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MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY.
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im Jahre 1899.
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Siebenundsiebzigster
Jahres-Bericht
Schlesischen Gesellschaft
für vaterländische Cultur.
Ben th 41-1
den Generalbericht überfdie Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft
im Jahre 1899.
Hierzu ein Ergänzungsheft bibliographischen Inhalts.
— >
\ Breslau. G. P. Aderholz’ Buchhandlung, 1900.
Inhalt des 77. Jahres-Berichtes.
Seite
Allgemeiner Bericht
über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1899, abgestattet vom zweiten General-Secretair, Geh. Medieinal-Professor Dr.
Ponte ars ac ER ARE ET er IRRcht..; 1 Benehianibercdier Bibliotheks... mie 2 nennt en 4 Bericht über das Herbar .............:... BROT A RAR Re 5 Bericht über die Kassenverwaltung im Jahre 1899..... ER ANNE SSR). 6 Verzeichniss sämmtlicher Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft für vater-
ländische "Oultur. ' Etatszeit 1900 u. 1901 ....... 2... 222.2... 4l. 2a... 7 Präsidium der Gesellschaft, Secretaire der Sectionen, Beamte ............... 7 Einheimische Mitglieder.... ... RE En E ke EN ETER. + 9 MuEyaeeuieliederis.. -sersceioe messen Eh ee 25 Ehrenmitglieder ............. SE SET RO EN ER TEEN BA VA 2.0 Barnespondiwende Mitgliedern =... 0... 2.0.0021 2 0 22 ei mel di. 30 Mitglieder der Section für Obst- und Gartenbau......... zu.er2 sneeueccn 13
I. Abtheilung: Mediein.
a. Sitzungen der medicinischen Section.
Adler: Eine Frau mit rechtsseitiger Drucklähmung der N. radialis...... ... 47 Andersch: Ein Präparat durch Laparatomie gewonnen ..........2...2... za Anschütz: Ueber primären Wundverschluss ohne Drainage..... -....... . 167 Asch, R.: Krankenvorstellung ........... ee ee 152 Bornstein: Eiweissmast und Muskelarbeit.......2................erncr.en. 69 Brieger: Ueber die Beziehungen der Rachenmandelhyperplasie zur Tuber- 2 euloserarn. ae. ee BE un ee late rel 1 Chotzen: Fall von Lupus erythematosus ........... 22... EEE EN) — Fall von Mycosis fungoides, Fall von Sycosis barbae ».... ............ 162 BnenstL- DebersSareomarlegstieumdutend.H 1 2 A LEN ED 111 E FVebersmuliiple,Embryome.......... Sal IR I 116
Dombrowsky: Hochgradige Verlagerung der Larynx durch eine Struma.... 39 Drehmann: Unblutige Methoden der Einrenkung congenitaler Hüft-Luxationen 99
np sb, a: Wall: von MiHliSo Cs. .nrennaheroseneageletetatesehaneinsesteat HABEN NMEFR. 32 Fraenkel: Experimente zur Herbeiführung der Unwegsamkeit der Eileiter.. 35 — Discussien zu diesem Vortrage......... Re DARIN NR Rass 48
— Ein Fall von eitriger Sinusthrombose......... or.sce000: A a IV
V Inhalts - Verzeichniss.
Seite Fromberg: Ein Fall von Cantharidinvergiftung . ... .ercreeeeceseenerenie. 128 Göppert: Krankenvorstellung (Hochstand der Scapula — Larynxresection ete.) 96 Gottstein: Zwei Fälle von Rectumamputation ....e...escesueceaaenennuenn 98 Hahn: Ein Fall von Echinococeus des Beckenbindegewebes.......... ne 100 2 Blasenstein umPRremdkörperse nr ee 103 Hasse: Ueber die Organisation des anatomischen Unterrichtes ............. 3 Heintze: Ein durch Trepanation geheilter Fall von subduralem Bluterguss ohne. Schädelbrach..r unse ee lern 147 — Ein geheilter Fall von acutem lithogenen Choladochusverschluss ...... 149 Henke: Ein Colloidecarcinom der Mamma und ein Carcinom der anderen Seite ohne colloide. Entartung.saa 0 ar an en 111 Henle: Demonstrationen. ar... Dee ee a 33 — Fall von Gastrostomie mit Pyloroplastik ........... a ee 39 — Fall von Rhino-Laryngosklerom und entfernte Fremdkörper aus der Tracheat. ar ara MERREIN e ENEEET 62 — Krankenvorstellung (Pharynxresection — Coxa vara adolescentium — Osteomalätie)... enter Pe ee ee ee 94 Demonstration (Lipom der Pia mater — Knochenbildung in der Trachea) 98 — Patientin, bei der 11/ja m Darm wegen Tuberculose entfernt........... 98 — Patient, bei dem die Lithotripsie misslang...............2cncccneecan 99 — Bin Präparat vonFEehinococeusrdersNieresen pe ee 105 Honigmann: Ein geheilter Fall von impermeabler Oesophagusstrietur ...... 41 — Ein Fall von spontaner Infraction des Unterschenkels infolge eines Gummasıme ee en ee a ee EEE TE 43
— Ein Fall von Exstirpation tali wegen subcutaner isolirter Talusluxation 143 Hübner: Fall von Prostatahypertrophie und ein Fall von Ulcus ventrieuli mit
seltener. hoealisation ...r. ee ee a EEE 35 Kaden:'Ueber Herzchirurgie ..... . 2.102. ra weh Re 62 Kast: Ein Fall von Sklerodermie................... BR ae De RE 125 Kayser: Ueber ein cavernöses Angiom im Nasenrachenraum ..............- 37 Kionka:. Zur PatholoziefderlGiche gen na ee ee 129 Klingmüller: Ein Fall von Leukämie mit Hauttumoren ..............22... 30 Kobrack: Demonstration eines Rhinolithen .... ..........s2ccnecnuncon ee Kühnau: Epidemie von Arsenikintoxication in Haynau .............2cc22... 126 Kümmel: Pathologisch-anatomische Demonstrationen (Syphilom der Nase —
ein Fall wahrer Perlgeschwulst des Mittelohres)...................... 57
— 3 Kranke (Radicaloperation wegen Mittelohreiterung) ................. 92 Küstner: Ein retroperitoneales Mixolipom............2cceenoeseeneneeennnn 34 — ÜUnber Aetiologie, Anatomte, Verlauf, Diagnose und Therapie der Extra- uterinschwangerschaft .... nl. ou. 2 sch 0 a en ES 36 —. Diseussion zu diesem Vortwage... ur rer ee 50 — „sterilisation wegen Pluthise ...%. 2.2.2.0 Selen ee BERNER N 121 — Quere Zerreissung der nicht graviden, nicht torquirten Tube.......... 122 — Operation des Üteruskarecinoms +... var Ar 123 Lappe: Eine Neurasthenie bei einem 18jährigen taubstummen Patienten..... 45 Lengemann: Ueber die Entstehung von Zell-Versehleppungen aus dem £ Knochenmark. n.x.. seen nee OR a Ma 76 Mahn: Fall von ’Aplasie der; Genitalien #1... 21.20... un arsokeen Een 38 — Fall von Tie rotatoire..... ...........000,2: A Men ae 39
Inhalts- Verzeichniss. V
Seite
Mahn: Ein Fall von Paralysis agitans und ein Fall von Atrophia muscularis ERRERESSIN a ee nennen en een SO 160. 161 Mann: Fall von hysterischer sensorischer Aphasia (Sprachtaubheit) ...... 2) v. Marschalko: Demonstration von Rhinosklerom-Präparaten .............» 21 Meilly: Zur Physiologie der Harnsäure ..........e..rc22200. ehe eh 55
Meyer, O.: Schwangerschaftsunterbrechung bei Retinitis albuminurica gravi- FEIN BR. Sc Dar LEADER ERSTELLER. LEREICHETE RER RN 64 Meyers Wal = kuberculose der Conjunctivan. ensure). ae. 67 v. Mikuliez: Operativ geheilter Fall von genuinem Basedow ............... 94 — Ueber einen grossen Lebertumor ....2..2.osseceneeeenseeesncnennnne 98 Monski: Kryptorchismus, Myositis ossificans traumatica brachiü sin.......... 38 — Eigenthümliche trophoneurotische Störungen ............... BEN. Se 108
— Ein Fall von ausgedehntem Unterlippen-, Unterkiefer- und Mundboden- AREINOTDE RR I TERN ENT RE BAD RDIMDERHR 156
— Osteoplastische Deckung eines grossen osteomyelitischen Defects der VIE 00 00.20 a UNE Br Ale Se OR 157 Moser: Tumor des Sinus frontalis .......-........ BER LOCH BÄREE 35 Nenninger: Ein Fall von Echinococcus der Leber ............222craesconn 128 Neissierse Ass Pabientin mit künstlicher Nase... une. e.onuseuneduaen., & — Ueber Quecksilber- und Jod-Anwendung in der Syphilistherapie ....... 4 Oppler: Ein Fall von Pankreas-Erkrankung............2--2220erolaesennnn 23 Ponfick: Ueber Myxödem und dessen Beziehungen zur Akromegalie........ 172 Beischkow2 Bin Rallıvon Paralisis agıtans. :- .. san. asus... nennt. 41
Reinbach: Die Erfolge der chirurgischen Behandlung bei Basedow’scher LERNENS, Soc CE RS EEE 169
Riegner: Ein geheilter Fall von vollständiger Lähmung beider Beine bei Rn SenenKyphoses. rl. fees neh a seekkerepe 0 144
— Ein Fall von operativer Beseitigung einer (scheinbar) impermeablen Neräfzunesstrietur der Speiseröhre ...... ...usu0.sanaane elle easeslume en 145 Ritter: Ein Fall von Tabes, der multiple Exostosen als Nebenbefund aufweist 139 Rosenfeld: Zu den Grundlagen der Entfeitungsmethoden ................ 62 Schäffer: Die Hautveränderungen bei der Arsenintoxication .....-....22... 126 Seite, 0 Kalle von Netritisdisseeans.- 24... ausm scisneeseiesiteroicbinde ers 106 Seal z3Shleredermie.der, Arme „i....u2. une neieehe nie Seel anal 125 Schwabe: Tumor laryngis — tubereulöse Mundgeschwüre. ...........2....: 162 Seydel: Patientin mit sehr ausgedehnten Gefässveränderungen ..........- =.67 Stern: Ueber traumatische Erkrankungen der Magenschleimhaut ............ 18
Stolper: Ein Fall von beiderseitigem Pes equinus......en.e2o-seceeeenene 105
— Ein geheilter Fall von Hepatitis gummosa et interstitialis hypertrophica 106 Thiemich: Ueber die Diagnose der Imbeeillität im frühen Kindesalter...... 166 Tietze: Blutig reponirte, veraltete traumatische Hüftgelenksluxation ........ 839 Uhthoff: Fall von syphilitischer Orbitalerkrankung............. ee D 16 — Zwei bemerkenswerthe Fälle von Magnetoperationen am Auge ........ 25 — Eine Patientin mit Blendungsretinitis centralis .......-.er.crencccren 64 — Fall mit den ausgesprochenen Symptomen der disseminirten Herdsklerose 124 —- Die Beeinflussung des centralen Sehens durch seitliche Blendung...... 128 — Ein Fall von Lymphombildung in der Conjunctiva bulbi et palpebrarum 139 Viertel: Fremdkörper der Blase — Prostatahypertrophie ......-........... 41
Winkler: Ueber primäre Knochenmarkgeschwülste .......<.rreeeseerereee: 79
VI Inhalts - Verzeichniss.
Seite
Wertheim: Ein Patient mit typischem Zenker’schen Pulsionsdivertikel des Qesophagus. nn en re 141 Witte: Ausgebreitetes Leukoderma syphiliticum bei einem Manne........... 40 Wodarz: Ein Kind mit operirtem Prolapsus recti..........e-unereesceneeee 164
b. Sitzungen der hygienischen Section. Cohn, H.: Ueber einen Lichtprüfer für Arbeitsplätze und über ein Täfelchen
zur Prüfung feinen Farbensinnes............... AN a0 7 Rosenfeld: Ueber vegetarische Ernährungsweise. .........r--22nee2nan00ce 5 Steuer: Zur Abwehr der Tuberculose...... re RER Be |
II. Abtheilung: Naturwissenschaften.
a. Sitzungen der naturwissenschaftlichen Section.
Abegg: Ueber dielektrische Messungen an Alkoholen bei sehr tiefen Tem- peratuten a. N EN EN NENNEN N ER 30
Abegg und Bose: Ueber den Einfluss eleichiamier Zusätze auf die elektro- motorische Kraft von Concentrationsketten und auf die Diffusions-
geschwindigkeit; Neutralsalzwirkungen.......e.z2.2222ceeecensnennene 35 Ahrens: Ueber alkoholische Gährung ohne Hefezellen........... ce 6 Franz: Ueber den Gebrauch der Fluthmesser und Fluthprognosen-Maschinen 5
— Ueber Inhrationen@des? Mondes-wrs. nee a en 33 — Ueber die neuen Instrumente der Breslauer Sternwarte. .......... ... 58 — Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der
Kgl. Universitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre 1899................ 66
Frech: Zur Geologie der Radstädter Tauern ..........-..... Ro 7 —#Geolozische Exeursionen inZSchlesien? 223.22 2.22 er 13 Grützner: Ueber eine Methode zur Werthbestimmung der Alkali-Persulfate
und des Wasserstoffsuperoxyds............ REINE EN ehe 56
Gürich: Eintheilung der Erzlagerstätten ..............-....... a SEE 3 — Ueber Festigkeitsuntersuchungen an natürlichen Bausteinen.......... ...30 — Das geologische Profil von Ebersdorf in der Grafschaft Glatz ......... 65
Herz: Ueber Gleichgewichtserscheinungen zwischen Mangan und Ammonsalzen 55 Küster: Ueber die Anwendung des Spiegel-Galvanometers als Indicator bei
Titrationen: 224.4... KA EP EEE ER N RER RER 9 — Die Elektrochemie als Hilfsmittel der ai chen Chemie! ur. 2i®. 4 Langenhan: Ueber einige Zechstein-Versteinerungen aus Schlesien ........ AA, Lindner: Ueber Peruanum, ein neues chemisches Element................. 32 Milch: Ueber die Krystallform des Columbits ..... ER ARE ee rn. 29 — Ueber dynamometamorphe Erscheinungen an einem skandinavischen Granitgneiss I I PETE EINE RE ERBE 64 Scholz, Max: Die quantitative Bestiihimehe der Alkaloide mittelst titrirter Jedlösung 2.0. MEDIEN MEERES EN NE ee 1 — Ueber die Einwirkung von 1.4 — Dibromiden auf Basen............ 25 — Ueberführung der Oxyme ungesättister Ketone und Piridinderivate..... 59, — Ueber sterische Hinderung chemischer Reactionen......-......-...... 93
b. Sitzungen der zoologisch-botanischen Section.
Brefeld: Ueber Brandpilze und Brandkrankheiten............... - ER 17 Dittrich; Einige hymenopterologische Mittheilungen............rsreruecce. 17
Inhalts - Verzeichniss. vi
Seite Fedde: Ueber die pflanzengeographische Verbreitung der Gattung Mahonia . 8 Gürich: Ueber Tentaculiten und Nowakien, fossile Röhrenthiere............ 32 Hioylsehter-217is. Dantordiae. Bak.. 2... mer ande a ae ae ae 7 Kükenthal: Conservirte Seethiere und die Methode der Conservirung....... 17 Merkel: Mittheilung aus dem Gebiet der Schlesischen Mollusken-Fauna ..... 3 — Schlesische Hieracien .. NE a Re, SE EL 6 Pax: Ueber Grecescu, Conspeetul florei Romanici............. zen 2200: & — Drei neue Euphorbiaceen-Gattungen aus Afrika..........ee.-ee...00 A Römer: Zoologische Forschungsreise nach Spitzbergen ......-..........- 32, Schube: Ergebnisse der Durchforschung der schlesischen Phanerogamen und Gekisskrypfosamentlora an Jahre 1899... 2. nn. nn ner aaaer:e. 35
— Ergebnisse der phänologischen Beobachtungen in Schlesien im Jahre 1899 53 _ Stutzer: Ueber Hyphomicrobium, einen neuen Mikroorganismus des Bodens 1
ec. Sitzungen der Section für Obst- und Gartenbau. Fedde: Ueber Symbiose zwischen Pflanzen und Thieren ................... 2
III. Abtheilung: Geschichte und Staatswissenschaften.
a. Sitzungen der historischen Section.
Kaufmann: Ueber Leopold v. Raute als Redacteur der historisch-politischen ZAeIlSEeHEIfl 4.2.2.2. es Karte SE OR A RER IE ER |
b. Sitzungen der staatswissenschaftlichen Section.
Heymann: Ueber die Formen des Realeredits nach dem neuen Reichsrechte 9 Kaufmann: Ueber den Schutz zerstreuter Urbarien und sonstiger Urkunden 1 Neisser: Ueber die geplante Reform der Invaliditäts- und Altersversicherung 3 Wolf: Ueber den gegenwärtigen Stand der Währungsfrage.................- 4
Nekrologe auf die im Jahre 1899 verstorbenen Mitglieder.
Berliner, Martin, Dr. med., praktischer Arzt in Breslau .................. | EaelesHermann.: Mentner in Breslau... 2... uu.snnse.2..es ER 1 v. Hellmann, Dr. jur., Stadtrath, Rittergutsbesitzer auf Dalkau ............ 1 RornlinamimesRe 1, Drei med. Sanıtarsrath in Görlitz ee nn. 3 Kreuschner, R. A., Kgl. Steuerrath und Hauptmann a. D................. 1 Buscher, Bel, Dr. med., praktischer Arzt... .. anno. eeazesneen Suse. 3 Menzel, Otto, Bergwerks- und Hüttendirector, Hauptmann a. D............. 3 Werke, Adolf, Hütten Inspector... 2...2.: a.enanronenameennannensnnennnne EG Niche, Edmund, früherer Apothekenbesitzer ........-....--eecceserrenorre 5 Pringsheim, Gustav, Dr. phil., Oberbergrath.........-.....s2rcercoccenns 6 v. Pückler-Burghaus, Graf Carl, Generallandschafts-Director, Excellenz... 7 Bilehnter Dr med. u, Saniıtätsrath.ın Breslau. a. een aeeleleee 8 are AA ee ET ERRRESN. 8 Schmidt, Siegismund, Gutsbesitzer in Nikolstadt .... ....-..e--rensrennno. 8 Troska, Albrecht, Dr. jur., Gerichts-Assessor a. D. .........-ererscererncn. 8 Tschackert, Wilhelm, Geheimer Regierungs- und Provinzial-Schulrath..... 9 Volz, Berthold, Dr. phil., Professor und Gymnasial-Director.........»..... 10
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ochlesische Gesellschait für vaterländische Gultur.
SICSR 2200) 77 Jahresbericht. Allgemeiner Bericht. 1899. &uc soRSR Br)
Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1899, abgestattet in der ordentlichen General-Versammlung am 22. December 1899 vom
Geh. Medicinalrath Professor Dr. Ponfick,
z. 7. zweitem General-Secretair.
In der ordentlichen General- Versammlung vom 17. December 1898 erstattete, nachdem die ordnungsmässige Einberufung der General-Versamm- lung durch die Schlesische und Breslauer Zeitung nachgewiesen worden war, der erste General-Secretair Staatsanwalt Dr. jur. Keil den General- bericht über die Thätigkeit der Gesellschaft im ersten Jahre der Etats- periode 1898/99.
Hieran schloss sich der Bericht des Banquier Albert Holz über die Richtigkeit der Kassenverwaltung seitens des Schatzmeisters Fabrikbesitzer und Handelsrichter Max Wiskott; es wurde demselben durch Erheben von den Plätzen Entlastung ertheilt.
Durch den Tod verlor die Gesellschaft im laufenden Jahre
von wirklichen einheimischen Mitgliedern die Herren: 1. Rentier H. Frank, 2. Apotheker E. Niche,
. Ober-Bergrath Dr. G. Pringsheim,
. Excellenz Graf von Pückler-Burghauss, Wirklichen Geh. Rath, General - Landschafts - Director, Ober - Mundschenk und Kgl. Kammerherr,
. Sanitätsrath Dr. med. Richter,
. Director A. Storch und
. Gymnasial-Director Professor Dr. Volz;
von wirklichen auswärtigen Mitgliedern
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die Herren: 1. Stadtrath Dr. jur. von Hellmann auf Schloss Dalkau, 9. Director Dr. med. Kahlbaum in Görlitz, 1899. rad
9) Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
3. Steuerrath Rudolph Kreuschner in Darmstadt, 4. Dr. med. Lissner, prakt. Arzt in Beuthen O./Schl., 5. Bergwerks-Director Menzel in Samuelglück O./Schl., 6. Gutsbesitzer Siegism. Schmidt in Nicolstadt, und 7. Gerichts-Assessor a. D. Dr. jur. Albrecht Troska in Leobschütz. Dagegen sind im Jahre 1899 aufgenommen worden als wirkliche einheimische Mitglieder die Herren: 1. Dr. med. Fritz Williger, Stabs- und Bataillonsarzt, . Dr. med. Alfred Goldschmidt, prakt. Arzt, . Oberlandes-Gerichtsrath Ernst Kruska, . Dr. med. August Most, prakt. Arzt, . Dr. phil. Richard Abegg, Universitäts-Professor, Dr; phil. Richard Foerster, Geh. Reg.-Rath und Universitäts- Professor, 7. Dr. phil. Emil Bose, Assistent am physikal. Institut, 8. Dr. med. Julius Mauch, Primärarzt, 9. Dr. med. Heinrich Friedländer, prakt. Arzt, 10. Dr. phil. Paul Neugebauer, Professor, 11. Dr. med. Robert Gaupp, prakt. Arzt, 12. Dr. med, Carl Kohleyss, Stabs- und Bataillonsarzt, 13. Dr. med. Curt Walter, Stabs- und Bataillonsarzt, 14. Dr. med. Otto Brumme, prakt. Arzt, 15. Dr. med. Fabian Kaliski, prakt. Arzt, 16. Dr. Ernst Meyer, Aichungs-Inspector, 17. Dr. med. Ismar Mühsam, prakt. Arzt, 18. Dr. phil. Oscar Brefeld, Geh. Regierungsrath und Universi- täts-Professor;
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als wirkliche auswärtige Mitglieder die Herren: | 1. Dr. med. Lewald, prakt. Arzt in Obernigk und 2. Dr. med. Alphons Hirschberg, prakt. Arzt in Dt.-Lissa. Zum correspondirenden Mitgliede wurde Herr Professor Dr. A. G. Nathorst, Director der phytopaläontolog. Abtheilung des naturhistorischen Reichsmuseums in Stockholm ernannt. Die Gesellschaft zählt mithin: 429 wirklich& einheimische Mitglieder, 145 wirkliche auswärtige Mitglieder, 25 Ehrenmitglieder und 119 correspondirende Mitglieder.
Die Section für Obst- und Gartenbau besteht für sich aus 127 Mit- gliedern.
Allgemeiner Bericht. 3
Im Laufe des Jahres haben drei Präsidial- und vier Directorial- Sitzungen stattgefunden.
In der Directorial-Sitzung vom 18. Februar 1899 wurde eine nach- richtliche Mittheilung über den Versuch des Ankaufs des Dominikaner- Klosters gemacht und der Tauschvertrag über das Herbarium Henschelianum vorgelegt. Den Schluss bildete eine Besprechung über die Wahl des Präses der Gesellschaft. Letzterer Punkt war auch Gegenstand der Directorial - Sitzungen vom 12. April 1899 und vom 31. Mai desselben Jahres.
In der Präsidial-Sitzung vom 12. April 1899 wurde beschlossen zur ‘ Fortsetzung und zum Schluss von „Professor Joseph Partsch, Literatur der Landes- und Volkskunde Schlesiens“ 600 Mark incl. Druckkosten zu bewilligen, Ferner wurden Fabrikbesitzer und Handelsrichter Max Wiskott als Delegirter und Geh. Medicinalrath Professor Dr. Ponfick als dessen Stellvertreter für das Curatorium des Schlesischen Museums der bildenden Künste für das Jahr 1899 gewählt. Auch wurden die Kosten zur Druck- legung der Denkschrift über die Bildung einer historischen Commission bewilligt, desgleichen 300 Mark dem Professor Dr, phil. Bauch hier als Beihilfe zu einer wissenschaftlichen Reise.
In der Präsidial-Sitzung vom 21. November 1399 berichtete der stell- vertretende Vorsitzende Oberbürgermeister Dr. G. Bender über die Aus- sichtslosigkeit des Planes, in dem Dominikaner-Kloster Unterkunft für die Gesellschaft zu erlangen, dagegen stehen der Gesellschaft Räume zu Vor- trägen in dem Gebäude der Realschule I zur Verfügung. Herr Max Wiskott theilt mit, dass ein grosser Saal im Neuen Palast-Restaurant der Gesellschaft ‚jeden Freitag für 40 Mark Miethe angeboten worden und das Präsidium nimmt diesen Vorschlag mit Vorbehalt an. Schliesslich ermächtigt das Präsidium den Ausschuss, dass er ein bleibendes Heim zu schaffen strebe, sei es im Vereinshause, sei es als selbstständiges Unternehmen, Noch wird mitgetheilt, dass die Gesellschaftsräume vom 8.—18. December einem Comite zu einer Geweih- und Gehörn-Ausstellung überlassen werden.
Der Gesellschaft ist auch in diesem Jahre seitens des Provinzial-Land- tages von Schlesien eine Beihilfe zur Förderung ihrer wissenschaftlichen Bestrebungen von 3000 Mark und der Section für Obst- und Gartenbau eine solche von 1650 Mark gewährt worden.
Ueber die Thätigkeit der einzelnen Sectionen berichten die Herren Secretaire Nachstehendes:
Die medicinische Section hielt im Jahre 1899 18 Sitzungen und 5 klinische Abende ab. Es wurden für die Etatsperiode 1900/1901 7 Secretaire gewählt. Als erster Secretair, zugleich als Vorsitzender der Section wurde Herr Geh. Medicinalrath Professor Dr. Neisser und als dessen Stellvertreter Herr Geh. Medicinal- 1%
A Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
rath Professor Dr. von Mikulicz-Radecky gewählt. Ferner wurden gewählt die Herren Dr. med. S. Asch sen., Prosector Professor Dr. @. Born, Professor Dr. Buchwald, Generaloberarzt Dr. Meilly und Geh. Medicinalrath Professor Dr. Ponfick.
Die hygienische Section hielt im Jahre 1899 3 Sitzungen. Zu Secretairen für die Etatsperiode 1900/1901 wurden gewählt die Herren Professor Dr. Jacobi, Professor Dr. Herm. Cohn und Sanitäts. rath und Stadtrath Dr. Steuer.
Die naturwissenschaftliche Section hıelt im Jahre 1899 8 Sitzungen ab.
Zu Secretairen wurden für die Etatsperiode 1900/1901 die Herren Geh. Regierungsrath Professor Dr. Th. Poleck und Professor Dr. Hintze wiedergewählt.
Die zoologisch-botanische Section hielt im Jahre 1899 7 Sitzungen.
Zu Secretairen für die Etatsperiode 1900/1901 wurden die Herren Professor Dr. Ferd. Pax und Professor Dr. Kükenthal wiedergewählt. Die historische Section
hielt im Jahre 1899 2 Sitzungen.
Zu Secretairen für die Etatsperiode 1900/1901 wurden gewählt die Herren Geh. Regierungsrath Professor Dr. Reimann, Professor Dr. G. Kaufmann und Professor Dr. Krebs.
Die Section für Staats- und Rechtswissenschaften hielt im Jahre 1899 4 Sitzungen.
Zu Secretairen für die Etätsperiode 1900/1901 Ya die Herren Staatsanwaltschaftsrath Dr. jur. Keil, Reichsbank-Director Mannowsky, Professor Dr. J. Wolf und Banquier Albert Holz wiedergewählt.
Die Section für Obst- und Gartenbau hielt im Jahre 1899 5 Sitzungen.
Als Secretair für die Etatsperiode 1900/1901 wurde Herr Kaufmann und Handelsrichter Paul Riemann und als dessen Stellvertreter der Königliche Garteninspector Herr J. Hoelscher gewählt, als Verwaltungs- vorstand die Herren Verlagsbuchhändler Max Müller, Apotheker Mortimer Scholtz und Obergärtner Schütze.
Bericht über die Bibliothek.
Die im Laufe des Jahres 1899 der Gesellschaft durch Schriftentausch
und Geschenke zugegangenen Schriften wurden gebucht und an vier Ter-
minen der Königlichen und Universitäts-Bibliothek zur Aufbewahrung und Verwaltung übergeben:
Allgemeiner Bericht.
OT
1. am 27. April 1899 von Nr. 7129—7322,
9. am 4. Juli 1899 von Nr. 7323—7470,
3. am 26. October 1899 von Nr. 7471—7631 und 4. am 15. Februar 1900 von Nr. 7632—7778,.
Als Vertreter der Königlichen und Universitäts-Bibliothek fungirten ad 1 u. 2 Herr Hilfsbibliothekar Dr. Schultz und ad 3 u. 4 Herr Oberbibliothekar Professor Dr. de Boor.
Als Geschenkgeber haben sich in diesem Jahre um die Bibliothek ver- dient gemacht der Magistrat hiesiger Königlichen Haupt- und Residenzstadt, die Herren Verlagsbuchhändler Ernst Trewendt und Max Müller von _ hier, ferner die Herren Freiherr von Fircks in Berlin und Fabrik- direetor Krieg in Eichberg. Allen sei hiermit verbindlichster Dank ab- gestattet.
Dem Schriftenaustausch sind im Jahre 1899 beigetreten 1. The Geological Society of Amerika in New-York, 2. Societe Centrale d’Horticultare du Nord in Lille, 3. Verein für innere Mediecin in Berlin.
Breslau, am 20. Februar 1900. G. Limpricht.
Bericht über das Herbar der Gesellschaft.
Nachdem der im vorigen Jahre von dem Unterzeichneten beantragte Austausch des Herbarium generale der Gesellschaft gegen das Herbarium silesiacum des hiesigen Botanischen Gartens von der Gesellschaft beschlossen und nach erfolgter ministerieller Zustimmung durchgeführt worden war, wurden von ihm drei grosse staubsichere Schränke zur Unterbringung des neuen Besitzes der Gesellschaft angeschafft, denen einige weitere je nach Bedarf folgen sollen, wenn das Einordnen des älteren Herb. silesiacum weiter vorgeschritten sein wird. Leider erfuhr die bereits begonnene Durcharbeitung des letzteren eine unvorgesehene Unterbrechung durch die in Folge der Kündigung eingetretene Nothwendigkeit, die bisherigen Räum- lichkeiten aufzugeben. Da indess der Director des Botanischen Gartens bereitwilligst die nöthigen Räume zur Unterbringung und Bearbeitung des Materials für einige Jahre zur Verfügung gestellt hat und die Ueberführung dahin durch den Unterzeichneten bereits bewerkstelligt ist, so dürfte es im Laufe von etwa zwei Jahren gelingen, dasselbe vollkommen geordnet zu sehen. Hoffentlich kann dasselbe dann auch bald in eigenen Räumen der Gesellschaft aufgestellt und einer ausgiebigeren Benützung zugänglich gemacht werden.
Breslau, den 1, December 1899. Th. Schube.
6 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Bericht über die Kassenverwaltung im Jahre 1899.
Zu dem Bestande Ende 1898 von. . „. . . 2... .1048,55 Mk. traten an Einnahmen im vergangenen Jahre . . . . .„. 1044235 = 11 490,90 Mk. wogegen veraussabi wurden 202 on nn N leere sosdasswemn@llleberschuss von 2 22 ea 358,13 Mk. verblieb. .
Aus den Erträgen konnten 3000 Mk. Schles. 4°, Boden-Credit-Pfand- briefe angeschafft werden, so dass sich das Effecten-Conto per 1. Januar 1900 auf 59 200 Mk. belief.
Das Vermögen der Gesellschaft hat sich sonach um 2 309,58 Mk. ver- mehrt und beträgt mithin im Ganzen 59 558,13 Mk.
Breslau, den 12. April 1900.
Max Wiskott, z. Zt. Schatzmeister.
Kassen-A bschluss
Allgemeine Kasse.
Einnahme. An Bestand aus dem Jahre 1898 An Zinsen von Werthpapieren:
pro I. Semester . „el
7°, Dividende von 300 4 Schles. Bank-Vereins-Antheile pro 1897 u. 98
Zinsen aus dem Depöt bei der städtischen Bank
An Beiträgen einheimischer Mitglieder:
pro I, Semester von 403 Mitgliedern a 5 .#M
” „ ” bB) A EE) a 10 M . ” 99 „ ” 5) „ a 4,50 M ” 2 „ „ 1 „ 9 NM . „ I. 9 ” 400 „ a h) NM a 4 8 a 450 M
An Beiträgen auswärtiger Mitglieder:
von 136 Mitgliedern a 6 M pro anno.
An Jahresbeitrag des Provinzialausschusses .
nn = des Magistrats zu Breslau .
An Miethsbeitrag des Vereins für Geschichte und Alterthum
An aussergewöhnlichen Einnahmen:
Zahlung der Aderholz’schen Buchhandlung
Entschädigung für Heizung u. Beleuchtung während der Geweih-Ausstellung
Neu erworbene Werthpapiere:
3000 A 4%, Schlesische Bodencredit-Pfandbriefe
Breslau, den 23. Mai 1900.
. 156200
3000
MG m m
59200
Baar M a 1048 | 55 874 88 874 87 MN — 120 | 35 MD 10 — 29 50 9 — 2000 — 22 | 50 82a — 3000 | — 2300, 8 100, 2 69 95 ia 11490 , 90
ML Baar papiere Allgemeine Kasse. “la % Ausgabe.
Für Miethe an den Verein christl. Kaufleute incl, Wassergeld . . . . er 1860 | — » Llonoraresunde Kenuneratinnen Zr ge „ Gehalt-an#den Castellan 1.0.0 Sr en N 1200, — „» Pension an Frau Reisler ee me H ur 150.2 „ Unterstützung an Castellan Kräusel” SH a ea ee |): 50, „ Heizung. | Re ee ee DE ar waren Deentirch 919% | 57 „„ Beleuchtung . . a Re RT a a 983 | 65 „ Unterhaltung des Mobiliar 2 re arena leisten hans 49 65 „ ‚schreib-Bedürnisse ma ar ee ee a = 60 15 m Zeitungs-Inserateg: „= u re Den 2 eentema a ahe: ct 142 | 80 > Druckkosten 77 ee Na 9464 | 31 „ Anschaffung von Bileharn und Inn ee N ee Br ale 199 | 55 „ eBuchbinder-Arbeitent. San tee SM ee en 144 | 67 „BortoAuslagen. 2, va an en re een el ale 226 | 62 „, Kleine Ausgaben . . . . | 215 45 „ Zinsen an Castellan Kraus für s seine teile Be a {0 „ gekaufte nom. 3000 Mark 4 °/), Schles. Bodencredit-Pfandbrife . .| -- 3100 95
Beihilfestürskorschuüngen an, ProfessorsG Bauch a 300 | 40
BiesivandLamssichlussierdese kahmess 18:99 77 Eee 358 | 13
Werthpapiere: |
31, b Preuss. consol., Staatsanlehe . 2 2 2 77772°.2 127900 | an Sn aSchlesisches Piandbriete 22 2273752, 277 27222121000 | >, „ cn ee | 3ue0ı Rosener fandbrieter sur D...2 2202000 er 2 2000 | Schlesisches Bankveneins-Antheile 300 | Aus Schlesische Kentenbrieter a ee 300 | 4 %, Sehlesische Bodeneredit-Pfandbriefe . . . . 2... „| 6200 | 3%/, %, Schlesische Bodencredit-Pfandbriefe . . . . . . .][ 1500 Breslauer Vereinshays-Anthele ©» - © ©. © 2 2.2.2... .] 10000 Neu erworben: 4%, Schlesische Bodeneredit-Pfandhriefe . . » » 2... 3000 3 0) 11490 | 90
Max Wiskott, z. Z. Schatzmeister der Gesellschaft. Geprüft und mit den Belägen richtig befunden: Albert Holz, z. Z. Revisior der Gesellschaft.
Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben der Allgemeinen Kasse für die Jahre 1900 und 1901.
Il.
v1.
1900 1901
Einnahmen. Mark. Mark. Zinsen von Werthpapieren ..........---erereererenenes 1800 1800
Beiträge: ASEnheimischer ee ee ee 4180 4180 bs Auswärtige. uam a monkunen euren een een: 840 840 Beitrag des Provinzial-Ausschusses jährlich............... 3000 3000 Jahresbeitrag des Magistrats .......--»-.cerreneneneenen 300 300 Miethe vom Verein für Geschichte und Alterthum Schlesiens 100 100 Aussergewöhnliche Einnahmen........ VE RE 50 50 | Summa der Einnahmen 10270 10270
Breslau, den 28. December 1899.
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Ausgraben. I Meine. ee ke U] Verswungen ae er III. | Gehalt dem Castellan und Pension IV. | Neujahrsgeschenke......... Val RürzHeizung 0... 0.2. vl. Zar elchtumere er VII. | Unterhaltung der Mobilien, Neu-Anschaffungen... VIM. | Für Schreibbedarf ........ IX. | Zeitungs-Annoncen........ 4 Druelkkasten 2 ee XI. | Buchbinderarbeiten .. i Kulsaı PRonte .. 2: a Re XII. | Kleine Ausgaben ......... XIV. | Für verschiedene Sectionen Xva Bibliolhek .. „see XVI. | Unvorhergesehene Ausgaben
Summa der Ausgaben
Das Präsidium der Sehlesischen Gesellschaft für vaterländische Gultur. R. Foerster, 6. Bender, Ponfick,
Präses. Vice-Präses. General-Secr.
F. Pax,
M. Wiskott,
zweiter General-Secr, Schatzmeister.
9129
Kassen - Abschluss der Beetion für Obst- und Gartenbau für das Jahr 1899,
ei Baar Baar Einnahmen. ala 8 Ausgaben, Br ue areshe An Vortsesansahechnuns Sle9as ren ee ee 57600 | 5565 Für den Garten: | Gärfner-Gehalt. 2 re wer nee, 2 | ‚„,„ Mitglieder-Beiträgen: 377 Ahreitslchner 0 23 % | Au tale un Pe Er Dungstoffe . . . . a ee EINER | 1 Beitrag für 1900. . . . a ” » Wildlinge, ne a ll Garten - Erzeugnissen: Baulichkeiten, Utensilien etc. . . 2. ......839%6 „AB „ » E ; 3 Ruhegehalt, St Kortizeteiade ger Verkaufte Baumschul-Artikel. . . ...... . 1554 M 15 A Sea: En zen er 6370 | 49 Verkauttesatemüse, (Obstzeten 6 1821 denlBesezirkelr ‚„ Subventionen: Colponiagen Ds Sal ee 10 MN Subvention des Schlesischen Provinzial-Ausschusses 1650 Buchbinderarbeit, an IE 20005 | Journal>Abonnemente (DE „ Zinsen: Etiketten etc 8: 30% ;, 198 | 06 3Y, %, vom 1.10. 1898 bis 30./9. 1899 von 1800 A Preuss. Consols . . . BE M— % „ Insgemein: | 4 %, vom 1./10. 1898 bis 30./9. 1899 von 3000 M | Gratis-Sämereien-Vertheilung.. . . . Il 50 | Schles. Bodencredit-Pfandbriefe Ser. V . . . 120 „ — „ | Antheil an den Kosten des Tab ebenreht: ee zer | 3), % vom 1./10. 1898 bis 30./9. 1899 von | Bohrungen nzRleifendoren sn Er zi2e, 10, | 2000 #4 Schles. Bodencredit-Pfandbriefe Ser. IV 70 „ — ,„ | Ehrenpreise, Beiträge, Inserate, Porti etc. .. . 21l „ 04 „ 548 | 49 3Y, °%, von 1899 von 3800 4 Preussische | See merseo | Consols conv.. . . 1335, — , | Cassa-Bestand im Vortrage 3795 | 40 31, I yon 1899 von 11 000 "u Sohlas Bon | | a Demilheiste Sas 385 ee | Effecten-Bestand im Vortrage: 4 %), von 1899 von 8000 nn Schles. eseneredit. Antheilschein Breslauer \oreuusbaus TER 2000 M — % Bfandbriefe Ser. II 2 222: som a En Prreussischetonsolseu 2 20 22 2 1S00 2, 4 %, von 1899 von 3000 M Schles. ndkanneilh: | 34, %%, Preussische Consols convertirt . . SKIN m Biandbriefe Ser \ 222. Dos. 5 | 3Y, %, Schles. Bodencredit-Pfandbriefe Ser. I. 11000 „ — „ 3 %, von 1899 von 3000 M Se Pfand. | 4 °, Schles. Bodencredit-Pfandbriefe Ser. II ss 80002747, biete N ee, | 31, % Sechles. Bodencredit-Pfandbriefe Ser. IV 2000 „ — , Zinsen vom 1./12. 1898 bis 30.111. 1899 des | 4 %, Schles. Bodencredit-Pfandbriefe Ser; IV 2 730007, ==, Rechnungsbuches der Schles. landschaftlichen | 4 %, Schles. Bodencredit-Pfandbriefe Ser. V. . 3000 „ — ,„ Ban ee ee 15, ,,, 1450 3%, Schlesische Pfandbriefe . . . .» . .» » . 3000 „ — »„ [37600 „, Lesezirkel: A BeiträgentuzlS99 7a 32 HM 2 nn AD — 3: | I9Beiteassfürzl 3000. By 22. 2 2 Bra Seen 45 | || 37600 } 10912 37600 | 10912. 44
Max Müller, z. Z. Kassenvorsteher der Section für Obst- und Gartenbau.
un en Desert ra, Geprüft und richtig befunden: Mortimer Scholz, Jul Schütze.
Verzeichniss
sämmtlicher
Mitglieder der Schiesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur.
Für die Etatszeit von 1900 und 1901.
Die römischen Ziffern hinter den Namen bezeichnen die Sectionen (I. die medi- einische, II. die hygienische, III. die naturwissenschaftliche, IV. die zoologisch- botanische, V. die historische, VI. die Section für Staats- und Rechtswissenschaft, VII. die philologisch - archäologische Section, VII. die Section für Obsl- und Gartenbau, denen die betreffenden Herren beigetreten sind. Die Sitzungen der einzelnen Sectionen werden jedesmal durch die Zeitungen bekannt gemacht; übrigens haben nach $ 5 der Statuten alle Mitglieder der Gesellschaft das Recht an denselben theilzunehmen.
Präsidium der Geselischaft.
A. Vollziehender Ausschuss. Herr Geheimer Regierungsrath, Professor Dr. phil. Richard Foerster, Präses, — Oberbürgermeister Dr. G. Bender, Vice-Präses. — dGeheimer Medieinalrath, Professor Dr. Ponfick, General-Secretair. — Universitäts-Professor Dr. phil. Ferd. Pax, stellvertretender General- Secretair. — Handelsrichter und Fabrikbesitzer Max Wiskott, Schatzmeister.
B. Direetoren. Herr Förster, Dr., Geheimer Medicinalrath und Professor. — Grempler, Dr., Geheimer Sanitätsrath. —- Grünhagen, Dr., Geheimer Archivrath und Professor. — von Haugwitz, Rüdiger, Regierungs- und Curatorialrath. — Körner, Th., Dr. med., Sanitätsrath. — Milch, H., Stadtrath, Director.
S
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Herr
von Mikulicz-Radecki, Dr. med., Geheimer Medicinalrath und Professor.
Müller, J., Stadtrath.
Partsch, Joseph, Dr. phil., Universitäts-Professor, z. Zt. Rector der Universität.
Poleck, Th., Dr., Geheimer Regierungsrath und Professor.
C. Secretaire der Sectionen.
Asch, S., sen., Dr. med., Secretair der medic. Section.
Born, Dr., Professor und Prosector, Secretair der medic. Section.
Buchwald, Dr., Professor, Primärarzt, Secretair der medie. Section.
Cohn, Hermann, Dr., Professor, Secretair der hygien. Section.
Foerster, Richard, Dr. phil., Professor, Secretair der philologisch- archäologischen Section.
Hintze, Dr., Professor, Secretair der naturwissenschaftl. Section.
Holz, Albert, Banquier, Secretair der Section für Staats- und Rechtswissenschaften.
Jacobi, Dr., Professor, Sanitätsrath, Königlicher Polizei - Stadt- Physikus von Breslau, Secretair der hygienischen Section.
Kaufmann, Dr. phil., Universitäts-Professor, Secretair der histor. Section.
Krebs, Dr., Professor, Secretair der historischen Section.
Kükenthal, Dr. phil., Professor, Secretair der zoologisch-botanischen Section.
Leonhard, Dr., Geheimer Justizrath und Professor, Secretair der Section für Staats- und Rechtswissenschaften.
Mannowsky, Reichsbank -Director, Secretair der Section für Staats- und Rechtswissenschaften.
Meilly, Dr. med., Generaloberarzt, Secretair der medic. Section.
von Mikulicz-Radecki, Dr., Geheimer Medicinalrath und Professor, stellvertretender Vorsitzender der medicinischen Section.
Neisser, Dr. med., Professor, Geheimer Medicinalrath, Vorsitzender der medieinischen Section.
Norden, Dr. phil., Universitäts-Professor, Secretair der philologisch- archäologischen Section.
Pax, Ferdinand, Dr. phil,, Professor, Secretair der zoologisch- botanischen Section.
Poleck, Th., Dr., Geh. Regierungsrath und Professor, Secretair der naturwissenschaftlichen Section.
Ponfick, Dr., Geheimer Medicinalrath und Professor, Secretair der‘ medicinischen Section.
Riemann, Paul, Kaufmann und Handelsrichter, Secretair der Section für Obst- und Gartenbau.
Mitglieder -Verzeichniss. 9
Herr Steuer, Dr. med., Sanitätsrath und Stadtrath, Secretair der hygienischen Section.
— Wolf, J, Dr., Professor, Secretair der Section für Staats- und Rechtswissenschaft.
D. Als Rechnungs -Revisor: Herr Holz, Albert, Banquier.
E. Für die Bibliothek und die Museen.
Herr Limpricht, Oberlehrer an der evang. Realschule II, Custos der Bibliothek.
— Schube, Dr., Professor, Oberlehrer am Realgymnasium am Zwinger, Custos der Herbarien und der naturwissenschaftl. Sammlungen.
Beamte: Kreusel, Castellan, Weidenstrasse 35, I.
Die Bibliothek ist jeden Mittwoch von 3—5 Uhr, das Herbarium jeden Donnerstag von 3—5 Uhr Nachmittags geöffnet. (Im botanischen Garten.)
A. Wirkliche einheimische Mitglieder.
1. Herr Abegg, Richard, Dr. phil., Universitäts-Professor, III. IV. 1899, Kaiser Wilhelmstr. 70.
2. — Abicht, Rudolf, Dr, phil., Pastor und Lector an der Universität, V. VII. 1900, Elbinsstr. 1.
3. — Adler, A., Dr. med., I. II. 1892, Neue Schweidnitzerstr. 13.
4. — Agath, Georg, Kaufmann, II. VIl. 1891, Höfchenerweg, Agath’sche Villa. |
5. — Ahrens, F., Dr. phil., Univers.-Professor, III. 1892, Moltkestr. 15.
. — Alexander, Dr. med., Professor, I. II. 1885, Bahnhofstr. 7.
1. — Alexander, Dr., Reg.- und Medicinalrath, I. II. III. IV. 1895, Paradiesstr. 14a.
8. — Alexander, Carl, Dr. med., I. II. III. 1895, Ring 28.
9. — Asch, S., sen., Dr. med., I. Il. 1857, Klosterstr. 1.
10. — Asch, Robert, Dr. med., Primärarzt, I. II. 1890, Gartenstr, 9.
11. — Auhagen, Otto, Dr, phil., Universitäts-Professor, II. II. V. VI. 1897, Garvestr. 2.
12. — Auras, R., Stadtrath, II. II. IV. -1892, Zimmerstr. 5/7.
13. ’Baenitz, C., Dr. phil, Privatgelehrter, I. Il. IV. 1895,
Marienstr. 1f.
— Barthel, Carl, Dr. med., I. 1897, Kaiser Wilhelmstr. 61.
— Bartsch, M., Landgerichts-Präsident, V. VI, 1896, Höfchen- platz 12.
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
16. Herr
Baum, H., Redacteur und Rittergutsbes., III. VI. 1839, Kaiser Wilhelmstr. 12.
Baumm, P., Dr. med., Director der Provinzial -Hebammen- Lehranstalt, I. II. VII. 1895, Kronprinzenstr. 23/25.
Bauch, G., Dr. phil., Professor, Oberlehrer, V. 1883, Ohlau- ufer 32a.
Beck, Arthur, Kaufmann, VI. 1893, Neue Taschenstr. 31.
Becker, Robert, Museums-Bibliothekar, V. 1886, Berlinerstr. 56a. Behnsch, Reinhold, Rentier, II. IV. VII. 1897, Kronprinzen- strasse 54.
Bender, G., Dr., Oberbürgermeister, II. V. VI. 1891, Rosen- thalerstrasse 14. \
Berliner, Max, Dr. med., I. II. 1898, Agnesstr. 7.
Beyer, Paul, Dr., Oberlehrer am Elisabeth - Gymnasium, II. 1897, Matthiasplatz 15.
Bielschowsky, Emil, Dr. med., I. II. 1889, Neue Schweid- nitzerstr. 4.
Biernacki, Geh. Justizrath, IV. VII. 1892, Monhauptstr. 18. Blankenheim, H., Apotheker, II. III. 1893, Monhauptstr. 1a. Bluhm, W., Apotheker, II. III. IV. 1875, Tauentzienstr. 32b. Bobertag, Dr. phil., Professor, Oberlehrer, V. 1872, Lehm- damm 60.
Bobrecker, G., Dr. med., I. II. 1896, Matthiasplatz 15. Bodmann, Hermann, Pianist und Director, IV. 1895, Schuh- brücke 78.
Böhme, Dr. med., Generalarzt 1. Kl. des VI. Armee-Corps, I. II. IV. V. 1893, Kaiser Wilhelmstr. 106. Boenninghaus, G., Dr. med., I. I, 1895, Ohlauerstr. 83. Bonhoeffer, C., Dr. med., Privatdocent, I. II. 1898, Bis- marckstr. 2.
Böttner, F. Dr. phil, Professor, Oberlehrer, V. 1893, Breitestr. 19.
Bogatsch, Adolf, Dr. med., I. II. 1897, Kaiser Wilhelmstr. 25. Born, Dr. med., Professor und Prosector, I. IV. 1875, Zimmerstr. 5/7. Fe
Bose, Emil, Dr. phil., Assistent am physikalischen Institut, II. IV. 1899, Schmiedebrücke 35.
Braem, F.,.Dr. phil., Privatdocent, III. IV. 1895, Brefeld, Oskar, Dr. phil, Geh Regierungsrath und Professor, Director des pflanzenphysiologischen Instituts, II. IV. 1899, Nikolaistadtgraben 7.
Brieger, Oscar, Dr. med., Primärarzt, I. I. 1892, Königs- platz 2.
Mitglieder- Verzeichniss. 11
42. Herr Bröer, Max, Dr. med., Sanitätsrath, I. II. IH. 1874, Carlspl. 3.
43. AU,
45.
46. 47. 48. 49,
50. 51. 52. BR 54, 95.
96. 51.
58. 59.
60.
61.
Brössling, C., Stadtrath, VI. 1896, Ohlauufer 6.
Bruck, Julius, Dr. med., Univers.-Professor, I. II. III. 1871, Schweidnitzerstr. 27.
Bruck, Walter, Dr. chir. dent., prakt. Zahnarzt, I. III. 1897, Schweidnitzerstr. 27.
Bruck, Leonh., Banquier, VI. 1880, N. Schweidnitzerstr. 4. Brumme, Otto, Dr. med., I. II. 1899, Moltkestr. 12. Büchler, Oskar, Dr. med., III. 1885, Gartenstr. 50/52. Buchwald, Dr. med., Professor, Primärarzt, I. II. IV. 1878, Neudorfstr. 5.
Buchardt, Dr. med., Sanitätsrath, I. 1I. 1873, Forcken- beckstr. 11. ; Burgfeld, Louis, Rentier, Ill. V. 1892, Tauentzienplatz 8. Callomon, P., Dr. med., I. II. 1893, Paulstr. 19.
Caro, Georg, Dr. jur., 'Commerzienrath, VI. 1877, Berlin. Caro, Siegmund, Dr. med., Geheimer Sanitätsrath, I. II. 1868, Gartenstr. 50.
Caro, Jacob, Dr. phil., Universitäts-Professor, V. 1886, Kaiser Wilhelmstr. 97.
Chotzen, M., Dr. med., I. II. 1888, Tauentzienplatz 1b. Cohn, Hermann, Dr. med. et phil., Universitäts-Professor, I. II. III. 1864, Schweidnitzerstadtgraben 25.
Cohn, Richard, Dr. med., I. II. III. V. 1897, Moltkestr. 8. Courant, Georg, Dr. med., I. II. III. V. 1895, Gartenstr. 62. Cramer, Ernst, Dr. med.. I, II, III. 1892, Zimmerstr. 8. Cramer, E., Geheimer Regierungs- und Baurath a. D, ). III. IV. V. VIII. 1893, Palmstr. 23.
Creutzberger, $., Dr. med., I. II. IV. 1892, Höfchenstr. 12. Croce, Richard, Dr. med., I. II. 1894, Paulstr. 11.
Czerny, A., Dr. med., Professor, Director der Universitäts- Klinik für Kinderkrankheiten, I. I. 1895, Gr. Feldstr. 16. Deutschländer, Ernst, Dr. med., I. II. 1899, Telegraphen- strasse 9.
Dienstfertig, Eugen, Dr. med., I. I. 1897, Schuhbrücke 53. Dirlam, Oskar, Amtsrichter, V. VI. 1897, Charlottenstr. 6. Dittrich, Fürstbischöfl. Ober-Consistorialrath, V. VI. 1863, Domplatz 2.
Dittrich, C., Dr. med,, Sanitätsrath, I. Il. 1893, Gr. Feld- strasse 8.
Dittrich, Rudolph, Professor, Oberlehrer, IV. VII. 1896, Scheitnigerstr. 51.
Dresdner, M., Dr. med., I. II. III. 1893, Scheitnigerstr. 9.
12 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur,
72. Herr Drewitz, Richard, Dr. med., Primärarzt, I. II. 1898, Neue Taschenstr. 21.
73. — Dyhrenfurth, Dr. med., I. II. 1879, Matthiasplatz 17.
74. — Eckardt, Paul, Dr. med., I. II. IV. 1895, Alexanderstr. 2.
75. — Eckhardt, Wilhelm, Stadtrath, IV. VI. VII. 1879, Parkstr. 8.
76. — Ehrlich, Tingen, Kaufmann, D. III. IV. VH, 1879, Schweid- nitzerstadtgraben 16.
77. — Ehrlich, J., Kaufmann, II. IH. IV. VI. 1889, Kaiser Wilhelm- strasse 99.
78. — Moriz-Eichborn, Eduard, Dr. jur., VL VII. 1900, Tele- graphenstr. 3.
79. — Moritz-Eichborn, Kurt, Dr. phil, VI. VII 1900, Tele- graphenstr. 3.
80. — Eicke, Dr. med., Sanitätsrath, Besitzer einer Irren- Anstalt, I.
II. 1881, in Pöpelwitz.
81. — Eidam, Eduard, Dr. phil., Professor, Director, IH. IV. 1875, Matthiasplatz 6.
82. — Eitner, Eugen, Kaufmann, III. IV. 1895, Gr. Feldstr. 11e.
83. — Elias, Dr. med., Geheimer Sanitätsrath, I. II. 1875, Kaiser Wilhelmstr. 18.
84. — Engel, Herm., Dr. med., I. II. 1894, Klosterstr. 7.
85. — Ephraim, A. Dr. med., I. II. 1895, N. Schweidnitzerstr. 5.
86. — Epstein, Eugen, Dr. med., I. II. III. 1897, Ring 30.
87. — Epstein, Ferd,, Dr. med., I. 1I. 1898, Albrechtsstr. 51.
85. — Fedde, Friedr., Dr. phil., II. IV. VIII, 1898, Nikolaistadtgr. 24.
89. — Fiegler, Hubert, Dr. med., I. II. 1898, Grünstr. 30.
90. — Filehne, Dr. med., Professor, Director des pharmakologischen Instituts, I. II. 1886, Breitestr. 26.
91. — Fischer, B., Dr. phil., Director, II. III. 1892, Paulstr. 38.
92. — Flatau, A., Gerichts-Assessor, II. V. VI. 1897, Tauentzienpl. 16.
93. — Flügge, Dr. med., Geh. Medicinalrath, Professor, Director des hygienischen Instituts, I. II. III. 1887, Thiergartenstr. 74,
94. — Förster, Dr. med., Geh. Medicinalrath und Professor, I. I. IH. 1855, Kaiser Wilhelmstr. 48/50.
95. — Foerster, Richard, Dr. phil.. Geheimer Regierunesraih und Professor, V. VII. 1899, Sadowastr. 34.
9%. — Foitzick, M., Geh. Bergrath, III. IV. V. 1890, Moritzstr. 13.
97. — Fränkel, Ernst, Dr. med., Univers.-Professor, I. II. 1871, Tauentzienstr. 67.
98. — Fränkel, Gustav, Dr. med., Sanitätsrath, I. II. 1874, Tauentzienstr. 6b.
99. — Fraenkel, Ludwig, Dr. med., I. II. IH. IV. 1896, Tauentzien-
strasse 67.
Mitglieder -Verzeichniss. 13
100. Herr Franz, J., Dr. phil., Professor, Director der Kgl. Universitäts- Sternwarte, III. 1897, Moltkestr. 7.
101. — Frech, F., Dr. phil., Professor, Director des paläontologischen Instituts, III. IV. 1893, Neudorfstr, 41.
102. — Freudenthal, M,, Dr. med., I. I. IH. 1897, Schweidnitzer- strasse 52.
103. — Freund, C. S., Dr. med. I. II. III. 1889, Schweidnitzer- stadtgraben 21
104. — Freund, Geh. Justizrath, Rechtsanwalt und Notar, Stadt- verordnetenvorsteher, V. VI. 1865, Schweidnitzerstadtgr. 20.
105. — Freund, J., Dr. jur, Amtsgerichtsrath, IL V. VI. 1894, Kaiser Wilhelmstr. 68.
106. — Freund, P., Br., prakt. Zahnarzt, 1. II. IIL IV. 1894, Neue Schweidnitzerstr. 12.
107. — Friedländer, Heinrich, Dr. med., I. II. 1899, Kaiser Wilhelm- strasse 2.
108, — Friedländer, Martin, Dr. med., I. II. 1899, Ring 5.
109. — Fridrichowicz, Apotheker, III. IV. 1888, Scheitnigerstr. 44,
110. — Friedenthal, A., Kaufmann, VI. 1887, Salvatorplatz 8.
111. — Friese, F,, Stadt-Bau-Inspector, I. I. III. 1894, Goethestr. 8,
112. — Fritsch, Medicinal-Assessor, II. III. V. 1887, Kaiser Wilhelm- strasse 95.
113. — Gärtner, G., Dr. phil., Professor, Oberlehrer an der Königl. Öberrealschule III. V. VII. 1900, Monhauptstr. 16,
114. — Gaupp, Robert, Dr. med., I. U. 1899, Agnesstr. 9.
115. — Geisler, C., Dr. phil., II. VI. 1894, Körnerstr. 4.
116. — Gellner, Dr. med., Oberstabsarzt und Kreiswundarzt, I. II. III. IV. 1892, Schuhbrücke 36.
117. — Ginsbers, S., Dr. med., I. II. 1893, Kaiser Wilhelmstr. 3.
118. — Goldschmidt, Michael, Rentier, VI, VII. 1870, Palmstr. 19.
119. — Goldschmidt, Alfred, Dr. med., I. II, 1898, Schmiede-
brücke 50,
120. — Goldstein, A., Kaufmann, V. VI. 1889, Kaiser Wilhelm- strasse 66.
121. — Goldstein, J., Kaufmann, V. VI. 1889, Kaiser Wilhelm- strasse 66.
1922. —. Gottstein, Leo, Dr. phil., General-Director, III. IV. VI. 1899, Höfchenplatz 5.
123, — Grempler, Dr. med, et phil., Geh. Sanitätsrath, I. 1854, Gartenstr. 46.
124. — Groche, M., prakt. Stenograph, V. VI. 1892, Klosterstr. 6.
125. — Groenouw, A., Dr. med., Professor, I. II. III. IV. 1893,
CGarlsstr. 1.
14
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
126. Herr Grosser, W,., Dr, phil., Assistent am botan. Garten III. IV. 1898.
Martinistr. 8. Grosspietsch, J., Commissionsrath und Hoflieferant, V. VI. 1887, Schweidnitzerstadtgr. 22. Grünberg, J., Dr. med., I. II. 1896, Enderstr. 21, Grünhagen, Dr. phil.,, Geh. Archivrath und Professor, V. VI. 1851, Neue Taschenstr. 17. Grünhagen, Wilh,, Rentier, II. III. IV. V. 1881, Char- lottenstr. 18. Grüttner, Oskar, Kaufmann, V. VI. VII. 1883, Ring 41. Grüttner, Richard, Kaufmann, II. 1896, Blumenstr. 6. Grützner, General-Landsch.-Syndikus, V. VI. 1892, Taschen- strasse 18. Grund, F. W., Fabrikdirector, IL II. V. VL 1897, Strie- gauer Chaussee 3. Grund, Max, Kaufmann, VI. 1880, Kaiser Wilhelmstr. 22, Grundmann, G., Dr. phil., III. 1897, Gellhornstr. 4. Gürich, | G., Dr. phil, Professor Il. IV. 1895, Neue- Matthiasstr. 8. Guhrauer, Leopold, Dr. med., I. II. 1895, Zimmerstr. 23. Haber, Siegfried, Kaufmann, H. V. VI. VII. 1887, Neue gasse 13a. Härtel, H., Fabrikant chirurg. Instrumente, I. I. 1873, Thier- gartenstrasse 63. Härtel, G., Bandagist, I. Il. 1856, Albrechtsstr. 37. Hahn, Alfred, Dr. med., I. H. 1990, Augustastr. 91. Hamburger, E., Dr. med., I. I. 1895, Junkernstr. 7. Hancke, Dr. jur., Rechtsanwalt, VI, 1890, Tauentzien- platz 11. Hannes, Dr. med., I. II. 1873, Albrechtsstr. 30. Harttung, W., Dr. med., Primärarzt, I. II. 1897, Garten- strasse 69. von Haugwitz, Rüdiger, Regierungs- und Curatorialrath, II. IV. VI. 1892, Matthiasplatz 7. Hecke, Oscar, Dr. med., Sanitätsrath, I. 1880, Blumenstr. 4. Heckel, Hans, Dr. med., I. II. V. 1895. Gartenstr. 31. Heilborn, Max, Dr. med,, I. II. 1876, Junkernstr. 12. Heilbrun, $8., Dr. med., I. II. 1892, Gräbschnerstr. 3. Heimann, Dr. med., I. U. 1877, Telegraphenstrasse 7. Heimann, Geh. Commerzienrath und Banquier, VI. 1885,’ Ring 33. Heimann, G., Dr. jur., Kaufmann, V. VI. 1897, Scheitniger Park.
Mitglieder-Verzeichniss. 15
155. Herr Heintz, Arnold, Dr. phil., Fabrikdirector, I. III, IV. 1893,
174, 179. 176. 107.
22648, 179. 180. [&1.
Kaiser Wilhelmstr. 27.
Heintze, Carl, Dr. med., Primärarzt, I. I. IH. 1898, Museumsplatz 8.
Henke, Dr. med., Privatdocent, I. II. 1900, Lützowstr. 4. Henle, Adolf, Dr. med,, Privatdocent, I. 1897, Thiergarten- strasse 72.
Hensel, Paul, Stadtgerichtsrath a. D., IH. V. VI. 1877, Garvestr. 16.
Herrmann, E., Dr. med., I. I. II. IV. 1894, Friedrich- Wilhelmsstr. 76.
Herz, Hans, Dr. med., I. II. III. 1896, Gartenstr. 71. Heydweiller, A., Dr. phil., Universitäts-Professor, II. IIL IV. V. 1895, Moritzstr. 7.
Hilgers, Dr. med,, Badearzt, I. I. 1887, Striegauer Chaussee 3.
Hintze, Dr. phil., Professor, Director des mineral. Museums, II. III. IV. 1887, Moltkestr. 5.
Hirt, Ludwig, Dr. med., Univers. - Professor, I. II. 1871, Museumsplatz 3. Hoelscher, J., Königl. Garten-Inspector, IV. VI. 1896, Sternstr. 23. Holdefleisss, Dr. phil., Professor, Director des landwirth- schaftlichen Instituts, II. III. IV. 1879, Rosenthalerstr. 1d. Holz, Albert, Banquier, V. VI. 1887, Kürassierstr. 1.
- Honigmann, Dr. jur., Rechtsanwalt, VI. 1887, Carlsstr. 28.
Horn, J., Dr. med., I. II. III. 1900, Königsstr. 1.
Hürthle, Dr. med., Professor, Director des physiologischen Instituts, IL. II. III. IV. 1893, Maxstr. 10.
Hulwa, Franz, Dr. phil, Profesor, I. II. VI. 1871, Tauentzienstr. 68.
Jacobi, J., Dr. med., Professor, Sanitätsrath, Polizei-Stadt- Physikus, I. II. 1874, Moltkestr. 18.
Jänicke, Arthur, Dr. med., Primärarzt, I. II. 1880, Gartenstr.73; Illner, R., Dr. med., I. II. 1894, Friedrich-Wilhelmsstr. 2a. Joachim, A., Dr. med., I. I. 1876, Alexanderstr. 21. Jonas, V., Dr. phil., Zahnarzt, I. I, II. IV. 1893, Neue Taschenstr. 1a.
Jttmann, Ludwig, Dr. med., I. II. 1895, Ring 52.
Jünger, Buchhändler, IH. IV. VI. 1884, Vorderbleiche 10. Juliusburger, Eduard, Dr. med., I. II. 1374, Gartenstr. 93. Junger, Ernst, Gärtnereibesitzer, IV. VII. 1872, Lehm- damm 34.
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
182. Herr
Jungmann, Dr. med., I. II. 1894, Tauentzienstr. 6a.
Just, Emil, Apotheker, III. IV. 1893, Matthiasplatz 20. Kahleyss, C., Dr. med., Stabs- und Bataillonsarzt I. II. II. 1899, Victoriastr. 34.
Kaliski, Fabian, Dr. med., I. II. II. 1899, Gartenstr. 28. Kamm, M., Dr. med., I. II. III. 1890, Matthiasstr. 9.
— Karpel, Max, Dr. med, I. I II. V. 1897, Friedrich-
Wilhelmsstr. 59.
— Kast, Dr. med., Geheimer Medicinalrath, Professor, Director
der medicinischen Klinik und Poliklinik, I. I, III. 1892, Neue Taschenstr. 32.
Kaufmann, Georg, Dr. phil., Universitäts-Professor, V. VI. 1885, Rosenthalerstr. 1d.
Kauffmann, S., Kaufmann und Fabrikbesitzer, VI. 1887, Tauentzienplatz 3a.
Kayser, R., Dr. med., I. II. VI. 1384, Höfchenstr. 12.
Keil, Fr., Geh. Baurath, VI. 1892, Lothringerstr. 11. Kemna, Fritz, Fabrikbesitzer, VI. 1899, Höfchenplatz 3. Kempner, Dr. med., Sanitätsrath, I. II. 1873, Tauentzien- platz 15.
Kiesewalter, Dr. med., Oberstabsarzt I. Klasse u. Regiments- arzt, 1. I. III. 1892, Margarethenstr. 6.
Kionka, H., Dr. med., Privatdocent, I. IV. 1887, Marien- strasse 1f. |
Kirchner, Dr. med., Generalarzt a. D., I. II. 1892, Kaiser Wilhelmstr. 118.
Kirsch, Oberst z. D., II. 1885, Moritzstr. 25.
Kobrak, Georg, Dr. med., I. II, 1892, Königsplatz 7.
Koch, Max, Dr. phil., Universitäts-Professor, V. VI. 1900, Museumsplatz 10. | 7 Köbner, Hugo, Dr. med., I. II. 1880, Schweidnitzerstr. 9. Körber, W,, Dr. phil., Gymnasial-Oberlehrer, Professor, V. 1883, Palmstr. 10.
Körner, Theodor, Dr. med., Sanitätsrath, I IH. 1875, Claassenstr. 7,
Körner, Paul, Fabrikbesitzer, II. 1335, Kaiser Wilhelmstr. 42. Koessler, Hugo, Amtsrichter, III, V. VI. 1397, Augustastr. 83. Kohn, Richard, Dr. med., I. II. 1854, Telegraphenstr. 9. Kohn, S., Dr. ımed., I. II. III. 1893, Neue Graupenstr. 17. Kolaezek, Dr. med., Universitäts-Professor, 1. II. 1875, ' Kaiser Wilhelmstr. 105.
- Kolbenach, F., Staatsanwaltschaftsrath und erster Staatsanwalt
VI. 1888, Nikolaistadtgr. 25.
Mitglieder -Verzeichniss. 17
210. Herr Kopisch, Stadtrath und Kaufmann, IH. IV. VI. 1889, Klosterstrasse 51.
211. — von Korn, H., Dr., Stadtältester und Verlagsbuchhändler, IV. VI. 1853, Schweidnitzerstr. 47/48.
212. — Krause, Robert, Dr. med., I. II. 1890, Ring 26.
213. — Krause, Max, Dr. med., I. II. 1894, Bohrauerstr. 12,
214. — Krebs, Dr. phil., Professor, Oberlehrer, V. 1873, Charlotten- strasse 1,
915. — Krienes, Hans, Dr. med., Ober-Stabsarzt und Privatdocent,
I. II. IH. 1893, Augustastr, 74. 216. — Krull, Rudolf, Apotheker, II. III. IV. VII. 1897, Gneisenau-
platzen. 217. — Kruska, Ernst, Oberlandes-Gerichtsrath, V. VI, 1899, Augusta- strasse 74. 218. — Kükenthal, Dr. phil., Professor, Director des zoologischen
Instituts, III. IV. 1898, Bismarckstr. 19. 219. — Kümmel, W., Dr. med., Professor, I. IV. 1395, Thiergarten- strasse 93.
220. — Küstner, Dr. med., Geheimer Medicinalrath, und Professor, Director der Geburtshilflichen Kltnik, I. IH. II. 1893, Max- strasse 5.
921. — Kuhn, Leo, Dr. med,, I. II. 1895, Sonnenstr. 28.
222. — Kurella, H., Dr. med., Primärarzt, I. II. 1895, Ohlauer- stadtgraben 24.
9223. — Kutzleb, D. phil, Oekonomierath, IH. IV, VI. VI. 1888, Matthiasplatz 6.
9224, — Kuznitzky, Dr. med., I. U. III. VI. 1892, Salvatorplatz 3/4.
9925. — Ladenburg, Dr. phil. et med., Geheimer Regierungsrath, Pro-
fessor, Director des chem, Instituts, II. III. VI. 1889, Kaiser Wilhelmstr. 108.
926. — Lange, Dr. med., Geh. Sanitätsrath, I. 1853, Sternstr. 54.
9227. — Landmann, Dr. med., I. II. 1890, Tauentzienstr. 10.
998. — Landsberg, P., Dr, med., I. II. 1892, Gneisenaustr. 2.
229. — Lasch, Otto, Dr. med., I. II. 1895, Ohlauerstr. 45. <
230. — Lasinski, Dr. med., Sanitätsrath, I. II. 1874, N. Taschen- strasse 23.
931. — Lasker, M. Dr. med. I. I. 1892, Schweidnitzerstadt- graben 20.
23%. — Ledermann, Louis, Königl. Commerzienrath I. III. VII. 1898, Kleinburg.
233. — Ledermann, Bernhard, Dr. phil., Fabrikbesitzer, II. III. VI. 1898, Herdain.
934. — Legal, Emmo, Dr. med., I. II. 1898, Brandenburgerstr. 58.
1899. 2
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
18
935: Herr Leonhard, ...R.,) Dr. "phil, 7,10.) TV. 1893) 7 Schiller- strasse 28.
236. — Leonhard, Dr., Geh. Justizrath u. Professor, V. VI. 1897, Kleinburg, Lindenallee 49.
237. — Lesser, Adolf, Dr. med., Professor, Stadt-Physikus, I. I. 1836, Kaiser Wilhelmstr. 80.
238. — Limpricht, G. Realschul-Oberlehrer, IV. 1877, Palmstr. 29.
239. — Lipmann, Ernst, Dr. jur., V. VI. 1895, Kaiser Wilhelmstr. 43.
240. — von Lippa, Lazer, Reg.-Assessor, U. VI. 1893, Kaiser Wilhelmstr. 88/90.
241. — Loebinger, Edwin, Dr. med., I. I. II. IV. 1895, Neue Taschenstrasse 13.
242. — Loeschmann, E,, Dr. phil., II. IV. 1894, Sternstr. 17.
243. — Loeser, Dr. med., Kreis-Physikus a. D., I. I. II. IV. 1895, Gartenstrasse 80.
244. — Loewenhardt, Felix, Dr. med., I. II. III. 1892, Carlsstr. 1.
245. — London, Franz, Dr. phil., Professor, III. 1897, Moritzstr. 33.
246. — London, S. Privatier, II. IV. VII. 1900, Kronprinzenstr. 73.
247. — Lüdecke, Carl, Dr. phil., Universitäts-Professor, III. IV. 1898, Monhauptstr. 1c.
248. — Lühe, W., Amtsgerichtsrath, V. VI. 1884, Elsasserstr. 14.
249. — Lustig, Georg, Dr. med., I. II. III. 1897, Klosterstr. 11.
250. — Magnus, Hugo, Dr. med., Univers.-Professor, I. II. 1882, Gartenstr. 96. 251. — Malachowski, E., Dr. med,, I. II. 1839, Tauentzienplatz 11. 252. — Mann, L., Dr. med., Privatdocent, I. I. III. 1897, Moltke- strasse 10. 253. — Mannowsky, Reichsbank-Director, I. II. VI. 1891, Wall- strasse 11. t
254. — Marcus, M., Verlagsbuchhändler, V. VI. | 1900, Kaiser Wilhelmstrasse 8. Pr
255. — Markgraf, Dr. phil., Professor, Director der Stadt-Bibliothek, V., 1865, Rossmarkt 7/9.
256. — Martins, O., Dr. med., I. II. 1894, Gartenstr. 68.
257. — Martini, Dr. med. et phil., Sanitätsrath, I. II. III. 1871 Taschenstr. 25.
258. — Martius, Georg, Stadtrath, V. VI. 1887, Vorweıksstr. 29.
259. — Masner, Carl, Dr., Director des schles. Museums für Kunst. gewerbe und Alterthümer, V. VII. 1900, Lothringerstr, 7.
260. — Graf von Matuschka, Königl. Forstmeister a. D,, V. VI. 1872, An der Kreuzkirche 4.
261. — Mauch, J,, Dr. med., Primärarzt, I. II. III. 1899, Garten-
strasse 75.
Mitglieder -Verzeichniss. 19
262. 263. 264. 265. 266. 267.
268,
‚285.
286.
Herr May, Paul, Dr. med., Primärarzt, I. I. Ill. 1897, Tele- graphenstr. 3.
— Meilly, Dr. med., Generaloberarzt, I. II. III. 1892, Elsasser- strasse 12.
— Meitzen, W,., Geh. Bergrath a. D,, IIL. IV. V. 1892, Neue Taschenstrasse 5.
— Merkel, E., Realgymnasiallehrer, III. IV. 1884, Thiergarten- strasse 43.
— Methner, Alf.,, Dr. med., dirigirender Arzt bei Bethanien, I. II. III. 1891, Tauentzienplatz 7.
— Meyer, O.E., Dr. phil., Geh. Regierungsrath, Professor und Director des physikal. Cabinets, III. 1878, Schuhbrücke 38/39.
— Meyer, Ernst, Dr. phil., Aichamts-Inspector, IH. IV., Vor- werksstrasse 10. ;
— von Mikuliez-Radecki, Dr. med., Geheimer Medicinalrath und Professor, Director der chirurgischen Klinik, I, I. I, 1890, Auenstrasse 32.
— Milch, Ludwig, Dr. phil., Privatdocent, IH. IV. 1892, Kaiser Wilhelmstr. 58.
— Milch, Benno, Commissionsrath und Director der Breslauer Baubank, III. IV. VI. VII. 1893, Holteistr. 44.
— Milch, H,, Stadtrath, Director, II. VI. 1893, Tauentzienpl. 12.
— Miehle, F., Apotheker, II. III. 1896, Friedr.-Carlstr. 95.
— Moeser, Alfred, Kaufmann, III, VI. 1896, Tauentzienstr. 9
— Molinari, Leo, Geh. Commerzienrath, italienischer Consul, V. VI, 1888, Kaiser Wilhelmstr. 113.
— Most, August, Dr. med. I. II. 1899, Gneisenauplatz 4.
— Müller, Max, Verlagsbuchhändler, IV. VII. 1869, Teichstr. 8.
— Müller, Julius, Stadtrath, I. I. IH. 1873, Königsplatz 4.
— Müller, C. F. W., Dr. phil., Universitäts-Professor V. VIII 1900, Monhauptstr. 9.
— Müller, Paul, Dr. med., I. V. 1897, Garvestr. 28.
— Mühsam, J., Dr. med., I. II. 1899, Alsenstr. 20.
— Mugdan, Joachim, Kaufmann, II. V. VI. 1877, Ring 49. 5
— Neefe, Dr. phil., Director des städt. stat. Amts, II. V. VI 1887, Klosterstr. 69.
— Nehring, Dr. phil., Geh. Regierungsratli und Professor V. VII. 1900, Sternstr. 22.
— Neisser, Albert, Dr. med., Geh. Medicinalrath und Professor, Direetor der Univers.-Klinik für Hautkrankheiten, I. II, IV, 1882, Fürstenstr. 112,
— Neisser, Gust., Dr., Rechtsanwalt, VI. 1895, Brandenburger- strasse 50.
9#
20
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
287. Herr Nesemann, Dr. med., Sanitätsrath und Bez.-Physikus, I. I.
III. 1891, Moritzstr. 18. Neugebauer, Paul, Dr. phil., Professor, II. IV. 1899, Mon- hauptstr. 24. Neumann, O., Major z. D., III. VI, 1894, Kaiser Wilhelm- strasse 93. Neumeister, Dr. med., I. II. 1873, Klosterstr. 8. Neustadt, L., Dr. phil, I. V. VI. 1887, Schweidnitzerstr. 31. Nieberding, Robert, Dr. phil., Provinzial-Schulrath, V. VIH, 1900, Charlottenstr. 20. Niche, Alfons, Dr. med., Primärarzt, I. II. II. IV. 1896, Tauentzienplatz 9. Nitsche, J., Dr. med., Sanitätsrath, I. II. III. 1893, Augusta- strasse 56. ; Nitschke, Th., Kaufmann, III. 1889, Moritzstr. 24. Noack, L., Landesrath, V. VI. 1896, Kaiser Wilhelmstr. 44, Norden, Eduard, Dr. phil., Universitäts-Professor, V, VIH. 1900, Alexanderstr. 23. Opitz, Otto, Kaufmann und Fahrikbesitzer, II. IH. 1888, Ohlauerstadtgraben 20. Oppler, B., Dr. med., I. II. 1894, Museumsplatz 10. Oppler, Paul, Dr. med., I. U. 1897, Gartenstr. 30. Otto, August, Dr. phil., II. IV. 1900, Thiergartenstr. 16. Partsch, Carl, Dr. med., Univers.-Professor, Director des zahn- ärztlichen Instituts, I. I. 1880, Gartenstr. 103. Partsch, J., Dr. phil., Universitäts-Professor, III. V. 1893, Sternstr. 22. Pavel, C., Rechtsanwalt, V. VI. 1896, Junkernstr. 32. Pax, Ferd., ‘Dr. phil., Professor, Director des botanischen Gartens, III. IV. VII. 1893, An der Kreuzkirche 3. Perls, Wilhelm, Dr. med., I. II. 1898, Freiburgerstr. 36. Peter, Karl, Dr. med., Privatdocent, I. IV. 1807, Ohlauufer 30, Petrich, E., Landgerichtsrath, V. VI. 1896, Kaiser Wilhelm- strasse 88/90. Pfannenstiel, Dr. med., Professor, I. II, 1891, Museumsstr 11. Pietrusky, W., Dr. med,, I. II. 1896, Gneisenaustr. 5. Pinno, H,, Berghauptmann, U. III. V. 1892, Neue Taschen- strasse 2. . Pohl, J., Dr. med,, Badearzt, I. II. III. 1893, Augusiastr. 70. Poleck, Dr. phil., Geh. Reg.-Rath und Professor, Director des. pharmaceutischen Instituts, I. III. 1868, Schuhbrücke 38/39, Ponfick, Dr. med., Geh. Medicinalrath, Professor, Director des pathologischen Instituts, I. II. 1878, Novastr. 3,
Mitglieder -Verzeichniss.
21
Ad
315. Herr Poppe, Oscar, Justizrath, Rechtsanwalt und Notar, II. VI 1887, Schweidnitzerstr. 30, Potyka, G., Apothekenbesitzer, II. III. 1897, Neue Graupen-
316.
317. 318. 319. 320.
strasse 9.
Prausnitz, G., Dr. phil., III. 1892, Tauentzienplatz 6. Pringsheim, Max, Kaufmann, HI. VI. 1838, Gartenstr. 65. Pringsheim, Fedor, Stadtrath, VI. 1892, Ohlauufer 6, von Prittwitz und Gaffron, Reg.- Ref. a, D., V. VI. 1873,
Teichstr. 5.
Promnitz, F., Dr. phil., Fabrikbesitzer, II. IV. VII. 1892,
Tauentzienstr. 66.
Graf von der Recke-Volmerstein, General-Landschafts- Repräsentant und Königl. Kammerherr, V. VI. 1863, Kleinburg. Reich, Carl, Dr. med., I. I. 1875, Neue Graupenstr. 14.
Reichelt, Const., Dr. med., Sanitätsrath, I. I. III. 1880,
Matthiasplatz
10.
Reinbach, Dr. med., I. II. 1874, Freiburgerstr. 27. Reitzenstein, Herm,, Landgerichtsrath, VI. 1891, Höfchen-
strasse 91.
Ribbek, General-Director,
Richter, Bruno,
Schloss-Ohle 1/3. Richter, H., städtischer Garten - Director, IV. VII. 1887,
Breitestr, 25.
VI. 1893, Nikolaistadtgraben 12.
Richter, Emil, Dr. med., Geh. Med.-Rath, Professor, I. U. 1872, Kaiser Wilhelmstr. 115. Hofkunsthändler, IH. IV. V. VI. 1886,
Richters, E., Dr. phil., General-Director, IH. V. 1874, Neudorfstr. 34. Riegner, Oscar, Dr. med., Sanitätsrath und Primärarzt, I. II. Ill. 1874, am Allerheiligen-Hospital. Riegner, H., Dr., prakt. Zahnarzt, I. IIL 1896, Schweid-
nitzerstadtgr.
3),
Riemann, Paul, Kaufmann u. Handelsrichter, VI. VII. 1880, Kaiser Wilhelmstr. 37. Riesenfeld, B., Dr. med., I. 1874, Ohlauerstadtgraben 28. Riesenfeld, E., Dr. med,, I. IH. 1887, Tauentzienplatz 1. Ritter, S., Dr. med., I. II. 1900, Reuschestr. 51. Röhmann, Dr. med., Universitäts-Professor, I. I. III. 1888,
Ohlauufer 36.
Rohde, E., Dr. phil, Universitäts-Professor, II. IV. 1895,
Kleinburg, Kurfürstenstr.
Rosemann, strasse 6,
Dr.
med.,
Sanitätsrath, I, I,
1877, Paradies-
22
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
341.
Herr Rosen, F., Dr. phil., Privatdocent, III. IV. VII. 1891, Kleine
Domstr. 7.
Rosenfeld, Georg, Dr. med., I. II. III. 1886, Neue Taschen- strasse 31.
Rosenstein, M., Dr. med., I. II. 1893, Gartenstr. 64. Rosenthal, J., Dr. med., Badearzt, I. II. 1892, Moritzstr. 13. Rügner, Dr. med., Sanitätsrath, I. I. 1870, Tauentzien- strasse 79.
von Rümker, Kurt, Dr. phil, Universitäts-Professor, II. IV. VI. VII 1895, Matthiasplatz 20.
Rudeck, Eugen, Apothekenbesitzer, II, IV. 1898, Lehm- damm 21/23.
Sachs, Albert, Dr. med., I. II. 1895, re 1.
Sehe Emil, Kaufmann und Rittergutsbesitzer, IV. V. 1888, Gartenstr. 19.
Sachs, H., Apotheker, II. III. 1392, Kaiser Wilhelmstr. 17. Sachs, Heinrich, Dr. med., I. II. 1896, Kaiser Wilhelmstr. 39, Sachs, W., Dr., Prof., prakt. Zahnarzt, I. 1897, Tauentzien- strasse 3a.
Sachs, Georg, Kaufmann, V. VI. 1898, Museumsplatz 2. Sackur, Paul, Dr. med., I. II. 1894, Neue Taschenstr. 25. Sandberg, Ernst, Dr. med., I. II. 1876, Junkernstr. 11, Sarrazin, Gregor, Dr., Universitäts-Professor, VII. 1900, Kaiser Wilhelmstr. 52.
Schäfer, Friedrich, Dr. med., I. I. 1881, Neue Schweidnitzer- strasse 13.
Schiewek, Dr. phil., Professor, Oberlehrer, IV. V. 1875, Siebenhufenerstr. 4.
Schiff, Dr. phil., Oberlehrer, III. IV. 1888, Palmstr. 38. Schiffer, Georg, Dr. med., I. I. 1895, Ohlauerstr. 4. Schlesinger, Ad., Dr. med., I II. 1881, Ring 57. Schlesinger, J., Dr. med., I. II. 1900, Kupferschmiedestr. 48, Schmeidler, Dr. med., Sanitätsrath, I. I. 1870, Schweidnitzer- stadtgraben 21b. a Schmiedel, Dr. med., San.-Rath, Bez.-Physikus, I. I. 1882,
- Bahnhofstr. 17.
Schöller, Georg, Kaufmann, III. 1897, Königsplatz 5a. Scholtz, Mortimer, Apotheker, III. IV. VII. 1895, Paulstr. 36. Scholtz, M., Dr. phil., Privatdocent, III. 1895, Forckenbeck- strasse 8. Scholtz, Georg, Apotheker, III. IV. 1898, Augustastr. 98. Schönborn, Dr. phil., Professor, Oberlehrer, V. VI. 1875, Paulstr. 9.
Mitglieder -Verzeichniss. 93
370. Herr Schottländer, Jul., Banquier u. Rittergutsbesitzer, VI. 1874,
371. 312.
373.
374.
Tauentzienplatz 2. Schottländer, P., Dr. phil., IV. 1892, Tauentzienplatz 2. Schube, 'TTheodor, Dr. phil., Professor, Oberlehrer, III. IV. 1886, Forckenbeckstr. 10. Schulte, Alois, Dr. phil., Universitäts-Professor, V. VI. VI. 1900, Goethestr. 1. Schulze,Dr. phil., Professor, Director, IL, III. IV. 1886, Matthias- platz 14, Schütze, J., Obergärtner, IV. VII. 1892, Tauentzienstr. 86/88. Schwahn, Dr. med., Sanitätsrath u. Kreis-Physikus, I. II. II. 1883, Seminargasse 193. Schweitzer, Hugo, Kaufmann, II. III. 1889, Höfchenstr. 12. Schweitzer, S., Particulier, V. VI. 1889, Gartenstr. 69. Seidelmann, O,, Dr. med,, I. 1895, Gartenstr. 64. Seidel, Hermann, Fabrikbesitzer und Kaufmann, II. IV. VI. 1872, Ring 27. Senftleben, Dr. med., Sanitätsrath, I. II. III. 1876, Kaiser Wilhelmstr. 13. Silber, Max, Dr. med., I. II. III. 1898, Carlsstr. 28. Sıimm, Felix, Dr. med., I. IH. 1876, Freiburgerstr. 49. Sindermann, Rudolf, Cand. geol., II. IV. 1898, Michaelis- strasse 15a. Skene, Carl, Commerzienrath, VI. 1880, Schweidnitzer- stadtgraben 18. Sombart, Dr. phil., Universitäts-Professor, V. 1890, Parkstr. 21. Spiegel, Wilhelm, Dr. med., I. II. III. 1898, Klosterstr. 69. Spitz, Baruch, Dr. med., I. II. 1859, Tauentzienplatz 16. Spitz, Max, Dr. med., I. II. III. 1895, Höfchenstr. 41. Spitzer, Wilhelm, Dr. med., Badearzt, I. 1895, Höfchenstr. 35. Staats, Fried., Dr. phil., Oberlehrer a. d. evang. Realschule Nr. 2, I. II. IV. 1897, Kronprinzenstr. 63. Stahr, H., Dr. med., Privatdocent, I. II. III. 1900, Garvestr. 2. Staub, Alfred, Dr. med,, I. I. III. 1900, Tauentzienstr. 84b. Steinfeld, Dr., Rechtsanwalt, II. II. V. VII. 1897, Elsasser- strasse 6. Steinitz, S., Dr. med., I. U. 1877, Ernststr. 7. Steinschneider, Dr. med., Badearzt, I. II. 1890, Moritzstr. 15. Stempel, W., Dr. med., I. III. 1887, Gartenstr. 91. Stentzel, A., Kaufmann, II. III. V. VI. 1896, Moritzstr. 3. Stenzel, Dr. phil., Prof., III. IV. 1858, Ohlauerstadtgr. 26. Stern, Emil, Dr. med., Sanitätsrath, Stadtkreis- Wundarzt, I. I. 1873, Höfchenstr. 51.
94 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
401. Herr Stern, R., Dr. med., Prof., I. H. III. 1893, Klosterstr. 12.
402. — Steuer, Philipp, Dr. med., Sanitätsrath und Stadtrath, I. I. 1873, Gartenstr. 62.
403. — Stolper, Paul, Dr. med., I. I. 1897, Tauentzienplatz 12.
404. — Stranz, Bernhard, Dr. med., I. II. 1898, Klosterstr. 23/25.
405. — Strauch, F., Corps-Rossarzt des VI. Armeecorps, I. I. II. IV. V. 1898, Teichstr. 27.
406. — Suermondt, William, Bergwerksbesitzer, II. VI. 1892, Kaiser Wilhelmstr. 97.
407. — Täuber, Conrad, Dr. phil., Oberlehrer am St. Elisabet- Gymnasium, III. 1898, Trebnitzerstr. 9.
408. — Thalheim, Provinzial-Schulrath, V. VII. 1900, Feldstr. 11d.
409. — Tietze, A., Dr. med., Primärarzt, Privatdocent, I. 1875, Ohlauufer 8.
410. — Töplitz, Th., Dr. med, I. I. 1875, Teichstr. 2.
411. — Traugott, Richard, Dr. med., I. II. 1875, Neue Taschen- strasse 10.
419. — Treuenfels, P., Dr. phil., prakt. Zahnarzt, I. II. IV. 1897, Tauentzienplatz 10a.
413. — Trewendt, Ernst, Verlagsbuchhändler, II. V. VI 1880, Salvatorplatz 8.
414. — Türk, Gustav, Dr. phil., Stadt-Bibliothekar, V. VI. 1900, Mehlgasse 52.
415. — Uhthoff, W., Dr. med., Professor, Director der Universitäts- Augenklinik, I. I. IH. 1897, Tauentzienplatz 12.
416. — Unruh, F., Dr. med,, I. II. 1874, Sadowastr. 40.
417. — Veith, Franz, Dr. med., I. II. 1875, Heiligegeiststr. 14a.
418. — Viertel, Dr. med., Sanitätsrath, I. II. 1875, Neue Schweid- nitzerstr. 12.
419. — Vogel, Herm., Hütten-Inspector, II. 1889, Sternstr. 24.
420. — Volkmann, W., Dr. phil., Oberlehrer, V. 1883, Charlotten- strasse 11.
491. — Volz, W., Dr. phil., Privatdocent, Assistent am paläontolo- gischen Institut, III. IV. 1895.
432. —- Wagner, E., Dr. phil., Mathematiker, III. VI. 1892, Augusta- strasse 81.
433. — von Wallenberg-Pachaly, Gotth., Banquier und, Consul von Schweden und Norwegen, VI. VII. 1887, Kaiser Wilhelm- strasse 112. '
424. — Walter, Curt, Dr. med., Stabs- und Bataillonsarzt, I. II. II. IV. V. 1899, Victoriastr. 36.
425. — Weber, Dr. med., Generaloberarzt a. D.,, I, II, III. IV. V,
1898, Hohenzollernstr, 50.
Mitglieder -Verzeichniss. 95
426.
427. 428. 429.
430. 431. 432.
433. 434.
435. 436.
437. 438. 439.
AAO, 441. 442. 443.
444. 445, 446. 447. AAS. 449. 450. 451.
452. 453,
Herr Weberbauer, A., Dr. phil., Privatdocent, III, IV. VII. 1894,
Gneisenauplatz 6.
Weile, Max, Dr. med., I. II. 1894, Gellhornstr. 2. Weinhold, Friedr., Dr. med., I. I. III 1892, Ring 8. Weissstein, A., Dr. phil., Apotheker, I. I. Ill. 1878, Tauentzienstr. 73.
Wernicke, C., Dr. med., Medicinalrath, Professor, Director der psychiatrischen Klinik und Poliklinik, I. II. IH. 1885, Tauentzienplatz 11.
Werther, M., Dr. med., I. II. 1892, Tauentzienplatz 11. Williger, Fritz, Dr. med., Stabs- und Bataillonsarzt, I. II, 1899, Augustastr. 72.
Winckler, V., Dr. med., I. II. 1874, Gartenstr. 77. Winkler, Carl, Dr. med., Assistent am patholog. Institut, I. II. 1899, Augustastr. 89.
Wiskott, Theodor, Commerzienrath, V. VII. 1873, Schweid- nitzerstadtgraben 27.
Wiskott, Max, Fabrikbesitzer und Handelsrichter, II. V. VI. 1872, Kaiser Wilhelmstr. 69.
Wolf, J., Dr. phil., Professor, V. VI. 1897, Taschenstr. 19. Wolff, Paul, Kaufmann, III. VII. 1870, Klosterstr. 12, Wolff, Dr. med., Geh. Regierungs- und Med.-Rath, I. II. 1865, Flurstr. 3.
Wolff, A., Dr. med., I. II. 1893, Neue Taschenstr. 3.
Wolffberg, Dr. med., I. II. III. 1837, Freiburgerstr. 9. Woy,R., Dr. phil., vereideter Chemiker, II. III., 1895, Palmstr. 39. Graf Yorck von Wartenburg, Landrath a. D., Majorats- besitzer, VI. 1898, Kl.-Oels. | Zacher, Conrad, Dr, phil., Universitäts-Professor V. VIII. 1900, Breitestr. 18.
Zopf, Professor, Oberlehrer, III. 1877, Verläng.: Sternstrasse.
Nach dem 1. Juli beigetreten:
Fischer, Waldemar, stud. phil., III. IV. 1900, Bismarckstr. 15,- Grünberger, Rechtsanwalt, II. IV. 1900, Junkernstr. 18/19. Jungels, Dr. phil., Professor, Königl. Gymnasial - Director, V. VII. 1900, Schuhbrücke 37.
Linke, Otto, Dr. phil., Professor, Oberlehrer, III. V. 1900, Tauentzienpl. 4.
Mager, Oscar, Dr. med., I. I. 1900, Lützowstr. 28.
Meyer, Otto, Dr. med., I. Il. 1900, Neue Taschenstr. 9. Sachs, Arthur, Dr. phil., II. VI. 1900, Gartenstr. 15. Schlesinger, Emil, Dr. med., I, II. 1900, Tauentzienstr. 73.
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
. Herr Schmidt, Th., Dr. phil., Director der Augustaschule, III. 1900,
Taschenstr. 26/28. Simonson, Oberlandesgerichts-Rath, V. VI. 1900, Kleinburg, Lindenallee 49.
- Wagner, Hans, Dr. med., I. II. IV. 1900, Kaiser Wilhelm-
strasse 18. Wiskott, Max, Dr. phil., III. V. 1900, Schweidnitzerstadtgr. 27.
B. Wirkliche auswärtige Mitglieder. Aderhold, Rud., Dr. phil. in Proskau. 1896. Adler, S., Dr., Geh. Sanitätsrath und Kreis-Physikus in Brieg. 1390. Alexander, H., Dr. phil., Banquier in Berlin O, Blumenstr. 81, 1892. Alter, Dr., Sanitätsrath, Director der Provinzial-Irrenanstalt in Leubus. 1886. Altmann, L., Kaufmann in Kattowitz. 1889. Apfeld, Fabrikbesitzer in Neisse. 1888. Barth, E., Dr. med,, Stabsarzt in Brieg, 1897. vom Berge-Herrndorf, Major a. D. in Neisse. 1888. Biermer, M., Dr., Professor in Giessen. 1895. Block, Salo, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Blonski, Franz, Dr. phil, in Spiezynce, Gouv. Kieff in Lipowiec. 1897. | Bock, Louis, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Brand, I., Major im Kriegsministerium in Berlin, Würzburger- strasse 13. 1888. Ä Büchs, Max, Lehrer an der Präparandenanstalt in Ziegenhals. 1898. Chrzaszcz, Johannes, Dr., Pfarrer in Peiskretscham. 1898. Chun, Carl, Dr. phil., Direetor des zoologischen Museums, Professor in Leipzig. 1891. Creydt, Th., Rittergutsbesitzer und Lieutenant: der Reserve in Jauer. 1892. Dathe, E., Dr., Königl. Landesgeologe in Berlin N., Invaliden- strasse 14. 1897. Donders, Maschinen-Inpector in Kattowitz. 1889. Dorn, Dr. med., Sanitätsrath, Stabsarzt z. D. in Jauer. 1892. Dyhrenfurth, Walter, Rittergutsbesitzer in Jacobsdorf bei Kostenblut. 1889. Dyhrenfurth, Felix, Dr., in Schockwitz bei Kattern. 1889. Epstein, Rechtsanwalt in Kattowitz. 1889. Färber, Dr. med., Geh. Sanitätsrath und Kreis-Physikus in Kattowitz. 1889.
Mitglieder -Verzeichniss. DM
25. Herr von Frankenberg - Ludwigsdorf, General-Major z. D. auf Nieder-Schüttlau. 1870.
26. — Fröhlich, Dr. med., Sanitätsrath, in Bismarckhütte bei Schwien- tochlowitz OS. 1892.
27. — Furbach, E., Major a. D. in Bad Salzbrunn. 1896.
23. — Gallinek, E. Dr., Rittergutsbesitzer in Krysanowitz bei Zawisna OS. 1893.
29. — Gläser, Dr. med., prakt. Arzt in Danzig. 1893.
80. — Glaser, Dr. med., prakt. Arzt in Kattowitz. 1839.
31. Gewerbe-Verein für Gleiwitz und Umgegend in Gleiwitz. 1872. 32. Herr Grossmann, Dr. phil., Archivrath und Archivar des Königl. Haus-Archivs in Berlin. 1870.
83. — Grotefend, Dr. phil., Archivrath in Schwerin i. M. 1872.
34. — Grüttner, Curt, Ober-Regierungs-Rath in Düsseldorf. 1890.
35. — Grundey, M., Eisenbahnsecretär in Kattowitz. 1894.
86. — Günter, A., Dr. med. in Jauer. 1892.
37. — Haake, H. Fabrikbesitzer in Brieg. 1890.
88. — Harttung, Helmuth, Apotheker und Stadtrath in Jauer. 1836.
39. — Haupt, C. E., Königl. Gartenbau-Director in Brieg. 1890.
40, — Heffter, Emil, Director in Hundsfeld. 1393.
4]. — Heimann, Max, Dr., Rittergutsbesitzer auf Wiegschütz bei Cosel OS. 1365.
42. — Hepke, Paul, Dr. phil., prakt. Thierarzt in Hundsfeld. 1897,
43. — Herold II., Joh., Rechtsanwalt in Schweidnitz. 1894.
44, — Herrnstadt, Dr. med. in Reichenbach i. Schl. 1892.
45. — Hirschberg, Alphons, Dr. med. in Deutsch-Lissa. 1899.
46. — Jadassohn, Dr. med., Professor an der Universität Bern., 1892.
47. — Jander, Robert, Kaufmann in Liegnitz. 1896.
48. — Jetschin, Otto, Dr. med. in Klettendorf. 1900.
49. — Jungfer, Hugo, Dr. med. in Wahlstatt. 1899.
50. — Kauffmann, G., Dr. phil. in Wüstegiersdorf. 1895.
5l. — Kauffmann, F., Fabrikbesitzer in Tannhausen. 1895.
52. — Kauffmann, W., Fabrikbesitzer in Wüstegiersdorf. 1895.
53. — Kleudgen, Dr. med., Heilanstaltsbesitzer in Obernigk. 1881.
54. — Knappe, O., Banquier in Jauer. 1892.
59. — Knauer, A., Pfarrer in Pilchowitz OS. 1831.
56. — Koffmane, Gustav, Lic. theol., Pastor in Kunitz, 1831.
57. — Kossmann, Landgerichtsrath in Liegnitz. 1886.
98. — von Kramsta, Georg, Rittergutsbesitzer in Frankenthal, Kreis Neumarkt. 1880.
59. — Krieg, Otto, Fabrikdirector in Eichberg bei Schildau. 1874.
60. — Kühn, Julius, Dr. phil., Geh. Ober-Regierungsrath und Professor
m» Halle aus. 1858.
98 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
61. Herr Kühn, Rechtsanwalt in Jauer. 1892.
62, — Kuntze, A., Apotheker in Hundsfeld. 1894,
63. — Kuznitzky, Ernst, Kaufmann in Kattowitz. 1889.
64. — Langenhan, A., Director in Liegnitz. 1881,
65. — Langner, Dr. med. in Gnadenfrei i. S. 1891.
66. — Lehmann, Dr., Professor, Director des mineral. Museums in Kiel. 1884.
67. — Lewald, Dr. med. in Obernigk. 1899.
68. — Lichtwitz, Dr. med., Kreis-Physikus in Ohlau. 1396.
69. — Limpricht, Dr. phil, Seminarlehrer in Königsberg ı. Nm. 1890.
70. — Loewenheim, Bruno, Dr. med. et phil. in Liegnitz. 1898.
71. — Loewy, Dr. med. in Bunzlau. 1893.
72. — Mager, B., Stadtrath und Rentier in Jauer. 1892.
73. — Maiwald, Johannes, prakt. Arzt in Kandrzin OS. 1898.
74. — Michael, Richard, Dr. phil. in Berlin N., Invalidenstr. 44. 1893.
75. — Mosler, Paul, Dr. med., prakt. Arzt in Krummhübel. 1897.
76. — Müller, General-Major a. D. in Bunzlau. 1893.
77. — Neisser,Dr., Sanitätsrath in Berlin W., Matthäikirchstr 13.1886.
78. — Neisser, Max, Dr. med., Privatdocent in Frankfurt a. M. 1898.
79. — .Neisser, Clemens, Dr. med., Oberarzt in Leubus. 18839.
80. — Nentwig, Erster Staatsanwalt in Beuthen OS. 1837.
81. — Noss, Dr. phil., Professor in Jauer. 1892.
82. — Nothmann, Julius, Kaufmann in Kattowitz. 1889.
83. — Nothmann, Max, Kaufmann in Kattowitz. 18839.
84. — Oelsner, Ludwig, Dr. phil., Professor ın Frankfurta. M. 1853.
85. — Oertel, Ottomar, Oberbürgermeister in Liegnitz. 1886.
86. — Oliviero, A.,.Dr. med., prakt. Arzt in Bad Salzbrunn. 1896.
87. — Ollendorff, Moritz, Kaufmann in Berlin SW., Königgrätzer- strasse 28. 1889. ah
83. — Graf Fernando von Oriola, Rittmeister a. D. in Liegnitz. 1896.
89. — Peltasohn, Justizrath, Rechtsanwalt und Notar in Liegnitz. 1886.
90. — Pfeiffer, Dr. phil., Apotheker in Steinau a/0. 1879.
91. Philomathische Gesellschaft in Glatz. 1856.
92. Philomathie in Reichenbach in Schl.
93. Herr Presting, A., Apotheker in Domslau. 1893.
94. — Pritsch, Justizrath und Landschafts-Syndikus in Jauer. 1392.
95. Se. Durchlaucht der Herzog Victor von Ratibor, Fürst von Corvey, Prinz von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst in Rauden. 1892.
96. Herr Rawitscher, Erich, Assessor a, D, Banquier in Liegnitz. 1896,
Mitglieder -Verzeichniss. 99
97. Herr Reinkober, Dr. med., Sanitätsrath und Königl. Kreis-Physikus
98. 3 100.
101. 102. 102. 104. 105.
106. 107. 108. 109. 110. 111. 112,
113.
114. 115. 116. 117. 118. 10168 120, 121. 122.
123.
124, 125.
126. ..127. 128. 129,
130.
in Trebnitz. 1887.
Richters, Th., Fabrikdirector in Woischwitz. 1893. Rieger, Dr. med. in Brieg. 1892,
Ritter, Dr., Justizrath u, General-Director auf Schloss Walden- burg. 1896.
Rose, H., Realgymnasial-Professor in Neisse, Kochstr. 5. 1888. Rüdenburg, B., Markscheider in Kattowitz. 1889.
Sachs, E., Stadtrath a. D. in Berlin, Schöneberger-Ufer 32. 1889. von Salisch, Rittergutsbesitzer auf Postel bei Militsch. 1892. Freiherr von Schleinitz, Ober-Forstmeister in Oppeln. 1892.
Schmidt, Dr. med. in Jauer. 1892.
Schmula, Landgerichtsrath a. D. in Oppeln. ‚1893. Schöffer, Kaufmann in Liegnitz. 1886.
Scholtz Il., W., Lehrer in Jauer. 1892.
Schubert, Richard, Dr. med., prakt. Arzt in Saarau. 1894. Schüller, P., Dr. med. in Domslau. 1893. Schulte, Dr. med., Oberstabsarzt I. Klasse und Regimentsarzt in Schweidnitz. 1892.
Schumann, Carl, Dr. phil,, Custos am Königl. botanischen Museum in Berlin. 1875.
Schwarz, Fr., Dr.., Professor in Eberswalde. 1883. Schwarz, C., Kaufmann in Liegnitz. 1886.
Seidel, Georg, Dr. med., prakt. Arzt in Obernigk. 1897. Seiffert, Dr. med. prakt Arzt in Brieg. 1895. Silberstein, Siegfried, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Serlo, W., Berg-Assessor in Zabrze OS. 1393. Sochaczewski, A., Mühlenbesitzer in Liegnitz. 1394. Sperr, jun., Apotheker in Brieg. 1890.
Stahr, Dr., Sanitätsrath und Rittergutsbesitzer auf Wilxen bei Obernisk. 1831.
Graf von Stosch, Georg, Vorsitzender des Provinzial-Aus- schusses, auf Hartau bei Langheinersdorf. 1871. e Sucker, Herm,, Rechtsanwalt in Liegnitz. 1896.
von Temsky, Hermann, Rittergutsbesitzer auf Baara hei Schmolz. 1872.
Tippel, O., Chefredacteur in Schweidnitz. 1894.
Treu, Professor, Director in Potsdam. 18834.
Treumann, Julian, Dr, phil. in Hannover. 1889. Unverricht, H., Dr. med., Professor, Director in Magdeburg. 1881.
Völkel, Betriebsführer u. Obersteiger in Schloss Neurode. 1860,
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
. Herr Vollbrecht, Hans, Dr. med., Oberstabsarzt zu Düsseldorf.
1899.
Voltz, Dr., Secretair des Berg- und Hüttenmännischen Vereins in Kattowitz. 1889.
Vüllers, A., Güter- und Bergwerks-Director in Paderborn. 1886. Wache, A., Regierungsrath in Elberfeld. 1889.
Waeber, R., Seminar-Director in Brieg. 1886, Websky, Egmont, Dr., Geh. Commerzienrath in Wüstewalters- dorf. 1882.
Wilde, Dr. med., Stabsarzt in Peterswaldau. 1891. Wohltmann, Dr. phil., Professor in Poppelsdorf. 1892. Wolf, Amtsgerichtsrath in Bunzlau. 1893,
Zahn, Oberlehrer a. d. Landwirthschafts-Schule in Brieg. 1890. Ziolecki, Königl. Baurath in Bunzlau. 1393.
Zwanziger, Eberhard, Fabrikbesitzer in Peterswaldau. 1891.
Nach dem 1. Juli beigetreten:
Altenburg, Dr., Königl. Gymnasial-Director in Glogau. 1900 Clausz, Landgerichts-Präsident in Glogou. 1900. Friedmann, Justizrath in Glogau. 1900.
Hoffmeister, Stadtverordneten-Vorsteher in Glogau. 1900. Kobligk, Erster Staatsanwalt in Glogau. 1900.
Kramer, Dr. med. in Glogau. 1900,
Kretschmer, commissar. Religions- und Oberlehrer in Glogau. 1900.
Levy, Dr. med. in Glogau. 1900.
Maertens, Apothekenbesitzer in Giogau. 1900.
Martins, Oberbürgermeister in Glogau. 1900.
Pusch, Dr., Amtsgerichtsrath in’ Glogau. 1900.
Sattig, Landgerichtsrath in Glogau. 1900.
Schmidt, Reichsbank-Director in Glogau: 1900. Schmutter, Landgerichts-Director in Glogau. 1900. Voigtel, Syndikus in Glogau. 1900.
158. Die Reichsgräfl. Schaffgotsch’sche Majorats-Bibliothek in Warmbrunn.
1900. ©. Ehren- Mitglieder.
1. Herr Dudik, Dr., mährischer Landeshistoriograph in Brünn.
Freund, W. A., Dr. med., Professor in Strassburg i. E.
Fritsch, Dr. med., Professor, Geh. Medieinalrath, Director der geburtshilflichen Klinik in Bonn. Galle, Dr. phil., Geh. Regierungsrath und Professor in Potsdam. Grützner, Dr. med., Professor in Tübingen.
Heine, Dr., Gymnasial-Direetor a. D. in Weimar.
Mitglieder -Verzeichniss. 31
7. Herr Le Jolis, Aug., Dr., Director der Societe nationale des sciences
11708 1:
an pw
. Herr
naturelles in Cherbourg.
Lister, Sir, Dr., Professor in London.
von Menzel, Adolf, Dr., Excellenz, Professor, Mitglied des Senates der Königl. Akademie der Künste in Berlin.
Baron von Richthofen, Ferdinand, Dr., Professor in Berlin. v. Staff, genannt v. Reitzenstein, Kgl. General-Lieutenant a. D., Excellenz, auf Conradsreuth bei Hof in Bayern,
von Trautschold, Dr., Professor, Wirklich russischer Staats- rath, Excellenz, in Karlsruhe, Baden.
von Uechtritz-Steinkirch, Geh. Justiz- und Kammergerichts- Rath a. D. in Berlin.
Virchow, Dr., Geh. Medieinalrath und Professor in Berlin. Waldeyer, Dr. med., Geh. Medicinalrath, Professor, Director der Anatomie in Berlin.
Witte, Landgerichts-Präsident in Düsseldorf.
Wocke, M. F., Dr. med. in Breslau.
D. Correspondirende Mitglieder.
Abegg, Dr., Geh. Sanitätsrath, Director des Kgl. Hebammen- Lehrinstituts in Danzig.
Ardissone, Francesco, Professor der Botanik an der landwirth- schaftlichen Akademie und Director des botanischen Gartens an der Brera in Mailand.
Ascherson, P., Dr. phil., Professor der Botanik in Berlin. Augustin, Wirklicher Geh. Ober-Finanzrath in Karlsruhe, Bachmann, Dr,, Privatdocent in Prag.
Bail, Dr., Professor am Realgymnasium und Director der natur- forschenden Gesellschaft in Danzig.
Barber, E, Lehrer in Görlitz.
Bleisch, Dr. med., Kreis-Physikus u. Sanitätsrath in Strehlen. Blümner, Dr. phil., Professor in Zürich.
Böttiger, Dr. phil., Professor und Hofrath in Erlangen. Borzi, A., Dr., Professor der Botanik und Director des hotan. Gartens in Palermo.
Bosshard, Adolf, Präses des schweizerischen Obst- und Weinbau-Vereins in Pfäffikon bei Zürich.
Briosi, Dr., Professor der Botanik in Pavia.
Broca, Dr., Chirurgien des Höpitaux, Professor aggrege in Paris. Bürkli-Ziegler, Stadt-Ingenieur in Zürich.
Buhse, F., Dr. med., Secretair des naturhistorischen Vereins in Riga.
Celako vsky, Ladislav, Dr., Professeur der Botanik in Prag.
9 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
18. Herr Claus, Dr., Professor der Zoologie in Wien, Director der zoologischen Station in Triest,
19. — Conwentz, Dr., Professor, Director des Westpreussischen Provinzial-Museums in Danzig.
20. — Debey, Dr. med., in Aachen.
21. — von Döller, Major Vice-Präses des Karpathen-Vereins in Kesmark (Ungarn).
22. — Dohrn, Anton, Professor, Dr., Director der zoologischen Station in Neapel.
33. — Dzierzon, Pfarrer in Karlsmarkt bei’ Stoberau.
24. — Eitner, Robert, Redacteur der Monatshefte für Musikgeschichte in Berlin.
25. — d’Elvert, k. k. Finanzrath in Brünn.
26. — Eulenberg, Dr. Geh. ‘Ober-Medicinalrath und vortragender Rath im Ministerium für geistliche, Unterrichts- und Medi- einal-Angelegenheiten in Berlin.
27. — Favre, Alphonse, Dr., Professor in Genf.
28. — Faye, F. C., Dr. med., Professor, Director der geburtshilfl. Klinik, Leibarzt Sr. Majestät des Königs von Schweden und Norwegen, Präsident der Societ6 de Medieine in Christiania.
29. — Figert, E., Gymnasial-Vorschullehrer in Liegnitz.
30. — Freiherr von Fircks, Königl. Hauptmann a. D., Geheimer Regierungsrath in Berlin. |
31. — Fischer von Waldheim, Dr., Professor der Botanik und Director des botanischen Gartens in St. Petersburg.
32. — Fristedt, Dr., Professor in Upsala.
33. — Freiherr von Friesen, Präses des Landes-Obstbau-Vereins für das Königreich Sachsen auf Rötha bei Leipzig.
34. — Fritze, R,, Gutsbesitzer auf Rydultau bei. Czernitz OS.
35. — Gaupp, Dr. med., Professor und Prosector in Freiburg i. B.
36. — Gerhardt, Oberlehrer in Liegnitz. |
37. — Freiherr von Gildenfeld, Präses des Vereins für Garten- bau für die Herzogthümer Schleswig-Holstein ın Kiel.
38. — Görlich, Pfarrer in Liebenthal. en
39. — Günther, Siegmund, Dr., Professor, Custos am naturwissen- schaftlichen Museum, South-Kensinston, London.
40. — Guhrauer, Dr. phil., Gymnasial-Director in Wittenberg.
41. — Hagen, Dr,:phil., Professor in Königsberg.
42. — Hagen, Dr., Professor in Berlin.
43. -—— Hartig, Robert, Dr., Ober-Forstrath, Professor in München.
44. — Hellwig, Lehrer in Grünberg i. Schl.
45. — Helm, Otto, Stadtrath und Medicinal-Assessor in Danzig
46. — Hering, E., Dr. med., Professor in Leipzig.
Mitglieder -Verzeichniss. 33
47. Herr Hernando y Espinosa, Don Benito, Dr., Professor in
48.
49.
50.
51.
52.
75.
1899.
Madrid.
Herzog, Dr. phil., Medicinal-Assessor, Apotheker in Braun- schweig.
Holmgren, Frithjof, Dr., Professor der Physiologie in Üpsala.
Hoyer, Dr.. Wirklicher Staatsrath, Professor, Excellenz in Warschau.
Jühlke, Hofgarten-Director der Königl. preussischen Gärten in Potsdam.
Kirchner, Dr. phil., Professor in Hohenheim.
Kleefeld, Dr. med., Sanitätsrath in Görlitz.
Klein, Dr. theol., Pfarrer in Gläsendorf bei Schreibendorf. Knothe, Dr., Professor am Kadettenhause in Dresden.
Kny, Dr. phil., Professor, Wilmersdorf bei Berlin.
Koch, R., Dr. med., Geh. Regierungsrath, Director des Instituts für Infectionskrankheiten in Berlin.
Köbner, Dr. med., Professor in Berlin.
Kraatz, G, Dr. phil. in Berlin.
Kraus, J. B.,, k. k. Münz- und Bergwesens-Hofbuchhaltungs- Official in Wien.
Krone, Hermann, Privatdocent der Photographie am Königl. sächsischen Polytechnikum in Dresden.
Kühne, Dr. med., Geh. Hofrath, Professor in Heidelberg. Leimbach, Dr., Professor, Director des Real-Gymnasiums in Arnstadt i. Thür.
Lichtheim, Dr. med., Professor, Geheimer Medicinalrath in Königsberg. Lindner, Dr., phil., Professor in Halle.
Litten, Dr. med., Professor in Berlin.
Meyer, Alexander, Dr. jur. in Berlin.
Nawrocki, Dr., Professor in Warschau.
Neubert, Wilh., Dr. phil. in Stuttgart.
Neugebauer, Dr. med., Professor in Warschau. = Neuland, Königl. preuss. Oberst a. D. in Berlin.
Neumann, Dr. med,, Kreis-Physikus in Berlin.
Niederlein, Gustav, Inspector in Buenos-Aires, Argentinien. Nothnagel, Dr., Hofrath, Professor in Wien.
Orth, A., Dr. phil., Professor in Berlin.
Penzig, Dr. phil., Professor und Direetor des botanischen Gartens in Genua.
Petzold, Dr. med., Wirklicher Staatsrath und Professor, Excellenz in Dorpat.
34
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
7S. Herr 79.
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8. 82. 83. 54. 85.
86. 87.
88. 89. 90. Sl, 92.
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94. 95. 96. Sl.
98. ab 100. 101.
102. 103.
104. 105.
106. 107, 108. 109.
Pinzger, Dr., Gymnasial-Director in Saalfeld.
Pistor, Dr., Regierungs- und Medicinalrath in Frankfurt a. O. Rayer, Dr. med., Membre de YInstitut et de l’Academie de Medecine, President de la Societe de biologie in Paris. Saccardo, P. A., Professor der Botanik in Padua. Sadebeck, R., Dr., Professor in Hamburg.
Saussure, Henri, Dr. Professor in Genf.
Schöbel, Pfarrer in Ottmuth bei Gogolin.
Schomburg, R., Professor, Director des botanischen Gartens in Adelaide (West-Australien).
Schultz, Alwin, Dr. phil., Professor in Prag. Schwendener, Dr. phil., Geh. Regierungsrath und Professor in Berlin.
Sonderegger, Dr., Sanitätsrath in St. Gallen.
Sorauer, Dr., phil., Professor in Berlin.
Stache, Dr., Director der k. k. geolog. Reichsanstalt in Wien. Stevenson, J. J., Professor an der Universität New-York. von Tichatscheff, Kaiserlich russischer Kammerherr in Paris,
Temple, Rudolf, Bureau - Chef der General - Assecuranz in Budapest.
Tietze, Dr. phil., Oberbergrath und Chefgeologe in Wien. Tschackert, Dr., Professor in Göttingen.
Verneuil, Chirurgien des Höpitaux, Professeur agrege in Paris. Wartmann, Dr., Professor und Director des Museums in St. Gallen.
Weeber, k. k. Landes-Forstinspector und Forsttaxator in Brünn Wegehaupt, Gymnasial-Director in Hamburg.
Weigert, Carl, Dr. med., Professor in Frankfurt a. M. Weniger, Dr., Geh. Hofrath und Gymnasial - Director in Weimar.
Wetschky, Apotheker in Gnadenfeld OS.
Wilckens, Dr. med., Professor an der Hochschule für Boden- cultur zu Wien,
von Wilmowsky, Geh. Justizrath in Berlin.
Wiesner, Dr., Professor und Director des pflanzenphysio- logischen Instituts der Universität in Wien.
Wittiber, Dr., Professor, Secretair der Philomathie in Glatz. Wittmack, Dr., Geh. Regierungsrath, Professor in Berlin. Wittrock, Dr., Director des Reichsmuseums in Stockholm. Wood, Dr., Professor, Präsident der Philosophical Society in Philadelphia.
Verzeichniss
der
Mitglieder der Section für Obst- und Gartenbau.
Sa
Secretair: Herr Kaufmann und Handelsrichter Paul Riemann. Stellvertreter: Herr P. Hoelscher, königl. Garteninspector. Verwaltungsvorstand: Herren Verlagsbuchhändler Max Müller,
Apotheker Mortimer Scholtz, Obergärtner Schütze.
A. Einheimische.
. Herr Agath, G., Kaufmann und Mitinhaber der Firma A. Friebe,
Hummerei 18.
Baumm, Dr. med., Director der Provinzial-Hebammenlehranstalt, Kronprinzenstr. 23/25.
Behnsch, R., Rentier, Kronprinzenstr. 54.
Beuchel, Jos., Kaufmann, Schweidnitzerstr. 5.
Biernacki, O., Geh. Justizrath, Monhauptstr. 18.
Blottner, Königl. Kanzlei-Rath a. D., Neue Junkernstr. 4b. Brefeld, Oskar, Dr., Geh. Regierungsrath u. Professor, Director des pflanzenphysiologischen Instituts, Nikolaistadtgraben 7. Cramer, Geh. Reg.- und Baurath a. D, Palmstr. 23. Dittrich, Rudolf, Professor, Scheitnigerstr. 51.
Eckhardt, W., Rentier und Stadtrath, Parkstr. 8.
Ehrlich, Eugen, Kaufmann, Schweidnitzerstadtgraben 16. Erbe, Joh., Friedhofsverwalter, Oswitzer Chaussee.
Fedde, Friedrich, Dr. phil., Nikolaistadtgraben 24. £ Franke, L., Kunst- und Handelsgärtner, Neue Graupenstr. 9. Friedländer, S., Hofbäckermeister, Ohlauerstr. 39. Goldschmidt, M. L., Rentier, Palmstr. 19.
Grosser, Wilhelm, Dr. phil., Assistent am Königl. botanischen Garten, Martinistr. 19.
Grüttner, O., Kaufmann, Ring 41.
Guillemain, F., Kunst- und Handelsgärtner, Michaelisstr. 5. Haber, Siegfr., Kaufmann, Neuegasse 13a.
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
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r Heinze, E., städt. Park-Obergärtner, Parkstr. 37a.
Hoelscher, P., Kgl. Garten-Inspector im botanischen Garten. Hulwa, F., Dr. phil., Professor, Tauentzienstr. 68.
Junger, H., Kunst- und Handelsgärtner, Lehmdamm 34. Kiekheben, Verwalter des städt. Schulgartens in Scheitnig. Kirchner, C. R., Kaufmann, Schuhbrücke 70.
Klotz, H., Kaufmann, Hirschstr. 37.
Kopisch, Stadtrath und Kaufmann, Ernststr. 4.
von Korn, H., Dr., Stadtrath und Verlags-Buchhändler, Schweidnitzerstr. 47.
Krull, Rudolf, Apotheker, Gneisenauplatz 9.
Kunze, Carl, Rentier, Nikolaistadtgraben 22.
Kutzleb, Dr. phil., Oekonomierath, Matthiasplatz 6. Ledermann, L., Königl. Commerzienrath in Kleinburg. Ledermann, B., Dr. phil., Fabrikbesitzer in Herdain. Mader, J., Obergärtner im zoologischen Garten.
Marx, H., Domcapitular, Domstr. 5.
Graf Maiuschia/ nel. Forstmeister a. D., An der Kreuz- kirche 4.
Menzel, A., Garten-Ingenieur, Kronprinzenstr. 39.
Milch, B., Commissionsrath und Director, Holteistr. 44. Milch, H., Stadtrath, Tauentzienplatz 12.
Möslinger, O., Particulier, Tauentzienstr. 37.
Mrosowsky, C., Kunstgärtner, Friebe'scher Eiskeller, Höfchenerweg.
Müller, Max, Verlagsbuchhändler, Teichstr. 8.
Nagel, C., Handelsgärtnereibesitzer, Lohestr., Nagelhaus. Neddermann, C., Kaufmann u. Fabrikant, Am Rathhause 15. Pax, Dr., Peölessch, Director des botanischen Gartens, An der Kreekat Ehe 3
Pförtner v. d. Hölle, R., Generallandschafts-Repräsentant, Rittmeister a. D., Zwingerstr. 22.
Promnitz, F., Dr. phil., Fabrikbesitzer, Tauentzienstr. 66. Richter, H., städtischer Garten-Director, Breitestr. 25. Richter, Bruno, Kunsthändler, Schloss-Ohle 1/3.
Riemann, Paul, Kaufmann und Handelsrichter, Kaiser Wilhelmstr. 37.
Rosen, Dr. phil., Privatdocent, Kleine Domstr. 7.
Scholtz, Mortimer, Apotheker, Paulstr. 36.
Scholz, Paul, Samenhandlung, Albrechtsstr. 9.
Schütze, J., Obergärtner, Tauentzienstr. 86/88.
Seidel, H., Kaufmann, Ring 27.
Seidel, H., Landschaftsgärtner, Friedrich-Carlstr. 36.
Mitglieder -Verzeichniss. 37
98. Herr Senzky, W., Kunst- und Handelsgärtner, Thiergartenstrasse,
59. 60. 61. 62,
63. 64, 65. 66. 67.
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Gärtnerei. Steinfeld, Dr., Rechtsanwalt, Elsasserstr. 6. Sundermann, B., Samenhandlung, Schuhbrücke 70. Techell, B., Rentier, Gartenstr. 92. v. Wallenberg-Pachaly, G., Banquier, Consul von Schweden und Norwegen, Kaiser Wilhelmstr. 112. Weberbauer, A., Dr. phil., Gneisenauplatz 6. Winkler, Raths-Maurermeister, Bismarckstr. 20. Wiskott, Th., Commerzienrath, Schweidnitzer Stadtgraben 27. Wolff, P, Kaufmann, Klosterstr. 12. Zwicklitz, V., Fabrikdirector, Nikolaistadtgraben 23.
B. Auswärtige. Aderhold, Rud., Dr. phil. in Proskau OS. Bretzel, Obergärtner in Hartlieb bei Breslau. Bürgel, Fürstlicher Garten-Director in Schloss Wittgenstein bei Bacau in Rumänien. Freiherr von Czettritz-Neuhaus, Landesältester, Land- schafts-Director auf Kolbnitz bei Jauer. Eichler, O., Königl. Garten-Inspector, Stadtrath a. D. in Grünberg i. Schl. Fitzner, W., Fabrikbesitzer in Laurahütte OS. Galle, C., Kunst- und Handelsgärtner in Trebnitz. Garbe, A., Lehrer und Cantor in Bahnhof Kohlfurt.
. Gartenbau-Verein in Ratibor.
10. Herr Görth, Königl. Obergärtner, Pomol. Institut, Proskau O8.
Goy, S. E., Kaufmann in Pitschen. | Hanke, G., Eisenbahn-Betriebs-Secretair a. D. in Karschkau per Schmolz.
Haupt, C. E., Königl. Gartenbau-Director in Brieg. Heimann, M., Dr., Rittergutsbesitzer in Wiegschütz bei Cosel OS.
Reichsgraf zu Herberstein, S., Freiherr v. Neuberg und. Guttenhaag, k. k. Kämmerer u. s. w. zu Gratz, auf Grafenort bei Habelschwerdt.
Hiller, F. H., Lehrer in Brieg.
Graf von Hochberg, B., auf Rohnstock.
Klings, P., Hoflieferant in Berlin, Unter den Linden 19.
. Fräulein v. Kramsta, M., Rittergutsbesitzerin auf Muhrau bei
Striegau.
. Herr Kraft, Arnold, Obergärtner in Bad Salzbrunn.
— Kuntze, A., Apothekenbesitzer in Hundsfeld.
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
2. Herr
Lauterbach, Dr., Rittergutsbesitzer in Stabelwitz bei Deutsch- Lissa,
Leschick, F., Fabrikbesitzer in Schoppinitz.
von Lieres und Wilkau, Rittergutsbesitzer auf Pasterwitz bei Wangern. von Lieres und Wilkau, Rittergutsbesitzer auf Gnichwitz bei Canth.
Malke, Paul, Obergärtner in Leuthen bei Deutsch-Lissa. Methner, P., Commerzienrath in Landeshut in Schlesien. Müller, O., Superintendent in Michelau bei Böhmischdorf. Nitschke, Rittergutsbesitzer in Girlachsdorf bei Nimptsch. von st. Paul, Corvetten-Capitain z. D., Hofmarschall in Fischbach in Schl.
Peicker, W., Hofgarten-Inspector in Rauden OS.
Plosel, J., Obergärtner in Falkenberg OS.
Graf von Praschma auf Schloss Falkenberg OS.
Radler, Landesältester und Kreisdeputirter in Polnisch-Jägel bei Strehlen.
Graf v. d. Recke-Volmerstein, Rittmeister, Landesältester und Generallandschafts-Repräsentant auf Kraschnitz.
Gräfin Reichenbach, geb. Gräfin Bethusy-Huc, in Neu- mittelwalde.
Reil, Rittergutspächter in Chorulla bei Gogolin.
v. Reinersdorf-Paczensky, Rittmeister a. D., Majoratsherr auf Ober-Stradam bei Stradam.
von Salisch, Rittergutsbesitzer auf Postel bei Militsch. Schmula, Gutsbesitzer in Grüneiche bei Breslau.
Stahr, Dr. med., Sanitätsrath, Rittergulsbesitzer, prakt. Arzt in Wilxen bei Obernisk.
Stefke, A., Apotheker in Lissa bei Breslau.
Stern, Baumschulenbesitzer in Dürrgoy bei Breslau. Stittner, H., Kunstgärtner in Cammerau bei Schweidnitz. Sutter, A., Landes-Bauinspector, Hauptmann a. D., Schweidnitz. von Tempski, H., Rittergutsbesitzer auf Baara bei Schmolz. Tippel, O., Chefredacteur in Schweidnitz.
Töpffer, C., Kaufmann in Maltsch a. O.
Tripke, Rittergutsbesitzer in Ellsnig, Post Leuber OS.
. Löbliche Verwaltung des von Lestwitz’schen Fräulein-Stiftes in
Tschirnau bei Reisen.
. Herr Wagner, Dr. med., Professor, in Stadt Königshütte.
von Wallenberg- p achaly, C., Rittergutsbesitzer auf Schmale‘ Websky, E., Dr. phil., Geh. Commerzienrath in Wüstewalters- dorf.
Mitglieder -Verzeichniss. 39
54. Herr Wegner, F., Garten-Director in Mechau p. Schüttlau.
55. 56, 57. 58.
59.
Weikert, Pastor in Gross-Wandriss bei Mertschütz. Weinhold, E., Kunst- und Handelsgärtner in Hirschberg. Graf v. Welczeck, B., Major a. D., Majoratsherr auf Laband OS.
von Zawadzky, F., Königl. Kammerherr, Landesältester auf Jürtsch bei Canth.
Diedler, Max, Stadtgärtner in Ober-Glogau.
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2 Schlesische üesellschalt für vaterländische Gulur n
ZIYCVS ee I. Abteilung. Jahresbericht. Medicin. 1899. a. Medicinische Section. Ne
Sitzungen der medieinischen Section im Jahre 1899.
1. Sitzung vom 13. Januar 1899.
Vorsitzender: Herr Mikulicz. Schriftführer: Herr Neisser.
Herr Brieger: Ueber die Beziehungen der Rachenmandel- hyperplasie zur Tuberculose. (Erscheint an anderer Stelle.)
An der Discussion beteiligen sich die Herren Kümmel, Kayser, Mikulicz, Czerny und Neisser.
Herr Neisser: Wenn ich auch in dem letzten Punkte, den Herr College Kayser betonte, ihm beistimme, daß die ganze Frage des Zusammenhanges der Rachenmandelhyperplasie mit der Tuber- culose und die Bedeutung dieser eventuellen tuberculösen Er- krankung der Rachenmandeln vor der Hand noch gänzlich un- aufgeklärt sei, so glaube ich doch andererseits, daß ein anderer Weg, diese Frage zu lösen, nicht existirt, als derjenige, den Herr College Brieger in dankenswertester Weise eingeschlagen hat. Es geht doch eben nicht anders, als daß man erst einmal ver- sucht, durch Prüfung einer großen Anzahl von Fällen eine An- zahl von Thatsachen festzustellen. Erst die spätere Controle der Befunde resp. der Patienten wird lehren, welche Bedeutung solchen Befunden beizumessen ist.
Ich habe um so größeres Vertrauen zu dem Werte derartiger Untersuchungen, als ich in meinem Specialfache bei der Haut- tuberculose ganz dieselben Wandlungen der Anschauungen erlebt habe, wie sie vielleicht bei der Beurteilung der Rachenmandel- hyperplasie und ihrer Beziehung zur Tuberculose sich ergeben werden. Während man früher nur eine oder zwei Formen der Hauttuberculose kannte, wissen wir heute, daß sie in den ver- schiedenartigsten Formen auftreten kann. Hautefllorescenzen, denen wir so gut wie gar keine Beachtung schenkten, die uns als ganz harmloser Natur erschienen, stellen sich bei sorgfältiger Prüfung als tuberculös heraus. Und Ihnen allen ist bekannt, wie
1
2 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
lange es gedauert hat, ehe die strikte Zugehörigkeit des Lupus zur Tuberculose allseitig anerkannt worden ist. Die klinische Beobachtung reicht eben nicht aus und bedarf der Unterstützung und Fundirung durch histologische und bacteriologische Unter- suchungen.
Daß derartige Befunde, wie immer bei der Tuberculosenfrage, freilich nicht ganz eindeutig sind, hat die heutige Discussion er- geben. College Kümmel hat mit großem Recht auf die unge- meinen Schwierigkeiten hingewiesen, aus rein histologischen Befunden Tuberkulose diagnostieiren zu wollen. Doch glaube ich, daß seine Skepsis etwas zu weit geht; College Brieger hat, wenn ich seine Worte richtig verstanden habe und den herum- gehenden Zeichnungen glauben darf, nicht irgend eine beliebige, heerdweise auftretende Zelldegeneration als Beweis für die Tuber- culose angesehen, sondern ganz besonders das Vorhandensein typischer Verkäsung in seinen Präparaten betont. Finden sich dabei noch in typischer Weise gelagerte Langhans’sche Riesen- zellen, und fehlt sonst jedes Moment, diese characteristischen Befunde zu erklären, so wird man wohl zu der Annahme, daß es sich um Tuberculose handeln müsse, gedrängt. Der mangelnde Bacillenbefund ist auch fast typisch für diese Formen der Tuber- culose, und die geringe Anzahl von gelungenen Uebertragungs- versuchen auf Tiere scheint mir auch in genügender Weise er- klärt. Kurz, ich habe große Neigung, die von Collesen Brieger aufgestellte Annahme, daß es sich in seinen Fällen um Tuberculose handle, zu acceptiren.
Und es scheint mir auch gar nichts Absonderliches, in den Rachenmandeln Tuberculose zu finden. Ich möchte umgekehrt sagen, es wäre merkwürdig, bei der großen Anzahl von Tuberculose- Fällen, die man in der Mund-, Nasen- und Rachenhöhle auftreten sieht, gerade die Rachenmandeln verschont zu sehen. — Die Frage freilich, ob die Hyperplasie das Primäre und die Tuberculose das Secundäre sei oder ob die zeitliche Folge der beiden Er- krankungen umgekehrt sei, kann ich nicht entscheiden. Größere Neigung hätte ich allerdings, a priori eine Infection der bereits erkrankten hyperplastischen Rachenmandeln anzunehmen. Nun meint zwar College Kayser, er könne sich das nicht recht vor- stellen, weil ja durch die Rachenmandelschwellung die Nasen- atmung verhindert. und demgemäß gar kein Luftstrom Tuberkel- "bacillen an die Rachenmandeln heranzuführen im Stande sei. Ich denke mir eigentlich umgekehrt, daß gerade die erschwerte Atmung zu foreirterer Inspiration, zum Schniefen führe und so
&
I. Abteilung. Medicinische Section.
erst recht die Bacillen an die Mandeloberfläche herangeführt und dort festgehalten würden.
Daß die Tuberculose der Rachenmandeln nicht zum Zerfall führt, ist nach den Befunden, die man an unzähligen Fällen von Hauttuberculose macht, nicht wunderbar. Auch bei der Haut- tuberculose sehen wir jahrzehntelang bestehende Erkrankungen der subepithelialen Bindegewebsschichten, ohne daß Ulceration und Zerstörung auftritt. Man braucht dabei nicht einmal eine Abschwächung der Tuberkelbacillen anzunehmen; wenigstens ist bis jetzt auf keinerlei Weise etwas Sicheres über das Vorkommen einer derartigen Abschwächung bekannt. Die von Koch aus Lupus gezüchteten Tuberkelbacillenculturen verhielten sich in ihrer Virulenz ebenso, wie die aus schweren Phthisen gezüchteten.
Die Hauptaufgabe für die Zukunft scheint mir zu sein, alle Menschen mit Rachenmandelhyperplasie und speciell diejenigen, an denen man die Existenz einer localen Tuberculose dieses Organs hat wahrscheinlich machen können, weiter zu verfolgen. Ohne ganz sorgfältige, speciell auf diesen Punkt gerichtete Statistik lassen sich alle diese Fragen nicht entscheiden. Erklärte doch 1884 auf dem Kopenhagener Congreß Kaposi, also ein gewiß competenter Beobachter, mit vieler Emphase, der Lupus könne schon deshalb nicht zur Tuberculose gehören, weil er immer ein locales Leiden sei und so gut wie nie zu allgemeiner Tuber- culose führe. Ich konnte ihm damals sofort darauf erwidern, daß unsere, speciell auf diesen Punkt gerichtete Statistik, die später von allen Seiten bestätigt wurde, ergeben habe, daß nicht weniger als 80 pÜt. aller Lupösen entweder auch an anderweitiger Tuberculose erkrankt sei oder an Tuberculose zu Grunde geht. Ich hoffe also in 10 oder 20 Jahren von Herrn Collegen Brieger in ähnlicher Weise einen statistischen Beweis für die Richtigkeit der heute von ihm vorgetragenen Anschauung zu hören.
2. Sitzung vom 20. Januar 1899 in der Kgl. Anatomie.
Herr Hasse spricht über die Organisation des anatomischen Unterrichtes.
Der Vortr. ist der Ansicht, daß alle Zweige der Anatomie in einer Vorlesung zusammen zu behandeln seien; er legt dar, wie er allmählich immer mehr die Ueberzeugung gewonnen habe, daß die heute allgemein übliche Methodik des anatomischen Unterrichtes unzulänglich und Verbesserungen bedürftig und fähig
1*
4 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vater]. Cultur.
sei. Als eine solche hat er in der neuen Anatomie eine Lern- sammlung und Studentenbücherei nach englischem Muster ge- schaffen, die beide zum Studiren, zur Befestigung der im Colleg gewonnenen Bilder für die Studenten den ganzen Tag über ge- öffnet und zugänglich sind.
An den Vortrag schließt sich ein Rundgang durch die Kgl. Anatomie an.
3. Sitzung vom 3. Februar 1899 ın der alten Börse. Vorsitzender: Herr Mikulicz.
Vor der Tagesordnung:
Herr Neisser: Meine Herren, gestatten Sie mir zuerst, Ihnen eine Kranke :vorzustellen, bei der die entfernter Sitzenden aller- dings gar nicht sehen werden, daß es sich um einen Krankheits- fall handeln könnte. Die Patientin hat eine so ausgezeichnet von Herrn Dr. Bruck jun. gemachte künstliche Nase, daß die Täuschung eine wirklich sehr vollkommene ist. Erst wenn die Patientin die künstliche Nase abnimmt, sieht man die furchtbaren Zerstörungen, die durch Lues und sich anschließende operative Eingriffe an der Nase und am harten Gaumen entstanden sind. Herrn Dr. Bruck jun. ist es durch ein eigenes neues Verfahren gelungen, der Patientin die Möglichkeit zu verschaffen, ohne Störung zu essen, zu sprechen und sich unter Menschen sehen zu lassen.
Tagesordnung:
Herr Neisser: Nach kurzer geschichtlicher Besprechung der Quecksilber- und Jod-Anwendung in der Syphilis- Therapie entwickelt der Vortragende seine Anschauungen an der Hand folgender Leitsätze:
I. Die Art und Weise, wie Quecksilber- und Jodpräparate bei Syphilis wirken, ist zwar noch nicht wissenschaftlich fest- gestellt, man hat aber allen Grund, diese beiden Heilmittel nicht als gleichwertig anzusehen. Denn während das Jod nur auf die vom Syphilisgift geschaffenen Neoplasmen (und nicht einmal auf alle, sondern auf die tertiären) und auf einzelne toxische Er- scheinungen wirkt, scheint das Quecksilber das Virus selbst, die supponirten Mikroorganismen der Krankheit zu beeinflussen; vielleicht durch directe Vernichtung eines Teiles derselben oder durch Beeinflussung ihrer Vermehrungsfähigkeit oder durch Ab- schwächung ihrer toxischen Eigenschaften, vielleicht auch durch
I. Abteilung. Medicinische Section. 5
Anregung einer Reaction der Gewebszellen gegen die Wirkung und die Angriffe der Mikroorganismen. Das Quecksilber ist also nicht nur ein einfaches palliatives Mittel gegen einzelne Syphilis- symptome, sondern ein specifisches Heilmittel gegen die Krank- heit selbst, derart, daß wir die Erkrankten von ihrer Krank- heit, ihrem Infectionsstoff befreien und den Verlauf der Krank- heit beeinflussen können.
II. Diese Anschauung über die Heilkraft des Quecksilbers stützt sich:
1) Auf die eminent prompte Einwirkung des Quecksilbers auf die Symptome aller Stadien und zwar sowohl auf die specifischen Neubildungsformen wie auf die durch die specifische Intoxication hervorgerufenen Erscheinungen: Fieber, Anämie, Schmerzen etc., speciell im ersten Incubationsstadium.
'2) Auf die Thatsache, daß sich statistisch nachweisen läßt, daß schon bei einmaliger, in noch viel höherem Maße aber bei mehrmaliger Anwendung von Quecksilberkuren ungleich seltener schwere, insbesondere tertiäre Erscheinungen sich einstellen, als wenn gar keine oder eine schlechte Quecksilbertherapie im Früh- stadium stattgefunden hat. Es werden ausführlich die vorliegenden Statistiken über tertiäre Syphilis, speciell die von Jadassohn aufgestellte über den Verlauf der Syphilis bei Prostituirten be- sprochen und der Verlauf der Syphilis in den verschiedenen Ländern, in denen reichliche und geordnete Quecksilberbehandlung einerseits, ungenügende Behandlung der Syphilis ohne Queck- silber andererseits stattfindet, gegenüber gestellt.
3) Auf die Beobachtung bei der sogenannten „malignen Syphilis“, bei der ein überaus bösartiger Character der Krankheit mit Unverträglichkeit gegen Quecksilber einhergeht.
4) Auf die zweifellos feststehende Beeinflussung der ss erbungsfähigkeit der Krankheit durch energische Hg-Be- handlung der Eltern resp. der Früchte, welch letztere schon intra- oder erst extrauterin behandelt werden können.
5) Auf die Beobachtung, daß im Laufe der Jahrhunderte der Character der Syphilis milder geworden sei. Nach Zurück- weisung der verschiedenen Hypothesen, welche diese Thatsache erklären sollten, speciell der Hypothese von der Vererbung der Immunität, wird als die wahrscheinlichste Erklärung hingestellt, daß eine Virulenzabschwächung durch den Einfluß des Queck- silbers stattgefunden habe und demgemäß auch allmählich mildere Erkrankungsformen in denjenigen Ländern, in denen reichlich Quecksilber zur Anwendung gelangt sei, aufgetreten seien.
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III. Acceptirt man diese Anschauung, daß das Quecksilber die Krankheit als solche, die Krankheitserreger, beeinflußen könne, somußesangewendet werden, so lange die Krankheits- erreger im erkrankten Organ vorhanden sind.
Wie lange dies der Fall ist, läßt sich leider nicht nach- weisen, da alle bisherigen Versuche, die Mikroorganismen sichtbar zu machen, mißlungen sind. Klinische Beobachtungen aber deuten hin, daß die Erscheinungen der Syphilis in allen Stadien mit _ größter Wahrscheinlichkeit durch Syphilismikroorganismen selbst erzeugt werden. Ueber das Vorhandensein der supponirten Bacterien und der durch sie bedingten Infectiosität bei den primären und secundären Erscheinungen herrscht im Allge- meinen Uebereinstimmung. Selbst diejenigen secundären Er- scheinungen, welche erst in späten Jahren nach der Infection auftreten, werden als infectiös angesehen.
Viel umstritten dagegen ist die Frage, ob auch die ter- tiären Erscheinungen durch Bacterien bedingt seien. Diejenigen, welche dies leugnen, stützen sich wesentlich auf das Mißlingen einer Anzahl von Inoculationsversuchen, die mit dem Belage tertiärer Processe angestellt worden sind. Doch kann diesen negativen Befunden eine Beweiskraft für die Nicht-Infectiosität nicht zugesprochen werden. Auch Impfungen mit den Producten secundärer Processe sind häufig mißlungen und doch ist die In- fectiosität secundärer Formen nicht zu leugnen. Klinisch scheint festzustehen, daß tertiäre Ulcerationen zur Infection geführt haben (speciell bei einem, von Lassar beobachteten Fall). Andererseits ist es erklärlich, daß die tertiären Formen, welche nur höchst selten an solchen Stellen sitzen (Mund, Genitalien), welche für andere Menschen gefährlich werden können, eben nur selten Infectionen vermitteln. Schließlich ist die typische Eigenschaft tertiärer Infiltrate, zu kriechen und nach der Peripherie hin sich zu vergrößern, kaum anders als durch die Annahme von sich verbreitenden Krankheitserregern zu erklären. Toxische Ein- flüsse spielen insofern eine Rolle, als diese die Ursache der eigen- artigen Gewebsumstimmung sind, welche sich im tertiären Stadium als gummöse specifische Degeneration der Neoplasmen docu- mentirt. Diese im tertiären Stadium vorhandene Umstimmuns der Gewebe ist die Folge der Toxine, die eigentliche Ursache des Krankheitsvorganges aber sind die Syphilismikroorganismen selbst. Theoretisch zuzugeben ist freilich die Möglichkeit, daß traumatisch zufällig entstandene Infiltrationen ete. in ähnlicher Weise gummös degeneriren, weil der Vorgang sich in den toxisch
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umgestimmten Geweben abspielt. Die geringe Infectiosität der tertiären Symptome erklärt sich am ungezwungensten, wie be- sonders Jadassohn betont hat, durch die Annahme, daß eine sehr geringe Quantität von Bacterien vorhanden sei, analog der geringen Bacillenquantität beim Lupus, im Gegensatz zu den enormen Bacillenmassen der acuten ulcerösen Haut- und Schleim- hauttubereulose. Eine Abschwächung der Virulenz der Bacterien kann vielleicht nebenbei vorhanden sein; doch kommt man auch ohne diese Hypothese vollkommen aus, um die geringe Infectiosität sowohl des Lupus, wie der tertiären Erscheinungen zu erklären.
Freilich bleibt, selbst wenn man diese Anschauung über die geringe Infectiosität der tertiären Syphilis acceptirt, noch eine Menge offener Fragen übrig, die bei der Beurteilung einzelner Fälle dem Arzt große Schwierigkeiten machen: Wie steht es mit der Infectiosität tertiärer Formen, die schon im zweiten oder dritten Jahre der Krankheit auftreten? Sind sie, resp. ist der Träger einer solchen tertiären Syphilis gefährlicher als ein Patient, der vielleicht im achten Jahre der Erkrankung secundäre Formen zeigt? Ist nicht vielleicht das Alter der Syphilis entscheidender für die Beurteilung der Infectiosität, als die gerade vorhandenen Erscheinungen? | |
IV. In der Praxis hat man diesen Verhältnissen gegenüber einen einfacheren Standpunkt einzunehmen. Wer für das Zu- standekommen aller Erscheinungen, der primären, secundären wie tertiären die supponirten Syphilismikroorganismen verantwortlich macht, wird überall, also in allen Stadien und bei allen Formen des Quecksilbers nicht entraten können, weil es ja, wie oben ausgeführt, im Stande sein soll, das Syphilisvirus selbst zu beeinfiussen, und weil nur das Hg eventuellen Recidiven vorzubeugen vermag. Daß auch ohne Symptome in den ersten Jahren in energischer Weise mit Quecksilber behandelt werden muß, sei an dieser Stelle nur kurz erwähnt.
V. Gilt das Quecksilber also als das unentbehrliche Heil- mittel in allen Stadien der Syphilis (die Fälle von Idiosyncrasie und von maligner Syphilis ausgenommen), so ist das Jod und seine Salze viel eher zu entbehren. Im primären und secundären Stadium kann es dazu dienen, gewisse, vielleicht vom Periost ausgehende Schmerzformen zu beseitigen und besonders stark wuchernde Plaques und Condylome zu beeinflussen. Einen direct heilenden Einfluß auf die Syphiliserscheinungen selbst hat Vortr. nie gesehen. Eminent nützlich aber, und
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deshalb vom therapeutischen Standpunkt aus unentbehrlich, ist es für alle tertiären Erscheinungen, obgleich längst nach- gewiesen ist, daß auch ohne Jodbehandlung tertiäre Erscheinungen allein durch Quecksilbertherapie beseitigt werden können. Mit wenigen Worten wird auf die häufig ungenügende Dosirung bei der Jodbehandlung hingewiesen.
VI. Aus dem bisher Gesagten ergiebt sich, daß das Quecksilber überall bei Syphilitikern anzuwenden sei, und daß Unterlassung der Quecksilberbehandlung nicht nur bei primären und secundären, sondern auch bei tertiären Formen ein Fehler sei. Unterlassung der Jodbehandlung ist dagegen nur insofern ein Fehler, weil ohne Jodtherapie die Heilung resp. die Resorption der tertiären Pro- ducte langsamer vor sich geht, und das kann freilich ein schwerer Nachteil sein, wenn es sich um tertiäre Processe in lebens- wichtigen Organen und Geweben handelt, bei denen es auf möglichst schnelle Beseitigung des Gewebe zerstörenden Lues- productes ankommt (Gehirn, Rückenmark, Nerven, Sinnesorgane, Knochen).
VII. Thatsächlich werden nun doch häufig Fehler in der Therapie gemacht und zwar nach beiden Richtungen bin: erstens Unterlassen der Quecksilber- Behandlung trotz secundärer Er- scheinungen und zweitens Unterlassung der Jodbehandlung trotz tertiärer Erscheinungen. Diese Fehler kommen zu Stande:
a. Durch die Anschauung, daß man identifieirt secundäre resp. tertiäre Formen mit früher resp. später Krankheitsperiode.
b. Durch die Anschauung, daß viscerale und cerebrale Lues eo ipso identisch sei mit tertiärer Lues.
Diese Anschauungen sind falsch, denn
1) giebt es typische rhhorscheifüngene Papeln, LE Plaques, bisweilen in sehr späten Jahren nach der Infection, Fälle, die freilich immer schwer zu beurteilen sind und
2) ist statistisch nachgewiesen, daß die tertiären Erscheinungen in ihrer Hauptzahl schon im dritten, viele aber sogar schon im ersten und zweiten Jahre der Erkrankungen auftreten (wobei mit wenigen Worten die Zugehörigkeit der malignen Syphilis zur secundären Syphilis besprochen wird),
3) wird betont, daß man ebenso, wie auf der Haut, auch in den visceralen nn an den Hirngefäßen, Meningen etc. trennen müsse die „papulösen“ Formen von den „gummösen“ Formen. Während man aber nun auf der Haut und Schleimhaut fast stets in der Lage ist, durch genaue Untersuchung der sichtbaren Er- scheinungen die Zugehörigkeit der Efflorescenzen zur secundären
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oder tertiären Syphilis festzustellen, ist das bei den unsichtbaren visceralen und cerebralen Syphilisformen nicht möglich. Wir müssen daher stets mit der Möglichkeit rechnen, daß sowohl in der Frühperiode wie in der Spätperiode bald papulöse, bald gummöse Erkrankungsformen sich abspielen; denn wir wissen eben aus der Erfahrung der Hautsyphilis, daß keine Proportion besteht zwischen papulösen und gummösen Formen zur frühen und späten Periode. Für die Therapie folgt daraus, daß wir stets mit Jod und Quecksilber behandeln müssen, wenn es sich um cerebrale und viscerale Syphilis handelt; mit Quecksilber deshalb, weil in den ersten Jahren der Erkrankung mit größter Wahrscheinlichkeit, in späteren Jahren möglicherweise den papulösen Hautefflorescenzen entsprechende Syphilis- Er- krankungen vorliegen können, die eben nur durch Quecksilber zu beeinflussen sind; mit Jod deshalb, weil auch in den ersten Jahren nach der Erkrankung schon gummöse Formen nicht selten sind, Formen, die zwar durch Quecksilber allein beseitigt werden können, deren Heilung aber durch Jod ungemein beschleunigt wird.
Daß diese combinirte Therapie von ungemein segens- reicher Wirkung ist, hat die Empirie längst festgestellt. Be- sonders wird betont, daß von irgend einer Gefahr, von Schädigung durch die combinirte Therapie gar keine Rede ist. Nie und nimmer ist der Beweis dafür geliefert; und die Theorie, welche die combinirte Anwendung von Jod und Quecksilber (wegen der Bildung schädlicher Jod-Quecksilbersalze) verbietet, beruht auf grundfalschen Voraussetzungen. Dagegen betont der Vortr. noch einmal die Wichtigkeit, alle diese Kuren in energischer Weise vorzunehmen, und speciell widmet er dem herrschenden Schlendrian, mit welchem die Einreibungs- kuren gemeinhin vorgenommen werden, einige Ausführungen.
VII. Wie weit ist nun die Quecksilber- und Jod- therapie geeignet, diagnostisch verwertet zu werden? Der Vortr. bespricht folgende Punkte:
1) Den sehr großen Fortschritt, der im Laufe der letzten Jahre bei der Behandlung einer sehr großen Anzahl von Er- krankungen des Oentralnervensystems, namentlich bei Kindern, durch energische antisyphilitische Kuren erzielt worden ist, ein Hinweis, in wie complicirter Weise die hereditäre Syphilis als Gehirn- und Rückenmark- resp. Knochensyphilis sich documentiren könne.
2) Die Erfolge der antisyphilitischen Therapie bei Tabes und Paralyse. Redner steht zwar nicht auf dem Standpunkt,
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diese Erkrankungen als directe Folge der Infection oder In- toxication anzusehen, er vermutet vielmehr, daß die Infeetion nur eine Verminderung der Resistenz gegen diejenigen Schädlich- keiten schaffe, welche an sich Tabes und Paralyse zu erzeugen im Stande sind, aber andererseits verfügt er über eine ganze Anzahl von Erfahrungen, welche den ausgezeichneten Einfluß antisyphilitischer Therapie sowohl der Quecksilber-, wie der Jod- behandlung beweisen. In vielen Fällen freilich versage die Be- handlung vollständig.
3) Die durch die specifische Therapie ermöglichte Diffe- rentialdriagnose zu Sarkom und Carcinom. Besonders be- tont er die Notwendigkeit, im manchen Fällen nicht nur Jod, sondern auch Quecksilber zur differential-diagnostischen Therapie zu verwenden; denn nicht nur Gummata, sondern auch Primär- affecte (an den Tonsillen, am Septum narium ete.) sind für bös- artige Tumoren gehalten und der Operation unterzogen worden, weil sie auf Jodbehandlung nicht reagirten und demgemäß für nicht syphilitisch gehalten wurden.
4) Die Thatsache, daß auch durch Actinomykose hervor- gerufene Tumoren durch Jodkalium zur Heilung gebracht werden können.
5) Auf die neuerdings aufgetauchte und durch zuverlässige Autoren vertretene Behauptung, daß auch Lupus bisweilen durch Calomelinjectionen zum Heilen zu bringen sei. Wahrschein- lich handelt es sich in diesen Fällen nicht um eine wirkliche Heilung der Tuberculose, sondern nur um die Beseitigung der die tuberculösen Neubildungen umgebenden entzündlichen In- filtrationen, was freilich bisweilen, wie bei der Tuberculin-Be- handlung, eine Heilung vortäuschen kann.
6) Die schwierige Differentialdiagnose zwischen gewissen Formen von Erythema nodosum und gummösen Infiltrationen. Thatsächlich ist Jodkalium in manchen Fällen von Erythema nodosum mit Erfolg verabreicht worden; aber es ist fraglich, ob es sich da nicht um wirkliche Gummata gehandelt habe oder um durch syphilitische Gefässerkrankung hervorgerufene Erytheme. |
Bemerkungen zur Discussion über den Vortrag von Geheim- rat Neisser über antisyphilitische Behandlung.
Herr W. Uhthoff richtet an den Herrn Vortragenden einige
Anfragen und zwar zunächst in Bezug auf die Unterscheidung
zwischen secundären papulösen und tertiären gummösen syphili-
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tischen Veränderungen der Hirnarterien. Wohin namentlich die Heubner’sche Endarteriitis gerechnet werden solle? Er glaubt, daß eine solche Unterscheidung sich auf diesem Gebiete schwer durchführen lasse, zumal ja bekanntlich auch die syphilitischen Veränderungen der Hirnarterien sich schon relativ frühzeitig ein- stellen könnten.
Dieselbe Frage scheine ihm berechtigt bei der Erkrankung der Keratitis interstitialis auf Grundlage von Lues congenita und in seltenen Fällen auch bei Lues acquisita. Es handele sich hier um eine chronische interstitielle Entzündung, die ja häufig erst sehr lange nach der Geburt oder. nach der Infection auftreten könne. Anatomisch sei es jedenfalls nicht gerechtfertigt, hier von eigentlichen gummösen Veränderungen in den Hornhäuten zu sprechen und doch müßten diese Processe, eben wegen ihres häufig sehr späten Auftretens wohl in erster Linie zu den tertiären Erscheinungen gerechnet werden.
Aus diesen Gründen sei es daher auch nicht immer leicht, die Frage nach den von dem Herrn Vortragenden gegebenen Gesichtspunkten zur Entscheidung zu bringen, ob Inunctionskur oder Jodkalium. Er glaube, daß diese Entscheidung bei syphi- litischer Erkrankung anderer Körperorgane schwerer zu treffen zu sei, als da, wo es sich um syphilitische Erkrankungen der Haut und der Schleimhäute handele.
Herr Neisser: Was die eben von Herrn Collegen Uhthoff aufgeworfene Frage nach der Stellung der Keratitis betrifft, so kann ich dieselbe nicht beantworten. Ich hatte mir im Gegenteil vorgenommen, ihm, als dem sachverständigen Fachmanne, die Frage vorzulegen, wo — bei den secundären oder bei den tertiären Formen — die Keratitis bei der Lues unterzubringen sei. So viel ich weiß, liegen irgendwelche mikroskopische und histologische Untersuchungen darüber gar nicht vor. Ist denn aber nichts darüber bekannt, ob man wesentlich mit einer Jod- oder wesentlich mit einer Quecksilbertherapie dagegen ankämpfen kann? — Was die Trennung der von mir als „papulös“ bezeichneten Frühformen an den Hirnarterien von den „gummösen“ Spätformen daselbst betrifft, so glaube ich, kann man diese Scheidung histologisch jetzt schon vornehmen, obgleich noch nicht alle diesbezüglichen Verhältnisse mikroskopisch aufgeklärt sind. Ich glaube, daß man die fast an ein Narbengewebe erinnernden soliden Gefäßverdickun- gen, die irgendwelches Zeichen von Degeneration der Neubildung nicht aufweisen, gegenüber stellen muß den wohlstudirten Formen, bei denen es zur Entartung und Erweichung der Syphilome
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kommt und bei denen ja auch nicht selten schließlich eine aneu- rysmatische Erweiterung und ein Platzen der allmählich ganz verdünnten Gefäßwand festgestellt ist. Kann man nicht vielleicht an Netzhautgefäßen entsprechende Veränderungen und Differenzen
nachweisen? Intra vitam aber ist diese Scheidung in Früh- und Spät- formen nicht möglich — das war ja gerade der Punkt, den ich
urgiren wollte — und deshalb soll man, um nichts Nützliches zu unterlassen, Hg und Jod, nicht das eine oder das andere an- wenden. |
Herr Methner fragt, welche Behandlungsweise der Vor- tragende für diejenige Form der constitutionellen Syphilis empfehle, die Fournier als Lues hereditaria tarda bezeichnet; also in Fällen, bei denen zwar nicht Localmanifestationen der Lues vorliegen, gleichwohl aber die Kränklichkeit der Kinder in Anbetracht ihrer hereditären Belastung und eventuell in Berücksichtigung vor- handener Hereditärsymptome eine specifische Therapie indicirt erscheinen läßt.
Herr Neisser: Herr College Methner hat das sehr schwierige Kapitel der „Parasyphilis“ angeschnitten. Ich glaube nicht, daß man heute schon so weit ist, eine scharfe Trennung dessen vor- zunehmen, was vielleicht wirklich nur auf dem Boden der Syphilis entstandene parasyphilitische Dystrophie ist und was wirkliche Syphilis ist. Gerade die erwähnten günstigen Erfahrungen, die man bei Kindern mit den allermerkwürdigsten cerebralen und spinalen Erkrankungen mit geistiger, an Idiotie erinnernder und körperlicher Zurückgebliebenheit durch Quecksilber- und Jod- therapie gemacht hat, beweisen, daß das Capitel der durch Syphilis bedingten Organerkrankungen noch lange nicht genügend auf- geklärt ist. Meiner Empfindung nach gehen die französischen Autoren in dem, was sie jezt als Parasyphilis beschreiben, viel zu weit. Für den practischen Arzt aber liegt die Sache ein- facher; auch hier wird er sich an die Thatsache halten müssen, daß in sehr vielen Fällen durch Quecksilber- und Jodbehandlung die überraschendsten Erfolge erzielt worden sind und demgemäß auch in einem ihm vorliegenden ähnlichen unklaren Falle erzielt werden können, und daß fast nie ein stichhaltiger Grund vor- liegt, um einen solchen Versuch zu unterlassen. Je elender die Kinder und je länger das Siechtum, um so weniger ist zu ver- lieren, um so größer die Hoffnung auf Erfolg. Freilich muß die Kur nicht zu zaghaft gemacht werden, denn wir sehen oft genug, daß eine kräftige Kur alles leistet, eine zu milde gar nichts!
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Herr Sackur regt die Frage der Reinfection an.
Herr Neisser: Die von Herrn Collegen Sackur soeben auf- geworfene Frage betreffs der Reinfection ist allerdings nicht von allen Autoren in gleicher Weise beantwortet. Hervorragende französische Forscher wie Fournier, Besnier behaupten, es gäbe überhaupt noch keinen voll erwiesenen Fall von Reinfection und wollen überall diagnostische Fehler bei der ersten oder der zweiten als Syphilis angenommenen Erkrankung annehmen.
Gerade umgekehrt behauptet Hutchinson, daß die Zahl der Reinfecetionen viel häufiger wäre als man im Allgemeinen an- nähme. Allerdings rechnet er alle diejenigen Fälle mit, in denen auch nur Primäraffecte resp. von ihm als Primäraffecte angesehene Ulcerationen und Knotenbildungen auftreten, selbst wenn secun- däre Erscheinungen nicht nachfolgen. Ich selbst habe solche Fälle gesehen und muß gestehen, daß ich große Neigung habe, mich Hutchinson anzuschließen. Auch ich war nicht in der Lage, gewisse nach Infectionen sich einstellende Verhärtungen von typischen Primäraffeeten zu unterscheiden. Ein Beweis, daß es eine Reinfection war, läßt sich freilich nicht erbringen, denn beweiskräftig sind eben nur die Fälle, wo nicht blos Initial- formen, sondern auch typische secundäre Erscheinungen sich ein- stellen. Auch solche Fälle habe ich gesehen und ich kann mich demgemäß der oben skizzirten Ansicht der französischen Autoren nicht anschließen. — Man hat auch gemeint, daß die Seltenheit sogenannter Reinfectionen, die naturgemäß in den späteren Lebens- altern vorkommen, nicht das Resultat einer von sehr vielen Menschen in früheren Jahren durchgemachten Lues und dadurch erworbenen Immunität sei, sondern einfach der Häufigkeit ent- spräche, mit der überhaupt in älteren Jahren Männer sich in-- fieiren. Ich habe versucht, dieser Frage näher zu treten und ver- weise auf meine Angaben in meiner Arbeit: „Was wissen wir von einer Serumtherapie bei Syphilis und was haben wir von ihr zu erhoffen?“ Archiv für Dermatologie und Syphilis, Band 44 (Festschrift für Pick), pag. 508 u. f. In der That ist es auf- fallend, daß bei allen drei venerischen Krankheiten sich ent- sprechend häufige procentuale Verhältnisse der Infectionen in den verschiedenen Lebensaltern herausstellen. Der Unterschied ist nur der, daß ältere Männer mit Gonorrhoe und Uleus molle fast stets von vorausgegangenen ähnlichen Infeetionen zu erzählen wissen, ältere Männer mit Primäraffect dagegen von früheren Syphilisinfectionen fast nie etwas zu berichten wissen.
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Herr Kobrack berichtet über einen analogen Fall, der durch eine innerhalb sechs Tagen eingetretene totale Amaurose absolute Unbeweglichkeit des Bulbus, Lidödem und Neuralgie im II. Ast N. trigemini characterisirt war. Es muß sich hier um einen Tumor gehandelt haben, der von der Fissura orbitalis sin. nach der Orbit. hineingewachsen ist. Trotzdem von autoritativer Seite in Berlin ein Sarkom für wahrscheinlich gehalten und eine Ope- ration nahegelest wurde, wurde doch zuerst ein Versuch mit Jodkali und später Hg gemacht und zwar mit glänzendem Erfolge. Sämtliche Symptome mit Ausnahme der Amaurose sind vollkommen geschwunden. Lues ist, so weit dies überhaupt möglich ist, in diesem Falle absolut auszuschließen. Weder Anamnese noch Untersuchung bietet den geringsten Anhalt dafür. K. fragt, ob man in derartigen Fällen nicht lieber anı die Möglichkeit eines heilenden Einflusses von Jod und Hg auf gewisse nicht syphili- tische Neubildungen denken soll, als, wie so häufig, den Wert der Anamnese in Frage zu stellen.
Herr Neisser: Der soeben von Herrn Collesen Kobrack berichtete Fall scheint mir im höchsten Grade instructiv. Freilich könnte ein sehr skeptisch angelegter Mensch die Diagnose „Lues“ anzweifeln, weil ein gebildeter, wahrheitsliebender Patient aus seinem Vorleben nichts von einer Luesanamnese zu berichten weiß. Wenn man aber jedes Jahr so und so oft ähnliche Er- fahrungen macht und zwar bei Erkrankungen der Haut, Schleim- haut u. s. w., die man mit absoluter Bestimmtheit als syphilitisch erkennt, dann weiß man, daß man solchen negativen Anamnesen kein Gewicht beilegen darf. Ich glaube demgemäß mit aller Sicherheit, daß es sich in diesem Falle um eine Lues gehandelt hat. — Herr College Kobrack hat gesagt: „erst nachdem der Patient 100 g& Jodkalium genommen hatte, trat Besserung ein“. Ich meine nun, daß es weniger darauf ankommt, daß man weiß, daß der Patient 100 g genommen hat, als darauf, in welcher Dosirung diese 100 g verbraucht worden sind. 50mal 2 g wäre eine milde Behandlung, 20mal 5 g aber eine energische, von der man etwas erwarten könnte. Ebenso kommt es bei den Ein- reibungen sicherlich mehr auf ihre Zahl an, als auf die Masse der verbrauchten Salbe. 60 Einreibungen zu 2 g sind sicherlich mehr wie 30 Einreibungen zu 4 g.
Herr Stolper hält eine Trennung der Früh- und Spätformen namentlich an den visceralen Organen oft für unmöglich.
Herr Neisser: Herr College Stolper hat darauf hingewiesen, daß wir Dermatologen in der Trennung der Früh- und Spätformen
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zu weit gingen und daß die pathologische Anatomie speciell an den visceralen Organen diese Scheidung nicht zu bestätigen vermöge. Ich glaube aber nicht, daß seineKritik berechtigtist. Die klinische Thatsache, daß es typische papulöse Frühformen und davon scharf getrennte gummöse Spätformen giebt, ist nicht zu bestreiten, und wichtig ist nur, daß die Histologie nicht immer im Stande ist, das, was wir klinisch so scharf unterscheiden können, auch mikro- skopisch klar zu stellen. Herr College Stolper meinte aber, daß auch die viscerale Syphilis überhaupt nicht so scharf gegen- über stehende Formen aufwiese. Demgegenüber möchte ich doch darauf hinweisen, daß eine diffuse interstitielle Hepatitis beispiels- weise doch zweifellos etwas ganz anderes sein muß, als die ab- gekapselten großen, allmählich breiig degenerirenden Tumoren, welche wir als Gummata in der Leber, in den Hoden etc. kennen. Freilich giebt es bei der visceralen Syphilis ebenso solche Ueber- gangs- und Zwischenformen, wie bei der Hautsyphilis; aber sie ändern nichts an der Thatsache, daß an den Enden dieser Ueber- gangsreihe wohlcharacterisirte Typen, die gar nicht zu verwechseln sind, sich befinden.
Herr Freund hält bei Tabes eine Jodkali- und Quecksilber- Behandlung oft für contraindieirt und eine allgemeine Ernährungs- therapie häufig für richtiger.
Herr Neisser: Herrn Collegen Freund gegenüber möchte ich die Ansicht vertreten, daß man bis auf verschwindende Aus- nahmen immer in der Lage ist, eine Quecksilber- und Jodbehand- lung ohne Schaden durchzuführen, vorausgesetzt, daß die äußeren Umstände des Patienten die genügende Beobachtung, Ernährung ete. gestatten. Selbstverständlich giebt es Fälle, in denen man nichts erreicht; aber derartige Erfahrungen sprechen nicht gegen die von mir vertretene Anschauung, in jedem Falle nach Möglich- keit die Chancen, die Quecksilber- und Jodtherapie gewähren, auszunützen. Ich wenigstens würde bei jedem Patienten mit Tabes und Paralyse die Behandlung versuchen, um so mehr, als dadurch keine andere therapeutische Methode ausgeschlossen ist und ich sicher bin, daß eine Schädigung nicht eintritt. Wo nichts zu verlieren ist, hat man, glaube ich, alles zu versuchen, um zu gewinnen.
Herr Mikuliez plaidirt für die Notwendigkeit genauester Differentialdiagnose, um mit der antiluetischen Kur zu warten.
Herr Neisser: Den letzten Ausführungen des Herrn Collegen Mikulicz stimme ich natürlich vollständig bei. Man wird selbst- verständlicher Weise immer abwägen müssen, wo bei einem frag-
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lichen Zungentumor z. B. die größere Gefahr liegt, im sofortigen Operiren oder im Abwarten der antisyphilitischen Therapie. Daß ich die Probepunction nicht erwähnt habe, war ein unbeab- sichtigtes Versehen.
4. Sitzung vom 10. Februar 1899 in der alten Börse.
Vorsitzender: Herr Mikulicz.
In der Discussion über den Vortrag des Herrn Geheim-Rat Prof. Dr. A. Neisser stellt Prof. W. Uhthoff folgenden „Fall von syphilitischer Orbitalerkrankung“ vor.
Fräul. M. F., 45 Jahre alt, Arbeiterin, wurde am 2. Januar 1899 in die Universitäts-Augenklinik zu Breslau aufgenommen. Pat. giebt.an, schon von jeher mit dem rechten Auge schlecht gesehen zu haben, auch habe dasselbe schon immer nach innen oben etwas geschielt, doch bot es abgesehen von dieser Ver- änderung bis zum November 1898 keine besonderen Erscheinungen. Um diese Zeit bekam die Kranke heftige Kopfschmerzen auf der rechten Seite und bemerkte sie damit auch, daß das rechte Auge allmählich stärker aus der Augenhöhle hervortrat und das obere Lid sich senkte. Die Erscheinungen nahmen allmählich immer mehr unter zeitweisen heftigen Kopfschmerzen zu und steigerten „sich in letzter Zeit bis zu ihrer jetzigen Intensität, die Pat. ver-
anlaßte, die Klinik aufzusuchen. Auch die Sehschärfe des rechten Auges habe noch etwas mehr abgenommen, obwohl es schon von jeher schwachsichtig gewesen sei.
Pat. war nicht verheiratet, sie hatte drei uneheliche Kinder, welche angeblich gesund waren, das eine dieser Kinder starb im zehnten Lebensjahr. Kein Abortus, specifische Infection in Abrede gestellt. |
Status präsens. Ausgesprochene asymmetrische Gesichts- bildung, so daß die linke Gesichtshälfte der rechten gegenüber überhaupt etwas zurücktritt. Es besteht zur Zeit starker Ex- ophthalmus, der rechte Bulbus ist erheblich gerade nach vorn dislocirt und absolut unbeweglich, so daß nach keiner Richtung eine Bewegung ausgeführt werden kann; complete paralytische Ptosis des oberen Lides.
Pupille etwas erweitert, Reaction auf Licht fast aufgehoben, ebenso die consensuelle Reaction nur gering. Ueber die Accom- modation läßt sich wegen der hochgradigen Sehschwäche Nichts aussagen (Finger 2,5 m). An der Pupille leichte neuritische Ver-
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änderungen. Das Gesichtsfeld ist für ein weißes Object (1 qcm) relativ frei, dagegen ist die Farbenperception nur in einem excentrisch nach unten innen gelegenen Terrain des Gesichts- feldes erhalten. Das linke Auge verhält sich normal.
Ausgesprochene Sensibilitätsstörung im Bereich des I. und II. Astes des Nerv. trigeminus, die Cornea ist fast total unempfindlich, doch sonst ohne pathologische Veränderungen.
Im Bereich der übrigen Gehirnnerven keine Störungen, auch keine sonstigen cerebralen Erscheinungen.
Eine genaue Untersuchung auf etwaige !Erkrankungen der Nebenhöhlen durch Herrn Collegen Dr. Brieger ergiebt ein negatives Resultat. Dagegen findet sich im Nasenrachenraum eine ausgesprochene ringförmigenarbige Strietur, eine Veränderung, welche von Herrn Collegen Brieger als in erster Linie suspect auf Syphilis bezeichnet wird.
Eine genaue Untersuchung der Pat. auch durch Herrn Oollegen Neisser auf sonstige etwaige syphilitische Symptome ergiebt ein im Wesentlichen negatives Resultat, nur stellenweise indolente Lymphdrüsenschwellung.
Es handelte sich also durchaus um das klinische Bild einer orbitalen Geschwulstbildung, welche im hinteren Teil der Orbita gelegen, den Bulbus gleichmäßig vorgetrieben hatte und zu einer Lähmung aller orbitalen Nerven, motorischen sowohl wie sensiblen, geführt hatte.
Es erschien somit ein operativer Eingriff in erster Linie ge- boten und zwar zuerst eine Eröffnung der Orbita von außen her nach Kroenlein und eventuell totale Exenteratio orbitae.
Bei dem auf Syphilis suspecten Befund im Nasenrachenraum aber wurde zunächst eine energische antisyphilitische Behandlung mit Inunctionen von Ungt. einer. und gleichzeitigen großen Jod- kalidosen (5 g pro die) eingeleitet. Der Erfolgs war ein ganz unerwartet günstiger. Schon am 9. Januar 1899 konnte man die erste Besserung der Symptome constatiren. Die Beweglichkeit des Auges kehrte allmählich, aber stetig wieder. Der Exophthalmus bildete sich langsam zurück und ebenso besserte sich die Sen- sibilität im Bereich des Nervus trigeminus. Im Bereich des I. und II. Astes ist die Hautsensibilität zur Zeit wieder ziemlich normal, das innere obere Drittel der Cornea jedoch noch fast insensibel. Die paralytische Ptosis ist jetzt schon fast ganz ge- wichen. Keine subjectiven Beschwerden (Kopfschmerzen u. s. w.) mehr. Die Sehschärfe des rechten Auges beträgt zur Zeit S = ®/,, und glaubt Pat. auch früher nicht besser mit dem rechten Auge
2
Ad
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gesehen zu haben. Das Gesichtsfeld ist wieder normal geworden. Die ophthalmoskopischen (leichten neuritischen) Erscheinungen sind zurückgegangen, ohne wesentliche Spuren zu hinterlassen, bis auf eine leichte Abblassung der Papille.
Von äußerlichen entzündlichen Erscheinungen am Auge und in der Umgebung desselben war nie etwas zu constatiren. In letzter Zeit der obere Orbitalrand auf Druck etwas schmerzhaft.
Auch nachträglich schreitet unter Fortsetzung der anti- syphilitischen Behandlung die Besserung stetig weiter vor und kann Patientin nach ca. zweimonatlicher Behandlung als fast geheilt entlassen werden. Ein geringer Exophthalmus und leichte Beweglichkeitsbeschränkung des rechten Auges nach oben ist auch zur Zeit der Entlassung (Ende Februar 1899) noch nach- weisbar und ebenso zeigt der innere obere Quadrant der Cornea noch deutliche Herabsetzung der Sensibilität.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß es sich bei unserer Patientin um einen syphilitischen gummösen Proceß in der Tiefe der Orbita handelt, obschon von objectiven Symptomen einer voraufgegangenen syphilitischen Infection zur Zeit eigentlich nur die sehr suspecten Veränderungen im Nasenrachenraum bestehen. Die prompte Einwirkung der antisyphilitischen Behandlung ge- stattet wohl keine andere Auffassung des Krankheitsprocesses.
Ich habe geglaubt, meine Herren, daß gerade gelegentlich der Discussion über „antisyphilitische Behandlung“ dieser Fall ein besonderes Interesse haben dürfte, zumal auch für den Augen- arzt und Chirurgen, weil er auf dem Gebiete der Geschwulst- bildung in der Orbita zur Vorsicht mahnt, den operativen Eingriff nicht zu früh auszuführen und selbst bei mangelnder sicherer syphilitischer Anamnese event. noch den Versuch mit einer anti- syphilitischen Kur zu machen, bevor man sich zur totalen opera- tiven Beseitigung der Geschwulst entschließt.
Ueber traumätische Erkrankungen der Magenschleimhaut.
Herr R. Stern: Die traumatischen Erkrankungen sind bisher meist als „Magengeschwür“ bezeichnet worden. Indes fehlt es noch fast vollständig an pathologisch-anatomischen Befunden. Daß Substanzdefecte in der Magenschleimhaut infolge von Con- tusionen entstehen können, ist zweifellos; indeß sprechen sowohl die klinischen Erfahrungen, als die Ergebnisse des Tierexperiments dafür, daß derartige Defecte meist rasch zur Heilung gelangen.
In klinischer Hinsicht sind zwei Gruppen won Fällen zu
unterscheiden: 1) rasch zur Heilung gelangende, 2) chronisch '
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verlaufende. In den Fällen der ersten Gruppe stellt sich entweder sofort oder nach mehreren Stunden, zuweilen auch erst später Blutbrechen ein, ferner spontane Schmerzen und Druckempfindlich- keit der betroffenen Region des Magens, öfters auch nicht blut- haltiges Erbrechen. In wenigen Wochen erfolgt völlige Wieder- herstellung. Ob es sich hier um ein rundes Magengeschwür handelt, ist gerade wegen der raschen Heilung sehr zweifelhaft. Eine Contusion des Magens mit Zerreißung der Schleimhaut kann die sogenannten „klassischen Symptome“ des Magengeschwürs verursachen.
In der zweiten Gruppe schließt sich an die Contusion des Magens, die ebenfalls meist zur Hämatemesis führt, ein chro- nisches Magenleiden an mit Druckempfindlichkeit der betroffenen Magenpartie, öfterem Erbrechen, das zuweilen noch längere Zeit nach dem Trauma Blut enthalten kann, Appetitlosigkeit, Schmerzen nach der Nahrungsaufnahme u. s. w. — ein Krankheitsbild, das mit der Annahme eines runden Magengeschwürs weit eher vereinbar erscheint, als dasjenige der ersterwähnten Fälle. Die Annahme, daß eine Hyperacidität des Magensaftes an der Entstehung der- artiger chronischer ulcerativer Processe schuld sei, findet in den eigenen Beobachtungen des Vortragenden keine Stütze; er fand in zwei Fällen Verminderung der Gesamtacidität.
Zum Schluß bespricht Vortragender die Frage der trauma- tischen Entstehung des Magencarcinoms unter Hervorhebung der- jenigen Punkte, die für die practischen Aufgaben der Unfall- begutachtung von Wichtigkeit sind. (Der Vortrag wird an anderer Stelle ausführlich veröffentlicht.)
Discussion:
Herr Tietze erinnert an die Fälle von perforirenden Magen- wunden, die ohne operative Eingriffe geheilt sind. Jedenfalls kann die Heilung nur durch starke Narbenbildung, Verwachsung mit der Bauchwand eventl. durch Heranziehung des Peritoneums erfolgen, welche alsdann zum Ausgangspunkt eines Carcinoms dienen kann. T. demonstrirt ein Präparat eines operirten Hunde- magens.
Herr R. Stern: Bestimmte Beziehungen zwischen dem Ort der traumatischen Einwirkung und dem Sitz des später sich ent- wickelnden Careinoms lassen sich in den bisher mitgeteilten Fällen nicht nachweisen. In der Mehrzahl dieser Fälle fehlt überhaupt der Nachweis, daß eine Verletzung des Magens statt- gefunden hat. Summarische Angaben, daß in so und so viel
Procent des Beobachtungsmaterials traumatische Entstehung des 92*
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Careinoms anzunehmen sei, sind mit großer Skepsis aufzunehmen.
Herr Neisser: Ich möchte mit Bezug auf das vom Vortr. gestreifte Problem nach der Pathogenese der bösartigen Ge- schwülste die Frage stellen, ob denn ein bestimmtes Verhältnis besteht zwischen dem Ort, an welchem das Trauma eingewirkt hat und der Oertlichkeit des nachträglich aufgetretenen Tumors. Handelt es sich nicht vielleicht nur darum, daß zwar das Trauma ein ganzes Organ geschädigt, das Carcinom aber schließlich doch stets an bestimmten Oertlichkeiten sich entwickelt hat, und zwar an Oertlichkeiten, die, entsprechend der Cohnheim’schen An- schauung, durch irgend welche entwicklungsgeschichtliche Ano- malien von vornherein zum Sitz der Carcinomentwicklung prä- destinirt sind?
Ich muß gestehen, daß die Ausführungen des Herrn Collegen Mikulicz mir viel mehr geeignet erscheinen, die Oohnheim’sche Theorie zu beweisen, als einen Zusammenhang zwischen Trauma und Geschwulst; a alle die Localisationen, die er anführte als Beweis für diesen Zusammenhang Eukotlen Tumor und Trauma, sind doch solche, bei denen embryologische Anomalien und uliee mit gutem Grund supponirt werden können. Andererseits aber möchte ich betonen, daß ich zwar glaube, daß wir in sehr vielen Fällen ohne die Annahme der Cohnheim- schen Geschwulstkeime nicht auskommen, daß wir aber doch, entsprechend der Thiersch’schen Lehre, namentlich chronische Entzündungszustände als Ursachen, oder besser als Veranlassung zur Tumorbildung ansehen müssen. Freilich wirkt der chro- nische Entzündungszustand nicht als „Reiz“ — das Epithel be- darf gar keines Reizes, um zu wuchern —, sondern gewebs- schädigend, resistenzvermindernd auf das Bindegewebe, welches normaler Weise das Hineinwachsen des Epithels ver- hindert. -
Schließlich aber möchte ich betonen, daß man, wenn man dieses Capitel der traumatischen Aetiologie der bösartigen Ge- schwülste behandeln will, doch nicht Sarkome und Carcinome ohne Weiteres zusammenwerfen darf. Stehen sich doch beide Tumorarten so grundverschieden gegenüber, wie das überhaupt nur histogenetisch möglich ist. Auch ätiologisch möchte ich eine scharfe Scheidung vornehmen, indem mir wenigstens die para- sitäre Aetiologie, beim Carcinom absolut unbewiesen und auch unwahrscheinlich erscheint, während ich sie für das Sarkom viel eher zugestehen möchte. — Schließlich meine ich, daß auch die sogenannten malignen (besser gesagt, ersehen) Epitheliome
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nicht ohne Weiteres alle zusammengeworfen und einheitlich beurteilt werden dürfen. Ist nicht das eigentliche Careinom doch . etwas anderes, als die geradezu harmlosen, oberflächlichen Can- eroide?
Herr Küstner weist auf die Analogie hin, daß mit Flüssig- keit gefüllte Organe, so die Eihäute bei schwangerem Uterus, durch traumatische Einflüsse platzen können.
5. Sitzung vom 17. Februar 1899. Klinischer Abend in der Königl. chirurgischen Klinik.
Vorsitzender: Herr Mikulicz. Schriftführer: Herr Neisser.
Prof. v. Marschalko (Klausenburg): Demonstration von Rhinosklerom-Präparaten.
Meine Herren! Gestatten Sie vor allem, daß ich Ihnen, und insbesondere Ihrem hochverehrten Vorsitzenden, dem Herrn Geh.- Rat Mikulicz, meinen Dank ausspreche, daß sie mir Gelegen- heit geboten haben, Ihnen einige mikroskopische Präparate zu demonstriren, die, wie ich annehmen kann, doch einiges Interesse erregen dürften.
Sie werden mich vielleicht für unbescheiden halten, daß ich als fremder Gast Ihre Aufmerksamkeit allerdings nur für eine kurze Zeit für mich in Anspruch zu nehmen wage, doch wenn Sie er- fahren, daß ich anno 91 bis 94 drei Wintersemester hindurch als Assistent an der Klinik des Herrn Geh.-Rat Neisser thätig war, so werden Sie begreifen, daß ich mich in Ihrem Kreise nicht nur nicht für fremd halte, sondern mich im Gegenteil der Breslauer Schule angehörig betrachte. |
Bei meinen Präparaten handelt es sich um einen Fall von Rhinosklerom der Nase, den ich gleich im Anfange meiner klini- schen Thätigkeit in Klausenburg im Herbste 1897 zu beob- achten Gelegenheit hatte und den ich dann histologisch bear- beitet habe.
Es würde gar nicht m den Rahmen einer Demonstration hineingehören und hieße auch Ihre Geduld zu stark auf die Probe zu stellen, wenn ich Ihnen den ganzen Stand der Rhinosklerom- Frage auch nur in groben Zügen schildern, und über meine Arbeit ausführlich referiren wollte; das Erste wäre wohl vor Ihrem Forum auch überflüssig, das Zweite, da meine Arbeit dem- nächst im Archiy für Dermatologie und Syphilis ausführ-
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lich erscheinen wird, außerdem unstatthaft; ich wollte nur, da ich mich gerade auf Besuch bei meinem gewesenen Chef und hochverehrten Lehrer, Herrn Geh.-Rat Neisser, befinde, die Gelegenheit nicht unbenützt lassen, Ihnen einige meiner Präpa- rate demonstriren zu können, und werde nur einige kurze, zur Verständigung notwendige Bemerkungen mir erlauben, um Ihnen dann die Schlußresultate meiner Arbeit ganz kurz mitzuteilen.
Bezüglich der Aetiologie des Rhinoskleroms kann es doch
wohl kaum mehr einem Zweifel unterliegen, daß die von Frisch entdeckten kurzen, mit Kapseln versehenen Bacillen, die morpho- logisch und culturell große Aehnlichkeit mit den Ozaena-Bacillen und den Friedländer’schen Pneumoniekokken aufweisen, die wahren Erreger des Rhinoskleroms darstellen, da man dieselben bei dem Rhinosklerom beständig findet und zwar in einer zum pathologischen Gewebe characteristischen Lagerung, welche über die Specifität der Gebilde wohl kaum einen Zweifel aufkommen läßt, obzwar es bisher nicht gelang, durch Ueberimpfung der Bacillen, die sich sehr leicht in Reincultur herstellen lassen, bei Tieren eine dem Rhinosklerom analoge Erkrankung hervorzurufen.
Nur Stepanow berichtet über solche erfolgreiche Versuche, die aber bisher von Niemandem bestätigt wurden.
Was die Histologie des Rhinoskleroms anbelangt, so gehört dasselbe bekanntlich zu den Granulationsgeschwülsten, und es sind von jeher zweierlei zellige Elemente für dasselbe als characte- ristisch angesehen worden.
Erstens eigentümliche, große, aufgeblähte Zellen, die Ihr hochverehrter Vorsitzender, Herr Geh.-Rat Mikulicz, noch im Jahre 1876 als hydropische Zellen beschrieb, und die jetzt noch seinen Namen tragen.
Und zweitens hyalin oder colloid degenerirte Zellen, die zuerst von Pellizzaci beschrieben und deren Vorhandensein von späteren Autoren, ebenso wie das der Mikulicz’schen Zellen, bestätigt, und welche miteinander öfters verwechselt worden sind.
Obzwar die beiden Zellveränderungen besonders von Mibelli sehr eingehend studirt worden sind, so blieben doch noch einige — ich könnte sagen die wichtigsten — Fragen unentschieden, und nur auf diese möchte ich hier kurz eingehen.
Es handelt sich erstens darum: Sind die Mikulicz’schen Zellen in der That specifische Elemente des Rhinoskleroms? dies ist in der neuere Zeit öfters angezweifelt worden. Und dann handelt es sich hauptsächlich darum, welchen zelligen Elementen verdanken sie ihren Ursprung? den Gewebszellen oder Unna’s
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u = zn a Aa ne;
I. Abteilung. Medicinische Section. 23 Plasmazellen, deren Leukocytennatur durch mich nachgewiesen, seither von 'anderen Autoren ebenfalls bestätigt wurde.
Zweitens weiß man noch nicht, was sind die sogenannten hyalinen Zellen? Sind sie Gewebszellen oder Leukocyten? Sind sie specifisch für’s Rhinosklerom? Was sind außerdem jene stark lichtbrechenden, kugeligen Gebilde, die man im Rhinosklerom- gewebe massenhaft vorfindet und die bisher schlechtweg als Russel’sche Körperchen beschrieben wurden?
Drittens, welches ist das nähere Verhältnis der Bacillen zu den Gewebselementen ?
Ich glaube, daß ich diese Fragen durch meine Untersuchungen ihrer Lösung etwas näher gebracht habe.
Die Objecte, aus welchen meine Präparate herrühren, habe ich teils in Alkohol, teils in Sublimat fixirt; auf die Technik werde ich bei meiner Publication näher eingehen; hier erwähne ich nur kurz, daß es sich bei den eingestellten Präparaten um eine dreifache Färbung handelt, die der berühmte Histotechniker Prof. Apäthy in Klausenburg schon seit langer Zeit gebraucht - und die ich von ihm erlernt habe, nämlich: Verfärbung mit Hämatein, dann Nachfärbung mit einer Lösung, die Apathy Picrorubin nennt und die folgendermaßen hergestellt ist:
Ammoniumpierat ..... 0,80 cem, Rubin (Säurefuchsin) .. 0,20 „, Agus destulls Acous.0-.% 30.045 5 Alcohol; absol. #1. „.«:: LOG, Nx;;
Die Färbung liefert ganz ausgezeichnete Bilder, Zellkerne werden violett, Kollagen rot, Hornsubstanz, Muskelgewebe, elasti- sches Gewebe und rote Blutkörperchen intensiv gelb gefärbt. Also eine ähnliche Färbung wie die van Gieson’sche, wenn man Hämatoxylin zur Vorfärbung benutzt, nur daß dieApäthy’sche Färbung meiner Ansicht nach weitaus schönere und instructivere, außerdem haltbare Bilder liefert.
Auf die nähere Beschreibung meiner Präparate werde ich in meiner Publication näher eingehen, und hier erwähne ich nur die Schlußresultate meiner Untersuchungen, die kurz die fol- genden sind:
Die specifischen Elemente des Rhinoskleroms sind — außer den Bacillen — nur die Mikulicz’schen Zellen. Dieselben sind ganz sicher Gewebszellen, welche in- folge der Einwirkung der Bacillen eine eigene Degene-
ration eingehen, die sehr große Aehnlichkeit mit der
einer Leprazelle aufweist.
24 Jahresbericht der Schles. (sesellschaft für vaterl. Cultur.
In jeder Mikulicz’schen Zelle lassen sich, wenigstens im Anfangsstadium der Degeneration, die ganz cha- racteristischen Rhinosklerombacillen nachweisen. Die- selben sind ungefähr 2 « lange und 0,5 u dicke Stäb- chen und liegen entweder einzeln, oder zumeist, ganz characteristische Gruppen bildend, in eine Gloea ein- gebettet im Innern des Zellprotoplasma. Bei genauer Beobachtung sieht man auch, daß jeder Bacillus mit einer eigenen Hülle (Kapsel) versehenist. Eine einzige Mikulicz’sche Zelle enthält oft 5—6 und mehr solche Gloeas mit unzähligen Bacillen, wobei der Zellleib sich langsam auf’s Aeußerste vergrößert, der Zellkern aber — anfangs wohlerhalten, später degenerirt — entweder in der Mitte der Zelle, oder an die Wand gedrückt, selbst in. späteren Stadien der Degeneration deutlich sichtbar bleibt.
Im späteren Stadium der Degeneration gehen dann die Mikulicz’schen Zellen allmählich zu Grunde und die Bacillen ergießen sich frei in’s Gewebe. Es unter- liegt keinem Zweifel, daß eine Anzahl der Bacillen, die frei in den Lymphräumen und Gewebsspalten liegen, früher in den Mikulicz’schen Zellen enthalten waren.
Die sogenannten hyalinen Zellen sind aber keine Gewebszellen, sondern entstehen aus den Plasmazellen durch eine eigentümliche Degeneration ihres Proto- plasmas. Der Zellleib wird größer und es treten im Protoplasma ganz scharf colorirte und stark licht- brechende, zuerst sehr kleine Kügelchen auf, die das ganze Innere der Zelle ausfüllen und den Kern meistens an die Zellwand schieben. Dieselben nehmen von der Apäthy’schen Färbemischung die sauren Farbstoffe und zwar hauptsächlich das Ammoniumpicrat an und färben sich in meinen Präparaten intensiv gelb mit einem Stich in’s Orange. Dann verschmelzen die ein- zelnen kleinen Kügelchen zu größeren Kugeln, die eben- falls sehr stark lichtbrechend und scharf colorirt sind; der Zellkern wird abgeplattet und degenerirt; endlich springt die Zellmembran und die Kugeln werden frei. Für dieselben ist noch characteristisch, daß sie sich überhaupt sehr stark mit sauren Anilinfarbstoffen färben und jedem Entfärbungsversuch energisch Wider- stand leisten.
I. Abteilung. Medieinische Section. 25
Die hyalinen Zellen, wie überhaupt die Plasma- zellen enthaltenauch nie Rhinosklerombacillen, und daß sieebenso wie die freistehenden hyalinen Kugeln nichts specifisches für das Rhinoskleromgewebe darstellen, erhellt daraus, daß ich dieselben Zellen und frei- stehende hyaline Kugeln z. B. auch in syphilitischen Sklerosen nachgewiesen habe, wie ich überhaupt über- zeugt bin und durch meine Untersuchungen einen ge- wichtigen Beitrag dazu geliefert zu haben glaube, daß jene Gebilde, die bei den verschiedensten pathologi- schen Processen als Russel’sche oder Fuchsinkörper- chen beschrieben und besonders durch italienische Autoren vielfach für Parasiten gehalten wurden, nichts anderes als solche hyaline Kugeln, also Zelldegene- rationsproducte sind. |
Ich muß nur noch kurz bemerken: wenn ich mich auch bezüglich der Herkunft der Mikulicz’schen Zellen in einem schroffen Gegensatz mit Unna befinde, der dieselben für degene- rirte Plasmazellen hält (der Gegensatz wird weniger schroff, wenn man bedenkt, daß Unna seine Plasmazellen für Bindegewebs- zellen hält oder wenigstens damals, als seine Histopathologie er- schien, noch gehalten hat), so muß ich bezüglich der hyalinen Degeneration der Plasmazeller seine Befunde — von einigen mehr unbedeutenderen Details abgesehen — vollinhaltlich bestätigen.
Den Herren Geheimräten Mikulicz, Neisser und Ponfick, die die Güte hatten, meine Präparate schon früher durchzumustern, spreche ich noch meinen besonderen Dank aus.
Demonstration zweier bemerkenswerter Fälle von Magnet- operationen am Auge.
Herr W. Uhthoff: I. Fall. In dem ersten Fall handelt es sich um einen 50jährigen Müller A. W., der am 26. Januar 1899 in die Universitäts-Augenklinik aufgenommen wurde. Am 18. Ja- nuar 1899 war ihm beim Behauen eines Mühlsteines ein kleines Stückchen in’s Auge geflogen. Ob Stein- oder Eisenstückchen vermochte er nicht anzugeben. Zur Zeit keine stärkere entzünd- lichen Erscheinungen am Bulbus. Bei genauerer Untersuchung ergab sich eine ganz kleine scharf begrenzte punktförmige Narbe der Cornea etwas nach unten außen vom Centrum derselben. Schon dieses Aussehen der Hornhautwunde sprach für Verletzung durch Eisenstückchen, da die perforirenden Wunden durch kleine Steinstückchen eine unregelmäßigere Form zu haben pflegen.
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Der Eingangswunde entsprechend konnte man sodann eine Durchtrennung der Sphincterteile der Iris constatiren und ebenso an derselben Stelle eine Wunde der vorderen Linsenkapsel mit mäßiger Trübung der Umgebung. Diese Wunde der vorderen Kapsel hatte einen erheblich größeren Durchmesser als in der Hornhaut. Entsprechend nun der Wunde in der vorderen Linsen- kapsel konnte man auch eine kleine dreieckige Oeffnung in der hinteren Linsenkapsel nachweisen, es war somit zweifellos, daß ein kleiner Fremdkörper in das Auge eingedrungen war und die ganze Linse perforirt hätte.
Die Linse zeigte eine stärkere Trübung in der Gegend des hinteren Linsenpoles im Anschluß an die hintere Perforations- stelle und einen mäßigen diffusen graulichen Reflex, der die ganze Linse stärker reflectiren ließ, als auf der linken Seite.
Es war trotz der partiellen Trübungen am vorderen und hinteren Pol der Linse noch möglich zu ophthalmoskopiren, aber nigends war etwas vom Fremdkörper im hinteren Augenabschnitt zu sehen.
Daß der Fremdkörper noch im Bulbus steckte, war nach der Lage der Dinge sicher anzunehmen, er mußte also nach Perforation der Linse nach unten gesunken sein und noch im vorderen Teil des Glaskörpers liegen.
Die genaue Untersuchung des Auges mit dem Sideroskop (durch Dr. OÖ. Meyer) ergab nun, daß die Magnetnadel im verti- calen Meridian peripher nach unten an einer ganz bestimmten Stelle einen deutlichen Ausschlag gab, namentlich nachdem das untere Lid vorher mit dem Electromagneten bestrichen worden war. Der Fremdkörper (Eisenstückchen) konnte somit mit aller Bestimmtheit localisirt werden, und war der Ausschlag des Instru- mentes so ausgiebig, daß es einer Ablesung mit Fernrohr und Scala gar nicht bedurfte.
Die Extraction konnte bei dieser scharfen Localisation außer- ordentlich schonend von mir ausgeführt werden, ein ganz kleiner Einschnitt an der betreffenden Stelle in meridionaler Richtung ca. 5 mm hinter dem Ciliarkörper genügte, um gerade die Spitze des Hirschberg’schen Magneten in die Wunde zu bringen, worauf sofort der Eisensplitter gefangen und extrahirt wurde. Nach Anlegung einer Oonjunctivalnaht heilte die Wunde so glatt, daß das Auge nach ca. einer Woche ganz reizfrei war.
Der Fremdkörper war sehr klein und hatte ein Gewicht von nur 0,0006 g.
Die Sehschärfe betrug vor der Operation Finger 3 m.
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Ich glaubte natürlich annehmen zu müssen, daß jetzt die Linse, da sie total perforirt war, sich allmählich völlig trüben und noch eine Cataractoperation notwendig werden würde.
Zu unserem Erstaunen nahmen die Linsentrübungen ab, namentlich auch die Trübungen am hinteren Linsenpol. Die Seh- schärfe besserte sich allmählich und Patient besitzt jetzt S=!, auf diesem verletzten Auge. Nach dem ganzen bisherigen Ver- lauf und dem erheblichen Rückgang der Linsentrübungen möchte ich glauben, daß es hier überhaupt nicht mehr zu einer weiteren Trübung der Linse kommen wird und Patient die jetzige Seh- schärfe behalten dürfte.
Der Fall erscheint mir in verschiedener Richtung sehr be- merkenswert. 1) Zunächst durch die Kleinheit des Fremdkörpers und dem trotzdem möglichen prompten Nachweis desselben durch das Sideroskop. Also ein Eisenstückchen von %,, mg Gewicht gab noch ganz prompte makroskopisch sehr deutlich sichtbare Ausschläge für die Magnetnadel des Instrumentes. Wir wissen nach den Angaben von Asmus u. A., daß kleine Eisenstückchen bis zu !/, mg auch im hinteren Bulbusabschnitt allenfalls noch sideroskopisch nachweisbar sind unter Anwendung von Fernrohr und Scala.
2) Ist besonders hervorzuheben, daß eine Linse von einem Fremdkörper völlig perforirt wird und daß es trotzdem nicht zur Ausbildung einer totalen Trübung der Linse kam, sondern daß im Gegenteil schon vorhandene Trübungen sich zum Teil zurückbildeten und dem Auge noch S=!/, erhalten blieb. Der- artige Rückbildungen von Linsentrübungen nach völliger Per- foration der Linse durch einen, wenn auch nur sehr kleinen Fremdkörper, sind jedenfalls als sehr selten anzusehen. Ich er-. innere mich nur, einen ähnlichen Fall gesehen zu haben, wo aber lediglich eine Perforation der vorderen Linsenkapsel zu Stande gekommen war, und wo dann später eine ausgedehnte Trübung am hinteren Linsenpol ebenfalls erheblich zurückging und das Sehen sich hob.
3) War es interessant, in diesem Falle unter der Loupe den allmählichen Schluß der hinteren Kapselwunde im Laufe der Zeit zu verfolgen.
II. Fall. War der erste Fall gerade durch die Kleinheit des - eingedrungenen Fremdkörpers sehr bemerkenswert, so zeigt hier der zweite Patient eine Eisenverletzung, bei welcher ein sehr großes Eisenstück in den Glaskörper eindrang und trotzdem noch ein relativ günstiger Heilverlauf erzielt wurde.
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Es handelt sich um einen 30jährigen Schlosser R., dem am 6. Februar 1899 beim Arbeiten ein größeres Stück Eisen in’s linke Auge flog. Pat. stellte sich sogleich vor und man konnte bei der Augenspiegeluntersuchung ein größeres metallisch glänzen- des Stück Eisen im unteren vorderen Teil des Glaskörpers hinter der intacten Linse sehen. Die Eingangswunde nach innen, ca. 6 mm vom Limbus corneae entfernt, hatte eine meridionale Verlaufsrichtung.
Die Extraction mit dem Hirschberg’schen Electromagneten wurde sofort bewerkstellist und gelang auch relativ prompt, nachdem die Eingangswunde nach hinten erheblich erweitert worden war. Es war nicht ohne Weiteres möglich, den Fremd- körper durch die Wunde zu entfernen, er wurde mit seiner Spitze zwischen die Wundränder gezogen und hierauf mit einer silbernen geeignet gebogenen Pincette gefaßt und durch die Wunde herausgezogen. Die Conjunctiva wurde sodann über der Wunde mit mehreren Suturen vernäht.
Die Heilung vollzog sich relativ schnell und reizlos. Wir haben schon jetzt, also nach 12 Tagen ein fast ganz entzündungs- freies blasses Auge, nur die Gegend der Wunde zeigt noch er- hebliche Injection. Es bestehen starke Glaskörpertrübungen, viel- leicht auch Amotio retinae nach unten. Gesichtsfeld für Licht- schein nach oben defect, die Projection gut nach innen, unten und außen. Wenn auch auf Erhaltung von Sehkraft in diesem Falle wohl kaum zu rechnen ist, so steht doch zu hoffen, daß dem Patienten das Auge in der Form gut erhalten bleibt und daß es dem andern Auge in Bezug auf sympathische Ophthalmie nicht gefährlich werden wird, jedenfalls ist der bisherige Heil- verlauf bei der Schwere der Verletzung ein denkbar günstiger.
Der extrahirte Fremdkörper hat das Gewicht von 0,1 g und eine Länge von 5 mm, eine Breite von 3,0 mm und eine Dicke von ca. 0,5 mm, dabei sehr zackige spitze Ränder.
In beiden Fällen wäre es meines Erachtens nicht richtig. ge- wesen, anstatt des Hirschberg’schen kleinen Electromagneten den großen Haab’schen anzuwenden.
In der Discussion geht U. noch etwas näher darauf ein, warum in diesen Fällen die Anwendung des großen Electro- magneten contraindieirt erschien.
Ein Fall von Panereas-Erkrankung.
Herr B. Oppler: Meine Herren! Ich möchte mir erlauben, Ihnen den Patienten, den Sie hier vor sich sehen, nicht sowohl
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deshalb vorzustellen, weil derartige Erkrankungen des Pancreas so selten wären, als vielmehr, weil es nur in einer sehr geringen Minderzahl von Fällen gelingt, die Diagnose intra vitam mit einer solchen Sicherheit zu stellen, wie gerade hier.
Der Patient, ein 53jähriger Kaufmann aus Hirschberg, hat im Jahre 1873 einen Schanker gehabt, der unbehandelt blieb, aber keine weiteren Folgen hatte, die Frau hat einmal abortirt. Seit 1891, wo er eine Kur in Marienbad wegen großer Fettleibig- keit absolvirte, hat er stetig an Körpergewicht abgenommen, wozu in letzter Zeit seine Erkrankung mitgewirkt hat.
Patient suchte mich auf mit der Klage, daß er seit etwa fünf Jahren an chronischen Durchfällen leide, welche innerhalb 24 Stunden etwa 8mal einzutreten pflegten. Der Stuhl sehe hellgelb aus und sei stets dünn; mitunter werde aus dem After eine Art ölige Flüssigkeit entleert, welche aashaft rieche. Koliken oder sonstige Beschwerden bestehen dabei nicht. — Um nur die Hauptsachen zu erwähnen, ergab die Untersuchung nur zwei Punkte von Wichtigkeit: die Beschaffenheit von Stuhlgang und Urin. Ersterer war hellbräunlich und ließ makroskopisch eine reichliche Beimengung gänzlich unveränderten Fettes erkennen, welches nach einigem Stehen an einem kühlen Orte zu gelben, festen, teils vom Stuhl ganz getrennten, teils mit ihm vermischten Massen erstarrte; außerdem sah man unverdaute Nahrungsreste sehr deutlich. Die chemische Prüfung ergab, daß große Mengen ungespaltenen Fettes noch im Stuhle vorhanden waren. Mikro- * skopisch fielen vor allen Dingen die ungemein zahlreichen un- veränderten, teils noch quergestreiften Muskelfasern auf. Gallen- farbstoff ist in den Fäces vorhanden. (Demonstration).
Im Harn fanden sich nicht unbedeutende Mengen Zucker bis 0,6 pCt. resp. 13 g in der Tagesmenge.
Sonst wäre noch erwähnenswert, daß der Patient früher einem ziemlichen Biergenuß gehuldigt hat und daß er von anderer Seite durch einen Neurologen wegen hochgradiger nervöser Er- regbarkeit und von Zeit zu Zeit wiederkehrenden unüberwindlichen Triebes zum Alkoholgenuß behandelt wird.
Es handelt sich also um eine Störung der Muskeleiweißverdauung und vollkommene Aufhebung der Fettverdauungbei normaler Gallen- secretion und gleichzeitigem Vorkommen von Traubenzucker im Harn. Ein Symptomencomplex, der mit Sicherheit auf eine Er- krankung des Pancreas schließen läßt.
Eine Reihe derselben, wie Carcinom, Cyste, hämorrhagisches Infaret, Steine ist ohne Weiteres auszuschließen. Es kann sich
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nur um einen chronischen Proceß handeln, der die Substanz der Drüse ganz oder fast ganz vernichtet hat, da wir ja aus klinischen Erfahrungen und durch die Untersuchungen von Mering und Minkowski wissen, daß Diabetes nicht einzutreten pflest, wenn mehr als !/,; der Drüse erhalten ist.
In Betracht kommen die fettige Entartung, die einfache Atrophie, die Fettnecrose und die chronische, interstitielle Pan- creatitis. Eine Differentialdiagnose zwischen diesen Affectionen zu stellen, dürfte nicht möglich sein.
Die Behandlung bestand in diätetischen und medicamentösen Maßnahmen, welche trotz der natürlich irreparablen Störung den Erfolg hatten, die Zahl der Stuhlgänge auf vier von festerer Consistenz zu vermindern und den sehr gesunkenen Ernährungs- zustand wesentlich zu heben. Patient hat in kurzer Zeit 6 Pfund zugenommen.
Eine Reihe interessanter Fragen über die Wirkung dieser eigenartigen Störung auf den Gesamtablauf der Verdauung lassen sich leider im vorliegenden Falle aus begreiflichen äußeren Gründen nicht in Angriff nehmen.
Herr Klingmüller demonstrirt einen Fall von Leukämie mit Hauitumoren.
In der Discussion fragt Geheimrat Neisser, ob nicht der Gedanke an eine operative Entfernung der Tumoren in Erwägung zu ziehen sei.
Herr Geheimrat Mikulicz hält einen operativen Eingriff nicht für angebracht. | .
Fall von Lupus erythematosus.
Herr Chotzen: Die 38jährige Patientin giebt an, vor vier Jahren (1895) seien zehnpfennig- bis markstückgroße, hellrote Flecke auf der Stirn aufgetreten, welche sich allmählich in flache, nicht schuppende Erhebungen umwandelten und ohne behandelt zu werden verschwanden. Vor zwei Jahren (1897) entwickelten sich gleichartige Flecke auf der linken Wange, der Brust, dem Rücken, an den Händen. Während die Flecke auf der Wange nur zehnpfenniggroß wurden und binnen Kurzem abblaßten, dehnten sie sich auf dem Rumpfe bedeutend aus. Vor einem Jahre (1898) entstanden gleichartige Herde auf dem rechten Ober- arme und auf beiden Wangen; links wuchs er bis zu Fünfmark- stückgröße, rechts:bedeckte er die ganze Wange. Seit Kurzem zeigen sich linsengroße Flecke auf dem Nasenrücken. — Seit dem Auftreten der Efflorescenzen hat die Kranke über Men-
I. Abteilung. Medicinische Section. 31 struationsunregelmäßigkeiten und Beschwerden, Kopfschmerzen und Rückenschwäche zu klagen. Vor einem Jahre (1898) war Patientin kurze Zeit in Krankenhäusern; in dem einen wurde sie mit Injectionen (Tuberculin), m dem anderen mit Dampfbädern behandelt. Die Hauterscheinungen sollen dadurch nicht beein- flußt worden sein. Heut sieht man neben hochroten, mäßig er- habenen, mäßig infiltrirten, frischen Herden ältere Herde, welche sich durch ein blasseres, rötlich-gelbes Centrum und einen schmalen, hochroten Randsaum von den jüngeren Eruptionen unterscheiden und zahlreiche Narben. Während in den beiden Hypochondrien dichtgestellte, linsengroße, schneeweiße Narben auf bräunlich gefärbtem Grunde zu entdecken sind, finden sich auf der Stirn symmetrische, größere, bis fünfzigpfennigstückgroße, nur um Weniges hellere Herde als die normale Haut, welche etwas tiefer liegen und von einem bogigen, dunkelgelben bis bräunlichen Rande umgeben werden. Brust und Rücken zeigen ausgedehnte Narbenbezirke: auf der Brust, in der Größe eines gleichschenk- ligen Dreiecks, dessen Spitze in der Brustbeinmitte, in der Höhe des Ansatzes der dritten Rippen, dessen Basis in der Höhe der achten Rippe liegt und sich beiderseits bis in die Achsellinien erstreckt; auf dem Rücken, vom oberen Schulterblattrande bis zum Steißbein, ein 6—8 cm breiter Streifen mit symmetrischen, bogigen Ausläufern in der Höhe des Kreuzbeins, welche eben- falls bis in die Achsellinien reichen. In dieser Ausdehnung ist die Haut einige Millimeter eingesunken, die Oberhaut verdünnt und leicht gefältelt, die Gefäße schimmern hellrosa durch, die Follikelöffnungen zum Teil großporig, zum Teil völlig verschwunden.
Auf beiden Händen sind zahlreiche, fünf- bis zehnpfennig- stückgroße, frische Herde auf den Handrücken zu sehen, welche zum Teil auf die Handflächen übergreifen, sowie blau-rote Be- zirke auf den Streckseiten der Finger, welche die ganze Phalange bedecken, nur die Gelenke frei lassen und frostbeulenartige Schwellung zeigen.
Der Fall ist beachtenswert, weil er
1) neben der diskoiden Form (frische Eruptionen auf den Wangen, symmetrische Narben auf Brust und Rücken) die disse- minirte Form in beiden Hypochondrien und gleichzeitig die mit Lupus pernio bezeichnete Form zeigt;
2) durch das späte Auftreten von kleinen Herden auf dem Nasenrücken, lange nach der Entwicklung der Wangenherde, beweist, daß die für den Lupus erythematosus typische Schmetter-
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lingsfigur des Gesichtes den Schmetterlingskörper auf der Nase nicht immer zuerst entwickelt;
3) das Uebergreifen auf die Handflächen demonstrirt;
4) durch das Fehlen jeglicher Schuppenbildung auf den frischen Herden beweist, daß die epidermoidalen Veränderungen kein characteristisches, sondern nur ein accidentelles Symptom des Lupus erythematosus bilden.
Fall von Vitiligo.
Herr Ferdinand Epstein: Meine Herren! Ich möchte mir erlauben, Ihnen kurz einen Fall von Vitiligo vorzustellen:
Der 20jähr. Pat., dessen Haut bis zu seinem 14. Jahre normal colorirt war, bemerkte vor ca. sechs Jahren in der Gegend der vorderen oberen Darmbeinstacheln beiderseits das Auftreten von weißen Flecken, die allmählich den Kämmen der Darmbein- schaufeln entlang sich vergrößerten und nun in einer Ausdehnung von 10—12 cm Länge und 3—6 cm Höhe deutlich zu sehen sind. In den letzten 1!/, Jahren sind nun noch an anderen Körperstellen analoge Erscheinungen aufgetreten und zwar hat sich ein Fleck in der linken oberen Hälfte der Penishaut eingestellt, ferner sind annähernd symmetrisch langgestreckte, den Schlüsselbeingegenden entsprechende Flecken erschienen und schließlich ein ca. einmark- stückgroßer Fleck in der Gegend der Mitte des rechten Pectoralis major. An der Beugeseite des rechten Vorderarmes sieht man nahe der Ellenbeuge zwei im Entstehen begriffene etwa linsen- große Flecken.
Alle diese Flecken zeigen die Characteristica der Vitiligo- flecken, d.h. unverletzte Oberhaut, keine Abnormitäten im Papillar- körper oder der Subcutis, sondern eben nur das Fehlen des Pig- mentes an der betroffenen Stelle und Ueberpigmentirung der Peripherie. Alle drei Empfindungsqualitäten sind an den leuko- pathischen Stellen erhalten. an
Urin frei von Eiweiß und reducirenden Substanzen.
Der Fall ist insofern nicht ganz uninteressant, als der Pat. angiebt, daß die Krankheit mit dem Tragen eines Gypscorsettes, welches an den Darmbeinkämmen seine Stützpunkte fand, be- gonnen hätte.
Wenn wir auch über die Entstehung der Vitiligo zur Zeit noch keine sicheren Kenntnisse haben, so sind doch in der Litte- ratur zuweilen Fälle zu finden, in denen der Anfang der Ver- schleppung des Hautfarbstoffes zeitlich und örtlich mit einem ıneist chronisch einwirkenden Trauma oder einer Irritation zu-
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sammenfiel. Einen typischen, dem meinigen ziemlich analogen Fall teilten vor einigen Jahren Hallopeau und Salmon mit; es handelte sich um einen Knaben, bei welchem unter dem Drucke eines doppelten Leistenbruchbandes in beiden Leistengegenden symmetrische weiße Hautstellen sich zeigten, die von einem über- pigmentirten Hofe umgeben waren.
Auch von Brand- und Geschwürsnarben kann die Vitiligo ihren Ausgang nehmen; in der Mehrzahl der Fälle treten jedoch die Vitiligoflecke ohne jede nachweisbare Veranlassung auf; wie auch für das Entstehen der übrigen bei meinem Pat. aufgetretenen Depigmentationen keine Aetiologie aufzufinden ist. Ob die chronische Verstopfung, an der Patient 1—2 Jahre lang laborirt hat, ätiologisch oder aggravirend mit in Betracht kommt, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Gegen diese Annahme spricht der Umstand, daß, obgleich zur Zeit die Darmfunctionen geregelt sind, doch noch hier und da neue Vitiligostellen auftreten.
Auf eine Eigentümlichkeit dieses Falles möchte ich noch auf- merksam machen: Der Vitiligofleck am Penis erstreckt sich bis in den Haarbereich der Radix penis. Obgleich nun der Fleck absolut porcellanweiß erscheint, so haben doch die auf ihm wachsenden Haare dunkle Farbe.
Die Poliosis, d. h. die Farblosigkeit der Haare auf Vitiligo- flecken stellt, wie wir wissen, die Regel dar. Vielleicht erinnert sich noch einer der Anwesenden der vor einigen Jahren von Neißer im Auditorium der medicinischen Klinik vorgestellten „drei getigerten Grazien“. Es waren dies Negerinnen, die außer durch ihre ausgedehnten Vitiligoflecke, durch die scharfe Ab- grenzung der weißgefärbten auf Vitiligohaut stehenden Haare von den pechschwarzen auf normaler Haut wachsenden Haare auf- fielen.
In einem von Wladimiroff mitgeteilten Falle überdauerte sogar die Poliosis der Cilien den Bestand der Vitiligo.
Der Befund von dunklen Haaren auf Vitiligohaut erscheint theoretisch interessant genug, insofern als man sich nicht gut vorstellen kann, woher es kommt, daß die Haare Farbstoff be- ziehen und festhalten, während der Mutterboden, auf dem sie wachsen, die Fähigkeit verloren hat, das Pigment in sich zurück- zuhalten.
Die Therapie ist bekanntlich so gut wie machtlos. Manche Autoren empfehlen Application von Sinapismen oder den constanten - Strom; andere wollen mit Eisen und Arsen Besserung bezw. Heilung erzielt haben, während Kaposi jeden auch nur den ge-
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ringsten Einfluß der letztgenannten Medicamente auf Vitiligo leugnet und nur rät, die Peripherie der Flecke zur Depigmentation zu bringen, um den Contrast abzustumpfen.
Herr Küstner demonstrirt ein retroperitoneales Myxolipom von 5!/, kg Gewicht, welches er vor 19 Tagen exstirpirt hat.
Die Trägerin des Myxolipoms, Frau B. H., 45 Jahre alt, hat viermal geboren, zuletzt vor sieben Jahren. Geburten und Wochen- betten waren normal. Die anwachsende Geschwulst im Abdomen bemerkt B. H. seit etwa Juli 1898. Schmerzen hat dieselbe nie verursacht; die Periode ist regelmäßig; dauert 2—3 Tage lang; der Blutverlust dabei ist gering.
Diese Tumoren sind selten; in einer vor 5 Jahren in Breslau verfaßten Dissertation von Horn konnten aus der Litteratur 9 Fälle zusammengestellt werden; ein von Fritsch operirter wird außerdem noch beschrieben.
K. hat bisher 5 derartige Tumoren gesehen. Einen als Assistent, 4 später in selbständiger Thätigkeit. Von diesen 4 . wurden 2 von ihm operirt, der vorgestellte und einer in Dorpat; beide Frauen sind genesen; 2 blieben unoperirt. Von diesen 2 stellte der eine ein Recidiv dar, nachdem von Fritsch 7 Monate vorher ein Myxolipom entfernt war. Der elende Zustand, in welchem die Kranke sich K. vorstellte, ließ vermuten, daß es sich um ein Sarkom handelte, als welches der Tumor reeidivirt ist. K. ließ es deshalb nur bei der Explorativineision bewenden und entließB bald darauf die Kranke nach Haus (d. i. der von Horn beschriebene Fall).
Den andern Fall kennt K. seit etwa zwei Jahren. Der Tumor besitzt eine beträchtliche Größe, macht aber kaum irgend welche Beschwerden. Lästig ist er der Kranken nur um kosmetischer Gesichtspunkte willen. Die Trägerin, eine etwa 50 Jahre alte Virgo, hat sich zur Operation noch nicht entschließen können.
Von den 10 von Horn referirten Fällen starben 2 infolge der Operation. Bei der großen Gefährlichkeit der Operation ist es sehr wichtig, die Diagnose zu stellen. Das ist eigentlich bisher nie möglich gewesen. Die Tumoren, welche bei Frauen angetroffen wurden, wurden fast immer als Ovarientumoren an- gesprochen und das ist bei den topischen Beziehungen, in welche diese Tumoren mit den inneren Genitalien zu treten pflegen, ver- ständlich.
K. ist der Ansicht, daß, wenn diese Tumoren das breite Ligament teilweise oder ganz aufgebraucht haben und hart an den Uterus herangewachsen sind, die dem Lipom eigentüm-
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liche Consistenz das einzige Moment sein kann, welches die Diagnose in die richtige Bahn lenken, zum mindesten als Aver- tissement dienen kann.
Herr Henle demonstrirt zwei Fälle von Schussverletzung des Kopfes.
Herr Hübener demonstrirt 1) einen Fall von Prostatahyper- trophie, behandelt nach Bottini; 2) einen Fall von Uleus ven- trieuli mit seltener Localisation.
Herr Kobrack: Demonstration eines Rhinolithen.
Herr Moser: Tumor des Sinus frontalis.
6. Sitzung vom 24. Februar 1899 in der alten Börse. Vorsitzender: Herr Geh.-Rat Mikulicz. Schriftführer: Herr Geh.-Rat Neisser.
Herr L. Fraenkel: Experimente zur Herbeiführung der Un- wegsamkeit der BEileiter. Vor 1!/, Jahren hat Kehrer den Vor- schlag gemacht, in Fällen, in denen eine wissenschaftlicheIndication für Heibeiführung von Unfruchtbarkeit vorliegt, in folgender Weise operativ vorzugehen: Man soll eine vaginale Laparotomie machen, die Tuben beiderseits heranziehen, doppelt unterbinden und zwischen den Ligaturen durchschneiden. — Im Anschluß daran ist von mehreren Autoren über erneute Schwangerschaft nach doppelter Tubenunterbindung berichtet worden.
Hierdurch angerest hat der Vortragende Experimente an Kaninchen angestellt; ferner einige gelegentlich einer früheren Operation unterbundene menschliche Eileiter mikroskopisch unter- sucht. Die Hauptergebnisse faßt er in folgende Thesen zusammen. (Die ausführliche Arbeit befindet sich im Archiv für Gynäkologie.)
1) Es gelingt nur ausnahmsweise (in 6 pCt.) und nicht unter Anwendung einer bestimmten Methode, durch Unterbindung, Durchschneidung, Resection und Verkohlung den Eileiterkanal des Kaninchens für Ovula und Spermatozoen undurchgängig zu machen.
2) Fast stets bleibt der Kanal offen und durchgängig (94 pCt.). Bei den Unterbindungen, gleichgiltig mit welchem Fadenmaterial, ist in 50 pCt. die Kanalwand an der Ligaturstelle zerstört, so daß eine Tubo-Peritonealfistel besteht. In ca. !/, der Fälle wird der Faden gesprengt.
3) In einzelnen Fällen regenerirte sich die unterbundene Tube unter Ausstoßung des Fadens, die resecirte unter Wieder-
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vereinigung der resecirten Enden. In diesen Fällen war auch der Kanal wiederhergestellt.
4) Unter den aseptisch geheilten Tieren acquirirten 15 pCt. Hydrosalpinx und 33 pCt. Adhäsionen. Bei Hydrosalpinx war meist dennoch kein mikroskopischer Verschluß der Tube vor- handen; sowohl der Tubentrichter wie die Stelle, an der man die Tube impermeabel zu machen versucht hatte, konnten durch- gängig sein.
5) Die gleichen Resultate, wie am Eileiter der Kaninchen, werden am Uterushorn dieser Tiere erreicht, welches in den Größenverhältnissen mit der menschlichen Tube übereinstimmt.
6) Dasselbe Resultat kann man bei Untersuchung des mensch- lichen Tubenstumpfes erhalten, wie er nach Exstirpation der Tube zurückbleibt.e. Das gleiche Resultat erhält man ferner an der gesunden menschlichen Tube, wenn man sie sofort nach Entnahme aus dem Körper ligirt und untersucht.
7) Aus diesen Gründen ist von conservativen Tuben- operationen behufs Herbeiführung von Unfruchtbarkeit (in wissen- schaftlich indieirten Fällen) abzuraten. Statt ihrer soll man die Exstirpation der Tuben vornehmen, indem man sie keilförmig aus dem Uterus excidirt und eine sorgfältige Muskel- und Peritoneal- naht an diesem anlegt.
8) Die Indication für diese Operation muß auf’s äußerste ein- geschränkt bleiben.
Herr Küstner spricht über Aetiologie, Anatomie, Verlauf, Diagnose und Therapie der Extrauterinschwangerschaft und faßt das Hauptsächlichste seines Vortrages in nachfolgende Sätze zusammen. Das Beobachtungsmaterial, welches diesem Vortrage als Substrat dient, stellen 107 von ihm und seinen Assistenten im Laufe von fünf Jahren an der Breslauer Universitäts-Frauen- klinik operirte Fälle dar. Dieselben lagen in einer Tabelle kurz zusammengestellt den Mitgliedern der medicinischen Section wäh- rend des Vortrages vor.
1) Die gesunde Tubenschleimhaut scheint sich für die Ein- nistung des Eies nicht zu eignen.
2) Bei vielen Extrauteringraviditäten weist die Betrachtung der inneren. Genitalien während der Operation entzündliche Pro- cesse auf, von welchen ein großer Bruchteil als der Extrauterin- gravidität vorausgehend zwanglos erachtet werden kann. Diese Befunde gestatten den Schluß, daß es sich bei einer überwiegen- den Mehrheit der Tubenschwangerschaft zur Zeit der Ent- stehung derselben um acute oder chronische Entzündung der
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Tube gehandelt hat. Mit großer Wahrscheinlichkeit liegt in der Entzündung der Tube dasjenige Moment, welches in den meisten Fällen in mannigfacher Weise die Entstehung der Tubenschwanger- schaft begünstigt oder veranlaßt.
3) In wie weit pathologisches Verhalten des Eies dem Wan- derungsmechanismus hinderlich sein kann, ist noch nicht geprüft, die Möglichkeit kaum in Betracht gezogen.
4) Eine intraligamentäre Entwicklung des tubaren Frucht- sackes muß selten sein. Vielleicht hat es sich bei manchen der bisher beschriebenen Fälle um pseudointraligamentäre Entwicklung gehandelt.
5) Die frühzeitige Unterbrechung der Tubenschwangerschaft ist in vielen Fällen eine Folge der zur Zeit der Entstehung der- selben bestehenden Entzündung der Tube.
6) Auch das Fehlen der Reflexa kann die frühzeitige Unter- brechung der Tubenschwangerschaft erklären.
7) Auch der tubare Abort kann zu umfänglichen Blutungen mit den concomitirenden Erscheinungen des Abdominalcollapses etc. führen, ebenso wie die Tubenruptur. |
8) Für die Diagnose der frühzeitig unterbrochenen Extrauterin- gravidität ist die Anamnese häufig verwendbar.
9) Nahezu sicheren Ausweis erbringt die von der Scheide aus vorgenommene Probepunktion. i
10) Die Operation der frühzeitig unterbrochenen Extrauterin- schwangerschaft ist im Princip vom Abdomen aus, d. h. nach Laparotomie vorzunehmen.
11) Dieser Act ist im Sinne einer möglichst vollständigen morphotischen Correctur der inneren Genitalien auszunutzen. Da- gegen ist die bloße Entfernung des ergossenen Blutes und der Hämatocele nicht zweckmäßig.
12) Die Laparotomie ist nur vorzunehmen nach sorgfältiger mikroskopischer und bacteriologischer Prüfung- der durch die Punction gewonnenen Flüssigkeiten.
13) Inficirte Extrauterinschwangerschaften sind im Prineip von der Scheide aus in Angriff zu nehmen.
7. Sitzung vom 10. März 1899. Klinischer Abend im Allerheiligen-Hospital Vors.: Herr Buchwald. Schriftf.: Herr Wodarz. Herr R. Kayser demonstrirt ein eavernöses Angiom im Nasenrachenraum eines 29jährigen, an Tuberculose leidenden
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Mannes. Dasselbe sitzt an der Hinterfläche des linken hinteren Gaumenbogens als blaurote, erhabene kömige Geschwulst; ein kleines gleiches Gebilde befindet sich auf der hinteren Rachen- wand und ein drittes glatteres an der linken Seite des Rachen- daches Die Geschwülste machen den Patienten keinerlei Be- schwerden und bleiben daher ohne jeden therapeutischen Eingriff.
Herr Monski: 1) Kryptorchismus. Pat. ist 18 Jahre alt und hat eine auffallend hohe Stimme. Der linke Hoden ist gut ausgebildet und liegt im Scerotum. Die rechte Scrotalhälfte ist leer; dafür findet sich zwischen Oberschenkel und rechter Scrotal- hälfte eine von der Haut gebildete, ca. 3 cm tief herabhängende Falte, in der man bei Palpation mit Leichtigkeit in den für die Endphalanx des Zeigefingers gut durchgängigen äußeren Leisten- ring gelangt. Im Leistenkanal fühlt man deutlich den Hoden, der etwas kleiner zu sein scheint als der linke, und etwas nach der Bauchhöhle zu verschoben werden kann. Beschwerden irgend welcher Art fehlen.
2) Myositis ossifieans traumatica bieipitis brachii sin.
Der Pat., ein 38jähriger kräftiger Mann, erlitt vor 17 Jahren beim Reiten einen Unfall, bei dem er sich angeblich eine schwere Verletzung des linken Ellenbogengelenks zuzog; etwas Näheres ist über die Art der Verletzung nicht zu eruiren. Er mußte vier Wochen lang einen Verband tragen. Im Laufe der Jahre be- merkte er dann eine Verhärtung in der Ellenbogenbeuge, die sich nun als eine Verknöcherung des Ansatzes des Biceps brachii zeigt. Die Knochenspange, die auf dem Röntgenbilde sehr schön zu sehen ist, ist ca. 5 cm lang und geht mit scharfer Grenze in den Biceps über, ohne die Function des Muskels oder des Gelenkes zu beeinträchtigen.
Herr Mahn stellt einen Fall von Aplasie der Genitalien vor.
Der 42jährige Pat. ist ein Mann von sehr starkem Knochen- bau und straffer Musculatur. In schroffstem Contraste zu dieser kraftvoll männlichen Entwicklung steht der Genitalbefund. Das Scrotum ist winzig und macht auf den ersten Blick den Eindruck von Labien. Der Penis ist höchst kümmerlich ausgebildet und nähert sich in seinem Aussehen dem einer Olitoris. Daß es jedoch ein Penis ist, ist an dem Vorhandensein eines Präputium sowie einer Glans und der normalen Lage der äußeren Harnröhren- öffnung zu erkennen. Weder im Scrotum noch im Leistenkanal sind Testikel fühklbar. Dem objectiven Befunde entsprechend gestalten sich die Angaben, die Pat. macht. Erection und Ejacu-
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lation haben sich nie eingestellt; Libido sexualis hat Pat. nie empfunden.
Die mangelhafte Entwicklung des Scrotum und Penis, welche die Genitalien des Pat. den äußeren Geschlechtsteilen eines Weibes ähnlich gestaltet, repräsentirt eine Hemmungsmißbildung, die auf ‚ein Zurückbleiben der Hoden in der Bauchhöhle zurückzuführen ist; es ist entwicklungsgeschichtlich gesprochen der Descensus testiculorum, der sich normaliter bis zum Ende des embryonalen Lebens vollzogen haben soll, hier überhaupt nicht erfolet.
Herr Malın stellt einen Fall von Tie rotatoire vor.
Patient führt dauernd mit dem Kopfe Drehbewegungen in horizontaler Richtung aus. Gewöhnlich werden in der Minute etwa 80 derartige Rotationen gemacht; bei jeder psychischen Er- regung; jedoch, beispielsweise schon wenn man sich längere Zeit mit dem Patienten unterhält, insbesondere aber bei den infolge seiner hochgradigen Kyphoscoliose häufig auftretenden Anfällen - von Herzinsufficienz werden die Excursionen der einzelnen Drehung bedeutend größer und nimmt ihre Zahl beträchtlich zu, häufig um’s Doppelte. Im Schlafe sistiren die Zuckungen völlig. Als Ursache des Leidens nimmt man celonische Krämpfe des Musculus obliquus inferior an.
Die Krämpfe im Gebiete der Halsmuskeln befallen, wie namhafte Autoren hervorheben, vorzugsweise neuropathisch be- lastete Individuen, und es spricht sich dies in den mannigfaltigsten Verknüpfungen derselben mitNeurosen und besondersmit Psychosen aus. Auch für obigen Fall ist dieser ätiologische Factor von Be deutung. Patient leidet seit dem Jahre 1882 an Epilepsie und postepileptischem Irresein. Der Tie rotatoire trat im Jahre 1892 zum ersten Male auf.
Herr Henle stellt einen Fall von Gastrostomie mit Pyloro- plastik vor.
Herr Dombrowsky: Tochgradige Verlagerung des Larynx durch eine Struma. Meine Herren! Ich erlaube mir Ihnen einen Fall von hochgradiger Verlagerung des Larynx durch eine Struma bei einer 7Ojährigen Frau vorzustellen. Pat. giebt an, seit Kindheit einen kleinen Knoten am Halse zu haben, der im Olimacterium erst größer wurde und seit 9 Jahren nicht mehr gewachsen ist. Sie sehen eine kleinkindskopfgroße Struma, die dem rechten Lappen der Glandula thyreoidea angehört und vom Sternum bis zum Zungenbein reicht. Dieselbe ist von prall elastischer Consistenz und glatter Oberfläche. Der Larynx ist nach links verlagert und zwar derart, daß die Incisura thyreoidea
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sup. in der Höhe des Kiefernwinkels gelegen ist. Das Zungen- bein ist an normaler Stelle. Ueber dem Larynx befindet sich der Sternocleidomastoideus. Sie können deutlich sehen, wie bei jedem Schluckact sich der Larynx auf- und abwärts bewegt. Durch Palpation können Sie sich außerdem überzeugen, daß die Trachea in linksconvexem Bogen unter dem M. sternocleido ge- legen ist.
Das Interessante an diesem Falle ist der Umstand, daß Pat. keinerlei Beschwerden davon hat. Sie hatte nie Atemnot — als Beweis dafür kann Ihnen dienen, daß sie vier Stock hoch wohnt — oder Schluckbeschwerden. Auch von seiten des N. vagus fanden sich keine Compressionserscheinungen. Als einziges Sym- ptom einer Compression könnte vielleicht das stark entwickelte Venennetz, das wahrscheinlich durch Druck auf die Vena jugularis entstanden ist, sein. Auf eine eventuelle Compression der Car. communis deutet die beständige Klage der Pat. über Schwindel und Drehnigsein im Kopfe hin.
Herr Witte: Ausgebreitetes Leukoderma syphiliticum bei einem Manne.
Ich möchte Ihnen, meine Herren, kurz einen Kranken de- monstriren, der ein ausgebreitetes Leukoderma syphiliticum zeigt.
Pat. acquirirte im October 1898 Lues und bekam später ein anfänglich rein maculöses, später papulöses Exanthem über den ganzen Körper. Etwa zwei Monate nach dem Auftreten des maculösen Exanthems, im Februar 1899, zeigte sich die braun und weiße Verfärbung seiner Haut.
Bemerkenswert und interessant ist dieser Fall einmal wegen ‚des Geschlechtes des Erkrankten — bekanntlich findet man Leuko- derme viel häufiger bei Frauen, als bei Männern —, sodann kann man gerade an ihm die Entstehungsweise dieser Pigment-Ver- schiebung besonders gut verfolgen.
Es würde zu weit führen, wollte ich alle Theorien erörtern, die zur Erklärung dieser Affection aufgestellt sind. Dieser Fall scheint mir ein ganz besonders guter Beweis für die Neisser’sche Auffassung zu sein, die das Leukoderm für einen Folgezustand der syphilitischen Exantheme ansieht.
_ Ueberall, wo luetische Efflorescenzen vorhanden waren, sieht man.ihre Residuen bezw. Producte. Am Kopf zeigt sich neben Papelresten die stippchenförmige Alopecie an den Stellen der früheren Papeln; am Hals und Rumpf sieht man Leukodermflecke. Derselbe Proceß, der dort zum Haarverlust geführt hat, hat hier die ausgedehnten Pigmentverschiebungen hervorgerufen, die als
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typisches, universelles Leukoderm bei dem Patienten zur Er- scheinung kommen.
Herr Viertel: a. Fremdkörper der Blase (Haarnadel). — b. Prostatahypertrophie.
Herr Raschkow demonstrirt einen Fall von Paralysis agitans.
Herr Honigmann demonstrirt 1) einen geheilten Fall von impermeabler Oesophagusstrietur.
Der 34jährige Patient hatte bei einem ÜConamen suicidii Natronlauge getrunken. Am 20. Mai v. J. kam er wegen der infolgedessen aufgetretenen Speiseröhrenverengerung in Be- handlung der chirurgischen Abteilung des Allerheiligen-Hospitals. Er befand sich in höchst elendem Ernährungszustand. Die Sonden- untersuchung ergab eine für dünne Sonden durchgängige Strictur 22 cm hinter der Zahnreihe und außerdem dicht oberhalb der Cardia eine auch für feinste Sonden unpassirbare Stenose. Es wurde zunächst der Versuch gemacht, den Kranken per Klysma zu ernähren, da er auch keine Flüssigkeiten schlucken konnte, sondern auch die kleinsten Mengen sofort wieder von sich gab. Da der Patient jedoch in einer Woche 10 Pfund an Gewicht abnahm, wurde die Anlegung einer Gastrostomie notwendig, die von Herrn San.-Rat Dr. Riegner nach der v. Hacker- Witzel- schen Methode ausgeführt wurde. Nun hob sich binnen kurzem der Ernährungszustand derartig, daß die Behandlung der Strietur nach wenigen Wochen in Angriff genommen werden konnte. Während es unschwer gelang, die höher gelegene Verengerung zu dilatiren, bot die tiefe, oberhalb der Cardia befindliche Stenose lange Zeit allen nach den üblichen Methoden vorgenommenen Versuchen Trotz. Weder glückte es, durch Verschluckenlassen ‘einer an einem langen Seidenfaden befestigten ganz kleinen. Schrotkugel die enge Stelle zu entriren, noch gelang die retro- grade Sondirung von der Cardia aus durch die Magenfistel. Für letzteren Zweck dürfte überhaupt die Witzel’sche Fistel trotz ihrer außerordentlichen Vorteile, die wir in vielen anderen Fällen erproben konnten, weniger geeignet sein, worauf auch neuerdings Roemheld hinwies im Anschluß an einen Fall, wo Lossen behufs retrograder Sondirung der Speiseröhre die An- legung einer einfachen Fistel gegenüber der Cardia bewährt fand. Schließlich gelang es in unserem Falle nach der v. Hacker’schen Methode durch Benutzung ganz feiner und sehr langer Sonden (aus Celluloid), die nebeneinander durch ein in die Speiseröhre eingeführtes Hohlbougie gesteckt wurden, die Strietur zu passiren. Das untere Ende der Sonde wurde durch eine in die Fistel ein-
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geführte Kornzange gefaßt und zur Fistel herausgeleitet, dann an das Magenende der Sonde ein langer Seidenfaden befestigt, der mit einem Gummidrain armirt war. Letzteres wurde nun mittels der Sonde durch die Strietur durchgezogen, das Magen- und Mundende des Fadens verknüpft, und durch tägliche An- wendung immer stärkerer Gummidrains die Stenose allmählich erweitert. In relativ kurzer Zeit war die Dilatation soweit ge- diehen, daß die Sondirung vom Munde aus vorgenommen werden konnte, und nach einigen. Wochen passirte mühelos eine Sonde von 12 mm Durchmesser. Damit wäre der Fall geheilt gewesen, wenn sich nicht eine weitere Complication eingestellt hätte. Während die Witzel’schen Fisteln im Allgemeinen eine große Neigung zeigen, sich spontan zu schließen, trat dieser Fall bei unserem Patienten nicht ein, wahrscheinlich, weil die Fistel gelegentlich der Versuche der retrograden Sondirung dilatirt worden war. Es stellte sich ein ausgedehntes lästiges Ekzem in der Umgebung der Fistel ein, durch die auch immer größere Mengen von Mageninhalt ausflossen, so daß der Pat. in seinem Ernährungszustand herabkam und behufs operativer Schließung der Fistel im November v. J. wieder das Hospital aufsuchte. Es wurde infolgedessen die Fistel in der Haut umschnitten, die Bauchwand bis auf den Magen durchtrennt, dann die Fistelränder in der Magenwand durch Seidennähte geschlossen und die Bauch- wand darüber in zwei Etagen genäht. Aber schon nach wenigen Tagen schnitten die Nähte durch, und es bildete sich von neuem eine Fistel mit den alten Beschwerden. Ein zweiter Versuch, bei dem der Magen, soweit es ohne Eröffnung des Peritoneums anging, von der Bauchwand abgelöst und über die Fistelnaht noch eine Serosanaht gelegt wurde, scheiterte gleichfalls. Die Ursache für das Mißlingen lag einmal in der Spannung, die durch die Adhäsionen des Magens an die vordere Bauchwand bedingt war und ferner in der narbigen Veränderung der bei der Naht verwendeten Magenserosa.. Am 26. Januar d. J. wurde daher in Chloroformnarcose ein radikalerer Eingriff vorgenommen. Bei der Operation, die ich in Abwesenheit von Herrn San.-Rat Riegner in dessen Vertretung ausführte, fand sich, daß die vordere Magenwand in weit größerer Ausdehnung, als vermutet, mit dem Peritoneum parietale verwachsen war. Durch vor- sichtiges präparatorisches Vorgehen gelang es jedoch alle Ad- ‚häsionen zu lösen, ohne daß Mageninhalt in die Bauchhöhle floß, die ich, wo sie eröffnet wurde, stets sofort mit sterilen Tüchern abschloß. Nachdem der allseitig freigemachte Magen aus der
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Bauchhöhle herausgezogen werden konnte, zeigte sich die vordere Wand in solcher Ausdehnung verändert, daß ein über fünfmark- stückgroßes Stück davon resecirt werden mußte. Die Wundränder wurden durch eine dreischichtige Naht vereinigt und an ihre beiden Enden ein Jodoformgazestreifen mit zwei feinen Catgut- fäden fixirt in der Weise, wie es Mikulicz neuerdings zur Sicherung der Gallenblasennaht vorgeschlagen. Der Jodoform- gazestreifen wurde durch eine Lücke der Bauchwunde, die im Uebrigen in drei Etagen vernäht wurde, herausgeleitet. Die Heilung erfolgte glatt ohne jeden Zwischenfall und Pat. konnte schon vor einiger Zeit entlassen werden, nachdem er seit der Operation 10 Pfund an Gewicht zugenommen. Zur Heilung einer Magenfistel dürfte bisher wohl selten eine so ausgedehnte Magen- wandresection notwendig geworden sein.
Herr Honigmann demonstrirt 2) einen Fall von spontaner Infraction des Unterschenkels infolge eines Gumma’s.
Während das Auftreten einer abnormen Knochenbrüchigkeit infolge lange dauernder, die Ernährung des Gesamtorganismus herabsetzender syphilitischer Durchseuchung schon längst in einer größeren Anzahl von Fällen beobachtet worden ist, dürfte es zu den Seltenheiten gehören, daß bei einem jungen kräftigen Indi- viduum, bei dem von einer Kachexie gar keine Rede ist, im An- schlusse an die Entwicklung eines localen gummösen Processes die Knochensubstanz derartig alterirt wird, daß es ohne jede traumatische Einwirkung zu einer Continuitätstrennung kommt. Bei dem hier vorgestellten Kranken konnte eine unter solchen Bedingungen sich entwickelnde Spontaninfraction beobachtet werden. |
Es handelt sich um einen 34jährigen Kaufmann, der übrigens | eine luetische Infection leugnet. Abgesehen von einer Gonorrhoe und von häufig auftretendem Muskelrheumatismus war er bis vor ca. einem Jahr stets gesund. Damals bekam er plötzlich Schmerzen im linken Kniegelenk. Der Arzt soll einen Erguß festgestellt und ihn mit Bädern und Heftpflasterverbänden behandelt haben. Nach der mehrere Wochen beanspruchenden Heilung soll nur eine leichte O-Beinstellung, sonst jedoch keine Beschwerde zurück- geblieben sein. Anfang December v. J. fühlte Patient plötzlich einen Schmerz oberhalb des linken Fußgelenks.. Er konnte trotzdem seinen Geschäften nachgehen und sogar die Reise von Elberfeld bis Breslau ziemlich ohne Beschwerde ausführen. Nach einigen Tagen fühlte er beim Auftreten plötzlich ein „Knacken“ im Unterschenkel. Auch hatte er beim Auftreten stärkere
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Schmerzen, so daß er nun — 10 Tage nach dem Bemerken des ersten Schmerzes — das Allerheiligen-Hospital aufsuchte. Bei der Aufnahme bot er folgenden Status: Kräftiger, gut genährter Mann. Innere Organe gesund; kein Fieber oder sonstige Allge- mein-Erscheinungen; keine Drüsenschwellungen oder Narben. Urin frei von Eiweiß und Zucker. Am linken Unterschenkel diffuse Anschwellung an der Innenseite der unteren Schafthälfte. Die Haut darüber leicht ödematös, die Anschwellung, von teigiger Consistenz, schien den Weichteilen, vielleicht außerdem dem Periost anzugehören und war wenig schmerzhaft. Die Knochen zeigten keine Veränderung der Continuität bezw. ihrer Contur. Eine Röntgenphotographie (Demonstration) bestätigte ihre In- tactheit.
Als nach einigen Tagen unter Anwendung von Hochlagerung und feuchten Verbänden nur das Oedem zurückging, die An- schwellung aber unverändert blieb, erschien, trotzdem anam- nestische und sonstige Anhaltspunkte fehlten, die Möglichkeit einer luetischen Periostitis vorhanden und Patient erhielt Jodkalı. In der That schien nach einiger Zeit ein leichtes Zurückgehen der Schwellung bemerkbar zu werden. Die subjectiven Be- schwerden minderten sich so, daß Patient Mitte Januar auf- stehen und am Stocke unter leichtem Hinken gehen konnte.
Doch nach einigen Wochen änderte sich das Bild insofern, als zwar an der Innenseite des Unterschenkels die Schwellung -zurückging, dagegen an der entsprechenden Stelle außen eine neue mehr circumscripte Anschwellung auftrat, die der Fibula anzugehören schien. Wenige Tage später bemerkte ich, daß der Unterschenkel des Patienten beim Auftreten sich im Sinne der Varusstellung deutlich verbog. Die Untersuchung ergab nun an der Stelle der Schwellung eine abnorme Weichheit beider Unter- schenkelknochen, die man, wie bei einer rachitischen Infraction, fast bis zu einem Winkel von 140° nach innen biegen konnte, ohne daß dabei COrepitation oder Schmerz auftrat. Eine erneute Röntgenaufnahme (Demonstration) ergab jetzt eine völlige In- fraction der Fibula und eine winklige Knickung der Tibia, an deren Innenseite, der Gegend der ursprünglichen Anschwellung entsprechend, nun ein ovaler Schatten zu sehen war, der die- selbe Intensität wie ein frischer Callus hatte.
Patient hatte bis jetzt 90 & Jodkali genommen. Da trotzdem diese Complicatiöon aufgetreten war, so konnte die Befürchtung,
daß es sich um ein Sarkom handle, um so weniger ausgeschlossen
werden, als Spontanfracturen bei Gummen wohl kaum noch beob-
> I ie
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achtet wurden. Zur Sicherung der Diagnose erschien es jedoch gerechtfertigt, erst noch einen Versuch mit Hg-Behandlung zu machen. Patient erhielt infolgedessen Einspritzungen von Hydrar gyrum salicylicum. Der Erfolg war in der That ein überraschender. Die Weichheit der Knochen verschwand schon nach den ersten Injectionen, und jetzt, nachdem Patient acht Einspritzungen er- halten hat, ist die durch eine deutliche Difformität gekennzeich- nete Fracturstelle fast ganz consolidirt und die Anschwellung hat an Umfang ganz wesentlich verloren.
Daß es sich hier um einen specifischen Proceß gehandelt, erscheint durch den prompten Erfolg der Hg-Kur wohl unzweifel- haft. Von practischer Bedeutung ist es übrigens, daß erst die Anwendung von Quecksilber den Erfolg brachte, der durch Jod- kali nicht herbeigeführt werden konnte,
Was die anatomische Deutung des Falles anlangt, so scheint es am wahrscheinlichsten, daß es sich um eine gummöse Östitis gehandelt habe, die einerseits zur Rareficirung des Knochens, andererseits zur Knochenneubildung in der Umgebung des Herdes geführt. Resorptive und productive Vorgänge gehen ja bei solchen gummösen Knocheninfiltraten nebeneinander her, und so kann es wohl kommen, daß die Resorption stärker wird, als die Neubildung, und eine Spontanfractur eintritt.
Herr Lappe stellt eine Neurasthenie bei einem 18jährigen taubstummen Patienten vor. Derselbe ist seit Mai vorigen Jahres mit geringen Unterbrechungen krank und arbeitsunfähig. Er befand sich schon mehrfach in ärztlicher, auch Anstalts-Be- handlung wegen der verschiedenartigsten Klagen, ohnejeirgend einen objectiven Befund geboten zu haben.
Wie hieraus schon hervorgeht, ist das hervorstechendste Symptom seiner Neurasthenie eine hochgradige Hypochondrie, und es ist daher kurz das vorliegende Krankheitsbild als hypo- chondrische Neurasthenie zu bezeichnen.
Als Anknüpfungskrankheit dienten bei dem Patienten die bei Neurasthenie so häufigen gastro-duodenalen Störungen. Von ihnen ausgehend bringt er nun die reichhaltigsten und mannig- faltigsten Beschwerden vor.
Am anschaulichsten wird dies, wenn man eine Probe der Klagen liest, wie er sie fast jeden Tag dem Stationsarzte auf eine Schiefertafel geschrieben in die Hand giebt. Er schreibt völlig orthographisch, bewegt sich nur stark in Anakoluthen und - gebraucht mitunter — wiederum characteristisch für Hypochondrie — seine eigenen Termini technici. So schreibt er z. B.
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„Ich leide immer an Unterleib-, Brust- und (wahrscheinlich) auch der beiden Kniegelenksentzündung und der linken inneren Ohren bis an die Schulter und harten feuchten Nasenhöhle durch den Schlund Schmerzen. Wenn ich solange atme, deshalb leicht fieberähnlich und stark betäubt durch den Kopf, auch starkes Herzklopfen, als heut vormittags fiel ein mandelähnlicher Stück durch (wahrscheinlich) Trommelfellschlag des linken Ohres, die ich schon als ein Jahr alt, wo hiesiges Hospital operiert und ge- schnitten durch Geschwollenes wurde, hätte ich gern wieder operieren, aber heftige Schmerzen durch heiße Luft im Innern, eher ich es zu Hause Fieber verursacht. Jetzt steigt auch das rechte Ohr, aber fließt immer Gelbes, aber wurde ich später beides Gehör verloren. Ich spreche wahr, daß jetzt bald ganz taub. Aber das rechte hintere Brustrippenfell beizt immer, wenn ich es bücke, durch den Leber bewegt. Ich habe vorgestern abends bis jetzt keinen Stuhl, wenn ich gehe, heftige Bein- schmerzen.“
Um auf die Differentialdiagnose mit wenigen Worten einzugehen, so fehlt zur hypochondrischen Melancholie die primäre Depression, auch jetzt ist der Kranke selten in de- primirter Stimmung, durch Geselligkeit und kleine Beschäftigungen auf der Station wird er sogar ganz von seinen Klagen abgezogen.
Als Intercurrenzerscheinung kommt eine Hypochondrie bei Dementia paralytica vor, auch diese ist von der Hand zu weisen, denn einmal bietet der Pat. außer einer geringen Abschwächung des Muskelgefühls im linken Sprunggelenk keinen neuropathologischen Befund, zweitens fehlt jeder Intelligenz- defect; im Gegenteil Pat. hat sich bei der neuropathischen Prüfung trotz der wegen seiner Taubstummheit schweren Verständigung mit ihm sehr geschickt und vernünftig benommen.
Aus demselben Grunde ist auch nicht an angeborenen Schwachsinn zu denken. Er
Auch für Hysterie hat sich kein characteristisches Stigma gefunden.
Wenn die hypochondrische Paranoia bis jetzt nicht in den Kreis der Erwägungen gezogen worden ist, so geschah es lediglich aus dem Grunde, weil das Krankheitsbild in der That jetzt in dieselbe überzugehen scheint.
Die Absurdität der Wahnvorstellungen nimmt immer mehr zu. Pat. behauptet nunmehr, er sei „sechsmal vergiftet worden“, in seinen Därmen befinde sich „Eiter und Schwärze“, er leide an „Gehirnzittern“, er stellt sich öfters scheintot, auch
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fühlt er bereits die in seiner Einbildung bestehenden abnormen Körperzustände und pathologischen Gebilde als thatsächlich vor- handen, das durchgefallene mandelähnliche Stück, von dem oben die Rede ist, glaubt er an seinem rechten Unterkiefer abtasten zu können.
Ferner fängt er an, mißtrauisch zu werden und zweifelt die Richtigkeit der Temperaturmessungen an; er gerät mit seinen
Mitpatienten häufig in Streit, bedroht sie und — bereits eine Andeutung von Mania persecutoria — glaubt sich von ihnen belästigt.
Sollte die Krankheit weiter nach derRichtung der hypochondri- schen Paranoia hin fortschreiten, so wird man wohl an eine Dis- location des Patienten nach einer psychiatrischen Anstalt denken müssen.
Herr Adler stellt vor:
1) Eine Frau mit rechisseitiger Drucklähmung des N. radialis. Trotz mehrwöchentlichen Bestehens derselben reagiren die Muskeln auf electrische Reizung mit beiden Stromesarten mit blitzartiger Zuckung, während allerdings die Erregbarkeit vermindert ist. Obgleich zur Zeit noch vollständige Lähmung besteht, berechtigt der electrische Befund zur Stellung einer günstigen Prognose.
2) Einen Mann mit Schwäche und Atrophie der rechtsseitigen Oberarm- und Schultermuskulatur, welche sich unter Schmerzen nach jahrelanger, schwerer Arbeit beim Heben und Formen von Thonballen entwickelt hat. (Sogenannte Arbeitsparese.)
3) Eine Frau mit Lähmung und Atrophie des rechten M. gastrocnemius. Dieselbe hat sich ohne Schmerzen in chroni- scher Weise vor ca. 10 Jahren entwickelt und ist vergesellschaftet | mit einer Herabsetzung des Gefühls an der Ferse (N. calcaneus). Da Pat. z. Z. der Entstehung der Lähmung anstrengende Haus- und Feldarbeit leisten mußte, ist es möglich, daß Druck auf den N. tibialis bei stark gebeugtem Knie dieselbe verursacht hat.
4) Eine Frau mit Lähmung beider Mm. extensores hallucis longi, welche vor ca. 18 Jahren im Anschluß an eine acute Infectionskrankheit (Typhus) aufgetreten ist. Es scheint der Rest einer beiderseitigen Peroneuslähmung zu sein, denn auch die Mm. extensores digit. long. zeigen noch eine deutliche Schwäche. Während aber die Grundphalangen der II. bis V. Zehe bds. in normaler Weise dorsalflectirt stehen, bildet diejenige der großen Zehen eine grade Fortsetzung des Fußrückens etc. Zur Zeit be- stehen außerdem heftige Schmerzen in beiden Fußsohlen, welche
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gleichzeitig mit der Lähmung aufgetreten sind und zeitweise exacerbiren.
Herr Hentze demonstrirt außerhalb der Tagesordnung ein path.-anat. Präparat.
Herr Monski zeigt ebenfalls außerhalb der Tagesordnung eine Myositis ossificans am Biceps sinister.
8. Sitzung vom 17. März 1899 in der alten Börse. Vors.: Herr Prof. Buchwald. Schriftf.: Herr Generaloberarzt Meilly. Discussion zu dem Vortrage des Herrn Dr. L. Fraenkel:
Experimente zur Herbeiführung der Unwegsamkeit der
Eileiter.
Herr 3. Pfannenstiel: Die klinisch sichergestellte Erfahrung, daß die einfache Unterbindung der Tuben keinen vollkommenen Verschluß des Lumens hervorruft, hat Pfannenstiel schon seit einigen Jahren veranlaßt, bei den Exstirpationen eitriger Adnexe — sofern nicht überhaupt die Totalexstirpation der inneren Geni- talien zur Ausführung gelangte — die interstitiellen Tuben-Ab- ‚schnitte durch eine Keilexeision mit zu entfernen, welche tief in das Uteruscavum hineinführt. Dadurch ist es ihm gelungen, die früher häufigen Stumpfexsudate nach solchen Operationen auf ein Minimum zu reduciren.
Auch darin stimmt Pfannenstiel mit Herrn Fraenkel über- ein, daß die künstliche Sterilisirung dort, wie sie indicirt ist, nur durch eine derartige Keilresection der Tuben vorgenommen werden soll. In einem Falle hat Pf. dies gelegentlich einer Vagino- fixation wegen Prolaps einer 40jährigen Frau mit Erfolg aus- geführt. Doch glaubt Redner, daß die Indication zur künstlichen Sterilisirung nur selten gegeben sei. Bei schweren Erkrankungen, welche durch den Eintritt von Schwangerschaft zu einer Lebens- gefahr gesteigert werden können, wird man sich überhaupt nicht so leicht zu einem operativen Eingriff entschließen; bei leichteren Erkrankungen (Anämie, Abmagerung etc. infolge zu großer Fruchtbarkeit) warnt Pf. vor der operativen Sterilisirung, da der Wunsch nach Familie selbst bei einer schwächlichen kranken Frau oft trotz großen Kindersegens wieder er- wacht, sobald ein Kind inzwischen gestorben ist. Pf. hat ein eclatantes ‚Beispiel davon erlebt.
Pf. spricht sich schließlich dahin aus, daß die Operation behufs Herbeiführung von Unfruchtbarkeit selbst in
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gut indicirten Fällen nicht ad hoc, sondern allenfalls nuralsNebenoperationausgeführt werdensoll, wenn aus anderer Indication intraabdominal operirt werden muß.
Herr Küstner bemerkt zu der achten These L. Fraenkel’s Folgendes:
Die neuere Erfahrung scheint zu lehren, daß von den Er- krankungen des mütterlichen Organismus keine in so unvorteil- hafter Weise durch die Schwangerschaft beeinflußt wird, als tuber- culöse Lungenprocesse. Und zwar beginnt diese ungünstige Beeinflussung häufig schon in der allerersten Zeit der Schwanger- schaft. Nach der heute allgemein herrschenden Ansicht findet die Lungentuberculose unter der Reihe derjenigen Erkrankungen, welche die Schwangerschaftsunterbrechung schon in frühen Mo- naten schlechthin indiciren, keinen Platz. Um so näher liegt es, derartige Kranke mit Sicherheit vor dem Gravidwerden zu schützen. Bei der Unverläßlichkeit aller anderen Mittel, bei der oft außerordentlich hohen Fertilität der Phthisischen könnte vielleicht einmal diese Erkrankung die Indication für eine Tuben- resection abgeben.
Die Krankheit selbst zeigt uns den Weg, wie sie auszuführen wäre. Sie müßte ohne Narcose gemacht werden, und deshalb würde der vaginale Weg ohne Weiteres außer Betracht zu setzen sein. Man würde mit Schleich’scher Infiltrationsanästhesie vom Abdomen aus operiren.
Herr L. Fraenkel (Schlußwort):
Die Bemerkung von Herrn Collegen Asch, daß nicht nur der anatomische Nachweis der Durchgängigkeit des Kaninchen- Eileiters zu liefern sei, sondern vor allem der physiologische, d. h. das Eintreten einer neuen Schwangerschaft — ist vollkommen berechtigt. Indessen arbeiten Conceptionsversuche nur mit mäßigen Chancen, zumal bei vor kurzem laparotomirten Tieren mit frischen Adhäsionen in der Bauchhöhle; die Tiere gehen mehrere Monate lang dem Coitus aus dem Wege. Man müßte bei einer großen Zahl von operirten Tieren viele Monate lang Beobachtungen über Eintritt von Conception machen, wozu sich Redner aus äußeren Gründen nicht in der Lage sah. Für den Menschen dagegen ist in einem Falle von Pissemski nicht nur der anatomische, sondern auch der physiologische Nachweis der Durchgängigkeit der Tube, wenigstens nach Unterbindung, in Gestalt einer er- . neuten Schwangerschaft erbracht. Ja selbst nach Exstirpation der Tube bis auf einen kleinen Stumpf ist erneute Schwanger- schaft von Gordon, Sutton und Ill beobachtet worden.
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Herrn Prof. Pfannenstiel erwidert F., er habe in seinem Vortrage hervorgehoben, daß bereits seit langem viele Operateure bei Pyosalpinx-Operationen die Tube keilförmig aus dem Uterus excidiren und eine sorgfältige Muskel- und Peritonealnaht der Fundalecke anlegen. Doch sei nach den Resultaten von Ries und dem Vortragenden (wonach in mehreren Fällen der nach einfacher Abbindung der Tube zurückgebliebene Tuben-
stumpf nach Jahren durchgängig war und frei in die Bauchhöhle -
mündete) die Methode der Keilexeision der Tube aus dem Uterus als die ausschließlich berechtigte für die Tubenexstirpation anzu- sehen.
Discussion zu dem Vortrage des Herrn Geh.-Rat Küstner: „Ueber Extrauterinschwangerschaft.
Bezüglich des Vortrages des Herrn Küstner teilt Pfannen- stiel die Ansicht desselben über die Aetiologie zwar im allge- meinen, doch steht er nach wie vor auf dem Standpunkt, daß bei der Entzündung der Tube der Verlust oder die mangelhafte Function des Flimmerepithels das Punctum saliens der mangelnden Fortleitung des Eies sei. Außerdem gäbe es aber zweifellos Extrauterinschwangerschaften ohne voraufgegangene Eileiterentzündungen. In zwei derartigen Fällen hat Pfannenstiel später normale Geburten erlebt. —
In Betreff der frühzeitigen Unterbrechung der Tuben- schwangerschaft betont Pf., daß die Ursache im wesentlichen in der unzulänglichen Beschaffenheit des Eileiters als Fruchthälter liest. Die entzündlichen Veränderungen spielen dabei mehr die Rolle des unterstützenden Factors.
Weil sowohl Schleimhaut als Wandung der Tube für die Bergung des wachsenden Eies unzureichend sind, kommt es in den meisten Fällen früher oder später zu einer Ablösung des Eies in der Tube und damit zur ersten Blutung. Diese Ab- lösung des Eies ist analog derjenigen bei der Blasenmole, insofern in beiden Fällen das Wachstum des Fruchthälters nicht gleichen Schritt hält mit demjenigen des Eies. Pf. weist auf die neueren Ergebnisse über die Einbettung des befruchteten Eies hin und zeigt, wie ungeeignet die Tubenschleimhaut ist, mitzu- hypertrophiren, sobald sie das Ei umkapselt hat, und sich von dem wachsenden Ei spalten zu lassen, um die notwendige Kapselvergrößerung zu bilden. Die Kapsel reißt infolgedessen,
es blutet und das Ei muß zu Grunde gehen. Ein gänzliches
Fehlen der Reflexa, wie es Küstner auf Grund der Kühne-
er hkunnca ge
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schen Arbeit annimmt, hält Pfannenstiel für nicht gut denkbar. Reflexabildung ist gleichbedeutend mit Umkapselung des Eies und ohne Umkapselung kann das Ei nicht ernährt werden, muß also absterben, bevor eine eigentliche „Schwangerschaft“ zu Stande kommt. Ueber die Häufigkeit dieses zweifellos möglichen Vorkommnisses ist nichts bekannt.
Die Unfähigkeit der Tubenwandung zur Hyper- trophie zeigt sich in der Neigung zur Dehiscenz (tuboabdominale Schwangerschaft) und vor allem zur Ruptur. Doch wird der Eileiter in der Regel nicht direct durch das wachsende Ei, sondern durch den Bluterguß gesprengt, welcher eintritt, sobald sich das Ei intratubar löst. Häufiger hält die Tubenwandung dem sich im Lumen ansammelnden Blute Stand, dies in den Fällen, wo Zeit und Platz ist für das Ausfließen des Blutes in die Bauchhöhle (Hämatocele, „tubarer Abortus“), zuweilen bildet sich auch nur eine Blutmole in der Tube aus, die sich zur Fleischmole umwandeln und vollends resorbirt werden kann. Ä
Die Ruptur der Tube ist immer als ein gefährliches Er- eignis anzusehen, günstiger sind bekanntlich der Ausgang in Hämatocele durch tubaren Abortus und derjenige in Blutmole. Doch kann es auch in diesen Fällen noch weiter bluten, ebenso wie bei dem intrauterinen unvollkommenen Abort, ja es kann sich sogar zur Blutmole, wie zum tubaren Abortusnoch secundär die Tubenberstung gesellen. Pfannenstiel hat je ein Beispiel davon erlebt, beide Frauen sind vor der Operation verblutet.
Pf. rät deshalb injedem frischen Falle zur Operation, sowohl bei dem sogenannten „lebenden“ Ei, wie nach der Unter- brechung der Schwangerschaft, ganz gleich, ob Ruptur oder Häma- tocele oder nur mächtige Vergrößerung der Tube (Blutmole) erfolgt ist.
Erst wenn vor der ersten Consultation längere Zeit vergangen, wenn die Blutung augenscheinlich steht, die Cruormasse sich eingedickt hat, ist die exspectative Behandlung am Platze, welche bekanntermaßen zur vollkommenen Ausheilung führen kann. Die Reconvalescenz bis zur Arbeitsfähigkeit dauert dabei in der Regel nicht länger, als nach einer Laparotomie. Die Diagnose, ob „frisch“ oder „alt“, kann allerdings recht schwer sein.
Bei zögernder Resorption der Hämatocele, bei Verjauchung, _ bei großen Beschwerden durch die „Adnexerkrankung“ muß oft noch nachträglich zum Messer gegriffen werden.
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Bezüglich des Weges der operativen Entfernung des Frucht- sackes ist Pfannenstiel unbedingt für die Laparotomie, welche gute Erfolge zeitigt. Die in 4 Fällen ausgeführte Kolpotomie hat sich ihm nicht bewährt, insofern 2mal bedrohliche Fieber- steigerungen danach auftraten.
Nur bei verjauchter Hämatocele soll von unten incidirt werden.
Herr Baumm: M.H. Ich möchte auf eine therapeutische Frage etwas näher eingehen, die der Herr Vortragende nur kurz gestreift hat, Herr Professor Pfannenstiel schon etwas näher beleuchtet hat, nämlich auf die Frage, wann ist überhaupt die Operation indieirt. .Ich will mich dabei nur auf die Extrauterinschwanger- schaften aus den ersten drei Monaten beschränken. Wenn wir uns die Operationstabelle ansehen, die uns der Herr Vortragende in die Hand gegeben hat mit den glänzenden Resultaten, so scheint die Discussion darüber, was bei der Extrauterinschwangerschaft geschehen soll, beinahe überflüssig; zumal, wenn man erwägt, daß auch andere Operateure über ähnliche schöne Resultate verfügen, ‘denen auch ich die Freude habe mich anschließen zu dürfen. Nichts- destoweniger bin ich in letzter Zeit weniger freigebig mit der Operation geworden. Ich habe mich überzeugt, daß der Satz: jede Extrauterinschwangerschaft ist wie eine böse Neubildung auszurotten, nicht zu Recht besteht. Man hat die Gefahr dieses Ereignisses entschieden weit überschätzt, und durch das be- dingungslose Operiren hat man sich der Möglichkeit beraubt, zu beobachten, daß auch nicht operirte Fälle bei einiger Geduld sehr oft spontan ausheilen. Wenn ich also die Operation umgehen kann, so umgehe ich sie und thue damit der Kranken gewiß einen größeren Gefallen als mit der wohlgelungensten Operation. Die Frage ist nur die, wann kann ich die Operation umgehen. Sehen wir kurz noch einmal die pathologisch-anatomischen Vorgänge an: Der gewöhnlichste Ausgang ist der tubare Abort. Die Blutung dabei ist langsam, sickernd, die umliegenden Eingeweide verbacken, es bildet sich eine Hämatocele, der Proceß kommt zum Stillstand und wenn er nicht zu weit gediehen ist, fällt der ganze Fremd- körper im Bauch der Resorption anheim. Der von Herrn Pfannen- stiel erwähnte Fall, daß trotz Tubenabortes eine Tubenzerreißung mit einer Blutung entsteht, die in wenigen Minuten zum Tode führt, dürfte extrem selten und garnicht in Rechnung zu ziehen sein. Hat man Zeit und Geduld, so hat man die Freude, zu sehen, daß selbst faustgroße Tumoren und darüber gänzlich mit der Zeit verschwinden. Ja ich bin überzeugt, dab dies der weit- aus häufigste Ausgang sämtlicher Extrauterinschwangerschaften
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ist. Die Fälle braucht man nicht zu operiren. — In anderen Fällen blutet es aber weiter, der Tumor wächst und wächst. Hier ist mit der Operation keine Zeit zu verlieren, will man die Gefahr nicht auf’s Aeußerste steigen lassen. Wieder einandermal zersetzt sich der fremde Leibesinhalt, die Frau bekommt Fieber. Hier muß natürlich auch operirt werden. Das kommt aber selten vor. — Nicht gar zu selten platzt die Tube. Die Blutung dabei ist meist stark. Wartet man zu lange, so kann sich die Frau verbluten. — Endlich bleibt noch die intacte Extrauterinschwanger- schaft übrig; das Ei lebt und wächst. Bei der drohenden Gefahr einer Tubenruptur ist man sich einig, daß hier sofort zu operiren ist. In praxi ist aber die Entscheidung, ob das Ei noch lebt oder nicht, sehr schwierig, wenigstens auf eine einmalige Unter- suchung hin. Ueberhaupt ist es schwer die Phase, in der sich gerade die Schwangerschaft befindet, durch einmalige Untersuchung zu bestimmen. Anamnese und Tastbefund lassen wohl im All- gemeinen die Diagnose Extrauterinschwangerschaft stellen, das Genauere aber kann nur die sorgfältige, weitere Beobachtung lehren. Nun aber kann man ein beobachtendes Abwarten nur dann verantworten, wenn man die Patientin unter ständiger Controle hat, um gegebenen Falles sofort eingreifen zu können. Daher liegt für mich die Sache in der Praxis so: Habe ich eine Extra- uteringravidität diagnostieirt, so ist die erste Frage die, will und kann die Frau in die Anstalt kommen und warten. Wenn nicht, so ist die Sache erledigt, ich schlage die sofortige Operation vor. Hat sie Zeit und Geld, dann nehme ich sie in die Anstalt auf und operire erst dann, wenn ich ohne Operation nicht weiter komme, d. h. direct gesagt, wenn 1. der Tumor unaufhörlich wächst oder bei langem Zuwarten keine Miene macht, abzunehmen, 2. wenn sich Anzeichen fortbestehender innerer Blutung einstellen und 3. wenn die Frau Fieber bekommt, aber höheres Fieber, denn geringe Temperatursteigerungen kommen auch bei schließlich sich resorbirenden Hämatocelen vor.
Bei diesen Grundsätzen muß mir die vielfach verworfene Methode v. Winckels, das Ei zu töten und das Weitere sich selbst zu überlassen, durchaus rationell erscheinen; denn ich meine, es muß für den Ausgang gleichsiltig sein, ob das Ei von selbst abstirbt oder künstlich abgetötet wird. Zu verderben oder ver- lieren ist dabei nichts. Persönliche Erfahrungen fehlen mir aller- dings über die Methode. Ich habe einmal ein vermeintlich lebendes Ei punktirt und aspirirte statt des erwarteten Fruchtwassers altes Blut. Der tubare Abort war schon da.
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M. H. Der Zweck meiner Ausführungen war nur der, einem mehr abwartenden Verfahren das Wort zu sprechen. Die Therapie ist auf operativem Wege nicht mehr verbesserungsfähig. Hier gilt es nur noch diejenigen Fälle auszusuchen, bei denen die Operation erspart werden kann, d.h. in einer weisen Beschränkung die Meisterschaft zu suchen.
Hinsichtlich des Operationsverfahrens stehe ich ganz auf = Standpunkte des Herrn Vorredners.
Herr Asch empfiehlt ebenfalls ein mehr exspectatives Ver- halten und glaubt die Prognose der Extrauteringravidität nicht so ungünstig hinstellen zu müssen. Ein großer Teil der Extra- uterinschwangerschaften kommt ohne besonderen operativen Ein- griff zur Heilung.
Zu den Discussionsbemerkungen über seinen Vortrag über Extrauterinschwangerschaft äußert Küstner Folgendes:
Was die Reflexabildung bei Extrauterinschwangerschaft be- trifft, so stellt sich K. Pfannenstiel gegenüber auf den Stand- punkt Kühne’s und glaubt, daß Tubenfalten oft mit einer Re- flexa verwechselt worden seien. Doch ist diese Frage nicht auf dem Wege der Discussion zu klären, sondern nur durch Ver- ‚gleichung der Präparate, Controle der Serien event. durch Nach- untersuchungen. Schon E. Fraenkel hat die Möglichkeit der Verwechselung von primär vorhandenen Schleimhautfalten mit dem Schwangerschaftsgebilde, welches die Reflexa darstellt, nahe gelest. K. hält Kühne’s Unkersnöhugen für außorondeneleh sorgfältig und beachtenswert.
Die Diagnose, ob es sich in frühen Monaten der Extrauterin- schwangerschaft noch um einen lebenden Fötus handelt oder nicht, kann recht schwierig sein; sie ist es besonders dann, wenn schon deutliche Erscheinungen von Stockung der Schwangerschaft, also von Blutungen vorhanden sind. (Fall 3 und 23 der Tabelle.) Die noch vorhandene Vergrößerung des Uterus bietet Anhalts- punkte.
Zu den von von Winckel empfohlenen Versuchen, die Extrauterinschwangerschaft durch Punction des Eies und Ab- lassen des Fruchtwassers zu unterbrechen, hat K. sich bisher noch nicht entschlossen, hauptsächlich deshalb nicht, weil er auch in dem spontanen Absterben des Eies nur einen äußerst unvoll- kommenen Heilungsvorgang erblickt, welcher bei hochgestellten Anforderungen an das Wohlbefinden noch viel zu wünschen übrig läßt.
Aus demselben Grunde ist K. der Ansicht, daß man. die
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Indicationen für die Radicaloperation der Extrauterinschwanger- schaft nicht allzu sehr einengen soll. Der Naturheilungsvorgang, wie er sich mit dem Tode des Eies vollzieht, hinterläßt ebenso wie die Extrauterinschwangerschaft selbst schwere Anomalien im Abdomen. Die Verlötungen der Beckenorgane untereinander und dieser mit Intestinalpartien sind nicht nur als Folgen der der Extrauterinschwangerschaft vorausgehenden Entzündung anzu- sehen, sondern sind zum Teil und in manchen Fällen ausschließ- lich Folgen der fehlerhaften Eibettung, der Blutungen, der Häma- tocelebildung. Sehen wir in entzündlichen Adnexerkrankungen und in ihren mechanischen Consequenzen die Indication für einen operativen Eingriff, so muß man in der schwersten Functions- störung der entzündeten Adnexa, und das ist die Extrauterin- schwangerschaft, consequenter Weise auch eine Indication für operatives Eingreifen erblicken. Der Ansicht Pfannenstiel’s, daß in relativ kurzer Zeit das Blut einer Hämatocele resorbirt sei, kann K. nicht beitreten. Er hat noch Jahre nach der Kata- strophe erhebliche Cruormengen im Abdomen angetroffen, durch welche lästige Adhäsivperitonitiden unterhalten wurden. Es braucht nicht jede Extrauterinschwangerschaft operirt zu werden. Wenn Asch etwa ?/, der ihm zur Beobachtung gelangten Fälle operirt hat und !/, nicht, so glaubt K., daß bei ihm die nicht operirten einen geringeren Bruchteil ausmachen. Diejenigen aber, welche Störungen verursachen, sollen nach denselben Principien eine operative Würdigung erfahren, wie die Adnexerkrankungen über- haupt.
Herr Kümmel demonstirt außerhalb der Tagesordnung einen Fall von wahrscheinlichem Syphilom der Nase.
9. Sitzung vom 24. März 1899. Vors.: Herr Prof. Buchwald. Schriftf.: Herr Generaloberarzt Meilly. Zur Physiologie der Harnsäure. (Autoreferat.)
Herr Dr. Spitzer: Die moderne Lehre von der Entstehung der Harnsäure im Säugetierorganismus bringt dieselbe in Beziehung zu den im Zellkern aller Organe vorkommenden Nucleinen, be- ziehentlich aus denselben abspaltbaren basischen Verbindungen, den Nucleinbasen.
Diese Erkenntnis verdanken wir zunächst den Arbeiten Hor- baczewski’s. Er hat gezeigt, daß sich bei der Digestion von
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Milzpulpa, oder des aus einer solchen hergestellten Nucleins, sowie anderer zellreicher Organe auf dem Wasserbade bis zur begin- nenden Fäulnis Harnsäure oder Xanthinbasen bilden. Diese Bildung erfolgt je nachdem die gefaulten Gewebsauszüge vor der durch Kochen erfolgenden Abspaltung der Xanthinbasen einer Oxydation (durch Luft, H,O, oder Blut) zugänglich gemacht worden sind oder nicht.
Wenngleich Horbaczewski’s Versuch, die Entstehung der Harnsäure im Organismus der Säugetiere (in dem der Vögel entsteht sie bekanntlich auf einem andern synthetischen Wege) zu dem Zerfall von Leucocyten in gesetzmäßige Beziehung zu bringen, nicht als geglückt angesehen werden kann, so ist doch an der Richtigkeit seiner Digestionsversuche nicht zu zweifeln, die vom Vortragenden nur bestätigt werden konnten. Dieselben lassen sich jedoch nicht ohne’ Weiteres auf die Verhältnisse im lebenden Organismus übertragen, da in ihnen die Fäulnis eine wichtige und uncontrolirbare Rolle spielt. Sie geben andererseits keinen Aufschluß darüber, ob die Harnsäure im Organismus direct aus den Nucleinbasen sich bildet, wie es die neueren Arbeiten E. Fischer’s vermuten lassen.
Der Vortragende wählte zur Entscheidung dieser Frage einen anderen und wohl einwandsfreien Weg. Er ließ Leber- und Milzauszüge unter antibacteriellen Cautelen auf Xanthin und Hypoxcanthin bei Körpertemperatur einwirken in der Voraus- setzung, daß die von solchen Extracten bekannte Fähigkeit der Oxydation ausreichen würde, jene Körper — auf dem Wege der directen Oxydation — in Harnsäure überzuführen. Diese Ver- mutung bestätigte sich auch. Es wurde aus den. zugefügten Xanthin- resp. Hypoxanthinmengen zu 70—90 pCt. Harnsäure gebildet. Die gekochten Auszüge jener Organe hatten diese Fähigkeit nicht. Versuche mit Niere, Pancreas, Thymus und Blut, die dem frisch getöteten Tiere entnommen und in analoger Weise behandelt worden waren, fielen durchweg negativ aus.
Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß jene activen Ver- bindungen unbekannter Art, welche die Oxydation der Xanthin- körper in Harnsäure vollziehen, erst im Augenblicke des Todes beziehentlich der Entfernung der Organe aus dem Tiere ent- stehen und somit ist der Schluß wohl als gerechtfertigt anzusehen, daß dieselben auch im lebenden Tiere in Milz und Leber vor- handen und wirksam sind.
Milz und Leber sind demnach mit Wahrscheinlich-
ee ae Ka
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keit als wesentliche Stätten der Harnsäurebildung anzu- sehen.
Damit soll nieht behauptet werden, daß andere Organe intra vitam nicht auch eine gleiche Fähigkeit eventuell haben könnten. Ein solcher Schluß aus den angeführten negativen Versuchen wäre zunächst noch zu weit gehend.
Discussion:
Herr Röhmann bespricht — unter Hinweis auf die betr. Formeln — die Umwandlung von Adenin in Harnsäure.
Herr Rosenfeid tritt im Allgemeinen den Ansichten des Dr. Spitzer über die Harnsäurebildung bei, besonders auch betreffs der Bedeutung von Leber und Milz für diese Frage. Sodann erörtert er die Beziehungen von Leukämie einerseits und Harn- säurebildung andererseits. |
Herr Spitzer und Herr Rosenfelä besprechen den thera- peutischen Wert, welchen die Ergebnisse der Spitzer’schen Versuche eventuell haben könnten. Rosenfeld glaubt gegen Harnsäure-Diathese vegetarische Diät, außerdem auch Glycerin und Einführung von Harnstoff bezw. von Kalksalzen empfehlen zu sollen.
10. Sitzung vom 28. April 1899, in der alten Börse. Vorsitzender: Herr Generaloberarzt Meilly. Schriftführer: Herr Geheimrat Neisser.
Herr Kümmel: Pathologiseh-anatomische Demonstrationen.
1) Syphilom der Nase. Vorgelegt wurden mikroskopische Präparate von einem Patienten mit tertiär luetischer Erkrankung der Nase, den K. vor einigen Wochen außerhalb der Tagesordnung vorgestellt hat. Der Pat. war schon vor einem halben Jahre in der Universitäts-Poliklinik für Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkranke behandelt worden, es fanden sich damals im Naseneingang massige granulationsartige, breitbasig aufsitzende Wucherungen, die vom Septum, besonders von den Rändern einer sehr ausgedehnten Perforation desselben, und ebenso von der gegenüberliegenden seitlichen Nasenwand beiderseits ausgingen. Stellenweise waren die Wucherungen flach ulcerirt, größtenteils mit dicken Borken bedeckt, die einen ziemlich üblen Geruch hatten. Die Nasen- flügel und die Mitte der Oberlippe waren von den Tumormassen derb infiltrirt, die Haut der infiltrirten Partieen war lebhaft gerötet und ziemlich schmerzhaft. Ueber irgend eine Infection ließ sich
58 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für, vaterl. Cultur. nichts ermitteln. Frühere Erkrankungen konnten nicht festgestellt werden, auch sonst nichts, was den Fall hätte aufklären können. Die Wucherungen wurden zum größten Teil exstirpirt, zeigten aber eine große Neigung zum Nachwachsen. Histologisch fand sich ein Granulationsgewebe, das gar keine characteristischen Eigenschaften darbot: es waren keine characteristischen Degene- rationen, keine Riesenzellen und keine specifischen Gefäßverände- rungen nachweisbar. Die Diagnose schwankte zwischen Sarcom, Tuberculose und Lues. Letztere wurde ausgeschlossen, weil Jodkali ohne jeden nachweisbaren Erfolg blieb. Pat. blieb längere Zeit fort, und inzwischen trat eine starke Neuwucherung ein, die Zerstörung des Septum machte weitere Fortschritte: auch sein häutiger Teil wurde ergriffen und von der Oberlippe abgelöst. Der rechte Nasenflügel war von dem Infiltrat durchbrochen und zeigte eine tiefe, mit gelben Borken belegte, scharfrandige Ulce- ration. Die Diagnose wurde nunmehr vermutungsweise auf Tuber- culose gestellt, Pat. aber in der Königlichen dermatologischen Klinik noch einmal energisch mit Jodkali und Quecksilber gleich- zeitig behandelt, worauf nahezu alle Krankheitserscheinungen heilten. Es blieben nur an der rechten Nasenwand zwei etwa ‚kirschgroße, ziemlich breit gestielte, aber immerhin gut beweg- liche, etwas gelatinös durchscheinende rundliche Tumoren; durch die Zerstörung des Septum, von dem nur ein kleiner Rest hinten am Nasenboden und am Nasendache erhalten geblieben war, hatte sich eine Sattelnase, „Nez en lorgnette“ gebildet, am rechten Nasenflügel eine strahlige, tief eingezogene Narbe.
Die Tumoren wurden, da sie auf die antiluetische Kur nicht weiter zurückgingen, am Tage nach der Demonstration mit der kalten Schlinge entfernt; als ihr Ausgangspunkt erwies sich dabei die laterale Wand der linken Kieferhöhle. Diese Höhle war durch vollständige Zerstörung der nasalen Wand von der Nase aus weit eröffnet und vollständig übersehbar. Weitere Veränderungen, Sequester oder dergl. fanden sich nicht vor. Ueber die weiteren Schicksale des Pat. läßt sich z. Z. nichts berichten. Die Tumoren sehen äußerlich, und auch auf dem Durchschnitt nach der Exstir- pation genau so aus, wie gewöhnliche Schleimpolypen, nur viel- leicht etwas weniger durchsichtig und etwas mehr gelblich. Mi- kroskopisch zeigen sie einen Ueberzug von mehrschichtigem Cylinderepithel; sie bestehen der Hauptmasse nach aus einem Granulationsgewebe, dessen Zellkerne und Fasern stellenweise durch Zwischenlagerung einer transparenten, hyalinen Masse weit auseinander gedrängt sind. In dem Gewebe liegen zahlreiche
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Gefäße: zum Teil normale, zum Teil stark dilatirte venöse, zum Teil arterielle, von denen viele eine sehr verdickte Wandung besitzen. Eine ganze Anzahl scwohl der arteriellen wie der venösen Gefäße ist erfüllt von einer hyalinen, zum Teil mit zahl- reichen Vacuolen durchsetzten Inhaltsmasse, in der vereinzelt rote Blutkörperchen und schr häufig, als eine zusammenhängende Randschicht, ein Kranz von weißen Blutkörperchen eingelagert sind. Wo Verdickungen der Arterienwandungen vorkommen, handelt es sich meistens um Verdickungen der Adventitia; an der Intima der Gefäße sind kaum irgendwo Veränderungen aufzufinden. Riesenzellen wurden in den untersuchten Gewebsstückchen nicht vorgefunden.
Das Einzige, was bei diesem Befunde an eine luetische Natur der Tumormassen mahnt, sind die stellenweise vorkommenden hyalinen Degenerationen des Zwischengewebes und die hyalinen Gefäßthrombosen, sowie die Veränderungen an der Gefäßadven- titia. Das Alles würde keine ausreichenden Anhaltspunkte er- geben, wenn nicht klinisch die Diagnose auf Lues sicher gestellt wäre. Allerdings hatte auch diese klinische Feststellung ihre Schwierigkeiten geboten und war erst spät, und leider nachdem bereits erhebliche Zerstörungen eingetreten waren, möglich ge- worden. — Zufälligerweise konnte zu gleicher Zeit eine ganz ähnliche polypoide Tumorbildung bei einem anderen Patienten der Ohrenklinik gezeigt werden. Sie betraf einen 35jährigen Mann, dessen Infection weit zurücklag, und der bereits vor einigen Jahren, offenbar infolge einer luetischen Encephalitis, eine rechts- seitige Hemiplegie davongetragen hatte. Hier sind die Tumor- bildungen nicht so mächtig, sie befinden sich zu beiden Seiten eines kleinen, am Nasendach erhalten gebliebenen Septumrestes. Bei dem Pat. waren vorher eine ganze Reihe großer Sequester beseitigt worden, und an der linken Nasenwand liegt zur Zeit noch ein mächtiger, bisher nicht gelöster Sequester vor.
Die Kenntnis dieser Syphilome verdanken wir hauptsächlich den Untersuchungen von Kuhn und seinem Schüler Manasse. Diese haben klinisch einigermaßen ähnlich aussehende Geschwülste gefunden, die aber zum Teil auf eine antiluetische Behandlung prompt reagirten. Histologisch boten sie, wenigstens zum Teil, einen von dem unserigen sehr abweichenden Befund: es fanden sich Degenerationen, teilweise sehr ausgedehnte bindegewebige Schwielen, ferner in einigen Fällen sehr reichliche Riesenzellen, bei denen Manasse die Entstehung aus Gefäßendothelien sehr deutlich nachweisen konnte. Weitere Fälle sind neuerdings von
60 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. A. Kuttner beschrieben worden; damit ist die Casuistik so ziemlich erschöpft. Es handelt sich wohl, wie das auch von den anderen Autoren bereits hervorgehoben ist, nicht immer um spe- cifisch luetische Producte, vielmehr dürften neben der specifischen Infection einhergehende einfach entzündliche Processe, die sich vielleicht an die Bildung und Abstoßung der Sequester anschlossen, eine Rolle spielen, so daß diese Tumoren in ähnlicher Weise entständen, wie die polypoiden Hypertrophien z. B. bei Neben- höhlenempyemen, ihre besonderen Eigentümlichkeiten sich aber dadurch erklärten, daß sie an einem luetischen Individuum sich bilden. Andererseits kommen aber auch specifisch syphilitische tumorartige Bildungen vor, wie schon die therapeutischen Erfolge des Jodkali und Quecksilber bei einigen der Fälle von Kuhn und Kuttner beweisen. Diagnostisch sind diese Fälle von Interesse: zu einem großen Teile wurden sie erst dann diagnosti- eirt, wenn bereits ausgedehnte Zerstörungen eingetreten waren. In anderen Fällen wurde ihre Natur mehr zufällig durch probe- weise antiluetische Behandlung festgestellt. Sind keine ander- weitigen luetischen Erkrankungen in der Nase oder an anderen Körperteilen eingetreten, dann dürfte die Diagnose bei negativer Anamnese außerordentliche Schwierigkeiten darbieten.
2) Ein Fall von wahrer Perlgeschwulst des Mittel- ohres. Das vorgelegte Präparat wurde von Herrn Dr. Stan- kowski, Assistenten der Ohrenklinik, zufällig bei der Präparation eines als normal erachteten Felsenbeines gefunden, das von einem etwa 12jährigen, an Sepsis verstorbenen Mädchen stammte. Die Sepsis war von einer Infection des Auges ausgegangen; über eine etwa früher vorhanden gewesene Ohrenerkrankung war nichts ermittelt worden. : In dem Trommelfell des Präparates fand sich eine äußerst zarte und transparente, in der unteren Hälfte ge- legene nierenförmige Narbe, in die bei der Präparation un- glücklicherweise ein kleines Loch gerissen wurde (vorher hatte sich die Narbe als vollständig geschlossen erwiesen). In dem stark verdickten Trommelfellrest fanden sich zwei ausgedehnte Kalkeinlagerungen. Die von oben her eröffnete Paukenhöhle besaß eine spinnwebenzarte, nur sehr schwach injicirte Schleimhaut- auskleidung; die von den Knöchelchen ausgehenden Falten waren gleichfalls sehr zart, irgend welche Abnormitäten, soweit sich die Paukenhöhle überblicken ließ, nicht vorhanden. Auch zeigten sich nirgendwo an der Schleimhaut weiße Färbungen oder matte Oberflächenbeschaffenheit, die auf eine stellenweise Epidermisirung hingewiesen hätten; ebenfalls war der Recessus epitympanicus -
I. Abteilung. Medicinische Section. 61
frei von Abnormitäten. Dagegen fand sich im Uebergange zwischen Recessus und Antrum mastoideum ein perlglänzender, rundiicher Körper, der mit seinem vorderen Rande auf dem kurzen Amboß- schenkel auflag, mit seinem größeren hinteren lateralen Teile dagegen in ein gelblich-rötliches, annähernd orangefarbenes Ge- webe eingebettet war, welches das Antrum in ziemlich weiter Ausdehnung erfüllte und noch über die Grenzen der künstlich hergestellten Knochenöffnung im Tegmen antri hinaus durch den Knochen hindurchschimmerte. Die Kuppe dieses perlartigen Gebildes liegt in einem vollkommen unveränderten Teile der Paukenhöhle, ganz frei, es macht den Eindruck, als sei dieser etwa halberbsengroße Tumor aus seiner Schale, die durch das orangefarbene Gewebe gebildet wird, ausgestoßen. Bei der Prä- paration wurde das Gebilde herausgeschoben, ohne daß an dem Hohlraum, in dem es lag, dadurch irgend eine Veränderung ge- schehen war, die Perle ließ sich ohne weiteres wieder in die ur- sprüngliche Lage bringen. — Dieser Tumor dürfte zu den seltenen Fällen uncomplicirter Cholesteatombildung gehören. Allerdings liegen ja eclatante Zeichen einer früheren Paukenhöhlenerkrankung vor, jedoch ist diese zur Heilung gekommen, ohne daß die Epi- dermisseite des Trommelfelles bezw. Gehörganges mit der Pauken- höhlenschleimhaut in länger dauernde Verbindung gekommen und dadurch die Möglichkeit eines Ueberwanderns der Epidermis auf die Paukenhöhlenschleimhaut gegeben wäre. In Fällen, wie dem vorliegenden, ist eine andere Erklärung, als die einer primären Tumorbildung kaum möglich. Die entzündlichen Erscheinungen am Mittelohr müssen, als vor Jahren die Erkrankung auftrat, nach nicht gar zu langer Zeit abgelaufen gewesen sein, so daß keine Veranlassung für eine Epidermiseinwanderung so weit von der Perforationsstelle weg gegeben sein konnte. Ein strieter Beweis dafür, daß die Epidermis, aus der der perlartige Tumor offenbar besteht, nicht vom Gehörgang bezw. der äußeren Trommelfellfläche her eingewandert ist, läßt sich ja allerdings nur dadurch erbringen, daß auf der Innenseite des Trommelfelles nach Zerlegung der ganzen Paukenhöhle etc. in eine vollständige Schnittserie festgestellt wird, wie in der ganzen Umgebung des Trommelfellansatzes nirgendswo an der Paukenhöhlenschleimhaut ein Epidermisepithel mikroskopisch sichtbar wird. Eine solche histologische Untersuchung soll an dem Präparate vorgenommen werden; ehe es aber durch diese Untersuchung der Zerstörung verfällt, wollte der Vortragende das seltene Vorkommnis der
[or] LO
Jahresbericht der Schlea. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Versammlung in Natur und in einer bei Lupenvergrößerung an- gefertigten farbigen Zeichnung vorstellen. Herr Kader spricht über Herzchirurgie. Discussion: Herr Saekur macht auf den Unterschied zwischen pene- trirenden und nicht penetrirenden Wunden aufmerksam.
11. Sitzung vom 5. Mai 1899, in der alten Börse. Vorsitzender: Herr Geheimrat Neisser. Schriftführer: Herr Geheimrat Neisser.
Herr Dr. Henle demonstrirt 1) einen Fall von Rhino-Laryngo-
sklerom, 2) entfernte Fremdkörper aus der Trachea. Zu den Grundlagen der Entfettungsmethoden.
Herr G. Rosenfeld: Die Entstehung von Fett aus Eiweiß kann nach den Untersuchungen von Pflüger auf dem physio- logischen und von Rosenfeld auf dem pathologischen Gebiet außer Betracht bleiben. Dementsprechend hat Muneo Kumagawa durch Fütterung mit Fleisch keinen Fettansatz aus Eiweiß erzielt. Die Bildung des Fettes aus Kohlehydraten erörtert Vortragender an eigenen Versuchen, an Kaninchen und Ente, wo keine sichere Fettbildung aus Kohlehydraten erreicht worden ist. Dagegen wird aus Kohlehydraten Fett gebildet bei Gänsen, von denen 3 Hungergänse durchschnittlich 240 g& Fett, 3 Kartoffelgänse durchschnittlich 666 g Fett enthielten. Das Fett, welches sich aus den Kohlehydraten bildet, ist ein hartes, oleinarmes Fett und beiSchweinen, Hunden, Enten, Kaninchen, Gänsen anscheinend dasselbe. Die Versuche von Soxhlet, Schulze, Munk, Cha- niewski und Weiske werden besprochen und zeigen, daß für gewöhnlich nur 10 pCt. des Calorienansatzes des Calorienwertes der Nahrung als Fett zum Ansatz kommen. Tritt eine Ueber- fütterung der Tiere von 250 bis 400 Calorien pro Kilo kleinerer Tiere, ca. 100 Calorien großer Tiere ein, so kann ein höherer Ansatz bis zu etwa 35 pÜt. erreicht werden. Sehr viel reichlicher ist der Fettansatz nach Fettfütterung. In einem Versuche von Franz Hofmann mit Fettnahrung sind etwa 55 pCt. der Futtermenge an- gesetzt worden gegenüber 9 pCt. des Weiske’schen Versuches mit Kohlehydratfütterung. Das Fett der Nahrung wird als solches angesetzt, Leinöl, Hammeltalg, Cocosbutter des Futters führen zur Deposition dieser Fette in den Fettniederlagen des Hundes. Das Fett des Carnivoren wird einzig vom Fette seiner Nahrung bestimmt. Das „fremde“ Fett des Carnivoren wird wie das ge-
I. Abteilung. Medicinische Section. 63
wöhnliche Gemisch von Nahrungsfetten verbraucht und sogar zur Bildung des Milchfettes benutzt. Der Pflanzenfresser kann Fett aus den Kohlehydraten der Nahrung bilden, hauptsächlich aber setzt er das Fett seiner Nahrung an, denn die mit Grünfutter genährten Tiere (Rind, Hammel) enthalten das feste ölsäurearme Fett des Grünfutters, die Körnerfresser (Pferd) dagegen enthalten die flüssigen Fette der Körner: Pferdefett ist Haferfett. Zwei Kaninchen werden mit Hafer gefüttert und haben schmieriges Haferfett (Jodzahl 72) gegen die sonstige harte Beschaffenheit ihres Fettes (Jodzahl 54). Wenn Kohlehydrate und Fett zugleich gegeben werden, wird das Fett angesetzt. Die Specificität des Fettes einer Tierklasse hängt nur davon ab, daß jede Tierklasse ihr besonderes Futter hat: gleiches Futter, gleiche Fette. Auch bei den Seetieren gilt dies Gesetz, und Tiere, welche Fische fressen, setzen Fischthran an. Vortragender füttert Goldfische und Spiegelkarpfen mit fettem Hammelfleisch und erzielt dabei ebenso Ansatz von Hammeltalg wie bei anderen Carnivoren, nur wegen des hohen Schmelzpunktes des Hammeltalges in beschei- deneren Grenzen. Die Resorption des Hammeltalges bei den Fischen ist nur möglich durch reichliche Zumischung ihrer öl- säurehaltigen Darmsäfte Für die Entfettungskuren und Mast des Menschen folgt, daß Fettansatz am leichtesten durch Fütterung mit Fett und viel schwerer mit Kohlehydraten geschieht.
12. Sitzung vom 12. Mai 1899. Klinischer Abend in der Königlichen Augenklinik. Vorsitzender: Herr Professor Uhthoff.
Herr Uhthoff begrüßt zunächst die Anwesenden, welche am heutigen Tage zum ersten Mal der Neuen Königl. Universitäts- Augenklinik die Ehre ihres Besuches zu Teil werden lassen, und giebt seiner Freude darüber Ausdruck, daß es der Klinik ver- gönnt ist, an diesem ersten Tage ernster wissenschaftlicher Arbeit
mit den Aerzten Breslaus zusammen so zahlreiche Gäste in ihren
Räumen zu sehen.
Es erfolgt sodann eine kurze Beschreibung der neuen Augen- klinik von Seiten U.’s und eine Besichtigung derselben durch die Anwesenden.
Bevor jedoch der Rundgang durch die Klinik angetreten wird, erfolgt noch die Vorstellung einer Anzahl bemerkenswerter Krankheitsfälle durch den Director und die Assistenzärzte der Klinik:
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64 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Herr Uhthoff stellt zunächst einen Patienten mit Blendungs- retinitis centralis auf dem linken Auge durch electrisches Bogen- licht vor. Zufällig hatte Pat., als die Blendung erfolgte, das rechte Auge geschlossen. N. geht des Näheren auf die Einzel- heiten der Störung ein, besonders auch auf die Farbenstörung im Bereich des centralen Scotoms und die ophthalmoskopischen Veränderungen, deren Entstehung deutlich verfolgt werden konnte. Pat. ist Electrotechniker und ist im Stande, sehr genaue Aus- kunft über seine subjectiven Beschwerden zu geben.
Im Anschluß hieran geht U. dann auch noch, auf eine An- frage von Herrn Krienes hin, auf die äußeren Augenentzündun- gen ein, welche durch electrisches Bogenlicht gesetzt werden können, sowie auf die experimentelle Seite dieser Frage.
Schwangerschaftsunterbrechung bei Retinitis albuminuriea gravidarum.
Herr Otto Meyer: Es handelt sich um eine 28jährige Patientin, die seit drei Jahren verheiratet ist und vor zwei Jahren zum ersten Mal geboren hat. Das nur sieben Monate alte Kind ging bald nach der Geburt ein. Albuminurie und Oedeme an den Beinen wiesen bereits damals auf das Vorhandensein einer Nephritis hin, die seither nie ganz verschwunden ist. Seit vier Monaten ist Pat. wieder gravida. Vor 14 Tagen plötzlich Verschlechterung des Sehvermögens, die schnell zunahm unter gleichzeitigem Auf- treten heftiger Kopfschmerzen. Die Augenuntersuchung ergab das typische Bild einer Retinitis albuminurica ohne Veränderungen an den Gefäßen. Die Sehschärfe betrug °/,,, um in wenigen Tagen auf 1/,, herabzusinken. Es wurde der Abort eingeleitet, im Verlaufe dessen es viermal zu urämischen Anfällen kam. Der Abort ging glatt von Statten, die Sehschärfe erlosch vollkommen. Pupillen wurden weit und reactionslos. Eiweißgehalt 2—3°%o vor dem Abort, ging auf 1—1,5°),, zurück. Acht Tage später zeigte sich im ophthalmoskopischen Bilde ganz erheblicher Rück- gang der retinitischen Erscheinungen, gleichzeitig aber wurden Gefäßveränderungen constatirt. Die Gefäße zeigten eine Aende- rung des Reflexes sowie weiße Einscheidungen. Offenbar handelte es sich um ’einen endarteritischen Proceß der Retinalgefäße. Der Visus blieb auf Erkennen von Handbewegungen in den oberen Quadranten beschränkt. Das Allgemeinbefinden hob sich zu- sehends. i |
Es handelte sich hier also um eine durch chronische paren- chymatöse Nephritis hervorgerufene Retinitis albuminurica gravi-
I. Abteilung. Medieinische Section. 65
darum, die bei der hochgradigen Sehstörung die Unterbrechung der Schwangerschaft indieirt erscheinen ließ. Der Erfolg der letzteren 'entsprach nicht den Erwartungen. Wohl gingen die retinitischen Veränderungen prompt zurück, aber es bildete sich eine Endarteritis der Netzhautgefäße aus, die voraussichtlich die mehr oder weniger vollständige dauernde Erblindung der Patientin zur Folge haben wird.
Discussion:
Herr Küstner betont die Schwierigkeiten, welche die Diffe- rentialdiagnose zwischen Schwangerschaftsniere und Nephritis haben kann. Bietet der Augenspiegelbefund weitere Momente, diesen Schwierigkeiten gegenüber klärend zu wirken, so kann das nur von Vorteil für die geburtshilfliche Indicationsstellung sein. Im Allgemeinen glaubt er, soll man mit der Unterbrechung der Schwangerschaft nicht zögern, sobald die Besorgnis be- gründet erscheint, daß das Weiterbestehen der Schwangerschaft bleibende schwere Defecte des Sehvermögens involvirt, selbst wenn die Unterbrechung der Schwangerschaft die Bedeutung des künstlichen Abortes haben sollte. Ausschlaggebend wird immer das Urteil des Ophthalmologen sein müssen. Denn diesem fällt die Prüfung des Retinalbefundes nicht nur unmittelbar nach statt- gehabter Geburt, sondern, was von besonderer Wichtigkeit ist, nach der Entlassung der Wöchnerin aus der Beobachtung des Geburtshelfers zu. Die Kranken bleiben ambulante Gäste der Augenkliniken, nicht der Gebäranstalten.
An seiner Klinik sind in den letzten 5!/, Jahren fünf Fälle von Retinitis albuminurica beobachtet worden.
1) Frau Helene K., 30 Jahre, IlIp. (J.-No. 491, Jahrg. 98/99.) 1. P. vor 7, 2. P. vor 4 Jahren. Vor 12 Monaten Fehlgeburt.
Letzte Regel 15. Juni. Graviditas mensis VI. I. Querlage.
27. XII. Amaurose, Oedem, über 10 pro Mille Eiweiß. Keine Krämpfe.
Diuretin, Fachingersalz, Schwitzbäder.
Entlassen gegen ärztlichen Rat am 10. I., nachdem die Amaurose zurückgegangen ist, mit 6 pro Mille Eiweiß.
2) Frau Karoline F., 34 Jahre, Vp. (J.-No. 5, Jahrg. 97/98.) 4 spontane Geburten 0. B. Letzte Regel Anfang August.
25. III. 97. Vor mehreren Wochen von einem Arzt der Augenklinik überwiesen und von da in die Frauenklinik verlegt.
Retinitis albuminurica. Links ein großer weißer Fleck, typische Spritzer. Urin 3 pro Mille Eiweiß.
Therapie: Diuretin. Schwitzbäder.
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66 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
31. III. Spontane Geburt einer macerirten Frucht im VIII Monat. Am Tage darauf Zunahme der Sehschärfe.
Entlassen am 16. IV. 97 mit wenig Eiweiß und wieder- hergestellter Sehfunction.
3) Frau Anna P., 22 Jahre, Ip. (J.-No. 636, Jahrg. 95/96.) Von Prof. Axenfeld bearbeitet.
Zeit der Geburt: 26. III. 96.
Nephritis gravidarum, Frühgeburt.
Kind: weiblich, 1815 &, 45 cm lang, lebend.
Nachgeburt: halb invertirt, 450 g.
Hystereurynter. Wendung. Extraction.
Wochenbett: normal und fieberfrei. Nephritis.
Tag des Eintritts: 24. III. 96. Tag der Entlassung von Mutter und Kind: 10. V. 96 in die Augenklinik.
Bemerkungen: Nephritis, Retinitis albuminurica.
4) Elisabeth G., Kassenpatientin, 37 Jahre/ Ip. (J.-No. 596, Jahrg. 95/96.)
Eingeliefert am 15. II. 96, nachdem in der Nacht vom 14. zum 15. zwei Krampfanfälle aufgetreten waren. Dauernde Som- nolenz.
15. II. Gravida im VI. Monat. Oedeme. Ueber 1,5 pro Mille Eiweiß.
Schwitzen. Diuretin. Morphin. In der Klinik werden keine weiteren Anfälle beobachtet. Um ein lebensfähiges Kind zu er- halten, sollte die 32. Woche abgewartet werden.
27. II. Schlechtes Sehen. Beiderseits, besonders rechts, be- ginnende Retinitis albuminurica. Verwaschene Papille mit strahli- gen Spritzern. Deshalb am 1. III. Hystereuryse. Nach 3 Stunden Geburt desselben.
Kind: 1150 g, 38 cm lang, lebend geboren.
Am 17. III. 96 entlassen mit unter !/, pro Mille Eiweiß und wenig gestörter Sehfunction auf dringenden Wunsch.
5) Frau Agnes S., 28 Jahre, IIp. (J.-No. 69, Jahrg. 1899/1900.) Während der ersten Schwangerschaft Albuminurie. Frühgeburt im VII. Monat. Lebendes Kind, das nach 10 Wochen starb.
Letzte Regel Mitte November. Graviditas mensis IV—V.
17. IV. Seit 10 Tagen Nebel vor den Augen und Kopf- schmerzen, die besonders rechts zunahmen. Albumen 4 pro Mille. -Oedeme an den’ Knöcheln.
Sehvermögen: (Augenklinik) rechts Handbewegung in nächster
Nähe, links Finger in 7 m. Papillengrenze verwaschen. Papille etwas prominent, öde-
I. Abteilung. Medieinische Section. 67
matös. Um die Papillen frische weiße Degenerationen und zahl- reiche Hämorrhagien.
Wegen der fast vollkommenen Amaurose Hystereuryse.
Vier Anfälle, während der Hystereurynther liegt.
Vor dem ersten Anfall verlor Pat. den letzten Rest des Seh- vermögens urplötzlich. Mit dem letzten Anfall wurde der Hyster- eurynter geboren. Spontangeburt des Fötus und der Placenta.
In den ersten Tagen des Wochenbettes riechende Lochien.
Noch zwei Anfälle.
Schwitzen. Heiße Bäder.
Am 4. Tage Herpes. Vom 8. Tage an unregelmäßige Tempe- ratursteigerungen mit wiederholten Morgenspitzen. Husten und Auswurf. Vom Abdomen keinerlei Erscheinungen. |
Am 11. Tage plötzliches Wiedererwachen des Sehvermögens (Pat. sieht, daß die Schwester eine weiße Haube aufhat, die Wärterin ein gestreiftes Kleid habe etc.).
Dies geht wiederum verloren.
Am 22. V. entlassen mit 1!/, pro Mille Eiweiß, fast voll- kommen wieder erblindet in die Augenklinik.
Herr Seydel: 1) Vorstellung einer 27jähr. Patientin mit sehr ausgedehnten Gefässveränderungen, die Vortragender als eine Bindegewebswucherung in den äußeren Schichten der Gefäßwand anspricht. Er hebt als besonders interessant eine wundernetz- artige Erweiterung von Capillaren im Bereich eines strecken- weise völlig obliterierten Gefäßes hervor. Die Aetiologie des Krankheitsprocesses sei vollständig dunkel.
Hierzu demonstrirt er eine naturgetreue Zeichnung.
2) Demonstration einer ophthalmoskopischen Zeichnung von. einer ganz partiellen Embolie eines macularen Aestchens der Centralarterie.
Diese Embolie war im Anschluß an eine acute Phosphor- vergiftung aufgetreten.
Herr Waldemar Lothar Meyer: Tubereulose der Con- Junetiva.
Patientin 23 Jahre alt, will aus gesunder Familie stammen und früher selbst gesund gewesen sein. Im 16. Lebensjahr Auf- treten von Drüseneiterungen am Hals und von geschwürigen Processen im Gesicht, die von selbst abheilten. Seit drei Jahren Erkrankung der Nase, seit zwei Jahren Augenentzündung mit vermehrter schleimig-eitriger Secretion, seit Weihnachten 1898 Verdickung und Schwere der Oberlider, Auftreten eines Geschwürs in der rechten Hohlhand und am linken Knie.
5*
68 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Bei der Aufnahme in die Augenklinik am 24. Februar 1899 fand sich bei der Pat. ein lupöses Geschwür am rechten Nasen- flüügel. Nasenknorpel eingesunken, Nasenhöhlen z. T. durch Vegetationen verlegt. Ulcerationen am weichen Gaumen und am Larynx. Auf der rechten Wange, am Halse, unter dem Kinn und an den Kieferwinkeln, rechts auch in der Gegend der präauri- cularen Drüsen eingezogene, strahlige Narben, frische lupöse Geschwüre in der rechten Hohlhand und am linken Knie.
Die oberen Lider waren beiderseits sehr stark verdickt, be- sonders links und livide verfärbt; es bestand deutliche Ptosis. Die unteren Lider standen leicht ab.
Die Conjunctiva der unteren Lider war stark gerötet, sammt- artig geschwellt, verdickt, mit Follikeln, stellenweise mit kleinen grauweißen ulcerierten Partien durchsetzt. Die Conjunctiva der oberen Lider zeigte besonders links ganz colossale blumenkohl- artige Wucherungen von mehreren Millimetern Höhe. Dazwischen kleine, geschwürige Defecte und gelbweiße Knötchen. Es bestand beiderseits eine starke, schleimig-eitrige Secretion, rechts geringe Dacryocystoblennorrhoe. Auf beiden Corneae am oberen Rande beginnender Pannus. Die Haut der Lider und deren nächste Umgebung war vollständig frei.
Am 25. und 27. Februar Abtragung der Wucherungen der Conjunctiva an den oberen Lidern. Verschorfung der Wund- fläche mit dem Galvanocauter. Glatte Heilung unter Jodoform- einstäubung. Abschwellen der Lider, Zurückgehen der Ptosis, große subjective Erleichterung.
Am 4. März war die Conjunctiva tarsi beiderseits frei von Wucherungen. Am 23. März nochmalige Abtragung von reci- divirten Wucherungen mit folgender Verschorfung.
Zur Zeit sieht man beiderseits auf der Conjunctiva der oberen Lider flache papilläre Wucherungen, die Lider sind noch leicht verdickt. In den Uebergangsfalten Narbenstränge von den Exeisionen, geringe Follikelbildung, einzelne gelbliche Knötchen. An der Conjunctiva der unteren Lider sind einzelne kleine grau- weißbbeleste Stellen und kleine hahnenkammartige Wucherungen zu sehen, daneben wenig grauweiße Follikel. Geringe schleimig- eitrige Seeretion. Der Pannus hat sich beiderseits fast vollständig zurückgebildet. Die Sehschärfe hat sich erheblich gebessert.
Von der am.25. und 27. Februar excidirten Oonjunctiva der oberen Lider wurde je ein kleines Stückchen einem Kaninchen in die vordere Kammer implantirt. Die beiden geimpften Augen waren zu Anfang ziemlich stark gereizt, blaßten dann aber ab.
I. Abteilung. Medicinische Section. 69
Nach ca. 5 Wochen traten auf beiden Augen in der Iris typische kleine Tuberkelknötchen auf, ausgehend von der Stelle, wo das Impfmaterial gelegen hatte. Jetzt sind die einzelnen Tuberkel z. T. schon confluirt.
(Demonstration der Kaninchen.)
Bei dem Rundgang durch die Klinik werden auf den Kranken- stationen noch eine Anzahl weiterer bemerkenswerter Krankheits- fälle kurz demonstrirt.
13. Sitzung vom 2. Juni 1899 in der alten Börse.
Vorsitz.: Herr Buchwald. Schriftf.: Herr Hamburger.
Herr Karl Bornstein, Arzt in Bad Landeck: Eiweissmast und Muskelarbeit. (Aus dem tierphysiologischen Institute der landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin [Leiter: Professor Dr. N. Zuntz].)
Vor drei Jahren hat B. an derselben Stelle über zahlreiche Stoffwechselselbstversuche berichtet, die sich mit den neuen und am meisten angewandten Fleischersatzmitteln — Aleuronat, Pepton, Somatose, Nutrose — beschäftigten. (Berl. klin. Wochenschrift, 1897, No. 8: Ueber Fleischersatzmittel). Aleuronat im Pflanzen- eiweiß ist ein gutes Präparat, das phosphorhaltige Caseinnatrium besser als das beste Fleisch, Pepton und Somatose dagegen dürfen nur als Stomachica gelten, als Nährpräparate haben sie ganz minimalen Wert; in einigermaßen ausreichenden Mengen genommen sind sie teure Abführmittel. B. prophezeit in Uebereinstimmung mit F. Voit (München) der vielangewandten Somatose zum Segen des consumirenden Publikums baldiges Verschwinden von der
Tagesordnung. Sein Urteil über das modernste Präparat, das Eiweißgemisch Tropon — !/, Fisch-, ?/, Erbseneiweiß — lautet weniger günstig,
als das des Erfinders Finkler (Bonn) und der gewaltig über das Ziel hinausschießenden Reclame. Tropon ist unlöslich, von sandi- ger Structur, nicht besser und um das Vielfache teurer als das ausgezeichnete Aleuronat; die geringe Menge animalisches Eiweiß ist im Tropon nicht billiger als im besten Fleische. — Ein Fort- schritt ist mit dem Tropon in keiner Weise gemacht; zu den vielen unlöslichen Präparaten ist ein neues, nicht besseres, hinzu- gekommen.
Redner fühlte sich veranlaßt, seine guten Resultate mit Casein- natrium in die Praxis zu übertragen. In zahlreichen Fällen von
70 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Anaemia und den Folgezuständen acuter und chronischer Er- krankungen jeder Art gab er größere Mengen Nutrose zur täglichen den Körper in Gleichgewicht haltenden Nahrung hinzu und war mit diesen Ueberernährungsresultaten außerordentlich zufrieden. Die Patienten waren in keiner Weise belästigt und fanden diese Eiweißmast sehr wohlthuend. Die practischen Erfolge veranlaßten B., im physiologischen Stoffwechselselbstversuche nachzusehen, was mit dem in Ueberernährung genommenen Caseineiweiß geschieht.
Im Zuntz’schen Laboratorium in Berlin führte B. diesen Versuch an sich selbst aus, indem er, durch genügende Nahrung im N-Gleichgewichte sich befindend, täglich 50 & Nutrose =7 g N der Kost zuleste. — Nach Beendigung der Eiweißmastperiode hatte B. 600 & Mehrgewicht, davon ca. 500 g Fleisch. 16 & N entsprechend 100 5 Eiweiß. Von 98 g Mehr-N waren 16 g den Körperzellen zu gute gekommen; eine Quantitätsverbesserung war eingetreten, eine Erhöhung der „Bedarf habenden Substanz“ (Pflüger).
Es ist eine bekannte Thatsache und exacte Versuche von Morpurgo (Virchow’s Archiv, Bd. 150) haben es dargethan, daß eine Activitätshypertrophie der Muskeln — Hypertrophie im Virchow’schen Sinne (Eutrophie) — möglich ist, indem nicht eine Fibrillenvermehrung sondern eine Erhöhung des plasmatischen Inhaltes der Zelle eintritt.
B. combinirte die Versuchsanordnung in einer weiteren Reihe dahin, daß er zur Ueberernährung dosirte Muskelarbeit hinzufügte. — Ueber die erste Versuchsreihe, die in der Berl. klin. Wochen- schrift, 1898, No. 38 ausführlichst erschienen ist, berichtete B. am 12. Mai 1898 in der Berl. Medicinischen Gesellschaft; auf die interessante Arbeit Morpurgo’s in Virchow’s Archiv machte Virchow den Vortragenden selbst aufmerksam.
In dem zweiten Stoffwechselselbstversuche, der gleichfalls im Zuntz’schen Laboratorium ausgeführt und in gleicher Weise wie der erste angeordnet war (Nahrung wohl analysirt: 250 & Hack- fleisch, 250 g Zwieback, 50 g Zucker, 125 g Butter, etc.) nahm B. in der Mastreihe 18 Tage lang je 50 & Nutrose außer der Nahrung mit 6,75 g N und leistete am Zuntz’schen Ergometer 17000 Kilogramm-Meter Arbeit. An einigen Tagen wurden mit dankeswerter Unterstützung von Prof. Zuntz und dem Assistenten Dr. Caspari Respirationsversuche teils in Ruhe, teils während der Arbeit am Ergometer gemacht, um den Mehrbedarf an O und die Mehrausgabe von CO, während der Arbeit zu eruiren.
Die Tabellen zeigen die N-Bilanz zwischen Einnahmen und
I. Abteilung. Medieinische Section. 1
Ausgaben und die pro Arbeitsmenge verbrauchte Calorienmenge berechnet nach den Respirationszahlen; letztere nur in kürzester Berechnung; im ausführlichen Nurnzeo werden sämtliche Zahlen aezeben werden.
Tabelle I. | N im | Kot- IN im | Ei Er no a | Bemerkungen | o 1. | wird als irrelevant fort- | Einnahme 13,,, N pro die. gelassen Ausgabe: im Harn 10,,, 2 120 Ja; ko 4. SR 10,5 \ pro Bro Bilanz + 0. auf 5. 1280 | 11,,, | die | die | insensible Verluste durch Haare, 6. | 870 | 10,5 ) Nägel, Epidermisschuppen ver- h Tora rechnet. a | Einnahme in der Eiweißmast- 10. | 1420 | 16, | periode 19,,., & N. 11. | 1650 10%. Ausgabe pro Tag im Harn 15,,,; 12: 1.1800, °17,,, „ Kot 2 13. | 1850 | 16,,, insensible Verluste s. oben O,,, 4177 15,,, Ten 15. | 1335 | 14 Ueberschuß pro Tag 1,,-; & N, ‚9 16. | 1415 | 16,,, in 18 Tagen = 26,4; g N, ent- 170 7.1560 15,,; 25,9 | Bor sprechend 754 e@ - Fleisch resp. er Br 167 g Eiweißzunahme. 19 1,1550%| ,16,,, Geleistete Arbeit pro Tag 20. | 1340 | 15,,;, | 17000 Mke. 21. | 1385 | 13, Gewichtszunahme von 71.,,, auf ga lass |, | ar 28. , 1245 | 16,5 | | Or 24. | 1250 | 14,,, | | s. Respirationsbilanz. 25. | 2018 | 16% |
Respirationsversuch. Im Durchschnitt während der Arbeit pro Min. 1324,,ccm © 1197,, ccm CO, RQ 0,03 Ruhe ” n 215,, ” Ö 167,, ” Co,
während der Arbeit mehr 1109, ccm 0 1029,, cem CO, In der Minute Arbeitsleistung 540 Mkg.., pro MkoN also 27. eem. O0 71,.,, ecmı 60, 2RQ 0, ber RQNO,, „Neem 4, Cal, pro Mkg. Arbeit werden 10,,ss, Cal. verbraucht, „ 17000 „ ” ” 175, ” es entsprechen 4,,, Mkg. chem. Energie —=1 Mkg. auiikalien
Dreharbeit.
2 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Also Tagesleistung Mehrarbeit entsprechend 173,, Cal., Mehraufnahme an Nahrung 42 g Eiweiß =172, ,„ berechneter Fleischansatz = 26, ,; x 100 = 754 g Fleisch.
Is Das angesetzte Eiweiß entspricht 26,,, X 26= 693 Cal. =73 g Fettverlust, 9
berechneter Ansatz 681 g, Ä
gefundener ne oLecz
Der Versuch stimmt nach jeder Richtung der Stoffwechsel- untersuchung.
Der Körper hat in der 18tägigen Eiweißmastperiode, in der 18 x 17000 Mkg. Arbeit mehr geleistet wurden, rund 750 g an Eiweißsubstanz zugenommen; von 120 g mehr gereichtem N 26,65 = 22 pCt., während ohne Arbeit nur 16 pCt. zurückbehalten wurden.
Wenn man bedenkt, daß der Eiweißbestand des Körpers von der Zeit ab, wo der Wachstumsreiz aufhört, mit sehr geringen Schwankungen constant bleibt, daß „eine Constanz der Bedarf habenden Materie“ vorhanden ist, dann ist die Zunahme um 750 5 immerhin eine beträchtliche und ein Beweis dafür, daß die Zellsubstanz nicht ihr Eiweißmaximum erreicht hat. — Die Eiweiß- mast setzt immer eine gewisse Unterbilanz voraus, selbst bei scheinbar ganz gesunden Menschen; auf der Höhe des Eiweiß- bestandes findet man nur wenige Personen.
Die Versuche des Redners sollten darthun, daß ohne die umständliche und belästigende Methode der sogenannten Mastkur, Ueberernährung mit Eiweiß, Fett und Kohlehydraten, durch ein- seitige Ueberernährung mit Reineiweiß und speciell dem phosphor- haltigen Casein es in bequemster Form möglich ist, den Eiweiß- bestand zu erhöhen. — Und noch ein zweites hält B. für höchst wahrscheinlich, daß auch eine qualitative Besserung der Zelle eintritt. me
Bei rascherer und vermehrter Eiweißzufuhr, besonders wenn Muskelarbeit hinzukommt, tritt ein rascherer N - Stoffwechsel in der Zelle ein; das Alte kommt schneller zum Abbau und aus dem phosphorhaltigen Eiweißmolekül des Zugeführten baut sich der Zellinhalt verjüngt auf.
Diese beiden Dinge: quantitative und qualitative Verbesse- rung der Eiweißsubstanz, an dessen gutem und inhaltsreichem Bestande das Wohlbefinden des ganzen Organismus geknüpft ist, die höchste Wahrscheinlichkeit und Möglichkeit, diese beiden Dinge durch seine „Eiweibmast“, d. h. Ueberernährung mit reinem
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und bestem Eiweiß zur Erlangung einer Eutrophie der Zellen zu erreichen, lassen es nach B. wünschenswert erscheinen, diese ein- fache Methode überall dort anzuwenden, wo es darauf ankommt, den Organismus in seinen lebenswichtigen Functionen zu kräfti- gen (Anämie, Neurasthenie, Kachexie nach erschöpfenden und chronischen Krankheiten jeder Art) und ihn zu befähigen, seine Wehrkraft gegen toxische Einflüsse jeder Art, speciell bacterieller Natur (Tuberculose) zu erhöhen, damit er im Kampfe mit dem Feinde als Sieger hervorgeht.
Gegenüber der von Liebreich vertretenen Idee, daß jeder Zellreiz zur Besserung der Zelle gleichwertig sei, und daß die diätetischen Maßnahmen keinen Vorzug vor den anderen verdienen, gegenüber der von Winternitz auf dem Tuberculosecongresse in Berlin ausgesprochenen Ueberzeugung, daß die Hydrotherapie die beste Waffe gegen die Tuberculose sei, gestattet sich Vor- tragender seiner Ueberzeugung dahin Ausdruck zu geben, daß für eine materielle Besserung der Zelle die Art und Menge der gereichten Materie und, da die Zelle ein Eiweißträger ist, die Art und Menge des gereichten Eiweißes von fundamentalster Wirkung ist. Wenn es uns gelingt, die noch leidlich gesunde Zelle in ihrem Inhalt so zu bessern, daß sie sich unbeschadet des Orga- nismus der irreparablen Zellen (Tuberculose) event. der Toxine entledigen kann, eine diätetische Maßnahme, bei der Hydrotherapie, pharmacodynamische Mittel ete. in zweiter Reihe unterstützend wirken können: dann haben wir in dem, was uns zu thun möglich ist, das höchst Erreichbare geleistet. Gute Luft und Eiweiß- überernährung in erster Reihe, mit und ohne Muskelarbeit, je nach Kräften des Patienten. —
Auf diesem einfachen Wege glaubt D. mehr erreichen zu können, als durch jene Mastkur, die den kranken Menschen wie ein zu mästendes Tier behandelt. —
Dieussion:
Herr Resenfeld: Den Ausführungen des Herrn Bornstein kann ich nur zum Teil beipflichten. Er hat ganz Recht, wenn er in der Somatose nur ein Stomachicum in kleinen Dosen, bei großen Dosen ein kostspieliges Abführmittel sieht, wenn er das Tropon als in jeder Richtung nicht seiner lärmenden Reclame entsprechend betrachtet und wenn er Caseinpräparate wie die Nutrose viel höher wertet als die erwähnten Substanzen. Daß die Nutrose zur Eiweißmast geeignet ist, ist ebenso zutreffend.
Mir ist zunächst gar nicht so zweifelhaft, wie es vielfach gemacht wird, daß eine Eiweißmast im Sinne einer Fleischmast
74 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Oultur. vor sich geht. Die Begriffe von circulirendem und Organeiweib verlassen wir immer mehr und nehmen dafür die Vorstellung an, daß die angesetzten Eiweißmengen in der Zelle zum Ansatz kommen, ob man sie nun Reserveeiweiß, wie Noorden, oder Zellplasma nennt, wie ich. Dafür beweisend sind mir nicht die P und S-Bestimmungen im Verhältnis zum ausgeschiedenen oder retinirten N — denn sie beweisen nichts Sicheres, da das Ver- hältnis auch bei getrennter Ablagerung sich so gestalten kann, daß N und P in gleicher Relation bleiben — sondern die Be- ziehungen zwischen N und C. Bei meinen Fütterungen von Fischen mit Hammelfleisch und Fett ist es — wie ich vor Monaten schon hier mitgeteilt habe — nicht nur zum Ansatz von Hammel- fett, sondern anscheinend auch von Hammelfleisch gekommen.
Die Eiweißmastistsicher möglich, aber nur dann — und das ist die Grundbedingung, die ich in meiner Abhandlung „über die Bedingungen der Fleischmast“ auseinander gesetzt habe — wenn man im Stande ist, die mästende Kost dauernd beizubehalten; darum ist sie beim Reconvalescenten, Arbeitshypertrophiker, Wachsenden möglich!
Der Versuch, den Herr B. gemacht hat, bietet in der That- sache des Eiweißansatzes nichts Neues. Einzig wichtig wäre der Teil, den er eben nicht gemacht hat: nämlich seinen Stoffwechsel zu untersuchen, nachdem er aufgehört hätte eine Zulage von Eiweiß zu sich zu nehmen; er würde erlebt haben, wie das alle Untersucher und auch ıch längst gefunden haben, daß sein Eiweißansatz, wenn nicht ganz, so bis auf ein Geringes beim Aussetzen der Mastkost wieder eingeschmolzen wäre. Die Fleisch- mast ist eben beim Reconvalescenten, beim Arbeitshypertrophiker nur möglich, weil diese Menschen ihre erhöhte Kost ihr Leben lang durchführen ‚können. Und um seinen Eiweißansatz ver- teidigen zu können, müßte auch Herr B. sein Lebtag zum Eiweiß- polyphagen werden.
Interessant ist, daß Herr B. zu seiner Eiweißmast noch eine Entfettungscur zugefügt hat und so genau die Verhältnisse des Arbeitshypertrophikers nachgeahmt hat, wie ich sie in den „Be- dingungen der Fleischmast“ geschildert habe. Bei dieser Paarung der Ueberernährung mit Arbeit ist es aber ganz gleich, ob der Eiweißansatz durch Eiweiß oder durch die Sparwirkung der Kohle- hydrate bedingt wird. Die Kohlehydratzulage spart Eiweiß und wenn etwa ein Ueberschuß von Kohlenhydraten eingeführt sein sollte, der Fett bilden oder Fett sparen könnte, so wird er durch Arbeit zur sofortigen Oxydation gebracht.
Ba:
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I ou
Dieser Tendenz möglichst einseitiger Eiweißmast ohne Fett- mast kann ich nur beipflichten, wie ich es auch schon gethan habe, 2. B. in der Phthiseotherapie, wo es mir verkehrt erscheint, den Phthisiker durch Fettmast noch in anderer Richtung krank zu machen. Nicht auf Fettmast soll man ihn ernähren, sondern — was bei dem heruntergekommenen Kranken öfters angängig ist — auf Fleischnast und höchstens die Fettmast in Kauf nehmen, soweit sie von der Fleischmast nicht zu trennen sein sollte und in geringem Umfange.
Den zellverbessernden Tendenzen des Herrn Bornstein, die er gerade mit Casein befriedigen will, kann ich auch nicht zustimmen. Was von dem Zelleiweiß krank ist, wird immer los-
gelöst und als U ete. ausgeschieden; was regenerirt werden soll, das regenerirt sich von selbst aus zweckmäßiger Kost — dazu bedarf es nicht des Caseins, von dem es bisher noch absolut nicht erwiesen ist, ob es als solches etwa angesetzt wird, sondern jede normale Nahrung enthält in natürlichen Nahrungsmitteln qualitativ das zur Regeneration Nötige.
Herr Alexander: Die Phthiseotherapie berücksichtigt zu viel die Ueberfütterung. Volland (Davos) warnt mit Recht davor, wenn auch nicht immer Gastrectasie eintritt.
Herr Rosenfeld: Ich identificire mich gar nicht mit Volland- schen Anschauungen, die ich nur gegenüber unzweckmäßig ar- rangirter Mast für einigermaßen zutreffend halte. Mein Wider- spruch betrifft die Umwandlung des Phthisikers in einen Mast-
+ fettmenschen, die ihn nur kränker macht. Nicht etwa hungern
soll der Phthisiker, sondern kräftig und reichlich ernährt werden. Bis auf diese den Körper an sich vor Inanition und Widerstands- losigkeit schützende Ernährungswirkung meine ich aber, daß die Phthise heilt, wann sie will und nicht wann wir wollen.
Herr Bornstein ergänzt einige Bemerkungen seines Vortrages. In der Praxis handelt es sich ja nicht um gesunde, sondern um somatisch minderwertige Individuen, die auf Eiweiß gemästet werden sollen. Kohlehydrate würden beim Menschen nie Eiweiß- mast erzielen.
Herr Röhmann: Die Vereinigung von Arbeit und Zufuhr eines bestimmten Eiweißpräparates ist das Wesentliche an B.’s Resultaten.
Herr Rosenfeld: Unter Umständen ist Eiweißmast durch Kohlehydratzufuhr wirksamer.
Herr Bornstein wiederholt seine schon oben dargelegte Ansicht.
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1 [op
Herr Lengemann: Ueber die Entstehung von Zell-Ver- schleppungen aus dem Knochenmark.
Vortragender berichtet über eine Reihe von Experimenten, die er in der Klinik des Herrn Geheimrat von Mikulicz angestellt hat. Sie sind in gewissem Sinne die Fortsetzung einer früheren Versuchsreihe, die er unter Lubarsch’s Leitung ausgeführt und über die er vor zwei Jahren berichtet hat!). Damals wurden nach Injection von Nieren-, Leber-, Placentarpartikelchen in die Jugular- vene von Kaninchen in den Lungenarterien und ihren feinsten Aesten außer den eingespritzten Organteilchen Thrombenbildun- gen, Leukocytenanhäufungen und vor Allem sog. „Riesenkerne“ aufgefunden. Das sind Kerne von — degenerirten — Knochen- mark-Riesenzellen; auch richtige Knochenmark-Riesenzellen lagen, wenn auch selten, in Lungencapillaren. Vortragender erörtert die Histologie dieser Gebilde und die Entstehung von Riesen- kernen aus Knochenmark-Riesenzellen an der Hand von Abbildun- gen und von mikroskopischen Präparaten.
Dann wird die Ausführung der neuen Experimente geschildert: Brei von Leber, Niere und Strumasubstanz wurde in die Peri- toneal-Höhle gespritzt, Staphylokokkenculturen und mit Bact. coli infieirte Galle intravenös injieirt. Danach tritt Leukocytose und Verschleppung von Riesenkernen in die Verzweigungen der Art. pulmonalis ein (auf dem venösen Blutstrom durch das rechte Herz). Diese beiden Processe gehören eng zusammen, auch beim Menschen pflegt die acute Leukocytose mit Riesenzell- und Riesenkernverschleppungen einherzugehen. Das folgt schon aus Aschoff’s Untersuchungen, der 1893 zahlreiche solche Ver- schleppungen beim Menschen beobachtete, besonders nach acuten Infectionskrankheiten und nach Eelampsie. Beide Processe sind zurückzuführen auf das Vorhandensein positiv chemotactischer Stoffe im Blut.
Daß die Riesenkerne und -zellen thatsächlich aus dem Knochenmark stammen, ist durch gründliche Untersuchungen be- wiesen. Daß die bei acuter Leukocytose in’s Blut gelangenden polymorphkernigen Leukocyten direct aus dem Knochenmark kommen (Ehrlich’s Anschauung), und nicht etwa erst im Blute sich bilden, hält Vortragender besonders nach seinen eigenen Versuchsresultaten ebenfalls für sicher, wenigstens für ihre große
1) Ueber die Schicksale verlagerter und embolisirter Gewebsteile im tierischen Körper, Inaug.-Diss., Rostock 1897, abgedruckt in Lubarsch: Zur Lehre von den Geschwülsten und Infectionskrankheiten, Wieshaden 1899.
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Mehrzahl. Ferner hat er bei seinen Versuchen kernhaltige rote Blutkörperchen im Blute und größere Pfröpfe von Knochenmark- gewebe in Lungengefäßen beobachtet (nähere Beschreibung und Abbildungen in der schon erwähnten Dissertation; erläutert durch mikroskop. Präparat und Abbildungen).
Die Auswanderung all dieser Elemente aus dem Knochen- mark prägt sich in dem histologischen Bilde des Knochenmarkes sehr deutlich aus. Während der ersten 24 Stunden nach der Erzeugung der Leukocytose sieht man zwischen den Elementen des Markes Bluträume auftreten, die im normalen Mark nicht da sind oder doch viel spärlicher ausgebildet sind. Sie sind nur zum Teil durch eine feine Membran von der Umgebung getrennt; Endothelzellen (mit flachen Kernen) enthält diese Membran nur hie und da. An vielen Stellen ist aber selbst bei starken Färbun- gen und den stärksten Vergrößerungen von einer Grenzmembran gar nichts zu sehen, die Bluträume sind hier augenscheinlich wandunglos. Ihr Inhalt geht in die Umgebung — d. h. das Markparenchym, bestehend aus den verschiedenen Leukocyten und ihren Vorstufen, den Riesenzellen, den kernhaltigen roten Blutkörperchen — ohne Grenze über. Hier treten die Leukocyten, wohl durch Eigenbewegung, in den Blutstrom über, der hier an diesen Elementen sehr reich ist, so daß oft viele hinter- und nebeneinander liegen. Dadurch vergrößern sie den Raum für das Blut, das nach und nach in immer weiteren Strombetten fließt; und ferner wird dadurch der ohnehin lose Zusammenhang zwischen den Zellen gelockert, so daß schließlich auch Elemente, die gar keine Eigenbewegung haben, mit weggeschwemmt werden, wenn das Blut an die Stelle der Leukocyten getreten ist, die ihnen früher angelegen hatten. So kommen die kernhaltigen roten Blut- körperchen und die Riesenkerne in das Blut. Besonders der Uebertritt der letzteren, der oft in allen Phasen beobachtet werden konnte, wird durch mikroskopische Bilder und Abbildungen illustrirt.
Am zweiten und dritten Tage bleibt die Hyperämie bestehen; doch wird das mikroskopische Bild ein anderes dadurch, daß das Blut in den „wandungslosen“ Räumen jetzt weit ärmer an Leuko- cyten wird. Kleine Blutungen, Blut und Leukocyten durch- einander enthaltend, sind häufig.
An den nächsten Tagen bildet sich die Hyperämie, etwas langsamer auch die Blutungen, zurück. Der Raum des Blutes wird dadurch ausgefüllt, daß die Parenchymzellen lebhaft wuchern (zahlreiche Mitosen). Der Gehalt an Fett (Fettzellen) geht während
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der ganzen Zeit erheblich zurück, ist nach acht Tagen manchmal minimal.
Nach acht Tagen ist die Hyperämie verschwunden in den Fällen, wo der — rein chemische — Reiz ein bald vorüber- gehender war. Hier ist die ganze Markhöhle fast ausschließlich von den specifischen Parenchymzellen ausgefüllt (mikroskopische Demonstration). In Fällen, wo die — bacterielle — Reizung an- dauerte (Staphylokokkeninfection), blieb ein geringerer Grad von Hyperämie noch länger bestehen; auch hier fast keine Fettzellen, lauter Leukocyten, Normoblasten und Riesenzellen.'
Nach einigen Wochen kehrt das Mark mehr zur Norm zurück: die Fettzellen gewinnen wieder mehr Raum; doch ist nach drei Wochen das Mark noch reicher an Leukocyten, als in der Norm.
Diese Beobachtungen stützen die oben erwähnte Anschauung von dem rein myelogenen Ursprung der Leukocytose (Ehrlich) und illustriren die Entstehung dieses Processes sowohl, als der übrigen Verschleppungen aus dem Mark, besonders der von Riesenkernen; die Coincidenz von Leukocytose und Riesenkern- embolie in der Lunge wird dadurch verständlich. Es ist der Schluß berechtigt, daß viel häufiger, als bisher angenommen wurde, wesentliche Veränderungen im histologischen Bilde des Knochenmarks vorkommen; besonders bei Infectionen und nach Zerfall von Zellen. Unsere mikroskopischen Bilder geben eine weitere Stütze ab für die Annahme wandungsloser Bluträume im Mark; sie geben ferner Methoden an die Hand, verschiedene Veränderungen des Markes experimentell zu erzeugen.
Von Nebenergebnissen werden Veränderungen an den Riesen- zellen besprochen und an Präparaten erläutert: am eingehendsten die Aufnahme von Leukocyten in die Riesenzellen.
Diese und andere Nebenergebnisse werden demnächst aus- führlich in einer Bearbeitung des ganzen Untersuchungsmaterials besprochen werden; der hier kurz referirte Vortrag selbst wird in einer medicinischen Zeitschrift in extenso erscheinen.
14. Sitzung vom 16. Juni 1899 in der alten Börse. Vorsitzender: Herr Geh.-Rat von Mikulicz. Schriftführer: Herr Prof. Ponfick.
Herr Ludwig Mann stellt nochmals den in der Sitzung vom 4. November 1898:bereits demonstrirten Fall von hysterischer sensorischer Aphasie (Sprachtaubheit) vor.
Die kleine Patientin ist jetzt völlig geheilt, ihre Sprache und
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ihr Sprachverständnis ist wieder vollkommen normal, sie nimmt mit gutem Erfolge am Schulunterricht teil. Dieser Erfolg, welcher durch eine sehr energische suggestive Behandlung von mehr- monatlicher Dauer erreicht wurde, bestätigt also die vom Vortr. gestellte Diagnose einer hysterischen sensorischen Aphasie. Es handelt sich also um eine ganz eigenartige Manifestation der Hysterie, welche bisher noch nicht beobachtet worden ist. (Der Vortrag wird an anderer Stelle ausführlich veröffentlicht werden.)
Herr Winkler: Ueber primäre Knochenmarkgeschwülste.
M. H.! Ich möchte mir gestatten, einige Mitteilungen über eine bisher nur wenig gekannte Geschwulstform zu bringen. Es handelt sich um die auf das Knochensystem und insbesondere das Rumpfskelet beschränkt auftretenden, im Knochenmark lo- ealisirten Tnmoren, welche in neuerer Zeit unter dem Namen Myelom, wegen der großen Aehnlichkeit der Geschwulstzellen mit den Lymphocyten des Knochenmarks, geschildert wurden.
Obgleich die Zahl der Beobachtungen hierbei sehr gering, und ein Teil der hierfür angeführten Fälle kaum als einwandfrei zu bezeichnen ist, erlaube ich mir im Anschluß an einen im hiesigen pathologischen Institut untersuchten Fall in möglichster Kürze die wichtigsten Daten dieser Erkrankung anzuführen.
In der Litteratur finden wir nur eine sehr geringe Anzahl primärer Neubildungen im Knochenmark, welche, auf das Skelet beschränkt, den größten Teil der Knochen zerstören, ohne jedoch die Weichteile zu ergreifen. In den wenigen bisher bekannten Fällen dieser Art ist stets der Knochen hochgradig verändert: dieSpongiosabalken größtenteils zumSchwunde ge- bracht, die Rindenschicht der Knochen stark reducirt, so daß sie meist eine sehr dünne, „pergamentartige Schale“ darstellt.
Die Geschwulstform, von welcher hier die Rede sein soll, unterscheidet sich wesentlich von den sonstigen im Knochen primär auftretenden Neubildungen dadurch, daß die Geschwulstknoten stets auf das Rumpfskelet be- schränkt bleiben und die Extremitätenknochen sowie die inneren Organe verschonen. Gegen das übrige Mark sind sie sehr schwer abzugrenzen, nie in scharf umschriebenen Knoten auftretend, sondern diffus, große Bezirke des Markes ein- nehmend. Die klinischen Symptome weisen auf eine Affection des Rumpfskelettes hin: Schmerzen im Rücken, in der Brust, Verbiegung an der Wirbelsäule bis zur Ausbildung typi- scher, spitzwinkliger Kyphosen, so daß von den Beob- achtern der Umstand, daß der Patient im Laufe seiner Erkrankung
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„kleiner“ wurde, besonders betont ist. Die äußere Form der Knochen war in einigen (der wenigen bisher mitgeteilten Beob- achtungen) garnicht verändert, während das Knochenmark von zahllosen Tumoren durchsetzt war. Inanderen Fällen hingegen zeigte sich der Knochen verdickt, stellenweise knollig aufgetrieben. Dieses Verhalten wird besonders deut- lich an den Rippen, welche bei der allgemeinen Abmagerung des Kranken die circumscripten, multiplen, knolligen Auf- treibungen mit besonderer Deutlichkeit darbieten.
Bei der mikroskopischen Untersuchung boten diese Geschwulstknoten das Bild kleinzelliger Rundzellensarkome mit auffallender Regelmäßigkeit der Zellen.
Ehe ich auf die klinischen und anatomischen Befunde, welche die Untersuchung der verschiedenen Fälle ergab, etwas näher eingehen und dieselben einer kritischen Prüfung unterziehen möchte, sei es mir gestattet, einen typischen, im hiesigen In- stitut beobachteten Fall zu schildern, welcher neben den ana- tomischen Ergebnissen auch hinsichtlich seiner Genese eine Reihe von Befunden darbietet, die auch allgemeineres Interesse erregen dürften.
Den klinischen Beobachtungen sei Folgendes ent- nommen:
„Ein bis zu der in Rede stehenden Erkrankung stets gesund gewesener 47jähriger Schmied, welcher in einer hiesigen Ma- schinenfabrik beschäftigt war, stürzte im März vorigen Jahres in den daselbst befindlichen Maschinenraum aus etwa Manneshöhe hinab. Beim Falle schlug er mit der rechten Brustseite gegen eine „eiserne Welle“ auf.
Patient blieb bei Bewußtsein, konnte auch noch am selben Tage seine Arbeit weiter leisten, nur heftige Schmerzen in der getroffenen Körperseite sowie bald nach dem Unfalle auftretender Husten mit Auswurf führten ihn zum Arzt. Die Beschwerden nahmen nur sehr langsam zu, so daß der Kranke bis zum 30. Mai — also noch 41), Wochen — in Arbeit ging.
An diesem Tage war er gezwungen, sich zu Bett zu legen. In den ersten Tagen des Juni — der 5. Krankheitswoche — verspürte er dasGefühl von „Taubheitund Ameisenkriechen“ in den unteren Extremitäten, jedoch verhinderte ihn dies nicht, zeitweise das Bett zu verlassen und im Zimmer umher- zugehen. Am 15. Juni stürzte der Kranke, beim Versuche aus dem Bette aufzustehen, ganz plötzlich zusammen. Beide Beine waren gelähmt, Patient konnte nicht mehr stehen, war
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jedoch bei vollem Bewußtsein. Kurze Zeit hierauf stellte sich Blasen-Mastdarmlähmung ein. Durch den Kassenarzt wurde der Kranke der Kgl. med. Klinik überwiesen.
Bei der Aufnahme äußerte der Kranke starke Schmerzen im Rücken, welche beim Versuche, ihn in eine sitzende Stellung zu bringen, derartig gesteigert wurden, daß die Unter- suchung der Lungen sehr erschwert wurde. Ebenso bestand in der ganzen rechten Brustseite sehr starke Druckempfind- lichkeit.
Die VIII. Rippe rechts schien zwei Finger außerhalb der Mammillarlinie fracturirt zu sein (Krepitiren).
An beiden unteren Extremitäten schlaffe Lähmung; Fehlen der Patellar- und Fußsohlenreflexe, sowie eine Analgesie am ganzen Unterleibe und den Extremitäten bis hin- auf zu einer Horizontalebene vorn 2 Finger unterhalb der Brust- warzen, hinten bis zum VIII. und XI. Proc. spinosus.
An der Halswirbelsäule bestand Steifigkeit und Schmerzhaftigkeit, an den Dornfortsätzen der Brustwirbel- säule lebhafter Druckschmerz, vom II. Brustwirbel ab am VI. spitzwinklige Kyphose.
Stuhlgang erfolgte unwillkürlich, die Blase mußte 2—3 mal mittelst Katheter entleert werden.
Die Nahrungsaufnahme war sehr gering, das Befinden des Kranken verschlechterte sich allmählich, unter zunehmender Atem- not erfolgte am 27. Juni der Exitus, 88 Tage nach der Verletzung.
Die Section bot ein auffallendes Bild:
Bei Eröffnung des Wirbelkanals erschienen die Dornfortsätze der Brustwirbel größtenteils zerstört, ersetzt von einer rötlich- grauen breiig-weichen Geschwulstmasse, welche jedoch nirgends in die Muskeln hinein vordringt.
Auf der rechten Brustseite zeigen sämtliche Rippen mehrfache knollige Auftreibungen, welche stellenweise den Knochen gänzlich ersetzen.
Die VIII. Rippe ebenfalls von zahlreichen derartigen Tumoren durchsetzt, fracturirt, und zwar ist hier in der Mammillarlinie die Continuität des Knochens durch eine mehr als kastaniengroße breiig-weiche Tumormasse unter- brochen.
Die Rippen lassen sich an diesen Stellen ohne Mühe mit dem Messer schneiden. Auf den so erhaltenen Durchschnitten ist die Spongiosa verschwunden, ersetzt durch eine sehr weiche grau-rötliche Neubildungsmasse. Die Corticalis ist als eine den
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Tumor kapselartig umschließende Hülle von Papierdünnheit noch deutlich sichtbar.
Die Wirbelkörper in der ganzen Brust- und Halswirbel- säule von den gleichen Neubildungsmassen durchsetzt. Der VIII. und VII. zum großen Teil zerstört.
Im Bereiche desVIII. findetsichim Rückenmarkskanal, der Dura mater ziemlich fest anhaftend ein spindelförmiger 3 cm langer, 1!/, cm dicker Geschwulstknoten, welcher das Rückenmark stark comprimirt, so daß seine Vorderfläche mulden- förmig eingesunken, seine Substanz zu einem dünnflüssigen Brei umgewandelt ist. Die Dura mater selbst wurde vom Tumor nicht durchbrochen. Veränderungen wie Wirbelkörper und Rippen bot auch der Schädel. Schon beim Abziehen der Kopfschwarte sah man eine Menge kreisrunder von 5 bis 14mm Durchmesser hal- tender rötlichgrauer Herde im Schädeldach. Beim Ablösen des sehr fest haftenden Knochens von der Dura mater blieben flache pilz- förmige graurote Geschwulstmassen auf ihr festsitzen, wäh- rend das Schädeldach kreisrunde, wie mit einem Locheisen ge- schlagene Defecte aufwies. Ebensolche Neubildungsmassen saßen in der Schädelbasis.
Beide Oberarm- und Oberschenkelknochen blieben frei. Die übrigen Extremitätenknochen konnten nicht durchgesehen werden.
An den inneren Organen fanden sich nirgends Ge- schwulstherde, die übrigen . Sectionsbefunde können sonach hierbei unberücksichtigt bleiben.
Es fand sich demnach eine nur auf den Knochen oder dessen Nachbarschaft — die Dura — beschränkte multiple Geschwulstbildung von grau-rötlicher Farbe, breiig- weicher Consistenz, welche die Spongiosa fast gänzlich zerstört und die Corticalis auf schmale dünne Streifen reducirt hatte. Die Ge- schwulstmasse war von dem Knochenmark nicht überall deutlich zu unterscheiden, ihre einzelnen Herde nicht scharf umschrieben, die Grenzen zwischen beiden stellenweise verwischt, so daß man die Tumormasse nur an der mehr grauroten Farbe erkennen konnte.
Mikroskopischer Befund.
Die mikroskopische Untersuchung kann ich hier nur in kurzen Zügen angeben?):
1) Anden Rippen Zerstörungder Spongiosabalkenbis auf wenige, in die Geschwulstmasse eingestreute Reste.
1) Eine ausführliche Schilderung muß der späteren Publication vor- behalten bleiben!
I. Abteilung. Medieinische Section. 83
2) Die Corticalis sehr stark verschmälert, an ihren inneren Fläche von der herandrängenden Neubildung buchtenförmig ausgenagt. Hier zahlreiche Osteo- klasten.
3) Die Corticalis an einzelnen Stellen durchbrochen, ihre Grenzlinien nur noch durch einzelne Knochenspanger — von Tumormassen durchsetzt — angedeutet.
4) Die Geschwulst nach Durchsetzung der von der Corti- calis gegebenen Grenze gegen das Periost vorgedrungen.
5) Das Periost verdickt, von der Rinde des Knochen durch diese Geschwulstknoten abgelöst, an seiner Innenfläche ausgedehnte Knochenneubildung — osteoides Gewebe — stellenweise be- ginnende Kalkablagerung. ;
6) Schließlich wird auch diese letzte Grenze von der Tumorausbreitung überschritten: Einbruch der Ge- schwulstzellen in das benachbarte Fett- und Muskel- gewebe, jedoch nur auf die allernächste Umgebung der Rippe beschränkt.
7) Die Geschwulst selbst ist zusammengesetzt aus außer- ordentlich gleichförmig aussehenden kleinen Rundzellen (von der 3—4fachen Größe der roten Blutkörperchen), meist gegenseitig abgeplattet (Gegendruck!) und dann annähernd polygonal erscheinend.
Verschiedentlich. trifft man, wenn auch sehr selten, große mehrkernige „Riesenzellen“, abgesehen von den zahlreichen Osteoklasten in nächster Nähe der Knochenteilchen!
Das gleiche Aussehen bieten der Tumor im Wirbelkanal, auch die Knoten auf der Dura mater des Gehirns. Dieselben Zellen der Gefäße, sehr zahlreich, ohne Besonderheiten. Zuweilen sieht man ausgedehnte flächenhafte Blutergüsse. sich zwischen die Tumorzellen einwühlen, welche dann von zahlreichen roten Blutkörperchen umgeben sind.
Nach dem mikroskopischen Bilde müßte man die Geschwulst als einfaches kleinzelliges Rundzellensarkom bezeichnen. Zellen zeigen Aehnlichkeit mit den Lymphocyten. (Demonstration der mikroskopischen Präparate.)
Ehe dieser Punkt, sowie die Entstehungsursache näher be- handelt wird, soll nur mit wenigen Worten der bisher beob- achteten zu den oben geschilderten Geschwulstformen früherer Untersucher gedacht werden:
Die erste Mitteilung eines ähnlichen Befundes Sakı H. Buch (einen Fall von kleinzelligem Rundzellensarkom der
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Knochen), als deren klinisches Symptom eine Steifigkeit und Schwäche in den Gliedern angeführt ist. Auch hier war die Verbiegung der Wirbelsäule so ausgeprägt, daß man den ge- bückten Gang des Kranken hervorgehoben hatte.
Mikroskopisch wurde diese Erkrankung als „Sarcomatose sämtlicher Knochen, undzwarim Wesentlichen der Mark- höhlen“, angesehen. Die Knochenrinde erwähnt der Autor als „normal und unverdächtig in Bezug auf ihre Form“.
Die Neubildung stellt hiernach eine sehr multipel auftretende, im Wesentlichen die Markhöhle der Knochen erfüllende Tumor- masse dar.’
Die Dauer der Krankheit wurde auf 5—6 Monate angegeben. Mikroskopisch erschien die Neubildung als kleinzelliges Rund- zellensarkom.
Im Allgemeinen möchte ich diesen Fall für die vorliegende Frage als zweifelhaft bezeichnen, indem die ganze Beobachtung ziemlich ungenau ist. Es handelte sich nämlich um die Leiche eines Zuchthäuslers, welche auf der Anatomie in Halle im Ope- rationscurs benutzt wurde, wobei man die erwähnten Knochen- veränderungen zufällig fand.
Weit deutlicher sind die von Rustizky in der „Deutschen Zeitschrift für Chirurgie“ mitgeteilten Beobachtungen:
Hier wurden in den Knochen weiche, sehr blutreiche Tumoren gefunden, deren Zellen Rustizky mit denen des Knochenmarks identificirte. Er faßte die Erkrankung als eine bloße Hypertrophie des Marks auf, für welche er den Namen „Myelom“ vorschlug.
Einen weiteren Beitrag zu dieser Frage finden wir bei Zahn „Ueber das multiple Myelom, seine Stellung im onkologi- schen System und seine Beziehungen zur Anaemia Iymphatica.“
Es war bei einem 62jährigen Manne wegen zahlreicher spontaner Rippen-Fracturen und Verkrümmung der Wirbelsäule die Diagnose „Osteomalacie“ gestellt worden. Die Section hatte multiple Geschwulstknoten in den erkrankten Knochen ergeben. Zahn bezeichnete diese als „Iymphätische Geschwülste“ und leitete sie von einer Hyperplasie des Knochenmarks her, erklärte aber dieselben für maligne Neu- bildung wegen des ausgedehnten SchwundesvonKnochen- gewebe sowohl in der Spongiosa, wie in der Corticalis. Für einen bösartigen Tumor sprachen ferner der schnelle Krankheits- verlauf, sowie das Uebergreifen der im Knochen localisirten Tumor- massen auf die nächste Umgebung, wenngleich dieser Vorgang
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sich nur auf die letztere beschränkte und Organmetastasen nirgends zu finden waren.
Klebs konnte zwei weitere ähnliche Fälle beobachten, und betonte die große Aehnlichkeit dieser Geschwulstknoten mit dem normalen Knochenmark, welche stellenweise die mikroskopische Trennung dieser Elemente sehr erschwerte.
Paltauf hat in den Ergebnissen der allgem. Patholog. von Lu- barsch und Östertag einen Beitrag zu diesem Thema geliefert, durch Mitteilung eines Falles „von im ganzen Knochensystem verbreiteten Tumoren, ohne außen merkbare Gestaltver- änderung.“ Sämtliche Tumoren erwiesen sich als typische Rund- zellensarkome, vermischt mit mehrkernigen Zellen'vom Typusder Osteoklasten.
Sie wurden als aus dem „Knochenmarke durch atypische Zellwucherung entstandene Sarkome“ aufgefaßt.
Auf die weiteren, diese Frage betreffenden Mitteilungen näher einzugehen, würde zu weit führen; nur möchte ich bemerken, daß einige der wenigen bisher unter dem Namen Myelom bezeich- neten Geschwulstbildungen nicht als maligne, ausschließlich auf das Skelet beschränkte Geschwulstbildungen des Knochen- markes aufzufassen sind. Z. B. eine bisher hierzu gerechnete Beobachtung von Grawitz ist schon deswegen nicht zu dieser Geschwulstform zu rechnen, als der Autor Metastasen in den inneren Organen beschreibt. Grawitz selbst hat auch diesen Fall als „Maligne Osteomyelitis und sarkomatöse Erkran- . kung des Knochensystems als Befund bei perniciöser Anämie“ veröffentlicht.
Marckwald beschrieb ein Angiosarkom der Knochen unterdem Namen Myelom. Das klinische Bild ergab Schmerzen in sämtlichen Knochen, starke Verkrümmung der Rumpfknochen, mäßige Anämie, zunehmende Kachexie. Bei der Section fand man in fast sämtlichen Knochen des Rumpfes sowie im Schädel massenhafte Tumoren, die sich als Endotheliome erwiesen.
Erst vor wenigen Monaten berichtete Senator über einen typischen Fall der uns beschäftigenden Knochen- erkrankung:
Eine 36jährige Frau erkrankte mit sehr heftigen Schmerzen in Kopf, Rücken und Beinen. In kurzer Zeit trat große Schwäche in den unteren Extremitäten, Analgesie im Gesicht und Zungen- lähmung auf.
Auffallend war dasAuftreten vonAlbumosurie, welcheden
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Verdacht auf Osteomalacie erweckte, doch waren diesbezüg- liche Veränderungen am Skelet nicht zu constatiren.
Die Section ergab multiple, sehr zahlreiche Ge- schwulstknoten in den Rippen und der Wirbelsäule, die als „Rundzellensarkome“ bezeichnet Bu = Nirgends Organ- metastasen.
Senator hielt diese Knochenerkrankung für ein ty- pisches „Myelom‘.
Schon aus der eben ebenen Casuistik erscheint das Auftreten einer multiplen, auf das Rumpfskelet beschränkt bleibenden Geschwulstbildung von erwähn- tem histologischen Character als ein seltener Befund.
An besonderem Interesse gewinnt der von mir beobachtete Fall durch seine Genese. Wie bereits erwähnt, wurde das Auf- treten der Krankheit bei einem bisher stets gesunden Manne im engsten Anschluss an seinen Unfall beobachtet.
Bei der Aufnahme in die Klinik fand sich eine Fractur der rechten VIII. Rippe, kyphotische Ver- krümmung der Brustwirbelsäule, und Symptome einer Compressionsmyelitis in der Höhe des VIII. Brustwirbels, deren Folgen der Kranke drei Monate nach seinem Unfall er- legen ist. Infolgedessen handelte es sich um die Entscheidung, ob bei dem Unfalle des Verstorbenen bereits eine bös- artige Neubildung im Knochensystem, insbesondere der VIII Rippe, vorhanden war, und das Trauma nur eine Beschleunigung dieses Krankheitsprocesses herbeigeführt hatte, oder ob erst in dem bisher gesunden Knochensystem durch eine Verletzung der erwähnten Art eine maligne Geschwulstbildung angeregt und somit schließlich, in letzter Linie durch das Trauma, der Tod des Patienten herbeigeführt wurde?).
Gegen die Annahme einer zur Zeit des Unfalles schon bestehenden Knochenaffection spricht der Umstand, daß der Kranke bis zudem Unglücksfall sich völlig görunh gefühlt hatte. Auch nach der Verletzung hat er noch einen vollen Monat als Schmied gearbeitet. Derartige schwere körper- liche Arbeiten zu leisten, wäre für einen seit bereits län- gerer Frist mit einer bösartigen Neubildung behafteten Menschen kaum möglich gewesen. Außerdem spricht das
2) Herr Geheimrat Ponfick hat mir in das in diesem Falle abgegebene Gutachten freundlichst Einsicht gestattet.
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allmähliche Auftreten der Beschwerden des Kranken, seit dem Unglücksfall, ihre in gleicher Weise sich steigernde Zu- nahme bis zur Lähmung der Beine und dem Auftreten der Knochenveränderungen für eine spätere, unmittel- bar nach dem Trauma sich entwickelnde Geschwulst- bildung. Wenn auch auf den ersten Blick eine derartige Auf- fassung der Entstehung dieser Knochentumoren ohne äußer- lich wahrnehmbare Zeichen einer Verletzung be- fremdlich erscheint, so möchte ich darauf hinweisen, daß z. B. das Zustandekommen von Fettembolien in den Lungen, nach schweren Erschütterungen der Knochen, ohne eine Zerstörung oder überhaupt nur äußerlich sichtbare Ver- letzung des Knochens möglich ist. Ferner sehen wir Gefäßzerreißungen im Knochenmark, verbunden mit dem Auftreten größerer Extravasate in engstem Anschluss an ein den Knochen treffendes Trauma, ohne merkbare Schä- disgungen des Corticalis. Eine Thatsache, welche auch durch die von Lubarsch und seinen Schülern angestellten Versuche über die Verschleppung von Elementen des Knochen- markes experimentelle Beläge erhält.
Gerade der Umstand, daß die weiche Substanz des Knochenmarkes von der Corticalis kapselartig eng umschlossen wird, läßt es wahrscheinlich erscheinen, daß die Corticalis treffende mechanische Insulte, ohne an der Rinde des Knochens Spuren gröberer Verletzungen zu hinterlassen, in der Markmasse tiefgreifende Veränderungen herbei- führen.
Insbesondere dieRippenkönnen vermögeihrerElasti- eität schwereren Quetschungen und Stößen Stand halten, ohne in ihrer Continuität Schaden zu nehmen, während das in der Corticalis eingeschlossene Mark den mannigfachsten Zerrungen und Zerreißungen ausgesetzt ist.
Daß das Knochengewebe durch traumatische Reizeleicht zu Geschwulstbildungen angeregt wird, ist durch zahl- reiche Beobachtungen erwiesen, so daß es sich erübrigt, hierauf noch weiter einzugehen.
Nach dieser Ueberlegung brauchen wir auch zur Entstehung der multiplen Geschwülste im Knochenmarke nicht eine Fractur der in diesem Falle von dem Sturze besonders getroffenen Rippen anzunehmen, vielmehr wird es wahrscheinlich werden, daß schon durchdie beim Unfalle stattgehabteschwereQuetschung der Rippen und die Erschütterung des Brustkorbes das
88 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vater!. Cultur. Knochenmark in Rippen und Wirbelkörpern in einen Wucherungszustand versetzt wurde, welcher zu der Ent- wicklungmultiplerGeschwulstherde gleichzeitiginRippen und Wirbelsäule Anlaß gab. Die Fractur der VIII. Rippe ist als Spontanfractur — nach Zerstörung des Knochens seitens der Marktumoren — aufzufassen, gleichwie dieKnickung der Wirbelsäule nach Zerfall des betreffenden Brust- wirbelkörpers. |
Um noch einmal kurz die Merkmale der als Myelome bezeich- neten Geschwulstformen hervorzuheben, möchte ich betonen, daß hierher nur solche Neubildungen zu zählen sind, die
1) ausschließlich auf den Knochen und meistens auf das Rumpfskelet beschränkt auftreten, und hier stets in Form wenig umschriebener, äußerst zahlreicher, vom Knochenmark nicht deutlich abzugrenzender Knoten.
2) Letztere zerstören die Spongiosa und die Corticalis fast vollständig.
3) DieNeubildungkanndieRindenschichtderKnochen, auch deren Periost durchbrechen, beschränkt sich aber auf die nächste Umgebung des Knochens.
4) Mikroskopisch zeichnen sich die Tumorzellen durch große Gleichmäßigkeit aus, sie gleichen am meisten den Lymphocythen des Knochenmarkes. Riesenzellen treten nur sehr vereinzelt auf. Osteoklasten sind reichlich vorhanden.
5) Histologisch zeigen diese Geschwülste den Typus des Rundzellensarkoms.
6) Die klinischen Symptome bestehen in Knochen- schmerzen, Verkrüämmungen der Wirbelsäule und der Rumpf- knochen, Anämie, schwere Kachexie. Nach Senator’s Untersuchung bildet das Auftreten von Albumosen im Harn einen wichtigen Factor für die Diagnose.
7) Die Krankheitsdauer beträgt nur wenige Monate.
8) Wie der vorliegende Fall lehrt, ist das Trauma auch hier als Entstehungsursache.
Am Schluß des Vortrages wird die Differentialdiagnose des „Myelom“ an mehreren Aquarellen gegenüber anderen Knochen- tumoren (Sarkomen und Carcinomen), wie auch in Bezug auf die bei der Leukämie vorkommenden Veränderungen des Knochens kurz erläutert.
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15. Sitzung vom 23. Juni 1899. Klinischer Abend in der Königl. chirurgischen Klinik.
Vorsitzender: Herr Geh.-Rat von Mikulicz. Schriftführer: Herr Dr. Anschütz.
Herr Tietze: Blutig reponirte, veraltete traumatische Hüft- gelenksluxation.
M. H. Die Behandlung der veralteten traumatischen Luxa- tionen hat von jeher den Chirurgen große Schwierigkeiten bereitet. In der vorantiseptischen Zeit mußte man sich naturgemäß auf Versuche beschränken, durch Anwendung von Flaschenzügen oder ähnlich gewaltsam wirkenden Maschinen die Reposition er- zwingen zu wollen; aber nur sehr selten oder fast nie mag ein solches Manöver wohl zum Ziele geführt haben, während anderer- seits eine Reihe von üblen Zufällen nach diesem Verfahren ge- meldet worden sind. So kann es kein Wunder nehmen, daß viele Autoren (Malgaigne) rieten, die Sache gehen zu lassen, wie sie sei und zwar konnten sich diese Chirurgen allerdings darauf berufen, daß sehr häufig die Function auch nach unter- bliebener Einrenkung sich bis zu einem gewissen Grade wieder herstellt. Es liegt dies einmal daran, daß die bei der Verrenkung verschobenen Muskeln sich in ihrer Lage allmählich wieder reguliren und so functionstüchtig werden, daß ferner der Körper sich an die veränderten statischen Momente (untere Extremität) gewöhnt und schließlich vor allen Dingen daran, daß sich an dem neuen Ruhelager des verschobenen Gelenkkopfes durch Osteophyten- Wucherung und durch Abschleifung eine Art neues Gelenk bildet, welches eine Beweglichkeit bis zu einem gewissen Grade gestattet. Immerhin sind doch die Verhältnisse auch im bessern Falle nach unterbliebener Reposition so, daß der Wunsch nach einer activeren Therapie nicht zum Schweigen gebracht werden konnte. Natürlich konnte man eine solche nur in einer Operation erblicken und es muß hervorgehoben werden, daß schon Dieffenbach im Jahre 1839 einen ersten derartigen Versuch gemacht hat und nach ihm mehrere. Eine breitere Anwendung konnte die operative Behandlung aber erst unter dem Schutz des antiseptischen Verfahrens gewinnen. Um kurz zu sein — es waren immer zwei Verfahren, welche dabei um den Vorrang stritten, d. h. ein Teil der Chirurgen wählte zur Behandlung veralteter irreponibler Luxationen die Resection des Gelenkkopfes, ein anderer die Arthrotomie, d. h.
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man machte Kopf und alte Pfanne frei und reponirte den Kopf an seine alte Stelle. Das letztere Verfahren ist noch neu und in seinen Erfolgen nicht gleichmäßig ermutigend. Unter 50 Ope- rationen bei irreponiblen (nicht nur veralteten) Humerusluxationen fand Relrink im Jahre 1896 Arthrotomien 22 mit 4 Todesfällen, Resectionen 27 mit 3 Todesfällen und 1 subeutanes Debridement. Die Resultate nach Arthrotomien waren in 14 Fällen gut bezw. sehr gut; nach Resectionen waren 9 gute Resultate zu verzeichnen. Für das Hüftgelenk fand derselbe Autor 22 Operationen, davon 17 Resectionen mit 4-Todesfällen und mit Resultaten, die von idealer Heilung bis zu schlechtem Erfolge wechselten und 5 Arthro- tomien, von denen 1 starb, während in 2 Fällen ein sehr gutes, in 1 Fall ein gutes und in 1 Falle ein schlechtes Resultat er- zielt wurde. Die beiden sehr gut gelungenen Arthrotomien be- trafen Kinder bei Bestand der Luxation von 7 bezw. 2 Wochen; es war das nach meiner Meinung für den Erfolg ausschlaggebend. Sie sehen, m. H., jedenfalls, daß die Erfolge recht schwankten und daß das im Ganzen nicht sehr günstige Urteil unserer nam- haftesten Chirurgen, wie Königs, nicht so unberechtigt erscheint. Auffallend bleibt ja unter allen Umständen die immens große Zahl von Todesfällen und schweren Eiterungen. Ich will hier hinzufügen, daß mir ein gleich ungünstig verlaufener Fall von operirter Hüftgelenksluxation — es handelte sich, so viel ich mich erinnere, um eine Arthrotomie — ebenfalls bekannt ist und ich kann die Erklärung hierfür nur darin finden, daß die vielfach zerrissenen und gequetschten Wunden (Repositionsversuche bei oder kurz vor der Operation) eben außerordentlich zur Infection neigen. Damit sind aber auch die vielen schlechten Erfolge nach den Operationen erklärt, denn eine gute Function kann nur er- wartet werden nach einem tadellosen Wundverlauf. Angesichts dieser Sachlage interessirt es vielleicht, einen Fall von blutig reponirter Hüftgelenksluxation zu zeigen, der in Bezug auf seine Function nach der Arthrotomie, wie ich wenigstens glaube, ein sehr bemerkenswertes Resultat geliefert hat.
Der Patient, ein 36 Jahre alter Arbeiter, zog: sich im Winter d. J. eine rechtsseitige Luxatio iliaca dadurch zu, daß er von herabrollenden Baumstämmen auf die Erde geschleudert wurde. Acht Tage später sah ihn College Jaenisch in Wölfelsgrund. In der elenden Bauernhütte, ohne Assistenz, ohne Chloroform gelang die Einrenkung nicht und der College riet die Aufnahme in ein Krankenhaus. Dem widersetzte sich der Kranke und erst nach 12 Wochen, nachdem er elend an Krücken herumgehumpelt -
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war, gelang es endlich dem Zureden des unermüdlichen Oollegen, den Patienten zu veranlassen, sich in das Augusta-Hospital auf- nehmen zu lassen. Ich will Sie mit der weiteren Schilderung nicht aufhalten; es bestand das Bild einer typischen veralteten Hüft- gelenksverrenkung mit einer Verkürzung von annähernd 7 cm, starker Atrophie des Beines, starker Flexionsstellung bezw. aus- gleichender Lordose. Pat. hinkte mühsam mit Krücken. Ich nahm gar keine Einrenkungsversuche vor, sondern operirte den Patienten nach wenigen Tagen. Zunächst Längsschnitt ähnlich dem Lorenz’schen Schnitt zur Operation der angeborenen Hüft- gelenksluxation. Es gelang, die völlig verwachsene Pfanne frei- zulegen und auszuhöhlen, doch konnte man dem Kopf erst bei- kommen, als in der Mitte des ersten Schnittes rechtwinklig nach hinten noch ein zweiter hinzugefügt war. Wie schwierig die Ver- hältnisse an und für sich liegen, sehen Sie an diesem, hier auf- gehängten Bilde (Demonstration); hier kam noch hinzu, daß die Weichteile narbig geschrumpft und verkürzt waren. Eine An- deutung einer neuen Gelenkhöhle war nicht vorhanden. Nach völliger Lösung des Kopfes gelang die Einrenkung durch directen Druck auf den Kopf, während gleichzeitig das Bein stark im Hüft- gelenk Hectirt und nach oben gezogen wurde. Es entspricht dieses Manöver der von Middeldorpf angegebenen Repositions- methode. Die sehr große Wunde wurde in toto genäht, d. h. so, daß tiefgreifende, aber weit von einander abstehende Nähte an- gelegt wurden. Es wurde so eine Taschenbildung vermieden und doch konnte Blut oder sich etwa bildendes Secret frei abfließen. Ich halte ein solches Verfahren, das ich typisch bei allen dazu geeigneten Wunden anwende, für sicherer als die Drainage, welche nach meiner Ansicht durch die Einfügung eines Fremdkörpers direct die Gefahr einer Eiterung begünstigt. Woher sehen wir denn die Mehrzahl unserer Laparotomien aseptisch verlaufen, sich aber eine Peritonitis, eine Eiterung wenigstens sehr häufig ent- wickeln, wenn wir durch einen unglücklichen Zufall einen asep- tischen Fremdkörper, einen Tupfer, ein Tuch oder dergleichen in der Bauchhöle vergessen haben? An und für sich müßte dieser Fremdkörper doch absolut aseptisch einheilen; doch dies nebenbei. Pat. erhielt einen Gypsverband, in dem er nach 14 Tagen umher- laufen durfte. Nach 4 Wochen wurde dieser — das Bein war in demselben stark abducirt — entfernt. Jetzt ist der Pat. 7 Wochen nach der Operation. Er läuft nicht nur ohne Stütze, sondern das ' Hüftgelenk ist auch nach jeder Richtung hin zwar beschränkt, doch so weit beweglich, daß Pat. wieder anfangen wird zu arbeiten
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Setzen, Treppensteigen, Stehen auf dem kranken Bein macht ihm keine Schwierigkeiten. Ich glaube also, daß man mit dem Erfolg zufrieden sein kann. Ich will nur noch erwähnen, daß ich im Ganzen dreimal in ähnlichen Fällen die Arthrotomie gemacht habe: einmal bei der Schulter — den Erfolg habe ich nicht mehr controliren können, da ich den Patienten in Vertretung eines anderen Chirurgen operirte; einmal am Ellbogen — der Erfolg war befriedigend, und jetzt bei der Hüfte. Für alle frischen, irreponiblen Luxationen bezw. für einen Bestand von 4- 6 Wochen halte ich die Arthrotomie für angezeigt — sie wird unter diesen Verhältnissen bei dem Fehlen bezw. der geringen Entwicklung secundärer Veränderungen gute Resultate geben. Bei längerem Bestande wird man häufig mit der Resection gleich gute Resultate haben — so namentlich bei der Schulter, deren flache Gelenk- pfanne für die Aufnahme des blutig reponirten Kopfes keine sehr günstige Chancen bietet. Für die Arthrotomie bietet das Hüft- gelenk meiner Ansicht nach die besten Chancen, weil es mit seiner tiefen, gut ausgehöhlten Pfanne den Kopf gut umschließt, die neue Narbenmasse denselben festhält, während sie doch nicht so unnachgiebig ist, daß nicht bei zeitig einsetzender medico- mechanischer Nachbehandlung, die natürlich auch bei unserem Patienten nicht versäumt wurde, eine leidliche Beweglichkeit erzielt werden könnte.
Herr Kümmel stellt drei Patienten vor, bei denen vor kurzer Zeit die Radiealoperation wegen anders nicht heilbarer Mittel- ohreiterung gemacht ist.
I. 28jähr. russischer Beamter. Sehr stinkende, seit Kindheit bestehende Eiterung aus dem hinteren Teil des. Recessus epi- tympanicus, die sich durch eine weite Trommelfellfistel entleert. Mit dem Paukenröhrchen große Mengen stinkender Schuppen herausgespült. Kleiner Hammerrest, vom Ambos nichts zu con- statiren. — Typische Radicaloperation nach Zaufal, Antrum ist klein, in der Spitze des Warzenfortsatzes und oberhalb des hori- zontalen Bogenganges eitererfüllte Zellen. Otitis chron. des- quamativa. Nach sorgfältiger Entfernung der Auskleidung der Hohlräume die hintere Gehörgangswand in zwei nach oben und unten umgeklappte thürflügelartige Lappen zerlegt, die Höhle im Uebrigen durch einen fest auftamponirten Hautlappen nach Thiersch vom linken Oberschenkel völlig gedeckt. Fast völliger Schluß der äußeren Wunde. Die Wundhöhle secernirt vom fünften Tage an reichlich seröse Flüssigkeit; 10 Tage post op. die Oberflächenschicht des transplantirten Lappens fast total aus-
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gestoßen, es bleibt aber die ganze Wundhöhle mit einer Epidermis- schicht bekleidet, bis auf einige kleine granulirende Stellen, die täglich mehr schrumpften. Jetzt, nach 23 Tagen, kaum noch eine Secretion, äußere Wunden ganz verheilt.
II. 29jähr. Frau, lange wegen linksseitiger chronischer Ohr- eiterung mit massiger Polypenbildung behandelt. Radicaloperation mit nachfolgender Transplantation genau wie bei Fall I. Das Antrum etc. war von ganz derben, schwer entfernbaren, etwa kirschgroßen Granulationsmassen ausgefüllt. — Durch eine unbeab- sichtigte Verschiebung der Wundränder an der Spaltlinie der hinteren Gehörgangswand hat sich leider die äußere Ohröffnung etwas verengert. Auch hier die Oberflächenschicht des Lappens abgestoßen, trotzdem heute, nach 21 Tagen, die Epidermisirung fast beendet, keine Secretion mehr.
III. 13jähr. Mädchen. Nach Masern seit 7 Jahren Mittel- ohreiterung, im acuten Stadium war vor Jahren das Antrum typisch eröffnet worden, darnach blieb eine kleine eiternde Fistel zurück. Hereditäre Belastung mit Tuberculose.. Es besteht eine zweite Fistel nach dem äußeren Gehörgang zu; oberhalb und hinter der Muschel ist neuerdings eine Periostitis, oberhalb der alten Narbe aufgetreten, der Absceß war vor Kurzem incidirt worden. Durch Wegnahme einiger kleiner stehen gebliebener Knochenreste die frühere Aufmeißelungzurtypischen Radicaloperation vervollständigt. Transplantation wie bei I. und II., fast vollständiger Schluß der äußeren Wunde. — Heute, nach 21 Tagen, noch etwas Granulations- bildung vorne im Bereich der Paukenhöhle, die Wundhöhle völlig epidermisirt, Secretion hat fast ganz aufgehört.
Die Bedeutung der primären Transplantationen für die Technik der Radicaloperation liegt in der wesentlichen Abkürzung der | Nachbehandlungs-Dauer. Applicirt wurden die einheitlichen Läppchen so, daß sie mit der Epidermisseite (nach einem Vor- schlage von Henle) auf einen Tupfer gelegt, dann an die nicht mehr blutende Knochenfläche fest angepreßt wurden, darauf der Tupfer vorsichtig entfernt und vom Gehörgang aus der Lappen mit Jodoformgaze antamponirt wurde. Entfernung der Tampons am 4.—5. Tage, dann Behandlung mit Pulvereinblasungen oder Alkohol. — Weitere Erfahrungen über die Dauerhaftigkeit der transplantirten Epidermis sind abzuwarten, die bisherigen Resultate nach anderen Autoren nicht schlecht, dem Vortr. stehen selbst keine Erfahrungen zur Verfügung. Die Radicaloperation möchte Vortr. nur durch die Transplantation in der Heilungsdauer ab- kürzen, will aber ihre Indicationen nach wie vor möglichst auf
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die Fälle beschränken, in denen keine andere Heilung möglich ist, das Fortbestehen der Eiterung aber Gefahren bedingen würde.
Herr v. Mikuliez stellt einen operativ geheilten Fall von genuinem Basedow vor.
Herr Henle stellt einen von ihm operirten Fall von osteo- plastischer Unterschenkelamputation nach Bier vor.
Die Heilung ist glatt erfolgt. Das Röntgenbild zeigt sehr schön die mit der Tibia durch Callus fest verbundene ca. !/, em dicke Knochenplatte. Von dem Fibulastumpf, den sie auch bedeckt, ist sie durch eine schmale Diastase getrennt. H. hat eine pro- visorische Prothese aus Gypsbinden, Watte und einem großen Flaschenkork in einfachster Weise so hergestellt, daß er zunächst den Stumpf bis unterhalb des Knies dünn mit Gypsbinden um- wickelte, dann die nötige Verlängerung durch ein lockeres Watte- packet bewirkte, welches mit eingegypst wurde; der ebenfalls mit eingegypste Flaschenkork dient als Sohle. Der Apparat ist, soweit er den Stumpf enthält, vorn aufgeschnitten und zum Schnüren eingerichtet. Pat. geht in demselben schmerzlos umher und zwar unter directer Belastung des Stumpfes.
Herr Henle stellt einen Fall vor, beidem Braem 1894 eine ausgedehnte Pharynxresection gemacht hat und zwar zum ersten Male nach der von letzterem angegebenen Methode (cf. v. Langenbh. Arch. 49, pag. 873). Pat. ist recidivfrei. i
Herr Henle stellt einen Fall von linksseitigen Coxa vara adolescentium vor mit typischer Stellung. Das Röntgenbild zeigt sehr schön, daß es sich nicht um eine Biegung des Schenkel- halses, sondern um einen, der Epiphysenfuge entsprechenden Knick handelt. Die Bedeutung der Epiphysenfuge des Schenkel- halses ist die gleiche wie diejenige der unteren Femur- oder oberen Tibia - Epiphysenfuge für das Genu valgum. Gleichzeitig besteht ein nach vorn convexer Knick, der die Außenrotation bedingt. Die Therapie wird die von Mikulicz in vier Fällen geübte (von Henle auf dem Chirurgencongreß 1899 kurz refe- rirte) sein: Abmeißelung der durch Anstoßen an den oberen und vorderen Pfannenrand die Bewegung beschränkenden Knochen- teile des Halses. Ein Fall von Osteomalaeie, der ein 19jähriges Mädchen betrifft, zeigt ebenfalls die Erscheinungen der Coxa vara und zwar beiderseits. Hier fehlt auf dem Röntgenbild der Knick, es besteht vielmehr eine gleichmäßige Verbiegung des ganzen Schenkelhalses. :Es entspricht dieser Befund dem Wesen der Osteomalacie, bei der eine abnorme Weichheit des ganzen Knochen- gerüstes, also auch des gesamten Schenkelhalses besteht.
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Die Therapie in diesem letzteren Fall, der übrigens auch an anderen Stellen Verbiegungen zeigt, bestand in Extension an beiden Beinen mit gleichzeitiger Abduction. Außerdem wurde Phosphor gegeben. Von der Castration wurde vorläufig Abstand genommen mit Rücksicht auf die hier und da günstigen Erfolge der Phosphortherapie und auch deshalb, weil ein zu schnelles Festwerden der Knochen den Erfolg der Extensionsbehandlung vereitelt hätte. Pat. ist wesentlich gebessert. Die Knochen- schmerzen haben fast aufgehört. Abduction der Beine ist in ausreichendem Maße möglich.
Discussion:
Herr Küstner: Ob Coxa vara-Bildung an den osteomalacischen Becken seitens der Geburtshelfer beobachtet ist, weiß ich nicht; vielleicht ist nicht immer darauf geachtet und sind so einschlägige Fälle übersehen worden. Es ist sehr wahrscheinlich, daß bei der der Östeomalacie eigentümlichen Skelettverunstaltung die Coxa vara-Bildung nicht selten ist.
Die für Osteomalacie characteristische Abductionsbeschränkung ist den Geburtshelfern bekannt. Für dieselbe kommen in ätio- logischer Beziehung nicht nur die Knochenverbiegungen mit ihren mechanischen Consequenzen, sondern, wie Latzko nachwies, auch Muskelcontracturen, besonders der Adductorengruppe in Betracht. Die Behandlung der Osteomalacie ist von mir fast ausschließlich auf operativem Wege durch Castration vorgenommen worden; in einigen Fällen habe ich vorher die Phosphorbehandlung ver- sucht; in keinem Falle habe ich durch letztere nennenswerte Besserung beobachtet. Doch muß ich ausdrücklich betonen, daß die Beobachtungszeit sich nur auf wenige Wochen beschränkte, wogegen z. B. Latzko die Phosphorbehandiung unter Umständen. auf ein Jahr und länger ausdehnen will.
Auch die Erfolge der Castration sind durchaus nicht gleich- mäßig prompt; die Heilresultate, welche ich in letzter Zeit ge- sehen habe, waren nicht so glänzend, als die früher beobachteten. Ob das an einer vielleicht verzeihlichen Autosuggestion liegt, vermöge deren einem bei neuentdecktem Heilverfahren die Resultate in besonders glänzendem Lichte erscheinen, weiß ich nicht.
Herr Robert Asch: Bei den beiden Fällen von Osteomalacie, die ich Ihnen vor längerer Zeit vorzustellen Gelegenheit nahm, trat nach der Operation nicht nur sofort Schwinden der subjec- tiven Beschwerden ein, sondern in ungemein kurzer Zeit auch wirkliche Heilung des Processes. Die Bauernfrau, die seit drei Jahren sich nur mehr zwischen Stühlen fortschieben konnte,
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drischt jetzt mit, die Andere konnte ich Ihnen schon geheilt vor- stellen; sie befindet sich vollkommen wohl. Zur Heilung hatte sie nur wenige Monate gebraucht. Coxa vara konnte ich bei Beiden nicht finden (von der Einen existiren Röntgenaufnahmen). Die Stellung der Beine war durch Adductorencontractur bedingt, die nach der Operation rasch schwand. Ich habe in diesen Fällen der heilsamen Castration die mindestens gleich wirksame vaginale Totalexstirpation vorgezogen, da bei den ohnedies erschlafften Bauchdecken und den schlechten Druckverhältnissen im Abdomen der Mißgestalteten die Laparotomiewunde neue Gefahren (Hernie) befürchten läßt.
Herr Göppert stellt einen Fall von Hochstand der Sceapula vor.
Ein Fall von partieller Larynxresection, sowie ein Fall von
Totalexstirpation des Larynx nach Gluck-Rotter; Demon- - stration des Phonationsapparates.
Herr Gottstein stellt zwei Fälle von operativ behan- deltem Larynxcarcinom vor. Bei dem einen Patienten, der seit vier Monaten heiser ist, wurde durch Herrn Prof. Kümmell bereits vor zwei Monaten die Diagnose Carcinom gestellt. Pat. - entschloß sich jedoch erst vor acht Tagen zur Operation. Durch Herrn Prof. Kümmell wurde die Laryngofissur ausgeführt und das rechte Stimmband total, der hintere Teil des Taschenbandes, ein Teil des Aryknorpels, sowie ein Stück des Thyreoidknorpels entfernt. Fixirung der beiden Thyreoidknorpel durch eine Catgutnaht. An die Stelle des entfernten Stimmbandes wird ein kleiner Jodoformgazetampon eingelegt, der durch den oberen Wundwinkel nach außen geleitet wird. Horizontallagerung des Patienten während der ersten 24 Stunden nach der Operation. Entfernung des Tampons und der Trachealkanüle nach 24 Stunden. Ernährung per rectum durch 48 Stunden. Nach dieser Zeit geht das Schlucken von flüssigen und festen Speisen ohne Beschwerden vor sich. Keine Temperatursteigerungen, keine Erscheinungen von Seiten der Lungen. Pat. befindet sich heute, acht Tage nach der Operation, völlig munter und beschwerdenfrei. Die laryngoskopische Untersuchung ergiebt an der Stelle des rechten Stimm- und Taschenbandes eine Leiste, an die sich bei der Phonation das linke Stimmband anlegt.
Während in diesem Falle das krankhafte Gewebe noch durch partielle Resection entfernt werden konnte, war dies im zweiten Falle nicht mehr möglich. Pat. war bereits seit vier Jahren heiser, hatte aber erst vor ?/, Jahren ärztliche Behandlung nach-
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gesucht. Schon damals wurde in der Königlichen medicinischen Klinik durch Herrn Prof. Kümmel Carcinom aus dem klinischen Befunde diagnosticirt, allein Pat. konnte sich nicht einmal zu einer endolaryngealen Probeexcision entschließen. Erst Ende April kam er behufs Operation in die Kgl. chirurgische Klinik. Das laryngo- scopische Bild zeigt das linke Stimmband durch den vom rechten Stimmbande ausgehenden Tumor völlig überlagert. Bei der durch Herrn Geheimrat Mikulicz in Chloroformnarcose ausgeführten Operation wurde zunächst Laryngofissur gemacht. Hierbei zeigt sich, daß auch das linke Stimmband im vorderen Teil von Carcinom ergriffen war, deshalb wurde zur Totalexstirpation geschritten. Dieselbe wird nach der von Gluck und Rotter angegebenen Methode in halb sitzender Stellung des Patienten ausgeführt. Der linke Teil der Epiglottis mußte mit entfernt werden, während der rechte zur Vernähung der vorderen Pharynx- und Oesophagus- wand mit verwandt wird. Einpflanzung der Trachea in den unteren Wundwinkel; ein kleiner Tampon wird in den oberen Wundwinkel eingelegt; Schlundsonde durch die Nase eingeführt. Pat. steht nach 24 Stunden bereits auf, völliges Wohlbefinden. Fehlen jeder höheren Temperatursteigerung, keine bronchitischen Erscheinungen. Nach 5 Tagen Tampon entfernt. Nach 10 Tagen Wunde völlig verheilt. Schlundsonde erst nach 4 Wochen entfernt. Pat. kann jetzt alles beschwerdenfrei schlucken.
Vortr. weist darauf hin, daß diese Gluck’sche Methode des Einnähens der Trachea in den unteren Wundwinkel und des völligen Abschlusses des Pharynx von der Trachea außerordentliche Vor- teile bietet, da dadurch die bei der Totalexstirpation des Larynx am meisten gefürchtete Complication der Schluckpneumonie ver- mieden wird.
Pat. hat gelernt, mit den Lippen so zu sprechen, daß er sich in allernächster Nähe leidlich verständigen kann. Um den Pat. auch in größerer Entfernung verständlich zu machen, hat der Vortr. in Gemeinschaft mit dem Instrumentenmacher GeorgHärtel einen Phonationsapparat construirt, bei dem ein Metallrohr mit einer nach oben liegenden ovalen Oeffnung in den Mund ein- gelegt wird, das durch ein Gummirohr mit der Trachealöffnung in Verbindung steht. In dem Gummirohre befindet sich eine kleine Stimme.
Vortr. demonstrirt den Apparat und zeigt, daß der Pat. sich da- mit in dem großen Raum bis in die fernsten Winkel außerordent- _ lich deutlich verständlich machen kann. Das richtige Functioniren dieses Apparates ist der beste Beweis für die Helmholtz’sche
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Vocaltheorie. Vortr. ist damit beschäftigt, den Apparat so zu modificiren, daß Pat. mit modulationsfähiger Stimme sprechen kann. „Pseudostimme“ ist bisher (nach sieben Wochen) bei dem Pat. noch nicht zu constatiren.
Demonstration der makroskopischen und mikroskopischen Präparate von beiden Fällen.
Vorstellung von zwei Fällen von Reetumamputation,
operirt nach der Methode von Nicoladoni.
Herr Gottstein stellt mit Hinweis auf den vor ca. einem Jahr von Herrn Oberarzt Dr. Henle in dieser Gesellschaft vor- gestellten Fall zwei neue Fälle von Rectumamputation nach Nicoladoni vor. Innerhalb des letzten Jahres ist eine größere Anzahl von Fällen nach dieser Methode in der chirurgischen Klinik mit sehr gutem Resultate operirt worden.
Von den beiden demonstrirten Fällen wurde der eine wegen Carcinoma recti, der andere wegen Strietura recti gonorrhoica operirt. In dem ersten Fall konnte der Vortragende das Peri- toneum nach dem Herunterziehen eines ca. 30 cm langen Stückes der Flexura sigmoidea sofort vollständig vernähen, es wurde nur ein Tampon von außen bis an die Nahtlinie heran umgelegt. Fieber- freier Verlauf, Nachbehandlung ohne Opium, vielmehr Abführ- mittel. Nach vier Wochen mußte eine kleine Nachoperation be- hufs Abtragung des über dem Anus hinausragenden, nicht necro- tisch gewordenen Teils des Darmes gemacht werden. Pat. verläßt nach sechs Wochen geheilt die Klinik.
Bei dem zweiten von Herrn Oberarzt Dr. Henle vor zwei Tagen operirten Fall demonstrirt Vortragender den noch an- gehefteten Nicoladoni’schen Ring. :
Herr Henke demonstrirt 1)Lipom der Pia mater, 9 Knochen- bildung in der Trachea (verknöchertes Chondrom).
Herr v. Mikuliez demonstrirt einen über 1!/, Pfd. schweren Lebertumor, der nach Resection der Leber ausgeschält wurde.
Herr Henle zeigt eine Patientin, bei der er ca. 1!/, m Darm wegen Tuberculose entfernt hat, und zwar Colon ascendens, Cöcum nebst dem unteren Ende des Ileum. Die Hauptschwierig- keit bot die Exstirpation von Drüsen, von denen ein größeres Packet in der Pancreasgegend begann und sich an der Vena postarum vulg. mesenter. superior nach dem Darm hinzog. An beiden Gefäßen mußten seitliche Ligaturen angelegt werden. Ver- einigung der Darmenden durch Enteroanastomose nach Verschluß des einen vermittelst Doyen’scher Schnürnaht. Das andere wurde als Sicherheitsventil in die sonst ganz geschlossenen Bauchdecken
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eingenäht. Der dadurch entstandene Anus, aus dem übrigens nie Fäces herausgekommen sind, soll jetzt geschlossen werden. Pat. hat 20 Pfund zugenommen, ist ganz frei von Beschwerden.
Herr Henle zeigt einen Patienten, bei dem die Lithotripsie wegen Prostatahypertrophie mißlang. Deswegen führteMikulicz die Sectio alta aus. Gleichzeitig wurde die Prostata bei offener Blase nach Bottini incidirt. Die nachherige Besichtigung zeigte, daß das Bottini’sche Instrument eine sehr breite Rinne in die Prostata brennt und den durch den Mittellappen verlegten Weg vollständig frei zu machen im Stande ist. H. führte, wie schon in einem früheren Falle, die Blasendrainage so aus, daß er die beiden zum Verschluß der Blase dienenden Nahtreihen bis un- mittelbar an das eingeführte Drain heranführte. Es entsteht da- durch eine Fistel, ähnlich der Kader’schen Magenfistel, die neben dem Drain Urin nicht austreten läßt und sich nach Entfernung des Drains schnell schließt. Das Fehlen der Beschmutzung mit dem oft cystitischen Urin läßt die Wundheilung ganz ungestört vor sich gehen.
Herr Drehmann: Unblutige Methoden der Einrenkung congenitaler Hüft-Luxationen.
Herr Moser demonstrirt einen Fall von Schussverletzung des Schädels mit einem Revolver von 7 mm Caliber. Der 22jährige Patient schoß sich am 29. Mai in die rechte Schläfe. Sogleich nach dem Schuß war er besinnungslos und wurde bald
in’s Krankenhaus überführt. Am dritten Tage konnte er schon _ das Bett verlassen und war dann, abgesehen von Kopfschmerzen, die den ganzen Tag anhielten, wie ein gesunder Mensch. Am 8. Juni ließ er sich in die chirurgische Klinik aufnehmen mit, dem Wunsch, das Projectil entfernen zu lassen; er ist an diesem Tage °/, Stunden mit der Bahn gefahren. Bei seiner Aufnahme war nichts Besonderes an ihm. Bis zum nächsten Morgen war aber das Bild, das Pat. darbot, ein ganz anderes. Er machte plötzlich den Eindruck eines schwer kranken Menschen, fieberte (38,6) und erbrach öfters, war soporös, teilnahmlos; es bestand deutliche linksseitige Facialisparese. Die rechten Augenlider und die Gegend um die Einschußöffnung, die nach vorn und oben vom Ohr lag, waren ödematös geschwollen. Puls hart, 96, also im Verhältnis zur Temperatur niedrig. Alles dies ließ mit Sicher- heit auf Erhöhung des intracraniellen Druckes schließen, und es war nur die Frage, wodurch die Drucksteigerung bedingt war. In Betracht kam entzündliches Exsudat, frische Blutung oder beides zusammen, insofern eine Eiterung eine Meningeablutung
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hätte hervorrufen können. Für eine Infection sprach Mancherlei: das Fieber, das Oedem, ferner der Umstand, daß Pat. außerhalb sondirt worden war. Pat. wurde nun von Herrn Geheimrat Miku- licz sogleich operirt, Kreuzschnitt durch die Einschußöffnung. Nach Freilegung des Knochens wurden stoßweise aus dem Innern des Schädels große Mengen geronnenen Blutes herausgepreßt. Die Oeffnung im Schädel wurde erweitert, um dem Blut freien Abfluß zu verschaffen; es handelte sich um ein ziemlich großes temporo-parietales, extradurales Hämatom. Tampons nach ver- schiedenen Richtungen eingelegt. — Interessant ist nun, daß das Hämatom ‘steril war, während die bacteriologische Untersuchung des Secrets in dem Schußkanal der Haut Reinculturen von Strepto- kokken ergab. Dieses Moment zeigt also, daß wir es allein mit einer Blutung zu thun hatten und zwar — wie aus dem klini- schen Verlauf hervorging — mit einer frischen. Dies ist das Ungewöhnliche bei unserem Fall. Das Auftreten von Blutungen aus der Meningea nach einigen Stunden, selbst 1—2 Tage nach der Verletzung ist ja nichts Ungewöhnliches, dagegen dürfte eine Blutung noch nach 11 Tagen zu den Seltenheiten gehören. Die Ursache ist nicht zu eruiren, vielleicht war die Eisenbahnfahrt ein begünstigendes Moment. — Der Verlauf des Falles war ein befriedigender. Acht Tage nach der Operation konnte Pat. das Bett verlassen, jetzt ist er ohne alle Erscheinungen. Im Grunde der rein granulirenden Wunde sieht man noch Pulsation des Gehirns.
16. Sitzung vom 30. Juni 1899. Klinischer Abend in der Kgl. Frauenklinik. Vorsitz.: Herr Geh.-Rat Küstner. Schriftf.: Herr Dr. Stutz.
Herr Hahn: 1) Ein Fall von Echinococeus des Becken- bindegewebes.
Vor 21 Tagen wurde von Herrn Geheim-Rat Küstner eine Patientin laparotomirt, bei welcher man einen doppelseitigen Ovarialtumor erwartete und einen Echinococeus des Beckenbinde- gewebes fand. In No. 24 des Centralbl. f. Gyn. 1899 hat kürzlichst Chrobak ebenfalls einen neu beobachteten Fall dieser seltenen Erkrankungsform beschrieben, welcher wegen seiner harten Con- sistenz ante operationem zu der Wahrscheinlichkeitsdiagnose: retrocervical entwickeltes Myom des Collum und subseröse Uterus- myome verleitet hatte. Chrobak weist hierbei auf die oft sehr complieirten und atypischen anatomischen Verhältnisse hin und
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auf die Notwendigkeit, „die Möglichkeit einer solchen Erkrankung bei der Differentialdiagnose im Auge zu halten“. Wenn er schließlich zu der Ansicht kommt, daß in seinem Falle die Dia- gnose eine leichtere gewesen wäre, falls nicht die Complication mit dem harten Lebertumor die Annahme eines Myoms besonders gestützt hätte, so erscheint mir unser Fall davon insofern wesent- lich unterschieden, als hier der Untersuchungsbefund in keiner Weise von dem eines doppelseitigen Ovarialcystoms abwich, so daß auch nicht einmal der Gedanke an eine andere Erkrankung auftauchen konnte.
Die Geschichte des Falles ist kurz folgende: Die 31 jährige Patientin hat seit ihrem 13. Lebensjahre regelmäßig menstruirt, in vierwöchentlichen Pausen, 6—8 Tage anhaltend. Sie hat bereits 3 Entbindungen durchgemacht, welche stets schwer verlaufen sind und mit Kunsthilfe beendet werden mußten. Die letzte Entbindung war am 12. Februar dieses Jahres. Schon seit 5 Jahren will Patientin einen Tumor in der rechten Bauchseite bemerkt haben, der ihr aber nie besondere Beschwerden machte; derselbe soll anfänglich apfelgroß und leicht verschieblich gewesen sein; erst im Anschluß an die letzte Entbindung ist er zu seiner jetzigen Größe herangewachsen. Zu gleicher Zeit war nun auch links ein ähnlicher Tumor entstanden. Die Hauptklagen der Patientin bestanden in allgemeiner Schwäche und Abmagerung, Schmerzen in der Magengegend, Herzklopfen und zeitweiligem Erbrechen.
Die Untersuchung bei der Aufnahme ergab bei der mittel- großen, sehr anämischen Patientin an Herz, Lungen und Nieren nichts Abnormes. Das Abdomen wurde vom Nabel an nach ab- wärts unregelmäßig vorgetrieben durch zwei deutlich fluctuirende, eystische Tumoren, von denen der rechte etwa kindskopfgroß, der linke noch etwas größer zu sein schien. Ihre Oberfläche war mit vielen Buckeln versehen; insbesondere saß dem rechtsseitigen Tumor ein etwa hühnereigroßer, leicht verschieblicher Körper auf. Die bimanuelle Untersuchung ließ die Portio vaginalis stark in die Höhe und nahe an die Symphyse gezogen erkennen, den Uterus stark anteponirt und elevirt. Zu beiden Seiten desselben fühlte man die beiden cystischen Tumoren, jeden für sich fluc- tuirend; der Douglas’sche Raum war ebenfalls von Tumormasse ausgefüllt, welche das hintere Scheidengewölbe stark ausdehnte und demselben fest auflag.
Am 10. Juni 1899 wurde zur Laparotomie geschritten. Nach Eröffnung der Bauchhöhle, die wegen des Hochstandes des Uterus hoch über der Symphyse begann, gewahrte man einen auffallend
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weißen, mehrknolligen, anscheinend vom rechten Ovarium aus- gehenden Tumor; bei der Punction entleerte sich aus demselben im Strahle eine wasserhelle, klare Flüssigkeit; nachdem aber die Einstichöffnung mit der Scheere erweitert war, rollten einige Echinococceusblasen heraus, welche die Diagnose sofort klar stellten.
Es wurde nun versucht, den rechtsseitigen Tumorcomplex nach Art der Ovariotomie zu entfernen. Dabei ergab sich, daß
sich derselbe bis in das Beckenbindegewebe hinein fortsetzte.
Schließlich gelang es doch, rechts gut und vollständig auszu- schälen. Linkerseits jedoch zeigte es sich, daß der hier vor- handene Tumor, der ebenfalls aus einer kleinen Einrißstelle Echino- coccusblasen entleerte, nicht nur den ganzen Beckenboden aus- füllte, sondern auch den Ureter so vollständig umwachsen hatte, daß eine Ausschälung nicht thunlich erschien. Dieselbe wurde um so illusorischer, als immer weitere Echinococcusblasen im Peritonealraum, bezw. retroperitoneal und auch unter der Serosa mehrerer Darmschlingen zur Beobachtung kamen. Es wurde daher von einer weiteren Ausschälung Abstand genommen, der zerfetzte Uterus samt den linken Adnexen und dem rechtsseitigen ausgeschälten Sack supravaginal amputirt, und der links und hinter dem Uterus gelegene, in’s kleine Becken hinabreichende Sack nach weiter Eröffnung mit Jodoformgaze tamponirt. Um die Oeffnung möglichst weit zu erhalten, wurde der Uterusstumpf noch mit einigen Nähten an die Bauchdecken fixirt. Patientin wurde offen weiter behandelt, wobei sich der gebildete Kanal rasch verkleinerte, so daß jetzt nur noch eine zehnpfennigstück- große Oeffnung übrig ist, welche in einen 5—6 cm langen Canal führt. Die übrige Bauchwunde ist per primam geheilt. Der Ver- lauf war ein völlig einwandsfreier; in den ersten Tagen war die Temperatur erhöht und bewegte sich zwischen 38° und 39° ohne irgend welche Allgemeinerscheinungen; darauf sing die Temperatur zur Norm herab; Puls war dauernd gut. '
Das gewonnene Präparat zeigt zunächst das amputirte Corpus uteri mit einer Cavumlänge von 4 cm; links davon abgehend die Tube mit dem mehrere Cysten enthaltenden Ovarıum. Vom Ab- gang der Tube bis an die Amputationsstelle ist die linke Uterus- kante bis tief in die Musculatur hinein aufgerissen. Diese Stelle entspricht der festen Verbindung des linksseitigen und retroute- rinen Tumors mit dem Uterus. Mit der rechten Uteruskante steht in breiter unlöslicher Verbindung ein mehrkammeriger Cystensack von 2—3 mm dicker Wandung, innen erfüllt von Echinococcus- blasen aller Größen und teilweise noch mit der characteristischen
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Membran ausgekleidet. Ueber diesen Sack hinweg zieht die nicht erweiterte Tube in einer Ausdehnung von 24 cm und endet auf ihm mit geöffnetem Fimbrienende. Ein Ovarium ist rechts nirgends zu finden. Dieser Haupteyste hängt noch ein Convolut geöffneter kleinerer Echinococcuscysten stielförmig an und entspricht dem leicht verschieblichen, hühnereigroßen Gebilde, welches ante operationem als dem rechtsseitigen Tumor aufsitzend constatirt worden war.
Obgleich rechterseits ein Ovarium nirgends gefunden werden kann, so glaube ich doch nicht, daß es sich hier etwa um eine Entwickelung des Echinococcus im Ovarium in Form einer Ovarial- ceyste gehandelt hat, sondern daß vielmehr der Echinococcus, der sich auch hier subperitoneal, im Bindegewebe des Ligamentum latum entfaltete, dlas Ovarium mit aufgebraucht hat; einer weiteren mikroskopischen Untersuchung bleibt es noch vorbehalten, be- sondere Stellen der Cystenwand auf das Vorhandensein von Ovarial- gewebe hin genauer zu untersuchen. Nach dem directen Befunde von Echinococcusblasen in der Darmwand, glaube ich, diese letzteren als den Ausgangspunkt für den Echinococcus des Becken- bindegewebes ansprechen zu dürfen.
2. Blasenstein um Fremdkörper.
Es handelt sich um einen Blasenstein, welcher sich um eine 8 cm lange Haarnadel gebildet hatte und vor einiger Zeit von Herrn Geh. Rat Küstner mittelst der Kolpocystotomie entfernt worden war. Die Trägerin desselben, ein 21jähriges Mädchen, kam im April dieses Jahres in die hiesige Klinik mit sehr leb- haftem, eitrigen Blasenkatarrh, der ihrer Angabe nach schon acht Wochen lang trotz ärztlicher Behandlung anhielt. Vor dieser Zeit will Patientin eines Tages, als sie sich auf das Oloset setzen wollte, einen stechenden Schmerz, wie von einer Nadel im Schooß gefühlt haben; bald darauf stellten sich trüber Urin und Schmerzen beim Wasserlassen ein. Die Untersuchung ergab folgendes: Der per Katheter entleerte Urin war stark getrübt, von braunroter Farbe und äußerst fauligem Geruch. Mit der Sonde fühlte man deutlich dicht hinter dem Sphincter vesicae einen etwa als finger- lang geschätzten, harten Körper; beim Anschlagen hörte man den metallischen Klang der Sonde, wie beim Anschlagen gegen einen Stein. Mit dem Nitze’schen Cystoscop konnte man einen läng- lichen, an einem Ende zugespitzten Körper erkennen, etwa in der - Form einer graden Nadel und bedeckt mit flockigen, flottirenden Niederschlägen. Die Blasenwand bot das Aussehen einer fetzigen, grauroten Masse. Auch die gut gelungene Röntgenaufnahme
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bestätigte das Vorhandensein eines nadelförmigen Fremdkörpers in der Blase.
Nachhinreichender Vorbereitungmittäglichen Blasenspülungen wurde am 18. April 1899 eine Längsincision in die Blase zwischen Portio vaginalis und Harnröhre gemacht und die incrustirte Nadel mittelst Kornzange extrahirt. Die Kolpocystotomie-Wunde, welche offen gelassen worden war, heilte im weiteren Verlauf fast ganz spontan zu; nur in ihrem oberen Ende blieb eine feine Fistel bestehen, welche nachträglich nach voraufgegangener Anfrischung durch die Naht geschlossen wurde. Pat. ist jetzt völlig geheilt und beschwerdefrei. — Trotzdem über die Herkunft des Fremd- körpers aus der Patientin nichts anderes herauszubekommen ist, als das in der Anamnese Gesagte, so unterliegt es doch wohl kaum einem Zweifel, daß auch diese Nadel, wie die schon sehr zahlreich beschriebenen, gelegentlich masturbatorischer Mani- pulationen von Seiten der Patientin in die Blase geglitten ist.
3. Steinbildung bei Kolpocleisis rectalis.
Ein durch seine Localisation besonders interessanter Urat- stein wurde gleichfalls kürzlichst durch Operation von einer Patientin gewonnen, bei der vor acht Jahren wegen umfangreicher Blasenscheidenfistel und Defectus urethrae die Kolpocleisis mit Anlegung einer Rectovaginalfistel vorgenommen worden war. Die Patientin hatte sich lange Zeit bei dem Zustande, ihren Urin durch den Mastdarm zu entleeren, vollkommen wohl befunden, bis der Stein, welcher sich in letzter Zeit in der nach außen ver- schlossenen und als Harnbehälter mitverwerteten Scheide gebildet hatte, anfing, lebhafte Beschwerden zu machen. Zu seiner Ent- fernung wurde hart neben der alten Kolpocleisis-Narbe einge- schnitten und der Stein mit einer Hakenzange extrahirt, wobei er durch Abbröckelung viel an seiner ursprünglichen Größe verlor. Obwohl nach der Extraction des Steines eitrige Flüssigkeit aus der Einschnittsstelle abfloß, wurde die Incisionswunde dennoch gleich wieder geschlossen, um nicht durch ein provisorisches Offenlassen derselben einen zweifellos wieder entstehenden Ver- schluß der alten angelegten Rectovaginalfistel zu Stande kommen zu lassen. Die Naht heilte auch bis auf zwei feine Fisteln zu, welche durch eine weitere Fisteloperation endgiltig geschlossen wurden.
Fall 2 ist bereits von Herrn Geh. Rat Küstner auf dem Berliner Gynäkologencongreß 1899 demonstrirt worden.
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Discussion:
Herr Robert Asch spricht über Recidive.
Herr Henle demonstrirt im Anschluß an den Hahn’schen Fall ein Präparat von Echinococcus der Niere (zufälliger Befund.) H. secirte auch einen Fall von Echinococceus des Beckenbinde- gewebes (alles subserös).
Herr Stelper erinnert sich eines hierher gehörigen Falles von Echinococeus, der mehr den Namen „Peritonitis echinococeica“ verdiente.
Herr P. Stoiper demonstrirt 1) einen Fall ven beiderssitigem Pes equinus infolge von metastatischer Myositis der Waden nach langdauernder Eiterung einer Wunde bei gleichzeitiger Sacralmarkläsien, aus dem Institut zur Be- handlung von Unfallverletzten:
Der 58jährige Mann erlitt, indem eine Rangirmaschine ihn zwischen die Gleise warf und überfuhr, zahlreiche Quetschungen des ganzen Körpers, einen Bruch des rechten Schlüsselbeins, eine Contusion der rechten Brustseite, des rechten Knies, zwei Schädel- weichteilwunden, eine Weichteilwunde an der rechten Gesäßbacke und eine Zusammenstauchung der Lendenwirbelsäule mit einer Blasen- und Mastdarmlähmung im Gefolge habenden Läsion des untersten Marks. Pat. hat vier Monate zu Bett gelegen und vier Wochen gefiebert, weil die an der rechten Gesäßhältte liegende Weichteilwunde fortdauernd eiterte.e Eine kleine Narbe auf der Höhe der rechten Wade weist auf eine Incision hin, durch welche ein hier in der dritten Woche entstandener Absceß entleert wurde. Als der Pat. vier Monate nach dem Unfall in’s Breslauer Institut für Unfallverletzte der Berufsgenossenschaft aufgenommen wurde, war sein Gang bereits eigenartig durch leichte Spitzfußstellung, beiderseits; seitdem — d. ı. innerhalb zwei Monaten — hat dieselbe einen sehr hohen Grad von Pes eqinus angenommen. Die Ursache der Wadenmuskelcontractur ist eine schmerzhafte Induration der Wadenmuskeln. Am linken Bein ist auch dicht über der Kniekehle eine schmerzhafte Verhärtung der Muskeln an der Beugeseite des Oberschenkels fühlbar. Die Patellarreflexe der immer im Knie in halber Beugung gehaltenen Beine sind leicht gesteigert. Die Sensibilität ist an den Beinen in allen Qualitäten normal. Die motorische Kraft der Beine ist gut. An der Kreuzsteißgegend springt der vierte Lendenwirbeldornfortsatz ungewöhnlich vor (Compressionsfractur eines Wirbelkörpers?) und ist schmerzhaft. An der rechten Gesäßbacke ist eine handteller- große Narbe von der langeiternden Wunde zurückgeblieben.
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Die Waden-Verhärtung faßt Stolper auf als eine in Myositis fibrosa ausgegangene metastatische Myositis. Der Pri- mär-Herd der Infection war offenbar die lange eiternde Wunde an der rechten Gesäßbacke. Daß gerade die Waden-Muscu- latur befallen wurde, dafür ist die Läsion des Sacralmarks wahrscheinlich verantwortlich zu machen. Die motorische und vor Allem die vasomotorische Parese in der Wadenmusculatur ergab hier einen Locus minoris resistentiae für die offenbar nicht besonders virulenten Entzündungserreger der eiternden Wunde am Gesäß. Stolper ist nicht geneigt, in trophoneurotischen Störungen, wie Eichhorst (Virchow’s Archiv, Bd. 139), sondern in vasomotorischen das disponirende Moment für dieLocalisation der Entzündung zu sehen. Die beiden Eichhorst’schen Fälle sind wie der demonstrirte Fall recht geeignet, das Zusammenwirken recht verschiedener ätiologischer Momente zu veranschaulichen. Stolper’s Fall hat deshalb auch allgemein-pathologisches Interesse.
2) Den früher schon vorgestellten, jetzt geheilten Fall von Hepatitis gummosa et interstitialis hypertrophiea. Unter Jod- kali und Hg-Behandlung hat sich die bis in’s Becken herabreichende Leber bis in normale Grenzen zurückgebildet, der früher deutlich fühlbare Gummaknoten auf dem linken Leberlappen ist ver- schwunden, ebenso die strahligen Rhagaden um den Mund. Inter- essant aber ist, daß Pat. mehrere Wochen nach einem Fehltritt mit einer langsam entwickelten starken Anschwellung um den rechten äußeren Knöchel wieder in Behandlung kam. Es handelte sich nicht um eine rein traumatische Erkrankung, sondern um eine durch das Trauma wahrscheinlich ausgelöste Periostitis hyper- plastica des Malleolus ext., die weit an der Fibula hinaufreichte. Unter Jodkaligebrauch ist auch diese binnen kurzer Zeit ver- schwunden.
Herr 0. Schmidt: Fall von Metritis dissecans.
Ich erlaube mir, ein Präparat vorzuzeigen, das immerhin zu den selteneren gehört. Dasselbe stammt von einer Wöchnerin, die vor etwa drei Wochen gesund aus der Anstalt entlassen wurde. Der Verlauf der Geburt und des Wochenbettes bietet in ver- schiedener Hinsicht hohes Interesse. Es handelte sich um eine 23jährige Ipara mit mäßig verengtem Becken, Diagonalis 11!/, cm. Die Frau wurde kreißend in die Anstalt gebracht, das Frucht- wasser war vor fast drei Tagen abgeflossen. Kurz nach dem Blasensprunge war draußen ein Wendungsversuch gemacht worden. Die Frau hat dann noch einen Tag weiter gekreißt. Von einem zweiten Arzte wurde dann abermals die Wendung versucht. Jedoch
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auch dieses mißlang. Der linke Arm soll hierbei vorgefallen und abgeschnitten worden sein. Nach dreitägigem Kreißen Aufnahme in die Klinik am 5. Mai cr.
Status praesens: Schlecht genährte, blasse, etwas gelblich aussehende Frau. Temperatur 38,6, Puls 96. Atmung beschleunigt. Leib aufgetrieben, druckempfindlich. Quercolon gebläht. Uterus tetanisch zusammengezogen, giebt tympanitischen Schall. Von Kindsteilen ist nur rechts ein harter, großer Teil zu fühlen, der als der Kopf angesprochen wird. Herztöne sind nicht zu hören.
Nach der Entfernung eines Tampons aus der Scheide entleert sich aashaft stinkendes Fruchtwasser. Der Muttermund ist nicht ganz verstrichen. Rechts fühlt man ziemlich hoch zwei Knochen- vorsprünge, die als zum Schultergelenk gehörig angesprochen worden; rechts und hinten fühlt man deutlich die Clavicula, nach links die Rippen. Es handelte sich also um eine II. dorso-anteriore Querlage mit Fehlen des linken Arms.
Auch in tiefer Narcose gelang es nicht, am Körper des Kindes vorbei durch die straff gedehnte Cervix zu gelangen. Es wurde daher wegen der Gefahr der Uterusruptur von der Wendung Abstand genommen. Trotzdem der Hals des Kindes ziemlich hoch lag und mit der Hand nicht umgriffen werden konnte, so wurde doch das Schultze’sche Sichelmesser eingeführt und zwar so, daß die Spitze desselben sich in die Haut des Halses ein- bohrte. Jedenfalls konnte ich mit Sicherheit eine Weichteil- verletzung der Mutter ausschließen. Mit wenigen sägenden Zügen gelang es, den Hals des Kindes, wie sich später zeigte, bis auf eine kleine Hautbrücke, zu durchschneiden. Die Extraction des Rumpfes bereitete einige Schwierigkeiten. Da der Arm, sonst eine bequeme Handhabe für die Extraction des Kindskörpers, fehlte, so wurde der Braun’sche Cranioklast so eingeführt, daß eine Branche desselben in Brust und Bauchhöhle, die andere über dem Rücken zu liegen kam. Schon bei geringem Zuge riß das morsche Gewebe aus und erst nach Herunterziehen des rechten Arms mit dem stumpfen Haken und Einsetzen mehrerer Haken- zangen gelang es, den Rumpf zu entwickeln. Hierbei mußte noch die schmale Hautbrücke, die zwischen Hals und Rumpf stehen geblieben war, durchtrennt werden. Die Extraction des Kopfes selinst erst, nachdem der Schädel durch Perforation mit dem scheerenförmigen Perforatorium verkleinert worden ist. Die Nach- geburt war nach wenigen Minuten gelöst und folgte einem leisen Drucke auf den Fundus. Sie ist invertirt, vollständig. Dabei entleert sich aashaft stinkendes, mit Gas untermischtes Frucht-
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wasser. Der Uterus wird mit mehreren Litern Lysol ausgespült. Einige kleinere Scheidenrisse werden durch fünf Catgutsuturen geschlossen; mehrere diphtherisch aussehende Stellen der Vagina mit Jodtinctur bestrichen. 2 Spr. Cornutin & 0,005, worauf sich der Uterus gut contrahirt.
In den ersten sieben Tagen des Wochenbettes constatiren wir Temperatursteigerungen bis 39,0, Puls 100—110, Druck- empfindlichkeit des sehr hochstehenden Uterus, riechende Lochien, leichten Icterus, Erbrechen und sonstige Zeichen leichterer peri- tonitischer Reizung bei leidlichem Allgemeinbefinden. Am achten Tage zwei Schüttelfröste von ca. !/,stündiger Dauer. Temperatur 40,4, frequenter, kleiner Puls, Benommenheit, Delirien, Abdomen mehr aufgetrieben. Uterus dauernd in Nabelhöhe, hart. Stark riechende Lochien. Die Wöchnerin macht einen schwer septischen Eindruck, Bis zum 24. Tage Temperatur wechselnd zwischen 40 und 38,6; in den letzten Tagen hat sich das Allgemeinbefinden wesentlich gebessert.
Am 24. Tage beim Uriniren Ausstoßen eines grau aus- sehenden, aashaft stinkenden, 10 cm langen, 3 cm breiten, 2 cm dicken wurstähnlichen, derben Gebildes, das auf drei Seiten, wenn man überhaupt von Seiten reden kann, eine glatte, ab- gerundete und nur auf einer Seite eine rauhe, unregelmäßig zerklüftete Oberfläche zeigt, einen Abguß eines Teils der Uterus- höhle darstellend. Auf der Oberfläche sowohl, wie auf dem Durchschnitt zahlreiche Gefäßlumina und Kanäle, an der Intima als Venen erkennbar, klaffend und weit, entsprechend der Gefäß- erweiterung im schwangeren Uterus. Auf dem Durchschnitt er- kennt man schon makroskopisch am derben, streifigen Aussehen die Uterusmusculatur.
Zwei Tage später Abfall der Temperatur zur Norm; zugleich hört die bis dahin sehr reichliche, übelriechende Secretion auf. Am 35. Tage verläßt die Frau gesund die Anstalt. Es wurde folgender Entlassungsbefund erhoben: Uterus in Mittelstellung, überragt zwei Querfinger die Symphyse, Adnexe und Parametrien zart. Bei einer heute vorgenommenen Untersuchung finden wir den Uterus ebenfalls in Mittelstellung, durch einige Stränge fixirt. Das Cavum uteri beträgt 7 cm; nach allen Seiten kann man mit der Sonde Excursionen machen; jedenfalls läßt sich zur Zeit keinerlei Schrumpfung oder narbige Veränderung feststellen.
Die aufgestellten mikroskopischen Schnitte, die durch die ganze Wand in senkrechter Richtung gelegt sind, lassen nach der glatten Oberfläche zu deutliche Quer- und Längsschnitte glatter
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Muskelbündel erkennen, dazwischen derbes, kernarmes, zum Teil sklerotisch aussehendes Bindegewebe. Das ganze Gewebe ist total necrotisch, da kein einziger Kern sich gut gefärbt hat. Außerdem sehen wir hochgradig erweiterte Venenlumina und Lymphräume, an der Wand der ersteren amorphes Blutpigment in Gestalt feinster Körnchen. Die Gefäße sind zum großen Teil thrombosirt, aber auch hier ist keine Kernfärbung, sondern nur derbfaseriges, maschiges Fibrin im Lumen zu sehen. Nach der rauhen Oberfläche finden sich noch zellenartige Gebilde, die zum Teil noch eine Andeutung eines bläschenförmigen Kerns zeigen, die man als Deciduazellen deuten muß. Von Bestandteilen der Schleimhaut ist nichts mehr vorhanden; ebensowenig finden wir irgend welche Leukocyten in den Präparaten. In einem nach Gram gefärbten Schnitte sieht man dann vorwiegend im muscu- lären Teil teils in Gewebsspalten, teils im Lumen von Venen, teils in der Umgebung der Gefäße in den perivasculären Lymph- räumen liegend ganz kleine Eiterkokken, meistens in Haufen zusammenliegend.
Ob es sich um eine primäre Necrose infolge von Thrombose mit secundärer Entzündung oder um das Umgekehrte gehandelt hat, ist schwer zu sagen. Unsere Beobachtung spricht entschieden für das Erstere, da wir bei der Durchsicht unserer Präparate nirgends, auch nicht in der als Demarcationszone anzusehenden Muskelschicht irgend welche entzündliche Vorgänge sehen. Das scheint mir jedoch nicht wunderbar zu sein. Die Entzündung ist eben schon abgelaufen, so daß wir in dem Präparate nichts mehr davon zu sehen bekommen. Der Sequester lag wahrscheinlich schon längere Zeit gelöst im Uterus. Dafür spricht das makro- skopische Aussehen, die glatte, abgerundete Fläche an der De- marcationsgrenze, die wir uns nur als durch Contractionen des Uterus zu Stande gekommen vorstellen können, ferner der klinische Verlauf, der Mangel jeglicher Blutung und Empfindung bei der Ausstoßung des Sequesters. Es muß also von der Loslösung bis zu diesem Termine immerhin eine gewisse Zeit vergangen sein. Begünstigt wurde dies durch die längere Zeit hindurch gereichten Dosen Cornutin, — die. Wöchnerin hatten vom 1.—5. und später vom 15,—18. Tage des Wochenbetts Cornutin bekommen, — die zwar den Uterus in seiner Arbeit, sich des Fremdkörpers zu ent- ledigen, unterstützten, aber andererseits auch den Muttermund fest contrahirten und so einen Austritt des Sequesters verhinderten. Es ist somit die demarkirende Entzündung und Sequestirung der Gebärmuttermusculatur als eine Art Heilungsvorgang aufzufassen,
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Werfen wir nun noch zum Schluß einen kurzen Blick auf die in der Litteratur verzeichneten Fälle von sogen. Metritis disse- cans. Im Jahre 1881 ist zum ersten Male von Syromjatnikoff diese Krankheit beschrieben worden und zwar faßte er sie als eine Krankheit sui generis, resp. als eine Complication des Ab- dominaltyphus auf. Wenngleich die Möglichkeit einer derartigen Abstoßung bei Typhus nicht zu leugnen ist, so dürfte doch gerade in seinem Falle nach dem ganzen Geburts- und Wochen- bettsverlauf die septische Infection als die Ursache anzusehen sein. Der Typhus dürfte daher nur ein prädisponirendes Moment für den septischen Vorgang und Gewebszerfall abgegeben haben. Auf letzteren bei schweren Typhen häufiger vorkommenden Vor- gang hat Liebermeister zuerst aufmerksam gemacht.
In den nächsten Jahren ist sodann von Grammatikati und Höchstenbach je ein Fall mitgeteilt worden. Ersterer sieht auf Grund seiner mikroskopischen Untersuchungen eines im Zu- sammenhang mit dem Uterus gewonnenen, erst in der Demarcation begriffenen Präparates die Metritis dissecans als eine partielle Gangrän der Gebärmutterwand an, wobei sich Bacterien im Uterus- gewebe entwickeln und fortpflanzen. Er teilte außerdem einen Fall Lebedeff’s mit.
Im Jahre 1890 teilte dann Garrigues zu seinen früher be- schriebenen sechs Fällen noch zwei mit; alle acht hatte er in einem Zeitraume von 1!/, Jahren beobachtet, während er vor- und nachher keine Gelegenheit dazu hatte. Auf Grund dieser Thatsache sprach er sich für die specifisch puerperal-septische Natur der Erkrankung aus und wies die, von Kubassow so bezeichnete, Endometritis dissecans, als absolut nicht zu dieser Gruppe zugehörig, zurück. Die beiden ersten von Kubassow beschriebenen Präparate sind wohl mit Sicherheit als die bei der Dysmenorrhoe ausgestossenen Membranen, das dritte als uterine Decidua bei Extrauteringravidität aufzufassen.
Aus neuerer Zeit habe ich sodann nur noch einen Fall von Gebhardt und einen von Walther erwähnt gefunden. Ersterer teilte gleichzeitig einen Fall aus der Privatpraxis ©. Ruge’s mit. Die von Walther mitgeteilte Beobachtung stimmt in vieler Hinsicht mit der unsrigen überein. Auch in seinem Falle handelte es sich um eine schwer inficirte Frau. Der erhöhte Druck sowie die Bacterieninvasion haben jedenfalls zur Ausbildung des Pro- cesses erheblich beigetragen.
Mithin ist die Metritis dissecans nicht als eine ganz besonders eigenartige Krankheit aufzufassen, sondern vielmehr als eine Teil-
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erscheinung in der großen Reihe der septischen Puerperal-Er- krankungen, die durch verschiedene Ursachen, z. B. durch Druck begünstigt, aber auch durch andere Umstände bedingt sein kann, wie z. B. durch die ätzende Wirkung chemischer Agentien. Der Ausgang des Krankheitsprocesses war unter den 16 beschriebenen Fällen bei dreien letal, bei zweien fand sich eine ausgesprochene Atrophie nnd Functionsunfähigkeit des Organs.
Herr Henke demonstrirt ein Colleideareinom der Mamma und ein Careinom der anderen Seite ohne colloide Entartung.
Herr A. Dienst: 1) Ueber Sarcoma eystieum uteri.
Meine Herren! Gestatten Sie mir, daß ich Ihnen diesen vorliegenden mannskopfgroßen kugelförmigen Tumor vorstelle, der, im Uteruscavum gelegen, am 15. Juni 1899 von Herrn Geheimrat Prof. Dr. Küstner durch Totalexstirpation operativ entfernt wurde. |
Er gehörte einer 48jährigen Kranken an, die zum ersten Male vor einem Jahre unterhalb des Nabels in der Linea alba eine hühnereigroße knotige Geschwulst gefühlt haben will. Diese soll angeblich im letzten Winter rasch gewachsen sein und seit dieser Zeit stärkere periodische Blutungen mit starken Schmerzen und Beschwerden verursacht haben.
Bei der dem operativen Eingriffe voraufgegangenen äußeren Untersuchung zeigte sich ein mannskopfgroßer, bis über den Nabel reichender Tumor, von derber fester Consistenz und kugeli- ger Form. Auf der Oberfläche des großen Tumors ließen sich durch die dünnen Bauchdecken zwei haselnußgroße Prominenzen deutlich fühlen.
Bei der inneren Untersuchung konnte man den Uterus von unten her nicht deutlich gegen den Tumor abgrenzen. In der. Uterushöhle fanden sich weiche Massen, die als Gerinnsel an- gesprochen wurden, von denen es jedoch nicht ausgeschlossen schien, daß es Tumormassen sein konnten.
Die Diagnose wurde auf ein kugelförmiges Myom gestellt, vielleicht mit Höhlencareinom combinirt.
Der den Tumor bergende, am 15. Juni 1899 total exstirpirte Uterus hatte damals eine ausgesprochen birnenförmige Gestalt.
Beim Eingehen mit der Sonde in den äußeren Muttermund gelangte man an der hinteren Scheidenwand 7 cm, an der vor- deren 10 cm in die Höhe, während die Entfernung von der Portio bis zu dem Tubenwinkel jederseits 16 cm betrug. Rechts und links wurde der Uterus seitlich bis zur Tubenkante aufgeschnitten. Im Uteruscavum zeigte sich darauf ein über kindskopfgroßer,
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kugelförmiger, prall elastischer Tumor mit deutlicher Fluctuation, 7 cm unterhalb des linken Tubenwinkels fand sich in der Seiten- wand des Tumors eine fünfzigpfennigstückgroße necrotische Gewebspartie, aus der ein langes Cruorgerinnsel ragte, das sich durch den äußeren Muttermund bis in die Scheide herabstreckte. Dies Gebilde war es, welches bei der vor der Operation statt- gehabten inneren Untersuchung die Diagnose zwischen Blut- gerinnsel und erweichter Tumormasse schwanken ließ.
Der Tumor selbst wurde durch einen der Längsachse des Uterus entsprechenden Schnitt eröffnet. Es floß reichliche, seröse, wässrige, gelblich-weiß gefärbte Flüssigkeit aus der Schnittöffnung.
Der 'hier vorliegende Tumor grenzt sich — wie Sie sehen, meine Herren — äußerlich scharf gegen die Umgebung ab. Während die periphere Zone der Geschwulst, in einer Breite von 2 cm, ringsum ein compactes Gewebe von körnigem und markigem Aussehen zeigt, wird die centrale Partie eingenommen von Cysten, die von mikroskopischer Kleinheit bis zu Gänseei- größe alle möglichen Varianten zeigen. Die Wandungen benach- barter Cysten haben mannigfache Communicationsöffnungen unter sich und verleihen dadurch dem Inneren des Tumors ein balkiges Gefüge. Hier und da finden sich zwischen den Cystenwandungen bis haselnußgroße compacte Gewebsmassen, von gleichem Aus- sehen wie der periphere Teil des Tumors, eingestreut.
Die kuglige Beschaffenheit der freien Oberfläche der in das Uteruscavum ragenden Geschwulst legst makroskopisch be- trachtet die Annahme nahe, daß es sich um ein Myom handelt, zumal die Uteruswand allgemein hypertrophisch ist, wie das ja bei einem intramuralen Myom von größerem Umfange und längerem Bestande stets der Fall zu sein pflegt. Ueberdies gewinnt die Diagnose „Myom“ durch das Vorhandensein der beiden hasel- nußgroßen subserösen Knoten auf der Oberfläche des Uterus noch an Wahrscheinlichkeit. Die cystischen Hohlräume im Innern des Myoms lassen vermuten, daß es sich hier um ein Cystomyom handelt.
Das mikroskopische Bild der Uteruswandung zeigt eine starke ödematöse Durchtränkung und allgemeine Hypertrophie der Museculatur.
Die freie Oberfläche des Tumors läßt großenteils eine noch wohl erhaltene, wenngleich entzündlich infiltrirte Uterusschleimhaut erkennen; Drüsen: finden sich nur spärlich darin. Unterhalb der Schleimhaut findet sich eine mäßig dicke Schicht entzündlichen Bindegewebes vor. Die darauffolgende Gewebszone zeigt, neben
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hier und dort eingestreuten Inseln von Netzknorpel, noch ver- einzelte Zellenmitstäbchenförmigen, annähernd viereckig gestalteten Kernen, die als Muskelkerne aufzufassen sind. Die Haupt- masse der Geschwulstpartie weistjedoch den Typusder spindeligen Zelle auf, deren Kerne, im Allgemeinen größer als die der Muskel- fasern, bald eine mehr rundliche, bald eine mehr ovale Form haben und öfter gelappt oder gewunden erscheinen; es finden sich Kern- teilungsfiguren; auch ist die Verschiedenheit der Färbbarkeit der Zellkerne auffallend. Zwischen den spindligen Zellen sieht man reichliche Rundzellenhaufen eingestreut. Intercellular- substanz ist nur in sehr geringer Menge vorhanden. Sehr deutlich lassen sich auch vielkernige Riesenzellen an diesem Präparat auffinden. Vor allem fällt der äußerst große Reichtum, an Gefäßen auf. Um größere Gefäße zeigen sich vielfach con- centrische Ringe runder und spindeliger Zelllagen von oft beträcht- licher Dicke. Dabei ist jedoch das Endothel der Gefäße in an- scheinend unveränderter Gestaltung erhalten, während die glatte Museulatur an diesen Stellen sich nicht auffinden läßt. Auch verkalkte Partien finden sich in dem Tumor, sowie blutig imbibirte Gewebsschichten. Dort finden sich dann reichlich Blutkörperchen tragende Zellen. Das bindegewebige Stroma weist starke hyaline Entartung auf. Die centrale cystische Partie der Geschwulst zeigt im mikroskopischen Bild als den Inhalt kleinster Cysten ein feines Fibrinnetz, wie es für Lymph- thromben characteristisch ist, mit vereinzelt eingesprengten Lymph- körperchen. Der Innenraum der Cysten ist mit einem deutlichen Endothelbelag austapeziert. Eine Schicht glatter Musculatur, wie bei Gefäßen, fehlt. Die zwischen den einzelnen Cystensepten gelegenen compacten Gewebspartien zeigen mikroskopisch ein der . peripheren Tumorzone analoges Bild. Besonders in diesem cen- tralen eystischen Teil findet sich eine ausgeprägte hyaline Ent- artung des Bindegewebes, das die stark erweiterten Lymphgefäße scheidenartig umhüllt.
Aus der Anwesenheit stäbchenförmiger, annähernd viereckiger Zellkerne, die für Muskelkerne characteristisch sind, ergiebt sich, daß der Tumor, der schon makroskopisch, wie bereits betont, als Myom angesprochen wurde, auch mikroskopisch, d. h. mit absoluter Sicherheit, als Myom zu gelten hat. Da jedoch die Hauptmasse dieser Geschwulst aus Spindelzellen mit Kernen von verschiedenster Größe, Form und Färbbarkeit besteht, so geht daraus hervor, daß hier gleichzeitig ein Sarkom vorliegt, d. h. daß eine sarkomatöse Entartung des Myoms stattgefunden haben muß. — Daß dieses
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Sarcom sich thatsächlich aus einem Myom herleitet, ist durch die bindegewebige Kapsel, welche diese Neubildung umhüllt, be- wiesen. Da an manchen Partien der Oberfläche sich noch Schleim- haut des Uterus über der bindegewebigen Kapsel findet, läßt sich überdies der Sitz des Myoms als submucös feststellen. Dem- nach ist der Tumor als ein sarkomatös degenerirtes sub- mucöses Corpusmyom aufzufassen.
Aus der Häufigkeit der zur Operation kommenden Myome und der relativen Seltenheit der Uterussarkome geht hervor, daß nur ein kleiner Bruchteil der Myome von einer sarkomatösen De- generation betroffen wird. Martin fand bei 205 Myomen, die genau mikroskopisch untersucht wurden, 6 sarkomatös degenerirte. Wollte man auf Grund dieser Statistik annehmen, daß 3 pCt. der Myome sarkomatös degenerirten, so wäre das sicher viel zu hoch gegriffen, da doch nur ein Bruchteil der Myome zur Operation kommt. Da nun, wie längst bekannt, aus maligne gewordenen Myomen der weitaus größte Teil der Sarkome hervorgeht, und wie wir sehen die sarkomatöse Entartung eines Myoms einen nur ganz geringen Procentsatz dieser Geschwulste befällt, kann man den berechtigten Schluß ziehen, daß Uterussarkome nicht alltäglich vorkommen. Gurlt, wenn ich mich recht erinnere, will unter 26649 Genitaltumoren nur zweimal Sarkome des Uterus gesehen haben. Wenngleich nach der statistischen Angabe anderer Autoren das Uterussarkom bei weitem nicht so spärliche Zahlen einnimmt, muß es immerhin als relativ seltene Geschwulst be- trachtet werden.
Trotzdem würde die Veröffentlichung dieses Uterussarkoms als nicht lohnend unterblieben sein, wenn es nicht seine Besonderheiten und Seltenheiten aufzuweisen hätte. Zu diesen gehört u. a. der Be- fund sehr großer vielkerniger Riesenzellen. Bezugnehmend auf letztere schreibt Geßner („Ueber Uterussarkom“. Handbuch der Gynäkologie von Veit, 1899): „Sehr selten finde ich mehrkernige Riesenzellen erwähnt, ich konnte diese Angaben nur bei Katz, Menge, Schreher, Seeger und Whitridge Williams finden.“ Auch nicht gerade gewöhnlich ist die bei dem in Frage kommen- den Tumor constatirte Metaplasie der Geschwulstzellen in Knorpelgewebe; die hyaline Umwandlung des Stromas ist dagegen etwas häufiger. Besonders interessant ist, außer dem Gefäßreichtum, wie er sonst im Sarkom ungewöhnlich ist, das Vorkommen der Cystenräume. Daß es sich dabei um erweiterte Lymphräume handelt, geht aus dem Inhalt der Cysten, dem Endo- thelbelag, dem Fehlen glatter Musculatur ohne Weiteres hervor.
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Wahrscheinlich hat diese Lymphangiectasie, wenn auch nicht in so hohem Grade, so doch aber in geringem Maße schon bestanden, als der Tumornoch ein Myom war; stellen doch erweiterte Lymphgefäße einen häufigen Befundrasch wachsenderMyomedar. Menge erblickt in der Teleangiectasie der Myome den Beginn sarkomatöser Um- wandlung. Er kam zu dieser Anschauung durch die Beobachtung zweier großer, als Iymphangiectatischer Myome angesehenen Ge- schwülste, die sich bei der späteren mikroskopischen Untersuchung als Spindelzellensarkome erwiesen. Ueberdies glaubt er mit Sicherheit nachgewiesen zu haben, daß in einem seiner Fälle die Sarkombildung von den Wandungen sowohl der kleineren als auch besonders der erweiterten Lymphgefäße ausging.
Nach Klebs geht die Entwickelung des Sarkomgewebes von der Umgebung der Gefäße aus. — Wenn man sieht, wie sich im vor- liegenden Falle die Zellwucherung auffallend häufig in Gestalt concentrischer Lagen um die Gefäße gruppirt, wenn man ferner in Betracht zieht, daß das Endothel überall erhalten ist, die Gefäß- musculatur aber größtenteils oder vollkommen durch die Geschwulst- zellen verdrängt ist, so gewinnt die Annahme von Klebs, auf Grund solcher Befunde, viel an Wahrscheinlichkeit. Mag nun die Sarkomzelle im vorliegenden Falle aus der Gefäßmusculatur sich herleiten oder nicht, jedenfalls legt die innige Vermischung von Muskelelementen mit Sarkomzellen und die Uebergangsbilder solcher Stellen im Bereich der ganzen Geschwulst die Vermutung nahe, daß die Sarkomzelle in letzter Instanz sich hieraus der Muskel- zelle hergeleitet hat. Wenn diese Annahme richtig ist, so wäre nach Gessner’s Vorschlag die Geschwulst als ein Myoma sar- comatosum zu bezeichnen, resp. mit Rücksicht auf die das Ge- schwulstbild beherrschenden Cystenräume und die bisher nur fünfmal in der Litteratur nachgewiesenen Riesenzellen vielleicht besser als ein Myoma sarcomatosum lymphangiectodes gigantocellulare zu benennen.
Derartige cystische Uterussarkome sind auffallender Weise in der Litteratur nicht allzu selten beschrieben worden. Doch macht Gessner mit Recht aufmerksam, daß die meisten der unter diesem Namen beschriebenen Cysten aus fettigem Zerfall oder myxomatöser Entartung des Geschwulstgewebes hervorgegangen sind und dem- nach, streng genommen, nicht als cystische Sarkome bezeichnet werden können; wahre, echte Cysten mit Endothelbelag ausschließ- lich könnten nur hierzu gerechnet werden. Schließt man alle die durch fettigen Zerfall oder myxomatöse Entartung bei Uterussarkom entstandenen Cystenbildungen aus, so wird die Menge der in der
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Litteratur erwähnten rein cystischen Sarkome wesentlich ein- geschränkt. Fälle dieser Art habe ich in der Litteratur zwei von Menge und je einen von Kühn und Gessner beschrieben ge- funden. Hier ist jedoch, nach der Beschreibung zu urteilen, die cystöse Entartung dieser Tumoren weit geringer gewesen als im vorliegenden Falle. Die kolossale Erweiterung des Lymphapparates bei dem in Rede stehenden Tumor findet ein Analogon in der Litteratur in der von Müller (Archiv für Gynäkol., B. 30) be- schriebenen, der vorliegenden fast völlig in allen Stücken gleichen- den Geschwulst; hier variirten die Cysten von mikroskopischer Kleinheit bis Apfelgröße. Auch Müller fand in den Cysten, wenigstens in den kleineren, Endothelbelag.
Wodurch sich im einzelnen Falle die Lymphangiectasie er- klären läßt, darüber habe ich in der Litteratur keine befriedigende Erklärung. finden können. Der Druck der Geschwulst auf die abführenden Lymphwege im Lig. latum, der so gern von den ver- schiedenen Autoren als Grund der Lymphstauung angeführt wird, muß bei dem Sitz des vorliegenden Tumors notwendiger Weise wegfallen. Auch die Erklärung von Virchow, die Erweiterung der Lymphgefäße als secundäre Erscheinung anzusprechen als Folge einer primären Erweichung des umgebenden Geschwulst- gewebes, kann hier, bei dem Fehlen derartiger Erweichungsherde, so plausibel sonst die Deutung sein mag, nicht zur Erklärung herangezogen werden.
Werfen wir zum Schluß noch einen Blick auf das klinische Bild, so legt das, seit vorigem Winter plötzlich entstandene schnelle Wachstum des Tumors die Vermutung nahe, daß zu dieser Zeit die bis dahin als relativ gutartiges teleangiectatisches Myom an- zusehende Geschwulst sarkomatös degenerirte und Schmerzhaftig- keit und Blutungen als Begleiterscheinungen ur nunmehrigen Malignität im Gefolge hatte.
Demnach ist die Prognose dieses Falles keine günstige.
2) Ueber multiple Embryome.
Meine Herren! Als zweiten Fall erlaube ich mir, Ihnen einen kindskopfgroßen Tumor vorzuführen, der in der Kgl. Universitäts- Frauenklinik zu Breslau von Herrn Geh.-Rat Küstner am 9. Mai d. J. durch Ovariotomie bei einer 41jähr. Frau entfernt wurde.
Aus der Krankengeschichte der betreffenden Patientin sei erwähnt, daß sie angeblich vor 21/, Monaten beim Gehen auf der Straße plötzlich heftige Unterleibsschmerzen verspürt hätte, die sie 14 Tage an’s Bett gefesselt hätten. Einen ähnlichen Schmerz- anfall soll die Frau angeblich 14 Tage vor der Operation gehabt
-Y. Abteilung. Medicinische Section. 117 haben. Seitdem hätte sie über Schmerzen in der linken Seite zu klagen gehabt und daselbst eine Geschwulst gefühlt.
Die der Operation voraufgegangene äußere Untersuchung ergab eine erhebliche Auftreibung des Leibes durch Geschwulst- massen, die bis zum Nabel in die Höhe reichten. Die innere Untersuchung zeigte das Scheidengewölbe von einem Tumor- segment occupirt, welches Flüssigkeitsbewegung aufwies. Die Diagnose wurde auf einen doppelseitigen Ovarialtumor gestellt.
Bei der am 9. Mai in Beckenhochlagerung vorgenommenen Laparotomie fand sich zunächst in der Tiefe der Bauchwunde Dünndarm und Netz fest in der Blasengegend adhärent. Nach Trennung dieser Adhäsionen erschien ein bläulich grüner, mit Flüssigkeit gefüllter Tumor, welcher auch in der Tiefe allent- halben mit Intestinalpartieen und den Bauchwandungen sehr fest verlötet war und stumpf getrennt werden mußte. Nachdem dieser Tumor, welcher dem linken Ovarıum angehörte, auch von seinen Adhäsionen in der Tiefe befreit war, erwies er sich als ein über kindskopfgroßes Ovarialpolycystom, mit einer atypischen Torsions- spirale um 180°—-270°%. Der fast ganz necrotisch gewordene Stiel des Cystoms wurde abgebunden. Darauf wurde in der Tiefe ein weniger adhärenter, ebenso großer, ebenfalls polycystischer, dem rechten Ovarıum angehörender Tumor sichtbar, welcher gleich- falls leicht zu entfernen war.
In dem linken Ovarialtumor konnte ich bei genauerer Unter- suchung ein mit Oystadenomapseudomucinosum combinirtes Ovarial- dermoid von gewöhnlicher Form entdecken. Interessant an diesem Tumor war nur die atypische Torsionsspirale, die für die klinischen Erscheinungen, d.h. die plötzlich aufgetretene Schmerzhaftigkeit, verantwortlich gemacht werden mußte.
Der Ihnen hier vorliegende Tumor gehört dem rechten Ovarium an. Dies ist, wie Sie sehen, in einen kindskopfgroßen, prall elastischen Tumor umgewandelt. Die glatte Außenfläche desselben zeigt eine sagittal verlaufende, furchenartige Vertiefung, wodurch der Tumor äußerlich in eine gänseeigroße, laterale und eine hühnereigroße, mediale Hälfte getrennt wird. Auf der Außen- fläche des größeren Tumors findet sich ein bohnengroßes, derberes Gebilde, welches sich beim Aufschneiden als ein frisches Corpus luteum erweist. Nach Eröffnung des großen, lateralen Tumors durch einen Messerschnitt documentirt sich derselbe als eine Oyste, welche mit Atherombrei und schwarzbraunen, langen Haaren angefüllt ist. Nach der Entfernung des Cysteninhaltes findet sich eine unebene, höckrige Beschaffenheit der Innenfläche des Tumors,
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indem schwielig verdickte Bindegewebszüge hier und da sich über das Niveau der Wandung erheben und diese an den betreffenden Stellen verdicken und vorbuckeln. Dazwischen werden glatte Wandpartieen sichtbar. Indem somit die ganze Cyste an ihrer Innenwand eine schwielige, narbenartige Beschaffenheit zeigt, findet sich nur an einer am meisten nach unten, hinten und rechts seitlich gelegenen Stelle, ein mit dicker Haut und langen, schwarz- braunen Haaren bedecktes zottenförmiges Gebilde, der sogenannte Dermoidzapfen. Derselbe, von der Größe einer türkischen Bohne, hängt an einem nur wenige Millimeter dicken, 1 cm langen Stiele befestigt, frei pendelnd in’s Lumen der Cyste. Die Anhaftungs- stelle dieses Stieles und des an ihm hängenden Dermoidzapfens befindet sich also direct entgegengesetzt dem Sitze des median gelegenen kleineren Tumors. Die Wandung der großen Cyste zeigt sich durchsetzt von Spalträumen, die mit gelbgrauer, schmieri- ger Flüssigkeit angefüllt sind. Der Durchschnitt erhält dadurch ein bienenwabenartiges Aussehen. Nach Eröffnung des zweiten, hühnereigroßen Tumors fällt auf, daß neben dem Atherombrei die Haare hier einen ganz anderen Farbenton, nämlich einen rot- blonden bis strohgelben zeigen. Hier liegt eine vierkammerige Cyste vor; diese vier Oysten sind alle gleich groß, fast wallnuß- groß. Dabei communiciren die Lumina der vier Cysten miteinander durch Spaltöffnungen, die sich in ihren Wandungen finden. In der diesen Cysten gemeinschaftlichen Wandung befindet sich eine bis 1 cm dicke und 2 em lange Gewebspartie, die auf der freien Oberfläche, überall wo sie in’s Lumen der vier Cysten ragt, deutlich mit papillentragender Haut und Haaren bekleidet ist, während die übrigen Wandpartieen der Oysten glatt erscheinen.
Die größere laterale Cyste ist von der kleineren vierkammeri- gen medianen Cyste durch ein festes Bindegewebsseptum ge- schieden; es besteht auch nicht die kleinste Communicationsöffnung zwischen den beiden die Geschwulst zusammensetzenden großen Cysten.
Wie aus dem Befund von Atherombrei und Haaren hervor- geht, handelt es sich um eine als Dermoid oder Embryom be- zeichnete Ovarialgeschwulst. Es liegt nun nahe, bei der voll- kommen getrennten Anlage der beiden Dermoidzapfen, an das Vorhandensein eines multiplen Embryoms zu denken.
Natürlich ist diese Annahme erst bewiesen, wenn die mikro- skopische Untersuchung Bestandteile aller drei Keimblätter ergiebt; denn das ist nach den vorzüglichen Arbeiten von Wilms,, Pfannenstiel, Krömer u.A. das Characteristicum desEmbryoms.
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Um zunächst festzustellen, ob Knochen oder Knorpelgebilde in den Zapfen des Dermoids enthalten seien, wurde der Tumor mit Röntgenstrahlen photographirt.
Dies sind die Photographien, die ich mir erlaube herumzu- zeigen. Sie sehen da in dem gänseeigroßen Tumor eine Knochen- platte, in dem kleineren drei kleinste Knochenanlagen. Die Der- moid-Zapfen selbst sind, zwecks späterer mikroskopischer Unter- suchungaufSerienschnitten, von mir aus dem Tumor entfernt worden. Sie wurden entkalkt und dann in Celloidin eingebettet. Kleinste Partien der Dermoidanlage des medianen kleineren Tumors wurden zur Probe herausgeschnitten und in Paraffin eingebettet. Die hier aufgestellten mikroskopischen Präparate beweisen Ihnen, daß thatsächlich alle drei Keimblätter beim Aufbau dieses Embryoms beteiligt sind.
Als Abkömmling des Ectoderms sehen Sie äußere Haut mit ihren Attributen, den Talgdrüsen und Schweißdrüsen und Haaren, als Bestandteile des Mesoderms glatte Musculatur, endlich als eine aus dem Entoderm abzuleitende Bildung eine -Schild- drüsenanlage mit colloidem Drüseninhalt. Von dem Zapfen der großen Cyste können Ihnen Gebilde der äußeren Haut mit Talg- drüsen und Haaren (Ectoderm) sowie Muskelfasern und subcutanes Fettgewebe (Mesoderm) darthun, daß sich die Bestandteile zweier Keimblätter bereits finden ließen. Der Nachweis des dritten Keimblattes an diesem Zapfen ist, da das Präparat noch nicht so weit fertig gestellt werden konnte, mikroskopisch noch nicht zu erbringen gewesen. Doch findet sich an der Unterfläche des in Frage stehenden Zapfens eine schleimhautähnliche, sammetartige, glänzende, linsengroße Partie, an der die äußere Haut fehlt, eine Erscheinung, in welcher die verschiedensten Autoren die Entoderm- anlage des Dermoids-Zapfens schon makroskopisch erkennen wollen. Darum glaube ich mit Bestimmtheit den sicheren Beweis der Entodermanlage auch an diesem Zapfen noch nachträglich mikroskopisch erbringen zu können.
Ohne auf die über Ovarialdermoide gerade in jüngster Zeit so zahlreich erschienene Litteratur näher einzugehen, möchte ich nur die bisher bekannten Fälle von multipler Dermoidanlage auf- zählen. Wilms, ohne Zweifel einer der besten Kenner dieser Geschwülste, konnte bisher nur einen einzigen Fall im Mai dieses Jahres veröffentlichen. Es handelt sich dabei um eine fünffache Dermoidanlage des einen Ovariums, während das andere das Bild eines gewöhnlichen Dermoids zeigt. Er schreibt: „In der Litte- ratur, soweit ich sie kenne, habe ich derartige Fälle nirgends
120 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. verzeichnet gefunden.“ Auf dem jüngst in Berlin tagenden Gynäkologencongreß hat Gottschalk ebenfalls einen Fall eines multiplen Embryoms mitgeteilt. Auch Pfannenstiel hat bereits vor 12 Jahren in der Privatpraxis von Fritsch eine fünffache Dermoidanlage gesehen; endlich erwähnt Schröder in seinem Lehrbuch eine siebenfache Anlage; doch sind die beiden letzten Fälle nirgends eingehend beschrieben worden.
Vorliegendes Präparat enthält außer der multiplen Anlage noch mehrere Eigentümlichkeiten, wie sie bisher nur selten in Ovarialdermoiden beobachtet worden sind. Zu diesen Besonder- heiten gehört die verschiedene Haarfarbe des vorliegenden multiplen Embryoms. Die verschiedene Haarfarbe ist schon bei doppel- seitigem Ovarialdermoid nach Krömer selten; eine verschiedene Haarfarbe bei multipler Embryomanlage, einen dem vorliegen- den analogen Fall, habe ich in der Litteratur nirgends finden können. Vielleicht documentirt sich gerade dadurch jene Anlage als ein selbstständiges, für sich abgeschlossenes Gebilde, als ein rudimentärer Ovarialparasit für sich. — Ein Verhalten, wie es der Zapfen des großen Dermoids zeigt, wo die Dermoidbildung als kugliger Körper gestielt an der Wand befestigt ist und frei-
pendelnd ins Lumen der Cyste ragt, ist nach Krömer „extrem selten“. Er hat bei seiner großen Menge von Untersuchungen nur ein einziges Mal ein derartiges Vorkommen an seinen Präpa- raten constatiren und sonst keinen analogen Fall in der Litteratur auffinden können. — Endlich ist die eigentümliche Auflockerung dergroßen Dermoideystenwandung kein häufiger Befund. Krömer, der diese Eigentümlichkeit als „bienenwabigen Bau“ treffend be- zeichnet, konnte dies Verhalten nur zweimal bei seinen Unter- suchungen finden.
Pfannenstiel fand, wie Krömer hervorhebt, schon vor Jahren inder Wand eines Dermoideystomsdie gleiche Veränderung und führt dieselbe zurück auf Lymphectasie mit gewucherten Endothelien und Eindringen von Dermoidschmiere in diese Räume. Ebenso konnte er sie an einem Tumor verfolgen, den ein schwedischer Forscher Axel Limnell ihm bei der Demonstration seiner Präparate vorlegte. Klausner endlich beschreibt das Endstadium dieses Vorganges in dem Septum einer zweikammerigen Dermoidcyste.
Die Besonderheiten des vorliegenden Falles, die sich aus der multiplen Anlage,'dem verschiedenen Farbenton der Haare der beiden rudimentären Ovarialparasiten, der eigentümlichen For- mation des Zapfens der großen Cyste und dem bienenwabigen
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Bau derselben Cystenwand zusammensetzen, war der Grund, den vorliegenden Fall Ihnen vorzustellen und damit der Oeffentlichkeit zu übergeben. Sterilisation wegen Phthise.
Herr Küstner stellt einen Fall vor, wo er bei Gelegenheit einer Sectio caesarea die Sterilisation der Frau durch Tuben- excision vorgenommen hat.
Frau H., 33 Jahre alt, hat acht Mal geboren. Alle Geburten verliefen schwer, ein Kind wurde perforirt, von den acht ist nur eins, das erste, überlebend, alle anderen sind totgeboren. In ihrer 9. Gravidität stellte sich Frau H. zwei Wochen vor dem berechneten Endtermin vor. Das Becken wurde in der Conjugata vera auf 8,5, in dem Querdurchmesser verhältnißmäßig weniger verengt gefunden. \
Da bei der Größe des Kindes die Einleitung der künstlichen Geburt keinen Erfolg mehr versprach, kam nur Symphyseotomie oder Kaiserschnitt in Frage, und zwar letztere Operation, wieder mit Rücksicht auf die besseren Chancen für das Kind, in erster Linie.
Frau H. lie in den Vorschlag ein, aber nur unter der Bedingung, daß mit der Operation ein Verfahren combinirt würde, welches sie vor weiterer Oonception sicher stellen könnte.
Der Grad der Beckenverengerung würde nun in diesem Fall eine Sterilisirung nicht gerechtfertigt haben, wohl aber that es eine weitere Complication.
In der Discussion, welche sich an den Vortrag des Herrn L. Fraenkel über a op der Frau durch Tubenexeision, gehalten in dieser Gesellschaft vor drei Monaten, schloß, betonten alle Redner, daß nur auf streng wissenschaftliche Indication. hin ein derartiges Verfahren vorgenommen werden dürfe. Ich machte die Bemerkung, daß unter den Erkrankungen, welche dieser Forderung genügen könnten, die Lungenphthise vielleicht eine bedeutungsvolle Rolle spielen könnte. Denn nach meiner Er- fahrung wird kein pathologischer Proceß durch die Schwanger- schaft in ungünstigerer Weise beeinflußt als gerade dieser. Wenn auch in diesem Punkte Einheit der Ansichten z. Z. nicht besteht, so inclinirt doch eine beträchtliche Anzahl Geburtshelfer zu dieser pessimistischen Auffassung.
Frau H. ist seit längerer Zeit lungenkrank und wenn. wir auch T. B. im Sputum nicht nachweisen konnten, so sprachen der Spitzencatarrh, das äußerst kachectische Aussehen in Ueber- einstimmung mit der Anamnese mit größter Wahrscheinlichkeit
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für Lungentuberculose. Unter diesen Umständen hielt ich es für indicirt, mit der Sectio caesarea die Tubenexcision zu verbinden.
Operation am 1. Mai, Fritsch’scher Fundalschnitt bald nach Wehenbeginn, Tubenexcision, lebendes großes Kind, Ope- ration ohne Besonderheiten.
Von hoher Wichtigkeit war im Verlaufe, daß während seitens des Abdomen keine Störungen zu beobachten waren, die Lungen- processe in äußerst unliebsamer Weise exacerbirten. Die Frau machte eine schwere lobuläre Pneumonie durch, welche unmittelbar im Anschluß an die Narcose einsetzte. Sie wurde am 33. Tage nach der Operation gesund entlassen.
Dieser Verlauf bestätigt eine weitere in genannter Discussion von mir gegebene Aeußerung, daß wenn man eine Tubenexcision blos um bestehender Lungentuberculose in Aussicht nimmt, man die Operation ohne Chloroform und selbstverständlich erst recht ohne Aethernarcose, sondern unter Schleich machen muß, da die Inhalationsnarcosen bei tuberculösen Lungenprocessen wieder eine Noxe für sich darstellen. Das wird sich bei einer kleinen Operation, wie die Exeision gesunder Tuben ist, unter allen Um- ständen effectuiren lassen. Muß man diese kleine Operation mit dem Kaiserschnitt verbinden, so ist die Inhalationsnarcose, wie auch in diesem Falle, schwer oder nicht zu entbehren, und die Kranke muß, wie in vielen anderen Fällen, wo bei Lungentuber- culose operirt wird, das Risico tragen. Frau H. erfreut sich jetzt des besten Wohlbefindens. | Quere Zerreissung der nicht graviden, nicht torquirten Tube.
Herr Küstner stellt einen Fall vor, wo er bei Gelegenheit einer Ovariotomie eine verheilte totale quere Zerreißung der Tube antraf.
An dem über mannskopfgroßen kleincystisch, multiloculären Ovarialeystadenom lief die Tube in verticaler Richtung 6 cm in typischer Weise entlang, endete jedoch nicht mit den Fimbrien, sondern blind mit einem spitzen Ende. Der Ovarialstiel war richt torquirt. Nach der Amputation des Tumors fand sich bei Gelegen- heit der Revision der rechten Adnexe und des Beckenperitoneums in der Tiefe des Douglas ein 4 cm langer, etwa 1 cm dicker warzenförmiger Fortsatz fest adhärent, dessen freies Ende blind, jedenfalls ohne sichtbare Oeffnung in den Peritonealraum hinein- ragte. Dieser Fortsatz wurde ebenfalls exstirpirt. Seine mikro- skopische Untersuchung ergab, daß es sich um den am Ovyarial- tumor vermißten Rest der linken Tube handelte.
Da in diesem Falle Torsionsvorgänge ausgeschlossen waren,
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so hat man sich den Vorgang der Abreißung der Tube a, maßen vorzustellen:
Von früher her bestand eine Salpingitis-Perisalpingitis, welche zu einer und zwar sehr festen Adhäsion des verlöteten Fimbrien- endes der linken Tube im Douglas geführt hatte. Später ent- wickelte sich das linksseitige Ovarialkystom; durch eine eigen- tümliche Wachstumsrichtung desselben wurde es bedingt, daß die im Douglas mit ihrem distalen Ende adhärente Tube nicht zur Seite ausweichen konnte, sondern sagittal über dem Tumor verlaufend, eine immer stärker werdende Dehnung erfuhr. Schließlich erwies sich die Adhärenz der Tube im Douglas fester, als die Continuität des Organs und riß letzteres quer durch.
In der Anamnese finden wir kein Symptom angegeben, welches diesen Zerreißungsproceß signalisirt hätte. .Derselbe muß, wie verständlich, sich allmählich, nicht plötzlich vollzogen haben.
Operation des Uteruscareinoms.
Herr Küstner stellt zwei Frauen vor, bei welchen er vor Kurzem wegen Portiocareinoms dieFreund’sche Operation gemacht hat und zeigt das Präparat, welches ebenfalls bei Gelegenheit einer Freund’schen Operation gewonnen ist, und welches er schon auf dem diesjährigen Gynäkologencongreß in Berlin de- monstrirt hat. Im letztgedachten Falle war ein Cervixkanal- carcinom mit einem kindskopfgroßen Myom des Fundus combinirt.
An der Hand der vorliegenden Demonstrationsobjecte erörtert K. folgende Gesichtspunkte: |
Die Freund’sche Operation gestattet eine gründlichere Ent- fernung der dem Carcinom benachbarten Gewebspartien als die vaginale Exstirpation. Sie gestattet ferner die Entfernung von carcinomatösen Uteri, welche von der Vagina aus sich technisch und anatomisch verbietet. Die Freund’sche Operation gestattet die Entfernung von Uteri vorzunehmen, welche man bei Be- tastung von Vagina und Rectum aus für unexstirpirbar halten mußte.
Endlich klärt die Inangriffnahme vom Abdomen aus die Ver- hältnisse der Ausbreitung des Carcinoms, wie das bei vaginaler Operation nie möglich ist. Besonders illustrativ wirken in diesem Sinne die zwei. vorgestellten Frauen.
Bei der einen handelte es sich um ein wenig umfängliches (P. St., operirt am 9. VI. 99), bei der andern um ein sehr um- fängliches Blumenkohlgewächs der Portio (E. S., operirt am 7, VL. 99). Während nun bei dem umfänglichen Primäraffect die
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Lymphdrüsen des Beckens bei der Operation noch normal klein bis zur Unauffindbarkeit angetroffen wurden, fand man bei dem wenig umfänglichen Carcinom die Iliacaldrüsen beider Seiten und auch die oberen Sacraldrüsen bereits stark intumescirt und krebsig erkrankt.
Aus dieser Parallele ergeben sich weitere wichtige Gesichts- punkte für die Wahl des Operationsverfahrens und die Stellung der Prognose quod valetudinem completam.
Herr Robert Asch berichtet über seine Careinomfälle.
17. Sitzung vom 14. Juli 1899. Klinischer Abend in der Kgl. medicinischen Klinik. Vors.: Herr Geh.-Rat Kast.
Herr Uhthoff stellt einen 25jährigen Patienten der medicini- schen Klinik mit den ausgesprochenen Symptomen der disse- minirten Herdsklerose vor, der gerade in Bezug auf die Augen- störungen bemerkenswerte Erscheinungen bietet.
Im Jahre 1890 erblindete das rechte Auge ziemlich plötzlich und erst allmählich hob sich die Sehschärfe wieder bis zur jetzigen Höhe, doch werden auch jetzt nur Finger in 2 m gezählt und besteht ein centrales Scotom. Pat. wurde zu jener Zeit wegen „Neuritis optica“ augenärztlich behandelt. Das linke Auge blieb zunächst völlig verschont. Erst einige Jahre später erkrankte Pat. an einer Osteomyelitis und im Anschluß an diese Erkran- kung entwickelte sich das Bild der disseminirten Herdsklerose, welches jetzt im hohen Grade besteht (spastische Paresen, Inten- tionszittern, typische Sprachstörung u. s. w.), so daß Pat. kaum allein gehen kann.
Um diese Zeit entwickelte sich jetzt auch allmählich eine Sehstörung auf dem linken Auge, welche dann in den letzten Jahren relativ stationär blieb, S=!/,. Gesichtsfeld peripher frei, größeres centrales Undeutlichkeitsscotom, er erkennt kein Grün, während Rot und Blau noch relativ gut gesehen werden. Oph- thalmoskopisch besteht beiderseits das Bild einer ausgesprochenen Opticusatrophie, nur die inneren Teile der Pupillen reflectiren noch eine Spur rötlich, Grenzen scharf.
Pupillenreaction erhalten auf Licht, aber wenig ausgiebig, deutlicher Nystagmus oscillatorius in horizontaler Richtung. Die Augenbewegungen sowohl beim Blick nach rechts als nach links deutlich beeinträchtigt (Blickparese nach beiden Seiten).
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U. geht nun speciell auf die Opticusveränderungen näher ein und hebt besonders das Bild der Neuritis optica auf dem rechten Auge, die plötzliche Sehstörung, die Besserung derselben hervor, während links sich Jahre später die Sehstörung ganz allmählich entwickelte, unter dem Bilde der partiellen Optieusatrophie. Aber auch hier keine Erblindung. Es wird sodann das Verhältnis der Neuritis optica zur multiplen Sklerose näher beleuchtet, namentlich auch die Bedeutung derselben für: die allgemeine pathologische Anatomie der multiplen Sklerose. Ferner hebt U. besonders noch das frühzeitige Auftreten des rechtsseitigen Opticusprocesses her- vor, Jahre lang, bevor der eigentliche Symptomencomplex der disseminirten Herdsklerose sich ausbildete; also auch hier war der Opticusproceß mit eins der ersten Symptome der Erkrankung, ähnlich wie ja die tabische Sehnervenatrophie den übrigen Sym- ptömen vorausgehen kann.
Im Anschluß hieran demonstrirt U. noch eine Anzahl von anatomischen Bildern über die Sehnervenveränderungen bei mul- tipler Sklerose, in denen teilweise interstitiell-neuritische Ver- änderungen deutlich zu Tage treten.
Herr Kast: Vorstellung eines Falles von Sklerodermie. Der Gastwirt J. erkrankte allmählich im Laufe des Jahres 1898 mit Steifigkeit in den Gliedern und Beweglichkeitsbehinderung. Bei der Vorstellung zeigt er alle die Eigentümlichkeiten der starren Infiltration von Haut, Subeutangewebe und Musculatur, die dem. Kranken die Beschaffenheit der „wächsernen Starre“, des „starren Leichnams“ giebt. Die Sehnenscheiden und Gelenke lassen bei geringen Bewegungen ein knarrendes Geräusch hören. Besprechung der Symptomatologie und Therapie. |
Herr Scholtz stellt im Anschluß hieran noch einen Fall von. Sklerodermie der Arme vor, der bereits im März 1898 in der Gesellschaft demonstrirt wurde und vornehmlich in therapeuti- scher Hinsicht von Interesse ist. Bezüglich der Krankengeschichte verweist er auf die damalige Demonstration.
Behandlung mit Electrieität (Galvanisation, Zweizellenbad, Faradisation) hatte damals keinen merklichen Erfolg, und auch durch warme Wasser- und Moorbäder, Massage und Pflaster- einwicklungen wurde nur Besserung mäßigen Grades erreicht. Nach zweimonatlicher Behandlung wurde Pat. gebessert entlassen, kehrte aber bereits nach zwei Monaten in demselben Zustand, wie bei ihrer ersten Aufnahme, in die Klinik zurück. Sie wurde nun an den Armen intermittirend mit Chrysarobinsalbe (bis 10 pCt.) behandelt, um durch die entstehende Hyperämie und
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leichte Entzündung auf die sklerosirte Haut zu wirken. In der That konnte der Erfolg ein guter genannt werden. Nach circa zwei Monaten war die Haut bei weitem weicher und weniger gespannt und die rohe Kraft und Beweglichkeit der Finger hatte sich bedeutend gehoben. Doch auch diese Besserung hielt nicht an und Pat. kehrte im Juni 1899 in die Klinik zurück. Auf die Empfehlung H. Hebra’s hin, der jüngst in der Wiener derma- tologischen Gesellschaft drei durch Thiosinamin geheilte resp. wesentlich gebesserte Sklerodermiefälle vorgestellt hatte, wurde nun ein Versuch mit diesem Mittel gemacht, obwohl Herr Geh.- Rat Neisser bereits vor einigen Jahren dieses Mittel bei einem an Sklerodermie leidenden Patienten ohne Erfolg angewandt hatte. Es wurde anfangs die von Hebra empfohlene alkoholische Lösung, später eine weit weniger schmerzhafte, 1Oproc., wässere Glycerin- lösung benutzt und hiervon jeden zweiten Tag 1 ccm = 0,1 Thio- sinamin subcutan injieirt. Der Erfolg war ein recht guter; bereits nach 5—6 Injectionen war eine deutliche Besserung zu constatiren und nach 15 weiteren Injectionen konnte Pat. be- deutend gebessert entlassen werden. Die rohe Kraft und Be- weglichkeit war so gut wie normal und die Haut zeigte nur noch eine geringe Derbheit und leicht blau-rote Verfärbung.
Auch bei einigen Lupuspatienten der Klinik mit starreh, wulstigen Narben wurde durch Thiosinamininjectionen erheb- liche Erweichung und Abschwellung derselben erzielt.
Auf die Frage von Herrn Geh.-Rat Kast über die Behand- lung mit Schilddrüsenextract ist zu erwidern, daß auch dieses Mittel in der Breslauer Klinik einige Male, jedoch ohne bemerkens- werten Erfolg, angewandt worden ist. Dies gilt auch für einen Patienten, der angab, seine Struma sei mit Beginn der Sklero- dermie geschrumpft, so daß an eine gewisse Beziehung der Schild- drüsenerkrankung zur Hauterkrankung in diesem Falle gedacht werden konnte. Ri
Herr Kühnau: Demonstration einiger Fälle aus einer kleinen Epidemie von Arsenintoxication in Haynau in Schlesien.
Herr Sehäffer bespricht im Anschluß an den von Herrn Kühnau vorgestellten Fall die Hautveränderungen bei der Arsen- intoxication.
Während sie bei acuten Vergiftungen nur selten und in nicht characteristischer Weise auftreten, sind sie bei chronischem Arsen- gebrauch meist sa eigenartig, daß aus ihnen allein die Diagnose gestellt werden kann, wie auch in dem heute demonstrirten Fall.
Characteristisch ist vor allem eine durch Pigmentverschiebung
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bedingte bräunliche Schäckung der Haut, die besonders am Hals und an der Brust auftritt, sowie eine eigentümliche Hyperkeratose der Flachhände und Fußsohlen.
Diese Hautveränderungen kommen sowohl bei dem medi- camentösen Gebrauch des Arsens, als auch bei unbeabsichtigter, langdauernder Einverleibung im technischen Betrieb, durch Trink- wasser, Nahrungsmittel und dergleichen vor.
Wir hatten Gelegenheit, mehrere Fälle von Arsenmelanose und beginnender Hyperkeratose nach innerlicher und subcutaner Anwendung des Medicamentes zu beobachten, in letzter Zeit auch sehr ausgesprochene Veränderungen bei einem zu der Massen- erkrankung in Reichenstein in Schlesien gehörigen Patienten. Ueber diese Epidemie ist kürzlich eine ausführliche Arbeit von Dr. Geyer aus der Breslauer dermatologischen Klinik erschienen. (Ueber die chronischen Hautveränderungen beim Arsenicismus und Betrachtungen über die Massenerkrankungen in Reichenstein in Schlesien. Archiv für Dermatologie, Bd. XLIII, Festschrift zur Pick.)
Die Hyperkeratose der Palma mauus und Planta pedis be- ginnt als diffuse, sehr gequollen aussehende, hornige Verdickung mit durchscheinenden sagokorn-ähnlichen Erhabenheiten. Bei den hochgradigen Fällen treten in den späteren Stadien inmitten der gleichmäßigen Hornauflagerungen auch unregelmäßige, verrucöse Wucherungen, die sogenannten Arsenwarzen auf. Entzündliche Erscheinungen fehlen; meist ist eine starke Hyperidrosis vor- handen.
Auch in den Anfangsstadien ist die Affection so characteristisch, daß differentialdiagnostische Schwierigkeiten gegenüber anderen, secundär zur Hyperkeratose führenden Palmar- und Plantar- Erkrankungen kaum entstehen, wie aus der Betrachtung der de- monstrirten Vorlagen und Abbildungen hervorgeht. Bei Psoriasis, Lichen ruber planus, ebenso beim papulösen und tertiären Syphilid kann man an einzelnen Stellen wohl stets die scharf begrenzten Primärefflorescenzen erkennen, die auch meist über die Palma oder Planta hinausgehen. Auch bei dem Keratoma palmare et plantare hereditarium ist eine Verwechslung — ganz abgesehen von der Anamnese — nicht möglich, da hier die verhornten Partien durchaus trocken und spröde sind und sich durch einen bläulich-roten Saum, der bei der Arsenkeratose ganz fehlt, gegen die Umgebung absetzen.
Der Verlauf der Hautveränderungen bei der Arsenintoxication pflegt sehr chronisch zu sein und meist viele Jahre unverändert
128 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. zu bleiben — auch wenn eine weitere Zufuhr unterbleibt. Bis- weilen entwickelt sich die Hyperkeratose so stark, daß sie zu erheblicher Belästigung (sehr schmerzhafte Rhagaden) Anlaß giebt und therapeutisches Eingreifen erfordert. Zu berücksichtigen ist auch die Carcinomentwicklung aus den Arsenwarzen; unter 60 Fällen der Reichensteiner Epidemie finden sich fünf derartige Beobachtungen.
Die Disposition für das Auftreten der Arsenmelanose und Hyperkeratose scheint individuell sehr verschieden zu sein. Man sieht sie bisweilen schon nach kleinen Mengen in verhältnismäßig kurzer Zeit sich entwickeln, während sie in anderen Fällen auch nach langer Zeit fortgesetzten, hohen Arsendosen ausbleiben.
Herr Nenninger: Demonstration eines Falles von Echino- coccus der Leber. Diagnose durch Nachweis der Larven im Stuhl.
Herr Fromherz: Bericht über einen Fall von Cantharidin- vergiftung.
Ein Student nahm in der Vorlesung aus dem herumgereichten Präparat etwa drei Centigramm krystallisirtes Cantharidin. Aus dem Befund der Blasenbildung auf der Zunge, aus dem Cantharidin- geruch der Spülflüssigkeit des Magens, dem Tenesmus und Hämaturie ist die Diagnose zu stellen.
} Sitzung vom 27. October 1899 ın der alten Börse. Vors.: Herr Geh.-Rat v. Mikulicz. Schriftf.: Herr Prof. Dr. Born.
Herr Uhthoff hält den angekündigten Vortrag über „Die Beeinflussung des centralen Sehens durch seitliche Blendung.“ “ U. verweist zunächst auch auf die practische Bedeutung dieser Frage und führt dafür eine Reihe von Beispielen aus dem ge- wöhnlichen Leben an. Er geht sodann auf die Geschichte der Frage und die früheren Arbeiten über diesen Gegenstand ein (Urbantschitsch, Schmidt-Rimpler, Sewall u. A.) und kommt dann auf seine schon vor längeren Jahren in dieser Rich- tung angestellten experimentellen Untersuchungen. Jetzt wurden diese Untersuchungen wieder aufgenommen mit einem neuen dazu nach U.’s Angaben vom Mechaniker Tiessen construirten Apparat, der es ermöglicht, auf der einen Seite die seitliche Blendungs- intensität beliebig zu varliren, und zweitens den Winkel, unter dem die Blendung das Auge trifft, auf der anderen Seite aber
ein
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eine Vorrichtung mit verschiedenen Sehproben enthält, die mit wechselnder Lichtintensität beleuchtet werden können. An einer Abbildung wird dieser Apparat näher erläutert.
Auf diese Weise nun wurden die früheren Untersuchungen U.’s wieder aufgenommen und in erster Linie von einem Schüler U.s, Herrn Depere, pract. Arzt, durchgeführt, hauptsächlich an seinem eigenen Auge, z. T. an U.’s Auge, sowie bei einigen jüngeren Aerzten.
Untersucht wurde nun methodisch der Einfluß der Intensität der seitlichen Blendung, der Einfluß des Einfallswinkels der Blen- dung, der Einfluß der Beleuchtung der central gesehenen Objecte im Verhältnis zur seitlichen Blendung, der Einfluß der Pupillen- weite u. s. w. Die experimentellen Untersuchungsresultate werden in Curvenform aufgezeichnet vorgelegt. Dieselben werden von Herrn Depere demnächst eingehender veröffentlicht werden.
Zum Schluß geht U. noch auf die Krankengeschichte und Selbstbeobachtungen eines Patienten näher ein, der bei der Aus- übung seiner künstlerischen Thätigkeit (Maler) durch seitliche Blendung ganz außerordentlich gestört war.
Noch Manches ist auf diesem Gebiete methodisch zu unter- suchen, wie z. B. die Störung des centralen Sehens durch inter- mittirende seitliche Blendung, durch farbige seitliche Beleuchtung, die Störung im Farbenerkennungsvermögen durch seitliche Blen- dung u. s. w. Alle diese Fragen greifen viel tiefer in’s prak- tische Leben ein, als man wohl gewöhnlich geneigt ist anzu- nehmen. Der Begriff der Blendung im gewöhnlichen Leben ent- steht oft nicht durch eine übermäßige helle Beleuchtung des direct gesehenen Objectes, als vielmehr durch eine relativ schwache Beleuchtung des gesehenen Objectes im Vergleich zu dem inten- siveren gleichzeitig seitlich einfallendem Lichte. In erster Linie dürften hier Adaptionsstörungen mit in Betracht kommen.
Herr Kionka: Zur Pathologie der Gicht.
Meine Herren! Durch die Untersuchungen von Ebstein!) wissen wir, daß man durch Einverleibung von Chromsäure bei Hühnern ein der Arthritis urica des Menschen analoges Krankheits- bild hervorrufen kann. Des Weiteren hat uns kürzlich v. Kössa?) gelehrt, daß in gleicher Weise wie Chromsäure, so auch Oxal- säure, Phenol, Aceton, Aloin, Sublimat und sogar Zuckerarten eine solche Uratretention bei Hühnern erzeugen können.
1) Ebstein: Die Natur und Behandlung der Gicht. — Wiesbaden, 1892. 2) v. Kössa: Archiv. international. de pbarmakodynamie, V, p. 97. — Derselbe: Pflüger’s Archiv, Bd. 75, p. 310. 9
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Außer dieser toxischen Gicht giebt es aber wie bekannt beim Geflügel eine idiopathische Gicht, welche ohne erkennbare Ursache entsteht. Ich hielt daher den Versuch für nicht aussichtslos, bei Hühnern nicht durch Einführung so differenter Stoffe wie Chrom- säure, Oxalsäure etc., sondern nur durch eine zweckmäßige Be- einflussung der Ernährung und der Lebensweise ein analoges Krankheitsbild hervorzurufen.
Wie ich in Erfahrung brachte, beobachtet man die Geflügel- gicht nicht nur bei Hühnern, sondern auch bei Straußen und namentlich auch bei Raubvögeln, besonders Geiern, die in Ge- fangenschaft gehalten werden. Diese Thatsachen sowie die Ueber- legung,: daß man beim Menschen von jeher reichlichen Fleisch- genuß als ein ätiologisches Moment zur Entstehung der Gicht ansieht, veranlaßte mich zunächst auch einmal bei Hühnern die Einwirkung reiner Fleischkost zu untersuchen.
Hühner lassen sich bekanntlich sehr leicht an reine Fleisch- kost gewöhnen, und auch bei meinen Hühnern beobachtete ich niemals ein Zurückweisen des zur Nahrung gebotenen Fleisches. — Ich fütterte die Hühner mit Pferdefleisch, das von Sehnen und Fett möglichst befreit und durch die Hackmaschine getrieben war. Sie bekamen täglich zwei Mahlzeiten, außerdem Wasser so viel sie wollten. Der Boden des mit Eisengittern umgebenen sehr geräumigen Käfigs war cementirt bezw. gedielt, desgl. die ‘Wände mit Holz belegt, so daß eine Aufnahme von Kalk durch Hacken am Mauerputz oder aus dem Sandboden verhindert war.
Die Hühner fühlten sich bei dieser Lebensweise zuerst an- scheinend ganz wohl, indessen nach einiger Zeit (3—5 Monate) stellten sich bei einzelnen die ersten Symptome der Erkrankung ein, die sich allmählich zu dem Bilde einer echten Gicht ent- wickelte.
Es ließen sich deutlich zwei Krankheitstypen unterscheiden. Bei der einen acuten Form zeigten die Hühner zunächst un- sicheren Gang, stürzten beim Herabspringen von der Stange hin, zogen beim Auftreten — wie es schien wegen Schmerzen — die Beine an. Allmählich nahm die Schwäche der unteren Extremitäten zu, und es traten an einzelnen Tagen Verschlimmerungen des Leidens auf: Die Hühner lagen dann auf dem Boden, die Füße waren angezogen, an den Gelenken geschwollen, Appetit fehlte. In der anfallsfreien Zeit fraßen sie wieder gut, die Schwellungen der Gelenke gingen wieder zurück.
Mit der Zeit wurden diese Anfälle häufiger, die Füße blieben geschwollen und waren völlig gebrauchsunfähig, so daß sich die
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Hühner nur mittels der Flügel auf dem Boden fortbewegen konnten, der Appetit verlor sich ganz, die Tiere magerten rapid ab und gingen ziemlich schnell zu Grunde. — Bei dieser Form der Erkrankung waren die Uratablagerungen an den ödematös geschwollenen Gelenken wohl nachweisbar, jedoch nicht erheblich. Sehr stark entwickelt waren diese aber bei der zweiten langsamer verlaufenden Form der Gicht.
Auch diese begann mit Störungen und Ungeschicklichkeit im Gange und Schwellungen an den Fußgelenken, doch traten nie- mals solche ausgesprochene Anfälle wie oben geschildert auf, wenngleich zeitweilige Verschlimmerungen auch hier zu con- statiren waren. Das hervorragendste Symptom dieser Gichtform war aber die allmähliche Ausbildung sehr stark entwickelter Tophi an den Gelenken und an den Sehnenscheiden der Beine und Füße. Ich reiche Ihnen hier die Photographie einer solchen gichtkranken Henne. Sie sehen im stereoskopischen Bilde deutlich die stark entwickelten Knoten an Füßen und Zehen. Noch größer waren die Uratanhäufungen bei dieser Henne bei ihrem vier Wochen später erfolgenden Tode. Die am Oberschenkel amputirten, von der Haut des musculösen Beines befreiten Ex- tremitäten zeigen Ihnen diese beiden Photographien. Sie sehen auf der einen auch, daß der eine Tophus am Fuß bereits zer- fallen war. Außerdem sieht man aber jetzt auch sehr voluminöse Harnsäureconcremente zwischen die Muskeln des Unterschenkels bis zum Knie hinauf eingelagert. Noch anschaulicher zeigt diese Verhältnisse vielleicht dieses Präparat, bei welchem die gewaltigen Tophi zwischen den eingetrockneten Muskeln besonders stark hervortreten.
Zum Vergleich gebe ich hier noch die Photographie der Füße eines an idiopathischer Gicht im Breslauer Zoologischen Garten verstorbenen Gänsegeiers. Die feste derbe Haut der Füße läßt bei diesem Raubvogel die runden Tophi nicht so scharf umgrenzt hervortreten.
Alle diese Tiere, sowohl meine Hühner wie dieser Geier, waren, wie die Obduction zeigte, offenbar an der diese Krankheit begleitenden Nephritis zu Grunde gegangen. Die mikroskopische Untersuchung der Nieren zeigte das bekannte Bild der Gicht- niere, wie es Ebstein und kürzlich auch v. Kössa sehr schön bei ihren gichtkranken Vögeln beschrieben und auch abgebildet haben. Die kleinzellige Infiltration, die schlechte Färbbarkeit und die stellenweise bereits ausgebildete Nekrose der Epithelien der gewundenen Kanälchen waren ebenso wie die teilweise Aus-
g*
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füllung des Lumens der Harnkanälchen mit Uratkrystallen ein ständi- ger Befund in allen Nieren der spontan gestorbenen Hühner und des Geiers sowie der absichtlich getöteten erkrankt gewesenen Hühner.
Ich untersuchte natürlich auch den Stoffwechsel dieser mit Fleisch gefütterten Hühner. Die eingeführte Nahrung bestand wie gesagt nur aus Fleisch und Wasser. Ich stieg mit den Fleischrationen so lange bis ich die Hühner im Körpergleichgewicht erhielt. Ich kam dabei bei meinen allerdings zum Teil sehr schweren Hühnern (1500—3000 9) zu recht großen Fleischrationen. Sie erhielten schließlich zweimal täglich je 75 g, also 150 g pro Tag. Dabei befanden sie sich auch ungefähr im Stickstoff-Gleich- gewicht. — Die von ihnen aufgenommene tägliche Wassermenge warauchziemlich bedeutend, doch an verschiedenen Tagen ungleich. Sie schwankte von 50—200 cem.
Um. die Ausscheidungen der Hühner sammeln und untersuchen zu können, wurden die Hühner in dieser Zeit in Holzkästen nach Art der von v. Knieriem°) früher angegebenen und auch von Hans Meyer?) benützten Käfige gehalten. (Diese Kästen ließen Hals und Kopf und auf der anderen Seite das Hinterteil hervor- ragen. Unter letzteres wurde täglich zur bestimmten Stunde eine Schale gestellt, welche die aus der mehrere cm. aus dem Kasten herausragenden Üloake entleerten Excremente aufnahm. Die Kästen erlaubten den Hühnern zwar aufzustehen, jedoch nicht sich um- zudrehen oder den Steiß in den Kasten zu ziehen.) Die Hühner ver- tragen diese Gefangenschaft viele Wochen lang ohne jeden Nachteil.
Die Menge der ausgeschiedenen Excremente betrug ent- sprechend der großen Nahrungsaufnahme etwa 200-350 g. — Die N-Ausscheidung war entsprechend der stickstoffreichen Kost ebenfalls sehr groß: 3,4—5,4 g pro Tag. — Die NH,-Aus- scheidung, im Durchschnitt 0,3 g pro Tag, war etwas höher als die von Hans Meyer bei seinen fleischgefütterten Hühnern gefundene, erreichte aber nicht die Zahlen, die Minkowski?°) bei seinen fleischgefütterten Gänsen feststellte. — Auffallend war die Menge der ausgeschiedenen Harnsäure. Sie schwankte zwischen 7 und 11 g pro Tag. Diese enorme Harnsäure-Vermehrung bei Fleisch- fütterung bestätigt die Beobachtungen Meissner’s®), Hans Meyer’s, Minkowski’s u. A.
5) v. Knieriem: Zeitschr. f. Biologie, Bd. XIII, p. 36.
4) Hans Meyer: Inaug -Dissert., Königsberg 1877.
5, Minkowski: Archiv f. experim, Pathologie und Pharmakologie, Bd. XXI, p. 41.
8) Meissner: Zeitschr. f. ration. Mediein, 3. Folge, Bd. XXXI, p. 179.
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Es ist selbstverständlich, daß die nur mit Fleisch ernährten Hühner sehr gierig auf Körnerfutter und Kohlehydrate waren. Außerdem konnte ich aber bei ihnen auch ein sehr starkes Ver- langen nach Kalk wahrnehmen. Dieser Kalkhunger, der sich bei verschiedenen Gelegenheiten sehr deutlich zeigte, konnte ja nur ein Verlangen nach Alkali sein, das sich bei der sauren Fleisch- nahrung leicht erklären ließ. Indessen schien es mir doch möglich, daß der Kalk im Organismus der Hühner einen ähnlichen Einfluß auf den Stickstoffhaushalt ausüben könnte, wie dies von Abel und Muirhead’) für den Hund und den Menschen nachgewiesen ist. Ich gab daher zwei dieser fleischgefütterten Hühner neben den 75 g Fleisch bei jeder Partion noch 5 g gepulverter Eier- schalen, im Ganzen also pro Tag 10 g, die Menge, welche, wie ich mich überzeugte, die Hühner auch freiwillig innerhalb 24 Stunden zu sich nahmen.
Das auffallendste Symptom, das sich nach Kalkzufuhr ein- stellte, war die stark vermehrte Diurese. Die Menge der aus- geschiedenen Excremente stieg an manchen Tagen bis über 500 g. Dementsprechend war auch der Durst vermehrt, die Hühner tranken auffallend viel. — Eine weitere Aenderung trat in der Reaction der ausgeschiedenen Excremente ein. Während sie unter Fleisch- fütterung stets sauer reagirten, waren sie jetzt alkalisch.
Sehr interessante Thatachen zeigte die chemische Untersuchung der Ausscheidungen.
Die Stickstoffausscheidung war wenig verändert. — Von der Ammoniak-Ausscheidung war zu erwarten, daß sie verringert sei. Wenigstens haben Abel und Muirhead für den Säugetier-Or- ganismus gezeigt, daß nach Kalkzufuhr ebenso wie nach der Darreichung anderer Alkalien die Ammoniakausscheidung abnimmt und Minkowski®) fand in einem Versuche bei einer Gans, der er große Mengen Natriumbicarbonat eingab, in dem stark alka- lischen Harn die ausgeschiedene Ammoniakmenge verringert.
Es war von vornherein klar, daß ich bei meinen Unter- suchungen starke Verluste an Ammoniak erlitt. Ich mußte durch mehrere Stunden die Excremente, welche, wie ich mich wiederholt überzeugte, schon mit alkalischer Reaction aus der Cloake entleert wurden, in einem untergestellten Gefäß sammeln. Dabei konnte also Ammoniak in die Luft entweichen. Er mußte abgegeben werden, da ja die Excremente dieser kalkgefütterten Hühner große
7) Abel u. Muirhead: Archiv f. experim. Pathologie und Pharma- kologie, Bd. XXXI, p. 15. 8) Minkowski: 1. c., p. 60.
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Mengen Kalk enthielten. Ueber die frischgelassenen Exeremente aufgehängte Streifen befeuchteten roten Lackmuspapiers färbten sich auch schon innerhalb einer halben Stunde blau und in einer Schale mit Normalschwefelsäure, welche ich unter einem darüber gestülpten Holzkasten etwas über der Schale der frischgelassenen Excremente aufstellte, konnte ich in 24 Stunden über 5 cg Ammoniak auffangen. — Es waren also aus den Excrementen, ehe ich sie zur Ammoniakbestimmung verwandte, schon sehr be- trächtliche Mengen Ammoniaks entwichen. Trotzdem fand ich nach Kalkzufuhr nicht weniger Ammoniak als vorher bei reiner Fleischfütterung. Es mußte also die Menge des in den Ex- crementen ausgeschiedenen bezw. in ihnen sich bildenden Am- moniaks unter dem Einfluß des dargereichten Kalkes vermehrt sein.
Ein Hinweis auf die Quelle des mehrgebildeten Ammoniaks ergaben die Harnsäurebestimmungen. Es wurde nämlich unter Kalkzufuhr bei weitem weniger Harnsäure ausgeschieden als früher. Während die täglich ausgeschiedene Harnsäuremenge bei Fleisch- fütterung 7—11 g betrug, wurden jetzt nur 3,5—6 g ausgeschieden. Die Harnsäureausscheidung war also um 40—50 pCt. verringert.
Eine Erklärung dieses auffallenden Verhaltens scheint mir sich unschwer zu ergeben, wenn man die von Abel und Muirhead festgestellte Thatsache in’s Auge faßt, daß im Menschen- und Hundeharn nach Einnahme größerer Mengen Kalk Carbaminsäure in reichlichem Maße ausgeschieden wird. Der Organismus bildet den leicht löslichen carbaminsauren Kalk, um sich seines Kalk- überschusses zu entledigen. Die wenig haltbare Carbaminsäure zerfällt aber bekanntlich sehr schnell in Ammoniak und Kohlen- säure, welch’ letztere Abel und Muirhead im Harn auch im freien Zustande nachweisen konnten. Derselbe Nachweis gelang auch mir in den Excrementen der kalkgefütterten Hühner.
Es ist daher möglich, daß auch der Hühnerorganismus Carbamin- säure oder eine andere stickstoffhaltige organische Säure bei reich- licher Kalkzufuhr bildet. Das stickstoffhaltige Material für diese Säure würden diejenigen Verbindungen liefern, aus denen normaler Weise im Vogelorganismus Harnsäure gebildet wird. Wir wissen ja aus den Untersuchungen zahlreicher Autoren: Hans Meyer, Minkowski, v. Mach®°), daß der größte Teil der Harnsäure bei den Vögeln synthetisch entsteht.
Es gelingt natürlich nicht, diese stickstoffhaltige Säure oder ihren Kalksatz aus den Hühnerexerementen herzustellen. Ver-
9%) v. Mach: Archiv f.experim. Pathol. u. Pharmakol., Bd. XXIV, p. 389.
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mochte doch auch Abel und Muirhead nicht einmal aus frisch gelassenem Menschen- oder Hundeharn den carbaminsauren Kalk zu isoliren. In den Hühnerexcrementen, die durch mehrere Stunden hindurch gesammelt werden müssen, zerfällt die leicht zersetzliche Substanz, bevor das Material zur Analyse verwandt wird, und man kann nun ihre Zerfallproducte: den Ammoniak und die Kohlen- säure nachweisen.
Fasse ich daher die Resultate meiner Untersuchungen an Hühnern zusammen, so ergeben diese:
1) Ebenso wie beim Menschen nach Annahme der Kliniker zu reichlicher Fleichgenuß das Zustandekommen von Gicht be- günstigt, so tritt auch bei Hühnern, die ausschließlich mit Fleisch gefüttert werden, ein anologes Krankheitsbild auf.
2) Die Vobslgicht bietet klinisch und pathologisch - -ana- tomisch dieselben Symptome wie die Artritis urica des Menschen.
3) Die Harnsäureausscheidung ist bei Hühnern unter aus- schließlicher Fleischfütterung stark vermehrt, was nach den neueren Untersuchungen auch beim Menschen die Regel zu sein scheint.
4) Die Harnsäureausscheidungistbeifleischgefütterten Hühnern bei Kalkdarreichung außerordentlich stark verringert, möglicher- weise infolge Bildung von Carbaminsäure oder einer ähnlichen Säure, die Stickstoff (in einer Seitenkette oder im Kern) enthält. Auch beim Menschen ist das reichliche Auftreten von Carbamin- säure im Harn nach Kalkdarreichung festgestellt.
5) Reichliche Kalkzufuhr scheint also im Hühnerorganismus offenbar im Stande zu sein, die Bildung der Harnsäure und damit ihre Ausscheidung bezw. Ablagerung zu verringen.
Das Nächstliegendste ist nun die Frage, zu entscheiden, ob beim Menschen auch hierin in diesem letzten Punkte analoge Verhältnisse bestehen. Es ist zwar anzunehmen, daß das zur Carbaminsäurebildung verwandte Material wesentlich vom Harn- stoff und den ihm verwandten Substanzen hergegeben wird. Geht doch im Säugetierorganismus im Gegensatz zum Organismus der Vögel die Harnsäurebildung nicht synthetisch, sondern fast aus- schließlich auf dem Wege der Oxydation vor sich. Doch die allerneuesten Untersuchungen von Wiener!) haben entgegen der bisher herrschenden Anschauung ergeben, daß doch nicht ein derartig principieller Unterschied zwischen den Vorgängen im Organismus der Vögel und Säugetiere besteht und daß auch
10)-H. Wiener: Archiv für experiment. Pathol. und Pharmakol., Bd. XLII, p. 375.
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ebenso wie von den Vögeln nach den Untersuchungen v. Mach’s aus Xanthin auf oxydativem Wege Harnsäure gebildet werden kann, so auch der Säugetierorganismus im Stande ist, Harnsäure synthetisch zu bilden. Es wäre also wohl möglich, daß auch bei der durch Kalküberfluß hervorgerufenen Carbaminsäurebildung die Bildung der Harnsäure beeinflußt, ihre Production und damit ihre Ausscheidung verringert würde.
Es existiren in der neueren Litteratur einige Zahlen, welche für diese Annahme zu sprechen scheinen.
Bekanntlich hat vor drei Jahren v. Noorden!!) gezeigt, daß beim Menschen nach Kalkeinfuhr die Phosphorsäureausscheidung im Harn verringert und namentlich das mit starkem Aussalzungs- vermögen für Harnsäure behaftete Mononatriumphosphat ver- mindert wird. Da zugleich auch der Harn selbst durch große Mengen von Kalksalzen nicht seine saure Reaction verliert, so empfahl v. Noorden den Kalk zur Therapie der harnsauren Diathese. Auf seine Veranlassung wurden damals von J. Strauß 2) und von Herxheimer??) Untersuchungen über die Beeinflussung des menschlichen Stoffwechsels durch Kalkdarreichung vorge- nommen, bei denen auch die Harnsäureausscheidung gemessen ‚wurde. Es sind dies im Ganzen drei sehr ausführliche Unter- suchungsreihen, eine von Herxheimer, zwei von Strauß. In der Tabelle von Herxheimer beträgt die tägliche Harnsäure- ausscheidung im Durchschnitt 0,82 g, sie sinkt auf Darreichung von 18—21 g kohlensauren Kalks auf 0,72 g und steigt nach Verringerung der Kalkzufuhr auf 6 & pro Tag wieder bis auf 0,78 g. Dieselbe Verringerung der durchschnittlichen Harnsäure- abgabe um 12 bezw. 13 pCt. unter dem Einfluß der Kalkzufuhr zeigt die Tabelle I von Strauß. Tabelle IT dieses Autors weist diesen Abfall gegenüber den ersten Versuchstagen, in denen der Patient keinen Kalk bekam, nicht auf; indessen war, wie Strauß selbst anerkennt und wie auch aus der Phosphorsäureausscheidung hervorgeht, der Stoffwechsel des Patienten während dieser Zeit sicher kein normaler, kann also zum Vergleich nicht herangezogen werden. Den Wiederanstieg der mittleren Harnsäureausscheidung aber nach Aufhören der Kalkzufuhr (um 4—6 pCt.) zeigt die Tabelle II von Strauß ebenso wie seine Tabelle I.
Ich bin weit entfernt davon, aus diesen drei vorliegenden
11) v, Noorden: Verhandlungen des XIV. Congresses für innere Medicin. Wiesbaden; 1896.
12) J. Strauß: Zeitschr. f. klin. Mediein, Bd. XXXI, p. 49%
15) Herxheimer: Berliner klin. Wochenschr., 1897, p. 423.
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Untersuchungen bereits den Schluß zu ziehen, daß wirklich auch beim Menschen ebenso wie bei den Hühnern durch Kalkdarreichung die Harnsäureausscheidung herabgedrückt werden kann. Das müssen erst weitere Untersuchungen, bei denen namentlich auch die Harnstoffausscheidung berücksichtigt wird, entscheiden. Ich behalte mir diese für später vor.
Ich möchte an dieser Stelle nur auf die nicht genugsam be- kannte Thatsache hinweisen, auf welche meines Wissens auch v. Noorden schon aufmerksam gemacht hat, daß schon von jeher eine Kalktherapie gegen harnsaure Diathese und Gicht angewandt wird und zwar in Form der Mineralwassertrinkkuren. Die als sog. „Gichtwässer“ gebrauchten Mineralwässer gehören bekanntlich den verschiedensten Gruppen an, aber das, was den meisten von ihnen, welcher Art sie auch sonst sein mögen, gemeinsam ist, ist der verhältnismäßig hohe Gehalt an Kalk. ;
Ich habe auf diesen Tabellen eine größere Anzahl von Mineralwässern, gruppenweise geordnet, zusammengestellt und hinter jedem ihren Gehalt an Kalk eingezeichnet. Diese für CaO aus den veröffentlichten Analysen, welche alle bekanntlich die Stoffe auf Salze umgerechnet enthalten, berechneten Zahlen stammen aus den vor einigen Jahren erschienenen Tabellen von Rosemann!%).
Man sieht, wie gerade die Quellen, welche von jeher gegen Gicht oder harnsaure Diathese verwandt werden, sich unter den 'Wässern ihrer Gruppe durch den größten Kalkgehalt auszeichnen. So nehmen die Quellen von Bilin, Fachingen, die Kronen- quelle in Salzbrunn und die Gottholdquelle in Cudowa mit die ersten Stellen unter den alkalischen und alkalisch-muriati- schen Wässern ein. Aehnliches zeigt die zweite Tabelle der Glaubersalzquellen, unter denen die Luciusquelle in Tarasp- Schuls den ersten Platz einnimmt. Auffallend ist der hohe Kalkgehalt der Kochsalzquellen. Sie stellen auch den größten Teil der beliebtesten „Gichtwässer“, wie Wiesbaden, Kissin- - gen, Nauheim, Homburg u. A. Interessant ist auch der hohe Kalkgehalt der beiden Quellen von Salzschlirf, die bekanntlich als die „lithionreichsten“ Quellen Deutschlands sich eines ganz besonderen Rufes bei der Gichtbehandlung erfreuen. Auf der IV. Tabelle habe ich zum Vergleich noch einige sogen. „erdige Quellen“ zusammengestellt, die ja auch, wie namentlich Wildun- gen, zur Behandlung der harnsauren Diathese angewandt werden.
14) Rosemann: Die Miner.-Triukquell, Deutschlands. Greifswald 1897,
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In ihrem Kalkgehalt stehen sie aber, was vielleicht sonderbar erscheint, den Kochsalzwässern nach.
CaO-Gehalt in Grammen auf 1000 cem.
I. Alkalische und a mu Quellen.
Biln».... 2.020335 Cudowa: GotkBordduellel 2. 0,2544 Elster: Königsquelle. . . . . 0,0992 Ems: Raiserquelle 7. ........70,08816 Fachingen . . . 0,24317
Gießhübel: König Otto- @uane . 0,13372 “ Gleichenberg: Constantinsquelle . 0,19844
Newenahre 27. Wione Loans SORT Preblauratum:. ae un on. MR SON Iradeın mama u 2# N 20012230
Salzbrunn: Krönengielle 2... 0,24640 Tönnisstein: Heilbrunnen . . . 0,15721
II. Glaubersalzquellen.
Bertrich.) wenn arena, 06 Elster: Salzquelle. . . . . 0,0707 Franzensbad: Kalter Srudel,. . 0,1181 h Salzquelle . . . 0,1042 Karlsbad: Sprudel . . . 0,1804 Marienbad: erde dsspemnel . 0,27527 h Kreuzbrunnen.. . . 0,3270 Rohitsch: Tempelquelle. . . . 0,403527
= Styrıaquelle. . . . 0,32647
Tarasp-Schuls: Luciusquelle . . 0,95196
III. Kochsalzquellen. Baden-Baden: Ungemachquelle . 0,2118
„ Büttquelle . . . 0,1921 Homburg: Elisabethquelle. . . 1,20071 Kiedrich: Sprudel. . . . . . 0,67430
Kissingen: Rakoczy . . . . . 0,5751 Nauheim: Kurbrunnen . . . . 0,9776 Neuhaus: Bonifaciusquelle . . 1,0067 Pyrmont: Salztrinkquelle . . . 0,98855 Salzschlirf: Bonifaciusquelle . . 1,0136
» " Tempelquelle . . . 1,2730 Soden: Soolbrunnen . . . . . 0,7725 Wiesbaden: Kochbrunnen . . . 0,49639
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IV. Erdige Quellen.
Lippspringe: Arminiusquelle . . 0,5717
Wildungen: Helenenquelle. . . 0,49388
si Georg-Victorquelle . 0,28464 Man sieht also, daß man bei Darreichung aller dieser Mineral- wässer auch stets eine verhältnismäßig große Menge Kalk zuführt. Ob wir aber im Kalk wirklich ein Mittel haben, welches nicht nur, wie v. Noorden gezeigt hat, die Ausscheidung der Harn- säure erleichtert und ihre Ausfällung erschwert, sondern direct die Bildung der Harnsäure verringern kann, das müßte erst durch
weitere Untersuchungen entschieden werden.
Außer der Tagesordnung:
Herr Uhthoff: Vorstellung eines Falles von Lymphombildung in der Conjunectiva bulbi et palpebrarum des linken Auges, rechts analoge Veränderungen, aber in viel geringerem Grade bei einem sonst gesunden 40jährigen Manne.
Im Verlauf von 1!/, Jahren hat sich ganz allmählich eine eigentümliche, ziemlich resistente, blaßrötliche, wulstförmige Wuche- rung der linken Conjunctiva bulbi entwickelt, welche wallförmig die Oornea umgiebt, ohne wesentliche entzündliche Erscheinungen ; auch die Conjunctiva palpebrarum ist in ihrem hinteren Ab- schnitt in Mitleidenschaft gezogen und zeigt ein homogen ver- dicktes, blaßrötliches, wachsartiges Aussehen. Auch auf dem rechten Auge finden sich in der oberen Uebergangsfalte analoge Veränderungen, aber in geringerem Grade.
Mikroskopisch erweisen sich die excidirten Stücke als lym- phomatöse Neubildung ohne hyaline oder amyloide Degeneration, was anfangs vermutet wurde.
Die sonstige Untersuchung des Patienten’ergiebt keine krank haften Erscheinungen, namentlich keine Anomalien des Blutes, der Lymphdrüsen, der Milz u. s. w.
Syphilitische Infection ist gleichfalls nicht nachweisbar.
Die Arsentherapie erweist sich als entschieden wırksam und trägt zur Rückbildung der Erscheinungen bei.
19. Sitzung vom 3. November 1899. Klinischer Abend im Allerheiligen-Hospital. Vors.: Herr San.-Rat Dr. Riegner. Schriftf.: Herr Dr. Melzer.
Herr Ritter stellt einen Fall von Tabes vor, der multiple Exostosen als Nebenbefund aufweist. Es handelt sich um eine
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50jährige Frau, in deren Familie Nervenkrankheiten bisher nicht aufgetreten sind und die bis vor neun Jahren stets gesund gewesen sein will. Lues wird negirt, auch lassen sich keinerlei Zeichen einer überstandenen luetischen Infection an der Patientin nachweisen. Seit neun Jahren leidet sie an Tabes, deren Symptome kurz fol- gende sind: Die Patellarreflexe fehlen, ferner läßt sich eine hoch- gradige Ataxie der unteren Extremitäten constatiren, so daß die Patientin an’s Bett gefesselt ist, außerdem ist eine stark aus- geprägte Hypotonie und reflectorische Pupillenstarre nachzuweisen. Tastsinn und Temperatursinn sind intact, dagegen zeigt sich eine ausgesprochene Abstumpfung, Verspätung und Nachempfindung des Schmerzgefühls; auch der Muskelsinn hat erheblich gelitten. Blase und Mastdarm weisen zeitweise leichte Functionsstörun- gen auf.
Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man geneigt sein, die Knochenveränderungen, die zumeist in der Nähe der Gelenke localisirt sind, als mit der Tabes in Zusammenhang stehend an- zusehen und sie den von Charcot beschriebenen Arthropathies und Osteopathies tabetiques zuzurechnen. Dem ist jedoch nicht so, denn erstens behauptet die Frau mit Bestimmtheit, daß die Knochenveränderungen schon in ihrer frühesten Kindheit be- standen haben, und ferner zeigt auch das Röntgenbild, daß die Gelenke völlig intact sind.
Was die Localisation der Exostosen anlangt, so findet man zunächst eine solche am sternalen Ende des rechten Clavicel.
Eine weitere Exostose liegt rechts in der Nähe des Radius- köpfchens, ferner findet man eine solche am distalen Ende der Ulna.
Links fühlt man zunächst eine kleine Exostose wiederum am Radiusköpfchen, ferner eine solche am distalen Radiusende und eine am Innenrande des distalen Ulnarendes gelegene. Diese letztere hat mit dem zunehmenden Wachstum bewirkt, daß Radius und Ulna ganz erheblich auseinandergedrängt worden sind und daß der Gelenkspalt zwischen Os triquetrum und lunatum einer- seits und distalem Ulnarende andererseits bedeutend breiter ist als unter normalen Verhältnissen. Die herumgegebenen Röntgen- bilder lassen diese Erscheinungen gut erkennen.
Eine weitere Exostose fühlt man an der Außenfläche des Os ilei, dicht unterhalb der Crista. An den unteren Extremitäten ist rechts eine Exostose am Fibulaköpfchen zu sehen, ferner an beiden Tibiaenden. Links bemerkt man eine kleine Exostose am Fibulaköpfehen, eine ziemlich große am proximalen Tibiaende und eine kleinere oberhalb des Malleolus internus. Interessant
I. Abteilung. Medicinische Section. 141 ist, daß die Exostosen an den Extremitäten eine fast absolute Symmetrie der Localisation erkennen lassen. Was die Entstehung der Exostosen anlangt, so ist in unserem Falle anzunehmen, daß der Epiphysenknorpel, und zwar die Gegend des Intermediär- knorpels, das Muttergewebe der Exostosen darstellt. Von par- ostealen und periostalen Exostosen sind bei der Patientin keinerlei Andeutungen vorhanden. Als ätiologisches Moment für die Ex- ostosenbildung käme zunächst Heredität in Betracht, wofür jedoch in unserem Falle jeder Anhalt fehlt. Sicher ist aber, daß die Patientin als Kind Rachitis durchgemacht hat, was ja noch an der säbelförmigen Verkrümmung der Vorderarmknochen erkennbar ist. Man muß demnach annehmen, daß Unregelmäßigkeiten im Knochenwachstum den Anstoß zur Exostosenbildung gegeben haben.
Herr Wertheim berichtet über einen Patienten mit typischem Zenker’schem Pulsionsdivertikel des Oesophagus und demon- strirt ein Röntgenphotogramm des Falles.
Es handelt sich um einen 54jährigen Herrn, der wegen Halsbeschwerden bei der Nahrungsaufnahme in die Behand- lung kam. Während er die ersten Portionen von flüssiger und fester Nahrung gut in den Magen herunterbringt, stellt sich dann sehr bald im weiteren Verlauf der Nahrungsaufnahme ein starkes beengendes Druckgefühl in der unteren Hals- und oberen Brustregion ein sowie das Gefühl, daß jetzt alle Speisen in dieser Gegend stecken bleiben, keinesfalls in den Magen gelangen. Pat. wird in immer stärkerem Grade, je mehr Nahrung er aufnimmt, dyspnoisch, wobei lauter inspiratorischer Stridor auftritt, ‚die Stimme wird etwas rauher und unklarer, starker Hustenreiz ge- sellt sich dazu und um den überaus unangenehmen Symptomen ein Ende zu machen, wird ein großer Teil der aufgenommenen Speisen und Flüssigkeit — etwa die Hälfte bis zwei Drittel der- selben — durch willkürliche Contraction der Halsmuskeln regur=- gitirt und zwar unter lauten glucksenden, gurrenden Geräuschen, die man in diesem Stadium übrigens auch willkürlich durch Druck am Halse erzeugen kann. Durch Ausüben eines kräftigen Druckes am Halse schien es übrigens bisweilen, auch ohne daß die will- kürliche Halsmuskelcontraction in Kraft treten mußte, möglich, einen Teil der aufgenommenen Flüssigkeit bezw. des Speisebreies nach dem Munde heraufzubefördern.
Eine eircumscripte Anschwellung am Halse nach der Nahrungs- aufnahme, die man durch Druck am Halse zum Verschwinden bringen kann, ist beim Pat. nicht zu beobachten.
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Bei der Sondirung stößt die starre Sonde in 23 cm Ent- fernung von der Zahnreihe auf ein unüberwindliches Hindernis, während die weiche Sonde sich an dieser Stelle stets mit der Spitze nach oben umlest. Vor der Nahrungsaufnahme da- gegen gelang es an einem der folgenden Tage das weiche Rohr anstandslos in den Magen zu befördern, während unmittelbar darauf, als der Pat. gegessen und getrunken, also den Divertikel- sack gefüllt hatte, die Sonde wieder an der bezeichneten Stelle stecken blieb bezw. sich umlegte. Laryngoskopie, Autoskopie ergaben keinen Befund. Oesophagoskopie, Untersuchung mit dem Einhorn’schen Gastrodiaphon wurden bisher bei dem Pat. noch nicht ausgeführt. Wiewohl Pat. manchmal beim Regurgitiren der Nahrung Reste von Speisen, die er vor einigen Tagen genossen, bemerkt, hat sich nie ein fauliger Zersetzungsgeruch gezeigt. Kein Foetor ex ore. Das Leiden hat sich ganz allmählich im Laufe von ca. 10 :Jahren unter stetiger Steigerung der geschilderten Symptome entwickelt. In dieser Zeit hat Pat. im Ganzen, wie- wohl der jetzige Ernährungszustand absolut genommen ein ziemlich guter ist, ca. 30 Pfund abgenommen. An quälendem Hunger- oder Durstgefühl trotz Nahrungsaufnahme leidet Pat. nicht.
Bei der Untersuchung des Pat. mit Röntgenstrahlen bediente ich mich der Bleischrotsonde, die ja auch für die Bestimmung der Magengrenzen bei der Durchstrahlung mittels Röntgenstrahlen im Gebrauch ist. Man sah nun auf dem Schirm die bei gefülltem Divertikel eingeführte Bleischrotsonde am Grunde des Sackes (am dritten Brustwirbel) sich umlegen und das umgelegte Ende, je weiter die Sonde eingeführt wurde, um so höher heraufsteigen. Die Herstellung eines Röntgenphotogrammes war durch den starken Hustenreiz des Patienten bei der Sondirung mit großen Schwierigkeiten verknüpft. Aus diesem Grunde konnte ja z. B. von Starck (Berl. klin. Wochenschr., 1899, No. 24) ein Röntgen- _photogramm seines Falles nicht erzielt werden. Wir wollten nun die Platte fünf Minuten belichten, aber schon nach drei Minuten gab Pat. das verabredete Zeichen mit der Hand, daß er die Sonde unmöglich länger bei sich behalten könne. Der Strom wurde momentan unterbrochen. Trotzdem gelang es ein sehr schönes Röntgenphotogramm zu erhalten. Man sieht an ihm sehr gut, wie die Sonde in relativ breitem Bogen hirtenstabförmig sich umlest und wie der Fundus des Sackes — entsprechend der Umlegestelle der Sonde — bis zum unteren Rande des dritten Brustwirbels herunterreicht. Dadurch ist namentlich auch für die topische Diagnose viel gewonnen. Auch zur Beurteilung des
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Grades der event. Weiterentwicklung des Leidens, d. h. der Ver- größerung des Divertikelsackes, wird man durch Vergleich dieser Photographie mit späteren Bildern einen wichtigen Anhaltspunkt gewinnen. Durch dieses Röntgenbild ist übrigens auch die An- nahme unmöglich geworden, mit der ich anfangs u. a. auch hatte rechnen müssen, daß es sich nämlich bei dem Pat. um einen Zu- stand von Krampf der Cardia mit consecutiver Ectasie des über der Cardia gelegenen Oesophagusabschnittes handeln könne. Alle übrigen Betrachtungen über die differentielle Diagnose, Pathogenese, Prognose und Therapie der Erkrankung will ich mir für ein anderes Mal aufsparen, wo ich hoffentlich in der Lage sein werde, Ihnen den seltenen, interessanten und in diesem Falle recht characteristischen Symptomencomplex am Pat. selbst an dieser Stelle demonstriren zu können. i
Herr Honigmann demonstrirt einen Fall von Exstirpatio tali wegen subcutaner isolirter Talusluxation.
Die isolirte Luxation des Talus ist eine seltene Verletzung, die ihrer oft recht schweren Folgen wegen in der vorantiseptischen Zeit sehr gefürchtet war. Denn nicht selten führte die starke Spannung der Haut über dem luxirten Sprungbein zur Gangrän mit nachfolgender Necrose des Knochens oder gar zur tötlichen Pyämie. Auch heute, wo diese Gefahren nicht mehr bestehen, ist die Prognose der Verletzung eine zweifelhafte, wenigstens quoad funcetionem. Nur etwa im vierten Teile der Fälle gelingt die Reposition. Ueberläßt man die uneingerenkten Fälle sich selbst, so bleiben große Schmerzen, schwere Gang- und Bewegungs- störungen fast immer dauernd bestehen. Die blutige Reposition ist neuerdings mit gutem Erfolge versucht worden, zuerst von E. v. Bergmann (1892); seitdem wurde sie fünfmal mit gleichem ‚Resultat wiederholt (Seiler, Gaertner, v. Bramann mit zwei Fällen, v. Schiemann). Für die überwiegende Mehrzahl der Fälle bleibt jedoch nur die Exstirpation des verrenkten Talus übrig, welche in 41 von 57 Fällen mit Glück ausgeführt wurde.
Auch in unserem Falle haben weder die unblutigen, noch die blutigen Repositionsversuche zum Ziele geführt, so daß Herr S. R. Riegner die Exstirpation des Talus ausführen mußte. Der Pat., der im Frühjahr im Allerheiligenhospital aufgenommen wurde, hat sich die Verletzung dadurch zugezogen, daß er von einem Krahnträger auf weichen Lehmboden heruntersprang.
Das Hämatom war bei der Aufnahme des Pat. so enorm, daß die Diagnose noch nicht mit Sicherheit gestellt werden konnte. Erst als die Schwellung zurückgegangen war, zeigte sich die
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Herr Riegner stellt vor:
1) einen Fall von vollständiger Lähmung beider Beine bei Pott’scher Kyphose, der durch modifieirtes Calot’sches Re- dressement rasch geheilt wurde.
5jähriges Mädchen, M.B., blaß und elend Huskdikde, zeigte einen stumpfwinkligen, äruckäinphadiichen Gibbus, m 3. bis 5. Brustwirbel entsprechend. Beide Beine waren vollständig gelähmt. Die durch Auslösung des Fußsohlenreflexes eintretende lebhafte Beugung in den Knie- und Fußgelenken konnte activ nicht wieder ausgeglichen werden. Beiderseits Fußclonus und Steigerung der Patellarreflexe. Dabei keinerlei Störung der Sensi- bilität.
Am 5. Mai wurde in Chloroformnarcose der Buckel unter starker, manueller Extension am Kopf und allen vier Extremi- täten in Bauchlage langsam und vorsichtig möglichst redressirt
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und über eine vorher angelegte Tricotjacke ein Gypsverband (in Bauchlage) angelegt, der Kopf, Hals und Rumpf bis über die Trochanteren umfaßte. Der Gibbus und die Spinae ossis ilei wurden mit dickem Filz gepolstert und nur am Kopf und Hals eine Watteunterlage verwandt, sonst der Verband direct auf den Trieotstoff applicirt. Die zur Kopfextension gebrauchte Schlinge aus Tricotbindenstoff wurde im Verbande belassen. Schon am Nachmittage, bald nachdem das Kind aus der Narcose erwacht war, fing es an, leichte Bewegungen mit den Beinen auszuführen. Die Bewegungsfähigkeit nahm rasch zu. Sechs Wochen darauf wurde der Callot’sche Verband in derselben Weise erneuert und seitdem ging das Kind am Gehbänkchen, später ohne jede Unterstützung ziemlich sicher umher. Es hat in seinem Aus- sehen und Ernährungszustande sich ganz erheblich gebessert. Der Fall ist besonders bemerkenswert durch die rasche Beseiti- gung der Lähmung, die wohl hier als eine rein durch Ab- knickung der Wirbelsäule bedingte Compressionslähmung ohne tuberculöse Auflagerungen auf der Dura spinalis betrachtet werden muß. Auch sonst ist es mir wohl durch einfache Ex- tension mehrfach gelungen, Compressionsläihmungen bei Spondy- litis zu heben, doch ist dazu immer eine sehr lange Zeit erforder- lich gewesen.
2) einen Fall von operativer Beseitigung einer (scheinbar) impermeablen Verätzungsstrietur der Speiseröhre.
Am 2. Januar 1897 wurde uns die damals drei Jahre alte E. B. zur Anlegung einer Magenfistel auf die chirurgische Ab- teilung verlegt. 10 Wochen vorher war das Kind mit heftigem, "hartnäckigen Erbrechen erkrankt, für welches auf der Königlich medieinischen Klinik keine Ursache festgestellt werden konnte. Als es später auf die innere Abteilung des Allerheiligenhospitals kam, erzählte das Kind auf Befragen, daß es etwas Scharfes ge- trunken habe und bald danach erkrankt sei. Die nun zur Rede gestellte Mutter erklärte, daß sie aus Angst es bisher verschwiegen habe, daß ihre Tochter vor 10 Wochen Natronlauge getrunken habe. Bei dem für sein Alter auffallend intelligenten, blassen und zum Skelett abgemagerten Kind stieß man bei Untersuchung der Speiseröhre, 18—20 cm von der Zahnreihe entfernt, auf ein Hindernis, das auch für die feinsten Sonden undurchgängig war. Nachdem das Kind durch Rectalklystiere etwas in die Höhe ge- bracht war, wurde am 8. Januar 1897 eine Magenfistel nach Witzel angelegt mit der Hacker’schen Modification der stumpfen Durchtrennung des M. rectus. Es wurde dabei festgestellt, daß
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am Magen und speciell am Pylorus keine Strieturen vorhanden waren. Der Heilungsverlauf war ein normaler, die Fistel functio- nirte sehr gut und das Kind erholte sich und nahm rasch an Gewicht zu. Nach wiederholten vergeblichen Versuchen, die Speise- röhrenstrictur zu passiren, wurde am 24. Mai 1897 die äußere Oesophagotomie möglichst tief unten gemacht. Die von der Speise- röhrenwunde aus eingeführte Sonde stieß indes überall auf ein festes, scheinbar undurchgängiges Narbengewebe. Auch alle späteren Versuche, von der Speiseröhrenfistel aus in den Magen zu gelangen, schlugen fehl; sie wurde daher der spontanen Zu- heilung überlassen. Das Kind wurde bis Ende September d. J., also 2°/, Jahr hindurch, von der Magenfistel aus ernährt, nahm dabei in normaler Weise an Körpergewicht und im Wachstum zu und entwickelte sich auch sonst sehr gut. Nachdem schon früher mehrfach Versuche gemacht waren, das Kind eine mit Faden versehene Schrotkugel verschlingen zu lassen, gelang das endlich im Juli d. J., doch war es uns nicht möglich, die im Magen befindliche Schrotkugel durch die Fistel herauszube- fördern. Als der Faden längere Zeit in der Speiseröhre gelegen hatte, wurde er daher mit der Kugel von oben her wieder ent- fernt, und nun gelang es uns, ein sehr feines Celluloidbougie in den Magen ein und durch die Fistel herauszuführen. Au ihrem Ende wurde ein dünner Nelatonkatheter befestigt und dieser in die Strietur hineingezogen. Später wurde der Nelaton durch immer dickere, solide Gummistränge ersetzt. Am 20. August war es dann schon möglich, mit einer Schlundsonde von 18 Charriere die Strietur zu passiren und bald konnte ein Bougie, 25 Charriere, eingeführt werden. Von Mitte September ab wurde dem Kinde auch von oben flüssige Kost gegeben unter gleichzeitiger Fort- setzung der Fistelernährung, und seit Anfang dieses Monats wurde der Schlauch aus der Magenfistel entfernt und die Ernährung durch diese sistirt. Danach nahm das Kind sofort erheblich an Gewicht zu, beispielsweise vom 1.—6. October um 1 Pfund. Aus der Magenfistel entleert sich zwar immer noch etwas Magen- inhalt, doch hat sich dieselbe bereits erheblich verengt und wird sich voraussichtlich bald spontan schließen. Die Sondirung der Speiseröhre wird zunächst noch fortgesetzt und später wohl in längeren Zeiträumen immer noch wiederholt werden müssen. Man sieht aus diesem Fall, daß man auch bei anscheinend voll- kommen undurchgängiger Narbenstrietur der Speiseröhre an der schließlichen Wiederherstellung der normalen Passage nicht ver- zweifeln darf.
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Herr Heintze demonstrirt:
1) einen durch Trepanation geheilten Fall von subduralem Bluterguss ohne Schädelbruch.
Der Patient, ein 39jähriger Malermeister, erlitt am 22. Juli d. J. einen schweren Unfall. Als er auf dem Fahrrade aus einer Seitenstraße in die Gräbschenerstraße einbog, kam ein Wagen der electrischen Bahn angefahren. Er suchte ihm auszuweichen, geriet dabei mit dem Rade in ein Gleis und wurde von der elec- trischen Bahn umgefahren. Er war sofort bewußtlos und wurde zunächst nach seiner Wohnung transportirt. Da die Bewußt- losigkeit bis zum nächsten Nachmittage unverändert war und die event. Notwendigkeit eines operativen Eingriffes in Erwägung kam, wurde er nach dem Wenzel-Hancke’schen Krankenhause überführt. Hier bot er folgenden Befund: Er lag mit geschlossenen Augen, reagirte weder auf Anrufen noch Beklopfen noch auf Nadel- stiche oder sonstige Hautreize. Die Atmung war laut schnarchend; der Puls langsam, sehr gespannt, unregelmäßig, 40—50 Schläge in der Minute. Am Schädel fanden sich außer Schwellung und Sugillation in der rechten Schläfengegend und der Augenlider des rechten Auges keine Zeichen einer äußeren Verletzung. Die Pupillen waren ungleich, die rechte weiter als die linke und rea- girten nicht auf Lichteinfall. Die Augenspiegeluntersuchung ergab eine Schwellung der Papilie und stärkere Füllung der Retina- gefäiße am rechten Auge. Der linke Mundwinkel hing etwas herab. Mit dem rechten Arm und Bein konnte man den Patienten zeitweise spontan leichte Bewegungen ausführen und auf stärkere Hautreize, gleichviel ob dieselben rechts oder links applicirtwurden, matte Abwehrbewegungen vollziehen sehen, während die links- seitigen Extremitäten absolut schlaff und unbeweglich blieben. Patellar- und Kitzelreflexe waren nicht auszulösen. Die schwere Bewußtseinsstörung und die starke Verlangsamung des Pulses im Verein mit dem Augenspiegelbefund deuteten auf eine erheb- liche Raumbeschränkung in der Schädelhöhle. Da keine Fractur vorhanden war, so konnte diese nur durch eine intracranielle Blutung verursacht sein, welche bei der vorhandenen linksseitigen Hemiplegie in der Nähe der rechten Oentralwindung ihren Haupt- sitz haben mußte. Es handelte sich somit entweder um eine Blutung aus einem Ast der Meningea media oder aus zerrissenen Piagefäßen. Auffallend war allerdings das Fehlen jedes „freien Intervalles“, ein Symptom, welches als ganz besonders characte- ristisch für derartige Blutungen bezeichnet wird. Ich glaubte deshalb mit größerer Wahrscheinlichkeit ein Hämatom unter der
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Dura annehmen zu sollen. Denn wenn die Blutungen aus der Meningea media auch einige Zeit bedürfen, bis sie die Dura von der Schädelkapsel ablösen, kann man sich sehr gut vorstellen, daß bei Blutungen aus größeren Piagefäßen und der damit stets Hand in Hand gehenden Quetschung des Gehirns die Bewußt- losigkeit der Commotio cerebri ohne Unterbrechung in die der Compressio cerebri übergeht. Jedenfalls schien bei den schweren Hirndruckerscheinungen eine Eröffnung des Schädels zur Be- seitigung des raumbeengenden Blutcoagulums geboten. In Rück- sicht auf eine mögliche Meningeaverletzung und um einen ge- nügenden Ueberblick zu erhalten, wurde eine osteoplastische Trepanation nach Wagner vorgenommen, deren Umgrenzung ungefähr dem Schnitt entsprach, welchen Krause zur intra- craniellen Trigeminusresection vorschlägt. Nach Abwärtsschlagen des Hautknochenlappens sah man die gespannte Dura bläulich durchschimmernd sich vordrängen, über der Mitte derselben den einen Ast der Meningea unverletzt aufwärts steigen. Hirnpulsation war aufgehoben. Die Dura wurde in der halben Circumferenz des Knochenlappens umschnitten und nach abwärts geschlagen. Sofort nach Eröffnung des Duralsackes drängten sich reichlich dunkle Blutcoagula hervor. Dieselben bedeckten nicht nur die freigelegte Hirnrinde in dicker Schicht, sondern erstreckten sich auch nach oben und nach unten weit unter der Dura fort. An den Schädelknochen war weder eine Absprengung der Lamina interna noch auch nur eine Fissur zu bemerken. Die Blutgerinnsel wurden nach Möglichkeitmit dem Elevatoriumherausgeholt, einzelne blutende Piagefäße unterbunden, die Dura über die ziemlich er- heblich gequetschte Hirnrinde zurückgelegt, darüber eine dünne Lage Jodoformgaze gebreitet, darauf der Hautknochenlappen zu- rückgeschlagen und ein Verband angelegt. Schon während der Operation, als der Schädel eröffnet und die Blutcoagula entfernt waren, wurde der Puls etwas schneller. In’s Bett gebracht, war Pat. sehr unruhig und versuchte sich mit der rechten Hand den Verband abzureißen. Am folgenden Tage bemerkte man die ersten Bewegungsversuche in den vorher gelähmten linken Extremitäten. Am dritten Tage war die Benommenheit soweit gebessert, daß Pat. auf Anrufen reagirte. Am vierten Tage wurde die Tamponade entfernt, ein spritzendes Piagefäß nochmals unterbunden, das sich stark vordrängende Gehirn mit dem Hautknochenlappen zurückgedrängt und eine Hautnaht angelegt. Darauf trat so- fort wieder eine Verlangsamung des Pulses auf 50 Schläge ein. Am fünften Tage erkannte Pat. seine Umgebung und gab auf
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die Frage nach seinem Befinden die Antwort: Ich danke, gut, Herr Doctor, eine Antwort, die er dann allerdings auf alle an ihn gerichteten Fragen wiederholte. Aus der weiteren Kranken- geschichte will ich nur noch hervorheben, daß der Knochenlappen starke Neigung hatte sich vorzudrängen und durch fest angezogene Heftpflasterstreifen immer wieder zurückgehalten werden mußte, ferner daß sich trotzdem im hinteren Wundwinkel ein kleiner Hirnprolaps entwickelte, welcher abgetragen wurde und daß die Besserung seiner Psyche nur sehr langsame Fortschritte machte; vor allem zeigte sich eine sehr schnelle Ermüdung seines Denk- vermögens und eine schnelle Trübung seiner Orientirtheit. Am 5. September, also sechs Wochen nach dem Unfalle, wurde er aus dem Krankenhause entlassen.
Gegenwärtig fühlt er sich ganz wohl. Ueber Kiheimeiebn hat er nicht zu klagen, nur empfindet er zuweilen morgens beim Waschen ein Schwindelgefühl, so daß er sich festhalten muß. Dieses Schwindelgefühl hält ungefähr eine Minute an, früher überkam ihn dasselbe auch manchmal auf der Straße, ferner kann er mit der Sprache noch nicht so fort wie früher. Er muß oft erst längere Zeit nach den Worten suchen. Sein Gesichtsausdruck hat noch etwas Wirres, Unstätes, ja manchmal direct Blödes. Sein Denkvermögen ist aber viel besser geworden, auch sein Gedächtnis hat sich gebessert. Er beschäftigt sich jetzt auch schon wieder mit Aufsicht und leichter Arbeit in seiner Werkstatt. Die körperliche Untersuchung ergiebt nur eine geringe Herab- setzung der Sensibilität auf der rechten Körperseite, sonst keine Störungen. Der osteoplastische Knochenlappen ist fest eingeheilt und ist auf Druck nicht schmerzhaft.
2) einen durch die Operation geheilten Fall von acutem lithogenen Choledochusverschluss mit hohem Fieber.
Die Patientin, eine Schneidermeisterfrau R., ist 27 Jahre alt. Dieselbe erkrankte zum ersten Male vor sechs Jahren mit Schmerzen in der Leber. Vor drei Jahren hatte sie die ersten Anfälle von Gallensteinkoliken. Bei dieser Gelegenheit gingen drei kleine Steine mit dem Stuhlgang ab. Vier Wochen später wiederholten sich die Anfälle. Darnach blieb sie verschont bis zum 16. Juli d. J. An diesem Tage stellte sich morgens wieder einmal ein Kolik- anfall ein, während sie am Nachmittage von Zwillingen entbunden wurde. Der Anfall wiederholte sich nach drei Tagen, begleitet von schwachem Icterus, welcher wieder verschwand, bis Ende _ Juli ein neuer Kolikanfall auftrat. Von da ab nahm der Icterus beständig zu. Kolikanfälle kamen zwar nicht wieder, es fand sich
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aber dafür ein dauernder, immer heftiger werdender Schmerz in der Lebergegend. Am fünften Tage stellte sich Frösteln ein mit Ansteigen der Körpertemperatur und dann kamen täglich mehr- mals Schüttelfröste mit Fieber bis zu 40,8°.
An dem Tage, an welchem ich die Frau R. zum ersten Male sah, betrug die Morgentemperatur 40,2%. Sie klagte über heftige Schmerzen in der Lebergegend und Brechreiz. Sie war sehr stark icterisch. Der Leib war gespannt, aber nicht aufgetrieben. Die Leberdämpfung reichte bis dreifingerbreit über den Rippen- bogen hinab. Der Rand war deutlich zu fühlen. In der Gegend der Gallenblase ließ er eine rundliche, glatte Vorwölbung er- kennen, welche für die prall gefüllte Gallenblase gehalten wurde. Die Palpation in der Lebergegend war sehr schmerzhaft und konnte deshalb nur sehr schonend ausgeführt werden. Der Urin war von dunkelbierbrauner Farbe, enthielt sehr viel Gallenfarb- stoff. Der Stuhlgang war ganz acholisch, grauweiß. Ein etwaiger Zusammenhang des Fiebers mit dem drei Wochen vorher über- standenen Partus war natürlich ausgeschlossen.
Die Diagnose lautete danach auf acuten Choledochusverschluß durch Gallensteine verbunden mit Cholecystitis und Cholangitis. . Trotzdem im Allgemeinen von einer Operation im acuten Anfalle abgeraten wird, veranlaßte uns die Schwere des Allgemeinzustandes die Operation in Vorschlag zu bringen, welche auch sofort an- genommen wurde. Am 8. August morgens wurde dieselbe unter Chloroformnarcose ausgeführt. Längsschnitt durch den rechten Rectus. Nach Eröffnung der Bauchhöhle präsentirte sich sofort die geschwollene, dunkelrotbraune Leber, die Gallenblase über- ragte nur sehr wenig den Leberrand. Sie war nicht sehr prall gefüllt und ihre Wandung nicht verdickt; Steine waren in der- selben nicht durchzufühlen, wohl aber fühlte man mehrere der- selben im untersten Abschnitt des Ductus cysticus und im Anfangsteil des Choledochus. Ein Stein lag genau an der Ein- mündungsstelle des Cysticus in den Choledochus. Sie waren etwas verschieblich und ließen sich wahrscheinlich noch in die Gallenblase zurückdrängen. Da bei der voraussichtlich zu er- wartenden starken Secretion aus den Gallengängen eine Ableitung derselben nach außen bei dem hohen Fieber für absolut not- wendig erachtet wurde und die Drainage durch die Gallenblase zweifellos am ungefährlichsten war, wurde beschlossen, eine Chole- cystostomie anzulegen. Es wurde zunächst, nachdem die Bauch- höhle durch sterile Compressen abgeschlossen war, die Gallenblase durch Aspiration entleert — dieselbe enthielt eine ziemlich normal
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aussehende dunkelgrüne Galle — und darauf incidirt. Es gelag nun durch diese Oeffnung mittelst Kornzange, während die Finger der anderen Hand die Steine aus dem Ductus cysticus und Chole- dochus durch Druck von außen nach der Gallenblase zurück und der Kornzange entgegendrängten, fünf Steine zu extrahiren, von denen ich Ihnen hier vier herumreiche. Nachdem ich mich durch Abtasten von außen überzeugt hatte, daß kein Stein mehr im Choledochus saß, wurde die Gallenblase in die entsprechend ver- kleinerte Bauchwunde eingenäht und ein federhalterdickes Drain- rohr eingeführt; dieses wurde in eine mit durchlochtem Korken verschlossene Medicinflasche geleitet, welche die Pat. neben sich im Bett liegen hatte. Der Abfluß war in den ersten zwei Tagen sehr reichlich, am ersten Tage 350, am zweiten 200 ccm. Er war klar, anfangs reicher an Schleim, später rein gallig von tief dunkelgrüner Farbe. Vom dritten Tage ab war der Gallenabfluß nur noch sehr gering und hörte schließlich ganz auf. Die Tem- peratur stieg am ersten Abend noch bis 38,3, betrug am zweiten Abend 37,7 und war dann dauernd normal. Das subjective Be- finden war ausgezeichnet. Schon am ersten Nachmittage fühlte sich die Pat. glücklich, daß sie von ihren Schmerzen befreit war. Vom dritten Tage ab bemerkte man einen deutlichen Rückgang des Icterus. Der Urin wurde heller und der zweite Stuhlgang, welcher am Tage entleert wurde, zeigte bereits gallige Färbung. Der Appetit war recht gut. Am 12. Tage wurde das Drainrohr aus der Gallenblase entfernt, da nichts mehr abgeflossen war. 17 Tage nach der Operation wurde die Patientin wieder in ihre Wohnung entlassen und nach im Ganzen drei Wochen war die Gallenblasenfistel vollkommen geschlossen.
Pat. erholte sich sehr rasch, fühlte sich sehr wohl und hatte nicht die geringsten Beschwerden. An dem Tage, an welchem ich ihre heutige Vorstellung anmeldete, überzeugte ich mich noch selbst von ihrem Wohlbefinden. Am Morgen des nächsten Tages (am 29. October 1899) wurde ich zu ihr gerufen, da sie wieder einen Gallensteinkolikanfall hatte. Sie klagte über sehr heftige, typisch, anfallsweise auftretende Schmerzen in der Leber, erbrach alles, was sie zu sich nahm, zeigte beginnenden Icterus und im Urin deutlich Gallenfarbstoff. Die Mitte der im übrigen sehr festen Narbe war besonders auf Druck empfindlich und hier fühlte man die fixirte, prall gespannte Gallenblase deutlich fluc- tuiren. Sollte sich schon wieder ein Stein gebildet und ein- geklemmt haben?
Frau R. gab an, sie hätte sich an dem Tage vorher gegen
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die Gallenblasengegend gequetscht. Da die Schmerzen und das Erbrechen im Laufe des 29. October nicht nachließen, der Icterus aber stärker wurde, nahm ich Frau R. am 30. October ins Kranken- haus und eröffnete die fixirte Gallenblase. Es entleerten sich ungefähr 150 ccm einer hellen, klaren, schwach grünlich gefärbten, fadenziehenden Flüssigkeit, ein Stein wurde nicht gefunden, trotzdem die Kornzange sowohl als auch eine Sonde sicher bis zum Ductus choledochus vorgedrungen waren. Allerdings war keine Controle. von außen möglich, da die Gallenblase fixirt war und die Peritonealhöhle nicht eröffnet wurde. Die Gallen- blase wurde wiederum drainirt und in den ersten zwei Tagen floß gallige Flüssigkeit ab; seitdem hat der Abfluß bereits wieder fast ganz aufgehört. Mit der Eröffnung der Gallenblase schwanden sofort alle Beschwerden. Pat. fühlte sich wieder ganz wohl, der Icterus ging zurück und der Urin ist wieder frei von Gallenfarbstoff. Ich hoffe, daß dieselbe bald wieder geheilt das Krankenhaus wird verlassen können. Erwähnen will ich noch, daß in dem steril aufgefangenen Gallenblaseninhalte kurze, dicke, plumpe, sehr bewegliche Bacterien in ziemlicher Menge nach- gewiesen wurden. Sonstige zellige Elemente waren darin nicht zu finden.
Herr Robert Asch stellt die in einer früheren Sitzung de- monstrirte Patientin mit der durch lange Geburtsdauer hervor- gerufenen Cloakenbildung jetzt nach vollendeter Heilung vor. Letztere, die zur leidlichen Continenz des Urins und zur voll- kommenen des Stuhls geführt hat, wurde erzielt durch eine Reihe von Plastiken und Fisteloperationen, hauptsächlich durch Ein- stülpung des Uterus in die Scheide und Annähen des Fundus an eine vorher aus den Labien gebildete Brücke. Der markstückgroß gebildete Fundusmuttermund ist auf eine punktförmige Oeffnung geschrumpft, aus der Pat. am 13. September zum ersten Mal nach der vor ®/, Jahren erfolgten Geburt und am 25. October zuletzt menstruirt hat. Die bei besonderer Erregtheit und körperlicher Anstrengung noch mangelhafte Urincontinenz beruht auf dem Fehlen der oberen Hälfte der Harnröhre. Bei weiterer Schrumpfung ist auch hier noch Besserung zu erhoffen. Ein Ersatz für die Vagina konnte hier zwischen vorderer Uteruswand und epitheliali- sirter Rectalwand geschaffen werden, da die durch Plastik vorher geglückte Heilung der Rectumscheidenfistel diesen Fortschritt gegen Freund’s ursprünglichen Vorschlag erlaubte.
Ferner berichtet”er über die geglückte Implantation des Ureter in die Blase bei der damals vorgestellten Kranken mit
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glücklich operirtem fortgeschrittenem Cervixcarecinom und stellt die Pat. mit Resection der hinteren Blasenwand bei Portiocareinom vor. Beide sind jetzt, fast zwei Jahre nach Entfernung des Carcinom, recidivfrei.
Herr Monski: Eigentümliche trophoneurotische Störungen zeigten sich bei einem 69jähr. Fischer. Anamnestisch giebt er an, im Jahre 1864 Pocken und 1891 Influenza gehabt zu haben; seit seinem 15. Jahre ist er Fischer und hat in seinem bis zum 61. Lebensjahre ausgeübten*Berufe viel in kaltem und eiskaltem Wasser zu thun gehabt. Seit 7—8 Jahren zeigten sich bei ihm folgende Störungen, die ihn auch zwangen sein Gewerbe auf- zugeben: heftige, andauernde,"'auf Druck sich bedeutend ver- stärkende Schmerzen in den Spitzen des 2.—4. Fingers beider- seits von brennendem und stechendem Character; die Finger wurden auffallend blau, namentlich an den Spitzen, die eitrige Stellen zeigten, diese gingen teils von selbst auf, teils mußten sie geschnitten werden, heilten aber nicht ordentlich, sondern brachen bald wieder auf. Lange Zeit kurirte Patient sich selber, bis er endlich, da keine Besserung eintrat, das Hospital aufsuchen mußte. Seit einem Jahre zeigten sich auch offene Stellen an den Beinen. Lues wird absolut negirt, mäßiges Potatorium und ziemlich starker Tabakgenuß zugegeben.
Bei der Untersuchung des Patienten fallen zunächst zahl- reiche Narben, namentlich am Rumpf, auf, die wohl als Pocken- narben anzusehen sind. Die inneren Organe bieten geringe Altersveränderungen und vor allem eine mäßige Arteriosklerose. Im Urin war nie Zucker. Augen, Ohren, Sprache bieten nichts Besonderes.
Die Nasenschleimhaut secernirt ziemlich reichlich dünnen. Schleim; der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß Leprabacillen - in demselben nicht gefunden wurden.
An den Augenbrauen fällt ein ganz symmetrischer Ausfall der nach außen gelegenenHälfte der Haare auf.
Die Extremitäten bieten eine große Reihe von Veränderungen; an den Händen sind Daumen und kleiner Finger beiderseits in- tact, die zu beschreibenden Veränderungen beziehen sich immer, wenn keine besonderen Angaben vorliegen, auf den 2. —4. Finger beiderseits.
1) Vasomotorische und trophische Störungen.
An den Händen sieht und fühlt man deutliche Atrophie der Haut, namentlich im Bereich des Handrückens; die Haut zeigt zahlreiche feine und feinste Fältelungen und fühlt sich trocken
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und schlaff an; aufgehobene Falten bleiben längere Zeit stehen. An den Fingern ist die Haut glatt und namentlich an den Kuppen deutlich gespannt, glänzt aber fast gar nicht. Die Finger fühlen sich kühl an; die Endphalangen des 3. und 4. Fingers beider- seits zeigen deutliche Trommelschlägelform. Die Finger sehen bläulich-rot aus und werden bei Abnahme der Lufttemperatur ganz blau. An den Kuppen sieht man frische und ältere Narben von geschwürigen Processen, an der Kuppe des 4. Fingers rechts besteht noch ein kraterförmig vertieftes Geschwür.
Die Nägel fehlen am 3. und 4. Finger links und am 4. Finger rechts fast völlig, an den anderen Fingern sind sie in Abstoßung begriffen und bieten das Bild leichter Onychogryphosis.
Die Endphalangen sind an den Fingern, an denen tiefere Ulcera gewesen sind resp. noch sind, deutlich verkürzt und im Röntgenbilde zeigt sich, daß diese Verkürzung von vorangegangener Exfoliation von Teilen des Knochens herrührt. An den Unter- Schenkeln sind mäßige Varicen und einzelne ganz oberflächliche Ulcera zu sehen, an den Füßen sieht man mehrere, bis handteller- große cyanostische Stellen. In der Gegend des Capitulum meta- tarsi V. links zeigt sich auf dem Dorsum ein kleines Uleus mit ‚wenig Tendenz zur Heilung, das dem Patienten viel Schmerzen macht.
Wenn Pat. zugreift, benützt er meist nur Daumen und Zeige- finger; bei längerem Halten eines Gegenstandes, z. B. der Elec- trode, tritt in der Umgebung der Druckstelle eine ausgedehnte Asphyxie der Haut ein, die bis zu einer Minute und länger an- dauert; ganz langsam kehrt die frühere Farbe der Haut zurück.
2) Störungen der Motilität.
. Die active*Beweglichkeit ist gut in allen Gelenken mit Aus- nahme der kleinen Fingergelenke, namentlich zwischen Mittel- und Endphalanx. Pat. kann beim Faustschluß die Endphalangen nicht genügend beugen. Der 4. Finger links zeigt eine mäßige Flexionscontractur infolge eines früheren Panaritium. Alle Be- wegungen erfolgen coordinirt.”,Mäßiger, wohl seniler Tremor vor- handen, aber kein Intentionszittern. Nirgends zeigt sich Atrophie der Musculatur, auch ganz besonders nicht an Thenar und Hypo- thenar.
Die Muskeln und Nerven 'der Extremitäten sind galvanisch und faradisch gut erregbar, dagegen zeigen die Thenar- und Hypothenarmuskeln beiderseits eine geringe, Herabsetzung‘, der electrischen Erregbarkeit.
Der Gang ist sicher, auch mit geschlossenen Augen.
I. Abteilung. Medicinische Section. 155 3) Störungen der Sensibilität.
Der Tastsinn ist überall an den Extremitäten erhalten, wie übrigens auch am Rumpfe. Pat. fühlt selbst ganz leises Be- rühren mit einem Wattebausch, unterscheidet das Gefühl dabei von dem bei leichter Fingerberührung allerdings nicht sicher. Nadelspitze und Nadelkopf unterscheidet er überall richtig. Auf- fallend ist an den Kuppen des 2. und 4. Fingers beiderseits die Hyperästhesie bei Berührungen mit dem Finger, bei leichtem Stechen etc., der dabei empfundene Schmerz bleibt ganz und gar auf die Stelle des Stiches beschränkt und strahlt nicht etwa nach dem Arme zu aus. An Daumen und kleinem Finger fehlt diese Hyperästhesie. Localisirt wird durchweg richtig und genau.
Bei Prüfung der electrocutanen Sensibilität fällt ganz be- sonders auf, daß Patient au den Fingerkuppen, die auf Berührung so empfindlich sind, starke faradische Ströme (bis 3 cm Rollen- abstand) fast ohne Schmerz aushält; bei galvanischen Strömen von 4—5 M.-A. klagt er schon über starkes Brennen. Die Tempe- ratur-Empfindung ist sicher an den Endphalangen, wahrscheinlich auch an den Mittelphalangen, für warm und kalt herabgesetzt; am Daumen und kleinen Finger und sonst überall am Körper ist sie normal. Verlangsamte Leitung fehlt, dagegen besteht für Nadelstiche in den Fingerkuppen verlängerte Nachempfindung. Der Muskelsinn ist intact.
An den unteren Extremitäten ist außer einer leichten Hyper- ästhesie an der linken Fußsohle und einer stärkeren in der Um- gebung des erwähnten Geschwürs am Fußrücken keine Störung nachzuweisen.
Sämtliche Haut- und Sehnenreflexe zeigen nichts Besonderes.
Im Laufe der Beobachtung (Patient ist jetzt über drei Mo- nate im Hospital) heilten die erwähnten Ulcera aus und traten nicht wieder auf. Die Cyanose an den Fingern hat zugenommen, ebenso die Atrophie der Haut, dagegen sind an den Muskeln keine Veränderungen eingetreten. Am rechten Daumen hat sich der Nagel zum Teil abgestoßen, am linken bildet sich ein Quer- wulst in der Mitte des Nagels als Zeichen für die beginnende Abstoßung. Die Nägel sind an den Fingern, an denen sie fehlten, zum Teil wieder gewachsen, aber nur kümmerlich und zeigen überdies starke Onychogryphosis. An den Zehennägeln fehlen wie auch anfangs alle Veränderungen.
Die Sensibilitätsprüfung ergiebt dieselben Resultate wie anfangs, der Faustschluß gelingt jetzt etwas besser als früher.
Für die Diagnose bietet der Fall nicht geringe Schwierig-
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keiten, da er sich unter keines der bekannten Krankheitsbilder ohne weiteres rubriciren läßt. Auffallend ist ja die absolute Symmetrie der Erkrankung an den Fingern, die zunehmende Cyanose, die vielleicht zur Gangrän führen wird, obwohl dann das Ausheilen der zum Teil sehr tiefen Geschwüre unter ein- facher symptomatischer Therapie nicht zu erklären ist. Auffallend ist ferner das Fehlen jeglicher Muskelatrophie, die Herabsetzung der electrischen Erregbarkeit in den kleinen Handmuskeln und die Hyperästhesie in den Fingerkuppen. Nach längerer Beob- achtung wird vielleicht eine genaue Diagnose möglich sein, vor- läufig muß man den Fall als eigenartige Trophoneurose bezeichnen, zu deren Zustandekommen die Arteriosklerose und die Beschäfti- gung des Patienten als Fischer beigetragen haben mögen. Kommt es dann später zu symmetrischer Gangrän, so wird man wohl in erster Reihe an eine atypische Form der Raynaud’schen Krankheit denken müssen. Auf eine ausführliche Darlegung der differentialdiagnostisch in Betracht_kommenden Krankheiten muß ich an dieser Stelle verzichten; vielleicht habe ich aber später noch einmal Gelegenheit, über den weiteren Verlauf des Falles zu berichten.
2) Ein Fall von ausgedehntem Unterlippen-, Unterkiefer- und Mundboden-Careinom.
Ein 56jähriger Gärtner giebt an, vor ca. acht Jahren einen „Grind“ am Kinn bemerkt zu haben, der nicht heilen wollte und im Laufe der Zeit sich vergrößerte. Da Patient keine ärztliche Hilfe in Anspruch nahm, führte die Erkrankung zu scheußlichen Zerstörungen, so daß Patient endlich das Hospital aufsuchen mußte.
Bei dem blassen, abgemagerten Manne, der nichts Festes zu sich nehmen und flüssige Nahrung nur schlecht schlucken kann, sieht man an Stelle der Unterlippe und des Kinnes eine schmierig belegte, stark secemnirende, enormen Fötor verbreitende, krater- förmig vertiefte Wundfläche; in der Tiefe derselben sieht man und fühlt man rauhen, zum Teil erweichten Knochen, in den die Sonde leicht eindringt. Ein Mundboden existirt eigentlich nicht; an Stelle desselben sieht man dicke graue, zum Teil etwas festere Massen, die. sich als erweichter Unterkieferknochen ergeben; in diesen Massen liegen einzelne gelockerte Zähne. Die wenig be- wegliche Zunge scheint von dem Carcinom noch nicht ergriffen zu sein. Die regiohären Lymphdrüsen sind mäßig hart und ge- schwollen.
Nach gründlicher Reinigung wird in leichter Narcose das
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gesamte Carcinom (so weit möglich mit den erkrankten Lymph- drüsen) noch im Gesunden entfernt, der Unterkiefer muß in großem Umfange resecirt werden. Die colossale Wundfläche, die nun ‚entsteht, ließ sich sofort durch eine plastische Operation decken. Durch einen 8—10 cm langen Schnitt wird der Mund nach links erweitert und nun durch Hinüberziehen des entstehenden Lappens nach rechts zu und Vernähen mit dem rechten Rande der großen Wundfläche eine neue Unterlippe und ein neues Kinn gebildet. Bis auf eine ca. thalergroße Stelle an letzterem, die zur Drainage benutzt wurde, war der ganze Defect zu decken. Die Zunge wurde durch einen Haltefaden nach vorn gezogen, da sie wegen des fehlenden Mundbodens Tendenz hat, nach hinten zu sinken. Nach zwei Tagen konnte der Faden fortgelassen werden, . nach 14 Tagen werden alle Nähte entfernt, nach weiteren 14 Tagen wurde der Patient geheilt entlassen. Vom ersten Tag ab nach der Operation konnte er aus der Tasse trinken; jetzt geht es ihm sehr gut, er kann auch feste Sachen essen, den Mund bequem öffnen und schließen und ziemlich deutlich sprechen. Seit der Operation sind nunmehr 2!/, Monate vergangen.
3) Osteoplastische Deckung eines grossen el, schen Defeetes der Tibia.
' Bei dem 56jährigen Patienten war nach Entfernung eines ausgedehnten osteomyelitischen Herdes ein großer Defect in der Tibia entstanden, der nach völliger Reinigung der Wundfläche mittels zweier Hautperiostlappen von den Seiten der Tibia her gedeckt wurde. Die Operation, die vor ca. 4!/, Monaten gemacht wurde, hat ein sehr schönes Resultat gehabt; die Lappen sind gut an- und zusammengeheilt und der große Defect ist durch Knochenneubildung bedeutend verkleinert. Pat. kann mit seiner Gypshülse jetzt ganz gut herumgehen.
Herr Fränkel: Der erste Fall, den ich mir erlaube Ihnen vorzustellen, ist ein Fall von eiteriger Sinusthrombose, den wir fast in seinem ganzen Verlauf haben beobachten können und der durch Operation geheilt ist. Anamnestisch ist zu bemerken, daß Pat., die stets gesund gewesen sein will, Mitte März in unserer Poliklinik wegen Nasenpolypen behandelt wurde. Bald darauf bekam sie eine Influenza mit einer acuten perforirenden Mittelohrentzündung rechts. In der Poliklinik, die Pat. wieder aufsuchte, wurde die Paracentese ausgeführt, worauf die Ohr- eiterung bald sistirte. Nachdem Pat. einige Zeit weggeblieben war, traten wieder Ohrensausen und eitrige Secretion ein. Bei der Untersuchung in der Poliklinik secernirte das Ohr nicht
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mehr, wohl aber klagte Pat. über Schmerzen hinter dem Ohr, die besonders auf Druck zunahmen. Sie wurde aufgenommen. Vom Status bei der Aufnahme ist hervorzuheben, daß Pat. eine Temperatur von 37,8° und einen Puls von 100 aufwies, der keine Abweichung von der Norm zeigte. Die Pupillen reagirten etwas träge. Die Bewegungen des Kopfes wurden vorsichtig ausgeführt und waren schmerzhaft. Bei Druck auf das rechte Schläfenbein empfindet Pat. heftigen Schmerz, besonders an der Spitze des Processus mastoideus; schmerzhaft war ferner die rechte Hals- seite in ihrer oberen Partie am vorderen Rande des Sternocleido- mastoideus und die Stelle, wo das Schläfenbein an’s Oceiput grenzt, namentlich da, wo Emissarien heraustraten. Die Trommel- felle waren normal, mit Ausnahme einer geringen Trübung rechts. Flüstersprache wird rechts auf 2,5 m gehört, der Weber’sche Versuch fällt unbestimmt, der Rinne’sche beiderseits positiv aus. Die Organe der Brust- und Bauchhöhle waren gesund, die Re- flexe normal. Die beiden nächsten Tage nach der Aufnahme zeigten keine Aenderung, die höchste Temperatur betrug 38,5. Am dritten Tage, den 14. April, stieg Nachmittags 4 Uhr die Temperatur unter Schüttelfrost plötzlich auf 40,6, fiel jedoch Abends wieder auf 38,55. Pat. klagte über stärkeres Hitze- und Schmerzgefühl im rechten Ohr. Am nächsten Tage machte sie den Eindruck einer Schwerkranken; dieSchmerzhaftigkeit desKnochens und der Stelle am vorderen Rand des Sternocleidomastoideus war geblieben, auch die Ohrschmerzen. Die Temperatur be- wegte sich um 38° herum, bis am Nachmittag wieder ein Schüttel- frost und Anstieg der Körperwärme auf 40,5 auftraten. Diese beiden Schüttelfröste, verbunden mit der Schmerzhaftiskeit der Gegend hinter dem Processus mastoideus und des oberen Ab- schnittes der Jugularis, machten die Diagnose einer Thrombose des Sinus sigmoideus fast sicher, zumal für andere endocraniellen Erkrankungen alle Symptome fehlten. Als sich die Schüttelfröste mit Temperaturerhöhung auf 41° am 16. und 17. April wieder- holten, wurde noch am letzteren Tage die Freilegung des Sinus ausgeführt. Zuerst wurde das Antrum eröffnet, das sich als leer erwies, während im Proc. mastoid. eine Zelle eiterhaltig war. Bei Freilegung des Sinus zeigten sich zwischen Knochen und Dura viele Granulationen, die entfernt wurden. Der Sinus sig- moideus hatte normales Aussehen, pulsirte aber nicht. Er wurde freigelegt nach oben bis nahe an den Uebergang in den Sinus transversus, nach unten fast bis zum Bulbus venae jugularis. Hier entleerte sich noch ein extraduraler Absceß. Der Sinus
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wurde punctirt und eine trübe, rote Masse aspirirt, die aus zahl- reichen Eiterkörperchen, untermischt mit roten Blutkörperchen, bestand, zwischen denen sich viele Streptokokkenketten befanden. Der Sinus wurde aufgeschnitten, ohne daß eine Blutung erfolgte, und nach oben und unten zu eine Menge kleiner Gerinnsel ent- fernt. Tamponade, aseptischer Verband. Während der Operation, die eine Stunde dauerte, sank die Temperatur von 41° auf 38,2. Nach einer anfänglichen Besserung trat am dritten Tage nach der Operation eine schmerzhafte Schwellung des rechten Knie- gelenks ein, ferner starke Schmerzhaftigkeit im oberen Teil der rechten Jugularis und Schüttelfrost mit Temperaturanstieg auf 39,1. Das Kniegelenk besserte sich bald, die Jugularis blieb jedoch schmerzhaft, und da der Schüttelfrost sich am fünften und siebenten Tag wiederholte, so wurde am achten Tag die Jugularis unter- bunden, zumal bei der ersten Operation das centrale Ende des Thrombus nicht erreicht war. Von da ab nahm die Schmerz- haftigkeit am Hals ab, die Temperatur wurde normal. Die Heilung der Wunden erfolgte anstandslos. Das Bemerkenswerte an diesem Fall ist, daß die Sinusthrombose auftrat nach einem acuten Mittel- ohrproceß, und daß, obwohl derselbe mit Ausnahme der einen eiterhaltigen Zelle schon völlig ausgeheilt war, doch die Thrombo- phlebitis in den Knochenvenen weiter ging, bis der Sinus erreicht war. Die pyämische Allgemeininfection wurde durch die Unter- bindung der Jugularis verhütet.
Als Gegenstück zu diesem Falle möchte ich Ihnen einen zweiten vorstellen, in dem der klinische Verlauf zwar dem einer Sinusphlebitis entsprach, dieselbe sich aber nicht nachweisen ließ. Die Patientin, welche auf der dermatologischen Abteilung wegen Lupus des Gesichtes lag, war zwei Monate lang in unserer Poli- klinik wegen perforativer, chronischer Mittelohrentzündung be- handelt, als sich plötzlich unter Fieber, starken Schmerzen am Warzenfortsatz eine acute Exacerbation einstellte.e Am zweiten Tag nach Eintritt derselben stieg die Temperatur, die am Morgen 371,4 betragen hatte, Nachmittags unter rasenden Kopfschmerzen und heftigem Schüttelfrost auf 39,6; um 11 Uhr Nachts wieder- holte sich derselbe, wobei die Temperatur sich noch um 0,8° hob. Zugleich klagte Patientin über Stechen in der linken Brustseite und der Herzgegend; an beiden Stellen war das Atmen rauh und unrein; Herztöne normal, ebenso das linke Ohr. Der Augen- hintergrund wegen Trübungen in den durchsichtigen Medien schwer zu sehen; er ist scheinbar normal. Am nächsten Tage wurde die Patientin operirt. Das Antrum war frei von Eiter,
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dagegen die Zellen unter dem Aditus und Antrum, ebenso die in der Spitze des Warzenfortsatzes und in der Umgebung des Sinus sigmoideus eitererfüllt. Der Knochen ist gelblich verfärbt. Nach Freilegung des Sinus zeigt sich derselbe verfärbt; bei der Punction wird flüssiges, dunkles Blut aspirirt. Der Sinus wird weiter nach oben zu freigelegt, wobei sich zwischen Dura und Knochen etwas flüssiger Eiter entleert. 'Tamponade und Verband. An den beiden folgenden Tagen trat wieder je ein Schüttelfrost auf. Die Temperaturen schwankten zwischen 39,0 und 40,4. Dazu traten Druckempfindlichkeit der Milz und Leber und Schmerzen im rechten Hüft- und Kniegelenk. Da die Conjunc- tiven icterisch wurden, und auch sonst Erscheinungen von all- gemeiner Septicopyämie auftraten (wie schmerzhafte Schwellung der Inguinaldrüsen und des rechten Femur), so wurde am vierten Tage nach der Operation die Jugularis unterbunden. Der Sinus, der hierbei nochmals punctirt wurde, war wieder nicht thrombosirt. In seinem Blut fand sich eine reichliche Vermehrung der Leukocyten (10—15 im Gesichtsfeld) und ganz vereinzelt aller- -dings nur mikroskopisch nachgewiesene Kokken. Allmählich nahm das Fieber einen rein pyämischen Character an; nachdem verschiedene Gelenke schmerzhaft angeschwollen und wieder spontan geheilt waren, bildeten sich am rechten Hüft- und Knie- gelenk große paraarticuläre Abscesse aus, die auf der chirurgi- schen Abteilung gespalten und drainirt wärden:
Die Deutung dieses zweiten Falles ist nicht einfach und klar. Sicher ist nur, daß eine otogene Pyämie bestanden hat. Nach den im Allgemeinen geltenden Anschauungen müssen wir annehmen, daß derselben eine Sinusthrombose vorausgegangen ist, nur haben wir den Thrombus nicht finden können. Es kann -sich also nur um einen wandständigen, nicht obturirenden ge- handelt haben, von dem die allgemeine Infection des Körpers ausging. Es ließe sich aber auch an eine Osteophlebitis ohne nachfolgende Sinusthrombose im Sinne Körner’s denken, wozu auch die Localisirung der pyämischen Metastasen — Bevorzugung der Gelenke, Milz und Leber bei Zurücktreten der Lungen- symptome — ganz gut passen würde. In jedem Falle aber war die Unterbindung der Vena jugularis ohne jeden Einfluß auf die Ausbreitung der Pyämie im Körper.
Herr Mahn stellt vor:
1) Einen Fall von Paralysis agitans.
Pat. stammt aus gesunder Familie und war faibi bis zum Beginne seiner gegenwärtigen Erkrankung stets gesund. Vor etwa
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drei Jahren stellte sich Zittern in der rechten Hand ein; allmählich griff dasselbe auf Vorder- und Oberarm dieser Seite über und befiel schließlich auch die linke Hand. Seit etwa einem Jahre beobachtet er eine Erschwerung der Sprache.
Pat. hält den Kopf nach vorn geneigt. Die oberen Extre- mitäten sind dauernd in rhythmischer Bewegung; die Oberarme machen Abductions- und Adductionsbewegungen von geringer Excursion, die Vorderarme Flexions- und Extensionsbewegungen.
Am stärksten sind, wie es bei dieser Krankheit die Regel ist, Hände und Finger befallen.
Die ersteren werden alternirend flectirt und extendirt.
Der Tremor in den Fingern kommt durch Contractionen der Musculi interossei zu Stande; die Zuckungen der letzteren ver- ursachen Beugung der Grundphalangen bei gestreckten Mittel- und Endphalangen.
Nach zwei Richtungen bietet dieser Fall Besonderheiten. Erstlich fällt das ganze Befallensein der unteren Extremitäten auf. In der Regel wird bei der Paralysis agitans nach der oberen Extremität das Bein derselben Seite vom Tremor ergriffen und später erst der Arm der andern Seite. Das Leiden ist, wie Gowers sich ausdrückt, ein hemiplegisches. Nur bei genauestem Zusehen ist in diesem Falle ein feiner Rotationstremor der unteren Extremitäten in toto wahrnehmbar. Zweitens unterscheidet sich dieser Fall von dem Gros der Fälle von Paralysis agitans da- durch, daß auch das Gesicht befallen ist. Es besteht nämlich dauernd ein mäßiger Tremor der Unterlippe, der sich häufig zu einem hochgradigen Zittern derselben steigert und dann in be- merkenswertem Contraste zu der für die Krankheit charac- teristischen, in diesem Falle besonders gut ausgeprägten mimischen Ausdrucklosigkeit steht. Die Sprache ist monoton und wird von Erregungen ebensowenig beeinflußt wie das Gesicht.
Die typischen Merkmale der Paralysis agitans sind hier so deutlich ausgesprochen, daß differentialdiagnostische Bedenken nicht auftauchen können.
Scopulaminum hydrobromicum (2mal fünf Tropfen einer 1°%,, Lösung pro die) leistete in diesem Falle gegen den Tremor zeitweise recht gute Dienste).
2) Einen Fall von Atrophia muscularis progressiva.
Der 20jähr. Patient stammt aus gesunder Familie, in welcher insbesondere Nervenkrankheiten nie aufgetreten sind.
Vor etwa drei Jahren bemerkte er, daß er mit beiden Daumen nicht mehr recht zufassen konnte. Allmählich wurde auch die
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Bewegungsfähigkeit der übrigen Finger eine zunehmend geringere. Er ging jedoch seinem Berufe als Bäcker weiter nach, bis sich die Motilitätsstörung bei jeder Verrichtung in so störender Weise geltend machte, daß er sich vor einigen Wochen genötigt sah, das Hospital aufzusuchen.
An Stelle der normalen Prominenz des Thenar besteht eine bedeutende Abflachung; die Vola manus ist außerordentlich stark vertieft; auf dem Handrücken bestehen zwischen den einzelnen Metacarpalknochen tiefe Depressionen. Diese Veränderung der normalen Plastik der Hand kommt zu Stande durch Atrophie der Museuli adductor und opponens pollicis, interossei und lumbricales.
Am Vorderarm sind die Flexoren schwer geschädigt, dagegen die Extensoren intact. Interessant ist an diesem Falle, daß be- reits die unteren Gliedmaßen befallen sind. In der Regel werden bei der spinalen progressiven Muskelatrophie die unteren Extre- mitäten, wenn überhaupt, erst sehr spät ergriffen.
Während hier jedoch noch die Musculatur des Vorderarmes, des Schultergürtels und des Rumpfes intact ist, besteht bereits ausgesprochene Spitzfußstellung, bedingt durch Atrophie der Peronealmuseulatur.
Auch der Gang ist der für Peroneus-Lähmung characteristische. Pat. setzt den Fuß tappend, mit der Spitze auf.
Die Sensibilität verhält sich in allen Qualitäten völlig normal. Blase und Mastdarm functioniren ungestört.
Die Anamnese, welche über einen schmerzlosen Beginn der Erkrankung in den Daumenballen und ein allmähliches Fort- schreiten derselben von Muskel zu Muskel berichtet, läßt eine Neuritis ausschließen. Die Annahme einer syringomyelitischen Affection ist wegen des Fehlens der characteristischen Sensibilitäts- und trophischen Störungen von der Hand zu weisen.
Herr Chotzen stellt vor: 1) einen Fall von Mycosis fungoides, 2) einen Fall von Sycosis barbae.
Herr Schwabe: a. Tumor laryngis, b. tubereulöse Mund- geschwüre.
Meine Herren! Ich möchte Ihnen zunächst einen Fall von Kehlkopftumor vorstellen, weniger wegen dessen, was an ihm zu sehen ist, als seiner Seltenheit wegen. Der Pat., 62 Jahre alt, bot, als er sich vor fünf Jahren in unserer Poliklinik be- handeln ließ, das Bild einer einfachen chronischen Laryngitis dar mit den Epithelverdickungen, wie wir sie bei diesem Krankheits- bilde zu sehen gewohnt sind; an einen Tumor war damals nicht zu denken. Nachdem er vier Jahre außer Beobachtung gestanden
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hatte, trat er vor fast Jahresfrist als stationärer Kranker bei uns ein; man sah einen großen, unregelmäßigen, vom rechten Taschen- bande ausgehenden, derben Tumor, der das Lumen des Kehl- kopfes bis auf einen ca. 4 mm langen schrägen Spalt einengte und ziemlich heftige Atembeschwerden machte. Im rechten vorderen Halsdreieck befand sich ein gänseeigroßer Drüsentumor. In einem Anfalle hochgradiger Asphyxie mußte Pat. Mitte Juli tracheo- tomirt werden und er wird die Canüle, da er ohne dieselbe nur kurze Zeit frei atmen kann, dauernd tragen müssen.
Ein vor der Tracheotomie durch Probeexeision gewonnenes Stückchen des Tumor zeigt im mikroskopischen Präparat neben starken Epithelverdickungen viele größere mit einer einfachen, Lage platter Zellen ausgekleidete Hohlräume ohne Inhalt in ein fibröses Lager eingebettet. Da wir nun in keinem dieser Hohl- räume Blut fanden, ferner der Tumor bei der Probeexcision und den mehrfachen endolaryngealen Manipulationen, auch spontan fast nie blutete, sind wir geneigt, anzunehmen, daß es sich hier um ein Lymphangiofibrom des Kehlkopfes handelte. Es wäre dieses ein höchst seltener Fall, da erst ein derartiger Tumor aus der Stoerk’schen Klinik veröffentlicht ist.
Die Frage nach der histologischen Beschaffenheit und Klassi- fieirung wird sich erst nach Untersuchung größerer Stücke des Tumor definitiv entscheiden lassen.
Der Verlauf ist, wie bei den gutartigen Kehlkopftumoren zumeist, ein sehr protrahirter; sie wirken lediglich local schädigend. Auf eine Arsenkur hin ist der Drüsentumor bis auf Taubenei- größe zurückgegangen. Ein radicaler Eingriff wurde abgelehnt.
Der zweite Fall zeigt Ihnen ebenfalls ein ziemlich seltenes Bild, nämlich tuberculöse Mundgeschwüre. Der Pat., phthisisch nicht belastet, 32 Jahre alt, leidet seit ca. 7 Jahren an Lungen- tuberculose. Der Larynx zeigt starke Schwellung der Epiglottis und der Hinterwand, die Stimme ist völlig aphonisch.
In der Zeit von October vorigen bis Ostern dieses Jahres bildeten sich Geschwüre, die die ganze Innenseite der linken Wange und den linken Mundwinkel einnahmen. Sie wurden größtenteils galvanocaustisch verschorft, was noch an den langen strahligen Narben zu sehen ist. An der linken Wange vor dem aufsteigenden Kieferaste sehen Sie jetzt noch ein größeres läng- liches Geschwür mit wallartigen Rändern, sich derb anfühlend und in der Tiefe speckig belegt; an der rechten Innenseite der Unterlippe sehen Sie ein kleineres ebensolches. Was aber be- sonders interessant ist, ist die miliare Einsprengung; tuberculöser
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Infiltrate auf den übrigen Teil der ovalen Unterlippenfläche, auf die Gaumenbögen, die Uvula, die Schleimhaut der anderen Wangen- seite etc., wie wir sie sonst nur bei der miliaren Form der Mund- und Pharynxtuberculose sehen; unter unseren Augen haben sich innerhalb der letzten Tage nach vorausgegangener heftiger öde- matöser Schwellung dieser Partien an der Spitze der Uvula und am linken Arcus palatoglossus Geschwüre gebildet. Die Diagnose
ist zweifellos gesichert — weniger durch den Nachweis von
Tuberkelbacillen im Geschwürsgrunde, denn das Sputum enthält deren reichliche Mengen — als durch den mikroskopischen Nach- weis der typischen Befunde der Tuberculose an durch wiederholte Excisionen gewonnenen Stückchen.
Herr Wodarz zeigt ein Kind, bei welchem ein Prolapsus recti nach der Thiersch’schen Silberdrahtmethode operirt worden ist. Der Prolapsus recti ist bei Kindern recht häufig; am häufigsten im 2.—4. Jahre. Als Ursache wird nach den neueren Anschauungen die abnorm gesteigerte Action der Bauchpresse angeschuldigt, so zwar, daß sich in der Gegend der Excavatio rectovesicalis eine innere Hernie bildet, welche die Vorderwand der Ampulle durch den Schlitz des Diaphragma pelvis drängt, bis die Schleimhaut der Ampulle vor der Afteröffnung erscheint. Zu dem Abusus der Bauchpresse geben bei Kindern einmal Diarrhoe und Obsti- pation, andererseits Ascariden oder ein Blasenstein Anlaß. Die Operationen, welche eine Radicalheilung erstreben, sind ohnehin große, gefährliche Eingriffe, die wegen der Unsicherheit der Asepsis am kindlichen After doppelt gefährlich werden. Dahin gehören: Die Exeision von Schleimhautfalten (Dupuytren) oder eines ovalären Hautschleimhautlappens vom Afterrand, der keil- förmig in die Tiefe dringend, ein Stück vom Sphincter mit ent- fernt (Dieffenbach), die Amputation des prolabirten Rectum oder endlich die Rectococeygopexie mit ihren verschiedenen Modi- fieationen. Die Technik der Silberdrahtmethode, welche Thiersch im Jahre 1891 auf der Naturforscherversammlung beschrieben hat, ist sehr einfach: Es wird eine mit Silberdraht armirte Nadel etwa 4 cm vor der Afteröffnung eingestochen, subcutan bis hinter dieselbe geführt und dort ausgestochen. Nun wird die Ausstich- öffnung als zweite Einstichöffnung benutzt, die Nadel subeutan auf der anderen Seite um die Afteröffnung herum- und aus der ersten Einstichöffnung herausgeführt. Dort wird der Draht so geknotet, daß für den Durchtritt des Stuhls noch ein genügend weites Lumen offen bleibt. Der Ring bleibt 14 Tage bis vier Wochen liegen. Der Stichcanal hinter dem After verklebt sehr
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I. Abteilung. Medicinische Section. 165 bald, so daß der Stuhl ihn nicht infieiren kann. Die Stichöffnung mit dem Knoten des Drahtes liegt soweit vor dem After, daß sie der Stuhl garnicht erreicht, vorausgesetzt, daß der Stuhl fest ist. Die Operation hat also den Vorzug, ein ungefährlicher Eingriff zu sein. Ob sie von Dauererfolg ist, darüber ist in der Litteratur nichts berichtet. Es sind von Hohlfeld und Goldmann je sechs Fälle beschrieben. Die ersteren sind nur vier Wochen lang beobachtet, von den letzteren hat einer nach /, Jahren ein Reeidiv bekommen. Von den Fällen der chirurgischen Abteilung des Allerheiligen-Hospitals, bisher fünf, sind vier recidivfrei geblieben, während einer an Sepsis gestorben ist, die sich bei Enteritis an eine periproctitische Phlegmone angeschlossen hat. Die ersteren sind aber noch zu kurze Zeit beobachtet, um ein sicheres Urteil über den Dauererfolg der Operation fällen zu können; sie werden erst später verwertet werden können. Der letztere zeigt, daß bei Enteritis die Methode nicht ein so harmloser Eingriff ist, als es scheinen mag. Jedenfalls sind die bisherigen Resultate nicht so entmutigend und so gering an Zahl, daß man die Operation bei Kindern nicht weiterhin ausführen sollte, um die Frage nach Dauererfolgen klären zu helfen. Es ist demnach Surloff nicht zuzustimmen, der die Methode auch bei Kindern strikte verwirft.
Der zweite Fall betrifft eine Frau, bei welcher sehr aus- gedehnte luetische Unterschenkelgeschwüre mit Thiersch’schen Hautläppchen mit gutem Erfolge bedeckt worden sind. Die Frau kam auf die chirurgische Abteilung des Allerheiligen-Hospitals wegen multiplen Unterschenkelgeschwüren von der Größe einer Hand, vornehmlich an der Vorder- und Außenfläche. In den Hautbrücken fanden sich Narben und zahlreiche kleinere, neuere, etwa thalerstückgroße Geschwüre. Die Ränder der Geschwüre waren im Allgemeinen scharf und glatt, nicht unterminirt, in großen Bogenlinien verlaufend, ohne übermäßige Wulstung und Rötung. Der Geschwürsgrund war schmierig, speckig belegt und stark jauchig secernirend. Der makroskopische Befund sowohl, als auch der mikroskopische des Geschwürsrandes — Verdickung der Intima und kleinzellige Infiltration der Adventitia der Gefäße — machten den luetischen Character der Geschwüre wahrscheinlich, trotzdem die Anamnese keinerlei Anhaltspunkte ergab. Die Dia- gnose wurde ex juvantibus bestätigt. Die Frau bekam Hydrarg, salicyl. intramusculär und Jodkali. Während der Kur reinigte sich der Geschwürsgrund schon wesentlich, während die kleineren Geschwüre sich von den Seiten her zu verkleinern anfıngen. Nach der Kur wurden die handgroßen Geschwüre mit Thiersch’schen
166 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Hautläppchen bedeckt, nachdem die Granulationen mit dem scharfen Löffel entfernt worden waren. Der Erfolg ist ein recht guter. Die Hautbedeckung ist überall fest. Interessant ist, dab im Jahre 1894 der andere Unterschenkel ebenfalls wegen aus- gedehnter Geschwüre abgesetzt worden ist.
20. Sitzung vom 17. November 1899 in der alten Börse.
Vorsitzender; Herr Geheimrat v. Mikulicz. Schriftführer: Herr Prof. Dr. Born.
Herr Thiemieh: Ueber die Diagnose der Imbeeillität im frühen Kindesalter.
Vortragender giebt auf Grund zahlreicher Untersuchungen, die sich auf Anregung von Herrn Prof. Czerny auf das Ver- halten der Schmerzempfindung, der Geschmacksempfindung und der Aufmerksamkeit bei imbecillen Kindern der ersten Lebens- jahre erstreckten, eine Besprechung dieser drei Prüfungsmethoden. Am bedeutungsvollsten ist das Vorhandensein einer ausgebreiteten Analgesie, weil sie außer bei apathischen Schwerkranken nur bei Imbecillität vorkommt. Geschmacksstörungen treten außer bei dieser Krankheit auch bei chronisch kranken, zurückgebliebenen, rachitischen Individuen auf, müssen also mit Vorsicht benutzt werden. Die Prüfung der Aufmerksamkeit hat zwei Punkte zu beachten; erstens ob auf sensorische Reize überhaupt eine Reaction erfolgt und zweitens — wofern dies geschieht — wie lange die Aufmerksamkeit auf eimen Gegenstand gefesselt werden kann. Bei Imbecillen ist dies meist nur vorübergehend, für einige Se- cunden möglich, besonders auch bei „agilen“ Idioten, deren Auf- merksamkeit sehr leicht zu erregen ist.
Für die Prognose und Therapie ist das Verhalten der Auf- merksamkeit am wichtigsten, da von ihm der Erfolg des syste- matischen Unterrichtes abhängt.
Discussiıon;
Herr Mann wendet ein, daß alle drei Prüfungen darin über- einstimmen, daß bei Imbecillen gewisse Reactionen auf ver- schiedene Reize fehlen — es fehle eben bei allen die Aufmerk- samkeit. Wie kann man sie von Blinden unterscheiden?
Herr Thiemich antwortet: Imbecille fixiren thatsächlich — aber nur kurz; blinde Kinder gar nicht. Die imbecillen Kinder sind z. B. optisch aufmerksam, fühlen aber doch nicht — also ist Aufmerksamkeit und Empfindlichkeit doch nicht dasselbe.
T. Abteilung. Medicinische Section. - 167
Herr Jacobi: Wie ist nachgewiesen, daß die Kinder wirk- lich imbecill sind?
Herr Thiemich: Die Kinder werden weiter beobachtet.
Herr Anschütz: Ueber primären Wundverschluss ohne Drainage.
Während man einfache glatte Hautwunden und kleine Wund- höhlen bei aseptischen Operationen primär vollständig durch die Naht verschließt, ohne zu drainiren — wagen es nur wenige Chirurgen, auch beim Verschluß großer Wundhöhlen die Drains wegzulassen. Warum? Man fürchtet erstens eine Vermehrung: der Infectionsgefahr, weil die zurückbleibende Wundflüssig- keit ein günstiger Nährboden für die Keime sein soll. Zweitens glaubt man, daß die Resorption dieser Flüssigkeiten auch ohne Infection schädlich ist (aseptisches Fieber). Drittens verhindert die Ansammlung von Flüssigkeit in der Wundhöhle eine pri- märe Verklebung der Gewebe in der Tiefe.
Alle Bemühungen und Methoden, die Drainage überflüssig zu machen, sind bisher verfehlt gewesen. Nur wenige Chirurgen verschließen consequent alle ihre aseptischen Wunden. In der Breslauer chirurgischen Klinik werden seit nahezu 21/, Jahren alle Wunden nach aseptischen Operationen primär verschlossen, auch die größten Wundhöhlen. Die Nahtlinie wird mit steriler Zinkpaste bedeckt. Vorteile des primären Verschlusses sind: kürzere Heilungsdauer, Heilung unter einem einzigen Verbande, Unmöglichkeit einer Secundärinfection vom Drainkanale aus. Die Nachteile liegen nicht in einer Steige- rung der Infectionsgefahr, sondern in einer harmlosen Heilungs- störung, nämlich der Ansammlung aseptischer Flüssigkeit unter der per primam geheilten Haut. Bei der Prüfung der Resultate des primären Verschlusses hat allein eine Statistik Wert, welche nur große Wundhöhlen berücksichtigt.
Bei 52 Fällen von Mammacarcinom mit primärem Techn in welchen allen der Pectoralis herausgenommen und die Achsel. höhle ausgeräumt wurde, hatten wir Temperatursteigerungen nicht über 37,5° in 37 pCt., nicht über 38° in 87 pOt. der Fälle. Rötung von Shichkanalen ist häufig (große Spannung), Stichkanal- eiterung nur 1 bis 2mal beobachtet worden, oberflächliche In- fection in 13 pCt., tiefe in 5 pCt. der Fälle (sämtlich ulcerirte Carcinome).
In 36 pCt. der Fälle Ansammlung von Wundflüssig-. keiten. Die Vermeidung dieser Heilungsstörung ist bisher ein
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ungelöstes Problem geblieben; daß es aber lösbar ist, beweisen die 64 pCt. der Fälle, die ohne diese Störung heilten!
Bei der Aetiologie darf die Bedeutung der Nachblutung nicht überschätzt, die der Lymphe nicht unterschätzt werden. Die Flüssigkeiten sammeln sich infolge exsudativer und trans- sudativer Vorgänge an, wenn Höhlen in der Tiefe trotz Naht und Verband zurückbleiben. Besonders in den Körpergegenden, in welchen die völlige Ruhigstellung der Wundflächen unmöglich ist (Brust-, Hals-, Unterkiefer- und Parotisgegend). Die Wund- exsudate verraten sich durch keine subjectiven oder objectiven Symptome. Sie wurden durch Punction in verschieden großen Mengen, durchschnittlich 30-50 ccm, entleert.
Falscherweise hat man die Wundexsudate als Hämatome be- zeichnet, sie sind kein Blut, enthalten wenig oder kein Fi- brinogen, können nie zu starrer Gerinnung gebracht werden. Zweimal fand sich weder Thrombin noch Prothrombin in der Flüssig- keit. Nach vergleichenden Untersuchungen handelte es sich um weiter nichts als retinirtes Wundsecret. Fast die gleichen chemisch- physiologischen Befunde wurden erhoben bei einem Fall von traumatischem Lymphextravasat und bei traumatischen subcutanen Ergüssen am Schädel und am Oberschenkel. Alle diese Fluida sind Gemenge aus Lymphe, Exsudat, Transsudat und defibrinirtem Blut, welche trotz der Verschiedenheit ihrer Farbe und Consistenz wohl stets den gleichen Processen ihre Entstehung danken.
Während in 94 pCt. der Fälle das Wundsecret inficirt ge- funden wird, fanden wir eben so oft innere Wundflüssigkeiten steril. Ein Beweis dafür, daß die bactericide Kraft sich nicht, wie im Reagensglase, erschöpft, sondern im Körperinnern sich regenerirt.
Der primäre Verschluß wird trotz dieser Complication bei- behalten, die Drainage vermieden werden.
Discussion:
Herr Born fragt, ob die Menge der angesammelten Lymph- flüssigkeit nicht parallel geht der Menge der zerstörten Lymph- wege.
Herr Anschütz: Das ist doch kaum der Fall.
Herr Stolper hält die Analogie zwischen den Lymphextra- vasaten in primär verschlossenen aseptischen Wunden und den von Gussenbauer besonders beschriebenen, welche durch tan- gential einwirkende Gewalt entstehen, für sehr beachtenswert. Letztere, von den Franzosen als Decollements traumatiques be- zeichnet, trifft man auch in Körpergegenden, wo das Lymph-
T. Abteilung. Medicinische Section. 169 gefäßnetz nicht so ausgebildet ist, wie in der Regio mammaria. Ich habe besonders große Lymphextravasate dieser Genese in der Lumbosacralgegend beobachtet bei Leuten, die z. B. an einem runden Stamm von einem vorbeifahrenden Zuge mit dem Becken gewissermaßen vorüber gerollt wurden. Tellergroße, schwappend gefüllte Höhlen enthielten seröse Flüssigkeit von derselben Be- schaffenheit, wie sie Herr Anschütz durch Punction aus undrainirt gelassenen Wunden gewonnen hat. Diese Ergüsse gehen sehr schwer von selbst zurück und man muß wohl annehmen, daß bei diesen Decollements es sich nicht blos um eine durch das Trauma gesetzte übergroße Lymphsecretion handelt, sondern auch um eine verminderte Resorptionsfähigkeit der gesetzten Wundflächen. Bei dem weiteren Studium über die Entstehung der Lymphextravasate wird man diese Decollements immer mit berücksichtigen müssen.
21. Sitzung vom 24. November 1899.
Vors.: Herr Geheimrat v. Mikulicz. Schriftführer: Herr Geheimrat Neisser.
Herr G. Reinbach: Die Erfolge der chirurgischen Behand- lung bei Basedow’scher Krankheit.
Vortr., dessen ausführliche Arbeit demnächst in den „Grenz- gebieten der Medicin und Chirurgie“ erscheinen wird, berichtet zunächst über den Aufschwung, den die operative Therapie in den letzten Jahren gerade gegenüber der Basedow’schen Krankheit genommen hat, unter speciellem Hinweis auf die Ergebnisse der bezüglichen Verhandlung auf der letzten Naturforscherversammlung. Nach einem kurzen Ueberblick über die Litteratur teilt Vortr. die, Erfahrungen der v. Mikulicz’schen Klinik mit. — 18 Fälle von typischem, z. T. schwerem Morbus Basedowii liegen dem Bericht zu Grunde, 4 weitere, diagnostisch nicht ganz einwandsfreie, sind nicht mit berücksichtigt.
Verf. bespricht die Diagnose, welche, unabhängig von der spec. Entstehungsform des Leidens, sich lediglich auf das Vor- handensein der bekannten klinischen Symptome zu stützen hat; er hält Classificirungen vor der Hand für unzweckmäßig. Alle Fälle sind der Klinik von Internen bezw. den behandelnden Aerzten überwiesen und vergeblich z. T. jahrelang „intern“ be- handelt worden.
Herr Geheimrat Kast hat in der großen Mehrzahl die Dia- gnose bestätigt und die Fälle mit beobachtet. Hinsichtlich der unmittelbaren Operationsgefahr teilt Vortr. unter Hinweis auf die
170 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Rehn’sche Sammelstatistik, welche ca. 13 pCt. Mortalität allein für Kropfoperationen bei Basedow constatirt, mit, daß alle 16 (von 21) Kropfoperationen der Klinik günstig verlaufen sind. Unter 5 Fällen von Unterbindung der Schilddrüsenarterien (nach Rehn 28 pCt. Mortalität) ist ein Fall an Nachblutung ad exitum gekommen. Die Gesamtmortalität der v. Mikulicz’schen Klinik
beträgt demnach 4,8 pCt. Vortr. weist darauf hin, daß trotz dieser
befriedigenden Operationsergebnisse die Operation kein leichter Eingriff sei. Er verlange vielmehr große technische Schulung und ein besonders schonendes Vorgehen. Der Vortr. erwähnt die mitunter recht schweren, an die Operation sich unmittelbar an- schließenden, als Resorptionserscheinungen zu deutenden, klinischen Symptome, welche in den Fällen der v. Mikulicz’schen Klinik zwar bald zurückgingen, aber gelegentlich zum Tode führen können. (Kocher.) 13 von 18 Fällen sind länger als 4 Jahre nach der Operation in Beobachtung, lassen also eine Beurteilung des Dauererfolges zu.
In 12 Fällen — darunter 9 über 4 Jahre beobachtet — ist ein vollkommener klinischer Erfolg zu constatiren — voll- ständiger oder fast vollständiger Rückgang der Symptome, Wieder- herstellung der Arbeitsfähigkeit —, 4 Fälle sind wesentlich, ein Fall unwesentlich gebessert, endlich ein Fall gestorben.
Vortr. demonstrirt zwei geheilte Patienten und berichtet noch speciell über den schwersten der operirten Fälle (Complication mit Ascites, Oedemen ete.), welcher auch geheilt ist.
Die meisten der geheilten Patienten (Privatpatienten) sind aus äußeren Gründen nicht demonstrirbar.
Hinsichtlich der Art, wie die Operation des Kropfes wirkt, betont Vortr., daß die Beseitigung von Stenosenerscheinungen deshalb nicht das wesentliche Moment sein kann, weil nur in 3 von 18 Fällen schwere, in 6 weiteren leichte, in 9 Fällen end- lich gar keine Compressionserscheinungen vorhanden waren. Die Annahme einer suggestiven Wirkung der Operation ist absurd, was Vortr. besonders aus den an zweizeitig ausgeführten Ope- rationen gemachten Erfahrungen nachweist.
Die Operationsmethode der Wahl ist die Resection des Kropfes nach Mikulicz.
Die Arterienunterbindung ist aufgegeben. Zusammenfassend empfiehlt Vortr. dieOperation für allejene Fälle, welche ntern vergeblich behandelt wurden, auf das Wärmste; er bittet, die Patienten noch in möglichst leidlichem Allgemein- zustand dem Chirurgen zu überweisen.
T. Abteilung. Medicinische Section. 171
In der Discussion berichtet Schmeidler über einen ge- heilten Fall und Geh.-Rat v. Mikulicz spricht des Weiteren über seine Methode, die Operation zu vollziehen.
22. Sitzung vom 15. December 1899. Vorsitzender: Herr Geheimrat v. Mikulicz. Schriftführer: Herr Geheimrat Neisser.
Herr Andersch demonstrirt ein fünf Tage vorher durch Laparotomie gewonnenes Präparat. Er teilt Folgendes mit:
Die Untersuchung bei der 43jährigen Patientin ergab einen der linken Tubenecke ansitzenden, faustgroßen, höckrigen, knochen- harten Tumor; derselbe wurde zuerst für ein Fibromyom, dann, als sich nachweisen ließ, daß er mit dem Uterus nicht zusammen- hing, für einen in Verkalkung übergegangenen Ovarialtumor an- gesprochen. Die Anamnese ließ völlig im Stich. Bei der Lapar- otomie fand sich ein knochenharter Tumor, der mit der Umgebung, also Därmen, Uterus und Adnexen der linken Seite ausgedehnte Verwachsungen zeigte, ohne mit einem der Organe durch einen Stiel zusammen zu hängen. Nach Lösung der Adhäsionen ließ er sich in der Form, wie er hier vorliegt, herausschälen und erwies sich als der verknöcherte Fötus einer alten Extrauterin- gravidität, als ein sogenanntes Lithopädion oder Lithokeliopädion. Bei der Lösung der Adhäsionen wurden Teile der Oberfläche als verkalkte und verknöcherte Fetzen losgerissen, wodurch hier ein Defect in der Wandung entstand. Es entleerte sich dabei eine bräunliche, wie altes Blut aussehende, bröcklige Schmiere. Die völlig gesunde linke Tube mündete nach der Stelle zu, wo der Tumor lag; das Ovarium war durch Verwachsungen stark ver- ändert, aber an der Tumorbildung nicht beteiligt. An dem Litho- pädion selbst erkennt man ziemlich deutlich die zwei Extremi- täten, daneben das Rudiment einer dritten. An dem größeren, als Kopf anzusprechenden Teil finden sich eine Reihe größerer, platter Knochen, an einer Stelle auch Reste von Haaren. Genauere Präparation ist absichtlich unterblieben, damit das Object in un- versehrtem Zustand demonstrirt werden könnte. Zu bemerken ist noch, daß die Patientin auf eindringliches Befragen schließlich angab, daß sie vor 11 Jahren ihre Periode längere Zeit verloren
habe und in anderen Umständen zu sein glaubte. Sie sei dann
krank geworden und erst lange danach sei die Periode regel- mäßig wieder eingetreten.
172 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Oultur.
Herr Ponfick: Ueber Myxödem und dessen Beziehungen zur Akromegalie.
Während wir bisher für die Mehrzahl der Krankheiten die zur Aufstellung des neuen Artbegriffes dienenden Kennzeichen hauptsächlich den Fortschritten physiologischer, pathologisch-ana- tomischer oder bacteriologischer Forschungen verdanken, haben für das Verständnis des als „Myxödem“ bezeichneten Symptomen- Complexes, ja sogar für dessen erste Definirung Erfahrungsthat- sachen der operativen Chirurgie den Anstoß gegeben.
Erst die Erkenntnis der schlimmen Folgeerscheinungen, welche die Wegnahme der Schilddrüse mit sich bringt und die weitere Einsicht, daß dieses „operative Myxödem“ in allen Haupt- punkten übereinstimme mit dem „spontanen Myxödem“, dessen selbständige nosologische Stellung annähernd gleichzeitig, aber ohne jeden Zusammenhaug in England entdeckt worden war, leiteten vereint zu der Ueberzeugung von der inneren Zusammen- gehörigkeit Beider.
Solchergestalt wurden scheinbar ganz heterogene Affectionen zu einem einheitlichen Krankheitsbilde verknüpft, welches in den einzelnen Fällen zwar hinsichtlich der Ursache und Entstehungs- weise die mannigfachsten Verschiedenheiten darbietet, welche jedoch in den wesentlichen Symptomen das Gleiche ist.
Das Bindeglied, welches ursprünglich einander so fernstehende Leiden zusammenketten und außer jenen beiden noch andere bis dahin kaum minder rätselhafte Zustände in den gleichen Kreis ziehen sollte, ward gefunden in Schwund-Vorgängen, wie sie sich innerhalb der Thyreoidea gewisser Personen mittleren Lebens- alters entwickeln und zuletzt zu völligem Untergang der Drüse führen. Nachdem so dieses allzu lange unterschätzte Organ einmal in den Mittelpunkt pathogenetischer Erörterungen gerückt war, ergab sich, daß eine Reihe verwandter, bis dahin ebenfalls dunkler Constitutions- und Entwicklungsstörungen das nämliche Gebiet zu rechnen seien.
Denn während man bis dahin nicht gewagt hatte, den. sporadischen und endemischen Cretinismus ungeachtet weitgehender klinischer Aehnlichkeit mit dem Myxödem in engere Beziehung zu bringen, zeigte sich jetzt, daß beide nicht minder häufig, sei es mit Zurückbleiben der Entwicklung der Thyreoidea, verbunden sind, sei es mit Umwandlungen an ihrem Gewebe, welche mit tiefgreifender Entartung endigen.
Angesichts der interessanten Wahrnehmungen, relehe unter- dessen in Betreff der histologischen Verhältnisse des Schild-
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drüsengewebes und seiner physiologischen Rückwirkung auf mancherlei Vorgänge der Circulation und des Stoffwechsels ge- macht worden waren, mußte ihm — ungeachtet des Mangels eines Ausführungsganges — ein weittragender Einfluß auf den Gesamthaushalt und auf mancherlei Wachstums- und Ernährungs- processe zugeschrieben werden. Somit wurde jene zunächst nur für die Schilddrüse gewonnene Errungenschaft zugleich der Grund- stein für die neue Lehre von der inneren Secretion und damit für das sich mehr und mehr erweiternde Gebäude der Organtherapie.
Inzwischen erfuhr die eigenartige Stellung, welche der Schild- drüse nunmehr im Gesamthaushalte unseres Organismus zu- gewiesen ward, eine feste Grundlage durch Baumann’s Aufsehen erregende Entdeckung des erstaunlich hohen Jodgehaltes ihres Parenchyms. Im Hinblick darauf kann es nicht länger bezweifelt werden, daß die Schilddrüse als Sammelstätte eines Stoffes zu betrachten sei, welcher nach der allgemein herrschenden Ansicht dem Körper des Menschen und der höheren Tiere bis dahin ganz fremd geblieben war, als Regulator einer Substanz, die der Säfte- masse jeweils in so geringen Beträgen zugeführt wird, daß sogar ihre in der Thyreoidea aufgespeicherte Gesamtmenge einen quanti- tativ nur ganz geringfügigen Factor zu bilden vermag. Nichts- destoweniger ist es aber ebenso unbestreitbar, daß dieses Jodo- thyrin — seinen Wirkungen nach zu urteilen — im allgemeinen Stoffwandel eine sehr bedeutsame Rolle spielt.
Drängt sich da nicht der Gedanke auf, daß der folgenschwere Einfluß, welchen die Schilddrüse auf die Thätigkeit der ver- schiedensten, noch so entlegenen Organe ausübt, eben diesem Gehalte an Jod beizumessen sei, einem Körper, welcher trotz seiner wohlbekannten Ubiquität in seiner Tragweite für den, menschlichen Organismus allzu lang vernachlässigt worden war?
Denjenigen Anomalien der Gesamtconstitution, welche als, sei es sporadischer, sei es endemischer Uretinismus bezeichnet zu werden pflegen, und wohl meist — der Anlage nach — angeboren sind, reiht sich eine eigentümliche Erkrankung an, welche nicht nur in der Anlage, sondern unmittelbar angeboren ist. Ich meine den lange Zeit hindurch — allerdings höchst unzutreffend — als Rachitis foetalis bezeichneten Zustand, welchem E. Kaufmann in berechtigtem Gegensatz hierzu den Namen „Chondrodys- trophia foetalis“ beigelegt hat.
Wirklich werden hierbei die auffallendsten Veränderungen am Skelett angetroffen, aber auch in den übrigen Systemen fehlt es nicht an Zeichen abnormen Wachstums und gestörter
174 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vwaterl. Cultur. Ernährung. Experimentaluntersuchungen von Hofmeister hatten nun die Annahme nahegelegt, daß es eben der Mangel der Thy- reoidea sei, welcher hier das Stocken des Skelettwachstums oder dessen abnorme Richtung verschulde Denn nach Entfernung jener Drüse sah der genannte Autor die Extremitäten jugend- licher Kaninchen in ähnlicher Weise zurückbleiben und zugleich plump und unförmlich werden, wie wir es bei jenen menschlichen Neugeborenen wahrzunehmen gewohnt sind.
Allerdings herrscht keine bedingungslose Uebereinstimmung zwischen diesen Ergebnissen der Tierexperimente und den Er- fahrungen der menschlichen Pathologie. Denn soweit solche über die in Rede stehende Fötalkrankheit bisher vorliegen, hat sich die Schilddrüse dabei nicht regelmäßig und jedenfalls nicht in gleich hohem Maße verkleinert oder durch Entartung untauglich erwiesen. In der That förderte eine Wiederholung der Hofmeister’schen Versuche, welche Max Leonhardt in meinem Institute vorge- ommen hat, keineswegs so erhebliche Unterschiede zwischen thyreotomirten und Controltieren zu Tage, wie H. sie beschreibt und abbildet. Immerhin gelangte auch Leonhardt zu dem Schlusse, daß ein gewisses Maß von Beeinflussung der Wachs- tumsvorgänge am Skelett durch die Wegnahme der Schilddrüse nicht zu leugnen sei.
Dagegen lieferten seine Experimente nicht den geringsten Anhalt für die hierdurch geweckte Erwartung, daß auch das Wachstum anderer Organe, etwa der großen Drüsen des Unterleibes, sei es durch das Vorhandensein der Thyreoidea gefördert, sei es durch ihr Fehlen beeinträchtigt werde.
Sonach wird sich nicht bestreiten lassen, daß die einerseits anregende, andererseits hemmende Wirkung, welche die Schild- drüse auf das Wachstum des Skeletts ausübt, als eine specifische zu betrachten sei, als ein formativer Einfluß also, der sich ledig- lich gegenüber dem Knochengewebe, nicht aber gegenüber drüsi- gen und anderen Geweben geltend macht.
Von solchem Standpunkte aus hat sich in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit der Pathologen mit Recht nicht mehr blos den bis dahin vorwiegend beachteten Vergrößerungen der Thyreoidea zugewendet, den strumösen und den neoplastischen Umwandlungen. Vielmehr wurde das allgemeine Interesse in immer steigendem Maße auf diejenigen bis vor kurzem kaum ge- kannten Entartungen ihres Parenchym hingelenkt, welche irgend welche Atrophie nach sich ziehen.
Und so liegt denn schon heute eine Reihe wertvoller Er-
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fahrungen vor, welche einen Zusammenhang zwischen den Er- scheinungen des Myxödem und dem Befunde einer Volumsabnahme oder Verödung der Schilddrüse ungemein wahrscheinlich machen. Namentlich seit die englische Commission ihren vieleitirten Bericht erstattet hat, wissen wir, daß in 15 Fällen von ausgesprochenem Myxödem nicht weniger als 6mal die Thyreoida in überraschendem Maße verkleinert war. Darum ist es aber gewiß nicht minder willkommen, auch in Deutschland Thatsachen zu weiterer Klärung der Frage beigebracht zu sehen, zumal es hier bisher nur zögernd und nicht mit der wünschenswerten Ueberzeugungskraft gelungen ist, die englischen Erfahrungen durch gleichartige Befunde zu be- stätigen.
In diesem Sinne darf wohl die Thatsache auf allgemeineres Interesse rechnen, daß bei zwei mit Myxödem behafteten Patienten, deren Sectionsbefund ich im Laufe- der letzten Jahre zu erheben Gelegenheit erhielt, die Schilddrüse schwer verändert und zwar beide Male sehr beträchtlich verkleinert war. Im ersten Falle (40jähr. Frau) war sie auf etwa ein Zehntel, im zweiten (49jähr. Mann) auf etwa ein Viertel desnormalen Umfanges zurückgegangen. Allein obwohl somit in der Hauptsache Uebereinstimmung herrschte, so er- streckte sie sich trotzdem nicht auf die Einzelheiten des Schwund- vorganges, jedenfalls nicht in dem Maße, wie es nach den Angaben der englischen Autoren hätte erwartet werden sollen. Während nämlich in ersterem Falle die drüsigen Bestandteile des Gewebes so gut wie völlig vernichtet waren, das ganze „Organ“ nur noch aus wertlosem Fasergewebe bestand, mit einzelnen zusammenhangs- losen Einsprengungen verödeter Follikel, waren in letzterem noch ziemlich viele erhalten, wenngleich qualitativ stark abweichend.
Angesichts der Verwandtschaft, welche sich mehr und mehr zwischen Schilddrüse und Hypophysis herausgestellt hat — sowohl in Bezug auf entwicklungsgeschichtliche Beziehungen, wie ‚auf beider Bau, vielleicht auch ihre Leistungen im Haushalte unseres Organismus —, war es zugleich geboten, letzteres Organ auf seine Beschaffenheit, seine etwaige Mitbeteiligung an dem die Schilddrüse zu Grunde richtenden Vorgange sorgfältig zu prüfen. In der That zeigte der Hirnanhang beider Patienten un- verkennbar pathologische Eigenschaften: keineswegs jedoch in gleichem Sinne wie die Thyreoidea, sondern merkwürdiger Weise eher in entgegengesetztem.
Im ersten Falle nämlich war sie unstreitig vergrößert und reich an colloiden Einlagerungen innerhalb der Zellschläuche. Da hier die Schilddrüse bis fast zur Unfindbarkeit geschwunden war, so liegt
176 Jahresbericht des Schles. Gesellschaft für a Qultur.
es nahe, in der allerdings ungenügenden Zunahme des Hirnanhan- ges eine compensatorische Erscheinung, mindestens den Anlauf zu einer vicariirenden Thätigkeit seines Parenchyms zu erblicken.
Im zweiten Falle war die Hypophysis umgekehrt ausnehmend verkleinert und ihr drüsiger Anteil in hohem Grade schwielig umgewandelt, beinahe auf’s Haar so wie im ersten die Thy- reoidea. Demnach handelt es sich um eine so weit gediehene Atrophie des Hirnanhanges, daß es sich kaum von der Hand weisen läßt, diese wenn auch vielleicht nicht als Ausgangspunkt der ganzen Erscheinungsreihe zu deuten, so doch als eines der frühesten Ereignisse in der Kette der einander folgenden Störungen.
Mag man nun die in Rede stehenden Anomalien der Hypo- physis als lediglich begleitende Befunde oder aber als Zeichen einer reactiven Betätigung auffassen, unter allen Umständen weisen sie, in wie verschiedener Richtung sie sich sonst auch bewegen, darauf hin, daß sich zwischen jenen beiden Organen eine lebhafte innere Wechselwirkung geltend macht.
Ist man aber erst einmal auf diesen Standpunkt gelangt, so rückt der Symptomencomplex des Myxoedems einem anderen un- willkürlich näher, welcher bisher als ein durchaus eigenartiger betrachtet worden und daher von ihm gesondert geblieben ist, dem der Akromesalie.
Ueber die Beziehungen dieser zwei Krankheiten sei es mir gestattet, bei einer künftigen Gelegenheit meine Ansicht mitzuteilen. Die Erfahrungen, auf welche sie sich stützt, sind allerdings nicht danach angethan, einer bedingungslosen Trennung beider allzu- sehr das Wort zu reden.
Discussion:
Herr Röhmann: Die Hauptfrage, welche durch weitere Unter- suchungen und Versuche zur Lösung gebracht werden müsse, ist, ob die Schilddrüse ein secernirendes Organ sei? Jedenfalls findet sich die in der Drüse enthaltene Substanz auch in den Lymph- bahnen. Ferner besteht die Frage, ob das erhebliche in der Drüse enthaltene Jod mit ihrer specifischen Function zusammenhänge? Wie verführerisch auch die Annahme sei, daß der jodhaltige Eiweißkörper auch der Träger der specifischen Function der Drüse sei, so liegen doch auch eine Anzahl neuerer Beobachtungen vor, welche nicht zu Gunsten derselben sprechen. — Meiner Ansicht nach ist die letztere Frage wohl zu verneinen. Allerdings ist auch in der Hypophysis; zu welcher die Drüse eine gewisse Beziehung zu haben scheine, eine jodhaltige Substanz gefunden worden.
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schlesische Gesellschait für vaterländische Cultar.
SSR 7% I. Abtheilung. Jahresbericht. Medicin. 1899. b. Hygienische Section.
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Sitzungen der hygienischen Section im Jahre 1899.
Secretaire; Prof. Dr. H. Cohn, Polizei-Stadtphysikus Prof. Dr. Jacobi und Sanitätsrath Stadtrath Dr. Steuer.
Erste Sitzung am 3. März.
Herr Stadtrath Sanitätsrath Dr. Steuer hielt einen Vortrag: „Zur Abwehr der Tuberculose.‘
Der Erkenntniss entsprechend, dass die Tuberculose die verheerendste Krankheit des Menschengeschlechts ist, wird auch der Kampf gegen dieselbe mit immer wachsender Energie betrieben, und zwar erfolgt der Angriff von zwei Seiten: von der eigentlichen Heilwissenschaft und der ihr nahe stehen- den Hygiene. Auf dem Gebiete der ersteren hat sich in neuester Zeit ein Faetor schnell in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses zu stellen ge- wusst: die Lungenhäuser. Wissenschaft, Humanität und zuletzt auch das finanzielle Interesse, welches ein Hinauschieben der Erwerbsunfähigkeit und hiermit eine Kostenersparniss erreichen will, haben Private, Versicherungs- gesellschaften, Kranken- und Invaliditätskassen, Gemeinden und den Staat selbst als Interessenten herangezogen. Redner beleuchtet den augenblick- lichen Stand der Lungenhäuser, ihre Erfolge, soweit sich dieselben in der kurzen Zeit ihres Bestehens feststellen lassen, und erklärt dieselben als „specialistische‘‘ Krankenhäuser von hoher Bedeutung, deren Unterstützung und Förderung jedem Menschenfreunde am Herzen liegen müsse. Indessen halte er es für einen Irrthum, zu glauben, dass durch dieselben die Tuber- ceulose siegreich bekämpft werden könne. Die Gründe liegen wesentlich in den socialen Verhältnissen, — wie genauer ausgeführt wird.
Eine wesentliche Wirksamkeit kann der Bekandlung in den Lungen- häusern nur zuerkannt werden in frühem Stadium der Krankheit. In diesen aber sind die Kranken — es handelt sich ja hier wesentlich um die unteren Volksklassen — die Arbeiter — nichts weniger wie geneigt, ihre gewohnten Verhältnisse zu verlassen und auf Monate in ein Krankenhaus zu treten. Ferner sind die hohen Kosten hinderlich. Gerade die Meist- betheilisten, die Krankenkassen, sind ausser Stande, auch nur für eine be- schränkte Anzahl von Mitgliedern dieselben aufzubringen. Nur der Staat
1899,
9 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
könnte hier fördernd eintreten, Die lange Zeit des Krankenhausaufenthalts wirkt nicht minder abschreckend auf die Patienten — ebenso wie die Furcht, nach der Entlassung die frühere Stellung nicht mehr wiederzu- finden; ja die Thatsache allein, dass der Betreffende in einem „Lungen- hause‘ gewesen, wird, wie derselbe mit Recht befürchtet, seinem späteren Fortkommen hinderlich sein. ‚Kann man es unter solchen Umständen dem Lungenkranken verdenken, wenn er es vorzieht, die letzten Kräfte anzu- spannen, um in seiner bürgerlichen Stellung zu verbleiben, als dass er ein Lungenhaus aufsucht?‘“ Nahe genug liegt auch die Befürchtung, dass die aus dem Lungenhaus — mehr oder weniger gebessert — Ausscheiden- den die Verhältnisse zu Hause so wenig günstig vorfinden, dass der er- rungene Erfolg bald genug verloren geht, zumal es auf der Hand liegt, dass erhöhte Anstrengungen nöthig sein werden, um die naturgemäss zurück- gegangenen wirthschaftlichen Verhältnisse der Familie wieder zu heben. Redner erwartet im Kampf gegen die Tuberculose bessere Erfolge von der Hygiene. Diese habe auch gegen andere epidemische Krankheiten, — trotz ihres kurzen Bestehens, — viel mehr geleistet als die tausendjährige Heilkunst. Neben der Berücksichtigung der allbekannten hygienischen Ein- richtungen, welche zur Gesundheit des Körpers dienen und diesen wider- standsfähiger machen, verlangt er strenge Controle der Nahrungsmittel, Fleischschau und vor allen Milchcontrole. Tuberkulinimpfung der Heerden ist einzuführen — wie sie z. B. in Dänemark schon besteht — krankes Vieh ist zu vernichten — der Verlust des einzelnen auf dem Wege der Versicherung auszugleichen. Das Volk ist zu belehren in Bezug auf die Gefahr kranker Milch u. s. w. Ferner sind strenge Maassregeln gegen Ver- streuung von Tuberkelkeimen durch Spucken u. s. w. anzuordnen, des- gleichen Arbeiterschutzmaassregeln in hygienisch-gefährlichen Fabriken. Vor allem aber muss für die Desinfeetion der Tuberculose gegenüber das Feld erweitert werden. Die -Desinfection, welche bisher in ihrer Wirksamkeit sehr fraglich war, hat durch die Formaldehyd-Anwendung, besonders in der Entwickelung, welche sie in dem Flügge’schen Institut gewonnen, eine andere Stellung eingenommen. Ohne Belästigung der Betheilisten, schnell, sicher und wenig kostspielig wirkend, ist sie erst jetzt ein hervorragender Factor in der Behandlung der Seuchen geworden. Von der Ansicht aus- gehend, dass in den Stätten, in welchen Menschen, und besonders solche in dem zweiten :und dritten Jahrzehnt des Menschenalters eng zusammen- sitzen, ohne dass die hygienischen Vorschriften allgemeiner Art auf's Genaueste beobachtet werden können, die wesentlichste Begünstigung für die Aus- breitung der Tuberculose zu suchen sei, also in erster Reihe: Schulen, Kasernen, Schreibstuben, hält derselbe periodisch vorzunehmende Desin- fectionen mit Formaldehyd für unerlässlich zur Abwehr der Tubereulose. Professor Dr. Buchwald stimmt seinem Collegen Steuer insofern zu, als er meint, dass man die geplanten Sanatorien für Lungenkranke nach
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jeder Richtung hin unterstützen solle. Man solle nicht fragen, wie viel Procent werden durch solche Anstalten geheilt, sondern sehr zufrieden sein, wenn ein Theil dieser armen Lungenkranken geheilt, einem anderen Theile für kürzere oder längere Zeit die Erwerbsfähigkeit wiedergegeben werde. Er ist auch der Ansicht, dass die Desinfection mit Formalin nach Flügge-Neisser gewiss überall Verwendung finden solle, wo es gehe; dass man die Sputa unschädlich mache, wo man könne und so oft man könne. Eine Verallgemeinerung der Desinfection für alle Lungenkranke hält Buchwald für undurchführbar. Er tritt aber der Ansicht entgegen, dass die Tuberculose so ansteckend sei und eine so grosse Gefahr vorliege, wie jetzt leider zum Nachtheil der Kranken angenommen wird. Er kann _ den Ansichten Vernets nicht beistimmen, dass in Spitälern u. s. w. durch _ Tubereulose häufige Ansteckungen anderer Kranker oder Gesunder vor- kommen. Wäre überhaupt die Tuberculose so ansteckend, so würde kein Mensch, namentlich kein Arzt mehr gesund bleiben. Wir nehmen fast täglich Bacillen in uns auf und bleiben doch gesund. Die Absperrung in Italien hat auch nichts genützt, nur geschadet. Bei der Schwindsucht wolle man den eitrigen Bacillen und Coccen gar keine Rolle beimessen; die meisten Schwindsuchtsfälle seien doch Mischinfectionen, und Eitercoccen, andere Coccen spielten sicher ın vielen Fällen eine hervorragende Rolle. Bei der Bekämpfung der Tuberculose spiele überhaupt die Desinfection nur eine geringe Rolle. Wenn auch die Infection durch den Tuberkel- Bacillus geschehe, so müsse doch ein geeigneter Nährboden im Körper vor- handen sein. Dieser werde durch Vererbung, Berufsthätigkeit, Ent- wickelung u. s. w. gegeben. Namentlich gewisse Berufsarten, Schleifereien, Wollwebereien, Tabaksfabriken u. s. w. kämen hierbei in Betracht. Wolle man die Tuberculose bekämpfen, so müsse man den Körper stählen, Ehen Tuberculöser widerrathen, bei der Berufswahl einwirken u. s. w. Dies könne durch Belehrung des Volkes geschehen und hier könne der Arzt viel mitwirken. Privatdocent Dr. M. Neisser dankt im Namen des am Erscheinen verhinderten Geheimraths Flügge dem Redner für das Interesse an den Arbeiten des hygienischen Instituts. Er stimmt im Allgemeinen mit den Ausführungen des Redners überein. Bezüglich der Nahrungsmittelcontrole weist er auf die zwangsweise Einführung des Pasteurisirens der Milch hin. Eine obligatorische Einführung der Formalin-Desinfection bei Tuberculose hält er für undurchführbar. Mit den Ausführungen des Herrn Professor Buchwald ist er in wesentlichen Punkten nicht einverstanden, Dass eine Disposition zur Entstehung der Tuberculose nothwendig sei, sei nie bestritten worden, sei aber für die Tuberculose nicht charakteristisch, sondern gelte für alle Infectionskrankeiten, wenn auch in verschiedenem Grade. Die Bekämpfung des Tuberkelbaeillus müsse allerdings aussichtslos erscheinen, wenn man, wie der Vorredner, an eine Ubiquität des 'Tuberkelbaeillus
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glaube. Diese Ubiquität besteht aber nicht, denn die Luft und der Staub in der nahen Umgebung eines Phthisikers seien verhältnissmässig arm an Tuberkelbacillen. Solange wir aber kein Mittel haben, um den Menschen mit Sicherheit gegen die Entstehung der Tuberculose unempfänglich zu machen und keine Möglichkeit haben, ein solches eventuelles Mittel all- gemein anzuwenden, so lange müssen wir das ausgestreute Contagium be- kämpfen.
Professor Dr. Alexander: Die Volksheilstätten für Lungenkranke haben vielfach Schwierigkeiten, ihre Plätze mit geeigneten, d. h. initialen Fällen zu belegen. Denn der mit einer initialen Phthise behaftete Arbeiter ist noch voll erwerbsfähig und lehnt die Aufforderung, in eine Lungenheil- stätte zu gehen, in den meisten Fällen ab, mit der Frage: Wer wird in- zwischen meine Familie erhalten? Die Folge dieser Schwierigkeit ist, dass in den Volksheilstätten zum Theil auch ungeeignete, d. h. vorgeschrittene und complicirte Fälle Aufnahme finden, bei denen befriedigende Resultate nicht mehr zu erzielen sind. Bezüglich der Ansteckungsfähigkeit der Phthise befinde ich mich in Uebereinstimmung mit Herrn Collegen Buchwald. Dass sich gesunde, aus gesunden Familien stammende Menschen mit Tuber- culose inficiren, ist sicher eine Ausnahme. Die Infectionsgefahr besteht im Wesentlichen nur für disponirte, d. h. für hereditär belastete, einen phthisischen Habitus zeigende oder durch andere Krankheiten geschwächte Personen. Die Disposition ist für die Erkrankung an Tuberculose wichtiger als die Infection. Die chronische Phthise beruht wahrscheinlich auf einer Mischinfection. Das hektische Fieber ist nichts für die Tuberculose Charakteristisches. Den von Herrn Collegen Steuer vorgeschlagenen Desinfectionsmassregeln stimme ich zu, sage aber ganz offen, dass ich mir von einer viermal im Jahre wiederholten Desinfection der Schulzimmer gerade der Tuberculose gegenüber einen erheblichen Nutzen nicht ver- spreche. Der Erfolg in. der Bekämpfung der Tuberculose wird nur in der Richtung des socialen Fortschritts zu suchen sein. Je besser sich all- mählich die Lebensbedingungen des Volkes, namentlich der sogenannten Arbeiterklasse, in Bezug auf Wohnung, Ernährung, Arbeitszeit, Werk- stätten u. s. w. gestalten werden, desto mehr wird die Ausbreitung der Tuberculose zurücktreten.
Dr. Kayser: Die Abwehrmaassregeln gegen die Tuberculose sind in der That abhängig von den theoretischen Anschauungen über die Aetiologie dieses Leidens. Zweifellos ist der Tuberkelbacillus ein unerlässlicher Factor zur Entstehung der Tuberculose. Zugegeben werden muss schon nach dem logischen Satz von den’vielen Ursachen, dass ausser dem Tuberkelbaeillus noch andere Ursachen, insbesondere die persönliche Disposition mitwirken, Die Differenz der Meinungen beginnt erst bei der quantitativen Abschätzung der einzelnen ursächlichen Momente. Meiner Meinung nach gehört die Tuberculose zu denjenigen Infectionskrankheiten, bei welchen der Bacillus
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eine zwar unentbehrliche aber quantitativ geringfügige, die Disposition eine erheblich höhere Bedeutung hat. Gewiss ist die Bekämpfung des Bacillus das Einfachere und bis zu einer gewissen Grenze auch leichter durchführ- bare, aber der damit erzielte Erfolg auch geringfügiger. Die Bekämpfung der freilich noch recht unbestimmten Disposition liegt hauptsächlich nach unseren Erfahrungen auf socialem Gebiete.e Man kann wohl annehmen, dass die durch die Tuberculose besonders gefährdeten Berufsarten wie: Glasschleifer, Feilenhauer u. s. w. gegen die Tuberculose besser geschützt werden durch Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen und Lebenshaltung, wie Verkürzung der Arbeitszeit, Fabrikhygiene u. s. w., als durch jede selbst weitgehende Bekämpfung des Tuberkelbacillus. Für das praktische Verhalten erscheint es daher zweckmässig, die gröbere und leicht zugäng- _ liche Verbreitung des Tuberkelbacillus durch geeignete Vorkehrungen zu verhindern, aber in den Desinfectionsmaassregeln nicht zu weit zu gehen.
Professor Buchwald hält den Auseinandersetzungen Neisser’s entgegen, dass das Wesentliche doch darin bestehe, dass man durch zweck- entsprechende Hygiene den Körper widerstandsfähiger mache. Auch bei langem Zusammensein von anderen Kranken mit Tuberculösen habe. er keine Uebertragung der Tuberculose gesehen.
Dr. Neisser erwidert, dass die Infection selbst bei einer so an- steckenden Krankheit wie Diphtherie durchaus keine allgemeine und selbst in den disponirten Familien nicht gleich 100 Procent sei. Die Ansteckung scheinbar ganz gesunder, nicht disponirter Personen sei denn doch nicht so selten, wie Vorredner meint.
Zweite Sitzung am 15. März.
Herr Dr. Rosenfeld sprach:
„Ueber vegetarische Ernährungsweise‘.
Von den vegetarischen Regimes bestehen zwei Formen. In der einen sind die Speisen so gewählt, dass alles genossen werden darf, was nur nicht durch Tödtung eines Thieres erworben wird, die andere Form erlaubt nur pflanzliche Speisen. Die erstere Richtung ist die ältere, von J. Simpson in London 1847 eingeführt. Der Vortragende bespricht zunächst die Mög- lichkeit, von rein pflanzlicher Kost zu leben. Für den Menschen sind 80 bis 100 g Eiweiss, 50 g Fett und 400 bis 500 g Kohlenhydrate pro Tag er- h forderlich. Die Mengen der Kohlenhydrate werden leicht in pflanzlicher Form zugeführt, schwerer die Fette und am schwersten das Eiweiss. Durch Versuche ist für den Menschen nachgewiesen, dass ein Pflanzeneiweiss Aleuronat dem thierischen gleichwerthig sei. Ebenso ist es sicher, dass die pflanzlichen Fette den thierischen gleichwerthig sind und ebenso wie die thierischen ausgenutzt werden können. Die Schwierigkeit der pflanzlichen Ernährung besteht darin, dass Pflanzeneiweiss und Pflanzenfett und -Kohlen- hydrate in den Pflanzen von Zellwänden eingeschlossen sind, welche der
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Verarbeitung von Eiweiss, Fett u. s. w. durch die Verdauungssäfte grosse Schwierigkeiten bereiten. Während thierische Nahrungsmittel mit nur wenig Procent Verlust aufgesaugt werden, entgehen bei Kartoffeln, Schwarz- brot, Rüben zwischen 30 und 40 Procent des eingenommenen Quantums der Aufsaugung. Es muss also eben dieser schlechten Ausnützung wegen z. B. statt 1 kg Brot, welches gerade ausreichen würde, einen Mann zu er- nähren, dieser Mensch 31/, Pfund zu sich nehmen. So grosse Mengen von Nahrungsmitteln können Magen und Darm schädigen. Immerhin ist es sicher, dass auch mit rein pflanzlicher Kost eine Ernährung möglich ist, wenn es auch mehr ein Vegetiren an der Grenze des Existenzminimums ist. Vortheilhaft ist solch eine Ernährung sicherlich nicht. Ganz anders ist es mit dem Regime, welches zur pflanzlichen Kost alle jene Speisen hinzufügt, die nicht durch Tödtung eines Thieres gewonnen sind, also Milch, Sahne, Käse, Butter, Eier. Mit Hilfe dieser Nahrungsmittel ist man im Stande, dem Körper beliebig grosse Mengen von Eiweiss und Fett in einer Form beizubringen, die sehr gut ausgenützt wird. Es ist mit dieser Kost nicht nur jede Ernährung des Normalen möglich, sondern auch jede Form der Ueberernährung, da Sahne und Butter und Eier dem Fleisch an Nährwerth gleichwerthig oder überlegen sind. Es ist also sicher, dass der Mensch in der bequemsten Weise mit dieser Kost erhalten werden kann. Der Vortragende geht auf die Frage ein, ob aus dieser fleischlosen Kost dasselbe Eiweiss entstünde, dasselbe Muskelfleisch wie bei der Fleischkost. Er schliesst aus Versuchen an Fischen, welche mit Hammelfleisch genährt wurden und ein dem Hammelfleisch etwas ähnliches Fleisch zeigten, dass es sehr wohl möglich sei, dass das Muskelfleisch von fleischlos ernährten Menschen etwas anders ist, als das von solchen mit reichlicher Fleischkost, glaubt aber nicht, dass das in der Leistungsfähigkeit einen Unterschied aus- mache, ebenso wenig im Charakter; denn der Charakter der Menschen wird nicht durch die Art ihrer Ernährung, sondern durch die Art ihrer Beschäftigung bestimmt. Die fleischlose Kost habe Vortheile, da durch sie weniger Harnsäure entstünde als bei der Fleischkost, auch würden genügende Mengen Eisen ebenso wie bei der Fleischkost eingeführt. Die vegetarische Kost bringe zuviel Kalk in den Körper hinein, der wachsenden Organismen zunächst vortheilhaft sein kann, der für ältere Personen jedoch durch eventuelle Verstärkung ihrer Gefässverkalkung bedrohlich werden kann. Der höhere Kalkgehalt der Nahrung wirke sonst vortheilhaft gegen die Bildung von Nierensteinen. Eine Begünstigung des Entstehens der Zucker- krankheit durch die fleischlose Kost sei nicht zu erweisen. Die fleischlose Kost sei auch wachsenden ‚Personen vortkeilhaft. Vortragender resümirt seinen Standpunkt dahin, dass die fleischlose Kost keinen Nachtheil gegen- über der mit Fleisch gemischten Kost habe.
In der Discussion erklärt Dr. Reich: Herr College Körner hat ebenso wenig wie ich deswegen gegen die Annahme des Baron’schen Testaments
I. Abtheilung. Hygienische Sectton. 7
gesprochen und gestimmt, weil wir die dort vorgeschriebene Ernährungs- weise irgendwie für nachtheilig hielten. Ich habe ganz im Sinne der heutigen Ausführungen des Herrn Collegen Rosenfeld die gemischte Kost bei gewissen Cautelen und bei entsprechender Zusammensetzung des animalen und vegetabilischen Eiweisses für durchaus zuträglich für die Entwickelung der Kinder erklärt. Herr Körner hat sich gegen die Annahme aus dem Grunde erklärt, weil es contra bonos mores verstosse, die Wahl eines Arztes in das Curatorium der Stiftung zu verbieten; das sei eine unge- rechtfertigte Kränkung des ärztlichen Standes. Und wenn ich gegen das Testament Stellung nahm, so that ich es, um gegen den Geist, den das ganze Testament athmet und der sich im Ausschluss der wissenschaftlichen Aerzte aus der Behandlung der Kinder documentirt, zu protestiren.
Dritte Sitzung am 6. October. Herr Professor Dr. Cohn zeigte
einen von ihm construirten Lichtprüfer für Arbeitsplätze in Schulen, Werkstätten und Bureaux und ein Täfelchen zur Prüfung des Farbensinns.
Der Apparat besteht aus einem vor die Augen zu haltenden Kästchen, in welches drei graue Gläser eingeschoben werden können, deren Licht- Absorption photometrisch bestimmt ist. Vierzig Centimeter von denselben entfernt ist ein Täfelchen befestigt, auf welchem sich zwölf senkrechte Reihen von je 30 sehr klein gedruckten vierstelligen Zahlen befinden. Ein normales Auge sieht am Fenster ohne jede Anstrengung diese Zahlen in 40 Centimeter Entfernung. Aber Sehen und Lesen ist zweierlei; man kann sie auch bei schlechter Beleuchtung sehen, aber nur mühsam, langsam, zum Theil falsch entziffern. Wo es sich jedoch um die Prüfung guter Be- leuchtung handelt, muss das Sehen ein ganz leichtes sein; darum ist die Schnelliskeit des Lesens von Wichtigkeit. Je nach dem Temperament und nach der Uebung im lauten Vorlesen lesen natürlich verschiedene Personen verschiedene Mengen von Zahlen in derselben Zeiteinheit. Liest der Unter- suchende durch die drei Gläser, welche nur 1 Procent des Tageslichtes durchlassen, ebenso schnell wie ohne Gläser, so ist der Arbeitsplatz vor- züglich beleuchtet; liest er nur durch zwei Gläser, die 5 Procent Licht durchlassen, so ist der Platz gut; liest er nur durch ein Glas, das noch 30 Procent Licht durchlässt, so ist der Platz brauchbar. Gelingt dies aber nicht, so ist der Arbeitsplatz unbrauchbar; denn sehr häufig sinkt das Tageslicht in Folge von Wolken in wenigen Minuten auf den 5. Theil der Helligkeit herab. Das Auge ahnt die Differenzen nie, welche das Photo- meter aufdeckt! Mit Hilfe des Apparates, der von Mechanikus Tiessen in Breslau (Adalbertstrasse 16) unter Controle des Vortragenden verfertigt wird, kann Jedermann leicht überall in kürzester Zeit entscheiden, ob ein Arbeitsplatz hell genug beleuchtet ist oder nicht. Die Schul- und Fabrik- inspectoren sowie die Bureaudirectoren müssten alle Arbeitsplätze mit dem
S Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Apparat ‚prüfen. — Der Vortragende zeigte ferner ein Täfelchen zur Prüfung feinen Farbensinnes besonders für Bahnärzte. Er er- wähnte, dass der Mathematiker H. Meyer 1855 den Florcontrast entdeckt und dass schon verschiedene andere Gelehrte daraus Methoden zur Prüfung des Farbensinnes construirten. Der Vortragende liess ein Täfelchen drucken, welches nur sechszehn schwarze Haken von E-Gestalt in vier Reihen auf einem purpurnen Grunde enthält, dessen Nuance nach jahrelangen Versuchen erst tadellos hergestellt wurde. Dieses Täfelchen ist mit einem Flor von bestimmter Dicke bedeckt und wird jetzt im Buchhandel erscheinen. Wer diese Haken unter dem Flor richtig sofort als grün erkennt, hat einen feinen Farbensinn und darf getrost zu jedem Bahn- und Schiffsdienst zu- gelassen werden. Wer sie nicht erkennt, ist farbenblind oder farbensinn- schwach. Jeder Laie kann die Prüfung bei Tages- oder Lampenlicht vor- nehmen. Da das Blatt gedreht werden kann, ist Niemand im Stande, sich die Richtung der Hakenöffnungen auswendig zu lernen. Auch kein Blau- gelbblinder kann entschlüpfen, da in diesen seltenen Fällen auch der Roth- srünsinn stets krank ist, Andererseits können Simulanten mit voller Sicherheit überführt werden, und auch farbenblinde Aerzte können leicht mit einer rothen Brille die Controle üben. Die Prüfung dauert nur einige Augenblicke und empfiehlt sich daher bei Massenuntersuchungen. Der Vor- tragende hat 134 Schülerinnen in 40 Minuten allen und 107 Soldaten mit Herrn Oberstabsarzt Dr. Krienes zusammen in 15 Minuten geprüft. Von 188 Soldaten lassen 7 = 4 Procent nicht, von 297 Schülerinnen lasen nur 3 = 1 Procent nicht. Von 25 Turnlehrern war einer farbenblind, Statistik kann in grossem Maassstabe mit dem Täfelchen auf allen Turn- und Exereirplätzen von Lehrern und Aerzten gemacht werden; namentlich ist die Methode zu empfehlen, um schnell die einseitig Farbenblinden zu finden, welche für die Lehre vom Farbensinn so wichtiges Material geben können. Jedenfalls können die unzuverlässigen und auf subjectives Urtheil gegründeten Wollproben jetzt fortbleiben;; wer diese Tafel liest, hat sicher feinen Farbensinn,
dchlesische Gesellschaft für vaterländische Gultur.
SIERT Ba) 77. I. Abtheilung. Jahresbericht. Naturwissenschaften. 1899.
a. Naturwissenschaftliche Section. &x seRsa Ey)
Sitzungen der naturwissenschaftlichen Section im Jahre 1899.
Sitzung am 11. Januar 1899
Die quantitative Bestimmung der Alkaloide mittelst titrirter Jodlösung. Von Dr. Max Scholtz.
Der Vortragende bespricht die Methoden zur Gehaltsbestimmung der narkotischen Extracte und geht näher auf die von Prof. Kippenberger empfohlene Methode zur quantitativen Bestimmung der Alkaloide mittelst titrirter Jodlösung ein. Der Vortragende hat eine Anzahl von Versuchen nach dieser Methode ausgeführt und dabei beobachtet, dass das Verhältniss zwischen Alkaloidmenge und ausgefälltem Jod ein sehr wechselndes ist, dass, wie sich aus einer grossen Zahl von dem Redner mitgetheilten Analysen- beispiele ergiebt, bei Anwendung stets gleicher Alkaloidmengen der Verbrauch an Jod mit der Menge der zugesetzten Jodlösung wächst und dass auch die Dauer der Einwirkung von Einfluss auf das Endresultat ist. Auch die von Kippenberger als Beispiele angeführten Analysen gaben bei der Nachprüfung Resultate, welche von den theoretischen Werthen zum Theil sehr weit ab- weichen. Auch die von demselben Autor vorgeschlagene Modification dieser Methode, welche auf der Anwendung von Jodsilber-Jodkalium beruht, hat nach der Ansicht des Vortragenden keineswegs den ihr von Kippenberger beigelesten Werth. Hier ist vielmehr der Verbrauch an Jod von der Menge der zugesetzten Silberlösung in sehr starkem Masse abhängig, während wechselnde Mengen freier Salzsäure, welche nach Kippenberger im genauen Aequivalentverhältniss zum Silber stehen muss, das Resultat nicht beeinflussen. Da auch die theoretischen Grundlagen der Kippenberger’schen ‚Methoden anfechtbar sind, so kommt der Vortragende zu dem Schluss, dass die quantitative Bestimmung der Alkaloide wittelst titrirter Jodlösung keine brauchbare Methode darstellt.
Nach Eröffnung der Discussion erklärte der als Gast anwesende Pro- fessor Kippenberger, dass der gegen seine Methode gerichtete Angriff
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9 | Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
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erst dann für ihn discutirbar sei, wenn ihm der Vortragende das gesammte analytische Untersuchungsmaterial, die Originalzahlen der Versuche, auf die er seine Behauptungen stütze, durch den Druck zugänglich mache. Wissenschaftliche Usance sei es, dass diese Veröffentlichung in der Regel in derselben wissenschaftlichen Zeitschrift erfolge, in der sich die ange- griffene Abhandlung befände. Dann werde er auf seine Antwort nicht warten lassen.
Ueber die Anwendung des Spiegel-Galvanometers als Indicator bei Titrationen.
Von
Prof. Dr. F. W. Küster.
Viele Substanzgemische bieten dem Analytiker grosse Schwierigkeiten, indem die gewöhnlichen analytischen Methoden entweder ganz versagen, oder doch nur auf grossen Umwegen wenig genaue Resultate geben. Hier gelingt es dann häufig, durch Anwendung physikalisch-chemischer Methoden zum Ziele zu gelangen. Der Vortragende demonstrirte hierfür ein Beispiel. Setzt man zu einer mit Schwefelsäure angesäuerten Lösung von freiem Jod, Jodkalium, Bromkalium und Chlorkalium allmälich Permanganat, so wird zunächst das Jod des Jodides durch Oxydation in Freiheit gesetzt, erst wenn diese Reaction zu Ende ist, treten weitere Oxydationen ein, wie Bildung freien Bromes und von Jodsäure. Da diese verschiedenen Oxyda- tionsvorgänge unter Ausbildung sehr verschiedener elektrischer Potentiale verlaufen, so zeigt ein mit Hilfe einer Normalelektrode angeschlossenes Spiegel-Galvanometer einen sehr starken Potentialsprung an, wenn die Oxydation des Jodides zu Ende ist und die des Bromides beginnt. Der Potentialsprung vertritt also hier den Farbenumschlag der bei Titrationen sonst üblichenIndicatoren. ZurDemonstration wurde das Bild eines elektrisch glühenden Kohlenfadens durch den Spiegel eines angeschlossenen Galvano- meters auf eine 3m lange Skala entworfen. Bei Ausführung der Ti- tration wanderte das Lichtbild sehr langsam, so lange noch Jodid oxydirt wurde, in dem Moment aber, wo diese Reaction zu Ende geführt war, verschob sich das Lichtbild sprungweise über einen beträchtlichen Theil der Skala, um dann wieder in dem anfänglichen langsamen Tempo weiter zu wandern. Die Resultate derartig ausgeführter Titrationen stehen hinter denen, welche durch Anwendung guter Indicatoren erhalten werden, in keiner Weise zurück.
wo
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section.
Sitzung am 16. Februar 1899.
Eintheilung der Erzlagerstätten. Von Dr. G. Gürich.
Der Vortragende ging bei seiner Betrachtung von der Vertheilung der Elemente in der festen Erdkruste aus, wie man sich dieselbe nach den neueren Untersuchungen von Clarke, Rosenbusch, Vogt vorzustellen hat. Eisen und in noch weit höherem Maasse die übrigen Schwermetalle sind nur zu einem ganz geringen Procentsatz an der Zusammensetzung der Erdkruste betheilist. Bei gleichmässiger Verbreitung müssten sie sich darin in äusserst feiner Vertheilung vorfinden. Uebereinstimmende oder analoge physikalische und chemische Eigenschaften der Schwermetalle sind nun die Ursache dafür, dass identische oder analoge Vorgänge in der Erdkruste eine Concentration der Substanz von Schwermetallen bewirkt, beziehungs- weise die Entstehung von Erzlagerstätten veranlasst haben. Daraus ergiebt sich der einheitliche Gesichtspunkt für die Erzlagerstättenlehre als eine besondere Wissenschaft, die leichten Metalle sind also hierbei auszu- schliessen.
Der Vortragende bespricht sodann die früheren Eintheilungen, so die von Agricola, die in einem deutschen Bergwerksbuche von 1621 vorliegt, diejenige, welche von Burat, von Cotta, Groddeck, Höfer gegeben und von Fuchs und De Launay befolgt werden, sowie endlich die von Stelzner herrührende Eintheilung. Die von dem Vortragenden vorgeschlagene Ein- theilung geht von der Art des Concentrationsvorgangs aus. Die Concen- tration kann mit oder ohne Aenderung des Aggregatszustandes vor sich gehen; im ersten Falle kann der Uebergang in den festen Zustand aus dem dampfförmigen Zustande, aus dem Schmelzflusse oder aus dem Zu- stande wässeriger Lösung erfolgen. Danach unterscheidet er:
I. Sublimationslagerstätten: a) Syngenetisch*) können diese Lager- stätten sein, wenn sich Sublimationsproducte zugleich mit und in einem erstarrenden Magma bildeten (Zinnlagerstätten).. b. Epige- netische Subl.-Lag. sind Krusten auf Klüften etc. in festem Gestein. c. Metagenetische Lagerstätten dieser Art sind denkbar in Verbindung mit der von Bunsen sogenannten Pneumatolyse.
II. Erstarrungs- oder magmatische Lagerstätten entstehen durch mag- matische Differenciation; a. Syngenetisch ist der Charakter der meisten magmatischen Lagerstätten; b. epigenetisch sind sie denkbar wenn eine metallreiche Schliere im Contact in eine Kluft des
*) Die Ausdrücke: syn- und epigenetisch rühren von Stelzner her, der die damit verbundenen Begriffe in etwas anderem Sinne verwendete. 1*
A Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Culiur.
einschliessenden Gesteinskörpers gedrungen ist; c. metagenetische Vorkommnisse sind kaum möglich.
Ill. Präcipitationslagerstätten. a. Syngenetisch sind solche Lagerstätten, -bei denen der chemische Niederschlag der metallischen Substanz gleichzeitig mit der Sedimentation des die Erze einschliessenden Gesteins erfolgte; dahin gehören die meisten Flötze und Lager. b) Bei diagenetischen Lagerstätten dieser Art erfolgte die Koncen- tration des Erzes in dem schlammigen Bodensatz eines Gewässers ehe derselbe zum Gestein erhärtete — z. B. die thonigen Sphäro- siderit-Nieren. ce) Epigenetisch sind z. B. die Gänge, welche eine weitere Eintheilung gestatten. d. Metagenetische Lagerstätten ent- stehen dort, wo eine wässerige Lösung einen Gesteinsbestandtheil aufgelöst und fortgeführt, dafür aber das Erz an der Stelle des ersteren ausgefällt und zurückgelassen hat.
IV. Bei Aufbereitungslagerstätten tritt eine Aenderung des Aggregats- zustandes nicht ein; sie können a. zunächst auch auf chemischem Wege entstehen, indem ein Gesteinsbestandtheil aufgelöst und fort- geführt wird z. B. Kalk, und ein anderer, metallischer Bestandtheil z. B. Brauneisen zurückbleibt; es sind diese Lagerstätten als Residual- Lagerstätten zu bezeichnen. b. Die eigentlichen Seifenlagerstätten sind auf rein mechanischem Wege entstanden. Sie lassen eine weitere Eintheilung zu in b, Höhenseifen oder eluviale und in b, Thalseifen oder colluviale Aufbereitungslagerstätten.
Die Elektrochemie als Hilfsmittel der analytischen Chemie. Von Prof. Dr. F. W. Küster.
Der Vortragende berichtete über Beobachtungen, .die er in Gemeinschaft mit Herrn Toepffer bei der Elektrolyse gemischter Lösungen von Eisen- und Nickelsalzen gemacht hat. Im elektrolytisch erzeugten Metallnieder- schlage ist das Verhältniss von Eisen zum Nickel im Allgemeinen ein anderes, als in der Lösung, das Verhältniss ändert sich aber auch bei der- selben Lösung mit der Stromdichte. Ganz besonders starke Veränderungen werden hervorgerufen, wenn den Elektrolyten-Stoffe zugesetzt werden, die mit den vorhandenen Metallionen in verschiedenem Grade zu complexen .Jonen zusammentreten. Der Grund für diese Erscheinungen wurde be- sprochen und durch einige Versuche mit Hilfe des Spiegelgalvanometers er-, läutert.
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 5
Sitzung am 1. März 1399.
Ueber den Gebrauch der Fluthmesser und Fluthprognosen- Maschinen.
Von
Prof. Dr. Franz.
Die Ebbe und Fluth, oder die Gezeiten werden bekanntlich hervor- gerufen durch die Differenz der Anziehung eines Gestirns auf das Meer und den festern Erdkern. Die Höhe der stehenden Fluth ist proportional der Masse des anziehenden Gestirns, dem Radius des angezogenen, und umge- kehrt proportional dem Kubus der Entfernung beider Gestirne und der Schwere auf dem angezogenen. Demnach ist die Mondfluth auf der Erde 21/, mal so hoch als die Sonnenfluth auf ihr und 131 mal kleiner als die von der Erde auf dem Monde erzeugte Fluth sein würde, wenn dieser mit Meeren bedeckt wäre,
Die Periode der Fluth ist aber sehr complieirt, denn sie besteht aus vielen, eigentlich unendlich vielen Wellen, die sich als Function der Zeit in trigonometrische Reihen entwickeln lassen, in denen die Coefficienten Kugelfunctionen der geographischen Breite sind. Die theoretische „ge- zwungene“ Fluth wird aber stark modifieirt durch die unregelmässige Gestalt des Meeres und der Küsten, durch die ‚freie‘ Fluth, d. h. durch die Fort- pflanzung bestehender Fluthwellen und durch Stürme, die als meteoro- logische Fluth im Durchschnitt mit Jahresperiode zu bestimmen sind. So existiren ausser der bekannten, alle 12 Stunden wiederkehrenden Fluth eine Menge anderer Fluthwellen, deren Schwingungsdauer zwar auf astro- nomischem Wege bestimmt werden kann, deren Höhe aber von localen Einflüssen abhängig ist und durch Beobachtung bestimmt werden muss.
Hierzu dienen die Fluthmesser oder Mareographen, registrirende Schwimmer in einem wellenfreien, aber mit dem Meerwasser communici- renden Raum. Die von ihnen aufgezeichneten Gurven werden durch Rech- nung analysirt und in trigonometrische Reihen aufgelöst und dadurch die Coefficienten, die Höhen der einzelnen Fluthwellen, bekannt.
Ist das geschehen, so kann man eine Fluthprognosen-M aschine construiren, welche die einzelnen Glieder der trigonometrischen Reihe addırt. Diese Glieder werden durch zwei gegenüberstehende Reihen von Kurbeln erzeugt, deren Rotationszeit gleich der Periode der einzelnen Schwingungen ist, und deren Erhöhung oder Vertiefung über dem Drehpunkt gleich dem
Product der Coefficienten in dem Sinus der Phase ist. Ein an einer Seite befestigter Riemen, der über alle Kurbeln geht und an der anderen Seite Gewicht trägt, zeigt dadurch die Höhe eines mit dem Gewicht verbundenen Zeigers die Höhe der aufsummirten Fluthglieder an. Solche Maschinen
6 | Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
sind in Vorderindien in Gebrauch. Auch gebraucht die British Association for the Advancement of Science in London eine solche. Der Vortragende meint, dass man solche Maschinen auch zur Aufsummirung der Planeten- Störungen verwenden könnte.
Ueber alkoholische Gährung ohne Hefezellen. Von Prof. Dr. Ahrens.
Fast so lange wie man weiss, dass die alkoholische Gährung durch den Hefepilz hervorgerufen wird, währt der Streit der Meinungen, ob die Gährung ein physiologischer, d. h. ein complicirter Lebensprocess, ob sie ein physikalischer oder ein chemischer Vorgang sei. Obwohl die bedeu- tendsten Naturforscher, wie Pasteur, Liebig, Moritz Traube, Hoppe- Seyler, Nägeli u. a. m. sich um die Lösung der Frage mühten, so blieb sie doch bis vor kurzer Zeit offen. Neuerdings ist es Professor Eduard Buchner gelungen, die Gährwirkung von der Hefezelle zu trennen und damit die Entscheidung zu Gunsten von Liebig’s chemischer Theorie her- beizuführen. Buchner befreite Bierhefe durch Pressen bei 50 Atmosphären von allem anhaftenden Wasser, mischte sie dann mit Quarzsand und Kiesel- guhr und bewirkte in einer Reibmaschine das Zerreissen der Zellhäute der Hefe; der Zellinhalt trat in die Kieselguhr, so dass die trockene Mischung feucht wurde und die Consistenz von plastischem Thon annahm. Nun wurde die Masse einem Druck von 500 Atmosphären unterworfen und der austretende Saft in eisgekühlten Gefässen aufgefangen; Filtration durch sterisilirte Filter, Zusatz von arsenigsaurem Alkali oder Chloroform ent- fernten bezw. tödteten alle im Safte etwa noch vorhandenen Zellen. Der Presssaft ist bräunlich klar im durchfallenden, fluorescirend ım auffallenden Lichte, er riecht angenehm nach frischer Hefe. Vermischt man ihn mit concentrirter Zuckerlösung oder bringt man Zucker in ihm zur Auflösung, so tritt nach einiger Zeit lebhafte, viele Tage anhaltende Kohlensäure-Ent- wickelung, also Gährung ein. Der Hefepresssaft enthält Enzyme, eine re- ducirende Substanz, Tyrosin, Leucin, Glutaminsäure, Lecithin, Glycerin, eine mit Aether auszuschüttelnde Säure, Caleium- und Magnesiumphos- phate, sowie eine Anzahl von Proteinstoffen, die bei verschiedenen Tempe- raturen coaguliren. Unter ihnen befindet sich auch der Gährungserreger; denn wenn ein Presssaft bei 41 Grad Celsius einige Zeit gehalten wird, scheidet sich ein Koagulum aus; filtrirt man von diesem ab, so zeigt das Filtrat keine Gährwirkung mehr. In Eiskühlung hält sich der Saft längere Zeit, bei Zimmertemperatur verliert er die Gährwirkung, indem das wirk- same Agens durch ein proteolytisches Ferment verdaut zu werden scheint. Durch die Buchners’che Untersuchung ist jedenfalls der Beweis erbracht,
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II. Abteilung. Naturwissenschaftliche Section. 7
dass die Gährung ein chemischer Process ist, welcher sich zwischen einem Eiweissstoff und Zucker abspielt und bei welchem letzerer in Alkohol und Kohlendioxyd gespalten wird. Wie das Protein dabei wirkt, bleibt ein Problem für die Zukunft ebenso wie die Natur des Eiweisskörpers festzu- stellen. — Der Vortragende begleitete seine Ausführungen durch eine An- zahl von Experimenten und Demonstrationen.
Zur Geologie der Radstädter Tauern. Von Prof. Dr. Fritz Frech.
Die bereits vor zwei Jahren erschienene Streitschrift des Herrn M. Vacek in Wien über die Radstädter Tauern (Verh. G. R. A. 1897. 16. Februar) wollte ich in Anbetracht ihrer sachlichen und formellen Eigenthümlichkeiten nach dem jetzt erfolgten Abschluss der Auf- nahmen (1895 —98) durch die Beschreibung der thatsächlichen Verhältnisse widerlegen. Da jedoch die technischen Schwierigkeiten die Fertigstellung der grösseren Arbeit verzögern und da meine Zeit vor allem durch die wichtigere Beschäftigung mit der Lethaea geognostica in Anspruch genommen ist, halte ich eine kurze Erwiderung jetzt für geboten.
Kein Fachgenosse wird eine eingehende Beschäftigung mit den hypothetischen oder phantastischen Vorstellungen des Herrn Vacek von mir erwarten, nachdem dieselben in der Litteratur einstimmig abgelehnt oder mit Stillschweigen übergangen sind. (Man vergleiche die Referate von Neumayr und Uhlig für die Lias-Dogger-Discordanz; dieselbe wird von Benecke in der neuesten Zusammenstellung überhaupt nicht mehr er- wähnt; ferner Heim und dessen Gegner Rothpletz für Glarus; Hoernes für die Grazer ‚Trias‘ des Herrn V., welche wunderbarerweise Devon- versteinerungen enthält; F. Becke für die Schladminger Gneiss-Insel.)
Ein Blick in die neueren Lehrbücher und zusammenfassenden Dar- stellungen zeigt, dass die Hypothesen des Herrn V. hier nicht einmal einer Widerlegung gewürdigt, sondern mit vollkommenem Stillschweigen über- gangen werden. (H. Credner, v. Fritsch, E. Kayser, Neumayr in der I., Uhlig in der II. Aufl. der Erdgeschichte, E. Suess.) .
Die folgenden Zeilen gehen nicht näher auf die obige Streitschrift und die sonstigen Darstellungen ein, welche Herr V. wiederholentlich von dem Radstädter und Schladminger Gebiet gegeben hat; sie stellen nur die z. Th. psychologisch erklärbaren, z. Th. völlig unerklärlichen Irrthümer richtig, welche die von der k. k. G. R. A. herausgegebene'), von Herrn V. „auf- genommene“ Karte der Radstädter Tauern enthält:
") Ich berücksichtige das von mir im Jahre 1895 gekaufte Exemplar.
8 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
I. Die Verwechselung von Kalk und Quarzit.
Am Wege zur Grieskaralp (südlich Altenmarkt) steht in einer deutlich aus dem Gebirge hervortretenden Felsmasse Kalk (Trias) an, den Herr V. als Quarzit kartirt.
Dieselben Verwechselungen finden sich in ausgedehnterem Maasse in der Karte des von Mauterndorf auf markirtem Wege leicht zugänglichen Speierecks, des bekannten Aussichtsberges. Derselbe besteht aus gleich- mässig streichenden und fallenden Zügen von 1. Phyllit mit 2. braunem Marmor (1 und 2 zum Kalkphyllit gehörend), 3. weissem Triasdolomit, 4. Quarzit, die trotz ihres verschiedenen Alters eine gleichmässig gefaltete Schichtenfolge bilden. Von all diesen mannigfaltigen, im Handstück und in den landschaftlichen Formen leicht unterscheidbaren Gesteinen hat Herr V. nur den Quarzit gesehen, der die Spitze des Berges zusammensetzt, aber im Norden und Süden durch Dolomitzüge (von je 100 m Breite) begrenzt wird. Herr V. lässt den Quarzit bis zu dem (im NW.) gelegenen Schareck ununterbrochen durchstreichen, trotzdem hier nur ein gering- fügiger (kaum '/,, der Kartenfläche einnehmender) Quarzitzug auf dem NO.- Gehänge vorkommt, trotzdem die übrigen !°/,, aus Triasdolomit, Phyllit und Marmor bestehen. In diesen und den folgenden Fällen handelt es sich nicht um Unterscheidung von Falten, Brüchen und Transgressionen, sondern um die elementarsten Grundbegriffe der Gesteinskunde.
I. Die feldspathfreien „Gneisse“ des Herrn Vacek.
Das weite Gebiet zwischen Taurachthal und Weissbriachthal (SO. von Radstädter Tauern) kartirt Herr V. als Hornblendegneiss (a. d. Karte oder ‚„‚Gneissschiefer‘“. oder ‚Schiefergneiss‘‘ des Gurpetscheck, Verh. 1897 p. 70) so z. B. am Tauernkaar-See, Wengerabil-See, am Gurpetscheck (beide Gipfel) und der Fanninghöhe. In diesem ca. 13 km langen und ca. 4 km breiten Gebirgszug findet sich — abgesehen von einem quarzfreien Eruptiv- gestein (Nr. 4) — nicht die Spur eines Feldspath oder Horn- blende enthaltenden Gesteins.‘ a
Die gesammten Berge bestehen — abgesehen von der Trias in dem Taurachthal und einer Diabas-Einlagerung am Grossen Gurpetscheck') aus normalem Quarzphyllit oder Thonglimmerschieferr. Nur an der Burg Mauterndorf findet sich ein kleines, bis auf ", km weiter nach NO. aus- gedehntes Gneissvorkommen. In dem eigentlichen Höhenzuge sind zwar Uebergänge in Thonschiefer häufig, aber niemals wurden Gesteine beobachtet,
1) Von wo Herr Vacek I: c. p. 70 einen „Schiefergneiss“ (Hornblendegneiss) der Karte anführt. Ueber die Quarzite ist Herr Vacek nicht ins Klare gekommen, Es giebt deren zwei, 1. Einlagerungen im Quarzphyllit z. B. am Speiereck, am Gaisstein und dem Nordabhang überhaupt; 2. Klastische Quarzite (— Dyas, Grödener Schichten) mit deutlich makroskopisch sichtbarer körniger Structur an der Basis der Trias (vornehmlich im Lantschfeldthal).
I. Abtheilung. Naiurwissenschaftliche Section. 9
die nach dem äusseren Habitus oder der mikroskopischen Untersuchung als „Schiefergneiss,“ „‚Gneissschiefer‘‘ (l. e. p. 70) oder Hornblende-Gneiss ange- sprochen werden könnten. Um dies unerwartete Revisionsergebniss der Auf- nahmen eines k. k. Chefgeologen auch von anderer Seite prüfen zu lassen, bat ich Herrn Privatdocent Dr. Volz um Ausführung einer Controlltour über den Wippitsch-See und das Weissbriachthal, sowie Herrn Privatdocent Dr. Milch um Durchsicht der mikroskopischen Präparate. Auch Herr Dr. Volz entdeckte keine Spuren von Hornblende oder Feldspath führenden Gesteinen; die nachfolgenden Diagnosen des Herrn Dr, Milch bedürfen keiner Erläuterung.
1. Fanninghöhe (Spitze). Ziemlich grobschiefriges Gestein bestehend aus Lagen von ausgewalzten Quarzkörnern, z. Th. mit staub- förmigen Erzkörnchen und viel dünneren Lagen von Kali- slimmer, Erzkörnern und untergeordnet Chlorit. Von Feld- spath und Hornblende ist in dem Stück (wahrscheinlich einem metamorphen Sandstein) keine Spur vorhanden.
2. Moserhütte unter der Fanninghöhe. Schiefriges Gestein, wesentlich aus Quarz bestehend. In einem Mosaik kleinerer Quarz- körner (offenbar aus grösseren durch Zertrümmerung entstanden), liegen gepresste grössere Quarzkörner. Das feinkörnige Mosaik wird durch ganz dünne, häufig unterbrochene Häutchen von Kaliglimmer in Lagen getheilt. Von Feldspath und Horn- blende keine Spur. Vielleicht aüs einem grobkörnigen Sand- stein entstanden.
3. Wippitsch-See, Weissbriachthal (leg. Volz), Quarz in grossen Körnern, zum Theil zertrümmert oder roh flasrig; Chlorit (und Sericit) an Menge nicht sehr bedeutend. Im Cement Erz. Von Feldspath oder Hornblende keine Spur. Wahrscheinlich ein umgewandelter Sandstein.
4. Ebenfalls aus den ‚‚Schiefergneissen“ des Grossen Gurpitscheck (Westabhang) stammt ein umgewandeltes Eruptivgestein; (? Diabas oder Dioritporphyrit), dasselbe enthält nach Milch Feld- spathtrümmer (grösstentheils wohl Plagioklas) in Chlorit und Epidot liegend. Anordnung roh flasrig.
Ich hebe hervor, dass auch nach der Betrachtung in der Natur kein geologischer Beobachter über die Quarzphyllit-Natur ') der die Fanning- höhe und das Gurpetscheck bildenden ‚Schiefergneisse‘‘, „Gneissschiefer“ oder „Hornblendegneisse‘‘ des Hern V. im Zweifel sein kann. ?)
1) Sogar die Bezeichnung Glimmerschiefer wäre hier gänzlich unangebracht. Das Eruptivgestein, welches natürlich mit Gneiss nicht die mindeste Aehnlichkeit hat, besitzt geringe Ausdehnung.
2) Unverständlich bleibt die Sicherheit, mit der Herr V. auch in seiner Streitschrift (p. 70) wiederholt von Schiefergneissen etc. spricht. Diese wunder-
10 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
„Centralgneiss“ des Preuneggthales Vacek-Quarzphyllit der übrigen Geologen; aus dem Edelbachgraben im Preunegg-Thal.
Feinschiefriges Gestein, bestehend aus Kali-Glimmer, Quarz- körnchen, Chlorit; in geringerer Menge Erz und Carbonat; untergeordnet und spärlich Ottrelith (Milch) Feldspath fehlt.
Der „Schladminger Centralgneiss“ im Preuneggthal (Enns- thal) lässt sich in seiner wissenschaftlichen Bedeutung schon aus der vor-- stehenden Diagnose beurtheilen. Kartographisch zeichnet Herr V. auf dem Boden des gut zugänglichen Preuneggthales Centralgneiss, der discordant von „Glimmerschiefer‘ überlagert wird. Keines dieser beiden Gesteine ist (s. o) in Wirklichkeit vorhanden.
Vielmehr ist das ganze Preuneggthal in Quarzphyllit einge- schnitten; nur an der Weitgasseralp liegt ein (in Herrn V.’s „‚Gneiss‘‘ fallender) Quarzitzug. Der Quarzphyllit ist auffallend glimmerarm und zeigt häufig Einlagerungen von Thonschiefer. Unterhalb der Klausalp im Preunegg- thal wurde sogar inmitten des von Herrn M. Vacek als Centralgneiss kartirten Gebietes ein ausgedehnteres Vorkommen von reinem Thon- schiefer beobachtet. Im ganzen Preuneggthal findet sich nicht einmal ein Geschiebe von Gneiss oder Glimmerschiefer. Auch in diesem Falle habe ich einen unbetheiligten Geologen, Herrn Privatdocent Dr. von Art- haber gebeten, den Centralgneiss des Herrn Vacek im Preunegsthal zu suchen.
Auf einer bis zum Uebergang zwischen Ursprungalp und Oberhütten- See ausgedehnten Excursion vermochte derselbe keine Spur von Gneiss zu finden; Herr Professor Dr. Doelter (aus Graz), der im Sommer 1898 un- abhängig von mir das Preuneggthal begangen hat, kam, wie derselbe mir gelegentlich mündlich mittheilte, zu demselben Ergebniss.
So ist der Westabhang der ‚Schladminger Gneissmasse‘‘ des Herrn Vacek zusammengesetzt!
Dass ich keine Veranlassung hatte, in meinem „vorläufigen Bericht“ einen Gneiss zu erwähnen !), der niemals Feldspath und vielfach auch keinen Glimmer enthielt (Thonschiefer der Klausalp, Quarzitzug der Weitgasseralp) ist einleuchtend ?).
baren Gesteine bedecken übrigens ein Areal von einigen 50 Quadratkilometer und bilden eine Vergrösserung des kleinen Gneissvorkommens unmittelbar im Orte Mauterndorf. x
Die Zusammengehörigkeit von Glimmerschiefer mit Quarzphyllit hat Herr V. später (1893) erkannt, auf der 1895 ausgegebenen Karte aber nicht corrigirt.
1) Der Vorwurf des Herrin V., dass ich seine Arbeit über diesen Gegenstand nicht gekannt habe, erledigt sich durch die Thatsache, dass der Verfasser mir diese Arbeit selbst zugeschickt hat. Die Ignorirung von gänzlich unzureichenden Arbeiten wie der genannten ist unbedingt nothwendig; sonst müsste z. B. in jedem geologischem Lehrbuch die Falb’sche Theorie immer von neuem widerlegt werden.
2) Ueber die „Schladminger Gneissmasse“ vergleiche man das Referat von Becke in N, Jäahrb, f, Min. 1895, I. Heft 1,
Il. Abtheiluug. Naturwissenschaftliche Section. ul
III. Die Beobachtungen, welche Herr V. über die Lagerungsverhältnisse gemacht hat, stehen auf der Höhe seiner petrographischen Unterscheidungen. Doch sollen hier nur Thatsachen angeführt werden, die auch ohne Profil- Untersuchungen verständlich sind, so die „Anlagerung‘“ an beinahe senkrechten und an überhängenden Wänden.
Im Kamme des Zehnerkars am Wildsee, an der Südabdachung der Glöcknerin '), den steileren Wänden der Gamskarspitz und der Sichelwand ist die Schichtenfolge 1. (unten) Diploporendolomit, 2. Pyritschiefer, 3. (oben) Hauptdolomit. Nach Herrn V.’s kartographirter Darstellung bildet 1 und 2 ein Ganzes und 3 ist oberflächlich angeklebt, d. h. an Dolomitwänden be- festist, welche häufig 60°—80° Neigung besitzen. Wie ein Sediment auf dem Meeresgrunde an Stellen haften soll, die selbst dem Kletterschuh des geübten Steigers keinen Halt mehr bieten, das zu erklären muss dem ge- nannten k. k. Chefgeologen, dem Leiter einer Alpensection der k. k. geo- logischen Reichsanstalt, überlassen bleiben.
Wo die Triasdolomite in Folge kräftiger Faltung dasselbe Fallen und Streichen wie die krystalline Unterlage zeigen und sogar unter dieselbe einfallen 2), wird von Herrn V. der Gebirgsbau ausschliesslich durch dis- cordante „Anlagerung an ein altes Relief“ erklärt. Nun fallen aber am Schöneck (zwischen Tweng und Mauterndorf, sowie an der Twenger Alp (unter dem Grossen Gurpetscheck) die weissen Triasdolomiteganz unzweideutig unter die dunkelen Phyllite ein.?) Trotzdem kann gerade hier Herr V. (l. c.p. 70) ‚klar nachweisen, dass die Kalke an dem alten Hang nur angelagert sind und nicht unter die Gneissmassen = Phyllite der übrigen Geologen) greifen.‘‘ Das Relief bildete also nach Herrn V. an der Twenger Alp und am Schöneck Ueberhänge und an diese Ueberhänge klebten sich die Triassedimente an, etwa so wie eine Fliege an der Stubendecke festsitzt!
1) Herr Vacek schreibt 1. c. p. 73. „Die Schiefer stossen an der südlichen Abdachung des Kalkvorsprunges vollkommen discordant ab.“ Herr V. ist hier ausser Stande, die vollkommene klare und einfache Zwischenlagerung eines Schiefers zwischen zwei Kalken zu sehen.
2) Die Süsswasserbildungen der (miocänen) pflanzenführenden Kohlenformation folgen genau dem alten Relief, d. h. dem heutigen Ennsthal und bilden das einzige Beispiel von discordanter Anlagerung in dem Radstädter Gebiet. Da die Trans- gressionen des Herrn Vacek den Brüchen, Ueberschiebungen und dem Facieswechsel der übrigen lebenden Geologen entsprechen, so sind ihm die einzigen wirklich vorhandenen Beispiele entgangen. Eine stratigraphische Beziehung der Braun- kohlenformation des Ennsthales zu den auf der Höhe des Diploporendolomites übrig gebliebenen Nummulitenreliefen besteht nicht (Vgl. v. Gümbel Verh. G.R. A. :1889 p. 231). Beide Tertiär-Ablagerungen sind der Bildungsart und dem Bildungs- raum nach gänzlich verschieden und gehören zwei verschiedenen Transgressionen an.
Die von v. Ettingshausen bestimmten Pflanzenreste (Glyptostrobus oeningensis, Daphrogene polymorpha Ett, B>tula prisca Ett, Quereus Drymeja Ett) deuten auf Miocän.
3) Was bei dem scharfen Farbengegensatz besonders klar ist.
2 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Die Fläche des Hundsfeldes, die sich östlich und nördlich der Tauern- strasse ausdehnt, bildet eine typische Moränenlandschaft, über die in der Nähe der Reichsstrasse einige Dolomithügel hervorragen, welche von Pyrit- schiefer begleitet werden. Da die Masse der Glacialgeschiebe dieser Moränen Quarzphyllite sind, zeichnet Herr V. die sämmtlichen Moränen als an- stehenden Quarzphyllit und den Dolomit als transgredirenden!
Auch diese Verwechslung der Moränen mit anstehendem Gestein wiederholt sich am Nordabhang des Mandlinger Dolomitzuges. Die aus- gedehnten, typischen, von fruchtbaren Feldern bedeckten Moränengebiete von Forstau, dem Wallner-Gut, Moos- und Lobner Hof etc., welche z. Th. Ver- tiefungen im Dolomit auskleiden, werden als anstehendes Gestein verzeichnet, damit der Triasdolomit über das so entstandene ‚‚alte Relief“ „‚transgrediren“ könne. ;
Auch der in den Quarzphyllit eingelagerte, etwa O.-W. streichende, z. Th. saiger stehende Quarzitzug am Nordabhang des Tauern ‚transgredirt‘ (n. d. Karte) zwischen Preunegg-Taurach- und Zauchthal über die Schiefer. Diese Transgression beruht auf analogen Beobachtungen, wie das Vor- kommen der inmitten von Moränen auftretenden Triasdolomite: die steilen Gehänge und Wände des Quarzites sind überall in den Thälern von ausgedehnten Schutthalden umsäumt, dergestalt, dass das anstehende Gestein beinahe nie in der Thalsohle sichtbar ist. Die Quarzit-Schutthalden des Taurach- und Forstauthales werden nun von Herrn V, als anstehender Thonglimmerschiefer oder Glimmerschiefer kartirt und die Transgression ist fertig. Dass derartige Angaben des Herrn V. nicht mehr in das geologische Gebiet gehören, sondern lediglich psychologisches Interesse zu erwecken vermögen, wurde bei Besprechung set Fälle schon vo Albert Heim betont. j
Fassen wir kurz die Ergebnisse obiger Feststellungen zusammen, so beruhen die Transgressionen des Herrn Vacek auf Verwechslungen von: (Thatsächlich vorhanden.) (Auf Herrn Vaceks Karte eingetragen)
1. Kalk und Quarzit (]) und umgekehrt 2. Quarzit und Gneis (II) 3. Quarzphyllit und Centralgneiss (N) eingelagerte und oder Thonschiefer Hornblendegneiss (nach Bedarf.
4. Moränen in bedeu- tender Ausdehnung auf Niederungen : und anstehendem Quarzphyllit 5. Schuttkegel in be- zeichnenden, weithin sichtbaren Formen und anstehendem Quarzphyllit oder Quarzit,
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 13
Es handelt sich hierbei mit Ausnahme der beiden ersten Fälle um ausgedehnte Gebiete, die zum Theil unmittelbar an Chausseen angrenzen, (3—-5.) Selbstverständlich ist die Liste der Irrthümer noch lange nicht erschöpft; es sind nur die unbegreiflichsten, mit elementaren Grundbegriffen der Geologie in Widerspruch stehenden An- gaben besprochen. Dass nach Richtigstellung dieser ‚Beobachtungen‘ des Herrn Vacek von den Folgerungen derselben nichts übrig bleibt, bedarf keiner Ausführung. Ausserdem werden die vorhandenen zwei tertiären Transgressionen der Radstädter Tauern übersehen oder abgeleugnet !), da- gegen lagert in den Transgressionen des Herrn V. zweimal das trans- gredirende (Trias -Dolomit) Gestein unter dem transgredirten krystallinen Schiefer oder klebt auf steilen, fast senkrechten Wänden (Pyritschiefer auf Dolomit),. Wenn die übrigen geologischen. Karten des Herrn k. k. Chefgeologen Vacek den beiden Sectionen der Radstädter Tauern ähneln, so ist nicht eine „Reambulirung‘‘, sondern eine vollständig neue Aufnahme durch fachkundige Geologen noth wendig.
Die Fachgenossen mögen aus dem Vorstehenden entnehmen, ob der Verfasser Grund gehabt haben könnte, seine eigenen Beobachtungen durch „artistischen Schmuggel‘“ (l. ec. p. 70) zu stützen oder gar an den Arbeiten des Herrn Vacek ein „ungeschicktes Plagiat‘“ (l. c. p. 58) zu begehen!
Sitzuug am 31. März 1899,
Geologische Excursionen in Schlesien.
Von
Prof. Dr. Fritz Frech.
Als Vorbereitung für den Pfingsten 1901 in Breslau tagenden deutschen Geographentag beabsichtige ich, die Beschreibung einer Anzahl geologischer Excursionen zu veröffentlichen, wie ich sie seit mehreren Jahren mit den Studirenden der hiesigen Hochschule?) unternehme.
Dieselben umfassen sämmtliche in Schlesien vorkommenden geologischen Formationen und dienen somit als Grundlage für eine nach sachlichen Gesichtspunkten abzufassende Uebersicht?) des Gebirgsbaues.
2) Eine Lücke liegt selbstverständlich zwischen der von klastischen Dyas- Quarziten unterlagerten Trias und den Schichten der praecambrischen Schieferhülle. Wie aber die gleichartige (‚„pseudo-concordante“) Lagerung durch Absatz auf altem corrodirten Relief, allein ohne nachfolgende allgemeine Faltung zu Stande kommen kann, das wird von Herrn V. nicht einmal angedeutet, geschweige denn erklärt.
2) Der Bericht über die Excursion wurde stets von einem der Theilnehmer nach meinen Angaben gleichzeitig niedergeschrieben.
3) Welche auch die — hier aus Gründen der Kürze ausgelassenen Litteratur- angaben bringen soll.
1) oa Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Wenn die Veröffentlichung dieser anspruchslosen Zeilen zu Ver- besserungen der einzuschlagenden Routen oder zur Angabe neuer Fundorte Veranlassung gäbe, so wäre ihr Zweck erreicht.
I. Exeursion Silberberg-Ebersdorf-Neurode in das Palaeozoicum der Grafschaft Glatz.!)
I Das2. Ohrersmlur:
Südöstlich von Herzogswalde, oberhalb der ersten Häuser, östlich von dem kleinen Mühlenteich, liest ein kleiner Aufschluss in schwarzem, bituminösem Graptolithen- und Kieselschiefer. Letzterer ist hart und von Quarzadern durchzogen, ersterer weich, thonig, mit der Hand brechbar. Streichen: N 74° W--12° Decl., also fast genau O—W. Fallen: südlich. Neigung: 58°. Es finden sich Cyrtograptus Murchisoni Carrath, Linograptus Nilssoni Barr. sp., Monograpt. priodon Barr. und Retioliten, sämmtlich Formen des mittleren Obersilur.
Auf dem Hange gegenüber, durch das Alluvialthälchen getrennt: kleiner zweiter Aufschluss: stark gestörte röthliche Schiefer ohne Graptolithen, Silur (?).
9. Das Untercarbon Schlesiens.
In Mittel- und Westeuropa folgen auf den in tiefem, fast sediment- freiem Meere abgelagerten Clymenienkalk vielfach unvermittelt die Conglo- merate, Sandsteine und die auf Landnähe hindeutenden Schiefer des Unter- carbon mit Pflanzenresten; so in Schlesien (Ebersdorf bei Glatz), Steiermark (Graz), in den Karnischen Alpen und in Languedoc. Das Meer ist demnach flacher geworden und das Land näher gerückt; jedoch verdeckt die stets bedeutende, vielfach enorme Mächtigkeit der klastischen Flachsee-Sedimente den zuweilen nur wenige Meter (Ebersdorf) messenden Clymenienkalk und täuscht auf diese Weise eine Transgression vor, während thatsächlich — abgesehen von unerheblichen Ausnahmen — der entgegengesetzte Vor- gang erfolgt ist.
Die bedeutsame Aenderung der Absatzverhältnisse?) des oberdevonischen und carbonischen Meeres bei gleichbleibender Begrenzung desselben ist am einfachsten durch eine flache Aufwölbung des Meeresgrundes, den Vorläufer der mittelcarbonischen Hochgebirgsbildung zu erklären. Während der Un'ercarbonzeit wurden nur ältere, besonders krystalline Gesteine in die Brandungszone des Meeres hinaufgehoben. Die Wirkung der Wogen hält mit der Aufwölbung gleichen Schritt und ebnet das aufsteigende Gebirge alsbald wieder ein.
1) Eisenbahnfahrt mit Morgenzug bis Frankenstein, von dort über das Diluvium zu Wagen nach Herzogswalde; Ankunft daselbst gegen 11 Uhr.
2) Verg]l. auch E. Dathe, Jahrb, d. geol. L.-A. für 1884, p. 563.
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Der häufige und schroffe Wechsel der Sedimente auf kurze Strecken wird ebenfalls durch diese Annahme erklärt. Ein Beispiel für viele: Bei Silberberg am Westabhang der Eule lagert auf dem Gneiss:
Hangendes: TransgredirendesÖbercarbon oderRothliegendes.
3. Grauwacken und Schiefer, versteinerungsarm, in grosser Mächtigkeit.
2. Kohlenkalk mit Productus sublaevis Kon., ca. 20 m mächtig, als langes Band von wechselnder Mächtigkeit aus der Gegend von Silber- berg bis Neudorf verfolgbar. Ausserdem Spir. striatus, lineatus, Athyris, Korallen.
1. Gneissconglomerat, 60—70 m mächtig, unten häufig wenig gerundete Blöcke (wie im Fürstensteiner Grunde) enthaltend, geht allmählich in den Kohlenkalk über und enthält im oberen Theile die Ver- steinerungen desselben. ;
Discordanz. - —— =
Eulen-Gneiss.
In ganz geringer Entfernung (1 km) keilen Gneissconglomerate und die Kalkzone gänzlich aus, so dass im Kalkbruch bei Ebersdorf das Ober- devon concordant überlagert wird von Grauwacken mit eingelagerten Schiefern und Conglomeraten (letztere mit gerundeten Rollsteinen).
Das häufige Fehlen der obersten, wenig mächtigen Devonstufe wird ebenfalls durch die Annahme einer Aufwölbung des Meeresgrundes erklärt: Die soeben abgesetzten Sedimente gelangten wieder in den Bereich der zerstörenden Brandung. Der häufige Wechsel zwischen Flachsee-Faeies (Pflanzengrauwacke und Kohlenkalk) und Tiefseebildungen (Posidonien- Goniatiten-Schichten und Hornsteine mit Radiolarien) beruht auf derselben Ursache. Erst im Obercarbon erfolgte die endgültige Trockenlegung des Meeresbodens und die Erhebung der Gebirge.
Die marinen Kohlenkalke Schlesiens sind durchweg dem mächtigen, aus Gneissconglomeraten, Grauwacken und Schiefern bestehenden Unter- carbon eingelagert und gehören, wie zuerst Gürich!) angedeutet hat, einem älteren und einem jüngeren Horizonte an.
1. Der ältere Horizont, die Zone des Producetus sublaevis, eine Kalk- masse von 15—20 m Mächtigkeit, liegt zwischen den die Eulengneisse überlagernden ca. 60 m mächtigen Gneissconglomeraten und carbonischen Schiefern. Der Uebergang in die Gneissconglomerate ist so allmählich, dass auf den grossen Producten und auf Spirifer striatus Glimmerblättchen und Geröllstücke häufig unmittelbar aufsitzen. Am verbreitetsten ist ausser Crinoidenstielen und Korallen Productus sublaevis (T), der ebenso
1) Erläuterungen zu der geologischen Uebersichtskarte von Schlesien p. 59. Die älteren Angaben von Semenow (Z. d. geol. Ges. 1854, p. 1—88) sind hin- sichtlich der Fundorte der wichtigsten Arten ungenau. Z.B. ist die Angabe (l. e. p. 37), dass Productus giganteus bei Neudorf und Silberberg vorkäme, durch- aus unrichtig, wie ich nach mehrjähriger Ausbeutung der hier vorhandenen, der- selben Gesteinszone angehörigen Steinbrüche feststellen konnte.
Ii6 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
wie Phillipsia gemmulifera, Spir. lineatus, bisulcatus Sow., convolutus Phill. und cinetus Keys. in Schlesien auf den tieferen Horizont beschränkt ist. In die höhere Zone hinauf geht nur Prod. corrugatus, scabriculus, punctatus und semireticulatus, sowie Spirifer striatus s. str.
2. Die höhere Zone des Productus giganteus (der bei Neudorf fehlt) ist an der Vogelkippe bei Altwasser (A), bei Glätzisch Falkenberg (F'), Hausdorf (H), Steinkunzendorf, Rudolfswalde und Rothwaltersdorf (R) bekannt. Auch abgesehen von der Verschiedenheit der beiden wichtigsten Productus-Arten ist das Auftreten zahlreicher neuer Arten bemerkenswerth, so Produetus latissimus (H, Rudolfswalde), margaritaceus (R.H), plicatilis (R), spinulosus (R.H), striatus (A.F), Aulacorhynchus concentricus Dittmar (F, Rudolfswalde), Leptaena analoga (H), Orthothetes crenistria (H) und radialis (H.R), Spiriferina insculpta (H), Spirifer Beyrichianus Semen. (H), integricosta Phill. (H.A), pinguis Phill. (A.H), trigonalis var. lata Schellw. (H), striatus var. Sowerbyi Kon. (F), attenuatus Sow. (H), glaber Mart. (H), trisulcosus Phill. (H), Spir. (Syringothyris) euspidatus Mart. (H), Athyris expansa Phill. (überall), Dalmanella Michelini L’Ev. (V.H.R), Chonetes papilionaceus Phill. (H.R), und hardrensis Phill. (H.F.R), sowie Rhynchonella pleurodon (R).
Bei Falkenberg, Rothwaltersdorf und Hausdorf finden sich etwas seltener auch die bezeichnenden Goniatiten: Prolecanites ceratitoides v. B., Nomis- moceras rotiforme Phill.,. sowie Glyphioceras sphaericum und Pronorites mixolobus Phill., sowie Pseudonomismoceras silesiacum.
Ob das Vorkommen einer dem Spir. tornacensis nahestehenden Form bei Rothwaltersdorf auf eine auch dort vorkommende tiefere Zone hinweist, ist unsicher. Jedenfalls verdient hervorgehoben zu werden, dass auch bei Vise Prod. sublaevis unter dem Prod. giganteus in einer tieferen Zone liest; ob die erstere noch ein Aequivalent der Tournayschichten sei, liess sich nicht feststellen. Dass aber die für Kohlenkalk ganz ungewöhnliche Differenzirung der Faunen lediglich durch die Einlagerung in Schiefer und die hierdurch bedingte scharfe Trennung der einzelnen Vorkommen bedingt wird, braucht kaum hervorgehoben zu werden.
Die ungewöhnlich mannigfaltige Flora von Rothwaltersdorf, in der ausser den überall häufigen Asterocalamites und Lepidodendron zahlreiche Farne vorkommen (Cardiopteris, Rhodea, Rhacopteris, Sphenopteridium, Sphenopteris, Neuropteris antecedens), gehört ebenfalls wahrscheinlich dem höheren Horizonte an. |
Eine rein locale, für .die Umgegend von Salzbrunn anwendbare, sehr ins Einzelne gehende Gliederung hat Dathe vorgeschlagen.
Auf dem Weg von Herzogswalde nach Silberberg auf Isohypse 415: Grauwacke in Quarzit und Kieselschiefer übergehend (Verquetschung), wahrscheinlich Untercarbon.
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Unmittelbar vor Eintritt dieses Fussweges in die Silberberger Chaussee: Eulengneis. Streichen: N11°O. Fallen nach O unter circa 80°.
Unterhalb des Spitzberges, an der ersten Strassenhöhe hinter Silberberg beobachtet man Gneisconglomerate, darüber Kalke mit zahlreichen Crinoiden. Hier im Untercarbon, wo der Kalk von weichem Schiefer überlagert wird, z. T. unterirdisch abgebaute Kalkbrüche. Das Streichen ist schlecht messbar. Einfallen: flach südlich mit 30—40°.
Am höchsten Punkt der Strasse ,„Abbaue zu Neudorf“ liegt der zweite Steinbruch und in ihm der Hauptaufschluss der überall zu beob- achtenden Schichtenfolge (s. o.). j
Alle Schichten fallen in südlicher Richtung von der Rule ab. Der Hauptfundort der Versteinerungen liegt ca. 60—70 m in verticalem Abstande über der Basis der Gneisconglomerate.
An der Chaussee bleiben weiterhin die Kalke südlich vom Thale von Neudorf, deutlich sichtbar; dem Verlauf des Thales entspricht der Zug der Gmeisconglomerate.
Bei den ersten Häusern von Neudorf liest ein mit Wasser angefüllter verlassener Bruch. Streichen der Kalke genau O—W. Einfallen 50° nach S.
Zwischen Volpersdorf und Colonie Waldgrund liegt die Kohlengrube Fortuna (in Betrieb), Schurfe auf Kohlen setzen sich — weithin gut sichtbar — bis nördlich von Ebersdorf fort.
Zwischen dem Bauernberg (roth) und dem Kreuzberg (schwarz) liest in der Richtung nach Volpersdorf die Grenze zwischen Rothliegendem und productivem Öbercarbon. Der Ebersdorfer Kalkbruch wird im W sofort von Porphyr des Rothliegenden begrenzt, der mit dem Bauernberg zu- sammenhängt.
3. Das Oberdevon. Im Ebersdorfer Bruch stehen an in steilem östlichen Einfallen übereinander:
1. oben Grauwacke und Schiefer, ursprünglich schwarz mit brauner Verwitterungshülle, am Westabhange in Conglomerat übergehend, den Gneisconglomeraten von Neudorf als Gegenflügel einer unregel- mässigen Mulde entsprechend,
2. darunter 3—4 m Clymenienkalk; in Folge starker Verquetschungen ist die Mächtigkeit- nicht deutlich erkennbar. Oben 1 m mächtiger, grauer, mehr ebenflächiger Kalk mit Schiefern wechselnd, darunter: lebhaft rother, knolliger Kalk.
Im rothen Clymenienkalk: Clymenia undulata, ” bisulcata, R subarmata.
3. Der untere Theil des Bruches wird in ca. 40 m Mächtigkeit von knolligem, bläulichen Hauptkalk gebildet. — Derselbe enthält u. A.
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18 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Euomphalus crassitesta Peetz, Phillipsastraea Kunthi Frech und entspricht dem mittleren Oberdevon. Oestlich von Ebersdorf führt der Weg über Felder, die sich durch die rothe Farbe als Porphyr oder Sandstein des Rothliegenden kennzeichnen. Ein vollkommen verwitterter rother Quarzporphyr grenzt unmittelbar an das Devon. Bei Colonie Neu - Ebersdorf bildet die Fortsetzung des Volpersdorfer Gabbros einen wenig hervortretenden Höhenzug, dessen West- abhang wieder aus groben, weissen Conglomeraten obercarbonischen Alters besteht. Dieselben tauchen in flacher, westlicher Neigung unter die rothen Sandsteine des Rothliegenden, die am Galgenberg und gegenüber dem Bahnhofe Neurode!) aufgeschlossen sind. — Auf der Weiterreise nach Glatz bemerken wir uralte praecambrische Schiefer, die unter dem Rothliegenden auftauchen. II. Exevursion in das Kreidegebirge der südlichen Grafschaft Glatz. (F. Sturm.)
Profil des Ro:.hen Berges und Kieslingswalde (Neu - Waltersdorf). Ausgangspunkt Rengersdorf. (Bahnstation südl. von Glatz.)
Inmitten des flachen, durch Steilränder von den lehmbedeckten Höhen scharf abgegrenzten Alluvialthales der Neisse führt der Weg zum Rothen Berge.
Die ersten, kleinen Aufschlüsse im Pläner-Thon zeigen fast völlig horizontale Lagerung.
Der erste grössere Aufschluss an der Strasse am Fusse des Berges: thoniger Plänerkalk, bis zur aufrechten Lage überkippt. Streichen: N 44° W--12° Decl., also NW bis NNW=N 56° W.
Weiterhin an der Strasse gegenüber Piltsch: der Hauptbruch des Rothen Berges. Senkrechte Schichten, in Folge localer Ueberkippung nördlich einfallend. Plänerkalk im Uebergang zu Sandstein. Die Kalke: bläulich-grau mit Verwitterungsrinden an den Kluftflächen; der Sandstein: mehr oder weniger weiss, etwas eingesprengten Eisenkies enthaltend. Es findet sich in Wechsellagerung hier:
1. Plänerkalk mit Verwitterungsrinden an den Kluftflächen,
2. untere Sandsteinmasse, circa 15 m mächtig, deutlich nach N ein- fallend,
3. eine zweite Kalkmasse, 5 m mächtig,
4. Masse des undeutlich geschichteten Sandsteins, circa SO m. Im Hangenden ist die, Zerklüftung vorwiegend.
Während die Ueberkippung der Kreide-Sandsteine im Steinbruch nur
80° beträgt, sind die daneben anstehenden rothen Sandsteinconglomerate .
des Rothliegenden widersinniger Weise bis zu 60—55° nach N geneigt.
!) Von hier Rückfahrt mit Abendzug nach Breslau oder für einen zweiten Tag: Weiterreise nach Glatz, wo übernachtet wird.
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II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 19
Discordant unter dem Rothliegenden finden sich dann stark- und braunverwitterte Hornblende - Phyllite von zahlreichen Quarzadern durch- setzt. Nur Klüfte sind sichtbar, Schichtung oder Schieferung ist nicht wahr- nehmbar.
Auf der Bahnstrecke zwischen Rengersdorf und Habelschwerdt sind zunächst noch horizontal gelagerte Kieslingswalder Thone, hinter Grafenort horizontale Plänerkalke zu beobachten. Ein guter Aufschluss von horizon- talem Plänerkalk mit Exogyra-Sandstein im Liegenden ist auf der Fahrstrasse Habelschwerdt—Neuwaltersdorf dicht hinter der Neissebrücke in einem Steinbruche wahrzunehmen. Die erwähnte Fahrstrasse führt zunächst durch Lehmgebiet; erst in Altwaltersdorf treten wieder deutlich horizontal- geschichtete Kieslingswalder Thone auf, die in Weganstichen und einem Steinbruche aufgeschlossen sind.
Der Fahrweg, welcher am Gute von Neu-Waltersdorf nach Süden abbiegt, führt bald in die höheren Niveaus der Kieslingswalder Schichten. AmMühlberge sind dieselben in mehreren Brüchen deutlich aufgeschlossen. 1. Zu oberst liegt eine 3—4 m mächtige Conglomeratschicht, 2. dar- unter folgen ca. 15 m fein geschichtete mergelige Sandsteine, in denen deutlich geschichtete Thone als Einlagerungen auftreten. Die Hauptformen der in diesen Sandsteinen ziemlich zahlreich auftretenden Fossilien sind: Liopistha aequivalvis, Protocardia hillana, Pectunculus lens, Vola quinque- costata. Selten aber stratigraphisch wichtig sind die Ammoniten Scaphites kieslingswaldensis und Baculites, Inoceramus Cuvieri und tricarinatus, Calia- nassa antiqua.
Das Vorhandensein zahlreicher Abdrücke von Laubblättern deutet auf die Nähe der damaligen Festlandsküste hin.
Südlich von diesem Punkte kommt man auf dem Wege nach Kieslings- walde in die höchste Zone der Kieslingswalder Schichten, die oben erwähnten Conglomerate, die eine bedeutende Mächtiskeit erreichen. Die Bergrücken links von diesem Wege und die landschaftlich hervortretenden, heraus- erodirten Felsenriffe der Hirtensteine bei Kieslingswalde bestehen aus jenem Gestein.
Lehm, Geröllhalden und Alluvium bedecken im Uebrigen alles anstehende Gestein, sodass man auf dem Wege nach Wölfelsgrund nur orographische Beobachtungen machen kann. Die Gneisberge des Glatzer Schneegebirges erheben sich steil und ziemlich unvermittelt aus dem flachen Neissethale. Die Grenze bildet eine Bruchlinie, an welcher die Gesteine der Kreide- formation in die Tiefe gesunken sind.
Diese Verhältnisse zeigt deutlich das Profil an der Urnitzmühle beim Austritte der Wölfel aus dem Gneisgebiet. Am meisten flussaufwärts steht: 1. Augen-Gneis an, 2. folgt eine geringe Lage Plänersandstein, stark gequetscht und zerklüftete — der cenomane Quader und das Rothliegende fehlen —, 3. darauf saiger stehender Turon-Pläner, 4. dann die Kieslings-
0) +
90 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
walder Thone, zunächst noch steil aufgerichtet, allmählich aber immer flacher nach der Ebene einfallend. Das Streichen der Schichten ist N 24°W.
Bei Rengersdorf streichen die Schichten N 55°W. Der Uebergang aus letzterer Richtung in die erstere, mehr nord-südliche,findet südlich vom Ost-Ende von Neu-Waltersdorf statt. Diese Umbiegung lässt sich auch orographisch deutlich wahrnehmen.
Die folgende Uebersichtstabelle soll einen Vergleich der von Fritsch und Jahn aufgestellten Gliederung der böhmischen Kreide mit der Gliederung
der südlichen Glatzer und der Oppelner Kreide ermöglichen.
Zusammen- Böhm. Kreide nach fassung der. <; ‚Krei His; N De Südl. Glatzer Kreide. Oppelner Kreide. nach Jahn. 8. Chlomeker Sch. Kieslingswald. Sdst. Fehlt (in Polen r vertreten) [ 7. Priesener Sch. Ob. Pläner | Kieslingswald.Thone Zone der Inocer. mit Cuvieri Scaph. Geinitzi |Zone d. Scaphites u. Lamberti Geinitzi = (6. Teplitzer (Flachsee) | S Sch. \* Mitt]. Pläner Plänerkalk |Kalke, Thone und = |[5. Iser (Tiefsee) „, Mergel der Brogni- artizone 4. Malnitzer Sch. (u on Grün - Sandstein R Weissenberger „, a en Plänersandstein Groschowitzer Thone 2. Korytzaner Sch. Quadersandstein | Sande und Sand- n m. Exogyra columba steine. — = Cenoman Ö. carinata Spongien, 5 = | 1. Perutzer Sch. mit | fehlt o Landpflanzen
Asn hraunae}! Die Oberflächenformen der Grafschaft Glatz. In dem alten gefalteten palaeozoischen Gebiete der Grafschaft Glatz lassen sich vom morphologischen Gesichtspunkt aus 4 Landschaftstypen unterscheiden.
1. Gneis der Eule, 2. Grauwacke und Schiefer verschiedenen Alters, vornehmlich
Untercarbon,
Il. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 91
3. Jüngeres Palaeozoicum, flach gelagert, 4. Eruptivgesteine des letztgenannnten,
1. Der Gneis der Eule bildet in Folge gleichförmigen, harten Materials flachkuppige Berge, welche allmählich zu ziemlich bedeutender Höhe ansteigen und mit vermischtem Bestand aus Buchen und Fichten bedeckt sind. Am nördlichen Ausgehen bei Seitendorf und Waldenburg bildet der Gneis in Folge des hohen Gehalts der durch Verwitterung frei werdenden Alkalien einen mit guten Feldern bedeckten Ackerboden.
9. Die gefalteten alten Grauwacken und Schiefer verschiedenen Alters, vornehmlich aus dem Untercarbon, zeigen ein differenzirteres Aus- sehen in Folge der verschiedenartigen Verwitterung ihrer Bestandtheile: Grauwacke, Schiefer und Conglomerate. Die aus quarzreichen Schiefern bestehenden Berge erreichen eine ähnliche Höhe wie die des Gneises, zeigen aber steilere Formen und häufige, tiefe Thaleinschnitte. . Die Grauwacke dagegen bidet sanftansteigende Hügel in Folge ihrer gleichmässigen Ver- witterung.
3. Das jüngere Palaeozoicum (Rothliegendes und Öber- carbon) bildet langgestreckte, flache Höhenzüge von ausgesprochener rother, bezw. dunkler oder weisser Färbung, die mit üppigen Getreidefeldern bestanden sind.
4. Die Eruptivsteine (Quarzporphyr oder Melaphyr), z. B. am Hochwald, bilden aufstrebende Bergeshäupter mit dem steilsten Böschungs- winkel, der in diesen Gebirgen vorkommt,
Ueber die im südlichen Theile der Grafschaft Glatz auftretenden Gesteine (Gneis, Glimmerschiefer und Rothliegendes) gilt das bereits Gesagte; nur wäre hervorzuheben, dass der Rand des Urgebirges in Folge des aus- gesprochenen Bruchcharakters sehr scharf hervortritt. Die alten Schiefer der südlichen und östlichen Grafschaft bilden flache Höhenzüge von wenig ausgeprägtem Charakter. Dagegen treten im Süden zwei Landschaftstypen auf: bastionsartige, am Rande oft phantastisch verwitterte Hochflächen des Quadersandsteins und dıe Lehmfelder mit ihrem vorzüglichen Weizenboden.
II. Exeursion: Wartau—Gr.-Hartmannsdorf—Bad Hermsdorf. (Kreide, Trias, Zechstein, Basalt.) -
1. Aufschluss: südlich vom Vorwerk Drüssel bei Bunzlau. Thone. Fallen W. S. W. — im Hangenden Diluvialsande mit Geschieben, im Liegenden Sandsteine des ,„Ueberquaders“ mit eingelagerten pflanzen- führenden weissen und blauen Thonen. (Debeya.)
2. Aufschluss: südlich von Alt-Wartau. Unterer Muschelkalk, mergelige Schichten, Fallen S. W., gefunden wurde Myophoria.
3. Aufschluss: Im Hangenden des hier in Folge einer Erosionsdiskordanz wenig mächtigen Muschelkalkes beginnt die Kreide mit ziemlich groben
92 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Conglomeraten. Zwei parallele Höhenzüge entsprechen dem Ober- und Unter-Quader, in der Senke dazwischen sandig-mergelige Gesteine. Der Zug der Obersenonen Kreide ist weithin zu verfolgen an den gelblichen Halden der Sandsteinbrüche. — In einem verlassenen Bruche im Hangenden der mächtigen, schichtungslosen Quadermassen braune, eisenreiche Sandsteine mit reicher mariner Fauna: Nerineen, Actaeonella Glauconia, grosse glatt- schalige Lima, Cardium, Gervilleia mytiloides und Lingula. Nahe der Stelle, wo der Wiesenweg nach Gr.-Hartmannsdorf von der Fahrstrasse abgeht, liegt ein neuer Aufschluss in glaukonitischen Mergeln und Sanden. Exogyra columba in sehr grossen, schönen Exemplaren weist auf oberes Cenoman; ausserdem wurde gefunden Inoceramus, Pecten, Janira, Gastrochaena.
An der Einmündung des Wiesenweges kurz vor Gr.-Hartmannsdorf tritt Cenomanquader, das unmittelbar Liegende der obigen Mergel zu Tage,
Der Steinbruch bei Gr.-Hartmannsdorf liegt in den oberen Schichten des unteren Muschelkalkes, wird aber gestört durch eine secundäre Welle. ‘In dem Schaumkalk finden sich: einzelne Pecten, Discites und in den obersten Schichten Terebratula vulgaris. Beim weiteren Anstieg tritt uns eine weitgedehnte Bedeckung mit Diluvialschotter und -Sanden entgegen. Darunter machen sich Andeutungen der Unterlage (Buntsandstein) bemerklich, der am Nordflügel der Mulde nicht mehr gefunden wurde.
Der Gröditzberg besteht aus Basalt. An seinem O.-Abhang findet sich als Basis des N.-Flügels der Untere Zechstein mit Productus horridus.
Ueber Felder mit Diluvialbedeckung führt der Weg zum Bahnhof Neudorf durch den Kern der Mulde (Unter-Quader); die diluviale Bedeckung macht eine Beobachtung unmöglich. In den Bergen unmittelbar vor Neudorf sind graue feinkörnige Cenomanquader in grossen Brüchen auf- geschlossen; gefunden wurde Pinna und Pecten. Gegenüber dem Bahnhof liegt ein schöner Aufschluss in diluvialem Kies.
Hermsdorf. Das Streichen der Quader-Schichten ist wıe bei Gross- Hartmannsdorf NW—SO. und wird unter sehr spitzem Winkel (etwa WNW--0OSO.) von einem Bruch durchsetzt. Derselbe trennt den Cenoman- quader im S. und den krystallinischen Schiefer von Goldberg im N. und wird complieirt durch das Aufbrechen von Basalten (Haselberg, Galgenberg), sowie durch eine zwischen Schiefer und Quader eingeklemmte Triasscholle (aufgeschlossen in einem Steinbruch nördlich von Dorf Hermsdorf).
Die südliche. Wand des Steinbruches bildet der wesentlich flach- lagernde, stark eisenschüssige Unter-Quader. Nach N. folgt Muschelkalk in ziemlicher Mächtigkeit, der nach NO. mit 50—70° einfällt und weiter (nur an einem Punkte sichtbar) rothgefärbtes Röth, dessen Ausgehendes mit Brauneisensteinschalen bedeckt ist. Die kohligen, schwarzen Thon- | und Kieselschiefer stehen nur am Oberrande des nördlichen Abhanges an.
Das westliche Fortstreichen des Bruches wird durch kleine Basaltvorkommen gekennzeichnet,
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II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section.
Aufschluss unmittelbar oberhalb Station Hermsdorf-Bad. Von der Bahnstrecke ist ein mit Basalttuffen und Bomben ausgefüllter alter Vulkan- scklot aufgeschlossen. Unmittelbar neben den in grossen Quadern abgeson- derten Sandsteinen (1) findet sich zunächst ein Lettenbesteg (2) als chemisch entstandene Uebergangsbildung von Sandstein und Basalt (3), dann folgt ein massiger, verwitterter Basalt, ungefähr 3m mächtig. 4. Die Ausfüllung des alten Vulkanschlotes ist in einer Breite von ca. 12 m auf- geschlossen und besteht aus Tuffen, grossen und kleinen gerundeten Basaltbomben und mitgerissenen Brocken des Nebengesteins: Kalk, Kiesel- schiefer und Quadersandstein. Die Entstehung ist so zu denken, dass einige 100 m über dem heutigen Kanal ein alter Krater lag; von dem- selben ist der Aschenkegel und die Lavaströme durch Denudation gänzlich zerstört; nur die in den Schlot zurückgefallenen Aschen und Bomben; sowie der Basaltgang wurden durch das harte Nebengestein vor Abtragung bewahrt.
Die Katzbach durchquert die Mulde in einem weiten Terrassenthal in einem regelmässigen Querprofil. Bis halbwegs Neukirch steht Cenoman- quader an. Darunter beginnt Buntsandstein, der kurz vor dem Dorf von dem ca. 30 m mächtigen Zechstein unterteuft wird. Seine oberen Schichten sind durch Einlagerung rother mergelig-sandiger Schichten mit dem Bunt- sandstein verknüpft. Die unteren meist thonig-lettigen Zechsteinschichten mit einzelnen Kalkbänken sind in einigen Steinbrüchen nördlich vom Bahnhof Neukirch aufgeschlossen. Es finden sich: Schizodus obscurus (häufig), Productus horridus (seltener), Pleurophorus und Myalina.. An dem Steinbruch wird der Zechstein von losen rothen Conglomeraten und Sanden des Oberrothliegenden unterteuft.
IV. Excursion in das Waldenburger Bergland und das Riesengebirge.!) Allgemeines.
Eine Excursion in das Waldenburger Carbon und in das Riesengebirge führt zwar in äusserlich verschiedene Gebiete; jedoch besteht zwischen beiden eine innere Verwandtschaft, da die Intrusion der Riesengebirgsgranite und die Ausbrüche der vulkanischen Magmen im Waldenburger Bergland ungefähr in dieselbe Zeit fallen.
Die heutigen Begrenzungen der schlesischen Gebirge sind nicht so sehr durch die ursprüngliche carbonische Gebirgsfaltung, als vielmehr durch
1) Ausgeführt am 24. und 25. Juli 1899 durch Herrn Prof. Frech in Begleitung der Herren Privatdocent Dr. Volz, Bergreferendar Witte und 10 Studirenden am 1. Tage; am 2. Tage unter Führung des Herrn Prof. Partsch und in Begleitung der Herren Privatdocenten Dr, Gürich, Dr. Milch, Dr. Volz, des Herrn Berg- referendar Witte und circa 22 Studirenden.
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Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
tertiäreBrüche bedingt. Ein grosser Randbruch am Nordrand der heutigen Sudeten, der sich von NW. nach SO. erstreckte, veranlasste ein Herab- sinken des nördlichen Vorlandes gegenüber dem Gebirge um 200—300 m, oder aber das Emporheben des letzteren. Aehnlich ist das Gebiet jenseits einer Bruchlinie, die sich am Südrand des Riesengebirges von O. nach W. hinzieht und Freiheit berührt, gegen das Riesengebirge abgesunken, falls man nicht die umgekehrte Annahme einer Hebung des Gebirges vorzieht. Auch sonst haben Brüche Veränderungen in dem Relief des ehemaligen schlesischen Gebirges hervorgerufen, so der grosse Grabenbruch der süd- lichen Grafschaft Glatz, der von N. nach S. gerichtet ist und dem jetzigen Neissethal seinen: Lauf vorgezeichnet hat.
Die Centralzone der carbonischen Alpen, welcher der nördliche Kamm des Riesengebirges angehört, zog sich von der Schneekoppe über die Friesen- steine gegen Striegau hin; ihre weitere Fortsetzung bildete der grosse nach OSO. gerichtete Urgesteinsrücken, dessen westsüdwestliche Zone wir in den alten Gneissen des Eulengebirges wiederfinden. Der ostnordöstliche Theil liegt heute jenseits des das Eulengebirge abschneidenden Bruches unter viel jüngeren Ablagerungen begraben. Nur hie und da treten Theile des alten Gebirges in dem Sudetenvorland zu Tage, so die Granite bei Striegau, Domanze, Strehlen und Münsterberg. Der Zobten, aus Gabbro und Granit aufgebaut, gehört einer älteren, praecarbonischen Gebirgsbildung an.
Der ehemalige Zusammenhang des Riesengebirges im weiteren Sinne mit dem Eulengebirge findet einen Beweis in dem Vorkommen des Unter- Carbons in beiden Gebieten; im Eulengebirge findet sich untercarbonische Grauwacke nur in kleinen Fetzen, im Riesengebirge bildet dieselbe den Hauptbestandtheil des Landeshuter Kammes, in welchem sie den im west- lichen Theil dieses Kammes hervortretenden Urschiefern auflagert.
Das Waldenburger Bergland, zwischen Riesen- und. Eulengebirge, wurde von der ehemaligen Centralzone in einem flachen Bogen nördlich umrahmt. Nach der untercarbonischen Zeit begann die Gebirgsfaltung während und nach derselben wurden die Schichten des Obercarbons im Waldenburger Revier abgelagert.
Eine Begleiterscheinung der Gebirgsfaltung waren die massenhaften Intrusionen und Eruptionen im ganzen Sudetengebiet. Zunächst drangen in die durch die Faltung entstandenen Hohlräume die Riesengebirgsgranite hinein; bald folgten ihnen, die Erdkruste durchbrechend, ihre jüngeren Brüder, die Quarzporphyre, die wir sowohl im Riesengebirge allenthalben finden, die aber besonders im Antlitz des Waldenburger Berglandes die am schärfsten hervortretenden Züge bilden. Die Porphyrdurchbrüche setzten sich bis in den Beginn des Rothliegenden fort, wo sie dann mit etwas Jüngeren Eruptivgesteinen, den Melaphyren, abwechseln.
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section.
[85] Or
Die Steinkohlenformation. 1. Schichtenfolge im Waldenburger Bergland.
Die ältesten bekannten Schichten des hier nirgends bauwürdige Flötze enthaltenden Untercarbons bilden die Gneis-Conglomerate des Fürstensteiner Grundes; auf ihnen liegen concordant die groben Conglomerate, die am Bahnhof Nieder-Salzbrunn aufgeschlossen sind und die Unterlage der produc- tiven Steinkohlenformation bilden. Die Schichten des productiven oberen Carbons von Waldenburg bilden ein Becken mit flacher Lagerung im Innern und steiler Aufbiegung am Rande. Sie gliedern sich in drei Gruppen:
3. die Hangend-Gruppe, 9. das grosse Mittel, 1. die Liegend-Gruppe.
a) Die Hangend-Gruppe enthält im Juliusschacht!) 19 Flötze und besteht aus einer sehr flötzreichen unteren (12 Flötze) und einer flötzarmen oberen Zone, deren gesammte Mächtigkeit ungefähr das Doppelte der unteren beträgt. Die unteren 12 Flötze entsprechen einer Schichtenmasse von 120 m, darüber folgt ein flötzarmes Sandsteinmittel von 110 m Mäch- tigkeit. Die darüber liegenden 7—8 Flötze enthalten das 4 m messende Bismarckflötz, die mächtigste Steinkohlenbildung des ganzen Gebiets.
b) Das grosse Mittel ist circa 300 m mächtig; es enthält im hangenden Theil die „Maximiliansgruppe‘“ mit 7—8 im Juliusschacht nicht bauwürdigen Flötzen, die aber nach W. zu bauwürdig werden.
Die Maximiliansgruppe besteht aus Sandsteinen, Schieferthonen, Flötzen und untergeordneten Conglomeraten und entspricht etwa den gewaltigen Sattelflötzen in Oberschlesien.
Die liegende Gruppe des grossen Mittels bilden massenhafte, meist sehr grobe Conglomerate, denen die Sandsteinlager und ein einziges nur 0,15 m mächtiges Flötzchen eingelagert sind.
ec) Die Liegend-Gruppe oder Waldenburger Schichten im engeren Sinne enthält 20 Flötze und ist entsprechend der Lagerung am Aussen- rand des Beckens vielfach steiler aufgerichtet. Das mächtigste Flötz, das vierte (von oben) ist nur 1,10—1,25 m mächtig. Sohlenthone und Sand- steine überwiegen, Conglomerate treten zurück.
2. Discordanzen. a) Das ganze Obercarbon liegt discordant auf dem von der Gebirgs- bildung steil aufgerichteten Untercarbon. b) Die Conglomeratanhäufung des grossen Mittels ist als ein gigantischer Schuttkegel anzusehen, vor dessen Ablagerung die-liegenden Schichten zum
1) Befahrung der Fuchsgrube (Juliusschacht) unter liebenswürdiger Führung des Herrn Director Stolz.
26 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Theil erodirt worden sind; aie Wirkung dieser vorhergehenden Erosion offenbart sich in Form von regelmässigen Rillen, welche die Oberfläche des höchsten Flötzes zuweilen aufweist; an anderen Stellen sind die Flötze der Liegendgruppe theilweise entfernt. So beobachtet man unter den dis- cordant auflagernden Conglomeraten des grossen Mittels in der Davidsgrube nur noch 4 Flötze; auf der Böschung des alten Erosionsthals stellen sich die übrigen Flötze allmählich wieder ein.
3. Die Störungen, welche das Steinkohlengebirge durchsetzen, durchkreuzen sich in beinahe rechtem Winkel. Die mit eruptirem Magma ausgefüllten Gänge, welche sicher paläozoischen Ursprungs sind, verlaufen von NO. nach SW.., die jüngeren (wahrscheinlich tertiären) Brüche (,,Sprünge‘‘ der Bergmannssprache) streichen von WNW. nach OSO.
Im grossen Mittel des Juliusschachtes wurde 1897 ein etwa 16 m mächtiger Gang von weisslichem Porphyr angefahren, der unter 72° NW. einfällt. Die Grenze gegen das anstehende Gestein wird durch Reibungs- breccien mit prachtvoll entwickelter Fluidalstructur mit mannigfachen Bie- gungen ausgezeichnet.
Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, dass die Porphyre des Sattel- waldes und Hochwaldes und die übrigen nach Böhmen hineinziehenden Eruptiv-Lager aus derartigen Gängen emporgedrungen sind.
Die Lagerung der den Hochwald umgebenden Steinkohlenschichten deutet auf das Vorhandensein eines typischen Lakkolithen hin. Die Lagerung des Liegendzuges ist, wie die unterirdischen Aufschlüsse ergeben, unter dem Hochwalde vollkommen flach, der Hangendzug hingegen, wie oberflächlich leicht beobachtet werden kann, rings um den Hochwald buckel- förmig aufgetrieben. Die linsenförmige Masse des Hochwaldporphyrs ist zwischen beiden eingeschlossen.
Das zweite Ziel der Excursion war der Besuch der Gletscherspuren im Ostflügel des Riesengebirges unter der Führung von Professor Partsch.!) Von den beiden Thälern, in welche das Thal der Grossen Aupa am Petzer sich verzweigt, hat jedes einst einen grossen Gletscher beherbergt. Der westliche, zum Lenzenberg emporführende, birgt20 Min. oberhalb des Petzer die schönsten Moränen des Riesengebirges, die 30 m hoch die Thalsohle über- ragend, von der Thalwand sich ablösen und in regelmässigem, 500 Schritt langen Bogenzuge der Thalmitte allmählich sich so weit nähern, dass zwischen ihren mit mächtigen Felsblöcken belasteten Enden nur ein Ausgang von mässiger Breite den Thalbach aus dem breiten alten Gletscherboden heraustreten lässt. Von dem Kamm der rechten Seitenmoräne, der sanft über die Thalwand sich heraushebt, dagegen schroff zum Gletscherboden abfällt, übersieht man — wie eine von Dr. Löschmann sofort aufgenommene
\) Derselbe hatte die grosse Freundlichkeit, den folgenden Bericht zu verfassen.
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 97
Zeichnung klar zeigt — den gewaltigen Bogenzug, mit dem die Moränen herabsteigen von einer hohen Felsennische der nördlichen Thalwand, dem Braunkessel, der in hoher Lage nur wenig eingreift in die breite flache Gipfelbildung des Fuchsberges.
Liest das Hauptinteresse dieses Thales in der musterhaften Klarheit der Formen der Schultwelle, die ein alter Eisstrom hinterliess, so fesselt das Hauptthalder Aupa durch eine Folge von 4Endpunkten vormaliger Gletscherbildung. Derunterste, die unmittelbare Umgebung des Petzer (bis 80 m über der Thalsohle) zeigt keine geschlossenen Moränen mehr, nur einzeln verwitterte erratische Blöcke desGranits aus dem Thalhintergrunde. Dadurch wird es wahrscheinlich, dass hier das schon wieder der Zerstörung verfallene Erzeugniss einer älteren Vergletscherung vorliegt. Ganz anders tritt, etwa 20 Minuten weiter aufwärts im Stumpegrund die zweite End- station einer Vergletscherung auf, eine mächtige, an der rechten Thalwand allmählich absteigende Seitenmoräne, die über den Blaugrund hinaus bis an die Hänge des Braunberges verfolgbar bleibt und für die 100 m über- steigende Mächtigkeit des Gletschers, der sie hinterliess, beredtes Zeugniss ab- lest. Ein drittesGletscherende liegt an der Umbiegung des Riesengrundes in der Einmündung des Blaugrundwassers. Hier endet ein von der höheren älteren Moräne als niedrigere Gehängestufe sich abhebender Moränenzug, und hier beginnt die an diese jüngere Moräne sich anschliessende Ent- wickelung von groben, aber stellenweise deutlich geschichteten Ablagerungen des Gletscherbaches, welche weiter abwärts ın den Terrassen von Rauschen- grund (Meteorolog. Station mit 1487 mm Jahresniederschlag!) und Stumpe- grund von der rechten alten Seitenmoräne nur den Fuss, von der linken aber auch den Scheitel verdecken. Entsprechend der grösseren Spalte des linken Thalhanges nämlich sind beide Moränensysteme auf dem linken Ufer erst in tieferer Lage am Fuss des Gehänges zur Ablagerung gelangt und erreichen nicht die grossartigen Ausmaasse der entsprechenden Moränen der rechten T'halseite. Vollkommen symmetrisch ausgebildet ist nur das mitten in der Thalsohle des Riesengrundes liegende Haupt-Moränensystem, dessen Wälle an beiden Thalwänden hier zu einem ziemlich vollständigen Zusammenschluss convergiren. Eine sichere Entscheidung, ob die 3 wohl- erhaltenen Moränensysteme des Aupathales Werke einer Eiszeit sind oder auf verschiedene Perioden sich vertheilen, ist nicht möglich. Der Flächen- inhalt des alten Aupagletschers betrug wohl 6!/, qkm, da Beobachtungen über die Zusammensetzung der rechten Seitenmoräne vor dem Ausgang des Blaugrundes die Gewissheit ergeben, dass auch dieser Grund zeitweilig völlig vergletschert war. Oberhalb der letzten Moränen des Riesengrundes tritt gegenwärtig besonders auffallend die den Hochwald durchschneidende Bahn einer Mure hervor, die bei den gewaltigen Regengüssen des Jahres 1897 ın bedeutender Höhe losbrach und mit ihrer donnernden Last von Schlamm,
a8 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur,
Blöcken und Bäumen ein Haus des Riesengrundes zerstörte. So fehlen auch die Schrecken der Alpenwelt nicht in diesem alpinen Bilde!
Nach Uebersteigung des Gebirges galt der Nachmittag dem Ueberblick des Moränenterrains der Teiche und ihres Vorlandes. Da Wetters Ungunst diese Wanderung beschränkte, war es doppelt erfreulich, dass der Excursion unterhalb des alten Gletschergebietes die genaue Besichtigung der von Kramsta entdeckten Riesenkessels am Lomnitztumpe (13 Minuten oberhalb des Waldhauses) ermöglicht war. Der von seinem neuen Geröllinhalt be- freite und völlig ausgeschöpfte Kessel erregte mit dem ausdrucksvollen Relief seiner spiralig ausgeschliffenen Wände besonderes Interesse, weil der Ver. gleich seiner Formen mit denen der sogenannten Opferkessel vieler Granit- felsen des Gebirges jede wünschenswerthe Belehrung über die Möglichkeit giebt, beide Erscheinungen für identisch zu halten. Während mehrere Theilnehmer bei diesem etwa 2 m tiefen Strudelloch zurückblieben, um durch genaue Ausmessung festzustellen, dass es in jüngster Zeit keine er- heblichen Veränderungen seiner Dimensionen erfahren habe, eilten einige Herren über Krummhübel nach Wolfshau, um dessen scharf entwickelte Thalterrassen zu untersuchen. Leider reichte die Zeit nicht mehr aus, sie aufwärts bis an den Austritt des Thales zu verfolgen und ihre Be- ziehungen zu dem Glacialphänomen des Melzergrundes vollständig kennen zu lernen.
Ueber die Einwirkung von | . 4- Dibromiden auf Basen. Von
Dr. Max Scholtz.
Nach den früheren Versuchen des Vortragenden vereinigen sich tertiäre Amine mit o-Xylylenbromid zu Ammoniumbromiden, und zwar entstehen hierbei je nach den Mengenverhältnissen der Reagentien Verkiadnungen der Formeln:
CH, Br . NRW CH, Br... NR GESICH Br. np und GH,<CH, Br
Solche Xylylen ammoniumbromide wurden aus Atropin, Tropin, Strychnin, Brucin, Narkotin und Papaverin dargestellt. Beim Nicotin als einer zwei- säurigen Base kann sich ferner 1 Molekül des Alkaloıds mit 2 Molekülen Xylylenbromid vereinigen. Isolirt wurden die beiden Verbindungen: GESCHEHEN, und Han: > Cie
Das Coniin als secundäre Base vereinigt sich mit o-Xylylenbromid unter Austritt von Bromwasserstoff zu einem Ammoniumbromid:
GBR
DAUER _CH — CH,\_
GH, <cp, > N<con,— cm Mb: Br
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 99
welches, mit Ammoniak auf 200° erhitzt, analog dem früher beschriebenen Xylylenpiperidoniumbromid, in eine Verbindung mit zwei secundären Stickstoffatomen übergeht, welcher vermuthlich die 5 al Formel C, Ei wr = Ei os e a cH, zukommt.
Ferner berichtet der Vortragende über eine vom stud. Friehmeltaus- geführte Untersuchung der Einwirkung von 1.4-Dibrompentan auf primäre und secundäre Amine, Das 1.4-Dibrompentan verhält sich hierbei genau, wie das o-Xylylenbromid, indem Anilin und andere nicht in der Orthostellung zum Stickstoff substituirte aromatische primäre Basen zu Pyrrolidinderivaten führen, z. B. zu der Verbindung
CH, CH, — CH , — CH, a elle
orthosubstituirte Amine hingegen zu Derivaten des 1 .4-Diaminopentans. So liefert o-Toluidin: OEISENCENB ESCHE ICH, Hauch, INES SCHEIL ICH NEIGEN CH. Aliphatische secundäre Amine reagiren mit 1.4-Dibrompentan unter Bildung von Ammoniumbromiden. So entsteht aus 1.4-Dibrompentan und Piperidin Penthamethylen-Methylpyrrolidiniumbromid: CH, 05, — il cl — Ch
CHW— CH, „CH, —_
SEE.
Ueber die Krystallform des Columbits.
Von Dr. L. Milch.
Krystalle von Krageroe (Südnorwegen), die dem Vortragenden Herr Professor Hintze zur Untersuchung übergeben hatte, liessen durch ihre eigenthümliche Entwickelung der Pyramidenflächen die Zugehörigkeit des Columbit zu der hemiedrischen Abtheilung des rhombischen Krystallsystems (nicht, wie bisher angenommen wurde, zu der holoedrischen Abtheilung) möglich erscheinen. Diese Vermuthung wurde bestärkt durch das häufige Auftreten gesetzmässiger Verwachsung zweier Individuen nach der Querfläche und zur Gewissheit durch den Nachweis der unsymmetrischen Lage der Aetzfiguren auf der Querfläche und den Domenflächen.
30 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Sıtzung am 21. Juni 1899,
Ueber dielektrische Messungen an Alkoholen bei sehr tiefen Temperaturen. Von Prof. Dr. Abegg.
Der Vortragende berichtete über di@lektrische Messungen an verschie- denen Alkoholen bei sehr tiefen Temperaturen, welche ergaben, dass der glasig feste Zustand nicht als continuirliche Fortsetzung des flüssigen anzu- sehen ist.
Ueber Festigkeitsuntersuchungen an natürlichen Bausteinen. Von Dr. G. Gürich.
Der Vortragende sprach über Festigkeitsuntersuchungen an natürlichen Bausteinen, wie dieselben an der mechanisch-technischen Versuchsanstalt in Charlottenburg ausgeführt werden. Mit besonderer Sorgfalt hergestellte würfelförmige Versuchskörper von 4,5 oder 6 Centimeter Kantenlänge werden zur Feststellung der Druckfestigkeit starkem hydraulischen Druck ausgesetzt; auf einem Manometer wird derselbe, in Atmosphären ausgedrückt, abgelesen. Der Druck wird gesteigert, bis das Manometer stationär bleibt, es ist dies der Augenblick in welchem der Versuchskörper zerdrückt wird. Gewöhnlich zerfällt es in zwei „Druckpyramiden“, welche zur Basis die gedrückten Flächen haben. Dieser Druck wird umgerechnet in die Belastung, welche ein Quadratcentimeter erfährt; dieselbe in Kilogramm ‘ausgedrückt giebt die Druckfestigkeit des Gesteins. Granit z. B. hat eine mittlere Druck- festigkeit von 2200 kg/Quadratcentimeter. Aus den grossen Reihen der bereits publieirten Untersuchungen*) hat der Vortragende mittlere Werthe berechnet und in seinem „Mineralreich“ (Neumann-Neudamm) zusammen- gestellt. Bruch-, Zug- und Torsionsfestigkeit sind nur in vereinzelten Fällen untersucht worden. Ausführlicher werden die Untersuchungen der Ab- nutzungsfestigkeit besprochen. Unter dem mit 30 kg belasteten und fest- gchaltenen Versuchswürfel wird eine Schleifscheibe mit bestimmter Ge- schwindigkeit gedreht. Der Verlust wird in ccm des Volumens berechnet und giebt ein Maass für die Abschleifbarkeit und somit auch für die Abnutzungsfestigkeit ab. Eine Beurtheilung der Dauerhaftigkeit der Bausteine wird lediglich soweit die physikalischen Einwirkungen der Atmosphäre in Betracht kommen, auf experimentellem Wege dadurch ermöglicht, dass die Festigkeit der Bausteine einmal bei lufttrockenem Zustande derselben dann
*) Mitth. aus der technischen Versuchsanstalt zu Charlottenburg.
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 31
nach Aufnahme von Wasser und endlich nach Inanspruchnahme durch Frost festgestellt wird. Die Wetterbeständigkeit eines Gesteins ist als um so grösser anzusehen, je geringer die Festigkeitsabnahme bei dieser Ver- suchweise ausfällt,
Mit den genannten Methoden wäre es nur möglich, in einer für die Praxis ausreichenden Annäherung die genannten Eigenschaften der Bausteine zum Zwecke der Vergleichung festzulegen, wenn immer mit denselben Druckmaschinen und mit Versuchskörpern von gleicher Grösse gearbeitet würde. Aus dem Grunde ist es schwierig, die Untersuchungsresultate der verschiedenen Untersuchungsanstalten mit einander zu vergleichen.
In Charlottenburg wurde aber auch mit verschieden grossen Versuchs- würfeln gearbeitet. Bei festeren Bausteinen genügen kleinere Körper; bei srösserer Kantenlänge der Würfel werden die Kosten unverhältnissmässig grösser. Eine Benutzung der Resultate zum Zwecke einer vergleichenden Uebersicht wird dadurch erheblich erschwert, Viel störender sind indessen bei solchen Arbeiten folgende Mängel des erst in der Entwickelung be- sriffenen Instituts, dessen Arbeitsleistung bei der Beschränkung im Raum und an Mitteln übrigens voilste Anerkennung verdient. Interessenten aus dem praktischen Leben, Steinbruchbesitzer, Baumeister, Behörden senden Gesteinsproben zur Untersuchung ein und bezahlen dafür nach einer fixirten Taxe. Die Publication der Resultate erfolgt aber derart, dass die Gesteinsbezeichnung des Bestellers angegeben wird; nun weiss aber jeder, wie verkehrt in vielen Fällen die von Laien gegebenen Gesteinsbestim- mungen sind. Der Geologe kann unter Umständen aus der Fundortsangabe diese Benennungen corrigiren; — sehr oft ist aber kein Fundort, mitunter selbst die Gesteinsbezeichnung nicht angegeben. Es haben dann die Festig- keitsbestimmungen lediglich für den Auftraggeber Interesse, sind aber für die Zusammenfassung allgemeiner Resultate nicht zu benützen. Dazu kommt, dass das Schema der Anordnung der untersuchten Gesteine, die Bezeich- nungsweise der Gruppen von Gesteinsarten eine zum Mindesten unmoderne, in vielen Fällen sogar direct falsche ist. Falsch ist es z. B., wenn Diabas zu Hornblendegesteinen gerechnet wird; ein Geologe wird in Verlegenheit gerathen, wenn er sagen soll, was unter Bezeichnungen wie „Thonquarz“ gemeint sein könnte. -
Im Interesse einer gedeihlichen Fortentwickelung dieser Seite der technischen Wissenschaften ist es dringend geboten, dass das genannte In- stitut einen weiteren Ausbau erführee Zum mindesten könnte man zu- nächst erwarten, dass die auf ihre technische Verwerthbarkeit geprüften Gesteine auch petrographisch untersucht und dann der petrographische Be- fund zugleich mit der richtigen Gesteinsbezeichnung publieirt würde. Dem bezahlenden Auftraggeber mag dies wohl gleichgültig bleiben — es ist dies aber der einzige Weg, um die Publicationen der Versuchsanstalt für die Allgemeinheit nutzbringend zu gestalten. Weiterhin müsste man ins Auge
323 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
fassen, dahin zu gelangen, diese Untersuchungen nicht nur als Gelegen- heitsarbeiten zu betrachten, sondern sie zu einem systematisch durchgeführten und methodisch einheitlichen Gebäude auszubauen. Zu dem Zwecke müsste mit der technischen und mit der petrographischen auch die geologische Untersuchung der Bausteine,die Untersuchung in der Natur, im Steinbruche Hand in Hand gehen. Selbstverständlich würden auch die genannten Wissenschaften durch eine solche Untersuchungsmethode gefördert werden, viel grösser aber würden die daraus hervorgehenden Vortheile für die Praxis sein. Hier möge nur darauf hingewiesen werden, dass sich aus den Lagerungsverhältnissen eines Gesteins, aus den Beziehungen desselben zu der Erdoberfläche und zu benachbarten Gesteinscomplexen nicht minder auch aus dem mikroskopischen Befunde der petrographischen Untersuchung die Deutung der technischen Eigenschaften des Gesteins ergiebt. Ohne Zweifel wird eine derartige Entwickelung dieser technischen Wissenschaften eine intensivere Ausbeutung bisher unbenützter Vorräthe wohl verwerthbarer Bausteine zur Folge haben und somit neue Quellen nationalen Wohlstandes eröffnen. Die hier vorgeschlagene Ausdehnung der technischen Unter- suchung natürlicher Bausteiue auf die petrographischen Methoden wäre nur mit unbedeutenden Kosten verknüpft. Eine Ausgestaltung des Instituts zum Zwecke einer systematischen Untersuchung nach technischen, petrographi- schen und geologischen Methoden würde eingreifendere Aenderungen und srössere Kosten verursachen, aber nur dann wäre es einer technischen Centrale in Charlottenburg würdig ausgestattet und zweckentsprechend ausgerüstet.
Ueber Peruanum, ein neues chemisches Element. Von
Dr. Adolf Lindner.
Ein Erz aus den Anden von Peru enthält vornehmlich Blei und Schwefel, alsdann Arsen und Antimon und geringe Mengen von Kupfer, Eisen, Zink neben etwas Gangart.
Die quantitative Analyse ergab mehrere Male einen Fehlbetrag bis über 10 Procent; es wurde Germanium vermuthet. Drei Proben des feingepulverten Erzes waren mit kohlensaurem Natron und Schwefel geschmolzen worden, aus der Lösung der Doppelsulfide war durch verdünnte Schwefelsäure, Schwefelarsen und- Schwefelantimon ausgeschieden, nach Angabe von Winkler (J. f. pr. Ch. N. F. Bd. 34 u. 36); jedoch konnte aus der fil- trirten Lösung kein Germaniumsulfid ausgeschieden werden,
Als in die viel Schwefelsäure enthaltende Flüssigkeit ein Zinkstab gelegt wurde, in der flachen Porzellanschale, schlug sich ein schwarzer Metallschlamm nieder; dieser wurde mit Wasser, Alkohol, Schwefelkohlen- stoff, Alkohol, Wasser gewaschen.
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 33
Das schwarze Metall löste sich leicht in kalter Chlorwasserstoffsäure, in concentrirter wie verdünnter.
In der Lösung des Chlorides gab Schwefelwasserstoff keinen Niederschlag.
Wurde durch einen Luftstrom und nachheriges Kochen aller Schwefel- wasserstoff entfernt, so gab:
Ammoniak weder eine Trübung noch eine Fällung.
Nach Zusatz von mehr Ammoniak ward abermals Schwefelwasserstoff durch die Lösung des Chlorides geleitet; sofort fiel ein weisser Niederschlag» der sich leicht zu Boden setzte.
Der weisse Niederschlag, auf das Filter gebracht, kann mit Schwefel- ammonium gewaschen werden, worin er unlöslich ist.
Stellt man unter den Trichter ein neues Becherglas und wäscht mit Wasser aus, welches Schwefelwasserstoff enthält, so geht der gesammte Niederschlag durch das Filter.
Durch Verdampfen des Wassers in einem geräumigen Porzellantiegel auf dem Wasserbade wird der Niederschlag wiedergewonnen.
Nach dem völligen Trocknen geröstet, löst sich das Oxyd in Wasser langsam auf und ein in die abfiltrirte Lösung gestellter Zinkstab bedeckt sich bald wieder mit dem schwarzen Metallschlamm.
Ausser dem dreimaligen Schmelzen mit kohlensaurem Natron und Schwefel wurden drei Proben des Erzes mit Salpetersäure oxydirt, endlich drei im Chlorstrome aufgeschlossen; diese letztere Methode ist für die quantitative Analyse am meisten geeignet.
Nach der Entfernung von Blei, Schwefel, Arsen, Antimon, Kupfer, Eisen, Gangart findet man das Zink und das neue Element zuletzt. Sie werden beide durch Schwefelammonium gefällt; durch Wasser, welches Schwefel- Wasserstoff enthält, wird der bisher unbekannte Grundstoff vom Zink getrennt.
Als Namen für das Element schlage ich Peruanum (Pe) vor.
Sitzung am 26. Juli 1899. Ueber die Librationen des Mondes.
Von
Prof. Dr. Franz.
Ein Umlauf des Mondes um die Erde vollzieht sich in derselben Zeit wie eine Umdrehung des Mondkörpers um seine Achse. Wäre nun die Mondbahn ein mit gleichbleibender Geschwindigkeit durchlaufender Kreis um die Erde und stände die Drehungsachse des Mondes senkrecht zur Mondbahn, so müsste wegen des gleichförmigen Umlaufs und der gleich- förmigen Umdrehung der Mond stets genau dieselbe Seite dem Mittelpunkt der Erde zuwenden.
Da aber der Mond mit veränderlicher Geschwindigkeit eine Ellipse um die Erde als einen Brennpunkt beschreibt, so hält die Umlaufsbewegung
1899. 3
34 | Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
nicht Schritt mit der gleichförmigen Rotation. Der Mond wendet also nicht mehr genau dieselbe Seite der Erde zu. Es entsteht also eine schein- bare Schwankung des Mondkörpers in Richtung der Bahnlänge. Man nennt dieselbe die geocentrische Libration in Länge. Diese Schwankung ergiebt eine Abweichung des Mondkörpers von seiner Mittellage im Be- trage von 6° 17° 39‘ nach beiden Seiten gleich der doppelten Excentricität der Bahn. Da nun aber der Bahnlauf bedeutenden Störungen von Seiten der Sonne unterliegt, so wird hierdurch die Libration in Länge bis auf 17° 53° 51‘ vergrössert.
Der Mondäquator ist ferner gegen die Bahnebene 6° AO’ 49° geneigt. In Folge dessen sehen wir bei nördlicher Mondbreite Partien jenseits des Mondsüdpols, während die Umgebung des Nordpols unsichtbar wird, und bei südlicher Mondbreite findet das Umgekehrte statt. Hierdurch entsteht also eine scheinbare Schwankung des Mondkörpers von Nord nach Süd bis zu 6° 40° 49, die geocentrische Libration des Mondes in Breite, welche durch die Störungen der Sonne in Breite über 6° 50° wächst.
Der Mond wird aber nicht vom Erdmittelpunkte, sondern von einem Punkte der Erdoberfläche beobachtet. Hierdurch entsteht die parallak- _ tische Libration, eine scheinbare tägliche Schwankung, welche sich zu den oben genannten addirt und ein Maximum von 1° 1‘ 35“ erreicht, wenn der Mond im Horizont steht.
Die bisher genannten Schwankungen fasst man unter dem Namen der optischen Libration zusammen, da sie nur scheinbare Unregelmässig- keiten der Mondrotation sind und aus perspectivischen Ursachen entstehen. Sie waren seit lange bekannt und ihr Gesammtbetrag geht bis 11° 25° 30,
Nun giebt es aber auch wirkliche Unregelmässigkeiten der Mondrotation; sie bilden die wirkliche oder physische Libration. Durch die Fluth, welche die Erde vor der Erstarrung des Mondkörpers auf ihm erzeugte, ist dieser nämlich ein wenig nach der Erde zu verlängert und deshalb hält die An- ziehung der Erde den Mondkörper in solcher Richtung, dass er ihr die lange Achse zuwendet. Da nun durch die obengenannte optische Libration diese Achse zeitweilig von der Erde entfernt wird, so zieht letztere sie immer wieder zurück. Die hierdurch entstehenden drehenden Kräfte erzeugen die gezwungene physische Libration. Diese setzt sich aus vielen, eigentlich unendlich vielen, aber meist unmerkbar kleinen Schwankungen zusammen. Dauer‘ und Phase dieser Schwankungen sind gleich der Dauer find Phase der Unregelmässigkeiten des Mondlaufs, die von der Mittelpunkts- gleichung und den Störungen der Mondbahn herrühren. Die Amplitude der Schwankungen hängt von der Verlängerung des Mondkörpers, oder genauer, von seinen Hauptträgheitsmomenten ab. Diese gezwungene physische . Libration ist sehr klein, sie geht bis 3° in Länge und 0.‘5 in Breite. Sie konnte erst 1889 aus Königsberger Beobachtungen mit genügender Sicher- heit vom Vortragenden berechnet werden.
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 35
Ausser dieser gezwungenen ist noch eine freie physische Libration möglich. Dieselbe besteht in einer einfachen pendelnden Bewegung des Mondkörpers unter dem Einfluss der Erdanziehung, und ihre Dauer hängt von den Hauptträgheitsmomenten des Mondes ab. Wenn dieselbe einmal besteht, so dauert sie unverändert fort, wenn keine hindernden Kräfte wie die Reibung vorhanden sind. Wahrscheinlich war die freie physische Libration vor Erstarrung des Mondkörpers sehr bedeutend, ist aber durch die Fluthreibung so weit vermindert, dass sie heutzutage, wie die oben er- wähnten Königsberger Untersuchungen ergeben, unmerklich klein ge- worden ist.
Die jetzt erlangte Kenntniss der physischen Libration setzt uns in den Stand, die Lage eines Mondkraters gegen die Mitte der Mondscheibe für jede Zeit berechnen zu können und ist deshalb von Wichtigkeit.
Ueber den Einfluss gleichioniger Zusätze auf die elektro- motorische Kraft von Concentrationsketten und auf die Diffusionsgeschwindigkeit; Neutralsalzwirkungen.
Von Prof. Dr. R. Abegg und Dr. E. Bose. (vorgetragen von Prof. Dr. Abegg,)
Es ist eine bekannte Folgerung der Nernst’schen Theorie der Concen- trationsketten,!) dass die elektrische Polentialdifferenz zwischen zwei sich berührenden Elektrolytlösungen verschiedener Concentration durch den Zusatz eines anderen Rlektrolyten mit einem gemeinsamen Ion?) von überall gleichmässiger Concentration verringert wird, und bei genügender Concen- tration des Zusatzes sogar beliebig klein gemacht werden kann.
Da diese Thatsache an sich wie auch in ihren Folgerungen, wie wir zeigen wollen, erhebliches Interesse bietet, so sollen zunächst die Gleichungen, die unseres Wissens für diesen Fall noch nicht speciell entwickelt sind, aufgestellt werden, und zwar zur Erleichterung des Vergleichs antithetisch mit den gewöhnlichen, ohne gleichionigen Zusatz gültigen.
Wir legen den Betrachtungen folgende beiden Systeme zu Grunde: Falll. | Halle:
Es grenzen zwei Lösungen 1 und 2 eines Elektrolyten mit den Ionen K undA von der Concentrationsdifferenz de aneinander, die Beweglichkeiten von K und A seien u und v; im Fall II sei als gleichioniger Zusatz K'’A in der überall constanten Concentration y vorhanden; die Beweglichkeit von K’ sei u‘.
!) Nernst, Ztschr. physik. Chem. 4, 154. 1889. 2) Zur Verkürzung der Ausdrucksweise soll im Folgenden hierfür „gleich- ionig‘“ gebraucht werden, was ohne Weiteres verständlich sein dürfte.
BE3
36 ; Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Im nachfolgenden Schema 1 2
| K(c-+-de)
sind biernach die einzelnen Ionen (mit ihren verschiedenen Concentrationen) eingetragen. Die Betrachtungen sollen auf 1 > 1wertige Elektrolyte beschränkt werden; das System des Falles II würde also z. B. durch zwei HCl-Lösungen verschiedener Concentration dargestellt, die beide an KCl gleichen Gehalt besitzen.
Um die Potentialdifferenz de dieser Concentrationsketten zu berechnen, denken wir 1 F (= 96 540 Coulombs) durch dieselbe von 2 nach 1 gehend; dabei werden
ec.u G.u
—————— Kati K i K OR ationen EL (EL oJ Kationen von der Concentration ce — de auf c befördert, d. h. die osmotische Arbeit | de eu de e.u+c.v e e.u+(ytcov+yuwW ib MU pad ER u.de 1) u yakeer ee u+ty+tovtyuW gewonnen; gleichzeitig werden in entgegengesetzter Richtung wu 2, Anionen nal - Anionen e.u+c.v
| cutrY+tovtyu also von ce auf e-+ de (Fall I) resp. von y+caufy-ce-+.de (Fall I) befördert, d. h. die osmotische Arbeit
—c.v de | (v+toVv — de c.u+c.v e | e.u+y+toJv+yu y+e —v de = — v.de . u+v ec e.u+tyto)v+yu gewonnen. Ferner werden in System II noch Nun ; Kationen K’
e.utr (X ya Yu ohne osmotische Arbeitsleistung (da y constant) überführt. Die elektrische Energie dry. F ® | drı.F
ist äquivalent der Summe der osmotischen Arbeiten (1) + (2), also wenn die gleichen Proportionalitätsfactoren (elektrolytische Gaskonstante absolute Temperatur/F) in willkürlichem Maasssystem gleich 1 gesetzt werden, so wird
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 37
q a | ER (My) ade WS enge eo an oo ge)
ER u—v.de | ea eye Seien für die endliche Concentrationsdifferenz c,—c, die Potential- differenzen Il; resp. Il), so findet sich durch Integration von (3) hierfür
G G
u—v £fde uU—WV de A aeg c Ve u-tv Cs & U us u-v U—V, 6% u—v er
See — In 2
utv 9 u-tv u’ v 2 U ae
Der Vergleich von Il; und Iljr ergiebt also, dass, wie nothwendig, für v= 0 Ilı = Un und für y= © Ihı = O wird, für jeden endlichen Werth von y aber Ir < II, d. h. die elektromotorische Kraft einer Concentrationskette mit gleichionigem Zusatz gegen diejenige ohne Zusatz verkleinert wird.
Nach der Nernst’schen Diffusionstheorie sind es nun diese elektro- motorischen Kräfte (welche — wie die Formeln lehren — nur bei ver- schieden schnell wandernden Ionen (u > v) auftreten), die zur Ver- hütung des Auftretens freier Ladungen im Elektrolyten die Ionen zwingen, in äquivalenten Mengen zu diffundiren. Sie verzögern die Geschwindigkeit des beweglicheren und beschleunigen die des langsameren Ions.
Da nun diese elektromotorischen Kräfte durch gleichionige Zusätze verkleinert werden, so folgt, dass auch die durch sie verursachten Ver- zögerungen der schnelleren und Beschleunigungen der langsameren Ionen je nach der Concentration des gleichionigen Zusatzes mehr oder weniger fortfallen müssen.
Diffundirt z. B. HCl in einer starken KÜl-Lösung, so werden H‘- wie Cl’-Ionen, durch das gleiche Concentrationsgefälle angetrieben, unabhängig von ihrer absoluten Concentration im Verhältniss ihrer Beweglichkeiten, also nicht äquivalent, fortschreiten; eine elektrische Zugkraft wird jedoch Beschleunigungen und Verzögerungen proportional der Concentration der betreffenden Ionen bewirken. Die höher concentrirten Cl’-Ionen bedürfen daher nur einer geringeren elektrischen Zusatzkraft, um das Deficit an der Aequivalenz der diffundirenden Ionenmengen auszugleichen, welches für die osmotischen Kräfte wegen der verschiedenen Beweglichkeit besteht. Für einen im Vergleich zu dem ersten Elektrolyten unendlich concentrirten gleichionigen Zusatz werden die gleichen Ionen, um mit den diffundirenden anderen äquivalent zu wandern, nur einer ganz minimalen Verschiebung
38 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
bedürfen, also die elektromotorische Kraft so klein werden, dass das verschiedenartige Ion seine natürliche Beweglichkeit (u resp. v) nahezu unverändert beibehält.
Zur Herleitung der Gleichungen halten wir uns genau an obige beiden Systeme I und II, nur mit der Massgabe, dass die Concentrationsdifferenz dc auf die Weglänge dx in der Richtung des Concentrationsgefälles kommt.
Die pro Ion K in Folge des osmotischen Druckgefälles wirkende Kraft wird
1 de 1 f
ce dx ce dx
diejenige für das lon A wird
1 de I AR Ede c dx mr a ee dr
Unter dem Einfluss dieser Kräfte verschieben sich die im Volumelement qdx (vom Querschnitt q senkrecht zur Diffusionsrichtung) vorhandenen Ionen in der Zeit z um Strecken, welche proportional ihren Beweslich- keiten u oder v sind. Wir wählen wiederum solche willkürliche Einheiten, dass das Product der Proportionalitätsfactoren gleich 1 wird.!) Dann sind die einen Querschnitt q passirenden Ionenmengen
1 de 1 de
DH De la De ee u u „de = de —u.q NE U.g2 m r de 7 1 de re TE Ay red ag e)z de a NE ee (5)
Die so resultirende Nichtäquivalenz der sich fortbewegenden Ionen K und A wird durch das elektrische Potentialgefälle drı dr d< dx verhütet.
Dasselbe verschiebt aber in Fall II zugleich die gleichmässig verteilten Ionen K’ gemäss ihrer Concentration y und Beweglichkeit u‘ und zwar in dem Sinne, dass Ionen A, welche vorher Ionen K’ elektrisch neutralisirten, für die Ionen K disponibel werden, ohne dass solche dem diffundirenden K elektrisch nachbefördert werden müssten; wegen des Gegentransports von K’ brauchen also dem: diffundirenden K nicht einmal äquivalente
1) Da wir hier nur auf relative Verhältnisse zwischen den Fällen I und II unser Augenmerk richten wollen. Die Quantitäten in rationellem Masssystem sind
aus der Abhandlung von Nernst, Z. ph. Ch. 2, 621, 1888 ohne Weiteres zu entnehmen.
v2
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section, 39
A-Mengen nachgeschafft zu werden. Es erleichtert also die Betheiligung der Ionen K‘ an dem Vorgang ebenfalls die Erreichung der Bedingung, dass überall die Ionen K-+-K’ äquivalent den Ionen A vorhanden sein müssen. Diese Bedingung erlaubt nun die Grösse der elektrischen Kräfte
d d End u folgendermaassen zu berechnen: dx dx Es diffiundiren ee osmot. elektr. osmot. elektr. gegen das Potentia 3 dr die Mengen: uc ne) u e( ner eds Mdx c dx dx ‚ d uy 0 7) IonenK E Ei ide da ( erde | mit dem Potential: ve te) v(Y-+e) Re ae de Ionen A
Die Gleichsetzung dieser Ausdrücke ergiebt dr u—v de dr ır u—v de z: om, dx Sage Diese Gleichungen sind, wie man sieht, identisch mit den Gleichungen (3), was ja in der Natur der Sache liegt.
Durch diese elektrischen Potentialgefälle (6) werden also im Sinne
des Diffusionsgefälles (=) in der Zeit z befördert:
De Wende, „den a Jonen K N 2 Rs N ee ER rer 8 —de ze Ton, wW-v dx ee 2 UzzW N de u—v ge S —=-v.d.z . N N \ A] u . u A Y dx > Aıı 1% 19 Ey u-tv dx an, a) 2 U Y —de = — —- 7 > Ku Er ut u-v dx & En,
Die wirklich, d. h. unter dem gemeinsamen Einfluss osmotischer und elektrischer Kräfte, diffundirenden Ionenmengen sind die Summen von
S’ (Gleichung [5]) und S” (Gleichung [7]).
1) In diesem Fall II ist der Concentrationsausgleich des Systems also kein aperiodischer Vorgang, sondern die Ionen K’ fluten zuerst in Folge elektrischer Kraft den Ionen A entgegen, gelangen so auf ungleichmässige Concentration und die so erzeugten osmotischen Kräfte treiben sie bei Verschwinden der elektrischen Kraft wieder auf gleichmässige Concentration zurück. Nur für y= oo, wo (s. 9.3) die elektrische Kraft—=0 wird, bleibt dieser Hin- und Hergang von K’ aus,
40 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Es ist: S ” Sr Kı Kal Kj Kı Kı 3 —, Me: —dc am ce =, = — er “( Er =) Ä c+Y u a de an. a Den 2v+(u'-+v)yJ/e U Be | —u.g.2. Tom (8) an ins > Aı a Nm ee Rt i —de f N) Br —dc u—v Ye Va deze da en ENT Ze (, +) Yalv Ds der Wa Re de 2ut(u-Hu)y/e Mg 2 ne Mae = V.4.2.—, aa
also entsprechend der Forderung äquivalenter Wanderung aus (7) und (8)
—de 2uv = > all Kı Aı enge utv in — de 2uv+ v(u+u) yje SB Zur . ; . (Fall ll ie ren Ter al Um die Aenderung der Diffusionsgeschwindigkeit, die der gleichionige Zusatz K'A von der Concentration y bewirkt, zu beurteilen, bilden wir das Verhältniss der K-Ionen-Diffusionsgeschwindigkeiten
Im 27 Ay ae User. R u+v+(wW+v)yle 2v
Kı ee R a ur) —jl: für Y= 00 er
Die Formel (9) ergiebt also, dass für alle von Null verschiedenen Werthe y eines gleichionigen Zusatzes die Diffusionsgeschwindigkeit ver- grössert oder verkleinert wird, je nachdem u>v ist. Im Falle el also bei Diffusion ohne Zusatz wird der Factor y/ce gleich Null, also das Verhältniss der Diffusionsgeschwindigkeiten, wie nothwendig, gleich 1, Für sehr grosse Zusätze (y —= 00) convergirt das Geschwindigkeits- verhältniss zu dem Werthe
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 41
für den Fall, dass das Ion A von der Beweglichkeit v in grossem Ueber- schuss gegen K vorhanden ist. Wenn das gemeinsame Ion des Zusatzes nicht, wie bisher angenommen A, sondern K ist, so ist in allen Gleichungen
u und v zu vertauschen, und es wird für den Grenzfall y = oo Ei I ee 11) S 2u
Da nun nach Gleichung (8) die diffundirende Menge eines Elektrolyten
ie DRIVER, er ohne gleichionigen Zusatz proportional Tz, ist, so wird durch grossen
2 Zusatz des lons A die Geschwindigkeit dem hen Werth von 2V u-+v also u, im Falle des entsprechenden Zusatzes mit dem Ion K dem nn ._ u
fachen Werth v genähert, d. h. der Elektrolyt erhält im Falle der Diffusion in überschüssigen Anionen die der Beweglichkeit seines Kations zukommende Diffusionsgeschwindigkeit, da- gegen die seines Anions im Falle überschüssiger Kationen. Ob dies gegen die zusatzfreie Diffusion eine Verzögerung oder Beschleunigung bedeutet, hängt offenbar von den Beweglichkeiten u und v ab. Die Ionen werden sozusagen von den elektrischen Fesseln des im Zusatz befindlichen gemeinsamen Ions befreit.
Für die Säuren, deren Kation H’ etwa die 6-fache Beweglichkeit der Anionen, und die Basen, deren Anion OH’ etwa die 3-fache der Kationen besitzt, lassen sich nach den obigen Berechnungen sehr erhebliche Diffu- sionsbeschleunigungen in ihren Neutralsalzlösungen gegenüber von reinem Wasser erwarten, die im ersteren Falle nach Gleichung (10) (u= 6 v) auf den 31/,-fachen, im letzteren nach Gleichung (11) (v = 3u) auf den 2-fachen Betrag ansteigen können, -
Das Auftreten dieser Beschleunigungen lässt sich in sehr einfacher Weise durch Versuche erweisen:
Versuch 1. Man schichtet in langen Rohren I: unter Phenolphlatein- haltiges Wasser; II: unter Phenolphtaleinhaltige, concentrirte KCl-Lösung, die beide durch eine geringe Spur Alkali roth gefärbt sind; I: verdünnte Salzsäure ohne Zusatz; Il: verdünnte Salzsäure mit KCl gesättigt. Die Diffusion der Säure lässt sich an dem Fortschreiten der Grenzschicht farb- los-roth sehr schön verfolgen und zeigt schon nach wenigen Stunden die sehr viel grössere Beweglichkeit der Säure in der KCl-Lösung.
49 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Versuch 2. Nimmt man in Versuch 1 statt Salzsäure verdünnte Kalilauge als Diffusionskörper und lässt die Flüssigkeiten I und II neutral, so dass das Phenolphtalein farblos bleibt, so lässt sich die Diffusion an der fortschreitenden Rothfärbung verfolgen, und ergiebt auch hier im Einklang mit den Formeln eine — zwar geringere — aber im Laufe einiger Stunden merkliche, nach einem halben Tage sehr deutliche Geschwindigkeitssteigerung in der KCl-Lösung gegen die K’Cl-freie.
In beiden Fällen dieser Versuche wurde durch den Zusatz das lang- samere Jon hinzugebracht, und dadurch der diffundirende Elektrolyt beschleunigt, indem er sich der seinem beweglicheren Ion zukommenden Geschwindigkeit nähert.
Umgekehrt ergiebt sich eine Verzögerung, wenn der Zusatz das beweglichere Ion des Diffusionskörpers enthält.
Versuch 3. Im Kaliumpermanganat wandert das K--Ion etwa
1,24 mal so schnell als das MnO, '-Ion!) (v= 0.81 u), wonach ein sehr grosser Zusatz von KCl die Geschwindigkeit der Diffusion gegen die in u-0.81u
reinem Wasser nach Gleichung (11) im Verhältniss = 0.9 ändern
2u
würde, d. h. eine Verlangsamung der KMnO,-Diffusion um 10%, bewirkt. Schichtet man verdünnte KMnO,-Lösung I: unter Wasser, II: mit KCl gesättigt unter concentrirte KÜl-Lösung, so lässt das langsamere Vorrücken der durch ihre intensive Farbe leicht kenntlichen MnO,’'-Ionen in KCl diese Verzögerung im Laufe eines Tages gut erkennen.
Versuch 4 Sehr viel stärker ist die Verzögerung bei grösserer Verschiedenheit der Beweglichkeit von Anion und Kation, ‘wie bei der Dichromsäure H, Cr, O,, für deren Ionen v = 0.22u beträgt, so dass verdünnte Dichromsäure in concentrirten starken Säuren nur die Geschwin- 1.22 u
2u
der Farbe des Bichromat-Ions lässt sich auch diese Diffusionsverzögerung durch einen den vorigen ganz analogen Doppelversuch mit und ohne den gleichionigen Zusatz von Säure leicht und deutlich erkennen,
Die obigen Gleichungen, welche durch die mitgetheilten Versuche eine qualitative Bestätigung finden, dürften auch einer zahlenmässigen Prüfung gut zugänglich sein?), wofür namentlich Gleichung (10,11), das Verhältniss der normalen und der durch Zusatz veränderten Diffusionsgeschwindigkeit” sich eignet. Auch die Folgerung, dass einerseits alle verschiedenen verdünnten Säuren und andererseits alle Basen in ihren concen- trirten Neutralsalzlösungen gleicheDiffusionsgeschwindigkeit besitzen müssen, nämlich die des H'- resp. OH’-Ions, ist eine quantitative ,
digkeit = 0.61 der normalen Diffusion in Wasser erreicht. Wegen
‘) Bredig, Ztschr. physik. Chem. 13, 191. 1894. ?) Auch Messungen des Effects gleichionigen Zusatzes auf die E. M. K. von Concentrationsketten ergäben eine Prüfung der Formeln.
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 48
Folgerung, die interessant zu versuchen wäre. Eine weitere wäre die Einflusslosigkeit eines gleichionigen Zusatzes auf die Diffusions- geschwindigkeit solcher Elektrolyte, deren Ionen die gleiche Beweglichkeit (u = v) besitzen, wie dies sehr nahe bei KCl, AgCIO,, (NH,), C, O, der Fall ist.
Allerdings — und dies sei als Einschränkung bemerkt — ist bei den bisherigen Deductionen stets angenommen worden, dass die diffundirenden Elektrolyte sich in einem mit der Concentration unveränderlichen!) Dis- sociationszustand befinden, der auch durch den gleichionigen Zusatz nicht beeinflusst wird. Wie bekannt, ist diese Annahme aber nur bei den stärksten Elektrolyten, und auch da nicht vollkommen, erfüllt, so dass eine quantitative Prüfung darauf Rücksicht zu nehmen hat.
Von Interesse ist übrigens die Bemerkung, dass die Diffusion bei gleichionigem Zusatz nicht, wie die gewöhnliche, eine Diffusionsconstante besitzt; wie aus Gleichung (8));, hervorgeht, ist nämlich in dem Factor von
c a q.Z ausser den Constanten u und v noch das im Diffusionsgefälle
variable Verhältniss y/e der Concentration y des Zusatzes zu derjenigen e des Diffusionskörpers enthalten.
Zum Schluss sei noch auf zweierlei hingewiesen:
Die oben behandelte Diffusionsbeschleunigung von Säuren und Alkalien in ihren Salzlösungen tritt bei der Elektrolyse, z. B. von Alkalisalzen zwischen unangreifbaren Elektroden, in hohem Maasse in die Erscheinung, denn offenbar befinden sich die als Zersetzungsproducte auftretenden Säuren und Basen an Anode und Kathode in ihrem gegen die eigene Concentration hocheoncentrirten Neutralsalz und werden so derart in der Rückdiffusion von der Elektrode in die Lösung beschleunigt, dass sie fast mit der dem H'- resp. OH-Ionen eigenen Beweglichkeit zurückwandern. Dies findet auf die von Bein?) bei seinen Ueberführungsversuchen behandelten Ausbreitungs- Erscheinungen eine wichtige Anwendung.
Eine schliessliche allerdings sehr viel hypothetischere Anwendung ist die folgende: Bekanntlich besitzen die sehr schnell beweglichen H‘-Ionen die merkwürdige Fähigkeit, katalytische Wirkungen hervorzurufen, eine Fähigkeit, die man sich kinetisch etwa als die Folge von Zusammen- stössen der reagirenden Stoffe mit den sehr schnell sich bewegenden H--Ionen vorstellen könnte. Aus dieser Vorstellung würde folgen, dass eine Geschwindigkeitserhöhung der H'-Ionen auch eine erhöhte kata- lytische Wirkung mit sich bringen müsste. Dass Neutralsalzzusatz die Beweglichkeit der H‘-Ionen einer Säure erhöht, ist oben gezeigt worden, dass derselbe Zusatz die katalytische Wirkung im gleichen Sinne beeinflusst, ist eine bekannte, von Arrhenius°) behandelte Thatsache. Arrhenius
!) Ueber andere Diffusionen vgl. Bose, Ztschr. physik. Chem, 29, 658. 1899, 2) Bein, Ztschr. physik. Chem. 27, 3. 1898. ®) Arrhenius, Ztschr. physik. Chem. 4, 237. 1889,
44 i Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
findet eine geringere Beschleunigung der Rohrzucker-Inversion, wenn die Concentration des Neutralsalzes (y) von der Grössenordnung der Säure- concentration (c) ist, als wenn das Neutralsalz in grossem Ueberschuss vorhanden ist. Genau dasselbe ergiebt unsere Gleichung (8) bezüglich der H'-Ionenbeweslichkeit. Ebenfalls im Einklang mit unserer Annahme steht der Befund, dass äquivalente Mengen verschiedener gleichanionischer Salze nahe dieselbe Beschleunigungswirkung besitzen; dass ferner ohne Zusatz die katalytische Wirkung der Salpetersäure etwas geringer als die von Salzsäure, Brom- und Jodwasserstoff ist, gemäss der etwas geringeren Be- weglichkeit des NO,’ gegen die gleichbeweglichen Cl’, Br’ und J. Auch die katalytische Kraft der Chloressigsäure im Vergleich zu Salzsäure er- scheint etwas geringer, als den H’-Concentrationen entspricht. Aus Zahlen von Ostwald!) über die Katalyse von Methylacetat ergiebt sich für ?/, n HCI die Reactionsconstante 0.00212, für 2/, n Chloressigsäure 0.000104, während die entsprechenden H‘-Concentrationen aus bekannten Daten sich zu 0.49-, resp. 0.027-normal berechnen; aus diesen Zahlen sollten die katalytischen Wirkungen sich wie 18:1 verhalten, während das Constantenverhältniss thatsächlich 20:1 liefert. Die geringere Beweglichkeit des Chloracet-Ions gegenüber dem Cl'-Ion könnte nach obiger Auffassung — wegen der hierauf beruhenden geringeren Beweglichkeit der CH, CI COOH gegen HCl — - für diese Differenz verantwortlich gemacht werden.
Bei dem bisherigen völligen Mangel an irgend einer Erklärung der katalytischen H'-Ionenwirkung mag es gestattet sein, die hier ausgesprochene Hypothese — wenn sie auch sehr gewagt erscheinen mag — aufzustellen, sei es auch nur, um die Forschung zu Arbeiten anzuregen, welche die Hypothese als unhaltbar erweisen.
Sitzung am 26. Oktober 1899.
Ueber einige Zechstein-Versteinerungen aus Schlesien. Von A. Langenhan.
Im mittleren -Katzbachthale und in der näheren östlichen und west- lichen Umgebung desselben bietet sich Gelegenheit, den zur Dyas oder der permischen Formation gehörigen Zechstein an mehreren Punkten er- schlossen zu sehen und insbesondere in Haasel (östlich von Goldberg) seine Ueberlagerung durch Buntsandsteinbänke, in Neukirch an der Katzbach .
!) Lehrb. d. allg. Chem. 2. Aufl. II, 2, 207. Lpzg. 1896.
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 45
seine Unterlagerung durch Rothliegendes zu beobachten.‘) In den Er- läuterungen zu seiner „Geologischen Uebersichtskarte von Schlesien‘ hat Dr. G. Gürich die Verbreitung des Zechsteins in der Görlitzer, Lähner und Goldberger Gegend genau angegeben. Es erübrigt daher nur noch, auch an dieser Stelle hervorzuheben, dass sich diese Zechsteinvorkommnisse von denen Thüringens merklich unterscheiden, dass, wer die Geraer und Pös- necker Zechsteinkalkbänke mit zahlreichen Productus-Resten gesehen hat, oder sich an dem reichhaltigen Materiale des Korallenriffs der Altenburg bei Pösneck erfreute, durch die Art des Zechsteinvorkommens an den oben- erwähnten Punkten, wie auch beim Dorfe Gröditz (östlich vom Gröditzberge) zuerst enttäuscht fühlt, da man erst nach längerem Suchen durch die Uebereinstimmung verschiedener Arten von Versteinerungen die schlesischen Zechsteinbänke als solche erkennt und nun auch zu Vergleichen mit an- deren Zechsteinlagern in die Lage versetzt wird. — Wie schon Dr. Gürich hervorgehoben hat, lässt sich die obere Stufe der permischen Formation der Zechstein, welcher in einem schmalen Bande im nördlichen (Gold berg-Löwenberger) Busen überall die obersten Lagen des Rothliegenden begleitet, wieder in zwei Stufen scheiden, und zwar in eine untere mehr kalkige Facies, und in eine obere mit ausgesprochener dolo- mitischer Beschaffenheit. Das Vorkommen einer grösseren Anzahl deut- licher Versteinerungen veranlassen mich, die obere Stufe als die in Haasel und Neukirch gegenwärtig erschlossene, dagegen die untere Stufe als diejenige von Gröditz besonders hervorzuheben und durch einige Bemerkungen zu erläutern:
In Haasel, woselbst seit längerer Zeit an der östlichen Lehne des malerischen Gebirgsthals Kalk der Zechsteinlager zu technischen Zwecken gebrannt wird, bilden die den Zechsteinkalk überlagernden Felspartien der horizontal gelagerten, bezw. nur ganz wenig nach Norden einfallenden Schichten des Buntsandsteins an mehreren Stellen die Decke des Zech- steinmergels und der unter diesem auftretenden Dolomit-Kalkbänke. Die
!) Für diejenigen Leser, welchen botanische Angaben nicht unwillkommen sind, möge hervorgehoben werden, dass die nähere Umgebung der Haaseler Zechsteinkalke eine reichentwickelte Flora bietet, und dass der Kalkboden einigen Pflanzen besonders zuzusagen scheint, da sie daselbst in auffällig schöner Entwickelung sich vorfinden. Ich stelle nach meinen, von Herrn Ober- lehrer Gerhardt - Liegnitz controlirten und erweiterten Beobachtungen folgende Liste bemerkenswerther Vorkommnisse auf: Astrantia major. L. Crepis praemorsa. Tausch. Digitalis grandiflora. Lmk. Vicia silvatica. L. Trifolium spadiceum. L. Trifolium aureum. Poll. Astragalus glyeyphyllus. L. Lathyrus silvester. L. Origanum vulgare. L. Lamium Galeobdolon. Crntz. Achyrophorus maculatus. Scop. Cephalanthera ensifolia. Schmidt. Gymnadenia conopea. R.Br. Sanicula europaea. L. Sambucus racemosa. L. Epilobium Lamyi. F. W. Schultz. Campanula cervicaria. L. Taxus. — Ulmus montana.
AG Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Kalkbänke sind auch hier nur sehr arm an Versteinerungen, während die höheren Schiefer- und Mergelbänke hie und da Reste von Zweischalern zeigen. Die am nächsten dem nördlichen Zwillings-Kalkofen gelegenen Partien des Zechsteins, welche gegenwärtig den Brennkalk liefern, sind an mehreren Stellen deutlich gekniekt und gefaltet, während die horizontalen Buntsandsteinschichten in ungestörter, freilich sehr erodirter Beschaffenheit obenauf liegen. Die Zechsteinbänke haben mithin schon vor der Ab- lagerung der Buntsandsteinschichten Hebungen oder Pressungen erfahren- In den Dolomitbänken des Zechsteins finden sich hier und weiter südlich häufig kleine Drusen mit deutlichen Dolomitspath-Grund-Rhomboedern. Das Grundrhomboeder ist theils scharf, theils abgestumpft ausgebildet, oder mit gewölbten Flächen und zeigt vereinzelt die deutliche Zwillingsbildung: Zwillingsaxe normal zur Basis.
Einzelne Drusen zeigen kleine Skalenoeder von Calcit mit Abstumpfung ‚durch — Y, R.
Ferner haben die Drusen zuweilen Auskleidungen von buntem, haupt- sächlich violettem Chalcedon und deutlichen kleinen Quarzkrystallen, die oft in grosser Zahl neben einander sitzen und sich sehr wirksam von dem Grau des Zechsteindolomits abheben. Diese Quarzkrystalle zeigen die Säule nur sehr kurz ausgebildet, die Pyramiden- bezw. Rhomboederflächen oft so, dass drei Flächen dominiren, und sind von zarter Amethystfarbe. Die Kluftflächen der höher oben an der Berglehne anstehend zu beobachtenden Mergelschiefer sind streckenweis bedeckt mit schön blauer Kupferlasur und theilweise deutlichen Azuritkryställchen. Zwischen den kleinen Krystall- gruppen von blauer Farbe zeigen sich auch solche von Malachitfarbe. — Auch in diesen Mergeln begegnet man kleinen Quarzkrystallen, zuweilen lang gestreckt und umgeben von winzigen Eisenspathkrystallen. Das Vor- kommen von Haasel erinnert in mancher Hinsicht an dasjenige von Neu. kirch, zu welchem wir uns nun zunächst wenden, da es in neuerer Zeit einiges Material zur Bestimmung typischer Zechstein-Petrefakten lieferte. Etwa 400 Schritte nördlich vom Bahnhofe Neukirch beobachtet man nach einander die sanft nach Norden geneigten Lager des Rothliegenden (Sand- steins) und des Zechsteinkalks, bezw. der darüber lagernden Mergelschiefer, die in sehr wechselnder Stärke von 2 em bis 30 cm auftreten, annähernd so, wie in Haasel, an einigen Stellen schwach geknickt erscheinen und oft so vielfach spaltbar und bröcklich sind, dass sie an der Luft zu Grus, oder zahllosen plattigen Stücken zerfallen. Obenauf liegen reine Mergelschiefer mit vielen Conchilien-Abdrücken und Steinkernen. Zu unterst die mehr kalkhaltigen und ganz kalkigen Schichten. Auch hier finden sich kleine : Drusen im Mergelschiefer mit Dolomit- und Kalkspathkryställchen, während die bei Haasel erwähnten Drusen mit Chalcedon und Quarz fehlen. — Kupferlasur tritt nur sehr spärlich auf.
ll. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 47
Als häufigste Versteinerung finden wir bei Neukirch zahllose kleinere und grössere Abdrücke von Schizodus obscurus (King).
Es sind fast ausschliesslich Steinkerne; die Schalen sind nicht er- halten, so dass nur bei kleineren Exemplaren die Abdrücke der schizo- donten Schlosstheille zu erkennen sind. Dieselbe Art kommt auch in den Mergelschiefern von Haasel vor. Trotz der Häufigkeit des Petrefakts sind grosse, vollständig ausgewachsene Exemplare doch nur selten zu erlangen. Auch die in den Mergeln lagernden rothen, durch Eisenoxyd gefärbten, kugeligen und eiförmigen Concretionen, in deren Innerem fast immer Ostrakoden zu finden sind, bergen häufig die Abdrücke von Schizodus und anderen Zweischalern.
In den lebhaft roth gefleckten Mergeln fanden sich neben Schizodus obscurus auch einzelne Steinkerne von:
Allorisma elegans (King) und
Schalenabdrücke der schon früher im Zechstein von Logau am Queis nach- gewiesenen: Leda speluncaria (Geinitz).
Sie lässt sich in der Regel nur schwer herausspalten, zeigt aber die feine Querriefelung der Schale so deutlich, dass sie gut zu erkennen ist.
Die für den Thüringer Zechstein bezeichnende: Avicula speluncaria (Goldfss.) fand sich nur in einigen etwa 10 bis 25 Millimeter grossen Exemplaren, Die Form aber, wie auch die recht deutlich erhaltene und sich heller vom Gestein abhebende Schale lassen auch diese für den Zechstein besonders charakteristische Bivalve gut erkennen.
Nur mit zum Theil erhaltener Schalenstructur fand sich ein
Exemplar der bedeutend grösseren: Avicula cf. pinnaeformis (Gein.).
In den kleinen Eisennieren der Schieferletten sowohl, wie in den kalkigen weissen Schichten mit auffälligen, rothen Flecken (Eisenwässer- Infiltration) konnte man einige ziemlich gut erhaltene Exemplare einer Gervillia sp. erlangen. Sie ist mit der 5
Gervillia (Bakewellia) antiqua. (Mnstr.) des Thüringer Zechsteins gut übereinstimmend.
In einem der Kalkbänke fanden sich neben Steinkernen von un- deutlichen Zweischaalern auch ganz kleine, nur 3—4 Millimeter breite Gervillien mit deutlicher, concentrischer Schalenrippung. Ich glaube sie ebenfalls zu Gervillia ceratophaga Gein. rechnen zu sollen. Diese kleinen Gervillien fanden sich auch auf einem Stück von Haasel.
Eine für die Zechsteinformation ebenfalls leitende Muschel ist ferner:
Pleurophorus ceostatus (King.).
48 | Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Sie fand sich wiederholt und zahlreicher in den eisenschüssigen Thonnieren, wie auch vereinzelter in den kalkigen, weissen Bänken. Sie ist etwas kleiner wie die typischen Exemplare von Gera, aber an den 4.bis 5 Rippen, welche vom Vordertheil der Schale quer über dieselbe verlaufen, ohne Weiteres zu erkennen. — Die Steinkerne des Fossils erscheinen fast rechtwinklig-vierseitig, querverlängert.
Als besonders bemerkenswerthes und in den weiss und roth geflammten, man könnte sagen, marmorirt erscheinenden Kalken nicht seltenes Object sind die Schalen und Steinkerne einer zu den Pinniden gehörigen Bivalve zu nennen, welcher ich den Namen Pinna Neukirchensis n, sp. Lghn. beilege.
Nach den bisherigen Beobachtungen sind Pinna-Reste im Zechstein überhaupt und überall nur selten zu finden. Die Form der hier gefundenen, flach gewölbten, bis 10 cm langen, doch auch erheblich kürzeren Schalen sind zwar sehr zerbrechlich und deshalb fast immer nur ın kleineren und grösseren Bruchstücken herauszupräpariren; doch ist die ganze Erscheinung der Muschel, insbesondere durch die zahlreichen Anwachsstreifen, welche vom äusseren Schalenrande verlaufend, wie bei den noch lebenden Arten, fast rechtwinklig nach vorn umbiegen, so genau gekennzeichnet, dass ihre Zurechnung zur Familie der Pinniden nicht schwer fällt. Nach hinten zeigt unsere Pinna fast immer eine bemerkbare Verbreiterung, doch kommen auch ganz scheidenartige, sich kaum verbreiternde Exemplare mit fast parallelen Schalenrändern vor. Das vordere und hintere Ende scheint gerundet gewesen zu .sein, doch ist leider das Vordertheil fast nie vollständig erhalten. Die Randleisten treten oft deutlich hervor; auch zeigt sich sowohl in den dunkleren Kalken, wie in den helleren Schichten die Schalenstructur scharf erhalten. Die obere Epidermisschale, welche über die Hauptform der Muschel oft über- greift und franzenartige Anhängsel bildet, konnte an mehreren Exemplaren nachgewiesen werden.
Für die Neukircher Zechsteinlager sind ferner die in den eisenschüssigen Concretionen, wie auch in den kalkigen, weissen Bänken auftretenden Os- trakoden-Schälchen charakteristisch.
Von den früher durch Geinitz und Dr. Richter, Saalfeld, aus den Thüringischen Zechsteinlagern bekannt gewordenen Formen wurden hier gefunden:
Cythere tyronica (Jones), Cythere nuciformis (Jones), Cythere subgraeilis (Geinitz), Cythere mucronata (Reuss) in zahlreichen Exemplaren.
Die zierlichen Schälchen heben sich gelblich oder braun vom um- gebenden rothgefärbten Gestein ab und lassen sich oft aus der umgebenden Grundmasse herausheben. Am häufigsten tritt auch hier wie in Thüringen Cythere tyronica (Jones) auf.
II, Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 49
Auf mehreren Steinkernen von Zweischalern, wie auch einmal den Steinkern eines Pleurophorus costatus umlagernd, fand ich eine grössere Anzahl feiner, schlangenartig gelagerter Röhrchen einer Serpula. Nach den Mittheilungen R. Richters (Saalfeld) !) fand auch er im unteren und mittleren Zechstein Thüringens die Serpula pusilla (Gein.) in grosser Zahl beisammen, in der Regel eine Turbonillengruppe umgebend. Ich beziehe die kleinen Röhrchen auf letztgenannte Species.
Auf den eigentlichen Kalkschichten mit zahlreichen undeutlichen Ab- drücken und Steinkernen von Pleurophorus sp., oder Solenomya sp. waren auch mittelst scharfer Loupe Reste von Bryozoen zu erkennen. — Nach speciellen Mittheilungen meines Freundes Fischer (Pösneck), eines der besten Kenner der Zechsteinfauna, dürfte es sich um Stenopora sp. var. inerustans. v. Schlotheim handeln.
Bezüglich der Zechsteinkalklager von Gröditz, östlich vom Fusse des Gröditzberges, ist hervorzuheben, dass hier der Kalkbetrieb seit Jahren er- loschen, der Ofen verfallen und von den eigentlichen abbauwürdigen Kalk- schichten nur wenig mehr zu sehen ist, da zahllose Trümmer der auf- lagernden Mergelschiefer die tieferen, horizontal verlaufenden Bänke ver- decken. Auf den Halden findet man noch zuweilen gute Exemplare von
Productus aculeatus (Schl.) [Pr. horridus. Sow.]
Auch dieses zu den Brachiopoden gehörige Fossil bildet eine der typischen Erscheinungen des Zechsteins und scheint s. Zt. bei Gröditz ziemlich häufig gewesen zu sein. Auf einem der in meinem Besitze be- findlichen Exemplare ist an zwei Stellen die kleine:
Strophalosia lamellosa (Geinitz) aufgewachsen. Sie ist kleiner als Stroph. Goldfussi (Münster) und hat längere Stacheln, bezw. Röhrchen. Auch Bruchstücke einer grösseren Strophalosia (cf. Morrissiana) und des Spirifer undulatus kamen vor.
Ausser diesen Brachiopoden fand ich in Gröditz noch einige kleine Brachipodenschälchen und Abdrücke, welche allem Anscheine nach einer Strophomena sp. angehören. — Es konnte sowohl die flachgewölbte, radıal gestreifte Oberschale, wie die concave Unterschale nachgewiesen werden. Auf einigen Mergelplatten der Gröditzer Fundstelle kamen auch deutliche Bryozoenstämmchen von Acanthocladia anceps (Schlotheim)_ und Acanthocladia dubia (Schl.) vor. Ebenso konnte eine mehrere Centimeter grosse Fläche, mit Fenestella retiformis (Schlotheim) bedeckt, constatirt werden. Letztere Species wurde kürzlich noch mehrere Male gefunden.
Besonderes Interesse aber beanspruchten hier verschiedene Species von Foraminiferen, welche theils durch Herauslösen der einzelnen Körperchen,
1) Aus dem thüringischen Zechstein. Zeitschr. der Deutsch. geol. Ges. Jahrgang 1867.
1899, 4
50 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
oder durch Anschleifen der betreffenden Kalkstücke zur Beobachtung gebracht wurden. Es wurden mehrere Arten von Nodosaria sp., eine Vaginulina sp., einige Frondicularien und eine grössere Anzahl von an- scheinend als Trochammina sp. zu deutende Foraminiferen beobachtet. Bezüglich der letzteren ist hervorzuheben, dass sich die einzelnen Zellen oder Kammern meist unregelmässig zu kleinen, cylindrischen oder scheibenförmigen Körpern zusammensetzen, die sich ziemlich deutlich vom Gestein abheben und ca. 2 Millimeter lang werden, also mit unbewaffnetem Auge ohne Weiteres erkennbar sind. Es kamen einzellige bis vielzellige Exemplare vor, die nach der äusseren Erscheinung als verschiedene Wachsthumsformen anzusprechen sein dürften. Manche zeigten im Dünn- schliff symmetrische Anordnung der Kammern, doch die meisten äusserlich von einander abweichende Formen, so dass man veranlasst sein könnte, verschiedene Arten oder Varietäten zu unterscheiden. Doch hierzu reichten die vorhandenen Belegstücke kaum aus; die Foramiferen wurden vielmehr _ trotz eifrigen Nachsuchens immer nur auf dünnen Kalk- und Merselplatten gefunden, welche einem bestimmten Horizonte der schieferigen Mergel angehören.
Auch Cythere plebeja (Reuss) fand ich in Gröditz einige Male; doch konnte ich hier andere Ostrakoden und namentlich solche in grösserer Zahl nicht entdecken. |
Im Anschluss an die Sitzung der Naturwissenschaftlichen Seetion der Schlesischen Gesellschaft kann ich nunmehr die Liste schlesischer Zech- steinversteinerungen, für deren Ergänzung und theilweise Berichtigung ich Herrn Professor Dr. Frech zu besonderem Danke verpflichtet bin, wie folgt, feststellen.
Verzeichniss der Fundobjecte, zugleich Tafeln-Erklärung:
Tafel I. Ueberlagerung geialteter Zechsteinkalkbänke durch Buntsandstein bei Haasel am Willmannsdorfer Hochberge. |
Tafel II. Neukirch a. Katzbach undHaasel am Willmannsdorfer Hochberge: Schizodus obscurus; King., Fig. 1.
;= roduntatus; Scupin; (runde Form des Schizodus). Pleurophorus costatus; King, Fig. 2, 3 u. 16, letztere Steinkern. Leda speluncaria; Gein., Fig. 4 und 8.
Avicula speluncaria; Goldf., Fig. 5.
Avicula cf. pinnaeformis; Gein., Fig. 6.
Allorisma elegans; King., Fig. 7.
Gervillia (Bakewellia) antiqua, Mnstr., Fig. 9, 10, 11. Gervillia antiqua, Mnstr., var. parvula; Fig. 12a u. b. Pinna Neukirchensis. n. sp. Lghn.; Fig. 13, 14, 15.
NB. Die Tafeln konnten nur den Sonderabzügen beigegeben werden.
Tafel II u.
‘II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 51
NB. Ob die entweder nicht gut erhaltene oder mangelhaft abgebildete Pinna prisca Mnstr, mit der vorstehenden Species nahe verwandt ist, muss dahingestellt bleiben.
Bryozoenrest, conf. Stenopora var. incrustans; Schloth,, Fig.17au.b.
Serpula pusilla; Gein., Fig. 18 a u. b.
Ostrakoden-Schälchen auf Zechsteinmergel, Fig. 19. (Durch-
schnitte: Tafel IV, 14—16.)
Cythere tyronica; Jones, Fig. 20, 21, 23, 24, 26.
hi subgracilis; Gein., Fig. 25.
» faba.n. sp. Lghn., Fig. 27—28, letzt. Schälchen von innen. » mucronata; Reuss., Fig. 29 u. 30.
= cf. regularis; Richter, Fig. 31.
a nuciformis; Jones, Fig. 32.
IV. Gröditz, östlich vom Gröditzberg:
Productus aculeatus v. Schloth. (Pr. horridus. Sow.), Ill. Fig. Izu 2, IV Rise, 20,
Strophalosia lamellosa; Gein. (Cf. Str. parva; King.) II. Fig. 3. (Stroph.aufProductus aufgewachsen) u. Fig. 4, IV.Fig.44,46—51.
Strophalosia Morrisiana; King., IV. Fig. 42 u. 43.
Spirifer undulatus (Sow.) (Sp. alatus Schloth.)
Strophomena parvula. n. sp. Lgehn. Fig. 5a, b, c, d.
Dielasma elongatum; King. (Terebratula elongata v. Schloth.) Grosse runde und kleine Varietät, IV. Fig. 41 u, 45.
Turbo obtusus, Brown. IV. Fig. 59.
Spirorbis permianus; King., IV. Fig. 53 au. b.
Fenestella retiformis; Schloth., III. Fig. 6 a u. b, IV. 31, 32, 35.
Acanthocladia anceps; Schloth., III. Fig. 7 a,b, c, d.
Acanthocladia dubia; Schloth., III, Fig. 8, IV. 29, 30, 33, 34.
Synocladia (Retepora) virgulacea; King., IV. Fig. 38. Zellen nur auf einer Seite der Längsrippen.
Phyllopora Ehrenbergii; Gein., IV. Fig. 28.
Bryozoen-Reste auf angeschl. Kalkplatten, IV. Fig. 37 u. 38.
Unbestimmbares Crinoiden-Stielglied, IV. Fig. 39.
Cythere plebeja; Reuss, Ill. Fig. 48.
Nodosaria sp. II. Fig. 11, 12, 13, 14, IV. 1—5.
Dentalina cf. permiana; King., IV. Fig. 6, 9.
Vaginulina sp.; II. Fig. 9
Frondicularia sp.; III. Fig. 10 au.b, IV. 12.
Textularia cf. cuneiformis; King.; IV, Fig. 10 u. 11.
Trochammina polymorpha n.sp.Lghn.; III. Fig. 15—20.— Aeussere
- Form des Fossils. 21—47. — Längs- und Querschnitte versch. Altersformen. IV. Fig. 18. — Halbgeöffnetes Fossil. Fig. 19, 20,
AF
59 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
regelmässige, Fig. 23 u. 24 unregelmässige Formen. Fig. 21 u. 22 Querschnitte. Örbitolites cf. complanatus; IV. Fig. 13. Cythere, cf. Kingiana; Reuss, IV. Fig. 25. > cf. Jonesiana; Kirkby, IV. Fig. 26. > cf. mucronata; Reuss, IV. Fig. 27.
Die Zechsteinlager von Neukirch-Haasel (mittl. Zechstein) und Gröditz (unt. Zechstein) haben nach vorstehender Liste nur wenig Gemeinsames. — In beiden Stufen konnten als durchgehende Formen nur Pleurophorus costatus, einige Ostrokoden und einige Cytheren festgestellt werden. Ueber- dies ist Pleurophorus in Gröditz nur ganz vereinzelt anzutreffen.
Ueberführung der Oxime ungesättigter Ketone in Pyridinderivate. Von
Dr. Max Scholtz.
In einer früheren Mittheilung!) zeigte ich, dass Oxime mit der Atom- ACER CH ICH ICH ICH
HO.N substituirte Pyridine übergehen, und zwar entstand aus dem Oxim des Cinnamylidenacetons «-Methyl-«‘-Phenylpyridin:
verkettung bei der trocknen Destillation in
OH. CH: a or Hc/ CH
und analog aus dem Oxim des Cinnamylidenacetophenons ««’-Diphenyl-
pyridin: CH C;H,.CH:CH.CH:CH.C.C,H, _ Eur : CHACH HO.N Bee NG N
Dass diese energische Reaction normal verläuft, wurde am «-Methyl- «-Phenylpyridin durch Oxydation desselben zur «&-Phenylpicolinsäure und beim «a’-Diphenylpyridin durch den Nachweis der Identität desselben mit dem aus Diphenylessigsäure gewonnenen «a’-Diphenylpyridin gezeigt. Um die Allgemeinheit der Reaction auch bei solchen Oximen zu f prüfen, bei denen ein Wasserstoffatom des Complexes R „GERZGCER SCH ICH Cr HO.N substituirt ist, untersuchte ich das Verhalten des Methyleinnamylidenacetoxims,
ı) Bericht der deutschen chem. Ges. 28, 1726,
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 53
CH, C,H, .CH: €. CH: CH. C.:CH,, HO.N und des Methyleinnamylidenacetophenonoxims, CH, BSEBSSCHE CH CHR CHC-E,, HO .N bei der trocknen Destillation. Es findet auch hier Abspaltung von Wasser unter Bildung von Pyrdinderivaten statt, und zwar entsteht, wie sich aus den Formeln der Oxime crgiebt, «&ß’-Dimethyl- «-Phenylpyridin (I) und &@-Diphenyl-8-Methylpyridin (IM):
CH CH
CH, .C/ACH BACH
CH, OL Je .cH, Er al JE. CH, N “
Ueber Sterische Hinderung chemischer Reactionen. Von
Dr. Max Scholz.
Die früheren Versuche!) über die Einwirkung von Dibromiden auf Amine haben gezeigt, dass 1.4-Dibromide mit primären aromatischen Aminen unter Bildung eines fünfgliedrigen Ringes reagiren, wenn die Aminogruppe keinen Orthosubstituenten besitzt; dass die Ringbildung aber ausbleibt, wenn ein Orthosubstituent vorhanden ist, was dann zur Bildung von Derivaten von 1.4-Diaminoverbindungen führt. Da die Neigung zur Bildung von vier- gliedrigen Stickstoff-Kohlenstoff-Ringen eine bei Weitem geringere ist, als zur Bildung fünfgliedriger Ringsysteme, so war bei der Einwirkung von Trimethylenbromid auf primäre aromatische Basen nicht ein so eindeutiger Verlauf der Reaction zu erwarten, wie er sich bei 1.4-Dibromiden hatte beobachten lassen; immerhin ist es gelungen, auch hier den Einfluss eines zur Aminogruppe orthoständigen Substituenten mit Sicherheit fest- zustellen.
Die Einwirkung von Trimethylenbromid auf Anilin ist schon früher von Hanssen untersucht worden, welcher hierbei zum Diphenyl-trimethy- lendiamin, C,H, .NH.CH,.CH,.CH, .NH.C,H,, gelangte.
Es war indessen zu vermuthen, dass sich neben dieser Verbindung
auch das N-Phenyl-Trimethylenimin, CH, <cpp >N.C,H,, bilden würde.
In der That gelang es, diese Verbindung aus dem bei der Destillation des
1) Sitzung vom 31. Mai 1899.
54 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur,
Diphenyl-trimethylendiamins im Vacuum erhaltenen Vorlauf zu isoliren, die Menge derselben tritt aber gegen das Diphenyl -trimethylendiamin sehr zurück. Die letztere Verbindung bildet stets das Hauptproduct der Reac- tion, in welchen Mengenverhältnissen auch die beiden Reagent'ien auf einander einwirken mögen,
Ebenso wie ein Molekül Trimetylenbromid auf ein Molekül Anilin unter Bildung von N-Phenyl-trimetylenimin einwirkt, könnte auch eine Verbin- dung von dem doppelten Molekulargewicht entstehen, indem je zwei Mole- küle der beiden Substanzen mit einander in Reaction treten, was dann zur Bildung der Verbindung:
. C,.n— CR. CH, .CH,
CH, CH, . CH, führen würde, welche das Diphenylderivat des von Howard und Marck- wald beschriebenen Bistrimethylendiimins darstellt. Die Entstehung dieser Verbindung ist zweifellos, jedoch ergiebt sich aus den Analysen, dass sie noch nicht in reinem Zustande vorlag. Ich erhielt sie bei der Vacuum- destillation, nachdem das Diphenyl-trimethylendiamin übergegangen war, als ein sehr hoch siedendes, nur schwach gefärbtes, dickes Oel, welches bei Eiskühlung fest wurde, ohne aber Neigung zur Krystallisation zu zeigen. Zur Reindarstellung der Verbindung bedarf es noch weiterer Versuche.
>N.CH,
Anders ist das Resultat der Einwirkung von ortho-Toluidin auf Tri- methylenbromide. Hier gelang es in keiner Weise, N-Tolyl-Trimethyleni-
min, CH cn >N.C,H,, zu isoliren; ebenso hinterblieb bei der Vacuum
CH, destillation des entstandenen Ditoluyl-trimethylendiamins kein hochsiedender Rückstand, der darauf schliessen liesse, dass auch hier ein Derivat des
Bistıimethylendiimins entstanden ist. Es ist also die sterische Wirkung des Orthosubstituenten deutlich zu erkennen.
Das Diphenyl-trymethylendiamin ist ein geeignetes Ausgangsmaterial zur Darstellung von sauerstofffreien Derivaten des Hexahydropyrimidins. So reagirt dasselbe sehr leicht mit Formaldehyd unter Bildung von Diphenyl- hexahydropyrimidin,
ee _CH,.N.CH, CH + C,0—= CH, 2 mo \CH,.NH.C,H, CH,.N.CH,
Das Eintreten dieser Reaction war insofern überraschend, als C. A. Bischoff bei seinen ‚Studien über Verkettungen“ die Beobachtung gemacht hat, dass Di-para-Tolyl-Trimethylendiamin,
CH CH, ‚NH.C,H,.CH, 272CH, NER CH,.CH, : mit Formaldehyd nicht reagirt, was ihn zu der Vermuthung veranlasste, dass, da die zahlreichen, bisher’ bekannten Abkömmlinge des Sechsringes,
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 55
a, entweder doppelte Bindungen oder zwischen den beiden
Stickstoffatomen eine Carbonylgruppe enthalten, diese beiden Factoren räumlich günstigere Verhältnisse für die Richtungen der Stickstoffvalenzen zum Ringschluss bieten. Der leichte Eintritt der Reaction beim Diphenyl- trimethylendiamin im Gegensatz zum Ausbleiben derselben beim Di-para- tolyl-trimethylendiamin ist indessen durch sterische Gründe kaum zu erklären. Auch mir gelang es nicht, trotz mehrfachen Wechsels der Versuchsbedin- sungen die Condensation herbeizuführen.
Mit Carbonylchlorid reagirt das Di-para-tolyl-trimethylendiamin ebenfalls nicht unter Ringschliessung, was hier zu einem Harnstoffderivat:
Ser ZNPZCHEI SCH führen würde, sondern es entsteht das Di-para-tolyl-trimetylen-dicarbamin- säurechlorid:
| cocl cocl
GEBE ER EN SCHI SCHE CH INDIE ENESCH,S während auch bei dieser Reaction beim Diphenyl-trimethylendiamin die Ringbildung eintritt,
Auch das Di-ortho-tolyl-trimethylendiamin reagirt nicht mit Form- aldehyd, was sich hier sehr wohl durch den hindernden Einfluss des Orthosubstituenten erklären liesse; doch zeigt das Verhalten der Para- verbindung, dass die Ursache des Ausbleibens der Reaction anderer Natur sein muss.
Ueber Gleichgewichtserscheinungen zwischen nal und Ammonsalzen. Von Dr. Walther Herz.
Der Vortragende berichtete über die Gleichgewichte in dem System. Mn Cl, + 2NH, OH > Mn (OH), +2 NH, Cl. Die Versuche hin derart angestellt, dass Manganohydro- xyd mit Ammoniumsalzen zusammengebracht wurden. Die für diesen Fall
5 aus dem Massenwirkungsgesetz berechnete Konstante zeigt mit der
Mn,
NH,
Erfahrung keine Uebereinstimmung, während die Untersuchungen ergeben,
en —K ist. Dieser Widerspruch zwischen Theorie und Praxis wird 4
durch Störungen erklärt, die in Folge der relativ grossen Salzconcentra-
tionen auftreten. Daher wurden auch die Gleichgewichte bei geringeren
Concentrationen untersucht, die durch Einwirkung von Manganlösungen und
dass
56 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Ammoniak entstehen. Die hier berechnete Constante des Massenwirkungs-
ER, - NH, ? Aus dieser Constanten berechnet sich die Löslichkeit des Manganohydroxyds
gesetzes Mn zeigt genügende Uebereinstimmung mit der Erfahrung.
nach dem Ausdruck Kr en u) zu 0.6.10 %# was mit den nach
anderen Methoden berechneten Löslichkeiten genügend gut übereinstimmt.
Ueber eine Methode zur Werthbestimmung der Alcali- Persulfate und des Wasserstoffsuperoxyds. Von Dr. B. Grützner.
Für die Werthbestimmung der ‚Alkalipersulfate ist die Menge des Sauerstoffes maassgebend, den diese interessanten Salze, sei es in saurer oder in alkalischer Lösung, an oxydable Körper abzugeben vermögen. Als ganz geeignete Substanz hierzu habe ich die arsenige Säure erkannt. Sie wird durch Alkalipersulfat in alkalischer oder auch in ammoniakalischer Lösung vollständig beim Erwärmen in Arsensäure übergeführt, während in saurer Lösung der Oxydationsprocess träger verläuft. Der Vorgang lässt sich leicht dadurch zu einer massanalytischen Bestimmung gestalten, dass man ein gemessenes Volumen und zwar in reichlichem Ueberschuss Y/; g-n.-As, 0, - Lösung anwendet, deren Ueberschuss mit una n.-Jod-Lösung zurücktitrirt wird. Nach der Gleichung
2K,(SO,), +As,0, + 2H,0 —=As,0, +2K,SO, +2H,SO, vermögen 540 g K, (SO,), 198 g As,0O, in Arsensäure überzuführen. 198 g As,0, sind enthalten in 40 I einer 1/,-Normalsäure; demnach kann 1 cem Y,o-n.-As,0,-Lösung oxydirt werden von 0,0135 g K,(SO,), oder von 0,0119 g Na,(SO,), oder von 0,0114 g (NH,).(SO,)2-.
Zur Ausführung der Bestimmung erhitzt man annähernd 0,3 g Alkali- persulfat mit 50 cem "/,,-n.-As,O,-Lösung und einigen Grammen Kali- oder Natronlauge allmählich bis zum Kochen und digerirt noch kurze Zeit in der Hitze. Nach dem Erkalten der Flüssigkeit wird mit Schwefelsäure schwach angesäuert und mit Mononatriumkarbonat stark übersättigt, darauf Stärkelösung zugegeben und der Ueberschuss der arsenigen Säure mit Y,o- n.-Jodlösung zurückgemessen.
Analysen:
Kaliumpersulfat.. 1. 0,3305 g reinstes schön kryst. K,(SO,), + 50 cem %,0-n.-As,0,; zurücktitrirt: 25,5 cem 4, .—24,5 cem Yo As,O, verbraucht. Gef. 0,33075 g= 100,07 °%, K,(SO,)-
2. 0,4991 g K,(SO,), + 50 cem Y, 0-n.-As,0, ; zurücktitrirt: 12,95 cem !J,o-n -Jod; demnach verbraucht 37,05 cem Yo-n.-As,0;. Gef. 0,500175 g
= 100,21 %, K;(S0,),-
Il. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 57
Natriumpersulfat. 3,0398 g Na,(SO,), wurden ad 100 ccm Wasser gelöst und zu jeder Bestimmung 10 ccm = 0,30398 g und 50 cem !/,o-n-- As,O,-Lösung benutzt. Zum Zurücktitriren wurden gebraucht 1. 24,5 cem, 2.24,5 ccm, 3.24,5 cem !/,o-n.-Jod.-Lösung. Bei Versuch 2 und 3 war nicht alkalische sondern ammoniakalische Lösung von arseniger Säure ver- wendet worden. 24,5 cem !/,, Jod von 50 ccm Y,,-n.-As,O, abgezogen, ergiebt einen Verbrauch von 25,5 cem !/,o-n.-As,0, = 0,30345 g Na,(SO,), Heemeın 12.0, 0,0113 2 N3,(S0,), | entsprechend ’99,82°%.
Zum Vergleich wurde dasselbe Natriumpersulfat in schwefelsaurer Lösung mit einer dem Eisengehalt nach bekannten Menge Ferrosulfat zu- sammengebracht und der Ueberschuss des nicht oxydirten Eisens durch Permanganat zurückgemessen. Die Beobachtungen von Le Blanc und M. Eckardt!), dass der Prozess nur dann gute Resultate giebt, wenn der Ueberschuss des Ferrosulfats nicht zu klein ist und auf 60—80° erwärmt wird, wurden bei der nachstehenden Bestimmung berücksichtigt.
0,30662 g Na,(SO,), wurde nach Zusatz von verdünnter Schwefel- säure mit 50 ccm Ferrosulfatlösung, enthaltend 1,01844g Fe, auf annähernd 80° erhitzt und nach dem Erkalten mit Wasser zum Liter verdünnt. Von dieser Verdünnung brauchten 100 ccm 11,85 ccm Permanganatlösung (1 ccm =0,00738 g Fe), oder 1000 cem = 118,5 cem KMnO,-Lösung, ent- sprechend 0,874530 Fe. Zieht man diese Menge Eisen von der ursprünglich zugesetzten Menge ab, so ergiebt sich, dass 0,14391 g Fe durch 0,306628 Na,(S0,), oxydirt worden ist. Da 1 Mol. Natriumpersulfat (238 g) ein Atom Sauerstoff zur Oxydation abgiebt, können durch 238 g Na,(SO,), 2 FeO oder 112 g gelöstes Eisen in Oxydsalz übergeführt werden.
2 Fe: Na,(SO,), = 0,14391 g Fe:x x — 0,305817 g Na,(SO,);-
Ge.0,3058177. 2 Na, (80), — 39,73 In:
Eine Wiederholung der Bestimmung gab genau das gleiche End- resultat
Durch Titration mit arseniger Säure wurden 99,82 °/, gefunden.
Es lag nahe, die Methode der Bestimmung von Persulfaten mittelst arseniger Säure auch auf die Werthbestimmung des Wasserstoffperoxyds auszudehnen. Der Versuch zeigte, dass der Umsetzungsprocess glatt ver- läuft und die Resultate gute Uebereinstimmung zeigen mit den Zahlen, die durch die als brauchbarste anerkannte Methode der Titration mit Perman- ganat erhalten werden?),
Unter Zugrundelegung der Gleichung As,0, + 2H,0, = As,0, + 2H,0 | kann 1 Mol. As,0, oder 198 g reduziren 2 Mol. H,O, oder 68 g H,0,.
1) Ztschr. f.-Elektroch. 5,355—357, 2/2; d. Chem. Centralbl. 1899, 1, 637. 2) Deroide, Ann, Chim. annal. appl. 4,292, 15/9; durch Chem. Centrbl. 1899, II 847.
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
oo nn
1 cem Y,.-n.-As,0,-Lösung (0,00495 g As,O, enthaltend) entspricht daher 0,0017 g H,0,.
Ausführung: 10 cem Wasserstoffperoxyd (Handelspräparat) wurden ad 100 ecem Wasser verdünnt und 10 ccm der Verdünnung mit 50 cem !/\o-n.-As,O,-Lösung und einigen Grammen Kali- oder Natronlauge erhitzt, nach dem Erkalten schwach angesäuert und stark mit Mononatriumkarbonat übersättigt. Hierauf wurde etwas Stärkelösung zugegeben und mit %,o-n.- Jod., der Ueberschuss von arseniger Säure zurückgemessen. Verbraucht: 38,4 cem Yo-n.-J., abgezogon von 50 ccm Y,, As,0, = 11,6 cem 4, As,O,, welche durch das Wasserstoffperoxyd oxydirt worden sind, ent- sprechend 0,01972 g H,0, = 1,972 °/, H,0,.
Bei einer Wiederholung der Titration wurden gleichfalls 38,4 cem !/o J. zum Zurückmessen verbraucht, mithin dasselbe Resultat gefunden.
Bestimmung von H,O, mit Permanganat: 5 ccm Wasserstoffperoxyd- lösung (obiges Präparat) brauchten zur Titration 44 cem Permanganat- lösung vom Titer: 1 ccm = 0,00738 Fe oder = 0,00224 g H,0,. Hier- nach gefunden 0,09856 g H,O, = 1,9712 %9-
Versuche, auch das en mittelst arseniger Säure zu titri- ren, ergaben keine brauchbaren Resultate. Die Sauerstoffentwickelung des Natriumperoxyds geht bei Wasserzutritt so stürmisch vor sich, dass stets ein Theil Sauerstoff unwirksam entweicht, selbst wenn der Glasstöpsel des Wägegläschens für Natriumperodxyd mit grosser Vorsicht erst in der Flüssigkeit gelockert wird. Die Resultate bleiben hinter den zu erwar- tenden um ein Beträchtliches zurück und schwanken innerhalb grosser
U
Grenzen.
Sitzung am 14. December 1899. Ueber die neuen Instrumente der Breslauer Sternwarte.
Von
Prof. Dr. Franz.
Während die Sternwarte bisher ihre astronomischen Beobachtungen auf die Uebungen der Studirenden, auf Zeitbestimmungen und die Wahr- nehmung einzelner Erscheinungen, wie Finsternisse und Sternschnuppen- fälle, beschränken. musste, ist sie jetzt durch die dankenswerthe Bewilligung ne.er Instrumente mit feinen Messvorrichtungen in den Stand gesetzt, einen Anfang von regelmässigen astronomischen Beobachtungen zum Zwecke der Himmelsforschung zu machen. Die neuen Instrumente sind allerdings erst vorläufig auf der Oderinsel an der Bürgerwerder-Schleuse aufgestellt | worden, da es sich noch nicht hat ermöglichen lassen, Mittel für den Ankauf eines geeigneten Bauplatzes ausserhalb der Stadt zu der dringend nothwendigen Verlegung der Sternwarte zu erlangen.
II. Abtheilung,. Naturwissenschaftliche Section. 59
Auf dem genannten Platze in der Nähe der Universität befindet sich: 1. ein gebrochenes Passage-Instrument, Fig. 1,
2. ein Refraktor, Fig. 2, 3. ein Heliometer, Fig. 3.
Das Passage-Instrument ist auf einem 1885 von dem Geodätischen Institut errichteten und 1889 von Herrn Geheimrath Galle für die Stern-
60 | Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
warte angekauften Pfeiler aufgestellt, der von einer Hütte mit einer leicht zu öfinenden Dachklappe umgeben ist. Das Objectiv des Fernrohres hat
31/, englische Zoll oder 89 Millimeter Durchmesser, Das Rohr ist ge- brochen, d, h, ein Prisma in der Mitte des Fernrohres spiegelt die Strahlen
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 61
der Gestirne durch Ablenkung um 90 Grad in eine wagerechte Achse, so dass das Okular an dem einen Ende derselben stets in gleicher Höhe ist, während ihm am anderen Ende die Lampe gegenübersteht, die das Gesichts-
feld des Fernrohres oder nach geeigneter Umschaltung die Fäden, alsdann
auf dunklem Hintergrunde, beleuchtet. Das Gesichtsfeld enthält zur Be- obachtung der Durchgänge, bezüglich Rektascensionen 25 feste Fäden, deren Abstände von ihrem Mittelfaden aus 7 Polarsterndurchgängen vor- läufig, wie folgt, in Zeitsecunden bestimmt sind: Bei Okular West
62° Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
50.43 40.43 31.82 35.32 32.86 30.34 20.23 15.16 12.55 10.07 1.56 5.07
5.06 7.50 10.06 12.60 15.16 20.19 30.28 32.76 33.39 37.70 40.37 50.32
Bei Okular Ost und oberer Kulmination ist die Reihenfolge umgekehrt.
Die fett gedruckten Fäden dienen zur Beobachtung der Aequatorsterne mit Auge und Ohr. Senkrecht zu diesen 25 Fäden stehen 2 feste Fäden von 38“ Distanz, zwischen denen man die Sterne bei den Durchgängen laufen lässt. Zur Beobachtung von Deklinations-Differenzen steht ferner senkrecht zu den 25 festen Fäden ein System von 7 beweglichen Fäden in
1009725205 702.007 752.067 1020 10773
Abstand von einem Mittelfaden. Dies System wird durch eine Mikrometer- schraube getrieben, deren Umdrehung 58,18 beträgt und deren Trommel eine Ablesung bis auf Y,g00 Umdrehung — 0.06 gestattet. Die beiden letzten Fäden des Systems dienen zur Bestimmung der periodischen Fehler der Mikrometerschrauhe. Die wagrechte Achse des Fernrohres trägt 2 Quer- Libellen nach Horrebow, deren Theilwerth
für Libelle I 1.1026 m 0.0124 für Libelle II 0.9933 „ 0.0173
beträgt, während bei der umlegbaren Anhängelibelle zur Messung der Neigung der Achse 1 Theil 0.9592 + 0.0058 ausmacht. Ein kleiner Höhenkreis am Ocular ist mit fliegendem Niveau zum Aufsuchen der Gestirne verbunden. Das Instrument ist mit allen Künsten der modernen Technik von der Firma Bamberg in Friedenau hergestellt. Ein Fuss mit grosser Azimutalbewegung gestattet das Beobachten ausserhalb des Meridians, insbesondere im Vertikal des Polarsterns. Augenblicklich ist das Fernrohr ohne den Fuss im Meridian aufgestellt. Es ist seit den 13. September 1899 regelmässig zu Zeitbestimmungen gebraucht worden, und soll demnächst zur Bestimmung der Polhöhe und ihrer periodischen Schwankungen in erster Linie angewendet werden.
"Das zweite Fernrohr ist ein Refraktor mit parallaktischer Aufstellung von 8 englischen Zoll oder 203 Millimeter Objectivöffnung und 2.86 Meter Brennweite, und ist in einer Baracke mit abdrehbarem Dache aufgestellt. Es ist ein überaus handliches Instrument. Deklinationskreis, vom Okular aus mit langem Mikroskop ablesbar, Positionskreis und Gesichtsfeld mit dunklen Fäden auf helletn Grunde oder nach bequemer Umschaltung mit hellen Fäden auf dunklem Grunde, sowie die Mikrometerschraube werden von nur einer Lampe aus durch verschiedene Spiegel selbstthätig beleuchtet. Der Stundenkreis kann mit einem Handgriffe an einem Ringe eingestellt werden. Klemmen und Feinverstellungen für Stundenwinkel, Declination
Il. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 63
und Positionskreis sind am Okular. Die 5 beweglichen Fäden des Mikro- meters haben der Reihe nach 0'.56 8,11 1.83 2'.00
die 7 festen Fäden
3'.61 7.48 1'.81 5.70 9,49 9',46 Abstand von einander und die ersteren werden gegen die letzteren durch eine feine Mikrometerschraube verschoben, deren Umdrehung 41.994 be- trägt und deren Ablesung an der Trommel des Schraubenkopfes den tausendsten Theil dieses Werthes angiebt. Positienskreis und Declinations- kreis sind von 10° zu 10‘ getheilt, der Stundenkreis nach ganzen Zeit- minuten. Ein Uhrwerk mit stehendem elastischen Pendel treibt, jederzeit einschaltbar, das Fernrohr mit der täglichen Bewegung der Sterne mit. Das Objectivglas ist von Clark in Boston, die mechanische Ausrüstung von Repsold in Hamburg. Mit dem Refractor wurden bis jetzt 51 Doppelsternbeobachtungen gemacht.
Das dritte Instrument ist ein parallaktisch montirtes und in einem Häuschen mit abschiebbarem Dache aufgestelltes Fraunhofersches Helio- meter von 80 Millimeter Objectivöffnung. Dies Fernrohr ist schon seit längerer Zeit im Besitze der Breslauer Sternwarte und wurde von der Firma Repsold für die Beobachtungen der Venusdurchgänge vollständig umgearbeitet Der Vortragende hat mit ihm bereits den Venusdurchgang am 6. December 1882 in Aiken, Süd-Carolina, beobachtet. Die neue Auf- stellung hat es erst in gebrauchsfähigen Zustand versetzt. Das Instrument giebt gute Bilder und ist von demselben Typus, wie die Heliometer der Sternwarte zu Strassburg, Göttingen und Berlin. Das Objectivglas ist in zwei Hälften getheilt, die auf Schiebern neben einander bewegt werden, so dass man Doppelbilder erhält, deren wechselseitige Deckungen zur Messung der Entfernungen dienen. Die Skalen sind nach den Venus- durchgängen erneuert und ihre Theilungsfehler neu bestimmt. Hierdurch ergeben sich folgende Correctionen der Ablesungen in Schraubenum- drehungen zu je je 181
Skale I. Strich Corr. Strich Corr. Strich Corr. 0 20.0042 1002, 0006 | 200 10.009 10 0.002 11072 0:006 2.2107 20.010 20 = 0.007 | 000 0:03, 9>0 270.008 30 22001, 15002 0018 | 930. ° 70.009 40 22.0010, 1700 200.2 020, 2220003 50 20.003 | 150,0 0011 7 250° 0.000 60 70.009, 160 0003 | >60 7.0013 70 = on 70, 72 09 | 970, 270008 80 — 0012. | 150, 70.005 930 0.010 90 = wos, 100 0008 | 090, Zeool 300 + 0.009
Be Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cuttur.
Skale I.
Strich Corr. Strich Corr. ' Strich Corr. 400 —- 0.006 500 — 0.001 600 0.000 410 —- 0.001 510 + 0.001 610 —+ 0.004 420 —- 0.005 5930 —- 0.002 620 — 0.005 430 —- 0.018 530 — 0,005 630 — 0.018 AAO —+- 0.008 540 — 0.005 640 — 0.014 450 —- 0.008 550 — 0.001 650 — 0.010 460 —+ 0.010 560 — 0.010 660 — 0.005 470 — 0.006 570 — 0.007 670 0.000 480 — 0.009 580 —+ 0.004 680 —+ 0.009 490 "— 0.006 590 — 0.005 690 — 0.001
700 —- 0.001
Das Fernrohr wird zu Messungen gegenseitiger Sterndistanzen und der Mondgestalt jetzt angewendet.
Im nächsten Jahre wird die Sternwarte weitere Fernrohre, Mess- instrumente erster Ordnung, erhalten. Leider fehlt noch ein geeigneter
Platz zur Aufstellung derselben.
Nach der Sitzung besichtigten die Mitglieder der Section die Instru- mente.
Ueber dynamometamorphe Erscheinungen an einem skandi- navischen Granitgneiss.
Von Dr. L. Milch.
Der Vortragende sprach über dynamometamorphe Erscheinungen an einem skandinavischen Granitgneiss, die er an einem bei Obernigk gefundenen erratischen Block, bez. an einer aus diesem Block geschnit- tenen und von dem mineralogischen Museum der Universität Breslau erworbenen Platte studiren konnte. In einem feinkörnigen grauen Gneiss liegen pegmatitische röthliche Adern gröber körnigen Materials, die in eigen- thümlichen Windungen verlaufen, während das graue Hauptgestein deut- liche Schieferung erkennen lässt und nur in der Nähe der Adern erheb- liche Störungen im Verlaufe der helleren und dunkleren Lagen aufweist, Die graue Hauptmasse ist, wie die petrographische und die von Herrn Dr. Herz freundlichst ausgeführte chemische Untersuchung zeigt, ein durch den Gebirgsdruck in Gneiss umgewandelter Granitit (Biotit-Granit); während der Gebirgsdruck diesen relativ feinkörnigen Granit völlig überwältigte, | konnte er von den gröber körnigen Adern nur die schmäleren theilweise bezwingen, die mächtigeren wurden durch seine Einwirkung nicht ge- schiefert, sondern nur gefaltet und gestaucht. Die Einzelheiten dieses
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 65
Vorganges, sowie sehr interessante, durch das Mikroskop enthüllte Er- scheinungen, die auf die Art der stofflichen Umwandlung und Umkrystalli- sation bei der Entwickelung des Gneisses schliessen lassen, werden an anderer Stelle beschrieben.
Das geologische Profil von Ebersdorf in der Grafschaft Glatz.
Von Dr. G. Gürich.
Der Vortragende wies das in der Literatur bisher nicht bekannte Liegende des oberdevonischen Kalkes von Ebersdorf nach; an der West- wand des grossen Kalkbruches daselbst tritt nämlich Gabbro als umfang- reiche Klippe hervor, Die Bänke des Hauptkalkes — Korallenkalk des mittleren Oberdevons — stossen theils am Gabbro ab, theils liegen sie da- rauf. Aus der innigen Verwachsung der beiden Gesteine im Kontakt schliesst der Vortragende, dass das transgredirende oberdevonische Meer die damals schon hervorragenden Gabbroklippen umspülte. Daraus ergiebt sich, dass die früher vielfach verbreitete Annahme von dem verhältniss- mässig jugendlichen Alter des Gabbros von Neurode (Rose, Runge, Tietze) unrichtig ist. Der Vortragende präeisirt seine schon früher geäusserte Ansicht, die durch diese neuen Beobachtungen Bestätigung findet, dahin, dass jenerGabbro nicht einEruptivgestein der später-paläozoischenZeit ist, sondern ebenso, wie der Gabbro von Frankenstein und von Zobten dem archäischen Zeitalter angehört, und zwar muss man diese Gabbromassen als Tiefenge- stein auffassen, also als ein Erstarrungsgestein, das in der Tiefe der Erd- kruste aus Schmelzfluss entstanden ist.
1899. 5
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Allgemeine Uebersicht
der meteorologischen Beobachtungen auf der König]. Universitäts-
Sternwarte zu Breslau im Jahre 1899.
Mitgetheilt von
Professor Dr, J. Franz.!)
Höhe des Barometers über dem Östseespiegel bei Swinemünde 147,03 m.
I. Barometerstand,
1I. Temperatur
1899. reducirt auf 0° Celsius, der Luft in Graden nach in Millimetern. Celsius.
2 = 900, 2 |
= un © {eb} un {eb}
an er 5 = ı8| ©
: ® = : ._ =
ä = Ss i=' = ä = Ss = = Januar..... 26 765,2 2 7933 |746,56 | a | 1222| 28 |—67 244 Februar »5 | 63,1 1| 329 | 4961| 10 | 15,8 7'195 213 März ...... 13 | &25| 20 | 356 | 4900| 239 | 170 6:110,3,0.381 Apıil.. 0 2% \, 571 s| 3554| 1563| 239 | 17,5 1 | 302865 Mai 31 | 581| 26 | 360 | Aza2al 20 | 236,5 9 2,4) 12,78 hun 555662043 11.86.8 1027..997 [02304 1097108 aa 6,0 15,50 Jah Se 3| 391 | 4958 | 22 | 30,5 6 | 10,7) 18,84 August . Wen 7442| 49,91 52 03202793 6,01 17,26 September 4 , 545| 13 | 373 | 45,11 6 867) ıi 5,6| 14,62 October 39 |. 6280| 13 | 39,1 | 52,13 2.1.2320) 27) 292 November .| 18 | 61,8 | 11 | 43,7 | 53,10 5 | 1833| 2 |— 26] 6,25 December.. | 21 65,4 | 29 | 36,1 | 49,25 | 30 6,9 | 14 |—18,5| —4,04
: Dec. = Jan } Aug. Dee)
Jahı gı 7654|", |723,3 |748,77 | "5° | 31,0 | 2 | 185] 894
1) Zusam mengestellt von Dr. G. Rechenberg,
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 67
III. Feuchtigkeit der Luft, IV. Wolken-
1899. a. absolute, b. relative, bildung und
in Millimetern. Se inebrocenten: Niederschläge.
RESTE Se a re ZI 35.
ES zo
s 2: 2. |Ble|2 2/2528
Monat =) 7 Eu le Si za = a EEE:
3 ‚S a lee Sec 3 El=2|I=|282|=|,53
= So SEnKee = = =) = 2/13 er) Ze
Sera era mel a, vera des Tage |33”
Jahuare. ..% 16,21] 6,5 4 2,1 4,35|1,14 100 4 507784] 1| 15) 15 924,45 Februar.... 10E072,D 7 |1,6, 4,22 1 1100| 2 144176,0| 2] 7| 19) 13,47 Marz) ...... 29 | 7,6) 26 |1,2| 3,83] 1,2 1100| 26 1191644] 5| 15) 11 9.45 Apmilit. 19 7 8,7 12 17,5 09722.10.192#99 1 125,68,6| —| 20) 10) 62,30 Mae 10561157 1 |3,7\ 7,82 8 100) 20 130171,8| 2] 11| 18) 153,38 June... „=... 30 | 13,4 8 |4,4| 8,3613,27| 99) 9 132164,5| 1) 23] 6) 53,07 ul, 2 3 | 15,8 3,28 | 7,811,39| 30 | 94| 12 |35/71,21 1| 18 12] 104,45 August..... 7 | 14,6 |- 28 |5,1) 9,65| 20 | 95) 28 |35/66,71 . 4| 201 7| 27,05 September . 8 | 13,9] 25 |5,3) 8,90.[10, 11|.99| 6,27 |39)72,0| 3| 14 13) 70,96 Oetober....| 2110| 3 32] 6,13] 24 100 21 26695] 6| 19 6 19,00 November... | 5 16,1| 21 |3,5| 5,94] öfter 100, 31 148785] 6| 10 14| 22,10 December .. 5 | 58| 12 .|0,9| 3,01 [öfter 1100| 7 |56183,5| 3] 12| 16| 71,27 Jahr [93 15,81 95%08! 6,61 | öfter [100] März 4gl7a 1] 31.184147] 630,95
V. Herrschende Winde.
Januar Von den Windesrichtungen waren die Südwestwinde am häufigsten vertreten, demnächst auch die benachbarten Richtungen. Februar. Die Winde wehten überwiegend aus westlichen Richtungen, demnächst auch häufig aus Südwest, doch trat keine andere
Richtung ganz zurück.
März. Die Winde wehten überwiegend aus West, demnächst auch häufig aus Nordwest, Südwest und Süd, während die übrigen Richtungen ganz zurücktraten.
April. Der Wind wehte überwiegend aus den Richtungen von Südost über Südwest nach Nordwest.
Mai. Die Winde wehten überwiegend aus Nordwest, doch trat keine andere Richtung ganz zurück.
Juni. Die Winde wehten überwiegend aus Nordwest, West und Nord. _
Juli. Der Wind wehte überwiegend aus Nordwest und West, demnächst auch häufig aus Südost.
August. Der Wind wehte überwiegend aus westlichen Richtungen, doch trat keine andere Richtung ganz zurück.
September. Der Wind wehte fast ausschliesslich aus den Richtungen
Süd bis Nordwest.
October. Der Wind wehte überwiegend aus West und den beiden benachbarten Richtungen, demnächst auch häufig aus Südost und Süd.
68 | Jahresberieht der Schles. ‘Gesellschaft für vaterl. Cultur.
November. Der Wind wehte überwiegend aus westlichen Richtungen, Nord-, Nordost- und Ostwinde fehlten fast ganz; in der letzten Monatswoche traten die Winde in Folge beständigen Vorüberziehens verschiedener Luftdruck-Minima wiederholt stürmisch auf.
December. Von den Windesrichtungen waren Südost-, Süd- und Ost- winde überwiegend, doch fehlte keine andere Richtung ganz.
VI. Witterungs-Charakter.
Januar. Der Luftdruck war sehr häufigen und auch sehr starken Schwankungen unterworfen, bewegte sich aber mit Ausnahme der letzten Monatswoche fast beständig unter dem normalen Mittel, so dass das Monatsmittel um fast 4 mm unter dem Durchschnitts- werthe blieb. Im Gegensatz dazu bewegte sich die Temperatur ausnahmslos über dem Mittelwerthe, den sie daher auch um 51/,° übertraf. Die Himmelsbedeckung und die Feuchtigkeit der Luft waren annähernd normal; ebenfalls auch die Höhe der Nieder- schläge, die zum weitaus grössten Theile aus Regen bestanden, so dass es zur Bildung einer zusammenhängenden Schneedecke überhaupt nicht kam.
Februar. Der Luftdruck beweste sich mit zum Theil recht beträchtlichen Schwankungen in der ersten Monatshälfte ausschliesslich unter dem Durchschnittswerthe, ın der zweiten Hälfte ausschliess- lich über demselben, so dass das Monatsmittel, genau den normalen Werth erreichte. Auch die Schwankungen der Temperatur, die sich in der ersten und in der letzten Woche unter normal, sonst über normal hielt, waren gross; der höchste und der niedrigste Werth sind durch einen Zwischenraum von nur 2 Tagen getrennt. Niederschläge, die zum grössten Theile aus Schnee bestanden, wurden zwar häufig, an 20 Tagen, beob- achtet, fielen aber immer nur in geringer Menge, so dass sich eine zusammenhängende Schneedecke nur einmal-in der ersten Woche bilden konnte, die sich dann einige Tage hielt.
März. Der Luftdruck bewegte sich in beständigen und meist auch beträchtlichen Schwankungen. Die Temperatur hielt sich mit wenigen Ausnahmen in der ersten Monatshälfte über dem normalen Mittel, in: der letzten Hälfte unter demselben, war aber im Durch- schnitt, wie auch schon in den vorhergehenden Monaten zu hoch. Auffallend gering war die Summe der Niederschläge, die, abwechselnd aus Regen und Schnee bestehend, nur etwa U, des normalen Werthes betrugen; in Folge dessen war die Luft sehr trocken, . besonders im ersten Drittel des Monats und auch in der letzten Woche, wo sie am 26, bis 19 Procent sank, ein Werth, der, solange die Feuchtigkeit der Luft auf der hiesigen Sternwarte
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. 69
beobachtet wird (seit 1850), im März noch nicht beobachtet worden ist. Am 29. wurde in den Abendstunden das erste Gewitter dieses Jahres notirt.
April. Der Luftdruck war sehr zahlreichen Schwankungen unterworfen und in Folge dessen war das Wetter während des ganzen Monats sehr unbeständig. Obwohl wir nur 4 Tage ganz ohne Sonnen- schein hatten, fiel an 21 Tagen Regen, dessen Gesammtmenge daher auch fast das Doppelte des normalen Werthes betrug. Die Temperatur hielt sich während des ersten Monatsdrittels über dem Durchschnittswerthe, bewegte sich aber während der letzten drei Wochen, nach keiner Seite hin extreme Werthe erreichend, um denselben. Frost wurde nur noch einmal, am 1., beobachtet. Die Feuchtigkeit der Luft und die Himmelsbedeckung waren annähernd normal.
Mai. Der Luftdruck war beständigen, aber zum grössten Theile nur geringen Schwankungen unterworfen. Die Temperatur war in der ersten Monatswoche über normal, erreichte auch in dieser Zeit sommerliche Höhe, hielt sich aber sonst fast beständig unter dem Mittelwerthe. Das Wetter war mit Ausnahme der dritten Woche überwiegend trübe und es verging fast kein Tag ohne Regen, so dass die Niederschläge fast das Dreifache des normalen Werthes erreichten; in Folge dessen war auch die Himmels- bedeckung und die Feuchtigkeit der Luft zu gross, Elektrische Erscheinungen wurden dreimal beobachtet und zwar zwei Nah- und ein Ferngewitter.
Juni. Der Luftdruck war während des ersten Monatsdrittels zu hoch, sonst aber fast ausschliesslich unter dem normalen Werthe. Die Temperatur war in der zweiten Woche zu niedrig, in der dritten etwas zu hoch, erreichte aber während des ganzen Monats weder nach unten noch nach oben hin extreme Werthe. Niederschläge wurden nicht häufig beobachtet und fielen mit einer einzigen Ausnahme (am 28. 20,3 mm) immer nur in geringer Menge, so dass trotz des erwähnten starken Regens die Gesammtsumme um 1/, unter dem Durchschnittswerthe blieb. Elektrische Erscheinungen wurden 6 mal beobachtet und zwar 3 Nah- und 3 Ferngewitter.
Juli. Der Luftdruck bewegte sich in nur mässigen Schwankungen in der ersten Monatswoche unter dem normalen Werthe, sonst fast beständig über demselben. Die Temperatur war in der ersten und in der letzten Woche zu niedrig, um die Mitte des Monats herum aber erreichte und überstieg sie fast an jedem Tage 25°, so dass das Monatsmittel um °/,° zu hoch wurde. In Folge der
. hohen Temperaturen war die Feuchtigkeit der Luft grösser als gewöhnlich, und es wurden sehr häufig (17 mal) elektrische
70 | Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Erscheinungen beobachtet, von denen das Gewitter in den späten Abendstunden des 23. am stärksten auftrat, auch von einer Wind- hose begleitet war, die im Norden unserer Stadt verheerende Wirkungen zeigte.
August. Der hohe Luftdruck, der am Ende des vorhergehenden Monats herrschte, hielt auch in diesem Monat noch an und sank nur vorübergehend und dann auch nur um ein Geringes unter den normalen Werth. Die Temperatur setzte in der ersten Monats- woche ziemlich hoch ein, sank dann plötzlich um etwa 10° und hielt sich während der letzten drei Wochen fast beständig unter dem Durchschnittswerthe,. Eine unmittelbare Folge davon war die geringe Anzahl der elektrischen Erscheinungen, die gewöhnlich in den Sommermonaten von ergiebigen Regenfällen begleitet sind, und deren seltnes Auftreten auch die geringe Menge der Nieder- schläge bedingte, die nur ein Drittel des normalen Werthes erreichten. Die Feuchtigkeit der Luft und die Himmelsbedeckung entsprachen nahezu dem Durchschnittswerthe.
September. Der Luftdruck bewegte sich in nur mässigen Schwankungen fast beständig unter dem Durchschnittswerthe; nur an zwei Tagen, am 4. und am 5., erhob er sich um ein Geringes über denselben. Die Temperatur war in der zweiten Monatswoche unter dem Mittelwerthe, hielt sich aber sonst: fast ununterbrochen über demselben und war besonders am Schlusse der ersten Woche und gegen Ende des Monats ziemlich hoch. Niederschläge fielen sehr häufig (nur 6 Tage ohne Regen!), und ihre Summe überstieg deshalb auch die normale Menge fast um die Hälfte. Elektrische Erscheinungen wurden nicht mehr beobachtet.
October. Der Luftdruck bewegte sich überwiegend über dem normalen Mittel, das er daher auch im Durchsehnitt um nahezu 3 mm übersteigt. Die Temperatur setzte in der ersten Woche ziemlich hoch ein, sank dann wiederholt unter Null und stieg gegen Ende des Monats ausserordentlich stark, dabei den normalen Werth bis zu 10° übersteigend. Die Himmelsbedeckung und die Feuchtigkeit der Luft blieben um ein Beträchtliches unter dem normalen Werthe zurück, ebenfalls auch die Summe der Niederschläge, die nur die Hälfte des Durchschnittswerthes erreichte.
November. Der Luftdruck und auch die Temperatur hielten sich über- wiegend über dem normalen Werthe; letztere erreichte mit 18.05 am 5. einen Werth, der seit dem Beginn der Temperatur-Auf- zeichnungen an hiesiger Sternwarte (seit 1791) im November noch , nicht erreicht worden ist. Das Wetter war im ersten Monats- drittel vorwiegend heiter und trocken, während der letzten drei Wochen jedoch trübe und regnerisch; die Niederschläge bestanden
II. Abtheilung. Naturwissenschaftliche Section. zZ
fast ausschliesslich noch aus Regen, fielen aber immer nur in geringer Menge, so dass ihre Gesammthöhe nur °/, des Durch- schnittswerthes erreichte.
December. Der Luftdruck wies sehr häufige und zum grössten Theile auch beträchtliche Schwankungen auf, besonders in der ersten Hälfte des Monats, wo durch das Vorüberziehen eines sehr tiefen Minimums (vom 4. zum 5.) das Barometer innerhalb 24 Stunden um 20 mm fiel. Die Temperatur hielt sich nur in den ersten und in den letzten Tagen des Monats über Null, sank aber gegen Mitte des Monats wiederholt bis zu —15° und darunter, so dass die Mitteltemperatur im Gegensatz zu dem December von 1897 und 1898 um 3° zu niedrig wurde. Die Feuchtigkeit der Luft und die Himmelsbedeckung waren nahezu normal. Niederschläge, zum weitaus grössten Theile aus Schnee bestehend, fielen häufig, so dass die Schneedecke, die sich bei dem Gewitter des 5., das mit Schneetreiben auftrat, bildete, sich ununterbrochen in wechselnder Höhe bis Ende des Monats hielt, am letzten Tage desselben noch eine Stärke von !/, m aufweisend.
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schlesischt Gesellschaft für vaterländische Gultur.
ZIEH E70) 7. I. Abtheilung. Jahresbericht. Naturwissenschaften. 1899. b. Zoologisch-botanische Section. &uc PER Bro)
Bericht über die Sitzungen der zoologisch-botanischen Section im Jahre 1899.
1. Sitzung vom 19. Januar 1899.
Herr A. Stutzer besprach Hyphomicrobium, einen neuen Mikroorganismus des Bodens.
Seit einer Reihe von Jahren beschäftige ich mich mit denjenigen Mikroorganismen, welche im Boden lebend, gewisse Umwandlungen von stickstoffhaltigen Bestandtheilen veranlassen, aus Proteinstoffen Ammoniak, aus diesem Nitrit und aus letzterem Salpeter hervorbringen.
Ich habe Bodenarten untersucht aus Deutschland, Russland, Kamerun, Südwestafrika, Chile, Ostindien und aus anderen Ländern und traf immer wieder einen ganz merkwürdigen, kleinen Organismus. Da er ein Begleiter der Salpeterbacterien ist und auf denselben künstlichen Nährböden wie diese wächst, glaubte ich, dass er zur Salpeterbildung in irgend einem ursächlichen Zusammenhange stehen würde. Diese Annahme habe ich indess nicht bestätigt gefunden.
Bei der Züchtung der betreffenden Organismen verfahren wir in folgender Weise: Ungefähr 5 g Erde werden mit einer Flüssigkeit übergossen, welche im Liter 2 g Natriumnitrit enthält. Nach Verlauf von 3 Wochen ist (bej 25 bis 30 Grad) das Nitrit durch die im Boden befindlichen Salpeter- bacterien in Salpeter verwandelt. Wir setzen neue Mengen von Nitrit hinzu, und die Oxydation verläuft nach weiteren Zugaben in immer kürzer werdenden Zeitperioden, zuletzt in zwei bis drei Tagen.
Jetzt enthält die Flüssigkeit eine relativ geringe Anzahl von ver- schiedenen Mikroorganismen, weil für die Mehrzahl der ursprünglich vor- handenen Arten weder das Nitrit noch der daraus hervorgegangene Salpeter eine besonders vortheilhafte Nährsubstanz ist. Es werden Plattenculturen auf Agar angelegt, der geringe Mengen von Kaliumphosphat und Natrium- nitrit gelöst enthält. Erst nach längerer Zeit entstehen Colonien. Unter- sucht man die in einer Tiefencolonie (einer vollständig im Nährboden ein- gebetteten Colonie) vorhandenen Organismen, so findet man Stäbchen, die beiderseits zugespitzt sind. Die Länge ist 1 bis 1,5 wu und die Breite 0,6
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2) Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
bis 0,8 f. In den Oberflächeneolonien sind die Organismen ungleich gross, Wir finden Gebilde, die in Zweitheilung begriffen sind und, je nach- dem diese Zweitheilung weiter vorgeschritten ist oder nicht, ist die Grösse dieser bacterienähnlichen Gebilde verschieden.
Macht man Beobachtungen im „hängenden Tropfen“, so sieht man Kurzstäbehen in einer Schleimhülle liegend, und in der Mitte derselben hat eine Verdichtung des Protoplasmas stattgefunden. Man kann ferner sehen, dass die mittlere Schicht durch Zweitheilung sich verändert.
Untersucht man ganz junge Stricheulturen auf Nitritagar, so sieht man ebenfalls Stäbchen, die in einer Schleimhülle liegen und durch Carbol- fuchsin homogen gefärbt sind. Bei zunehmendem Alter der Cultur erscheint das Stäbehen mehr zugespitzt, die Färbung mit Carbolfuchsin ist nicht mehr gleichmässig, sondern ein dunkler gefärbtes Protoplasma liegt in der Mitte des Stäbchens, während der übrige Theil des Stäbchens nur schwach angedeutet und bei Benutzung von wässrigen Anilinfarben kaum zu er- kennen ist.
Diese Concentrirung des Protoplasmas ist auch in flüssigen Culturen gut zu beobachten und zwar in solchen, die keine sehr günstigen Er- nährungsbedingungen für die Organismen darbieten. Insbesondere haben wir sie beobachtet in einem Auszuge von Torf, wo durch die Humussäure die Entwickelung der Lebewesen gehemmt ist. Im Allgemeinen bleibt das Protoplasma nicht lange in der Mitte liegen, sondern es wandert an einen Pol und lagert sich hier als rundliche Masse ab. Nun wird die schwächer sich färbende Hülle erweitert, sie nimmt Eiform an.
Die weitere Entwickelung besteht darin, dass der eiförmige Körper einen Faden austreibt, dessen Breite durchschnittlich nur 0,3 1 beträgt. Wir haben nun Uebertragungen in verschiedene Nährlösungen gemacht. Eine recht gut wirkende. Nährlösung erhalten wir, indem wir Gartenerde mit Wasser extrahiren, die erhaltene Flüssigkeit im Drucktopf auf 2 Atmo- sphären erhitzen, um alle Lebewesen der Erde zu vernichten, und nun setzen wir geringe Mengen von Natriumnitrit hinzu. Der Körper wird in dieser Flüssigkeit 1 bis 1,5 ı lang und 0,75 u breit. Der Faden hat selten eine grössere Länge als 10 u bei einer Breite von 0,3 1.
Häufig, wenn auch nicht immer, bildet sich am anderen Ende des Fadens eine Verdickung, ein kleiner Punkt. Dieser streckt sich, nimmt eiförmige Gestalt an und kann ebenso gross werden, wie der Mutterkörper. Später findet eine Abschnürung der Tochterzelle statt, auch sieht man zahlreiche fadenlose Organismen in den älteren Culturen,
Giebt man zu der Flüssigkeit grössere Mengen von Nitrit, so fehlen die Fäden oft ganz, die Organismen pflegen dann sich homogen zu färben und bilden länglich eiförmige Kurzstäbchen von 1 bis 1,5 Länge und 0,75 bis 1 p Breite.
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 3
Ermässigt man die Menge des Nitrits und vermehrt die humosen Stoffe, indem man beispielsweise ein ganz schwach alkalisch gemachtes Extract von Torf hinzugiebt, so wird die Fadenbildung begünstigt und der eiförmige Mutterkörper wird grösser, er kann zu der doppelten Grösse an- schwellen.
In günstigen Nährmedien tritt eine weitere Aenderung der Gestalt ein. Der Faden bildet echte Verzweigungen, nach Art der Fadenpilze, und so können an den Enden derselben neue Anschwellungen sich bilden.
Hin und wieder sendet der eiförmige Mutterkörper nicht nur an einem Pole einen Faden aus, sondern an beiden Enden. Hier dürfte dann eine wirkliche Mycelbildurg vorliegen, indess ist es recht schwer, dieses äusserst kleine Gebilde in System der Organismen an der rechten Stelle unterzu- bringen. Das eigenthümliche Gebilde gehört weder zu den Bacterien, noch zu den Streptothrixarten, auch wird man es nicht zu den wirklichen Fadenpilzen rechnen können.
Herr E, Merkel machte sodann eine Mittheilung aus dem Gebiet der Schlesischen Mollusken-Fauna.
Wie in verschiedenen, selbst höheren Thierklassen durch Anpassung an lichtlose Aufenthaltsorte blinde Formen entstanden sind, so giebt es auch blinde Schnecken. Eine der Gattung Carychium sehr nahe stehende und vielleicht aus ihr hervorgegangene Gattung hat den Namen Zospeum erhalten, da sie nur in Höhlen lebt. Es sind winzige, augenlose Thierchen mit glasartig durchsichtigem, spitzem Gehäuse. Etwa ein Dutzend Arten derselben bewohnt mit Ausnahme einer spanischen Species sämmtlich die Karstgrotten Krains, und zwar hat fast jede grössere Höhle eine ihr eigen- thümliche Art. — In eine andere Familie gehört die etwa 20 bis 30 Arten zählende Gattung Caecilianella, die in den Mittelmeerländern lebt. Eine Art derselben, ©. acicula, kommt auch in Deutschland vor; sie lebt in der Erde und ist daher sehr schwer zu finden, am leichtesten noch im Genist der Flüsse, wohin sie gelangen, indem die leichten Gehäuse bei Hoch- fluthen vom Wasser gehoben und angespült werden. Lebend ist sie nur höchst selten gesehen worden; v, Martens theilt mit, dass sie wiederholt an menschlichen Gebeinen tief in der Erde gefunden wurde. Innerhalb Schlesiens ist sie im Genist des Bobers und der Neisse und in einem Exemplar an der alten Oder bei Breslau nachgewiesen worden. Vor einiger Zeit nun ist die Schnecke hier in Breslau durch Herrn Kunstgärtner Junger beim Umsetzen einer Plectogyne gefunden worden und zwar neben einigen leeren Gehäusen auch in einigen lebenden Stücken, welche munter und mit schräg aufwärtsgehobenem Gehäuse umherkrochen. Es hat sich leider nicht feststellen lassen, wie lange die Erde in diesem Topf ge- wesen ist, und ob die Eier des Thierchens vielleicht erst im Jahre vorher
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4 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
mit der Erde hineingekommen sind, oder ob das Thierchen sich vielleicht schon längere Zeit innerhalb dieses kleinen Raumes fortgepflanzt hat.
Von Dreissensia polymorpha, der bekannten Wandermuschel, die bisher innerhalb Schlesiens nur aus dem Brandschützer See bei Auras und dem Jungfernsee bei Breslau bekannt war, ist nunmehr im August 1898 durch Herrn Victor Franz das Vorkommen auch in der Oder bei Breslau nachgewiesen worden, und zwar bei Pilsnitz, ungefähr den Dampfer- landungsstellen Oswitz und Schwedenschanze gegenüber. Der Fund ist dadurch interessant, dass er die beiden früheren, scheinbar so isolirten Fundorte in eine gewisse Beziehung bringt, wodurch die Schwierigkeit, das abgeschlossene Auftreten der Muschel an diesen Orten zu erklären, wenigstens verringert wird.
Endlich referirte Herr F. Pax über ‚Grecescu, Conspectul florei Romaniei.
Er wies auf die Bedeutung der Rumänischen Flora hin und die Wichtig- keit ihrer Durchforschung für die Pflanzengeographie Europas, zeigte aber an einer Anzahl von Beispielen, wie wenig die Publication Grecescu’s den von ihr erhofften Erwartungen entspricht. Die von manchen Botanikern gegebenen günstigen Besprechungen des Buches lassen fast vermuthen, dass den Referenten der Gegenstand unbekannt geblieben ist.
9. Sitzung vom 2. Februar 1900. Herr F, Pax legt vor und bespricht Drei neue Euphorbiaceen-Gattungen aus Afrika. Die Diagnosen dieser Genera sind folgende:
1. Pseudolachnostylis Pax nov. gen. Flores dioieci(?). Flores &: Sepala 5 vel 6 imbricata. Petala nulla. Discus evolutus margine leviter erenatus. Androphorum breve ovarii rudi- mento parvo terminatum stamina 5—6 gerens; filamenta libera, antherae longitudinaliter dehiscentes. Flores ©: Sepala 5. Disei glandulae sepalis alternantes. Ovarium triloculare stylis 3 liberis apice bifidis coronatum. Ovula in loculis 2 carunculata. Drupa meso- carpio succoso endocarpio duro praedita. Semina laevia, albumen carnosum, cotyledones latae planae. — Frutices habitu fere Brideliae species simulantes. Folia breviter petiolata integra stipulis parvis deciduis praedita. Flores g in inflorescentias densas dispositi bracteis scariosis deciduis suffulti; flores 2 in foliorum axillis subsolitarii (?).
Die neue Gattung, die in zwei Arten bekannt ist, erinnert im Bau
der ' Blüte einerseits an Lachnostylis, andererseits an Oluytiandra. Andere
Genera der Familie, die gleichfalls ein Androphor besitzen, kommen nicht in Betracht, wie etwa Bridelia oder Cluytia; denn erstere besitzt valvate
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II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section.
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Knospendeckung des £' Kelches, und Cluytia gehört wegen der nur eine Samenanlage enthaltenden Fruchtknotenfächer zu den Crotonoideae, während die neue Gattung offenbar den Phyllanthoideae einzureihen ist. Derselben Unterfamilie gehören Lachnostylis und Cluytiandra an.
Von den zuletzt genannten beiden Gattungen unterscheidet sich Pseudolachnostylis durch den Habitus und die männlichen Inflorescenzen, die reichblüthig fast ein gedrängt-rispenartiges Aussehen zeigen; von Lach- nostylis durch die apetalen Blüthen und die flachen Cotyledonen, von Cluytiandra durch den Besitz eines Discus. Immerhin wird man der neuen Gattung eine Stelle im System unter den Phyllanthoideae anweisen müssen, obwohl sie nähere verwandtschaftliche Beziehungen zu einer der bekannten Gattungen nicht erkennen lässt,
Bekannt sind 2 Arten: Ps. Dekindtii Pax oe maprou- neaefolia Pax (trop. Ostafrika).
2 9. Junodia Pax nov. gen. Flores dioici (?). Flores masculi: Sepala 5 imbricata. Petala 3 crassa valvata. Filamenta numerosa in columnam integram basıi disci glandulis ceinctam connatas, antheris4-locularibus columnae insidentibus horizontaliter dehiscentibus. Flores foeminei —. Ovarıum 3-vel 4-loculare stylis 3 indivisis coronatum, loculis post anthesin inter se secedentibus quasi ovarıum apocarpum formantibus. Ovula in loculis 2. — Frutice ramulis junioribus fulvo-pubescentibus. Folia breviter petiolata indivisa estipulata. Flores utriusque sexus in axillis glomerati.
Eine interessante neue Gattung ohne jeden näheren Anschluss in der Familie. Sie gehört wegen der in jedem Fruchtknotenfach in der Zweizahl vorhandenen Samenanlagen zu den Phyllanthoideae; innerhalb dieser Gruppe ist aber der oben beschriebene Bau des Andröceums unbekannt, und die nach der Befruchtung sich selbständig weiter entwickelnden Carpelle finden höchstens ein Analog bei einzelnen Arten von Flueggea (F!. Bailloniana [Müll. Arg.] Pax). Man wird die neue Gattung daher als Vertreter einer besonderen Gruppe zwischen die Phyllanitheae und Bridelieae einschalten müssen.
Bekannt ist 1 Art, J. triplinervia Pax (Mozambique). -
3. Schubea Pax nov. gen. Dioica. Flores f': Sepala 4 basi connata. Petala 4 ima basi connata crassiuscula valvata.. Stamina 4 petalis alterna antheris introrsis praedita. Discus intrastaminalis. Flores © ignoti. — Arbor parva macrophylla foliis petiolatis; petioli laminam ‚aequantes; lJamina elliptica indivisa simulque profunde trifida apice abrupte caudato-acuminata; stipulae lineari-lanceolatae elongatae. Indumentum partium juvenilium ferrugineo-pubescens. Flores in paniculas amplas valde floribundas dispositi, paniculae rami bracteis late triangularıbus tomentosis suffulti.
6 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Vorstehend beschriebene neue Gattung, die zwar bisher nur in ‚f Blüthen bekannt ist, gehört in die Nähe von Manniophyton, mit der sie die Be- kleidung der jüngeren Triebe, die theils ungelappten, theils tief gegliederten Spreiten, die rispigen Blüthenstände und die am Grunde verwachsenen Petalen gemein hat. Sie unterscheidet sich von Manniophyton durch die Vierzahl der Blüthenhülle und die geringe Zahl der Staubblätter.
1 Art aus Kamerun, Sch. heterophylla Pax.
Herr E. Merkel legt vor eine Anzahl Schlesischer Hieracien.
Eine im Mensegebirge gesammelte Form von H. floribundum, welche sich durch Zartheit des Wuchses und besonders durch die am Grunde stiel- artig verschmälerten Grundblätter auszeichnet, scheint der subsp. erubescens Näg. P. zu entsprechen. — Eine im Riesengebirge an mehreren Orten gesammelte Form von H. pratense Tausch glaubt der Vortragende mit H. sudetorum Näg. P. identificiren zu sollen. — Unter Exemplaren von H. bohemicum Fr. fand der Vortragende bei der alten schlesischen Baude in der Tracht etwas abweichende Stücke, welche von Professor Pax als ein seltener Bastard H. bohemicum > pedunculare angesehen werden. — Bei der Besprechung mehrerer Formen von H. alpinum (H. plejocephalum, tubulosum und foliosum) wird eine Beobachtung des Kunstgärtner Junger mitgetheilt, wonach ein im Garten von ihm cultivirtes typisches H. alpinum nach dem Verblühen blühende Sprosse entwickelte, welche von H. folosum nicht unterschieden werden konnten, so dass. die Frage berechtigt erscheint, ob H. foliosum vielleicht nur als blattreicher, später blühender Spross des typischen H. alpinum zu betrachten sei. — Auf seiner Riesengebirgsexcursion hatte sich der Vortragende unter anderem die Aufgabe gestellt, die in Garcke’s Flora beschriebene, auf nur zwei Exemplare begründete, neue Art, H. Purkynei, welche durch lange, seidenartige Behaarung innerhalb des doldigen Blüthenstandes in Verbindung mit einer geschlossenen Blattrosette eine sehr interessante und sicher erkennbare Form darzustellen schien, auf- zusuchen. Der kahle Berg an der Kesselkoppe des Riesengebirges, ein nicht gerade schwer abzusuchendes, beschränktes Gebiet, wurde auf’s Eifrigste, jedoch vollkommen vergeblich durchsucht. Dagegen fand sich hierbei eine sehr interessante Form von H, auriculiforme und zwar mitten in einem dichten Rasen kleine!, zierlicher, meist einköpfiger Exemplare von HA. auricula var. melaneilema. N. P. Die Pflänzchen sind auch einköpfig und fast nur durch die Sternhaarbekleidung der winzigen Blattrosette von der Stammform zu unterscheiden.
Im Herbst desselben Jahres fand der Vortragende in der Umgegend von, Breslau noch im October H. auriculiforme, H. leptophyton und H. prussicum in reicher Blüthe. Eine interessante Form von H. flagellare mit sehr regel- mässig abgeschlossener Grundblattrosette und niedrigem, dreiköpfigem,
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 7
sparrigem Blüthenstand erwies sich als eine aus den Stolonen der Früh- jahrspflanze erzeugte, zweite Generation, deren Exemplare theilweise noch unbewurzelt waren.
Herr J. Hölscher demonstrirte eine im hiesigen botanischen Garten zur Blüthe gelangte
Iris Danfordiae Bak.,
eine gelbblühende Art, die unseren Culturen neuerdings wieder durch Walter Siehe vom Cilicischen Taurus zugeführt wurde. Aus Curtis’s Botanical Magazine, woselbst Hooker unter Tab. 7140 diese Pflanze ab- bildet, ergiebt sich, dass sie im März 1875 von Mrs. Danford zu Broom- hall Bank, Banchory, Alberdeenshire, die ihren Gatten auf einer ornitho- logischen Expedition nach den Ciliecischen Taurus begleitete, an der Nord- seite des Berges Anaxlia in einer Höhe von etwa 13—1400 m entdeckt wurde. Hier wächst sie zusammen an einem sandigen Abhange, nahe einer Quelle, mit dem prächtigen orangegelben Crocus pariflorus Bak. Im Jahre 1889 sammelte J. Bornmüller in denselben Gebirgen eine Pflanze, welche Professor Haussknecht (Flora 1889 p. 141) als besondere Species, Irıs Bornmülleri Haussk. beschrieb. Es stellte sich aber heraus, dass beide Pflanzen identisch sind; es kann also die Haussknecht’sche Art nicht aufrecht erhalten werden, sondern nur als Synonym von J. Danfordiae gelten, wie dies auch Baker in seinem Handbook of Irideae (p. 44) durchgeführt hat.
Die Zwiebeln der J. Danfordiae sind klein, eikegelförmig, mit bräun- lich grauen, weichen Scheiden, die erst später beim Vertrocknen etwas netz- faserig werden. Die Blätter, die erst nach der Blüthe erscheinen, sind vierkantig, mit ausgehöhlten Seitenflächen, und überragen die Blumen. Blumen gelb, sehr wohlriechend, einzeln, sitzend, mit langer Röhre, die von Scheiden umgeben wird. Ganz charakteristisch ist die Reduction des inneren Perigon- kreises. Während die Blätter des äusseren gross, spatelförmig, zurück- geschlagen und mit zwei schwachen, dunkelorange punktirten Leisten ver- sehen sind, erscheinen die drei Blätter des inneren Kreises zu kleinen, aufrechten, borstenförmigen Gebilden reducirt, so dass Baker, der (Journ. of Botany 1876 p. 265) ‚diese Pflanze zuerst als Xiphion Danfordiae be- schrieb, den Vorschlag machte, daraus eine neue Untergattung, Micropogon, wenn nicht gar eine neue Gattung zu bilden.
Die Cultur dieser schönen Pflanze verursacht durchaus keine Schwierig- "keiten, da sie mit jedem gewöhnlichen Gartenboden vorlieb nimmt und vollständig winterhart ist.
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cul!ur.
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‚3. Sıtzung vom 16. Februar 1899,
Herr Fr. Fedde hielt einen Vortrag über die
pflanzengeographische Verbreitung der Gattung Mahonia.
Wie die Verbreitungsgebiete vieler anderer Gattungen (Magnolia, Viburnum, Ulmus, Morus u. a. m.) auf einen engen Zusammenhang der Floren von Nordostasien und Nordamerika hindeuten, so gilt dies auch von den Arealen der mit einander nahe verwandten Gattungen Berberis und Mahonia.
Die etwa 90 Arten umfassende Gattung Berberis, sowie die etwa 30 Arten starke Gattung Mahonia wurden bisher von sehr vielen Autoren zu einer Gattung (Berberis) mit den Subgenera Euberberis und Mahonia zusammengezogen. Bei meinen Studien über Mahonia gelangte ich zu dem Resultat, dass die Gattung Mahonie als solche doch noch aufrecht zu er- halten ist, wenn auch deren verwandtschaftliche Beziehungen zu Berberis sehr nahe sind.
Allerdings beruhen die Merkmale, die schon Nuttall') zur Begründung einer neuen Gattung Mahonia hervorhob, auf einem Irrthum. Die Drüsen an den Blumenblättern, die nach Nuttall bei Mahonia fehlen sollten, hat er nur übersehen; bei allen Mahonien kommen derartige Drüsen, über deren systematischen Werth sich ausserdem sehr streiten lässt, vor, wenn auch oft nur sehr klein und wenig entwickelt.
Was das andere Merkmal, das Vorhandensein von kleinen, zahnartigen- Anhängseln an den Filamenten unterhalb der Antheren betrifit, so ist dies Merkmal erstens kein durchgehendes, da bei verschiedenen Mahonien diese Anhängsel fehlen, wie z. B. bei Mah. nepalensis DC., Mah. japonica DC., Mah. eurybracteata Fedde, Mah. trifoliolata (Moric) Fedde u. a. Zweitens finden sich derartige Zähne auch bei echten Berberisarten, wie bei B. buxifolia Lmk.,’) B. rariflora Lechler, B. boliviana Lechler, B. congestiflora Gay, B. Jamesoni Lindl., B. actinacantha Mast., B. heterophylia Juss., B. tomentosa R. u. P., B. empetrifolia Lmk. und anderen Arten der Section Odontostemones Unteri. Der einzige wirklich durchgreifende Unterschied liegt eben in der Belaubung: bei Mahonia unpaarig gefiederte, immergrüne, bei Berberis einfache, theils immergrüne, theils sommergrüne Blätter.
Als Hauptgrund für die Vereinigung von Be und Mahonia zu einer Gattung führt Brown an, dass die einfachen Blätter von Berberis am Grunde eine Articulation besässen, genau so wie die Endblättchen der Fiederblätter von Mahonia. Man müsse also das einfache Blatt von Berberis als ein reduciertes Fiederblatt auffassen, und somit wäre die nahe Verwandtschaft der beiden Gattungen scharf nachgewiesen. Dass’
1) Gen. Americ. I. 211. (1818.)
2) Nach Usteri, das Geschlecht der Berberitzen in Mitth. d. Deutsch. dendrol. Ges, n. 8 p. 90, 1899, können die Zähne hier auch fehlen.
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 9
Berberis und Mahonia sehr nahe verwandt sind, daran hat wohl bei der sonstigen Uebereinstimmung der beiden Gattungen in zahlreichen Merk- malen noch Niemand gezweifelt; dass sie zwei Entwickelungsreihen dar- stellen, die auf einen gemeinsamen Ursprung zurückführen, ist nach den Lehren der Entwicklungsgeschichte klar. Aber es giebt noch eine Reihe anderer Unterscheidungsmerkmale zwischen Mahonia und Berberis, die allerdings für Mahonia meist negativ, für Berberis nicht durchgreifend sind.
So entspringen die Blüthenstände von Mahonia immer aus der Achsel der Knospenschuppen der Winterknospen an Langtrieben, bei Berberis stehen sie an der Spitze von Kurztrieben, die aus der Achsel von Blattdornen entspringen und an ihrem Grunde mit Laubblättern besetzt sind. Mahonia ermangelt daher sowohl der Kurztriebe wie der Dornen, während die oben für Berberis angegebenen Merkmale nicht durch- gehen, da bei B. insignis Hook. et Thoms. und B. acuminata Franch. nach Usteri!), die Kurztriebe fehlen oder ‚„verkümmert“ und die Blätter an den Langtrieben nicht in Dornen umgewandelt sind.
Die Blüthen von Mahonia stehen immer in Blüthenständen, während bei Berberis sowohl Blüthenstände wie Einzelblüthen vorkommen. Die Blüthenformel von Mahonia lautet immer: K3z+3 +3 0 3+3 A313 61, während die Blüthen von Berberis meist der Formel K3ı3 0343 A313 G1 entsprechen; Mahonia besitzt also drei Kelchblattkreise?), während wieder bei Berberis der zweicyklische Kelch nicht durchgehend ist. So besitzt nach Citerne?) B. Wallichiana DO. 3, B. empetrifolia Lamk. 4, B. aristata DC. und DB. quinduensis H. B. K. sogar 5 Kelchkreise.
Die Gattung Mahonia zerfällt in 4 deutlich von einander ge- schiedene Gruppen, nämlich in die Aquifoliatae, Horridae, Pani- culatae und Longibracteatae, die auch pflanzengeographisch ziemlich scharf begrenzt sind. |
Die Agquifoliatae zeigen meist gestauchte, dicht- und vielblüthige Trauben, die aus der Achsel von verhältnissmässig kleinen, schuppen- förmigen Tragblättern entspringen. Die Fiederblättchen sind fast durchweg dornig gezähnt und lederartig, besitzen aber unter der Epidermis niemals ein Hypoderm aus Bastfasern.
Hierzu gehören: M. Aquifolium Nutt., M. pinnata (Lag.) Fedde, M. repens Don, M. pumila (Greene) Fedde, M. nana (Greene) Fedde, M. angusti-
1) Usteri, 1. c. p. 37.
2) Eichler bemerkt in seinen „Blüthendiagrammen“ II. p. 136, dass auch bei Mahonia nicht selten nur 2 Kelchquirle vorkämen, so dass also hier kein generischer Unterschied zu finden sei. Ich habe aber, trotzdem ich eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Mahonienblüthen analysirte, immer 3 Kelchkreis: gefunden.
3) Berberidees et Erythrospermees p. 12. 1892,
10 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
folia (Hartw.) Fedde, M. gracilis (Hariw.) Fedde, M. Schiedeana (Schldl.). Fedde, M. Chochoco (Schldl.; Fedde.
Die Horridae besitzen kleine, locker- und wenigblüthige Trauben, deren Tragblätter ebenfalls klein und unscheinbar sind. Die Blätter bestehen aus meist wenigen, 1—2 Fiederpaaren, die Fiederblättchen sind blaugrün gefärbt, verhältnissmässig schmal, starr lederartig, dabei mit ausserordentlich langen, harten Stacheln versehen, und besitzen unter der Epidermis ein Hypoderm von Bastfasern. :
Hierzu gehören: M. trifoliolata (Moric.) Fedde, M. Fremonti (Torr.) Fedde mit deren Varietät haematocarpa (Woot.) Fedde.
Die Blüthenstände der Paniculatae sind mit einer einzigen Ausnahme Rispen, die ausserordentlich lang gestielt und lockerblüthig sind. Sie ent- springen aus der Achsel von meist dreieckigen, lang zugespitzten Tragblättern, die grösser als bei den beiden vorher genannten Gruppen sind. Die Blätter besitzen zahlreiche Fiederpaare. Die Fiederblättchen sind öfters ganzrandig und weniger lederartig. Ein Hypoderm aus Bastfasern ist nicht vorhanden.
Hierher gehören: M. tenuifolia Loud., M. paniculata Oerst., M. pallida (Hartw.) Fedde, M. Hartwegi (Benth.) Fedde, M. Ehrenbergi (Kunze) Fedde, M. Pasxii Fedde und M. zimapana Fedde.
Die Longibracteatae besitzen einfache, langgestreckte Trauben, die meist äusserst dichtblüthig sind und aus der Achsel von langen, spitzen, meist stark verdickten, spelzenartigen Tragblättern entspringen. Die Blätter sind ähnlich kräftig entwickelt wie bei den Paniculatae, indess zeigen hier die Fiederblättchen eine kartonpapierähnliche Beschaffenheit, die von einem Hypoderm aus Bastfasern herrührt.
Die bekannten Arten sind: M, nervosa Nutt., M. nepalensis DC., M. japonica DC., M. gracilipes (Oliv.) Fedde, M. eurybracteala Fedde, M. polyo- donta Fedde und M. Fortunei (Lindl.) Fedde.
Im Gegensatz zu den übrigen Berberidaceen, die im extratropischen Gebiet der nördlichen Halbkugel vorkommen, zeigen Berberis und Mahonia eine weitere Verbreitung. Sie reichen südlich bis über den Aequator hinaus. Vergleicht man das Areal der Verbreitung von Berberis mit dem von Mahonia, so zeigt es sich, dass Berberis eine viel weitere Ver- breitung besitzt als Mahonia. Wo Mahonia-Arten auftreten, ist in der Regel auch Berberis entwickelt.
Eine Ausnahme hiervon macht nur das pacifische Nordalerike wo die Mahonien vorherrschen. Nur B. Fendleri Gray kommt hier vor.
Während in Amerika Mahonia nur an der Westküste im pacifischen Gebiet vorkommt, nämlich von der Insel Vancouver und der Mündung des Fraserflusses unter 50° N. B., bis zum Südrande des Plateau von Anahuae, auf dem Mahonia ein Hauptentwickelungscentrum zeigt, und darüber hinaus nach Süden mit einem vereinzelten Posten an dem Vulkan Irazu bei San Jose in Costa Rica, also bis 10° N. B., kommt Berberis auch
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 11
im atlantischen Theil von Nordamerika vor und reicht über den Aequator hinaus nach Süden mit einem Hauptentwickelungscentrum in den Anden, bis nach Feuerland vordringend.
In Asien ist Mahonia auf den Osten und Südosten beschränkt, nämlich auf Japan, das östliche China, Hinter- und Vorderindien, sowie auf Java. Hier kommt sie aber überall nur in temperierten Klimaten, also auf den Gebirgen oder in der Nähe der Meeresküste vor. In China kann wegen der geringen floristischen Durchforschung des Gebietes die westliche Ver- breitungsgrenze von Mahonia nicht mit Genauigkeit angegeben werden. Berberis dagegen reicht von Indien westwärts durch Persien und Kleinasien bis ins Mittelmeergebiet und besitzt sogar noch mit B, vulgaris L. einen Vertreter in Mitteleuropa.
In Afrika findet sich, ausser im mediterranen Küstengebiet, Berberis noch weiter südlich, nämlich auf den Bergen von Abessinien die haupt- sächlich in Vorderindien heimische B. aristat« DC. und in Usambara B. Holstii Engler.
Betrachten wir nun die pflanzengeographische Verbreitung der einzelnen Arten von Mahonia in Hinsicht auf die oben angeführten 4 Gruppen, so finden wir, dass diese Gruppen auchpflanzengeographisch ziemlich deul- lich von einander geschieden sind. Die Aquifoliatae, Horridae und Paniculatae kommen nämlich ausschliesslich in Amerika vor, die Long:- bracteatae dagegen mit einer einzigen Ausnahme in Asien. Diese Ausnahme bildet M. nervosa Nutt. (M. glumacea DC.), die zweifellos zu der Gruppe der Longibracteatae gehört und in den Wäldern (meist Kieferwäldern) der West- küste von Nordamerika von 50°—36° N. B. vorkommt.
A. Die amerikanischen Mahonien.
Betrachten wir das Auftreten der einzelnen Arten hinsichtlich ihrer Verbreitung von Nord nach Süd, so finden wir, dass M. repens Don am weitesten nach Norden reicht, nämlich in den Rocky Mountains von Britisch- Columbien bis ungefähr 55° N. B."). Südwärts reicht sie bis Neu-Mexico bis 35° N, B., ostwärts bis Wyoming und die westlichen gebirgigen Gegenden von Süd-Dacota.
Etwas weiter südlich, nämlich bei 50° N. B. beginnt das Verbreitungs- gebiet von M. Aquifolium Nutt. Sie reicht vom südlichen Britisch-Columbien und der Insel Vancouver an der Küste entlang bis zu den Monterey Ranges
1) Ich habe versucht die Nord-Südverbreitung der amerikanischen Mahonien nach der geographischen Breite festzustellen. Natürlich können diese Angaben auf unbedingte Richtigkeit keinen Anspruch machen, da einerseits die einschlägigen Gegenden immer noch wenig durchforscht sind, ich andererseits zwar eine reichliche Menge von Exemplaren zur Verfügung gelıabt habe, aber jedenfalls auch noch in anderen Gegenden Exemplare gesammelt worden sind. Meine Angaben beruhen auf dem durchgesehenen Herbarmaterial und den Litteratur-Angaben,
19 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
im Süden der San Franeiscobai, ostwärts geht sie bis an die Columbia- quellen und ist in den ganzen Rocky Mountains verbreitet.
Im Verbreitungsgebiet von M. repens und Aguifolium kommen noch vor die mit M. repens nahe verwandte, wenn nicht identische‘) M. nana (Greene) Fedde in den Rocky Mountains von Idaho und Montana südwärts bis nach Neu-Mexico und Arizona (48°—35° N.B.) und ferner die mit der Aquifolium verwandte M. pumila (Greene) Fedde in der Sierra Nevada von Californien in der Sequoia-Region (ungefähr von Siskiyon Co. bis Amador Co. 42°—38° N. B.).
Direkt an das Verbreitungsgebiet von M. Aquifolium schliesst sich nach Süden an das Gebiet der nahe verwandten M. pinnata (Lag.) Fedde von der San Franeiscobai (38° N. B.) südwärts an der Küste bis zum Vor- gebirge San Diego an der Nordgrenze von Nieder-Californien. Hier ver- lässt sie die Küste und breitet sich östlich bis Neu-Mexico in das Fluss- gebiet des oberen Rio Grande del Norte und südöstlich bis Mexico (19° N. B.) aus, wo sie überhaupt ihr Hauptentwickelungscentrum zu be- sitzen scheint.
Während im nördlichen Theil des pacifischen Nordamerikas nur die bisher erwähnten Formen auftreten, die sämmtlich der Gruppe der Aquifoliatae angehören, erscheint weiter südwärts ein grösserer Formenreichthum; es tritt hinzu die Gruppe der Horridae und Paniculatae.
Schon am 41. Grade N. B. tritt M. Fremontü (Torr.) Fedde mit blauen Beeren und ihrerothfrüchtigeAbart haematocarpa (Woot.) Feddeauf. Von Nevada, Utah und Colorado durch Unter-Californien, Arizona, Neu-Mexico bis West- Texas (30° N. B.) in den nur mit niedrigen Sträuchern bedeckten Steppen bildet M. Fremontü zusammen mit Quercus undulata ein schwer passirbares Gestrüpp und verleiht der Landschaft ein ganz eigenthümliches, auffallendes Gepräge?). C. A. Purpus beobachtete den Strauch im obern Flussgebiet des Colorado in der Mesa Grande, einem theilweise aus Basalt, theilweise aus Sedimentär-Gestein (Sandstein, Kalk etc.) bestehenden, zu dem System der Rocky Mountains gehörigen Gebirgszuge von ungefähr 3000 m Höhe. Nach ° Purpus tritt er in diesen Gegenden nur sporadisch auf und scheint hier seine nördlichste Verbreitung zu erreichen. Besonders üppig scheint er auf Kalkboden zu gedeihen und wächst besonders an den östlichen Ab- hängen steiniger, sandiger Hügel auf trockenen Stellen, bisweilen auch im Halbschatten der. sehr lichten Wälder von Juniperus occidentalis var. monosperma und von Pinus edulis.
Weiter im Süden kommt zusammen mit M. Fremonti die ganz ähn- liche M. trifoliolata (Morie.) Fedde vor. Sie ist verbreitet im südlichen
}) Iclı habe keine Herbarexemplare dieser Pflanze erhalten können, sondern kann nur nach der dürftigen Beschreibung von Greene in Pittonia III. p. 98 urtheilen. 2) Parry, Botanical observations in Southern Utah. 1874. I.
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 13
Texas und in Mexico von 32°—22° N. B. Newberry!) beobachtete sie am Rio grande, wo sie in den Chapparals mit zwei Acaciaarten undurchdring- liche Dickichte bildet; auf den Prairien kommt sie nach Hartweg zu- sammen mit Opuntia, Yucca und Prosopis vor.
M. Fremontü und M. trifoliolata sind nach ihrem ganzen Habitus und ihrer anatomischen Structur echte Xerophyten. Sie besitzen langdornige starre, stafk gewellte Blätter und mit Papillen besetzte, stark verdickte Epidermisaussenwandungen der Blätter, die ausserdem noch oberseits ein subepidermales, aus langgestreckten Bastfasern bestehendes Hypoderm auf- weisen.
. Von Aguifoliatae finden sich noch hier im Süden M. gracilis (Hartw.) . Fedde in Süd-Texas und Mexico von 28°—30° N. B. und die zierlich- blättrige M. angustifolia in der Provinz Hidalgo unter 20° N. B. Ferner die in den Llanos von Nordost-Mexico vorkommende M. Schiedeana (Schldl.) Fedde (unter 25° N. B.) und die mit glänzenden, ganzrandigen Blättern dichtbesetzte M. Chochoco (Schldl.) Fedde, die unter 19° N. B. auf dem Plateau von Anahuac den südlichsten Vorposten der Aquifoliatengruppe darstellt.
Wie in Mexico das Hauptentwickelungsgebiet der amerikanischen Mahonien überhaupt zu sein scheint, und wie neue Forschungsreisen daselbst gewiss noch neue Arten von Mahonien zu Tage fördern werden, so ist gerade der südliche Theil des mexicanischen Hochlandes das Entwickelungsgebiet der Gruppe der Paniculatae, die anscheinend auf den Raum zwischen dem 22. und dem 18.9 N.-B. beschränkt sind. Dies sind die ziemlich ver- breitete M. pallida (Hartw.) Fedde, M. Hartwegi (Benth.) Fedde, M. Ehren- bergi (Kunze) Fedde, die am Pic von Orizaba besonders häufige, einfache Trauben besitzende M. tenuifolia Loud., sowie die bei Zimapan im Norden von Mexico im Jahre 1840 von Ehrenberg gefundenen und vom Verfasser neu beschriebenen Arten M. zimapana Fedde und M. Paxü Fedde.
Am Südrande des Plateau von Anahuac hören die Mahonien plötzlich auf, und wie ein einsamer Vorposten mahnt uns noch die in Costa Rica am Vulkan Jrazu in feuchten Bergwäldern unter 10° N. B. auftretende M. paniculata Oerst. an die Fülle der Entwickelung der Gattung in Mexico. Meine persönliche Ueberzeugung ist es übrigens, dass dieses Vorkommen einer Mahonia nur scheinbar ein isolirtes. ist, da auf den floristisch wenig durchforschten Gebirgen von Nicaragua, Honduras und Guatemala wohl auch noch Mahonien aufgefunden werden dürften.
Ueber die einzige zu den Longibracteatae gehörige und in Amerika heimische M. nervosa Nutt. ist schon auf S. 11 berichtet worden.
1) Newberry in Transact. N. Y. ac. 1882 p. 9.
14 | Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
B. Die asiatischen Mahonien.
Wie schon oben erwähnt wurde, kommen in Asien nur Vertreter der Gruppe der Longibracteatae vor. Alle diese Mahonien zeigen unter sich eine sehr nahe Verwandtschaft und lassen sich oft nur schwer von ein- ander trennen. Dies ist besonders der Fall bei M. japonica DC. und M. nepalensis DC. Die beiden Arten, die in ihren typischen Formen ganz deutlich von einander unterschieden werden können, besitzen -soviel Ab- änderungen und Uebergangsformen, dass man es manchen Systematikern nicht verdenken kann, wenn sie beide Arten zusammengezogen haben.
Ich gehe hier auf die Abarten und Unterarten nicht näher ein und will nur die Verbreitung der beiden Hauptformen besprechen. Während M. nepalensis ihr Hauptverbreitungscentrum mehr südlich liegen hat, ist M. japonica mehr auf den Norden beschränkt. M. nepalensis findet sich auf dem Himalaja, auf den Gebirgen Vorderindiens bis südlich hinab zu den Nilgiri-Bergen und Travancore an der Malabarküste, auf den Gebirgen Hinterindiens, nordwärts vom Brahmaputra vorbei, südwärts bis Malakka, auf Java, und schliesslich nordwärts in China. Ob siein Japan wild vorkommt, kann ich nicht mit Genauigkeit angeben. Wahrscheinlich findet sie sich hier nur angepflanzt in Gärten. Ihr Verbreitungsbezirk erstreckt sich also von 35° N, B.!) bis 8° S. B. und sie ist die südlichste aller Mahonien.
Nach den Autoren kommt M. japonica auch im Himalaja vor. Herbar- exemplare von dort habe ich nicht gesehen. Ihr Hauptentwickelungsgebiet ist China. Obgleich die Pflanze japonica benannt ist, ist es gar nicht sicher, ob sie auch wirklich in Japan heimisch ist und dort wild vor- kommt. Nach Tokutaro Ito?’) soll sie in Japan zwar in Gärten ausser- ordentlich häufig angepflanzt werden, wild aber nirgends vorkommen.°) Ein Fund vom Berge Haku in der Provinz Kaga soll sehr zweifelhaft sein. Ihr Verbreitungsbezirk reicht also, wenn man annımmt, dass sie im Himalaya überhaupt, in Japan wild. vorkommt, von 40% — 25° N.B.
Mit den beiden eben besprochenen Arten nahe verwandt sind M. gracilipes (Oliv.) Fedde und M. eurybracteata Fedde, die in Szetschwan sich finden. Ferner tritt hier M. polyodonta Fedde auf. Beide Arten, die sich, wie alle andern Vertreter der Longibracteatae, ebenfalls durch eine prächtige Belaubung auszeichnen, beschrieb ich neu nach von Bock und Rosthorn gesammelten Exemplaren aus dem Herb. Christiania. Ich bin der Ueberzeugung, dass eine weitere floristische Durchforschung des inneren China uns noch manche neue schöne Mahonia bringen wird.
Im Habitus ganz anders aussehend, aber auch zu den Longriracteatae gehörend, findet sich in Nordchina noch die schmalblättrige M. Fortunei (Lindl.)
!) Wenn man sie als in Japan wild vorkommend annimmt. 2) Tokutaro Ito in Journ. Linn. Soc. 1887. p. 498. %) Tokutaro macht diese Angaben auf Grund der Angaben von Keiske.
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 15
Fedde, von den Chinesen „Tsche-wang-tschok‘‘ d. h. gelb-blauer Bambus genannt wegen ihres aufrechten, stattlichen Wuchses und ihrer gelben Blüthen und blau-grünen Blätter.
Fossile Arten.
Von fossilen Mahonien ist bis jetzt nur sehr wenig bekannt. Nach Schenk!) gehören die bisher gefundenen Arten alle dem Tertiär (oberes Oligocän bis oberes Miocän) an. Er erwähnt zunächst B. rhopaloides Sap., von der bei Armissan ein Blättchen gefunden worden ist, das seiner Meinung nach unzweifelhaft von einem gefiederten Blatte stammen soll. Der beigefügte Holzschnitt zeigt ein ziemlich langgestrecktes, linealisches Blatt mit einem Hauptnerv und feinen, netzadrigen Seitennerven, einem schwach gezähnten Rand mit flachen Buchten und kaum sichtbaren Dornen, sowie eine kreisförmig abgerundete Spitze. Das ganze Blatt ähnelt dem von M. Fortunei, deren Blätter aber lang zugespitzt sind. Man.kann indess aus der Zeichnung des fossilen Blattes nicht deutlich genug erkennen, ob die Spitze nicht abgebrochen ist. Dann wird B. strieta Sap. erwähnt, von der einzelne Fiederblättchen ebenfalls von dem Fundort von Armissan stammen, die nach Prantl?) ebenfalls den Fiederblättchen von M. Fortunei ähnlich sein sollen. Schenk erwähnt ausserdem als von ungewisser Zugehörigkeit noch Blattfragmente einer B. helvetica Heer. von Steinerberg, die den Blättern von M. Aguifolium ähnlich sein sollen.
In der sonst so reichen Flora des Bernsteins haben sich bis jetzt Mahonien noch nicht gefunden. Von fossilen Mahonien ist also nur sehr wenig und dies auch nur höchst unsicher bekannt. Sollte sich aber die Identität dieser Reste mit Mahonia ergeben, so wäre dadurch festgestellt, dass die Mahonien, deren Formen heute nur Nordamerika, Ostasien und den Himalaja bewohnen, im Tertiär auch in Europa heimisch gewesen sind. Dies wäre um so weniger wunderbar, als eine ganze Anzahl von jetzt noch in Amerika heimischen Pflanzen im tertiären Europa vorkamen, wie Taxodium, Liquidambar, Sassafras u. a. mehr.
Ueberlegst man sich, welche grosse Wichtigkeit gerade solche paläon- tologische Urkunden für die Lösung wichtiger pflanzengeographischer Probleme besitzen, die nach der gegenwärtigen Verbreitung der einzelnen Arten noch vollkommen unklar sind, so muss man leider gerade bei Mahonia _ eingestehen, dass man hier auf ziemlich grosse Schwierigkeiten stösst. Ab- gesehen von den noch sehr dürftigen Funden fossiler Mahonien sind gerade die Blätter dieser Pflanze, wenn auch ihre derbe und lederartige Structur die Erhaltung in Abdrücken begünstigt, wie die Blätter keiner anderen, Verwechslungen mit anderen Pflanzen ausgesetzt; haben doch die einzelnen
1) Zittel, Handbuch der Palaeontologie II. Abt. Palaeophytologie v. Schenk. 1890. p. 499. 500. 1) In Engler-Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien. III. 2. p. 77. 1891.
I6- Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Fiederblättchen vieler Arten oft eine grosse Aehnlichkeit mit den Laub- blättern anderer immergrüner Pflanzen, wie z. B. mit Dex u. a. m. Ist es doch sogar bei einer recenten Mahonia vorgekommen, dass sie anfangs für eine Ilex gehalten wurde. So wurde nämlich Mahonia japonica zunächst von Thunberg als Ilex japonica beschrieben, da dieser ein gefiedertes Blatt für einen ganzen Zweig hielt.
Auch hat man bei Bestimmungen paläontologischer Pflanzenfunde viel weniger auf die Beschaffenheit der Nervatur und des Blattrandes, als viel- mehr auf die Beschaffenheit der Früchte zu achten und solche hat man, wie es scheint, von fossilen Mahonien noch nicht gefunden.
Was lässt sich nun aus allen den eben angeführten Thatsachen für ein Schluss in Bezug auf pflanzengeographische Verhältnisse ziehen? Zu- nächst können wir die asiatische und nordamerikanische Verbreitung von Mahonia als einen neuen Beweis der engen Verwandtschaft der nordost-asiatischen und nordamerikanisch‘n Flora an- führen. Mahonia gleicht hierin vollkommen den Gattungen Magnolia, Sitaphylea, Rhus, Liquidambar, Viburnum, Diospyros, Catalpa, Ulmus, Morus und vielen anderen mehr.
Ferner können wir einen Schluss auf die Verbreitung von Berberis und Mahonia im Laufe der jüngsten Erdepochen machen. Wir müssen nämlich annehmen, dass im jüngeren Tertiär Mahonia eircumpolar ver- breitet gewesen ist und dass sie dann mit Eintritt der Eiszeit strahlig nach Süden gewandert ist. Engler!) nimmt an, dass im Tertiär, ja schon in der Kreide im Norden eine grosse, ausgedehnte Landverbindung existirt habe, die jetzt durch die Behringsstrasse unterbrochen ist, dass ferner im Süden diese Landverbindung drei grosse Halbinseln besessen habe: Kamt- schatka mit Kurilen und Japan, das westliche und schliesslich das östliche Nordamerika, letztere beide getrennt durch einen Meerbusen, der im Becken des Mississippi bis zur Einmündung des Ohio nach Norden reichte, sowie durch einige nördlich gelegene Binnenseen. Auf diesen drei Landbrücken sind nun die Pflanzen von der nördlichen Landverbindung nach Süden sewandert. Merkwürdig ist hierbei jedenfalls, dass sich im atlantischen Nordamerika Mahonia nicht findet, während Berberis doch dort verbreitet ist. Finden sich doch Acer und viele andere Laubhölzer, die in Ostasien verbreitet sind, gerade wieder im atlantischen Nordamerika, während sie im pacifischen nicht entwickelt sind. Ob Mahonia dorthin überhaupt nicht gelangt ist, oder ob sie durch irgend welche Umstände zum Aussterben gebracht worden ist, lässt sich auf Grund der :.bisherigen paläontologischen Funde nicht fest- stellen. Auf den beiden anderen Landbrücken ist aber Mahonia nach Süden gewandert und hat sich in mannigfachen Arten differenziert.
!) Engler, Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt I. p. 37. 1879.
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 17
Eine weitere interessante Frage ist die nach dem Zeitpunkte, an dem sich die einzelnen Gruppen von Mahonia entwickelt haben. Haben sich die einzelnen Gruppen schon im Tertiär getrennt oder ist diese Trennung erst später erfolgt. Gerade die letztere Annahme, dass nämlich die Gruppen sich erst später durch locale Einflüsse herausgebildet haben, hat bei Mahonia viel Verlockendes für sich, da Longibracteatae einerseits, Aquifoliatae, Horridae und Paniculatae andererseits durch den breiten Stillen Ocean getrennt, einander gegenüberstehen. Freilich macht hier die Longibracteata M. nervosa, die im pacifischen Nordamerika vorkommt, eine Ausnahme. Dass M. nervosa erst in einer späteren Zeit nach Amerika hinüber gewandert sei und sich dort weiter entwickelt habe, kann man nicht so ohne Weiteres behaupten. Für einen Wassertransport sind die Früchte von .Mahonia _ durchaus ungeeignet, Vögel können einen solchen Zwischenraum, wie er zwischen Ostasien und Nordamerika vorhanden ist, ohne Zwischenstation nicht durchmessen. An eine Verschleppung durch Menschen ist natürlich überhaupt nicht zu denken. Für die spätere Einwanderung spricht eigent- lich nur das Vorhandensein der Pflanze in der Küstenregion, denn weiter landeinwärts ist die Pflanze noch nicht gefunden worden. Erst die nähere paläontologische Durchforschung von Ostasien und Nordamerika kann uns hier eine nähere Auskunft geben. Für jetzt müssen wir annehmen, dass alle 4 Gruppen nach Nordamerika gewandert sind, dass sich aber die Aquifoliatae, Horridae und Paniculatae reich entwickelt haben, während von den Longibracteatae nur die eine Art M. nervosa erhalten geblieben ist, dass aber in Ostasien nur der Stamm der Longibracteatae sich weiter ent- wickelt hat.
Herr R. Dittrich machte sodann einige hymenopterologische Mittheilungen;
er demonstrirte eine Sammlung von Phyllantkiden und legte eine Anzahl von Bienen vor, mit abnormer Augen- und Flügelbildung.
4. Sitzung vom 2. März 1899.
Herr Kückenthal zeigte eine Anzahl vorzüglich conservirter See- thiere aus Neapel und Messina und besprach im Anschluss daran die be- sonders in Neapel ausgebildete Methode der Conservirung.
5. Sitzung vom 16. November 1899.
Herr O. Brefeld hielt einen Vortrag Ueber Brandpilze und Brandkrankheiten. I.
Zu Anfang der achtziger Jahre legte ich in einer ersten Unter- suchungsreihe dar, dass die Formen der Brandpilze, welche man bis dahin für Parasiten im engsten Sinne zu halten gewohnt war, auch ausser-
1899. 2
18 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
halb der Nährpflanzen in beliebigen Nährsubstraten zu leben vermögen.') Die Ueppigkeit der Entwickelung dieser Pilzformen in todten Nährmedien, unabhängig von den gewohnten Nährpflanzen, steigerte sich zu ganz un- geahnter Höhe, sie war namentlich nach der fructificativen Seite nicht minder gross, wie man sie bei irgend einem saprophytisch lebenden Pilze anzutreffen gewöhnt ist.
Bei der einen Formenreihe, welche durch den Typus der Gattung Ustilago vertreten wird, erfolgte in flüssigen Nährmedien eine unbegrenzte Vermehrung der Conidien, welche an den Keimlingen der Brandsporen, den Hemibasidien, gebildet werden, und zwar in der Form von directen Sprossungen in Hefenform. Die Conidiensprossungen häuften sich zu niederschlagartigen Massen in den Nährlösungen an, um mit deren Er- schöpfung zu Fäden auszutreiben. — Bei einer zweiten Formenreihe, für welche die Formen der Gattung Tilletia als Typus dienen können, wurden aus den Conidien der Hemibasidien zuerst Mycelien gebildet, auf welchen weiterhin die Conidien nach Art eines Schimmelpilzes in Luft ab- gegliedert wurden, oft bis zu lagerartigen Massen auf förmlichen Mycel- rasen gesteigert.
Weitere Untersuchungen, welche im Laufe der nächsten 15 Jahre auf alle erreichbaren Formen der Brandpilze, ganz besonders aber auf diejenigen Formen ausgedehnt wurden, die auf unseren Cerealien die bekannten Brandschäden?) hervorbringen, ergaben im Wesentlichen die gleichen oder nur unwesentlich verschiedene Resultate.
Mit diesen Untersuchungen und ihren Ergebnissen ist gleichsam ein weiterer Abschnitt in der Entwickelungsgeschichte der Brand- pilze, den man- bisher ganz übersehen und ausser Acht gelassen hatte, neu erschlossen worden, der Abschnitt, der sich ausserhalb der Nähr- pflanzen und ganz unabhängig von diesen vollzieht, Nach der morphologischen fructificativen Seite, in der Erzeugung und der Vermehrung der Brandpilzkeime, ist dieser neugefundene Abschnitt der Entwickelung von dem grössten Interesse, er ergänzt unsere bisherigen Kenntnisse über die Reihe der Formgestaltungen, welche die Brandpilze in ihren Fruchtformen durchlaufen, in ganz wesentlichen Punkten.
Aber über diese morphologisch wichtigen Resultate hinaus, ist es nament- lich die biologisch-pathologe Seite der Brandpilze, welche durch die neuen Aufschlüsse auch neue Aufklärungen erfährt.
Ueber die natürliche Verbreitung der Brandpilze, über das Auftreten und die, Verbreitung der Brandkrankheiten, und
1) Brefeld, Untersuchungen aus dem Gespunteebiete der Miykalagıe Heft V, Brandpilze I 1883, Leipzig bei Arthur Felix.
2) Brefeld, 1. ec. Heft XI u. XII, Brandpilze II u. III. 1895, Münster i. Selbstverlag bei Heinr. Schöningh.
TRREPTTREN
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 19
ganz besonders über die Branderscheinungen in unseren Culturpflanzen waren bis dahin unsere Kenntnisse sehr dürftige und un- genügende, sie standen gleichsam still in der vorgefassten Meinung, dass die Brandpilze als parasitische Pilze einzig und allein auf die Nähr- pflanzen für ihre Entwickelung angewiesen seien, die sie in so bestimmter Wahl immer wiederkehrend befallen und bewohnen. !
Es ist gerade an dieser Stelle von besonderem Interesse, sich daran zu erinnern, dass schon lange vor der Zeit meiner Untersuchungen Meinungen laut geworden sind, welche auf eine Vegetation der Brandpilze ausserhalb der Nährpflanzen ganz nachdrücklich hinwiesen. Es waren die praktischen Landwirthe, welche ihre Beobachtungen und Erfahrungen über das Auftreten des Getreidebrandes dahin aussprachen, dass durch frischen Dünger das Auftreten des Brandes besonders gefördert würde.
Diese Erfahrungen der Landwirthe, welche von gelehrter Seite mit dem Bemerken kurz abgethan wurden, Jass es sich ja hier um para- sitische Pilze handele, welche mit dem Dünger nichts zu thun hätten, erscheinen jetzt in einem anderen Lichte, nun das Dogma von dem aus- schliesslichen Parasitismus der Brandpilze widerlegt ist und die Thatsache in unabweisbarer Klarheit vorliegt, dass die Brandpilze auch ausserhalb der Nährpflanzen und ganz besonders in den Fäcalien der Hausthiere, die man als Dünger benützt, zu leben und zu vegetiren vermögen und zwar unter lebhafter Vermehrung ihrer Keime.
Für eine Beurtheilung über die Verbreitung der Brandpilze und der Brandkrankheiten war man bislang allein auf die Keimungserscheinungen angewiesen, welche die Brandsporen in blossem Wasser zeigen. Diese Keimungen sind nun aber träge und dürftige, ja sie versagen nicht selten, wie z. B. bei den Sporen desMaisbrandes, gänzlich; dort wo sie erfolgen, werden von den Fruchtträgern der Sporen, von den Hemibasidien, nur wenige, wiederum keimschwache Conidien gebildet. Es war der Vorstellung schwer zu- gänglich, wie diese Kümmerlinge von Keimen die Nährpflanzen erreichen und die doch so häufigen Brandkrankheiten erzeugen können. Der Bestand unserer Kenntniss über die natürliche Verbreitung der Brandpilze und der Brandkrankheiten wies an dieser Stelle eine so unverkennbare Lücke auf, dass man fast nicht verstehen kann, wie man von gelehrter Seite immer wieder darüber hinweggehen konnte.
Ein Vergleich der Sporenkeimungen in Wasser einerseits und in Nährlösungen, Mistdecoct, Pflaumenauszügen, Würze etc. andererseits klärt im Augenblicke das Räthsel auf. Die unendliche Vermehrung der Keime in den Nährsubstraten, die hier eintritt und die erst mit der Erschöpfung an Nährstoffen zu Ende geht, also die Vermehrung der Keime ausserhalb der Nährpflanzen sichert die Existenz der Brandpilze und führt in ganz natürlichem Gange zu der Ver- breitung der Brandkrankheiten, wie wir sie in unseren Getreide-
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20 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
feldern antreffen. Die praktischen Landwirthe urtheilten richtig, die immer wieder auf den frischen Dünger als Quelle für das Auftreten des Brandes hinwiesen. In altem Dünger starben die Brandkeime ab, er ist unschädlich und wenn man den Dünger schützen will gegen eine Infection durch Brandpilze, so muss man Fürsorge treffen, die brandigen Aehren durch Feuer zu zerstören, damit die Sporen ‘nicht in den Boden und in den Dünger gerathen, wo sie sich saprophytisch entwickeln und ihre Keime vermehren können.
Doch mit dem Nachweise, dass die Brandpilze ausserhalb der Nähr- pflanzen wie saprophytische Pilze leben und dass sie in beliebigen Substraten ihre Keime in dem Maasse vermehren, dass durch sie eine weitgehende Infection des Getreides erfolgen kann, mit diesem Nachweise ist die Verbreitung der Brandkrankheit nur aufs höchste wahrscheinlich und plausibel gemacht, aber der Nachweis, dass diese Keime, welche in künstlichen Nährlösungen aus den Brandsporen gezogen werden, nun auch wirklich infeetionäre Kraft besitzen, dass sie thatsächlich die Brandkrankheiten erzeugen, dieser Nachweis musste auch erst durch besondere Infectionsversuche erbracht werden.
Für Infectionsversuche dieser Art war man wiederum bis dahin auf die Brandsporen allein angewiesen, die so schwächlich auskeimen und nur wenige keimschwache Conidien erzeugen; für einzelne der verbreitetsten Brandformen, z. B. für Maisbrand, war die Sporenkeimung nicht einmal bekannt, weil die Sporen in Wasser nicht keimen wollten. An Stelle dieses ganz unzulänglichen Keimmateriales für die Infection konnten nun die in Nährlösungen in unbegrenzter Fülle leicht zu züchtenden Conidien gesetzt werden, die keimkräftig sogleich in Keimschläuchen austrieben, um in die Nährpflanzen einzudringen.
Zur praktischen Ausführung der Versuche wurden aus wenigen Brandsporen in Nährlösungen die Conidien in dicken, nieder- schlagartigen Massen gezogen und dann mit Hülfe eines Pulverisators auf die zu infieirenden Pflanzen aufgetragen resp. in feinen, leicht haftenden Tröpfchen aufgeblasen. Es konnte dann an den inficirten Stellen, so lange die Gewebe nur hinreichend jung und weich sind, das Eindringen der Pilzkeime quer durch die Membranen der Oberhaut leicht und sicher fest- gestellt werden. Die Keimschläuche bohrten sich förmliche Löcher durch die Membranen und drangen durch die jungen Gewebe auf kurzem Wege in das Innere vor. Wenn die Conidien in grosser Zahl dicht zusammen aufgetragen waren, erschienen ganze Membranflächen wie perforirt von den eingedrungenen Keimschläuchen, die sich nach aussen auf die Keim- conidien, nach innen auf die dicken, schnell vorgedrungenen Mycelfäden im geschlossenen Zusammhange leicht zurückverfolgen liessen.
Es zeigte sich bei diesen Versuchen, die mit den jüngsten Keim- stadien bis hinauf zu der blühenden entwickelten Pflanze ausgeführt
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wurden, dass nur die jüngsten, noch in Theilung begriffenen Gewebe von den Pilzschläuchen durchdringbar sind, dass auf älteren, inden Membranen erhärteten Geweben ein Eindringen der Schläuche und also auch eine Infection unmöglich ist. In manchen Fällen sassen die etwas verzögerten Schläuche in den Ge- weben fest, sie waren unfähig, in älteren Zellen weiter vorzudringen; sie verriethen sich dann öfters durch Membranverquellung und gelbliche Färbung, die unzweifelhaften Anzeichen des Absterbens.
Nun sind bei den meisten Cerealien diese jüngsten Stadien mit weichen von den Pilzschläuchen leicht durchdringbaren Geweben im Laufe der Entwickelung der Pflanze, von aussen . frei zugänglich, nur ein einziges Mal gegeben, nämlich in den ersten Stadien des austreibenden Keimlinges; nachträglich sind die jungen Gewebe zwar in den Vegetationsspitzen noch vorhanden, aber sie sind von den älteren Blättern überwachsen und von der Aussenwelt völlig abgeschlossen. Hiermit steht es im ganz natürlichen Zusammenhange, dass diese Cerealien nur einmal und zwar in den jüngsten Keimstadien inficirbar sind. Nach dieser Zeit sind die Pflanzen immun, die aufgetragenen Pilzkeime können entweder gar nicht mehr ein- dringen oder sie können, wenn sie auch eingedrungen sind, nicht mehr weiter vordringen, sie bleiben ganz ungefährlich in den Geweben resp. in den Zel!en eingeschlossen.
Ich habe vor 15 Jahren meine ersten Versuche der künstlichen Infection des Brandes mit Hafer und mit Hirse gemacht, die einmal vom Flugbrande Ustilago Carbo, dann vom Hirsebrande Ustilago Sorghi (cruenta) bewohnt werden. Bei diesen beiden Formen von Versuchspflanzen tritt der Brand erst in den Blüthen resp. Frucht- knoten des Blüthenstandes als schwarzes Brandlager auf. Die Formen sind Körner bewohnend und bei diesen (und ähnlichen) Formen ist die Stätteder Infection und die Stätte des späteren Brandlagers örtlich und zeitlich möglichst weit getrennt. Die jüngsten Keimstadien werden von den Infectionskeimen befallen und in der entwickelten gestreckten Pflanze kommt nach Monaten das Brandlager in den Blüthenständen zur Entwickelung‘).
Es lässt sich unschwer feststellen, dass die in den jungen Keimling eingedrungenen Pilzschläuche das Gewebe des Keimlings quer durch- wachsen und dass sie bis zur Vegetationsspitze vordringen. An dieser Stelle vegetiren sie in den jungen Geweben weiter, ohne die Vegetations- spitze zu schädigen oder auch nur die Pflanze in ihrer Ausgestaltung nach rückwärts zu hindern. Die Pflanzen erscheinen ganz gesund und lassen äusserlich nichts von dem verderblichen Krankheitskeime erkennen,
ı) Brefeld, 1. c. Heft XI, Brandpilze II, Tafel I.
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den sie in ihren Spitzen bergen. Die Entwickelung des Pilzes bleibt so- lange eine beschränkte, bis an der Vegetationsspitze die Blüthenstandanlagen erfolgen; erst wenn dies geschieht, entfalten sich die Mycelien stärker, ver- zehren das junge Gewebe der Blüthenanlagen, nach welchen eine reiche Zufuhr an Nährstoffen stattfindet, und in den üppigen Mycelverzweigungen erfolgt die massenhafte Anlage der Brandsporen des Brandlagers. Mit der Befreiung des Blüthenstandes aus den umhüllenden Blättern durch die Streckung der Axe tritt nicht ein Stand mit normalen Blüthen, sondern ein Stand mit ebensovielen Brandlagern zu Tage, wie sie namentlich vom Flugbrande Jedermann bekannt sind.
In den zurückliegenden gestreckten Theilen der im Uebrigen hier ganz normalen Pflanzen ist nachträglich wenig von den Pilzfäden zu finden, sie haben in den erhärtenden Geweben keine Stätte für ihre Vegetation; in den Internodien sind nur vereinzelte Fadenreste zu finden, die aber reicher sich zeigen in den Geweben der Knoten. Hier sind mitunter die Zellen der Axe reich mit Mycelverzweigungen angefüllt, die zum Untergange bestimmt sind, wenn nicht etwa mit der Anlage von axillären Sprossen, also mit der Neuanlage von jungen Geweben ein abermaliges Vordringen er- möglicht wird. In dieser Art werden die Seitensprosse, die nicht inficirt sind, nachträglich befallen und brandig oder sie bleiben an dem brandigen Hauptstock auch gesund, wenn die eingeschlossenen Pilzschläuche die Vegetationsspitze nicht erreichen.
Von diesem Erreichen der Vegetationsspitze durch die Pilzschläuche hängt das Brandigwerden derinficirten Pflanzen allein ab. Sind die jungen Keimlinge der Nährpflanzen zur Zeit der Infection nur etwas zu weit entwickelt, dann gelangen die eingedrungenen Keimschläuche nicht mehr bis zur Spitze, die freilich infieirten Pflanzen bleiben nachträglich gesund, man findet die Pilzschläuche in der gesunden Hauptaxe in den Knoten vor, aber die Blüthenstände sind brandfrei. Dabei ist es aber nicht ausgeschlossen, dass in diesen Fällen Seitensprosse befallen und brandig werden, wie es öfters beobachtet werden konnte. Ebenso natürlich wie diese Erscheinung ist nun auch die noch häufiger anzutreffende, dass die Schläuche etwas später in die Vegetationsspitze vorgedrungen sind, dass nur die unteren Blüthenanlagen eines Standes erreicht und brandig geworden sind, dass aber die oberen Blüthen un- befallen und brandfrei geblieben sind.
In den Infeetionsversuchen, welche damals 4 Jahre hindurch fort- gesetzt wurden, bei welchen nur die in Nährlösungen gezogenen Conidien zur Infection in Verwendung kamen, wurden bis 70%, der infieirten
Pflanzen brandig; infieirt waren alle Versuchspflanzen, aber nicht bei allen ,
hatten die eingedrungenen Keimschläuche die Spitze erreicht. Dieser
1) Brefeld, l. c. Heft IX, Brandpilze II, Tafel II—V,
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höchste Procentsatz wurde aber nur bei den Infectionen in den frühesten Keimstadien der Nährpflanzen erreicht, er nahm mehr und mehr ab bei den Infectionen von älteren Keimlingen, die dann als vollständig immun sich erwiesen, wenn der Keimling das Scheidenblatt einige Centimeter durchstossen hatte. Von hier ab war jede Infection erfolglos, in die ent- wickelten Pflanzen dringt an keiner Stelle ein Brandkeim ein, in den er- härteten Geweben sind sie völlig geschützt.
Neben diesen Versuchsreihen, in welchen die Conidien direct auf die Keimlinge der Nährpflanzen mit Hilfe des Pulverisators aufgeblasen wurden, gingen andere Versuche einher, in welchen einmal gute Ackererde, dann ' mit reichlichem frischen Dünger versehene Ackererde mit Conidien aus- . giebig inficirt und dann erst mit Saatgut, speciell mit Haferkörnern be- schickt wurden, um so eine Infection einzuleiten, wie sie natürlich im freien Lande stattfindet. Auch diese Versuche hatten günstigen Erfolg, ein wesentlicher Procentsatz der Haferpflanzen wurde brandig.
Ich muss nun hier ganz besonders hervorheben, dass das Infections- material in den Conidien aus den Nährlösungen direct von wenigen Brand- sporen aus gezogen wurde. Die Conidien aus den künstlichen Substraten besassen also die volle Infectionskraft:e Wir können diese Resultate ohne Weiteres auf die Conidien übertragen, welche sich in der Natur ausserhalb der Nährpflanzen in den Nährmedien, also in der gedüngten Ackererde vorfinden. Ich kann noch hinzufügen, dass die Infectionskraft ungeschwächt dieselbe blieb bei den Conidien, welche in fortlaufenden Generationen gezogen und nach 1—-2 Monaten zur Ver- wendung kamen. Bei dem Flugbrande des Hafers wurden die Infectionen zu einem Theile mit Conidien gemacht, die länger wie ein Jahr in fort- laufenden Generationen in Nährlösungen gezogen waren. Sie versagten erst, als sich mit weitergehenden Generationen die merkwürdige Erscheinung zeigte, dass sie immer weniger zu Fäden austrieben resp. mit den Keimschläuchen auskeimten, mit welchen sie in die Nährpflanzen eindringen müssen, und hierdurch die infectiöse Kraft verloren hatten.
Wesentlich verschieden verliefen nun aber die Infectionen mit der dritten Form von Versuchspflanzen, die ich für die Infection mit Conidien aus Nährlösungen damals herangezogen hatte, mit dem Mais und dem Maisbrande, Ustilago Maydıs.
Es ist bekannt, dass der Beulenbrand des Mais nicht allein für die Ausbildung der Brandlager auf die Fruchknoten an- gewiesen ist, dass de Brandbeulen ausserdem auch an Axen, an Blättern und an den männlichen Blüthen auftreten. Gerade mit Rücksicht auf diese Verschiedenheiten hatte ich damals den Mais mit dem so auffälligen Beulenbrande als Versuchspflanze gewählt.
Von der bisherigen Erfahrung ausgehend, dass die jüngsten Keimstadien der Nährpflanzen für die Infection mit Brandkeimen am emfänglichsten
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sind, wurden in den ersten Versuchsreihen wiederum die eben aus keimenden Maiskeimlinge mit den aus Brandsporen überaus reichlich gezogenen Conidien mit Hilfe des Pulverisators inficirt, in einer zweiten Serie dagegen die Maiskörner in stark gedüngter und dann reichlich in- ficirter Ackererde ausgesät. Ganz gegen alles Erwarten erwuchsen bis auf wenige Procente schon früh an Brand: erkrankter Keimlinge aus allen übrigen inficirten Keimlingen gesunde Pflanzen, die nichts von Beulenbrand zeigten, auch dann nicht, als die volle Ausbildung der weiblichen Kolben eingetreten war.
Nach diesen negativen Ergebnissen konnte mit Sicherheit angenommen werden, dass es hier beim Mais die jungen Keim. linge nichtsind, welche von den Brandkeimen inficirt werden, gerade die Keimlinge nicht, welche bei den vorhergehenden Versuchpflanzen» dem Hafer und der Hirse, sogar allein infieirbar waren. Es mussten sich hier an der schon entwickelten Pflanze die verwundbaren Stellen nachträglich zeigen, wenn das natürliche und so häufige Auftreten des Brandes eine ebenso natürliche Erklärung finden sollte.
Um diese Stellen aufzufinden, waren neue Beobachtungen und Infec- tionen nothwendig.
Die weiteren Infectionsversuche wurden nun also mit ent- wickelteren Pflanzen des Mais angestellt, die zu diesem Zwecke im Garten angepflanzt waren. Die Pflanzen hatten etwa einen Fuss Höhe erreicht, als sich die Vegetationsspitze aus den in einander geschachtelten Blättern tubenartig so weit öffnete, dass man mit Hilfe einer Spritzflasche mit lang ausgezogener Spitze die Infectionsflüssigkeit mit den Conidien von oben her in das Herz einspritzen konnte. Sie saugten sich nach unten, ohne auszufliessen, auf die tief eingeschlossene Vegetationsspitze hin völlig ein. Die Vegetationsspitze war hier also von oben erreich- bar, wie es vordem bei dem Hafer und der Hirse durchaus nicht zutraf.
Schon nach 12 Tagen zeigten sich an den inzwischen weiter entfaltleten und mit ihren vorher noch eingeschlossenen Blättern weiter nach Aussen vorgeschobenen Theilen der Pflanzen die ersten Brand- beulen und zwar in einer Ueppigkeit und Masse an den Blättern, an den jungen Axen und auch an den männlichen Blüthenständen der Axenspitzen, wie sie bis dahin niemals gesehen sein können. Alle von oben her der Infectionsflüssigkeit zugänglichen und noch genugsam jungen Theile der Pflanzen waren brandis, auf den Blättern schon nach einigen Tagen mit krustenförmig gehäuften, auf den Axen mit geschwürartig aufgetriebenen riesigen Brandbeulen versehen.
Abweichend von den früheren Versuchspflanzen erwiesen, sich also hier die jungen Theile der entwickelteren Pflanzen noch nachträglich von oben her der Infection zugänglich. Weiter abweichend localisirte sich hier der Brand eng
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auf die inficirten Stellen, die schon nach 14 bis 16 Tagen mit Brandbeulen versehen waren. Das Incubationsstadium, die Zeit vom Tage der Infection bis zum Ausbruch der Krankheit, erwiessichalsein viel kürzeres. Es engte sich hier auf wenige Wochen ein, während es doch früher nach Monaten zählte und zudem die Stätten der Infection und der Brandlagerbildung örtlich weit getrennte waren: die Infection schon an dem jungen Keimlinge erfolgte, das Brandlager aber erstin der ent- wickelten zur Blüthe sich anschickenden Pflanze auftrat.
Bei der strengen Localisirung des Brandes beim Mais auf die infieirten Stellen und bei der sich schon in wenigen Wochen so bald anschliessenden Brandbildung waren nun auch noch weitere Infectionsversuche an den blühenden Pflanzen so aussichtsvoll als möglich. Es wurden denn auch die später an den Axen auftretenden jungen weiblichen Blüthen- kolben für sich inficirt, bald die sämmtlichen weiblichen Blüthen des Kolbens, bald nur die obersten von diesen. Und wieder war nach 14 Tagen der Beulenbrand in allen inficirten Kolben so riesig entwickelt, dass die Kolben zu kindskopfdicken Brandbeulen anschwollen, während in der auf die obersten Fruchtknoten beschränkten Infection die einzelnen jungen Fruchtknoten allein brandig wurden, und einzelne bis zur Grösse von Hühnereiern anschwollen, je für sich eine einzige Brandblase darstellend.
Wieder war hiermit die schon festgestellte Thatsache bestätigt, dass alle jüngsten Gewebetheile der Pflanze inficirbar sind, die sich hier in den weiblichen Kolben zwar sehr spät, aber doch immer wieder von Neuem angriffsfähig darbieten. Es gelang sogar die jungen noch nicht ausgewachsenen Narbenanlagen, wenn sie frei gelegt wurden, mit Leichtigkeit erfolgreich zu inficiren und die einzelnen Narben zu knorrig gewundenen, grobschnurartig verbundenen Brandbeulen umzuwandeln, die ein gar seltsames Ansehen zeigten. Selbst die jungen Wurzelspitzen der später angelegten adventiven Wurzeln, welche kranzförmig um die Blattinsertion am Knoten gestellt sind, konnten, früh genug infieirt, in Brandblasen umgewandelt werden, wie es bis dahin an Wurzeln von Mais niemals gesehen worden ist,
Das nunmehr erschöpfend erwiesene, so eigenartig abweichende Ver- halten des Maisbrandes, der an der völlig entwickelten Pflanze, so weit sie nur noch junge Gewebe hervorbringt, überall inficirbar ist und eng localisirt auf die Infectionstelle schon nach 14 Tagen zur Entwickelung kommt, ergänzt sich wunderschön mit den früheren Resultaten vom Hafer und der Hirse zu dem kurzen Satze, dass nur junge Theile der Nähr- pflanzen inficirbar sind, dass diese sich bald nur einmal an jungen Keimlingen (Hafer und Hirse), bald wiederholt an der entwickelten Pflanze (Mais) darbieten können.
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Auch beim Maisbrande wurden weitere Infectionen mit Conidien gemacht, die lange Zeit in fortlaufenden Generationen in Nährlösungen ohne jede Be- ziehung zur Nährpflanze gezogen wurden. Diese Conidien besassen noch nach 2 Monaten die gleiche Infectionskraft, wie die eben erst aus den Brandsporen gezogenen jüngsten Generationen.
Durch die lange Reihe der jahrelang fortgesetzten Cultur- und Infec- tionsversuche ist der Beweis unanfechtbar geliefert, dass durch die in beliebigen Nährsubstanzen in unendlicher Fülle ver- mehrten Brandkeime der Brand erzeugt wird. Und dass gerade durch diese Keime undihre so reichliche Vermehrung ‚„ausser- halb der Nährpflanzen“ die immer wiederkehrenden und so verbreiteten Branderscheinungen ihre einfache und natürliche Erklärung finden, das liegt jetzt klar auf der Hand. Die Zerstörung der Brandlager des Getreides durch Verbrennen und die Verwendung alten durch- gebrannten Düngers sind die von selbst gegebenen natürlichen Schutzmittel, den Brand zu verhüten, der schon sehr erfolgreich durch Beizen des Saatgutes mit Kupfervitriol oder durch Abwaschen mit heissem Wasser bekämpft wird.
Die bis hierher mitgetheilten Infeetionsversuche sind mit den Conidien ausgeführt, welche ad hoc aus reinem Brandsporenmaterial in reinen Nähr- lösungen in unbegrenzten Massen gezogen wurden. Die Versuche in dieser Form waren nöthig, um die infectiöse Kraft dieser Conidien zur Erzeugung des Brandes zu erweisen und hiermit darzuthun, dass durch die in der gedüngten Ackererde auftretenden, also ausserhalb der Nährpflanzen durch reiche Vermehrung entstandenen Brandkeime die Branderscheinungen und die natürliche Verbreitung der Brandkrankheiten in ebenso natürlicher Weise ihre Erklärung finden.
Nun aber diese Versuche gemacht und mit ihnen die einzig möglichen Stellen einer erfolgreichen Infection genau und sicher festgestellt sind, handelt es sich für Infectionsversuche mit Brandpilzen, die für den Unter- richt oder für demonstrative Zwecke dienen sollen, um die Ermittelung einer einfacheren leichter auszuführenden Methode der In- fection, als sie in den immerhin mühsamen und vorausgehenden Culturen zur Züchtung und Gewinnung der Conidien für die Infection gegeben ist. Für eine Feststellung dieser Methode habe ich seit Jahren weitere Versuche gemacht, deren Ergebniss ich hier anschliessen will.
Eine Umgehung der Infection mit vorher in Nährlösung gezogenen Conidienmaterial ist nur möglich dadurch, dass dieBrandsporen selbst zur Infection verwendet werden. Bei Infectionen mit Brandsporen in blossem Wasser vertheilt, ist der Erfolg ein sehr zweifelhafter und in vielen Fällen sogar negativer. Die Keimung der Brandsporen im Wasser ist, wie wir wissen, eine meist mangelhafte, sie versagt in anderen Fällen wie beim Maisbrande fast vollständig. Die wenigen Conidien, die im besten Falle an den Keimlingen der Brandsporen gebildet werden, haben, wie wir
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weiter wissen, eine sehr mangelhafte Keimkraft und wenn sie nicht energisch keimen, dann ist auch ein Eindringen der Keime in die Nährpflanze er- schwert und damit ihre infectiöse Leistungskraft eine nur mangelhafte.
Anders steht nun aber die Sache, wenn wir nach unseren jetzigen Erfahrungen die Brandsporen nicht mehr in Wasser, sondern in Nährlösungen vertheilt auf die Nährpflanzen auftragen. Es erfolgt dann die Auskeimung der Sporen im Allgemeinen schneller als in Wasser, und wir sehen die Keimung bei keimfaulen Sporen, die wie Mais- brand in Wasser gar nicht keimen, mit Leichtigkeit und ausnahmslos ein- treten. Nach der schneller erfolgten Keimung werden an den Sporen- keimlingen die Conidien schnell und in unbegrenzter directer Vermehrung in Hefenform weiter gebildet. Die in den Culturtröpfchen in dieser Art massenhaft gebildeten Conidien können, sobald die Nährstoffe in den mit dem Pulverisator aufgeblasen Tröpfchen erschöpft sind, direct zu Fäden aus- keimen und in die Nährpflanzen eindringen.
Nach den Erfahrungen der Brandsporenkeimungen in Nährlösungen statt in Wasser erscheinen im Voraus die Infectionsversuche mit einer In- fecetionsflüssiskeit aus Brandsporen in Nährlösungen fast ebenso aussichtsvoll wie die beschriebenen und erfolgreichen Infectionen mit den Conidien. In der Wirklichkeit ist die Sachlage aber doch eine andere. Es schleichen sich bei einer ungeläuterten Methodik eine Menge von Fehler- quellen ein, welche den Erfolg schädigen ja sogar gänzlich vereiteln können. So zeigten denn auch ganze Versuchsreihen, in welchen die Brandsporen in Nährlösungen vertheilt, ohne weiteren Vor- sichtsmaassregeln aufgetragen resp. aufgeblasen wurden, einen wenig be- friedigenden Erfolg, der im höchsten Falle auf 20°, Erkrankungen bei den infieirten Pflanzen sich steigerte. Es muss also das Verfahren der directen Infeetion mit Brandsporen in Nährlösungen von seinen Fehlerquellen befreit werden, wenn ein voller Erfolg bis 70°%,, sogar bis 100°, erreich werden soll.
Zunächst ist zu erwägen, dass statt der Conidien in Massen hier die Brandsporen in grösserer Zahl aufgetragen werden müssen. Nun ist das Brandsporenmaterial, auch das reinste, noch sehr unrein. Es kommen in der Masse der Brandsporen die verunreinigenden Pilzkeime mit den Brandsporen zur Keimung, und sie schädigen bei diesen die freie und ungestörte Keimung und weitere Entwickelung. Es handelt sich also zunächst darum, diese Verunreinigungen in fremden Keimen zu entfernen. Dies geschieht sehr einfach durch Ausschlemmen des Brandsporenmateriales mit reinem Wasser an einem kalten Orte. Man bringt die Sporen in Wasser und schüttelt sie in diesem bis zur vollen Ver- theilung im Laufe eines Tages verschiedene Male. Die fein und einzeln vertheilten Brandsporen setzen sich als grosse Sporen schneller in dem Wasser ab, als es die kleineren und leichteren thun, die als Verunreinigungen
DRS Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
vorhanden sind. Diese bleiben als Trübung in der Schwebe und können leicht durch vorsichtiges Abgiessen getrennt werden. Wenn man dies Ver- fahren des Abschlemmens schnell hinter einander wiederholt, erhält man bald ein reines, sich immer schneller absetzendes Sediment von Brand- sporen, welches endlich, ohne allen Schaden, von den verunreinigenden fremden Pilzkeimen befreit ist. Es bedarf nur eines Versuches mit diesen ausgewaschenen Brandsporen in Nährlösungen auf dem Objeectträger, um sich davon zu überzeugen, dass nun fast ideal reine Brandsporen vor- handen sind. Das Ausschlemmen der Brandsporen hat auch noch den Vortheil, dass die nicht völlig ausgereiften Sporen sämmtlich mit ausge- waschen werden, und dass fast ausschliesslich keimkräftiges ausgereiftes Sporenmaterial im Niederschlag verbleibt. Man nutzt mit diesem Schlemm- verfahren gleichsam die Grösse und grössere specifische Schwere der grossen Brandsporen aus, um sie von kleineren und leichteren fremden Keimen zu befreien.
Die während der Dauer eines oder auch zweier Tage an einem möglichst kühlen Orte abgeschlemmten Sporen haben nun in dieser Zeit des Schlemmens einen zeitlich sehr in Be- tracht kommenden Vortheil gewonnen. Sie sind, auch abge- sehen von der einzelnen Vertheilung, vom Wasser benetzt und mit Wasser imbibir. Diese Aufsaugung von Wasser muss jeder Sporenkeimung vorangehen, sie nimmt eine mehr oder minder längere Zeit in Anspruch und erst wenn sie völlig erfolgt ist, dann sind die Sporen auf unmittelbare Auskeimung gestimmt.
Man beseitigt also mit dem Schlemmverfahren eine Fehlerquelle, die in den verunreinigenden Sporen gegeben ist, und das Hilfsmittel diese zu beseitigen, schliesst von selbst einen zweiten Vor- theil in sich, es ist zugleich das natürliche Vertheilungs- und Vorbereitungsmittel, um nun die Keimzeit der Sporen auf ein Minimum einzuschränken, die Sporen gleichsam zur unmittel- baren Keimung vorzubereiten. Dass dem wirklich so ist, lässt sich leicht durch weitere Keimversuche auf Objecträgern beweisen, in welchen die geschlemmten Sporen nunmehr in Nährlösungen ganz unmittelbar austreiben.
Diese unmittelbare Auskeimung der gereinigten Brand- sporen in der Nährlösung der Infectionsflüssigkeit zu er- reichen, das ist nun aber für das Gelingen der Infection bei den jungen Samenkeimlingen von entscheidener Bedeutung. Nur die jüngsten Stadien der Samenkeimlinge, wie sie eben aus dem Korne austreiben, sind in ihren noch jungen weichen Geweben für die austreibenden Pilzschläuche durchdringbar, die etwas älteren schon nicht mehr. Es sind also nur die jüngsten Keimstadien infieirbar und es kommt für das Gelingen der Infectionen alles darauf an, die Unmittelbarkeit der Auskeimung der aufgeblasenen Brandsporen zu erreichen,
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und jeden Zeitverlust auszuschalten, weil mit diesem die Keim- linge grösser, die Gewebe härter und für die Pilzkeime nicht mehr durch- dringbar werden.
Dieser Zeitverlust ist nun nach dem vorher zur Sporenreinigung eingeleiteten Schlemmverfahren auf ein Minimum beschränkt. Mit dem Abschlemmen werden die Sporen von selbst mit Wasser imbibirt, die Zeitfrist, in welcher dies sonst geschieht, in der Regel nicht weniger als 24 Stunden, kommt schon in Wegfall. Die vom Wasser durchtränkten Sporen sind nun auf unmittelbare Keimung gestimmt und diese tritt, wenn man jetzt erst die Nährlösung zusetzt, direct und ohne Zeitverlust ein. Die Keimungsvorgänge, die Bildung der Fruchtträger, der Hemibasidien, die Abgliederung der Conidien, ihre Vermehrung durch directe Sprossung in Hefenform und endlich -das Austreiben der Conidien in den erschöpften Nährlösungen zu Keimfäden vollziehen sich nach einander in möglichst kurzer Frist. Sie nehmen bei Infectionsversuchen nicht mehr Zeit in Anspruch, wie sie auch bei den früheren Infectionen mit Conidien unver- vermeidlich nöthig ist. Denn auch die Conidien können nicht in Wasser vertheilt aufgeblasen werden, sie bedürfen eines neuen Zusatzes von Nähr- lösung vor der Infection, damit sie nicht in ihrer Keimkraft geschwächt werden. In dieser Nährlösung sprossen die Conidien zunächst weiter, bis in den aufgetragenen Tröpfchen die Nährstoffe verbraucht sind und nun ein Austreiben zu Keimschläuchen sich anschliesst. Man braucht nur die Sporentröpfchen von den inficirten Keimlingen, hier mit Conidien, dort mit Brandsporen aufgeblasen, 24—36 Stunden nach der Infection mit dem Mikroskop zu untersuchen, um sich zu überzeugen, dass, in beiden Fällen gleich, das Austreiben von Keimschläuchen erfolgt ist, die auf dem, Punkte stehen, in die Keimlinge einzudringen, zum Theil sogar schon einge- drungen sind.
Es sind demnach mit dem richtig ausgeführten Schlemm- verfahren zur Reinigung und Vertheilung der Brandsporen und mit dem Zusatze der Nährlösung zu den gereinigsten und imbibirten Sporen erst unmittelbar vor der Infection die Fehlerquellen der Verunreinigung der Sporen undihr zu lang- sammes Auskeimen beseitigt. Dieso verbreiteten Brandsporen können jetzt unbedenklich in Massen für die Infection ver- wendet werden und zwar mit der gleichen Aussicht auf Erfolg, wie in den früheren Versuchsreihen die Conidien, welche von den Versuchen erst mühsam aus einzelnen Brandsporen durch Cultur gewonnen werden mussten.
Es fragt sich nun aber, ob diese Aussicht auf Erfolg auch dem wirk- lichen Erfolge gleich kommt. Hiermit komme ich nun zu den Ver- suchen, welche ich in den letzten zehn Jahren mit der directen Ver- wendung der Brandsporen für die Infection gemacht habe.
30.°° Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Als Versuchsobjecte für Körner bewohnende Brandformen kamen Sorghum nigrum mit Ustilago Sorghi (cruenta) und Panicum miliaceum mit Ustilago destruens zur Verwendung, daneben wurden die früheren Versuche mit dem Mais und dem Maisbrande fortgesetzt.
Die Infectionen mit den beiden ersten Formen wurden wie früher im kühlen Zimmer zu Anfang April ausgeführt und die infieirten Pflanzen im Mai im Garten in die Erde eingepflanzt. Die Infeetion selbst wurde mit einem Pulverisator, der den feinsten Spreu verbreitete, zweimal in der Zeitfrist von 5 Stunden wiederholt, die Spreutröpfchen wurden von allen Seiten auf die Samenkeimlinge aufgeblasen und bedeckten diese in feinen Perltröpfehen, die man mit einer guten Lupe einzeln unterscheiden konnte. Dieinficirten Keimlinge wurden in dem feuchten kühlen Raume (10° C.) verdeckt und im Dunklen gehalten, um einer zu schnellen Verdunstung der Tröpfchen auf den Keimlingen vorzubeugen. Nach 4 Tagen blieben die Culturen offen stehen in einem genügend feuchten ‚Raume, dessen Temperatur nicht über 10° hinausging.
In den ersten Jahren wurden die zu infieirenden Keimlinge nicht mit besonderer Sorgfalt ausgelesen, sie hatten nicht genau die gleiche Grösse, waren aber so klein wie möglich ausgewählt. Die Zahl der infieirten Pflanzen belief sich auf 3—4Hundert sowohl von Sorghum wie in Panicum, von welchen in der Regel je 300 zur vollen Entwickelung kamen. Der Erfolg an brandig gewordenen Pflanzen schwankte zwischen 30—40 Procent,
In den folgenden Jahren wurden die Keimlinge aus massenhaft ausgelegten Körnern ganz vorsichtig ausgewählt. Sie waren so jung wie möglich und hatten annähernd die gleiche Größe, die Spitze der jungen Axe trat eben aus dem Korn hervor. Das Resultat der Infection steigerte sich nun auf 60— 70 Procent.
Durch die lange Uebung und durch eine sorgfältige Vermeidung aller kleinen Fehlerquellen steigerte sich dann beim Panicum-Brand derEr- folg auf 75—80 Prozent, beim Sorghum-Brand gelang es endlich, alle Pflanzen ohne Ausnahme brandig zu machen, ihre Zahl ging über 300 hinaus.
Bei Sorghum sind die zu inficirenden Keimlinge an sich grösser wie bei Panicum, die Infectionsfläche ist also auch grösser und wohl im Zu. sammenhange hiermit steht der günstigere Erfolg. Eine zu schnelle Ent- wickelung der Keimlinge, durch Wärme begünstigt, stimmte unverkennbar den Erfolg herab. Die zu schnell wachsenden Keimlinge entwachsen den Infectionskeimen, diese erreichen die Vegetationsspitzen nicht mehr und der Brand, der nur hier zur Entwickelung kommen kann, bleibt aus. Es ist deshalb zum Gelingen der Versuche vortheilhafter, die Infection in einem kühlen Raume vorzunehmen, für die Tage der Infection die Keimlinge in den Keimkästen in feuchter Luft und im Finstern zu halten und auch
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nachher, ehe die Keimlinge im Garten ausgesetzt werden, für die Aufbe- wahrung einen kühlen, feuchten Ort zu wählen. Ich konnte in den ein- zelnen Fällen stets bemerken, dass auch nachträglich eine zu schnelle Ent- wickelung der Keimlinge der Infection schädlich ist; es ging dann die Zahl der brandigen Pflanzen nicht unwesentlich zurück. Unvermeidlicher Weise geht gewöhnlich auch mit dem Umpflanzen im Garten eine Anzahl der infieirten Pflanzen ein, namentlich dann, wenn dies bei zu trockenem Wetter geschieht.
Beim Maisbrand, bei welchem die Infection nicht auf eine einzige sehr schnell weitergehende Stelle am eben austreibenden Keimlinge ein- geschränkt ist, bei welchem vielmehr nachträglich die Vegetationsspitzen von oben an der schon entwickelten Pflanze inficirbar sind und später noch die weiblichen Blüthenkolben und die jungen adventiven Wurzeln für sich infieirbar werden, gelingen die Infectionsversuche viel leichter. Hier hat man nur nöthig, die Brandsporen sehr vorsichtig durch Schlemmen zu reinigen und dann die mit Nährlösung kurz vor der Verwendung beschickte Infectionsflüssigkeit auf die empfängliche Stelle einzuspritzen oder auf die freigelegten weiblichen Blüthenkolben aufzu- blasen, um ausnahmslos die Infection zu erreichen. Hier wirken nur der Regen und der Staub aus der Luft störend ein, die man beide durch Verdecken der Versuchspflanzen schon vor der Zeit der Infection und 5 Tage nach der Infection abhalten muss. Die Versuche misslingen nur dann, wenn die Pflanzentheile zu spät inficirt werden und wenn atmos- phärische Niederschläge die Infectionsflüssigkeit mit den Sporen zu sehr verdünnen oder gar abwaschen.
Mit leichter Mühe können in jedem pflanzenphysiologischen Institut die Infectionsversuche mit Brandpilzen an den hier genannten Versuchs- dflanzen für demonstrative Zwecke ausgeführt werden. Es bedarf jetzt, wo die der Infection zugänglichen Stellen der Nährpflanzen und die Methode der Infection in allen Punkten klar gestellt ist, nur des Besitzes von frischen Brandsporen und der mühelosen Vorbereitung der Versuchspflanzen, um den Erfolg zu sichern.
Aber nach einer für die Praxis in der Landwirthschaft besonders wichtigen Richtung bedürfen die hier mitgetheilten Versuche mit Brandinfectionen noch der Ergänzung. Es darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass bei fast allen Versuchen die Infection nicht natürlich, sondern künstlich erreicht ist. Es fragt sich jetzt, wie erfolgt die Infection in der Natur ohne Anwendung von künstlichen Infectionsmitteln? Welche Beziehung hat nament- lich der gedüngte Acker zur Verbreitung des Brandes? und welche Vor- sichtsmassregeln sind nöthig, den Brand einzuschränken? Hier müssen weitere und besondere methodisch ausgeführte und durchgeführte Versuche einsetzen, für welche die hier mitgetheilten Einzelheiten über die Brand- pilze und über die Aetiologie der Brandkrankheiten als Unterlage dienen können.
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
(SE) LO
Mit der natürlichen Infection, z. B. beim Maisbrande an den entwickelten Pflanzen, stehen zweifellos besondere Eigenthümlichkeiten dieser Brandform im Zusammerhange, die darın bestehen, dass hier auch Luftconidien‘) gebildet werden, in der gleichen directen Sprossung wie sie beim Hafer und beim Sorghum allein nur in flüssigen resp. mit Flüssigkeit durch- tränkten Substraten gebildet werden. Diese Luftconidien werden leicht durch den Wind vertrieben, sie gelangen ebenso leicht von den Vegetationsstätten in der Natur, von der gedüngten Ackererde, verweht auf die Nährpflanzen, um diese zu infieiren und bis nach der Bildung der weiblichen Kolben in immer wieder angriffsfähigem Zustande zu befallen.
6. Sitzung vom 30. November 1899.
Herr Römer hielt einen Vortrag über seine zoologische Forschungsreise nach Spitzbergen.
Die Untersuchungen sind niedergelegt in ‚Fauna arctica,“ I. Band 1. Lief. Jena 1900.
Sodann sprach Herr G. Gürich Ueber Tentaculiten und Nowakien, fossile Röhrenthiere.
Schlotheim beschrieb im Jahre 1820 mehrere organische Reste aus silurischen Diluvialgeschieben der norddeutschen Ebene unter dem Namen Tentaculites. Der Hauptsache nach waren es kleinste röhrenförmige Gebilde mit einer deutlichen Querringelung. Röhren dieser Art wurden mit der- selben Gattungsbezeichnung später durch Goldfuss aus dem rheinischen Devon (1832), durch Hisinger aus Gotland (1837), durch Murchison aus dem Ober- und Untersilur von England (1839) mitgetheilt und in dem Unterdevon von Südafrika (Verneuil 1840), im Devon des Petschora- Gebietes (Keyserling 1846), in Frankreich, in Transkaukasien (Abich 1850), endlich in verschiedensten Horizonten des älteren Paläozoicums in Nord- amerika gefunden. Aehnliche, aber noch kleinere Röhren wurden durch F. A. Römer aus dem Harz, durch R. Richter aus Thüringen und durch Barrande ebenfalls unter der Gattungsbezeichnung Tentaculitess in die Litteratur eingeführt. Diese kleinen schwierig zu untersuchenden Reste haben die verschiedenste Deutung erfahren. Schlotheim sah darin irgend welche Arme von Crinoiden, L. v. Buch verglich sie mit den Stacheln von Productus oder Chonetes und hielt sie für Stacheln einer „Leptaena‘“‘. Die älteren Autoren schlossen sich Schlotheim’s Auffassung an; erst Austin 1845 rechnete sie als erster :zu den Pteropoden; ihm folgten Quenstedt, Richter ete. Morris und Salter dagegen stellten sie zuerst zu den Anneliden, und zwar in der 2. Ausgabe der Siluria (1859). Dieser Zwiespalt in der
') 1. ce, der Brandpilz, Heft XI meines Werkes, Tafel II.
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Auffassung herrscht noch heute und findet in den beiden verbreitetsten Lehr- resp. Handbüchern der Paläontologie Ausdruck. Bei Zittel werden die Tentaculiten zu den Pteropoden, bei Steinmann zu den Würmern gestellt.
Eine Aenderung der generischen Nomenclatur wurde durch Eichwald
(1860) versucht; er schlug für wirkliche Pteropoden den Namen Lonchidium vor und fasste als solche die echten Tentaculiten Schlotheims zusammen. Der Name Tentaculites sollte überflüssigerweise für Crimoidenanhängsel gelten. Sein Vorschlag blieb ohne Anerkennung. Später schloss Ludwig (1864) ungeringelte kleine Röhren, die von einigen Autoren zu Tentaculites gestellt waren, an die recente Gattung Styliola Lesueur an; diese Bezeichnung ist beibehalten worden; eine generische Uebereinstimmung zwischen den paläozoischen und den recenten Formen ist aber durchaus zweifelhaft, des- wegen ist es richtiger, jene glatten Röhren als Siyliolites in der Litteratur weiter zu führen. Neumayr hatte dafür 1889 den Namen Pseudostyliola vorgeschlagen, eine Bezeichnung die auch keinen Anklang gefunden hat.
Der Vortragende hatte sich bei Gelegenheit seiner Bearbeitung des
Paläozoicums im Polnischen Mittelgebirge eingehender mit diesen Formen beschäftigt und auf Grund der Sculptur folgende 4 Gruppen unterschieden; 1. Annulati, mit kräftig hervortretenden wulstartigen Ringen in weiteren Ab- ständen, 2. Annulosi, Oberfläche gleichmässig fein geringelt; 3. Coarctati, mit breiten ringförmigen Einschnürungen und kielartig zugeschärften Wülsten dazwischen, 4. Clathrati, mit scharfer Längs- und deutlicher Quer- seulptur. Nowak hatte diese letzte Gruppe nach den Exemplaren aus Böhmen und Mitteldeutschland ausführlich untersucht und auf ihre be- sondere Stellung hingewiesen. An nachträglich gefundenem besseren Material aus Polen konnte der Vortragende diese Untersuchungen fortsetzen. Er fasst diese letzte Gruppe als besondere Gattung auf, die er dem verstorbenen Untersucher derselben widmete und als Nowakia dem alten Genus Tentaculites gegenüber stellt. Es sei hier auf folgende Unterschiede hin- gewiesen,
1. Nowakia hat eine deutliche Embryonalblase — einen Nucleus, wie man dieselbe bezeichnen kann; sie füllt sich, wie Nowak an- giebt, mit organischer Substanz an — was der Vortragende an seinem Material übrigens nicht bestätigen konnte. Auf die Wichtig- keit dieses Merkmals wies Nowak zuerst hin.
Das Embryonalende von Tentaculites ist stets sehr dünn, langgestreckt; der Anwachswinkel ist immer kleiner als am anderen Ende der Röhre. In einigen Fällen konnte beobachtet werden, dass das Embryonalende durch eine einfache dünne Scheidewand abgeschlossen war. Das Embryonalende ist stets mit feiner gleichmässiger Ringelung oder Querstreifung versehen.
2. Die Struetur. Die grossen Tentaculites-Arten zeigen, wie zuerst Dewitz nachwies, eine deutlich blätterige Wandung; in den Ringen
1899. 3
9b)
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
wölben sich die Blätter stark nach aussen und blättern sich auf. An den Stellen stärkster Krümmung entstehen *“lunkle radiale Streifen, die nur eine optische Erscheinung sind; zuweilen tritt auch ein wirklicher Riss auf. In den Wülsten liessen sich bei den meisten Exemplaren feine Poren von wenig strietem Verlauf er- kennen. Der distale Abfall des Wulstes ist reichlicher mit Poren versehen als der proximale (dem Embryonalende zugekehrte), ver- einzelte Poren finden sich auch in den flachen Theilen der Röhren zwischen den Ringwülsten. Bei kleineren weniger dickschaligen Arten (Tentaculites tenuicinctus) konnte diese Porenbildung nicht nach- gewiesen werden, wohl aber bei den der genannten Art am nächsten stehenden etwas grösseren Form T'. glaberTrautschold ausRussland. Ganz ähnliche lockere Poren beobachtete der Verfasser in den Röhren einer als Serpula hexagona F. A. Roemer bezeichneten Form aus einem cenomanen Geschiebe von Danzig.
Die Wand der Nowakien-Röhren ist sehr dünn, noch dünner als bei dem gleich grossen Tentaculites tenuicinctus. Exemplare von Nowackia in Kalk erhalten sind stets mit krystallinischer Ausfüllung versehen. Die Calcitindividuen sind immer radial angeordnet, wie besonders deutlich bei der Caleitausfüllung des Nucleus zu beobachten ist. Querschnitte geben bei gekreuzten Nicols stets ein sehr deut- liches Kreuz. Bezeichnender Weise reichen aber die Caleitindividuen besonders wieder am Nucleus über die Röhrenwand hinaus bis in das umgebende Gestein hinein. Daraus ist zu schliessen, dass die Nowakienröhren aus radialfasrigen Elementen, also wohl aus Aragonit bestanden, während die Tentaculiten aus concentrisch blättrigem Caleit aufgebaut waren. |
. Beziehungen zu anderen Formen. Wie schon durch die alte
Auffassung gegeben, zeigen die Nowakien besonders in ihrer Form Aehnlichkeit mit Pteropoden; durch den Nachweis einer Embryonal- blase wird die Beziehung zu den Mollusken sicher erwiesen.
Die Tentaculiten zeigen in ihrer Structur am meisten Aehnlichkeit mit der Gattung Cornultes, deren freigewachsene Individuen oft genug zu Tentaculites gestellt wurden z. B. „Tentaculites“ tenuistriatus Meek and Worthen. Zumeist sind die Cornuliten-Röhren aber entweder mit einem Ende oder nach der ganzen Länge festgewachsen. Damit hängt wohl auch zusammen, dass die Röhrenwandung der Cornuliten an den Wülsten nicht eine einfache Emporwölbung der Blätterlagen aufweist, sondern ‘dass die Lamellenringe an den Wülsten unter-
brochen sind. Endlich konnte auch Porenbildung bei Cornulites
nicht sicher nachgewiesen werden, sie wird aber von dem Verfasser als thatsächlich vorhanden vermuthet. Bei Nowakia kommen nie gekrümmte Formen vor, bei Tentaculites sehr häufig; es deutet dies
a
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 35
auf ein wenigstens zeitweiliges Festgewachsensein der Röhren; bei Cornulites ıst die Röhre meist, bei Orthonia und endlich auch bei Serpula immer dauernd auf einer Unterlage befestigt.
4. Lebensweise. Die Nowakien finden sich nur in Ablagerungen der hohen See, es sind Thiere des Planktons wie die Pteropoden heutzutage.
Die Tentaculiten mit Ausnahme von T. tenuicinctus finden sich stets in Bildungen, wie Muschel- und Brachiopodensandsteinen und -Kalken etc., stammen sicher also aus strandnahen Bildungen. Nur die genannte Art T. tenuicinctus stammt wie Nowakia aus dem Plankton, gehört aber wegen ihres dünnen Embryonalendes nicht zu dieser Gattung, sondern zu Tentaculites; man muss aber zugeben, dass T, tenuieinetus innerhalb der Gattung eine etwas isolirte Stellung einnimmt.
Zieht man also den Schluss aus den vorhergehenden Ausführungen, so muss man die ursprüngliche Gattungsbezeichnung Tentaculles auf Formen wie T. ornatus Sowerby, Fr. Schm. ete., T. Schloitheimi Koken, T. Sand- bergeri Gürich und auf T. tenuieintus Sandberger etc. beschränken und dieselbe zu den Würmern stellen.
Die mit einem Nucleus versehenen Clathrati müssen aber als besondere Gattung Nowakia Gürich abgetrennt und zu den Pteropoden gerechnet werden. Bemerkt mag schliesslich noch werden, dass folgerichtig Schiefer ohne Tentaculiten aber mit Nowakien auch als Nowakienschiefer zu
führen sind.
7. Sitzung vom 14. December 1899.
Herr Th. Schube berichtet über die
Ergebnisse der Durchforschung der schlesischen Phanerogamen- und Gefässkryptogamenflora im Jahre 1899.
Die folgende Zusammenstellung stützt sich wieder hauptsächlich auf die Mittheilungen, die mir von zahlreichen Beobachtern in der Provinz zu- gegangen sind; persönlich habe ich im verflossenen Jahre nur wenig zur Durchforschung der Heimath beitragen können, da ich, durch andere Arbeiten vollauf in Anspruch genommen, nur wenige grössere Ausflüge und auch diese nur in schon viel besuchte Gebietstheile habe unternehmen können. Doch hat auch ein Theil jener Arbeiten etwas zur Vervollständigung des vor- liegenden Berichtes geliefert. Mit den Vorbereitungen zu einem Archiv der Flora von Schlesien beschäftigt, war ich genöthigt, noch einmal die Notizen meines unvergesslichen Freundes Rudolf v. Uechtritz durchzusehen: dabei fand sich eine Anzahl noch unveröffentlichter mehr oder weniger beachtenswerther Mittheilungen, die hier wiedergegeben sind. Auch die von mir jetzt begonnene Durcharbeitung des älteren Herbar. siles. der Schlesischen Gesellschaft ergab einige bisher übersehene Standortsangaben.
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36 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Endlich schien es mir angezeigt, um diesen Berichten möglichste Voll- ständigkeit zu geben, auch einige an anderen Stellen veröffentlichte Mit- theilungen hier wiederzugeben. Die für das Gebiet neuen Formen wurden durch Fettdruck, die für einzelne Bezirke neuen durch Sperrdruck hervor- gehoben. Dies Verfahren wurde auch bei den eben erwähnten aus andern Zeitschriften übernommenen Angaben durchgeführt sowie auch bei den- jenigen des älteren Herb. siles., die ich zwar schon in meiner Arbeit „Die Verbreitung der Gefässpflanzen u. s. w.‘‘ berücksichtigt habe, die aber, soweit ich es feststellen konnte, anderweitig noch nicht veröffentlicht sind.
Allen Herren, die mir Material für diese Arbeit zukommen liessen, insbesondere aber denjenigen, die das Herbar. siles. durch Pflanzensendungen sefördert haben, sage ich auch an dieser Stelle herzlich Dank; zugleich bitte ich um weitere freundliche Unterstützung.
Cystopteris sudetica. Sehr zahlreich unter der Ruine Koberstein bei Reiwiesen! (Buchs).
Aspidium Phegopteris. Grünberg: unweit der Barndt’schen Mühle (Hellwig)!
A. Thelypteris. Schönau: oberhalb Reichwaldau an der faulen Rote (Pinkwart)!
A. cristatum X spinulosum. Hoyerswerda: Wald zwischen Frauen- dorf und Bärhaus mehrfach (Barber).
A. dilatatum. Guhrau: Wald bei Königsdorf (Nitschke)!
Blechnum Spicant. Oppeln: Grudschützer Forst! (v. Ehrenstein).
Asplenium Ruta muraria. Oels: Schlosskirche (Ritter).
A. Adiantum nigrum. Goldberg: an der Bärenhöhle bei Seiffenau (Pinkwart)! — Fiek nennt diese Stelle unrichtig Wolfshöhle.
Osmunda regalis. Hoyerswerda: Tettauer Forst (H. Schäfer t. Barber).
Botirychium Lunaria. Görlitz: Wiesen zw. Sohrneundorf und Langenau nicht selten (Barber); Gr.-Strehlitz: Warmuntowitz (Eitner)! — In meiner Uebersicht sind 4b, c und e ausgefallen. |
B. matricarifolium. Goldberg: Seiffenau (Pinkwart)!
B. Matricariae. Zuckmantel: zw. der Annakapelle und Ruine Edel- stein ein Exemplar (Buchs)!
Equisetum maximum. Loslau: Jastrzemb (Migula t. Uechtritz).
E. limosum v. uliginosum. Nordostspitze des Schlawasees (Hellwig t. Ue.).
E. hiemale. Oppeln: längs der Winske mehrfach (Schmidt t. Ue.).
Lycopodium inundatum. Haynau: nördlich yennalalaulanlini. Gr. (Pinkwart)!
L. complanatum. wölfelsgrund: in halber Höhe des Glasehübels (Stenzel).
Taxus baccata. Habelschwerdt: in Vogtsdorf ein sehr alter Baum (Krull)!; Freiwaldau: Grosser Spitzstein bei Sandhübel mehrfach (Buchs).
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 37
Picea excelsa v. alpestris. Im Riesengebirge auch im Riesengrund u. a. (Barber).
—+ Pinus montana. Die bei Rosenberg angegebenen Stücke gehören nach Fruchtzapfen, die Zuschke eingesandt, wenigstens theilweise zur ssp. pumilio.
Sparganium ramosum ssp. neglectum Beeby. Ruhland: Elster- wiesen zw. Tettau und Mückenberg (Barber). Das Vorkommen dieser Unter- art, die sich vom Typus nur durch den abweichenden Bau der Früchte unterscheidet (bei diesem sind sie kurz pyramidenförmig und stark gegen einander kantig abgeplattet, bei neglectum schlank und wenig abgeplattet), im Gebiete war mit Sicherheit anzunehmen, nachdem sie in den letzten Jahren in den Nachbarländern vielfach nachgewiesen worden war. Zur Feststellung ihrer weiteren Verbreitung möchte ich alle Freunde des Herb. siles. bitten, im nächsten Jahre auf die Igelkolben mit verzweigtem Blüthen- stande zu achten und mir womöglich Fruchtexemplare derselben von ver- schiedenen Stellen einzusenden. Jedenfalls werden dann auch bei uns die Varietäten mierocarpum Neuman und oocarpum Celak. nachzuweisen sein.
Sp. diversifolium Gräbner, zu welchem jetzt Barber die früher für Sp. affine gehaltene Pflanze stellt, kommt nach seiner Angabe noch mehrfach bei Hoyerswerda vor, z. B. am Helferteich und Alten Teich bei Laubusch, Steinteich bei Schwarz-Kollm, Dorfteich in Nardt und im Kossaksgraben bei Hoyerswerda.
Potamogeton natans v. prolixus. Haynau: Reisichter Torfstich (Figert)!
P. perfoliatus. Oppeln: Bolko (Uechtritz).
P. alpinus X lucens Aschers. et Gräbner. Breslau: in der Weide bei Bischwitz (Günther)! Vgl. deren Synopsis der mitteleurop. Klora 1} 328.
P. gramineus X Zizi. Nach dem eben genannten Werke be- obachtet bei Lublinitz: Kokottek (Ascherson).
P. gramineus. Rotenburg O.-L.: Gr. Teich bei Sproitz (Barber).
P. acutifolius. Ruhland |: bei Mückenberg]; Görlitz: Teiche in und bei Hennersdorf (Barber); Trebnitz: Gr.-Peterwitz (Thielscher)!
P. obtusifolius. Görlitz: Hennersdorfer Dorfteich (Barber); Breslau: Raake (Thielscher)!
Zannichellia palustris. Breslau: Domatschine (Wichura in Herb. siles.)! — Die Pflanze von Palhanetz (vgl. Fiek’s Flora) gehört nach Exem- plaren im Herb. siles. zu Potamogeton pusillus!
Triglochin maritima. Breslau: Krietern (Behnsch)!
Elisma natans. Ruhland: bei Tettau häufig; Görlitz: Kalkbruch- tümpel am Teufelstein bei Hennersdorf (Barber).
Sagittaria sagittifolia f. obtusa. Grünberg: Oderwald (Hellmich in Herb, siles.).
38 | Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Elodea canadensis. Um Neisse vielfach (Buchs)!
Calamagrostis arundinacea. Ruhland: Laubwald bei Tettau, mit ©. Halleriana (Barber).
4Aira praecox. Glogau: zw. Gustau und Meschkau; Goldberg: südl. von Töppendorf (Pinkwart)!
Deschampsia caespiütosa X flecuosa. Figert, der diese Kreuzung bei Donnerau nächst Charlottenbrunn beobachtete, wird dieselbe, da sie anscheinend noch nirgends besprochen ist, an anderer Stelle aus- führlicher beschreiben. Das dem Herb. siles. freundlichst überlassene Stück stellt eine deutliche Mittelform dar, indem die flachen und rauhen Stengel- blätter sowie die z. T. ziemlich langen Blüthenstiele an D. caespitosa erinnern, die meist auffallend langen, geknieten Grannen aber und die zu- weilen geschlängelten Rispenäste für D. flexuosa sprechen.
Deschampsia discolor. Hoyerswerda: Mönnichsteich, Sandgruben und Alter Teich bei Laubusch (Barber).
Trisetum flavescens. Hoyerswerda: westl. der Spremberger Heer- strasse (Barber).
Avena strigosa f. effuwsa Uechtr. Breslau: Wüstendorf (Uechtritz)!
Koeleria cristatlav. pyramidata. Breslau: Mahlener Wald (Krause in H. sil.)! und Kapsdorfer Wald (H. Scholtz in H. sil.)!; Habelschwerdt: Eisenberge gegen Petersdorf!; Troppau: Stremplowitz (v. Mückusch in H. sil.)!
Catabrosa aquatica. Troppau: Palhanetz (v. Mückusch in H. sil.)!
Dactylis glomerata v. nemorosa. Oderwälder bei Maltsch (Gerhardt t. Ue.), Leubus (Kabath t. Ue.) und Ohlau (Winkelmann)!
Festuca sciuroides. Pirnig: bei den Mühlen, eine grosse Fläche bedeckend (Hellwig)!; Goldberg: westlich unter dem Flensberge (Pinkwart)! — Die Burkhardt’schen Stücke von Niesky gehören zu F. myurus, die Art ist also für diesen Bezirk zweifelhaft.
F. silvatica. Am Zobten mehrfach auf der Südseite zw. dem Weg zum Curvenplatz und dem Bergwege!; Reichenbach: Ob.-Peilau (Wichura ins ssala)!
Bromus asper. Primkenau: Eichenwald zw. Petersdorf und Baier- haus (Schöpke).
B. erectus. + Proskau: Grasplätze in der Pomologie, wohl nur von früherem Anbau (Trzebinski)!
B. tectorum f. glaber. Neisse (Winkler in H. sil.)!
B. racemosus. Neusalz: zw. Tschiefer und der Oderbrücke (Hellwig)!; Troppau: Stabrowitz (v. Mückusch in H. sil.)!
Brachypodium silvaticum. Ruhland: Laubwald nördlich von Tettau (Barber).
Lolium perenne f. compositum. Besonders stark verzweigt bei Rotwasser O,-L. (Rakete)!; auch sonst mehrfach, z. B. Grünberg: Rohrbusch,
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 39
Goldene Krone; Neusalz: Tschiefer (Hellwig)!; Salzbrunn (Krause in H. sıl.); Rosenberg: Bischdorf (Zuschke)!
L. multiflorum. + Rosenberg: Boroschau, auf der ehemaligen Försterwiese (Zuschke)!; + Proskau: beim pomolosischen Institut (Trzebinski)!; f. ramosum Oberglogau mehrfach, eine auch durch auffallende Rauhigkeit der Blattspreiten bemerkenswerthe Form bei Friedersdorf (Richter)!
Oyperus flavescens. Oels: Hönigern (H. Scholtz in H. sil.)!; Breslau: Poilentschine (Pauli in H. sil.)!
Scirpus multicaulis. Hoyerswerda: Laubusch; Rotenburg O.-L.: Kleiner Teich nordw. von Heidehaus bei Daubitz (Barber).
8. pauciflorus. Oels: Sadewitz (Krause in H. sil.)!
8. maritimus. Hoyerswerda: Alter Teich bei Laubusch; Roten- burg O.-L.: Sproitz (Barber); Haynau: Promenadenteich (Penzig t. Ue.).
Rhynchospora alba. Halbau: Cunau; Goldberg: Neudorf a. Gr.
(Pinkwart) !
Carex dioeca. Breslau: Heidewilxen (Wichura in H. sil.)!
©. pulicuris. Kitzelberg bei Kauffung (Gebr. Schäfer t. Barber).
C©. cyperoides. Hoyerswerda: Alter Teich bei Laubusch; Roten- burg O.-L.: Neuer Teich bei Sproitz (Barber).
0. arenaria. Sprottau: am Dremmel bei Eulau (Schöpke); Lüben (Scholz t. Ue.).
C. praecox. In ungewöhnlich (fast 1 m) hohen Stücken an feuchten Stellen bei Krietern und Wilhelmshafen nächst Breslau (Behnsch)!
C. brizoides X remota. Lauban: Hochwald (F. Schäfer t. Barber); Goldberg: Putzberg, Geiersberg (Figert in Allg. Bot. Z. I.).
C. paradoxa. Kammerbergbaude bei Kauffung (Gebr. Schäfer t. Barber).
©. canescens X paradosca. Diese wohl neue Hybride beobachtete Figert bei Glogau in den „Rohrpförten‘‘ ım Stadtwalde; er wird an andrem Orte ausführlicher darüber berichten. Nach eingesandten Stücken scheint mir die Deutung richtig.
Ü. canescens X panniculata ist in meiner Zusammenstellung (1e) vergessen worden. Sie wurde jetzt auch im Nimkauer Bruche beobachtet (Figert) !
„ ©. caespitosa wird von Anders (Allg. Bot. Z. IV, 117) als zwischen dem Grossen Kessel und Karlsdorf beobachtet angegeben, was nach den sonstigen Verbreitungsverhältnissen kaum richtig sein dürfte.
C. hyperborea aut. siles. wurde schon von Uechtritz und Fiek gelegentlich als ©. Goodenoughi X rigida angesprochen. Nachdem neuerdings Kükenthal diese Ansicht ausführlich begründet (D. Bot. Mon, XV, 69), darf wohl jeder Zweifel an der Richtigkeit dieser Deutung
40 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
aufgegeben werden. Sie ist übrigens auch aus 6a (Gr. Kessel, 1883) bekannt.
C. Buxbaumi. Görlitz: Cunnersdorfer Kalkbrüche (H. Schäfer t. Barber); Breslau: Rommenau!; zw. Altenhayn und Gr.-Masselwitz, bei Althofnass und K].-Muritsch (Uechtritz).
©. pallescens v. alpestris Celak. Altvater, Hohe Heide (Anders a. a. O.). — Mit auffallend langgestielten, nur weiblichen, ziemlich lockeren Aehren bei Charlottenbrunn: am Tunnel (Figert) !
C. pendula. Am Zobten auch auf der Nordseite zw. Gorkau und dem Palmenstein an zwei Stellen!
©. filiformis. Primkenau: Petersdorfer Bruch (Schöpke).
Juncus ylaucus. Görlitz: Teufelstein bei Hennersdorf (Barber).
J. filiformis. Sprottau: bei Liebichau und Oberleschen (Schöpke) ; Haynau: nördl. vom Bahnhof Neudorf a. Gr. (Pinkwart)!
J. tenuis. Jauer: Hessberge, bei den Buschhäusern (Figert)!; Goldberg: zw. Georgenthal und Töppendorf, auch am Wege vom Gröditzberg nach Alzenau (Pinkwart)!
J. tenageia. Hoyerswerda: Helferteich bei Laubusch (Barber).
J. supinus f. fluitans. Sprottau: Liebichau (Schöpke).
J. alpinus. Neisse (Winkler in H. sil. als J. lamprocarpus)!
Tofieldia calyculata. Polkwitz: Arnsdorfer Wiese (Matzker); Sagan: beim Dachsberg (Everken in H, sil.)!; Troppau: Ottendorf (von Mückusch ibid.)!
Veratrum album. Zuckmantel: Latzdorfer Grund! (Buchs).
Colchicum autumnale. Brieg: Grüningen (Zahn); Sagan: Schön- brunn, nahe der Kalkreuther Grenze (Matzker)!
Anthericum ramosum. Grünberg: Krampe (Everken in H. sil.)!; Sprottau: Dreigräben bei Ober-Leschen (Schöpke); Frankenstein: zw. dem Grocheberg und Dorf Freudenberg (Trödel)!
Gagea minima. Breslau: Wiese (Scholtz in H. sil.)!:
G. arvensis. Hotzenplotz (Müncke in H. sil.)!
Allium ursinum. Schmiedeberg: Molkenberg (Schleiermacher in H. sil.)!; Gr. See auf der Heuscheuer (Neumann in H. sil.)!; Wölfels- grund: am Hetzelbach über dem Sanatorium (Stenzel); Ratibor: im „Grob“ bei KlI.-Gorzütz, Belschnitzer Wald (Kotschy); Zuckmantel: Latzdorfer Grund! (Buchs).
Lilium bulbiferum. Im Gesenke auch bei Spornhau (Buchs)! _
L. Martagon. Ratibor: Wrzessiner Wald unweit des Försterhauses (Kotschy). >
Ornithogalum umbellatum. Tschirnau: Acker hinter dem Kirchhof | (Starke inH. sil.)!; Herrnstadt: Buschiger Damm bei Wikoline!; Gnadenfrei (Schummel inH. sil.)!; Ratibor: zw. Gr.- u. Kl.-Gorzütz im Heerstrassen- graben (Kotschy).
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OÖ. nutans. Grünberg: am Fussweg von der Kuhnauer Strasse nach dem Rohrbusch (Knorr inHH, sil.)!; + Polkwitz: im Pfarrgarten (Matzker). Muscari comosum. Goldberg: im Schneebachthal (Pinkwart)!
Sireptopus amplesifolius. HReiwiesen! (Buchs; übrigens auch Wichura in H. sil.).
Galanthus nivalıs. Breslau: im Klarenkranster Walde!; in Wiese (Scholtz in H. sil.)!; Troppau: Palhanetz (v. Mückusch in H. sil.)!
Iris sibirica. Ustron: am Tul (Kolbenheyer in H. sil. als I. graminea)!
Gladiolus imbricatus. Wohlau: Eichenwald bei Heinzendorf (Heinzmann)!; Tschirnau: im Haselbusch (Starke in H. sil.)!
Orchis militaris. Ottmachau: Wiese im Fasanengarten (Buchs)! Neu für Oberschlesien.
O0. coriophora. Tschirnau: im Hegewald (Starke in H. sil.)!; Jauer: Höllenwiese unter dem Hessberge (Krocker in H. sil.)!
O. globosa. Reinerz: Rückers (Neumann in H. sil.)!
O. mascula. Wölfelsgrund: bis zum Heedenköppel, auch oberhalb des Mückengrunds gegen den Urnitzberg (Stenzel)!
O. pallens. Im Herb. sil. liest ein von H. Scholtz angeblich bei Tscherben’ey gesammeltes Stück; ob nicht eine Standortsverwechslung vorliegt, müssen weitere Nachforschungen ergeben. Die Art wird auch von Rangel (Mitt. Natw. Ver. Troppau Nr. 2, 1895) angegeben bei Odrau: Wessiedelberg. Belegstücke habe ich leider bisher noch nicht erhalten, ebenso wie von
O. laxiflora. Sumpfwiesen bei Odrau (Rangel a. a. O.). Auch ein von H. Scholtz ‚im Gesenke‘‘ gesammeltes Stück liegt im Herb. sile- siacum.
O. maculata. Eine sehr eigenthümliche Form mit kleiner Lippe und auffallend kurzem, fast kreiselförmigem Sporn beobachtete Figert am Brunnberge!
OÖ. incarnata. Niesky: Oedernitz (Burkhardt in H. sil.)!; Breslau: Mirkau (Krause in H. sil.)!; Striegau: Stannowitzer Erlicht (Figert)!
Platanthera chlorantha. Zuckmantel: Latzdorfer Grund! (Buchs).
Cephalanthera ziphophyllum. Niesky: Ullersdorfer Obstberg - (Burkhardt in H. sil.)!
C. rubra. Polkwitz: Friedrichswalde, am Wege zur Königsfichte (Matzker). Der Standort ‚„Leubuscher Forst“ liegt nach einem Original- zettel im Herb. sil. bei Scheidelwitz.
Epipoctis palustris. Niesky: Diehsa (Burkhardt in H. sil.)!; Sagan: Schönbrunn (Matzker)!; Lüben (Starke in H. sil.)!; Breslau: zw. Heide- wilsen und Sponsberg (Weniger)!
Epipogon aphyllus. Riesengebirge [: unweit des Mummelfalls] (v. Cypers in Oest. Bot. Z. XLVII).
49 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Spiranthes spiralis. Sagan: Wachsdorfer Pfarrwidmut sowie auf der Hänselwiese und Nicklas’schen Wiese bei Schönbrunn (Matzker)!
Goodyera repens. Ohlau: auch bei Grüntanne (Bartsch in H. sil.)!; Wilhelmshöhe bei Salzbrunn (Scholtz in H. sil.)!
Populus tremula v. villosa. Brieg: Conradswaldauer Hochwald (Uechtritz).
Salıix amygdalina X viminalis. Maltsch: auf beiden Oderufern, ziemlich selten; auf dem rechten Ufer am Pulverschuppen ein jedenfalls von S. amygdalina v. triandra abstammendes Stück (Figert)!; Oppeln: Pascheke (Schmidt t. Ue.).
S. herbacea wächst auch an einem Felsen etwa 70 Schritt nordw. vom Peterstein (Buchs).
S. caprea X purpurea. Haynau: Göllschau (Figert)!
S. caprea X purpurea X viminalis. Die in dieser Form wohl noch nicht: beschriebene Kreuzung [eine S. (cap. X vim.) X (vim. X purpurea) bespricht A. Mayer in den hier leider nicht erhältlichen Denkschr. Bot. Ges. Regensburg 18398] beobachtete Figert bei Haynau in Göllschau an der Deichsa, ein grosser Strauch! Nach eingesandten Belegstücken halte ich die Deutung für zutreffend, da die Blätter grösste Aehnlichkeit mit solchen von caprea X vim. haben, die Staubfäden aber zur Hälfte verwachsen sind. Der Finder wird wohl auch hierüber noch anderweitig ausführlicher berichten, gleichwie über die ebenfalls neue
Ss. acutifolia X capreu X purpurea, die auch richtig ge- deutet sein dürfte. Liegnitz: Ausschachtungen am Töpferberg (Figert)!
S. caprea X viminalis. Goldberg: am Roten Bache bei Steinberg (Pinkwart)!; Teschen: Brandeis (Kotula t. Ue.).
S. incana X siülesiaca (= Andreae) Woloszczak von Ustron bespricht der Autor in der Oest. Bot. Z. XLVI.
S. silesiaca. Zuckmantel: Ober-Grund! (Buchs).
S. aurita X silesiaca f. rhomboidalis. Dorfbach im Eulengebirge (Strähler in D. Bot. Mon. XV.).
5. aurita X cinerea. Haynau: Göllschau (Figert)!
8. aurita X Lapponum. Kiesberg im Riesengebirge (J. Scholz)!
8. aurita > repens. Halbau: Cunau (Pinkwart)!
S. repens ist bei Ziegenhals selten: Südseite des Gr. Hutbergs (Frl. Nickel t. Buchs).
Ulmus montana. Probsthainer Spitzberg (E. Fiek t. Ue.). Thesium alpinum. Zuckmantel: Feldraine oberhalb Ober-Grund (Buchs)! i
Parietaria offieinalis. -+- Polkwitz: Pfarrgarten (Matzker).
Aristolochia Clematitis. + Tschirnau: an Zäunen (Thielscher)!
— Polygonum cuspidatum. Würbenthal: Waldrand bei Karlsthal (Makowsky in Verh. Natf. Ver. Brünn XXXVI.),
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Polycnemum arvense. Breslau: am Trapa-Teiche hinter Ransern (Bachmann t. Ue.).
Chenopodium glaucum, wohl in allen Bezirken anzutreffen (viel- leicht mit Ausnahme von 2d, 4e, 6a und d), fehlt in meiner Uebersicht. Belegt aus: 1b, d—2a, 3a, b, d, e, 5a, b,.d, e.
Silene dichotoma. Steinau: gegen Dammitsch zahlreich (Pfeiffer) ; Trachenberg: Gr.-Bargen (Schwarz)!; Breslau: Schlanz (Weniger)!; Proskau vorübergehend im pomol. Institut (Aderhold)!
S. Otites. Guhrau: westl. von Duchen!; Trebnitz: zw. Neuhof und Brietzen (Heidrich)!
Melandryum album fl. roseo. Glatzer Schneeberg (Weniger)!
M. rubrum. Breslau: Schalkau!
Cucubalus baccifer. Herrnstadt: Kamin (Schwarz)!; Ratibor: Belschnitz, Olsau (Kotschy).
Tunica prolifera. Grünberg: Walter’s Berg (Hellwig)!
Dianthus Armeria v. glaber. Liegnitz: Berghäuser (W. Scholz)!
+ D. barbatus. Ratibor: Waldränder bei Pyschez, Kuchelna, Wrzessin (Kotschy).
D. Carthusianorum, in f. dissolutus übergehend, bei Guhrau: Duchen!
D. superbus. Strehlen: zw. Karzen und Pudigau spärlich!
Stellaria media v. neglecta. Ottmachau: Schlosspark, bis 60 cm (Buchs).
Cerastium macrocarpum giebt von Cypers a. a. O. aus dem Riesengebirge an: Feldmauern (?!) im Langen Grunde bei St. Peter.
Arenaria serpyllifolia v. leptoclados. Winzig: zw. Leubel und Kamin (Schwarz).
Trollius europaeus. Trebnitz: zw. Maluschütz und Pawellau (Heidrich)!; Obernigk: Leiper Wald (Kionka t. Ue.); Ratibor: Thröm (Kotschy).
Isopyrum thalictroides. Neisse: Alderwäldchen, Köppernig (Niedenzu); Neustadt: Kapellenberg (Strauss)!; Ratibor: Kl.-Gorzütz, Krasko- witz, Belschnitzer Wald (Kotschy).
Actaea nigra. Gr.-Wartenberg: Baldowitzer Forst! (Brandrup); Nimptsch: Tartarenschanze!; Neustadt: Eichhäusel (Strauss)!; Ratibor: zw. Öschin und Cirzowitz (Kotschy). Nach Buchs wird sie bei Zuckmantel als ‚„Hundebeere‘‘ bezeichnet.
Aquilegia vulgaris. Gr.-Wartenberg: Kalklöcher in der Baldo- witzer Forst, zweifellos ursprünglich! (Brandrup); Glatz: Wolfskoppe bei Ullersdorf, Eisenberge!
Anemone nemorosa wurde am 30. October blühend gefunden bei Breslau: Pavelwitz (Eitner)!
A, narcissiflora kommt auch im Melzergrunde vor! (Schneider t. Ue.).
kb Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
A. alpina v. sulfurea. Westabhang des Kl. Teiches (Barber).
A. pratensis. Beuthen a. O.: Forstrevier Hohenborau (Hellwig tie):
Ranunculus aquatilis v. triphyllus. Seidenberg: Lomnitz (Traut- mann t. Ue.); Oberglogau (Richter t, Ue.); v. submersus Trachenberg: Grenzvorwerk (Schwarz t. Ue.).
R. trichopyllus. Breslau: zw. Zechelwitz und Jaekel!
R. eircinnatus. Grünberg: Pirnig (Hellwig t. Ue.).
R. auricomus v. fallax. Liegnitz: Doctorgang (Schwarzer t. Ue., früher fälschlich für R. cassuwbicus gehalten); Guhrau: Stadtwald (Thielscher)!; Proskau: Gräben unweit des pomol. Instituts (Aderhold)!; Ottmachau: Schlosspark (Buchs)!
Thalictrum aquilegifolium. Polkwitz: Friedrichswalde (Matzker); Rosenberg: Zarsisk, Bischdorf, Boroschau, Skronskau (Zuschke)!
Th. minus. Grünberg: Schuberts-Mühle (Hellwig t. Ue.).
Adonis flammeus. Oppeln: Groschowitz (Schmidt t. Ue.).
Berberis vulgaris. Bolkenhain: Bienwald!; Hultschin: Landecke (Kotschy).
—+ Lepidium sativum. Camenz: Hartarand (Trödel)!
+ Iberis amara. Grünberg: Klopsch’ Ziegelei (Hellwig)!
+ I. umbellata. Ziegenhals: am Bahnkörper nördl. von der Station (Buchs)!
Cardamine impatiens. Zuckmantel: Ober- und Nieder-Grund! (Buchs).
Dentaria enneaphyllos. Schweidnitz: Mooshütte bei Burkersdorf (Schöpke); Zuckmantel: Latzdorfer Grund! (Buchs).
Arabis hirsuta. Bolkenhain: am Bachrand in Baumgarten!; Zuck- mantel: Endersdorfer Kalkberg! (Buchs); v. sudetica Schüsselbauden (v. Cypers a. a. O.).
A. arenosa. Riesengebirge: am alten Bergwerk (v. Cypers a. a. O.).
— Lobularia maritima (L.) Desvaux, in der Uebersicht aus- gelassen, ist in 1d und 3d* beobachtet.
Berteroa incana. Ruhland: am Bahnhofe!
—+ Reseda lutea. Görlitz: Heil. Grab-Strasse (H. Schäfer t. Barber). Schönau: an der Bahn oberhalb Hermsdorf (Pinkwart)!
+ R. odorata. Grünberg: Alte Schloiner Strasse (Hellwig)!
Drosera rotundifolia. Brieg: Pampitz (Zahn). In diesem Gebiets- theile recht selten.
D. intermedia. “Halbau: Cunau (Pinkwart)!; Sagan: Reichenbach (Matzker).
Bulliarda aqualtica (L.) D. C., in der Uebersicht ausgelassen, ist nur aus 5f bekannt.
Sedum reflexum. Polkwitz: gegen Tarnau (Matzker).
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section, 45
Sempervivum soboliferum. Ziegenhals: an einem Felsen im Seifenbachthal bei Arnoldsdorf (Buchs).
Ribes Grossularia. DBolkenhain: Bienwald!; Glatz: Wolfskoppe bei Ullersdorf!; Landeck: zw. dem Schollenstein und dem Achillesfels!
R. nigrum. Ohlau: zwischen Dupine und Trattaschine! Pirus torminalis. Jauer: Hentschelberge bei Jakobsdorf (W. Scholz)!
Rubus sazatilis. Herrnstadt: Königsdorferr Wald, unweit der Linnaea - Stelle! (Nitschke).
R. idaeus v. viridis. Ruhland: sehr häufig ım Walde nördl. von Tettau (Barber).
R. suberectus. Sagan: Liebsen und Vorwerk Marienhof bei Hansdorf (Pinkwart)!; auch um Goldberg vielfach (ders.).
R. nitidus. Halbau; Cunau; Liegnitz: Schulteichbusch zu Mittel- Lobendau (Pinkwart).
R. sulcaius. Ruhland: Strassenrand zw. Tettau und Mückenberg (Barber).
R. macrophyllus. Sprottau: Milkau; Goldberg: zw. Gröditz und Alzenau (Pinkwart)!
R. seaber. Goldberg: Waldrand bei Georgenthal (Pinkwart).
R. Köhleri. Goldberg: Georgenthal (Pinkwart)!; subsp. bal- ticus Focke Ruhland: verbreitet in der Elster- und Pulsnitzniederung bei Tettau, Frauendorf und Bärwald (Barber); Hoyerswerda; zw. Schwarz- Kollm und Laubusch (H. Schäfer t. Barber).
R. apricus. Schönau: Weinberg bei Schönwaldau (Pinkwart),
R. lusaticus. Schönau: Weinberg bei Falkenhain (Pinkwart).
R. Bellardii. Rotenburg O.-L.: Schemsteich bei Sproitz (Barber); Haynau: zw. Doberschau und Michelsdorf; Goldberg: Georgenthal (Pink- wart)! Ziegenhals: Holzberg gegen Schönwalde (Buchs).
R. serpens subsp. hercynicus G. Braun. Goldberg: am Hohlstein bei Wolfsdorf (Pinkwart); subsp. rivularis Müller et Wirtg. Glogau: Südrand der Quaritzer Heide (ders.).
R. corymbosus P. J. Müller. Goldberg: zwischen Prausnitz und Conradsberg (Pinkwart).
R. oreogeton. Hoyerswerda: Forsthaus Schwarz-Lugk (Barber).
Potentilla supina. Goldberg: Alzenau (Pinkwart)!; Ratibor: Wrzessin (Kotschy).
P. norvegica. Kuhland: Tettau; Hoyerswerda: Schwarzes Lug, Rotenburg O.-L.: Sproitz (Barber); Zuckmantel: Endersdorf, Niclasdorf (Buchs).
P. recta. Polkwitz: gegen Tarnau (Matzker).
+ P. intermedia. Rybnik: Czuchow (Eitner)!
P. verna. Ottmachau: Sonnige Neisseufer oberhalb der Stadt (Buchs).
46 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
P. procumbens X reptans. Sagan: Vorwerk Marienhof bei Hans- dorf (Pinkwart)! P. procumbens. Gr.-Wartenberg: Baldowitzer Forst! Geum rivale X urbanum. Ottmachau: Fasanengarten (Buchs).
Agrimonia odorata. Trachenberg: Kendzie (Schwarz)!; Gr.-Warten- berg: zw. der Hummelmühle und Ulbersdorf, zw. Neuhof und Stradam!; Neu-Mittelwalde: bei Karolinenhof!; Breslau: ın Klarenkranst und mehrfach im dortigen Walde!
Rosa gallica. Schurgast: Borkwitz (Eitner)!
R. pomifera. Goldberg: zw. Moschendorf und Alzenau (Pinkwart)!; —- Gr.-Strehlitz: Wegrand bei Kalinowitz (Eitner)!
R. elliptica. Strehlen: zw. Prieborn und Dätzdorf (Eitner)!
R. elliptica X glauca (= pseudoglauca) Pinkwart. Gold- berg: Schneebach bei Kopatsch (P.)! Der Finder hat dieselbe in der D. Bot. Mon. XVII. ausführlicher besprochen.
R. coriifolia. Halbau: Liebsen; Sprottau: Milkau gegen Vorwerk Buchwäldchen; Goldberg: Gröditz gegen Georgenthal (Pinkwart)!
Prunus spinosa. Landeck: oberhalb Olbersdorf!
Genista germanica. Grünberg: Poln.-Nettkow (Hellwig)!; Primkenau: bei Neuvorwerk mehrfach (Schöpke).
Cytisus nigricans. Primkenau: „Dreigrabenzug‘‘ bei Neuvorwerk (Schöpke); Goldberg: zw. Georgenthal und Töppendorf (Pinkwart)!
C. ratisbonensis. Hier muss in meiner Zusammenstellung vor f eine 5 eingeschoben werden.
Ononis hircina. Ottmachau: Fasanengartenrand (Buchs); Ratibor: Gr.-Gorzütz (Kotschy); — f. spinescens Winzig: Leubel (Schwarz).
Medicago falcata v. glandulosa. Tschirnau (Thielscher).
Trifolium rubens. Jauer: Mühlberge bei Klonitz (W. Scholz).
Anthyllis Vulneraria. Guhrau: Wikoline!; Zuckmantel: Enders- dorfer Kalkberg, auch an Bahnböschungen bei Freiwaldau (Buchs).
Galega officinalis. -- Freiwaldau: Niclasdorf (Buchs).
Ornithopus perpusillus. Primkenau: Neuvorwerk (Schöpke).
Onobrychis viciifolia. Bolkenhain: zw. Thomasdorf und Würgsdorf (W. Scholz)!, vor Baumgarten!; Glatz: Ullersdorf, an der Wolfskoppe u. a.!
Vicia sepium f. ochroleuca. Ziegenhals: Waldwiese im Seifenbach- thal (Buchs)!
+ V. pannonica. Ziegenhals: beim Glognerwehr!
V. cassubica. Rötenburg a. O.: Läsgen (Hellwig)! Bei Gr.-Warten- berg anscheinend selten: Baldowitzer Forst sehr spärlich, etwas häufiger bei Jeltsch!
V. silvatica. Zobten: Nordseite des Kreuzbergs!
Latihyrus montanus. Gr.-Wartenberg: Baldowitzer Forst, spärlich!
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 47
Geranium phaeum. Freiburg: Adelsbach!; Glatz: Petersdorf!; Landeck: Kunzendorf!; Zuckmantel: Latzdorfer Grund, Ober-Grund (Buchs).
G. pyrenaicum. — Grünberg: Steingasse (Hellwig)!; (+?) Gross- Wartenberg: vor Cammerau, in grosser Menge, hier wohl als einge- bürgert zu betrachten!; — Breslau: Poln.-Peterwitz (Jenner)! Bei Proskau jetzt an Wegrändern häufig und eingebürgert (Aderhold)!
G. molle. Sagan: Bahnhof Hansdorf (Pinkwart)!; + Ziegenhals: bei der Präparandie (Buchs).
G, disseetum. Bei Grünberg sehr selten; hinter der Barndt’schen Mühle (Hellwig) !
G. columbinum. Neu-Mittelwalde: Karolinenhof! ; Breslau :zw.Schwoitsch und dem Damme nach der Strachate (Eitner)!
G. Robertianum, weissblühend. Zuckmantel: Latzdorfer Grund! (Buchs). | Euphorbia platyphyllos f. cana Uechtritz mser. „junge Blätter stark und dicht bekleidet, Breslau: am Wege von Ransern zum Fährwald“ (Ue.)! Diese Form (wohl nicht identisch mit E. litterata (Jacqg.), die nach Ascherson’s Flora des nordostd. Flachl. nur als Gartenflüchtling vor- kommen soll,) beobachtete ich auch mehrfach im Süden von Breslau um Rotsürben, Wiltschau u. a. Kräftige Stücke ähneln zuweilen sehr der E. villosa.
E. palustris. Trachenberg: um Gr.-Bargen nicht selten (Schwarz)!
E. virgata. (+?) Krappitz: unweit der Heerstrasse nach Ober- glogau (Ziesche)!
E. Cyparissias. (4?) Ruhland: Waldgrabenrand bei Frauendorf (Barber).
Acer platanoides. Glatzer Schneeberg: an der Albrechts- strasse (Stenzel).
Impatiens parviflora. Trebnitz: zw. Schickwitz und Brietzen (Heidrich) !
Hypericum montanum. Gr.-Wartenberg: Baldowitzer Forst!
H. hirsutum. Breslau: im Dorfe Schalkau!
Elatine hexandra. Rotenburg O.-L.: Grosser Teich bei Sproitz (Barber).
Viola hirta X odorata. Zuckmantel: Endersdorfer Kalkberg (Buchs)!
V. mirabilis. Oberglogau: Leschniger Wald (Richter t. Ue.)
V. stagnina. Schurgast: Karolinenthal (Bodmann t. Ue.).
V. biflora. Reiwiesen: Schlossberg (Buchs), auch noch am linken ÖOppaufer unterh. der Kobersteinmühle! (ders.)
Daphne Mezereum. Breslau: Klarenkranster Wald spärlich!; Ohlau; zw. Dupine und Trattaschine!
E. hirsutum X montanum, Hierzu scheint ein von Pinkwart an der Dorfstrasse in Falkenhain (Schönau)! gesammeltes Stück zu gehören,
SE" Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
das durch seine grossen, tief violetten Blumenkronen und seine oberwärts ziemlich starke Behaarung auf E. hirsutum hinweist, während es sich in den übrigen Merkmalen an E. montanum anschliest. Haussknecht führt in seiner Monographie (1884) diese Kreuzung nur aus Jütland an, seither ist sie jedoch auch anderwärts in Deutschland beobachtet worden.
E. parviflorum X roseum. Breslau: am Kinderzobten, zugleich mit E. adnatum X parviflorum (Behnsch)!
+ Oenothera pumila L. Wolfshau, am Wege nach dem Melzergrund (J. Scholz)!
Hippuris vulgaris, in meiner Uebersicht ausgefallen, ist aus 1d, 2%c, 3a, d, g, 5b—f, 6b und ce bekannt.
Astrantia major. Polkwitz: Trebitsch (Matzker).
Carum Carvi f. atropurpureum. Goldberg: Ostseite des Flensbergs (Pinkwart)!; Salzbrunn: am Bahnhof!
Pimpinella Saxifraga v. dissecta. Schönau: Weinberg bei Schön- _ waldau (Pinkwart)!
P. magna X Saxifraga. Hoyerswerda: Westl. Rand der Sprem- berger Heerstrasse mehrfach (Piotrowski t. Barber).
Myrrhis odorata. Ziegenhals: im Seifenbachthal (Buchs)! Auch bei Ober-Grund und Endersdorf! (ders.).
Oenanthe fistulosa. Ruhland: Gr. Teich bei Lindenau (Barber); Freystadt: Ob.-Hertwigswaldau (Schöpke).
Aeihusa Cynapium f. prussica. Winzig: Leubel (Schwarz).
Cnidium venosum. Breslau: Gr.-Bruschewitz (Uechtritz 1886); Klaren- kranster Wald!
Archangelica officinalis scheint im Goldberg-Schönauer Gebiet, wenn nicht ursprünglich, so doch völlig eingebürgert zu sein; sie wurde noch in Falkenhain am Dorfbach sowie in Schönwaldau und bei Süssenbach beobachtet (Pinkwart)!
Peucedanum Cervaria, Breslau: zw. Hochkirch und Machnitz (Heidrich)!, zw. Ramischau und Bruschewitz!
Daserpitium prutenicum f. glabrum. Breslau: Mahlener Wald!
Pirola uniflora. Herrnstadt: unweit der Linnaea-Stelle! (Nitschke).
P. chloraniha. Mühlberg bei Kauffung (Gebr. Schäfer t. Barber).
Ledum palustre. Oppeln: Winower Berge (Uechtritz).
Arctostaphylus Uva ursi. Primkenau: „Dreigräben‘‘ bei Rücken- waldau mit Esobasidium Vaccinii, das auf dieser Art bei uns nur sehr selten beobachtet wurde (Schöpke). Oppeln: Grudschützer Forst! (v. Ehren- stein). S
Trientalis europaea. Gr.-Wartenberg: Baldowitzer Forst! (Brandrup);
Ratibor: Wrzessin (Kotschy), Anagallis coerulea. (+?) Neusalz: Hohenborau, an der Heerstrasse beim Vorwerk (Hellwig)!
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II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 49
Armeria vulgaris. Neisse: zw. der Kaninchenredoute und der Ottmachauer Heerstrasse (Frl. Nickel t. Buchs)!
Vinca minor. Oppeln: Grudschützer Forst! (v. Ehrenstein).
Convolvulus dahuricus. —- Goldberg: Hecke zw. Gerberberg und der Grotte (Pinkwart)!
Ouscuta Gronovi W. Ueber das Auftreten dieser aus Nordamerika eingeschleppten Art im Gebiete scheint bisher, ausser der Andeutung in meiner Uebersicht, noch nichts veröffentlicht zu sein. Sie trat 1869 im Proskauer Anstaltsgarten auf Astern als kaum zu vertilgendes Unkraut auf, scheint aber jetzt, nach Mittheilung von Aderhold, wieder verschwunden zu sein. Neuerdings wurde sie auch eingeschleppt im Berliner Bot. Garten sowie im polnischen Weichselgebiet beobachtet.
Omphalodes scorpioides. Ottmachau: Nordostseite des Fasanen- gartens in grösster Menge (Buchs)! Neu für Oberschlesien. .
Lappula deflexa. |Bei Goldenstein auch an einem Felsen hinter der Graphitschlämme (Buchs)!].
Asperugo procumbens. (-+-?) Görlitz: Leopoldshain (Barber). | Symphytum tuberosum. Ratibor: Belschnitzer Wald, Kl.- und
Gr.-Gorzütz, Wrzessin (Kotschy).
Anchusa officinalis, weissblühend. Liegnitz: Berghäuser (W. Scholz)!
Cerinthe minor. Oppeln: Sczepanowitz (Schmidt t. Uechtritz).
Melittis Melissophyllum. Jauer: Scheerberg!; Gr.-Wartenberg: Baldowitzer Forst! (Brandrup).
Galeopsis speciosa. Rotenburg a.O.: im Erlenbruch und auf Acker- land bei Läsgen (Hellwig)!
Salvia verticillata. Glatz: Wolfskoppe bei Ullersdorf!; Freiwaldau: zw. Ob.-Lindewiese und Ramsau mehrfach (Buchs)!
—+ Hyssopus officinalis. Bolkenhain: Altröhrsdorfer Kirchhof- mauer (Schöpke).
Origanum vulgare. Bolkenhain: (W. Scholz)! Schweidnitz: Ob.- Bögendorf, Seifersdorf (Schöpke).
Mentha aguatica v. turrita aus der Breslauer Gegend beschreibt Briquet in Bull. Herb. Boissier II. (1894.)
+ Nicandra physaloides. Rotenburg a. O.: im Dorfgraben von _ Läsgen (Hellwig).
Atropa Belladonna. Ziegenhals: hinter dem Hammerkretscham in Nielasdorf (Buchs) !
Verbascum nigrum v. lanatum. D.-Wartenberg: zw, Nittritz und dem Schlossberg (Hellwig)!
Linaria arvensis. Schweidnitz: Würbenschanze (Schöpke).
Antirrhinum Orontium. Schweidnitz: Würbenschanze (Schöpke).
Scrofularia Scopolii. Oppeln: Dometzko, Oberschale (Schmidt t. Ue.); Ratibor: Wrzessin (Kotschy).
1899. 4
50 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
S. alata. Nieder-Polkwitz (Matzker); Bohrau: gegen Wäldchen! Gratiola offieinalis. Rotenburg O.-L.: Sproitzer Teiche (Barber). Veronica aguatica. Kontop (Hellwig t. Ue.).
V. montana. Landeck: unweit des Waldtempels!; Ziegenhals: Vietoria- quelle (Richter t. Ue.).
V. longifolia. Löwen: Cantersdorf .(Schmidt t. Ue.).
V. spicata, weissblühend. Namslau: bei Gramschütz (Eitner)!
V. verna v. Dilleni. Obernigk: gegen Muritsch!
Digitalis ambigua. Trachenberg zw. Lauskowe und der Orle- Brücke (Nitschke)!
Melampyrum arvense, Bolkenhain: Gr. Hau (W. Scholz)!; Glatz: Wolfskoppe bei Ullersdorf!
M. pratense v. purpurascens. Diese von Ascherson (in Verh.Brandb- B.V. XL) aufgestellteVarietät kommt nach seiner Angabe auch in Schlesien vor.
Euphrasia coerulea. Schweidnitz: Ob.-Leutmannsdorf (Schöpke).
Utricularia vulgaris. Ruhland: zw. Tettau und Mückenbers, zugleich mit U, neglecta und U. intermedia (Barber).
U. minor. Rotenburg O.-L.: Schemsteich bei Sproitz (Barber).
Orobanche pallidiflora. Proskau: im Seminargarten spontan (Aderhold). — Auch bei Gr.-Kauer wurde sie von Pinkwart wieder beobachtet.
OÖ. Iutea. Lublinitz: Lubetzko (Fritze t. Ue.).
Lathraea Squamaria. Breslau: Mahlener Wald gegen Schön-Ellgut (Breiserzt.aUe.).
Plantago arenaria. Rotenburg a. O.: am Bahnhofe (Hellwis) !
Litorella juncea Bergius, in meiner Zusammenstellung fehlend, ist aus la, b und 5f bekannt.
Asperula odorata. Rotenburg a. O.: zw. Läsgen u. Poln.-Nettkow (Hellwig) !
Galium Cruciata. Ottmachau: in und hinter dem Fasanengarten (Buchs)!
"@. silvestre. Zobten: am Engelberge, bis nahe an das Schützen- haus herab!
G. verum. Ruhland: nördl. von Frauendorf (Barber).
G. Mollugo v.erectum in einer f. pubescens Uechtritz mser. 1886, die aber von der von Warnstorf 1882 beschriebenen f. villosum wohl kaum verschieden und daher unter diesem Namen zu führen ist, wurde beobachtet bei Breslau: Kratzbuschdamm (Kabath t. Ue.) und Striegau: am Pitschenberg (Ue.).
G. Schultesi. Sprottau: Milkau (Pinkwart)!; Guhrau: Wilhelmsbruch (Schwarz); Trachenberg: Bistritzbrücke bei Lauskowe (ders.)!; Striegau: Zedlitzbusch (Uechtritz) !
Sambucus Ebulus. Ratibor: Belschnitz, an der Oder bei Petrzkowitz (Kotschy).
1. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 51
S. racemosa. Ohlau: zw. Dupine und Trattaschine!; Karlsruhe:
Zedlitz gegen Plümkenau!; Neisse: Köppernig (Niedenzu). Lonicera Periclymenum. Guhrau: im Walde bei Königsbruch
(Nitschke)! L. Xylosteum. Glatz: Wolfskoppe bei Ullersdorf, Eisenberge! Valeriana officinalis v. angustifolia. Jauer: Moisdorf
(W. Scholz t. Ue.).
V. polygama. Konstadt: Jeroltschütz!
Knautia arvensis f. integrifolia. Glatz: Ullersdorf (Preusse t. Ue.).
Succisa pratensis v. glabrata. Breslau: Scheitnig (Uechtritz); Reichenstein: Ob.-Plottnitz (Trödel)!
Scabiosa canescens v. virens Wallr., zugleich z. T. durch hell- braune Kelchborsten auffallend, bei Rosenberg: Stadtwald (Zuschke)!
S. Columbaria. Ratibor: um Rogau häufig (Kotschy).
Campanula latifolia ist aus dem Ohlauer Oderwald angegeben (Winkelmann).
C. bononiensis. Guhrau: häufig bei Duchen (Nitschke)!
Jasione montana, weissblühend. Gr.-Wartenberg: zw. der Hummel- mühle und Karolinenhof!
Solidago serolina. + Freiwaldau: am Bieleufer in Niclasdorf (Buchs)!
S. canadensis. — Kupferberg: am Bolzenschloss (W. Scholz)!
Erigeron annuus. + Schönau: Kl.-Helmsdorf (W. Scholz)!
E. canadensis f. contractus Bänitz. Krappitz: am Bahnhof (Ziesche)!
Inula Helenium. + Ziegenhals: Arnoldsdorfer Bauerngärten (Buchs).
I. vulgaris. Jauer: Hessberg (Penzig t. Ue.).
+ Xanthium spinosum. Grünberg: zw. dem Adlerland und der Barndt’schen Mühle, in jener Gegend lange vermisst (Hellwig)!
Rudbeckia laciniata. Bolkenhain: Wald bei Schweinhaus (W. Scholz)!; Guhrau: Gebüsche bei Kl.-Räudchen (Nitschke)!; Breslau: Sackerau (Ziesche)!, Klarenkranst!
Galinsoga parviflora. Militsch: in Gr.-Kaschütz (Heidrich)!; Proskau: an Wegrändern mehrfach, z, B. bei der Brennerei (Aderhold)!
Achillea Ptarmica. Neisse: Wallgräben gegen Neumühl; Ottmachau: am Wehr (Buchs).
Matricaria discoidea. Königszelter Bahnhof! | Chrysanthemum Leucanthemum f. breviradiatum. Jauer: zw. Poischwitz und Falkenberg (W. Scholz)!
Petasites officinalis. Namslau: bei Giesdorf!
Arnica montana. Halbau: westlich von Cunau (Pinkwart)!
Senecio vernalis. Ottmachau: hinter der Zuckerfabrik (Buchs)!
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
[DL bs
S. barbaraeifolius. Nieder-Tschirnau (Thielscher)!
S. Fuchsi. Breslau: am Erlkretscham und am Südwestrande des Mahlener Waldes!
S. crispatus. Karlsruhe: um Zedlitz mehrfach!
Echinops sphaerocephalus. + Breslau: im Unterholze eines etwa 20 Jahre alten Kiefernschlages des Klarenkranster Waldes, ein sonderbares Vorkommen!
Carduus nutans. (?+) Ruhland: Waldgrabenrand bei Frauendorf (Barber).
C. acanthoides, weissblühend. Jauer: Moisdorf (W. Scholz)!; desgl. am Jägerndorfer Burgberg (Buchs)!
C. crispus. Breslau: an der Schwedenschanze (Bachmann t. Ue.); Striegau: Neuhof!; Nimptsch: Heidersdorf!; Jordansmühl: in und um Bischkowitz.
C. Personata. Görlitz: Wendisch-Ossig (Trautmann t. Ue.).
C. oleraceum f. amarantinum. Rybnik: Belk (Ziesche)!
C. heterophyllum. Queisthal unterh. Tzschocha (H. Schäfer t. Barber).
C. acaule X oleraceum. Nieder-Tschirnau (Thielscher)!
C. oleraceum X palusire. Freystadt: Ob.-Hertwigswaldau (Schöpke); Breslau: Raake (Thielscher)!
C. canum. Liegnitz: Wiesen um den Rinnständer bei Alt-Beckern (Penzig t. Ue.).
C. palustre, weissblühend. Ruhland: Elsterniederung bei Tettau (Barber). |
Onopordon Acanthium. — Niesky: an der Bahnstrecke zw. Peters- hain und Mücka (Barber).
Leontodon hirtus. Rotenburg O.-L.: Hänichen (Barber); Roten- burg a. O.: Läsgen; D.-Wartenberg: zw. Nittriz und dem Schlossberg (Hellwig)!
+ Tragopogon porrifolius. Ober-Glogau: Lehmlöcher bei der Mletzkoschen Ziegelei (Richter)! LT
T. pratensis. Wölfelsgrund bis über die Försterei hinauf (Stenzel),
Chondrilla juncea v. latifolia. Saabor: in der Gruft (Hellwig t. Ue.).
Sonchus arvensis v. uliginosus. Breslau: spärlich bei den Rot- kretschamer Kirchhöfen (Migula t. Ue.).
Hieracium Pilosellav. nigrescens. Trachenberg: Kendzie (Schwarz)!
H. Auricula X Pilosella. Grenzbauden (J. Scholz)!
H. flagellare. Trachenberg: Wiersebenne (Schwarz)!
H. iseranum. Schmiedeberg: hinter der evangel. Kirche, beim Schwarzergut und Hammergut (G. Schneider t. Ue.).
H. sueecicum. Grenzbauden (Pax t. Ue.), Krummhübel (J. Scholz)!
H. atratum v. subnigrescens. Gr. Teich (J. Scholz) !
H, nigritum, Schlingelbaude (J. Scholz)!
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 53
H. nigrescens, in einer Uebergangsform zu H. glandulosodentaium. Schlingelbaude (J. Scholz)!
Im Anschluss an diese Mittheilungen berichtete Herr Th, Schube ferner über die
Ergebnisse der phaenologischen Beobachtungen in Schlesien im Jahre 1899.
Der im Februar dieses Jahres ergangenen Aufforderung zur Anstellung phaenologischer Beobachtungen sind eine grosse Anzahl Herren in den verschiedensten Theilen des Gebietes nachgekommen; ausserdem sind mir noch im Laufe desselben aus einigen bisher nicht vertretenen Bezirken bestimmte Zusagen für die Aufnahme der Beobachtungen gemacht worden, so dass voraussichtlich nunmehr ein vollkommen genügendes Netz von Stationen vorhanden sein wird. Wenn ich nun schon im Folgenden eine gedrängte Zusammenstellung der diesjährigen Notizen gebe, so geschieht dies hauptsächlich, um zu zeigen, dass selbst in einem Jahre mit so un- gewöhnlichen Witterungsverhältnissen, wie sie in diesem obwalteten, eine Abhängigkeit des Eintritts der einzelnen Phasen von der geographischen Breite und Länge sowie von der Höhenlage deutlich zu erkennen ist. Zur Feststellung der Mittelwerthe freilich werden die vorliegenden Angaben nur mit grosser Vorsicht verwendet werden können: dies liegt eben be- sonders an den ganz abnormen Witterungserscheinungen, die bald eine ungewöhnlich rasche Entwickelung der Pflanzenwelt bald wieder auffallend lange Stockungen in dem weiteren Gedeihen derselben bedingten; auch ist zu berücksichtigen, dass die ersten Beobachtungen zuweilen unter einer gewissen, meist durch allzu grosse Peinlichkeit hervorgerufenen Unsicherheit leiden. Dass aber bei hinlänglicher Genauigkeit der Beobachter die Ergeb- nisse sehr zuverlässig sein können, ist auch beim Vergleich der vorliegenden Notizen deutlich genug zu ersehen. So zeigen z. B. die Angaben der drei von einander völlig unabhängigen Beobachter im Bezirke 3a (Steinau, Gabel und Rawitsch, welches letztere, wenn auch jenseits der Grenze, so doch hart an derselben gelegen, als werthvolle Ergänzungsstation mitaufgenommen wurde,) in den meisten Fällen eine geradezu auffallende Uebereinstimmung,
Freilich scheinen doch auch mehrmals Fehler bei den Eintragungen untergelaufen zu sein; in einigen Fällen weicht der angegebene Termin so auffallend gerade um einen Monat von demjenigen ab, der im Vergleiche mit den übrigen hätte erwartet werden sollen, dass hier der Gedanke an einen Schreibfehler nur allzu nahe liegt. Ich möchte daher nochmals bitten, den Termin nur mit einer Zahl zu notieren: dies ist ganz leicht, wenn man beachtet, dass bei der eingeführten Zählweise der 31. März der 100., der 30. April der 130., der 31. Mai der 161., der 30. Juni der 191., der 31. Juli der 222., der 31. August der 253. und der 30. September der 283. Tag ist und zu der jedesmal in Betracht kommenden der hier
5a!“ Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
genannten Zahlen nur noch die Tageszahl des betr. Monats zu addieren ist, z. B. der 17. August = (222. + 17.) = 239., der 16. October —= (283. + 16.) = 299. Tag. Endlich sei noch bemerkt, dass unter den Wiesengräsern die drei besonders genannten nur als die im Allgemeinen auf- fälligsten hervorgehoben wurden. Gemeint war, wie es übrigens auch die meisten Beobachter aufgefasst haben, dass nur der Gesammteindruck maassgebend sein sollte; wenn daher auch gern die Angaben für die ein- zelnen Arten mitgebucht werden, so ist doch auch die Angabe desjenigen Termins sehr erwünscht, an welchem die Wiesengräser im Allgemeinen den Eindruck des vollen Blühens erregen, auch wenn späterblühende, wie Phleum, noch merklich zurück sein sollten.
Die zu beobachtenden Phasen waren 1. e. Bl. Galanthus nivalis, 2. e. Bl. Corylus Avellana, 3. B. O. Aesculus Hippocastanum, 4. e. Bl. Narcissus Pseudonarcissus, 5. B. O. Tilia platyphylla, 6. e. Bl. Beiula verrucosa, 7. B. O. desgl., 8. e. Bl. Ribes Gros- sularia, 9. e. Bl. Prunus avium, 10. e. Bl. P. Cerasus, 11. e. Bl. Pirus communis, 12. e.Bl. Prunus Padus, 13. e. Bl. Pirus Malus, 14. e. Bl. Vaccinium Myrtillus, 15.B. O. Pirus Aucuparia, 16.B.O. Fagus silvalica, 17. e. Bl. Aesculus Hippocastanum, 18. e. Bl. Crataegus Oxyacantha, 19. e. Bl. Syringa vulgaris, 20. B. O0. Fraxinus excelsior, 21. e.Bl. Pirus Aucuparia, 22. e. Bl. Oytisus Laburnum, 23. v. Bl. Alopecurus pralensis, 24. v. Bl. Phleum pratense, 25. v.Bl. Dactiylis glomerata (sowie Schnittbeginn |S. B.]), 26. v. Bl. Trifolium pratense, 27. e. Bl. Sambucus nigra, 28. e. Bl. Tilia platyphylla, 29. e. Bl. Lilium candidum, 30. v. Bl. Secale cereale hib., 31. S. B. desgl., 32. v. Bl. Sec. cer. aestivum, 33. S. B. desgl., 34. Fr. Pirus Aucuparia, 35. e. Bl. Colchicum autumnale, 36. Fr. Aesculus Hippocast., 37. L. V. desgl., 38. L. V. Fagus silv., 39. L. V. Betula verrucosa, 40.L.F. Frazinus exc., endlich die Früh- lingshauptphase (F. H.) als Mittelwerth von Nr. 11, 12, 13 und 16. Viele derselben, namentlich die der Blattentwickelung, sollten als Mittelwerthe angegeben werden zwischen den Terminen des Beginns und des Abschlusses derselben. In der folgenden Zusammenstellung ist, wenn dieses Verfahren eingehalten wurde, nur der mittlere Termin fettgedruckt wiedergegeben, während, wenn überhaupt nur ein mittlerer Termin notiert wurde, dieser in gewöhnlichem Druck angeführt wurde; ist nur entweder der Anfang oder das Ende festgestellt worden, so ist das Fehlen der andern Angabe durch einen Strich angedeutet. In derselben Weise wurde das Fehlen der Beobachtung von einzelnen Phasen angedeutet; stand die betr. Pflanze dem Beobachter nicht zur Verfügung, so wurde ein —- gesetzt. Von den Be- obachtern als nicht ganz sicher erachtete Termine sind eingeklammert. Eine Hervorhebung derjenigen Termine, bei denen ein merkliches Versehen
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II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 55
vorgekommen zu sein scheint, wurde unterlassen, um jegliche Beeinflussung zu vermeiden.
1. Bunzlau; 51° 16° B, 33° 14° L, 185 m; Beob.: Pohl.
1.u. 2.—; 3.—, 127; 4. —; 5. 125; 6. 135; 7. —, 131; 8. 115; Bear 13d: 11, 197, 12. 1385 13. 1405; 14. 127: 15.129; 16. 137: ı7. 145; ıs. 147; 19. 145; 20. 148; 21. 148, 22. 148; Dale 909,7 255 168, 5. B, 164 26. 12: 27T. 163; 28. 187; 29. —; 30. 165; 31./40. —; F. H. 138.
9. Schönbrunn, Kr. Sagan, 51° 41'B, 33° 3°L, etwa 120 m; Beob.: P. Matzker.
uw 2. —, 3. —, 180; 4.8. —; 9. 131; 10. 131; 11. 131; 2 133.013. 190; 14.132,15. 128; 16. 4; 17. 144; 18. 145; 19. 145; 20. —; 21. 146; 22. —; 23./25. 161, S. B. 166; 26. 181; aloe os. 1.90, 29. .— ; 30. 171; 31.133. —; 34.234; 35..212.; 36./40. —; F. H. (133).
3. Wigandsthal; 50° 57° B, 32° 58° L, 450 m; Beob.: O. Rühle.
1. 53; 2.57; 3. 184; a. 101; 5. 135; 6. —; 7. 133; s. 125; 9. 138; 10. 145; 11. 144; 12. —; ı3. 147; 14. 138, 15. 134; 16. —; 17. 151; ı8. 158; ı9. 147; 20. 146; 21. 154; 22. 157; 23./25. —, 5. B. 161; 26.28. —; 29. 214; 30. 168; 31. 226; 32. 203; 33. 246; 34. 263; 35. 289; 36. 274; 37./39. —; 40. 309; F. H. (146).
4. Goldberg; 51° 6° B, 33° 35° L, 220 m; Beob.: H. Pinkwart.
ao 2 (or. 12412296 5. 1246. 135: 7.127: 8. 115; 7000130; 411.195: 10. 141: 13.‘ 140; 14. 133; 15. 125; 101331 1m 18. 148, 18. 145: 80. 144; >21. 149; 22. 148; 23. 164; 24. 202; 25. 180, S. B. 160; 26. 179; 27. 160; 28. 190; Zu 100,302 1079, 312 21977 232.)33. —, 34.956, 35. |; 36. 285; 37. —; 38. 305; 39. 309; 40. 314; F. H. 137.
5. Hirschberg; 50° 54° B, 33° 94° L, 342 m; Beob.: J. Geisler.
2 23 119527 100757185; 6. 128; 7. 132; 3.123: 2210. 131, 11. 1395 12. 136; 13. 143; ia. (162); 15. 13E: 16. 15%; ı7. —; ıs. 155; ı9. 150; 20. 150; 2ı. 163; 22. 162; 230037 2165,39. BD. Mi89l- 36. 175: 27. 165; .28.°196; 99. 205; 30. 169; 202213. 32.33. —-; 34. 250, 35. 218, 36. 212:;) 37. 312; 38. —, 390,319:740. 324: E. H. 139.
6. Forstlangwasser, Riesengeb.; 50° 46° B, 33° 29° L, etwa 830 m; Beobk.: H. Liebig.
1.—; 2. 74; 3. 4; 4. 130; 5. 149; 6. —; 7. 148; s. 144; 9. 152; 10. 164; 11. 168; ı2. 151; ı3. 1%9; ı4. 146; ı5. 146; 16. 149; ı7. 4; ı8. +; ı9. 162; 20. 152; 2ı. 170; 22. +4; 23./24. 164; 25. 166, S.B. —; 26. 183; 27. 182; 28. 198; 29./34. +; 35. 260; 36./37. +; 38. 273; 39. 273; 40. 307; F. H. 160.
56 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
7. Steinau; 51° 25° B, 34° 5° L, 97 m; Beob.: O, Pfeiffer.
1.535 2.555, 3. 1125 4.102, 5 125; 6.121: 7 AR6s NEE 9. 126; 10. 123; 11. 123; 12. 129; 13. 130; 14. —; 15. 117; ı6. —; 17. 145; ı8. 147; ı9. 139; 20, 145; 21. 143; 22. 147; 23./25. 155, S. B, 175; 26. 174; 27.166; 28.195.229. 197: 2302, 16ie 2322207 32.[33. —; 34. 229; 35. 4, 36. 277, 37. 285, 38. —; 39. 299; 40. 308; F. H. (128).
8. Gabel, Kr. Guhrau; 51° 44’ B, 34° 20° L, etwa 80 m; Beob.: Thielscher.
1.(59)5 2.—; 3. 122; 4. 110; 5.129; 6. 126; 7.125; s. 116; 9. 126; 10. 136; 521. 126:%12..1945 132 143,212. (148):7 15. 121-2160 0: 17. 146; 18.149; 19. 143; 20. 14%; 21. 146; 22. 147; 23./25. 164, SB. 113; 26. 164; 07. 174.98. 190: 29, 1739, lol era, 32. 180; 33. 230; 34. 233; 35. au 36. 989; 37. 302; 38. N 39. 314; 40. (320); F. H. (131).
9: Rawitsch; 51° 36‘ B, 34° 32° L, 96 m; Beob.: Nitschke.
1. 51; 2.'37: 3. 140; 2. 19475. 129:76. 125272 136.230 72 9. 194: 710. 132% 11. 12% 12.132513. 132.2 19.4992 205 16. 140; ı7. 144; ı8. 143; 19. 143; 20. 148; 21. 144; 22. 147; 23./25. 168, S. B. 178; 26. 168; 27. 172: 28. 1917292189. 2302007 31. 2075; 32. 184; '33. 212; 34. 233; 35. 1:36. 266, 32.023075 a8. 385; 39. 290; 40. 295; E. H. 132.
10. Brieg; 50° 52° B, 35° 9% L, 150 m; Beob.: Zahn.
1. 36; 2.—; 3. 125; a. —; 5. 122; 6. —; 1. 130; 3. 113; 9. 130; 10. 115; ı1. 123; ı2. 133; ı3. 132; ı1a./ı5. —; 16. 136; 17. 147, ı8. 145; 19. 146; 20. 139; 21. 145; 22. 148; 23./25. 165, S. B. 165; 26. —; 27. 164; 28./29. —; 30. 162; 31./34. —; 35. 277; 36. 281,37. 287,33. 305,;,332307 740.812 265 H 15%
11. Trebnitz; 51° 18° B, 34° 44° L, 190 m; Beob.: Heidrich.
1.—; 2. 71; 3. 113; a. 112; 5. 4; 6. 132; 7. 120; s. 139; 9. 127; 10. 139; 11. 138; 12.—+; 13. 145; 14. —; 15. 109; ı6. 135; 17. 145; 18. 152; 19. 146; 30. 146; 21.145; 29. 146, 235188: 24. 191; 25. 168, S..B. 174; 26. 170; 27. 158; 28. 4; 29. 201; 30. 166; 31. 212; 32.133. —; 34. 299; 35. —; 36. 282; 37, 297; 38. 308; 39. 315; 40. 312; F. H. (129).
12. Breslau; 51° 7° B, 34% 43° L, 120 m; Beob.: Hölscher.
1. 48, 2. 44; 3. 121; 4. 105; 5. 134; 6. 139; 7. 132; 8. 117; 9.. 1325 10, 129117 131; 12. 136; 13. 134; 14. —; 15. 130; 16. 133; 17. 145; 18. 145; ı9. 147; 20. 134, —; 21. 146; 22. 150; 23./26. —; 27. 160; 28./40. —; F. H. 134.
13. Alt- Altmannsdorf, Kr. Frankenstein; 50° 33° B, 34° 36‘ L, 285 m; Beob.: Franz.
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 57
1. u. 2. —; 3. 129; 4. —; 5. 142; se. 138; 7. 126; s. 123; 900031! 13212137) 13,143: 14. 1475 15.3125; 76. 1517. 148; 18. 148; 19. 147; 20. —; 21. 149; 22. (124), 23. 149; 24. —; 25. 165, S. B. —; 26. 180; 27. 163; 28. 207; 29. 204; 30. 176; 31. 215; 32./33. —; 34. 263; 35. +; 36. 281; 37. 284; 38. —; 39. 279; 40. 323; F. H. (137).
14. Langenau; 50° 15° B, 34° 18° L, 369 m; Beob.: J. Rösner.
a 030: 0 12524. 1005 56. —; 7. 127: 8. 115; 9. 199: KB 010 37 135 AR 14, 1981052 1525162 127; 17. 1455; Be y.l46; 20. ,; 21. 152, 22. 153, 23.26. —; 27. 163; 2a 377729 5203,7.303 160; 312 216; 32.1332 —; 32. 219 35. 210; 3622778, 34. 305; 382303; 39. 3065 10.301; 'E. H. 137.
15. Peucker, Kr. Habelschwerdt; 50° 13° B, 34° 14° L, etwa 600 m; Beob.: P. Völkel.
1./6. —; 7. 154; 8. —; 9. 147; 10. —; 11. 163; 12. —; 13. 165; 14. 150; ı5. 154; ı16./22. —; 23./25. 160; 26. 160; 27./40. —.
16. Reinerz; 50° 94° B, 34° 3° L, 550 m; Beob.: P. Dengler.
fe 053, 311137 2,5106 :2 75. 7147:7 6.219075, 1%. 4217.:185:1053; 92138510. 144; 11. 149; 12. 135, 13.1149; 24. 146; 15. —; 16.143; 100162 218.7167.: 19. 155,, 20. 148; 21.,162; 22. 146, 23./26. —; era 183,29. —; 30. 164: 31. 294 32./33. —; 34.1218 35. DAN: 36. 284; 37. 293; 38. 293; 39. 293; 40. (305). F. H. (144).
17. Reinerz; s. 0.; Beob.: G. Schube.
1. 62 (im Höllenthal bei 450 m); 2. 54; 3. 12%; a. 120; 5. 138; 6125: 7. 154: 3. 135; 9. 141; 10. 1445 11. 146; 12. ,145,;),13.: 151; 14. 140; 15.134; 16. 143; 17. 156; ı8. 166;:19. 154; 20. 149; 22,10%: >2..165,; 23. 161; ‚94.204: ‚25... (191),,S..B. 178; 26.1187; Zus 206;5 29; 214; 30. .:180; 31. 23057 32., 201; 33.1253); 34. (244); 35. (246); 36. 278; 37. 282; 38. (290); 39. 281; 40. 307; F. H. 142.
18. Lublinitz; 500 40° B, 36° 21‘ L, 256 m; Beob.: Kaboth.
1./. —; 8. 118; 9. 136; 10. —; 11. 140; 12./13. —; 14. 144; Kae; 124 15250 18./20.4—;: 211 150;4-22./26.!-,; S- Bi.N1675 27.28. —; 29. 206; 30. 165; 31. 208; 32. 177; 33.140. —.
19. Bischdorf, Kr. Rosenberg; 50° 57° B, 36° 9° L, 260 m; Beok.: Zuschke. | 2,023 2.913 3. —, 128; 4. —, 5. 1376, —;'7. 162; 8. 122: 9.139; 10.—; 11.144; 12. +35 13. 146; 14. 141; 15./16. —; 17. 150; 18. +; 19. 148; 20.43; 21. —; 22. 152; 23./26. —; 27. 170; 28.4; 29. —; 30. 167; 31. 219; 32./33. +4; 34. 247; 35. 4; 36. nicht entw.; 37. (293); 38./40. —; F. H. (145).
+
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
ot [02]
20. Ziegenhals; 50° 19‘ B, 35° 3° L, 275 m; Beob.: Buchs.
1.4; 2. 53; 3. 126; a. 100; 5. 136; e. (130); 07. 126; 37.1073 9.1225 109113853 108 (1265 7122413738 138 12347 1er MON 2 16. 154; 17. 149; 18) 142; 19, 146; 30.. 1485, 21315157 22.1522 23./25.. 160,|S: B. 165; 26. 177.3273:165,; 28.0209; 29.020595 30211655 31. 213; 32./33. —; 34. 243; 35. 278; 36. 284; 37. 294; 38. 300; 39. 300; 40. (vor 326); F. H. 135.
21. Ober-Glogau; 50° 21‘ B, 35° 32° L, 211 m; Beob,: E. Richter.
1. 906.40. 2..525 03.191: 22271095 2 52, 193: 6 1 Areas 9...123: 102 185;.11., 1335,12, 181,132, 186.7. 142 — 7150 17. 133; 18.—; 19. 145; 20. 150; 21. —; 22. 148; 23. 154; 24. 216; 252165, See 26. (154); 27. (137); 28.—; 29. 195; 30. 156; 31./33. —; 34. 241; 35. 264; 36. 257; 37./39. —; 40. 288; F. H. 133.
22. Hultschin; 49° 54° B, 35° 52° L, 250 m; Beob.: A. Slesina.
1./2. —; 3. 121; 4. 104; 5. 136; 6. 123; 7.125; s. 117; 9. 126; 10. 129; 11. 135; 12. (134), 15. 1238; 12. 12 175. 71200 ne 12. 146; 718. 147; 19. 116; 20. 143: 21. 1593:,0292. 216027 rare 24. 169.318. —, 8095.20, 9268 169 2w27X 165,2 08:2 19Sr os lere 30.166; 31. 216:)°32./33.. 1: 341723057 319.2 _[:2 3627267 793.09 29802 38. 296; 39. 2995,40. 312; E. H. 134:
93. Wrzessin, Kr. Ratibor; 499° 57° B, -35° 52 L, 350m? Beob-: Kotschy.
1./8. —; 9. 127; 10. —; 11. 130; 12./18.—; 19. 144; 20./22. —; 23./25. 153, S. B. 167; 26. 161; 27./30. —; 31. 210; 32./40. —.
94. Gr.-Hoschütz, Kr. Ratibor; 49° 56° B, 35° 38° L, 260 m; Beob.: Heimann. |
1.2. —; 3.—, 129; 4.—; 5.—, 128; 6.—; 7.—, 136; 8./9. —; 10. (126); 11. —;. 12. 139; 13. 1405 14 —; 15. —, 1305 716. E35 17.146; 18. —; 19. 144; 20.—, 132; 21. 145; 22. +; 23. 146; 24. 143; 25. 163,8. 'B. 166; 26. 1542, 27..163; 28.184; 29, = 73071622 31. 215; 32./33. 7; 34. 230; 35. 262, 36.971.) 32,2 Bas 39. 302; 40. 310.
25. Beuthen O.-S.; 50° 21° B, 36° 36° L, 300 m; Beob.: Tischbierek.
1./2..—; 3. 131; 4. +; 5. 136; 6. +; 7. 13%; 8/9. +; 10. 138; 11. —; 12. 141; 13. 146; 14. 4; 15. —; 16. +; 17. 148; ı8,. 154; 19. 148; 20. 144; 21. 151; 22. 154; 23./26. —; 27. 171; 28, 199; 29. +; 30. 180; 31. 225; 32./33. —; 34. 259; 35. —; 36. 278; 37. 284; 38. —; 39. 285; 40. 293.
26. Kattowitzer Halde; 50° 14° B, 36° 40° L, 286 m; Beob.: P. Giessmann.
1/2. —; 3. 134; 2/6. —; 7. 4; 8. 124; 9. 137; 20. 142; 11. 142; 12. +; 13. 142; 14. 142; 15. 138; 16. 4; 17. 154; 18. 4:
II. Abtheilung. Zoologisch-botanische Section. 59
19. 148; 20. —; 21. 150; 22. +; 23./28. —; 29. 203; 30. (187); 31. 210; 32./40. —.
27. Myslowitz; 50° 15° B, 36° 48° L, 260 m; Beob.: Kneifel.
1./2. —; 3. 113; 4. 115; 5. 138; 6. —; 7. 124; s. 126; 9. 136; De a3. 133, 13.2146: 12. — 15, 121: 16. 13%: 17. 14918. 154; 19. 147; 20. 1405 21. 152,922. (124); 23./25. 166, Fer 27. 169; 28. 205; 29. 201, 30. 175: 31... 215; 32./40. —; F. H. 139.
98. Zabrze; 50° 18° B, 36° 27° L, 240 m; Beob.: Morzigemba.
1. 104, 3. —; 3. 126; 4. 101; 5. 131; es. 104; z. 131; s. 133; 9. 125; 10. —; 11. 135; 12. —; 13. 145, 14. —; 15. 13%; 16. —; 17. 147, ı8. 156; 19. 150; 20. 139; 21. 149; 22. —; 23./25. 167, Se 2130:,.26. 169: 237..165; 28. 189;29..188:7 30. 176; 31. 209; 32./33. —; 34. 278; 35. —; 36. 281; 37. 286; 38. 289; 39. 287; 40. 292; F. H. (140).
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schlesischt Gesellschaft für vaterländische Cultar.
ZI >72) 77 | II. Abtheilung. Jahresbericht. | Naturwissenschaften. 1899. | e. Section für Obst- und Gartenbau. &ı eK a 2,9
Bericht über die Thätigkeit der Section für Obst- und Gartenbau im Jahre 1899. Von Garten-Inspector J. Hölscher,
zweitem Secretair der Section.
Den Vorstand der Section bildete im Jahre 1899 Geh. Justizrath Biernacki als erster und Königlicher Garteninspector J. Hölscher als zweiter Secretair. Den Verwaltungsvorstand bildeten Verlagsbuchhändler Max Müller, Apotheker Mortimer Scholtz und Obergärtner Julius Schütze. Leider sah sich der erste Secretair Geh. Justizrath Biernacki in der am 4. December abgehaltenen Wahl für die Etatsperiode 1900/1901 vorgerückten Alters wegen veranlasst, aus dem Vorstande auszuscheiden, in die dadurch freigewordene Stelle wurde der Kaufmann Paul Riemann gewählt.
An die Mitglieder wurden auch im Berichtsjahre wie üblich Sämereien vertheilt, wofür seitens der Section 150 Mark bewilligt wurden, ausserdem wurden der gärtnerischen Fortbildungsschule für Gärtnerlehrlinge und junge Gehilfen wie im Vorjahre eine Unterstützung von 50 Mark zu Theil.
Es sei bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, dass von jetzt an die Samen-Offerten möglichst schon im December den Mitgliedern zugehen, um eine rechtzeitige Vertheilung zu ermöglichen. Dabei sei den Mitgliedern das Ersuchen nahe gelegt, die zurückgehenden Samen-Desiderate mit dem vollen Namen des Absenders zu bezeichnen. Es mussten bei der letzten Vertheilung mehrere Listen unerledigt bleiben, weil jegliche Notiz des Ab- senders fehlte und bei denen auch der Poststempel keinen Aufschluss über den Absender gab. £
Die Leitung des Lesezirkels wurde wie bisher in dankenswerther Weise von Apotheker Mortimer Scholtz besorgt.
An Stelle des in Pension getretenen J. Jettinger, wurde August Künne zu Stollberg i. H. als Obergärtner für den pomologischen Garten gewählt; derselbe trat am 1. April sein neues Amt an.
Den grössten 'Theil der im Berichtsjahre stattgehabten Sitzungen füllten die Berathungen über die Verlegung und Umwandlung des pomologischen Gartens in einen neuen Obstmustergarten aus. Leider konnte die bereits
1899. \
9. Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
im vorhergehenden Jahre erörterte Frage der Einrichtung dieses Gartens auf einem als Eigenthum erworbenen Grundstücke nicht völlig gelöst werden, doch sind die Vorarbeiten soweit gefördert worden, dass der Kauf- abschluss eines nach seiner Bodenbeschaffenheit und Lage überaus günstigen Terrains in nächster Nähe Breslaus bevorsteht.
Vorträge konnten im Berichtsjahre nur zwei abgehalten werden und zwar von Dr. F.. Fedde über ‚Symbiose zwischen Pflanzen und Thieren“ und von Dr. phil. Aderhold aus Proskau über ‚Altes und Neues über Wirkung und Bereitung der sogenannten Bordeauxbrühe‘“. Ersterer wird hier dem Wortlaute nach beigefügt.
Ueber Symbiose zwischen Pflanzen und Thieren von Dr. phil. Friedrich Fedde.
Schon lange ist die Fähigkeit der Leguminosen bekannt, auch auf dem sandigsten und unfruchtbarsten Boden fortzukommen und schon lange pflanzt man z. B. Lupinen auf sandigem Boden an, um sie im Herbst um- zuackern und so den Boden zu düngen. Die wissenschaftliche Untersuchung hat uns gelehrt, woher diese merkwürdige Fähigkeit der Leguminosen kommt.
Reisst man nämlich eine Leguminose vorsichtig mit der Wurzel aus dem Boden und untersucht die einzelnen Wurzelfasern genauer, so findet man an denselben kleine Knöllchen. In diesen Knöllchen lebt ein Bakter:: Rhizobium Leguminosarum, das man auch eine Zeit lang für einen Schleim- pilz oder Myxomyceten hielt und Phytomysa Leguminosarum nannte. Was besitzt dieser Pilz nun für eine besondere Eigenthümlichkeit? Wie wohl allgemein bekannt sein dürfte, assimiliren alle chlorophylihaltigen Pflanzen die Kohlensäure der Luft, d. h. sie scheiden mittelst des in den Blättern enthaltenen Chlorophylis unter dem Einfluss des Sonnenlichtes den Kohlen- stoff ab und bilden Stärke, den zur Bildung der Eiweissstoffe nöthigen Stick- stoff aber nehmen sie aus der Erde auf und zwar im Wasser gelöst in Form von salpetersauren oder ammoniakalischen Salzen. Im Gegensatz hierzu sind die Wurzelbakterien der Leguminosen im Stande, den Stickstoff direct aus der Luft zu assimiliren; sie dienen also als Stickstoff- sammler und der in den Pflanzen enthaltene Stickstoff bleibt beim Umackern dem Boden erhalten und reichert ihn gewissermassen mit Stickstoff an. Natürlich ist diese Eigenschaft der Leguminosen für die Landwirthschaft von grossem Werth und man hat schon eine ganze Anzahl von Versuchen gemacht, um auch für andere Pflanzen einen solchen Spaltpilz zu finden. So glaubte man eine Zeit lang ein solches Bakter für Getreidepflanzen ge- funden zu haben. Rittergutsbesitzer Caron auf Ellenbach bei Göttingen, der Versuche hierüber anstellte, fand einen Spaltpilz, den Baeillus Ellen- bachensis, dem er dieselben Eigenschaften wie dem Rhizobium zuschrieb, d. h. den Stickstoff der Luft zu assimiliren, und er glaubte damit ein Ersatzmittel
II. Abtheilung. Obst- und Gartenbau-Section. 3
für die theuren stickstoffhaltigen Düngstoffe gefunden zu haben. Die Sache wurde auch sofort technisch ausgebeutet und unter dem Namen Alinit ein Stoff in den Handel gebracht, in dem diese Bakterien enthalten waren. Leider erwies sich dieses Düngemittel als unbrauchbar: es zeigte sich, dass man es mit einem Fäulnissbakter zu thun hatte, das im Gegentheil den Stickstoff aus dem Boden frei machte und sich so direct als schädlich er- wies. Indes sind die Versuche hierüber noch lange nicht abgeschlossen und es wäre zu wünschen, dass sie zu einem recht günstigen Resultat ge- langen möchten,
Ein derartiges Zusammenleben, man möchte beinahe sagen Zusammen- wachsen zweier Organismen, wie es bei Rhizobium und den Leguminosen vorkommt, nennt man Symbiose (von dem griechischen oupßıow, Zusammen- leben) und es ist dies eine Erscheinung, die in der Natur viel häufiger auf- tritt, als man im Allgemeinen denkt,
Man hat nach der Beschaffenheit der Symbionten drei Arten von Symbiosen zu unterscheiden:
1. Symbiose von Thieren. Hierher gehören die mannigfaltigen Parasiten aus dem Reiche der Insecten, von denen Menschen und Thiere in gleicher Weise geplagt werden.
2. Symbiose von Pflanzen.
3. Symbiose zwischen Pflanzen und Thieren.
In biologischer Hinsicht kann nun diese Symbiose eine zweifache Bedeutung haben. Entweder kann nämlich der eine Symbiont den anderen schädigen, Eine solche Symbiose nennt man eine antagonistische und die Pflanze oder das Thier, das den Schaden hervorruft, einen Parasiten, den geschädisten Organismus aber den Wirth. Zahllos sind die Beispiele, die man hierfür anführen kann.
Die sogenannten Epiphyten (Ueberpflanzen) wie die tropischen Orchideen und viele Araceen, sowie einige Farne, die in den Wäldern der wärmeren Zonen dicht die Stämme und Aeste der Bäume mit einer üppigen Vegetation überziehen und das Auge des Wanderers durch ihren herrlichen Blüthenflor erfreuen, gehören keineswegs hierher, da sie den Bäumen, aufdenen sie wachsen, keinerlei Nahrungsstoffe entnehmen, sondern einerseits in dem Humus, der sich in den Ritzen und Spalten der Baumstämme und Baumäste befindet, ihre Wurzeln ausbreiten, andererseits besondere Luft- wurzeln besitzen, mittelst deren sie im Stande sind durch eine eigenthüm- liche poröse Hülle (Velamen) den Wasserdampf der feuchten Urwaldluft zu condensiren. Findet man doch solche Pflanzen auch auf hohen Felsen. Der Grund, warum diese Pflanzen zu ihrem Standort einen so hohen Platz sich ausgesucht haben, ist überhaupt nur einzig und allein in ihrem Streben nach Licht zu suchen, das sie in dem dunklen Urwald auf dem Erdboden eben nicht finden,
A Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Eine Mittelstellung zwischen diesen Epiphyten und den echten Parasiten nehmen die Halbparasiten ein. Der bekannteste unter diesen dürfte wohl die bei uns heimische Mistel (Viscum album) aus der Familie der Loranthaceae sein. Wer hätte nicht schon im Winter in den Aesten unserer Laubhölzer jene grünen dichten Büsche gesehen, von den einen als schwere Schädiger unserer Bäume verschrieen, von den anderen als die letzten Zeugen des vergangenen Sommers und die Vorboten des künftigen Frühlings geschätzt! Dies ist die Mistel, jener geheimnissvolle, den alten Deutschen heilige Strauch, mit dem der blinde Hödur auf den Rath des bösen Loki den blühenden jugendfrohen Baldur tödtete, jener Strauch, der noch heute in England zur Weihnachtszeit eine grosse Rolle spielt.) Gelangt ein Mistelsame auf einen Baumast, was meist mit Hilfe der Misteldrossel geschieht, die die Beeren verzehrt und den Samen mit ihren Exerementen auf irgend einem Aste absetzt, so treibt der Keimling zunächst ein Würzelchen, das sich durch einen Spalt der Rinde hindurch- . drängt bis auf den Bast: dies ist der primäre Senker. Von dieser senk- rechten Wurzel gehen dann unter der Rinde längs des Baumastes grüne, walzenförmige Rindenwurzeln aus, die in das Holz des Baumes hinein neue „secundäre‘“ Senker entsenden. Diese entnehmen dem Splint das Nährwasser, d. h. das Wasser mit den darin gelösten Nährsalzen, das der Baum selbst mit seinen Wurzeln dem Boden entnommen hat. Organische Stoffe werden also der Wirthspflanze nicht entnommen, was auch schon deswegen nicht nöthig ist, da die Pflanze selbst im Stande ist mit ihren grünen Blättern zu assimiliren. Die Mistel wird daher den Bäumen, auf denen sie wächst, weiter keinen grossen Schaden zufügen.
Gefährliche Gesellen und wirkliche Parasiten aber sind die Angehörigen der Familien der Aydnoraceae, Cynomoriaceae, Balanophoraceae, Rafflesiaceae, der Orobanchaceae und Cuscutaceae.
1) Hieronymus Bock schreibt in seinem „‚Krentterbuch‘‘ aus dem Jahre 1577 über die Mistel folgendes: &8 haben die alte Heyden auch pil munders mit dijem alfezeit grünen gewähß getriben | hielten nicht allein die Miftel | jonder au) den Baum darauf fie wachjen | für heilig | vermeinten gäntlih es hette Gott ein joldhen baum jonderlich aufferforen | davanff die Miftel wachfen | fürnemlich die Eychbeum. Dann etliche Magi hielten | es folten die Miftel | fo auff ven Eychbeumen wachen | fir alle preften nuß fein | gaben ihm den namen Ommia fanante | zu Teutjh | Heyl alle jehaden. Und wann fie gedachte Mifteln wolten von den beumen bringen | müßten zuvor etliche Geremonien unnd opffer gejchehen | als dann fteiget dev Priefter inn weiffen Kleiveren auff den baum | fchneidt fie mit einem gufden waaffen heraber | das ward dann inn einen meiffen Mantel entpfangen | da hielt man wider Ceremonien unmd ein Gebett | das Gott joldem gewächß fein Frafft wolte Laffen. Solcher fantafei und aberglauben feind vil bey , uns eingeriffen. Dann vil meinen no) es haben die Eyche Mifteln etwas Frafft umd gemalt fiir böfe gefperft | hendens auch zum theil den jungen Kinderen an die Hälß | der meinung | e3 foll den felbe Kindern fein zauberen oder gefpenft fchaden,
II. Abtheilung. Obst- und Gartenbau-Section. 5
Zu den merkwürdigsten von diesen Gewächsen gehört unter anderen auch die gewaltige Rafflesia, die „grösste Blume der Welt“'), die auf den Sundainseln in den Wurzeln tropischer Weinreben (Cissus) mit ihrem pilz- mycelartigen Vegetationskörpern schmarotzt und hier und da ihre gewaltigen Blüthenköpfe entfaltet, die bei der Rafflesia Arnoldi aufgeblüht einen Durch- messer von oft über einem Meter erreichen. Dann gehören aber auch zu diesen „Antagonisten‘ die grössten Feinde der Menschheit die Spaltpilze oder Bakterien, die Keime vieler gefährlicher Krankheiten, wie Diphtheritis, Tubereulose, Typhus, Cholera u. s. w. Unsichtbar in der Luft herum- fliegend oder im Trinkwasser gelangen sie in unseren Körper und können unserem Organismus so gewaltigen Schaden zufügen. Auch die ver- schiedenen Pilzkrankheiten der Thiere und Pflanzen, wie die Kartoffel- krankheit, das Mutterkorn oder der Getreiderost gehören hierzu.
Anders ist es bei der „mutualistischen Symbiose“. Hier steht der Wirth und sein Gast in einer Wechselbeziehung, die für beide nütz- lich ist.
Ein besonders drastisches Beispiel von mutualistischer Symbiose zwischejin Thieren bietet uns das Verhalten der Einsiedlerkrebse, die, da sie einen sehr weichen Hinterleib besitzen, in leeren Schneckenhäusern leben, aus denen sie nur ihren Kopf und die mächtigen Krallen hervor- strecken. Man findet nun auf den meisten dieser Schneckenhäuser Seerosen (ÄActinien).. Während man früher dies für eine Art Schutz- gewohnheit ansah, indem man glaubte, der Krebs begebe sich unter den Schutz dieser Seerose, die mit ihren schmerzhafte Wunden verursachen- den Nesselorganen von allen anderen Thieren gemieden wird, haben doch neuere Beobachtungen gezeigt, dass sich die Tiere einander in gleicher Weise nützen. Die Actinie hat den Vortheil, nicht immer auf demselben Orte festsitzen zu müssen, sondern wird von dem Krebs auf dem Schneckenhause bald hierhin, bald dorthin getragen und hat so Gelegen- heit mehr Beute zu erlangen, der Krebs befindet sich unter dem Schutz der weithin schnellenden Fäden der Nesselorgane und man will sogar bemerkt haben, dass er die Actinie füttere.
Das bekannteste Beispiel einer mutualistischen Symbiose zwischen Pflanzen sind die Lichenes, die Flechten. Die bald grauen, bald mehr bräunlich gefärbten Krusten, die wir an den Bäumen und Felsen sehen und die im Hochgebirge am weitesten von allen Pflanzen emporsteigen, da sie noch am nackten Fels leben können, sind die Vegetationskörper von Pilzen und zwar meist von Discomyceten, seltener von Pyrenomyceten oder Basidiomyceten. |
Untersuchen wir eine solche Flechte genauer, so finden wir in der- selben entweder zerstreut oder in einer besonderen Schicht grüne, meist
1) Vergl. Kerner v. Marilaun, Pflanzenleben. I. p. 187.
6 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
runde oder fädliche Körperchen, Algen, die grösstentheils den sSchizo- phyceae, Protococcaceae, Pleurococcacene oder Chaetophoracene angehören. Alge und Pilz sind, so zu sagen, zu einem Organismus ver- schmolzen und stehen in inniger Wechselbeziehung zu einander. Der Pilz nimmt die Feuchtigkeit der Erde und die in ihr gelösten Nährstoffe auf, während die chlorophyliführenden Algen mit Hilfe dieser Stoffe und der Kohlensäure der Luft unter dem Einfluss des Sonnenlichtes Kohlen- hydrate producieren, die dann auch den Pilzen zu gute kommen. Sie zahlen also gewissermassen ihrem Wirthe Kostgeld. Neuere Untersuchungen sollen allerdings gelehrt haben, dass es sich auch hier um einen Parasitis- mus handelt, bei dem die Pilze die Algen ganz einseitig ausnutzen.
Ganz ähnlich ist es bei manchen Wasserthierchen. In dem Körper unserer Süsswasserpolypen (Hydra), in manchen Infusorien, wie in dem Trompetenthierchen (Stentor polymorphus), finden sich kleine, srüngelbe Gebilde, die man früher für Pigmentzellen hielt, die man aber in neuerer Zeit als kleine Algen erkannt hat, die in ganz ähnlicher Wechselbeziehung zu den Thieren leben, wie die Algen und Pilze in den Flechten.
Auch die Wechselbeziehungen zwischen den Blüthen und den die Befruchtung vermittelnden Insecten kann man als eine Art Symbiose betrachten. Die Blüthen liefern den Insecten den Honig als Nahrung, zwingen aber dabei durch geeignete Vorrichtungen die Thiere an ihrem Leibe den Pollen mitzunehmen, der dann in anderen Blüthen an der Narbe abgestreift wird.
Eine besonders merkwürdige Symbiose kann man bei der Pollen- übertragung der -Yuccaarten beobachten.!) Hier vermittelt eine kleine Motte, Pronuba yuecasella, die Befruchtung. In hellen, klaren Nächten öffnen sich die 6 Perigonblätter der Yuccablüthe und locken schon von weitem die kleinen Motten an. Diese kommen auch alsbald heran, schlüpfen in die Blüthe, ergreifen mit ihren langen Kiefertastern den aus den Antherenbeuteln herausquellenden gelben Pollen, ballen ihn zusammen und fliegen mit demselben zu einer anderen Blüthe. Hier angekommen durch- bohren sie mit ihrem Legestachel die Wandung des Fruchtknotens und legen ihre Eier hinein. Dann aber stopfen sie den Pollenballen in die trichterförmige Narbe hinein und befruchten so die Blüthe. Dies thun die Motten zweifellos nur deswegen, damit die in dem Fruchtknoten sich ent- wickelnden Räupchen sich von den heranwachsenden Samenanlagen nähren können. Von einer Ueberlegung seitens der Motte kann natürlich hier nicht die Rede sein; es ist dies einfach eine Instinethandlung. Man könnte nun die Frage aufwerfen, was dieser ganze Vorgang für die Pflanze für | einen Zweck hat; denn da die Raupen den Samen fressen und dann zur
!) Vergl. Kerner, 1. e. II. p. 153.
li. Abtheilung. Obst- und Gartenbau-Section. 7
Verpuppung den Fruchtknoten verlassen, so hat doch die Pflanze, wie man glauben sollte, eigentlich nur Schaden. Dem ist aber durchaus nicht so. Zwar fallen von den 150—200 Samenanlagen, die sich in dem Frucht- knoten befinden, ein ganz beträchtlicher Theil den Raupen zum Opfer, die Hälfte aber, oder doch wenigstens ein Drittel, bleibt unversehrt und kann zur Ausbreitung der Pflanze beitragen. Erwiesen ist jedenfalls, dass, wenn man diese Motten künstlich von den Yuccablüthen fernhält oder die Yucca in Gegenden anpflanzt, wo die Promuba nicht vorkommt, die Pflanze auch nie reife Früchte hervorbringt. Wo aber reife Früchte an einer Yucca sich finden, kann man auch an diesen Früchten die Löcher wahrnehmen, durch die die Raupen zur Verpuppung aus der Frucht herausgeschlüpft sind. Von Yueca gloriosa, die man noch nie mit reifen Früchten gefunden hat, nimmt man sogar an, dass die zu ihr gehörige Motte ausgestorben sei. Noch eigenthümlicher ist die Befruchtung der Feigenblüthen.') Bekanntlich sind die essbaren Feigen keine echten Früchte, sondern Scheinfrüchte, ähnlich wie Birnen, Aepfel und Hagebutten, oder genauer gesagt: in Scheinfrüchte umgewandelte Fruchtstände. Die Körnchen in der Feige sind erst die eigentlichen Früchte. Untersucht man nun diese krug- artig gestalteten Blüthenstände an einem Feigenbaum, so wird man finden, dass sie zweierlei Sorten Blüthen enthalten, nämlich männliche Blüthen, die nur Staubgefässe besitzen und den Pollen, erzeugen, und weibliche Blüthen, die nur aus einem Fruchtknoten bestehen. Die männlichen Blüthen sitzen oben am engen Eingange des krugförmigen Gebildes, die weiblichen mehr am Grunde. Aber auch unter den weiblichen Blüthen kann man verschiedene Formen unterscheiden, nämlich solche mit kurzen, graden Griffeln, die man Gallenblüthen nennt, und solche mit langen, etwas gekrümmten Griffeln. Die Vertheilung dieser Blüthen ist meist so, dass in den einen Blüthenständen viele weibliche Blüthen mit langem gekrümmten Griffel und wenige männliche Blüthen sich befinden, während in den anderen Blüthenständen Gallenblüthen und viele männliche Blüthen sind. Der Zweck dieser Gallenblüthen ist nun folgender. Eine kleine Wespe aus der Gruppe der Chaleidier, Blastophaga grossorum, kriecht durch die enge Mündung der urnenförmigen Scheinfrucht und sucht eine weibliche Blüthe auf. Meist sucht sie eine Gallenblüthe auf. Sie führt hier ihren Lege- stachel senkrecht in den kurzen Griffelkanal ein und legt ein Ei in die Fruchtknotenhöhle ab. Hier entwickelt sich eine fusslose Made und zwar auf Kosten der Samenanlage, die natürlich zu Grunde geht. Wenn die Entwickelung des Thieres zu Ende ist, schlüpfen die jungen Wespen aus, indem sie in die Seitenwand des Fruchtknotens ein Loch beissen. Noch in der Urne selbst findet die Begattung statt, und nun verlassen die ge- flügelten Weibchen die Urne, während die ungeflügelten Männchen rasch
t) Vergl. Kerner, |. c. II. p. 156.
N | Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
zu Grunde gehen. Beim Verlassen der Urne müssen nun die Weibcken sich durch den engen Urneneingang hindurch zwängen, an dem die männ- lichen Blüthen jetzt gerade in voller Blüthe stehen. Hierbei bepudern sich die Thiere natürlich von oben bis unten mit Pollen. Draussen an- gelangt kriechen die Wespen — sie fliegen nicht, da die Flügel noch weich und feucht sind — zu den in der Nähe befindlichen jüngeren Blüthenständen und legen dort ihre Eier ab. Natürlich befruchten sie bei dieser Gelegenheit die umliegenden weiblichen Blüthen. Warum macht man nun ausdrücklich einen Unterschied zwischen Gallenblüthen und weiblichen Blüthen? Wie schon oben erwähnt wurde, besitzen die Gallen- blüthen einen kurzen, geraden Griffel, in deren Griffelkanal die Wespen ihren kurzen Legestachel einführen, der dann auch grade bis in die Frucht- knotenhöhle hineinreicht. In den langen gebogenen Griffel der echten weiblichen Blüthen dagegen können die Wespen mit ihrem Stachel zwar hinein, die Eier gelangen .aber nie bis in die Fruchtknotenhöhle; legt die Wespe ‚trotzdem ihre Eier hier ab, so gehen dieselben zu Grunde. Andererseits sind wieder die Narben der Gallenblüthen gänzlich dazu ungeeignet, Pollen aufzunehmen, und Früchte können sich aus diesen Blüthen auch nicht entwickeln. Fragen wir uns nun, was diese ganze Beherbung der Blasto- phaga-Larven für einen Zweck für die Pflanzen hat, dann müssen wir uns sagen, dass ohne den Besuch dieser Wespen wohl nie keimfähige Samen zu erwarten sein dürften. Schon die alten Römer!) kannten diese Eigen-
1) So schreibt Plinius in hist. nat. XV. 19 (21): „Caprifieus vocatur e sil- vestri genere ficus nunguam maturescens, sed quod ipsa non habet alii tri- buens, quoniam est naluralis causarum transitus aeque ut e putrescentibus generatur aligquid. ergo culices parit, hi fraudati alimento in matre, putri eius tabe, ad cognatam evolant, morsuque ficorum crebro, hoc est avidiore pastu, aperientes ora earum atque ita penetrantes intus solem primo secum inducunt cerialesque auras in- mittunt foribus adapertis. Mox lacteum umorem, hoc est infantiam pomi, absumunt, quod fit et sponte; ideoque ficetis capri ficus permittitur ad rationem venti ut flatus evolantes in ficos ferat. inde repertum ut inlatae quoque aliunde et inter se colligatae inicerentur fico, quod in macro solo et aquilonio non desiderant, quoniam sponte ares- cunt loci situ rimisque eadem quae culicum opere causa perfieit, nec ubi multus pulvis, quod evenit masime frequenti via adposita. namque et pulveri vis siccandi sucumque lactis absorbendi. quae ratio puWwere et caprificatione hoc quoque praestat ne deci- dant, absumpto umore tenero et cum quadam fragilitate ponderoso......... omnia haec in Albense rus e Syria intulit L. Vitellius, qui postea censor fuit, cum legatus in ea provincia esset, novissimis Tiberii Caesaris temporibus.“
Ferner XVII. 27. (43. 44.) 255. 356 ..... eaedem cum frondere incipiunt, si cacumina rami cuiusque detrahantur, firmiores fertilioresque fiunt, nam caprificatio maturat. In ea culices nasci e grossis manifestum, quoniam, cum evolavere, non inveniumtur intus grana, quae in eos versa apparet. exeundi tanta est aviditas ut ' plerique aut pede rehcto aut pinnae parte erumpant. Est et aliud genus culicum, quos vocant centrinas, fucis apium simil s ignavia maltiaque cum permicie verorum et utilium. interemunt enim illos atque ipsi commoriuntur. vexant et tineae semina
II. Abtheilung. Obst- und Gartenbau-Section. 9
schaft des Feigenbaumes, fruchtbare und unfruchtbare Formen zu ent- wickeln und nannten die erstere Form Ficus, die andere Caprificus. Auch war es ihnen nicht unbekannt, dass zwischen den beiden Feigenarten eine gewisse Wechselbeziehung bestehen müsse, denn sie hingen zur Blüthe- zeit Aeste von dem Caprificus an den Ficusbaum, weil sie der Meinung waren, dass dann die fruchtbaren Feigenbäume einen besseren Ertrag lieferten. Noch heute ist dies Verfahren unter dem Namen Capri- fication üblich.
Indess hat dies für die Erzeugung der essbaren Feigen keine Be- deutung, denn auch ganz ohne Zuthun der Wespen entwickeln sich die essbaren Feigen in prächtigster Fülle, allerdings ohne keimfähige Samen zu enthalten, was aber ja bei der heutigen Vermehrung der Reigenhäunie durch Stecklinge ganz ohne Bedeutung ist.
Weniger häufig sind die Fälle, in denen Insecten die Blüthen als Unterschlupf bei Regenwetter oder während der Nacht benützen. Hier kommen hauptsächlich in Betracht die umfangreichen Blüthenkelche der Glockenblume (Campanula) und von Digitalis, dem Fingerhute. Hier dient ausser dem Honig auch noch zur Anlockung die höhere Temperatur, die in solchen Blüthen herrscht, und die weniger durch den Lebensprocess in der Blüthe als vielmehr durch die gehinderte Wärmeausstrahlung hervor- gerufen sein dürfte.
Aber nicht bei allen Blüthen, die Insecten Unterschlupf gewähren, kommen diese so leichten Kaufes davon. Da sind es zunächst die Arumarten'), die aus den sie besuchenden Insecten Nutzen zu ziehen suchen. Kriechen die Insecten in die tütenförmige Spatha, in der oft eine Temperatur bis zu 44 ° Celsius herrscht, hinein, sei es, da so die Thiere einen Unter- schlupf zu finden hoffen, sei es, dass sie durch den widerlichen aasartigen Geruch, der von den Blüthenkolben des Aronsstabes ausgeht, angelockt werden, so sorgt ein dichter Wald von stachlichen, steifen Borsten, die nach unten gerichtet sind, dafür, dass die Thiere nicht mehr heraus können. Die Aasfliegen, die meist hier hineinkriechen, sind in der unteren Höhlung der Spatha gefangen, wie eine Maus in der Falle, und alle noch
ficorum, contra quas remedium in eadem scrobe defodere taleam lentisci inversa parte quae fuerit e cacumine. wberrimas autem ficus rubrica amurca diluta et cum fimo infusa radieibus frondere incipientium facit. caprificorum laudantur maxime nigrae et in petrosis, quoniam frumenta plurima habeant, caprificatio ipsa post imbrem.
Dann schreibt Plinius über die Ertragsfähigkeit des Caprificus in XVI. 27. (50): „In Coo insula caprifici triferae sunt. primo fetu sequens evocatur, sequenti tertius. hoc fici caprificantur. et caprifici autem ab adversis folis nascuntur.
Schliesslich erwähnt noch Palladius Rutilius Taurus Aemilianus die Capri- ficatio in seinem Werke: „De re rustica“ und zwar im Buch X, 28, in dem die im Monat März zu verrichtenden ländlichen Arbeiten aufgezählt werden.
1) Vergl. Kerner lI. p. 160 und 161,
10 | Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
so heftigen Versuche der Thiere, die goldene Freiheit wieder zu er- langen, führen zu gar keinem Ziel Die einzige Möglichkeit zu entkommen ist nur die, sich seitwärts durch die Wand, die aus dem meist fleischigen Hüllblatt gebildet wird, hindurch zu beissen, ein Beginnen, das aber bei der Dicke der Wand, wenigstens für kleinere Inseeten, meist ohne jeden Erfolg ist. Indess währt die Gefangenschaft der armen Thiere nicht ewig. Wenn der Pollen der männlichen Blüthen des Kolbens reif ist und die Staubbeutel sich öffnen, dann hat die Stunde der Freiheit geschlagen. Die steifen Borsten werden jetzt schlaff und die Inseceten können ihr Ge- fängniss verlassen, müssen aber beim Herauskriechen an den aufgeplatzten Pollensäcken vorbei und bepudern sich über und über mit Pollen, den sie dann am nächsten Arum-Blüthenstand absetzen.
Eine ganz ähnliche Einrichtung findet sich in den Blüthen der ver- schiedenen Osterluzeigewächse (Aristolochia),. Hier ist die lange, oft pfeifenkopfähnlich gebogene Blüthenröhre immer mit fischreusenförmig nach unten gerichteten Borsten besetzt, die das einmal hineingekrochene Insekt nicht herauslassen und erst schlaff werden, wenn die Antheren sich öffnen und den Blüthenstaub entlassen.
Wir kommen nun zu dem merkwürdigsten und interessantesten Kapitel aus der Symbiose zwischen Pflanzen und Thieren, nämlich zu den Ameisenpflanzen. Wenn auch schon seit einigen Jahrhunderten es bekannt ist, dass zwischen Ameisen und Pflanzen gewisse Wechselbeziehungen bestehen, so ist es doch erst der neueren Zeit, die sich ja überhaupt mehr zu dem Studium der Biologie der Pflanzen und Thiere hinneist, vor- behalten geblieben, hier völlige Klarheit zu schaffen und es haben gerade auf diesem Gebiete die hervorragensten Forscher sich versucht und durch mühevolle Untersuchungen und Beobachtungen eine ganz ungeahnte Fülle höchst merkwürdiger und interessanter Verhältnisse aufgedeckt.
Warburg theilt die Ameisenpflanzen, die man auch myrmekosym- biotische (von püpwnd, die Ameise und oupßLöw, zusammenleben) Pflanzen nennt, ein in myrmekophile Pflanzen, d. h. solche, die den Ameisen Nahrung geben, in myrmekodome Pflanzen, die ihnen Wohnung und Unterschlupf gewähren, und in myrmekoxene Pflanzen, die sie so- wohl beherbergen als auch bewirthen. In weitaus den meisten Fällen sind es die Pflanzen, die durch mannigfache Einrichtungen die Ameisen anzulocken suchen und sich einem Zusammenleben mit Ameisen angepasst haben, Indessen kommt es in einzelnen Fällen auch vor, dass umgekehrt die Ameisen gewisse Pflanzen sieh erst dienstbar machen und sie gradezu anbauen. Fragen wir uns nun, was in ersterem Fall die Pflanze von der , Ameise für einen Nutzen hat, so finden wir, dass die Ameisen nicht wie die meisten anderen Insecten die Befruchtung vermitteln, sondern der Pflanze zum Schutze gegen ungebetene Gäste dienen sollen. So findet
Il. Abtheilung. Obst- und Gartenbau-Section. 11
man an den Blüthenköpfen mehrerer südeuropäischer Korbblüthler!), wie z. B. in den von Centaurea alpina, C. ruthenica, Jurinea mollis und sSerra- tula Iycopifolia immer eine Menge kleiner Ameisen, die zwischen den Deckschuppen des Blüthenkörbehens einen guten Unterschlupf finden und sich von dem hier ausgeschiedenen Honig nähren. Zum Entgelt dafür vertheidigen die Ameisen die Blüthen gegen die Angriffe gefrässiger Käfer, die mit grosser Vorliebe die Blüthenköpfe dieser Pflanzen seitlich an- fressen und so ihre Weiterentwickelung hindern. Nähert sich ein solcher Käfer, der die kleinen Ameisen an Körpergrösse oft um das Zehnfache übertrifft, einem Blüthenkopf, so setzen sich die kleinen Thiere auf das heftigste zur Wehr und verjagen auch, indem sie dem ungebetenen Gast ihre scharfen Kiefer weisen und ihm eine Ladung ätzender Ameisen- säure entgegen schleudern, in den meisten Fällen den Feind. Bemerkens- werth ist ausserdem noch, dass sich dıe Pflanzen ihrer Gäste auch wieder entledigen, wenn sie dieselben nicht mehr nöthig haben. Wenn sich nämlich die Blüthen ganz entfaltet haben, würden die Ameisen der Pflanze nur schädlich sein, indem sie die die Befruchtung vermittelnden Insecten abhalten würden. Dann versiegen die Honigquellen an den Deck- schuppen der Köpfchen und die Ameisen suchen ganz von selbst andere jüngere Blüthenköpfe auf.
Ganz ausserordentlich zahlreich ist die Zahl der myrmekotrophen Pflanzen, die durch Nectarien, die ausserhalb der Blüthen liegen, die Ameisen anlocken. Als besonders bekanntes Beispiel sei hier Impatiens tricorms aus dem Himalaja angeführt. Hier sind die Nebenblätter der Laubblätter zu Drüsen umgewandelt, von denen die eine besonders stark in Form einer Scheibe entwickelt ist und Honig abscheidet. Ueber den Zweck dieser Nectarien stehen sich allerdings zwei Meinungen gegenüber. Kerner von Marilaun’) ist der Meinung, dass diese extrafloralen Nec- tarien den Zweck haben, die Ameisen von dem Besuch der Blüthen ab- zuhalten, weil sie hier blos die pollenübertragenden Insecten verjagen und ausserdem die Blüthennectarien plündern würden. Warburg da- gegen ist der Ansicht, dass die Nectarien die Ameisen anlocken sollen, da diese den Pflanzen einen erheblichen Schutz gegen Raupen- und Schneckenfrass gewähren. Als besondere Begründung fügt er hinzu, dass einerseits auch an windblüthigen Pflanzen, ja sogar an Farnen sich der- artige Nectarien befinden, andererseits spricht gegen die Kerner’sche An- sicht, dass ganz ungeheure Massen von Nectar verschwendet werden müssten, um die gefrässigen Ameisen wirklieh von den Bläthen abzuhalten. Oft pflegen diese Nectarien noch besonders lebhaft gefärbt zu sein, und bisweilen sollen sogar nach Ludwig die Wege zu den Nectarien durch auffallend gefärbte Punkte und Ritze angedeutet sein.
1) cf. Kerner, 1. c. II. p. 243. 2) 1. ec. II. p. 231.
19 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Andere Ameisenpflanzen erwähnte schon früher Hölscher') in einem Vortrag, den er im April 1897 in der Gartenbausection hielt. So die südamerikanische Cecropia peltata, in deren hohlen Stamminternodien die Ameisen wohnen, und welche die Ameisen durch die sogenannten Müller’schen Körperchen nährt. Ferner Acacia cornigera in Mittel- amerika, deren hohle Dornen von Ameisen bewohnt werden, dann Clero- dendron fistulosum aus Borneo mit hohlen, angeschwollenen Internodien und endlich die beiden indo-malayischen Rubiaceen Myrmecodia und Hydno- phyton, in deren hohlen, knollenförmig angeschwollenen Stämmen ebenfalls Ameisen Wohnung nehmen sollen.
Warum spielt nun die oben erwähnte Cecropia in einer solchen liebenswürdigen Weise den Ameisen gegenüber den Wirth? Bei dem in der Natur herrschenden Kampfe ums Dasein und dem Rechte des Stärkeren kann man nicht annehmen, dass die Pflanzen ganz umsonst und ohne den geringsten Entgelt die Ameisen beherbergen und bewirthen werden. Dies ist auch keineswegs der Fall, denn die Ameisen, welche die Cecropia be- wohnen, gehören grade zu der bissigsten und kampflustigsten Sorte und bieten der Pflanze ein ganz ausgezeichnetes Schutzmittel gegen die Angriffe der sogenannten „Blattschneide-Ameisen‘, die in den Tropen oft sanze Waldungen entblättern und ganze Pflanzungen vernichten, indem sie alles, was Blatt und Blüthe ist, abschneiden und wegschleppen. Hierbei kommen besonders solche Pflanzen schlecht weg, die als Kulturpflanzen aus anderen Gegenden eingeführt worden sind und deswegen gar keine Schutzmittel irgend welcher Art gegen derartige räuberische Angriffe be- sitzen.
Was bezwecken nun diese räuberischen Ameisen, die meist der Gattung Atta angehören, mit diesen Blättern? Schon lange kannte man in Süd- amerika die unangenehme Gewohnheit dieser Thiere, Blätter abzuschneiden, und jedem der einigermaassen ein Auge für die Natur hatte, waren die langen Züge dieser merkwürdigen blättertragenden Insecten aufgefallen. Noch bis vor kurzer Zeit hatte man schlechthin angenommmen, die Ameisen ver- wendeten die Blätter zur Nahrung oder zum Bau ihrer Behausung. Und man kann jene erstere Ansicht für keineswegs thöricht erklären; weiss man doch, dass die Ameisen keineswegs Kostverächter sind und Alles, was nicht aus Stein oder Metall besteht, aufzehren: Möbel, Schuhsohlen, Kleidungsstücke, Esswaaren vegetabilischen oder animalischen Ursprunges, ja sie schonen selbst die Tapete an den Wänden der Häuser nicht, wenn sie nichts Besseres finden.
Indess scheinen die"saftigen Blattstücke unseren Ameisen doch eine zu wenig zarte Nahrung zu sein, und es ist das Verdienst eines Deutschen,
1) Hölscher, Ueber Ameisenpflanzen im Jahrb. d. Schles Gesellschaft für vaterländ, Cultur. 1897. II. Obst- und Gartenbausection p. 11.
II. Abtheilung. Obst- und Gartenbau-Section. 13
Alfred Möllers, hier völlige Aufklärung geschaffen zu haben. Die Ameisen verwenden nämlich die abgeschnittenen Blätter nicht direct zur Nahrung, sondern als Dünger für die „Pilzgärten“, die sie anlegen. Verfolgen wir einmal genauer die Arbeit einer solchen Ameisenschaar. Behend kriechen die kleinen Thierchen die Baumstämme hinauf, die Aeste entlang und am Ende der Aeste bei den Blättern angekommen, schneiden sie von diesen mit ihren scharfen scheerenartig in einander greifenden Kinnbacken rundliche Stückchen von ungefähr einem halben Centimeter Durchmesser ab. Dann laufen sie, das Blattstückchen, dessen Gewicht bis- weilen das Neunfache, in den meisten Fällen aber das Doppelte bis Drei- fache ihrer eigenen Körperschwere beträgt, senkrecht wie eine Fahne auf dem Kopfe zwischen den Kiefern eingeklemmt tragend, den senkrechten Stamm hinab. Wahrlich eine nicht geringe Arbeitsleistung! Man denke sich einen Menschen, der auf seinem Rücken einen 4 Centner schweren Ballen trüge, eine steile Felswand hinabklettern. Unten angekommen, eilen sie auf besonders dazu hergerichteten Heerstrassen, die immer den kürzesten Weg dartsellen, nach ihren Bauen, wobei sie oft die grössten Schwierigkeiten mit bewundernswerther Hartnäckigkeit und Ausdauer über- winden. Aus einiger Entfernung gesehen, sollen diese Blättchen, die scheinbar von selbst sich in langen Reihen hinbewegen, da man die kleinen Ameisen gar nicht sieht, natürlich einen höchst merkwürdigen Eindruck machen. Man wird unwillkürlich an Birnams Wald, der zum Dunsinan hinansteigt, in Shakespeares Macbeth erinnert. Die Nester dieser Ameisen lehnen sich meist an Baumstümpfe an oder liegen in Felsenecken. Sie bestehen aus Haufen ganz und gar zerschnittener Laub- und Zweig- stückchen. -Sind die Ameisen nun mit ihrer Beute an dem Bau angelangt, so werden die Blattstückchen hineingeschleppt und der weitere Vorgang entzieht sich unserem Auge. In dem Bau werden nämlich die Blätter von den fleissigen Thieren gekaut und auf einen Haufen geschichtet. Dies Zer- kauen wird mit einer derartigen Sorgfalt ausgeführt, dass, wenn man die zerkaute Masse mikroskopisch untersucht, in ihr auch nicht eine Zelle unverletzt gefunden wird. Oeffnet man einen solchen Ameisenbau, so findet man darin diese zerkauten Blätter in Form einer lockeren, weichen, grauflockigen Masse, die wie ein grobporiger Badeschwamm mit grösseren und kleineren Höhlungen durchsetzt ist. Diese Masse ist der Nährboden für das Mycel eines Pilzes, den die Ameisen hier genau so hegen und pflegen, wie ein Gärtner seine Blumenbeete. Denn nicht nur der Nähr- boden wird dem Pilze von den Thieren besorgt, sondern eine kleinere Sorte von Ameisen ist hier sogar eifrig damit beschäftigt, alle schädlichen Einflüsse von dieser Pilzkultur fernzuhalten. Bekanntlich gehören zu den grössten Feinden aller Pilzeulturen die Schimmelpilze, die natürlich auch hier sich einstellen. Wo sich aber ein Mycelfaden eines solchen Schimmel- pilzes sehen lässt, wird er vernichtet. Aber wie die Gärtner unsere Obst-
KA: Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
bäume beschneiden, damit sie nicht zu viel wildes Holz treiben, so ist auch die Ameise in ihrem Pilzgarten thätig. Sie hindert nämlich, dass der Pilz allzusehr austreibt und bewirkt, dass derselbe an Stelle von Fruchttrieben kleine, weisse runde Körperchen entwickelt, welche Möller die „Kohl- rabihäufchen“ im Neste der Ameisen genannt hat. Diese Häufchen dienen den Ameisen zur Nahrung. Man hat nun wissen wollen, was für ein Pilz das denn eigentlich ist, dessen Mycel so sorgsam von den Ameisen gepflegt wird.
Möller entfernte aus solchen Ameisenhaufen die Ameisen durch scharf riechende Stoffe, auch legte er Reinculturen an und kam zu dem über- raschenden Ergebniss, dass man es hier mit dem Mycel eines Hutpilzes, - Roceites gongylophora, zu thun hatte. Später gelang es Möller auch wirklich, auf verlassenen Ameisenhaufen derartige Hutpilze zu entdecken. Wir haben hier also ein Beispiel von Symbiose, wo Ameisen nicht nur als Gäste, sondern sogar auch als Züchter von Pflanzen auftreten.
Ein ganz ähnliches Verhalten zeigt die aus Texas stammende Pogo- nomyrmex barbatus.!) Von ihr behauptet man, dass sie eine Grasart, Aristida, in der Nähe ihrer Wohnungen anbaue, die Samen im Herbste einernte und einen Theil im nächsten Frühjahre wieder aussähe, wenigstens soll dies nach Behauptungen von Darwin nnd Lincecum der Fall sein. Allerdings muss die Berechtigung dieser wohl etwas übertriebenen Aussagen noch durch genaue Beobachtung nachgewiesen werden, Sicher ist aber, dass sich Aristida immer in der Nähe von Ameisenbauten befindet und die Körner von den Thieren eingesammelt werden. Streng genommen kann man das Gras allerdings nicht zu den Ameisenpflanzen rechnen, da jede besondere Anpassung an das Leben der Ameisen fehlt. Jedenfails aber hat man es mit einer Art von Symbiose zu thun.
Ebenso verhält es sich mit der Zwergeiche (Quercus undulaia), auf deren Blättern gewisse Gallen vorkommen, die einen süssen Saft aus- scheiden. Die in Colorado heimische Myrmecocystus hortus deorum ist nach diesem Honig sehr lüstern und sammelt denselben mit grossem Eifer ein. Lange Zeit blieb man mit der näheren Lebensweise dieser Thiere unbe- kannt, bis es Max Cook gelang, die Thiere genauer zu beobachten. Sie bringen den Honig in ihre Nester, die aus kleinen innen hohlen Kieskegeln bestehen. Hier wird der Honig aber nicht, wie bei den Bienen in Waben abgelagert, sondern besondere Thiere sind hier vorhanden, die als „Lagertonnen‘“ für die eingesammelten Süssigkeiten benutzt werden. Stumpf- sinnig hängen diese lebenden Magazine an der Decke der Höhle mit ihren
!) vgl. Taschenberg, Bilder aus dem Thierleben. IV. Thierstöcke und, Thierstaaten, in dem „Wissen der Gegenwart“. Band XLI. p. 172. 1885 u. Fedde, Ueber die Verbreitung von Samen und Früchten durch Thiere im Jahrb. d. Schles, Ges. 74. II, Gartenbausection. p. 48. 1896.
Il. Abtheilung. Obst- und Gartenbau-Section. 15
Kiefern festgeklammert und lassen sich unentwegt von den fleissigen Arbeitern füttern. Diesem ewigen Gefresse entspricht aber auch ihr Um- fang: der Hinterleib ist kugelig angeschwollen und wird fast ganz von dem mächtig entwickelten Kropf oder Vormagen eingenommen, der die übrigen Eingeweide ganz bei Seite gedrängt hat und voll von Honig gesogen wird. Natürlich sind diese „Diekbäuche“ so unbehülflich, dass sie von selbst richt mehr gehen können, sondern im Falle, dass ihr Nest durch irgend einen Zufall zerstört wird, von den Arbeitern wie Tonnen weggerollt werden.
Zum Schlusse sei noch erwähnt, dass das Zusammenleben von Pflanzen und Ameisen keineswegs immer den Pflanzen Nutzen bringst, wie wir das bei den weiter oben erwähnten Beispielen gesehen haben. Gerade bei uns sind die Ameisen, die ja grosse Leckermäuler sind, gefürchtet, da sie sich mit grosser Begierde an das Obst heranmachen und dasselbe auffressen. Auch will man beobachtet haben, dass die Ameisen dadurch indirect vielen Pflanzen schaden, dass sie Uebertrager und Pfleger der Blattläuse sind. Viele Ameisen legen auf den ihren Nestern benach- barten Gesträuchen ganze Kolonien von Blattläusen an, da diese Thiere einen süssen Saft ausschwitzen, den die Ameisen begierig zu sich nehmen. Man könnte diese Blattlausculturen als die „Kuhställe‘“ der Ameisen bezeichnen.
Leicht kann man beobachten, wie die Ameisen zwischen den Blatt- läusen umherlaufen und die Thiere durch sanftes Streicheln reizen, ihren süssen Saft abzugeben. Natürlich fügen diese Blattlausculturen der Pflanze einen viel grösseren Schaden zu, als die Ameisen den Pflanzen eventuell nutzen.
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schlesischt Gesellschaft für vaterländische Gultur.
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77. II. Abtheilung. Jahresbericht. Geschichte u. Staatswissenschaften- 1899. a. Historische Section. &r sERKZR
Sitzungen der historischen Section im Jahre 1899.
Am 20. November 1899 sprach Professor Dr. G. Kaufmann
über Leopold v. Ranke als Redacteur der Historisch- Politischen Zeitschrift.
Im Uebrigen war die Thätigkeit der Secretaire vorzugsweise noch von den Interessen in Anspruch genommen, denen die im vorigen Jahresbericht abgedruckte Denkschrift gewidmet ist. Ueber den Erfolg hoffen wir später Genaueres berichten zu können.
Die Wahl der Secretaire erfolgte in der Sitzung vom 29. Januar 1900, hier wurde des kurz zuvor verstorbenen Geh. Reg.-Rath Prof. Dr. Reimann, der seit dem 18. December 1873 Secretair der historischen Section gewesen war, ehrend gedacht. Den ersten Vortrag hatte der Verstorbene in der Sitzung des 27. Januar 1848 gehalten (Das Wiederaufleben der Wissen- schaften zur Zeit Karls des Grossen), den letzten in der Sitzung des 7. December 1896 (Unterhandlungen des Präsidenten Washington mit England 1790—94). Sodann wurden die beiden übrigen Secretaire, Professor Krebs und Professor Kaufmann wiedergewählt.
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Sitzungen der staatswissenschaftlichen Section im Jahre 1899.
Sitzung am 23. Januar 1899.
Die am 23. d. M. abgehaltene gemeinsame Sitzung der historischen und der staatswissenschaftlichen Section war einer Besprechung der Frage
Ueber den Schutz zerstreuter Urbarien und sonstiger Urkunden
gewidmet. Professor Dr. Kaufmann eröffnete die Verhandlungen mit dem Hinweise darauf, dass eine ziemlich beträchtliche Anzahl historischer Quellen über die Entwickelung der Agrarverfassung und der gesellschaft- lichen Verhältnisse Schlesiens weithin zerstreut, schwer zugänglich und theils auch in ihrem Bestande gefährdet sei. Das Bedürfniss nach Samm- lung und Schutz dieser Materialien sei zweifellos vorhanden. Zur Berathung über die hierzu einzuschlagenden Wege sei die gegenwärtige Versammlung berufen. Darauf berichtete Staatsanwalt Dr. Keil über die schlesischen Urbare und die Möglichkeit ihrer Sammlung. Die Urbare seien im All- gemeinen bestimmt gewesen, das Verhältniss zwischen den Erbunterthanen auf dem Lande und den Gutsherrschaften zu regeln. Sie enthielten aber nicht selten darüber hinaus wichtige Bestimmungen über die Gemeindever- fassung. Wenn nun auch die auf der Erbunterthänigkeit beruhenden gegen- seitigen Rechte und Pflichten von Herrschaft und Unterthanen inzwischen durch die Gesetzgebung beseitigt worden seien, so enthielten die Urbare doch in vieler Hinsicht noch heute geltendes Recht. Die gegen Ende vorigen Jahrhunderts aufgestellten, von den schlesischen Etatsministern he- stätigten Urbare hätten öffentlich rechtlichen Charakter; sie besässen die Rechtskraft einer vollstreckbaren Urkunde. Diese praktische Bedeutung, welche den Urbaren auch durch die Landgemeindeordnung nicht genommen sei, sowie die landrechtliche Vorschrift, dass ein Exemplar der Urbare bei den Gemeinden verbleiben solle, liessen eine Sammlung der auf dem Lande zerstreuten Urbarien als kaum durchführbar erscheinen. Nachdem Professor Kaufmann hierzu bemerkt hatte, dass das Interesse der Wissenschaft nicht durchaus eine Sammlung, sondern nur Verzeiehnung und Schutz der Urbarien erheische, berichtete Professor Dr. Schulte über die in anderen Landestheilen zur Verzeichnung und Sicherung zerstreuten Quellen- 1899,
Dr: Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
materials getroffenen Maassregeln. Als sehr zweckmässig und erfolgreich rühmte Redner die zuerst (seit 1882) in Baden geschaffene Organisation. Dort seien unter Leitung einer staatlichen Commission durch ehrenamtlich thätige Pfleger verschiedener Berufsstände die meisten Gemeinde- und zahl- reiche grundherrliche Archive geordnet und verzeichnet. Die Kosten seien im Verhältniss zu der reichen wissenschaftlichen Ausbeute sehr geringe gewesen. Das badische Beispiel sei in Württemberg, Thüringen und Nassau angenommen worden. Ein anderes System, nach dem nur archivalısch geschulte Kräfte die zerstreuten Geschichtsquellen sammelten, werde in der Rheinprovinz, Graubündten, Steiermark, Oberösterreich und Tirol verfolgt. In Ostdeutschland 'ägen die Vorbedingungen für eine derartige Sammel- thätigkeit in mancher Hinsicht schwieriger als im Westen. Um hier die Verzeichnung erfolgreich durchzuführen, dürfe man sich jedenfalls nicht auf einzelne Urkundengruppen beschränken. Endlich theilte Bibliothekar Dr. Nentwig-Warmbrunn die Erfahrungen mit, die er bezüglich des Vor- handenseins auf dem Lande zerstreuter Geschichtsquellen und ihrer Auf- bewahrung gemacht habe. — An die Referate schloss sich eine lebhafte Erörterung. Von mehreren Seiten wurde der Plan einer umfassenden, systematischen Verzeichnung zerstreuter schlesischer Geschichtsquellen mit Freude begrüsst. Es wurde auf die grosse Gefährdung, auf vielfach vor- gekommene Vernichtung und Verschleuderung werthvollen Quellenmaterials hingewiesen. Andererseits wurden auch Zweifel an der Durchführbarkeit der angeregten Verzeichnung geäussert. Ein Antrag von Professor Kauf- mann: „Die Versammlung erklärt es für wünschenswerth, dass ein Aus- schuss sich bilde, welcher die Wege berathe zur Verzeichnung der in Gemeinde-Privatarchiven und anderen Stellen zerstreuten historischen Materialien‘ kam wegen vorgerückter Zeit nicht mehr zur Abstimmung. Es wurde beschlossen, in einer demnächst abzuhaltenden zweiten Ver- sammlung genauer specialisirte Vorschläge über das einzuschlagende Ver- fahren entgegenzunehmen und darauf erst endgültige Beschlüsse zu fassen,
Sitzung am 21. Februar 1899. Herr Privatdocent Dr. Heymann sprach über
die Formen des Realcredits nach dem neuen Reichsrechte.
Ausgehend von der Bedeutung des Pfandrechts und seiner technischen Ausgestaltung für das moderne Creditwesen überhaupt, wies der Vortragende zunächst auf die Differenzirung der Pfandrechtsformen zu den ver- schiedenen Zeit n und bei den verschiedenen Völkern hin und besprach die hierbei hervortretenden bestimmenden Gegensätze — Besitzpfand und besitz- loses Pfand, accessorisches Pfand und solches mit reiner Sachverhaftung; Mobiliar- und Immobiliarpfand. Hierauf wandte er sich den neuen Formen für den Immobiliareredit zu und erklärte zunächst historisch das Nebenein-
III. Abtheilung. Staatswissenschaftliche Section. 3
anderbestehen von drei bezw. sogar vier Pfandrechtsformen im Bürgerlichen Gesetzbuch: der sogenannten Verkehrshypothek, welche im Wesentlichen der bisherigen preussischen Hypothek entspricht, der Grundschuld mit ihrer — aus der Rentengütergesetzgebung bekannten, als allgemein zugänglichen Creditform aber für fast ganz Deutschland neuen — Unterart, der Renten- schuld, und endlich der schlechthin vom Bestande der Forderung ab’ hängigen Sicherungshypothek, die der derzeitigen preussischen Gesetzgebung, abgesehen vom Falle der Cautionshypothek, ebenfalls fremd ist. Sodann wurden die Fragen der Pfandverbriefung, der pfandrechtlichen Succession und des Eigenthümerpfandes berührt und hierauf eine kurze Erörterung der juristischen und wirthschaftlichen Bedeutung der einzelnen Pfandrechts- arten gegeben, wobei für den künftigen Verkehr die thunlichste Ersetzung der Hypothek durch die klarere, negociablere, dem Schuldner weniger lästige Grundschuld, sowie durch die — nur für ein beschränkteres wirth- schaftliches Gebiet verwendbare — Rentenschuld als wünschenswerth be- zeichnet wurde. Schliesslich folgte eine Skizzirung der neuen Formen für die Verpfändung von beweglichen Sachen und Rechten unter besonderer Hervorhebung der für die Landrechtsgebiete in dieser Allgemeinheit neuen, nur dem Handelsverkehr geläufigen Geltendmachung des Pfandrechts durch Privatverkauf bezw. sonstige Privatverwerthung, im Gegensatz zu der bis- herigen gerichtlichen Pfandexecution. An den Vortrag schloss sich unter dem Vorsitze des Staatsanwalts Dr. Keil eine angeregte Debatte, an der sich unter anderen die Herren Geheimer Justizrath Dr. Fischer, Professor Dr. Auhagen, Rechtsanwalt Dr. Honigmann betheiligten.
Sitzung am 27. April 1899.
Herr Rechtsanwalt Dr. Neisser hielt einen eingehenden Vortrag über die geplante Reform der Invaliditäts- und Altersversicherung.
Nach einem Rückblick auf die bisherige Entwickelung der deutschen Arbeiterversicherung besprach er zunächst denjenigen Theil der Regierungs- vorlage, der zum Ausgleich der Lasten der einzelnen Versicherungsanstalten ein Gegenseitigkeitsverhältniss zwischen denselben herbeizuführen beab- sichtigt. Es müsse auf Grund unanfechtbarer Rechnungen als feststehend gelten, dass die Verschiedenheiten der Vermögenslage der einzelnen An- stalten nicht auf abweichende Handhabung der Verwaltung, auch nicht in erster Linie auf der verschiedenen Lohnklassengruppirung, sondern vor allem auf der Altersgruppirung beruhe, vermöge welcher die wesentlich landwirthschaftlichen Landestheile, insbesondere Ostpreussen gegenüber den industriellen im Nachtheile seien. Dass diese Verschiedenheiten dauernde sein werden, dafür sorge der ständige Abzug jüngerer Arbeitskräfte aus- dem Osten. Abhülfe müsse also geschaffen werden, um die Insuffizienz der nothleidenden Anstalten zu beseitigen. Differenzielle Gestaltung der Beiträge
KR Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
oder Renten sei ebensowenig mit dem Charakter der Reichsarbeiterversicherung vereinbar, wie Rückgriff auf den Garantieverband. Gegenseitiger Ausgleich in der Art, wie die Regierungsvorlage oder der Commissionsbeschluss ihn veranschlage — Redner geht auf die Vorschläge im Einzelnen ein — sei der einzig gangbare Weg. Fraglich sei allerdings, ob dieser Ausgleich nothwendigerweise ein obligatorischer sein müsse, ob nicht der von den Vorständen der Versicherungsanstalten auf der Eisenacher Conferenz vor- geschlagene facultative Rückversicherungsverband in mancher Beziehung den Vorzug verdiene. — Der Vortragende ging sodann auf die übrigen wichtigeren Theile der Vorlage ein, die Aenderungen erörternd, die hin- sichtlich des Umfangs und der Voraussetzungen der Versicherung, der Ge- staltung der Renten, der Beitragshöhe geplant seien. Er verbreitete sich über die Gründe, die für und wider das Markensystem sprechen. So lange Arbeitsdauer und Lohnhöhe vom Versicherten nachgewiesen werden müssen, so lange stelle das Markensystem die ‚billigste, bequemste und zuverlässigste Art der Beitragsentrichtung dar. Deshalb sei es durchaus zu billigen, dass der Entwurf dieses Systems mit mannigfachen Verbesserungen in der Aus- gestaltung beibehalten habe. — Im letzten Theile seiner Ausführungen fällte der Vortragende sodann ein sehr hartes Urtheil über das Project der Rentenstellen. Dieselben würden lediglich die Selbstverwaltung der Anstalten lähmen, das Verfahren umständlicher gestalten, ihre Ent- scheidungen würden vielfach Sachlichkeit und Objectivität vermissen lassen, sie würden einen unnützen Kostenaufwand von vielen Millionen erfordern, sie würden nichts dazu beitragen, die Arbeiterversicherung populärer zu machen. — Zu der Debatte ergriff der Mathematiker der Schlesischen Ver- sicherungsanstalt, Stadtverordneter Dr. Wagner zu eingehenden Aus- führungen über den geplanten Lastenausgleich das Wort. Er steht im Wesentlichen auf dem Standpunkte des Vortragenden, zieht aber den Ab- hülfeweg des Entwurfes dem einer facultativen Regelung durch einen Rück- versicherungsverband vor.
Sitzung am 6. December 1899.
Wahl der Secretaire für die Etatsperiode 1900/1901. Es werden durch Zuruf die bisherigen 4 Secretaire der Section Staatsanwaltschaftsrath Keil, Reichsbank-Director Mannowsky, Professor Dr. J. Wolf, Bankier Holz wiedergewählt.
Vortrag des Professor Dr. Wolf:
Ueber den gegenwärtigen Stand der Währungsfrage.
Der Vortragende schilderte zunächst das Kommen und Gehen der Währungsfrage, die in den 50er Jahren bereits erloschen, in den 70er und 80er Jahren wieder aufgelebt sci in Folge des Sinkens der Waarenpreise, des gleichzeitigen Sinkens des Silberpreises und des Rückganges der Gold-
III. Abtheilung. Staatswissenschaftliche Section. 5
production. Man meinte die Staaten nicht mit dem für Goldwährung nöthigen Golde versehen zu können, führte andererseits das Sinken der Waarenpreise auf die Entwerthung des Silbers und seine Ausschaltung aus den Währungen zurück und schloss daraus, dass eine Rehabilitation des Silbers, wie sie durch allgemeinere Einführung der Doppelwährung möglich sei, wieder einen besseren Stand der Waarenpreise herbeiführen werde. Unterstützt wurden diese Auffassungen durch die Untersuchungen des österreichischen Geologen Süss über die Zukunft des Goldes, wonach in kaum zu ferner Zeit ein Versiegen der Goldproduction zu erwarten sei. Zwischen 1877 und 1883 erreichte die Doppelwährungsbewegung ihren Höhepunkt, mit den 90er Jahren begann aber ein gewisser Wandel der Auffassungen einzutreten in Zusammenhang mit einiger Besserung der Waarenpreise, vor allem aber mit der Steigerung der Goldausbeute auf einen Umfang, wie er früher nie geahnt worden war. Nach den californischen Entdeckungen 200000, in den 80er Jahren nur mehr 150- bis 160000 ks, ist heute (1899) die Goldproduction bei 435 000 kg angelangt, wobei der Transvaalstaat mit fast ein Drittel betheiligt ist. In vierzig Jahren oder in nicht viel längerer Zeit dürften nach competenten Schätzungen die heutigen Goldvorkommen erschöpft sein. Ist unter solchen Umständen die Währungsfrage heut zum Stillstand gekommen, so dürfte doch den Forderungen der bimetallistischen Bewegung auch jetzt noch mancherlei abzugewinnen sein. Der Redner erklärte sich gegen die völlige Ab- schaffung der Thaler, wie sie jetzt im Werke steht, bezeichnet sie als das bevorzugte Geld der Mittelstände und meint, man thäte besser, als ihre Abschaffung blos die Einziehung eines Theiles von ihnen zu beschliessen und dem Rest die Qualification als Währungsmünze zu nehmen, sie in dieser Richtung also dem Fünfmarkstück gleichzustellen. Sie blieben dann doch dem Verkehr in dem von diesem benöthisten Umfange erhalten.
In der darauf folgenden Discussion ergreifen die Herren Geh. Rath Molinari, Prof, Dr. Schulte, Reichsbank-Direktorr Mannowsky, zum Theil wiederholt, das Wort, wobei sich durchgängig Uebereinstimmung mit den Ausführungen des Vortragenden herausstellt.
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Nekrologe auf die im Jahre 1899 verstorbenen Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Dr. med. Martin Berliner, praktischer Arzt in Breslau, seit 1872 wirkliches Mitglied der Vaterländischen Gesellschaft, starb hier plötzlich am 96. December 1899 im Alter von 68 Jahren.
Hermann Frank, früherer Rittergutsbesitzer, wurde am 7. Mai 1834 zu Manchester in England geboren, genoss den Unterricht bis zum 14. Jahre in Manchester, darauf bis zum 17. Jahre in Mainz, erlernte dann die Landwirthschaft praktisch in der Mark, in Westfalen und in Ober- schlesien, besuchte dann die Universität Jena, wo er durch 4 Semester Landwirthschaft studirte. Nachher hielt er sich in Amerika auf, um die dortige Landwirthschaft kennen zu lernen. Im Jahre 1859 wurde er Be- sitzer des Rittergutes Ober-Schreibendorf bei Strehlen, das er bis zum 13. Juli 1890 bewirthschaftete. Er zog sich darauf als Rentner nach Breslau zurück und wurde noch im Jahre 1890 wirkliches Mitglied unserer Gesellschaft.
Stadtrath und Rittergutsbesitzer Dr. jur. von Hellmann, war aus- wärtiges Mitglied der Vaterländischen Gesellschaft seit 1854 und starb am 6. September 1899 auf Schloss Dalkau bei Quaritz.
Rudolf Amandus Kreuschner, Kgl. Steuerrath und Hauptmann a. D., wurde am 26. October 1827 in Berlin geboren als Sohn des nach- _ maligen Steuerraths Carl Kreuschner. Nach Absolvirung der Elementar- schule in Arendsee in der Altmark besuchte er die Gymnasien zu Halber- stadt und Magdeburg und sodann das Gymnasium in Neisse, wo er 1846 das Abiturientenexamen bestand, nachdem er bereits vorher als Combattant an der Expedition gegen den Freistaat Krakau theilgenommen und sich noch als Schüler ein militärisches Ehrenzeichen erworben.
Als Sohn eines unbemittelten, kinderreichen Staatsbeamten lernte er frühzeitig den Ernst des Lebens kennen und stellte, nachdem er 1847 in die Verwaltung der indirecten Steuern eingetreten, durch 48 Jahre seine
1899. il
0) Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
ganze körperliche und geistige Kraft in den Dienst seines Berufes. Seine Pflichttreue und Begabung liessen ihn schnell die subalternen Stellungen des Steuerdienstes durchlaufen, so dass er schon 1853 zum Öbergrenz- controleur in Löwitz und 1856 zum Obersteuercontroleur in Breslau ernannt wurde Vom Jahre 1857 an fungirte er durch mehrere Jahre als preussischer Commissar in Wieliczka, 'aus dessen allbekanntem Salz- bergwerk die österreichische Regierung damals noch gemäss den Staats- verträgen an Russland und Preussen zu bedeutenden Salzlieferungen ver- pflichtet war. Als Preussen nach Erschliessung der Salzlager bei Stass- furt und Schönebeck auf dieses Recht verzichtete, kehrte er nach Breslau zurück, welches er nach vorübergehenden Commissorien erst verliess, als er 1869 zum Oberzollinspector in Neustadt in Oberschlesien ernannt wurde. In dieser Stellung führte er im Verein mit Mitgliedern der Normalaichungs- commission in den grossen Brennereien des Minister Friedenthal in Giess- mannsdorf durch mehrere Jahre die umständlichen Versuche durch, welche später zur Einführung der automatischen Messapparate von Siemens und Halske in die Spiritussteuercontrole führten. Nachdem er im Jahre 1878 den Charakter als Steuerrath erhalten, liess er sich 1881 nach Liegnitz versetzen. Im Jahre 1887 wurde er ins Finanzministerium in die Commission zur Ausarbeitung der neuen Steuergesetze berufen und im folgenden Jahre an die Spitze des wichtigen Hauptsteueramtes in Frankfurt a. Main gestellt, welchem er bis zu seiner am 1. April 1895 erfolgten Pensionirung vorstand.
In seiner militärischen Eigenschaft nahm er am Kriege gegen Oesterreich 1866 als Hauptmann und Führer einer Breslauer Landwehr- compagnie Theil. Der communalen Selbstverwaltung in Neustadt O./S. gehörte er durch lange Jahre als Mitglied der Stadtverordneten-Versammlung und deren Schriftführer an. Von Neustadt aus durchstreifte er mit Alfred Brehm und dem Ornithologen Oberstabsarzt Kutter wiederholt das schlesische Gebirge und hat zu dem bekannten Werke des Ersteren „Das Leben der Vögel“ nicht wenig beigetragen. An der Seite seiner Gattin Melanie, geb. Lange, die er 1861 heimgeführt, schien ihm ein langer glück- licher Lebensabend beschieden zu sein; doch sollte es ihm nicht lange vergönnt sein, an der Seite seiner treuen Lebensgefährtin das otium cum dignitate zu geniessen.
In den Ruhestand getreten, verlebte er die letzten Lebensjahre in Darinstadt, wo er im Alter von fast 72 Jahren nach mehrmonatlicher Krankheit einem tückischen Leberleiden erlag.
Seinem ernsten und streng gerechten Charakter entsprechend basirte
die Arbeit seines Lebens und deren von Seiten des Staates durch vielfache
Auszeichnungen anerkannter Erfolg auf seiner bedingungslosen Hingabe an den Dienst seines Königs und Vaterlandes. Unserer Vaterländischen Gesellschaft gehörte er seit 1886 an.
Nekrologe. 3
Karl Ludwig Kahlbaum wurde am 28. December 1828 zu Driesen in der Neumark geboren. Er machte seine medieinischen Studien in Königsberg, Würzburg, Leipzig und Berlin. Im October 1854 promovirte er auf Grund folgender Dissertation: ,,De avium tractus alimentariü anatomia et histologia nonnulla“. In demselben Jahre erhielt er seine Approbation und trat, nachdem er als einjährig-freiwilliger Arzt in Berlin gedient hatte, im Juni 1856 in die ostpreussische Provinzial-Irrenanstalt als 2. Arzt und Vertreter des Directors ein. Von 1863 bis 1866 hielt er als Privatdocent Vorlesungen an der Universität Königsberg über Psychiatrie. Im October 1866 folgte er einer Aufforderung Dr. Reimers, des da- maligen Besitzers der Görlitzer Privat-Nerven-Heilanstalt, bei ihm als 2. Arzt einzutreten, um eventuell später die Anstalt selbständig zu übernehmen. Schon im Juni 1867 ging die Anstalt durch Kauf in den Besitz Kahl- baums über und stand unter seiner Leitung bis zu seinem am 15. April 1899 erfolgten Tode. Zum Königl. Sanitätsrath wurde er im Jahre 1895 ernannt. Folgende wissenschaftliche Arbeiten sind erwähnenswerth: 1. Die Gruppirung der psychischen «Krankheiten. 1863; 2. Die verschiedenen Formen der Sinnesdelirien. 1866; 3. Die Catatonie oder das Spannungs- irresein. 1874; 4. Die klinisch-diagnostischen Gesichtspunkte der Psycho- pathologie. 1878; 5. Ueber cyklisches Irresein. 1882; 6. Ueber jugend- liche Nerven- und Gemüthskranke und ihre pädagogische Behandlung in der Anstalt. 1884; 7. Ueber eine besondere klinische Form des moralischen Irreseins. 1884; 8. Ueber Heboidophrenie. 1889; 9. Ueber einen Fall von Pseudoparanoia. 1892. Unserer Vaterländischen Gesellschaft hat der Ver- storbene seit 1882 als auswärtiges Mitglied angehört.
Dr. med. Felix Lissner, praktischer Arzt in Beuthen O./S. wurde am 16. October 1869 zu Neustadt a. d. Warthe im Regierungsbezirk Posen geboren. Er besuchte das Friedrichsgymnasium und das: Gymnasium zu St. Elisabeth in Breslau und verliess letzteres Ostern 1888 mit dem Zeugniss der Reife. Darauf studirte er an der Universität Breslau bis Michaelis 1892 Medicin, legte hier seine Staatsprüfung ab und erhielt Ende des Sommer-Semesters 1893 die Approbation als Arzt, zum Dr. med. wurde er am 31. October 1895 in Leipzig ernannt. Von November 1893 bis April 1394 prakticirte er als Arzt in Eckartsberge in Thüringen, dann übersiedelte - er nach Koberwitz bei Breslau und später nach Beuthen O./S., wo er im Jahre 1899 verstarb. Unserer Gesellschaft hat er seit 1894 als auswärtiges Mitglied angehört.
Otto Menzel, Bergwerks- und Hüttendirector, Hauptmann a. D., Ritter des Eisernen Kreuzes II. Klasse und des Rothen Adlerordens IV. Klasse, wurde am 5. Januar 1836 als ältester Sohn des verdienstvollen städtischen Rectors K. A. Menzel in Bunzlau geboren. Hier absolvirte
4 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
er als Stadtschüler die Schule des Kgl. Waisenhauses, besuchte darauf das Gymnasium zu Görlitz, verliess dasselbe jedoch !/, Jahr vor dem Abiturium, weil sein Eintritt als Avantageur bei den Pionieren in Glogau schon zum 1. October 1854 gewünscht wurde. Er trat bei dieser Truppe ein, legte am 4. Januar 1855 das beste Examen ab, doch wurde ıhm der Eintritt in das Ingenieurcorps verweigert. Sein Schmerz darüber war gross, weil er nun seine Hoffnung, sich als Officier seiner Jugendliebe zu sichern, momentan vereitelt sah. Rasch entschlossen ging er aufs Gymnasium zurück und machte auf dem Gymnasium zu Liegnitz nach halbjährigem Besuche der Oberprima am 24. September 1856 ein vorzügliches Abiturienten-Examen. Um sich für das höhere Bergfach wissenschaftlich vorzubereiten, studirte er auf der Universität Breslau jur. et cam., begann den praktischen Dienst als Bergmann bei den fiscalischen Gruben Oberschlesiens und bestand das Examen als Bergreferendae am 16. November 1864. Während des dänischen Feldzuges wurde er nach Magdeburg eingezogen, hier zum Leutnant befördert und ihm der Wunsch nahegelegt, als Ingenieur-Officier in das stehende Heer überzutreten. Bald darauf nahm er Urlaub aus dem Staatsdienste, um eine vortheilhafte Anstellung bei den Graf Hugo Henckel von Donnersmarck’schen Kohlengruben in Antonienhütte O./S. anzutreten, nachdem am 25. August 1865 seine Jugendliebe Fräulein Helene Gansel — eine Tochter des Maurermeisters und Stadtältesten Gansel zu Bunzlau — sein geliebtes Weib geworden war.
Schon im nächsten Jahre wurde seine Berufsthätigkeit durch den Krieg mit Oesterreich unterbrochen, wobei er als Pionier -Officier zur Armirung der Festungen nach Cosel und Neisse commandirt war.
Auch im Jahre 1870 folgte er dem Rufe seines Königs, und nahm bei der Belagerung von Metz (Division Kummer) an den grossen Strapazen und Gefahren Theil, die dieser Feldzug erforderte.
Nach dem Friedensschluss wurde dem, mit dem eisernen Kreuz decorirten Hauptmann Menzel noch die ordnungsmässige Bestattung und Regulirung der Leichenfelder (um Metz herum) als besondere Aufgabe ge- stellt. Diese letztere Thätigkeit hatte aber seine Gesundheit derart be- nachtheiligt, dass er nach seiner Rückkehr aus Frankreich bald am Thyphus erkrankte.
Nach wieder erlangter Gesundheit leitete Menzel bis zu Ende der 70er Jahre als Bergwerks- und Hütten-Director die Gräflich Henckel von Donnersmarck’schen Werke zu Antonienhütte.
In Folge eines Verwaltungswechsels lebte er vom Jahre 1881 bis Ende September 1892 in Kattowitz, beschäftigt mit der Verwaltung verschiedener Privatgruben und Hütten. An rastlose Thätigkeit gewöhnt und mit hohem Interesse für alle öffentlichen und communalen Verhältnisse, fand er hier reiche Gelegenheit, seine Erfahrung, seine Kenntnisse, seine Arbeitskraft in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen. Es mag genügen, die Ehren-
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ämter aufzuzählen, die er zum Theil mit unausgesetzter, aufreibender Thätig- keit meistens gleichzeitig verwaltete: Localschulinspector, unbesoldeter Stadtrath (Beigeordneter) in Kattowitz, Mitglied der Schuldeputation, Mitglied des Provinzial-Landtags, Kreistags- und Kreisausschuss-Mitglied in Kattowitz, Mitglied der Handelskammer für den Regierungsbezirk Oppeln, Vorsitzender der Einkommensteuer -Einschätzungs- Commission, Mitglied der Ersatz- commission, des Schiedsgerichts I und II der Berufsgenossenschaft für Stahl und Eisen, Mitglied des Gewerbevereins, Ausschussmitglied des Berg- und Hüttenmännischen Vereins, Vorsitzender der Ingenieurvereine. Das Lieblingswerk seines Lebens aber — seinem soldatischen Empfinden ent- sprechend — war die Gründung und Organisation des Öberschlesischen Kriegerbundes, den er 1898 als Bundeshauptmann die Ehre hatte, Sr. Majestät Kaiser Wilhelm II. vorführen zu dürfen.
Bei seinem Wegzuge von Kattowitz wurde er von den städtischen Körperschaften dieser Stadt einhellig zum Ehrenbürger ernannt.
Die Verwaltung der Samuelsglück- und Neue Victoria-Grube machte es nothwendig, dass Menzel im Jahre 1892 seinen Wohnsitz nach Samuels- glück-Grube verlegte, wo er bis zum 1. Mai 1898 lebte, um schwer herz- krank sich in seine Vaterstadt Bunzlau zurückzuziehen, wo er am 22. Mai 1899 dem mit seltener Geduld ertragenen Leiden erlag. Er hinterliess seine treue Lebensgefährtin, 3 erwachsene Söhne, von denen der eine sein Nachfolger auf Samuelglück geworden, eine verheirathete Tochter und 3 Enkelkinder. Der Dahingeschiedene war ein leuchtendes Vorbild strengster Pflichterfällung, ein Mann von redlichem, wohlwollendem Sinn und voll treuer Fürsorge für seine Beamten, ausgezeichnet durch die Lauterkeit seines Charakters und sein liebenswürdiges, gewinnendes Wesen. Unsere Gesellschaft hat er seit 1889 als auswärtiges Mitglied angehört.
Adolf Metke, Hütten-Inspector und Amtsvorsteher in Baildonhütte bei Kattowitz 0./S., wurde am 9. Februar 1837 zu Kutzoben, Kreis Rosen- berg, als Sohn des Hüttenfactors und Hauptmanns F. W. E. Metke und dessen Ehefrau Sophie Julie Luise geb. Geisler geboren. Die praktische Ausbildung erhielt er in Königshütte, wo er bald Obermeister wurde. Im Jahre 1866 machte er den Feldzug gegen Oesterreich mit, wofür ihm das Militair-Ehrenzeichen 1l. Klasse verliehen wurde. 1871 wurde er als Hüttenmeister nach Baildonhütte versetzt und hier verblieb er — später Hütten-Inspector — über 28 Jahre in Stellung. Von einem längeren Aufenthalte in Abbazia hoffte er Genesung von seinem Rückenmarksleiden, das jedoch schon am 17. December 1899 seinen Tod in Abbazia herbei- führte. Der Schlesischen Gesellschaft hat er seit 1889 als auswärtiges "Mitglied angehört.
Edmund Niche&, früherer Apothekenbesitzer, wurde am 3. November 1825 zu Schmiegel in der Provinz Posen als Sohn des dortigen Post-
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meisters und Rittergutsbesitzers Joseph Niche geboren. Er erhielt wie seine 13 anderen Gerschwister eine sorgsame aber strenge Erziehung. Vom 1. October 1835 bis 1. October 1842 das Maria-Magdalenen-Gymnasium bis zur Secunda. Dann widmete er sich dem Apothekerstande, verlebte seine Lehrzeit in Schmiegel, die Gehilfenzeit in Fraustadt, Breslau und Oppeln. Am 1. August 1849 siedelte er nach Berlin über, studirte dort Pharmacie und bestand daselbst am 10. März 1851 das Staatsexamen als Apotheker I. Klasse. Nun conditionirte er noch bis zum 2. October des-- selben Jahres als Gehilfe in Aachen, kaufte .dann die Apotheke in Graetz, die er 13 Jahre besass. Krankheitshalber verkaufte er dieselbe, zog am 15. November 1864 nach P.-Lissa und am 1. April 1866 nach Breslau, wo er bis zum 1. October 1873 als Rentner lebte. Als sich hier sein Gesundheitszustand gebessert hatte, erwarb er hier die Apotheke zum fliegenden Ross, Hummerei 1, die bis zum 1. September 1881 in seinem Besitze blieb. Nach dem Verkauf derselben blieb er dauernd in Breslau, lebte hier in stiller Zurückgezogenheit, sich mit Botanik, besonders dem Ordnen und Erweitern seines Herbars beschäftigend. Als Mitglied der Vaterländischen Gesellschaft besuchte er fleissig die botanische und die naturwissenschaftliche Section, deren Sitzungen und Excursionen. Er ent- schlief sanft am 7. November 1899 zu Breslau.
Oberbergrath Dr. phil. Gustav Pringsheim in Breslau wurde am 9. September 1856 als Sohn des Kaufmanns Siegmund Pringsheim und dessen Gemahlin Anna geb. Guradze in Breslau geboren, besuchte hier zuerst die Privatschule von Wankel, dann das Magdalenen-Gymnasium, wo er Ostern 1374 das Abiturientenexamen bestand. Nachdem er 1 Semester Mathematik und Naturwissenschaften in Heidelberg studirt hatte, wandte er sich dem Bergfach zu, arbeitete 1'/, Jahre praktisch in Oberschlesien und bezog dann die Bergakademie in Berlin, wo er im Januar 1880 das Examen zum Bergreferendar bestand. Im Mai 1880 promovirte er in Halle a./S. zum Dr. phil. mit einer Dissertation, betitelt: „Ueber einige Eruptivgesteine aus der Umgegend von Liebenstein und Thüringen.‘“‘ (Ab- gedruckt in der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft, Bd. 32.) Nach bestandenem Assessorexamen wurde er Bergwerksdirector in Öster- wald in der Provinz Hannover. Hier wurde er auch zum Bergrath ernannt. Im Jahre 1893 kam er als Revierbeamter nach Tarnowitz O./S., 1896 wurde er an das Öberbergamt in Breslau berufen, wo er 1897 zum Ober- bergrath ernannt wurde. Er war an den Unterhandlungen des Staats wegen Ankaufs der Becker’schen Bernsteinwerke betheiligt und war zum Director dieser von dem preussischen Staate erworbenen Werke designirt, als ihn am 18. Januar 1899 in Breslau ein früher Tod nach kurzer Krank- heit aus einem thätigen Leben abrief. Verheirathet war er seit 1890 mit Martha Traube, Tochter des bekannten Chemikers Dr. Moritz Traube
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Nekrologe. 7
in Breslau. Unserer Vaterländischen Gesellschaft hat er seit 1897 als wirkliches Mitglied angehört.
Carl Graf v. Pückler-Burghauss, Freiherr von Groditz, Excellenz, Königlicher Wirklicher Geheimer Rath, Ober-Mundschenk, General-Land- schafts-Director für Schlesien und Kgl. Kammerherr, wurde am 19. Juli 1817 zu Tannhausen, Kreis Waldenburg, in Schlesien geboren, erhielt seine Schulbildung auf dem Friedrichs-Gymnasium zu Breslau, wo er 1836 das Abiturienten-Examen bestand, darauf studirte er auf den Universitäten Bonn und Berlin Rechtswissenschaften, bestand Ostern 1839 das erste juristische Examen und 1841 das Regierungs-Examen. Im Jahre 1843 nahm er den Abschied aus dem Staatsdienste, um seine väterlichen Güter zu übernehmen. Am 6. Mai 1844 verheirathete er sich mit Prinzessin Karoline von Reuss j. L. — Als Besitzer der Güter Ober-Weistritz, Burkersdorf etc. im Schweidnitzer Kreise war er in verschiedenen ständi- schen Stellungen als Kreis-Deputirter und Landesältester thätig, wurde 1865 im Schweidnitzer Kreise zum Landrath, 1869 zum Landeshauptmann von Schlesien erwählte Von 1853—61 war er Mitglied des preussischen Abgeordnetenhauses, seit 1856 Mitglied des schlesischen Provinzial-Land- tages, von 1867—77 Mitglied des deutschen Reichstages. Seit 1858 Kgl. Kammerherr, seit 1870 Schlosshauptmann (von Charlottenburg). Für die oberste Leitung der Creditverhältnisse in Schlesien, die er im Jahre 1876 als General-Landschafts-Director übernahm, war er in wohlerlernter, lang- jähriger Erfahrung als Landesältester und als Director der Schweidnitz- Jauerschen Fürstenthumslandschaft aussergewöhnlich befähigt. Er war auch seit 1884 Präsident des landwirthschaftlichen Centralvereins für Schlesien. Seit 1853 Mitglied des Schlesischen Johanniter Convents, wurde er 1885 als dessen Herrenmeister mit Vertretung des Commandanten gewählt, Auf Präsentation des Schlesischen Grafenverbandes war er seit dem 4. Mai 1384 Mitglied des Herrenhauses. Am 22. Mai 1884 wurde ihm das Prädikat „Excellenz‘‘ verliehen und am 22. März 1887 erfolgte seine Ernennung zum Öber-Mundschenk, Durch Diplom vom 15. Juli 1887 wurde er als Besitzer der von dem letzten Grafen von Burghauss ererbten, unterm 1. December 1886 zum Fideicommiss errichteten Herrschaft Friedland OS. berechtigt, fortan den Namen Graf von Pückler-Burghauss zu führen. Am 27. Januar 1896 erhielt er den Rang eines Wirklichen Geheimen Rathes. Unter den zahlreichen Orden, die ihm huldreichst von ver- schiedenen Seiten verliehen wurden, seien nur erwähnt der Rothe Adler- orden 1. Klasse mit Brillanten und der Kronenorden 1. Klasse. Zu einer grossartigen Feier gestaltete sich sein 50 jähriges Amtsjubilläum am 19. Juni 1899. Bis in das hohe Greisenalter hinein war er rastlos thätig und fand in der Arbeit Freude und Genuss. Er starb in der Nacht vom
Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
1. zum 2. Juli 1899 auf seinem Schlosse zu Ober-Weistritz. Der Vater- ländischen Gesellschaft hat der Verstorbene seit 1875 angehört.
Sanitätsrath Dr. med. Richter wurde am 26. Februar 1837 zu Beuthen OS. als Sohn des Kaufmanns J. Richter und dessen Ehefrau Henriette, geb. Boronow, geboren. Er besuchte das Gymnasium zu Oppeln, das er 1856 mit dem Zeugniss der Reife verliess. Er studirte Medicin, zuerst in Breslau, woselbst er Mitglied der Burschenschaft Arminia war und von 1858 ab in Berlin. Nach seinem Staatsexamen diente er 1860 als einjährig-freiwilliger Arzt in Thorn, darauf liess er sich 1861 als praktischer Arzt in seiner Vaterstadt Beuthen nieder, woselbst er in kurzer Zeit eine weit über die Grenze der Stadt ausgedehnte, über den ganzen oberschlesischen -Industriebezirk und bis nach Russland hinein sich er- streckende Praxis erlangte. Während des polnischen Aufstandes wurde er 1863 als Militairarzt eingezogen, 1866 und 1871 machte er als Stabsarzt beim VI. Armeecorps mit. An der Kaiserproclamation zu Versailles nahm er als Deputirter Theil. Für seine Leistungen im Felde wurde er durch die Ver- leihung des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet. Im Jahre 1889 vertauschte er, weil die aufreibende Thätigkeit die Gesundheit erschüttert hatte, seinen bisherigen Wohnsitz Beuthen mit Breslau. Hier übte er seinen Beruf nur . noch in beschränktem Umfange aus, bis ein schweres Herzleiden ihn Ende des Jahres 1898 zwang, demselben gänzlich zu entsagen. Er starb am 24, November 1899.
Er war ein vielseitig gebildeter Mann, der nicht nur auf dem Gebiete der Medizin und der Naturwissenschaften, sondern in den verschiedensten Diseiplinen, speeiell Geschichte und Philosophie, über ein ganz erstaun- liches Wissen verfügte. Trotz aufreibender Thätigkeit in dem von zahl- reichen Epidemien heimgesuchten Industriebezirke fand er noch Zeit zu literarischen Studien. Er beschrieb im Jahre 1877 (Berliner klinische Wochenschrift) die Typhusepidemie, die damals Oberschlesien durchseuchte und gab im Jahre 1886 (Breslauer ärztliche Zeitschrift). eine genaue Schilderung des Krankheitsbildes der ‚‚epidemischen Genickstarre‘“ — beides Affectionen, die er Gelegenheit gehabt hatte zu beobachten, wie nur wenige deutsche Aerzte. Unserer Gesellschaft hat er seit 1889 als wirkliches Mitglied angehört.
Director A. Storch in Breslau war wirkliches Mitglied der Vater- ländischen Gesellschaft seit 1895 und starb hier am 15. März 1899.
Siegismund Schmidt, Gutsbesitzer in Nikolstadt bei Liegnitz war auswärtiges Mitglied der Vaterländischen Gesellschaft seit 1896 und starb in Nikolstadt am 25. November 1899.
Albrecht Troska, Dr. jur. und Gerichts-Assessor a, D., wurde am 13. Juli 1840 zu Leobschütz als Sohn des dasigen Gymnasial-Oberlehrers
Nekrologe. 9
d. Troska und dessen Gattin Pauline, geb. Lautner, geboren, absolvirte von 1849—1857 das Gymnasium seiner Vaterstadt, studirte demnächst in Breslau jura und cameralia, diente als einjährig Freiwilliger ebenda im 9. Infanterie-Regimente, legte imFrühjahr 1861 das Auscultator- und 1865 das Referendar-Examen bei dem Appellationsgerichte zu Ratibor ab und wurde bei verschiedenen oberschlesischen Gerichten beschäftigt. Im Frühjahr 1867 bestand er die Staatsprüfung als Gerichts-Assessor in Berlin und im Februar 1872 promovirte er bei der Universität Göttingen zum Doctor juris. — Schon im Frühjahr 1859 bei der Mobilmachung wurde er von den Anfängen eines neuralgischen Leidens befallen, welches, bei späteren dienstlichen Strapazen wiederkehrend, in späteren Jahren zu einem chronischen wurde. Obgleich sich Troska im Februar 1868 verheirathet hatte und Vater mehrerer Kinder war, musste er — ohne Anstellung auf Pension noch vor definitiver Staatsanstellung — der staatlichen Carriere entsagen und zog sich als Privatgelehrter in seine Vaterstadt Leobschütz zurück, wo er, von seinem oft schmerzvollen Leiden niemals ganz frei, sich mit litterarischen Arbeiten (über astronomische und naturwissenschaftliche Fragen) beschäftiste. Er starb am 3. Juli 1899 in Leobschütz; unserer Gesellschaft hat er seit 1882 als auswärtiges Mitglied angehört.
Wilhelm Tschackert, Geheimer Regierungs- und Provinzial-Schul- rath, wurde am 11. October 1820 als Sohn des Rectors der katholischen Stadtschule zu Sagan geboren, besuchte das Gymnasium in Sorau N.-L. und die Universität Breslau, war auch Eleve der Central-Turn-Anstalt in Berlin. Vom 4. Juni 1846 bis 1. October 1847 war er ordentliches Mitglied des pädagogischen Seminars für gelehrte Schulen in Breslau; seine Lehr- befähigung erhielt er für Deutsch, Geschichte und Geographie in Prima, für Turnen und Schwimmen an öffentlichen Lehranstalten. Michaelis 1847 wurde er als interimistischer Lehrer an das Königliche Gymnasium in Tremessen berufen und daselbst am 7. Juni 1850 als ordentlicher Lehrer angestellt. Ostern 1853 wurde er als Oberlehrer an das Königliche Gymnasium in Ostrowo versetzt. Vom 1. Oktober 1866 ab war er Director dieser Anstalt, bis er am 1. October 1873 als Provinzial-Schulrath nach Posen berufen wurde. Am 1. Februar 1883 kam er als Provinzial-Schul- ralh nach Breslau und verblieb in dieser Stellung bis zu seiner Pensio- nirung im October 1896. Sein Patent zum Professor datirt vom 5. Februar 1861, das seiner Ernennung zum Geheimen Regierungsrath vom 3. Februar 1888. Am 18. Januar 1880 erfolgte die Allerhöchste Verleihung des Rothen Adler-Ordens 4. Klasse, später die desselben Ordens mit der Schleife. Vor ihm liegen 2 Programmarbeiten vor: Herodot als Geograph (Gymnasial-Programm in Tremessen, Michaeli 1850) und Friedrichs des Grossen erster Waffengang (Gymnasial-Programm in Ostrowo, Michaeli 1856). Seit seiner Pensionirung lebte er still und zurückgezogen in
10 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur.
Breslau, wo er am 27. December 1899 sanft entschlief. Unserer Gesell- schaft hat der Verstorbene seit 1883 als Wirkliches Mitglied angehört.
Professor Dr. phil. Berthold Volz, Director des Kgl. Friedrichs- Gymnasium in Breslau, wurde am 30. Juli 1839 zu Rügenwalde in Pommern geboren, besuchte 1853—1857 das Gymnasinm zu Cöslin, danach Ostern 1857 bis Michaelis 1860 die Universität Berlin und von Michaelis 1860
bis Ostern 1861 die Universität Greifswald, um Philologie und Geschichte -
zu studiren. Nach Absolvirung des Probejahres an den Gymnasien zu Cöslin und Stolp wurde er Ostern 1862 als ordentlicher Lehrer an dem Gymnasium zu Cöslin angestellt. Von Ostern 1864 bis dahin 1868 war er an dem Friedrich-Franz-Gymnasium in Schwerin in Mecklenburg thätig, darauf ging er als Oberlehrer an das Gymnasium. zu Mühlhausen in Thüringen und wurde Ostern 1870 an dem Königlichen Pädagogium der Franke’schen Stiftungen zu Halle a. S. angestellt. Ostern 1872 wurde er Director des Gymnasiums zu Wittstock, Michaelis 1874 des Victoria-Gym- nasiums zu Potsdam und Ostern 1893 wurde er nach Breslau als Director des Kgl. Friedrichs-Gymnasiums versetzt. Nur wenige Jahre war es ihm vergönnt, an der Spitze dieser Anstalt zu stehen und dieselbe in dem neuen Gebäude zu neuer Blüthe zu entwickeln und durch Angliederung der Reformklassen zu vergrössern. Neben seiner amtlichen Thätigkeit be- kundete der Verewiste ein bedeutendes Schaffen auf dem Gebiete der geschichtlichen und geographischen Litteratur, es seien von seinen grösseren Arbeiten erwähnt: Geschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert. — Gross- herzog Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin, ein deutsches Fürsten- leben. — Unsere Kolonien. — Handbuch der Erdkunde. Nachdem er 1899 in Kissingen Heilung eines anscheinend leichteren Leidens gesucht hatte, erbat er sich vom 24. November ab einen längeren Urlaub zur Wiederherstellung seiner Gesundheit und unterzog sich am 28. November einer lebensgefährlichen Operation, in deren Folge am 1. December 1899 ein friedlicher Tod sein an Arbeit und Erfolgen reiches Leben endete. Unserer Vaterländischen Gesellschaft hat der Verstorbene als wirkliches Mitglied angehört.
Allen, welche die Zusammenstellung dieser Nekrologe durch Mit- theilung von Lebensnachrichten förderten, sei hiermit herzlicher Dank ab- gestattet. - | K. G. Limpricht.
Druck von Grass, Barth & Comp. (W. Friedrich) in Breslau.
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1. a ie ar RE Zwei Beuen, gehalten‘von dem Reg. -Quartiermstr. Müller und. Prof. u oe 6 3 Feier ‘des Stiftungstages ‘der Gesellschaft zur Beförderung. der Naturkunde Schlesiens, am '17; December 1804. 80, 48 Seiten. EN En An die Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung der Naturkunde er Industr di er und an sämmtliche Schlesier, von Reetor Reiche, 1809; 89, 32.8. Oefientlicher Actus der Schles: Gesellschaft f, vaterl. Ourtan, “gehalten am 19, er Feier ihres Stiftungsfestes. 8%..40 8. EB Joh. George Thomas, Handb.d. Literaturgesch.: Y. ‚Schles;1824. 8°, 372 8, gekrönt “Beiträge zur Eintomologie, verfasst von den Mitgliedern der entom, Section, mit1T RK} Die schles. Bibliothek der-Schles. Gesellschaft v.K. G.Nowack. 8°..1835 ‚oder später ers Denkschrift der Schles. Gesellschaft zu ihrem \50jähr. Bestehen, enthaltend die Geschichte de Schles, Gesellschaft und. ‚Beiträge. zur, a und. ee Schlesiene. ‚Mit 10 lithogr. Tafeln.“4°, 2828: Dr. J, A.Hoennicke, Die Miheralquellen ade Provinz Schlesien, 1851. @, 168 S,ge -Dr: 96. Galle,‘ Grundzüge der ‚sehles. Klimatologie, 1857. 4 278 Dr. J. Kühn, Die zweckmässigste Ernährung des Hindviehs, 1859, 8% 22 S., > ge Dr. H. Lebert, Klinik des aeuten Gelenkrheumatismus, Gratulationsschrift- zum 60jähr Jubiläum des"Geh. San.-Raths Dr: Ant. Krocker. Erlangen 1860." 80. = Ss, Dr. Ferd.-Römerz Die fossile Fauna der silurischen Diluvialgeschiebe von Sade # ‚in Schlesien, "mit ‚6 lithogr. u. 2 Kupfer- Tafeln, 1861. Be 70 ET
„als Mänuseript gedruckt. 1867. 8°, 9 8: N RE Verzeichnis der ip. den Schriften der 'Schles. "sascha von - 804. sog Aufsätze in alphab. Ordnung ‚von heizner 1868: 6% Na ‚Fortsetzung, der in. den Schriften der'Schles. ‚Gesellschaft für vater!. .Cultur vo 186 " . "enthaltenen Aufsätze, ‚geordnet nach ‘den Verfassern in ‚alphab. Ordn. von Dr. Se Re ern der.in den Schriften: der ‚Schles. es. für, vaterl. a
° Hft. 2,112 8. 1806, ae Bd. ILL Het, 1801, 2 u = = Correspondenzblatt der. ‚Schlesischen Gesellschaft für vaterländisch Cute en Jahrg. I, 1810,.96 8... ‚| Jahrg, IH, 1812, 96 8, .... | Jahrg.V, 1814 ES A ‚IV, 1813, Hit.lu.2je968. „ 4815, Oorrespondenz der. Schles. (Gesellschaft. "Yaterl. Cultur. 8°, Bd 1,2 i 362 3. 1 .. 1820. Desgl.. Bd, Il (Heft 1), 80.8, mit Abbild., 1820. = Bulletin der naturwissenschaftl. Beption: ‚der ‚Schles. : do; © do. Uebersicht der Arbeiten Berichte sämmil, Bechionen): u - Fahre. 1894: 55 ‚Seiten: > | 1825. 64 HAN, 1826. 65 ' f 1827. TEA 1828. FIR „1829... 73%»; 1830, 95 1831. 296... * 1832. 103 = 1833..106) * 1834.143. =
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