wechsel von grauen und gelben Schiefern und Kalk. Auf dem Pizalun und bei Mastrils fanden sich keine Versteinerungen, in den Steinbrüchen von Ragaz und vorher jedoch finden sich zahlreiche Nummuliten. Von hier aus führt der bekannte oft beschriebene Weg die Tamina aufwärts nach Bad Pfäffers. Die hohen Felswände bestehen aus Wechsellagen von Kalk und Schiefer; in der tiefen finsteren Schlucht, worin die Heil- quelle entspringt, enthält der grünlichgraue Kalk, in welchen sie eingeschnitten ist, Nummuliten und Schwefelkiese. Er gleicht vollkommen dem Nummulitenkalk von Appenzell und es ist da- durch die geognostische Stellung dieser Gesteine sicher be- 33 stimmt. Bei dem Kloster Pfäffers und oberhalb Ragaz aber stehen in bedeutender Höhe über dem Bade ebenfalls Nummu- liten an, 6. Die Calandaspitze. Der Kamm des Calanda, welcher auf westlicher Seite in fast senkrechten Felsenwänden dem Taminathale zufällt, ist von zwei Spitzen gekrönt, welche gewöhnlich ihrer Gestalt wegen die Sättel genannt werden, und zwar heisst das süd- liche spitzere Horn oberhalb Felsberg der Männersattel, das höhere nördliche, mehr kammförmig in die Länge gezogene, der Weibersattel, Das erstere habe ich noch nicht besucht, und kann daher nur von dem zweiten aus eigener Anschauung sprechen. Dasselbe erscheint schon von Chur aus gesehen als scharfer vielfach gezackter Felsengrat, dessen Wände seltsame Verbiegungen zeigen, die den Beobachter sehr täuschen können. Es sind dieselben aber nur wellenförmige Biegungen der von SO.—NO. ziehenden Streichungslinie, während das Einfallen fortwährend gegen das Rheinthal anhält. Schon oben ist an- gegeben, dass diese Wellenlinien sich auch am Fusse des Calanda am Ausfluss der Plessur zeigen, und sich bis zum Gipfel des Berges fortpflanzen. Von der letztgenannten Stelle aus muss man also zuerst die verschiedenen Dolomitschichten überschreiten und dann die den Berg aufwärts laufenden Lich- tensteiner Felsbänke. Wirklich führt auch der eine Weg links von Haldenstein in dieser Weise aufwärts, und durch die Lücke der an der entsprechenden Stelle verborgenen und geknickten Lichtensteiner Felsenwand gelangt man auf die Calandaalp, eine ziemlich ausgedehnte Weidefläche, wo schiefrige dunkel- graue Kalke ohne Versteinerungen in verschiedenen Wasser- rissen anstehen, Bei dem ziemlich mühsamen Aufsteigen über den vordern, geneigten Theil des Sattels, geht man über schiefe- rige Gerölle der rechts und links in steilen Wänden abfallenden 3 Felsen. Es sind graubraune Kalkschiefer oft mit Eisenrost überzogen und äusserlich sowohl als innerlich vollkommen gleich den Kalkschiefern am Lichtensteiner Pass. Diess wird auch noch bestätigt durch die organischen Reste, welche mit den bei Lichtenstein vorkommenden durchaus übereinstimmen. Es finden sich an einigen Stellen eine Menge Austern, so dass die Felsart zum Theil als wahres Conglomerat von Fossilien erscheint, aber leider fand sich bis jetzt nichts Deutliches und mit Sicherheit Bestimmbares; die Versteinerungen sind ver- bogen, zerdrückt und bis zur Unkenntlichkeit in die Grund- masse eingebacken. Eine dieser Austern, welche sehr häufig ist, scheint nach den gezackten Rändern zu schliessen, Ostrea macroptera zu sein; eine andere ist vielleicht Exogyra Couloni, doch ist sie etwas zu flach, um diess mit Bestimmtheit sagen zu können. Seeigelstacheln und Corallenreste finden sich auch vor. Folgt man dem Kamme weiter, so gehen diese Kalk- schiefer in andere ähnliche heller gefärbte schiefrige Kalke über, die auf den Ablossungen von Talkblättchen glänzen, zum Theil aber auch ziemlich reiner Kalk sind. Es folgen, diesen untergelagert, wenig mächtige Schichten von weisslichen, Glim- mer und Talkhaltigen Schiefern, dann schwarzgraue seideglän- zende und weiter ebenfalls schwarzgraue Schiefer, welche weisse Quarzflecken und Streifen von etwa 1-11/“ Länge und einigen Linien Dicke zeigen und dadurch ein seltsam buntes Ansehen gewinnen. Diese letzteren gleichen auffallend den oben beschriebenen Schiefern im Tobel zwischen Lichten- stein und Pategna, so wie auch die andern Schichten denen an der genannten Stelle identisch zu sein scheinen. Auf die bunten Schiefer folgen weissliche Kalkschiefer und dann eine quarzige Felsart, welche einige Schuh mächtig ist und sich durch rostbraune Aussenfläche auszeichnet. Sie besteht aus Quarz, der das Bindemittel ist, eisenschüssigem Sand, 35 Quarzfragmente, Talk und Chlorit. Unter ihr liegt mit stets höher steigenden Schichtenköpfen ein grauer dünn ‘geschich- teter Kalk von sehr hellen Farben, zwischen dem einige dunk- lere Schieferbänder eingelagert sind, Diese Steinart bildet die höchste Spitze, den Signalpunct des Calanda. Dieser höchste Grat ist kaum einige Fuss breit; rechts fallen senk- rechte Wände gegen die CGalandaalp ab, links ebenfalls senk- rechte Felsenterrassen gegen Vättis, das tief unten im Thale liegt. Alle diese Schichten fallen nach SO, und der hellgraue schiefrige Kalk, welcher mit ziemlicher Sicherheit als dem Untervazer Marmor gleichbedeutend angesehen werden kann, bildet die Basis der Formationen vom Signal bis zur Alp herab, während auf der Südostseite die Lichtensteiner Schichten als äussere Decke anliegen, Alle sind seltsam gebogen und ver- dreht; an einer Stelle nördlich vom Signal ist das Gewölbe gespalten, die Quarzite und grauen Schiefer laufen als dunkle verbogene Bänder durch die weisslichgraue Masse des Kalks vom Signal. Versteinerungen fanden sich an letzterem bis daher nicht, so wie auch die Seite nördlich vom Signal noch näher zu untersuchen ist. Auf dem Wege von der Alp abwärts gegen Pategna herrschen theils die Lichtensteiner Schichten als Decke, theils der hellgraue Kalk als Basis vor. Nach der Farbe des Gesteines und der Lagerungsfolge zu schliessen, hat das südliche Horn dieselbe Construction wie das nördliche, Von diesem letzteren aus geniesst man eine vorzügliche Aussicht. Die nächste Umgebung ist furchtbar wild und zer- rissen. Von dem schmalen Grat sieht man zu beiden Seiten in Abgründe, auf zackige vorspringende Klippen in tiefe, meist mit Schnee gefüllte Schluchten, und die Strecke zwischen den beiden Hörnern ist ein ödes Felsenchaos fast ohne Vegetation. Lautlose Stilie herrscht hier oben, nur der Wind pfeift durch + 36 die Felsenzacken und das Brausen der wilden Tamina schallt fernher aus dem Thale herauf. Aber weithin über Berge und Thäler schaut das Auge. Im Norden glänzt der Bodensee und hinter ihm verliert sich das schwäbische Hügelland in blauer Ferne. Nach allen andern Seiten erscheinen himmelanstrebend die rhätischen Alpen, Spitze an Spitze gereiht, in kühnen selt- samen Gestalten, mit ihren Schneemassen und Gletschern, Der Calanda erreicht oben nur die Schneelinie; das süd- liche Horn ist 8300%, das nördliche 8650‘ hoch; doch findet sich auf der Nordseite immer Schnee in Schluchten und in manchen Jahren schmilzt er auch nicht ganz auf den Sätteln, immer wenigstens erst im Juli und August, Fur Botaniker wird es vielleicht von Interesse sein, etwas über die Flora dieser Höhen zu erfahren, Obgleich nicht aussergewöhnlich reich, ist sie doch nicht ohne Interesse. Die Eiche reicht auf der Ostseite bis an die Haldensteiner Maiensässe, die Buche und Kiefer bis über die goldene Sonne 1012—1350 Mtr.; die Lerche und Fichte bis zur Galandaalp 1968 Mtr. Hier hört der Baumwuchs auf. Auf dem nörd- lichen Sattel fanden sich unter andern Ranunculus Trauufell- neri, Cerastium Jatifolium, Jberis rotundifolia, Primula au- ricula und integrifolia, Androsace chamaejasme, helvetica, Lloy- dia serotina, Daphne striala, Arnica scorpioides, Saxifraga androsacea, oppositifolia und andere, Athamanta Cretensis, Bryo- pogon sarmentosus, Celraria nivalis, Cladonia vermiecularis, juni- perina, cucullata, Biatora decipiens auf der höchsten Spitze &c. 7. West- und Nordseite des Calanda. Es ist oben schon bemerkt worden, dass der Pass von Kunkels, über welchen man aus der Foppa von Tamins nach Vättis und Pfälfers übersteigt, ganz in Dolomit eingeschnitten ist. Von Verrucano und von den Zwischenbildungen sieht 37 man hier nichts obgleich man sie überschreiten muss, weil der westliche Fuss des Calanda, so wie auch der Anfang des Passes von hohen Schutthalden bedeckt ist, die aus Geröllen des oberen Dolomites bestehen. Dieser Dolomit hält an bis zur Passhöhe 4159, und auch an der westlichen Seite des Calanda so wie links an den scharfen Felsenzacker , welche gegen den Piz Larmera und die Ringelspitze aufsteigen, ge- wahrt man kein anderes Gestein; die Felsen in den Buchen- wäldern, durch die man anfangs gegen Vättis hinabsteigt, be- stehen ebenfalls daraus. Die Schutthalden am Fusse des Ga- landa verhindern auch im Vättiser Thal auf eine ziemliche Strecke die tieferen Formationen zu sehen, indess stehen in mehreren Tobeln graue, dünn geschichtete Kalke an, welche dem obern Theil der Schiefer der Zwischenbildungen und dem Belemnitenkalk anzugehören scheinen. Etwas weiter abwärts liegen viele Verrucanoblöcke, aber anstehend konnte ich bisher weder dieses Gestein noch die Schiefer in dieser Gegend fin- den, Gegenüber Vättis fanden sich in mehreren Tobeln dünne dunkel- und hellgraue, aussen zum Theil rostfarbig angelau- fene Kalkschichten, die wenigstens dem äusseren Ansehen nach zu dem Belemnitenkalk gehören. Darauf liegt hier ein schie- feriger, dolomitischer Kalk und dann der gewöhnliche Hoch- gebirgsdolomit in dicken, undeutlichen Schichten, welcher bis zur Höhe des Kammes anzuhalten scheint, wo die oben bei der Calandaspitze angegebenen Schichten darauf liegen. Alle diese Schichten fallen nach SSO. und SO. Vättis selbst liegt am Fuss einer Moräne, die aus quarzi- gen Gesteinen, meist gneissartigem Verrucano besteht. Dieser Schuttwall läuft im Dorf spitz zu und breitet sich nach der andern Seite in zwei Arme aus, deren einer nordwestlich dem Calfeuser Thal zuläuft, der andere sich westlich gegen den Kunkelser Pass wendet, Es ist offenbar, dass einst bier zwei Gletscher aus den beiden Thälern herabkommend, zusam- menstiessen. Am Eingang des Galfeuser Thales steht gneiss- arliger Verrucano an, der steil nach SSO. und S. fällt, sich aber, wie schon Studer bemerkt, horizontal unter seiner Decke umzubiegen scheint. Er kommt im Hintergrunde des Thales nördlich vom Sardonagletscher wieder zum Vorschein, wo er einen sehr hohen Bergkamm bildet. Studer giebt am Eingange des Thales folgende Schichtenfolge an, welche ich, so weit es mir möglich war, ihr zu folgen, vollkommen bestätigt fand: 1. Verrucano. 2. Dolomitischer Kalk mit Talk gemengt, und mit rothem und grünem Talkschiefer verwachsen. 3. Schwarzer körniger Kalk und schieferiger Eisenvolith. 4, Hochgebirgskalk. Eine Stelle, wo Belemnites giganteus und andere Fossilien nach Eschers Angabe anstehen, konnte ich bisher nicht auf- finden. In dem Dolomit, der auf dem Verrucano liegt, wurde ehemals Bergbau auf Kupfer, westlich thalaufwärts von Vättis, betrieben. Dieser Dolomit entspricht dem untern Dolomit der goldenen Sonne, Von Vättis aus erscheint der Calanda ganz anders als von der Seite des Rheinthales, denn hier treten die abgebro- chenen Schichtenköpfe hervor. In furchtbar steilen, meist senk- rechten Abhängen erhebt sich hier das Gebirg als kahle, von zahlreichen Tobeln durchfurchte Felsenmasse, von vielfach zer- rissenen Hörnern überragt, und es kann sich diese Bergansicht den erhabensten der Schweiz an die Seite stellen. So erscheint der Berg durch das ganze Thal hinab in immer wechselnder Gestalt, bald als graue Felsenpyramide, bald als gezackter Kamm, bis man oberhaib Pfäfers bei Valens die ganze gewaltige Masse übersieht. Die Lage von Vättis ist schon sehr hoch, doch ge- deihen noch Apfelbäume und auch einiger Feldbau schmückt 39 das reizend ausgebreitete Wiesenthal, welches die Tamina durchströmt, deren beide Quellbäche sich bei dem Dorfe ver- einigen. Unterhalb Vättis werden dann auch die untern Formatio- nen der Beobachtung wieder zugänglicher. Unter dem soge- nannten Sattel, der nicht mit den gleichnamigen Calandaspitzen zu verwechseln ist, an der Berghalde Saläz, wurde ehemals eine Kupfergrube betrieben. Auf dem Wege dahin gelangt man zunächst an ein Tobel, wo der Verrucano in mächtigen Massen ansteht. Es ist dieser Verrucano gneissarlig, aus Quarz und Feldspathtrümmern zusammengesetzt, mit zahlreichen Glim- merblättchen und Talkschuppen. Auch ist das Ansehen kry- stallinisch. Sehr wahrscheinlich liegt hier wirklicher Gneiss darunter. Die Hauptmasse besteht aus dicken Bänken von röthlich-grauer oder grünlicher Farbe, wechselnd mit einem grau-gelben, feinkörnigeren Sandstein. Weiter oben wird er schieferig, ähnlich dem unter der goldenen Sonne und bei Tamins. Auf dem Verrucano liegt gelber Kalk, von Talk durch- wachsen und mit Lagen von Quarz und quarzigem Conglomerat wechselnd; dieser Kalk geht nach und nach in einen grauen, sehr quarzreichen Dolomit über, Letzterer enthält viele schöne Bergkrystalle, und weiter oben, mehr nordöstlich, kommt auf Quarzgängen Fahlerz, Kupferlasur, Malachit, Kupferkies und etwas Bleiglanz vor. Diese Erze wurden ehemals ausgebeutet, und scheint nach einigen in Sammlungen erhaltenen Stücken zu schliessen, der Kupfergehalt nicht ganz gering gewesen zu sein, Jetzt ist die Grube verlassen, mit Wasser gefüllt, und kann daher nur eine kurze Strecke befahren werden, auf wel- cher man, ausser einem kleinen Kupfergang im Quarz, nichts Merkwürdiges antrifft. Verrucano sowohl als Dolomit fallen ziemlich steil südöstlich ein. 40 Auf diesen Dolomit, welcher der untere Dolomit der gol- denen Sonne ist, liegt ein System schieferiger Schichten, wel- ches vollkommen dem an der oben genannten Stelle entspricht; zuerst graue und rothe Schiefer mit knolligen Einlagerungen von grauem und rothem kieseligem Kalk, dann rothe Schiefer, sehr dünn blättrig in ziemlich mächtigen Schichten, grüne, gelbe, graue und rothe Schiefer mit Schwefelkies, grünliche, graue und schwärzliche Schiefer, dem Dachschiefer ähnlich. Diese Schichten sind stark verbogen. Wie an der goldenen Sonne liegt auf diesen thonigen und talkigen Schiefern ein hell- oder dunkelgrauer, auch gelblicher schieferiger Kalk, zum Theil heller gestreift und gefleckt. Seine Schichten sind dünn, und blättern sich leicht auseinander; es finden sich auch Ein- lagerungen von Thonschiefer dazwischen. Allmälig geht dieser Kalkschiefer, der noch immer viel Talk enthält, in dünne, aber nicht schieferige, plattenförmige, dunkelgraue, hellgrau und weiss gefleckte Kalkschichten über, die Belemnites hastatus enthalten, und die wir ebenfalls vom Rheinthal und der gol- denen Sonne her kennen. Diesem sind schieferige dolomitische Schichten aufgesetzt, und endlich folgt der gewöhnliche, dick und undeutlich geschichtete, hellgrau und weiss gefleckte, aussen gelblich angelaufene Hochgebirgsdolomit von Felsberg, welcher fast bis zum Gipfel des Berges fortzusetzen scheint. Die Formationen entsprechen also vollkommen denen auf der andern Seite. Von den ziemlich hochgelegenen Kupfergruben aus kann man auf den Grat des Gebirges gelangen, und in die gegenüberliegende Alp von Untervaz und nach Pategna übersteigen. In einem Tobel etwas nördlich von der Kupfergrube ist die Formation durch einen senkrechten Absturz gul aufge- schlossen, über welchen ein Wasserfall herabkommt. Es finden sich hier folgende Verhältnisse. Die Basis ist durch Schutt- 41 halden verdeckt; darunter liegt ohne Zweifel derselbe Dolomit, in welchem die Gruben stehen. Anstehend erscheinen dann, wie oben, erst rothe, dann bunte und gelbe Schiefer, deren Decke ein grauer, seideglänzender Schiefer ist, Auf diesem liegt eine Schichte von rostfarbigem, sandigem Kalk, den ich an der Grube nicht anstehend fand, wiewohl Fragmente im Schutt vorkommen, und der auch oberhalb Vättis durch eine ähnliche eisenhaltige Schichte repräsentirt scheint, Das Gefüge ist krystallinisch körnig. Die Schichte ist nur wenige Fuss dick. Auf ihr liegen graue, dünnschieferige Kalksteine, dann einige dicke Kalkbänke, schieferiger Kalk, worauf der gewöhnliche Belemnitenkalk mit seltenen Exemplaren von Belemnites ha- status folgt. Andere Versteinerungen fanden sich weder hier noch an der Kupfergrube. Darauf liegt schieferiger und dann der gewöhnliche Dolomit von Felsberg. Diese verschiedenen Kalkschichten lassen sich noch eine Strecke längs der Tamina verfolgen, enthalten aber hier keinerlei organische Reste. Da, wo das Thal sich in eine schmale Spalte verengert, sind die Schichten wellenförmig gebogen und scheinen einen gesprengten Sattel zu bilden, der sich nach N. senkt. Das allgemeine Einfallen bleibt aber immer südöstlich. Weiterhin folgt ein grauer Kalk, der dem Untervazer Marmor gleicht, und bier viele, aber undeutliche Gorallen enthält. An dieser Stelle, wo die Felsen hart an den Weg treten, ist eine dunkel- graue Felsenplatte von ziemlicher Dimension, die etwa 50° lang und 30° hoch entblöst ist, sich aber dann unter Geröll der verschiedensten Art, welches quarzige und granilische Gesteine enthält, weit fortzusetzen scheint. Diese Platte ist giatt wie polirter Marmor, und eine Menge horizontaler Streifen sind auf ihr eingeritzt; es ist ein sehr wohl charakterisirter Gletscher- schliff, und auch erratische Blöcke finden sich hier und da, Weiterhin folgen Kalkschichten, welche aus schuppig kry- BR stallinischem Kalk bestehen, und den Lichtensteiner Schichten identisch zu sein scheinen, dann wieder verschiedene hellgraue und dunkelgraue Kalke ohne Fossilien ; in einem Tobel, Vasön gegenüber, ein schieferiger, dunkelgrauer und mergeliger Kalk ohne organische Reste, und nicht weit von der Sägemühle Blöcke, welche Nummuliten enthalten. Man ist also hier auf der Nummulitenformation angelangt. Jn dieser steht zwischen den Weilern Tragol und Padura ein harter schwarzer Schiefer an, welcher in bedeutenden Brüchen als Dachschiefer ausge- beutet wird. Er gleicht sehr dem Glarner Schiefer, enthält aber nichts Organisches. Das Einfallen ist südöstlich, Ober- halb des Weilers liegt darauf schieferiger Kalk und grauer Schiefer, ähnlich dem am Pizalun und wahrscheinlich damit identisch. Auf diesem Gesteine hleibt man auf dem ganzen meist waldigen Terrain bis zum Dorfe und Kloster Pfäfers, wo man in zerstreulen Blöcken Nummuliten findet. Diese kom- men schöner und deutlicher in den Felsenbänken bei der Ruine oberhalb Ragaz vor, so wie zwischen dieser und dem Kloster. Da das Einfallen fortwährend südöstlich und östlich bleibt, so muss alles, was zwischen hier und Padura liegt, sich unter diesem fast ganz aus Nummuliten bestehenden Gesteine befin- den. Jenseits der Tamina gehören die Schiefer wohl zur Flyschbildung. Es bedarf aber die Gegend zwischen Pfäfers und Vättis noch vielfacher näherer Untersuchung, besonders in den obern Partien, wo man wohl genauere Aufschlüsse finden wird, als in den von Schutthalden verdeckten Schichten des Thalwegs. Wenn diese Auseinandersetzung der geognostischen Ver- hältnisse des Galanda noch unvollständig und mangelhaft er- scheint, so fühlt diess wohl niemand mehr, als der Verfasser dieser Blätter selbst, Es wird aber aus Obigem hervorgehen, dass wenigstens Mühe und Zeit nicht gespart worden sind, 43 um auch nur zu diesen Resultaten zu gelangen, Ein folgen- der Artikel wird vielleicht das Fehlende ergänzen, doch kann es auch sein, dass lange Zeit vergeht, ehe es möglich ist, zu vollkommener Klarheit zu gelangen; immerhin ist es besser, einen Anfang zu machen, als mühsam gemachte Beobachtun- gen vielleicht der Vergessenheit zu überlassen, m. Topographischer Ueberblick über den Bernina-Gebirgs- stock und Beschreibung der Ersteigung seiner höchsten Spitze, (von Forstinspektor J. Coaz.) (Vide Tafel 1.) Der Bernina-Gebirgsstock erhebt sich im äussersten Osten der Schweiz, an der Grenze der Lombardei. Ein Hauptwerk in dem gewaltigen Bau der Alpen, tritt er aus dem graubünd- nerischen Gebirgsnetz als die bedeutendste Massenerhebung hervor und birgt in seinen zahlreichen Hörnern und Eispyra- miden die höchste Bergspitze des Kantons. Bisher wenig be- kannt, ist der Schleier plötzlich gefallen und wir haben auf dem neuen Schweizer-Atlas, Blatt XX, den bündnerischen Theil des Gebirgsstocks bis in seine kleinsten Terrain-Beschaffen- heiten klar vor Augen, Schade, dass die Karte mit der Schwei- zergrenze schrofl abbricht und uns so nicht den gewünschten Gesammtüberblick gestattet. In naturgeschichtlicher Beziehung ist der Bernina-Gebirgs- stock botanisch am gründlichsten erforscht, mit Ausnahme je- doch der Cryptogamen; zoologisch und besonders geognostisch liegt er noch ziemlich im Dunkel, und zu den so anziehenden Gletscherbeobachtungen hat sich bisher noch Niemand gefun- den, — Oertlich ist mit diesem Gebirge am genauesten der Jäger bekannt, dem kein Weg zu rauh, keine Anstrengung und Ge- 45 fahr zu gross ist und der sein Revier ausdehnt, so weit das Murmelthier gräbt, so weit das Schneehuhn fliegt und die Gemse ihren flüchtigen Fuss setzt. Die Hauptmassenerhebung und die höchsten Spitzen des Bernina-Gebirgsstocks liegen unter'm 46° 23° nördlicher Breite und 70 34° östlicher Länge (von Paris). Hier wurden die Eruptivmassen am kräfligsten durch die Sedimentgebilde em- porgetrieben, Wo aber einstens die feurigflussigen Massen des Erdinnern die schwache Erdkruste gehoben, durchsetzt, erhitzt, da lagern jetzt gewaltige Gletscher, aus deren kaltem Busen das Land seine Wasser saugt. Und diese Gletscher waren vor Zeilen noch weit ausgedehnter, ja sie erfüllten die Thäler bis in Jtaliens und Deutschlands Ebenen, was alte Moränen und zahlreiche Fündlinge klar belegen, Der Hauptkamm des Gebirgs zieht sich von W.S.W. nach O.N.O. in einer Länge von circa 6 Stunden hin, wenn man nämlich den Rumpf des Gebirgsstocks von P. Margna bis zum P, d’ils Leis und Corno di Campo annimmt. Seine beiden Haupt- arme erstrecken sich nordnordöstlich bis Zernez, westsudwest- lich bis Gleven, Er hat eine mittlere Höhe von circa 3300 Meters u. M, und ist fast durch und durch begletschert. Der tiefste Uebergangspunkt liegt am Bernina-Pass, 2334 Meter ü, M, Den weit vorgeschrittenen Bau der Verbindungs- strasse zwischen dem Engadin und dem jenseitigen Puschlav und Veltlin hofft man bald vollendet zu sehen. Von hier bis zu dem gefährlichen, selten betretenen Gletscherpass zwischen Val Fex und Val Malenco, 3027 Met,, ist der Grat auf eine Strecke von eirca 4 Stunden wohl noch niemals überschritten worden; es erheben sich hier die Haupt- massen des Gebirgs von ewigem Eis umfangen, Im äussersten Westen haben wir noch den Mureto-Pass, 46 2557 Met., der ebenfalls über Gletscher führt und nur zu Fuss überschritten wird, Der Bernina-Gebirgsstock ergiesst seine Wasser, die er aus Gletschern und zahlreichen Quellen schöpft, nach allen Him- melsgegenden und Lheilt dieselben in die Flussgebiete des Inn, der Maira und Adda, die, erstere der Donau und dem Schwar- zen Meere, letztere dem Po und Adriatischen Meere zufliessen. Das Flussgebiet des Inn und das der Maire schlagen ent- gegengesetzte Richtungen ein, hervorgerufen durch die stalt- gefundene Erhebung am Passe vom Maloja, welcher aus der obersten Terrasse des Bergell, bei Casaccia, von 1460 plötzlich za 1811 Met. Meereshöhe emporsteigt, während von der En- gadiner-Seite die Steigung bis auf die Passhöhe ganz allmälig ist. Das Flussgebiet der Maira ist das kleinste der genannten, Sie hat ihre Quelle in den Gleschern des Val Mureto, fliesst bis Cleven in südwestlicher und von da in südlicher Richtung dem Lago di Mezzola zu, auf ihrem Wege all’ die Bäche auf- nehmend, welche vom nördlichen, zerklüfteten Hang des west- lichen Ausläufers des Bernina herunterstürzen. Die Flussgebiete des Inn und der Adda sind einander ziemlich parallel, während aber die Adda an der südöstlichen Seite des Gebirgsstocks ihren Anfang nimmt und in ihrem obern Lauf südsüdwestlich, später westlich zieht, erhält der Inn seine Zuflüsse vom nordwestlichen Theil des Gebirgs und folgt der nordöstlichen Richtung. Das Innthal (bei Samaden 1710 Meter ü. M.) liegt aber weit höher als das Addathal und somit ist hinwieder die rela- tive Höhe des Bernina über der Thalsohle der Adda grösser als über derjenigen des Inn. Der Bernina-Gebirgsstock steigt aber aus dem Engadin direkter, imposanter empor, indem das Innthal bei Samaden nur 3 Stunden, das Addathal bei Sondrio (365 Meter ü. M,), wo es dem Bernina am nächsten kommt, 47 immer noch 5 Stunden, in der Projections-Linie, entfernt ist. Daher sind denn auch die südlichen Gebirgsausläufer und Quer- Ihäler länger als die nördlichen. Die Zuflüsse der Adda sind die Bormina durch das Val Viola in nordöstlicher Richtung; der Roasco aus Val Grosina und der Poschiavino aus Val Poschiavo in südöstlicher Rich- tung; der Bach aus Val Fontana, der Malero mit seinen Ver- zweigungen im Val Malenco, der Masino und die übrigen Ge- wässer des südlichen Abhangs des westlichen Gebirgsausläufers des Bernina in südlicher Richtung. Der Inn hat seine Wiege so recht eigentlich im Bernina- Gebirgsstock und nicht, wie man bisher annahm, gegen den Septimer hin, am sogenannten Monte di Gravasalvas, Die äusserste Quelle, der Ursprung des Inn, ist am Gletscher des Val Fedoz zu suchen. Nicht leicht findet sich in unserm Hoch- gebirg ein entlegeneres, stilleres, weniger bekanntes Thal, keines aber dürfte sich reizender ausmünden als dieses, Der Bach, der aus Fedoz herausfliesst, wirft sich schäumend zwi- schen Felsen hindurch mitten in die Flanke des romantischen Silsersees, bildet daselbst ein weit in das Seebecken hinaus- tretendes Delta, auf welchem der kleine Alpenhof Jsola steht. Der zweite Hauptzufluss des Inn vom Bernina-Gebirgsstock ist der Bach, der aus dem Val Fex(!) kommt und in den Sil- vaplaner-See sich ergiesst. Beide genannte Thäler öffnen sich nordnordwestlich, Die Thäler Roseg (2) und Morteratsch ziehen sich ziemlich nördlich und vereinigen ihre Bäche mit dem Wasser, das vom Bernina-Pass und aus dem Val del Fain (Heuthal) und Val Minor herunterfliesst, zum Flazbach, der ob Samaden mit dem (!) Siehe Bündnerisches Monatsblatt, Jahrgang 1851. (2) „ E)) 65) „ 1854. 48 wenig stärkeren Inn sich verbindet. Ferner nimmt der Inn in seinem Laufe den Camogasker-Bach und sämmtliche Bäche des östlichen Arms des Berninastocks in sich auf, und zwar sowohl die des nördlichen als südlichen Abhangs. Letztere vereinigen sich im Spöl, der in nordnordöstlicher Richtung, also parallel der Kette, den Gebirgsstock verlässt, später nordwestlich sich umbiegt und bei Zernez im Inn sich verliert, Ausgezeichnet ist die oberste Thalfläche des Inn durch ihre bedeutende Erhebung über Meer, im Mittel 1730 Meter, die allmälige Steigung, welche von Scanfs, 1650 Meter, bis auf den Maloja-Pass, 1811 Meter ü. M., auf eine Entfernung von 33,000 Met. Horizontal-Entfernung, oder beinahe 7 Stunden, nicht mehr als 161 Met., 1/5 %,, beträgt, und hauptsächlich auf den plötzlichen Absturz der Thalsohle zwischen dem St, Mo- ritzer-See und Cresta fällt. Dadurch wird das Oberengadin zu einer eigentlichen Hochebene, die Vegetations-Grenze gehoben, das Land bewohnbar gemacht. Der klare, in herrlichen Farben wechselnde Wasserspiegel dreier grösserer Seen breitet sich, von kleinen Inseln, Fels- blöcken und Halbinseln mannigfach unterbrochen und strecken- weis von dunkeln Arven und lichtgrünen Lärchen umsäumt, auf verschiedenen Terrassen der Thalsohle aus. Es sind diess die Seen 1) von Sils. Grösste Länge: 4800 Met.; grösste Breite: 1400 Met.; Flächenausdehnung : 1100 Juchart. 2) von Silvaplana. Grösste Länge, mit Inbegriff des Cam- pferer-Sees: 4500 Met.; grösste Breite: 1300 Met.; Flächen- inhalt: 760 Juchart; grösste Tiefe: 74 Met. 3) von St. Moritz. Grösste Länge: 1700 Met.; grösste Breite: 550 Met.; Flächeninhalt: 180 Juchart, Unzweifelhaft war in früheren Zeiten auch die unterste Terrasse bei Scanfs bis weit das Thal hinauf von einem See "49 erfüllt, der später durch einen Durchbruch des Inn bei der Thalschwelle von Capella wieder abfloss, Auf der Höhe des Bernina - Passes liegen, durch einen schmalen natürlichen Erddamm getrennt, zwei Seen 2220 Met. über Meer. Der eine, von 1850 Met. Länge, wird von dem weissen Wasser des Cambrena -Gletschers genährt und daher Weisser See, Lago bianca, genannt, Sein Abfluss ist südlich gegen die Adda. Der andere, kleinere See quillt im Torfgrund, erhielt von seiner dunkeln Färbung den Namen Schwarzer See, Lago nero, und fliesst nördlich gegen den Inn ab. Ungefähr 30 kleinere Seen, oft so verborgen, dass man sie nicht bemerkt, bis man an ihre Ufer tritt, finden sich zer- streut im Gebirgsstock; manche so hoch gelegen, dass sie nie ganz eisfrei werden, So leblos wie ihre Umgebungen sind auch ihre Wasser, nur die tiefer gelegenen bergen die schmackhafte Forelle. Die Thäler, die dem Innern des Gebirgsstocks angehören, sind, mit Ausnahme des Val Fez, das auch im Winter bewohnt ist, nur im Sommer von Mitte Juli bis Mitte September vom Aelpler und seinen Heerden bevölkert, In den späteren Mo- naten werden sie nur noch vom Jäger besucht, bis der Winter durch seine hohe Schneemasse auch diesen Gast ausschliesst und Thal und Berg in sein Krystallkleid hüllt, aus welchem einzelne schroffe, schwarze Felsen und in der Tiefe kleine Strecken entblätterter, grauer Lärch- und dunkler Arven-Wal- dungen hervorragen, wo die Gemse Schutz und karges Futter findet, während das Murmelthier sorglos in seinem Baue schläft. Tiefe Becken (Circus) im Hintergrund der Thäler des Ber- ninastocks, umschlossen von hohen, steilen Wänden und in geeigneter Höhe ü. M. gelegen, waren der Ansammlung von grossen Schneemassen sehr günstig. Dieselben gestalteten sich 50 allmälig zu Gletschern und bewegten sich in kürzeren oder längeren Strömen der Tiefe zu. Die zusammenhängenden Gletscher des Berninastocks, oder wie wir dieselben nennen wollen, der Bernina-Gletscher, hat in der Horizontal-Projektion eine Länge von 34,400 Metern oder 7,2 Stunden, und eine Flächenausdehnung von 42,100 Juchart. Ihm gehören an: I. Auf der nördlichen Gebirgsseite: 1) der Morteratsch-Gletscher . 6437 Juch. 2) ,„ Roseg- 9 199 3) wugin Hexe E 5 A 4) „ Fedoz- > Hm 5) „ Forno- i 4000 6) „ Albigna- = 53100: 6) ,„ Bondasca- m BENDER; Yo.) PERE TOR 26,499 Juch. I. Am südlichen Abhang, zum Flussgebiet der Adda gehörend: 8) der Cambrena-Gletscher . . 1250 Juch. 9), „ Palu- 7 ai e2BANT 10) ‚, Gletscher von Scersen (!) 2511 „ 1; = 5 Fellaria:2500%- % 12% r della Disgrazia mit den anstossenden Glet- scherparthien Im stiaut um00Dn 15,601 Juch. Summa 42,100 Juch, Der ausgedehnteste Einzelgletscher ist der Roseg, dem sich in seiner Strömung der Vadret da Tschierva und kleinere Sei- tengletscher anschliessen. Den längsten Gletscherstrom besitzt (!) So genau als die sehr undeutlich begrenzten Gletscher der öster- reichischen Generalstabskarte die Berechnung möglich machten. 51 der Morteratsch- Gletscher, mit 9000 Met. vom Grat bis zur Endmoräne, Seine Eismassen bedecken die ganze Thalsohle und stehen bereit, in das Hauptthal von Pontresina hinauszu- {reten, von welchem sie ein vorspringender Hügel zurückhält. Durch ihre Zerrissenheit, daherige Farbenpracht und man- nigfaltige Gestaltung zeichnen sich die Gletscher von Palu und Fex aus. Eine Menge vereinzelte kleinere Gletscher haben sich im Bernina-Gebirge hie und da angesetzt. Die grössern hievon sind an der nördlichen Abdachung, die Gletscher von Piz Al- bris, P, Lagnard, P. d’ils Leis, P. quater Vals; auf der süd- lichen Seite die Gletscher zu hinterst im Val Livigno und Val Viola und derjenige am Piz Canciano im Val Malenco. Noch haben wir die hervorragendsten Bergspitzen des Bernina - Gebirgsstocks aufzuführen, In dem Gebirgsausläufer gegen Zernez liegt zu unterst der Piz quater Vals, 3157 Meter ü. M,, und von mir bei der Aufnahme jener Gegend desshalb so benannt, weil 4 Thäler von ihm auslaufen, nämlich: Val Müschems, Val Tanter Moza, Valetta und Val Sassa. Letzteres Thal erhielt seinen Namen von der ungeheuren Menge Steintrümmer, die Hang und Thal- tiefe bedecken. Piz d’Esen, 3130 Met., westlich vom obern, Piz Fier (Eisenspitze), 3070 Met, zwischen V, Viera und V. Truptschum. Seine Eisenhaltigkeit veranlasste mich, ihm diesen Namen zu geben. Piz Casanna, 3072 Met, nördlich vom Gasanna-Pass, der nach Livigno führt. Im Gebirgsgrat zwischen Val Casanna und Val Chamuera liegen ; Piz Casanella, 2931 Met, Piz Vauglia, 2974 Met. ’ 6 2 Ils Corns, 2957 Met. Piz Mezzem, 2965 Met,, mit einer herrlichen Aussicht über das Oberengadin und bis Zernez hinunter. Zum Hauptkamm zurückkehrend, folgt: Piz Lavirum, 3054 Met., der seinen Namen vom Thal hat, das er beherrscht. Mont Cotschen, 3104 Met. Piz della Stretta, 3108 Met. Von dieser Spitze geht ein sehr unregelmässig gestalteter und grossentheils begletscherter Ausläufer gegen Samaden hin, der Val Chamuera vom Flazthal trennend. Die höchsten Berg- spitzen sind hier: Piz Prunella, 2992 Met., zwischen Plaun da vatschas (Kuh- boden) und Val Prunella, Piz Prunas, 3154 Met, Piz Albris, 3166 Met. Piz Languard, 3266 Met., bekannt durch die grossartige Aussicht auf den Bernina-Gletscher. Piz Vadret (Gletscherspitze), 3171 Meter, zu hinterst im Val Champagna. Zwischen dem V, del Fain und V, Minor liegt der Piz d’ils Leis, 3052 Met., der bereits zum eigentlichen Ge- birgsstock zu zählen ist, wie auch der Corno di Campo, 3234 Met, Ein Ausläufer vom letzteren in nordöstlicher Richtung trägt den M. Zembrasca und den 3093 Met. hohen M. Foscagno auf östreichischem Gebiet. In dem langgezogenen Gebirgsrücken zwischen V. Grosina und V, Poschiavo liegen die hohen Spitzen von: Corno di Dosde, 3230 Met. P. di Teo, 3050 Met. P. di Sena, 3078 Met. P, Sassalbo, 2855 Met. Sasso Mantello, 2833 Met, Der mit obigem ziemlich parallel laufende Gebirgsarm, der V. Posciavo von V. Malenco Lrennt, besitzt von S. nach N. ge- hend, folgende hervorragende Bergspitzen : Monte Combolo, 2902 Met., ob Teglio. P, Canciano, 3107 Met. P. Scalino, 3330 Met, P. di Verona, 3462 Met., und schliesst sich durch den P, di Cambrena, 3607 Met., und P. di Palu, 3912 Met., an den Centralstock an. Von Cleven her ist, im westlichen Arm des Bernina-Ge- birgsstocks, der Monte Divene, 2794 Met., die erste Bergspitze von Bedeu- tung. Sie liegt hart am Pass von Rochetto. Dann folgt die Cima di Tschingel, 3308 Met. P. Turbinesca, 3385 Met. P, Porcellizzo, 3076 Met., südlich vom Hauptkamm ab- stehend, Ferner eine Spitze südlich vom Passo di Bondo mit 3298 Met, Von hier läuft ein felsiger Grat nördlich mit dem P. di Cacciabella, 3225 Met., und P. dell’ Acqua, 2980 Met, Der Mittelgrat setzt sich fort im P. di Zocca, 3220 Met,, und Cima del Largo, 3402 Met., zwischen welchen der Gletscherpass, Forcella di St. Martino, 2730 Met. hoch, durchführt. Von GC. d. Largo geht nördlich der Gebirgsrücken ab, der V. Albigna von V. Muretto trennt. Die Spitzen Cima di Cantun, 3333 Met. 54 Cima di Caschnil, 3040 Met., und Cima di Bacung, 3172 Met., sind die hervorragendsten. Im Hauptzug des Gebirgs, dessen Wasserscheide durch- gehends die Landesgrenze der Schweiz gegen Oesterreich bil- det, folgt weiter der P. di Torrone, 3300 Met., und der Monte Sissone, von welchem ein hoher Grat südöstl. zum Monte della Disgrazia, 3680 Met., abgeht. Es ist diess die bedeutendste Erhebung des Gebirgs ausser dem Hauptstock. Letzterem uns nähernd finden wir die Cima di Rosso, 3360 Met., weiter den Monte d’Oro, 3214 Met., und über dem Muretto-Pass eine noch unbenannte Spitze mit 3107 Met, Von hier zieht sich ein Ausläufer nördlich gegen den Silser- See mit dem P. della Margna, 3156 Met., welcher vom Oberengadin aus sich sehr grossartig gestaltet und bei Witterungsbeob- achtern hohes Ansehen geniesst. Zuhinterst im V. Fedoz steht der Piz Guz, 3373 Met.,, und im Grat zwischen obigem Thal und V. Fex der Piz Lat (breiter Berg), 3169 Met. Piz Tremoggia, 3452 Met., liegt zwischen V. Fex und V. Malenco und steigt in schroffen, von weissen Marmorbändern durchstreiften Felsen aus dem Gletscher empor. In seiner Nähe läuft der bedeutende Seiten-Grat aus, der zunächst das V, Fex vom V. Roseg, sodann letzteres vom Inn- thal trennt. Seine höchsten Spitzen sind: Il Gaputschin, 3390 Met. Piz Corvatsch, 3458 Met. [pr gu Monti Arlas 3129 Met. Piz Surlei, 3187 Met., und Muot d. Roseg, 2995 Met. Piz Roseg, 3943 Met,, wurde eine Spitze zuhinterst im V, Roseg genannt. Noch haben wir desjenigen Gebirgsausläufers zu erwähnen, der V. Morteratsch und V, Roseg scheidet, Er trägt folgende Bergspitzen : Piz Chalchang, 3154 Met. Piz Tschierva, 3570 Met. (Pyramide) Piz Morteratsch, 3754 Met. Zuhinterst an diesem Grat ragt die höchste Spitze des ganzen Bernina-Gebirgsstocks empor und ich glaubte sie daher passend mit Piz Bernina bezeichnet zu haben. Sie besitzt 4052 Met, Meereshöhe, Mit der topographischen Aufnahme des Bernina - Gebirgs- stocks im Jahr 1850 beauftragt, ist es begreiflich, dass die bis dahin noch nicht gelungene Ersteigung der Bernina-Spitze mich mit dem allgewaltigen Reiz anzog, welche Wagefahrten im Ge- birge besitzen, Gegen das V. Roseg fällt der Bernina fast senkrecht ab und der Grat gegen den P. Tschierva ist begletschert und von so schroffen Absätzen unterbrochen, dass an eine Ersteigung von dieser Seite gar nicht zu denken war. Es fand daher eine Recognoscirung der Morteratsch-Seite statt, wozu der P. Albris und Mont Pers die passendsten Stand- punkte darboten. Die Jahreszeit war aber unterdessen bereits weit vor- geschritten, Mitte September rückte heran, und obwohl das Wetter hell war, so wehte seit einiger Zeit ein so scharfer 536 Nordwind, dass man sich wenig in eine Höhe von über 4000 Met, hinaufsehnte. Längern Zuwartens endlich müde, wurde den 12. der Ver- such der Ersteigung unabänderlich auf den folgenden Tag fest- gesetzt. Meine beiden Führer (!) rüsteten den erforderlichen Apparat und Proviant. Den 13. September verliessen wir, nach einem kräftigen Frühstück, um 6 Uhr das Bernina-Wirthshaus. Wie die frü- heren Tage war das Wetter rein, aber immer noch herrschte Nordwind; das Thermometer zeigte — 2" R. Da die Seiten- hänge des Morteratsch - Thales ziemlich ungangbar sind, so suchten wir baldmöglichst den Gletscherstrom zu erklettern, um über denselben den Hintergrund des Thales zu erreichen. Die Oberfläche des Gletschers war, wie man diess im Herbst nach dem Sommerschmelz immer findet, uneben wellenförmig, dabei hart gefroren und rauh, so dass wir mit unsern gut ge- nagelten Bergstiefeln leicht und sicher darüber hinschritten. Das eigenthümliche Leben, das hier während der Sommer- monate den Gletscherwanderer so angenehm beschäftigt, war erstarrt, oder schlug nur noch in schwachen Pulsen. Die kleine, hüpfende Desoria glacialis war verschwunden, das Wasser der Meridianlöcher und der Bassins übereist, die kleinern Wasser- riesel versiegt, nur die grössern Bäche murmelten noch in ihren glänzenden, ins reine Eis gegrabenen und mannigfach gewundenen Betten und stürzten ihr spärliches Wasser in tiefe Runsenlöcher. Die sonderbaren Gebilde der Sandhügel und der Gletschertische stunden bald vereinzelt, bald in Gruppen längs den Gufferlinien. Etwas über der Mitte des Gletscherstroms, bei Nr. 1 des Gletscherkärtchens, findet sich eine sehr zerklüftete Stelle, durch (!) Jon und Lorenz Ragut Tscharner, beide von Scheid. 37 ein steileres Gefäll der Thalsoble hervorgerufen. Wir glaubten uns über die Gräte, die sich lamellenartig zwischen den Spal- ten hinzogen, durcharbeiten zu können. Mussten wir auch bald von diesem Vorhaben abstehen, um die Steile zu umgehen, so waren wir für unsere Mühen durch eine glänzende Erscheinung kinlänglich belohnt, In einer Eiswand wölbte sich eine weite Nische, die von Oben durch eine Spalte beleuchtet, vom zar- testen, reinsten Lichtblau erfüllt war; Streifen von einem tie- fen Dunkelblau, sogenannte blaue Bänder, durchzogen di kry- stallhellen Eisgewölbe. Ungefähr um 9 Uhr langten wir an der 2ten Gletscher- region an, (Nr. 2). Die Gufferlinien traten hier in einzelnen Trümmern zu Tage, grosse Gletscherbäche mit weitläufigen Verzweigungen wanden sich in tiefen Eiskanälen, bildeten kleine Seen, liefen von diesen wieder aus, um am Gletscherrand sich zu verlieren oder sich in Runsenlöcher zu werfen und unter- irdisch weiter zu fliessen, Die erste Region verflacht sich hier, um schroff und zer- rissen sich in das Firnmeer zu erheben. War der Weg bis- her ziemlich leicht und gefahrlos, so traten uns von hier an Hindernisse und Gefahren entgegen, deren Ueberwältigung all’ unsere Erfahrung, Willenskraft und Ausdauer erforderte. Ein einziger Weg war zu nehmen, er führte mitten über den zerklüfteten Hauptstrom des Gletschers, Wie der Fluss in seinen Wasserfällen sich in Schaumwellen auflöst, so hatte der Gletscherstrom hier seine Eismassen in Millionen Trümmer zerlheilt, die sich über einander aufthürmten. Unverzagt klet- terten wir diesen Gletscherfall hinan. Die Arbeit war hart und je weiter wir nach Oben vorrückten, desto unüberwindlicher schienen die Hindernisse. Oft sahen mich meine Führer stumm- fragend an, ob ich mich nicht zum Rückzug neige, aber noch waren nicht alle Mittel erschöpft, und immer fand sich ent- 58 weder ein Umweg um eine unerklimmbare Trümmerwand, oder eine Stelle, die mit Hülfe unseres Apparats ersteigbar war. Bei Nr. 3 des Kärtchens angelangt, wurde Raths gepflogen, ob bis ins Firnmeer vorzudringen, oder aber die Felswand westlich zu erklettern und sodann der Grat derselben zu ver- folgen sei. Das absolute Stimmenmehr entschied für den er- sten Weg. In nicht gar langer Zeit hatten wir den Punkt Nr. 4, die Höhe des Gletschersturzes, erreicht. Die erste Querspalte, die vom Firnmeer sich hier abbrach, übertraf an Schönheit Alles, was mein Auge in der Gletscherwelt bisher gesehen, Die Spalte sah einer kleinen Thalschlucht ähnlich, war mit Eistrümmern erfüllt und nach oben von einer senkrechten Wand bandartig begrenzt. Wie über Trümmer einer gefallenen Festung stiegen wir von der untern Seite in die Tiefe der Gletscher- schlucht. Welch’ feenhafter Ort! Nichts als Eismassen um uns, umwölbt vom reinen, blauen Himmel, die Sonne im Mittag. Die Gletscherwände, Thürmchen, Blöcke und tausend bizarren Eisgebilde, die ringsum den kleinen Horizont bilde- ten, glänzten im buntesten, blendendsten Farbenspiel, wie eine kolossale Diamant-Krone. Die Luft war licht und warm (140 R.). Es war hier alles so rein, es herrschte eine so tiefe Stille, man wusste sich von allem Treiben der Welt so vollkommen ab- geschlossen, dass uns eine feierliche Stimmung ergriff. Nur wenige Minuten waren uns vergönnt, in diesem glänzenden Gletschertempel zu verweilen. Die Zeit drängte, wir mussten weiter. Wir betraten das Firnmeer. Weite und tiefe Spalten durchzogen zunächst am Fall den Gletscher, der Firn hing in dieselben über und liess ihre Grenzen schwer er- kennen. Aber mehr noch als diese halbgeöffneten Schlünde sind die kleineren Gletscherspalten zu fürchten, die unter schwacher Firndecke verborgen liegen. Wir banden uns daher 59 an ein langes Seil und schritten, oft mit den Bergstöcken son- dirend und die sichtbaren Schründe umgehend, über das Firn- meer hinein. Der Reflex der Sonnenstrahlen von der Firndecke war so stark, dass wir unter dem Schleier noch geblendet wurden, das Antliz glühte uns vor Erhitzung, Vom Circus 4 fanden wir die Bernina-Spitze, die jetzt zu unserer Rechten lag, nicht ersteigbar. Es blieb uns somit kein anderer Weg als über die steile Gletscherwand bei bh. Sie trat schroff aus dem Firnmeer empor, von diesem durch einen breiten Schrund getrennt, der stellenweis verschüttet war. Am Grat hingen, von den auf der Karte angegebenen Felsköpfen, vorgeschobene, dem Sturze nahe, Eismassen über. Zwischen dieser Scylla und Charybdis musste durchgesteuert werden, Eine kurze Strecke weit hieben wir im Zickzack mit dem Beil Tritte in die Wand ein; da aber das Gletschereis hart und spröde ist, rückten wir nur sehr langsam vor. Es wurde daher ein etwas verwegener Entschluss gefasst. Wir banden uns vom Seil, das uns im Steigen hinderte, los, schlugen unsere Stiefel einigemal kräftig in den circa 1 Zoll hohen Firn ein und setzten auf diese Weise weit rascher, aber auch weit gefährlicher und anstrengender, die Ersteigung fort, denn der ganze Körper ruhte nur auf den Fussspitzen und nirgends war ein Ruhepunkt zu finden, als an einigen aus dem Eis hervor- ragenden Felsstücken, denen wir denn auch mit allen Kräften entgegenlavirlen. Um 3 Uhr n.M. erreichten wir den Gebirgsvorsprung bei Nr, 5. Wir lagerten uns auf einer grossen, rauhen Granitplatte, Angesichts der höchsten Spitze und breiteten unsern Proviant zum Mittagsmahl aus, Die Wärme, Erhitzung, Müdigkeit verursachten eine fast nicht zu bewältigende Schlafsucht und nur die Erkenntniss un- serer sehr kritischen Lage vermochte uns wach zu erhalten. 27 Li Die Bernina-Spitze war zwar nicht mehr sehr fern, aber welche Hindernisse warleten unser in dem scharfen, steilen Grat, der sich zu derselben hinaufzog? Und wenn uns die Nacht auf dem Gletscher überfiele, was dann beginnen ohne Zelt und warme Decken? Auch musste für die Rückreise ein anderer Weg ermittelt werden, denn es schien kaum thunlich, über den Hang, den wir eben erstiegen hatten, ohne die grösste Gefahr hinunterzugelangen, All’ diese ängstlichen Betrachtungen wurden kurz abge- brochen und nach etwa !/, Stunde Ruhe und Stärkung zur Fortsetzung der Ersteigung geschritten. Die Impedimenta wur- den auf der Steinplatte zurückgelassen und nur das Nothwen- digste mitgenommen, Der erwähnte Grat, der alleinige Weg zur Ersteigung der Bernina-Spitze, trennt den Circus 4 von dem in c. Er fällt in schroffen Gletscherwänden gegen die Circus ab, ist unten felsig, weiter oben mit Gletscher und Firn bedeckt. Der untere Theil des Grats wurde ziemlich leicht erklettert, obwohl besonders an einer Stelle die senkrechte Wand eines Felsblocks von circa 10° Höhe den Weg sperrte. Jeder von uns erstieg indess dieselbe, mit feierlicher Protestation gegen jede Beihülfe, nur die Geräthschaften wurden einander geboten, um Arm und Hand frei zu haben, Jon kletterte kühn voraus. Sehr ernste Folgen hätte die Unvorsichtigkeit eines meiner Führer haben können, Von einem brennenden Durst gequält, kletterte er einen Fels hinaus, über den Wasser hinunter tröpfelte, während der andere Führer und ich längs der Grat- kante weiter stiegen. Plötzlich hörten wir Hülferuf. Wir eilten zurück auf die Höhe des Felsens und erblickten unsern Ge- fährten regungslos an die Felswand angeklammert,. Rasch warfen wir ihm das Seil zu und zogen ihn glücklich herauf. Er versicherte uns, dass das Kniezittern (ein böses Zeichen 61 bei Gebirgsfahrten) ihn bereits ergriffen gehabt habe und er kaum noch einige Sekunden im Stande gewesen wäre, sich zu halten, Gefährlicher als der untere Theil des Grates ist der obere mit Firn bedeckte. Der Firn hängt an mehreren Stellen über, und bildet dabei so scharfe Kanten, dass wir uns nicht getrauten, den Fuss aufzusetzen. An solchen Stellen mussten wir längs dem Hang uns hinarbeiten, der oft so steil war, dass man mit dem einen Arm den Grat umschlingen konnte. Un- weit unter der höchsten Spitze fanden wir zu unserem Er- staunen Spuren von Gemsen. Unzweifelhaft sind diese Thiere durch die Jagd hieher versprengt worden, denn weit und breit ist kein Futter zu finden. Bis vor nicht so langer Zeit war man der Ansicht, dass in diesen enormen Höhen die Temperatur niemals über den Ge- frierpunkt steige, was dem Gletscher Theoretiker ein bedeuten- der Stein des Anstosses zur Erklärung der Bildung des Firns und Gletschereises war. Neuere Beobachtungen haben jedoch obige Ansicht berichtigt. Wir fanden in einer Höhe von 13,100-—13,200° in der Sonne und auf der Südseite eine Tem- peratur von — 9 R. Erwartungsvoll näherten wir uns dem höchsten Grat, wir erhoben uns über denselben, aber — zu unserm grossen Leid- wesen, standen wir noch nicht auf dem höchsten Punkt und wie im Mährchen von Tausend und einer Nacht häuften sich die Schrecken, je näher dem Ziel. Um zum höchsten Punkt zu gelangen, der allerdings ganz nahe und wenig höher lag, musste ein scharfer Gletschergrat, in dem einzelne Steine ein- gefroren waren, passirt werden, Fast senkrecht fiel die eine Seite, circa 2000° tief gegen V. Roseg, die andere gegen den Circus 6 ab. Meine wackern Führer hatten heute Ungewöhnliches ge- 62 leistet, mehr als auf allen bisherigen Wagefahrten ; das Ueber- selzen über diesen Grat durfte ich von ihnen nicht verlangen. Lorenz hatte aber eine Scharte vom Gletscherfall her auszu- wetzen, und wenige sind wohl besser ausgefochten worden. Er als der Kleinste und Leichteste bot sich an, hinüberzu- reiten. Ich suchte ihn zurückzuhalten, aber umsonst, und da wir andern nicht zurückbleiben wollten, wurde denn der kühne Ritt begonnen, Wir befestigten uns an das Seil und Lorenz begann die Reihe, Unterdessen stiegen von der Süd- seite Nebel auf, die bis an die Spitze sich erhoben und den Ritt etwas weniger schwindlicht machten, und wirklich erreich- ten wir glücklich die höchste Spitze (4052 Met. oder 13,508 ü. M ), die gerade soviel Raum bot, um bequem neben ein- ander stehen zu können. Es war 6 Uhr Abends, ein voller Tag seit unserem Aufbruch vom Bernina-Wirthshaus. Gierig schweifte nun der Blick über die Erde bis an den weiten Horizont, tausend und tausend Bergspitzen lagerten wie ein grosses Heer um uns, Erstaunt und zugleich beklemmt sahen wir über dieses Bild grossartiger Gebirgswelt hin, wir suchten nach Bündens Thälern, seinen Flüssen, Wohnungen, aber einzig Samaden und Bevers sandten uns ein heimeliges Gefühl zu. Das übrige Bünden schien in Gletscher und rauhes Gebirg verwandelt und das grossarlige, ernste Bild wurde in den Schleier des Schaurigen gehüllt. Endlich begann das Auge sich zu orientiren. Das Pano- rama war in seinen Hauptumrissen gegen Norden durch den Rhätikon, das vom Silvretta nordöstlich auslaufende Gebirge und durch die Dödikette begrenzt, hinter welcher die grauen Hörner und andere Bergspitzen hervorraglten. Die Gletscherkette vom Seplimer zum Gotthard, die soge- nannte Adulakette, zeigte sich nur in der Längenrichtung. Die Bergspitzen waren in solcher Menge zusammengedrängl, dass 63 wir nur wenige derselben aus diesem ohnedem topographisch noch wenig bekannten Gebirgsgebiet zu nennen im Falle waren, Deutlich erkannten wir das Adula- und Suvreta-Gebirge und in demselben die Felsenpyramide des Tambohorns (3276 M.). Im Osten machte sich hauptsächlich das Ofengebirge und die begletscherte Ortles-Gruppe mit ihrer 3911 Meter hohen Spitze bemerkbar, In diesem weiten Rahmen bildeten die unzähligen Berg- spitzen Bundens ein erstarrtes Wellenmeer, umschäumt von Firn und Gletscher. Wir erkannten unter den hervorragensten Spitzen der Albula-Kette den Piz Kesch (3417 M.) zwischen Madolain und Bergün, den Piz Linard bei Lavin (3416 M.), den Piz Morteratsch am Julier (3385 M.); den P, Ot (3249 M.), den Piz d’Err im Oberhalbstein (3393 M.); das Schwarzhorn in Davos (3151 M.); die hohen Zacken des Silvretta-Gebirgs; Sodann den Schesa-Plana im Rhätikon (2966 M.); den Dödi in der Dödikette (3620 M.); den Beverin bei Thusis etc. Gegen Süden wanden und zogen sich dichte Nebel, drükten sich ans Gebirge an, ohne dasselbe zu übersteigen und nahmen uns leider alle Aussicht nach dieser Seite. Der Bernina stund da wie ein gewaltiger Herrscher, um- geben von den Grossen seines Reichs, anderen erhabenen Spitzen und Hörnern. Die Schneefelder der Gletscher von Roseg und Morteratsch lagen zu seinen Füssen und bepanzerten ihn bis an sein Haupt. Ein kalter Windzug weckte uns aus unseren Betrachtungen und erinnerte uns, dass unseres Bleibens hier nicht sei, Die Stiefel und die nassen Beinkleider waren hart gefroren, Haare und Bart mit Reif gepudert, der Thermometer stund einige Grade unter 0%. Die Luft war sehr trocken, die Gegenstände entglitten leicht der Hand und dieselbe in Berührung mit dem 64 Eis gebracht, fand sich wie angeleimt. Von beschwerlichem Athem verspürten wir nichts, Vom Fuss des Gletschers über dem wir uns jetzt eirca 2162 M. befanden, hatten wir kein lebendes Wesen gesehen, Sonst trafen wir bis in bedeutende Höhen verirrte Schmetter- linge, Fliegen etc. oder hörten von Felsköpfen herab Gemsen pfeifen, die wir in ihrer Ruhe gestört. Heute war alles organische Leben erstorben, nur eine Bergdohle flog kreisend um die höchste Spitze. Bevor die Rückreise angetreten wurde, erbauten wir aus einigen, mit Mühe aus dem Eis gegrabene Steinen, ein kleines Signal und pflanzten, als Zeichen der factischen Eroberung der Berninaspitze die eidgenössische Fahne auf. In eine Vertiefung am Fusse des Signals wurde eine Flasche gelegt mit einigen Bündnermünzen, einem Blatt Papier mit Datum der Ersteigung und unseren Namen. Sodann wurde von der Höhe Abschied genommen, der Fahne der letzte Gruss gebracht und so rasch als möglich gratabwärts gestiegen. Die Kenntniss des Terrains und die hie und da eingehauenen Tritte erleichterten das Hin- unterteigen sehr. Von Nr. 5 weg verfogten wir den, auf dem Kärtchen mit unterbrochener Linie angegebenen Weg, der gleiche der bei der Abstimmung bei Nr, 3 in Minderheit geblieben war. Schreckten uns auch hie und da dunkle Schrundtiefen zurück, so langten wir dennoch wohlbehalten auf dem Fels bei Nr. 6 an. Die nahe Dämmerung beflügelte unsere Schritte und wie Verfolgte kletterten wir die, von unten kaum ersteigbar ge- haltene Felswand hinunter. Wir befanden uns jetzt unweit Nr. 3, zwischen Fels und Gletscher zog sich aber eine breite Oelfnung hin, die eingebrochene Dämmerung liess uns das Terrain nicht mehr deutlich erkennen, unsere Lage verdüsterte sich, Die Eisblöcke des Gletscherfalls die im Sonnenschein 65 heute so herrlich geglänzt, hatten unheimliche, verschwebende Umrisse- angenommen und schienen uns gespensterisch anzu- glotzen. Je dunkler der Gletscher in Nacht sich hüllte, desto verzweifelter wurde unsere Lage. Da ergoss sich plötzlich ein heller Lichtstrom über den ganzen Gletscher. Der gute Mond hatte sich unserer erbarmt und er schob seine Scheibe, im vollen Abglanz der Sonne langsam hinter einer Gletscherkuppel heraus, gleich als ob er Liebenden ihre einsamen Pfade beleuchten wollte, Bald war jetzt ein Uebergang über den Abgrund gefunden und nach mühsamem Uebersteigen einiger grossen Gletscher- trümmer, langten wir wieder bei Nr. 3 an. Das Mondlicht strahlte so hell von der weissen Firndecke zurück, dass wir unseren Weg vom Morgen verfolgen konnten; an den gefähr- licheren Stellen wurde Lorenz am Stricke zur Recognoscirung vorgelassen. Wir langten bei Nr. 2 an, wandten uns sodann raschen Schritts rechts dem Abhang bei Nr. 7 zu, um möglichst bald vom Gletscher zu kommen. Und merkwürdig, eben als wir unsern Fuss vom Eis wieder auf sichern Boden setzlen, versank die Mondscheibe hinter das Gebirge. Finstere Nacht umgab uns, es war jetzt 10 Uhr abends. Ueber Steingeröll, Felstrümmer, Erdschlipfe und durch steile mit Rekholder und Alpenrosen-Gebüsch bewach- sene Halden mussten wir uns nun mühsam weiter Bahn brechen, aber die grössten Gefahren waren hinter uns, wir waren sicher noch dieselbe Nacht unser Quartier zu erreichen, — wir alhmeten freier. Nach dreistündigem Hinklettern durch diese wilde Ge- birgswand erreichten wir endlich die Tiefe des Thales und bald darauf die Bernina-Strasse. Auch die kleine Stunde bis zum Bernina-Wirthshaus schleppten wir noch unsern müden 66 Körper hinauf und kamen Nachts 2 Uhr, nach 20stündiger Ab- wesenheit in unserem Quartier wieder an. Dieselbe Nacht noch wurden alle Mühseligkeiten der Er- steigung in altem Veltliner in Vergessenheit getrunken und nur der unauslöschliche Reiz der Erinnerung mit zur Ruhe genommen. IV. Ueber eine im Februar 1855 bei Chur beobachtete Desoria, (von Dr, J. Papon,) (Vide Tafel 11.) Kaum hatte eine in den letzten Tagen des Januar eintre- tende südliche Luftströmung die starre Schnee- und Eisdecke gebrochen, welche im grössten Theile des Schweizerlandes alles organische Leben in Feld und Flur seit Monaten gefan- gen hielt, als sich in verschiedenen, zum Theil entfernten Ge- genden unseres Valerlandes das weisse Winterkleid der Natur streckenweise plötzlich mit so dichten Schwärmen kleiner, le- bender Wesen bedeckte, dass davon der Schnee gefärbt er- schien. — Aus Baselland, dem Kantone Zürich u, s. w. berjch- teten die Zeitungen von der Erscheinung des „schwarzen Schnee’s“, welche durch Milliarden kleiner hüpfender Thierchen hervorgebracht werde. Ja ein scharfsichtiger Berner Correspon- dent der Augsburger Allgemeinen Zeitung wollte bereits an denselben unter der Loupe ganz gefährlich starke Fresskiefer entdeckt haben, Bald darauf veröffentlichte dann Professor O. Heer in Zürich in Nr. 44 der „Eidgenössischen Zeitung‘ einen Aufsatz, worin er die Erscheinung, besonders im Hinblicke auf allfällig an dieselbe geknüpfte abergläubische Befürchtun- gen, erklärte, und das Thierchen selbst, welches sie hervor- fe) 68 brachte, als Podura arborea L, bezeichnete, Inzwischen war die Erscheinung ebenfalls hier in Chur, und zwar am Wald- saume des Lürlibades, beobachtet worden, woher mir ein hie- siger Jagdliebhaber einige der Thierchen, leider bereits todt und zum Untersuchen kaum mehr brauchbar, einbrachte, — Bald darauf glückte es mir indessen, die Stellen, wo sich das Insekt in bemerkbarer Menge zeigte, selbst zu finden, und zwar mache ich hier darauf aufmerksam, dass ich in einer nicht unbedeutenden Strecke erst schneefrei gewordenen Lärch- waldes, welche ich beinahe Zoll für Zoll durchsuchte, jeden Stein aufhebend, jeden Moosrasen, jede abgestorbene Wurzel, jedes faulende Holz- und Rindenstück durchspähend, kein ein- ziges Exemplar desselben entdecken konnte, während es am verschiedenen Species der verwandten Arten Degeeria und To- mocerus nicht fehlte, Dagegen fand ich es sehr häufig auf freien, noch schneebedeckten Wald- und Weideplätzen, und zwar am häufigsten da, wo eine trockene Mauer oder ein Steinhaufe aus dem Schnee hervorragte, Ich untersuchte das Thierchen, von welchem ich eine genaue, stark vergrösserte Zeichnung (gemeinsam mit Hrn. Professor Theobald) entwarf, wornach wir folgende diagnostische Beschreibung desselben feststellen: — Länge des Insektes 11/9“, Kopf eiförmig, deut- lich vom Leibe getrennt. Letzterer besteht aus acht Ringeln, wovon das erste und zweite wenig länger als die andern, das letzte sehr kurz, Die Ringel nehmen von vorn nach hinten an Breite zu, dann mit dem sechsten derselben sehr schnell wie- der ab. — Der ganze Körper mit weisslichen, borstigen Haaren be- deckt, die von der Mittellinie des Körpers nach den Seiten zu abstehen. An den hintersten Ringeln befinden sich einige viel stärkere Borsten zwischen den andern Haaren. — Fühlhörner viergliedrig, behaart; das erste Glied sehr kurz, das zweile 69 und vierte fast gleich lang, letzteres elliptisch, das dritte wenig länger als das erste, — Augenflecke gross, oval, etwas eckig; Augen schwarz, glänzend, stark hervorstehend, — Beine von mittlerer Länge, behaart, an den Gelenken mit stärkeren Borsten; das letzte Glied mit zwei Krallen, wovon die innere kürzer. — Springschwanz lang, gross, der Körperanhang, worauf er steht, kurz, cylindrisch kegelförmig. Die beiden Borsten 5—6 Mal so lang, am Grunde eingeschnürt, schwach gegeneinander gebogen, transversal gestreift, behaart, — Die Färbung des Körpers ist schwarzbraun, Fuhlhörner schwarzbraun, Beine kastanienbraun, Schwanzborsten hell horn- farbig. — Diese Beschreibung verglichen mit den Diagnosen, welche Herr Nicolet in seiner monographischen Arbeit über die Po- duren (Recherches pour servir a lhistoire des podurelles. Neue Denkschriften der Schweiz. Naturforschenden @esellschaft 1842) aufstellt, liess keinen Zweifel darüber, dass das hiesige Insekt der Gattung Desoria Ag, angehört. Dagegen passt sie auf keine der dort aufgeführten Species dieser Gattung, sowenig als die dort gelieferten Zeichnungen dem lebenden von uns untersuch- ten Insekte entsprechen. — Wir hielten desshalb diese Desoria für neu und legten ihr vorläufig den Namen nivalıs bei, indem wir es jedoch nicht unterliessen, theils Zeichnungen, theils le- bende Exemplare derselben an ausgezeichnete Entomologen der Schweiz zu senden, da uns die geringen wissenschaftlichen Hülfsmittel, die uns hier zur Untersuchung eines Insektes aus noch so wenig beobachteter und bekannter Familie zu Gebote standen, keineswegs genügend erschienen. — Professor Osw. Heer in Zürich antwortete mir auf einen bezüglichen Brief, er halte das hiesige Insekt auch für eine Da Desoria, aber für eine längst bekannte, welche Degeer als Po- dura arborea nigra beschreibe und dazu die Podura arborea L ziehe, Dieselbe sei in Degeers Werke (von den Poduren S. 11 oder Band VII. des ganzen Werkes, Uebersetzung von Goeze Tafel U, Fig. 2) ganz gut abgebildet. Leider war es mir nicht möglich, mir Degeers Werk und Abbildungen zu verschaffen, Da nun aber Linne selbst (Syst. nat. Tom. I, Pars. II, Pag. 1014 edit, Vindob. 1767) seine Podura arborea folgendermassen be- schreibt: „Podura oblonga, nigra, pedibus furcaque albis“, so kann doch wohl kaum an eine Identität dieser Species mit unserer Desoria gedacht werden. — Prof. Carl Vogt in Genf hält unsere Desoria, von welcher er eine Zeichnung, sowie eine von Herrn Professor Theobald verfasste Beschreibung dem Institut genevois vorlegte, für die Desoria viatica Nicolet, — V. Nachtrag zu Alex. Moritzis Verzeichniss der Pflanzen Graubündens. (Von E, Killias.) Die hier folgenden Notizen sind zunächst für die Botaniker unseres Kantons zusammengestellt worden, und schliessen sich ergänzend an Moritzis Verzeichniss der Phanerogamen Grau- bündens an, Die naturforschende Gesellschaft gelangte in Besitz von dessen eigenem Handexemplar seiner Bündner Pflanzen ; in demselben finden sich schon manche Nachträge im Sinne der hier folgenden angemerkt. Das Wenigste von dem, was ich hier zusammengestellt habe, beruht auf eigenen Resultaten; sondern ich verdanke weitaus das Meiste mir befreundeten Botanikern, die mir ihre so ziemlich den ganzen Kanton umfassenden Herbarien zur Disposition stellten. Besonders nenne ich hier die Herren Forstinspektor Coaz, Dr. Papon, Professor Theobald, Lehrer Schlegel und Commissionär Loretz in Chur, — Für die Enga- diner-Pflanzen bin ich noch insbesondere Herrn J, L. Krättli in Bevers zu Danke verpflichtet, welcher eine umfassende Zu- sammenstellung der seltenern Engadiner-Pflanzen einsandte. Endlich erhielt ich einzelne Notizen theils direkt, theils indi- rekt durch die Herren Pfarrer Andeer in Bergün, Med. Stud. Brügger in Thusis, Professor Heer in Zürich, Direktor Boissier in Genf u, A, 12 In Betreff des Standpunktes, den ich bei der folgenden Zusammenstellung innehielt, bemerke ich, dass vorwiegend neue Species berücksichtigt wurden, die bei Moritzi noch nicht aufgeführt sind, oder von ihm theils als zweifelhaft für unser Gebiet, theils als ausserhalb den Grenzen desselben vorkom- mend angegeben werden; diese für unseren Kanton neuen Species sind mit einem + bezeichnet. In geringerem Masse sind die Standorte seltener, schon früher bemerkter Pflanzen angegeben. Kritische und zweifelhafte Angaben wurden mög- lichst vermieden, — A. Dicotyledones. Ranunculace®, Thalictrum + galioides Nestler. Findet sich in der Umgegend von Chur (St. Hilarien, Lürlibad), sowie im Domleschgerthal an verschiedenen Punkten (Theob., Brügger u. A.). foetidum D, C. Unterhalb Steinsberg am Jnn (Dr. Pap.), bei Zillis und Andeer (Kantonsschüler Cajöri), in der Viamala (Theob.). Ranuneculus + paucıstamineus Tausch. Nach neueren Beobachtungen bei uns viel häufiger als R. aquatilis L,; so z. B. im Lenzer- und Flimser-See, in Schams, bei Ragaz u. s. w. Traunfellneri Hoppe. Auf der Spitze des Calanda und dem Scesaplana (Theob.). + plantagineus All. Alpen im Rheinwald (Pfarrer Felix). r reptans L. Auf Torfboden bei St, Moritz (Pap.). r auricomus L. Am Wege von Samaden nach Bevers in Menge auf sumpfigen Wiesen (Krättli u. A.). Ze: + Thora L, Findet sich im Val Tisch bei Bergün (Theob. und Pfr. Andeer), und noch anderweitig am Albula. Aquilegia + atrata Koch. In der Umgegend von Chur nicht selten; auch bei Samaden und Cellerina (Krättli). Delphinium intermedium Ait. In der Urdenalp gesellschaftlich mit Aconitum Cammarum und Aquilegia alpına (Schlegel). Papaveracex, Papaver + alpinum Jacqg. Auf dem Räticon (Coaz), Fumariace. Fumaria + Vaillantii Lois, Bei Schuls (Theob. u. A.). Corydalis r Fabacea Pers. Am Calanda zwischen Pategna und Pra- manengel und unter der Haldensteineralp (Theob.). Crucifer. Dentaria 7 digitata Lam, Am Wege zwischen Trons und Tava- nasa (Üoaz).- Erucastrum + Pollichii Schimp, et Spenn, Bei Fürstenau (Moritzi), Lunaria rediviva L. Im Rappentobel oberhalb Untervatz (Theob.). Violarice®. Viola + collina Bess, Bei Chur, Felsberg etc, an sonnigen Iro- ckenen Halden häufig, — arenaria D.C. Bei Zernez (Coaz). + — lutea Smith. Bei Ober-Laret (Coaz), in Medels bei Platta (Theob.). + Comollia Massara. Im Val Tisch bei Bergün, auf dem Parpaner Weisshorn, in der Churer Alp bei Meran (Theob.). + cemisia L. Auf dem Brügger Horn, Pass zwischen Sa- vien und Splügen (Theob,). Anmerk. Die beiden letzteren Violen blühen etwas später als die ihnen nahestehende V. calcarata L. und mögen sich noch mehrfach anderwärts finden. Droserace®. Drosera + longifolia L. Am Stazsee bei Gellerina (Krättli). Caryophylle». Lychnis alpina L. Im Scanfser und Camogasker Thal (Coaz), auf dem Albula (Papon), auf dem WYalettapass (Schlegel), auf dem Piz Beverin (Theob.) ete. Alsine + rostrata Koch. Am Wege von Lavin nach Guarda an Felsblöcken, selten (Krättli). biflora Wahlenb. Am Cambrena-Gletscher, auf dem Pass zwischen Savien und Splügen (Theob.), auf dem Piz Padella (Loretz), in Eroser Schafälplein (Kill.), auf dem Strela (Müret) u. Ss. W + recurva Wahlenb, Bei Pontresina (Pap.), am Cambrena- Gletscher (Theob.), im Camogasker Thal (Krättli). Leguminos, Ervum hirsutum L. Auf Aeckern bei Alveneu (Papon). RG) Vieia + dumetorum L. In der Umgegend von Chur (Theob, u. A.), bei Canova im Domleschg und bei Trimmis (Papon), bei Haldenstein (Loretz). + angustifolia Roth. Bei Haldenstein (Loretz). Rosace®. Potentilla “ + opaca L, Auf Brambrüsch (Schlegel). frigida Vill. Auf dem Piz Languard bei Pontresina, dem Parpaner Rothhorn und dem Culm da Vie ob Dissentis (Theob.), auf dem Valser Berg (Loretz). Agrimonia + adorata Ait. Bei Dissentis (Theob,). Rosa + pomifera Herrm. Im ganzen Unterengadin sehr häufig (Theob.). glandulosa Bellard. Bei den Flimser Waldhäusern. Sanguisorbe®. Alchemilla pubescens M. Bieberst. Auf dem Brügger Horn (Brügger). Pomacex. Cratzgus + Oxyacantha L. Findet sich z. B. bei Chur an der Halde neben €. monogyna Jacg. (Moritzi u. A.) Paronychiee. Herniaria glabra L. Beim Serneuser Bad, bei Strada im Unteren- gadin (Moritzi), bei Trons (Theob,). 9 Bd Hippuride«. Hippuris + vulgaris L. Bei Bevers (Krättli). Önagrarie®. Epilobium + Dodonaei Vill. Bei Fettan (Papon). + parviflorum Schreb. Bei Jlanz (Papon), bei Fürstenau® (Theob.) Crassulace®. Sempervivum + Funkii Braun. Auf dem Parpaner Rothhorn (Schleg). Wulfenii Hoppe. Im Bernina - Heuthal (Coaz. Papon und Theob.), am Abhang des Albula gegen die Au bei Bevers, im Camogasker-Tbal (Krättli). Umbellifer®. Eryngium alpinum L. Oberhalb Nufenen unter Felsenvorhängen in Menge (Loretz, Theob. u. A.). Sol auch in der Saaser Alp vorkommen. Angelica + Archangelica L. An der Einmündung eines Tobels bei Dissentis in den Rhein auf Geschiebe (Theob.). montana Schleich. In der Umgegend von Chur zwischen Malix und Churwalden und anderwätrts. Myrrhis + odorata Scop. Im Dischma - Thal, und bei Kloster, im sog. Aebert unter Araschga, stets in der Nähe von Wohnun- gen (Theob.). Heracleum montanum Schleich, Im Bernina - Heuthal häufig; ober- E; halb Splügen, und oberhalb Felsberg an den sogen. Platten (Theob.). Anthriscus + abortivus Jord. Um die Sennhütten von Pategna am Calanda und bei Dissentis (Theob.). Chaerophyllum + Villarsii Koch. Findet sich vielfach in der montanen und alpinen Region durch den ganzen Kanton. Conium maculatum. An einer Stelle bei Sins in grosser Menge (Moritzi). Rubiace. Galium + lucidum All. Bei Chur am Mittenberg und Calanda häufig. helveticum Weigel. Auf dem Scesaplana (’Theobald), Ca- landa (Loretz). Valerianex. Valeriana supina L. Auf dem Ofenberg (Coaz u. Pap.), im Beverser Thal (Coaz), auf dem Scesaplana (Schlegel), im Val Muschaun bei Scanfs hoch ob der Waldgrenze (Krättli). Composit. Artemisia spicata Jacg. Auf dem Davoser Schwarzhorn (Goaz und Theob.), auf dem Parpaner Rothhorn, Piz Beverin und der Passhöhe zwischen Splügen und Savien (Theob.). Gnaphalium luteo-album L. Im Sertig-Thal (Landr. Hössli), unterhalb des Dorfes Misocco (Schlegel). Cineraria + longifolia Jacg. Im Camogasker - Thal in der Alp La- viruns (Krättli). Cirsium + decoloratum Koch. Bei Parpan und Lenz (Schlegel u. A.) Erisithales L Bei Tarasp häufig (Moritzi u. Theob.). Centaurea rhetica Moritzi. Neue Standorte: zwischen Brienz und Alveneu, an Felsen des Conterser Steins, oberhalb Salux am Wege nach Citail (Moritzi); am Parpaner Rothhorn (Schleg.), oberhalb Mandello am Comersee (Muret). Tragopogon + major Jacg, An Ackerrändern bei Strada im Unter- engadin (Moritzi). pratensis L. Nicht häufig und hält sich mehr an die mon- tane Region; so findet es sich auf Wiesen oberhalb Churwal- den, bei Obervaz u. s. f. + orientalis L, ist hingegen die auf allen Wiesen und Weiden so häufig auftretende Species, Scorzonera + humilis L. Auf Sais (Loretz), auf nassen Wiesen ober- halb Churwalden gegen das Joch hin (Theob.). Hieracium + dentatum Hoppe. Bernina-Heuthal und Augstberg bei Parpan (Moritzi), Oberberg bei Churwalden (Brügger). + sabaudum L. Am Calanda an mehreren Stellen, so bei Felsberg (Moritzi, Theob.), und hinter Lichtenstein. + incisum Hoppe, Bei Parpan (Theob.), auf Wiesen bei Erosa, und am Carmenna-Pass, 79 Gampanulacew. Campanula cenisia L, Auf dem Aelplihorn im Sertig-Thal (Coaz), auf dem Albula, dem Piz Mezzem bei Ponte, Piz Lischana und Piz Beverin (Theob.), auf dem Flimser Stein und Parpaner Weiss- horn (Schlegel). + persicifolia L. In der Umgegend von Chur nicht selten; namentlich auf gelichteten Waldstellen am Mittenberg und Pizockel. + latifolia L. Oberhalb Jlanz bei Luvis und bis gegen Obersaxen hin an der Strasse (Theob.), Ericacex, Rhododendron + intermedium Tausch. Findet sich nicht selten an Stel- len, wo Rh, ferrugineum und hirsutum gesellschaftlich auftreten, und zwar in so mannigfachen Zwischenformen und Ueber- gängen, dass diese Species gewiss nur als Bastardpflanze an- zusehen ist, Standorte; Albula (Krättli), Piz Mondeun ob Jlanz, Scesaplana (Theob.), Lenzer Haide (Brügger), Churer Alp u. s. w, Pyrolace®, Pyrola + chlorantha Swartz. Um Chur herum hin und wieder, so beim Städeli, im Foral, bei Campodels (Papon u, A.), bei Mutta (Kantonsschüler Cajöri). Gentiane®. Gentiana 7 excisa Presl. Wird häufig mit der ihr sehr nahe ste- henden @. acaulis L, verwechselt, blüht aber etwas früher als diese, 80 Severtia + perennis L. Moritzi selbst hat diese Pflanze, deren Aechtheit er in seinem Cataloge bezweifelte, später an der von Hrn. Hauptmann U. v, Salis angegebenen Stelle gefunden, und ausserdem haben noch viele Botaniker sie dort gesammelt, Sie findet sich in Menge unter dem Damme am grossen See der Lenzer Haide, und in vereinzelten Exemplaren über die Haide hin bis in die Mayensässe von Obervaz. | Rhinanthace. Pedicularis + asplenifolia Floerke. Am Wege von Remus nach Sam- naun (Boissier und Vulpius), + Jacquini Koch. An den Felsen hinter dem Wirthshaus auf dem Dürrenboden von Davos (Kantonssch. Bavier), zwi- schen Remüs und Samnaun (Boissier), im Dischma-Thal (Vul- pius). Rhinanthus + alpinus Baumgart. Auf dem Calanda (von Moritzi cor- rigirt anstalt Rh. angustifolius Gmel,), auf dem Flüela- Pass (Coaz). Orobanchex. Orobanche 7 lucorum A, Braun, An Berberis vulgaris L. bei Vul- pera und bei Strada (Papon). 7 Teuerü Schultz. Bei Ems (Papon). r rubens Wallr, Am Fusse des Calanda auf Medicago (Papon), auf Wiesen bei Chur gegen den Rhein hin (Theob. und A.) + Salvie Schultz, Im Schyn-Pass (Brügger). si Boragine®. Pulmonaria azurea Bess. An einer Stelle des Weges zwischen Bergün und dem Weissenstein sehr häufig (Pfr, Andeer) ; unter Ge- büsch bei Bevers hin und wieder (Krättli). Labiat®. Stachys + ambigua Smith. Bei Vättis (Theob.). Calamintha + Nepeta Clairv. Bei Chur (Moritzi). Ü Primulace». Trientalis + europea L. In einem Lärchenwalde der Alp Nova bei Pontresina (Coaz). Primula longiflora All. Auf dem Splügen bei Teggiate (Loretz). Cortusa + Matthioli L. Bei Tarasp und Martinsbruck zuerst ent- deckt (Coaz); dann bei Fettan, Val Tasna u. s. w. (Krättli). Anärosace septentrionalis L. Bei Samaden u, Madulein, selten (Krättli), Polygone®, Rumex nivalis Heg. Neue Standorte: auf Citail (Moritzi), Valser Berg und Augstberg (Loretz), Val Tisch bei Bergün häufig, Rheinwaldgletscher, Piz Beverin, Passhöhe zwischen Splügen und Savien (Theob,) etc. Die Pflanze scheint so ziemlich auf allen hohen Punkten vorzukommen. 3 Santalacex, Thesium rostratum N. und K. Auf den Rosshügeln bei Ems (Theob.), bei Jlanz (Papon). Aristolochie®. Aristolochia + Clematitis L. An einer Feldmauer zwischen Chur und Masans, Euphorbiaces, Euphorbia + exigua L. Im Lürlibad bei Chur und bei Grüsch. duleis L. Bei Haldenstein. Betuline®. Betula + carpatica Willd. In Medels und bei Bergün (Theob). Salicine®. Salix + grandifolia Seringe. Bei Chur herum nicht selten; fin- det sich auch weiter hinauf, z. B, in Savien (Theob.). + cinerea L. Am Laxer See (Moritzi), bei Haldenstein (Theob.). + aurita L. An Felsen bei Grüsch (Moritzi). + myrsinites L. Auf dem Joch gegen Churwalden hin, auf dem Albula (Moritzi), auf dem Montelin, in Val Tisch bei Bergün, Piz Beverin (Theob,), oberhalb Erosa (Kill.), auf dem Bernina (Krättli), + arbuscula L, Steht unterhalb Parpan am Wege und anderwärts. 83 Cupressine®. Juniperus + nana Wild. Ob dem Weissenstein, auf dem Albula (Pfr, Andeer u. Theob.), auf allen Engadiner Alpen (Krättli). B. Monocotyledones. Najadex, Potamogeton + lucens L. Im Flimser See. Typhacex. Sparganium 7 simple Huds. Am See von Canova (Theob,), natans L. In Sümpfen jenseits Bevers (Krättli und Coaz), am Bernhardiner See (Loretz). Callace®, Arum + maculatum L, Findet sich auch auf Bündnergebiet und zwar auf nassen Rheingütern bei Fläsch (Schlegel). Orchidex. Epipactis r rubiginosa @audin. Im Unterengadin; bei Vulpera (Pap.), bei Zernez und Tarasp (Krättli). 10 Limodorum abortivum L. Zwischen Felsberg und Tamins (Loretz), an der Halde bei Chur, und bei Haldenstein; soll auch bei Serneus vorkommen. Orchis + incarnata L. Auf nassen Wiesen bei Lenz, unterhalb Araschgen elc. + Traunsteineri Sauter. Auf den sumpfigen Wiesen von Brambrüsch (Theob,), auf der Lenzer Haide (Brügger). sambueina. Auf Brambrüsch (Loretz), Anacamptis + pyramidalis Richard. Auf Wiesen oberhalb des Ma- sanser Waisenhauses, zwischen Felsberg und Tamins häufig (Moritzi), in den Haldensteiner Maiensässen (Schlegel u. A.), Platanthera + chlorantha Custor. Unfern der Haldensteiner Mayen- sässe (Schlegel u. A.). Epipogium Gmelini. Im Walde am Flimser See (Kill,), zwischen Haldenstein und Pategna in einem dunkeln Buchenwald (Loretz). . Malaxis monophylla Sw. In einer Waldwiese unterhalb Fideris, und in grosser Anzahl unter dem Erlengebüsch gegenüber dem Serneuser-Bade. Corallorrhiza + innata R. Rr, Im Rheinwald (Pfarrer Felix), auf dem Mittenbergg bei Chur (Theobald). Liliace®, Allium + strictum Schrad, An trockenen Halden bei Cellerina (Kräutli und Loretz). 85 Jrides, Jris + sibirica L. Im Zizerser Ried (Dr, Amstein). Cyperaces, Eriophorum + gracile Koch. Am Laxer See (Theob.). + vaginatum L, Bei Churwalden (Brügger), auf Bram- brüsch (Theob.). + Scheuchzeri Hoppe. Auf dem Splügen (Theob.), am Schwarzen See auf dem Bernina (Krättl). Carex + irrigqua Smith. Am Stazsee bei Gellerina (Krättli), am Albulasee auf dem Weissenstein (Theob.). r nigra All. Auf dem Albula und Piz Languard (Krättli), auf dem Bernina, in Val Fex, auf dem Brügger - Horn und Eroser Weisshorn (Theob.). + Busxbaumiti Wahlenberg. Unweit des Sauerbrunnens von St. Moritz (Krättli). + leporina L, Jenseits des Jnn bei Bevers (Krättli). 7 fulva Good. und filiformis L. Bei St. Moritz von Hrn. Professor Heer gesammelt (nach einer Mittheilung von Hrn, Krättli). -+ (Gramine®, Phleum commutatum Gaud, Auf dem Berninapass gemein (Theob.). Triodia 7 decumbens Beauv. Auf der Lenzer Haide (Theob.). Glyceria r plicata Fries, Bisher vielfach übersehen und bei uns ach vielleicht häufiger als die @l. fluitans. Standorte: bei Chur, im Domleschg, Medels etc. Rragrostis + poaeoides Beauv. Bei Scanfs (Coaz). 7 minor Gaud, Am Bernina und anderwärts im Engadin, auf Wiesen bei Erosa (Theob.), Calamagrostis + dittorea D, C, Am Ausfluss der Plessur in den Rhein, und bei Rothenbrunnen (Theob.). VI. Resultate der Untersuchung einiger Stücke eines ge- räucherten Ochsenschlundes, der zu einer Vergiftung Anlass gab. (Von Dr. Adolph von Planta.) Der Vergiftungszufall, in Folge dessen die hier mitgetheilte Untersuchung vorgenommen wurde, ereignete sich vor einiger Zeit in Chur bei der Familie A..... Herr Dr, Rascher, welcher zu derselben hingerufen wurde, fand folgende Vergiftungs- Symptome, Herr und Frau A. nebst drei Kindern, wovon zwei zu Bette gelegt worden waren, zeigten neben eingefallenen Gesichtszügen und einer erdfahlen Gesichtsfarbe völlig cyano- tische Lippen und Wangen; ebenso hatte die schleimig belegte Zunge eine dunkelblaue Färbung. Alle klagten über Schwindel und Zittern in den Gliedern und grosse Hinfälligkeit. Herr A. erzählte nun, zu Mittag sei von ihm und den Seinigen ein ge- räucherter Ochsenschlund mit einer Gerstensuppe genossen worden; alle hätten mit gutem Appetit gegessen und dabei nichts Abnormes in dem Geschmacke der Speisen bemerkt, Ungefähr eine halbe Stunde nach dem Essen sei dem zweit- jüngsten Kinde übel und taumelig geworden, es habe sich bei ihm Brechreiz und endlich wirkliches Erbrechen eingestellt; ganz schnell darauf seien die nämlichen Zufälle auch bei den übrigen Tischgenossen aufgetreten, wobei namentlich das 88 schnelle Einfallen der Gesichtszüge und das Blauwerden der Lippen und Wangen auffällig gewesen seien. — Das jüngste Kind, welches nur von der Suppe, nicht aber vom Och- senschlunde genossen hatte, war von den genannten Zufällen am meisten verschont worden, namentlich war die Gesichts- farbe unbedeutend cyanotisch, — Ein Hund, der auch ein Stück vom Ochsenschlund gefressen hatte, musste sich bald brechen und verschmähte jede weitere Speise. Glücklicherweise hatte der ganze Zufall keine weiteren schlimmen Folgen für die Betroffenen. Nach Darreichung eines Brechmittels liessen die Vergiftungserscheinungen allmälig nach, Die noch vorhandenen Stücke des Ochsenschlundes wur- den mir zur Untersuchung zugeschickt, Dieselbe war eine vier- fache : 1) Untersuchung eines weissen Anfluges an der Oberfläche des Schlundes; 2) Untersuchung auf eine Arsenverbindung; 8) Untersuchung auf eine Blausäureverbindung; 4) Untersuchung auf Alcaloide. I. Untersuchung des weissen Anfluges. Unter dem Microskope zeigte sich, dass derselbe aus un- krystallinischen, gegliederten Fäden bestand, die sich als Schim- melpilze erwiesen. II. Untersuchung auf Arsen. Ein Theil der Substanz, in erbsengrosse Stücke zerschnit- ten, wurde in einen Kolben gebracht, mit etwas Salzsäure er- wärmt, und zum Filtrat einige Messerspitzen voll chlorsaures Kali gesetzt, Das aus dem letzteren sich entwickelnde Chlor- gas sollte in Verbindung mit der Salzsäure die Umwandlung der Arsenverbindung in lösliche Arsen oder Arsenige Säure 39 bewirken, Die Salpetersäure und die Salpetersalzsäure sind hiezu weniger geeignet, weil sie stets die höchste Oxydations- stufe des Arsen’s erzeugen, die nur schwer durch Schwefel- wessersloff gefällt wird; überdiess ist die Salpetersäure immer nur mit Mühe wieder zu entfernen. Das Filtrat wurde nun so lange erhitzt, bis kein Geruch nach Chlor bemerkbar war, um zu verhindern, dass beim späteren Zusatz von Schwefelwasserstoff Salzsäure gebildet und Schwefel ausgeschieden würde, Alsdann wurden zur Flüssig- keit einige Tropfen schweflige Säure zugesetzt, um allfällig in der Substanz enthaltene Arsensäure in Arsenige Säure umzu- wandeln, und das Ganze wiederum so lange erwärmt, als sich überschüssige schweflige Säure entwickelte, Nun wurde zur sauern Flüssigkeit Schwefelwasserstoff, und später zur neutra- lisirtten Flüssigkeit Schwefelammonium zugesetzt; weder der Erstere, noch das Letztere erzeugten nach längerem Stehen einen Niederschlag. Die untersuchte Substanz enthielt demnach weder Arsen, Antimon und Zinn, noch irgend ein anderes gif- liges Metall. Il. Untersuchung auf Blausäure. Eine weitere Portion des Schlundes, vereint mit derjeni- gen, welche zu einem weingeistigen Auszug (siehe später) ge- dient hatte, wurde in einem Kolben mit Wasser und etwas verdünnter Schwefelsäure der Destillation ausgesetzt. Wäre nun die Gyanverbindung z, B, Gyankalium gewesen, so hälten sich schwefelsaures Kali und Blausäure gebildet. Die in die Vorlage übergetretene Flüssigkeit wurde hierauf bis zur alka- lischen Reaktion mit Kali versetzt; es hätten jetzt bei Gegen- wart von Blausäure Cyankalium und Wasser entstehen müssen; in Folge dessen würde der Zusatz von etwas Eisenvitriol in Krystallen und einiger Tropfen Eisenchlorid einen intensiv 90 blauen Niederschlag von Berlinerblau gebildet haben. (Der Niederschlag kann zwar anfangs blaugrün aussehen, indem bei überschüssigem Kali auch Eisenoxyd - Oxydul ausgeschieden wird; wenn man jedoch das Letztere durch den Zusatz von etwas Salzsäure löst, so wird das Berlinerblau rein erscheinen.) Die angedeutete Reaktion trat jedoch nicht ein, Ein zweiter Versuch auf Blausäure wurde in folgender Weise vorgenommen: Eine Portion des Destillates wurde mit mehrfach Schwefelammonium versetzt, alsdann gelinde bis fast zur Trockenheit eingedampft, um das überschüssige Schwefel- ammonium zu entfernen, dann wieder mit Wasser gelöst und ein Eisenoxydsalz zugesetzt. Hätte nun die Flüssigkeit Blau- säure enthalten, so wäre eine röthliche Färbung von Schwefel- cyaneisen entstanden (3[CyS2] +2Fe +3H0O). Da auch diese Reaktion ausblieb, so war hiemit die Gegenwart von Blausäure in der untersuchten Substanz ausgeschlossen. IV. Untersuchung auf Alcaloide. Eine weitere Portion des zerkleinerten Schlundes wurde in einem Kolben mit Weingeist versetzt und gekocht, das Filtrat zur Trockenheit eingedampft, und ihm sodann Salzsäure zugesetzt, um allfällige Alcaloide in lösliche salzsaure Salze zu verwandeln. Die Fetttheile blieben hiebei ungelöst zurück. Ein zur erhaltenen Lösung gebrachter Zusatz von Platinchlorid bewirkte keinen Niederschlag; demnach waren keine Alcaloide vorhanden. Ueberdiess machte ich mit der bis zur Trocken- heit eingedampften salzsauren Lösung mittelst Bleihyperoxyd und Schwefelsäure einen Versuch auf Strychnin, der gleichfalls negaliv ausfiel. Das Resultat dieser Untersuchung ist demnach folgendes: Der fragliche Ochsenschlund enthielt weder ein Metallgift, noch eine giftige organische Basis, oder ein flüchtiges Gift, womit 9 auch jede Vermuthung auf eine absichtliche Intoxication hin- wegfällt. Ueber Vergiftung im Allgemeinen und über die wahr- scheinliche Art der Vergiftung im vorliegenden Fall will ich noch Folgendes bemerken. Die tödtliche Wirkung eines Giftes findet im Allgemeinen bald dadurch statt, dass dasselbe den Zusammenhang gewisser Organe aufhebt, wie das z.B. durch eoncentrirte Schwefelsäure, Salzsäure, Aetzkali etc, geschieht; oder aber, dass es bald mit Membranen und Muskelfasern, wie z. B. Blei und Kupfersalze, oder bald mit Eiweiss und eiweiss- artigen Gebilden, wie z. B. die Arsenige Säure, Verbindungen eingeht. Nun gibt es eine besondere Art von Stoffen, die nicht auf die angedeutete Weise giftig wirken, sondern lediglich durch den eigenthümlichen Zustand, in dem sie sich befinden. So theilt die Hefe die eigenthümliche Zersetzung, worin sie sich befindet, den Atomen des Zuckers mit, d.h. sie ruft die Zuckergährung hervor, und die Produkte derselben sind Alkohol und Kohlensäure, Der Lab theilt gleichfalls seinen Zersetzungs- zustand dem Zucker in der Milch mit und bildet Milchsäure ; faulende Pflanzenstoffe bewegen die Zuckeratome zu Butter- säure um. Es ist also eine förmliche Ansteckung, welche diese Zersetzungserscheinungen erzeugt. Wendet man diesen Grundsatz auf den thierischen Organismus an, so ergibt sich Folgendes: Im Blute sind die Bestandtheile des ganzen Körpers ent- halten, es ist zur Reproduktion jedes Theiles des thierischen Organismus eingerichtet. Bekannt ist nun, dass Blut, Galle, Eiter, Gehirnsubstanz, wenn sie in Fäulniss begriffen auf frische Wunden gebracht werden, also direkt in die Circulation des Blutes gelangen, Erbrechen, Matligkeit, Gehirnzufälle und end- lich Tod bewirken; ähnliche Zufälle beobachtet man in Folge von Verletzungen bei Leichensectionen. Unter diese Klasse in Zersetzung begriffener und im Blute Zersetzung erregender 11 92 Stoffe gehört das sogenannte Wursigift, Dasselbe entwickelt sich bei Würsten, die theils mangelhaft gewürzt und gesalzen, theils zu spät und unvollkommen geräuchert wurden. In den Magen gelangt wird es nicht, wie z. B. das Gift der Schlangen, zerstört; sondern es tritt in das Blut, auf welches es seinen Zersetzungszustand überträgt; dieses faulige Blut ist nun im höchsten Grade ungeeignet, der Ernährung des Körpers vor- zustehen. Es zieht sämmtliche, namentlich die weniger resi- stenten Gewebe in einen abnormen chemischen Prozess hinein; die Vergifteten magern hiedurch zuweilen auffallend ab, und der Tod erfolgt unter allgemeiner Erschöpfung und zuneh- mender Lähmung des Nervensystems. Die Lebenskraft unter- liegt hiehei der chemischen Aktion. 3 Wenn nun auch im vorliegenden Falle sich nicht gerade Wurstgift an dem geräucherten Ochsenschlunde erzeugt hatte, so müssen einzelne Parthien desselben dennoch in einem ana- logen Zersetzungszustand begriffen gewesen sein, mag dieser von einer mangelhaften Räucherung, oder von einer Krankheit des geschlachteten Thieres hergerührt haben. Die Wirkung des Giftes war keine tödtliche, weil dasselbe durch ein zeitig gereichtes Brechmittel aus dem Magen entfernt wurde, und so die Einwirkung auf das Blut nicht anhaltend war. Schliesslich möchten wir den Metzgern empfeblen, genau darauf zu sehen, dass sie nur gesunde Thiere schlachten, so- wie man beim Räuchern des Fleisches di nöthige Vorsicht nie versäumen soll, damit dieser Prozess vollständig vor sich gehe- —n, ae rer N IX a C vn. Ueber das Vorkommen der Traubenkrankheit in Grau- bünden. (Von Friedr. Wassali, Präsident des landwirthschaftl, Vereins in Chur.) Während besonders in den Jahren 1850 — 54 in Jtalien, Frankreich und andern weinproduzirenden Ländern die Trau- benkrankheit so verderbliche Verheerungen anrichtete und in ganzen Landstrichen die Haupterwerbsquelle stopfte, genoss un- sere Gegend — das Gebiet von Chur, der 5 Dörfer und des Kreises Maienfeld — das Glück, von der fatalen Krankheit beinahe ganz verschont zu bleiben. Nur hie und da zeigten sich Spuren derselben, und gerade diese Ausnahmen, sowie der allgemeine Zustand unserer Reben selbst und deren Kultur möchten auf das Vorkommen der Krankheit überhaupt und die angemessensten Heilmittel dagegen einiges Licht werfen und daher eine diesfällige Mittheilung vom rein praktischen Standpunkte aus in diesem Berichte als landwirthschaftlicher Beitrag ein Plätzchen verdienen, Die Traubenkrankheit zeigte sich hier in den Jahren 1850— 54 hauptsächlich nur an Spalieren von sehr alten meist hochge- zogenen und weitverzweigten Reben in gegen den Nordwind ganz geschützten Lagen. Die Reben selbst waren meistens entweder blaue oder weisse Muskateller oder weisse Traminer; 94 unsere gewöhnliche kleinbeerige Burgundertraube litt auch an solchen Standorten viel weniger, In den offenen Weinber- gen trat die Krankheit nur sehr vereinzelt auf, und zwar stets an etwas tief gelegenen, vor dem Nord- und Ostwind ganz geschützten Lagen. Als besondere Vorkommenheiten sind fol- sende zu bemerken: 1) An einem hochgezogenen Spaliere war die Krankheit im Jahre 1852 so allgemein und stark, dass auch nicht eine der vielen Trauben, die vorhanden waren, genossen werden konnte. Der Besitzer bedauerte zwar das Unglück, that aber nichts, um für die Zukunft zu schützen, und dennoch trug das Spalier im folgenden Jahre sehr viele und ganz gesunde Trauben, 2) Das Spalier eines anderen Besitzers lieferte im Jahre 1853 zum ersten Mal total pilzkranke ungeniessbare Trauben. Derselbe fürchtete auch das folgende Jahr von dem unheim- lichen Gaste heimgesucht zu werden, und wollte wenigstens ein Mittel dagegen versuchen, Er besprengte kurz vor Winter den Boden in der Nähe des Spaliers ziemlich stark mit Salz, und siehe da, im darauf folgenden Herbst hatte er das Ver- gnügen, ganz gesunde Trauben vom Spaliere zu schneiden. Iım Winter darauf geschah nichts und im Jahre 1855 zeigte sich die Krankheit, jedoch in viel geringerem Grade als im Jahre 1853, wieder, Die von Clefen her angepriesene Abrei- bung der vom Pilze noch nicht sehr stark angegriffenen Trau- benbeeren mit Baumwolle erwies sich hiebei als genügend, um die Krankheit, resp. den Pilz, in seiner Entwicklung zu hem- men und die Trauben vor gänzlicher Zerstörung zu schützen. 3) In den offenen Weingärten wurden hauptsächlich ältere Reben von der Krankheit angegriffen, jedoch zeigte sich die- selbe, wenn auch seltener, an jungen erst vor Kurzem unler- gelegten Reben. 95 Wenn wir nun nach dem Grunde forschen, warum gerade unsere Weinberge grösstentheils von dem gefährlichen Pilze freigeblieben sind, so schreiben wir wesentlich drei Umständen dieses Glück zu, nämlich 1) unserem gemässigten Glima bei einer Höhe von circa 1800° über dem mittelländischen Meere, und 2) unserer Wein- kultur, und endlich 3) unserer Rebensorle. Eine nähere, wenn auch kurze Erörterung dieser 3 Punkte wird uns von der Richtigkeit dieser Ansicht auf Grundlage der hier und anderwärts gemachten Erfahrungen über das Vor- kommen der Traubenkrankheit überzeugen. — Man hat allgemein beobachtet, dass eher strenge Winter der Fortpflanzung des Pilzes, der den Trauben so gefährlich wird, sehr nachtheilig ist. Millionen von Sporen gehen dadurch zu Grunde. Noch wichtiger aber ist die Temperatur und das Feuchtigkeitsmass in der Luft zur Zeit der Ausbildung des Traubenpilzes, Unser Sommer und Herbst ist in Folge der Gletschernähe und der höheren Lage nie allgemein so warm, dass der Traubenpilz sich schnell genug entwickeln kann, um die Entwicklungskraft der Rebe, resp. Traube, zu überwinden. Daher kommt es zum Theil, dass die Traubenkrankheit nur an den wärmsten Orten, an den der Sonnenbitze am meisten ausgesetzten Spalieren, die eben stets gegen Süden oder Südwesten angebracht wer- den, über Hand nahm. Auch die Winde spielen gewiss eine nicht unbedeutende Rolle in diesem Naturprozesse, Sie reini- gen und trocknen die Luft, und daher haben wir es den im Sommer und Herbst von Zeit zu Zeit wehenden Nord- und Ostwinden mit zu verdanken, dass unsere Weinberge mit sel- tenen Ausnahmen gesund blieben. Dafür liefert uns wieder das ausnahmsweise Vorkommen des Traubenpilzes an den vor diesen Winden geschützten Lagen den besten Beweis. Wenn wir auch entschieden unserem Clima und der Lage = den Haupteinfluss auf den Zustand unserer Weinreben und damit auf unser Befreitsein von der Traubenkrankheit zuschrei- ben, so kommt doch auch die Kulturart, wie sie bei uns üblich ist, hiebei als Nebenursache mit in Betracht, Unsere Rebenkultur unterscheidet sich von derjenigen je- ner Länder, welche von der Traubenkrankheit besonders heim- gesucht wurden, dadurch, dass wir in den offenen Weinbergen, wo nicht spaliermässig verfahren wird, die Rebe im Winter oder Anfangs des Frühlings, bevor der Saft zu steigen anfängt, kurz bis auf wenige Augen zurückschneiden, und dass die Weinberge im Frühlinge, Sommer und Herbst umgehackt werden, um den Boden rein zu erhalten, dass die Schösslinge je nach dem Wachsthum der Rebe gebrochen werden, um den Saft auf die Tragschosse, resp, auf die Trauben selbst zu con- centriren, und endlich, dass die Reben von Zeit zu Zeit je nach der Behandlung beim Schnitte und Ausbrechen alle 8—15 Jahre untergelegt (gegrubet) werden, um sie auf solche Weise zu verjüngen und neue, frische Wurzeln treiben zu machen. Diese Kulturart ist uns durch das Clima vorgeschrieben, das uns nicht erlaubt, die Rebe sich selbst zu überlassen. Wenn sie auch viel Arbeit und Kosten verursacht, hat sie andererseits auch ihre guten Folgen, und zwar die: dass durch die öftere Auf- lockerung des Bodens und Unterbringung der obersten Schichten desselben wieder Millionen von Pilzsporen zu Grunde gehen und mit der weckenden und selbst befruchtenden Einwirkung der Atmosphäre auf den Boden und damit auf die Wurzeln neue Thätigkeit in den Organismus der Reben kommt; dass durch das Niederhalten der Reben der wohlthätige Einfluss der Erdnähe auf die Entwicklung der Pflanze erhalten wird, — hat man doch im südlichen Frankreich auch beobachtet, dass die der Erde zunächst stehenden Trauben gesund blieben, während die obern krank wurden; — dass endlich durch die zeitweise 97 Verjüngung mittelst Niederlegens in die Erde bis zu den ober- sten 4 bis 5 Augen die Reben neue Nahrung erhalten, indem der Boden dabei tief rigolt wird, und durch die Bildung von frischen Wurzeln aus den in den Boden gelegten Augen neues Leben gewinnen und sehr gekräftigt werden, so dass der Pilz wenn er sich auch anhängt und seine Parasitenexistenz auf Kosten der Rebe beginnt, doch bald von der kräftigeren Natur der jungen Rebe überwunden wird. — Wo diese Culturart bei uns nicht stattfindet, an den Spa- lieren, die weder kurz zurückgeschnitten, noch so stark aus- gebrochen noch zeitweise niedergelegt noch behakt werden, ist daher wie schon oben bemerkt, die Krankheit in ihrer vollen Kraft trotz Italien und Madeira aufgetreten. Der dritte Umstand endlich, dem wir zum Theil das Nicht- überhandnehmen des Traubenpilzes verdanken , ist unsere ge- wöhnliche Traubensorte. Dieselbe ist die kleine Burgunder- traube mit eher starkhülsigen Beeren, deren Epidermis in Folge dessen dem Eindringen des Pilzes mehr Widerstand leistet. Wie anderwärts wurde auch hier die Erfahrung gemacht, dass besonders die grossen mit weicher Hülse versehenen Beeren von der Krankheit allgemeiner und intensiver angegriffen wur- den. An den Spalieren haben wir meistens grossbeerige Sorten wie Muskateller-, Traminer-, Gutedel, Veltlinertrauben und andere, dagegen selten die in den Weinbergen gewöhnliche Burgundertraube. Daher auch in Verbindung mit den übrigen Ursachen der verschiedene Zustand der Trauben an den Spa- lieren und in den Weingärten in Bezug auf die Trauben- krankheit. Ob der eine oder andere der oben angeführten Umstände allein schen genüge das Nichtüberhandnehmen des Trauben- pilzes bei uns zu begründen, lässt sich schwer ermessen, nur zeigt das unfer besondern Lageverhältnissen mitunter ziemlich 98 starke Auftreten der Traubenkrankheit auch bei unserer ge- wöhnlichen Traube, dass die Sorte allein gegen dieselbe nicht unbedingt versichert ist, | Ziehen wir nun aus obigen Thatsachen und den darauf gestützten Erörterungen einige allgemeine Schlüsse, so müssen wir vor Allem als feststehend annehmen, dass eben Clima und Lage, — zwei Momente, über welche der Weinbergbesitzer nicht gebieten kann, — Hauptfactoren beim Vorkommen oder Nichtvorkommen der Traubenkrankheit sind, die auch noch ferner uns gegen dieselbe schützen, in andern Gegenden aber derselben Vorschub leisten werden. Nicht verkennen lässt sich aber auch, dass die Culturweise den schädlichen Einfluss des Climas mehr oder minder zu paralisiren im Stande ist; wenigstens hat bei uns das Zurückschneiden und Unterlegen der alten Spalierreben und die Behackung, — letztere besonders mit zweckmässiger Düngung wie in dem oben erzählten Sonder- falle verbunden, — gute Dienste geleistet, indem die Rebe dadurch gekräftigt und die Bodenbeschaffenheit modifizirt wird, ein Umstand auf den auch in warmen Landstrichen mehr Werth gelegt werden sollte. Werfen wir schliesslich noch einen flüchtigen Blick auf die Heilmittel, welche gegen das Ueberhandnehmen der Trauben- krankheit in Anwendung kamen, so ist vor Allem zu bemerken dass ausser der Veränderung der Culturweise bei den Spalieren und einer angemessenen Düngung nur das Abreiben mit Baum- wolle, ein von einem gewissen Del Bondio in Clefen zuerst ver- suchtes Mittel gegen das Fortschreiten der Krankheit in Gebrauch kam. Das letztere Mittel hat in Clefen, wo es in grösserem Masstabe angewendet wurde, nach authentischen Berichten sulen Erfolg gehabt, nur muss diese mechanische Zerstörung des Pilzes auf der Oberfläche der Traube und der Schösslinge vorgenommen werden,, sobald der Pilz mit seinem weiss- 99 grauen Staub auf der Traube sichtbar wird und bevor die Beeren aufzuspringen anfangen. Auch hier hat in diesem Entwicklungsstadium angewendet das del Bondio’sche Mittel die Trauben vor gänzlicher Zerstörung gerettet. Die nächste Wirkung desselben ist die gleiche wie bei der anderwärts auch mit Erfolg vorgenommenen Besprengung der Trauben mit Schwefel oder anderen äzenden Substanzen: der Pilz soll in seiner das Wachsthum des Paranchyms der Beere hemmenden Entwicklung gehindert werden; nur wirkt das Bondio’sche Mittel mechanisch während die andern chemisch. Beide mögen rechtzeitig angewendet zum erwünschten Ziele führen. Mehr Werth muss aber darauf gelegt werden die Krankheit zu ver- hüten als zu heilen, und in ersterer Beziehung erscheint uns eine angemessene Culturweise als das sicherste Mittel, das auch in denjenigen Gegenden, wo bisher die Weinrebe beinahe ganz sich selbst überlassen war, besonders beachtet zu werden verdient. Hier wie anderwärts sollte daher aus dem je nach Umständen mehr oder minder allgemeinen und intensiven Vorkommen der Traubenkrankheit die heilsame Lehre gezogen werden: Man lerne die Natur der Weinrebe in allen ihren Beziehungen gründlich kennen und widme der Cultur dieser edlen Pflanze die Pflege, welche sie verdient und zu ihrem nachhaltigen Gedeihen bedarf. 3 ab. 1orad bau Dar Pe dust ob, tus, ı marsib. a dh „ag len aoyaiıya Insel, Sılma "oilgenit isb 2b Iabaywages het arzdsia sid ‚Joliutag guter. andoilaiig Tone: oem hiwenalue-uh ind si ar Dih ARi alla Kirn wacht ab PARPUEAUTE He Bandanadsgıd nt Hor sh oh, nnsunleder nah, eszahmg, zubo kei sshsumad aa zb zur dagaınl ab, user Bu sdyzolbavd zub uhig vg aba abeidog payön sbradl „Unna wishes sih hesiaäw. lager 1doM, ‚aondiit sloiN maklsanitwın, un tahanwa 10 ar ux Niniklasıııl.sih aba} ala tuemb den au isses ganıdals: 3 yoralamı ai, ‚bau, „ala, ach ‚Jorilt sfergıiaiz 2ub als sein enutlu) ae adenind sdaruis Wi, aib aacheid or ‚üybusger) day nabrae 18 Yalılonad, ‚arsbngend. as oparelusdihd das af mob, eng: aadeh oiliga anöwsohas sin, asnastet „hau. ‚M nsainmgglis sobaim, a0box as as30394. yıdad ori uih Hate ee | ayıdi, ‚wolle wi sdoumia ob ame 'aib. en anal ‚auadlır. insb ‚nhi re ‚has, ‚aaa, dit ak u. baum, ‚noihon: sie, ortoloee, er | IR Toy} 050 Wo der sat Or. u r, A, BER, P Zupo. a Flresta agtaza 400i (/, #382 RZ A N BZ N Ki D fr? 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