N r Kibrarp of the Museum or COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD tat CAMBRIDGE, MASS, Founded by private subscription, in 1861. Ten alauehe No. 719 ; KR runden, . © = £ j) 2 . 5 .. _ pe > - B A . EP # - (s Ce j - & j 5 5 ‘ r % . . ‘ . . vn > . 4 2 7 | 2 2. KARA: Y Panzer Fa Em X ur Sechsundfünfzigster Jahres-Bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Gultur. Enthält den Gkeneralbericht über die Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im Jahre 1878. =— sa Breslau. G. P. Aderholz’ Buchhandlung. 1879. ns; r den KR BEN FIRE IA: S j N I fig 277 j ar a 22, 7253 Re . ah nanoallerad He dodieside EN TU cher wide Salat a Bi v a 2 Ah a. 7 a E +} wir | he Merk Me Gi; via Dauer by, A f er Ba ET. 5 ur D / i oe a 22, Vene Rue [7 KM | (vr « | j Ze N 2 2 " ee Ir IM X " di MORE oN. a bi 4 i Br un eb er 015 vo N ee re ee LER = ab Een ne re "ne | Balawıl anslbanaoaviii de De ea a = .. >) he a ur PX: "uirz Inhalt des 56. Jahres-Berichtes. Seite Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und Thätigkeit der Gesellschaft im Jahre 1878, vom General-Secretair, Staatsanwalt v. Uechtritz.... 1 Kurze Uebersicht der im Jahre 1878 thätig gewesenen Sectionen: rewissenschaftliche 'Hection 2-2... =..-- enunr se erlakille nn. 25 Bemalosische Beetioni=4 7: nl insrharsiH T an la age hl 27 ee Seetipn 22 0. re enter 37 Betsische, BEckion. It nun ala dads haar ee le 28 „ Section für öffentliche Gesundheitspflege - ..----....--=-:.--...... 30 etliche, Section, s.. ua Jensen Baba: 31 „ Juristisch-staatswissenschaftliche Section ..........-----e-- 2200000. 32 ee Becken Ann ara usa A dere eh 32 sche Bechsan: > 4... 24, Seel hats Aruabeia ih un 33 ee misches Becison 14: su rel na a ee 33 Becken Tür‘ Obst- ‚und Gartenbau =. san. -ustoA- aaelanttenr on. 33 Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Ueber die wissenschaftliche Bedeutung der Breslauer Ausstellung im September 1878.....-..---.-...-.:-..... 34 Bericht über den Kassenabschluss pro 1877, von dem Schatzmeister Stadtrath te Ela a a HR St Be N ne En en ee 38 Bericht des Conservators der naturhistorischen Sammlungen für 1878, von | ee a en nie aha aa 39 Bericht über die Bibliotheken der Gesellschaft für 1878, vom Bibliothekar ee ae 1 a A El ra a a a a a ee En re 40 Bericht über die Thätigkeit der einzelnen Sectionen. I. Naturwissenschaftliche Section. Prof. Dr. Galle: Ueber den Vorübergang des Mercur vor der Sonnenscheibe am 6. Mai nach den Beobachtungen auf der hiesigen Sternwarte.. 45 Derselbe: Legte eine Probe der von Herrn Janssen auf dem neuen astro- physikalischen Observatorium in Meudon bei Paris nach einer neuen Methode erhaltenen grossen Sonnen-Photographien vor..... 45 Fabrikbesitzer A. Anderssohn: Ueber Zweck und Bedeutung der Sechs- theilung des Himmelsglobus in Form von Kugelsextanten ........ 46 Prof. Dr. Meyer: Gramme’sche dynamo-elektrische Maschine. ............ 46 Geh. Bergrath Prof. Dr. Römer: Ueber die Anwendung des Inhalts der Knochenhöhlen zwischen Olkuez und Ojeow in Polen als Düngungs- mittel und über neue Funde von fossilen Wirbelthierresten in diesen a a ER SER IFONBZL. OU DEBUNDD, MDBEDND 47 Derselbe: Legte eine im Innern von Polen gefundene Steinaxt vor........ 49 IV Inhalts-Verzeichniss. Derselbe: Vorlegung von Belegstücken über die Auffindung eines Kohlen- lagers bei Klitschdorf, nordwestlich von Bunzlau, durch den Steiger Herrn Post. ern Er 2 er ee. Derselbe: Vorlage der Schrift: Die Fauna des Graptolithen- Gesteines ..... Derselbe: Einen mit dem Unterkiefer vollständig erhaltenen Schädel von Rihimoceros tichorkinns. -. x... 2: 21 Hua Deu a re Derselbe: Ueber das Vorkommen von Diluvial- Geschieben versteinerungs- führender Sedimenlair-Gesteine .2:...n 2... won nen Derselbe: Ueber eine Sammlung von neu aufgefundenen marinen Versteine- rungen aus dem Steinkohlengebirge von Gräfin Laura-Grube bei Königshülte in’ Oberschlesien ...... runs Aasan an en ne De Derselbe: Legte vor: United States Geological Exploration of the fortieth parallel. Clarence King. Geologist-in-Charge .................. Derselbe: Legte ferner eine grosse Tafel mit photographischen Abbildungen von prähistorischen aus Knochen gefertigten Abbildungen vor. Derselbe: Auffindung und Vorlegung eines neuen Gliederthieres in dem Steinkohlengebirge der Ferdinandsgrube bei Glatz... .-............ Prof. Dr. v. Lasaulx: Ueber den Meteorfall zu Görlitz am 4. December v.J. Derselbe: Legte eine Arbeit des Herrn A. Renard, Conservator am Musee royal d’Histoire naturelle von Belgien vor.-..2.....2 227 rue Derselbe: Bespricht das neue Werk des Directors der irischen geologischen Landesuntersuchung, des Herrn Prof. E. Hull zu Dublin.......... Derselbe: Zeigte eine schöne Krystallgruppe von Orthoklas vor........... Derselbe: Ueber die optischen Erscheinungen und das Krystallsystem des Tridymit: 2.0 een BRITE-ADEILAEFE ARE I Derselbe: Zeigte ein zur Demonstratiou bei Vorlesungen bestimmtes Polari- Bations-Instrument -- +... MEHRERE, SOSSEITETHE Derselbe: Beobachtungen bezüglich des optischen Verhaltens des Analeims vom- Monte Catini in Toseaua vr. MEIDEN TIERE Derselbe: Ueber das optische Verhalten und den Asterismus der Glimmer aus: der: Gruppe der sog. Vermieudhte KH RITTER NA, > 8: Derselbe: Besprach ein neues amerikanisches Werk: Mr. George W. Hawes’ Mineralogy und Lithology of New-Hampshire.................... Derselbe: Zeigte einen Apparat, der dazu bestimmt ist, den Winkel der optischen Achsen unter dem als Polarisations-Apparat in conver- gentem Licht verwandten Mikroskop möglichst annähernd zu messen Derselbe: Neues Vorkommen von Olivingabbra..............-2...ercecen. Derselbe: Ueber krystallographisch-optische Untersuchung des Desmins... Dr. Paul Klien: Legte eine Platte von Catlinit aus dem Rock County im südlichen Mimesota vor HP RRN TU aee Derselbe: Legte einige Stufen von Kryolith aus Evigtok in Grönland mit Piuorit vor” „A. 1: AENOIPDETE FAR NPPICH DANS. BIN ee Derselbe: Legte Chromgranat auf Prehnit und Diaspor von Jordansmühl vor Derselbe: Ueber Manganosit von Langban in Schweden.................. Derselbe: Krystallographische Untersuchung von Kaliplumbat-Krystallen... Derselbe: Legte Orthoklas-Zwillinge aus dem Granit von, Striegau und KONIEBBATH WOr 2... van Re ne en Derselbe: Legte okta@drische Krystalle von Prehnit und Pseudomorphosen von Pyrolusit nach Caleit von Jordansmühl vor ................. Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Legte Abbildungen der Debeya serratifolia Miquel aus dem Quader bei Löwenberg und Bunzlau vor......... Prosector und Privatdocent Dr. Born: Untersuchungen des Carpus und Tarsusskelettes von Anuren und Sauriern ...........-a2.2urusen. . A. Eugen Fick: Ueber die Entwickelung der Rippen und Querfort- Be DOL WATERBIDION =. 1. on own a 0 rn enge ne en Dr. H. Strasser: Resultate seiner Untersuchungen über die erste Entwicke- lung des Extremitäten-Skeletts bei Amphibien, Reptilien und Säuge- Ihiorem uns, a rin Ari ihr 5 prerhafe 9 2 a pen BE Re A Derselbe: Fortgesetzte Untersuchungen desselben ............--srrn2e200. Privatdocent Dr. G. Joseph: Ueber die in Gewässern der Krainer Tropf- steinhöhlen einheimischen Räderthiere............»...-umewasr.... Derselbe: Ueber Grotten-Infisorien -... «ur inzerlene ra ARE E > oe Seite Inhalts-Verzeichniss. Derselbe: Ueber die in den Krainer Tropfsteingrotten einheimischen, frei- lebenden Rundwürmer (Nematoden).......-.------.-2-0r0reeeen Derselbe: Ueber A. F. Forel’s Untersuchungen über die physikalische Be- schaffenheit und die Flora und Fauna der Schweizer Seen.......- Derselbe: Ueber den Biss einer giftigen Spinne. ....-.--.--...e-srersene- Derselbe: Das Brüten der Möven auf dem Kunitzer See.........-........ Privatdocent Dr. B. Gabriel: Ueber primitives Protoplasma ............- II. Botanische Section. Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Erinnerung an den hundertjährigen Todes- a ee ee ee ea ee u er. Prof. Dr. FE. Cohn: Legte ein Bild von Alex. Braun vor.............:.... G. Limpricht: Ueber die Mooswelt des östlichen Gebietes der hohen Tatra Prof. Dr. Stenzel: Legte von Herrn Lehrer Zimmermann aus Striegau mit- getheilte Monstrosität einer Sonnenrose VOT.......-..222re2eeennen Oberstabsarzt Dr. Schröter: Ueber Pilze, meist aus der Gegend von Frei- ET ee er ee ee Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Ueber Abstammung des Bernsteins ....... Prof. Dr. F. Cohn: Ueber die zur Messung des Längenwachsthums der HERE RHIARANE Se senamasn a ne nat oa ae Bene Prof. Dr. Körber: Ueber die in den Besitz der Gesellschaft gelangten BE ErBAHlenBEerN VRERlBE 002: nn ann nenne anear Derselbe: Demonstrirte eine auf Granaten wachsende Flechte............. G. Limpricht: Legte eine aus 53 Blättern bestehende Sammluug von eat. aa et 5 RRR N na E T ret Dr. Conwentz: Ueber die californische Sumpfeypresse der Vorwelt...... Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Legte ein handschriftliches Verzeichniss von Bchlesisches Pflanzen vor... --. „22... 2-0 non ame ee ne ee Dr. Eidam: Ueber Culturversuche der Botrytis cinerea Pers. auf verwesen- ee 1 EEE RE N) 0 E Prof. Dr. Stenzel: Ueber das Vorkommen von Aspidium Braunii Spen. im 2.5. > er 2 2: ee RE Geh. a a Dr. Göppert: Ueber die Bearbeitung der Araceae von ee Sc a EN ns a Nr. Re une nee R. v. Uechtritz: Ueber die wichtigeren Ergebnisse der Erforschung der . schlesischen Phanerogamenflora im Jahre 1877. .................. Prof. Dr. F. Cohn: Ueber leuchtendes Fleisch .............. „-..:....-. Dr. Eidam: Ueber Spermogonien auf Lupinenstengeln................... Prof. Dr. Stenzel: Ueber Pelorien von Linaria vulgaris in Schlesien ..... Prof. Dr. F. Cohn: Legte Proben von natürlichem Kork der Korke,.che vor Derselbe: Ueber ein Herbar der Umgegend von Cordova, Argentinilen..... her Streptocarpüs. ! ... nn nenne neuen Prof. Dr. Körber: Demonstration lebender Azolla filieuloides var. rubra.. Docent Herm. Krone: Ueber die Flora der Auckland-Inseln............. Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Ueber Arten und Varietäten der Gattung Citrus Derselbe: Demonstration einer höchst bemerkenswerthen Orange aus Florenz, a EN a a nie ne Ppnaphe Derselbe: Legte eine Anzahl Photographien von Alpenpflanzen u. s. w. vor Prof. Dr. F. Cohn: Demonstration einer Kartoffelpflanze................- Dr. Conwentz: Ueber eine Antholyse von Delphinium ...............-. Derselbe: Ueber eine anomale Wachsthums-Erscheinung an fossilen Hölzern Oberstabsarzt Dr. Schröter: Ueber Puceinia Malvacearum Mont. .........- R. v. Uechtritz: Resultate der Durchforschung der schlesischen Phanero- re De EN ERREE E e. 2naae ein cal n ae III. Entomologische Section. Dr. med. Wocke: Ueber Nepticula aus den Blättern von Spiraea Ulmaria. lieber Meneplilüs Curvip&®:..........-....-.....2suerswanname emo Rector Karl Letzner: Ueber Cryptophagidae und Lathridiidae .......... 177 VI Inhalts-Verzeichniss. Derselbe: Ueber die europäischen Arten der Gattung Balaninus........... Derselbe: Ueber die Unterschiede zwischen Callidium clavipes Fab., C. ma- cropus Germ. (pilicolle Thoms.) und ©. femeratum L............. Derselbe: Legte Prionus coriarius, Lamia textor, Spondylis buprestoides ul Tor N Re VOR IA ER Derselbe: Anisarthron barbipes, Coceinella hieroglyphica und die schwarze Form :der Co&; impustulats'.. 21 Er RER Derselbe: Status der schlesischen Coleoptern-Fauna am Ende des Jahres 1878. Derselbe:- Weber einen’ Ameisenschwarn 1. Ha. HERE DR IV. Medicinische Section. Dr. Carl Elias: Ueber die operative Behandlung des Empyems bei Kindern Privatdocent Dr. Viertel: Ueber einen Fall von Rhachitis ............... Dr. Lassar: Demonstration der Präparate von Rhachitis................. Prof. Dr. Freund: Ueber Exstirpatio uteri totius............ RR Prof. Dr. Voltolini: Ueber fremde Körper im Öhre und deren Entfernung Prof. Dr. Heidenhain: Ueber secretorische und trophische Drüsen-Nerven Dr. Fick: Ueber die Mechanik des Hüftgelenkes.............--zer.s.0».. Prof. Dr. Voltolini: Ueber eine neue galvanokaustische Batterie und neue galvyanokaustische Instrumente. »x . „nn sun are shi arg Biere je DE Prof. Dr. Förster: Ueber combinirte Augenmuskel-Lähmungen cerebralen ÜFEHFURES. ‚1. > zu Hesse = ur ns a Se et Kemer 0 Se Prof. Dr. Oscar Simon: Ueber Granulations-Geschwülste der Haut ...... erselbe:tMeber TMDHE jur. 0. 20 augen nenn ae ala an en a ee PERTE:: Prof. Dr. W. A. Freund und Privatdocent Dr. E. Fränkel: Ueber Total- EXBUTDAHON des DIEFNS... .. . namen mann Een ee ee Privatdocent Dr. Soltmann: Demonstrirte eine von ihm construirte Saug- HAScHe. „uns ariene he. Be an ne et ae ae Bi SP Dr. Schnabel: Demonstration eines monströsen Fusses............rr.... Prof. Dr. Herm. Cohn: Ueber Extraction eines subretinalen Cysticercus mit Erhaltung des Sehvermögens ...... EEE UI EAN ER on Privat-Docent Dr. Kolaczek: Ueber den Werth des Luftröhrenschnittes bei der Kehlkopf Braune... .. 2... + Sec se na ee Prof. Dr. Berger: Ueber Hemiotrophia facialis progressiva .............. Dr. Szumann: Ueber Ein grosses Chondrom..»......2..-... 2 ele ll e Prof. Dr. Heidenhain: Ueber Pylorus und Pankreas-Fisteln............- Dr. Binswanger: Ergebnisse seiner Untersuchungen der Carotis interna.. Geh. Rath Prof. Dr. Biermer: Ueber Lungenphthyse.................... Privat-Docent Dr. Rosenbach: Ueber functionelle Insufficienz der Aorten- Klannan, sr zer oe En mann ae ER EI DR Be Prof. Dr. Mer Cohn: Ueber seine Beobachtungen an 100 Farbenblinden Privat-Docent Dr. Magnus: Ueber die Höhe des Procentsatzes der Farben- blindheit und die sie bedingenden Factoren...........».s.-....., Prof. Dr. Sommerbrodt: Ueber Allorhythmie des Herzens.............. Privat-Docent Dr. Grützner: Ueber die physikalischen Ursachen der Diplo- EN NER TRATEN EEE Prof. Dr. Voltolini: Ueber eine Verbesserung seiner neuen galvano- kaustischen Batterie .................. Fee elle ae LE ne a ae Prof. Dr. Ponfick: Ueber eine eigenthümliche Form von Nephritis....... Privat-Docent Dr. E. Fränkel: Ueber Diagnose und operative Behandlung GBR TON TODREIR 20 na. 0 he Ve un ke re Be Dr. Schlockow: Ueber eine eigenthümliche Form von Rückenmarks-Er- krankungen bei Zinkhüttenarbeitern. ..:--...--tere.- run ueennen Dr. Julius Steinitz: Casuistische Mittheilungen..............zsrteeeen- Prof. Dr. Herm. Cohn: Ueber Contrastfarben-Empfindung und die Unwahr- scheinlichkeit ihrer Entstehung in historischer Zeit..............» Apotheker Julius Müller: Ueber neue Arzeneimittel ..........-.-...... Privat-Docent Dr. Kolaczek: Ueber die operative Behandlung des sog. Bückerbeinsi...5. 9: , Zins a0 5.0 na 2 ee a ee ae Prof. Dr. Oscar Simon: Ueber die durch Kachexie bedingten Haut- erkranknniien 4: ale en en sie nn nn ne Bla ee ee a 2 2 0. Inhalts-Verzeichniss. V. Section für öffentliche Gesundheitspflege. Dr. Eger jun.: Ueber eine Epidemie von Puerperalfieber, bewirkt durch ee ea 9 ER 1 2 anet hrureie I Dr. Friedländer: Ueber einige hierorts vorgekommene Fälle von Fleck- Bee CIyphus exanthematiens). - 22... ..... 222.2. Hdaskled Dr. Buchwald: Ueber den gegenwärtigen Stand der Flecktyphus-Epidemie Geh. Rath Prof. Dr. Spiegelberg: Ueber die Verhütung des Wochenbett- Br 20.2.0320. oHnesegs ich aatliisktyar nalsskirah. Dr. Buchwald: Ueber den Stand der Flecktyphus-Epidemie in Breslau... Prof. Dr. Gscheidlen: Ueber die Verwendung von Farbstoffen bei der en vor Genussmilteln . ae nenne nern an ee Prof. Dr. Hirt: Ueber die Schwefelgewinnung im südlichen Sicilien....... Bezirks-Physikus Dr. Jacobi: Nekrolog über den Director Dr. Ernst Bruch Prof. Dr. Herm. Cohn: Ueber die Schulhäuser und Schultische auf der Ber Wels Ausstellume,... 4.4 Mat Conservator Tiemann: Ueber die mikroskopische Fleischschau .......... Dr. Buchwald: Weiterer Verlauf der Epidemie von Typhus exanthematicus Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Biermer: Ueber Febris recurrens.............. VI. Section für Obst- und Gartenbau. Allgemeiner Bericht des Secretairs der Section, Stadtrath E. H. Müller, Bee Hrauufeit GEIBEIDEN. u... 4. 0 mann aus un a eidg rien ehe ne Garten-Direetor Bürgel zu Schloss Wittgenstein (Rumänien): Zwei grössere a ehe er re Hauptlehrer Oppler in Plania: Ueber die gärtnerischen Anlagen des Hof- a Re N Er Obergärtner Schütz in Wettendorf (Ungarn): Ueber cultivirte Coniferen BE line‘ Wandioaar: 25: 22 un ee srl an ua A aa ne Zee Garten-Inspecetor Gireoud in Sagan: Hybriden von Knollen-Begonien zu ee A RN REEL SE: RAT RT SER TATEN. Juwelier M. Herrmann: Ueber Kreuzung der Fuchsia Dominiana und F. Eee ae A N DEE RER TEN TERERE Obergärtner Stiebeiner in Stolz: Vertilgung der Erdratte............... Garten-Inspector Fox iu Neudeck: Unsere Treibhäuser, vom empirischen Standpunkte aus betrachtet...... RE a N a Stadtrath E. H. Müller: _Ueber'Crassula Dachyana.....................-- Gärtner der Section J. Jettinger: Wie sind die Feldmäuse von den Saaten zuden. Baumschulen abzuhalten »!u.:%.209:UaP 222. SaUE AAN. Öbergärtner Schütz in Wettendorf (Ungarn): Ueber Abies nobilis Lindl. Be Val. Pices ‚Loud)Y.. ur shass an ra ER Apotheker M. Scholtz in Jutroschin: Harmlose Plauderei mit etwas Bitter- a TE OS un nal. DIT SID END STE NUTN SE. Kaufmann J. Hutstein: Ueber landschaftliche Gärten............ ....... Apotheker Fi Scholtz in Jutroschin: Ueber Sambucus nigra als Topf- OR OH a. DIDTRSAH EI ABER N Kunst- und Handelsgärtner Grunert in Landeshut: Anregung zur Cultur der Sonnenrose, Helianthus annuus L., und deren Nutzen......... Apotheker M. Scholtz in Jutroschin: Etwas über Einsteck-Etiquetten und a 2 ER ER N ea einen Prof. Dr. Ferd. Cohn: Ueber Anwendung von Korkrinde für gärtnerische RE Derselbe: Ueber die Garten-Ausstellungen zu Wien, Berlin und Paris im ea a re a A a Öbergärtner J. Plosel in Falkenberg O/$.: Der Maulwurf und die Maul- en ro EN Derselbe: Gegen das Umfallen junger, aus Samen gezogener Pflanzen. .... Kunstgärtner W. Kühnau in Damsdorf: Inseetenpulver gegen Blattläuse.. Öbergärtner Z. Zahradnik in Kamienietz: Wie ich Erdbeeren und Spargel Re 1 SE IE In NR A ER Lehrer Hiller in Brieg: Die Bepflanzung der Landstrassen mit Obstbäumen VIII Inhalts-Verzeichniss. Obergärtner Schütz in Wettendorf (Ungarn): Zur Cultur der Clematis.... Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Die Teppichbeete unserer Promenade..... Kunstgärtner Friekinger in Laasan: Herbst- und Frühjahrspflanzung der Bäume und. Sträucher 7... Wir een san AST NGSER Pr Obergärtner Zahradnik in Kamienietz: Zur Samencultur der Wiener Glas- kohlrabt 2:2. NR, ENSNBEBEIIRET. HINTEN FO Kunstgärtner Reinelt in Peilau: Ein Mittel zur Vertilgung der Mäuse ..... Gärtner der Section J. Jettinger: Cultur-Ergebnisse einiger an Mitglieder der ‚Section: vertheilter Gemüsesamen. .....:..2....::. 2. BERN... Statistische Notizen von dem zeitigen Secretair der Section, Stadtrath E. H. Milbestordisk tor „aunsaarceit ‚DER. MER IE IA VII. Historische Section. Archivrath Prof. Dr. Grünhagen: Ueber eine archivalische Reise nach ORON: N. ice ia Dr Ir Realschullehrer Dr. Schroller: Ueber schlesische Volksgebräuche und ihre Rinwirküng äuf'die SIEHE. NENNT N Fe Archiv-Secretair Dr. Pfotenhauer: Ueber die ständischen Verhältnisse Schlesiens bis zum Ende des 15. Jahrhunderts................... Prof. Dr. Röpell: Ueber Repnin und die Czartoryski (1794—96) ......... Director Dr. Reimann: Ueber die Erneuerung des russisch-preussischen Bündnisses; von. ‚1/64... si nn Kr far gr nee EEE Archiyrath Prof. Dr. Grünhagen: Ueber den Einfall der Franzosen in die Rheinlande im Jahre 174] und dessen Folgen Director Dr. Luchs: Zur Alterthumskunde von Neisse................... Archivrath Prof. Dr. Grünhagen: Ueber die Ereignisse des ersten schles. Krieges im Spätherbst und Winter 1741/42, König Friedrich’s Rück- tritt von der Klein-Schnellendorfer Uebereinkunft, die Gewinnung Bachsens -und den Feldzug‘ in’Mähren,. .ı.n ./. 4.1.2.0 44 7 2isdie ee Oberlehrer Dr. Schönborn: Ueber die Standesherrschaft Wartenberg im Besitze. der Minister Biron ’und Münnfch. .....: -.. ern serie Stadt-Archivar Dr. Markgraf: Aus Breslaus unruhiger Zeit ............. Realschullehrer Dr. Schroller: Ueber die jährlichen Volksfeste in Schlesien Director Dr. Reimann: Ueber die Zusammenkunft Friedrichs des Grossen und Josephs Il.. in. Mährisch-Neustadt . ... „mu... „x. - = zıtaß zupreis rue ER VIII. Geographische Section. Prof. Dr. Galle: Statistische Nachrichten (2... NER EInaE ie Derselbe: Ueber die neuere definitive Bestimmung der transatlantischen Tanpe !, anne er ern en ae HU. EIOL S. ENTE Bine Prof. Dr. Partsch: Ueber die Weltlage' Schlesiens .. ... -....7.. EL u Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Vorlage pflanzengeographischer Karten Norwegens... »kiüs) slsrlthinlaaban 13V. Pte DE Ren Gymnasiallehrer Dr. Lehmann: Ueber die Insel Rügen ................. Prof. Dr. Partsch: Ueber Gletscher-Spuren im Riesengebirge............ Prof. Dr. Galle: Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der königlichen Universitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre 1878 Allgemeiner Bericht über die Thätigkeit und die Verhältnisse der Gesellschaft im Jahre 1S87S, abgestattet in der allgemeinen Versammlung am 27. December 1878 von Staatsanwalt von Vechtritz, z. 2. General-Sceerctair. Am 17. d.M, war es der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur vergönnt, auf ein 75jähriges segensreiches Wirken im Gebiete des Wissens und der gemeinnützigen Bestrebungen zurückzublieken, —- es wurde ihr an diesem Tage die hohe Genugthuung: Theilnahme und An- erkennung zu finden nicht nur in dem engeren schlesischen Vaterlande, sondern auch über dasselbe hinaus, in dem weiten internationalen Reiche der Wissenschaft. Der hochverdiente Präses der Gesellschaft, dessen rastloser Thätie- keit während mehr denn ein Dritttheil ihres Bestehens sie diese ehrenden Erfolge zum grossen Theile verdankt, hatte in Gemeinschaft mit dem Präsidium die Gesellschaftsmitglieder zur Festfeier des Tages in einer allgemeinen Versammlung zusammenberufen. In derselben erschienen die Vertreter der Militair- und Civilbehörden, die Vertreter der Stadt Breslau und die Vertreter derjenigen Vereine, welche im Gebiete des Wissens und der Kunst in der Schlesischen Gesellschaft ihre Mutter verehren, um ihre Theilnahme an dem seltenen Feste zu bekunden. Um 6 Uhr eröffnete der Präses Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert die Sitzung, indem er in kurzer Ansprache derer gedachte, welche vor 75 Jahren am 17. December zusammentraten und das Statut der Gesell- schaft beschlossen, und auch derer, die vor 25 Jahren zu gleicher Fest- feier versammelt waren. Dem Festredner sodann es überlassend, sich eingehender über die Wirksamkeit und die historische RIEF INNE der 9 Jahres - Bericht Gesellschaft zu verbreiten, überwies er den Mitgliedern als Festesgabe das Verzeichniss aller in der Gesellschaft seit dem Jahre 1803 bis 1376 incl. verhandelten Gegenstände als nothwendigen Nachtrag zu den bereits gelieferten Registern derjenigen Mitglieder, welchen diese Arbeiten zu verdanken sind. Hierauf theilte der Präses diejenigen Beweise der Theilnahme mit, welche von Nah und Fern in Form von Telegrammen und Briefen zahl- reich eingegangen waren, Zeugniss ablegend für die Anerkennung, welche die Thätigkeit der Gesellschaft und ihres hochverdienten Präses gefunden hat, zunächst den Glückwunsch des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal- Angelegenheiten, Herrn Dr. Falk, und sodann das an den Herrn Präses persönlich gerichtete .Glückwunschschreiben des Ministers für landwirthschaftliche Angelegenheiten, Herrn Dr. Frieden- thal, welches folgendermassen lautet: „Die bevorstehende Festfeier der vor 75 Jahren erfolgten Stiftung der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur giebt mir eine willkommene Veranlassung, dem Präsidium dieser Gesellschaft meinen herzlichsten Glückwunsch zu den Resultaten Ihrer bisherigen Wirk- samkeit zugleich mit dem zuversichtlichen Ausdruck meiner Hoffnung zu übersenden, dass es der Gesellschaft vergönnt sein werde, unter Ihrer bewährten Leitung noch recht lange in gleicher Weise weiter zu arbeiten zu Nutz und Frommen der Heimathsprovinz, wie des weiteren Vaterlandes. Insbesondere Euer Hochwohlgeboren spreche ich meinen Dank und meine Anerkennung aus für das besondere Interesse, welches Sie den Obst- und Gartenbau-Sectionen der Gesellschaft stets gewidmet und noch jüngst bei der Gartenbau - Ausstellung in Breslau in so her- vorragender Weise bethätigt haben. Es wird mir immer zur Freude sereichen, wenn sich mir die Möglichkeit bietet, die meinem Ressort naheliegenden Bestrebungen der von Euer Hochwohlgeboren geleiteten ‘“esellschaft unterstützen zu können.“ Und weiter die Glückwünsche: des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens, des Humboldt- Vereins zu Breslau, der landwirthschaftlichen Akademie zu Proskau durch Herrn Director Dr. Settegast, der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften durch Herrn Prof. Dr. Schönwälder in Görlitz, der Naturforschenden Gesellschaft in Görlitz durch Herrn Director Dr. Romberg, der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig durch Herrn Professor Dr. Bail, = E52 WE A TEE BL NE des des des der der der der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. B\ Vereins für naturwissenschaftliche Unterhaltung, Herrn Apotheker Constantin Scholz in Tarnowitz, abwesenden General-Seeretair v. Uechtritz aus Berlin, Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen durch Herrn Geh. Rath Prof. Dr. Wöhler, Öberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde durch Herrn Director Prof. Dr. Streng in Giessen, Naturforschenden Gesellschaft in Emden durch Herrn Professor Dr. Prestl nebst eigenhändigem Schreiben des letzteren, Vereins für vaterländische Naturkunde Württemberes durch Herrn Prof. Dr. Kraus in Stuttgart, : Physikalisch-medieinischen Societät in Erlangen, : Senkenberg’schen naturforschenden Gesellschaft in Frank- furt a. M., ° Gesellschaft „Isis“ durch Herrn Präsident Dr. Zeuner in Dresden, Geh. Hofrath Herrn Prof. Dr. Geinitz, Direetor des Natu- ralienkabinets in Dresden, " Geologischen Reichsanstalt in Wien durch den Director des Institutes, Herrn Hofrath Dr. v. Hauer, Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse durch Herrn Director Freiherrn v. Burg, k. k. Hofrath in Wien, Vereins für Naturkunde in Linz ob der Enns durch Herrn Ritter von Schwabenau, Directors des Naturhistorischen Vereins zu Linz, k. k, Rath Herrn Dr. Ehrlich, historisch -statistischen Section der Mährisch-schlesischen Ge- sellschaft durch k. k. Hofrath Herrn Elwert in Brünn, * Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften in Prag durch Herrn Präsident Jireck, Ehrenmitgliedes der Gesellschaft, Herrn Dr. phil. Barrande in Prag, Vereins für siebenbürgische Landeskunde in Herrmannstadt, Geologischen Gesellschaft in Lüttich, * Holländischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Harlem, Soei6t& nationale des sciences naturelles de Cherbourg, " A. instituto veneto de scienze lettere ed arti, s k. k. botanischen Gartens zu St. Petersburg durch den Director Herrn Wirkl. Geh. Staatsrath Dr. v. Regel, ; correspondirenden Mitgliedes der Gesellschaft, Herrn Pastor Kawall in Pussen (Curland) u. m. A. j# 4A Jahres - Bericht An diese Mittheilung knüpfte der Präses seinen und der Gesellschaft innigen Dank mit der Bestimmung, dass derselbe auch an dieser Stelle Ausdruck finden möge. Hieran schlossen sich die Glückwünsche der Vereine, welche durch die persönlich erschienenen Vertreter derselben dargebracht wurden, — zunächst der Glückwunsch des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens, dessen Vorsitzender, Königl. Archiv-Rath Prof. Dr. Grün- hagen, begleitet von den Vorstandsmitgliedern Prof. Dr. Palm und Director Dr. Reimann, dem Präses, Geh. Rath Göppert, eine der Schlesischen Gesellschaft von dem Vereine zur Jubelfeier dargebrachte Denkschrift „Eine Audienz Breslauer Bürger bei Napoleon I. 1813‘ über- reichte und aus derselben folgende Stelle der Einleitung 'verlas: „Mit jeder Erinnerung an die Zeit, in welcher einst die vater- ländische Gesellschaft ins Leben trat, verknüpft sich für uns die an die schweren Zeiten der Fremdherrschaft, welche diese Vereinigung in ihren ersten Jahren durchzumachen gehabt hat. Von dieser Zeit berichtet auch die nachstehende Veröffentlichung, doch von ihrem letzten Stadium, wo in das trübe Dunkel bereits ein verheissungs- voller Strahl des Morgens hereinglänzt, es ist ein Blatt Breslauer Ge- schichte, dem die Aeusserungen des damals noch so gefürchteten Eroberers einen gewissen fremdartigen Reiz geben, ohne dass der Verlauf des Dargestellten einen allzu peinlichen Eindruck auf uns machen müsste. Als Festschrift für den heutigen Tag erschien dieser Bericht umsomehr geeignet, da mehrere der hier genannten Deputirten, wie Oelsner und Schiller, zu den ältesten Mitgliedern der Gesell- schaft gehörten. In der Veröffentlichung selbst aber wolle die Ge- sellschaft und ihr hochverehrter Präsident Herr Geheimrath Professor Dr. Göppert den Ausdruck der dankbaren Verehrung erblicken, mit welcher unseren Verein die Erinnerung an seine Entstehung sowie an die noch heut ihm von der Gesellschaft gewährte Gastfreundschaft erfüllt. Mit den aufrichtigsten Wünschen für das Gedeihen der vater- ländischen Gesellschaft verbindet sich der nicht minder herzlich ge- meinte Wunsch, dass dieselbe noch recht lange sich der Leitung des hochverehrten Mannes zu erfreuen haben möge, dessen Name ihr schönster Schmuck und dessen hingebender, rastloser Eifer die erfreu- lichste Bürgschaft für ihre fernere Blüthe ist und sein wird.“ Geh. Rath Göppert dankte in eingehender Rede für die der Ge- sellschaft zu Theil gewordene Aufmerksamkeit. Sodann des Stifters des Vereines, Geh. Archiv-Rath Prof. Dr. Stenzel, gedenkend, wies er darauf hin, wie die Leistungen des Vereines für Geschichte und Alter- thum Schlesiens nicht nur der Provinz zu Gute kommen, sondern auch über die Landesgeschichte hinaus für die Allgemeine Geschichte von Bedeutung sind, — er sprach die Zuversicht aus, dass der Verein dauernd IRRE en u). 2 her EI = _-® U, 9% VE VE 0 0 0 u der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 5 das schwesterliche Verhältniss bewahren möge, in welchem er bisher in so erfreulicher Weise zu der nach demselben Ziele strebenden, die gleiche Richtung verfolgenden Seetion der Schlesischen Gesellschaft ge- standen habe. Eine Deputation des Breslauer Gewerbevereines, bestehend aus den Herren Gewerbeschul-Direetor Dr. Fiedler, Apotheker Müller und Baumeister v. Arnim, erinnerte in ihrer Begrüssungsansprache an die vor wenigen Monaten stattgefundene 50jährige Jubelfeier des Gewerbe- vereines, des ältesten Kindes der Schlesischen Gesellschaft. Sie dankte mit innigen Worten für die Theilnahme der Gesellschaft und namentlich für die Theilnahme, welche der hochverehrte Präses ihrer Feier und der damit verbundenen Schlesischen Kunst-Gewerbe-Ausstellung entgegen- gebracht habe. Mit freudiger Genugthuung darauf hinweisend, wie bis- her die guten Beziehungen zwischen der Schlesischen Gesellschaft und dem Gewerbevereine durch das rechte Zusammenwirken von Theorie und Praxis in der Provinz Schlesien segensreich gewirkt habe, schloss sie mit dem Wunsche, dass dies freundschaftliche Verhältniss fort und fort bestehen möge zum Heil und Segen des Breslauer Gewerbestandes und der schlesischen Industrie. Nachdem Geh. Rath Göppert für diesen Glückwunsch den Dank ausgesprochen, überreichten die Vorstandsmitglieder des Vereines für das Museum schlesischer Alterthümer, Direetor Dr. Luchs und Sanitäts- rath Dr. Biefel, eine Festschrift: Schlesische Inschriften vom XIII bis XVI. Jahrhundert, herausgegeben von Dr. H. Luchs und der Schlesischen Gesellschaft von dem Verein für das Museum schlesischer Alterthümer gewidmet. Direetor Dr. Luchs verlas hierbei folgende Stelle der Einleitung: „Ein berühmter Forscher auf dem Gebiete der Ethnographie hat es einmal anerkannt, dass in ganz Deutschland vielleicht nur Schlesien von einer besonderen Volksart reden dürfe. Ohne den Inhalt des Ausspruchs auf den Grad seiner Verdienstlichkeit prüfen zu wollen, soll hier nur zu seiner Beglaubigung die Stellung berührt werden, welche die Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur mehr und mehr in Hauptstadt und Provinz erobert hat. Vor nunmehr 75 Jahren behufs Förderung ökonomischer und naturwissenschaftlicher Interessen ge- gründet, hat dieselbe nicht nur fast sämmtliche Wissensgebiete in ihren Bereich gezogen, sondern sie ist auch der Ausgangspunkt zahlreicher verwandter Bestrebungen, der Stamm für die mannigfaltigsten Ab- zweigungen in unserer Provinz geworden; sie hat jederzeit die neben der Universität hergehenden, freien Veranstaltungen zur Pflege höherer Bildung willkommen geheissen und mit anerkennendem Wohlwollen ihnen häufig genug Aufnahme und Förderung gewährt und ist so ein Mittelpunkt schlesischen Aufschwungs nach den verschiedensten Seiten 6 Jahres - Bericht hin geworden. Auch der Verein für das Museum schlesischer Alter- thümer hat seit seiner Gründung vor mehr als 20 Jahren sich von dieser Seite theilnehmender Gunst zu erfreuen gehabt. Seine Hoffnung, in den Räumen der „Schlesischen Gesellschaft“ eine gastliche Stätte zu finden, wurde nicht getäuscht, sie begegnete sofort freundliehster Verwirklichung. Das Band jedoch, welches den Verein an die Ge- sellschaft knüpfte, blieb kein so äusserliches, es wurde mehr und mehr ein sachliches, ein persönliches; die inneren Beziehungen wurden immer lebhafter und vielseitiger, zumal da der hochverdiente Präses der Gesellschaft, der königl. Geh. Rath Prof. Dr. Göppert, dem Verein die Auszeichnung gewährte, seit Anfang dem Vorstande der- selben als Vicepräses und seit 1875 mehrere Jahre hindurch als Leiter anzugehören, Jahre, welehe in den Annalen des Vereinslebens sich durch besondere Rührigkeit und Thätigkeit, namentlich auf dem Ge- biete der prähistorischen Alterthümer, auszeichnen. So ist es denn der naheliegende Wunsch des dankerfüllten Vereins, welcher zu der Gesellschaft als zu der steten Fördererin seiner Interessen emporzu- blicken alle Ursache hat, diese möge bis in die fernsten Zeiten sich gleicher Tüchtigkeit und Lebensenergie wie bisher zu rühmen haben, allen jugendlich aufstrebenden, für die Wissenschaft eintretenden Kräften eine verlassbare Stütze sein, des Wissens Licht und Wärme in die weitesten Kreise tragen; es mögen ihr bis in die spätesten Tage Leiter beschieden sein mit den für diese Stellung erforderlichen Eigen- schaften, wie sie der gegenwärtige in so seltener Vereinigung besitzt.“ In seiner Erwiderungsansprache gedachte Geh. Rath Göppert der Verdienste des Stifters des Vereins, des Grafen Hoverden, und machte namentlich auf den Werth der prähistorischen Forschungen in Schlesien aufmerksam, welches darin allen anderen Provinzen Deutschlands voran- stehe. Die hohe Bedeutung des Vereins werde erst dann in ihrer wahren Grösse erkannt werden, wenn das grosse wissenschaftliche Material des- selben nach der Eröffnung des Museums in würdiger Weise werde zur Anschauung gebracht werden. Baurath Lüdecke überbrachte hierauf die Glückwünsche des Schle- sischen Kunstvereins und des Vereins für Geschichte der bildenden Künste, — Musikdireetor Dr. Schäffer die des Vereines für klassische Musik. Nachdem der Präses auch diese Glückwünsche in speciellen Be- ziehungen zu den Zwecken der schlesischen Gesellschaft dankend beant- wortet hatte, erwähnte er mit kurzen Worten der im Laufe des letzten Jahres beschlossenen Veränderungen des Gesellschafts-Statutes. Indem er be- merkte, dass in dem neuen Statute die Zahl der correspondirenden Mit- glieder beschränkt sei, während die bisherigen Bestimmungen bezüglich der Ernennung von Ehrenmitgliedern unverändert aufrecht erhalten seien, PETE WEEZE WEL WO ERRBEEU der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 2 ersuchte er den zweiten General-Secretair Herrn Director Professor Dr. Heine, die Namen der bei Gelegenheit der Jubelfeier zu Ehren- mitgliedern und zu correspondirenden Mitgliedern der Gesellschaft ernannten Herren zu verlesen. Die Gesellschaft hat sich demnach beehrt zu Ehrenmitgliedern zu ernennen: 1) 2) 3) 4) 5) 6) 9) 3) Herrn Dr. N. J. Andersson, Professor und Director des natur- historischen Museums in Stockholm und Akademiker, Herrn Professor Dr. de Bary, Director des botanischen Gartens in Strassburg i. E., Herrn königl. General- Lieutenant Baeyer, Excellenz, Präsident des königl. geodätischen Institutes in Berlin, Herrn Geheimen Bergrath, Director der geologischen Landesanstalt, Professor Dr. phil. Beyrich in Berlin, Herrn Adam Freiherrn von Burg, k. k. Hofrath, Mitglied der k. k. Akademie der Wissenschaften in Wien, Herrn Professor Dr. Alphons de Candolle in Genf, Herrn Thomas Carlisle in London, Chelsea, Sir Charles Darwin in Down bei Beckenham (Kent), England, 9) Herrn Geh. Regierungsrath Professor Dr. Droysen in Berlin, 10) Herrn Dr. Dudik, mährischer Landeshistoriograph in Brünn, 11) Herrn Geh. Ober-Regierungsrath Dr. Dunker in Berlin, 12) Herrn Dr. Fenzl, k. k. Hofrath und Professor in Wien, 13) Herrn Dr. Garo vaglio, Professor und Director des botanischen Gartens in Pavia, 14) Herrn Dr. Franz von Hauer, k. k. Hofrath und Director der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien, 15) Sir J. D. Hooker, Director des botanischen Gartens in Kew, 16) 17) 18) 19) 20) 21) 22) 23) bei London, Herrn Dr. Aug. Le Jolis, Director de la Societe nationale des sciences naturelles de Cherbourg in Cherbourg, den Präsident der Kaiserl. Carolinisch-Leopoldinisch deutschen Aka- demie der Naturforscher Herrn Dr. Knoblauch, Geh. Regierungs- Rath und Professor, in Halle, Herrn Professor Dr. Lister in London, Herrn Professor der Zoologie Dr. Lov&n in Stockholm, Herrn Dr. phil. Carl Müller aus Halle in Halle a. 8., Herrn Dr. Theodor Baron von Müller, Direetor der natur- historischen Erforschungs-Commission für Australien in Melbourne, Herrn Professor der Zoologie Dr. Peters, Director des zoologischen Museums in Berlin. Herrn Dr. v. Regel, kaiserl. russischer wirkl. Staatsrath, Director des botanischen Gartens, Excellenz, in St. Petersburg, 26) 27) 28) 29) 2 Jahres - Bericht Herrn Professor Dr. Ferdinand Baron von Richthofen, Prä- sident der geographischen Gesellschaft in Berlin, Herrn Dr. med. Roth, General-Arzt der sächsischen Armee in Dresden, | , Sir Wyville Thomson, Dr., Professor der Zoologie in Edinburgh, Herrn Dr. Virchow, Geh. Medieinalrath und Professor in Berlin, Herrn Professor Dr. Willkomm, Director des botanischen Gartens in Prag, Herrn Dr. Wöhler, Geh. Hofrath und Professor in Göttingen. Zu eorrespondirenden Mitgliedern sind ernannt worden: 1) 2) 3) ı) 5) 6) 7% 5) 9) 10) 11) 12) 13) 14) 15) 16) LT) 18) 19) 20) 21) 22) 23) Herr Freiherr A. W. von Babo, Director der k. k. oenologischen und pomologischen Lehranstalt im Klosterneuburg bei Wien, Herr Bachmann, Dr., Privatdocent in Prag, Herr Ober-Stabsarzt, Dr. med. Börner in Berlin, Herr Adolph Bosshard, Präses des Schweizerischen Obst- und Weinbau-Vereins in Pfäffiken bei Zürich, Herr Stadtingenieur Bürkli-Ziegler in Zürich, Herr Dr. Claus, k. k. Professor der Zoologie in Wien, Director der zoologischen Station in Triest, Herr Professor Dr. Celakowski in Prag, Herr Dr. Anton Dohrn, Direetor der zoologischen Versuchs- Station in Neapel, Herr Robert Eitner, Redacteur der Monatshefte für Musik- geschichte in Berlin, Herr Apotheker E. Fick in Hirschberg i. Schl., Herr Privatdocent Dr. med. Friedländer in Strassburg i. Elsass, Herr Professor Dr. Fristedt in Upsala, Herr Freiherr von Friesen, Präses des Landes-Obstbau-Vereins für das Königreich Sachsen auf Rötha bei Leipzig, Herr Freiherr von Gildenfeld, Präses des Vereins für Garten- bau für die Herzogthümer Schleswig-Holstein in Kiel, Herr Dr. Guhrauer, Gymnasial-Oberlehrer in Waldenburg i. Schl., Herr Professor Dr. Hagen in Bern, Herr Professor Dr. Robert Hartig in ‚München, Herr Professor Dr. Hieronymus in Cordoba (Argentinien), Herr Professor Dr. Just in Carlsruhe in Baden, Herr Dr. Knothe, Professor am Cadettenhause in Dresden, Herr Dr. med. R. Koch, Kreisphysikus in Wollstein, Herr Hermann Krone, Privatdocent der Photographie am königl. sächsischen Polytechnikum in Dresden, Herr Dr, med, Küchenmeister, Medieinalrath in Dresden, ” 3 2 s W der Sehles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 9 24) Herr Apotheker Lehmann in Bunzlau i. Schl., . 25) Herr Dr. med. Litten in Berlin, 26) Herr Professor Dr. Maas in Freiburg i. Br., 27) Herr Müller-Strübing in London, 28) Herr Professor Dr. Nawrocki in Warschau, 29) Herr Professor Dr. Nothnagel in Jena, 30) Herr Dr. phil. Penzig in Pavia, 31) Herr Professor Dr. Pinzger in Reichenbach i. Schl., 32) Herr Regierungs- und Medieinalrath Dr. Pistor in Oppeln, | 33) Herr Professor Dr. Purkinje in Weisswasser, Jungbunzlauer Kreis, Königreich Böhmen, | 34) Herr Dr. med. Sachs-Bey, Leibarzt des Khedive in Kairo, 35) Herr Professor Direetor Dr. Henri Saussure in Genf, 36) Herr Dr. med. Schlockow in Schoppinitz, Oberschlesien, 37) Herr Professor R. Schomburgh, Director des botanischen Gartens in Adelaide, West-Australien, 38) Herr Dr. phil. Paul Schumann in Reichenbach i. Schl., 39) Herr Sanitätsrath Dr. Sonderegger ir St. Gallen, 40) Herr Dr. Stache, k. k. Bergrath und Reichsgeologe in Wien, 41) Herr Straehler, Standesbeamter und fürstl. Pless’scher Revier- förster in Görbersdorf bei Friedland, Kreis Waldenburg, 42) Herr Stur, k. k. Bergrath und Reichsgeologe in Wien. 43) Herr Professor Dr. Tschackert in Halle, 44) Herr Dr. phil. Tietze, Reichsgeologe in Wien, 45) Herr Gymnasial-Oberlehrer Wegehaupt in Gladbach, 46) Herr Privatdocent Dr. med. Carl Weigert in Leipzig, 47) Herr Gymnasial-Direetor Dr. Weniger in Eisenach, 48) Herr Dr. Wiesner, k. k. Professor und Director des pflanzen- physiologischen Instituts der Universität in Wien, 49) Herr Gymnasial-Oberlehrer Dr. Wittiber, Secretair der Philo- mathie in Glatz, 50) Herr Dr. Wittmack, Custos des landwirthschaftlichen Museums in Berlin. Den Schluss der Feier bildete die Festrede, welche durch Herrn Professor Dr. Ferdinand Cohn gehalten wurde und deren Wortlaut ich hier folgen lasse: „Der Redner, dem der ehrenvolle Auftrag ward, vor einer Fest- versammlung wie die heutige das Wort zu ergreifen, soll jenen antiken Doppelhermen gleich ein zwiefaches Antlitz zeigen. Auf der einen Seite mit rückwärts gewendetem Gesicht soll er den Blick werfen auf die Vergangenheit, auf der anderen soll er in Hoffnung und Vertrauen der Zukunft entgegenschauen. Die Vergangenheit, 10 Jahres - Bericht welche unsere Gesellschaft zurückgelegt, umfasst, nach dem Massstabe der Geschichte gemessen, nur eine kurze Spanne, erst drei Viertel eines Jahrhunderts, das Tagewerk eines reichlich angelegten Menschen- lebens, aber es ward ausgefüllt mit gewissenhafter Arbeit und red- lichem Streben, es ist mit ihm ein Stück unserer Culturgeschichte abgeschlossen, eine ehrenvolle Leistung freien deutschen Bürgerthunss, das seine Pflichten gegen das grosse Vaterland dadurch am besten zu erfüllen glaubt, dass es im heimathlichen Kreise das Gute, das Schöne und das Wahre fördert. Die Zustände in Schlesien, in welchen die Keime unserer Gesell- schaft gelegt wurden, haben noch keinen Geschichtsschreiber gefunden, sie liegen uns noch zu nahe und doch schon viel zu entfernt, als dass sich leicht der richtige Standpunkt zu ihrer Beurtheilung finden liesse. Die ersten Anfänge zeigen weit über ein Jahrhundert zurück bis in jene Zeit, wo die Wunden des siebenjährigen Krieges unter des grossen Königs Fürsorge zu vernarben und das unter schweren Kämpfen neu erworbene Glied überraschend schnell mit dem Körper der preussischen Monarchie zu verwachsen begann.“) Es war Johann Ka- simir Heinrich Graf v. Carmer, der seit 1763 Regierungs - Präsident in Breslau, seit 1768 Justizminister und Chefpräsident sämmtlicher Regierungen in Schlesien war, der Mann, dem die Provinz vor Allem die Ordnung ihres noch heute fortbestehenden Creditsystems verdankt. Aber Carmer erkannte, dass Finanzmassregeln allein nicht ausreichen, den erschütterten Wohlstand der Provinz zu heben, es müsse die Land- wirthschaft selbst auf eine höhere Stufe gebracht werden durch För- derung der Naturwissenschaften, auf welche dieselbe gebaut ist. Im Jahre 1771, ein Jahr nach Gründung der Generallandschaft, stiftete Graf Carmer durch Rundschreiben an sämmtliche Landstände die ökonomisch -patriotische Gesellschaft. Sie hatte drei Klassen, eine ökonomische, gebildet aus wenigstens sechs Landwirthen von Adel, drei aus dem Bürgerstande und zwei Forstleuten, die merkantilische, bestehend aus mindestens sechs Kaufleuten und drei Fabrikanten, die philosophische, welche mindestens sechs Gelehrte als ordentliche Mit- glieder zählen sollte. Die Hauptsoeietät sollte in Breslau, Kreis- und Fürstenthums-Soeietäten in der Provinz ihren Sitz haben. Von den Mitgliedern wurde besondere Kenntniss und Geschicklichkeit, untadel- hafter Charakter und echter Patriotismus gefordert. So edel und wohldurchdacht auch die Idee war, welche dem Stifter der ökonomisch-patriotischen Gesellschaft vorschwebte, so erwies *) Als Quelle wurde vorzugsweise die vortreffliche Geschichte der Gesell- schaft benutzt, welche 1853 der damalige General-Secretair Prof. Dr. August Kahlert in der auf Veranlassung ihres fünfzigjährigen Jubiläums herausgegebenen Festschrift veröffentlicht hat, ; I Bra U Yu Fe der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 11 sie sich doch nicht als lebensfähig; doch ist als bleibendes Denkmal ihrer Bestrebungen wenigstens ein grosses Werk zu Stande gekommen, die vom Grafen Heinrich v. Mattuschka im Jahre 1776 in deutscher, im Jahre 1779 in lateinischer Sprache herausgegebene Flora von Schlesien, welche dem Grafen Carmer dedieirt ist; obwohl das erste Werk ihrer Art, nimmt sie doch durch die gleichmässige Berücksich- tigung des Pflanzenreichthums der Provinz (sie wies 962 Species Phanerogamen und 259 Species Kryptogamen auf), sowie ihres medi- einischen, ökonomischen und technischen Nutzens einen hohen Rang in der Botanik ein. Leider starb Mattuschka bereits 1779, Carmer wurde 1780 nach Berlin als Grosskanzler und Chef de justice be- rufen, um dort jene grossartige Reform der preussischen Justizgesetz- gebung zu Stande zu bringen, welche unter dem Namen des Allge- meinen Landrechts den Rechtsstaat in Preussen begründet hat. An seiner Stelle ernannte der König den dirigirenden Minister für Schlesien Karl Georg Heinrich Grafen Hoym zum Direetor der ökonomisch- patriotischen Gesellschaft. Dieser Mann, dessen unbestreitbare Ver- dienste um Schlesien in der Erinnerung der nachfolgenden Generation durch seinen bureaukratischen Despotismus verdunkelt worden sind, war nicht geeignet, die Kräfte um sich zu sammeln, welche in freier Thätigkeit das Wohl des Vaterlandes fördern sollten. Vergessen wir auch nicht, dass Breslau damals noch Festung war, wo naturgemäss durch das Ueberwiegen des militärischen Elements die Entwickelung eines freien Vereins eingeschränkt war. Goethe, der im Jahre 1790, in Breslau längere Zeit in Begleitung seines Herzogs verweilte, schil- dert Breslau als eine Stadt, „‚wo ein soldatischer Hof und zugleich der Adel einer der ersten Provinzen des Königreichs glänzte, wo man die schönsten Regimenter ununterbrochen marschiren und manövriren sah“. Goethe selbst lebte damals in Breslau „‚mitten in der beweg- testen Welt als ein Einsiedler in sich abgeschlossen“, beschäftigt mit osteologischen Untersuchungen und comparativer Anatomie. Als im Jahre 1791 der damals 81jährige, durch seine Vertheidigung im sieben- Jährigen Kriege berühmt gewordene Gouverneur von Breslau Boguslav Friedrich Graf v. Tauentzien den im Bereich der Festungswerke in der Nähe des heutigen Salvatorplatzes angelegten botanischen Garten der Gesellschaft ohne Weiteres wegnahm, beschloss der darüber aufgebrachte Ausschuss die Auflösung der Gesellschaft. Die Schweidnitz-Jauer’sche Fürstenthums-Societät ist der letzte Ueberrest derselben, der bis auf den heutigen Tag sein Leben fortfristet. Aber das Erlöschen des einzigen Vereinigungspunktes, welcher patriotischen Männern in der bureaukratischen Verfassung jener Zeit eine Mitwirkung am Gemeinwohl vergönnte, wurde in den gebildeten Kreisen der Provinz schmerzlich empfunden, und 12 Jahre nach Jahres - Bericht Auflösung der ökonomisch-patriotischen Soeietät fasste der Mann, den wir als den Stifter unserer heutigen Gesellschaft verehren, den Ent- schluss, dieselbe in neuem Geiste wieder aufzurichten. Auf Einladung des damaligen Regiments-Quartiermeisters, späteren Münzdireetor Christ. Heinrich Müller traten heut vor 75 Jahren, am 17. December 1803, sechs gleichgesinnte Männer in einem Hause der kleinen Groschen- gasse, im Lokale der kleinen Ressource zusammen, um ein Statut zu entwerfen, welches in einer zahlreich besuchten Versammlung am 27. Januar 1804 berathen und am 22. September 1804 vom Grafen Hoym bestätigt wurde. Die Gesellschaft, welche sich erossentheils aus Mitgliedern der eingegangenen ökonomisch - patriotischen Societät rekrutirte, nahm den Namen .„‚Gesellschaft zur Beförderung der Natur- kunde und Industrie in Schlesien“ an, oder wie sie 1807 während der Besetzung Breslaus durch französische Truppen sich nannte, „‚Soeiete patriotique de la Sil&sie pour encourager l’industrie et les arts“. Ihr Zweck war Erleichterung und Belebung der Studien der Mathematik und sämmtlicher Naturwissenschaften in Schlesien mit besonderer Beziehung auf das wirkliche Leben und die Bedürfnisse der Provinz. Es sollte Schlesien in naturhistorischer, physikalischer und technischer Beziehung genau kennen gelernt und der Unkunde entgegen getreten werden, welche in manchen Zweigen der Industrie noch vorhanden war. Als Zeichen des patriotischen Geistes jener geldarmen Zeit verdient wohl hervorgehoben zu werden, dass, obwohl das Eintrittsgeld einen Friedrichsd’or und der jährliche Beitrag 12 Thaler betrug, doch schon im ersten Jahre 120 Mitglieder beitraten und ihre Zahl im folgenden Jahre auf nahezu 200 stieg, und dass ein grosses Local im Itzinger- schen Hause auf der Antonienstrasse für die Aufnahme der Samm- lungen und die Sitzungen der Gesellschaft gemiethet werden musste. Aber diese Schöpfung unabhängigen Bürgersinnes, wo Adel und Bürgerstand, alle Confessionen und Stände sich in erspriesslicher Thätig- keit vereinigt hatten, musste bei den damaligen politischen Zuständen höheren Ortes Misstrauen erregen, und Minister Graf v. Hoym, ge- wöhnt an Bevormundung seiner Unterthanen, bemühte sich durchzu- setzen, dass die Gesellschaft zur Erlangung grösserer Wirksamkeit und ihrer gesicherten Fortdauer sich unter Schutz und Direetion der damaligen Kriegs- und Domänenkammer begeben möge; wenn Müller das bewirke, solle er Kriegsrath werden und ihm die Stelle eines besoldeten Secretairs dieses Instituts mit einem sehr ansehnlichen Jahresgehalt auf Lebenszeit gesichert sein. Man kann wohl sagen, es war auch für unsere Gesellschaft ein Glück, dass der Zusammenbruch des alten absolutistisch-feudalen Militärstaates nach der Schlacht von Jena den reformatorischen Ideen von Stein freies Feld liess, durch welche der preussische Staat von Grund auf mit wunderbarer Schnellig- | | | Bor! ee Li EN a a 2 a 2 zes —_ der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 13 keit verjüngt, den Gemeinden und Provinzen die Selbstverwaltung übergeben, und so Preussen zum Mittelpunkt jener politischen Umge- staltung des gesammten deutschen Vaterlandes gemacht wurde, die erst in unsern Tagen in so grossartiger Weise zum Abschluss gelangt ist. Am 9. November 1807 wurde die Leibeigenschaft aufgehoben, am 19. November 1808 die neue Städteordnung verliehen. In Schlesien trat an Stelle des bei dem Frieden von Tilsit in den Ruhestand ver- setzten Ministers Hoym Merkel, der Freund von Stein und Scharn- horst. Nun galt es auch in unserer Gesellschaft, dem Geiste der neuen Zeit Eingang zu verschaffen und ihr eine Organisation zu geben, welche, wie alle Institutionen jener grossen Zeit, in glücklicher Har- monie den realen und idealen Interessen Rechnung trug. Heut vor 70 Jahren, am 17. December 1808, hielt der damalige Secretair der Gesellschaft, Reetor Reiche, vor einer grossen Versammlung unter dem Vorsitz des Fürsten von Anhalt-Pless eine begeisterte Rede: „Die ihrem Namen nach auf Beförderung der Industrie und Natur- kunde eingeschränkte Gesellschaft soll zu einem Institute, zu einer Gesellschaft der Schlesier für ihr Vaterland werden, an welche alles Geistvolle, jedes treu am Vaterlande und an der Regierung fest- hängende Herz sich anschliesst. Das harmonische Ganze soll aus einzelnen kleinen Vereinen erwachsen, die sich zu belehrender Unter- haltung und Untersuchung von Gegenständen aus bestimmten Fächern verbinden.“ „Was bisher das Ganze ausmachte, die Gesellschaft für Natur- kunde und Industrie, wird nun zu einem Theile des erweiterten Kreises; aus ihr gehen einzelne Töchterstämme aus, als für Entomologie, Botanik, technische Chemie und Oekonomie; neben sie stellen sich Verbindungen von Pädagogen, Freunden der Geschichte, von Rechtsgelehrten, Aerzten und Männern anderer Fächer. Wie! wenn eine Verbindung zur Er- forschung der Mittel entstände, wie Armuth und Elend der niedern Klassen verhütet, gemildert, gehoben werden könnte? Viele Mitglieder werden sich mehreren der kleinen Verbindungen zuwenden, viele werden sich an keine anschliessen, sondern blos Theilnehmer des einen Ganzen sein, jedem ohne Ausnahme wird es aber freistehen, allen Versammlungen beizuwohnen.“ „So werden Männer von Geist und festem Willen sich jeder in den Fächern offenbaren, zu welchen sie entschiedenes Talent und Neigung haben, sie werden sich gegenseitig entzünden und begeistern für allgemeines Wohl, die Kenntnisse, Beobachtungen und Ideen des Einzelnen werden Gemeingut Aller werden und siegreich vielleicht wird man die Indolenz Vieler bekämpfen, welche ein Grosses thun könnten für des Vaterlandes Heil.‘ 14 Jahres - Bericht Die ideale Gesinnung, welche diese Rede durchweht, wirkte zün- dend auf die Zuhörer, 50 neue Mitglieder meldeten sich sofort zum Eintritt; der neue Statutenentwurf wurde an den Chef der Abtheilung für Cultus und öffentliche Erziehung W. von Humboldt eingesendet, und von Königsberg aus am 16. December 1809 genehmigt; er ist bis auf den heutigen Tag in Kraft geblieben, unter seiner Leitung ist die Gesellschaft gross gewachsen. Sie nahm nunmehr den Namen der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur an. Wie Reiche vorausgesagt, wuchs mit der Zahl der Mitglieder auch die der Sectio- nen; im ersten Etatsjahr bestand nur eine physikalische, welche 1820 ihren Namen in die naturwissenschaftliche umänderte und die rein wissenschaftlichen Arbeiten in sich vereinigen sollte,-neben einer öko- nomischen Section, welcher die praktischen Angelegenheiten zugewiesen waren; fast gleichzeitig wird bereits die medieinische und pädagogische Seetion erwähnt. 1810 entstand die Section für bildende Künste und Alterthum, 1819 die historische, 1822 die botanische, 1826 die technische und entomologische, 1830 die musikalische, 1847 die philologische und die Section für Obst- und Gartenbau, 1875 die Section für öffentliche Gesundheitspflege, 1578 die geographische Section. Schon im Jahre 1825 sprach sich Goethe bei seiner Aufnahme als Ehrenmitglied dahin aus, „es sei ihm kein gemeinnütziger Verein bekannt, in dem mit solcher Ausdauer und solchem Erfolge so mannigfache Zwecke verfolgt werden, als dies wirklich in der schlesischen Gesellschaft geschehe.“ Seit Ostern 1325 hat die Gesellschaft ihr Lokal im zweiten Stock des Börsengebäudes, bei dessen Einrichtung durch den Königl. Baurath Langhans bereits auf die Bedürfnisse der Gesellschaft und der von dieser ins Leben serufenen Kunstausstellung gerücksichtigt ward. Die Hoffnung, ein eigenes Grundstück von der städtischen oder königlichen Behörde geschenkt zu erhalten, welche bereits den Stiftern im ersten Jahrzehnt unsers Jahrhunderts vorschwebte und die seitdem unablässig im Auge behalten wurde, hat sich dagegen noch nicht erfüllt. Der Gesellschaft ist es ergangen, wie dem Poeten bei der Theilung der Erde, sie kam überall zu spät; weder bei der Vertheilung des Festungs- terrains noch bei dem der aufgehobenen Klöster wurde sie berück- sichtigt. Der Besitz eines eigenen Hauses ist einer der wenigen Punkte des Reiche’schen Programms, der seiner Ausführung noch ent- gegen sieht. Die Männer, welche den Grundstein zu unserer Gesellschaft legten, waren erfahrene, gebildete und patriotische Männer; aber sie mach- ten nicht Anspruch darauf, über die Grenzen der Provinz hinaus als Autoritäten der Wissenschaft anerkannt zu werden. Eine neue Aera brach für unsere Gesellschaft an, als im Jahre 1811 infolge der Grün- (dung der Universität Berlin die benachbarte Viadrina zu Frankfurt a. ©. J N a u ur li ee ee der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 15 mit der seit 1703 bestehenden, aber zuletzt zu einem königlichen Pro- vinzial-Schul-Institut herabgekommenen Leopoldina vereinigt, als könig- liche Universität zu Breslau reorganisirt und mit reicheren Lehrmitteln ausgestattet wurde. Die Schlesische Gesellschaft war fortan freilich nicht länger der Centralpunkt aller wissenschaftlichen Bestrebungen in Schlesien, aber sie wurde nunmehr das Organ, wo die neuen Kräfte sich mit den einheimischen amalgamirten, wo die wissenschaftliche Theorie dem praktischen Leben zugeführt, die Ergebnisse der strengen Forschung dem grossen Kreise der Wissenschaftsfreunde zugänglich gemacht wurden. Die Begründer und Leiter der neuen Sectionen, die fleissigsten Mitarbeiter an deren Arbeiten sind seitdem aus den Kreisen der Universität hervorgegangen und haben dazu beigetragen, dem Namen der Gesellschaft im In- und Auslande Glanz und Ansehen zu verleihen. | Bei der grossen Vielseitigkeit der Bestrebungen, welche in der Schlesischen Gesellschaft ihren Mittelpunkt fanden, war es ganz natür- lieh, dass mehr als einmal sich das Bedürfniss geltend machte, einzelne Zweige vom Mutterstamm abzulösen, welche dann zu selbstständigem Leben empor wuchsen. Sie stehen zum grössten Theil noch heut in Blüthe und haben reiche Frucht getragen. Im Juni 1818 wurde von der Schlesischen Gesellschaft in ihrem Locale die erste Ausstellung schlesischer Erzeugnisse der Kunst und des Gewerbes veranstaltet, welche 124 Nummern aufwies, von dem damaligen Kronprinzen, spä- teren König Friedrich Wilhelm IV., besucht wurde und 230 Thaler Einnahmen gewährte. Das war der Anfang der Breslauer Kunstaus- stellungen, welche seitdem alljährlich von der Section für Kunst und Alterthum wiederholt wurden, bis der im Jahre 1827 nach dem Muster des sächsischen gegründete Schlesische Kunstverein dem für die Ent- wickelung der Kunstinteressen in Schlesien so bedeutungsvollen Unter- nehmen durch Ankäufe in der Ausstellung einen erhöhten Aufschwung verlieh und die Organisation derselben in unseren Gesellschaftsräumen gegen eine feste Miethe in die Hand nahm. Um eine innige Verbindung mit den Gewerketreibenden zu ermög- lichen, rief dann unser Stifter Müller im Jahre 1828 den Gewerbe- verein ins Leben, dessen 50jähriges Jubiläum vor wenig Monaten durch eine grossartige Ausstellung der Kunstgewerbe in würdigster Weise gefeiert und von der Muttergesellschaft in inniger Sympathie begrüsst wurde. Von der Section für Obst- und Gartenbau wurden seit 1847 die ersten Ausstellungen von Gartenerzeugnissen veranstaltet, welche neben dem, ebenfalls von der Section eingerichteten pomolo- gischen Garten zur Entwickelung des bis dahin in Schlesien nur sehr geringen Interesses für höhere Gartenkunst beitrugen und erst im letzten Herbst von dem Schlesischen Central-Gärtnerverein mit erfreulichstem 16 Jahres-Bericht | Erfolge übernommen worden sind. Ein besonderes Verdienst hat diese Section sich um die Breslauer Promenade erworben, die sie im Jahre 1849 durch einen Vertrag mit den städtischen Behörden zur Neu- gestaltung erhielt und an deren Leitung sie noch jetzt durch ihren Präses in hervorragender Weise betheiligt ist. Unzählige erfreuen sich dankbar der bleibenden Verschönerungen, welche seit jener Zeit unsere städtischen Anlagen durch künstlerische Ansschmückung der Alleen und Plätze, durch Einführung neuer decorativer Blatt- und Blüthenpflanzen, durch sorgfältige Etiquettirung gewonnen haben. Die ersten Cyklen öffentlicher populärer Vorlesungen wurden, als erster Versuch dieser Art in Deutschland, in Breslau im Winter 1827/23 eingerichtet und durch eine lange Reihe von Jahren fortgeführt; erst in der letzten Zeit (seit 1875) sind sie aufgegeben worden, nachdem eine grosse Zahl anderer Vereine die Sorge für das Bildungsbedürfniss des grösseren Publikums übernommen hatten. Um für die Herausgabe der alten schlesischen Urkunden und Geschichtsschreiber reichlichere Geldmittel zu beschaffen, stiftete Stenzel im Jahre 1846 den Verein für schlesische Geschichte und Alterthum, der jedoch mit unserer Gesellschaft in fort- dauernder freundschaftlicher Beziehung steht und ihr Lokal benützt; in ein ähnliches Verhältniss trat auch der Verein für bildende Künste. Schon bei der ersten Gründung der Gesellschaft war es als eine Aufgabe desselben ausgesprochen worden, ein Museum zu stiften, in welchem | die der Provinz eigenthümlichen Schätze der Literatur, Natur und Kunst möglichst vollständig aufgesammelt werden sollten; infolge dessen ist eine naturwissenschaftliche, Kunst- und Büchersammlung ven hohem Werth in unseren Besitz gekommen. Unter den naturwissenschaftlichen Sammlungen ist vor Allem das Herbarium der Gesellschaft hervorzu- heben, welches die Flora der Provinz mit grösster Vollständigkeit repräsentirt und seit Henschel’s testamentarischer Schenkung im Jahre 1856 zu einem Universal-Herbarium ersten Ranges herangewachsen ist, dessen Bedeutung für das Studium der Botanik um so grösser erscheint, als es das einzige öffentliche Herbarium der Provinz ist. Die Biblio- thek der Gesellschaft bietet insbesondere durch den Besitz kostbarer, von auswärtigen Akademien und Vereinen herausgegebener Werke, die uns im Tausch gegen die Gesellschaftsschriften zugegangen sind, dem wissenschaftlichen Studium unschätzbare Hilfsmittel. Den Kunst- sammlungen waren durch die beschränkten Mittel der Gesellschaft enge Grenzen gesteckt; wenn aber durch die allgemeine Betheiligung der Provinz und des Staates nunmehr das Schlesische Provinzialmuseum für bildende Künste ins Leben getreten ist, so erblickt die Gesellschaft in ihm die glänzende Verwirklichung eines Zieles, welches sie seit ihrer Begründung nicht aus den Augen verloren, und an dem sie in grundlegender Weise mitgewirkt hat. | der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 17 Die bedeutendste Erweiterung, welche die Thätigkeit unserer Ge- sellschaft in den letzten Jahren genommen, scheint mir in der Stiftung einer hygienischen Section zu liegen; hier ist unserer Gesell- schaft eine neue Aufgabe gestellt, für deren Lösung dieselbe zum Heile der Gesammtheit vor allem befähigt ist. Seitdem auch in Deutschland die staatlichen und städtischen Behörden zu der Erkenntniss gelangt sind, dass von den Einflüssen, welche die Gesundheit der Bürger - bedrohen und ihr Leben verkürzen, ein sehr grosser Theil durch Ab- stellung hergebrachter Missbräuche oder durch neue erprobte Einrich- tungen beseitigt werden könne, seitdem sind auch an die Männer der Wissenschaft zahlreiche Aufgaben herangetreten, welche im vollsten Sinne des Wortes als brennende, als Lebensfragen zu bezeichnen sind. Wir können es uns nicht verhehlen, dass die Praxis, welche für den nächsten Augenblick Rath schaffen soll, von der Wissenschaft oft Ent- scheidungen über Fragen fordert, welche für diese noch nicht spruch- reif sind; aber nur durch die gemeinsame Arbeit der Vertreter der Naturwissenschaft in ihren verschiedenen Disciplinen, von Aerzten, Technikern und Verwaltungsbeamten kann die endgiltige Lösung dieser Fragen vorbereitet werden. Unsere Gesellschaft hat das Glück, in jeder dieser Richtung hervorragende Kräfte zu vereinigen. Schon dadurch ist für diese Untersuchungen eine feste Basis gewonnen worden, dass es in den letzten Jahren gelungen ist, in vielen der verderblichsten Einflüsse, welche die öffentliche Gesundheit bedrohen, die Thätigkeit lebendiger Wesen zu erkennen; für andere ist dies mit grosser Wahr- scheinlichkeit zu vermuthen. Denn der erste Schritt zur Besiegung - eines Feindes ist eine genaue Kenntniss seiner Natur wie seiner An- srifiswaffen. Nach der alten Mythe schuf der Gott des Lichts die Welt des Lebens, die Menschen, Thiere und Pflanzen, damit sie im Angesicht der Sonne sich ihres Daseins freuen; aber der böse Feind, der Gott der Finsterniss, erschuf seine Dämonen, welche unablässig bestrebt sind, Alles, was da lebet, zu bekämpfen und zu vernichten. Seit einer Reihe von Jahren haben wir diese unsichtbaren Zerstörer genauer kennen gelernt: es sind unscheinbare, licht- und farblose Körperchen, Kügelchen, Stäbchen, Fäden von ausserordentlicher Kleinheit, die mit solch unglaublicher Geschwindigkeit sich vermehren, dass sie, wenn sie allein auf der Welt existirten, in kurzer Zeit den ganzen Weltenraum ausfüllen könnten. Diese Wesen, Bakterien oder Spaltpilze genannt, nehmen, wo immer aus einem Thiere oder einer Pflanze das Leben entwichen, Besitz von denselben, um den ihnen anheimgefallenen Leib durch Verwesung zu zerstören. Sie verderben die Speisen durch Fäul- niss, sie machen die Milch sauer, Bier und Wein kahmig, sie vergiften das Trinkwasser, sie erfüllen die Luft mit schädlichen Miasmen. 2 18 Jahres - Bericht Selbst in den Körper lebender Menschen und Thiere suchen sie einzu- dringen, sie beginnen den Kampf mit der Lebenskraft, die ihr Dasein zu vertheidigen sucht. Nur zu oft tragen sie den Sieg davon; sie vergiften den Kuss der Liebe, nichts ahnend überträgt in zärtlicher Umarmung das Kind den Todeskeim auf die Mutter; die kleinste Wunde, die eine Nadel geritzt, ist für sie das Thor, durch welches sie vergiftend in die Bahn des Blutes gelangen und wenn gewisse Be- dingungen ihre üppige Vermehrung begünstigen, fliegen sie, wie die apokalyptischen Reiter, von Land zu Land, Pest, Hungersnoth, Thier- und Völkersterben in ihrem Gefolge. Mit prophetischem Geist hat sie der Dichter geschildert: „Die wohlbekannte Schaar, die strömend sich im Dunstkreis überbreitet, dem Menschen tausendfältige Gefahr von allen Seiten her bereitet. Von Norden dringt der scharfe Geisterzahn auf dieh herbei mit pfeilgespitzten Zungen, von Morgen ziehn vertrocknend sie heran und nähren sich von deinen Lungen; wenn sie der Mittag aus der Wüste schickt, die Gluth auf Gluth auf deinen Scheitel häufen, so bringt der West den Schwarm, der dich erquickt, um dich und Feld und Aue zu ersäufen.“ So furchtbar die Macht dieser unheimlichen Wesen ist, so fest sind wir überzeugt, dass es gelingen wird, den Feind in Schranken zu halten, den nur Unwissenheit und Sorglosigkeit gross werden lässt. Schon längst haben wir gelernt, die Speisen durch geeignete Conser- virung den Fäulniss-Pilzen zu entziehen, es ist gelungen, unsere Bevöl- kerung mit dem Fleisch von Amerika und Australien zu ernähren, das unverdorben die Reise um die Welt zurückgelegt. Die Anlagen für Canalisation, die Beschaffung reichlichen gesunden Trinkwassers, die Schutzmassregeln gegen Einschleppung und Verbreitung von Epidemien sehen darauf aus, Luft, Wasser, Boden und Wohnung rein zu halten, Ein genialer Chirurg, der heut zum Ehrenmitglied unserer Gesellschaft ernannt wurde, hat gelehrt, durch einfache Behandlung die Wunden vor der Vergiftung zu behüten, die noch vor Kurzem das Messer des Öperateurs zu einer nicht minder gefährlichen Waffe machte, als das feindliche Geschoss, und die in einem Hospital, wo sie sich eingenistet, selbst leichte Verletzungen tödtlich werden liess. Wir hegen die Zu- versicht, dass es uns gelingen wird, alle die unsichtbaren Feinde unserer Gesundheit, denen wir die Erzeugung ansteckender Krankheiten zu- schreiben, erfolgreich zu bekämpfen. Aber in diesem Kampfe ums Dasein gilt es, alle Hilfskräfte der Wissenschaft und Technik mobil zu machen, und unsere hygienische Section wird für Stadt und Land eine zuverlässige und hilfsbereite Bundesgenossin sein. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 19 Wenn wir nun nochmals einen Rückblick auf das von der schle- sischen Gesellschaft in 75 Jahren Geleistete werfen, so können wir ohne Selbstüberhebung sagen: es ist nicht nur Vieles, sondern auch Viel gethan worden. Vor uns steht die stattliche Reihe Schriften unserer Gesellschaft, deren Register nun auch jetzt fertig vorliegt und selbst einen stattlichen Band ausfüllt. Welche Fülle tüchtiger Arbeit, welcher Reichthum von Beobachtungen auf allen Gebieten des Wissens, die bald für die engeren Kreise der Provinz von Bedeutung sind, bald im internationalen Weltverkehr der Wissenschaft sich Gel- tung verschafft haben. Vielleicht noch grösser als der Werth des zu Tage Geförderten ist die Bedeutung der Anregung, welche nunmehr durch drei Generationen vor Allem die jüngeren Mitglieder und Gäste in unseren Versammlungen empfangen. Hier haben sie gelernt, die Wissenschaft hoch zu achten, ihre Kräfte zu prüfen und zu üben, und zu selbstständiger Arbeit sich vorzubereiten. Dass unsere Gesellschaft in den wissenschaftlichen Kreisen des In- und Auslandes sich wohl- wollender Sympathien und allgemeiner Achtung erfreut, davon geben die Glückwünsche Zeugniss, welche in so grosser Zahl an ihrem Jubel- tage eingelaufen sind. Weniger zufrieden können wir sein mit. der Anerkennung, welche unserer Gesellschaft in ihrer eigentlichen Heimath, in Breslau und Schlesien, zu Theil geworden. Schwerlich ist man sich in allen Kreisen dessen bewusst, welchen Schatz wir in einer Gesellschaft besitzen, welche seit drei Vierteljahrhunderten der gemein- same Ausgangspunkt aller idealen und gemeinnützigen Bestrebungen gewesen ist, und welche durch die schon von den Stiftern in die Con- stitution aufgenommene weise Bestimmung, dass politische und religiöse Discussionen von ihrem Schoosse ausgeschlossen sind, zu allen Zeiten einen neutralen Boden abgegeben hat, wo Männer aller Confessionen und aller Parteien zu friedlichem Zusammenwirken sich vereinigen konnten. Noch ist es unserer Gesellschaft erst in geringem Masse gelungen, die gleiehstrebenden Kräfte unserer Provinz zu regerer Betheiligung an unseren Arbeiten in sich aufzunehmen und dadurch den Namen einer Schlesischen Gesellschaft in der That zu verdienen. Die schle- sische Aristokratie hat längst vergessen, dass ihre Mitglieder es waren, welche vor einem Jahrhundert den Grundstein zu unserer Gesellschaft gelegt und zu den verdienstvollsten Mitarbeitern derselben gehört hatten; sie verschmäht es, das grosse Gewicht ihres Einflusses und ihrer Mittel zur Förderung unserer Zwecke beizusteuern. Auch die reiehbegüterten bürgerlichen Kreise unserer Provinz sind sich nur zum geringsten Theile bewusst, dass der Besitz von grossen Mitteln zugleich die Pflicht auf- erlegt, die idealen geistigen, wissenschaftlichen Bestrebungen zu fördern, wie dies in England, Frankreich, in Oesterreich und selbst in vielen Städten Deutschlands in so rühmlicher Weise geschieht. Wie viel )%* 20 Jahres- Bericht mehr könnte von unserer Gesellschaft geleistet werden, wenn durch grossmüthige Geschenke oder durch Legate die Mittel vermehrt wür- den, welche die Gesellschaft für ihre Bibliothek, für ihre Sammlungen, für die Unterstützung gemeinnütziger Untersuchungen zu verwenden vermag; ja, wenn auch nur, wie dies bei unseren Vorfahren Sitte war, dureh Stiftungen von Stipendien es strebsamen Studirenden erleichtert würde, sich ihrer selbstständigen wissenschaftlichen Fortbildung sorgen- los zu widmen. Hoffen wir, dass diese und manche ähnliche Wünsche im nächsten Vierteljahrhundert in Erfüllung gehen, und dass so die Gesellschaft, welche seit 75 Jahren so eng mit der Provinz verwachsen ist, bereichert an Mitteln und Mitgliedern, noch mit vollerem Rechte den schönen Namen führen wird, den ihr die Stifter gegeben: „Societas silesiaca patriae eultrix“, Ich kann diese Betrachtungen nicht beschliessen, ohne in weh- müthiger Erinnerung der Männer zu gedenken, welche einst der Ge- sellschaft ihre besten Kräfte mit voller Hingebung gewidmet und die wir heute in unserer Festversammlung vermissen. Ich würde kein Ende finden, wollte ich auch nur die hervorragendsten Namen nennen, mit denen die älteren Mitglieder freundschaftlich in diesen Räumen zusammen gewirkt; aber gerade in der letzten Zeit hat das Schicksal eine grosse Zahl von Freunden abberufen, deren Lücke heut überall schmerzlich empfunden wird. Ich nenne Gebauer, Kutzen und Belitz, die menschenfreundlichen Secretaire der technischen, der historischen und der juristischen Section, Franck, den gewissenhaften Verwalter unserer Finanzen, Bruch, den hoffnungsvollen Mitbegründer der hygienischen Section, und insbesondere von Görtz, den langjährigen Vicepräsidenten, dessen heller Verstand, gepaart mit Urbanität und Humanität, unserer Gesellschaft zu allen Zeiten mit Rath und That zur Seite stand. Danken wir es dem gütigen Geschick, dass es uns die beiden hochverehrten Männer erhalten hat, die seit langen Jahren mit Auf- opferung unserer Gesellschaft gedient und die, obwohl sie auf eine längere Lebensdauer zurückblicken, als sie unserer Gesellschaft bis jetzt beschieden, doch noch heut mit kräftiger Hand und jugendfrischem Geiste die Geschicke derselben leiten. Es sind dies die beiden Vor- sitzenden unserer Gesellschaft, unser Vicepräses, Herr Geh. Rath Dr. Bartsch, der schon im Jahre 1840 das Amt eines Generalsecre- tairs bekleidete, und der Präses unserer Gesellschaft, Herr Geh. Rath Professor Dr. Göppert, dessen erste wissenschaftliche Mittheilungen in unseren Sectionen länger als ein halbes Jahrhundert zurückreichen, dessen 25jähriges Jubiläum als Präses derselben schon vor sieben Jahren vor einer Festversammlung, wie die heutige, dankbar gefeiert wurde, und dernochheute als spiritus reetor unseres Vereins bei Allem, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 21 was in unserem Kreise geschaffen wird, vorangeht, anregend, versöh- nend, helfend, und oft ganz allein der grossen Arbeitslast mit jugend- licher Begeisterung und Opferbereitschaft sich unterzieht. Mögen uns die beiden Grundpfeiler der Gesellschaft, unsere Freude und unser Stolz, noch lange, lange erhalten bleiben. In dieser Hoffnung und im festen Vertrauen auf die Zukunft lassen Sie uns heute eintreten in das letzte Viertel des ersten Jahrhunderts unserer Gesellschaft.‘ Und nun übergehend auf die Thätigkeit und die Verhältnisse der Schlesischen Gesellschaft in dem Jubeljahre selbst, dem Jahre 1878, drängt es noch einmal derer zu gedenken, deren Heimgang der Festes- redner bereits betrauert hat, des Geh. Regierungsrathes Dr. v. Görtz, des langjährigen Vicepräses der Gesellschaft, des Geh. Commerzienrathes Franck, ihres langjährigen Cassirers, des Appellations - Gerichts - Prä- sidenten Dr. Belitz, des Directors des statistischen Büreaus der Stadt Breslau Dr. Bruch und des Stadtverordneten-Vorsteher Dr. Lewald, der unermüdlich thätig war, um der Gesellschaft ein eigenes Heim zu gründen. Ausserdem aber betrauert die Gesellschaft noch ferner den Tod ihrer wirklichen Mitglieder: Dr. med. Cohn, Kaufmann Alexander Freund, Justizrath G e- lineck, Graf von Harrach, Justizrath Poser, Consistorialpräsi- dent a. D. v. Röder, Professor der Botanik und Zoologie in Yeddo Hermann Ahlburg, Wirklichen Geh. Oberregierungsrath, Director des Ministerii der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegen- heiten Dr. Förster in Berlin, Sanitätsrath Dr. med. Jenner in Parehwitz, Freiherr von Richthofen auf Barzdorf, Geh. Regie- rungsrath von Wechmar auf Zedlitz; ihrer eorrespondirenden Mitglieder: des Direetors des Königl. Zoologischen Museums in Bologna Pro- fessor Dr. Bianconi, des Wirklichen Geh. Ober-Finanzrath und Director der Reichs-Invalidenfonds-Verwaltung in Berlin Dr. phil. Elwanger, des Major a. D. Fils in Ilmenau, Professor Dr. von Fleischer in Hohenheim, Sanitätsrath und Kreisphysikus Dr. med. Knop in Leobschütz, und ihres Ehrenmitgliedes Geh. Medieinalrath Professor Dr. Lebert in Nizza. Die Gesellschaft verlor ferner dureh Ausscheiden, zum Theil wegen Veränderung des Wohnortes, 12 Mitglieder, dagegen wurden, ausser denen, welche bei Gelegenheit der Jubelfeier die Diplome als Ehren- mitglieder und als eorrespondirende Mitglieder erhielten, als wirkliche Mitglieder neu aufgenommen: die Herren: Prof. Dr. med. Simon, Prof. Dr. phil. Joseph Partsch, Prof. theol. Hermann Weingarten, Direetor des pathologischen Jahres - Bericht DV IND Institutes Prof. Dr. med. Ponfick, dirigirender Arzt des Wenzel Hancke’schen Krankenhauses Dr. med. Buchwald, Assistent am pathologischen Institut Dr. med. Binswanger, Assistent am patho- logischen Institut Dr. med. Frerichs, praktischer Arzt Dr. med. Kuschbert und Apothekenbesitzer Dr. Weissstein. In der am 28. December 1877 stattgehabten allgemeinen delibera- tiven Versammlung sind für die Etatsperiode 1878/79 nachstehende Herren als Direetoren gewählt worden: 1. Geh. Rath Prof. Dr. Göppert, 2. Geh. Rath Dr. v. Görtz, 3. Staatsanwalt v. Uechtritz, 4. Geh. Rath Dr. Bartsch, 5. Appel- lationsgerichts-Präsident Dr. Belitz, 6. Stadtrath Korn, 7. Prof. Dr. Poleck, 8. Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Biermer, 9. Geh. Commerzienrath Franck, 10. Prof. Dr. Förster, 11. Director Dr. Luchs, 12. Stadtrath Müller, 15. Prof. Dr. Grünhagen, 14. Geh. Regierungsrath Prof. Dr. Löwig, 15. Director Prof. Dr. Heine, aus denen wiederum in der Präsidialsitzung am 30. December 1877 der vollziehende Ausschuss in der Weise sich constituirte, dass die Herren Geh. Rath Göppert zum Präses, Geh. Rath v. Görtz zum Vicepräses, Staatsanwalt v. Uechtritz zum ersten Generalsecretair, Geh. Rath Franck zum Cassirer wiedergewählt, und an Stelle des verstorbenen bisherigen zweiten Generalseceretair Herr Gymnasialdireetor Prof. Dr, Heine gewählt wurden. Nachdem aber der Tod grade dem vollziehenden Ausschusse zwei seiner Mitglieder entrissen hatte, wurde an Stelle des Geh. Rathes Dr. v. Görtz der. Geh. Rath Dr. Bartsch zum Vicepräses, der Stadtrath Korn an Stelle des Geh. Rath Franck zum Schatzmeister gewählt. Der vollziehende Ausschuss besteht demnach aus nachstehenden Mit- gliedern: Geh. Rath Prof. Dr. Göppert, als Präses, Geh. Rath Dr. Bartsch, als Vicepräses, Staatsanwalt v. Uechtritz, als erster General-Secretair, Director Prof. Dr. Heine, als zweiter General-Seeretair, und Stadtrath Korn, als Schatzmeister. Wie bereits im vorigen Jahresberichte mitgetheilt wurde, hatte die Gesellschaft den Beschluss gefasst, die Verleihung von Corporationsrechten bei der Königl. Staatsregierung nachzusuchen. , Zu diesem Behufe war sie genöthigt ihr Statut umzuarbeiten. Sie hat demnächst den durch Geh. Rath v. Görtz und den General-Secretair gefertigten Statutenent- wurf in den Allgemeinen deliberativen Versammlungen am 28. December 1577, am 16. April und am 11. November 1878 genehmigt und die Er- theilung der Corporationsrechte nachgesucht. In einem anerkennenden gemeinschaftlichen Reseripte der Herren Minister der Justiz und des Innern ist die Verleihung der Corporations- RE WE REN Se er er EEG en | en a, . der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 33 rechte in Aussicht gestellt und die Gesellschaft sieht derselben mit Zu- versicht entgegen.*) Die Vorarbeiten der Commission behufs Beschaffung eines eigenen Hauses sind zunächst ausgesetzt worden, um nach Erlangung der Corpo- rationsrechte wieder aufgenommen zu werden. Das Präsidium der Gesellschaft hatte auch in diesem Jahre die Freude, einige ihrer Mitglieder zu ihrem 50 jährigen Amtsjubiläum festlich zu be- grüssen: den Herrn Sanitätsrath Dr. Davidson, den leider bald nachher verstorbenen Geh. Commerzienrath Franck und den Königl. Wirklichen treheimen Ober-Regierungsrath, Präsident der General-Commission von Schlesien Herrn Schellwitz; ausserdem den Herrn Professor Dr. de Koyningk zu Lüttich zu seinem 50 jährigen Doetorjubiläum, die König- liche Schwedische Akademie zur Feier des hundertjährigen Todes- tages Linn&’s: Lu „Der schwedischen Nation gratulirt die Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur zur Ehrenfeier für Linn, den erhabenen Begründer der neueren Naturgeschichte, unsterblichen Andenkens“, und erhielt an demselben Tage noch als Antwort: „Geheimen Rath Göppert und der Illustren Schlesischen Gesell- schaft für vaterländische Cultur sendet die jetzt in Gegenwart des Monarchen versammelte. königlich schwedische Akademie der Wissen- schaften ihren herzlichsten Dank für die ihr erwiesene überaus freund- liche Theilnahme an der Gedächtnissfeier des vor 100 Jahren ver- blichenen Vaters der Naturgeschichte. Malmsten, Präses. Lindhagen, Seecretair.‘“ die Gesellsehaft für Erdkunde in Berlin zu ihrem 50Jjährigen Be- stehen, und zu ihrem 25jährigen Stiftungsfest die Philomathie zu Glatz und zum 50 jährigen Jubiläum die älteste Tochter der Gesellschaft, den Breslauer Gewerbeverein. Derselbe hatte in den ihm von der Gesellschaft zur Disposition gestellten Räumen die erste Schlesische Kunstgewerbeausstellung veranstaltet, welche in zwei Abtheilungen kunstgewerbliche Erzeugnisse der Vorzeit und kunst- gewerbliche Erzeugnisse der Gegenwart zur Anschauung brachte. Auch bei dieser Ausstellung hat sich der verehrte Präses der Gesell- schaft als Comit&mitglied ein hervorragendes Verdienst erworben. Seiner Leitung, seiner thatkräftigen Unterstützung verdankt eine hervorragende, in der Zeit vom 13. bis 22. September v. J. von dem hiesigen Central-Gärtnerverein veranlasste Ausstellung gärtnerischer, forst- licher und landwirthschaftlicher Produete einen grossen Theil ihrer Be- *) Während des Druckes dieser Verhandlungen ward diese Erwartung erfüllt, indem durch Cabinetsordre vom 27. Januar 1879 der Gesellschaft die längst ersehnten Corporationsrechte ertheilt worden sind. 24 Jahres - Bericht deutung, und ich glaube dieser Ausstellung in dem Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft Erwähnung thun zu müssen, nicht blos weil sich unsere Section für Obst- und Gartenbau an derselben lebhaft bethei- ligt hat, sondern hauptsächlich deshalb, weil die obere Leitung von dem ausstellenden Vereine in die Hand zweier Mitglieder der Gesellschaft, ihres Präses und des Königl. Ober-Forstmeisters Herrn Tramnitz gelegt worden ist, welchem letzteren Herr Forstmeister Guse bereitwilligst assistirte. Die Ausstellung verdankte unserem Präses dasjenige, was sie vor allem anderen auszeichnete, die wissenschaftliche Anordnung und die Vollständigkeit, insofern forstliche und paläontologische sich auf die Haupthebel unserer Industrie beziehende Gegenstände — Steinkohle uni Braunkohle — mit ausgestellt waren, — so den Zusammenhang dar- stellend der heutigen Vegetation mit der der Urzeit. Unser Präses hat den Standpunkt, der künftig in wissenschaftlieher Hinsicht derartige Ausstellungen zu leiten haben wird, in einem in der „Schlesischen Zeitung“ abgedruckten Berichte: „Ueber die wissensehaft- liche Bedeutung der Breslauer Ausstellung im September 1878 vonH.R. Göppert“ klar gelegt, und nachdem mir derselbe zur Disposition gestellt wurde, verleibe ich denselben mit Stolz als Anhang dem Berichte der Section für Obst- und Gartenbau ein. Seitens der Gesellschaft ist in diesem Jahre nur der Jahresbericht und ferner: die Fortsetzung des Verzeichnisses der in den Schriften der Schle- sischen Gesellschaft für vaterländische Cultur von 1864 bis 1876 mit enthaltenen Aufsätze, geordnet nach den Verfassern in alpha- betischer Folge, und das bereits als Jubelschrift erwähnte General-Sachregister der in den Schriften der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur von 1804 bis 1876 inel, enthaltenen Aufsätze herausgegeben worden. Allgemeine Versammlungen fanden statt: 1) am 28. Deeember pr. mit Vortrag des Jahresberichtes, Mittheilung des Projeetes, den Hausbau betreffend, und Vorlage des Statutenentwurfs; 2 und 3) am 16. April und 21. November 1878, welche beide von der Berathung der Statuten in Anspruch, genommen wurden; 4) am 17. December 1878 bei Gelegenheit der 75 jährigen Jubelfeier der Gesellschaft; 5) am heutigen Tage, an welchem der Jahresbericht pro 1878 erstattet und eine Sammlung von Nachbildungen Breslauer Baulichkeiten vorgelegt und durch Herrn Baumeister Schmidt erläutert ward. Der Seetion für Obst- und Gartenbau ist Seitens des Schlesischen Provinzial-Landtages wiederum eine Unterstützung von 1650 Mark bewilligt der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 25 worden, wofür der ergebenste Dank hierfür auch öffentlich ausge- sprochen wird. Die Rechnung der Allgemeinen Kasse und über den besonderen Fonds der Section für Obstbau ist für 1878 von dem Kassirer Herrn Stadtrath Korn gelegt und nach erfolgter Revision vom Präsidium ab- genommen worden. Die Vermehrung und Vervollständigung der Gesellschafts - Bibliothek und der naturwissenschaftlichen Sammlung ergiebt sich aus den Berichten des Bibliothekars Herrn Lothar Becker und des Conservators der naturwissenschaftlichen Sammlung Herr Prof. Dr. Körber. Ueber die Thätigkeit der einzelnen Sectionen haben die Herren Secretaire folgendes berichtet: Die naturwissenschaftliche Section (Secretaire: Staatsrath Professor Dr. Grube und Geh. Bergrath Professor Dr. Römer) hat im Jahre 1878 zehn Sitzungen gehalten, in welchen folgende Vor- träge gehalten wurden: Den 23. Januar: Herr Dr. Strasser: Ueber die erste Entwickelung des Extremitäten-Knorpel bei Amphibien, Reptilien und Säuge- thieren; Proseetor Dr. Born: Nachträge zu seinen Untersuchungen über den Carpus und Tarsus der Amphibien und das Extremitäten Skelett der Saurer; Prof. v. Lasaulx: Ueber den Fall des Meteors bei Görlitz am 4. December 1877. Vorlegung von Schriften von Renard und E. Hull und eines Sechszehnlings von Orthoklas. Den 20. Februar: Prof. v. Lasaulx: Optische Erscheinungen und Krystallsystem des Tridymit; Privatdoeent Dr, Gabriel: Primitives Protoplasma in Regenwürmern und anderen Anneliden, wie auch in einigen Crustaceen, Myrio- poden und Insecten; Dr. Klien: Ueber Catlinit, Fluorit im Kryolith und Chromgranat von Jordansmühl; Vorlegung des Abdrucks einer Caleitplatte auf Rauchtopas. Den 20. März: Prof. Dr. E. Meyer: Demonstration der Gramme’schen ' dynamo-elektrischen Maschine; Fabrikbesitzer A. Anderssohn: Zweck und Bedeutung der Sechs- theilung des Himmelsglobus in Form von Kugelsextanten. Den 24. April: Geh. Bergrath Prof. Dr. F. Römer: Verwendung des Inhalts der Knochenhöhlen bei Ozecow in Polen als Düngungs- mittel und neue Funde fossiler Wirbelthierreste in diesen Höhlen, 26 j Jahres - Bericht eine in Polen gefundene Steinaxt aus der späteren Steinzeit, Vorlage von Haupts Fauna des Graptolithengesteins; Prof, v. Lasaulx: Ein zur Demonstration bei Vorlesungen be- stimmtes Polarisations-Instrument; Geh. Medie.-Rath Prof. Dr. Göppert: Vorlegung von Abbildungen der Debeya serratifolia. Den 22. Mai: Prof. Dr. Galle: Der Vorübergang des Mercur vor der Sonnenscheibe am 6. Mai; Prof. v. Lasaulx: Drüsen: Verhalten des Analeims von Monte Catini und der Glimmer aus der Gruppe der Vermiceuliten; Staatsrath Prof. Grube: Ein Ausflug nach dem Kunitzer See bei Liegnitz und die dort brütenden Lachmöven. Den 26. Juni: Prof. Galle: Probe von Photographien der Sonne; Prof. F. Römer: Vorlegung eines Schädels von Rhinoceros tichorrhinus aus dem Diluvium von Gnadenfeld bei Cosel; Vorkommen von Diluvialgeschieben versteinerungsführender Sedimentärgesteine; Marine Versteinerungen aus dem Steinkohlengebirge von Gräfin Lauragrube bei Königshütte; Dr. Klien: Vorlegung von Diaspor von Jordansmühl und Manganesit von Langsbern in Schweden; Dr. E. Fiek: Entwickelung der Rippen und Querfortsätze bei Amphibien. Den 24. Juli: Prof. Grube: Vorlegung von Exemplaren von Halla parthenopeia, Aracoda platycephala und Lumbriconereis capensis nebst Mittheilungen über die Gruppirung der Lumbriconereis- Arten und ihrer Verwandten; Prof. v. Lasaulx: Vorlegung eines Apparates zum Messen der Winkel der optischen Axen. Neues Vorkommen von Olivin- gabbro bei Friedberg in Oesterr.-Schlesien. Krystallographisch- optische Untersuchung des Desmin. Den 30.Oetober: Dr. Gabriel: Corneusbildungen bei einigen Gregarinen; Privatdocent Dr. Joseph: Ueber Grottenthiere; Prof. Grube: Ueber den Biss einer giftigen Spinne (Cheiracanthium nutric). Den 13. November: Dr. Joseph: Ueber mikroskopische Grottenthiere; Prof. F. Römer: Vorlegung von United , States Geological explo- ration of the fortleth parallel Vol. II. und photographischen Ab- bildungen von prähistorischen Knochengeräthschaften vom Grafen Jawisza, sowie von einem neuen Gliederthier im Steinkohlen- sebirge der Ferdinandgrube bei Glatz (Architarbus silesiacus) ; Dr. Klien: Vorlegung von Orthoclas-Zwillingen von Striegau und Königshain, oktaödrischen Krystallen von Prehnit aus Jordans- mühl und Pseudomorphosen von Pyrolusit nach Caleit; der Schles. Gesellsehaft für vaterl. Cultur. 97 Prof. Grube: Ueber die Untersuchungen der Schweizer Seen durch Prof. F. A. Forel und Weissmann und einige Anneliden der Tiefenregion (Saenuris velutina u. a.). Den 18. December: Dr. Strasser: Physikalische Erscheinungen bei Entwickelung des Knorpels; Dr. Joseph: Ueber die in den Dejectionshaufen der Höhlenfleder- mäuse lebenden mikroskopischen Organismen; Prof. Grube: Vorlegung einer getrockneten und doch in allen Ge- lenken beweglichen Krabbe. | Die entomologische Section (Seeretair: Hauptlehrer K. Letzner) hat sich im abgelaufenen Jahre zu 7 Sitzungen versammelt, in welchen folgende Vorträge gehalten wurden: Von Herrn Dr. Wocke: 1) Ueber eine neue Nepticola aus den Blättern der Spiraea Ulmaria, entdeckt bei Breslau. — 2) Ueber Toxo- campa Vieiae, erzogen aus Raupen, welche von Herrn Dr. Wocke bei Misdroy gesammelt worden waren. — 3) Ueber Dactylota Kinkerella, von ihm aus Minen in den Blättern der Amophila arenaria (von Misdroy stammend) erzogen. — 4) Ueber drei in den Steppen bei Sarepta heimische Falter. Von dem zeitigen Secretair: 1) Ueber schwarze Formen der Cocei- nella impustulata, bipunctata und obhiterat«.. — 2) Ueber die schlesischen Arten der Gattung Atomaria. — 3) Ueber 5 für Schlesien neue Ürypto- phagus-Arten. — 4) Ueber die schlesischen Arten der Familie Lathri- didae.e — 5) Ueber die schlesischen Arten der Gattung Balaninus. — 6) Ueber mehrere für Schlesien neue Staphylinen. — 7) Ueber europäische Trox-Arten. — 8) Ueber mehrere im Kaukasus heimische Coleoptern. Die botanische Section (Seeretair: Professor Dr. Ferdinand Cohn) hat im Jahre 1878 eilf Sitzungen gehalten. Es trugen vor die Herren: Dr. Conwentz: Ueber Cupressinoxylon taxodioides, eine fossile Sumpf- cypresse in Kalifornien; über eine Pelorie von Delphinium; über eine verkieselte Cupressinee aus Carlsdorf bei Reichenbach; Dr. Eidam: Mykologische Beobachtungen; über die Entwiekelung von Botrytis ceinerea; Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Festrede zur Feier des 100 jährigen Todestages von Linn (10. Januar 1878) mit Ausstellung von Zinneana; über Abstammung des Bernstein; über Englers Bearbeitung der Araceae; über Bizarria (Bastard von Citrone und Apfelsine); Demonstration von Photographien aus den botanischen Gärten zu Innsbruck und Breslau, von Rheum palmatum u. s. w.; 28 Jahres - Bericht Professor Dr. Körber: Ueber Hilses Algensammlung;, über sibirische Flechten; über Azolla filieuloides ; Docent H. Krone in Dresden: Ueber die Flora der Auckland-Inseln; Oberbergamts-Secretair Langner: Ueber Keimpflanzen von Ge- raniaceen und Papilionaceen; Lehrer an der Bürgerschule G. Limpricht: Ueber die Mooswelt der östlichen Hälfte der Tatra; über Jungermannia Juratzkeana; über Torf- moose aus England u. a.; | Oberlehrer Dr. Stenzel: Ueber eine Missbildung der Sonnenrose; ‚über eine Peloria von Linaria; über das Vorkommen von Aspidium Braunü im Isergebirge‘; R. v. Uechtritz: Neue Funde aus der schlesischen Phanerogamen- flora von 1877; Der Secretair: Ueber Linne’s Sammlungen im Besitz der Linnean Society; über den Auxanographen; über Bacterien als Ursache des Leuchtens von Fleisch; über männlichen Kork; über Streptocarpus amplexi- Jolius; über Kartoifeln mit Knollen in den Blattachseln. Vorgelegt wurden ferner von: Professor Dr. Hieronymus in Cordova (Argentinien): Flora der Umgegend von Cordova; Oberstabsarzt Dr. Schröter in Rastatt: Mittheilungen über die Linde von Neustadt am Kocher; über das Auftreten von Puceinia Mal- vacearum in Schlesien im Sommer 1878. Die im Juni anberaumte Wanderversammlung wurde in Folge der traurigen Ereignisse dieses Monats vertagt. Von der im Auftrage der Schlesischen Gesellschaft durch den Secretair der botanischen Section herausgegebenen Kryptogamenflora von Schlesien ist im Jahre 1877 die erste Hälfte des zweiten Bandes (Algen, bearbeitet von Dr. OÖ. Kirchner in Hohenheim) erschienen; die zweite Hälfte (Fleehten, bearbeitet von Garten-Inspeetor B. Stein in Innsbruck) befindet sich unter der Presse. Die medicinische Section (Seeretaire: Prof. Dr. Freund und Privatdocent Dr. Grützner) hielt im Jahre 1878 folgende 13 Sitzungen: I. Den 25. Januar: 1) Dr. Elias: Ueber Operation des Empiems. — 2) Herr Professor Freund: Ueber operative Behandlung intraligamen- tärer und retroperitonealer Geschwülste. I. Den 8. Februar: 1) Dr, Viertel: Ueber Rhachitis. — 2) Dr. Lassar: a. Demonstration des Skeletts und des Harnorgans eines an Rhachitis und Hydronephrose und Schrumpfniere gestorbenen Knaben, dessen Krankheitsgeschichte Dr. Viertel eben mitgetheilt; b. Demon- TE Ehe 5 At > der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 29 stration eines grossen Leberechinococeus mit Durchbruch in die rechte Lunge. — 3) Professor Freund: Ueber Exstirpation des ganzen Uterus. III. Den 22. Februar: Professor Voltolini: Ueber fremde Körper im Gehörgange und deren Entfernung. IV. Den 8. März: Professor Heidenhain: Ueber secretorische und trophische Drüsennerven. V. Den 22. März: Dr. Fiek: Ueber die Mechanik des menschlichen Hüftgelenks. VI. Den 26. April: Professor Voltolini: Ueber eine neue zur Galvanokaustik zu verwendende Tauchbatterie und einige neue galvano- kaustische Instrumente. VII. Den 31. Mai: 1) Professor Förster: Ueber combinirte Augen- muskellähmungen cerebralen Ursprungs (mit Demonstrationen). — 2) Pro- fessor Simon: Ueber Granulationsgeschwülste der Haut. VII. Den 21. Juni: 1) Privatdocent Dr. Soltmann: Demonstration einer von ihm erfundenen Saugflasche. — 2) Privatdocent Dr. Fränkel: Ueber totale Uterusexstirpation mit Demonstration von drei operirten Fällen. — 5) Als Secretair für Prof. Cohnheim wird Privatdocent Dr. Grützner gewählt. IX. Den 5. Juli: 1) Professor H. Cohn: Ueber Extraction eines subretinalen Cysticereus mit Erhaltung des Sehvermögens. — 2) Privat- docent Dr. Kolaezek: Ueber den Werth des Luftröhrenschnittes bei Kehlkopfbräune, — Ausserdem demonstrirt Dr. Schnabel einen Knaben mit monströsem Fuss und Professor Berger einen Fall von Hemia- trophia progressiva. X. Den 26. Juli: 1) Dr. Szumann: Demonstration eines operirten Rippenenehondroms. — 2) Professor Heidenhain: Ueber Pylorus und Pankreasfisteln. — 3) Dr. Binswanger: Ueber den Bulbus der Carotis interna. XI. Den 23. October: Geh. Rath Professor Biermer: Ueber Lungenphthise. XII. Den 23. October: 1) Privatdocent Dr. Rosenbach: Ueber funetionelle Insuffieienz der Aortenklappen. — 2) Geh. Rath Professor Biermer: Fortsetzung des Vortrags über Lungenphthise., XII. Den 25. October: Professor Dr. H. Cohn: Ueber Farben- blindheit (mit Demonstrationen). — 2) Privatdocent Dr. Magnus: Ueber Höhe des Procentsatzes der Farbenblindheit und die sie bedingenden Faetoren. XIV. Den 1. November: 1) Professor Sommerbrodt: Ueber Allorhythmie des Herzens. — 2) Privatdocent Dr. Grützner: a. Ueber die physikalischen Ursachen der Diplophonie (Doppelstimme); b. Ueber ein neues einfaches Verfahren, die Articulationsstellen gewisser Sprach- laute zu fixiren. 30 Jahres - Bericht XV. Den 15. November: 1) Professor Voltolini: Ueber Ver- besserung seiner neuen Tauchbatterie. — 2) Professor Ponfick: Ueber eine eigenthümliche Form von Nephritis. XVI. Den 29. November: 1) Privatdocent Dr. Fränkel: Zur Diagnose der Graviditas tubaria. — 2) Hüttenarzt Dr. Schlockow: Ueber Rückenmarkserkrankungen der Zinkhüttenarbeiter mit Vorführung von Kranken. XVII Den 13. December: 1) Dr. Julius Steinitz: Casuistische Mittheilung über einen während langer Zeit in der Blase getragenen Katheter. — 2) Apotheker J. Müller: Bericht über die in den letzten 10 Jahren benutzten neuen Arzneimittel. — 3) Professor Dr. H. Cohn: Ueber Contrastfarben-Empfindung und die Unmwahrscheinlichkeit ihrer Entwickelung in historischer Zeit. | XVIH. Den 20. December: 1) Privatdocent Dr. Kolaezek: Ueber die operative Behandlung des sog. Bäckerbeins (mit Demonstrationen operirter Fälle). — 2) Professor Dr. Simen: Ueber diedurch Kachexin bedingten Hauterkrankungen. Die Section für öffentliche Gesundheitspflege (Seeretaire: Geh. Medicinalrath Professor Dr. Biermer, Professor Dr. Förster und zuerst weiland Direetor Dr. Bruch, später Bezirks- Physikus Dr. Jacobi) hat im Laufe des Jahres 1878 acht Sitzungen gehalten. 21) Am 15. Februar: Herr Dr. Eger jun. berichtet über ‚eine Kpidemie von Puerperalfieber, bewirkt durch eine Hebamme. — Die Versammlung ernennt eine Commission, welche darüber berathen und sich demnächst äussern soll, welche hygienische Massnahmen zur Ver- hütung derartiger Fälle Seitens der Seetion veranlasst werden können. 2) Am 1. März: Herr Primärarzt Dr. Friedländer spricht über die in letzter Zeit hierselbst aufgetretenen Fälle von Typhus exanthe- maticus. — Die Versammlung ernennt eine Commission, welche den Gang der Epidemie zu beobachten, darüber zu referiren und zweckent- sprechende Vorschläge zu machen habe, 3) Am 15. März: Herr Medieinalrath Professor Dr. Spiegelberg referirt über die Berathungen der Puerperalfieber-Commission. — Die Versammlung beschliesst gemäss den Anträgen dieser Commission: 1) ein Flugblatt zur Belehrung zu veröffentlichen, 2) den Magistrat zu ersuchen, bei den standesamtlichen Eintragungen jeden „Tod im Wochenbett“ registriren zu lassen, 3) eine Petition, betreffend die Meldepflicht bei Puerperalfieber an das Reichskanzleramt zu senden, und ausserdem 4) das königl. Polizei-Präsidium zu ersuchen, die polizeiliche Meldung Jedes Falles von Puerperalfieber zu veranlassen, — Die Versammlung h i der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 31 beschliesst ferner auf den Antrag des Herrn Präses Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Göppert: „dass die Section in diesera Frühling eine Sitzung ausserhalb Breslaus abhalten solle“. — Herr Dr. Buchwald berichtet über die zur Zeit bestehende Epidemie von Flecktyphus. 4) Am 3. Mai: Herr Dr. Buchwald macht Mittheilungen über den Verlauf der Flecktyphus-Epidemie. — Es wird beschlossen, das Seeretariat mit den vorbereitenden Schritten zur Abhaltung einer Wander- versammlung in Liegnitz zu beauftragen. — Der Vorsitzende verliest ein Schreiben des Magistrats, in welchem der am 15. März beschlossene Antrag abgelehnt wird. — Herr Professor Dr. Gscheidlen hält einen demonstrativen Vortrag über die Verwendung von Färbestoffen bei der Bereitung einiger Genussmittel. 5) Am 14. Juni: Herr Dr. Buchwald berichtet über den Stand der Flecktyphus-Epidemie. — Herr Dr. Eger macht Mittheilungen über eine beschränkte Epidemie von Abdominaltyphus, hervorgerufen durch Trinkwasser. — Herr Bezirks-Physikus Professor Dr. Hirt hält einen Vortrag über die Schwefelgewinnung im südlichen Sieilien und die Ge- sundheitsverhältnisse der damit beschäftigten Arbeiter. 6) Am 8. November: Herr Bezirks-Physikus Dr. Jacobi liest einen Nekrolog des am 16. September verstorbenen Herrn Director Dr. Bruch. — Die Versammlung wählt zum dritten Secretair Herrn Bezirks-Physikus Dr. Jacobi. — Herr Professor Dr. H. Cohn spricht über die Schul- häuser und Schultische auf der diesjährigen Pariser Weltausstellung. 7) Am 22. November: Herr Conservator Tiemann hält einen Vor- trag über die mikroskopische Fleischschau. — Herr Dr. Buchwald berichtet über den Verlauf der Flecktyphus-Epidemie. — Herr Geh. Medieinalrath Professor Dr. Biermer spricht über Febris recurrens. 8) Am 6. December: Herr Bezirks-Physikus Professor Dr. Hirt spricht über die Principien und die Methode der mikroskopischen Unter- suchung des Wassers. Die geographische Section (Seeretair: Professor Dr. Galle) hat im Jahre 1878 drei Sitzungen gehalten. 1) Am 6. März, in welcher die Erweiterung der seit 1851 eonsti- tuirten meteorologischen Section wiederum zu einer geographischen be- schlossen wurde, wie dieselbe vor 1851 schon mehrere Jahre unter diesem Namen bestanden hatte; 2) am 29. Mai, in welcher der Seeretair eine Mittheilung über die neuere definitive Bestimmung der transatlantischen Länge machte und ‘Herr Professor Dr. Partsch einen Vortrag über die Weltlage Schlesiens hielt; 39 Jahres - Bericht 3) am 6. November, wo Herr Gymnasiallehrer Dr. Lehmann über die geographischen Verhältnisse der Insel Rügen sprach und Herr Pro- fessor Dr. Partsch über Gletscherspuren im Riesengebirge. Die juristisch - staatswissenschaftliche Section (Secretair: Regierungsrath Lampe) hielt im Laufe des Jahres zwei Sitzungen. 1) Am 20. November hielt der Seeretair, nachdem der seit der letzten Sitzung durch Tod ausgeschiedenen Mitglieder der Seetion ehrend gedacht war, einen Vortrag über: Die heutigen Anforderungen an das Recht. 2) Am 11. December sprach Herr Professor Dr. Friedberg über ein zuverlässiges Zeichen des durch die Einwirkung des Stranges ver- ursachten Todes. Vor Beginn des Vortrages ist das Andenken des früheren langjährigen Secretairs, des am 1. December verstorbenen Herrn Appellations-Gerichts-Präsidenten Dr. jur. Belitz, durch Erheben von den Plätzen geehrt worden. Die historische Section (Seceretair: Director Dr. Reimann) hielt im Laufe des Jahres 1378 zehn Sitzungen. 1) Prof. Dr. Grünhagen: Ueber eine archivalische Reise nach London. 2) Dr. Sehroller: Ueber schlesische Volksgebräuche und ihre Ein- wirkung auf die Sittlichkeit. 3) Dr. Pfotenhauer: Ueber die ständischen Verhältnisse Schlesiens bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. 4) Prof. Dr. Röpell: Repnin und die Czartoryski (1794-—96). 5) Director Dr. Reimann: Ueber die Erneuerung des russisch- preussischen Bündnisses im Jahre 1769. | 6) Prof. Dr. Grünhagen: Zur Geschichte des ersten schlesischen Krieges: Der Einfall der Franzosen in die Rheinlande und dessen Consequenzen. 7) Direetor Dr. Luchs: Zur Alterthumskunde von Neisse. 3) Direetor Dr. Reimann: Ueber die Zusammenkunft Josephs II. und Friedrichs des Gr. in Neisse (1769). 3) Prof. Dr. Grünhagen: Das Ende des Klein-Schnellendorfer Vertrages. 10) Prof, Dr. Grünhagen: Sachsens Theilnahme am österreichischen lirbfolgekrieg und Friedrich’s des Grossen Feldzug in Mähren. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 35 11) Oberlehrer Dr. Sehönborn: Ueber die Standesherrschaft Warten- berg im Besitze der Minister Biron und Münnich. 12) Stadtarchivar Dr. Markgraf: Aus Breslaus unruhiger Zeit (1420 — 1426). 13) Dr. Schroller: Ueber die schlesische Kirmes. 14) Director Dr. Reimann: Ueber die Zusammenkunft Friedrich’s des Grossen und Joseph’s H. in Mährisch-Neustadt 1770. Die philologische Section (Secretair: Professor Dr. Palm) hat im Jahre 1878 drei Sitzungen gehalten. In der ersten, am 18. März, sprach Professor Dr. Dziatzko über die Scenerie in Plautus Stichus. | In der zweiten, am 6. December, wurden die Vorschläge besprochen, welche die Section dem Präsidium zur Wahl von correspondirenden Ge- sellschafts-Mitgliedern zu machen beabsichtigte. Am 16. December sprach der Secretair Prof. Dr. Palm über die Lustspiele des Andreas Gryphius, insbesondere über die Abfassungszeit derselben. Die archäologische Section (Secretair: Professor Dr. Alwin Schultz) hielt im Laufe des Jahres 1878 eine Sitzung, und zwar am 2. December hielt der Seeretair einen Vortrag über „Liebe und Eheschliessung zur Zeit der Minnesinger“, Section für Obst- und Gartenbau. (Secretair: Stadtrath E. H. Müller.) Im Jahre 1878 hielt diese Section 10 Sitzungen ab. In denselben trugen vor: Herr Kaufmann J. Hutstein: „Ueber landschaftliche Gärten“, und Herr Professor Dr. Ferd. Cohn: ‚Ueber die in diesem Jahre von ihm besuchten Gartenbau-Ausstellungen in Wien, Berlin und Paris“. Auch wurden in diesen Sitzungen von auswärtigen Mitgliedern eingesendete Berichte, Mittheilungen und Abhandlungen vor- gelesen und über verschiedene gärtnerische Gegenstände und innere An- gelegenheiten der Section verhandelt. Der Schriftenaustausch mit verwandten Vereinen fand seinen regel- mässigen Fortgang, und die in dem für hiesige Mitglieder bestehenden Lesezirkel im Umlauf gewesenen Fachschriften wurden an die Bibliothek abgeliefert. Zum Versuchsanbau erfolgte gegen das Frühjahr dieses Jahres wiederum eine Vertheilung reichhaltiger, werthvoller Sortimente von j Samen empfehlenswerther Nutz- und Zierpflanzen an Mitglieder der Section. .) «) 34 Jahres - Bericht Der Munificenz hoher Provinzial-Stände waren auch in diesem Jahre Subventionen in gleichem Betrage der bisher gewährten zur Unterhaltung des pomologischen und resp. Obst-Baumschul- und Versuchsgarten zu ver- danken. | Hauptsächlich diese Unterstützung, aber auch weitere ausserordent- liche Beiträge von Mitgliedern ermöglichten unter Zuhilfenahme früherer Ersparnisse den Ausbau des in diesem Garten im Vorjahre im Rohbau aufgeführten Gärtnerhauses und die Erbauung eines Park- und Geräthe- schuppens nebst einem Glashause. Hierdurch steht der Garten jetzt unter steter Beaufsichtigung des Gärtners und seiner Gehilfen und sind die Mittel zu dessen noch inten- siverer, planmässiger Bewirthschaftung erreicht. Die Producte des Gar- tens waren gesucht, deshalb auch dessen Erträgnisse recht zufrieden- stellend. Kann demnach auf das abgelaufene Jahr zwar mit Dankbarkeit und Befriedigung zurückgeblickt werden, so bleiben der Section doch noch fernere wohlwollende Beihilfen äusserst wünschenswerth, weil es unmög- lich ist aus den durch die ausgeführten Bauten sehr bedeutend reducirten Cassenbeständen und den laufenden sehr niedrigen ordentlichen Beiträgen ihrer Mitglieder auch die Kosten für erforderliche Herstellung einer genügenden, dauerhaften Umfriedung und der als benöthigt sich erwei- senden Drainage ihres Gartens zu bestreiten, ohne ihre weiteren gemein- nützlichen Aufgaben hintenan zu setzen. Zu der im September a. c. hierselbst stattgehabten Gartenbau- ete. Ausstellung gewährte die Section für Prämiirungen einen erheblichen Geldbetrag und betheiligte sich an derselben durch Ausstellung ihrer beiden Obsteabinette und eine grosse Colleetion Bäume aller Art aus ihrem Obst-Baumschulgarten. Ueber die wissenschaftliche Bedeutung der Breslauer Ausstellung im September 1878 von H. R. Göppert. Zu der vom 13. bis 22. September währenden und von etwa 78,000 Personen besuchten Ausstellung schlesischer Garten-, Forst- und landwirthschaftlichen Producte hatten sich 302 Aussteller mit 880 Con- eurrenzen "gemeldet, welche ausser 15 Ehrengeschenken 544 Prämien empfingen. Die Einzelheiten der Ausstellung haben die hiesigen öffent- lichen Blätter bereits geschildert, meine Betheiligung bezog sich auf eine wissenschaftliche Gestaltung unseres Ausstellungswesens RIES ELSE NET der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 35 überhaupt, welche ich näher motiviren will. Bis zu Anfang der fünf- ziger Jahre entsprachen die gärtnerischen Kataloge sehr wenig den wissen- schaftlichen Anforderungen der Zeit, was aber die Gärtner viel weniger verschuldeten, als die Botaniker, die sich im ganzen sehr wenig um sie kümmerten, ein Fehler der recht viel zu dem verminderten Interesse an dem beschreibenden Theil der Wissenschaft beigetragen hat, über welches sich die Gegenwart mit Recht so sehr beklagt. Als ich 1851, nach Uebernahme des Directorats des hiesigen botanischen Gartens, diesen Verhältnissen näher trat, bedurfte es nur einer einfachen Aufforderung, . um jenen Uebelstand zu beseitigen. Unmittelbar nach derselben erschie- nen 1852 Kataloge von Topf in Erfurt, Geitner in Planitz, Kunicke in Wernigerode, C. H. Beisner u. Neubert in Württemberg, welche unter Benutzung der vorhandenen Hilfsmittel die einzelnen Arten mit Angabe der Autoren auf wissenschaftliche Weise bezeichneten und Abarten davon genau unterschieden. Die Angabe der Autoren erscheint um so nothwendiger, als nur zu oft eine und dieselbe Pflanze von den Auto- ren mit verschiedenen Namen bezeichnet wird, von denen nur einer blei- ben kann und die anderen der Synonymie anheimfallen. Allgemeine Nachfolge fanden diese Beispiele erst später, als in gärtnerischen Kreisen immer häufiger systematische Arbeiten und cor- rectere Kataloge veröffentlicht wurden. Vom Auslande ist dies fast ganz unbeachtet geblieben, was um so empfindlicher berührt, als wir von ihm, namentlich von Belgien und England die meisten neuen Gewächse erhalten, und die Werke, auf welche sie sich dann zuweilen, nicht immer, be- ziehen, nicht allgemein verbreitet sind. Am wenigsten war bis auf die neueste Zeit das Requisit einer ausführlicheren wissen- schaftlichen und zugleich belehrenden Etiquettirung der Gewächse auf den internationalen und gewöhnlicheren Aus- stellungen des In- und des Auslandes zu finden. Man vermisste Angaben der Familie, das Autors, des Vaterlandes oder etwaiger ander- weitiger allgemein interessanter Eigenschaften, wie sie doch dem grösse- ren Publikum nur wünschenswerth erscheinen konnten. Marktpflan- zen hatten meistens gar keine oder nur zu oft der Grammatik und der Wissenschaft ins Gesicht schlagende Namen, und doch werden diese Expositionen unter dem Schutze und Schirm von oft sehr berühm- ten Gesellschaften vermittelt. Bereits 1864 bei Gelegenheit der inter- nationalen Ausstellung in Amsterdam hatte ich auf die Nothwendigkeit solcher Einrichtungen hingewiesen. Niemand widersprach, doch fand meine Aufforderung keine Berücksichtigung noch Nachfolge in den Einriehtungen, welche ich inzwischen im botanischen Garten getroffen und wiederholentlich öffentlich besprochen hatte, Als nun auf Veran- lassung des hiesigen Central-Gärtnervereins eine Ausstellung durch die der öffentlichen Anerkennung stets würdige Opferwilligkeit eines ” 36 Jahres - Bericht Mitgliedes desselben, Herrn Schott zustande kam, schloss ich mich ein- geladenermassen als Vorsitzender des Ehrencomite’s an, um jene Ideen hierbei zu verwirklichen und ihr ein den Forderungen der Zeit ent- sprechendes wissenschaftliehes Gepräge zu verleihen. Zunächst wurden die Verzeichnisse dem zur Ausstellung angemeldeten Gewächse revidirt, dann wohl an 1000 Etiquetten neu geschrieben mit Angabe der Familie, des Autors, des Vaterlandes und etwaigen Gebrauches versehen, und da nun auch Andere, insbesondere die Einsender fast aller bei uns im Freien ausdauernden Bäume und Sträucher inel. der Obstsorten, diesem Vorgehen folgten, eine Bezeichnungsweise zu- stande gebracht, wie sie bisher auf keiner Ausstellung zu finden gewesen ist und auch in botanischen Gärten kaum ge- sehen wird. Grössere auf eisernen Stäben befindliche Etiquetten (70) enthielten ferner Nachweisungen allgemeiner interessanter Verhältnisse einzelner Familien, Gattungen, sowie des Ursprunges der vielen Varietäten unserer Schmuckpflanzen (Rhododendra, Pelargonien, Fuchsien, Coleus ete.). Andere betrafen pflanzengeographische Verhältnisse, insofern sie bei den vielen im ganzen Bereiche des Areals aufgestellten Einzeln- gruppen ebenfalls in Betracht gezogen werden konnten. Mit derselben Genauigkeit und Sorgfalt waren auch die zahlreichen Obstsorten, unter denen auch Pisang und Monstera-Früchte nicht fehlten, sowie die sehr zahlreichen und interessanten ökonomischen und anderen Sämereien, selbst die Gemüse bezeichnet. Die ganze Ausstellung, in der fast alle neueren Einführungen auf das Glanzvollste vertreten waren, lieferte ein sehr anschauliches Bild des gegenwärtigen blühenden Zustandes von Schlesiens Gärtnereien. Der botanische Garten war überall erweiternd und vervollstän- digend, auch wohl selbstständig, wie bei der Lieferung offieineller Ge- wächse eingetreten, hatte aber von vornherein auf jede Coneurrenz ver- zichtet, weil bei den grossen Vortheilen, die den König]. Instituten sehon von vornherein durch staatliche Unterstützung zutheil würden, es nicht angemessen erschiene, die Privatindustrie auf diese Weise zu beeinträchtigen. Die forstliche Ausstellung unter der Leitung des Herrn Ober- forstmeister Tramnitz, als stellvertretender Vorsitzender des Eihren- comite's, und Herrn Forstmeister Guse, unterstützt von mehreren Besitzern grösserer Privatforsten, erschien in so grossen Dimensionen und in so belehrender, das allgemeinste Interesse hervorrufender Weise, wie sie wohl auf keiner ähnlichen Ausstellung Deutschlands überhaupt angetroffen worden ist. Ohne auf eine nähere Schilderung ihres Inhaltes einzugehen, die ich hier überhaupt nicht beabsichtige, bemerke ich, dass auf den einzelnen oe . u A A der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 57 wälderbildenden, in kolossalen Exemplaren vorhandenen Bäumen (Eichen an 6 m Umfang und Nadelhölzer von 30-40 m Länge), verzeichnet waren: Alter, örtliche Lage, Bodenverhältnisse, selbst die felsige Unter- lage fehlte nicht. Aus unseren morphologischen Sammlungen waren zahlreiche Exemplare vorhanden, Inschriften, Ueberwallungen, Maser- bildungen ete. Ein mächtiger Fichtenstamm aus der Krummholzregion des Riesengebirges von 3600 Fuss Höhe erschien von besonderem Inter- esse, wie die aus einzelnen in gleichen Dimensionen entnommenen pyra- midenartig aufgestellten Querschnitte unserer einheimischen Baumarten, die auf die anschaulichste Weise ihr Dicken- und Höhenwachsthum dar- stellten. Meine Herren Collegen vom Forstverein werden sie in der morphologischen Partie des botanischen Gartens wiederfinden, die ja schon seit langer Zeit durch ihre Beiträge so vieles Interessantes aufzuweisen hat. Wenn nun dieser Theil der Ausstellung uns recht augenscheinlich den reichen Gehalt unserer Wälder vor Augen führt, würden sie doch bei dem kolossalen Bedarf an Brennmaterial nicht lange mehr ausreichen, wenn nicht die Wälder der Urwelt, wie sie unsere Kohlenlager bergen, zu Hilfe kämen. Es lag daher wohl ganz nahe, unseren Blick auf sie zu lenken und eine Illustration derselben zu versuchen: ohne auf ihre Ablagerungen in allen Formationen einzugehen, wurden nur die der Steinkohlen- und Braunkohlenformation hervorgehoben, weil sie am mächtigsten in unserer Provinz vorhanden sind und einen unerschöpflichen Reichthum derselben ausmachen. In einem Hain von SO jährigen Weymouthskiefern ward die paläontologische Partie aufgestellt. Um ein 6 Fuss breites und 20 Fuss mächtiges, der Louisenglückgrube bei Myslowitz in Oberschlesien entnommenes Bruch- stück eines Kohlenflötzes und einen 100 Centner schweren Araucariten- Stamm aus dem ganz und gar aus dergleichen zusammengesetzten Buch- berge zu Buchau bei Neurode, dessen Herbeischaffung wir Herrn Schott verdanken, wurden die Haupt-Repräsentanten der Steinkohlenflora an 15 Sigillarien nebst ihren Wurzeln, den Stigmarien, Lepidodendreen und Calamarienstämme von 1—4 Fuss Durchmesser an einander gereiht und ihre Zweige ‘und Blätter, wie auch Calamiten und Baumfarn auf Etageren neben Abbildungen, Situationsplänen ihres natürlichen Vorkom- mens, angebracht. Zahlreiche, oft mit 100 Wedeln versehene, bis zu 10—12 Fuss hohe Baumfarn beschatteten im Verein mit Abietineen und Araucarien diese Ueberreste ihrer Verwandten aus längstvergangenen Zeiten, welche in ihrer einstigen Gesammtvegetation ein beigegebenes Bild darzustellen gleichfalls bemüht war. Einen hicht geringen Theil jener mächtigen Baumfarn verdanken wir der stets dankenswerthen Gene- rosität unseres Freundes und Gönners, Baron von Müller in Melbourne, der unablässig und mit so grossartigem Erfolge bemüht ist, Australiens so eigenthümliche Flora nach Europa zu verpflanzen. Neben jenem Arau- 38 Jahres - Bericht caritenstamm (A. Rhodeanuus), war in einem sogenannten Salonmikroskop der Dünnschliff eines Querschnittes aufgestellt, um den wohlerhal- tenen inneren Bau dieses anscheinend structurlosen Kolosses zu zeigen. Tausende und abermal Tausende benutzten dies Instrument, welches aber ebensowenig wie die zahlreichen lose herumliegenden, grösstentheils sehr kostbaren Petrefakten irgend eine Beschädigung erfuhr. Vertrauen erzeugt Vertrauen. Unsere Braunkohlenformation mittleren Alters, welche trotz srossartiger Niederlagen von Braunkohle neben der übermächtigen Stein- kohle nicht zu einer ihrer Bedeutung entsprechenden Benutzung gelangen kann, wurde repräsentirt durch 6—800jährige Querschnitte bituminösen Holzes (Cupressinoxylon Protolarix und C. ponderosumm.), sowie auch durch opalisirte Stämme, Blattabdrücke von Striese und Schossnitz, die von mir schon früher mehrfach beschrieben und abgebildet worden sind. Möge unsere Provinz aus dieser Ausstellung, der sie in ihren Vor- bereitungen ziemlich kühl entgegen kam, doch die wohlthuende Ueber- zeugung gewonnen haben, dass sie auch in dieser Hinsicht das Ausland nicht scheuen, sondern, jedoch freilich nur mit grösserer Vereinigung der durchaus nicht fehlenden Kräfte wohl daran denken darf, eine internationale Ausstellung in nicht ferner Zeit zu veranlassen, deren Vortheile für unser Land einer Auseinandersetzung nicht bedarf. Unseres Versuches, wissenschaftliche Erkenntniss mit der Praxis in innigere Verbindung zu bringen, damit man sich nicht ferner auf blosse Bewunderung der Pflanzenwelt wie meist bisher beschränke, werde dabei auch .nicht vergessen! Bericht über den Kassenabschluss pro 1877. Der Kassenabschluss des Jahres 1876 ergab für die allgemeine Kasse einen Baarbestand von 2600 M. 1 Pf. und einen Effeetenbestand von 26,400 M. Die Einnahme im Jahre 1877 betrug 9839 M. 79 Pf. gegen 9773 M. 35 Pf. im Vorjahre. Die Ausgaben beliefen sich auf 8500 M. 1 Pf. gegen 8501 M. 19 Pf. im Vorjahre. Einnahmen und Ausgaben in den letzten beiden Jahren sind daher fast unverändert geblieben. Aus dem aufge- wachsenen Kassenbestande sind 3000 M. Oberschlesische 4'/, /,ige Eisen- bahn - Prioritäts- Obligationen angekauft worden. Am 31. December 1877 betrug der baare Kassenbestand 927 M. 4 Pf, und der Efieetenbestand 29,400 M. Die Special-Kasse der Section für Obst- und Gartenbau schloss am 31, December 1876 mit einem Baarbestand von 373 M. 5 Pf. und einem Effectenbestand von 15,000 M, Soll einkommen laut dem Etat pro 1878/79. HM. 5900 850 140 450 540 168 300 134 a Kassen-Abschluss für das Jahr 178. Allgemeine Kasse. Einnahme, An Bestand aus dem vorigen Jahre * ” ” „ ” von 7200 ‚#. Niederschl.-Märk. Prior.-Actien 4% 288 M. — % 3000 M. Bresl.-Freib. Eisenb.-Prior.-Oblig. 4%. 120 „ — ,„ 3600 M. pP) » „ ” „ 415% N 2700 ‚M. Oberschl. Eisenb.-Pr.-Oblig.Litt.E.3,% 94 „ 50 „ 2700 AM. » 2) ” „ » F.41,% 121 „ 50 „ 9000 N. ” „ ” b5) Gr 405 Sb} meer) 900 M. Preussische Prämien: Anleihe 31, % 31... 906 5, 300 #. Schl. Bankvereins-Anth. Dividende 5 % 5 „ — ,„ Beiträgen einheimischer Mitglieder: Pro I. Semester von 307 Mitgliedern & IM. . . 2763 M. — % pP) I. b}) „ 921 b>) a9 2889 „ — 9, Beiträgen auswärtiger Mitglieder: Pro I. Semester von 72 Mitgliedern & 6 AM. 432 M. — % bp) I. » » 69 » a 6 DDR Dem) „ Eintrittsgebühren neuer Mitglieder: 14 & 9 M.. Miethsbeitrag vom Schlesischen Kunst-Verein r s Gewerbe-Verein . „ klassischen Musik-Verein . Jahres-Beitrag vom hiesigen Magistrat Aussergewöhnliche Einnahmen: Von Fräulein Lindner s IM—% Vom Verein für bildende Künste. 48. — ,„ Für Gasbenutzung . Be Für verkaufte Sehriften . N Zinsen von zeitweise angelegten Code bei dem Schlesischen Bankverein 2 Vom Rechtsschutz-Verein Breslauer Adızte 127,2 — Zinsen von zeitweise angelegten Geldern . 137 44 Zinsen von Hffecten: vb) ” PP] Valuta eines gezogenen Preuss. Prämienscheines $. 1221 No. 122,077 . Effecten. M. 29400 29100 Ist eingekommen. Baar. M. 927 1237 5652 846 126 450 940 162 300 10949 2 04 90 64 18 Ausgabe 1 ® en Allgemeine Kasse. 1878/79. Me Ausgabe. 1800 | — | Miethe. ee 600 | —- | Honorare und Remunerationen. 1200 | — | Gehalt dem Castellan 45 |ı — | Neujahrsgeschenk demselben Url er dem Haushälter . 200°) — | Heizung . 300 | — | Beleuchtung h 100 ‚ı — | Unterhaltung der Mobilien ua Nenenschaffunsen 120 | — | Feuerversicherungs-Prämie 45 | — | Schreibmaterialien . 450 Da Zeitungs-Annoncen . 2300 | — | Druckkosten ; 180 | — | Buchbinder-Arbeiten . 100 | — | Porto . 170 | — | Kleine Abssallen : 60 | — | Naturwissenschaftliche Secktan. 20 |ı — | Entomologische Section. 300 | — | Technische Section 100 | — | Botanische Section. 350 | — | Bibliothek } 751 | — | Unvorhergesehene enelheh, Bestand am Schlusse des Jahres 1878: 7200 fM. 4% Niederschl.-Märk. Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen. 3000 M. 4% Breslau-Schweidn.-Freib. Eisenb.-Pr.-Oblig. 3600 MAN, % ” on » A) 2700 M. 3Y,% Oberschl. Eisenb.-Prioritäts-Oblig. Lit. E. 2700 MN. 41,% e a > aakit. ıR) 9000 M. 4% re e er Abi (bu 600 M. 3Y,% Prämien-Anleihe. 300 A. Sehlesische Bankvereins-Antheile. Kassen-Bestand für das Jahr 1879. Kapital-Verminderung laut Einnahme durch Baarzahlung der geloosten Preuss. Prämien-Anleihe 300 M, Korn, z. Z. Schatzmeister der Gesellschaft. Ist verausgaht. Effecten. Baar. N. % 1800 _ 600 — 1200 — BR 9 Re -- 321 54 — 289 35 — 1 50 — 57 15 == 472 20 — 3607 09 — 265 34 — 106 9 —_- 150 BR) — 199 80 = 100 50 — ZI 20 — 1090 55 29100 — — 159 90 29100 10949 18 Kassen-Abschluss für das Jahr 1878. Ist eingenommen. R ; Ist verausgabt. Separatkasse der Seetion für Obst- und Gartenbau. MT = Separatkasse der Section für Obst- und Gartenbau. ee | “| dp E ‚hass Ausgabe. erh Einnahme Für den Lesezirkel: i NM. N. N Anrede lem Sale 17T 60 even een. ITS | 18a ee N ) Ve as ne % A | en Buchbinderasbeit, erzauı u n. e BE i 2 N itglieder-Beiträgen: sordinan R : von 65 einheimischen Mitgliedern a3 M.. . . . . 195 M. — % er nero i . |o 1 BREREIER 0 > 931 | 97 , 291 auswärtigen e 23 Mind. 32 6M).. 882 u — » 2 [Datnereiei zur Graue VerHaluser 1077 2 Sämereien, Empfangs- und Versendungs-Spesen . . . 22 2. nn ne. — 229 | 61 „ Beiträgen für den Lesezirkel: „ Insgemein: | von 59 Mitgliedern a 3 M.. 177 au Porto... u. I. 2 rn Be EIER AORLSA NETT | Insertionskosten Pe. email Med. =... er u er 8a0 RO | „ Einnnahme für den Garten und Erträgnisse desselben: Druckkosten . . 20... 147, 082 5 | Extra-Beiträge zur Unterhaltung des Gartens: Angeschaffte Werke... 2... 0. 18 55 von 40 hiesigen Mitgliedem . . . ... . . 144 M. 50 A Ko FERAeNEn. > | ein on anche Seiser ae | „150 auswärtigen „, RE N ER Extraordinariar 1 ma en ee 1220... El a TE se „ den Garten: “ 2 | = Extra-Beiträge zu den Bauten im Garten: Gärtnergehalte, Heizung und Beleuchtung... . . ... . 2067 M. 91 % | von 5 auswärtigen Mitgliedern . . . Arte OR, 26 „ — ,„ Arbeitslohne, ia on ee de IS 0 | Für Edelobst-Bäume, Sträucher, en . 4296 M. 10 % Dungstoffe inel. Fuhrlohn BE ee: „ verschiedene Garten- Producte . = Zn Sämereien, Obst-Wildlinge, Edel- leiten un Banme nd Päazen 20 LE + 60 Bl Baulichkeiten und Utensilien... . . BETEN. u 9906..,0187 ;, „ Subventionen: 5425 87 Insertions- und Druckkosten EEE RN NE ne dd. 80,,.. von dem Schlesischen Provinzial-Landtage pro 1878 . . . 1200 M. — AN EL a aa LE RE, P ee Er „ „2 e Re ler. „„ den Bau des Gärtnerhauses, Schuppen und Glashauses: wi 9435 | 2 1650 Er Zahlungen an Maurermeister Kühtz .-. 2... ....692 M 30% „ Zinsen von besitzenden Effecten: Desgleichen 'an Schlossermeister Klingert .7. . „eur „u. ,71429 „50 ,„ | von 7500 fM. 3'/,% Oberschles. Eisenb.-Prior.-Oblig, Lit. E. unse s D UiyersenPperen I RR Ra En für 4, Nahr . u. ld at dns ie ae 95 % Merelasunsgdesa Glashaus es aA En „4500 “ 3”, % Oberschles. Eisenb.-Prior.-Oblig. Lit. E. Kxnreateggela und IEalls | oo «0 = a et ie 1; 78 75 Herstellung der Feuerungsanlage im Goetanee Vase a 2 sl lie | „ 1275 M,. 4% Schlesischen esenhrielen fir 1 Jahr 2 51 il, Innere Einrichtung des Schuppens und Glashauses .. . . . 140 „20 „ | „ 1200 4. 4% Posener Credit-Pfandbriefen für 1 Jahr. . 48. — . Delete und \lensenslbvageeräluen sen © u na nr | 2 309 en „ verkaufte Effecten: > 9821 | 81 „ verkauften Effecten: Öberschlesische Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen Littr. E.. . 4500 AM. — | 4500 MM. Oberschl. Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen Lit. E.. 3890 ‚#. 20 AN Schlesische Rentenbriefe ... . . . enclent Bee | 900 #M. Breslauer Stadt-Obligationen . ae ee re RT 56 4/jprocentige Breslauer Stadt- Obligationen N EN — 5 300 #H. Schlesische Rentenbriefe. . . . 2 2 2.222.983 R 98 2 Bosener Gredit-Pfandbziete sr run 2 N nn ner, 600 AM. Posener Credit-Pfandbriefe. . . . . 2. 22... 978 & 73 e | EN ee Zalr isch | ® Kassen-Bestand-tur-dasg Jahr: Som ame men ee ee: 4275 54 | 59 ee | Se [RR EEE EN 11175 Un 16295 | 77 11175 | 16295 | 77 Korn, z. Z. Schatzmeister der Gesellschaft. der Schles, Gesellschaft für vaterl. Cultur. 39 Die Einnahme pro 1877 betrug 16,633 M. 39 Pf,, darunter befanden sich Extrabeiträge zum Bau des Gärtnerhauses 374 M., Subventionen von dem Schlesischen Provinziallandiage zu demselben Zwecke 2850 M. und Erlös für 6000 M. Effeeten 6007 M. 85 Pf. Die Ausgabe betrug 15,626 M. 1 Pf., wovon 7273 M. 80 Pf. zum Bau des Gärtnerhauses, Schuppen- und Glashauses und 2104 M. 99 Pf. zum Ankauf von 2175 M. Effeeten verwendet wurden. Am 31. December 1877 verblieb ein Baar- bestand von 1386 M. 43 Pf. und 11,175 M. an Effecten. Im laufenden Jahre sind für die allgemeine Kasse 3000 M. Effeeten gekauft worden. Das Capitalvermögen der Vaterländischen Gesellschaft beträgt daher z. Z. 32,400 M. an zinstragenden Effeeten. Breslau, den 28. December 1878, Korn, z. Z. Schatzmeister. Bericht des Conservators der naturhistorischen Sammlungen für das Jahr 1878. Von Professor Dr. G. W. Körber. Da während der Sommermonate die Räume, in welchen sich die Sammlungen befinden, von der Provinzial-, Kunst- und Gewerbe-Aus- stellung in Anspruch genommen waren, so war die Thätigkeit des Con- servators leider eine sehr unterbrochene. Gleichwohl konnte die Revision des Henschel’schen Herbars von den Scerophularineen an bis zu den Ranuneulaceen fortgeführt werden. Es ergab sich auch für diesen Theil der Sammlung das erfreuliche Resultat, dass die vor mehreren Jahren vorgenommene Sublimatisirung noch jetzt ein andauerndes Schutzmittel gegen Insectenfrass ist, während das nicht sublimatisirte ‚‚Schlesische Herbar“, namentlich in der Familie der Syngenosisten vielfach gelitten hat, wie ebenso die schon seit Jahren gradezu unbrauchbar gewordene entomologische Sammlung. — Für die in Fläschehen aufbewahrten Agaveblüthen der Jacobischen Sammlung wurde ein neuer Spiritus- Aufguss besorgt. Vermehrt wurden die Sammlungen durch den Ankauf der weiteren Fascikel der v. Thümen’schen Mycotheca, sowie durch mehrere von Herrn Dr. Schröter geschenkte Pilze. 40 Jahres - Bericht Bericht über die Bibliotheken der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1878. Der Zuwachs der Bibliotheken betrug im verflossenen Jahre 1789 Bände, Hefte, Karten und andere Abbildungen, verzeichnet in 373 Nummern des Journals. ‘Davon kommen auf die allgemeine Bibliothek ... . 1567 Bände ete. — 314 Nummern, „ schlesische Bibliothek ....;u,, 221 5 — 54 „ Sammlungen von Karten ete. 56 Stück — 59 I Die von den Herren Grötzner, Krüger, Krause, Schwürtz ‘und Anderen geschenkten Bücher sind nun sämmtlich eingetragen, indem auch der Rest derselben im Laufe des Jahres katalogisirt wurde. Durch Vermächtniss des verstorbenen Sanitätsrathes Dr. Jenner in Parchwitz erhielt die Bibliothek Bücher im Betrage von 485 Bänden, Heften u. dgl., wovon 64 die schlesische Bibliothek und 55 die Samm- lung der Karten u. dgl. betreffen. Die Zahl der Vereine, Institute oder Behörden, denen die Bibliothek Zusendungen verdankte, betrug 250. Davon kommen auf Schlesien 41 (23 auf Breslau, 18 auf die Provinz), auf das übrige Deutschland 111 (14 auf Berlin), auf den österreichischen Staat 36 (13 auf Wien), die Schweiz 8, Italien 11, Frankreich 6, das Grossherzogthum Luxemburg 3, Belgien 5, Holland 2, England 1, Schweden 1, Dänemark 3, Russland 9, die Vereinigten Staaten Nordamerikas 11, Asien 1, Australien 2. Die Zahl der ausserschlesischen beträgt mithin 209. uP) Es sandten ein: A. Bei der schlesischen Bibliothek. a. Behörden, Institute, Vereine. Die königliche Universität 48 Stück, der Magistrat 5, das Ober- Bergamt 2, die Handelskammer 1, der schlesische Forstverein 1, die Börsen-Ressource 1, der Verein für das Museum schlesischer Alter- thümer 12, der Gewerbeverein 1, der schlesische Kunstverein 1, der schlesische Centralverein für Gärtner und Gartenfreunde 1, der land- wirthschaftliche Centralverein 3, das Matthias-, Magdalenen- und Elisabet- Gymnasium je 1, das Friedrichs-Gymnasium 2, die Realschule I. Ordnung zum heiligen Geist 1, die höhere Töchterschule auf der Taschenstrasse 1, die evangelische höhere Bürgerschule Nr. I. 1, die schlesische Blinden- Unterrichts- Anstalt 1, der ältere Breslauer Turnverein 1, der kauf- männische Verein 2, das jüdisch-theologische Seminar Fränckel’scher Stiftung 1, der Verein junger Droguisten 1, sämmtlich zu Breslau, das katholische Gymnasium und die Philomathie zu Glatz je 1, die ober- lausitz’sche Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz 1, der Gewerbe- und Gartenbau-Verein zu Grünberg 2, die höhere Bürgerschule zu Guhrau 2, das Gymnasium zu Hirschberg 1, die ökonomisch - patriotische Societät der Fürstenthümer Schweidnitz und Jauer 2, die Realschule I. Ordnung A UA a en N N EU Ze der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 41 zu Landeshut 1, das evangelische Gymnasium zu Lauban 1, das katho- lische Gymnasium zu Leobschütz 2, die Ritterakademie zu Liegnitz 1, die höhere Bürgerschule zu Löwenberg 1, die Philomathie zu Neisse 1, das katholische Gymnasium und der oberschlesische Gartenbauverein zu Oppeln je 1, die Philomathie zu Reichenbach 1, die höhere Bürgerschule zu Striegau 1, das Gymnasium zu Wohlau 1. b. Von einzelnen Geschenkgebern. Die Herren Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert 7, Dr. R. Jannasch 1, Fräulein Auguste Krüger 6, Stadtrath und Kaufmann E. H. Müller 1, Max Müller, Verlagsbuchhandlung 1, Castellan Reisler 1, sämmtlich in Breslau, Hofrath Krätzig in Brieg 16, Sanitätsrath Dr. Jenner in Parchwitz 64. B. Bei der allgemeinen Bibliothek. a. Behörden, Institute, Vereine. Die Akademie der Wissenschaften zu Amsterdam 4, der Annaberg- Buchholzer Verein für Naturkunde zu Annaberg 1, der historische Verein für Mittelfranken zu Ansbach 1, der historische Verein für Schwaben und Neuburg zu Augsburg 3, der naturhistorische Verein daselbst 1, der Gewerbeverein zu Bamberg 2, der historische Verein für Oberfranken und die naturforschende Gesellschaft daselbst je 1, die schweizerische natur- forschende Gesellschaft z. Z. in Basel 1, die historische und antiquarische Gesellschaft daselbst 2, der historische Verein von Oberfranken zu Bayreuth 2, die juristische Gesellschaft zu Berlin 1, die Akademie der Wissenschaften 11, die Universität 9, die medieinische Gesellschaft 1, die deutsche geologische Gesellschaft 5, die Admiralität 13, das königl. preuss. geodätische Institut 6, der Verein für Heraldik, Sphragistik und Genealogie 1, der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den königl. preussischen Staaten 1, die Gesellschaft der Gartenfreunde 1, der Verein für die Geschichte der Mark Brandenburg 1, die Gesellschaft naturforschender Freunde 1, das kaiserliche statistische Amt 1, der Verein für die Geschichte Berlins 2, sämmtlich in Berlin, der historische Verein des Canton Bern zu Bern 4, die Gewerbeschule zu Bistritz (Sieben- bürgen) 1, Accademia delle scienze dell’ istituto di Bologna 7, der land- wirthschaftliche Verein für Rheinpreussen zu Bonn 1, der naturhistorische Verein der preuss. Rheinlande und Westphalens daselbst 2, die Universität daselbst 55, Societe des sciences physiques et naturelles zu Bordeaux 2, American Academy of arts and sciences zu Boston 3, Society of natural history daselbst 3, der landwirthschaftliche Centralverein des Herzog- thums Braunschweig zu Braunschweig 5, der naturwissenschaftliche Verein zu Bremen 4, der Gartenbauverein für Bremen und Umgegend daselbst 1, der naturforschende Verein zu Brünn 2, die k. k. mährisch-schlesische Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landes- kunde daselbst 2, Academie royale de medecine de Belgique zu Brüssel 16, SocielE malacologique de Belgique daselbst 2, die königlichen Sternwarte daselbst 11, Geological Survey office of India zu Calcutta 11, Museum of comparalive zoologyat Harvard College zu Cambridge (Massachusets) 5, die königl. Landwirthschafts-Gesellschaft zu Celle 4, die naturwissen- schaftliche Gesellschaft zu Chemnitz 1, SocidteE nationale des sciences natu- 42 Jahres - Bericht relles zu Cherbourg 1, die naturforschende ‘Gesellschaft Graubündens zu Chur 1, die Staats-Ackerbaubehörde von Ohio zu Columbus 1, die natur- forschende Gesellschaft zu Danzig 1, der Verein für Erdkunde ete. und mittelrheinische geologische Verein zu Darmstadt 1, der Gartenbauverein daselbst 1, die gelehrte esthnische Gesellschaft zu Dorpat 1, das königl. statistische Bureau zu Dresden 2, die naturwissenschaftliche Gesellschaft und die ökonomische Gesellschaft im Königreich Sachsen daselbst je 1, der landwirthschaftliche baltische Centralverein zu Eldena 1, die natur- forschende Gesellschaft zu Emden 1, die königliche Akademie gemein- nütziger Wissenschaften zu Erfurt 3, die Universität zu Erlangen 39, die physikalisch-medieinische Societät daselbst 3, der ärztliche Verein zu Frankfurt a. M., die Senckenberg’sche naturforschende Gesellschaft und der physikalische Verein daselbst je 1, der Alterthumsverein zu Freiberg i. $. 1, die Universität zu Freiburg i. Br. 26, die naturforschende Gesellschaft daselbst 1, der Verein für Naturkunde zu Fulda 2, Societe de physique et d’mstoire nalurelle zu Genf 2, Societü di lellure et comver- sazione scientifiche zu Genua 1, die oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Giessen 2, die königliche Gesellschaft der Wissen- schaften und die Universität zu Göttingen 1, der historische Verein für Steiermark zu Graz 2, der naturwissenschaftliche Verein für Steiermark, der akademische Leseverein und der k. k. steiermärkische Gartenbau- verein daselbst je 1, die holländische Gesellschaft der Wissenschaften zu Haarlem 9, der naturwissenschaftliche Verein für Sachsen und Thüringen zu Halle a. S., der Verein für Erdkunde 2 und die königl. leopold.-caro- linische deutsche Akademie der Naturforscher daselbst 2, der natur- wissenschaftliche Verein zu Hamburg-Altona 1, der historische Verein für Niedersachsen und die naturhistorische Gesellschaft zu Hannover je 1, Societas pro Fauna et Flora fenmica zu Helsingfors 5, der siebenbürgische Verein für Naturwissenschaften zu Herrmannstadt |, die naturwissen- schaftlich-medieinische Gesellschaft zu Jena 4, die Universität daselbst 38, der Verein für thüringische Geschichte und Alterthumskunde daselbst 1, der ungarische Karpathenverein zu Iglö 1, der naturwissenschaftlich-medici- nische Verein zu Innsbruck 1, der landwirthschaftliche Central-Ausschuss daselbst 1, das Ferdinandeum für Tyrol und Vorarlberg daselbst 1, Jowa- State-Agrieultural Society zu Jowa 1, der rheinische Gartenbauverein für das Grossherzogthum Baden zu Karlsruhe 1, der Verein für hessische Ge- schichte und Landeskunde daselbst 1, der ungarische Karpathen-Verein zu Kesmark 1, die Gesellschaft für schleswig- holstein - lauenburgische Geschichte zu Kiel 1, der Gartenbauverein für Schleswig-Holstein da- selbst 1, die k. k. önologische und pomologische Lehranstalt zu Kloster- neuburg 2, der Verein für Garteneultur und Botanik zu Köln 1, die Universität zu Königsberg 20, die physikalisch-ökonomische Gesellschaft daselbst 3, die Universität zu Kopenhagen 1, Kongelige nordiske oldskrift- selskab daselbst 7, die dänische Gesellschaft der Wissenschaften daselbst 4, der botanische Verein zu Landshut 1, die naturforschende Gesellschaft zu Leipzig 1, der Landes-Obstbau-Verein für das Königreich Sachsen (zu Leipzig?) 1, der Verein für Geschichte des Bodensees zu Lindau |, das Museum Franeiseo-Carolinum zu Linz 1, der Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns daselbst 8, Royal Society zu London 9, der Gartenbauverein zu Lübeck 2, die königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Lüttich 1, die geologische Gesellschaft von Belgien daselbst 5, Institut der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur., 43 royal grand-ducal zu Luxemburg 2, der Acker- und Gartenbau-Verein des Grossherzogthums Luxemburg daselbst 1, Societe botanique de Grand-Duche de Luxembourg daselbst 1, Societe Linneenne zu Lyon 1, Wisconsin Academy of sciences, arts and letters zu Madison 1, der naturwissenschaftliche Verein zu Magdeburg 4, Reale Istituto lombardo di scienze e lettere zu Mai- land 2, die Universität zu Marburg 30, die Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissenschaften daselbst 6, der historische Verein für den Regierungs-Bezirk Marienwerder zu Marienwerder 1, der Verein für Pomologie und Gartenbau zu Meiningen 2, Royal Society of Victoria zu Melbourne 1, Government of Victoria daselbst 3, der naturhistorische Verein von Wisconsin zu Milwaukee 1, die kurländische Gesellschaft für Literatur und Kunst zu Mitau 2, Societä dei naturalisti zu Modena 3, der Bezirks-Gartenbauverein zu Mödling (Oesterreich), Academie des sciences et lettres zu Montpellier 3, Societe imperiale des naturalistes zu Moskau 5, die königliche Akademie der Wissenschaften zu München 5, der land- wirthschaftliche Verein in Bayern daselbst 5, die königliche Sternwarte daselbst 2, der westphälische Provinzialverein für Wissenschaft und Kunst zu Münster 1, SocietE des sciences zu Nancy 2, der Verein der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg zu Neu-Brandenburg 1, Academy of arts and science zu New-Haven 1, das germanische Museum zu Nürnberg 2, die naturforschende Gesellschaft daselbst 1, der Verein für Naturkunde zu Offenbach a. M. 1, Societü di scienze naturali ed econo- miche zu Palermo 1, Societe centrale d’horticulture de France zu Paris 1, die kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg 2, die kaiserl. botanische Gesellschaft daselbst 1, die kaiserl. geographische Gesellschaft daselbst 3, Societas entomologica rossica daselbst 4, Societüa Toscana di scienze nalurali zu Pisa 7, der Gartenbauverein zu Potsdam 1, der Verein für die Geschichte der Deutschen in Böhmen zu Prag 5, die k. k. Stern- warte daselbst 1, die böhmische Gartenbau-Gesellschaft daselbst 1, der zoologisch-mineralogische Verein zu Regensburg 1, der historische Verein von Oberpfalz und Regensburg daselbst 1, der deutsche Pomologenverein zu Reutlingen l, der Naturforscher-Verein und die Gesellschaft für Ge- schichte und Alterthumskunde in den ÖOstseeprovinzen Russlands zu Riga je 1, Societü geografica Italiana zu Rom 10, R. Accademia dei Lincei daselbst 10, die Universität zu Rostock 27, die Gesellschaft für Salz- burger Landeskunde zu Salzburg 4, der Gärtnerverein zu Salzgitter 1, der historisch-antiquarische Verein des Canton Schaffhausen zu Schaff- hausen 1, der Verein für meegklenburgische Geschichte und Alterthums- kunde, sowie das grossherzogl. statistische Bureau zu Schwerin je i, der Verein zur Beförderung der Landwirthschaft zu Sondershausen 1, der entomologische Verein und der Gartenbau-Verein zu Stettin je 1, die Gesellschaft für pommersche Geschichte und Alterthumskunde daselbst 5, der polytechnische Verein daselbst 2, das königlich württembergische statistisch-topographische Bureau zu Stuttgart 4, der Verein für vater- ländische Naturkunde daselbst 3, die königl. württembergische Central- stelle für die Landwirthschaft daselbst 1, das königl. Polytechnieum da- selbst 2, die Gesellschaft für nützliche Forschungen zu Trier 1, Societü agraria zu Triest 1, der Verein für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben zu Ulm 2, Reale Istituto Veneto di scienze, lettere ed arti zu Venedig 4, Ateneo Veneto daselbst 2, Accademia d’agricoltura, arli e com- mercio zu Verona 2, Department of Agriculture zu Washington 1, De- 44 Jahres - Bericht partment of the Interior daselbst 3, Smithsonian Institution daselbst 2, der Harzverein für Geschichte und Alterthumskunde zu Wernigerode 1, die zoologisch -botanische Gesellschaft zu Wien 1, die k. k. Akademie der Wissenschaften 43, die k. k. geologische Reichsanstalt 4, die Univer- sität 1, die k. k. landwirthschaftliche Gesellschaft 1, die k. k. Garten- bau-Gesellschaft 2, die k. k. geographische Gesellschaft 1, die öster- reichische Gesellschaft für Meteorologie 1, die anthropologische Gesell- schaft 1, die k. k. Centralstelle für Meteorologie und Erdmagnetismus 1, das k. k. Hof-Mineraliencabinet 1, der Verein zur Verbreitung wissen- schaftlicher Kenntnisse 1, der Leseverein der deutschen Studenten 1, sämmtlich in Wien, der nassauische Verein für Naturkunde zu Wies- baden 1, der historische Verein für Unterfranken und Aschaffenburg zu Würzburg 2, die Universität daselbst 151, die physikalisch-medieinische Gesellschaft, der polytechnische Centralverein sowie die Handels- und Gewerbekammer für Unterfranken und Aschaffenburg daselbst je 1, die naturforschende Gesellschaft zu Zürich 8, die antiquarische Gesellschaft daselbst 1. Gekauft wurden 51 Stück, verzeichnet in 19 Nummern. b. Von einzelnen Geschenkgebern. Die Herren S. Kalischer 1 Stück, Prof. Dr. Orth 2, Dr. W. Sklarekl, die Redaction der Deutschen Reichs-Offerten-Zeitung 1, die Expedition des landwirthschaftl. Couriers 1, sämmtlich in Berlin. Die Herren A. Renard S. J. in Brüssel 1, Ober-Posteommissar R. Schück in Danzig 26, W.J. A. Freiherr v. Tettau, Vice-Präsident der königl. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt 1, Dr. Siegmund Günther in London 1, F. Müller in Melbourne 1, Dr. A. Engler in München 1, der Redacteur der Deutschen Blätter für Gärtnerei und Landwirthschaft zu Neustadt-Eberswalds 1, Dr. E. Regel, Direetor des kaiserl. botanischen Gartens zu St. Peters- burg 1, Prof. W. Waldeyer in Strassburg 1, Dr. Ahlburg in Tokey (Japan) 1, A. Fischer v. Waldheim in Warschau 2, Karl Fritsch, em. Vice-Direetor der k. k. Centralanstalt für Meteorologie in Wien 1, Prof. Dr. Martin Wilckens, Vorstand des zootomisch-physiologischen Instituts der k. k. Hochschule für Bodencultur daselbst 1, Dr. Rudolph Stoll, Redacteur der Wiener Obst- und Gartenbau-Zeitung daselbst 1, Guts- besitzer Beywichs 1. Gekauft wurden 2 Stück, verzeichnet in 2 Nummern, C. Die Sammlungen der Gesellschaft erhielten folgenden Zuwachs: Pinacographia von Dr. Snellen van Vollenhöven, part. 6, Afl. 6, von der holländischen Gesandtschaft zu Berlin, ein Portrait vom Geh. Med.- Rath Professor Dr. Göppert in Breslau, 5 Portraits vom Staatsanwalt v. Uechtritz daselbst, 10 Bilder (davon 1 eingerahmt), 3 Hefte mit Portraits und 1 Atlas von Fräulein Auguste Krüger daselbst, 55 Stück Karten, Stadtpläne, Portraits und andere Gemälde (25 Nummern) vom Sanitätsrath Dr. Jenner in Parchwitz. Lothar Becker. TER u A VE Eye u ee a a 1 2 FE re u aa der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 45 Bericht über die Thätigkeit der naturwissenschaftlichen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1878 erstattet von Herr Prof. Dr. Grube und Herrn Prof. Dr. Römer, zeitigen Secretairen der Section. Herr Professor Dr. Galle berichtete in der Sitzung am 22. Mai über den Vorübergang des Merkur vor der Sonnenscheibe am 6. Mai nach den Beobachtungen auf der hiesigen Sternwarte. Der Himmel war während des ganzen Verlaufes des hier sichtbaren Theiles der Erscheinung fortdauernd klar, die Beschaffenheit der Luft jedoch insofern eine un- günstige, als dieselbe in einer stetigen Unruhe sich befand und die Bilder der Sonne und des Merkur stark wallende Ränder zeigten, wie ähnliches auch von noch anderen Orten in Deutschland berichtet wird. Die Zeit- momente des Eintrittes konnten daher nur mit mässiger Genauigkeit beobachtet werden, immerhin jedoch so, dass die grösste Geuauigkeit der für dieselben nach den Le Verrier’schen Tafeln berechneten Sonnen- und Merkurs-Örte daraus hervorging. Die Beobachtungen wurden theils an dem (von Herrn R. Tietze geschenkten) 5 füsssigen Bardou’schen Fern- rohr, theils an zwei Fraunhofer’schen Fernröhren und einem kleineren englischen Fernrohre angestellt. Ueber das etwaige Stattfinden irgend welcher besonderer physischer Erscheinungen in den Momenten der Ränderberührung, ähnlich dem beiden Venusdurchgängen wahrgenommenen, konnte bei der obwaltenden Luftbeschaffenheit eine Gewissheit nicht erlangt werden. Derselbe Vortragende legte am 26. Juni eine Probe der von Herrn Janssen auf dem neuen astrophysikalischen Observatorium in Meudon bei Paris nach einer neuen Methode erhaltenen ungewöhnlich grossen Sonnen-Photographien vor, auf welchen die feine der ganzen 46 Jahres-Bericht. Sonnenoberfläche eigenthümliche Granulation fixirt ist und in allen Details besser als in Fernröhren erkennbar wird. Die Abdrücke sind auf photo- glyptischem Wege vervielfältigt und ohne jede Dazwischenkunft der menschlichen Hand erhalten. Herr Fabrikbesitzer A. Anderssohn sprach am 20. März über Zweck und Bedeutung der Sechstheilung des Himmelsglobus in Form von Kugelsextanten. Herr Anderssohn zerleste den von ihm construirten „theilbaren Globus“ und erklärte dessen für Deutschland zuerst patentirte Sechs- theilung in Kugelsextanten durch das Bedürfniss herbeigeführt: „Das Verhalten des Drucks einer Kugel auf ihre inneren Theile‘ näher kennen zu lernen. Die Form des Kugelsextanten an sich sei einzig dastehend, vollkommen ähnlich der bekannten Urform der Pyramiden in Unter- Egypten: Auf einer sphärisch-quadratischen Basis erhebt sich eine vier- seitige Pyramide mit rechtwinkelig gegeneinander geneigten Seitenflächen von der Spitze aus. Sechs solcher Pyramiden, mit ihren Spitzen anein- andergesetzt, bilden die Vollkugel. Diese Art Pyramide diene als Verkörperung des grossen Naturgesetzes vom Verhalten der Intensitäts- Zu- und Abnahme in Nähe und Ferne von einer Kraftquelle.. Von der Spitze nach der Basis wirkt der Druck des Gewichts: dem Produet der Masse direct proportional und umgekehrt proportional dem Quadrat in die Ferne. Durch Mass- und Gewichtsuntersuchungen sei festgestellt, dass das Gesetz für die allgemeine Schwere sich durch die Gewichte bei homogenen Kugelsextanten, sowie durch Gewichte einzelner pro- portionaler Theile zur ganzen Kugel darthun lasse, denn dies sei der Zweck und die Bedeutung des neuen theilbaren Globus. Herr Professor Dr. Meyer demonstrirte im Hörsaale des physi- kalischen Cabinets am 20. März die dort aufgestellte Gramme’sche dynamo-elektrische Maschine. Während man früher vielfach bemüht gewesen ist, die Elektrieität als Triebkraft mechanischer Apparate zu verwenden, ist seit 1867 das umgekehrte Streben mehr in den Vordergrund getreten, nämlich mecha- nische Arbeit zu benutzen, um elektrische Ströme und besonders elektri- sches Licht hervorzubringen. Die Untersuchungen von Wheatstone, C. W. Siemens in London und Ladd haben die praktische Möglichkeit gezeigt, die geringe magnetische Kraft, welche jedes Stück Eisen besitzt, zu beliebig hohem Grade von Elektromagnetismus zu steigern; man hat nur vor den Polen des schwach magnetischen Eisens Drahtspiralen so zu bewegen, dass in den letzteren elektrische Ströme indueirt werden, und diese zunächst ebenfalls schwachen Ströme durch Drähte zu leiten, ae | N Firen der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 47 welche in der bei den Elektromagneten gebräuchlichen Art um das magnetische Eisen gewunden sind: so wird man dadurch den Magnetismus verstärken und mit diesem den dureh ihn indueirten Strom. Steigert man die Geschwindigkeit der Bewegung der Drahtrollen, so kann man den Magnetismus und den elektrischen Strom zu jeder beliebigen Stärke bringen. Dieses Prineip, welches der Vortragende durch galvanometrische Versuche erläuterte, ist praktisch von verschiedenen Fabriken in ver- schiedener Weise ausgeführt worden. Die Maschine, welche das Bres- lauer Cabinet besitzt, von Gramme’scher Construction, ist aus Paris aus der unter der Leitung von Hippolyte Fontaine stehenden Fabrik bezogen. Sie giebt schon, wenn sie nur mit der Hand in Bewegung gesetzt wird, elektrische Ströme von einer solchen Stärke, dass sie zu den meisten Vorlesungsversuchen ausreichen. Um sie aber zur Erzeugung von elektri- schem Lichte geeignet zu machen, wird sie in raschere Umdrehung versetzt mittelst einer kleinen Dampfmaschine von 4 Pferdekraft, welche von der hiesigen Fabrik der Herren Köbner und Kanty in einer für diesen Zweck vortrefflich geeigneten Weise gebaut worden ist. Um die Wirkungen der durch Dampf getriebenen Gramme’schen Maschine zu zeigen, leitete der Vortragende den elektrischen Strom durch Drähte, welche zu glühen begannen und zerchmolzen. Dann wurde der Strom benutzt, um elektrisches Kohlenlicht zu erzeugen; mit diesem wurde eine Anzahl optischer Experimente angestellt, um zu zeigen, welche allgemeine und vielfältige Anwendung der kürzlich für das Cabinet neu angeschaffte Apparat bei den physikalischen Vorlesungen finden kann. Zur Erläuterung der Speeialanalyse wurden die Spectra verschiedener Stoffe auf weissem Schirme dargestellt; um die Polarisation des Lichtes zu demonstriren, wurden als Beispiel die Farbenerscheinungen des Bergkrystalles gewählt; ferner wurden phosphoreseirende Röhren, die Durchsichtigkeit des Goldes und Anderes mehr gezeigt. Herr Geheimer Bergrath Professor Dr. Römer berichtete am 24. April unter Vorlegung von Belegstücken | über die Verwendung des Inhalts der Knochenhöhlen zwischen Olkusz und Ojcow in Polen als Düngungsmittel und über neue Funde von fossilen Wirbelthierresten in diesen Höhlen. Herr OÖ. Ogrowsky in Breslau hat in Gemeinschaft mit Herrn Öbersteiger Tischer das Eigenthum der Höhle von Wierzbanowice südlich von Olkusz in Polen, über welche schon früher von dem Vor- tragenden berichtet wurde, und einer anderen in der Nähe liegenden Höhle neuerlichst zu dem Zwecke erworben, um die den Grund dieser Höhlen erfüllende graue Erde und die darin enthaltenen Knochen fossiler Wirbelthiere als Düngungsmittel zu verwerthen. Da nach einer in dem Laboratorium des Herrn Dr. Fr. Hulwa ausgeführten chemischen Analyse 48 Jahres - Bericht der Gehalt dieser Erde an Phosphorsäure 22 bis 23 pCt. beträgt und das in der ersteren Höhle allein befindliche Quantum dieser Erde nach einer ungefähren Schätzung jedenfalls mehrere Hunderttausend Centner beträgt, so ist für dieses kaufmännische Unternehmen mit Wahrschein- lichkeit ein nützlicher und gewinnbringender Erfolg zu erwarten. Ausser- dem wird der Fortgang ‘ein ansehnliches wissenschaftliches Interesse darbieten, da nicht zu bezweifeln, dass bei dem Ausräumen dieser Höhlen Reste fossiler Wirbelthiere und der menschlichen Ureinwohner in grosser Zahl und Mannigfaltigkeit zu Tage kommen werden. Schon jetzt, da die Ausräumungsarbeiten nur erst in beschränktem Masse begonnen haben, sind dem Vortragenden folgende Arten zugekommen: 1) Ursus spelaeus (Höhlenbär). Mehrere fast vollständige Schädel, zahlreiche Schenkelknochen, Wirbel ete. Der grösste der dem Museum zugekommenen Schädel misst 50 Centimeter in der Länge (von der oberen Hinterecke des Hinterhauptbeins bis zu den Schneidezähnen gemessen) und 32 Centimeter in der Breite (Abstand der beiden Joch- bogen). Am häufigsten werden die wegen der die Zahnkrone. über- ziehenden glänzenden Schmelzlage besser als die Knochen für die Er- haltung geeigneten etwa 4 Zoll langen Eckzähne von den Arbeitern aufgehoben. Es mögen bereits gegen 600 solcher Eckzähne aus der Höhle von Wierzbanowice bisher gesammelt sein. Da je 4 derselben zu einem Individuum gehören, so würde das auf eine Zahl von 150 Indi- viduen in der einzigen Höhle schliessen lassen. Natürlich ist die Zahl der in der Höhle begrabenen Individuen noch eine ungleich grössere,‘ da ja nur erst ein ganz unbedeutender Theil der den Grund der Höhle bedeekenden Erdschicht ausgeräumt worden ist. Freilich ist nicht daran zu denken, dass diese sehr zahlreichen Individuen gleichzeitig die Höhle bewohnt hätten, sondern sie gehören zahlreichen aufeinander folgenden Generationen an, welche in langen, Jahrhunderte oder Jahrtausende um- fassenden Zeiträumen nach einander die Höhle bewohnt haben. 2) Rhinoceros tichorhinus (Nashorn mit der knöchernen Nasen- scheidewand). Ein Stück des linken Oberkiefers mit den zwei letzten Backzähnen in guter Erhaltung erhielt das mineralogische Museum durch die Güte des Herrn G. Schneider in Kattowitz, welchem das Museum schon für viele andere Mittheilungen von wissenschaftlichem Interesse verpflichtet ist. Dasselbe wurde in einer nahe bei Ojeow gelegenen Höhle gefunden. 3) Elephas primigenius (Mammuth). Ein fast vollständig erhal- tenes Schulterblatt (seapula) durch Herrn OÖ. Ogrowsky. 4) Feuersteinmesser (Flint implements) der einfachsten Art, wie sie der ältesten Steinzeit eigenthümlich sind. Herr Ogrowsky hat die gütige Zusage gemacht, dafür Sorge tragen zu wollen, dass die bei den weiteren Arbeiten vorkommenden al ee ee = Hr As N: A allen der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 49 wichtigeren Funde für das mineralogische Museum zurückgelegt und da- durch für die Wissenschaft dauernd erhalten werden. Derselbe Vortragende legte eine im Innern von Polen ge- fundene Steinaxt von ausgezeichnet sauberer und vollendeter Arbeit vor, welche nach der Vollkommenheit der Ausführung aus der späteren Steinzeit herrührt. Das Material ist ein feinkörniger, grünschwarzer Diorit, dasselbe Gestein, aus welchem auch die meisten in Schlesien vor- kommenden Steinäxte. Das mineralogische Museum verdankt das schöne Stück der Liberalität des Herrn Markscheiders A. Klahr in Kattowitz. Derselbe Vortragende berichtete ferner unter Vorlegung von Be- legstücken über die Auffindung eines Kohlenlagers bei Klitschdorf, nord- westlich von Bunzlau durch den Steiger Herrn Föst. Das 50 Zoll mächtige Flötz ist bis jetzt uns nur durch einen im Süden des Dorfes und einige hundert Schritt vom Queis gelegenen Versuchsbau aufgeschlossen und wird vom Sandstein überlagert. Die Kohle ist nach Proben, welche der Vortragende der gefälligen Mittheilung des Herrn Apotheker R. Störmer in Bunzlau verdankt, schwarz, glänzend und sehr spröde. Beim Ver- brennen hinterlässt sie einen bedeutenden Rückstand, der zum Theil aus Kieselerde besteht und unter dem Mikroskop regelmässig gebildete kleine Körper, welche wahrscheinlich Fragmente von Diatomeen darstellen, er- kennen lässt. Durch die Löslichkeit mit brauner Farbe in Kalilauge und durch den braunen Strich bestimmt sich die Kohle trotz ihrer schwarzen Farbe als eine Braunkohle. In dieser Kohle selbst haben sich nach ge- fälliger Mittheilung des Herrn Störmer dreikantige, ovale Früchte von Haselnussgrösse gefunden, welche Geheimrath Göppert als Palmaeites legitimus bezeichnet hat. Nach der Lage des Ortes, wie auch der Be- schaffenheit der Kohle selbst, gehört das Flötz in keinem Falle dem älteren Steinkohlengebirge an, sondern ist den in der betreffenden Gegend weiter verbreiteten sandigen Kreide-Schichten, dem sogenannten Ueber- Quader, untergeordnet und also von wesentlich gleichem Alter, wie die seit längerer Zeit bei Wenig-Rackwitz unweit Löwenberg bekannten unreinen Kohlenflötze. Eine grössere Bedeutung für die Industrie wird die Kohle von Klitschdorf bei den angeblicherweise bedeutenden Schwierig- keiten der Gewinnung und der mittelmässigen Qualität schwerlich ge- winnen. Schliesslich erfolgte die Vorlage der Schrift: Die Fauna des Graptolithen-Gesteines. Ein Beitrag zur Kenntniss der Silurischen Sedimentär-Geschiebe der norddeutschen Ebene vou Carl Haupt, Pfarrer in Lerchenborn. Separat-Abdruck aus Band LIV des Neuen Lausitzischen Magazins. Görlitz, E. Remer 1878. Diese Schrift enthält die Auf- zählung und sorgfältige Beschreibung der in den Diluvial-Geschieben des obersilurischen Graptolithen-Gesteins vorkommenden Versteinerungen. Die Zahl der bisher aus diesen Geschieben bekannten Arten ist durch den 4 50 Jahres - Bericht Verfasser sehr bedeutend vermehrt worden und damit die Möglichkeit, das geognostische Niveau genauer festzustellen, gegeben worden. Auf fünf durch den Verfasser selbst gezeichneten Tafeln sind die neuen Arten kenntlich abgebildet worden. So erscheint die Arbeit als ein erfreulicher neuer Beitrag zu unserer Kenntniss der Silurischen Diluvial-Geschiebe, Das ganze Material zu der Arbeit ist durch den Verfasser selbst in der Nähe seines Wohnortes Lerchenborn bei Lüben gesammelt worden. In ähnlicher Weise würden noch viele die norddeutsche Ebene bewohnende Beobachter das Material für lehrreiche und für sie selbst befriedigende palaeontologische Arbeiten in den Sand- und Kiesgruben in der Nähe ihrer Wohnorte finden können. In der Sitzung am 26. Juni legte Herr Geh, Bergrath Prof. Römer einen mit dem Unterkiefer vollständig erhaltenen Schädel von Rhinoceros tichorhinus aus dem Dilivium von Gnadenfeld bei Cosel vor, welcher neuerlichst für das mineralogische Museum der königl. Universität erworben wurde. Der Oberschädel misst 78 em in der Länge und 33 cm in der Breite (Abstand der Jochbögen). Nach dem Verhalten der Kauflächen der Backzähne rührt der Schädel von einem ausgewachsenen, aber nicht gerade alten Thiere her. Er wurde vor einem Jahre durch den Kauf- mann Herrn Hallamik in Gnadenfeld in einer dem Dominium Pawlowitzke am Nordende von Gnadenfeld gegenüber auf dem rechten Thalgehänge des Erlenbaches gelegenen grossen Sand- und Kiesgrube gefunden. Der Schädel lag etwa 20 Fuss tief unter der Oberfläche in einer Lage von gelblich-grauem, thonigen Sande. Ausser dem Schädel wurden noch andere Theile des Skeletts, namentlich die Hälfte des Beckens, die un- vollständigen Schulterblätter und mehrere Rippen, an derselben Stelle gefunden, und es kann nicht wohl zweifelhaft sein, dass das ganze Skelett des Thieres hier beisammen lag. Der fragliche Schädel bildet in seiner Vollständigkeit eine Hauptzierde des Mineralogischen Museums. Es ist jedenfalls der vollständigste, jemals in Schlesien gefundene Schädel dieses merkwürdigen, in der Diluvialzeit zusammen mit dem Mammuth (Elephas primigenius) ganz Mittel-Europa und Nord-Asien bewohnenden Thieres, welches durch die die Nasenbeine stützende senkrechte knöcherne Nasen- scheidewand und durch die dichte Behaarung von allen lebenden Nas- horn-Arten sich unterschied. Einzelne Zähne und Knochen besitzt das mineralogische Museum übrigens bereits von verschiedenen anderen Fund- orten in Schlesien, namentlich mehrere Backzähne aus dem Abraum eines Steinbruches bei Ottmachau, einen Unterkiefer von Königshütte und ein Schädel-Bruchstück von Trachenberg (vergl. die früheren Jahr- güänge des Jahresberichts der Schlesischen Gesellschaft). Aus Sibirien u Eu EEE EDLER OEREEER, EEEEE ERE N der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 51 wurde schon vor einigen Jahren ein schöner Schädel für das Museum durch den Vortragenden erworben. Demselben fehlt aber der Unter- kiefer. Dagegen ist eines der mehrere Fuss langen Hörner vorhanden, welche sich bei ihrer hornartigen Natur wohl in dem gefrorenen Boden Sibiriens, niemals aber in dem Diluvium Deutschlands erhalten haben. Derselbe Vortragende berichtete unter Vorlegung von Exemplaren über das Vorkommen von Diluvial-Geschieben versteinerungsführender Sedimentär-Gesteine in derselben Sandgrube bei Gnadenfeld unweit Cosel. Der genannte Herr Hallamik hat sich durch das aufmerksame Sammeln solcher Geschiebe ein wissenschaftliches Verdienst erworben. Es wurden in einer ebenfalls für das mineralogische Museum erworbenen Sammlung solcher Geschiebe namentlich folgende nach dem Alter geordnete Arten erkannt, deren Vorkommen an dieser Stelle für die Kenntniss ihrer Verbreitungsgebiete von Interesse ist: 1) untersilurischer Orthoceren-Kalk; 2) obersilurischer Kalk mit Pentamerus borealis; 3) obersilurischer Kalk mit Chonetes striatella ; 4) braunrother devonischer Sandstein mit Spirifer Verneuili, völlig mit dem in Livland anstehenden übereinstimmend; ein faustgrosses Stück von ellipsoidischer Form; 5) röthlich-grauer devonischer Sandstein mit Schildern von Asterolepis ; zwei kleinere Stücke; 6) eisenschüssiges braunes jurassisches Gestein mit Ammonites Lamberti. Ein neun Zoll langes Geschiebe dieses Gesteins ist mit Exemplaren der genannten Ammoniten-Art, deren glänzende Perlmutter- Schale schön erhalten ist, erfüllt und enthält ausserdem zahlreiche kleine Fragmente von fossilem Holz; 7) zerreibliches braunes eisenschüssiges Gestein mit Astarte pulla, Tri- gonia clavellata u. s. w.; ein einzelnes 3 Zoll langes Stück; 8) grauer kieselhaltiger Kreidemergel mit Belemnitella und Spongien, der Gattung Retispongia, in zahlreichen Exemplaren. Derselbe Vortragende berichtete endlich über eine Sammlung von neu aufgefundenen marinen Versteinerungen aus dem Steinkohlengebirge von Gräfin Laura-Grube bei Königshütte in Oberschlesien. Dieselben wurden beim Abteufen eines Schachtes auf Gräfin Laura- Grube bei Königshütte und beim Aufhauen der Füllorte durch Herrn Direetor O. Junghann in Königshütte gesammelt und dem Vortragenden zur Bestimmung eingesendet, 4* 59 Jahres - Bericht Herr Junghann hat zugleich, was besonders werthvoll, die nach- stehende Aufeinanderfolge der einzelnen Schichten, zwischen welchen die Versteinerungen vorkommen, genau verzeichnet. 1) Heinzmann-Flötz zu oberst, darunter 2y grauer Bandstem N EN IR AP 4,15 m. 37 Kohle Su ee N N 0,150% 4) Sandige Schiefer mit Pflanzenresten. Namentlich ist eine Art der Gattung Sphenopteris häufig............ 8 N: 5) Kohle, naer 2 ISI ESRBN ENER BETE GH). Bester Sandstein) sur Died A j * 7) Schieferthon mit Pflanzenresten und namentlich grossen flachgedrückten Stammstücken von Sigillaria......... 1 3 8-9), Grauer ‚fester Sandstenscıois- sun saM wdsei ne korsine 6,8, 10); ‚Seifiger ‚Sehieferthon os». A0:l.A » ke» -danı -sbraulag. Io ARRee 11) Zusammengedrückte Exemplare von Stigmaria ficoides enthaltender fester sandiger Schiefer mit Kohle...... I en 12). Pelagie-Flötz‘. FIN DEN ee Re ONCE 1:0, 53% 13) Sehiefer mit Pllanzenresien + . 22 m N, Fan 0798 143 Grauer. fester ‚Sandstein. , „7..uyiNe nee Wr LFI 19). Weisser: fester Sandstein, 7. Cl nt SR Een 10,305 16) Fester Schieferthon mit Pflanzen ............2.:..2... 1.508 17) Brandschiefer mit kleinen in Schwefelkies versteinerten Fossilien. Unter den letzteren liess sich namentlich ein kleines Exemplar von Goniatites diadema und eine kleine Orthoceras-Art bestimmen ............2.222.. 0, Bei näherer Untersuchung erwiesen sich diese stets mehr oder weniger verdrückten Zweischaler von nur 10 mm Länge und 4 mm Breite als identisch oder jeden- falls sehr nahe verwandt mit dem als Modiola Carlotae (vergl. Römer: Geologie von Oberschlesien $. 76) be- schriebenen Fossil, welches auf der Grube Charlotte bei Czernitz eine braune Brandschiefer-Lage erfüllt. a 3 = 18) ’Köhle -.. „1... Senn tere 2 FIT EU TERN RE WE 19): Grauer "fester "Bandsten. FERRARI NER 8 % 20) Brandschiefer.. .luilies Aidmd Ana 0,20, 21) Kohlenflötz mit schwacher Schieferthonlage.......... 0,70 „, 22) Battelllätz. „5.3. EI GHER re re ER Se ee 5 Ve 25) Fester Bandsteins';... ann a Lern Br EL TU GENE ER 16 n 24) Schiefer mit Sphaerosiderit-Knollen und Versteinerungen. Es liegt aus dieser Schicht namentlich ein schön er- haltenes Exemplar von Phillipsia mucronata vor. 25) Fester in handdicken Bänken abgesonderter kieseliger Schiefer mit marinen Thierresten.........cccccc 1,0,05 v can +) der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur., 53 Die Thierreste sind in gewissen Lagen dicht zusammengehäuft und zeichnen sich durch die helle weissliche oder hellgraue Farbe der Schalen in der dunkeln Schieferthon-Masse aus. Die Erhaltung ist im Allgemeinen ungünstig, indem die Schalen meistens verdrückt sind und beim Zer- schlagen des festen Gesteins gewöhnlich die obere Schalschieht in dem Gestein haften bleibt. Die folgenden Arten liessen sich mit Sicherheit erkennen: Phillipsia margaritifera, Ph. mucronata (sehr häufig), Orthoceras sp. (ein 6 Zoll langes Fragment), Orthoceras undatum, Nautilus nodoso- carinatus (viel grösser als die auf der Carolinen-Grube beobachteten Exemplare; ein unvollständiges Exemplar mit 5 cm breiten Umgängen), Goniatites Listeri, Bellerophon Uri, Littorina (?) obscura, Nucula gibbosa, Produclus longispinus, Productus pustulosus, Streptorhynchus crenistria und Poteriocrinus crassus (Säulenstücke). rs as ll Fi re 0,25 m. Easter: Bandstein ;s4u6r “aldirläs sah d- 2 - Aus dem vorstehenden Schichten-Profile ergiebt sich, dass auf der Gräfin Laura-Grube die Fauna mariner Versteinerungen wesentlich die- selbe ist, welche schon früher auf der Carolinen-Grube, auf der Königs- grube bei Königshütte, auf der Grube Guter Traugott bei Rosdzin u. s. w. beobachtet wurde. (Vergl. Römer: Geologie von Oberschlesien $. 76 ff.) Nur die Erhaltungsart ist verschieden und einzelne Arten zeigen grössere Dimensionen als dort. Auch das geognostische Niveau, in welchem auf der Gräfin Laura die marinen Fossilien vorkommen, ist wesentlich das- selbe, wie an den anderen früher genannten Localitäten, denn auch an - diesen letzteren wurde die versteinerungsführende Schicht 40—50 Fuss tief unter dem Sattelflötze oder einem gleichstehenden wenn auch anders benannten Flötze beobachtet. Herr Geh. Bergrath Prof. Römer legte am 20. November vor: United States Geological Exploration of the fortieth parallel. Clarence King. Geologist-in-Charge. Vol. II. Deseriptive Geo- logy by Arnold Hague and $. F. Emmons. Illustrated by XXVI Plates. Washington 1877 und Vol. IV. enthaltend: Part. I. Palaeontology by F. B. Meek. Part. II. Palaeontology by James Hall and R. P. Whitfield. Part. III. Ornithology by Robert Ridgeway. Illustrated by XXIV Plates. Washington 1877. Geological and topographical Atlas accompanying the Report of the geological explorations of the fortieth parallel made by authority of the Hon. Secretary of War ete. by Clarence King, Geologist-in-Charge 1876. (Grösstes Folio-Format.) Dieses Werk gehört zu den werthvollsten und äusserlich prachtvollsten unter den zahlreichen umfangreichen Publicationen, welche in rascher Aufeinanderfolge in den letzten Jahren über die Topographie und Naturgeschichte Nordamerikas von Staatswegen veröffentlicht wurden. Es hat die Darstellung der natür- 54 Jahres - Bericht lichen Verhältnisse des westlich vom Mississippi unter dem vierzigsten Breitengrade gelegenen Gebiets zum Gegenstand. Die geologischen Auf- nahmen sind während eines zehnjährigen Zeitraumes durch Arnold Hague und 8. F. Emmons unter der Leitung. von Clarence King ausgeführt worden. Zahlreiche, überaus vortreffliche, nach Photographien angefertigte lithographische Ansichten geben eine deutliche Vorstellung von der Boden- gestaltung des beschriebenen Gebiets. Die in Vol. IV. enthaltenen paläontologischen Arbeiten von F. B. Meek, James Hall und R. P. Whit- field sind Darstellungen der in den betreffenden Gebieten aufgefundenen silurischen, devonischen, carbonischen und triassischen fossilen Faunen mit vielen bemerkenswerthen neuen Formen, Derselbe Vortragende legte ferner eine grosse Tafel mit vor- trefflich ausgeführten photographischen Abbildungen von prähistorischen aus Knochen gefertigten Geräthen vor, welche Herr Graf Johann Zawisza in Warschau in einer Knochenhöhle unweit Ojeow in Russisch - Polen aufgefunden hat. Es sind mehrere schmale von den Seiten zusammen- sedrückte, an den Enden zugespitzte Stäbe von lanzettlicher fischähn- licher Gestalt. Der grösste derselben ist einen Fuss lang und 1, Zoll breit. Diese Stäbe wurden in Gegenwart des Vortragenden durch Herrn Grafen Zawisza aus einer Holzkohle führenden Schicht der Mammuth- Höhle bei Wierschow unweit Ojeow ausgegraben. In derselben Höhle und zum Theil in derselben Schicht mit den Stäben wurden Knochen vom Rennthier, Wolf, Polar- Fuchs, Mammuth (Elephas primigenius) und zahlreiche durch Menschenhand gearbeitete rohe Feuersteingeräthe ge- funden. Der Gebrauch, zu welchem die Stäbe dienten, ist unsicher. Vielleicht dienten sie zum Schmuck und wurden im Haar getragen, wie ähnliche Stäbe bei verschiedenen jetzt lebenden wilden Völkerschaften. Das besondere Interesse, welches sich an die Stäbe knüpft, beruht auf dem Material, aus welchem sie gefertigt sind. Sie bestehen nämlich aus Elfenbein, wie dies di& innere Structur der Stäbe zweifellos erweist, und ohne Zweifel haben die Stosszähne des Mammuth das Material zur Herstellung der Stäbe geliefert. — Es lebte also zu einer gewissen prä- historischen Zeit der Mensch in jener Gegend des südlichen Polens mit dem Mammuth, dem Rennthier und anderen jetzt ausgestorbenen oder doch seitdem aus jener Gegend ausgewanderten Säugethieren zusammen. Herr Graf Zawisza, der mit grossem wissenschaftlichen Eifer und vor- züglicher Sachkenntniss die genannte Höhle im anthropologischen Inter- esse ausbeutet, wird hoffentlich recht bald in einer ausführlichen Ab- handlung nähere Nachrichten über diese interessantsn Funde liefern, Derselbe Vortragende besprach ferner unter Vorlegung des betreffenden Exemplars die Auffindung eines neuen Gliederthieres in dem Steinkohlengebirge der Ferdinandgrube bei Glatz. Das kleine, nur 10 mm Ba TE u a 5 er der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 55 lange und 4 mm breite Thierchen zeigt, auf der Schichtfläche eines grauen, zahlreiche Pflanzenreste enthaltenden Kohlensandsteins auf dem Rücken liegend, die Unterseite des Körpers. Nur der gegliederte Hinter- leib ist deutlich erhalten. Von dem vorderen Theile des Körpers erkennt man nur die Anheftungsstellen der abgebrochenen Fusspaare. Die Ver- gleichung mit ähnlichen aus dem Steinkohlengebirge beschriebenen Glieder- thieren hat ergeben, dass das Thier zu Woodward’s Gattung Architarbus gehört, von welcher eine Art (A. rotundatus) aus dem Steinkohlengebirge von Illinois in Nord - Amerika durch Scudder, und eine zweite Art (A. subovalis) aus dem Steinkohlengebirge von Lancashire in England be- schrieben worden ist (vergl. Geol. Magazine Vol. IX., 1872 pag. 385, Tab. IX. und Journ. of the Roy Geol. Soc. of Ireland Vol. XIV., 1877 pag. 222). Die Gattung wird von Scudder zu den Arachniden gerechnet und zwar zu einer eigenthümlichen Familie, welche den Familien der Phalangiden und Phryniden verwandt ist. Die schlesische Art ist von den beiden beschriebenen Arten durch die allmähliche Verbreiterung des Hinterleibes nach hinten specifisch bestimmt unterschieden und wird daher A. Silesiacus genannt. Das einzige vorliegende Exemplar, von welchem übrigens auch der Gegendruck vorhanden ist, wurde von Herrn Markscheider Sabarth in Dortmund vor einer Reihe von Jahren an der bezeichneten Stelle aufgefunden und in dankbar von dem Vortragenden anerkannter Liberalität dem mineralogischen Museum als Geschenk übergeben. Es wurde endlich von demselben Vortragenden ein zwei Zoll dickes, durch parallele Schichtflächen begrenztes Stück Steinkohle vorgelegt, welches auf der einen Schichtfläche mit zahlreichen, flach zusammen- gedrückten und in Kohle verwandelten Stämmcehen von Lepidodendron mit rhombischen Blattnarben bedeckt ist, auf der anderen Schichtfläche aber einen flach zusammengedrückten und in glänzende Kohle verwandelten 4’), Zoll langen Lepidostrobus oder Lepidodendron-Zapfen zeigt. Aus dem Vorhandensein von Lepidodendron-Resten auf beiden Schichtflächen, lässt sich schliessen, dass auch die zwischenliegende Kohle vorzugsweise aus zusammengedrückten Theilen von Lepidodendron gebildet ist, — ein Umstand, der selten in gleicher Deutlichkeit nachweisbar sein wird, während die Zusammensetzung der Steinkohle aus zusammengedrückten Sigillarien-Stämmen bekanntlich sehr häufig und namentlich in den Kohlen- flötzen Oberschlesiens erkennbar ist. Das interessante Stück stammt aus dem liegenden Flötzzuge des Waldenburger Reviers und zwar wahr- scheinlich von der Segen-Gottes-Grube. Der Vortragende verdankt das- selbe der gütigen Mittheilung des Herrn Markscheider Bönisch in Reichenbach. 56 Jahres - Bericht Herr Professor Dr. v. Lasaulx machte am 25. Januar eine Mit- theilung über den Meteorfall zu Görlitz am 4. December v. J. Durch freundliche Vermittelung des Herrn Dr. Peck in Görlitz ist ihm von Herrn Leeder, Lehrer an der Mittelschule und Vorsitzenden der geographischen Section der naturforschenden Gesellschaft, ein ausführ- licher Bericht über jenes Ereigniss zugegangen. Das Meteor wurde früh Morgens 6°), Uhr von mehreren Personen im Niedergange beobachtet. Die glühende, hell leuchtende Kugel, von Nordwesten herkommend, fuhr über die Peterskirche hin und dann, sich in rapidem Falle senkend, an- scheinend kaum 1 Fuss hoch über die Dachfirsten der hart an der Neisse stehenden Häuser der Hotherstrasse weg in die Neisse. Nur ein einziger Beobachter will das Einschlagen in das Wasser selbst wahrgenommen haben, begleitet von weissem Aufschäumen und deutlichem Zischen. Die von ihm angegebene Stelle liegt nur wenige Meter entfernt von dem Punkt, den Herr Leeder aus sorgsamer Anfnahme der Oertlichkeit nach den Angaben der übrigen Zeugen als Ort des Einschlagens berechnet hat. Es liegt dieser ca. 50 m stromabwärts vom Neissewehr, welches zwischen den Häusern der Hotherstrasse und der Breslauerstrasse unter- halb der alten Neissebrücke herübergeht, vor der oberen Spitze der am meisten dem rechten Ufer nahe liegenden der drei dort vorhandenen, zum Theil als Inseln aufragenden Sandbänke. Jetzt steht über der Stelle etwa °/, bis 1 m Wasser, wenn aber vielleicht ein trockener Sommer sie frei legen sollte, so würde es immerhin von Interesse sein, dem kosmischen Sendlinge nachzuspüren. Derselbe Vortragende legte eine Arbeit des Herrn A. Renard, Conservator am Musee royal d’Histoire naturelle von Belgien vor: Sur la structure et la composition mineralogique de Cotieule etc. Die Resultate dieser interessanten Erforschung der sogen. Wetzschiefer der Ardennen werden durch Handstücke erläutert, die der Vortragende selbst gesammelt hat, sowie durch entsprechende von denselben angefertigte Dünnschliffe. Endlich bespricht der Vortragende das neue Werk des Directors der irischen geologischen Landesuntersuchung, des Herrn Prof. E. Hull zu Dublin: The physical Geology and Geographie of Ireland. London bei Stanford 1878. Der treffliche Kenner der geologischen Verhältnisse der grünen Insel bietet in dem ersten Theile dieses Buches eine kurz- gefasste Uebersicht über die Formationen und ihre Versteinerungen und Gesteine, an die sich im zweiten Theile eine eingehende Erörterung der gesammten orographischen Verhältnisse, der Bergketten und ihres „‚Birth- day“, der Flussthäler und der unzähligen Seen, sowie auch der centralen Ebene in trefflichen Einzelschilderungen anschliesst. Von ganz beson- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 57 derem Interesse ist dann auch noch der dritte Theil des Buches. Er handelt von der „glaciation of Ireland“ und ist von einer kleinen Ueber- siehtskarte über die alten Gletschergebiete und die von ihnen ausstrahlende Bewegung der transportirten Wasser begleitet. Die detaillirte Beschrei- bung der zahlreichen, über die ganze Insel verbreiteten Anzeichen und Reste der alten Vergletscherung, die zum Theil schon im ersten Theile des Buches ihre Erörterung fanden, sind hier zu einem ausserordentlich übersichtlichen und anziehenden Bilde zusammengefügt. Jeder Geologe und Freund des grünen Westlandes wird das Werk des irischen Forschers mit Freuden begrüssen. Schliesslich legte der Vortragende eine aussergewöhnlich schöne Krystallgruppe von Orthoklas, einen Sechszehnling, vor, den er der Güte des Herrn Zimmermann in Striegau verdankt, sowie seltene Zwillinge von Kalkspath, Zwillingsebene — 2 R, von Traversella in Piemont, die er durch Herrn Bergrath M. Braun in Aachen erhalten hat. Derselbe Vortragende sprach am 20. Februar über die optischen Erscheinungen und das Krystallsystem des Tridymit, sowie über die Methoden, deren er sich zur Untersuchung der so äusserst kleinen Krystalle bedient. Der Tridymit gehört nicht, wie man bisher nach den schönen Forschungen des Entdeckers dieses Minerals, Professor vom Rath, angenommen, dem hexagonalen System an, sondern dem rhombischen System, er ist eines der Mineralien, die eine ausgezeichnete hexagonale Pseudosymmetrie zeigen. Die scheinbar einfachen, sechs- seitigen Tafeln sind Zwillinge, ähnlich denen des Aragonites u. a. Mine- ralien, die zum Theil mit einer vollkommenen Penetration der einzelnen Theile gebildet sind. Der Vortragende hält es für wahrscheinlich, dass der Tridymit und die von Story Maskelyne beschriebene meteorische Kieselsäure, der Asmanit, identisch seien, isomorph mit der rhombischen Form der Titansäure, dem Brookit, der zum Theil, so z. B. im Arkansit gleichfalls pseudohexagonale Formen bietet. In der Sitzung am 24. April zeigte Herr Professor v. Lasaulx ein zur Demonstration bei Vorlesungen bestimmtes Polarisations-In- strument vor, das er unter Benutzung des Tubus und des polarisirenden Nicols eines Hartnack’schen Mikroskops durch Herrn Mechanikus Vetter, Schuhbrücke, hier hat construiren lassen. Es besteht nur aus einem Stativ, welches eine horizontale Hülse zur Aufnahme des Tubus und einen vertical stehenden drehbaren Tisch trägt, an dessen äusserer Seite, feststehend, der Polarisator eingeschoben wird, während der Analysator auf dem Tubus festgeklemmt ist, jedoch so, dass sein Nicol drehbar, wie dieses die Hartnack’sche Polarisationsvorrichtung besitzt. Jedoch müssen zur Erhaltung convergenten Lichtes die beiden im Hartnack’schen Ana- 58 Jahres - Bericht Iysator angebrachten, am Mikroskope als Ocular wirkenden Linsen ent- fernt werden. Die zu betrachtende Mineralplatte wird mit einer Klemm- vorrichtung auf dem Tische festgehalten. Zur Demonstration wird gegen das Fenster visirt; das Instructive des Instrumentes liegt vornehmlich darin, dass der Zuhörer durch Drehung des Tisches und Präparates so- wohl, wie durch Drehung des Analysators sich selbst von den hierdurch bewirkten Aenderungen der Interferenzbilder überzeugen kann. Da es nur der Anschaffung des Stativs bedarf, so ist das so ‚erhaltene Polari- sations-Instrument nicht theuer; es lassen sich damit alle Erscheinungen auf das Vollkommenste zeigen, die für die Mineraloptik von Bedeu- tung sind. Derselbe Vortragende sprach am 22. Mai über Beobachtungen bezüglich des optischen Verhaltens des Analeims vom Monte Catini in Toscana, dessen klare Krystalle ihm ausgezeichnete Präparate zum opti- schen Studium geliefert haben. Die Analeim-Krystalle erweisen sich als complieirte Zwillingsverwachsungen trikliner Einzelformen. Derselbe spricht ferner über das optische Verhalten und den Asteris- mus der Glimmer aus der Gruppe der sog. Vermiculite, welche ganz ähnliche Verhältnisse zeigen, wie sie am Glimmer von Bourgess, Canada, schon beschrieben sind. Der Asterismus beruht nicht allein auf der Ein- lagerung kleiner Nadeln eines anderen Minerals, sondern auch auf dem blossen Reflex an den parallel den Druck- und Schlaglinien durchgehen- den Absonderungsfugen. Mit aller Bestimmtheit ergiebt sich, dass die eingelagerten fremden Nadeln nicht dem Glimmer angehören, sondern einem Minerale von anderer optischer Orientirung und anderer Form, dessen Natur noch nicht sicher festgestellt werden konnte, Derselbe Vortragende legte am 26. Juni vor und bespricht ein neues amerikanisches Werk: Mr. George W. Hawes’ Mineralogy and Lithology of New-Hampshire. Concord. Edw. Jenks, 1878. Es bildet den 4. Theil einer Reihe von Publicationen über die gesammte Geologie dieses Staates, die von der Landesuntersuchung durch den Staatsgeologen C. H. Hiteheock herausgegeben werden. Eine ganze Reihe der in dem Buche niedergelegten Beobachtungrn wurden von dem Verfasser in dem mineralogischen Institute der Breslauer Universität unter Leitung des Vortragenden angestellt, besonders hier ein grosser Theil der beschriebenen Gesteine mikroskopisch studirt und mit europäischen Typen verglichen. Mr. Hawes hatte zu diesem Zwecke ein Semester hier zugebracht. Die Ausstattung des Werkes ist prächtig, zwölf vorzüglich ausgeführte Tafeln, davon 10 in Buntdruck, stellen krystallographische und mikroskopische Verhältnisse der beschriebenen Mineralien und Gesteine dar. Es ist das erste von einem amerikanischen Autor verfasste Werk, in welchem die = 1 a der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 59 neueren Methoden der petrographischen Forschung dargelegt und ange- wendet werden. Der erste Theil desselben, in welchem die Mineralien von New-Hampshire kurz beschrieben werden, bietet zwar nichts wesent- lich Neues und behandelt die einzelnen Mineralien nur ziemlich kurz und ohne ein näheres Eingehen auf ihre krystallographischen Verhältnisse. Dagegen enthält der zweite Theil, die Lithologie, eine ganze Reihe neuer, interessanter Details über die Mikrostructur der dortigen Gesteine und werden dieselben wohl zum ersten Male zu europäischen Gesteinen in richtige Beziehung gebracht. Erfreulich ist es, zu sehen, wie der treff- liehen Arbeit des Forschers auch die würdige Ausstattung entspricht, zu welcher der Staat freigebig die Mittel giebt. Herr Prof. v. Lasaulx zeigte am 24. Juli einen kleinen Apparat vor, der dazu bestimmt ist, den Winkel der optischen Axen unter dem als Polarisations-Apparat in convergentem Licht verwandten Mikroskop möglichst annähernd zu messen. Der Apparat wurde nach den Zeich- nungen des Vortragenden von Herrn Mechanikus Vetter, Schuhbrücke hier, ausgeführt. Derselbe berichtet dann über ein von ihm gelegentlich einer geolo- gischen Excursion nach Friedberg in Oesterr.- Schlesien aufgefundenes neues Vorkommen von Olivingabbro. Derselbe bildet eine den öst- lichen Abhängen der Gneishöhen aufgesetzte kleine Kuppe in einem kleinen Seitenthale rechts von der Strasse von Jauernig nach Friedberg, nahe dem Dorfe Sörgsdorf. Dort wird das Gestein, wie Herr Forst- meister Müller mir mittheilte, schon seit etwa einem Jahre gebrochen und wegen seiner fast gleichmässig schwarzen Farbe als Basalt auf die Chausseen gefahren. Das Gestein ist ganz ausserordentlich reich an Ölivin, daneben erscheint Plagioklas und wenig, aber ganz typischer Diallag. Der Olivin zeigt ganz ausgezeichnete Umwandlungs - Erschei- nungen. Besonders auffallend erscheint eine die Olivinkörner umsäumende helle faserige Zone, die an anderen ähnlichen Olivinvorkommen in der Weise selten beobachtet ist. Die Structur dieser Zone ist oft sehr regel- mässig und erinnert in etwas an die Structur der in den ÖOphicaleiten gefundenen Bildungen, die als Eozoon canadense berühmt sind. Von dem als Forellenstein von Volpersdorf bekannten Olivingabbro weicht das vorliegende Gestein besonders durch diese Umwandlungs-Erscheinungen und den Reichthum an Olivin ziemlich erheblich ab. Endlich berichtet der Vortragende über eine von ihm durchgeführte krystallographisch- optische Untersuchung des Desmins, Hieraus folgt, dass der Desmin, wie Harmotom und Phillipsit, gleichfalls dem monoklinen System angehört und nicht dem rhombischen, wie man bis jetzt angenommen. Seine scheinbar einfachen Krystalle sind schon Zwillinge resp. Vierlinge nach den beiden Gesetzen: Zwillingsaxe 60 Jahres - Bericht die Normale zur Basis und Zwillingsaxe die Klinodiagonale. Nach den erneuerten Messungen, die der Vortragende ausgeführt, ergiebt sich das Axenverhältniss a:b: ce = 0,76236 :1:1,19395, B = 50° 49‘, in naher Uebereinstimmung mit den Kreuzsteinen. Die optische Prüfung bestätigt die Zwillingsverwachsung. Auf der Symmetrieebene zeigt sich eine Vier- theilung unter gekreuzten Nicols, die gegenüberliegenden Felder sind gleich orientirt, die nebeneinanderliegenden weichen um 10° in der Aus- löschungsrichtung von einander ab, sonach ergiebt sich für jeden einzelnen Theil eine Auslöschungsschiefe von 5° gegen die Klinoaxe oder Basis, Die Ebene der optischen Axen ist die Symmetrieebene, die Bisseetrix bildet mit der Verticalaxe einen Winkel von 44°. In Schnitten aus der orthodiagonalen Zone herrscht vollkommene parallele und senkrechte Örientirung. Ausser den Theilen, deren optische Orientirung mit der äusseren Form und Zwillingsbildung übereinstimmte, treten auch noch andere Theile auf, zwischen den ersteren vier Feldern gelegen, die eine durchaus abweichende optische Orientirung zeigen, deren Stellung oder das Gesetz ihrer Einschaltung nicht bestimmbar schien. Diese überwiegen oft derart, so z. B. im Desmin von Andreasberg und Bekkafjord, dass dann der ganze Krystall aus Substanz besteht, die eine andere optische Orientirung besitzt, als es die krystallographische äussere Formentwicke- lung bedingt. Im Gegensatze zu der normalen Substanz, die sich in der That optisch so verhält, wie es ihre Form erkennen lässt, nennt der Vortragende die andere inverse Substanz. Dass diese letztere dort, wo sie einen Krystall aufbaut, in ihrer optischen Stellung durch bestimmte Gesetze der Zwillungsverwachsung bedingt ist, ist nicht fraglich; nur das Gesetz selbst lässt sich nicht immer mit Sicherheit definiren. Inverse Substanz ist z. B. auch an dem Baue der Tridymittafeln oft vorherrschend betheiligt. Als Resultat der Untersuchungen am Desmin ergiebt sich, dass derselbe mit Harmotom und Phillipsit isomorph ist. Auffallend treten nun auch die Analogien dieser ganzen Gruppe mit den Feldspathen hervor, besonders bezüglich der Zwillingsbildungen. Die alte, bisher ziemlich unbeachtet gebliebene Auffassung Breithaupt’s erhält nun, wenn auch auf anderer Grundlage, ihre volle Bestätigung. Herr Dr. phil. Paul Klien legte in der Sitzung am 20. Februar eine Platte von Catlinit aus dem Rock County im südlichen Minnesota vor. Das Mineral, ziegelroth mit einem Stich in blau, von Jackson nach dem nordamerikanischen Reisenden Catlin benannt, wurde als ein Natron- Thonerdesilicat mit 5—7 pCt. Eisenoxyd und 4,5—8,5 pCt. Wasser als eigene Species beschrieben. Dana machte jedoch bereits darauf auf- merksam, dass es als eine Felsart zu betrachten sei. Es findet sich nach Hayden in dünnen Lagen (5—20 cm) in einem metamorphosirten Kreide- gestein am oberen Missouri, in ziemlieher Ausdehnung. Seiner geringen Lew, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 61 Härte wegen lässt es sich mit dem Messer leicht bearbeiten und ver- fertigen die Scioux-Indianer Pfeifen daraus. Die mikroskopische Untersuchung von Dünnschliffen ergab, dass in einer aus farblosen Körnchen von etwa 0,004 mm gebildeten Masse, die nur schwach auf polarisirtes Licht wirkt, zahlreiche Krystalle eines rothen Minerals und Quarzkrystalle von 0,005—0,02 mm vertheilt sind. Die rothen Krystalle 0,02—0,1 mm, gewöhnlich etwa 0,04 mm lang, 0,02 -—0,03 mm breit, sind spindelförmig oder von länglich rhombischem Querschnitt, ohne scharfe Begrenzung. Häufig wurden Durehkreuzungs- zwillinge, die an Staurolithzwillinge nach dem zweiten Gesetze erinnern, beobachtet. Da die Krystalle im Dünnschliff nicht durchsichtig genug werden, um eine Untersuchung im polarisirten Lichte zu gestatten, so lässt sich das Krystallsystem noch nicht angeben. Das Mineral wird von Salzsäure auch bei anhaltendem Kochen nur schwach angegriffen, rührte die rothe Färbung daher nur von eingelagertem Eisenoxyd her, so würde sie schneller verschwinden, denn fein vertheiltes Eisenoxyd, wie z. B. in dem rothen Eisenocker von Elba, wird von Salzsäure sehr leicht zu Eisenchlorid gelöst. Dieses Verhalten spricht dafür, die rothen Krystalle als ein eisenhaltiges, vielleicht zeolithähnliches Silicat zu betrachten, für welches der Name Catlinit beizubehalten ist, die unter diesem Namen beschriebene Masse dagegen zu den Gesteinen zu stellen. Derselbe legte ferner einige Stufen von Kryolith aus Evigtok in Grönland mit Fluorit vor, die er beim Durchsuchen der grossen Vorräthe der Thonerdefabrik des Herrn Geheimrath Löwig in Goldschmiede auf- gefunden hatte. Das Vorkommen von Fluorit im Kryolith wird bereits von Tayler (Quart.-Journ. 1856. 12. p. 140) mit aufgezählt, scheint aber nur selten in Sammlungen gekommen zu sein, da es in der sehr voll- ständigen Sammlung des mineralogischen Museums fehlte. Der Fluorit von grünlicher bis nelkenbrauner Farbe ist in Krystallen Combination des Hexaäders mit dem Octa&der von 1—3 em Grösse in dunklem Kryolith eingewachsen, und gewinnt das Vorkommen dadurch an Interesse, dass eingewachsene Fluoritkrystalle sich nur an wenigen Orten (Kongsberg, Brevig) finden. An letztgenannten Punkten ist er in Caleit eingewachsen, Die Krystalle des Fluorit von Evigtok sind oft eigenthümlich körnig, so dass nicht immer deutliche Spaltungsstücke erhalten werden, was das Erkennen erschwert. Es rührt dies von einer Zerklüftung der Krystalle her, auf den Kluftflächen ist häufig Bleiglanz oder Hämatit abgeschieden. Beim Erhitzen phosphoreseirt er schön und wird weiss oder schwach röthlich. Auch der dunkle Kryolith phosphoreseirt beim Erhitzen und entfärbt sich; der helle Kryolith dagegen zeigt keine Spur von Phos- phorescenz. Hierdurch gewinnt die von Tayler ausgesprochene Ansicht, dass der Kryolith der oberen Teufen durch die darüber gelagerte Trapp- decke entfärbt worden sei, an Wahrscheinlichkeit. 62 Jahres - Bericht Ferner legte derselbe einen Krystall von Rauchquarz mit dem Ab- druck einer Caleitplatte aus Striegau vor. Der Krystall gleicht den aus der Schweiz beschriebenen vollkommen und zeigt die trigonale Streifung der Caleittafel sehr schön. Wäre die Platte fast rechtwinklig gegen die Hauptaxe des Quarzes gestellt gewesen, so würde am Quarz eine Fläche ausgebildet sein, die für die gerade Endfläche gehalten werden könnte, wenn man einen Krystall für sich beurtheilte. Viele, wenn nicht alle Krystalle von Quarz, welche die gerade Endfläche zeigen sollen, werden von derartigen Druckflächen begrenzt. Schliesslich legte derselbe Chromgranat auf Prehnit von Jordansmühl vor, ein für die Provinz neues Mineralvorkommen. Der Chromgranat bildet grüne Ueberzüge, welche kleine Granato@der erkennen lassen, auf Prehnit, und durchsetzt letzteren nebst kleinen Partien von Chromit in feinkörnigen Aggregaten. Die Bildung des Chromgranat wird durch die Gegenwart des Chromit erklärt. Die Stufe wurde ihm von Herrn Dr. Thalheim in Polnisch- Wartenberg, dem wir die Kenntniss der schönen weissen Granaten von Jordansmühl verdanken, zur Untersuchung über- geben und dem Museum überlassen, wofür der Vortragende genanntem Herrn seinen Dank. aussprach. Am 20. Juni legte Herr Dr. Klien Diaspor von Jordansmühl vor. Es ist das erste deutsche Vorkommen dieses wenig verbreiteten Minerals. Der interessante Fund wurde von dem eifrigen Sammler Herrn Dr. Thal- heim gemacht, dem das Mineral durch seinen starken Perlmutterglanz, fast Diamantglanz, in zur Wegebesserung bereitliegenden Serpentin- gesteinen auffiel.e. In den dem mineralogischen Museum zur Untersuchung übergebenen Stücken vermuthete Herr Geheimrath Prof. Dr. Römer beim ersten Anblick Diaspor, welche Vermuthung durch chemische und optische Versuche des Vortragenden bestätigt wurde. Der Diaspor von Jordansmühl ist farblos, wasserhell und derb, in zuweilen mehrere Centi- meter grossen blätterigen Partien abgesondert. Nur an einem Stück mit verworren blätterigen Aggregaten ist das Mineral weiss und mit Eisen- oxydhydrat durchzogen, so dass es an das russische Vorkommen von Mramorskoi erinnert. Deutliche Krystalle wurden bisher noch nicht auf- gefunden. Beim Erhitzen deerepitirt er nur schwach oder gar nicht, zeigt aber im Uebrigen die für Diaspor charakteristischen Reactionen. Er zerfällt vor dem Löthrohr zu glänzenden weissen Blättehen, wird mit Kobaltsolution blau und löst sich in Borax zu einem farblosen Glas. Er ist also eisenfrei. Dünne Blättchen sind schwach dichroitisch und haben zwischen gekreuzten Nicols einen entschieden rhombischen Cha- rakter, Dem Aussehen nach gleicht der Diaspor von Jordansmühl am meisten dem von Texas in Pennsylvanien. In ihrem Vorkommen. sind beide jedoch sehr verschieden. Der amerikanische findet sich in I Dr Due u Ei ons Da A ı ch A u dic id | 0 2 ee ee u u ea > En der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 63 Begleitung von Chlorit und körnigem Chromit, der Diaspor von Jordans- mühl dagegen in einem zum grössten Theil von diehtem Granat gebildeten Gestein, auf dessen Kluftflächen zahlreiche wasserhelle und rauchgraue kleine Granaten auskrystallisirt sind. Das Gestein steht in dem zu Gleinitz gehörenden Theile des Serpentinbruches von Jordansmühl an. Es bildet den Stock einer Serpentinkuppe, die aus zum Theil schon sehr verwittertem, zerklüfteten Serpentin besteht. Die Diaspor führende Partie des Granatfels scheint ganz abgebaut zu sein, denn bei einem Besuche des Vortragenden wurde nur das Gestein aufgefunden. Derselbe Vortragende legte Manganosit von Langban in Schweden vor. Das Mineral, Manganoxydul, mit der bedeutenden Härte 5—6, findet sich in körnigem Caleit eingewachsen und wurde zuerst von Professor Blomstrand in London beschrieben. Nach ihm kommt das Mineral in dunklen unregelmässigen Körnern, mit deutlich hexaädrischer Spaltbarkeit im Caleit vor, besitzt eine dunkel smaragdgrüne Farbe, im durchfallenden Lichte jedoch einen rubinrothen Schimmer. — Durch letztere Angabe sah sich der Vortragende veranlasst, den Maganosit näher zu prüfen. Das Mineral ist isotrop, also regulär, und sowohl im refleetirten wie im durchfallenden Lichte schön dunkel smaragdgrün. An der Luft überzieht es sich schon nach wenigen Wochen mit einer braunen Oxyd- schicht. Die leichte Oxydirbarkeit ist der Grund, dass das Mineral auf Spalten häufig eine braune Oxydschicht trägt, die Blomstrand wahr- scheinlich zu der Angabe von rubinrothem Schimmer bei durchfallendem Lichte Veranlassung gab. Die eingewachsenen Körner (bis 1 cm im Durehmesser gross) sind schalig aufgebaute Oktaöder, auf der Oberfläche stets mit Oxyd überzogen, so dass man nie einen frischen Manganosit- Krystall erhalten wird. Es war daher von Interesse, die aufbauenden Elemente kennen zu lernen. Beim Aetzen von Spaltungsflächen mit Salz- säure und Schwefelsäure wurden gleichgestaltete Aetzfiguren erhalten. Dieselben, auffallend klein, 0,0018— 0,007 mm gross, sind vierseitige Pyramiden, meist mit quadratischer Basis, deren Umrisse den Combinations- kanten des Hexaäders mit dem ÖOktaöder parallel gehen, und die nach den Diagonalen der Hexa&derflächen angeordnet sind, Die Subindividuen sind mithin vieinale Ikositetraöäder. Bei längerer Einwirkung des Aetz- mittels runden sich die Aetzfiguren und werden undeutlich, es gelingt nicht, sie grösser als oben angegeben zu erhalten. Ferner theilte derselbe seine krystallographische Untersuchung von Kaliplumbat-Krystallen mit. Die Krystalle sind von Herrn Dr. Seydel im Laboratorium des Herrn Geheimrath Professor Dr. Löwig dargestellt worden. Die Krystalle, meist 2-3 mm gross (auch 1 em), waren durch Auflagern im Gefüss tafelförmig und hatten einen hexagonalen Typus. Die Messungen derselben können nicht auf absolute Genauigkeit Anspruch machen, da das Salz nur in der Mutterlauge unverändert bleibt, an der 64 Jahres - Bericht Luft jedoch von der Kohlensäure sofort angegriffen wird und sich nach wenigen Minuten mit einer gelben Schicht von Bleisäure überzieht. Die Krystalle sind quadratischh Das Axenverhältniss a:ce = 1: 1,2216. Es sind Combinationen eines Okta&äders von 104° 32‘ Endkanten- und 119° 52° Seitenkantenwinkel mit untergeordneten Flächen des ersten stumpferen Oktaöders, des ersten und zweiten quadratischen Prismas und der geraden Endfläche. Die Flächen des Hauptokta@ders, des zweiten Prismas und der geraden Endfläche sind glänzend, die Flächen des ersten stumpferen Okta@ders und des ersten Prismas matt. Parallel der geraden Endfläche scheint eine Spaltbarkeit vorhanden zu sein, jedoch konnten deutliche Spaltungsflächen wegen zahlreicher Einschlüsse von Mutterlauge nicht erhalten werden. In der Sitzung am 13. November legte Herr Dr. Paul Klien Örthoklas-Zwillinge aus dem Granit von Striegau und Königs- hayn vor, die scheinbar nach dem dritten Zwillingsgesetz des Orthoklas: Zwillingsachse die Normale der Basis, verwachsen sind. Dieses Gesetz, dessen Existenz noch nicht vollkommen sichergestellt ist, wurde zuerst von Hauy (Trait& 2e. ed. III. p. 91) beschrieben und ging von da in die Handbücher von Mohs, Breithaupt, Hausmann, Naumann über, ohne dass etwas Näheres über die Ausbildungsweise oder über Fundorte angegeben wurde. Erst Descloizeaux (Manuel 1862 p. 528) erwähnt das Gesetz au einem Orthoklas-Krystall von Elba, den er abbildet, und vom Adular (Pfitsch, $t. Gotthard). Blum, dem diese Angaben entgangen waren, be- schrieb 1863 (N. Jahrb. f. Min. p. 343) an Krystallen aus verwittertem Porphyr von Manebach im Thüringer Walde dieses Gesetz als ein neues, als „Manebacher Gesetz“, unter welchem Namen es sich fälschlich in mehreren Lehrbüchern eingebürgert hat. Quenstedt wies in seinem Hand- buche darauf hin, dass man dies Gesetz als Folge von wiederholter Zwillingsbildung nach dem zweiten, dem Bavenoer Gesetz: Zwillingsachse die Normale des basischen Prismas 2f (n), betrachten könnte, da sich das erste und dritte Individuum fast genau in der Lage befänden, wie die nach dem dritten Gesetz verbundenen Individuen, wenn man von dem geringen Fehler absähe, der dadurch entsteht, dass der Winkel 2f:2f nur 89° 30° statt 90° beträgt. Bei wiederholter Zwillingsbildung nach dem zweiten Gesetz haben das erste und dritte Individuum fast eine Lage, die man auch durch fol- gendes Gesetz ausdrücken kann: Zwillingsachse die Achse a, die Zwillingsebene keine krystallonomische Fläche, Zusammensetzungsfläche die Basis. Die geometrische Erscheinungsweise dieses und des dritten Gesetzes ist dieselbe. Beide Individuen haben die Basis gemein, liegen umgekehrt und die Längsflächen (M) fallen in eine Ebene. Man hat es daher für willkürlich gehalten, welches Gesetz für die mit der Basis ver- LA 2 2 0 Se 0 3.) 1 SEE der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 65 bundenen Individuen anzunehmen sei. Durch die Eigenthümlichkeit un- gleicher Spaltbarkeit parallel den Flächen des verticalen Hauptprismas, sind diese beiden Gesetze jedoch verschieden. Bezeichnet man die Prismenflächen, parallel denen die vollkommene Spaltbarkeit verläuft, mit g, die anderen mit g‘, so würde bei einem Zwilling nach dem dritten Gesetz g über g, g‘ über g‘, bei dem Gesetz Zwillingsachse die Achse a jedoch g über g’ und umgekehrt zu liegen kommen. Man hat also an der Spaltbarkeit ein Mittel in der Hand, die Frage zu entscheiden, ob die Krystalle nach dem dritten Gesetz oder nach dem mit ihm in der äusseren Erscheinungsweise gleichen Gesetz: Zwillingsachse die Achse a, ver- wachsen sind. Ein Krystall der Combination bc d‘g (M Px T) von Striegau nach der Achse a prismatisch entwickelt, mit untergeordneten Flächen des verticalen Prismas g, anscheinend nach dem dritten Gesetz gebildet, ragte mit dem Ende, an dem die Flächen d‘ einen ausspringenden Winkel bilden, 1°, cm aus dem Granit hervor. Die Flächen g bildeten kleine einspringende Winkel. An diesem Krystall wurden Spaltungsflächen parallel dem verticalen Prisma hergestellt. Es war ein deutlicher Unter- schied hinsichtlich der Vollkommenheit der Spaltungsrichtungen zu be- merken; ferner lagen die Flächen g über g‘. Der Zwilling war somit nicht nach dem dritten Gesetze gebildet und war es noch zu entscheiden, ob hier das Gesetz Zwillingsachse die Achse a oder das zweite Gesetz _ vorliege. Auf den Längsflächen sah man die Zwillingsgrenze als feinen Spalt verlaufen. Beim Losschlagen des Krystalls trennte sich derselbe nach diesem Spalt in zwei Stücke; die Trennungsflächen parallel der Basis waren glattflächig, mit einer dünnen Haut von Eisenoxydhydrat, stellenweise mit Mangan überzogen. Wären die beiden Individuen mit dieser Fläche als Zwillingsebene oder Zusammensetzungsfläche verbunden gewesen, so würde hier eine festere Einigung stattgefunden haben. Waren sie dagegen nach dem Bavenoer Gesetz verwachsen, so waren die Basen unter einen Winkel von 1 Grad gegen einander geneigt und erklären sich hierdurch die Absätze darauf und der Spalt auf der Längs- fläche. An einem anderen Zwilling von Striegau von demselben Habitus _ waren die Längsflächen beider Individuen auf der einen Seite mit einer dünnen Lage von Albitkrystallen bekleidet, und trat auch hier der Spalt deutlich hervor. Die Albitlage des einen Individuums spiegelte nicht vollkommen mit der des anderen ein und betrug die Abweichung nach Messungen mit dem Reflexionsgoniometer ungefähr einen Grad, so dass auch hier eine Verwachsung nach dem zweiten Gesetz anzunehmen ist. Bei allen übrigen Zwillingskrystallen dieses Habitus wurde theils der Spalt beobachtet, theils war ein drittes Individuum, wenn auch meist sehr zurückgedrängt, erkennbar. Es sind also die scheinbar nach dem dritten Gesetz verwachsenen Zwillinge von Striegau und 5 66 Jahres - Bericht Königshayn nur als eine eisenthümliche Ausbildung von Zwillingen nach dem Bavenoer Gesetz aufzufassen. Derselbe legte ferner eigenthümliche okta@drische Krystalle von Prehnit aus Jordansmühl vor. Die Krystalle, meist gelblich- weiss und durchscheinend, selten farblos und durchsichtig, 5—15 mm lang, 1—3 mm im Durchmesser, werden von dem spitzen Oktaöder /, o= (a:b: ', e) begrenzt, dessen scharfe Endkanten meist schmal abgestumpft sind. Bisweilen findet sich die gerade Endfläche klein, aber stark glänzend, während die übrigen Flächen häufig matt oder rauh sind. Auf den Oktaöderflächen verlaufen parallel den Endkanten Näthe, die an die spiessigen Aragonitkrystalle erinnern. Die Krystalle sind parallel der geraden Endfläche vollkommen spaltbar. Untersucht man genügend durchscheinende, besser parallel der geraden Endfläche dünn geschliffene Plättehen im polarisirten Lichte, so sieht man verschieden gefärbte La- mellen parallel einer Prismenfläche oder auch keilförmige anders gefärbte Stücke eingeschaltet. Die verschiedenen Farben heben sich mit scharfen Grenzen von einander ab. Bei Drehung des Analysators setzen sie sich in die Complementärfarben um. Es sind diese oktaäödrischen Krystalle ausnahmelos polysynthetische Zwillinge nach dem Gesetz: Zwillingsachse die Normale einer Fläche des vertiealen Hauptprismas. Endlich legte derselbe Pseudomorphosen von Pyrolusit nach Caleit von Jordansmühl vor. Das Vorkommen ist von Interesse, da Caleit bis jetzt hier nicht gefunden worden ist. Die 2—8 mm grossen Krystalle sind spitze Rhomboöder, vielleicht 4r in Combination mit der geraden Endfläche, mit abgerundeten Kanten. Sie sitzen auf und zwischen stalaktitischem wasserhellen Hyalit, sind also mit demselben gleichzeitig gebildet. Im Innern enthalten sie gewöhnlich einen Kern von Manganit, so dass der Caleit zuerst von Manganit verdrängt wurde, der sich dann später in Pyrolusit umwandelte. Herr Geheimer Medieinalrath Professor Dr. Göppert legte in der Sitzung am 24. April einige Abbildungen der Debeya serratifolia Miquel aus dem Quader bei Löwenberg und Bunzlau vor, welche zu der von ihm noch herauszugebenden Flora der Kreide Schlesiens gehören, deren Originale sich früher in seinem Besitze und gegenwärtig in dem Mine- raliencabinet unserer Universität befinden. Die erstgenannte Pflanze ge- hört zu den Charakterpflanzen jener Lager der Kreideformation. Herr Proseetor und Privatdocent Dr. G. Born trug in der Sitzung am 23. Januar über seine in neuester Zeit fortgesetzten Unter- suchungen des Carpus und Tarsusskelettes von Anuren und Sauriern vor und wies namentlich auf die grosse Variabilität in der Bildung der 6. Zehe bei Individuen einer und derselben Art hin. Ebenso der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 67 ergeben sich eine Reihe verschiedener Variationen im Baue des Corpus von Chamaeleo, die sehr wohl geeignet waren, die Divergenz in den An- gaben der Autoren zu erklären. Herr Dr. A. Eugen Fick, Assistent am anatomischen Museum, sprach am 26. Juni über die Entwickelung der Rippen und Querfortsätze bei Amphibien. Der Vortragende erinnert zunächst an die Behauptung Gegenbaur’s, dass Rippen und untere Bogen einander homolog seien. Da Gegenbaur die von vergleichenden Anatomen hiergegen gemachten Einwände nicht anerkennt, so muss die Entwickelungsgeschichte den Ausschlag geben. Der Vortragende hat von diesem Gesichtspunkt aus die Entwickelung der Rippen und Querfortsätze an den Larven von Triton taeniatus untersucht und ist zu folgenden Ergebnissen gelangt: Die Rippen gliedern sich nicht, wie Götte meint, von einem Rippen- fortsatz ab, sondern sie entstehen selbständig und treten erst nachträglich mit einem Querfortsatz und mittelbar mit den oberen Bögen in Ver- bindung. Die erste Anlage einer Rippe findet man als einen aus granu lirten Körpern bestehenden Zellhaufen im peripheren Ende eines Myo- comma und zwar an derjenigen Stelle, wo sich die Fläche des Myocomma mit einer der Achse des Thieres parallel laufenden äusseren Seitenrinne schneidet. Die Elemente dieser ersten Rippenanlage sind die Kerne des intermuskulären Bindegewebes. Während diese granulirten Kerne sich in Knorpel verwandeln, tritt nahe am chordalen Ende der oberen Bogen- schenkel ein ähnlicher Zellhaufen gleichfalls im Myocomma auf. Der Zellhaufen entwickelt sich sofort zu einem knorpeligen Querfortsatz und tritt hierauf erst mit dem oberen Bogen in Verbindung. Querfortsatz und Rippen bilden bereits in diesem Stadium ein solides Ganzes, das jedoch nur an seinem peripheren und an seinem centralen Ende aus Knorpel, in der Mitte dagegen aus den granulirten Kernen embryonalen Bindegewebes besteht; das Ganze tritt übrigens nicht aus der Ebene des Myocomma heraus. Eine zweite Verbindung zwischen Rippe und oberen Bogen entsteht gleichzeitig dort, abwärts von dem beschriebenen Gebilde und könnte etwa Querspange genannt werden. Gerade an ihr lässt sich am deutlichsten verfolgen, dass die Kerne des intermuskulären Binde- gewebes sich zunächst vergrössern, vermehren und hierauf in Knorpel- zellen umwandeln, dass also von einem Hervorsprossen aus dem oberen Bogen auch für dieses Gebilde keine Rede sein kann. Herr Dr. H. Strasser, Assistent am anatomischen Institut, theilte in der. Sitzung am 23. Januar die Resultate seiner Untersuchungen über die erste Entwickelung des Extremitätenskeletts bei Am- 5* 68 Jahres - Bericht phibien, Reptilien und Säugethieren mit. Die Entwickelungsverhältnisse der menschlichen Phalangen sind von ihm speciell mit Rücksicht auf die von Henke 1874 gemeldeten Befunde einer genauern Prüfung unterzogen worden. Derselbe Vortragende theilte am 16. December im Anschluss an seine im Januar über die Phalangenknorpel gemachten Mittheilungen einige Resultate der weiter fortgeführten Untersuchung mit, welche auf die erste Gliederung der skelettogenen Anlage in den Extremitäten von Salamandern und Tritonen Bezug haben. Sodann wies er auf physi- kalische Verhältnisse hin, welche bei der Entwickelung der skelettbilden- den Gewebe von Bedeutung sind. Es hat sich nämlich bestätigt, dass in den axialen Zellsäulen, welche vielerorts die erste Anlage des Skeletts darstellen, die Zellelemente in der Richtung von der Spitze nach der Basis der Extremität stärker gegeneinander drücken. Dies ist möglich, weil auch die ganz jungen Zellen nur unvollkommen gegeneinander ver- schiebbar sind und weil sich in der Folge in dem Protoplasma, welches zwischen den fester geformten Kernen liegt, diehtere Substanzen bilden. Letztere schliessen sich in den axialen Partien zu zusammenhängenden, die Zellen umfassenden Scheidewänden, welche zusammen ein sogenanntes Alveolenwerk bilden. (Die Thatsache, dass ein solches Gerüst von Scheidewänden früh vorhandeu ist und dass es erst später durch Um- wandlung zur Knorpelgrundsubstanz wird, ist für die histologische Auf- fassung des Knorpels von Wichtigkeit.) Dass die Zellen der axialen Säulen in proximo-distaler Richtung stärker gegeneinander drücken, wird u. A. durch folgende zwei Erschei- nungen illustrirt: a. In den Fingeraxen kommen unter Umständen, bevor das Alveolen- werk stärker gefestigt (verknorpelt) ist, Verschiebungen von Längs- abschnitten gegeneinander mit Bildung einer schrägen Verwerfungs- fläche vor; in der Nähe der letzteren sind die Zellen aus ihrer Querstellung abgedreht und mehr der Verwerfungsfläche parallel. b. Die wenig weiter entwickelten dünnen Endtheile der Fingeraxen zeigen sich ausnahmsweise auffallend stark Sförmig gekrümmt, Ist das Alveolenwerk verknorpelt, so erhalten sich die einzelnen zellhaltenden Alveolen zunächst wesentlich wie mit Flüssigkeit gefüllte Blasen, deren Wand mehr oder weniger gespannt ist. Auch solche Alveolen können allmählich von zwei Seiten her abgeplattet werden. Der Vortragende setzte auseinander, wie vielerorts eine eigenthümliche architektonische Anordnung der Scheidewände erklärt werden kann aus Wachsthumsverhältnissen, welche nicht für jede einzelne Zelle ganz be- sondere sind, sondern grössere Gewebspartien im Ganzen betreffen. Das Einzelne erklärt sich dabei durch die physikalische Wechselbeziehung der Gewebe. PN DT der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 69 Herr Dr. G. Joseph, Docent an der Universität, machte in der Sitzung am 30. October Mittheilungen über die in den Gewässern der Krainer Tropfsteinhöhlen einheimischen Räderthiere. Die grossen Schwierigkeiten, welche in den, noch gegenwärtig von Bächen durchströmten, Tropfsteingrotten feineren zoologischen Unter- suchungen sich entgegenstellen und die von der Oertlichkeit beanspruchten Leistungen in Biegsamkeit und Unempfindlichkeit des Körpers, sind der Grund, dass die mit unbewaffnetem Auge nicht wahrnehmbaren Bewohner der Grotten, wie minutiöse Formen von Krebsen und Würmern, Räder- thiere, Infusorien und Wurzelfüsser bisher gänzlich unbekannt geblieben sind. Nachstehende und in späteren Vorträgen folgende Mittheilungen im Anschlusse an die bereits erfolgten Veröffentlichungen früherer Ent- deckungen des Vortragenden sind bestrebt, diese Lücke theilweise aus- zufüllen. Obgleich in der ewigen Nacht der Grotten 1) die Wirkung des Wechsels von Tag und Nacht und 2) der Einfluss, welchen die Jahres- zeiten auf den Kreislauf des organischen Lebens auf der Oberwelt aus- üben, einerseits durch steten Mangel des Lichts, andererseits durch nahezu gleichmässige — im Winter nicht unter 5° R. sinkende, im Sommer nicht über 7° steigende — Temperatur des Wassers und der Luft fast ganz verwischt sind, so ist doch eine Zeit im Jahre, der Frühling, dessen belebender Hauch auch hier sich bemerklich macht. Im März durchtoben die Bäche, auch diejenigen, welche sonst die Grotten lautlos durchfliessen, bei vermehrtem Wasserzufluss letztere mit grösserer Gewalt und schwemmen eine Masse thierischer und pflanzlicher Stoffe in deren innerste Räume, wo sich ihre langsame Zersetzung voll- zieht. Auf demselben Wege gelangen auch wohlerhalteue pflanzliche Keime, Diatomeen u. s. w. hierher, wo bei stetem Mangel des Lichtes nur die bleichen Mycelien von Pilzen an den feuchten Wänden und das wasserhelle Fadengewirr von Algen und Conferven in dem kleinen, vom Hochwasser übrig gelassenen, Wasserbecken ihr kümmerliches Dasein kurze Zeit fristen, um mit dem Austrocknen desselben es wieder einzu- büssen. Jene, der Oberwelt entstammenden, organischen Ueberreste sind die Nährstoffe und der Tummelplatz einer Welt kleiner Geschöpfe, welche ihrerseits grösseren Grottenbewohnern zur Nahrung anheimfallen. Aus Vorstehendem erklärt sich, warum nur diejenigen Grottenbäche nebst den von denselben mit Wasser versorgten Becken mikroskopische Be- wohner beherbergen, welche, ehe sie in die inneren Räume der Grotte eintreten, eine Strecke weit oberflächlich geflossen sind und von pflanz- liehen und thierischen Inquilinen belebt sind, Gewässer dagegen, welche in den Grotten selbst entspringen, und Bassins, welche nur durch Spalten 70 -» Jahres - Bericht in der Grottendecke sickerndes, organischer Beimengen entbehrendes, filtrirtes Wasser enthalten, nie von mikroskopischen Wesen bewohnt sind. Nur in den Räumen der Grotten, in welchen ewige Finsterniss herrscht, hat der Vortragende Arten beobachtet, denen er auf der Oberwelt nicht begegnet ist. Den Grotteneingängen dagegen und denjenigen Distrieten, in denen es nicht stets ganz finster ist, sondern in der Mittagszeit Däm- merung herrscht, diesem eigenthümlichen Grenzgebiet zwischen Unterwelt und Oberwelt, gehören Arten an, welche entweder an dunklen Orten auf letzterer ebenfalls vorkommen oder daselbst eingebürgerten Arten sehr nahe stehen. Doch auch die den Grotten eigenen Arten verläugnen nicht die Eigenschaften, welche die Gattungen und Familien, zu denen sie zählen, charakterisiren. In Bezug auf die Räderthiere zeigt sich z. B., dass in den kalten Grottenwässern nur Arten vorkommen, deren ober- weltliche Verwandte frisches, reines Wasser lieben und deshalb im Früh- linge erscheinen, während Mer fehlen, welche, wie die Brachioniden, im warmen stagnirenden Wasser leben. In den Bächen im Innern der Tropfsteingrotten ist der vordkbenue bisher 9 Arten begegnet, wovon er aber nur von 6 Arten die systematische Stellung bestimmen kann. So je eine zur Gattung Trochosphaera und Lepadella gehörende Art, 2 Repräsentanten der Gattung Hydatina und 2, welche eine eigene — möge sie Apodoides heissen — der Euchlanis nahe- stehende Gattung bilden. Von letzteren hat er bei einer Art, Apodoides stygius, die Entwickelungsgeschichte theilweise und dabei einige neue Thatsachen beobachtet. Das neue Thier ist 0,5 mm lang und 0,2 mm breit. Es gehört mit den Repräsentanten der Gattung Euchlanis zu den Räderthieren, deren etwas schmächtigere, durchsichtigere Männchen den Weibchen in Gestalt völlig gleichen, wiewohl ersteren im geschlechtsreifen Zustande — eine allgemeine Erscheinung bei den Räderthieren — der Verdauungsapparat fehlt. Beide Geschlechter zeigen einen glashellen Chitinpanzer in Gestalt 1) einer gewölbten Rückenplatte mit seitlich kielartig abstehenden und nach der Bauchfläche scharf umgebogenen Seitenrändern und 2) einer flachen, die Lücke zwischen diesen beiden Rändern ausfüllenden, schmä- leren und kürzeren Bauchplatte. Vorder- und Hinterrand des Panzers erscheinen halbmondförmig ausgeschnitten und seitlich vom Ausschnitt in eine vorragende Spitze ausgezogen. Zu der Spitze am Hinterrande des Männchens kommt noch je ein zweiter, dieselbe um die doppelte Länge überragender, spitzer Fortsatz. Die aus- und einstülpbaren Wimperlappen am Kopfe sind denen von Euchlanis ähnlich, aber mit zahlreicheren und tieferen Einschnitten versehen. Der mit kleinen Höckerchen oder Körnchen bestreute Schwanzanhang zeigt 4 Glieder und endet in 2 gabelförmig von einander abstehende, schuppenartige Spitzen. Zeitweise sind Wimper- organ und Schwanzanhang eingezogen und unter dem Rückenschilde ver- a ET DE BP ur” u u we BT 5 TE BE BEE EEE En der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 71 borgen. Der Schlundkopf ist bei dem Weibehen gross, die darin befind- liehen Kiefer zart und bei ausgestülptem Wimperorgan in steter Be- wegung begriffen. Bei dem Männchen befindet sich an deren Stelle eine, mit einem Kiel in der Mitte versehene Chitinplatte. An der Stelle der Augen erheben sich auf kleinen hohlen und mit Nervenmasse, welche dem Hirn aufliegt, erfüllten Hügelchen 2 bewegliche verlängerbare Tast- töhren mit borstenförmigem Ende, welche das Wimperorgan nach vorn überragen. Das Sehorgan erscheint also hier, wie bei manchen höher organisirten Grottenbewohnern, durch ein Tastorgan ersetzt. Zwei kleinere ‚Borsten befinden sich an der Stelle des Rückenschildes, wo bei Euchlanis der kurze Sporn emporragt. Indem der Vortragende die weitere Charakteristik für eine spätere ausführlichere, Arbeit sich vorbehält, schliesst er mit Hinzufügung einiger entwiekelungsgeschichtlichen Beobachtungen. Die Gestalt, in der die Thiere im September und Anfang April er- scheinen, weicht erheblich von der eben geschilderten des ausgebildeten Thieres ab. Der Panzer ist kolbenförmig, ohne ausgeprägte Seitenränder, ohne spitze Fortsätze und nach hinten verjüngt. Statt des Schwanz- anhanges erscheint ein Borstenbüschel. Die Geschlechter sind nicht zu unterscheiden, da auch durch den diaphanen Chitinpanzer bei beiden gleichgestaltete innere Organe durchschimmern und die Form der Ge- schlechtsdrüsen noch die gleiche ist. Die Tastborsten sind bereits sicht- bar. Die Wimperorgane bilden kleine Lappen um den trichterförmigen Schlund, an dessen Wand drei gegeneinander wirkende und hintereinander liegende gezähnte Chitinplatten befestigt sind. Weassergefässe nebst con- tractiler Blase, sowie die Kloake sind bei beiden Geschlechtern gleich- gestaltet. In dieser Gestalt verharren die Thiere in dem winterlichen Ruhezustande und erscheinen im April wieder, wenn die Zufuhr neuer Nahrung beginnt. Nunmehr wird die bisherige Chitinhülle ihnen zu eng. Umfang und Dichtigkeit der Geschlechtsdrüsen nehmen auffallend zu und die Durchsichtigkeit des Chitinpanzers bis zu gänzlicher Undurchsichtig- keit ab. In dieser Zeit geht bei dem Männchen die Rückbildung des Darmeanals und der provisorischen Kiefer vor sich. Denn wenn nach mehreren Tagen die Panzerhülle nach Art einer Cuticula gesprengt wird und entweder abgestreift oder zurückgeklappt noch am Schwanzanhang hängt, der neue, durchsichtige Panzer wieder Einblicke in die innere Organisation gestattet, ist beim Männchen Schlund und Kiefer bis auf die oben geschilderte Chitinplatte geschwunden und statt des Darmcanals zieht sich ein dunkler Strang von jener Platte bis zur Kloake. Der neue anfangs weiche Panzer erstarrt allmählich, um die früher ange- gebenen gestaltlichen Einzelheiten zu zeigen. Männchen und Weibchen erscheinen in ihrer definitiven Gestalt und sind geschlechtsreif, Die be- fruchteten, grossen, nicht zahlreichen, glatten Eier, sämmtlich von gleicher 2 | Jahres- Bericht Grösse und Form, werden an Algen und Conferven geklebt. Einen Unterschied, wie ihn die Sommer- und Wintereier oberweltlicher Arten zeigen, hat der Vortragende nicht wahrnehmen können. Der Embryo hat schon lange vor dem Ausschlüpfen aus dem Ei die Gestalt des Jugend- zustandes des 'Thieres: doch entfaltet sich das Wimperorgan erst im frei gewordenen Zustande. Ob 1 oder 2 Generationen im Jahre entstehen, dies zu entscheiden bleibt weiteren ergänzenden Beobachtungen vor- behalten, Derselbe Vortragende sprach am 13. November im Anschlass an frühere Mittheilungen über die Ergebnisse seiner Beobachtungen über Grotten-Infusorien. Ueber die Existenz von Urthieren in den ewig finsteren Räumen der Krainer Tropfsteingrotten war bis jetzt nichts bekannt. Die Schwie- rigkeit, das Wasser und den Erdboden daselbst auf infusorienartige Be- wohner zu untersuchen, besteht ausser den mit der Oertlichkeit ver- bundenen, enormen Beschwerlichkeiten unter Anderem auch darin, dass beide Substanzen in den Grotten selbst untersucht werden müssen. Bringt man nämlich Wasser aus einem Bassin oder etwas von der, mit Aus- wurfstoffen von Fledermäusen gedüngten, Erde aus einer Grotte behufs sorgfältiger und bequemer Erforschung nach Hause, so sind die darin enthalten gewesenen Grotten-Bewohner in der ihnen fremdartigen Luft der Oberwelt bereits abgestorben und bis zur Unkenntlichkeit verschrumpft, während zuweilen eine Schaar von Individuen der Oberwelt angehöriger Arten von der Erbschaft Besitz genommen hat. Die Mittheilungen des Vortragenden über Verhalten und Entwickelung der Grotten - Infusorien betreffen deshalb Beobachtungen, welche derselbe im Innern der Grotten selbst gemacht hat. | Nur im Frühlinge, wenn pflanzliche und thierische Stoffe durch das Hochwasser ins Innere der Grotte geschwemmt worden sind, enthalten die mit solehem Wasser versorgten Grottenbassins frei lebende mikro- skopische Bewohner. Festsitzende Arten kommen dagegen an den Kiemen der Olme, an den Mundöffnungen und den Hinterleibsanhängseln der Grotten-Krebse, an den Panzern der Grotten-Asseln und Grotten-Tausend- füsse fast das ganze Jahr vor. Einen eigenthümlichen Tummelplatz kleinster Lebewesen bildet die Erde gerade unter den Stellen der Grotten- decke, an deren Gewölbe zahlreiche Fledermäuse (grosse Hufeisen-Nase) iiberwintern und vom November bis Ende April Dejeetionen fallen lassen, welche zuweilen ansehnliche Schichten bilden. Der Vortragende hat in den 2 Jahrzehnten, in welchen er die Erforschung der Grottenfauna sich hat angelegen sein lassen, gefunden, dass von mehr als der Hälfte der Infusoriengruppen in den verschiedenen Grotten Vertreter sich finden. = % 5 4. 5 der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 73 Eine der interessantesten Gruppen bilden die Cilio-Flagellaten, von deren einer, zur Gattung Peridinium gehörenden, vom Vortragenden Peridinium stygium benannten, Art derselbe die Entwickelungsgeschichte in mehreren Phasen beobachtet hat. Die Tropfsteingrotte, in welcher Peridinium stygium vom Vortragenden beobachtet wurde, ist die Piuka jama bei Adelsberg in Inner-Krain, deren finsteres Portal am Boden eines tiefen und geräumigen Schachtes dem Eintretenden schaurig entgegenstarrt. Die Art trat in verschiedenen Besuchszeiten in drei verschiedenen Gestalten auf, welche leicht zur An- nahme von drei gesonderten Arten hätten verleiten können. Je eine davon war die herrschende, ohne dass jedoch das gleichzeitige Erscheinen von Vertretern der beiden anderen Formen ausgeschlossen war. Die oberweltlichen, im Süsswasser lebenden, Peridinäen zeichnen sich durch eine panzerartige äusserste Schicht ihrer Körpersubstanz aus, welche bei einigen Arten glatt, bei anderen getäfelt erscheint. Der vorn und hinten abgerundete ovale Körper ist auf der Rückenfläche gewölbt, auf der Bauchfläche flach oder schwach ausgehöhlt. Eine rings um den Körper in einem Schraubengang ziehende, nicht ganz äquatorielle, Furche theilt den ovalen Körper in eine vordere und eine hintere (letztere mit einer Geissel versehene) Hälfte. Diese Querfurche trägt unter dem überragenden Vorderrande feine, kurze, dicht an einander gefügte, Wim- pern, welche bei zusammenziehenden Bewegungen und Annäherung des _ Vorderrandes an den Hinterrand verdeckt werden. Die Querfurche wird auf der Bauchseite von einer etwas breiteren, wimperlosen Längsfurche gekreuzt, welche am hinteren Körperende beginnt und etwa auf der Mitte der vorderen Körperhälfte aufhört. Dadurch entsteht in der Querfurche auf der Bauchseite eine Lücke von der Breite der Längsfurche. Die Geissel befindet sich in der Ruhe in der Längsfurche, bald dem rechten, bald dem linken Rande genähert. Sie beginnt am Ende der Längsfurche auf der vorderen Körperhälfte, geht durch die ganze Länge der Längsfurche und überragt den Hinterrand des Körpers um mehr als die gesammte Körperlänge. Bei Bewegung des Thieres scheint die Geissel allein als Steuer zu dienen, bei Umdrehungen um die Längsaxe aber vom Wimper- kranz unterstützt zu werden. Eine feine Längsspalte in der Längsfurche an der Kreuzungsstelle mit der Querfurche dürfte den Mund vorstellen. Daneben markirt sich in der Körpersubstanz ein, die Mundspalte um die dreifache Länge übertreffender, ovaler, contraetiler Hohlraum. In der vorderen Körperhälfte befindet sich ein, bei verschiedenen Arten ver- schieden gestalteter, querliegender, ovaler, nach hinten schwach aus- gebuchteter, nierenförmiger, sehr viele Körnchen einschliessender, Kern. Diese Details waren bei der ersten, der kleinsten (von 0,05 mm Länge und 0,025 mm Breite), aber vollkommen durchsichtigen Form be- sonders deutlich. Der Panzer erschien vollkommen glatt oder schwach- 74 Jahres - Bericht gerunzelt und nachgiebig. Diese Form stellt den Typus der bisher be- schriebenen Gymnodinien vor. Um dieselbe weiter zu beobachten, wurden zahlreiche Exemplare in eine kleine Steinaushöhlung (Tropfbrunnen) unter einer Stelle der Grottendecke gesetzt, von welcher ein steter, aber mässiger Tropfenfall das verdunstende Wasser ersetzte; dabei wurde für reichliche Nahrung gesorgt, aus welcher die Feinde der Thierchen (Grotten- krebse) sorgfältig entfernt worden waren. So war es möglich, sich von der eontinuirlichen Grössezunahme der eingefangenen Exemplare zu über- zeugen. In den folgenden Tagen wurden die mit glattem Panzer ver- sehenen Tbiere seltener, während Individuen mit leichter Andeutung von Täfelung des Panzers erschienen. Bald wurden grössere Thierchen ge- schöpft, welche eine deutlichere Täfelung zeigten. Dieselben Exemplare waren es auch, bei welchen breitere Grenzstriche der Tafeln beobachtet wurden. Die Tafeln waren unregelmässig fünfeckig, auf der vorderen Körperhälfte zu 10, auf der hinteren zu 15 vorhanden. Die Furchen zwischen den Tafeln waren wie die Tafeln selbst fein gerunzelt. Die Thierchen, welche nunmehr 0,04 mm an Länge und 0,03 mm an Breite massen, waren hiernach auch aus der glatten Form hervorgegangen; aus Individuen der Gattung Gymnodinium waren Individuen der Gattung Peri- dinium geworden. Zugleich erklärt sich die Täfelung des vorher glatten Panzers. Bei steter Körperzunahme wird der unnachgiebige Chitinpanzer zu eng und berstet an vielen Stellen, welche derartig gelegen sind, dass dadurch 25 Pentagone begrenzt werden. In diesen, Anfangs feinsten strichförmigen Berstungsstellen kommt die neue Cuticula zum Vorschein, während dieselbe an den Stellen, wo die Tafeln aufsitzen, verdeckt bleibt. Die Tafeln sind demnach Stücke der alten Cuticula, werden aber nicht abgestossen, sondern bleiben aufgelagert und bilden partielle Verdiekungen der neuen Cuticula. Dieselbe dehnte sich bis zu einem gewissen Grade bei steigender Zunahme des Körperumfanges aus. Dadurch wurden die glatten Zwischenräume zwischen den Tafeln breiter. Von der leichtesten Andeutung von Täfelung bis zu diesem hohen Grade von Ausprägung traten zahlreiche Uebergänge auf, In letzterer Gestalt sind die Thiere zugleich geschlechtsreif geworden, Vielleicht durch Störung der Conjugation durch den steten, das Wasser erschütternden, Tropfenfall trat an mehreren, in dem künstlichen Bassin befindlichen, Exemplaren weiteres Wachsthum ein. Dabei wiederholte sich die oben angedeutete unvollkommene Berstung der Cuticula in den /wischenräumen der Tafeln und markirte sich als neue Spaltstriche, welche sich allmählich wieder erweiterten. Dadurch erschienen die alten Tafeln doppelt contourirt. In Wirklichkeit aber lagen zwei Tafeln über- einander, welche sich nicht vollkommen deckten, da jede durch die neue Berstung entstandene Tafel mit ihren Rändern unter den alten hervor- ragte. Die Grösse dieser Thiere betrug nun 0,05 mm an Länge und 0,04 mm der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 75 an Breite, ja selbst 0,065 mm an Länge und 0,056 mm an Breite, Auch in dieser neuen dritten Form hatten die Thiere ihre Fortpflanzungs- fähigkeit nicht eingebüsst. Die Conjugation wurde von denselben ebenso wie von Thieren der zweiten Form vollzogen. Die Mundspalten von zwei in Conjugation befindlichen Individuen waren aneinander geheftet und schienen durch austretende Körpersubstanz verklebt zu sein. Die Individuen waren in entgegengesetzter Lage mit einander vereinigt, so dass von den hinteren Körperhälften die eine nach vorn, die andere nach ‚hinten gerichtet war und frei vorragte. Die Kerne schienen aneinander gerückt zu sein und bildeten eine Biscuitform, während die in ihrer Masse enthaltenen Körnchen in lebhafter Bewegung begriffen waren. Ob während der, während einiger Stunden fortgesetzten Conjugation ein Austausch der Kernmasse beider Individuen stattfindet, für Entscheidung dieser bedeutungsvollen Frage war weder das nicht genügend durch- ‚sichtige Material, noch der Beobachtungsort geeignet. Eine Verschmelzung der beiden Individuen fand nicht statt. Vielmehr trennten sich dieselben wieder, wobei Geissel und Wimperkranz mit Aufhören der Bewegungen der Thiere verschwanden. Der Kern vergrösserte sich nun auf Kosten der Gesammtmasse des Körpers, füllte allmählich denselben ganz aus und erschien nun in Kugelgestalt. Mehrmals beobachtete der Vortragende eine Theilung des Kerns, wobei der eine Kernsprössling in der vorderen Körperhälfte blieb, der andere dagegen in die hintere.Körperhälfte über- trat. Ihre Vergrösserung fand dann in derselben Weise statt, als wenn der Kern ungetheilt geblieben wäre. Die Kugel entfernte sich nun von der Innenfläche des Panzers, der in der Querfurche sich spaltete, wobei häufiges Wanken der Kugel nach vorn sich bemerklich machte. Während die Kugel noch lose von dem geborstenen Panzer umgeben war, fand an ihrer Oberfläche die Ausscheidung einer weichen euticularen Schicht statt. Nunmehr löste sich der Panzer und die Kugel resp. die beiden Kugeln wurden frei, fielen zu Boden, wenn sie nicht schon vorher auf _ demselben lagerten. Die Panzerschalen waren, wenn zwei Kugeln sich gebildet hatten, von einander völlig getrennt; wenn nur eine Kugel ent- standen war, häufig noch im Zusammenhange mit einander durch ein Theilchen der Querfurchenhaut. Für die Weiterentwickelung ist der Unterschied: ob sich in einem Individuum nur eine oder zwei Kugeln gebildet hatten, bedeutungsvoll. In letzterem Falle bildete sich eine jede zu einem selbständigen neuen Individuum aus. Es findet Streckung in der Längsaxe und quere Einschnürung in der Körpermitte mit Bildung einer Querfurche statt. Später wird letztere auf einer Seite von der Längsfurche gekreuzt. Damit hat sich ein Unterschied zwischen vorn und hinten, zwischen Rückenfläche und Bauchfläche eingeleitet. Sobald Bewegungen bemerkt wurden, kam auch die Geissel und der Wimper- kranz immer deutlicher zum Vorschein, Der Panzer erschien glatt oder 76 Jahres - Bericht undeutlich gerunzelt. Das neue Thier war ein Gymnodinium geworden, Eine ganz andere Entwickelung hatte statt, wenn, wie es am häufigsten der Fall war, nach der Conjugation nur eine Kugel, eine Keimkugel, sich gebildet hatte. Die früher in derselben beobachteten zahlreichen Körn- chen verschwanden und die Kugel zeigte sich mit Bläschen erfüllt, von denen die der Hülle der Kugel anliegenden einen helleren Mittelpunkt zeigten. Die Bläschen nahmen an Umfang zu und füllten die Kugel ail- mählich so prall an, dass ihre Berstung bevorstand. Durch letztere gelangten die kugeligen und eiförmigen und abgeplattet - kugeligen Bläschen ins Freie, um sich hier zu Gymnodinien zu entwickeln und den im Vorstehenden angedeuteten Lebenscyclus zu wiederholen. In der Sitzung am 18. December machte Herr Dr. G. Joseph Mit- theilungen über die in den Krainer Tropfsteingrotten einheimischen, freilebenden Rundwürmer (Nematoden). Ueber die in den stets finsteren Räumen der Krainer Tropfstein- grotten vorkommenden Würmer sind im schroffen Gegensatze zu der Kenntniss der dort lebenden zahlreichen Gliederfüssler (Arthropoden) bis- her nur äusserst spärliche Nachrichten veröffentlicht worden. Dieselben beschränken sich auf einige Beispiele der Auffindung von Resten blinder Ringelwürmer in dem Magen oder Darm des Olm, an denen es kaum noch möglich war, eine sichere zoologische Diagnose zu stellen. Ueber das Vorkommen von frei lebenden Nematoden in den Grotteneingängen und in den inneren Grottenräumen ist bis heut Nichts bekannt. Die nachstehenden Bemerkungen werden darthun, dass von der genannten Thierklasse eine Anzahl Vertreter der Höhlenfauna angehören. Vor und in den Grotteneingängen, besonders wenn dieselben am Boden eines tiefen Schachtes sich öffnen, leben unter feuchten, modernden Pflanzenstoffen, welche vom Sturmwinde (Bora) aus nächster Umgebung oder aus entlegenen Gebieten hineingeweht waren, ferner in der darunter befindlichen lockeren Erde, unter Pilzen und Moosen zahlreiche Vertreter freilebender Rundwürmer, welche, soweit es möglich war, ihre systema- tische Stellung zu bestimmen, Arten aus oberweltlichen Gattungen ange- hören. (So wurden von Dorylaımus 2, Tylenchus 2, Aphelenchus 1, Tri- pyla 1, Monhystera 1, Anguillula 1, Mononchus 1, Cephalobus 2, Rhabditis 3, zusammen 14 Arten beobachtet.) Dasselbe gilt von den im Dämmerungs- gebiet der Grottenräume lebenden Arten, welche sämmtlich zur Gattung Pleetus zählen. Dieselben finden sich in der Erde, wo dieselbe mit Schichten von Fledermausdejectionen bedeckt ist, zugleich mit einem kurzflügeligen Käfer, Homalota spelaea Erichs., und raubgierigen Skolo- pendren. Unter denselben Verhältnissen lebt in den innersten Grotten- Er, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 717 räumen eine, ebenfalls zur Gattung Plectus gehörende, Art, deren Ent- wickelungsgeschichte der Vortragende später zu veröffentlichen beabsichtigt. Ihre Gesellschaft bilden junge Grottenasseln, Tausendfüsse, Käferlarven und eigenthümliche Bärthierchen (Arctiseiden), von denen erstere zu Jugendzuständen des genannten Rundwurms als Wirthe in inniger Be- ziehung stehen. Besonderes Interesse erregte ein gegen Ende April im schlammigen Sande der Recca-Grotte von Podredce bei Mataun unweit der Eisenbahn- station Divazza in Inner-Krain vorkommender Nematode, welcher bei oberflächlieher Betrachtung ebenfalls der Gattung Plectus und zwar dem Plectus granulosus Bastian nahe zu stehen scheint, hinsichtlich seiner un- gleich bedeutenderen Grösse und seines Baues aber eine eigene Gattung bildet. Von den demonstrirten, in Canadabalsam trefflich erhaltenen, Exemplaren massen die weniger häufigen schlankeren, aber grösseren Männchen 11—13 mm, die häufigeren, breiteren, geschlechtsreifen W eib- chen 9—10 mm, Grössenverhältnisse, welche von den bisher bekannten, dem Lande oder süssen Wasser angehörenden, Arten nicht erreicht werden. (Das Männchen der vorerwähnten Pleetus-Art misst nur 1,3, das Weibchen 0,3 mm.) Ausser der beträchtlichen Grösse unterscheidet sich das Männchen des Grottenrundwurms schon bei oberflächlicher Be- trachtung auch durch sein bauchwärts gekrümmtes oder eingerolltes Hinterleibsende, welches beim Weibchen dagegen gestreckt und in eine gerade Spitze verlängert erscheint, ein äusserer Geschlechtsunterschied, der von dem menschlichen Fadenwurm (Oxyuris vermicularis L.) am längsten bekannt ist. Auch die Lage der Genitalöffnungen verhält sich wie bei dem genannten Parasiten des Menschen. Der ausstülpbare Cirrus des Männchens ist nicht mit frei vorschiebbaren Hornstäbehen (Spieula), sondern mit einer Scheide umgeben, einer Einrichtung, welche von dem männlichen Peitschenwurm (Trichocephales dispar L.) des Menschen bekannt ist. Indem sich der Vortragende vorbehält, später ausführliches ana- tomisches Detail über das interessante Wesen zu veröffentlichen, bemerkt er, dass dasselbe kein der Unterwelt ausschliesslich angehöriges Thier ist, obgleich es in dem Innern einer Grotte lebt. Im August gelang es dem Vortragenden, im schlammigen Meeressande bei Duino in der Nähe der Reecamündung dasselbe Thier in beiden Geschlechtern und in eben- falls geschlechtsreifem Zustande in Gesellschaft noch grösserer Nematoden (wie Oncholaimus vulgaris Dujardin, ferner des fast ebenso grossen Thora- costomum Schneideri Bütschli und mehrerer kleinerer Arten, wie Enoplus communis Bastian und Spilophora inaequalis Bastian) aufzufinden. Seiner bedeutenden Grösse nach würde sich das neue Thier eher den marinen freilebenden Nematoden als den Arten anreihen, welche dem Lande und dem süssen Wasser angehören. Sein Aufenthalt deutet darauf hin, dass es beiden Regionen angehört und vielleicht ursprünglich dem Meere allein 78 Jahres - Bericht angehört hat. Da die Recca den weiten Weg von der Grotte bei Mataun bis zum Meere unterirdisch zurücklegt, so kann der in Rede stehende Nematode durch Wanderung aus dem Meere flussaufwärts bis in die Grotte gelangt sein. Das Thier besitzt demnach nicht nur das Vermögen, sich dem Aufenthalte im süssen Wasser, sondern auch dem Licht ent- zogenen Räumen anzupassen. Ob die Wanderung die Ueberwinterung oder Brutabsetzung, wie bei manchen Fischen, zum Zwecke hat, dies zu entscheiden, sind weitere Beobachtungen nöthig. Würden dieselben zu einem dauernden Aufenthalt in dem Grottenflusse führen, so würde diese Erscheinung keine alleinstehende sein und anderen merkwürdigen That- sachen sich anreihen. Im zoologischen Museum in Wien wird ein zur Gruppe der Palämoniden zählender Krebs, Anchistia lacustris, in mehreren Exemplaren aufbewahrt, welche aus dem adriatischen Meere stammen. Da die Palämoniden ächte Meeresbewohner sind, so kann an der Richtig- keit der Angabe des Fundortes wohl nicht gezweifelt werden. Dieses Thier ist aber seitdem aus dem Meere verschwunden und findet sich dagegen häufig in den Bächen, welche ihr Wasser den Küstenflüssen von Öberitalien, Istrien und Dalmatien zuführen und in den Seen, welche durch Bäche oder unterirdische Abflüsse mit dem Meere in Verbindung stehen. Vorausgesetzt, dass die Angabe des Fundorts im Wiener Museum richtig ist, würde die 'Thatsache vorliegen, dass ein Thier, welches noch vor einem halben Jahrhundert Meeresbewohner war, nunmehr als Be- wohner nur süsser Gewässer auftritt. Dieser Thatsache würde sich dann das Vorkommen von Caridina Desmarestiü Joly in Küstenflüssen Italiens, Dalmatiens, Frankreichs und von Troglocaris Schmidtii Dorm. in mehreren Grottenwässern in Unterkrain anreihen. Beide Thiere gehören ebenfalls den Palämoniden an, sind also wahrscheinlich ursprünglich Meeresbewohner gewesen, aber längst aus dem Meere verschwunden und haben sich der Lebensweise in süssen Gewässern angepasst. Herr Staatsrath Professor Dr. Grube gab in der Sitzung der natur- wissenschaftlichen Seetion der Schlesischen Gesellschaft am 24. Juli 1878 im Auszuge die Fortsetzung der Mittheilungen über die Familie Eunicea. Zweite Abtheilung: Lumbriconereidea Schmarda. Diese Abtheilung umfasst alle diejenigen Euniceen, die einen Kopf- lappen mit ganzrandiger Stirn haben und in deren Kieferapparat die Kiefer, jederseits 4 oder 5, paarweise hintereinander liegen, ein über- zähliger Kiefer nicht vorkommt. Die Kiefer pflegen an Grösse gegen die vordersten hin merklich abzunehmen. Das vorderste oder die beiden vordersten Paare sind dünne einfache, selten mehrspitzige, das hinterste RDREEN. Lirzz re der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 79 lte Paar fast ohne Ausnahme starke und meist an der Basalpartie gesägte Haken, die übrigen immer an der ganzen Länge der Schneide gesägt oder mit einer Reihe längerer gekrümmter Zähne besetzt, der vorderste Zahn ist fast immer der ansehnlichste und hakenförmig gekrümmt. Es kommen 2 oder 3 der Gestalt nach verschiedene Kieferträger (radices mazillarum Kinberg), meist wohl auch Reibplatten vor. Die Lamina ventralis, die sog. Unterlippe, ist stark verhornt, selten zarter und durchscheinend (Lum- brieonereis). Fühler nur bei wenigen und dann kurz; Augen zeigen sich selten, dann punktförmig 4 in einer Querreihe oder 2. Kiemen, die aus Rückeneirren entspringen, und, ausser bei Larymna, auch fadenförmige Rücken- und Baucheirren fehlen; einige haben blattförmige Rückeneirren, deren Gefässreichthum auf Kiemenfunetion hindeutet. Ausgebildete Ruder einfach, aus einem Borstenköcher mit einem Borstenbündel und einer ansehnlich hervorragenden hinteren und zugleich unteren, oft als Rücken- eirrus beschriebenen Lippe bestehend; ausserdem aber findet man bei Lumbriconereis, Drilonereis, Arabella, Maclovia, Halla, Aglaura und ver- muthlich auch bei den anderen Gattungen über der Basis der Ruder einige sehr zarte, gar nicht hervorragende, sondern ganz versteckte Borsten, welche gegen einen oft kaum wahrnehmbaren, papillenartigen Rücken- eirrus gerichtet sind, oder, wo er ansehnlich ist, wie bei Halla und Aglaura, in ihn hineintreten.. Vorherrschend unter den freien Borsten sind einfache (gesäumte), allgemeiner (den Gattungen nach) blos haar- förmige, selten daneben hakenförmige Borsten; zusammengesetzte mit sichelförmigen, angeblich auch solche mit grätenförmigen Anhängen finden sich blos bei einigen Arten von Lumbriconereis. Stütznadeln (Acieulae) sind vorhanden, öfters mehr als 2. Bei mehreren Gattungen trägt das Endsegment 2 Paar Afterpapillen oder ganz kurze Cirren. Alle Thiere dieser Abtheilung sind ungemein schlank, oft sehr lang und mit sehr zahlreichen Segmenten versehen; so grosse und starke Formen wie viele unter den Labidognathen kommen hier nicht vor. Je nachdem auf der Basis der Ruder ein entwickelter blattförmiger Rückeneirrus auftritt oder fehlt, hat schon Ehlers 2 sehr annehmbare Hauptreihen unterschieden, die Gattung Lumbriconereis rechnet er noch zu den Labidognathen, zu denen sie allerdings die meiste Verwandt- schaft zeigt. I. Lumbriconereideen ohne blattförmige Rückencirren. Im Gesammtbau des Körpers, der Bildung des Kopflappens, des wie es scheint allgemein aus 2 Ringen bestehenden Mundsegments und der Ruder ähneln sich die Gattungen so sehr, dass man an äusseren Merk- malen wie an der Form der Borsten und der Beschaffenheit des Mund- segments nur einige wenige erkennen kann, hauptsächlich aber auf die Untersuchung des Kieferapparates gewiesen ist. In dieser Abtheilung 80 Jahres - Bericht stehen die längsten und schlankesten Formen, Thiere, welche zuweilen eine Länge von 30, ja sogar 60 cm zeigen und deren Segmentzahl bis auf 700 und 800 steigen kann. | A. In den vorderen Rudern Haarborsten, selten allein, gewöhnlich mit Sichel- oder Hakenborsten, in den übrigen Rudern blos Hakenborsten. 4 Paar Kiefer, diese in beiden Reihen gleich, I zahnlose Haken, II blatt- förmig, gesägt, III und IV hakenförmig mit einfacher oder gespaltener Spitze. Lamina ventralis zart, dünn, vorn breit, ausgerandet, nach hinten sehr verschmälert, am Ende kurz ausgeschnitten. 2 Kieferträger kurz, hinten dreieckig oder lanzettförmig. Der einzige Rückeneirrus mit versteckten Borsten, erst von Marenzeller und von mir beobachtet, wird am leichtesten durch Kalilösung sichtbar. Lumbriconereis Blv. 5 Paar Kiefer, Kiefer I hakenförmig gezähnt, ungleich (Kinberg). Kiefer- träger und Lamina ventralis sind nicht beschrieben. Larymna Kbe. Kinberg stellt diese Gattung zu seiner Familie Laidea, zu der er auch Aracoda und Notocirrus rechnet; ich bringe sie ihrer Borsten wegen hierher. ,,Setae simplices, styliformes et obtusae apice bifido“, diese letztere sind wohl einerlei mit unseren s. navinatae, unter styliformes hätte man wohl kürzere, starke, spitzige Borsten oder Acieulae zu ver- stehen, ich vermuthe aber, nach der Abbildung zu urtheilen, dass es capillares statt styliformes heissen sollte. Kinberg charakterisirt diese Gattung ferner durch „‚eirri dorsuales et ventrales terminales‘, doch scheinen letztere nur ein Lippenblatt des Borstenköchers zu sein. Die bisher allein bekannte Art Larymna cirrosa Kbg. |. e. p. 572 ist in den Annulaten von der Reise der Eugenia 4°. Taf. XIX. Fig. 48 unter dem Namen Lumbriconereis cirrosa abgebildet. Kopflappen halbkreisförmig, nur so lang als das Mundsegment, mit 2 auseinander- stehenden Augen (die Abbildung zeigt sie nicht). Mundsegment zwei- ringelig, der vordere Ring etwas länger als der hintere. In der Abbildung verschmälern sich die folgenden etwa 5ömal so breiten als langen Seg- mente gegen dasselbe hin merklich. Die Ruder scheinen anfangs nur eine Hinterlippe zu haben, dann aber auch (so an Ruder 62) einen vor- deren und einen Rückeneirrus zu bekommen. B. Die Ruder tragen weder zusammengesetzte noch Hakenborsten, sondern blos gesäumte Haarborsten und diese pflegen zum Theil stark geschweift oder fast knieförmig gebogen zu sein. Die Kieferträger sind immer hinten sehr verlängert und fadenförmig verdünnt, die sog. Unterlippe (Lamina ventralis) derb hornig, schwarz, vorn zweilappig, hinten in zwei kurze weit auseinander stehende Griffel oder Zinken auslaufend oder in zwei Hälften getheilt. 1% h 7 4 4 \ | N \ nn der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 81 a. 4 Paar Kiefer. nicht gesägt. Kiefer der rechten und linken Reihe gleich, ähnlich wie bei Lumbriconereis, 2 Kieferträger. Reibplatten nicht beobachtet. Drilonereis Clap. Kiefer I | Mitten gesägt. Ob alle Kiefer beider Reihen gleich sind, ist nicht bekannt. 3 Kieferträger, der unpaare kürzer. haken- Laranda Kbse. an der Basis fast immer gesägt, alle Kiefer mehrzähnig, Kiefer II ungleich. 2 Kieferträger. Reibplatten an er- wachsenen ausgeprägt (der rudimentäre Rückeneirrus des Ruders, den Claparede besonders hervorhebt, wiederholt sich auch bei anderen Gattungen). Arabella Gr. Kiefer I nicht hakenförmig (Schmarda), Kiefer II, III, IV mehrzähnig, hakenförmig, beiderseits ungleich. Schmarda giebt nur 4 Kieferpaare an, Kinberg vermuthet 5; abgebildet sind 2 Kieferträger. Notocirrus Schmd. förmig, Schmarda beschreibt mehrere Arten, doch würde, wie dies schon Kinberg und Ehlers ausgesprochen haben, nur N. chilensis als Typus dieser Gattung gelten können, die übrigen sind Lumbriconereis, Claparede’s Notoecirrus aber Arabellen. N. chilensis Schmd. O. c. II. p. 119. Lebend blau mit einer Bei- mischung von Braun. Kopflappen dreieckig, stumpf, an der Basis ein- seschnürt, fast kugeligs. Kiefer I dreieckig kurz, an der Spitze mit 3 Zähnen, die andern Kiefer hakig, II ungleich mit 2 und 8 Zähnen, II mit 4, IV mit 6 Zähnen. Hälften der Lamina ventralis vorn mit 3 Zähnen, hinten in eine verlängerte Zacke auslaufend. Borsten zu je 5 bis 6; 1 Aecieula mit eingekerbter Spitze. Der dargestellte Borstenköcher ist kürzer als die dicke stumpfe Lippe. Chili. N. margaritaceus Qfg. O. ce. I. p. 368 von Lima, an dessen _ Rudern nur Hakenborsten beschrieben werden, kann deshalb in dieser Gattung keine Stelle finden, obschon die 4 Kieferpaare ähnlich gebaut _ zu sein scheinen. An den Rudern soll ein wahrer Rückeneirrus (keine Lippe des Borstenköchers) vorkommen und seine Länge fast der halben Leibesbreite gleich sein. Vielleicht Typus einer neuen Gattung. b. 5 Paar Kiefer. Kiefer I, II, III, IV mehrzähnig, der rechte und linke des IIten Paares meist ungleich, V einfache Häkchen. Kiefer I Kiefer II nach Schmarda gleich, 2 Kieferträger, Mundsegment grosse ‚einfach abgebildet. Aracoda Sehmd. 4 ken. Kiefer II ungleich, 3 Kieferträger, Mundsegment 2ringelig. 7 Maclovia Gr. Kiefer I nicht hakenförmig. Notopsilus Ehl. (Lais Kbg.) 6 83 Jahres - Bericht Letzterer Name konnte nicht beibehalten werden, da er von Philippi schon an eine Acaride vergeben war. Man kennt nur 1 Art: N. acuius, Lais acuta Kbe. 1. ce. p. 572. Kopflappen verlängert, ziemlich spitz, so lang als die ersten 2 Segmente, Mundsegment gleich- ringelig, 2 auseinander stehende Augen. Vor der Mündung des La Plata. II. Lumbriconereideen mit blattförmigen Rückencirren. Kieferträger stabförmig verlängert. Lamina ventralis stark, schwarz, hinten in 2 weit auseinander stehende Griffel auslaufend. a. 5 kurze freie ungegliederte Fühler auf dem hintersten Theil des Kopflappens. Danymene Kbg. 6 Paar Kiefer (nicht näher beschrieben) oder — 6) 4 Augen (wahrscheinlich in einer Querreihe), Mundsegment nicht zwei- ringelig (Segmenta buccalia confluentia Kbe.). Man kennt nur 1 Art: D. fouensis Kbg. Öfvers. K. Vetensk. Akad. Förh. 1864 p. 571. Insel Foua im Stillen Ocean. Halla Ach. Costa (Plioceras Qfg., Cirrobranchia Ehl.). 5 Paar hakige, mit Ausnahme des Öten Paares gezähnte und unsymmetrische Kiefer; 2 Kieferträger. Mundsegment deutlich 2ringelig. Vielleicht fällt mit dieser Gattung Lysarete Kbg. zusammen; zwar soll sie sich nach Ehlers durch kurze plattenförmige Kieferträger unter- scheiden, ich weiss aber nicht, worauf diese Angabe beruht, da Kinberg weder im Text davon spricht, noch auf eine Figur verweist. Nach aussen vor jedem Kiefer eine ihn nicht berührende hornige Platte. Wegen der Synonymie von Plioceras mit Halla verweise ich auf meine Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. Arch. f. Naturgesch. 1870 p. 283. Halla parthenopeia Ach. Costa, Clap. (Lysidice parthenopeia d. Ch., Mem. II. p. 175. Tav. XLIV. F. 2. Desecriz. e notom. V. pl. 95, Clap. Annel. chetop. du golfe de Napl. p. 137, pl. VII. F. 3 pl. XXXI. F. 4. Plioceras euniciformis Qfe. O. ce. I. p. 380. Cirrobranchia parthenopeia Ehl. Borstenwürm. II. p. 408 Taf. XVII. F. 25—34, xVIll. F. 27—30). Bisher nur bei Neapel beobachtet, im Leben orangegelb, in Alkohol braunviolett, erreicht eine Länge von 530 mm und eine Breite von 10 mm, eine der prächtigst irisirenden Anneliden und der Riese unter allen Lum- briconereiden. Kopflappen halb-längsoval, kaum breiter als lang, 2 Augen, nahe dem Seitenrande, die vorderen Ruder mit ansehnlichem Rücken- eirrus. 7 bis 8 Aciculae nach Claparede. Bis 780 Segmente. Lysarete brasiliensis Kbg. l. ce. p. 570 Taf. XVII. F. 30. Kopf- lappen wohl zweimal so breit als lang, halbkreisförmig, 2 Augen, vom Rande weit abstehend, die vorderen Ruder mit sehr kurzen Rücken- cirren. Brasilien. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 33 b. 3 versteckte Fühler. Am Vorderrande des Mundsegments 2 durch einen Mitteltheil verbundene vorstülpbare Läppchen, grösser als bei Lumbriconereis, so dass sie einen ansehnlichen Theil des Kopflappens bedecken. 2 Kieferträger. Nach aussen von den Kiefern Reibplatten, wie bei Arabella. Mundsegment 2ringelig. urilie; Ehl. (Aglaura Sav. schon vergebener Name.) 5 Paar Kiefer, alle mit Ausnahme des IIten Paares symmetrisch und hakig, der eine dieses Paares breiter als der andere. Savigny giebt in der einen ‚Reihe 5, in der anderen nur 4 an, und ich glaubte anfänglich, er hätte den einen des Ilten Paares übersehen, es geht aber vielmehr aus seinen Figuren hervor, dass er den Iten und Ilten Kiefer der rechten Reihe für verwachsen gehalten und als einen gezählt hat. A. fulgida Sav. Syst. p. 56. Annel. grav. pl. V. Fig. 2, cop. Aud. und Edw. Ann. science. nat. XXVIII. pl. 3? Fig. 9—13, Guerin Iconogr. Annel, pl. 6 Fig. 2, Cuv. Regne anim. Atl. pl. 11 Fig. 2. Prachtvoll glänzend und schillernd fleischfarbig oder dunkler. Kopflappen fast kuglig mit 4 nicht immer gleich deutlichen Augen in 1 Querreihe, 2 grosse vorstülpbare Nackenlappen, darunter versteckt 3 kurze Fühler. Ich finde am Iten Kieferpaar 9 Zähne, deren vorderster ein grosser Haken, die _ anderen folgen unmittelbar darauf, am IIten 11 Zähne, der rechte schmale ‚längere Kiefer wie die übrigen mit derselben Form der Zähne, beim linken ist der vorderste Zahn klein, die mittleren die längsten, Kiefer III mit 7, IV mit 5 Zähnen, I einfach. Segmente meist wie 5:1 oder kürzer. Haarborsten sanft gekrümmt bis zu je 7, ungesäumt, 3 Aciculae. Rothes Meer, Indischer Ocean, Philippinen, Samoa-Inseln. e. Weder Fühler noch Nackenläppchen. i Oenone Sav. l. c. p. 56. Kiefer wie bei Aglaura, auch sonst grosse Uebereinstimmung mit dieser Gattung. Savigny sagt zwar, dass der Kopflappen (la tete) zweilappig und unter dem folgenden Segment ver- - borgen sei, und diese Auffassung wird von seinen Nachfolgern wieder- holt, wenn man indess die Ansicht der Ober- und Unterseite mit der Seitenansicht vergleicht, wird es klar, dass jenes Segment, welches den Kopflappen überdecken soll, vorn breit gerundet ist und hinten 2 kleine Augenpunkte trägt, nichts anderes als der Kopflappen selber ist, und dass der schwach ausgeschnittene oder flach zweilappige Theil, der bei der Rückenansicht unter dem Stirnrande des Kopflappens etwas hervor- ragt, eine Partie der etwas ausgestülpten Mundhöhle ist. Auf diesen Kopflappen würde dann ein einfaches Mundsegment folgen. Auf diese Weise wird die Uebereinstimmung mit Aglaura hergestellt bis auf die Nackenlappen, die bei Oenone nicht beobachtet sind: Auch für diese | Gattung wird die Savigny’sche Angabe von 9 Kiefern der Berichtigung bedürfen. Im Uebrigen scheint Oenone ebenfalls mit Aglaura überein- 6* 834 Jahres - Bericht zustimmen, Ich selbst habe leider keine Gelegenheit gehabt, Oenonen zu untersuchen. O. lucida Sav. 1. c. pl. V. F. 3 (copirt an den genannten Orten Aud. & Edw. Ann. de science. pl. III F. 14—17. Gu£r. Iconogr, pl. 6 F. 1. Cuv. Regne anim. pl. 11 F. 3). Rothes Meer. O0. diphyllidia Schmarda. Neue wirbellose Thiere II. p. 120 Taf. XXXI. F. 256. Am Kopflappen sollen 2 winzige Stirnfühler vorkommen, die Abbildung scheint mir aber von der Savigny’schen nicht abweichend und derselben Deutung fähig. Ein Unterschied dürfte in der Beschaffen- heit der Kiefer liegen, welche bei O. diphyllidia ein Paar Zähnchen mehr als bei O. /ucida tragen; auch müsste der Abbildung F. 256 nach das Mundsegment in 2 Ringel zerfallen, während es bei Oenone einfach ist, Jamaika. Kinberg, der mit Schmarda 2 Fühler annimmt, legt darauf ein so grosses Gewicht, dass er diese 2te Art Oenone zu einer besonderen Gattung Andromache erhebt 1. ec. p. 571, doch hat er das Thier nicht selbst gesehen. Lumbriconereis Blv., Aud. & Edw. Nereis e, p. Pallas, Blv., Renieri, Lumbrieus e. p. O. Fr. Müller, delle Chiaie, Scoletoma Blv., Zygolobus Gr. Die Gattung Lumbriconereis hat von den Labidognathen noch die kurze Gestalt der Kieferträger, welche kürzer als das hinterste Kiefer- paar und wie bei Lysidicee und Nematonereis hinten stark zugespitzt sind, die ungezähnte Basalpartie des hintersten ganz hakenförmigen Kiefer- paares und bei manchen Arten auch noch die zusammengesetzten Borsten mit sichelförmigen Anhängen und nähert sich am meisten der Gattung Nematonereis, bei der die Zahl der Fühler bis auf 1 gesunken ist und über- einstimmend mit den Lysidicen keine Kiemen mehr vorkommen. Aber der Kieferapparat, der in dieser Familie eine Hauptrolle spielt, ist nicht mehr nach dem Typus der Labidognathen angeordnet. Fühler und Baucheirren fehlen gänzlich nnd von hRückeneirren zeigt sich nur eine Spur. Andererseits stehen die Lumbriconereis auch unter den übrigen Gattungen dieser Unterabtheilung insofern isolirt da, als die Lamina ventralis des Kieferapparates (die sog. Unterlippe) zarter und biegsam, das hinterste Kieferpaar und die Kieferträger von der oben bezeichneten Beschaffenheit sind und Hakenborsten, wenn nicht durch Sichelborsten ersetzt, meist an allen Rudern existiren, dagegen Haarborsten nur an den vorderen Rudern in kurzer oder sehr kurzer Erstreckung auftreten. Hakig geformte Borsten zeigen zwar auch die kiementragenden Euniceen, aber sie ragen dann nur mit dem Ende vor, sind auch an Stärke mehr den sonstigen Aciculen vergleichbar und stehen einzeln oder ein paar neben und getrennt von einander, während sie bei den Lumbriconereis “et a Er der Schles, Gesellschaft für vaterl. Cultur, 85 wenn auch kürzer als die Haarborsten doch immer ansehnlich vorragen, nicht stärker als diese sind, und in demselben Bündel mit ihnen oder doch immer in kleinen Fächern stehen. Unter den übrigen Lumbrico- nereiden ist die Gattung Drilonereis die verwandteste, worauf wir bei dieser zurückkommen werden. Augen sind fast nirgend beobachtet, zwei Nackenpapillen, die auf der Grenze des Kopflappens und Mundsegments hervortreten und eingestülpt werden können, bei vielen gesehen und vielleicht allgemein vorhanden. Das Mundsegment besteht aus 2 Ringen und wird von Kinberg als 2 Segmente, von mir als 1 gerechnet, was bei der Angabe der Länge des Kopflappens, die man nach Segmentlängen misst, wohl zu beachten ist. Mit Recht hebt Ehlers hervor, dass der vordere Ring auf der Bauchseite, durch eine Querreihe von Längsfurchen, die von der Mundöffnung bis zum 2ten Ringe gehen, unterbrochen ist. Bei anderen Lumbriconereiden sieht man nur 1 oder 2 Furchen, auch nicht das Auftreten von 2 Wülsten, die unter dem Kopflappen aus der Rücken- wand des Mundes hervortreten. Das Mundsegment trägt weder Nacken- eirren noch Ruder. Die Zahl der Kieferpaare ist auf 4 beschränkt und die beiden vordersten Paare sind klein und einfache Haken oder das 2te an der Spitze gespalten, das nächstfolgende Paar eine an der Schneide gleichförmig gesägte Platte, ohne an dem Ende in einen grösseren Haken auszulaufen, wenn auch der vorderste Zahn rückwärts gekrümmt ist, wo- gegen das hinterste oder lte Paar einen auffallend starken Haken dar- stellt. Reibplatten (Ehlers) nach aussen vom lten und 3ten Paar sind bei vielen und namentlich den europäischen Arten nachgewiesen, die vordere kurz, die hintere lang und schmal gestaltet, beide mit mikroskopischen Erhabenheiten bedeckt. An der schmalen und langen erscheint zuweilen der vorderste Theil oval verbreitert, mehr oder minder abgesetzt und weniger stark und dunkel. In den vorläufig publieirten Beschreibungen vonKinberg sind diese Reibplatten noch nicht berücksichtigt, Ehlers machte zuerst darauf aufmerksam. Der Leib endet jederseits mit 2 Papillen oder kurzen Cirren. Die Gattung wurde auf Pallas Beschreibung von Nereis ebranchiata von Blainville gegründet, daneben aber noch von demselben für Lumbrieus fragilis Müll. eine Gattung Scoletoma aufgestellt.) In ihrem jetzigen Umfange finden wir sie zuerst bei Audouin und Milne Edwards?) und sehen sie so jetzt fast allgemein aufgefasst, nur Schmarda weicht ab, indem er den Namen Lumbriconereis auf solche Thiere dieser Unter- familie (bei ihm Familie) überträgt, die wie Nematonereis einen Fühler, aber keine Rückeneirren an den Borstenköchern haben sollen. Quatre- fages?) hat dafür, da die Bezeiehnung Lumbriconereis in dem Sinne von ") Dietionn. des science, nat. Article Vers. p. 492. ?) Ann. science. nat. XXVIII. p- 240. °) Hist. nat. des Anneles I. p. 370. 36 Jahres - Bericht Audouin und Edwards doch zu allgemein angenommen ist, den Namen Blainvillea gesetzt, allein die Blainvilleen, die ich in dem Pariser Museum gesehen, sind nur Nematonereisarten, und da sonst keine Blain- villeen beschrieben sind, muss vorläufig diese Gattung ganz eingehen. Dagegen führt Schmarda') für die Thiere, die keinen Fühler und keine eigentlichen Rückeneirren, sondern, wie die Abbildungen zeigen, nur Borstenköcher mit Lippen besitzen, die Bezeichnung Notoeirrus ein. In dieser Gattung Schmarda’s stehen aber zweierlei Thiere: die meisten sind wahre Lumbriconereis, müssen daher bei dieser Gattung besprochen werden, Notocirrus chilensis weicht so von ihnen ab, dass auf ihn der neue Gattungsname übertragen werden und so bestehen bleiben kann, doch werden wir sehen, dass die Notoeirrus von Claparede wieder etwas anderes sind. Seine Aumbriconereis filum hat er später bereits selber zu einer besonderen Gattung Drilonereis erhoben. Claparede führt ferner Aracoda Schmd. als Synonym von Lumbriconereis auf, allein nur bei einer von den beiden Aracodaarten Schmarda’s (A. heterochaeta) verhält sich der Kieferapparat und die Borsten wie bei Lumbriconereis, bei der anderen (A. coerulea) nicht; es könnte also nur Aracoda Schmd. e. p. als Synonym herangezogen werden. Wenn ferner Claparede in der Note auf p. 144 seiner Annelides Chötopodes angiebt, dass Schmarda der Gattung Lumbriconereis blattförmige Kiemen (branchies foliedes) zutheilt, so beruht dies auf einem Versehen, indem Claparede in Schmarda’s Uebersicht der Gattungen der Lumbriconereideen (dl. e. p. 114) die Zeile, die zu Oenone gehört, auf Lumbriconereis be- zogen hat. Lumbriconereis wird von Schmarda ausdrücklich durch die Abwesenheit der Kiemen charakterisirt „Branchiae (eirri dorsuales) nullae“; fehlerhaft ist nur, dass Schmarda die Anwesenheit eines Fühlers angiebt: eigene Arten einer solchen Gattung Lumbriconereis hat derselbe gar nicht beschrieben. Quatrefages zieht zur Gattung Lumbriconereis auch die Aracoden und Arabellen, die wir davon trennen, da sie, abge- sehen von der Verschiedenheit des Kieferapparates, nur Haarborsten haben, dagegen (wenn wir einen Fall ausnehmen, der wohl noch eine Prüfung der Beobachtung verlangt) bei allen Lumbriconereis - Arten wenigstens zweierlei Borsten, Haar- und Hakenborsten, bekannt sind. Wo also solche oder gar noch Sichelborsten vorkommen, der vordere Ring des Mundsegments unten unterbrochen ist und 2 Polster unterhalb des Kopflappens vorragen, hat man immer zunächst an Lumbriconereis zu denken. Demnach, aber erst sicher, wenn die betreffende Bildung des Kieferapparats festgestellt ist, müssen folgende unter diesem Namen aufgeführte Anneliden aus dieser Gattung ausscheiden oder doch nur fraglich in ihr aufgeführt werden: ‘) Neue Turbellarien, Rotator. und Annelid. p. 116. Be En ee FE 2 Ba N 7 $ En 5 75 n der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 87 L. maculata M. Edw. Cuv. Regne anim. Annel. pl. 11 Fig. 4 (ist eine Arabella). L. Hilarii d. Ch. Memor. III. p. 170, 179 Tav. XLII. F. 4, Deseriz. III. p. 83, V. Tab. 96 Fig. 4, von Claparede zu Notoecirrus gerechnet (s. Arabella). L. Rolandi d. Ch. Mem. III. p. 170, 178 Tav. XLU. Fig. 2, Descriz. III. p. 83, V. Tav. 96 Fig. 2, ebenfalls ein Notoeirrus nach Claparede, s. Arabella. L. nesitensis d. Ch. Mem. Ill. p. 171, 179 Tav. XL. Fig. 5, 9, Descriz. II. p. 83, V. Tav. 96 Fig. 5, mit Entschiedenheit nicht als Lumbriconereis zu bezeichnen. L. gigantea Qfg. Hist. nat. des Annel. I. p. 360 (s. Gattung Maclovia Gr.). L. dubia Qfeg. 1. c. p. 363 besitzt nur Haarborsten. Bre£hat. L. longissima Gr. Kroyer Nat. hist. Foren. Videnskab. Meddelels. 1857 Separ.-Abd. pr. 1 ist wegen des Besitzes blosser Haarborsten keine Lumbrieonereis, vielleicht eine Arabella oder Maclovia. Eine Nach- untersuchung war nicht möglich, weil das Exemplar abhanden gekommen scheint. Die beiden Thiere, welche unter dem Namen Lumbriconereis bei Kinberg abgebildet sind: L. capensis Kbg. Annulata von der Reise der Eugenia. 4°. Taf. XIX. Fig. 42 und L. cirrosa Kbg. O. c. Taf. XIX. Fig. 43 gehören, wie die Beschreibungen im Annul. nov. Öfvers. af K. Vetensk Akad. Förh. 1864 p. 572 und 573 zeigen, das erstere der Gattung Aracoda, das zweite der Gattung Larymna an. L.tricolor Johnst. Catal. Brit. non parasit. Worms p. 142 Abbildungen im Text. Ich vermuthe, dass die Etiquette in Leach Sammlung unrichtig gelesen ist und dass sie Nereis iricolor gelautet hat; dieses letztere Thier finden wir von Montagu als britische Annelide beschrieben Linn, Transact. VII. p. 82. Diese sowie Johnston’s Beschreibung der L. tricolor weisen auf eine Arabella hin, wahrscheinlich A. quadristriata. L. filum Clap. Annel. chetopod. du golfe de Napl. p. 144 pl. IX. Fig. 1, später von ihm zur Gattung Drilonereis erhoben. L. versicolor Ehrbg. Gr. Neue oder wenig bekannte Anneliden des Rothen Meeres. Monatsber. Berl. Akad. 1869 p. 496, gehört eben- falls zur Gattung Driloneris. L. seolopendrina Blv. Diet. seiene. nat. Article Nereides p. 454. Artiele Vers. p. 486 pl. 20 Fig. 2 ist ganz zu streichen, weil dem zu Grunde liegenden Exemplar, wie schon Blainville selbst vermuthet, das Kopfende fehlte, die Abbildung zeigt es entschieden nieht; andere noch besonders benutzbare Einzelnheiten des Körperbaues sind nicht an- gegeben. 38 Jahres-Bericht Auch nach dem Abzug dieser Anneliden ist doch noch die Gattung Lumbriconereis reich an Arten und reicher als irgend eine der ihr ver- wandten. Es werden hier 37 aufgezählt werden. Ehlers hat die bis dahin publieirten nach den Heimathsmeeren geordnet zusammengestellt, hier soll der Versuch gemacht werden, sie nach Kennzeichen zu gruppiren und, so weit es bis jetzt möglich ist, zu unterscheiden. Zwei Charaktere sind dazu, weil sie in den meisten Beschreibungen berücksichtigt werden und sich sicher ausdrücken lassen, besonders ver- wendbar, die Gestalt der Borsten, ob zusammengesetzte vorkommen oder nicht, und die Beschaffenheit des Kieferapparats. Kinberg hat letztere obenan gestellt, ich würde zuerst die Gestalt der Borsten berücksichtigen, weil diese doch noch allgemeiner als der Kieferapparat angegeben ist und sogleich ins Auge fällt, die Grenze der Ruder, welche zusammen- gesetzte Borsten und welche Haarborsten führen, kann dann auch zur Erkennung der Species benutzt werden, denn es scheint, dass sie meistens nicht bedeutenden Schwankungen unterliegt. in der ganzen Länge des Thieres kommen beide niemals vor, sie beschränken sich nur auf eine geringe Zahl der vorderen Segmente, Sehr auffallend ist, dass Schmarda bei seinem Notocirrus heterochaetus die Haarborsten erst am 40ten Segment beginnen sah. Dass die zusammengesetzten Sichelanhänge tragen, ist bereits erwähnt, nur bei einer Art (L. d’Orbignyi Aud. & Edw.) sollen Grätenanhänge existiren. Was die Gestalt der Kiefer betrifft, so kommt zunächst zur Geltung, ob dies te Paar einfache oder an der Spitze gespaltene oder zweizähnige besitzt, darnach, wie viel Zähne das 2te Paar an seiner Schneide hat. Die gewöhnlichsten Zahlen sind 4 und 5, doch kann wohl ein kleinerer Zahn leicht übersehen werden, auch die Art der Zählung etwas verschieden ausfallen, da die Basis dieses Kiefers zuweilen so spitz vorspringt, dass man hier noch einen Zahn annehmen kann. 8o soll L,borealis Kbg., für welche dieser nur 4 Zähne des 2ten Kieferpaares angiebt, nach Malmgren’s Untersuchung des Originalexemplars einerlei mit L. fragilis Müll. sein, bei welcher Ehlers am rechten Kiefer 6, am linken 5 Zähne fand. Für L. Nar- donic Gr. notirt Ehlers dieselben Zahlen, während ich bei einem Exem- plar zuweilen an beiden Kiefern auch 5, oder 4 und 5 fand, und in der Charakteristik der L. coccinea d. Ch. begegnen mir 7 Zähne im rechten und 5 im linken Kiefer, ich zählte an einem Exemplar in beiden 5, an einem anderen 5 und 6. Man darf sich also auf einzelne Zahlen- angaben wohl nicht zu sehr verlassen, zumal da man nicht weiss, ob mehrere Exemplare untersucht sind oder nicht. Die Gestalt der Lamina ventralis des Kieferapparates bietet, wie es scheint, wenig Unterschiede dar; in einzelnen Fällen aber traten sie bei sonst ähnlichen Arten sehr zu Tage. Die beiden Hälften derselben sind eG N) u ATI IT ra ED ne un „.® PR Fe Pu RT a re der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 89 immer im grössten Theil ihrer Länge verwachsen, in der hinteren Hälfte tritt auf der Mittellinie meist eine Längsreihe von Winkelhaken, in der vorderen Hälfte eoncentrische vorn offene Halbkreise auf. Von den Weichtheilen dürfte zunächst die Form des Kopflappens für die Erkennung der Arten öfters von Wichtigkeit sein: er gleicht meistens der Hälfte eines quer durchschnittenen länglichen Ovals oder auch einem gothischen Spitzbogen, indem die beiden Seitenränder dann vorn in einem Winkel zusammenstossen, in beiden Fällen bezeichnen ihn die Beschrei- bungen gewöhnlich schlechtweg als oval, auch wenn er, wie oftmals, an seiner Basis nicht ein wenig eingeschnürt ist. In anderen Fällen wird er als kuglig beschrieben, wie bei Lumbriconereis coceinea, während doch sein horizontaler Umfang oft nur einen hinten wenig oder gar nicht eingezogenen Halbkreis darstellt. Eine dritte Form ist die konische oder dreieckige, so bei Aracoda heterochaeta Schmd., doch sind die Seitenränder fast nie ganz geradlinig, sondern ein wenig convex. Meistentheils kommt er an Länge den 2 nächstfolgenden Segmenten d.h, dem zweiringeligen Mundsegment und dem ersten borstentragenden zu- sammen gleich. Augen sind bisher nur sehr selten gesehen worden, Dass an dem vorderen Rande des Mundsegments bei manchen Exem- plaren 2 kleine Läppchen beobachtet werden, ist schon oben bemerkt. Dies gab mir Veranlassung, eine eigene Gattung Zygolobus aufzustellen: natürlich muss dieselbe eingezogen werden, da dieser Zustand ein blos vorübergehender ist und bei anderen Exemplaren derselben Lumbrico- nereisart die Läppchen eingestülpt nur durch die Haut durchschimmern oder gar nicht wahrnehmbar werden. Die beiden Ringel des Mundsegments sind entweder gleich oder der vordere ist etwas länger; im letzteren Falle habe ich dies in die Charakteristik der Arten besonders aufgenommen. An Länge pflegt das- selbe den beiden nächsten Segmenten zusammengenommen etwas nach- zustehen. Nicht zu übersehen ist das Verhältniss der Länge und Breite der Segmente, das allerdings vom Grade der Contraetion mit abhängt, indessen auch bei gleich eontrahirten Exemplaren verschiedener Arten wohl verschieden sein kann, meistens sind die vorderen Segmente im Vergleich mit der Breite kürzer als die darauffolgenden. Gewöhnlich verdünnt sich der Leib nach vorn hin merklich, nach hinten hin findet dies immer, aber langsamer statt. Die Ruder nehmen nach vorn hin immer an Länge ab, sind auch je nach den Arten im Verhältniss zur Breite der Segmente etwas ver- schieden, die Länge der hinteren Köcherlippe im Verhältniss zur Länge des borstentragenden Köchers schwankt ebenso bei den verschiedenen Arten im Ganzen als oftmals auch nach der Körpergegend. An den hinteren Segmenten nimmt die Länge der Ruder ab, doch erscheint sie im Ver- 90 Jahres - Bericht hältniss zur stark abnehmenden Breite der Segmente immer noch an- sehnlich. Die hintere Köcherlippe selbst ist im Allgemeinen kürzer oder länger fingerförmig, doch oftmals merklich plattgedrückt, eine vordere meist wenig bemerkbar, und daher in den Beschreibungen gewöhnlich nieht besonders erwähnt. Gestalt und Dimensionen der Weichtheile, Breite und Länge der Segmente hängen natürlich mit von dem Grade der Con- traction ab: die Angaben darüber sind also nur mit Vorsicht zu benutzen. Lumbriconereis. A. Arten, bei denen an den vorderen Rudern neben den Haarborsten (mit Ausnahme junger Exemplare Ehl.) Sichelborsten statt Haken- borsten vorkommen (bei L. Orbignyanus geben Audouin u. Edwards Grätenborsten an). A. a. Kiefer des Illten Paares 2-zähnig. a'. Kopflappen halbkreisförmig oder etwas kuglig, Stirnrand immer breit gerundet. L. coceinea d. Ch. Nereis coceinea Renieri Osservaz. post. di Zoolog. adriat. p. 30 Tav. X. Leib dunkelrosen- oder gelbroth, nach vorn meist verbreitert, die mittleren Segmente wie 3:1, breit. Ruder schon. vorn lang, mit kurzer, stumpf abgerundeter Lippe. Länge des Kopflappens gleich 2'/, Segmente. Nackenläppchen habe ich niemals beob- achtet. Haar- und Sichelborsten an den ersten 20 Rudern. Linker Kiefer des IIten Paares mit 7, rechter mit 5 Zähnen nach Ehlers, ich fand = oder an beiden 5, Renieri bildet mindestens 9 ab, doch dürfte auf diese Abbildung nicht zu viel Gewicht zu legen sein. Mittelmeer. L. obtusa Kbg.') Kopflappen etwas kürzer als halbkreisförmig, breiter als lang, von Länge des Mundsegments, Leib nach vorn nicht schmäler, vorderste Segmente wie 6:1, der vordere Ring des Mund- segments länger als der hintere. Kiefer II mit 5 Zähnen. Lamina ven- tralis (labium inferius) mit Zähnen am Vorderrand (spinosum). Val- paraiso. a°. Kopflappen halb-längsoval oder ein Spitzbogen. L. Nardonis Gr. Actin. Echinod. Würm. p. 79, Ehlers ©. ce. II. p. 381 Taf. XVI. Fig. 25—30, Taf. XVII. Fig. 1, 2. Mittlere Segmente etwa wie 6:1, Leib vorn verschmälert. Ruder ziemlich lang, Köcher- lippe schlank fingerförmig, meist so lang oder länger als der Köcher. Die Zahl der Borsten kann bis 12 steigen. Haarborsten nach Ehlers an den Rudern der vorderen Körperhälfte, Sichelborsten am vorderen Körper- drittheil, ich fand jene an 40—50, diese an etwa 27 Rudern. Der rechte Kiefer nach Ehlers mit 6, der linke mit 5 Zähnen, ich fand an beiden 1) Öfvers. K. Vet. Akad. Förh. 1864. p. 569. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 91 zuweilen 5, auch an einem 5, am anderen 4. Die vordere Reibplatte knopf-, die hintere bandförmig. Vorderrand der Lamina ventralis unge- zähnt. Mittelmeer. L. tingens Kfst. Zeitschr. wissenschaftl. Zoolog. XII. p. 102 Taf. IX. Fig. 1—9, Ehlers O. ec. II. p. 591 Taf. XVII. Fig. 11—14, L. Edwardsii Clap. Be. üb. Anat. p. 58 Taf. XIV. Fig. 14—22, ARE Ed- wardsii Clap. Glan. Zoot. p. 114 pl.4 Fig. 3—5. rar. fie sich von L.Nardonis durch die am Vorderrand stumpf-3-zähnigen Hälften der Lamina ventralis; die Köcher der Ruder sind kurz und breit, die Lippe dreieckig, so lang. als der Köcher, in den sie allmählich übergeht, nach hinten gerichtet, an den hinteren Köchern ist sie wie diese selbst gestreckter, abgesetzt, weniger spitz. Die vordersten 19 bis 24 oder 31 Ruder mit Haarborsten, die ersten 24 bis 27 mit Sichelborsten. Kiefer II nach Ehlers mit 5 ' Zähnen, Keferstein und Claparede bilden 4 ab, ich fand zuweilen auch Pr und —. Färbung im Weingeist röthlichgelb. Der erste Ring des Mundsegments nach Ehlers fast 2mal so lang als der zweite, ich fand _ beide gleich lang. Französische Westküste, Mittelmeer. Mehrere meiner Exemplare aus dem Quarnero hatte ich mit L. Nardonis verwechselt. L. japonica Marenzeller (e. lit.). Fleischfarben oder mehr gelblich, mit starkem Glanz, vorn wenig oder gar nicht verschmälert. Die vor- deren Segmente wie 5: 1, die hinteren = 3:1. Kopflappen halb oval, etwas länger als breit, so lang als 2 Segmente, bei einem Exemplar 2 Nackenläppchen. Ruder an Länge abnehmend, die Hinterlippe eben so lang, halb so breit als der Köcher, an dem vorderen etwas ver- | schmälert, an dem hinteren nicht und stumpfer. Borsten bis zu je 12, Haarborsten an den ersten 34-41, Sichelborsten an 15--18 Rudern. Aciculae schwarz bis 4. Kiefer II mit 4 Zähnen, Kieferträger ähnlich wie bei L.tingens. Lamina ventralis hinten wenig ausgeschnitten. Bis 129 mm lang und mit 170 Segmenten. Cheföo, Nordjapanisches Meer. Hierher dürfte auch meine L. Jacksonii Kbg. (Novaraexp. Annel. p. 14 Taf. I. Fig. 6) gehören. a°. Kopflappen stumpf-konisch, länger als breit. L. Januarii Gr. = L. brasiliensis Gr.?, Kbg. 1. e. p. 570, letzterer Name musste geändert werden, da meine L. brasiliensis eine andere Art ist. Kopflappen so lang als 3 Segmente, Leib nach vorn wenig ver- schmälert, die vordersten Segmente = 4:1. Ruder ziemlich lang mit etwas spitzer Lippe. Auf Taf. XVIII. Fig. 33 der Anneliden von der Reise der Eugenia hat Kinberg unter dem Namen L. brasiliensis eine Art abgebildet, die 2 Augen trägt. Im oben erwähnten Text sind diese nicht erwähnt. In diese Abtheilung A. a. gehört auch Zygolobus Grubianus Olap. Glan. zoot. p. 115 pl. IV. Fig. 4 von Port-Vendres, der dem Z. Edwardsii sonst sehr ähnlich sein soll. 932 Jahres - Bericht A, b. Kiefer des Illten Paares 1-spitzig, b'. Kopflappen fast halbkreisförmig oder kuglig. L. magalha@nsis Kbg. |. c. p. 568. Taf. XVII. Fig. 35. Kopf- lappen wie gewöhnlich so lang als 2 Segmente, hinten etwas einge- schnürt, Kiefer II der eine mit 4, der andere mit 5 Zähnen, Träger der Kiefer (radices maxillares) schmal und verlängert, eine Form, die sonst von keiner Lumbriconereis bekannt ist. Spitze der Sichelborsten gezähnelt. Vordere Segmente etwa wie 4:1. Magalhaönstrasse. Dieselbe Art glaube ich von den Kerguelen zu haben, doch sehe ich an beiden Kiefern des lIten Paares nur 4 Zähne, der halbovale hinten ein wenig ungeschnürte Kopflappen war bald etwas kürzer, bald etwas länger als breit, die Haut fast glanzlos, die Haarborsten sehr lang, bis zu je 7. Sie hörten erst am 80ten Ruder, die Sichelborsten, bis zu je 6, schon am 17ten auf, die Sichelanhänge erschienen mir länger, als sie Kinberg abbildet, und ihre Spitze 2-zähnig, der Saum der Hakenborsten lief nicht so weit herab. An den vorderen Rudern macht sich eine Vorderlippe bemerkbar und die hintere ist dünner und länger als an den hinteren. Erweist sich dieses Thier als neu, so mag es L. Kerguelensis benannt werden. b?’. Kopflappen abgerundet 3-seitig oder ein Spitzbogen. L. mirabilis Kbe. ]l. c. p. 568. Von den Kiefern II der eine mit 3, der andere mit 4 Zähnen. Kopflappen gerundet (rotundatus) '). Kin- bie setzt blos noch hinzu: pone angulum anteriorem medium lab in- ferioris macula elongata. Port Jackson bei Sidney. L. gracilis Ehl. O..c. II. p. 393 Taf. XVII. Fis. 6—10. Kopf- lappen hinten etwas eingeschnütt. Kiefer II mit 4 Zähnen. Lamina ventralis jederseits am Vorderrande mit 3 stumpfen Zähnen, jederseits 2 Reibplatten. Vordere Ruder kurz, hintere verlängert, Lippe dünn fingerförmig. Die vorderen 40 Ruder mit Haar-, 15 mit Sichelborsten. Die vorderen Segmente etwa wie 3: 1, die hinteren wie 3 oder 2"), : 1 Quarnero. b°’. Kopflappen dreiseitig. L. amboinensis Gr. Mon.-Ber. Berl. Akad. 1877 p. 532. Sehr dünn. Kopflappen fast gleichseitig, spitz, etwas länger als die nächsten 2 Segmente. Die vordersten Segmente wie 4:1, die folgenden wie 3:1, die hinteren wie 2:1. Die ersten 40 Ruder mit Haarborsten. Ruder oft gablig, indem eine spitze Vorderlippe entsteht. Sichelborsten an den !) Dieser Ausdruck ist etwas unbestimmt. Da aber Kinberg denselben Aus- druck für den Kopflappen von L. chilensis und Jacksoni braucht, wo er abge- bildet ist und ein Dreieck mit etwas convexen Seitenrändern und stumpfer Spitze darstellt, glaube ich dasselbe für L. mirabilis annehmen zu dürfen. ee ie ee ie DER Ab r_. a ur PeIE a r der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 93 ersten 20 Rudern. Ruder ziemlich lang, Hinterlippe der vorderen finger- förmig, eben so lang oder länger als der Köcher, in den hinteren kürzer. Kiefer II mit 4 Zähnen. Amboina. b*. Kopflappen konisch verlängert. L. quinquedentata Kbg. 1. c. p. 568. Kopflappen so lang als 3 Segmente, der lte Ring des Mundsegments länger als der 2te. Kiefer Il mit 5 Zähnen. Lamina ventralis hinter dem stumpfen mittleren Einschnitt mit einem länglichen Fleck. Vor der La Platamündung. L. futilis Kbg. 1. c. p. 568. Kopflappen ebenso, 2 Nackenläppchen beobachtet, Mundsegment gleichringelis. Spitze der Sichelborsten ge- zähnelt. Ueber die Mundtheile ist nichts angegeben. Nordsee. Dieser Abtheilung der Lumbriconereiden mit Sichelborsten müsste sich nach der Beschreibung von Audouin und Milne Edwards eine Art anschliessen, welche auch zusammengesetzte Borsten, aber solche mit Grätenanhängen haben soll: L. Orbignyensis A.&E. Ann. science. nat. XXVIII. p. 235 pl. 12 Fig. 9—12. Die Grätenborsten sind abgebildet, Sichelborsten werden gar nicht erwähnt. Die Ruder sind lang mit langer fingerförmiger Lippe, der Kopflappen halboval, etwas länger als breit, das Mundsegment er- scheint in der Abbildung nicht in 2 Ringel getheilt, was sonst doch bei allen Lumbriconereis Regel ist. Die nächstfolgenden Segmente sind drei mal so breit als lang dargestellt. Nackenläppchen beobachtet. Kiefer I mit 4 grossen Zähnen und einem sehr kleinen zwischen dem 2ten und öten derselben, Kiefer III mit 2 Zähnen. La Rochelle. B. Arten, bei denen die vorderen Ruder blos Haarborsten, die folgenden Haar- und Hakenborsten, die übrigen blos Hakenborsten tragen. B.a. Kiefer des lIIten Paares mit 2 Zähnen. L. ocellata Gr. Annul. Semperiana p. 169 Taf. VIII. Fig. 6. Bräun- lich-fleischfarben. Vordere Segmente wie 4:1, mittlere 3:1, hintere 2:1. Kopflappen halboval oder gerundet dreieckig, wenig länger als breit, hinten mit einer Querreihe von 4 punktförmigen Augen. Ruder bis zum löten an Länge zunehmend, Lippe fingerförmig, länger als der Köcher. An den vorderen 36 Rudern blos Haarborsten, zu je 8 bis 16, an den nächsten Haar- und Hakenborsten, an den mittleren und hinteren blos Hakenborsten. Von den Kiefern II der rechte mit 5, der linke mit 4 Zähnen. Philippinen. B. b. Kiefer des IIIten Paares mit 1 Zahn. L. fragilis M. Sars. Malmgr. Annul. polych. p. 63, Taf. XIV. Fig. 83. Ehlers O. ec. p. 395, Lumbricus fragilis Müll. Zool. danie. I. p. 22 Tab. XXI. Fig. 1-3, Scoletoma fragile Blv., Lumbriconereis bo- realis Kbg. 1. ce. p. 568. In den vorderen 22 Rudern blos Haarborsten, 94 Jahres - Bericht in den folgenden 77 Haar- und Hakenborsten, die übrigen vom 100ten an blos Hakenborsten tragend. Lippe kurz und breit. Leib gegen das Vorderende hin sehr verdünnt. Kopflappen konisch, kaum kürzer als breit, so lang als 2 Segmente. Von den Kiefern II der rechte mit 6, der linke mit 5 Zähnen. Lamina ventralis zahnlos, hinten in 2 sehr divergirende und ausgezogene Spitzen auslaufend. Von Spitzbergen und Grönland bis Koster, Neu- England. L. Vincentis Gr. n. sp. Kopflappen leicht convex-dreiseitig, gleich- seitig, so lang als 2 Segmente, die breitesten Segmente (um Segment XV herum) wie 6:1. In den vorderen 34 Rudern blos Haarborsten, in den übrigen der allein erhaltenen 84 Ruder Haar- und Hakenborsten. Ruder von Anfang an deutlich vortretend, Köcher kurz, Lippe kaum länger, breit, langsam verschmälert, abgerundet, Haarborsten bis zu je 17. Kiefer II mit 4 Zähnen. Lamina ventralis mit schief abgerundeten Vorderrändern, ganzrandig. Golf St. Vincent in Neuholland (Museum Godeffroy). C. Arten, bei denen die vorderen Ruder Haar- und Hakenborsten, die übrigen blos Hakenborsten tragen. C.a. Kiefer des IlIten Paares mit 2 Zähnen. a'. Kopflappen halbkreisförmig oder etwas kuglig. + Kiefer IV ebenfalls mit 2 Zähnen. L. funchalensis Kbg. 1. e. p. 569. Kopflappen annähernd kuglig, länger als die 2 nächsten Segmente. Der vordere Ring des Mund- segments soll kürzer als der hintere sein. Von den Kiefern II der eine mit 5, der andere mit 4 Zähnen. Madeira. rt Kiefer IV wie gewöhnlich mit einfacher Spitze. L. Frauenfeldi Gr., Zygolobus gracilis Gr. Verhandl. d. zool. botan. Gesellsch. in Wien 1868 p. 634 Taf. 7 Fig. 3. Leib nach vorn nicht verschmälert, nur das Mundsegment, die vorderen Segmente wie 4:1, die hinteren 3:1. Ruder anfangs so kurz, dass von oben gesehen nur die Borsten vorragen, weiterhin ansehnlich lang mit kurz finger- förmiger Lippe. Die vorderen 46 Ruder mit Haarborsten, höchstens zu je 9. Kopflappen halbkreisrund, hinten etwas zusammengezogen, so lang als 2'/), Segmente. Nackenläppchen beobachtet. Von den Kiefern II der eine mit 9 (8), der andere mit 8 (7) Zähnen. Rothes Meer. L. Iueida Gr. Jahresber. der Schles. Gesellsch. für 1876 p. 50. Rothgelb, lebhaft glänzend. Segmente = 5:1, die vorderen = 4:1, mit etwas dunklerer Querbinde, Breite vom 20ten an nach vorn ab- nehmend. Kopflappen halboval, wenig breiter als lang, hinten etwas minder breit als das gleichringelige Mundsegment, so lang als 2 Seg- mente. Ruder anfangs sehr kurz, dann verlängert, der Köcher nie länger EINER De a Et y En . AT Nee wi Draii der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 95 als hoch, Lippe anfangs kürzer als er, stark nach hinten geneigt, kaum länger als breit, weiterhin mehr abgesetzt, fingerförmig, nicht nach hinten geneigt. Haarborsten bis Ruder 85 oder 91 bis zu je 9, sanft gekrümmt. Hakenborsten an allen, bis zu je 5; 3 Acieulae. Kiefer II mit 4 Zähnen. Lamina ventralis mit zahnlosem Vorderrande, Hinterende kurz ausge- schnitten, vor ihm eine Längsreihe von 3 Winkelhaken, auf der Vorder- hälfte nur wenige Längsstreifen neben den concentrischen Halbkreis- zeichnungen. Nordjapanisches Meer. Ein unvollständiges Exemplar von 150 Segmenten mass 130 mm. L. eavifrons Gr. Annel..d. Novara-Exped. p. 13 Taf. I. Fig. 3. Aus dem Fleischfarbenen ins Graubraune übergehend, nach vorn kaum verschmälert, Segmente mit verdickter Vorderhälfte, die mittleren wie 3:1. Ruder ziemlich vorragend, Lippe fingerförmig, weniger lang als der Köcher. Die vorderen 27 Ruder mit Haarborsten zu je 3. Kopf- lappen fast halbkreisförmig, vorn fast abgestutzt, oben wie unten der Länge nach ausgehöhlt. Kiefer II mit etwa 7 Zähnen. Kalkbay am Cap. a°. Kopflappen halblängsoval oder halbeiförmig. L. breviceps Ehl. 1. ce. p. 388 Taf. XVII. Fig. 3, Lumbricus fragilis d. Ch. Memor. JH. p. 409, 428 Tav. XXVIII? Fig. 3—20 (hier ist der Kopflappen vorn ganz zugespitzt und gestreckt abgebildet, wäh- rend ich ihn an Weingeist-Exemplaren stets kürzer und nur ein wenig zugespitzt gefunden), Descriz. e notom. III. p. 83, V. Tav. 96, Fig. s—11, 14—21, Lumbriconereis impatiens Clap. O. ce. I. p. 145 Taf. IX. Fig. 2. Zygolobus Laurentianus Gr. Arch. Naturgesch. 1863 p. 40 Taf. IV. Fig. 3. Nach vorn wenig verdünnt, im Weingeist gelbbräunlich, lebhaft irisirend. Kopflappen halbeiförmig, kürzer als die 2 ersten Segmente. Nackenläppchen beobachtet. Segmente etwa wie 4 bis 5:1. Ruder klein mit nach hinten gerichteter stark verjüngter Lippe. Die vorderen 41 bis 50 Ruder mit Haarborsten. Kiefer II mit 5 Zähnen. Lamina ventralis kalkig, vorn mit braunen concentrischen Halbringen, hinten in 2 kurze fast einander anliegende Spitzen auslaufend. Mittelmeer. L. capensis Gr. (non Kbg.) Leib schlank, nach vorn wenig ver- schmälert. Segmente meist wie 3:1. Ruder kurz, Lippe kurz, stumpf abgerundet, die vorderen 33 Ruder mit Haarborsten zu je 3. Von den Kiefern II der eine mit 6 (7), der andere mit 5 Zähnen. Das unter- suchte Exemplar war hinten verstümmelt. Cap. — Kinberg hat unter dem Namen L. capensis das Thier abgebildet O. c. Taf. XIX. Fig. 42, das im Text als Aracoda capensis beschrieben ist (l. e. p. 573). L. Dubeni Kbsg. 1. e. p. 570. Kopflappen nach vorn wenig ver- schmälert, Ruder ziemlich lang mit gespaltenen Spitzen (apieibus fissis), vermuthlich also eine entwickeltere Vorder- oder Oberlippe vorhanden, die hinteren Ruder verlängert. Von den Kiefern II der eine mit 6, der andere mit 4 Zähnen. Mozambique, 96 Jahres - Bericht L. Jacksoni Kbg. 1. ce. p. 569 Taf. XVII. Fig. 54. Vorn, wie es scheint, wenig oder gar nicht verschmälert. Die vorderen Segmente wie 4:1. Kopflappen halboval. Ruder ziemlich vorragend, mit etwas spitzer Lippe. Von den Kiefern II der eine mit 5, der andere mit 4 Zähnen. Port Jackson. L. nitida Ehtb. Gr. Mon.-Ber. Berlin. Akad. d. Wissensch. 1868 p. 497. Nach vorn wenig schmäler. Segmente kurz und breit, wie 7 oder 6:1. Ruder sehr kurz, Lippe kurz fingerförmig, nach hinten ge- richtet. Haarborsten an den vordersten 24 bis 34 Rudern, nur zu je 2 oder 1. Kopflappen etwas länger als die 2 folgenden Segmente, hinten etwas eingeschnürt. Kiefer II mit 4 Zähnen. Rothes Meer. L. oceanica Kbg. 1. e. p. 570. Ruder vorragend mit verlängerter Spitze (apice elongato, vermuthlich also verlängerter Köcherlippe). Kopf- lappen halboval, so lang als 2’, Segmente. Von den Kiefern II der eine mit 5, der andere mit 4 Zähnen. Vor der La Plata-Mündung. L. indica Kbe. 1. ce. p. 569 Taf. XIX. Fig. 40. Die vorderen Seg- mente schmal, nur wie 3:1. Ruder kurz, Lippen, wie es scheint, kurz. Kopflappen halboval, merklich länger als breit, so lang als etwa 2 Seg- mente, mit undeutlichen Längsfurchen (die Abbildung giebt dieselben nicht wieder). Der vordere Ring des Mundsegments länger als der hintere. Kiefer II mit 4 Zähnen. Bangkastrasse. 3 a°. Kopflappen abgerundet dreieckig. L. havaica Kbg. 1. ec. p. 569 Taf. XIX. Fig. 39. Die vorderen Segmente sehr kurz, wie 7:1, der vordere Ring des Mundsegments etwas länger als der hintere. Die vorderen Ruder ziemlich kurz vortretend, weiterhin verlängert, der Köcher kürzer als die fingerförmig dünne all- mählich sehr verlängerte Lippe (pedes linsulam eirrosam terminalem elongatam praebent). Kopflappen dreieckig, mit leicht eonvexen Seiten- rändern, breiter als lang, gekörnelt (granulosus), so lang als 2 Segmente. Von den Kiefern II der eine mit 5, der andere mit 4 Zähnen. Oahu. L. brasiliensis Gr. Kroyer. Nat.-hist. Foren vidensk. Meddelels. 1857. Sep.-Abdr. p. 2. Leib vorn wenig verschmälert. Vordere Seg- mente sehr kurz und breit wie 6 oder 7:1, die hinteren wie 3 oder 2:1. Ruder lang mit langfingerförmiger oder breiterer Lippe, die vorderen (bei grossen Exemplaren 42 bis 61) mit Haarborsten. Kopflappen abgerundet dreieckig, gleichseitig oder etwas länger als breit, fast immer oben wie unten mit einer Längsrinne, so lang als die ersten 3 Segmente. Von den Kiefern II der eine mit 5, der andere mit 4 Zähnen, an ersteren der 2te Zahn sehr klein. Rio Janeiro. L. Sarsii Kbg. 1. c. p. 568 Taf. XIX. Fig. 38. Die vordersten Segmente etwa wie 5:1. Ruder ziemlich kurz mit kurzer dreieckiger, nach hinten gerichteter Lippe. Kopflappen abgestumpft dreieckig, gleich- r i 7 Du y + a der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 97 seitig. Kiefer II mit 5 Zähnen. Lamina ventralis jederseits mit dunkeln Längslinien, in der Mitte eine Längsreihe von 4 Winkelstrichen; hinten in 2 parallele ziemlich lange Spitzen auslaufend. Guajaquil. L. chilensis Kbg. 1. ec. p. 568 Taf. XVII. Fig. 37. Nach vorn nicht verschmälert, die vorderen Segmente wie 5:1. Der vordere Ring des Mundsegments wenig länger als der hintere. Köcher der Ruder kurz, Lippe anfangs kürzer oder ebenso kurz als er, weiterhin 2 sehr dünne Lippen wie Cirren. Kopflappen abgestumpft dreieckig, etwas länger als breit. Kiefer II mit 4 Zähnen. Valparaiso. In diese Abtheilung C. a. gehört der Abbildung der Kiefer nach auch Notocirrus brevieirrus Schmarda ©. ce. II. p. 117. Neu-Süd-Wales. Der Kopflappen ist nicht beschrieben. C.b. Kiefer des IV. Paares 1-spitzig. b'. Kopflappen annähernd kuglig. L. Virgini Kbe. 1. ec. p. 569. Kopflappen mit 3 undeutlichen Höckerchen, so lang als das Mundsegment, dieses wahrscheinlich, da das Gegentheil nicht angegeben ist, gleichringelig. Hakenborsten an der Spitze fein gezähnelt. Kiefer II mit 5 Zähnen. Patagonien. b?’. Kopflappen halb -längsoval. L. Hemprichii Gr. Mon.-Ber. Berl. Akad. 1863 p. 497. Im Wein- geist bräunlich gelb, nach Ehrenbergs ursprünglicher Namengebung (erocea) im Leben saffrangelb, vom 10ten Segment an nach vorn langsam ver- schmälert. Kopflappen fast so lang als 2 Segmente, hinten nicht einge- schnürt; 2 durch die Haut durchschimmernde Nackenläppchen beobachtet. Mundsegment gleichringelis, aber die Ringel sehr schwach angedeutet, die vorderen Segmente wie 3 : 1, die hinteren wie 2:1. Die 10 ersten Ruder äusserst kurz, die anderen länger. Lippe drehrund stumpf, länger als der Köcher; die vorderen 25 Ruder mit Haarborsten, diese zu je 3 bis 4. Kiefer II mit 5 Zähnen. Rothes Meer. L. debilis Gr. Annul. Semperian. p. 170, Taf. VIII. Fig. 5. Fleisch- farben ins Sandgelbe übergehend. Kopflappen länger als das Mund- segment. Segmente etwa wie 4:1. Ruder sogleich von Anfang an merklich vortretend. Blos die 16 vordersten Ruder mit Haarborsten. Lippe so lang als der Köcher. Kiefer II mit 4 Zähnen. Haarborsten zu je 4. Philippinen. b°’. Kopflappen conisch, entschieden länger als breit, so lang als 2 Segmente. L. heterochaeta Gr., Aracoda heterochaeta Schm. ©. e. N. p- 116. Bläulich grün ins Violette. Da das untersuchte Exemplar über 200 mm lang war und an 360 Segmente hatte, müssen diese theilweise oder durchweg verhältnissmässig lang gewesen sein. Die Haarborsten hat Schmarda erst am 40ten Segment gefunden (vielleieht waren sie an .. ‘ 98 Jahres - Bericht den vorhergehenden Rudern abgebrochen, wie es öfters vorkommt). Hakenborsten an der Spitze gezähnelt. Ruder dick, Hinterlippe kurz. Kiefer II nur mit 3 Zähnen, Kiefer III kleiner als Kiefer IV. Lamina ventralis aus 2 vorn abgestutzten, hier wie hinten auseinander weichenden Hälften bestehend. Chili. L. atlantica Kbe. 1. e. p. 568 Taf. XIX. Fig. 43. Vorn wenig verschmälert, vordere Segmente etwa wie 4:1. Kopflappen oben am Hinterrande mit 2 queren am Rande liegenden Läppchen (der Abbildung nach anders liegend als sonst die Nackenläppchen). Der vordere Ring des Mundsegments 2 mal so lang als der hintere. Ruder von Anfang an ziemlich vorragend, Lippe ziemlich breit, anfangs so kurz als der Köcher, weiterhin länger als derselbe. Kiefer II mit 4 Zälmen. Vor der La Plata-Mündung. | L. madeirensis Kbeg.].c. p. 569. Kopflappen ziemlich spitz. Der vordere Ring des Mundsegments wenig länger als der hintere. Kiefer II mit 4 Zähnen. Madeira. Diese Art scheint der kurzen Beschreibung nach von der L. atlantica fast nur durch die Abwesenheit der Kopf- läppchen unterscheidbar. L. contorta Qfe. ©. c. I. p. 359 pl. X. Fig. 6—16. Der Abbildung nach ockergelb. Kopflappen merklich länger als breit, hinten etwas ein- geschnürt. Ruder klein, Lippe kurz, breit dreieckig. Da das untersuchte Exemplar bei ca. 150 mm Länge über 200 Segmente hatte, müssen die Segmente theilweise oder durchweg verhältnissmässig ziemlich lang ge- wesen sein, die vorderen der Abbildung nach etwa wie 3:1. Kiefer II mit 4 Zähnen (ob beide?, abgebildet ist nur der eine). Guettary. Folgende Lumbrieonereis-Arten sind zur Zeit von anderen noch nicht zu unterscheiden, da die Beschreibungen zu kurz, grösstentheils auch nicht von Abbildungen begleitet sind. L. Pallasii Blv., Nereis ebranchiata Pall. Nov. Act. Petropol. II. p. 231 Tab. V. Fig. 8$-10. Savigny glaubte, dass diese ansehnliche Lumbrieonereis vielleicht zur Gattung Oenone zu rechnen sei, aber die Abbildung des Vorderrandes von der Bauchseite, der mitten unterbrochene vordere Ring des Mundsegments weist auf eine Lumbriconereis hin. L. splendida Blv. Diet. des seiene. nat. Article Vers. p. 486 pl. 20 Fig. 1. Nereis lumbricalis Blv. O.c. Art. Nereis p. 455. Die Form der Borsten ist nicht beschrieben, in dem dargestellten Ruder sehen alle haar- förmig aus. Der Kopflappen ist ein Spitzbogen, der vordere Ring des Mundsegments unten mitten unterbrochen. Leidy, Marine Invertebr. of Rhode Island p. 15, nimmt zwar den Namen ZL. splendida wieder für eine nordamerikanische Art auf, fügt aber nichts hinzu, was zu einer sichern Unterscheidung derselben führen könnte. Sein Exemplar stammte von Great Egg Harbour, wo diese Art häufig sein soll; woher das Thier von HE Dr 4 | | | der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 99 Blainville stammte, ist unbekannt. Leidy’s L. splendida ist nach Webster Maclovia opulina Verr. Notocirrustetraurus Schmarda O. c. II. p. 117. Chile. Mit schmal dreieckigem Kopflappen, ohne sichelförmige Borsten. Kiefer nicht genau dargestellt. Notocirrus trigonocephalus Schmarda ©. c. II. p. 118. Ceylon. Von ihm gilt dasselbe. Notocirrus sphaerocephalus Schmarda ©. ce. II. p. 116. Neusee- land. Kopflappen kuglig. Sichelborsten fehlen. Kiefer nicht bekannt. L. Latreilli Aud. & Edw. Ann. science. nat. XXVIH. p. 242, XXVI. pl. 12 Fig. 13—15 gehört in die Abtheilung, deren Arten nur Haar- und Hakenborsten und 5zähnige Kiefer II haben, aber weder die Beschreibung von Audouin und Edwards, noch die von Quairefages geben genauer die Gestalt der Unterlippe an, und wie die Borsten in den vor- dersten Rudern beschaffen sind. L. fallax Qfe. O. ce. I. p. 362 von der Westküste Frankreichs. L. humilis Qfe. O. c. I. p. 363 ebendaher. L. vasco Qfg. O. ce. I. p. 364 von Guettary. L. obscura Qfe. ]. ce. I. p. 362. Westküste von Frankreich. L. dubia Qfe. 1. c. p. 363, vielleicht. wie Quatrefages vermuthet, eine junge L. gigantea und dann nicht zu dieser Gattung gehörig. L. tenuis Verr. Invert. Anim. of Vineyard Sound. p. 300 gehört zu den Arten, welche keine zusammengesetzte Borsten und wie es scheint einen halbovalen oder spitzbogenförmigen Kopflappen haben; die Borsten werden als lanceolatae und spathulatae bezeichnet und letztere scheinen nicht ganz mit unseren Hakenborsten identisch, da von denen einiger Ruder nicht gesagt wird, dass sie in Häkchen enden, während es von den übrigen im Gegensatz ausdrücklich angegeben ist. Drilonereis Clap. Claparede Annel.-chetop. du golfe de Naples. Suppl. p. 35 pl. 2 Fig. 4. Diese Gattung hat zwar dieselbe Zahl, Anordnung und Gestalt der Kieferwie Lumbrieonereis, wenn wir das zuweilen etwas abweichende IlIte Paar ausnehmen, aber schon die langen stabförmigen Kieferträger und meist auch die Kürze und Consistenz der Lamina ventralis oder Unter- lippe von den Aracoden und Maclovien, auch kommen bereits nicht mehr hakenförmige und zusammengesetzte Borsten vor. Den Kieferapparat _ hat Claparede vollständig abgebildet. a. Kopflappen konisch mit leicht convexen Seiten. Dr. filum Clap. O. e. p. 35 pl. 2 Fig. 4, Lumbriconereis filum Clap. Annel. chötop. p. 144 pl. 9 Fig. 1. Fadenförmig dünn, im Wein- geist gelblich fleischfarben oder rosenroth, etwa vom 20ten Segment an nach vorn langsam verdünnt. Die vorderen Segmente wie 2", oder 2:1, 7r* 100 Jahres - Bericht die hinteren wie 1'/, :1 und oft kuglig abgeschnürt. Kopflappen wohl um '/, länger als breit, so lang als die nächsten 2 Segmente. Mund- segment gleichringelig, auf dem vorderen Ringe 4 in einem Quadrat stehende punktförmige Augen (an meinem Weingeist-Exemplar nicht be- merkbar). Köcher sehr kurz, mit längerer fingerförmiger, nach hinten gerichteter Lippe; Haarborsten der vorderen zu je 6, der hinteren zu Je 4, leicht geschweift, 1 Acicula. Kiefer II mit convexem Aussenrande und 6, II mit 2 Zähnen, IV einfach. Lamina ventralis kurz eiförmig, hinten zugespitzt. Mittelmeer. Dr. quadriceuspis Gr., Fr. Müll. n. sp. Im Weingeist bräunlich fleischfarben mit violettem Glanz, die vorderen Segmente meist wie 3:1, die mittleren wie 4:1, die hinteren etwa wie 3 oder 2, :1. Kopflappen, Mundsegment, Kiefer wie bei Dr. filum; Ruder ähnlich, auch mit einer selben Aciceula, doch die Borsten der vorderen bis 8, minder geschweift als die hinteren, deren schmaler Saum sehr zart gesägt ist. Kiefer II gestreckt, schmal mit 6, II mit 3 sehr dünnen Zähnen, IV einfach. Lamina ventralis sehr kurz, schwarz, aus 2 schmal dreieckigen gleich- - schenkeligen, nur ganz vorn sich berührenden, mit den Spitzen nach hinten gewendeten Hälften bestehend. Müller’s Name deutet darauf hin, dass der Leib in 4 Griffel auslänft; ich fand sie nicht mehr erhalten. Leib 145 mm lang, 1,5 mm breit, vom 40ten Segment nach vorn verschmälert, nach hinten ebenso. Desterro in Brasilien. b. Kopflappen etwas länger als halbkreisrund. Dr. versicolor, Lumbriconereis versicolor. Ehrb. Gr. Mon.- Ber. der Berl. Akad. 1868 p. 496. Eine der längsten Drilonereis, 256 mm lang, mit nahe an 600 Segmenten, welche meist 3 bis 4 mal so breit als lang sind, etwa vom 30ten Segment an nach vorn sich langsam ver- jüngend, hinten ebenso; prächtig irisirend. Kopflappen so lang als das Mundsegment, oben mit einer mittleren seichten Längsgrube; auf dem hinteren Ring des Mundsegsments nach Ehrenberg’s Tagebuch 4 Augen (jetzt nicht mehr sichtbar). Ruder anfangs sehr klein, von oben gesehen sind blos die Borsten sichtbar, Köcher kurz, Lippe dick fingerförmig, stumpf, nach hinten gerichtet, so lang als er, an den vorderen verlängert. Borsten zu je 5 bis 6, 1 Acicula. Kiefer II mit geradem Aussenrand und 6 Zähnen, III zweispitzig, IV einfach. Lamina ventralis abweichend von den andern Arten äusserst zart, von der angrenzenden Haut kaum zu unterscheiden. Rothes Meer. Dr. intermedia Gr., Fr. Müll. n. sp. Im Weingeist fleischfarben bräunlich, sanft irisirend, nach vorn sehr langsam verschmälert und etwas violett kupferroth, mit Längsfurchen, Segmente meist wie 6 bis 8:1, die vorderen und hinteren wie 3 bis 4:1. Kopflappen ähnlich wie bei Dr. versicolor, länger als die nächsten 2 Segmente. Ruder einander fast berührend, sogleich von Anfang von oben sichtbar, Köcher kurz, PD a u Fee Ze A - - der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 101 Lippe länger als er, schmal dreieckig, nach hinten gerichtet, beide all- mählich wachsend, und die Lippe stumpfer und leicht nach vorn gekrümmt. Borsten meist zu je 6, theils wenig, theils stärker geschweift, letztere mit etwas breiterem, unten gesägten Saum, 1 gelbliche Acicula. Kiefer II mit 5 Zähnen und leicht convexem Aussenrande, Ill und IV nicht mehr beobachtet. Lamina ventralis fast Xförmig, die Hälften vorn kurz, convex, hinten schmal und spitz ausgezogen, divergirend. Ein Exemplar von etwa 230 hinten sehr kurzen Segmenten nur 41 mm lang, eines mit etwa 300 Segmenten 59 mm lang, Leib am 20sten 1,25, am 84sten 1,75 mm breit. Desterro. ec. Kopflappen halbeiförmig, zugespitzt. Dr. heterognatha Gr., Fr. Müll.n.sp. Fleischfarben bräunlich, wenig glänzend, vom 20sten Segment nach vorn verjüngt. Segmente der vorderen Hälfte meist wie 4 oder 3:1, der hinteren 3:1, dieses Ende schnell zugespitzt. Kopflappen hinten etwas eingeschnürt, daher fast zwiebel- förmig mit einer schmalen Längsgrube der Unterseite, so lang wie die nächsten 2 Segmente. Ruder schon anfangs von oben sichtbar, sehr kurz, später doppelt so lang, Köcher diek, Lippe halb so breit, stumpf, leicht nach vorn gekrümmt. Borsten höchstens zu je 5, meist 3, ähnlich wie bei Dr. intermedia 2 dicke längere (und 2 kurze?) After- eirren. Kiefer II mit geradem Aussenrande und 7 Zähnen, deren erster der längste, Kiefer III mit 3 Zähnen, IV einfach. Desterro.') Arabella Gr. Arabella Gr. Act. Echinod. Würmer p. 79, Lumbeieus e. p. d. Chiaie, Lumbrieonereis e.p.d. Chiaie Qfg., Oenonee.p.M. Edw., Notocirruse.p.Clap. a. Kopflappen halb oval oder abgerundet dreieckig. A. quadristriata Gr., Ehl. O. c.H. p. 399 Taf. XVII. Fig. 15—24, Lumbriconereis quadristriata Gr. 1. c., Lumbricus St. Hilaire d. Ch. Memor. IH, p. 172 Tav. XLII. Fig. 4, 11, 16, Lumbriconereis St. Hilaire Descriz. III. p. 83 V. Tav. 96 Fig. 1, Oenone maculala M. Edw. Cuv. Rögne anim. Annel. Atlas pl. II. Fig. 4, Lumbriconereis maculata Qfg. O. ce. I. p. 365, Notocirrus Hilarii Ölap. Annel. ch£- topod. Napl. I. p. 150 pl. IX. Fig. 4. Fleischfarbig mit 4 Längsreihen ») Diese oder eine ähnliche Form des Kopflappens scheint auch zu haben: Dr. longa Webster Annel. Chaetopod. of the Virgin. cost p. 42 pl. VII. | Fig. 84—88 Transact. Albany Inst. IX., welche sich der Beschreibung nach dadurch auszeichnet, dass die Zähne des Ilten Kieferpaares von 1—5 variiren und das lIIte wie das IVte einfach ist, am lIten sind 6 und 7 Zähne abgebildet. Die Form der Lamina ventralis (lower jaw) soll ebenfalls variiren. An den vorderen Rudern soll sich gar keine Lippe, an den anderen eine kurze Hinter-, zum Theil auch eine Vorderlippe zeigen. Bis 600 Segmente bei 23 cm Länge. 102 Jahres - Bericht schwärzlicher, auf der Grenze der Segmente stehender Fleckchen, bei dunklerer Färbung nicht so wahrnehmbar, prächtig glänzend und schillernd. Segmente meist wie 5:1, die vorderen wie fast 4:1. Kopflappen halb oval, meist etwas länger als breit, hinten etwas eingeschnürt, kaum so lang als die 2 nächsten Segmente, mit 4 Augen in einer Querreihe. Sogleich die vorderen Ruder merklich vorragend, mit winzigem, lange übersehenem Rückenceirrus, gegen den hin ein Paar gar nicht hervortretende Borstehen gerichtet sind. Köcher meist kürzer als breit, Lippe breit fingerförmig, leicht nach vorn gekrümmt. Borsten bis 8, meist 5, die stark gebogenen mit unten gezähntem Saum, 2 gelbe Aciculae. Mund- segment gleichringelig. Kiefer I an der Basis mit 8 (bei kleinen Exem- plaren 5), der rechte Kiefer II mit 14, der linke mit 7 Zähnen gesägt, Kiefer II mit 6 (4), IV rechts mit 7, links mit 6 langen dünnen ge- krümmten Zähnen. Hälften der Lamina ventralis nicht verbunden, am Vorderrande abgestutzt. Endgriffel parallel, fast so lang als die Platten, Mittelmeer, St. Malo, Roscoff. A. geniculata, Notocirrus geniculatus Clap. Annel. chetopod. p. 149 pl. 6 Fig. 6. Die Untersuchung eines Weingeist- Exemplars aus Neapel setzt mich in den Stand, zu Claparede’s Beschreibung dieser Art, welche auf den ersten Anblick leicht mit Lumbriconereis breviceps verwechselt werden könnte, einiges hinzuzufügen. Lebend gelblich fleischfarben; mein Weingeist - Exemplar crocusgelb, durchaus nicht brüchig, sehr stark und mannigfach zusammengerollt und elastisch, sehr dünn, nur 1,6 mm (vorn nur 1 mm), mit Rudern 2 mm breit, etwa 67 mm lang, an 240 Segmente. Kopflappen abgerundet dreieckig, gleich- seitig, etwas länger als das Mundsegment. Die äusseren Augen stehen von den inneren fast doppelt so weit ab, als diese von einander und sind etwas grösser. Ruder sogleich von Anfang deutlich vortretend, die Lippe kurz, halb so breit als der Köcher, dick, stumpf, nach hinten gerichtet. 'Borsten höchstens zu je 5, stark geschweift oder gekniet mit unten ge- zähneltem Saum, ausser ihnen giebt Claparede auch weniger gekrümmte, sehr schmal gesäumte in den mittleren und hinteren Rudern an. b. Kopflappen halbkreisförmig. A. planiceps Gr. Annul. Semper. p. 174 Taf. VIII. Fig. 4. Bräun- lich violett, etwas kupfrig, lebhaft irisirend.. Nach vorn wenig ver- schmälert, Segmente vorn etwa 4 mal, weiterhin meist 3 mal so breit als lang. Kopflappen halbkreisrund, platt, am Grunde etwas eingeschnürt, nicht länger als das Mundsegment. Die vordersten Ruder äusserst klein, von oben kaum sichtbar, weiterhin allmählich merklich wachsend, zuletzt beträchtlich vorragend, der Köcher kurz, die Lippe etwas kürzer als er, halb so diek, stumpf abgerundet. Borsten zu je 4 bis 5, theils sehr wenig gekrümmt in eine auffallend lange, haarförmige, leicht wellen- £ IRRE TEE ARE ee . ul der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 103 förmige Spitze auslaufend, theils kürzer stark geschweift, noch bis vier andere, gar nicht vortretende und eine stärkere gelbe Acieula. Die Kiefer des Iten Paares sehr grosse, an der Basis gar nicht gezähnte Haken, Kiefer II mit 5 deutlichen Zähnen, der eine nicht vollständig erhaltene kürzer, seine 2 vordersten Zähne lang und schmal, bei dem andern waren die Zähne kürzer, namentlich der zweitvorderste und am Hinterrande ein 6ter kaum bemerkbarer vorhanden. Kiefer III mit 5 Zähnen, IV mit 4 oder 3, bei beiden der vorderste der grösste. Zwei sanz isolirt zwischen den Muskeln versteckt gefundene dreieckige, am vorderen Rande convexe, am gegenüberliegenden in eine ganz kurze Zacke auslaufende schwarze Plättchen, eben so lang als breit, kann man wohl nur als Hälften einer sehr abweichend gebildeten Lamina ventralis deuten, da sonst keine zu erkennen war. Philippinen. Lumbriconereis Rolandi d. Ch. Mem. IIL. Tav. XLH. Fig. 19, Deser. III. p. 83 Tav. 96 Fig. 2, soll nach Clapar&de auch zur Gattung Notoeirrus (Arabella) gehören. Dies scheint aber nicht gut möglich, weil die Segmente über der Basis des Ruders einen Rückeneirrus und einen kurzen einfachen Kiemenfaden tragen sollen. Arabella opalina Verr., früher Lumbriconereis opalina Verr. s. Maclovia. Laranda Kbse. Laranda Kbg. 1. ec. Annul. nov. 1864 p. 573. Die Kiefer des Ilten Paares schmal, gezähnt, aber nicht hakenförmig, III und IV gleich (aequales) hakenförmig. Hälften der Lamina ventralis getrennt. Ausser den 2 langen stabförmigen Kieferträgern noch ein öter kürzerer. Die Kiefer des Iten Paares sollen nicht wie sonst am Grunde, sondern in der Mitte gezähnt sein. L. graeilis Kbs. 1. c. p. 574. Kopflappen verlängert, gerundet, so lang als 3 Segmente. Kiefer II mit 3 Zähnen. Rio Janeiro. L. suleata Kbe. 1. c. p. 574. Kopflappen schmal, wenig länger als das Mundsesment, auf der Oberseite durch eine tiefe Längsfurche zwei- theilig. Kiefer II mit 4 Zähnen. Guajaquil. Aracoda Schmd. Aracoda Schmd. O. e. II. p. 115. Die Kennzeichen der Gattung entnimmt Schmarda von 2 Arten. Da aber die eine derselben, A. heterochaeta, entschieden eine Lumbrico- nereis ist, die Kennzeichen also in mehreren Punkten von schwankender Art sind, muss man dieselben anders fassen, indem man sich nur an A.coerulea hält. Den Mangel einer Kieme (oder Rückeneirrus), worunter er aber bei den verwandten Gattungen die hintere (untere) Lippe des Borstenköchers versteht, möchte ich bezweifeln, die Abbildung des Ruders 104 Jahres - Bericht von A. coerulea lässt wenigstens vermuthen, dass die Lippe nicht fehlen wird. Die Zahl der Kieferpaare würde auf 5 zu beschränken sein, während er 4 oder 5 angiebt. Hakenförmige Borsten sind vergrössert wie bei den Notocirrus nicht abgebildet, wahrscheinlich bezieht sich Schmarda’s Angabe ihres Vorkommens in dem Gattungscharakter nur auf A. heterochaeta, die eben davon benannt ist und von der sie auch dargestellt sind. Dagegen möchte hervorzuheben sein, dass die Kiefer des Iten Paares hakenförmig und an der Basis gezähnt, die des Vten einfach, die anderen aber mehrzähnig sind. Von der Gestalt des IIten kann man sich keine klare Vorstellung machen, sie sind aber keinesfalls haken- förmig, wie die anderen. 2 Kieferträger, lang, stabförmig. Man sieht ferner aus der Abbildung, dass das Mundsegment einfach, nicht 2-ringelig ist. A. coerulea Schmd. ]. ec. p. 115. Von blauer Farbe. Kopflappen schmal und lang konisch mit abgerundeter Spitze, doppelt so lang als die 2 ersten Segmente. Alle Segmente scheinen schmal, höchstens 1'/,, vorn 2 mal so breit als lang. Die Ruder ansehnlich verlängert. Borsten selten über 7, knieförmig mit unten gezähntem Saum, einige sehr kurz. An Kiefer I sind 5, an II nur 4, an III 6 und 5, an IV 5 und 4 Zähne abgebildet. Lamina ventralis kalkig. Das Thier soll eine Länge von 240 mm bei 6 mm Breite erreichen und ebensowohl am Cap wie bei Chili vor- kommen. | Maclovia Gr. Maclovia Gr. Jahresber. der Schles. Gesellsch. 1871 p. 58. Die Gattung Maclovia hatte ich auf Grund der Untersuchung von Lumbriconereis gigantea Qfg. oder doch eines Thieres, welches ich für identisch mit dieser halten musste, gegründet. Seitdem sind mir mehrere Anneliden zugestellt worden, welche derselben beigezählt werden müssen, wenn man die Gattung in der p. 81 angegebenen Weise begrenzt. Unter den verwandten Gattungen der europäischen Meere, an die ich damals ausschliesslich dachte, steht sie Arabella und Halla (Cirrobranchia) am nächsten, neben diesen muss aber von exotischen noch Aracoda ge- nannt werden,. und zwar hat diese das erste Anrecht. Denn Halla, obschon im Kieferapparat sehr ähnlich, lässt sich doch äusserlich an dem Vorkommen von Fühlern und blattförmigen Rückeneirren erkennen, Arabella und Aracoda aber sind von Maclovia äusserlich gar nicht zu unterscheiden; kann man den Kieferapparat untersuchen, so ist Arabella sogleich aus- geschlossen, da bei ihr nur 4 Paar Kiefer vorkommen. Aracoda dagegen besitzt auch im Kieferapparat die grösste Aehnlichkeit mit Maclovia. 5 Paar Kiefer, deren vorderstes einfache Haken; Reibplatten habe ich selten bemerkt. Die Kiefer des Iten Paares sind bei allen 3 Gattungen gezähnt und die Kieferträger lang und stabförmig. Bei Aracoda aber sind die Kiefer des IIlten Paares durchaus gleich abgebildet und ihr et teten "- ja° £ der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 105 Vorderende nicht hakenförmig, während bei den Maclovia-Arten, die ich untersucht, der rechte vom linken verschieden ist, jener ist schlanker und länger, mit einer sehr kurzen quadratischen äusseren und einer ihr gegenüberliegenden inneren Basalplatte, welche die Gestalt eines Hakens hat und leicht für den vordersten oder einen der vordersten haken- förmigen Zähne der Kieferschneide selbst gehalten werden kann. Der linke Kiefer des IIten Paares ist breiter und kürzer, hat nur eine äussere Basalplatte und einige Zähne weniger. Die Kiefer des IlIten und IVten Paares sind immer hakenförmig, ihre Zähne mehr dreieckig, nicht so gekrümmt, lang und dünn als bei Arabella quadrimaculata. Die Lamina ventralis des Kieferapparats hornig, stark und schwarz, ähnelt der von Aracoda, und ihre Hälften sind in der Mitte verwachsen. Fast immer habe ich ausser den paarigen noch einen unpaaren Kieferträger von eben- falls stabförmig langer Gestalt unterscheiden können, bei Aracoda sind nur die paarigen abgebildet. Der .3te Kieferträger von Maclovia geht nieht von einer dreieckigen Platte, wie die paarigen aus, sondern beginnt - sogleich mit einer leichten Anschwellung, ebenso gestaltet wie die, welche bei den paarigen auf die dreieckige Platte folgt, ist so breit als jene beiden zusammengenommen, wenig kürzer als sie; die paarigen gleichen denen von Arabella (s. Ehlers 1. e.), der unpaarige hängt durch ein Chitinband ebensowohl mit der Aussenecke des Kiefer I als mit der Basis von Kiefer II zusammen, liegt unterhalb der paarigen und ist immer braun, diese dagegen schwarz. Endlich stellt Schmarda das Mundsegment von Aracoda einfach dar, bei Maclovia ist es 2-ringelig wie bei Arabella. Ruder und Borsten sind bei beiden von gleicher Beschaffenheit. Demnach bilden die Maclovien wohl eine eigene Gattung, wenigstens aber eine Untergattung von Aracoda. a. Mit 4 grossen Basalzähnen des Iten Kieferpaares, denen ganz winzige folgen. M. gigantea Gr. ]. c. p. 88, Lumbriconereis gigantea Qfe. O. e. 1. p- 360, nach Quatrefages mit 700 bis S00 Segmenten und einer Länge von 60 Centimetern (im Weingeist 50), mein grösstes Exemplar von St. Malo ist nur halb so lang, 286 mm, und hat 370 Segmente. Grau oder schmutzig fleischfarben, vom 50sten Segment an langsam nach vorn ver- Jüngt. Die breitesten Segmente (im Weingeist) bis 9 mal, die vorderen 4 mal so breit als lang. Kopflappen halboval, kaum länger als breit, hinten etwas eingezogen, länger als das gleichringelige Mundsegment, mit hohler Unterseite, oben mit 4 Punktaugen in einer Querreihe (nicht immer gut erkennbar). Ruder anfangs sehr kurz, mit der Breite der Segmente wachsend, an einigen eine verlängerte Papille an der Basis des Unter- randes, die längsten etwa von ', der Bauchbreite, Lippe blattförmig, nach dem rundlich-stumpfen Ende sehr verschmälert, so lang als der 106 Jahres - Bericht Köcher, leicht nach vorn gekrümmt. Borsten sanft gebogen oder ge- schweift, bis 15, die Hälfte über die Lippe hinausragend. Endsegment mit 4 sehr kurzen nicht gleich langen Papillen. Kiefer des Iten Paares starke Haken mit 4 grossen Basalzähnen und 7 ganz kleinen an dem verschmälerten Theil des Kiefers, der rechte des IIten Paares hakig ganz schmal mit 7 gleich kleinen Zähnen, der linke breiter, nicht hakig, an den Enden verschmälert mit 7 gegen die Mitte an Grösse zunehmenden, Kiefer III mit 4, IV mit 3 Zähnen, der vorderste der grösste, Kiefer V einfach. Hälften der Lamina ventralis nur etwa in '/, der Länge ver- bunden. Brehat, St. Malo. M. capensis (? Aracoda capensis Kbg. 1. ce. p. 173 Taf. XIX. Fig. 42). Fleischfarben, vorn nicht auffallend verschmälert, Segmente wie 3:1 bis 5:1. Kopflappen ein ziemlich schmaler Spitzbogen oder halboval, ', bis '/, länger als breit, etwas länger als das Mundsegment. 4 Augen in einer Querreihe (nicht immer sichtbar); bei einem Exemplar schim- merten Nackenläppchen durch. Lippe des Borstenköchers etwa halb so breit, eben so lang oder länger als er, fingerförmig, gerade oder leicht nach vorn gekrümmt. Borsten bis zu je 5 (selten 6 oder 7), theils sanft gekrümmt. theils stark geschweift, dann mit unten gezähntem Saum, 3 Aciculae. Alle Kiefer hakig. Kiefer I mit 5 grossen und 4 kleinen Basalzähnen, von den Kiefern II der rechte schmal dreieckig, an der Spitze aus der Ebene nach unten gebogen mit 15 bis 17 Zähnen, deren Ster sehr gross und hakenförmig, der linke Kiefer kürzer, breiter, mit 11 längeren gekrümmten Zähnen, deren Iter, öter, 6ter besonders hakig. Kiefer III und IV mit 7 und 4 Zähnen, deren lter ein starker Haken, Kiefer V einfach. Neben dem 3ten Kiefer eine ganz schmale gestreckte Reibplatte. Hälften der schwarzen Lamina ventralis nicht fest mit ein- ander verbunden, vorn schief nach innen abgerundet, die hinteren Griffel parallel, ziemlich kurz. Die hier gegebene Beschreibung ist nach 2 von mir untersuchten Exemplaren einer Maclovia entworfen, welche ich für identisch mit Kin- berg’s Aracoda capensis halten möchte. Der sehr kurze Text und die Abbildungen vom Vordertheil des Körpers und von einem Ruder sprechen dafür, doch soll der vordere Ring des Mundsegments länger als der hintere sein, was ich nicht finden kann. Da wir aber über den Kieferapparat dieses Thieres nichts wissen, muss die Entscheidung der Zukunft vorbehalten bleiben. Das grössere meiner Exemplare hat 275 Segmente und misst 22,3 mm. Am Cap. Von Aracoda virginis Kbg. 1. c. p. 573 Taf. XIX. Fig. 44 lässt sich eben so wenig sagen, ob es eine Maeclovia ist. Diese Art ist nach Kinberg augenlos, hat einen ähnlichen nur vorn mehr verschmälerten Kopflappen, am Mundsegment ist der vordere Ring länger als der hintere und der Saum der Borsten sehr zart gesägt. Der Umstand, dass Kinberg en EEE der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 107 hier ausdrücklich 3 Kieferträger angiebt (radix maxillarum tertia) deutet nicht auf eine Aracoda, wo Schmarda nur 2 abbildet, eher auf eine Maclovia hin. Diese Art ist bei Patagonien gefunden. b. Mit 4 kleinen Basalzähnen des Iten Kieferpaares. M. opalina, Lumbriconereis splendida Leidy (nach Verrill), Lumbriconereis opalina Verrill Inv. Anim. of Vineyard Sound. p. 300 pl. XIII. Fig. 60, 70 und p. 342, Arabella opalina Verrill (nach Webster Ann. Chaetop. Virgin. Coast. Transaet. Albany Inst. IX. p. 342). Graulich perlfarben mit wenig Farbenspiel, vom 50sten Segment etwa an nach vorn und im hintern Drittheil gleich langsam aber stark ver- dünnt, die vorderen und hinteren Segmente eines grösseren Exemplars wie 5:1, die anderen = 8:1; bei kleineren alle nur wie 2 bis 3:1. Kopflappen conoidisch, länger als breit, so lang als 2'/, Segmente, zu- weilen kürzer und hinten eingeschnürt, 4 Augen; Ruder von Anfang sehr wenig vorragend, Hinterlippe nach hinten gerichtet, so lang als der kurze Köcher, weiterhin tritt auch eine Vorderlippe hervor, allmählich verlängert sich der Köcher und die dann fingerförmige Lippe ansehnlich. Borsten bis zu je 5, theils stark geschweift mit unten gesägtem Saum, theils sanft gekrümmt und glattsäumig. Endsegment mit 2 längeren und 2 kürzeren Aftereirren. Kiefer I mit 4 kurzen Basalzähnen, Kiefer II schmal, der rechte hakig mit 9 Zähnen, der linke etwas kürzere nicht in einen Haken auslaufend, mit 8 Zähnen, Kiefer III und IV mit 4 Zähnen, V einfach. Weil Kiefer V und 3 Kieferträger vorhanden sind, wie mir Exemplare, die ich Professor Verrill verdanke, zeigen, ist dies Thier keine Arabella. Bis 340 Segmente bei 76 mm Länge und einer grössten Breite von 1,9 mm, mit Rudern 2, 5 mm. New-Haven. c. Arten, deren Ites Kieferpaar 6 oder mehr allmählich an Länge abnehmende Zähne trägt. | M. maculifera Gr. n. sp. Fleischfarben, vorn mit 3 Längsreihen sehwärzlicher Querflecken, auf jedem Segment 3 am Vorder-, 3 am Hinterrande. Nach vorn nicht sehr merklich verschmälert, Segmente wie 5:1, vorn und hinten wie 3:1. Kopflappen ein breiter Spitzbogen, hinten etwas eingeschnürt, kaum länger als breit, kaum länger als das nach hinten stark verbreiterte Mundsegment. Ruder kurz, die Lippe der hinteren dick fingerförmig, länger als der Köcher, wenig verjüngt, stumpf gerundet, nach hinten gerichtet. Borsten zu je 7 oder etwas mehr, der Saum der mehr geschweiften unten breiter, gezähnelt. Kiefer I mit 9 Basalzähnen, der rechte vom IIten Paar schmal, mit 10, der linke breiter, mit 7 deutlichen Zähnen, kürzer und am Ende nicht so hakig, Kiefer III mit 5, IV mit 4 Zähnen, V einfach. Hälften der Lamina ven- tralis nicht verwachsen, die Vorderränder schräg gerundet, die hinteren Zinken leicht divergirend. Nordjapanisches Meer. 108 Jahres - Bericht M. Renieri Gr. 1. e. 1876 p. 50. Rothgelb, vorn langsam verjüngt, die vorderen Segmente wie 3:1, die anderen wie 3:1 bis 5:1. Kopflappen ein breiter Spitzbogen, hinten nicht eingezogen, sonst ähnlich wie bei M. maculifera, 2 Augen erkennbar. Mundsegment hinten sehr wenig breiter als vorn. Ruder langsam bis fast auf '/, der Bauchbreite ver- längert, Lippe so lang als der Köcher, sehr stumpf eonisch. Borsten etwa zu je 9, ähnlich wie bei der vorigen Art, und 4 nadelförmige versteckte. Kiefer I mit 6 Basalzähnen, vom Ilten Paar der rechte hakig schmal mit 10, der linke gekrümmt breiter mit 8, Kiefer III mit 5, IV mit 3 Zähnen, V einfach. Lamina ventralis mit gerade abgestutzten Vorderrän- dern und parallelen hinteren Zinken. Länge 185mm. 193 Segmente. Cheföo. M.iboensis Gr. Durch die Dünnheit des Körpers an manche Drilo- nereis erinnernd, bei 23 mın Länge, ohne Ruder 1,53 mm breit. 90 Seg- mente, die meisten wie 1:5. die vorderen 1:3. Kopflappen ein schmaler Spitzbogen, so lang als die 2 nächsten Segmente, hinten 2 punktförmige runde Augen, dazwischen 3 schwarze Pünktchen ohne symmetrische Stellung, aber mehr markirt als die Augen. Ruder sogleich von Anfang deutlich vortretend. Köcher breit, nicht sehr kurz, Lippe gestreckt conisch, halb so breit und länger als dieser, nach hinten gerichtet. Borsten zu je 4 bis 5, der Saum der stärker geschweiften unten gezähnelt. Kiefer des Iten Paares ansehnliche Haken mit 6 deutlichen Basalzähnen, des Ilten Paares einander sehr ähnlich, gestreckt mit 11 Zähnen ausser dem Endhaken, Kiefer III mit 5, IV mit 3 dünnen, langen, gekrümmten Zähnen, V einfach. Hälften der Lamina ventralis mit geschweiftem Aussenrand, etwa in '/, der Länge verbunden mit schmalen, ganz spitzen, leicht nach aussen gekrümmten Vorderenden und nur wenig längeren, spitzen, parallelen, hinteren Endzinken. Insel Ibo an der Ostküste Afrikas (Berliner Museum). Aracoda Moebiana Gr. Annul. Semper. p. 176 Taf. VIII. Fig. 7. In der Beschreibung dieser Art ist bei der Angabe der maxillae paris 5ti statt 4 die Zahl 1 zu lesen, auch hat der Kiefer des ten Paares noch einen sehr kleinen hinteren ten Zahn, wie im Text angegeben, während die Abbildung blos 4 zeigt, der des 4ten Paares aber 4, nicht wie der Text sagt 3 Zähne. Die Zahl der Zähne an den Kiefern ist also, vom hintersten Paar an gerechnet, 7, 7, 5, 4, 1. Abgebildet ist nur der eine Kiefer des 2ten Paares, der andere war breiter und seine Zähne grösser. Die Kiefer sind ausserordentlich klein, die des 2ten Paares brüchig, so dass sich der schmale nicht ohne Gefahr genauer untersuchen liess, und ich nieht mit Gewissheit behaupten kann, dass er nicht noch ein paar Zähnchen mehr hat. Der Kopflappen, fast birn- förmig, ist so lang als die 2 nächsten Segmente, das Mundsegment gleich- singelig, die Segmente meistens 3 mal so lang als breit, die hinteren etwas länger, der Vordertheil des stark contrahirten Thieres sehr ver- b 23 = vs $ 4 der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 109 jüngt, die Ruder sogleich anfangs von oben sichtbar, die fingerförmige Lippe meist etwas länger als der Köcher, die sehr brüchigen Borsten höchstens zu je 5. 2 gleichgefärbte Aciculae vorhanden. Philippinen. Dritte Abtheilung: Staurocephalidea Kbe. Diese ganze Abtheilung beruht nur auf einer Gattung Siauro- cephalus (Anisoceros), neben welcher zwar Malmgren noch eine zweite Prionognathus Kefst. gelten lässt, doch ohne sie unterscheiden zu lehren, auch ohne die Art, die er dazu rechnet, Pr. Boecki, zu beschreiben: ich halte mit Ehlers beide für identisch, vielleicht wird aber St. Kefer- steini wegen der abweichenden Ruderbildung eine eigene Gattung bilden müssen. Die Staurocephalen, lauter Thierchen, deren Weingeist - Exemplare selten die Länge eines Zolles erreichen, meistens viel kleiner sind, ent- fernen sich von den übrigen Eunieeen in vielfacher Hinsicht, auf den ersten Anblick durch den Mangel von Glanz und Farbenspiel, den kurzen nicht schlanken Körper, die Zweizahl der ganz an den Seitenrand ge- rückten, seitlich fortgestreckten Fühler und die fühlerförmigen, nur diekeren, ebenso, aber unterhalb sitzenden und ebenso gerichteten Unter- fühler (Subtentacula) und das Vorhandensein von meist 2 Augenpaaren hintereinander, deren vorderes viel grösser als das hintere. Der Kieferapparat zeigt noch die Lamina ventralis und zwar in einer Form und Beschaffenheit, welche am meisten mit den Aglauren, Ara- bellen, Maelovien übereinstimmt, aber ihre Hälften, die sich nur in einer kurzen Strecke berühren, sind noch schlanker und zeigen divergirende, meist gezähnelte Vorder- und lange Hinterschenkel, ein Mittelkörper fehlt ihnen. Die grossen gekrümmten Haken, die sonst das 1te Kieferpaar bilden, sind verschwunden, und statt der 4, höchstens 5 oder 6 Kieferpaare tritt eine grosse Zahl jederseits in 2 Längsreihen geordneter winziger Kiefer, welche, wenn der Kiefersack ausgestülpt ist, einen aus 2 Bogen bestehenden Kranz darstellen. Von diesen jederseits 2 Reihen ist die eine eine obere, die andere eine untere, in der Ehlers Analoga der Reib- platten sieht; vielleicht könnte man mit diesen eher eine te viel schwächer ausgeprägte Reihe vergleichen, die bei St. rubrovittatus vorkommt, vielleicht aber muss man hier überhaupt von einem solchen Vergleiche absehen. Die Kiefer beider Reihen sind schmale spitze mit spitzen Säge- zähnen besetzte Plättehen, welche mit 2 Basal- oder Flügelplatten au einer Falte der Haut reiten, wie die sog. Zähnchen der Blutegel, aber in der unteren Reihe ist der freie Theil der Kiefer nur an einem Rande, in der oberen Reihe an beiden Rändern gezähnt. Der hinterste Kiefer der oberen Reihe ist eine viel längere, der ganzen Länge nach mit Zähnen 110 Jahres - Bericht besetzte, hinten zugespitzte Platte. Die untere Reihe besitzt eine ähnliche nur kürzere und kleinere. Die oben erwähnte 3te Kieferreihe spaltet sich hinten und hat keine Basalplatten. Die Zahl, vielleicht auch die Form der Kiefer jeder Reihe scheint je nach den Arten verschieden, so bei St. rubrovittatus und St. Rudolphii und, nach einer Handzeichnung Örsted’s zu urtheilen, auch bei St. bioculatus, und dürfte wohl Kenn- zeichen zur Unterscheidung der Arten liefern, doch ist sie zur Zeit ausser den genannten noch nicht hinlänglich oder noch gar nicht untersucht. Nackenläppchen sind bei einer Art beobachtet worden. Das Mund- - segment ist immer 2ringelig und ohne Ruder oder Nackencirren. Die Ruder zeigen 2 durch einen nur kurzen Einschnitt getrennte Aeste mit je 1 Acicula, einen Rücken- und einen Baucheirrus. Der obere Ast läuft in 2 kurze Lippen, eine vordere und eine hintere, aus, der untere Ast nur in eine obere, die Borsten des oberen Astes (Haarborsten) bilden einen vertical gestellten, die des unteren (zusammengesetzte Borsten) einen horizontal ausgebreiteten Fächer, die umgekehrte Anordnung von der, welche die Sigalionideen zeigen. Die Haarborsten sind abweichend von den anderen Euniceen nie gesäumt, oftmals stumpf, längs der Spitze fein gesägt, die Anhänge der zusammengesetzten bald geradschneidig, bald in ein Häkchen endend und dann zuweilen hier gesäumt. Ausser- dem sind bei einigen Arten gabelzinkige Borsten beobachtet. Der Rücken- eirrus besteht meist aus einem langen Basal- und einem kürzeren End- gliede, erinnert an die Polynöen, der Baucheirrus ist einfach und kurz. Das Endsegment trägt 2 Paar Aftereirren, deren längere oft gegliedert. Staurocephalus Gr. Anisoceros Gr., Prionognathus Kfst. A. Subtentacula ohne Endglied. A.a. Rückenecirren ebenfalls ohne Endglied, wie die ungegliederten Fühler ganz kurz. Kopflappen so breit aber kürzer als das Mundsegment. St. erucaeformis Mgn. Nord. Hafsann. p. 184, Ann. polych. p. 62 Taf. VIII. Fig. 30. Roth. Fühler kaum so lang als der querhalbovale Kopflappen, zugespitzt, 3 mal so kurz als die diekeren Subtentaeula, 2 Paar punktförmige Augen. Der lte Ring des Mundsegments 3 mal so lang als der 2te. Die vorderen rudertragenden Segmente etwa 8 mal so breit als lang. Ruder kurz. Rückeneirrus leicht zugespitzt, den Köcher über- ragend; Baucheirrus mit diesem abschneidend. Haarborsten stumpf, am Ende mikroskopisch fein gesägt. Sicheln gesäumt mit 2-zähniger Spitze. Finnmarken. St. brachyceros Gr. n. sp. ? Fühler und Subtentacula gleich kurz, stumpf,kürzer als der querovale Kopflappen. Augen fehlen ihm, doch £ DE 7. 5 4 der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 11 sieht man am Vorderrande des Mundsegments 2 messinggelbe dreieckige, vorn eingekerbte, ein rundes Körperchen einschliessende Organe. Mund- segment gleichringelig. Die anderen Segmente höchstens 5 bis 6 mal so breit als lang; bei einigen Exemplaren schimmert vom 13ten an oben jederseits ein rothes kreisrundes Organ durch. Ruder kurz, Rückeneirrus dasselbe gar nicht, Baucheirrus ein wenig überragend, beide ganz ans Ende gerückt. Haarborsten fein zugespitzt, statt der Sicheln geradspitzige Anhänge. 2 kurze fadenförmige Aftereirren. Hälften der Lamina ven- tralis vorn 1 mal eingekerbt. Das längste Weingeist-Exemplar nur 3,8 mm lang. Im Nordseewasser eines Aquariums gefunden. Vielleicht nur ein junges Thier. A.b. Rückeneirren mit einem Endgliede (ausser bei St. ruber) gestreckt, Fühler fadenförmig, gegliedert. Kopflappen schmäler als das Mundsegment, abgerundet quadratisch, oberhalb durch eine schmale Brücke mit ihm verbunden, hinten einziehbar. 2 Paar Augen. Mundsegment gleichringelig. 2 Paar After- eirren. ) St. rubrovittatus Gr. Arch. Naturg. 1855 p. 97 Taf. II. Fig. 9, 1860 p. 78, Ausfl. n. Triest p. 140, Taf. I. Fig. 10, Ehlers O. ec. p. 424 Taf. XVII. Fig. 1—16. Weiss mit 2 dunkelrothen Querbinden der Seg- mente, nach vorn wenig verschmälert. Fühler 4-sgliederig, etwa so lang als der Kopflappen, kürzer als die Subtentacula. Die hinteren Augen _ weit hinter den Fühlern; am Brückentheil 2 Flimmerlappen. Segmente meist wie 5:1. Ruder ansehnlich lang werdend, die beiden Borsten- köcher durch einen tiefen Einschnitt getrennt, Rückeneirrus etwas über ' sie hinausragend, Baucheirrus etwas kürzer als sie, von der Basalhälfte des Ruders entspringend. Aftereirren ungegliedert. Mittelmeer, Fran- zösische Kanalküste. St. vittatus, Anisoceros vittata Gr. Örsd. Naturh. Foren. vidensk. Medd. 1856. Separ.-Abdr. p. 34. Blassgelb mit vorderer brauner linearer Querbinde der vorderen Segmente. Leib nur nach hinten verjüngt. Die vorderen Segmente des lebenden Thieres wie 3:1, am Weingeist- Exemplar wie 8:1 bis 3:1, die hinteren wie 2 oder 1’, :1. Fühler 9-gliederig, so lang als 3 Segmente oder als die Subtentacula; die hinteren Augen weit hinter den Fühlern. Ruder ähnlich wie bei St. rubro- _ vittatus. Rückenecirren hellbraun mit weissem Endgliede. Die 2 län- geren Aftereirren mit 3 langen Gliedern. Costa Rica. St. ruber, Anisoceros rubra Gr. Örsd. 1. e. p. 34. Roth. Das unvollständige Weingeist-Exemplar mit nur 37 Segmenten ganz vorn schnell verschmälert, Segmente wie 5:1. Fühler 9-gliederig, so lang als 4 Segmente. Subtentacula stark zusammengerollt, vielleicht eben so lang. Ruder kurz, am Ende tief gespalten. Rückeneirrus allmählich fein zugespitzt, ohne deutlich abgesetztes Endglied, mit der halben oder '/, Länge 112 Jahres - Bericht über dasselbe hinausragend, Baucheirrus mit dem Ruder abschneidend. Acieula mit doppelhakiger gesäumter Spitze. St. Croix. B. Subtentaeula mit einem Endgliede, Rückeneirren sehr kurz ohne Endglied, oder fehlend. St. Kefersteini M° Intosh. Stract. Brit. Nemert. p. 417 pl. XVI. Fig. 11. Orangegelb, Kopflappen conisch mit stumpfer Spitze. Fühler gegliedert, dünner als die einrollbaren Subtentacula. Blos 1 hinteres Paar schwarzer Augen. Ruder anfangs wenig länger als hoch, weiterhin gestreckter. Ein auf der Basis des Ruders sitzender Rückeneirrus fehlt, dagegen zeigt die Abbildung am Ende des Ruders einen oberen abge- setzten ovalen Anhang und einen ähnlichen, etwas mehr nach innen ge- rückten, den man wohl als Baucheirrus betrachten kann. Ausser den linear ausgezogenen Haarborsten des oberen Köchers eine starke in eine Gabel auslaufende; im unteren Sichelborsten mit längerem oder kürzerem einfach hakigem ungesäumten Anhang. Nur 2 Aftereirren. North Uist. C. Subtentacula wie Rückeneirren gestreckt und mit einem Endglied. C. a. Fühler nur so lang als der Kopflappen oder das Mund- segment. St. Loveni Kbe. 1. ce. p. 574. Subtentacula 2 mal so lang als die Fühler, mit ovalem Endglied. 2 Paar Augen. Rückeneirren die Köcher überragend, mit langem Endglied. Baucheirren kurz, nahe dem Ende des Köcher sentspringend. Fort Jackson. C. b. Fühler wenig länger als der Kopflappen. 2 Paar Augen. St. brevipinnis Gr. Annul. Semper. p. 170 Taf. VII. Fig. 10. Fühler 7- bis ögliederig, wenig länger als die Subtentacula, so lang als das Mundsegment oder die 3 nächsten Segmente. Kopflappen halboval, wenig kürzer als breit, hinten etwas eingeschnürt. Die vorderen Augen oval. 2 sehr kurze obere Köcherlippen, die untere etwas länger, den Bauch- eirrus überragend, Rückeneirrus mit dem Endglied darüber hinausragend. Anhang der zusammengesetzten Borsten kurz aber geradschneidig, in keinen Haken endend, ungesäumt. 4 Aftereirren, die oberen undeutlich 3-gliederig. Singapore. St. Chiaiei Clap. Annel. chetop. Napl. p. 115 pl. VI. Fig. 2. Milchweiss oder blassrosa. Fühler 5- bis 6gliederig, so lang als der Kopflappen und Ite Ring des Mundsegments, kürzer als die Subtentacula. Kopflappen eonisch mit stumpfgerundeter Spitze, mit 2 unteren Flimmer- srübchen. Mundsegment mit 2 oberen Nackenläppchen. Ausser den Haar- und 2zähnigen Sichelborsten im 1ten Ruder eine am Ende ge- schweifte Borste, in den hinteren Rudern ähnliche schwächere, in den übrigen spitzgabelige. Der untere Köcher länger als der obere, nicht länger als der Baucheirrus, Rückeneirrus wohl über doppelt so lang als das Ruder, mit kurzem Endgliede, fehlt am lten Ruder. Neapel. ee En ur en ee a er Rewe 1% 4 der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 113 C. e. Fühler viel länger als der Kopflappen. &. 2 Paar Augen. St. Grubii Kbg. 1. c. p. 574. Kopflappen so lang als 2 Segmente, seine Form unbekannt. Fühler bis zum 6ten Segment reichend, etwas länger als die Subtentacula. Rückeneirren über die Borsten hinausragend. Baucheirren kaum das Ende des Köchers erreichend. Brasilien. St. Rudolphii d. Ch. Memor. III. p. 166, 176 Taf. XLIH. Fig. 13, 14, 19, Ehl. ©. c. p. 434 Taf. XVIll. Fig. 1—16. Nach vorn und hinten verschmälert. 3 blassrosa, 2 grauviolett. Kopflappen abgerundet recht- eckig, breiter als lang, so lang und breit als das Mundsegment. Fühler 11-gliederig. Der Abbildung nach bis auf Segment VI reichend, etwas länger als die Subtentacula. Augen in breitem Trapez, die hinteren von den vorderen weniger als unter einander abstehend. 2 kleine Nacken- wülste. Ruder schlank, die beiden Aeste sehr wenig getrennt, die Lippe des unteren abgestutzt, etwas kürzer als die oberen. Rückeneirrus mit kurzem Endglied, 2 mal so lang, halb so dick als das Ruder, an Ruder I fehlend, Baucheirrus nahe dem Ende des Ruders entspringend, nicht dar- über hinausragend, halb so lang als dasselbe. Sichelborsten mit Doppelhaken. Die längeren der Aftereirren mit 10 gestreckten Gliedern. St. Vaast. St. ciliatus, Prionognathus ciliatus Kfst. Zeitschr. wiss. Zool. XII. p. 99 Taf. VIII. Fig. 13—19, Ehl. O. ce. p. 440. Farblos, nach vorn und hinten verschmälert. Kopflappen halbkreisförmig, so breit und _ etwas kürzer als das Mundsegment. Fühler 10-gliederig, etwas kürzer als die Subtentacula, der Abbildung nach bis Segment III, letztere bis V reichend. Augen in fast quadratischem Trapez. Der untere Köcher länger als der obere, Baucheirrus wenig über jenen hinausragend, von der Mitte der Ruders abgehend. Rückeneirrus über die Borsten nicht hinausragend, an Ruder I fehlend. Die längeren der Aftereirren mit 5 sehr langen Gliedern. St. filicornis Gr. Annul. Semper. p. 177 Taf. X. Fig. 2. Mittlere Segmente wie 3:1. Kopflappen annähernd kreisrund, etwa so lang, doch minder breit als das Mundsegment. Fühler 14-gliederig, viel länger als die Subtentacula, bis auf Segment VII reichend. Augen fast in einem Quadrat, die vorderen wenig grösser. Mundsegment vorn mit einem breiten Bogen vortretend. Ruder bis 3 mal so lang als hoch, mit zwei ovalen Endläppchen. Rückencirrus mit dem Endglied darüber hinaus- ragend, am Grunde fast so stark als das Ruder hoch. Stumpfspitzige Haarborsten, Sicheln mit doppelhakiger gesäumter Spitze. Nur zwei deutliche ungegliederte Aftereirren. Singapore. B. 1 Paar Augen. St. bioculatus, Anisoceras bioculata Gr. Örsd. |. c. p. 36. Blass- gelb, vordere Segmente des lebenden Thieres wie 3:1. Kopflappen fast 8 114 Jahres - Bericht quadratisch mit breitgerundeter Stirn, etwa so lang und breit als das Mundsegment. Fühler 10-gliederig, bis Segment V reichend, so lang als die Subtentacula.. Augen länglich, vom Hinterrand abgerückt. Ruder ziemlich schlank, der untere Köcher länger als der obere, Baucheirrus mit jenem abschneidend, jenseits der Mitte entspringend. Rückeneirrus mit dem länglichen Endgliede darüber hinausragend. Haarborsten mit feiner Spitze, Anhänge der zusammengesetzten Borsten mit gerader Spitze, ausserdem bildet Örsted noch eine gabelig feingesägte Acicula ab. Die längeren Aftereirren ansehnlich lang, ungegliedert. Costa rica. In die Abtheilung ©. gehört ferner St. pallidus und vermuthlich auch St. socialis, obschon von letzterem nicht augerunf lich gesagt ist, dass die Ber acıia ein Endglied haben. St. pallidus Verr. Invert. Anim. of Vineyard Sund. p. 301. Fühler gegliedert, nach Webster (Annel. Chetop. of Virginian Coast p. 42) 12-gliederig, länger als die Subtentacula, diese länger als der Kopflappen. Kopflappen länglich mit gerundetem Stirnrande. Von den 4 dunkelrothen oder orangegelben Augen liegen die vorderen Zwischen den Ansätzen der Fühler und Subtentacula, die hinteren zwischen denen der Fühler. Rücken- ‚eirrus über 2 mal so lang als der Köcher, am lten Ruder fehlend. Baucheirrus anfangs bis an das letzte Drittel des Köchers, weiterhin über ihn hinausreichend. Die oberen Aftereirren mit 6 bis 8 länglichen Gliedern. Der Leib ist gelblichweiss, in der Mitte am breitesten, nach beiden Enden leicht verschmälert, die Ruder weiss. Bei New-Haven und an der Virginischen Küste. St. socialis Webster l. ec. p. 43 pl. VII. Fig. 89—91. Gelblichweiss, auf der Grenze und der Mitte der Segmente ein rother Querstreif, Bi aussen vor den hinteren Augen eine rothe Halbmondlinie und hinter ihnen eine unregelmässig gekrümmte, beide an einem weissen Fleck; auf dem Endsegment ein viereckiger weisser Fleck. Fühler 6- bis 8 gliederig mit verlängertem Endglied und länger als die Subtentacula.. Kopflappen kurz, kürzer als bei St. pallidus, mit gerundetem Stirnrande. Augen dunkelroth, die vorderen wie dort gelegen, die hinteren hinter den Fühlern und nach innen von ihnen. Ruder drehrund, in der hinteren Leibeshälfte so lang als diese breit; Lippenblätter dreieckig, Rückeneirrus länger als der Köcher, das Endglied '/), so lang als der ganze Cirrus, Baucheirrus an der Mitte des Köcherrandes sitzend, nicht ganz bis zum Ende reichend. Endglied der zusammengesetzten Borsten kürzer und dicker als bei St. pallidus. Die oberen Aftereirren mit 4 Gliedern. An der Vir- sinischen Küste. Nicht näher beschrieben meinesWissens sondern blos von Malmgren aufgeführt ist: Prionognathus Boecki Men. Ann. polychaet. p. 62. An der Süd- oder Westküste von Norwegen. nn BES. / ER Tu 24. DH u Zee der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 115 Herr Professor Grube lenkte in der Sitzung vom 20. November die Aufmerksamkeit auf die in den letzten Jahren von A. F. Forel und Weissmann unternommenen und jetzt noch fortgeführten Untersuchungen über die physikalische Beschaffenheit und die Flora und Fauna der Schweizer Seen. Der Vortragende hatte seinen Aufenthalt am Genfer See in der ersten Hälfte des September d. J. dazu benutzt, einen Einblick in die dortige Thierwelt zu gewinnen und sich durch die freundliche Hilfe des Herrn Professor Forel in den Besitz einiger hauptsächlich charakte- ristischer Thiere gesetzt, zum Theil auch solcher, deren Bestimmung noch nicht abgeschlossen war. Forel unterscheidet, in Uebereinstimmung mit Weissmann, der am Bodensee arbeitet, 3 Regionen, eine littorale oder Uferregion, die sich längs der Küste bis zu einer Tiefe von 10-15 m erstreckt, eine pelagische, welche die Hauptmasse des Wassers von der Oberfläche bis zu der unmittelbar dem Boden aufliegenden Wasserschicht umfasst, und eine Tiefenregion, welcher der Boden selbst angehört; sie beginnt oft schon bei 15 m Tiefe, erreicht aber an den tiefsten Stellen des Genfer Sees 334 m. Jede Region beherbergt eine Zahl ihr eigen- thümlicher Thierformen, einige wenige jedoch zeigen sich sowohl in der obersten als in der 2ten oder 3ten. Die Bewohner der an Pflanzen reichen Uferregion finden sich sehr verbreitet auch in anderen seichteren Gewässern, die wirbellosen Thiere dieser Fauna halten sich an und unter Steinen, an Blattpflanzen und Algen auf; es sind Schnecken, Muscheln, Wassermilben, Inseeten, kleine Crustaceen, Blutegel, Borsten- und Strudelwürmer, Bryozoen und Infusorien. In der pelagischen Region, in welcher Tem- peratur und Beleuchtung mit der Tiefe schnell abnehmen, kommen blos noch zwei mikroskopische Algen und von Thieren nur winzige Crustaceen aus der Familie der Wasserflöhe (Daphnidae) und Einaugen (Cyelopidae) vor, meistens ganz durchsichtige, in dem klaren Wasser schwer erkenn- bare, zum Theil wie Bythotrephes und Leptodora sehr auffallend gebildete, erst in den letzten Decennien entdeckte Geschöpfehen, welche nur schwimmen, bei Tage nicht an die Oberfläche kommen, zur Nachtzeit aber bei ruhigem oder doch nur wenig bewegstem Wasser heraufsteigen und dann in ungeheuerer Masse geschöpft werden können. Diese Er- scheinung des Wanderns aus tiefen Wasserschichten bis an die obersten wiederholt sich gauz in derselben Weise an ähnlichen durchsichtigen Thieren in den Meeren. Den ganzen Boden des Genfer Sees in Tiefen von 15—334 m — und diese ausserordentliche Tiefe erreicht er zwischen Öuchy und Evian — bedeckt ein gleichmässiger, sehr feiner Schlamm, dessen organische Stoffe für solehe Bewohner dieser Tiefen, die nicht von ihren Genossen leben, zugleich die Nahrung liefern. Die Thiere, die hier vorkommen, gehören meistens zu denselben Gattungen, die in gt 116 Jahres - Bericht der Uferregion repräsentirt sind, gewöhnlich aber zu anderen Arten. Hier herrscht vollkommene Ruhe, ein Druck, der um jede 10 m um eine Atmosphäre zunimmt, von 100 m an eine nur um einen halben Grad schwankende Temperatur von 5,9° C. und tiefe Dunkelheit, und dennoch entbehren keineswegs alle hier lebenden Wesen der Sehorgane, wohl aber viele, wie der fast nur in tiefen Brunnen lebende Flohkrebs (Ni- phargus siygius) und fast alle Anneliden. Diese letzteren waren es, die das besondere Interesse des Vortragenden erweckten. In Forel’s Ver- zeichniss werden 6 der Gattung, aber nicht der Art nach bestimmte Thiere dieser Abtheilung aufgeführt, doch sind dem Vortragenden blos 3 zu Gesicht gekommen, über die er vorläufig folgendes berichten kann. Die eine ist ein Tubifex (Saenuris), bis jetzt von dem in unseren Gräben und Teichen lebenden Tubifex riwulorum (Saenuris variegata) nicht zu unterscheiden. Die zweite Annelide, die man vorläufig auch zu dieser Gattung rechnen mag, obschon sie in der oberen der beiden Borsten- zeilen nur Haarborsten und in der unteren blos 2 Hakenborsten besitzt (8. velutina Gr.), fällt sogleich dadurch auf, dass ihr ganzer Körper dicht mit kurzen weichen Papillen besetzt ist; ihr Kopflappen ist dreieckig, etwas breiter als lang und mit dem ersten Segment so zurückziehbar, dass zuweilen das zweite Segment mit seinen Borsten den Vorderrand des Leibes bildet. Die Färbung ist graulich, oder ockerbraun mit weisser Gürtelbinde vom 9ten bis 12ten Segment. Die Haarborsten der oberen Zeile stehen nur zu je 2, die Hakenborsten der unteren Zeile mit erst bei stärkerer Vergrösserung deutlich zweizähniger Spitze zu je: 2 oder einzeln, wodurch sich diese Art von XNais papillosa Kessl. des Ladoga- Sees unterscheidet. Tubifex papillosus Clap., eine marine Art, hat in der oberen Zeile Haar- und Hakenborsten. Die dritte Art, von der ich an- fänglich glaubte, sie habe jederseits nur eine Zeile Hakenborsten, besitzt in der 'That jederseits deren 2, doch ist die obere schwerer wahrzunehmen. Sie stehen überall zu je 2, an einzelnen Stellen und sehr selten auch wohl zu je 4, ragen meistens nur wenig vor und zeigen erst bei stär- kerer Vergrösserung eine 2-zähnige Spitze. Diese Stellung und Form der Borsten, sowie der wenig abgesetzte Kopflappen und die rothe Farbe des Blutes stimmt mit der Gattung Clitellio überein, und vorläufig mag diese Art als Olitellio Lemani bezeichnet werden. Allein von dem Gürtel (Clitellae), der 3 Segmente umfassen soll, und von dem die Gattung ihren Namen hat, sieht man zu dieser Zeit keine Spur, auch muss man daran erinnern, dass alle bisher bekannten Clitellio-Arten Meerbewohner sind, es ist daher noch zweifelhaft, ob wir hier nicht eine neue Gattung vor uns haben, für die der Name Bathynomus passend wäre. Diese Annelide, deren Weingeist-Exemplare höchstens 20 mm lang sind, besitzt meistens einige 40 bis 62 Segmente, von denen die vordersten 7 bis 8 Segmente sehr kurz sind und von der Speiseröhre durchzogen werden, und zeichnet der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 117 sich dadurch aus, dass der durch die Leibeswand sehr deutlich durch- scheinende Darm wegen der starken Einschnürungen an den Segment- grenzen ganz rosenkranzförmig aussieht; das Rückengefäss, das jederseits eine Reihe Aeste absendet, macht sich weniger bemerkbar. Ein Magen ist nicht wahrzunehmen, an der Bauchwand des etwa 9ten Segments scheinen ein paar kurze Blindschläuche zu münden, die erst beim Auf- schneiden des Leibes zum Vorschein kommen, und wohl wie die weiss- liehen Ballen, von denen der Darm etwa vom Sten bis 13ten Segment umgeben ist, zum Genitalapparat gehören. Hierüber wird erst eine günstigere Jahreszeit Aufschluss geben, lebend konnte das. Thier nur wenige Stunden beobachtet werden. Sehr deutlich ist der Verlauf des Nervenstranges.') Derselbe Vortragende theilte am 30. October eine Erfahrung mit, die er an sich selbst über den Biss einer giftigen Spinne gemacht. Er war, nachdem er in der Umgegend des Riffelhauses und beim Besteigen des Gorner Grat und der Cima di Jazzi einige der Arachnoiden gesammelt, die für solehe hochalpine Localitäten charakte- ristisch sind, nach Zermatt in die Waldregion zurückgekehrt und fand auf dem Wege zum Z’Muttgletscher an einigen Berberizensträuchern dichte weisse ovale, den Blättern anhaftende Gespinnste, an denen man sich durch Anfühlen von der Gegenwart des Verfertigers überzeugen konnte. Neugierig, seine Bekanntschaft zu machen, wollte er denselben aus einem der Gespinnste herausziehen, ward aber augenblicklich von den Fress- zangen des Thieres am Daumen gefasst und aufs schmerzhafteste, wie von einem Bienen- oder Wespenstich, verwundet. Obwohl weder ein Bluttröpfehen hervortrat, noch auch mit der Loupe sich die Stelle der Verwundung erkennen liess, entstand sogleich eine heftige Entzündung mit starker Geschwulst, die sich augenblicklich über das ganze Endglied verbreitete, 3 Tage in gleicher Stärke anhielt und erst sehr allmählich nachliess. Nach länger als einer Woche zeigte sich dann an der Biss- stelle ein winziger gelblicher Fleck, verbunden mit Unempfindlichkeit in der nächsten Umgebung, und diese verlor sich erst nach etwa 14 Tagen nach der Verwundung. Die Spinne selbst ward sogleich in Sicherheit gebracht und erwies sich als ein grosses Weibehen von Cheiracanthium nulriz, eine Spinne, die im Aussehen den Clubionen ähnelt und früher auch zu diesen gerechnet wurde. Diese Erfahrung ist, wenn auch wenig ») Im Verlauf des Winters hatte Herr Prof. Forel die Güte, mir auch Pis- eicolen aus grossen Tiefen des Sees zuzuschicken, die sich von P. geometra L. nicht unterscheiden .liessen. 118 Jahres - Bericht bekannt, doch nicht neu, sondern ein ähnlicher Fall von Dr. A. Forel berichtet, die Sache auch von Dr. Simon in Paris bestätigt. Uebrigens wohnt diese Spinne auch bei uns in Schlesien und geht noch weiter nach Norden hinauf, wie sie denn auch der Vortragende in seinem Verzeichniss der Arachnoiden der russischen Östseeprovinzen aufführt. Von unseren einheimischen Spinnen beissen zwar die Wasserspinnen (Argyroneta aqua- lica) und der viel grössere Dolomedes fimbriatus, der sich im Röhricht aufhält und ansehnliche kugelrunde Cocons bildet, recht empfindlich, und letzterer bis aufs Blut, allein die Verwundung zieht keine ähnliche Folgen nach sich, aber Cheiracanthium nutrix muss in der That zu den giftigen Thieren gerechnet werden. Die Beine sind von ansehnlicher Länge und hellgrün, der Rückenschild braun ins grünliche spielend oder ganz grün, der Hinterleib ebenso oder bräunlich. Herr Staatsrath Professor Dr. Grube machte in der Sitzung am 22. Mai das Brüten der Möven auf dem Kunitzer See zum Gegenstande der Mittheilung, indem er über einen am 2. Mai d. J. dahin unternommenen Ausflug berichtete. Der diesseits Liegnitz gelegene Kunitzer See bietet jährlich um diese Zeit ein höchst interessantes und srossartiges Bild aus der Vogelwelt dar. Seit etwa 50 Jahren erst, wie Herr Gutsinspeetor Ruhm dem Vortragenden mittheilte, hat sich hier die Lachmöve (Lavus ridibundus L.) in grosser und, wie es scheint, immer wachsender Zahl eingestellt, um auf der in jenem See befindlichen Insel zu brüten, einer Localität, die für dieses wichtigste Geschäft wegen der um sie herum und auf ihr herrschenden Ruhe und der sonstigen Bedin- sungen aufs vollkommenste dazu geeignet wäre, wenn nicht der Mensch um schnöden Gewinnstes willen — denn es gilt die Eierernte — in den ersten Wochen des Brütens die Vögel störte. Allein sie hängen so sehr an dieser Insel, dass sie das wiederholte Fortnehmen der Eier nicht da- von abwendig macht; doch meint Naumann, dass dieses Fortnehmen höchstens 2 Mal stattfinden dürfe, wenn die Möve noch wirklich zum Ausbrüten des letzten Geleges kommen solle. Die schmale, etwa nur 5 Morgen grosse Insel, von der die Rede ist, von Kunitz aus bei ruhigem Wetter etwa in einer Viertelstunde erreichbar, ist ganz flach, nur mit . Gras, Nesseln und einigen wenigen Uferbüschen von Weiden und Hollunder bedeckt. Kaum hat man die Hälfte des Weges dahin zurückgelegt, so beginnt bei den Möven eine lebhafte Unruhe, die sich schnell unter heftigem Schreien steigert, und bald erhebt sich die ganze weissgefiederte Bevölkerung; in wilder Hast fliegt alles durcheinander, man glaubt ein Schneetreiben zu sehen, das immer wilder wird und endlich im Wasser versinkt. Beim Landen ist die ganze Insel verlassen und die Eier der Vertriebenen liegen offen da, die einen auf einem dünnen, wenig ver- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 119 tieften Kissen von trockenem Schilf und Rohr, bei anderen sind diese Materialien nur spärlich und locker verwendet, noch andere liegen fast unmittelbar auf dem mit Guano und kurzem Grase bedeckten Boden, dem Unkundigen anfangs wenig unterscheidbar, so dass er sie leicht durch einen Tritt vernichtet; meist zeigen sich nur 1 oder 2, selten 3 Eier in einem Geniste, an Färbung zuweilen recht verschieden, die meisten olivenbraun, unregelmässig schwarzbraun gefleckt, einzelne grün- liehblau mit sehr feinen Tüpfelchen, auch wurde eines von derselben Farbe ohne alle Zeichnung gefunden; überraschend ist die im Verhältniss zum Vogel ansehnliche Grösse der Eier. Die Menge der hier hausenden Möven lässt sich nicht einmal annähernd bestimmen, denn da diese Vögel sehr unruhig sind und Männchen und Weibehen abwechselnd brüten, so befindet sich immer nur ein Theil derselben auf der Insel, die Leute meinen, dass es die Männchen seien, welche schon am frühen Morgen von dannen ziehen und erst zur Nacht zurückkehren, dies lässt sich aber bei der vollkommenen Aehnlichkeit der Geschlechter nicht beweisen, ausgemacht scheint nur, dass die Weibchen Nachts über anhaltend brüten, sie entfernen sich auch vielleicht bei Tage zum Theil nicht so weit von ihrem Brüteplatz und finden deshalb wohl auch nicht so reichliche Nah- rung als die‘ weit fortziehenden, die bis nach Breslau kommen. Wenn man die hohen Körbe sieht, die das Boot bei der Ausfahrt zum Eier- sammeln mitnimmt, könnte man wohl zweifeln, dass sie sich auch nur zur Hälfte füllen würden; das Resultat war aber ein wahrhaft über- raschendes, denn es wurden bei jenem Besuch der Insel über 43 Schock (2593 Stück) Eier gesammelt, und doch war dies noch nicht die grösste Ausbeute, denn neun Tage vordem betrug sie 3120, Stück. Drei Mal wöchentlich, Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, wird die Eierlese ver- anstaltet und jenes Maximum ward an einem Dienstag, dem, weil zwei Tage vorher ausfallen, günstigsten Termin, gesammelt. Wenn nun auch dagegen die ersten Ernten ärmlicher ausfallen, so kann man doch wohl im Durchschnitt jede Ausbeute zu 36 Schock annehmen und da etwa 8 Mal gesammelt wird, im Ganzen auf nahe an 300 Schock (18,000 Eier) kommen. Die Zahl der ausgekrochenen Jungen ist jetzt so gross, dass _ viele aus Mangel an Nahrung umkommen. Man pflegt zwar mit den Möven den Begriff von Fischräubern zu verbinden, dies gilt aber von unseren Lachmöven am wenigsten, sie sättigen sich vielmehr hauptsächlich von Insecten, stellen vorzugsweise den Maikäfern nach, die sie im Fluge von den Bäumen nehmen, oder gehen wie die Krähen auf die Aecker, um Inseetenlarven und Regenwürmer aufzunehmen, auch Feldmäusen den Garaus zu machen, und sind deshalb bei ihrem enormen Appetit viel eher zu schonen als zu verfolgen. Der Fischreichthum des Kunitzer See’s erleidet durch sie keine irgend bemerkenswerthe Abnahme, wenn sie auch hier und da einen kleinen Fisch an der Oberfläche erwischen, Man 120 Jahres - Bericht fürchtet im Gegentheil, dass. die Insel nur zu bald übervölkert sein wird und dass eine Auswanderung vor sich geht, und begrüsst daher die Vögel jedes Mal mit Freude bei ihrer Ankunft, die im März zu erfolgen pflegt; in der Mitte des August ziehen sie bereits wieder fort, nach dem südlichen Europa, einige sollen schon am Züricher See überwintern. Man hat auch wohl an eine Benutzung des Guano von diesen Vögeln gedacht, allein er würde ohne grössere Kosten doch nur im Winter, wenn sich eine feste Eisdecke bildet, abzuführen sein, der darüber liegende Schnee müsste fortgeschafft werden, und man fürchtet, der ohne- hin sehr flachen Insel eine Bodenschicht zu entziehen, die dazu beiträgt, sie vor Ueberschwemmung zu schützen. Uebrigens theilen die Möven ihren Brüteplatz mit wilden Enten, deren im Verhältniss zu den ihrigen stattliche Nester unter Weiden- büschen am Ufer versteckt lagen, während ganz nahe dem Ufer die grossen Nester von Steissfüssen aus dem Spiegel des Sees hervorragten. Herr Privatdocent Dr. B. Gabriel hielt in der Sitzung am 20 sten Februar einen Vortrag über primitives Protoplasma. Bereits bei Besprechung gewisser Umbildungsphasen der Pseudo- navicellen (Jahresber. der Schles. Ges. 1877 p. 72) gedachte der Vor- tragende des Vorkommens eigenthümlicher, unregelmässiger, un- gleich grosser, scheiben-, platten- oder spindelartiger proto- plasmatischer Gebilde in den keimbereitenden männlichen Organen und der Leibesflüssigkeit der Lumbrieiden, deren Ursprung und Bedeutung ihm bisher unbekannt geblieben. Weiter fortgesetzte, mühevolle und zeitraubende, aber erfolgreiche Untersuchungen setzten Herrn Dr. Gabriel in die Lage, nun ausführlicher über diese fraglichen protoplasmatischen Körper berichten zu können. Er hat dieselben übrigens bei Gelegenheit seiner in der zoologischen Station zu Neapel angestellten Beobachtungen auch in vielen marinen wirbellosen 'Thieren (Dendrocoelen, Anneliden, Crustaceen) aufgefunden und setzt es als höchst wahrscheinlich voraus, dass sie sich in allen denjenigen Wirthen werden nachweisen lassen müssen, deren Gregarinen ihren Zeugungseyelus mit Eneystirung und nachfolgender Differenzirung der Leibesmasse in sporenartige Keimkörner (Pseudonavicellen — Psorospernien) beginnen — ein Modus, der durch- aus nicht allen Gattungen des genannten Protozoenstammes eigen ist, denjenigen nämlich, welche in Folge besonderer, schwer zu eruirender Anpassungen in einer weniger complieirten Weise überschüssige Wachs- thumsproducte liefern. Seine zu grossem Umfange angewachsenen Untersuchungs-Ergebnisse n$higen Herrn Dr. Gabriel, sich für dieses Mal auf eine specielle Schil- u TE Per Zen Br. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 121 derung der Eigenschaften der erwähnten, in den Lumbrieiden vorkommen- den Gebilde beschränken zu müssen und behält er es sich vor, die Umbildungen derselben zu einem Gegenstande späterer Mittheilung zu machen. Es stellen sich diese Körper dar als homogene, jeder Differen- zirung entbehrende, granulations- und kernlose, scheiben-, platten-undspindelförmige,äusserstumbildungsfähigePlas- mastücke von sehr schwankenden Grössenverhältnissen, einem ungemein wechselndenLichtbrechungsvermögen, das abhängig ist von besonderen minimalen oder maximalen Quellungs- oder Consistenzzu- ständen und deshalb, sei es in allmählicher, sei es in sehr schnell ablaufender Steigerung, welche letztere ein deutliches Wahrnehmen der Uebergangs- phasen nicht gestattet, bald von rein weisser, glasheller, bald von weiss- bläulicher, blaugrünlicher, bald dunkelblauer Färbung. Zu gewissen Zeiten anscheinend ohne Leben, jeder Lebensäusserung baar, be- wegungslos, überraschen sie zu anderen Zeiten: und unter gewissen, noch näher zu erörternden Bedingungen den Beobachter durch wech- selnde Bewegungsphänomene eigenthümliehster Art, die keiner der bisher bekannten Bewegungs-Erscheinungen der protoplas- matischen Substanz angereiht werden kann. — Erscheint die Masse auch homogen, so sind doch innerhalb einzelner dieser Gebilde feine, keine bestimmte Richtung innehaltende Streifen wahrzunehmen, bald mehr bald weniger deutlich in dem betreffenden Stück ungleich grosse Theilstücke erkennen lassend. Die bereits erwähnten, ungemeinen Schwankungen unterliegenden Grössen- und Formverhältnisse blieben dem Vortragenden in ihren ursäch- liehen Momenten so lange unerklärlich und mit jeder versuchten Deutung dieser räthselhaften Gebilde unvereinbar, bis ein unablässig fortgesetztes vergleichendes Beobachten ihn allmählich zum Erkennen der Ursprungs- quelle derselben führte. Um es kurz zu sagen: es repräsentiren diese bereits von Clapare&de gesehenen und abgebildeten protoplasmatischen Körper ') die in die Aussenwelt gelangten, ihrersehützenden Hülle entkleideten, von Lieberkühn als Batonnets bezeichnete, protoplasma- tische Inhaltsportionen der Pseudonavicellen, welche noch in einem socialen Verbande mit einander geblieben sind und es entweder — ') Nachträgliche Bemerkung des Vortragenden: Auch Schmarda übrigens scheint dieselben gesehen zu haben; er spricht in seiner Zoologie von kleinen, zelligen, Chitinstäbchen enthaltenden Gebilden in den Hautdecken einiger Dendrocoelen, die indessen, wie ich in meiner grösseren Arbeit nachweisen werde, Batonnets enthaltende, theilweise schon umgebildete ‚Sporen sind. 122 Jahres - Bericht je nach den nun divergirend auseinanderlaufenden Entwickelungsbahnen — für immer bleiben oder sich von einander loslösen. | Obwohl der Vortragende es sich vorbehält, diesen für die entwieke- lungsgeschichtlichen Verhältnisse der Gregarinen wichtigen Befund in späteren Mittheilungen ausführlicher zu erörtern, kann er doch nicht um- hin, es hier schon auszusprechen, dass aus den im socialen Ver- bande bleibenden Synamöbien, aus den einzelnen, vom socialen Verbande losgelösten gewisse Gregarinenformen direct (mit Ueberspringung des amöboiden Zustandes) hervorgehen. Es ist dieses Ergebniss seiner Untersuchungen nach der Meinung des Vortragenden ein bedeutungsvolles, weil es die bisher noch immer offene Pseudonavicellenfrage zur endgiltigen Entscheidung bringt. Es sind aber ferner jene bereits erwähnten schwankenden Grössen- und Formenverhältnisse der in Rede stehenden protoplasmatischen Gebilde auf das ursächliche Moment ihres Verbleibens in soeialem Verbande oder eines Aufgebens desselben nicht ausschliesslich zurückzuführen; in zweiter Reihe machen sich dabei ungleichartige, auf ungleichen individuellen Nährzuständen basirende Wachsthums-Er- seheinungen geltend, ein Wachsthum so hochgradiger Differenz, dass sich dem Beobachter bald der Gedanke aufzwingt, er habe es hierbei mit Vorgängen zu thun, in denen sich bestimmte, namentlich für die Ausprägung des Artcharakters wichtige und massgebende Ent- wiekelungsgesetze offenbaren. Man trifft bei aufmerksamer Durchmusterung namentlich der prävis- ceralen Flüssigkeit — allerdings, wie der Vortragende noch näher er- örtern wird, nur zu gewissen Zeiten — nicht selten auf solche, in soecialem Verbande verbleibende Batonnets, die trotz des Mangels der in Folge von Resorbtion geschwundenen Hülle in überraschender und überzeugender Weise die geschwungenen Conturen der früheren Pseudo- navicelle erkennen lassen, Vergleicht man ferner die vielfach variirenden Formen der noch innerhalb der Pseudonavicellenschale befindlichen, dem Reifezustande sich nähernden Batonnets (die keine Spur des von Aime& Schneider in seiner Bedeutung so sehr überschätzten Nucleus zeigen) mit den freien, aus dem socialen Verbande losgelösten, aber noch in keiner weiteren Umbildungsphase begriffenen, belauscht und verfolgt man endlich geduldig die Trennungs- und Loslösungsvorgänge selbst, so schwindet jeder Zweifel an ihrer Zusammengehörigkeit. Nicht minder findet durch den so geführten Nachweis der Ursprungsquelle und des vorhin kurz angedeuteten Schicksals dieser protoplasmatischen Körper das anscheinende Missverhältniss seine Erklärung, wie es zwischen der ungeheueren Zahl der in einem einzigen Wirthe vorhandenen, in ihren Cysten sich entwickelnden Psorospermien einerseits und der geringen Menge der in dem Hodenbläscheninhalt und der prävisceralen Flüssigkeit der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 123 suspendirten freien, von ihrer schalenartigen Hülle noch umgebenen andererseits obwaltet, welch anscheinendes Missverhältniss durch die zur Auswanderung bestimmten, von dem Vortragenden schon früher als Myxocysten bezeichnete Sporenbehälter nicht beeinflusst oder ausge- glichen werden kann. Es bleibt so viele Generationen hindurch die Er- zielung von Nachkommenschaft, die Entwickelung immer neuer Grega- rinenbrut gesichert — in demselben Wirthe führt das Reifen der in einer ersten Cyste enthaltenen Sporen zur Bildung und Entwickelung junger Gregarinen und in fortlaufender Reihe neuer Sporeneysten; aber die Wege, die Art und Weise einer ersten Einwanderung dieser parasitischen Protozoen oder deren Keime sind noch unbekannt. Nach dem vorhin Gesagten hängt das massenhaftere Vorkommen der protoplasmatischen Körper von dem Reifezustande der in dem Wirthe verbleibenden Cysten ab, letzterer scheint jedoch nicht an bestimmte Zeiten oder Perioden gebunden, sondern wird ausschliesslich gesetzt durch die individuellen Nährverhältnisse der Wirthe selbst und eine, für die gedeihliche Entwickelung der Sporen nothwendige, besondere Beschaffenheit, sei es des Hodeninhaltes, sei es der prävisceralen Flüssigkeit. Die Bewegungs-Erscheinungen, welche zu gewissen Zeiten diese protoplasmatischen Körper wahrnehmen lassen, bezeichnet der Vor” tragende als Zuckungen — er vermag für die Eigenart dieser Con- traetilitätsphänomene keinen anderen oder besseren Ausdruck zu finden. Bald von grösserer, bald von geringer Intensität, von sehr verschiedener Zeitdauer, sei es in schnell einander folgen- den, sei es in langsam ablaufenden Einzelmomenten ein- ander ablösend, bald die ganze Masse eines protoplasma- tischen Körpers durchsetzend, bald nur innerhalb kleiner Straten desselben auftretend, repräsentirten sich diese Bewegungs- phänomene nicht immer als continuirlich fortschreitende Con- tractionswellen, welche bei vorherrschender Spindelform der protoplasmatischen Körper in der Riehtung ihres Längendurch- messers, von einem Pole nach dem anderen hin, bei vorwiegender Scheiben- oder Plattenform in der Richtung der Querachse, von der Mitte nach der Peripherie hin, ablaufen. In letzterem Falle ist der Effeet der Contraetion ein minder hochgradiger als in ersterem Falle, und hier mit, man könnte sagen, gewaltsamem Umbiegen der beiden Enden verbunden, die nach abgelaufenem Phänomen ihre frühere Lage wieder einnehmen. Volumenveränderungen in den plasmatischen Körpern führen diese Zucekungen nicht in allen Fällen herbei; erst mit Beschluss der ganzen Entwickelungs- phase, die, wie bereits erwähnt, zur Bildung von Synamöbien oder der völligen Loslösung der Batonnets aus ihrem bisherigen Verbande führt, 124 Jahres - Bericht treten mit Kugelungsbesireben gepaarte Volumenvermin- derungen auf. Eine bestimmte Zeitdauer und regelmässige Periodieität in der Wiederkehr zeigen, wie bereits erwähnt, diese Bewegungsphänomene nicht; sie erfolgen bald schnell hintereinander, bald nach verschieden kürzeren oder längeren, ein Müssigkeitsstadium repräsentirenden Zwischen- pausen. Das Zuckungsvermögen kann indessen stundenlang bei kaum bemerkbarer Intensitätsabnahme gewahrt bleiben und verliert sich erst bei beginnender Eintrocknung des auf dem Objeect- träger ausgebreiteten Materials. Um so räthselhafter erscheint es, dass zuweilen diese protoplasmatischen Körper, dem gleichen Material ent- nommen, in derselben Weise behandelt, in einer gleichen Entwickelungs- phase begriffen, und bei intaceter Entwickelungsfähigkeit keine Spur dieser eigenthümlichen Bewegungsphänomene aufweisen. Der Vortragende hat sich bisher vergeblich bemüht, einen etwaigen Einfluss der Temperatur oder wechselnder Quellungszustände des Plasma selbst auf das Zustande- kommen, ein Hemmen, auf eine Abschwächung oder ein Ansteigen des Phänomens constatiren zu können. Dagegen lehrten ihn vergleichende Beobachtungen, dass gewisse, von ihm nicht näher eruirte Mischungs- verhältnisse der prävisceralen Flüssigkeit der Lumbrieiden, die bei dem einen oder dem anderen der genannten Wirthe durch eine leicht in die Augen fallende weissgelbliche Färbung vornehmlich der Bauchfläche des hinteren Körperendes ihren äusserlichen Ausdruck finden, den phasen- reichen Ablauf der erwähnten Bewegungsphänomene vorwiegend, wenn nicht ausschliesslich, in günstiger Weise beeinflussen. Andererseits gelang es dem Vortragenden nicht, die ursächlichen Momente auch nur annähernd festzustellen, welche eine so unregelmässige Wiederkehr des in eben so ungleicher Weise sich äussernden Reizzustandes veranlassen. Vergleicht man nun die kurz geschilderten Phänomene mit den Be- wegungserscheinungen, unter denen sich das Contraetilitätsvermögen der protoplasmatischen Substanz überhaupt äussert, mit der sogenannten primären, secundären und tertiären Form derselben, so ergiebt sich dar- aus, dass jene -unter Ausschluss der secundären Contractilität — dem Flimmerungsphänomen — welche absolut keine Vergleichungspunkte liefern kann — mit der primären und tertiären wohl manches Gemein- same haben, sich aber von ihnen in zu vielen Beziehungen unterscheiden, als dass sie denselben ohne Weiteres angereiht werden dürften. Die sogenannte primäre, dem undifferenzirten amöboiden Plasma zukommende Contraetilität bekundet sich durch Auftreten allgemeiner und partieller Contraetionen, von denen die ersten sich in einem mit Volumenabnahme verbundenen Kugelungsbestreben äussern, die anderen zur wechselvollen Bildung von Pseudopodien führen, woran eine mehr oder minder langsam fliessende Bewegung und ein Ortswechsel geknüpft sind. Bei den in der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 125 Rede stehenden Bewegungsphänomenen indessen gelangen partielle Con- tractionen in der bezeichneten Weise nie zur Beobachtung, gemeinsam ist beiden nur das Kugelungsbestreben, die grosse Latenzdauer der Reizung. Der tertiären, mit dem Namen der Zuckungscontractilität belegten, der hoch- differenzirten Muskelzelle ausschliesslich zukommenden Form ist einmal die so charakteristische polarisirte Bewegungsrichtung, die ausnahmslose Verkürzung nur des Längsdurchmessers und dann der eben so ausnahms- lose Mangel an partiellen Contractionen eigen; es wäre demnach den eigenthümlichen Bewegungserscheinungen der aus den Batonnets gebil- deten protoplasmatischen Substanz und der tertiären Form der Con- tractilität nur das Fehlen partieller Contractionen gemeinsam, eine Ueber- einstimmung freilich nur in negativem Sinne. — Der Vortragende giebt gern zu, dass die Ergebnisse seiner bisherigen Beobachtungen über die kurz geschilderten Bewegungsphänomene zu lückenhaft, zu fragmentarisch wären, um aus ihnen weitere Schlüsse ziehen zu können — in wie weit hier experimentelle Vornahmen zu ergiebigeren Resultaten führen würden, lässt er dahingestellt, empfiehlt aber allen Fachgenossen die berührten Erscheinungen als ein immerhin lohnendes und interessantes Beobachtungsobject auf das Angelegentlichste. Am Schlusse seines Vortrages weist Herr Dr. Gabriel darauf hin, wie mit der unzweifelhaften Thatsache, dass aus diesen protoplasmatischen Körpern, von Monerenwerth, einer einfachsten protoplasma- tischen Keimmasse, sich mit Ueberspringung des amöboiden Zustandes gewisse Gregarinenformen entwickeln, für eine Erweiterung der Kenntniss der phylogenetischen Verhältnisse der Protozoen: im All- gemeinen, speciell der Gregarinen, immerhin etwas gewonnen sei. Indem er die bisher von ihm eruirten Eigenschaften dieser proto- plasmatischen Körper nochmals zusammenstellt und mit denen des am wenigsten differenzirten Monerenplasma in Vergleich zieht, andererseits es hervorhebt, dass das Vorhandensein einer noch einfacheren, lebens- fahigen und lebensthätigen, individualisirten protoplasmatischen Substanz schwer denkbar wäre, glaubt er ihre Bezeichnung als primitiven Plasmas genügend motivirt zu haben. 126 Jahres - Bericht TI. Bericht über die Thätigkeit der botanischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1878, erstattet von Professor Dr. Ferdinand Cohn, zeitigem Secretair der Section. Die botanische Section hielt im Jahre 1878 elf Sitzungen. Die erste sehr zahlreich besuchte Sitzung vom 10. Januar war der Erinnerung an den hundertjährigen Todestag Linne’s (geb. 23. Mai 1707 zu Räshult in Smäland, gest. 10. Januar 1778 zu Hammarby bei Upsala) gewidmet. Der Präses der Gesellschaft, Geheimrath Göppert, theilte zunächst mit, dass am nämlichen Tage in Stockholm von Seiten der K. Schwe- dischen Akademie der Wissenschaften eine Gedächtnissfeier und Ent- hüllung einer Linn6statue stattgefunden habe; das Präsidium der Gesell- schaft habe an die‘ Akademie folgendes, von ihm und den 14 Seetions- Secretairen unterzeichnetes Telegramm geschickt: ‚Der Schwedischen Nation gratulirt zum hundertjährigen Ehrentage von Linn, dem Begründer der neueren Naturgeschichte, unsterblichen Andenkens, die Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur.“ An diese Mittheilung schloss sich die von dem Präses gehaltene Festrede, welche den Lebenslauf Linn€’s und seine Bedeutung für die beschreibenden Naturwissenschaften, insbesondere für die Botanik, dar- legte. Zu ihrer Erläuterung diente eine von dem Präses veranstaltete Ausstellung von Linnaeana, aus der insbesondere folgendes hervor- zuheben ist: Zwei Portraits (Kupferstiche) von Linn& waren von Lorbeer- kränzen umrahmt; von den wichtigsten der auf Linne’s Aufenthalt in Upsala und Hammarby bezüglichen Localitäten (Linne’s Geburtshaus in ee r re A EEE PB Se ey ae 7 Ze pen ee en der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 127 Räshult; sein Museum, Schlaf- und Studirzimmer in Hammarby; bota- nischer Garten, Linne’s Grabmal im Dom zu Upsala) sowie von den Linnebüsten in Upsala und Breslau waren Photographien ausgestellt (eine Linn&büste befindet sich auch im botanischen Garten zu Modena seit 1843); ferner die Editiones prineipes seiner wichtigsten Schriften: Systema na- turae Lugduni 1735 (die seltenste von allen); Hortus Cliffortianus Amster- dam 1737; Critica botanica ibid. 1737; Classes plantarum ibid. 1738; Systema naturae Paris 1744; Philosophia botanica Stockholm 1751; Genera plantarum ibid. 1764; Afzelius Egenhändiga Anteckningar of Carl Linna6us, gedr. Stockholm 1823; De sexu et nuptiis plantarum, Linne’s Studentenarbeit, erst 1828 gedruckt; ferner neben mehreren späteren Ausgaben der Codex Linneanus, herausgegeben von Herm. Eberhard Richter Leipzig 1835, und Unger’s Bericht über das Museum Linne’s in Hammarby (Sitzungs - Berichte der Wiener Akademie, math. - naturw. Klasse 1852). Auch zwei in Göppert’s Besitz befindliche Original-Exemplare aus dem Linn&@’schen Herbarium (Leonurus und Xeranthemum) mit Linne’s eigenhändigster Unterschrift wurden vorgezeigt; sie stammen aus dem Herbar des Dom-Gymnasiums zu Calmar. Der Secretair berichtete sodann über das Linn&@’sche Herbar, jetzt im Besitz der Linnean Society zu London; die prachtvollen Räume dieser Gesellschaft befinden sich in dem von der englischen Regierung für die Aufnahme aller wissenschaftlichen und künstlerischen Institute Londons errichteten monumentalen Gebäude von Burlington House, das in einer der vornehmsten und elegantesten Hauptstrassen Londons, Picca- dilly gelegen ist. Während sich der Sitzungssaal der Linnean Society, mit dem Portrait von Sir Joseph Banks geschmückt, im Parterre befindet, sind Bibliothek und Sammlungen in einem grossen Saale des ersten Stocks aufgestellt, der mit einem Oelbilde von Linne in ganzer Figur geschmückt ist; hier ist auch als kostbarster Besitz Linn€’s Herbar in dem einfachen, mit zwei verschliessbaren Thüren versehenen Originalschrank aufgestellt; dasselbe besteht aus Faseikeln in Klein-Folio, wo die Pflanzen auf gelb- liches Schreibpapier aufgeklebt, vergiftet, und jede mit einer eigen- händigen Unterschrift in Linn@’s zierlicher Handschrift etiquettirt sind. Ein Theil dieses Herbars, unter anderem ein Exemplar der Linnaea bo- realis Gron., welche Gronovius zu Ehren seines Meisters benannte, die Browallia demissa, durch welche Linn& seinen Gegner Browall verspottete, war auch in der Ausstellung naturwissenschaftlicher Apparate im South Kensington Museum zu London 1876 zu sehen; eben da war von der Linnean Society auch das Tagebuch des Iter dalecarlieum ausgestellt, geführt während einer auf Veranlassung des Gouverneurs Reuterholm im Jahre 1734 von Linn& in Begleitung mehrerer Studenten der Universität Upsala dureb die Provinzen Ost- und West-Dalekarlien unternommenen 1283 Jahres - Bericht Reise, wobei jeder Theilnehmer die Beobachtungen aus seiner Special- wissenschaft selbst aufzeichnete und gelegentlich auch durch Federzeich- ‚nungen illustrirte. Von Linne’s zoologischen Sammlungen waren daselbst ausser einer kleinen Schildkröte und einem auf Papier aufgeklebten Fisch auch ein Exemplar der Flussmuschel (Myia margaritifera) ausgestellt, in der Linn€ nach einem geheim gebliebenen Verfahren nach 5—6 Jahren Perlen von Erbsengrösse künstlich’ erzeugte; für diese Erfindung erhielt Linn& sein Adelspatent und eine Reichsbelohnung von 250 Pfd. Sterl. In der zweiten Sitzung am 24. Januar legte der Seceretair Professor Cohn ein im Journal of Botany veröffentlichtes sehr getreues Bild von Alexander Braun vor, das ihm von Professor Caspary in Königsberg freundlichst zum Geschenk gemacht wurde und nun im pflanzenphysio- logischen Institut sich befindet. Herr @. Limpricht legte zuerst eine Moossammlung von Massa- longo in Mailand vor und hielt dann einen Vortrag über die Mooswelt des östlichen Gebiets der hohen Tatra. Herr Oberlehrer Dr. Stenzel legte eine von Herrn Lehrer Zimmer- mann-Striegau mitgetheilte Monstrosität einer Sonnenrose vor, deren Blüthenboden auf der einen Seite tiefe Buchten und Verbiegungen zeigt, während die andere Seite normal ist. Herr Oberstabsarzt Dr. Schröter übersendete eine Anzahl Pilze meist aus der Gegend von Freiburg im Breisgau (u. a. den seltenen Uredo Arunci auf Spiraea Aruncus), welche dem Gesellschaftsherbar über- wiesen wurden. Ferner hatte derselbe Zweige der berühmten Linde zu Neuenstadt am Kocher (Königreich Württemberg) eingesendet, die er vor ein Paar Jahren besucht hatte. Es geht die Sage, dass die Neuenstadter Linde von einem Zweige oder Samenkern herstammen solle, den irgend Jemand aus dem ersten Kreuzzuge mitgebracht hat, und jetzt noch glauben viele Leute in dortiger Gegend, der Baum gehöre zu einer Art, die sonst nirgends mehr gefunden werde. Dies rührt wohl daher, dass Tilia platyphyllos, zu welcher Art der Baum ja wohl gehört, viel seltener in den Ortschaften anzutreffen ist, als T. parvifolia. Immerhin ist der Baum viele Jahrhunderte alt. (Vgl. die Beschreibung Caspary’s in den Württemb. Naturw. Jahresheften 1868.) Er sieht jetzt ziemlich herunter- gekommen aus, seine Gipfeltriebe sind bis auf einen durch Blitz und Sturm zerstört, und auch die horizontal gestreckten, auf den bekannten Säulen ruhenden Aeste würden sehr dünn aussehen, wenn man nicht überall kleine Linden dazwischen gesetzt hätte, deren junges Laub sich ınit dem der alten Aeste mischt, so dass ein dichter Schatten erhalten bleibt. Es ist ordentlich rührend, wie die Neuenstädter ihren Baum pflegen und sich Mühe geben, ihn zu erhalten. Auf lange Zeit hinaus wird dies wohl nieht mehr gelingen, man ist daher emsig bemüht, Ab- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 1929 leger von ihm fortzupflanzen. Dies machen sie so, dass sie mit Erde sefüllte längliche Kästen mit offenem Boden auf die Aeste setzen, es bilden sich Stammausschläge, die dann abgelöst und eingepflanzt werden, auf diese Weise sollen zahllose kleine Linden gewonnen sein, die somit wirklich das Individuum fortpflanzen. Ein schon recht stattliches Bäumchen ist zu Ehren des Pariser Friedens nicht weit von dem alten Ahnherrn in die Mitte eines freien Platzes gepflanzt worden und bestimmt, für künftige Jahrhunderte die alte Linde zu werden. Wenn später ihr Alter von jenem Friedensfeste hergeleitet wird, wird sie entgegengesetzt anderen alten Bäumen um einige Jahre zu jung geschätzt werden. Wenn man auf dieselbe Weise dasselbe Individuum für viele Jahr- hunderte unverändert fortpflanzt, so können solche alte Bäume nicht ohne Werth für wissenschaftliche Zwecke sein; sie werden die Merkmale der Art unverändert forttragen, während die Nachkommen aus Samen durch viele Generationen gewechselt haben und der Variabilität ausgesetzt ge- wesen sind. Ich bin überzeugt, dass solche Bäume, wenn sie pietätvoll gepflegt und, wie es hier geschieht, auch pietätvoll fortgepflanzt werden, den Typus der Art viel länger erhalten werden, als es möglich sein wird, das vorsichtigst gepflegte Herbarium-Exemplar zu erhalten. In der dritten Sitzung am 4. Februar legte der Präses der Gesell- schaft, Herr Geheimrath Göppert, eine Photographie unseres früheren Mitgliedes Regierungsrath Wichura (geb. 27. Januar 1817, gest. 25. Februar 1866) vor, welche in der Bibliothek der Gesellschaft auf- gehängt werden soll. Derselbe legte vor ein Gedicht von Dr. Bolle bei Gelegenheit der Linne&feier im Berliner Verein zur Beförderung des Gar- tenbaues in den königlich preussischen Staaten. Hierauf hielt derselbe einen Vortrag über Abstammung des Bernsteins. Als Bernsteinbäume sind bis jetzt 2 Abietineen und 12 Cupressineen unterschieden, von denen Abbildungen, insbesondere der anatomischen Struetur, sowie instructive Exemplare vorgelegt wurden. Der Seeretair Professor Dr. Cohn hielt einen Vortrag über die zur Messung des Längenwachsthums der Pflanzen dienenden Apparate. Wachsende Pflanzen verlängern sich im Allgemeinen so langsam, dass der Zuwachs erst nach längeren Zwischenräumen sichtbar wird und durch das schon von Hales angewendete direete Abmessen der Distanzen fixirter Punkte sich nicht mit wünschenswerther Genauig- keit ermitteln lässt. Es war daher ein wesentlicher Gewinn für diesen Zweig der Pflanzenphysiologie, als Sachs vermittelst seines Auxanometers (Lehrbuch der Botanik 4. Auflage p. 798 sq.) die Zuwachswerthe in so d 130 Jahres-Bericht stark vergrösseriem Massstabe sichtbar machte, dass sie auch in kurzen Zeiträumen schon erhebliche Ausschläge geben; das Prineip desselben ist von allen Nachfolgern im Wesentlichen beibehalten worden; es besteht bekanntlich darin, dass ein an der Spitze der Versuchspflanze befestigter und durch ein passendes Gegengewicht in Spannung gehaltener Faden über eine Rolle geht, an deren Rand ein Zeiger in radialer Richtung befestigt ist; dieser markirt auf einem graduirten Bogen den dem Zu- wachs entsprechenden Drehungswinkel der Rolle in ähnlicher Weise, wie z. B. der Uhrzeiger die Drehung eines Stundenrades trotz ihrer Lang- samkeit sichtbar macht. Bei dem Reinke’schen Auxanometer ist es eine kreisförmige Glas- scheibe, welche der durch den wachsenden Pflanzentheil gespannte Faden in Rotation versetzt, das Mass ihrer Drehung wird durch ein auf den graduirten Rand der Glasscheibe eingestelltes Fernrohr abge- lesen. (Reinke, Untersuchungen über das Wachsthum. Bot. Zig. 1876 np: 91, 8Q.; Tab. IL) Ein weiterer noch wichtigerer Fortschritt: in der Beobachtung, dieser Vorgänge war es, als Sachs mit seinem Auxanometer einen Registrir- apparat verband, wie solche in der Physiologie der Thiere schon früher die vielfältigste Anwendung gefunden und glänzende Erfolge erzielt hatten. Auf der geschwärzten Oberfläche eines um eine excentrische Achse stündlich einmal rotirenden Cylinders verzeichnet der Zeiger des Sachs’schen schreibenden Auxanometers Parallellinien, deren Abstand in einer bestimmten, allerdings jedoch nicht ganz einfachen Beziehung zum Längenwachsthum der Versuchspflanze steht. Nach einem ganz anderen Prineip construirt ist das nach der An- gabe von Schenk durch Mechanieus Stöhrer in Leipzig angefertigte Auxanometer, welches bei der Ausstellung naturwissenschaftlicher Apparate im South Kensington Museum zu London 1876 ausgestellt war. Hier setzte der Faden, welcher durch den wachsenden Pflanzentheil gespannt wird, ein Zahnrad in Rotation; sobald dieses sich um eine gewisse Grösse sedreht hat, greift ein Zahn in ein Hebelwerk, welches einen elektrischen Strom auslöst; dieser wirkt vermittelst eines Elektromagneten auf einen Bleistift, welcher in Folge dessen eine Marke auf ein durch ein Uhrwerk sedrehtes papiernes Zifferblatt einzeichnet; es wird hier also nicht der in gleichen Zeiträumen variable Zuwachs, sondern umgekehrt der variable Zeitraum registrirt, innerhalb dessen ein wachsender Pflanzentheil sich um eine constante Grösse ('), oder 1 mm) verlängert hat; als Vorzug dieses Apparates wird hervorgehoben, dass derselbe entfernt von der (etwa im Freien) wachsenden Pflanze aufgestellt werden kann. Wieder ein anderes Prineip ist es, welches Wiesner seinem Auxano- meter zu Grunde gelegt hat. Hier dreht der durch den wachsenden Pflanzentheil gespannte Faden die kleinere einer Doppelrolle, um deren der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 131 grösseren Umkreis ein zweiter Faden gelegt ist, der eine durch eine Führung in der Lothlinie auf- und abwärts bewegliche, vermittelst eines Gegengewichts aequilibrirte Metallnadel hebt; letztere trägt, wie bei dem schreibenden Auxanometer von Sachs, auf der geschwärzten Ober- fläche eines stündlich einmal um seine excentrische Verticalachse rotiren- den Cylinders parallele Horizontallinien ein, deren Abstände sich ver- halten wie die stündlichen Zuwachse. Durch diese Einrichtung sucht Wiesner verschiedene Uebelstände des Sachs’schen Auxanometers zu be- seitigen, die er selbst in seiner Abhandlung (Flora 1877) ausführlich erörtert hat. | Das Sachs’sche und das Wiesner'sche Auxanometer verzeichnen dem- nach die jedesmaligen Längen eines Pflanzentheils, welcher sich durch stündlichen Zuwachs stetig verlängert, als ein System von Coordinaten; da aber die Abseissen der Zeitstunden, in denen der entsprechende Zu- wachs geschieht, nicht mit aufgezeichnet werden, so werden sämmtliche Coordinaten auf der nämlichen Vertiealen, der Seitenkante des geschwärz- ten Cylinders, abgetragen. Um daher zu ermitteln, welcher Stunde eine bestimmte, auf dem Cylinder verzeichnete Länge entspricht, giebt es keinen anderen Weg, als von der obersten, zuletzt abgetragenen Ab- messung, deren Zeit direct beobachtet wird, rückwärts die Zahl der Querstriche abzuzählen und eine gleiche Zahl von Stunden zurückzurechnen. So lange der stündliche Zuwachs so bedeutend ist, dass zwischen zwei nacheinander abgetragenen Längen ein deutlicher Zwischenraum vorhanden ist, lässt sich gegen diese Methode in der That nichts einwenden. So- bald der Zuwachs aber geringer ist, und der Zeiger durch zwei oder sar durch mehrere Stunden auf derselben Querlinie sich einzeichnet, oder wenn mehrere Querlinien in so dichten Intervallen aufeinander folgen, dass ihre Anzahl sich nicht sicher ermitteln lässt, so hört die Möglichkeit richtiger Zeitbestimmung vollständig auf. Ich habe stets verwirrte Auf- zeichnungen erhalten, sobald das Längenwachsthum eines Pflanzentheils sich dem Abschluss nähert und überhaupt 1 mm pro Tag nicht erheblich überstieg. In Fällen, wo periodische Längenabnahme eintritt, sind diese Apparate natürlich gar nicht anzuwenden. Ein besonderer Uebelstand des Wiesner'schen Auxanometers liegt darin, dass eine Controle fehlerhafter Aufzeichnungen unmöglich ist. Die Fehler können von mechanischen Störungen aller Art herrühren, zufälligen Erschütterungen des Apparates, welche das labile Gleichgewicht der Rollen aufheben, Zuschlagen der Thür, Schwankungen des Fussbodens durch Tritte, vorüberfahrende Wagen, Durchreissen des Blattparenchyms dureh den eingestochenen Haken, Hemmungen, welche die sich senkenden Gewichte zwischen den Blättern der Versuchspflanze erleiden, u. dgl. m. Ich habe, um die Stetigkeit des Apparats zu prüfen, denselben oft in Gang gesetzt, ohne eine Pflanze einzuspannen; in diesem Falle hätte der 9* 132 Jahres - Bericht schreibende Zeiger stets auf gleicher Höhe bleiben und ‘daher nur eine einzige Querlinie einzeichnen dürfen, in Wirklichkeit fanden stets grössere oder geringere Niveauveränderungen statt, welche von zufälligen Er- schütterungen herrührten, auch wenn, wie dies selbstverständlich, der Apparat möglichst vor äusseren Störungen geschützt war. Nun verleiht allerdings, sobald eine wachsende Pflanze in den Apparat eingeschaltet ist, der Widerstand ihrer Gewebe diesem ein Moment der Trägheit, welches eine grössere Stabilität garantirt; nichtsdestoweniger treten namentlich bei Tage und in nicht ganz ruhigem Zimmer stets Störungen ein und lassen den Zeiger sprungähnliche Bewegungen machen, die nicht reellem Zuwachs entsprechen. Da jedoch der Zeiger nur alle Stunden einmal eine Aufzeichnung macht, so lässt sich fast nie ausmitteln, ob z. B. ein ungewöhnlich grosses Intervall zwischen zwei Querlinien einer Steigerung der Wachsthumsintensität entspricht, oder ob in einem gewissen Moment ein zufälliger Stoss den Zeiger plötzlich verrückt hat. Schwierig ist bei Wiesner und Sachs auch die Verwerthung der auf dem seschwärzten Cylinder abgetragenen Höhen. Zur exacten Bestimmung des stündlichen Zuwachses muss zunächst die Distanz zwischen je zwei Querstrichen gemessen werden. Da es sich hier oft um sehr kleine Differenzen, die den Werth eines Millimeters oft bei weitem nicht erreichen, handelt, so giebt eine gewöhnliche makrometrische Messung mit Zirkel und Massstab keine vergleichbaren Resultate, die Anwendung mikrometrischer Methoden aber ist umständlich und schwierig, daher wird die Uebertragung der vom Apparate verzeichneten Werthe in Tabellen oder Curven sehr erschwert. Störend ist auch, dass der Cylinder täglich abgenommen werden muss, um die Uhr aufzuziehen und dass der- selbe mit einem neuen geschwärzten Papiermantel bekleidet werden muss, sobald der Zeiger den oberen Rand erreicht, d. h., bei den im Apparat benutzten Dimensionen, sobald der Zuwachs ca. 25 mm über- schritten hat. Einige mechanische Unvollkommenheiten des Wiesner’schen Auxano- meters, die sich insbesondere auf die Schwierigkeit einer genauen parallelen Stellung des Cylinders und der Führung des Zeigergewichts, sowie auf den richtigen Abstand des Zeigers vom Cylinder beziehen, übergehe ich, da sie sich durch eine complieirtere, jedoch auch kost- spieligere Ausführung wohl beseitigen lassen. Nachdem ich mit dem Wiesner’schen Apparate eine Reihe von Beobachtungen gemacht, glaubte ich seine Verbesserung in einer Ab- änderung desselben zu finden, in Folge deren er nicht blos die Coordinaten der Längenzuwachse, sondern gleichzeitig auch die Abseissen der hierzu verbrauchten Zeiten abträgt und die Wachsthums-Curve un- mittelbar aufschreibt. Hierzu ist weiter nichts erforderlich, als dass das der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 133 Papier, statt auf dem Cylindermantel fixirt zu sein, sich stetig unter dem schreibenden Zeiger fortbewegt und daher diesem stets neue Flächen unterbreitet. Ein Vorzug dieser Modifieation besteht zugleich darin, dass der schrei- bende Zeiger nicht periodisch nach Ablauf je einer Stunde seine Auf- zeichnungen macht, sondern dass derselbe ohne Unterbrechung die in jedem Zeitmoment vorhandene Länge des Pflanzentheils einträgt. Beide Zwecke werden dadurch erreicht, dass statt eines einzigen zwei Cylinder in Anwendung kommen, zwischen denen das Papier ver- mittelst eines Uhrwerks sich stetig abrollt und gleichzeitig an einen mit dem Wiesner’schen Schreibapparat verbundenen Schreibstift angedrückt wird. Bei dieser Einrichtung zeichnet der Stift auf das Papier eine Curve, deren Coordinaten den Längen des wachsenden Pflanzentheils und deren Abseissen den Zeiträumen entsprechen. Hierbei konnten die in der thierischen Physiologie benutzten Registrirapparate zu Grunde gelegt werden, freilich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei den meisten Lebensprocessen (z. B. Pulsschlag) des Thieres die zu registrirenden Differenzen meist beträchtlich, die Dauer derselben dagegen sehr kurz ist, während beim pflanzlichen Zuwachs die Höhenunterschiede sehr gering und erst nach längeren Zeiträumen bemerklich werden. Es kommt daher bei unserem Apparate darauf an, die Wachsthumsdifferenzen zu ver- grössern, die Zeitabschnitte dagegen möglichst klein zu nehmen, während bei den Apparaten der Thierphysiologen meist die entgegengesetzten Gesichtspunkte zur Geltung kommen. Die speeielle Einrichtung unseres Apparats, welchen ich zur Unter- scheidung von den früheren Auxanometern als Auxanograph bezeichnen will, ist nach meiner Angabe von Mechanicus Pinzger hier angefertigt worden. Die Fortbewegung des Papiers wird in folgender Weise erreicht. Das Uhrwerk des Wiesner’schen Apparates, dessen Federkraft und sonstige Einrichtung für die Zwecke des Registrirens sich als völlig aus- reichend erwiesen hat, wurde so abgeändert, dass die hohe Führung für den durch dasselbe in Drehung versetzten Cylinder (A) nicht auf das Minuten-, sondern auf das Stundenrad aufgesetzt wurde; in Folge dessen dreht sich der Cylinder A nicht stündlich, sondern alle 12 Stunden einmal um seine Achse; bei der Langsamkeit der meisten Wachsthums- processe ist dies genügend. Ferner traf ich die Einrichtung, dass das Uhrwerk aufgezogen werden kann, ohne den Cylinder von der Führung abzunehmen und den Versuch zu unterbrechen; auf dem für den Uhr- schlüssel bestimmten Aufzieh-Zapfen ist ein über das Zifferblatt 1 cm sich erhebender Aufsatz angebracht, der in diagonaler Richtung doppelt durchbohrt ist; ein 10 em langer eiserner Hebel, der in diese Durch- bohrungen gesteckt nnd wie eine Kurbel gedreht werden kann, wird zur 134 Jahres - Bericht Spannung der Uhrfeder benutzt. Die Uhr wird regelmässig alle 24 Stunden aufgezogen, damit die Feder ihre volle Kraft behält. Der Cylinder (A) selbst ist von Holz und dreht sich nicht, wie bei Wiesner, um eine excentrische, sondern um eine centrische Verticalachse; das Gestell derselben ist zweckmässig abgeändert; die Höhe des Cylinders beträgt 30 em, sein Radius soll ca. 19 mm betragen, so dass der Cylinder- mantel einen Umfang von 120 mm besitzt und die pro Stunde abgerollte Fläche beträgt daher 10 mm. Parallel dem Cylinder A ist in 35 em Entfernung ein zweiter Holz- eylinder B von gleichen Dimensionen auf besonderem Gestell um eine verticale centrische Achse drehbar befestigt. Ein langer Papierstreifen von ca. 23 cm Breite wird mit seinen beiden Schmalseiten durch Gummi an den beiden Cylindern und zwar genau längs ihrer vorher markirten Seitenlinien festgeklebt, sodann die beiden Cylinder in ihre Achsengestelle eingeschraubt und nun durch Drehung des Cylinders B um seine Achse das Papier möglichst sorgfältig und eng um diesen aufgerollt. Die Länge des Papierstreifens (ich benutzte dünnes aber festes, etwas rauhes Concept- papier) hängt von der beabsichtigten Dauer des Versuchs ab; da sich täglich 24 cm Papier abrollen, so muss, wenn der Versuch eine Woche dauern soll, eine Rolle von 1,68 m Länge aufgespannt werden, die durch Aneinanderkleben einzelner Papierbogen leicht erhalten wird. Die Spannung des Papiers wird durch eine starke Feder erreicht, die an den unteren Theil des Cylinders B kräftig andrückt und durch ihre Reibung ein allzurasches Abrollen des Papiers verhindert. Sobald das Papier gleichmässig aufgespannt ist, wird der Schreibapparat an das Papier derart angerückt, dass die Spitze des Bleistifts an einer beliebigen Stelle das zwischen den beiden Cylindern aufgespannte Papier berührt. Wesentlich ist dabei, die richtige Entfernung des Bleistifts zu treffen, denn wenn derselbe zu fest an das Papier angedrückt ist, wird durch die Reibung das freie Spiel der Rollen gehindert und die Curve daher flacher, als dem Wachsthum entspricht; es kann auch der Schreib- apparat ganz am Aufsteigen gehindert werden und der Stift zeichnet dann eine Horizontale, statt einer Curve; umgekehrt, wenn der Stift zu wenig andrückt, schreibt er gar nicht; es genügt eine leichte‘ Berührung des Stiftes, ohne besondere Anspannung des Papiers; ein Seidenfaden, der von der Spitze des Schreibapparates auf der Rückseite des Papiers herab- hängt und durch eine Messingkugel gespannt ist, drückt das Papier von hinten leise an den Stift. Um die hierbei erforderlichen Handgriffe zu erleichtern, ist das Uhr- werk sammt dem Gestelle der beiden Cylinder auf einem dreibeinigen Tisch befestigt, während ein zweiter ebenfalls dreibeiniger, aber etwas niedrigerer Tisch den Schreibapparat mit der Versuchspflanze trägt und wälrrend des Versuchs dicht an oder unter den anderen Tisch geschoben ® na - Ser AA" ara wen er As at m? a ARE ED ET AL. zul EN der Schles. Gesellschaft für vaterl, Cultur. 135 wird. Natürlich ist es vortheilhaft, dass bei Beginn des Versuchs der Bleistift möglichst den unteren Rand der Papierrolle berührt, damit die sanze Breite derselben für die Aufzeichnung der Wachsthumseurve aus- genutzt werden könne; da die Höhe der Führung 28 cm beträgt, so kann ein Zuwachs von mindestens 25 mm ohne weitere Veränderung des Apparats aufgezeichnet werden. Ist dieser jedoch überschritten, so muss das Zeigergewicht mit dem Bleistift wieder auf die untere Hartgummi- platte der Führung zurückgeschoben und eine neue Curve begonnen werden, die unmittelbar an die erste sich ansetz. Um dies mit der geringsten Störung des Apparats zu ermöglichen, habe ich in der Mitte des Tischehens, welches die Versuchspflanze trägt, eine Vorrichtung nach Art der beweglichen Kolbenständer angebracht; der Blumentopf steht auf einer runden hölzernen Tragplatte, welche in der Mitte ihrer Unter- seite auf einer Metallstange befestigt ist; diese kann in einer unter dem Tische angebrachten Hülse auf- und abgeschoben und mit einer Klemm- schraube in beliebiger Höhe festgehalten werden. Bei Beginn des Ver- suches wird der Blumentopf möglichst hoch hinaufgeschoben; sobald der Schreibstift den oberen Rand der Papierrolle erreicht hat, wird die Trag- platte so weit abwärts geschoben, dass der Stift wieder den unteren Rand des Papiers berührt und so wird nach und nach der Blumentopf um so tiefer gesenkt, je mehr die gemessenen Organe an Länge zu- nehmen. Der den Zuwachs registrirende Schreibapparat ist genau nach Wiesner eingerichtet; die einzige Abänderung besteht darin, dass statt des in die seschwärzte Papierfläche sich einritzenden Drathes ein weicher fein- gespitzter Bleistift (A. W. Faber No. I. Mines, Crayons d’artistes ohne Holzfassung) vermittelst eines eigenthümlich eonstruirten Halters a mine mobile in die Mitte des Zeigergewichts eingeführt wird, eine schwache Feder im Innern des Halters drückt den Stift an das Papier; die Spitze zeichnet auf dem unter ihr fortgleitenden Papierstreifen eine feine schwarze Curve und bedarf erst nach längerer Zeit leichter Nachhilfe durch Vor- schieben und Spitzen; das dem Zeigergewicht das Gleichgewicht haltende Gegengewicht muss ein Paar Gramm schwerer sein als jenes, um die Reibung des Stiftes am Papier zu überwinden. Um den Schreibapparat in genau verticaler Stellung festzuhalten, habe ich ferner eine Vorrichtung angebracht, durch welche die Stahlspitze, welche in der Mitte der unteren, die Führung des Zeigergewichts fest- haltenden Hartgummiplatte befindlich ist, in jeder beliebigen Höhe fixirt werden kann. Dies geschieht durch eine verticale Hülse, welche auf einem kleinen eisernen Stativ verschiebbar ist; sie wird unter jene Stahl- spitze geschoben und sodann mit einer Klemmschraube festgestellt. Als ein besonderer Vorzug unserer Einrichtung darf es gelten, dass auf dem nämlichen sich abrollenden Papierstreifen gleichzeitig zwei 136 Jahres - Bericht oder mehrere Schreibapparate ihre Aufzeichnungen machen und dass da- her Controlversuche zur nämlichen Zeit und unter den nämlichen Be- dingungen angestellt werden können, da jeder Schreibstift unabhängig von dem anderen die Wachsthumseurve seiner Versuchspflanze einträgt. Mit dem Auxanographen habe ich im Winter 1878 eine Anzahl Ver- suche vorzugsweise an wachsenden Hyacinthen angestellt, um für das Verhältniss der Längenzunahme der Blätter zu der Temperatur, zur Feuchtigkeit, zum Licht und zu den inneren Entwickelungsvorgängen vergleichbare Werthe zu erlangen; ich behalte mir vor, über diese ander- wärts Bericht zu geben. In der vierten Sitzung am 21. Februar sprach Prof. Dr. Körber über die in den Besitz der Gesellschaft gelangten Algensammlungen von Hilse (geb. 29. November 1820, gest. 29. März 1871), welche 12 Fascikel bilden. Prof. Körber hat sämmtliche von Hilse gefundenen Algenspecies nach Rabenhorst's Flora Algarum Europaea systematisch geordnet in einen Band zusammengestellt und legte diesen vor (vergl. den Bericht über Hilse’s Algenstudien im Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für 15871 p. 136— 133). Derselbe demonstrirte eine auf Granaten wachsende Flechte (Rhizocarpon geographicum) aus den Tyroler Alpen, ferner Flechten des Kaplandes, gesammelt von Mac Oban, und Flechten aus $i- birien, bei Minusinsk am Zusammenfluss des grossen und kleinen Kem sesammelt von Apotheker Martianeif. Herr G. Limpricht legte eine aus 53 Blättern bestehende Samm- lung von Torfmoosen, herausgegeben von Braithwaite in London, vor. Herr Dr. Conwentz hielt einen Vortrag über die californische Sumpfcypresse der Vorwelt. Bei Calistoga in Californien finden sich auf einem kleinen Areal hunderte von versteinten Stämmen, die zum Theil sehr beträchtliche Dimensionen annehmen. Das grösste freiliegende Exemplar misst 22 m Länge und besitzt am Stammende einen Durchmesser von 3,4 m, es repräsentirt ein mehr als tausendjähriges Alter. Ihrem mikroskopischen Bau zufolge gehören die Hölzer zur Familie der Cupressineen und zeigen eine fast übereinstimmende Structur mit den heute dort Wälder bildenden Taxodien. Aus diesem Grunde wurde denselben vom Vortragenden der Name Cupressinoxylontazxodioides beigelegt. Das geologische Alter der fossilen Stämme ist wahrscheinlich tertiär. Wir unterlassen es hier, auf das Detail der Untersuchung einzu- sehen, da bereits eine vorläufige Mittheilung (,‚Cupressinoxylon taxodioides, ein vorweltliches eypressenähnliches Holz aus Californien“ Schr. der naturf. Ges. in Danzig IV. Bd. 3, 4 1878 p. 15 sq.) und mittlerweile auch schon der ausführliche Bericht über diesen Gegenstand publieirt ist der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 437 (ef. „Ueber ein tertiäres Vorkommen eypressenartiger Hölzer bei Calistoga in Californien“ N. Jahrb. f. Min., Geol. und Pal. 1878 p. 800 sq.). In der fünften Sitzung am 7. März legte der Präses, Herr Geheim- rath Göppert vor: 1) ein unter Glas eingerahmtes Blatt, hand- schriftliches Verzeichniss von 172 schlesischen Pflanzen, von dem Lon- doner Apotheker Petiver (+ 1715) nach Rajus System geordnet, ein seltenes Document zur Geschichte der schlesischen Flora; 2) ein pracht- volles Stück eines Stammes der Mannaesche (Fraxinus Ornus), Geschenk des Herrn Apotheker Werner hier. Herr Dr. Eidam hielt einen Vortrag über Culturversuche der Botrytis cinerea Pers. auf verwesenden Pflanzentheilen (abgedruckt im Jahresbericht der botan. Section für 1877 p. 43—49). Herr Oberlehrer Dr. Stenzel sprach über das Vorkommen von Aspidium Braunii Spen. im Isergebirge (abgedruckt im Jahresbericht der botan. Section für 1877 p. 64—66). Herr Oberbergamts-Secretair Langner legte eine Sammlung von Keimpflanzen aus den Gattungen Erodium, Geranium, Con- volvulus, sowie einiger Papilionaceen vor; die Keimlinge verschiedener Species, nebeneinander auf Tafeln aufgeklebt, lassen höchst instructive Verschiedenheiten bemerken, welche auf den phylogenetischen Zusammen- hang der Arten dieser Gattungen Licht zu werfen scheinen. In der sechsten Sitzung vom 21. März besprach Herr Geheimrath Göppert die Bearbeitung der Araceae von Engler für die Flora brasiliensis. Herr R. v. Uechtritz hielt einen Vortrag über die wichtigeren Ergebnisse der Erforschung der schlesischen Phanerogamenflora im Jahre 1877, welcher bereits im Jahresbericht der botanischen Section für 1877 p. 66 bis 831 zum Abdruck gelangt ist, und legte die betreffenden Pflanzen in Herbarium-Exemplaren vor. In der siebenten Sitzung am 4. April sprach Prof. Cohn über leuchtendes Fleisch. Herr R. v. Uechtritz trug den Schluss seiner oben erwähnten Mittheilungen vor. Herr Dr. Eidam sprach über Spermogonien auf Lupinenstengeln. Auf den Lupinenstengeln, welche auch im vergangenen Jahre wieder, in Folge vorgekommener Vergiftungsfälle bei Schafen, von zahlreichen 138 Jahres - Bericht Landwirthen zur Untersuchung an das pflanzenphysiologische Institut ge- sendet wurden, befanden sich ausserordentlich häufig zahllose kohlschwarze rundliche oder längliche Pilzgehäuse in verschiedener Grösse, von win- zigem Umfang bis zu 1—2 mm im Durchmesser, welche oftmals die Oberfläche ganzer Zweige bedeckten und auf einem gebräunten, reich mit Scheidewänden versehenen Mycel entstanden, dessen Hyphen auf weite Strecken hin die Rinde der Stengel durchwucherten. Die Gehäuse waren erfüllt von zarten farblosen Sporen, welche die Gestalt schmaler serader Stäbchen besassen, mit glänzenden Körnchen im Innern und Zu- spitzungen an beiden Enden. Wurden die befallenen Lupinen im feuchten Raume gehalten, so platzten die Gehäuse, der Sporeninhalt drang mit Schleim vermischt als gelbweisser rundlicher Tropfen hervor und es gelang mit Leichtigkeit, vollkommen reines Aussaatmaterial zu gewinnen. In Pflaumenabkochung entwickelten die Sporen alsbald ein Mycel, an ihm entstanden nach Verlauf einiger Wochen neue Fruchtgehäuse mit neuen Sporen, welche ihrerseits unter geeigneten Umständen denselben Wachsthumseyclus wiederholten. Es geschah dies in folgender Weise. Die zartwandige stäbehenförmige Spore schwillt bei der Keimung etwas an, sie verlängert sich niemals seitlich, sondern stets nur an einem ihrer Enden in Form eines der Spore an Durchmesser vollkommen gleich dicken Keimschlauches. Merkwürdigerweise aber wächst derselbe zu- nächst nicht in gerader Richtung, sondern er krümmt sich bogenförmig und beschreibt einen Halbkreis, so dass solche junge Keimlinge als offene Ringe im Nährtropfen zahlreich umherliegen. Nun erst wächst der Keim- schlauch in gerader Richtung weiter, treibt Seitenzweige, kurz, er zeigt keine besondere Abweichung mehr von dem bei der Keimung der meisten Pilzsporen bekannten Verhalten. An der eigenthümlichen Ringbildung ist sowohl die Spore als der erste Anfang des Keimschlauches betheiligt und an ren bereits verlängerten Keimlingen kann man noch diesen Vor- gang als hakenartige Krümmung an einem Ende erkennen. Das ent- stehende junge Mycel ist septirt, von seinen Haupthyphen gehen Seiten- äste nach allen Seiten, deren letzte Ausläufer als zarte Hyphenbildungen über den Nährtropfen hinauswachsen, ein weisses spinnwebeartiges Luft- mycel darstellend. Von Fructification ist keine Spur zu bemerken, zahl- reiche Mycelfäden bräunen sich, während sich andere streckenweise auf- fallend gelb färben und endlich mit einem dichten, strahlenartig ringsum den Hyphen ansitzenden harzartigen, in Alkohol löslichen Körper in- erustiren, auf ganz ähnliche Art, wie dies de Bary an dem Mycel und den Peritheeien von Eurotium, Bauke') am Mycel seiner Diplodia beobachtet hat. ') H. Bauke, Zur Kenntniss der Pyeniden. N. Act. B. 38. No. 5. he nn, Pn. x u Pas der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 139 Erst nach Verlauf einiger Wochen entwickeln sich an dem Mycel die ersten Anfänge der neuen Sporenbehälter. Im mittleren Myceltheil, mit Vorliebe aber rings an der Grenze des flach auf dem Objeetträger ausgebreiteten Nährtropfens gruppirt, localisiren sich zarte, wollige und schneeweisse Hyphenansammlungen in Form von zusammengeballten Knäueln, welche von den zartesten Anfängen bis zur Grösse von 2-3 mm Breite und 1-2 mm Dicke sich ausbilden. Veranlasst wird dieser Vor- gang durch reichlichen Plasmazufluss zu einzelnen Mycelästen, die, prall mit Inhalt erfüllt, torulös aufschwellen und massenhaft kurze Seitenzweige bilden, welche, ebenfalls blasig aufgetrieben, mit Verengungen und Er- weiterungen oder mit breiten löffelartigen Zuspitzungen versehen sind. Alle diese Myceläste verwirren und verschlingen sich aufs dichteste, sie stellen jene schneeweissen Knäueleomplexe dar, die also durchaus gleich- artig an eng begrenzten Theilen des Mycels von einigen in beschriebener Weise sich metamorphosirenden und unter reichlichster Verzweigung sich verflechtenden Seitenzweigen desselben hervorgerufen werden. Mitunter legen sich die letzteren aber nicht in Form eines Knäuels zusammen, sie verlieren dann bald ihre Farblosigkeit, bräunen sich und gehen schliesslich in eine Art von Dauerzustand über. Sobald aber ein Knäuel constituirt ist, vergrössert es sich durch unausgesetztes Einschieben neuer Seiten- zweise zwischen die bereits vorhandenen, in Folge dessen entsteht ein fester rundlicher Kern, aus pseudoparenchymatischem Gewebe gebildet, eine Art von Sclerotialkörper, welcher nach aussen schwarze Rinden- schicht abscheidet und zunächst noch von einem weisswolligen Mycelfilz überkleidet wird. Letzterer vertroeknet und in dem jetzt ganz gleich- förmigen Gewebe des Sclerotiums beginnt schon nach Kurzem die weitere Differenzirung. Sie geschieht, indem im Innern an bestimmten Stellen die verdickten und mit vergallerteter Membran versehenen Hyphen verzehrt werden auf Kosten neu entstandener dünner Seitenzweige, die concentrisch von allen Seiten nach einem Mittelpunkte zuwachsen. Letzterer erweitert sich in Form einer rundlichen oder länglichen Höhlung, während die dünnen Hyphen als Endproducte feine Basidien liefern, die von zarten, para- physenartigen Gebilden umgeben werden. In dem Selerotium entstehen so Kammern nahe der Oberfläche desselben und zwar entweder nur eine oder deren zwei bis drei vollständig getrennte, die sich aber nicht selten beim Vorschreiten der Reife vereinigen. Die Basidien gliedern genau die nämlichen stäbehenartigen Sporen ab, welche als Schleimtropfen aus den Gehäusen der Lupinenstengel entleert wurden und welche nach er- folgter Aussaat sofort keimfähig sind, um aufs Neue den geschilderten Entwickelungsgang einzuschlagen. Eine wirkliche Oeffnung ist an dem Fruchtkörper nicht vorhanden, es wird vielmehr nach allmählichem Auf- 140 Jahres - Bericht zehren des Selerotialgewebes durch Aufreissen der Rinde an besonderen verdünnten Stellen die Entleerung der Sporen bewerkstelligt. Die vorstehend beschriebene Pilzform besitzt in mancher Beziehung Aehnliehkeit mit den als Pyceniden bezeichneten Sporenbehältern, besonders mit der von Bauke beschriebenen mehrfächerigen Pyenide Diplodia in der Rinde von Cornus sanguinea. Dennoch ist ihre Entstehung und ihr Ent- wiekelungsgang ein vielfach abweichender, auch dürfte sie wegen ihrer einzelligen, farblosen, kleinen und stäbchenförmigen Sporen eher dem Begriff eines Spermogoniums als einer Pyenide entsprechen. Die Be- srenzung und Bestimmung dieser Organismen ist gegenwärtig noch sehr mangelhaft, doch weist die Entwickelungsgeschichte derselben, soweit man sie kennt, mit Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass nicht wenige der Pyeniden und Spermogonien eine besondere Gruppe von Pilzen darstellen und es ist daher zunächst wohl das Beste, ohne Aufstellung neuer Namen nur die Art des Aufbaus und des Wachsthums derselben zu eonstatiren, um dann später erst mit umfangreicherem Material die systematische Eintheilung vorzunehmen. Herr Limprieht sprach über einneues Lebermoos des Riesen- sebirges, Jungermannia Juratzkeana, welches er als den Typus einer be- sonderen Gattung (Pachymitrium) betrachtet. Der Secretair theilt mit, dass der Druck des zweiten Bandes der Kryptogamenflora von Schlesien, enthaltend die Bearbeitung der schle- sischen Algen von Dr. Kirchner, begonnen habe. Als Ort für die nächste Wanderversammlung wurde in dieser Sitzung Rosalienthal am Zobten von der Section festgestellt; doch musste die Versammlung wegen des traurigen Ereignisses am 2. Juni für dieses Jahr vertagt werden. In der achten Sitzung am 31. October hielt Herr Prof. Dr. Stenzel einen Vortrag über Pelorien von Linaria vulgaris in Schlesien. In dem nasskalten Sommer 1878 fand ich an sonnigen, steinigen Berglehnen des Rollberges über dem Wölfelsfall und des naheliegenden Spitzberges, welcher die Wallfahrtscapelle Maria-Schnee trägt, unter zahl- reichen Stücken von Linaria vulgaris eine nicht unerhebliche Zahl mit in verschiedenem Grade pelorischen Blüthen. Der Uebergang der regelmässigen Form in die pelorische findet in zwei entgegengesetzten Richtungen statt: entweder durch Schwinden des Sporns oder durch Vervielfältigung desselben. ') ') E. Köhne, Verhandl. des märk. botan. Ver. XIX. $. 123 f. will beide Ab- weichungen nicht als Hinneigung zur pelorischen Bildung gelten lassen. Ich ir der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 141 Im ‘ersten Falle zeigten die Blüthen sonst noch das gewöhnliche Aussehen. Die meist auffallend gedrungenen Blüthentrauben hatten stets viele regelmässig ausgebildete Blüthen; dazwischen andere mit etwas kürzerem, dabei diekerem und stumpf abgerundetem Sporn, der wieder bei anderen ganz kurz wurde, in seltenen Fällen ganz fehlte. Im letzten Falle sieht man in ausgezeichneter Weise die Zugehörigkeit des Sporns zu dem mittleren unteren Zipfel der Blumenkrone. Während nämlich die Unterlippe, so lange ein Sporn da ist, einen dreispaltigen Saum zeigt, den kleinen mittleren Abschnitt gerade über dem Sporn, so findet sich, wo dieser fehlt, statt des mittleren Zipfels ein Einschnitt, ja zu- weilen eine Ausbuchtung, und die Unterlippe ist nur zweispaltig. Die beiden langen Staubgefässe standen in diesen Blüthen dicht neben- einander, ihre Träger waren auch wohl ganz oder theilweise verwachsen. So glichen diese Blüthen den beiden von Buchenau, wohl bei Bremen, beobachteten und in den Abhandlungen des naturwissenschaftlichen Ver- eins zu Bremen Band V. $. 644 beschriebenen, deren Kelch, wie bei den von mir beobachteten, fünfgliederig war. Eine wirklich pelorische, sporn- lose Blüthe aufzufinden ist mir aber nicht gelungen. Die Oberlippe war zwar bei den spornlosen Blüthen bedeutend kürzer und etwas breiter als gewöhnlich, aber immerhin von der Unterlippe mit ihrem eigenthüm- lich gebildeten Gaumen noch sehr verschieden. Dagegen zeigten die Blüthen mit mehreren Spornen alle Ueber- gangsstufen in die aktinomorphe Form. Viel häufiger, als ein Schwinden des Sporns, zeigte sich, und zwar mitten unter regelmässig entwickelten Blüthen, eine oder die andere mit einem verbreiterten und an der Spitze ausgerandeten, mehr oder weniger tief eingeschnittenen, endlich bis über die Hälfte zweispaltigen Sporn, von dessen Einschnitt an eine obere und untere Furche die völlige Zweitheilung andeutete. Hand in Hand damit ging jedes Mal eine Vermehrung der Zipfel der Unterlippe, indem statt eines kleineren mittleren Zipfels zwei auftraten und der Gaumen über jedem derselben eine Furche zeigte, so dass er, statt wie gewöhn- lich zwei-, hier dreihökerig erschien. Ebenso hatten diese Blüthen in der Regel 5 Staubgefässe; das unfruchtbare unter dem Einschnitt in der wenig veränderten Oberlippe war auch hier verkümmert, dagegen zwischen den beiden vorderen längeren Staubgefüssen ein ebenso langes denke, mit dem Schwinden des nur an einer Seite der Blüthe stehenden Sporns fällt eine der bedeutendsten Abweichungen der Blüthe von der actinomorphen Form weg, selbst abgesehen von der, von mir an solchen Blüthen beobachteten Verkürzung der Oberlippe; und in der von Buchenau bei Antirrhinum majus beob- achteten Pelorie kann ich nur die weitere Ausbildung der mit dem Schwinden des Sporns beginnenden Umänderung erblicken. Von der Verdoppelung des Sporns aber führen bereits von Ratzeburg beschriebene Uebergangsstufen zur vollständigen mehrspornigeu Pelorie. 142 Jahres - Bericht eingeschaltet, welches somit vor der Lücke zwischen den zwei mittleren Lappen der Unterlippe stand. Wo die Zahl der Sporne sich weiter vermehrte, kamen die höchst sonderbaren pelorischen Blüthen zum Vorschein, wie sie namentlich von Ratzeburg, animadversiones indolem peloriarum spect., Berol. 1825, be- schrieben und Figur 31 (dreigliederige Pelorie) und Figur 45 (sechs- gliederige Pelorie) abgebildet worden sind. Von besonderem Interesse war es, dass sich im Einzelnen noch Anklänge an die gewöhnliche sym- metrische Form zeigten. So war bei einer, der Ratzeburg’schen Fig. 31 ganz ähnlichen, dreigliederigen Pelorie der eine der kleinen Kronzipfel aufgerichtet und seine Gaumenbildung bedeutend schwächer als an den beiden herabgebogenen Zipfeln. Auch waren nur 2 Staubgefässe da, von denen der eine einen doppelten Staubbeutel und einen breiten, offenbar durch Verwachsung zweier entstandenen Träger hatte. Bei einer der sechsgliederigen Pelorien, welche im Ganzen der von Ratzeburg in Fig. 45 dargestellten glichen, obwohl die Sporne meist viel kleiner und mehr gerade abstehend waren, waren die zwei oberen Sporne herabgebogen, auch der Kelch symmetrisch und der Fruchtknoten zweifächerig, so dass die Blüthe immerhin noch an die gewöhnliche Form erinnerte, während der Saum ganz regelmässig sechslappig war. Einen ganz eigenthümlichen Eindruck machte es überall, dass diese pelorischen Blüthen mitten unter sanz gewöhnlich gebildeten, oft allein in einer reichen Blüthentraube standen. Auch in Schlesien sind Pelorien von Linaria vulgaris schon ge- funden worden; Herr Geheimrath Göppert theilte mir mit, dass sich solche in seinem Herbarium befinden; aber bekannt geworden ist darüber erst sehr wenig. Mattuschka giebt in dem 1777 erschienen 2. Bande seiner Flora Silesiaca 8. 62 „‚‚da es möglich ist, dass sie mit der Zeit auch bei uns in Schlesien angetroffen werden könnte“ eine ausführliche Beschreibung derselben. Schon in der 1779 erschienenen Enumeratio stirpium in Silesia sp. er. heisst es 8. 159: „Linariae proles hybrida, quam Linnaeus Pelo- riam vocat, hine inde deprehenditur. In der Gegend von Gnadenfrey. Imo non infrequenter reperti sunt Linariae flores consueti et peloriformes in eadem stirpe.““ Krocker, Flora Silesiaca, T. II. (1790) ‚erwähnt $. 389 nur, dass Linn die Pelorie von Linaria entdeckt habe und fügt dann hinzu: „Recordor me etiam eam vidisse ante multos annos hie loci, minus vero botanices gnarus asservare eam et examinare neglexi.‘“ In ähnlicher Weise führen Wimmer et Grabowski, Flora $8i- lesiaca pars II., Vol. I. (1829) pag. 223 die Linn@’'sche Entdeckung an und fügen nur hinzu: ,‚Unica vice invenimus exemplar, cujus flos in- fimus calcare earebat, quum praeterea totus eompletus et regularis esset TE EA EU sr der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 143 neque ullum conceretionis aut multilationis (!) vestigium in eo reperiretur; reliqui flores ejus exemplaris omnino erant calcarati et normales.“ Ohne alle bestimmte Angabe über das Vorkommen in Schlesien heisst es in den folgenden Ausgaben der Wimmer’schen Flora, z. B. 2. Aufl. (1844) 8. 283: „Eine hin und wieder vorkommende Missbildung mit veränderten 2—7spornigen Kronen heisst Pelonia; man findet auch einzelne Blumen ohne Sporn.“ So auch fast wörtlich bei Kabath, Flora von Gleiwitz (1846) und Scholtz, Flora von Breslau (1843). Es ist daher nicht ohne Interesse, einen bestimmten Standort in Sehlesien zu kennen, an welchem die bemerkenswerthesten Bildungs- abweichungen der Blüthe des gemeinen Löwenmauls in ziemlicher Anzahl gefunden worden sind. | Die besprochenen pelorischen Bildungen wurden theils an getrock- neten Blüthen, theils an nach frischen Blüthen gemachten, dann stark vergrösserten Zeichnungen erläutert. Der Secretair theilt mit, dass er von Herrn Lehrer Zimmermann in Striegau aktinomorphe Seitenblüthen von Linaria genistaefolia besitze; die Pelorien der Scrophularinen scheinen ihm trotz der Einwendungen von v. Freyhold doch am natürlichsten als Rückbildungen zur Grundform der nahe verwandten Solaneen aufzufassen; der Sporn der Linarien ist als honigabsonderndes Organ analog dem Discus der Solanumblüthe; die zygomorphe Blüthe von Linaria würde sich demnach zu der von Atropa verhalten, wie in der Familie der Ranunculaceen Delphinium zu Ranunculus, während die pelorische Linaria mit Aquilegia ver- gleichbar sei. Hierauf legte der Secretair Proben von natürlichem Kork _ @Jungfernkork, Wildkork, männlicher Kork, liege mäle) der Korkeiche (Quercus suber L. und Q. occidentalis) vor, welche ihm die Herren Gutts- mann und Schäfer, Korkfabrik, Klosterstrasse hier, mitgetheilt hatten. Es ist dies die ursprüngliche Rindenborke, welche sich durch unebene, längs- und querrissige, oft mit Flechten bewachsene Oberfläche, wie durch ungleichartige anatomische Textur von dem bisher allein in den Handel gebrachten Wundkork (weiblicher Kork, liege femelle) leicht unter- scheidet; letzterer bildet sich erst nach Abreissen der primären Borke aus dem Phellogen; wegen seines gleichförmigen Gefüges und seiner hohen Elastieität eignet er sich allein zu Flaschenkorken und ähnlichen technischen Verwendungen. Der Jungfernkork wird seit einigen Jahren zu ‘gärtnerischen Ornamenten (Auskleidung von Gewächshauswänden, künstlichen Felsgruppen, Grotten, Ampeln u. s. w.) verwendet, wozu er sich wegen seines pittoresken Aussehens eignet. Hierauf legte der Secretair Professor Cohn ein Herbar der Um: gegend von Cordova, Argentinien, vor, welches ihm von dem 144 Jahres - Bericht Professor der Botanik an der Universität Cordova, Hieronymus, bei seinem jüngsten Aufenthalt in Deutschland gütigst mitgetheilt und das nunmehr dem pflanzenphysiologischen Institutsherbar einverleibt worden ist; charakteristisch ist der Gesammteindruck dieser Flora, welche in Grise- bach’s letztem Werke, den Symbolae ad Floram argentinam, Göttingen 1878, eine systematische Bearbeitung und in den Abhandlungen von Lorentz (Vegetations- Verhältnisse der argentinischen Republik Buenos Ayres 1370), sowie von Hieronymus eine anziehende pflanzengeographische Schilderung erhalten hat; sie vereinigt neben einer grossen Anzahl durch- aus fremdartiger, meist amerikanischer oder tropischamerikanischer Typen (z. B. Akazien, Prosopis, Mimosa, dornige Rhamneen und Celastrineen, baumförmige Syngenesisten, Bromeliaceen, Loranthaceen, drei Ephedra, einem riesigen Lycopodium (L. Saururus) u. s. w.) doch auch viele euro- päische Gattungen (Ranunculus, Anemone, Clematis, Berberis, Cruciferen, Umbelliferen, Labiaten, Sileneae, Geranium, Rumex, Polygonum u. s. w.) In der neunten Sitzung am 14. November demonstrirte Herr Professor Körber lebende Azolla filiculoides var. rubra, welche er soeben aus dem botanischen Garten in Hamburg erhalten; sie stammt, wie alle seit 1878 in den botanischen Gärten verbreiteten Exemplare, von Strassburg, wo sie de Bary aus einer von Berggren mitgetheilten Sendung gezüchtet hatte. Der Secretair Professor Cohn sprach über Streptocarpus. Schon im Jahre 1866 hatte ich der Seetion Mittheilung von einer Untersuchung über obige Gattung der Cyrtandreen gemacht (Jahresber. der Schles. Ges. p. 99), welche einen der befähigtsten Schüler unserer Universität, den Docenten der Botanik an der Züricher Hochschule, Dr. Wilhelm Kabsch, in seinen letzten Monaten beschäftigt hatte und deren Manuscript nebst 4 Blätter Zeichnungen nach dem frühzeitigen, am 19. Juni 1862 bei einem für pflanzengeographische Zwecke unternom- menen Ausfluge in die Appenzeller Alpen durch Herabsturz von den Felsen des Hohenkastens erfolgten Tod des Verfassers, mir von Herrn v. Berlepsch, dem Freunde des Verstorbenen, leider in unvollständigem und zum Druck nicht geeignetem Zustande, übergeben worden war. Die Resultate, zu denen Kabsch gelangt war, erschienen, obwohl sie mit den von Anderen, insbesondere von Hooker und Caspary ermittelten 'That- sachen in theilweiser Uebereinstimmung waren, doch so überraschend, dass ich es für Pflicht hielt, die Untersuchung bei gelegener Zeit wieder von Neuem aufzunehmen. Ich veranlasste deshalb Herrn Dr. Traugott Hielscher aus Danzig, die Biologie der Gattung Streptocarpus zum Gegen- stande einer neuen selbstständigen Untersuchung zu machen, welche der- ER EEE REINER” er y Lan her en ef a De .\2 Ben TZ E. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 145 selbe im Jahre 1578 im pflanzenphysiologischen Institute unserer Uni- versität vollendete und zu seiner Inaugural - Dissertation benutzte; ich habe diese Arbeit mit 3 Tafeln in das 1. Heft des III. Bandes der Bei- träge zur Biologie der Pflanzen aufgenommen. Die wesentlichsten Resultate der Hielscher’schen Arbeit, durch welche die von Kabsch zwar in mehreren Punkten berichtigt, in anderen erweitert, in der Hauptsache aber für die Wissenschaft sichergestellt worden ist, sind folgende: Der Embryo von Streptocarpus besteht aus einem hypokotylen Stengeleglied und zwei nahezu gleichen Cotyledonen, besitzt aber weder Wurzelanlage noch Endknospe. Nach der Keimung brechen am Grunde _ des hypokotylen Stengelgliedes in grosser Zahl endogene Adventivknospen hervor. Von den beiden Cotyledonen stirbt der eine nach kurzem Wachs- thum ab, der andere dagegen vergrössert sich ausserordentlich und wird zu einem Laubblatte von mehrjähriger Lebensdauer, dem einzigen, welches die Achse entwickelt. Am Stiele dieses Blattes, dessen Gewebe in theilungsfähigem Zustande verharren, entstehen zahlreiche endogene Aventivwurzeln, während die nach der Keimung am primären Stengelchen entwickelten Wurzeln zugleich mit dem ersteren absterben; der Blatt- stiel wird nach unten durch eine Korkschicht abgeschlossen. Im Grunde des Blattstieles sammelt sich Stärke an; das Blatt verhält sich nun wie ein Blattsteekling, indem es im zweiten Jahre auf der Oberseite des Blattstielgrundes in aeropetaler Folge eine serial geordnete Anzahl von Adventivsprossen hervorbringt, die sich bei Str. amplexifolius zu reich- verzweigten ceymosen Blüthenrispen, bei Sir. Rexii dagegen zu einfachen Blüthen entwickeln. Ebenfalls adventiv entsteht gleichzeitig oder meist etwas später auf dem Blattstiel eine Reihe von Laubsprossen. Diese Sprosse erheben sich als Meristemhügel über dem Periblem des Blatt- stiels, ihre Gefässbündel setzen sich später mit dem freien Rande der halbeylindrischen, nach oben offenen Gefässbündelrinne des Blattstieles in Verbindung. Demonstrirt wurde ein schönes blühendes Exemplar von Streptocarpus amplezifolius, aus Erfurt bezogen. Das Blatt hatte einen Durchmesser von 20 cm, der Blattstiel die Stärke eines Mannesdaumens; drei Blüthen- sprosse und ein Laubspross hatten sich auf ihm entwickelt; es über- winterte, indem es jedoch von der Spitze aus basipetal allmählich ab- starb, wobei sich die zum Absterben bestimmten Partien schon vorher durch transversale Peridermschichten von dem weiterlebenden Theile abgrenzten und der Laubspross offenbar auf Kosten des Mutterblattes sich kräftiger entwickelte. Hierauf hielt der Docent am Polytechnikum zu Dresden, Herr Her- mann Krone, einen Vortrag 10 146 Jahres - Bericht über die Flora der Auckland-Inseln, auf welchen derselbe als Theilnehmer an der zur Beobachtung des Venus- durchganges im Jahre 1577 vom deutschen Reich entsendeten Expedition längere Zeit verweilt hatte. Die vorzugsweise an Gefässkryptogamen, Moosen, Flechten und Algen reiche Flora wurde in ausgezeichnet schönen Herbarium-Exemplaren vorgelegt; gleichzeitig mit einer Sammlung Photo- graphien, welche der Vortragende von den landschaftlichen Verhältnissen der Inseln angefertigt hatte. Auch hatte der Vortragende eine Aus- stellung charakteristischer neuholländischer Pflanzen, insbesondere der ‚Baumfarne und Eucalypten, in Prachtexemplaren veranstaltet. Am Schluss des Vortrages sprach der Secretair -dem Redner den Dank der Section aus. In der zehnten Sitzung am 28. November hielt Herr Geheimrath Prof. Dr. Göppert einen von zahlreichen Demonstrationen begleiteten Vortrag über Arten und Varietäten der Gattung Citrus. Aus dem Vortrage ist Folgendes hervorzuheben: Bei einer Revision seiner auch in dieser Hinsicht sehr vollständigen Sammlungen, die er hier zugleich zur Anschauung brachte, fand der Vortragende mancherlei von allgemeinerem Interesse, worüber er früherer Aufforderung gemäss einiges mitzutheilen gedenkt, da man über diese Verhältnisse im Allgemeinen sehr wenig unterrichtet ist. Die Phantasie des Nord-Europäers, so bemerkte der Vortragende, malt sich den Süden als ein in üppigster Fruchtbarkeit strotzendes Wunderland; es schweben ihm vor Allem die goldenen Aepfel der Hesperiden vor, welche er unter seinem Nebelhimmel nur durch den Handel erhält. Wie wird er aber enttäuscht, wenn er schon lange die Grenzen der Mediterran-Zone überschritten hat, aber keine Citronenbäume, geschweige denn Waldungen davon erblickt. Wirkliche Orangenwälder kommen erst im tiefsten Süden Italiens vor. Nicht minder irrig ist die Vorstellung, dass die Citronen- und Pomeranzenbäume von jeher dort eultivirt oder gar dort einheimisch wären. Wie fast alle Gewächse, welche Italien einen so unvergleichlichen Reiz verleihen, sind auch jene dem Lande nicht eigen, aber eine mehr als zweitausendjährige Pflege hat sie den ächten Bürgern der Flora würdig zur Seite gestellt und eine totale Umwandlung des gesammten Vegetations-Charakters herbeigeführt. Citrone und Pomeranze stammen aus Nord-Indien, die Apfelsine aus Süd-China, die Aprikose aus Syrien, die Rose aus dem Oriente, Pfirsich aus Persien. Mittel-Asien hat wohl den Lorbeer, die Granate, Myrte, den Oelbaum und den Johannisbrotbaum, Nordafrika die Dattelpalme und Amerika in späterer Zeit die Agave und den Cactus geliefert. Eine ganz der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 147 ähnliche Umgestaltung erfahren die italienischen Parks und Gärten in unseren Tagen durch Einführungen der chinesischen und japanischen Gewächse, der nordamerikanischen Nadelhölzer und die be- liebt gewordene Cultur von neuholländischen, so schnell wach- senden Eucalyptusarten, die den Südländern ihre verwüsteten Wälder ersetzen werden. Aus der reichhaltigen Orangensammlung im hiesigen botanischen Garten-Museum hatte der Vortragende eine stattliche Zahl in Spiritus aufbewahrter Früchte ausgestellt und besprach nun unter Hinweis auf dieselben eingehend die bekannten Arten und Varietäten. Als älteste Einführung ist jedenfalls der echte Citrus medica Risso zu be- trachten, Cedro der Italiener, Cedratier der Franzosen. Die Frucht des- selben wurde zuerst ums Jahr 300 v. Chr. von Theophrast als „Poma media‘ beschrieben, Virgil spricht davon in seinen Georgieis und Plinius führte für ihn zuerst den Namen „Citrus‘ ein, worunter man aber ander- wärtig schon einen Nadelholzbaum begriff. Allgemeine Verbreitung er- lanste der Cedratier erst im 3. und 4. Jahrhundert am ganzen Litorale des mittelländischen Meeres, auf Corsika und Sardinien und im südlichen Frankreich. In Italien geht die Frucht vorzugsweise unter dem Namen „Cedro‘“ und findet zum Einmachen des sogenannten Citronats vielfach Verwendung. Charakteristisch für sie ist die oft bedeutende, unsere so- genannten Citronen weit übertreffende Grösse, runzliche, sehr dicke Schale, geringeren Gehalt an Säure und Aroma. Bei uns ist sie wohl wenig bekannt, denn was wir mit dem Namen „Citrone‘‘ belegen, ist eine ganz andere selbständige Art, welche im Süden und auch in Oesterreich unter dem Namen Limone geht. Citrus Limonium Risso soll am Ganges wild wachsen und erst spät durch die siegreichen Kalifen der Araber in ihr grosses Reich durch Asien, Afrika, Europa bis zu den Pyrenäen ver- breitet worden sein (arab. Limün). Er findet sich auch schon ums Jahr 1214 in Palästina, wie aus den Nachrichten des Bischofs Jacques de Vitry hervorgeht und ist von da erst durch die Kreuzzüge nach Italien gelangt. Nahe verwandt ist die Limette, deren Frucht, eiförmig oder rundlich, . blassgelb ist, einen zitzenförmigen Gipfel besitzt und süsslich-säuerlich schmeckt, auch der sog. Adamsapfel (pomo d’Adamo, pomo de paradiso) wird hierher gehören. Noch weniger als sich die Limetten von den Limonen unterscheiden, sind die Lumia genannten Früchte von ihnen ver- schieden. Als ein Bastard von Pomeranze und Limonie werden die Bergamoötten betrachtet. Citrus medica L., die Bergamotte, deren Frucht nieder- gedrückt oder birnförmig, an der Spitze genabelt, dünnschalig und inner- lich goldgelb, von bitterlichem Geschmack und eigenthümlichem höchst angenehmem Geruch ist; zur Gewinnung des bekannten Oels werden sie auf Sieilien oder in Süd-Calabrien eultivirt. 10* 148 Jahres - Bericht Die Pomeranze (Citrus Bigaradia amara Risso) wurde im 10ten Jahrhundert durch die Araber aus Indien nach all den Ländern gebracht, welche ihrer Herrschaft unterthänig waren. In Sevilla wurde sie gegen Ende des 12. Jahrhunderts ceultivirt, um das Jahr 1150 kam sie nach Sieilien und 1336 war sie in der Dauphine und in Nizza bereits Handels- gegenstand. Die grosse Menge verschiedenartiger Namen, welche die Frucht führt, lässt schon auf ihre weite Verbreitung schliessen und viel- leicht gäbe diese Nomenelatur auch einen Anhalt zur Auffindung ihres Vaterlandes. Die Apfelsine (Citrus Aurantium dulce L.), in früherer Zeit Sinapfel (Sina-Apfel) genannt, kam am spätesten nach Europa... Wild wachsend wurde sie in den südlichen Provinzen Chinas und den Inseln des stillen Oceans angegeben. Portugiesen wollen sie um die Mitte des 16. Jahr- hunderts zuerst nach Europa gebracht haben, daher auch der Name Portogello Aurantium Olissopense, und 1555 gelangte sie nach kom in die Gärten der Päpste aus dem Hause der Barbarini. Die Cultur der Apfelsinen wird gegenwärtig im ganzen Süden auf die grossartigste Weise betrieben. Die Früchte aus Sieilien kommen über Triest zu uns, die von Sardinien gehen nach Frankreich, während die aus Spanien und Portugal besonders den Norden Europas versorgen. Die kleinere unter dem Namen Mandarina bekannte Novität ist erst in diesem Jahrhundert in Europa von Sicilien aus verbreitet worden. Die vierte Art ist Citrus decumana L., die Pompelmus, deren Früchte über menschenkopfgross und 5—6 Kilo schwer werden. Die Schale ist oft so diek, dass das Innere völlig redueirt wird und liefert neben dem ächten Cedratier auch das Citronat des Handels. In Ost- indien, Griechenland und den Inseln wird sie viel eultivirt, doch kommen die schönsten Früchte aus Klein-Asien. Zum Schluss demonstrirte Geh. Med.-Rath Professor Dr. Göppert eine höchst bemerkenswerthe Orange aus Florenz, die sog. Bizarria. Diese seltene Frucht besteht aus alternirenden Längsschichten von Limone und Apfelsine, welche sieh nicht nur dem äusseren Ansehen nach, sondern auch durch Geruch und Geschmack von einander unterscheiden und erkennen lassen; sie ist als Bastard dieser beiden Arten zu betrachten. Der Vortrag wurde durch Vorlage der wichtigsten und interessantesten Photographien von Citrusarten sowie durch zahlreiche Demonstrationen er- läutert; unter anderem zeigte der Vortragende bunte Photographien ihrer Früchte, sowie Abbildungen von früher beobachteten Fällen und erinnerte daran, dass sich auch vielleicht in Schlesien, welches an alten Örangerien so reich ist, ein Baum mit solehen Früchten befinden könnte; jede hierauf bezügliche Mittheilung würde ihm erwünscht sein. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 149 In der elften Sitzung am 12. December legte Herr Geheimrath Göppert vor: 1) eine Anzahl Photographien aus den Alpenanlagen des botanischen Gartens zu Innsbruck, die ihm von dem k.k. Garten-Inspeetor Herrn Berthold Stein mitgetheilt waren; ' 2) Photographien, Ansichten aus der vom 13. bis 22. September 1878 im Schiesswerder zu Breslau veranstalteten Schlesischen Gartenbau-, Forst- und landwirthschaftlichen Ausstellung, sowie aus dem Breslauer botanischen Garten; 3) zwei Photographien von Rheum palmatum, der Stammpflanze des chinesischen Rhabarbers, blühende Exemplare aus dem Bres- lauer botanischen Garten; 4) Dr. Ahlburg, Catalogue of the plants under eultivation in Koisch- kawa Botanical Garden. Tokio (Jeddo) 1877 (leider ist der hoff- nungsvolle Verfasser im J. 1878 in Japan gestorben); 5) Richard Schomburgk, Catalogue of the plants under eultivation in the Governments-Botanical Garden. Adelaide, South-Australia 1578. Der Secretair demonstrirte eine Kartoffelpflanze, die ihm von Dr. Thalheim in Poln.-Wartenberg übergeben war, wo sich in den Achseln sämmtlieher Laubblätter mehr oder minder vollständig ausge- bildete Knollen (Bulbillen) entwickelt hatten. Herr Dr. Conwentz sprach über eine Antholyse von Delphinium. Gelegentlich eines Besuches des botanischen Gartens in Dresden im October d. J. erhielt ich von dem Inspector desselben einige in der Auf- lösung begriffene getrocknete Delphiniumblüthen zur Uebermittelung an Herrn Professor F. Cohn. Dieser war so gütig, mir die Exemplare zur Untersuchung zu überlassen, deren Resultat ich hier kurz mittheile. In allen Blüthenkreisen sind die Glieder vollzählig vorhanden. Die fünf Sepala, welche sonst klein und mehr oder weniger blumenblattartig ge- färbt erscheinen, haben an Grösse bedeutend zugenommen und eine laub- blattähnliche Consistenz erlangt. Ihre Form ist oval zugespitzt und ver- Jüngt sich am unteren Ende stielartig; die Länge beträgt 12—13 mm, die Breite 8—9 mm; feine Haare bedecken zerstreut ihre Oberfläche. Die vier Petala sind normal ausgebildet: in der charakteristischen Weise ist auf langem Nagel die kleine Lamina knieförmig umgebogen. Die Staubgefässe zeigen ebensowenig eine Abänderung, dagegen ist das Gy- näceum völlig aufgelöst: die Carpelle haben sich in der Bauchnaht ge- öffnet und zu einem oval zugespitzten Blatte (7”—9 mm lang) entfaltet. Die randständigen sonst anatropen Ovula sind rechtwinkelig umgebogen, 150 Jahres - Bericht zu kleinen Blättchen umgewandelt und mit der Lamina schon mehr oder weniger innig verwachsen. Während dieser Metamorphose, die an den Carpellen acropetal fortschreitet, haben dieselben basal einen etwa 25 mm langen Stiel gebildet und durchweg eine laubblattartige Consistenz an- genommen. Diese Antholysen des Rittersporn, besonders seine Oolysen sind denen der Himbeere ganz ähnlich, welche ich im vorigen Jahre beschrieben habe (Ber. der bot. Section 1577 p. 35 und Nova Acta d. Kais. Leop.- Carol.-Deutschen Akademie der Naturf. Bd. XL. N. 3. Dresden 1878); nur war bei letzterer die Umwandelung viel weiter vorgeschritten und mannigfaltiger. Uebrigens hat u. a. schon A. Braun ähnliche Ver- srünungen und Verlaubungen an Delphiniumblüthen beschrieben (cf. Ueber Polyembryonie und Keimung von Coelebogyne. Abh. d. kgl. Akademie der Wissensch. Berlin 1859 p. 109). Hierauf sprach derselbe über eine anomale Wachsthums-Erscheinung an fossilen Hölzern. Wenn in einem Walde Bäume gefällt werden oder durch die Macht des Windes umbrechen, so siedeln sich auf der Oberfläche des stehen- sebliebenen Stumpfes bald junge Keimpflanzen derselben oder verwandter Artan. Sie treiben ihre Wurzeln senkrecht in das Holz, welches durch die Einwirkung der Atmosphärilien und Pilze für die Eindringlinge empfänglich wird. Ganz besonders kann man diese Erscheinungen in älteren Fichten- wäldern wahrnehmen, worauf Göppert zuerst vor zwanzig Jahren auf- merksam gemacht hat. (Skizzen zur Kenntniss der Urwälder Schlesiens und Böhmens. Nova Acta. Vol. XXXIV. Dresden 1868.) Aehnliche Verhältnisse fanden bereits in den Coniferenwaldungen der Vorwelt, wenigstens zur Tertiärzeit, statt und mir sind bislang von drei verschie- denen Localitäten versteinte Hölzer bekannt geworden, die von dünneren oder diekeren, gleichfalls fossilisirten Wurzeln durchwachsen waren. Erstens tritt diese Erscheinung an den Exemplaren vom Felsberg in Niederhessen auf, zweitens an den aus dem Siebengebirge bei Bonn und schliesslich an den aus dem Diluvium bei Karlsdorf in Schlesien. Letztere wurden von dem Vortragenden eingehend untersucht und haben das interessante Resultat ergeben, dass die grosse Mehrzahl der eingedrun- genen Wurzeln einer ganz ähnlichen oder gar derselben Pflanzenspecies angehört haben, als das Holz selbst, nämlich einem cypressenartigen Baume. Ausserdem kommen noch Birkenwurzeln u. a. vor. Ueber die näheren Umstände dieses anomalen Wachsthums wird an anderer Stelle berichtet werden, (,Die fossilen Hölzer von Karlsdorf am Zobten. Kin Beitrag zur Kenntniss der im norddeutschen Diluvium vorkommenden Geschiebehölzer.‘) der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 151 An diesen Vortrag knüpfte sich eine längere Debatte, an welcher sich insbesondere die Herren Göppert und Cohn betheiligten; letzterer bemerkte, dass er im Jahre 1863 eine kurze Mittheilung über diese Kiesel- hölzer, welche ihm von Prof. Sadebeck sen. mitgetheilt waren, gemacht habe (Jahresber. d. Schles. Ges. p. 57); damals hatte er die Art der Ver- kieselung so aufgefasst, wie dies Crüger bei der Rinde von Moquilea (Cauto) beobachtet und beschrieben: dass nämlich sich in der Holzzelle zuerst eine für Wasser permeable Kiesellamelle auf die Innenflächen der Zellhaut abgelagert, welche gewissermassen einen Hohlguss darstellte, wo die Tüpfelkanäle als vorspringende Zapfen erscheinen; die Verdiekungs- schiehten seien nun beim Fortschreiten der Verkieselung allmählich, und zwar von innen nach aussen, fortschreitend durch Kieselsäure verdrängt worden; so lange die Intercellularsubstanz nicht auch verkieselte, seien die einzelnen Zellen getrennt geblieben, gleich den durch Maceration iso- lirten Zellen; erst wenn auch die Intercellularsubstanz durch Kieselsäure ersetzt worden, seien zusammenhängende Kieselhölzer entstanden. Die Höhlen der Zellen seien anfänglich meist leer, resp. von Luft oder Wasser erfüllt und erst später theilweis durch Kieselsäure ausgefüllt worden, welche selten homogen, meist in einem Netzwerk von Kieselsubstanz oder in eoncentrisch geschichteten Bläschen, die Thyllen ähnlich sind, sich ausgeschieden habe. Photographien der Karlsdorfer Kieselhölzer, welche Professor Pinzger in Reichenbach der Naturforscher-Versammlung zu Breslau vorgelegt, seien ihm von demselben freundlichst mitgetheilt worden. Der Secretair theilte mit, dass die erste Hälfte des zweiten Bandes der Kryptogamenflora von Schlesien, die Bearbeitung der Algen von Dr. Oscar Kirehner in Hohenheim enthaltend, im Herbst ausgegeben worden, und die zweite Hälfte, die Bearbeitung der schle- sischen Lichenen von Garten-Inspector Berthold Stein in Innsbruck, in Druck gegeben sei, deren Vollendung bis Mai 1879 geschehen ist; alsdann werde unmittelbar mit dem dritten Bande, Pilze von Dr. Schröter in Rastatt, vorgegangen werden, für den die Vorarbeiten schon so weit gediehen sind, dass der Druck, einmal begonnen, nicht mehr ins Stocken kommen werde. Schliesslich verlas der Seeretair eine von Herrn Oberstabsarzt Dr. Schröter aus Rastatt eingesendete Mittheilung über Puccinia Malvacearum Mont. Puceinia Malvacearum Mont., deren Wanderung durch Europa be- kanntlich seit dem Jahre 1873 allgemeines Interesse erregt hat, und die nach ihrer allgemeineren Verbreitung in Frankreich und einem 'Theil von England schon im Herbst 1873 an der Westgrenze von Deutschland, 153 Jahres - Bericht sogar am rechten Rheinufer bei Rastatt auftrat, hat sich seitdem, wie zu erwarten war, über den grössten Theil von Deutschland verbreitet. Im Jahre 1877 war sie nach den Mittheilungen des Herrn Dr. P. Magnus in Berlin und Erfurt beobachtet worden, aber in Schlesien war sie in dem genannten Jahre noch nicht aufgetreten. Ich hatte wieder- holt die Herren, mit denen ich in mykologischem Verkehr stehe, gebeten, auf sie zu achten, aber immer die Antwort erhalten, dass sie noch nicht angetroffen worden sei. Bei einem mehrwöchentlichen Aufenthalte in Schlesien während Ende. Juli und Anfang August dieses Jahres hatte ich ebenfalls meine Auf- merksamkeit auf das Auffinden des Pilzes gerichtet. Ich glaubte anfangs, ich würde auch ein rein negatives Ergebniss haben, denn ich fand ihn in den ersten Wocher nicht auf, in Breslau weder im botanischen Garten noch in den städtischen Promenaden und Anlagen, wo Althaea rosea häufig in den Anlagen gepflanzt ist, und ebensowenig in der Grafschaft Glatz, die ich in der Zeit in vielen Richtungen durchstreifte und wo ich jedesmal die wildwachsenden und angebauten Malven auf den Pilz hin untersuchte. Anfang August machte ich einen Ausflug in das Riesengebirge und hier traf ich an mehreren Orten des Hirschberger Thales den Pilz schon recht verbreitet. In Hirschberg selbst fand ich ihn in geringer Menge an Althaea rosea in den Anpflanzungen am Bahnhofe und in der städti schen Promenade. Auf dem Wege nach Warmbrunn war er in den Gärten vor den Häuschen auf Althaea rosea sehr reichlich anzutreffen, einigemal fand ich ihn hier auch an Althaea offieinalis. In Warmbrunn selbst waren besonders in dem Gräfl. Schaffgottsch’en Garten die Pappel- rosen bis zur Spitze der Stöcke hinauf an Blättern und Kelchen mit dem Pilze besetzt. — In Buchwald bei Schmiedeberg traf ich ihn ebenfalls auf Althaea rosea in einigen Gärten, in der Nähe des Hofes auch auf Malva neglecta. Sodann fand ich ihn in Ober-Schmiedeberg ebenfalls an Althaea rosea und Althaea officinalis. Meine Wanderung führte mich über das Gebirge nach Flinsberg, von da nach Greiffenberg. In Flinsberg selbst und den auf der Landstrasse nach Greiffenberg zunächst gelegenen Dörfern war nichts von dem Pilze zu bemerken, in Friedeberg jedoch fand er sich schon sehr reichlich vor und zwar in den Gärten auf Althaea rosea und Althaea officinalis, an den Wegen auf Malva silvestris. In Greiffenberg traf ich die Puceinia sehr reichlich an der Brücke über den Queis und auf dem Wege nach dem Bahnhofe auf Malva silvestris. Bei meiner Rückkehr nach Rastatt in Baden erhielt ich von Herrn J. Kunze in Eisleben die Mittheilung, dass er bei einer diesjährigen An- wesenheit in Schlesien die Puceinia in Friedersdorf zwischen Marklissa und Greiffenberg auf Malva silvestris angetroffen habe. f Ar der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 153 Endlich übersandte mir vor Kurzem Herr Gerhardt in Liegnitz den Pilz auf Malva silvestris, mit der Bemerkung, dass er ihn auf dieser Nährpflanze im Herbst dieses Jahres in der Umgegend der Stadt an mehreren Punkten gesammelt habe. Es geht aus diesen Mittheilungen hervor, dass sich die Puccinia Malvacearum im Sommer 1878 schon in Schlesien verbreitet und, da sie nicht nur die angebauten, sondern auch die wildwachsenden Malvaceen ergriffen, sich in einem Theile der Provinz eingebürgert hat. Dieser Theil ist die nordwestlichste Ecke derselben, und die Gegend schliesst sich dem Verbreitungsbezirke an, den der Pilz bisher eingenommen hatte. Bis zum August 1878 war die Puceinie nach Osten noch nicht bis Breslau und der Oder, im Süden noch nicht nach Glatz vorgedrungen, es bleibt daher noch Aufgabe schlesischer Beobachter, die Verbreitung des Pilzes in der Provinz und ihren Uebergang nach der Provinz Posen und nach Russland näher festzustellen. | Exemplare schlesischer Puceinia Malvacearum wurden dem Gesell- schaftsherbar einverleibt. 154 Jahres - Bericht Resultate der Durchforschung der schlesischen Phanerogamenflora im Jahre 1873 zusammengestellt von R. von Vechtritz. A. Für das Gebiet neue Pflanzen. + Delphinium orientale Gay. Um Breslau vereinzelt an wüsten Stellen unweit des Dammes der alten Oder bei der Ziegelei vor der Hundsfelder Brücke. Nasturtium austriacum >< silvestre Neilr. Ein ansehnlicher Stock unter den Eltern an einem Wegrande am linken Ufer der alten Oder um Scheitnig bei Breslau. — Unsere Pflanze, welche unter den zwischen N. austriacum und N. silvestre beobachteten Mittelformen noch am meisten dem N. armoracioides Tausch entspricht, stellt sich auch > habituell als ein sehr klares Verbindungsglied der Eltern dar. Stengel am Grunde fast holzig, innen hohl. Blätter ungetheilt, grob und unregel- mässig buchtig-doppelt-gezähnt, seltener klein gekerbt-gezähnt, bisweilen, ° wenigstens am Grunde, tief eingeschnitten-gezähnt bis fiederspaltig; die’ mittleren und oberen meist wie bei N. silvestre sitzend, ohne oder doch nur ‘mit undeutlichen und sehr kurzen Oehrehen, manchmal jedoch — auch ziemlich tief herz- und alsdann mitunter am nämlichen Stengel förmig geöhrt. Blattunterseite kahl. Schötchen klein, ungefähr von der Grösse derer des N. austriacum, aber minder deutlich kugelig, meist rundlich-elliptisch. Griffel von der Länge des Schötchens bis um die Hälfte kürzer. In den Blumen und in der Verzweigung dem N. silvestre näher, aber schon zur Blüthezeit durch die am Grunde stärker verholzen- den Stengel und durch die derberen minder zertheilten Blätter an N austriacum erinnernd, dem die Pflanze in der Fruchtbildung mehr gleicht. + Erysimum crepidifolium Rchb. Breslau: zwischen dem 200- logischen Garten und dem Scheitniger Park von Lehrer Ziesch& mehrere Jahre hindurch beobachtet. — Eine westlichere, aber schon in Böhmen, seltener im Königreich Sachsen wirklich einheimische Art. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 155 + Brassica nigra Koch. In Breslau an den Böschungen der Uferstrasse von Knebel 1877 gefunden; ich selbst fand 1878 ein ver- einzeltes sehr grosses Exemplar auf wüsten Stellen der Aufschüttungen südlich vom Weidendamm. + Sinapis alba L. var. glabrata Döll. Um Breslau an einem Damme zwischen der Ohlauer Chaussee und der Eisenbahn vor Roth- kretscham ohne die Grundform. Die hier gesammelten Exemplare zeigen nicht allein kahle Schoten, sondern auch an allen übrigen Theilen eine weit schwächere Bekleidung und sind theilweise überhaupt völlig kahl, während Döll bei der in Baden beobachteten Pflanze nur die Schoten als kahl bezeichnet. + Hirschfeldia adpressa Mönch (Sinapis incana L.). Mit Luzerne eingeführt, 1878 um Breslau beim Wasserhebewerke vor Marienau von mir und von Kabath an Dämmen der alten Oder vor Rosenthal beob- achtet, an beiden Orten mit Centaurea solstiials. + Silene gallica L. var. 8. quinquevulnera L. Goldberg: am Röchlitzer Thierbusche (Lehrer Fiebig, mitgeth. von L. Becker). + Rosa turbinata Ait. Neuhammer bei Modlau (L. Becker). Rosa alpina > glauca (R. alpina > Reuteri Christ) (R. salue- vensis auct. partim). Aın Hofeberge bei Langwaltersdorf im Walden- burger Gebirge von Strähler entdeckt und als R. salaevensis forma sudelica mitgetheilt. Durch die kurzen von den meist blatitragenden Bracteen verdeckten Blüthenstiele, durch Zahl, Form, Consistenz und Färbung der Blättehen der R. glauca Vill. (R. Reuteri God.) und zwar wegen der vorherrschend doppelten Zahnung der var. complicala Christ nahe kommend, aber durch die Farbe der Rinde, die, wenn überhaupt vorhanden, meist (nicht immer!) gerade und feinere Bestachlung der blühenden Zweige, endlich durch die Gestalt und die geringe Theilung der Kelchzipfel (dieselben sind oft gänzlich ungetheilt) unverkennbar an R. alpina erinnernd. — Blattstiele gewöhnlich dünn fläumlig, mit ziem- lich zahlreichen Drüsen, unbewehrt oder mit zerstreuten geraden bis etwas gekrümmten Stachelchen; auch der Mittelnerv der Unterseite der Blätt- chen gewöhnlich mehr oder weniger drüsentragend. Blüthen zu 1—3, ihre Stiele kahl oder stieldrüsig, Petalen sehr gross, lebhaft gefärbt, merklich länger als die auf dem Rücken drüsenlosen Kelchzipfel. Griffel- köpfehen dicht weisswollig. Entwickelte Früchte sah ich nicht; die Jugendlichen erinnern getrocknet im Ganzen weit mehr an die von R. glauca, als an die der anderen Stammart, doch sind sie wenigstens zum Theil etwas übergeneigt. + Carduus hamulosus Ehrh. An wüsten Stellen unfern des Dammes der alten Oder vor der Hundsfelder Brücke bei Breslau mit Nasturtium austriacum. Obwohl dort ziemlich zahlreich, doch jedenfalls nur eingeschleppt, vermuthlich durch ungarisches Getreide, wofür auch 156 Jahres- Bericht der Umstand sprechen würde, dass in der unmittelbaren Nähe des Stand- ortes auch Delphinium orienlale Gay beobachtet wurde. + Galinsoga brachystephana Regel. Scheitnig bei Breslau mit G. parviflora. (Knebel.) + Anthemis tinctoria L. var. A. discoidea (All.) W. Sand- vorstadt in Breslau auf einem Felde. (Kabath.) PS Crepis rhoeadifolia M. B. Auf öden Kalkfeldern um die Kalk- öfen von Gogolin. (Fick.) Höchst wahrscheinlich gehört hierher auch die in der Nähe der SO.-Grenze des Gebiets bei Neutitschein vor- kommende von Sapetza als C. foetida angegebene Pflanze, da im ganzen übrigen Mähren wie in Böhmen und Nieder-Oesterreich und wohl auch in den benachbarten Gegenden Ungarns nur C. rhoeadifolia vorkommt. Hieracium Pilosella L. var. intricatum J. Lange. (!) Eine kleinköpfige Form mit verlängerten, stark verstrickt-verzweigten, oft zur Blüthe gelangenden Läufern; auch die Zweige der letzteren bis- weilen köpfehentragend. — Rohrbusch bei Grünberg. (Hellwig.) + Limaria striata D.C. Auf einer alten Mauer bei Altwasser. (F. W. Scholz.) Veronica austriaca L. (V. dentata Schmidt). Auf den Wald- hügeln rechts vor Kottwitz bei Breslau sparsam unweit des Standortes der Scorzonera purpurea am 22. Mai 1878 von Sintenis in meinem Beisein gefunden. Durch diese Entdeckung‘) wird eine auffällige Lücke in der Gesammtverbreitung dieser Art ausgefüllt, die sich zunächst einerseits. angeblich in Thüringen, dann sicher in Böhmen (Gegend von Prag), im südlichen Mähren und im Trenesiner Comitate, andererseits in Galizien (schon bei Krakau), Polen, bei Thorn und im nördlichen Theile der Provinz Posen, nach mündlichen Mittheilungen des sel. Ritschl noch in der Umgebung von Posen selbst, vorfindet. — Bei der Mehrzahl unserer Exemplare sind die mit verschmälertem Grunde sitzenden, mehr oder | weniger deutlich kurzgestielten bei 3—5 (seltener bis 8) mm Breite 25—47 mm langen Blätter der blühenden Stengel schmal lineal-lanzett- lich oder lineal, selten länglich-lanzettlich, entfernt gekerbt-gesägt, oft nur mit wenigen oder vereinzelten Kerbzähnen oder selbst vollkommen sanzrandig; Individuen mit so tief eingeschnitten-gezähnten Blättern, wie sie anderwärts vorkommen, wurden hier nicht bemerkt. Diese typische Form der V. austriaca, welche häufig nicht nur relativ, sondern auch absolut längere Blätter besitzt als V. Teuerium, wurde und wird ge- wöhnlich noch von den meisten Schriftstellern, selbst von Neilreich, für eigene Art gehalten; neuerdings wurde sie indessen nach Wallroth’s Vor- gange von Celakovsky im Prodr. der Flora von Böhmen mit V. Teu- ') Eine ältere Angabe v. Mükusch’s aus der Gegend von Troppau hat sich später nicht bestätigt “ ze der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. E37 erium L. vereinigt, vielleicht mit Recht, denn an dem Breslauer Stand- orte wurden von uns, obschon ganz vereinzelt, Exemplare beobachtet, welche einen Uebergang 'darzustellen scheinen; wenigstens hält es un- gemein schwer, eine feste Grenze zwischen diesen und der dort ebenfalls bemerkten, auch am Kupferberge bei Dankwitz vorkommenden V. Teu- erium b. minor Schrad. (V.T. var. heterophylla Rochel Banat. Fig. 43!) _ zu finden. | (+?) Mentha rotundifolia L. Liegnitz: Nördlich vom Bahnhofe Vorderheide gegen Lüben in der Nähe eines Grabens in zwei kleinen Trupps. (Gerhardt.) — Ob die mehr dem Westen angehörige Pflanze an dieser Stelle wirklich als einheimisch zu betrachten sei, bleibt noch dahingestellt, nach der Auffindung zweier anscheinend spontanen Fundorte im Sternberger Kreise der östlichen Mark durch Golenz wäre die Spon- tanität denkbar; auch bei Warschau nach Rostafinski’s Fl. Polon. Prodr. vorkommend. Die ältere Angabe Albertini’s, „um Reichenbach bei Gütt- mannsdorf, um Siebenhuben“ (cfr. W. et Grub. Fl. Siles. II. p. 400), bezog sich jedenfalls nur auf zufällig verwilderte Exemplare. - Euphorbia falcataL. Oppeln: In Menge auf kalkhaltigen Stoppel- feldern am Wege nach Kempa im Herbste 1577 von Schöbel entdeckt. — Zunächst dem Gebiete in Böhmen, Mähren und im Comitat Trenesin nicht selten, dann auch im südlicheren Theile des Königreichs Polen, daher das Vorkommen in Oberschlesien nicht ganz unerwartet. E. virgata W. et Kit. Wegränder bei Lichtenwerde unweit Freudenthal in Oesterr.-Schlesien. (Ziesche.) Verbreitet in den drei süd- lichen Nachbarprovinzen; schon bei Hohenelbe im böhmischen Riesen- gebirge von J. Kablik gefunden, obwohl dort wohl nur verschleppt. Epipactis mierophylla Sw. In tiefem Schatten des Buchenwaldes bei Gr.-Stein unweit Gogolin bei der sogenannten Wolfschlucht gegen Görasdze mit Cephalanthera pallens und C. rubra am 20. Juni 1878 von Erzpriester Jakisch in Krappitz entdeckt. -— In den Nachbardistrieten nur in Mähren, im Comitat Trenesin und angeblich nach Herbich am Fusse der westgalizischen Karpathen (ohne nähere Angabe des Stand- ortes), dann erst wieder in Thüringen und bei Melssow in der Ucker- mark, hier ein ebenso isolirtes Vorkommen, wie das in Schlesien. Colehicum autumnale L. forma vernalis (C. vernale Hoffm.). In grosser Anzahl auf feuchten Wiesen am Fusse der Lissa-Hora mit Pri- mula elatior, Ostern 1878 (mitgetheilt von M. Wetschky). Carex pediformis C. A. Meyer. Nimptsch: Zahlreich in einer waldigen Felsschlucht unter der Tartarenschanze bei Priestram auf Gneiss. (Fiek,) Daselbst vom Finder schon 1871 bei Gelegenheit der Entdeckung der €, Michelii Host aufgenommen, aber erst neuerdings mit Sicherheit erkannt und 1878 wiedergesammelt. Eine nordeuropäisch - asiatische, in Mittel-Europa höchst seltene Art; ist hier bisher nur bei Castell Andra» 158 Jahres - Bericht im südöstlichen Tyrol, am Rollberge bei Nimes in Nord-Böhmen, am Drevenyk in der südlichen Zips und in Siebenbürgen beobachtet und somit als eine der schätzbarsten heurigen Erwerbungen für unser Floren- gebiet zu begrüssen. Hierochloa odorata Whbg. var. effusa m. Rispe stark ent- wickelt (fast 3 dem lang) flattrig, an der Spitze übergeneigt, ihre Ver- zweigungen haarfein, von einander sehr entfernt, die unteren bis über 1 dem lang, ebenfalls überhängend, Aehrchen einzeln oder zu zweien. Ein Exemplar dieser einen fremdartigen Habitus zeigenden, wie es scheint, noch unbeschriebenen Form, unter der gewöhnlichen am Wege von Gr.-Tschansch nach Althof-Nass bei Breslau, ein diesem ganz ähnliches, doch mit minder bedeutend verlängerten und daher mehr aufrechten Rispenzweigen wurde bereits 1853 am Standorte der Iris Fieberi vor Kottwitz gesammelt. Phleum fallax Janka. Grasige Stellen der Gebirgswälder am Berge Stazowka unfern der Barania in den schlesischen Beskiden, bei ungefähr 800 m. Hier schon im Juli 1857 von mir gefunden, aber für eine Form von Ph. alpinum gehalten, von welchem diese Pflanze, trotz der eigenthümlichen Tracht, der stärkeren Beblätterung des Halmes, der blassgrünen Färbung der Rispe und der kürzeren Grannen doch vielleicht nicht als Art zu sondern sein dürfte; an schattigen, tiefer gelegenen Orten des Gebirges werden die Rispen bei Ph. alpinum überhaupt oft blasser (vergl. auch W. et Grab. fl. Siles.), doch ist zu bemerken, dass solche Exemplare, wie ich sie u. a. in der Waldregion des Riesengebirges am Zackenfalle selbst sammelte, von Ph. fallax noch immer durch den minder beblätterten, oberwärts nackten Halm, die noch stärker aufge- triebene oberste Blattscheide und die längeren Grannen leicht zu unter- scheiden sind. Indessen ist zu erinnern, dass auch Ph. pratense ausnahms- weise veränderlich in der Länge der Granne der Hüllspelze ist, indem bei dieser Art umgekehrt eine bei uns übrigens noch nicht beobachtete auffällig langbegrannte Abart (b. macrochaeton Döll) unterschieden wurde, — Unser Ph. fallax stimmt mit der Beschreibung des Autors und mit einem von demselben mitgetheilten Exemplare vom Apennin von Pistoja sehr gut überein; zuerst unterschieden wurde diese vielleicht mehrfach übersehene Pflanze von Janka in den Gebirgen des westlichen Siebenbürgens. Melica nutans L. var. pallida m. Hüllspelzen auf dem Rücken einfarbig grau, nur am Rande, namentlich gegen den Grund hin mit einem meist nur schmalen violettbraunen Streifen, seltener völlig grün. — Diese nicht mit der südosteuropäischen M. picta ©. Koch (M. nutans var. viridi- Jlora Fl. ross.) zu verwechselnde Varietät findet sich nicht häufig im schattigen Laubwalde zwischen Arnoldsmühl und Leuthen bei Breslau mitten unter der gewöhnlichen gefärbten Form, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 159 B. Neue Standorte seltener Arten. Thalietrum flavum L. Um Breslau am rechten Ufer der Lohe zwischen Kundschütz und Lohe unfern der Kreuzmühle. Pulsatilla vernalis Mill.e Kontopp: Hochberg bei Liebenzig. (Hellwig.) Sprottau: Eckertswaldauer Kämmereiforst. (Lehrer Fiebig, von L. Becker mitgetheilt.) Anemone silvestris L. Kalkberge bei Habelschwerdt. (Rauhut.) Schon vor Jahren in dieser Gegend von dem verstorbenen Afrikareisenden W. Ackermann und zwar bei Grafenort beobachtet. + Adonis autumnalis L. Grünberg. (Hellwig.) Ranunculus aquatilis L. In der typischen Form noch am Aus- fluss des kleinen Teiches bei ca. 1150 m. (Junger.) Ein ungewöhnlich hohes Vorkommen. | Calthapalustris L. var. C.radicans Forst. Ausser bei Deutsch- Hammer von Fiek noch an einer ganz ähnlichen Localität (schattiger Waldsraben) zwischen Königshuld und Trenezin bei Oppeln entdeckt und daher wohl in den Wealdgegenden des rechten Oderufers weiter verbreitet. 4 Isopyrum thalictroides L. Ratibor: Eichwald bei Tworkau. (Zosel.) Nigella arvensis L. Grünberg: Zwischen Schweinitz und Kosel. (Hellwig.) + Delphinium Ajacis L. Marienauer Dämme bei Breslau ver- _ einzelt mit Lactuca Scariola mit rosafarbenen Kelchblättern. Cardamine amara L. var. multijuga Uechtr. (C. Opieii Presl) forma glabra Uechtr. Früher nur aus dem Riesengebirge bekannt, aber auch im Gesenke an Quellen im grossen Kessel mit der behaarten Form (C. amara y umbrosa W. et Gr. — y subalpina Koch) von Bach- mann gesammelt. C. silvatica Lk. Kattowitz. (G. Schneider.) Sisymbrium officinale Scop. ß lejocarpum DC. Um Breslau noch zahlreich mit dem Typus am Weidendamm (Ansorge und Uechtr.), einzeln im Dorfe Scheitnig jenseits der Fürstenbrücke, ebenso von Bach- mann am Bahnhofe von Obernigk beobachtet. Hirschberg: Kunnersdorf. (Fiek.) Grünberg: Wegrand hinter dem Holländer in Menge. (Hellwig.) + 5. Sinapistrum Crntz. Breslau: Im Strassengraben zwischen Rothkretscham und Brocke, (Kabath.) + Erucastirum Pollichii Sch. et Sp. An Oderdämmen um Rosen- thal bei Breslau mit E. incanum (Kabath); um Breslau früher nicht beobachtet. + Diplotazis tenuifolia DC. Mehrere Stöcke bei Borganie un- weit Mettkau. (Oberamtmann Overweg.) 160 Jahres - Bericht Erophila vulgaris DC. var. E. praecox Rchb. Auf trockenem Torfboden bei Warmbrunn. (Fick.) + Iberis amara L. Vereinzelt im ausgetrockneten Flussbette der Oppa oberhalb Würbenthal im Gesenke. (Bachmann.) Verwandt mit dieser ist eine durch schmälere Blätter, 3—4 mal kleinere Blumen, öfter hochviolett überlaufene Kelchblätter und blassviolette oder weisse Petalen, sowie durch kleinere Schötchen und den relativ längeren Griffel ausge- zeichnete Form, deren Stengel nicht selten schon vom Grunde an ver- zweigt ist.. Sie fand sich in früheren Zeiten bisweilen an den Ufern der alten Oder bei Breslau und wurde 1878 von Hellwig auf Schuttplätzen hinter Walters Berge bei Grünberg in Menge verwildert beobachtet. Einheimisch ist diese Pflanze, welche ich für I. ärvatica Jordan (Diagn. p. 288!) zu halten geneigt bin, im westlicheren Mitteleuropa, so im östlichen Frankreich, in der Schweiz (Winterthur! [Lindenberg, als I. amara], Brot-dessous, ©. Neuenburg! [Dr. Lagger, als I. affinis Jord.]) und in den deutschen Rheingegenden (Gaualgesheim bei Bingen [Schlickum, als I. amara]). Lepidium Draba L. Zahlreich an der Strehlener Chaussee bei Breslau, unfern der Woischwitzer Fabrik. Coronopus Ruelli All. Breslau: Häufig am Ende der Michaelis- strasse gegen die Waschteiche an Gräben und Miststätten zwischen kurzem Grase; dort schon früher von Knebel beobachtet. Grünberg: In Saabor am prinzlichen Schlossgarten. (Hellwig.) + Bunias orientalis L. An einem Damme bei Pöpelwitz unweit Breslau ein Exemplar (Ziesche); häufiger und bleibend um die Kaiser- brücke bei Bielwiese hinter Parchwitz (Kirschstein). Helianthemum Chamaeecistus Mill. f. albiflora. Ein Exemplar unter der gewöhnlichen Form um Brocke bei Breslau. (Dr. H. Krause.) Viola collina Bess. Nimptsch: Unter der Tartarenschanze bei Priestram. (Fick.) V. arenaria DC. Gross-Glogau: Schellenberg in den Dalkauer Hügeln mit Dianthus caesius. (Fick.) V. mirabilis L. Auch im höheren Gebirge, doch sehr selten: Kiesberg im Riesengrunde (Fick); im Gesenke oberhalb Waldenburg am Wege nach der Gabel (Bachmann). V. canina >< pumila F. Schz., Uechtr. in Oest. bot. Z. 1871 (V. strieta aut. ex p. non Hornem.). Um Breslau noch auf Wiesen unfern des Josephinenberges (Ansorge); zwischen Gr.-Tschansch und Althof-Nass und östlich von Rosenthal, überall unter den Eltern zerstreut. Drosera intermedia Hayne. Petersdorf bei Primkenau. (L. 3ecker.) Bunzlau: Siegersdorf und Pfarrbruch bei Thommendorf. (Bach- mann.) der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 161 Dianthus Armeria > deltoides Hellw. (D. Hellwigüi Borbäs). Hofewald bei Pirnig, Kreis Grünberg, in Menge unter den Eltern. (Hellwig.) D. arenarius L. Grünberg: Noch bei Poln.-Nettkow und Pirnig. (Hellwig.) D. superbus L. var. grandiflorus Tausch, Hegetschw. (D. Wimmeri Wich.) Kleiner Kessel im Gesenke. (Bachmann.) Silene nutans L. var. glabra Schk. (S. infracta W. et K.) Zahlreich auf dem Probsthainer Spitzberge. (Fick.) S. chlorantha Ehrh. Grünberg: Strasse nach Lawaldau. (Heilwig.) + 8. conica L. An dem von Hellwig 1872 entdeckten Standorte zwischen Poln.-Nettkow und Rothenburg a. O. 1878 von demselben wieder in ziemlicher Menge gesammelt, also wie an manchen Standorten in den Provinzen Brandenburg und Posen bleibend angesiedelt. + 8. Armeria L. Im Gesenke auf Schutt oberhalb Thomasdorf zahlreich. (Bachmann.) Spergula Morisonii Bor. Im Riesengebirge noch bei 830 m un- weit der Thumbrahütte über Hayn und auf der Bismarckhöhe. (Fick.) Alsine viscosa Schreb. var. glabra Marss. Neurode, Kreis Lüben (Gerhardt, als A. tenuifolia). Grünberg: Weite Mühle (Hellwig); an beiden Orten mit der gewöhnlichen Form. Arenaria leptoclados Guss. Liegnitz: Sandfelder des Panthener Höhenzuges gemein. (Gerhardt.) Grünberg: Brachäcker am Rohrbusch. (H.) Stellaria media Cyr. Eine eigenthümliche, nur 4—10 mm hohe, wenig oder gar nicht verzweigte, sehr kleinblätterige Abart (var. par- vifolia Wierzb.?) auf Aufschüttungen der Sümpfe am Weidendamme bei Breslau. — Blätter bei 2—6 mm Länge 1—3 mm breit, die unteren sehr kurz gestielt, bisweilen sämmtlich fast sitzend. Eine ähnliche, nur wenig kräftigere und fast eben so kleinblätterige, aber bisweilen stärker verzweigte Form mit länger gestielten unteren Blättern an Wegrändern zwischen Huben und Dürrgoy bei Breslau. St. uliginosa Murr. In den Umgebungen von Breslau mit Aus- nahme der Trebnitzer Hügel selten; ausser den bereits früher bekannten Standorten hinter Lissa und bei Nimkau noch an einer quelligen Stelle am westlichen Saume des Weistritzwaldes hinter Arnoldsmühl gegen Gohlau. Cerastium brachypetalum Desp. Nimptsch: Unter der Tartaren- schanze bei Priestram mit Verbascum phoeniceum. (Fick.) C. semidecandrum L. var. abortivum Coss. et Germ. Weite Mühle bei Grünberg. (Hellwig.) Malva AlceaL. var. M. fastigiata Cav. Feldraine vor Wittgenau bei Grünberg. (Hellwig.) 1% 162 Jahres - Bericht + M. mauritiana L. In früheren Jahren einmal zahlreich auf Schuttstellen beim Dorfe Pilsnitz bei Breslau von mir beobachtet, 1877 um Rosenthal von Knebel. + Hibiscus Trionum L. Auf Schutt bei Grünberg. (Hellwig.) Acer Pseudoplatanus L. Laubwald zwischen Arnoldsmühl und Leuthen bei Breslau als Baum. Geranium pyrenaicum L. Striegau: Auf Grasplätzen in Muhrau (F. W. Scholz); Grünberg: ganz vereinzelt auf grasigen Abhängen an Heider’s Berge (Hellwig); an beiden Stellen nur verwildert. Geranium divaricatum Ehrh. , Bei Wartha schon 1853 von mir an Hecken nördlich der Stadt beobachtet, 18738 auch von Fick an Felsen oberhalb des Ortes. Ononis spinosa L. f. albiflora. Sprottau: Waltersdorf, am Bahn- hofe. (L. Becker.) O. hircina Jq. var. spinescens Led. Am Wege zwischen Gross- Weigelsdorf und Langenwiese bei Breslau. (Ansorge,) Medicago minima Bartal. Grünberg: Reitbahnplatz, vereinzelt auch am Wege zur Grünbergshöhe und an der Poln.-Kesseler Chaussee. (Hellwig.) + M. denticulata W. Eingeschleppt mit Luzerne am Wasser- hebewerke bei Breslau mit Centaurea solstitialis und Erucastrum incanum, doch nur in einem Exemplare beobachtet. Melilotus dentatus W. Breslau: Vereinzelt auf wüsten Stellen der Brandenburgerstrasse. Trifolium alpestre L. var. bicolor Rchb. Früher einmal spär- lich unter der gewöhnlichen Form von mir an einem Feldgraben hinter Neudorf bei Breslau gefunden, häufiger 1873 von Hellwig am Südost- Abhange des weissen Berges bei Dammerau, Kr. Grünberg. T. arvense L. var. microcephalum Uechtr. (Verh. der Schles. Ges. 1376.) Um Grünberg noch am Haiderande östlich der Berliner Chaussee und im Nadelwalde beim Bergwerke. (Hellwig.) Die hier ge- sammelten, unter sich ungleichen Exemplare entfernen sich zum Theil vom Typus noch merklich weiter und kommen dem T. gracile Thuill. habituell noch näher, als die 1876 eingeschickten. Der mitunter sehr zarte Stengel nebst den Blättern nicht selten ohne längere abstehende Zotten, die Bekleidung meist nur aus mehr oder weniger angedrückten kurzen Haaren gebildet und besonders am unteren Theil der Pflanze spärlich, im Alter sich bisweilen fast verlierend. Köpfchen nach dem Verblühen wenig verlängert, auffällig klein, an den extremsten Individuen bei 5—7 mm Länge 4—5 mm breit. Die meist nur sehr kurz gewim- perten Kelchzähne wenig länger oder so lang als die Röhre, so lang als die Kronen, an einzelnen Exemplaren sogar kürzer, so dass dieselben sich in dieser Hinsicht vom Typus entschieden noch weiter entfernen, 455 De WARTE .. nz 3 AP u; der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 165 als selbst das T. lagopinum Jord. und das T. rubellum dieses Autors und sich als der vollkommenste Gegensatz des anderen Extrems der Formenreihe des T. arvense, des westasiatischen T. longiseium Boiss. et Bal. darstellen. — Auf der anderen Seite sind Annäherungen unserer Varietät zu T. arvense L., Jordan unter dem Hellwig’schen Material eben- falls zahlreich vertreten, welche die Zugehörigkeit auch der sowohl habituell als diagnostisch so beträchtlich abweichenden Exemplare zum Formenkreise jener Art deutlich anschaulich machen; zu ihnen gehört T. arenivagum Jord. (vergl. Verh. der Schles. Ges. 1876). Die Fär- bung und Bekleidung der Kelchzähne, ihr Längenverhältniss zur Krone und Kelchröhre, die Grösse und Gestalt der Köpfchen u. s. w. sind eben bei T. arvense L. in sehr auffälliger Weise variationsfähig'), obwohl die Veränderlichkeit dieser Species nicht allerorten die nämliche bleibt und die extremen Formen nur in gewissen Gegenden aufzutreten scheinen. T. hybridum L. var. prostratum Sonder fl. hamburg. (= var. parviflorum Celak. T. elegans aut. plur. germ. non Savi). Am Eisenbahndamm hinter Hundsfeld bei Breslau. (Bachmann.) Eine Ueber- sangsform zum Typus, diesem näherstehend, mit kleinen wenigblüthigen Köpfchen, aber hohlem Stengel und anfangs weissen Kronen auf Wiesen am Bauernsee bei Pirnig, Kr. Grünberg. (Hellwig.) Lotus tenuifolius Rcehb. Wiesen bei den Dirscheler Gipsgruben. (Sintenis.) Neu für die Flora von Oberschlesien. Astragalus danicus Retz. An dem ältesten schlesischen Stand- orte zwischen dem letzten Heller und der Lohebrücke bei Breslau, an welchem diese bei uns sehr seltene Art früher eine Reihe von Jahren in Folge Planirung des Grabenrandes verschwunden schien, jetzt wieder zahlreich, spärlich auch auf einem Feldrain nahe beim Dorfe Cosel mit Potentilla Wiemanniana. - V. sepium L. Mit schmutzig weissen Kronen am Bache beim Be- ginn des Riemberger Forstes unweit des Obernigker Bahnhofes schon früher von Kabath, neuerdings von Bachmann beobachtet. Von der in Schlesien bisher nur im Weistritzwalde zwischen Arnoldsmühl und Rathen bei Breslau von mir gefundenen var. ochroleuca Bast. jedenfalls noch verschieden. ») Vergl. auch Lamotte (Prodr. de la Flore du Plateau centr. de la France I, 200); der indessen geneigt ist, alle diese Formen unter zwei Arten zu vertheilen, T. arvense L. und T. gracile Th., und bei letzterem T. sabuletorum Jord., T. arenivagum ej. und T. rubellum ej. unterbringen möchte. Meines Erachtens ist strenggenommen nur T. rubellum zum Typus des T. gracile Lois. zu rechnen, welches, obwohl vom Autor selbst in der Flora gallica wieder als Varietät zu T. arvense gezogen, sogar von dem bekanntlich so diffieilen Neilreich (Nachtr. zur Aufz. der Gefässpflanzen Ungarns ete.) als gesonderte Species zugelassen wird, eine Anschauung, die ich jetzt nicht mehr theilen möchte. Lie 164 Jahres - Bericht V. lathyroides L. var. angustifolia Schramm. Von mir früher unter der Grundform am Oderdamme um die Passbrücke bei Breslau und am breiten Berge bei Striegau beobachtet, neuerdings von Hellwig bei Neusalz. Ervum pisiforme Peterm. Jauer: Kuchenberg bei Moisdorf. (F. W. Scholz.) E. cassubicum Peterm. Dzieckowitz bei Myslowitz. (Unverricht.) Selten im südöstlichsten Zipfel des Gebietes, sonst in der schlesischen Ebene und im niederen Berglande ziemlich verbreitet und stellenweise - häufig. Laihyrus montanus Bernh. Im Riesengebirge am Hummel über Agnetendorf (Fick); hier bei ea. 680 m das höchste Vorkommen im Gebiet. Rubus suberectus Anders. Sprottau: Zwischen Baierhaus und Ober-Leschen. (L. Becker.) Leobschütz: Stadtwald. (Sintenis.) R. Schleicheri W. et N. Bremberg bei Jauer, Rehbock und Geisel- grund am Hessberge. (Gerhardt.) Potentilla norvegica L. Breslau: Nur ein Exemplar an der Oder zwischen der Ufergasse und Strauchwehr. (October 1878.) P. silesiaca Uechtr. Grünberg: Lobtanz und beim Bergwerk. (Hellwig.) Neusalz: Oderwald, hier mit P. Wiemanniana Gth. et Schumm. (Derselbe.) P. procumbens Sibth. Raine am Aufstiege von Grunwald auf die hohe Mense bei 950 m.. (J. Freyn.) 3 Rosa spinulifoliad Dem. f. Uechtritziana Strähler. Auf der „Kippe“ bei Schatzlar im böhmischen Riesengebirge. (F. Pax.) R. pomifera Herrm. Südseite des Gröditzberges mit R. rubiginosa L. (Dresler.) R. mierantha Sm. Ein Strauch am Willenberge bei Schönau. (Fick.) Zweiter Standort für das Gebiet.‘ R. sepium Thuill. Steinmühle bei Leobschütz. (Sintenis.) R. inodora Fr. Jauer: Heidelberg bei Baritsch. (F. W. Scholz.) Landskrone bei Görlitz. (Fick.) R. coriifolia Fr. Um Breslau noch am rechten Ufer der alten Oder unterhalb der Gröschelbrücke und am Juliusburger Wasser zwischen Sackerau und dem Erlkretscham (Ansorge); vereinzelt beim zoologischen Garten um das Strauchwehr; eine auffällig kleinblätterige Form vor Oswitz (Ansorge) und an Grabenrändern zwischen Pöpelwitz und Cosel mit R. gallica. — Strehlen: Wegränder vor Pentsch und in einer kahleren Form am Galgenberge. (Ansorge.) Jauer: Kuchenberg bei Moisdorf und Heidelberg bei Baritsch. (F. W. Scholz.) Schmiedeberg: Am alten Wege zum Dittersbacher Passe weissblühend. (Fiek.) Gipshügel bei Kösling in Obersehl. (idem.) — Die weissblühende Form von Schmiede- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 165 berg ist von R. ambiyphylla Ripart, mit der sie ausser der Blüthen- farbe auch in den sehr breiten, oft stumpfen und nicht selten unregelmässig doppelt gezähnten Blättern übereinstimmt, durch das bekleidete Griffel- köpfehen und die völlig drüsenlosen Blattstiele noch verschieden; von demselben Standorte theilte Fick auch eine rothblühende, gleichfalls zu R. corüfolia gehörige Rose mit doppelter, ungewöhnlich spitzer Zahnung mit, welche, von der var. frutetorum (Bess.) verschieden, vielleicht zu R. coriifolia var. complicata Christ gehört. Früchte sah ich von dieser nicht. R. glauca Vill. (R. Reuteri God.) Altwasser: Zwischen Ditt- _ mannsdorf und Neukrausendorf. (Ansorge.) Wegränder bei Wiesenberg im mährischen Gesenke. (Bachmann.) R. flexuosa Rau (R. trachyphylla aut.) Um Breslau noch an buschigen Dämmen vor Zimpel und am Schwoitscher Fuchsberge. R. canina >< gallica Reuter. Hinter Ransern bei Breslau an buschigen Dämmen mehrere Sträucher. (Ansorge.) R. dumetorum > gallica Christ (R. canina x gallica Krause, R. eollina Jacq.). Dämme hinter Ransern bei Breslau. (Ansorge.) Eine kleinblätterige und kleinblüthige Form in einer Anzahl Zwerg- sträucher unweit der alten Oder im Kratzbusch. Epilobium Lamyi F.Schz. Liegnitz: Auf einer Brache am Fusse der Dohnauer Berge. (Gerhard.) Zweiter Standort im Gebiete. E. virgatum Fr. Weggraben im Dorfe Riemberg bei Breslau. (Bachmann.) Halbemeil-Mühle bei Grünberg. (Hellwig.) Bielitz in Oest.- Schlesien. (Prof. F. Schur in litt.) Unfern des Bahnhofes Sorgau bei Freiburg. (Ansorge.) E. collinum Gmel. Galgenberg bei Strehlen. (Ansorge.) E. anagallidifolium Lam. Gesenke: An einem Bache der Wald- region am Aufstieg von der Gabel nach dem Altvater. (Bachmann.) E. spicatum Lam. var. brachycarpum Babingt. Graudener Wald bei Leobschütz. (Sintenis.) Ceratophyllum submersum L. Breslau: Sparsam im Strassen- graben rechts hinter Kleinburg mit C. demersum und Potamogeton trichoides. | Polycarpum tetiraphyllum L. fil. Sparsam auf Stoppelfeldern hinter Herdain bei Breslau in der Richtung auf Woischwitz mit Era- grostis minor. Scleranthus annuus >< perennis Lasch! (8. intermedius Kit.) Huhlberg bei Leobschütz, unter den Eltern. (Sintenis.) Sedum reflexum L. Am südlichen Rande des Pilsnitzer Waldes bei Breslau. Pimpinella Saxifraga L. var. P. nigra W. Grünberg: Weite Mühle. (Hellwig.) 166 Jahres - Bericht Bupleurum rotundifolium L. Agnetendorf im Riesengebirge auf Aeckern. (W. Schöpke.) Libanotis montana Örtz. Hotzenplotz: Matzdorf. (Sintenis,) Onidium venosum Koch. Oderwald bei Neusalz. (Hellwig.) Anthriscusnitida Gcke. Ratibor: Eichwald bei Tworkau. (Zosel.) Peucedanum Cervaria Cuss. In der Ebene und in den niederen Vorbergen im grössten Theile des Gebietes verbreitet und stellenweise ziemlich häufig, im nordwestlichen Landestheile aber höchst selten: am Berge vor Wittgenau bei Grünberg (Hellwig); in der schles. Lausitz sanz fehlend. Heracleum Sphondylium L. var. sibiricum L. (als Art). Leob- schütz: Gebüsche bei Neustift. (Sintenis,) Sambucus racemosa L. Breslau: Waldhügel rechts vor Kott- witz mit 8. nigra sparsam. — Neusalz: Im Thiergarten zwei Sträucher. (Hellwig.) Lonicera Periciymenum L. Breslau: Von Lehrer Kern im Berg- walde zwischen dem Bahnhofe Obernigk und Schimmelwitz steril beob- achtet, am Standorte von Goodyera repens und Epipactis violacea. Sherardia arvensis L var. hirta (Stengel von ziemlich dicht stehenden steifen Haaren kurzhaarig). Um Breslau vereinzelt bei Scheitnig (Kabath), häufiger beim Eisenbahn-Uebergange von Rothkretscham nach Dürrgoy. Galium vernum Scop. Breslau: Wiesen der Öderniederung zw. Rosenthal und Carlowitz truppweise unfern des Standortes von Colchi- cum, meist in der kleinblätterigen Form. G. boreale L. var. intermedium Koch. Vereinzelt um Breslau auf Wiesen vor Marienau bei Breslau unter der gewöhnlichen Form, häufiger am Schwoitscher Fuchsberge. Die völlig kahlfrüchtige Varietät (y hyssopifolium Hoffm. [als Art], Koch), welche in anderen Gegenden stellenweise nicht selten ist oder wie auf der mittleren Rheinfläche sogar vorherrscht, habe ich trotz vielfachen Nachforschens bisher so wenig wie W.et Gr. und Wimmer (Flora von Schlesien) aus unserem Gebiete zu Gesicht bekommen. Valeriana polygama Bess. (V. simpliecifolia Kab.) Oppeln: Sumpf- wiesen bei Trenezin. (Fick.) V. Tripteris L. Die seltenere Abänderung mit ungetheilten Blättern (V. intermedia Vahl), schon früher im Gesenke bei Carlsbrunn von v. Uechtritz sen., dann von mir im grossen Kessel und im Kiesgraben der Kriech beobachtet, wurde 1878 von Bachmann ebenfalls im Kessel und am Westabhange der Hohen Haide gefunden. Dcabiosa Iueida Vill. Kleiner Kessel. (Bachmann.) Ä * Ay 1. sr ea ee N er K der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 167 Eupatorium cannabinum L. var. indivisum DC. Ein ver- einzeltes Exemplar (ohne die Stammform) bei Breslau um die Ziegelei zwischen Pöpel und Zimpel rechts der Chaussee. Aster frutetorum Wimm. Um Breslau noch an der Oder zwischen dem Schiesswerder und der Mündung der alten Oder mit Rudbeckia laeiniata und Senecio fluviatilis. + Solidago serotina Ait. Brieg: Von der Stobermündung bis Koppen auf beiden Ufern der Oder in Menge. (AÄnsorge.) + Rudbeckia laciniata L. Oderufer hinter dem Schiesswerder bei Breslau vor der Ausmündung der alten Oder und am rechten Lohe: ufer unfern derKreuzmühle. Leobschütz: Hegerei im Stadtwalde. (Sintenis.) + R. hirta L. Parchwitz: Auf der Gebietsgrenze zwischen Lam- persdorf und Bielwiese seit einigen Jahren beobachtet. (Kirschstein.) Gnaphalium uliginesum L. var. pilulare Whbg. (als Art). Häufig am Oderufer hinter dem Schiesswerder bei Breslau mit Lindernia und Limosella. Artemisia Absinthium L. Leobschütz: Sonnige Anhöhen bei Saliswalde, Huhlberg bei Bratsch, hier allem Anschein nach wildwachsend. (Sintenis.) Anthemis tinctoria L. Spärlich um Breslau im Weidengebüsch am Ufer der alten Oder bei der Hundsfelder Chausseebrücke. — Gold- berg: Berge bei Hasel. (Fiebig.) + Chrysanthemum segetum L. Auf Feldern um Kottwitz bei Breslau ein bleibend gewordenes lästiges Unkraut, zumal unter Kartoffeln (vergl. Müncke im Jahresber. der Schles. &es. 13869). In der Blatt- zertheilung veränderlich. Leucanthemum vulgare Lam. f. breviradiata. Scheitnig bei Breslau. (Speer.) Senecio vernalis > vulgaris Ritschl. Ein Exemplar unter den Eltern bei Bielitz in Oest.-Schlesien 1877 (Prof. F. Schur in litt.). Zwei Exemplare im Mai 1878 südlich vom Scheitniger Parke bei Breslau gegen die Chaussee unter dem dort ausserordentlich zahlreich auftretenden 8. vernalis und sehr spärlichem $. vulgaris. — In der Gegend von Grün- berg in den letzten beiden Jahren von Hellwig ziemlich verbreitet ge- funden, z. B. am Wege nach dem Bahnhofe, Lobtanz, Heidersberg, Grünbergshöhe, Holländer und auf Flugsand bei Pirnig, sowohl im Früh- jahre als Herbst. Die Grünberger Exemplare bieten theilweise unter sich bedeutende Verschiedenheiten, stehen aber im Durchschnitt in Ueber- einstimmung mit den Angaben Ritschl’s über das Verhalten dieser Hy- briden bei Posen dem $. vulgaris im Ganzen doch stets näher und ein Theil der Exemplare vom Holländer (die im Herbste 1877 gesammel- ten) sowie ein solches von Rübenäckern beim grünen Wege, beide vom Einsender als $. vulgaris var. radiatus bezeichnet, wüsste ich in der 168 Jahres - Bericht That von der gewöhnlichen Art durch nichts als durch das Vorhandensein kurzer Ligulae zu unterscheiden, so dass die Möglichkeit sehr nahe liegt, dass in dortiger Gegend einerseits Bastarde zwischen $. vernalis und S. vulgaris vorkommen, andererseits aber 8. vulgaris wirklich in einer Form mit Zungenblüthen auftritt; vergl. Jahresber. 1875 und 1876. Die bei Pirnig gesammelten, zum Theil fruchtenden Exemplare zeigten vor- herrschend verkümmerte Achänen. — Die Breslauer Pflanze steht im Kraute, in der Bekleidung und in der Gestalt der Köpfehen ebenfalls dem S. vulgaris näher, besitzt aber ziemlich lange Ligulae, bei den Grünberger Exemplaren sind diese meist stark verkürzt. Cirsium lanceolatum Scop. var. ©. nemorale Rchb. Hessberg bei Jauer. (Gerhardt.) - C. silesiacum Schz. Bip. (C. canum >< palustre Wimm.) Am Eisenbahndamme hinter Hundsfeld bei Breslau. (Fick und Bachmann.) C.praemorsum Michl (sub Cnico). Leobschütz: Wiesen um Babitz und Schönbrunn. (Sintenis.) ©. subalpinum Gaud. Mensegebirge: Wiesen am Grenzbache bei Trekadorf, zahlreich beiderseits der Grenze mit den vorigen Hybriden. (Freyn.) Carduus Personata Jacg. f. mierocephala Uechtr. Richtlehne des langen Berges bei Donnerau. (Strähler.) Carlina acaulis L. var. ©. caulescens Lam. Leobschütz: Sehr ausgeprägt auf buschigen Hügeln bei Sabschütz. (Sintenis.) Centaurea JaceaL.f. bicolor. Randblüthen roth, Scheibenblüthen weiss. — Zwischen Ziegenhals und Zuckmantel, (Bachmann.) + C. solstitialis L. Um Breslau an den Oderdämmen vor Rosen- thal nicht selten (Speer); spärlich unter Luzerne am Wasserhebewerke vor dem Weidendamm. Picris hieracioides L. var. sylvatica W. et Grab. Buschige Dämme um Zimpel bei Breslau. Sonchus arvensis L. var. glabrescens Enum. siles (8. uliginosus MB.). Um Breslau auf Schutt am Weidendamm Exemplare mit bleich- srünen und solche mit dunkelgrünen, getrocknet schwärzlichen Hüll- blättern untereinander vorkommend. Orepis praemorsa Tsch. Breslau: Sparsam auf einer Wiese bei Kapsdorf. (Preiser.) Hieracium stoloniflorum (WK.). Noch unterhalb des Lobtanz bei Grünberg (Hellwig), also noch im äussersten Nordwesten des Ge- bietes, obwohl diese bei uns sonst von der Ebene bis ins tiefere Hoch- gebirge sehr verbreitete Art bereits in den angrenzenden Theilen der Provinz Brandenburg nur als Seltenheit auftritt. H. Pilosella >< praealtum. Eine dem H. praealtum Vill. sehr nahe kommende Kreuzung bei Liegnitz. (Gerhardt.) f N a 2 ee = der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 169 H. glomeratum Fr. Leobschütz: Zwischen Neustift und Grauden, (Sintenis.) H. subeaesium Fr. An Felsen des grossen Kessels. (A. Latzel.) H. stygium Uechtr. Im Gesenke noch am Hockschar und Leiter- berg (A. Latzel), dann auf dem Steinberge über Altendorf und im kleinen Kessel, seltener auf der kleinen Haide. (Freyn.) H. nigrilum Uechir. Fuhrmannsstein und kleine Haide im Ge- senke. (Bachmann, Freyn.) Im kleinen Kessel, am grossen Hirschkamm, Wiesenberge und am Steinberge über Altendorf. (Freyn.) H. chlorocephalum Wimm. (H. pallidifolium Knaf non Jord.) Nicht nur im Riesengebirge, sondern auch im Gesenke, wo ich diese Art schon vor Jahren, leider ohne den speeciellen Standort zu notiren, selbst ge- sammelt, aber nicht zu deuten wusste. Im grossen Kessel von Bach- mann, Freyn und A. Latzel 1878 gefunden. H. Wimmeri Uechtr. Ostabhang des Brunnenberges im Riesen- gebirge. (Fick.) H. albinum Fr. Bisher nur aus dem Riesengebirge bekannt; fand sich unter von A. Latzel und Bachmann mitgetheiltem unbestimmten Material aus dem grossen Kessel des Gesenkes vor. H. striatum Tsch. Gesenke: Grosser Hirschkamm (Freyn), kleiner Kessel (Bachmann, Freyn). Phyteuma orbiculare L. Ratibor: Birkenwald bei Tworkau. (Zosel.) Vaccinium intermedium Ruthe. Haide bei Kaltdorf, Kr. Sprottau. (W. Schöpke.) Calluna vulgaris Sal. var. pubescens Maly. Siegersdorf bei Bunzlau. (Bachmann.) Arctostaphylos officinalis W. et Gr. Wittgenauer Berge bei Grünberg, sehr selten. (Hellwig.) Neu für dortige Gegend. Pyrola media Sw. AmLerchenberge bei Langwaltersdorf. (Strähler.) Gentiana verna L. Gesenke: Westabhang der Hohen Haide nach dem Horizontalwege zur Kriech. (Bachmann.) @. Amarella L. (@. uliginosa W.) Lüben: Auf der höchsten Er- hebung zwischen Michelsdorf und Lindhart. (Wolf, mitgetheilt von L. Becker.) G. asclepiadea L. f. albiflora. Ein Exemplar zwischen der Eichlerbaude und den Martinsbauden im Riesengebirge. (Junger.) G. ceruciata L. Goldberg: Röchlitzer Thierbusch. (Fiebig, mitge- theilt von L, Becker.) Vielleicht derselbe Standort wie der auf Stenzel’s Angabe von Wimmer erwähnte „Hedwigskapelle bei G.“ Lappula Myosotis Much. Am Eisenbahndamm bei Myslowitz. (G. Schneider.) + Nicandra physaloides Gärtn. Grünberg: AufSchutt, (Hellwig.) 170 Jahres - Bericht Lindernia pyszidaria All. Brieg: Sparsam am rechten Ufer der Oder oberhalb der Stadt. (Ansorge.) + Mimulus luteus L. Bachgeröll der Mummelgrube im Riesen- gebirge. (Ziesch&.) Veronica Anagallis L. var. V. anagalliformis Boreau. Diese durch das Vorhandensein von Drüsenhaaren innerhalb der Inflorescenz gekennzeichnete Form, welche ich früher nicht mit Gewissheit aus dem Gebiete kannte (vergl. Jahresber. 1877), findet sich gleichwohl bei uns, z. B. im Strassengraben zwischen Öltaschin und Wessig mit dem Typus, dann in Riesenexemplaren in der Lohe oberhalb der Kundschütz-Bettlerner Brücke mit V. aquatica. V. aquatica Bernh. (efr. Jahresber. 1877.) Die typische Form noch vereinzelt um Breslau in der Oderniederung südlich vom Weiden- damm und zwischen diesem und’ Zedlitz, hier in Zwerg - Exemplaren, ferner in der Lohe westlich von Kundschütz in Menge, dann mit der var. dasypoda m. an der Lohestrasse vor Oltaschin ebenfalls zahlreich. — Ob.-Glogau (Richter); daselbst (bei Mochau) auch die var. dasypoda (ders.). V. anagalloides Guss. Breslau: Ausser an dem im vorigen Bericht angegebenen Standorte, wo sie auch 1878 wieder in grosser Menge erschien, noch in einigen Exemplaren auf ausgetroeknetem Sumpf- boden südlich vom Weidendamm mit spärlicher V. aquatica und der dort häufigen typischen V. Anagallis. Melampyrum cristatum L. var. pallidum Tausch. Um Breslau in Gesträuch am Coseler Teiche, sehr häufig und die herrschende Form am Südrande des Pilsnitzer Waldes. Alectorolophus angustifolius Heynh. Um Breslau zahlreich in trockenem Laubgehölz am Südrande des Pilsnitzer Waldes (28. August 1878) mit Melampyrum eristatum v. pallidum. — Häufig um Leobschütz bei Neustift, Sauerwitz und am Huhlberge (Sintenis), an ersterem Stand- orte schon von Schramm beobachtet. Scharfenberg bei Füllstein, Oest.- Schlesien (derselbe). Euphrasia caerulea Tausch. Torfwiesen bei Nieder-Polaun im Mensegebirge, ausserhalb der Gebietsgrenze. (Freyn.) Orobanche arenaria Borkh. Am Josefinenberge bei Althof seit 1852 nicht wiedergefunden, dagegen am Sauberge bei Ransern 1878 von Bachmann entdeckt, daher für die Breslauer Flora gesichert. Mentha acutifolia Sm. Riemberg bei Goldberg. (L. Becker.) Origanum vulgare L. Loos bei Grünberg. (Hellwig.) Lamium maculatum L. Exemplare mit blass rosafarbenen und solche mit schneeweissen Kronen im Weistritzwalde hinter Rathen bei Breslau. Galeobdolon montanum Rchb. Mit G. luteum Huds. im Scheit- niger Parke bei Breslau, aber wie Oxalis Acetosella, Aspidium filix mas, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 171 spinulosum, Athyrium filix femina und Chaerophyllum aromaticum an dieser Stelle nieht ursprünglich einheimisch, da in früheren Zeiten alle diese Arten dort nicht zu finden waren. Die dortige ursprüngliche Waldflora hat sich der vielfachen Terrainveränderungen ungeachtet noch vollständig erhalten, so kommen u. a. noch Galanthus, Polygonatum multiflorum, Cir- caea Lutetiana, Carea sylvatica, Melica nutans, Epipactis latifolia, Hypericum _ hirsutum u. s. w. zum Theil nicht selten vor. Stachys arvensis L. Bolkenhain. (Sintenis.) Galeopsis acuminata Rckb. Nur ein Exemplar in meinem Garten auf der Klosterstrasse in Breslau; übereinstimmend mit der schon 1867 von mir in zwei Stöcken um die Sitten bei Obernigk gefundenen und als G. Tetrahit >< pubescens Lasch in den Verh. des bot. V. für die Prov. Brandenburg (X) bezeichneten Form, welche indessen wie die Breslauer nieht unter @. Tetrahit typica, sondern in der Nähe zahlreicher Exemplare der als G. bifida Bghs. bekannten Varietät beobachtet wurde. An beiden Stellen war @. pubescens Bess. in unmittelbarer Gesellschaft vorhanden, dieser Umstand, das ganze vereinzelte Auftreten und die Mittelstellung in den Charakteren spricht für die Bastardnatur wenigstens unserer Pflanze. Habituell erinnert diese mehr an @. pubescens Bess., namentlich an die kleinblüthigen Exemplare dieser Art, aber die Bekleidung, der Bau der Kelchzähne, die am Grunde weisse, nicht gelbe Kronenröhre‘), sowie die Färbung der sonst wie bei @. pubescens gebauten Kronen bringt sie der anderen Art näher. Pinguicula vulgaris L. Kleiner Kessel im Gesenke. (Bachmann.) Lysimachia nemorum L. NRiemberg bei Goldberg. (L. Becker.) Anagallis arvensis L. f. albiflora (Kronen weiss, am Grunde purpurn). Mit der gewöhnlichen auf Brachen um Obernigk bei Breslau (Kabath) und Voigtsdorf bei Hirschberg (Fiek), an beiden Orten zahl- reich. Plantago major L. var. intermedia Gilib. (als Art). In einer Form mit auffällig schmalen, mitunter breit-lanzettlichen, in den Blattstiel allmählich verschmälerten, fast kahlen Blättern zahlreich in Ausstichen hinter dem Reich’schen Hospital in Breslau. Chenopodium ficifolium Sm. Um Breslau noch vereinzelt an der Gräbschenerstrasse vor der Eisenbahn-Unterführung, bei Klettendorf und an der Oder vor Oswitz. Atriplex nitens Schk. Neisse: Am Flussufer zwischen der Stadt und dem Bahnhofe, (Bachmann.) ») Die gelbliche Kronenröhre fand ich selbst bei schneeweiss blühenden, bei Obernigk gesammelten Exemplaren der @. pubescens, denen die sonst so charakte- ristische Zeichnung der Corolle fast ganz abging. 1723 Jahres - Bericht Polygonum danubiale Kern. Breslau: Sehr sparsam in Ausstichen hinter dem Reich’schen Hospital, also auch von der Oder entfernt vor- kommend; längs dieser noch bei Cosel, Oswitz u. s. w. Thesium ebracteatum Hayne. Wittgenauer Berge bei Grünberg. (Hellwig.) Wahrscheinlich schon von Weimann dort früher beobachtet, aber mit Th. Linophyllum verwechselt, welches derselbe am Mäuseberge bei W. angiebt. — Sonst in Schlesien nur von Fincke zwischen Chronstau und Malapane bei Oppeln und von Fuchs bei Rosenberg gefunden; die geringe Verbreitung der Art bei uns ist namentlich für den waldreichen Nordwesten um so auffälliger, als sie sonst durch die ganze nordost- deutsche Tiefebene vertheilt ist und schon in der Nähe der Gebietsgrenze bei Sommerfeld und Guben häufiger auftritt. — Bei Grünberg finden sich übrigens ausser den normalen auch Exemplare mit einem Vorblatt. Mercurialis annua L. Grünberg: Selten auf Schutt hinter dem Holländer, häufig auf Sandboden in Saabor. (Hellwig.) Parietaria offieinalis L. Leobschütz: An der Zinna. (Sintenis.) + Alnus autumnalis Hartig. Jauer: Bei der ersten Kapelle am Fusse des Hessberges. (Gerhardt.) Leobschütz: Stadtwald. (Sintenis.) In der Harthe bei Neuland unweit Löwenberg scheint nach von Dresler eingeschickten Exemplaren auch eine Bastardform dieser und der A. glu- tinosa vorzukommen. Salix myrtilloides L. Mensegebirge: Torfmoor bei Tr&kadorf, schon ausserhalb des Gebietes, aber hart an der Grenze. (Freyn.) S. repens L. var. liocarpa G. Mey. Ein hierher gehöriger ziem- lich grosser Strauch im Laubwalde zwischen Arnoldsmühl und Leuthen bei Breslau zeigte an manchen Zweigen Kätzchen mit Staubgefäss- und Stempelblüthen zugleich, an anderen rein männliche, doch waren die rein weiblichen vorherrschend. Auffällig ist auch die geringe Grösse aller Kätzchen, welche von 6—8 mm varirt. S. fragilis x pentandra Wimm. forma triandra. Kleinkätzige und kleinblätterige Form mit fast durchweg 3 Staubblättern, in mancher Hinsicht der 8. Pokornyi Kerner nahe. Blätter der Kätzchenstiele bald ganzrandig, bald (oft an demselben Zweige) drüsig gesägt. Manch- mal sind nur einzelne Zähnchen vorhanden, mitunter finden sich Blätter, die an dem einen Rande fast durchweg gezähnelt, am anderen dagegen sanzrandig sind. — Zwei Sträucher am Wege von Gr.-Tsehansch nach Althof-Nass bei Breslau. S. purpurea > viminalis Wimm. f. angustissima. Liegnitz: Am Schwarzwasser bei Pfaffendorf. (Gerhardt.) S. triandra >< viminalis Wimm. Grünberg: Probsteigut, am Graben im Moorsumpf. (Hellwig.) S. cinerea >< viminalis Wimm. Pöpel am Fusse des Schwoitscher Fuchsberges bei Breslau ein Strauch, nur in Blättern gesammelt. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 173 S. aurita > cinerea Wimm. 2 Ein ansehnlicher Strauch um Lissa bei Breslau am Rande des Busches links der Eisenbahn unfern des Bahnhofes. 8. cinerea > purpurea Wimm. & cinerascens ej. Z Fähr- wald hinter Ransern bei Breslau, eine der $. cinerea schon sehr nahe kommende Form. (Ansorge). S. aurita >< repens Wimm. Sprottau: In einem Ausstich bei Ekartswaldau mit Lycop. inundatum, hier auch eine offenbar aus S. repens var. argentea und S. aurita entstandene Kreuzung. (L. Becker.) + Elodea canadensis Rich. ei Mich. Durch Auspflanzung in Tümpeln bei Muchowiee bei Kattowitz. (Schneider.) Triglochia maritimum L. Andersdorfer Försterhaus bei Gross- Glogau. (L. Becker.) Potamogeton acutifolius Lk. In Torftümpeln bei Liebenzig, Kr. Freistadt, mit P. obtusifolius. (Hellwig). Leobschütz: Babitz. (Sintenis.) P. decipiens Nolte. In der Ohlau zwischen Klein- Tschansch und Schwentnich bei Breslau mit Elodea. Orchis globosa L. Kleiner Kessel im Gesenke. (Bachmann.) Gymnadenia albida Rich. An der hohen Mense über Grunwald, schon 1858 von v. Prittwitz gefunden; ebendort 1878. (Celakovsky und Freyn.) Platanthera chlorantha Cust. Hessberg bei Jauer. (Gerhardt.) Epipogon aphyllus Sw. Geisselgrund am Hessberge bei Jauer. (Revierförster Hochhäusler.) Wald über den Baberhäusern im Riesen- gebirge. (Speer.) Cephalanthera ensifolia Rich. Gebüsch zwischen Lampersdorf und Bielwiese bei Parchwitz. (Kirschstein.) Epipactis palustris Crtz. Breslau: Feuchte Sandstellen rechts der Bahn zwischen Hundsfeld und Sibyllenort. (Dr. H. Krause.) —+ Narcissus Pseudonarcissus L. Im Riesengebirge auf Wiesen um die Baberhäuser (Dr. H. Krause); Grasgärten in Agnetendorf (W. Schöpke). Lilium Martagon L. Sehr spärlich auf den Hügeln am Jungfern- see vor Kottwitz bei Breslau!! (Dr, H. Krause.) + Ornithogalum chloranthum Sant. Grünberg: Unterhalb der Grünbergshöhe. (Hellwig.) Schweidnitz: In einem Obstgarten in Roth- kirschdorf mit O. nutans 1864. (Sintenis.) Allium vineale L. var. capsuliferum Loge. (A. descendens Koch Syn. ed. Inon L.) Um Breslau seit längerer Zeit ziemlich häufig an den Böschungen des Oderufers auf der Uferstrasse in der Nähe der Lessingbrücke, vereinzelt auch auf Sandboden an der alten Oder unfern der Hundsfelder Brücke. 174 Jahres - Bericht A. Scorodoprasum L. Oderwald hinter Ransern bei Breslau gegen die Masselwitzer Fähre. (Ansorge.) Juncus tenuis W. Friedeberg a. Q.: Häufig um Giehren. (Fick.) Bunzlau: Siegersdorf. (Bachmann.) Löwenberg: Wiese bei den Seifen- häusern. (Dresler.) J. bufonius L. var. J. ranarius Perr. ei Song. Breslau: Aus- stiche hinter dem Reich’schen Hospital mit dem Typus, doch seltener. Luzula pallescens Bess. Holzschläge der hohen Mense bei Ober- Sattel, schon ansserhalb des Gebietes. (Freyn.) L. albida DC. Am Damm der alten Oder zwischen Passbrücke und Strauchwehr bei Breslau sparsam mit var. rubella; hier jedenfalls nur durch Aussaat. Rhynchospora fusca R. et Sch. Petersdorf bei Primkenau auf einem Torfstich mit R. alba und Drosera intermedia. (L. Becker.) Heleocharis orata RBr. var. Heuseri Uechtr. Breslau: An der Oder bei Oswitz mit Lindernia an einer Stelle zahlreich. Seirpus pauciflorus Ligthf. Kontopp: Am Teiche bei Liebenzig. (Hellwig.) Eriophorum alpinum L. Im kleinen Kessel des Gesenkes. (Bach- mann.) Carex arenaria L. Myslowitz: In der Podlenze bei Imielin. (Unverricht.) Neu für Oberschlesien, aber aus dem unmittelbar angren- zenden galizischen Przemsza- und Weichselgebiete längst bekannt. C. axwillaris Good. (C. vulpina >< remota). Doctorgang bei Lieg- nitz unter den Eltern. (Gerhardt.) C. atrata L. var. C. aterrima Hoppe. Sehr schön ausgeprägt bei der Schäferei am Altvater. (Bachmann.) Hierochloa australis R. et Sch. Wurde am 5. Juni 1378 von Fick am Giersdorfer Berge bei Wartha in überreifem Zustande zahlreich sefunden; der Standort ist ohne Zweifel identisch mit dem im vorjährigen Bericht erwähnten Albertini’schen ‚Fauberg‘“ bei Wartha. | + Panicum capillare L. Im Seminargarten zu Ober - Glogau. (E. Richter.) Calamagrostis strieta Natt. Zwischen Klein-Kotzenau und den Vierhäusern. (L. Becker.) Stipa pennata L. Am Bleiberge bei Weidenau in Oest.-Schlesien von Nuchte gefunden (nach mündl. Mittheilungen von Dr. P. Schumann). Melica uniflora Retz. Hessberg bei Jauer. (Gerhardt.) Sprottau: Im Hochwalde. (L. Becker.) Poa aspera Gaud. Gesenke: An kleinen Felsen links vom Wege von der Schweizerei nach Winkelsdorf. (Bachmann.) der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 175 P. Chaizii Vill. Lissa bei Breslau an mehreren Stellen, z. B. im Parke. (Speer.) Hier in früheren Zeiten nieht vorhanden, daher wohl nur ausgesät. Festuca Myurus Ehrh. Neuhammer bei Kotzenau. (L. Becker.) Bromus patulus M. et K. Breslau: Vereinzelt am Oderufer vor der Mündung der alten Oder, B. serotinus (Soland.) Beneken. Häufig am Kalkbruche von Ober-Kunzendorf bei Freiburg. (H. Schulze.) B. erectius Huds. Um Breslau an sonnigen grasigen Abhängen an der Lohe unfern der Kundschütz-Bettlerner Brücke, hier spontan. Elymus europaeus L. Hochwald bei Sprottau mit Bromus asper aut. und Melica uniflora. (L. Becker.) Pinus Mughus Scop. (P. Pumilio Hke.) Seefelder bei Reinerz. (Celakovsky und Freyn.) Equisetum pratense Ehrh. Grünberg: Sauermannsmühle, Milziger Horst bei Pirnig. (Hellwig.) E. limosum L. var. E. uliginosum Mhbg. Torfgruben bei Teich, Kreis Freistadt. (Hellwig.) Phegopteris Robertianum A. Br. An einem Durchlass im Walde zwischen Zuckmantel und Hermannstadt im Gesenke mit Asplenium viride und Aspidium lobatum. (Bachmann.) \ Aspidium lobatum Sw. Sehr selten um den Wolfsteich im Leob- schützer Stadtwalde. (Sintenis.) Endlich ist noch erwähnenswerth die Auffindung eines reichlichen Standortes von Fontinalis hypnoides Hartm. an der Ohlauer Chaussee zwischen den Dörfern Tschechnitz und Gräbelwitz; dieses seltene Laub- moos wurde bekanntlich in der Breslauer Gegend bisher nur einmal bei Scheitnig gesammelt. Mehr oder weniger werthvolle Beiträge zu vorstehendem Verzeichniss verdanke ich diesmal den Herren Ansorge, L. Becker, Kabath, _Kirsehstein, P. Sintenis, Junger, H. Schulze, Speer und Ziesch&@ in Breslau; ferner Herrn Cand. med. Bachmann, z. Z. in - Würzburg, Professor L. Celakovsky in Prag, Cantor Dresler in Löwenberg, Apotheker E. Fiek in Hirschberg, Eisenbahn - Ingenieur J. Freyn in Opo@no (Böhmen), Lehrer Gerhardt in Liegnitz, Th. Hellwig in Grünberg, Erzpriester Jakisch in Krappitz, Dr. H. Krause in Hirschberg, A. Latzel in Troppau, Pfarrer Schöbel in Brinnitz (Kreis Oppeln), Lehrer F. W. Scholz in Jauer, Prof. F. Schur (+) in Bielitz und Amtsvorsteher Strähler in Görbersdorf. Durch den schle- _ sisehen botanischen Tausehverein erhielt ich einige von Herrn Knebel in Breslau und Lehrer W. Schöpke in Schweidnitz gesammelte Arten. 176 Jahres - Bericht Herr G. Schneider in Kattowitz sammelte. wieder in dem polnisch- salizischen Grenzgebiete; von seinen Funden sind u. a. zu nennen: Rosa gallica L. (bei Oswiecim) und Orchis ustulata L., sowie Polygala amara L.. und Arabis hirsuta Leop. in der Rozpatowa bei Chrzanöw. Ferner von Sosnowice: Sparganium simplex var. fluitans Gren.; bei Niwka: Epipactis rubiginosa Gaud., Chimophila umbellata Nutt. Bei Sielee: Veronica longi- folia L., Falcaria Rivini Host., Geranium sanguineum Iı., Silene Otites Sm. und auf einem Luzernefelde Orobanche elatior Sutt. (O. stigmatodes Wimm.) Um Zagörze bei Bedzin: Orchis Morio L. (im ganzen unteren Przemsza- Gebiete nur hier beobachtet), Teuerium Botrys L, Stachys germanica L., Marrubium, Cerinthe (überhaupt gemein bis in die Gegend von Olkusz), Scorzonera humilis L., Falcaria, Sanicula, Potentilla opaca L., Ononis spinosa albiflora, Evonymus verrucosa Scop., Geranium sanguineum L., Reseda lutea L. (wie Cerinthe), Isopyrum, Aquilegia. Endlich bei Boleslaw: Botrychium Lunaria Sw., Lilium Marlagon L., Gladiolus imbricatus L., Gymnadenia conopsea RBr., Euphorbia exigua L., Armeria vulgaris W. in einer der A. Halleri Wallr. sehr nahe kommenden, meist zwergigen Form (in grosser Menge auf sterilen Grubenfeldern), Stachys annua L., Prunella grandiflora Jacqg., Origanum, Veronica Teucrium L., Nonnea pulla DC., Gentiana ciliata L. (sehr selten), G. Pneumonanthe L., Vaccinium Osxycoccos 'L., Andromeda, Carlina acaulis L., Valeriana polygama Bess., Bupleurum longifohum L., Astrantia, Potentilla verna L., Vicia tenuifolia Roth, V. sylvatica L., Trifolium alpestre L., Ononis hircina Jacqg. (nur im Thale westlich der Kirche, während O0. spinosa gemein ist), Cytisus nigricans L., Genista pilosa L., Geranium sanguineum L., Melandryum rubrum Gcke., Polygala amara L., Nigella, Trollius, Reseda lutea L., Erysimum odoratum Ehrh., Arabis arenosa Scop., A. hirsuta Scop., Aconitum variegatum L. und Pulsatilla patens >< vernalis Lasch unter den Eltern. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 177 ILI. Bericht über die Thätigkeit der entomologischen Section im Jahre 1878, erstattet von K. Letzner, zeitigem Secretair der Section. Die entomologische Section hat sich im Jahre 1878 zu 7 Sitzungen versammelt, in welchen sie sich der Anwesenheit mehrerer hochgeschätzter Gäste erfreute. -— Herr Baumeister A, Fein ist derselben als wirkliches Mitglied beigetreten. Herr Dr. Wocke berichtete am 25. Februar über die ihm endlich geglückte Zucht einer noch unbeschriebenen Nepticula aus den Blättern von Spiraea Ulmaria, sowie über die Zucht der von ihm im vorigen Herbst auf der Insel Wollin gefundenen Raupen von Toxocampa Vieiae Hb. und Dactylota Kinkerella Snellen. Ferner zeigte derselbe Exemplare vor von drei in der Steppe bei Astrachan einheimischen Arten; der von Staudinger beschriebenen Leucanitis Tenera und der noch unbeschriebenen Bombyx Henkei und Cucullia Sabulosa Stgr. i. lit. Herr v. Hahn zeigte in der Versammlung am 18. November, welcher er als Gast beiwohnte, ein lebendes Exemplar des in Schlesien sehr seltenen Menephilus curvipes vor, welches derselbe an diesem Tage an einem Gebäude der inneren Stadt (am Ritterplatze) gefangen hatte. Der zeitige Secretair, K. Letzner, sprach in drei Versammlungen über die schlesischen Arten der beiden Familien Cryptophagidae und Lathridiidae. In Folge der Revision der europäischen Cryptophagidae und Lathri- düdae durch Edmund Reitter haben diese Familien (und von der ersten namentlich die Alomarini) durch Einziehung alter und Aufstellung neuer Arten, sowie durch Errichtung neuer Gattungen eine so grosse Verände- 12 178 Jahres - Bericht rung erfahren, dass eine Zusammenstellung der schlesischen Arten nach dem jetzigen Stande der Wissenschaft eine Nothwendigkeit geworden ist. Dazu kommt, dass eine Berichtigung der Fundorte nöthig wurde, weil mehrere Arten in Schlesien bisher unter dem Namen einer anderen Species bekannt waren und die von ihnen in dem Verzeichniss der schlesischen Käfer angegebenen Fundorte daher unrichtige Angaben ent- hielten. — Die meisten der nachstehend genannten und in den Sitzungen der Section vorgezeigten Arten sind von Herrn Reitter selbst freundlichst bestimmt worden. Cryptophagidae. Atomariini. Caenoscelis Thomson. 1. €. ferruginea Sahlb., pallida Wollast. Ein Stück im Gemülle an der Ostrawitza bei Paskau (Reitter, 2. Nachtrag zur Fauna von Mähren und Schlesien), ein Stück bei Glatz (v. Rottb.). Atomaria Stephens. 1. A. fimetari Hbst., Abeillei Tourn. In der Ebene und im Vorgebirge unter frischem Pferdemist, an Pilzen u. s. w., sehr selten. Fürstenthum Teschen, Liegnitz, Bögenberge (auf einem Waldwege), Glatz. 2. A. pülosella Reitt. Zwei Stück in der Rottenberg’schen Sammlung unter dem Namen A. fimetarü. 3. A. Barani Bris. Ein Stück bei Liegnitz von Gerhardt gefangen. 4. A. umbrina Gyl., fumata Er., affinis Sahlb. Unter Dünger, Ge- mülle u. s. w., selten. Freistadt a. d. Olsa, Rauden, Breslau, Liegnitz, Grafschaft Glatz. 5. A. diluta Er. Im Vorgebirge unter Dünger sehr selten. Bögen- berge, Liegnitz. 6. A. linearis Steph., pygmaea Heer. In der Ebene und im niederen Gebirge unter Pferdemist, Strassendünger, an verfaulenden Pflanzen (an-_ sefaulten Runkelrüben) u. s. w. durch das ganze Gebiet gemein. 7. A. Herminea Reitt. Mit der vorhergehenden bei Breslau an gleichen Orten, jedoch nicht so häufig. 8. A. elongatula Er. In der Ebene und im Vorgebirge, ziemlich selten. Freistadt a. d. Olsa, Breslau, Liegnitz, Steinau a. O. 9. A. bella Reit. Schlesische Stücke befinden sich in der Samm- lung des Herrn Dr, Kraatz, 10. A. atrata Reit. Auf dem Hochwalde, 2600 Fuss über dem Meere, häufig in sehr alten Baumstutzen. Glatzer Schneeberg. 11. A. pulchra Er. In der Ebene, selten. Rauden (Roger), Liegnitz (Gerhardt). 12. A. procerula Er. In der Ebene und im Gebirge, ziemlich selten. Paskau bei Friedeck (Fürstenthum Teschen), Altvater, Wohlau. >, . der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 179 13. A. Wollastoni Sharp. Nach Reitter (Revis. der europ. Crypto- phagiden, S. 58) in Schlesien. 14. A. nigriventris Steph.; nana Er. In der Ebene und im niederen Gebirge, ziemlich häufig. Teschen, Rauden, Breslau, Glogau, Steinau, Liegnitz, Waldenburger Gebirge, Grafschaft Glatz. 15. A. pumila Reit. In der Ebene, selten. Sammlung des Herrn Dr. Kraatz (Reitter, Rev. der Cryptoph.), von mir bei Breslau gefangen. 16. A. fuscicollis Mannh., umbrina Er., plicicollis Mäklin. In der Ebene an Dünger, ziemlich häufig. Breslau, Liegnitz, Steinau. (Subgenus Anchicera Thoms.) 17. A. impressa Er. In der Ebene sehr selten. Rauden (Roger), Liegnitz (Gerh.). 18. A. plicata Reitt., Var. amplipennis Reit. Bei Paskau, selten (Reitt., Rev. der europ. Cryptoph.). 19. A. pulchella Heer, munda Er. In der Ebene, ziemlich selten. Rauden, Breslau, Glogau, Liegnitz. 20. A. nigripennis Payk., ruficollis Panz. In der Ebene und im Vorgebirge unter Mist, an Schimmel, in Kellern, an Weinfässern u. s. w., ‚häufig. Rauden, Lubowitz (sehr häufig), Breslau, Steinau, Glogau, Liegnitz, Waldenburger Gebirge. 21. A. cognata Er., morio Kolen. In der Ebene und im niederen Gebirge, sehr selten. Grafschaft Glatz. 22. A. gravidula Er. In der Ebene und im Vorgebirge, ziemlich selten. Teschen und Freistadt a. d. Olsa, Breslau (Treschen), Schossnitz bei Canth, Liegnitz. 23. A. tumulorum Villa, bicolor Er. In der Ebene und im Vor- gebirge, sehr selten. Liegnitz (Gerh.), Reichenbach, Glatz (v. Rottenb.). 24. A. fuscata Schönh., rufipes Steph., castanea Steph. In der Ebene und im niederen Gebirge, häufig. Freistadt a. d. Olsa, Rauden (in _ Kellern, selten), Breslau, Liegnitz, Schweidnitz, Altvater-Gebirge. 25. A. Zetterstedtii Zeit., salieicola Krtz. Bei Freistadt a. d. Olsa an alten Holzschwämmen (Reitt.), bei Lubowitz, Kreis Ratibor, im August öfters auf Gesträuch (Rog.). 26. A. pusilla Payk., dimidiatipennis Mannh. In der Ebene und im niederen Gebirge an Mist (wie andere Arten gegen Abend umher- schwärmend), ziemlich häufig. Teschen, Rauden (sehr häufig), Breslau, Liesnitz, Bögenberge, Grafschaft Glatz. 27. A. peltata Kraatz. In der Ebene, selten. Paskau (Reitter), Rauden (Rog.), Ratibor, Breslau, Wättrisch bei Jordansmühl. 23. A. atricapilla Steph., nigriceps Er., Var. Berolinensis Krtz. In der Ebene und im Vorgebirge, ziemlich häufig. Ratibor (selten), Breslau, Glogau, Liegnitz, Hessberge. 19* 180 Jahres - Bericht 29. A. atra Hbst. In der Ebene und im Vorgebirge, selten. Rauden, Ratibor, Grafschaft Glatz. 30. A. nitidula Heer, basalis Er., Var. Rhenana Kriz. In der Ebene und im Vorgebirge, ziemlich häufig. Paskau (Reitt.), Breslau, Liegnitz, Glogau, Grafschaft Glatz. 31. A. mesomelas Hbst., dimidiata Marsh. In der Ebene und im Vor- gebirge, gemein. Rauden, Ratibor (selten), Breslau, Glogau, Liegnitz, Bögenberge, Grafschaft Glatz, Hirschberger Thal. 32. A. contaminata Er. Im Riesengebirge. 1 Stück (Gerh.). 33. A. fuscipes Gyl., concolor Märk. In der Ebene und im Vor- sebirge, ziemlich selten. Teschen, Lubowitz (im Juli auf Carpinus beiulus, . häufig), Breslau, Liegnitz, Grafschaft Glatz. 34, A. turgida Er. In der Ebene und in den Gebirgsthälern, selten. Rauden, Hirschberger Thal, Gross-Aupa. 35. A. ornata Heer, versicolor Er. In der Ebene und im Vorgebirge, ziemlich häufig. Breslau (Ottwitz, Carlowitz), Bögenberge. 36. A. testacea Steph., analis Er. In der Ebene und im niederen Gebirge an Mist, häufig. Teschen, Rauden, Lubowitz, Breslau, Grafschaft Glatz, Bögenberge, Hirschberger Thal. 37. A. apicalis Er., Var. clavicornis Baudi. In der Ebene und im Vorgebirge, ziemlich häufig. Rauden, Ratibor (selten), Breslau, Liegnitz. 38. A. ruficornis Marsh., terminata Comol. In der Ebene und im Vorgebirge, häufig. Teschen, Ratibor, Breslau, Liegnitz, Hessberge, Schweidnitz. 39. A. gibbula Er., Hislopi Wollast., Var. hiemalis Baudi. In der Ebene, sehr selten, Liegnitz (1 Stück, Gerh.), Glogau (Quedenfeldt). Ephistemus Stephens. 1. E.nigriclavis Steph., globosus Waltl, palustris Woll. In der Ebene und im Vorgebirge unter faulenden Pflanzenstoffen, in Kellern u, s. w., sehr selten. Paskau (Reitter), Rauden (Abends umherschwärmend), Liegnitz. 2. E. globulus Payk., gyrinoides Marsh., ovulum Er., dimidiatus St, piceorrhoeus Marsh. In der Ebene und in den Wäldern des niederen Gebirges unter faulenden Pflanzenstoffen, ziemlich häufig. Freistadt a. d. Olsa, Rauden, Ratibor, Liegnitz, Schossnitz bei Canth, Bögenberge, Waldenburger Gebirge. 1 3. E. exiguus Er., ventrosus Baudi, lepidus Hochh. In der Ebene und im Vorgebirge, selten. Freistadt a. d. Olsa, Grafschaft Glatz. der Schles, Gesellschaft für vaterl. Cultur. 181 Lathridiidae. Holoparamecus Curtis. 1. H. caularum Aub. Unter faulender Jäte bei Liegnitz ein Stück (Gerhardt). Myrmecoxenus Chevrolat. 1. M. subterraneus. Chevr. In der Ebene bei Formica congerens und besonders in den Nestern der F\, rufa, ziemlich häufig durch das ganze Gebiet von Rauden bis Glogau. | 2. M. vaporariorum Guer. In der Ebene und im Vorgebirge, selten. Schweidnitz, Breslau. Lathridius Herbst. 1. L. lardarius Degeer, acuminatus Payk., quadratus Panz. In der Ebene und den Gebirgsthälern unter faulenden Pflanzenstoffen, selten. Ratibor, Breslau, Liegnitz, Glogau, Buchwald bei Schmiedeberg, Glatz. 2. L. angulatus Mannh., angusticollis Thoms. In der Ebene und im niederen Gebirge unter Laub u. s. w., ziemlich häufig. Teschen, Rauden (Orangerie-Gebäude, Roger), Breslau, Glogau, Liegnitz, Hessberge, Horn- schloss, Altvater-Gebirge, Alt-Haide bei Reinerz. 3. L. angusticollis Hummel, Tremulae Thoms. In der Ebene und im Vorgebirge bei Formica rufa und anderen Ameisen, sehr selten. Oder- berg, Liegnitz, Grafschaft Glatz. 4. L. alternans Mannh. Unter der schimmelnden Rinde eines eichenen Zaunpfahles bei Paskau in Mehrzahl (Reitter). 5. L. rugicollis Oliv. In der Ebene und im Vorgebirge, sehr selten. Thal der Ostrawitza (in Fichtenzapfen, Reitter), Liegnitz (Gerh.), Glogau (Quedenfeldt). | Coninomus Thomson. 1. C. carinatus Gyl., ineisus Mannh., limbatus Förster. In der Ebene und im Gebirge unter Rinde, in den Nestern der Formica fuliginosa u. Ss. W., selten. Teschen, Rauden, Breslau, Waldenburger Gebirge (Hochwald). 2. C. constrictus Humm. In der Ebene und im Vorgebirge, sehr selten. Liegnitz, Zobten-Gebirge. Eniemus Thomson. 1. E. (Conithassa Th.) hirtus Gyl. In der Ebene und im Vorgebirge an Baumschwämmen, schadhaften Stellen alter Baumstämme u. s. w., ziemlich selten. Rauden, Breslau (Juni und Juli), Festenberg, Glogau, Liegnitz. 2. E. (Conithassa) minutus L., porcatus Hbst., anthracinus Mannh., assimilis Mannh., scitus Mannh., minutissimus Motsch. In der Ebene und im Gebirge bis 4600 Fuss an fauligen Bäumen, frischem und altem Holz- 182 Jahres - Bericht werk, schimmeligen Stubenwänden u. s. w. durch das ganze Gebiet häufig in allen seinen Varietäten. 3. E. (Conithassa) consimilis Mannh. In Gebäuden sehr selten. Breslau. | 4. E. testaceus Steph., cordaticollis Aub., crenicollis Thoms. Bis jetzt nur ein Mal in Wättrisch bei Jordansmühl aufgefunden (v. Rottenb.). Das Exemplar befindet sich in meiner Sammlung. 9. E. rugosus Hbst., rugipennis Mannh., planatus Mannh. In der Ebene und im niederen Gebirge an Baumschwämmen, unter der Rinde alter Bäume, in hohlen Eichen u. s. w., ziemlich selten. Teschen (Reitter), Rauden, Breslau, Festenberg (Lottermoser), Liegnitz, Bögenberge, Graf- schaft Glatz, Altvater-Gebirge. 6. E. fungicola Thoms. In der Ebene und im Vorgebirge unter Baumrinden, ziemlich selten. Breslau, Liegnitz, Münsterbereg. 7. E. transversus Oliv., sculptilis Humm. In der Ebene und im Vor- gebirge unter Laub, Gerölle u. s. w., häufig. Rauden, Ratibor, Breslau, Trebnitzer Hügel, Zuschenhammer bei Medzibor, Liegnitz, Glogau, Schweidnitz, Reichenstein. 8. E. carbonarius Mannh., brevicornis Mannh. In der Ebene und im niederen Gebirge an Baumstämmen, Pilzen u. s. w., selten. Breslau, Liegnitz, Altvater-Gebirge, Reinerz (Engert). Cartodere Thomson. 1. C. elongata Mannh., angustata Steph., Var. clathrata Mannh. In der Ebene und im Vorgebirge, an schimmeligem Holz- und Mauerwerk, in Kellern u. s. w., auch bei Formica fuliginosa, zuweilen häufig. Ratibor, Rauden, Breslau, Liegnitz, Schweidnitz. 2. C. ruficollis. Marsh., liliputana Villa, collaris Mannh., Var. esilis Mannh., Var. concinna Mannh. & nanula Mannh. In der Ebene und im Gebirge bis gegen 4000 Fuss unter Rinden, an schimmeligen Wänden, an Holzverkleidungen der Gemächer u. s. w., zuweilen ziemlich häufig. Breslau, Liegnitz, Waldenburger und Riesengebirge (Peters- und Spindler- Baude). 3. C. filiformis Gyl., parallela Mannh., Var. tantilla Mannh. In der Ebene und im Vorgebirge an schimmeligem Holz, an Wänden u. s. w., zuweilen ziemlich häufig. Ratibor, Breslau, Militsch, Liegnitz, Glogau, Reichenbach. Corticaria Marsham. 1. C, pubescens Gyl., Var. piligera Mannh. In der Ebene und im niederen Gebirge unter Rinden, faulenden Pflanzenstoffen, in und an Gebäuden u. s. w., ziemlich häufig (die Var. piligera viel seltener). Ustron, Teschen, Rauden, Ratibor, Breslau, Glogau, Liegnitz, Schweidnitz, Grafschaft Glatz. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 183 2. C. crenulata Gyl. In Gebäuden, sehr selten. Ratibor, Breslau. 3. C. fulva Comolli, erenicollis Mannh., hirtella Thoms. An schimme- ligen, feuchten Stubenwänden, in Kellern, an Häusern u. s. w., zuweilen häufig. Rauden, Breslau, Liegnitz, Hirschberger Thal, Waldenburg. 4. C. umbilicata Beck., eylindrica Mannh., borealis Wollast., umbilicifera Mannh., eribricollis Fairm. In der Ebene und im Vorgebirge unter Rinden u. s. w., selten. Lubowitz bei Ratibor, Breslau, Liegnitz, Hessberge, Hirschberger Thal. 5. C. denticulata Gyl. Unter Rinden, in hohlen Bäumen u. s. w., selten. Birnbäumel bei Sulau, Liegnitz (in Eichenmulm, Gerh.), Graf- schaft Glatz. 6. ©. impressa Oliv., longicornis Hbst., Var. badia Mannh., campicola Mannh. In der Ebene und im Gebirge bis gegen 4000 Fuss unter Rin- den, an frisch geschlagenem Nadelholz, in Kellern, an mit Schimmel be- deckten Wänden u. s. w., ziemlich selten. Ustron, Rauden, Breslau, Liegnitz, Glogau, Kohlfurt, Kamm des Riesengebirges (schwarze Koppe, Grenzbauden). 7. C. longicollis Zett., formiceiorum Mannh., melanophthalma Mannh. In der Ebene und im niederen Gebirge, bei Formica fuliginosa und rufa, ziemlich selten. Rauden, Breslau, Trebnitzer Hügel, Zuschenhammer bei Medzibor, Grafschaft Glatz. 8. C. serrata Payk., Motschulskyi Kol., Var. asxillaris Mannh., Var. laticollis Mannh., lacerata Mannh. In der Ebene und im Gebirge bis 3800 Fuss an Mauern, in Häusern, unter Baumrinden, an frisch ge- schlagenen Nadelhölzern u. s. w., ziemlich häufig. 'TFeschen, Rauden, Breslau, Sulau, Glogau, Liegnitz, Grafschaft Glatz, Riesengebirge (schwarze Koppe). 9. C. bella Red. Im Vorgebirge, sehr selten. Reichenbach, Schweidnitz. 10. €. Mannerheimüi Reitt., longicollis Mannh. Bis jetzt wurde nur ein von Reitter bestimmtes Stück von mir gefangen. 11. C.linearis Payk., Baikalica Mannh., Var. rubripes Mannh. In der Ebene und im Gebirge, sehr selten. Lüben (Gerh.), Glatzer Schneeberg. 12, C. foveola Beck. In der Ebene und im Vorgebirge, selten. Zuschenhammer bei Medzibor, Liegnitz (auf Carduus acanthoides), Hess- berge, Grafschaft Glatz. 13. C. obscura Bris. In der Ebene, selten. Breslau. Liegnitz. 14. (. elongata Humm. In der Ebene und im Vorgebirge unter Rinde, Gerölle u. s. w., auch bei Formica fuliginosa, ziemlich selten. Freistadt an der Olsa, Rauden, Ratibor, Kupp, Breslau, Liegnitz, Bögenberge. 15. C. fenestralis L., ferruginea Marsh., nigricollis Zett., rufula Zett., nigriceps Wil. In Gebäuden, an Mauern u. s. w., selten. Breslau, Liegnitz, Mühlgast bei Steinau. 184 Jahres - Bericht Melanophthalma Motschulsky. 1. M. gibbosa Hbst. In der Ebene und im Gebirge auf Bäumen und Gesträuchen, in Blüthen u. s. w. durch das ganze Gebiet gemein. 2. M. transversalis Gyl., brevicollis Mannh., Var. taurica Mannh. In der Ebene und im niederen Gebirge auf verschiedenen Blüthen, bei For- \ mica rufa u. s. w., ziemlich selten. Teschen, Ratibor, Breslau, Hirsch- berger Thal, Riesen- und Schneegebirge. 3. M. fuscipennis Mannh. Im der Rottenberg’schen Sammlung befindet sich ein Stück, welches bei Mühlgast unweit Steinau a. O. gefangen ist. 4. M. similata Gyl., Var. parvula Mannh., Var. subtilis Mannh. In der Ebene und im niederen Gebirge, ziemlich selten. . Breslau, Liegnitz, Grafschaft Glatz. 5. M. fuscula Humm., Var. trifoveolata Redt. In der Ebene und im niederen Gebirge auf verschiedenen Blüthen durch das ganze Gebiet gemein. | 6. M. truncatella Mannh. In der Ebene und im Gebirge, ziemlich selten. Breslau, Liegnitz, Altvater-Gebirge. Dasycerus Brogniart. 1. D. sulcatus Brogn. In der Ebene in Wäldern, unter Moos, im Moder u. s. w., sehr selten. Rauden (Ende Mai aus Moos von einer Eiche, Roger). Derselbe hielt einen Vortrag über die europäischen Arten der Gattung Balaninus und sprach die Ansicht aus, dass der so seltene B. elephas Schönh. bisher von den schlesischen Entomologen verkannt worden und das Vorkommen desselben in Schlesien ihm noch zweifel- haft sei. Derselbe setzte die Unterschiede zwischen Callidium clavipes Fab., C. macropus Germ. (pilicolle Thoms.) und C. femoratum L. auseinander und erläuterte dieselben durch vorgezeigte schlesische Exemplare. — Zugleich zeigte derselbe Callidium caucasicum Desbr. und mehrere andere Coleoptern aus dem Kaukasus vor. Derselbe legte auffallend kleine Exemplare von Prionus coriarius, Lamia textor, Spondylis buprestoides, Callidium luridum, violaceum und variabile, Hylotrypes bajulus, Serropalpus striatus, Apate capucina und meh- reren anderen Arten zur Ansicht vor, welche hinsichtlich ihrer Länge kaum die Hälfte der grossen Stücke ihrer Art massen. Derselbe zeigte ferner Anisarthron barbipes, Coccinella hieroglyphica und die schwarze Form der Coc. impustulata vor, welche Herr Studiosus Standfuss, die ersten beiden Arten bei Reinerz, die letzte in mehreren Stücken bei Parchwitz gesammelt und ihm freundlichst überlassen hatte. — der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 185 _ Was die schwarze Form der Coccinella impustulata L., nämlich die Var. flavipes Westw. (vidua Oliv.) betrifft, so ist dieselbe in den letzten Jahren um Breslau, Neumarkt und Parchwitz auf Eichen öfterer aufgetreten, als es früher der Fall war; ich selbst besitze von derselben 18 Exemplare. Eigentliche Uebergänge in der Färbung von der gelben oder blassröthlichen, mit 16 schwarzen Flecken auf den Decken ver- sehenen C. impustulata zu der ganz schwarzen flavipes Westw. sind von mir nur am Thorax beobachtet worden, bei welchem die 7 schwarzen Punkte allmälich ebenso zusammenfliessen bei den mehr gelben, als den ganz schwarzen Stücken. Bei den Deckschilden sind in Schlesien _ solehe Uebergänge bis jetzt noch nicht beobachtet. Die das meiste Schwarz zeigenden Stücke (bei denen also die 16 schwarzen Fleckchen ‚allmälich vergrössert und zusammengeflossen sind) haben immer noch die Basis, den (vorn, mitten und hinten verbreiterten) Seitenrand und zwei viereckige Flecken auf der Mitte jeder Decke unfern der Naht gelb oder blassroth. Trotzdem die Punktirung bei der C. flavipes ein wenig stärker ist, möchte ich sie doch nicht für eigene Art halten. — Die Coceinella areata Panz., von welcher ich ein schlesisches Stück besitze, gehört zu Coc. bipunctata. Der zeitige Secretair hielt ferner einen Vortrag über den Status der schlesischen Coleoptern-Fauna am Ende des Jahres 1878. Im Jahre 1878 sind für die schlesische Käferfauna als neue Arten zugetreten: | 1. Aleochara villosa Mannh. Bis jetzt nur bei Steinau (v. Rottb.), Liegnitz (Gerhardt) und Breslau. 2. Aleochara grisea Kriz., senilis Rey, nitidula Thoms. Ein von Herrn Dr. Eppelsheim bestimmtes Stück wurde von mir im Riesengebirge ge- sammelt. 3. Homalota alpestris Heer, nitidiuscula Sharp, procedens Eppelsh. Bei Ustron und Reichenstein in mehreren Stücken von mir gefunden. Diese, wie die folgenden Homalota-Arten hat Herr Dr. Eppelsheim zu bestimmen die Güte gehabt. 4. Homalota pagana Er., arvicola Thoms. Von Herrn v. Bodemeyer bei Heinrichau, von mir am Glatzer Schneeberge gesammelt. 5. Homalota aquatilis Thoms. Auf einer feuchten Bergwiese, ober- halb Reichenstein von Herrn v. Bodemeyer in der Gesellschaft der Gym- musa variegata ziemlich häufig, von v. Rottenberg und mir einzeln am Glatzer Schneeberge gefangen. Neu für Deutschland. 6. Homalota insecta Thoms. In der Ebene und im Gebirge, ziemlich selten. Glatzer Schneeberg (v. Bodemeyer), Riesengebirge, Grafschaft - Glatz (Reinerz, Albendorf), Breslau, Liegnitz. 186 Jahres - Bericht 7. Homalola pieipes Thoms., fuscofemorata Waterh. Glatzer Schnee- berg (v. Bodemeyer und ich), Wättrisch bei Jordansmühl. 8. Homalota putrida Krtz., assimilis Eppelsh. Bis jetzt nur von Herrn v. Bodemeyer und mir im Glatzer Schnee- und Riesengebirge (Melzergrund), sowie im Katzbachgebirge (Kauffungen). 9. Homalota consanguinea Eppelsh. Ein Stück von mir im Walden- burger (?) Gebirge aufgefunden. 10. Homalota contristata Kriz. Zwei Stück von mir, das eine am Glatzer Schneeberge, zwei andere aus dem Riesengebirge (v. R.). 11. Homalota subsinuata Er. Bis jetzt nur bei Liegnitz (Gerh.) und Breslau (bei Carlowitz im August von mir) beobachtet. 12. Cryptophagus umbratus Er., niger Bris. Ein Stück wurde von mir unter Weidensträuchern im Bette der alten Oder, ein zweites in einer Schulstube in Breslau gefunden. 13. Cryptophagus cylindrus Kiesw., parallelus Bris. Ein Stück bei Paskau (Reitter, 2. Nachtr. zur Käferfauna von Mähren und Schlesien). 14. CUryptophagus rufus Bris. Ein Stück in Pöpelwitz bei Breslau. 15. Cryptophagus validus Kris. Ein Exemplar im Riesengebirge (v. Rottenberg). 16. Micrambe villosa Heer, pilosula Er. Im Vorgebirge und niederen Gebirge, ziemlich selten. Hessberge, Wartha, Glatzer Schneeberg. 17. Atomaria pilosella Reit. Zwei Exemplare in Rottenberg’s Sammlung. 18. Lathridius alternans Mannh. Bei Paskau von Reitter entdeckt. 19. Enicmus consimilis Mannh. Bei Breslau, selten (von mir). 20. Corticaria bella Red. Im Vorgebirge, selten. Reichenbach, Schweidnitz. 21. Melanophthalma fuscipennis Mannh. Ein Stück bei Mühlgast un- weit Steinau (v. Rottenberg). 22. Callidium macropus Germ., celavipes Gyl., pilicolle Thoms.. Wurde bisher von den schlesischen Entomologen mit Callidium elavipes F. ver- mengt, daher eine Anzahl der bei dieser Art angegebenen Fundorte ganz gewiss zu ©. macropus gehört. Gewiss sind nur für diese Art: Breslau (im Juni), Neumarkt, Liegnitz, Ohlau. In Schlesien häufiger als Call. clavipes F. Dagegen scheiden in Folge der Revision der europäischen Crypto- phagidae und Lathridiidae von E. Reitter (als keine guten Species zu anderen Arten als Synonyme oder Varietäten gezogen) aus: 1) Atomaria amplipennis Reitt., Var. von Atomaria plicata Reit. — 2) Atomaria munda Er. = Atomaria pulchella Heer. — 3) Ephistemus gyrinoides Marsh. = E. globulus Payk. — 4) Lathridius incisus Mannh., zu Coninomus carinatus Gyl. gezogen. -—- 5) Lathridius anthracinus Mannh., 6) Lathr. scitus Mann. und 7) Lathr. assimilis Mannh., Formen von Eniemus minutus L. — der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 187 8) Lathridius rugipennis Mannh. und 9) Laihr. planatus Mannh. = Enicmus rugosus Hbst. — 10) Lathridius clathratus Mannh. = Cartodere elongata Curt. — 11) Corticaria piligera Mannh., Var. von Cort. pubescens Gyl. — 12) Corticaria badia Mannh. und 13) Cort. longicornis Hbst., mit Cort. im- pressa Oliv. vereinigt. — 14) Corticaria brevicollis Mannh. = Melanophthalma transversalis Gyl. — 15) Corticaria trifoveolata Redt., Var. von Melanophthalma fuseula Hummel. Am Ende des Jahres 1877 zählte Schlesien 4232 Käferspecies. Im Laufe des Jahres 1878 traten dazu nach vorstehendem Verzeichnisse 22 _ neue Arten. Dagegen sind in Abgang zu bringen die vorstehend aufge- führten eingezogenen 15 Arten; es beträgt demnach die Zahl der schle- sischen Coleoptern-Arten am Ende des Jahres 1878 nur 4239 Species. \ Derselbe theilte ferner mit, dass Sonnabend, den 3. August, des Nachmittags, oder Sonntag, den 4. August, des Vormittags, ein Ameisen- sehwarm über die Stadt Breslau gezogen sein müsse, da er auf einem Wege durch die Stadt an letztgenanntem Tage zwischen 12 und 4 Uhr Nachmittags eine Menge einzelner Ameisen auf dem Strassenpflaster umherkriechend bemerkt habe, ganz so, wie dies jedesmal nach einem _ Ameisenschwarme beobachtet werde. Die Thiere gehörten dem Lasius niger an und hatten, bis auf, wenige, bereits die Flügel verloren. w “ 188 Jahres - Bericht IV: Bericht über die Thätigkeit der medicinischen Section im Jahre 1878, erstattet von den derzeitigen Seeretairen Prof. Dr. Freund, Prof. Dr. Cohnheim und für letzteren vom 21. Juni ab Privatdocent Dr. Grützner. In der Sitzung am 25. Januar hielt Herr Dr. Carl Elias einen Vortrag über die operative Behandlung des Empyems bei Kindern. Er gab zunächst eine Zusammenstellung der verschiedenen Ope- rationsverfahren, die sich auf folgende fünf Hauptmethoden redueiren lassen: 1) Die einfache Punction. Sie ist die älteste; wurde früher mit dem Messer, seit Heister meist nur mit dem Troicart ausgeführt. Die bei den älteren Aerzten vielfach vorhandene Furcht vor dem Eintritt der Luft in Empyemhöhlen gab Veranlassung zur Construction von Troi- carts zum Luftabschluss bei der Punction, wie der von Schuh, Reybard. Malgaigne wies experimentell die Unschädlichkeit des Lufteintritts in die eiternde Pleurahöhle nach; Roser behandelte Empyeme gradezu mit Einpressen von frischer atmosphärischer Luft. Dies Verfahren wurde von Wuinke modifieirt. 2) Punetion mit Einlegen von Metalleanülen, Gummiröhren, Bou- gies etc. Hierher gehören die verschiedenen Methoden von Cattaneo, Playfair, Sedillot, Piorry, Trousseau, Kussmaul, Girgen- sohn. 3) Die Aspiration, von Gu&6rin zuerst angewendet, in England von Bowditsch und Russel. Seitdem Dieulafoy seinen Aspirateur der Academie med. in Paris vorgelegt hat, fand diese „Aspiration ‘der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 189 - eapillaire‘‘ bedeutende Anhänger wie Bouquoy, Bouchut, Castiaux, Behier, Liebermann. Potain vereinfachte den Aspirateur von Dieulafoy und verbesserte die Canüle. Als die einfachsten und besten müssen die von Potain und Thompson gelten. E. hebt die ver- schiedenen Gefahren der Aspiration capillaire beim Empyem hervor. 4) Der Schnitt, seit langer Zeit von den bedeutendsten Chirurgen Deutschlands und Frankreichs geübt; in den letzten Jahren meist mit der Drainage verbunden, die bei kleinen Kindern wegen der Enge der Intereostalräume nicht ausführbar ist und sich darum nur für grössere eignet. 5) Die Resection der Rippen, von Roser empfohlen; bei Kin- dern zuerst von Walter gemacht. Eine darauf folgende Statistik von 48 Empyemen bei Kindern, aus der Literatur zusammengestellt, ergab: die Pleura-Affeetion meist links- seitig und bei Knaben, und sprach zu Gunsten der Punction mit Einlegen von Canülen und des Schnittes mit Offenhalten der Wunde und Aus- spülungen der Pleurahöhle mit desinfieirenden Flüssigkeiten. Zum Schluss stellte E. einen 5'/,jährigen Knaben vor, der ein hoch- gradiges linksseitiges Empyem gehabt hatte, so dass das Herz bis nach rechts von der linea mammillar. dextra verdrängt war. Bei einer am 19. Tage der Erkrankung vorgenommenen Punction nach Reybard wurde ein grosser Tassenkopf dicken grünlichen Eiters entleert; am folgenden Tage noch eirca °/, Liter davon. Die Behandlung bestand in täglichen Ausspülungen mit einem Katheter ä& double courant, worauf die Punctionsöffnung mit einem Charpie-Bour- donnet verstopft wurde, da der Knabe das Einlegen eines Bougies nicht vertragen konnte. Das Einlegen eines geeigneten Gummidrainrohres war wegen der Enge der Zwischenrippenräume nicht möglich. Um einen fortwährenden Abfluss des Eiters zu ermöglichen, wurde eine Zoll lange Ineision zwischen der 5. und 6. Rippe in der lin. axill. sin. gemacht. Nach mehreren Tagen verkleinerte sich die Schnittwunde durch üppige "Granulationsbildung derartig, dass der Abfluss ungenügend war und die Temperatur 10-12 Stunden nach der Ausspülung um 1—1'), Grad C. stieg. E. liess nun eine silberne Canüle & double courant (von der Form einer Trachealcanüle) anfertigen. Diese ist 7 cm lang und 4'/, mm dick und hat ein verschiebbares Schild, wodurch dieselbe je nach Ver- ‚kleinerung der Pleurahöhle beliebig verkürzt werden kann. Diese Thorax- eanüle entspricht allen Indicationen bei Behandlung des Empyems. Voll- kommene Entleerung, fortwährender Abfluss des Secretes, leicht und ‚mit grosser Reinlichkeit ausführbare Ausspülung der Pleurahöhle. Nach Einlegen derselben in die Ineisionswunde war keine T’emperatursteige- rung mehr zu constatiren und wurde die Canüle durch allmähliche Ver- _ kürzung bis zur vollständigen Verwachsung der beiden Pleurablätter in 190 Jahres - Bericht der Wunde gelassen. Nach ihrer Entfernung heilte die Wunde inner- halb 4 Tagen. Deformitäten sind weder an der Wirbelsäule noch an dem Brustkorbe vorhanden. Dieselbe Canüle eignet sich eben so gut zur Behandlung des Empyems bei Erwachsenen, muss jedoch um 1 bis 1‘), em länger sein. Hierauf sprach Herr Professor Dr. Freund im Anschlusse an den im December 1877 über die intraligamentäre Entwickelung von Ovarial- tumoren gehaltenen Vortrag über einen Fall von intraligamentärer und retroperitonealer Entwickelung eines grossen Fibromyoms und die operative Entfernung desselben mittelst Laparotomie. In der Sitzung am 8. Februar berichtete Herr Privat-Docent Dr. Viertel über einen Fall von Rhachitis. Ein hochgradig rhachitischer Knabe zeigte in den letzten Wochen vor seinem Tode die Symptome der Polyurie; er liess viel und oft Urin, war dabei so durstig, dass er in unüberwachten Momenten seinen eigenen Urin trank. Der Urin war frei von allen abnormen Beimengungen und zeigte nur Spuren von Eiweiss. Die Section erklärte die Erscheinungen im Urogenitaltract. Im Anschluss an den Vortrag des Herrn Dr. Viertel demonstrirt Herr Dr. Lassar die dazu gehörigen Präparate. Er macht namentlich auf das Becken aufmerksam, welches so eng war, dass der Inhalt des Rectum comprimirend auf die Urethra wirkte und eine Stauung mit consecutiver Erweiterung der Blase, der Uretheren und des Nierenbeckens hervorbrachte. Die Hypertrophie des Herzens ist andererseits eine Folge der Hydronephrose. Hierauf sprach Herr Professor Dr. Freund über Exstirpatio uteri totius. Der Vortrag ist in der Volkmann’schen Sammlung erschienen. In der Sitzung am 22. Februar hielt Herr Professor Dr. Voltolini einen Vortrag über fremde Körper im Ohre und deren Entfernung. Der Vortragende erläutert zunächst durch anatomische Präparate und Abbildungen den Bau des Gehörganges und zeigt, warum fremde Körper, wenn sie nicht sehr klein sind, von selbst nicht wieder aus dem Gehörgange fallen können, wenn sie in denselben gerathen sind. Der knorplige Theil des Gehörganges nämlich bildet am Eingang desselben einen nach vorn vorspringenden spitzen Winkel, so dass die Richtung des Gehörganges zuerst von hinten nach vorn, dann von vorn nach hinten der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 191 und dann erst einwärts geht. Bei jenem Eingang ist daher der Gehör- gang auch am engsten, nach der Knickung wird er weiter. Ein fremder Körper, der also in den Gehörgang geräth, ist wie ein Pfropfen, welcher in eine Flasche gefallen — er kann nicht wieder zurück. Keine Unter- suchung des Gehörganges und keine Einspritzung in denselben kann da- her auch genügend vorgenommen werden, wenn nicht jene Kniekung vorher ausgeglichen wird. Dies geschieht dadurch, dass man die Ohr- muschel nach aussen, hinten und oben zieht. Aber auch die Auskleidung des Gehörganges ist für unser Thema von grosser Wichtigkeit; die äussere Haut (cutis) besitzt, so lange sie noch den knorpligen Theil des Gehörganges überzieht, eine Dicke von 1,5 mm; sowie sie aber den Knorpel verlässt und auf den knöchernen Gehörgang übergeht, wird sie plötzlich 15 mal dünner, nämlich 0,1 mm; zugleich ist sie hier so innig und fest mit dem Periost verwachsen, dass es eher gelingt, sie mit sammt dem Periost vom Knochen abzuziehen, als vom Periost zu trennen. Daraus resultirt schon der wichtige Vorgang, dass jede Entzündung der Cutis des Gehörganges zugleich eine Periostitis ist, und dass so äusserst leicht die ganze Auskleidung des Gehörganges durch Instrumente ver- letzt und der Knochen blossgelegt wird, man daher niemals blindlings mit einem Instrumente ins Ohr eingehen darf, sondern immer nur so weit, als man die Spitze des Instrumentes mit dem Auge verfolgen kann. Bei dem Thema von den fremden Körpern im Ohre sind vor Allem zwei Punkte ins Auge zu fassen: 1) Giebt es Patienten, die glauben, sie haben einen fremden Körper im Ohre und haben doch keinen darin. - Diese Empfindung wird besonders manchmal hervorgerufen durch eine acute Entzündung des Trommelfelles, als ob ein Thier im Ohre sich hin und her bewege. 2) Noch öfter kommt es vor, dass Patienten jahre- lang einen fremden Körper im Ohre haben, ohne eine Ahnung davon zu besitzen und selbst auch nicht wissen, wie er ins Ohr gerathen. Aus allem diesen folgt, wie nothwendig im einzelnen Falle eine genaue Unter- suchung des Ohres ist. Die fremden Körper können nur sein entweder lebende Thiere oder todte Substanzen. Von ersteren kann jedes Insect ins Ohr gelangen, was nur darin Platz hat, aber mit Unrecht steht der Ohrwurm (Forficula aurieularis) in besonderem Verdacht. In Breslau, welches mit Schwaben gesegnet ist, kriechen nicht selten diese Thiere ‘ des Nachts in das Ohr und wenn sie sehr gross sind, können sie sich im engen Gehörgange nicht wieder umdrehen und dringen vorwärts auf das Trommelfell zu, zumal jeder Patient unwillkürlich mit dem Finger nach dem Ohre greift; sie verursachen entsetzliche Beschwerden. Die Sehmeissfliege legt sehr gern bei riechendem Ohrenfluss, während des Schlafes des Patienten, ihre Eier in den Gehörgang, wo sich dann in - kurzer Zeit der ganze Gehörgang voll Maden füllt, die hier vortrefflich gedeihen. Von todten Körpern kann ebenfalls alles Mögliche in das Ohr 192 Jahres - Bericht gerathen, sowohl bei Erwachsenen als bei Kindern. Letztere stecken häufig in das Ohr, was nur darin Platz hat: Bleistifte, Bohnen, Erbsen, Lupinen, Maiskörner, Johannisbrotkörner, Schrotkörner, kleine Steine etc. Besonders gefürchtet von Aerzten und Laien sind die quellenden Körper, wie Bohnen, Erbsen ete., aber die Sache ist nicht so schlimm, wie sie aussieht; sie quellen bis auf einen gewissen Grad, dann sterben sie ab, nachdem sie sogar vorher in diesem trefflichen Frühbeete gekeimt haben können. Was nun die Entfernung fremder Körper aus dem Ohre betrifft, so hat man bei den lebenden Thieren zunächst weiter nichts zu thun, als dass man sie durch Eingiessen der ersten besten Flüssigkeit, die man bei der Hand hat, Wasser, Milch, Kaffee, Thee, Spiritus, Oel u. s. f., tödtet; indem ihnen durch diese Flüssigkeiten die Tracheen verklebt werden, besonders durch Oel. Plinius gab schon den Rath: „Si animal ingrediatur aurem, juvat inspuere auribus.“ Alsdann übereile man sich nicht und lasse die todten Thiere einstweilen ruhig im Ohre. Was die anderen fremden Körper betrifft, so ist deren Entfernung häufig keine unbedeutende Operation und erfordert besondere Instrumente und Uebung, deshalb muss als oberster allgemeiner Grundsatz aufgestellt werden (für den Nicht-Specialisten): Von jedem Arzte kann man verlangen, dass er einen fremden Körper im Ohre ruhig liegen lässt; wenn er das thut, hat er seine Schuldigkeit gethan, wenn er mehr thut, hat er nicht seine Schuldigkeit gethan. Niemals macht ein fremder Körper an sich das Unheil, als unzweckmässige Operations-Versuche, die schon manchem Kranken das Leben gekostet haben, während, wenn man den fremden Körper im Ohre gelassen hätte, dies weiter nichts auf sich ge- habt 'hätte. Das einzige, was man unter allen Umständen vornehmen kann und zwar sofort, sind Einspritzungen von lauem oder kaltem Wasser in den Gehörgang — immer mit der Beachtung, dass man dabei den Gehörgang durch Ziehen an der Ohrmuschel in einen geraden Canal ver- wandelt; sonst helfen dieselben wenig oder nichts. Durch kräftiges Spritzen ist man meist im Stande, die verschiedenartigsten Körper aus dem Ohre zu entfernen; nur specifisch sehr schwere Körper, wie Schrot- körner, Steine u. dergl., folgen dem Wasserstrahle nicht. Der Vor- tragende hat aber hier ein Verfahren angegeben, dass auch solche Körper durch den Wasserstrahl entfernt werden können, wenn man nämlich das Trommelfell selbst dazu benutzt, dass der fremde Körper auf demselben wie auf einer schiefen Ebene herabrollt. Diese Stellung des Trommel- felles erzielt man, wenn man den Patienten in horizontale Lage mit hinten überhängendem Kopfe (also etwa auf einem Sopha, Tische) bringt und nun in dieser Lage die Einspritzungen vornimmt (immer mit der Beachtung, die Ohrmuschel dabei nach hinten zu ziehen); das Schrot- korn ete. rollt dann durch den Wasserstrahl aus dem Ohre heraus. Sind der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 193 quellende Körper erst so weit gequollen, dass sie völlig im Gehörgange eingekeilt sind, so stand man bisher rathlos da, die Entfernung war ohne äusserste Gefährdung des Patienten nicht möglich, da jede stärkere Berührung des entzündeten und verschwollenen Ohres die heftigsten Schmerzen verursacht. Der Vortragende hat seit längerer Zeit die Gal- vanokaustik mit dem trefflichsten Erfolge in solchen Fällen angewendet; da der fremde Körper empfindungslos ist, so kann man, natürlich nur mit den feinsten Brennern, in Pausen ganz dreist successive ein Loch in den fremden Körper brennen und ihn zerbrennen; er kommt dann ge- wöhnlich von selbst bis an den Eingang des Gehörganges nach vorn und kann leicht entfernt werden. Hat man keine Batterie, so lässt man den gequollenen Körper ruhig im Ohre und macht antiphlogistische Ein- giessungen und Umschläge (kaltes Bleiwasser u. dgl.). Den oben ausgesprochenen Grundsätzen huldigt ebenfalls König in seinem soeben erschienenen vortrefflichen Lehrbuch der Chirurgie (Berlin 1878, 5. 400). Ersagt: „... und man braucht nicht sofort die Entfernung & tout prix zu erzwingen.‘ Leider ist diese Anschauung noch nicht so recht in das Bewusstsein der Aerzte übergegangen und noch recht oft werden dem Kinde die Bestrebungen gefährlicher, als es die Fremd- körper selbst gewesen wären, wenn man sie ganz ruhig im Ohre ge- lassen hätte. In der Sitzung am 3. März sprach Herr Prof. Dr. Heidenhain über secretorische und trophische Drüsen-Nerven. Der Vortragende war bereits vor zehn Jahren bei seinen Unter- suchungen über die Unterkieferdrüse zu der Hypothese gelangt, dass die Wasserabsonderung in derselben und die Absonderung der löslichen organischen Bestandtheile von zwei verschiedenen Klassen von Nerven- fasern abhänge, deren Existenz seine neueren Untersuchungen an der Öhrspeicheldrüse ausser Zweifel stellen. Die .Parotis des Kaninchens liefert bei Reizung ihres cerebralen Ab- sonderungs-Nerven ein reichliches Secret von etwa 0,2 pCt. an orga- nischen Bestandtheilen und 0,7--0,3 pCt. an Salzen; bei Reizung des Halssympathicus ein sparsameres Secret von 5—6 pCt. an Albuminaten. _ Das erstere wird beim Kochen nur opalescent, das letztere gerinnt in seiner Masse zu einer steifen Gallerte.e. Besondere Control-Versuche lehrten, dass diese Verschiedenheit nicht durch die gefässverengende Wirkung des Sympathieus bedingt ist. Entsprechend der Verschiedenheit des Absonderungsproductes gestaltet sich das histologische Verhalten der Drüse bei Reizung ihrer beiderlei Absonderungs-Nerven durchaus verschieden. Im Ruhezustande sind die Zellen derselben an carminisirten Aleoholpräparaten gross, mässig körnig, 13 194 Jahres - Bericht mit kleinem gezacktem Kerne versehen. Dies Aussehen ändert sich nicht wesentlich, wenn sie unter dem Einflusse des cerebralen Absonderungs- Nerven (oder ins Blut injieirten Pilocarpins) grosse Mengen Secret (bis zu 14 cbem) entleert hat. Ist dagegen unter dem Einflusse des Sym- pathieus eine auch nur geringe Secretmenge (2—3 cbem) abgesondert worden, so zeigt sich ein vollkommen neues mikroskopisches Bild: die Zellen sind mehr oder weniger stark verkleinert, stark getrübt, die Kerne vergrössert, von runder Gestalt. Es stellt sich also heraus, dass die morphologische Aenderung der Secretionszellen nicht abhängt von denjenigen Bedingungen, welche die Wasserabsonderung herstellen, denn sonst müsste sie um so bedeutender ausfallen, je reichlieher diese stattgefunden, sondern von anderen Ein- flüssen, die in nichts anderem, als in der Einwirkung besonderer Nerven- fasern liegen können. Die Parotis des Hundes giebt Gelegenheit, die letzteren unmittelbar zu demonstriren. Ihr cerebraler Absonderungsnerv ist der nv. Jacobsonii, bei dessen Reizung ein Secret von geringem Eiweissgehalt entleert wird. Die Erregung des Sympathicus liefert keinen Speichel, sie ist aber gleich- wohl von mächtigem Einflusse auf die Drüsenzellen. Denn wenn man diesen Nerven gleichzeitig mit dem nv. Jacobsonii in Thätigkeit versetzt, steigt der Eiweissgehalt des durch den letzteren gebildeten Speichels unter günstigen Umständen auf das Zehnfache. In dem Sympathicus sind also keine Nervenfasern enthalten, welche Wasserabsonderung her- beiführen (secretorische Fasern), wohl aber solche, welche lösliche Secretbestandtheile durch einen direeten Einfluss auf den Stoffumsatz in den Drüsenzellen bilden (trophische Fasern). Ihr Einfluss auf die Zellen macht sich auch in dem mikroskopischen Bilde derselben nach längerer Reizung geltend. Der Vortragende leitet sodann aus dem Nachweise besonderer secre- torischer und besonderer trophischer Fasern ein allgemeines Gesetz der Speichelsecretion ab, welches zur Wiedergabe in diesem Referate seiner Verwickelung wegen nicht geeignet scheint, und bespricht schliesslich die verschiedenen bisher aufgestellten Theorien der Speichelabsonderung. In der Sitzung am 22. März sprach Herr Dr. Fick über die Mechanik des Hüftgelenkes. Der Vortragende erwähnt ganz kurz, dass von E. und W. Weber in der Mechanik der menschlichen Gehwerkzeuge eine Berechnung ange- stellt sei, der zufolge das Gewicht eines hängenden Beines gerade durch das Gewicht der nach oben drückenden Luftsäule aufgewogen werde, Diese Behauptung ist von Henke und später von Schmid als unrichtig nachgewiesen worden, da es sich zeigen lässt, dass ein hängendes Bein, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 195 dessen Muskeln und Bänder durchschnitten sind, erst luxirt wird, wenn das, Eigengewicht desselben durch beträchtliche Gewichte vermehrt worden _ ist. Daraufhin haben Henke und Schmid behauptet, dass die Basis der fixirenden Luftsäule gleich dem Querschnitt des Femurkopfes sei. Diese Behauptung steht mit den von Schmid angeführten Versuchen nur in sehr mangelhaftem Einklang und veranlasste den Vortragenden, mit Herrn Stud. Möbus in diesem Winter eine Reihe von Versuchen anzu- stellen, deren Ergebnisse kurz die folgenden sind: Von den bisherigen Untersuchern ist ausnahmslos ein höchst wichtiger Umstand, der Wider- stand der im Raume festgestellten Pfanne übersehen worden. Es musste ihnen deshalb entgehen, dass die Tragfähigkeit eines Hüftgelenkes ab- hängig ist, erstens von der Schwere der fixirenden Luftsäule und zweitens von der Stellung des Beckens, welche letztere zugleich die Richtung der fixirenden Luftsäule bestimmt. Die Schwere der fixirenden Luftsäule hängt nun selbstverständlich ab von der Grösse ihrer Basis. Diese Grösse ist aber keineswegs der Querschnitt des Hüftgelenkkopfes, wie Henke und Schmid annahmen; es ist dies deshalb nicht der Fall, weil der äussere Luftdruck sich durch die ineisura acetabuli und die fovea ace- tabuli auf einen Theil der Gelenkkopfoberfläche fortpflanzt und da- durch die von Henke und Schmid angenommene Basis zu gross er- scheinen lässt. In der Sitzung am 26. April sprach Herr Prof. Dr. Voltolini über eine neue galvanokaustische Batterie und neue galvanokaustische | Instrumente. Der Erfinder der Galvanokaustik, unser genialer Middeldorpf, hatte nach vielfachen Versuchen die Zink-Platina-Batterie von Grove als ‚die beste empfohlen. Später wandte er in der hiesigen Klinik fast nur die Kohlen-Zink-Batterie von Bunsen an, wahrscheinlich deshalb, weil das Platina bei der Zusammensetzung der Batterie, das er nicht selbst immer besorgen konnte, „leicht verdorben wird“. Wenn man nun auch sagen muss, dass die Galvanokaustik eine der grossartigsten Erfindungen ist, die jemals in der Mediein gemacht worden sind, so muss man doch auch andererseits offen gestehen, dass, so lange man zur Speisung der Batterien concentrirte Salpetersäure gebrauchte, die Galvanokaustik nie- mals eine weit verbreitete Anwendung finden konnte, da die Uebelstände zu bedeutend sind, welche mit dem Gebrauch dieser stärksten Säure verbunden sind. Nicht allein, dass man jeden Augenblick in Gefahr kommt, Zimmer, Möbel, Kleidungsstücke total zu ruiniren, sondern die salpetersauren Dämpfe oxydiren auch die leitenden Metalle und hemmen dadurch den Strom, so dass stets die sorgfältigste Reinigung aller leiten- den Verbindungen stattfinden muss. Auch die von v. Bruns warm 13% Bu Pi = E & 196 Jahres - Bericht empfohlene Zink-Eisen-Batterie leidet an denselben Uebelständen, ja an noch grösseren als jene Batterie, so dass sie trotz ihrer ausserordent- lichen Glühwirkung dennoch keine Verbreitung finden konnte. Der Vor- tragende hatte vor mehreren Jahren die Uebelstände dadurch etwas ver- ringert, dass er eine kleine portative Zink - Platina -Batterie construiren liess, da das Platina vor der Kohle den grossen Vorzug hat, schnell ge- reinigt werden zu können, durch blosses Abspülen mit Wasser, während die Kohle fast niemals wieder die einmal aufgesogene Salpetersäure fahren lässt, sondern, wo man sie auch hinstellt, beständig salpetrigsaure Dämpfe exhalirt; immerhin hat man doch aber auch mit dieser kleinen Batterie mit Salpetersäure zu thun. Schon lange hat man daher — auch bereits Middeldorpf — daran gedacht, die Salpetersäure zu umgehen und Batterien zu construiren, die nur mit einer Flüssigkeit gespeist werden, man gelangte aber zu keinem senügenden Resultate; es lag dies weniger an dem physikalischen Prineip der Batterie, sondern gleichsam mehr an dem Mechanismus der Hand- habung derselben. In neuester Zeit hat man sich nun immermehr diesen Batterien zugewendet, auch v. Bruns in Tübingen redet ihnen jetzt das Wort und hat eine solche eonstruirt, von der der Vortragende eine Ab- bildung vorlegt. Von allen dergleichen Batterien, die der Vortragende bis jetzt gesehen, sowie z. B. auch die von Trouv& in Paris, welche er auf dem Congres periodique internationale in Genf kennen lernte, giebt er einer den Vorzug, die er in Mailand angetroffen. Es ist eine Tauchbatterie von 21 Elementen, also ziemlicher Grösse und stammt ursprünglich aus England. Der Vortragende liess nun von dem hiesigen Instrumentenmacher Brade eine kleine portative Batterie nach dem- selben Prineip construiren, von nur etwa °/, Fuss Höhe und ', Fuss Breite, mit neun Elementen, welche eine ausserordentliche Glühwirkung äussert, so dass die stärksten Platin-Instrumente, die nur mit vier Ele- menten einer Middeldorpf’schen Batterie zum Glühen gebracht werden können, mit dieser kleinen Batterie fast bis zum Schmelzen erglühen. Dabei ist die Batterie schnell und leicht zusammen zu setzen und aus- einander zu nehmen; sie verbreitet keinen üblen Geruch. Die jedes- malige frische Füllung kostet 10 Pfennige, die ganze Batterie 45 Mark. Die Elemente befinden sich in einem Kasten von oben angegebenen Dimensionen. Wird der Deckel des Kastens geöffnet, so tritt sofort die Batterie in Wirksamkeit, wird der Deckel zugemacht, ist die Batterie ausser Thätigkeit, je nachdem man den Deckel viel oder wenig Öffnet, wirkt die Batterie stärker oder schwächer. Jeder Arzt kann somit diese Batterie während seiner Sprechstunden gefüllt im Zimmer haben, er hat nur nöthig, den Deckel zu öffnen, um sofort dieselbe in Wirksamkeit treten zu lassen und er wird in den meisten Fällen alle anderen Cauteria durch dieselbe entbehrlich machen. Die Batterie muss genau nach phy- EI he der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 197 sikalischen Gesetzen construirt sein, d. h. mit Berücksichtigung des Ohm’schen Gesetzes, nach welchem die Stromstärke gleich ist der elektro- motorischen Kraft dividirt durch den gesammten Leitungswiderstand; der letztere setzt sich zusammen aus dem Widerstande im Schliessungsbogen und dem Widerstande in der Säule selbst, dem sogenannten wesentlichen Widerstande. Wird dies Gesetz nicht genau berücksichtigt bei Con- struction der Batterie, dann giebt auch eine recht grosse Batterie noch nicht die Wirkung jener kleinen. Je grösser der Leitungswiderstand eines Metalles ist, desto stärker erglüht dasselbe; man kann dasselbe sich durch ein Experiment deutlich zur Anschauung bringen, wenn man einen Schliessungsbogen aus verschiedenen Metallen bildet, die verschieden leiten: Silber, Platin, Kupfer, Eisen, Messing, Aluminium u. s. w. Man sieht dann bei Schliessung des Stromes die verschiedenen Metalle ver- schieden glühen. Nach diesem Prineip hat der Vortragende ein neues ÖOperations-Instrument construirt, eine Zange, bei welcher jede der beiden Branchen für sich und selbständig erglüht. Was ferner ebenfalls einer allgemeinen Verbreitung der Galvano- kaustik hinderlich war, das war die ausschliessliche Verwendung des Platins bei Instrumenten, das man für unersetzlich hielt. Wegen seines hohen Preises war es gar nicht möglich, viel Operationen mit demselben in der Privatpraxis auszuüben, namentlich mit dem theueren Platindrathe zur Schlinge. Der Vortragende wendet schon seit etwa 10 Jahren statt des Platins den Eisendrath an, d. h. zur Schlinge Claviersaiten, d. i. Stahldrath, mit dem trefflichsten Erfolge, und hat dieser sogar einen nicht geringen Vorzug vor dem Platindrathe (den er gar nicht mehr anwendet), ‚nämlich den, dass er nicht so weich ist und eine gewisse Elastieität be- sitzt, weshalb er nicht so leicht sich verbiegt und reisst als der Platin- drath. Da die kleine neue Batterie eine so ausserordentliche Glühwirkung entfaltet, so kommt man selbst bei den stärkeren Platin-Armaturen in _ die Gefahr, dass dieselben schmelzen, wenn man nicht sehr vorsichtig ist. Dieser Umstand führt auf den Gedanken, auch für die Kauteren Eisen zu verwenden und sie so einzurichten, dass man jeden Augenblick aus einem beliebigen Stücke Eisendrath sich einen Brenner construiren kann, von beliebiger Gestalt und Grösse. Der Vortragende zeigte die Glühwirkung der Batterie, der neuen Zange, der Stahlschlinge, der Eisen- Armaturen und brachte sogar eins der stärkeren Platin-Instrumente zum Schmelzen. Die Batterie wird gespeist mit 1 Theil doppeltehromsaurem Kali, 1 Theil eonc. Schwefelsäure und 10 Theilen Wasser. Bei Aus- einandernahme der Batterie hebt man die Elemente aus dem Kasten und _ stellt sie in ein Waschbecken mit Wasser, worin man sie etwa 24 Stunden auswässern und dann trocknen lässt. Während alle angeführten Instrumente auf das trefflichste glühen, ist dies mit dem Porzellanbrenner von Middeldorpf nicht der Fall; es kommt dies daher, dass dieser 198 Jahres - Bericht mit kurzem diekem Platindrath für die Combination zur Säule berechnet ist, während diese Batterie zur Kette arrangirt ist. Da alle übrigen Instrumente vortrefflich glühen, so wäre es unzweckmässig, die Batterie wegen dieses einen Instrumentes zu ändern, sondern besser ist es, das Instrument zu ändern. Der Vortragende hat daher statt eines Porzellan- Brenners einen Platinbrenner construiren lassen von derselben Grösse und Gestalt wie der Porzellanbrenner, derselbe glüht trefflich, weil er nicht gar zu gross ist; für einen grossen würde eine grössere Batterie nöthig sein. Diese kleine Batterie so umzuändern, dass die Elemente auch zur Säule combinirt werden können, würde sie unnöthig vertheuern und die Wirkung in anderer Beziehung schwächen, da Schrauben oder Quecksilber, welehe zur Verbindung benutzt werden müssten, doch der Leistungsfähigkeit in etwas Eintrag thun. Der Platinbrenner ist in ge- wisser Beziehung noch zweckmässiger als der Porzellanbrenner, weil er glätter als dieser, ohne Rinnen und am stärksten an der Spitze glüht. In der Sitzung am 31. Mai sprach Herr Prof. Dr. Förster über combinirte Augenmuskel- Lähmungen cerebralen Ursprungs. In den drei vorgestellten Fällen sind durch Lähmung sämmtlicher Augenmukeln beide Augäpfel völlig immobil. Auch die oberen Augen- lider können nicht gehoben werden. Höchst auffallender Weise ist dabei die Pupillencontraetion auf Lichteinwirkung und Achsenconvergenz völlig intact, ebenso die Accommodation für die Nähe. Ausser der Lähmung der beiderseitigen nerv. oculomotor., trochlear., abduc. findet sich auch eine beiderseitige Lähmung der oberen Facialis- Aeste, so dass die Augenlider nicht fest geschlossen werden können. Der Krankheitsherd, welcher diese gleichzeitige Affeetion von acht Gehirnnerven bewirkt, muss nach der Ansicht des Vortragenden im Boden des Aquaeductus Sylvii (Kerne der nvi. oculomot. und trochlear.) und am Boden des 4. Ventrikels (Abducens-Kern und Facialis-Knie) sitzen. Der Herd reicht nach vorn nicht bis in den 3. Ventrikel, wo das Centrum für Accommodation und Pupillenbewegung liegt. Für die Ausdehnung des Krankheitsherdes in der Rautengrube (oder Vorhandensein eines zweiten isolirten Herdes) sprieht namentlich der Umstand, dass bei zweien der drei Kranken sich allmählich die deutlichsten Symptome der progressiven Bulbärparalyse (Schlingbeschwerden, Schwerbeweglichkeit der Zunge, Heiserkeit u. s. w.) entwickelt haben. Hierauf sprach Herr Prof. Dr. Oscar Simon über Granulations-Geschwülste der Haut und stellt zwei seltene Fälle dieser Hautkrankheit vor. Der erste Fall betrifft eine 48jährige Frau, welche mit zahlreichen Geschwülsten, deren einzelne Hühnereigrösse erreichen, übersäet ist. Aehnliche Fälle sind in 4 der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 199 der Literatur einige Male beschrieben und abgebildet. Vortragender zeigt, dass sowohl im vorliegenden Falle, wie in allen früheren, lang- dauernde Ekzeme dem Ausbruch der Geschwülste vorausgegangen sind, und er sucht nachzuweisen, dass Ekzeme im Stande sind, bei dazu dis- ponirten Patienten zu grossen Granulations-Geschwülsten zu führen. Der zweite Theil des Vortrages bezieht sich auf Lupus, welche _ Krankheit Vortragender, anderen Auffassungen entgegen, für eine Granu- - lations-Geschwulst hält, wie dies Virchow und Auspitz früher dar- gestellt haben. Er weist nach, dass sowohl vom klinischen als mikro- skopischen Standpunkte der Lupus als eine Krankheit eigener Art auf- zufassen sei. In der Sitzung am 21. Juni sprachen 1) Herr Prof. W. A. Freund und Herr Privat-Docent Dr. Ernst Fränkel: Ueber Totalexstirpation des Uterus mit Demonstration zweier von Prof. Freund operirter Fälle. — Dr. Fränkel wird den Vortrag in extenso in der Berliner klinischen Wochenschrift veröffentlichen. 2) Herr Privat-Docent Dr. Soltmann demonstrirte eine von ihm construirte Saugflasche, die beim Instrumentenmacher Härtel ange- fertigt und vom Reichspatentamt patentirt ist. Sie hat den Zweck, bei gewissen Krankheitszuständen der Säuglinge, durch die die Saugbethäti- sung derselben unmöglich oder gehindert ist, dennoch diesen durch be- sondere Vorrichtungen (pumpenartiges Mundstück und Klappenventil) leicht und ausreichend Nahrung zufliessen zu lassen. Der Gebrauch dieser Saugflasche empfiehlt sich daher namentlich bei den angeborenen Hem- mungsbildungen der Nase, der Lippen und des Rachens (Wolfsrachen und Hasenscharte), bei Missbildungen der Zunge u. s. w., die ein directes Saughinderniss abgeben, ferner bei den erworbenen entzündlichen Zu- ständen der Mund- und Nasenhöhle wie des Rachens, durch welche das Kind theils die zum Saugen erforderliche Mundstellung nicht machen kann, theils vor Schmerz bald vom Saugen absteht, namentlich bei der Stomatitis aphtosa und follicularis, beim ehronischen Schnupfen und den syphilitischen Affeetionen, endlich bei frühgeborenen oder mit allgemeiner Muskelschwäche behafteten — z. B. nach chronischen Diarrhöen herab- gekommenen Kindern, bei denen die Saugbethätigung = 0 ist und die Kinder dem allmählithem Hungertode entgegengehen. Die Flasche schliesst jede Action des Kindes aus. $. beschreibt die Flasche aus- führlich und demonstrirt den Mechanismus derselben. Er empfiehlt die- selbe, da er selbst damit bereits günstige Resultate bei genannten Krank- heitszuständen erzielt hat. In derselben Sitzung wurde die Wahl eines zweiten Secretairs für den nach Leipzig berufenen Prof. Dr. Cohnheim vorgenommen, dieselbe 200 Jahres - Bericht fiel durch Stimmenmehrheit auf den Privat-Docenten Dr. Grützner, welcher die Wahl annahm. In der Sitzung am 5. Juli demonstrirte zunächst Herr Dr. Schnabel einen Knaben mit einem monströsen Fuss; hierauf sprach Herr Professor Dr. Hermann Cohn über Extraction eines subretinalen Cysticercus mit Erhaltung des Sehvermögens und stellt die von ihm operirte Patientin vor. Bekanntlich gelangen Bandwurmeier zuweilen aus dem Verdauungscanal in das Blut, wandern mitunter durch ein Gefäss der Aderhaut unter die Netzhaut in die Nähe des Sehnerven und entwickeln sich dort zu Cysticercen. Die Netzhaut wird dann an dieser Stelle mehr und mehr abgelöst; es entsteht im Gesichtsfelde an der entsprechenden Stelle ein dunkler Fleck, der die Kranken zuerst auf ihr Leiden aufmerksam macht. Bis vor Kurzem betrachtete man nach Albrecht v. Gräfe’s War- nung alle in der hinteren Polgegend des Auges vorkommenden Cysticercen als von allen Entbindungsversuchen ausgeschlossen, weil man den totalen Verlust des Auges bei der Operation fürchtete;, aber alle diese Augen singen langsam an Entzündungen zu Grunde, gefährdeten das zweite Auge häufig durch sympathische Erkrankung und mussten meist wegen unerträglicher Schmerzen herausgenommen werden. Vor wenigen Wochen veröffentlichte jedoch Alfred Gräfe in Halle zwei Fälle, in denen es ihm durch genaue Berechnung gelungen war, den Ort des Thieres mit dem Augenspiegel so genau zu bestimmen, dass bei Umdrehung des Anges nach hinten die Stelle richtig getroffen und durch einen Einschnitt in die Sclera einmal ein Theil des Thieres und ein zweites Mal der ganze Wurm glücklich extrahirt werden konnte, Der Vortragende sah am 20. Juni eine 26jährige Patientin aus Schmiedeberg, die vor einigen Monaten an Bandwurm gelitten hatte und bei welcher der Augenspiegel einen lebenden Cysticercus nach aussen unten vom Sehnerven in der Gegend des hinteren Augenpols unter der Netzhaut zweifellos zeigte. Am 26. Juni operirte der Vortragende genau nach Gräfe’s Angaben, löste den äusseren Augenmuskel von seiner In- sertion ab, drehte das Auge so stark als möglich nach hinten, machte mit einem Staarmesser einen 10 mm langen meridionalen Einschnitt in der Nähe der berechneten Stelle in die Sclera und konnte mit einer Pinzette den Wurm unverletzt in seiner etwa 7 mm Durchmesser halten- den Blase ohne nennenswerthen Glaskörperverlust herausziehen; hierauf wurde der Muskel wieder angenäht und Druckverband und Kälte ange- wendet. Die Operation wurde ohne Chloroform ausgeführt. Die Heilung verlief ohne jede wesentliche Störung, so dass Patientin schon am 7ten der Schles, Gesellschaft für vaterl. Cultur. 201 Tage ausgehen konnte. Die Form des Auges war erhalten, Spannung gut, keine Beweglichkeitsbeschränkung, kein Schielen, ‘keine Farben- blindheit, Gesichtsfeld nach oben etwas vergrössert; Sehschärfe /,, wie vor der Operation, Schrift 2,0 wurde gelesen. Das Lager des Thieres zeichnete sich als hellweisse Stelle in der Aderhaut, an die sich die Netzhaut wieder angelegt hatte, aus; die Schnittnarbe in der Sclera be- fand sich in der Nähe desselben und konnte mit dem Demonstrations- spiegel von Peppmüller den Anwesenden bequem gezeigt werden. Alfred Gräfe’s sinnreicher Vorschlag hat also einen höchst dankens- werthen Fortschritt in der Behandlung eystiecereuskranker Augen zur Folge gehabt. Es ist nur zu wünschen, dass die Fälle gleich im Anfange zur Beobachtung kommen, d.h. bei der ersten Verdunkelung im Gesichts- felde, damit der Wurm extrahirt werden kann, bevor er zu arge Zer- störungen in dem Auge angerichtet hat. Hierauf sprach Herr Privat-Docent Dr. Kolaezek mit Rücksicht auf die in Breslau herrschende grosse Differenz der Meinungen unter den Aerzten bezüglich dieser Frage über den Werth des Luftröhrenschnittes bei der Kehlkopfbräune. An der Hand einer ausführlich eitirten Statistik dieser Operation sucht er nachzuweisen, dass mit Zuhilfenahme derselben in einer Epidemie von Kehlkopferoup bei Weitem mehr Kinder am Leben erhalten bleiben, als durch die blosse medicamentöse Behandlung der Krankheit; weiter- hin, dass die Resultate in fortschreitender Besserung begriffen sind, weil man gelernt hat, die Operation in einem frühen Stadium der Asphyxie vorzunehmen und die Nachbehandlung besser zu leiten. So sei es ge- glückt, in der hiesigen chirurgischen Klinik von 32 in dem letzten ein und einem halben Jahre tracheotomirten Kindern 18 (56 pCt.) zu retten, während von 35 in der Zeit von 1868-76 wegen Croup Öperirten nur 2 am Leben blieben. Jenes günstige Resultat verdanke man nach seinem Dafürhalten hauptsächlich der relativ früh, nämlich im ersten Beginne der Asphyxie ausgeführten Operation, wenn die Erstickungsangst des Kindes bei wirklichem Kehlkopferoup sich deutlich zu machen beginnt. Nach Erörterung der nach seiner Meinung besten Operationsmethode hebt er die wesentlich durch den Mangel eines zuverlässigen Wärterpersonals begründeten Schwierigkeiten der Nachbehandlung hervor. Doch lasse sich diesem Uebelstande gerade in grösseren Städten, den Hauptherden der epidemischen Kehlkopfbräune, durch methodische Heranbildung von Pflegepersonal leicht abhelfen. Zum Schluss sprach Herr Professor Dr. Berger über Hemiotrophia facialis progressiva, mit Demonstration eines Falles. Die interessante und äusserst seltene Affeetion, welche durch einen langsam fortschreitenden Schwund einer 302 Jahres - Bericht Gesichtshälfte gekennzeichnet ist, wird von der Mehrzahl der Autoren auf eine neurotische Ursache zurückgeführt und zwar insbesondere als eine Angioneurose oder Trophoneurose des Nervus trigeminus aufgefasst. Andere legen ein besonderes Gewicht auf eine primäre Be- theiligung des Hals-Sympathieus. Demgegenüber hat Lande in einer ausführlichen Monographie die Ansicht vertheidigt, dass es sich um eine ohne jeden Nerveneinfluss zu Stande kommende, idiopathische, essentielle Atrophie des Fettzellgewebes handelt. Eine Reihe von Fällen spricht mit grosser Wahrscheinlichkeit zu Gunsten einer neurotischen Pathogenese, in einer anderen Gruppe fehlen in der That alle klinischen Zeichen eines primären Nervenleidens, ohne dass jedoch selbst für diese Fälle die Möglichkeit einer isolirten Läsion trophischer Nervenfasern von der Hand gewiesen werden kann. Zu den letzteren gehört der demonstrirte Fall. Es handelt sich um einen achtjährigen, aus gesunder Familie stammenden, im übrigen vollständig gesunden und normal ent- wickelten Knaben. Im Alter von zwei Jahren fiel derselbe zu Boden, so dass er mit der rechten Gesichtshälfte auf ein ihm im Wege stehen- des Brett aufschlug. Ausser einer Suffusion in der rechten Wangen- gegend und einigen leichten Haut- Excoriationen daselbst war von einer schwereren Verletzung nicht die Rede. Etwa ein Jahr später fiel den Angehörigen die Atrophie der rechten Gesichtshälfte auf, welche seitdem stetig fortgeschritten ist. Genau der in Folge des Traumas suffundirten Wangenpartie entsprechend, hatte sich eine bräunliche Ver- färbung der Haut eingestellt und gerade hier ist der Schwund des Unter- hautfettgewebes ein äusserst hochgradiger. Der eausale Zusammen- hang der Krankheit mit der traumatischen Einwirkung auf die rechte Gesichtshälfte ist dadurch zweifellos sicherge- stellt. Ausser diesem ca. 2'/), em breiten, nach unten sich verschmä- lernden, bräunlichen Streifen, der sich von der unteren Schläfegegend (Grenze des Haarwuchses) 6'), em nach abwärts erstreckt, finden sich noch analoge verfärbte kleinere Hautstellen in der rechten Oberlippen- und Kinngegend. Innerhalb der ausgedehnten bräunlichen Partie, am unteren Jochbeinrande, zeigt sich eine ca. 20 Pfennig grosse, gruben- förmige Einsenkung, die sich namentlich bei mimischen Bewegungen auf- fallend vertieft. Die Stirn-Schläfe-Gegend ist von der Atrophie verschont. Die Haut der Wangen- und Kinngegend ist in hohem Grade atrophisch, offenbar in Folge eines sehr beträchtlichen Schwundes des subeutanen Fettgewebes, wie ein Vergleich der beiderseitigen Hautfalten ergiebt. Eine eigenthümliche Schiefstellung des Kinns ist wenigstens zum grössten Theile dadurch bedingt. Der Haarwuchs der rechten Augenbraue, ins- besondere aber die Cilien des rechten Unterlides, gegenüber der linken Seite, sparsam entwickelt. Die rechte Lidspalte ein wenig verkleinert. Temperatur, Seeretion, Sensibilität und Motilität der rechten Gesichts- b der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 203 hälfte, die elektro-muskuläre Contractilität, Speichelseceretion und Ge- schmack verhalten sich vollständig normal. Ebensowenig lässt der Zustand der grösseren Blutgefässe und der Muskeln einen Unterschied erkennen, mit Ausnahme des Orbicularis oris, der rechterseits etwas atrophisch erscheint, indem der von Schleimhaut bedeckte Theil der Lippen, insbesondere der Unterlippe, dünner und schmäler ist, als auf der gesunden Seite. Dagegen befindet sich eine entschiedene Betheiligung des Gesichtsskeletts an der Ernährungsstörung, und zwar kann dies so- wohl vom Unterkiefer, als vom Oberkiefer und Jochbein nachgewiesen werden, wie dies namentlich aus genaueren vergleichenden Maass- bestimmungen ersichtlich ist. Der rechte Nasenflügel ist verdünnt, die Nasenscheidewand nach rechts geneigt, das rechte Nasenloch auffallend verengt. Auch die rechte Zungenhälfte ist schmäler und dünner, als die linke, während die Zähne, das Gaumengewölbe, das 'Gaumensegel und das Zäpfchen keine erkennbare Asymmetrie darbieten, auch die Färbung des Zahnfleisches und der Mundhöhlenschleimhaut beiderseits gleich er- scheint. Der divergirende Haarwirbel am Scheitel liegt nicht in der Mitte, sondern ist auffallend nach rechts verschoben. Von bemerkens- werthem Interesse erscheint die Thatsache, dass der galvanische Leitungswiderstand der von der Atrophie befallenen Theile, gegenüber der normalen Gesichtshälfte, nicht unbeträchtlich er- höht ist. Es kann dies nur durch die pathologische Gewebsveränderung bedingt sein, und spricht bis zu gewissem Grade für die von Lande auseinandergesetzte Hypothese, welche neben der Atrophie des Fett- und Bindegewebes eine Persistenz des — relativ wasserarmen und schlecht leitenden — elastischen Gewebes voraussetzt. In der Sitzung vom 26. Juli 1878 demonstrirt 1) Herr Dr. Szuman eine Patientin, an der ein grosses Chondrom der oberen Rippen exstirpirt worden war. Es wurden mehrere Rippen resecirt, so dass die Patientin jetzt unterhalb der linken Clavicula ein zwei Fäuste grosses Loch zeigt, in dessen Grund das Herz pulsirt, nur bedeckt von der äusseren Haut. Die Lunge ist nicht atelektatisch; 2) spricht Herr Professor Heidenhain über Pylorus und Pan- kreas-Fisteln und demonstrirt drei Hunde, von denen die beiden ersten Pylorusfisteln (nach Klemensiewiez) seit mehreren Wochen hatten, der dritte dagegen eine permanente Pankreasfistel trug, die nach einer neuen Methode angelegt war (Resection desjenigen Darmstückes, in welches der Ductus pancreaticus einmündet, Einheilen dieses Stückes in die Wunde und Vereinigung der beiden freien Darmstücke); 3) theilt Herr Dr. Binswanger das Ergebniss seiner Untersuchungen über das anatomische Verhalten der Ursprungsstelle und des Anfangstheils der Carotisinterna mit und demonstrirt eine Reihe 204 Jahres - Bericht darauf bezüglicher Präparate. Die ausführliche Mittheilung siehe Arch. f. Psychiatrie Band IX. In der Sitzung am 18. October sprach Herr Geheimrath Professor Dr. Biermer über Lungenphthise, in der Sitzung am 23. October setzte er den Vortrag fort. Ausserdem sprach Herr Privat-Docent Dr. Rosenbach über functionelle Insufficenz der Aortenklappen (s. dessen Habilitationsschrift). In der Sitzung am 25. October sprach Herr Prof. Dr. Hermann Cohn über seine Beobachtungen an 100 Farbenblinden. Derselbe forderte im November v. J. die Doctoren Magnus und Jacobi auf, gemeinsam mit ihm nach einem von ihm entworfenen Schema die Augen der Breslauer Schulkinder auf Farbenblindheit zu untersuchen. Dr. Jacobi konnte sich wegen Ueberlastung mit Physikatsarbeiten leider nicht betheiligen. Der Vortragende hat nun mit Dr. Magnus zusammen ca. 9000 Breslauer Schulkinder betreffs Daltonismus geprüft, wobei er sich der dankenswerthesten Unterstützung Seitens der königl. Regierung, des Provinzial-Schulcollegiums, des Magistrats, der Schuldeputation und aller Herren Direetoren und Lehrer zu erfreuen hatte. Der Vortragende hat allein 3490 Kinder untersucht, welche sich nach Schulen: und Con- fessionen, wie folgt, vertheilen: © © rS © = S z 2 © {eb} @ 7 = 5 Eu Fi 1. Realschule (Zwinger)....| 5358| 19 | 3,5 |] 136] 8 2. Gymnasium (Elisabet)....| 462| 19 | 41 | 22| 9 3. Realschule (Heil. Geist)..| 424| 9 | 2,1 Sue 4. Kath. höh. Bürgerschule .| 300| 19 | 6,3 79111 6 5. Ev. höh. Bürgerschule I.]| 448| 24 | 5,4 A. 2 6. Ev. Elementarschule XXIj 257| 5 | 2,0 0779 2429| 95 | 40 | 533] 26 | = 4,8 pCt. Juden, 1896 | 69 | = 3,6 pCt. Christen. Schüler....... 2429| 95 | = 4 pCt. Schülerinnen .. [1061| 0 | = 0 pCt. Untersucht | 3490 Personen. Als derselbe früher nur die beiden ersten der obigen Schulen untersucht hatte, hatte er das Verhältniss der farbenblinden Juden zu ce i EDEL TREE UL N EDER ir RE der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 205 den farbenblinden Christen = 4,1:2,1 gefunden. In jenen beiden Schulen waren 35 pCt., in den anderen 4 nur 14 pCt. jüdische Schüler. Jetzt stellt sich das Gesammtverhältniss = 4,8 : 3,6 pCt. (Holmgren fand in Schweden sehr übereinstimmend unter 32 165 Männern 3,25 pCt. Farbenblinde.) Der Vortragende hat niemals ein farbenblindes weib- liches Wesen gesehen. Als die allerbeste und schnellste Methode der Vorprüfung hat sich die von Holmgren empfohlene mit Rosawolle be- währt. Von den 95 von ihm aufgefundenen Farbenblinden sind nur zwei nicht zur genaueren Prüfung erschienen; bei 93 sind sämmtliche 130 in seinem Fragebogen gestellten Fragen beantwortet worden. 7 Farben- blinde zwischen 21 und 62 Jahren wurden ausserdem untersucht, so dass sehr genaue Aufzeichnungen über 100 Farbenblinde vorliegen. 85 von diesen waren rothgrünblind, 5 blaugelbblind, 7 total farbenblind und 3 verwechselten grün mit blau. Verwandtschaft der Eltern bestimmt nur in 6 Fällen, davon in 5 Fällen Vater Cousin der Mutter. In einem Falle war der Vater in erster Ehe mit einer nicht verwandten Frau ver- heirathet und keine daltonistischen Kinder, in zweiter Ehe war die Frau seine Cousine: zwei farbenblinde Söhne. Nur in drei Fällen war der Vater bestimmt rothgrünblind. In 14 Fällen waren Brüder farbenblind, niemals waren alle Geschwister farbenblind. In keinem Zusammenhange mit der Krankheit steht die Farbe der Iris oder der Haare, Sehschärfe, Refraction und die Pupillendistanz; die Netzhaut wurde immer normal gefunden; das musikalische Gehör war bei 89 vortrefflich und nur bei 4 total fehlend. Unbrauchbar erwies sich die Prüfung mit der Holmgren’schen Tafel, mit den Stilling’schen Tafeln, mit bunten Gläsern und mit der Benennung von Spectralfarben; sehr gut die mit den Snellen’schen Tafeln, denen von Daae, der Versuch mit farbigen Schatten, der Versuch von RagonaScina und der Meyer’sche Versuch mit Florpapier. Um die Uebelstände der Stilling’schen Tafeln zu vermeiden, liess der Vortragende Zahlen in Wolle stieken in Farben, die nach empirischen Vorproben von Farbenblinden verwechselt wurden. Unter 64 Farbenblinden lasen 60 dieselben nicht. Es ist sehr schwer, ganz gleich helle Nuancen der verschiedenen Töne der Wolle zu finden, und Farbenblinde sind wahre Virtuosen in der Differenzirung geringer Helligkeitsunterschiede. Die Stickproben werden erst verviel- fältigt werden, sobald alle technischen Fehler beseitigt sind. Der Vor- tragende hält das angeborene Fehlen der Farbenempfindung für ebenso unheilbar, als das angeborene Fehlen eines Auges. Alle die gefundenen Einzelheiten, namentlich in Bezug auf Pigment- prüfung, auf Suecessiv-Contrast, auf Simultan-Contrast, auf Speetralfarben und ihre Nachlegung in Wolle, sowie die theoretischen Folgerungen werden in einer grösseren, im bla von Morgenstern erscheinenden Sehrift zugleich mit RE N über den Einfluss der Lichtintensität 206 Jahres - Bericht auf die Farbenempfindung unter dem Titel „Studien über Farben- blindheit“ in Kurzem erscheinen. Hierauf sprach Herr Privat-Docent Dr. Magnus über die Höhe des Procentsatzes der Farbenblindheit und die sie bedingenden Factoren. Die Höhe des Procentsatzes, welchen die einzelnen Untersucher für die Verbreitung der Farbenblindheit angegeben haben, ist eine sehr ver- schiedene; wie die folgende Tabelle zeigt, schwankt dieselbe zwischen sehr weiten Grenzen: Dr. Lederer in Tola bestimmt die Verbreitung der Barbenbhindkeit anf insd«as]- OH sed arme 24,2 A Dr. Hansen;im Kopenhagen; tisouakt -a: -hedatirehies 2.84 0 Professor, Holmeren in;Upeale, „4. nart Kekare- Da De Maonıns in, Breslau: sinkt alla a an Er Professor Slßllın un, Breslau a. 0a. ja une Staa se 3,6 “ Professor: „P flügen;in, Bern „unit senbsHamertehorn 3, B Jodie uDheiätiee in,Boston.. 6 cheitdeerbrai- Zamma A) m Dr. Säällingzsan Cassek ulisstihrt auf Sohasldenggikieie: 5 “ Dr, «Krohn. in Finnland... „Busasdätisar teils a 5 & Professor ‚Wilson in Bdinbarg.s..ua -surnilaren rei MöscE Professor, Don.d'ets; ins, Litreehbt: u. 5% :Siaadfasikr A Sen mens Dr anne In on aränksreeteeeeee EEE N Dr. Daae in.Kragero (Norwegen): ; 14-4. unbe 10,24 ,„ Die Gründe, welche eine derartige auffallende Verschiedenheit in den Ergebnissen der verschiedenen Untersucher bedingen, sind in folgenden drei Momenten zu suchen: 1) in der individuellen Anschauung des Untersuchers betrefis der Grenzen der Farbenblindheit; 2) in der Wahl der Untersuchungsmethode; 3) in der Person des Untersuchten. Was den ersten Punkt, die individuelle Anschauung des Unter- suchers über die Grenzen der Farbenblindheit anlangt, -so handelt es sich hauptsächlich um den Uebergang der Farbenblindheit in den normalen Farbensinn. Dieser Uebergang ist ein so allmählicher uud unmerklicher, dass es schwer fällt, eine genaue Grenze zu bestimmen, an der der normale Farbensinn anfangen und die Farbenblindheit aufhören soll. Je nachdem nun der eine Untersucher diese Grenze hier, der andere sie da annimmt, schwankt natürlich auch der Umfang der Farbenblindheit, d. h. die Höhe des ermittelten Procentsatzes. Der zweite Punkt, die Wahl der Untersuchungsmethode, beein- flusst das Ergebniss der Untersuchung in ganz besonders hohem Grade, und zwar kann man im Allgemeinen sagen, dass alle Methoden, welehe — vi eh ee ur ee nr A Me De ie en ee ee Te TE De der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 207 zu&leich subjeetive Angabe des untersuchten Individuums über Namen und Charakter der Farben verlangen, einen viel höheren Procentsatz er- zielen, als diejenigen Methoden, welche von solehen Angaben völlig abstrahiren. Welche von den Methoden, die in möglichst objeetiver Weise den Zustand der Farbenblindheit zu erforschen streben, die besten sein mögen, kann nur durch eine möglichst reiche Erfahrung entschieden werden. Ich habe im Ganzen 5489 Individuen auf Farbenblindheit unter- sucht und bei diesen doch immerhin ziemlich umfassenden Studien die Holmgren’sche Methode als die beste erkannt. Sie müsste übrigens bei allen deutschen Bahnen eingeführt werden, denn nur wenn wir eine einheitliche Methode der Farbensinn-Untersuchung für alle Bahnen in der gleichen Art besitzen, kann das Publikum in der erforderlichen Weise gegen die bedenklichen Consequenzen der Farbenblindheit geschützt werden. Der dritte Punkt, die Person des Untersuchten, kann in sehr verschiedener Weise auf das Resultat der Prüfung von Einfluss sein; es scheint nämlich das Geschlecht, der Stand und die Race der untersuchten Individuen von grösserer oder geringerer Bedeutung für das Endresultat der Untersuchung zu sein. Das Geschlecht ist insofern für die Höhe des Procentsatzes der Farbenblindheit von Wichtigkeit, als die Frauen viel weniger Neigung haben, farbenblind zu sein, als wie die Männer. Ich habe unter 2216 Mädchen nur 1 farbenblindes gefunden, d.h. also 0,04 pCt. und Holm- gren hat unter 7119 Frauen und Mädchen 19 Farbenblinde, d. h. 0,26 pCt. nachweisen können. Aehnlich lauten die Berichte anderer Untersucher. Der Stand der untersuchten Individuen kann wohl von Einfluss auf die Verbreitung der Farbenblindheit sein, doch sind unsere Erfahrungen über diesen Punkt noch nicht gross genug, um jetzt schon ein endgiltiges Urtheil zu fällen. Ich habe unter 2002 Zöglingen höherer Schulen 53 Farbenblinde, d. h. 2,65 pCt. erhalten, während unter 1055 Schülern von Mittel- und Elementarschulen 46 farbenblind waren, d. h. also 4,36 pCt. Ein ähnliches Resultat hat Holmgren für Schweden auch nachgewiesen. Doch werden wir über diesen Punkt nicht eher vollständig im Klaren sein, als bis auch noch andere Untersucher auf denselben mehr gerück- sichtigt haben, als dies bisher geschehen ist. Die Race des untersuchten Individuums wird von verschiedenen Autoren als sehr einflussreich für die Verbreitung der Farbenblindheit angesehen, doch haben sich alle die bezüglichen Mittheilungen bisher noch nicht bestätigen lassen. Für Breslau haben wir insofern ein auf- fallendes Resultat erlangt, als die jüdischen Schüler unserer Stadt mehr zur Farbenblindheit zu neigen scheinen, als die christlichen. Ich habe unter 764 Juden 29 farbenblind gefunden, d. h. 3,79 pCt. In zwei hie- sigen jüdischen Religionsschulen mit 216 Schülern habe ich gar 11 Farben- 208 Jahres - Bericht blinde, also 5,09 pCt., entdeckt, während unter 2509 Christen nur 71 Farbenblinde sich befanden, d.h. 2,83 pCt. Aehnlich lauten die Resultate von Cohn, der das eventuelle Verhältniss in der Weise angiebt, dass der Procentsatz bei den jüdischen Schülern 4,8, bei den christlichen 3,6 betragen sollte. Weitere Untersuchungen werden lehren müssen, ob diese auffallende Erscheinung nur einen localen Charakter trägt oder eine all- gemeinere Bedeutung beanspruchen kann. In der Sitzung am 1. November hielt Herr Prof. Dr. Sommer- 'brodt einen Vortrag über Allorhythmie des Herzens. Für die erst in neuerer Zeit vereinzelt und auch von ihm bei Kranken beobachteten eigenthümlichen Abweichungen von der normalen Herzbe- wegung, die aber nicht arhythmisch sind, hat der Vortragende die Be- zeichnung Allorhythmie eingeführt. In einer vorjährigen Arbeit wies er zuerst nach, dass Allorhythmie eingeführt. In einer vorjährigen Arbeit wies er zuerst nach, dass Allorhythmie (p. bigeminus, alternaus ete.) und Arhythmie nur graduell verschieden seien, dass sich letztere zu jener etwa verhalte wie ein Geräusch zum Ton und dass die Deutungsweisen, welche Traube und später Marey für das, was der Vortragende Allo- rhythmie nennt, annahmen, sich nicht halten lasse. Der Vortragende hatte eine neue Ansicht über die Bedingungen des Zustandekommens aufge- stellt. Nach seinen Untersuchungen ist Allorhythmie und Arhythmie immer durch abnorme Innerväation hervorgerufen, welche ihrerseits entweder bedingt ist durch Cireulationsstörungen in der Herzsubstanz oder durch Reize vom Centralorgan oder von peripheren Nerven aus- gehend. Gegenüber den jüngst publieirten Ansichten von Riegel und Knoll, welche das Auftreten von Allorhythmie lediglich von einem Missver- hältniss zwischen der vom Herzen geforderten Arbeit und seiner Leistungs- fähigkeit herleiten, bringt der Vortragende durch. Demonstration und Analyse neuer von ihm gemachter sphygmographischen und klinischen Beobachtungen weitere Beweise für die Richtigkeit seiner früher aufge- stellten Hypothesen bei und legt zugleich das Unzureichende und Unzu- treffende der Erklärungsversuche von Riegel und Knoll dar. Herr Privat-Docent Dr. Grützner sprach über die physikalischen Ursachen der Diplophonie, d. i. der Fähigkeit mancher Personen, zu gleicher Zeit zwei Stimmtöne zu erzeugen. Türek untersuchte zuerst vermittelst des Kehlkopfspiegels derartige mit Doppelstimme begabte Personen und fand, dass bei den meisten sich als Ursache eine Geschwulst (Polyp) herausstellte, die an > > - der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 209 einem Stimmbande festsass und ziemlich tief in die Stimmritze hinab- reichte. Bei mittlerer Stimmlage ist die Stimme derartiger Personen rauh und schlecht, fordert man sie aber auf, laut und hoch zu singen, so singen sie zweistimmig; freilich sind die Intervalle nicht immer har- monisch, sondern oft recht disharmonisch (Secunden). Der Kehlkopfspiegel zeigt, dass hierbei die Stimmbänder in zwei schwingende Abtheilungen getrennt sind, in eine vordere, die vor der Geschwulst, und eine hintere, die hinter derselben gelegen ist. Jede der schwingenden Abtheilungen erzeugt durch periodische Unterbrechungen des Exspirations-Luftstroms einen Ton, der je nach ihrer Länge an Höhe varüirt. Entfernung der Geschwulst auf operativem Wege hebt die Doppelstimme auf und giebt den Patienten ihre frühere einfache Stimme zurück. | Weit schwieriger als diese pathologische Diplophonie ist aber eine gewisse physiologische zu erklären. Sie besteht darin, dass Leute mit sanz gesunden Stimmorganen willkürlich zu gleicher Zeit zwei Töne singen können, die, so wie es den Anschein hat, beide im Kehlkopf ge- bildet werden. Ganz dieselbe Erscheinung beobachtet man auch an Leuten, die an einseitiger Stimmbandlähmung gelitten haben und sich in der Genesung befinden. Hier handelt es sich nun offenbar nicht um zwei getrennte Abtheilungen, deren jede für sich schwingt, sondern die Ursache der Doppeltöne ist eine ganz andere. Donders behauptet, dass un- möglich beide Töne im Kehlkopf entstehen können, der zweite müsse daher irgend wo anders im Ansatzrohr oberhalb der wahren Stimmbänder erzeugt werden, Rossbach hingegen meint, dass aus dieser Thatsache unleugbar die Richtigkeit der Johannes Müller’schen Theorie hervor- gehe, nach welcher die Stimmbänder das primär Tönende sind, nicht der -durch ihre Schwingungen periodisch unterbrochene Luftstrom. Der Vortragende wies jedoch durch Experimente, die er zum Theil in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Strasser angestellt, an einer von ihm eonstruirten Sirene nach, dass wir immer dann zwei Töne zu gleicher Zeit hören, wenn die den T'on erzeugenden Luftstösse der Zeit nach nicht alle gleich weit von einander abstehen, sondern nach 2, 3, # bis 10 gleich abständigen immer entweder ein Stoss ganz ausbleibt oder ein stärkerer Luftstoss erzeugt wird. Stellt man sich ferner Sirenen her, deren Löcher verschieden gross sind und die gruppenweise in bestimmter Anordnung hintereinander folgen, so gelingt es auf diese Weise nicht blos, zwei (auch nahe gelegene) Töne gleichzeitig zu erzeugen, sondern je nach der Grösse und Anordnung der Löcher auch ihre Intervalle richtig voraus zu bestimmen. So wie in dem vorliegenden Falle die verschieden starken aufein- ander folgenden Luftstösse in uns die Empfindung von zwei Tönen er- zeugen, so kann auch eine einzige Zunge, die in dem Rahmen einer 14 210 Jahres - Bericht Zungenpfeife schwingt, dasselbe thun. Es ist dabei nur nöthig, dass sie das eine Mal nicht so weit ausschlägt, wie das andere Mal und dass die mehr oder weniger starken Ausschläge beziehungsweise Lufterschütte- rungen gruppenweise und gleichartig aufeinander folgen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass auch die zuletzt beschriebenen Diplophonien auf denselben physikalischen Ursachen beruhen und durch verschieden starke Luftstösse, wie bei den oben beschriebenen Sirenen erzeugt werden. Durch diese Reihe von Versuchen ist nach der Meinung des Vortragenden die Ansicht widerlegt, nach welcher bei der Stimmbildung, sei es der einfachen oder der Doppelstimme, als das primär Tönende die Stimmbänder angesehen werden. Der Vortragende besprach ferner ein ungemein einfaches, von ihm angegebenes Verfahren, welches gestattet, die Articulationsstellen sewisser Sprachlaute auf das Genaueste zu fixiren. Während man bei der Bildung von Sprachlauten durchaus keine genaue Vor- stellung davon hat, welche Lagen und Stellungen die sprechenden Organe gegeneinander einnehmen, namentlich in welcher Art und Ausdehnung sie sich gegenseitig berühren, so verschafft man sich ein äusserst genaues und zum Theil überraschendes Bild hiervon, wenn man sich die beim Sprechen betheiligten Organe färbt, z. B. die ganze Zungenoberfläche dick mit Carmintusche bestreicht. Bei der Aussprache der fraglichen Laute sieht man dann an allen den Stellen, welche die Zunge behufs ihrer Bildung berühren muss, rothe Flecke von ganz charakteristischer Grösse und Gestalt. In der Sitzung am 15. November hielt Herr Prof. Dr. Voltolini einen Vortrag über eine Verbesserung seiner neuen galvanokaustischen Batterie. Die vor einiger Zeit vom Vortragenden demonstrirte Batterie war als sogenannte Kette combinirt, d. h. alle Kohlen einerseits und alle Zinkplatten andererseits mit einander verbunden. Es erglühten hier die kurzen, platten Platin-Armaturen sehr heftig, aber lange Dräthe (Por- zellanbrenner, Schlinge) sehr unvollkommen. Diesem Uebelstand ist jetzt abgeholfen, weil für manche Chirurgen das Erglühen der letzteren In- strumente ein Bedürfniss ist; es ist durch eine einfache Vorrichtung schnell die Combination zur Säule herzustellen, d. h. dass die Elemente so ver- bunden sind, dass Kohle, Zink, Kohle, Zink nacheinander folgen. Der Vortragende demonstrirte diese neue Verbesserung und zeigte das ausserordentliche Erglühen der kurzen, starken Armaturen mit der Kette und das heftige Erglühen des grossen und kleinen Porzellanbrenners von Middeldorpf mittelst der Säule. Ebenso durchbrannte er mit grossen Schlingen sowohl von Stahlsaiten als von Platindrath dicke, todte Muskelstücke, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 911 Der Vortragende demonstrirte ferner, wie dieselbe Batterie auch zu elektro-therapeutischen Versuchen zu verwenden ist und zwar 1) für den Induetionsstrom: taucht man eine solche ganz neue, noch nie gebrauchte Batterie (als Kette) in gewöhnliches Wasser und bringt sie in Verbindung mit einer Inductions-Spirale, so erlangt man einen so starken Strom, dass er hinreicht, um Kranke damit zu elektrisiren. Dass das Wasser den Strom mit den Elementen erzeugt, geht aus folgenden Experimenten hervor, die der Vortragende angestellt. Nimmt man destillirtes Wasser, so erhält man ebenfalls einen Strom, der aber sehr schwach ist, obwohl deutlich fühlbar. Leitet man Kohlensäure in das destillirte Wasser, so wird der Strom stärker, er ist aber noch nicht so stark, als wenn man statt destillirten Wassers Brunnenwasser nimmt, es kann also die Ursache des stärkeren Stromes im Brunnenwasser nicht Kohlensäure sein. Der Vortragende zeigte die Stärke des Stromes mit Brunnenwasser aus der alten Börse auf dem Blücherplatze. Ganz gleich wirkt das Brunnenwasser auf dem Fränkelplatze.. Nimmt man das Wasser aus der städtischen Wasserleitung, so ist der Strom stärker als beim destillirten Wasser, aber schwächer als beim Brunnenwasser. Stellt man den Apparat unter die Wasserleitung und leitet in den Trog der Batterie eine Glasröhre, die mit der Wasserleitung in Verbindung gesetzt ist, und lässt nun das Wasser immerwährend zu- und abfliessen, so kann man einen galvanischen Strom in infinitum unterhalten. Selbstverständlich _ wird der Strom unter allen den angegebenen Bedingungen stärker, wenn man die Batterie schon einmal zur Galvanokaustik gebraucht hatte, d.h. mit dem Salze und der Säure imprägnirt hatte; 2) kann dieselbe Batterie, wenn man sie mit derselben Lösung wie für die Galvanokaustik speist _ (als Säule), auch als constanter Strom benutzt werden und auch dieses demonstrirte der Vortragende, indem man Blitze durch die Augen ziehen sieht, wenn man beide Elektroden an die Schläfe aufsetzt. Hierauf sprach Herr Professor Dr. Ponfick über eine eigenthüm- liche Form von Nephritis. Dieser Vortrag wird in einem medieinischen Journal ausführlich mitgetheilt werden. In der Sitzung am 29. November sprach Herr Privatdocent Dr. Ernst Fränkel über Diagnose und operative Behandlung der Graviditas tubaria. Derselbe referirt zuvörderst über einen Fall von fast ausgetragener Turbargravidität, legt die Momente dar, die es ermöglichten, schon in der zehnten Woche die Diagnose dieser Form der Graviditas extrauterina mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu stellen und die ent- sprechende Operation — Punction des Fruchtsackes — vorzunehmen. Trotzdem durch diese Punction Amnionwasser entleert und zwei Tage 14* 2 Jahres - Bericht später eine uterine Deeidua ausgestossen wurde, nahm die Gravidität ihren ungestörten Fortgang und es musste in der 32. Woche wegen drohender Ruptur des Fruchtsackes die Laparotomie gemacht werden, durch die ein lebender Fötus weiblichen Geschlechts zu Tage gefördert wurde. Dr. Fränkel demonstrirte hierauf das bezügliche Präparat und be- spricht im Anschluss hieran die bis jetzt geübten Operationsmethoden, wobei festzustellen versucht wird, in welchen Fällen die Gastrotomie und wann die Elytrotomie indieirt erscheint. Hierauf sprach Herr Knappschafts - Arzt Dr. Schlockow aus Schoppinitz über eine eigenthümliche Form von Rückenmarks-Erkrankungen bei Zinkhüttenarbeitern. Ueber eine nachtheilige Einwirkung des Zinkmetalls auf den mensch- lichen Körper sind in der gesammten einschlägigen Literatur Aufzeich- nungen nur sehr vereinzelt zu finden. Unter Anderem wird auch über ein sogenanntes Zinkfieber berichtet, welches bei Broncegiessern nach - vorgenommenem Guss vorkommt. Diesen Namen verdient es jedoch nicht, da es bei den mit der Gewinnung und dem Umschmelzen des Zinks beschäftigten Arbeitern niemals zur Beobachtung gekommen ist und somit anderen -Ursachen zugeschrieben werden muss. Der Vortragende hatte in Oberschlesien seit 10 Jahren Gelegenheit, bei Zinkhüttenarbeitern und zwar ganz ausschliesslich bei diesen eine so sehr in die Augen springende Reihe in Art und Gruppirung charakte- ristischer und typischer Krankheits-Erscheinungen in so häufiger Wieder- holung zu beobachten und zu untersuchen, dass ihm zur Erklärung der- selben keine andere Annahme übrig blieb, als dass die Aufnahme von Zink in den menschlichen Organismus jene Symptome verursacht. Das Zink wird aus seinen Erzen durch einen Destillationsprocess derart gewonnen, dass in Folge von Erhitzung und Sauerstoffentziehung das Metall in Dampfform frei wird und sich in Vorlagen niederschlägt; hierbei entweicht ein Theil der Zinkdämpfe in den Arbeitsraum und ge- langt zumeist durch die Athemwege der Arbeiter in die Lymph- und Blutbahnen derselben. Nächst anderen Leiden im Gebiete der Athmungs- und Verdauungsorgane und der sogenannten Nachtblindheit tritt nach zehn- bis zwölfjähriger Beschäftigung in der Hütte bei den Schmelzern ein ganz eigenthümliches Krankheitsbild auf. In der sensiblen Sphäre äussert sich dasselbe durch Kreuzschmerz, gesteigerte Empfindlichkeit in den Fusssohlen, Kribbeln und Ameisenkriechen in den unteren Extremi- täten, Pelzigsein und Kälte in denselben, Gefühl des Reifens um den Leib und zeitweise eintretende Schmerzen in den Muskeln der unteren Körperhälfte in Folge krampfhafter Zuckungen in denselben, Später der Schles. Gesellschaft für vater]. Cultur. 313 klagen die Kranken über Einschlafen und Taubsein der Beine; das Tast- gefühl wird vermindert. Die Reflexerregbarkeit ist gesteigert, dagegen das Muskelgefühl, d. h. die Empfindung der eigenen Bewegungen ge- schwächt, so dass bei geschlossenen Augen Schwanken sich einstellt und im Finstern die Controle über die eigenen Muskelleistungen aufhört. Blasen- und Mastdarm-Funetionen werden nicht gestört. Die Muskeln selbst bleiben hierbei lange Zeit gut ernährt und kräftig, ihre Erregbarkeit für mechanische und elektrische Reize ist jedoch in hohem Grade gesteigert, bei jeder beabsichtigten Bewegung tritt ausge- breitetes Muskelzittern ein. Der Gang wird später breit, steif, krampf- haft, zitternd und unsicher, das Auftreten geschieht mit voller Sohle. Die sogenannten Sehnenreflexe geschehen sehr ausgiebig. Zuletzt stellt sich eine lähmungsartige Schwäche der Muskeln der unteren und bei Einzelnen auch der oberen Extremitäten ein. Die geschilderten Symptome deuten auf ein Rückenmarksleiden hin, welches jedoch mit der gewöhnlichen Rückenmarksschwindsucht (Tabes, Ataxie) nicht zusammenfällt. Als ursächliches Moment könnten noch rheumatische oder Erkältungs- einflüsse, ferner die Aufnahme von Blei, welches in den oberschlesischen Zinkerzen bis zu 1‘), pCt. vorkommt, und von Arsen und Cadmium, welche in denselben zuweilen enthalten sind, in Betracht kommen. Gegen die erste Annahme spricht die Thatsache, dass derartige Leiden bei der gesammten übrigen Bevölkerung, insbesondere bei Eisenhütten- Arbeitern, welche viel schrofferem Temperaturwechsel ausgesetzt sind, nicht vorkommen. Zeichen von Blei-, Arsen- oder Cadmium-Vergiftung sind bei den Kranken nie zum Vorschein gekommen, insbesondere fehlten die für Bleivergiftung charakteristischen hartnäckigen Verstopfungen und Koliken. Der Bleilähmung gehen ausserdem niemals Erscheinungen ge- steigerter Sensibilität oder Reflexerregbarkeit voraus, niemals Ataxie oder Coordinationsstörungen; dieselbe betrifft fast ausnahmslos die Streck- muskeln der Arme und nicht die unteren Extremitäten; der bleigelähmte Muskel schwindet und verliert seine Erregbarkeit für den elektrischen Strom. Die Einwirkungen des Bleis treten schon nach Wochen und Monaten hervor, die des Zinks erst nach Jahren. Die Zahl der beob- achteten Fälle beläuft sich bereits auf über 40. In einzelnen Hütten- werken erwiesen sich gegen 3 pCt. der gesammten Arbeiterzahl als von der Krankheit ergriffen. Die Vorschläge zur Abhilfe bewegen sich hauptsächlich in der An- gabe von Methoden, um den Theil der Zinkdämpfe, der jetzt noch immer in die Luft des Hüttenraumes entweicht, zu verdichten und nutzbar zu machen; sie fassen mithin das gesundheitliche Interesse und das des Producenten gleichmässig ins Auge und beziehen sich vornehmlich darauf, den Weg, welchen die Dämpfe durch die Muffelvorlagen und deren An- 214 Jahres - Bericht hänge zu machen haben, zu verlängern und ihnen auf diese Weise mehr Gelegenheit zu bieten, sich an den Wänden niederzuschlagen. Auf unseren Vorschlag sind auf einem Hüttenwerke über das Dach hinaus- reichende Ventilationsrohre angebracht worden, welche das Zink, das sonst den Arbeiter schädigt, ins Freie hinausleiten. Vielleicht wäre der Versuch lohnend, diese Rohre in eine Art von Flugstaubkammer, die mit einer ziehenden Esse in Verbindung steht, zu leiten, in welcher jene Zinkdämpfe einen hinreichenden Aufenthalt hätten, um in feiner Ver- theilung in festen Zustand überzugehen. Der Vortrag wird ausführlicher in einer mediecinischen ‚Zeitschrift erscheinen. h An denselben knüpfte Herr Prof. Dr. Berger die Bemerkung, dass er die thatsächlichen Wahrnehmungen des Vortragenden nur bestätigen könne, da er die beiden Kranken, welche der Section vorgeführt wurden, untersucht habe. Das Krankheitsbild deute mit Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass die Vorder- und Seitenstränge des Rückenmarks ergriffen seien, Eine Bleieinwirkung sei auszuschliessen. Herr Professor Dr. Hermann Cohn machte auf eine begrenzte Vertrocknung der Bindehaut des Augapfels (Xerosis) bei dem einen Kranken aufmerksam, welche ihm bisher immer in Verbindung mit Nacht- blindheit (Hemeralopia) vorgekommen sei. In der Sitzung am 13. December machte Herr Dr. Julius Steinitz eine casuistische -Mittheilung über einen lange Zeit in der Blase ge- tragenen Katheter. Dieselbe wird ausführlich in der Breslauer ärztlichen Zeitschrift mitgetheilt werden. Herr Professor Dr. Hermann Cohn sprach über Contrastfarben-Empfindung und die Unwahrscheinlichkeit ihrer Entstehung in historischer Zeit. Derselbe demonstrirt zunächst die Erscheinungen des successiven und des simultanen Contrastes. Jeder Mensch sieht, wenn er ein Stück- chen rothes Papier auf weisser Unterlage eine Minute betrachtet hat, so- bald er das rothe Papier fortzieht, an dessen Stelle einen grünen Fleck (Nachbild); bei gelbem Papierstückchem ist das Nachbild blau (succesiver Contrast). Jeder Mensch sieht ferner einen mit einem Florblatt bedeckten grauen Papierring auf rother Unterlage grün, auf gelber Unterlage blau (simultaner Contrast). Diese Versuche sind besonders geeignet, die von dem Sprachforscher Geiger aufgestellte, von den Ophthalmologen bisher mit Recht ignorirte Theorie zu entkräften, dass die Alten nur Roth und Gelb gesehen, dass sich dagegen die Grün- und Blau-Empfindung erst in historischer Zeit entwickelt habe, Eee EEE > der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 315 Es liest nicht die geringste Veranlassung vor, anzunehmen, dass diese subjective Grün- und Blau-Empfindung erst nach Homer ent- standen sei. Gegen die Uebertragung Darwin’scher Ideen auf die ge- schichtliche Entwickelung der Farbenempfindung, die ein Augenarzt ver- sucht hat, sprechen: 1) der Mangel eines Vortheils im Kampfe ums Dasein für die, welche ein grünes und blaues Nachbild empfanden, 2) die Unmöglichkeit der Vererbung einer Empfindung, zu deren neuen Entstehung der Kampf ums Dasein gar keinen Anlass gab, 3) der Mangel der Uebung der Netzhaut für Nachbilder-Empfindung bei früheren Ge- ‚schlechtern, 4) das Fehlen atavistischer Fälle von Farbenblindheit (es giebt keinen Farbenblinden, der wohl Roth und Gelb, aber nicht Grün und Blau sähe; sieht er roth, so sieht er auch grün; sieht er gelb, so sieht er eo ipso auch blau), 5) die kurze Dauer der historischen Periode. Für die kleinsten Veränderungen nimmt Darwin ganz andere Zeiträume, als einige 1000 Jahre an. Dass im Alterthume die Dichter verschiedene Farben mit demselben Namen bezeichneten, beweist keineswegs den Mangel der Empfindung für Grün und Blau vor Homer. Dor hat auch neuerdings in den Tem- peln von Memphis und Theben nachgewiesen, dass die Egypter in den allerältesten historischen Zeiten einen Farbensinn besassen, der dem heutigen vollkommen entspricht, da sie blaue und grüne Farben künstlich für ihre Bilder mischten. Die Frage auf prähistorische Zeiten auszu- dehnen, hält der Vortragende für müssig, die ganze Theorie für völlig haltlos. Ausführliches wird man in seinem unter der Presse befindlichen Buche „Studien über Farbenblindheit‘‘ finden. Hierauf stellte Herr Prof. Dr. Hermann Cohn einen Kranken vor, aus dessen Auge er einen Cysticercus, der im Glaskörper ein Jahr lang gelebt, extrahirt hatte. Ausführliches darüber in der Breslauer ärztlichen Zeitschrift. Herr Apotheker J. Müller besprach und führte die in den letzten 10 Jahren während seiner Verwaltung der Allerheiligen-Hospital-Apotheke benützten neuen Arzeneimittel vor; er ging zuerst auf die Formverände- rungen der Arzeneien ein. Die einfache Mixtur nimmt den ihr gebühren- den ersten Platz ein; die Saturation ist, und zwar mit Recht, fast völlig verschwunden, die Emulsion wird verhältnissmässig selten verordnet; als vorzüglichstes Corrigens empfiehlt sich Succus Liquiritiae und Aqua. Menthae. Von der Physik hat die Pharmaecie die Verwendung der gelben an Stelle der völlig irrationellen violetten Flaschen gelernt. Muss also die Mixtur für alle in Wasser löslichen, die Zähne nicht angreifenden Medicamente als die gewiss empfehlenswertheste Form an- erkannt werden, so ist sie für alle in Wasser unlöslichen Arzeneikörper entschieden zu verwerfen; hier ist jedenfalls die Pulver- resp. die Pillen- form vorzuziehen. In Betreff der Pulver empfiehlt sich als Vehikel an 216 Jahres- Bericht Stelle des hydroskopischen gewöhnlichen Zuckers der nicht Wasser an- ziehende Milchzucker. Beim Vorzeigen der jetzt gebräuchlichen Kapseln wird gewarnt, hydroskopische oder Wasser enthaltende Medicamente wie Chloralhydrat u. s. w. in diesen Hüllen zu verordnen. Die Kapseln kleben aneinander, ja zerfliessen endlich. Solche Arzeneien sind eben in Lösung zu verabfolgen. Auf die Pillen übergehend, wird constatirt, dass das Einhüllen in Gold- oder Silberblättchen, ebenso das Collodiren, fast völlig verschwunden. Auch bei den äusserlich angewandten Arzeneien sind in den letzten Jahren einige neue Formen in Anwendung gekommen, so z. B. die aus Gelatine verfertigten Vaginal-Kugeln; das an Stelle der Breiumschläge so vorzüglich sich empfehlende Cataplasme instantane; das in kleinen Blechbüchsen zu allen Breiten in den Handel gelangte gestrichene Heft- pflaster u. s. w. Der Besprechung der neuen Arzeneimittel selbst werden einige all- gemeine Bemerkungen vorausgeschickt. Auch in der Ordination der Medicamente hat sich der während der letzten Decennien in der Mediein gemachte Fortschritt Geltung verschafft. Redner lernte 1854—1858 in dem Geschäft eines kleinen Städtchens von noch nicht 2000 Einwohnern; in diesem Geschäft wurden damals mehr der verschiedensten Kräuter, Blüthen, Wurzeln, Rinden und Harze verbraucht, als in der nmfangreichen Apotheke des Allerheiligen-Hospitals. Theils wurden diese. Vegetabilien als solche verordnet, theils wurden die verschiedenen Präparate, wie die zahlreichen destillirten Wässer, die hunderterlei Extracte u. s. w. aus denselben dargestellt. Ueber die meisten dieser Vegetabilien ist man heut zur Tagesordnung übergegangen; nur verhältnissmässig wenig wirksame Kräuter, Blüthen, Wurzeln, Rinden u. s. w. haben sich erhalten. Der Arzt verschreibt eben jetzt nicht mehr die Vegetabilien, sondern meist die aus denselben dargestellten wirksamsten Stoffe. Da, wo — wie z. B. bei Folia Digitalis, Radix Ipecacuanhae, Radix Rhei u. s. w. — dies noch nicht geschieht, liegt die Schuld mehr am Chemiker, dem es bis jetzt noch nicht gelungen ist, alle die Wirkung bedingenden Bestandtheile aus den Vegetabilien in reiner Form darzustellen. Doch auch noch in anderer Hinsicht lässt sich der erwähnte Fortschritt beweisen: wie selten wird jetzt noch Liquor Chlori zum inneren Gebrauch verordnet, und mit Recht, gelangt doch die in dem Präparat vorhandene geringe Menge Chlor als solehes schwerlich bis in den Magen; wie sehr hat der Verbrauch der Phosphor- säure gegenüber der bei Weitem rationelleren Salzsäure abgenommen; fast verschwunden sind alle die verschiedenen Theerwässer zu Gunsten der in denselben doch hauptsächlichst wirkenden Carbolsäure; kaum irgend welcher Arzt verschreibt jetzt noch das so unsicher wirkende, verschiedene Mengen Antimonoxyd enthaltende Stibium sulphuratum 3 der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 917 rubrum, das absolut unlösliche Hydrargyrum sulphuriecum nigrum u. s. w.! Immer mehr verschafft sich die subeutane Anwendung des Sublimats mit oder ohne Zusatz von Chlornatrium gegenüber der Schmiereur Eingang. Und doch, liegt nicht ein gewisser Widerspruch in dem eben Gesagten, d. h. in dem gegebenen Beweis des Fortschrittes der Arzenei-Verord- nungen und der aufgestellten bedeutenden Zahl neu versuchter und meist wieder bei Seite gestellter Mittel? Doch nicht, so lange der Arzt nicht weiss, wie die meisten Arzeneimittel die verschiedenen Krankheiten heilend wirken, so lange nützende Medicamente meist rein empirisch gefunden werden müssen, so lange ist es keinem Arzt zu verdenken, wenn er neu auftauchende und nicht geradezu unsinnige Mittel gegen einzelne Krankheiten versucht. Interessant allerdings ist es, dass die beiden in der That rationell empfohlenen Mittel, das Chloralhydrat, weil es durch die Alkalescenz des Blutes Chloroform bildet, und die Salieyl- säure als unschädliches, aber vorzügliches Antisepticum sich am schnellsten und am dauerndsten Eingang verschafft haben. Nach dieser Einleitung wurden die 75 ausgestellten neuen Arzenei- mittel besprochen; Redner wird hierüber an anderer. Stelle referiren. Der Vortrag wurde geschlossen mit dem Bemerken, dass, wenn der Redner nach abermals zehn Jahren das Glück haben sollte, über den- selben Gegenstand zu sprechen, er wünsche, neben anderen sich bewährt habenden Neuerungen zwei so wichtige Heilmittel wie das Chloralhydrat und die Salicylsäure vorführen zu können. In der Sitzung am 20. December sprachen 1) Herr Privat-Docent Dr. Kolaczek über die operative Behandlung des sog. Bäckerbeins; 2) Herr Professor Dr. Simon über die durch Kachexie bedingten Hauterkrankungen. Die ausführlichen Referate siehe Breslauer ärztliche Zeitschr. 1879 No. 1. 218 Jahres - Bericht be tg Bericht über die Thätigkeit der Section für Öffentliche Gesundheitspflege im Jahre 1878, erstattet von den Herren Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Biermer, Prof. Dr. Förster und Königl, Bezirks-Physicus Dr. Jacobi, zeitisen Secretairen der Section. In der I. Sitzung am 15. Februar sprach Herr Dr. Eger jun. über eine Epidemie von Puerperalfieber, bewirkt durch eine Hebamme. Der Vortragende berichtete eingehend über eine kleine aber mörde- rische Wochenbettfieber-Epidemie, welcher sieben meist jugendliche und kräftige Frauen zum Opfer geworden. Nachdem er die hygienische und medicinische Seite der einzelnen Fälle erörtert, kommt er zu dem Schluss, dass es sich überall um die Uebertragung eines septischen Giftes ge- handelt. Fast alle an dem Puerperalfieber zu Grunde gegangenen Wöch- nerinnen waren von derselben Hebamme entbunden worden, und liegt für die Erklärung der Entstehungsursache der Krankheit nur die Annahme vor, dass eine Infeetion seitens der Hebamme stattgefunden. Gerade in srossen Städten kommen nach der Ansicht des Vortragenden häufig solche Epidemien vor, ohne dass es gelingt, dieselben zu entdecken. Zur Remedur fehlten die nothwendigen Mittel. Wir hätten hier einen Mangel der Gesetzgebung zu beklagen, zu dessen Beseitigung Alles aufgeboten werden sollte. Wir bedürfen einer Ausdehnung des Anzeigegesetzes nach der Richtung hin, dass der Arzt verpflichtet werde, jeden Fall von Puerperalfieber mit dem Namen der Hebamme zur Kenntniss der Behörde zu bringen. Diese Verpflichtung würde die so sehr nothwendige Ent- deckung der Epidemie in ihren Anfängen ermöglichen. Was die Unter- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 219 drückung anlangt, so sei dies eine schwierigere Sache, da dieselbe nur stattfinden könnte, wenn die Hebamme zur Sistirung ihrer Thätigkeit gezwungen werden könnte, ein Zwang, welcher die Gewährung einer Geldentschädigung für die Zeit der Beschäftigungslosigkeit voraussetzt. Herr Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Biermer betont, dass bezüglich der Entstehung des Puerperalfiebers die grosse Majorität der Aerzte darüber einig sei, dass dasselbe durch Uebertragung seitens der Hebamme oder des Arztes in Folge ungenügender Desinfection erzeugt werde. Zur Verhütung dieser Uebertragung sei bisher so gut wie nichts geschehen, und wir hätten hier in der That eine Lücke in der sanitätspolizeilichen Gesetzgebung zu constatiren. Vor Allem komme es auch darauf an, das Publikum über die Gefahr zu belehren. Eine generelle Regelung im Verordnungswege lasse sich nur von der obersten Sanitäts-Behörde, dem Reichs-Gesundheitsamte, erwarten. Was sich jedoch schon gegenwärtig im Wege polizeilicher Anordnung ermöglichen liesse, dürfte wohl das sein, dass seitens der Polizei eine Bestimmung erlassen würde, erstens jeden Puerperalfall mit Angabe der behandelnden Wärterin und der Hebamme seitens des Arztes zur Anzeige zu bringen, und zweitens, dass jede Hebamme bei einem Puerperalfall gezwungen werde, unter Aufsicht eines Gerichtsarztes eine gründliche Desinfeetion vorzunehmen. Diese beiden Forderungen liessen sich erreichen, ohne dass dazu neue Gesetze nothwendig wären. Ein Verbot, durch welches den Hebammen in Puerperalfällen die Fortsetzung ihrer Praxis untersagt würde, liesse sich bei der Schwierigkeit der Entscheidung über die Entschädigungsansprüche kaum herbeiführen, wenigstens dürfte dies nur Sache des Reichs-Gesund- heitsamtes sein. Auch den Aerzten könne die ängstlichste Controle hin- sichtlich der eigenen Desinfeetion nicht dringend genug ans Herz gelegt werden. Herr Medicinalrath Prof. Dr. Spiegelberg kann die Inanspruch- nahme polizeilicher Intervention nicht billigen. Man möge von den Hebammen nicht zu viel verlangen und nicht auf diese die ganze Last der Verantwortlichkeit legen. Der Beruf der Hebammen sei ohnehin ein dornenvoller, man möge denselben nicht durch weitere Beschränkungen erschweren. Ein polizeilicher Zwang sei bei der Sache ebenso inopportun als ohnmächtig.. Man möge eine gründliche Desinfeetion, welche bei dem heutigen Stande des antiseptischen Verfahrens zur Verhütung der Ueber- tragung des Puerperalfiebers ausreichend sei, nicht unter polizeiliche, sondern unter wissenschaftliche Controle stellen, und sowohl die Hebamme durch fortgesetzten Unterricht über den Werth der Reinlichkeit, als auch das Publikum darüber belehren, dass die Nichtbeachtung der- selben bei der Pflege der Gebärenden die Veranlassung des Puerperal- fiebers sei. Hier können nur geläuterte Anschauungen des Publikums selbst helfen. | 220 Jahres - Bericht Herr Privat-Docent Dr. Fränkel rügt unter Anführung einiger Specialfälle die mangelhafte Vorbildung der Hebammen. Ebenso beklagt er die ungenügende Bildung des grossen Publikums, welches sich selbst jeder Reform verschliesst und bei seiner Abneigung gegen solche nicht selten eine besser ausgebildete Hebamme zwingt, zu den alten schlechten Gewohnheiten und Unsitten, dem alten Unsinn zurückzukehren. Eine gründliche Erörterung des Themas in der Presse sei bei der Natur des- selben nicht gut möglich, er empfiehlt daher für eine gründliche Be- lehrung den Weg des Flugblattes und bittet, zu dessen Abfassung eine Commission zu ernennen, welche das Publikum in dieser Schrift auf die Gefahr der Infeetion aufmerksam zu machen habe. Er empfiehlt ferner, die Statistik der Puerperalfälle nicht nur auf die Gebärhäuser zu be- schränken, sondern auf die Privathäuser auszudehnen und beantragt, neben der gesetzlichen Anzeigepflicht in jedem Todtenschein zutreffenden Falles die Bemerkung ‚im Wochenbett‘ aufzunehmen. Herr Bezirks-Physikus Dr. Jacobi constatirt, dass das königliche Polizei-Präsidium, sobald dasselbe Kenntniss von den Puerperalfällen er- hielt, die betreffende Hebamme veranlasste, ihre Praxis sofort einzustellen. Im Weiteren erörtert Dr. Jacobi den gegenwärtigen Stand der diesbe- züglichen Gesetzgebung. Das Gesetz vom 11. März 1850 gestatte es der Polizei nur, Verordnungen von localem Interesse zum Schutz der Per- sonen zu erlassen. Zu einer allgemeinen Verordnung, betreffend die Anzeigepflicht der Puerperalfälle und die Exclusion der Hebammen, dürfte das Polizei-Präsidium nicht competent sein. Durch die Gewerbe- Ordnung vom Jahre 1869 sei in dem Betrieb der Hebammenthätigkeit volle Gewerbefreiheit etablirt worden. Unter einer bestimmten Controle stehen in Preussen lediglich die Bezirks-Hebammen, während in Bayern, Württemberg und Baden allerdings noch Hebammen-Ordnungen allge- meiner Natur bestehen. Das Polizei-Präsidium könne somit hier generelle Verordnungen nicht erlassen, sondern nur von Fall zu Fall verfügen. Eine Exclusion für eine gewisse Zeit, vielleicht zwei Wochen, dürfte sich nach der Ansicht des Redners kaum vermeiden lassen, da selbst eine noch so gründliche Desinfecetion keine absolute Bürgschaft gegen die Uebertragung des Puerperalfiebers biete. Er beantragt nun, um die hier offenbar bestehende Lücke in der Gesetzgebung auszufüllen, sich nicht an das Polizei-Präsidium, sondern direct an den Minister zu wenden, um die Emanation eines Gesetzes zu bewirken, welches die Anzeigepflicht der Aerzte bei Puerperalfällen und die unter event. Gewährung einer Entschädigung erfolgende Excelusion der Hebammen von der Praxis in solchen Fällen regelt. Herr Medieinalrath Professor Dr. Spiegelberg kann sich diesem Antrage nicht anschliessen und erörtert seine gegentheilige Ansicht. Nicht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 997 in der Ausschliessung, deren Zeitdauer sich auch nicht annähernd mit Sicherheit bestimmen liesse, sondern in der gründlichen Desinfeetion und deren Erzwingung läge eine Hilfe und zwar müsste diese Desinfeetion nicht nur bei den Hilfeleistenden sondern auch bei den Gebärenden stattfinden. Herr Professor Dr. Freund ist der Ansicht, dass das einzig sichere Scehutzmittel im vorliegenden Falle allerdings die Ausschliessung der Hebammen sei. Dieses Mittel lasse sich aber so Jange nicht durchführen, so lange man über die Ausschliessungsdauer keine Bestimmung treffen könne. Herr Geh. Mediecinalrath Professor Dr. Biermer wendet sich sowohl aus principiellen als auch aus ÖOpportunitätsgründen gegen den Antrag Jacobi. Er warnt vor der Stellung eines Antrages, der wahrscheinlicher Weise durch ein wissenschaftliches Superarbitrium aus der Welt geschafft werden würde. Auch er empfehle, ein Flugblatt Namens der Section zur Belehrung des Publikums herauszugeben, ebenso auch an das Polizei- Präsidium die Bitte zu richten, dasselbe wolle sich an sämmtliche Bres- lauer Aerzte mit dem Ersuchen wenden, Puerperalfälle zur Kenntniss der Behörde zu bringen. Herr Privatdocent Dr. Fränkel schliesst sich diesen Anträgen an und empfiehlt den Aerzten, in den Todtenschein auch event. die Be- stimmung „im Wochenbett‘ aufzunehmen, ebenso auch die Hebammen, öfter als dies bisher geschieht, über ihre Pflichten, namentlich hinsichtlich der Desinfeetion, zu instruiren. Herr Director Dr. Bruch schlägt vor, das vorliegende wissenschaftliche Material dem Reichsgesundheitsamt zur weiteren Veranlassung zu über- reichen und anstatt für ein Flugblatt, welches selten ins Publikum dringt, sich für eine öffentliche von der Section zu veranlassende Ansprache in den hiesigen Zeitungen zu entscheiden. Nachdem sich an der Fortsetzung der Discussion noch die Herren Dr. Eger, Medicinalrath Prof. Dr. Spiegelberg und Bezirksphysikus Dr. Jacobi betheiligt, beschliesst die Versammlung auf den Antrag des Dr. Jacobi bei der Wichtigkeit der Frage und der darüber noch herrschenden Meinungsverschiedenheit eine Commission zu wählen, welche die in der Sache zu beschliessenden Schritte vorzuberathen und der Section von dem Resultat ihrer Berathungen demnächst Kenntniss zu geben hat. Nach der einstimmigen Annahme dieses Antrages wurden mit dem Recht der Cooptation in diese Special-Commission gewählt die Herren: Medicinal- Rath Professor Dr. Spiegelberg (Vorsitzender), Bezirksphysikus Dr. Jacobi, Sanitätsrath Dr. Langer, Prof. Dr. Freund, Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Biermer und Privatdocent Dr. Fränkel, 222 Jahres - Bericht In der II. Sitzung am 1. März machte Herr Primärarzt Dr. Fried- länder Mittheilung über einige hierorts neuerdings vorgekommene Fälle von Flecktyphus (typhus exanthematicus). Seit der letzten grösseren Epidemie in den Jahren 1868/69, bemerkte derselbe, sei die Krankheit fast alljährlich, theils in kleineren Haus- Epidemien, theils in sporadischen Fällen, aufgetreten, zuletzt im April des vergangenen Jahres, wo etwa 5—6 Fälle im Hospital waren, ohne dass es zu einer Epidemie gekommen wäre. In den letztvergangenen Tagen haben sich jedoch die Fälle in einer Weise gehäuft, dass er sich für verpflichtet halte, der Seetion davon Mittheilung zu machen. Bevor der Redner auf die Entstehung der in Rede stehenden Typhus- fälle und deren Bedeutung näher eingeht, erörtert er kurz die Art und Weise der Verbreitung des Flecktyphus: Derselbe sei dieansteckendste Krankheit, ansteckender als Scharlach und Pocken, andererseits sei er aber rein eontagiös und die Ansteckung werde vermittelt direet durch Berührung entweder mit an Flecktyphus erkrankten Individuen oder deren Effeecten. Eine indirecte Verbreitung durch den Boden oder das Trinkwasser finde dagegen nicht statt. Das Flecktyphusgift habe die Eigenthümlichkeit, in gewissem Sinne nicht verschleppbar zu sein; es sei kein sicherer Fall bekannt, in welchem das Contagium durch ein gesundes Individuum, das sich an einem infieirten Orte aufgehalten, verschleppt worden wäre, namentlich sei den in dieser Frage massgeben- den englischen Aerzten kein Fall von Verschleppung durch sie selbst bekannt; dagegen lässt sich das Contagium durch die Effeeten der Er- krankten verschleppen. Das Flecktyphusgift habe ferner die Eigen- thümlichkeit, dass es nur in verhältnissmässig kurzen Distanzen durch die Luft übertragen werde, dass es andererseits aber auch ausserordent- lich lange andauere. In letzterer Beziehung seien Fälle bekannt, in denen sich Effeeten von Typhuskranken monatelang ansteckungsfähig erhalten hatten. Nunmehr zu seinen Mittheilungen über die vorgekommenen Erkran- kungsfälle übergehend, bemerkt Herr Dr. Friedländer, der erste Fall sei am 1. Februar vorgekommen und habe einen 32jährigen Maler be- troffen, welcher aus Oberschlesien über Neisse, Schweidnitz und Canth hierher gereist kam und in der Herberge zur Heimath einkehrte, Der zweite Fall kam am 16. Februar vor. Er betraf einen Tapezierergesellen, der über Preussen aus Russland hier einwanderte, ebenfalls in der Herberge zur Heimath einkehrte und von dort, wie der vorige, in das Hospital kam. Im dritten Falle, am 19. Februar, kam der Erkrankte, ein Kellner, direet in das Hospital. Der Vierte, ein Sattlergeselle, war u mar der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 223 vorher im Barmherzigen Brüder-Kloster gewesen, dann in die Herberge zur Heimath auf Schlafstelle gegangen und kam dann ins Hospital. Der fünfte Fall betraf einen Apotheker, der früher in Posen war. An diese Fälle reihen sich nun einige weitere Fälle, welche in Breslau selbst in verschiedenen Stadttheilen entstanden, und ein Erkrankungsfall im Hospital. Betrachtet man alle diese Fälle, so liege ein beruhigendes Moment darin, dass die zuerst Erkrankten sämmtlich eingewanderte Fälle waren und sofort in das Hospital gebracht worden sind, also keine Gelegenheit gehabt haben, Erkrankungsherde zu etabliren. Da indessen unter den vorgekommenen Fällen auch mehrere hier entstanden seien, so sei es, meint der Redner, an der Zeit, sich jetzt über die zu treffenden Massregeln schlüssig zu machen. Vor Allem seien die Schlafstellen in Observanz zu nehmen, so- wohl die privaten wie die öffentlichen, das Polizeigewahrsam und die wohlthätigen Asyle. Eine gänzliche Schliessung derselben sei allerdings _ unausführbar, dagegen sei zu erwägen, ob es sich nicht durchführen lasse, dass jeder in einer solchen Schlafstelle Aufgenommene sofort ein Reini- gungsbad erhalte und, unbekümmert darum, ob er gesund oder krank sei, desinfieirt werde. Werde ein Erkrankungsfall bekannt, sei selbstver- ständlich der Kranke zu evacuiren, die Mitbewohner des Hauses seien unter ärztliche Observanz zu stellen und Bewohner und Haus zu des- infieiren. Bezüglich der Frage, wohin mit den Kranken, komme man auf den heiklen Punkt des Contagienhauses. Die Section habe sich in dieser Beziehung bereits dahin ausgesprochen, dass es sich für Breslau nicht empfehle, ein solides Contagienhaus in grossem Massstabe zu er- richten, dass es vielmehr zweckmässig erscheine, eine kleinere Central- stelle zu etabliren und an diese je nach Bedürfniss der betreffenden Epidemie provisorisch Barakenräume sich anschliessen zu lassen. Gegen- wärtig seien die Erkrankten in der Barbara-Kaserne untergebracht, doch sei hier trotz aller Sorgfalt die Absperrung von dem Central-Hospitale nicht derart durchzuführen, wie es nothwendig wäre. Redner empfiehlt die Niedersetzung einer Commission, welche zu beauftragen sei, über den weiteren Verlauf der Epidemie zu berichten und über die zu treffenden Massnahmen Vorschläge zu machen. In der hierauf eröffneten Discussion wendet sich Geh. Med.-Rath Professor Dr. Biermer zunächst gegen einige Ausführungen des Herrn Dr. Friedländer bezüglich der Verbreitung des Typhus-Contagiums. Wenn er auch mit dem Redner in der Hauptsache übereinstimme, so scheinen ihm doch einige Behauptungen nicht ganz zweifelsohne zu sein. Zunächst halte er die Pocken und Masern für ansteckender, als den Typhus, nur seien wir gegen die ersteren durch Impfung, gegen die letzteren dadurch geschützt, dass wir dieselben bereits durchgemacht. In der Hauptsache sei es auch richtig, dass der Typhus exanthematieus, wie 2394 Jahres - Bericht Dr. Friedländer angeführt habe, nur durch direete Berührung mit den Erkrankten verbreitet werde. Aber diese Behauptung gehe zu weit. Es sei unzweifelhaft, dass unter günstigen Umständen auch das ganze Zimmer, ja ein ganzes Haus infectiös werden könne. Wer sich lange in einem solchen Raume aufhalte, bekomme gleichfalls den Typhus. Auf dies „lange genug‘ sei, wie bei der Cholera, der Nachdruck zu legen. Der Behauptung, dass ein Gesunder den Typhus nicht verschleppen könne, stehe die Thatsache entgegen, dass der letztere durch Kleidungs- stücke verschleppt werde. Sei das letztere möglich, so müssen auch Personen, die gesund geblieben sind, sich aber lange genug in Typhus- Localitäten aufgehalten haben, die Krankheit vermittelst ihrer Kleider verschleppen können. Von grösster Wichtigkeit sei, bemerkt Redner, dass es kein Contagium gebe, welches „luftscheuer‘ sei, als das Typhus- Contagium. Darum sei vor Allem für genügende Ventilation zu sorgen. Dem Intensivwerden einer Epidemie sei am besten durch Reinhaltung der Luft entgegenzuwirken. Daher komme es auch, dass Flecktyphus- Epidemien im Sommer in der Regel abzunehmen pflegen. Bezüglich der prophylaktischen Massregeln glaubt Redner die Ein- setzung einer Commission mit vollem Beifall begrüssen zu können. Ohne den Behörden lästig werden zu wollen und sich aufzudrängen, werde es nicht schaden, wenn man geeignete Vorschläge mache. Vor Allem sei es richtig, dass auf die Schlafstellen ein wachsames Auge zu richten sei, um so mehr, als jetzt eine Zeit sei, in der das Typhus- Contagium grosse Neigung zeige, sich weiter zu entwickeln. Geh. Rath Dr. Grätzer macht Mittheilung über seine Erfahrungen in den früheren Epidemien und glaubt, dass eine vollständige Absonde- rung des jetzigen vorläufigen Typhus-Krankenhauses nothwendig und möglich sei. Hierauf wird die Bildung einer Commission beschlossen. Zu Mit- gliedern derselben werden die Herren Primärarzt Dr. Friedländer, Geh. Med.-Rath Dr. Biermer, Bezirks-Physikus Dr. Jacobi, Geh. Rath Dr. Grätzer und Dr. Buchwald ernannt. Die Commission erhält das Recht der Cooptation. In der III. Sitzung am 15. März berichtete Herr Dr. Buchwald zunächst über den gegenwärtigen Stand der Flecktyphus-Epidemie. Anknüpfend an die von Dr. Friedländer in der Sitzung am 1. März gemachten Mittheilungen, hob Dr. Buchwald zunächst hervor, dass seit jener Sitzung die Zahl der Erkrankten von 14 rasch auf einige 30 gestiegen sei, so dass die Behörde sich zu energischen Massregeln veranlasst sah, Infolge der ohnehin schon vorhandenen Ueberfüllung des # 2 B 7 ‚l « F 3 ir A ar in Te we un U DR Ar de rer der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 225 Allerheiligen-Hospitals, und um eine Verschleppung des Flecktyphus in andere Abtheilungen des Krankenhauses zu verhüten, sei die Unterbringung der Typhuskranken in dem Wenzel Hanke’schen Krankenhause in der Neudorfstrasse beschlossen und zur Ausführung gebracht worden. In den letzten Tagen sei die Zunahme der Erkrankungen eine geringere gewesen, Die Vermuthung, dass die Gefangenen-Anstalt der Hauptherd der Krank- heit gewesen, habe sich allerdings bewahrheitet; es seien 18 Kranke direet aus derselben in das Allerheiligen- resp, das Wenzel Hanke’sche Hospital gebracht worden, bei 6—8 Kranken sei es erwiesen, dass sie kurz vor ihrer Erkrankung aus dem Criminalgefängnisse entlassen, dort- hin aber noch gesund eingebracht waren. Damit solle nicht gesagt sein, dass die Krankheit sich dort spontan entwickelt habe, sondern sie sei eben auch dorthin durch eingebrachte Personen aus Oberschlesien und der Waldenburger Gegend eingeschleppt worden. Nachdem der Vortragende nun noch speciell nachgewiesen, in welcher Weise die Krankheit in verschiedene Stadttheile verschleppt worden sei, bemerkt er, dass der Verlauf derselben gegenwärtig als ein sehr milder bezeichnet werden könne, da die Zahl der Todesfälle im Vergleich zu der der Erkrankungen eine sehr geringe sei. Sodann erstattete Herr Med.-Rath Prof. Dr. Spiegelberg Bericht im Namen der am 15. Februar gewählten Commission, welche über die Mass- regeln zur Verhütung von Puerperalfieber-Erkrankungen berathen sollte. Der Commission haben drei Fragen zur Berathung vorgelegen: 1) die Frage wegen Abfassung und Verbreitung eines Flugblattes zur Belehrung für das Publikum; 2) die Frage, betreffend die Schritte, welche etwa bei den Polizei- resp. den städtischen Behörden zu thun seien; 3) die Frage bezüglich eines eventuellen Antrages an die oberste Sanitätsbehörde. In Bezug auf den ersten Punkt berichtet Professor Dr. Spiegel- berg, dass eine von ihm entworfene Ansprache an das Publikum mit einigen unwesentlichen Modificationen von der Commission angenommen worden sei. Redner trägt diese Ansprache vor (Anlage I.); sie wird von der Section ohne Discussion und einstimmig genehmigt. Bezüglich der Frage, auf welchem Wege dieselbe zu verbreiten sei, wird nach längerer Discussion beschlossen, sämmtlichen hiesigen Zeitungen ohne Unterschied die Ansprache mit der Bitte zugehen zu lassen, dieselbe in ihre Spalten aufzunehmen, da es nur auf diese Weise möglich sei, dem Gegenstand die wünschenswerthe Verbreitung zu verschaffen. Bei der Wichtigkeit der Sache und dem allgemeinen Interesse, welches dieselbe habe, sei ohne Zweifel von der gesammten hiesigen Presse das gewünschte Entgegenkommen zu erhoffen.) ') Die hiesigen Zeitungen haben sämmtlich diese Ansprache kostenfrei ab- gedruckt. 15 236 Jahres - Bericht Bezüglich der zweiten Frage erinnert der Redner daran, dass in der letzten Sitzung beantragt wurde, sich zur Erhebung der Wochenbett- Erkrankungen der Hilfe der Polizei zu bedienen. Dieser Weg aber sei von der Commission für nicht zum Ziele führend erachtet worden, da eine gesetzliche Grundlage für ein entsprechendes Vorgehen der Polizei nicht vorhanden sei. Dieselbe könne das Wochenbettfieber nicht aus eigener Machtvollkommenheit unter die anzeigepflichtigen Krank- heiten aufnehmen. Dagegen empfehle die Commission, dass die Section sich an den Magistrat wende. Derselbe sei vor zwei Jahren auf den Wunsch der Section eingegangen und habe veranlasst, dass die Standes- ämter bei jeder Todesanzeige das Stockwerk, in welchem der Todesfall erfolgte, erhob, um Einsicht in die Salubrität der Kellerwohnungen zu gewinnen. Ebenso könnte der Magistrat das Standesamt veranlassen, beim Tode einer weiblichen Person im Alter von 16—50 Jahren folgende Punkte zu erforschen: a. ob im Wochenbett, b. welchen Tag nach der Geburt, e. Todesursache, d. welche Hebamme? Gelange dieser Antrag zur Ausführung, so liege das nothwendige Material im statistischen Bureau, das allwöchentlich Nachricht vom Standesamt erhalte, zur Ein- sicht bereit. Der Direetor des Bureaus wäre zu bitten, jeden Todesfall im Wochenbett, der ihm so zur Kenntniss kommt, einer von der Section zu wählenden Commission von etwa zwei Mitgliedern anzuzeigen. Werde dies durchgeführt, so sei nach Ansicht der Commission alles Erreichbare geschehen. Im Anschluss an diese Mittheilungen bemerkt Herr Bezirksphysikus Dr. Jacobi, dass es sich, wenn in den zu beantragenden Erhebungen seitens des Magistrats eine zu erhebliche Mehrbelastung der Standes- ämter gefunden werden sollte, vielleicht empfehlen dürfte, nunmehr auf die Erhebung der Stockwerke zu verzichten und an deren Stelle die Erhebung der Todesfälle im Wochenbett treten zu lassen. Herr Director Dr. Bruch glaubt nicht, dass die Erhebung der Stock- werke schon jetzt aufgegeben werden könne. Die Zeit von zwei Jahren sei zu kurz, um aus den gemachten Erfahrungen irgendwie sichere Schlüsse ziehen zu können. Dazu komme, dass die Canalisation der Stadt noch nicht durchgeführt sei und ihre Wirkung auf die Feuchtigkeit des Unter- srundes also auch noch nicht vollständig in die Erscheinung treten könne. Eine Fortsetzung der bezüglichen Erhebungen sei also auf alle Fälle wünschenswerth, dieselben machen auch keine erhebliche Mühe. Dagegen involviren ohne Zweifel die von der Commission vorgeschlagenen Erhebungen bezüglich der Todesfälle im Wochenbett eine nicht unbe- deutende Mehrbelastung der Standesämter, so dass es zweifelhaft er- scheine, ob Magistrat den Wünschen der Section werde willfahren können und wollen. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 3937 Herr Geh. Rath Dr. Grätzer ist mit Rücksicht auf die verhältniss- mässig geringe Zahl der Todesfälle im Wochenbett der Ansicht, dass die bezüglichen Erhebungen den Standesämtern eine nur unbedeutende Mehrarbeit verursachen würden. Herr Prof. Dr. Spiegelberg empfiehlt, den Antrag der Commission dahin zu modifieiren, dass die Erhebungen durch die Standesämter auf die Frage a. ob im Wochenbett gestorben, beschränkt, die weiteren Recherchen bezüglich der Fragen b bis d aber den Mitgliedern der zu erwählenden Commission überlassen werden. Herr Director Dr. Bruch erklärt sich mit dieser Modification mit dem Antrage der Commission einverstanden. Herr Geh. Rath Prof. Dr. Biermer spricht sich dafür aus, dass das beschlossene Flugblatt auch dem königlichen Polizei-Präsidium über- sandt und demselben gegenüber seitens der Section es als wünschens- werth bezeichnet werde, dass das Polizei-Präsidium auch von allen Er- krankungen an Wochenbettfieber Kenntniss erhalte. Vielleicht könne dasselbe in einem Circular an die Herren Aerzte diese von dem Wunsche der Section in Kenntniss setzen und sie ersuchen, von allen Erkran- kungen an Wochenbettfieber Anzeige zu machen. Die Section tritt demnächst sowohl dem modifieirten Antrage der Section, als auch dem Antrage des Herrn Geh. Raths Biermer bei, das Flugblatt auch dem Polizei-Präsidium mit dem Ersuchen zu überreichen, die Aerzte aufzufordern, ihm von allen Erkrankungen am Wochenbett- fieber Anzeige zu machen. Die Herren Dr. Jacobi und Dr. Langer erklären sich schliesslich auf den Wunsch der Versammlung bereit, allwöchentlich vom statistischen Bureau die entsprechenden Nachrichten über Todesfälle im Wochenbett einzuholen. In Erledigung der dritten von der Commission in den Kreis ihrer Erörterungen gezogenen Frage eines Antrages an die Reichsbehörde um Einfügung des Wochenbettfiebers in die Klasse der anzeigepflichtigen Krankheiten hat die Commission eine Petition an das Reichskanzleramt entworfen. Der Entwurf dieser Petition wird demnächst von Herrn Dr. Jacobi vorgelesen und nach einer kurzen Debatte und unwesentlichen Aus. stellungen von der Versammlung genehmigt. (Anlage II.) Anlage 1. Die Verhütung des Wochenbettfiebers. Ein Wort an die Frauen. Die hygienische Section der Schlesischen Gesellschaft für vater- ländische Cultur hat, veranlasst durch die zahlreichen im Wochenbette vorkommenden Erkrankungen und Todesfälle, die Mittel und Wege, 15* 328 Jahres - Bericht durch welche diesen Erkrankungen vorzubeugen, in Erörterung gezogen, und infolge davon beschlossen, die nachstehenden Worte der Oeffent- lichkeit zu unterbreiten. Es giebt wohl kaum eine Stunde im Leben der Frau, welcher mit grösserer Bangigkeit entgegengesehen wird, als die der Entbindung, und dies nicht so sehr wegen der mit diesem Vorgange verbundenen Schmerzen, sondern hauptsächlich wegen der Gefahren, denen die Frauen durch denselben ausgesetzt werden. Diese Gefahren sind keine geringen; denn nicht klein ist die Zahl derer, welche jährlich im Wochenbette dahinsterben; die Mortalitäts- Listen zeigen es, wie manches blühende Leben hingerafft wird durch einen Act, welcher so recht eigentlich nur Freude und Hoffnung bringen soll. Der hier drohende Feind der Frauen aber ist das sogenannte Wochen- bettfieber. Die Zeit liegt nicht weit hinter uns, in der man glaubte — unter Laien ist die Meinung jetzt noch verbreitet —, dass diese böse Krankheit in der Luft liege und die Frauen wie ein unabwendbares Geschick befallen könne. Das ist jedoch nicht so. Wir wissen heute und wissen es mit absoluter Bestimmtheit, dass das Wochenbettfieber durch Einwirkung zersetzter Stoffe auf die bei jeder Geburt entstehenden Wunden erzeugt wird, also zu den Wundkrankheiten gehört und somit — was die Hauptsache ist — auch verhütet werden kann. Es ist un- nöthig, aus der Masse der dies beweisenden Erfahrungen einige aufzu- führen, die unwiderleglich zeigen, wie die Keime des Giftes an den Händen und den Gegenständen der Hilfeleistenden und Gebärenden selbst haften — haben wir doch jüngst in hiesiger Stadt ein solches Beispiel erlebt, in welchem eine Reihe von Menschenleben auf diese Weise zum Opfer gefallen ist. Die Entbindungs-Anstalten, bis vor Kurzem noch so häufig heimgesucht von dem Kindbettfieber — weil durch die Anhäufung von Wöchnerinnen und durch die gerade in diesen Anstalten sich sam- melnden schweren Geburten, in ihnen besonders Gelegenheit zur Ein- impfung zersetzter Stoffe gegeben ist — sind heute gesunde Anstalten und erfreuen sich, trotzdem in ihnen von dem, was man in Privathäusern Pflege und Fürsorge zu nennen pflegt, nur wenig die Rede sein kann, eines Gesundheitszustandes, um welchen sie die private Geburtshilfe, wüsste sie, wie es steht, beneiden würde. Hören wir heute von schweren Wochenbett-Erkrankungen, gar vom epidemischen Auftreten des Wochenbettfiebers, so sind wir also nicht mehr berechtigt, von unabwendbaren Einflüssen zu reden, denn die Ver- hütung jener ist in unsere Hand gelegt. Ist der Nutzen, welchen wir Aerzte bei ausgebrochener schwerer Erkrankung stiften können, an- scheinend klein, so ist der Gewinn sehr gross, welchen wir vielen Familien durch Aufklärung und Belehrung, wie man sich Gebärenden gegenüber zu verhalten habe, bringen können. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 2239 Dies ist der Gründ, weshalb wir diese Worte an die Frauen richten. Bei jeder Entbindung werden gewisse Wunden erzeugt. Verunreinigt können dieselben werden durch verdorbene Luft, beschmutzte Wäsche ‚und Lagergegenstände, durch die unreinen Hände der hilfeleistenden Hebeamme, Wärterin oder des Arztes und deren unsaubere Geräthschaften, schliesslich aber auch vom eigenen Körper der Gebärenden aus. Es handelt sich deshalb zuerst darum, dass Alles, was mit der Gebärenden in Berührung kommt, ebenso wie die betreffenden Organe dieser selbst, recht rein gehalten sind. Indesss würde das allein noch nicht genügen; man muss sicher sein, dass etwaige am eigenen Körper, an den Händen der Hilfeleistenden und an den Gebrauchs-Gegenständen haftenden Keime des Wundgiftes — und diese sind fast überall verbreitet — zerstört werden. Das Mittel, welches solche Keime vernichtet oder wenigstens un- schädlich macht, ist die Carbolsäure. Die Hebamme und eventuell ebenso die Wärterin muss also, wenn sie zu einer Gebärenden tritt, vor jeder Berührung derselben ihre Arme und Hände in Wasser mit Seife waschen, dann mit einer schwachen Lösung von Carbolsäure in Oel ein- reiben. Darauf muss sie etwaige Instrumente, welche es auch seien, in warmes, mit etwas Carbolsäure vermischtes Wasser legen, dann abputzen und vor dem Gebrauche ebenfalls mit Carbolöl einfetten. Sie muss für reine Wäsche, reine Luft im Zimmer‘) sorgen und schliesslich die Kreissende selbst gründlich mit warmem Carbolwasser reinigen und aus- spülen. Diese Reinigung ihrer selbst und der Kreissenden muss vor jeder neuen Untersuchung wiederholt, und endlich nach vollendeter Entbindung “ müssen die Geburtstheile nochmals von allen noch anhaftenden Ausson- derungen durch Carbolausspülung befreit werden. Nie sollen Schwämme gebraucht werden; sie sind die Hauptbehälter zersetzter Stoffe; statt ihrer nehme man reines altes Linnen oder ungeleimte Watte, die aber nach einmaligem Gebrauche verbrannt werden muss. Wenn diese Vorsichtsmassregeln geübt werden, so wird man gewiss selten von schweren Wochenbett-Erkrankungen hören; dann wird es nie passiren, dass die Hebamme oder der Arzt das Kindbettfieber von einer Wöchnerin zur anderen schleppen. Und die Anwendung dieser Massregel ist weder lästig noch sonst störend. Schwer ist es freilich, alte Gewohnheiten auszurotten. Deshalb ist es nur um so wichtiger, dass jede Einzelne, welehe den Mutterfreuden ") Es ist durchaus unnöthig, ja geradezu nachtheilig, das Zimmer so von der äusseren Luft abzusperren und so dunkel zu halten, wie es meist noch Sitte ist. Auch den Neugeborenen ist frische Luft und mässig helles Licht nur von Vortheil. 230 Jahres - Bericht entgegensieht, selbst dafür sorge, dass Alles, was bei ihr zu thun nöthig ist, geschieht. Auch hier wird das Ziel, wie in so vielen Dingen, nur erreicht durch eigene Mithilfe, durch das von der Ueberzeugung geleitete eigene Eingreifen. Je weniger man sıch in diesenDingen aufFremde verlässt, je mehr man selbst für sich sorgt, desto grösser wird der Nutzen sein. Wir haben unsere Pflicht gethan, indem wir dem Publikum die nöthigen Wege zur Verhütung des Uebels andeuteten. Wir hoffen, unsere Mah- nung möge keine unnütze gewesen sein! | Anlage II. An das Kaiserlich Deutsche Reichskanzler-Amt erlaubt sich die unterzeichnete Section ehrerbietigst die Bitte zu richten, in dem zu erwartenden Gesetzentwurfe über die Anzeigepflicht bei an- steckenden Krankheiten auch das Puerperal-Fieber unter den übertragbaren Krankheiten aufzuführen und auch für das Puerperalfieber eine Anzeigepflicht anzuordnen. Die wissenschaftliche Forschung hat zu der sicheren Erkenntniss geführt, dass das Puerperal-Fieber zu den durch die Aufnahme von Zer- setzungsstoffen erzeugten Wundkrankheiten gehört, und dass die zeitweise auftretenden kleinen und grösseren Epidemien dieser mörderischen Krank- heit allein der Uebertragung des Ansteckungsstoffes auf den Geburts- canal mittelst der bei der Geburt oder im Wochenbette hilfeleistenden Personen ihre Entstehung verdanken. Andererseits ist aber ebenso sicher festgestellt, dass die Verbreitung des Puerperal-Fiebers durch strenge Durchführung der antiseptischen Cautelen verhütet werden könne. Der sicheren Erkenntniss dieser nicht mehr anzweifelbaren wissen- schaftlichen Thatsache ist seitens der Gesetzgebung und der Verwaltung in Deutschland bisher nicht Rechnung getragen worden. Wie sehr die ganze ärztliche Welt davon durchdrungen ist, dass hier eine nicht länger erträgliche Lücke besteht und neue besondere Massnahmen zur Verhütung des Puerperal-Fiebers unbedingt nothwendig seworden sind, das zeigen die vielfachen bezüglichen Discussionen in medicinischen Versammlungen, das lehrten jüngst die Verhandlungen der Geburtshilflichen Gesellschaft in Berlin, welche eine Reform der öffent- lichen Gesundheitspflege in Bezug auf das Puerperal-Fieber zum Ziel- punkte hatten. Die unterzeichnete Section selber ist unmittelbar unter dem Eindruck einer kleinen Epidemie von Puerperal-Fieber, welche ausschliesslich in die Praxis einer bestimmten Hebamme fiel und durchaus zufällig und auf ganz privatem Wege erst nach einer Reihe von Todesfällen ent- deckt wurde, an diese Frage herangetreten. “ ee I 0 0 0 7 ala 12. SU I 8# U U UN ZZ der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 231 In Rücksicht auf die relative Häufigkeit derartiger trauriger Vor- fälle hat sie es für ihre Pflicht gehalten, jetzt ohne weiteren Verzug selbstthätig Massnahmen zu veranlassen, durch welche das Publikum für die Zukunft mehr als bisher dagegen geschützt werden könne. Zu diesem Behufe sind einstimmig folgende Beschlüsse gefasst worden: en i 1) eine belehrende Ansprache an die Frauen durch die Zeitungen zu veröffentlichen; — ein Exemplar dieser Ansprache wird ergebenst beigelegt; f 2) den Magistrat der Stadt Breslau zu ersuchen, das Standesamt zu veranlassen, dass bei der Eintragung der Sterbefälle von weiblichen Personen von 16—50 Jahren jedesmal auch verzeichnet werde, ob der Tod im Wochenbett erfolgt sei. Aus dem Schoosse der Section sind zwei Mitglieder gewählt worden, welche die Aufgabe haben sollen, jene standesamtlichen Erhebungen zum Gegenstande weiterer Recherchen zu machen und eventuell der Polizei-Behörde das Material zum amtlichen Ein- schreiten zu übermitteln; 3) das Deutsche Reichskanzler- Amt zu bitten, die Anzeigepflicht für das Puerperal-Fieber gesetzlich herbeifübren zu wollen. Aber Mahnrufe an das Publikum verhallen nur zu bald, auch der zweite unserer Beschlüsse würde nur an wenigen Orten nachgeahmt werden können und wird vielleicht selbst für Breslau nicht von be- friedigendem Erfolge begleitet sein, — das grösste Gewicht, die allge- meinste Bedeutung muss daher der Hilfe auf dem Wege der Gesetzgebung beigemessen werden, der Hilfe, welche die unterzeichnete Section von dem Deutschen Reichskanzler-Amte mit dem vollsten Gefühl eines gegen- wärtigen Nothstandes hiermit ehrerbietigst erbittet. Die hygienische Section der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. In der IV. Sitzung am 3. Mai machte Herr Dr. Buchwald Mit- theilungen | über den Stand der Flecktyphus - Epidemie in Breslau. Wie aus den Zeitungsberichten bekannt, ist die Krankheit erheblich in der Abnahme begriffen; der Krankenbestand am 3. Mai belief sich auf 13 Personen. Im Ganzen sind 121 Fälle von ausgeprägtem Fleck- typhus zur Behandlung gekommen. Grössere Krankheitsherde in der Stadt haben sich nicht gebildet, nur in einer Anzahl, theils in der Oder-, theils in der Sandvorstadt gelegener Grundstücken sind mehrfache Seuchen- fälle zum Ausbruch gekommen. Die grosse Mehrzahl der Kranken, 232 Jahres - Bericht welche ziemlich alle in dem Wenzel Hanke’schen Krankenhause Auf- nahme fanden, waren zugereiste Personen. Von den 121 an Flecktyphus Erkrankten starben 15 Personen, also 12'/, pCt. Die Baracke auf dem Terrain des Wenzel Hanke’schen Krankenhauses ist inzwischen fertig gestellt und kann benutzt werden. Der Vorsitzende, Herr Dr. Bruch, theilt mit, dass auf die Petition der hygienischen Section an den Magistrat bezüglich der Eintragung des Wochenbett-Fiebers als Todesursache bei verstorbenen Frauenspersonen seitens der Standesbeamten eine Antwort dahin eingegangen sei, dass der Magistrat diesem Gesuch mit Rücksicht auf die durch die Erfüllung derselben hervorgerufene Mehrbelastung der Standesbeamten und der unvermeidlich damit verknüpften Belästigung des anmeldenden Publikums nicht nach- kommen könne. Dagegen giebt es der Masistrat den Aerzten anheim, bei der Ausstellung des Todtenscheines in letzterem selbst die Bemerkung zu machen, dass die Verstorbene am Puerperalfieber den Tod gefunden, und erklärt er sich letzteren Falles bereit, die Standesämter zu veran- lassen, eine entsprechende Notiz (W.) der Eintragung beizufügen. Nach kurzer Discussion, an welcher sich ausser: dem Vorsitzenden die Herren Dr. Lipschitz und Dr. Eger betheiligten, wurde beschlossen, das Antwortschreiben des Magistrats der Commission, welche zur Vor- . bereitung der Schritte zur Abwehr gegen die Gefahr des Puerperalfiebers gewählt worden, zur weiteren Erledigung zu überweisen, Herr Dr. Brwech theilte ferner mit, dass angeregt worden sei, eine Wanderversammlung der hygienischen Section zu veranstalten. Liegnitz sei in erster Reihe dafür in Aussicht genommen. Die Section habe sich im Prineip schon damit einverstanden erklärt. Nach eingehender Discussion über die Art, wie diese Versammlung am nutzbringendsten ins Werk zu setzen sei, wurde beschlossen, das Secretariat mit allen weiteren Vorbereitungen zu betrauen. Demnächst trug Herr Professor Dr. Gscheidlen vor: - über die Verwendung von Farbstoffen bei der Bereitung von Genussmitteln. Als der Zweck der Anwendung von Farbstoffen bei einigen Genuss- mitteln bezeichnte der Vortragende das Bestreben, den letzteren eine schönere appetiterregende Form zu geben. Zu den gebräuchlichsten da- für verwandten Farbemitteln gehören Indigo, Carmin, Cochenille u. s. w. Ueber die Benützung der Farbmittel existiren keine bestimmten Vor- schriften bei uns, verboten ist nur im Allgemeinen die Anwendung ge- sundheitsschädlicher Mittel. In Frankreich sind bestimmte Polizei-Ver- ordnungen in Kraft, welche genau diejenigen Stoffe bezeichnen, welche als Farbemittel Verwendung oder nicht Verwendung finden dürfen. Von Genussmitteln unterliegen am häufigsten der Färbung Conditorwaaren, Gelatine und Liqueure. Die Frage, welche Farbstoffe verwendet werden der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 233 dürfen, lässt sich im Allgemeinen dahin beantworten: Alle diejenigen, welche, in mässiger Menge genossen, den Stoffwechsel in keiner Weise alteriren. Speciell auf die Beantwortung der Frage eingehend, ob nach diesem Gesichtspunkt das Anilin als schädlich zu bezeichnen sei, glaubt der Vortragende das arsenikfreie Anilin, dessen Herstellung erst in neuerer Zeit gelungen, als ungefährlich erklären zu können, da es, selbst in grösseren Mengen in den Organismus eingebracht, sich als unschädlich erweist. Es wurde dies durch besondere Versuche ermittelt, welche seitens des Vortragenden in der umfassendsten Weise mit Hunden ange- stellt wurden, denen mit verschiedenen Mengen Fuchsin gefüllte Gelatine- kapseln eingegeben wurden. Die Färbfähigkeit des Anilin sei eine ganz eminente. Ein Theil Anilin auf eine Million Theile Wasser gab letzterem noch eine rothe Farbe. Auf ein Liter Liqueur werde zur Färbung wenig mehr als ein Milligsramm Anilin zugesetzt. Selbst wenn dasselbe nicht vollkommen arsenikfrei sei, so sei der Arsengehalt doch selten höher als 1',—2 pCt., so dass auch dann das Anilin als ein ganz unbedenkliches Färbemittel gelten kann. Im Allgemeinen werde sicher- lich auch nur arsenikfreies Anilin verwendet, was um so erklärlicher sei, als die Preise für giftfreie und gifthaltige Waare nur wenig differiren. Giftfreies Anilin wird pro Kilogramm mit 26 Mark bezahlt, während gifthaltiges nicht unter 23 Mark abgegeben wird. Was die Färbung der Liqueure anlangt, so werden namentlich die Rosenliqueure mit Anilin gefärbt. Uebrigens richte sich die Färbung der Liqueure speciell nach dem in einzelnen Gegenden üblichen Gebrauch. In Deutschland ist man gewohnt, den Rosenliqueur roth, in Frankreich gelb, in Schweden weiss zu trinken. Das Rosenöl selbst, dessen Preis pro Liter sich auf 900 bis 1300 Mark stellt, ist, wie alle ätherischen Oele, farblos. Mit der Recht- fertigung des Anilin als Färbemittel für Liqueure solle, wie der Vor- tragende schliesslich ausdrücklich hervorhebt, keineswegs gesagt sein, dass die Verwendung des Anilin zu Fruchtsäften von ihm gebilligt werde. Im Gegentheil, dies sei entschieden als Fälschung und Betrug zu ver- urtheilen, da es sich hier nicht um die Färbung eines Genussmittels, sondern um die Herstellung eines solchen handele, indem ein Saft als Fruchtsaft ausgegeben wird, der an Stelle der Früchte nur eine Lösung von Zucker und Anilin enthalte. Herr Bezirks-Physikus Prof. Dr. Hirt tritt der Anschauung des Vor- redners über die Ungefährlichkeit des Anilin entschieden entgegen und bezeichnet die jüngst stattgehabten Massnahmen des Polizei-Präsidii, infolge deren wiederholt Liqueure, welehe mit Anilin gefärbt waren, be- schlagnahmt wurden, als durchaus gerechtfertigt. Er selbst habe Gelegen- heit gehabt, bedeutende Anilinfabriken zu besuchen. Die Schutzmass- regeln, welche für die dort beschäftigten Arbeiter getroffen worden, zeigen deutlich, dass das Anilin als durchaus nicht so unschädlich betrachtet LE 234 Jahres - Bericht PZ werden könne und sei das Anilin für die Verwendung als Farbstoff bei Genussmitteln entschieden auszuschliessen. Selbstredend werde Jemand, der einen oder zwei Schnäpse anilingefärbten Rosenliqueurs trinke, nicht erkranken, immerhin aber seien gesundheitsnachtheilige Wirkungen bei stärkerem Genuss zu erwarten. Alle Farbstoffe, welche nicht direet polizeilich genehmigt sind, seien zu vermeiden. Uebrigens existirt auch bei uns eine Polizei-Verordnung, in welcher als verwendbare Farbstoffe nur vegetabilische oder andere, welche keine dem zu färbenden Gegen- stand fremdartige Substanzen enthalten, namhaft gemacht sind. Zu letzteren gehöre das Anilin jedenfalls nicht, denn es sei dies eine dem Liqueure durchaus fremdartige Substanz und man müsse ganz entschieden darauf hinwirken, dass Anilin vollkommen aus der Nahrungsmittel-Hygiene zu verbannen, selbst wenn nur giftfreie Waare in den Handel käme. Herr Professor Gscheidlen bemerkt, dass man unter Liqueuren ein wechselndes Gemisch von Alkohol, Zucker, einer aromatischen Pflanzensubstanz und meist einem Farbestoff verstehe. Die Liqueure würden erfunden und je nach dem Witze des Erfinders mit verschiedenen Namen belegt. Da keine bestimmten Vorschriften über die Zusammen- setzung der Liqueure existiren, so sei es schwierig, zu sagen, welche Substanz diesem oder jenem Liqueure fremdartig sei. Herr Apotheker Müller ist ebenfalls der Ansicht, dass das Anilin als Färbestoff für Genussmittel zu verbieten sei. Es sei sehr schwer, völlig arsenfreies Anilin zu bekommen, und ihm sei schon Fuchsin zur Untersuchung in die Hände gekommen, in welchem der Arsengehalt 6—7 pCt. betrug. Ebenso ergaben die Untersuchungen der Rosenliqueure, dass namentlich zu den intensiv roth gefärbten Sorten auf einen Liter weit mehr als ein Milligramm, ja bis zu einem Decigramm Farbstoff ge- nommen werde, wobei das Fuchsin leicht nachtheilig wirken könne. Dasselbe sei durch andere Farbstoffe, Carmin, Cochenille, zu ersetzen und eine Polizei-Verordnung, welche das Anilin in seiner Anwendung als Färbestoff für Genussmittel verbietet, vorläufig wenigstens, gewiss am Platze. In der V. Sitzung am 14. Juni berichtet der Vorsitzende, Herr Dr. Bruch, zunächst über die projectirte Wanderversammlung der Section nach Liegnitz. In einer vorbereitenden Sitzung des ad hoc zusammen- getretenen Comites, zu welcher die gerade zur Provinzial-Synode hier anwesenden Herren Oberbürgermeister Oertel und Kreisgerichtsrath und Landtags-Abgeordneter Müller aus Liegnitz eingeladen worden waren, hat das Comit& den 14. Juli als Termin für die Versammlung ange- nommen. Das vorläufige Programm ist dahin festgestellt worden, dass unmittelbar nach Ankunft in Liegnitz die gegenseitige Begrüssung statt- finden und sodann die Sitzung der Section etwa um 12 Uhr beginnen j ZT ee ee De NEE ae ae EZ nd u Zn Zu 0 nd | 20020 I Zur u Pu 7 Dee der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 235 und bis nach 2 Uhr dauern würde. Hieran schlösse sich sodann ein gemeinsames Diner, nach dessen Beendigung eine Rundfahrt oder ein Rundgang durch die Stadt und deren Umgebung (Siegeshöhe), behufs Besichtigung solcher Anlagen unternommen werden solle, die, wie das Wasserwerk und die Canalisation für die Mitglieder der Seetion von be- sonderem Interesse sind. Nach der Rückkehr würden die Theilnehmer noch zu einer geselligen Zusammenkunft vereinigt bleiben, um dabei ihre Meinungen über das Gesehene auszutauschen. Bei der Rückfahrt zum Bahnhofe würde endlich noch Gelegenheit geboten, das neue städtische Schlachthaus in Augenschein zu nehmen. Auch über eine provisorische Tagesordnung hat sich das Comite bereits schlüssig gemacht. Da die Section zum ersten Male ausserhalb Breslaus tagt, so erschien es wün- sehenswerth, zunächst eine allgemeine orientirende Uebersicht über die Gesundheitsverhältnisse der zunächst interessirenden Städte und Länder vom statistischen Standpunkte auszugeben. Dies soll dureh den Vor- sitzenden, Direetor Dr. Bruch, geschehen. Hieran wird sich ein Vor- trag des Geh. Rath Professor Dr. Biermer über die Hauptfactoren der Sterblichkeit vom ärztlichen Standpunkte aus knüpfen, sodann werden Prof. Dr. Poleck und Apotheker Müller die Resultate ihrer Unter- suchungen der Brunnen von Liegnitz und des Katzbachwassers, woraus die neue Wasserleitung gespeist werden wird, mittheilen und schliesslich wird Oberbürgermeister Oertel über die neuen Anlagen hygienischer Art in Liegnitz als Einleitung für den später folgenden Rundgang Mit- theilung machen. An diesen von dem Vorsitzenden gegebenen Bericht knüpfte sich eine kurze Discussion über die Mittel, eine recht zahlreiche Betheiligung an der Excursion zu erzielen, die zu dem fast einstimmigen Beschlusse führte, mit Rücksicht auf die berufliche Thätigkeit der Aerzte am Vor- mittage nicht, wie das Comit& ursprünglich vorgeschlagen hatte, den ersten Frühzug, sondern erst den um 10 Uhr 25 Minuten vom ÖOber- schlesischen Bahnhofe abfahrenden Expresszug zu benutzen. Inserate durch die hiesigen Zeitungen werden hierüber noch das Nähere mittheilen. Die Mitglieder und Beamten der königlichen Regierung in Liegnitz und die städtischen Behörden sollen zur Theilnahme an der Sitzung einge- laden werden. Hierauf machte Herr Dr. Buchwald einige kurze Mittheilungen über den Stand der Flecktyphus-Epidemie, wobei er bemerkte, dass wiederum eine erhebliche Abnahme zu constatiren sei. Die neuerdings zugetretenen Fälle seien meist von auswärts hinzugekommen. Den nächsten Gegenstand der Besprechung bildeten Mittheilungen der Herren Dr. Eger jun., Sanitätsrath Dr. Kempner und Geh. Med.- Rath Dr. Biermer über eine Anzahl Erkrankungen typhöser Natur am Tauentzienplatz. Die Nachforschungen der betreffenden Aerzte nach der 236 Jahres - Bericht i Ursache der bis jetzt constatirten 32 Erkrankungen, deren im Allge- meinen übereinstimmende Erscheinungen schon auf eine gemeinsame Quelle hindeuteten, haben ergeben, dass dieselbe nur auf den Genuss des Wassers eines bestimmten Grundbrunnens, das nachweislich von allen Erkrankten getrunken worden ist, zurückzuführen sei. Wenn auch das Wasser dieses Brunnens in der Umgegend bisher allgemein als ein be- sonders gutes bezeichnet wurde, so waren doch sämmtliche Fälle, die alle innerhalb einiger Tage constatirt wurden, der Art, dass jede andere Infeetion ausgeschlossen werden musste, — Der genannte Brunnen be- findet sich in unmittelbarer Nähe der Düngergrube und eines Schlamm- fanges, und obwohl derselbe gut gemauert und cementirt ist, so erscheint eine zeitweise Infeetion des Wassers durchaus nicht ausgeschlossen. Im Uebrigen ist derselbe vom Besitzer sofort geschlossen worden, und da die Erkrankungsfälle sämmtlich einen sehr milden Charakter zeigen und einen durchaus normalen Verlauf nehmen, so bietet die in Rede stehende kleine Hausepidemie keinerlei Anlass zu weiteren Befürchtungen. Zum Schluss hielt Herr Bezirks-Physikus Professor Dr. Hirt einen Vortrag über die Schwefelgewinnung im südlichen Sieilien und die Ge- sundheitsverhältnisse der damit beauftragten Arbeiter. Der Vortrag, durch welchen Herr Hirt nachwies, dass man in dem civilisirten Europa noch unter den denkbar ungünstigsten sanitären Verhältnissen arbeitet, soll in einem Fachjournale zur Veröffentlichung gelangen. In der VI. Sitzung am 38. November machte vor dem Eintritt in die Tagesordnung der Vorsitzende, Herr Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Biermer, die schmerzliche Mittheilung, dass der dritte Secretair der Section, Herr Director Dr. Bruch, am 16. September verstorben sei. Herr Bezirks - Physikus Dr. Jacobi las sodann den folgenden Nekrolog: Herr Dr. Ernst Bruch wurde am 30. Mai 1840 zu Waldbröl in der Rheinprovinz geboren, wo sein Vater, Herr Wilhelm Bruch, gegen- wärtig Pastor primarius in Minden, evangelischer Prediger war. Nach- dem er auf dem Gymnasium zu Minden seine Vorbildung erhalten hatte, studirte er Jura und Cameralia auf den Universitäten Berlin und Tübingen, wurde in Tübingen zum Doctor philosophiae promovirt und trat nach Ablegung der ersten juristischen Prüfung in den preussischen Staatsdienst ein. Als Regierungs-Referendar zu Minden verliess er im Jahre 1864, unter dem Vorbehalt seines Wiedereintritts, den Staatsdienst, um die Stellung eines Assessors in dem städtischen statistischen Bureau zu Berlin anzunehmen. Dort war er 9 Jahre hindurch thätig, nur unterbrochen durch seine Theilnahme an den Feldzügen 1866 und 1870/71, bis er im Jahre 1873 nach Breslau berufen wurde, um hier dem neubegründeten der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 9237 städtischen statistischen Bureau als Direetor vorzustehen. Dieser Stellung entriss ihn ein jäher Tod am 16. September 18738. Ausgerüstet mit ungewöhnlicher Arbeitskraft und umfassender wissen- schaftlicher Bildung, hat der Verewigte während seiner verhältnissmässig kurzen statistischen Laufbahn eine grössere Zahl von Arbeiten vollendet, welche seinen Namen schon vor Jahren weithin bekannt gemacht haben und insbesondere dauernd mit der Geschichte der städtischen statistischen Bureaus von Berlin und Breslau in ehrenvollster Weise verknüpfen werden. Das Berliner städtische Jahrbuch, welches 1867 von Schwabe ge- gründet war, brachte von 1368 bis 1872 in jedem neuen Heft werth- volle Abhandlungen von Bruch über statistische und volkswirthschaftliche Probleme mit besonderer Beziehung auf Berlin. Aus jenen Jahren be- sitzen wir ausserdem von ihm bedeutsame Publicationen „über Gesetz und Praxis der Gemeindewahlen“ (Berlin 1869), „Beiträge zur Geschichte und Statistik des preussischen Armenwesens‘ (Berlin 1869), .‚Die Finanzen der Stadt Berlin“ (Berlin 1869) und „Berlins bauliche Zukunft‘ (Berlin 1870). ' In Breslau ist die Organisation und bisherige Entwickelung des städtischen statistischen Dureaus Bruch’s eigenstes Werk. Mit unermüd- lichem Eifer war er bestrebt, die Breslauer statistischen Berichte in Form und Inhalt immer vollkommener zu gestalten, und wie erfolgreich dies Bemühen war, beweist der Vergleich mit den statistischen Mittheilungen anderer Grossstädte. Ausgezeichnet ferner durch Klarheit, Uebersicht- lichkeit und Eleganz der Darstellung sind die beiden letzten Verwaltungs- berichte des Magistrats zu Breslau, welche Bruch zum Verfasser haben. ‚In der von ihm als Organ des städtischen Bureaus seit 1876 heraus- gegebenen Zeitschrift „Breslauer Statistik‘ endlich, von welcher bereits die dritte Serie durch ihn begonnen wurde, hat er einen werthvollen Quellenschatz für alle Zukunft hinterlassen. Auch ausserhalb seiner reichen Amtsthätigkeit, welcher er mit pein- licher Pflichttreue waltete, war Bruch immer bereit, wissenschaftlichen und humanitären Interessen mit Wärme und thatkräftiger Theilnahme zu dienen. Unserer Section für Öffentliche Gesundheitspflege hat er seit ihrer Gründung am 16. Februar 1875 als dritter Secretair vorgestanden. Bruch war eine durchaus edle Natur. Von anmuthigen und liebens- würdigen Formen, beseelt von reinster Menschenliebe und kleinlichen Anschauungen vollkommen unzugänglich, verdiente er in vollem Masse die Hochachtung und Liebe, welche ihm überall zu Theil wurden. Schwere Schicksale gingen seinem frühen Ende voraus. Am 2. April 1878 unterzog er sich einer bedeutenden chirurgischen Operation, um von einem grösseren, in der letzten Zeit schnell gewachsenen Sarkome in der linken Achselhöhle befreit zu werden. Am 24. desselben Monats 238 Jahres-Bericht musste er ein schönes und begabtes Kind von 10 Jahren am acuten Herzleiden hinsterben sehen. Seit jener Zeit hat er die frühere Frische nie mehr wieder erlangt. Die Nahestehenden empfanden mit Betrübniss, dass sein Wesen ein anderes geworden war. Von krankhafter Reizbar- keit und verstimmt nahm er an den heftigen politischen Parteikämpfen des Sommers 1878 lebhafter Theil, als es seiner eigentlichen, milden, versöhnlichen und stets zu zartester Rücksicht hinneigenden Natur ent- sprach. Plötzlich erkrankte er dann mit den Erscheinungen eines schweren Gehirnleidens, sein Geist umnachtete sich und der Tod erfolgte nach der Diagnose seiner Aerzte an einer Geschwulst-Metastase innerhalb der Schädelhöhle. , Ein edler und tüchtiger Mann wurde in der Blüthe seines Lebens dahingerafft. Ehre seinem Andenken!“ Die Versammlung gab ihrer Anerkennung der Verdienste des Dahin- geschiedenen durch Erheben von den Plätzen Ausdruck. Als erster Gegenstand stand auf der Tagesordnung die Wahleines. dritten Seeretairs. Als solcher wurde gewählt der königl. Bezirks- Physikus Dr. Jacobi. Demnächst hielt Herr Professor Dr. Hermann Cohn einen Vortrag über die Schulhäuser und Schultische auf der Pariser Weltausstellung. Der Vortragende knüpft einleitend an die kleine Broschüre an, die er als Separatabdruck eines Artikels in der Berliner klinischen Wochen- schrift über die Schulhygiene auf der Pariser Weltausstellung vom Jahre 1867 veröffentlicht. Er schloss die damals publieirte Abhandlung mit folgenden Worten: .‚Vieles ist in den öffentlichen Lehranstalten, wie wir sehen, noch mangelhaft. Möchte die vorliegende Beleuchtung der hygienischen Verhältnisse in den Schulen der diesjährigen Welt- Aus- stellung dazu beitragen, in den Unterrichtsministerien aller eivilisirten Völker die Ueberzeugung zu befestigen, dass trotz der vielen in den letzten Jahren publieirten ausgezeichneten Arbeiten deutscher und schwei- zerischer Aerzte über die Gesundheitspflege in den Schulen, die praktische Ausführung der vorgeschlagenen hygienischen Einrichtungen noch weit zurück ist. Dann wird sicherlich auf der nächsten Weltausstellung ein srösseres, von allen Nationen gesandtes, erquicklicheres Materiel den die Schulhäuser vom ärztlichen Standpunkte betrachtenden Besuchern zur Beurtheilung unterbreitet werden und die kommende Generation wird für die Schonung ihrer Gesundheit ihren Erziehern gleichen Dank wissen, als für die Bildung ihrer Geister.‘ Die damals ausgesprochene Hoffnung fand ihre theilweise Erfüllung bereits auf der Wiener Ausstellung vom Jahre 1873. Auch über die dort gemachten Beobachtungen legte Professor Dr. Cohn seine Ansichten in einer Denkschrift nieder, wie er dies auch bezüglich seiner Erfahrungen der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 2339 auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1878 zu thun beabsichtigt. Die diesbezügliche Arbeit befindet sich bereits im Druck und wird, durch 45 Abbildungen illustrirt, in nächster Woche im Verlage von Morgen- stern erscheinen. Mit Rücksicht auf diese den Gegenstand ausführlich behandelnde Publication beschränken wir uns darauf, von dem dasselbe Thema erörternden Vortrag des Professor Dr. Cohn nur eine kurze Skizze zu geben. Der Vortragende gedachte der bedeutenden Leistungen des franzö- sischen Unterrichtsministeriums für den Volksschul-Unterricht. Er liefert ferner eine eingehende Beschreibung der hohlen Mauern, der Ventilation und Heizung des achteckisen Ferrand’schen Schulhauses, des einzigen Schulgebäudes, welches in natürlicher Grösse auf der Ausstellung ver- treten war. Namentlich verdienen die Beleuchtungsverhältnisse dieser Schulhäuser Erwähnung. Die achte Seite des Gebäudes ist ein einziges Fenster von 40 Quadratmeter Glas, während sich auf der diesem Colossalfenster gegenüberliegenden Seite ein, von oben aus beginnend, die Hälfte der Wand einnehmendes Fenster von 20 Quadratmeter Glas befindet. Wie bedeutend das Gesammtquantum des dadurch erzielten Lichtes ist, kann man sich leicht vorstellen. Namentlich für unsere Breslauer Schulen, wo in den seltensten Fällen eine Klasse das ausreichende Licht hat, sind diese Verhältnisse beachtenswerth. Vergebens habe beispielsweise der Vortragende in Wort und Schrift auf die ganz finsteren Zimmer der Elementarschule auf der Weissgerbergasse und auf der Harras- gasse seit 13 Jahren wiederholt hingewiesen; es ist Alles beim Alten geblieben! Des Weiteren gedenkt der Redner kurz der Vorzüge der übrigen achtzehn nur in Modellen auf der Ausstellung vorhandenen Schulhäuser, wobei er die durch die Modell- und Ausstellungsform bedingten Schwierig- keiten eines sachlichen Urtheils hervorhebt. — Was die Subsellien anlangt, so waren nicht weniger als 71 Systeme auf der Pariser Aus- stellung vertreten, ein Umstand, der für die erfreuliche Thatsache ein Belag ist, dass sich Sinn und Verständniss für das so wichtige Schul- mobiliar in immer weiteren Kreisen Bahn gebrochen. Die Pariser Aus- stellung vom Jahre 1857 bot nur 3 verschiedene Subsellienformen; die Wiener Ausstellung vom Jahre 1873 schon 47; die letzte Pariser Aus- stellung 71, welche einzeln in der im Druck befindlichen Broschüre be- sprochen werden. Auf die einzelnen Länder in Bezug auf ihre Stellung zu der Subsellienfrage eingehend, bemerkt der Redner, dass in Russ- land als Unterabtheilung des Kriegsministeriums ein von dem Prinzen Cantacuz&öne und dem General v. Kokhovsky geleitetes pädago- giseches Museum bestehe, welches alle nur vorhandenen zweckmässigen Modelle von Subsellien sammelt, prüft und die Lieferung guter Subsellien 240 Jahres - Bericht für die Schulen Russlands vermittelt. Der von Russland ausgestellte Schultisch war besonders empfehlenswerth. Des Weiteren schildert der Vortragende eingehend die zweck- mässigsten zur Ausstellung gelangten Subsellien. Aus Frankreich allein hatten sich 20 Aussteller an der Lieferung von Subsellien betheiligt, aus- gestellt waren ferner Subsellien aus Belgien, Luxemburg, Dänemark, Schweden, Norwegen, Russland, Oesterreich, Ungarn, Spanien, England, Canada, Nord-Amerika und der Schweiz. Die Schweiz glänzte in dieser Ausstellung ganz besonders. Die 22 verschiedenen, von Unterrichts- Ministerien und höheren Schulbehörden nach Paris gesandten Schultische sind (mit Ausnahme des dänischen und eines Genfer Subsells) erfreulicherweise körpergerecht nach den richtigen neuen Prineipien ge- baut. Höchst beherzigenswerth ist der Bericht der Schulbank-Commission in Zürich, welcher dem ausgezeichneteu Züricher Schultisch (von Wolff und Weiss) beigelegt war. Auch die argentinische Republik und Japan hatten Subsellien aus- gestellt. Nach dem Urtheil des Vortragenden waren die in den japa- nischen Schulen eingeführten Schulbänke besser und zweckmässiger, als die in Breslau in Gebrauch befindlichen. | Bezüglich des Preises einer guten Schulbank theilt der Vortragende mit, dass ein Platz bei den guten Modellen nicht unter 20 Fr. kostet; es sei aber besser, eine gute Schulbank zu höherem Preise, als dass auch hierin Reuleaux mit seinem Ausspruch „billig aber schlecht‘ Recht behalte. Möge endlich das Reichsgesundheitsamt die obligatorische Ein- führung richtigerer Subsellien veranlassen, als sie leider in unseren Schulen anzutreffen sind! In der VII. Sitzung am 22. November sprach Herr Conservator Tiemann über die mikroskopische Fleischschau. Herr Dr. Buchwald berichtete über den weiteren Verlauf der Epi- demie von Typhus exanthematicus. Sodann hielt Herr Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Biermer einen Vor- trag über Febris recurrens, von der Thatsache ausgehend, dass in den letzten Tagen mehrere Fälle von Recurrens hierselbst zur Beob- achtung gekommen seien. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. )41 VL: Bericht über die Verhandlungen der Section für Obst- und Gartenbau im Jahre 1878 von Stadtrath E H. Müller, zeitigem Secretair der Section, Die Section für Obst- und Gartenbau der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Breslau hielt im Jahre 1878 zehn Sitzungen. Am 16. Januar wurde die erste Sitzung gehalten. Nach kurzer Begrüssung der erschienenen Mitglieder seitens des Secretairs, und dessen Aufforderung, auch in dem begonnenen Jahre die Zwecke der Section nach allen Kräften zu fördern, verlas zunächst derselbe den von ihm dem Präsidium der Schlesischen Gesellschaft erstatteten Generalbericht über die Thätigkeit dieser Section im Jahre 1877. Hiernach erfolgte die Mittheilung eines Schreibens des Vorstandes des hiesigen Vereins für Gärtner und Gartenfreunde, in welchem derselbe die Anzeige von seinem Beschlusse machte, im September d. J. eine grössere schlesische Obst-, Gemüse- und Blumen-Ausstellung zu veran- stalten und die Section einladete, dieses Unternehmen in Gemeinschaft mit ihm zu fördern. In Folge eingehender Berathung hierüber wurde be- schlossen: nach eingeholter Zustimmung des Präsidii der Gesellschaft dem genannten Vorstande zu erwidern, es sei zwar gern von diesem Vorhaben und dankbar für die geschehene Einladung Kenntniss genommen worden, es sehe sich die Seetion jedoch veranlasst, als solche ihre Be- theiligung in corpore abzulehnen; dagegen wäre sie, falls es dem Verein erwünscht sei, gern bereit, ihre Mitglieder zur Betheiligung an dieser Ausstellung aufzufordern und auch zum Zweck von Prämiirungen bei derselben die Summe von 100 Mark zuzuwenden, wenn ihr das Recht 16 242 Jahres - Bericht zugestanden werde, die Propositionen für Prämiirungen mit diesen 100 Mark selbst festzustellen und ihren sich an dieser Ausstellung be- theiligenden Mitgliedern dieselben Rechte eingeräumt würden, wie den- jenigen des Vereins. Herr Garten - Direetor Bürgel zu Schloss Wittgenstein (Ru- mänien) hatte zwei grössere Photographien eingesendet, die eine dar- stellend dessen Wohnhaus nebst Vorplatz, die andere einen Theil des dortigen Blumengartens und angrenzenden Parkes; bei deren Vorlegung gab der Secretair aus einem dieselben begleiteten Briefe des Herrn Bürgel zu beiden sehr gelungenen Bildern nähere Erläuterungen. Vorgelesen wurden: 1) der Bericht des Secretairs des Ratiborer Gartenbau- Vereins, Herrn Hauptlehrer Oppler in Plania, über die durch Herrn Hofgärtner Brasse gepflegten gärtnerischen Anlagen und den Park zu Pless und eine kleine von dort aus unternommene Excursion in das obere Weichselthal; 2) Mittheilungen von Herrn Obergärtner Schütz in Wettendorf (Ungarn) über einige in dem dortigen Park eultivirte seltene Coniferen und Ailanthus glandulosa; 3) eine längere Abhandlung des Apotheker Herrn Scholtz in Jutrosehin: „Harmlose Plaudereien mit etwas Bitterstoff.“ Ein Schreiben des Garten-Inspeetor Herrn Gireond in Sagan brachte die Benachrichtigung, dass es ihm im vorigen Jahre gelungen sei, ganz besonders schöne Hybriden von Knollen-Begonien zu erzielen und zwar durch Befruchtungen der B. boliviensis mit B. Sedeni, Pearcii, rosae flora u. s. w., unter denen viele einen gelben Anflug zeigten, viel- leicht von B. Pearcii, welcher unter der grossen Anzahl im vorigen Jahre sesehener anderer Sammlungen nicht bemerkbar war; keine derselben habe jedoch an Farbenpracht und Habitus eine starke, gut eultivirte B. Froebeli übertroffen. In der zweiten Sitzung, am 6. Februar, wurde u. a. die Auf- merksamkeit darauf geleitet, dass das zeither bräuchlich gewesene Schema zu den Culturberiehten der Mitglieder, über denselben auf ihren Wunsch alljährlich unentgeltlich zum Versuchsanbau zugetheilte Sämereien em- pfehlenswerther Nutz- und Zierpflanzen, sich als nicht genügend zweck- entsprechend erwiesen habe, zum Theil deshalb wohl auch weniger von den Empfängern der Sämereien für so sehr nützliche, daher wünschens- werthe Culturberiehte in Anwendung genommen worden sei, ja sogar häufig deren Einsendung ganz unterlassen würde, Ein nach Inhalt und Form abgeändertes, von Fachmännern und sachkundigen Laien ausge- arbeitetes solches Schema wurde durch den Seecretair vorgelegt, nach eingehender Diseussion unter geringer Modifiecation gutgeheissen und be- schlossen, dass dasselbe schon in diesem Frühjahr bei der Gratis - Ver- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 943 theilung von Sämereien zur Benutzung für den gegen diese erfordernden Culturbericht deren Empfängern mit übersendet werden solle. Herr Kaufmann Hutstein hielt einen längeren Vortrag „über landschaftliche Gärten“, Die dritte Sitzung fand am 8. Mai statt. Vorgelegt wurden: eine Offerte künstlicher Nistkästen für inseetenfressende Vögel von Hugo Voigt in Leipzig und eine solehe von Apotheker Brockmann in Arnstadt, eines von demselben hergestellten, Anadolin benannten, Düngesalzes für Topfgewächse und feineren Gartenbau; ferner die von dem Secretair ge- legten Abrechnungen über die im Jahre 1877 für die Seetion und für deren Garten gehabten Einnahmen und Ausgaben. Die General-Rechnungs- legung wurde dem Herrn Schatzmeister der Schlesischen Gesellschaft, die speciell den Seetionsgarten betreffende Abrechnung aber Herrn Kaufmann J. Kramer zur Prüfung überwiesen. Auf an den Seeretair ergangene dringende Anfrage hatte derselbe zu berichten, dass auf das Schreiben der Section vom Februar a. e. an den Vorstand des Vereins für Gärtner und Gartenfreunde ihm zwar eine Anzahl Exemplare des Allgemeinen Programms und ein Exemplar desselben mit Anhang der Bedingungen und dem Verzeichniss der ausgeschriebenen Concurrenzen für die von diesem .Verein in Aussicht genommene Ausstellung brevi manu über- sendet worden sei, er sich bis jetzt aber noch nicht im Besitz einer Er- klärung dessen Vorstandes über Annahme der in jenem Schreiben durch die Section gestellten Bedingungen befinde. In Folge dessen wurde die Feststellung derjenigen Coneurrenzen, für welche die von der Section als Prämie offerirten 100 Mark zu bestimmen sein würden, bis nach er- folgtem Eingange der noch zu erwartenden Erklärung vertagt. Herr Gutsbesitzer und Amtsvorsteher Cimbal in Frömsdorf hatte zur Verwendung in dem Baumschulgarten eine Anzahl Edelreiser einiger Obstsorten, welche eine weitere Verbreitung in Schlesien verdienen, ein- gesendet und zugleich zur Betheiligung an einer von ihm im October a. c. zu Münsterberg zu veranstalten beabsichtigten Ausstellung eingeladen. Vorgelesen wurden Mittheilungen des Apothekers Herrn Scholtz in Jutroschin „über die Cultur des Sambueusnigra alszierende Topfpflanze in Hochstammform“ und die briefliche Mittheilung des Kunst- und Handelsgärtners Herrn Kleemann in Eulau-Wilhelms- hütte, dass seine vor 2 Jahren gemachten „Erdbeerpflanzungen“, an denen am 15. Mai 1876 der Frost alle Blüthen zerstörte, so dass dieselben fast gar keine Ernte brachten, im letzt abgelaufenen Jahre einen recht befrie- digenden Ertrag gewährten, welcher noch erheblich reicher ausgefallen sein würde, wenn in der letzten Erntezeit nicht nasskalte Witterung denselben beeinträchtigt hätte. Derselbe berichtet weiter, dass er zum Anbau im Grossen nur 12 Sorten Erdbeeren mit besonders guten Marktfrüchten ver- 16* 244 Jahres - Bericht wende, unter denen Marguerite, Lucas und Graf Bismarek durch Wohl- geschmack, reiche Tragbarkeit und Grösse der Früchte sieh besonders auszeichnen, einzelne Büsche derselben lieferten über ein Pfund Beeren und dabei Früchte bis zu 25 gr Schwere. Da der dortige Boden der Erdbeercultur besonders günstig zu sein scheint, so beabsichtigt Herr Kleemann dieselbe, obschon sie bereits ca. 25 Ar Ackerfläche ein- nimmt, in nächster Zeit doch noch bedeutend auszudehnen. Herr Juwelier Herrmann machte aus der Illustration hortieole Mittheilungen über von Lemoin in Nancy durch Kreuzung der Fuchsia Dominiana und F. serratifolia erzielte neue Fuchsien-Hybriden, welche sich besonders durch hohen Glanz ihrer Farben unterscheiden; sie haben doppelte Blüthen und blühen während des ganzen Winters, wodureh ihr Werth noch erhöht wird. Es sind dies namentlich F. serratifolia grandi- flora und grandiflora atropurpurea, prächtige Verbesserungen der alten, ebenfalls im Herbst und Winter blühenden F. serratifolia multiflora. Vierte Sitzung am 12. Juni. Herr Kaufmann Kramer reichte die ihm in letzter Sitzung zur Revision übergebene, nach Belägen und in ealeulo richtig befundene, durch den Seeretair gelegte Abrechnung der im Jahre 1877 für den Sectionsgarten gehabten Einnahmen und Aus- gaben zurück und wurde Letzterem über dieselbe Decharge ertheilt. Der Secretair gab bekannt, dass nunmehr von dem Ausstellungs- Comit& des Vereins für Gärtner und Gartenfreunde die Benachrichtigung eingegangen sei, dass die von der Seetion zu Prämiirungen bei der vor- habenden Ausstellung in Aussicht gestellten 100 Mark nach deren Wün- schen und gestellten Bedingungen Verwendung finden sollen. Demnach wurden folgende Preisaussetzungen beschlossen und dem Comit& über- mittelt: | a. für das beste und reichhaltigste Sortiment pomologisch richtig be- nannter reifer Kern- und Steinobstfrüchte aus dem Garten eines Landgeistlichen, Landschullehrers oder Rusticalen eine erste Prämie von 50 Mark und eine zweite Prämie von 20 Mark; b. für das reichhaltigste Sortiment besteultivirter frischer Gemüse aller Art eine erste Prämie von 20 Mark und eine zweite Prämie von 10 Mark; c. für das reichhaltigste in Töpfen besteultivirte Sortiment in Schlesien wildwachsender, richtig benannter, durch Blüthen oder Blätter für den Gartenschmuck geeigneter Pflanzen eine Prämie von 20 Mark, Ausserdem wurde beschlossen, bei dieser Ausstellung auch die im Besitzthum der Seetion sich befindenden vollständigen Cabinete von Dittrich und von H. Arnoldi in Gotha, zusammen enthaltend 552 naturge- treu nachgebildeter Kern- und Steinobstfrüchte zur Anschauung zu bringen, sowie eine Colleetion von Stämmcehen der verschiedenen Obstarten in je der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultar. 945 einer Reihe von Jahrgängen aus dem Obstbaumschulgarten der Section zu derselben einzuliefern, jedoch mit allen diesen Objeeten ausser Con- eurrenz zu bleiben und dem Ausstellungs-Comite sofort Anzeige von diesen Beschlüssen zu machen. Im Weiteren wurde zur Kenntniss gebracht: ein Anschreiben des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Preussischen Staaten zu Berlin, in welchem Nachricht gegeben wurde, dass dieser Verein aus gleichzeitig angeführten, vielseitigen, sehr beachtenswerthen, gemeinnützlichen Gründen, zur Bewerbung um einen durch das Königliche Cultusministerium gewährten Preis, als Preisaufgabe eine kurze populäre Schrift über „Anlage, Bepflanzung und Pflege von Hausgärten auf dem Lande, als Anleitung für Lehrer‘ ausschrieb, welcher durch die von dem Verein bestellten Preisrichter dem Obergärtner des Königlichen pomologischen Instituts zu Proskau, Conrad Heinrich, zugesprochen wurde. Zugleich war von genanntem Verein ein Exemplar dieser Schrift der Section übersendet worden. Nach durch den Seecretair von derselben genommenen speciellen Kenntniss wurde unter deren Vor- legung auf dessen Antrag beschlossen, diese Schrift in 100 Exemplaren anzuschaffen, um solche zunächst an Landschullehrer und Landgeistliche, welche der Section als Mitglieder angehören oder später beitreten, wie auch an solche Mitglieder, welche ein besonderes Interesse für die Zwecke dieser Schrift haben und sich darum bewerben, unentgeltlich zu über- lassen. Bezugnehmend auf den in einem unserer früheren Jahresberichte ausgesprochenen Wunsch eines unserer Mitglieder, ein Mittel zu erfahren zur Vertilgung der Erdratte (Fahrmaus, Erdschlüffel) berichtete Herr Öbergärtner Stiebeiner aus Stolz folgendes: So weit meine Erfah- rungen hierüber reichen, sei der Fang dieses auch den Baumschulen so schädlichen Ungeziefers nicht genugsam durchgreifend, ja ein fast zweck- loses Mittel; das von mir angewendete will ich zwar nicht als ein noch unbekanntes oder einzig radicales ausgeben, doch ist es mir bisher stets gelungen, durch Anwendung desselben mich von diesen gefährlichen Insassen, wo ich sie auch angetroffen habe, in kurzer Zeit gänzlich zu befreien. Als ich z. B. im Jahre 1871 hier einen Gemüsegarten anlegte, waren in dem dazu bestimmten Lande viele Erdratten eingenistet, so dass es bei der Bepflanzung desselben mit Spalier- und Pyramiden -Obstbäumen auch nicht ohne Schaden für diese ablief. Jedoch schon in dem folgen- den Herbst war von Erdratten nichts mehr zu bemerken. Ich hatte nämlich von Mohrrüben und Petersilienwurzeln längliehe Stücke schneiden, diese in gestossenem Arsenik herumwälzen lassen und dann in jede der sorgsam aufgesuchten Fahrten dieser Thiere einige so zubereitete Wurzel- stücke legen lassen. Diese ganze Arbeit ist mit Handschuhen zu ver- 246 Jahres - Bericht richten, denn ich habe früher wahrgenommen, dass diese Unholde, ihres feinen Geruches wegen, die Wurzelstücke nicht berühren, wenn sie mit blosser Hand angefasst wurden. Die beste Zeit zur Anwendung dieses Mittels ist das zeitige Frühjahr, März und April, weil zu derselben ihre Paarungszeit ist, sie deshalb ihre Fahrten oft durchwandern, auch während dieser ihr Lieblingsfutter, die Wurzeln, noch rar sind.') Die am 31. Juli abgehaltene fünfte Sitzung wurde hauptsächlich der Berathung über innere Angelegenheiten der Section gewidmet. Herr Kreis-Gerichts-Seeretair Wilde in Polnischdorf hatte Rosen- blumen eingesendet, aus deren Mitte sich zweite Blüthenknospen ent- wickelten; eine Erscheinung, welche schon öfter, namentlich bei den älteren hybriden Rosensorten, besonders aber bei der Rose „du Roi“ beobachtet wurde. Hierbei geschah auch der sogenannten „grünen Rose“ Erwähnung, welche auch in einigen hiesigen Gärten eultivirt wird, aber keine eigentliche Blüthe, sondern statt dieser nur eine monströse Anhäufung von Kelchblättern zeigt. Sechste Sitzung am 16. October. Von der Gesellschaft der Gartenfreunde Berlins war die Einladung eingegangen, einer Petition an das Reichskanzleramt beizutreten um Werthbesteuerung der aus Italien und Frankreich nach Deutschland einzuführenden abgeschnittenen Blumen und Blätter; dieselbe wurde, als der Absicht kaum entsprechend, ab- gelehnt. Der Vorsitzende des Gartenbau- und landwirthschaftlichen Vereins zu Rostock ersuchte um Mittheilungen, nach gegebenem Schema, der- jenigen Rosen-Varietäten, welche als die besten und schönsten, daher zu weiterer Verbreitung empfehlenswerthesten anerkannt sind, um hiernach eine Rangliste zusammenzustellen und zu veröffentlichen. Es wurde be- schlossen, dieses Schema abschriftlich den Rosenfreunden und Cultivateuren unter den Mitgliedern der Section in dem Zeitungsreferat über diese Sitzung mit dem Ersuchen zu offeriren, dasselbe ausgefüllt uns s. Z. zu weiterer Veranlassung zurückzusenden. ?) Y) Ein ähnliches Mittel, mit Strychnin vergiftete Weizenkörner in Drainröhren und diese in die Fahrten der Erdschlüffel gelegt, wurde, wie auch gegen die Feldmäuse, schon öfter mit bestem Erfolge in dem Obstbaumschulgarten der Scetion angewendet. Die Red. 2) Mit Bedauern muss hier bemerkt werden, dass von keiner Seite die Zu- sendung einer solehen Abschrift von uns verlangt wurde, obschon die Seetion einige tüchtige Rosen-Cultivateure und mehrere lebhafte Freunde dieser Königin der Blumen zählt. Die Red. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 947 Ein von dem Partieulier Herrn Weckwerth in Canth schriftlich eingebrachter und motivirter Antrag, bezüglich Vereinigung des hiesigen Vereins für Gärtner und Gartenfreunde mit der Section für Obst- und Gartenbau wurde mitgetheilt, jedoch, obschon nach manchen Richtungen hin für annehmbar befunden, nicht in nähere Discussion gezogen, weil derselbe, wie in Erfahrung gebracht worden war, seitens jenes Vereins bereits definitiv abgelehnt wurde. In Bezug auf die im September stattgehabte grössere Pflanzen-, Obst- und Gemüse-Ausstellung berichtete der Secretair, dass die von der Section bewilligten 100 Mark Prämien für die von ihr gestellten Preis- aufgaben wegen deren Nichterfüllung zwar nicht vergeben werden konn- ten, dass er sich jedoch veranlasst fand, diese 100 Mark der Jury zu anderweiter Disposition zu überlassen und dieselben darauf dem ersten Ordner der Ausstellung, Herrn Kunst- und Landschaftsgärtner G. Erckel, zuerkannt wurden. Die darum nachgesuchte Indemnität wurde gern er- theilt. Zugleich wurde mitgetheilt, dass, da die Section von vornherein auf jede Prämiirung der von ihr ausgestellten Objeete verzichtet, deren Gärtner, Herr Jettinger, in Anerkennung seiner Leistungen die silberne Staats-Medaille und ein Satz gusseiserner Gartenmöbel, bestehend in einem Tisch, sechs Stühlen und einem Sopha, zugesprochen erhielt. Es wurde Kenntniss davon gegeben, dass Herr Garten - Inspector Fox in Neudeck ein gedrucktes Exemplar seines gelegentlich der hiesigen Gartenbau - Ausstellung gehaltenen, mit allseitigem Beifall auf- genommenen, sehr beachtenswerthen Vortrages: „Unsere Treib- häuser, vom empirischen Standpunkte aus betrachtet“, der Section freundlichst verehrte; dasselbe werde in dem Lesezirkel in Um- lauf gesetzt werden und nach seinem Inhalt der Berücksichtigung ange- legentlichst empfohlen. Ferner, dass nach eingegangenen Nachrichten die durch den Gutsbesitzer und Amtsvorsteher Herrn Cimbal in Fröms- dorf in den Tagen vom 28. September bis 6. October a. e. zu Münster- berg, und die durch den Verein für Obstbaumzucht und Garten- bau im Kreise Neumarkt am 3. und 4. October a. c. zu Neumarkt veranstalteten Obstausstellungen von zahlreichen Ausstellern mit Obst- arten in den verschiedensten Sorten und meist vorzüglichen Früchten reichlich ausgestattet waren, lebhafte Theilnahme für dieselben seitens des Publikums der betreffenden Umgegenden sich erwies, auch bei beiden Ausstellungen werthvolle Prämien zur Vertheilung gelangten. Vorgetragen wurden noch: 1) von Kunst- und Handelsgärtner Herrn Grunert in Landeshut: „Nutzanwendungen der Sonnenrose (Helianthus annuus L.) in Littauen‘; 2) von Herrn Apotheker Scholtz in Jutroschin: „Einiges über Einsteck-Etiquetten und Pflan- zenstäbe“, 248 Jahres - Bericht Am 50. October, in der siebenten Sitzung, sprach Herr Pro- fessor Dr. Ferd. Cohn zunächst „über gärtnerische Verwendung der Korkrinde‘ und hielt hierauf noch einen längeren Vortrag „über die in diesem Jahre dureh ihn besuchten Gartenbau-Aus- stellungen in Wien, Berlin und Paris“. Zum 13. November war die achte Sitzung anberaumt. Aus- gestellt hatte der Seeretair: Exemplare der in diesem Jahre aus Samen erzogenen Crassula Dachyana, einer reichverzweigten, buschigen, mit kleinen, sehr zierlichen, rahmweissen, in der Knospe carminrosa ge- färbten Blüthen bedeckte Pflanze des Kalthauses; im Sommer wohl auch fürs freie Land als Einfassung geeignet, welche sich als spät und lange andauernd blühend auch für feine Bouquetbinderei passend erweist. Vorgelesen wurden: 1) der von Herrn Geh. Medieinal-Rath Prof. Dr. Göppert verfasste und übergebene Bericht: „Ueber die wissen- schaftliche Bedeutung der Breslauer Garten-Ausstellung im September 1878“; 2) die Berichte „über die Thätigkeit des im Jahre 1874 begründeten, zu unseren Mitgliedern zählenden Gartenbau- Vereins zu Guhrau und „über die von demselben am 12. October a. c. abgehaltene Garten-Ausstellung“, aus denen mit freudiger Theilnahme das fortschreitende Streben dieses jungen Vereins erkannt wurde; 3) Mit- theilungen des Obergärtners Herrn Plosel in Falkenberg: a. „über den Maulwurf und die Maulwurfsgrille (Warre)“, b. „zur Ver- hütung des Umfallens junger Sämlingspflanzen“, Die neunte Sitzung am 27. November eröffnete der Secretair mit dem Antrage, für eine im Frühjahr 1879 vorzunehmende Gratis- Vertheilung an Mitglieder von Sämereien empfehlenswerther Nutz- und Zierpflanzen zum Versuchsanbau wieder eine, jedoch etwas höhere Summe als in den letztvergangenen Jahren zu bewilligen, weil es wünschenswerth erscheine, dass bei Bezug derselben mehr als zeither Bedacht auf Novitäten und seltenere Samen genommen werde. Der An- trag erhielt volle Zustimmung und wurde der Secretair beauftragt, auch für diese nächste Vertheilung die Anschaffung der Sämereien nach seiner Wahl wieder zu übernehmen. Zum Vortrage gelangten Mittheilungen: 1) des Kunstgärtners Herrn Kühnau inDamsdorf: „Gebrauch und Wirkung des Insecten- pulvers gegen Blattläuse“; 2) von Herrn Obergärtner Zahradnik in Kamienietz: „über die dortige Erdbeer- und Spargel-Cultur“; und 3) eine Abhandlung des Lehrers Herrn Hiller in Brieg: „Die Bepflanzung der Landstrassen mit Obstbäumen.“ Noch berichtete der Gärtner der Section, Herr Jettinger, dass bezüglich eines von ihm verfassten, in dem Jahresbericht der Seetion pro der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 349 1877 enthaltenen Aufsatzes: „Wie sind die Feldmäuse von den Saaten in den Baumschulen abzuhalten?‘ der Baumschulenbesitzer Herr Pav zu Luzon in Böhmen ihm mittheilte, dass, nach mehreren durch ihn von befreundeten französischen Gärtnern eingezogenen Erkundigungen, die Inerustation mit Minium nicht bei Obstsamen und auch nicht gegen Feld- mäuse, vielmehr nur bei Samen von Coniferen zur Anwendung gebracht werde und zwar zum Schutz gegen einige Vogelarten, welche diese Samen besonders lieben; sowie, dass Herr Pav durch Anwendung von Petroleum gegen Feldmäuse bei Aussaaten von Obstsamen und auch zur Verdünnung von flüssigem Baumwachs bei Veredelungen von Obstpflanzen sehr bedeutenden Schaden erlitten habe. Herr Jettinger will demnach seinem Mittel gegen den Mäusefrass in Obst-Saatbeeten zwar in der Folge das Minium als unnütz entziehen, jedoch, weil wiederholte Erfahrungen über dessen vortreffliehe Wirkung ihn belehrten, dessen sonstige Zu- sammenstellung ganz wie in der in dem oben angezogenen Aufsatze an- segebenen Weise belassen. Am 18. December fand die zehnte und diesjährig letzte Sitzung statt. Der Secretair gab bekannt, dass anlässlich der Tages zuvor fest- lich begangenen 75jährigen Stiftungsfeier der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur durch deren Präsidium zu correspondirenden Mitgliedern derselben auf Antrag unserer Section ernannt wurden: 1) Herr A. W. Freiherr v. Babo, Director der k. k. önologischen und pomologischen Lehranstalt zu Kloster- neuburg bei Wien; 2) Herr Ad. Bosshard, Präses des schweizerischen Obst- und Weinbau-Vereins zu Pfäffikon bei Zürich; 3) Herr Freiherr v. Friesen, Rittergutsbesitzer, Präses des Landes-Obstbau-Vereins des Königreichs Sachsen, auf Retha bei Leipzig; 4) Herr Freiherr v. Gyl- denfeld zu Kiel, Secretair des Vereins für Gartenbau in den Herzog- thümern Schleswig und Holstein. Derselbe legte einen in diesem Jahre in Triest gereiften Früchte- stand der Magnolia grandiflora L. vor und berichtete sodann aus einem Briefe des Fürstlichen Garten - Direetors Herrn Bürgel zu Schloss Wittgenstein in Rumänien über auf dessen Rückreise dorthin in Deutschland und Oesterreich gemachte interessante gärtnerische Wahr- nehmungen und über von ihm bei seiner Wiederheimkehr vorgefundenen ganz ausserordentlich üppigen Wuchs verschiedener Blatt- und Deeorations- pflanzen. In Bezug auf letztere schreibt Herr Bürgel u. a. wie folgt: „Den meisten Nutzen aus dem diesjährigen nassen Sommer zogen vorzugsweise die Blattpflanzen, welche in ihrer Ueppigkeit und in ihren majestätischen Formen alles bisher Dagewesene übertrafen; leider nur war auch bei diesen Pflanzen der Samenansatz sehr gering. Mein seit einigen Jahren den Sommer über im Freien eultivirtes Riesen-Exemplar 250 Jahres - Bericht von Musa Ensete — kolossal, wie ich es in keinem Palmenhause des Auslandes gesehen — ist durch die Unachtsamkeit eines Gehilfen ein- gegangen; junge 18 Monatskinder dieser Decorationspflanze haben jedoch schnell diesen Schaden zu ersetzen gesucht; ich pflanzte sie auf 1,30 m hohe Erdhügel, welche mit Rasen belegt sind und -wo die Sonne ihre wohlthuende Wärme leichter den Wurzeln zuführen konnte. Auf diese Weise erhielten sie an der Wurzelkrone einen Umfang von 0,50 m und die Blätter eine Länge von 1,75 m, gewiss viel für diese Jugend und in einem Sommer, wo das sonst herrschende tropische Klima ganz fehlte.‘ „Arundo Donax und eine Menge Rieinius-Species erreichten eine Höhe von 5 m, Cannas, inclusive Blüthenstengel, von 4 m, eben so lang ein- jährige, reich mit Blüthen besetzte Triebe von Datura arborea fl. pl. Ein wahres Prachtexemplar von Gynerium argenteum Bertini, einer Fontaine gleichend, hatte Blätter von 4,50 m Länge, während Gyn. argent. fol. varieg. und Gyn. carmineum Rendatleri diese Ueppigkeit nicht voll erreichten. Auch Arundo Donax fol. varieg. erreichte nicht die Höhe wie das gewöhnliche. Die heuer neu eingeführte Reana luxurians ist sehr decorativ und für Kolossal-Blattpflanzengruppen von grossem Werth, doch kam sie nicht zur Blüthe, mit der sie — der Abbildung nach — noch einen mächtigeren Effeet machen muss. Auch Eulalia japonica albo lineatis entwickelte, trotzdem die Pflanzen üppig wuchsen, keine blüthen; ihr decorativer Werth als Einzelpflanze für Rasenparterres ist jedenfalls gross. Wigandia caracassana erreichte eine Höhe von 5 m, Gymnothria latifolia 4 m. Ganz enorme Dimensionen aber erlangten Caladium antiquorum und C. violaceum mit Blattstielen von 1,75 m Höhe und beinahe eben so grossen Blättern, als Einfassung einer Kolossalgruppe von diversen Rieinus-Speeies, Gymnothria latifolia, Reana luxurians und riesigen Cannas machten sie einen imposanten Eindruck. Eine herrliche Einfassung für ebensolehe Gruppen bildeten Achyranthes Verschaffelti von 1,75 Höhe, desgleichen Iresine Lindeni und I. aureo retieulata noch höher, mit einem üppigen Kranz von Lonicera brachipoda aurea reti- culata garnirt.“ „Samenpflanzen von Eucalyptus globulus, welche ich wegen ihren bevorzugten Eigenschaften gegen alle fieberartigen Krankheiten in Masse eultivire und davon ein kleines Wäldchen besitze, erreichten eine Höhe von 4—4",, m. Ganz überraschende Kuren habe ich mit dieser heil- kräftigen Pflanze gegen die hier sehr häufig auftretenden Wechselfieber gemacht; da, wo schon sehr starke Dosen Chinin nicht fruchteten, wirkten einige Gläschen meines Eucalyptus-Schnapses wunderbar schnell, und die Armuth bestürmt mich um Darreichung dieses Wundertrankes nicht wenig. Vielen meiner Bekannten im ganzen Lande sandte ich ganze Pakete Blätter dieser Pflanze zur wohlthuenden Verwendung und freue mich, etwas zu besitzen, was dem allgemeinen Besten dient,“ | | | der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultar. 351 „Dass die Kartoffeln durch die viele Nässe leiden würden, war vor- auszusehen, doch hätte ich nicht geglaubt, dass gerade die „frühe Rosen- kartoffel“, welche, so lange wie sie hier eultivirt wird, noch nie eine kranke Knolle zeigte, heuer von allen Sorten am empfindlichsten leiden würde, so dass stellenweise über die Hälfte verfaulten, während die Bisquitkartoffel fast unbehelligt blieb.“ Aus briefliehen Nachrichten des Obergärtners Herrn Schütz in Wettendorf (Ungarn) wurde noch mitgetheilt, dass derselbe in diesem Jahre eine zwar anscheinend recht reichliche Samenernte von Abies nobilis Lindl. (Pinus Dugl., Picea Loud.) und anderen Coniferen machte, von den Samen der genannten Species sich jedoch nur mit etwa 3 p6t. als keimfähig erwiesen. Herr Schütz schreibt diesen Umstand dem zu, dass nur der Gipfel des ca. 30 Fuss hohen Baumes Zapfen, dagegen die unteren Zweige nur männliche Blüthen trugen und obschon der überaus leichte Blüthenstaub dieser letzteren stets seinen Flug nach oben nimmt, Windstille oder ein sonstiger Zufall die Befruchtung verhindert habe. Auch Pinus excelsa blühte nur mit männlichen Blüthen und die schon starken, so sehr schönen Wellingtonia gigantea hatten in diesem Jahre gar keinen Samen. Warmes Wetter im Spätherbst förderte noch Ende October vollständige Entwiekelung von Weinblüthe, von Aesculus Hyppo- castanum, Syringa und sogar auch von Pfirsichblüthen. Vorgelesen wurden: 1) von dem ebengenannten Herrn Bericht- erstatter: „Zur Cultur der Clematis“; 2) ein von Kunstgärtner Herrn Friekinger in Laasan verfasster und eingesendeter Aufsatz: „Herbst-oder FrühjahrspflanzungderSträucherundBäume?“; 3) von Obergärtner Herrn Zahradnik in Kamienietz: „Zur Samen- eultur der Wiener Glaskohlrabi“; „Mittel zur Vertilgung der Mäuse“ von Kunstgärtner Herrn Reinelt in Peilau, Schliesslich ersuchte noch der Secretair die von auswärts anwesen- den Mitglieder, die Culturberichte über die in diesem Frühjahr von der Section zum Versuchsanbau unentgeltlich empfangenen Sämereien und die Jahresbeiträge für das nächste Jahr bis zum 15. Januar 1879 franco an ihn einzusenden, um für letztere die sehr hohe Post- nachnahmegebühr zu vermeiden. In einigen der abgehaltenen Sitzungen wurden selbstverständlich auch wichtigere innere Angelegenheiten der Section, wie z. B. der diesjährige Etät und die Details zu der im vorigen Jahre beschlossenen Erbauung eines Glashauses in dem Seectionsgarten zur Berathung und Beschliessung gestellt; auch über die neueste Statistik und den Garten der Section, sowie über die erfolgte Gratis-Vertheilung von Sämereien an Mitglieder Bericht erstattet und die eingegangenen Programme für an verschiedenen Orten in Aussicht genommene Garten-Ausstellungen, Preisverzeichnisse 252 Jahres - Bericht und die 48. und 49. Lieferung des Arnoldi’schen Obsteabinets vorgelegt und besprochen. Wenn nun der Secretair zunächst die willkommene Gelegenheit zur Erfüllung der angenehmen Pflicht erfasst, den werthen auswärtigen und hiesigen Mitgliedern, welche ihn in seinem nicht leichten Ehrenamte durch den Zwecken der Section entsprechende Notizen, Berichte, Ab- handlungen, mündliche Mittheilungen und Vorträge freundlich unter- stützten, den ihnen gebührenden Dank auszusprechen, so ist es ihm zu- gleich erfreulich, auch versichern zu können, wie solche Beweise that- sächlichen Interesses in den Sitzungen stets dankbare Hörer und die Bestrebungen der Section bis weit über unsere Provinz. hinaus auf- munternde Anerkennung fanden. Darum liegt auch die Bitte nahe, in solchen nützlichen Leistungen nicht zu ermüden und dass auch die in neuerer Zeit der Section zahlreich beigetretenen Mitglieder jenem ehren- werthen Beispiele ihrer Vorgänger nacheifern wollen. Ueber den pomologischen und resp. Obstbaumschul- und Versuchsgarten der Section ist es uns vergönnt, besonders erfreu- liche Nachrichten geben zu können. Vorauf waren Hoher Provinzial- Vertretung zur Unterhaltung dieses Gartens auch für dieses Jahr die in den letzten Jahren von Wohlderselben geneigtest bewilligten Subventionen aus dem Ordinarium und Extra - Ordinarium der Provinz zu verdanken. Durch diese hoch anerkennenswerthe Munificenz war es möglich, auch den schon im vorigen Jahre begonnenen Bau eines Glashauses zu voll- ständiger Ausführung zu bringen. Das bereits im Jahre 1877 wohnlich fertig gestellte Gärtnerhaus wurde am 1. April d. J. durch den Gärtner der Section, Herrn Jettinger, einem Gehilfen und einem Lehrling bezogen. Bis zu dieser Zeit waren auch der neuerbaute Pack- und Gerätheschuppen und die sonstigen nothwendigen Nebenbauten für den Gebrauch einge- richtet. Somit ist denn endlich die Section jetzt in die längst ersehnte glückliche Lage gebracht, ihren hauptsächlich der Obsteultur gewidmeten Garten in dem Obstbau unserer Provinz nunmehr noch förderlicherer Weise als zeither bewirthschaften zu können. Die Bewirthschaftung des Gartens geschah unausgesetzt in normaler, rationeller Weise. Den Obstbaumeulturen war die Witterung auch dieses Jahr im Allgemeinen recht günstig und konnten im Herbst die schönen Triebe der jüngsten wie der älteren Veredelungen gehörig ausreifen. Der Absatz der Producte des Gartens, namentlich edler Obststämmchen, auf welchen wir gegen den Schluss dieses Berichtes zurückkommen werden, hielt mit demjenigen des vergangenen Jahres gleichen Schritt, da, wiederum eine grössere Anzahl neuer Abnehmer aus der Provinz ein- traten, und ist daher als ebenfalls befriedigend zu bezeichnen. Öhnerachtet dieser günstigen Momente wird die Seetion zur weiteren gemeinnützlichen Unterhaltung dieses ihres Gartens dennoch weiter fort- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 953 laufender wohlwollender Unterstützungen, welche wir erbitten, Seitens hoher Provinzial-Vertretung und ihrer Mitglieder um so mehr bedürfen, als in den nächsten beiden Jahren wenigstens eine umfassende Reparatur der vor 10 Jahren interimistisch hergestellten Umfriedung des ca. 4 Hectar grossen Areals dringend erforderlich ist, sodann nach wiederholt ge- machten Erfahrungen es sich empfehlen wird, die Drainage desselben vorzunehmen; endlich aber auch deshalb, weil die den Zwecken der Section entsprechende, der ganzen Provinz zu Gute kommende Bewirth- schaftung des Gartens und sorgsamste Pflege der in demselben zu er- zielenden Producte einen grösseren Kostenaufwand erfordern, als solcher bei landläufiger Cultur benöthigt sein würde, daher durch deren Verkauf allein zu decken durchaus unthunlich ist. Harmlose Plauderei mit etwas Bitterstoff. | Von M. Scholtz, Apotheker in Jutroschin. Wenn der Verein, welchem ich die Ehre habe anzugehören, auch die Anregung bezweckt, Lust und Liebe zur Pflanzenpflege zu erwecken, so wird er mir gern Gehör schenken, wenn ich einen Punkt zur Be- sprechung heranziehe, welcher solchem Streben desselben ein nicht zu unterschätzendes Hinderniss entgegenstellt. So mancher, welcher, wie ich, gleiche Erfahrungen gemacht hat, wird mir beipflichten, dass der so oft eintretende Fall, schlechte, d. h. nicht keimfähige oder ganz falsche Samen aus den Handelsgärtnereien erhalten zu haben, uns die Garten- eultur verleiden kann. Nicht jeder ist in der glücklichen Lage, seine Beete mit Pflanzen aus seinen Glashäusern decoriren zu können, und kann er es, so wird er immerhin einige Plätze für Sommerblumen reserviren; nicht Jeder hat Lust, die blühenden Pflanzen zum Samentragen stehen zu lassen, denn die abgeblühte Pflanze ist gemeinhin nicht mehr decorativ, sie ist unschön. Man wird daher immer seine Zuflucht zu den Samenzüchtern resp. zu den Handelsgärtnern nehmen müssen, und das ist in Betreff der Gemüsesamen noch in grösserem Massstabe der Fall. Man macht sich im Winter seinen Plan, welche Einfassungen man anlegen, welche blühende Pflanzen man im Frühling anziehen will und schreibt vertrauens- voll an die Quelle, um seinen Bedarf zu entnehmen. Wie oft aber ist man getäuscht und manchmal, nachdem die Saatzeit und die Zeit der Auspflanzung vorüber ist, hat man keine Pflanzen, oder hat etwas Falsches oder etwas Schlechteres, als man wünschte. Das ist aber sehr unan- EEE ERENTO ENDETE EEATEEI N NNN DIz pair _ 254 Jahres- Bericht genehm und wer seinen Garten lieb hat und kahle Stellen darin nicht leiden mag, ist in ärgerlicher Verlegenheit; die ganze Disposition für den Sommer ist gestört. Wer hat es nicht schon erlebt, dass er selbst bei allgemein gebrauchten Pflanzen, nehmen wir beispielsweise die Aster an, mehr einfache als gefüllte Blumen erhielt! Wer hat es nicht schon ver- sucht, sich Sortimente von Florblumen kommen zu lassen und hat, wenn es weisse Blumen sein sollten, rothe gehabt; wenn es hiess, gelbe, waren es blaue oder irgend welche andere. Es ist dieser Sachverhalt in der That nicht mit zu grellen Farben geschildert und ich bin überzeugt, dass _ mir Jeder, welcher öfter Samenbezüge gemacht hat, beipfliehten wird. Worin wurzeln nun diese Uebelstände? Wie ist ihnen wirksam entgegenzutreten ? Die erste Frage ist natürlich leieht beantwortet: Der Uebelstand liegt an der Saumseligkeit der Samenzüchter und Handelssärtner, oder, was gleichviel ist, an der Nachlässigkeit ihrer Gehilfen und Vertreter. Abgesehen von wirklichen Irrungen bei der Einpackung der Samen, welche man gern verzeihen wird, liegt viel an der Art und Weise, wie die Herren Samenzüchter ihre Samen erziehen. Ich weise nur darauf hin, wie wenig dabei an Bastardirung gedacht wird. Man kann diese Vernachlässigung täglich auch in grösseren Etablissements wahrnehmen, in welchen Samen erzogen werden. Reihenweise dicht nebeneinander finden wir dort sehr oft die einzelnen Varietäten einer Pflanzenart zur Samenzucht ausgepflanzt und es ist zweifellos, dass die einzelnen Farben sich durch natürliche Befruchtung vermischen müssen. Diese Art der Pflanzweise bietet keinerlei Garantie für die Echtheit der Farbe, welche die Blume des so erzogenen Samens haben soll. Es mag Erfahrungs- sache sein, zu wissen, welche Pflanzenarten zur Bastardirung am meisten geneigt sind, und umgekehrt; unzweifelhaft aber ist es Sache eines ge- wissenhaften Züchters, darauf genau zu achten, dass Bastardirung ver- hütet werde, wo sie am unrechten Platze ist. Wenn nun aber gar gefüllte Florblumen, fassen wir wieder die Aster ins Auge, sich theil- weise hohlblüthig zeigen, so ist dies eine starke Fahrlässigkeit des Züchters. Die vollblüthige Aster an und für sich giebt niemals eine hohlblüthige wieder, sie werde denn durch eine solche befruchtet, und ist dies eine feststehende Thatsache, so ist es eben nur die Saumseligkeit des Züchters, welche die Schuld trägt, wenn wir durch hohlblühende Blumen überrascht werden, weil es seine Pflicht war, dafür zu sorgen, dass letztere aufs Strengste von seinen Samenbeeten verbannt werden. Aehnliches finden wir beim Bezuge von Levkojensamen. Es ist nichts leichter, als gute Levkojensamen zu erziehen, und doch empfängt man sehr häufig solchen, welcher kaum zur Hälfte gefüllte Blumen reprodueirt. Der Züchter weiss sehr wohl, welehe Schote der Levkojenpflanze voll- blühende Samen enthält; warum eassirt er die Schoten nicht, welche die u MP en a N EEE m. DEE DO GE 0. > der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 255 Merkmale für die Vollblüthigkeit nicht zeigen? Dass es möglich ist, solchen Samen zu erziehen, welcher nur kaum 10 pCt. einfache Blumen giebt und dass es nur auf sorgfältige Behandlung der Pflanze und Exact- heit bei der Samenernte ankommt, steht zweifellos fest. Der Verein erhält seit Jahren von Herrn Gustav Teicher in Striegau erzogene Levkojensamen; ich empfange solehen von dem Verein und werde durch das Resultat überrascht, eine kaum erwähnenswerthe Anzahl hohlblüthige Exemplare unter sämmtlichen Pflanzen zu finden, gewiss eine erfreuliche und insofern eben ganz überraschende Thatsache, als man sonst schon zufrieden sein muss, wenn man nur kaum die Hälfte gefüllt blühender Pflanzen hat. Es liefert dies Beispiel den Beweis, dass durch Sorgfalt mehr erreicht werden kann, als den Samen-Consumenten in Betreff der Florblumen im Allgemeinen geboten wird. Ungerechte Ansprüche wird ein vernünftiger Mensch nicht machen und Sachkenntniss setze ich bei jedem gebildeten Garten-Cultivateur insoweit voraus, als er von Blumen, welche ein für alle mal nicht immer gefüllt erscheinen, nicht eine voll- ständig ausgeglichene Füllung beanspruchen wird. Sollte nun durch grössere Sorgfalt bei der Samenzucht sich das Product auch naturgemäss theuerer stellen, so wäre dies kein Hinderniss; gern wird Jeder die Hälfte mehr für solehe Samen zahlen, von welchen er weiss, dass sie ihm ein lückenfreies, tadelloses Blumenbeet liefern, Der zweite Punkt, weshalb der Samen-Consument so oft nicht zu- frieden gestellt wird, liegt an dem Umstande, dass der Samenhändler vom Samenzüchter kauft, ohne sich immer von der Echtheit und Güte des Samens zu überzeugen. Nicht immer ist der Samenzüchter offener Händler; er baut einiges zur Samengewinnung an und der Samen-Engroist nimmt es ihm ab; vom Engroisten beziehen wieder andere Samen- händler. War nun der Samenbauer, wenn ich ihn so nennen kann, nicht rechtschaffen oder nicht sorgfältig bei der Anzucht, der Engroist aber vertrauensselig, so empfängt eine grosse Anzahl von Consumenten schlech- ten oder falschen Samen, und die vielen Klagen, welche man über solchen hört, beweisen einfach, wie oft dieser Fall eintritt, und zugleich, wie sehr dadurch an der Lust zu einem Samenbezuge gerüttelt wird. Der Samen-Engroist sei also schwierig beim Einkaufe der Sämereien, welche er nicht selbst erzogen hat oder nicht erziehen konnte. Wir müssen hier natürlich fremdländische „Original-“ oder seltener gesuchte Samen excludiren und halten unsere Besprechung überhaupt nur für den Bereich der viel und gern gesuchten und gebrauchten Samen, namentlich der aller Florblumen und Gemüse. Bei letzteren in speeie — denken wir nur an die Crueiferen — ist die leichte Bastardirung bestimmt erwiesen und erfordert die Anzucht des Samens die grösste Sorgfalt des Züchters. Das Samengeschäft beansprucht durchaus den höchsten Grad von Exaetität, sowohl beim Erziehen, beim Reinigen, beim Sortiren, als auch bei dem 256 Jahres - Bericht Einkaufe und dem Verschleiss der Samen. Vermischungen der Samen selbst, besonders der Varietäten, müssen sorgfältigst vermieden werden und eine eigene Revision in Betreff altgewordener, nicht mehr tauglicher Samen müsste jeder Händler alljährlich vornehmen. Hier betreten wir den Kreis des dritten Punktes und zwar des am schwersten wiegenden. Es ist Thatsache, leider Thatsache, dass in mancher Samenhandlung sehr oft nicht keimfähige Sämereien verabreicht werden, so dass der Consument dadurch im höchsten Grade alterirt wird. Da der Zeitraum, in welchem die Samenarten ihre Keimfähigkeit behalten, den Engroisten und Händlern bekannt sein müssen — ich meine, das ist Fachsache — so ist, wenn sie altersschwache Samen abgeben und sich bezahlen lassen, dies, mild gesagt, eine grosse Nachlässigkeit, man könnte es auch anders nennen. Auf die Einsprache gegen nicht keimfähige Samen wird dann er- widert, dass sie nicht richtig ausgesäet, die Samen falsch behandelt wurden. Diese bei den Handelsgärtnern beliebte Gegenrede ist in den meisten Fällen einfach zu bestreiten, zumal wenn es sich um localisirte annuelle Pflanzen und Stauden, sowie um Gemüse handelt. Die Keim- kraft frischen Samens ist so gross, dass sie sich Bahn bricht, selbst wenn missliche Umstände obwalten; nur wenige Ausnahmen sind bekannt. Säen wir zur richtigen Zeit keimfähige Samen aus, so können wir, wenn man sie nur gerade nicht in ein zu dichtes Medium legt, dass ihre An- schwellung, ihre räumliche Ausdehnung gehindert wird, in den aller- meisten Fällen ihr Aufgehen erzielen und brauchen nicht ängstlich zu sein, ob die Erde zu mager, ob die Deckschicht eine Linie höher oder geringer sei. Jahrelange vergleichende Beobachtungen haben mich darin belehrt, dass guter Samen unter selbst ungünstigen Verhältnissen keimt; ich sage keimt; freilich entwickeln wird sich die Pflanze nicht immer. Keimkräftige Samen abzugeben ist aber Sache des Samenhändlers, die Pflanze daraus zu erziehen Sache des Consumenten. Unter allen Um- ständen hat der Consument für sein Geld gute Waare zu beanspruchen, es sei denn, er bestelle sich schlechte; er hat für sein Geld keimfähige Samen zu verlangen, Samen, der gehörig ausgereift und durch Alter oder andere Umstände nicht verdorben ist. Es sei mir gestattet, hier folgendes Beispiel einzuschalten. Ich wollte im letzten Frühjahr eine Einfassung von Festuca glauca und eine andere von einer Zwerglobelie anlegen. Die Erfahrung hat mich hin- länglich klug gemacht, mich auf die Keimkraft gekauften Samens nicht zu verlassen; um daher ganz sicher zu gehen, bezog ich beide Samen doppelt und zwar aus zwei verschiedenen renommirten Handelsgärtnereien. Liess mich der eine Same im Stich, so blieb mir die Hoffnung auf den anderen. Ich säete an einem Tage in ein Glasbeet, in ein und dieselbe Erde beide Lobelien-Portionen, beide Festuca-Prisen aus und zwar jede a = u a 2 A a ee ue > Ye ee en. - der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 957 Art und Sorte dicht nebeneinander, selbstverständlich etiquettirt mit der Quelle ihrer Abstammung. Siehe da! Die von A. bezogene Lobelia und Festuca blieb todt, die von B. bezogene Lobelia und Festuca ging Korn für Korn auf. Da sie nun alle neben einander lagen und, wie ich bereits gesagt habe, unter durchaus gleichen Verhältnissen behandelt worden waren, so war die Unkeimfähigkeit beider Samensorten von Herrn A. mit Evidenz erwiesen. Noch niemals hat mir ein solcher Parallelversuch ein so eontrastirendes Resultat ergeben. Ich schrieb an A., theilte ihm das Nöthige mit und bat um Ersatz resp. um andere keimfähige Samen. Die Antwort war wie immer: „Sie haben die Samen nicht richtig behandelt.“ — Das ist doch mehr als naiv! Wir werfen viel Geld für schlechte Samen weg und wären wir nicht Deutsche, so wären wir nicht so geduldig. Wir wollen nun zur zweiten Hauptfrage, wie wir solchen soeben beleuchteten Uebelständen wirksam entgegentreten können? und deren Besprechung übergehen. Zunächst könnten natürlich durch die Producenten und Samenhändler selbst alle jene Mängel bei der Samenzüchtung wie bei dem Samen- Ein- und Verkauf vermieden werden; darauf ist aber im. Allgemeinen nicht zu rechnen; denn wenn selbst auch Einer oder der Andere die Sache sich zu Herzen nehme, so wäre das eben nur der Eine oder der Andere und im Ganzen damit nicht viel erreicht. Ich glaube vielmehr, dass das Eingreifen der Consumenten hier wirksam gemacht werden muss, und wie dies zu erreichen sein dürfte, wollen wir sogleich be- leuchten. Der Handelsgärtner ist als soleher ein Kaufmann, wie jeder Andere, der da verkauft; er ist denselben Ueblichkeiten, denselben Ge- setzen unterworfen, wie jeder andere Kaufmann. Warum halten wir nun nicht fester an jenen Gesetzen, welche den Consumenten schützen ? Wir alle, die wir dem Kaufmannsstande angehörig sind, müssen es uns gefallen lassen, wenn uns eine nicht probehaltige Waare zur Disposition gestellt wird; wir alle, die wir schon je einmal aus diesem Grunde eine Waare zur Disposition gestellt haben, haben gesehen, dass der coulante Kaufmann die Waare auf seine Kosten zurücknahm und uns franco andere, probehaltige übersandte. Dies Verfahren ist einfach rechtmässig und basirt auf dem Gefühl der Pflicht. Der Kaufmann thut uns keinen Liebesdienst, wenn er uns die richtige Waare gegen die falsche um- tauscht, sondern er erfüllt nur eben seine Schuldigkeit, Soll von solcher Pflicht der Handelsgärtner, der Kaufmann mit Samen und Pflanzen, entbunden sein? Gewiss nicht, wird man sagen, und doch entbinden wir ihn täglich davon, weil wir oft stillschweigend Waaren acceptiren, deren Werth uns zu gering erscheint, um sie erst zur Disposition zu stellen. Was aber im Grossen Recht ist, muss es auch im Kleinen sein. Der Handelsgärtner hat in seine kaufmännischen Geschäfte das Monopol des Vertrauens. Wir vertrauen ihm, dass er uns 17 258 Jahres - Bericht Obstsorten sende, welche wir uns nachweislich aus seinem Verzeichniss auswählten (wir können sie ja erst nach Jahren prüfen); wir vertrauen ihm, dass er uns Samen sende, der uns bei der Aussaat nicht verlassen und an deren Pflanzen wir die Verwirklichung jener Ansprüche finden, welche wir an die Sorte gemacht hatten. Gerade nun, weil wir ihm so viel Vertrauen entgegentragen müssen, haben wir auch um so mehr darauf zu achten, dass dasselbe nicht zum Spielball der Nachlässigkeit und Unlauterkeit werde. Treten wir also, wir Consumenten, Mann für Mann, fest zusammen und bilden wir ein Schutz- und Trutzbündniss gegen Annahme schlechter Samen und falscher Pflanzen. Bezahle man niemals dergleichen, und verlangt der Handelsgärtner resp. Samenhändler dennoch die Bezahlung, so lasse man sich gerichtlich verklagen; gleichviel ob man den Process gewinnt oder verliert, es ist eine gute Lehre. Hat man aber schon bezahlt, so verlange man frankirten Ersatz oder die Zahlung zurück, sei es, wie z. B. in Betreff der Obstbäume, auch erst nach Jahren. Auch in diesem Falle scheue man den Process nicht. Ist es micht genug, dass uns durch die Unachtsamkeit des Produ- centen oder Händlers Freuden und Mühen verloren gehen und Unannehm- lichkeiten erwachsen, welche manchmal, wie z. B. bei dem Bezuge von Obstbäumen, recht gross sein können, sollen wir dabei auch noch pecuniären Schaden haben? Selbst der Handelsgärtner muss die Richtig- keit dieser Frage und deren Antwort anerkennen. Aber allein, ver- einzelt kann ein Consument eine Verbesserung der bestehenden Missver- hältnisse zwischen gärtnerischen Producenten, Händlern und Kaufenden nicht erzielen; nur in Masse kann eine Pression ein günstiges Resultat ergeben. Möge also nur jeder Consument, selbstredend unter Vermeiduug lächer- licher Penibilität, seine Rechte in vorgedachter Weise wahren, so wäre dies ein unübertrefflieher Schachzug gegen die Nachlässigkeit der Liefe- ranten. — Freilich weiss ich sehr wohl, dass dieser mein Vorschlag nur ein Illusorium bleiben dürfte und dass man Vieles gegen ihn und Manches für die Herren Producenten und Händler entgegnen kann. Mag es sein! Immerhin werden meine Worte nicht ganz im Winde verwehen, Etwas werden sie wirken. Die Herren Producenten und Händler aber werden mir danken, dass ich, indem ich Mängel rügte, indireet zu ihrem Nutzen sprach; denn durch erzielte Exactität wird das Vertrauen befestigt und der Consum vergrössert werden. Auch werden meine Worte den ge- wissenhaften und stets coulanten Producenten und Händler in keiner Weise alteriren; sie würden mir, wenn sie gerecht sind, in allen Punkten beipflichten. Der bisher nicht eoulante Lieferant wird es durch meine Auslassung vielleicht werden. Pe ZT der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 259 UVeber landschaftliche Gärten. Von Kaufmann J. Hutstein. Unter einem Garten versteht man diejenige meist regelmässig ge- haltene Anlage, welche unsere Wohnhäuser umgiebt, in sich abgeschlossen und aus den verschiedensten Pflanzen des In- und Auslandes, mit Wegen und Rasenplätzen durchzogen, hergerichtet ist. Diese Gärten sind die verbreitetsten. Wir finden sie auf dem Lande, in und bei grösseren wie kleineren Städten und sie bekunden den Wohlstand, den Bildungsgrad, - den Geschmack ihrer Besitzer. Sie dienen denselben und deren Familien zum angenehmen und unterhaltenden Aufenthalt im Freien und sind oft der Tummelplatz der Jugend. — Mit einem Park oder Landschaftsgarten haben diese Gärten wenig Gemeinsames, weil der oft enger begrenzte Raum keine natürliche Anordnung, zum Theil auf Unregelmässigkeiten beruhend, gestattet. Die aus den ältesten Zeiten bekannt gewordenen Gärten schlossen zwar ebenfalls vorwiegend das Bedürfniss der Bequemlichkeit in sich, hatten aber enorme Ausdehnungen, in denen der Natur, den religiösen Anschauungen und der Architektonik Rechnung getragen werden konnte. Ehe wir uns zu den Gärten des modernen, neueren, natürlichen Styles wenden, welche sich erst im 18. Jahrhundert in Europa allge- meineren Eingang verschafften, möge es mir gestattet sein, auf die Systeme und Anlagen der alten Gärten zurückzugreifen. Diese Stylarten oder Geschmackseinrichtungen waren keine zufälligen, sondern bedingt durch das Klima, der besonderen Naturumgebung, der Völkerindividualität und Erziehung. Sie erhielten sich so lange als die bedingenden Ursachen nicht verändert wurden; dahingegen wurden sie in denjenigen Gegenden und von dem Zeitabschnitte an, wo diese Ursachen eine wesentliche Abänderung erlitten, modifieirt und von anderen Stylarten verdrängt. Wir unterscheiden einen arabischen oder maurischen, einen römischen oder italienischen, einen französischen und einen holländischen und innerhalb des natürlichen Systems einen chinesischen und englischen Gartenstyl. Der arabische oder maurische Gartenstyl spricht sich seit uralter Zeit in den Gärten der Königin Semiramis zu Babylon — den sogenannten schwebenden Gärten — und den Paradiesen der persischen Könige deutlich aus. Es war eine grosse Neigung zum Phantastischen und Prächtigen, ein Bestreben, durch kolossale architektonisahe Massen und Lineamente, wie durch Luxus und Kostbarkeit zu wirken. Die schwebenden Gärten der Königin Semiramis, welche etwa 2000 Jahre 1,” 260 Jahres - Bericht v. Chr. gelebt haben soll, befanden sich auf einem der Höfe des auf dem linken Euphratufer belegenen Palastes, etwa 1', Meilen im Umfange, gegenüber dem halb so grossen Palaste auf dem jenseitigen Ufer, in dessen Nähe der Thurm von Babel gestanden hat. Der Belustempel, in zurücktretenden Stockwerken, mit ausserhalb angebrachten hohen Treppen auf einer quadratischen Grundfläche von 400 Fuss Durchmesser, bis zu ebensolcher Höhe, als die Stadtmauer hatte, angelegt, bildete ein Bau- werk einer in Absätze getheilten kolossalen Pyramide. Die einzelnen Stockwerke oder Terrassen wurden von Gallerien mit flacher Decke getragen, zu deren Abdachung Steine von mehr als 15 Fuss Länge und 4 Fuss Breite verwendet wurden, über welche man eine Binsenschicht legte, welche durch einen starken Aufguss von Asphalt verhärtet wurde, worüber wiederum zwei Reihen stark mit Mörtel verbundener Ziegel- steine und endlich so viel Boden zu liegen kamen, dass die Anpflanzungen darauf gedeihen konnten. Vermittelst Pumpwerke wurde das Wasser des Euphrat in die Höhe getrieben und zum Giessen benutzt. Das Wasser diente ferner als Schmuck für die Gallerien und Grotten. Hier waren Fontainen, Cascaden, kolossale Grotten u. s. w. angebracht. Die Wir- kung dieser durch das Wasser kühl gehaltenen Räume, verbunden mit den wechselnden Pflanzen und der weithin sich erstreckenden Stadt, welche 60 Meilen im Umfange hatte, der Euphrat, welcher sie durchfloss, das üppige Stromgebiet mit seinen Palmenwäldern und Fluren und die mächtig hiermit eontrastirende Wüste, musste in der That bezaubernd sein, obwohl das Ganze, nach den jetzigen Zeitverhältnissen beurtheilt, für die enormen Anstrengungen und Kosten kaum entschädigen konnte. Letztere sind indess nur zu beurtheilen nach dem immensen Reichthum der babylonischen Könige, der Lage dieser Gärten inmitten einer so aus- sedehnten Stadt und der herrschenden Neigung, bei Bauwerken durch ungeheuere Massen und Aufwand zu wirken. Aehnliche Gärten, welche nicht minder riesenhafte Anstrengungen erforderten, aber durch ihre Lage ganz den Charakter des häuslichen zeigten, soll Semiramis noch zwei angelegt haben. Der eine, von Diodor ihr zugeschrieben, lag an dem Berge Bisutun oder Bagistanos in der Umgebung von Kirmascha, nahe an der Strasse von Bagdad nach Hamadan, der andere bei der Stadt Wan in Armenien; beide mit gross- artigen, in die Felsen gehauenen Plattformen und unterirdischen, reich mit Reliefs und Sculpturen geschmückten Sälen, Gängen und Säulen. Da wir die geschilderten Paradiese stets in dem Gebiete reicher (Juellen antreffen, so dürfen wir an der Möglichkeit derartiger ausge- dehnter Anlagen in jenen sonst dürren Gegenden nicht zweifeln. — Die Wasserleitungen zur Berieselung der fürstlichen Gärten hatten oft meilen- weite Ausdehnung und durch solche allein war es möglich, den sonst ausgedörrten Boden eulturfähig zu machen und eine meilenweite üppige der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 261 Vegetation da zu erzeugen, wo sonst der Wind mit Flugsand spielte oder der Boden vor Dürre rissig war. Solche Paradiese werden dem jüngeren Cyrus, 400 Jahre v. Chr., zugeschrieben. Schattige Alleen und Haine von Platanen, Cypressen und Palmen, die Zierlichkeit der kleinblätterigen Ulme, die Schönheit des Rosengebüsches und der mannigfachen Fruchtbäume voll goldglänzender erquieckender Früchte, die freiwillig unter den Kronen der Bäume auf- schiessenden, oder längs der Alleen in Beeten angepflanzten, lieblich duftenden Lilien, Veilchen und Mohnblumen, sowie die zierlichen Kiosks, schattigen Ruhesitze, Springbrunnen, Vogelhäuser und Aussichtsthürme führen zu staunender Bewunderung. Ein grosser Theil der Gärten wurde, weil die Jagd sehr geschätzt war, zu Wildparks bestimmt und besonders eingehegt. Obst- und Küchengärten oder überhaupt das rein Nützliche wurde von den eigentlichen Lustanlagen Bene sondern beides vereint. Es ist in jenen Gegenden des westlichen Asiens, wo dieser Styl herrschend ist, bis heute noch der Fall, und wird grossentheils durch das heisse Klima bedingt. Alle Gräser wachsen hier mannshoch, so dass der Rasen durch Futterkräuter, besonders Klee, ersetzt werden muss, welchen man zum Theil mit Gemüsefeldern abwechseln lässt. Die Vor- höfe, deren sich vor den Palästen der Grossen in der Regel zwei und mehrere befinden, sind meist alle verschieden und nach dem letzten hin mit zunehmender Pracht ausgestattet. Dem Eingange gegenüber befindet sich die Wohnung des Herrn, welche oft mit dem Erdgeschosse, der Wohnung für die Sklaven, drei bis vier Stockwerke hoch ist. Entweder auf demselben Hofe, neben der Herrenwohnung, oder auch auf einem besonderen Hofe ist der Harem gelegen. Berühmt wegen der zauberischen Schönheit waren die Höfe der Kalifen von Bagdad und Bassora und des im 13. und 14. Jahrhundert von den maurischen Königen erbauten Palastes Alhambra zu Granada, von denen noch einige in ihren wesentlichen Theilen erhalten sind. Die Wege sind in den Gärten meist gerade angelegt und schneiden sich im rechten Winkel, sie sind von einfachen oder Doppelreihen Bäumen eingefasst, wozu Platanen, Fieus, Mimosen, ächte Akazien, Cypressen, Trauerweiden und Tamarinden verwendet werden. Durch die geraden Wege werden die Gärten in regelmässige oblonge oder quadra- tische Flächen abgetheilt. Unter den arabischen Gärten, welche in der neuesten Zeit durch prächtige Einrichtung und sorgfältige Unterhaltung sich auszeichnen, verdienen die Gärten zu Schubra, welche dem Vice- König von Aegypten gehören und von Mehemed Ali angelegt wurden, besondere Erwähnung. Der verstorbene Fürst Pückler-Muskau besuchte diese Gärten und giebt davon in seiner Gartenschrift interessante Mit- 262 Jahres - Bericht theilungen. Beschorene Hecken, künstlich beschnittene Bäume kommen hier niemals zur Anwendung. Der römische oder italienische Gartenstyl zeichnet sich durch Ebenmass, Symmetrie und Begrenztheit, Uebersichtlichkeit und rein mathematische Verhältnisse vorherrschend aus. Es ist aus diesem Grunde auch zu bezweifeln, dass die Alten jemals versucht hätten, die Natur zur Befriedigung ihres Kunsttriebes in ihren Gärten nachzuahmen, um so mehr, als auch die Schwester der Gartenkunst, die Landschafts- malerei, bei den Griechen und Römern noch nicht von der Geschichts- malerei getrennt auftrat. Die Landschaft wurde daher nur als Hinter- srund in ihren stets regelmässigen Gärten benutzt. Der Reiz der römi- schen Gärten liegt daher auch weniger in ihrer luxuriösen Einrichtung, sondern vielmehr in der die Aussicht beherrschenden Lage und in ihrem Contrast des Gartens als Vordergrund zur umliegenden Landschaft. Weite Aussicht auf fruchtbare Felder, wohlunterhaltene Wiesen, Weinberge, bewaldete Gebirge, freundliche Gewässer und das Meer, oder überhaupt eine Gegend, welche von Natur die Annehmlichkeiten des Landlebens in Fülle bot, wie es mit dem Thal von Umbrien und der Küste von Baja besonders der Fall war und wo dann auch bald eine Ueberfüllung mit Villen entstand, waren eine Hauptbedingung für die Lage römischer Villen und ihrer Gärten. Die Villa erbaute man in der hegel der Aussicht, gesunden Luft und geschützten Lage wegen und um zugleich einen guten Hintergrund für die Gebäude zu gewinnen, gegen den unteren Theil eines Bergabhanges. Im Baustyl, in welchem der griechische Säulenbau mit dem den Etruskern entlehnten Gewölbebau vereinigt ist, machte sich ein gross- artiges Gepränge geltend. Nach ihrer Bestimmung, einer begüterten römischen Familie während der schöneren Jahreszeit einen angenehmen und bequemen Aufenthalt auf dem Lande darzubieten und die Räumlich- keiten für die Oeconomie zu verbinden, zerfiel die Villa in drei Ab- theilungen: die Villa urbana (Wohnhaus), in die Villa rustica und fruetuaria (Baum- und Fruchthaus). Terrassen, lange Säulengänge ver- banden sich mit der Urbana und dienten zum Spazierengehen und Dis- eutiren. Buchsbaumeinfassungen, beschoren und in Zeichnungen von Thiergestalten geschnitten, wurden vielfach angewendet. Luxus, Ver- sehwendung und Erkünstelung breiteten sich in den römischen Gärten immer mehr aus und man wandte diese nicht nur für architektonische Zwecke an, sondern benutzte sie auch zu den mannigfachsten Spielereien nit den Wasserkräften. Grosse Vogelhäuser, in denen viele Tausend verschiedene Vögel gehalten wurden, waren keine Seltenheit. Ueber die zu dem berühmten Garten des herzoglichen Lustschlosses Pratolino bei Florenz befindlichen Wasserkünste wird folgendes berichtet: wat Ri ee x i 4 ar. Bu der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 263 „Ohne des Riesen zu gedenken, in dessen Bauch sich eine Grotte befindet, noch des Jupiters, dessen glänzender Donnerkeil Wasser spritzt, verweilen wir zuerst bei den Künsten der langen Grotten an der Seite des Schlosses. Eine davon, mit dem Namen Galatea be- zeichnet, hat in der Mitte ein sogenanntes Meer von hellem Wasser, aus welehem sich Felsen erheben, welche mit Corallen und Meer- schnecken bedeckt sind. Unvermuthet erscheint ein Triton, der auf einer Seemuschel bläst. Sogleich öffnet sich ein Feld und Galatea kommt hervor, auf einer vergoldeten Muschel sitzend, von zwei Delphinen gezogen, die aus ihrem Rachen Wasser speien. Zwei andere ‘Muscheln, aus deren Mitte hohe Wasserstrahlen hervorspritzen, be- gleiten sie auf beiden Seiten bis an das Ufer. In einer anderen Grotte sieht man auf grossen Wasserschalen zwei erzene Harpyen, die Wasser ausspeien, noch zwei andere und einen Knaben mit einer Weltkugel, welche vom Wasser gedreht wird; zu seinen Füssen sind in einem Teiche Enten, welche sich ins Wasser tauchen und trinken. Wieder eine andere Grotte stellt eine Badestube vor, welche ringsum mit Spiegeln bedeckt ist; indesssen man sich auf allen Seiten erblickt, weicht der Boden unter den Füssen und man wird ganz nass. Fast in allen Grotten sind betrügerische Sitze angebracht, setzt man sich nieder, so spritzt ein Wasserstrahl gerade unter den Füssen empor. Weiter findet man in den Grotten Schäfer mit ihrem Heerden, Wasser- mühlen in vollem Gange, kleine Bildsäulen, welche hin- und hergehen, singende Vögel, ein Frauenzimmer, welches mit einem Eimer in der Hand, aus einer sich öffnenden Thür hervorkommt und unter dem Schall eines Dudelsackes, den ein naher Hirte bläst, eine Strecke bis zu einem Brunnen fortgeht, wo sie Wasser schöpft und dann ihren Weg wieder zurückkehrt. Man nennt diese Dame Samaritana. Diesem Kunststücke gegenüber ist eine Festung, welche von einer grossen Menge Soldaten von aussen bestürmt und von innen vertheidigt wird. Kanonen und Flinten spritzen Wasser aus. Man hört die "Trommel schlagen und gewaltiges Geräusch; alles wird durch’s Wasser in Be- wegung gesetzt. — Unter der Treppe, wo man in den Garten von Seiten des Schlosses hinabsteigt, steht in einer Grotte die Bildsäule der Fama’ mit einer vergoldeten Posaune, ein trinkender Drache und . ein Bauer, der eine Schale darreicht. Wenn das Wasser zu spielen anfängt, so bläst die Fama in die Posaune und schwingt die Flügel; die Schale wird mit Wasser angefüllt, der Bauer reicht sie dar und die Schange taucht ihren Kopf hinein und trinkt. — In einer der Fama gegenüber gelegenen Grotte sitzt Pan, der durch die Bewegung des Wassers aufsteht, auf der Flöte bläst, den Kopf bewegt und sich wieder niedersetzt. Orgeln, Stockuhren, Glockenspiele oder vom Wasser getriebene Bildsäulen, welche sich unvermuthet umdrehen und 264 Jahres - Bericht den Zuschauer derb bespritzen. Theater, in deren Mitte sich Wasser- beeken erheben, und ähnliche Erfindungen in diesem Geschmack wechseln in diesem Garten zur Verschwendung ab.“ 2 Der entartete Zustand dauerte jedoch nicht viel länger als bis über die Mitte des 17. Jahrhunderts hinaus und es steht ausser allem Zweifel, dass sowohl die Architektur wie die Gartenkunst von Italien ausging, sich zunächst Frankreich mittheilte und dort in dem genialen Garten- Architekten Lenötre, 1613 zu Paris geboren, 1700 gestorben, welcher die italienische Bau- und Gartenkunst fleissig studirt hatte, den rechten Mann zu deren weiteren Verbreitung fand. Er fand ausserordentlich viel Abgeschmacktheiten in den französischen Gärten vor, welche be- seitigt werden mussten, denn Frankreich hatte alle Verirrungen der italienischen Gartenkunst aufgenommen, zum Theil noch gesteigert. Der französische G@artenstyl und der Zustand der französischen Gärten war daher um die Mitte des 17. Jahrhunderts demjenigen Italiens sehr ähnlich. Die Gärten waren mit den mannigfachsten Einrichtungen überfüllt, welche dem Besucher von den witzigen und launenhaften Ein- fällen des Besitzers Kenntniss gaben und Ueberraschung und Bewunderung abnöthigen sollten. Anordnungen nach ästhetischen Grundsätzen waren nirgends zu entdecken. Der Garten der Tuillerien war vortrefllich für die Einsamkeit, Schatten und Geselligkeit, wegen seiner Haine und grossen Bäume, be- sonders derjenigen in seiner Mitte, der Ulmen und Maulbeerbäume. Es war ein Labyrinth von Cypressen, Granatheeken, Springbrunnen, Fisch- weihern und einem Vogelhause. Künstliches Echo wiederholte die Worte deutlich, nie fehlte es an einer schönen singenden Nymphe. Hohe be- schnittene Hainbuchen, Alleen und Schirme von künstlich beschnittenen Bäumen, nach Grotten führende Canäle, in den Alleen Cascaden, wasser- speiende und grimassenschneidende Statuen, Irrgärten, welche der Un- kundige nach dem ersten Besuche nicht mehr betreten mochte, Bänke, welche in dem Augenblicke zu brechen drohten, wenn man sich darauf setzte, oder wo der sich Setzende von einem jämmerlichen Katzengeschrei aufgeschreckt oder von einer Menge Wasserstrahlen über und über be- netzt wurde. Das waren die Ergötzlichkeiten des Gartens. Die Archi- tektur war ebenfalls überladen und der baroque Rococeo-Styl hielt um das Ende des 17. Jahrhunderts seinen Einzug. Lenötre gab den Anstoss zur Reform der geometrischen Garten- kunst, welche nicht nur in Frankreich, sondern auch in dem mittleren und nördlichen Europa sich Bahn brach. Er legte die Gärten an von Versailles, welche, beiläufig erwähnt, zweihundert Millionen Franken kosteten, ferner die Gärten zu Trianon, Meudon, St. Cloud, Sceaux, Chantilly und die berühmte Terrasse von St. Germain. Auch in Green- wich und St. Jamespark in England richtete er die Gärten ein. Eines ’ » 4 j 8 ni ! " 3 an der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 265 der besten Muster dieses Styles in Deutschland ist in der Mitte des 18. Jahrhunderts unter Kaiser Franz I. in Schönbrunn angelegt worden. Auch der kaiserliche Garten in Peterhof wurde von einem Schüler Lenötre’s, Le Blond, angelegt. Der holländische Gartenstyl| zeichnet sich vor allem anderen durch geschmacklose Künsteleien aus; man nennt ihn daher nicht mit Unrecht das Zerrbild des Schönen. Blumistische Ueberladung, wunder- lich beschnittene Bäume, Spalierobst, verkümmerte Wegbildungen, Grotten mit bunten Muscheln und Steinen ausgelegt, sowie bei den Gebäuden roher Ziegelbau mit weissem Fugenputz sind charakterisirende Merk- male. Die Glanzperiode des holländischen Styls fällt in das Ende des 17. und den Anfang des 18. Jahrhunderts; seit dieser Zeit hat man sich mit den neueren Ideen befasst, ohne jedoch das durch Gewohnheit her- gebrachte ganz abstreifen zu können. Der chinesische Gartenstyl ist ganz gewiss derjenige, welcher sich am meisten an den englischen anreiht und das Naturschöne von jeher in den Gartenanlagen ausgedrückt hat. Die Literatur über diesen Gegenstand greift zwar sehr weit zurück, es ist aber nirgend der beson- deren Einrichtungen Erwähnung gethan. Die Gärten der chinesischen Kaiser waren oft von colossaler Grösse und es waren 30-50 Stunden ‘erforderlich, um deren Umfang kennen zu lernen. Man lernte jedoch allmälig, durch Revolutionen gezwungen, mit dem Boden sparsamer um- zugehen und überliess grosse Strecken der Ackerwirthschaft. Von dem berühmten chinesischen Staatsmann und Geschichtsschreiber See-ma-Kuang, welcher um das Jahr 1086 nach Christi lebte und schrieb, besitzen wir eine Umschreibung seines Gartens, den er als eine romantische Einsiedelei bezeichnet; er sagt folgendes: „Andere mögen sich Paläste bauen, ihr Missvergnügen zu ver- bergen und ihre Eitelkeit zu zeigen, ich habe mir eine Einöde zu- bereitet, um in meiner Musse mich zu vergnügen und mit meinen Freunden zu unterhalten. Ein kleiner Strich Landes war zu meiner Absicht hinreichend. In der Mitte ist ein grosser Saal, wo ich eine Sammlung von Büchern habe, um die Weisheit zu befragen und mit dem Alterthum Umgang zu pflegen. Auf der Mittagseite befindet sich ein Vorsaal am Gewässer, welches ein kleiner von den Abendhügeln herabrinnender Bach herbeiführt. Dieses Gewässer bildet ein tiefes Bassin, aus welchem es sich in fünf Arme ausbreitet, und auf der Oberfläche schwimmen und spielen unzählige Schwäne. Am Ufer des ersten Armes, welcher sich von Cascade zu Cascade herabstürzt, er- hebt sich ein schroffer Felsen, dessen gewundener Gipfel ein offenes Cabinet in der Luft trägt, wo man kühle Lüfte einathmen und die Rubinen betrachten kann, womit die Morgenröthe die aufgehende Sonne krönt. Der zweite Arm theilt sich in einer kleinen Entfernung in 266 Jahres - Bericht zwei Canäle, die sich in eine mit einer doppelten Terrasse einge- fasste Gallerie schlängeln, wo eine Hecke von Rosen und Granat- bäumen duftet. Der Arm auf der Abendseite krümmt sich wie ein Bogen nach Norden, wo er eine kleine Insel bildet. Eine Seite ist mit immergrünen Bäumen besetzt, auf der anderen steht eine Hütte von Stroh und Schilf, wie die Hütten der Fischer. Die beiden übrigen Arme scheinen sich wechselseitig zu suchen und zu fliehen, wie es der Abhang einer blumenreichen Wiese verlangt, die sie bewässern. Zu- weilen treten sie aus ihren Ufern, um kleine, mit frischem Rasen ein- gefasste Teiche zu bilden, alsdann verlassen sie die Wiese und steigen durch enge Furchen hinab. Hier fallen sie in ein Labyrinth von Felsen, welche ihnen den Durchgang streitig machen. Sie brausen, schäumen und fliehen nach allen Krümmungen, in die sie sich stürzen müssen, u. $. w.“ Ein anderer chinesischer Schriftsteller sagt über die Anlage von Lustgärten: Die Kunst, den Garten anzulegen, besteht in dem Bestreben, Heiterkeit, Ueppigkeit des Wachsthums, Schatten, Einsamkeit und Ruhe so zu vereinigen, dass durch den ländlichen Anblick die Sinne getäuscht werden. Die Mannigfaltigkeit, welche der Hauptvorzug der freien Land- schaft ist, muss also gesucht werden in der Auswahl des Bodens, in dem Wechsel der Hügelketten und Thalschluchten, von Bächen und Seen, welche mit Pflanzen bedeckt sind. Alle Symmetrie ist ermüdend; Ueber- druss und Langeweile werden in den Gärten erzeugt, in welchem jede Anlage Zwang und Kunst verräth. Die Parkgebiete der Chinesen schliessen fast überall natürliche Öbjeete in sich, wie durch Zufall und in solcher Weise ausgestreut, dass jede Absicht vermieden erscheint und regelmässige Ordnungen ganz aus- geschlossen bleiben. — Die chinesischen Gärten haben jedenfalls viel dazu beigetragen, dass sich der Geschmack verbesserte und dass natür- liche, ungekünstelte Eindrücke mit Fernhaltung alles spielerischen und phantastischen Wesens allmälig festgehalten und letztere verdrängt und verpönt wurden. Unter den Völkern Europas waren die Engländer die ersten, welche an die Nachahmung der freien Natur dachten, und sind die ersten Vor- schläge dieser Art von dem Lord Franz Bacon, geb. 1561, gest. 1626, ausgegangen. Er führte aus und sagte: „die reine Wahrheit kann nur aus der Beobachtung der grossen Natur gewonnen werden und Erfahrung ist weit vorzüglicher, als alle Speeulation.“ An diese Begründung der Nothwendigkeit eines aufmerksamen Naturstudiums, mit welchem noth- wendigerweise das Naturgefühl erhöht und die moderne Gartenkunst an- gebahnt werden musste, reihen sich andere Schriften, in denen er die alte Gartenkunst mit ihren beschnittenen Hecken und Bäumen, den verschieden- farbigen Verzierungen und Figuren unter den Fenstern der Häuser, den der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. . 367 stehenden Teichen, Canälen und Wasserspielwerken tadelt, die überall seebnete Bodenoberfläche durch eine unebene ersetzt wissen will und Vorschläge macht, welche auf die Darstellung der freien Natur in den Gärten abzielen, ohne jedoch die Regelmässigkeit, wo sie passend ist, gänzlich auszuschliessen. Trotz der Bacon’schen Vorschläge für die Gärten fanden diese an- fänglich doch nicht den empfänglichen und fruchtbaren Boden, wie man ihn annehmen sollte, und es mussten erst die meisterhaften Schilderungen über das verlorene Paradies von Milton noch weiter vorbereitend wirken, bis zwei geniale Männer Englands, Addison und Pope, gleich- zeitig und mit gleich erfolgreichen Waffen den alten Geschmack be- kämpften. Mit der Aufstellung von festen Grundsätzen wurde die Rich- tung der neuen Gartenkunst allerdings angebahnt, aber wahrscheinlich würde sie nicht so viele Anhänger gefunden haben, wenn nicht der Landschaftsmaler Kent, 1748, diese durch seine herrlich gemalten Vor- bilder unterstützt hätte. Mit der enthusiastischen Aufnahme dieses Styles, wie bei dem überall regen Verlangen, seine Besitzung nach den Grund- sätzen der neuen Gartenkunst zu verschönen, stieg auch die Nachfrage nach ausübenden Gartenkünstlern, von denen der erste von allgemeinem Rufe der Gärtner Wright war. Ihm folgte 1750 Brown, der als Ober- gärtner bei der Umwandlung des Gartens des Lord Cobham angestellt wurde und unter Kent thätig war; er wurde hierauf in königlichen Dienst gezogen und arbeitete in Hamptencourt und Windsor. Brown besass kein malerisches Talent, weshalb seinen Werken malerische Schönheit fehlte und oft nur schablonenmässige Wirkungen zu erreichen waren. Ein grosser Fehler der meisten englischen Gärten bestand ferner noch darin, dass sie meist zu beschränkten Ursprungs waren und man mit den Anpflanzungen und Spaziergängen über die Grenzmauern sich nicht hinauswagte, daher sie denn auch, weil von allen Seiten von kahlen Feldern umgeben, von der Aussenseite als ein scharf abgegrenztes Ge- hege, fast wie ein Zwinger sich darstellten und im Innern keine Aus- sichten mit geschickt abgestufter Ferne, wegen des zwischen dem Garten und den Aussichtsobjeeten vorhandenen weiten leeren Raumes darboten, so dass jedem Denkenden die Frage sich aufdrängen musste, warum man denn das Vergnügen an der Natur ausschliesslich in den engen Grenzen des Gartens suchen solle und ob es nicht viel angemessener sei, mit der Natur in die Natur hineinzutreten. Es folgten nun 1770 und 1772 weitere Gartenschriften von Whately und Chamber, welche wichtig für die Landschaftsgärtnerei wurden. Auch die Franzosen entschlossen sich, dem englischen Gartenstyl zu huldigen. Marquis de Gerardin übte durch ein praktisches Beispiel, durch Ver- schönerung seiner 7 Meilen von Paris gelegenen Besitzung Ermenonville — wo Rousseau auf der sogenannten Pappelinsel und der Landschafts- 268 Jahres - Bericht maler Megu, welcher Gerardin bei den Verschönerungen Beistand lieh, auf einer daneben befindlichen Insel begraben liegen — und erreichte einen durchschlagenden Erfolg. So viele Lehrbücher wir über die Anlage von Naturgärten besitzen, so dürfte doch die Natur selbst die beste Lehrmeisterin sein, voraus- gesetzt, dass ausgebildete Aesthetik und Productivität genugsam vor- handen sind. In Deutschland erschienen von 1771—1780 die ersten werthvollen Gartenschriften, allerdings aus englischen und französischen Werken schöpfend und von Leipzig aus in den Handel gebracht. Ein mehr selbständiges aber sehr weitschweifiges Werk gab 1779 —1785 Hirschfeld, Professor der Philosophie in Kiel, heraus. Einer der ersten Gärten, welche nach englischem Styl angelegt wurden, war der Garten des Barons von Münchhausen zu Schwobber in Westphalen. Es folgten nun viele Andere; wir nennen diejenigen zu Würzburg, Marienwerder bei Hannover, Dornbach bei Wien. Im Jahre 1877 legte Skell, nach einem einjährigen Aufenthalte in England, in Schwetzingen, München und Nymphenburg die allbekannten Landschaftsgärten an und wurde zum Intendanten des Königs von Bayern ernannt. Fürst Pückler-Muskau hat sich um die Ausbildung des englischen oder natürlichen Gartenstyls unsterbliche Verdienste erworben. Seine Schrift: ,‚Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“ erschien 1834 in Stuttgart. Die Schrift zeigt, dass ihm nichts Wichtiges über diesen Gegenstand aus der englischen und französischen Literatur entgangen ist, dass er viel und richtig gesehen und selbst viel und selbständig durch die Anlage des Muskauer Parkes, welcher etwa 5000 Morgen Grösse besitzt, gearbeitet hat. Nicht minder anerkennend zu erwähnen ist der General-Garten-Direetor Lenne, welcher in Glieneke, Babelsberg u. s. w. das leistete, was Pückler in Muskau gethan hatte, Sambucus nigra als Topfpflanze. Von Apotheker M. Scholtz in Jutroschin. Sambucus nigra, wechselweise Flieder oder Hollunder genannt, ist ein Strauch oder seltener ein Baum, welcher trotz seines schönen Blüthen- standes in den Gärten nicht besonders beachtet wird. Nichts desto- weniger kann er ganz reizend sein, wenn man ihn zur Topfeultur ver- wendet. Allerdings empfehlen sich zu diesem Zwecke nur gewisse Spielarten und zwar am besten diejenigen mit weissberandetem, die mit der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 269 goldgelbem und endlich die mit zerschlitztem Blatte, welche letztere beinahe den Eindruck einer ganz anderen Pflanze hervorruft. Ich eulti- vire diese drei Sorten schon seit mehreren Jahren in Töpfen und oft, besonders wenn die Zwergbäumehen blühten, war es spasshaft genug, von sachkundigen Leuten mich gefragt zu sehen, was dies wohl für Pflanzen seien; sie sahen eben etwas absonderlich aus — aber sehr hübsch. Die Cultur der Pflanze ist überaus einfach. Wenn man im Frühling Sprossen, welche zahlreich aus der Wurzel schiessen, oder ganz junge Triebe an einem der Sonne nicht ausgesetzten Platz ins freie Land steckt, so bewurzeln sich diese meist, oft schon ohne Pflege und Deckung. Will man mehr Sorgfalt dafür verwenden, so ist natürlich der Erfolg ein ungleich sicherer. Die Stecklinge wachsen in kleinen Töpfen im ersten Jahre gut heran; jedoch ist es vortheilhaft, im Juli, vor dem Erwachen des zweiten Triebes, neue Erde zu geben, wobei man die etwa zu dick sewordenen Wurzeln kürzt, um mehr Fasern zu erzielen. Man über- wintert die Pflanzen entweder im kalten Keller oder indem man sie in ein Loch im freien Lande nebeinander legt und dieses erst mit etwas Stroh und dann mit Erde füllt, wie man solches Verfahren ja bei vielen blätterabwerfenden Topfpflanzen einschlagen kann. Im zeitigen Frühjahr des nächsten Jahres giebt man grössere Töpfe, schneidet alle Wurzel- triebe ab, welche sich über Winter gebildet haben, verwendet diese wieder zur Vermehrung und stellt die Pflanzen so lange an einen vor Frost geschützten Ort, bis sie ins Freie gebracht werden können. Man achte nun auf Formgebung. Sambucus wächst gern sparrig und das Messer muss fleissig zur Hand genommen werden, um entweder Pyra- miden- oder kleine Kronenbäumehen zu erziehen. Auch beanspruchen die Pflanzen öfters Wasser. Länger als drei bis vier Jahre wird man die Pflanzen nicht gern haben wollen, sie werden dann durch ihre Grösse unschön und man thut daher gut, sie in dieser Zeit wegzuwerfen. Hatte man die Vorsicht ge- braucht, alle Jahre Wurzelschossen zur Vermehrung zu verwenden, so ist immer ein Ersatzeontingent vorhanden. Uebrigens setze ich alte Pflanzen nur einmal im Jahre und zwar im Frühjahr um. Ueber die Verwendung dieser niedlichen Topfpflanze erlaube ich mir beispielsweise Folgendes hier anzuführen. Der gelbblätterige Sambueus, als Kronenbaum gezogen, macht als Solitairtopfpflanze an sonniger Stelle einen ganz apparten Eindruck. Hat man eine grössere Anzahl von gleich grossen Topfpflanzen dieser Sorte zur Disposition, was ja leicht zu erreichen ist und nichts kostet, wenn einmal eine solche vorhanden war, und hat man dafür gesorgt, dass sie recht buschig und nicht zu hoch geworden sind, so bietet sich uns ein weites Feld zu ihrer Ver- wendungsweise. Eine Einfassung als hinterer Abschluss einer Gruppe 270 Jahres - Bericht niederer Topfpflanzen von unserem Sambucus, abwechselnd mit gleich srossen Exemplaren irgend einer holzigen Aschpflanze sieht sehr gut aus. Oder man hätte ein kreisrundes Beet und in dessen Mitte ein Exemplar von Riesenmais, Ricinus, oder noch hübscher einen grossen Rosenstamm mit reich verzweigter Krone und darum Cannas, so würde nun ein Kreis von gelbem Sambucus hinzutreten, dann ein solcher von gefüllten Scarlett- Pelargonien in Töpfen (gut passend Marie Lemoine, rosa, abwechselnd mit Wilhelm Pfitzer, scharlachroth, weil beide Sorten gleich hoch sind und nicht wuchern) und endlich eine Einfassung von Lobelien und Oxalis tetraphylla.. Die weiss umrandete und zerschlitztblätterige Sorte des Sambucus verwendet man in ähnlicher Weise und kann sie auch in immergrünen Topfpflanzen aufstellen, wo sie recht decorativ ist; auch dürfte dieser Sambucus fol. laciniatis als Kronenbaum gezogen sich als Solitairpflanze sehr decorativ erweisen. Etwa im Sommer sich an den Blättern und jungen Zweigen zeigende schwarze Blattläuse entfernt man bald mit einem in Weingeist getauchten Pinsel; versäumt man dies, so bekommen die Pflanzen Wurzelläuse und erkranken. Ist jedoch der letzte Fall eingetreten und erkennt man an den Aufwühlen der Erde des Topfes durch Ameisen, welche den Wurzel- läusen leidenschaftlich nachlaufen, das Vorhandensein derselben, so hilft ein Guss mit einer nicht zu starken Auflösung von xantogensaurem Kali. Probatum est! Er schadet den Pflanzen nicht und tödtet die Parasiten. Anregung zur Cultur der Sonnenrose, Helianthus annuus L,, und deren Nutzen, Von Kunst- und Handelsgärtner Grunert in Landeshut. Gelegentlich einer Reise in Littauen war ich erstaunt, dort so un- gemein viele Sonnenrosen angebaut zu sehen. Auf den Feldern, an Rainen sowie in den Gärten waren sie angepflanzt, ja sie wurden sogar als Stäbe für halbhoch wachsende Bohnen und Erbsen benutzt. Auf meine Frage wurde mir von einem tüchtigen Landwirth deren vielfacher Nutzen mitgetheilt. | Derselbe erklärte mir, dass aus einem Centner Samen 40 Pfund und mehr Oel, von fast gleicher Güte des Provencer Oeles, gepresst würden und seien die Presskuchen ein ebenso gutes, gesundes und gern ange- nommenes Futter für das Rindvieh, wie die Blätter und die gehörig ge- klopften zu Siede geschnittenen noch grünen Strünke der Sonnenrose. Die noch nicht ganz aufgeblühten Sonnenblumen werden in der Küche der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 271 wie Artischoken zubereitet und sind recht wohlschmeekend. Die Blumen enthalten ausserordentlich viel Honig und Wachs, geben daher den Bienen ganz vortreffliehe Nahrung. Der Samen, zu Gries gemahlen, hat einen mandelähnlichen, recht angenehmen Geschmack; zu Mehl gemahlen wird derselbe zu allerlei feinerem Backwerk, wie Kuchen und Torten ver- wendet, geröstet, wird aus demselben sogar eine Art gar nicht übel schmeekender Chocolade bereitet, und in Wasser und Alaun gekocht er- zielt man aus dem frischen Samen eine schöne himmelblaue Farbe. Sind die Blätter gut präparirt, so werden sie von den dortigen Landbewohnern als Rauchtabak benutzt. Die Samenböden werden in den Papiermühlen zu Löschpapier und das Innere der Stengel sogar zu einem sehr feinen und festen Papier verarbeitet, während deren holzige Theile als Feuerungs- material Verwendung finden und da die Asche derselben reichlich sal- peterhaltig ist, so wird sie zu Pottasche verarbeitet. Zieht man nun noch in Betracht, dass nach gemachten Erfahrungen ein reichlicher Anbau der Sonnenrose in sumpfigen Gegenden die Ein- wohner vor dem Wechselfieber schützen soll, so wird man dieser Pflanze den vielseitigsten Nutzen gewiss nicht absprechen und die Empfehlung ausgebreiteterer so sehr leichter Cultur derselben wohl nicht unzweck- mässig erachten. Die für die Cultur bestlohnenden Sonnenrosen sollen die aus der Krimm sein, es empfiehlt sich, deren Stengel abzublättern und auch die jungen Nebentriebe abzuschneiden, sie liefern dann bis 400 Korn. Etwas über Einsteck-Etiquetten und Pflanzenstäbe. Von Apotheker M. Scholtz in Jutroschin. Es ist viel gefragt, geschrieben und debattirt worden, welche Sorte von Etiquetten zum Einstecken in Pflanzentöpfe oder ins freie Land die bestgeeignete und haltbarste sei und viel ist geprüft und empfohlen worden. Man hat auch manche praktische Methode gefunden, welche für gewisse Zwecke unbestreitbar besser nicht gedacht werden kann. Man hat demzufolge Etiquetten gefertigt, welche Eleganz mit grösster Haltbar- keit vereinen; aber sie haben, wie viele andere ihrer Schwestern, den grossen Fehler der Kostspieligkeit. Es ist nicht meine Absicht, auf diese verschiedenen Methoden, Eti- quetten anzufertigen, näher einzugehen, da sie wohl hinlänglich jedem Fachmann bekannt sein dürften, vielmehr fühle ich mich nur veranlasst, die Methode zu besprechen und auch zu empfehlen, nach welcher ich 2372 Jahres - Bericht mir ‚seit Jahren meine Einstecketiquetten fertige, welche sich als überaus haltbar bewährt haben und ohne Zweifel in Betreff dieser ihrer Halt- barkeit und ihres werthlosen Materials die billigsten sind. Hierbei be- merke ich jedoch, dass ich von gewissen grösseren Arten solcher Eti- quetten absehe, welche für manche Zwecke von Zink, Eisen, Porzellan, Glas oder Steingut angefertigt und in geeigneter Weise beschrieben, sich allerdings vortheilhafter zeigen dürften, und dass ich hier lediglich über Etiquetten für Topfpflanzen sprechen will, welche bei dem Besitze einer umfangreichen Pflanzensammlung und ausgedehnter Vermehrung gewöhn- lich auch in grossen Massen ge- und verbraucht und daher gemeinhin aus Holz gefertigt werden, dessen Faulen am unteren Ende der Etiquette so oft die störendsten Verwechselungen und Fatalitäten nach sich ziehen kann. Erlauben Sie mir also, Ihnen hiermit mein Recept vorzulegen! Ge- wöhnliehe neue, aus nicht zu hartem Holze geschnittene oder schon ge- brauchte und, wenn erforderlich, von Erde und den faulen Theilen be- freite, in der Wärme leicht übertrocknete Einsteckhölzer werden in eine Pfanne geworfen, in welche man so viel Leinölfirniss gethan hat, dass die Hölzer beim Hinunterdrücken mit einem passenden Stabstempel (ich gebe diesem Dinge, welches ich sogleich näher beschreiben will, diesen Namen) vollständig von ihm überflossen sind. Letzterer muss so eingerichtet sein, dass man mit ihm alle Hölzer zugleich herabdrücken und doch auch wieder so durchlässig sein, dass der Firniss durch ihn hindurchtreten kann. Man nehme zu dem Ende einen hölzernen Reif, so gross, dass er sich an die Innenseite der Pfanne recht lose anschmiegt und verbinde die Peripherie desselben mit zwei kreuzweise zusammengepassten Stäbchen so, dass man auf diese Weise ein kleines Rad mit vier Speichen er- hält. Werden nun diese Speichen untereinander noch mit so viel Stäbchen verbunden, dass sie dicht genug stehen, um die Hölzer insgesammt hinab- zudrücken und auch wieder weit genug, um den Firniss durchzulassen, und setzt man endlich auf das Centrum des ganzen Geräthes senkrecht einen Stab, welcher zur Handhabe dient, so ist der Stabstempel fertig. Vorzuziehen ist es natürlich, denselben aus Draht in ähnlicher Weise. anfertigen zu lassen. Kehren wir nach dieser Abschweifung nun wieder zu unserer Firniss- pfanne zurück. — Man stellt dieselbe mit ihrem Inhalt von Firniss und Hölzern auf ein mässig zu unterhaltendes Feuer. Für kleine Quantitäten senügt eine Spirituslampe oder ein Petroleumbrenner. Hat der Firniss einen gewissen Hitzegrad angenommen, so werden die mittelst des Stab- stempels fortwährend herabgedrückten Hölzer stark zu schäumen anfangen und man kann dabei bemerken, wie Wasserdampf und Luftbläschen in srosser Menge aus ihnen herausgetrieben werden. Das Feuer ist zu mässigen, wenn die zu starke Gasentwickelung ein etwaiges Ueberkochen befürchten lassen sollte. | h | | | | | | | u ce en u Be ee Eli a ie FE der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 973 Hat das Aufschäumen in der Pfanne nachgelassen, d. h. sind die Wasser- und Lufttheile aus den Hölzern zum grössten Theile ausge- schieden (ein absolutes Austreiben ist wohl nicht nöthig und auch zeit- raubend), so nehme man letztere mit einem geeigneten Werkzeuge her- aus und werfe sie in ein zweites Gefäss, in welchem sich kalter Leinöl- firniss befindet; es ist gut, dabei zu vermeiden, dass nicht zu viel heisser Firniss zu dem kalten komme. Während sich nun die durch die Hitze zusammengezogenen, noch sehr heissen Hölzer in dem kalten Firniss ab- kühlen, saugen alle jene Poren und pflanzlichen Gefässe, welche vorher Wasser und Luft enthielten, bei der Abkühlung und dadurch wieder eintretenden Ausdehnung des Holzkörpers nunmehr so viel Firniss auf, als sich vorher Wasser und Luft in ihnen befand und es entsteht hier- durch eine ganz andere Materie, ein ganz veränderter Holzkörper, welcher befähigt ist, den zerstörenden Einflüssen der Feuchtigkeit und der atmosphärischen Luft auf überraschend lange Zeit zu widerstehen. Man muss selbstverständlich bei der Pfanne mit kaltem Firniss einen ebensolchen Stabstempel zum Herabdrücken der Hölzer zur Hand haben und ihn nöthigenfalls beschweren, wenn man nicht Zeit findet, ihn mit der Hand zu regieren; auch benütze man den heissgemachten Firniss sofort wieder zu weiterer Behandlung anderer Hölzer, und sollte das Gefäss mit dem kalten Firniss nieht ausreichend sein, um eine zweite Serie heisser Hölzer aufzunehmen, so nehme man noch ein zweites zum kalten Firniss oder richte sich das ein, wie es am bequemsten ist und am wenigsten Firniss kostet. Den letzten Theil der Hölzer, welchen man präparirt, kann man natürlich auch in der Pfanne erkalten lassen, in welcher er erhitzt wurde. Die Hitze muss übrigens nie so weit ge- steigert werden, dass der Firniss beträchtlich zu rauchen anfängt; schäumt die Masse heftig, so ist der richtige Hitzgrad erreicht. Nach vollständigem Erkalten aller Hölzer nehme man sie heraus und stelle sie zum Abtropfen senkrecht in einen flachen Napf. Ist dies nach einiger Zeit bewerkstelligst, so entferne man sie aus dem Napfe, wische mit altem Papier den noch an einzelnen aneinander geklebten Hölzern befindlichen Firniss gut ab und lege sie endlich an einem gegen Regen geschützten luftigen Orte nebeneinander auf Brettern zum Trocknen aus. In nicht zu langer Zeit sind sie so weit getrocknet, dass sie den auf einer Seite erforderlichen Strich von gelber oder weisser Oelfarbe aufnehmen können und nun zum Gebrauch und zum Dienst auf viele Jahre tauglich. Aller gebrauchter, noch übriger Firniss wird in einer mit Kork verschlossenen Flasche zu späterer abermaliger Verwendung aufbewahrt. In ähnlicher Weise werden Pflanzenstäbe für Topfeultur haltbar ge- macht, jedoch ist die Methode dabei in einigen Punkten zu modifieiren, Man beachte hierbei vorzugsweise, die Einsaugung des Firnisses ebenfalls 18 274 Jahres - Bericht in gleicher, möglichst vollständiger Weise zu bewerkstelligen und dass, weil man grössere Stäbe füglich nicht ihrer ganzen Länge nach in den Firniss legen kann, der untere Theil derselben so weit präparirt werde, dass er noch einige Zoll über der muthmasslichen Erdschicht von dem Firniss durchzogen ist. Ich habe solche Stäbe schon seit 6 Jahren in ununterbrochenem Gebrauche und freue mich ihrer Haltbarkeit. Was grössere Stäbe für das freie Land anbetrifft, als für hoch- stämmige Rosen, Georginen, hochveredelte Stachel- oder Johannisbeeren oder zu sonstigen edleren Hölzern und überhaupt zu allen Stämmen, welche ohne Stab nicht gerade stehen und deren Zerbrechen schmerzlich ist, so habe ich mit dergleichen aus Holz manch bittere Erfahrung ge- macht. Nimmt man alle Jahre neue Stäbe oder Stangen zur Verwen- dung, so wird die Sache, namentlich in holzarmen Gegenden, kostspielig; nimmt man die im vergangenen Jahre gebrauchten, so hat man für ihre Haltbarkeit zu wenig Garantie; sie sind oft mehr defeet und angefault, als man glaubt und sieht, und ein einziger Sturm verursacht . bei ihrer Anwendung einen oft bedeutenden oder mindestens doch schmerzlichen Schaden. Ich bin daher für gewisse Pflanzen von dem Usus des Gebrauches hölzerner Stäbe abgegangen und habe bereits seit längerer Zeit eiserne Stangen im Gebrauch, welche sich vorzüglich bewähren. Für kleinere Bäumcehen, wie z. B. Stachelbeeren, genügen eiserne Stangen von '), Zoll Durchmesser, für Rosen u. s. w. solche von °%, Zoll. Zwei Fuss in die Erde genügen, um ihnen festen Stand zu geben. Kauft man Rundeisen im Ganzen, so kommt die Beschaffung nieht sehr hoch zu stehen; man lässt das Eisen durch einen Schmied in richtige Stücke schneiden und gehörig gerade ziehen und giebt ihnen dann einen Firnissstrich, wozu ich die weisse Farbe wählte. Meine dünnsten Stangen sind seit sechs Jahren nicht aus der Erde genommen worden, stehen fest und gerade und werden wohl noch eben so lange brauchbar sein; andere, dickere, welche ich alljährlich bei dem Anfange des Winters heraushebe, sind selbstredend noch im besten Zu- stande. Bei diesen letzteren will ich darauf aufmerksam machen, dass es praktisch ist, in jedes Loch der ausgehobenen Stangen etwa ein Stück einer Bohnenstange zu stecken; man verhindert dadurch, dass sich das Loch durch einfallende Erde verstopft und hat im Frühling beim Wieder- einstecken der eisernen Stange nicht nöthig, die vertieale Stellung erst wieder erproben zu müssen, vorausgesetzt, dass sie dieselbe im vorigen Jahre schon besessen. Kostet die Beschaffung der eisernen Stangen im Augenblicke allerdings ein peeuniäres Opfer, so wird es doch reichlich durch die Vortheile aufgewogen, welche sie bieten. Ueberdies gewähren die schlanken geraden Stäbe einen viel hübscheren Anblick, als die ver- a der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. PA) hältnissmässig zu dicken hölzernen und harmoniren viel mehr mit den dünnen Stämmen der Rosen, Stachelbeeren und anderer als diese. Auch finde ich den weissen Anstrich viel freundlicher und passender, als den grünen; indessen ist das Geschmacks- und Ansichtssache. Hat man nun einmal seinen immer im Freien bleibenden kleinen Hochstämmen einen permanenten Stab aus Eisen gegeben, so muss man auch daran denken, sie in der Weise daran zu befestigen, dass das Band annähernd so dauerhaft sei, als der Stab. Mit selbst dem besten Bindfaden oder Bast erreicht man dies nicht, diese Stoffe. vermodern mehr oder minder rasch und Weidenbänder sind in diesem Falle unschön. Mit Lederstreifen habe ich in Betreff ihrer Dauerhaftigkeit im Freien noch keine Versuche gemacht, halte sie jedoch als kleine an- und abzu- schnallende Gürtel bei Rosen für sehr empfehlenswerth. Ich präparirte zu eben besprochenem Zwecke starken Bindfaden in der Weise, dass ich ihn mit einem Gemisch von Leinölfirniss mit etwas Bleiglätte tränkte und nach gehöriger Durchsaugung zum Trocknen ausspannte. Nach einigen Tagen wird der noch sehr biegsame Bindfaden zum Anbinden der Bäumchen benutzt und hält so einige Jahre den Schützling an seinem Stabe fest. Es ist besser, denselben noch etwas weich zum Anbinden zu verwenden, als ihn ganz verhärten zu lassen, weil die Knotenstelle im ersteren Falle sich durch den noch flüssigen und heraustretenden Firniss gewissermassen verkittet, der Knoten sich also so leicht nicht löst. Ich schliesse meinen Artikel, indem ich noch bemerke, dass ausser den Vortheilen, welche die von mir besprochenen Practica mit sich bringen, auch der nicht zu unterschätzende der Zeitersparniss hinzutritt. Jeder praktische Gartenmann weiss, welchen Aufwand an Zeit das Be- sorgen, Aussuchen, Zurechtschneiden, Einstecken der Stangen und das Anbinden der Pflanzen an diese kostet. Wer sich aber Arbeit ersparen kann, der erspart sich Zeit, und diese kostet dochauch, Ueber Anwendung von Korkrinde für gärtnerische Zwecke. Von Professor Dr. Ferdinand Cohn. Unter Korkrinde versteht man die Rinde zweier Eichenarten, welche am Mittelmeere einheimisch sind. 1) Quereus suber mit einjährigen Eicheln und immergrünen Blättern, denen des Oelbaumes ähnlich. Diese Art ist vorzugsweise in Italien, Algier, den Mittelmeerinseln zu Hause; von Quereus Ilex, der südeuropäischen Steineiche, welche auch in Eng- land ausdauert, schwer zu unterscheiden. 2) Quercus oceidentalis, eine 18% I76 Jahres - Bericht ihr nahe verwandte Art mit zweijährigen Eicheln, im Osten von Süd- frankreich und Portugal einheimisch. Die Korkrinde, welche diese Bäume in natürlichem Wachsthum bilden, ist für technische Zwecke nicht verwendbar; sie wird zwar ge- nügend dick, ist aber zu unregelmässig geschichtet, borkenartig zerrissen und wenig elastisch, dagegen von pittoreskem Ansehen, wozu die in den Rissen angesiedelten Flechten nicht wenig beitragen. Um die Korkrinde für den Handel brauchbar zu gewinnen, unterwirft man die Korkeiche einer Procedur, „Entmannung‘‘ (demasclage) genannt. Man schält näm- lich die natürliche Korkrinde (Jungfernkork, liege male) in der heissen Jahreszeit ab; der Baum bildet darauf innerhalb 8 Monaten eine neue Korkschicht, diese (Wundkork, Flaschenkork, liege femelle) zeichnet sich dureh glatte Oberfläche, gleiehmässiges Gefüge und grössere Dieke aus und ist, ihrer Elastieität halber, technisch äusserst verwendbar; nach 7—8 Jahren kann sie abgeschält werden, worauf der Baum wieder eine neue Rinde von Flaschenkork erzeugt und so fort. Für den Jungfernkork hatte man früher keine Verwendung; es kam daher nur Flaschenkork in den Handel. Vor etwa 10 Jahren kam man auf den Gedanken, den Jungfernkork zu gärtnerischen Decorationen zu benutzen. So werden denn jetzt Blumentöpfe, Ampeln, Jardinieren u. s. w. aus demselben gefertigt. Namentlich für Zimmereultur dürften sich Korktöpfe empfehlen, da sie im Gegensatz zu unseren gewöhnlichen Thontöpfen sehr pittoresk aussehen. Auch zu künstlichen Felsgruppen, kleinen, grottenähnlichen Anlagen, zu denen man sonst Tuffstein benutzt, eignet sich der Jungfernkork. In Amsterdam in der Handelsgärtnerei von Groenewegen waren die Rückwände der Warmhäuser ganz und gar mit Jungfernkork bekleidet. Die Wirkung ist hübsch, der neutrale Farbenton des Korkes bildet einen meist angenehmeren Contrast zu dem Grün der Blättermassen, als die gewöhnlichen weissen Wände. Ausser- . dem bietet die rissige Oberfläche des Korkes Farnen, Aroideen, Bro- meliaceen u. s. w. einen natürlichen Aufenthaltsort, ein Umstand, welcher noch zur Erhöhung des malerischen Eindruckes beiträgt. Das vorliegende Material, das auch bei der hiesigen Garten - Aus- stellung zur Herstellung einer Grotte benutzt wurde, ist mir von der Korkenfabrik von N. Schäffer hier freundliehst übergeben worden, welche dasselbe direet aus Portugal bezogen hat. — Näheres über die Ent- stehung und Entwiekelung des Korkes giebt die 1861 erschienene Ab- handlung von Casimir Decandolle, dem Vertreter der dritten Generation dieser berühmten Genfer Botanikerfamilie. nn. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 277 Ueber die Gartenausstellungen zu Wien, Berlin und Paris im Jahre 1878. Von Professor Dr. Ferdinand Cohn. Wien. Die k. k. Gartenbau-Gesellschaft in Wien erfreut sich des Besitzes eines eigenen Ausstellungs-Gebäudes. Sie hat sich allerdings durch den Bau zeitweise in finanzielle Verlegenheit gebracht, besitzt da- für aber jetzt den neuen Palast in einem der schönsten Theile der Stadt, am Parkring, der an sich. eine Sehenswürdigkeit Wiens ist. Keine andere Stadt ist im Besitze eines derartigen Ausstellungsgebäudes, selbst Paris nicht, nur Amsterdam hat in seinem Industriepalast etwas ähn- liches, Die Wiener Ausstellung war eine Frühjahrs- Ausstellung und bot daher einen Reiz, wie sie keine andere Jahreszeit gewährt; ist ja doch auch im Frühjahr das Gemüth am empfänglichsten für die Farben- pracht der Blumen. Von den Einzelheiten der vom 26. April bis 1. Mai stattgefundenen Ausstellung will ich hier nur Weniges hervorheben. Aufgefallen ist mir, dass in vielen Wiener Gärten die bei uns jetzt leider sehr aus der Mode gekommenen und daher vernachlässigsten Cap- und Neuholländerpflanzen noch bevorzugt werden. Die Ausstellung zeigte daher auch einen grossen Reichthum von Eriken, Epacrideen, Proteaceen u. s. w. und man konnte sich durch den Augenschein überzeugen, wie viel Reizendes, Herrliches, mit Anderem gar nicht Vergleichbares diese Pflanzen bieten. Grosses Interesse erregten ferner die prachtvollen Azaleen und Rosen, die ge- schmackvollen Bouquets, sowie eine Collection -Alpenpflanzen von Flatz in Ober-Döbling ausgestellt, die auf einem grossen runden Tisch zwischen Felsen aus Jungfernkork sehr hübsch arrangirt war. Man konnte auf diese Weise diese Pflanzen aus nächster Nähe betrachten, ihrer lebhaften Farben und zierlichen Formen sich erfreuen, während bei der bei uns gewöhnlichen Aufstellung der Alpinen im Freien zwischen Steinhaufen die reizvollen Einzelheiten der kleinen Gewächse kaum wahrgenommen werden. Die Ausstellung erfreute sich auch eines grossen Reichthums herr- licher Blattpflanzen, da ausser den bestehenden Handelsgärtnereien der k. k. Universitätsgarten in Wien, die k. k. Gärten in der Hofburg und in Schönbrunn, auch die österreichischen Magnaten ihre grossen Pflanzen- schätze ausgestellt hatten. Eine überraschend grosse Zahl von neuen Einführungen und erst in den Handel gebrachten Palmen, Oycadeen und 278 Jahres - Bericht andere exotische Gewächse, besonders aus den kaiserlichen Gärten, ver- lichen der Ausstellung auch ein hohes botanisches Interesse. Die Mitte September stattgefundene Herbst - Ausstellung zu Berlin oder eigentlich zu Charlottenburg. Dort in den Räumen der „Flora“, hatte diesmal der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Preussischen Staaten die Ausstellung veranstaltet. Die früher von ihm benutzten Räumlichkeiten (Englisches Haus und Reit- bahn) waren namentlich in Bezug auf Licht sehr mangelhaft gewesen. Diesmal war das Ausstellungslocal ohne Nebenbuhler; selbst in England, wo durch Paxton ja die grossen Glaspaläste geschaffen wurden, besitzt man kein öffentliches Etablissement, das der „Flora“ gleichkäme, schon darum, weil in den Glaspalästen: Crystallpalace, Alexandrapalace, meistens neben den Pflanzen die heterogensten Gegenstände,.nach Art eines Jahrmarktes, ausgestellt werden, die .eine reine Freude an den Pflanzen nicht auf- kommen lassen. Die Ausstellung in der Charlottenburger ‚Flora‘ war denn auch die gelungenste, die Berlin bis jetzt gesehen hat; dazu kam noch, dass auch der Garten der „Flora“ dieses Jahr ganz besonders arrangirt war. Die Ausstellung zerfiel in drei Theile: ' a. die Obstausstellung in der oberen Gallerie des Palastes; b. die Ausstellung der Gemüse und Baumschulartikel im Freien. Hier erregten besonderes Interesse die Riesen- Exemplare der Osdorfer Rieselfelder-Gemüseculturen ; c. die Ausstellung der Warm- und Kalthauspflanzen im Palmenhause und Vorhause. Grossen Beifall fand eine vom Universitätsgärtner Perring ausge- stellte schöne Colleetion fleischfressender Pflanzen; nicht minder bewun- dert wurde eine herrliche Doppelgruppe von Codiaeum (Croton der Gärtner) des Obergärtners Leidner aus Buckau-Magdeburg. Wenn ich nun nach der Frühjahrs-Ausstellung zu Wien die Herbst- Ausstellung zu Berlin (Charlottenburg) erwähnte, so bin ich dabei nicht chronologisch verfahren. Dazwischen lag die mit der internationalen Ausstellung verbundene Gartenausstellung von Paris. Die 1878 von der Societe d’hortieulture de France getroffenen Arrangements unterschieden sich vortheilhaft von denen der Weltausstellung von 1867. Während damals die Pflanzen-Ausstellung auf einen besonderen Platz, den Jardin reserv£, verwiesen war, wobei noch ein besonderes Eintrittsgeld, Fr. 0,50, er- hoben wurde, waren diesmal die Gartenanlagen, Gewächshäuser u. s. w. über das ganze 75 Hectar grosse Terrain der Ausstellung, welches Champ de Mars und Trocadero umfasste, vertheilt, und zwar waren dieselben in der durch eine wundervolle Perspective ausgezeichneten aha EI GERBLEU SE BEE WEL WERE u der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 2379 Mittelfläche zwischen den Terrassen der beiden Paläste im regelmässigen Styl der italienischen Renaissance angelegt; während rechts und links davon sich reizende Landschaftsgärten ausbreiteten. Ueberall, wo es nur irgend angänglich gewesen war, hatte man Rasenparterres angelegt, selbst die Höfe der Paläste waren in kleine Sehmuckplätze verwandelt; jeder Winkel, jede Nische war mit Latanien, Dracaenen oder mit immergrünem Gebüsch deeorirt. Auch im Innern der Ausstellungsräume, insbesondere in der’ deutschen Kunst-Ausstellung, hatte man von der herrlichen Wirkung der tropischen Blattpflanzen Ge- brauch gemacht. Hatte diese Art der Vertheilung den Nachtheil, dass der Fachmann nicht wie 1867 einen schnellen Ueberblick über das Ganze gewinnen konnte und jedenfalls viel Zeit zur Orientirung brauchte, so bot sie andererseits doch den Vortheil, dass sie den Genuss der Anlagen mehr zur Geltung brachte. Trat man ermüdet von dem Anschauen der unermesslichen Schätze, welche Industrie und Kunst auf dem Champ de Mars und dem Trocadero aus allen Theilen der Erde gebracht hatten, hinaus, so konnte das Auge sich erfrischen an dem saftigen Grün der herrlichen Rasenstücke, das Gemüth ausruhen bei dem Plätschern der Caseaden und die Phantasie neubelebt werden durch den Anblick der Fächerpalmen und Musen, welche als prächtige Solitairpflanzen dem Rasen entstiegen. Eine besonders prachtvolle Ausstellung von ausgewachsenen Dattel- und Zwergpalmen, blühenden Agaven und anderen an der Riviera im Freien aushaltenden Blattpflanzen der Tropen, Dracaena, Yucca, Dasy- lirion, Musa hatte Monaco in der Umgebung des von ihm errichteten kuppelgeschmückten Pavillons ins Freie verpflanzt. Zwischen den An- . lagen luden allenthalben Bänke zum Ruhen ein; der bei früheren Aus- stellungen in so unangenehmer Weise bemerkbar gewesene Unfug des Stuhlvermiethens war diesmal vollständig abgestellt. Hierbei war die Mannisfaltiskeit der Formen bewundernswerth, welche die moderne In- dustrie den Gartenbänken und Ruhesitzen zu geben weiss; besonderen Beifall fanden die zwar etwas ungeschlacht aussehenden, aber vor Wind und Sonne gut schützenden, schilderhausähnlichen Körbe aus Weiden- geflecht, wie sie schon seit Jahren in den französischen Seebädern be- nutzt werden. Auf dem, auf die alte Brückenbahn vermittelst eiserner Träger auf- gelegten Boden, bis auf 25 m verbreiterten Pont de Jena, welcher den Champ de Mars mit dem Trocadero verbindet und nur für Fussgänger bestimmt war, waren Ruhesitze in mehreren Reihen aufgestellt, von denen man einen prächtigen Anblick genoss. Die erhöhten Rücklehnen dieser Bänke, welche sich in je zwei Reihen einander zukehrten, waren in riesige Jardinieren umgewandelt und mit Topfpflanzen geschmackvoll decorirt. Im Allgemeinen war die Anordnung getroffen, dass immer 280 Jahres - Bericht nach vierzehn Tagen die sämmtlichen zur Ausschmückung der Anlagen verwendeten Pflanzen erneuert wurden. Dasselbe galt von den Aus- stellungen der abgeschnittenen Blumen, der Gemüse und der Früchte, welche in zwei riesigen Gallerien längs der Seine zur Linken des Pont de Jena stattfanden, doch bewährten sich diese fast 100 m langen, aus einfachen Bretterwänden mit Oberlicht hergerichteten Hallen in keiner Weise; die Georginen- und’Rosen-Ausstellung bot schon am ersten Tage einen traurigen Anblick dar. Zwei ähnliche Gallerien auf der anderen Seite der Jenabrücke dienten zur Aufnahme der zahllosen Garten- Geräthschaften. Im Ganzen waren 12 Concurse von je 14 Tagen vom’ 1. Mai bis 31. October eröffnet. { Eines der grössten Wunder der Ausstellung war ein viereckiges Rasenparterre von 140 m Länge und 40 m Breite, von Vilmorin in Paris angelegt, welches gleich einem riesigen Sammetteppich von tadelloser Schönheit vor dem Trocadero selbst ausgelegt war und trotz Sonnen- brand und Staub seine Frische behielt. Die Mittel zur Herstellung sol- chen Rasens sind kein Geheimniss; guter Samen, nur Raigras (ohne alle Beimischung von Klee und anderen Gräsern), gute Bodendüngung durch Guano und Chilisalpeter, gute Bewässerung durch selbstthätige Hydranten und unablässiges Schneiden und Walzen durch Lawn-mowers. Die Rasenparterres waren übrigens Gegenstand der Concurrenz, diejenigen des Marsfeldes waren von den französischen, die des Trocadero von eng- lischen Gärtnern angelegt. Selbst in englischen Parks, welche wenigstens in London im Allgemeinen nicht gut gehalten werden, und da mehr den Eindruck grosser Gemeindewiesen mit zerstreuten metrischen aber etwas monotonen Baumgruppen machen, habe ich den gerühmten Rasen im August eben so verbrannt gefunden, wie er bei uns um diese Zeit zu sein pflegt. Wir sehen hieraus, dass nicht das Klima sondern die Be- handlung die Schuld trägt, wenn Rasen nicht das Aussehen hat, wie er soll. Die Pariser Landschaftsgärtner verstehen es meisterhaft, selbst in sehr feuchtem Terrain Effecte durch die Bewegung des Bodens zu er- zielen. Selbst der kleinste Pariser Square zeigt Abwechselung in Hügeln, Schluchten, Buchten und Weihern, die durch geschickte Bepflan- zung über seine Ausdehnung täuschen. Wenn ich auch zugebe, dass hier der Kostenpunkt sehr häufig bei uns ein Haupthinderniss bildet (die An- pllanzungen und Parkanlagen der Ausstellung kosteten, eingerechnet die Erdarbeiten und Wasseranlagen, 1,421,400 Francs), so scheint mir doch auch eine gewisse Zaghaftigkeit und ungenügendes Naturstudium die Schuld daran zu tragen, wenn von diesen landschaftlichen Effeeten ver- hältnissmässig wenig Gebrauch bei uns gemacht wird. Erstaunt war ich, in Paris fast gar keine Teppichgärtnerei in un- serem Sinne zu finden, obgleich allgemein angenommen wird, diese moderne Art der Rasendecorirung sei von dort zu uns gekommen. Nur a u der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 381 in der chinesischen Abtheilung waren Schaustücke der Teppichgärtnerei, z. B. bunte Schmetterlinge und dergleichen in den Rasen eingelegt. Bei der Eröffnung der Ausstellung hatte Haarlem sein Wappen’ in riesigen Dimensionen aus blühenden Tulpen zusammengestellt. Im Uebrigen fand ich die Rasenstücke, die gewöhnlich viereckig, oder auch oval, aber immer von grösserer Ausdehnung waren, ringsum von einer breiten, meist einfarbigen Borte von Florblumen eingefasst; gewöhnlich dienten hierzu Pelargonien, Gladiolen, Zinnien, Reines Marguerites, Callistephos sinensis Nees., riesige Celosien und besonders knollige Begonien, die in vielen wunderbar schönen Farbennuancen anzutreffen waren. Zuweilen bildete umgekehrt ein Parterre von Florblumen den Grund, der dann von einer Rasenkante eingefasst war, fast immer waren aber in einem Stück die Blumen von gleicher Farbe. Eine fernere Belebung und Unter- brechung des einförmigen Grüns des Rasens war in sehr schöner Weise durch Palmen, namentlich Phoenix dactylifera, Musaceen, Agaven, Lor- beerbäume, Magnolien, Ilex, Eucalypten, Araucarien und andere Solitair- pflanzen erreicht, deren Stämme von einer Blumenborte, oft in mehreren concentrischen Kreisen von abwechselnden Farben manschettenartig um- geben waren, anderswo standen im Rasen auf hohen Postamenten Vasen mit Latanien, Blumenkörbe mit hängenden Schlingpflanzen und selbst Statuen in Marmor oder Erz. So lange die Sculpturwerke aus Marmor nicht wie in dem Garten von Versailles durch Corredirung geschwärzt sind, heben sie sich von dem grünen Hintergrunde in effectvoller Weise ab; für Broncestatuen war der Standpunkt so gewählt, dass das Blau des Himmels den Hintergrund bildete. | Ein Theil der Parkanlagen der Ausstellung trägt landschaftlichen Charakter und hier zeigte sich ganz besonders das Talent der Pariser Gartenkünstler, namentlich was Bodenbewegung und die Anlage künst- licher Felsenpartien anlangt. Alle diese Anlagen zeichneten sich durch grosse Naturwahrheit aus, besonders die Felsenpartien, welche sich meist der Bodenbewegung auf das Natürlichste anschlossen und wie im Gebirge nur da das nackte Gestein zu Tage treten liessen, wo das Wasser, dar- über hinwegrauschend, den Fels durch Hinwegschwemmung des Humus blossgelegt hat. Besonders gelungen war die von Gontier in Chantenay hergestellte Felspartie mit Weiher und Insel, welche an der rechten Seite des Vestibule d’honneur des Ausstellungspalastes sich befand; eine andere Felsanlage, an die geschichteten Sandsteinfelsen der sächsischen Schweiz erinnernd, befand sich zur Linken des Trocadero-Palastes. Ein merkwüdiges Beispiel einer solehen Anlage bot das von Barrois aus einem alten Steinbruch geschaffene Süsswasser-Aquarium, über welches man von einem durch ein Paar natürliche Felsentreppen erreichbaren Pavillon aus einen überaus interessanten Anblick hatte. Es stellte sich dem Blicke ein von einer Bodgnwelle herabkommender und sich hin- 282 Jahres - Bericht schlängelnder Bach dar, der einen kleinen Wasserfall bildete und die Felsen eines geschlängelten Thales in steile Klippen tief ausgewaschen hatte. Die Felsen öffneten sich unten in malerische Grotten, welche mit Wasser gefüllt und durch riesige Glaswände abgeschlossen, die 24 Bassins des Süsswasser-Aquariums darstellten. Jedes Bassin enthielt im Mittel 30 Kubikmeter Wasser, an einer Stelle befand man sich wie in einer Taucherglocke und hatte das Wasser nicht nur zu beiden Seiten, sondern auch über dem Haupte. Zu den Felsen verwenden die Pariser Gärtner theils den Sandstein von Fontainebleau, theils den Kalkstein, welcher den Grund bildet, auf dem Paris steht; derselbe ist weich, erhärtet an der Luft und wird durch Cement vortrefflich gebunden. Auf die Einzelheiten der Ausstellung jetzt einzugehen, dürfte mehr Zeit beanspruchen, als Sie mir zuzugestehen geneigt sein dürften; ich kann daher auch nicht über die Schätze der Gewächshäuser ausführlich sprechen, welche in grosser Zahl über die Ausstellungsräume vertheilt und sich zum Theil auch durch originelle und geschmackvolle Con- struction auszeichneten. Fast alle waren auf Wasserheizung eingerichtet und gegen die Sonne durch auswendig angebrachte grüne Holzjalousien geschützt; besonders hervorragend waren die Pflanzen von Linden, Chantin (Bromeliaceen) und durch künstlerisches Arrangement die von John Wills in London in einem von James Boyd in Paisley erbauten Gewächshause. Eben so wenig kann ich auf die Meisterleistungen des Baumschnittes, der Obst-, Rosen-, Coniferen-, Gemüseculturen von Leroy, Baltet, Vilmorin, Chatenay, Croux eingehen. Nur eine Abtheilung möchte ich heute noch kurz erwähnen. Es ist die von dem General-Commissar für Japan, Herrn Maöda Massana, eingerichtete Ferme japonaise. Diese Plantage im Kleinen bot ein sehr zierliches Bild. Ein hübscher Zaun aus kunstvoll geflochtenen und mit Sirofasern zusammengebundenen Glyeine, Dolychos, Soya (der neuerdings auch bei uns berühmt gewor- denen Soyabohne) und ähnlichen Schlingpflanzen umhegte das Ganze; durch ein schönes geschnitztes Thor trat man ein; Bambusengehölze, Beete mit Weizen, Mais, Reis und Tabak zeigten die Cultur des Landes. Besonders erregte die japanische Miniaturgartenkunst das Interesse der Besucher. Man konnte da in gewöhnlichen Blumentöpfen Cedern, Thuja, Podocarpus Nageia und macrophylla, verzweigte Cycadeen, Fruchtbäume mit Früchten (Diospyros Kaki), Apfelsinen-, Granat-, Pfirsich- und Mandel- bäume, :Eriobotrya, Theesträucher, Rhaphispalmen, eine edle Kastanie, gleichzeitig mit männlichen und weiblichen Blüthenkätzchen und Früchten, Camelien, Aucuba u. s. w. in wunderlich verkrüppelten, zwerghaften, aber offenbar sehr alten Exemplaren sehen; auch kleine schwimmende Inseln in Wasserkübeln fehlten nicht. Der grösste Theil der für die Ausstellung bestimmten Pflanzen war leider auf der langen Seereise zu Grunde gegangen. Auf welche Weise die japanischen Gärtner diese der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 283 Verkrüppelungen erzeugen, ist mir nicht bekannt. Allgemeine Bewun- derung erregten die Blumen, eine Campanula, Platycodon grandiflorum, die schönen Lilien und andere zum Theil bei uns noch wenig verbreitete Arten. Ueber die wissenschaftliche Bedeutung der Breslauer Aus- stellung im September 1878. Von H. R. Göppert. Zu der vom 13. bis 22. September währenden und von etwa 78,000 Personen besuchten Ausstellung schlesischer Garten-, Forst- und landwirthschaftlicher Producte hatten sich 302 Aussteller mit 880 Concurrenzen gemeldet, welche ausser 15 Ehrengeschenken 544 Prämien empfingen. Die Einzelheiten der Ausstellung haben die hiesigen Öffentlichen Blätter bereits geschildert, meine Betheiligung be- 208 sich auf eine wissenschaftlichere Gestaltung unseres Aus- stellungswesens überhaupt, welche ich näher motiviren will. Bis zu Anfang der fünfziger Jahre entsprachen die gärtnerischen Kataloge sehr wenig den wissenschaftlichen Anforderungen der Zeit, was aber die Gärtner viel weniger verschuldeten, als die Botaniker, die sich im ganzen sehr wenig um sie kümmerten, ein Fehler, der recht viel zu dem verminderten Interesse an dem beschreibenden Theil der Wissenschaft beigetragen hat, über welches sich die Gegenwart mit Recht so sehr beklagt. Als ich 1851, nach Uebernahme des Directorats des hiesigen botanischen Gartdns, diesen Verhältnissen näher trat, bedurfte es nur einfacher Aufforderung, um jenen Uebelstand zu beseitigen. Unmittelbar nach derselben erschienen 1852 Kataloge von Topf in Erfurt, Geitner in Planitz, Kunike in Wernigerode, C. H. Beisner u. Neubert in Württemberg, welche unter Benutzung der vorhandenen Hilfsmittel die einzelnen Arten mit Angabe der Autoren auf wissenschaftliche Weise bezeichneten und Abarten davon genau unterschieden. Die Angabe der Autoren erscheint um so nothwendiger, als nur zu oft ein und die- selbe Pflanze von den Autoren mit verschiedenen Namen bezeichnet ‚wird, von denen nur einer bleiben kann und die anderen der Synonymie anheimfallen. Allgemeine Nachfolge fanden diese Beispiele erst später, als in gärtnerischen Kreisen immer häufiger systematische Arbeiten und cor- rectere Kataloge veröffentlicht wurden. Vom Auslande ist dies fast ganz unbeachtet geblieben, was um so empfindlicher berührt, als wir von ihm, namentlich von Belgien und England, die meisten neuen Gewächse er- 284 Jahres - Bericht halten, und die Werke, auf welche sie sich dann zuweilen, nicht immer, beziehen, nicht allgemein verbreitet sind. Am wenigsten war bis auf die neueste Zeit das Requisit einer ausführlicheren wissenschaftlichen und belehrenden Etiquettirung der Ge- wächse auf den internationalen und sewöhnlicheren Aus- stellungen des In- und Auslandes zu finden. Man vermisste Angaben der Familie, des Autors, des Vaterlandes oder etwaiger ander- weitiger allgemein interessanter Eigenschaften, wie sie doch dem grös- seren Publikum nur wünschenswerth erscheinen konnten. Markt- pflanzen hatten meistens gar keine oder nur zu oft der Grammatik und der Wissenschaft ins Gesicht schlagende Namen, und doch werden diese Expositionen unter dem Schutze und Schirm von oft sehr berühm- ten Gesellschaften vermittelt. Bereits 1864 bei Gelegenheit der inter- nationalen Ausstellung in Amsterdam hatte ich auf die Nothwendigkeit solcher Einrichtungen hingewiesen. Niemand widersprach, doch fand meine Aufforderung keine Berücksichtigung noch Nachfolge in den Einrichtungen, welche ich inzwischen im botanischen Garten getroffen und wiederholentlich öffentlich besprochen hatte. Als nun auf Veranlassung des hiesigen Central-Gärtnervereins eine Ausstellung durch die der öffentlichen Anerkennung stets würdige Opferwilligkeit eines Mitgliedes desselben, Herrn Schott, zu Stande kam, schloss ich mich eingeladenermassen als Vorsitzender des Ehrencomites an, um jene Ideen hierbei zu verwirklichen und ihr ein den Forderungen der Zeit entsprechendes wissenschaftliches Gepräge zu verleihen, Zunächst wurden die Verzeichnisse der zur Ausstellung angemeldeten Gewächse revidirt, dann wohl an 1000 Etiquetten neu geschrieben, mit Angabe der Familie, des Autors, des Vaterlandes und etwaigen Gebrauches ver- sehen, und da nun auch Andere, insbesondere die Einsender fast aller bei uns im Freien ausdauernden Bäumen und Sträucher incl. der Obst- sorten, diesem Vorgehen folgten, eine Bezeichnungsweise zu Stande gebracht, wie sie bisher auf keiner Ausstellung zu finden gewesen ist und auch in botanischen Gärten kaum gesehen wird. Grössere auf eisernen Stäben befindliche Etiquetten (70) enthielten ferner Nachweisungen allgemeiner interessanter Verhältnisse einzelner Familien, Gattungen, sowie des Ursprunges der vielen Varietäten unserer Schmuckpflanzen (Rhododendra, Pelargonien, Fuchsien, Coleus u. s. w.). Andere betrafen pflanzengeographische Verhältnisse, insofern sie bei den vielen im ganzen Bereiche des Areals ausgestellten Einzel- gruppen ebenfalls in Betracht gezogen werden konnten. Mit derselben Genauigkeit und Sorgfalt waren auch die zahlreichen Obstsorten, unter denen auch Pisang- und Monstera-Früchte nicht fehlten, sowie die sehr zahlreichen und interessanten ökonomischen und a ur DZ „= EEE WER ELLE FA der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 285 anderen Sämereien, selbst die Gemüse bezeichnet. Die ganze Aus- stellung, in der fast alle neueren Einführungen auf das Glanz- vollste vertreten waren, lieferte ein sehr anschauliches Bild des gegen- wärtig blühenden Zustandes von Schlesiens Gärtnereien. Der botanische Garten war überall erweiternd und vervoll- ständigend, auch wohl selbständig, wie bei der Lieferung officineller Gewächse, eingetreten, hatte aber von vornherein auf jede Coneurrenz verzichtet, weil bei den grossen Vortheilen, die den königlichen Instituten sehon von vornherein durch staatliche Unterstützung zu Theil wurden, es nicht angemessen erscheine, die Privatindustrie auf diese Weise zu beeinträchtigen. Die forstliche Ausstellung unter der Leitung des Herrn Ober- _ forstmeisters Tramnitz als stellvertretender Vorsitzender des Ehren- comites und Herrn Forstmeister Guse, unterstützt von mehreren Be- sitzern grösserer Privatforsten, erschien in so grossen Dimensionen und in so belehrender, das allgemeinste Interesse hervorrufender Weise, wie sie wohl auf keiner ähnlichen Ausstellung Deutschlands überhaupt an- getroffen worden ist. | Ohne auf eine nähere Schilderung ihres Inhalts einzugehen, die ich hier überhaupt nicht beabsichtige, bemerke ich, dass auf den einzelnen, wälderbildenden, in kolossalen Exemplaren vorhandenen Bäumen (Eichen an 6 m Umfang und Nadelhölzer von 30—40 m Länge) verzeichnet waren: Alter, örtliche Lage, Bodenverhältnisse, selbst die felsige Unter- lage fehlte nicht. Aus unseren morphologischen Sammlungen waren zahlreiche Exemplare vorhanden, Inschriften, Ueberwallungen, Maser- bildungen u. s. w. Ein mächtiger Fichtenstamm, aus der Krummholz- region des Riesengebirges von 3600 Fuss Höhe, erschien von besonderem Interesse, wie die aus einzelnen in gleichen Dimensionen entnommenen pyramidenartig aufgestellten Querschnitte unserer einheimischen Baum- arten, die auf die anschaulichste Weise ihr Dieken- und Höhenwachs- thum darstellten. Meine Herren Collegen vom Forstverein werden sie in der morphologischen Partie des botanischen Gartens wieder- finden, die ja schon seit langer Zeit durch ihre Beiträge so vieles Inter- essante aufzuweisen hat. Wenn nun dieser Theil der Ausstellung uns recht augenscheinlich den reichen Gehalt unserer Wälder vor Augen führte, würden sie doch bei dem kolossalen Bedarf an Brennmaterial nicht lange mehr ausreichen, wenn nicht die Wälder der Urwelt, wie sie unsere Kohlenlager bergen, zu Hilfe kämen. Es lag daher wohl ganz nahe, unseren Blick auf sie zu lenken und eine Illustration der- selben zu versuchen. Ohne auf ihre Ablagerungen in allen Formationen einzugehen, wurden nur die Steinkohlen- und Braunkohlen-For- mation hervorgehoben, weil sie am mächtigsten in unserer Provinz vor- 236 Jahres - Bericht handen sind und einen unerschöpflichen Reichthum derselben ausmachen. In einem Hain von 80jährigen Weymouthskiefern ward die paläonto- logische Partie aufgestellt. Um ein 6 Fuss breites und 20 Fuss mäch- tiges, der Louisenglückgrube bei Myslowitz in Oberschlesien entnommenes Bruchstück eines Kohlenflötzes und einen 100 Centner schweren Arau- cariten-Stamm aus dem ganz und gar aus dergleichen zusammengesetzten Buchberge zu Buchau bei Neurode, dessen Herbeischaffung wir Herrn Schott verdanken, wurden die Haupt-Repräsentanten der Stein- kohlenflora an 15 Sigillarien nebst ihren Wurzeln, den Stigmarien, Lepi- dodendreen und Calamarienstämme von 1—4 Fuss Durchmesser an- einander gereiht und ihre Zweige und Blätter, wie auch Calamiten und Baumfarn auf Etageren neben Abbildungen, Situationsplänen ihres natür- lichen Vorkommens angebracht. Zahlreiche, oft mit 100 Wedeln ver- sehene, bis zu 10—12 Fuss hohe Baumfarn beschatteten im Verein mit Abietineen und Araucarien diese Ueberreste ihrer Verwandten aus längst- vergangenen Zeiten, welche in ihrer einstigen Gesammtvegetation ein beigegebenes Bild darzustellen gleichfalls bemüht war. Einen nicht ge- ringen Theil jener mächtigen Baumfarn verdankten wir der stets dankens- werthen Generosität unseres Freundes und Gönners, Baron v. Müller in Melbourne, der unablässig und mit so grossem Erfolge bemüht ist, Australiens so eigenthümliche Flora nach Europa zu verpflanzen. Neben jenem Araucaritenstamm (A. Rhodeannuus) war in einem sogenannten Salonmikroskop der Dünnschliff eines Querschnittes aufgestellt, um den wohlerhaltenen inneren Bau dieses anscheinend structurlosen Kolosses zu zeigen. Tausende und abermals Tausende benutzten dies Instrument, welches aber ebensowenig wie die zahlreichen lose herumliegenden, srösstentheils sehr kostbaren Petrefacten irgend eine Beschädigung erfuhr. Vertrauen erzeugt Vertrauen, Unsere Braunkohlen-Formation mittleren Alters, welche trotz grossartiger Niederlagen von Braunkohle neben der übermächtigen Stein- kohle nicht zu einer ihrer Bedeutung entsprechenden Benutzung gelangen kann, wurde repräsentirt durch 6—800jährige Querschnitte bituminösen Holzes (Cupressinoxylon Protalarix und C. ponderosum), sowie auch durch opalisirte Stämme, Blattabdrücke von Striese und Schossnitz, die von mir schon früher mehrfach beschrieben und abgebildet worden sind. Möge unsere Provinz aus dieser Ausstellung, der sie in ihren Vor- bereitungen ziemlich kühl entgegenkam, die wohlthuende Ueberzeugung gewonnen haben, dass sie auch in dieser Hinsicht das Ausland nicht scheuen, sondern, jedoch freilich nur mit grösserer Vereinigung der durch- aus nicht fehlenden Kräfte wohl daran denken darf, eine inter- nationale Ausstellung in nicht ferner Zeit zu veranlassen, deren Vortheile für unser Land einer Auseinandersetzung nicht bedarf. Unseres der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 287 Versuches, wissenschaftliche Erkenntniss mit der Praxis in innigere V.eerbindung zu bringen, damit man sieh nicht ferner auf blosse Bewunderung der Pflanzenwelt wie meist bisher beschränke, werde dabei auch nicht vergessen. Der Maulwurf und die Maulwurfsgrille (Warre). Von Öbergärtner J. Plosel in Falkenberg O/S. ——— Während meiner nun schon länger als 50jährigen Amtirung als Gärtner hatte ich Zeit, die verschiedensten Garten-Zeitschriften zu lesen. Immer aber waren für mich die in denselben enthaltenen Abhandlungen und Urtheile über den vermeintlichen Schaden oder über den Nutzen, welchen der Maulwurf in einem Garten verursache, von ganz besonderem Interesse. Vieles wurde früher zum Nachtheile dieses Thieres angeführt und ein wahrhafter Vertilgungskrieg gegen dasselbe unternommen. Allein später überzeugte man sich doch von den üblen Folgen dieser Aus- rottung, denn es vermehrte sich ein ganzes Heer von dem Gartenbau schädlichen Thieren in schreckenerregender Weise und unter denselben die Maulwurfsgrille,. auch Warre genannt. Endlich kam man dahinter und es kann nicht mehr geleugnet werden, dass der Maulwurf nur von animalischer Nahrung lebt. Hiermit war der überwiegende Nutzen dieses bis dahin verkannten Erdbewohners klargelegt und auch ich kann schon seit einer recht langen Reihe von Jahren mit vollem Recht behaupten, dass ich einzig und allein dem Maulwurf die Befreiung des hiesigen Gartens von einem höchst gefährlichen Feinde zu verdanken habe, welcher längere Jahre einen grossen Theil meines angewendeten Fleisses und Mühe erfolglos machte. Dieser meinen Culturen so äusserst schäd- liche Feind war eben die obengenannte Maulwurfsgrille. Wer diese Plage je in seinem Garten gehabt hat oder noch davon heimgesucht ist, nur der allein vermag den bedeutenden Schaden zu beurtheilen, welchen dieses an und für sich schon hässliche Inseet anzurichten vermag. Als im Jahre 1840 ich in meine gegenwärtige Stellung eintrat, machte ich sehr bald die traurige Wahrnehmung, dass der Boden des hiesigen Gartens von vielen Tausenden dieser so schädlichen Thiere bevölkert war, welche sich bei den ihnen günstigen Bodenverhältnissen in noch schrecklicherer Weise zu vermehren drohten. Ganz besonders lästig für mich war diese Plage in den Frühbeeten, wo ich oft bei dem Herausnehmen des abgenützten Düngers in einem vierfenstrigen Beet 288 Jahres - Bericht 70—80 ausgewachsene Maulwurfsgrillen vorfand, ungerechnet diejenigen, welche tiefer, unterhalb der Düngerlage, sich bereits den Ort zu ihrem winterlichen Leben ausgewählt hatten. Um nun diesen so gefährlichen Feind los zu werden, wurden in die bebauten Beete tiefe Töpfe mit ihrem Rande bis etwa 4 cm unter die Oberfläche des Bodens eingegraben, über denselben dessen Rand fest angedrückt, feucht gehalten und die Oeffnung über den Töpfen mit grossen Blättern oder dergleichen bedeckt, um die Thiere in denselben zu fangen, es wurden die Nester, in denen sich 400—500 Eier oder auch schon Junge befanden, aufgesucht, in die Gänge Wasser mit Oel gegossen, um dies Ungeziefer zu ersticken, allein alle diese Mittel und viele andere führten nicht zu einem erwünschten Erfolg. In dem Garten aber fehlten die Maulwürfe, welche früher schonungs- los ausgerottet worden waren, und das hatte sicherlich zu der so unge- heuerlichen Vermehrung der Maulwurfsgrille beigetragen; deshalb ent- schloss ich mich, die Mauiwürfe, welche immer da zuerst sich zeigten, wo die Warren am meisten vorhanden waren, zu schonen, ja sogar lebende Maulwürfe daselbst auszusetzen. Schon nach wenigen Jahren konnte ich wahrnehmen, dass die Maulwurfsgrille mehr und mehr ver- schwand und heute ist es eine grosse Seltenheit, wenn eines dieser Thiere sich im Laufe des Sommers bemerkbar macht oder beim Um- graben gefunden wird. Dass ich die Ausrottung der Warre hauptsächlich dem Maulwurf zu verdanken habe, darüber waltet bei mir eben so wenig Zweifel ob, als wie auch darüber, dass durch denselben der Garten fast vollkommen frei von Engerlingen wurde. Eine allzu bedeutende Anzahl von Maulwürfen in irgend einer Gegend des Gartens konnte ich trotz aller ihnen zu Theil werdenden Schonung nicht bemerken, denn diese Thiere bleiben nur so lange auf einer Stelle, als sie genügende Nahrung. finden, bei Mangel derselben werden sie von selbst den Ort verlassen. Da jedoch der Maulwurf sich zuweilen auch da einfindet, wo er durch sein Unterwühlen und Auf- stossen des Bodens Schaden an Pflanzen anrichten könnte, so empfehle ich für solche Fälle, dass man in seine Gänge einige mit Petroleum ge- tränkte Lappen giebt, er wird dann diese Gänge sicherlich meiden und an anderer Stelle sich wieder nutzbar machen. ' Es würde mich freuen, wenn diese Zeilen bei denjenigen Lesern Glauben finden und sie zur Nachachtung bewegen möchten, welche die Nützlichkeit des Maulwurfs immer noch nicht anerkennen wollen. NE ee ee u — “ der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 2389 Gegen das Umfallen junger, aus Samen gezogener Pflanzen. Von Obergärtner J. Plosel in Falkenberg O/S. So mancher meiner Herren Collegen und Gartenfreunde hat gewiss schon die sehr unangenehme Erfahrung gemacht, dass oft für theueres Geld gemachte Aussaaten nach ihrem Aufgehen, trotzdem die jungen Pflänzehen in ihren oberen Theilen vollkommen gesund und kräftig aus- sahen, doch bald umfielen und zu Grunde gingen. Die Ursache hierzu war der sogenannte Brand oder die Stammfäule, ein Uebel, welches bei den jungen Sämlingen kohlartiger Gemüse besonders häufig, aber auch _ bei Blumenpflanzen-Sämlingen, z. B. bei Levkojen, Nelken, Phlox u. s. w. vorkommt. Stellte sich ein solehes Umfallen der jungen Pflänzchen ein, so war die erste Veranlassung dazu sicher nur der Fehler, dass die Aus- saat in allzukräftige, d. h. solehe Erde gemacht wurde, welche noch eine Menge nicht vollständig zersetzter Düngerbestandtheile enthielt, der andere aber, dass die noch zarten Sämlinge allzugrosse Wärme und zu viele Feuchtigkeit erhielten, durch welches Zusammentreffen ihnen un- günstiger Umstände dieselben von der oben bezeichneten Krankheit be- fallen wurden. Um nun diesen Uebelstand nicht erst zur Erscheinung kommen zu lassen, wende ich schon seit einer Reihe von Jahren nachstehendes Ver- fahren an, das, wenn auch Vielen bereits bekannt, dennoch wohl Mehreren, welehe von meiner Anweisung Gebrauch machen, befriedigende Erfolge bieten wird. Schon im vorangehenden Herbst lasse ich die Erde, welche die Maulwürfe um diese Zeit in grösseren Haufen aufstossen, sammeln und bis zum folgenden Frühjahr, zur Zeit der Aussaaten, trocken aufbe- wahren. Der zur Aussaat bestimmte Kasten wird, nachdem die gewöhn- liche Mistbeeterde sich darin erwärmt hat, 1—1'), em hoch mit jener Maulwurfshaufenerde überdeckt, der Samen möglichst ünn darauf gesäet und sodann mit der gleichen Erde je nach Verhältniss bedeckt. Diese aus beträchtlicher Tiefe heraufgebrachte Erde enthält fast gar keine unzersetzten Düngertheile und wird hierdurch eine Schimmelbildung auf ihrer Oberfläche verhindert. Selbstverständlich hat man beim Aufgehen der der Stammfäule leichter unterworfenen Pflanzen dafür zu sorgen, dass dieselben möglichst bald durch fleissiges Lüften der Fenster abgehärtet werden, aber auch für angemessen entfernte Stellung der einzelnen Pflänzchen von einander, damit während wenigstens einiger Tagesstunden die Oberfläche des Bodens etwas abtrockene; ebenso sei man mit dem Begiessen nicht zu rasch bei 19 [} 290 Jahres - Bericht der Hand, wird ein solches für nöthig befunden, so geschehe es des Morgens, damit die auf die jungen Pflanzen gebrachte Feuchtigkeit bis zum Abend verdunsten kann. Bei diesem Verfahren habe ich die Freude, nie über Verluste durch die Stammfäule klagen zu dürfen und bin überzeugt, dass ein Jeder bei dessen Anwendung gleiche Erfahrung machen wird. Insectenpulver gegen Blattläuse. Von Kunstgärtner W. Kühnau in Damsdorf. Seitdem das Pyrethrum roseum in so grosser Menge angebaut wird, dass das aus demselben bereitete Inseetenpulver zu so billigem Preise in den Handel gebracht wird, wie dies jetzt der Fall ist, haben wir in demselben ein so einfaches, bequemes, sicheres und reinliches Mittel zur Vertilgung der Blattläuse, wie wir es nur wünschen können; zunächst freilich nur der beweglichen. Unter dieser Bezeichnung, „bewegliche“, will ich hier die so vielgestaltigen, artenreichen Gattungen derjenigen Blattläuse verstehen, welche an den Pflanzen auf- und absteigend ihr Leben fristen, im Gegensatz zu den sesshaften Schildläusen, welehe durch einen im Verhältniss festen Schild sich gegen verderbliche Einflüsse des Wetters oder mechanische Schädlichkeiten schützen, und deren Ver- tilgung aus diesem Grunde und weil sie zunächst die Unterseite der Blätter zum Wohnsitz wählen und erst nach stärkerer Vermehrung deren Oberseite und die Stengel heimsuchen, ungleich schwieriger ist, als die der beweglichen. Immerhin sind aber die letzteren so schlimme Feinde, dass wir sehr viel gewonnen haben, wenn wir uns ihrer erwehren. Das Inseetenpulver, welches bekanntlich seinen Namen deshalb führt, weil es allen Inseeten äusserst zuwider ist, während es uns, den Inseeten gegenüber freilich "riesig starknervigen Menschen, einen nicht unange- nehmen schwach aromatischen Geruch zu haben scheint, wird trocken auf die angegriffenen Pflanzentheile aufgestreut und vertreibt die Blatt- läuse vollständig und von Grund aus, nämlich sammt ihrer Brut. Nur muss man nicht das Unmögliche verlangen, dass nämlich schon nach einigen Stunden die Pflanzen ganz davon befreit sein sollen. Die Blatt- läuse sind bekanntlich sehr träge und zählebige Thiere und behalten diese charakteristischen Eigenschaften auch in der Krankheit und im Tode. Obgleich ihnen das Inseetenpulver ihren Wohnsitz gänzlich ver- leidet, können sie doch bei ihrem phlegmatischen Temperamente sich nicht zu einer plötzlichen Flucht bequemen, geben höchstens ihre un- “ ER der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 391 angenehmen Empfindungen durch Wackeln mit den Fühlern oder Heben der Beine zu erkennen. Erst nachdem sie längere Zeit in der schlimmen Atmosphäre verweilt haben, steigen sie langsam herab oder lassen sich aufs Gerathewohl herabfallen. An den tiefer gelegenen Pflanzentheilen können sie aber nicht leben, weil nur die mit zarterer Oberhaut be- kleideten Spitzen der Pflanzen das Eindringen ihres Rüssels bis zur Saft- schicht ermöglichen. Die kräftigeren Individuen erholen sich allmählich, wenn sie an Stellen gerathen sind, wo kein Insectenpulver hingefallen ist, und kriechen wieder nach oben. Auf dieser Wanderung sterben dennoch die meisten von ihnen und nur der überlebende geringe Rest würde an den erreichten Spitzen sein Parasitenleben fortsetzen, wenn das leidige Pulver nicht da wäre. Nur dann giebt es noch eine Rettung für sie, wenn noch Spitzen vorhanden sind, auf welche kein Insecten- pulver gefallen ist. Wird das Bestreuen deshalb noch einige Zeit wieder- holt, so werden den Blattläusen die letzten Schlupfwinkel entzogen und dieselben vollständig vertilgt. Aber auch nach einer anderen Seite hin muss man nicht das Un- mögliche verlangen. Wenn die Blattläuse schon eine längere Zeit auf den weichen Spitzen einer Pflanze verweilt und dieselben an vielen Stellen ihrer Oberhaut beraubt haben, so dass der Saftumlauf unter- brochen ist, welken natürlich die Spitzen und sterben langsam ab. Diesen ganz mechanischen Vorgang kann auch das aufgestreute Insecten- pulver nicht mehr verhindern. Man hüte sich also vor der trügerischen Logik des Schlusses: post hoe ergo propter hoc, und mache nicht das Insecetenpulver für das verantwortlich, was die Blattläuse bereits ver- schuldet hatten. Der erwähnte Umstand kommt am häufigsten bei Gurken und Melonen vor, wo die Spitzen noch leidlich gesund zu sein scheinen, während sie ihrer durchlöcherten Oberhaut wegen dem sicheren Verderben entgegengehen. Auch Cinerarien, Calceolarien, Rosen, Ver- benen zeigen ähnliche Erscheinungen. Das Insectenpulver kann nur die Feinde tödten, aber die Verwüstungen, welche dieselben angerichtet haben, kann es nicht wieder gut machen. Deshalb sei man vorsichtig und wende das Pulver rechtzeitig an, sobald man die ersten Spuren der Blattläuse bemerkt. Es kommen aber auch Fälle vor, wo das Inseetenpulver seine Wir- kung gänzlich versagt, wo die Blattläuse trotz desselben höchst un- genirt und ungestört sitzen bleiben. In solchen Fällen taugt das Insecten- pulver nichts, ist mehr als ein Jahr alt, oder hat durch Nässe oder zu grosse Hitze seine speeifischen Eigenschaften verloren, oder ist durch Vermischen mit der verwandten Kamillenblüthe verfälscht. Es ist übri- gens jedem Gärtner oder Gartenbesitzer leicht möglich, sich immer frisches und sicher wirkendes Inseetenpulver dadurch zu verschaffen, dass er das bekanntlich bei uns im Freien aushaltende Pyrethrum roseum an- 19* 2392 Jahres - Bericht pflanzt, dessen getrocknete und pulverisirte Blüthen das richtige Pulver liefern. Die Erfahrung lehrt, dass je dunkler rosa die Strahlblüthen sind, desto stärker das Pulver wirkt. Zwar wird das Inseetenpulver schon von manchem Gärtner gegen Blattläuse angewendet, aber seine Verwendung zu diesem Zweck ist noch lange nicht so bekannt, wie es zu wünschen ist. Ich bringe es daher hier öffentlich zur Sprache. Noch heute quälen sich Viele mit theils unbequemen, theils ekelhaften, theueren und zeitraubenden Mitteln von zweifelhaftem Erfolge, um etwas zu erreichen, was sie viel be- quemer und einfacher haben könnten. Wie ich Erdbeeren und Spargel cultivire. Von Obergärtner Z. Zahradnik in Kaminietz. Die mir für den Gemüsebau zugewiesene Gartenfläche ist eine für die hiesigen Verhältnisse nur sehr mässig grosse, muss auch wegen der bedeutenden Consumtion von Spargel in ziemlicher Ausdehnung zur Cultur desselben benutzt werden und bin ich deshalb genöthigt, die Erdbeeren in dem zumeist schattenreichen Obstgarten zu eultiviren. Nach viel- fachen, meinen Anforderungen an Ertrag, Grösse und Güte der Früchte aber niemals vollständig entsprochen gehabten Versuchen, lege ich jetzt seit einigen Jahren meine Erdbeerbeete an und behandele sie in nach- stehend beschriebener Weise mit dem erwünschtesten Erfolge. Nachdem im Frühjahr das für die Erdbeeren bestimmte Land, welches vorher gewöhnlich zum Anbau von Kartoffeln oder Erbsen be- nutzt war, gut umgegraben und gedüngt ist, theile ich dasselbe in 1,25 m breite Beete und bringe in deren Mitte nur eine Reihe kräftige, vorher schon einzeln herangezogene Erdbeerpflanzen in einer Entfernung von 30 cm von einander. Während des ersten und vielleicht auch des zweiten Jahres werden die Ränder der Beete mit Salat, Lauch, Steckzwiebeln, Schalotten u. s. w. bebaut, in die Furchen aber Oberkohlrabi, rothe Rüben u. dergl., jedoch in weiterer Entfernung der einzelnen Pflanzen von einander, gepflanzt. Diese Art der Erdbeerpflanzung gewährt bei einigem Nebenertrage zunächst den Vortheil, dass die besitzenden ver- schiedenen Erdbeersorten nicht so leicht durcheinander laufen, das Sor- timent daher besser rein zu erhalten ist. Werden dann die Beete gegen den Winter mit altem Frühbeetdünger bedeckt und während desselben mit Gülle begossen, während des Sommers aber von Unkraut rein ge- halten, nieht zu trocken gelassen, überhaupt gut gepflegt, so erhält man der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 293 ein Prachtquartier mit Erdbeeren, welches 2—3 Jahre lang eine vor- züglich reiche Ernte grosser Früchte liefert. Das Ueberdecken mit Dünger zum Winter und Giessen mit Gülle muss allerdings jährlich ge- schehen. Selbstverständlich hat die Anlage so zu geschehen, dass alle Jahre ein Quartier oder eins oder mehrere Beete cassirt und dafür ein neues Quartier oder Beet angelegt wird. Oft bereitet die Sortenauswahl Verlegenheit; man thut daher wohl, mehrere bereits als gut erprobte Sorten und zwar solche zu wählen, welche nicht gleichzeitig reifen und unter diesen sodann die Auswahl zu weiterer Fortpflanzung zu treffen. Auf diese Weise wird man zu einem vortrefflichen, allen Ansprüchen senügenden Sortiment gelangen. Sowohl zum Treiben wie zum Ein- lesen eultivire ich die „Prinz Albert‘‘-Erdbeere, welche zu beiden Ver- wendungen von mir als die beste und brauchbarste befunden worden ist. Wie ich bereits weiter oben angeführt habe, ist hier auch der Be- darf von Spargel ein nicht unbedeutender, wesshalb ich auch der Cultur dieser Pflanze volle Aufmerksamkeit zuwenden muss. Ist nun zwar schon sehr viel, auch von Autoritäten, über Spargelcultur geschrieben worden, so will ich es doch in Anbetracht dessen, dass es vielleicht einigen jüngeren Collegen nützlich werden möchte, wagen, hier davon zu sprechen, in welcher einfachen Weise ich die Spargelfelder anlege und behandle, nachdem ich vorher auch damit Versuche gemacht hatte, welche mich nicht befriedigten. Der Untergrund des hiesigen Gemüsegartens ist ein schlechter, kalter; dennoch liess ich auf ca. 1'/, m breiten Beeten 50 cm tiefe und ca. 60 em breite Gräben ausheben, aus denen der obere bessere Boden in die Zwischenräume der dadurch entstehenden Dämme geworfen, der schlechte untere Boden aber fortgekarrt wurde, hierauf wurden die Gräben bis etwa zur Hälfte ihrer Tiefe mit zerhacktem Reisig, Stallmist und anderen Abfällen aus- und dann mit dem besseren Boden bis auf ca. 40 em zugefüllt. Ueber Winter hatte sich diese Füllung genügend gesetzt und im Frühjahr, nachdem die Bestellung des übrigen Theiles des Gemüsegartens fast beendet war, erfolgte das Legen der Spargel- pflanzen, und zwar in die Mitte der Gräben nur je eine Reihe in 60 em Pflanzweite und wurden die Pflanzen 10 cm hoch in Hügelform mit der suten Erde bedeckt. (Hierbei bemerke ich, dass ich am liebsten zwei- jährige, schon einmal verpflanzte und dadurch sehr kräftig gewordene Spargelpflanzen nehme.) Als nun im August der Spargel lebhafter zu treiben begann, wurden die Pflanzgräben mit guter Erde vollständig aus- gefüllt und im Beginn des folgenden Winters mit altem Mistbeetdünger überdeckt. Im nächsten Jahre, nachdem die Pflanzen schon stark ausgetrieben hatten, liess ich abermals dieselben mit niederen Erdhügeln umgeben, sodann die nebengelegene Erde der Beete ebnen, sie mit Salat bepflanzen 294 Jahres - Bericht und nachdem dieser abgeerntet war, erhielten die Spargelpflanzen etwas Kalisalz, es wurde wieder etwas mehr Erde an sie herangezogen und für den Winter abermals eine mässige Decke alten Düngers, später aber auch zuweilen noch ein Guss von Gülle oder verdünntem Cloakendünger gegeben. Im Frühjahr des dritten Jahres brachten die Spargeln so starke Pfeifen, dass schon ein Weniges gestochen werden konnte. War dies geschehen, so wurde von beiden Furchenseiten aus der Boden um die Pflanzen etwas erhöht, die Beete gut umgegraben, planirt, an den Rän- dern mit etwas Salat bepflanzt, während des Sommers von Unkraut rein- gehalten und um die jungen Spargelpflanzen öfter durch Behacken gelockert. Sind im Herbst die Spargelstengel abgeschnitten, so wird etwas Erde von den Pflanzen abgezogen, dafür Dünger aufgebracht, im Winter das Güllen wiederholt, zum Frühjahr die Beete aber wieder mit Erde aus den Furchen beschüttet und geebnet. In gleicher Weise wird alljährlich fortgefahren. - Nach dem hier angegebenen Verfahren habe ich von den Beeten, welche ich vor 9 Jahren anlegte, prachtvolle Ernten des stärksten und zartesten Spargels erzielt und haben sich die Pflanzen bereits über die ganzen Beete ausgebreitet. Bemerken will ich noch, dass bei der Be- schaffenheit des hiesigen Bodens, dessen Durcharbeitung mit Düngekalk sehr günstige Wirkung zeigt, auch dass der bei Anlage der Beete weg- sekarrte schlechte Boden, wenn er mit Dünger, Gartenabfällen und Kalk zu Compost bereitet, öfter umgestochen und mit Gülle begossen wurde, sanz vortrefflich zum Aufhöhen der Spargelanlage in den späteren Jahren geeignet ist. Will man aussergewöhnlich starke und lange Spargeln er- zielen, so wähle man die stärksten der hervorbrechenden Spargelköpfe aus, stülpe über dieselben etwa 1'),zöllige Drainröhren, deren obere Oeffnung zu verstopfen ist, und man wird Spargel stechen können, von denen 4—6 Stück ein Pfund wiegen, welche aber dennoch ihre Farbe und Zartheit beibehielten. Die Bepflanzung der Landstrassen mit Obstbäumen. Von Lehrer Hiller in Brieg. Zweifellos giebt es kein besseres Mittel zur Förderung der Obst- eultur, als die Bepflanzung der Landstrassen mit Obstbäumen. Diese Pflanzungen sind gleichsam permanente Ausstellungen der Leistungen, welche eine Gegend auf diesem Gebiete aufzuweisen hat. TE der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 2395 Wer nun die Provinz Schlesien bereist und Gelegenheit genommen hat, die Obstpflanzungen an den Strassen etwas näher zu betrachten, der wird mit dem Schreiber dieses übereinstimmen, dass es damit sehr traurig bestellt ist. Einige Kirschpflanzungen ausgenommen, dürfte es kaum eine Strasse geben, welche gesunde, kräftige, gut behandelte und somit ertragfähige Obstbäume aufzuweisen hat. Und wie es auf den Strassen aussieht, so sieht es regelmässig auch in den Gärten der um- liegenden Ortschaften aus. Richtig ist es, dass die klimatischen Verhältnisse Schlesiens dem Obstbau öfter weniger günstig sind, als die anderer Provinzen, aber dennoch lange nicht so ungünstig, dass der Obstbau in der bestehenden Weise vernachlässigt werden dürfte. Immerhin wird ein Obstbaum am richtigen Platze und bei gehöriger Pflege den ihm gewährten Raum und die auf ihn verwendete Mühe reichlich verzinsen. Abgesehen da- von, dass in sehr vielen Fällen die ganz und gar nicht für den betreffen- den Boden sich eignende Obstgattung gepflanzt wird, so liegt der Miss- erfolg und geringe Ertrag der Obstpflanzungen an Strassen zunächst in der Art und Weise, wie diese Pflanzungen ausgeführt werden. Nirgends ist und wird noch fort und fort mehr gesündigt, als bei den Anpflanzungen an Strassen. Es ist hier nicht die Rede von Pflanzungen durch Private oder Gemeinden, denn diese pflanzen meistens nur, damit überhaupt Bäume dastehen. Kommen also ja einmal Obstbäume statt Weiden oder Pappeln daran, so ist man gewiss auf irgend welche billige Weise dazu gelangt, und stehen sie erst, so ist von Wartung und Pflege so wenig die Rede, wie vorher davon, ob die richtige Obstart für den Boden und Standort gewählt worden ist. Zur höchsten Noth werden die exponirtesten Raupennester heruntergebrochen (nicht geschnitten) und nebenbei liegen gelassen, damit die Raupen den Aerger haben, erst wieder auf den Baum klettern zu müssen; an ein Ausästen der Bäume und sonstige Pflege derselben wird gar nicht gedacht. Wenn die Qualität der Bäume und deren Standort auf den Staatsstrassen etwas grössere Berücksichti- gung finden (genügend auch noch lange nicht), so steht es im Ganzen kaum viel besser. Sollen darum die Strassenpflanzungen endlich werden, was sie sein sollen und sein könnten, so wird mit dem bisherigen Verfahren gänzlich gebrochen werden und die massgebenden Factoren eine andere, das ist grössere Berücksichtigung finden müssen. Diese Factoren sind: a. der Obstbaum, b. der Pächter. 1) Den Baum anlangend, so genügt ein oberflächlicher Blick auf die Strassen-Obstbäume, dass bei deren Anpflanzung nicht im entferntesten irgend welches Princip obwaltete. Schon als ein grosser Fortschritt er- scheint es, wenn nicht die verschiedensten Obstgattungen in bunter Reihe durcheinander stehen, sondern nur eine derselben verwendet worden ist. Aber regelmässig bleibt die Hauptsache zu wünschen übrig, nämlich die 296 Jahres - Bericht richtige Auswahl der geeigneten Obstsorten. Es ist gar nicht nöthig, dass wir die Bäume zur Zeit des Fruchttragens sehen, schon der noch blätterlose Baum zeigt durch seinen Wuchs, welche bunt zusammen- sewürfelte Gesellschaft da zusammengepflanzt worden ist. Da steht neben der pyramidal wachsenden Reinette der breitkronige Calvil; daneben wohl der hängende Rambur, und nicht selten gar der zur Eichengrösse strebende Stettiner. Unfraglich kann ein und derselbe Boden und Lage aber nicht allen Sorten gleich zusagen, vielleicht nur sehr wenigen, und so steht denn der grösste Theil der Bäume Jahr aus, Jahr ein frucht- und somit ertraglos. Hieraus ergiebt sich als erste Rücksicht, welche bei Obstbaumpflanzungen an Strassen zu nehmen ist, die, nur solehe Sorten zu pflanzen, welche dem vorhandenen Boden und Lage entsprechen. Die deshalb erforderlichen Ermittelungen sind zwar nicht gerade leicht, aber unerlässlich, und doch auch nicht so schwierig, dass man darum von denselben absehen dürfte. Einen guten Anhalt geben schon die Bäume bereits bepflanzter Strassen selbst, anderer- seits sind die Beobachtungen und Angaben des Deutschen Pomologen- Vereins und in erster Linie „Oberdieck’s“ fast ausreichend, auch dürften heute wohl die meisten rationellen Obstbaumzüchter in der Lage sein, ein Urtheil über die passenden Obstsorten in Bezug auf Boden und Lage zu geben. Damit ist indessen noch nicht völlig genügt, bei Bepflanzung der Strassen ist auch der Wuchs der Bäume zu berück- sichtigen. Liegt es schon im Interesse der Strassenerhaltung, dass Bäume mit breit wachsenden Kronen oder hängenden Aesten nicht an Strassen gepflanzt werden, weil solche dieselben verengen und deren Trockenwerden verhindern, so liegt es noch vielmehr im Interesse des Baumes, dass solche wie erwähnt wachsende Obstbäume an Strassen nicht gepflanzt werden. Jeder gedeckte Wagen schädigt die Rinde der Zweige, wodurch schliesslich der Brand herbeigeführt wird, und jeder auf Heu- oder Erntewagen Sitzende, selbst Fussgänger, werden verlockt, Früchte herunterzureissen. Wie die Bäume hierbei wegkommen, bedarf keiner Beschreibung und ist bei allen derartigen Obstbäumen an Strassen ersichtlich. Ferner wäre es wünschenswerth, auch das Aussehen der Früchte zu berücksichtigen und möglichst nicht solche Bäume zu wählen, deren Früchte durch äusseres schönes Ansehen hervorstechen. Hierauf wird jedoch kein zu grosses Gewicht gelegt werden dürfen, wenn, wie weiterhin erörtert werden soll, das Interesse des Pächters an der Sub- stanz des Baumes erhöht wird. Nachdem hiermit die Rücksichten, welche auf den Baum selbst zu nehmen, besprochen worden sind, dürfte es nöthig sein, die Art und Weise des Pflanzens näher zu be- trachten. Alle Obstbäume werden bislang möglichst nahe an die auf das steilste gemachte Böschung des Strassengrabenrandes gepflanzt. Unter € ie > _ ZEN Zn ZI 0 Zu 0 un au der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 397 dem Strassenkörper findet die Baumwurzel aber wenig Nahrung und noch weniger genügende Feuchtigkeit. Nach der Böschung hin kamn sich die Wurzel nicht verbreiten, denn sie ist rasch an deren Rande an- gekommen und dieser trocknet auch und zwar oft genug bis zur völligen Dürre aus. Nun sind zwar die gewöhnlichen Landstrassen allerdings zumeist so schmal, dass die Bäume kaum anders zu stehen kommen können, allein bei der Breite der Chausseen wäre ein von den Graben- böschungen entfernteres Pflanzen sehr wohl ausführbar. Vielleicht könnten die Baumreihen auf die Grenzen der Fahr- und Fusswege zu stehen kommen. Die Folge der gegenwärtigen Pflanzung unmittelbar an der Böschung ist die, dass der Baum an zu grosser Trockenheit leidet, dass die Wur- zeln gezwungen sind, bald an der Böschung zu Tage zu treten und da- dureh zur Bildung von Wurzeltrieben und Ausläufern gezwungen werden. Was das zu sagen hat, wird jeder halbweg kundige Baumzüchter wissen. Gesundheit und Fruchtbarkeit des Obstbaumes sind damit zu Ende. Einige Hilfe wäre durch Anschüttung des von der Strasse entfernten Kothes zu bringen, auch würde damit den Bäumen noch etwas Dünger zugeführt; immerhin ist sichere Besserung aber nur durch tieferes Hinein- pflanzen in den Strassenkörper zu erreichen. Unter einem halben Meter vom Stamm bis zum Strassenrande sollte kein Baum gepflanzt werden. Vor allen Dingen werden nur rationell gezogene Obstbäume einen guten Erfolg sichern, nicht aber an Pfähle gebundene, ungeschulte, ruthen- ähnliche Stämmchen. Bevor diese allein stehen lernen, ist der Brand schon eingerieben und der kranke Krüppel fertig. Ebenso nöthig ist es, dass die Pflanzgrube weit und tief genug aus- geschachtet und der Pflänzling in frische, humusreiche Erde gesetzt wird, wenn der Pfahl, an welchen er anfangs nur lose zu befestigen ist, schon vorher eingeschlagen wurde. Die neuen Bäume stets wieder auf den Platz der abgestorbenen zu pflanzen, ist unbedingt verwerflich; der junge Baum wird bald die Krankheit des alten aufweisen. Zur Vermeidung dessen werden die Bäume in grösserer Entfernung von einander als bis- her zu pflanzen sein; haben dann die Bäume der alten Pflanzung das durchschnittliche Lebensalter erreicht, dann werden die neuen Stämmchen in die Zwischenräume der alten Reihe gepflanzt. Ist die neue Baumreihe alsdann schon herangewachsen, so wird die alte Reihe entfernt und möglichst wenig spröde dabei verfahren, wenn etwa mancher alte Baum noch brauchbar erscheint. Die Aufzählung der zu pflanzenden Sorten erübrigt sich, denn die angeführten Bedingungen ergeben diese von selbst. Einen recht guten Anhalt ergeben, wie schon erwähnt, auch vorhandene alte Obstpflanzungen an Strassen. 2) Die Benutzung der in Rede stehenden Obstanlagen bezüglich der Früchte geschieht fast nie vom Eigenthümer; an Staatsstrassen un- 298 Jahres - Bericht bedingt niemals, sondern stets von Pächtern. Es kann somit keinem Zweifel unterliegen, dass der Eigenthümer materiell desto besser gestellt sein wird, jemehr der Pächter an der Erhaltung und dem Ertrage der Obstbäume interessirt ist und je leichter und bequemer ihm die Be- nutzung gemacht wird. Soll der Pächter aber solches Interesse haben, so muss zunächst auch mit der bisherigen Verpachtungsweise gebrochen werden, die Nutzung auf ein Jahr zu beschränken. Wenn der Privat- mann so verfährt, so ist das etwas durchaus anderes; dieser kann in den meisten Fällen jeder Zeit den Pächter controliren und die Bäume vor schädlicher Behandlung durch denselben schützen; die Commune kann dies schon weniger, der Staat aber gar nicht. Diese beiden, vornehmlich aber letzterer, werden sich nur dadurch vor rücksichtsloser, verderblicher Behandlung der Strassenobstpflanzungen sichern, wenn der Pächter selbst Ursache hat, die Bäume zu schonen. Und dies kann nur geschehen, wenn die Verpachtung auf längere Zeiträume erfolgt und solche Pächter bevorzugt werden, welche die gepachteten Strecken besonders gut pflegen. Aber es ist auch, wie schon angedeutet wurde, nöthig, dem Pächter die Benutzung der gepachteten Strecken möglichst bequem und dadurch zu- gleich einträglicher zu machen. Bei der Eingangs erwähnten Durchein- anderpflanzung aller Sorten der zu verschiedenen Zeiten reifenden Obst- gattung ist der Pächter genöthigt, die Bewachung mit dem Eintritt der Zeitigung der frühest reifenden Sorte zu beginnen und sie bis zur Einbringung der spätesten Sorte fortzusetzen. Dabei ist der Pächter zuletzt trotzdem ausser Stande, diese genügend durchzuführen, denn die gleichzeitig reifenden Sorten liegen meistens so weit von einander, dass eine ausreichende Bewachung mit dem Obstwerthe in keinem Verhältniss stände. Hieraus ergiebt sich von selbst, dass der Pachtwerth ein desto ge- ringerer sein muss, je reichlicher die Sorten untereinander gepflanzt wurden und je mehr Zeit und Bewachungspersonal der Pächter deshalb zu verwenden gezwungen ist. Die erste Aufgabe wird es also sein müssen, diesen Uebelstand zu beseitigen, und er ist auch leicht dadurch zu ver- meiden, dass längere Strecken nur mit gleichzeitig reifenden Obstsorten bepflanzt werden.') Ausser Ersparung an eigener Zeit und Bewachungskosten erwächst dem Pächter nun noch der Vor- theil einer besseren Verwerthung des gewonnenen Obstes, wenn er grössere Mengen der gleichen Sorte liefern kann. Dies wären im Grossen und Ganzen die Bedingungen, welche zu erfüllen sind, wenn die Strassenobstpflanzungen zum Obstbau aufmuntern ') Nach Mittheilung des Herrn Stadtrath Müller ist mit dieser Bepflanzungs- weise anderwärts schon vor längerer Zeit begonnen worden, in Schlesien ist sie dem Einsender noch nicht vorgekommen. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 399 und zu lohnenden Erträgen gelangen sollen. Ausserdem entspricht die vorgedachte Pflanzungsweise, in Betreff der Sorten, auch dem Schön- heitssinn, denn ein oberflächlicher Blick genügt, wie unschön Obstalleen aussehen, in welchen der verschiedenartigste Wuchs der Bäume zu Tage tritt. | Mit solcher Pflanzung würde nun nicht zu warten sein, bis die Bäume der vorhandenen Strassenpflanzungen abgestorben sind, sondern die Neupflanzung hätte sofort zu beginnen, indem die neuen Bäume in die Zwischenräume der vorhandenen Reihen gepflanzt werden. Die Be- schaffung grösserer Mengen von Obstbäumen gleicher, resp. gleichzeitig reifender Sorten wird keinen allzugrossen Schwierigkeiten unterliegen, wenn den Baumschulenbesitzern zeitig bekannt gegeben wird, welche Speeies erfordert werden. Bereits vorhandene herangewachsene Stämm- chen sind rasch umveredelt und nach des Einsenders Erfahrung noch zu reichtragenderen Bäumen gemacht worden. Zur Cultur der Clematis. Von Öbergärtner Schütz in Wettendorf (Ungarn). Zu den schönsten Schlingpflanzen unserer Gärten sind unstreitig die Clematis zu zählen; sie halten unsere Winter unter leichter Decke im Freien aus, erfordern also auch in dieser Beziehung weder grosse Kosten noch Mühen und sind deshalb für grössere Gärten, sowie jedem Pflanzen- freunde zur Cultur zu empfehlen. Um zu deren Verallgemeinerung etwas beizutragen, will ich versuchen, in Nachstehendem das von mir mit bestem Erfolge angewendete Culturverfahren dieser so herrlichen als dankbar blühenden Pflanzen anzugeben. Die Clematis, obgleich in jedem guten Gartenboden gedeihend, ent- wickeln sich jedoch um so üppiger, wenn man den ihnen anzuweisenden Standort mit folgender Erdmischung ausfüllt: nämlich zwei Theile humus- reiche Erde, zwei Theile Lehm von alten Gebäuden oder in dessen Er- mangelung gute lehmige Rasenerde, zwei Theile reinen, auf Weiden ge- sammelten Kuhdünger, einen Theil Lauberde und einen Theil mit kleinen Ziegelstückehen untermischten, der Luft lange ausgesetzt gewesenen Bauschutt. Sollen die Clematis als Einzelpflanzen gepflanzt werden, so gräbt man für dieselben 1,50 m Durchmesser und die gleiche Tiefe haltende Löcher aus, giebt zunächst als Unterlage eine ca. 0,15 m hohe Schicht 500 Jahres - Bericht Re. kleiner Ziegelstücke und füllt den übrigen Raum mit der angegebenen Krdmischung aus. Sind die zu setzenden Clematis bisher im Topfe eultivirt worden, so kann deren Auspflanzung vom Frühjahr bis Spät- herbst vorgenommen werden, jedoch wird es immer vortheilhafter sein, so zeitig zu pflanzen, dass sich die Pflanzen vor Eintritt des Winters schon festgewurzelt haben können. Im ersten Jahre nach geschehener Pflanzung darf man allerdings keine grossen Ansprüche auf Entwickelung der Pflanzen machen, sie treiben da etwa ein bis zwei Triebe; im zweiten Jahre treiben sie aber meist schon sehr kräftig und ihr üppiger Wuchs und Blüthenreichthum nimmt dann fast von Jahr zu Jahr zu. Solche einzeln gepflanzte Clematis nehmen sich vortheilhaft aus, hinaufrankend an nebenbei eingegrabenen alten, malerisch gestalteten Baumstämmen, welche viele Aeste und Neben- zweige haben; recht bemooste Eichenstämme oder Gipfel und stark ver- zweigte Aeste von Charakterbäumen sind dazu am geeignetsten. Solche Stämme oder Aeste können 3—4 m über den Erdboden ragen, denn obgleich viele Sorten Clematis bedeutend höher ranken, gewährt es doch einen reizenden Anblick, wenn dieselben, nachdem sie an den verschie- denen Aesten angelangt sind, mit zahlreichen Blüthen geschmückt, graciös herabhängen. Fast noch malerischer gestaltet sich der Anblick, wenn solcher Art ausgepflanzte, in ihrer verschiedenen Farbennuance und Zeich- nung blühende Clematisauf Rasen, welcher sich an eine grössere Laub- oder Nadelholzpartie anlehnt, dieselbe zum Hintergrunde hat, eine grosse, zerstreut liegende, dennoch aber zusammengehörige Gruppe darstellen. Will man ganze Clematisbeete anlegen, sie mögen eine runde, ovale oder sonstige Form erhalten, so kann deren Durchmesser 5 m betragen; an ihrer Grenze wird ein 1 m breiter und tiefer Graben ausgeworfen, mit der oben angegebenen Erdmischung ausgefüllt und auf diese die Clematis, am liebsten in verschiedenfarbig blühenden Arten ausgepflanzt. Die Mitte solcher Beete wird ziemlich dieht mit 1 m hohen, stark ver- zweigsten Baumästen besetzt und die Clematis werden sich dann von allen Seiten über jene hinaufranken. Besser noch ist es und bietet ein ge- fälligeres Ansehen, wenn ältere Bäume sammt ihren Wurzeln ausge- graben, an denselben je nach Bedarf ein Stock von etwa 1'/, m Länge belassen und dieser mit dem Schnittende so auf die leere Mitte der Clematis-Gruppe eingegraben wurde, dass seine Wurzeln in der Luft stehen. Natürlich muss hier, wie bei der oben angegebenen Weise darauf geachtet werden, dass diese Aufstellung im Innern der Gruppe sich nach allen Richtungen deren Peripherie gefällig absenkt. Wenn die Clematis schon stark aus ihrem Wurzelstock treiben, so überranken sie sehr bald solche Unterlagen und bilden dann recht natürliche, malerische Blumenhügel, welche selbst noch nach beendeter Blüthezeit durch ihr N u 04 der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. | 301 zierliches Laubwerk dem Garten zum Schmuck dienen. Letztere Form eignet sich jedoch mehr für grössere Parkanlagen, wo grössere Blumen- gruppen in der Entfernung wirken sollen. Ueber das Zurückschneiden der Clematis konnte ich bisher nur wenig Erfahrung machen, weil fast jeden Winter die Ranken durch Mäuse, oft auch durch die Hasen über der Erde abgefressen wurden, so dass die Pflanzen genöthigt waren, stets neue Triebe aus ihrem Wurzelstock zu machen. Deshalb tritt wohl auch die Blüthezeit um einige Wochen später ein, jedoch entwickeln sich die Blumen äusserst zahlreich, sehr sut und besonders gross. Durch einen längeren Schnitt erzielt man jedenfalls einen früheren Flor, ob derselbe aber auch von langer Dauer ist, muss noch genauer beobachtet werden. Mit Sicherheit glaube ich jedoch annehmen zu können, dass Wurzeltriebe länger, d. h. andauernder blühen. | In dem hiesigen Garten werden nachstehende Clematis-Sorten eul- tivirt: Cl. lanuginosa candida, Alexandra, Gem, Thomas Moore, patens azurea, magnifica, Fortunei, Verschaffelti, Mstr. Jack Batemann, Lady Loudebey, Jackemanni, Lady Bovill, patens floribunda, rubella, Guld Veitschi, Pair Rosamund, Eugenia, Alpina, Montana grandiflora, lanuginosa nivea, Gloire de St. Julien, Staar of India, Viticella rubra grandiflora, Standishi, Jeanne d’Are. — Alle angegebenen Sorten blühten aus den Wurzeltrieben, nur Cl. montana, montana grandiflora und alpina nicht, welche ihre Blüthen aus dem alten Holze entwickelten. Mit der Anzucht der Clematis aus Stecklingen habe ich bisher kein günstiges Resultat erzielen können, niemals wuchsen mir mehr als etwa 15 Procent. Am besten habe ich befunden, die Stecklinge zu Anfang des Herbstes von solchem Holze zu machen, welches gut ausgebildete Augen hat. Der Schnitt ist schief von unterhalb des Augenpaares in einer Länge von etwa 3—4 cm zu führen, weil die Stecklinge an dieser langen Schnittfläche gut Callus ansetzen. Durch Absenkung im Sommer resp. im Frühjahr erzielt man auch oft günstige Resultate, die beste und leichteste Vermehrung bleibt jedoch wohl die Veredelung auf die Wurzeln der Clematis viticella im Herbst. Zu Anfang des Winters ist es gut, den Clematis einen Wurzelschutz durch eine ca. 4 cm hohe Deckung von verrottetem Dünger zu geben, welcher im Frühjahr untergegraben wird. In ihrer Jugend müssen die- selben reichlich gegossen werden, später, wenn die Wurzeln schon tief gegangen sind, ist es weniger nöthig. 302 Jahres - Bericht Die Teppichbeete unserer Promenade, Von H. R. Göppert. Die Anlage von Teppichbeeten in der Nähe der Wohnhäuser, Villen ist nicht neu, sondern schon seit langer Zeit gebräuchlich und als eine Zierde unserer Gärten zu betrachten. Früher verwandte man hierzu in Ermangelung von Pflanzen buntgefärbten Sand und Steine, jetzt fehlt es nicht an Gewächsen, deren Blätter mit der Farbenpracht vieler Blüthen wetteifern, ja sie sogar oft übertreffen. Nichtsdestoweniger sind sie ihrem Namen und ihrer Herkunft nach dem grossen Publikum wenig bekannt, daher es vielleicht nicht unerwünscht erscheint, über die auf unserer Promenade von unserem Lösener mit gewohntem Tacte und Geschmack angelegten Partien etwas zu erfahren. 1) Zunächst dem Zwingergarten: Ein Fächer, flankirt von zwei fünfeckigen Sternen. An ihrer Spitze prangt ein Prachtexemplar der Riesenbanane (Musa Ensete), welches wir Herrn Stadtrath Korn ver- danken, neben zwei ansehnlichen neuseeländischen Dracaenen (Dr. indi- visa), umgeben von purpurfarbenen ostindischen Amaranten (A. saliei- folius). Bei einem nur einigermassen warmen Sommer wird unsere Musa nicht verfehlen, auch durch rasches Wachsthum ihren Ruf als schönste Blattpflanze unserer Tage zu rechtfertigen.‘) Musa Ensete ist noch mit Etiquette versehen, in den zierlichen Rahmen der Teppichbeete dürfen dergleichen nicht eindringen! Beschreibungen müssen hier aushelfen. In der Mittel- oder fächerförmigen Partie treten vor anderen als Solitaire fünf gleichmässig vertheilte Gewächse sonderbarer Art hervor, die wirk- lich den Beinamen ‚‚metallisch‘“ (Echeveria metallica) verdienen, weil sie mit ihren dieken, aufrechtstehenden, mattglänzenden, broneirten Blättern einem Kunstproduete ähnlicher sehen, wie Bürgern des Pflanzenreiches. Die sämmtlich Mexiko eigenen Arten von Echeveria (nach Echever, einem Pflanzenmaler in Mexiko) erschienen durch ihre zierlichen, fleischi- gen, höchst mannigfaltig gefärbten Blattrosetten mit den sich nur wenig erhebenden orangefarbenen Blüthentrauben für diese Richtung der mo- dernen Gärtnerei wie geschaffen. An 100 Arten und Varietäten sind bereits im Handel, von denen im nächsten Jahre noch eine grössere Zahl bei uns zur Verwendung kommen soll. Ausgezeichnete Formen findet man im botanischen Garten in der Crassolaceen-Partie vor dem Palmen- hause. Viel dürfen wir auch wohl von den Teppichanlagen erwarten, ') Das Exemplar des botanischen Gartens hat nun bereits 25 Fuss Höhe er- reicht und ist im Palmenhause Nachmittags von 4—5 Uhr täglich zu sehen. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 303 welche für die bevorstehende September-Ausstellung bereits angemeldet sind. Der fünfeckige Stern zur Linken nach dem Zwingergarten hin besteht innerhalb aus 7 Kreisen, im Centrum Coleus Verschaffelti Lemaire aus Java, eine Schmuckpflanze ersten Ranges von den mannigfaltigsten bunten Farben der Blätter, aus Steeklingen leicht zu ziehen, daher bereits sehr verbreitet. Von hier aus zum Rande hin folgen in immer grösseren Kreisen 1) die zierlichen Rosetten der Echeveria secunda, 2) eine Im- mortelle mit zartem Wollengewebe bedeckten Blättern, Gnaphalium lanatum der Gärtner (H. petiolatum DC.) vom Vorgebirge der guten Hoffnung, 3) Echeveria glauca, nur graugrüne Varietät der E. secunda, 4) die himmelblauen Sträusschen des Sterns von Ischl, Varietät von Lo- belia Erinus, vom Cap eine alte Zierpflanze, die fort und fort in immer neuen Sorten gezüchtet wird, 5) abermals Echeveria secunda, 6) die Matricaria parthenifolia der Gärtner (Matricaria Parthenium L.). Blass- srün weisse, aber auch goldgrüne (golden feather) fast krankhaft er- scheinende, ausgeschnittene, elegante Blätter, von unbekanntem Her- kommen, die wohl alle von der bei uns gewöhnlichen südeuropäischen Matricaria Parthenium L. stammen. Für die Schattirungen der Teppich- gärtnerei unentbehrlich, namentlich am Rande von etwas schattigen Partien von fast magischem Eindruck, 7) eine dunkelpurpurrothe breite Guirlande umschliesst sämmtliche Kreise, gebildet von Arten einer erst vor einigen Jahren aus Brasilien eingeführten Gattung Alternanthera (Familie Amarantaceen) '), die bereits wegen ihrer leichten Vermehrung in Arten und Spielarten eine ungeheuere Verbreitung erlangt haben, je- doch Synonyme und Bezeichnungen noch etwas zweifelhaft. Nieder- liegende purpurrothe Zweige mit lanzettlichen Blättern unter dem Namen A. pieta, spathulata, brasiliensis u. a. gehören, wie die vorliegende, zu A. paronychioides. Im Ganzen und Grossen bestehen diese mehr oder weniger purpurfarbenen Einfassungen oder Anpflanzungen aus irgend einer dieser oder auch noch anderen Arten, wie A. amoena, amabilis, sessilis, deren Auseinandersetzung nicht hierher gehört. In dem fächerförmigen Theile unserer Partie treten neu hinzu, rechts und links von der mittelsten Metallpflanze, eine niedliche, graugrüne, dieht den Boden verdeckende Fettpflanze, das Sedum carneum aus Japan, und dann wieder rechts und links zwei kleine Rundpflanzungen aus der purpurrothen Iresine oder auch Achyranthes Lindeni mit A. Herbstii Hook aus Brasilien. Den Rand nach der Musa Ensete hin schliessen ab als äusserste Reihe wieder Iresine und eine der Vergessenheit entrissene Culturpflanze unserer älteren Gärten, die Santolina Chamaecyparissus, Balsameypresse, aus dem süd- lichen Europa, aufrechter, zarter Strauch mit weisslichen, dicht anliegen- ı) Der Name bezieht sich auf die Staubgefässe, sechs sind vorhanden, doch drei abwechselnd nur mit Antheren oder Staubbeuteln versehen. 504 Jahres - Bericht den, stark riechenden Blättchen. Der zweite fünfeckige Stern zur rechten isf auf gleiche Weise wie der erste, nur in etwas abgeänderter Reihen- folge zusammengesetzt. Ueber die eben so grandiose als kostbare Palmen- (Dracaenen-) Partie, die an die längst vergangenen Zeiten des Aufschwunges der Pro- menaden im Jahre 1850—52 erinnert, in welchen es bei Gelegenheit der ersten Schlesischen Industrie-Ausstellung uns gelang, binnen einer halben Stunde die Summe von 4000 Thaler zur Verschönerung der Promenade geschenkt zu erhalten‘), von der die ganzen Anlagen am Zwinger, Springbrunnen u. s. w. errichtet wurden, kommen wir zu der 2. grossen Teppichpartie, die im Ganzen nur in wesentlich verschiedener Anordnung fast alle von uns oben genau bezeichneten Pflanzen enthält. Nur die, die geschwungenen Linien nach aussen begleitende Uferbewohnerin des mittelländischen Meeres, die Cineraria maritima mit silbergrauen leier- förmigen grossen Blättern hebt sich hervor, und als Einzelpflanze, ähn- lichen Aussehens und Landsmannschaft, Centaurea Cineraria L. aus Nord- Afrika, Sieilien (C. Clementi, gymnocarpa, candidissima vieler Gärten) treten hinzu. Auf den Teppichbeeten auf dem Augusta-Platze bemerkt man zum Theil dieselben Pflanzen, auf einer derselben in Blüthe Sedum carneum und Alyssum maritimum. Soviel in gedrängter Kürze über die hier vorhandenen Teppichpflanzen, welche auch anderswo als Haupt- bestandtheil dieser Anlagen angetroffen werden. Herbst- oder Frühjahrspflanzung der Bäume und Sträucher? Von Kunstgärtner Friekinger in Laasan. Ueber die Frage, ob Bäume und Sträucher im Frühjahr oder im Herbst zu pflanzen sind, ist schon so viel geschrieben und gestritten worden, dass es überflüssig erscheinen möchte, noch weiteres darüber zu sagen. Wahrnehmungen jedoch, welche, auf das deutlichste belehrend, das Für und Wider an die Hand geben, sollen, meine ich, immer wieder zu gegenseitigem Meinungsaustausch unter den sich dafür Interessirenden besprochen werden. !) Dass hierbei ganz besonders der erst vor drei Jahren verstorbene einstige Gründer unseres Alterthums-Museums, königl. Kammerherr Graf von Hoverden- Plenken, thätig war, wollen wir der Mitwelt in Erinnerung bringen, und somit auch in dieser Hinsicht seiner dankbar gedenken. | j au Pe A 1 nn u der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 305 In einem Gärtner-Verein über dieses Thema verhandelnd, äusserte einer der Anwesenden: „‚etwas Bestimmtes liesse sich darüber nicht sagen, die Ansichten gingen sehr auseinander, er für seinen Theil halte die ‘Frühjahrspflanzung für die beste.“ Warum? war nicht gesagt. Referent sprach auch über nassen und trockenen Boden; ob derselbe in seinem Referat aber auch alle Baum- und Straucharten meinte, war nicht ersichtlich, nur wahrscheinlich, dass er dabei mehr den Obstbaum im . Auge hatte. Dass aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen des Gartenbaues wie der Forst- und Landwirthschaft jede Baum- und Strauch- art unter obige Frage zu stellen ist, wird wohl jeder denkende Inter- essent als Bedürfniss anerkennen. | Seit einer langen Reihe von Jahren habe ich betreffs obiger Frage Beob- achtungen gesammelt und selbst angestellt. Die meisten derselben haben sich von selbst bestätigt und zwar nicht durch Abprobiren, sondern ganz ein- fach dadurch, dass der oft recht empfindliche, materielle Schaden nur zu deutlich bewies, wie naturwidrig verfahren und gearbeitet wurde. — Bodenbeschaffenheit und Lage, ob nass oder trocken, ob hoch oder niedrig, ob nahrhaft oder mager, dürfen nicht ausser Acht gelassen werden und sind bei der Frage, ob Herbst- oder Frühjahrspflanzung vorgenommen und was gepflanzt werden soll? gar sehr zu berücksichtigen. Alle Bäume und Straucharten, deren Wurzeln ein weites und weiches Zellgewebe haben, welche scheinbar überreich an Säften sind, werde ich, so weit dies von meinem Willen abhängt, niemals mehr im Herbst heben und verpflanzen, denn alle diese leiden durch das Verpflanzen im Herbst, weil, selbst bei dem vorsichtigsten Arbeiten, unvermeidlich beim Aus- heben die Wurzeln beschädigt, verwundet werden. An diesen Wund- stellen bilden sich brandige Schorfe oder auch faulige Flecke, und das Individuum leidet an Siechthum, wenn nicht gar der Tod eintritt. Weil nun aber Bäume und Sträucher mit poröseren, daher weicheren und scheinbar saftreicheren Wurzeln versehen, in gewöhnlichen Wintern gar nicht oder doch nur wenig leiden, wenn sie auf ihrem bisherigen Standorte festgewurzelt stehen bleiben, dagegen im Herbst ausgehobene, wieder eingeschlagene oder gar anderwärts hin verpflanzte, nachtheiligen Einflüssen des Winters um so mehr ausgesetzt sind, so nehme ich an, dass der krankhafte Zustand an deren verwundeten Wurzeln auf Unter- breehung der Safteireulation resp. Saftstockung zurückzuführen ist. Da- nach ergiebt sich, dass derartige Bäume und Sträucher nur im Frühjahr mit sicherem Erfolge auszuheben und zu verpflanzen sind. Tritt dennoch die Nothwendigkeit ein, solehe Baum- oder Strauch- arten mit weichmarkigen Wurzeln auszuheben und dieselben können noch nicht sogleich an ihren Bestimmungsort verpflanzt werden, so meine ich ein wesentliches Schutzmittel für dieselben darin gefunden zu haben, dass ich sie mit ihren Wurzelkronen möglichst tief und zwar der Art in die 20 306 Jahres - Bericht Erde bringe, dass die Bäume mit ihren Stämmen, wie auch die Sträucher mit ihren Zweigen nicht liegend, sondern aufrecht in die Höhe stehend eingeschlagen sind. Will ich nun in Nachfolgendem einige Pflanzen- resp. Baumarten an- führen, welehe die Herbstpflanzung gar nieht oder doch nur sehr fraglich vertragen, so will ich damit durchaus nicht reehthaberisch auftreten, um so weniger, als ich wohl weiss, dass Bäume, welche bisher auf troekenem, sterilem Boden wuchsen, die Verpflanzung im Herbst immer besser ver- tragen, als solche, welche auf tiefgrundigem, nahrhaftem, vielleicht sogar nassem Boden gewachsen sind, wobei ganz gewiss das Saftverhältniss massgebend ist. Bei jenen sind die Saftgefässe enger und mehr verholzt, daher widerstandsfähiger gegen die Einflüsse des Winters, bei diesen dagegen weiter, poröser, fleischiger, daher der Benachtheiligung durch Frost weit eher unterworfen. | Alle Juglans-Arten, im Herbst ausgehoben, werden im Frühjahr mehr oder weniger krankhafte Wurzeltheile aufzuweisen haben; alle Salix- Arten, im Frühjahr ausgehoben, und selbst dann noch, wenn sie im Triebe schon vorgeschritten sind, wachsen sicherer und freudiger, als im Herbst verpflanzte. Eine Anzahl von einigen Hundert, als prächtige Hochstämme gezogene Salix viminalis, welche ich im Herbst ausgehoben und sorg- fältigst eingeschlagen hatte, waren gegen das Frühjahr, zur Zeit des Safteintritts, alle todt. Robinia Pseudacacia, im Herbst gehoben, geht leicht todt; im Frühjahr gehoben, wächst sie sicher und freudig. Acer Negundo soll die Herbstpflanzung durchaus nicht vertragen, dagegen die meisten anderen Acer-Sorten keineswegs empfindlich für Herbst- oder Frühjahrspflanzung sein. Paulownia imperialis, Catalpa syringaefolia, Carya microcarpa, Pavia-Arten, Diospyros angustifolia, Gymnocladus canadensis, von Obstsorten: Pfirsich, Aprikosen, Ficus Carica u. a, rathe ich, alle erst im Frühjahr zu heben und zu verpflanzen. Ist die Herbstwitterung lange andauernd gut, so können allerdings viele Arbeiten verrichtet werden, welche denen im Frühjahr vorzu- nehmenden sehr wohl zu statten kommen, und das ist bei Arbeiten für Baumpflanzungen ganz besonders der Fall; sind jedoch plötzliche, heftige Temperaturwechsel oder stärkere Fröste vorherrschend, so leiden die im Herbst verpflanzten Sachen ganz entschieden mehr, als wenn die Pflanzung unterblieben wäre. Wie allgemein bekannt, leidet die gewöhnliche Backpflaume (Haus- zwetsche) sehr häufig durch strenge Kälte, namentlich durch Glatteis, und zwar alte Standbäume mehr, wie junge geschulte Bäume, darum ist auch hierbei von rechtzeitiger Frühjahrspflanzung ein sicherer Erfolg zu er- warten. Ueberhaupt ziehe ich im nördlichen Deutschland die möglichst zeitige Ausführung aller Baumpflanzungen im Frühjahr derjenigen im Herbst vor. Be SE > der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 307 Zur Samencultur der Wiener Glaskohlrabi, Von Obergärtner Zahradnik in Kamienietz. Bekannt ist es, dass, will man von irgend welcher Pflanze guten Samen erzielen, man zu Samenträgern die besten Exemplare derselben stehen lässt. Nun hatten aber meine Knaben, bevor ich ihnen noch die Erlaubniss dazu ertheilt hatte, sehr zeitig im vorletztvergangenen Früh- jahr einige verschiedene Gemüsepflanzen, und darunter auch solche der „Wiener Treibkohlrabi“, sich genommen und dieselben in ihr Gärtchen verpflanzt. Die Pflanzen der letzteren, sobald sie nur einen geringen Frost bekommen, gehen erfahrungsmässig durch. So war es auch hier bei der durch die Kinder gemachten Pflanzung der Fall. Die Kohlrabi schossten sämmtlich ohne Knollenansatz in die Höhe, doch blühten sie sehr schön und zeigten prachtvoll ausgebildeten Samen. | Zwar hatte ich den Kindern geboten, die Pflanzen auszuziehen; da dieselben jedoch über die schönen Blüthen sich freuten, ihr Gärtchen auch in einem abgelegenen Winkel des Gartens lag, so war das unter- blieben. Als der Same später reif wurde, wollte ich ihn Anfangs weg- werfen, da er jedoch so sehr schön ausgebildet war, entschloss ich mich endlich, denselben zu einem Versuchsanbau zu behalten. Zu diesem Zweck säete ich im Frühjahr dieses Jahres einen Theil dieses Samens etwas später als gewöhnlich aus und pflanzte aufs Gerathe- _ wohl im Juni die Pflanzen in der Baumschule aus. Wie erstaunt war ich aber, als ich nach wenigen Wochen hier die schönsten Kohlrabi vorfand, wie man sie nicht schöner im Frühbeet haben kann, Ich machte nun eine nochmalige Aussaat davon und hatte im Spätherbst wieder so schöne Kohlrabi von mittlerer Grösse geerntet, welche noch jetzt, Anfang December, zum Verspeisen geliefert werden, weil sie eben so zart im Fleisch, gut im Geschmack und schön geformt sind, als die der ersten Anzucht. Im nächsten Jahre beabsichtige ich nach dieser Erfahrung einen grösseren Versuch der Samenzucht mit solchen noch zur Frostzeit ausgepflanzten jungen Pflanzen, welche keine Rüben bildeten, zu machen. Ein Mittel zur Vertilgung der Mäuse. Von Kunstgärtner Reinelt in Peilau. So Mancher ist gewiss, so wie ich, im vorigen Jahre durch die Unzahl von Mäusen arg geschädigt worden, weshalb ich mir gestatte, für ähnliche Fälle meine damals gemachte Wahrnehmung und Erfahrung 20* 308 Jahres - Bericht in Bezug auf Vertilgung dieser schädlichen Thierchen hier mitzutheilen. Als ich Mitte November vorigen Jahres meine geernteten Sämereien, welche ich an einem auch vor Mäusen ganz sicheren Ort aufbewahrt zu haben glaubte, durchsehen wollte, fand ich zu meinem nicht geringen Schreck und grossen Bedauern, dass mir die Mäuse sehr viel der besten Gemüsesamen, z. B. Treibgurken und Treibsalat, Kohlarten, aber auch Samen von Land- und Topfpflanzen gefressen hatten. Bei weiterer Untersuchung der Kiste, in welcher die Samen lagen, fand ich mehrere todte Mäuse und gab mir dies Veranlassung, über die Ursache deren Todes weiter nachzuforschen und zu denken. Die zerbissenen Düten mit den sieh noch in denselben befindenden Samen, unter welchen sich auch solcher der Acacia lophanta befand, wurden sorgfältig geordnet; es zeigte sich hierbei, dass viele Körner dieser Acacia nur angenagt waren und dies brachte mich auf den Ge-' danken, dass diese Körner vielleicht die Ursache des Todes der vorge- fundenen Mäuse sein könnten. In dieser Vermuthung liess ich zum Ver- such mehrere lebende Mäuse einsperren, legte einige Samenkörner der Acacia lophanta in ihr Gefängniss und konnte hierauf sehr bald beob- achten, dass, wenn eine Maus ein solches Korn angefressen hatte, ihr Tod erfolgte. Solche Versuche habe ich mehrmals wiederholt und stets dasselbe Resultat gefunden. In Bezug auf andere Mittel halte ich das hier besprochene für sicher wirkend, leicht und einfach anwendbar. Cultur-Ergebnisse einiger an Mitglieder der Section vertheilter Gemüsesamen. Von J. Jettinger, Gärtner der Section. Die diesjährige Vertheilung von Gemüsesämereien zum Versuchs- anbau beschränkte sich fast ausschliesslich auf solehe Sorten, welche schon in früheren Jahren vertheilt und von der Mehrzahl der Empfänger wie auch in dem Garten der Section als anbauwürdig befunden wurden, daher empfohlen werden konnten. Um so erfreulicher ist es, dass in diesem Jahre eine grössere An- zahl unserer werthen Mitglieder und unter denselben mehrere erst in neuerer Zeit beigetretene sich der immerhin mühevollen Arbeit der Berichterstattung über die mit den empfangenen Sämereien vorgenommenen Culturen und deren Erfolg unterzogen, sämmtliche Berichte aber auch mit den seit Jahren erhaltenen übereinstimmend günstig lauteten. te Sand Eu GE der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 309 Ist an dieser Stelle aueh schon wiederholt hingewiesen worden auf den unzweifelhaften Nutzen, welche solche Berichterstattungen auf unseren heimischen Gemüsebau äussern, so können wir doch nicht unterlassen, auch hierdurch wieder zu solehem gemeinnützlichen Wirken aufzufordern und zu ermuntern, denn nur dadurch, dass uns von recht vielen Seiten die Resultate der Anbauversuche und die Verhältnisse, unter denen die Culturen stattfanden, bekannt gegeben werden, lässt sich ein sicheres Urtheil über irgend welche Sorte gewinnen und durch uns im Kreise unserer Mitglieder und darüber hinaus nutzbringend verbreiten. In Nachstehendem geben wir eine Zusammenstellung derjenigen Ge- _ müse-Arten und Sorten, welche sich bei ihrem Anbau nach den uns während fünfzehn Jahren zugekommenen Berichten aufmerksamer Culti- vateure in allen Gegenden der Provinz, fast überall, und ebenso nach den in dem Garten der Section gemachten Erfahrungen, als wirklich gut, daher anbauwürdig und empfehlenswerth, bewährt haben. Es wird unter dem zu nennenden noch manches Gute vermisst werden; darüber fehlen theils noch längere eigene, oder Erfahrungen aus mehreren verschiedenen Gegenden der Provinz, es dürfte jedoch ziemlich all dasjenige genannt sein, womit ein nicht allzu anspruchsvoller Gemüsegarten auszu- statten ist. A. Blumenkohl. Haage’scher früher Zwerg-, Erfurter früher, Pariser Salomo, von Algier, Standholder, von Lenorman, holländischer Zwerg-, von Argos. B. Sprossenkohl. Niedriger verbesserter Zwerg-. C. Kopfkohl. Schweinfurter später, Colominski’scher Riesen-, Ro- binson’s Champion, Weseler grosser weisser, Winnigstädter, Erfurter weisser fester, Arnstädter kleiner weisser fester, Ulmer Centner, Erfurter blutrother, Holländischer früher schwarzrother. D. Wirsing. Später gelber von Touraine, Erfurter goldgelber, Non plus ultra, Chou Marcelin, de Vertus, Casseler Winter-. E. Blattkohl. Dippe’s fein gekrauster niedriger, Niedriger krauser Bangholm, Arnstädter Dachs. F. Oberrüben. Blaue Riesen-, Weisse verbesserte Wiener, Ver- besserte Arnstädter. — Letztere beide Sorten hauptsächlich zum Treiben oder zu späterem Anbau im Freien. G. Salatrüben. Osborn’s schwarzrothe, Dell’s superb black, Nutting's seleeted dwarf. H. Scorzoner oder Schwarzwurzel. Neue russische Riesen-. J. Rettig. Dunkelbrauner, Feiner langer grauer Sommer-, Veilchen- blauer von Gournay. K. Radies. Runde und ovale rosenrothe mit weissem Wurzelende, das gelbe Wiener Treib-, kann Liebhabern scharf schmeckender Radies bestens empfohlen werden. M. a ao T. Jahres - Bericht Kopfsalat. Non plus ultra, Pariser Zucker-, Brauner Faulenzer, Westindischer — auch Asiatischer genannt, Perpignaner Dauer-, Forell-Vollblut, Sieilianischer, Arnstädter Treib-, Dippe’s gelber festköpfiger. | Zwiebeln. James Dauer-, Ochsenhorn, Arnstädter Birn-, Silber- weisse plattrunde, Rothe von Sallon, Bedfordshire Champion, Silber- weisse von Valance, blassrothe Erfurter, Bulgarische. Gurken. Due of Edinbourg, Cox’ volunter, Telegraph, Walzen von Athen, Grüne und Weisse vom Himalaya, Berliner Treib-, Chinesische grünbleibende. Letztere eignet sich auch zum Anbau im freien Lande. Melonen. Zucker von Tours, Feine Kabul, Sultan, Jenny Lind. Speisekürbis. Grüner indischer Riesen-, Dunkelgelber Riesen- Melonen-, Von Valparaiso. Stangenbohnen. Mont d’or, Blauschotige Speck-, Riesen-Butter- aus Japan, Schlachtschwert von Alsier, Riesen-Schlachtschwert. Buschbohnen. Rothbunte und schwarzbunte gelbschotige Wachs-, Dippe’s römische Wachs-, Buntkörnige weisse Wachs-, Schwert-, Schirmer’s gelbschotige Wachs-, Rothe, weisse und saffrangelbe Flageolet, Sanssouci, Griechische Fleisch-, Bunte Valentine, Belitzer Einbohne, Des Ueberflusses (l’abondance), Weisse Granat-. Letztere hauptsächlich zum Trockenkochen. Erbsen. Laxton’s prolifice early longpod, Supr&me, Omega, Hun- dertfältige, Amerikanische frühe Comet, Peabody -Zwerg-, Ruhm von Cassel, Mae Lean’s best of all, Taber new Market favourite, Comandre in Chief, Golderbse vom Blocksberg, Populair, Super- latif, Wilhelm I., Prince of Wales, Daniel O’Rourke, Zwerg- Waterloo-, Laxton’s fillbasket, Veitch’s Perfeetion, Vilmorin’s nie- driger Tom Thumb. Als Sehnitt-Petersilie kann Ascroft’s, ihrer zierlichen Belaubung wegen, zu decorativen Zwecken geeignet, empfohlen werden. Statistische Notizen. Von dem zeitigen Secretair der Section. Auch in diesem Frühjahr fand an Mitglieder der Section eine un- entgeltliche Vertheilung von Sämereien empfehlenswerther Nutz- und Zierpflanzen zum Versuchsanbau und folgenden Berichterstattung über deren Culturergebnisse statt. z . 2 , u Ge u ur belt ee ee See se ee ie ie u w | h u ww der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. ali Konnte schon in unserem letzten Jahresbericht dankbarst bezeugt werden, dass die Anzahl derjenigen Mitglieder alljährlich wachse, welche in Anerkennung der Zweckmässigkeit dieser wiederkehrenden Ver- theilungen sich freundlich bewogen finden, auch ihrerseits zu denselben Beiträge selbstgewonnener Samen empfehlenswerther Gewächse zu spen- den, so mehrten sich dieselben in diesem Jahre wiederum erheblich. Solche mehr oder minder reichhaltige, meist recht werthvolle Zuwen- dungen, denen noch Sortimente von Hülsenfrüchten aus dem Sections- garten und Ergänzungen resp. Vervollständigungen aus dem Garten des Seeretairs hinzutraten, waren zu verdanken: Frau Gräfin v. d. Goltz und den Herren Bombick, Bragulla, Bürgel, Flöte, Friekinger, Friebe, Gildner, Gireoud, Katzke, Kittel, Kleemann, Krisechke, Kühnau, Lorenz, Milde, Nitschke-Laband, Peicker, Pfeiffer, Pflaume, Plosel, v. Reinersdorf, Riedel, Ritter, Schärff, Schmidt, Schütz- Wettendorf, Schwedler, Sommer- Stradam, Sybel, L. und P. Teicher, Weiss und Zahradnik. Ausser- dem wurden durch den hierzu autorisirten Secretair nach seiner Wahl noch Bezüge seltenerer und neuerer Sämereien aus möglichst zuver- lässigen Quellen gemacht. Wie üblich, wurde sämmtlichen Mitgliedern das Verzeichniss der zur Vertheilung bestimmten Sämereien mit dem Ersuchen zugefertigt, darnach ihre etwaigen Wünsche zu erkennen zu geben; dieselben langten darauf von allen Seiten so zahlreich und umfassend wie noch nie zuvor ein, dass ohnerachtet der zur Disposition stehenden grösseren „Menge zahlreicher Sorten dennoch so manche Wünsche nicht vollständig be- friedigt werden konnten; jedoch gelang es dem auch mit der äusserst mühsamen und zeitraubenden Expedition der Sämereien betrauten Seeretair, dieselbe sogar noch etwas früher als in den letztvergangenen Jahren zu bewältigen. Es wurden an 151 Mitglieder versendet 1711 starke Portionen Ge- müsesamen in 138 Sorten und 2005 ebensolehe Portionen Zierpflanzen- Samen in 215 Sorten. Die Kosten dieser Vertheilung, nach der durch den Secretair gelegten speciellen Berechnung, betrugen nur 194 M. 13 Pf., welches günstige Ergebniss hauptsächlich den wohlwollenden Zuwen- dungen obengenannter werther Mitglieder zu verdanken ist. Zur Freude des Referenten gingen auch im Laufe des folgenden Winters von den diesen Sämereien beigegebenen Schemas zu Cultur- berichten eine grössere Anzahl derselben und zwar auch in erwünschterer Weise ausgefüllt, als dies, mit wenigen löblichen Ausnahmen, bisher der Fall war, ein. Es darf dies gewiss einer besseren Erkenntniss des Werthes soleher Berichte, vielleicht aber auch einer jetzt zweckmässi- geren Einrichtung des Berichtschemas zugeschrieben werden. Zu wünschen bleibt, und wird darum freundlichst gebeten, dass zu allgemeinerem 312 Jahres - Bericht Nutzen auch in den folgenden Jahren mit Zusendungen von zur Ver- theilung geeigneten Sämereien und besonders auch mit Einsendungen möglichst sorgfältig ausgearbeiteter Culturberichte fortgefahren werden möge. Zu dem, was im Eingange des Gegenwärtigen bezüglich des Obst- Baumschulgartens bereits angegeben wurde, darf an dieser Stelle noch hinzugefügt werden, dass rechtzeitig ein für den Herbst 1873 und für das Frühjahr 1879 giltiges Verzeichniss der aus demselben verkäuf- lichen, pomologisch richtig benannten Produete herausgegeben und ver- sendet wurde. Ausser diversen Obst-Wildlingen waren in diesem Verzeichniss genannt: Aepfel in Hoch- und Halbhochstamm, Pyra- miden, auf Douein, 70 Sorten; Birnen in Hochstamm, Pyramiden, auf Wildling oder Quitte, 45 Sorten; Kirschen in Hochstamm, 28 Sorten; Pflaumen in Hochstamm, auf St. Julienpflaume, 12 Sorten; Pfirsiche in einjähriger Veredelung, auf St. Julienpflaume, 6 Sorten; Weinreben für Spalier, 20 Sorten; Stachelbeeren in Hochstamm und Pflanzen, 40 Sorten; Johannisbeeren in 14 Sorten; Himbeeren in 10 Sorten; Brombeeren in 4 Sorten; Erdbeeren in 19 nur wirklich werthvollen Sorten; Haselnüsse in 5 Sorten; Rosen, auf Rosa canina- Sämlinge, hochstämmig, in besten, reichblühenden Sorten; 12 Sorten verschiedene Zierbäume und Sträucher und 2 Sorten Spargelpflanzen. Ver- kauft wurden in diesem Jahre: 20,725 Obst - Wildlinge, 5440 Obst- Edelstammehen, 4624 Beerenobst-Sträucher und Weinreben, 313 Rosen- und Zier-Bäume und Sträucher, 2200 Spargelpflanzen. Bestand verblieben pro 1879: 19,000 Obst-Wildlinge, 22,850 Obst-Edelstämmchen, 3350 Beerenobst-Sträucher und Weinreben, 9250 Rosen- und Zier-Bäume und Sträucher, 3070 Spargelpflanzen. Mit besonderem Dank sind noch zu erwähnen zu den Bauten im Garten gewährte gütige ausserordentliche Geldbeiträge der Herren: von Beöczy-Klein-Schmograu, Haupt-Brieg, Katzke-Pöpelwitz, Ritt- hausen-Lampersdorf, Schubert-Münsterberg. Auch dürfte es von Interesse sein, zu erfahren, dass sämmtliche in dem Garten während der Jahre 1877 und 1878 ausgeführten Bauten einen Kostenaufwand von zu- sammen 17,095 M. 61 Pf. erforderten, zu welchem 179 Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur und unserer Section durch freiwillige, ausserordentliche Beiträge zusammen 3086 M. 35 Pf. wohlwollend spendeten. An dem für hiesige Mitglieder bestehenden, durch den Seeretair der Section geleiteten Lesezirkel gärtnerischer Schriften betheiligten sich im Jahre 1878 gegen Entrichtung eines Extrabeitrages von 3 Mark 59 Mitglieder. Es befanden sich im Umlauf: 16 Berichte von Vereinen, mit denen die Seetion durch Schriften- Austausch in Verbindung steht; der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 313 24 zum grösseren Theil auch durch Austausch erworbene deutsche und fremdländische Zeitschriften; mehrere derselben mit vorzüg- lichen Abbildungen; 10 neuestens erschienene Bücher und Broschüren über verschiedene Zweige des Gartenwesens, unter denen sich schätzenswerthe Geschenke der Herren Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert hier, Garten-Inspeetor Fox in Neudeck und Königl. Garten-Director H. Gärdt in Potsdam befinden. Den geehrten Geschenkgebern sagen wir hiermit wiederholt den verbindlichsten Dank für ihre belehrenden Schriften. Der Schriften-Aus- tausch hat sich um zwei angesehene Zeitschriften vermehrt. Diesen uns sehr schätzenswerthen Austausch mit gleiche Zwecke verfolgenden Ver- einen, Herausgebern resp. Redactionen und Autoren einschlägiger Zeit- schriften werden wir, in dankbarer Anerkennung für das Empfangende, uns angelegen sein lassen, auch fernerhin zu bewahren und thunlichst zu mehren. Der Bibliothek der Schlesischen Gesellschaft, Abtheilung für Obst- und Garteneultur, wurden die im Umlauf gewesenen Schriften überwiesen; von deren Custos, Herrn Pastor Dr. Schimmelpfennig, stehen sie dort nach besonderem Reglement zu wünschenswerther, recht ausgedehnter Benutzung auch der auswärtigen Mitglieder. Das im vorjährigen Bericht in Aussicht gestellte neue Verzeichniss sämmtlicher in der Bibliothek vor- handenen, auf Obst- und Gartenbau bezughabenden Schriften befindet sich in Arbeit und steht dessen Ausgabe demnächst zu erwarten. Hiesige. Auswärtige. Summa. Primo Januar 1878 zählte die Section für Obst- und Gartenbau Mitglieder...... 103 300 403. Es traten im Jahre 1878 hinzu..... 3 35 38, 106 335 441, schieden dagegen und zwar meist durch a ae een et 4 30 34, und blieben daher Ende December 1878 y Bestand...... a ne a an 102 305 407, von denen als Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft beitragsfrei sind........... 37 14 ol, und gütige Extrabeiträge zur Unterhaltung des pomologischen und resp. Obst-Baum- schul- und Versuchsgarten zahlen ....... 40 150 190. >14 Jahres - Bericht APP Bericht über die Thätigkeit der historischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1878, abgestattet von Director Dr. Reimann, zeitigem Secretair der Section. Am 10. Januar hielt Herr Archivrath Prof. Dr. Grünhagen einen Vortrag über eine archivalische Reise nach London. Derselbe ist im dritten Bande der archivalischen Zeitschrift ab- gedruckt. Am 14. Februar hielt Herr Dr. Schroller einen Vortrag über schlesische Volksgebräuche und ihre Einwirkung auf die Sittlichkeit. Er stellte eine Anzahl von Gebräuchen bei der Kirmes, Fasching und Hochzeiten, sowie Weihnachts- und Ostergebräuche dar und suchte weiter zu zeigen, wie vielfach Rohheit, Aberglauben und Unsittlichkeit mit diesen Volkssitten verbunden war, so dass sich ein nachtheiliger Einfluss auf die allgemeine Sittlichkeit nicht verkennen lässt. Ein Theil dieser Gebräuche ist schon längst, und zwar grösstentheils durch Re- gierungs- und Polizeimassregeln, beseitigt, allein es ist zu bedauern, dass mit dem Nachtheiligen auch ein Theil guter, echter Volkssitte vernichtet worden ist, die wohl geeignet war, ein gewisses Standesbewusstsein unter dem Landvolke zu erhalten. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 315 In der Sitzung am 28. Februar hielt Herr Archiv - Assistent Dr. Pfotenhauer einen Vortrag über die ständischen Verhältnisse Schlesiens bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Redner charakterisirte zunächst die Stellung des Fürsten im alt- polnischen Staatsleben und dessen Verhältniss zu den Baronen, den In- habern der Hof- und Staatsämter und altadeligen Grossgrundbesitzern des Landes, und suchte hierauf nachzuweisen, wie das von allem Anfang an dem schlesischen Adel zustehende Fundämentalrecht der Steuerbewilligung der Keim des sich späterhin kräftig entwickelnden ständischen Lebens gewesen sei. Nachdem in Folge schwerwiegender Ereignisse, vornehm- lich der Loslösung Schlesiens vom Mutterlande Polen und der seit dauernder Beseitigung der Mongolen-Invasion mächtig um sich greifenden Germanisirung, mannigfache im Verlaufe des Vortrages ausführlicher ge- schilderte Reformen und Neubildungen allenthalben im Lande sich voll- zogen, sind dann, zuerst gegen Ende des 13. Jahrhunderts, die Städte, das stark erblühte deutsche Breslau an der Spitze, als neuer ständischer Factor hinzugetreten. Bereits von Mitte des 14. Jahrhunderts an lassen sich weiter Spuren festerer Vereinigungen der einzelnen Stände, der Fürsten, des Adels und der Städte unter sich, als auch verschiedener Stände mit einander nachweisen; das erste wichtigere, die Institution der nachmaligen Fürstentage vorbereitende Bündniss ist der im Jahre 1402 anlässlich der Depossedirung König Wenzels von schlesischen Fürsten und Städten geschlossene Landfrieden gewesen. Machte die für unsere Provinz an Noth und Drangsalen so reiche Zeit der Hussitenkämpfe das bislang noch ziemlich lockere Band ständischen Zusammenhaltens und Handelns mehr und mehr erstarken, so führten die von den später Schlesien beherrschenden Königen ertheilten weitgehenden Privilegien, ferner die Einsetzung eines Ober-Landes-Hauptmanns durch König Mathias Corvinus, und vor Allen endlich das grosse Landesprivilesium Königs Wladislaus vom Jahre 1498, die Magna charta Schlesiens, die lang- anhaltende Blüthe- und Machtzeit der Landstände herbei. Am 14. März hielt Herr Professor Dr. Röpell einen Vortrag über Repnin und die Czartoryski (1794—-96), der in den Preussischen Jahrbüchern Mai 1878 abgedruckt ist. Am 23. März hielt Herr Direetor Reimann einen Vortrag über die Erneuerung des russisch-preussischen Bündnisses von 1764. Der Türkenkrieg, welcher im Herbste.1768 ausbrach, hatte mancherlei Unterhandlungen der Grossmächte zur Folge. Frankreich und Russland hassten sich sehr, und jenes suchte Friedrich U. zu gewinnen, indem es 316 Jahres - Bericht ihm Curland und Ermeland anbot; aber der König von Preussen hielt an dem Bündnisse fest, welches er 1764 mit Katharina geschlossen, und die Herstellung des diplomatischen Verkehrs zwischen den beiden Höfen von Versailles und Berlin blieb ohne Folgen. Umgekehrt weigerte sich Friedrich II., mit England wieder, wie es Russland wünschte, in ein freundschaftliches Verhältniss zu treten. Um den Wiener Hof nicht zum Kriege zu treiben, bewog er die Kaiserin Katharina II., sich mit Hilfs- seldern zu begnügen, da die Oesterreicher, wenn er den Russen in Polen durch Truppen Hilfe leistete, sicher ebenfalls in dieses Land einrücken würden, und er bezahlte sofort zwei Raten. Aber er wollte zugleich einen Vortheil davon haben, und er liess daher in Petersburg den Vor- schlag machen, Russland, Preussen und Oesterreich sollten sich polnisches Gebiet aneignen. Katharina war geneigt, hierauf einzugehen, wenn Oesterreich sie im Türkenkriege unterstützen wollte; dann könnte man, glaubte sie, die Muselmänner leicht aus Europa jagen. Friedrich aber fürchtete, in den Strudel des Krieges hineingezogen zu werden, und liess den Plan fallen. Dagegen unterhandelte er 1769 mit Russland über die Erneuerung des Bündnisses von 1764. Katharina machte wie gewöhnlich grosse Forderungen und wollte wenig dafür gewähren; es dauerte daher bis in den Herbst 1769, ehe man den neuen Vertrag unterzeichnete. Am 9. Mai sprach Herr Archivrath Professor Dr. Grünhagen über den Einfall der Franzosen in die Rheinlande im Jahre 1741 und dessen Folgen. Den ganzen Sommer 1741 hatte ein hannöverscher Gesandter im Auftrage seines Königs im preussischen Hauptquartier unterhandelt, um als Preis der englischen Friedensvermittelung gewisse Concessionen, An- wartschaften auf Landerwerbungen oder, wie man es damals nannte, „Convenienzen‘‘ sich von Preussen zusichern zu lassen. Die Bisthümer Hildesheim und Osnabrück, mecklenburgische Aemter u. s. w. kamen dabei in Betracht. Zu bestimmten Abmachungen darüber .war es nicht sekommen, hauptsächlich in Folge der übergrossen argwöhnischen Pein- lichkeit des hannöverschen Unterhändlers, Geheimrath Schmichelt. In die ganzen Verhandlungen kam nun aber ein vollständiger Umschwung durch die Nachrichten von dem Einrücken eines französischen Heeres in die niederrheinischen Gebiete. Dasselbe erschien als Hilfscorps für Bayern, und das Ziel seines Marsches konnte kaum ein anderes sein, als die hannöverschen Besitzungen des Königs von England anzugreifen, um der Sympathien willen, welche diese Macht der Königin von Ungarn ge- zeigt hatte. Sowie diese Nachrichten eintrafen (Mitte August), dachte man in Hannover an nichts weiter, als diese Gefahr abzuwenden, und nachdem man vergebens bei Sachsen und Preussen auf Grund alter Ver- u > ne ee Lie nn der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 317 träge um Hilfe gebeten hatte, flehte man um die Vermittelung des Königs von Preussen bei Frankreich und war gern bereit, dafür die bis- herigen Ansprüche auf ‚„Convenienzen“ aufzugeben. König Friedrich seinerseits gedachte umgekehrt, die immer mehr sichtbar werdende Angst der Hannoveraner, für die er im Grunde wenig Sympathie hatte, für sich zu benutzen und als Preis seiner Vermittelung entweder eine Summe Geldes oder etwa den Verzicht auf die von Hannover besetzten mecklen- burgischen Aemter zu erlangen; indess ehe noch darüber eine Einigung erzielt werden konnte, erlangte Hannover Ende September 1741 durch direete Unterhandlungen mit Frankreich die ersehnte Neutralität, aller- dings unter der Bedingung, die hannöversche Kurstimme für den Kurfürsten von Bayern abzugeben; und dieses immerhin bedeutungsvolle Resultat war durch jene französische Diversion erzielt worden. Natür- lich war nun von den Forderungen Preussens keine Rede mehr, und Friedrich hatte ein gewisses Recht, gegen Frankreich empfindlich zu sein, welches diese Bewilligung der Neutralität ursprünglich ganz ihm überlassen zu wollen erklärt, und sie nun doch hinter seinem Rücken zugestanden hatte. Für die Sache der Königin von Ungarn war das Ganze ein schwerer Schlag, und in England war man aufs äusserste er- bittert darüber, dass König Georg wiederum die Interessen der englischen Politik denen Hannovers nachgesetzt hatte. Am 29, Mai hielt Herr Direetor Dr. Luchs einen Vortrag zur Alterthumskunde von Neisse, als Vorbereitung für den dorthin zu unternehmenden Ausflug, welcher am 2. Juni stattfand. Herr Director Reimann hielt hier einen Vortrag über die Zusammenkunft Josephs II. und Friedrichs II. in Neisse (1769), weleher dann in der Zeitschrift des Vereins abgedruckt worden ist. Uebrigens haben die Breslauer eine überaus warme und herzliche Auf- nahme dort erfahren, und sie werden diesen Tag immer zu ihren schönsten Erinnerungen rechnen. Leider wurde das heitere Zusammen- sein in der Sellerie durch die Nachricht von dem zweiten Attentat auf Se. Majestät den Kaiser in der empfindlichsten Weise gestört. In den Sitzungen am 26. September und 17. October sprach Herr Archivrath Professor Dr. Grünhagen über die Ereignisse des ersten schlesischen Krieges im Spätherbst und Winter 1741/42, König Friedrichs Rücktritt von der Klein-Schnellendorfer Uebereinkunft, die Gewinnung Sachsens und den Feldzug in Mähren. Der Vertrag vom 9. October 1741, durch welchen der König sich zu einer vorläufigen Neutralität verpflichtet hatte, blieb nieht lange in Kraft, vornehmlich deshalb, weil Friedrich doch nicht geneigt war, seinen bisherigen Verbündeten, den Kurfürsten von Bayern, ganz preiszugeben 318 Jahres-Bericht und der Wahl desselben zum Kaiser entgegenzutreten. Die schlechte Wahrung des Geheimnisses Seitens des Wiener Hofes gab ihm hinreichen- den Anlass zum Bruche, und so zeigt sich noch vor Ablauf des October der König wieder ganz im Fahrwasser seiner früheren Politik. Nachdem ihm der Kurfürst, als König von Böhmen, den Erwerb der Grafschaft Glatz zugesichert, trat Friedrich den 1. November dem Theilungsvertrage bei, welchen Frankreich, Bayern und Sachsen bezüglich der öster- reichischen Erbländer abgeschlossen hatten, und ein preussisches Corps unter dem Erbprinzen von Anhalt rückte in Böhmen ein. den Königs- srätzer Kreis besetzend, allerdings ohne an den Operationen der Ver- bündeten directen Antheil zu nehmen. Den letzteren gelang (den 26sten November) die Eroberung Prags, wo sich nun Carl Albert von Bayern als König huldigen liess. Doch wurde durch diese Diversion nach Böhmen hinein die Donaulinie preisgegeben und der österreichische General Khevenhüller benutzte dies, um das hier zurückgelassene französische Corps in Linz einzuschliessen und selbst nach Bayern vorzudringen, welches Land seine zahlreichen irregulären Truppen mit arger Ver- wüstung heimsuchten. In Folge davon wandte sich der Kurfürst mit der Bitte um Beistand an König Friedrich, der inzwischen nach Berlin resp. Rheinsberg zurückgekehrt war, und dieser fasste sehr schnell (15. Januar 1742) den Entschluss, an der Spitze der Alliirten durch Mähren auf Wien vorzudringen und so die Königin von Ungarn zum Frieden zu zwingen. Schwierigkeiten musste es allerdings haben, den sächsischen Hof dazu zu bringen, sein ganzes Heer bedingungslos der preussischen Führung zu überlassen, namentlich da man in Dresden wohl wusste, dass gerade Preussen den sächsischen Plänen, ein Stück von Böhmen zu er- langen, feindlich gegenüberstand. Dennoch wusste der König durch sein persönliches Erscheinen in Dresden (den 19, Januar 1742) dem Kur- fürsten von Sachsen die Einwilligung abzuringen, und nachdem Schwerin bereits früher Olmütz erobert hatte, stand der König am 15. Februar bereits in Iglau. Aber bald erhoben sich neue Schwierigkeiten. Der unfähige französische Oberbefehlshaber in Böhmen, Broglie, rief, von den Oesterreichern bedrängt, nicht nur sein Hilfscorps von der Armee Friedrichs ab, sondern verlangte auch, dass die Sachsen zu seiner Hilfe herbeieilten, und die preussenfeindlichen Intriguen des Grafen Moritz von Sachsen hatten bei seinem Halbbruder, dem Könige von Polen, um so srössere Wirkung, als auch dessen Minister, Graf Brühl, von Misstrauen und Feindschaft gegen Friedrich erfüllt war. Schon hatten die sächsischen Truppen ihren Rückmarsch begonnen, da vermochte der König von Preussen (Mitte Februar) durch einen ernst und drohend abgefassten Brief an Friedrich August dessen Gesinnung zu ändern. Aufs Neue ward ihm die Mitwirkung der Sachsen zugesagt und ein energischer Vormarsch in der Richtung auf Pressburg und Wien in Aussicht genommen. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 319 In der Sitzung am 2. November behandelte Herr Oberlehrer Dr. Schönborn das Thema über die Standesherrschaft Wartenberg im Besitze der Minister Biron und Münnich. Der Vortragende wies zunächst auf das hohe Interesse hin, welches unter allen schlesischen Landesherrschaften vorzugsweise die freie Standes- herrschaft Wartenberg dadurch gewinnt, dass ihre Geschichte um die Mitte des vorigen Jahrhunderts uns mitten hineinführt in die Geschichte eines Staates, der damals zuerst entscheidend in die allgemeinen euro- päischen Verhältnisse eingriff, nämlich des russischen. Nur wenige Wochen hatte Herzog Ernst Johann Biron von Curland, Standesherr von Wartenberg, die Regentschaft nach dem Tode der russischen Kaiserin Anna Iwanowna innegehabt, als er durch den kühnen und energischen General Münnich gestürzt wurde. Seine darauf erfolgte Verurtheilung übte auch ihren Einfluss auf das Schicksal der schlesischen Standesherr- schaft. Der Vortragende ging dann zur Darstellung des wechselnden Geschickes dieser Herrschaft über, indem er hierbei hauptsächlich den bisher unbenutzten Actenstücken der früher im Geheimen Staatsarchiv zu Berlin befindlichen. Ministerial-Registratur, die jetzt dem hiesigen Staatsarchive angehören, folgte, und zeigte, wie die Standesherrschaft zu- nächst in den rechtmässigen Besitz des russischen Premierministers Münnich und nach der Verbannung desselben unter preussische Se- questration kam. Als im Jahre 1762 der Herzog Biron und Graf Münnich aus der Verbannung zurückgekehrt waren und der Erstere sich wegen Zurückgabe Wartenbergs an die russische Kaiserin Katharina II. gewandt hatte, kam ein Vergleich zwischen Biron und Münnich zu Stande, in Folge dessen der Letztere seine Rechte gegen eine Geldentschädigung an den Herzog von Curland cedirte. Dieser Vergleich wurde von dem Könige von Preussen bestätigt und hierauf Biron, trotz der Hindernisse, welche der Staatsminister Schlaberndorf entgegenzustellen suchte, in seine Standesherr- schaft wieder eingesetzt. Am Schlusse wurde dargelegt, wie der Gewaltact, der durch die Wegnahme Wartenbergs an Biron vollzogen wurde, nur zu einer solchen Zeit möglich war, in welcher das Staatsrecht, dessen Centrum für die wissenschaftliche Behandlung in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, in ähnlicher Weise, wie in der ersten Hälfte Halle, vor- wiegend Göttingen bildete, an veraltete Ueberreste einer vergangenen Zeit sich noch ängstlich anklammernd, bei grossem Scharfsinn und um- fassender Gelehrsamkeit immerhin Lebensverhältnisse zur Voraussetzung hatte, die längst neuen Bildungen gewichen waren, den Widerspruch zwischen Theorie und Praxis nicht zu heben verstand, und staatsrecht- liche Fragen mit Connivenz und nach Convenienz entschieden wurden. 320 Jahres - Bericht Am 14. November behandelte Herr Stadt-Archivar Dr. Markgraf das. Thema aus Breslaus unruhiger Zeit. Der Vortrag beleuchtete das Auftreten des Nicolaus Rempel, eines Mannes aus den patrieischen Kreisen der Stadt gebürtig, aber mit den- selben durch seinen Ehrgeiz und Eigennutz gründlich verfeindet, in den Jahren nach dem grossen Aufstande von 1418. Schon 1413 war Rempel einmal aus dem Rath gestossen, dann aber 1420 durch Siegismund wieder rehabilitirt worden. Jetzt suchte er in Verbindung mit dem tief ver- schuldeten Landeshauptmann des Breslauer Fürstenthums, Hans von Kolditz, sich dauernd der Gewalt zu bemächtigen und zu dem Zwecke die Stadtverfassung zu Gunsten seiner Bestrebungen zu verändern. In- dess ward er im Frühjahr 1423 gestürzt, floh auf sein Landgut, ward angeklagt und zum Verlust aller Rechte und Güter verurtheilt. Es spielt sich darauf ein doppeltes Ringen am Hofe des Königs Siegismund ab, einmal des neuen Rathes der Stadt, um die Bestätigung des Urtheils über Rempel durchzusetzen, andererseits Rempels, um dieselbe zu hinter- treiben. Etwa 2 Jahre lang dauerten diese für die Stadt recht kost- spieligen Verhandlungen, bis ohne eine bestimmte Entscheidung seitens des Königs Rempel verschwindet und die Sache somit ein für die Stadt günstiges Ende nimmt. Die von Rempel veranlassten Aenderungen in der Stadtverfassung wurden wieder beseitigt. Am 28. November hielt Herr Dr. Schroller einen Vortrag über die jährlichen Volksfeste in Schlesien. Er wies zunächst darauf hin, dass Sitten, Gebräuche und Aberglaube des schlesischen Landvolkes specifisch deutsch seien, wie dies ein Ver- gleich der Gebräuche der Schlesier mit denen der Bewohner des west- lichen Mitteldeutschland ergebe. Ein grosser Theil der alten Bräuche ist verschwunden, theils in Folge der zunehmenden Bildung und Auf- klärung, theils durch Massregeln der Behörden. Damit ist aber auch ein gutes Stück echten Volksthums untergegangen. Auf die Kirmes (Kirchweih) übergehend, deren Verlauf zuerst be- schrieben wurde, suchte der Vortragende besonders darzuthun, dass diese Feste keineswegs zur Feier der Einweihung der Kirche eingesetzt seien, sondern dass es uralte, von den heidnischen Vorfahren herstammende Volksfeste seien. Als Beweis dafür dienten die noch vor 50—60 Jahren üblichen Umzüge des Schimmelreiters und der Erbsenbär, von denen der Eine Wuotan, der Andere den Donar vorstellte. In der christlichen Zeit sind diese Umzüge lediglich als Volksscherze bestehen geblieben. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 35] Am 12. December hielt Herr Director Reimann einen Vortrag über die Zusammenkunft Friedrichs des Grossen und Josephs II. in | Mährisch-Neustadt. Der König von Preussen machte dem Kaiser, der 1769 zu ihm nach Neisse gekommen war, am 3. September 1770 einen Gegenbesuch; er und sein Gefolge erschienen in weissen Uniformen. Als Friedrich nach der ersten Begrüssung sich rückwärts gehend verabschiedete, sah er die Nähe der Treppe nicht und würde hinabgefallen sein, wenn er nicht noch rechtzeitig gehalten worden wäre. Am 4. und 5. waren Musterungen. „Die österreichische Infanterie hat bedeutend gewonnen, meldete Friedrich seinem Bruder Heinrich, jedoch ich möchte nicht tauschen; die Reiterei ist erbärmlich, die Artillerie sehr gut.“ Am 5. brach ein furchtbares Unwetter los, das den Soldaten den grössten Schaden zufügte. „Dieser Mensch bringt uns überall Pech“, schrieb Joseph grimmig an seine Mutter, und über diese Redensart war Maria Theresia höchlich erfreut. Hieraus erkennt man, wie Joseph und die Kaiserin-Königin gegen den König ge- sinnt waren. Die Hauptsache waren die Unterredungen Friedrichs des Grossen mit dem Fürsten Kaunitz über den Türkenkrieg, die denn auch ausführlich behandelt wurden. 322 Jahres - Bericht VITE: Bericht über die Thätigkeit der geographischen Section im Jahre 18373, abgestattet von Dr. J. G. Galle, zeitigem Secretair der Section. Die geographische Section hat im Jahre 1878 drei Sitzungen ge- halten, von denen die erste, am 6. März, der neuen Constituirung der bisherigen meteorologischen Section zu der gegen- wärtigen geographischen gewidmet war. Nachdem mehrfach der Wunsch einer Wiederherstellung des früheren grösseren Umfanges der meteorologischen Section als einer „Section für allgemeine Erdkunde“ oder als „geographische Section‘ hervorgetreten -und kundgegeben war, in welcher ausser der Meteorologie und Klimatologie auch die übrigen Zweige der mathematischen und physikalischen Geographie einbegriffen seien, war für genannten Tag eine Versammlung der Mitglieder der Section und anderer Mitglieder der Gesellschaft, welche an der Förderung der Kenntniss geographischer Forschungen Antheil nehmen, zur Berathung dieses Gegenstandes eingeladen. Der Präses der Gesellschaft, Herr Ge- heimrath Göppert, leitete die Verhandlung mit einer Darlegung der ersten Gründung der Section im J. 1833, bald nach der ersten Natur- forscher-Versammlung in Breslau, ein, sowie der Thätigkeit der Seetion in den beiden ersten Jahrzehnten, welche in dieser Zeit vornehmlich auf die Einriehtung und Sammlung von Beobachtungen für hypsometrische und klimatologische Zwecke gerichtet war. Hierauf berichtete der zeitige Secretair der Section über die nach 1851 ausgeführten klimatologisehen Rechnungen, die in den 1857 auf Kosten der Gesellschaft publieirten „Grundzügen der Schlesischen Klima- tologie‘“ zusammengestellt sind, und über die Thätigkeit der Section in der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 323 den dann folgenden 20 Jahren. Nachdem seit der Gründung des Ber- liner meteorologischen Instituts um 18483 und schon früher ein grosser Theil der von der Gesellschaft veranstalteten Beobachtungen aufgehört und der noch gebliebene Theil an das Berliner Institut sich angeschlossen hatte, konnte namentlich die praktische Thätigkeit der Section nur noch eine beschränkte sein, und für Mittheilungen von allgemeinerem Interesse war das Gebiet der eigentlichen Meteorologie ein etwas zu enges, um deren Abtrennung von den übrigen Naturwissenschaften zu einer beson- deren Section zu rechtfertigen. Es entstand daher die Frage, ob eine Vereinigung mit der naturwissenschaftlichen Section, oder, wie schon früher während mehrerer Jahre, eine Erweiterung zu einer geogra- phischen Section stattfinden solle. Für die letztere Alternative sprach das in neuerer Zeit weit verbreitete Interesse für Geographie und die jetzt an vielen Orten auch in Deutschland erfolgte Gründung besonderer „geographischer Gesellschaften“. Um diesem Streben und dessen Be- kundung auch an dem hiesigen Orte Ausdruck und Gelegenheit zu geben, wurde demgemäss der zweite Vorschlag von der überwiegenden Mehr- zahl der zur Berathung anwesenden Mitglieder zum Beschluss erhoben. Als Seeretair der neu constituirten „geographischen Section‘ wurde der bisherige Secretair der meteorologischen Section gewählt. In der Sitzung vom 29. Mai gelangte zum Vortrag eine Mittheilung des Secretairs, Prof. Dr. Galle, über die neuere definitive Bestimmung der transatlantischen Länge. Die geographischen Längenbestimmüngen haben durch die Anwendung der elektrischen Telegraphie, überall, wo diese möglich war, einen bis dahin unbekannten Grad der Genauigkeit erreicht, und ungeachtet zahl- reicher astronomischer Bestimmungen und mehrerer grosser chrono- metrischer Expeditionen zwischen Europa und Amerika in früheren Jahren konnte doch erst nach dem Gelingen der Legung der atlantischen Kabel diese neuere Genauigkeit für den Längenunterschied zwischen den beiden Welttheilen erreicht werden. Drei in dieser Art ausgeführte Bestimmungen in den Jahren 1866, 1870 und 1572 haben in vorzüglicher Uebereinstimmung den Längenunterschied Washington - Greenwich - zu 5" 8" 12°,09 ergeben. Für den Zeit- und Längenunterschied Washington- Breslau folgt hieraus 6" 16” 21°,0. Herr Professor Dr. Partsch sprach über die Weltlage Schlesiens. Die bedeutende Breiten-Entwickelung (350 Meilen), welche Europa von seiner Grenze gegen Asien an weit nach Westen bewahrt, wird zwischen dem nordwestlichen Winkel des Schwarzen Meeres und der Ostsee plötzlich auf 170 Meilen eingeschnürt. Die Linie Pillau-Odessa 324 Jahres - Bericht scheidet die compacte östliche von der durch zahlreiche Meeresbuchten gegliederten westliche Hälfte unseres Erdtheils. Zu dem zwischen ihnen bestehenden Gegensatz der Umrisse tritt der des Reliefs. Der ein- förmigen sarmatischen Ebene steht im Westen Europas ein bunter Wechsel der Terrain-Formen auf kleinem Raum gegenüber, Die mäch- tige Mauer der Karpathen bildet eine scharfe westliche Grenze des sar- matischen Tieflandes, und die kaum 70 Meilen breite Ebene, welche ihren Nordrand von der Ostsee scheidet, wird durch die bescheidene Erhebung des polnischen Jurazuges noch weiter beschränkt. Der polnische Jura, die natürliche Ostgrenze Schlesiens, ist ein Stück der Scheidelinie zwischen der östlichen und westlichen Hälfte Europas. Die Einförmigkeit der einen und die Mannigfaltiskeit der anderen dehnt sich von den Formen des Landes auf seine ganze Natur-Ausstattung aus. Auf Russ- lands weiten Flächen entwickelt sich das Continental-Klima in harten Zügen, welche weiter nach Westen vollkommen verwischt werden durch den Einfluss des mit zahlreichen Armen in die Landmassen eingreifenden Meeres. Die sanften Uebergänge, welche die klimatischen Gegensätze zwischen West- und Ost-Europa vermitteln, scheinen nur einmal sich zu einem auffallenden Sprunge zu beschleunigen, in einer Region, die man deswegen als das Grenzgebiet des schon von der Meeresnähe beein- flussten und des reinen Binnenklimas in Europa bezeichnen kann. Zu diesem Grenzgebiete gehört, wie die meteorologischen Beobachtungen auf - unserem Breitengrade (Gent, Dresden, Breslau, Kreuzburg, Kursk, Samara, Uralsk) mit überraschender Evidenz lehren, auch Schlesien. Es ist ein Kampfplatz der grossen klimatischen Contraste des Atlantischen Oceans und der ungeheueren Continentalmassen im Osten. Die vollkommene Verschiedenheit der physischen Ausrüstung von West- und Ost-Europa hat einen scharfen Gegensatz der Bevölkerungs- und Cultur-Verhältnisse beider Gebiete erzeugt. Die Völkerwogen, welche Asien nach seinem Nachbar-Erdtheil herübersendete, rauschten stets in ungeschwächter Fülle, alles Vorhandene überwältigend, über die sarma- tischen Flächen hin, bis sie an den Karpathen ihre erste Stauung er- fuhren. Durch den complieirten Gebirgsbau West-Europas zur Theilung gezwungen, fanden sie nur in einzelnen Canälen, nicht mehr in ihrer Vollkraft, den Weg nach dem Ocean, den sie selten erreichten. Der Abschluss einzelner Länder, namentlich der südlichen Halbinseln, durch natürliche Bollwerke ermöglichte hier früh die Bildung selbständiger widerstandsfähiger Nationalitäten. 8o hat in dem reich gegliederten Westen Europas sich eine Mannigfaltigkeit der ethnographischen Ver- hältnisse entwickelt, welche dem Osten, wo jede neue siegreiche Völker- bewegung die Resultate der früheren verschlang, fremd ist. Dem ent- spricht die Verschiedenheit der Staatenbildung in den beiden Hälften unseres Erdtheils. Im Westen entwickelt sich eine grosse Staatenfamilie, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 325 - in der jedes Mitglied sich als ein selbständiges Individuum mit eigener Geschichte und eigener Zukunft fühlt. Die politische Signatur des Ostens ist der tyrannisch alle Individualitäten niederdrückende Einheitsstaat. Während im Laufe der Neuzeit die Völker West-Europas stete Fort- sehritte in der Ausbildung ihrer Originalität gemacht haben, hat die russische Nationalität mit Erfolg die Russifieirung der anderen Völker des Ostens, ihre Vereinigung in einer Sprache, einer Religion, einem Staat angestrebt. Russland gehört erst seit 1'/, Jahrhunderten zur euro- päischen Staaten-Familie und nimmt in ihr noch heut eine sehr exempte Stellung ein. Mit Asien, dessen Herrschaft es anstrebt, steht es ent- schieden in innigerem Zusammenhange als mit Europa, von welchem es sich durch eine unserer Cultur feindliche Zollgrenze abschliesst,. So zer- fällt unser Erdtheil in den verschiedensten Beziehungen in eine reich entwickelte westliche und eine sehr einförmige, noch unentwickelte öst- liche Hälfte. Die Grenzlinie, welche beide scheidet, ist die bedeutungs- vollste, die man innerhalb unseres Continents ziehen kann. An dieser Grenzlinie liegt Schlesien, eine Ostmark des echten Europa gegen Halb- Asien. Es ist Schlesiens welthistorischer Beruf, bald der friedliche Ver- mittler, bald der Kampfplatz und Kampfpreis der grossen Gegensätze des Ostens und Westens zu sein, die in ihm sich berühren. Doch wie Ein- schlag und Kette in einem Gewebe, so kreuzt sich mit diesem Beruf Schlesiens ein zweiter. Schlesien liegt zugleich an der wichtigen Grenz- scheide, welche, durch einen ansehnlichen Gebirgswall bezeichnet, die nördliche und südliche Hälfte Deutschlands trennt. Die Gegensätze zwischen ihnen sind seit jeher mächtig genug gewesen, die Einheit unseres Vaterlandes zu hindern. Besonders folgenreich war der Contrast des schwach gegliederten norddeutschen Flachlandes gegenüber dem von einem verwickelten Gebirgssystem in zahlreiche, von Natur selbständige Provinzen zerstückelten Süden. Der Einigung des Nordens standen ge- ringere physikalische Hindernisse entgegen. Es konnte hier, einmal er- wacht, das Streben zu engerem Zusammenschluss ohne, ja gegen den Süden leicht zum Siege gelangen. Der Norden und Süden Deutschlands blieben von alter Zeit einander fremder. Dem Lauf der grossen Ströme folgt der Blick des Binnenländers, wenn er nach einem Zugang zum Weltverkehr sich umsieht. Den Norddeutschen leitete dieser Blick nach der Nord- und Ostsee, den Süddeutschen führte die Donau nach dem Orient, die Etsch nach Italien. So divergiren seit lange die commer- ziellen und damit vielfach auch die politischen Interessen der beiden Hälften unseres Vaterlandes. Den Volkscharakter der Deutschen hat die Berührung mit den Süd- Slaven und Romanen im Süden gerade entgegengesetzt beeinflusst, als im Norden der Verkehr mit Briten und Skandinaviern. Dieser Gegensatz in der Entwickelung des Volksgeistes im Norden und Süden war sicher- 326 Jahres - Bericht lich nicht minder als der politische thätig bei der Stabilirung eines neuen Unterschiedes seit 3 Jahrhunderten: des religiösen. Die Gesammtheit des Antagonismus zwischen den beiden Hälften Deutschlands giebt der Grenz- linie zwischen ihnen eine beachtenswerthe historische Wichtigkeit. An ihr partieipirt auch unser Schlesien. Die ganze Geschichte unseres Landes erklärt sich aus seiner Lage, aus der Thatsache, dass seine Grenzsteine zugleich die von West- und Ost-Europa und von Nord- und Süd-Deutsch- land sind. An all’ den Frietionen, welche nationaler Rassenhass, poli- tische Rivalität, Intoleranz abweichender Religionen, Unterschiede der Culturstufe, eommerzielle Differenzen verschiedener Productions - Gebiete an den Grenzen der Haupttheile Europas und Deutschlands hervorgerufen, ist Schlesien immer unmittelbar betheiligt. Alle Kämpfe zwischen diesen feindseligen Gewalten haben auch auf Schlesiens Boden sich abgespielt auf Kosten der ruhigen inneren Entwickelung unseres Landes. Die wider- sprechenden, äusseren Einwirkungen der hier zusammenstossenden Gegen- sätze, die fast immer durch mächtige Staatswesen vertreten waren, be- sassen eine zu grosse Kraft, als dass mitten unter ihnen die Ausbildung einer unabhängigen starken Volks-Individualität möglich gewesen wäre. So hat Schlesien keine glanzvolle Geschichte selbständigen politischen Lebens, selbständiger Culturschöpfungen aufzuweisen. Jahrhunderte lang war sein Geschick ein Spielball mächtigerer Nachbaren. Niemals dauernd in der Lage, seine Unabhängigkeit zu behaupten, sucht es bald im Westen bei Deutschland, bald im Osten bei Polen, bald im Süden bei Böhmen oder gar bei Ungarn eine Anlehnung, bis es endlich zu dem Glück einer ruhigen kräftigen Verwerthung seiner reichen natürlichen Ausstattung gelangt in der Vereinigung mit dem Gebiete, zu welchem es natur- gemäss gehört. Zum Schlusse legte Herr Geheimrath Professor Dr. Göppert pflanzengeographische Karten Norwegens vor. Herr Professor Dr. Schübeler, Director des botanischen Gartens in Christiania, hat durch seine seit länger als 20 Jahren dort ununterbrochen fortgesetzten Forschungen uns nicht blos ein überaus treues Bild der Beschaffenheit der ursprünglichen Vegetation Norwegens, sondern auch genaue Einsicht über das Verhalten der Culturgewächse daselbst auf höchst dankenswerthe Weise verschafft, wovon der Vortragende durch Vorlage seiner Werke ein treues Bild zu geben versuchte. Als besonders ausgezeichnete Leistung sind noch die kolossalen, bis jetzt noch von keinem anderen Lande in so grossartigem Massstabe existirenden pflanzen- geographischen Karten dieses interessanten Landes zu betrachten, von welchen die eine ältere, nicht weniger als 2, m hoch und 2 m breit, alle Standorte der norwegischen Flora in loco natali angiebt, und die jüngste, auch 1, m hoch und 1 m breit, überdies auch noch alle aus- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 327 ländischen Gewächse umfasst, welche im ganzen Lande im Freien ge- deihen, entweder als einjährige ihren Lebenseyclus in einem Sommer vollenden oder perenniren und dann zum Theil im Winter leicht zu be- decken sind. Bei allen ist Rücksicht auf die Grenzen ihres Vorkommens und Gedeihens nach Zonen und Regionen genommen. Wenn ich noch anführe, dass der botanische Garten in Christiania einer der allerreichsten Europas ist, was auch viel weniger, als er es verdient, bekannt ist, so kann man sich leicht vorstellen, dass sich diese Beobachtungen auf viele Tausende von Gewächsen erstrecken und hier somit ein Material geboten wird, wie es bisher noch keinem pflanzengeographischen Werk zu Gebot stand, und von ihnen wie auch von der gesammten Klimatologie stets als eine der wichtigsten Fundgruben der arktischen Vegetation angesehen werden wird. In der Sitzung vom 6. November sprach Herr Gymnasiallehrer Dr. Lehmann über die Insel Rügen. Nach einem Ueberblick über den kartographischen Standpunkt schil- derte er den geologischen Bau, die horizontale und verticale Gliederung und den durch diese Verhältnisse bedingten landschaftlichen Charakter. Ein Vergleich der monatlichen Wärmemittel von Putbus mit denen einiger Stationen der norddeutschen Ebene und den bei Lohme auf Jas- mund beobachteten Wassertemperaturen ward einer Erörterung über Rügens Inselklima und den Einfluss desselben auf die Agrieultur zu Grunde gelegt. Auf Ackerbau und Viehzucht sind die Bewohner der fruchtbaren Insel, deren reich gegliederte Küste keinen guten Hafen hat und deren grössere Orte wie Bergen, Garz und Sagard völlig den Cha- rakter binnenländischer Marktflecken tragen, von der Natur hingewiesen; die Fischerei ist daneben von untergeordneter Bedeutung und erst west- lich von Rügen und an seiner westlichen unfruchtbareren Seite ist eine Heimath pommerscher Schiffer. Herr Professor Dr. Partsch berichtete über Gletscher-Spuren im Riesengebirge. Die sicheren Spuren der Existenz grosser Gletscher zur Diluvialzeit, welche man nicht nur in den Hochgebirgen, sondern auch in manchen Mittelgebirgen Europas, speciell in den Vogesen, seit lange kennt, machen es fast unzweifelhaft, dass auch auf dem Riesengebirge, das vor den Vogesen vielleicht schon damals eine bedeutendere Höhe, sicher aber eine nördlichere Lage und die Nachbarschaft eines kalten, von skandi- navischen Eisbergen durehschwärmten Meeres voraus hatte, in der Bis- zeit die klimatischen Bedingungen für die Bildung von Gletschern vor- handen waren. Dennoch ist von einer Bemühung, auf den Höhen unseres 328 Jahres - Bericht Gebirges Beweise für eine ehemalige Gletscher-Bedeckung zu ermitteln, bisher nichts bekannt geworden. Dem Vortragenden ist es nun geglückt, in den mächtigen, halbkreisförmigen Trümmerwällen, welche die Schnee- sruben nach unten abschliessen und ihre Wasser zu kleinen Teichen mit unsichtbarem Abfluss aufstauen, Stirn-Moränen zweier Gletscher zu er- kennen, welche ehemals aus den beiden Gruben mindestens bis zu einem Niveau von 1000 m über dem heutigen Meeresspiegel herabreichten und die Etappen ihres allmählichen Rückzuges durch diese zurückgelassenen Anhäufungen herabgeführter Gesteinsblöcke bezeichneten. Entscheidende Beweise für die glaciale Natur der Trümmerdämme in den Schneegruben liefert ihre Lage, ihre Gestalt, ihre Structur, bei dem der kleinen Grube noch das Vorkommen von Basalt-Blöcken an Punkten, nach welchen sie von ihrem Ursprungsort, der bekannten Basalt-Schlucht, weder durch unmittelbaren Fall noch durch Wassersgewalt, sondern nur durch Trans- port auf einem Gletscher gelangt sein können. Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der königlichen Universitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre 1878. Höhe des Barometers 453,62 Pariser F. = 147,35 m über dem Ostseespiegel bei Swinemünde. I. Barometerstand, li. Temperatur 1878. redueirt auf 0° R&aumur, der Luft in Graden, nach in Pariser Linien. Reaumur. f & . P 2 R nm = 5 un [eb) oe a 5 ENTER oe = 3 3=; = = 5 rg = 3 = 8 : 8 em 3 R D 7 = Wiege: a EEK E = wi = E Januar .... [12 337,67 |25 1323”, 63 [332,47 | 22 |+ 6°,8l10 11 | 80,5 0071 Februar ...|20| 337,83 |ı1 | 328.83 | 33434 | ı8 |+ 99] 4 |- 62+ 1,45 Be 4| 338.03 | 8| 320,60 | 330.05 | 30 |+ 1281 ı8.|— 81l+ 207 April...... 7| 333.85 | 1! 32377 | 581.05 | 15 \+166| 9 |-- 02|+ 7.68 Walser 17| 335,34 |25| 327,02 | -331.23 | ı9 |+ 239] 10 |+ 0,3|+ 10,86 mi 2. 26| 33471 |15| 326,19 | 331,82 |ı22030|+ 2301 3 |£ 5,8|+ 13,91 5 ee fe: 17 | 334,12 | 3] 328.40 | 330,93 23 |+ 24.5] 26 |+ 5,8|+ 13.29 August....|[18| 333.24 |15| 327.62 | 33065| 7 I+ 2421 23 |+ 5,8|+ 15,05 September . | 4| 335,77 |30| 328.23 | 332,05 15 |+ 22.2] 22 |+ 3,6/+ 12,84 October ...|14| 336,22 |23| 326,51 331,50 9 |+ 170) 31 |— 0,5|+ 8,64 November . [20| 337,58 |14| 325,32 | 350.13 | 27 I+ 1211 9 | 3,4l+ 3,38 December .|25| 335,90 \18) 324,80 | 329,15 | 31 |+ 73! 17 |- 10,8|— 1,01 1820,60 [331.28 |...... 2 sk Jahr | 4 ms |. al er) der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 3939 a III. Feuchtigkeit der Luft. IV. Wolken- 1878. a. Dunstdruck, b. Dunstsättigung, bildung und in Pariser Linien. in Procenten, Niederschläge. = 3 o.58 © © u = im. = 2 = = = s ı2,:© A2»S las 2 | 5 52|5|85 |E 18] 185° a3l2|13| 3 |8 |3[/2|2|3|8|=|3|# 1285 S| © 8 22 = & s|s|.e = &0 =: a Als A = AIsIA|r Tage. 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Westliche Windesrichtungen vorherrschend, hiernächst folgten SW, NW und N. Mittlere Richtung W. Februar. Der Wind wehte fast nur aus NW, W und SW. Mittlere berechnete Richtung WNW. März. Am häufigsten NW, hiernächst $S und W. Mittlere Richtung WNW. April. In diesem Monate waren SO und O über NW und W etwas überwiegend, bei geringer Windstärke während des ganzen Monates. Mittlere Richtung OSO. Mai. Auch in diesem Monate südöstliche Richtung vorherrschend, hier- nächst am häufigsten SW und W. Mittlere Richtung 8. Juni. Vorherrschend NW und W, hiernächst folgten NO, SO, N. Mitt- lere Richtung NW. Juli. Wiederum vorherrschend W und NW. Mittlere Richtung WNW. August. Häufigste Windesrichtung W, öfter auch SO. Berechnetes Mittel SW. September. Am häufigsten NW, hiernächst SO, W, S, SW. Mittel WSW. October. Am häufigsten $, hiernächst etwa gleich oft SW, W, NW, SO. Mittlere Richtung SSW. 22 330 Jahres - Bericht November. S und SO vorherrschend, nächst diesen am häufigsten SW und W. Mittlere Richtung SSW., December. Am häufigsten wurden W, SO und S beobachtet, hiernächst SW und NW. Mittlere Richtung SW. VI. Witterungs-Charakter. Januar. Der Luftdruck, obwohl stark auf- und absteigend, war im Mittel normal. Die Wärme überstieg den Mittelwerth um nahe 2°, jedoch mit geringen Schwankungen, die Feuchtigkeits-Ver- hältnisse waren normal. Das Wetter war anhaltend trübe, an 19 Tagen fiel Schnee, jedoch nicht in grossen Mengen. Februar. Die Witterung dieses Monates war eine sehr ungewöhnliche. Luftdruck, Wärme und Feuchtigkeit waren beträchtlich über dem Durchschnittswerthe, Niederschläge häufig, aber das Quantum derselben sehr gering, das Wetter anhaltend trübe. März. Nur am Anfang und Ende einige wärmere Tage, sonst vor- wiegend stürmisch mit vielen Schnee- und Regenschauern, so dass nur 9 Tage ohne Niederschläge waren. Das Quantum dieser überstieg den Mittelwerth. Wärme und Feuchtigkeit waren normal, der Luftdruck dagegen niedrig mit grossen Schwan- kungen, das Minimum vom 7. und 8. von heftigem und anhalten- dem Sturme begleitet. April. Das Wetter weniger wechselnd als sonst in diesem Monat, die Temperatur sehr stetig über dem Mittel. Die Niederschläge be- standen fast nur aus Regen, dessen Quantum aber das Doppelte des Durchschnittswerthes erreichte. Eine namhafte Anzahl warmer und heiterer Tage bewirkte ein frühzeitiges Vorschreiten der Vegetation und Belaubung der Bäume noch in diesem Monate. Mai. Luftdruck, Wärme, Feuchtigkeit und Niederschläge waren nahe normal. Der gesammte Charakter des Wetters zeichnete sich durch ungewöhnlich viele heitere und zum Theil warme Tage aus, entsprechend der südöstlichen Windrichtung. An 5 Tagen fanden Gewitter statt, am 30. mit starkem Regen verbunden. Juni. Luftdruck, Wärme und Feuchtigkeit nahe normal, die Regen- menge dagegen betrug nur die Hälfte des Mittelwerthes. Be- sonders trocken war die zweite Hälfte des Monats vom 18. ab- Entsprechend war die Himmelsbedeckung geringer als sonst. Juli. Auch in diesem Monate war das Quantum der Niederschläge gering, obwohl das Wetter bis zum 21. meist trübe, kalt und regnicht war. Die Wärme blieb 1° unter dem Mittel, auch der Luftdruck war vorherrschend niedrig. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 331 August. Der Luftdruck blieb fortdauernd niedrig, dagegen war die Wärme 1° über dem Mittel, obwohl oftmals raschen Schwan- kungen unterworfen. Die Regenmenge wiederum nur wenig über dem Mittelwerth. September. Das Wetter war grösstentheils warm und schön. Regen kam nur an 9 Tagen vor, im Betrage von nur ein Fünftheil des Mittelwerthes. Der Luftdruck Anfangs über, vom 13. ab fast stetig unter dem Mittel. October. Das Wetter blieb auch in diesem Monate meist noch warm und schön. In der zweiten Hälfte kam jedoch oft und viel Regen, bei fortdauernd niedrigem Luftdruck. November. Der Luftdruck war sehr stetig unter dem Mittel. Die Wärme war Änfangs unter dem Mittel, wurde dann aber am ‚Schlusse des Monates vom 25. bis 29. eine ungewöhnlich hohe. Das Quantum der Niederschläge war etwas unter dem Mittel. December. Der Luftdruck war in diesem Monate noch viel niedriger, in einem ganz ungewöhnlichen Masse. Die Temperatur war normal. Die Niederschläge, zum grösseren Theile aus Schnee bestehend, blieben wiederum unter dem Mittel. Feuchtigkeit, Bewölkung und mittlere Windrichtung waren normal. Druck von Grass, Barth & Comp, (W. Friedrich) in Breslau. tal re) N 5 ya Eh Bi 11% Nir- Be A iR slaun in io Zaire | can aoban Be all BE va Da u Ar v "drswlosi du * Ta 1 \ sing me athh w nd. TI ! A % Far | fi Aare Bl ton Br E Aa, ‚Rrintush Ha! Rn | h DT Ari Le? 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