3m \ f ikarg of tljj Puscum OF COMPARATIVE ZOÜLOGY, AT HAßVARB COLLEGE, CAMBPJDGE, MASS. JJounTieTJ bfi pribate suliscrfption, in 1861. DR. L. DE KONINCK'S LIBRARY. JAHRESHEFTE des Vereins für vaterländische Naturkunde in WÜRTTEMBERG. Herausgegeben von dessen Redactionscommission , Prof. Dr. H. v. Mohl in Tübingen; Prof. Dr. Th. Plieiünger, Prof. Dr. Fehling, Dr. ITolfgang Menzel, Prof. Dr. Ferd. Hrauss, in Stuttgart. ACHTER JAHRGANG. (Mit dreizehn Tafeln.) STUTTGART. Verlag von Ebner & Seubcrt '1852. Gedruckt bei K, Fr. Hering & Comp. Inhalt. SeJto I. Angelegenheiten des Vereins. Bericht von der sechsten Gencralvcrsammhing am 2-i. Juni 1851. Von Prof. Dr. Th. Plieninger i Eröffnungsrede des ersten Vorstands, Graf Williohn von Württemberg 3 Rechenschaftsbericht von Prof. Dr. Kurr 5 Rechnungsablegung von Apotheker Weis mann 10 Wahl der Beamten 13 Wahl des Versammlungsortes für 1852 14 Statutenabänderungsfrage, beseitigt 15 Ertheilung der Rechte einer moralischen (juristischen) Person an den Verein 129 Gedächtnissrede auf Med. Dr. v. Gärtner. Von Ober-Med.- Rath v. Jäger 16 II. Aufsätze und Vorträge. 1) Zoologie und Anatomie. Monströses Huhn, vorgezeigt von O.-A.-Wundarzt Dr. Faber 116 Meine Hausthiere. Von H. Wei-ner 118 Beiträge zur Anatomie und Physiologie von Taenia solium und Diboihrium lafum. Von einem Vereinsmitgliede 163 (Mit Tafel I und IL) 2) Botanik. Rebsorten in früheren Zeiten in Württemberg. Von Ober-Real- lehrer Volz 34 Grenzen des Weinbaus in Württemberg. Von Demselben, (Mit einer Weinkarte) 45 Mittheilungen und Vorzeigungen von Prof. Dr. Fleischer und Prof. Dr. Kurr 67 3) Mineralogie und Geognosie. Tertiäre Ablagerungen auf den Höhen der württembergischen Alp. Von Pfai-nerw. 0. Fr aas zu Laufen 56 Mittlerer schwarzer Jura in der Gegend von Gmünd. Von O.-A.-Wundarzt Dr. Faber zu Gmünd 59 Profile des Eisenbahndurchschnittes durch die Alp. Von Ingenieur Binder 61 Schichtenfolgen im Juragebirge Schwabens. Von Med. Stud. Rom an n zu Tübingen 61 Vorkommen des Vanadiums in den württemb. Bohnerzen. Von Repetent Müller an der polytechnischen Schule .... 66 Geognostische Terrain -Profile durch Württemberg, vorgezeigt von Hauptmann V. Du rieh und Text von Pfarrer Ed. Schwarz. (Mit einer Profiltafel.) 69 Stylolithen, Fährten und Rutschflächen. Von Prof. Dr. Plie- n i n g e r 78 4) Petrefactenkunde. Organische Reste aus dem Crailsheimer Muschelkalk, vorgezeigt von Apotheker Weis mann 77 Dinornis- Knochen, vorgezeigt von Ober-Med.-Rath v. Jäger. 116 Belodon Plieningeri E. v. M., vorgezeigt von Prof. Dr. Plieninger 116 Mollusken der Tertiär -Formation von Kirchberg an der Iller. Von Dr. Ferd. Krauss. (Mit Tafel IE.) 136 Conchylien der Süsswasserkalkformation Württembergs. Von Dr. Klein. (Mit Tafel III.) 157 Beiträge zur Palaeotherium- Formation. Von Pfarrverweser 0. Fraas zu Laufen, O.-A. Balingen. (Mit Tafel VI., VH.) . 218 Flora oeningensis fossilis, Nachtrag. Von Civil - Ingenieur Dr. A. E. Bruckmann 252 Belodon Plieningeri H. v. Meyer. Von Prof. Dr. Plieninger 389 (Mit Tafel VIII— Xm.) 5) Chemie, Physik und Meteorologie. Detonationen auf der Alp. Von Graf Wilhelm v. Württemberg 117 Siebenundzwanzigster und achtundzwanzigster Jahresbericht über die Witterungs Verhältnisse in Württemberg. Von Prof. Dr. Th. Plieninger 257 Beobachtungen zu Stuttgart während der Sonnenfinsternis s vom 28. Juli 1851. Von Demselben 368 Ein merkwürdiger Blitzschlag. Von Demselben . ... . 382 III. Kleinere Mittheilungen. Monstrosität einer jungen Hausschwalbe. Von Hebarzt Ulm er 128 Pottasche aus Runkelrübenmelasse von Waghäusel. Von Prof. Dr. Fehling 128 Wanderungen gewisser Eingeweidewürmer. Von Prof. Dr. Th. Plieninger 255 Merkwürdiger Blitzschlag im Jahre 1854. Von Baron Richard König-Warthausen .387 Ankunft verschiedener Zugvögel und Reife einiger Gewächse bei Warthausen im Jahre 1855. Von Demselben . . . 388 Berichtigungen 156 und 524 I* Aiigelegeiilieiteii des Tereiiiis. Bericht von der seelisten Generalversammlung am 24. Juni 1851. Von Prof. Dr. Th. Plieninger. Die Erfahrung der letzten 6 Jahre hatte gelehrt, dass der in den organischen Bestimmungen als Anhaltspunkt für -Anberaumung der Ge- neralversammlungen bezeichnete Termin, der erste Tag im „Wonne- monat", nicht in jedem Jahre der günstigste sei, dass nicht selten der Winter, wenn er mit Frost, Schnee- und Regenniederschlägen in das Ge- biet des, kalendarisch mit dem 21. März beginnenden, Frühlings hereinragt, den Naturforscher Schwabens von dem Besuche der Generalversammlungen am 1. Mai zurückzuschrecken geeignet ist, wenn sie nicht etwa gerade an seinem Wohnorte stattfinden, und so einer der Hauptzwecke dieser jährlichen Zusammenkünfte: dass sie Veranlassung werden sol- len, die natürlichen Verhältnisse des Vaterlandes mit- telst E X c u r s i 0 n e n durch den Augenschein kennen zu ler- nen, häufig nicht erreicht werden kann. Der Ausschuss, von dem Grundsatz ausgehend, dass eine statuta- rische Bestimmung , wenn man in ihrer Anwendung auf Umstände stosst, die der Erreichung ihres Zwecks hindernd entgegentreten, eben in die- sem ihrem Zwecke selbst die Berechtigung oder Hinweisung zur Aus- nahme von der Regel in sich trage, und die Symptome zu Rathe haltend, welche auf den späteren Eintritt der Frühlingswitterung im Jahre 1851 zu deuten schienen, unternahm es kraft der ihm übertragenen Vollmacht, für die bestmögliche Erreichung der Vereinszwecke Sorge zu tragen, statt eines Frühlingstags, einen Tag im Sommer, statt des 1. Mai den 24. Juni anzuberaumen ; und der Erfolg rechtfertigte diese Abänderung auf's Vollkommenste. Von Seiten des Ausschusses wurde aus dem Grunde keine Aus- stellung von vaterländischen Naturalien, wie im Jahr 1844, Würtlemb. natur>Y. Jahreshefte. 1852. Is Heft. 1 -' 2 - angeordnet, weil die von dem Verein im Jahr 1850 übernommenen Sammlungen vaterländischer Naturprodukte jede anderweitige, partiell und temporär zusammengebrachte, entbehrlich machen. Dagegen wurde Veranstaltung getroffen, dass einzelne Gegenstände der Beschauung der Mitglieder dargeboten wurden. So wurden die interessantesten Stücke aus der v. Gär t n er'schen Mineraliensammlung (s. unten) von Seiten des Ausschusses aufgestellt; Hofrath Dr. Veiel von Canstatt lieferte eine interessante Suite Fos- silien aus dem Canstatter Kalktuff: vom Mammuth, Rhinoceros, Renn- thier, Hirsch, Ochsen, Pferd; Graf Mand elsl oh : mehrere vorzüglich erhaltene jurassische Petre- facte der Alp-, Finanzrath Eser: Aus dem Diluviallehm von Hasslach bei Ulm : Cervus dama giganteus. Jaeg. , Kieferstück ; Rhinoceros tichorhinus. Cuv., Backenzahn; aus dem Süss w ass er kalk ebendaher: Palaeochelys Hasslachensis und coslula H. v. M. , Rückenpanzer, sowie Panzerstücke von noch unbestimmten grösseren Arten ; Etnys Gessneri H. v. M. , hin- terer Theil des Brustpanzers; Trionyx , grösster Theil des Rückenpan- zers; Crocodihis Rahli , H, v. M. , hintere Schädelhälfte und Zähne; Rana Jaegeri , Darmbein und andere Knochen ; Sclilange: Wirbel und Rippen; Chalicotnys Eseri. H. t». M. , bedeutender Theil des Skeletts, Kieferstücke und einzelne Zähne; Microtherium Renggeri, H. v. M. , Schädel mit der rechten Backenzahnreihe; Palaeomeryx minor H. v. M, linke Unterkiefer- hälfte; Palaeomeryx minor und medius H. v. M., oberer Eckzahn, Astra- galus und Backenzähne; Amphicyon Eseri. Plien., Backenzahn; Tapirvs hehelicus H. v. M. , Schneide- Eck- und Backenzähne; Hyotherium me- dium und Meissneri U, v. M., Backenzähne; Rhinoceros minutns , Backen- zahn. Aus den eocenen Schichten von Unter ki rchberg an der Hier: Solea Kirchbergana und antiqua; Leuciscus gibbus ; Cyprinus priscus i Go- hius isnicus; Smerdis elongalus. H. v. M. Pfarrverweser Fraas eine Reihe Fossilien und mehrere Antiqui- täten aus den Bohnerzgruben des Heubergs; Apotheker Weismann eine Suite organischer Reste aus der un- teren Grenzbreccie und dem Muschelkalk von Crailsheim; Oberbaurath v. Bühl er einen sehr gut erhaltenen Schädel vom Elephas primigenius aus den Diluviallettenschichten bei Schwäbisch Hall ; Medicinalrath Hering einen zu diesem Schädel gehörigen Backen- zahn ; Präparator Plouquet stellte die von ihm meisterhaft präparirten, für die Vereinssammlung bis jetzt gefertigten Vögel auf; Ingenieur Binder eine Suite von Belegstücken zu seinem Vor- trag (s. u.) ; Kreisforstrath Gwinner mehrere durch Grösse und Vollkommenheit ausgezeichnete Callus -Bildungen an Waldbäumen. — 3 — Letztere beide Mitglieder machten die von ihnen aus- gestellten Gegenstände der V e r e i n s s a nnn I u n f^ zum (i c - schenke. Auch machte ReviorloistiM' lliiussler von Altenstadt ein vorgelegtes Hirschgeweih aus dem iiltoren Siisswasserkalktuff der Alp der Vereinssanimlung zum Geschenk. Der erste Vorstand, Graf Wilhelm von Württemberg, Er- laucht, erklärte um 9.V Uhr die Versammlung für eröffnet und begrüsste die Anwesenden mit folgender Rede. Kr^ffniiug-srede des ersten Vereiiisvorstandes , Oraf ^Villteliii von ^¥iirtteni1)erg: , Erlaucht. Meine Herren ! Zum sechstenmale seit Gründung des Vereins versammeln wir uns zu gemeinschaftlicher Besprechung und Berathung un- serer Interessen, zum mündlichen Austausche unserer Gedanken ; auch heute heisse ich Sie freundlich willkommen und dies um so lebhafter, als die heutige Versammlung durch Zahl und Aus- wahl der Theilnehmenden den sprechenden Beweis von der wach- senden Theilnahme für unsere Sache gibt, und gegen die vor- jährige, durch Wetterumslände und spärlichsten Besuch keines- wegs glänzend ausgefallene Versammlung in erfreulicher Weise contraslirt. — Wie oft ist nicht schon über die Tendenz, die Mittel, die Wichtigkeit unseres Vereins (von den Statuten anfangend, die Ausschusssitzungen durchlaufend und bei Zwiegesprächen theilnehmender Seelen aufhörend) gesprochen, gekritell worden? Wie schwierig und undankbar ist es nicht, bei Eröffnung einer alljährlich wiederkehrenden Versammlung hier abermals anzu- regen und wiederzukäuen, und doch glaube ich auch heute darauf zurückkommen und einige erläuternde Worte hinzufügen zu sollen. — 1) Tendenz des Vereins ist offenbar und auch nach unsern Statuten zunächst die Erforschung der natürlichen Verhält- nisse des engeren Vaterlandes ; sodann aber auch gewiss nicht minder die damit verknüpften allgemeinen Beziehungen der Naturwissenschaften; und insbesondere diese letzteren glaube ich Ihrer besonderen Aufmerksamkeit anempfehlen zu 1 * sollen, denn erforscht, durchgestöbert mit Brill und Loupe ist unser Land sicherlich, wie wohl kein anderes, aber für die praktische Anwendung des vieldurchforschten Materials bietet sich unserer Thäligkeit noch ein unermessliches Feld dar, und ist eben dadurch ein sicherer Beleg für die Wichtigkeit unserer Bestrebungen. 2) Bezüglich auf die uns zu Gebot stehenden Mittel kann ich nur Günstiges, Erfreuliches berichten. Wir haben Geldmittel, wenn gleich in bescheidenem, doch für jetzt den Bedürfnissen gewachsenem Maass und, was nicht zu über- sehen , diese Mittel verdanken wir keiner fremden Unterstützung, keiner Subvention aus Staatsmitteln , wie sich so viele auswär- tige Vereine und Institute gleicher Tendenz dessen zu erfreuen haben; sie haben ihre Quelle einzig in den Beiträgen der Ver- einsmitglieder. Unsere wissenschaftlichen Mittel haben überdies einen äusserst wichtigen Zuwachs erhalten durch die vaterlän- dische Naturaliensammlung. Sie ist, ich möchte sagen, ein selbst- sprechendes Register über den Abschnitt „natürliche Verhältnisse" in der Vaterlandskunde. Von welcher Wichtigkeit eine derartige Uebersicht der Rohprodukte des Landes ist, habe ich wohl ebenso- wenig nöthig , näher zu erörtern , als über die Wichtigkeil der Natur- wissenschaften überhaupt etwas zu sagen, mich z. B. über die Thiere näher einzulassen, — wobei ich übrigens wenigstens der nützlichen und schädlichen und namentlich mancher als nutzlos verschrieenen erwähnen will, welche uns gar oft erwünschte Ge- hülfen gegen wirklich schädliche sind. Ebenso flüchtig erwähne ich der Pflanzen — es unsern wackeren Botanikern und der wissbegierigen botanisirenden Jugend überlassend, uns mit neuen Specien zu überraschen, oder, was wohl noch wichtiger wäre. Erfahrungen über Cultur und Acclimalisirung derselben mitzu- theilen; — gleichwie in der Geognosie unser an Mannichfaltig- keit der Profde so interessantes Land uns die willkommenste Gelegenheit darbieten dürfte, die Gesetzmässigkeit der Lage- rungsverhältnisse zu erforschen, und wobei der Petrefactologie, dieser jüngeren Schwester der Geognosie, einige nicht minder lüsterne Blicke zuzuwenden sein dürften. — Aber auch auf die Laboratorien der Chemie und Physik wollen w'iT unser Augenmerk richten und ehrerbietig ihre Schwelle betreten, bei dem erhebenden (jledanken, >veleh' unberechen- baren . überwiegenden Einfluss sie auf unsere Zustände , auf Gewerbe, auf Agricultur, Medicin, auf Transportmittel , Eisen- bahnen, Telegraphen u. s. w. äussern. Schliesslich muss ich dankend anerkennen, wie freundlich von Seiten fremder Regierungen und Academieen, namentlich denen von Berlin, Bonn, Wien, München, Amsterdam, und von nalurhistorischen Gesellschaften in Deutschland und den Nach- barländern wir unterstützt und gefördert worden. — Mögen diese Anerkennungen von aussen uns zu erneuerter gemeinsamer Thätigkeit aufmuntern. — Wir verfolgen uneigen- nützig unseren Zweck ohne Lärm. — Seine Majestät hat uns des Protectorats gewürdigt, möge Seine Regierung in ähnlichem Sinne unseren Bestrebungen förderlich sein. — Und wenn die Naturkunde uns vom Werke zu seinem erhabenen Schöpfer führt und uns unserem Erdenkreise bei höherer Auffassung mit herzlicher Freude und Lust zugethan macht , dann wird's besser, und wir werden ausrufen können : Herr, die Ernte ist gross, sende Deine Arbeiter in dieselbe. — Die Versamiulung ersuchte hierauf den ersten Vorstand auf dessen Aufforderung, gemäss den Bestimmungen der Statuten einen Vorsitzen- den zu wählen, einstimmig, den Vorsitz bei der heutigen Verhandlung zu übernehmen. Zuerst kamen, der bisherigen Observanz gemäss die Angelegenheiten des Vereins an die Reihe. Der Rechenschaftsbericht von dem verflossenen Vereinsjahr wurde von Prof. Dr. Kurr vorgetra- gen , nachdem er ihn im Auftrag des Ausschusses abgefasst. Reclienscliaftsbericltt für das Jahr 1S50/51 von Prof. Dr. Kurr. Nachdem unser Verein sein sechstes Jahr hinter sich hat, sei es mir erlaubt, Ihnen im Namen und Auftrage des Aus- schusses in wenigen Worten Bericht zu erstatten über dasjenige, was sich in seinem Wirkungskreise seit der vorigen ordentlichen Generalversammlung ereignet hat. — 6 — Die Herausgabe unserer Jahreshefte geht ihren gemessenen regehnässigen Gang. Sie hat zwar Iheils durch Krankheil eines der Redacteure , theils durch Mangel an hinreichenden Beiträgen, theils aber auch durch die geringe Thätigkeit einzelner Mit- Redactoren einige Hemmniss erlitten. Gleichwohl ist das zweite Heft vom vorigen Jahr (1850 — 51) vollendet und wird Ihnen am Schluss der Verhandlungen ausgetheilt werden. Das erste des mit 1. Juli 1851 beginnenden Jahrgangs wird sodann mit dem Bericht von der heutigen Generalversammlung beginnen und es wird so künftig stets gehallen werden, statt dass dieser Bericht bisher in das 2te Hefl je des vorhergehenden Jahrgangs aufgenommen und dessen Erscheinen dadurch bis in den nächsten Jahrgang verzögert wurde. Nur die dritten Hefte mit den me- teorologischen Jahresberichten von 1849 und 1850 sind noch im Rückstande, was durch die Krankheil des Redacleurs dieser Helle entschuldigt werden wolle. Ich sehe mich durch die erwähnten Missslände, namentlich die spärlichen Mittheilungen für die Hefte im Sinn des §. 8 der organischen Bestimmungen veranlasst, im Namen der Re- dactionscommission die Vereinsmilglieder nicht nur um kräfti- gere Mitwirkung und Förderung dieser Angelegenheiten zu bit- ten, sondern auch den Antrag zu stellen, die Redaction durch Hinzufügung neuer Kräfte (resp. Wahl einer neuen Redaclions- commission) zu unterstützen. Die Zahl der Mitglieder ist theils durch freiwilligen Aus- tritt, theils durch den Tod abermals gelichtet, aber auch durch den Zutritt von 16 neuen Mitgliedern wieder völlig ergänzt worden und hat sich auf 336 erhalten. Aus der geringen Zahl der Gestorbenen nenne ich den beklagenswerthen Verlust un- seres berühmten Landsmannes Dr. v. Gärtner in Calw, der sich durch sein thätiges Forschen im Gebiet der Pflanzenphysio- logie und namentlich der Lehre von der Befruchtung der Ge- wächse ein unauslöschliches Denkmal in den Annalen der Wis- senschaft gestiftet hat, wovon eine Denkrede unseres Collegen Ober-Med.-Ralh Dr. v. Jäger Näheres Ihnen mittheilen wird. Das Nähere über den Stand der Mitglieder wird der Vor- trag Ihres Cassiers enthalten. — 7 — Unsere Bibliothek hal Iheiis durch (leschenke , Iheils durch Austausch gegen unsere Jahreshefle ^vieder sehr schätzens- werthe Beiträge erhalten, und unter Anderem ist ein neuer Tauschverkehr eingeleitet worden mit der Societe geologiquc de France: loyale (?) d'agricnlturc de Lyon-, Academie des sciences de Lyon: Societe Linncenne de Lyon: der deutsclien geologischen Gesellschaft /.u Berlin-, dem naturwissenschaftlichen Verein zu Halle. Die Beiträge vom verflossenen Jahr sind folgende: Correspondenzblatt des zoologisch -mine.alog. Vereins zu Regens- buro- Jahrg. III. 1849. 8«. Uranus^" Jahrg. IV. Quartal 4. 1849. Jahrg. V. Quartal 2. 18o0. Breslau gr 8°. Geschenk von dem verewigten Bo guslawsky. Memoire« de la societe du Museum d'hist. nat. de Strasburg T. IV. Livr. 1. 1850. 4«. , r , ^ « Als Geschenk von Prof. Daubree in Strasburg folgende 6 Schriften: , , v ao Notice sur les filons de fer de la region merid. des Vosges. 4 . Observations sur les alluvions anciennes et modernes d une partie du bassin du Rhin. 4'^. Memoires sur le gisement, la Constitution et l'origine des anias de e nnnerai d'etain. 8^. 1841. Mem. sur la temperature des sources dans la vallee du Rh.n, dans la chaine des Vosges et au Kaiserstuhl. 8^ Recherches sur la production artificielle de quelques especes nnncra- les cristaUines. 8«. 1849. Note sur le phenomene erratique du nord de l'Europc et sur les mouvements recents du sol scandinave. 8^ Von Alexis Perrey: Sur les tremblements de terre dans les lies britaniques. 8. Geschenk. Dr Emil Wolff: Das Keimen, Wachsthum und die Ernährung 'der Pflanzen. Bauzen 1849. 8^. Geschenk der Verlagshandlung Memoires de la societe royale de Liege. Ton. VL Mars 850. 8 Jahrbücher des Vereins für Naturkunde in Nassau. Heft VI. 850. 8 Haidinoer: Naturwissenschaftliche Abhandlungen. B. III. l^oU.^ Haidinger: Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Na- turwissenschaften in Wien. Bd. V. u. VII. 1849. 18d0. Agassiz und Gould: Grundzüge der Zoologie. 1851. Zoology of the Voyage of Samarang, Mollusca part II und III, letztere beide Schriften Geschenke von L. Reeve in London. — 8 — Jahrbuch der K. K. geologischen Reichsaiistalt (zu Wien). Jahrg. I. Nr. 1. Jan. — März 1850. 8". Bulletins de I'academie royale des sciences, des lettres et des beaux arts ,de Belgique. T. XVJ. 2, part. 1849 et T. XVII. 1 part. 1850.' 80. Annuaire de Tacademie royale des sciences etc. de Belgique. 1850. XVI. anne. 8^ Rapport adresse ä M. le Ministre de l'Interieur sur l'etat et les travaux de l'observatoire pendant l'annee 1849 par le direct. Quetelet. 8«. Verhandelingen d. 1. Ciasse van het koninklijk Nederlandsche In- stituut van Wetenschappen , Letterkunde en schoone Künsten te Amsterdam. Derde Reeks. II. en III. Deel. 1850. 4^. Jaarboek, von demselben. 1850. 8°. Tydschrift voor de Wis-en natuurkundige Wetenschappen, von dem- selben Institut. Derde Deel 3. u. 4. Aflevering. 1850, Von Bergrath v. Carnall in Berlin: Aerzte - und Naturforscher-, auch Geologen -Versammlung in Greifswalde und Regensburg. 1849 und 1850. 2 Hefte in 8". Geschenk. Bergrath Dr. Hehl: Die geognostischen Verhältnisse in Württem- berg. 1850. 8". Als Geschenk vom Verfasser. Von Ernst Boll: Archiv des Vereins der Freunde der Naturge- schichte in Mecklenburg. 4. Heft. 1850. 8«. Göppert, Prof. in Breslau: Uebersicht der Arbeiten und Verän- derungen der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur im Jahr 1849. Breslau 1850. 4". Bulletin de la societe geologique de France. Tom. VII. April. Mai. 1850. S'\ Von Ober-Med.-Rath v. Jäger: Die fossilen Säugethiere Württem- bergs. 1850. 4". Geschenk vom Verf. Annales des sciences physiques et naturelles d'Agriculture et d'Indu- strie, publiees par la societe royale d'Agriculture etc. de Lyon. Tom. IX. 1846. T. X. 1847. T. XI. 1848. 8«. Memoires de I'academie des sciences, helles -lettres et Arts de Lyon. Tom. II. 1850. 8«. Annales de la societe Linneennc de Lyon; annees 1847 — 49. 8". Jahresbericht des naturwissenschaftlichen Vereins in Halle. 2. Jahrg. 1849-50. Bruckman n, der wasserreiche artesische Brunnen zulsny. 1851 8*^. Als Geschenk vom Verfasser. Correspondenzblatt des zoologisch - mineralogischen Vereins in Re- gensburg. IV. Jahrg. 1850. 8*'. Plieninger, Inhaltsverzeichniss der sämmtlichen von 1822—48 «'rschicncnen Bünde des Conespoiidenzblatts des landvvirthschaft- liclieii Vereins. 1851. 8". Als Geschenk vom Verfasser. Jahresbericht, XVII., des Mannheimer Vereins f. Naturkunde. 1851. 8". Lelirbuch der K. K. g;eolo«;ischen Rcichsanstalt. 1850. 1. Jahrg-. Nr. 2. April. Mai. Juni. 8^ Verhandlunj>en des naturhistorischen Vereins der preussisthen Uhein- lande und W^estphalens. 7. Jahrj?. 1850. 8*^. Bulletin de la soeiete Geologique de France. Tom. VII. Feuill. 31 bis 38. Tom. VIII. Feuill. 1-9. 8«. Von der Tübinger Universität: 6 Dissertationen und die academ. Schriften von 1850. Unsere Sammlungen haben, wie Ihnen bereits bekannt ist, durch die Uebergabe der naturhistorischen Sammlungen der Centralslelle für Landwirlhschaft an unseren Verein eine sehr schöne und dankenswerthe Grundlage gewonnen. Die Verhand- lungen darüber und die Art und Weise dieser Uebergabe ist Ihnen aus dem Berichte von der ausserordentlichen Generalversamm- lung im August 1850 (Jahreshefte VII. 1. S. 1) bekannt. Die Con- servatoren haben seit dem 1. Mai d. J. begonnen, dieselbe zu ordnen und zu verzeichnen. Bereits sind einige sehr schätzbare Beiträge sowohl für die zoologische und botanische , als auch die mineralogische und geologische Abtheilung als Geschenk übergeben worden, und Ihr Ausschuss erlaubt sich die Bitte an Sie zu richten, die Lücken derselben nach Kräften ausfüllen zu helfen. Diese Geschenke sind bis jetzt : a) zoologische: Regulus flavicapillus, von Herrn Apoth. Morstati in Canstatt; Tetrao urogallus, fem., von Herrn Kaufmann Bruklacher in Freudenstadt: Tetrao tetrix, Ncstvogel, von Herrn Bek in Heidenheim. Tring-a gambetta Gm. m. et fem., von Herrn Holzverwalter Walch- ner in Wolfegg ; Coronella austriaca, von Herrn Apotheker Riecker in Backnang. b) botanische: Einige Kryptogamen von Herrn Apoth. Ha ist in Schorndorf: Phanerogamen von Herrn Dr. Finkh in Urach; — von Prof. Dr. Kurr. c) Mineralien: 1. Eine sehr schöne und kostbare Sammlung Mineralien und Ge- birgsarten des Schwarzwaldes, Vermächtniss des Hrn. Dr. v. Gärt- ner in Calw. - 10 — 2. Eine geologische Suite aus dem weissen Jura der Geisslinger Steige von Herrn Ingen. Binder in Geisslingen. 3. Eine sehr schöne und grosse Liasschieferplatte mit Pentacrinites subangularis von Herrn Berge dahier. 4. Einige Versteinerungen des Heubergs von Herrn Chirurg Ulm er in Rottenburg a. N. 5. Mehrere geognostische, petrefactologische (und botanische) Bei- träge von Prof. Dr. Plieninger. Ich habe dabei zu bemerken, dass die dem Vereine zukom- menden Beiträge und Geschenke nicht nur in einem „Geschenk- buch" verzeichnet, sondern auch die Namen der Geber auf den Gegenständen selbst bemerkt werden sollen. Von Vorträgen , welche im Verlauf des letzten Winters vor den hiesigen Mitgliedern gehalten wurden, habe ich aufzuzählen: Dr. Kurr über die Entstehung des Flötzgebirges (mitgetheilt in den Jahresheften VH. 2.). Ober-Med.-Rath Dr. v. Jäger über die vorweltliche Fauna Stuttgarts und seiner Umgebungen (mitgetheilt in den Jahresheften YH. 2.). Prof. Rossmässler aus Leipzig als Gast, über Pflanzenzellen und ihr Leben. Die Bemühungen Ihres Ausschusses, dem Verein das Prä- dikat einer moralischen Persönlichkeit zu erwerben, sind bisher von der K. Regierung abschlägig beschieden wor- den, derselbe glaubte sich aber nicht bemüssigt, davon ab- stehen zu sollen, und hat daher weitere Gründe für deren Ver- willigung gellend gemacht. Die Rechnungsablegung trug der Cassier, Apotheker Weismann, vor, wie folgt. Uebersiclit Über den finanziellen Zustand des Vereins , vorgetragen in der Generalversammlung zu Stuttgart den 24. Juni 1851 von dem Cassier Weis mann. Ich habe die Ehre der hochverehrten Versammlung Bericht über den Stand unserer Vereinskasse zu erstatten und zwar über die Rechnung des sechsten Jahrgangs 1849 — 50. Am 1. Juli 1849 betrug das Vermögen: a) Capitalien . . . . fl. 2645. 45; b) Ausstände .... 459. — c) Cassa-Vorrath . . 64^ 31 ;_ "i: 3169.76. " - 11 -ante dicsci' Peiiod«* bezahlt worden Von den Ausständen sind im 134 Attienbciträge mit 15 Actien in Aboanj^ gerechnet und abermalen in Ausstand 21 gebliebenen Actien Von dem Grundstock wurden an Activ-Capi- talien heinibezahlt All Capitalzinsen wurden eingenommen Im vorigen Jahr war die Zahl der Mitglieder 35!) mit 37K A«tien. Zuwachs in dieser Periode 11 •? H. 361. 48. 40. 30. 56. 42. 892. 30. 145. 15. 389 „ und zwar sind ausser denen im 2ten Heft des VI. Jahrgangs S. 137 bereits angezeigten 6 Mitgliedern noch folgende 5 Herren dem Verein beigetreten: Gmünd, Herr Professor Rukgaber ,. Reallehrcr Frey „ Baumeister Binder in Geisslingen, ,, Apotheker Julius Schill in Stockach, j:. „ Assistenzarzt Dr. Schmidt in Tübingen. Die Actienzahl 389 hat sich durch Austritt um 34 vermindert, es sind die ausgetretenen Herrn in dem angeführten Heft S. 138 bereits verzeichnet. Die Zahl der Actien ist nun 355, welche ä fi. 2. 42. fl. 958. 30. betragen: davon wurden im Laufe der Periode 242 mit fl. 653. 24. be- zahlt: in Ausstand blieben 113 mit fl. 305. 6. Die laufenden Ausgaben betragen : 1) für Porto etc 2) „ Mobilien .... 3) ,, Buchdruckerkosten . 4) 5, Heizung etc. . . . 5) ,, den Aufwärter . . 6) ,, Zinsrückvergütung . 7) ,, Capitalsteuer . . . fl. 606. 39. Auf dci\ Grundstock wurden in diesem Jahr hingcliehen fl. in 3 vvürttemb. 4^% Obligationen, angekauft zu fl. 1420, fl. 16. 39. 11. 2. 522. 41. 7. 20. 12. — 26. 8. 10. 49. 1500 - 12 - Vermögensnachweisung des Vereins auf den 1. Juli 1850. Am 1. Juli 1849 war der Aktivcapital- Bestand . . . . fl. 2645. 45. Hiezu ausgeliehen 1849—50 . . 1420. — fl. 4065. 45. Davon Ablösungen 892. 30. Hiezu die Activausstände den Cassenbestand fl. 3173. 15. 361. 48. 90. 49. Somit Vermögensstand am 1. Juli 1850 . . fl. 3625. 52. Am 1. Juli 1849 betrug das Vermögen: a) Capitalien fl. 2645. 45. b) Ausstände 459. — c) Cassavorrath 64. 31. fl. 3169. 16. Somit Zunahme 456. 36. Unser verehrliches Mitglied, Herr Bergraths - Revisor Romig, hatte die Gefälligkeit, die Revision der Rechnung zu übernehmen und ist dieselbe zur Einsichtnahme hier aufgelegt. — Die im Laufe des Jahres 1850 — 51 dem Vereine beigetretenen wie ausgetretenen Mitglieder werden in Zukunft erst mit der betreffenden Rechnung aufgeführt werden. Der Zahl nach sind so viel neue Mitglieder (16) eingetreten als ausgetreten sind. Von dem laufenden Jahr sind noch ziemlich viele Beiträge in Aus- stand und bin ich erbötig, von den anwesenden verehrlichen Mitglie- dern, welche mit der Bezahlung noch im Rückstand sind, den Betrag hier in Empfang zu nehmen, indem in nächster Woche der Rechnungs- schluss stattfinden wird. Zusammenstellung der Rechnung des 6ten Jahres 1850. (31. Juni). Kinnaltine. Zahl der Mitglieder 336 mit 355 Actien. Es haben bezahlt 242 ä fl. 2. 42. . . . Im Ausstand sind geblieben 113 ... fl. 653 305 kr. 24 6 fl. 958 145 361 2807 kr. 30 15 48 48 An Zinsen erhalten 134 ältere bezahlte Actien Der Cassa-Uebertrag vom vorigen Jahr beträgt mit Einschluss der noch im Aus- stand befindlichen 36 Actien .... — — Summe .... 4273 1 13 - Ausgabe. Druckkosten der Vereinscliriften, Annon- fl. kr. fl. kr. cen, Diplome, Porto, Steuer, Zinse an gekauften Obligationen ctc — . — 606 39 In Ausstand sind 1 Actio von 1847 . . 2 42 „ „ 4 „ „ 1848 . . „ „ 16 „ „ 1849 . . „113 „ „ 1850 . . 10 43 305 48 1.2 6 361 40 48 In Abgang wurden 15 Actien gerechnet Baar in Cassa 90 1470 49 30 Anlehen bei Gavard Spring & Comp, . . fl. 1800 in 4 St. 4^ % W. Staatsobligat. 1703 15 3264 4 • . Summe 4273 1 Walil der Beamten. In Betreff der Wahl des Ausschusses und der übrigen Beam- ten wurde, zu Ersparung der Zeit, von der Versammlung beschlossen, dass die ausgetretenen, auf der Versammlung zu Ulm vor 2 Jahren ge- wählten oder vielmehr aufs Neue bestätigten Mitglieder als wieder ge- wählt erklärt und statt des ausgetretenen Mitglieds, Apoth. Lech 1er, von dem neu zusammentretenden Ausschuss ein Ergänzungsmitglied weiter ge- wählt und unter Letzteren dasjenige als von der Versammlung gewählt angesehen werden soll, welches die meisten Stimmen erhalten würde. Hienach besteht nun der Ausschuss und die übrigen Beamten des Vereins zu Folge der Ergänzungswahl vom 2. Juli aus folgenden Mit- gliedern : Geh 1 lebe ne: Prof. Fleischer zu Hohenheim, „ Chr. Gmelin zu Tübingen, „ Hochstetter zu Esslingen, Ober-Med. Rath v. Jäger zu Stuttgart, Prof. Kurr daselbst, Staatsrath Dr. v. Ludwig daselbst, Oberforstrath Graf v. Mandelsloh daselbst, Director v. Seyffer daselbst. Neugewählte: Prof. Fehiing in Stuttgart, „ Krauss „ „ Generalstabsarzt v. Klein daselbst, Kanzleirath v. Märten s „ Prof. Plien inger „ Graf Seckendorf „ Apotheker V^^eismann „ Hofrath Saucerotte - 14 — Ergänzungsmitglieder: Finanzratb Es er in Ulm, Inspector Fleischmanu in Stuttgart, Ober-Med.-Rath v. Hardegg, Med.-Rath Hering, Prof. V. M 0 h 1 zu Tübingen, Stadtrath Reininger in Stuttgart. Die bisherigen Sekretäre Generalstabsarzt v. Klein und Prof. Krau SS wurden wieder bestätigt. Ebenso der bisherige Cassier Apotheker Weis mann und die bis- herige Redactionscommission. Bei der Wahl des Versammlungsorts für 1852 erhoben sich von verschiedenen Seiten Anträge auf Abänderung des §. 19 der Statuten, weil sich diese Bestimmung ebensowohl in Betreff des hier vorgeschriebenen Turnus bei der Wahl des Orts zwischen den 4 Krei- sen und der Hauptstadt des Landes, als auch in Betreff der hier vorge- schriebenen Zeit (am 1. Mai) in der bisherigen Praxis als beengend er- wiesen habe. Prof. Dr. Plieninger bemerkte jedoch, dass nach §. 22 der organischen Bestimmungen die auf der heutigen Versammlung vorgelegten Anträge auf Abänderung der Statuten nicht zur Debatte und Erledigung auf der diesjährigen Versammlung gebracht werden können, sondern blos, und zwar schriftlich, vor der Versammlung eingebracht werden, ihre Erledigung aber erst auf der nächstjährigen ordentlichen Generalversammlung geschehen könne. Es liege jedoch ein von Dr. Fi nckh (nunmehrigem Oberamtsarzt in Urach) einige Zeit nach der vor- jährigen Generalversammlung eingesendeter, schriftlicher Antrag vor, welcher in den Jahresheften (Jahrg. VI. S. 151) abgedruckt und hiedurch nebst den Bemerkungen , welche die Redaction beizufügen sich erlaubt habe, zur Kenntniss der Mitglieder gebracht worden sei und nunmehr als auf der heutigen Generalversammlung eingebracht gelte. Er trage jedoch darauf an, zuerst ohne Rücksicht auf Abänderung der Statuten nach der bestehenden Vorschrift derselben den nächstjährigen Versamm- lungsort und Geschäftsführer zu wählen ; was von der Versammlung beschlossen wurde. Der Redner schlug sodann, da kein anderes Mitglied einen An- trag stellte, Rottweil oder Tübingen als Versammlungsorte und Bergrath v. Alberti und den 2ten Vereinsvorstand, Prof Dr. W. v. Rapp, als die bezüglichen Geschäftsführer vor, indem er bemerkte, dass die vorgeschlagenen Orte den Bestimmungen des §. 19. der Statuten gewiss entsprechen, für Rottweil der Umstand sprechen könnte, dass die Ver- sammlung schon zu Tübingen gewesen sei, und die Sammlungen v. Ä 1- berti's, sowie die Sammlung des Alterthumsvereins zu Rottweil und • 15 - die Gooend am ohcrn Neckar für violc Mitj^lioder voraussichtlich von {grossem Interesse, iiiiinlieh dein der Neuheit neben dem wissenschafllichcn Interesse sein konnte; während allerdings auf der andern Seite der Sitz der Wissenschaft und die nandiaften Bereicherungen und Vervoll- kommnungen der Tübinger Cabinette des Anziehenden in überwiegendem Grade darbieten; auch die hohen Verdienste beider zur Geschäftsführung vorgeschlagenen Männer in ihren bezüglichen Fächern um die Wissen- schaft und die Praxis derselben und somit auch ihre Verdienste um den Verein die grösste Anerkennung fordern. Die Versammlung entschied sich , geleitet durch den aus den bis- herigen Erfahrungen hervorgegangenen Zweifel , ob die Versammlung an einem vom Mittelpunkt entfernteren Orte auch zahlreich genug besucht werden würde, für Tübingen als nächstjährigen Vereinsort, und für Prof. Dr. V. Rapp als Geschäftsführer. Hierauf wurde der schon erwähnte Antrag des Oberamtsarzts Dr. Finckh auf Abänderung der Statuten zur Sprache gebracht und dabei erwähnt, dass derselbe dem §. 22. der Statuten gemäss auf der diesjährigen Versammlung blos eingebracht, nicht aber zur Debatte kommen könne. Auf den Antrag des Prof Dr. Plieninger wurde der- selbe nebst den Bemerkungen des Letztern als verlesen angenommen, da er schon in unsern Jahresheften gedruckt zur Kenntniss sämmtlicher Vereinsmitglieder gekommen war. Gleichwohl konnte eine, wenn gleich kurze Debatte über die Frage: ob eine Aenderung der Statuten überhaupt und zunächst des §. 19 räthlich oder nöthig sei , nicht vermieden werden. Prof. Dr. Plieninger, unter Hinweisung auf seine Bemerkungen zu dem Finckh'- sehen Antrag, machte darauf aufmerksam , wie es sich von selbst ver- stehe, dass Bestimmungen der Statuten , wie die in §. 19 gegebenen kein unabänderliches Gesetz, sondern nur Anhaltspunkte vorschreiben, welche nach Gründen der Zweckmässigkeit anzuwenden seien, dass solche Bestimmungen überhaupt cum grano salis in der für die Zwecke des Vereins entsprechendsten Weise interpretirt werden müssen, wie denn auch die Generalversammlung selbst bereits in den bisherigen 6 Jahren von dem Wortlaut des §. 19 abgewichen sei, indem sie den Donaukreis vor dem Jaxtkreis berücksichtigt habe und es im Interesse der Zweckmässigkeit gefunden habe, im Jahr 1849 statt des 1. Mai den 30. April und in diesem Jahr 1851 wegen der Ungunst der Frühlingswitterung sogar den 24. Juni zur Versammlung anzube- raumen, eine Abänderung, welche sich nur des Beifalls sämmtlicher Anwesenden zu erfreuen habe, und wogegen auch die Abwesenden nichts eingewendet haben. Er sei der lleberzeugung, dass dem Aus- schuss, gemäss der ihm übertragenen Pflicht, für die Interessen und die Erreichung der Zwecke des Vereins nach bestem Wissen Sorge zu tra- ^le- gen, auch die Vollmacht zukommen müsse, Bestimmungen, wie §. 19 der Statuten, welche weder die Organisation, noch die Verfassung, noch das Vermögen des Vereins betreffen, soweit sie zu seiner Competenz gehö- ren, und zwar speciell die Bestimmung in §. 19 für die Anberaumung der Zeit für die Generalversammlung, nach Gründen der Zweckmässig- keit zu interpretiren, eine Vollmacht, welche in gleicher Weise auch der Generalversammlung rücksichtlich der Wahl des Orts, die sie zu treffen habe, zustehen müsse, und stellte den Antrag: die dies- jährige Generalversammlung wolle sich in diesem Sinne aussprechen. Nachdem dieser Antrag durch Acclamation zum Beschluss erhoben und auch der Antragsteller auf Abänderung der Statuten, Oberamtsarzt Dr. Finckh, sich damit völlig einverstanden erklärt hatte , begannen nun die Vorträge. 1) Ober-Med.-Rath Dr. v. Jäger hielt folgende Gedächt- nissrede auf das im Laufe des Jahres verstorbene geschätzte Vereinsmitglied, Med. Dr. v. Gärtner zu Calw. Wenn ich es dem vielfach geäusserten Wunsche zu Folge bei der heutigen Versammlung unseres Vereins unternehme, die Gefühle von Achtung und Freundschaft auszusprechen, welche wir den wissenschaftlichen Verdiensten, der Biederkeit des Cha- racters und der Humanität des im 79. Jahre den 1. Sept. 1850 in Calw gestorbenen Collegen Dr. Carl Fried, v. Gärtner gewiedmet haben, so fühle ich mich dazu noch besonders durch die Erinnerung an den Genuss vieljähriger Freundschaft und eines regelmässigen wissenschaftlichen Verkehrs mit dem Dahin- geschiedenen aufgefordert, zumal in der Mitte unseres Vereins, welchem er mit wahrer Zuneigung angehörte. Nach dem seinem Andenken bereits von einer andern Hand gewidmeten Necrolog *) in welchem sein inneres Leben und seine äussere Schicksale mit gewissenhafter Treue und kind- licher Liebe geschildert sind, glaube ich mich vielmehr auf den Versuch beschränken zu sollen, die Gründe der ihm gewordenen ■'■') Zuerst erschienen in der schwäbischen Chronik vom 28, Dec. 1850 •, sodann im Auszuge in Nro. 1 des Würtemb. medic. Correspond.- Blatts 1851 und beinahe vollständig in Nr. 9 der Flora 1851 abgedruckt. — 17 - allgemeinen Athlinig und Zuneigung tlurch einige Bemerkungen über seine persönlichen Eigenschaflen und seinen geistigen Ent- wicklungsgang darzulegen und dabei seiner äusseren Verhältnisse und Schicksale nur in so weil zu erwähnen, als sie darauf und auf seine Verdienste um die Wissenschaft und die Botanik insbesondere, einen bestimmenden Einfluss ausgeübt haben mögen. In dieser Beziehung sind wir zunächst auf den Vater unseres Freundes, den am 14. Juni 1791 im 59. Jahre in seiner Vater- stadt Calw gestorbenen Dr. Joseph Gärtner geleitet. Wir glauben der Pietät des Sohnes zu entsprechen, wenn wir zuerst, wenn auch mit wenigen Worten, eine Schuld abzutragen suchen, welche das Vaterland dem Andenken dieses Mannes vorenthalten hat. Wenn wir auch nicht vermögen diese Schuld zu lösen, so können wir wenigstens nicht umhin, sie mit der Hoffnung anzuerkennen, dass das regergewordene Nationalgefühl nicht mehr dulden wird, die Lösung solcher Schulden der Nachwelt oder dem Auslande zu überlassen. Die schwäbische Chronik vom 20. Juni 1791 kündigt einfach den Tod des durch seine Schriften und ausgebreitete Gelehrsamkeit berühmten Dr. und Prof. Joseph Gärtner zu Calw an, und unter den der Auf- zählung deutscher Gelehrter gewidmeter Schriften füllt sein Name nur einen sehr kleinen Raum, weil darin die von ihm herausgegebene Schriften *) nur gezählt und nicht gewogen '') A. In Balthasar H augs gelehrtem Württemberg gedruckt 1790 in der hohen Carlsschule ist blos seiner Dissertalio inaug. de Viis urinae ordinariis et extraordinariis Tüh. 1753 40. und des 1. Bandes der Carpo- logie erwähnt. B. In Bougines Handbuch der Literargescliichte 6. Bd., 2 Thl. 1802 p. 85 ist die Carpologie als Hauptschrift und classisches Werk angeführt mit der Bemerkung : der Vf. unternahm wegen der auslän- dischen Früchte dreimal eine Reise nach Holland und England, arbeitete unter eilfjähriger Kränklichkeit, unermüdet an der Vollendung seines Werkes fort und verwendete viele Kosten darauf, aber zu seinem Ver- druss wurden in 3 Jahren nur 200 Exemplare vom 1. Theile abgesetzt. C. In Mens eis Lexicon der vom Jahr 1750—1800 verstorbenen deutschen Schrifsteller IV. Bd. 1804, pg. 11 sind von J. Gä rtner ange- führt: 1) die oben bemerkte Dissertation, 2) das Werk de fruclibus et seminiöus planlarum Tom. I. accedant setniiium Centuriae quinqiie priores Württerab. naturw. Jahreshefte. 1852. Is Heft. 2 - 18 — wurden. Der 1802 erschienene erste Band der Annalen des Museums der Naturgeschichte zu Paris enthält indess eine von Deleuze verfassle Notiz über das Leben und Wirken J. Gärt- ners, so wie der zweite Band eine gleiche Notiz von dem- selben Verfasser über Hedwig*) dem Zeitgenossen J. Gärtners. Ebenso wurde im Jahr 1803 dem Andenken J. Gs. eine biogra- phische Notiz in einer vielgelesenen Zeitschrift Englands ge- widmet. Beide von Deleuze verfasste Biographieen sind erst 1805 in einer deutschen Uebersetzung (von Prof. Lehret) er- schienen. Indem ich mich daher darauf beziehe, mag es ge- nügen, an die vielseitige naturwissenschaftliche Arbeiten J. Gs. zu erinnern, zu welchen er das Material auf mehrmaligen Reisen nach England, Frankreich, Italien, Holland, und während seines Aufenthalts als Professor der Botanik und Mitglied der Academie zu St. Petersburg, so wie auf einer in dieser Eigenschaft in die Ukraine gemachten Reise sammelte. Er war zum Theil durch diese Stellung veranlasst, Supplimente zu J.Georg Gmelins Flora sibirica und zu S a m. Gottl. Gme lin s Historia Fucorum auszuarbeiten , so wie mehrere Untersuchungen über die Fort- pflanzung der Seetunge und Zoophyten und die Anatomie mehrerer Mollusken und Fische die ihn wohl an das früher (1763) von ihm begleitete Amt eines Prosectors zu Tübingen erinnern mochte und ohne Zweifel zur Aufnahme in die zoologisch-anatomischen Schriften seines Freundes Pallas bestimmt war. Im Jahr 1770 kam er von Petersburg nach seiner Vaterstadt zurück, welche er c. Iah. aeneis LXXIX. , Stullg. 1789, Tom. II, continens seminam cenlurias 5 posteriores c. tab. aeneis CI. Tiib. 1790, 4. maj, — Nach seinem Ab- leben erschien: 3) Fragmenlum systematicae dispositionis planlarum in J. J. Roemers neuem Magazin für Botanik 1, Bd. 1794, p. 38 und 4) Adumbrationes e schedis maniiscriptis celeberrimi Botanici J. Gärtneri ibid, p. 138. D. Die Denkwürdigkeiten aus dem Leben berühmter Teutschen des 18. Jahrhunderts pag. 149 — 151 kann ich blos nach dem Citat in Me u s eis Lexicon anführen, da sich das Buch weder in der öffentlichen Bibliothek in Stuttgart noch zu Tübingen fand. *) Geboren den 8. Okt 1730 zu Cronstadt in Siebenbürgen, gestorben d. 7. Febr. 1799 zu Leipzig. - 19 - mit Aiisnaliino einer nach Fni^Innd unk'rnominenen Reise nicht mehr verliess. Die zu jenen Abiiandhuii^en, so wie zu der zum Theil in Koni verfasslen Beschreibung einer Reihe von Insecten gehörige mit Tusche gemachte Zeiclmnngen sind durch gleiche Genauigkeit und Eleganz ausgezeichnel , welche wir an dem Werke über die Früchte und Samen und insbesondere an den Originalien bewundern, welche die Verehrung des Sohnes mit anerkennungswerther Sorgfalt der Nachwelt erhalten und zugleich seinen eigenen Zeichnungen dieselbe Vollendung zu geben ge- sucht hat. Es wäre wohl überflüssig die Bedeutung dieses vom Vater auf den Sohn übergegangenen Werks für die Kenntniss der wichtigsten Organe der Pflanzen und ihre Vergleichung in der Reihe der Gewächse und damit für die wissenschaftliche Begründung der systematischen Botanik hervorzuheben, allein es verdient dabei noch besonders die Ausdauer anerkannt zu werden, mit welcher J. G. das nöthige Material zusammenbrachte und unter fortwährender Kränklichkeit der Bearbeitung desselben sich widmete, von der ihn selbst die Unterbrechung nicht ab- schreckte, zu der ihn ein beinahe 2jähriges Augenleiden nöthigte. Nach 20jähriger Arbeit erschien 1789 der erste und 1790 der zweite Band der Carpologie, welche die Analyse von 1000 Früchten und Samen und die dazu gehörige von J. G. selbst gezeichneten Abbildungen auf 180 Tafeln enthalten. — Unser Freund und College Carl Friederich v. Gärtner hatte bei dem Tode seines Vaters (14. Juni 1791) nur erst das 19. Jahr erreicht. Wenn auch bei ihm frühe der Sinn für Naturbeobachtung erwachte und namentlich schon in dem Brief- wechsel den er als Hospes in Bebenhausen mit seinem Vater führte, naturhistorische Studien besprochen wurden, so brachte ihn doch erst ein Aufenthalt von 2 Jahren in der herzoglichen Hofapotheke diesen Studien näher. Die mehr abgeschlossene Thätigkeit des Lehrlings, mit welcher eine tägliche Uebung in der Selbstverläugnung und Unterwürfigkeit unter die Pflicht der strengsten Ordnung und Pünktlichkeit verbunden war, musste nothwendig einen bleibenden Eindruck sowohl für die formelle, als für die materielle Behandlung späterer wissenschaftlicher Arbeiten zurücklassen , so wie sie eine Vorliebe für chemische 2 * - 20 — und botanische Studien begründete, indem beide gleichsam die wissenschaftliche Würze der grossentheils mechanischen Betriebs- arbeiten waren. Die zeitweise gestatteten botanischen Excursionen gewährten noch überdies den Genuss einiger im Freien zuge- brachten Stunden und einer Ausbeute für das Herbarium, das in der Regel als das wissenschaftliche Kleinod des angehenden Pharmaceuten galt, dem auf seinen weiteren Wanderungen die Flora da und dort eine Perle anreihte, das damit zugleich die Erinnerung der Erlebnisse der Jugend in sich schloss und auch für das gereiftere Alter und eine unabhängige Existenz seinen Reiz behielt. Nachdem Gn. in dieser Schule Stetigkeit und Ausdauer in den Studien zur Gewohnheit geworden war, öffnete ihm die Carlsacademie durch die Vorlesungen über Naturwissenschaften und Medicin, die er von der Stadt aus im 17. Jahre zu besu- chen anfing, einen weiteren Gesichtskreis. Es vereinigte dieses von dem Stifter mit väterlicher Sorg- falt gepflegte Institut die Elementarschule bis zum Schlüsse des vollständigen Cursus des Juristen, Cameralisten und Mediciners, so wie die Fächer der polytechnischen Schule mit der beson- deren Richtung als Kunst- und Militär-Academie ; es vereinigte unter klösterlich militärischer Disciplin mehrere Hunderle junger Leute verschiedenen Alters fast aller Nationen, die den ver- schiedensten Ständen und Lebensbestimmungen angehörten, von welchen jedem Zöglinge eine Anschauung und ein Interesse eingeflösst wurde, das sich zu einer gewissen Vielseitigkeit der Bildung steigerte, indess die Reibung unter den Fachgenossen zu mehrerer Concentration für das einzelne Fach und zu blei- bender Anhänglichkeit und Freundschaft führte, die immer an der Erinnerung gleicher Erlebnisse und des gemeinschaftlichen geistigen Fortschritts eine sichere Stütze für das Leben auch unter sehr verschiedenen äusseren Schicksalen findet. Gegen Ende seines Aufenthalts in Stuttgart als Studirender der Carlsacademie hatte G. vollends die Herausgabe des zweiten Bandes der Carpologie seines Vaters besorgt, und würde wohl durch die Bearbeitung der zu einem Supplementbande vorhan- — 21 — denen Materialien*) und dnrcli solbslsländif^c Unlersuchnngen die er unternommen hatte, eine; zu specielle KiclUung seiner Studien in einem Alter erhalten haben, das noch mehr der allgemeinen Bildung und besonders der allgemeinen Bildung in den Naturwissenschaften gewidmet werden sollte. Für diese >var damals nur eine enge Pforte neben dem Fachstudium der Medicin geöffnet, das auch G. auf Kielmcyers Bath in Jena fortsetzte. Er traf dort mit mehreren Freunden zusammen, welche nach ihrem Abgange aus der hohen ('arlsschule, die da- mals sehr blühende sächsische Universität zu Fortsetzung ihrer Studien gewählt hatten. In Folge der in dieser Zeit eingetreteten revolutionären Bewegung in der Chemie wurde die Aufmerksamkeit auch mehr auf die Bedeutung der Chemie für Ph^ysiologie und Pathologie gelenkt. An die von der Akademie zu Göltingen 1788 gekrönte Preisschrift **) des vor wenigen Monaten in Berlin gestorbenen Botanikers H. F. Link schlössen sich die Untersuchungen über die Phosphorsäure als Bestandtheil des Urins und der Knochen an, und namentlich hatte ein akademischer Freund Gs. in einer Dissertation***) auf die Bedeutung hingewiesen, welche der Phosphorsäure als Ursache mancher Krankheiten zukomme. G. unternahm fast zu gleicher Zeit zu Jena mit Hufelands Unterstützung in dem Laboratorium Göttlings die für seine Dissertation über den menschlichen Urin, erforderlichen chemi- schen Untersuchungen, und wandte sich dann an Ostern 1795 mit mehreren akademischen Freunden nach Göttingen. Das *) Es fehlte daran wicht an Autforderungen von aussen wie denn namentlich Thunberg- in einem Briefe von Upsala unter dem 6. Okto- ber 1792 an G. schrieb. ,,Optarem sane Ego cum plurimis aliis, ut Opus paternum, sine pari eximium ftlius dignissiimts edere et continuare vellet in Ulis, quae adhuc restanl. Nulla sane gloria major Tibi^ nulluvi officium Orbi botanico gratius!'^ "••'") Henr. Fr id. Link commenlalio de Analysi urinae et origine Calmli. in concerlatione Civium Academiae Georgiae Augnslae IV. Juny 1788. praemio a Rege M. Britanniae Aug. constitulo a Medicorum ordine ornata. *''"^) C. C. Jäger Diss. Acidum phosphorisum lanquam morborum quo- rundam causam proponeus. Stuttg. 1793. — 22 — Zusammenleben mit diesen unter dem Einflüsse mehrerer aus- gezeichneter Lehrer, unter welchen auch mehrere Landsleule waren, die Auffassung der Physik und der sogenannten physi- kalischen Chemie namentlich der Imporderabilien durch Lich- tenberg, die Benützung der eine schon mehr festgestellte wissenschaftliche Richtung durch ihren ausgewählten Reichthum und ihre zweckmässige Einrichtung so sehr fördernden Bibliothek, die Beobachtung der eigenthümlichen Vegetation des Harzes und des daselbst betriebenen Bergbaus und der im Grossen ausge- führten Hüttenarbeiten, während einer mit mehreren akademischen Freunden unternommenen Ferienreise hatten bei G. so sehr den Eindruck des Utile Dulci von seinem Aufenthalte in Göttingen zurückgelassen, dass ihm die Erinnerung an diesen ebenso wie an die hohe Carlsschule einen besonderen Reiz für sein ganzes Leben behielt. Nachdem er im Herbste 1795 in die Heimath zurück- gekehrt war und im Mai 1796 seine Dissertation*) unter dem Präsidium von Storr vertheidigt hatte, beschäftigte er sich in den ersten Jahren seines Aufenthalts in Calw mit mehreren an den Inhalt seiner Dissertation sich anschliessenden und die- selbe ergänzenden Versuchen über den Zustand des Phosphors in dem Urin und in den Knochen. **) In den folgenden Jahren *) Observata quaedam circa Urinae ISaturam Tub, 1796. — Eine Uebersctzung derselben erschien im folg^enden Jahre im zweiten Hefte des zweiten Bandes von Rcils Archiv, welcher vermöge der Bedeutung, welche er in der Physiologie und Pathologie neben der Form der Mi- schung- in dem Leben des Organismus vindicirte, einen besonderen Werth auf solche Untersuchungen legen musste, deren Bediirfniss für die kli- nischen Anstalten er später geltend machte und damit wesentlich zu der allgemeinen Anerkennung beigetragen hat, welche den chemischen Untersuchungen für die Diagnose pathologischer Zustände, wie für die Erklärung physiologischer Vorgänge zuerkannt wird. **) Diese Versuche sind im Auszuge niitgetheilt in dem 1805 er- schienenen ersten Bande der Denkschriften der vaterländischen Gesell- schaft der Aerzte und Naturforscher Schwabens pag. 74. — Es mag dieses Beispiel Grs. als Beleg für den Werth dienen, welchen eine gründ- liche mit Aufwand von Zeit und Mühe bearbeitete Dissertation für den Verfasser selbst dadurch hat, dass sie eine Vorliebe für den zuerst mit jugendlichem Eifer aufgcfassten Gegenstand begründet und daher nicht — 23 — widmete sich (i. VersucluMi über die (lualilaliveii und qu;niti(aliven Bestandlheile der Knochen des Menschen und mehrerer Tiiiere, und die Verschiedenheit ihrer Verhältnisse je nach der Ver- schiedenheit des Allers und der Nahrungsweise, und beabsich- tigte dieser Untersuchung nach einen Kielmeyer mitgetheillen IMane eine weitere Ausdehnung zu geben. Es mussle dies jedoch schon wegen des Umfangs des Gegenstands und der Schwierigkeit der Ausführung unterbleiben , welche uns die in neuerer Zeit hierüber bekannt gemachte Untersuchungen deut- lich zu erkennen geben. Mit einer gewissermassen die Chemie und Botanik zugleich berührenden Untersuchung über das Leuch- ten des modernden Holzes *) und der Wiederaufnahme einiger noch von seinem Vater hinterlassenen Arbeiten wandte sich G. wieder mehr der Botanik zu, die überdies friedlicher neben der Ausübung der ärztlichen Praxis bestehen konnte, welcher er sich selten zu weiterer Aust'ühnuig desselben oder eines verwandten Gegen- standes und zu einem wirkliclien Gewinn für die Wissenscliaft fülirt; durcli den sicii wolil auch das Institut der Dissertationen selbst ebenso wie für die wissenschaftliclie Ausbildung- des Einzelnen empfiehlt. ") Die Resultate dieser Untersuchung sind enthalten in Schcerers Journal der Chemie 1799. In einem Briefe an Kielmeyer vom 2ten März 1801 führt er als Ergebniss aus seinen neueren Versuchen an: „Dieses Leuchten des Holzes ist nicht mit einem bestimmten Grade der Fäulniss verbunden, wenn man anders von dem geringeren oder grös- seren Grad der Cohäsion des Holzes auf die stärkere oder schwächere Fäulniss schliessen darf, doch scheint das Licht um so stärker zu sein, je weiter die Fäulniss gekommen ist. Das Leuchten ist aber doch nicht ein nothwendiges Coexistens der Fäulniss. Zwar habe ich bemerkt, dass alles befeuchtete Holz im Contact mit der Lebensluft Luftsäure bildet, und jene also im Räume vermindert, dass dieses durch das leuch- tende Holz viel stärker und schneller geschieht, hingegen ist die Ver- zehrung der Luft in keinem geraden Verhältnisse mit der Stärke des Lichts, das von dem Holze entwickelt wird. Die Bildung der Säure im Wasser, in welchem Holz geleuchtet hat, sowohl als die Erzeugung von Luftsäure, wenn das Holz in Lebensluft leuchtet, scheinen daher mehr auf Rechnung der Fäulniss, als auf die Lichtentwicklung zu kommen, und die Fäulniss des Holzes au und für sich auch eine Art Combustions- procees zu sein. Es wird sich also hicmit mehr Aufklärung über die Fäulniss des Holzes, als über Licht und Wärme erwarten lassen. — 24 - damals zum Theil des Erwerbs wegen widmen musste. Er gewann jedoch bald die vom Vater ererbte und durch Bearbei- tung der Werke desselben erhöhte Vorliebe für die Naturwissen- schaften und die Botanik insbesondere ein Uebergewicht. G. wollte die von seinem Vater begonnenen Arbeiten fortsetzen und erweitern und suchte in England, Frankreich und Holland zu- nächst das Material dafür zu erhalten , das ihm auch auf die zuvorkommendste Weise von den hervorragendsten Naturforschern dieser Länder geboten wurde. Mit der reichen Ernte von Kenntnissen und Hülfsmitteln die ihm das Ausland gewährt hatte in die Heimath im J. 1802 zurückgekehrt, konnte der gemüthliche Mann in der ausschliess- lichen Verarbeitung dieses wissenschaftlichen Reichthums für die Dauer keine Befriedigung finden, wenn er nicht zugleich in der Begründung seines häuslichen Glücks eine Freistätte für sein inneres wie für sein äusseres Leben fand, an welcher die Wissenschaft und die Freundschaft sich am gastlichen Herde die Hand bieten konnten. Diese Gesinnung theilten damals mehrere Freunde und es bildete sich 1801 die erste wandernde Gesellschaft der Aerzle und Naturforscher Schwabens, die in dem 1805 erschienenen ersten Bande ihrer Denkschriften das lebhafte Interesse ihrer Mitglieder für die Wissenschaft und die Gediegenheit ihrer Arbeiten beurkundete , deren Fortsetzung jedoch unterblieb , indem auch diese Gesellschaft der Verdäch- tigung muthmasslicher politischer Zwecke unterlag. Für unsern Freund war dies um so mehr zu bedauern , als er durch die im Jahr 1805 erschienene Fortsetzung der Carpologie *) welche den Nachlass seines Vaters und seine eigenen Untersuchungen enthielt, als eine Stütze der Gesellschaft namentlich für den botanischen Theil ihrer Denkschriften gelten musste. **) Das ") C a r 0 1 i Fried. Gärtner Supplemenlum Carpologiae seu Con- tinualio operis Josephi Gärlneri de Fructibus et Seminibus plantarum Volu- minis tertii Cenluria prinea c. tab. aeneis XXII. 1805. **) Es wäre darin ein Reiz gelegen, die ihm angebotene Stelle eines Aufsehers des neu anzulegenden botanischen Gartens in Tübingen in Verbindung mit Kie Im eye r anzunehmen, wenn ihm dafür annehmbarere Bedingungen gestellt worden wären. - 25 - Bediirfniss des mündlichen Verkehrs mit einer wissenschaftlichen Gesellschaft konnte nur einigermassen befriedigt werden, durch briefliche Mittheilnng des Ergebnisses der in der Zurückgezogen- heit des häuslichen Lebens unternommenen Arbeilen an einzelne Freunde, deren G. eine grosse Zahl in der Nähe und Ferne sich erworben halte , mit welchen er in fortwährendem Brief- wechsel stand. Dieser war jetzt durch das schon frühzeitig gefasste Vorhaben eine Physiologie der Gewächse nach dem Muster der grossen Physiologie Hallers*) zu bearbeiten schon der literarischen Hülfsmitlel wegen von Interesse , so reich auch die ihm von seinem Vater hinterlassene Bibliothek ausgestaltet war, deren Ergänzung er sich möglichst angelegen sein lies. Den Plan für diese Physiologie enthält ein 1807 an Nöhden geschriebener Brief. Das Sammeln der dazu erforder- lichen Materialien vertrug sich auch wohl am ehesten mit der noch gleichzeitig fortgesetzten Beschäftigung als praktischer Arzt, die er jedoch aus Gesundheitsrücksichten sehr beschränkte und desshalb auch die ihm später (1833) angebotene Stelle eines Unteramts- und Badearztes in Teinach ablehnte. Die Ausfüh- rung des Plans der Pflanzenphysiologie selbst, für welche 26 enggeschriebene Octavbände von Notitzen und Excerpten vor- liegen und der darnach zu bemessende grosse Umfang der Arbeit und die Schwierigkeit in einer kleinen Stadt auf seine eigene Bibliothek und einen kleinen Garten am Hause beschränkt, die- selbe so, wie er es wünschte, vollenden zu können, mussten ihn auf den Entschluss führen , einer mehr speciellen Unter- suchung ausschliesslich seine Kräfte zu widmen, welche sich mit seiner bisweilen leidenden Gesundheit und seinen sonstigen Verhältnissen vertrug und für welche seine Muse und die ihm zu Gebot stehenden Hilfsmittel zureichten, wenn davon mit Um- sicht und ausdauerndem Fleisse nach einem bestimmten Plane Gebrauch gemacht wurde. Die von Schelver**) und Hen- schel***) aufs Neue in Anregung und Zweifel gezogene Frage =•=) Vergl. den Eingang der Vorrede zu den Versuclien und Beobach- tungen über die Befruchtung etc. ''■•') Critik der Lehre von dem Gesclilechtc der Pflanzen. Heidelb. 1812. •'■*) Von der Sexualität der Pflanzen. Studien von Dr. Aug. Ben- - 26 - über die Sexualität der Pflanzen stand nicht nur mit den allge- mein angenommenen Ansichten, sondern insbesondere mit den von Kölreuter*) schon 60 Jahre früher in einer eigenen Schrift**) bekannt gemachten und sofort in einzelnen Abhandlun- gen in den Schriften der Petersburger Akademie ***) bis zum Jahr 1802 und vielleicht bis 1806 fortgesetzten Beobachtungen im Widerspruche, und es galt also die Wahrheit durch umfassende Versuche festzustellen und dabei alle Umstände und Verhältnisse der Befruchtung durch Beobachtungen genauer zu erforschen. Schon im Jahr 1819 hatte die Akademie der Wissenschaften zu schel nebst einem historischen Anhange von Dr. Schelver Prof. in Heidelberg. Breslau 1820. *) Jos. Gottl. Kölreuter geb. zu Sulz am Neckar 27. April 1733, gest. zu Carlsruhe 10. Nov. 1806. **) Vorläufige Nachricht von einigen das Geschlecht der Pflanzen betreffenden Versuchen und Beobachtungen Leipzig 1761 mit drei Fort- setzungen bis 1766. Kölreuter bemerkt in der Vorrede zu dieser Schrift, dass sie ein kurzer Auszug aus einer schon 1760 an Prof. Kaestner in Göttingen geschickten Abhandlung sei; in dem einleiten- den §. 1. der dritten Fortsetzung führt er an, dass so glücklich er im Jahr 1762 mit Erzeugung verschiedener Bastardpflanzen in Sulz am Neckar gewesen sei, so glücklich und noch weit glücklicher sei er auch in dem Jahr 1763 in Calw gewesen; die folgenden Versuche werden nach der Vorrede zu der dritten Fortsetzung vom 26. Dec. 1765 in Carlsruhe angestellt. **0 a) Novi Commentarii Academ. Petiop. T. XX. 1775. Lychni-Cucu- balus nova planta hybrida p. 43. b) Acta Acad. Petiop. 1777. T. 1. pag. 45. Digitalis hybr, P. 2. p. 185 Lobelia hybr. c) 1778. T. l.p. 219. Lycia hybrida. — _ T. 2. p. 261. Digitales aliae hybridae. d) 1781. T. 1. Verbasca nova hybrida. — — T. 2. p. 303. Daturae novae hybridae. e) 1782. T. 1. p. 251. Mahacei ordinis plantae hybridae. Nova Acta Acad. Petiop. f) 1787. T. 1. p. 339. Lm« hybrida, g) 1788. T. III. Dianthi novi hybridi p. 277. h) 1793. T. XI. p. 38. Mirabiles Jalappae hybridae. i) 1801. T. XII. p. 378. Mirah. Jal. hybr. continuata descriplio. k) 1802. T. XIII. Mirab. Jal. ulterius continuata p. 300. 1) 1806. T. XV. de Antherartm pulvere Seit, 1 — 3. - 27 — Berlin auf Links Veiaiilassiiiic; die Preisniifgabe gestelll. „(übt es eine Bas l ardbe f r ue li l un g im Pflanzenreich? und wohl in Anerkennung ihrer Schwierigkeil eine Frist von 4 Jah- ren zu ihrer Beantworlung ziigestanden. Der Preis für dieselbe wurde 1826 dem privatisirenden Apolheker nachmaligen Pro- fessor Wieg mann in Braunschweig zu Theil. Inzwischen hatte G. schon im Jahr 1826 eine Nachricht über Versuche die Befruchtung einiger Gewächse betreflend mitgelheilt*), in welcher schon eine bedeutende Zahl von Baslard- befruchtungen angeführt ist. Eine Reihe weilerer Notizen dar- über enthält die Flora vom Jahr 1827 bis 1838**) und ausser- dem hielt G. selbst bei der Versammlung der deutschen Natur- forscher und Aerzle im Jahr 1829 in Heidelberg und 1834 in Stuttgart, einen Vortrag über seine Untersuchungen, von wel- chen auch bei der Versammlung in Erlangen 1841 Nachricht gegeben wurde, worüber die amtlichen Berichte dieser Versamm- lungen nachzusehen sind. Im Jahr 1830 hatte indess die nie- derländische Gesellschaft der Wissenschaften zu Hartem auf Reinwardts Vorschlag die Frage aufs Neue unter folgender Fassung aufgestellt. „Was lehrt die Erfahrung hinsicht- lich der Erzeugung neuer Arten undAbarten durch die künstliche Befruchtung von Blüthen der einen mit dem Pollen der anderen, und welcheNutz- und Zierpflanzen lassen sich in dieser Weise erzeugen und vervielfältigen." Die Lösung dieser Preisaufgabe durch G. befriedigte die Gesellschaft so vollkommen , dass sie ihm nicht nur den ausgesetzten Ehrenpreis, sondern auch eine ausserordentliche Prämie zuerkannte und seine Abhandlung ins '") Naturwissenschaftliclie Abhandlungen herausgegeben von einer Grsollschaft in Wiitttcmberg, I. Bd. I. H. p. 33. '0 Ferner die Isis von Oken Jahrg. 1830 und 1831. ***) Link in den Verhandlungen des Berliner Gartenvereins 5. Bd. pag. 21. Das Gescliichtliche über Veranlassung und Bekanntmachung der Versuche G. enthält die Vorrede zu seinem Werke Versuchen und Beo- bachtungen über die ßastarderzeugung im Pflanzenreich 1849 vollstän- dig, wesshalb ich nuch hier nur auf einige Gitate beschränke. - 28 — Holländische übersetzen Hess.*) Diese Anerkennung war um so erfreulicher, als sie den Muth unseres Freundes zu Fort- setzung seiner Arbeit neu belebte, welchem Iheils die durch An- strengung veranlasste Schwäche seiner Augen, theils manche Beschwerden, welche das vorgerückte Alter herbei führte und insbesondere seine durch Krankheiten und Sterbfälle in seiner Familie mehr gedrückte Stimmung, je zuweilen die Schwierig- keit der Aufgabe fühlbarer machte, deren Lösung ihm gerade in der bessern Jahrszeit weniger eine Erholung zuliess, indess der Winter ihm seiner und der Seinigen Gesundheit wegen eine Entfernung von Hause nicht wohl gestattete. Bis zu Ende 1844 war er jedoch mit der Redaktion so weit vorgerückt, dass er als ersten Theil „die Versuche und Beobachtungen über die Befruchtungsorgane der vollkommenen Gewächse und ihrer natür- lichen und künstlichen Befruchtung durch den eigenen Pollen. Stuttgart b. S ch w eizerb a rt " er- scheinen lassen konnte. Die Umstände und Bedingungen der Befruchtung und der sie begleitenden Erscheinungen z. B. die einigen Pflanzen eigenthümliche Wärmeentwicklung in den Blu- men sind in diesem Werke mit einer Umsicht und Gründlich- keit behandelt, durch welche ihm (namentlich auch nach dem Urtheile eines Recencenten in Nro. 88 und 89 der Haller allge- meinen Liter. Ztg. von 1847) ein bleibender Werth für die Pflanzenph;ysiologie überhaupt und für die Lehre von den physio- logischen Verhältnissen der verschiedenen Organe der Blume in Beziehung auf das Zustandekommen der Befruchtung gesichert ist, wobei sich übrigens G. selbst durch die Schwäche seiner Augen und seine isolirle Lage entschuldigt, dass er seinen Versuchen nicht auch genauere anatomische Untersuchungen und die (sehr wünschenswerthe) Abbildungen beigefügt habe, für welche sehr gelungene colorirte Handzeichnungen vorliegen. Ausser mehreren Anerkennungen von wissenschaftlichen *) Over de Vorstelling van Bastard-Plan ten ane Blidrage tot de Kennis van de Bevruchting der Gewässen von G. F. Gärtner. Har- lem 1838. — 29 - VereiiiPii \\un\c Gärtner diircli das Geschenk einer werlh- vollen goldenen Dose, mit anerkennendem Schreiben von Seilen des Königs von Sachsen erfreut, das für ihn einen desto grös- sern >Verth haben musste, als es von selbslsländiger Wür- digung der Verdienste Gärtners durch den in die Tiefen der Wissenschaft selbst eingeweihten Monarchen zeugt ; diesen Aus- zeichnungen reihte sich sodann die aus Veranlassung seines Doctorjubiläums von Sr. Majestät dem Könige von Württemberg auf den ehrenden Antrag der Behörden 1846 zu Theil gewor- dene Verleihung des Kronordens und das ihm von seiner Vater- stadt zuerkannte Bürgerrecht an, das er sich überdies auch durch seine frühere Theilnahme an den Geschäften des Gemeinderaths und Bürgerausschusses (vom Jahr 1815 — 1822) verdient hatte. Wenn gleich G. dem politischen Treiben der letzten Jahre fremd blieb, so sprach er doch seine Ansicht unumwunden namentlich gegen die Wühlereien aus, welche von dem benachbarten Baden her auch in seiner Vaterstadt veranlasst worden waren, während die Gründung der Einheit, Freiheit und Ehre Deutschlands auf gesetzlichem Wege ihm eine innige Herzensangelegenheit war. Durch die trüben Aussichten für das Vaterland, welche an die Stelle der erregten Hoffnungen getreten waren, durch die Krankheit mehrerer Familienglieder und seine eigene Kränk- lichkeit, so wie durch die Hemmung buchhändlerischer Unter- nehmungen , welche der Herausgabe des zweiten Theils seines W^erks entgegen stand, war eben desshalb sein Muth oft tief gesunken und es bedurfte des aufrichtenden Zuspruchs der Freunde um ihn zum baldigen Abschlüsse seines Werkes zu vermögen. Für die Veröffentlichung desselben blieb ihm nur der Selbstverlag übrig, und er erlebte denn doch noch die Freude dasselbe vollendet zu sehen und wenigstens von einigen höheren Autoritäten und botanischen Freunden eine dankbare Anerkennung zu erhalten, indess ihm die Befriedigung einer öffentUchcn Beurtheilung nicht mehr zu Theil wurde, die er als Lohn seiner vieljährigen Arbeit ansah. Er konnte dieser öffentlichen Beurtheilung in Zeitschriften jedoch eher entbehren, sofern die Thatsache des häufigen Erfolgs der Bastardbefruch- tung durch die Industrie der Handelsgärtner vielfach bestätigt - 30 — wurde, welche darin ein Haupthilfsmittel für die Hervorbringung der sogenannten Sorten oder Varietäten von Zierpflanzen fan- den, welche so gar durch die Preisaufgabe selbst gefordert wurde, und sofern seine Arbeit voraus ihre Anerkennung in der oben angeführten Preisschrift gefunden hatte, von welcher dieses Werk eine ganz umgearbeitete und vermehrte Ausgabe darstellt, und sofern ihn dafür der Beifall entschädigen konnte, welcher seinen früher über diesen Gegenstand durch den Druck bekannt gemachten Mittheilungen und mündlichen Vorträgen zu Theil geworden war, deren G. auch in der Vorrede zu diesem Werke erwähnt, und die ich daher hier nicht wiederholen will. Ich glaube nur an eine solche Anerkennung erinnern zu sollen, zu welcher die Versammlung unseres Vereins in Heilbronn am 1. Mai 1847 Veranlassung gab, an welchem Tage unser Freund zugleich seinen Geburtstag in geistiger und gemüthlicher Erfrischung durch den Genuss feierte, welchen ihm die regere wissenschaftliche Bewegung der Versammlung und die poetische Begrüssung unsers Kerners*) so wie der Besuch der reichen Gartenanlagen meh- rerer Privatbesitzer darbot. Indem das zweite Heft des dritten Jahrgangs unserer Vereinschrift den von G. in Heilbronn ge- haltenen Vortrag enthält, ist den verehrten Mitgliedern der grössere Theil des Inhalts des 1849 erschienenen Werks be- kannt, und ich muss mich um so mehr eines näheren Einge- hens darauf enthalten, als ich hoffen darf, dass eine ausführ- lichere Darstellung und Beurtheilung dieses Werks in Bälde von einem ausgezeichneten Botaniker erscheinen wird. G. hat an der Gründung der ersten zu Anfang dieses Jahr- hunderts gebildeten Gesellschaft der Aerzte und Naturforscher Schwabens als constituirendes Mitglied Theil genommen , er war ebenso für die Bildung eines neuen Vereins begeistert, als •') Am 1. Mai 1847. Zum Trinksprucli Kuir's auf Gärtner setz' ich bei Heil wegen Gärtners! Heil dem ersten Mai! Denn hört's! an diesem Tag ist Er geboren Das und sein Name Gärtner sagt uns frei: Dass Gott ihn für die Blüthenwelt erkoren. J u s t i n u s K e r n e r. - 31 - diese bei dem zu Khren des Freiherrn v. Ludwig gegebenen Feste zur Sprache kam und iiat unserem 1844 wirklich in's Leben getretenen Vereine stets mit warmer Theilnahme ange- hört, wovon auch das Vermüchtniss zeugt , das er noch in den letzten Tagen seines Lebens für die Sammlungen des Vereins bestimmt hat. Dass er nicht öfter persönlich an unsern Ver- sammlungen theilnehmen konnte, war für ihn selbst die grössie Entbehrung, denn er pflegte stets mit freundschafilichem Sinne gebend und nehmend den Verkehr mit Andern, wenn dieser sich ihm darbot, indess er in seiner heimatlichen Zurückgezogenheit zumal im späteren Alter nur dem Umgange mit wenigen Freunden und seinem Familienkreise sowie dem stillen Genüsse der Wissen- schaft und des Fortschritts seiner Arbeit lebte. Er entzog dieser läglich nur eine Erholungsstunde zu einem Gange durch das freundliche nach dem Kloster Hirsau führende Thal um in der freien Natur wieder frische Kraft zu ihrer Beobachtung zu sammeln, die wohl einer Stärkung bedurfte, wenn man die Zahl von mehr als 9000 Versuchen und die genau geführten Journale über dieselbe übersieht, welche nicht weniger als 22 Octavbände füllen, welchen sich die nach Familien und Galtungen zusammen- getragenen liebersichten in 12. Octavbänden anreihen. Der Inhalt dieser Manuscripte ist in den 2 Octavbänden seines letzten Werks soviel möglich zusammengedrängt. Er hat sich durch dieses und die Fortsetzung der Carpologie ein bleibendes Denkmal zwischen dem seines Vaters und Kölr eulers, deren Namen er als Mitglied der kaiserlichen Academie der Naturforscher mit dem Beinamen Kölreuter in sich vereinigt, und in der Reihe der ausgezeichneten Naturforscher und Botaniker insbesondere gesetzt, deren unser Vaterland eine nicht unbedeutende Zahl hervorgebracht hat. *) Wir dürfen wohl der Hoffnung Raum *) Wir nennen hier zunächst Rudolph Jacob Camerarius (geb. 1665, gest. 1721), als einen der Vorkämpfer der Sexualtheorie der Pflanzen. Johann Georg Gmeliu (geb. 1709, gest. 1759), Verf. der Flora Sibirien. P h i li pp F r ied. Gnieli n (geb. 1722, gest. 1768), Verf. der Otia botanica und der Onomatologia historia naturalis. Samuel Gott- lieb Gmelin (geb. 1744, gest. 1773), Verf. der Historia Fucoruni und einer Reisebesclireibung durch Russland : den durch seine Monographie - 32 — geben, dass das Material der Untersuchungen unseres Freundes dem Dienste der W'issenscliaft erhalten werden wird, um in seinem Sinne und gleichsam unter seiner Leitung das Studium seiner Werke und einen etwaigen Fortschritt*) zu erleichtern, der eben damit als ein neuer zu seiner Ehre geflochtener Kranz erscheinen würde. **) G. hat durch seine edle Gesinnung, der Gentianen und der Hieracien , so • wie durch seine entoniologische Studien ausgezeichneten Dr. Fröhlich, den in beiden Fächern nicht minder ausgezeichneten Dr. Hartmann in Backnang, der insbesondere den vorzüglich als Pflanzenzeichner bekannten Hofrath Kern er durch Bearbeitung des Textes seiner Werke unterstützte, den zu früh der vater- ländischen Naturkunde insbesondere entrissenen Prof. Schübler und endlich Kielmeyer, auf dessen Ehrengedächtniss im XXII. Bd. der Acta Nat. Cur. ich mich beziehe. *) Es würde wie es scheint, die von Hrn. Hofapotheker Sehl- meier eingesammelte merkwürdige Bastardpflanze von Medicago Iwpu- lina L. und Trifolium procumbens Schreb., deren obere Fruchtknöpfchen die Nüsschen des Trifolium und die unteren die schneckenförmigen Hül- sen der Medicago darstellten, als eine eigene Art der Bastardbildung im Pflanzenreiche anzusehen sein, deren jedoch in den Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande und Westphalens VII. Jahrg. pag. 180. nur kurz erwähnt ist. Sie würde allerdings eine genauere Beschreibung und Erläuterung durch Zeichnung verdienen, so wie der Angabe der näheren Umstände ihres Vorkommens, da die Entstehung einer entsprechenden Bastardbildung durch künstliche Befruch- tung bisher wie es scheint, nur in Absicht auf die verschiedene Form und Färbung der Theile der Bastardpflanze mit Annäherung zu der ursprüng- lichen Farbe der Theile der elterlichen Pflanzen, beobachtet wurde, nicht aber mit gesonderter Production der ursprünglichen Form der Früchte und Samen der elterlichen Pflanzen an einer und derselben Bastardpflanze. '•'''■') Gärtner gehörte folgenden wissenschaftlichen Gesellschaften als Mitglied an : 1) Societas physica Jenensis. Corr. Mitgl. 1795. 2) Physicalische Privatgesellschaft in Göttingen. Ord. Mitgl. 1795. 3) Gesellsch. v. Freunden der Entbindungskunst in Göttingen. Ord, Mitgl. 1795. 4) Gesellsch. für die gesammte Mineralogie zu Jena. Corr. Mitgl. 1800. 5) Vaterland. Gesellsch. der Aerzte und Naturforscher Schwabens. Constituirendes Mitgl. 1801. 6) Wetterauische Ges. für gesammte Naturkunde. Ehren -Mitgl. 1808, 7) Landwirthschaftsverein in Württemberg. Corr. Mitgl. 1819. - 33 - sein wohlwollendes Entgegenkommen sich ein bleibendes Ehren- gedächtniss in den Herzen seiner Freunde gesliflel. Indem er dabei dem Geiste der Botanik als Seientia amabilis getreu blieb , hat er zugleich in der Freundschaft an das Bild der Freundschaften der Pflanzen erinnert , von welchen jede unter dem Schalten der andern fröhlicher gedeiht.*) Es mag dieses Verhältniss auch als Grundsatz für das gegenseitige Verhültniss der Mitglieder unseres Vereins gelten , und somit glaube ich auch am Schlüsse der Schilderung des Lebens unseres dahin geschiedenen Freundes die Hoffnung aussprechen zu dürfen, dass mit der Wiederkehr unserer Versammlungen auch jedes Jahr der Frühling für das innere Leben unsers Vereins sich erneuern werde, dem von selbst in regelmässiger Entwicklung Blülhen und Früchte folgen werden. Der erste Vorstand, Graf Wilhelm von W ürttemberg sprach hierauf den Dank der Versammlung aus für die wichtige Schenkung an vaterländischen Mineralien , hauptsächlich vom Schwarzwald , welche die Witwe Dr. v. Gärtners aus dessen Nachlass dem Verein zuge- sendet hatte, und trug darauf an, diesen Dank der Generalversammlung der Geberin schriftlich auszudrücken und die Zusicherung beizufügen, dass die sämmtlichen der Vereinssammlung übergebenen Stücke ungetrennt mit dem Namen des Verewigten im Lokal der Sammlung aufgestellt wer- den sollen. Die Versammlung erhob sich zum Zeichen der einstimmigen Genehmigung des Antrags, 8) Württemb. Verein für Vaterlandskunde. Corr. Mitgl. 1822. 9) Köuigl. botanische Gesellsch. zu Regensburg. Corr. Mitgl. 1824. 10) Acad, caesarea Leopold. Carol : Nalurae Ciiriosonim. ord. Mitgl. mit dem Beinamen: K öl reut er. 1826. 11) Naturforschende Gesellsch. des Osterlandes. Corr. Mitgl. 1829. 12) Württemb. ärztlicher Verein. Ord. Mitgl. 1835. 13) Gesellsch. für vaterl. Naturkunde in Württemb. Ord. Mitgl. 1844 14) Pollichia in der Pfalz. Corr. Mitgl. 1850. 15) Societe hollandaise des Sciences ä Harlem. Ord. Mitgl. 1850. *) Sint amicitiae plantarum el nostrae amiciliae imago , laelior alter alterius umbra crescet^' schrieb ich bei der Versammlung der Naturfor- scher in München 1847, meinem verehrten Freunde Martins in das den Botanikern vorgelegte Album. Württemb. naturw. Jahresliefte. 1852. Is Heft. 3 - 34 - 2) Oberreallehrer Volz aus Stuttgart hielt nachfolgenden Vortrag über die Rebsorten in früheren Zeiten in Württemberg. Wenn ich es wage, vor der verehrten Versammlung mit einem Vortrage aus der Geschichte des Weinbaues aufzutreten, so muss ich zum Voraus bekennen , dass Sie darin keine physiologischen Untersuchungen über die Rebe, die Trauben und den Wein fin- den werden. Er enthält nur Thatsachen und zieht daraus Schlüsse. Aber doch glaube ich annehmen zu können, dass der Gegenstand nicht ganz uninteressant für Sie und den Zwecken unseres Vereins nicht fremd sein werde. Die dem Weinbau in Württemberg gewidmete Fläche be- trägt ungefähr 84,000 Morgen, mithin nur l,417o der ge- sammten ertragsfähigen Fläche des Landes, beschäftigt aber in 600 Gemeinden wenigstens 18,000 Familien oder 11,7% aller Landbau treibenden Einwohner, *) so dass die gleiche Fläche zehnmal mehr Familien durch Weinbau, als durch Ackerbau er- nähren muss, die oft durch den Frost einer einzigen Nacht um den Lohn ihres Fleisses kommen. Der Ertrag belief sich im Jahr 1834 auf 300,557 Eimer, im Werth von 9,684,220 fl.; im Jahr 1835 auf 330,449 Eimer zu 6 Millionen fl., 1842 auf 150,898 Eimer, zu 4,820,000 fl., 1846 auf 146,871 Eimer, zu 7,247,755 fl. Der geringste Theil dieser Weine wurde ausgeführt; die Ausfuhr bewegt sich fast constant zwischen 4 — 5000 Eimern, während die Einfuhr im Jahr 1846 sogar 37,981 Eimer betrug. Aus Auftrag des topographischen Bureau's arbeitete ich eine Geschichte des Weinbaus in Württemberg von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten aus, die im Laufe dieses Sommers in den württembergischen Jahrbüchern erscheinen wird. Ich er- laube mir, zwei Bruchstücke, die Einleitung und die Rebsorten der alten Zeit, der verehrten Versammlung mitzutheilen. Unter allen Culturgewächsen , welche das Menschenge- schlecht auf seinen Wanderungen begleitet haben, nimmt neben dem Getreide die Rebe die erste Stelle ein, und nicht selten ^) Memminger, Beschreibung von Württemberg. 1841. p. 387. - 35 - lockle ihre köstliche Frucht die nördlicher wohnenden Völker zum Kinwnndern in den wärmeren Süden, wo des Weinslocks Ranken sich mit den Aesten der Ulme vermählen , oder ver- anlasste sie wenigstens zum versuchsweisen Anhau der Reben. Kein Wunder, dass sich auch in Deutschland der Weinslock früh verbreitete. Aber nur den wärmeren Ländern des gemässigten Erdgür- tels zollt die Rebe ihr edelstes Rlut , und nicht ungestraft lässl Bacchus seine Schützlinge in den Sand der norddeutschen Ebene schleppen, wo sie am lauwarmen Strahle der Sonne in einem siechen Leben verkümmern müssen. Mit saurem Gesichte müs- sen die Menschen die Gabe geniessen, welche der Gott zu seg- nen verschmäht hat. Ja, wenn es wahr ist, was Reisende aus jenem Thule des Weinbaues erzählen, müssen zwei Opferprie- ster den armen Sünder halten, während er dem Gotte seine Li- bation darbringt ; daher dieser edle Rebensaft I) r eimä n ner wein genannt wird. Darüber wird kein Süddeutscher sich wundern, der weiss, dass auf der sonnigen Terrasse von Sanssouci, dem Stolze der Berliner, die Reben, diese Kinder der Freiheit und des Lichts , gleichsam in Nonnenzellen eingemauert unter Glas und Rahmen aufwachsen müssen. So ungnädig hat Bacchus die sonnigen Hügel unseres Vater- landes nicht angeblickt, sondern von Zeit zu Zeit leert der freundliche Gott sein Füllhorn mit den süssesten Früchten über unsere Hügel und Berge aus. Die Region des Weinbaus in Württemberg, welche die mil- desten Distrikte unseres Vaterlandes in sich begreift , umfasst das mittlere und untere Neckarthal, so wie die in dasselbe ein- mündenden Seitenthäler der Fils, Rems, Murr mit der Bottwar, der Enz, Metter, Zaber. Das Kocher- und Jaxtthal, das Tauber- Ihal mit dem Thale des Vorbachs; ferner das Bodenseegebiet mit dem untern Schussenthai, endlich einen kleinen Fleck an der westlichen Abdachung des Schwarzwalds bei Loffenau und den isolirten Bergkegel Hohentwiel. Im Laufe der Zeit und, man darf wohl sagen, im Interesse der Weinlrinker, hat sich der Weinbau auf die von der Natur ihm selbst vorgeschriebenen Grenzen, das Neckarthal und seine 3 * ». 36 - nächste Umgebung beschränkt, und sich nicht nur vom obern Kocher-, Jaxt-, Filslhal, vom Wurm- und Donauthal zurückge- zogen, sondern auch einzelne ungünstige Punkte im Neckar- gebiet selbst verlassen. Was die geognostischen Verhältnisse unseres Vaterlandes betrifft, so finden sich für den Weinbau viererlei Boden, näm- lich Muschelkalk, Keuperformation, Liasschiefer und Molasse. — Der Neckar, dessen Thal der Hauptsitz des Weinbaus ist, durchbricht in Württemberg zwei Gebirgsformationen , den Mu- schelkalk und den Keuper. Die Muschelkalkformation geht im Neckarthal von Gundels- heim bis Canstatt, ebenso trifft man sie in den Thälern der Tauber, Jaxt, des Kochers, der Enz, der untern Murr und Rems. An diese Formalion schliesst sich schon bei Neckarsulm die Keuperformation an, so dass nur die Thalsohle und die nächsten Abhänge der Muschelformation angehören, während die Hügel landeinwärts meistens aus Keupermergel bestehen. Die Keuper- formation fängt im Neckarthal bei Canstatt an , geht bis Rotten- burg, erstreckt sich aber auch, rechts über das Weinsberger- und Bottwar-Thal, über Backnang, Winnenden, Schorndorf, das Filslhal bis Göppingen, links über das Zabergäu und das Stutt- garter Thal. An der Alplraufe ist die Liasformation vorherrschend , wo- bei jedoch die tiefsten , dem Neckar näher liegenden Gegenden die Gebirgsarten der Keuperformation zur Unterlage haben, die in mittlerer Höhe und am Fusse der Alp liegenden Gegenden derLiaskalk, Liasschiefer und Liassandstein; die höheren Gegen- den lagern mit wenigen Ausnahmen auf braunem und weissem Jurakalk. Die Bodenseegegend zeigt hauptsächlich die verschiedenen Gebilde der Molasse, und zwar bestehen die Weinberge aus dem weichen Sandstein dieser Formation mit Geröllablagerungen. Die Weinberge auf dem isoHrten Hohentwiel lagern auf vulka- nischem Boden. Was nun den Einfluss der Bodenverhältnisse auf die Güte des Weins betrifft, so liefert der Muschelkalk in der Regel den besten Wein, theilweise darum, weil er die steilsten Abdachun- — 37 -. gen hal, grösslenlheils concavc Weinberge bildet, welehe die Sonnenstrahlen am besten anffangen und am meisten vor dem Winde gesehülzt sind, hauptsächlich aber, weil diese Expositionen in den untern Neckar- und Enzgegenden eine geringere Meeres- höhe haben. Der Keupermergel bietet in Württemberg dem Weinbau zwar die grösste Fläche dar, da aber diese Formation theils zu- sammenhängende, buchtenreiche Gebirge, theils einzelne Berge mit meistens convexen Abdachungen und den verschiedensten Expositionen bildet, so fassen die verschiedenen Lagen die Son- nenstrahlen nicht immer unter den günstigsten Winkeln auf und geben daher auch Weine von verschiedener Güte. Der Liasschiefer an der Alptraufe bildet eine Reihe von Bergen und Hügeln, die weniger buchtig sind, als die Berge der Keuperformalion, während zugleich dieser Schiefer durch seine Verwitterbarkeit dem Weinstock eine nährende Grundlage bietet, daher an der Alptraufe in den Weinbergen eine üppige Vege- tation herrscht und der Weinertrag bei der engen Bestockung mit ergiebigen Rebsorten der Quantität nach bedeutender ist, als in manchen andern Gegenden des Landes. Die nächsten Umgebungen des Bodensees, die an manchen Stellen theils wegen ihrer unbedeutenden Abdachung, theils we- gen ihres stärkern Lehmbodens für eine andere Cullur besser taugen würden, bringen dennoch in den bessern Lagen bei ra- tioneller Behandlung und bei gutem Rebsatz einen ordentlichen, in einigen neuen Rebpflanzungen sogar einen vorzüglichen Wein hervor. Zum Motto meiner Geschichte des Weinbaues in Württem- berg habe ich den Vers eines vaterländischen Dichters vor- angestellt: Einst hat es eine schöne Zeit gegeben. Längst deckt sie Dunkelheit: \ Da war die Frucht der heimathlichen Reben Gefeiert weit und breit. Dieses Lob des Neckarweines geschichtlich zu begründen, habe ich alle gedruckten und geschriebenen Nachrichten über die Güte desselben im 15. 16. und 17. Jahrhundert zu sammeln .- 38 — gesucht. Um aber die mir zugemessene Zeit und Ihre Geduld nicht zu missbrauchen, schreiteich mit Uebergehung dieser No- tizen , die ich Sie im nächsten Hefte der württembergischen Jahrbücher nachzulesen bitte, zu einem minder bekannten Ab- schnitte: zu den Kebsorten der alten Zeit über. Die Vortrefflichkeit des Neckarweins in der altern Zeit hatte nämlich ihren Grund grossentheils in der Bestockung der Weinberge mit wenigen edlen Rebsorten, die in Rücksicht ihrer Zeitigung zu einander passten. Unter den Rebsorten der frühe- ren Jahrhunderte treffen wir nämlich weit mehr, als es jetzt beim Weingärlner von Profession der Fall ist, die edelsten Trauben: Klevner, Traminer, Gutedel, Muskateller, Veltliner nicht nur einzeln, sondern in ganzen Weinbergen und Halden an; der Eiben und später der Sylvaner bildeten allerdings die Basis un- seres Weinbaus. Man übte also schon vor 300 Jahren als Ge- wohnheit, was jetzt erst wieder durch die Bemühungen der Weinverbesserungsgeselischaft einzuführen versucht worden ist, nämlich die unv ermischte Bestockung grösserer zu- sammenhängender Strecken mit wenigen edeln, gleichzeitig reifenden Rebsorten und eine sorgfälti- gere Behandlung des Weines in Bütte, Kelter und Fass. Als weisse Trauben werden Traminer, Gutedel, Muskateller, Veltliner erwähnt, rother Gattungen wird weniger gedacht, aber aus der Beschreibung des rothen Weins lässt sich nur auf Klev- ner und Burgundertrauben schliessen, denn die Schwarzwelschen kommen viel später vor. Was nun die Veltliner und Gutedel betrifft, so stammt erstere Rebsorte aus Veltlin in der Lombardei , von wo sie zwi- schen 1583 und 1592*) an den Mittelrhein, in die Gegend von Heidelberg und wahrscheinlich auch nach Württemberg kam, der Gutedel ist eine der ältesten Traubensorten , welche schon den Römern bekannt war. Namentlich scheinen die Klevner und Traminer ehe- mals weit häufiger angepflanzt worden zu sein, als jetzt. Er- *) NachBabo und Metzger die Wein- und Tafeltrauben 1836 p. 205 wurde sie durch Kurfürst Kasimir von der Pfalz aus Veltlin bezogen. - 39 - stere Sorte, aus Chiavenna in der Lombardei slaminend, ist gc- genwärlig in mehreren Weingegenden fast ganz verschwunden, wo sie früher in Menge gepflanzt wurde. Beispiele hievon lie- fern iM e t z i n g e ji und >V a n g e n , welche viel rothen Wein er- zeugten, der nach Wien an die kaiserliche Tafel als „Ehrentrank" iicschickt wurde, und nicht aus welschen Trauben , sondern aus Klevnern gekeltert sein konnte, wovon man jetzt in den genannten Orten bei den Weingärtnern kaum eine Spur mehr antritlt. Auch heisst eine Halde im Metzinger Weinberg, in der besten Lage, noch jetzt „im Klevner", *) ein Beweis, dass diese Traubensorte hier vorgeherrscht habe. Ebenso verhält es sich mit Wangen. Noch vor 70 Jahren wurde in Wangen viel Klevner gebaut. Nach den hinterlassenen Papieren des Oberpostraths Bog er in Stuttgart kaufte sein Vater alljährlich in Wangen von einzelnen Weingärtnern den Ertrag der Klevner Trauben maas - und schop- penweise auf. Dies betrug im Jahr 1784 von 77 Weinberg- besitzern 21 Eimer, 13 Imi , 7 Maas und 1792 von 78 Wein- gärlnern d\ Eimer!**) Der Wein wurde vielfältig als Burgunder, so wie auf besondere Empfehlung der Aerzte an Kranke auch in kleinen Parthien verkauft. Welchen Werth man früher überhaupt auf rothe Weine legte, und dass die schwarzen Trauben in der Zeitigung gegen die weissen voran waren , beweist ein Decret des ehemaligen Kirchenraths vom September 1687 an die damalige Stiftungs- verwaltung in Stuttgart, worin es heisst : „Dass auff bevorstehen- den Herbst zu beriertem beinstein ***) die gantz schwarze Trauben absonderlich, die übrige halb gesprengte oder etwas ge- färbtee aber samentlichen vnder das weise gelesen werden mög." Der Stiftungsverwaltung zu Stuttgart stand nämlich nach dem Lagerbuch von 1584 der Zehnte vom rothen und weissen Wein aus einem gewissen Distrikt von Beinstein zu. Die Klevner *) Nach dem Auszug aus dem Kellerei-Lagerbucli von Urach vom Jahr 1554, p. 176 und 194 hatte diese Halde sclion damals jenen Namen. '•'=•) Im Jahr 1784 gab es in Württemberg ziemlich viel Wein von mittlerer Güte und 1792 ^ehr wenig und schlechten Wein. ***) Schon Crusius rühmt den guten rothen Wein von Beinstein. - 40 — müssen damals in Beinslein sehr häufig gewesen sein, denn in mehreren Decreten ist ausdrücklich gesagt, dass an rothem Wein von Klevner 2 und 3 Eimer gemacht und eingeliefert wer- den sollen. Dass auch der T r a m i n e r, der von Tramina, einem Dorfe an der Etsch in Tyrol seinen Namen hat, in früheren Zeiten eine bedeutende Verbreitung gehabt habe, beweisen die Benennungen von Wein- berghalden bei Esslingen und Besigheim , so wie in Hohenhas- lach, Frauenzimmern, Güglingen etc., die man jetzt noch „im Traminer" nennt. Auch im Lagerbuch der geistlichen Verwal- tung *) in Grossbottwar vom Jahr 1565 kommt ein halber Mor- gen Traminer Weingart, im Lagerbuch der Kloster Murrhard- 'schen Pflege ebenfalls i Morgen Traminer Weingarten, und im Kellerei-Lagerbuch vom Jahr 1568 in Lembach ein Morgen Tra- miner vor, während der Rebsatz in Grossbottwar gegenwärtig aus dem gewöhnlichen Gemisch des Unterlandes besteht. Auch im Zabergäu, wo jetzt der Traminer nur noch als Seltenheit in alten Weinbergen anzutreffen ist, bildete er ehe- mals die Stammsorle, und Traminerwein wurde in Menge als Abgabe geliefert. Nach dem Kellnerei-Lagerbuch von Brackenheim gab in Haberschlacht ein Morgen Weingart und Acker 1 Aymerlin Traminerwein. Ebenso mussle nach dem Lagerbuch von Stock- heim dieser Ort allein 34 Eimer Grund- und Boden wein in rei- nem Traminer liefern. **) Dieser Wein von Stockheim muss vor 300 Jahren berühmt gewesen sein, denn im Lagerbuch vom Jahr 1554 des Klosters Kaisersheim, das einen Burgweinberg in Esslingen besass , steht: Zu Stockheim bei Brackenheim werden die Traminerstöcke erforschet; in Heilbronn werden sie mit ge- ringer Mühe zu bekommen sein, die fränkischen desgleichen. ***) Auch in Güglingen war der grösste Theil der Weinberge mit Traminern und Muskatellern bestockt. Im Jahr 1567 enl- -) Blatt 25. **) Bronn er, der Weinbau in Württemberg. II, 61. **'0 Pfaff, Geschichte von Esslingen, p. 174. Klunzingei, Ge- schichte des Zabergäus, I, p. 76. - 41 — schuldigte sich diese Sladl , dass weniger Weinzchnlen falle : „zur Zeitl alls vnnsere allfordern vnnser felldl gebawl, seihen die Weingart gemeiniglich durchauss mit Grab vnnd Elbenstöckhen vnd gar nit mit traminer besetzt gewesen. Welche Grab vnnd Elbenstockh ganze Last mit Wein geben, doch dabei, dieweil solliche W'ein Im Zabergaw nit verkaufflich gewesen; (die Leute) offtmals hunger vnndt mangel erleiden miessen. Dero wegen nach begegnetem Hagel vnndt missgewächs Jarcn man bedacht worden, solliche Grab vnndt Elbenstockh vss zu reiten vnndt ann Statt derselben guet Draminer vnndt Mussgatdeller zu pflanzen."*) Letztere Rebsorle, die aus Italien stammt und schon den Römern bekannt war, wurde auch bei Lauffen und Brackenheim gepflanzt. In ersterer Stadt waren hauptsächlich die Lauerberge mit Muskatellerreben bestockt. Der Wein wurde, wie aus den Kellereirechnungen von Lauffen ersichtlich, während des dreissig- jährigen Kriegs und bis zum Jahre 1678 jedesmal für Rechnung der fürstlichen Hofhaltung erkauft und durch die Kellerei Lauf- fen in doppeltem Betrag der gemeinen Weinrechnung bezahlt. Selbst in Tübingen war in der vorzüglichsten Halde auf der Markung, in der Pfalzhalde ein schmaler Strich mit Klevnern und Traminern bepflanzt, aus welchem ein edler Magenwein ge- wonnen wurde, der nach Saltler**) fast bitter, aber „vor die Kolik eine gute Arzenei sein sollte." Dass ehemals auch in der Gegend von Stuttgart, wo gegen- wärtig, mit Ausnahme seltener lobenswerther Beispiele, mancher Weinberg eine Musterkarte***) guter und schlechter, in jedem Fall oft unpassender und mit einander unverträglicher Rebsor- ten ist, bessere Sorten angepflanzt wurden, beweist eine Ur- kunde f) vom Kloster Bebenhausen , aus welcher die Sage der Klosterverwaltung für einen guten Wein hervorleuchtet. Das Kloster hatte in der Mitte des 15. Jahrhunderts 1 Morgen, 1 *) Klunzinger a. a. O. I, p. 77. *•) Sattler, topog. Gesch. des Herzogth. Württbg. p. 253. Gok, der Weinbau am Bodensee, p. 16. '="'*) Meni minder, Beschreibung von Wiirttbg. 1820. p. 258. t) Moser, die bäuerlichen Lasten der Wiirttemberger. p. 235. - 42 -- Viertel Weingarten im Kriegsberg an einige Stuttgarter Bürger um 96 Pfund Heller und 15 Schilling, und eben so viel um 123 Pfund Heller und 5 Schilling unter der Bedingung verkauft: „dem Kloster jährlich den vierten Theil alles dessen, was dort wachse, zu reichen, und mit gutem nützlichem Buwen (Bauen) nämlich Hacken, r^^ten, stufen, guten Stöckhen besetzen vndt allen andern gepürlichen Buw, die einem wohl gebauten Wein- garten zugehörent vnndt der Statt Stuttgart recht ist, vnndt be- sonders in die Weingarten in ir yeder nit ander stockh setzen, denn ;ytlel gut gesund frensch vnndt T ra min e r stock, nämlich unter dem Weg das Drittail eibin vnndt ob dem Weg die 2 Drittail frensch und Traminer vnndt das Drittail Elbinen." Wir sehen hieraus, dass nach dieser Vorschrift nur dreier- lei Rebsorten der höhern und niedern Lage gemäss vertheilt, in den Weinberg kommen, von denen keine einzige spät reift. Dass aber früher in ganz Württemberg mehr edle Sorten angepflanzt gewesen sein müssen , beweist ein §. der newen reformirten württembergischen Herbstordnung vom Jahr 1651, in welchem verboten ist, Muskateller, Traminer, Gutedel, Veltliner auch andere dergleichen Trauben zu Rapessen (Rappas) beer- oder andern Weinen (vor der allgemeinen Lese) aus den Wein- bergen zu verkaufen. Diese urkundlichen Beweise überzeugen uns, dass früher im Allgemeinen bessere Rebsorten in Württemberg gezogen wurden, als jetzt, daher auch früher der Neckarwein in weit höherem Rufe stand. Ja, die württembergischen Rebsorten waren selbst in Wein- ländern in Ansehen. Im Jahr 1576 bezog ein Graf von Neustadt an der Hardt in der Pfalz, den man den Winzer hiess, edle Reben aus der Umgegend von Stuttgart, namentlich von Uhlbach. In demselben Jahr musste Herzog Ludwig 3000 Reben von den besten Sorten an Markgraf Karl von Baden schicken, und Herzog Friedrich sandte im Frühjahr 1599 dem Herzog Wilhelm zu Baiern, der den Weinbau auch in seinem Lande empor zu bringen suchte , 400 gute rothe und 200 Stücke weisse Würzhnge zu. Im 16. und 17. Jahrhundert wurden die Rauschet- oder Garenberge im Amte Schweinitz in Sachsen mit lauter rheini- schen, die Cassabauder Berge mit lauter württembergischen Re- \ — 43 - ben*) bestockt, auch jede Sorte nach ihrer Laiulcsarl fortgebaiit und zu diesem Behuf gelernte Rebleute aus jenen Gegenden nach Sachsen gezogen. Ueberall , sagt schon Felix Faber im 15. Jahrhundert , wo Wein wächst, auch ausser Deutschland, sind schwäbische Weingärtner. Was nun die besten württembergischen Weine in jener Zeit betriirt , so lernen wir sie aus einem lateinischen (iedichtc kennen, **) in welchem N i co d e m u s F ri s c h 1 i n die Hochzeits- feier des Herzogs Ludwig 1575 beschreibt, und das „von Karl Christoph Beyer (1578) in's Deutsche" Iransferirt worden ist. Die Wein sind mir nicht allbekannt: la dieser edel Rebensaft Gab edel und unedel Kraflft. Und dieser Wein waren so viel, Der ettlich ich crzehlen will. Der Widen berger gieng gern nein. Von Laufen gar köstlicher Wein. Und dann der starke Elfi ng er So müd Bein macht, die Zungen schwer. ''"'*) Auch fehlt kein B cu t et s p a c h e r Wein: Und den He pp ach er schenkt man ein, Den rothen Feibacher geschlacht, Der Mönchb erger bald trunken macht. Der fröhlich machend Beinsteiner, Der weiss und rothc Wangheim er. Die oft gut Vers helfen erdenken, So raan's Poeten thut einschenken f) Dergleichen noch viel ander Wein, So zu Stuttgart gewachsen seyn. Und sunst auch Neckarwein gar kräftig Lieblich und siess auch stark vud heftig, Auch gut Trinkwein von Tübingen Sah man gen Statt garten bringen, ft) *) Rössig, Versuch einer pragmatischen Geschichte der Oekono- mie, II p. 152 ff. Carlowitz, Culturgeschichte des Weins, p. 108. **) Die der Sprache Latiums kundigen Leser finden das Gedicht in der Ursprache in Württ. Jahrb. 1836. p. 186. ***) tentatura pedes olim, vincturaque linguam. I) vina bonos versus olim paritura poetis. tt) Offenbar war diese Stelle dem Fischarl vor Augen, als er 1590 in seinerUeber- — 44 — Erhard US CeUius sang in seinem Neujahrsgedicht 1603: Und solche köstlich lieblich Wein Die Kaiser, Königen angnem sein. Will nur anzeigen fünf allein, Da ihr doch sonst vielerlei sein. 0 Wan genier edler Rebensaft, O Hebbacher was gibst für Kraft ! 0 Mönchberg, Elfinger, Falkhart Wie theuer bist du im Münchner Markt. Diese Zeit des Ruhms unserer Weine ist vorüber ; sie zu- rückzuführen ist das Streben aller guten Würtlemberger, nament- lich der Weinverbesserungsgesellschaft und des Weinbauvereins, die auch seit ihrem Entstehen mit unverrücktem Eifer und mit vielen Opfern an der Emporbringung des vaterländischen Weinbaus ar- beiten und schon viel Gutes gewirkt haben.*) Bei diesem edlen Streben werden sie unterstützt durch die weise Vorsorge unseres Königs, der seit seiner Thronbesteigung unablässig bemüht war, die Schätze des Bodens aufzuschliessen, und den wichtigsten Erwerbszweig der Württemberger , den Landbau, zu befördern. Und wie sich die gesammte Landwirth- schaft seiner unermüdeten Vorsorge zu erfreuen hatte, so suchte er auch durch Hebung des Weinbaues dem gedrückten Stande der Weingärtner aufzuhelfen und durch Einführung besserer Reb- sorten, rationeller Behandlung und durch Anlegung von Muster- weinbergen den Weinbau zu verbessern. Gott segne solche edlen Bemühungen! Setzung von Rabelais oder seiner Geschichtsklitterung, p. 106, sagt: Ja, da waren mehr- lei Wein, denn zu Stuttgart auf der Hochzeit beschrieben worden, als Württembergischer Widenberger, der von Lauffen, so etwa die Ferdinandische Knecht machet lauffen und die landgräfischen nach laufen (Anspielung auf die Schlacht bei Laufen 1534). Item der El- finger, so die Finger und Bein Ellenlang macht, der Beutelsbacher, so die Beutel machet krachen, der Hebbacher ging glatt in Rachen. Rote Fellbacher, Mönchberger, Beinstei- mer, weiss und roth Wangheimer, die offt gut Verss helfen erdenken, wenn man poeten thut einschenken. *) Was sollen wir aber zu dem Urtheil eines Herrn Roh in sagen, der in einem Werke über die fremden und inländischen Weine in den deutschen Zollvereinstaaten (Berlin 1845) den Grüneberger Wein, ehe- mals der Liebling der Berliner, mit dem Neckarwein auf gleiche Linie stellt! — 45 — 3) Derselbe zeigte eine Weinkarte von Württemberg vor und gab nachträglich zu deren Erläuterung die nachstehen- den Notizen über die Grenzen desWeinbau's in Württem- berg und seine Abnahme. (Mit einer Karle.) Der Weinbau, der, wie wir oben (S. 35) gehört haben, die mildesten *) Gegenden unseres Vaterlandes umfasst, zieht sich an vier Stellen vom Rheine aufwärts in das Innere von Württemberg. 1) Durch den Main- und die Tauber in das Oberamt Mergentheim, unter 49^ 25—36' nördl. Br. in einer Höhe von 600—1080' über der Meeresfläche. 2) Durch den Neckar und seine Einflüsse von Norden her bis tief in die Mitte des Landes, vom 48^ 25' — 49^ 26' n. Br., in einer Höhe von 432 — 1650'. 3) Durch die Salza, Kraich, Alb von Nordwesten , zwi- schen 48^ 45' - 49^ n. Br. in einer Höhe von 700—1200'. *) Dazu gehören geringe Meereshöhe, südliche Lage, Schutz gegen Nordwinde etc. Was die Temperaturverhältnisse betriftt, welche den Weinbau bedingen, so richtet sich die Verbreitung der Rebe viel weni- ger nach der mittleren Temperatur des Orts, als nach der grösseren Sonnenwärnie; vorzüglich ist es aber die Länge des Sommers und die Zahl der Somniertage, welche auf das Reifen der Trauben so grossen Einfluss ausüben. So hatten die guten Weinjahre 1802 78 Sommertage 1807 81 „ 1811 47 5J 1834 88 1818 62 „ 1846 67 „ hingegen 1843 ... nur 27 „ 1844 20 „ 1845 29 „ 1847 46 „ 1848 43 „ 1849 36 „ 1850 25 „ 1851 23 „ Bei einer mittleren Temperatur von 15-16<* Geis. (12 — 13<* R.) gedeiht der Weinstock vorzüglich und geht in der alten Welt bis zum 47—49° n. B. In Deutschland, wo sich die Isothere nach Norden biegt, steigt auch mit ilir die Wcinkultur weiter hinauf, so dass sie bei Berlin im 52° 30' liegt. Aber nur bis zum 50° wird der Wein trinkbar, was darüber ist, das ist vom Uebel. — 46 - 4) Vom Bodensee bis Weingarten, vom 47° 36' — 49° n. Br., in einer Höhe von 1300' — 1730'. Die Grenze des Weinbaus geht: a) Im obern Neckarlhal bis über Roltenburg und zwar bis Obernau ; in Horb, Sulz, Yöringen, Binsdorf, Rosenfeld, Rott- weil hat er aufgehört. b) In der Taubergegend geht die Weingrenze von Mer- gentheim über Edelfingen, Sailtheim, Reissfeld, Waldmannshofen, Sechselbach, Frauenthal, Archshofen, Münster und Oberstetten; aufgehört hat der Weinbau unseres Wissens nirgends, wohl aber an einigen Orten sich vermindert. c) Im Jaxtthal von Siglingen über Möckmühl, Roigheim, Weigenthal, Rengershausen, Roth, Eltenhausen; sogar in Lauchheim wurde ein kleiner Versuch mit Weinbau gemacht ; aufgehört hat er in Kirchberg, Eichenau , Dimboth , Langenburg, Ober- und Unterregenbach, Forst Atzenroth, Binzelberg, Elpershofen, Assum- stadt und Hermuthhausen. d) Im Kocherthal geht die Grenze des Weinbaus von Kochendorf bis Hall. Früher verbreitete er sich noch über Mi- chelbach, Oberfischach, Westheim, Eutendorf, Oedendorf, Münster, Bröckingen, Oberroth, Bubenorbis, Rappoldshofen, Gaildorf, Klein- Altdorf ; ja sogar in Aalen wurde der Weinbau kurze Zeit versucht. e) Im Wein sb erger-. Murr- und Bottwarthal er- streckt sich die Weinkultur vom Neckarthal aus bis an die Löwensteiner und Murrharder Berge ; im Murrthal ging sie ehe- mals bis Sulzbach und Murrhard ; in Weiler zum Stein hat sie aufgehört. f) Im Remsthal geht die Rebe bis Waldhausen, Plüder- hausen; ehemals erstreckte sie sich bis Lorch , Gmünd, Pfahl- bronn , wo sie schon längst aufgehört hat. Im Thale der Wies- lauf ist noch Weinbau. g) Im Filsthal baut man Wein bis Plochingen; ehemals dehnte sich der Weinbau über Reichenbach , Ebersbach bis Faurndau, Göppingen und Grosseislingen aus; sogar in Wiesgol- dingen und Donzdorf , am Hohenstaufen und auf Staufeneck wurde noch Wein gebaut; ebenso hat der Weinbau in Hochdorf auf- gehört, in Schlierbach sehr abgenommen. — 47 — h) An der Alptraufc sind die Grenzen des Weinbaus Neidlingen, Oberlenningen, Dellingen unler Urach, Kliningen an der Achalni, Oberhausen, Gönningen, Mössingen, Belsen, From- mern bei Balingen ; zinückgezogen hat ^ieh der Weinbau von Urach, Kuslerdingen., Wannweil, Beizingen, von Kndingen bei Balingen und von Balingen selbst. i) Auf der linken Seite des unlern Ne eka rs erstreckt sich der Weinbau von Bötlingen, Obereisesheim über Bonfeld, Fürfeld (in beiden Orlen hat er sich vermindert) , Massenbach, Schwaigern, das ganze Zabergäu bis Michelbach. In Gundels^ heim, ebenso auf dem rechten Neckarufer in Bachenau, Duttenberg, Obergriesheim hat er nachgelassen, in Tiefenbach ganz aufgehört. k) Im Mette rt ha l und den auf der Wasserscheide (zwi- schen Rhein und Neckar) der Metter sich entgegenstreckenden Thälern der westlich fliessenden Kraich , Krieg und Salza gehl die Grenze des Weinbaus über Dertingen, Villars und Knittlingen. l)Im Enzthal erstreckt sich die Weinkultur bis Ober- niebelsbach, Gräfenhausen, Ottenhausen und Arnbach ; im Nagold- thal sind Calw und Wildberg die einzigen verlornen Posten, wo früher Wein gebaut worden sein soll ; hingegen sind auf dem Hügelzug zwischen der Wurm und Glems selbst viele Orte , wo früher Wein gebaut wurde, und zwar Pinache, Wurmberg, Flacht, Rutesheim, Gebersheim, Schöckingen, Hirschlanden, Renningen, Warmbronn, Magstadt, Heimsheim, Münklingen, Merklingen, Weil die Stadt, Osteisheim und Schafhausen. Ebenso hörte der Weinbau in Ditzingen unter der Solitude und Höfmgen (wurde in neuester Zeit wieder angefangen) , auf dem Berkheimer Hof auf. m) Auf dem S c h ö n b u c h und den F i 1 d e r n ist in Sin- delfmgen, Böblingen, Waidenbuch, Herrenberg, Kayh, Ehningen, Aidlingen, Holzgerlingen, Deufringen , Dagersheim, Rohr, Kalten- thal, Echterdingen der Weinbau schon lange aufgegeben wor- den, wahrend er in Schönaich , Weil im Schönbuch, Bonlanden, Scharnhausen, Ruith etc. , wenn auch vermindert, noch getrie- ben wird. n) Im Donauthal und seinen Seitenthälern wurde bei Ulm, Söflingen, Wiblingen, Harthausen, Brenz, Giengen und Biberach, Wein gebaut, aber längst wieder aufgegeben, ebenso - 48 — in Tuttlingen ; gegenwärtig wird noch in Winterstetlenstadt, aber unbedeutend, Wein gebaut. o) In der Bodenseegegend, wo der Weinbau nach den Urkunden früher bekannt war , als in den meisten Gegenden unseres Vaterlandes, fängt die Weinkultur an einer vereinzelten Stelle in Unterurbach*) bei Waldsee an, geht das Schussenthai hinab und erstreckt sich über Altdorf, Ravensburg, Eschach, Liebenau, Tettnang, Friedrichshafen, Oberndorf, Hemighofen etc.; in Langenargen, Rappersweiler , Wittenberg, Neukirch und auf mehreren andern Punkten ist der Weinbau wieder aufgegeben, in Liebenau, Oberkirch, Ettenkirch, Leimnau vermindert worden. Gehen wir nun die einzelnen Gebiete durch, so zeigt es sich, dass das völlige Aufhören des Weinbaues in dem Donau- thal, und, wenn wir die Nachrichten aus dem Nagoldthal für begründet annehmen wollen, auch in diesem stattgefunden hat. Nächst dem war die Abnahme am stärksten im obern Neckar- thal, ferner im obern Jaxt- und Kocherthal, auf dem Hügelzug zwischen der Wurm und Glems; am geringsten war die Abnahme des Weinbaus im untern Neckar- und Murrthal. Schon aus dem oben Gesagten lässt sich schliessen , dass die klimatischen Verhältnisse eine Hauptrolle beim Aufhören des Weinbaus spielen. Ausserdem gehören aber auch, laut den amtlichen Berichten, geringer Ertrag, Un- kenntniss der Behandlung, Kriege und Wildschaden, Mangel an Absatz der geringen Weine beim Aufkommen der Bierbrauereien, auch der bessern bei Aufhebung der Klöster und bei der ver- mehrten Einfuhr fremder Weine zu den Ursachen der Abnahme und des gänzlichen Aufhörens des Weinbaus. Hier wäre nun die Frage zu beantworten: Hat sich das Klima in Württemberg seit 300 Jahren im Allgemeinen und im Einzelnen geändert? Die Nachforschungen des verstorbenen, um die Kenntniss unseres Vaterlandes so verdienten Professors S c h ü b 1 e r über die Verhältnisse des Weinbaus in Württemberg, **) *) Im Jahr 1816 wurde ein Morgen angelegt u«d wieder auf- gegeben. '•'*) Correspondenzblatt d. w. 1. V. XIX. p. 66 ff. — Meniminger, Be- ßcbreibung von W. 1841. p. 205. - 49 - haben zur Geniige gezeigt , dass das Klima im Allgemeinen in unserem Vaterlande nicht rauher geworden ist, wohl aber kann eine Weinlage, welche durch einen Wald vor Nord- und Ost- winden geschützt war, durch Entholzuii^ des Berges ihres Schutzes beraubt und für den Weinbau minder günstig werden. So sagt schon Fischer in seiner Geschichte des deutschen Handels (Hannover 1785): „Khmals wuchs in Tübingen eine solche Menge Wein, dass die Chronikschreiber versichern, man habe oft zu seiner Aufbewahrung nicht genug Gefässe anschaffen können, und in neuerer Zeil kommt der W^ein bald nicht zur Keife, bald ist er so sauer, dass man ihn kaum zum Essig gebrauchen kann, obgleich ihn die Winzer mit dem grössten Fleisse bauen. Dieser anhaltende Misswachs setzte sie daher ausser Stand, ihre Grund- stücke ferner als Weinberge zu benützen, sondern sie verwan- delten sie 1770 grösstentheils in sogenannte Vorlesen, d. h. in Obstgärten, wozu sie vorlrclflich taugten, indem sie alle Obsl- gallungen im Ueberfluss hervorbrachten. Allein die Kammer war grausam genug, sie durch Strafen zum ferneren Weinbau zu zwingen, da doch der Grund des Misswachses eine ehemals geschehene Ausrottung gewisser Waldungen war, die vor dem ersten Anstosse des Nordwindes schütz- ten oder wenigstens seine Heftigkeit etwas mas- sig ten." Mag dieses Ausrotten der Wälder an einzelnen Stellen einen grossen Einfluss auf die Verminderung des Weinertrags in Güte und Menge verursacht haben, wir müssen aber gestehen, dass die meisten solcher abgegangenen W^einberge an ungeeigneten Plätzen angelegt waren, mag dies nun in Rücksicht auf die Lage des Ortes gegen die Sonne (Winterseite statt Sommerseite) oder in Rücksicht auf die grössere Meereshöhe der Fall sein. Da das Erstere zu ermitteln nicht in unserer Macht liegt, so möge hier eine Tabelle über die Meereshöhe der abgegangenen Wein- orle nach Oberämtern geordnet, als Belege unserer Behauptung stehen, wobei wir bemerken, dass öfters nur die Meereshöhe der Ortschaften, nicht aber die noch höher gelegene Weinbau- grenze angegeben ist , da es vorkommen kann , dass die Wein- berge oberhalb oder imterhalb des Ortes liegen. Da wir aber Würtlemb. naturw. Jabrcshcfle. 18ö2. Is Heft. 4 ~ 50 - nicht von allen Punkten specielle Höhenbestimmungen für die Weinbaugrenze haben , und dasselbe Verhältniss bei der Angabe der Meereshöhe aller Weinorte staltfindet, d. h. dass nicht die Höhe der Weinberge, sondern nur der Ortschaften angegeben ist, so werden sich die Missverhältnisse gegenseitig aufheben und jedenfalls eine Vergleichung der Meereshöhe der abgegan- genen und der noch bestehenden Weinorte möglich machen. Meereshöhe der abgegangenea Weinorte. Nach Schuhen. Bestehende gute Weinorte. Nach Schuhen. !• Hülienpunkte im Scli\varz%valA. 1) Oberam t Cal w. Calw 2) O.-A. Nagold. Wildberg 3) O.-A. Horb. Horb 4) O.-A. Rotweil. Rotweil 5) O.-A. Sulz. Binsdorf Roseufeld Sulz Vöhringen 1219jl075 129611143 1340 1873 1909 1902 1315 1561 1519 2124 2164 2157 1492 1770 II. Hölieupunkte im Alpg^ebiet. 6) O.-A. Balingen. Balingen ijgQ4 Frommern, obere Grenze des Weinbaus. 7) O.-A. Geissliugen. | Donzdorf 1414 1591 1804 1247 - 51 - Nach Nach Meereshölie der abgegangenen Schuhen. Bestehende gute Weinorte. Schuhen. Weinorte. ^1 1 if i l 8) O.-A. H eidenheim. i Brenz 1565 1380 Giengen 1637 1444 9) O.-A. Tuttlingen. Tuttlingen. 2244 1974 10) O.-A. Ulm. Ulm, Michaelsberg 2039 1798 Kuhberg 1825 Söflingen 1712 1510 11) O.-A. Urach. Urach, Aichhaldc 2067 Urach (Marktplatz) 1627 1435 III. HülieDpunkte III. Im Ifffittelland. im IVIiitelliiacl. 1) O.-A. Besigheini. 12) O.-A. Aalen. Besigheim 834 736 Aalen 1511 1333 Schalkstein 747 Unter-Kochen 1574 1388 Bietigheim 847 747 Wasseralfingen 1621 Laufen 679 599 13) O.-A. Backnang. 2) O.A. Bracken heim. Sulzbach. 1077 949 Brackenheim 868 766 Murrhard (Niveau d. Murr) 899 Güglingen 728 642 14) O.-A. Böblingen. t Stockheim 769 678 Aidlingen 14791305 3) O.-A. Ca n statt. Böblingen 1817 1602 Canstatt 940 829 Dagersheira 1477 1303 Fellbach 1113 981 Darmsheim 1489 1313 Mühlhausen 752 664 Holzgeilingen 1687 1488 Münster 800 705 Schaffhausen 1361 1201 Obertürkheim 949 836 Sindelfingen 1654 1459 Untcrtürkheira 805 710 Weil im Schönbuch ll755 |1548 Stetteu 906 799 \* 52 - Nach 1 1 Nach Meereshöhe der abgegangenen Schuhen. Bestehende gute Weinorte. Schuhen. Weinorte. m ^1 1 16) O.-A. Krailslieim. Rotenberg (Dorf) 1163 Gaildorf 1603 141c 1 Rotenberg (Tempel) 1432 1263 Eutendorf 1347 118f ühlbach 890 16) O.-A. Esslingen. Wangen 929 819 Denkendorf 888 4) O.-A. Esslingen. 17) O.-A. Gmünd. Gmünd 18) O.-A. Göppingen. Faurndau Göppingen Grosseislingen Staufeneck 1226 1042 1103 1273 1081 919 972 1123 1673 Esslingen (Frauenthurm- spitze) Esslinger Burg 5) O.-A. Heil br on n. Fl ein Heilbronn Wartthurm 1115 798 560 1095 983 931 703 493 966 Hohenstaufen 2098 1850 6) O.-A. Leonberg. Spitze des Berges 2140 Gerungen 1176 1037 Schlierbach 1208 1065 Weil im Dorf 1114 982 19) O.-A. Hall 7) O.-A. Ludwigsburg. Bubenorbis 1692 1492 Asberg 1199 1057 Hall 1218 1074 Benningen 736 649 20) O.-A. Herren b erg. Markgröningen 788 695 Altingen 1349 1190 8) O.-A. Mar b ach. Herrenberg 1829 1613 Gross Bottwar 718 633 Kaih 1965 1733 Klein Bottwar 723 637 21) O.-A. Künzelsau. Schönthal 22) O.-A. Leonberg. Ditzingen Heimerdingen 958 1058 1540 845 933 358 Lichtenberg Marbach Käsberg b. Mundeisheim 9) O.-A. Maulbronn. Eilfinger Hof 825 1129 728 875 737 Weil die Stadt J 2019 1 1780 Dürrmenz 778 680 Rutesheim 1 1558 1 374 0) O.-A. Schorndorf. Hei4nerdingen 1 418 252 Beutelsbach 820 723 - 53 Nach Nach Schuhen. Schuhen. Mttereshöhe der abgegangenen Bestehende gute Weinorte. Wcinorto. 2. u o J.^ i P-S ■Z ÖÄ •c ^1 - 1 i^l p: Heimsheira 1234 11)Stadtdirekt. Stuttgart. Hemniingen 1019 Hesslach 978 862 Anhöhe zwischen Ren- Stuttgart 1004 885 ninji^on und Gebersheim 1347 Kriegsberge 973 23) O.-A. Lud wigs hing. 12) Amls-O.-A. Stuttgart. Kornvvestheim 932 Degerloch 1631 1438 Ludwigsburg 1174 1035 Gaisburg 864 762 24) O.-A. Marbach. Heumaden 1422 1254 Weiler zum Stein 1012 892 Möhringen 13) O.-A. Vaihingen. 1459 1287 25) O.-A. Maulbronu. Rosswaag 747 658 Wurmberg 1650 1455 Hohenhaslach 1013 893 26) O.-A. Neckarsulra. Vaihingen 1153 1014 Bachenau 889 784 14) O.-A. Waiblingen. Duttenberg 717 632 Klein Heppach 897 791 Gundelsheim 799 703 Gross Heppach 804 709 27) O.-A. Nürtingen. Korb 1051 909 Neuflfen ) 1430 1263 Korb a. d. erst. Weinberg. 959 \ nur vermiud. Nürtingen^ 1144 1008 Korber Kopf ob. Grenze d. besseren Weinberge 1206 28) O.-A. Schorndorf. Neustadt 992 874 Schorndorf nur vermind. 1221 1076 c. • • ,. Steinreinach 1065 939 29) Amts-O.-A. Stuttgart. Waiblingen 799 704 Waidenbuch 1073 15) O.-A. Weinsberg. Bonlanden (nur vermind.) 1381 1218 Weinsberg (Weibertreu) 946 834 Echterdingen 1572 1386 Weinsberg 764 673 Rohr 1469 16) O.-A. Merge n t heim. Plattcnhardt 1493 1317 Markeisheim 845 745 Kaltenthal 1046 30) O.-A. Tübingen. Kusterdingen 1545 1362 Ammerhof 1236 1091 54 Wach Nach Meereshöhe der abgegangenen Weinorte. Schuhen. Bestehende gute Weinorte. Schuhen. 1 ^1 ^1 04 31) O.-A. Welzheim. ^ Lorch 1267 1117 Plüderhausen (verniind.) 900 794 IV. Haiienpunlite im IVordland. ! 32) O.-A. Gerabronn. Kirchberg 1500 1325 Langenburg 1642 1448 V. HOhenpiinkte im SUdlancl. 33) O.-A. Biber ach. Biberach 2130 1879 34) 0..A. Tettnang. Langenargen 1381 1218 Eriskirch 1389 1225 Leim n au 1533 1352 1 35) O.-A. Laupheim. Wiblingen 1671 1473 36) O.-A. Riedlingen. ■ Riedlingen 1870 1649 ■ Wir sehen aus dieser Verglcichung, dass alle Orte, wo guter Wein wächst, eine geringere Meereshöhe haben, während die abgegangenen Weinorle weit höher liegen. Was die gemessenen Grenzen des Weinbaus in unserem Yaterlande belrifTt *), so finden sich 1) am nördlichsten Punkte Württembergs , im Main- und Taubergebiet , im Oberami Mer- gentheim, unter 49" 25 — 36' nördl. Er. in einer Höhe von 600—1080' über der Meeresfläche 7500 Morgen Weinberge. *) Schüblcr und v. Märten s Flora von Württemb. p. 169, — 55 — 2) Im Neckargebicl, bis wo der Schwarzwald und die Aib dem Weinbjiu Grenzen setzen , sind vom 48^ 25' bis 49*^ 26' nördl. Br. , in einer Höhe von 432— KioÜ'. gegen 74,000 iMorgen. ZNvischen Grnnbach und Bnoch sleigl die Meereshöhe der obern Weinberggrenze bis auf 1232 paris. Fuss, an der Teck 1604', an Hohenneufen 1591', bei Frommern ist die obere Grenze des Weinbaus 1804'. 3) Im Westen von Württemberg, durch die Salza, Kraich, Alb zum Kheinihal sich abdachend, sind zwischen 48^45' und 49°!' nördl. Br. in einer Höhe von 700—1200' etwa 1100 Morgen Weinberge. 4) Endlich sind im Bodenseegebiet, vom 47^ 36' bis 49° nördl. Br. in einer Höhe von 1300-1730' noch 2300 Morgen Weinberge. Einer der höchsten Weinberge in Oberschwaben ist der Annaberg bei Weingarten im Oberamt Ravensburg mit 1645 pariser Fuss. Das rauhe Klima, so wie die gegen Nordwind nicht geschützte Lage und das ungünstige Terrain veranlasste das gänzliche Aufhören oder wenigstens die Abnahme des Weinbaus bei Aichschiess, Biberach, am Bodensee, bei Dünsbach, Gaildorf, Lampoldshausen , Michelbach, OfTenau, in zwei Halden bei Pfullingen , bei Pinache , Rottweil , Tetlnang, Tiefenbach (bei Neckarsulm), Wannweil. Frühlings- und Herb st froste vertrieben oder verminderten den Weinbau in Murrhardt, Sulzbach und Eschelhof, in Nürtingen, Betzingen, Waidenbuch, Plattenhardt und Rohr; wegen vieler Fehljahre und geringen Ertrags wurde die Weinkultur aufgegeben in Kusterdingen, Rübgarten, Atzenroth, Binselberg, Langenburg, Ober- und Unlerregenbach, Holzgerlingen, Wiernsheim, Flacht, Binsdorf, Rappoltshofen und wahrscheinlich an den meisten an- dern Orten. Die bisher angeführten Gründe stehen in einer engen innern Verbindung. Wegen Unken nlniss des Wein- baus von Seiten der Besitzer hörte die Kultur der Reben auf in Kirchberg an der Jaxt und im Kameralamtsbezirk Merklingen, wo zugleich der geringe Viehsland nicht die gehörige Düngung erlaubte; der Wildschaden entleidete den Weinbau den Ein- wohnern von Sindelfingen, Bonlanden (dieser Ort hat jedoch noch ==- 56 — am Buhlberg Rebenpflanzungen) , Bronnweiler und Pinache ; end- lich trug in Langenburg, Alzenrod und Binselberg auch die höhere Besteurung der Weinberge zur Verminderung und zum Aufhören des Weinbaus bei, so wie der Krieg und der Mangel an Arbeitern das Aufhören der Weinkultur in der Gegend von Ulm veranlasste, während die Einwohner von Gmünd es vorlheilhafter fanden, sich auf Gewerbe zu legen und daher den undankbaren Weinbau aufgaben. 4) Pfarrverweser Oscar Fraas zu Laufen, OA. Balingen, sprach über tertiäre Ablagerungen auf den Höhen des Heubergs und sandte Nachstehendes darüber später ein. Eine Formation, die durch Regelmässigkeit der Ablagerung und leicht erkennbare Unterschiede der Schichten - Verhältnisse sich auszeichnet, ist allein geeignet, ein Muster zu sein für Bil- dungen gleichen Alters. So ist der schwäbische Jura für juras- sische, so das Pariser Becken für tertiäre Bildungen ein Muster. Das letztere muss man denn auch zur Hand nehmen , um über die sparsam über die Alb zerstreuten tertiären Reste sich etwas ins Klare zu setzen. Zwei grosse Bildungen sind zunächst, soweit es uns angeht, in der pariser Tertiär-Formation zu unterscheiden, aus welchen das Eocen jener Gegend besteht: eine Meerbildung und eine Landbildung, dort Kalke und Sande, hier G^'pse und Thone, dort in den Grobkalken von Paris, Grignon, Parnes, Melun und den kieselreichen Sanden von Beauchamps und St. Omer lagert die Masse von Gasteropoden und Conchiferen, untermischt mit Lagern von Haifischzähnen , während hier die Gypse von Montmartre und Pentin durch Cuvier weltberühmt sind mit ihren Resten von Säugethieren, insonderheit von Palaeotherium und Anoplotherium. Zähne von diesen Thieren sind nun zwar schon längst bekannt aus den ßohnerzen von Neuhausen bei Tuttlingen und Heudorf bei Mösskirch. Doch waren diese Vor- kommen nur vereinzelt und fehlt den Gruben, aus denen sie stammen, die Schichtung und der Reichthum an Fossilien, was die neu aufgeschlossenen Gruben characterisirt, über welche ich Ihnen jetzt Genaueres mittheilen will. Zuvörderst mache ich darauf aufmerksam, wie verschiedene Bohnerzlager auf unserer Alb sind, - 57 - die unmöglich Kincr Periode angehören können. (jewiUinlich sind die Lnger der Erze in (Hingen, Löchern. Kissen und Höhlen der phjnipen Felskalke und SpongihMibänke (weisser Jura /•. und y) und überall niil strahligeni Kalkspalh, der ofl ganze Felswände dem ursprünglichen (iestein enllang bildel. Die Zähne, welche diese Erze mit sicli führen, sind von Mastodon , Ilippotherium, Equus, Elephas und Nagern, gewöhnlich zerbrochen und abgerollt. Bekannlere Fundgruben sind Salmendingen, Meldungen, Onstmel- tingen. Hier finden sich auch Menschenzähne und Kunstprodukte. Ganz anderer Art sind die Gruben mit Palaeolherium. Gehl man von Messsletten durch das Hardt an die badische Grenze auf dem Wege nach Stellen und dem Hülten\Nerk zu Thiergarten, so fängl hart an der Grenze ein Thal an, das sich merklich erweitert und tiefer wird, aber zum Erstaunen des Besuchers nirgends einen Ausweg hat. Es ist das Härdlle von Fron stellen, ein deutlich ausgeprägtes altes Seebecken, in welchem sich die Wasser von den waldigen Höhen des weissen Jura sammelten und, wie ich beim heurigen Schneegang fand, noch sich sammeln , um durch zahlreiche Erdfälle und unter- irdische Canäle abgeführt zu werden. In dieser etwa eine halbe Quadralmeile grossen Mulde sind die Gruben hart an dem allen Felsenufer gelegen und liefern folgendes Profil: 1) der Rasen mit 2', 2) 8' feinstes Bohnerz, seltene aber IrefTlich erhaltene Zähne von Palaeolherieii. Der Schmelz ist hier am glänzendsten, 3) 12' gelbe Thone und Jurageschiebe, leer an Erz und Zähnen, 4) eine V/^ — 2' starke Thonbank mit Erzen und zahlreichen Knochen und Zähnen, 5) 15' reinstes Erz, viel gröber als in Schichte 2, ganz leer von Zähnen. Die Thonbank Nro. 4 liefert also den Reichthum dieser merkwürdigen Dickhäuter, die in jener Zeit die inselartig über das Tertiär- Meer hervorragenden Wälder des weissen Jura be- völkerten und deren Zähne , Knochen nach dem Abslerben der Thiere vom Regen und Gebirgsbächen jenem Seebecken zugeführt wurden, das mit dem Meer in keiner Verbindung mehr stand. -^ 58 — Eine Vergleichiing mit Cuvier zeigte mir, dass seine sämmt- lichen Species (wer Species machen will, bringt noch mehr her- aus) von Palaeoth. und Anoploth. , insonderheit jene zarten und kleinen Arten, die kaum grösser als Haasen und Füchse waren, ganz ähnlich wie im pariser Gypse hier sich finden. Die Zähne sind mit prachtvollem Schmelze versehen, der meist gelbbraun glänzt, die Knochensubstanz klebt an der Zunge, in den hohlen Räumen hat sich überall Bohnerz gebildet, dass z. B. beim Zerschlagen eines Kinnbackens oder Schenkelknochens statt des Markes Bohnerz die Räume füllt. Das Verhältniss der Thierarten war etwa folgendes. Unter 100 Zähnen sind 90 von Palaeotherium, die gewöhnlichen Species verlheilen sich so ziemlich gleich auf diese 90. 8 von Anoplotherium , das kleine zierliche leporinum ist besonders schön erhalten. 1 von Palaeorneryx, 1 jurassischer Zahn von Megalosaurus (Geosaurus maximus^ oder Notidanus, wie sie im obern weissen Jura der Gegend sich finden und aus demselben hergeschwemmt worden sind mit Tere- brateln, Cidaritenslacheln und Apiocrinitengliedern. • Auf etwa 500 Pachydermen kommt ein einziger Fleisch- fresser, was auf die gute Ruhe hinweist, in der diese Thiere ihres Lebens sich freuten. Dies ist eine unwidersprechliche Parallele zu den pariser Gypsen und der dortigen Säugthierformation. Als ich nun vollends (V2 Meile von diesen Gruben) von Winterlinger Markung in einer Sandgrube, welche die Bauleute zum Wiederaufbau des abge- brannten Dorfes gruben , durch den aufmerksamen Beobachter, Herrn Schulmeister Schweizer von dort, Cerithium, Volula, Venus mit zahlreichen Lamna, Otodus etc. erhielt, da gedachte ich unwillkührlich der Grobkalke, von dem auch hier noch das Tertiär-Meer Spuren hinterlassen, indem es die liefer gelegenen Punkte überfluthete und Zähne und Schaalen seiner Bewohner in den Einsenkungen der Felsen niederschlug. Wollen auch die Cerithien im Einzelnen nicht recht den Character der pariser tragen, so stimmt doch das Ensemble des Vorkommens, indem dort wie hier vorzugsweise Cerithien es sind, aus welchen der - 59 - Niederschlag besteht. Hüll man beides zusammen, ilie Bilchmg des Meeres und des Landes, die Thone mit den Säugethierresten von Fronstetten und IVenhausen und die C'erithienkalke von Win- terlingen, Baehzimmern, Blumberg mit dem Montmartre und Monlrouge, so ist wohl nieht länger zu zweifeln, dass auch un- sere Gegend Zeuge gewesen von derselben Tertiär-Epoche, die das pariser Becken erfahren hat. 5. Oberamtswundarzt Dr. Faber in Gmünd trug Nachstehen- des vor über den mittleren schwarzen Jura oder den Numismalismergel, wie er in der Gegend von Gmünd vorkommt. In den ausgezeichneten „Flötzgebirgen Württembergs von Quenstedt" ist auch diese Formation des Lias ohne Zweifel mit einer solchen Meisterschaft geschrieben, dass sie sich nicht ver- kennen lässt. Wollte man aber jene Beschreibung vollkommen auf unsere Gegend anwenden, so würde man sich einigermassen getäuscht und doch nicht alles so finden, wie es in andern Ge- genden südwestlich von uns sein mag und wie es im Buche steht. Anstatt der rauhen, unfruchtbaren, unwirthlichen Felder ohne eine bedeutendere Humusdecke, finden sich bei uns die Felder im mittleren Lias ebenso fruchtbar, als die andern, und mit einer so reichen Humusdecke versehen , dass nur sehr selten und an wenigen Orten das eigentliche Gestein kaum 1 — 2' mächtig zu Tage geht. Es hält aus diesem Grunde auch sehr schwer, die organischen Einschlüsse dieser Formalion zu erhalten. Fast die ganze Ausbeule beruht auf dem, was der Pflug herausbefordert und die Fundorte sind ausser den Aeckern selbst die sparsamen Steinhaufen, welche die Bauern davon abgeräumt und zusammen- gelesen haben. Unter dieser Ausbeute ist hauptsächlich die Masse von Be- lemnidenbruchstücken bemerklich, und an ihnen erkennt man zuerst, dass man vom schwarzen Jura (c in diese Formation über- getreten ist, denn der schwarze Jura ß, die sogenannten Tur- nerithone fehlen uns ganz. Haufenweise findet sich namentlich der Bei emnites Clav atus heiaammen , und dies wäre nun ganz so, wie bei dem übrigen Numismalismergel. — 60 — Was wir aber ganz vermissen, das sind die unzähligen Bruchstücke verkiesler Ammoniten , welche diese Formation so interessant machen. Davon findet sich bei uns keine Spur, und selten wird ein Knollen von braunem Eisenkies gefunden. Ebenso weicht auch die Brachiopode ab, welche dieser For- rhation den Namen gegeben hat. Die flache münzenartige Tere- bratula nmnismalis findet sich bei uns selten. Dagegen eine dicke aufgeblähte Variation von ihr, bei welcher es beinahe scheint, als ob der bessere Boden Einfluss auf ihre vermehrte Corpulenz gehabt hätte. Es ist übrigens dieser „aufgeblähten" Variation in den Flözgebirgen Erwähnung gelhan. Der Stolz unsers Numismalismergels liegt in wenigen Am- monilen. Es sind Ammonites Davoei , capricornus , natrix, striatus und lineatus. In grosser Menge, und zwar, wie in den „Flözgebirgen" an- gegeben ist , so innig mit dem ihn umgebenden Gestein ver- wachsen, dass seine Ablösung sehr schwierig ist, erscheint der schöne Ammonites Davoei, Er ist aber nicht immer so unzugänglich, sondern nicht gar zu selten sind ganze schon abge- löste Exemplare, welche entweder noch mit ihrer grünlichen Schale theilweise umgeben sind, oder einen braunrothen Teint haben. Sie scheinen fast alle von gleicher Grösse zu sein, und wenn auch die gewöhnlichen nur 2%" im Durchmesser haben, so mag meinen Erfahrungen nach diesen Allen ein Umgang fehlen, welcher häufig verdorben ist und deswegen abgeschlagen wird. Doch überschreiten sie den Umfang von SVj" nicht. Sehr von ungleicher Grösse, aber nicht weniger schön als der vorige, doch meistens mit wenigen deutlichen Loben findet sich der Ammonites capricornus. Er erreicht eine Grösse von 2\''. Der grössle Ammonit, welchen ich aus dieser Formation erhalten habe, ist ein schönes Exemplar von Ammonites na- trix von V 2" Durchmesser. Die gewöhnlichen betragen 7" und weniger. Ammonites striatus und lineatus in seltenen aber schönen und ganzen Exemplaren sind 5 — 6" gross. Ausser den genannten Petr^facten ist wenig mehr zu fin- — 61 ^ den. Zuwoilen ein Xaiilihis oder ein Pccten. Von einer Gryphaea cytnbium keine Spur. Aus dieser kurzen Darstellung gehl liervor, dass die Schichte des mittleren Lias, wie sie bei uns vorkonnnt, nur einen Theil derjenigen bildet, wie sie sich anderwärts fuHlen mag, dass übri- gens die Unsrige, so wenig mächtig und so wenig aufgeschlossen sie auch ist und so arm sie auch in Beziehung auf die Quantität der organischen Kinschlüsse gegenüber dem Keichlhum der an- dern Schichten sich zeigt, doch eine hübsche Anzahl schön er- haltener und ganzer Fetrefacten einschliesst. Sic ist ohne Zweifel die in den „Flözgebirgen" beschriebene obere Schichte des Numismalismergels die unlere haben wir nicht. 6) Ingenieur Bender zu Süssen hielt einen Vortrag über ^ie durch die Eisenbahnbauten von Stuttgart nach Ulm auf- geschlossenen Schichten des Jura der Alp, unter Vorzeigung einer höchst interessanten Durchnittszeichnung. Der Vortrag wie die Zeichnung wurde von demselben nicht zu den Akten der General- Versammlung gegeben; jedoch versprach derselbe, sie für die Veröffentlichung im Vereinshefte zu geben, sobald er die Zeich- nung für den Steindruck reducirl haben werde. 7) Med. Stud. Roman aus Tübingen sprach über Schich- tenfolgen im Juragebirge Schwabens und sandte nachträglich Fol- gendes darüber schriftlich ein: Es wurde letzten Herbst von der philosophischen Facultät zu Tübingen die Preisaufgabe gestellt: Die Schichten des mitt- leren Lias, Numismalis-Merq^eA und Afnaltheen-Thon, mit Berück- sichtigung der darin liegenden Pelrefaclen genau aufzuzählen etc. etc. Ich bin nun durch Mangel an Zeit und andere Gründe ver- hindert, diese Aufgabe zu lösen, da aber die Frage einmal gestellt allgemeines Interesse erregt hat, so will ich hier die Hauptpunkte, die bei ihrer Lösung zu berücksichtigen sind , wie ich sie bei den zum Theil zu Tag stehenden Schichten und bei Nachgrabun- gen etc. gefunden habe, kurz angeben. Betrachtet man den mittleren Lias auf seinem Zuge von Gmünd bis Schömberg (weiter ist er mir nicht genauer bekannt). - 62 -- so fällt zunächst der Umstand auf, dass je weiter wir an der Alp gegen Westen gehen, desto mehr die Thone in den einzelnen Schichten sich entwickeln, während umgekehrt die Kalke gegen Osten immer mehr vorherrschend werden. Nirgends sind die Thone des Lias ß so entwickelt, als bei Balingen und Schöm- berg; bei Ofterdingen, Betzingen sind sie schon schwächer, jen- seits der Staufenkette bei Gmünd fehlen sie ganz, wie denn überhaupt nördlich von dieser, im Remsthale, die Schichten des mittleren Lias (ßyö) lange nicht so mächtig sind, als südlich davon jm Filsthale. Ebenso verhältnissmässig schwach sind bei Gmünd die Nu- mismalis -Mergel entwickelt. Statt des magern Kornfeldes, die durch ihr spärliches Grün immer noch einen weissen Boden herausschimmern lassen, finden wir bei Gmünd fruchtbare Aecker, bei denen nur hie und da ein Steinhaufen von ihren Besitzern am Rande aufgehäuft oder einzelne auf den Brachfeldern zer- streute Haufen mit Amm. Davoei, lineatus, capricornus, Bei. cla- vatus und paxillosus und die aufgeblähte Terehratula numismalis uns zeigen, dass diese Strecke nicht den Jurensis-Mergeln , mit denen sie in ihrem Auftreten sehr viel Aehnlichkeit haben, son- dern dem Lias y angehören. Diesseits der Staufenkette, Göp- pingen, Pliensbach etc., tritt in dem Lias y schon mehr Thon in den einzelnen Bänken auf und, was zugleich in die Augen fällt, verkieste Petrefacten, die bei Gmünd ganz fehlen, und am häufigsten bei Metzingen, Sondelfingen, Reutlingen, Mairingen, Hin- lerweiler werden, während ihre Zahl bei Balingen schon wieder etwas abnimmt. Auf den Höhen von Metzingen bis Hechingen sind im Lias y wieder mehr Kalke, wenn auch zum Theil schon sehr thonig und bröcklich, die Hauptsache, biegt man aber um die Ecke des Hundsrucks um und tritt auf das Balinger Plateau, so sieht man, dass hier die Thone auf einmal bedeutend zuneh- men, wie auch nachstehende Schichtenfolge von Erzingen, die ich meinem Freunde Fraas verdanke, am Klarsten zeigt. Was nun die Amaltheenthone betrifft, so haben sie fast immer ganz gleiches Verhalten und Mächtigkeit wie die Turneri-Thone, bei Gmünd fehlt der Lias ß ganz, die Amaltheenthone sind schwach entwickelt, bei Betzgenrielh erreicht der Lias ß schon eine ziem- - G3 — liehe Mächtigkeil, dein nun auch ilas Auftreten des Lias S bei Gros.seislingen und Heiningen entspricht. Das (jk'iche zeigt sich bei Betzingen, Hinterweiler, Ofterdingen einerseits, dann Breiten- bach, Sondelfingen andererseits, endlich bei Balingen, wo den hohen Turnerivvänden der Kyach die Abfälle des Lochenbachs von Erzingen und Frommern correspondiren. Zugleich zeigt sich auch hier im Lias A wieder, dass die Alp von Metzingen bis Hechingen am meisten Schwefelkies zur Erhaltung ihrer organi- schen Reste besitzt, denn bei Balingen sind in dem Amaltheen- thone die grossen Ammoniten verkalkt, ebenso sind bei Hei- ningen und Grosseislingen die Amaltheen nicht in Schwefelkies umgewandelt, sondern vorherrschend mit einem verhärteten Thon gefüllt, der übrigens blos die inneren Umgänge ausfüllte, die äusseren sind bei grössern Amaltheen fast immer verdrückt. Andererseits sind die kleinen Ammoniten des Lias Ö nirgends so zierlich verkiest, als am Breitenbach und bei Sondelfingen. Nir- gends finden sich die grossen verkiesten Ammoniten so zahlreich und gut erhalten als hier. Schwieriger als dies ist die Lagerung der Petrefacten in den einzelnen Schichten, namentlich in dem Numismalismergel, zu bestimmen, indem mir mit Ausnahme von Erzingen kein Platz bekannt ist, wo das ganze Lias y aufgeschlossen wäre, an allen andern Stellen, namentlich auf dem Reutlinger Plateau, sind es eben einzelne Bänke, die zu Tage liegen, und zwar schon meist aus der Mitte des y. Zu unterst von Lias y, an der Gränze gegen Lias ß, treffen wir immer Grijphaea cymbmm (Balingen, Breitenbach) , indess kann man auf sie natürlich kein Gewicht legen, da sie ja auch noch weiter oben und weiter unten vor- kommt, dann folgt bei Erzingen der Ammonites Tmjlori, dem sich bald auch {\^x Ammonites Jamesoni und natrix anschliesst. Diesem folgen der Amm. heterophyllus, Valdani, pohjmorphus pettos, ibex und zum Schluss oben die Kalkbänke mit lineatiis und Davoei, Bei Nehren, Hinterweiler, Mähringen, Ohmenhausen, Sondelfingen konnte ich indessen die Lagerung der Ammoniten nicht so streng von einander geschieden beobachten, denn bei Ohmenhausen und Mairingen fand ich schon heterophyllus, Taylori, Jamesoni und natrix in gleicher Höhe im anstehenden Gestein, so dass also hier von — 64 — einer bestimmten Lagerung der Ammoniten in Schichten wahr- scheinlich keine Rede sein kann. Anders verhält es sich mit den Amaltheenthonen. Hier ist die Hauptentwickelung der Petrefacten im obern Drittheil der Thone überall sehr bestimmt ausgesprochen. Bei Grosseislingen zeigen sich die ersten Petrefacten 2' unter den Seegrasschichten, dann kommen 3 — 4' verdrückte grosse Amaltheen und dann circa 6' der Hauptreichlhum an Petrefacten , Amm. amaltheus nudus und gibbosus mit wohlerhaltener Schaale, Amm. radians amalthei, Bei. paxillosus mit langer überragender Alveole und andern kleinen Petrefacten. Dasselbe Lagerungsverhältniss fand ich bei meinen Nachgrabungen am Breitenbach, wo Amm. Amaltheus nudus, gib- bosus, gigas, Amm. radians, Terebratula citicta und rimosa (?% Helicina expansa , Belemnites acuarius , complanatus , clavatus, paxillosus mit Uebergängen in tripartitus , digitalis, etwa 3 — 4' imter dem Posidonienschiefer in einer Mächtigkeit von circa 5 — 8' bunt unter einander liegen, weiter unten wie auch bei Grosseis- lingen fast nichts mehr vorkommt, bei Erzingen liegen die kleinen Ammoniten mehr in der Mitte des Thons, die grossen Amal- theen etc. dagegen nach oben. Sehr interessant sind dann noch im mittlem Lias die Ver- werfungen und Ueberlsürzungen. Es ist eine bekannte That- sache, dass die Thone unseres Jura eine sehr grosse Neigung zum Rutschen haben ; (auf der ganzen Balinger Alp ist ja fast kein einziger Ornatenthon mehr an seiner ursprünglichen Stelle) in Folge dessen die darüber liegenden Kalke sich senken oder herab- stürzen. Eine solche Stelle, wo offenbar die Thone des Lias ß gerutscht sind, findet sich bei Bebenhausen; hier stehen oben auf dem Berge die untern Liaskalke an, etwa 100 Schritt unter diesen findet man mitten in einem Keuperfeld weisse Kalke, die sich sogleich für Numismalismergel zu erkennen geben. Eben dahin gehört wahrscheinlich auch die früher so berühmte Numis- malisplatte von Echterdingen, wo wahrscheinlich auch das ß her- ausgeschwemmt und das y nachgesunken ist. Wie hier die Thone des ß gerutscht sind, so rutschen auch die Thone des ö. Eine sehr schöne Stelle der Art findet sich am Goldbächle bei Wald- sletten, OA. Gmünd. Unten stehen die Amaltheenthone hellgrau, — 65 - weiter oben die Fosidonifusclüefer an, da wo ein kleiner Seiten- bach einmündet, senken sieli die Posidonien allmählich der Ver- einignngstelle zn und in der Mitte erliebt sieh ein kh'iner Hügel mit dunklem festem Thon und den bekannten, gelbbraunen (ieoden, dessen Schichten geradezu auf dem Kopf stehen, — Opalinus- thon. Es sind also die Thone des Lias Ö ausgeschwemmt wor- den, die Posidonien senkten sieh allmählich und oben herein stürzte der braune Jura. Der Herr Verfasser gab noch die Schichtenfolge des Lias y und 8 wie sie bei Erzingen, Oberamts Balingen von Pfarrverweser Fraas gefunden wurde, von oben nach unten wie folgt: Pos i d 011 ienschi efe r, zu unterst die Seegiasschiclite. 1) Thone, 4' mächtig: Belemnites paxillosus. 2) Kalkbank 1': Ammonites costatus, Terehralnla digona. 3) Thone 6'; Belemnites paxillosus , Plicalula spitiosa. 4) Kalkbank '/o'- -^^nm. amaltheus und heterophijllus verkalkt. 5) Thone 8': Ammonites amaltheus gigas und heterophyllus verkiest. 6) Kalkbank 1 '/o' : Pecten glnber, Belemnites clavalus, Penlacriniten. 7) Thone 15': Hauptentwickclung des Amino7iiles amaltheus^ Nucula, Trochus^ Orthoceratites elongatus und Belemnites paxillosus. 8) Kalkbank Vn', leer. 9) Thone 2' : Nitcula ovalis. 10) Kalkbank 1': Ammonites lineatus, Belemnites paxillosus. 11) Thone 3': Belemnites paxillosus. 12) Kalkbank y^', teer. 13) Thone 2', leer. 14) Kalkbank V von lichter Farbe: Ammonites lineatus , Davoei, Belemnites paxillosus. 15) Mergel 6': Ammonites ibex, polymorphus , heterophtjllns, nitmism., Valdani. 16) Kalkbank 1': leer. 17) Thone und Kalkniergel im Wechsel 12': Ammonites Jamesoni, Ter. numismalis. 18) Kalkmergel 3': A. Taijlori, nalrix. Turnerithone mit A. raricostalus, oxijnotus etc. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1852. Is Heft. 5 — 66 — 8) Repetent Alex. Müller am Laboratorium der pol^'techni- schen Schule zu Stuttgart theilte folgende Bemerkung über das Vorkommen von Vanadium in würltembergischen Bohnerzen mit. Durch das kürzlich in Liebig's Annalen der Ch. und Ph. erwähnte Vorkommen von Vanadium in den Bohnerzen von Haver- loch fand ich mich veranlasst, die würltembergischen Bohnerze, als Hauptmaterial der hierländischen Eisenproduction, einer Unter- suchung auf Vanadgehalt zu unterwerfen. Herr Professor Fehlin g hatte die Güte, mir zu diesem Zweck einige Proben Bohnerze aus der Umgegend von Tuttlingen zu überlassen; ich habe sie nach der Methode von Berzelius und Sef ström behandelt und endlich aus der letztresultirenden alkalischen Lösung durch Salmiak ein gelbliches Salz abgeschie- den, welches ich nach den angestellten Reactionen für vanad- saures Ammoniak erkannte. Auf trockenem Weg verwandelte sich das gelbliche Pulver beim Erhitzen auf dem Platinspatel unter Ammoniakent- wickelung in schwarzes Oxvd, das nach und nach in rostfarbene Säure überging; stärker erhitzt schmolz diese ohne Verflüchti- gung und erstarrte abgekühlt zu einem Gewebe von gelb- und purpurfarbigen Nadeln. Vor dem Lölhrohr auf Koh'e zieht sich unter Schmelzen und Aufbrausen ein Theil in die Kohle, ein anderer bleibt zurück als graphilähnliche Masse ohne Beschlag. Borax- und Phosphorsalzperlen nehmen in der Oxvdationsflamme eine gelbe, in der Reductionsflamme eine grüne Färbung an, mit dem dem Vanad eigenthümlichen Verhalten während der Abkühlung. Auf nassem Wege ist die Unlöslichkeit in salmiakhaltigem Wasser bemerkenswerth; ferner die Auflöslichkeit in Schwefel- ammonium zu einer bierrothen Flüssigkeit; die blauschwarze Fäl- lung durch Galläpfeltinctur, die grüne Fällung mit Ferrocyan- kalium, die Reduction der sauren Lösung durch Alkohol zu blauer Oxydlüsung. Nach obenerwähnten Reactionen wurde Vanad nachgewiesen in den Erzen vom Staatswald Hardt und von Wilmandingen, Neu- hausen, Bärenthal und Friedingen. Aus meinen besonders qua- litativ angestellten Prüfungen scheint der Vanadsäuregehalt auf - 67 — 10,000 Th. zu 2 Tli., der (jcliall der Cliromsäure, die ich nebL'nbci mit nachgewiesen habe, von 10,000 Th. zu 3 Th. sich zu ergeben. Auf die gleichzeitige (legenwarl einiger anderer verwandter Metalisäuren glaube ich aus einigen Keadionen schliessen zu können, doch habe ich hierüber zur Zeil keine directcn Versuche angestellt. Von sonstigen in geringer Menge vorkommenden Be- standlheilen erwähne ich noch Schwefelsäure, die ich als Bar^t- niedcrschlag erhielt , und Phosphorsäure , welche die bekannte Reaclion mit molybdänsaurem Ammoniak gab. 9) Prof. Dr. Kurr zeigte im Auftrag des durch Krankheil verhinderten Prof. Dr. Fleischer in Hohenheim folgende Gegenstände vor : a) Einige riesenmässige lebende Exemplare von Heracleum sibiricum L. einer ausdauernden Schirmpflanze aus dem botani- schen Garten in Hohenheim, welche in schönslei- Blülhe steht und eine Höhe von circa 8 Fuss erreichl hal. Diese Pflanze dürfte sich als Zierpflanze für grössere Garlenanlagen eignen, weniger aber zur Fütterung von Hauslhieren , weil sie sehr gewürzhafl ist. b) Ein Stammstück von Acer pseudoplata?ius, woran ein hol- ziger, spiralig gewundener Stamm des Gaisblattes (Lonicera caprifolium) so eingeschnitten hat und eingewachsen ist, dass jener selbst die Form eines spiraligen Lianenstammes angenom- men hat. Der Vortragende erinnert hierbei an die merkwürdigen Stämme mancher brasilianischen Schlinggewächse (Bigfioniaceae und Smilaceae), welche schon ursprünglich — ihrer zugewiesenen Bestimmung gemäss — theilweise ähnliche Formen zeigen. c) Ein proliferirendes Exemplar von Geu7n rivale, woran die Blume statt der äusseren grösseren Kelchblätter eine aus 5 grossen Stammblättern bestehende Hülle, statt der inneren schmä- leren — fünf dreilappige kleine Hüllblätter, statt der 5 Blumen- blätter deren 10 trägt ; aus der Mitte der GrifTel erhebt sich ein 8 Linien langer Blumenstiel, welcher einige Brakteen und eine unvollkommen entwickelte Blume trägt. *) *) Diese innere Blume ist aber besonders dadurch von Interesse, weil daran die ganze Entwickelungsreihe des Blattes sichtbar ist. Am 5* - 68 - d) Zwei proliferirende Schirme der Kümmelpflanze (Carum carvi), woran statt der gewöhnlichen Schirmchen 12 und mehrere zusammengesetzte Dolden stehen ; die Hüllblätter sind daran sehr zahlreich und doppelt zusammengesetzt. e) Frische Zweige der Blutbuche (Fagus sylvatica Var. san- guinea), auf deren Blättern an der Oberfläche Erineum nervosum, auf der Unterfläche Erineum fagi, letzterer schön purpurroth, zu sehen sind. Dieselben wurden schon mehrere Jahre an diesem Baum auf ähnliche Weise beobachtet. Derselbe legte ein Schädelstück, Fragment eines untern Vor- derkiefers mit mehreren Zähnen, aus der Sammlung und im Auf- trag der Frau Staatsminister V. Hügel vor. Es stammt aus dem obern Stubensandstein der Gegend von Affalterach bei Löwen- stein und dürfte nach der Ansicht des Vortragenden demselben Saurier angehören, dessen riesenmässige Knochen zuerst von Herrn Alb. Reiniger in dem obern Keupermergel hinter Deger- loch aufgefunden wurden, und wovon heute Prof. Plieninger auch einzelne Knochen vorzeigen wird. Da in hiesiger Gegend bis jetzt kein Kopf dieses Thiers gefunden wurde, so wäre dieses Stück ein interessanter weiterer Beitrag zu der Anatomie dieses merkwürdigen Reptils, dessen Wirbel- und Schenkelknochen an Grösse denen des Rhinozeros gleichen und dessen Zehen mit starken Klauen versehen , also nicht zum Schwimmen gebildet waren. An dem Kieferstück sind mehrere Zähne, ein Fangzahn und ein kleinerer Backenzahn sichtbar, leider in die Quere gebrochen und von sehr dichtem Gefüge. An einem andern Kieferbruch- stück befinden sich c^^lindrische Alveolen , mit Sandsteinmasse Grunde des Stiels erscheint nämlich zuerst ein lanzettförmiges, behaartes (Kelch-) Blatt von grüner Farbe , dann folgen in verschiedener Höhe über einander verschiedene Staubfäden, theils mit, theils ohne Staubbeutel an der Spitze, in aufsteigender Spirallinie der Axe eingefügt, im Ganzen 17 an der Zahl, zwischen denselben etwa 4 Linien über dem Grunde ein vollkommenes Blumenblatt, etwas höher ein an der Spitze blumen- blattartig gefärbtes und erweitertes Deckblatt, sodann mehrere verschie- den gestaltete Deckblätter, die sich zuletzt zu einem zweiten Kelch grup- piren, der weder Blumenblätter noch Staubfäden, wohl aber die gewöhn- liche Zahl von GrilFeln einschliesst. - 69 - ausgefüllt, welche an Phyfosaurus njlindricodon Jägers erinnern, der ebenfalls in dem obern Keiiper gefinidcn wurde. Säininlliche Kieferknochen sind rölhlichweiss, sehr zerbrechlich und erscheinen unter der Lonpe von kompaktem , fast elfenbeinnrligem Gefiige, sind aber der Länge nach von feinen, rolh gefärbten Kanälchen durchzogen, wodurch eben jene röthliche Färbung derselben her- beigeführt wird. So sind auch die kegelförmigen Zähne, obwohl äusserlich glatl und ungefurcht, an der Aussenseite von sehr feinen röthlichen Längsstreifen durchzogen. Jenes kompakte, an die Struktur der Vogelknochen erinnernde Gefüge der Kiefer- knochen hätte den Kopf ungemein schwer machen müssen, wenn nicht im Innern derselben eine grosse, der Länge nach verlau- fende, mit Gesteinsmasse erfüllte Höhle vorhanden wäre, wie sie auch in den Unterkiefern der Labyrinthodonten vorkommt. 10) Hauptmann v. Dürr ich von Stuttgart legte eine von ihm entworfene und ausgeführte (diesem Hefte beiliegende) Tafel mit geogn ostischen Durchschnittszeichnungen durch Württemberg vor, wobei er nicht nur die bis jetzt bekannten Höhenangaben zu Grund legte, sondern auch die, den Formationen entsprechenden Terrain p rofile möglichst genau auszuführen bemüht war. Herr Pfarrer Ed. Schwarz, welcher in seinem geschätzten Werke „Natürliche Geographie von Württemberg. Stuttg. 1832 ♦) zuerst den natürlichen Zusammenhang der Erdoberfläche rück- sichtlich ihrer Gestaltung mit der geognostischen Beschaffenheit ins Auge fasste, und diese Idee in Anwendung auf Württemberg ebenso ansprechend wie genau ausführte, hatte die Güte, unter Zugrundlegung der D ü rri ch'schen Zeichnung und der von dem Hrn. Verfasser an die Hand gegebenen, auf die Zeichnungen zu- nächst bezüglichen Notizen, in Folge Ersuchens der Redaction, die nachstehende Erläuterung der Profile zu entwerfen. Bei dem neuerer Zeit reger gewordenen Sinne zum Durch- *) Dasselbe wird dem Vernehnien nach in Kurzem in neuer, ver- mehrter Auflage unter Mitwirkung des Hrn. Topographen Paulus er- scheinen, p. — 70 -=" forschen unseres heimalhlichen Bodens ist es Pflicht, demselben durch zweckmässige Hülfsmittel entgegen zu kommen. Es ist nun anerkannt , dass hiezu , weit mehr als noch so treffliche schriftliche Belehrungen, die Anschauung selbst, namentlich wenn sie durch deutliche Fingerzeige auf die Haupt- anhaltspunkte hingeleitet wird, förderlich ist. Beides nun , die Anschauung und die Fingerzeige , ist in den sogenannten Durchschnitten vereinigt, welche nach be- stimmten Richtungen, z. B. von West nach Ost, von Süd nach Nord u. s. w., über das zu erforschende Land hin gezogen wer- den, und die Sei t e n- Ansichten (die Profile) der in der vor- gezeichneten Richtung liegenden Gegenden darstellen. Durch sie wird nämlich Zweierlei erreicht und zur An- schauung gebracht : 1) Die Gestaltung des Bodens in der angegebenen Richtung, seine Höhen und Tiefen, womöglich seine Abfälle und Senkungen, seine Formen in Ebenen, in Bergen und Thälern, seine Ausdehnung nach Breite und Länge; und 2) der Bestand des Innern in dem zu durchforschenden Lande, um den Einbau der grossarligen Werkstätte zu erkennen, von der wir Alles beziehen, was zum materiellen Leben des Men- schen gehört; somit die verschiedenen Gebirgsarten, aus welchen die obere Decke des Planeten, den wir bewohnen, in dem zu durchforschenden Gebiete zusammengesetzt ist, deren Richtung und Lagerung, Mächtigkeit und Ausdehnung, das Ver- hältniss derselben zu einander u. s. f. Solche Durchschnittszeichnungen stellen somit den Zusam- menhang des inneni Bestandes eines gewissen Erdgebietes mit seiner äusseren Gestaltung unmittelbar vor das Auge, und er- läutern also bildlich , wie es nie eine Beschreibung vermögen wird, welchen Einfluss das Gestein, die Gebirgsart auf die Formen der Erdrinde ausgeübt hat und theilweise noch ausübt. Ueberdiess aber ergeben sich so interessante Wirkungen der Gesteinsart auf die Witlerungsverhältnisse, das Klima, den Wasser- schatz, auf die Fruchtbarkeit, Bewohnbarkeit, Gesundheit einer bestimmten Gegend, auf die Lebensweise und den physischen und selbst auf den geistigen Charakter der Bewohner, dass an- — 71 — schallliche llcberblicke über die Gebirgsverhällnisse einer Gegend, im Zusammenhang mil den Bodcnverhültnissen aufgefassl, immer mehr zum Bedürfniss des Naturforschers wie des Geographen werden. In der Tiiat, die Wissenschaft darf sich beeilen, die Fort- schritte einzuholen, welche hierin, seitdem die Geognosie durch populäre Auffassung ihres Zusammenhangs mil der physischen Geographie Eingang in das Interesse und Leben des Volks selbst gefunden hat, (iie Nichtgelehrlen , die nicht eigenllichen Fach- männer gemacht haben. Sie haben, angezogen durch den Einfluss auf das Leben, den sie im Gestein erkannt haben, in ihm selbst die Wirksamkeit des Lebendigen gefunden, sind derselben — ganz folgerichtig, gemäss dem Charakter der Einheit, der in der ganzen Natur waltet, durch alle ihre Gesetze hindurchzieht und alle ihre Gebiete in eine grosse Harmonie vereinigt — nach- gegangen und haben, nicht auf dem wenig befriedigenden Felde der Hypothesen, sondern auf dem Boden wirklicher Erfahrung, die anziehendsten und sehr umfassende Ergebnisse entdeckt und gesammelt. Es ist daher nicht allein für die Geographie hohe Zeit, dass sie die ausserordentlich fruchtbare und folgenreiche Hülfe, welche ihr die so aufgefassle Geognosie darbietet, annehme, dass sie sie aufsuche und sich zu Nutze mache; sondern es ist auch der Geognosie, die in ihrer gegenwärtigen Richtung auf dem Abwege begriffen ist, zum blossen Anhang einer andern Wissen- schaft — als fossile Zoologie, fossile Botanik — zu werden, sehr zu wünschen, dass sie ihre Aufgabe erkenne, der Schlüssel zum Versländniss der Natur der Erdgebiete zu werden, deren Mannig- faltigkeit, deren herrliche F'ülle von Unterschieden und Gegen- sätzen ohne sie eine verhüllte Sphinx bleibt, — in der Thal eine unvergleichlich herrliche Aufgabe! Zu unserer kleine n Heimath übergehend, ist aller- dings mit Dank der Reichthum von Material anzuerkennen, den der Fleiss der einheimischen Naturforscher besonders, in Höhen- bestimmungcn sowohl, als in Durchforschung der geognostischen Beschaffenheit des Landes, zusammengebracht hat, wie es wohl nach Verhältniss in keinem andern Lande der Fall ist. Und dennoch, sobald der Geograph an die Arbeit geht, so muss er — 72 — — die Menge der Daten in der Hand, — beklagen, dass sie ihm ganz unnütz sind, indem gerade die Anhaltspunkte für seine Auffassung, für seine Vergleichungen und Beziehungen fehlen. Z. B. ein Dorf, dessen Lage gar nichts Charakteristisches hat, ist nach seiner Höhe über der Meeresfläche bestimmt, die Er- hebung der Gegend aber, worin das Dorf liegt, sowie ihre tiefste Senkung — hat auch der Beobachter auf seinem Wege zum Dorfe sie durchschnitten — sind nicht bestimmt; oder von einem Dorfe, das an einem Abhänge z. B. liegt, und in seiner Lage einen Höhen-Unterschied von vielleicht 100 Fuss und noch mehr hat, ist die Spitze des Kirchthurms nach der Meereshöhe bestimmt, aber weder die Höhe des Thurms, noch auch nur die Lage der Kirche im Orte. Und solche Fälle kommen nicht ein- zeln, sie kommen 20fach vor. "Wie sehr ist da zu bedauern, dass diesen vielen Höhenbestimmungen kein Plan zu Grunde gelegen ist! und wie noch viel mehr, dass zur Zeit, als unser trefflicher Landes-Vermessungs-Atlas ins Leben trat, das, was ohne alle Kosten hätte ausgeführt werden können, nämlich durch die Trigonometer ein Höhennetz über das Land und die geogno- stischen Grenzen aufnehmen zu lassen, nicht geschah. Es ist hiebei zu bemerken, dass es von Seiten der sachverständigen Betheiligten hiebei an wiederholten und den dringendsten Vor- stellungen der Zweckmässigkeit dieser ganz geringen Nebenarbeit nicht gefehlt hat. Neuerer Zeit hat man dies eingesehen und ist nun bedacht, das Versäumte nachzuholen , was freilich jetzt mit Kosten geschehen muss, die jedoch durch den Gewinn, den dieselben für das Leben austragen können, als gerechtfertigt erscheinen mögen. • — Zur Entschuldigung dieser Abschweifung ist zu sagen, dass die Berührung derselben zur Erklärung der noch unvermeidlichen Mängel jeder ausführlicheren und genaueren Durchschnittsarbeit über unser Land nöthig war. Vorliegende 6 Profile nun sind in verschiedenen Richtungen über unser Land gezogen, um die Aufeinanderfolge, das Auf- lagern der verschiedenen Gesteinsarten des ganzen Landes, so wie ihre Ausdehnung und ihr Streichen (nach einer bestimmten Weltgegend hin) und ihr Fallen (den Grad ihrer Senkung oder Aufrichtung) erkennen zu lassen. In Verbindung mit tüchtigen DÜKrHSCimiTTE ilurch •WIIKTTKMBF,K& - 73 - Terrainkarton, wie unser ansgezeiehneler Landes-Atlas — dessen, im Vorbeigehen gesagt, kein Land der Welt einen gleichen auf- weisen kann, und zwar darum, weil der unsrige von solchen Topographen gezeichnet und selbst zum Theil gestochen worden ist , welche die Terrainformen der verschiedenen Gebirgsarlen in ihren wesentlichen Characleren kennen gelernt haben, während die militärischen Topographen hauptsächlich bloss für die Zwecke der Artillerie und Keilerei arbeiten — werden dem Naturforscher diese geognoslischen Höhenprofile das Innere des Landes dar- legen, und ihn Schlüsse ziehen lassen, auf die er ohne tüchtige Zeichnung nie kommen wird. Ebenso können durch solche Zeichnungen Irrthümer, die in Folge einer einmaligen unrichtigen Auffassung einer schriftlichen Angabe sich oft lange festgesetzt halten, sich mil einem einzigen Blicke widerlegt und berichtigt finden ; wie dies z. B. der Fall ist mit der häufig vorkommen- den Meinung, als ob die Gesteine in horizontalen parallelen Lagen hinstreichen, während sie in der Wirklichkeit gehoben oder wellen- förmig bewegt und hingelagerl erscheinen. Besonderes Interesse erregt das Profil IV mit seinen vulka- nischen Ausbrüchen. Betrachten wir dasselbe näher, so drängt sich uns unwillkürlich der Schluss auf, dass der erloschene Vulkan Sternenberg bei Münsingen auf der Höhe des AIp- plaleaus das Kamin zu dem Herde war, der unterhalb Mün- singen und Urach sich ausdehnte, und von dem aus die vulka- nische Bewegung nordwärts, und zwar hauptsächlich gegen Nordost, ausging. Eine nicht minder merkwürdige Thatsache ergibt sich aus dem Profile I und der ersten Hälfte des H. Es ist nämlich aus ihnen ersichtlich, dass die verschiedenen über einander gelagerten Gebirgsschichten gegen dem Schwarzwalde zu aufge- richtet sind. Da nun aber die geschichteten Gesteine, indem sie, als Niederschläge aus Wasser (aus grossen Urseen der Vor- welt oder aus einem lokalen Urmeere) in Schlammform abgesetzt worden sind, ebenso wie noch heutzutage die festen Massen, die aus einem schlammigen Gewässer in der Ruhe sich absetzen — nothwendig alle ursprünglich wagerecht über einander ab- gelagert gewesen sein müssen: so gehl hieraus mit mathemati- — 74 --^ scher Nolhwendigkeil hervor, dass diese Gebirgsmassen nach ihrer Ablagerung gehoben worden sind. Dass die Ursache dieser Hebung im S c h w a rz \v ald e selbst liegt, ist für den kein Zweifel, der die geognoslische Natur der Gebirgsart kennt, aus welcher der Schwarzwald besteht. Die Grundgebirgsart des Schwarzwaldes ist nämlich eben kein geschichtetes, sondern ein massives Gestein, also nicht aus Wasser niedergeschlagen, sondern es ist aus derinwendigenWerkstättederErde, aus der Tiefe, ähnlich wie die kleinen Inseln, die auch in neuerer Zeit in verschiedenen Gegenden des Meeres plötzlich aus dem Meere heraufgestiegen sind, mit einem Male emporgelrieben worden. Dadurch hat es müssen alle auf ihm liegenden Gebirgs- schichten, in grosser Ausdehnung, mit aufheben, die obersten gerade über der Hebungslinie befindlichen aber zerbersten — daher eine Menge grosser Fclsbrocken auf den Abhängen des Schwarzwaldes zerstreut gefunden werden. — Namentlich ist die Wirkung dieser Emporhebung an der Aufs t eigung der ganzen schwäbischen Alb von NO. gegen SW. , vom Härtsfeld bis zum Heuberg, somit gegen den Schwarzwald zu erkennen, und diese, sonst räthselhafte Aufsteigung der Alb hiemit ganz einfach enträthselt. — Solche, keineswegs bloss vermeintliche oder aus der Luft gegriffene Hypothesen, sondern ganz ungezwungene und natürliche, selbst nothwendige Aufhellungen ergeben sich nun im Grossen und ebenso im Kleinen, aus diesen Durchschnitten, so bald sie mit prüfendem und vergleichendem Auge betrachtet werden. lieber jedes einzelne der 6 Profile ist nun wenig mehr zu sagen. Die Karte, die nolhw endig zugleich mit zu betrachten ist, und zwar eine gute Terrainkarte, welche die Charactere der Gebirge richtig zeichnet — wird von selbst das Bild erläutern, das die Durchschnitte aufschliessen. Profil I ist durch den westlichen Theil des Landes, in der Richtung SW. — NO. vom oberen (badischen Schwarz- wald bis zum Main (im bayerischen Frankenlande) bei Würzburg gezogen. Im württembergischen Schwarzwalde zeigt es bei Schramberg das Bohrloch durch das dort lokal in grosser Mächtigkeit eingelagerte Todtliegende , zieht dann über das Mus ch elkalk- Gebiet der obern Neckargegend, dann über die - 75 - Hügelmassen des Kenpcrs (Schönbuch, SchurwaUl, Wclzheimer NVald, Limpurgcr Borge), welche alle oben eine Auflagerung des schwarzen J u r a oder Lias zeigen , endlich von Neuem über die M u s e h e I k a I k - Kbenen der Haller und Hohenloher Gegenden bis zur nördlichen Landesgrenzc (Mergenlheim) und noch weiter ins Bayerische hinein. — Es stellt also hauptsächlich die Län- generstreckung des Muschelkalks und des Keupers in unserem Lande dar. Profil II besteht aus 2 Abiheilungen: die erste A), die wir vorhin betrachtet haben, geht im Süden des Landes in der Richtung >V. — 0. wieder vom Schwarzwalde aus, und zwar vom höchsten Punkte des badischen Schwarzwaldes (Feldberg) aus, quer über den südlichen Theil unserer Alb (den Heuberg) nach Oberschwaben bis gegen den vereinzelten weithin sicht- baren Bussen; und B) vom Bussen nordöstlich wieder über die Alb ihrer ganzen Längenerstreckung nach über Ulm bis zum Härtsfeld, wo an dessen Rande, an der Grenze des Rieses, eine kleine plulonische Emporhebung auftritt; und von dort nordwest- lich über die Ellwanger Gegend (brauner und schwarzer Jura und Keuper) wieder in die Hohenlohische Ebene (Muschelkalk). In der ersten Hälfte ist noch auf den Schwarzwald auf- merksam zu machen , da hier sowohl die darin vorkommenden emporgetriebenen Porphyrmassen, als die ihn durchkreuzen- den Met all- Adern, welche das Granit- und Gneiss-Gebirge so werthvoll machen, eingezeichnet sind. Profil III betrifft wieder den Westen des Landes, und zieht zuerst in der Richtung S. — N. vom plutonischen Fels- berge Hohentwiel im Högau wieder über den Heuberg (wie Profil II, A) nur nordwärts, dann über den Hohenzollern in die K e u p er - Gegenden von Tübingen und des Schönbuchs zum vereinzelt stehen gebliebenen Asberg und von da über den Muschelkalk der Besigheimer Neckargegend und den Heuchelberg ins Badische, in die Lücke zwischen den Schwarz- wald und Schurwald, wo der plulonische Stein sberg auftritt. Von da an zieht der Durchschnitt westlich in die Pfalz quer durch das Rheinthal zu den Vogesen hinüber, wo wieder -^ 76 — das Urgebirge im Donnersberge auftritt (wie in dem herwärts gegenüberliegenden Odenwalde, der wieder seinerseits die Fort- setzung des Schwarzwaldes ist). Dieser Durchschnitt zeigt also, wie Profil I, die grosse Aus- dehnung des Keupers, durch die unser Land ausgezeichnet ist, und zwar Pr. I von SW. — NO. und Pr. III von S. — N. oder S. — NW. Profil IV zieht vom äussersten sü dÖ st I i ch en Punkt des Landes quer nach NW., also in entgegengesetzter Richtung der bisherigen Durchschnitte: vom Allgäu, den ersten Vorstufen der Voralpen nordwestlich, durch das ganze Land bis zum Oden- wald. Also über Oberschwaben, quer über die Mitte der Alb, wo die plu tonischen Emportreibungen bis über das Plateau der Alb hinauf auftreten, dann über das Land am Fuss der Alb (Kirchheim), den Schurwald, Welzheimer Wald, Löwensteiner Berge (Vorsprung Stocksberg) ins Unterland (Heilbronn, Neckargegend an der badischen Grenze), dann auf den Vorberg des Odenwaldes dort, den plutonischen Katzen- buckel im bunten Sandslein und auf den Odenwald selbst, der mit seinem Schlussberg, dem ebenfalls plutonischen Meli- bocus an der Bergstrasse südlich von Darmstadt, in die grosse Rheinebene abfällt. — Dieses Profil enthält alle Hauptgesteine des ganzen Landes. Profil V besteht wieder aus 2 Abtheilungen: A) Die B od e nsee -Gegend bis zu den Vorhöhen des Allgäu und der Leutkircher Haide bis Memmingen, von Constanz SW. — NO., also lauter Molasse. Auch zeigt es die Tiefe des Bodensees. B) Vom Ufer des Bodensees (Langenargen), also dem äus- sersten Süden unseres Landes gerade nordwärts bis Welz- heim; somit durch ganz Obe rschwaben der Länge nach, dann über die Alb hinüber (Münsingen, Geislingen, den Rechberg) ins Remsthal (Gmünd) bis auf die Welzheimer Höhe. Hier tritt besonders das Fallen des Jura (der Alb) gegen Süd- 0 s t vor das Auge, so wie auch auf dem vorhergehenden Durch- schnitt IV, während auf Profil II seine Aufrichtung gegen dem Schwarzwalde zu erscheint. — Endlich Profil VI zieht durch die gerade Mitte des Landes S.— N. i — 77 - vom Bodensce (dem Schweizer Ufer bei Rorschach) wieder durch Ob e rs ch \v a b e 11, dann wieder über die Alb und seinen im- posanten Vorberg, den H o h e n s t a u f e n , über die W e 1 z h e i m er und W ald enbucher Höhen (Keuper) ins Hohen lohische (Muschelkalk) bis zur nördlichsten Landesgrenze (Mergentheim) wie Profil I. Es wird nun dem Beschauer ein Leichtes sein, das Auf- treten der verschiedenen Gebirgsarten in ihren characleristischen Formen zu erkennen. Auf den ersten Blick stellt sich z. B. die Alb als eine breite Hochfläche dar, die um 800 — 1000' sich auf ihrer Unterlage erhebt und mit einem schroffen Abbrechen und mit Vorbergen gegen diese, dem Neckar zu, abfällt, und nicht als ein Gebirge wie der Schwarzwald. Der Muschel- kalk erscheint als eine Ebene, der nur durch eingefurchle Thäler durchschnitten ist. Der Keuper als ein wellenförmig hügeliges Land mit sanften Abfällen gegen seine Unterlage, den Muschel- kalk. Oberschwaben als ein unregelmässiger Wechsel von Ebenen, Hügelzügen und Gebirgen, wie dieser der Molasse eigen- thümlich ist. — Wir geben nur diese wenigen Andeutungen als Fingerzeige, wie sich im Grossen die Charaktere der Gebirgs- arten in solchen Profilen darstellen, und wollen weiteren Schluss- folgerungen und Ergebnissen nicht vorgreifen, die eine umsich- tige Betrachtung derselben nicht ermangeln wird, an die Hand zu geben, und die ebenso im Kleinen auf interessante Er- gebnisse führen werden. 11) Apotheker Weis mann zeigte den sehr gut erhaltenen Kopf eines Sauriers, Zähne von Nothosauriis, Asterias Weismanni, mehrere Kieferstücke von einem Placoiden, sämmtlich aus dem obern Muschelkalk von Crailsheim vor. Der Saurierschädel, viel- leicht Simosaurus Gaillardoti des Herrn v. M eye r, ist indessen Werk : über die Muschelkalksaurier abgebildet, der Text jedoch noch nicht erschienen. Sodann zeigte derselbe mehrere Exemplare sogenannter Stylolithen aus dem obern Muschelkalk von Crailsheim mit aufgesetzten Schaalen von Plagiostoma striatum vor, „zum Be- weis," wie er sagte, „dass Prof. Quenstedt Unrecht habe, wenn . — 78 — er behaupte, dass solche Stylolithen mit Muschelschaalen in Württemberg nicht vorkommen" *). 12) Diess gab Prof. Dr. Plieninger Veranlassung, bei der bereits vorgerückten Zeit wenigstens das Wesentliche eines von ihm für die Generalversammlung ausgearbeiteten Vortrages Ueber Stylolithen, Fährten und Rutschflächen und deren Bildung mitzutheilen, welcher nun hier in seiner Ausführung folgen kann. Ueber die mit dem Namen „Stylolith" bezeichneten Vor- kommnisse scheint noch manche Unklarheit zu herrschen, daher es von Interesse sein dürfte, den Gegenstand näher zu beleuchten. Der Name wurde von Kl ö d e n den von ihm **) zuerst in dem Rüdersdorfer Muschelkalk wahrgenommenen und beschriebenen Säu- len-, kegel-, ruinen-, zapfen-, treppenförmigen Gebilden beigelegt, und er glaubte ihre Entstehung durch die Annahme erklären zu kön- nen, dass die Haut von Quallen, wenn sie in den Kalkschlamm gebettet wurde, durch ihre Zwischenlagerung den Absonderungsflächen dieser Gebilde ihre Entstehung, Form und Dauer gegeben habe. Andere nach ihm haben andere Erklärungen, durch Zuhülfenahme eines directen oder indirecten organischen Ursprungs, versucht, und während Kl öden seine Stylolithen in der Be- schränkung auf den Muschelkalk, und zwar zunächst den Rüders- dorfer, auffasste, hat man angefangen, den Namen nicht nur auf analoge Gebilde auch in anderen Formationen auszudehnen, sondern auch selbst auf solche Vorkommnisse anzuwenden, welche den von Klöden festgestellten Character unorganischer Bildungen nicht haben ; und so ist nachgerade eine Unbestimmt- heit des Begriffs entstanden, die einem Versuch das Wort reden muss, den Begriff von dem, was Stylolith h eis st oder heissen kann, festzustellen, damit nicht Willkürlichkeit und dadurch Verwirrung in die Wissenschaft komme. *) Das Flözgebirge Württembergs, 1843. S. 57. *") Beiträge zur mineralogischen Kcnntniss der Mark Brandenburg. 1828. St. 1. S. 50 flg. und: Die Versteinerungen der Mark Brandenburg. Berlin 1834. S. 288 flg. — 70 — Die 1 e X i c a 1 i s (' li e B e cl e u 1 u n {^ ist : ein säulenförmiges Gestein. Ms fordert jedoch sogleich die Petrefaclenkunde auf ihrem heul igen Standpunkte den Beisatz : ein säulenförniiges Gestein, das kein Petrefact ist. Ein St;)lolilh darf daher weder durch organische Textur der innern Masse, noch der äus- sern Schaale oder Rinde, noch auch durch seine Form (Stein- kern) als ein organischer Best erkennbar sein. Da nun aber der Stylolith unter die geformten oder figurirten Vorkommnisse in der festen Erdrinde — im Gegen- salz gegen das formlose (amorphe) Gestein — gehört , unter ersteren aber nach Entstehung und Zusammensetzung eine grosse Mannigfaltigkeit und Verschiedenheil stattfindet, die sich auch in den bis jetzt aufgestellten verschiedenen Benennungen solcher geformten Gesteine geltend gemacht hat; so muss auch unter den säulenförmigen Gesteinsbildungen nach diesen Rück- sichten noch weiter unterschieden , das Gleichartige von dem Ungleichartigen gesondert werden. Säulenförmige Crystallisationen sondern sich ihrer nachweisbaren Entstehung nach von selbst aus. Tropfsteine und Sinterbildungen haben oft die Säu- lenform; allein sie könnten schon nach ihrer Entstehungsart und ihrer Zusammensetzung nicht zu den Stylolilhen gezählt werden, wenn auch nicht der Umstand hinzu käme, dass sie durch ihre anderweitigen, von der Säulenform auf das Mannigfachste abwei- chenden, jedoch trotz dieser Mannigfaltigkeit in bestimmten Merk- malen unter sich und mit den Säulenformen unter ihnen über- einstimmenden Bildungen von allen übrigen geformten Gesteinen ausgezeichnet und eigenthümlich erschienen. Säulenförmige Bildungen finden sich vielfach unter den „Adern," unter andern einer Gebirgsart ungleichar- tigen, mit der allgemeinen Bezeichnung „Einschlüsse" belegten Vorkommnissen. Allein da die Säulenform den Adern und andern Einschlüssen als solchen nicht eigenthümlich noch characteristisch zukommt, sondern bei denselben die mannig- fachsten anderweitigen Formen slattfinden, so wird der Begriff von St^lolith nicht auf die, einer Gebirgsart der Masse und der Zusammensetzung nach ungleichartigen - 80 — Gesteinsbildungen auszudehnen, es werden diese von den Slylolithen auszuschliessen sein. Es sind auch die einer Gebirgsart ungleichartigen Bildungen in derselben durch die all- gemeine Bezeichnung als „Einschlüsse," und unter diesen die langgestreckten durch die besonderen Bezeichnungen als „faden-, Säulen-, ast-, baumförmige etc. Einschlüsse oder Adern," ebenso genau, erschöpfend und characteristisch bezeichnet und unter- schieden, wie die organischen Einschlüsse durch die Bezeich- nung „Petrefacte." Hiernach sind die Stylolithen säulenförmige Gebilde, welche ihrer Zusammensetzung oder Masse nach der Gebirgsart, in der sie vorkommen, gleichartig oder wenigstens nicht wesent- lich von ihr verschieden sind; mit Einem Wort, sie ge- hören unter den Begriff der Absonderungen. Ein St^^lolilh ist demnach eine (nicht durch seine Masse, sondern) durch eine deutlich wahrnehmbare Begrenzung unter- schiedene, mechanisch mehr oder weniger leicht ablösbare, oder auch schon abgelöst vorkommende, säulenförmige Absonde- rung oder auch Ablösung. Kl öden spricht sich nicht bestimmt darüber aus, ob er blos die Säulenformen, oder auch die von ihm erwähnten, häufig vorkommenden, nicht in sich selbst zurückkehrenden, demnach lieinen Theil der Gebirgsart einschliessenden Absonderungsflächen, namentlich die von ihm erwähnten „Horizontalflächen," unter seiner Bezeichnung zusammenfassen will ; ebenso wenig findet man be- stimmt angegeben, ob die bei den fraglichen Gebilden des Muschelkalks fast durchaus wahrnehmbare, unter sich parallele und bei den Säulenformen als Längstreifung vorkommende Strei- fung als wesentliches Merkmal für St^lolilhen geltend zu machen sei oder nicht. Weil aber diese Streifung bei den Stylolithen des Muschelkalks, von welchen Kl öden zunächst spricht, sich nahezu constant findet, so scheinen Manche neuerdings den Begriff der Stylo- lithen auf die „kannelirte Säulen form" beschränken zu wollen oder stillschweigend beschränkt zu haben, und eine „characterislische Streifung" bei dem, was sie St^^lolithen nennen, zu postuliren, dabei aber nicht blos anzunehmen, dass ein Slylolilh - 81 - stets eine nur gestreifte säulenförmige Abs on dem ng sein müsse, sondern aucii umgekelut Alles, was eine gestreifte Säulen- form hat, ohne Unterschied zu Stjlolithen stempeln zu wollen. Dies scheint z. B. Hrn. Pfarrer Fraas *) veranlasst zu haben, unter den Einschlüssen von Schwefelmelallen, welche in den Jurakalken wie in andern Formalionen unter den manigfach- sten Formen und nicht seilen auch in Säulenform vorkommen, die letzleren, obgleich er sie selbst als „Schwefelkiesadern" be- zeichnet, desswegen als St}flolithen geltend machen oder unter diese Bezeichnung stellen zu wollen, weil die fraglichen Schwefelkies- adern beim Vertikalbruch durch eine gestreifte Oberfläche von der Gebirgsarl abgesondert erscheinen **). Es kann jedoch eine Metali- ader (Schwefelkiesader), wenn sie auch auf ihrer Oberfläche gestreift erscheint, desswegen, weil sie diese Streifung hat, noch nicht als Stylolith geltend gemacht werden, sondern sie wird nichts Anderes sein und bleiben können, als eben eine Melallader, da bekannt ist, dass metallische Einlagerungen überhaupt sehr häufig mit einer, vom Muttergestein mehr oder weniger deutlich unter- schiedenen, mehr oder weniger dicken Rinde bekleidet sind, welche mehr oder weniger von dem Metall oder Erz der Ader durchdrungen sein, mehr oder weniger in das Muttergestein verlaufen oder von demselben durch eine deutliche Abgrenzung gesondert oder selbst abgelöst sein kann, wobei diese Abgrenzungs- fläche ebensowohl gestreift, als anders gebildet vorkommt, ohne dass diese Verschiedenheiten in der Bildung dieser Oberfläche ein wesentliches, unterscheidendes Merkmal zu liefern wichtig *) Jahreshefte Jahrg. V. S. 259. *") Hiebei ist nicht wohl einzusehen, wie einerseits von Hr. Fraas gesagt worden kann, dass diese Oberfläche tlieilweise mit Scliwefelkies- crystallen, theilweise mit einer Rostfläclie (zersetztem Schwofelkies?), mit Kalksinter, mit verwittertem oder zersetztem (?) Kalk, mit Montmilch, in Form einer dünnen Zwisclionscliichte besetzt und durch diese vom Muttergestein getrennt sei, während er andererseits beliauptot, dass im Horizontal- oder Quorbruch diese Oberfläche nicht wahrncbmbar, der Umriss des Gebildes nirgends sichtbar sei. Die durch Farbe, Textur, Consistenz und Zusammensetzung vom Muttergestoin, sowie dem Schwefelmetall so sehr unterschiedene Zwischenschichte miisste denn doch auch auf dem Querbruch hervortreten. P. Württeuib. naturw. Jahreshelte. 1852. Is Heft. 6 - 82 - genug erscheinen können, um die auf ihrer mittelbaren oder un- mittelbaren Abgrenzungsfläche gegen die Gebirgsarl gestreiften säulenförmigen Metalladern von den Metalladern überhaupt, oder von den ungestreiften säulenförmigen Metalladern ins Besondere zu trennen und unter die Stj'lolithen zu versetzen. Neuerdings ist die Wissenschaft von europäischen und ame- rikanischen Geognoslen um die Wette mit einer neuen Classe von geformten Geste insbildungen bereichert \vorden, für deren Erklärung ein indirecter organischer Ursprung, d. h. die Mitwirkung von Thieren, >velche zur Zeit der Ablagerung der Gesteinsschichten gelebt haben, postulirt wird, mit den soge- nannten Thier fährten. Bis jetzt hat sich der Begriff dieser Thierfährten in der Art festgestellt, dass sie reliefartig aus einer Gesteinsfläche hervor- tretende Gebilde von gleichartiger Masse und Zusammensetzung mit dem Gestein, jedoch ohne Ablösung, Absonderung oder Tren- nung von demselben, sind, die daher nur auf den Schichtflächen, nicht aber im Innern des Gesteins sich finden. Bisher sind meines Wissens solche „Thierfährten"' nur in Sandsteinformationen, und zwar zunächst da, wo eine Sandsteinschichte mit einer Thon- (Mergel-) Schichte zusammengrenzt, aufgefunden oder als Fährten geltend gemacht worden. Man hat nicht nur solche Reliefs zu Thierfährten gestempelt, welche durch gabelförmige, oder (um mich eines botanischen Terminus zu bedienen) durch gefingerte Fortsätze , mit oder ohne klauenförmige Zuspitzung derselben, eine mehr oder weniger anfiallendc Aehnlichkeit mit den Fuss- formen geflügelter oder vicrrüssiger Zehen - und Sohlengänger verrathen, sondern auch a'SJcre Reliefs in dieses Bereich von Deutung ihres Ursprungs luueingezogen, welche z. B. durch Aehnlichkeit mit der Hufeisenform an die Fussbildung der Ein- hufer *) , oder wohl wahrscheinlicher an die im Tode in dieser Art gekrümmten Leiber nackter Mollusken '**) erinnern, die, in den Schlamm gebettet, Lücken oder Vertiefungen in demselben *) Cotta, über Tliiorfälirten im bunten Sandstein bei Pölzig. 1839. und Bronn Jalirbuch 1839. S. 10. **) Beiträge zur Palaeontologie Württembergs von II. v. Meyer u. Prof Dr. Tti. Plieninger. 1844. S. 79. J - 83 - nach ihrer rasch verlaufenden Fänhiiss zurückliessen und durch deren Ausfülhing niillelst neu herbeii^efiihrler, der Thonschlaminschichte lieterogener Sedimente solche Keliefs entstehen Hessen. Diese letztere Deutung auf indireclen organischen Ursprung solcher Reliefs wird desswegen als wahrscheinlicher erscheinen, weil bei denselben das nolhwendige Merkmal einer Fährtc (im waid- rnännischen Sinn), nämlich der Sehr itt, nicht nachzuweisen ist, ein Merkmal, das man bisher bei der Aufsuchung vorweltlicher Fährten, d. h. Fusstapfen, nicht gehörig festgehalten hat. Während man nun bisher vorzugsweise auf Fährten im en- geren Sinne, d. h. Fusstapfen von Vierfüssern und Vögeln, ausging, habe ich mir erlaubt, auf Reliefs, zunächst in den Sandsteinformationen des Keupers aufmerksam zu machen, welche ich versucht habe, auf Fährten im weitern Sinne, d. h. auf vermuthliche Abformungen des Marsches oder der Ein- drücke der Ortsveränderung niedriger organisirter Thiere, und zwar aus der Classe der Anneliden, nach Analogie der Spuren solcher Thiere in der jetzigen Fauna, zu deuten und den präsum- tiven Urheber dieser säulenförmigen Bildungen in dem fein- körnigen Keupe^-sandstein mit Tubifex antiquus zu be- zeichnen *). Ich habe es der Beurlheilung der Collegen über- lassen, ob dieser hypothetischen Deutung cylindrischer, an einem Ende köcherförmig abgerundeter, am andern Ende aus der Sand- steinmasse des feinkörnigen Keupersandsleins, mit dem sie völlig zusammenhängen , in die unterlagernde Thonschichte herein- ragender Sandsteingebilde von völliger Gleichartigkeit mit dem feinkörnigen Sandstein , welche demnach der Thonschichte, in der sie unmittelbar einlagern, völlig ungleichartig sind — ob, sage ich, dieser hypothetischen Deutung besagter cylindrischer Säulenformen auf eine Arbeit vorweltlicher Anneliden, auf eine Spur ihres Aufenthalts in, oder ihrer Bewegung durch die wech- sellagerndon Sand- und Thonschlammschichtcn hindurch, — ein gleicher Werlh oder nicht gebühre, wie der Deutung jener Reliefs in den Hessbergcr und andern europäischen, sowie in den Neu- yorker und andern amerikanischen Sandsleinschichten. Hat man ') Jahreshefte Jalirg. I. S. 159. - 84 - doch zu diesen „Fusstapfen" die Quadrupeden- und Vogelfüsse, welche die Matrizen dazu gebildet haben müssten,bis jetzt ebenso- wenig aufgefunden, als es mir gelingen könnte, die Leiber der fraglichen Anneliden nachzuweisen, obgleich wenigstens die Knochen jener Füsse sicherer aufzufinden wären, als die schlei- mige Haut oder selbst eine derbere Bekleidung der Ringelthiere, welche schwerlich geeignet gewesen wäre, der Zersetzung in der Feuchtigkeit eines Sand- oder Thonschlammes Stand zu halten. Wie man aber auch die Deutung dieser Gebilde im Gebiete des feinkörnigen Keupersandsteins ansehen möge, so würden diese Sandsteincylinder, welche ihrer Figur nach den Stylolithen sich anreihen müssten *) , durch den Umstand von denselben ausgeschlossen, dass sie der Schichte, in der sie sich unmittelbar finden , nämlich der Thonschichte , völlig ungleichartig und in Beziehung auf diese nur Einlagerungen, nicht aber Absonderun- gen sind. In Beziehung auf die Sandsteinschichten aber, aus welchen sie in den Thon hervortreten, könnten sie noch weniger als Absonderungen oder Ablösungen geltend gemacht werden, weil sie aus denselben reliefartig hervortreten, nicht aber in denselben einlagern. ^ Anders könnten zwar, von dem Merkmal der Absonde- rung aus, diejenigen Vorkommnisse angesehen werden, die ich seiner Zeit **) aus der Gruppe des kieslichten oder des untern weissen Keupersandsteins bekannt gemacht habe und deren wahr- scheinliche Ihierische Urheber durch Arenicola keuperinus be- zeichnet werden könnten. Diese, obgleich nicht stets gerad- linichle, doch immer cylindrische, zwar durch eine deutliche Begrenzung, jedoch nur durch eigenthümliclje, von der Gesteins- art verschiedene Anlagerung der Quarzkörner, aus denen sie bestehen, vom Muttergestein unterschiedenen Gebilde könnten in Beziehung auf das Letztere (das Muttergestein) immerhin als Absonderungen erscheinen. Dieser Character der Absonderung tritt noch mehr dadurch hervor, dass ich neuerdings in der Um- '"') Ob vsie schon als Stylolithen geltend gemacht wurden , ist mir unbekannt. P. *'") Beiträge zur Palaeontologie Württembergs von H. v. Meyer u. Dr. Tl). Plieninger. 1844. S. 89 ftg. - 85 — gegend von Stiillgart , auf der sogcnannicn Feiiorbachcr Haide, in Halden, auf »eichen die Gülerbesilzer die bei dem Koden der Haidefläehe ausgeworfeneu Massen einer 3 — 5 Zoll mächtigen, weis- sen Sandsteinschichle aufgeschüllel hallen, eine grosse Menge von Stücken entdeckt habe, in welchen die, die fraglichen cylindrischen, auf der Schichtfläche senkrechten Gänge, ausfüllende Sandsteiu- masse theilweise noch erhallen ist (und in diesem Fall gemei- niglich auf der Schichlfläche als ein etliche Linien hoher, cjlin- drischer Strunk hervorlriK, auf der senkrechten Bruchfläche des, an sich in senkrechte Spalten stark zerklüfteten, Gesteins aber durch die a. a. 0. beschriebene, von dem Mullergeslein sehr deutlich unterscheidbare Anlagerung der Sandkörner, sowie durch eine deutliche Abgrenzungsfläche kenntlich ist), theilweise aber auch die' Ausfüllungsmasse durch das Jahre lange Liegen auf der Halde ausgewittert ist, so dass die Gänge als leere, glatlwandige, zu- weilen durchgehende , meist aber auf dem Grunde abgerundete, cylindrische Höhlungen oder Röhren von mehreren Linien Durch- messer erscheinen. Wenn man jedoch das Gestein in seiner Lagerställe untersucht, wo die Sandsteinschichten von ein- bis mehrzölliger Mächtigkeit mit grünen Thonschichten von ein bis etliche Linien Mächtigkeit wechsellagern, so sieht man die Sand- steincylinder von einer Sandsleinschichte durch die zwischen- lagernde Thonschichte in die nächste Sandsteinschichte, und so oft durch eine grössere Zahl aufeinanderfolgender Sandstein- und Thonschichten in senkrechter wie schiefer Richtung ohne Unter- brechung oder Verwerfung sich forterstrecken, wobei sie in den Thonschichten als vollkommen compakte Sandsteincylinder er- scheinen, demnach in Bezug auf diese als heterogene Massen oder als Einlagerung gelten müssen, so dass auch hier das Merk- mal der Absonderung oder Ablösung nicht zutrifft. Dazu kommt noch , dass solche Sandsleincylinder nicht selten als halbc^^lin- drische Reliefs auf der Schichtfläche des Sandsteins hervortreten, auf welcher sie alsdann horizontal auflagern, oder als zusammen- gedrückte Cvlinder, getrennt von der Schichtflächc des Sand- steins durch eine dünne Zwischenlagerung von Thon, jedoch an beiden Enden in die Sandsteinschichtfläche verlaufend, in die Thonschichte eingebettet sind. Es müssen daher auch diese — 86 — säulenförmigen Sandsleingebilde von den Slylolithen ausgeschlossen -werden, mag nun ihre Deutung als Vermiculiten nach der Be- nennung Parkinson's, = Reste oder Spuren von Anneliden, und zwar als Ausfüllungen der Gänge mit Sandmasse , welche Anneliden durch die wechsellagernden Sand- und Thonschlamm- schichten gezogen haben, gerechtfertigt erscheinen oder nicht *). Ganz ähnliche Vorkommnisse fand ich auch in den Wechsel- lagerungen der Kalk- und Thonschichlen des Muschelkalks und des unteren schwarzen Jurakalks (Gryphitengruppe) der Umgegend von Stuttgart und anderwärts, häufiger im Muschel- kalk als im Lias, nämlich cylindrische Säulenformen von Kalkmasse wie von Thonmasse, welch' erstere von der Schicht- fläche einer Kalksteinschichte durch die benachbarte Thonschichte in die nächste Kalksteinschichte übergehen oder auch in der Thonschichte mehr oder weniger tief verlaufen, letztere, umge- kehrt, aus einer Thonschichte mehr oder weniger tief in die benachbarte Kalksteinschichte übergehen, daher in beiden Fällen nicht als AbsonderungtMi oder Ablösungen des Gesteins, in dem sie sich unmittelbar finden, demnach nicht als St^'lolithen geltend ge- macht werden könnien, mag nun die Deutung als Vemiculiten, die ich denselben in gleicher Art wie den analogen Vorkommnissen in den Keupergruppen gebe, angenommen werden oder nicht. Ich bemerke zu Vermeidung von Missverständnissen, dass die auf den Schicht flächen des Gryphitenkalks so häufigen Fucoiten mit den eben geschilderten Erscheinungen nicht zu verwechseln sind und von mir auch nicht verwechselt wurden. Unstreitig gehören die wurm- und schlangenförmigen Figuren auf den Schichtflächen der Kalkformationen, zunächst des Muschel- *) Durch den eben genannten Umstand, nämliclj die Einlagerung in heterogene Schichten, unterscheiden sich diese Sandsteincylinder auch von den bekannten, sogenannten „S a n d stal ak t i t c n " von Aulendorf, welche nicht blos in Stalaktiten - oder Keulenform, sondern häufig auch in cylindrischen und anderen Säulenformen vorkommen. Sic sind ledig- lich in einen weichern Sandstein oder eine lose Sandmasse der Molasse eingebettet und müssen unter den allgemeinen Begriff der Concretio- nen gestellt werden, mag man ihre Erklärung durch Infiltration einer, ein Bindemittel führenden Flüssigkeit in die Sandmasse annehmen oder nicht. P, — 87 - Kalks, NveUho Seh übler*) als Sleinkcmc von Serpula , Klö- den **) iih Koprolithen dculen, v. Alborli ***) durch Ziisainmcn- ziehungen beim Krhärten der Schichlen erklären >vill, in dieselbe Classe von geformten Gesteinsbildungen, und würden sich von den, von Albert i §. 96. a.O. erwähnten leeren Köhrcn, welche Letzterer als Wurmröhren deutet, nur dadurch unterscheiden, dass diese leer geblieben sind, jene aber durch eingedrungenen oder herbei- geführlen Schlamm ausgefüllt wurden. In neuerer Zeil sind noch weitere Versuche gemacht wor- den, die St^-Iolilhen überhaupt, oder wenigstens gewisse, von den Verfassern ins Auge gefasste Arten von säulenförmigen Ge- bilden, welche theils als wirkliche Absonderungen erkannt wer- den müssen, theils, wie es scheint, mit solchen verwechselt wurden, in die Reihe der direct oder indirect von organischen Körpern herrührenden Gesteinsbildungen zu zählen. Mein sehr verehrter Freund, Graf M and eis loh, hat auf der Generalversammlung unseres Vereins zu Ulm f ) eine Ansicht ausgesprochen, die hieher zu gehören scheint. Er geht von Thatsachen aus, die, zunächst aus dem untern weissen Jura, der Lagerstätte der Planulaten und dem Korallenkalk gesammelt, ihn zu der wenigstens dem Wortlaute nach ganz allgemein gehaltenen Schlussfolgerung führten: „Die c^lindrischen Slylolithen scheinen „daher, mit Ausnahme der kleinen, in allen Kalken vorkommen- „den Rutschflächen von einigen Linien, nichts Anderes, als „Erkrinitenwurzeln zu sein, welche auf dem damaligen Meeresgrund „wuchernd, von einer gestreiften Haut umgeben waren, oder „diese Streifung im Act der Petrification, etwa durch den Druck „der auflagernden, sich verhärtenden Schlammschichte erhielten." Die Thatsachen, welche M. anführt: „die characterislische Zeichnung der Säulenglieder gestielter Seesterne auf den Quer- bruchflächen, die Anwesenheit eines Kanals in der Axe des Cvlin- ders," sind vollkommen geeignet, die Fossilien, welche er damals vorlegte und bei denen er diese Merkmale nachwies, als Petre- *) Naturwissenschaftliche Abhandlunocn B. 1. S. 365. **) ■VcrstoiiuTungcii der Mark Brandenburg. S. 288. '■''**) Mono',n'aphie S. 75. §. 95. t) Jahrcshefte Jahrg. V. S. 147. ™ 88 - facte, und zwar als Ueberreste von Enkriniten, zunächst von Apiocrinites rotundus, zu erkennen. Allein mein sehr ver- ehrter Freund wird desswegen nicht gemeint sein, alle und jede cylindrische Absonderungen in allen Kalken als Enkriniten- reste geltend zu machen, obgleich der Gegensatz, in dem er „der in allen Kalken sich findenden Rutschflächen von et- lichen Linien" (Breite? Höhe? oder Streifungslinien?) gegen die „cylindrischen Stylolithen" Erwähnung thut, sowie der Schlusssatz seiner Miltheilung , in welchem er sich über die bei den Stylo- lithen des Zechsteins, Muschelkalks und der untern Jurakalke bemerkbare „geringe organische Spur" verwundert , und dies aus einer Auflösung der thierischen Materie in allen Kalkforma- tionen, mit Ausnahme des Coralrag's, zu erklären sucht, — das Ge- gentheil anzudeuten scheint: dass er nämlich auch die in allen übrigen Kalken vorkommenden cylindrischen Absonderungen auf Erkrinitenwurzeln deuten wolle. Er wird vielmehr seine Deu- tung nur auf diejenigen cylindrischen Absonderungen mit Sicher- heit anwenden können , welche in den von ihm erwähnten For- mationsgliedern des untern weissen Jura sich finden und wird auch hier manche in diesen Schichten nicht selten vorkommende c/ylindrische Absonderungen ausnehmen müssen, die jene Kenn- zeichen der Erkrinitenreste nicht an sich tragen; er wird seinen Schluss nur auf die in diesen Kalken vorkommenden, ge- streiften cylindrischen Absonderungen beschränken müssen, was schon daraus zu erhellen scheint, dass er ein grosses Ge- wicht auf die von ihm versuchte Erklärung dieser Streifung legt, und auch selbst diese gestreiften cylindrischen Bildungen dürften noch eine weitere Beschränkung bei seiner Deutung erleiden und alle diejenigen von den Erkrinitenwurzeln auszuschliessen sein, bei welchen sich die Kennzeichen derselben nicht vorfinden, bei welchen — und deren finden sich sehr viele — der von der gestreiften Wand umgebene Kern nichts als derbe Gebirgsart, ohne Zeichnung und ohne Axenröhre ist. Er wird daher ohne Zweifel einverstanden sein, wenn das Ergebniss seiner verdienst- lichen Untersuchungen in dem Gebiete des weissen Jura darin gefunden wird: dass diejenigen gestreiften (oder ungestreiften) cylindrischen Gebilde im weissen Jura (wie in jedem anderen - 89 - Kalk, in dem sich Enkrinilcn lindon), welche sich nun eben als Ueberreste von l*>krinilen kund geben, von dem BegrilT der Stviolithen abzusondern und in die R e i h e der Pelrefacte zu verweisen seien. Was die von M. gegebene Erklärung der Streifung auf der Oberfläche der Apiokrinitenwurzeln belriflt, so möge mir erlaubt sein , meine Zweifel gegen dieselbe hier auszusprechen, und im weiteren Verfolg dieser Erörlerung eine, wie ich glaube, wahrscheinlichere, dem Urlhcil der Collegen vorzulegen. Ob die organische Haut oder Rinde der Erkriniten während des Lebens derselben die erwähnte Längsstreifung hatte , mag immerhin dahinstehen, hi den Formen der Jetztzeit lassen sich wenigstens keine sicheren Analogieen dafür auffinden. Setzen wir aber diese Annahme auch als zutreffend voraus, so lässt sich nicht wohl absehen, wie der Abdruck dieser gestreiften Oberfläche eines weichen organischen Gebildes (der Haut) in dem Kalkschlamm, das durch Fäulniss in kurzer Zeit aufgelöst werden mussle, irgend von Dauer hätte sein können. Wäre auch wirklich ein solcher Abdruck entstanden, so hätte er durch die Gasentwickelung, durch das Nachdringen des Kalkschlamms , besonders vermöge des Drucks von oben, in die Räume der aufgelösten Haut oder Rinde in Kurzem verwischt werden müssen. Jedenfalls ist die Abformung (als Steinkern) ebenso, wie die wirkliche Versteinerung thierischer Weichtheile, in der fossilen Fauna bis jelzt nirgends nachgewiesen. Ebenso lässt sich die andere Alternative, dass die Streifung der Haut erst secundär, durch den Druck der überlagernden Schlamm- schichten entstanden sein könne und sich als secundäre Strei- fung in dem Kalkschlainm bei dem Act der Versteinerung des organischen Körpers abgedruckt hätte, desswegen nicht wohl als wahrscheinlich erkennen, weil dieser Druck von oben bei den senk- recht stehenden Wurzeln eher eine Qucrslreifung als eine Längs- streifung und, im Fall einer nicht senkrechten Stellung derselben nur eine partielle Längsstreifung oder Zusammenfaltung der Haut halle hervorbringen müssen; davon nicht zu reden, dass der „Act der Petrification," nach Analogie der, über die lange Zeil der Einbet- tung nicht versteinerter Reste, z. B. in Torf, vorliegenden Thatsachen, einen sehr langen Zeitraum uinfassl haben muss und es auch sehr - 90 - dahinstehen mag, ob dieser Act der Petrification mit der Verhärtung der Schlammschichlen Hand in Hand ging, wie kurze oder lange Zeilräume auch die eine und die andere Veränderung zu ihrer Beendigung gebraucht haben möge. Auch die Ausschliessung der „Rutschflächen von einigen Linien" von der versuchten Erklärung der St^'lolithen und ihrer Streifung scheint nicht mit dieser Erklärung der letzteren im Einklang zu stehen, denn diese Rutschflächen könnten, die von M. versuchte Erklärung der St;ylolithen als richtig voraus- gesetzt, mit demselben Rechte gleichfalls als Hautabdrücke der Erkriniten geltend gemacht werden, nämlich von Hautfragmenten, zu welchen die vorausgesetzten Angriffe räuberischer Fische und Saurier auf die Erkriniten hinlänglichen Entstehungsgrund hätten abgeben können. Was jedoch diese „Rutschflächen" selbst anbetrifft, so ist zwar nicht näher angegeben, was M. unter „den in allen Kalken vorkommenden Rutschflächen" versieht; ohne Zweifel sind aber die nicht selten innerhalb der Masse der Kalksteine sich zeigenden Absonderungsflächen von ähnlicher Slreifung ge- meint, wie sie die Sl^'lolithen zeigen, nur dass sie nicht in sich selbst zurückkehren und somit keinen Kern derber Gebirgsart nmschliessen. Ich werde später auf diese, in den Kalkgebirgen häufigen Erscheinungen zurückkommen, möchte jedoch den sich hier darbietenden Anlass ergreifen, um auch über den noch sehr im Unklaren liegenden Begriff von Rutschflächen ein Wort der Verständigung beizutragen. Denn es ist beinahe zur Gewohnheit geworden, jede, der mathematischen Ebene mehr oder weniger nahe kommende, glatte oder gestreifte Fläche, sei sie blosse Absonderungs - oder auch Ablösungs-, Spalten-, Zer- klüftungsfläche, ohne Unterschied, mag sie auf zu Tage tretendem Gestein gefunden werden oder nicht, wenn sie sich nur durch ihr äusseres Ansehen von einer Bruchfläche unterscheidet, mit diesem allgemeinen Namen zu bezeichnen und auf diesen „Rutsch- flächen" gar leichthin über die Schwierigkeiten einer nicht ein- mal versuchten näheren Untersuchung oder Erklärung dieser Erscheinungen hinwegzugleilen, so dass jene Unterscheidung zwi- schen den Geheimeräthen mancher Länder, welche geheime Räthe -~ 91 — sind, lind solclion, die koiiu' sind, füglich ;uirh auf die Hnlscth- fliichon niaiU'luM' (Jooiinoston unserer läge angewendet werden koiHile, und man „wirklielie und Titular-"Kulschfläelien, gerulschle und nielit gerulselile, zu unlerselieiden halte. Gehen wir auch hier von dem NVorlverstand aus, so kann eine Kutsehfliiehe niehts Anderes sein, als eine durch Ahrei- bung modifieirle Ge st eins-Oberfl ä ch e. Der Sprach- gebrauch hat jedoch die mannigfachen, durch W as s e r s t r ö m u n g e n in einer zu Tage gehenden Felsart oder in Zerklüftungen enl- slandenen und noch heut zu Tage entstehenden Austiefungen oder Polirungen von dem Begriff der Rulschflächen ausgeschlossen und denselben auf die nachweisbaren oder hypothetischen Wir- kungen fester Körper beschränkt =''). Die durch Erdfälle nach- ") Aus diesem Grunde sind die Glältnngen der in einem Flussbett oder in kleineren Rinnsalen anstehenden Felswände ebenso, wie die Poli- rungen der Rollsteine und Geschiebe von dem Beoritf der Rutschfliichen ause;eschlossenj obgleich bei beiden Erscheinungen der mechanischen Ein- wirkung; fester Körper, des Eises wie der Geschiebe und der Rollsteine selbst, ein wesentlicher Antheil an der Wirkuno; zugeschrieben werden muss. Dass stellenweise stattfindende Verschiedenheiten im Gefüge und dem Cohäsionsorad einer Felsart auf die Gestaltung ihrer, einer Ab- reibung' durch Wasserströme und was diese mit sich führen, ausgesetzten Oberfläche einen wesentlichen Einfluss haben werden, ist schon im Vor- aus anzunehmen und lehrt die Erfahrung in allen Gebir{>sgej^enden und an allen Felsenj^estaden. Hieher gehören die Auswaschungen und Unter- wühlungen weicherer vSchichten, welche das Nachstürzen der überlagern- den zur Folge haben; ferner die Bildung von Höhhmgen durch das Aus- waschen mürberer Gesteinsiiartieen. Von letztgenannter Art sind ohne Zweifel auch die räthselhaften sogenannten „ J e 1 1 e k e t te 1 " oder Rie- senkessel, trichterförmige Austiefungen von mehreren Fuss Durch- messer und Tiefe in den granitischen Felsen der skandinavischen Halb- insel, nämlich Wirkungen der Seebrandung oder der Strömungen süsser Gewässer auf Felsmassen, deren Zusammensetzung oder Gefüge der mechanischen Einwiikung des Wassers stellenweise {geringeren Wider- stand leistete. Man findet diese Erscheinung-en ebensowohl an den der Bran(lun<>; ausf^rsetzten Skärcn und Felsocstaden, wie in den Flussbetten und an Stellen im Lande, wo heutzuta<;e keine Spur von Wasserströmung mehr ist, selbst in Felscnlaj^ern , welche jetzt von mehr oder weniger dickem Rasenboden bedeckt sind. An einer Stromschnelle des Rana Elf bei Strand in Christians-Amt in Norwegen fand ich in der geglätteten -» 92 — weisbar entstandenen Rutschflächen, die Gletscherrutsch- flächen der neuerlichen Eiszeit- und Gletscher -Theoret ilier, welche heutzutage die Wichtigkeit eines Thema en vogue er- erhalten haben, können daher keinen Zweifel an der Berechtigung ihrer Unterordnung unter den Begriff der Rulschflächen zulassen. Anders ist es der Fall, wenn von Rutschflächen in n erh alb einer Gebirgsart, unter Tag, die Rede ist. Es braucht keines ausdrücklichen Beweises, dass eine Rutschfläche, schon dem Wortverstande dieser Bezeichnung gemäss, nur da entstehen konnte und heutzutage gefunden oder geltend gemacht werden kann, wo eine Bewegung, somit eine Trennung des einen Theils der Gebirgsart von dem benachbarten und zwar eine zuvor, d.h. vor der Rutschfläche entstandene Trennung oderZerreissung staltgefunden hatte und nachweisbar ist. Es kann also erstlich eine Rutschfläche nur auf einer Spalten- oder Klufl- f lache gefunden werden. Wo daher eine nicht in sich selbst zurücklaufende, ebene oder gekrümmte, glatte oder gestreifte, linirle, kannelirte Fläche, ohne Trennung, ohne Zerklüftung, mitten in einem zusammenhängenden Gestein erst durch den Hammer zu Tage gefördert wird und sich durch ihr ganzes Ansehen von einer Bruchfläche des Gesteins wesentlich unterscheidet, da kann von keiner Rutschfläche die Rede sein, sondern es ist eine solche ! Felspartie des Flussbettes, weiche von jeder Anschwellung des Flusses erreicht wird, 6—7 solche Riesenkessel in Einer Reihe. Die heutzutage ausser dem Bereich der Brandung an convexen Partieen des Landes (im Gegensatz der Rinnsale fliessender Gewässer) vorkommenden Riesen- kessel der Halbinsel (wie z. B. bei Gothenburg, etliche 100 Fuss über der Meeresflächc) verkündigen eine frühere Senkung des Landes unter den Meeresspiegel ebenso, wie zahlreiche andere Spuren , z. B. die be- kannte merkwürdige rinnenartige „Rutschfläche" bei Christiania, 60' über dem Niveau des Christiania- Fjords, in welcher nicht versteinerte Röhren von Serpula kleben, die Anlagerung von Sand - und Geschiebe- massen am Ausfluss jedes in die See mündenden Flusses in einerlei Niveau und in entsprechender Erstreckung landaufwärts, welche, nach der Hebung des Landes aus der See, durch die Strömung des Flusses, zu einem tiefen Rinnsal ausgetieft, zu beiden Seiten des Letzteren in der ursprünglichen Mächtigkeit stehen blieben und jetzt horizontale Terrassen zu beiden Seiten des Flusses bilden. P. - 93 - Fläche entweder eine Absontk'iungs- oder Ablösungsflüche. Dass solche Flächen in den Kalkstein - wie in andern Gebirgsarten sich häufig genug finden, ist eine bekannte Sache und ihre Ent- stehung wird jede andere Erklärung eher, als durch ein eigent- liches Rutschen oder Abreiben zulassen. Aber auch bei dem Vorhandensein einer Zerklüftung oder Spal- tung wird eine, von der Zerklüftungs- oder S})allungs- (d. h. einer schon ursprünglich vorhandenen , nicht erst von Menschenhand erzeugten Bruch-) Fläche durch äusseres Ansehen , Glätlung, Streifung etc. deutlich unterschiedene Fläche noch nicht unbe- dingt unter den Begriff einer Rulschfläche fallen können; es muss vorausgesetzt oder nachgewiesen werden können, dass hier eine Verschiebung benachbarter Spaltungs - oder Zerklüftungs- flächen mit Reibung derselben an einander verbunden war, d. h. es muss eine Verwerfung bemerklich sein, sei es an einer aus äusseren Ursachen, Auftreibung, Senkung, Einsturz etc., entstandenen unregelmässigen Lagerung des zerklüfteten Gesteins, oder an nachweisbaren Ungleichförmigkeiten beim Festwerden der zuvor weichen Masse der Gebirgsart, welches Verwerfungen oder Verslürzungen im Gefolge haben konnte. Wo aber keine Verwerfung der Gebirgsart stattfindet, da werden auch die durch Glättung, Streifung, Anflüge oder Incrustationen unterschiedenen Partieen von Zerklüftungs- oder Spaltenflächen noch nicht zur Bezeichnung als Rulschflächen berechligen, sondern es wird hier die bergmännische Bezeichnung durch „Spiegelfläche" oder „Spiegel" eher am Platze sein. Doch selbst unter der Bedingung einer vorhandenen und nachweisbaren Verwerfung oder Verschiebung können noch nicht alle Phänomene der eben genannten Art zu Rutsch- flächen gestempelt werden ; es wird noch eine Voraussetzung weiter zutreffen müssen. Eine Rutsch- oder Abreibungsfläche kann, wie dies in der Natur der Sache liegt, nur zwischen zwei Körpern durch gegenseitige Verschiebung entstehen, deren innerer Cohäsionsgrad so gross ist, dass er der mechanischen Einwirkung widersteht, während diese nur die Unebenheilen der Oberfläche wegnimmt. In weichen, spröden, mürben Gesteinsarten, wie manchen Sandsteinen, Mergeln, Thonen werden , selbst bei dem — 94 ~ Vorhandensein von Verschiebungen und Verwerfungen , keine Rutschflächen entstehen oder erkannt werden können, weil die Friction eher ein Zerreiben der Masse als ein Abreiben der Ober- fläche zur Folge haben würde und der Einfluss der Erdfeuch- tigkeit oder der Infiltration von Regen- und andern Wassern eher die völlige Aufhebung der Cohäsion eines in dieser Art mechanisch angegriffenen, mürben Gesteins, als das dauernde Bestehen der Rei- bungs- oder Rutschfläche vermitteln wird. In keinem Fall wird in solchen Gebirgsarlen eine glatte oder glatt gestreifte, vollends mit Anflügen versehene Kluftfläche die Bezeichnung als Rutsch- fläche erhalten können, vielmehr werden solche, von Bruchflächen wesentlich verschiecjene Kluft- und Spaltenflächen entweder schlechtweg unter dem Begriff von Kluft- oder Spaltenflächen zu verbleiben, oder bei auffallender Verschiedenheit von der natür- lichen Bruch-, d. h. Spalten- oder Kluftfläche des Gesteins unter den Begriff von Ablösungs-, Absonderungs- oder Spiegel- flächen zu stellen sein. Aus allem Gesagten geht aber hervor, dass es gerathen ist, mit dem Prädieat einer Rutschfläche sehr sparsam und vorsichtig zu sein und zuvor die Natur und Beschaffenheit der Gebirgsart zu Rathe zu halten, ehe man mit dieser Bezeichnung zugleich eine Meinung über die Entstehungsart dieser Erscheinungen oder Veränderungen ausspricht. — Kehren wir nach dieser Digression zu den Stylolithen zurück. — Hr. Professor Quenstedt zu Tübingen hat gleichfalls die Stylolithen in einem Aufsalz „die St^'lolithen sind anorganische Absonderungen," *) und zwar zunächst die Sl^'lolithen des schon von K lüden besprochenen Rüdersdorfer Muschelkalks, einer nähern Untersuchung unterworfen, wobei jedoch zuletzt auch auf andere Muschelkalke und auf andere Kalkformationen flüchtige Blicke geworfen werden. Während nun der in der Aufschrift des Aufsatzes dargelegten Ansicht vollkommen beigepflichtet werden muss, finden wir in dem Schlusssatz der Abhandlung : „die Stylo- lithen sind also durch organische Körper geleitete Absonderungen, ■wie sich Hr. Prof. Weiss kurz aber bezeichnend ausdrückt," *) Wiegmaniis Archiv Jahrg. 3. S. 139. - 95 - eine nähere Beslimmnng des in der Aufschrift enthaltenen Salzes, welche in der Aligenieinheil iiires Worllaules ein Moment ent- hält, das eine nähere Besprechung nölhig maciil. Es werden gleich im Anfang der Abhandlung „bestimmte und unbestimmmte StAlolithen" unterschieden und (S. 139) von letzteren („mehr unbestimmten," es wird also keine scharfe Grenzlinie gezogen) gesagt : „sie durchsetzen die Schiciilen ent- weder gleich queren Gebirgsspallen, oder erheben sich senkrecht aus den Schichten, am liebsten da, wo eine KJuftfläche sich ein- gesetzt hat; ihre Anfänge erinnern sehr an Duttenmergel, sie zeigen aber an der Aussenfläche nur Längsstreifung, nie Quer- streifung; oft sind sie mit faserichtem Kalkspath überzogen, der sich über dieselben parallel weggelagert hat." Weiler finden wir über die „unbestimmten" oder auch die „mehr unbestimmten'' St;vlolithen Nichts , weder über ihre Entstehung noch ihr Ver- hältniss zu den „bestimmten" gesagt. Die bestimmten Formen dagegen, „welche mehr oder „weniger gerundeten Säulen von 3 — 4 Zoll Länge gleichen und in „ihrer grösslen Anzahl genau den Umriss des Pecten discites „zeigen," auf welchen diese Muschel auch sehr häufig auflagert, auf welchen aber auch andere Muscheln auflagernd gefunden werden, — diese „bestimmten Formen" sind es nun zunächst, welche den Anhaltspunkt für die oben erwähnte Behauptung im Schluss- satz bilden, und so scheint es, als ob dieser Schlusssatz: „die „Stylolithen sind durch organische Körper geleitete Absonderun- „gen" nur von denjenigen „bestimmten Formen" geltend ge- macht werden wollte, „welche an einer ihrer Grundflächen, meist „der obern, wobei dann die Säulen senkrecht in der Gebirgsmasse „stehen, eine Muschel horizontal, nur durch einen hohlen, mit „Thonletlen gefüllten (sie!) Kaum gelrennt, aufgelagert haben, „und deren Seilenflächen genau den Band der Muschel nach- „ahmen, wie wenn die Muschel in senkrechter Richtung auf „ihre Fläche eine Strecke von etlichen Zollen weit durch die „weiche Gebirgsmasse geschoben worden wäre." Ausser dieser letzteren, mehr auf die üebereinstimmung des Querschnitts der „be- stimmten Stylolithenformen" mit dem Umriss der auflagernden Muschel gerichteten Aeusserung , finden wir in diesem Aufsatz — 96 — keine weitere Andeutung über die Art und Weise, wie etwa die Absonderung durch die Muscheln „geleitet" worden sein möge. An einem andern Orte *) dagegen erinnert Q. an eine ihm analog erscheinende Wahrnehmung: dass Pflanzenblätter, welche in Eismassen eingefroren seien, ähnlichen, durch die verschie- dene Wirkung der Sonnenstrahlen auf die dunklere Blattfläche und die Eismasse vermittellen Orlsveränderungen innerhalb der Eismasse unterworfen seien **), und will diese Analogie, welche *) Die Fiözgebirge Württembergs S. 58. Anm. **) Pflanzenblätter, Holz- und Rindenstücke und andere Körper von dunklerer Farbe werden, wenn sie auf Schnee- oder Eisflächen auf- liegend den Sonnenstrahlen ausgesetzt sind, eine ihrem Umriss mehr oder weniger genau entsprechende Vertiefung durch Schmelzung des unterliegenden Schnees oder Eises veranlassen und, wenn das geschmol- zene Wasser durch den Schnee oder durch Eisspalten abziehen kann, auf den Grund dieser Vertiefung zu liegen kommen , wenn aber das Wasser in letzterer stehen bleibt, müssen sie auf demselben schwimmen. Haben sie aber etwa durch angesogenes Wasser ein grösseres specifi- sches Gewicht, als das Wasser bei 0*^ angenommen, so werden sie nicht schwimmen, sondern auf dem Grund der mit Wasser gefüllten Grube liegen bleiben und können in der einen wie in der andern Lage wieder einfrieren. Allein dass sich alsdann ein Eisstylolith bilde, ist mir wenig- stens nicht bekannt. Wäre es der Fall, dass sich auf diese Art Eis- stylolithen bilden, so müsste die Erscheinung sicherlich in jedem Winter vorkommen und zu den alltäglichen gehören. Die Bewohner hoher Gebirgsgegenden, z. B. im Chamouny- Thal, streuen zerstampfte dunkle Schieferstücke auf ihre spärlichen, mit Schnee und Eis bedeckten Aecker, um diese Decke im Frühjahr früher zum Schmelzen, ihre Saaten früher an die Einwirkung der Sonne zu bringen. Allein es ist nicht bekannt, dass das in den Vertiefungen des Eises über den Schieferblättchen stehen- bleibende Wasser, wenn es die Nacht über wieder zu Eis geworden ist, säulenförmige Absonderungen im Eis nach den Umrissen der Schiefer- stücke bilde. Jedenfalls könnten Pflanzenblätter und andere specifisch leichtere Körper als das Wasser nur auf der Oberfläche einer Eismasse in dieselbe einfrieren, nie aber i n die Eismasse unter ihrer Oberfläche, um sich erst durch das über ihnen stehende, durch die stärkere Wirkung der Sonnenwärme auf sie geschmolzene Eis hydrostatisch zu heben und nach dem wiederholten Gefrieren dieses Wassers auf die Ober- fläche des Eises zu kommen. Denn wie hätten sie zuvor in das Eis, unter dessen Oberfläche kommen sollen? Wäre aber auch die Existenz und diese Bildungs - und Entstehungsart von Eisstylolithen in der Erfahrung - 97 - nur entfernt, der äusseren Erseheinung naeli, herbeigezogen wer- den könnte, benützen, um die Entstehung der Stylolithen, zwar nicht durch ungleiche Einwirkung der Wärme, sondern der Schwere, nämlich durch hy drost a t isch e H ebu n g der Muscheln innerhalb des Schlamms und dauernde Ab for- mung ihres Wegs durch die Schlammmasse zu erklären. Es wird jedoch diese H^^polhese , so sinnreich sie auf den ersten Anblick erscheinen könnte, bei näherer Prüfung ebenso unsicher in ihren Prämissen, wie zweifelhaft in den daraus gezogenen Consequenzen erfunden werden, und auch der „einstige Versuch," welcher zur Unterstützung der H^'pothese (S. 58) beschrieben wird, könnte unmöglich das in Aussicht gestellte Resultat liefern. Die Wanderung der Muschel in senkrechter Richtung von unten nach oben durch den Schlamm hindurch, „dessen speci- fisches Gewicht ein weniges schwerer wäre, als das der Muschel," setzt natürlicher Weise voraus, dass die Muschel zuvor in dem Schlamm mehr oder weniger tief unter seiner Oberfläche ge- legen sei, ehe sie sich hob. Bei dem Versuch würde man nun natürlich die Muschel in den Schlamm hineinstecken und sie würde, wenn die vorausgesetzten Bedingungen: hinreichender Unterschied des specifischen Gewichts zwischen Muschel und Schlamm und hinreichend geringe Cohäsion des Letzteren, zu- treffen sollten, ebenso sicherlich, nur ungleich langsamer, em- porsteigen, wie ein unter Wasser festgehaltenes Stück trockener Kork, sobald man es sich selbst überlässt. Allein es wird hier doch wohl die Frage erlaubt sein : durch welche äussere Kraft die specifisch leichteren vorweltlichen Muscheln, zumal in solcher begründet, so bleibt noch eine grosse Kluft zu übersteigen, bis man von den Blatt- Eis-Stylolithen zu den Rüdersdorfer Muscliel- Stein- (oder ScbIaumi-)Stylülitl)en, von der Wirkung der Wärme zu der Wirkung der Scbwere, von dem Verbalten des tropfbaren Wassers zu dem des zähen Schlamms, der stehen bleibt, von dem Frieren des Wassers zu dem Fest- werden des Schlamms gelangen könnte, — wenn man auch das Räthsel der a priorischen Einbettung specifisch leichterer Körper, der Blätter in das Wasser vor dessen Gefrieren, der Muscheln in den Schlamm vor dessen Condcnsirung bis zur Consistenz stehenbleibender Abdrücke oder selbst „Abformungen des Wegs" fester, durch denselben bewegter Körper, als gelöst annehmen wollte. P. Würtlenib. nafurw. Jahresliefte. t852. Is Heft. 7 - 98 — Zahl, wie sie sich im Muschelkalk finden, unter den speciflsch schwereren Schlamm geführt worden sein möchten ? Die etwaige Annahme, dass Strömungen dies gelhan hätten, könnte nicht zutreffen, denn bei dem vorausgesetzten Unterschied des speci- fischen Gewichts, durch welches die Muschel in der ruhig stehen- den Schlammablagerung die Cohäsion der letzteren überwinden soll, könnte die speciflsch leichtere Muschel durch eine Strömung des Schlamms niemals unter den letzteren gebettet werden, weil die durch die Strömung bewerkstelligte innerliche Bewegung der Schlammtheile das Niedersinken der letzteren unter die Muschel, also die Hebung derselben, nur befördern müsste, wenn sie durch irgend welche Ursachen untergetaucht worden wäre, daher die Muschel nach Beendigung der Strömung, d. h. nach erfolgter Ablagerung des Schlamms, nicht i n , sondern auf dem Schlamm liegen würde. Dass aber der „Weg der Muschel" als- dann sicherlich verwischt sein würde , braucht keines Beweises. Die etwaige Zuhülfenahme plutonischer oder vulkanischer Kräfte (Acheronta movebo?], die den Schlamm nach seiner Ablagerung durch einander und die speciflsch leichteren Muscheln eingerührt hätten, würde durch keine wahrnehmbare Spuren solcher, auf die Formation vor oder während ihrer Ablagerung vorgekommenen Einwirkungen unterstützt. Dass die Muscheln mehr oder weniger tief in dem Schlamm gelebt hätten und erst nach ihrem Tode der Einwirkung ihres geringeren specifischen Gewichts hätten folgen müssen, Hesse sich immerhin annehmen, denn das Gegen- theil kann nicht bewiesen werden; allein es Hesse sich bei dieser Annahme nicht absehen, warum dann in den meisten Fällen blos eine Schaale der Bivalven den Stylolithen horizontal aufliegt; nothwendig müssten unter dieser Voraussetzung die Stylolithen sammt und sonders die beiden Schaalen aufweisen. — Sollte aber, was das speci fische Gewichtsverhältniss betrifft, die Masse von Schaalthierresten , welche gerade den Namen dieser Formation veranlasste , und ihr Vorkommen in jeder Teufe der muschelführenden Schichten nicht eher zu dem Schluss berech- tigen: dass die Schaalen, wo nicht speciflsch schwerer, doch jedenfalls nicht leichter waren als der Schlamm? Denn wenn sie schwerer oder leichter waren, so müssten alle Muscheln in - 90 - denjenigen Soliichlcn. oder woniii;slens in denjenigen Erstreckungen derselben, wo sich Slvlolitlien zeigen, solche Slylolilhen erzengt haben, im ersten Fall durch Niedersinken, im letzleren durch Aufsteigen. Man findet aber Muscheln mit und Muscheln ohne St^-lolithen in einer und derselben Schichte und in geringer Ent- fernung von einander. Durch ebendiese Wahrnehmung zerfällt aber auch vollends die etwaige Annahme, dass der Schlamm erst später, nachdem die Muscheln vermöge seines anfänglich geringeren specifischen Gewichts in denselben gebellet waren, ein grösseres specifisches Gewicht hätte gewinnen können. Es w ird ferner ein Cohäsionsverhällniss des Schlamms, d. h. ein Flüssigkeils- oder Verdünnungsgrad des- selben durch Wasser, vorausgesetzt, der eine hydrostatische Hebung der specifisch leichleren Muschel in senkrechter Rich- tung auf die Ebene ihres Randes, welch letztere zugleich in der Ebene des Horizonts liegend angenommen wird, zulassen soll. Dieser Verdünnungsgrad müsste also ein solcher sein, bei welchem der über der Muschel lagernde Schlamm an den Muschel- r ändern vorbei unter die Muschel treten und sie eben dadurch heben kann, indem er unter ihr wieder zusammenfliesst. Allein unter dieser Bedingung würde sicherlich „der Weg der Muschel" verwischt werden, wie das Fahrgleis ^ines durch flüssigen Stras- senschlamm rollenden Wagenrades. Wollte man jedoch gellend machen, dass der Schlamm sich gegen einen in ihm liegenden specifisch leichteren Körper anders verhallen müsse, als eine mehr oder weniger flüssige tropfbare Flüssigkeit, die blos durch das Untersinken der , um den specifisch leichteren Körper herum befindlichen Theile unter den letzteren dessen Hebung bewerk- stelligt, so wird die Annahme einer hydrostatischen Hebung in demselben Verhältniss schwieriger und unwahrscheinlicher, in welchem der Flüssigkeitsgrad des Schlamms ab-, seine Cohäsion zunimmt; eine Schwierigkeil, über welche die Annahme, „dass der Schlamm ein Weniges schwerer sei," durchaus nicht hinweg- führt. Wollte man also z. B. die Ausfüllung des „Wegs der Muschel" durch das N a c h d r i n g e n d e s u n l e r ihr befindlichen Schlamms bei ihrer Hebung erklären — für welch letztere , wie leicht ersichtlich, das geringere specifische Gewicht der Muschel 7 * — 100 - nicht ausreicht, sondern eine andere, unbekannte, hebende Kraft mit im Spiel sein müsste, — so müsste für diesen Gang der Stylolithenbildung die Annahme eines vor der Muschel- hebung vorhandenen hohlen Raums über der Muschel, also gewissermassen einer präformirten Matrize des Stylolithen zu Hülfe genommen werden und es hätte nach ihrer Hebung unter dem nachgedrungenen Schlamm ein hohler Raum entstehen müssen, welch letzterer alsdann natürlich noch jetzt in der Gebirgsart sich finden oder etwa durch Kalkspath ausgefüllt sein müsste; was aber keineswegs der Fall ist. Aber auch diese Hebung durch eine andere unbekannte Kraft könnte ebensowenig, als die vorhin erwähnte Art, wie der Schlamm der Bewegung der hydrostatisch gehobenen Muschel ausweichen müsste, mit dem Stehenbleiben ihres Wegs vereinbar sein , weil auch dieses Nachdringen des Schlamms von unten immer einen Flüssigkeilsgrad desselben erfordert, bei dem das Stehenbleiben ihres Wegs ein ungelöstes Räthsel bleiben müsste. Noch wird weiter postulirt : dass die Muschel bei ihrer hydrostatischen Hebung durch den Schlamm sich stets paral- lel bleibe. Dies involvirt, dass der Schwerpunkt ihrer Masse in die gerade Linie fallen müsste, welche in dem Schwerpunkt der Ebene ihres Schaalenrandes normal auf dieser Ebene steht. Wäre dies der Fall , so könnte die specifisch leichtere Muschel nur in der Stellung hydrostatisch gehoben werden, dass ihre con- vexe Seite nach unten gekehrt ist. Es finden sich nun zwar Stylolithen , deren aufgesetzte Muscheln diese Stellung haben, aber auch andere, und deren ist keine geringe Zahl, wo die Muschel die convexe Seite nach oben kehrt. Jedenfalls aber wird die angegebene Lage des Masseschwerpunkts , wegen der Constanten Verdickung der Schaale bei den Bivalven gegen das Schloss hin, auch bei den in Rede stehenden des Muschelkalks nie zugetroffen haben. Die Muschelkalk-Bivalven müssten daher bei ihrer hydrostatischen Hebung nothwendig eine schiefe Rich- tung angenommen haben und könnten nicht in horizontaler Lage auf (oder wenigstens in einem angeführten Fall unter) dem senkrecht in der Schichte stehenden Stylolilhen gefunden werden. Wollte man endlich sich auf den „hohlen, mit Thonletten — 101 - ausgef Ulli eil Kaum" iinler de r Mii sc h e Is ch aal e be- rufen und annehmen, dass dieser etwa von Gasen ausgefüllt war, welche die hvdrostalischc Hebung vermiltell halten, nachher aber von den Thonlellen ausgelülll worden sei, und wollte man über die Frage hinweggehen, woher diese Thonlelten nachher ge- kommen seien; so würde die kaum zuvor aus den Gesetzen der Hydrostatik erwiesene Unmöglichkeit, dass die Muschel bei der Hebung sich selbst parallel bleibe , auch diesen Ausweg für die Erklärung verschhessen, — davon nicht zu reden, wie unter dieser Voraussetzung alsdann die, mit der convexen Seite auf den S\y- lolithen sitzenden Muscheln hätten gehoben werden sollen. Geht nun aus allem diesem hervor, dass die „Absonderung der St;ylolithen" nicht durch die angegebene hydrostatische He- bung der Muscheln in dem Kalkschlamm „geleitet" w erden konnte ; so möchte es beinahe scheinen, als ob auch in der Abhandlung des Hrn. Prof. Q u e n s t e d t am Ende auf diesen Erklärungsversuch kein grosses Gewicht mehr, jedenfalls nicht das Gewicht einer er- schöpfenden Erklärung des Phänomens, gelegt werde. Denn es wird (S. 141 Wiegm.) die Möglichkeit staluirt, dass auch jede andere, vom Kalkschlamm verschiedene (ob specifisch leichtere, ist nicht gesagt) Masse in ähnlicher Weise, wie die Muscheln, „durch ihr blosses Dasein" (nicht mehr durch hydrostati- sche Hebung) zu solchen bestimmten Absonderungen (bestimmten Slylolithenformen) „Gelegenheit" gegeben habe, — also nicht mehr eine nothwendige Ursache derselben gewesen sei, wie dies doch von den Muscheln *) behauptet wird; und zuletzt wird noch (S. 142 a. 0.) ausdrücklich beigefügt: „es soll damit nicht „gesagt sein, dass jedesmal zur Erregung" (eines Stylolilhen) „ein fremdartiger Körper nöthig wäre ;" was nun einer förm- lichen Zurücknahme des zuvor von Muscheln und anderen fremd- artigen Körpern Gesagten, jedenfalls „des nalurhistorischen Be- weises für die Abhängigkeit der Stylolithen von den Muscheln," selbst derjenigen, welche noch jetzt mit auflagernden Muscheln verbunden sind, gleich kommt. *) S. 141 Wigiii.: „Durch diese Thatsachc ist es naturhistorisch bewiesen, dass die Form der Stylolitlien von den sie bedeckenden Mu- scheln abhängt." - 102 — Was wir also allein mit einiger Sicherheil aus den Erörterungen des Hrn. Prof. Quenstedt entnehmen können, ist: dass jeden- falls nur ein Theil der, „St;ylolithen" genannten Erscheinungen im Muschelkalk, Absonderungen sind, welche möglicher Weise durch organische Körper geleitet wurden, und zwar natürlicher- weise eben nur diejenigen, welche in Verbindung mit organischen Körpern vorkommen ; eine Ansicht, welcher man im Voraus voll- kommen beipflichten kann , wenn man auch der hydrostatischen Hebungstheorie nicht zu huldigen vermag; dass aber der übrige grössere Theil derjenigen „bestimmten Formen," sowie sämmt- liche „unbestimmte," bei welchen kein organischer Körper zu finden ist, eine andere „Leitung" gehabt haben, d. h. ein anderer Erklä- rungsgrund für dieselben gesucht werden müsse. Bei Aufsuchung dieses Erklärungsgrundes für die Stjlolithen überhaupt, sowie eines sicheren Erklärungsgrundes auch für die mit Muscheln verbundenen Stylolithen ins Besondere, (für welche ein solcher durch die „blosse Anwesenheit" der Muscheln ebensowenig, wie für die übrigen durch die „blosse Anwesenheit" anderer Massen, wie z. B. Thonletten, über oder unter den Sty- lolithen, welche den „Impuls zu den vielgestaltigen Absonderun- gen" gegeben hätten, an die Hand gegeben ist.) müssen nun zwei Thalsachen im Voraus ins Auge gefasst werden: 1) dass nicht alle säulenförmigen Absonderungen, im Muschel- kalk wie in andern Formationen , mit organischen oder andern, der Gebirgsart fremden Körpern verbunden vorkommen, vielmehr dass bei einem sehr grossen, wo nicht dem überwiegend grössten Theil derselben keine Spur davon zu finden ist ; 2) dass nicht alle, vielmehr nur die wenigsten organischen Einschlüsse (Muscheln) mit Stjlolithen oder säulenförmigen Ab- sonderungen verbunden sind. In Betreff des Punkts 1) entsteht nun die Frage: ob die mit organischen Resten (Muscheln, Enkrinitenwurzelu) in Verbindung vorkommenden säulenförmigen Absonderungen mit den ohne solche vorkommenden für gleichartig zu halten, oder von denselben zu unterscheiden seien, ob also im ersteren Fall beiderlei Ab- sonderungen unter den Begriff von Stylolilh zusammenzufassen, in letzlerem Fall aber die eine oder die andere Art, die mit — 103 - oder die ohne organische Körper vorkommenden, von dem Be- griff von Sl^\lolith auszusondern seien? Weder M a n d e 1 s 1 o h iioeh Q u e n s t e d I haben sieh hierüber bestimmt ausgesprochen, und doch müssle die lelzlere Allernalive aus ihren beiderlei Erörterungen mit Nolhwenigkeil folgen, wenn wir sie in derjenigen Beschränkung auffassen, in der sie Ihat- sächlich gehalten sind, nämlich in Beschränkung auf die notorisch durch organische Körper geleiteten oder vielmehr mit denselben räumlich verbunden vorkommenden Absonderungen, d. h. auf „St^'lolithen," welche mit organischen Resten in Verbindung stehen. Zwar unterscheidet M andelsloh, wie oben erwähnt, die „cylindrischen St^lolithen" von „kleinen, in allen Kalken vor- kommenden Rutschflächen" und scheint letztere schon durch diese Benennung auf eine andere Erklärung ihrer Entstehung, als die „cylindrischen Stjlolithen," verweisen zu wollen. Allein es gibt noch eine grosse Zahl von Stjlolithen, welche zwischen diesen Extremen, — einerseits zwischen den „gestreiftenCylindern," anderer- seits zwischen den gestreiften, der Ebene mehr oder weniger nahe kommenden, nicht in sich selbst zurücklaufenden, daher keinen Theil der Gebirgsarl umschliessenden, also weder cjlindrische, noch überhaupt „bestimmte" oder auch „unbestimmte Säulen- formen" absondernden Flächen, — in der Mitte liegen; ja sogar, wenn man Absonderungsflächen der letzteren Art von dem Begriff" der St;)'lolithen ausschliessen und dem Namen wie der Erklärung nach unter den vagen Begriff von „Rutschflächen" verweisen wollte, so bleibt noch eine grosse Zahl von Säulenformen übrig, welche, abgesehen von dem Prototyp dieser Form, dem C^'lin- der, durch ihre äussere Beschaffenheil, durch ihre Absonderung oder Umschliessung eines Kerns von Gebirgsart, durch ihre Strei- fung, unter einander und, in letzterer Beziehung, selbst mit den „gestreiften Rutschflächen" der Kalksteine so sehr übereinstimmen, dass man bei Erklärung ihrer Entstehung nicht umhin kann, sie alle unter Einen Gesichtspunkt zu stellen. Prof. Quenstedt dagegen scheint durch den Beisatz: „es soll nicht gesagt sein, dass jedesmal ein fremder Körper zur Erregung nöthig sei," die Ansicht zuzugeben, dass es Stylolithen mit und Stylolithen ohne leitende organische oder unorganische -^ 104 — Körper gebe ; allein eine bestimmte und klare Aeusserung hier- über, oder eine Beantwortung der Frage, wie sich die eine und die andere Art von St;ylolilhen gegen einander verhalte, ver- danken wir ihm nicht. In Betreff des zweiten Punkts ad 2) wird der alternative Schluss erlaubt sein: dass entweder die „blosse Anwesenheil" von organischen oder überhaupt der Gebirgsart fremden Körpern weder die ursprüngliche, noch die Gelegenheitsursache („Leitung") für die Entstehung säulenförmiger Absonderungen (Stylolithen) gewesen sein könne, oder dass, wenn dies stattgefunden hat, Umstände vorgewaltet haben müssen , welche nicht bei allen organischen oder nichtorganischen Einschlüssen der Gebirgsart, sondern nur bei denjenigen zugetroffen haben müssten, die wir mit säulenförmigen Absonderungen (St;)'lolithen) in Verbindung treffen. Da nun aber die vonQuenstedt bemerkte Uebereinstimmung des Umrisses der Stylolithen im Muschelkalk mit den ihnen auf- sitzenden Muscheln eine Thatsache ist, die fast durchgängig bei den Muschelst;)lolithen (wie man die mit Muscheln verbundenen der Kürze nach nennen könnte) zutrifft, so bleibt blos die zweite Alternative des vorerwähnten Schlusses übrig. Indem ich nun den Versuch mache, diese Umstände und mit diesen die Erklärungsgründe für die in Rede stehenden Erscheinungen aufzusuchen, muss ich letztere zuvor genau be- grenzen, d.h. angeben, von welchen Phänomenen die Rede sein soll. Mandelsloh und Quenstedt reden von säulenförmigen Absonderungen in Kalksteinen; auch ich will vorerst diese festhallen. Sie reden von Absonderungen, welche der Länge nach gestreift, linirt, kannelirt, mit stenglichem Kalkspath, Melallverbindungen etc. überzogen sind; auch ich will diese vorerst ins Auge fassen. Mandelsloh redet von gestreiften „Rulschflächen," die er ausschliessl ; ich möchte sie in der oben erwähnten Determination von nicht in sich selbst zurücklaufenden Absonderungen in das Bereich der Untersuchung hereinziehen, als Erscheinungen, welche in gewissen Beziehungen, wie namentlich der Streifung, dem Vorkommen innerhalb des Gesteins, der theilweisen Verbindung mit Kalkspath, den Richtungen, in denen — 105 — sie im Geslcin gefunden werden, den Dimensionen u. s. w. mit den „Stvlolillien von elliehen Zollen Höhe" übereinstimmen. leh schliesse dagegen die oben erwähnten ejlindrisehen, an den Schiehtflächen haftenden Absonderungen (oder vielmehr Aus- läufer für die eine, Einschlüsse für die angrenzende, der ersteren ungleichartige Gesteinsschichte), sowohl in den Kalk- stein-, wie in den Sandsleinformationen aus, indem ich sie in das Gebiet der Reliefs, Fährten oder Vermiculilen ziehe, und wähle meinen Weg von Erscheinungen aus, welche noch jetzt in der Natur der Dinge stattfinden, um von diesen zur Erklärung vorwelllicher Phänomene zu gelangen, einen Weg, der unstreitig durch das Gebiet der Hypothesen als der nalurgemässere , daher am besten fundamenlirte, weit sicherer führt, als ein von will- kührlichen Annahmen ausgehender. — Wenn eine Schlammansammlung im gewöhnlichen Sinne des Worts, wie solche von fliessenden Gewässern nach jedem Regen- guss zusammengeschwemmt, oder sonst auf dem Grunde von Was- seransammlungen abgelagert getroffen werden, den Einwirkungen der Luft, der Sonne, der Wärme überhaupt ausgesetzt ist, so entstehen Klaffungen, zuerst in Form leichter Ritzen in der Ober- fläche , welche nach und nach immer mehr in die Tiefe sich erstrecken. Es können jedoch auch Klaffungen innerhalb der Schlammmasse, d. h. mehr oder weniger tief unter der Ober- fläche entstehen, wenn die Bedingung ihrer Entstehung zunächst nicht auf der Oberfläche, sondern unter derselben in der Masse in höherem Grade stattfindet. Diese Bedingung ist nun eben : die Entfernung dor im Schlamm enthaltenen wässerichten Feuchtigkeit und zwar leichtes Entweichen derselben, sei es durch Abfluss oder Verdunstung. Dass aber Schlammmassen von verschiedener Zusammensetzung bei gleichen Umständen, die eine mehr, die andere weniger leicht austrocknen, je nachdem ihre Gemengtheile stärkere oder schwächere Adhäsion für das W' asser haben, die speci- fische F^inwirkung der die Verdunstung bedingenden Umstände und Agentien bei der einen grösser oder geringer ist , das Ent- weichen der Dämpfe oder des tropfbaren Wassers leichter oder schwieriger erfolgt, ist bekannt, und es ist häufig der Fall, dass eine und dieselbe auf der Erdoberfläche abgelagerte Schlammmasse — 106 — eine solche Verschiedenheil des Verhallens gegen das V^^asser und dessen Verdunstung oder Abfliessen in verschiedenen ihrer Schichten oder Erstreckungen zeigt. Die Entfernung des Wassers aus der Schlammmasse hat natür- licherweise ein Zusammenziehen der letzteren zur Folge, und dieses die Entstehung der Risse und Klaffungen , sobald der Schlamm zu einem Grade der Consistenz gelangt ist, bei dem eine Ausgleichung des verminderten Volumens durch Zusammen- fliessen des Schlamms nicht mehr möglich ist. Dabei ist nun ein Gesetz, d. h. eine stets v^iederkehrende, also auf einer Natur- nothwendigkeit beruhende Erscheinung wahrzunehmen: dass die von der Oberfläche ausgehenden Hisse und Klaffungen sich in der Regel nur senkrecht auf den Horizont, oder nie viel von dieser Richtung abweichend, in die Tiefe erstrecken. Eine Ab- weichung von der senkrechten Erstreckung der Spalten ist stets durch die Anwesenheit eines fremden Körpers vermittelt, oder sie hängt mit Ungleichförmigkeiten in der Masse und deren Ab- lagerung zusammen. Eine Ausnahme von dieser Regel ent- steht namentlich auch durch die Anwesenheit „dünner Membranen," wie sieKlöden, freilich in anderem Sinne, annimmt, indem er solche lediglich von der Haut abgestorbener Quallen ableiten will. Es ist nämlich nicht selten der Fall, dass Kalk- oder Melallsalze auf der Oberfläche stehender Gewässer durch Verdunstung des Wassers dünne Häute bilden, welche, wenn sie durch mechanische oder andere Ursachen unter das Wasser getaucht werden, durch ihre specifische Schwere auf den Grund gehen und hier natür- liche Absonderungsflächen gegen neue Ablagerungen von Schlamm bilden und somit bei der Austrocknung die Entstehung von Klaf- fungen auch in anderer, als der senkrechten Richtung „leiten." Dasselbe kann durch Effluvien organischer Körper, welche in den Schlamm gebettet sind, bewirkt werden, und insofern könnte immerhin der Schleim der Klöden'schen Quallen, in den sie nach dem Absterben übergehen, nicht aber ihre Haut, mitgewirkt haben, da diese bei ihrer geringen Dicke, Consistenz und bei ihrer chemischen Zusamniensetzung ebensowenig irgend eine erhebliche Dauer nach dem Tode des Thiers in vorweltlichen Zeiten gehabt haben wird, als sie es in der Jetztzeit bat. - 107 ~ Diese Biltiniii; vom KlatTmit;cn mi(J Kissen zeigt sich eben- sowohl in liiüniehleni, als in reinerem Kalkschlanwn, wie letzterer z. B. bei jedem Bauwesen durch Löschen gebrannter Kalksteine erzeugt wird, sie zeigt sicli selbst in mit Sand vermengtem Schlamm, in feuchtem, festem Erdboden, auf (iras-, Moor-, Ackerflächen, selbst auf festgetretenen Wegen, wenn dic^ Trockenheil eines heissen Sommers andauert. Mit der Andauer der austrocknenden Einwirkung nehmen die Klaffungen nicht nur in die Tiefe zu, sie verlängern und ver- mehren sich auch in horizontaler Erslreckung, die anfänglich vereinzelten Ritzen, Spalten und KlatTinigen stossen in den ver- schiedensten Richtungen zusammen , vereinigen sich auf die mannigfachste Weise und es entstehen auf diese Art Gebilde oder Ablösungen, die wir kecklich „Schlammstviolithen" nennen können, säulenförmige Absonderungen der verschicdenslen Figur, Dicke, Höhe, die Klaffungen erweitern sich, wie sie an Tiefe zunehmen und, wenn die Masse eine gleichförmige ist, so er- weitern sie sich gleichförmig in umgekehrtem Verhäitniss zur Zunahme ihrer Tiefe. Ist die Schlammmasse eine compakte, so bleiben die Kanten an der obern Grundfläche der Säulen, oder die Lippenränder der öpalten, ohne hinzutretende äussere Ursachen , mehr oder weniger unversehrt ; im andern Fall tritt, wie namentlich durch Regen, ein Abfallen der Kanten ein, und bei stärkerem Regen kann selbst eine Abrundung oder Zu- spitzung der obern Säulenbasis entstehen. Tritt wieder Feuchtigkeit zu einer solchen mehr oder weniger ausgetrockneten Schlammmasse, so nähern sich die Spalten und Klaffungen wieder, und bei völliger Inundation vereinigen sie sich wieder vollständig. Bleibt in diesem Fall das Wasser ruhig, so bleiben sichtbare Spuren der Klaffungen auf der Oberfläche des Schlammes übrig ; durch Strömungen dagegen werden auch diese verwischt. Kommt eine plötzliche Strömung hinzu, welche neue Schlammmassen mit sich führt, so werden die noch nicht vereinigten Spalten mit dieser Masse ausgefüllt *). Halten sich "') Dies ist z. B. die natiii liclistc Erklärung der netzartigen Reliefs - 108 - fremdartige Substanzen, wie obige Membranen, feiner Staub, feinerer Schlamm, namentlich wenn dieser heterogene Bestandlheile, Metall- oxyde etc. enthält, in die Spalten eingelagert, so bleibt auch nach der Wiedervereinigung der Spaltenwände die frühere Fuge durch die zwischenlagernde Schichte gesondert, es hat sich eine dauernde Absonderungsfläche gebildet. Wo ein fremder Körper, organischer oder nicht orga- nischer, auf der Schlammoberfläche fest aufliegt, entsteht höchst selten eine Klaffung in der von dem Körper bedeckten Fläche, wohl aber in der Regel rings um denselben herum mehr oder weniger genau seiner Begrenzung nach und erstreckt sich in dieser Richtung auch senkrecht in die Tiefe; es entsteht ein Schlammstylolilh , dessen Absonderung oder Ablösung durch den fremden Körper „geleitet ist." Findet sich ein solcher fremder Körper in geringer Tiefe unter der Ober- fläche in den Schlamm eingebettet, so kann auch unter dieser Bedingung ein nach seinem Umriss geformter Schlammstylolith entstehen, und es ist, je nach der Beschaffenheit des Schlamms in verschiedenen Tiefen unter seiner Oberfläche, ebensowohl möglich, dass die Klaffung von dem organischen Körper inner- halb des Schlamms aufwärts, wie abwärts sich erstreckt. Ich habe diese Erscheinungen an Schlammablagerungen viel- fach wahrgenommen, ich habe sie beobachtet aus Interesse für die Reliefs-, Fährten-, Absonderungs- und Ablösungsphänomene in den Gesteinsarten der württembergischen und fremder Ge- birgsarten, ich habe eine Reihe von Belegen der letzteren ge- sammelt, mit denen der Schlammablagerungen der Jetztzeit ver- glichen und nicht nur die grösste Uebereinstimmung zwischen beiden gefunden, sondern auch bei den letzteren stets die geschilderte Art und Weise und keine Abweichungen davon wahrgenommen. Ich habe z. B. wahrgenommen, dass bei vor- welllichen Gesteins-, wie bei jetzt entstehenden Schlamm-Stylo- lilhen der Stylolith zuweilen mit den Wänden seiner Umgebung auf Thonen auflagern*, so der Hessbergcr Netze, so der in andern Formationen , besonders im Muschelkalk so häufigen ähnlichen Bildun- gen, cf. Beiträge zur Paläonthologie S. 80 flf. P. — 109 — auf der einen Seite oben, auf der cnlf^egengesetzten unten zu- sammen hängt, einer Folge verschiedenartiger Cohäsion, so dass das Gebilde eine schiefe oder gekrümmte Stellung erhielt, wie bei unreiner Spaltung eines Holzstücks; ein Beweis weiter, wenn es je noch bezweifelt werden könnte, dass es Zeitpunkte ge- geben haben muss, wo die geschichteten Gebirgsarten weiche Schlammmassen waren, die nachher ihres Wassergehalts, sei es durch Austrocknung oder seillichen Abfluss desselben, mehr oder weniger beraubt wurden, wie dies noch heutzutage der Fall ist. Im Jahre 1846 wurde, um eines auffallenden Phäno- mens aus der Jetztzeit Erwähnung zu thun, ein künstliches Wasser- bassin ausserhalb der Thore Stuttgarts, der sogenannte Feuersee, abgelassen und blieb einen grossen Theil des trockenen Sommers und Herbstes hindurch in diesem Zustande. Es entstanden in dem etliche Fuss tiefen Schlamm auf seiner ganzen Oberfläche die oben erwähnten senkrechten Klaffungen und erzeugten Säu- len, welche die überraschendste Aehnlichkeit, namentlich durch ihre Dimensionen, ihre deutliche Verjüngung gegen oben und die Abrundung der obern Kanten, mit den bekannten, häufig Baryt führenden, in senkrechter Richtung vielfach zerklüfteten und ge- spaltenen Steinmergelschichten von etlichen Zollen bis 1 Fuss Mächtigkeit zeigten, die in den Keupermergeln zwischen der un- teren und der oberen weissen Keupersandsteingruppe (der des kieslichten und der des grobkörnigen Keupersandsleins) sich in mehrfacher Wiederholung hinziehen. * Die Seitenflächen der Schlammstylolithen sind meist mehr oder weniger deutlich gestreift, theils aber auch ohne Streifung; im ersteren Fall verlauft die Streifung stets in senkrechter Richtung längs der Säulenform, die Streifen bilden mehr oder weniger scharfkantige oder abgerundete, auswärts wie einwärts gehende Flächenwinkel, deren Flächen theilweise eben, theilweise aber auch gekrümmt sind. Die Streifen sind, je nach der fein - oder grobkörnigen Beschaffefiheit der den Schlamm bildenden Gemengtheile, breiter oder schmäler, feiner oder gröber, deutlicher oder undeutlicher. Zu Erklärung dieser Streifung, wo sie sich findet, namentlich ihrer stets senkrechten Richtung, lässt sich mehr als - HO — eine Ursache denken. Sie kann durch den häufig zackichten Bruch der obern Spaltenlippen, durch zackige Ablösung der ober- sten, in der Regel zuerst austrocknenden, meist feinthonichten Schlammschichten präformirt sein, sie kann ihre Ursache in dem Gefüge oder der Ablagerung der erdichten, der sandigen Gemengtheile des Schlamms haben, sie kann eine Wirkung des allmähligen Auseinandergehens der Klaffung von oben nach unten sein. Eine bestimmte und erfahrungsgemässe Ursache lässt sich aber anführen. Es ist dies der Regen. Wenn eine gleich- förmige, d. h. eine nicht aus allzusehr der Grösse, der Gestalt, dem specifischen Gewicht nach verschiedenen Gemengtheilen bestehende Schlamm- oder Erdmasse dem Regen ausgesetzt ist, so entstehen durch das allmählige Abschwemmen senkrechte Wände und in diesen stets mehr oder weniger deutliche senk- rechte Streifen und Rinnen. Diese Wirkung wird ins Besondere durch auflagernde grössere feste Körper, Steine, Holzstücke u. s.w. „geleitet," und es entstehen dann säulenförmige Gebilde, welche in ihrem Querdurchschnilt genau die Figur des auflagernden Körpers wiederholen. Es ist dies eine Erscheinung, die man tausendfällig nach jedem Regenguss, hauptsächlich in thonichtem Sandboden an Böschungen oder anders gebildetem Terrain, bei dem ein Abfliessen des W^assers nicht gehemmt ist, wahrnehmen kann. An den nackten Gebirgsböschungen der Schwarzvvald- thäler z. B. ist diese Besetzung derselben mit tausendfältigen kleinen Säulenformen ein überraschender Anblick *). '■') Ich fand diese Erscheinung während meines Aufenthalts im Schwarzwalde in den regenreichen Monaten August und «September 1851 überall an allen Bergabhängen in einer überraschend deutlichen Ausprä- gung von Yo bis mehrere Zollen Länge und oft in grossen Gruppen beisammen. Es sind dies Phänomene, welche sich nur durch ihre ge- ringen Dimensionen von den bekannten grossartigen Erd -Pfeilern und Pyramiden z. B. bei Botz(?n unterscheiden. (Eine Beschreibung und Stahlstichzeichnung davon gibt Beruh. Cotta, die Alpen. 1851. S. 212.) Es wirft diese in thonichtem Sandboden allgemein wahrnehmbare Er- scheinung im Kleinen auch ein erklärendes Licht auf die Entstehung der colossalen Sandsteinsäulen und Pfeiler in den weichen Sandsteinmassen der sächsischen Schweiz, bei welchen meist ein festerer Felsblock auf- — 111 — J(Mie oben erwälinUM), meist gesireifleii, oben abgerundeten Sehlanimstvlolithen des Feuersces bei Stuttgart waren im Verlauf des trockenen Sommers wenigen und nicht sehr ergiebigen Hegen ausgesetzt ; stärkere Hegengiisse würden den Schlamm allzusehr angefeuchtet, durchdrungen, das ursprüngliche Volum der Säulen wiederhergestellt, die Klaffungen aufgehoben haben, allein die Absonderungsflächen würden, unter obenerwähnten be- günstigenden Umständen, theilweise dennoch geblieben sein und ihre Streifung würde sich gegenseitig abgedrückt haben, nament- lich wenn z. B. ein Druck von oben die Wiedervereinigung der Spaltenwände befördert hätte. Die Anwendung dieser Wahrnehmungen in der jetzigen Epoche der Erdbildung auf Erklärung der Entstehung der ge- streiften wie ungestreiflen, mit organischen oder andern fremd- artigen Körpern zusammenhängenden und nicht mit solchen zusam- menhängenden, säulenförmigen und andern Absonderungen in den vorweltlichen, mehr oder weniger thonichlen oder mit andern MineralstotTen gemengten Kalk- und andern Schlammablagerungen, dem Material der geschichteten Kalkformationen, gibt sich von selbst, ich brauche sie nicht weiter zu verfolgen und erinnere nur daran , dass bei den Kalksteinst^lolithen stets eine , w enn auch gelagert ist und durch die Figur seiner Basis die Figur der ganzen Säule bedingt. Er dient der Säule als Hut gegen den Regen und dieser äussert auf das weichere Gestein unter dem Hut seine nieilianische W^ir- kung ebenso, wie auf die sandig- thonige Erdmasse und die trockene oder halbtrockene Sclilammmasse nur in senkrechter Richtung, entlang den seitlichen Contouren des auflagernden Felsblocks, kann daher auch nur senkrechte Wände nach dem llmriss des Huts erzeugen, und, w^o diese einmal gebildet oder voraus voihanden sind, ihre senkrechte Rich- tung nicht weiter stören, weil das fallende Regenwasser nicht in schiefer oder wagrechter Richtung einwirken kann, wie eine das weiche Gestein auswaschende und aus- oder unterhöhlende wagrechte Strömung, z. B. eine Brandung es thut. — Wo das Abfliesscn oder Abtropfen des Wassers gehemmt ist, z. B. an Erdwänden, welche nur geringe Böschung unter 45 Grad haben, wo daher das Wasser in Tropfen stehen bleiben kann, da erzeugen sich aus den Ahlagerungen der feinen, vom Wasser ergrif- fenen oder hergeführten Erdtheile kleine rundliche, wellenförmige oder anders gebildete Reliefs, die man mit feslgewordenen kleinen Cascnden oder mit Tropfsteinen vergleichen könnte. P. — 112 — nur „papierdünne" Zwischenschicht heterogener Substanzen, z. B. Eisenox;ydhydrat , auf den Absonderungsflächen bemerklich ist, ganz übereinstimmend mit dem, was von Zwischenlagerungen in den Absonderungsflächen der jetzigen Schlammmassen auch nach Wiedervereinigung der Klaffungswände der Austrocknungs- risse gesagt wurde. Dagegen wird die Anwesenheit von stenglichtem oder fase- richtem Kalkspat h, welcher bei manchen, alsdann stets deutlich nach dem Typus der Spathprismen oder Nadeln gestreiften oder kannelirten Kalkstylolilhen als mehr oder weniger dicke Rinde gefunden wird, noch einige Worte der Erörterung verdienen. Es wird keines Beweises bedürfen , dass der Kalkspath, mag er in Cryslallen oder in derberen Massen, z. B. als Spalten- ausfüllung, als Stalaktit, als Sinter, als Incrustation oder in Kalk- luffablagerungen auftreten, eine wässerichte Lösung von doppelt- kohlsaurem Kalk voraussetzt, aus welcher durch Entweichen der Kohlensäure und die dadurch entstehende Umwandlung des Bicarbonats in einfach kohlensauren Kalk, unter Mitwirkung der Wasserverdunstung, der kohlensaure Kalk niedergeschlagen wird und unter begünstigenden Umständen crystallisirt. Dass in jedem Kalkschlamm, dessen wässerichte Feuchtigkeit freie Kohlensäure enthält, eine Lösung von Kalkbicarbonat in grösserer oder ge- ringerer Menge, je nach der Menge der Kohlensäure, enthalten sein wird, lässt sich auch ohne analytische Untersuchung im Voraus annehmen. Ebenso klar und durch Erfahrung bewiesen ist, dass innerhalb einer Schlammschichle die Feuchtigkeit des Schlamms jede dort entstehende oder bestehende Höhlung ausfüllt, wenn sie in entsprechender Menge im Schlamm enthalten und ihr Ab- strömen gehindert ist. Dass die durch das Austrocknen des Schlamms entstandenen Spalten nach reichlichem Regen mit Wasser gefüllt und die Kohlensäure desselben eine Lösung von doppeltkohlensaurem Kalk bilden könne, ist ebenso denkbar wie der Erfahrung gemäss, der Fälle nicht zu gedenken, wo eine in höherem Grade, als der Regen der Jetztzeit, mit freier Kohlen- säure versehene Wassermasse durch andere Ursachen, wie z. B. von kohlensauren Wasserquellen, zu Kalkschlammablagerungen hinzutreten konnte. Und so ist denn durch das Entweichen der I - 113 - Kohlensäure, unter begünstigenden Umständen, aus diesen Flüssig- keiten, die letzte Trämisse für die Entstehung und Absetzung des kohlensauren Kalks in Form von Späth oder in anderer Form in den, die Kalkschlammst^'lolithen umgebenden Spaltenräumen gegeben, dessen Absetzung in Form von „papierdünnen" Rinden- überzügen blos beweisen v\ürde, dass seine Bildung oder Cr^slal- lisation zu einer Zeil begonnen habe, wo die mehr oder weniger getrocknete Schlanimniasse noch nicht von dem neu hinzugetre- tenen Wasser vollständig durchdrungen, die KlalTungen noch nicht vollständig wieder vereinigt waren. Halten wir die Erscheinung zu Käthe, dass in manchen Formationsgliedern des Muschelkalks, wie anderer Kalke oder anderer Formationen, die Schaalen der Schaallhiere aufgelöst und weggeführt und an deren Stelle ein hohler oder mit Späth, mit Kieselmasse etc. ausgekleideter oder aus- gefüllter Raum getreten ist, so hindert nichts die Annahme, dass zu einer Zeit, wo der stenglichte oder faserichte Kalkspath in einer Schlammspalte schon gebildet war, derselbe nachher wieder aufgelöst und weggeführt werden, jedoch seine Eindrücke auch unter dieser Bedingung an den Stylolithenwänden, zurück- gelassen haben konnte, bei welchen jetzt kein Ueberzug von Kalkspath mehr gefunden wird. Will man noch den Druck der überlagernden Massen zu Hülfe nehmen, so mag dieser bei dem mehr oder weniger allmähligen , vielleicht erst durch zerstreute Spathbildung innerhalb der Masse mancher Kalksteine und nament- lich des Muschelkalks, vermittelten Festwerden der ursprüng- lichen Schlammmasse, die Streifung des Kalkst^lolithen nach dem Verlauf der Nadeln und Prismen des Kalkspaths, d. h. den Ab- druck der letzteren in den Stylolithenwänden vollendet haben. Hiemit wäre auch die Kalkspathrinde und die nach deren Prismen gemodelte Streifung der Oberfläche bei den Erkrini- ten würze In Mandel sl ob's erklärt. Die Kladung, welche durch die Auflösung der gallert-, leder- oder hornarligen Haut oder Rinde des Enkriniten entstehen musste, oder auch durch das allmählige Festwerden des Kalkschlamms entstehen oder er- weitert werden konnte, bot der Absetzung des Kalkspaths den Raum dar. Auch der D u tten mergel , an welchen Quen- stedt durch die „Anfänge seiner gestreiften Stylolithen erinnert Württemb. naturw. Jahresheflc. 1852. Is Hefl. 8 — 114 ~ wird," kann hiernach als eine geschichtete Anlagerung stenglichen Kalkspalhs aus der mit erdichten , suspendirten Schlammtheilen gemengten Flüssigkeit einer Kalkschlammmasse erkannt werden, welche zu einer Zeit sich bilden konnte, wo die überlagernden Muschelbänke durch die bei Fäulniss der Mollusken entstandenen, in den Muschelhöhlungen oder unter der compakten, mit Schlamm vermischten Muschelbank gefangenen Gase gehoben, eine hori- zontale Klaffung auf ihrer Sohle entstehen Hessen; gleichwie Dut- tenmergel sich auch in allen Kalken zerstreut findet, wo sich eine Lösung des Kalksalzes in Höhlen oder Kluflräume hinein- ziehen konnte. Dieselbe Entstehungsart halten unstreitig auch die Kalkspath-Ausfüllungen oder Auskleidungen der Ammoniten- kammern, der Höhlenräume anderer Schaalthiere, sowie der von aufgelösten, durch die kohlensaure Flüssigkeit selbst aufgezehrten und weggeführten Conchylienschaalen herrührenden Räume in manchen Gebirgsschichlen. Die blosse Auskleidung mancher Schaallhier- und anderer hohlen Räume mit Kalkspath, im Gegen- satz zu der vollständigen Ausfüllung anderer, erklärt sich durch den von den Schaalenwänden oder den Wänden der Höhlen über- haupt gehemmten Zutritt der Kalksalzlösung, oder durch einen geringeren Gehalt der Flüssigkeil an letzterer, und die manchmal in Schaalthierhöhlungen getroffene, blos theilweise Ausfüllung mit Kalkspath ist ohne Zweifel eine Folge der in diesen Räumen gefangenen Gase. Auch die in den Mergeln des Keupers, namentlich den rothen, eisenschüssigen nicht seilen in senkrechter Stellung eingesetzten Formen von Kalkspath, welche von dünnen, etliche Zoll langen und breiten Plätlchen bis zu flachen Säiilenformen von etlichen Linien Dicke vorkommen und fast durchaus Anflüge von Rotheisenstein, stets aber eine Längsstreifiing der nämlichen Art, wie die „St^'lolithen" zeigen und an ihren Enden meist unter Winkeln von 60^ abgeschnitten sind, werden als Spath- abselzungen in den Zerklüftungen des Mergels hieher gezählt werden können. Aehnliche Absetzungen von grauen, mit Schlamm verun- reinigten spathigen Bildungen finden sich in den verschiedensten Formen, doch meist horizontal, in dem Wellenkalk, unstreitig — tl5 — Absclzimgcn spalhigcr Kalke in den horizontalen KlafTungen zwi- schen den sehiefericlilen Seliiciilungen des Wellenkalks. 8ie ahmen oft Lignile mit ihren Jahrringen lauschend nach. Nachdem sich die bisherigen Krürleriiugcn vorzugsweise mit den geslreiflen Slvlülilhen im geschichlelen Kalkgebirge und mit ihrer Streifung beschäftigt hat, wird es nicht nölhig er- scheinen, die nicht gestreiften in Kalk- wie in andern Forma- tionen, wo sich eben wirkliche Sl^lolilhen (säulenförmige Abson- derungen) finden, noch einer besondern Erörterung zu unterwerfen. Die Anwendung des bisher Gesagten auch auf diese ergibt sich von selbst. Ebensowenig ist es nöthig, die Herbeiziehung der oben erwähnten und, wie gezeigt wurde, mit Unrecht sogenann- ten „Rutschflächen ," der gestreiften wie der ungestreiften , der mit Kalkspath und anderen heterogenen Zwischenlagerungen oder Anflügen versehenen oder nackten Absonderungsflächen, welche nicht in sich selbst zurücklaufen, zu diesem Erklärungsversuch noch ausdrücklich zu rechtfertigen. Fassen wir das Ergebniss der bisherigen Erörterungen kurz zusammen, so erhalten wir folgende Sätze: 1) Die Stylolithen sind vollständige oder unvollständige säulenförmige Absonderungen oder auch Ablösungen. 2) Sie können, und zwar zunächst da, wo sie mit orga- nischen Körpern zusammenhängen, durch diese „geleilet" sein, es ist jedoch dies weder zu ihrer Entstehung, noch zu ihrem Begriff ein wesentliches Erforderniss. 3) Gleichwie nicht alle St;yIolithen durch organische Körper geleitete Absonderungen sind, so sind auch nicht alle, durch solche geleiteten säulenförmigen Bildungen Stvlolithen (z. B. En- krinitenwurzeln, Vermiculiten). 4) Zum Charakter eines St^flolithen gehört nicht nothwendig eine gestreifte Absonderungsfläche, wenn gleich die Stvlolithen der Kalkgebirge dieselbe in der Kegel zeigen. 5) Säulenförmige Gebilde, welche sich äusserlich oder inner- lich als organische Reste gellend machen, sind keine Stvlolithen, sondern Versteinerungen. 6) Säulenförmige Gebilde, welche der Masse ihrer Gebirgs- arl nicht gleichartig sind, sind keine säulenförmige Absonde- 8* - 116 - tun gen oder Stylolithen, sondern Ausscheidungen, Aus- füllungen, Einschlüsse etc. (z. B. Metalladern.) 7) Säulenförmige (cylindrische) Gebilde, welche von einer Schichte ohne Unterbrechung ihres Zusammenhangs und gleich- artig mit dieser in eine ungleichartige, unterteufende oder über- lagernde Schichte übergehen oder verlaufen, sind keine Stylolithen (säulenförmige Absonderungen), sondern, in Bezug auf die letz- teren Schichten, Einschlüsse oder Ausfüllungen, und können durch organische Körper geleitet sein ; in Bezug auf die ersteren Schichten aber sind sie den „Reliefs" oder auch den „Fähr- ten" (Vermiculiten) beizuzählen. 8) Absonderungsflächen innerhalb einer Gebirgsart, welche nicht in sich zurücklaufen und bei welchen keine Trennung oder Spaltung des Gesteins und namentlich keine Verschiebung oder Verwerfung bemerklich ist, sind keine Rulschflächen. Sie unter- scheiden sich von den Stylolithen nur dadurch, dass sie keinen aus Gebirgsart bestehenden Kern umschliessen. 13) 0. Amtswundarzt Dr. Faber von Gmünd zeigte den Em- bryo eines Haushuhns mit 4 Flügeln und 4 Füssen vor. 14) O.-Med.-Rath Dr. vonJäger sprach über die neuerdings in den oceanischen Inseln vorgefundenen Ueberreste von colossalen Vögeln, und wies durch Vergleichung eines Schenkelknochens von Dinornis giganteus Oicen mit dem eines ausgewachsenen afrikanischen Straussen nach, dass erstere wenigstens 10' höher als letztere gewesen sein müssen. Er zeigt ferner die Tibia von Dinornis didiformis Ow. und das Os metatarsi von D. struthioides Ow. vor, und fügt bei, dass neuerdings auf Madagaskar Nester und Eier von ungemeiner Grösse, der sechsfachen vom afrikani- schen Strausse , gefunden worden seien , unter Vorzeigung der Durchschnittszeichnung eines solchen Eies. 15) Prof. Dr. Plieninger beschränkt sich wegen Kürze der Zeit auf eine kurze Demonstration von colossalen Knochen (Becken, Rippen, Humerus, Os ischii, Rücken- und Halswirbel) des Belodon PHeningeri H. v. Mr., welchen zuerst das Vereinsmitglied Stadt- - 117 - rath Reiniger im obersten Keupermergel der weissen Keuper- sandsteingriippe aufgefunden (s. Jaiireshefle Jahrg. V. S. 171) und >vovon der Redner Theile eines zweiten Exemplars, die er eben vorzeigte, später aufgefunden hat. Er erwäluit dabei, dass er selbst schon in früheren Jahren fragmentarische Knochentheile dieses Sauriers an derselben Lagerstätte gefunden und auch das Vereinsmitglied Hr. Director v. Se y ff er gleichfalls solche Frag- mente in den Jahren 1803 — 6 bei Tübingen in derselben For- mationsschichle in der sogenannten „Wanne" gefunden habe, die jedoch damals noch keine Anhaltspunkte zu einer Diagnose geben konnten. Der Vortrag selbst soll, da er nicht gehalten werden konnte und mit einer grösseren Zahl von Zeichnungen versehen werden muss, in einem der nächsten Hefte gedruckt werden. 16) Der Vorsitzende, Graf Wilhelm von W'ürttemberg, sprach noch über die von Pfarrverweser F r a a s (Jahreshefte Jahrg. VI. S. 128) berichtete Wahrnehmung von Detonationen, welche er bei Balingen auL den Höhen der Alp gehört hatte, und macht es. wahrscheinlich, dass dieselben von fernem Kanonen- donner herrührten. Hierauf schloss derselbe um ly, Uhr die Verhandlungen. Nach dem gemeinschaftlichen, zahlreich besuchten Mittags- mahl, bei welchem der erste Toast auf den gnädigsten Protector des Vereins und der ehrerbietige Dank für die der Pflege des Vereins anvertraute, von Seiner Majestät dem Könige und der verewigten Königin Katharina gegründete Samm- lung vaterländischer Naturproducte , welchen der erste Vorstand ausbrachte, den freudigsten Anklang fand, wurde diese Sammlung von dem grösslen Theil der Anwesenden, und hierauf die reich- haltige Sammlung des Vereinsmitglieds, Hofralh Saucerotte, von Fliegenvögeln, Conchylicn und Insecten besucht und der Abend vereinigte die Mitglieder noch einmal in dem Garten der Museumsgesellschaft. II. Aufsätze iiiiVolil|j;efallcns zu geben. Das Miinnelien ist überhaupt viel lebhafter, es verllieidij;! das Terrain um das VVasscrbassin nicht nur gegen das andere (Geflügel, sondern wagt es auch, meine beiden grossen Hunde mit Schnabelhieben zu vertreiben. Eine ganz eigene Antipathie hat es aber gegen einen Knecht, auf welchen es ganz wüthend losfährt, sobald er sich immer blicken lässt. So eifersüchtig diese Vögel ihren Stand be- haupten, so nehmen sie doch keinen Anstand, selbst ihn zu über- schreiten; besonders ^^enn das übrige Geflügel gefüttert wird, mischen sie sich unter dasselbe. Doch dann scheinen sie ihr ganzes bissiges Wesen abgelegt zu haben. Unbeweglich mit eingezogenem Halse stehen sie unter den anderen, um sie herum mit Fressen beschäftigten Hühnern, Fasanen, Tauben, oder geben sich sogar den Schein, als ob sie selbst eifrig mit dem Aufpicken der Körner beschäftigt wären. Die Hühner scheinen selbst an den langhalsigen Herrn irre zu werden, dass sie nicht von ihnen mit den gewohnten Schnabelhieben regalirl werden. Plötzlich sieht der Zuschauer einen der Hälse vorschnellen , und ein un- glücklicher Spatz, der sich an der reichlich besetzten Tafel hatte gütlich thun wollen, ist das Opfer des scheinheiligen Treibens und fährt ohne weitere Zubereitung, meist noch lebend in den gähnenden Schlund hinab. Als sie erst ein Vierteljahr alt waren, gab ich ihnen einen diessjährigen, aber ausgewachsenen Storchen zum Gesellschafter, der ihnen aber ein höchst unangenehmer Ein- dringling war. Er wurde solange verfolgt und konnte ihre Stösse, trotzdem dass er der Mensur völlig ge\\achsen ^^ar, so wenig pariren, dass ich mich entschliessen musste, seine Person vor diesen rohen Angriffen durch eine Trennung zu retten. — Ich bemerke noch für solche, welche sich mit Reihern dasselbe Ver- gnügen verschaffen wollen, dass es durchaus nothwendig ist, sie zu lähmen, um einem Schwünge hoher Gedanken, dem sie sich ergeben möchten, soviel möglich Einhalt zu thun. Sind die Bussarde überhaupt träge Vögel, so ist unter ihnen der VV e sp en b ussard gewiss der trägste. Nur unter zwei Umständen zeigt sich bei dem meinigen die Lebhaftigkeit des Raubvogeltcmperaments; einmal wenn je und je in diesem Regenjahre der belebende Sonnenschein auf ihn fällt, dann schlägt <=- 120 - er die Flügel, sucht einen höheren Standpunkt zu erreichen und lässt oft genug sein helles gedehntes Gi hören; und dann wenn er sein Futter erhält, welches in Milchkäse und rohem Fleische besteht. Bei seiner eigenen Portion scheint er aber nicht be- stehen zu können, macht auf grosse Fliegen Jagd, schreitet ganz harmlos und rabenartig unter dem Geflügel einher und frisst diesem Körner, Ameiseneier, ja sogar Kohl weg. Dabei ist er der guthmüthigste Vogel, der keinen andern beleidigt, und Jeder- mann, welcher ihm etwas Annehmbares anbietet, aus der Hand frisst. Treten wir von dem Vorhof in den Garten selbst, so finden wir hier das edlere Hofgeflügel, besonders die drei Species der Fasanen. Von andern Vögeln treiben sich hier frei umher die Amsel und die Rothdrossel ( Turdus meriila und iliacus) und dabei noch ein Vogel, welchen man beinahe mit demselben Rechte zu den Drosseln wie zu den Raben zählen kann ; es ist eine weibliche Steindohle (Pyrrhocorax alpinus CuvJ, welche ich aus Graubündten erhielt, nachdem sie kurze Zeit vorher durch einen Schuss, der ihr den Flügel lähmte, in Gefangenschaft ge- rathen war. Bald nach ihrer Ankunft schloss sie ein zärtliches Verhältniss mit einem Amselmännchen, musste aber den ernst- lichen Protestationen von dessen Weibchen nachgeben. Ohne dass ich mich irgendwie um sie bekümmere, findet sie überall ihr Futter und unterhält die Gäste durch ihr munteres freies Treiben, das nicht in Muthwillen ausartet, wie dies bei einer Dohle (Corvus monedulal der Fall war , welche bald einen Fasanen beim Schwanz packte und so, besonders den Jungen, keine Ruhe liess, bald an einem halbgeleerten Bierglase so lange herumstiess, bis es auf den Boden fiel und zerbrach, und so auf eine sehr kostspielige Weise ihren unauslöschlichen Durst stillte. Das einzige Unangenehme bei der Steindohle ist, dass sie mit eigener Geschicklichkeit Vogelkäfige zu öffnen versteht, was sie öfters thut, nicht aus Edelsinn für die Bewohner, sondern weil sie eine Liebhaberin von deren besserem Futter ist. Wir besichtigten nun die eigentliche Voliere, einen Raum von 24' Länge, 12' Breite, 5' Höhe. Er ist von allen Seiten durch Drahtgeflechte geschlossen, ausser der hintersten Seite, welche an die Mauer des Hauses stösst. In einer hinteren Ecke - t21 - ist ein Wasserbassin, das nach der Mille zu immer liefer wird, um den Vögeln ohne alle Gefahr das Baden möglieh zu machen. Durch einen Springbrunnen »ird es mit Wasser versorgt, ist nach hinten zu mit Gebüsch besetzt, nach vorne frei, und ganz mit TutYsteinen umlegt. Der Abfluss zieht sieh nach der ganzen Länge durch die Voliere, auf seiner linken Seite ist eine Ein- richtung zum Nisten angebracht, auf der rechten ist ein mit hohen Pflanzen besetzter Rasenplatz, unter diesem hindurch gehen zwei Erdgänge. So glaubte ich für alle Vögel, welche sich in einer Voliere hallen lassen, gesorgt zu haben, und dass ich mich nicht getäuscht, beweist das gesunde Aussehen der Bewohner, sowie auch der Umstand, dass ausser andern Vögeln ein paar Amseln und Wachteln genistet haben. Als ihren besondern Aufenthaltsort betrachten das Bassin mit seiner nächsten Umgebung zwei kleine Rohrdommeln oder Zwergreiher (Ardea minor) und 4 gesprenkelte Sumpf- hühner (Railus porzana). Die Zwergreiher sind Badenser, aus demselben Nest, Männchen und Weibchen. Da sie jung auf- gezogen sind , haben sie ihr natürliches scheues Wesen ganz abgelegt, sowie sie auch, was für den Beobachter sehr angenehm ist, ihr Wesen mehr bei Tage, als, wie dies im freien Zustande der Fall ist, bei Nacht treiben. Sie werden mit kleinen Fischen und mit Ochsenherz gefüttert. Die Ersteren fangen sie mit demselben Geschick, wie die gewöhnlichen Reiher. Da übrigens der Fang mit einiger Aufmerksamkeit und Mühe verbunden war, so fingen sie an , das frei herumliegende Fleisch vorzuziehen und es aus der Hand wegzufressen. Die Folge war, dass sie durch ihre unglaubliche Fetlzulage in mir ernste Besorgnisse erweckten. Ich warf ihnen nun ihr Futter in die tiefste Stelle des Basins und nöthigte sie so, sich mit mehr Anstrengung das Futter zu holen, wozu sie sich lange nicht verstehen wollten. Jedoch fingen sie nun, da sie das Wasser weniger scheuten, auch an, sich zu baden. Sind sie gesättigt, so sieben sie ent- weder ruhig am Rande des Wassers oder setzen sich auf einen Stengel des Gebüsches, in welchem sie mit einer bewunderns- werthen Geschicklichkeit herumklettern und man bekommt an ihnen eine genaue Vorstellung, wie sie im wilden Zustande an — 122 — den Rohrstengeln hinauf und in einer beträchtlichen Entfernung vom Boden wagrechl durch die senkrecht stehenden Schilfslengel klettern. Den Tag über sah ich sie nie schlafen. Der Reiher- charakler hat überhaupt etwas Heimtückisches und Boshaftes, dies findet man auch bei diesem Minialurreiher. Kommt ihm irgend ein anderer Vogel in den Weg, mit dem er sich seiner Grösse halber irgendwie einlassen kann, so erhall dieser auch sogleich einige Schnabelhiebe , und es scheint ihm eine wahre Freude zu machen, eine arme unvorsichtige Bachstelze mit einem Stoss in das Wasser zu werfen. Sie sehen es gerne, wenn ein anderer Taucher das Fleisch aus dcjn W^asser holt, suchen ihm aber dann stets den mühsam erworbenen Bissen abzujagen. Das Paar, von welchem eben die Rede ist, verträgt sich ausseror- dentlich gut miteinander, und lockt sich oft mit feinen zärtlichen kurzen Tönen. Als ein dritter, viel stärkerer Zwergreiher (eben- falls aus Baden) noch hinzu kam , machte es sogleich gemein- schaftliche Sache gegen ihn, so dass dieser kaum durch Fliegen, worin er Meister, seine Verfolger aber Stümper sind, sich retten konnte. Da sie ihn aber nicht zum Fre-sen zuliessen, so musste ich das Männchen aus der Voliere nehmen, aber auch jetzt noch will sich das zurückgebliebene Weibchen nicht mit dem neuen Vogel vertragen ; dieser scheint aber noch bösartiger als die andern zu sein, indem er sich eine gelbe Bachstelze fing und sogleich tödtete. Schon Naumann hat dargethan, dass sich diese Vögel hauptsächlich von Fischen und nicht allein von Lar- ven etc. nähren. Die meinigen, welche kaum die volle Grösse erreicht haben, verschlingen Fische von 2 — V-f^' Länge; Regen- Würmer aber lassen sie unberührt liegen. Die Sumpfhühner erhielt ich kurz nach einander im September aus verschiedenen Orten der Umgegend Stuttgarts. Anfangs hielten sie sich meist versteckt, nach und nach aber gewöhnten sie sich in der Gegenwart von Zuschauern ihrer Nah- rung, welche in rohen Fleischslückchen und Ameisenpuppen be- steht, nachzugehen. Haben sie sich aber gesättigt, so setzen sie sich an ein abgelegenes heimliches Plätzchen und entziehen sich 60 der Störung durch die andern Vögel. Auch dieser Vogel ist in seiner Freiheit eher ein nächtlicher Vogel, und auch die - 123 — meinigen hätlen wohl, weil all eingefangen, diese Sitte, Naehts ihrer Nahrung nachzugehen, beibehalten; allein ich sorgte dafür, dass jeden Abend das Füller aufgezehrt war, und so sahen sich die kleinen Trotzköpfe bald genöthigt , sieh an die gewöhnliche Fulterzeil zu hallen. Sie kommen nun oft zusammen an das Bassin und entwickeln hier ihre ganze Behendigkeit und Geschick- lichkeit im Schwimmen und Tauchen, wozu auch sie durch das auf dem Grunde liegende Füller genöthigt werden, und unter allen andern Vögeln der Voliere scheuen sie das Wasser am wenigsten. Gehen sie nun ihrem Füller nach, so beginnt ein ganz besonderes Leben. Die Reiher stehen gravitätisch am Bande des Wassers und scheinen kaum auf das Treiben der Rallen zu achten. Hat nun aber eine ein Stück Fleisch heraufgeholt , so reckt er neidisch den Hals empor, die Ralle geht ans Land, da sie nichts auf dem Wasser selbst verzehrt , dort wird sie aber alsbald von ihrem mächtigern Verwandten, dem Wa ch telkönig (Ralhis crex) empfangen, der ihr die Beule abzujagen sucht. Aber husch! ist auch schon die Balle zwischen den Beinen des Reihers hindurch geschlüpft und während der W^achtelkönig in seinem Verfolgungseifer erst bei dem Reiher angekommen ist und von diesem ein Zeichen der höchsten Unzufriedenheit er- hält, ist die Rallc schon wieder unter dem Wasser, um sich von neuem Futter zu holen. Manchmal gelingt dem Wachtelkönig seine Jagd, noch öfter muss er sich seine Beule von den Reihern abjagen lassen. Diese sind geschwinder als er, während sie selten mehr eine Ralle verfolgen, voraussehend, dass eine Jagd auf diese nutzlos ist. In dieser Weise ginge es stundenlang fort , wenn nicht oft das laute Gelächter der Zuschauer die Thierchen stutzig machte. Ich hoffe jedoch noch, dass sie denselben Grad der Zahmheit erreichen, wie i\tY Wachtelkönig , der ohne Bedenken Fliegen etc. aus der Hand nimmt. Verweilen wir noch einige Zeit bei dem Bassin, so werden wir ferner in kurzen Zwischenräumen erscheinen sehen: ein Paar Kiebitze cVanelhis chstatus), jedoch mehr um zu baden und um die einzeln schwimmenden Ameisenpuppen zu erhaschen, als weil sie eine besondere Freude, sich im Wasser umher zu treiben, hätten. Sodann erscheint abwechslungsweise ein Paar — 124 -^ Teichhühner (Gallinula chlor opus) , von welchen ich das Männchen schon gegen 8 Jahre besitze. Eine besondere Freude haben diese daran, durch die Hohlgänge durchzuschlüpfen. Das eine hat eine besondere Freundschaft mit einem Rebhuhn ge- schlossen, zu dem es sich hinsetzt und die Läuse mit grosser Geduld absucht. Es sind friedsame Thierchen, die keinem ihrer Mitgefangenen etwas zu Leide thun, was auch diese sich merken und dieselbe Toleranz gegen sie beobachten, höchstens reissl ein Zwergreiher gegen sie den Schnabel soweit als möglich auf. Selten, aber desto interessanter, ist der Besuch eines \V as s er- st aar en (Cinclus aquaticus) am Bassin, der im Besitz eines Bekannten von mir, in meiner Voliere als Gast sich befindet. Als er aus der Stubenluft, welche ihm nicht sehr behagen mochte, in die Voliere kam, wollte er mit Baden und Tauchen gar nicht aufhören. Endlich, noch ganz durchnässt, gelangte er an den Futtertrog, den er 3 Tage nicht verliess und ihn gegen alle andern Vögel, selbst gegen die Kiebitze, vertheidigte. Nur hinter seinem Rücken erlaubte er ihnen zu fressen, und der Zaun- könig war der einzige, der es wagen konnte, noch etwas zwi- schen seinen Füssen hervorzuholen. Ich glaubte durch das Weg- rücken des Futtertroges vom Bassin den Vielfrass ein wenig zur Besinnung bringen zu können — umsonst, er rückte nach. Um einigen anwesenden Naturfreunden die Geschicklichkeit des Wach- telkönigs im Tauchen zu zeigen, holte ich eine Partie Regen- würmer und warf sie auf den Grund des Bassins. Zufällig oder weil er es bemerkt hatte, fand sich der Wasserstaar auch ein und fing an, die Regenwürmer einzeln, wohl 20, heraufzuholen. Dieses für uns so belustigende Schauspiel mochte es für ihn nicht in gleichem Maasse sein, denn der Wachtelkönig und die Kie- bitze nahmen ihm Alles weg. Das Sonderbarste dabei war, dass er es sich so ruhig gefallen Hess. Auffallend ist sein immer- währendes Nicken mit dem obern weissen Augenlid. — Nie erscheint am Bassin ein Sumpfvogel, dessen langen Schnabel wir immer aus dem Gebüsche hervorragen sehen. Auch sonst erweist er sich als einen traurigen Vogel : es ist die Waldschnepfe (Scolopax rusHcola). Dieser Vogel befindet sich jetzt in der Sammlung des Vereins. Meist oben in den — 125 — Gebüschen sitzen eine Blaudrosscl (Turdus cyaneus) und eine sehr schöne (loldamsel (Oriolus galhiila) , welche nun gegen ein halbes Jahr die Gefangenschaft sehr gut ertragen hat. Die Zwischenräume zwischen den auffallenderen Vögeln sind aus- gefüllt durch kleinere, meist insektenfressende Vögel, zum Theil paarweise, weil sich die zarteren so gewiss am boslen hallen. Wir sehen hier den Fliegenfänger (Muscicapa albicollis), die Sing- drossel (Turdus tmisicus), den >Viesenschmäzer (Saxicola ru- betra), die Nachtigall (Sylvia luscinia) , den Schwarzkopf (S. atricapilla), die Grasmucke (S. cinerea), das Müllerchen (S. curruca), den Zaunkönig (S. troglodyles) , die weisse und gelbe Bachstelze (Motacilla alba und sulphurea), die Feld- und Baum- lerche (Alauda arvensis und arborea), die Blaumeise (Parus coeruleus) , den Baumpieper {Änthus arboreus) , den Emmerling (Emberiza cilrinella), den Buchfinken (Fring. coelebs), die Wachtel {Tetrao coturnix), das Rebhuhn {T. perdix), die Turteltaube {Cotumba turtur) und verschiedene Varietäten der Lachtauben (C. risoria). In diese Voliere setzte ich auch einige Schildkröten, ausser der gewöhnlichen {Testudo graeca) noch 2 Exemplare der Dosenschildkröten {Tesludo clausa). Ich erhielt die Letz- leren aus einer Sammlung aus Nordamerika von 120 Stücken. Sie halten recht gut, kriechen oft in das Bassin, schwimmen darin herum und nähren sich von Fleischstückchen. Nach den Vögeln schnappen sie, können aber keinen ergreifen. Aeussersl possierlich war es, als ein Zaunkönig einer solchen Schildkröte die Ameisenpuppen, welche sich zwischen ihre Schaale angesetzt halten, ablas. Die Schildkröte wollte um jeden Preis den Störer ihrer Ruhe los werden, dieser aber wich gewandt ihren Bissen aus und fuhr ruhig in seinem Geschäfte fort. Als die Tempe- ratur Nachts auf 6 — 8^ R. herabsank, fingen sie an, sich in das Moos zwischen den Steinen zu verkriechen , ich sah mehrmals nach ihnen und fand immer , dass sie sich in der gebildeten Höhlung mit dem Kopfe nach dem Ausgang zu gewendet, sowie auch, dass sie die vordere Klappe nur halb geschlossen hatten. Sie krochen bei höherer Temperatur wieder aus ihrem Versteck, jede kehrte aber stets wieder an den einmal gewählten Platz zurück. In die Schaalen einiger waren Ziffern eingeschnitten, - 126 — und bei einer mit 1832 bezeichneten hatte sich die Schnittfläche während der 20 Jahre auf 2'" in die Breite ausgedehnt. Ausser dieser grösseren Voliere sind noch zwei von halber Grösse da. Die eine hat die Aufschrift „Hall wer da?" und er- innert damit an seinen früheren Bewohner, der jeden Ankom- menden mit jenen Worten stellte: an einen Kohlraben (Corvus corax) i dessen Kopf nun in eine Schädelsammlung gewandert ist. Es ist nun ein reges Treiben an die Stelle jenes ernsthaften Philosophirens getreten: Ein Volk von 9 jungen Rebhühnern sucht emsig die zwischen das Moos gestreuten Ameisenpuppen auf. In der zweiten Voliere sind nur Kernfresser: ausser dem Stieglitz (Fring. carduelis), dem Kanarienvogel {Fring, canaria), dem Dompfaffen {Loxia pyrrhulä) noch der sogenannte Gros- bec cou coupe {Loxia fasciata) aus Afrika , von welcher Art das Weibchen sich das ganze Jahr mit Eierlegen beschäftigt, auch schon mehrmals Junge aufgezogen hat; sodann die Frin- gilla safiguinolenla , nitens, senegaUa, melpoda aus demselben Vaterland, ein Kardinal (F. cucullata) aus Brasilien, Loxia igni- color und cantans aus Afrika. Die Papagaien mit ihrem eigenthümlichen Betragen sind vereinzelt in Käfigen oder an der Kette; ich habe von dieser Galtung den Kakadu {Ps. cristatus), den blauen Ära {Ps. ara- rauna), sodann noch Ps. ochrocephalus, Alexandri, ästivus, eri- thacus. Von dem mulhwilligen Treiben der andern Papagaien macht ein Lori von den Molukken {Ps. grandis) eine Ausnahme, der immer gleich melancholisch dasitzt, einen Ersatz aber durch sein prächtiges Gefieder gewährt. Ohne durch etwas aufgeregt zu sein, lässt er hie und da sein lautes Geschrei „Glaenglaen- glaen" hören. lieber der Voliere ist ein starkes Käfig von etwa 30' Länge und 12' Höhe angebracht; eine Scheidewand trennt ein Paar alte Macaco's {Macacus cynomolgus) von ihrem alten Jungen, dem ich nun einen vierten Affen von seinem Alter, sowie einen jungen Hund als Gesellschafter beigegeben habe. Da nun die Trennung von den Eltern schon 4 Monate dauert, so wird das Junge noch durch das Gitter geliebkost, das zweite Aeffchen und der Hund aber mit der grössten Eifersucht betrachtet. Ich glaube — 127 — aber, dass demniiclist das erslo Jnngo vernachlässigt wird, indem in den näehstcn Tagen ein neuer Sprössling dieses würdigen Ellernpaars das Tageslicht erblicken wird. Es ist dann die 5te Geburt, 2 wurden schon friiiier lodl geboren. Uebrigens war das Weibchen nach jeder Geburt sehr krank, besonders nach den Fehlgeburlen. Ich rettete sie dann nur durch strenge Diät, in- dem sie nur Gemüse zu fressen bekam. Doch auch dies wäre vergeblich gewesen, wenn sie sich nicht selbst die Milch aus- gesogen hätte, was sie auch immer that, wenn ich ihr das Junge zu bald wegnahm. Das Männchen sog ihr nie die Milch aus. Die Säugezeit dauert 6 Monate und darüber. Die Tragzeit 20 Wochen, während welcher im ersten Drittel der Begatlungsakl fortgesetzt wird, lieber die possierlichen Streiche der Jungen und die boshaften der Allen enthalte ich mich, weiter zu reden. In einem Winkel des Gartens finden wir noch den Schuhu {Strix buho) und ich glaube, dass meine Exemplare dieser Art desshalb weit besser und schöner befiedert sind, als die meisten, welche ich sonst gesehen, weil man es versäumt, diesem Vogel hie und da hinlänglich Wasser zum Saufen und Baden zu geben, was für sie in der Gefangenschaft durchaus nothwendig ist. Vergessen wir nicht ein paar junge dänische Doggen (Canis familiaris danicus) von ausserordentlicher Grösse und breiten dicken Tatzen; eine Rehgaise, sowie eine ganz eigenthümlirhe Form von Kaninchen, welche mit herabhängenden, um die Hälfte des Kopfes längeren Ohren und mit einem durch eine Hautfalle gebildeten Wulst unter dem Halse ein ausserordentlich dickes Fell mit wolliger Behaarung verbinden. Tritt der Besucher aus dem Garten in das Zimmer, so wird ihm unter den ausgestopften Thieren besonders ein Nachtreiher {Ardea nycücorax) auffallen, den ich im Mai des Jahres 1847 in der nächsten Umgebung von Stuttgart geschossen. — Schliess- lich bemerke ich noch, dass sich in meinem Hause eine isabell- farbige Abart von der gewöhnlichen Maus einquartiert hat ; sie hat sich in dieser Färbung schon durch mehrere Generationen fortgepflanzt, und es soll diese Rarität die Rückkehr der weissen Kakerlaken zur normalen Färbung sein. — 128 — III. Kleinere JfliUlieiluiigeu. 1) Monstrosität einer jungen Hausschwalbe. Von Wund- und Hebarzl Ulm er zu Rottenburg a. N. Es war an einem schönen Sommertage i. J. 1850, an dem ich um Mittag vor meiner Behausung in Wehingen, OA. Spaichingen, stand, als eine alte Hausschwalhe, die sich unter dem Dachgesimse des Hauses eingenistet hatte, aus ihrem Nest flog und sogleich stürzte eine junge Sclfwalbe vom Nest auf den Boden herab, auf dem sie einige Zeit ruhig spazieren ging. Ich hatte Mitleid mit dem noch ungeübten Luftsegler und fing ihn in der Absicht, ihn wieder in das Nest zu thun. Sogleich aber merkte ich, dass das Fliegen eine Unmöglichkeit für ihn sei ; denn ihm fehlten beide Flügel. Statt dieser Flügel war auf jeder Seite nur die erste Phalanx der obern (Flügel-) Extremität vorhanden, die sich in einen runden Stumpf endete, völlig nackt war und gerade in die Höhe stand. Der Leib war schon vollkommen gut befiedert. Die zweite Phalanx (Vorder- und Oberarm?) fehlte ganz. Da das Thierchen doch nothwendig zu Grunde gehen musste (ich habe es von da an nicht mehr gesehen), so bedaure ich, unterlassen zu haben, es behufs der Ausbälgung und Aufstellung in ein pathologisches Cabinet gesendet zu haben. 2) Pottasche aus Runkelrübenmelasse von Waghäusel. Diese Pottasche zeichnet sich durch ihre Reinheit, sowie durch einen Gehalt an Jod aus. van Groningen fand in dieser Pottasche bei zwei Proben in 100: 1. 2. Schwefelsaures Kali 0.279 0.285 Chlorkalium 2.409 2.409 Jodkalium 0.114 0.108 Kieselsäure 0.700 0.700 Wasser 1-895 1.634 In Wasser unlöslicher Rückstand (Kohle, Eisenoxyd, kohlensaurer Kalk) . . . 0.185 0.182 Kohlensaures Kali nebst Spuren Natron _93.976 94. 682 99.558 100.000 Bei der ersten Untersuchung ward das kohlensaure Kali aus der Kohlensäure berechnet, welche mittelst des Apparats von Will und Fresenius bestimmt ward; bei der zweiten Probe ward es aus dem Verlust berechnet, was auch mit dem Ergebniss der Bestimmung mit Schwefelsäure übereinstimmt. Die Pottasche enthält nur sehr geringe Mengen Natronsalz. Der Jodgehalt ist wechselnd , in einer früheren Probe von Pottasche fand man 0,3 % Jodkalium. Dieser Gehalt der Pottasche an Jod ist nicht mehr auffallend, nach- dem man in neuester Zeit gefunden hat, dass Jod ein sehr verbreitetes Element ist, welches sowohl in Fluss- wie in Quellwasser vielleicht nie fehlt, welches sich daher auch in Süsswasser-Pflanzen und Thieren findet, und nach Chatin namentlich auch im Wein, in der Milch und beson- ders in den Hühnereiern enthalten ist, daher man annehmen darf, dass das Jod eine wesentliche Rolle bei der Ernährung spielt. F. !• Aiigelegeiilieifen des Vereins. Ertlieihmg der Rechte einer moralischen (juri- stischen) Person an den Verein. Unler Beziehung auf die Millheilungen bei unserer General- Versammlung am 24. Juni v. J. in der EröfTnungsrede des erslen Vorstandes (oben S. 3) und in dem Kechenschaftsberichl (S. 5) über den Stand unseres Gesuches um die Ertheilung der Rechte einer juristischen oder moralischen Person an den Verein und über die Schwierigkeiten, -welche dabei zu überwinden waren, werden nun den verehrlichen Mitgliedern die seit 10 Monaten in dieser Sache vorgekommenen Verhand- lungen, welche endlich zu dem gewünschten Resultate führten, nachstehend milgetheilt. Erste Eingabe vom 18. December 1850: Bitte des Ausschusses der Gesell- schaft für vaterländische Natur- kunde in Württemberg um gnä- digste Gewährung der Rechte einer moralischen Person für die Gesellschaft. Königliche St a d t d irekti onl Der württembergische Verein für vaterländische Naturkunde, ver- treten durch die unterzeichneten Mitglieder seines Ausscliusses, bittet, dass ihm die Rechte einer moralischen Person mit allen gesetzlichen Folgen zuerkannt werden möchten. Zur Begründung dieser Bitte dient die wachsende Ausdehnung der Vereinswirksanikeit überhaupt und die Ueberweisung des in dem Gebäude neben der k. Voterinärschule auf- bewahrten vaterländischen Naturaiienkabinets von Seiten des Staats an Württeiob. naturw, Jahreshefle. i852. 2s Heft. 9 — 130 — den Verein insbesondere. Indem wir die Vereinsstatuten beilegen, hoch- achtungsvoll verharrend, Der erste Vorstand Graf V^'^ilhelm von Württemberg. Die Ausschussmitglieder. (Folgen die Unterschriften.) Hierauf erfolgte nachstehender erster Bescheid: Die Königl. Württemb. Regierung des Neckarkreises an die Königl. Stadtdirektion Stuttgart. Wie der Stadtdirektion durch Erlass vom 6. September v. J. zu er- kennen gegeben vi'orden ist, hat das K. Ministerium des Innern durch EntSchliessung vom 28. August v. J. der Bitte des Stuttgarter Local- gewerbevereins um Verleihung der juristischen Persönlichkeit nicht ent- sprochen , da consequenter Weise sonst allen ähnlichen Gesuchen der zahlreichen gewerblichen, landwirthschaftlichen und sonstigen gemein- nützigen Vereinen stattgegeben werden müsste, wobei die Rechtssicherheit sehr nothlciden würde. Nach diesem Vorgange weiss die Kreisregierung das mit Bericht vom 30. V. M. vorgelegte Gesuch des Ausschusses des Vereins für vater- ländische Naturkunde um Verleihung der Rechte einer moralischen Person für den Verein dem K. Ministerium in so lange nicht empfehlend vor- zulegen, als nicht besondere, diesem Verein eigenthühmliche Ver- hältnisse, welche für denselben die Erlangung der juristischen Persön- lichkeit noth wendig machen, dargetlian sein werden. Vorstehendes ist dem Ausschuss des mehrgenannten Vereins zu eröffnen. Ludwigsburg, den 7. Januar 1851. Dem Ausschuss des Vereins für vaterländische Naturkunde dahier beehrt man sich, vorstehende Regierungs-Entschliessung mitzutheilen. Sich damit etc. Stuttgart, den 13. Januar 1851. K. Stadtdirektion. OAmtm. Maj er, AV. Zweite Eingabe vom 15. Januar 1851: Ehrerbietige Erwiederung des Aus- schusses des Vereins für vaterl. Naturkunde in Württemberg auf den abschläglichen Bescheid über das Gesuch um Verleihung der Rechte einer juristischen Person an den gedachten Verein. Königliclie Stadtdirektion hat mit Erlass vom 13. d. M. praes. unter Heutigem an den Ausschuss des Vereins für vaterländische Naturkunde den abschläglichen Bescheid der königl. Regierung für den Neckarkreis auf das Gesuch gedachten — 131 - Ausschusses vom 30. v. M. um VerlciluMi^ der Rechte der moralischen Persönlichkeit, eröffnet. Als Grund dieses abschläj^lichen Bescheides sind Vorß;.'inp;e anderer „o:emeinnüt/.ij>er Vereine" vorangestellt, sowie die Gefahr für die Rechts- sicherheit, wenn solchen Gesuchen willfahrt werden wollte, und es werden „besondere," dem Verein für vaterländische Naturkunde „ ei g:e n t h ü m I i ch e V e r h ä 1 tn i s se," welche demselben die Erlaiif^ung der juristischen Persönlichkeit „noth wendig" machen, zur Bedingung einer empfehlenden Vorlage an das k. Ministerium gemacht. — In dem Gesuche des Ausschusses etc. ist als Grund und Veranlassung der Bitte um Gewährung der Rechte (resp. Pflichten) einer juridischen Person für den Verein für vaterländische Naturkunde der Umstand an- geführt, dass demselben im Laufe des verflossenen Spätjahrs die Sannn- lung vaterländischer Naturprodukte, welche bisher in Aufsicht und Ver- waltung der königl. landwirthschaftl. Centralstelle gestanden war, in gleiche Aufsicht und Verwaltung nntor Oberaufsicht gedachter Central- stelle, mit Genehmigung des königl. Ministeriums des Innern übergeben worden ist, und zwar, neben andern auf dies Verhältniss bezüglichen Bestimmungen: mit Ueberlassung der bisher für diese Sammlung im Etat der Centralstelle enthaltenen Position für Unterhaltung gedachter Sammlung, sowie des Gebäudes in dem dieselbe ist, im landwirthschaftl. Versuchsgarten, mit Haftbarkeit des Vereins für allen Schaden an den Sammlungsgegenständen durch culpa lata et levis seiner Organe, sowie am Gebäude etc., gleich den ein finanzkammerliches Gebäude Be- nützenden u. s. w. Weit entfernt von dem Gedanken, durch das eingereichte Gesuch die „Gefährdung irgend einer Rechtssicherheit" herbeizuführen, glaubte der Ausschuss, aus eben angeführtem Grunde der Haftbarkeit von seiner Seite für ein ihm anvertrautes Staatseigenthum, vielmehr gerade eine desto grössere Rechtssicherheit in Bezug auf Letzteres gegenüber der land- wirthschaftl. Centralstelle in der Gewährung seiner Bitte zu erblicken und durch letztere herbeiführen zu sollen; wie denn während der Ver- handlungen über die Uebernahme der fragl. Naturaliensammlung Seitens des Vereins etc. dem Unterzeichneten es gewissermassen an die Hand gegeben wurde, dass es (eben zu Herbeiführung einer grösseren Garantie für das Anvertraute) zweckdienlich sein würde, das Gesuch um die Verleihung der fragl. Rechte zu stellen. Wenn somit aus dem Gesagten hervorleuchten wird , dass nicht sowohl das eigene Interesse des Vereins etc. es ist, was dieser Bitte zu Grunde liegt und dieselbe motivirt, sondern das j,b es o n dere," dem Verein seit Uebernahme der gedachten Sammlung j,e i g en t h ü m 1 i c h e" Verhältniss zu einer Staatsstelle und zu einem ihm anveitrauten Staats- eigenthum, so glaubt der Unterzeichnete die Entscheidung über die „No th wendigkeit" der Ertheilung der Rechte einer juridischen 9* — 132 — Person an den Verein für vaterländische Naturkunde, resp. seine organischen Vertreter, dem höheren Ermessen nach näherer Auseinandersetzung des Grundes und der Veranlassung der gestellten Bittejanheimgeben zu dürfen. Im Namen und Auftrag des Ausschusses des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. Der stellvertretende Vorstand : Prof. Dr. Plieninger. Hierauf erfolgte nachstehender zweiter Bescheid: Die K. W. Regierung des Neckarkreises an die K. Stadtdirektion Stuttgart. Der Stadtdirektion wird auf ihren Bericht vom 20. Januar d. J., betreffend das Gesuch des Ausschusses des Vereins für vaterländische Naturkunde um Verleihung der Rechte einer moralischen Person für den Verein, in Folge Erlasses des K. Ministeriums des Innern vom 25. v. M. zu weiterer Eröffnung zu erkennen gegeben, da.ss, da die Fiction einer juristischen Persönlichkeit nur da möglich ist, wo ein actives Vermögen für einen bestimmten Zweck, möge dieser in der Form einer Stiftung oder einer Corporation verfolgt werden, vorhanden ist, der Verein für vaterländische Naturkunde aber in der That kein actives Vermögen besitzt, dem Gesuche nicht entsprochen werden kann. Da übrigens ohne Zweifel das Motiv des Gesuchs in dem §. 3 der Statuten der Verwaltung der vaterländischen Naturalien -Sammlung gelegen ist, so wird es das Einfachste sein, wenn der Verein die Abänderung dieses doch nicht einzuhaltenden Paragraphen verlangt. Ludwigsburg, den 3, Juni 1851. Dem Ausschuss des Vereins für vaterländische Naturkunde dahier hat man vorstehende Decrets-Abschrift zuzufertigen die Ehre. Sich damit etc. Stuttgart, der 6. Jiini 1851. ' K. Stadtdirektion. OAmtm. Majer, AV. Dritte Eingabe vom 12. Juni 1851: Erneute Bitte des Vereins für vater- ländische Naturkunde in Württem- berg um Gewährung der Rechte einer moralischen Person. Königlich eStadtdirektion hat uns mit Erlass vom 6. d. M., praes. am Gestrigen, den Erlass Königl. Regierung für den Neckarkreis vom 3. d. M. auf unser Gesuch vom 15. Januar d. J. in der seitwärts erwähnten Angelegenheit abschriftlich zugewiesen, worin, zu Folge Erlasses des Königl. Ministeriums des Innern vom 25. Mai d. J., zu erkennen gegeben worden ist: „dass, da „die Fiction verlangt." - 133 — Was nun zuerst die Abündorun«»; des crwulinten §. 3 des Vcrwal- tun«>sstatutes anbolanj^t, so sind wir weit entfernt, die Ansicht der hohen K. Kreisref>ierun«^ über die Unausführbarkeit der in demselben enthaltenen Bestimmungen nicht mit der scliiildigcn Rücksicht zu ehren ; wir be- scheiden uns jedoch, zu bekennen, dass wir unseres Ortes uns um so weniger im Stande sehen könnten, eine Abänderung dieser, von einer hohen Staatsstelle für nothig und wohl auch ausführbar craciiteten Be- stimmungen herbeizuführen, als wir schon im Laufe der Unterhandlungen, welche der Ucbernahme der vaterländischen Naturaliensammlung von unserer Seite vorangingen, den Versuch einer Vorstellung bezüglich jenes §. gemacht haben, ohne jedoch denselben mit vollständigem Erfolg gekrönt zu sehen. Wir könnten daher eine Abänderung dieses §, nur von der höheren Instanz, dem K. Ministerium des Innern, unmittelbar erwarten, welches seiner Zeit das Verwaltungsstatut genehmigt hat und wnirden es mit dem ehrerbietigsten Dank erkennen , wenn eine hohe Kreisregierung die entsprechende Abänderung der von ihr für unaus- führbar erachteten Bestimmungen bei hohem Ministerium geneigtest be- vorworten wollte. Indessen ist in diesem §. des Verwaltungsstatutes weder das ein- zige noch hauptsächliche Motiv für unser Gesuch enthalten, denn es war der Inhalt des, mit Erlass vom 13. Januar d. J. mitgetheilten De- crets hoher Kreisregierung gewesen, der uns die Nothwendigkeit auf- erlegte, das in diesem §. liegende Motiv, mit Uebergehung anderer, hervorzuheben. Vielniehr finden wir noch weitere Motive in dem Um- stände, dass wir nun eben ein dem Staat gehöriges Besitzthum überhaupt in Verwaltung und Aufsicht überkommen haben, dass der Verein in dieser Beziehung unter einer Centralstaatsbehörde zu stehen die Ehre hat und dass er die gemeinnützige Benützung dieser wissenschaftlichen Sammlungen auch gegenüber dem sich dafür interessirenden Publikum als Obliegenheit übernommen hat, welches sich weit mehr dafür interessiren und namentlich auch weit eher geneigt sein wird, zur Vermehrung der Sammlungen die Hand zu bieten und eben dadurch manche wissenschaft- liche Schätze und Merkwürdigkeiten dem Zugrundegehen oder der Ver- borgenheit zu entreissen, wenn dem Vereine durch die erbetene öffent- liche Anerkennung der höchsten Staatsbehörde eine Sanktion ertheilt wird. Allein auch abgesehen von alle dem, so sind wir im Stande, auch der in dem hohen Erlass Königl. Ministeriums des Innern vorangestellten „Vorbedingung eines activen Vermögensbesitzes" vollkommen zu genügen. Wenn schon durch die Bestimmung des §. 2 des Verwal- tungsstatuts: — dass alles, was der Verein an Naturalien oder Geräth- schaften aus seinen Mitteln oder durch seine Bemühungen noch weiter zu der Sammlung beibringen wird, sein Eigenthum verbleiben soll, auf das er nur bei seiner einstigen Auflösung zu Gunsten des Staats ver- zichtet — ein mit jedem Jahr sich mehrender, wirklicher, activer Vcr- - 134 — mögcnsbesitz, der immerhin einen stets realisirbaren Geldwerth repräsen- tiit, involvirt ist, — wie denn der Verein bereits einen nicht unbeträcht- lichen Vorrath von Naturalien in dieser Art besitzt und auch eine stets sich mehrende Bibliothek unter seine Besitzthümer zählt: so besitzt der Verein noch überdies einen in nutzbar angelegten Capitalien von dem derzeitigen Betrag von mehr als 3000 fl. bestehenden Reservefonds, dessen Interessen ihn eben in den Stand gesetzt haben, die Verwaltung der fraglichen Sammlung zu übernehmen, der selbst nicht angegriffen werden soll, sondern im Gegentheil durch die Ueberschüsse der jährlichen Einnah- men (von den Mitgliederbeiträgen) über die laufenden Ausgaben voraus- sichtlich auch künftig, wie bisher, seinen jährlichen Zuwachs erhalten wird. Da hienach die Vermuthung des hohen Ministeriums des Innern, „dass der Verein in der Tliat kein actives Vermögen besitze," keineswegs zutrifft, vielmehr die für die Möglichkeit der Fiction einer juridischen Per- sönlichkeit voranstehende Bedingung: der Besitz eines activen Ver- mögens für den bestimmten Zweck der Förderung der vaterländi- schen Naturkunde, und zwar zunächst durch die, die meisten Ausgaben erfordernde Vermehrung und Unterhaltung der vaterländischen Natura- liensammlung, vollkommen erfüllt ist; so glauben wir, unser Gesuch nebst der weiteren Bitte um Beförderung an die höheren Behörden, sowie um Bevorwortung einer wohlwollend beschleunigten Resolution in einer, wie sie uns unmassgeblich erscheint, so einfachen Sache, hiemit wieder- holt vorlegen zu dürfen. Vl'^ir getrösten uns hiebei der Hoffnung, dass uneigennützige Be- mühungen in einem Bereiche wissenschaftlicher Forschungen, deren Einfluss auf das praktische Leben gerade in jetziger Zeit überall eine, in mehr als einer Beziehung erwünschte Anerkennung von Seiten hoher Staatsregierungen findet, einer solchen Anerkennung und Förderung auch von unserer hohen Regierung werde gewürdigt werden, welche von jeher dafür bekannt war, die Förderung wissenschaftlicher Bestrebungen nicht zum letzten Gegenstand ihrer Fürsorge für das Wohl des Landes zu machen. Verehrungsvoll etc. Im Namen und Auftrag des Ausschusses der Gesellschaft für vaterländische Naturkunde in Württemberg. Der stellvertr. Vorstand : Prof. Dr. Plieninger. Vierte Eingabe vom 6. Oclober 1851: Zur Königl. Stadtdirektion Stuttgart. Bitte um Beschleunigung der Resolution über das Gesuch des Vereins für vater- ländische Naturkunde um die Rechte einer moralischen Person. Wir haben in erneuerter Eingabe vom 12. Juni d. J. die Ehre ge- habt, uns über das Vorhandensein der Bedingungen für die Gewährung I - 135 - der Rechte einer moralischen Persünlichkeit auszuweisen, welche die Koniol. Regierung für den Neckarkreis hei unserem, erstmals am 30. Deceinber 1850 eingereicliten Gosuclie vermissen zu können glaubte, und erlauben uns daher die ergebenste IJitte, es wolle Königl. Studt- diiektion die Beschleunigung des Bescheides auf unsere Bitte höheren Orts geneigtest bevorworten. Hochachtungsvoll etc. Der erste Vorstand des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg: Graf Wilhelm von Württemberg. Hierauf erfolgte nachstehender dritter Bescheid; Die Königl. Württemberg. Regie- rung des Neckarkreises an die K. Stadtdircktiou Stuttgart. Da durch höchste Entschliessung vom 8. d. M. dem im Jahr 1844 gestifteten Verein für vaterländische Naturkunde die Rechte einer juri- dischen Person verliehen worden sind, so wird dies der Stadtdirektion auf ihren Bericht vom 18. Juni und 14. October d. J. mit dem Auftrag zu erkennen gegeben, von dieser höchsten Entschliessung den Ausschuss des Vereins in Kenntniss zu setzen. Ludwigsburg, den 17. October 1851. Dem Verein für vaterländische Naturkunde dahier beehrt man sich Obiges zur Nachricht zuzufertigen. Hochachtungsvoll etc. Stuttgart, den 20. October 1851. K. Stadtdirektion. M a j e r. Fünfte Eingabe vom 27. October 1851: Königlicher Stadtdirektion Stuttgart habe ich die Ehre, den Empfang des Erlasses vom 30. d. M. anzuzeigen, womit dem Verein für vaterländische Naturkunde Abschrift des Decrets der Königl. Regierung für den Neckarkreis, die Ertheilung der Rechte einer juristischen Person an den Verein betreffend, mitgetheilt wurde, und zugleich im Namen des Vereins unseren ogebensten Dank hiefür auszudrücken. Hochachtungsvoll etc. Der stellvertr. Vorstand: Prof. Dr. Plieniuger. II. Aufsätze und Aliliandlunsen. 1. Die MolluslVien erhalten haben. Die Schalen sind stark gewölbt und dachen sich nach allen Seiten ziemlich gleichförmig ab; ihre beiden Kxtreinitäten sind abgerundet und gehen allmiihlig in den stark gewölbten Bauch- rand über, die vordere ist etwas höher als die hintere. Die Wirbel sind viel breiter und nicht so aufgeblasen als bei C. edule L. Die Rippen sind schwach gewölbt, nicht kantig, bei einigen weni- ger, bei andern ebenso breit als die sehr zart in die Quere ge- streiften Zwischenräume; die Rippen sind meist abgerieben, nur bei einem Exemplar sind dicke Querstreifen , ähnlich wie bei C. edule L. , vorhanden. Die Zähne sind den von C. edule sehr ähnlich, aber selten ganz rein erhalten. Eine ganze Muschel ist 7 par. Linien lang, 5,5 Linien hoch und 4,5 Linien dick. Sehr häufig und in Begleitung von Unio Eseri Kr. in dem grünlichgelben Sand und mit Dreissena clavaeformis in einem bläulichgrauen giimmerreichen Sandstein von Oberkirchberg. Cardiiim solilariiim n. sp. Taf. IIL Fig. 8. C. testa parva, oblique ovala, inaequilatera, convexa, postice declivi et angulum obtusum formante; extremitate antica rotun- data, postica altiore, truncafa; margine ventraH convexiusculo ; umbonibus prominentibus ; cosHs 30 — 32 convexis , interstitia vix superantibus, transversim striolatis, obsolete tuberculatis; dentibus cardinalibus parvis. — Long. 4,8 ; alt. 4 ; ci'ass. 23 Im. par. Diese Art ist von der vorhergehenden leicht zu unter- scheiden, denn Mährend jene Schalen nach vorn, hinten und unten gleichförmig gewölbt sind, sind diese nach der hintern Extremität hin abschüssig und erhalten dadurch eine stumpfe Kante, welche von den Wirbeln nach hinten und unten verläuft. Die Schalen sind vorn abgerundet, hinten weit höher und schief abgestutzt. Der nur wenig gewölbte Bauchrand bildet mit der hintern Extremität eine abgerundete Ecke. Die Wirbel sind schmal. — 156 — Die nur wenig gewölbten Rippen sind kaum etwas breiter als ihre Zwischenräume , leicht in die Quere gestreift und , bei 2 Schalen unter 8, hinten und vorn mit kleinen Höckerchen besetzt. Die Zähne sind klein und haben mit den von C. conjungens P a r t s c h sehr viel Aehnlichkeit. Der Schlossrand ist gewölbt. Selten in dem grünlichgelben Sand von Oberkirchberg und noch seltener in dem bläulichgrauen Thon von Unterkirchberg. Ausser diesen 2 Arten kommen noch zwei Cardium vor, welche aber nach den vorliegenden mangelhaften Exemplaren noch nicht genau bestimmt werden können. Das eine, mir nur nach einer einzigen Schale im Naturalien- Cabinet bekannt, kommt in dem grünlichgelben Sand von Ober- kirchberg vor und hat, wie es scheint, den Umriss und Grösse von C. sociale, ist aber etwas flacher und hat 20 sehr schmale, erhabene und gewölbte Rippen, welche mindestens durch noch einmal so breite Zwischenräume von einander getrennt sind. Ich möchte diese Art vorläufig als Cardium jugatiim bezeichnen. Das andere kommt ungemein häufig und begleitet von der schmälern Form der Dreissena clavaeformis, in dem weichen graulichen Thon zwischen Unter- und Oberkirchberg über dem Sand mii Paludina varicosa Bronn vor, ist aber so zerbrechlich und zerdrückt, dass unter Duzenden von Schalen nicht eine einzige vollständige und nur zwei Bruchstücke eines Schlosses aufzufinden waren. Die Schalen sind 12 par. Linien lang und etwa 9 — 10 Linien hoch, sehr dünn, ungleichseitig, ziemlich ge- wölbt, wahrscheinlich an beiden Extremitäten abgerundet und mit 25 — 28 Rippen versehen, welche nur wenig erhaben und gewölbt , hinten , wie es scheint , flach und kantig , sehr fein in die Quere gestreift und breiter als ihre Zwischenräume sind. Vom Schloss konnte ich nur in einer linken Schale den hintern niedern Seitenzahn und die vordere lange seichte Grube erkennen, deren innere Wand aber kaum zahnarlig erhaben ist, ähnlich wie bei dem ebenfalls dünnschaligen Cardium grönlandicum Che mn. Auf der innern Seile der Schalen sind die Rippen sehr deutlich bis zu den Wirbeln zu erkennen. Diese Art scheint mir neu zu sein, daher ich sie Cardium friahile nennen möchte. Ob die in der Molasse von Grimmelfingen häufig vorkom- — 157 - mendcn Steinkerne mit einem vervvillerlen Schalenüberzug auch zu dieser letzten Art gehören, ist mir, obwohl es sehr wahr- scheinlich ist, nicht möglich zu entscheiden, weil es mir unter einer grossen Anzahl von Exemplaren nicht gelungen ist, auch nur eine Andeutung von einer Area des Ligamentesoder von Schlosszäh- nen aufzufinden. In der Gestalt und Skulptur der Schalen kann ich wenigstens keinen Unterschied finden. Ob die von Zieten (Ver- stein. Würlt.Tab. LVI. Fig. 8) als Area Schübleri aus Grimmelfingen abgebildete Muschel, die eine deutliche Area zeigt und daher zu Area gehört, wirklich von Grimmelfingen ist, weiss ich nicht. Ausser den Arten von Cardium kommt in dem gräulich- gelben Sande noch eine durch ihre Schlossbildung eigenlhümliche Meeresmuschel vor, welche von allen mir bekannten Genera verschieden zu sein scheint; da aber nur 3 Schalenbruchstücke vorliegen, so lässl sich keine genaue Bestimmung vornehmen. Das Schloss der rechten Schale hat vorn eine kleine Grube, dann einen senkrecht auf dem Schlossrand und unter dem Wirbel stehenden grossen und zusammengedrückten Zahn und hinter diesem und durch eine dreieckige Grube getrennt, einen schma- len, schief nach hinten verlaufenden kleinen Zahn; das Schloss der linken Schale hat 2 grosse Zähne, zwischen welche der grosse Zahn der rechten Schale eingreift ; ihre Gestalt lässt sich nicht genau bestimmen. Seitenzähne fehlen ganz. Der vordere Muskeleindruck ist in den beiden Schalen sehr gross und hinter ihm läuft eine leistenförmige Verdickung von den Schlosszähnen bis gegen den Bauchrand, ähnlich wie bei einigen mit Osteodesma verwandten Geschlechtern. Die Muscheln, welche sich in der Sammlung von Finanzralh Eser befinden, scheinen die Länge eines Zolls nicht zu übersteigen. 2. Conchylien der Süsswasserkalkformation Württembergs. (Hiezu Tafel III. Fi? 9-12.) Von Dr. Klein. In neuerer Zeit aufgedeckte Fundorte und vollständiger erhaltene Exemplare geben mir Gelegenheit zu den im zweiten — 158 - Jahrgang dieser Jahreshefte pag. 60 beschriebenen Conchylieri der Süsswasserkalkformation Württembergs einige Zusätze und Berichtigungen zu machen. In demselben Jahre 1846, in welchem ich die Beschreibung dieser Conch^'lien gegeben, hat Dunker in Dunker u. Meyer Palaeoniographica B. I. pag. 157 eine Melania, welche derselbe von Apotheker Wet zier aus der Molasse von Günzburg erhalten hatte, als Melania Wetzleri beschrieben und Tab. XXI. Fig. 2. abgebildet. So wenig auch die Abbildung auf den ersten Anblick n)it der von mir pag. 81 beschriebenen und Tab. II. Fig. 2. abgebildeten Melania turrita übereinstimmt, so musste doch die Beschreibung Dunker's und seine Erklärung, dass in Hinsicht auf Skulptur viele Veränderungen vorkommen, zu einer Verglei- chung auffordern, zu welcher denn auch die von Günzburg er- haltenen Exemplare, sowie eine ziemliche Anzahl, welche das K. Naluraliencabinet aus dem Süsswasserkalk vom Michelsberg bei Ulm , welcher durch den Festungsbau an vielen Stellen zu Tag gelegt wurde, und aus dem von Zwiefalten zugeschickt er- hielt, die erwünschte Gelegenheit bot. Eine genaue Untersuchung und Vergleichung der Exemplare von diesen drei Fundorten wies aber drei verschiedene Species nach, die sowohl in Hinsicht auf Form und Thürmung, als Zeich- nung und Grösse Verschiedenheiten darbieten , von denen jede auf ein bestimmtes Vorkommen beschränkt ist und so wieder den Beweis für Localbildungen liefert, wie sie in der Tertiär- Formation so häufig vorkommen. Die grösste dieser Species Melania g:rossecoslata mihi. Tab. III. Fig. 11. M. testa magna, elongato-turrita ; anfractibns suhconvexis, celeriter accrescenfibus , superne angulatis , siiperiore parte coarctatis, subscalariformibtis , transverse cosMia, longitudinaliter striatis; sutura lineali; columella parum arcuata, pariete aper- turali calloHO ; apertura rofundato-ovala. — Alt. 24'"; lat. 10'". Die Schale ist verlängert thurmförmig, grösser und breiter als M. Wetzleri , an einzelnen Exemplaren nicht abgebrochen, sondern trunkirt, denn der oberste Umgang ist vom Thiere ge- - 159 - schlössen. Meist sind 7 — 8 Uiniiängc vorhanden (während \vohl 4 fehlen), die schneller zunehmen als bei ßl. Wetzleri , der un- terste ist convex, die andern sind flach gewölbt und unter der kaum sichtbaren Naht eingedrückt, wodurch eine starke, scharfe Kante entsteht, die am vorletzten Umgang am stärksten hervortritt, auf dem letzlen fast verschwindet, wo sie bei 31. Wetzleri am deut- lichsten hervortritt. Alle Umgänge haben starke erhabene per- pendiculär auf die Achse des Umgangs laufende Querrippen, die an der Kante in eine scharfe Spitze endigen, viel stärker als bei M. Wetzleri. Die Rippen laufen schief, werden gegen die unlere Naht schwächer und stehen weiter auseinander als bei M. Wetzleri, auf dem vorletzten Umgang sind 8 vorhanden, auf dem letzlen sind sie schwächer. Auf allen 8 vorhandenen Um- gängen sind deutliche Longitudinalstreifen, die parallel den Nähten gehen und auf dem untersten zahlreicher sind, aber nicht stärker wie bei M. Wetzleri, in der Regel sind es auf demselben von der Naht bis zur Basis 10, bei einem Exemplar sogar 15. Auf den andern Umgängen ist an dem eingedrückten Theil von der Naht bis zur Kante 1, selten 2 Streifen; zwischen der Kante und der untern Naht sind es 3 — 4, seltener 5. Die Spindel ist leicht gekrümmt und die Spindelwand von einem starken Callus bedeckt, der bei M. Wetzleri fehlt. Die Mündung ist bei keinem der Exemplare völlig erhalten; soweit sich bestimmen lässt, ist sie abgerundet eiförmig, der Mundsaum ist am obern Rand nicht anliegend, sondern abgerundet und bauchig, nicht beinahe elliptisch und nach oben und unten ausgezogen wie bei M. Wetzleri] der rechte Rand ist scharf. Die Höhe ist 24'" Pariser Duodecimalmass und der letzte Umgang an der Mündung 10'" breit. Sie kommt am Michelsberg bei Ulm vor und ist, so weit die Untersuchungen reichen, auf diesen beschränkt. Von dieser wohl unterschieden ist die pag. 81. Tab. II. Fig. 2. beschriebene und abgebildete Melania, von der vollstän- digere Exemplare jetzt auch eine genauere Beschreibung gestatten. Melania tiiiTita mihi. Tab. III. Fig. 10. M. testa gracili, elongalo-turrita ; anfractihus convexiusculiSt subangulatis , sensim accrescentibus , subcoarctatis , transverse — 160 — costulatis, striis longitudinalibus decussatis; suturis linealibus; pariete aperturali callo crasso obtecto, columella parum excaimta; apertura ovata, sube/fusa; peristomate subacuto, — Alt. 16'"; lat. 5'". Die Schale ist schlank, thurmförmig verlängert, oft trun- kirt, die Umgänge, von denen 8 erhalten sind und wohl noch 4 fehlen, nehmen gleichförmig und weniger schnell zu, enden oben in eine stumpfe Spitze; die obern sind ziemlich platt, die un- tern convex; alle haben nur eine leichte, selbst fast keine Kante, sehr erhabene, leicht gekrümmte, enger gestellte Querrippen (der vorletzte Umgang hat 16 — 18 solcher Rippen), die an der leichten Kante kaum hervorragen. Die Nähte sind kaum sichtbar, die Umgänge unter denselben sehr leicht eingedrückt und zeigen an dieser Stelle kaum erkennbare Longiludinalstreifen ; dagegen setzen sich die Rippen bis zur Naht fort und zwischen ihnen zeigen sich zuweilen noch leichtere Querfalten. Die Longitudi- nalstreifen sind schwächer, nur an den 4 — 5 untern Umgängen sichtbar und mit Ausnahme des letzten so gestellt, dass 3 Streifen gegen die untere Naht jedes Umgangs deutlich, aber nicht scharf sind. Der unterste Umgang hat an seinem obern Rand noch deutliche Querfalten, auf dem untern Theil 11 — 13 deutliche, aber nicht schärfere Longitudinalstreifen. Die obern Umgänge haben keine Longitudinalstreifen, aber sehr starke und noch enger ge- stellte Querrippen, so dass der 7te noch 15 hat, während er bei M. grossecostata nur 7 hat. Die Spindel ist an der Spindelwand kaum gekrümmt und mit einem starken Callus bedeckt. Die Mündung ist eiförmig, nach oben und unten kaum ausgezogen. Die untern 8 Umgänge sind 16'" lang und an der Mundöffnung ist die Schale 5'" breit, während der stark umgeschlagene Callus an der Spindelwand die ausgewachsene Schnecke beweist. Diese Species, von der die abgebildeten Exemplare sich in der Sammlung des Grafen v. Man d eisloh befinden, findet sich bei Zwiefalten und Ehingen, und alle dort gefundenen Exemplare haben diese schlanke Form. Beide Species unterscheiden sich durch die Art der Thür- mung, Grösse und namentlich Breite, so dass sie zwei ganz ver- schiedene Formen darbieten, ebenso ist auch die Art der Zeich- nung, besonders der Querrippen eine völlig verschiedene, wozu - 161 -- wohl auch als wescnllichos MomonI gorochnct werden darf, dass jede dieser Speeies auf eiuen besondern Fundort beschränkt ist, bei Ulm kein schlankes, bei Zwiefallen kein stark knotiges grosses Exemplar gefunden wird und auch die Uebergängc an diesen Orten fehlen. Zwischen diesen beiden Extremen steht die in der Molasse bei Günzburg gefundene Melania }Yetzleri D unk er und bildet eine Art von Uebergang, weicht jedoch in der Art der Thürmung, der Höhe und Breite und der Art der Zeichnung von beiden ab, so dass die Annahme von 3 Speeies gerechtfertigt sein wird. Melanopsis praerosa L. Tab. III. Fig. 12. M. testa ovalo-conica j apice acuta, sublaevi; anfractibus senis vel septenis planmsculis adpressis , ultimo caeteris multo majori; apertura ovato-acuta, dimidiam fere totiiis testae partem aequante; cohimella sinuata , callosa, superne cum labro acuto in canaUculum angustum exeunte. — Alt. S^/n"] lat. 3'". (D u n k e r.) Dunker und Meyer Palaeontographica B. 1. pag. 158. Tab. XXI. Fig. 30 u. 31. Die Exemplare, welche bei Andelfingen, in der Nahe von Ehingen, gefunden wurden, stimmen mit der noch lebenden Speeies und den in der Molasse bei Günzburg gefundenen und im an- gegebenen Werke abgebildeten Exemplaren überein. Die Schale ist eiförmig conisch, scharf zugespitzt, glatt; von den 6 — 7 Umgängen sind die obern platt, völlig an einander angelegt mit kaum sichtbarer Naht, der unterste ist leicht convex, viel grösser als die andern zusammen. Die Spindel ist an der Mündungswand ausgebuchtet, mit einem Callus bedeckt, unten ab- gestutzt und geht in einen kurzen Canal über, dessen rechte Wandung sich mit dem scharfen Mundsaum verbindet; oben bildet sie mit dem scharfen Mundrand einen engen Canal, der sich viel höher hinauf erstreckt, als die Mundöffnung selbst. Die Spin- del ist am Anfang dieses Canals aufgetrieben. Die Mundöffnung ist eiförmig, nach oben durch den Canal lang zugespitzt und mit diesem länger als die Hälfte der Schale, ohne diesen be- trägt sie etwas mehr als ein Drittheil derselben. Die Schalen sind etwas kürzer als die auf der Abbildung Dunker's ange- Württerab. naturw. Jahreshefte. 1852. 2s Heft. 1 1 — 162 -- gebenen und haben eine Länge von 7 bis höchstens 8'" Pariser Duodecimalmass und eine Breite von 3'". In der Beschreibung der Conchylien der Süsswasserkalk- formation Württembergs ist pag. 84 Limnaeus gracilis v. Zieten beschrieben und Tab. II. Fig. 6 a. u. b. abgebildet worden. Die Untersuchung volllioinmener und zahlreicher Exemplare und namentlich eine Durchsicht, deren Professor Ross massier unsere Sammlung würdigte, führte zu dem Resultate, dass die von mir als Limnaeus gracilis v. Zieten beschriebene und in unsern Sammlungen als solche angenommene Schnecke kein Limnaeus, sondern eine Glandina ist. Ob die v. Zieten'sche dieselbe ist, lässt sich bei fehlendem Original nicht entscheiden, jedoch muss angeführt werden, dass die in unsern Sammlungen als solche angenommene nicht mit der Abbildung v. Zieten Tab. XXX. Fig. 3. übereinstimmt, aber auch keine andere der Abbildung ähnliche Schnecke sich in unsern Sammlungen befindet. Glandina (Achatina) antiqua mihi. Tab. III. Fig. 9. G, testa magna, elliptica, subtiliter striata, apice obtusa; anfractihus 4'/2» superioribus subplanis, glabris , ultimo maximo convexo , reliquum spirae triplo superante; columella infiexa, truncata; aper Iura elongata, supra acuminata; peristomate acuto. Alt. 18—20"'; lat. 8'". Die Schale ist elliptisch, schlank, gestreckt mit stumpfer Spitze, fein gestreift, hauptsächlich bei den Exemplaren von Hohen- memmingen, die Streifen sind in die Quere und eng gestellt und besonders am letzten Umgang in der Nähe der Naht sehr stark. Von den A:^/.-^ Umgängen, einer Anzahl, die bei den Achatinen selten vorkommt, ist der Iste und 2te sehr klein, der 3te nimmt rasch zu, der unterste ist convex, 3mal so hoch als die andern zusammen. Die obern sind flach gewölbt und glatt; die Nähte sind seicht. Die Mündung ist elliptisch, 12'" lang und am wei- testen Theil 4'" breit, oben zugespitzt, unten etwas verschmälert. Der Spindelrand ist leicht ausgebuchtet und mit einem völlig anliegenden Callus bedeckt; die Spindel einwärts gerollt, etwas nach vornen gebogen und unten abgestutzt. — 1G3 — Sie steht -svohl der Achathia inßata Reiiss, geognoslischc Skizze der tertiären Süsswassersehichle des nördlichen Böhmens, in Dunker und Meyer Palaeonlographiea B. II. pag. 33. Tab. III. Fig. 14. am nächsten, unterscheidet sich aber von ihr durch die mehr gestreckte, nicht aufgeblasene Form, den grösseren 3len Umgang, wodurch das Verhältniss des letzten Umgangs zu den anderen ein ganz anderes wird; Keuss gibt für A. inßata den letzten Umgang als 5mal so hoch an, als das übrige Gewinde, während bei G. antiqua derselbe nur 3mai so hoch ist ; den letzten Umgang nennt er bei A. inßata sehr bauchig, bei G. antiqua ist er schlanker; die gestreckte verlängerte Mundöffnung entspricht bei G. antiqua der gestreckten Form der Schale und hat 4'" Breite auf 12'" Höhe, während sie bei A inßata viel breiter ist und nach der Abbildung gemessen 8"' Breite auf 13'" Höhe hat. Fundort: bei Ehingen, am Michelsberg bei Ulm und bei Hohenmemmingen. Cyclostoma glabrum Seh übler. Pag. 77 beschrieben, ist nach den Untersuchungen von Professor Krauss und nach den von demselben gefundenen, zu den Schalen passenden Deckeln, die für das Genus entscheidend sind, keine Cyclostoma, sondern Paludina tentaculuta L., siehe dessen Beschreibung pag. 140. in diesem Jahresheft. Helix acieformis mihi. Pag. 100 beschrieben und Tab. H. Fig. 21. a. u. b. abge- bildet, ist nach der Untersuchung des Professor Rossmässler und nach vollständigem Exemplaren übereinstimmend mit Helix croatica Part seh. H. testa late umbilicata, orbiculato-convea^a, supra dense costulato-striata , subtilissime decussata, sericina, coniea, obtuse carinata, albido-cincta, subtus nitida, lutescenti-albida, sub carina corneofasciata ; aper Iura oblique lunata; peristomate recto, acuto, intus vix atbo-calloso. — Alt. 5—8'"; lat. 10—13'"; anfractibus 7. (Rossmässler.) Die Anzahl der im jungem Süsswasserkalk oder vielmehrSauer- wasserkalk von Cannstatt vorkommenden, jetzt nicht mehr in Würt- temberg lebenden Species wird dadurch wieder um eine vermehrt. 11* — 164 — Planorbis spirorbis Müller, ^\elcher pag. 103 als im Süsswasserkalk und pag. 114 im Torf gefunden aufgeführt ist, hat sich als Planorbis leucostoma Mi- cha ud herausgestellt, wie denn überhaupt der wahre P. spi- rorbis, der pag. 36 im Verzeichniss der lebenden Conch^'lien aufgezählt ist, in Württemberg nicht vorzukommen scheint. Da diese Species in jener Aufzählung fehlt, so folgt hier die Be- schreibung Rossm ässler's. Planorbis leucostoma Michaud. P. testa depressa, supra vix concava, subtus plana; an- fractibus tardissime accrescenlibiis , stipra semiferetibus , subtus plmmisciilis, extremo vix latiore, deorsum obtuse carinato ; aper- tura subrotunda, subangulata; peristomate leviter albilabiato. Alt. Vg'"; lat. 3'^'; anfractibus 6. P. spirorbis unterscheidet sich von diesem durch den Mangel des 6ten Umgangs, das schnelle Zunehmen der Umgänge, so dass der letzte bedeutend höher und weiter ist als der vorletzte, durch die von keinem Kiele und keiner Kante gestörte Rundung der Um- gänge, durch die völlig runde, nur von der Mündungswand etwas mondförmig ausgeschnittene Mündung, die durch eine plötzliche Erweiterung des Umgangs verhältnissmässig sehr weit wird. Unter der grossen Anzahl von Exemplaren von Helix hispida, welche sich in den verschiedenen Schichten des Süsswasserkalks finden, sind von Oberbauralh v. Bühler drei aufgefunden wor- den, die sich durch ihren sonderbaren Bau auszeichnen und als scalariformes darstellen, eine Form, die wenigstens mir von dieser Species nicht bekannt war. Bei dem Einen sind die 3 äusseren Umgänge so unter ein- andergestellt, dass sie als gethürmt erscheinen, die andern liegen gleich, die Mündung ist nicht verdeckt. Beim zweiten ist der letzte Umgang völlig unter die andern geschoben, eine tiefe Naht trennt die convexen Umgänge, die Mündung liegt ganz unter dem vorletzten Umgang. Beim dritten stehen die 3 äusseren Umgänge unter ein- ander, decken sich und sind durch tiefe Nähte getrennt, die Mündung liegt ganz von dem vorletzten Umgang verdeckt. Taf : W <'■"■ u. UtA ^ £ Uunuivel GnhtuJCl /vi l'.irL Ehtlen. TigLPaixamaconoideaWui S.P.vBricosaBrom, S.MelmopsiSTmpTefeaS. Oreifema nWeformia £- 5.lJrmDT5rchfefea„TaS. 6.ir.E.a-Tl67. Caxdiumwoialelr. 8.G solilanum"S: 9. aiaiulma aitquaKm. ^Mekiia ttjiif.illßm. ÜM.&orserostatanem. 12 Mäanopsispraer'osa I. 3. Beiträge zur Anatomie inul Pliysiologie von Tnenia solium und Uibuthrhini lalmn. Von einem Vereinsmilgliede. Die Veranlassung zu nachstehender Arbeit gab zunächst eine Abhandlung D. F. Eschrichl's über die Bothriocephalen in dem 2len Supplement des J9ten Bandes der Verhandlungen der Kaiserlichen Leopoldinisch -Carolinischen Akademie der Natur- forscher; Breslau und Bonn 1841. Der Verfasser stellte sich die Aufgabe, durch eine von den- selben Gesichtspunkten ausgehende mikroskopisch - anatomische Untersuchung von Taenia solium die Kenntniss dieser beiden in mancher Beziehung noch so räthselhaften Schmarolzerthiere des menschlichen Darmkanals zu vervollständigen. Das Material zu den anatomischen Untersuchungen verdankt der Verfasser der Güte des Herrn Medicinalraths Dr. Seeger in Ludwigsburg, und es war ihm möglich, im Verlaufe von 3 Jahren Exemplare von T. solium jeden Alters und jeder Grösse zu zergliedern. Zur Empfehlung der anatomischen Abtheilung dürfte viel- leicht noch anzuführen sein, dass dieselbe zum grössern Theil mit den ausgezeichnelen Mikroskopen der Universität Heidelberg ausgeführt worden, deren Benützung Herr Professor Henle mit bekannter Güte gestaltete. Die anatomischen Notizen über Dibothrium latum sind meist der oben citirten Abhandlung Eschricht's entnommen. Ges chicht e. 1. All g^e meine Notizen. Ueber die Entstehung und das Wesen des Bandwurms herrsch- ten in frühester, ja selbst noch in neuerer Zeit die abenteuer- lichsten Meinungen. Hippocrales lib. IN^ de morbis pag. 551 ed. Foes. sagt: aus der Fäulniss des Bluts und der Milch entstehen in den Ge- därmen der Knaben sowohl Spul- als Bandwürmer. An einer - 166 - andern Stelle vergleicht er den Bandwurm mit einer von den Gedärmen abgezogenen Haut, (^pecies ejus est velut album in- testini ramen(um). Aetius (Tetrab. III. Serm. I. C. 14), Paul von Aegi- neta, Kiolan, Capucinus u. A. behaupten geradezu, der Bandwurm sei die abgelöste innere Haut der dünnen Därme, welche zu einem lebendigen Körper geworden sei. Valleriola sucht zu beweisen, der Darmschleim könne sich in eine Haut verwandeln, welche dem Bandwurm ähnlich ist. Sehr verbreitet war in früherer Zeit die Meinung, der Bandwurm sei kein einfaches, sondern ein zusammengesetztes Thier, er bestehe aus einer Kette zusammenhängender kürbis- kernartiger Würmer. Yallisnieri suchte zuerst diese Ansicht mit Gründen zu vertheidigen. Mousset glaubt, der Bandwurm sei eine von den Gedärmen abgegangene, mit lebendigen Kürbis- würmern angefüllte Haut. Coulet in seiner Abhandlung de Ascaridibus et lumbrico lato behauptete, der Madenwurm unterscheide sich in keiner Art von dem Bandwurm, nur sei ersterer ein einfacher, letzterer ein zusammengesetzter Wurm. Er erklärte sich die Entstehung des Bandwurms aus dem Madenwurme wie folgt: Der Schwanz jedes Madenwurmes sei kleiner als der Kopf, so dass er letztern in den Schwanz eines zweiten Madenwurms hineinstecken könne, dieser ziehe sich zu- sammen und beide Würmer sondern hierauf eine weisse kleb- rige Materie ab, welche sie fest verbinde. So bilde sich aus einer Keihe von Madenwürmern der zusammenhängende Bandwurm. Yallisnieri stellte sich die Sache noch handgreiflicher vor; er glaubte, jeder Madenwurm habe an seinem vordem Ende zwei Häckchen, an seinem hintern Ende zwei Vertiefungen. Diese Häckchen hänge der Madenwurm bei seinen Kameraden ein, wenn er mit Genossenschaft einen Bandwurm constituiren wolle. Peter von Albano 1300 lässt die Bandwürmer aus der Paarung von Kernwürmern und Ascariden hervorgehen. J. C. Frisch in Miscell. Berol. A. 1700. Cont. II. pag. 46 — 48 hält Maden-, Spul- und Band-Würmer für eine und die- selbe Helminthenspecies in verschiedenen Entwicklungsperioden. - 1G7 - Leiiwenhök, Börliaave und besonders Linnö verlhei- diglen die Ansidil, die l'jngeweidewürmer entstehen unter dem veränderten Kinflusse des Lebens und der Nahrungsverhällnisse aus den Eiern anderer im Freien lebender Würmer und Insekten. Ueber einzelne Theilc und Organe, ihre Deutung und Stelle im Organismus wurden zum Theil tolle H;ypolhesen zu Tage gefördert. Lange Zeit waren die Naturforseher nicht einig, ob T. so- lium einen Kopf habe oder nicht. Linne und mit ihm viele Naturforscher sprachen dem Wurme den Kopf ab. Giere (Hist. lumbr. lator. pag. 165) setzte denselben an das breite Ende. Bonnet (Abhandlung aus der Insectologie, übers, von Göze. Taf. 11. Fig. 1 — 5) war der erste, welcher, ohne es zu wissen, den Kopf von T. soHum ziemlich gelreu abbildete, doch schei- nen ihn Andry u. A. ebenfalls beobachtet zu haben. Reimarus (von der Natur der Pflanzenthiere S. 131) hielt den Kopf für die Wurzelknolle, den Hals für den Stengel des Thiers. Die 4 Saugmündungen des Kopfes gab Andry für Augen und Mery für Nasenlöcher aus. Das hintere Ende, der Schwanz des Wurms, spitzt sich nach Andry ebenso zu, wie der Hals. Die seitlichen Geschlechtspapillen wurden von einigen Natur- forschern als ebenso viele Mundöffnungen, von Andern als Stig- mata gedeutet. Lange Zeit war man über die Geschlechts- und Fortpflan- zungsverhältnisse der Bandwürmer im Unklaren. Bianchi (de generatione vermium) war einer der ersten, welche behaupteten, jedes Glied des Wurms sei ein Zwitter. Vallisnieri und Linne hielten die Eierstöcke für Nah- rungssaft führende Kanäle (vasa chylopoetica) , die Eier für Drü- sen und Feltkügelchen. Winslov scheint zuerst die seitlichen Nahrungsgefässe erkannt und injicirt zu haben, er beschreibt sie unter dem Namen Vasa lateralia. Sehr lange Zeit glaubten die Gelehrten, T. solium lebe im- mer nur einzeln im menschlichen Darmkanale. König in Act. helvet. schrieb dem Bandwurme Gehör, Ge- ruch und Geschmack zu. (Vergl. Bonnet, Abhandlung aus der Insectol., übers, von Göze, S. 91.) — 168 — - - 2) Stellung ira Systeme. lieber die Stellung der Bandwürmer im Systeme waren die Ansichten der Naturforscher in früherer Zeit sehr verschieden. — Die Römer und Griechen unterschieden im Allgemeinen 3 Arten von Eingeweidewürmern; die langen und runden (Tere- tes s. tXjLnv&es (j(JoyyvXag) , die runden und kurzen ( Ascarides s. (ygxaQiöixg) , endlich die platten und breiten (lati s. eXiaipd-es TiXatnag) oder die Bandwürmer. Diese Eintheilung findet sich bei Hip poerat es, Aristoteles und Galen. Celsus lässt die Ascariden aus. Die Araber, als Nachfolger der Griechen und Römer in den Naturwissenschaften, nahmen ebenfalls 3 Arten von Eingeweide- würmern an. Aus ihrer Eintheilung lässt sich jedoch nicht mit Bestimmtheit ersehen, ob sie die Ascariden von den Kernwür- mern Ccucurbiti?iO un\ersch\e6en haben. Peter vonAlbano der Conciliator (1300 v. Chr.) hat ebenfalls diese arabische Einthei- lung und scheint die Kernwürmer mit den Ascariden zu verwechseln. Aldrovandus nimmt mit den Arabern 3 Arten an. P'ernell, Leibarzt des Königs Heinrich 11. von Frankreich 1679, trennt die Kernuürmer von den aus vielen vereinigten Kernwürmern bestehenden Bandwürmern und hat 4 Arten. Pia t er 1680 hat die Taenien von den Spulwürmern ge- schieden und die sogenannten Vermes cucurbitim als unselbst- ständige Partikeln eines grösseren Wurms erkannt. Er unter- scheidet 2 Arten \on Taenia, welche den menschlichen Darm- kanal bewohnen; ebenso Sennert 1676 und Tyson 1683. Clerc und Andry theilt die menschlichen Bandwürriier in 2 Species nach der Stellung der Geschlechtspapillen und nennt B. latus — T. avec epine , T. soHurn — T. sans epine. Er hat auch schon auf die innere anatomische Verschiedenheit hingedeutet. Coulet nimmt nur eine Species an. — Bonnet unter- scheidet einen langgliedrigen (T. solium) und einen kurzglied- rigen (B. latus) Bandwurm. Linne beschreibt 3 Species aus dem menschlichen Darm- kanal: 1) T. solium osculis marginalibus solitariis ; 2) T. vulga- ris osculis lateralibus geminis; 3) T. lata osculis lateralibus so- litariis, stellt aber die Gattung Taenia unter die Zoophylen. — 169 — Pallas will gar 6 verscliiodene Species gefunden haben, G ö z e 4 : (7'. cucurbititia. T. vulgaris s. grysca. T. lala. T. tenella.). T. vulgaris Linne, Göze und 7'. tenella Pallas sind kranke Exemplare von D. latum, wie solches schon Werner nachge- wiesen. Bremser 1819 war der erste, welcher die bisher imler dem Namen T. /a/ö beschriebene Species dem "von Zede r schon 1800 aiifgeslelHen Geschlecht /?/iy^is s. Bothriocephalus zu\^\vs. Dass dieses nicht früher geschelien , mag eiiiestheils darin sei- nen Grund haben, dass man bis dahin keine Bothriocephalen in Säiigelhieren und Vögeln, sondern nur in Fischen angetroffen hatte, anderntheils die Schuld Bo n net's sein, welcher irrlhüm- lich einen Kopf von Dibolhrium mit 4 Saugmündungen abgebil- det halte, wiewohl er diesen Irrthum 34 Jahre später (1777) be- richtigte. Im Journ. de Pharmac. IX. 220. wurde in neuester Zeit ein Bandwurm des Menschen unter dem Namen Pentastoma beschrieben , dessen charakteristisches Unterscheidungszeichen die bestimmt durchbohrte Saugfläche sein soll (?). A. Taeiiia soliura. Linne. /. Einleitung. Caput suhglobosum obluse tetragonum, acetabulis angula- ribus anlicis v. subterminalibus. Collum breve , antice incres- cens. Articuli supremi brevissimi , proxime sequentes sub- quadrati , reliqui oblomji angulis obtusiusculis. Apertur ae ge- nitalium vage alternae marginales. Long. 4 — 24'; lat. 3 — 4-'" ; rariss. 6'"'. C. M. Diesing. Syst. Helm. B. I, S. 514-. a) S^ynon y m a. 1 ) Tuinai. Aristoteles. — 2) FlXartia tX^irg. H i p p o - crales. — 3) Lumbricns latus. Plinius. Tyson. — 4) Tae- nia solium. L i n n ^. Werner. C a r 1 i s 1 e. J ö r d e n s. R u - dolphi. Cuvier. Olfers. Bremser. Gomez. Delle Chiaje. Mehlis. Owen. Creplin. Handel. Levacher. N 0 r d m a n n. W a w r u c h. D u j a r d i n. — 5) Taenia cucur- bitina. Pallas. Bloch. Göze. Batsch. Schrank. — 6) Taenia vulgaris, Werner. — 7) Taenia dentata. Gmelin. - 170 — Nikolai. — 8) Taenia osculis marginalihus solitarüs, Linne. Bradley. — 9) Taenia armata umana. Brera. — 10) Taenia lata. Reinlein. — 11) Taenia fenestrata. Delle Chiaje. — 12) Halysis solium. Zeder. — 13) Pentastoma coarctata. Vi- rey. — 14) Taenia sligmatihus lateralibus. Bonn et. — 15) Tae- nia secunda. P 1 a l e r. — 16) Vermis cucurbitinus. P 1 a l e r. — 17) Taenia solitaria. Leske. — 18) Taenia articulos demit- tens. Dionis. — Kürbiswurm. Bloch. — Langglied- riger Bandwurm. — Kürb is k e rn f ö r miger Bandwurm. Göze. Batsch. Jördens. — Gezähnelt er B and w u rm. Batsch. — Bewaffneter Bandwurm. Brera. — Ketten- wurm. Bremser. — Tenia ä longs anneaux. Bonnet. Cu- V i e r. — Tenia sans epine. A n d r y. — Tenia de la seconde espece, Andry. — Le solitaire. — Ver solitaire. — Taenia bandelette. — Taenia arme. — Taenia ä epines. — Catena de cucurbitini. V a 1 1 i s n i e r i. — Vermi cucurbitini. C o c c h i. Nachstehende Namen hat Taenia solium mit Bothrioc. latus gemeinschaftlich: Le ver plat. (Französisch.) — Tape-Worm. Jointed-Worm. (Englisch.) — Lindworm. (Holländisch.) — Binnike- Mask. (Schwedisch.) — Ling ditg. (Tumale in Afrika) Kosso. Abyssinisch. b) Stellung im Systeme. Zeder, welcher zuerst (1800) eine systematische Einthei- lung der Eingeweidewürmer versuchte, stellt die Taenien in die 4te Familie (Bandwürmer), 2te Abtheilung, öle Gattung, Haly- sis (Ketlenwurm). — Bei Rudolphi bilden dieselben das 8te Genus der 4ten Ordnung {Cestoidea, Nestel würmer). — Du- jardin beschreibt sie als V® Type ou Sous-Classe (Cestoides), — 2® Ordre (Cestoides vrais ou Tenioides), — 6® Genre (Te- nia). — E. Blanchard, welcher sich in neuester Zeit um die genauere anatomische Kenntniss der Eingeweidewürmer verdient gemacht, bildet aus den Taenien den Isten Tribus seiner Isten Ordnung (Pollaplasiogonei) der Klasse der Cesloiden. — Bei Diesing (in Systema Helminthum. Wien 1850), stehen die Taenien im 2ten Tribus (Taenoidea) der Isten Subordo (Aprocta) der 4t en Ordo (Cephalocotylea) der Isten Sectio (Achaet- helmintha mollia) der Isten Subclassis (Achaethelmintha). ^ 171 - Hinsichtlich der verschiedenen Species von Taenia, welche im Menschen angctrofTen worden sein sollen, ist zu bemerken, dciss diese angebliche Verschit denheil meist auf zufälligen Merk- malen , Altersunterschieden und den so häufig vorkommenden krankhaften Veräiulerungen des Wurmes beruht. Die Angabe Linn^'s, dass auch Taenia canina C. (T. ser- rafa, Götze) im Menschen vorkomme, hat sich längst als un- richtig erwiesen; ebenso gehört T. ciicummerina, welche einige Schriftsteller dem Menschen zuweisen wollten, ausschliesslich dem Hunde an. Die 5 Arten von T. solhim, welche Gomez in Portugall und Brasilien beobachtet haben will, sind nach der Beschreibung wohl nichts anderes, als kranke hackenkranzlose Exemplare von T. solium. Nach den neuesten Untersuchungen darf wohl mit Sicher- heit angenommen werden, dass nur eine Taenienspecies den menschlichen Darmkanal bewohnt. Denn sämmlliche bis jetzt als neu aufgeführte Bandvvurmarten aus dem Menschen stim- men in anatomischer Hinsicht vollkommen mit einander überein und unterscheiden sich nur durch unwesentliche, meist patholo- gische Merkmale. Eine ziemlich constante Varietät scheint der in einigen Gegenden vorkommende Bandwurm mit unbewaffnetem Kopfe zu bilden , worauf wir bei der Beschreibung des Kopfendes von T. solium zurückkommen werden. //. Allgemeine Beschreibung. Man unterscheidet an dem Körper von T. solium: Kopf, Hals und die einzelnen Glieder. Der sehr kleine , rundliche Kopf geht in den fadenförmigen dünnen Hals und letzterer in den bandförmig flachen durch in kurzen Abständen sich wieder- holende Abschnürungen in zahlreiche Glieder getheilten Körper über. Die Farbe des Wurms im lebenden Zustande ist schmutzig weiss und verändert sich im Weingeist ins Gelbliche. a) Kopf. Die Form des Kopfes ist im Allgemeinen rundlich -birnför- mig , bei todten Exemplaren jedoch sehr veränderlich. Beim — 172 — lebenden Wurme sind Kopf und Hals in beständiger Bewegung, so auch die Saugfläche und die Mündungen der ISahrungskanäle. Wird der Wurm plötzlich durch llebergiessen mit lialtem Wasser oder Weingeist getödtet, so bleibt er in der Form, in welcher er sich gerade befindet. Ja selbst nach dem Tode kann die Form des Kopfes durch Einwirkung von starkem Weingeist oder Gerbstoff verändert werden. 1) Rost eil um. Am vordem Ende des Kopfes befindet sich eine convexe Endfläche (Taf. I. Fig. Q.ec.s^.), deren Basis entweder allmählig in die Substanz des Kopfes übergeht (Taf. I. Fig. 5. «.) , oder durch einen sogenannten Hackenkranz gegen dieselbe abgegrenzt ist (Taf. I. Fig. 6 und 8). Diese Endfläche, welche mit einem Saugrüssel (RostellumJ verglichen wird, ist zuweilen von dem Kopfe selbst nicht bestimmt unterschieden (Taf. I. Fig. 7), gleichsam eingezogen, zuweilen erhebt sie sich in der Mitte als stumpfe Spitze (Taf. I. Fig. 6. «.)♦ nur selten ist sie so hervorgetrieben, wie in Fig. 5. Taf. I. Diese ver- schiedenen Formen des Saugrüssels sind keineswegs constant, sondern haben einzig ihren Grund in der grössern und gerin- geren Contraclion derjenigen Muskeln , mittelst welcher der Band- wurm den Rüssel verlängern oder verkürzen kann. Das Vor- handensein solcher Muskeln lässl sich leicht nachweisen durch das Behandeln des Kopfes mit Gerbstoff, die muskulösen Fasern treten dann scharf und unverkennbar hervor (Taf. I. Fig. 10. c). Auf der Saugfläche bemerkt man zuweilen eine äusserst regelmässige Streifung, radienförmig gegen den Mittelpunkt ge- richtet (Taf. I. Fig. 7. a.). Die Zahl der Streifen wechselt zwi- schen 15 und 20. Vielleicht haben diese Streifen, welche schon Werner beobachtet und abgebildet hat, ähnlichen Zweck, wie der Ansaugungsapparat am Kopfe des Schiffhalters [Echeneis Remora. LJ. Einige Schriftsteller (Mehl is, Leuckart, Owen, beson- ders Gomez) führen an, die Nahrungskanäle münden in einer feinen Oeffnung auf der Mitte der vordem Saugplatte. Ich selbst konnte eine eigentliche Oeffnung an der genannten Stelle nie fin- den, nur einmal glaubte ich eine kleine Vertiefung wahrzunehmen. 2) Hackenkranz. Ein zweiler wesentlicher Theil des - 173 — Kopfes ist. der an drr Basis eben bcsclirieboncr Kiulflüche ste- hende Hncivonkranz. Dieser üiidel sicii bei einzelnen Exem- plaren vollständig (Taf. 1. Fig. 6 und 8.), hei andern fehlen einige Hacken, nianehmal ist keine Spur von demselben zu ent- decken (Taf. I. Fig. 5.). Die Hacken (Taf. I. Fig. 11.) selbst sind stark einwärts gekrümmt, sehr spitzig und seheinen aus einer durch- scheinenden hornarligen Substanz zu bestehen. Die Zahl der- selben wechselt zwischen 12 und 18. Einen doppelten Hacken- kranz, wie ihn viele Sehriflsleller beschreiben, haben wir nie beobachtet. 3) Muskulatur des Hackenkranzes. Von den an der Basis jedes einzelnen Hackens befindlichen konischen Fort- sätzen (Taf. 1. Fig. 11. a und b.) gehen zarte Muskelbündel zur Substanz des Kopfes, an der muskulösen Natur dieser Fasern ist bei ihrem Verhalten unter dem Mikroskope nicht zu zweifeln. Somit wäre auch der Hackenkranz des erwachsenen Thieres be- weglich, und die an dem Fortsatz a befestigten Muskelfasern wirken als Adductoren , die an b befestigten als Abductoren. Die Beweglichkeit der Hacken, welche bei dem Embr^-o sehr be- deutend ist , scheint bei dem erwachsenen Wurme ziemlich be- schränkt zu sein, wenigstens findet man den Hackenkranz immer in derselben Stellung. Ob das Vorhandensein dieses Hackenkranzes von Zufällig- keiten abhängig oder ein conslantes Unterscheidungszeichen ver- schiedener Speeies sei, ist eine Frage, welche schon lange die Helminthologen beschäftigt. Mehlis in der Isis 1831 und auch Bremser glaubt, dass die grössere Zahl der Taenien nur in der Jugend bewehrt ist, im Alter dagegen den Hackenkranz verlieren. Ich kann dieser Behauptung nicht unbedingt beistim- men , sofern ich bei Taenien von scheinbar gleichem und zum Theil hohem Alter den Hackenkranz bald gefunden habe, bald auch nicht. Allerdings scheinen in der Jugend die Hacken fester zu sitzen, denn ich finde dieselben an zwei jungen 5" langen Exem- plaren, welche schon 12 Jahre in Weingeist aufbewahrt werden, noch unversehrt, während 3 andere Köpfe ihre Hacken nach wenigen Monaten im Weingeist verloren hatten. Letztere Be- — 174 — obachlung, wie auch die Bemerkung, dass iiäufig einzelne Hacken fehlen, bestimmt mich, zu glauben, dass das Vorhandensein des Hackenkranzes mehr oder minder von Zufälligkeiten abhängig ist, ferner dass die Art des Todes, die Art der Aufbewahrung und die bei der Abtreibung angewandte Methode grossen Ein- fluss darauf hat. Sonderbar ist übrigens der Umstand, dass in einigen Ge- genden blos unbewaffnete Exemplare abgetrieben werden sollen. 4) Mündungen der Nahrungskanäle. Unterhalb des Hackenkranzes stehen in gleichen Abständen die Ausmündungen der beiden Nahrungskanäle in Form von 4 kleinen Wärzchen mit runder Basis und napfförmiger Vertiefung in der Mitte. Ihre Grösse und Form ist wie die des ganzen Kopfes und der Saugfläche , wohl auch aus denselben Ursachen, an todten Exem- plaren sehr veränderlich. Diese sogenannten Saugmündungen kann der Wurm be- wegen, sie hervorstrecken und wieder einziehen. Die Bewe- gung der Mündungen in Verbindung mit dem Klappens^'stem der Darmröhren vermittelt das Eindringen , gleichsam Einpumpen der Nahrungsflüssigkeit in letztere. Bremser (Ueber lebende Würmer im lebenden Menschen S. 100) hat beobachtet, dass der Wurm immer zwei Saugmündungen und zwar übers Kreuz einzog, während er die beiden andern hervorstreckte. Der Kopf von T. solium war früher bekannt als derjenige von Dibothr. latum. Linne und Werl seh sprachen ihn dem Wurme ganz ab. Rhodius und Forest machten zuerst auf denselben aufmerksam. Malpighi bildete ihn ab mit Augen, Nasenlöchern und Zähnen. Andry, Tyson und Bonnel ge- ben eine genauere, aber immer noch sehr unvollständige und theilweise unrichtige Beschreibung des Kopfes. Besser beschrie- ben ihn die spätem Helminthologen Pallas, Müller, Bloch, Götze etc. Die erste einigermassen genügende Abbildung gibt Bremser, dem auch die neuern Abbildungen von Schmalz, Dujardin etc. entnommen sind. b) Hals. Der sehr schmale, dünne, ungegliederte Hals ist meist plattgedrückt (Taf. I. Fig. 1. a.b.), zuweilen cylindrisch (Taf. I. — 175 — Fig. 4.) und selten länger nls 0,5'". Bei ganz jungen Indivi- duen lässt er sich gar nielil untcrscliciden und es beginnt hier die Gliederung unniillelbar hinter dem Kopie (Taf. 1. Fig. 2.) c) U 111 r i s s der Glieder. Die Form der gesunden Glieder isl, je nachdem sie dem Halse, dem mittleren Theile oder dem sogenannten Schwänze angehö- ren , quadratisch oder rechteckig. Fs lassen sich an jedem der- selben zwei Seitenränder, ein vorderer und ein hinterer Kand unterscheiden. Die Seitenränder sind meist regelmässig convex, an den Schwanzgliedern und bei allen schlechlgenährten Exem- plaren gerunzelt. In der Mitte je eines Seitenrands der ausge- bildeten Glieder öffnen sich die Geschlechtsorgane in einer mit wulstigem Rande umgebenen Papille Chorus genitalis^. Der vor- dere Rand isl etwas schmäler als der hintere und wird von die- sem auf beiden Seiten überragt. Letzterer schlägt sich mit einem kleinen Wulste über den vordem Rand des nächsten Glieds. Die Glieder unmittelbar hinter dem Halse sind undeutlich abgeschnürt, rechteckig, beinahe doppelt so breit als lang, be- halten, allmählig grösser werdend, dieses Verhältniss der Länge und Breite bei und nehmen erst in der Mitte des Wurms eine quadratische Form an. Die End - oder Schwanzglieder sind wieder rechteckig und zwar in dem umgekehrten Verhältniss der Breite und Länge, wie 1 : 1,7 — 2. Zuweilen ist das letzte Glied des abgehenden Wurmes abgerundet (Taf. I. Fig. I. 8. 1.), jedoch weitaus in den meisten Fällen, selbst bei ganz jungen Exemplaren, nicht. Allgemeine Angaben über die Breite und Länge der einzel- nen Glieder sind bei der so sehr wechselnden Grösse und Er- nährung des Wurms unmöglich. Bei den Gliedern des Halses steht die Länge zur Breite im Verhältniss =. 1 : 1,7—2. Erslere beträgt im Maximum 0,2'". Bei den Mittelgliedern ist das Verhältniss ==1:1. Ihre Länge wechselt zwischen 1, 2 und 3,7"', nach einigen Schriftstellern bis 5"'. Die Schwanzglieder können eine Länge von 1" erreichen. — Sehr häufig findet man einzelne oder mehrere zusammen- — . 176 - hängende Glieder kleiner oder grösser als die nächst vorher- gehenden und die nächstfolgenden ; ebenso häufig beobachtet man Missbildungen der Form jeder Art. Sämmtliche Glieder sind bandförmig flach, ihre Dicke jedoch nach dem Grade der Ernährung des Wurms sehr verschieden. Die Dicke jedes Glieds nimmt gegen die Seitenränder und den Vorderrand unmerklich ab. Am dicksten sind gewöhnlich die Glieder des mittleren Theils. Die Dicke derselben beträgt zu- weilen 1"'. Die beiden Flächen des Wurms, wie die der einzelnen Glieder lassen sich als Rückenfläche und Bauchfläche bezeichnen. Diese Bezeichnung ist jedoch ganz willkührlich , sofern in Be- ziehung auf die Lage der Theile kein Unterschied nachgewiesen werden kann. III. Anatomie der einzelnen Organe. 1) Organe des th ieri sehe n Leben s. a) Haut. a. Epidermis. An jedem Gliede von T. solium lassen sich zwei Häute unterscheiden. Die Oberhaut bildet einen geschlossenen Schlauch, welcher nur durch die am hintern Ende jedes Glieds sich findende Duplicatur (Taf. 1. Fig. 1. y. t.) scheinbar unterbrochen ist. Unter dem Mikroskop erscheint sie als eine sehr zarte Membran ohne weitere Organe; dagegen lassen sich sehr leicht Hautporen an derselben nachweisen , wenn man ein in Weingeist gelegenes Stück des Wurms abtrocknet und hierauf leicht drückt , augenblicklich bedeckt sich das Glied mit kleinen Bläschen der im Innern enthaltenen Flüssigkeit. — Die Haut, welche die Nahrungskanäle auskleidet, ist eine Fort- setzung der Oberhaut, die sich in die 4 Saugwarzen am Kopfe einstülpt. Diese Epidermis ist sehr schwer rein zu präpari- ren, in der Regel bleibt die darunter liegende Muskel- und Drüsenschicht daran hängen. Unmittelbar unter der Epidermis und im Parenchyme zerstreut liegen eigenthümliche harte Kör- perchen, welche nach ihrem chemischen Verhalten aus kohlen- saurem Kalk zu bestehen scheinen. Sie sind bei T. solium ganz farblos, meist rund, von ziemlich gleicher Grösse, aus concen- Irischen Schichten zusammengesetzt. Sie möchten als Rudimente — 177 — eines Haiitskelels zu deuten sein. Häufiger als unter der Epi- dermis finden sich diese Kaiki^ürncr unter der den Eierstock umgf^benden Haut , dagegen felilen sie an der Hautduplicatur der einzelnen Glieder. Die Epidermis von T. solium besitzt eine ausserordentliche Einsaugungskraft , welche der Wurm während des Lebens nach Willkühr in Thäligkeil setzen kann, die sich nach dem Tode zwar vermindert, nie aber gänzlich sich verliert. ß. Die zweite Haut (Taf. I. Fig. 12. b.) bildet eben- falls einen geschlossenen Schlauch, ohne jedoch an der Bildung der erwähnten Duplicaturen Anlheil zu nehmen und ist von der Epidermis durch eine Muskel- und Drüsenschicht (Taf. I. Fig. 12. m.) gelrennt. Sie schliesst die männlichen und weiblichen Geschlechlstheile, wie auch die Nahrungskanäle ein. Hautporen lassen sich bei derselben nicht nachweisen. b) Zellgewebe. Dass Zellgewebe scheint bei allen Tae- nien sehr entwickelt zu sein und spielt wohl bei der Ernährung des Wurms eine Hauptrolle. Es findet sich einestheils zwischen der ersten und zweiten Haut, in den Zwischenräumen der Mus- keln und Gefässe, andernlheils zwischen den Kamificationen des Ovariums. Die äusserst feinen, nur bei starker Vergrösserung und durchfallendem Lichte sichtbaren Fasern bilden ein eng- maschiges Netz, welches, je nach der Ernährung des Wurms, mehr oder minder mit einer sulzartigen Substanz angefüllt ist. Bei sehr jungen (5" langen) Exemplaren tritt ein sehr weit- maschiges, mit blossem Auge sichtbares Zellgewebe an die Stelle der Zeugungsorgane. Die Zellenräume sind meist leer. c) Muskeln. Die Muskulatur des Kopfes scheint ziemlich complicirt. An dem Saugrüssel treten, wie schon oben bemerkt, muskulöse Längenfasern scharf hervor, wenn man den Kopf kurze Zeit in Gerbstoff legt (Taf. L Fig. 10.). Schwieriger sind die Circularfasern aufzufinden, welche doch bei der eigen- Ihümlichen Beweglichkeit dieses Organs ebenfalls vorhanden sein müssen. In der Substanz der Saugmündungen sind Circularfasern unverkennbar. Dagegen scheinen die Längenfasern , welche bei ihrer Bewegung mitwirken, grösstentheils der unter der Ober- haut liegenden Muskelschicht anzugehören. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1852. 2s Heft. 12 — 178 — Die Bewegung des Halses und der Glieder wird durch eine zwischen der Epidermis und der zweiten Haut liegende Muskel- schichl vermittelt. Sehr deutlich sind die Längenfasern. Sie verlaufen schnurgerade über alle Glieder und lassen sich in ihrer parallelen Anordnung unter dem Mikroskope und an der Durch- schnittsfläche jedes Glieds durch die entsprechende Faltung der Oberhaut leicht nachweisen. Nicht so zahlreich vorhanden und schwächer sind die muskulösen Querfasern, doch sind auch sie auf einem Längendurchschnitt und bei lange im Weingeist gele- genen Gliedern nicht zu verkennen. In der Substanz der Geschlechtsöffnungen finden sich eben- falls Spuren von Circularfasern, wiewohl viel schwächer als bei den Mündungen der Nahrungskanäle. König (Act. Helv. B. L S. 28.) hat auch eine Bewegung an diesen Geschlechtsöffnungen beobachtet. d) Drüsen. In der Muskelsubstanz, hauptsächlich aber zwischen den Längenfasern, finden sich kleine Drüschen in zahl- loser Menge zerstreut (Taf. I. Fig. 14. b.). Sie lassen sich schon mit unbewaffnetem Auge (besonders wenn das Hautstück ge- trocknet ist) an ihrer kalkweisen Farbe erkennen. Unter der Loupe und dem Mikroskope erscheinen sie als durchsichtige Bläschen von verschiedener Grösse, bald einzeln, bald in Grup- pen von 6 — 10. Bei sehr starker (400) Vergrösserung bemerkt man eine nierenartige Structur dieser Drüsen. Die Ausführungs- gänge münden ohne Zweifel nach aussen. Von concentrirter Essigsäure werden sie zerstört, nicht aber von Salpetersäure; ein weiterer Beweis für die organische Zu- sammensetzung dieser Gebilde. An der Uebergangsstelle der Oberhaut von einem Glied zum andern fehlen diese Drüschen. e) Ge fasse. Das Vorhandensein eines Gefässsystems bei den Taenien wurde lange Zeit bezweifelt und erst in neuester Zeit ist es E. Blanchard gelungen, solches bei frischen Exem- plaren von T. solium zu injiciren (Ann. des scienc. nat. 3. Serie Zool. T. 10. S. 332). Es lassen sich zwar auch an alleren in Weingeist gelegenen W^urnistücken in der zwischen der ersten und zweiten Haut liegenden Muskel- und Zellgewebeschicht diese Gefässe als äusserst feine, heller gefärbte Streifen wohl erken- — 179 — nen, doch ist man sehr loiclil versuclit, dieselben, wie bisher geschehen, mit Zellgcwebfascrn zu verwechseln und es blieb dem Zufall überlassen, die Gefässnalur dieser Fasern durch In- jection nachzuweisen. Injieirt bilden diese Gefässe ein unregelmässiges , anastomo- sirendes Netz, das sich über den ganzen Körper des Thieres ausdehnt. Man unterscheidet 4 Hauptlängengefässe , von welchen zwei entlang der Darmröhren zwei mehr in der Mitte des Glieds ver- laufen und durch sehr zahlreiche Quergefässe unter einander ver- bunden sind. Die Längengefässe setzen sich ununterbrochen und ziemlich gerade über sämmlliche Glieder fort, die transversalen Aeste dagegen bieten einen wenig regelmässigen Verlauf, indem sie bald gerade mit wechselndem Durchmesser, bald in feinen Ramificationen verlaufen. Die Gefässe der Rücken - und Bauchfläche gehen an den Seitenwänden in einander über. Mit den Nahrungskanälen stehen die eben beschriebenen Gefässe in keinerlei anatomisch nachweisbarer Verbindung , denn nie geht die Injectionsflüssigkeit von ersteren in letztere über oder umgekehrt. Anmerkung. Wenn die Injection des Gefässsysfems gelingen soll, muss sie an ganz frischen Wurmstücken vorgenommen werden. Man sucht zu diesem Zweck eines der Längenkanäle zu öffnen , was nicht schwer ist, wenn man den Verlauf derselben kennt und kann von ihm aus die Gefässe mehrerer Glieder injiciren. f) Nerven. Das Nervensystem der Taenien ist noch sehr wenig gekannt, wenn auch sein Dasein keinem Zweifel mehr unterliegt. Nach Blanchard (Ann. des sciences nat. 3. S6rie Zool. Tom 10. S. 338) gelingt das Präpariren der Nerven nur an ganz frischen Wurmstücken und daher mag es kommen, dass wir an so vielen zu diesem Zweck untersuchten Exemplaren von T. solium keine Spur eines Nervensystems entdecken konnten. Von den Kopfnerven der T. serrula, welche als Norm auch für T. solium gelten kann, gibt Blanchard 1. c. folgende Be- schreibung: „Unmittelbar hinter der Saugfläche finden sich zwei kleine 12* — 180 — Markknötchen (Taf. I. Fig. 9. a.), welche durch eine schmale Commissur mit einander verbunden sind. Von diesen Nerven- centren geht auf jeder Seite ein Nerv ab, der sich in den Seiten- theilen des Kopfes verzweigt. Rückwärts stehen die Markknöt- chen durch feine Nervenfäden mit einem an der Basis der cor- respondirenden Saugmündung befindlichen Ganglion (Taf. I. Fig. 9. b.) in Verbindung und schicken von hier aus Zweige in die Muskeln dieser Saugmündungen. Von den eben beschriebenen Ganglien gehen weitere zarte Nervenfäden aus, welche parallel mit den Nahrungskanälen verlaufen." — Im Allgemeinen weist die grosse Empfindlichkeit des Wurm- körpers für chemische und mechanische Reize auf ein ziemlich ausgebildetes Nervensystem hin. 2) Organe der Ernährung. Darmröhren. Die Haupternährungsorgane bei T. solium bilden die schon längere Zeit bekannten Längenkanäle (Taf. I. Fig. 16. b.), welche sich durch den ganzen Körper des Wurms erstrecken und an dem hintern Ende jedes Glieds durch einen Querkanal (Taf. I. Fig. 16. c.) verbunden sind. Diese Nahrungs- kanäle lassen sich an den Seitenrändern der ausgebildeteren Glieder leicht erkennen und in ihrem Verlaufe verfolgen, sie münden in eine unmittelbar hinter den 4 Saugmündungen ge- legene Höhle. Welcher Art die Communication zwischen gedach- ter Höhle und den Saugmündungen ist, ob ein permeables Ge- webe, wie Blanchard 1. c. behauptet, oder eine Klappe sie vermittelt, ist anatomisch schwer nachzuweisen. Wahrscheinlich ist bei der sonstigen Einrichtung des Nahrungskanals letzteres. — Es finden sich nämlich an der ganzen innern Fläche des Darmkanals in geringen Abständen schmale, halbmondförmige Vorsprünge (Klappen), in dem Längenkanal jedes Glieds wenig- stens sechs, ebenso in den Querkanälen. In letzteren stehen diese Vorsprünge senkrecht und sind kleiner als diejenigen der Längenkanäle. Am Eingange jedes Querkanals stehen ausserdem zwei dünn- häutige halbmondförmige Vorsprünge (Taf. I. Fig. 16. d.), die einander an der innern Seite des Längenkanals, da wo der Uebergang in den Querkanal stattfindet, horizontal gegenüber- — 181 - stehen, der eine am obern , iler andere am untern Ende des Eingangs. Der obere Vorsprung ist scliräg von oben nach un- ten, der untere grössere mehr von unten nacli oben gerichtet und beide scheinen unmittelbare Fortsetzungen der innern Haut zu sein. Das Vorhandensein dieser Klappen hat zuerst Dr. P lainer in Leipzig (Müll er 's Archiv 1838. Heft 5) nachgewiesen, die- selben beschrieben und abgebildet (Taf. 1. Fig. 17.). Durch ihre Entdeckung ist auch der Widerstand erklärlich, welchen die Injectionsmasse beim Einspritzen der Nahrungskanäle erfährt; nur selten und unter Anwendung eines nicht unbedeutenden Drucks gelingt es, die Darmröhren mehrerer Glieder zusammen- hängend zu injiciren. Zugleich deutet die Beobachtung, dass es nie gelingt, die Injectionsflüssigkeit von unten in das dem Kopfe näher liegende Glied zu treiben , auf den Zweck der am Ende der Längenkanäle stehenden Klappen hin. Siebold hält diese Kanäle für ein Circulationssystem und zweifelt, dass dieselben mit den Sauggruben des Kopfes com- municiren. Das Eindringen von gefärbter Flüssigkeit in die Nah- rungskanäle durch die Sauggruben, welches ich oft beobachtet, beseitigt hierüber jeden Zweifel. Früher glaubte man, in der Mitte des Wurms befinde sich ein dritter Kanal, welchen sogar Winslov, Vandelio und Pallas in seiner ganzen Länge injicirt haben wollten. Brem- ser, Siebold und Dujardin nehmen 2 Nahrungskanäle auf jeder Seite an, von welchen der untere durch den obern ge- deckt werde. Diese Annahme ist wenigstens für T. solium ge- wiss unrichtig. 3) Geschlechtsorgane. Die Geschlechtsvverkzeuge von T. solium sind äusserst zart- wandig und innig mit dem Parenchym des Leibes verwachsen, so dass sie sich nur sehr schwer isoliren lassen. Jedes Glied enthält männliche und weibliche Geschlechtstheile zugleich, je nach der Stellung der Glieder auf sehr verschiedenen Stufen der Entwicklung. In den hintersten Gliedern sind diese Organe am meisten ausgebildet; gegen den Hals zu nimmt ihre Entwicklung - 182 - allmählig ab und sind dieselben in den Gliedern des Halses nur im Rudimente oder gar nicht vorhanden. a) Porus genitalis. Seitliche Geschlechtspa- pille. Die männlichen und weiblichen Geschlechtslheilen gemein- schaftliche Oeffnung (Porus genitalis) , findet sich am Rande der einzelnen Glieder bald rechts , bald links , bisweilen in grossen Strecken wechselständig in Form eines wallähnlich umrandeten Porus (Taf. I. Fig. 18.). Im Grunde dieser warzenartigen Her- vorragungen liegen neben einander die gelrennten männlichen und weiblichen Geschlechtsöffnungen (Taf. I. Fig. 18 g und h), erstere (h) mehr gegen den Vorderrand, letztere (g) mehr gegen den Hinterrand. Die Entwicklung der Geschlechtspapillen entspricht der Aus- bildung der einzelnen Glieder. — In den dem Halse zunächst stehenden Gliedern lässt sich keine Spur derselben erkennen, 3 — 4" vom Kopfe entfernt be- obachtet man an ihrer Stelle einfache Durchbohrungen der Haut, eigentliche Papillen zeigen sich erst an den Gliedern des mitt- leren Theils. Eine obwohl beschränkte Bewegungsfähigkeit dieser Organe ist durch die Entdeckung der ziemlich entwickelten xMuskulatur (vgl. oben) ausser Zweifel, auch wurden bei dem lebenden Wurme Bewegungen an diesen Papillen beobachtet (A. König in Act. Helv. B. I. S. 28). Sehr unwahrscheinlich ist dagegen die noch sehr verbreitete Ansicht (Rosenstein, Kinderkrankheiten. S. 302. 458. 459), der Wurm sauge sich mittelst derselben am Darmkanale fest, vielmehr scheint ihr Zweck ausschliesslich auf die Mitwirkung beim Begattungsgeschäft beschränkt zu sein und zwar in der Art, dass die Contractionen der Papille die Annähe- rung der Geschlechtstheile vermitteln. b) Weibliche Geschlechtstheile. Von weiblichen Genitalien unterscheidet man bei T. solium: 1) die weibliche Oeffnung (Vulva) mit dem von ihr entspringenden der Vagina zu vergleichenden Gefässe, und 2) den im Parenchym jedes Glieds dendritisch verzweigten Eierstock (Ovarium. Uterus), a. Vulva und Vagina. Weibliche Oeffnung. Die weibliche Oeffnung (Taf. I. Fig. 18 und 19. h.) mündet in ■^ 183 - die seitliche Gesclilechtspapille an deren Hinterrand. Von ihr nimmt ein sehr feines (iefass (Vafjina) seinen Ursprung (Taf. 1. Fig. 16. f. lind 19. h.), wehhes oberhalb der männlichen Ge- schleehtslheile in schiefer Richtung in die Substanz des Glieds eindringt. Anfänglich auf kurze Distanz von der weiblichen Oeff- nung weiter, in seinem fernem Verhuif von sehr feinem Lumen nähert es sich, ziemlich gestreckt, dem Miltelstamm des Ova- riums bildet hier eine länglich spindelförmige Anschwellung (Taf. 1. Fig. 10. e.) und legt sich hierauf mittelst eines schwer zu isolirenden zellgewebartigen Körpers an den Hauptstamm des dendritischen Eierstocks (Taf. I. Fig. 19. i.). lieber den Zweck, welchen dieses Gefäss in dem Organis- mus zu erfüllen hat, lassen sich zur Zeit nur Vermuthungen aufstellen. Zur Ausführung der Eier scheint es nicht bestimmt zu sein, denn: 1) besteht zwischen ihm und dem Ovarium kein direkter Zusammenhang, wovon man sich durch Injiciren des Eierstocks leicht überzeugen kann, es sei denn, eine solche Verbindung existire dennoch in einer noch nicht beobachteten Entwicklungsperiode beider Organe; 2) werden in diesem Gefäss zu^keiner Zeit Eier angetroffen. Dagegen hat die Ansicht, welche schon Werner und in neuester Zeit E. Blanchard ausge- sprochen , das Gefäss nehme die Samenflüssigkeit auf und diene zur Befruchtung, Vieles für sich. ß. Ovarium. Der Eierstock bildet in dem Parenchvm jedes einzelnen Glieds eine dendritisch verzweigte in sich ge- schlossene Höhle. In der Mitte des Glieds unterscheidet man einen Hauptslamm von nur wenig kleinerem Lumen als die iNah- rungskanäle, mit demselben stehen zahlreiche seitliche Ramifi- cationen in Verbindung. Dieser Mittelstamm (Taf. L Fig. 16. e.) endigt blind an dem Hinter- und Vorderrand des Glieds, ohne, wie früher be- hauptet wurde, mit dem Eierstock des nächsten Glieds in Ver- bindung zu stehen. Die mit dem Hauptstamm direkt communicirenden Seiten- verzweigungen (Taf. I. Fig. 16. e'.) sind in Zahl und Form bei den einzelnen Gliedern sehr verschieden. Im Allgemeinen von geringerem Durchmesser als der Mittelstamm, anastomosiren sie -^ 184 — häufig unter einander. Ihre äussersten Enden sind spindelförmig verdickt und liegen beinahe unmittelbar an den Wänden der Darmröhren an. Die Haut des Ovariums scheint einer sehr bedeutenden Aus- dehnung fähig zu sein, denn oft finden sich einzelne Glieder so mit Eiern angefüllt, dass sich die seitlichen Ramificationen nicht mehr unterscheiden lassen. Eigenlhümlich ist auch die grosse Elasticität dieses Organes. Wenn man den Hauplslamm drückt, so dass die Eier in die Seitenkanälchen treten , so nimmt der- selbe, sobald der Druck nachlässt, seinen vorigen Durchmesser wieder an. Ebenso verhält es sich bei den Seitenverzweigun- gen. Dieses Experiment lässt sich sehr oft wiederholen, ohne dass die Wände des Ovariums von ihrer Elasticität verlieren. Zellige Abscheidungen in der Höhle des Ovariums, wie sie einige Zootomen annehmen, lassen sich nicht nachweisen und sind bei der grossen und ausgedehnten Beweglichkeit der Eier nicht wahr- scheinlich. Eigentliche Dotterstöcke scheint T. solium nicht zu besitzen, wenn nicht die parenchymatöse Einhüllung der einzelnen Eier- knäuel als solche gedeutet werden muss. c) Männliche Geschlechtstheile. Die männlichen Geschlechtstheile von T. solium sind in der Regel früher ent- wickelt, als die Ovarien, obliteriren dagegen beinahe vollständig in den zum Abstossen reifen Gliedern. a. Cirrhus oder Lemniscus. Der in einen kurzen dickwandigen Cirrhusbeutel (Taf. I. Fig. 19. m.) eingeschlossene durchbohrte Penis {cirrhus s. lemniscus) mündet dicht neben der Vulva und geht rückwärts in ein feingeschlängeltes Samen- gefäss über. Nur selten ist der Penis, wie bei andern Tae- nienarten, über den Rand des Porus genitalis hervorgeschoben, gewöhnlich zeigt er sich nur als eine rundliche Papille von ge- ringem Durchmesser im Grunde der seitlichen Geschlechts- papillen (Taf. I. Fig 19. g.). Das in den Cirrhusbeutel mün- dende Vas deferens (Taf. I. Fig. 19. b.) ist in viele kurze Windungen zusammengewickelt, verlauft innerhalb der den Uterus umhüllenden Haut bis zu dessen Mittelstamm und steht hier mit einem feinen , rechtwinklig abgehenden Gefässe (Hoden ?) — 185 - in Verbindung, welches in blindsackfonnigen Divertikeln endigt (Taf. I. Fig. 19. e.). Die IMasse der in den niännliehen Ge- schlechtsvverkzeugen enlhallenen Contenta {Spcrmafozocn) seheint je nach den Knlwieklungsstufen der einzelnen (ilieder verschie- den zu sein. Am siehtbarslen ist dieser Inhalt in den Glie- dern des Mittel- und Sehwanztheils , die letzten zum Abgange reifen Glieder dagegen lassen nur noch schwache Spuren des- selben erkennen. 4. Eier, Embryonen und S a in e n t h i e r e. a) Ei. Die in den dendritischen Ovarien enthaltenen Eier sind je nach der Entwicklung des Gliedes, welchem sie ange- hören, mehr oder minder ausgebildet. In den Gliedern des Halses lässt sich keine Spur derselben nachweisen, später er- scheinen sie als runde, durchsichtige Bläschen (der von einer einzigen Hülle eingeschlossene Dotter ohne Keimfleck), werden allmählig grösser, bis sie in den Schwanzgliedern die höchste Reife erlangen (Taf. I. Fig. 20. « und ß.). Die Eier sind in kleine Knäuel vereinigt von einem parenchymatösen Gewebe umgeben, welches jedoch mit den Wänden des Ovariums nicht zusammenhängt und vielleicht als Dotterstock angesehen werden kann. In diesem Gewebe lassen sich bei günstigem Lichte un- ter starker Vergrösserung sehr kleine Drüsenkörperchen, von ähnlicher Siructur wie die Hautdrüsen , erkennen. Auf dieser Entwicklungsstufe besitzen die Eier 2 Hüllen, welche bei durchfallendem Lichte unter dem Mikroskope in sehr scharfen Umrissen sichtbar werden. Die äussere (Taf. I. Fig. 20. a.) ist sehr dickwandig, von milchweisser Farbe und steht von der innern Hülle etwas ab. Der Zwischenraum enthält eine vollkommen klare Flüssigkeit. Die zweite Hülle (Taf. I. Fig. 20 b.) ist weniger stark, braungelb gefärbt und umschliesst den mit deutlicher Dotierhaut und Chorion versehenen schwefel- gelben Doller. In den weniger ausgebildeten Eiern ist die Dotiermasse körnig. Nach der Befruchtung bilden sich im in- nern derselben wasserhelle Embryonalzellen von verschiedener Grösse , welche sich durch Theilung vermehren und verkleinern, der Dotter zieht sich ohne vorhergehende Furchung etwas von der ihn umgebenden Hülle zurück , umgibt sich mit einem zar- — 186 — ten Epitheliuni und grenzt sich zuletzt durch einen scharfen Um- riss ab (Taf. I. Fig. 21. e.). Die Eier eines und desselben Ovariums sind in der Regel ziemlich gleich gross und auf derselben Entwicklungsstufe. Die abgestossenen Glieder enthalten meist Eier mit ausge- bildeten Embryonen. b) Embryo. Die Embryonen von T. solium sind nach der Form der Eihülle durchsichtige, runde, körnerlose Körperchen ohne Flimmerepithelium , an welchen sich weder Kopf noch Hals noch Gliederung erkennen lässl, die dagegen mit Ö be- weglichen Hornhäckchen versehen sind. Diese Häckchen sind an dem obern Drittel des Embryonenleibs angebracht in der aus (Taf. I. Fig. 21. h.) ersichtlichen Stellung. Sie sind länger gestielt als diejenigen, welche bei dem erwachsenen Thiere den Hackenkranz des Kopfes bilden, es ist daher nicht unwahrschein- lich, dass die Embryonen im Verlaufe ihrer weitern Entwicklung die Hacken wechseln. (Vgl. Burdach, Physiol. H. Aufl. 2. B. S. 203.) Bewegungen dieser Hacken und der Embryonen inner- halb des Eies, wie sie Dujardin bei T. cucummerina und ser- rata gesehen (Ann. des scienc. natur. Tom 10. 1838. p. 29), konnte ich an den Embryonen von T. solium nicht beobachten. Die kleinsten Jungen von T. solium sind oval, ohne eine Spur von Gliederung oder Runzelung. Letztere findet sich erst bei einer Leibeslänge von 2, 5'" — 3'". Ausser dem schon in frühe- ster Jugend sehr ausgebildeten Kopfe lassen sich in dem aus einem feinkörnigen Parenchym bestehenden Wurmkörper keine weitern Organe wahrnehmen. Die eigentliche Gliederung im Gegensatze zur Runzelung beginnt mit einer Leibeslänge von 3 — 4" und mit ihr die Ent- wicklung der Zeugungsorgane. c) Sp e r ma tozo en. Die männlichen Geschlechtstheile (Samengefäss - und Vas deferens) enthalten in der Regel zahl- reiche, langgeschwänzte Samenthierchen , welche in der Form den Spermatozoen der niedern Thierklassen gleichen (Taf. L Fig. 24.). Seltener bietet sich Gelegenheit, die Genesis dieser Samenfäden aus den, bei Hirudineen, Lumbricinen etc. schon längere Zeit bekannten Fadenkugeln zu beobachten. — 187 — Ich fand diese Spermatozoenbüschol , welche meines Wis- sens bei Helminthen noch nichl heobnchlet worden , znFin ersten- male im Ovarium eines der Heidelberger aendemischen Samm- Inng angehörigen Bandwurmexemplars (7\ solium). Vas deferens und die Sainengefasse enthielten die Fadenkngeln nicht. Das auffallende Vorkommen innerhalb des Eierstocks gab mir Hoff- nung, an den betreflenden Gliedern eine Communication zwischen Ovarium und den sehr ausgebildeten Geschlechtsorganen aufzu- finden, leider aber konnte ich aus Mangel an Zeil die Unter- suchung nichl zu Ende führen und behalte mir vor, das hier- auf Bezügliche später ausführlich nachzutragen. In der Form stimmen die Spermalozoenbüschel von T. so- lium mit den oft beschriebenen gleichnamigen Körperchen aus dem Receptaculum seminis der Hirudineen und Lumbricinen über- ein , nur sind die auf dem in unbestimmten Umrissen sichtbaren Discus aufsitzenden Samenfäden viel zahlreicher und von inten- siv gelbbrauner Färbung; die Körperchen selbst kommen in sehr verschiedener Grösse vor. IV. Pathologische Notizen. Wohl bei keinem Schmarotzer des menschlichen Darmkanals werden so mannigfache Monstruositäten und Anomalieen beob- achtet, als bei T. solium. Es ist beinahe kein Theil seines Körpers, keines seiner Or- gane, an welchem nicht schon Degenerationen oder Abnormi- täten gefunden worden wären. T. solium bietet uns mehrfache Beispiele von Zwillings- missbildungen, welche bei den niedern Thieren so sehr sel- ten vorkommen. Bremser beschreibt ein Stück von einem Kettenwurme, welches zwei ausgebildete, am Bande fest zu- sammengewachsene Taenien darstellte (Taf. V. Fig. 4.). Eine ähnliche Monstruosiiät hat Lev acher (Comptes rend. hebd. T. XHI. pag. 661 und llnstitut 1841. pag. 329) beobachtet; es besassen nämlich mehrere Fragmente des Wurms drei freie Bänder, indem aus der Mitte der Glieder der ganzen Länge nach ein zweiter gegliederter Leib hervorragte. Hierher scheint auch der von Brera beschriebene Bastardkettenwurm zu gehören. Sehr interessant wäre es gewesen, wenn die genannten Schrift- ^ 188 — steller ihrer Beschreibung anatomische Details, besonders in Bezug auf die Geschlechtsorgane beigefügt hätten. Köpfe mit einer oder zwei überzähligen Saugmündungen gehören nicht gerade zu den Seltenheiten. G o m e z beschreibt einen solchen mit 5. Hypertrophische Entartungen einzelner Glieder und ganzer Gliederstrecken werden häufig und vorzugsweise an dem hintern Theile des Wurms beobachtet. Ebenso Hypertrophie einzelner Organe, besonders des Ovariums mit gleichzeitiger regelwid- riger Eierentwicklung. Eine ganz eigenthümliche anomale Aus- bildung der Muskelbündel der einzelnen Glieder ist auf Taf. I. Fig. 19 und 20 dargestellt. Die Muskelschichten, an gesun- den Exemplaren nur schwer zu erkennen , treten gegen die muskelarmen Uebergangsslellen von einem Glied zum andern scharf hervor und geben so dem Wurme ein palernosterförmi- ges Ansehen. Diese Anomalie findet sich in grösserem oder geringerem Grade beinahe an sämmtlichen Gliedern des betref- fenden Wurmes. An den Gliedern des Mittel - und Schwanz- Iheils sind die Ovarien verkümmert , zum Theil nicht mehr zu erkennen und von einem Eierinhalt nichts zu bemerken. Die Dilatation des Ovariums hat gewöhnlich das Bersten des er- krankten Organs und Durchlöcherung der betreffenden Glieder zur Folge, T. fenestrata (Taf. II. Fig. 22.). Gleich häufig finden sich einzelne Glieder, Gliederstrecken und Organe atrophisch abge- magert. Mit solcher Atrophie ist in der Kegel Verödung der Nah- rungskanäle, Schwinden der Muskulatur und auffallende Entfär- bung verbunden (Taf. H. Fig. 23.). Difformitäten einzelner Glieder und entsprechende anomale Lage der Innern Organe werden an jedem Wurme angetroffen, ebenso freiwillige einfache und doppelle Knotenbildungen (Taf. I. Fig. 1. c. und e.). Anomalieen der Textur, in Folge von Druck, Zerrung und Substanzverlust, als Pseudomembranen, parenchymatöse Blasteme der Epidermis und Narbenbildung kommen nicht selten vor. Pathologische Neubildungen einzelner Organe werden ge- wöhnlich in Abrede gezogen, wiewohl schon Carlisle (im JL Band der Transactions of the Linnean Society p. 256) auf — 189 — diese Vorgänge bei T. soliuin hingewiesen und Analogieen in den niedern Tliiergrnppen nielil leliien. ('ariisle slelll 1. e. die Behaiipliing auf, der Bandwurm bilde aus dem Vorderende des abgerissenen Halstlieiis einen neuen Kopf. Es ist hier natürlich nicht von einem Kopfe dieUede, welcher dem vorigen in allen 1 heilen ähnlich ist, sondern von einer Neubildung, mittelst welcher sich der Wurm am Darn)kanale wieder festsaugen kann. Ich selbst glaube eine solche anomale Heproduction des Kopfendes in Form eines rölhlich gefärbten, mit kleinen Wärz- chen besetzten Wulstes an dem äusssersten Halsgliede eines voll- ständig ausgebildeten kopflosen Bandwurms (7'. solium) beobachtet zu haben. V. Physiolo gisches. Die physiologische Kenntniss von T. solium, so wichtig und wünschenswerth sie für den praktischen Arzt sowohl, als für den Naturforscher wäre, kann nur als höchst lückenhaft bezeich- net werden, und die Lebensverhältnisse dieses Helminthen sind in mancher Beziehung noch in räthselhaftes Dunkel gehüllt. 1) Sensitives Leben. Nach allen Beobachtungen ist der Wurmkörper einer bedeutenden und kräftigen Contraction fähig, worauf auch die sehr ausgebildete Muskulatur hindeutet. Der beweglichste Theil ist Kopf und Hals, beide sind bei dem ausserhalb des Darmkanals befindlichen noch lebenden Thiere fortwährend in Bewegung, indem letzterer sich abwechslungs- weise verlängert und verkürzt. Bei den Gliedern des mittlem Theils ist die Contractionsfähigkeit beschränkter, diese können sich höchstens um die Hälfte ihrer normalen Länge verkürzen. Die geschlechlsreifen Glieder bewegen sich , wenn sie abgeslossen werden, noch ausserhalb des Darmkanals in einem geeigneten Fluidum, z. B. lauem Wasser, mehrere Stunden mit grosser Energie; die Bewegungen des erwachsenen Wurms bestehen in dem abwechselnden Zusammenziehen und Wiederausstrecken ein- zelner Gliederstrecken nach Art der Lumbricinen. Ausserhalb des Darmkanals ist der Wurm sehr empfindlich gegen mechanische und chemische Beize. Starker Weingeist lödlet ihn schnell. In kaltem Wasser erstarrt er und verliert seine Contractilität, in warmem hält er sich mehrere Stunden — 190 -- und lebt in demselben, wenn er nicht zu lange der Kälte aus- gesetzt gewesen (Rosenstein spricht von 24 Stunden), wie- der auf. Im Darmkanale dagegen ist er gegen äussere Reize ungleich weniger empfindlich, daher er auch den Arzneisloffen viel län- ger als die übrigen Darmhelminlhen des Menschen widersteht und nicht selten in Leichen angetroffen wird, aus welchen die zärtlichem Schmarotzer Iheils durch Medicamente, theils durch die Entmischung der Säfte des erkrankten Organismus längst verscheucht worden. Die Anheftung des Kopfes scheint mit der vorderen Saug- platte, nicht aber mit den 4 seitlichen Saugwarzen zu geschehen und wird unterstützt durch den Hackenkranz und die bei der Beschreibung des Kopfes angeführten besondern Organe. Die Mündungen der Nahrungskanäle sind vorzugsweise zur Aufnahme der Ernährungsflüssigkeit bestimmt, wenn auch ihre mechanische Mitwirkung bei Befestigung des Wurmkopfes nicht in Abrede gezogen werden kann. Die Anheftungsstelle bleibt wohl während der ganzen Ent- wicklung des Wurms dieselbe, denn es ist sehr unwahrschein- lich, dass sich der Kopf von der Darmschleimhaut losgelöst, wieder an dieselbe ansaugen könne. Wie fest übrigens diese Ansaugung im Embr^^onalzustand geschieht, lässt sich einestheils daraus entnehmen , dass der Wurm oft durch Anwendung der stärksten Drastica nicht abgetrieben werden kann, andernlheils aus den Beobachtungen von Wepfer, Tyson u. A., nach welchen die Trennung des Taenienkopfes von den Darmwandun- gen nur mit Mühe geschieht, (Vgl. E schriebt in Act. Leop. Car. B. XXI. Suppl. II. S. 15.) 2) Ernährung. Die Ernährung des Wurmkörpers ge- schieht einestheils durch die Aufnahme des Darminhalts in die Nahrungskanäle mittelst der 4 seitlichen Sauggruben am Kopfe, anderntheils durch Hautabsorption. Letztere wird durch wirkliche Haulporen, welche ohne Zweifel mit dem unter der Epidermis liegenden lymphatischen Gefässnetze in Verbindung stehen, ver- mittelt. Diese Absorption scheint eine Hauptrolle bei der Er- nährung zu spielen und mit grosser Energie vor sich zu gehen, - 191 - denn selbst lodle Wiirriislücke lullen sieh , in warme Milch ge- legl , in kurzer Zeit mit dem sie umgebenden Fluidum. Uass hiebei ein Theil der riüssigkeil durch Endosmose in den NVurm- körper eindringt, ist wahrseheinlieh. Die Krnährungsprodukte ^\erden vorzugsweise in der zwischen der Kpidermis und der zweiten Haut liegenden Zellgewebeschieht abgelagert und bilden eine körnig sulzige Masse. Der Grad der Ernährung seheint von der Lebensart und dem Gesundheitszustand des Subjecls abhängig zu sein, welches den Schmarotzer beherbergt. In der Regel findet man bei Band- wurmkranken , welche viele und kräftige Nahrung geniessen, auch ihren Gast wohlgenährt und umgekehrt. 3) Fortpflanzung. Mit einem gewissen Alter, welches von dem Grade der Ernährung und mannigfachen äussern Ein- flüssen abhängt, ist der Wurm zur Fortpflanzung geeignet. Die Geschlechtswerkzeuge werden vollständig ausgebildet und die Eier, welche bisher als durchsichtige Körner in den Ovarien waren, kommen in Folge der vorhergegangenen Befruchtung, zur weiteren Entwicklung. In welcher Weise die Befruchtung geschieht, ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich werden die innerhalb der seillichen Papillen liegenden Geschlechtswerkzeuge durch die Muskelcontraetionen ersterer einander bis zur unmit- telbaren Berührung nahe gebracht und die aus den Hoden mit- telst des Penis in die Scheide übertragene Samenflüssigkeit ge- langt durch den oben beschriebenen parenchymatösen Körper zu dem Ovarium. Die Zahl der zur Entwicklung kommenden Eier ist bei den einzelnen Wurmindividuen ausserordentlich verschieden. Bald findet man nur den Mittelstamm des Ovariums, bald einzelne seitliche Ramificationen, oft aber den ganzen Eierstock mit Eiern strotzend angefüllt. Aehnliche Verschiedenheiten findet man auch streckenweise an einem und demselben Wurme. Auf beide Er- scheinungen scheint der Grad der Ernährung entschiedenen Ein- fluss zu haben. Denn in der Regel zeichnen sich gut genährte Exemplare durch Eierreichthum aus. Schwierig ist die Frage zu beantworten , auf welchem Wege die reifen Eier das Ovarium verlassen. Wir haben oben gesehen, — 192 -- dass der Eierstock eine vollständig geschlossene Höhle bildet, eine Entleerung der Eier innerhalb des Darmkanals somit gar nicht möglich ist. Entweder muss man daher mit Werner, Zeder u. A. annehmen, es bilden sich zu diesem Zwecke neue Oeffnungen, was langjährige Beobachtung nicht bestätigt hat, oder man ist genöthigt, auf ein actives Ausführen der Eier zu verzichten. Letztere Ansicht wird besonders durch das Abstossen der geschlechlsreifen Glieder sammt ihrem Eierinhall unterstützt. Die Natur scheint der so vielen Zufälligkeiten ausgesetzten Brut in dieser Umhüllung einen weitern Schutz gegen zerstörende äussere Einwirkungen gesichert zu haben. Es ist somit anzu- nehmen, dass gar keine eigentliche Entleerung der Eier stattfindet, es vielmehr äussern Einflüssen (Witterung, Maceration u. s. w.) überlassen bleibt, die abgestossenen geschlechlsreifen Glieder ihres Eierinhalts zu entledigen. Die Angabe Duj ardin 's, T. so- lium entleere die Eier durch den sogenannten Lemniscus (Ann. des sciences natur. Tom. 10. 1838. Zoologie. S. 33 und Hist. nat. des Helm. S. 555) habe ich bei der sorgfältigsten Beobach- tung der abgestossenen noch lebenden Glieder nie bestätigt ge- funden. Zuweilen scheinen die reifen Eier durch das Bersten des ganzen Glieds in Haufen ausgestossen zu werden. Es bilden sich in diesem Falle an der Verbindungsstelle der Schwanzglie- der bald auf der vordem, bald auf der hintern Fläche des Wurms, nierenförmige Auftreibungen (Taf. II. Fig. 21.), welche eine zahllose Menge von reifen Eiern enthalten. Ausserdem ist das Ovarium mit Eiern strotzend angefüllt. Sonder Zweifel ist diese Entleerungsweise keine normale, sie muss vielmehr als die Folge einer hyper- trophischen EnlarluFig des Uterus angesehen werden. Werden die Eier auf diese Weise ausgestossen, so obliteriren entweder die betreffenden Glieder vollständig oder werden durchlöchert (T. fenestrata , Bremser.). 4) Entwicklungsgeschichte.*) Ueber die Entstehung der Eingeweidewürmer im Allgmeinen, wie auch speciell über die des Bandwurms, ob durch Generatio sponfanea oder aus Eiern, ist seiner Zeit viel gestritten worden. Neuere Untersuchun- ') Vgl. V. Swinten Comment. B. 4. S. 739. — 193 — gen über die Eier und Krnbryonen der Cesloden, über ilirc Ent\vickliini;sfornien und Wanderungen l)aben erstere Annnlune mehr cils unwahrscheinlieh gemacht und es bleibt nur noch ein (zweifelhaf(es) FaeUnn übrig, wehlies für die spontane Entstehung der Helminthen angeführt >verden kann, — das Auffinden von Eingeweidewürmern im Fötus. Ohne diese Beobachtungen geradezu in Abrede ziehen zu wollen, klingt es doch ziemlich unwahrscheinlich, es haben sich Helminthen unter Umständen entwickelt, wo ihnen die Grund- bedingung jeder Existenz und Ausbildung, nämlich passende Nah- rung, fehlte. Zudem ist es viel wahrscheinlicher, dass in den angeführten Fällen die vorgefundenen Schmarotzer in den Fötus- korper eingewandert sind, was besonders für T. solium gilt, denn man hat Cestodenembr^onen mittelst ihrer Hackenrüssel viel stärkere Gewebe durchsetzen sehen, als die sind, welche die Organe des jungen Fötus abschliessen. (Vgl. Miescher's Untersuch, über die Wanderungen der Tetrarhynchen. Verh. der naturf. Gesellschaft in Basel vom Au- gust 1838 — Juli 1840. pag. 25. — Ueber die Wanderungen und Metamorphosen der Cercarien. Siebold in R. Wagner 's Handwörterbuch der Physiol. 11. Lief. S. 608.) Das Vorkommen von Taenien in jungen Kindern beweist nicht viel, wenn man die geringe Zeit im Auge hat, welche der Bandwurm unter günstigen Umständen zu seiner Entwicklung bedarf. Pallas, welcher einem Hunde Eier von T. serrata in die Bauchhöhle einimpfte, fand nach Verfluss eines Monats junge BandvNÜrmer zwischen den Eingeweiden von der Grösse eines Zolls. Um wie viel schneller kann die Entwicklung dieser Eier vor sich gehen, wenn solche an ihrem eigentlichen Bestimmungs- orte, dem Darmkanal, vielleicht unter dem begünstigenden Ein- fluss einer krankhaften Schleimabsonderung sich befinden? In der Regel gehen von einem bis zum Kopfende abgetrie- benen Bandwurme binnen 11 Wochen wieder geschlechtsreife Glieder ab; Bloch behauptet, er habe in vier Monat alten In- dividuen vollkommen entwickelte Eier gefunden. Auch ist nicht zu vergessen, dass in der Regel Helminthen erst dann in den Kindern angetroffen werden , wenn sie nicht mehr gesäugt , sondern mit Württemb. naturw. Jahreshefle. 1852. 2s Hefl. 13 — 194 — andern Speisen ernährt werden und dem Wurm dadurch ein günstiger Boden für seine Entwicklung geboten wird. Unter allen Umständen erscheint es bei der in neuester Zeit gewonnenen Kenntniss des complicirten anatomischen Innern vieler Enlozoen sehr gewagt, zur Erklärung ihrer Entstehung eine Zeugungsart in Anspruch zu nehmen, welche für unend- lich einfacher organisirte Wesen nicht bewiesen ist und vielleicht nie bewiesen werden kann. Vielmehr lässt sich seit der Ent- deckung der merkwürdigen Wanderungen, welche viele Helmin- then zu gewissen Zeiten ihres Lebens vornehmen, die Entstehung derselben im Menschen und in den Thieren, selbst innerhalb abgeschlossener Höhlen auf ganz naturgemässe Weise erklären. Um speciell auf die Entwicklungsgeschichte von T. solium zurückzukommen, so scheint die Brut dieses Schmarotzers im Ei- oder Embryonenzustand den Darmkanal zu verlassen, worauf hauptsächlich der Umstand hindeutet, dass niemals junge Thiere in der Umgebung der Mutterthiere angetrofTen werden. Die in den geschlechlsreifen Gliedern eingeschlossenen Eier werden mit dem Fäces entleert, vielleicht um ausserhalb des menschlichen Körpers bis auf den Grad sich auszubilden, welcher sie zur Rückwanderung und Weiterentwicklung an der neuen Wohnstätle befähigt. Diese Eier hat die Natur wohl ausgerüstet für ihre beschwerliche Wanderung. Jahre lang im Weingeist oder ge- trocknet aufbewahrt, lässt sich keine Veränderung in ihrem In- nern wahrnehmen und scheinen sie diese Entwickelungsfähigkeit solange zu bewahren, bis irgend ein Zufall sie in das Heimalh- Ihier zurückbringt. Mit der thierischen und vegetabilischen Nah- rung, oder noch häufiger wohl mit dem Wasser, wandert die auf einer gewissen Entwicklungsperiode angekommene Tacnienbrut wieder in den menschlichen Darmkanal ein. Millionen von Eiern gehen auf diesem Wege zu Grunde, ohne den Ort ihrer Be- stimmung zu erreichen, zumal ihr Schicksal meist dem Zufall überlassen bleibt. Diesen Verlusten gegenüber ist auch die zahl- lose Menge von Eiern erklärlich, welche T, solium während seines Daseins hervorbringt. Welche Afl erformen T. solium annimmmt, wenn er auf sei- ner Wanderung in Wohnthiere oder Gewebe gelangt^ welche - 195 — ihm von der Natur nicht zum Anfenihalt bestimmt sind, ist zur Zeit noch unbekannt. (Vgl. Siebold in R. Wagner's Handwörterbuch der Phy- sologie. 11. Lief. Art. Parasiten, über die Melamorphosen von T. crassicollis aus der Katze, T. plicata aus dem Pferde, Bothrioc. solidus und nodosus. — E. Bianchard, Ann. des scienc. natur. 3. Serie. Zool. Tom. 10. 348. C}' st i (ju e s.) Der in den Darmkanal zurückgekehrte Embryo entwickelt sich unter günstigen Umständen sehr schnell und kann ein sehr hohes Alter erreichen. Die Art des Wachslhums , oder besser gesagt , die Entwick- lung der Gliederung hat Creplin in seinen Novae observatio- nes de Enlozois 1829 am richtigsten beschrieben und habe ich seine Beobachtungen auch bei T. solium bestätigt gefunden. Jung ist der Wurm gerunzelt, ohne Spur von Hals, mit sehr zahlreichen, ganz schmalen Abschnürungen, hinten stumpf abgerundet; zuerst erzeugen sich in ungleichförmigen Absländen von hinten nach vorn mehr oder minder seichte Einschnürungen, durch welche scheinbar grössere Glieder abgeschnitten werden (Taf. I. Fig. 2. a.), jedes dieser falschen Glieder wird nach einiger Zeit an seinen Rändern gekerbt und theilt sich in meh- rere, je nach seiner Länge in 3, 4, 5, 6 wahre Glieder (Taf. L Fig. 2. b.), nach deren Ausbildung die anfängliehen Ein- schnürungen allmählig wieder verschwinden. Die Entwicklung der Geschlechlswerkzeuge beginnt erst in einem vorgerückteren Aller des Wurms in dessen hinteren Gliedern. Haben diese Glieder ihre vollständige Geschlechtsreife erlangt, so lösen sie sich bei T. solium einzeln, bei B. latus in bald längeren, bald kürzeren Reihen ab und sind im Stande, in diesem Zustande kurze Zeit noch selbstständig fortzuleben, wobei einzelne Glie- der gleich Tremaloden herumkriechen. Gewöhnlich nimmt man an , der erwachsene Bandwurm schnüre neue Glieder am Halse ab. Man glaubte sich damit die oft sehr grosse Anzahl der abgehenden Glieder erklären zu können. Bei dem äusserst einfachen Bau des Halses ist diese Annahme zum Mindesten zweifelhaft und die Ansicht Brem- ser's, der Wurm entwickle nur die Glieder, welche er schon 13* — 196 - als Embryo besitzt, gewinnt bei der eigenthümlichen Art des Wachsthums sehr an Wahrscheinlichkeit. Dass T. solium am Schwanzende keine Glieder entwickeln kann , wie einige Natur- forscher (Andry, Brera u. A.) behaupten wollten, geht aus seiner ganzen Organisation und mannigfachen das Gegentheil beweisenden Versuchen hervor. (Vgl. Bremser S. 105 u. 106.) In der Regel wird T. solium 15 — 24' lang. Exemplare von 47 Ellen Länge und darüber (Pet. Frank. De curand. hom. morb. III. lib. IV. 201.— Rosenstein, Kinderkrankheiten — 80 Ellen) sind sehr selten, 300 und 800 Ellen lange Taenien (Plinius Lib. XL c. 33 und Act. havniens. Vol. IL pag. 148) gehören in das Reich der Fabel und lassen sich nur dadurch erklären, dass die Beobachter sämmtliche früher abgegangene Fragmente der Länge des von ihnen abgetriebenen Wurms hin- zugerechnet haben, während überdies vielleicht noch ein zwei- ter Wurm in dem Darmkanal vorhanden gewesen sein mag. An einer 5'^ langen Taenie (Taf. I. Fig. 2.) zählten wir 600 Glieder. Diese Zahl kann sich mit dem Wachsthum um das 6fache vergrössern, der Wurm kann somit eine Länge von 43' erreichen (die durchschnittliche Länge eines Glieds zu 1,2'" angenommen), ohne hiezu neuer Glieder zu bedürfen. Ein 8,5' langes Exemplar hatte 750 Glieder, worunter keine geschlechtsreife. Wenn man freilich annimmt, wie Merat, Gomez u. A. berichten, dass von einem Bandwurmkranken 12 ja 15 Jahre Wurmfragmente abgehen und die Längenausdehnung derselben summirl, so kommt ein ungeheures Maass heraus (Bremser hat eine Länge von 1440 Ellen berechnet). Es lässt sich aber durchaus nicht beweisen, dass in solchen Fällen sämmtliche abgehende Wurmstücke immer demselben In- dividuum angehören; vielmehr ist es wahrscheinlicher, dass in dieser langen Zeit bei der einmal vorhandenen krankhaften Dispo- sition des Darmkanals ein neuer Wurm sich entwickelte. Die stufenweise Ausbildung der einzelnen Organe steht mit der mehr oder minder fortgeschrittenen Entwicklung der einzel- nen Glieder in genauem Zusammenhang. B. Dibofhriiim latiim. Riidolphi. /. Einleitung. Caput oblonguni , Bothriis angustis marginalibus. Col^ lum subnuUum. Articuli superiores rugaeformes , suhsequen- tes subquadrati, Ultimi longiusculi. Longit. 10 — 20' ; tat. 2 — 6"'; rarissime ad i". a) Quellen und Synonyme.*) 1 ) Taenia vulgaris. Linne. Werner. Relzius. Gme- lin. J Ordens. — 2) Taenia lata. Linne. Pallas. Bloch. Göze. Batsch. Gmelin. J Ordens. Rudolph i. — 3) Taenia grisea. Pallas. Schrank. — 4) Taenia membranacea. Pallas. Batsch. — 5) Taenia tenella. Pallas. Relzius. — G) Tae- nia dentata. Batsch. Gmelin. — 7) Taenia humana inermis. B r e r a. — 8) Halysis lata. Zeder. — 9) Bothriocephalus latus. Bremser. Blainville. Rudolph i. Nitsch. Mehlis. Delle Chi a je. Owen. Creplin. Hasel b erg. Siebold. Esch- richt. Valentin. Wa w ru eh. D uj ard i n. — 10) Tenia de la pr emier e espece. Andry. — 11) lenia ä anneaux courts. Bon- ne t. — 12) Tenia ä epine. — 13) Tenia ä mammelons ombilicaux. — 14) Le Tenia large. Cuvier. — 15) The broad Tape-Worm. Bradley. — 16) Ndak'n. Tut sehe k.— 17) Breiter Band- wurm. Schweizerbandwurm, lieber die mit T. soliu?n ^e- meinschafllichen Namen vergleiche bei T. solium. b) Stellung im Systeme. Zeder sieht Dibothrium latum als eine Tänienspecies an, obwohl er eine eigene Gattung Rhytis für die Bothriocephalen der Fische aufgestellt hatte. — Rudolphi stellt die Bothrio- cephalen in das 7te Genus seiner 4ten Ordnung {Cestoidea, Ne- stelwürmer). — C. M. D iesing stellt Dibothrium latum in Trib. IV. Bothriocephalidea. Subtribus II. Gymnobothria. Dibothria. *) Die Quellen und Synonyme sind zum grossem Tlicil aus D ie- sing's System. Helrainthum entnommen. — 198 — Wie bei T, solium wurde auch bei Dibothrium latum ver- sucht, mehrere Species dieses im menschlichen Darmkanal vor- kommenden Schmarotzers aufzustellen , die hiefür benutzten, überdies wenig wesentlichen Unterscheidungsmerkmale Hessen sich aber immer auf pathologische, somit zufällige Veränderun- gen des Wurmkörpers zurückführen. Constante Varietäten dieses Helminthen sind bis jetzt noch nicht entdeckt worden. //. Allg emeine B e Schreibung. Der bandförmig flache Körper beginnt mit dem länglichen Kopfe; geht in einen kurzen, undeutlich gegliederten Hals über und ist in zahlreiche Glieder getheilt, welche beinahe durch- gehends mehr breit als lang sind. Die Farbe des lebenden Wurms ist schmutzig bläulich weiss, wird aber im Weingeiste nach kurzer Zeit gelblich. 1) Kopf. Der Kopf von Dibothr. latum ist länglich , etwas plattgedrückt und zeigt zu beiden Seilen zwei Gruben. Ob diese Gruben (Taf. n. Fig. 3 und 4. a.) zum Einnehmen der Nahrung be- stimmt sind, oder als Anheftungswerkzeug dienen, ist nicht aus- gemacht. Analogieen bei den andern Bothriocephalenköpfen machen erstere Annahme wahrscheinlich. Zuweilen bemerkt man an dem äusserslen Ende des Kopfes eine concave Endfläche (Taf. II. Fig. 2. b.) ; eine Oeffnung in derselben wurde noch nicht beobachtet. 2) Hals. Der dünne, sehr kurze Hals ist völlig ungegliedert (Taf. II. Fig. 2.), fehlt dagegen bei einzelnen Individuen vollständig (Taf. II. Fig. 3.). Bei jungen Exemplaren lässt er sich von dem Körper nicht unterscheiden. 3) Umriss der Glieder. Die beiden Flächen der einzelnen Glieder lassen sich in Bauch - und Rückenfläche unterscheiden und bezeichnet erstere die Fläche, auf welcher die Geschlechtswerkzeuge münden; fer- ner unterscheidet man an jedem Glied zwei Seitenränder, einen vordem und einen hintern Rand. Die Seitenränder sind meist — 199 — S förmig ausgeschweift, im Uebrigen ihre Form, wie auch die des Vorder- und Hinlerrands bei der grossen Weichheit der Theile sehr veränderlich. Die Glieder sind beinahe dnrchgehends mehr breit als lang, die Breite verhüll sich zur Länge etwa wie 3 : 1 und ändert sich dieses Verhällniss bei den Hals- und Schwanzgliedern nur unbedeutend. Im Allgemeinen sind die Glieder bandförmig flach, nirgends über 1'" dick. In der Mittellinie sind alle Glieder am dicksten und werden gegen die Seitenränder hin bedeutend dünner. Auf der Mittellinie der Bauchflächc münden die beiden gelrennten Geschlecht söilnungen. Die männliche OefFnung ist ziemlich gross, bei allen eini- germassen ausgebildeten Gliedern leicht zu erkennen und liegt im obern Drittel des Glieds auf einer etwas nach hinten geneig- ten Papille. Die weit kleinere weibliche Oeffnung liegt mehr gegen die Mitte des Glieds, bildet an frischen Exemplaren eine einfache Durchbohrung, ist selten mit unbewaffnetem Auge, mit der Loupe dagegen an allen Gliedern zu entdecken. An beiden Flächen jedes Glieds unterscheidet man den Mitteltheil von beiden Seitentheilen. Im Miltellheile liegen vorzugsweise die Geschlechtswerk- zeuge, und die Umrisse des Eierbehällers, des Knäuels und der Penisblase lassen sich durch die Haut der Kücken - und Bauch- fläche erkennen. Die Seilentheile haben ein von dem Mitleltheile verschie- denes Ansehen. Ihre Farbe ist gleichförmig, gewöhnlich grau- gelblich, schwach durchsichtig. Auf Querschnitten scheinen sie aus 7 Schichten zu bestehen (Taf. II. Fig. 10.): a) Die Haut; b) die Bauchkörnerschicht. Diese geht enden Seitentheilen in die Rückenkörnerschicht über und hört an den Grenzen des Mitteltheils auf. c) Die durchsichtige Schicht. Diese erstreckt sich ununterbrochen über die ganze Fläche des Thiers und wird durch ein engmaschiges Parench;ym gebildet, d) Die Miltelkörnerschicht, eine Schicht mit grossen runden, an Wein- geistpräparalen weissen Körpern, die in gleich grossen Zwischen- — 200 ~ räumen von einander abstehen, e) Die zweite durchsichtige Zeilgewebschicht, f) Die Schichte der Rückenkörner, g) Die Haut des Rückens. Der Mitteltheil lässl sich nur in 4 Schichten zerlegen: a) Die Rauchhaut; b) die Iste durchsichtige Schicht; c) die 2te durchsichtige Schicht; d) die Haut des Rückens. Zwischen den beiden Zeilgewebschichten liegen die Geni- talien. Rechnet man die mikroskopischen Längenmuskelnschich- ten, welche zunächst an den Körnerschichten angeheftet sind, so kommen 9 Schichten heraus. ///. Anatomie der einzelnen Organe. 1) Organe des thierischen Lebens. ^) Haut. Man unterscheidet eine eigentliche Oberhaut und eine Lederhautschicht. Die Oberhaut bildet einen in sich ge- schlossenen, durch die Abschnürungen der Glieder scheinbar unterbrochenen Schlauch und stülpt sich durch die Geschlechts- öffnungen in die Geschlechtsorgane ein. Sie ist sehr dünn und durchsichtig und wird am besten auf feinen senkrechten Quer- schnitten beobachtet. Die Lederhaut ist dicker, dunkler gefärbt und erscheint bei Weingeistexemplaren granulirt. Im Corium, welches die Geschlechtsöffnungen umgibt, finden sich viele Drüs- chen, rundliche körnige Gebilde, welche mit ihren Ausführungs- gängen nach aussen münden und an Weingeistexemplaren durch intensiv weisse Farbe leicht zu erkennen sind. Aehnliche Drüs- chen, nach der Farbe zu schliessen, scheinen in der Falte zu liegen , die am hintersten Rande jedes Glieds das nächste Glied etwas umfasst. Valentin (Müller's Archiv 1842. H. 6. Nr. XCVn.) hält diese Hautdrüschen für vollkommene Folliculi com- positi, da er bei starker Vergrösserung an einzelnen Stellen der- selben Röhren bemerkte, an denen dunkle Körpergebilde, gleich- sam Träubchen, hafteten. An der übrigen Haut sind diese Drüschen viel weniger ausgebildet und minder zahlreich. b) Zellgewebe. Das Zellgewebe erscheint bei Dibofh- riiim latum sehr ausgebildet und wirkt wohl hauptsächlich zum individuellen Leben der einzelnen Glieder mit. Es liegt eines- Iheils unmittelbar unter der Lederhaul und bildet anderntheils — 201 — scharf begrenzte durchsichtige Schichten zwischen der sogenann- ten Miltelschichl und den Körnerschichten. Die sehr feinen Fa- sern verlaufen sehr regelmässig in geraden Wiiikehi und bilden ein ziemlich weitmaschiges Netz. c) Muskeln. Die Muskulatur ist im Allgemeinen bei Dib. latiim auffallend weniger ausgebildet, als bei T. solium, woher vielleicht Iheihveise der geringe Widerstand dieses Schmarotzers gegen ArzneistofTe kommen mag. Zunächst unter der Haut be- merkt man eine Schicht muskulöser Querfasern , welche in der hintersten Haulfalte am stärksen hervortritt. Deutlicher und be- stimmter lässl sich die darauf folgende Schicht muskulöser Län- genfasern unterscheiden, welche schnurgerade über sämmtliche Glieder verlaufen. Tiefere Muskelschichten sind gewiss vorhan- den, aber anatomisch schwer nachzuweisen. d) Ge fasse. Ein Gefässsyslem bei Dib. latum aufzufinden, wollte bis jetzt keinem Beobachter gelingen, wiewohl Analogieen in andern Bothriocephalenarten für das Vorhandensein eines solchen sprechen. Es ch rieht (Nova Act. Leopold. Carol. Vol. XIX. Suppl. 2. S. 99 c.) beschreibt ein aus 6—8 Hauptstäm- men und seillichen Capillarnetzen bestehendes, sehr verzweigtes Gefässsyslem bei Bothrioc. puncto tus , welches in vielen Bezie- hungen Aehnlichkeit hat mit dem bei T. solium beobachteten. Dort wie hier war dieses Röhrensystem nur bei ganz frischen, noch nicht im W'eingeiste gelegenen Exemplaren zu erkennen. Vielleicht kann letzterer Umstand als Grund angesehen werden, warum die fraglichen Gefässe noch nicht bei Dib. latum ent- deckt worden. e) Das Nervensystem, an dessen Vorhandensein kaum zu zweifeln, konnte ebenfalls bis jetzt noch nicht aufgefunden werden. 2. Organe der Ernährung. a) Darmröhren. Delle Chiaje (in seinem Compendio di Elmintografia umana Napoli. 1833. p. 17), welcher zuerst von Darmröhren bei Dib. latum spricht, beschreibt dieselben analog wie bei T. solium als Längenkanäle an den Bändern des Wurmkörpers, welche an dem Hinter- und Vorderrande jedes Glieds durch je einen Querkanal verbunden sind. Neuere Untersuchungen von Esc bricht haben aber ge- — 202 — zeigt, dass die Beschreibung Delle Chiaje's unrichtig ist, die Darmschläuche bei Dib. latum nicht an den Rändern der Glieder, vielmehr in der Mitte zwischen der Mittellinie und dem Seiten- rande und zwar in der Tiefe der Glieder, als dünne häutige Röhren ohne irgend eine Erweiterung, Einschnürung oder Ver- ästelung verlaufen. Diese Röhren bilden ein durch den ganzen Wurm fortlaufendes Continuum. Querkanäle sind keine vorhan- den. In frischem Zustande sind diese Darmröhren wegen ihrer vollkommenen Durchsichtigkeit nicht zu erkennen, wohl aber, wenn die Glieder kurze Zeit in Weingeist oder besser in Essig- säure gelegt werden, sie fallen dann als weisse Stränge so- gleich ins Auge, lieber die Ausmündungsstelle der Darmschläuche am Kopfe, wie über deren Verlauf im hintern Theile des Wurm- körpers liegen noch keine Beobachtungen vor. b) Kernkörner. Als mit den Ernährungsverhältnissen zusammenhängend, bezeichnet Es ch rieht ausser den Darm- röhren die sogenannten Kernkörner, welche sehr zahlreich in der Substanz des Thieres sich vorfinden. Es sind dies unregelmässig runde, flach gedrückte Körperchen, 0,0075"' — 0,012'" lang und 0,007'" — 0,010'" breit, welche bei jeder Beleuchtung aus einer Art von Schale mit darin eingeschlossenem Kern zu bestehen scheinen. In wie weit diese Organe sich mit den Blutkörnern der niedern Thiere vergleichen lassen , ist schwer zu entscheiden ; dürften dieselben vielleicht nicht eher als ein sehr ausgebildetes Lymphdrüsensystem zu betrachten sein? — c) Kleinste Körner. Neben den Kernkörnern finden sich in der Textur des Wurmkörpers , vorzugsweise aber in dem parenchymatösen Maschengewebe, sehr kleine Körner ohne Kern, 0,001'" — 0,005'" im Durchmesser, vielleicht Uebergangsformen zu den eigentlichen Kernkörnern. 3) Geschlechtsorgane. Die Geschlechtstheile, unter allen Organen die am meisten entwickelten, liegen bei J)ib. latum im Mitteltheile jedes Glieds und sind nach der Lage der Glieder, ob gegen den Kopf, gegen die Mitte oder das hintere Ende des Wurmkörpers, mehr oder - 203 — weniger ausgebildet. Die äussern GeschlechtsöfTnungen befinden sich auf der Bauchseite. (Vergleiche oben.) a) Weibliche G es chl e c h tslhe il e. Wir beschreiben die Nveiblichen Geschlechlstheile in nachfolgender Ordnung: ix. die weibliche Oeffnung (Vulva); ß. das Ovarium ; y. die Dotterslöcke; ö. der Eingang in denEierbehaller (hintere Oeffnung). Es ist nicht entschieden, ob die am hintern Hände des Porus genitalis liegende Oeffnung, oder die an der Bauchseile jedes Glieds sich vorfindende 2te selbstständige Perforation (die sogenannte hintere Oeffnung) als Vulva zu betrachten ist. Die Lage des Penis und die Analogie mit vielen Trematoden ver- anlasst uns, der erstem Ansicht beizutreten und werden wir die nähern Gründe hiefür im Verlauf der Darstellung der Geschlechts- verhältnisse von Dib. lalum auseinandersetzen. a. Weibliche Oeffnung (Vulva). Die weibliche Oeffnung ist ziemlich klein , ganz rund und liegt dem Penis gerade gegen- über, entgehl übrigens wegen ihrer versteckten Lage an dem hintern Rande des Porus genitalis leicht der Beobachtung. Sie steht höchst wahrscheinlich mit dem Ovarium in directer Verbin- dung, anatomisch konnte dieser Zusammenhang noch nicht nach- gewiesen werden. ß. Eierbehälter (Ovarium). Der Eierbehälter ist von der Bauch- und Kückenseite jedes Glieds beinahe gleich sicht- bar und bildet einen unregelmässigen Stern von sehr wechseln- der Form im Mittellheile des Glieds. Er ist nur \"' kürzer als das ganze Glied. Eschrich:t unterscheidet den eigentlichen Eierbehäller und das Knäuel. Ersterer theilt sich zu beiden Seiten der Mittellinie in 5, 6 bis 7 Hörner, von welchen die beiden vordersten dunkelbraun gefärbt und die dicksten sind, daher sie dicke Hörner ge- nannt werden. Das 3te und 4te Seilenhorn an jeder Seite ist fast immer viel länger und schmäler, gewöhnlich von gelber Farbe; das letzte Seilenhorn jederseits ist wieder kürzer und schmäler. Die Seitenhorner liegen mit Ausnahme der dicken Hörner nicht paarig, sondern undeutlich alternirend. _ 204 — Knäuel nennt Eschricht den hintersten, bald kugeligen, bald ausgedehnt rundlichen Theil des Eierbehällers. 1. Häute des Eierbehälters. Der Eierbehälter besteht aus zwei Häuten. Die äussere, die Kapsel des Eierbehäl- ters, bildet eine ziemlich feste kapselartige Umhüllung für die Seitenhörner und das Knäuel. Erstere liegen entweder einzeln oder zu zwei in den Falten der Kapsel. Hinten spaltet sich diese Kapselhaut in zwei Blätter, um den Knäuel und eine ihn umschliessende Drüse (die Knäueldrüse) zu umkleiden. Die Kapseln der einzelnen Glieder hängen durch Duplica- turen unter einander zusammen und legen sich fest um die an der Bauchseite befindliche kleinere äussere OefFnung. In der Mittellinie der Rückenfläche der Kapsel findet sich eine tiefe, die Samengänge aufnehmende Längsfurche. Die zweite oder innere Haut bildet einen einfachen, dünn- häutigen, in sich umgebogenen, von dem Knäuel nach den dicken Röhren allmählig sich erweiternden Schlauch. Jedes Seitenrohr stellt somit keinen Blindsack, sondern eine ösenförmige Umbiegung dieses Schlauches dar. Die einzelnen Hörner des Eierbehälters zeigen eine mehr- fach verschiedene Färbung, wie schon oben angedeutet. In der Regel haben nur die Ovarien der hintern Glieder, wenn sie mit Eiern überfüllt sind, eine gleichmässig dunkelbraune Farbe. Sonst beschränkt sich die dunklere Färbung nur auf die vordem Hörner, während der mittlere Theil des Eierbehällers entweder eine gelbliche oder bei Weingeistexemplaren eine milch- weisse Farbe hat. Dieser Farbenunterschied gründet sich ohne Zweifel auf die verschiedene Reife der in den Hörnern enthaltenen Eier, welche Ansicht vorzugsweise dadurch bestätigt wird, dass die in der hintersten Region des Uterus sich vorfindenden Eier viel durch- sichtiger sind, als die im übrigen Eierbehälter. 2. Knäuel. Der Knäuel unterscheidet sich in die Knäuel- kapsel und die Knäuelröhre. Erstere wird durch die Spaltung der Kapselhaut in zwei Blätter gebildet , ist etwa i'" breit und nach der Länge des Glieds 4 — i'^' lang. - 205 - Sie präsenlirt sit-li diircli d\v llniil und noch deulliclier, wenn die Haut enlfernl worden is! , als ein in der Quere lie- gendes, braunes Oval von einem weissliehen Ringe der Knäuel- drüse umfasst. Im Centrum ist die Oeflnung der sogenannten gelben Gänge als ein schwarzer Pimkt siehlbar. Uebrigens ist diese Form der Knäuelkaj)sel , je nachdem die Knäuelröhre mit Eiern angefüllt ist, sehr veränderlich. Der eigentliche Knäuel besteht aus einer in sich verschlun- genen, 5 — 6'" langen Köhre, welche sich in der Mitte sack- förmig erweitert. Diese sackförmige Erweiterung enthält eine harte, braun- gelbe Masse, in welcher keine Eier zu erkennen sind. Diese braune Masse findet sich im übrigen Theil der Knäuelröhre eben- falls, bildet aber nicht mehr den einzigen Inhalt, sondern dient nur zur Incrustation der zahlreich vorhandenen Eier. Die letzte Windung der Knäuelröhre setzt sich unmittelbar in die hintern Seitenhörner fort. y. Dolterstöcke (Bauch- und Rückenkörner). Ais Dolterstöcke betrachtet E schriebt ein Paar drüsigte, zu bei- den Seiten des Knäuels liegende, flach gedrückte, stumpf abge- rundete, längliche Säcke, welche durch eine Commissurverbin- dung die Uebergangsstelle des Knäuels in den Eierbehälter um- fassen, höchst wahrscheinlich in den Eierbehälter münden, mit ihren flügeiförmigen Seitentheilen sich etwas in die Seitentheile des Glieds erstrecken und hier zwischen der profunden Muskel- schicht an der Bauchseite und der Mittelschicht liegen. Am deutlichsten erkennt man diese Seitendrüsen an Wein- geistpräparaten, nach Wegnahme der Bauch- und Rückenkörner- schicht. Sie fallen hier durch ihre milchweise Farbe sogleich in die Augen, während sie an ganz frischen Exemplaren zu durchsichtig sind, um deutlich unterschieden werden zu können. Das Innere dieser drüsigten Organe erscheint bei näherer Betrachtung als ein Convolut zahlreicher varicöser Blindsäcke, welche in jedem ihrer Knoten einen Eidotter zu enthalten schei- nen. Demgemäss ist auch die Weile dieser Gänge der Grösse der unreifen schalenlosen Eier analog. Die Dimensionen der Seitendrüsen in einem vollkommen ausgebildeten Gliede gibt E schriebt folgendermassen an. — 206 — Breite jedes Sacks |^'"; Länge jedes Sackes (von dem äus- seren stumpfen Ende zum concaven Innern Rande) J"'; Breite der ganzen Doppeldrüse 2^'"; Abstand der innern Ränder J"'. Ein weiteres Drüsensystem, bestimmt zur Absonderung der die Eier incrustirenden Materie, will Eschrichl in den soge- nannten Bauch- und Rückenkörnern erkennen. Von Bonnet, Bremser u. A. wurden diese bei durch- gehendem Licht als graugelbe, pyramidale Körper leicht erkenn- baren Organe für unreife Eier gehalten. Die nähere Untersuchung lässt aber den drüsigten Bau nicht verkennen. Die Form jedes einzelnen Korns ist, wie oben angedeutet, pyramidal, mit der convexen Grundfläche gegen die Haut ge- kehrt und besteht aus etwa 20 — 30 sackförmigen Partikeln von äusserst feinem Lumen. Die in ziemlich gleichen Zwischenräumen neben einander liegenden Bauch- und Rückenkörner bilden eine zusammenhän- gende Schicht, welche sich an den Seitenrändern von der Bauch- zur Rückenseite fortsetzt und von der Oberhaut durch eine dünne subcutane Schicht von unbestimmter Structur getrennt ist. Jedes Glied enthält 4000 — 6400 solcher Körner, deren Länge 0,030-0,040'" und deren Breite 0,022'" beträgt. 1. Gelbe Körner. Die sogenannten gelben Körner, welche man an der Bauchseite älterer Glieder in gelbe Flecke vereinigt, zu beiden Seiten des Mitleltheils und an diesem anliegend, be- obachtet, sind sehr erweiterte Bauchkörner, oft 4 — 20 mal grösser als diese. Die Rückenkörner finden sich viel seltener zu gelben Körnern ausgebildet. Die Ausführungsgänge dieser erweiterten Bauchkörner, die sogenannten gelben Gänge, vereinigen sich an der Uebergangs- stelle eines Glieds in das andere in ein vielfach anamostosiren- des Netz, dessen Hauptstamm in den Knäuel mündet, so zwar, dass jedes Knäuel die gelben Gänge von den beiden hinteren Dritteln des zugehörigen Glieds und von dem vordem Drittel des nächstfolgenden Glieds aufnimmt. Die Dicke der einzelnen Aeste nimmt nach dem Knäuel hin mehr und mehr zu und erscheinen dieselben zuweilen in längern oder kürzern Strecken varicös. — 207 - Die Region der (icsclilechlsöniiiingcn ist von gelben Gängen frei und kranzförmig von denselben unifasst. Der Inhalt der gelben Gange ist eine intensiv gelbe, dicke Masse, welche in ihrer mikrosko|)ischen Structur die grösste Aehnlichkeit mit der Incrustalionsnialerie hat, wie sie sich an den Eiern des Knäuels und der vordem Hörner findet. Dass übrigens die grössere oder geringere Ausbildung der Bauchkürner in direcler Beziehung zu dem Inhalt des Eierbehäl- ters steht , lässt sich aus der verschiedenen Färbung des letz- tern vermuthen, welche mit der grösseren Entwicklung der gel- ben Körner entschieden dunkler wird. Ö. Die hintere kleine Oeffnung sitzt isolirt nahe an dem Zusammenstosse der beiden dicken Hörner im Grunde eines wallarlig umrandeten , gegen hinten schief abgestutzten Porus, hat einen Durchmesser von 0,020 — 0,025"' und ist ziemlich tief (Taf. II. Fig. 11. c). Ein direcler Zusammenhang mit den dicken Hörnern lässt sich nicht nachweisen, dagegen entspringt von ihr ein weisser Strang, der längs der Mittellinie hinabläuft. Ob diese Oeffnung als Eiergang oder als Vulva zu betrach- ten sei , ist nicht entschieden. Wahrscheinlicher ist das erstere. b) Männliche Geschlechtslheile. Die männlichen Generationswerkzeuge sind bei Dib. latum viel deutlicher ent- wickelt und mannigfaltiger als bei T. solium. Man unterscheidet: «. die Penisöffnung; ß. den Penis; y. die Penisblase; 8. die Hoden; e. Saamengänge. a. Penisöffnung. Die Penisöffnung (Taf. II. Fig. II. a.), welche an allen Gliedern, die vorderslen und hintersten etwa ausgenommen, mit unbewaffnetem Auge zu erkennen ist, liegt immer an der Grenze des ersten und zweiten Viertels auf einer von der unterliegenden Penisblase hervorgebrachten, von den dicken Hörnern des Eierbehälters umfassten Erhöhung. Diese Erhöhung verflacht sich nach hinten, so dass der die Oeffnung umgebende Hautwulst nach vorne etwas höher ist als nach hinten. ß. Penis. Aus dem vordem Theile der eben beschriebe- nen Oeffnung tritt an einzelnen Gliedern , zuweilen auch an ganzen Gliederstrecken der wahrscheinlich durchbohrte Penis — 208 — hervor (Taf. II. Fig. 11. b.). Wo dies nicht der Fall ist, kann er durch einen leichten Druck hervorgetrieben werden. Der Penis ist überall ziemlich gleich dick, nicht zugespitzt und kann bei einer Dicke von |^"' etwa i'" über den Rand der Oeffnung hervortreten. Der wallartige Hautrand bildet gleichsam das Präputium des Penis. Die sogenannten Glandulae pr aeputii, deren schon bei der Beschreibung der Haut gedacht wurde (Taf. II. Fig. 11. d.) und als weisse Punkte, vorzugsweise in der Nähe der Ruthenöffnung, ins Auge fallen, sind weisse, länglich runde, 0,010 — 0,020'" grosse Drüschen, mit dem einen Ende der Ruthenöffnung zugewendet, mit dem andern von ihr abgewendet und an diesem Ende mit einem Ausführungsgange versehen. Ihre Entwicklung scheint mit der Ausbildung der gelben Körner im Zusammenhang zu stehen; in der Regel bilden sie im letztern Fall dicke Haufen von Gängen mit einem geronnenen weissen Inhalt. y. Die K u t h e n b 1 a s e , welche als länglich runde, nach hinten zugespitzte Erhöhung in dem von den beiden dicken Hörnern gebildeten Winkel von aussen leicht zu erkennen ist (Taf. II. Fig. 13. a.), liegt in einer eigenen, dünnen, durchsichtigen, aber starken Kapsel. Diese Kapsel legt sich fest um die ziemlich dickwandige, aber weiche und an Weingeistpräparaten ganz weiss gefärbte eigentliche Penisblase und hat eine Länge von i'", eine Breite von i'''. Schneidet man die Rulhenblase auf, so findet man, wenn nicht die ganze Ruthe ausgetreten, eine kleine Blase darin, welche an einem etwa i-'" langen, stark gewundenen Stjle hängt, welcher Stiel vorne in der grossen Geschlechtsöffnung mündet. ö. Als Hoden beschreibt Esc brich t eine Schichte weisser Körner, welche die mittelste oder tiefste Schicht der Seiten- Iheile bilden. Die einzelnen Körner sind 0,030 — 0,080"' gross und sind von einem Maschengewebe in der Art umgeben, dass jede Zelle von etwa 0,080'" Länge und 0,040'" Breite, ein Korn locker einschliesst. Die sehr dünnwandigen Zellen sind undeutlich, viereckig und hängen die einzelnen Körner durch — 209 — einen sehr feinen und kurzen Stiel mit dem innern vordem Seilenrand der Zelle zusauuuen.' Die innere Sirurtur der ein- zelnen Hoden erscheint unter dem Mikroskop entweder als ein (lewirr von feingekräuselten Fasere hen , oder es lässl sich eine äussere durchsichtige Kapsel unterscheiden, welche etwa 20 läng- liche, mit einer eivveissarligen, durch den Weingeist mehr oder weniger fest geronnenen Flüssigkeit angefüllte Bläschen einschliesst. F.. Saamengänge. An der Rückenseite der Kapsel des Eierbehälters, in den Zwischenfurchen der Seitenhörner und in der oben erwähnten tiefen Medianfurche verlaufen einige stark gekräuselte, an NVeingeistpräparaten schneeweiss gefärbte Gänge, welche unwillkührlich an die Saamengefässe vieler niederer Thiere erinnern. Sie haben einen Durchmesser von i — ^V'' n^^iiif^c" nach der Penisblase hin in ihrem Volumen ab, ohne dass übri- gens ein Zusammenhang mit dieser oder mit den Hoden anato- misch nachzuweisen wäre. 4) Eier und Embryonen, Eier. Die ausgebildeten Eier von Dib. latum sind länglich rund, an dem einen Ende etwas zugespitzt, 0,028 — 0,032''' lang und 0,020—0,021'" breit (Taf. H. Fig. 17.). Eine Un- regelmässigkeit in der Form wird nur sehr selten gefunden. Die äussere Schale ist in frischem Zustande hart und spröde und zerbricht unter dem Pressschieber in vieleckige Scherben mit scharfen schneidenden Rändern. Die Eischale umschliesst eine Menge runder , gelblich ge- färbter Dolterkörner, deren Weiterentwicklung für Dib. latum noch nicht beobachtet wurde. Die Drüsen, welche die kalkige Eischale absondern, liegen ähnlich wie bei Distoma hepaticum in den Ecken des Eierbehäl- ters und sind an leeren Gängen des Eierbehälters sehr leicht zu erkennen. An und für sich sind diese Organe auch an Weingeist- präparaten ganz durchsichtig und nur an den Rändern und Win- keln kreideweiss, was auf eine kalkige Natur des Secrets hindeutet. Die sogenannte Knäueldrüse, welche den Knäuel wie ein weisslicher Ring umgibt, dient vielleicht zur Absonderung des Eiweisses, wenn sie wirklich als eine eigene Drüse und nicht als ein Divertikel der Stjitendrüsen angesehen werden darf. Württemb. naturw. Jahreshefte. i852. 2s Heft. 1 4 — 210 — IV. Pathologische Notizen. Im Allgemeinen werden an den einzelnen Körpertheilen von Dib. latumd'iese]ben pathologischen Veränderungen und Anomalieen beobachtet, wie bei T. solium, obschon viel weniger häufig (vgl. oben). Verschlingungen in Knoten finden sich sehr selten , ein weiterer Beweis für wenig energische Muskelcontractionen. Bemerkenswerth ist die bei diesem Helminlhen nicht min- der häufig als bei T. solium vorkommende Perforation einzelner Glieder und ganzer Gliederstrecken. Wenn auch das Entleeren der Eier innerhalb des mensch- lichen Darmkanals nur als Folge einer Krankheit des Ovariums, als Abortus, nicht aber als normaler Gebäract zu betrachten ist, so dürfte doch die Art und Weise , wie der Eierinhalt abgeslos- sener Glieder geboren wird, wenig davon abweichen. Sei es nun, dass der Rest von Lebenskraft, welcher den abgehenden geschlechtsreifen Gliedern unläugbar innwohnt, dazu bestimmt ist, dieses Aufblähen und Bersten ausserhalb der Erzeugungs- stätte zu vermitteln, oder dass die Fäulniss der die Ovarien umhüllenden Fleischlheile ein ähnliches Resultat hervorbringt. Duplicität der Geschlechtswerkzeuge, welche unseres Wissens bei T. solium bis jetzt noch nicht beobachtet worden, trifft man beinahe an jedem grössern Exemplar von Dib. latum an mehr oder weniger Gliedern. F. Physiolo gische s. Die Lebensverhältnisse und Lebensäusserungen von Dib. latum sind noch weniger bekannt als die von T. solium, und es bleiben noch manche wesentliche Lücken in der physiologischen Geschickte dieses Darmschmarotzers auszufüllen. 1) Sensitives Leben. Die sichtbaren Lebensäusserun- gen, Locomotion und Muskelcontractionen sind im Allgemeinen viel weniger energisch als bei T. solium. Es ist dies wohl auf Rechnung des weniger ausgebildeten Muskels;\'stems zu setzen, welche unvollkommene Entwicklung anderseits aus der eigen- thümlichen Lage und Anordnung der Geschlechtswerkzeuge sich erklären lässt. Ebendarum ist auch Kopf und Hals der beweglichste Theil des Wurmkörpers. Ersterer heftet sich mit der vordem Saug- — 211 — fläche, nicht aber mit den seitlichen Sauggrnben fest an die innere Fläelie des Dünndarms. Die seil liehen Verliefnngen schei- nen ansschliesslich zur Aufnahme der Nahrungsflüssigkeit be- slimmt zu sein. Die Händer einer solchen Sauggrube verhalten sich wie zwei Lippen, welche durch eine sehr complicirle Mus- kulatur sich öffnen und schliessen und auf mannigfache \Veise aneinanderlegen können. Gegen mechanische und chemische Heize ist Dib. latum viel empfindlicher als T. solium. Während sich bei letzterem die Wirkung der Arzneistoffe durch atrophi- sche und h^'pertrophische Entartung, Missfarbe an einzelnen Körpertheilen äussert, ohne dass das Leben des Wurms dadurch gefährdet würde , scheinen dieselben Agentien bei Dib. latum unmittelbar den Gesammttod des Wurms herbeizuführen, daher auch diese Bandwurmarl viel leichter abzutreiben ist und nie in Leichen angetroffen wird , deren Tod eine Säfteentmischung oder auch nur Säfteverschlimmerung vorhergegangen ist. 2) Ernährung. Der Function der Ernährung stehen die Darmröhren und wohl auch das im ganzen Wurmkörper verbrei- tete Zellgewebe mit den darin enthaltenen Kern - und kleinsten Körnern vor. Ob zwischen den Nahrungskanälen und den pa- renchymatösen Schichten irgend ein Zusammenhang besteht, oder ob die Nahrungsflüssigkeit durch Exosmose in die durchsichtigen Schichten gelangt , ist nicht erforscht. Ausser Zweifel ist da- gegen eine ähnliche Hautabsorption wie die bei T. solium be- schriebene , und die Bestimmung gedachter Drüsenkörner scheint die Verarbeitung des auf solche Weise in den Wurmkörper ein- gedrungenen Chylus zu sein. E seh rieht 1. c. hat über die Hautabsorption der Bothrio- cephalen Versuche an lebenden Exemplaren von Bolhr. punctatus angestellt, indem er dieselben mit dem Schwanzlheile in spiri- tuose Indigoauflösung brachte, während die Köpfe noch an der Darmwand festgesetzt waren. So weit die Flüssigkeit reichte, wurden die betreffenden Körpertheilc intensiv blau gefärbt, zu- gleich aber gelähmt. Die Hautabsorption scheint übrigens nur während des Lebens oder unmittelbar nach dem Tode thätig zu sein, denn längere Zeit abgestorbene Wurmfragmente ver- ändern ihre Farbe in gefärbten Flüssigkeiten kaum merklich. 14* — 212 — 3) Fortpflanzung. Der eigentliche Begattungsact des lebenden Thieres kann der Kleinheit der Theiie wegen nicht wohl zur direclen Beobachtung kommen. So viel scheint übri- gens gewiss , dass er in den einzelnen Gliedern vor sich geht, nicht aber, wie einige Naturforscher behaupten wollten , durch wechselseitige Annäherung und Ergänzung zweier Glieder als getrennter Geschlechtsindividualitäten, etwa nach Art der Gas- teropoden. Ebenso unrichtig ist die Ansicht, es seien zur Be- fruchtung zwei Wurmindividuen, welche sich an einander legen, nothwendig. Dass die Fortpflanzung oder richtiger ausgedrückt die Befruchtung und Entwicklung der Eier an bestimmte Jahres- zeiten sich knüpft, hat Eschricht für Bothr. punctatus nach- gewiesen und für Dib. latum wahrscheinlich gemacht. Im Frühjahr und Sommer erscheinen die gelben Körner, deren Function in die letzte Periode der Eierentwicklung fällt, am meisten ausgebildet, viel weniger bemerkt man dies an Wurmstücken , welche im Spätherbst oder Winter abgegangen sind. Ausserdem sind es eben die genannten Jahreszeiten, in welchen das normale als ein zum Geschlechtsleben gehöriges Phänomen zu betrachtende Abstossen der geschlechtsreifen Glie- der erfolgt, ein weiterer Beweis, dass vorzugsweise und viel- leicht ausschliesslich um diese Zeit die auf die Fortpflanzung bezüglichen Acte vor sich gehen. Das Abstossen zusammenhängender grösserer oder kleinerer Gliederstrecken im Gegensatze zu dem analogen Vorgange mit T. solium, bei welchen die geschlechtsreifen Glieder immer nur einzeln von dem Wurmkörper sich ablösen, lässt sich aus der festern Verbindung erklären, welche bei Dib. latiim unter den einzelnen Gliedern stattfindet. Dieselbe wird durch die oben beschriebenen Kapselhaut- duplicaturen, welche die Ovarienkapsel je zweier Glieder ver- binden, vermittelt. 4) Entwicklungsgeschichte. Die Entwicklung der Eier gehl aus den oben gegebenen anatomischen Details der weiblichen Geschlechtswerkzeuge deutlich und vollständig hervor. Die in den Seitendrüsen gebildeten Dotterkugeln werden bei ihrem Eintritt in die hintern Körner des Eierbehälters von der — 213 — Knälieldrüse ans mit Eiweissschichten übprzogcn und gelangen als schalenlose Eier in das Ovarium. Die zuerst eingetretenen werden von den aus den Dolterstöeken nachfolgenden durch die öscnförmigen Gänge des Ovariums forlgeslossen , bis sie an den Endgrenzen derselben angekommen sind. Auf dem Wege dahin umgibt sie das kalkige Schalensecret, welches, wie oben be- merkt, aus Drüsen abgesondert wird, die in den Ecken der Seitenhörner liegen. Aus dieser Wanderung erklärt sich, warum in Gliedern, welche in der Entwicklung begriffen, reife Eier mit harten Scha- len zuerst in den Knäuelgängen und den vordem Hörnern an- getroffen werden, während die mittlem und hintern Hörner nur mit schalenlosen Eiern angefüllt sind. In den Bauch - und Rückenkörnern wird während des höch- sten geschlechtlichen Entwicklungsstadiums eine braune dicke Masse abgesondert, welche sich durch die gelben Gänge in die Knäuelwindungen und die hintern Hörner ergiesst und die hier befindlichen Eier in krumme cylindrische Klumpen incrustirt. Die Entwicklung des zuerst milchweissen, später gelblichen Dotters zum- Embryo ist bei Vib. latum noch nicht beobachtet worden, doch scheint nach den bisherigen Erfahrungen der Vor- gang bei allen Cestoden derselbe zu sein. Wir können uns daher auf das bei T. solium Gesagte beziehen und erwähnen hier nur der eigenthümlichen Beobachtung Siebold's, wonach .die Bothriocephalen im Embryonalzustande ebenfalls bewegliche Häckchen besitzen, überhaupt in der Form von den Embryonen der Taenien nicht abweichen. Der Zweck dieser embryonalen Häckchen scheint bei beiden Geschlechtern derselbe zu sein. Taenien wie Bothriocephalen verlassen als Eier ihre Erzeugungs- stätte und kehren, nachdem sie ausserhalb ihres Wohnthiers die Entwicklung zum lebensfähigen Embryo vollendet, dahin zurück. Ohne die angeführten Haltwerkzeuge dürfte ihnen aber diese Rückwanderung schwerlich gelingen. Die embryonalen Häckchen werden ohne Zweifel abgestossen, sobald der Wurm an den Ort seiner Bestimmung gelangt ist, bei den bewaffneten Taenien erzeugen sich neue Häckchen von ganz veränderter Form, bei — 214 — den unbewaffneten Taenien und den Bolhriocephalen findet einö solche Reproduclion nicht statt. In früher Jugend erscheint der Wurm gerunzelt, nicht ge- gliedert, die eigentliche Gliederung beginnt erst mit einer Kör- perlänge von 4 — 5'', wahrscheinlich auf dieselbe Weise wie bei T. solium. Von dem erwachsenen Wurme wird in der Regel behauptet, er schnüre neue Glieder am Halse ab; es ist dies jedoch nicht so zu verstehen, als bilden sich förmlich neue Glieder aus dem ungegliederten Halse ; viel wahrscheinlicher ist es, dass die schon vorhandenen, aus einer homogenen Masse bestehenden Glieder des Halstheils durch Quertheilung sich ver- mehren, analog mit dem Vorgange an dem Schwanztheile bei Beginn der Gliederung. Auf der andern Seite steht nichts der Ansicht entgegen: J)ib. latum, wie T. solium entwickle nur die Glieder, welche schon im Embryo als präformirt anzunehmen sind, eine willkührliche , durch äussere oder innere Einflüsse hervorgerufene Gliederabschnürung finde dagegen zu keiner Zeit statt. Die weitern Gründe, welche für diese Ansicht sprechen, mögen bei T. solium nachgelesen werden. W^elche Länge Dib. latum möglicherweise erreichen kann, ist schwer zu sagen; weitaus die Mehrzahl der zur Beobachtung gekommenen Exemplare war nicht über 25' lang, doch fehlt es nicht an Beispielen von 50 — 60' langen Dibothrien. Noch ungewisser sind Altersbestimmungen und wenn auch die Aerzte oft eine erstaunliche Anzahl von Jahren angeben, durch welche ein Bandwurmkranker den Gast in sich beher- bergt, so ist hierauf wenig Gewicht zu legen, denn eineslheils ist nie erwiesen, dass^ die abgegangenen Wurmfragmente, welche auf solch lange Lebensdauer schliessen Hessen, einem Wurme angehören, anderntheils entwickelt sich gerade Dib. latum in un- günstigen Lebensverhältnissen ebenso langsam, als er unter gün- stigen Verhältnissen mit überraschender Schnelligkeit die Reihe seiner Entwicklungsstufen durchläuft. Im Allgemeinen kann behauptet werden , dass Dib. latum nie ein so hohes Alter erreicht als T. solium, wie er überhaupt in jeder Beziehung ein viel zärtlicherer Schmarotzer zu sein scheint. — 215 — Erklärung der AI)])iI(Uingen. Tafel IV. Fi«:. 1. «. Kopf, Hals und Aiifaii<;sj;Iie(ler von T. soliiun. — a. Kopf. — b. Hals. — (?. Glieder des oberen Wurmkörpers mit noch wenig ent- wickelten Gesclilechtsörtnungen. — c. Knoten. — y. Glieder des mitt- leren Wurmkörpers mit ziemlich aus<»ebildeten Geschlechtsöffnungen, aber wenig sichtbaren Eierstöcken. — 6. Endglieder des Wurms voll- kommen ausgebildet und zum Abgange reif. — 1. Endglied des Wurms. — o. Männliche Geschlechtstheile. — r. Längenkanal. — s. Querkanal. Fig. 2. Ein junger Bandwurm von einem H Jahre alten Kinde. — a. Falsches Glied. — b. Wirkliche und bleibende Glieder. Fig. 3. Kopf von Taenia solium in natürlicher Grösse. Fig. 4. Sehr vergrösserter Kopf und Hals von T. solium. — b. Hals. Fig. 5. «, Sehr vergrösserter Kopf von T. solium ohne Hacken- kranz mit sehr hervorgetriebener Saugfläche. Fig. 5. ß. Derselbe Kopf von oben. Fig. 6. a. Vergrösserter Kopf von 7'. solium mit Hackenkranz. — a. Saugfläche. — c. Hackenkranz. — d. Saugwarze. — e. Mündung des Nahrungskanals. Fig. 6. ß. Derselbe Kopf von oben. Fig. 7. Vergrösserter Kopf einer erwachsenen T. solium ohne Hacken- kranz mit eigenthümlicher Streifung der Saugfläche (a.) und ganz in die Substanz des Kopfes zurückgezogenen Saugwarzen (b.) — c. Grenze der Saugfläche, Fig. 8. Vergrösserter Kopf von Fig. 2. Fig. 9. (Aus den Recherches sur 1' o rg anisati o n des Vers, par E. Blanchard. Ann. des Sc. nat. 3. Serie. Zool. Tom. 10. PI. 12. Fig. 5.) Nervensystem im Kopfe von T. serrata L. — a. Ganglien des Centraltheils — b. Ganglien der Saugwarzen. Fig. 10. Ein mit Gerbstoff" behandelter Kopf von T. solium. — a. Saugrüssel. — b. Saugwarzen. — c. Muskelbündel. Fig. 11. Einzelne Häckchen des Hackenkranzes, sehr vergrössert. — a und b. Fortsätze, an welche sich zarte Muskelbündel anheften. Fig. 12. Vergrösserter Längendurchschnitt einiger Glieder des Schwanztheils. — a. Aeussere Haut. — b. Zweite Haut. c. Ovarium. — d. Querdarmröhre. — e. Duplicatur der Epidermis. — m. Drüsen- schicht zwischen Epidermis und der zweiten Haut. Fig. 13. Vergrösserter Querdurchschnitt eines hintern Glieds. — a. Epidermis. — b. Zweite Haut, — g. Längendarmrohren. — f. Mittel- stamm des Ovariums. Fig. 14. Vergrössertes Stück der Epidermis. — a. Kalkkörner. — b. Dräschen. Fig. 15. Geschlechtsreife Glieder in natürlicher Grösse. — a. Ge- schlechtsorgane. — b. Ovarien. — 216 -- Fig. 16. Geschlechtsreife Glieder, sehr vergrössert , um die relative Lage der Theile , den Verlauf der Gefässe, die Beschaffenheit der Darin- röhren und Geschlechtsorgane, namentlich auch den Stamm und die Ver- ästelungen des Ovariums zu zeigen. — a u. a' Haujotlängengefässe. — • q. Quergefässe — b. Längendarmröhren. — c. Querdarmröhren. — d. Klappen innerhalb der Darmröhren. — e. Mittelstamm des Ovariums. — f. Vagina. — i. Parenchymatöser zum Geschlechtsapparat gehöri- ger Körper von unbekannter Function. — g. Vas deferens. Fig. 17. (Nach Platncr aus J. Mül ler's Ar chi v 1838. H. 5. S. 572. Taf. XIII. Fig. 4 u. 5.) Geöffneter Längenkanal mit dem Ein- gang in den Querkanal, sehr stark vergrössert. — a. Obere, a' untere Klappe an dem Eingange des Querkanals. — b. Kleinere halbmondförmige Vorsprünge des Längenkanals. — c. Seitliche Klappe des Querkanals. — d. Höhle des Querkanals. Fig. 18. Vergrösserter Porus genitalis. — g. Cirrhus oder Lemnis- cus. — h. Weibliche Oeffnung. Fig. 19. Isolirter vergrösserter Geschlechtsapparat von T. solium. — h. Weibliche Oeffnung. — a. Vagina. — e. Spindelförmige Anschwellung der Vagina. — i. Parenchymatöser Körper mit unbekannter Function. — g. Lemniscus. — m. Samengefäss. — b. Vas deferens. — c. Hoden. Fig. 20. Eier von T. solium auf verschiedenen Entwicklungsstufen vergrössert. — a. Ausgebildete Eier unter dem Mikroskop bei auffallen- dem Lichte. — ß. Solche Eier in durchfallendem Lichte. — a. Aeussere Eihülle. — b. Dotterhaut. — c. Dotter mit Dotterzellen. Fig. 21. Sehr vergrössertes Ei mit ausgebildetem Embryo. — a. Aeus- sere Eihülle. — b. Dottersack. — e. Epithelium, welches den Embryo umgibt. — h. Häckchen des Embryo. Fig. 22. Ein reifes Ei, sehr vergrössert. — a. Aeussere Eihülle. — b. Dotterhaut. — c. Dotter mit Dotterzellen. Fig. 23. Zerquetschtes Ei, sehr vergrössert. Fig. 24, Spermatozoenbüschel von T. solium^ sehr vergrössert. Fig. 25. Einzelne Samenthierchen von T, solium, sehr vergrössert. Taf. V. Fig. 1. a. Kopf, Hals- und Anfangsglieder von Dih. lalum. — k. Kopf. — a. Seitentheil. — b. Mitteltheil. — ß. Glieder des obern Wurmkörpers mit noch wenig entwickelten Genitalien, — a. Seitentheil. — b Mitteltheil. — c. Geschlechtsöffnungen. — y. Glieder des mittle- ren Wurmkörpers von der Bauchseite gesehen. — a, Seitentheil. — b. Mitteltheil. — c. Geschlechtsöffnungen. — ö. Glieder des obern Schwanztheils mit sehr entwickelten Geschlechtswerkzeugen. — a, Seiten- theil. — b. Mitteltheil. — c. Ovarien.— e. Glieder des äussersten Schwanz- theils, welche ihren Eierinhalt entleert haben. — a. Seitentheil. — b. Mitteltheil. — c. Ovarien. raf.i. rtf-Xä. Ffi ;iCTa)AffiniiTnnjjmTnu:üvnxr[rrai^-'^^^j.^i.i^^^^^ ßL'^-^criirr ,r- 'V--- /|^ &. mxuz' 11 Fifi.i HgZi Ik-^i ---i^ , ^rX""'i r ^^ *^«.^ ÄÄ X « a i J ' "ff: :r 1 ■"- V ^ H-'FS-ßäi-M F.ff.f 1. [ ■-f2 ^' j.^.^ .' 1-s -'(--T^-^l 1 i .'" ^rh-A ^ K ""- '_,J--^L-i1 ^ ^ * i >, X ^jy«. ;f / vitft vCarii;i:.'ir .hu::t'at. Fig t mifpMifp F,^ 8 ,'■•.'••:■.•.•!•!■•. -"••v.;;;;V: :•'.•;;';;;■;•.•' J'V FUi.3. P'H .. ii H ^WA I' (^/"(^ Eb.i^r StuttgoJ-i — 217 — Fig. 2. (Nach Eschriclit.) 3 und 4. (Nach Bremser.). - Sehr vergrösscrte Köpfe von Dib. latum. — a. Seitliche Grube (Bolh- riuin). — b. Saugfläche. Fig. 5 und 6. Bandwurmköpfe nach Clerc's Zeicl)nung. Fig. 7. (Nach Escliricht.) Zwei vergros.sertc Glieder des mittle- ren Wurmkörpers (Baiichfläche). — a. Männliche Ge.schlecht.sölfnung, — c. Hintere Oeffnung. — 1, Penis oder Lemniscus. — o. Ovarien. Fig. 8. (Nach Eschriclit.) Dieselben Glieder von der Fvücken- seite gesehen. — a. Knäuel. Fig. 9. (Nach Eschriclit.) Vergrö.sserter Längendurchschnitt «^ines Gliedes von Dib. latum. — a. Aeussere Haut, — b. Die Bauch- und Riickenkor- nerschicht. - c. Die durch.sichtige Schicht. — d. Die Mittelkörnerschicht. Fig. 10. (Nach Escliricht.) Vergrösseiter Querdurchschnitt eines solchen Gliedes in der Richtung der Penisblase und der dicken Hörner. — a. Aeussere Haut. — b. Die Bauch- und Rückenkörnerschicht. — c. Die durchsichtigen Schichten. — d. Die Mittelkörnerschicht. — e. Region der Geschlechtstheile. — f. Dicke Hörner des Eierbehälters. — g. Penisblase. Fig. 11. (Nach Es ch rieht.) Sehr vergrössertes Glied von der Bauchseite. — a. Männliche Geschlechtsöffnung. — b. Lemniscus. — c. Hintere Oeffnung. — d. Hautdrüschen {Glandulae praeputii). — e. Gelbe Gänge. — f, f. Gelbe Körper. — g, g. Bauchkörner. Fig. 12. (Nach Esc bricht.) Vergrössertes Glied von Dib. latum mit sehr entwickeltem Geschlechtsapparat. — a. Knäuel und Knäuel- drüse. — b. Ruthenblase. — c, c. Seitentheile mit den Bauchkörnern. — e, e. Seitendrüsen (Eierstöcke). Fig. 13. (Nach Eschricht.) Sehr vergrösserter Geschlechtsappa- rat von Dib. latum (Rückenfläche). — a. Penisblase. — b'. Dicke Hörner. — b''. Hintere Hörner. — c. Eierstöcke. — d. Knäueldrüse. — e. Knäuel. Fig. 14. 15. 16. (Nach Eschricht.) Verschiedene Entwicklungsstufen der Geschlechtswerkzeuge von Dib. latum. — Fig. 14. 20" Abstand vom Kopf; Fig. 15. 25" Abstand vom Kopf; Fig. IG. 28'' Abstand vom Kopf. — a. Penis- blase. — b. Hörner des Eierbehälters. — c. Ovarien. — d. Knäueldrüse. Fig. 17. (Nach Bremser.) Sehr vergrösscrte reife Eier von Dib. latum. — a. Schale. — b. Dotterhaut. — c. Dotterzellen. Fig. 18. (Nach Bremser.) Glieder einer Zwillingsmissgeburt von T. solium. Fig. 19 und 20. Hypertrophisch entartete, paternosterföimige Glie- der von T. solium. — Fig. 19. Glieder in der Nähe des Halses; Fig. 20. Glieder des mittleren Wurmkörpers. Fig. 21. Schwanzglieder von T. solium mit hypertrophischer Ent- artung der Ovarien. Fig. 22, (Nach Bremser.) Durchlöcherte Glieder in Folge Ber- stens der Ovarien (T. fenestrala). Fig. 23. Atrophirte Schwanzglieder. 4. Beiträge zu der Palaeotherium-Formatioii. Von Dr. 0. Fraas zu Laufen, OA. Balingen. Mit Abbildungen auf Tafel VI. VII. Seit Cuvier im Jahre XII. der ersten französischen Revo- lution für die Wissenschaft das Palaeotherium geschaffen und sofort mit der Bestimmung dieses und der gleichzeitigen Thiere einen grossen Theil seines Lebens zugebracht hat, ist dieses Fossil und seine Formation vom allgemeinsten Interesse gewor- den, und haben zu dessen näherer Kenntniss die fernsten Theile der Erde (Himalaya, Pentland) ihre Beiträge geliefert. Dess un- geachtet sind die Akten noch lange nicht geschlossen, und aus dem neuesten Werke, aus Blainville's Osteologie B. V. sehen wir zur Genüge, wie wenig eigentlich noch bekannt ist und wie viel noch gefunden und uniersucht werden muss, um die Palaeo- therien und ihre Zeitgenossen gehörig zu verstehen. Dass in dieser Beziehung die Fron s t etter Gruben von grösster Wichtigkeit sind durch die ausgezeichnete Erhaltung der Zähne und Knochen, vor allem durch den Reichthum des Materials, muss Jeder gestehen, der sie seit meiner Bekanntmachung gesehen und dort gesam- melt hat. Den grossen Nachtheil hat übrigens Fronstetten, dass zusammenhängende Skelette wie zu Pantin und Montmartre nicht gefunden werden , sondern aller Arten Knochen und Zähne unter- einander geworfen sind, so dass das Zusammenklauben der pas- senden Stücke trostlose Schwierigkeiten mit sich bringt. Im Nachfolgenden habe ich es versucht, die Fossile von Fronstetten zu ordnen und nach Cuvier und Blainville so gut als möglich zu bestimmen. Da mir zu wenig Raum in diesen Blättern gestattet ist, beschränke ich mich auf die Beschreibung der Zahnsysteme und erwähne der Knochen nur nebenbei, wo sie ein wichtiges Merkmal der Art liefern. Die Zähne von Palaeotherium ordnen sich ihrer Beschaffen- heil nach von selbst in 2 Classen. Bei der ersten Classe greift der Schmelz in einfachen Falten in die Zahnsubstanz. Ein Kro- nen-Cäment ist nicht vorhanden. Bei den andern sind die Schmelzfalten durch ein Cäment verkittet, welches selbst die äusseren Schmelzplatten überzieht. Jene , die Cämentlosen, - 219 - . . zeichnen sich durch den prachlvoll gelbbraunen Schmelz aus, von dem die weisse Wurzel so schön abslicht; diese, die mit Kronen-Cämenl versehenen , sind slels durch den weissen oder gelblichen Kitt verunreinigt und zeigen (ausgenommen die Schneide- und Eckzähne) nie den Glanz der ersleren. Bei der Ankauung bilden bei der ersten Classe die Schmelzfallen von aussen ge- sehen leere Säcke, bei der andern Classe sind die Schmelzsäcke von aussen mil dem Kill angefüllt , so dass der Zahn ein ge- schlossenes Ganzes bildet, wie bei dem Pferd. A. PalaeoUieriiim ruit Zähnen ohne Kronen-Cament. Diese Zähne theilen sich wiederum der Natur ihrer Be- schafTenheit nach in 2 Abiheilungen ; die einen haben die Krone einfach auf der Wurzel sitzen , die andern haben einen Hals- kragen, welcher Krone und Wurzel trennt, kelcharlig sich um die Krone herumzieht und dieselbe trägt. Innerhalb dieser einfachen Grenzen bewegen sich verschiedene Grössen-Verhältnisse, auf welche aber sicher kein Werlh zu legen ist. Zudem sind die kleinsten Zähne nie um ein Driltheil kleiner, als die grössten und sind vom kleinsten zum grössten zahllose Uebergänge, welche alle, die der Beschaffenheit nach gleich sind, ob grösser oder kleiner, zu Einer Art vereinigen. 1) Palaeotherium ohne Kronen-Cäment und ohne Halskragen. Taf. VI. P alaeotherium medium Cuv. Palaeotherium commune Blainv. ^ , . , 3 + 1+7 Zahnformel: -^ — — -. — — -jl- 4. -\r 1 -\- 1 A. 10 Schneide-Zähne: 6 oben, 4 unten. Oben. 1: Das sichere Merkmal, die oberen Schneide- zähne von den untern zu unterscheiden, isl der kleine Steg oder Höcker, welcher die innere Schmelzplatte des Zahnes mit dem Schmelzblech verbindet (Taf. VI, Fig. 2). Aussen ist der Zahn glaft und gewölbt, die innere Platte concav eingedrückt, die Schneide etwas schief nach hinten gegen den Eckzahn geneigt, die Wurzel stark, kurz und gerade. Die Krone isl ohne allen Rand, das Schmelzblech einfach über die Zahnsubstanz berge- - 220 - zogen. Die grössten Zähne sind 0,044 lang und 0,015 breit (an der Schneide), die kleinsten 0,030 lang und 0,011 breit. 2. (Fig. l,c.) Die Krone ist schiefernach hinten gewölbt, ebenso die Schneide, und die innere Platte gegen den Eckzahn geneigt. Der Steg an der Innern Platte ist kleiner als bei dem ersten, die Wurzel länger und schlanker, niemals gerade , sondern im- mer etwas gegen vorne gekrümmt. Länge von 0,042 — 0,028, Breite 0,013—0,009. 3. (Fig. 1, d.) Dieser Zahn hat nach hinten eine zweite Schnittfläche (Fig. 3), bestehend in einer von der Spitze der Krone zum Hals laufenden scharfen Leiste; dadurch erhält die Krone eine eigenthümliche schief gedrückte Form und vermittelt die Form des Eckzahns mit der der Schneidezähne. Die doppelte Ankauung, welche an diesem Zahn so ausgezeichnet beobachtet werden-kann, zeigt deutlich seine Stellung zum Unterkiefer, des- sen Eckzahn mit seiner Vorderkante die Hinterkante dieses dritten Schneidezahns und der mit seiner Hinterkante die Vorderkante des oberen Eckzahns abreibt. Die Wurzel ist lang und stark, nach vorne gekrümmt und oben breiter als die Krone. Bei älteren Individuen ist auch sie von der seitlichen Ankauung ergriffen. Länge von 0,047 — 0,032, Breite an der oberen Schneide 0,007—0,005, an der Wurzel 0,011—0,008. Diese 3 Zähne, hart an einander stossend. stecken in dem Zwischenkiefer^ welcher leicht ausbricht. (Taf. VI , Fig. 1, a.) Die Zahnhöhlen mit ihren Knochen-Leisten entsprechen vollkom- men den an den Wurzeln der Zähne beobachteten Rinnen. An dem abgebildeten Zwischenkiefer ist noch der Eindruck des stark- wurzeligen Eckzahns sichtbar, welcher aber bereits im Oberkiefer sitzt. Die Form des Zwischenkiefers zeigt deutlich die seitliche Stellung der oberen Schneidezähne, nicht einmal der vordere ist in der Front. Diess ist im Unterkiefer ganz anders, hier stehen die 4 Schneidezähne in der Front und nehmen in der Breite des Maules eben so viel Raum ein als die 6 oberen Zähne. Unten sind nur je 2 Zähne. Mir ist unbegreiflich, wie Cuvier an 5 Exemplaren 3 Zähne abbildet, und nunmehr in allen Handbüchern zu lesen ist: Palaeotherium hat unten, wie oben 3. Ehe ich das Vorderende der Unterkiefer (Fig. 4) mit den 4 AI- — 221 — veolen zwischen den Kckziihnen gefunden , suchte ich immer 3 unlere Zähne und fand unter den vielen hundert, die mir zu Gebot stunden, eben immer nur 2. Eben so wenig gelang es mir, die oberen und unteren zusammenzupassen, bis Exemplare, wie Fig. 4 und 16 schnell das allein Kichtige zeigten und nun auch das Aufeinanderpassen der obern und unlern Zähne und ihre verschiedene Ankauung verstehen lehrten. 1. (Fig. 5 und 8) ist wie 1 oben aussen glall und gewölbt. Keine Spur von einem Kragen. Die innere concave Platte ist in der Form eines Nagels der menschlichen Hand in die Krone eingedrückt. Eine gerade, seitlich zusammengedrückte Wurzel erreicht nie die Stärke der des oberen Zahnes. Der Höcker oder Steg fehlt. Länge zwischen 0,040 und 0,030. Breite zwischen 0,016 und 0,012. 2. (Fig. 6, 7.) Die Schneide zieht sich vom vordem Eck schief nach hinten zur Wurzel hinab. Ebenso ist die innere Platte schief nach hinten gezogen, während die Vorderplatte auf gleiche Weise gewölbt ist. Die Wurzel ist abgerundet, schwach und conisch. Länge zwischen 0,028 und 0,022. Breite zwischen 0,014 und 0,01 1. Auch dieser breite Zahn hat eine doppelte Ankauung (Fig. 7), welche nur vom zweiten und dritten oberen Schneidezahn her- rühren kann. Wie wäre diese doppelte Ankauung zu erklären, wenn im Unterkiefer 3 Zähne wären? Wäre dieser Zahn der dritte, welcher im Oberkiefer könnte diese zweite Ankauung zu Stande bringen? Mit seiner breiten Schneide würde er lange zum obern Eckzahn reichen , von welchem aber nie eine An- kauung sichtbar ist. Man rechne ferner : die grösste Breite der oberen 3 Schneidezähne ist 0;035, die der unteren 2 ist 0,030, die 5 Millimeter Unterschied werden durch die seitliche Stellung der oberen und die Front- Stellung der unteren Zähne ausge- glichen. Cuvier hilft sich, indem er den dritten untern Zahn ganz klein abbildet, pl. 86, 1, c, diess habe ich unter dem grössten Material, das mir zu Gebot steht, nie gefunden, stets ist der letzte untere Schneidezahn von beträchtlicher Breite, so dass er z. B. in pl. 121,1 zwischen dem Eckzahn und ersten Schneidezahn Platz findet und den Platz ausfüllt. Ebenso sehen auf pl. 131,1 die zwei als zweiter und dritter Schneide- zahn gezeiclineten Stücke wie Ein zerbrochener Zahn aus. Mag — 222 - es sich nun mit den Cuvier'schen Exemplaren verhalten, wie es will, ist vielleicht Ciivier's driller Zahn ein Milchzahn — die Palaeotherien von Fronstelten haben nur 2 Schneidezähne am Unterkiefer, darauf weist (abgesehen von den gefundenen Kiefer-Exemplaren) die doppelte Ankauung des dritten oberen und zweiten unteren Zahnes mit Nothwendigkeit hin, und wird als allein richtig bestätigt durch B. die 4 Eckzähne. (Fig. 9 — 12.) 2 oben, 2 unten. Oben: Die Krone ist klein und kegelförmig mit einer Leiste, die von der Spitze nach vornen und hinten zur Wurzel hinabreicht. Die Wurzel ist stark, gerade oder nur wenig nach hinten gekrümmt , bei alten Individuen am unteren Ende grol) verknöchert (Fig. 9). An der Art seiner Ankauung ist dieser Zahn leicht zu erkennen, indem er nie hinten, immer nur vornen angegriffen wird. Dafür wird er aber auch so stark angerieben, dass die Kaufläche tief in die Wurzel hineingreift und manchmal von der Krone nur eine kleine Spur übrig bleibt. Die Krone ist klein und gerade auf der Wurzel sitzend, so dass der Zahn nicht im Geringsten aus der Kieferreihe hervorragte. Cuvier zeichnet pl. 84 diesen Eckzahn so grossartig und spitzig, dass ich gegrün- dete Zweifel an der Richtigkeit dieser Zeichnung hege. Dagegen stimmen pl.l23. 131. Länge 0,045—0,033. Breite 0,015-0,010. Unten: Dieser prachtvolle Zahn ist *durch seine Grösse, seine Krümmung und doppelte Ankauung (Fig. 12) ein weiterer 3-1-1 Beleg für die Formel ^ ~[" • Um ein Drittheil stärker als der obere Eckzahn stellt er das Gleichgewicht zum Oberkiefer wie- der her und greift zwischen den dritten oberen Schneidezahn und den Eckzahn ein, jenen von hinten, diesen von vorne ab- reibend. Wären unten 3 Zähne , so müsste bei der Breile der unteren und Schmalheit der oberen gerade der umgekehrte Fall sein. — Die Krone dieses Zahnes hat eine scharfe Spitze , ist kegelförmig, die Aussenplatte in einem Halbkreis gewölbt, die innere fast flach. Beide sind durch eine scharfe Leiste getrennt, welche von der Wurzel zur Spilze läuft. Die Wurzel ist un- gemein stark und gross und nach hinten gekrümmt, dass ihr Unterende bis in die Gegend des ersten Backenzahns zu liegen - 223 — kommt, und somit die Bescliafrciiheit dieses Zahnes eine Lücke zwischen ihm und dem ersten Backenzahn auf natürliche M eise erfordert. Länge 0,072 — 0,045. Breite 0,020-0,013. Cuvier zeichnet pl. 83, 123 und 145, 14G, wo er die Skelelte reslituirt, den oberen Eckzahn nicht anstossend an die oberen Schneidezähne. Diess ist unnalürlicli; denn der untere Eckzahn passl mit seiner zweifachen Ankauung accurat zwischen den dritten oberen Schneidezahn und den oberen Eckzahn, wenn der Hals beider an einander slossl. Wird eine Lücke zwischen den beiden angenommen, wie Cuvier thut, so können die Kau- flächen keinerlei Weise erklärt werden. Der Fehler ist aber ganz begreiflich: indem Cuvier 3 Unterzähne annahm, passte der untere Eckzahn nimmer zum oberen und er rückte ihn um die Breite des zu viel gezählten Zahns weiter nach hinten. Im Text lässt er sich nicht weiter auf diesen Missstand ein, son- dern sagt kurz : die beiden Eckzähne kreuzen sich. Ebenso wenig erfährt man aus Blainville's Erklärungen, der zwar sagt, der obere dritte Schneidezahn werde vom untern Eckzahn „genirt ," aber das warum ? ebenso wenig verstand. C. 28 Mahlzähne. 14 oben, 14 unten. Zwischen den Eckzähnen und Mahlzähnen ist oben und unten die Zahnlücke (Taf. VI, Fig. 13). Diese Lücke ist im Ober- kiefer um die Hälfte des Eckzahns kleiner als im Unterkiefer. Die obere Lücke beträgt bei 0,015, die untere bei 0,020 und wird durch einen schmalen Knochen-Rücken gebildet, der die Zahnhöhlen des Eckzahns mit der des ersten Mahlzahns verbin- det. Cuvier spricht sich in seiner restitution des tetes pag. 14 dahin aus, die obere Lücke habe dazu gedient, den untern Eckzahn aufzunehmen, wenn das Thier das Maul geschlossen habe. — Diess ist ganz unmöglich. Vielmehr fügte der untere Eckzahn sich vor dem oberen Eckzahn ein und konnte nie hin- ter denselben zu stehen kommen, denn das Charnier, das Ober- und Unterkiefer verbindet, erlaubte nie eine Bewegung von vorne nach hinten, sondern allein von unten nach oben. (Taf. VII, Fig. 28.) Die obe re n Mahlzähne werden von 1—7 allmählig grösser, stehen in gerader Linie und stossen hart an einander an. Sie bestehen sämmtlich aus zwei von einander getrennten Schmelz- — 224 — bügeln, welche nach innen liegen und aufrecht auf einer breiten zweiröhrigen Wurzel stehen. Jeder dieser Hügel ist durch eine schief nach vornen sich wendenden Falte, den Steg, mit der äusse- ren Schrnelzplatte zusammengewachsen, welche in der Mitte durch eine Leiste getrennt ist. Diese Schmelzplatte, von 2 Wurzeln ge- tragen, steht schief nach innen geneigt, ja übergreift fast im unbe- nutzten Zustand die inneren Hügel (Taf. VI, Fig. 21). Die Stellung zum Unterkiefer ist so, dass die Halbc^'linder der unteren Zähne auf die Hügel der oberen stossen. Die scharfen Winkel, in welchen dieAussenplatte bei der Ankauung angeschliffen wird, laufen in den Vertiefungen zwischen den Halbcylindern der unleren Zähne. Eine Ausnahme von dieser Beschreibung macht allein der Zahn 1 (Taf. VI, Fig. 17). Gewöhnlich ist er so abgenutzt, dass keine Kronenfläche oder Schmelzfalte mehr beobachtet werden kann. Im frischen Zustand zeigt auch er 2 Hügel; der hintere ist aber viel grösser, als der vordere, letzterer ist nur ein klei- ner Höcker; daher erhält der Zahn seine dreieckige Form. Der Aussenplatte fehlt die scharfe Leiste, welche die übrigen Zähne halbirt und von 2 — 7 immer schärfer wird. Besonders zu beachten ist, dass nur 2 Wurzeln vorhanden sind, die vorne und hinten stehen., während die anderen Zähne 3 Wurzeln haben, die beiden schlanken aussen, die breite innen. 2. 3. (Taf. VI, Fig. 18.) Der vordere Hügel ist noch klei- ner als der hintere und ist mit einem Kragen umgeben, welcher von dem hinteren Hügel um den vorderen sich herumzieht und so denselben isolirt. Dieser Halskragen um den vorderen Hügel, der bei dem zweiten und dritten Zahn sich am schärfsten zeigt, zeigt sich sofort bei allen Zähnen bis zum siebenten mehr oder minder deutlich. 4. (Taf. VI, Fig. 19.) Mit diesem Zahn, dem Prinzipal, hat der vordere Hügel die Grösse des hinteren' erreicht , wess- halb er am meisten sich der regelmässigen Gestalt eines Ob- longums nähert. In der Regel ist an ihm die Ankauung am weitesten vorgerückt, oft so weit, dass kaum noch die Vertie- fung der vorderen Falte sichtbar ist. 5 — 7. (Taf. VI, Fig. 20, 21.) Von jetzt an tritt mit der Grösse der 2 Hügel das umgekehrte Verhältniss ein, als bei 1 — 225 — bis 3; es wird der vordere Iliii;el breiter und der hintere schmä- ler. Diess ist am meisten beim letzten, siebenten Zahn der Fall, welcher dadurch gleich dem ersten der dreieckigen Gestalt sich nähert. Eine Falte an der hinteren Seite des hinteren Hügels Ccrochet) hilft noch besonders zu jener Gestalt. Diese Falle ist bereits am sechsten Zahn angeilcuiel und unterscheidet ihn da- durch vom fünften. Die Grössen- Verhältnisse schwanken nur unbedeutend, im allerhöchsten Fall um ein Dritlheil. Der kleinste hintere Backen- zahn, den ich besitze, misst 0,022, der grösste 0,030. Im Uebrigen ist die mittlere Grösse folgende: 1=0,010, 2^=0,014, 3=0,018, 4 = 0,018, 5 = 0,020, 0 = 0,024, 7 = 0,028. Gemessen sind die Zähne von vorne nach hinten in ihrer Mitte über den Stegen. Die ganze Länge der Zahnreihe ist hie- nach 0,132; im Allgemeinen etwas mehr, als Cuvier angibt. Die unteren Mahlzähne nehmen ebenfalls von 1 — 7 an Grösse zu und stossen hart an einander. 1 macht wie der obere eine Ausnahme von den übrigen Zähnen. Er ist der kleinste im ganzen Kiefer, und lange habe ich ihn für einen Schneidezahn von Anoplotherium angesehen. Die Krone ist eine spitze Schmelzbüchse, die auf der hintern Seite eine Falle bekommt (Taf. V, Fig. 14), so dass der Zahn bei einiger Ankauung zweispitzig wird. Eine für die Krone starke Wurzel steckt gerade im Kiefer. xNiemals ist dieser Zahn vorne angekaut, immer nur von der Spitze an über die hintere Falle, woraus erhellt, dass beim Ineinandergreifen der beiden Kiefer der Unterkiefer die Vorhand hatte. Somit reibt sich der erste obere Mahlzahn auf der hintern Hälfte des ersten untern und zugleich auf der Vorderhälfte des zweiten ab, der zweite obere auf halb 2 und halb 3 unten u. s. f. Der siebente obere hat endlich, damit er nicht zu kurz kommt, den dritten Lobus des siebenten untern Mahlzahns unter sich. Diese Art des In- einandergreifens der oberen und unteren Zähne ist mir wieder ein Beleg für die Nothwendigkeit von nur 2 Schneidezähnen im Unterkiefer: denn sofern oben ein Zahn weiter ist, wird die ganze Reihe der Mahlzähne weiter nach hinten gerückt und kommt dieser weise Organismus zu Stand, dass ein oberer Mahl- Württemb. iiaturw. Jahreshefte. 1852. 2s Heft. 15 — 226 — zahn immer auf 2 halben unleren läuft; ein Umstand, der das Ausbeissen der Zähne am besten verhindert. 2—6. (Taf. VI, Fig. 15, 22—23.). Mit dem zweiten Zahn wird die zweite Falte so gross, als die erste, dass nunmehr 2 Halbcylin- der neben einander stehen. Aus solchen 2 Halbcylindern bestehen sämmtliche Zähne von 2 — 6, und zeigen sich von aussen be- trachtet in dieser Form, von innen gesehen sind sie dreispitzig, von oben werden bei massiger Ankauung 2 Halbmonde sichtbar, die so ineinander fliessen, dass man wohl erkennt, wie die 2 Halbcylinder durch kein Schmelzblech getrennt sind. Schreitet die Abnutzung weiter vor sich, so verschwinden auch die Halb- monde und ist der Zahn nur noch ein längliches Viereck von einem schmalen Schmelzblech umzogen (Fig. 22). Sämmtliche Zähne haben 2 Wurzeln , deren eine nach vornen, die andere stärkere nach hinten greift. Jede der Wurzeln hat auf ihrer Innenseite eine Rinne , in welche eine Knochenleiste der Zahnhöhle passt. Je älter die Individuen, desto stärker die Wurzeln. Junge Zähne, d. h. solche, die noch gar nicht gebraucht sind, haben auch keine Wurzel und stecken als bloses Schmelzblech in dem Kiefer. Der vierte Zahn lässt sich auch hier , wie oben , durch starke Abnutzung wie durch die Gleichheit der 2 Halbmonde erkennen. Im Uebrigen gehört einige Uebung dazu, den Zähnen ihren Platz anzuweisen. Ob links oder rechts erkennt man daran, dass an jedem Zahn der höhere Halbc^linder und der kleinere Halbmond immer vorne ist, der hintere Halbcvlinder ist niederer und der Halbmond stärker: der schmale Schmelzrand, der Krone und Wurzel trennt, zieht sich darum immer etwas schief von vorne nach hinten herab. 7. (Fig. 24.) An die 2 Halbc3^1inder ist hinten noch ein dritter angewachsen, der aber nie die Höhe der 2 vorderen erreicht. Von innen sieht der Zahn vierspitzig aus. Entsprechend den 3 Cylindern hat er auch 3 Wurzeln, dw 2 hinteren sind jedoch so tief hinab verwachsen, dass sie nur Eine, breite, schief nach hinten zugespitzte Wurzel bilden. Da dieser Zahn zuletzt wächst, so findet man ihn häufig ohne Wurzel und unbenutzt. Die mittlere Grösse der Zähne, gemessen von vorne nach hinten quer über die Halbmonde ist folgende : — 227 — 1 = 0,008, 2 = 0,015, 3 = 0,017, 4 = 0,020, 5 = 0,024, 6 = 0,024, 7 = 0,032. Die ganze Länge der Zahnreihe =:. 0,140, was ganz genau mit Cuvier stimmt. Wie aus dem Obigen erhellt, muss die unlere Reihe der Mahlzähuc grösser sein, als die obere. Die 8 Milli- meter Ueberschuss, welche der dritte Lobus des siebenten Zahns misst, sind für den fehlenden dritten Schneidezahn und stellen die Harmonie von Oben und Unten wieder her. Diess das Wesentliche des Zahnsystems von Palaeoth. me- dium , worauf ich genauer eingegangen bin , um die Richtigkeit der vorangestellten Zahnformel zu beweisen. Es ist Cuvier's achtes P. medium, mit welchem ?eine Species: crassum, indeter- minatum zusammenfallen , die nur auf unbedeutenden Schwan- kungen der Grösse beruhen. Wenn aber Blainville in seinem Streben, Cuvier zu meistern, auch noch die Species von mag- num, latum und curtum hiemit zusammenwirft, so tritt seine ober- flächliche Anschauung deutlich an's Licht: denn letztere haben eine ganz verschiedene Bildung der Zähne wie der Knochen. Unter den vereinzelten Knochen, welche die Fronstetter Gruben liefern, lassen sich gleich wie unter den Zähnen, zweierlei Arten auf den ersten Blick erkennen, kurze und starke, so wie lange und schlanke. Diess gilt besonders von den wichtigsten Knochen, den Fuss- und Handknochen. Mit Hülfe Cuvier's lassen sich die zu P. medium gehörigen ohne grosse Schwierig- keit herausfinden, und es ist wirklich überraschend, wie gerade die wichtigsten Knochen, z. B. calcaneus, astragalus , luwiculare bis auf ein Millimeter hinaus mit den Parisern stimmen. Hieher gehören somit die calcaneus mit 0,055 Länge , astragalus mit 0,030 Höhe, 0,023 Breite (an der Fläche zum naviculare), navi- culare mit 0,01 Höhe, cuboideum mit 0,02 Höhe und cuneiforme mit 0,01 Höhe. Sofort reihen sich an die 2 letzteren Knochen die kurzen aber breiten metatarsus (mediiis =: 0,070 lang 0,030 breit) und di% ebenso beschaffenen Phalangen (1=0,015 lang und 0,022 breit, 2 = 0,010 lang und 0,020 breit), von denen der dritte den breiten Hufansatz zeigt. Vor der Hand nenne ich nur das pisiforme , das Cuvier nicht fand und das eine Länge von 0,030 zeigt und an seiner Gelenkfläche zum cunei- 15* -- 228 — forme 0,015 breit ist. Auf die übrigen Knochen, deren Anzahl sich mir täglich vervollständigt, lasse ich mich wegen Mangels an Raum hier nicht ein. 2) Pal aeotheri um -Zähne ohne Kronen- Cäment, aber mit einem Halskragen. Palaeotherium latum. Cuv. pl. 125, 4. 96, 8. Palaeo- therium Velaunum. Cuv. 148, 1. Palaeotherium magnum. Cuv. pl. 131, 1. Zahnformel: wie medium. Die Kronen sämmllicher Zähne haben einen Halskragen, welcher Krone und Wurzel verbindet. Dieser Halskragen um- gibt nicht etwa nur eine Innenplatte oder Aussenplatte, oder einen Hügel, wie man es wohl auch bei medium findet, sondern die ganze Krone, und steht zum Theil so hervor, dass die Krone im Halskragen wie in einem Kelche sitzt. Die Vorderzähne sind schwächer als bei medium, die vorderen Halbmonde der hintern Backenzähne schärfer, die Knochen mehr als die Hälfte grösser als bei medium. Cuvier hat in den genannten Zeichnungen den Halskragen ganz gut wiedergegeben, im Texte aber berührt er auffallender Weise dieses Merkmal kaum und gibt nur die Grösse des Thiers als unterscheidend von medium an. Diess hat sicher Blainville, der den Grundsalz aufstellt, verschie- dene Grössen berechtigen nicht zu verschiedenen Arten, veran- lasst, auch diese Arten mit den andern in sein P. commune zu verschmelzen. Dagegen macht Jäger in seinen „fossilen Säuge- Ihieren," pag. 807, 25 auf den stärkeren Wulst aufmerksam, den die Zähne von P. magnum an der Basis der Krone haben. Die schlanken Formen der Schneide- und Eckzähne, der zierliche Halskragen, der kastanienbraune, edelsteinarlige Schmelz und die scharfgeschlifTenen Kauwinkel der Oberzähne weisen dieser Art den ersten Platz an. Es sind die schönsten Zähne von Palaeo- therium, aber auch die seltensten. Die 10 Schneidezähne, 6 oben, 4 unten. (Taf. VI, Fig. 31— 34.) Ihre Form ist durchweg schlanker, das Schmelzblech glätter, glänzender und durch den Halskragen länger. Derselbe zieht sich in einer Breite von 2 — 4 Millimeter von den Enden tier Schneide zur Wurzel herab, und schneidet das Blech der Krone so aus , dass es die Form eines Fingernagels bekommt. 229 - Die oberen und unteren Ziihne >ver(li'n imch hier durch den Sieg (talon) unterschieden, der an den oberen das innere Blech mit dem Halskragen verbindet. Besonders scharf ist der Kragen am dritten oberen Schneidezahn. Sonst ist Form, Beschaflenheil und Art der Ankauung dieselbe, wie bei medium. Ihre (irösse scheint auch bei Cuvier die von medium nicht zu übertreffen, ja sogar geringer zu sein. Diess ist in der Thal auch der Fall. Keiner war so gross, als die grossen starken Vorderzähne, deren einer Fig. 2 abgebildet ist. Im Mittel hciben sie 0,035 Länge und 0,012 Breite; ihr Grössen- Verhältniss unter einander ist wie hei medium. Die Wurzeln sind hier häufig vom Wurzel-Cämenl entblösst und zeigen verschieden gefärbte Anwachsringe der Knochen-Substanz. Die 4 Eckzähne. Die dicke Wurzel der Medium-Zähne weicht hier einer langen schlanken Form (Taf. VI , Fig. 30). Auch die Krone ist kaum halb so gross, wie dort, und ragte nicht über der Zahnreihe hervor. Der scharfe Kragen verbindet sich mit der Kronenleiste und bildet auf der inneren vorderen Seite einen kleinen Höcker, der bei medium fehlt. Mittlere Länge ist 0,050, Breite der Wurzel 0,010. Die 28 Mahlzähne. Das Grössen-Verhältniss wird hier ein anderes, als bisher. Die Zähne nehmen zwar auch von 1 bis 7 zu, aber die vorderen sind verhältnissmässig viel grösser, die hinleren kleiner, als bei medium, wodurch eine viel gleichere Zahnreihe hergestellt wird. Hienach verändern sich die Zähne 1 — 3 am meisten. 1 oben, (Fig. 26) hat nur Einen Hügel, welcher vom breiten Halskragen umzogen ist. Anstatt des vor- deren Hügels schwillt der Kragen etwas an, steigt vorne in einem Höcker in die Höhe und zieht sich von da um die glatte unge- Iheille Aussenplalte herum. Seine Breite ist 0,016. An 2 und 3 (Fig. 27, 28) umgibt der breite Kragen die beiden inneren Hügel wie ein Wall und wird gegen die kleinen Wurzeln kelch- artig schmäler. Die Stege, welche die Hügel mit der Platte ver- binden, liegen tief, so dass die Ankauung des Zahns schon weit vorgeschritten sein muss, bis diese ergriffen werden und für ge- wöhnlich nur die Hügel angekaut sind (Fig. 27). Eine schwache Falte theilt das glatte Aussenblech. Eine Leiste darf sie nicht ge- nannt werden, >fi\e. W\ medium. Die Breite ist 0,020 und 0,021. — 230 — Der vierte Zahn (Fig. 29) ist abermal der am stärksten abgenutzte, und die Hügel sind gleichmässig entwickelt. Grösse: 0,022. Von 5 — 7 werden die Zähne denen des medium ähnlicher, der Kragen minder scharf, besonders am hinlern Hügel verwachsen, die Stege breiter. Der Geübte findet sie aber bald aus , sie daran erkennend , dass der Schmelz von der Wurzel gerundet aufsteigt und die Krone gleichsam in einem Kelche sitzt. Un- ten (Fig. 35, 36, 37) sind die vorderen Halbcylinder breiter und schleifen zum hinteren eine Falte hinüber, die an den 4 ersten Zähnen besonders aufhält ; durch diese Breite des vorde- ren Halbcylinders wird der Halbmond schärfer, pl. 131 und 148 hat es Cuvier ausgezeichnet gut abgebildet. Die ganze Krone ist ringsum von dem Kragen umgeben. Grössen -Verhältniss: 1=0,010, 2 = 0,020, 3 = 0,022. Das Stück Unterkiefer, das ich Fig. 37 abgebildet habe, mit dem dritten und vierten Zahn und den abgebrochenen Wurzeln von 1 und 2 zeigt, dass der Kiefer dieser Art um mehr als ein Drittheil höher ist als der Fig. 25 abgebildete Kiefer von me- dium. Hiemit stimmen auch ganz die Kopfformen Cuviers. Bei näherer Betrachtung der Zähne fiel mir besonders auf dass — umgekehrt als bei P. medium — die hinteren Backen- zähne insgemein weit mehr abgenutzt sind, als die vorderen. Die 3 ersten Zähne mit den isolirten Hügeln sind oft ganz un- berührt oder kaum angegriffen. Nach hinten nimmt die An- kauung immer mehr zu, dass die Falten fast nimmer sichtbar sind. Cuvier scheint diess auch aufgefallen zu sein, denn er fügt bei dieser Art bei : die Milchzähne fallen erst später aus, wenn die hinteren Backenzähne bereits ausgefallen sind. Mit latum stimmt auch die Grösse der Fronstetter Knochen. Z. B. ein pl. 96,8 abgebildeter astragalus mit 0,045 — 0,040 Breite und ein calcaneus mit 0,065 Länge und 0,045 Breite. Ferner ein cuboidum mit 0,025 und das Unterende eines femur. B. Palaeotherium-Zähne mit Kronen-Cäment. Wir haben es hier mit 2 verschiedenen Grössen zu thun. Form und Beschaffenheit der grösseren wie der kleineren Zähne ist aber so durchweg die gleiche; dass in dieser Beziehung kein i - 231 - Grund zur Unlcrschoidiing der Arl vorlüge. Allein die Grossen- DifTerenz ist so durchgreifend und die beiden Extreme durch keine Miltelformen einander näher gebracht, dass es gerathener sein wird, Thiere erster und zweiter Grösse mit verschiedenen Namen aus einander zu halten. Der allgemeine Charakter dieser Thiere ist : 1) Alle Zähne, besonders die Backenzähne, sind mit einem Kronen-Cäment bekleidet. 2) Die Eckzähne ragen über der Zahnreihe hervor und cor- respondiren nur unter sich. 3) Die Zahnlücke ist viel länger als bei den ächten Palaeo- therien. 4) Der Backenzähne sind nicht sieben, sondern sechs. 5) Die hinteren Backenzähne des Oberkiefers sind vier- wurzelig, der erste des Unterkiefers zvveiwurzelig. 6) Die hinteren Backenzähne des Unterkiefers haben einen kleinen Nebenloben. 7) Die Hand- und Fussknochen sind hoch und schlank. Von den Thieren zweiler Grösse hat Cuvier unter dem Namen von Palaeotherium curtum und minus Zähne und Knochen abgebildet. Die grösseren Formen hat er nicht gekannt. Von ihnen scheint mir Blainville einige Zähne und Knochen vor Augen gehabt zu haben, welche er nach Lartet, welcher sie zuerst gefunden und beschrieben, Palaeotherium hippoides oder equinum genannt hat. Die Zähne stammen aus Sansans (Gers) und Gargas (Vaucluse). Dagegen hat Blainville wieder den Fehler gemacht, diese Art mit dem Palaeotherium von Orleans zu verschmelzen, welches durch die Beschaffenheit seiner Zähne (l wurzeliger erster Backenzahn, Basalwulst, Schmelzwulst der Halb- monde, Tuberkeln auf der Hinterseite der oberen Backenzähne) und vor Allem durch sein jüngeres Vorkommen ein wesentlich verschie- denes ist. Den Namen hippoides habe ich nur als bezeichnend für die grösseren Thiere gewählt, sofern die durch das Cämenl geschlossene Form der Oberzähne, das aufrechte Aussenblech und die Sechszahl derBackenzähne einige Aehnlichkeit mit dem Pferd hat. Eine andere Frage ist, ob die genannten Charaktere nicht die Aufstellung eines anderen Genus verlangen. Owen hat zu Hordle palaeotheriumartige Thiere gefunden und Paloplothe- ™ 232 — . rium genannt, welche überraschende Aehnlichkeit mit den uns- rigen haben. Owen 's Paloplotherium annectens stimmt bis auf den letzten untern Backenzahn, welcher statt des dritten Halbcylinders nur einen kleinen Hübet zeigt. Diess wäre , wenn man der Zeichnung trauen darf (es ist überdiess ein ganz junges Exemplar) allerdings wesentlich , allein alles Uebrige trifft so schlagend ein, dass ich von der Identität unserer Thiere mit Owen 's Paloplotherium überzeugt bin, Owen sagt nun, der Eckzahn, die längere Zahnlücke, die geringere Grössen-Zunahme Backenzähne von 1 — 6, die Entwicklung des vorderen Hügels an den oberen Backenzähnen, der Schmelzpunkt zwischen den Halbmonden der unteren Backenzähne und der zwei wurzlige obere Backenzahn bestimmen ihn, das Geschlecht Paloplotherium als zwischen Palaeotherium und Anoplotherium inne stehend, aufzustellen. *) Vor der Hand bleibe ich nun bei Cu vi er 's Namen „Pö- laeotherium'' auch für diese unächten Palaeotherien und nenne die Thiere erster Grösse: Palaeotherium hippoi- des. Lartet. ^ , . 3 + 1 -j- 6 Zahnformel: ^^ 1 T G" Die 10 Schneidezähne sind einfache, meisselartige Schmelzbüchsen. Die innere Platte ist mit einer dünnen Schichte Cäment-Substanz (Taf. Vn, Fig. l) überkleidet, die jedoch gerne abspringt. Im Halbkreis sitzen oben 6 , unten 4 Zähne fest an einander gereiht, die oberen sind schmäler und stehen seitlich, die unteren breiler und stehen in der Front. Obere und untere lassen sich bei dieser Art viel schwieriger trennen, als bei den bisherigen Arten, denn es fehlt der Steg. Stall dessen biegt sich das Schmelzblech, das die innere Platte umgibt, in der Mitte des unteren Randes nach oben, wodurch vorne und hinten ein kleiner Ausschnitt (Fig. 1) entsteht. Dieser fehlt an den I *) Herrn, v. Meyer hatte die Güte, mich darauf aufmerksam zu machen, dass Pomel die Thiere zweiter Grösse (Cuvier's Palaeolh. minus und minimum) Plagiolophns minor genannt habe und mit dessen Bestimmung die unsrigeu übereinkommen. In den Thieren 2ter Grösse erkennt Herrn, v. Meyer eine neue Art, indem er Pal. hippoides Blain- ville^s zum Anchitherium H, v. Meyer zählt. ^ — 233 - untern Schneidezähnen (Fig. J3 — 15). Hier zieht sich der Sehmelzrand einfach nacii hinten hinab. Zudem sind die obern Zähne gerade, die untern sehaufelförniig gekrümmt, wesshalb ich sie 14, 15 von der Seile zeichnen liess. Der zweite obere (Fig. 2) ist am schwierigsten herauszufinden. So weit ich ihn sicher gefunden zu haben glaube, ist er hauptsächlich an der seillichen KrÜFnniung der Innenplatte erkennbar. Dagegen findet sich der zweite untere (Fig. 14) und dritte obere (Fig. 3) ohne Schwierigkeit; bei letzterem zieht sich die Schneide nach hinten zur Wurzel hinab, fehlt jedoch die doppelte Ankauung, wie bei Pal. medium ; ersteren kann man an seiner Breite , welche sämmtliche Schneidezähne übertrifft, erkennen. Die Tübinger Sammhing besitzt 2 ausgezeichnete Stücke, ein intermaxillare mit 3 Zahnhöhlen und das V, 16 abgebildete prachtvolle Unter- kiefer-Ende, welche über die Stellung der Zähne Aufklärung geben. Die oberen wie die unteren stecken fast ganz horizon- tal im Kiefer, daher muss die Ankauung, wie es denn wirklich bei allen Zähnen dieser Art der Fall ist, schief von Aussen nach Innen statt haben und besonders die innere Platte abreiben. Da aber die unteren Zähne viel gebogener sind, als die oberen, ist diese Ankauung bei den oberen Zähnen stärker. (Fig. 1.) Grössen-Verhältnisse: Oben 1=0,027 lang, 0,010 breit, 2 = 0,025 lang, 0,008 breit, 3 = 0,025 lang, 0,008 breit. Unten 1=0,025 lang, 0,010 breit, 2 = 0,027 lang, 0,012 breit. Die 4 Eckzähne (Fig. 4, 5, 16) slossen nicht hart an die Schneidezähne, sondern ragen über dieselben nach aussen hervor. Daher kann der untere Eckzahn niemals den letzten oberen Schneidezahn angreifen. Die Eckzähne reiben sich nur unter sich ab, und zwar der obere vorne (Fig. 4), der untere hinten (Fig. 16), wodurch sie sich mit Leichtigkeit unterscheiden lassen. Die Krone ist immer etwas nach aussen gebogen, woran man das Rechts oder Links erkennt. Die unteren Zähne sind dermassen gekrümmt, dass sie am äu.-sern Bogen nahezu einen Halbkreis bilden und den Schweins-Zähnen an Gestalt nicht unähnlich werden. Die Länge der oberen ist bei 0,038, die der unteren 0,040 und darüber. 24 Mahlzähne, 12 oben, 12 unten. Zuvörderst achte man auf die grosse Zahnlücke, die 3 — 4 Centimeter beträgt, - 234 - also bei weitem grösser ist, als bei P. medium. Der Unterkiefer ist hier am schmälsten und die S^^mphyse beider Hälften meist fest verwachsen (Taf. VI, Fig. 16). Diess ist bei der früheren Art nie der Fall, dort findet man entweder linke oder rechte Stücke, die an der Symphyse auseinanderbrechen. Hier ist sie so innig ver- bunden, dass auch bei jüngeren Exemplaren keine Spur von Naht (Taf. VI, Fig. 27) entdeckt wird. Die 6 Mahlzähne stossen nun fest an einander, viel inniger als bei medium, in einer etwas gekrümmten Linie (Fig. 8). Die äussere Schmelzplatte steht gerade und auf- recht, die Cäment-Substanz füllt die Schmelzfalten von oben und aussen her aus, so dass der Zahn ein geschlossenes Ganzes bildet; endlich haben die vorderen Zähne 2 — 3, die hinteren 4 Wurzeln. 1. Oben (Taf. VII, Fig. 6) : Im frischen Zustand ein doppel- tes, innen und aussen aufgeschlagenes Schmelzblech von annä- hernd dreieckiger Form. Der«hohle Raum in der Mitte ist mit Cäment-Substanz erfüllt. Erst bei einiger Ankauung bemerkt man, wie innen das Schmelzblech zu dem Hügel anschwillt und der Steg des hinteren Hügels in der Mitte durch eine kleine Schmelz-Zize dargestellt ist. Diese Zize ist sehr charakterisch, obgleich sie nicht in allen Stadien der Abreibung sichtbar wird. Der Zahn hat 2 Wur- zeln, eine schmale nach vornen und eine breite nach hinten, die aber gerne zusammenwachsen und Eine aussen offene Wurzel bilden. 2. (Fig. 7 und 10) ist dem ersten ähnlicher als dem drit- ten. Denn auch er hat nur eine einfache Aussenplatte und innen Einen Hügel vom Schmelzrand umflossen. Der zweite Hügel mit seinem Steg ist nur durch eine Anschwellung des Schmelzrandes und die schon am ersten Zahn erwähnte, hier stark gewordene Zize angezeigt. Dieser Zahn hat 3 Wurzeln, 2 aussen, 1 innen, welche aber ebenfalls gerne verwachsen^ dass nur Eine nach aussen offene Wurzel sich darstellt. 3. (Fig. 7) Erst hier wird die Aussenplatte durch eine Leiste in 2 Hälften getheilt und sind 2 deutliche Hügel vor- handen. Die vordere Hälfte der Platte, so wie der vordere Hügel sind aber breiter und stärker als der hintere Theil. Dieser dritte Zahn, als der letzte der vordereu Mahlzähne, wird am häufigsten unangekaut gefunden und scheint der zu allerletzt er- scheinende Ersatz-Zahn gewesen zu sein. Wenigstens besitze ich - 235 - ein Kieferstück, >vo die 3 liiiileren Backenzähne bereits aiisge- >vaclisen sind, ^^iihrend dieser letzte der vorderen noch im Kiefer verborgen steckt. 4. (Fig. 7 und 8) ist auch bei dieser Art der viereckige, hinten und vorne gleichmässig entwickelte Zahn, gewöhnlich am meisten abgerieben (Fig. 7). Die Hügel fliessen mit der Aussen- plattc zusammen auf dem vorderen und hinteren Schmelzrand, welcher vorne und noch mehr nach .hinten eine kleine Neben- falle bildet, um die viereckige Gestalt des Zahns herzustellen. Dieser Zahn und die folgenden haben 4 Wurzeln, aber immer mit der Neigung, innen zu verwachsen. • 5 und 6. (Fig. 8, 9, 11, 12). Hier findet das umge- kehrte Yerhältniss statt, als bei 2, 3. Die hintere Hälfte der Aussenplatte und der hintere Hügel werden breiter. Letzterer dehnt sich nach hinten. Dadui^'h wird der vordere Hügel zu- sammengedrängt und hier eine neue Falte veranlasst, welche zwischen dem Hügel und der Aussenplatte anschwillt. Der sechste und letzte Zahn ist am breitesten nach hinten gezogen, wodurch auch er der dreieckigen Form sich wieder nähert. Das Verwachsen der Knochen zeigt sich bei dieser Art beson- ders gerne. Nicht nur, dass der Oberkiefer bei dieser Art sich am besten erhält, oft ist daran noch ein Stück des Jochbeins (Fig. 9) oder Keilbeins, deren Naht auf's Festeste zusammen- hält; Erscheinungen, die ich bei P. medium nie beobachtet habe. Grösse n -Verhältnisse der Zähne von vorne nach hin- ten gemessen: 1 = 0,009, 2 = 0,012, 3^=0,014, 4 = 0,015 und darüber, 5 = 0,020, 6 = 0,024. Die ganze Zahnreihe =0,094. 1 unten (Fig. 24): Stellt eine spitze Falte dar mit einer kleinen Nebenfalte und zwei Wurzeln. Die vordere Wurzel unter der Hauptfalte ist schwächer, als die hintere. Wo die Nebenfalte beginnt, erhebt sich innen eine kleine Zize. In jede Vertiefung der Krone setzt sich Cäment-Substanz. 2. (Fig. 23) Die Nebenfalte ist halb so gross, als die Haupt- falte. Ebenso wächst die innere Zize, erreicht aber noch nicht die Höhe der Krone. 3. Hier wird die innere Zize der Verbindungspunkl der 2 Halbc^^linder, verschwindet aber alsbald bei einiger Ankauung. ■ — 236 - Diess ist die Veranlassung, dass in einem gewissen Stadium der Abnutzung die 2 Halbcylinder nicht ineinander fliessen, wie es bei P. medium der Fall ist, sondern ein kleiner Schmelzpunkt zwischen inne liegt. Die französischen Gelehrten legen darauf grosses Gewicht, ob die Halbmonde ineinander fliessen oder nicht. Es kann diess offenbar nicht so wichtig sein, da es ein Merkmal ist, welches nur in gewissen Stadien der Abnutzung gilt, bei weiter fortgeschrittener Abkauung aber verschwindet. Viel wichtiger ist ein anderes Merkmal, das die folgenden Zähne an sich tragen: es wächst an dem hinteren Halbcylinder eine dritte kleine Nebenfalte, welche im letzten Zahn endlich einen dritten Halbcylinder bildet. (Fig. 22.) Es ist Je pefit lobe/ den Blainville an seinem P. hippoides von Sansans so schön abgebildet hat. 4, 5. (Fig. 19— 22.) Die 2 fialbcylinder sind gleich an Grösse, der kleine Lobus kommt immer mehr zu seinem Recht. Der vierte ist auch hier am meisten abgenutzt. 6. Der Lobus ist zum dritten Halbcylinder aufgewachsen, bleibt aber um einen halben Centimeter kleiner als die 2 vor- deren. Dieser Zahn ist am meisten mit Cäment verunreinigt und oft ganz unkenntlich gemacht. Seine Stellung im Unter- kiefer ist schief nach vorne geneigt, so dass der dritte Halb- mond schon angekaut wird , ehe die 2 vorderen bis zu seiner Höhe abgenagt sind. Die hinlere Wurzel ist doppelt, aber ver- wachsen und schief nach hinten strebend. Die Form des Unterkiefers ist sehr gerade (Fig. 19, 20) und die Processus in einem rechten Winkel nach oben strebend. Grössen-Verhältnisse der Zähne von vorne nach hin- ten gemessen: 1=^0,009, 2 = 0,011, 3 = 0,015, 4 = 0,017, 5 = 0,019, 6 = 0,025. Die ganze Zahnreihe =0,090. Die Länge eines Kiefers bei 0,160. Der Kaum für die Schneide- und Eckzähne 0,030, die Lücke 0,040, die Mahlzähne =0,090. Wie verschieden von medium! Zu P. hippoides scheinen nun die schönen schlanken Fuss- und Handknochen zu gehören, welche aber auf ein höher ge- bautes Thier hinweisen, als P. medium war. Ihre Grössen-Ver- hältnisse stimmen ganz zu Blainville 's Zeichnungen. Calca- — 237 — 7ieus von 0,045 Länge, astrutjahs von 0,030 Höhe und 0,017 Breite (zum naviculare) caboideum 0,018 hoch, der metatarsus mcdius fehlt mir, aber die äusseren besitze ich von 0,072 Länge und 0,012 Breite. Der erste Phalange des medius 0,020 lang, 0,015 breit, der zweite 0,015 lang und 0,013 breit, der dritte 0,023 lang und 0,018 breit. T h i e r e zweiter (t r ö s s e : P alaeotherium minus C u v. Palaeotherium curtum Cuv. pl. 132, 5. 136,3. Trotz der vollkommen gleichen BeschalTenheit der Zähne dieses Thieres möchte ich es doch nicht wagen, Blainville's Grundsatz durchzuführen und auf die Grössen-Verhällnisse gar nicht zu achten. Wenn es wahr ist, dass die Grösse bei sonst gleicher Zahnform keine Differenz begründet, so fallen P. hippoi- des und mhius zusammen. Dass aber solcher Grundsatz wohl nicht gerechtfertigt werden kann, sieht man deutlich am Hirsch. Von diesem nur Eine Art aufzustellen, wird doch wohl Niemand einfallen. Ich trenne daher das Thier zweiter Grösse von dem erster Grösse, zumal da es an Zwischenformen fehlt, welche den Grössen-Unterschied vermittelten, und nenne es nach Cuvier: minus; könnte es aber ebenso: curtum nennen, denn es ist mir nicht der geringste Zweifel , dass beide Ein und Dasselbe sind. Cuvier's curtum auf pl. 123, 1 ist nämlich nur ein junges Indivi- duum von P. medium, was auch der letzte noch im Kiefer steckende Mahlzahn beweist, die Form der Zähne, die kleine Zahnlücke, der einwurzlige erste Backenzahn lassen darüber keinen Zweifel. Ausser diesem nennt jedoch Cuvier curtum, was er pl. 132, 5 und 136, 2. 3 gezeichnet hat. Es sind Zähne des Ober- kiefers, die auf eine überraschende Weise mit den unsrigen stimmen. Die lang gezogene Schnauze, die grosse Lücke, die Form der Aussenplatte, die gedehnten Hügel der hinteren Backen- zähne, welche Cuvier mit isolirten Scheiben vergleicht, machen es zur Gewissheit , dass wir das gleiche Thier vor uns haben. Diess sind nun aber blos Zähne des Oberkiefers. Was er P, minus nennt pl. 90, 2. 92, 1. 121, 2.3. 125, 2.3. 136, 7. sind lauter Zähne des Unterkiefers. Der Grund, warum er letzteren Species aufstellte, war ihm die Sechszahl der Backenzähne und — 238 — der zweiwurzlige erste Backenzahn. Bei curtum aber hat er 7 Backenzähne vorausgesetzt und so den Oberkiefer ein und des- selben Thieres „curtum'^ genannt, den Unterkiefer ^,minus." Die Schneidezähne dieses Thieres, 6 oben, 4 unten (Fig. 29), sind die allerzierlichsten, lassen sich aber nicht ohne Schwierigkeit trennen, indem bei ihrer Kleinheit die Merkmale minder scharf hervortreten. Auch hier gilt, dass die gekrümmten Zähne dem Unterkiefer, die geraden dem obern angehören. Der schmälste Zahn ist 1 oben (Fig. 29, a). Auf der Innenplatte erzeugt der Schmelzrand 2 gleiche Ausschnitte. Beim zweiten oberen ist der hintere Ausschnitt schief herabgezogen , was am dritten Zahn nicht nur vom Ausschnitt, sondern von der ganzen Schnitt- fläche gilt. Der zweite untere Zahn ist breit und spateiförmig. Ihre Grösse ist oben 1=0,017 lang und 0,005 breit, 2 = 0,016 lang und 0,005 breit, 3=^^0,016 lang und 0,004 breit; an der Kaufläche, unten 1=0,017 lang und 0,007 breit, 2 = 0,017 und 0,007; also obere Breite 0,014, untere 0,014. Die Eckzähne mit ihren ausgezeichneten Kauflächen las- sen sich mit geringer Mühe auslesen. Die oberen sind gerad- wurzlig, die unteren gekrümmt , jene sind nur vorne, diese nur hinten angekaut (Fig. 17, 18). Hält man die Kauflächen der oberen und unteren aneinander, so gibt es ein Bild von der Form des Mauls und der Zahnstellung. Ihre Länge ist im Mittel 0,030; Länge der Krone 0,012. Die Zahnlücke ist verhältnissmässig wie hei P. hippoides, und beträgt ein Drittheil des Raumes, den die Backenzähne ein- nehmen. Die kleine Oeffnung für den Nerv mündet weiter vorne als bei P. medium, dort ist sie unmittelbar unter dem ersten Mahlzahn, hier fast in der Mitte der Zahnlücke. Bei den Mahlzähnen findet dasselbe Verhältniss statt, •wie oben 1 — 3: die Entwicklung des vorderen Hügels, 4: gleiche Entwicklung beider, 5 und 6: Abnahme des vorderen und Ent- wicklung des hinteren. Unten ist der erste zweiwurzlige Backen- zahn gewöhnlich ausgebrochen (Fig. 26), die zweite Wurzel sämmt- licher Zähne slrebt bedeutend nach hinten. Der letzte dreifaltige Zahn sitzt oft schief im Kiefer, besonders bei jüngeren Thieren. Die Breite der Zähne von vorne nach hinten gemessen, ist — 230 — oben: 1=0,007, 2=^0,008, 3:^-0,009, 4 =rz: 0,010, 5 = 0,012, 6-^0,017; unten: l=0,OOG, 2 = 0,007,3 = 0,009,4 = 0,010, 5=0,012, 6 = 0,019. Znsammen oben >vie nnlen : 0,063. Somit die Breite der Sehneide- und Eckzähne 14 + 8 = 0,020, der Zahnlücke 0,030, der Mahlzähne 0,065 , die ganze Länge des Kiefers etwa 0,110. lieber die Kopfform dieses Thiers gibt Fig. 28, Taf. VI, einige Aufklärung. Es ist der grössere Theil eines Schädels, der wohl keinem andern Thier zugeschrieben werden kann. Man sieht daran das Scheitelbein, das als das härteste und dauer- hafteste wohl auch sonst ausgebrochen gefunden wird und die Eindrücke des Gehirns in verschiedenen Gängen zeigt, ferner Schläfbein, Keilbein, Stirnbein und den innern Theil des grossen Nasenbeins. Der pars petrosa am Schlafbein zeigt das Charnier, in welchem der Unterkiefer sich bewegte. Hält man den pro- cessus condiloides eines Unterkiefers in dieses Gelenk , so sieht man, dass nur Eine Bewegung des Kiefers möglich war: von unten schief nach oben. Diess stimmt auch allein zu der Art der Ankauung sämmtlicher Zähne. Das Stirnbein ist breit und die Augen- höhlen gross; obgleich der Nasenkiefer und Oberknochen abge- brochen ist , lassen sich doch die Grössenverhältnisse der Nase bemessen, welche weit über den Oberkiefer hinausragte. — Was die übrigen Knochen anbelangt , so unterscheiden sich dieselben durchaus nicht nach Verhältniss des Zähneunterschieds. Die Tarsus- und Carpus-Knochen der schlanken Art, zeigen so ziem- lich Eine Grösse, nur von Phalangen werden noch kleinere ge- funden, als bei P. hippoides angegeben war: nämlich 1=0,015 hoch und 0,010 breit, 2 = 0,010 lang und 0,009 breit, 3=0,010 lang und 0,012 breit, wonach diese Knochen mit den von Cu- vier pl. 105, 27 — 30 abgebildeten harmoniren. Dieser geringe Unterschied im Knochenbau dürfte am Ende doch die Thiere beider Grössen zu Einer Art vereinigen. Vielleicht lehren bald weitere Funde ein Näheres hierüber. Diess sind die 4 Palaeotherien, welche bisher aus den Fron- stetter Gruben zu Tage gefördert wurden. Die Zähne mit Cäment überwiegen die cämentlosen, so dass unter 100 Zähnen 60 Zähne mit Cäment, 30 medium, 10 latum gefunden werden. Am häufig- — 240 — sten sind die Reste des P. minus. Auf Einer Excursion habe ich einmal 82 hintere Backenzähne erworben, die also zum mindesten 41 Individuen angehört haben und mit den andern Resten auf einige Quadralfusse der Bank vertheilt waren. Solche Grabstätten von Palaeotherium sind noch nirgends gefunden worden! Ueber die Milchzähne der Palaeotherien weiss ich nicht viel zu sagen. Mahl - und Eckzähne habe ich meines Wissens keine gefunden, nur etliche Schneidezähne , schwachwurzlig und Jileinkronig und unregelmässig angekaut, zum Beweis, dass sie mit zweierlei Zähnen in Berührung gekommen sind. Dieses sel- tene Vorkommen von Milchzähnen spricht wohl auch dafür, dass die Thiere ihr gewöhnliches Aller erreichten und dann eines natürlichen Todes starben. Hänge ihr Tod mit einer geologi- schen Begebenheit zusammen , so fände man sicherlich mehr junge Exemplare, während die alten mit ganz abgenutzten Zäh- nen weit überwiegen. Der getreue Begleiter des Palaeotheriums war überall das „unbewaffnete Thier," das Anoplotherium, dem Zoologen so wichtig als das einzige Thier in der Schöpfung, das die Lücke zwischen Herbivoren und Omnivoren ausfüllt. In dem Pariser Gyps kommt es zum mindesten ebenso häufig vor, als Palaeothe- rium. In unserer Gegend scheint es weniger verbreitet gewesen zu sein. Mir ist noch nicht einmal gelungen, die 44 Zähne, welche das Thier hatte, zu erhalten. Wie überhaupt die klei- neren Thiere vorherrschen, so auch die kleine Art von Anoplo- therium, deren Fussknochen so manche Aehnlichkeit mit denen der Hasen zeigen. Sämmtliche Erfunde stimmen auf die er- freulichste W^eise mit den von Cuvier beschriebenen Arten. Oben an steht Anoplo therium commune Cuvier. q i_ -j _i_ 7 Das Zahnsyslem , „ wird aus pl. 93 und 92 vollständig erkannt und kann hiernach jeder einzeln aufgefundene Zahn gedeutet werden. Die Schneidezähne lassen sich nicht wohl mit andern gehörigen verwechseln, am wenigsten mit Palaeotherium-Zähnen, — 241 — denn sie sind alle spitzig mit dreieckiger Krone und an beiden Rändern schneidend; das Sclinielzblech bildet auf der hintern Seile eine kleine Falle und deutet bereits den Charakter der Eckzähne und untern Backenzähne an. Grössle Breite 0,013. Die Eckzähne mit ihren starken conischen Wurzeln kön- nen stärker entwickelte Schneidezähne genannt werden. Es ist dieser Zahn der erste maxillariSy an welchen in ununterbroche- ner Reihe die 7 Mahlzähne sich anschliessen, er bekömmt eine grössere Nebenfalte (mie oreille) , die ihn 0,017 breit wer- den lässt. Die Mahlzähne sind dadurch so merkwürdig, dass die 3 vorderen Zähne eine ganz andere Bildung haben , als die 3 hintern ; beide Bildungen werden durch den vierten Zahn ver- mittelt. Die 3 ersten oberen sind zweiwurzelig , ihre Kronen nehmen von 1 — 3 merklich zu, wesshalb diese 3 schwer aus einander geschieden werden können, zwischen innen und aussen liegt ein ziemlich tiefer Graben, auf dem Innern Rande erhebt sich hinten eine Zize, auf dem verticalen Vorderrand ist sie nur wenig ausgesprochen. Diese Zähne messen von 0,015 — 0,020, den vierten oberen habeich nicht gefunden. Nach Blainville ist er weniger breit, schief dreieckig und dreiwurzelig. Auf dem Innenrande erhebt sich ein grosser Hügel. — Dagegen besitze ich mehrere Exemplare der hinteren Backenzähne mit ihren 5 Hügeln, von denen 3 nach innen kommen und 2 das äussere Schmelzblech bilden, sie nehmen ebenfalls von 5 — 7 an Grösse zu, haben 3 Wurzeln und zeigen an der Kaufläche ein doppeltes W. Der letzte Zahn hat hinten noch einen Höcker (crochet). Grösste Breite der Zähne von 0,020 — 0,027. Von den untern Mahlzähnen konnte ich nur die vorderen erhalten, welche dem Eckzahn noch immer ähnlich, aber zweiwurzelig sind und vorne wie hinten Falten bekommen. Dadurch erhalten sie eine drei- kammerige Gestalt , die Kauflächen bilden nirgends mehr Halb- monde, wie bei Palaeotherium, sondern eckige unregelmässige Formen. Die hintere Falte bildet noch dazu eine kleine Zize, die dem vierten Zahn bei der Ankauung ein ganz besonderes verschlungenes Bild verleiht. Diesen letztern Zahn besitze ich in einer Breite von 0,024. Jäger hat pl. 71,6 das Bruchstück "Württemb. naturw. Jahreshefte. 1852. 2s Heft. 16 - 242 — eines Kiefers von Eggingen abgebildet, die 4 Zähne dem ersten dritten, vierten , fünften von Anopl, commune zugetheilt und als caracteristisch für diese Art die scharfen Ecken der Halbcylinder angegeben. Die gleichartige Beschaffenheit der Zähne und die schönen Halbmonde sprechen dagegen für Palaeotherium, zumal da der vierte und fünfte Zahn bei Anoploth. sich so unähnlich werden, (cf. Cuvier 93, 2, c. d), dass man sie kaum für Zähne Einer Kieferreihe halten sollte, während auf Jägers Zeichnung beide Zähne sich so ähnlich sind, wie man es nur bei Palaeotherium findet. Jene scharfen Ecken finden sich gerade auch an Palaeoth. wie Taf. VI. Fig. 23, deutlich zeigt. Von Knochen habe ich einen astragalus mit doppelter Rolle, der 0,043 lang und 0,030 breit ist und ohne Zweifel hieher gehört, einen ersten Phalangen von 0,045 Länge und 0,028 Breite, einen zweiten von 0,030 Länge und 0,022 Breite. Einige Hand- und Fusswurzelknochen dieser Art, die ich besitze, verstehe ich noch nicht unterzubringen. Ano p lotherium leporinum Cuvier CDichobune) , cf. Taf. VI, Fig. 38, deren Zähnchen meist noch im Kiefer steckend so ausgezeichnet erhalten sind. Von Cuvier wurden pl. 89, 90, 93 Bruchstücke des Unterkiefers gezeichnet, aber so schlecht, dass man aus ihnen weiter nichts als die Zahl der Zähne ersieht. Die oberen Zähne hat Blainville gezeichnet. Zahl, Form und Beschaffen- heit ist ganz die der grösseren Art, der Unterschied der vorde- ren und hinteren Backenzähne ist wiederum sehr auffallend. Fig. a zeigt die 3 letzten Backenzähne des Oberkiefers. Bei Anopl. commune ist die Leiste, welche die Aussenplatte in 2 Hügel theilt, bereits sehr stark markirt, bei A. leporium wird sie zu einem selbstsändigen Hügel, so dass deren sechse an jedem der Zähne hervortreten. Von 5 — 7 nehmen sie an Grösse zu. Von vorne nach hinten messen sie 5 = 0,007, 6 = 0,0075, 7 = 0,008 von aussen nach innen 5 = 0,007, 6=0,009, 7 = 0,010. Die vor- deren Backenzähne sind 2wurzelig und Skammerig, der dritte missl von vorne nach hinten 0,011, von innen nach aussen 0,004. — Die Zähne des Unterkiefers sind Fig. b — e ge- zeichnet, b und c. stellen die 3 hinteren Backenzähne dar. Sie — 243 — sind 4hügclig, der letzte ohügelig und 3wurzelig, die Wurzel- stellung der andern zeigt Fig. c; an der Krone brachte man noch nach vorne einen kleinen Loben-Ansalz, welcher wiederum den Uebergang zum vierten Zahn ermittelt. Dieser vierte Zahn (Fig. d) ist abermal 5hügelig, hat aber den fünften Hügel vorne stehen und ist so der umgekehrte siebente Zahn; findet man diese Zähnchen einzeln, so kann man sie nur an den Wurzeln erkennen, denn der Principae ist 2wurzelig, der letzte Swurzelig. Neben dem vierten Punkt noch der dritte in dem Kiefer d, er ist Shügelig und Swurzelig, die Hügel sehr spitzig und werden darum (Fig. e) bald abgerieben, ebenso Sspitzig ist der zweite Backenzahn, der hier noch stärker abgekaut ist. Der erste war, nach den Alveolen zu urtheilen, ebenfalls 2wurzelig und Sspitzig, Die Stücke d und e zeigen nun bereits die Symphyse, die in der Gegend des zweiten Backenzahns anfängt, es bleibt nun gar wenig Raum mehr übrig für die Eck- und Schneidezähne, zu- dem messen die Zähne bereits einen Raum von 0,057, Ich glaube kaum , dass die 2 Zähnchen (Fig. 39) hieher gehören, obgleich Blainville an dem Oberkiefer dieses Thieres sehr scharf hervorspringende Eckzähne abbildet, ich schreibe sie viel- mehr einem kleinen Raubthier zu, dessen auch Cuvier vom Montmartre erwähnt. Die Knochen dieses Thieres sind wegen ihrer Kleinheit leicht zu finden und stimmen vollkommen zu Cuviers Tafeln. Der Astragalus ist 0,018 lang und 0,009 breit über der Dolle. Der erste Phalange 0,012 lang und 0,007 breit. Das Ende eines Schulterblatts ist sehr schlank und misst auf der Fläche zum Humerus 0,010. Kleine Fusswurzelknöchelchen gleichen denen des Hasen. Anoplotherium murinum, Cuvier, (Taf. YI, Fig. 41) war noch kleiner, Meerschwein ähnlich, die Zähnchen sind tiefer geschnitten, die Hügel spitziger. Der abgezeichnete fünfte Backen- zahn des linken Unterkiefers zeigt den Unterschied von lepo- rinum. (38 c.) Zähne von weiteren Arten habe ich bis jetzt noch nicht er- hallen, dagegen einige Astragalus und Phalangen, welche zu gross sind für leporinum und viel zu klein für commune, jene von 1,025 16* — 244 — Länge und 0,015 Breite, diese von 0,027 Länge und 0,012 Breite, welche auf ein Millimeter mit Cuvier pl. 96,3 und 105,11—19 harmoniren und von ihm dem Änopl. gracile zugelheilt sind. Somit wären es sämmtliche Arten Cuviers, denn die 2 wei- teren, die er in der zweiten Ausgabe aufstellt , secundarium und obliquum haben fast alle späteren Autoren fallen lassen. Es bleibt nur noch Weniges aufzuzählen übrig. Einige kleine Backenzähne des Oberkiefers haben die grösste Aehnlichkeit mit Dichodon cuspidatus, Owen, Contributions T. 2, 2, London 1848. Taf. VI, Fig. 40, ist deren einer gezeichnet. Sie sind Swurzelig, 2 aussen, Eine breite 2kammerige innen, welche wie bei Anoplo- therium bedeutend auseinander streben. Die Krone besteht aus 4 isolirten Hügeln, deren sanfter Abhang nach innen schaut, während ihr Steilabfall nach aussen gerichtet ist. Die äusseren sind höher und breiter als die inneren. Diese kleinen Thiere scheinen — nach ihren Backenzähnen zu urtheilen — zwischen Palaeomer^'X und Anoplotherium die Mitte zu halten, zwischen Dickhäuter und Wiederkäuer. Owen's Exemplar ist zwar um ein v^enig grösser, sonst aber stimmt die Form der Zähnchen ganz. Mit diesen zahlreichen Pachydermen lebten nur 2 Raub- thiere, ein grosses und ein kleines, aber so sparsam, dass auf etwa 500 Zähne von Dickhäutern 1 Fleischfresser kommt. Die- ses Verhältniss musste auch wirklich statt finden, anders kann man sich die ungeheure Vermehrung der Thiere nicht denken, sie lebten von Feinden unangefochten auf den Höhen unserer Alb an den Ufern der Binnen-Seen, welche auf den nunmehr wasserlosen Feldern eine reiche Flora erzeugt hatten. Das grosse Raubthier ist dasselbe, das Cuvier als Canis parisiensis vom Montmartre bestimmt hat. Zwei Reiss- zähne und ein Fleischzahn sind ganz von der Grösse des Pariser Exemplars pl. 150. Die Krone des Fleischzahns ist 0,015 breit und 0,030 hoch, die des Reisszahns 0,020 breit und 0,030 hoch. Vom kleinen Raubthier besitze ich einen letzten Backen- zahn der rechten Oberkieferhälfte, er ist um ein Drittheil kleiner als der von Jäger abgebildete Zahn des Amphictjon (LXX, 22, 23), vielleicht sind es die 2 Arten Amphicyon intermedius H. v. M. - 245 - und Amphicijon minor, Bl. Möglicherweiso gehört hicher auch der Schneide- und Eckzahn, der Taf, VI, big. 39, abgebildet ist. Häufiger als die Reste von Haublhieren , aber seltener, als die der Dickhäuter sind die Reste von Schildkröten. Aber- mals trifft man eine grössere und eine kleinere Art dieser Emy- diden an , wie die Knochen und Schilder deutlich zeigen. Bei der grösseren Art haben die Nähte des Schildpattes tiefe Fur- chen auf den Knochenplatlen hinterlassen, diese selbst sind da- gegen weniger stark. Ausserordentlich feine Knochenzeichnungen zieren die Oberfläche dieser Platten. Eine Randplatte besitze ich, welche 0,040 breit ist, was auf eine beträchtlichere Grösse hinweist, als es bei Palaeochelis bussensis H. v. M. der Fall ist. Das OS coracoideum, das wohl dieser Art gehört, misst in der Dicke 0,017 am oberen Ende, wo es an das Schulterblatt stösst. Von der kleineren Art fand ich ein grosses Stück des Schil- des, er ist sehr stark und misst 0,010 — 015 in der Dicke, die Randplatte ist etwa in der Mitte des Thiers 0,022 breit und so- mit hierin der Schildkröte vom Bussen an Grösse gleich. Die >Völbung ist sehr unbedeutend, die Nähte des Schildpattes weni- ger stark. Die schönen Zeichnungen sind ebenfalls weniger sicht- bar. Eine clavicula misst 0,006 in der Breite. — Diese Stücke zu bestimmen, überlasse ich einem Geübteren, als ich bin. Schliesslich haben mir Knochen von Vögeln grosse Freude gemacht, in welchen ich ohne Schwierigkeit Arten erkannt habe, wie sie Cuvier von Paris abbildet. Es soll noch Alles in den Fronstetler Gruben vorkommen, was nur irgendwie charakterisisch ist für den tertiären Gyps von Paris! Das Unterende eines Fe- mnr und ein erster Phalange, entsprechen ganz der dritten Art Cuviers, pl. 155, und gehörten wohl einem Bussard ähnlichen Vogel an. Ein anderes Stück, ein Schulterblatt, stimmt mit pl. 154,12, und welches hienach einen Cormoran oder Seeraben verriethe. Ein weiteres Stück, ebenfalls ein Schullerblatt, ist etwa dreimal grösser als das eben genannte. Aus einem solch vereinzelten Knochen aber eine Art zu bestimmen, getraue ich mir nicht. Hiemit habe ich die bisherigen tertiären Erfunde zu Fron- stelten aufgezählt. Dass auch mit diesen Resten ältere juras- — 246 — sische Zähne sich finden, wird Niemand wundern, wer weiss, wie gewöhnlich diess in den Bohnerzen vorkommt. Und so ist es denn auch hier keine Seltenheit, mit den Palaeotherien Zähne von Megalosaurus , Notidanus Münsteri Ag Oxyrhina macer Qu mit Apiocriniten-Stilen , Cidariten-Slacheln , Terebr. inconstans, pectunculoides , Ostrea hastata , Belemniten u. A. zusammenzu- finden, welche vom Wasser aus den umliegenden Felsen des weissen Jura hiehergeführl und hier in ein jüngeres Lager ge- bettet wurden. Man sieht es diesen jurassischen Sachen auch wohl an, dass Veränderungen mit ihnen vorgegangen, denn sie sind oft ganz abgerollt, verwittert und zerbrochen, lieber Einem Zahn nur bin ich im Unklaren, ob er einem jurassischen Saurier oder einem tertiären Crocodil angehört. Er gleicht viel dem Teleosaurus Portlandi nur weniger spitz, er ist 0,010 lang, stumpfconisch, an der Basis rund, 0,005 breit und mit feinen, an der Spitze zusammenlaufenden Schmelz-Streifen geziert. Mög- licherweise kann dieser Zahn tertiär sein und wäre neben den Schildkröten noch ein Crocodil ein weiterer Zeuge jener Epoche gewesen. Von jüngeren Thieren ist dagegen keine Spur. Namenilich keine Spur von den sonst in den Erzgruben so gewöhnlichen Mastodon, Rhinoceros, Dinotherium u. A. Unsere Gruben waren eine zu der Zeit dieser Thiere schon geschlossene Bildung, welche scharf getrennt werden muss von den jüngeren Bohn- erzen. Gilt je der Grundsatz in der Geognosie, auf Grund der fossilen Reste organischer Wesen Schichten aus einander zu hal- ten, so muss er in der Tertiär- Welt in Anwendung kommen, welche, weit mehr als alle früheren Epochen, durch climatische Verhältnisse modificirt, nur in localen Bildungen auftritt, in wel- chen der gleichartigen Thiere weniger und der verschiedenartigen immer mehr geworden sind. Um so ruhiger darf man dann aber Bildungen, welche wirklich gleiche Thiere mit sich führen, als gleichzeitig neben einander stellen. Wahrhaft betrübend ist es daher, von einem so gelehrten Zoologen, wie Blainville war, hören zu müssen, Palaeotherium sei ein Thier, das an keine be- stimmte Formation gebunden sei und sich finde von Tertiär bis zum Diluvium. — Wie ist es so möglich , Klarheit in das ohne — 247 — diess schwer zu trennende Tertiär zu bringen? Pal ae o Ihe riu m ist vielmehr wie kein anderes Thier geeignet, einen geognosti- schen Horizont zu bilden: es ist der Representanl der ersten tertiären Säugethier-Zone. Wo solche erfreu- liche Resultate sich zeigen, wie in der Parallele zwischen dem Gyps von Paris und unseren Gruben, da muss jeder Zweifel ver- stummen. Ist es ja nicht der vereinzelte Fund dieses oder jenes gleichen Thieres, was eine Formation neben die andere stellt, sondern das Gesammt-Auftreten sonst zusammen vorkommender Thiere. Dass die gleichen Arten von Palaeotherium, Anoplothe- rium, Amphicyon, Schildkröten und Vögeln im Montmartre, wie auf den Höhen unserer Alb mit einander sich finden, macht sie unwidersprechlich zu gleichzeitigen Bildungen. Und kein Geo- gnost wird daran sich stossen, dass die einen im Gyps, die andern im Erz lagern , jene in 300' mächtigen Gypsmassen sich finden, diese in einer Bank von IVo — 2 Fuss: jene wie diese sind Landwasserbildungen. Constant Prevost hat gezeigt, wie die tertiären Gypse die Delta's von Flüssen wären, die von den Höhen um das Pariser Becken herab in dessen "Wasser sich ergossen, und Jeder kann sich durch einen Blick auf die geognostische Karte von Paris überzeugen , wie in den Winkeln zwischen den Zusammenflüssen von Marne und Seine, von Marne und Oise und Eure und Seine die Gypse sich ent- wickelt haben. An den Ufern der genannten Flüsse lebten die Thiere, und wurde ein Theil derselben, welche das Wasser er- fasste, dem Seebecken zugeführt und in den hautes masses des Gypses erhalten. Auf ähnliche Weise, nur ohne den Reichthum des versteinernden Materials, das auf den Kalken der Alb fehlte, bildeten Quellen, Säuerlinge, deren Grund nicht schwer in dem Eisengehalt unserer grossartigen Kalkbildungen gesucht werden kann, die Bohnerze. Diese Quellen speisten Seen, deren Becken an so vielen Orten unserer jetzt freilich wasserarmen Alb wie- der gefunden wird. An ihren Ufern hielten sich die Dickhäuter in Herden auf und die Schildkröten und Wasservögel. Nach ihrem Tod, der mit keiner geologischen Erscheinung zusammen- fällt, führte Regenwasser und Bäche Reste von ihnen dem See zu, die zum Theil von den spülenden Wassern abgerieben und — 248 -- gerollt, zum Theil in aller Frische von dem Schlamm zugedeckt wurden. In kleinen Buchten und Winkeln des Sees, vielleicht eben da, wo ein stärkerer Bach einmündete, wurden besonders viele Reste angesammelt: wie man ja zu jeder Zeit am Boden- see oder am Meeresufer ähnliche Erscheinungen sieht, wo man Stellenweise keinen Schritt thun kann, ohne auf Schalen von Mollusken und vom Land hergeführte Gegenstände zu treten. Das Fehlen von Süsswasser-Mollusken wird endlich natürlich er- klärt durch den Eisengehalt der Quellen. Diese Quellen und Seebildungen dauerten auch nachmals noch fort, als die Zeit der Palaeotherien längst vorbei war und die neuere Zeit der Masto- donten und Rhinoceros begann , welche auf dieselbe Art später in den Erzen erhalten wurden. Ich zweifle gar nicht daran, dass man bald auch auf Gruben stösst , wo in den oberen Schichten Mastodon, Rhinoceros und Hippotherium sich finden, und darunter als älter die Palaeotherien liegen. Sind ja doch oben auf dem Hardt, ganz in der Nähe von Fronstetten , Dinolheriumlager ge- funden worden und ist das berühmte Heudorf bei Möss- kirch kaum 3 Stunden entfernt, das für die zweite ter- tiäre Säugethier-Zone so charakteristisch ist , als Fron- stetten für die erste. Aechte Palaeotherien sind dort nirgends zu finden, denn Pal. aurelianense ist Anchitherium H. v. M. und findet sich nirgends mit dem älteren medium, latum, miniCs etc. Für die zweite Zone gälte als charakteristisch neben dem Thier von Orleans das Hippotherium (siehe Quenstedt über Hippothe- rium, J. H. 1850, pag. 165), Dorcatherium Naui, Kaupp, Pa- laeomeryx Scheuchzeri, H. v. M., Rhinoceros incisivus, C u v i e r, Mastodon angustidens, Cuv., Tapirus priscus , Jäger, Dino- therium giganteum, C u v., Hyofherium medium, H. v. M., Pachyo- don mirabilis, H. v. M, , und die Nager von Salmendingen, Q n. In den Altstädter Gruben bei Heudorf haben sich neben solchen Resten auch noch Süsswasser-Conchylien in einer Bank ange- häuft, Paludina, Unio und Fischzähne, was auf einen Zusammen- hang der eisenhaltigen Wasser mit einem Süsswassersee hin- weist. Für die dritte tertiäre Säugethier-Zone war endlich charakteristisch der Mammut h Elefas primigenius, C, Mastodon longirostris, Kaupp, Rhinoceros tichorhinus C. Cer- - 249 — vus. Ursus. Felis. Equus. Sits. Bos. Canis und Anderes. Sehr oft kommen in den Gruben dieser jüngsten Bolinerze auch noch Stücke aus älteren Zeiten von Mastodon - und Hippo- therium-Ziilinen vor, aber wie bekannt, im erbiirmlichslfti Zu- stand, zersplittert, abgerollt und glattgeschliflen, kaum noch an der Substanz kenntlich , und sind eben dadurch Zeugen einer secundären Ablagerung. So war gleichzeitig mit Bildungen des sonst so genannten Pariser Tertiärs — Montmartre, Chaumont, Pantin — und mittelrheinischen — Eppelsheim, Mainz, Wcisenau, Kreuznach — (cf. Friedrich Volz, Uebersicht der geol. Verf. des Grossherzogth. Hessen) und des Diluviums auf den Höhen der Alb die Natur geschäftig in den Erzlagern die Reste derselben Thiere zu erhalten, welche sonst wo in Gypsen, Sanden oder Kalken aufbewahrt worden sind. Eine Frage anderer, aber viel schwierigerer Art wäre nun: Welche Meeresfaunen entsprechen der Palaeolherium-Zone, welche der Hippotherium-, welche der Mammuth-Zone? Ist nicht viel- leicht eben das Vorkommen der Pariser Palaeotherien auf unse- rer Alb ein Beweis für ein jüngeres Alter des Pariser G^'pses? und wo reihen sich die Sandsteinbildungen Oberschwabens ein? Ich wage noch nicht zu antworten. Ob es gleich auch bei uns nicht an zahlreichen Anknüpfungspunkten von ächten Meeres- bildungen der Tertiär-Zeit fehlt, so fehlt es doch der Zeit an genaueren Untersuchungen, um eine dieser Fragen zu entscheiden. Erklärung der Tafel YI. Fio;. 1, Palaeo therium medium C. von Fronstotten. a Die rechte Hälfte des 05 intermaxillare mit den Zaiinliülilen der 3 Sclineidezäline, b, c, d. Fig. 2. ditto, erster Sclineidezahn, rechts oben, von innen gesehen, nm den Steg (s) zu zeigen. Fig. 3. ditto, dritter Schneidezahn, rechts oben, von hinten ge- sehen, um die seitliche Ankauung (e) vom untern Eckzalin zu zeigen. Fig. 4. ditto, Vorder-Ende des Unterkiefers mit den Zalniholilen der 4 Schneidezähne, a untere, b obeie Fläche, an cc die Eindrücke des starkwurzligen Eckzahns sichtbar, Fig. 5. ditto, erster Schneidezahn, lechts unten, von aussen gesehen. Fig. 6. ditto, zweiter Schneidezahn, links unten. Fig. 7. ditto, zweiter Schneidezahn, rechts unten, zeigt die dop- pelte Ankauung der Schneide, an c vom zweiten, an d vom dritten oberen Schneidezahn. Fig. 8. ditto, erster Schneidezahn , links unten, von innen gesehen. Fig. 9. ditto, oberer linker Eckzahn, von innen gesehen, bei k der Anfang der Krone. — 250 — Fig. 10. dittOj oberer linker Eckzahn, von aussen, weniger abgenutzt. Fig. 11. ditto, unterer rechter Eckzahn, von aussen. Fig. 12. ditto, unterer linker Eckzahn, von innen, zeigt die dop- pelte Ankauung, e vom obern Eckzahn, s vom dritten Schneidezahn. Fig. 13. ditto, linkes oberes Kieferstück, zeigt den Eindruck des Eckzafhis, die Zahnlücke und die 3 vorderen Backenzähne. Fig. 14. ditto, erster Mahlzahn, links unten. Fig. 15. ditto, zweiter Mahlzahn, links unten. Fig. 16. Palaeotherium minus C. Vorder-Ende des Unterkiefers mit dem linken Eckzahn und den Zahnhöhlen der 4 Schneidezähne und des rechten Eckzahns. Das Original besitzt die Tübinger Sammlung. Fig. 17. Pö/rtcof^eriMw wedtMm C, erster Mahlzahn, links oben. Fig. 18. ditto, zweiter Mahlzahn, links oben, noch unbenutzt. Fig. 19, ditto, vierter Mahlzahn, rechts oben, stark benutzt. Fig. 20. ditto, sechster Mahlzahn, links oben, f Nebenfalte des hinteren Hügels den sechsten Zahn bezeichnend. Fig. 21. ditto, siebenter Mahlzahn, rechts oben, gehört zu Fig. 24. Fig. 22. ditto, vierter Mahlzahn, links unten, stark abgenutzt. Fig. 23. ditto, sechster Mahlzahn, links unten, kaum gebraucht. Fig. 24. ditto, siebenter Mahlzahn, rechts unten , gehört zu Fig. 21. Fig. 25. ditto, linkes unteres Kieferstück, e Zahnhöhle des Eck- zahns, z Zahnlücke, 1. Zahnhöhle des ersten ein wurzligen, 2. des zweiten zweiwürzligen Mahlzahns, n Oefinung für die Nervenröhre. Fig. 26. Palaeotherium latum C, erster Mahlzahn, rechts oben. Fig. 27. ditto, zweiter Mahlzahn, links oben. Fig. 28. ditto, dritter Mahlzahn, links oben. Fig. 29. ditto, vierter Mahlzahn, rechts oben. Fig. 30. ditto, unterer linker Eckzahn, von innen. Fig. 31. ditto, erster Schneidezahn, rechts unten, von aussen, n zeigt den Halskragen oder die Basalwulst. Fig. 32. ditto, erster Schneidezahn, links oben. Fig. 33. ditto, dritter Schneidezahn, links oben, e zeigt die An- kauung vom Eckzahn. Fig. 34. ditto, zweiter Schneidezahn, links unten. Fig. 35. ditto, erster Mahlzahn, rechts unten. Fig. 36. ditto, zweiter Mahlzahn, rechts unten, zeigt die grössere Breite des vordem Hügels. Fig. 37. ditto, linkes Unterkieferstück mit dem dritten und vierten Mahlzahn und den Zahnhöhlen des ersten und zweiten. Fig. 38. Anoplotherium leporinum C. a die 3 hinteren Mahl- zähne des linken Oberkiefers (Tübinger Sammlung), b unteres rechtes Kieferstück mit den 2 letzten Mahlzähnen, c fünfter Mahlzahn rechts unten, d unteres linkes Kieferstück mit dem vierten und dritten Mahl- zahn, e rechtes Unterkieferstück mit dem dritten und zweiten Mahlzahn und der Zahnhöhle des ersten. Fig. 39. Schneide- und Eckzahn des kleinen Raubthiers, pag. 244. Fig. 40. Dicho don cuspidatus Owen. Fünfter Mahlzahu rechts oben. Fig. 41. Anoplotherium murinum C. Fünfter Mahlzahn rechts unten. Erklärung der Tafel Yll. Fig. 1. Palaeotherium hippoides, Lartet, erster Schneidezahn, rechts oben. Fig. 2. ditto, zweiter Schneidezahn, rechts oben. Jahrf:s"hi-np MI- Taf}l \I. i^fi urulkth P B Hummel Oeiirufkf bft Cftrll^bTifr Ott. und lith oB.Hummd Gr(/riick^ bei Carl Ehnfr. - 251 - Fi». 3. difto, dritter Sclincido/ahn, rechts oben. Vi^. 4. ditto, oberer rechter Etkzalin, stark aufj^ekaut. Fig-. 5. dittü, oberer linker Eckzahn, von innen, nicht anpekaut. Fi{j;. 6. ditto, erster Mahlzahn, links oben, a von nnten gesehen zeigt die kleine Zize, b von innen gesehen. Fig. 7. ditto, linkes Oberkieferstüek mit dem 2ten, 3ten und 4ten Malilzalm , von unten gesehen. Fig. 8. ditto, linkes Oberkieferstück mit dem 4ten, öten und 6ten Mahlzahn, von unten gesehen, wenig angekaut, zeigt die Bekleidung^ mit Cämeut-Substanz besonders schon. Fig. 9. ditto, linkes Oberkieferstück mit dem 5ten und 6ten Mahl- zahn von unten gesellen, stark angekaut, c ist Cäment-, k Knochen-, s Schmelz-Substanz. Fig. 10. ditto, zvi'eiter Mahlzahn, rechts oben , unbenutzt, zeigt das Anschwellen der inneren Zize. Fig. 11. ditto, fünfter, vorletzter Mahlzahn, links oben , von aussen gesehen. Fig. 12. ditto, sechster, letzter Mahlzahn, rechts oben, von aussen gesehen. Fig. 13 und 15. ditto, erster Schneidezahn, links unten, von aus- sen und der Seite gesehen. Fig. 14. ditto, zweiter Schneidezahn, links unten, b zeigt die Krümmung dieser Zähne. Fig. 16—18. ditto, untere Eckzähne, 16, 18 rechts, 17 links. Fig. 19. ditto, rechter Unterkiefer mit dem 3ten , 4ten , 5ten und 6ten Mahlzahn und den Zahnhöhlen des Iten, 2ten, von aussen gesehen. Fig. 20. ditto, rechter Unterkiefer mit dem Eckzahn und 3ten, 4ten, 5ten und zerbrochenen 6ten Mahlzahn von innen gesehen, aa Zabn- bühle des 2würzligen ersten, bb des zweiten Mahlzahns, der sechste zerbrochene ist noch nicht ausgewachsen. Das Individuum jünger und kleiner, als Fig. 19. Fig. 21. ditto, letzter dreicylindriger Mahlzahn, rechts unten, das Cäment abgesprengt. Fig. 22. ditto, vorletzter, fünfter Mahlzahn, rechts unten, zeigt den kleinen Nebenloben 1. Fig. 23, ditto, zweiter Mahlzahn , links unten , von aussen und von innen gesehen, innen das Anschwellen der Zize sichtbar. Fig. 24. ditto, erster Mahlzahn, links unten, von aussen und innen gesehen. Fig. 25. Palaeotherinm minus C, linkes Unterkieferstück mit dem 4ten, öten und 6ten Mahlzahn von innen gesehen. Fig. 26. ditto, linkes Unterkieferstück mit dem2ten, 3ten und 4ten Mahlzalin und der Zahnhöhle des ersten, a von oben, b von innen ge- sehen, stark abgenutzt. Fig. 27. ditto, Vorder-Ende des Unterkiefers mit dem linken Eck- zahn und der Zahnlücke. Fig. 28. ditto, grösserer Theil des Schädels, bb Scheitelbein, f Stirnbein, n Nasenbein, k Keilbein, t Schläfenbein , p pars petrosa mit der Gelenkfläche für den condylus des Unterkiefers. Fig. 29. ditto, die drei oberen Schneidezähne, a der erste, b der zweite , c der dritte. Fig. 30. ditto, erster Schneidezahn, links unten, zeigt die verschie- den gefärbten Wachsthum-Ringe der Wurzel. _. 252 — 5. Flora oeningensis fossilis , Nachtrag. Von Civil-Ingenieur Dr. A. E. Bru ckma nn. In meiner Abhandlung über die fossile Flora Oeningen's und die Eigenthümlichkeiten der dortigen weltberühmten Stein- brüche (Jahresheft 1850. S. 215 — 240) habe ich sämmtliche Pflanzen aufgeführt , welche bis zu Anfange des Jahres 1850 entdeckt waren, mehrere Namen bezogen sich indessen auf pro- visorische Bestimmungen des Herrn Professors Alex. Braun, und es scheint mir am Platze, auf dessen neueste Berichtigun- gen *) hier aufmerksam zu machen : S. 225. Erineum protogaeum, A. Br. = Erineum {Phylle- rium?) Friesi et Kunzei, A. Br. S. 225. Sclerotium populinum protogaeum, A. Br. = Sphaeria populi tranversae, A. Br. S. 226. Hysterium decipiens , A. Br. sitzt auf Stielen von Pteris oeningensis? Unger. S. 226. Phoma? = Phacidium populi ovalis, A. Br. S. 226. i Sphaeria? = Sph. {Dothidea?) populi ovalis, A.Br. S. 226. Hypnum oeningense, A. Br. = Musciles {Hypnum ?) oeningensis, A. Br. S. 226. Osmunda oeningensis, A. Br. = Osmunda? Kargi, A. Br. S. 226. Goniopteris oeningensis , A. Br. =^ Polypodium (Goniopteris) oeningense, A. Br. S. 226. Equisetum rüde, A. Br. = Equisetum Brauni, Unger. S. 227. f Abies ? = ? Abies Oceanines, Ung. S. 227. ■/• Taxodium distichum fossile, A. B. und Taxodium, ähnlich Tax. distichum fossile, A. Br. = Tax. Bosfhorni, Ung. S. 227. Juniperus ? = Widdringtonia Ungeri, Endl. *) Enthalten in: 1) Fr. A. Walchner's Geognosie, 1850, zweite Auflage, S. 956 u. f. „Darstellung der geologischen Verbältnisse des Süsswasser-Mergels von Oeningen im badischen Seekreis und seiner fossilen Flora u. Fauna." 2) Uebersicbt der Versteinerungen des Grossberzogtbums Baden von Ernst Stitzenberger. Der niedicinischen Facultät der Univer- sität Freiburg zur Erlangung der Doktorwürde in der gesammten Heil- kunde vorgelegt. Freiburg i. B. 1851. Verlag der Universitäts- Buch- handlung von Diernfellner. S. 70—91. — 253 — S. 227 — 228. Sparganium oeningense et laÜfoHum , A. Br. ^^ ? Sparganium acheronticum, Ung. S. 228. Carex? == Cyperites spec. 8. 228. Scirpus? ^^ Culmites {Scirpus?) luberosus , A. Br. 8. 228. Holcus ? r- Poacites lacvis, A. Br. — Oryza? =^ Poacites exasperatus, A. Br. — Trilicum? = Poacites tortus, A. Br. — Aira? r^ Poacites strictus, A. Br. — Phragmites -^ Phragmites ? oeningensis , A. Br. Hieher gehört auch Bonax oeningensis, A. Br. S. 228. Alnus? = Alnus Kargi, A. Br. S. 228. Corylus? Blatt = Ulnius tenuifolia, A. Br. S. 228. Corylus? Frucht = glandes quercus. S. 229. Quercus neriifolia, A. Br. =^ Quercus eloena et lignitum, Ung. ? S. 229. Salix imjricoides, A. Br. = Myrsine salicoides, A. Br. S. 229. Salix dentata, A. Br. = Salix Bruckmanni, A. Br. S. 229. Populus ovalifolia, A. Br. = Pop, ovalis, A. Br. Hieher wahrscheinlich auch Pop. integerrima, A. Br. (S. 230.) S. 230. Populus truncata, A. Br. =^ Pop. latior var. trun- cata, A. Br. S. 230. Populus Aeoli, A. Br. = Pop. oblonga, A. Br. S. 231. Nyssa? = Hex stenophylla, Ung. S. 231. Erica? — Erica? Bruckmanni et nitidula, A. Br. S. 231. Vaccinium? 2 Spec. — Vacciniuin? attenuatum et Bruckmanni, A. Br. S. 232. Diospyros lancifolia,A. Br. (= Diosp. longifolia, A. Br.) S. 232. Labatia Scheuchzeri, A. Br. = Lucuma ? Scheuchz. A. Br. S. 232. i Apocynophyllutn Seyfr., A. Br. = Quere. Seyfr. A. Br. S. 232. f Apocynophyllum? lanceolatwn, Utig. = Quercus lignitum var. integrifolia, A. Br. S. 232. Cordia tiliaefolia, A. Br. = Dombeyopsis tiliaef. Ung. S. 232. Clematis? Frucht. = Clematis? oeningerms, A. Br. S. 232. r Cornus? r= Cornus dubia, A. Br. S. 232. i Hedera? — ? Hedera Kargi, A. Br. S. 232. Karwinskia oeningensis, A. Br. = Karwinskia multinervis, A. Br. — 254 ~ S. 233. Celastrus minutulus, A. Br. = CeL? minutulus, A. Br. S. 233. Celastrus Bruckmanm, A. Br» = CeL ? Bruchm. A. Br. S. 233. Celastrus crassifolius, A. Br. = Cel. ? crassifol, A. Br. S. 233. Celastrus cassinefolius, Ung. bleibt ; hat zwar Aehn- lichkeit mit Rhus Pyrrhae, Ung., jedoch sind die Zähne kleiner und spitzer. S» 233. f Rhus punctatum, A. Br. = Vlmus punctata, A. Br. S. 233. Zanthoxylon juglandinum, A. Br. =^ Zanthoxylon? juglandinum, A. Br. S. 233. Zanthoxylon salignum, A. Br, Wohl zu Sapindus falcifolius, A. Br. zu stellen. S. 233. Juglans Bruckmanni, A. Br. = Jugl. ? Bruckm. A. Br. S. 234. Juglans undulata, A. Br. r=z Sapindus? undulatus, A. Br. S. 234. Juglans Serra, A. Br. = Celtis? salicifolia, A. Br. S. 234. Juglans falcifolia, A. Br. = Sapindus falcifolius, A. Br. S. 234. Acer productum, A. Br. (= Acer protensum, A. Br.) S. 235. Acer decipiens, A. Br. Dazu gehört wahrscheinlich i Acer pseudo-campestre, Ung. S. 236. f Cytisus? oeningensis , A. Br. = Cyt. oening. A. Br. S. 236. i Cytisus? Lavateri, A. Br. = Cytisus Lavateri, A. Br. — Robinia latifolia, A. Br. = Robinia? latifolia, A. Br. — Ceratonia emarginata, A. Br. = Cer. ? emarg. A. Br, S. 236. Caesalpinia emarginata, A. Br. = Caes. ? emarg. A. Br. S. 236. Caesalpinia major, A. Br. = Caesalpinia ? major, A. Br. — Gleditschia podocarpa , A. Br. = Podocarpium Knorrii, A. Br. So weit kann ich nach Massgabe der citirten Abhandlungen gehen, ohne meine eigene Sammlung bei der Hand zu haben, welche eingepackt ist. Aus Stitzenberger's Catalog geht überdies hervor, dass kürzlich noch einige weitere neue Oeninger Pflanzen entdeckt worden sind; ich selbst habe zuletzt nur noch Daphnogene cinnamomifolia, Ung. in Gesellschaft von Ceanothus polymorphus, A. Br. gefunden, jedoch nicht im Stinkkalke Oenin- gens, sondern im Sandsteine der Süsswassermolasse zu Wangen, welcher das Oeninger Gebiet unterteuft. ~ 255 — III. Kleinere ]?Iittliei Innren. Ueber Waiideriingeii pjewisser Eingeweidewürmer. Unter dipsem Titel {;ibt der 28stc Jahrcshericlit der scliles. Gescllscli. f. Vaterland. Cultur eine interessante Mittheilnn»; von Untersuchungen und Versuchen, welche Prof. Dr. v. Siebold mit Gordiaccen anstellte, aus denen hervorging, dass die in den Leibern der Insekten vorkom- menden Filarien nichts Anderes, als die geschlechtslosen, jungen Indi- viduen sind, welche sich, nachdem sie ihre Herbergen verlassen, in Wasser, Schlamm, feuchter Erde, ohne weitere Nahrung, zu den aus- gewachsenen, geschlechtlich entwickelten Gordiaceen ausbilden, indem sich aus dem Fett, das sie aus ihrer Herberge mitbringen, die Sexual- organe in Kurzem ausbilden , die Fortpflanzung in dem neuen Medium vor sich geht und die aus den Eiern kommenden Embryone in diejenigen Insekten oder Larven sich einbohren , welche sie erreichen können. Ver- suche , die V. Siebold mit Mermis albicans und Raupen von Tinea evonymella anstellte , haben diess aufs evidenteste bewiesen. Ich bin im Stande, eine Beobachtung zu liefern, welche zur Be- stätigung dieser Thatsachen beitragen kann. Im Frühjahr und Sommer des feuchtwarmen Jahrgangs 1811, in weichem die Nacht über häufig; warme Regen erschienen, die Tage aber sonnig und warm waren, fand ich in den Obstbaumraupen meines Gartens, den Ringelraupen, besonders aber den Goldafterspinnern die Filaria truncala so häufig, dass unter 10 Exemplaren gewiss 9 damit behaftet waren. Die Filarien lagen stets spiralförmig aufgewickelt im Darmkanal, und konnten, wenn die Raupe vom Kopfe an ausgedrückt wurde, in dieser Umhüllung und Lage zu Tage gefördert werden, worauf sie sich sogleich langsam zu entrollen anfingen. Wenn es die Nacht über geregnet hatte, fanden sich Morgens auf der feuchten Erde ganze Knäuel ausgekrochener Filarien halb in die Erde eingebohrt, die bald vertrockneten, weil sie wegen ihrer Verwicklung nicht ganz eindringen konnten, unter der Erde aber fan- den sich häufig einzelne Exemplare , die noch geraume Zeit nachher im Spätsommer lebten. Die Raupen hingen an solchen Morgen zahlreich als leere Bälge an den Baumstämmen. Gemeiniglich hatte eine Raupe nur eine selir derbe Filaria von 4—6 Zoll Länge, häufig aber auch 2, 3, bei einer fand ich 7 von verschiedener Grösse, bei einer sogar 40 äusserst zarte, von }^ bis 1 Zoll Länge. Ich habe sie, nach diesen Zahlenabstufungen abgesondert, in Weingeist aufbehalten und der früheren Naturaliensammlung der landwirthschaftl. Centralstelle einverleibt, niuss aber sehr bedauern, dass nunmehr, nachdem das Kabinet der Pflege des Vereins für vaterländische Naturkunde übergeben wurde, alle in — 256 -^ Ein Glas zusamnieng-escbüttet worden sind , wodurch gerade das wissen- schaftliche Interesse verloren ging und das Glas voll Würmer nur noch zur Schaustellung dient. — Unstreitig wirkte die Feuchtigkeit des Jahrgangs zur leichteren Entwicklung und Verbreitung der Filarien-Embryonen, sie konnten ohne Zweifel aus der Erde an den befeuchteten Baum- stämmen leichter aufsteigen und diese Raupen , welche die Bäume frei- willig nie verlassen, in grosser Zahl erreichen. In späteren Jahrgängen traf ich die Filaria in diesen Raupen nur höchst selten. Dass die Filaria- Embryone klettern können, scheint aus dem Versuche v. Siebolds her- vorzugehen, da er „Räupchen der Tinea, welche zuverlässig noch keine Parasiten hatten, in einem Uhrglas auf feuchte Erde legte, in welcher eine Menge von ihm erzogene Mermis-Embryone waren, worauf nach einigen Stunden viele der Räupchen 1, 2, auch 3 Mermis-Embryone in ihrer Leibeshöhle hatten. Uebrigens konnten auch manche Raupen durch die Winde bei den häufigen Gewitterregen des Jahrgangs 1811 abge- schüttelt und auf der Erde von den Embryonen erreicht werden , nur reicht diese Vermuthung nicht zu für Erklärung der so ausserordentlichen Häufigkeit der Filaria in den Raupen jenes Jahrgangs. Plieninger. Berichtigung betreffend den Text zu den geognostischen Durch- schnitten. Heft 1 des YHI. Jahrg. S. 69 ff. Durch die Abwesenheit des Verf. (Pf. Schwarz) vom Druckorte wurde es versehen, diejenigen Abänderungen der Zeichnungen durch- zuführen, welche nöthig und zweckmässig schienen. — Wenn irgend möglich, werden in einem der nächsten Hefte solche Durchschnitte nach- getragen werden, welche den dort ausgesprochenen Ansichten zu näherer Erläuterung dienen. Seh. In der Zusammenstellung der Flora oeningensis Jahresheft 1850. S. 215 fg. sind folgende Stellen zu berichtigen : Seite 216 Zeile 4 v, u. lies: Vorarlberg statt: dem Kalkstocke von Appenzell. „ 219 „ 8, 9 V. o. fällt „zu Tage ansteht und'' ganz weg. „ 230 „ 20 V. 0. lies: Aeoli, A. Br., statt: Eoli, Unger. „ 233 „ 17 v.o. 1, Duranta oeningensis, A. Br., st. Duranta verin- gensis, A. Br^ „ 235 „ 15 V. o. I. (Acer trifoliatum) , st. (Acer trifollalum.) „ 235 „ 3 V. u. I. Farn. Driipaceae, st. Farn, Donpaceae. Siebeiuindzvvanzigsler und acht und zwanzigster Jaliresbericlit über die Wilteningsverliältnisse in Württemberg. •falirg^an^^ ISIil und 1953. Von Prof. Dr. Th. Plieninger. (Fortsetzung; und Schluss von Jahrgang VII, 1851. 3s Heft.) 13) Besondere Erscheinungen und Ereignisse. Wir geben eine üebersicht derselben, soweit sie aus den öffentlichen Berichten , Zeitungen und wissenschaftlichen Journalen zu entnehmen waren. a) Feuerkugeln, Meteorsleine, Sternschnuppen. Nachtrag. Am 30. Nov. 1850 zu Sulkea bei Bissunpur, im ben- galischen Bezirk Burdwan, unter heftigem Knall ein 3' langer 1' dicker Aerolith, der sich 4' tief in die Erde grub. 1851. Am 17. April nach 8h Abends schöne Feuerkugel zu Osna- brück, Herfort, Soest, sie fiel mit nicht sehr schneller Bewegung im SO nieder unter Zurücklassung eines glänzenden Streifs; bei Güterslohe fiel ein Meteorstein (Pogg. Ann. 1851. No. 7. Seite 465.) Am Abend des 20, Aprils sei in Ostindien (Bombay, Punah, Cala- pur u. a. 0.) ein Fall von Meteoren (Sternschnuppen ?) vorgekommen (Ausland No. 185.) Den 30. Juli 8h Abends zu Hannover eine Feuerkugel von NNO— 0 mit Funkensprühen, grünem Licht und ohne Geräusch, zog sehr niedrig. Dieselbe wurde auch zu Göttingen, Klausthal u. a. O. gesehen. Zu Bienen- büttel bei Lüneburg sah man sie östlich und ziemlich hoch ziehen, sie zog einen Feuerstreif nach sich; zu Bederkesa sah man sie SSW — NNO ziehen, weissglänzend mit Schweif, der an seinem Ende Funken sprühte, sie löste sich beim Erlöschen in unzählige Leuchtkugeln auf; die Dauer sei ^ Minute gewesen. Am 2. August lO^h Abends zu Fcrrara eine glänzende Feuerkugel von SO — NW mit einem Feuerstreif. Vom 9 — 10. Aug. Morgens Ih zu Sykc (Hannover) bei klarem Him- mel und Mondschein eine Feuerkugel von W — NNO mit lichtem Streif, der sich theilweise in gelbe, rothe und violette ,, Kugeln" auflöste. Am 14. August ll^h Abends, 8 Stunden nach dem furchtbaren Erd- beben das Melfi zerstörte, erschien eine grosse Feuerkugel mit starkem Württemb. naturw. Jabreshefte. 1852. 3s Heft. 17 - 258 - Fuiikonschwoif von S — W, tlicilte sich in der Milte ilncr Bahn in diti Stücke. Am 23. August 8h 15' Abends eine Feuerkugel von N- S imOsnabriick- schen, schien bei Versniold niederzufallen und zerstob in zahllose Funken. Am 29. November Abends zu Kopenhagen eine Feuerkugel in SW- Richtung von blassrother Farbe und 1 Minute Dauer. 1852. Vom 9—10. Jan. Nachts zu Bern eine Feuerkugel vonS— N. mit ungemeiner Schnelligkeit sich bewegend, von 2 Sccunden Dauer. Am 11. Mai 8\U Abends zu Heilbronn eine Feuerkugel mit der Geschwindigkeit einer Sternschnuppe in bogenrörmigem Zug wie eine Rakete, mit bläulichem Licht und sternförmig gezackt, 1 Secunde dauernd, der Himmel bedeckt; um dieselbe Zeit wurde das Phänomen zu Calw gesehen von O— W, Vollmondsgrösse , starkem Glanz und feurigem Schweif, der Zug ging über die Stadt; von Freiburg i. B. wurde das Phänomen 9h 12' von S — N ziehend berichtet; zu Frankfurt a. M. wurde es gegen § erblickt, von SO—NW ziehend und etliche Sccunden dauernd. Ferner wurde es gesehen zu Landau, Mainz, im ganzen Mittelrheinge- biet, zu Hannover, Bremen. Ueber ein zn Toulouse und Bordeaux beobachtetes Meteor (? 11. Mai 52?) berichtet l'Institut v. 29. Sept. 52, No. 978, dass es nach den Berech- nungen 253 Kilometer von der Erde entfernt war, als es zu Bordeaux beobachtet und 149,2 Kilometer, als es zu Toulouse beobachtet wurde, 75 Kilometer absolute Geschwindigkeit, 215 Meter Durchmesser halte und ein kosmischer Körper war. Am 10., 11., 12. August 52 auf der Sternwarte zu Münster viele Sternschnuppen beobachtet, die meisten vom Perseus ausgehend, viele auch vom Nordpol; die Bewegung über die Sternbilder der beiden Bären, des Drachen, Widders, Andromeda und Pegasus, des Wassermanns und Adlers. Am 10. die grösste Menge; mehrere Hessen Schweife von 7 — 8 Sccunden Dauer. Am 12. die hellsten, viele heller als Ve- nus, eine langsam mit wellenförmiger Bahn, eine senkrecht nach auf- wärts. Um 2h 22' 3 See. Nachts erschien eine Feuerkugel im S im Wallfisch, die sich langsam abwärts bewegte, zuerst blendend weiss, diinn bläulich und verschwand unter Funkensprühen. Aus Turin vom 14. August 52 in den „letzten Tagen*' von 9 — 12h Abends fast ununterbrochene Sternschnuppenfälle; theils von W — 0, Iheils umgekehrt; die Sternschnuppen hatten ausserordentlichen Glanz. Am 20. August Abends 8h wurde zu schwäbisch Hall gegen W eine Feuerkugel gesehen. Am 5. October Morgens 3h wollten während des Sturms Arbeiter bei Donaueschingen eine leuchtende strahlende Lufterscheinung gegen NO, einem Pokal der Gestalt nach ähnlich, bald sichtbar, bald wieder ver- schwindend, beobachtet haben. - 259 — Am 1 1. November Nachls, eine Sliiiule nueli dem Noidlirlif, s.jIi man im ohereii Wiirmtlial eine }>;länzeiifle Foucikiij;el. Am 14. NovtMuber 91) Abends zu Neuenbürg:; eine Feucikngel von weisser Farbe in borizontaler Ricblunp: obne (Jeräiiscb. An) 2. December Abends liel bei Vierzehnbrilijrcn nnlern Jena ein MeJeor von ausserordenllieher Grosse, zerplatzte unter lurchtbareu) Ge- töse und warf 12 Sccunden lang Massen von „iciinfrcu Kugeln''^, wie ans einem Krater, hoch empor, der Himmel dabei ganz klar. Am 1 1. December Abends zu Leipzig-, München, Saarbrücken, Fulda, u. a. vie!e Sternschnuppen und eine grosse Feuerkugel. b) Nord Hehl er. 1851. Am 1., 3., 29. September starke Nordlichter in An)erika (SilUm. Journ. Novemb. S. 442.) Vom 29 — 30. Septbr. Nordlicht in Württemberg (Stuttgart) gesehen; zu Böblingen sah man eine starke Röthe gegen NO, zu Vahingen sah man die Purpurfarbe von 4 weissen Verticalstreifen durchzogen, das Phänomen dauerte nur etwa ^ Stunde. Am 2. October llh Nachts schönes Nordlicht zu Warschau, das den Horizont weit und breit mit einer silberähnlich glitzernden Strahlenmasse überzog. Am 13. October 10h Abends zu Audierrc (Depart. Finisterre) im NO ein ausgedehntes Nordlicht. In) Winter IS^'/^o häufige Nordlichter auf Island nach Weihnachten. 1852. Am 19—20. Febr. Nachts zu Wien ein schönes Nordlicht: dess- gleichen zu Hannover, Osnabrück, Lübeck, Bremen. Zu Lübeck hatte mau — 3". Zu Frankfurt wurde es 11 — 12h im NNW, zu Heilbronn von lO— II) gesehen, der klare Himn)el zeigte gegen N einen bläulich-weissen Lichtstreif, von dem eist bläulich-weisse, dann rothe Strahlen ausliefen. Zu Strasburg von 12— Ih. In Weissenburg wurde ein zweites au) 20. nach 31) Morgens beobachtet. Aus üleaborg (Finnland) vom 9. (21.) Februar ein seltsames Nord- licht bei klarem Himmel von 3\ — 4h Morgens und wiederholt 5h Mor- gens: eine starke Röthe hüllte die Stadt ein, zeigte sich stets in eini- ger Entfernung, erhob sich nicht aus dem Horizont, sondern schwebte gerade über der Stadt; die Abnahme der Lichtintensität trat Anfangs von Secunde zu Secunde, später in Pausen von vielen Minuten ein. Am 22. August Abends zu Laupen (Bern) ein schönes Nordlicht. Am 23. und 27. August aus Axö im südlichen Norwegen sehr „stark flammende" Nordlichter gemeldet; (1848 und 49 erschienen beidemal die ersten Nordlichter erst am 17. September.) In der Nacht zum 17. September zu Stockholm ein ungewöhnlich starkes Nordlicht. Am 11. November ein Nordlicht im Württembergischen, (zu Stuttgart, 17* ~ 260 — Göppingen, Freudenstadt, hier eine auflfallendeRöthe gegen N, Sehramberg gegen NW) zu Mannheim/ Carlsruhe, in der Rheinpfalz, Strasburg auch in Chur (7— 8h Abends und sich später wiederholend), zu Basel (in Zürich und St. Gallen sah man nichts), auch zu Wien. c) Leuchtende, farbige und andere Meteore, optische Erscheinungen. 1851. Am 2. Februar zu Frankfurt a. M, 2 Nebensonnen. Am 5. Februar Nebensonne zu Leipzig. Den 9. Mai Abends 8^h starker Q^of zu Stuttgart, am 10. Nach- mittags Regen. Den 11. Mai 6h 2 Morgens 2 Nebensonnen zu Stuttgart-, Nachmittags Regen, Den 25. Mai 6^h Abends 2 Nebensonnen zu Stuttgart; am 26. Regen. Vom 6 — 7. Juni kurz vor Mitternacht ein Mondregenbogen zu Stuttgart. Am 20. Juni 7| — 8^h Morgens zu Krakau ein farbiger Sonnenring mit einem Sonnenhof beobachtet. 1852. Zu Anfang Januars auf dem Uetliberg bei Zürich eine Fata morgana. Am 5. Februar farbiger Mondshof von mehreren Minuten Dauer zu Laibach. Am 5. Februar zu St. Lorenzen in Steiermark 9h Abends bei Monds- aufgang eine hohe senkrechte Lichtsäule neben und unter dem Mond von dessen Durchmesser und 20 Minuten Dauer. Am 9. April 6h Abends zu Colding in Jütland ein regenbogenfarbi- ger Hof um die Sonne von grossem Durchmesser. Am 10. April bis Mittags dichter Nebel zu London. Am 13. April Morgens zu Stuttgart ein „Zodiacallicht" (?) d. h. eine Lichtsäule senkrecht auf dem Horizont, vor Sonnenaufgang. Am 22. Mai 9h 10' bis 10h 10' Morgens zu Ellwangen ein (roth) farbiger Hof um die Sonne, am stärksten trat die Farbe gegen NO und SW des Bogens um 10h 3' hervor. Nach innen war der Ring scharf abgegränzt und dunkehoth, nach aussen ganz licht, der Halbmesser bis zum inneren Rand betrug 23*^. Am 23— 24. Juni 10— 11h Nachts Mondregenbogen im oberen Filsthal ; Mittags war ein Gewitter erschienen, gegen Mitternacht zog sich ein zweites gegen die Geisslinger Alp hin und am nordöstlichen Himmel er- schien auf den Wolken ein weisslicher Bogen, welcher gegen O heller war, die innere Kreisfläche heller als die dunkelschwarze Umgebung; Dauer i Stunde. Am 27. Juni llVh Abends zu Leipzig ein seltsames Meteor: am südlichen Himmel erschien zwischen duukelschwarzen Wolken ein gros- ser röthlicher Stern, der sich langsam höher steigend gegen W bewegte, dabei immer kleiner wurde und in WNW verschwand; 6—7 Minuten Dauer. - 2G1 - Zu Cannstatt am 27. August Abciuls lOjIi ein Mondregcnbogen olinc Farben. Aus Paris vom 14. September: „Kürzlich während den heissen Ta- gen" eine Fata morgana in der Sladt von einem Haus in der Strasse Fleurus aus, die Kuppel der Sorbonnekirche zeigte sich doppelt, die zweite ziemlich entfernt von der ersten, aber eben so deutlich. Am 31. Oetober zu Oberndorf ein Mondregenbogen. Am 20. Decembcr Abends 7h zu Leipzig ein grosser Mondshof. d) Besondere elektrische Erscheinungen. — Tromben. 1851. Am 17. Mai Abends 11 Ah sei zu Paris ein seltener Blitz- schlag auf einen Mann in der Strasse Grenellc St. Germain erfolgt, ohne ihn zu beschädigen: der Hut weggeschleudcrt , die Uhr zum Still- stehen gebracht, die silberne Uhrkette um etliche Gelenke am stählernen Schlüssel verkürzt und dieser bis auf das die Rohre umhüllende Gold- blech entfernt, der Goldring daran zerbrochen, bei einer kleinen silbernen Boussole die Pole verkehrt, ein eisernes Medaillon in der Tasche aus dieser durch ein Loch in derselben hinausgeschleudert , an der Stelle des Erdbodens wo er stand, ein 2 Finger breites Loch mit verbranntem zerrissenen Rande; der Mann hatte eine seidene Binde auf dem Leib gehabt. Am 5. August 4— 5h Nachmittags Gewittersturm im Eulengebirgp, Kreis Glatz, auf der Seite gegen Eulenburg und Falkenberg (Schlesien), eine Wasserhose im Eulenthale habe dieses in weniger als einer Stunde überschwemmt. Am 25. August zu Steinhöning bei Ebersberg (Baiern) eine Wind- hose mit Verwüstungen auf dem Felde und an Häusern: am 28. August habe sich dasselbe Phänomen im Vilsthal zu Thanheim bei Ensdorf wie- derholt, Bäume entwurzelt und Dächer abgedeckt. Aus München vom 3. September eine Wasserhose berichtet bei Wasserburg am Inn mit Verwüstungen an Dächern; eine Hütte sei über das Dach eines Hauses getragen und auf der anderen Seite wieder ab- geworfen worden; der Bergensee, ein Teich, ausgehoben und über die Felder ausgeschüttet worden; zwei Feuersäulen, ^Stunde von einander entfernt, verleiteten zur Vermuthung ausgebrochenen Brandes; dauerte etwa 10 Minuten und hinterliess Schwefel- und Brandgeruch in der Luft. Aus Neapel vom 8. Dezember berichtet, dass zu Marsala und Ca- stellamare Sturm und 2 ungeheuere Windhosen grosse Verheerungen an- gerichtet; aus Malta vom 8. Dezember: ein Gewitter mit einer furcht- baren Windhose und Hagel habe einen Theil der Insel verheert. 1852. Während der (im Februar und März ?) Stürme und Regen- güsse auf Rhodos seien auch Wasserhosen vorgekommen. Nach Berichten in deutschen Blättern vom 25. Mai sei während grosser Hitze in einer Station in der Nähe von Ronen vom Telegraphen- — 262 - draht ein „elektrisclies Feuer" ausgegangen, das den Beamten auf einige Augenblicke ganz uniluillt habe. Am 21. Mai sei zu Kilkenny (Irland) und Umgegend ein „schwarzer Regen" (Folge einer Trombe?) gefallen, er habe ausgesehen wie von Holzkohle und Talg (?) geschwängert. (Im letzten Cholerajahr sei das gleiche Phänomen vorgekommen, daher man Furcht hatte.) In Pariser Blättern vom 29. Juni wird berichtet: „Vor einiger Zeit'^ habe sich in Algerien bei heranziehendem Gewitter und sehr schwüler Luft auf den Lanzenspitzen eines Reiterregiments das St. Elmsfeuer als blaue Flämmchen gezeigt und sei verschwunden, als der erschrockene Commandeur die Lanzen umzuwenden befahl. Am 27. Juli 3^h Nachmittags zog zu Niedernau eine Trombe, wenige Minuten nach einem heftigen Regenguss, östlich über den Wald hin, sie bildete eine ober der Mitte dicke, trichterförmig gestaltete Säule von etwa 3 Mondsbreiten, anfangs dunkel, aus einer schwarzen Wolke herab- gehend, plötzlich oben lichter werdend und verlor sich nach wenigen Minuten von unten her. Sie bewegte sich nicht. Nach \ Stunde er- schien aus der entgegengesetzten Richtung her ein Regen. Vom 8. September aus dem oberen Würmthal berichtet : die Gewit- ter in den letzten Wochen seien ohne Schaden vorübergegangen, ob- gleich sie seit 14 Tagen meist von N kamen, welche am meisten ge- fürchtet werden; sie zeichneten sich alle durch ihre Masse von Electri- cität und heftige Platzregen aus. Am 19. October Abends eine starke Einwirkung der Luftelectricität auf den Telegraphenapparat zu Stuttgart; die Verbindung nach Ulm und Bruchsal auf 20 Minuten gehemmt und noch eine Stunde darauf durch starkes Anziehen an den Electromagneten gestört. (Noch auffal- lender sei diese Erscheinung am 18. und 19. Febr. gewesen, es folgte darauf gelinde Witterung mit starkem SW-Wind, dann Kälte und Schnee.) Während des Nordlichts am 11. November 8h Abends bemerkte man auf der württembergischen Telegraphenlinie von Ulm-Stuttgart-Bruchsal Störungen gleich denen am 28. (? wohl 19.) October. Bis 8h 30' konnte man mit Mühe nach Ulm und Bruchsal telegraphiren, bis 9h trat völlige Unterbrechung ein: nach 9h hörten die Störungen auf. Am 12. Morgens bemerkte man nur noch „eine ziemlich starke Kraft" auf den 2 Haupt- linien. Auf der Linie von Bietigheim bis Heilbronn fanden keine Stö- rungen statt. e) Gewitter, Blitz- und Hagelschläge. Am 1. und 2. Februar Gewitterstürme mit Schneefällen, Ueber- schwemmungen, Erdstürzen, Hagel, Lawinen und Erderschütterungen auf dem südlichen Abhänge der Alpen von Nizza bis La Spezzia, Lugano, Brescia, Mailand, im südlichen Tyrol und Schweiz. Auf dem Mont- cenis 3tägiger Schneefall. An den Küsten Schiffbrüche. — 2G3 — Am 1. Februar 3s(iin(li;au fischicii auf dem Loonj^ebcnfeld 3 Jahre hinter einander Hagel, seit- dem die Gemeinde Villmergen einen Tannenwald auf dem gegen SW liegenden Berge niederschlug, während sonst seit Menschengedenken «lort nie Hagel beobachtet wurde. Aehnlichc Walirnehmungen wurden in Baselland gemacht. Aus Turin vom 6. Aug. Gewittersturm nach anhaltend drückender Hitze, mit Hagel und Uebcrschwcmmung, allgemeine Traubenkrankheit berichtet. Aus Montreux vom 10. August einzelne Gewitterstürmc „in den letzten Tagen" mit Schaden in den Weinbergen, besonders bei Veyteaux duich Schutt und Flözen vom Dent de Jaman her. Aus Bern vom 12. August Ueberschwemmungen durch die letzten Regengüsse bei Airolo, der Arve zwischen Chamouny und Genf u. a. O. Am 13. August Hagelwetter auf dem Hertsfeld, Dunstelkingcn, Egiingen, Dischingen wurden betroffen. Am 13. August bei Bempflingen, O.A. Urach, Blitzschlag auf einen Mann unter einer Eiche, auf der rechten Seite die Haut vom Kopf bis zum Fuss versengt. Am 14. August Blitzschlag auf ein Haus zu Altenkirchen in Hessen- homburg, eine Frau mit drei Kindern schwer verletzt, das eine starb kurz darauf. Aus Venedig vom 16. August grosse Verwüstungen durch ,Jüngst" niedergegangene Hagelwetter in der Gegend des Gardasees, besonders zwischen Azzife und Bardolino, die Citronenpflanzungen stark beschädigt. Am 18. August Abends 8h Hagelwetter von NW zu Freudenstadt, Aach, Grünthal, Hallwangen, Dornstetten stark getroffen. Am 18. und 19. August je vor Mitternacht Gewitter im Bezirk Her- renberg; am 18. zündender Blitzschlag auf eine Scheune zu Nufringen, die abbrannte. Am 18. Abends Hagelwetter zu Meersburg; Blitzschlag bei Krauth (Baden) auf ein Weib unter einem Birnbaum. Am 18. August Abends heftiges Gewitter 4 Stunden lang im obern Rhonethal; im Val d'Illez am Nordrand des Dent du midi nussgrosse Schlössen; Ueberschwemmungen im Wallis und Savoyen, Bonneville von der Arve unter Wasser gesetzt; die Is6re riss bei Montmelian Deiche und Brücken um, der See von Annex trat aus, die Getreidefelder verheert, der Dent du midi und de Mordes u. a. mit Schnee bedeckt; zu Mon- trey, Bex und Massanger Hagelschaden in den Weinbergen ; gleiche Verwüstungen aus dem südöstlichen Frankreich berichtet. Am 19. August Gewitter mit Hagel und grosser Ueberschwemmung des Gottelbachs zu Schrambcrg, mit Verwüstungen in den Gemeinden Schramberg, Aichhalben, Sulgen, Sulgau, Dunningen; 8 — 91t Hagelwetter 18 - — 276 — zu Oberndorf, die Gemeinden Winzeln nnd Fluorn stark verheert, Sul- gen, Röthenberg, Peterzell, Bergweiler, Hochraössingen getroffen, zu Obern- dorf Ueberschwemmung des Neckars; — von 8h Abends bis 2h Morgens zu Sulz Gewitter von SW — NO mit Hagel und Sturm, begann seine Verheerungen an der Westgrenze zu Alpirsbach, zog über Waldmössin- gen, Winzeln u. s. w. hinter Sigmarswangen gegen 0 und SO, 400 Schritte vom Ort war die Verwüstung wie abgeschnitten; gegen N wur- den auf ^ Stunde von Sulz entfernt die Sigmarswanger Felder noch verhagelt; auch die Wasserströmungen richteten Verwüstungen an; der Hagel war von Hühnereiergrösse, 6 — 7 Zoll lange Stücke ^,in Stangen wie Siegellack'^ von 2 Zoll Dicke wurden gefunden, zu Boll lagen die Schlössen unter Dachtraufen noch am 20. 3 — 4' hoch. — Zu Dornhan dauerte das Unwetter von 9h Abends bis Ih: zu Schömberg O.A. Rott- weil in der Nacht vom 19. Blitzschlag in das Schulgebäude ohne zu zünden; — um 10h Nachts am 19. starkes Gewitter zu Leonberg. Am 19. August Morgens bis 9h Gewitter zu Gaildorf, Blitzschlag bei Geifertshofen auf 2 Weiber unter einem Baum, eine derselben er- schlagen, der andern der Fuss verletzt. Am 19. August Abends zu Strassburg und Umgegend heftiges Ge- witter mit Ueberschwemmungen an mehreren Orten des Elsasses und Lothringens, die Eisenbahn zwischen Luneville und Nanzig beschädigt, die Telegraphen durch Blitzschläge an mehreren Punkten zerrissen, wie z. B. zwischen Saarburg und Nanzig. — Am 19. Abends und die Nacht hindurch starkes Gewitter zu Baden-Baden. Am 20. August Morgens früh 6h zu Hall Blitzschlag in einen Acker bei Comburg, zu Sittenhard tödtlicher Blitzschlag auf 4 Ochsen in einem Stall; — am 20. Vormittags Blitzschlag in den Kirchthurm zu Sulzbach O.A. Weinsberg, das Feuer wurde gelöscht. Am 21. August 2 — 4h Morgens Gewitter zu Biberach und im obern Rissthal, Blitzschlag auf die Telegraphenleitung bei Ummendorf, der sich bis in das Telegraphenbureau fortleitete; 6 — 7h Abends ein zweites Gewitter'mit Wolkenbruch und Ueberschwemmung, zu Obersulmentingen zündender Blitzschlag auf ein Haus, drei Einwohner wurden verletzt; Blitzschlag zu Weisel O.A. Ehingen auf einen Stadel, ohne zu zünden. — Am 21. August Gewitter zn Oberndorf mit 10 Minuten dauerndem Hagel von der Grösse einer Faust zu Winzeln, der selbst die Kreuzstöcke der Fenster und mehr als die Hälfte der Dachziegel und mitunter die Dachlatten zerschlug; auf dem Felde lag der Hagel | Fuss hoch. — Am 21. August 4h Nachmittags Wolkenbruch im Bezirk Rottenburg, bei Niedernau und Weiler verwüstende Ueberschwemmung des Thals; die Vorstadt von Rottenburg unter Wasser gesetzt. Aus Karlsruhe vom 24. August Gewitter mit Hagel bei Wiesloch, Hindelberg, Ladenburg, Schwezingen; — aus Köln vom 24. verwüstender Wolkenbruch in der Umgegend, der Rhein auf 14' gestiegen. — 277 — Aus England vom 24. August bericlitct, dass starke Gewitter in den südlichen Gebenden der Ernte gescliadet. Aus Konstanz vom 25. August schweres Hagelwetter in der Um- gegend; ,,dioser Tage*^ (21. August?) sei das ] Stunden entfernte Woll- matingen verhagelt worden; durch die ^letzten*^ Unwetter sei die Tem- peratur des Sees auf + 5^ gesunken , der See beständig im Wachseu. Am 28. August Mittags Gewitter mit Blitzschlag auf eine Scheuer des Rommenthaler Hofs bei Schlatii O.A. Göppingen, ohne zu zünden, ein Mann darin erschlagen; 6 — 7h Abends Hagelwetter und Wolken- bruch zu Göppingen , die Schlössen wie Taubeneier. — Am 28. Abends Hagelschlag zu Mergentheim von der Grosse der Hühnereier, die Wein- berge nicht getroffen. Am 28. August das Dorf Zierl (Tyrol) von einem Gewitter mit furchtbaren Regengüssen und Ueberschwemmung gctroff'en; Erdschlipf eines grossen Waldstücks; Blitzschlag auf die Spitze des Solsteins in ein Zelt, wo ein Offizier und 3 Mann zur Vermessung lagen, 9h Abends erfolgte der Schlag in ein Kästchen mit Instrumenten, auf dem der Offi- zier mit dem Kopf lag, die Instrumente wurden beschädigt, der Offizier blieb unverletzt, dagegen wurde der neben ihm liegende Bediente stark und ein Soldat leichter verletzt; der vierte blieb unberührt. Am 30. August 9h Abends Gewitter von SW zu Ludwigsburg mit starkem Hagel; zu Marbach Blitzschlag auf ein Haus, zündete in einer Dachkammer, fuhr durch zwei Stockwerke, warf ein Weib zu Boden zer- schlug ein Fensterkreuz, fuhr durch dasselbe über die Strasse in ein Nachbarhaus, wo er spurlos verschwand; 10h Abends Gewitter mit Hagel und Wolkenbruch zu Murrhardt fast die ganze Nacht hindurch* gegen Morgen neues Gewitter, schadete durch Wasserströmung. Am 31. August 2 — 5h Morgens Gewitter im Rissthal, endete mit einem starken Schlag, der auf den Telegraphen zwischen Ummendorf und Essendorf bei Schweinhausen fuhr, die Leitung zerriss, mehrere Isolatoren zerschmetterte und die Stangen ausriss; im Bureau zu Bibe- rach erfolgte ein starker Schlag, der Erddraht und der zweite kurze Draht waren weich und schwarz (oxydirt) , die Seidenumwicklung der Drähte zerstört; am 3t. Abends 6 — 7h ein neues Gewitter über der Stadt Biberach selbst, zog nach der untern Gegend zwischen das Riss- und Donauthal, überschwemmte zu Assmannshardt, Albenweier, Langen- schemmern u. a. O.; Blitzschlag zu Obersulmettingeu in ein Haus, zwei Weiber wurden, die eine auf der Vorderseite, die andere auf der Rück- seite des Leibs beschädigt, der Mann hinter dem Ofen an den Füssen auf einige Minuten gelähmt, das Haus verbrannte; ein anderer Blitz schlug in einen Stadel zu Ehingen, ohne zu zünden. - Am 31. gegen Abend nach grosser Hitze (bis -{- 23<^) in den vorhergehenden Tagen Ge- witter mit Wolkenbruch zu Riedlingen, Hagelschlag (zum viertenmal in diesem Jahr) zu Utteuweiler, Dieterskirch, Aderzhofcn mit ;,Eisklumpen'^ - 278 — in Form von „Eiszapfen'^, wie sie Winters an den Dächern vorkommen; auf der Ostseite des Bussen strömte eine ungewöhnliche Wassermasse dem nach 0 fliessenden Bächlcin zu, der Hagel zerschlug Dächer, Fen- ster und den Häuseranwurf, die Fluth riss Mauern und Wiesendärame ein, schwemmte die Dammerde ab, iiberschlemmte die Wiesen, in Saug- gart schwammen Schweine zum offenen Giebel eines Hauses hinaus. — Zu Tuttlingen 3h Nachmittags Gewitter mit ^stündigem Hagel, zog öst- lich und schadete zu Neuhausen (das schon am 18. Juli verhagelt wurde). Zu Irrendorf und Bergstaig bei Friedingen Blitzschläge auf Häuser, die beschädigt wurden. — Zu Sulz 4h Nachmitttags Wolkenbruch in den Gemeinden Sigmarswangen, ßoll, Wittershausen mit grossen Verheerun- gen, die Fluth stürzte 5' hoch einher. — Bei Rottweil zu Herrenzimmern Blitzschlag in einen Schopf, von 5 darunter stehenden Menschen ein Mädchen getödtet, zwei verbrannt und zwei betäubt, der Blitz zündete. — Am 31. Gewitter im Taubergrund zwischen Mergentheim und Würzburg mit Wolkenbruch und üeberschwemmung; bei Würzburg furchtbarer Wolkenbruch, das Dorf Höchberg durch plötzliche Fluth verheert, ein Postwagen vor dem Ort von dem Wasser ereilt. Am 31. August bei Freiburg i. Br. zu Ebringen zündender Blitz- schlag in eine gefüllte Scheuer, die abbrannte; Wolkenbruch im Amte Staufen zu Heitersheim; — 3h Nachmittags Gewitter in der Pfalz, Blitz- schlag zu Böbingen, Canton Edenkoben ^ auf ein Haus durch den Schornstein, ein am Tisch sitzender Mann getödtet, die Frau betäubt; zu Ludwigshafen Blitzschlag auf den Mast eines Schiffs im Winterhafen, die Spitze zersplittert, an der Schiffswand die Köpfe einer Nägeleiche aufgerichtet. Aus Bern unter dem 1. September: Die ^letzten Gewitter^'^ (18. Au- gust?) haben viel Schaden angerichtet, zu Wyl entzündete der Blitz ein Haus und tödtete eine Frau, zu Boltingeu fand man 14 Schafe unter einem Baum erschlagen. Am 2. September 12^h Mittags Blitzschlag zu Stuttgart in einen Lindenbaum im Schlossgarten beim Königsthor, der in zwei Hälften ge- spalten wurde. Am 8. September Morgens 8h Gewitter mit Wolkenbruch zu Mannheim. Am 9. September Abends 5h Gewitter zu Wildthal (Baden) mit furchtbarem Hagel und Platzregen im obern Theil des Thals, die Schlös- sen lagen fusstief; die Reben, der Hanf, das Futter zerschlagen, der Boden abgeschwemmt und mit den grössten Bäumen in die Tiefe ge- führt. Wehre und Strassen eingerissen. — In der Nacht starkes Gewitter in der Baar (Thuningen), Blitzschlag in eine Scheune, | Stunde vom Ort, auf dem Dach 2000 Ziegel zerschmettert, die durch Eisendraht be- festigt waren, der Draht zerstört, die Ziegel 90 Schritte weit ge- schleudert. — 279 — Am 11. September Hagelwetter entlang der badiselien Bergstrasse, starke Abkiiiiiung darauf. Aus Rom vom 11. September anbaltendes Regenwetter mit Gewit- tern seit 3 Tagen: Zunahme der Traubentäule. Am 7. October 2li Naciimittags im Taubergrunde nach einem starken Regen ein starker Blitz- und Donnerschlag, worauf sich der heftige Sturm legte, der den ganzen Vormittag geherrscht hatte ; darauf leich- ter Hagelscliaucr. — Zu Hall am 7. Abends nach etlichen Donnerschlä- gen während strömendem Regen ein förmlicher Schneefall. — Von 7 — 8h Nachts starkes Gewitter zu Hamburg unter fortdauerndem Stürmen. Am 28. October in mehreren Distrikten Oberschwabens förmliche Hagelwetter, zum Theil mit grossen Körnern. Am 31. October Regen, gegen Abend Hagel und 8h Abends ein Gewitter mit kurzem Regen in den Bodenseegegenden. Am 16. November Morgens 4h zu Zweibriicken Gewitter mit hefti- gem Regen und Hagel ; den Tag über wiederholte Gewitter bei grosser Dunkelheit, — In der vorhergehenden W^oche haben Gewitter zu Frankfurt, Mainz, am Neckar u. a. O. der Rheingegenden geherrscht. Am 16. November 5— 6h Abends Gewitter mit Blitzschlag zu Dürr- menz; Gewitter zu Bruchsal, Maulbronn, Heilbronn, Göppingen, Mann- heim, Darmstadt. Zu Heilbronn hatte man am 15. Abends 4 — 5h einen Regenbogen und später gegen NW starkes Blitzen bemerkt. Vom 16—17. Novbr. Nachts auf dem Kniebis bei milder Frühlings- witterung ein Gewitter mit Blitzen, dumpfem Donner und Regen, das gegen den Rhein und Hornisgrinde hin seinen Hauptausbruch hatte. — Im obern Enzthal nach Sonnenuntergang ein gegen NO ziehendes Ge- witter mit Hagel. — Zu Sulz sah man 5 — 6h gegen Freudenstadt und Horb ein fernes Gewitter mit beständigem Wetterleuchten. — Zu Stutt- gart hatte man Abends 6h Regen und Blitz und Donner im NO. — Zu Esslingen Abends 6h Regen mit Blitz und Donner im W. — Zu Hall Abends gegen 6h Gewitter mit starkem Blitzen bei -f- 9^ R. eine Stunde lang, darauf Regen. — Zu Mergentheim 6yh Abends Gewitter mit Hagel von SW bei -f 10^ R. Auch zu Maulbroun, Heilbronn, Göp- pingen, dann zu Rastatt, Baden, Bruchsal, Pforzheim zwischen 5 und 6ih Gewitter. Zwischen Mannheim und Darmstadt Gewitter mitRegen- guss und Beschädigung an der Telegraphenlinie. Am 17. November Abends 9h Gewitter zu Coburg mit üeberschweni- niung im Itzgrunde. f) Stürme und Orkane. Nachtrag. Im Sommer und Herbst 1850 häufige Stürme im weissen Meere, - 280 — 1851. Vom 1—2. März NW-Sturm auf dem Bodensee und darauf Schneefall. Am 8. März ein starker Orkan in der Präsidentschaft Bombay. Vom 16 — 17. März ein starker Orkan zu Newyork, der den Hud- son über seine Ufer trieb. Am 10. April nach längerer Frühlingswitterung zu Athen ein N-Sturm mit Kälte, welche 4 Tage anhielt. Am 15. wieder -j" 12° R. Nach Bericht aus Newyork vom 19. April hatte ein furchtbarer Sturm (am 16.?) zu Boston gehaust. Am 13. Mai ein Regensturm im Kreise Woltschansk (Russland) mit grossen Verwüstungen an Feldern, Gebäuden und Windmühlen. Vom 25. Mai aus Calcutta und Bombay berichtet: es haben Orkane die Zeit des Mousson angekündigt; Schiffbrüche an den Küsten von Bombay, Madras uud Coromandel. Vom 17. Juni stürmisches Wetter im Hegau, die Felder stark aus- getrocknet. Aus London vom 28. Juni nach einem mit der ^üeberlandpost*^ ge- kommenen Bericht ein furchtbarer Sturm auf Ceylon berichtet. Am 3. Juli die Küste von Mexico (Tampico) von einem furchtbaren Orkan getroffen; viele Verwüstung an den Häusern, Ueberschwemmung durch Platzregen und plötzliches Uebertreten des Flusses, grosse Bäume mit deii Wurzeln ausgerissen. Am 15. Juli starker Sturm zu Breslau, der Nicolaithurm beschädigt. Am 23. Juli 10h Abends in der Gegend von Heidelberg Gewitter mit Orkan, der Bäume ausriss; wüthete auch von Speyer bis gegen Frankenthal. — 2h Nachmittags Gewitter mit Orkan und Hagel im De- partement Nievre, Dächer abgehoben. Bäume 20 — 30 Metres fortge- rissen, ein Dorf, les Chaumes Grandjean, auf einem Berge gelegen, wurde ganz zerstört, gegen 12 Gemeinden an der Strasse von Nevers nach Clamecy stark beschädigt. Am 25. Juli in Polen ein Orkan, der Bäume entwurzelte, Gebäude umriss, Vieh und Menschen erschlug; am nämlichen Tage ein Sturm in Galizien. Am 30. Juli Gewittersturm bei Metz. Vom 17—18. Aug. Nachts, Gewitterstürme in der östlichen Schweiz; an der Bukowiner Grenze; — am 17. Orkan mit Erdbeben auf Guade- loupe, St. Nitto, St. Lucia u. a. Am 18. August furchtbarer Orkan auf St. Thomas von 9h Morgens bis 9h Abends aus NO. Vom 24—25. Nachts Gewittersturm im Wallis. Am 28. August, Abends, gewaltiger Sturm auf dem Bodensee. Zu Ende August (am 17.?) verheerender Orkan in Westindien, die Verheerungen reichten über Florida hinaus bis nach Georgia ; besonders - 281 — stark wurde Portorico getroffen, weniger Juniaica, die Ebenen gleich- zeitig überscliwcniint. Vom 31. August bis 2. September Orkan mit Woikenbrüchen in Nordamerika. Am 24. September starker NW-Sturm, 48 Stunden lang an den eng- lischen Küsten, besonders von Wales am Ausfluss des Humber, diese 48 Stunden weit mit Trümmern bedeckt. Am 21. und 22. October gewaltiger Sturm mit Regen und Schnee im asiatischen Russland, im Distrikt der mittlem Kirgisenhorde, viele Menschen und Thiere kamen um, der Schnee lag an manchen Orten 7 Arschinen hoch mehrere Tage lang. Am 30. October Orkan zu Kiel mit Ueberschwemmung des Hafens, während der Springfluth stieg und sank das Wasser dreimal; seit 183ö keine solche Fluth. Vom 20—21. November Sturm mit Schneetreiben in Sachsen und Schlesien. Vom 24--25. und am 25. Sturm zu Paris. Am 5. December verheerender Sturm zu St. Cruces auf Panama. Vom 8. December aus Neapel verheerender Sturm mit 2 Windhosen zu Marsala und Castellamare berichtet. Aus London vom 17. December ein furchtbarer Sturm ^zu Anfang der Woche* in der Gegend von Ediuburg berichtet, der viele Bäume und Schiffe zerstörte. Am 22. December grosser Sturm bei Madras. Vom 27—28. December 7h Abends Gewittersturm aus S zu Athen mit Hagel. 1852. Vom 3—4. Januar, Nachts, heftiger Sturm an der Ostküste von England. Am 5. Januar heftiger Sturm auf dem adriatischen Meere von Spa- lato berichtet. Vom 5—6. Januar starker Sturm zu Stuttgart mit Schaden an Bäumen. Vom 7—8. Nachts heftiger Sturm an der NWKüste Frankreichs, Ver- heerungen in den Küstenorten (Nantes) und an Schiffen. Am 9. und 10. Januar Sturmfluthen an den Ufern der Nordsee, auf Wangerooge ein Theil des Vorlandes abgerissen; Sturm aus SW in der Nacht vom 9 — 10. zu Schwerin und Lübeck mit Beschädigung an den Gebäuden. Am 10. zu Hamburg Ueberschwemmung bei 17' Wasser- stand, gleichzeitig in Hochschottland Schneesturm und ungeheurer Schneefall mit Verheerungen in den Wäldern. Am 13. Januar gewaltiger N-Sturm zu Vera-Cruz, Verheerungen an Schiffen im Hafen. Am 24. Januar Sturm bei Guadeloupe. Aus Southampton vom 29. Januar grosse Stürme an der portugie- — 282 — sisclien Küste, das Meer an manchen Stellen 6 Meilen weit ins Land eingedrungen, was seit 20 Jahren nicht mehr vorgekommen. Am 2. Februar Sturm von Malta berichtet. Vom 5 — 6. Februar, Nachts, Sturm zu Stuttgart, Beschädigung der Villa zu Berg; Sturm im Odenwalde. Vom 5—7. Gewilterstürme in Oberschwaben mit Verheerungen an Bäumen. Um dieselbe Zeit Stürme im Kanal la Manche. Am 18. Februar zu Wien ein Orkan mit Verheerungen an Gebäuden. Aus Mainz vom 27. Februar mehrere Schiffbrüche in Folge der Stürme in den letzten Tagen. Im Laufe Februars haben zu Tripolis furchtbare Stürme gehaust, viele Bäume und Schiffe zerstört. Aus Triest vom Ausgang Februars von einem Sturm berichtet, der zu Wasser und zu Land Schaden angerichtet. Am 2. März in Bengalen ein wüthender Orkan, die Telegraphen- leitiing zwischen Calcutta und Kedgeree über den Hughlcy unterbrochen. Berichte aus Newyork bis zum 20. März sprechen von grossen Stürmen an der Hondurasküste. Nach Bericht aus Malta vom 25. März wütheten fürchterliche Stürme im Mittelmeer (wann?). Aus Constantinopel vom 20. und 26. März anhaltendes Wüthen der Aequinoctialstürme. In den ersten Tagen Aprils fürchterlicher Sturm bei Neufoundland mit zahlreichen Schiffbrüchen. In der zweiten Hälfte März und der ersten Aprils (Bericht aus Calcutta vom 8. April) heftige Gewitterstürme in Ostindien, Schiffe, Ge- bäude und Menschen gingen zu Grunde. Vom 17. April aus Constantinopel anhaltende Stürme. Im Laufe Aprils seien grosse Stürme und üeberschwemmungen in sämmtlichen Theilen von Nordamerika mit Verheerungen an Häusern, Brücken, Schiffen vorgekommen. Am 1. Mai zu Cairo heftiger Orkan. Am 12. Mai und folgenden Tagen Stürme im adriatischen Meer, mit Schiffbrüchen. Am 14. Mai zu Calcutta furchtbarer Sturm, wie seit 1842 keiner so stark war , viele Häuser in der Stadt beschädigt; binnen wenigen Stunden fiel 8" hoch Regen. Am 14. Mai Sturm zu Stuttgart mit Beschädigungen auf derVillazuBerg. Am 11. Juni zu Nemethi im Szatmarer Comitat (Ungarn) ein starker Orkan, der Bäume entwurzelte, Gebäude beschädigte, das Kupferdach der Kathedrale wegriss. Vom 19. Juni aus Nizza heftiger Ostwind seit mehreren Wochen, am 12. ein Sturm der Bäume zerbrach. — 283 — Vom 6—8. Juli stiirmisclies Wetter im OberRchwaben. Alis Ibraila vom 19. Juli: ein fürchtei liclier Oikaii habe (am 18?) gewüthet, viele Schiffe uingesliirzt , viele Menschen ertranken, im Um- kreis von 10 ital. Meilen Dächer und Kamine beschii(li<;t, Fehler verwüstet. Am 23. Juli Sturm in Suffolk, der den Giebel eines Kirciithurms einstürzte, die 4 Gloken weithin in verschiedene Richtungen schleuderte. Am 13. August zu Triest eine heftige Tramontana, die binnen einer Viertelstunde die ganze Windrose durchmachte, mit Beschädigungen der Schiffe im Hafen. Aus Newyork vom 8. September, gewaltige Stürme in der ganzen vorhergehenden Woche (am 4.) an 6cn Küsten des atlantischen Meers von Neworleans bis Neuschottland; die Ernte in Südcarolina, Georgia, Virginien bedeutend beschädigt, Brücken und Strassen durch Ueber- schwemmung zerstört, zu Augusta (Georgia) am Savannah plötzliche Ueberschvvemmung von 5' Höhe in den Strassen, zu Mobile grosse Ver- heerungen, viele Menschen ertranken. Um den 14. September Stürme aflf der Ostsee: seit 12. September Stürme aus Copenhagen berichtet; durch die Stürme im September sei bei Plön (Holstein) in dem Cleveezer See plötzlich eine 100' lange, 50' breite „Insel" 7' über dem Wasserspiegel aufgetaucht. Am 22. und 23. Sept. Nordoststurm mit Kälte im adriatischen Meer. Am 24. September Nordoststurm auf dem Bodcnsec. Am 28. und 29. September Stürme im Kanal von Frankreich und Irland, viele Schiffe gescheitert. Am 29. u. 30. September Stürme in Schottland mitUeberschweromung. Am 2. October in der Nacht begann grosses und weit verbreitetes Sturmwetter aus W und ging dann in SO über, verbreitete sich über Holland, Belgien, Hannover, Rheinpreussen, Holstein, Schleswig, Copen- hagen, die Ostsee, Skandinavien, Norddeutschland, Leipzig u. a. O., richtete grossen Schaden zur See und zu Land an. An mehreren Orten, wie im westlichen Holstein, Hamburg, war der Sturm mit Gewitter begleitet. Am 5. October steigerte sich das noch immer seit dem 2. andauernde Sturmwetter zu einem Orkan aus Süden in der Nacht vom 4 — 5. zu Paris und Umgegend : am 5. Sturm zu London mit Aufstauung und Ueber- schwemmung der Themse : desgl. auf der Nordsee (Belgien) ; verbreitete sich über ganz Nord- und vornehmlich Süddeutschland und die Schweiz, richtete da und dort grosse Verheerungen an Bäumen, in Feldern und Waldungen (Pfalz, Schwarzwald ^ Welzhcimer Wald, in Oberschwaben (bei wolkenlosem Himmel) u. a. 0.) und an Gebäuden an. Zu Lud- wigshafen wurde ein eisernes Dach in den Rhein gewälzt, zu Coburg die Spitze eines neu erbauten Thurms eingerissen, zu Stuttgart das Zinkdach des Theaters aufgerollt; dabei herrschte eine warme Tempe- ratur (zu Tübingen, Stuttgart u. a. O. -{- 18,5° Mittags, zu Constanz — 284 — + 20**). Gegen Abend erfolgten (zu Stuttgart u. a. O.) Regengüsse. In Baiern wurden Telegraphenlinien bei Nördlingen und Donauwörth beschädigt. Auf dem adriatischen Meer herrschte vom 4—5. ein Sturm. In der Schweiz 20 Stunden dauernder Siroccosturm ; dieser Sturm schadete sehr in den Weinbergen durch Lähmung der Traubenstiele. Auf dem obern Bodensee wurde der Sturm in sehr geringem Grade gespürt. An der Küste von England (Harwich) zahlreiche Schiffbrüche. Am 11. October Sturm mit grossen Verheerungen durch üeber- schwemmung von Fiume berichtet. Aus London vom 20. October heftiger Sturm „vor einigen Tagen" im Kanal. Vom 19 — 22. October furchtbarer Sturm in den Gewässern von Malta, besonders am 20. viele Schiffbrüche; der Molo und ein Theil des Forts S. Angelo stark beschädigt. In der Nacht vom 20 — 21, furchtbarer Sturm zu Tripolis, 20 Schiffe von 28 im Hafen scheiterten. Am 26. October von 6h Abends an heftiger Sturm zu Athen mit Regengüssen, 9— 12h Wolkenbruch, mehrere Säulen in den Ruinen ein- gestürzt, Dächer abgedeckt. Bäume umgerissen, Schiffe im Hafen zer- stört. Sturm in den Dardanellen. Auf Aegina und bei Volo Oliven- wälder zerstört. Der Sturm erstreckte sich vom Cap Matapan längs des eubäischen Golfs. Auch zu Smyrna und Malta hauste der Sturm. Ge- ringer zu Syra und Patras. Am 27. und 28. furchtbarer Sturm an der Küste von Sutherland mit vielen Schilfbrüchen. Am 28. und 29. Sturm auf dem Bodensee. Aus Constantinopel vom 30. October: ein vor 5 Tagen hausender Südsturm (am 26?) habe viele SchiflFbrüche veranlasst. Am 21. November zu Chambery und Umgegend heftiger Sirocco- sturm, Schaden an Gebäuden und Bäumen. Vom 21. November Anfang der Winterstürme auf dem Bodensee. Am 24. November heftiger Sturm an der Küste von Toscana. Am 6. December SO-Stürme an den S- und 0-Küsten von Sicilien, mit häufigen Regengüssen, blühende Mandeln und Pfirsiche, Treiben der Feigen und Reben, reiche Orangen- und Agrumenernte. Von der Wein- ernte ^ durch Traubenkrankheit verloren. Vom 20—21. December, Nachts, zu Hamburg Sturm, der sich bis zum Orkan steigerte, am 21. Morgens 8h -|- 9" R. Bäume wurden entwurzelt. Am 23. Morgens Frost. Aus Danzig vom 24. Dezember Sturm „in den letzten Tagen." Am 26. Dezember Nachts und am 27. Morgens starker Sturm zu London, Verheerungen an Dächern, Gärten u. s. w., gleichzeitig Sturm im nordwestlichen England, besonders zu Liverpool. Viele Verheerun- gen an den Küsten von England und Irland, zahlreiche Schiff- brüche. — 285 — g) Erdbeben und v ii 1 c a n i s c h c Ausbrüche. Beul. Mit Beniitxiin(>; der verdienstlichen Ziusuinnienstellun^ dos Hrn. Prot. Alex. Perrcy zu Dijon sind wir im Stande, vom Jahr 1851 eine vollständigere Zusammenstellung als sonst zu geben, die wir daher zur Characteristik dieses in meteorologischer Hinsicht überhaupt abnormen Jahrgangs hier erscheinen lassen. — 2. Januar 2^h Mittags zu Massa maritima (Toscana) leichter wel- lenförmiger Stoss von 0 — W, mit dumj)fem Geräusch begleitet. 6. Januar zu Malta nach einem 15 Minuten dauernden Sturm, auf den Windstille folgte, 2 heftige Stosse, der erste von unten nach oben, der zweite wellenförmig, so dass die Glocken anschlugen. 7. Januar ll^li Nachts zu Grenoble heftiger senkrechter Stoss mit starker unterirdischer Detonation, drei Tage zuvor ungewöhnliche Hitze, sehr tiefer Barometerstand. Nach dem Stoss anhaltender Regen. 7. Januar zu Chittagong (Bengalen) heftiges Erdbeben. 8. Januar zu Calcutta leichte Stösse. 8. Januar 6h 24 Minuten Abends zu Sieua (Toscana) heftiger Stoss von SSW— NNO von 5 Minuten Dauer, anfänglich senkrecht, dann wel- lenförmig, dann wieder senkrecht und endlich ein starker Stoss; zu Asciano schlugen die Glocken an. 9. Januar zu Malta mehrere Stösse. 14. Januar Ih 22' Morgens zu Reggio (Calabrien) 3 starke Stösse, 17. und 21. Januar zu Labore, Multan, im ganzen Pendscha'b und den nordwestlichen Provinzen leichter Erdstoss. 26. Januar 3ih Nachmit, zu Guerrero zwischen Mexico und Acapulco 3 Secunden dauerndes Erdbeben, unmittelbar darnach eine Feuerkugel von SW-NO. 28. Januar 11h Nachts zu Kreutz (Croatien) Erdstösse während 2 Minuten. 30. Januar 8|h zu Brussa (Kleinasien) starker Erdstoss: zwei wei- tere in der Nacht; 3l. Januar Hh Morgens neuer Erdstoss, wiederholte leichtere bis zum 3. Februar, alle von W— 0 mit vorangehendem dum- pfem Geräusch, 31. Januar 8h 54' Abends zu Reggio 2 starke auf einander folgende Stösse, der erste wellenförmig, der zweite senkrecht. 31. (21?) Januar zu Labore gleich ausgedehnte Erdstösse wie am 17. 2. Februar 2h Morgens zu Pteggio starker und langer Erdstoss, gleich darauf ein zweiter leichterer. 2. Februar zu Phoolje (Ostindien) leichter Erdstoss. 2. und 3. Februar zu Lugano, Mailand, Brescia, Novara ziemlich starker Stoss, zu Mailand 8 — 10 Secunden, Novara 5 Secunden. 4. Februar zu Labore, Forezpur, Woozerabad starker Erdstoss, ver- breitete sich weit im Pendschab. — 286 — Am 3—4. Februar ein rothgefärbter Regen zu Lucca und ein röth- licher Schneefall im Gebiet des St, Gotthardt, in der Nacht vom 3 — 4.; am 4. Morgens die ganze Gegend am Hinterrhein, besonders wo der Föhn 3 Tage lang zuvor mit Schneefall stark gestrichen hatte, röthlich gefärbt; man fand mineralische Substanzen darin und erklärte es als ein durch Eisenoxyd gefärbtes Thonerdesilikat. Die Analyse ergab Kiesel- säure 73,13, Kalk 4,29, Talk 2,37, Eisenoxyd 14,74, Thonerde 5,65 Theile, man deutete es auf vulcanische Asche j auch in ürseren fiel rother Schnee. 5. Febr. Erdstoss in der Schweiz, Tyrol, der Lombardei, diesseits und jenseits der Alpen, 10h 40 Min. Vormitt. bei stark bewölktem Himmel und sehr warmer Temperatur; in Zürich 2 Stösse, und in der Nacht war ein warmer Regen vorausgegangen; in Bern um 10h 45 Minuten Morgens. In Graubiinden vom 4 — 5. in der Nacht; es entstanden Erdfälle und Fels- stürze; zu Chur, Ilanz etc. wurde es ziemlich stark gespürt, auch in i\en Gletschergebirgen vom St. Gotthard und der Furka. — Im Kanton Tessin, zu Verona, Brescia (N— S) wurde der Stoss am 5. stärker, in Mailand (lOh 49' von W— O) zu Pavia, Parma schwächer gespürt. 6. Februar Ih Mittags zu Lugano schwacher Erdstoss; 11h 52' Abends zu Imst (Tyrol) Stoss von 2 — 3 Secunden. — Am selben Tag Erdstoss im Pendschab. 7. (8.) Februar zu Carthagena (Neugranada) starkes Erdbeben mit Beschädigung an Häusern, 9 Secunden dauernd. 9. Februar zu Multan, Caicutta Erdstoss 5h 45' Abends. 10. Febr. zu Seefeld (Schweiz) 4ih Nachmittags 2 Erdstösse nach ein- ander, im Thurgau 4^h ein starker; derselbe wurde auch im Hegau (Stockach, Pfullendorf) gespürt. 11. Februar 5h 24' Minuten Morgens zu Pesaro (Kirchenstaat) leich- ter Erdstoss. 14. Februar zu Narnee Tal (Ostindien) Erdstoss während eines Ge- wittersturms und grossen üeberschwemmungen. 15. Februar zwischen 1 — 2h Mittags zu Comrie (Schottland) 2 leichte Stösse. 17. Februar zu Labore, Multan, Caicutta Erdstösse. 18. Februar zu St. Thomas unschädliches Erdbeben. 19. Februar 10h 45' Abends zu Cosenza (Neapel) leichter Erdstoss, 11h zu Catanzaro 2 Stösse; auch zu Tarent, Lecce, Reggio wurde es gespürt. 20. Februar 3h 45' Mittags neuer Stoss zu Catanzaro, 8h 15' Abends zu Reggio (Calabrien) leichter wellenförmiger Stoss von 4 Secunden. Am selben Tag auf Porto - Ricco starkes Erdbeben; ebenso zu Sta. Martha. 21. Februar 8h 45' Abends zu Catanzaro und Tarent Stösse, 9h 45' einer zu Lccce. — 287 — 22. Februar lli 45' Mittup^s zu Rofj;j;^io leichter Erdstoss. 25 Februar zu Sumsoon (Hafen im seiiwar/.en Meere von Klein- asien) starker Stoss ; am selben Ta{^ zu Trapezunt 2 zerstörende Stusse. 26. Februar Erdbeben auf den Sandwicbsinseln. 27. Februar 5h 20' Morj^ens leichter Stoss zu Ra«;usa. 28. Februar 4h 58' Abends zu Macri (Kleinasien) kurzer starkor Stoss, gleich darauf ein längerer, zerstörender nach einem furchtbaren donnerähnlichen Geräusch, die Erde bekam Risse, aus denen Schwefel- däinpfe sich verbreiteten, mehrere Quellen versiej^ten und neue entstan- den. Das Meer erhob sich in wenigen Minuten, der Berg ßaba Dagli stürzte ins Meer, 2 Hügel erhoben sich und begruben ein Dorf, viele Ortschaften wurden zerstört. üeberall die Richtung der Stösse von W - 0. 5h Abends zu Rhodus starker verticaler Erdstoss mit Verwüstungen an Häusern, die Stadt Lcvissy von 1500 Häusern ganz zerstört, ebenso mehrere Dörfer; mehrere Hügel wurden umgestürzt; zwei weitere wellen- förmige Stösse folgten in Zwischenräumen, die Stösse von W — 0; jeder mit unterirdischem Donner. Die Stösse dauerten an beiden Orten bis Mitte Juli, Anfangs von Viertelstunde zu Viertelstunde, später 5 — 8 in 24 Stunden. Starke und anhaltende Rauchentwicklungen auf dem Berge Simvulos in der Nähe von Levisi Hessen auf Entstehung eines Vulkans schliessen. In den ersten Tagen des März seien in Sicilien heftige Erdstösse gewesen. In der Nacht vom 1 — 2. März auf Martinique 2 starke unschädliche Stösse. Am 2. März 7^h Abends zu Lars (Caucasien) ein Stoss von ^ Minute mit kanonenähnlichem unterirdischem Geräusch; an demselben Tage in den Bergen des Sammering (?) starker mit Detonation beglei- teter Stoss von 2 Secunden. Am 9. März 3h 5' Abends zu Derbend (Caucasien) 2 starke Stösse von W— O; der Stoss war schwächer in dem am Ufer liegenden Theil der Stadt. Am 10. März 4h 13' Nachmittags zu Zürich ein schwacher von etli- chen Secunden, darnach ein starker wellenförmiger Stoss von W— 0; in Seefeld von 0 — W; die Häuser zitterten und Gläser klirrten. Zu Pfef- fikon 4h 20' 2 starke Stösse mit dumpfem Geräusch; zu Oberuster ein senkrechter Stoss, der sich von SO — NW verbreitete, 1 Minute Dauer. Die Stösse wurden im Thurgau, Aargau, Schaffhausen, Schwyz, Lindau, Constanz, in Oberschwaben gespürt. Zu Issny war der Stoss wellenför- mig und 1 Secunde Dauer bei -\- 2»; bald darauf umwölkte sich der Himmel; in Weingarten 2 schnell sich folgende Stösse, die Gebäude er- zitterten; zu Spaichingen 4h 20' starker Stoss, von NW— SO, zu Frie- diichshafen dessgleichen bei -\- 3,5.; im Hegau vernahm man dabei ein starkes Getöse, die Erschütterung namentlich in den obern Stockwerken stark; die Temperatur und der Barometer hoben sich rasch nach dem — 288 — Stoss, es entstand S-Wind und höhenrauchartig^e Ansicht des Himmels: zu Tettnang war die Dauer 2—3 Secunden; der Stoss wurde ferner ge- spürt zu Zwiefalten, Scheer, Wangen, Tuttlingen, Mösskirch, Stock- ach, Constanz, Donaueschingen, auf der Hardt und der Sigmarin- ger Alp. Am 12. März 2h Morgens starker Stoss zu St. Briene (Cötes du Nord) von etlichen Secunden mit dumpfem Geräusch. Am 17. März auf Guadeloupe ein Erdbeben, das viele Pflanzungen verheerte. Am 20. März Ih Morgens leichter Stoss zu Livorno, ll|h Vormit- tags ein stärkerer senkrechter von 2 Secunden, darauf wellenförmig 1 Secunde lang. Am 20. März 2h Abends zu Rhodus heftige Stösse. Am 23. März sei in Tessin das Dorf Cozzcra von einer durch einen Erdstoss entstandenen Lawine getroffen worden. Am 24. März heftiges Erdbeben zu Costarica, die Stadt Alajueta fast ganz zerstört. Am 24. 84h Morgens zu Montepulciano (Toscana) heftiger wellenförmiger Stoss von 0— W; im Laufe des Tages ein leich- terer. Am 25. 2h 50' Morgens ein heftigerer kürzerer von W — O. Im Laufe des März Erdstösse in Californien. Am 2. April 6|h Morgens grosses Erdbeben in Chili; Valparaiso (schon 1822 fast ganz zerstört) wurde stark heimgesucht. Der erste Stoss dauerte 15 — 20 Secunden, darauf folgten kürzere in Zwischenräumen, 4 Stunden lang: der Thermometer blieb unverändert, die Luft schwül und windstill; viele Gebäude wurden zerstört oder beschädigt; das Städtchen Casa blanca an der Strasse nach Santiago wurde bedeutend be- schädigt; ebenso Santiago. Bei Valparaiso drang heisses Wasser aus Erdspalten. Mauern in der Richtung von 0— W wurden zerrissen, Pendeluhren, die in der Richtung von 0 — W schwangen, blieben stehen, Wassergefässe liefen gegen 0 über. Die Bewegungen hatten die Rich- tung von S — N. Die Temperatur war warm (-f- 14,3 R), die Luft ruhig. Ein Schiff 40 Meilen vom Cap S. Antonio spürte einen heftigen Stoss. Das Erdbeben wurde in Copiapo, Coquimbo, Cobija gespürt. Am 7. 14h Mittags ein weiterer Stoss. Am 3. April 5h Abends neue heftige Erdstösse auf Rhodus, sowie zu Macri und Umgegend, nachdem seit Februar die Stösse nie aufge- hört hatten. Am 4. April 124h Mittags und am 6. 3|h Morgens leichte Erdstösse zu Borgotaro (Parma). Vom 9 — 10. April um Mitternacht starker wel- lenförmiger Erdstoss daselbst mit dumpfem Rollen. Zu Tiedoli, 5 Mei- len von Borgotaro, wurde ein noch stärkerer gespürt. Am 4. April 4^h Nachmittags zu Cairo wellenrörmigcr Erdstoss von O— W von 2 Secunden bei heiterer Witterung. Am 11. April Ih Morgens zu Reggio (Calabrien) 2 Erdstösse, der — 289 — zweite stark; um 2 und 2^h weitere leichte. In der Nacht vom 12 — 13. ein starker wellenförmiger. In der Nacht vom 11 — 12. mehrere heftige Erdstössc zu Messina, welche Risse in Gebäuden verursachten; am 12. mehrere leichtere. Am 11. April wiederholte heftige Stusse zu Rhodus, vom 14. vulca- nischc Ausbrüche bei Levissi berichtet. Am 13. April l\h Nachmittags auf der Strecke zwischen Gothen- burg und Strömstadt 4 starke Stösse innerhalb 2 Minuten von SO — NW; am stärksten bei Lysekihl, Thüren und Fenster sprangen auf. Die Aus- dehnung des Phänomens ging von Stockholm bis Porsgrund (Norwegen), über 90 Ortschaften spürten dasselbe gleichzeitig, überall nahm man ein Geräusch wahr wie von Fuhrwerken mit Eisenbarren ; nirgends nahm man merkliche Aenderungen im Barometerstand wahr, die Witterung war regnerisch ; die Erschütterung zeigte sich ziemlich gleichzeitig am Christianiafjord. Am 13. April (wie 1850) Erdstösse zu Stagno Piccolo (in der Her- zegowina), 6^h Morgens starke Detonation und leichter Stoss, 4h 23' Abends starker Stoss ohne Geräusch; am 14. 8h 20' Vormittags 2 starke Stösse, am 16. 11h 55' Morgens ein starker, 11h 55' Abends ein leich- ter, am 17. Ih 30' Morgens starker Stoss mit vorausgehender Detonation. Am 17. April in Schweden und Norwegen neue Stösse. Am 19. April 1 Uh Abends zu Brussa heftiger Erdstoss von 8—10 See.; in der Nacht 2 weitere. Am 21. 4 weitere leichtere; alle wurden bis Kiutahiah gespürt. Unmittelbar auf die heftigsten Stösse folgten Hagelschauer; die Mineralquellen zu Tehekerghe hörten während des Erdbebens auf zu fliessen. Am 22. und 27. April Erdstösse zu Oothul und Syaree (Ostindien). Am 23. April 45' nach Mitternacht kurzer Erdstoss zu Ragusa. Am 25. April 7h Abends im Distrikte Nachitschewan ein Erdstoss. In den ersten Tagen Aprils Erdstoss zu Messina; im Laufe des Monats Erdstösse in Californien. Am 5. Mai zu Stagno Piccolo (Herzegowina) drei, am 6. ein Stoss; am 10. zwei, am 15. einer. Am 11. Mai 5h Abends zu Derbend (Caucasien) 2 starke Stösse von O-'W. Am 15. Mai Ih 47' Mittags Erdstösse auf Majorka von 6 Secunden mit Geräusch, von WSW— ONO ; viele Häuser beschädigt. Im Arsenal fielen alle Gewehre an der westlichen Wand um, an der östlichen blie- ben sie stehen, an der nördlichen und südlichen Wand fielen sie in ent- gegengesetzter Richtung um ; 5h Morgens unterirdisches Geräusch ohne Stoss von 2 Secunden; am 20. 8^h Abends Stoss mit Geräusch; am 21. 2^h Nachmittags neues Geräusch ; um 3h dessgleichen ; am 22. 4^h Mor- gens starke Detonation mit leichter Erschütterung; am 7. und 28. Juni wiederholte Stösse und seitdem noch weitere in der Gegend der grössten Württerab. uaturw. Jahresliefte. 1852. 3s Heft. \C\ — 290 — Intensität des ersten Erdbebens, 2 Meilen um Palma herum. Am 25. 3h 5' Morgens ein weiterer starker Stoss. Am 15. Mai 8h 20' Morgens starker Erdstoss zu San Francisco in Californien. Vom 15—16. Mai Nachts Erdbeben auf Guadeloupe und Martinique. Auf Martinique blieben die am 8. Februar hart mitgenommenen Orte verschont; auf dem flachen Lande entstand an Gebäuden und Plantagen grosser Schaden. Am 17. Mai Ih 55' und 2h 38' Nachmittags wieder- holte Stösse. Auf Guadeloupe am 16. 9h 25' und llh Morgens, das flache Land auf Basse Terre hatte mehr oder weniger Zerstörungen an Gebäuden: zu Point ä Pitre 9h 16' starker Stoss von SO— NW mit don- iicrähnlichem Geräusch 2 Secunden lang, 9h 55' und 10h 55' wiederholte Stösse. Am 17. Ih 59' und 2h 38' Nachmittags weitere. Der Mittel- punkt war Capesteyre, wo die grössten Beschädigungen vorkamen^ Am 16. Erdstoss auf St. Lucie, Martinique und Montserrat. Am 17. Mai ll^h Abends leichter Stoss zu Comrie (Schottland). Am 23. zwei starke Stösse zu Kalki (Insel westlich von Rhodus); seit 14 Tagen waren keine mehr zu Rhodus vorgekommen, zu Macri waren sie seltener und leichter geworden. Am 26. Mai Ih 20' Nachmittags zu Copiapo (Chile) starkes Erdbeben von 2 Min., stärker als das vom 2. April; die Stösse horizontal von N — S, folgten weitere bis 8h Abends, Häuser beschädigt. Die Witterung dabei heiter. Starke Verwüstungen zu Huasco. Es bildeten sich grosse Erdrisse. Am 27. Mai langer leichter Stoss auf Guadeloupe bei Sturm. Am 28. 8h 45' Abends zu Siena (Toscana) wellenförmiger Stoss von SSO— NNW, voraus ging ein Brausen wie vom Wind, 4—5 Secunden. Zu Florenz 2 aufeinanderfolgende wellenförmige Stösse. Um 9h Abends zu Pisa leichter Stoss, zu Urbino (Kirchenstaat) leichter von NW — SO. Am 29. ll|h Abends neuer Erdstoss auf Guadeloupe von 12 — 15 Se- cunden mit vorausgehendem unterirdischem Geräusch; folgten weitere Stösse bis zum 30. 3h Morgens, am 31. Nachmittags neue Stösse. Am 1. Juni zu St. Piere (Martinique) Erdstoss; llh Vormittags zu Siena leichter Stoss, stärker zu Florenz; am 3. wiederholter stärkerer zu Siena von SSW— NNO mit vorausgehendem Geräusch wie ferner Don- ner, bei heiterem Himmel, die Magnetnadel zeigte einige Störungen. Am nämlichen Tag ein Stoss zu Monterde (Aragonien). Zu Anfang des Mo- nats neue Stösse zu Macri. Vom 5 — 8. und am 10. Juni zahlreiche Stösse auf Guadeloupe bei völliger Windstille. Bis zum 15. wiederholte Stösse. Am 6. 7. Juni Nachmittags verschiedene Stösse zu Foligno (Kirchen- staat). Am 7. zu Palma ein Stoss mit Detonation (wie am 22. Mai) mit etlichen Zerstörungen an Gebäuden. Am 8. 9h 45' Abends und llh 15' zu Siena neue Stösse von N— S. Vom 19 — 24, neue Stösse zu Stagno Picolo. - 201 ->- Am 24. 4h bis 4.^Ii Morgens zu Pisa leichtes Eidheheii. Am 25. Juni 3h M()ij:;ens Stoss von 20 Serundcn /u Point .'i Pitie, 2;Jh Nathinittaf^s ein leiciiter. Am 26. 2,Ui ]Naclnnifta<»;s ein Stoss, am 28. von 12 — Uh Morgens 8 Stosse, OAhMoif^ens wieder ein leichter. Am 20. 4ih Morgens 2 weitere, am 30. S^^h Morgens 2 starke nach einem be- deutenden Sturm, im Lauf des Tages und der Nacht weitere. Am 25. Juni 3h 50' Abends zu Borgotaro (Parma) starker senkrechter Stoss und ein leichter gleich darauf. Am 27. 6h 30' zu Rcichenliall (Salzburg) starker Stoss; die Häuser zitterten, Rinnen von den Dächern geworfen. Am 28. neue Stösse zu Palma. In der Inselgruppe von Amboina seien im Laufe des Frühjahrs und Sommers häufige Gewitterstürme, Erdbeben und viele Ausbrüche vorge- kommen, der Mittelpunkt Ternate gewesen. In der Nacht vom 1. Juli Erdstoss zu Lunigiana (Toskana). Aus Siclien vom Anfang Juli berichtet, dass sich die Insel Giulia, die sich 1831 zwischen Sicilien und Pantellaria erhoben hatte, wieder bis 3 Metres unter die Wasserfläche gehoben habe und sich durch Erder- sohütteruugen vulcanischer Art den vorbeifahrenden Schiffen kund gebe. Am 1. Juli lOh 20', Abends, zu Comorn (Ungarn) Erdstoss von 30 Secunden mit donnerartigem Getöse, die Glocken schlugen an, Häu- ser wurden beschädigt; zu Pesth und Pressburg mehrere rasch auf ein- ander folgende Stösse und 10 Secunden dauernde wellenförmige Schwan- kungen; den Tag über schwüle Hitze; am stärksten in den Ofener Gebirgen. Am 2. Juli in Missouri heftige Stösse, besonders zu Neu Madrid; Erdrisse entstanden, aus denen Wasser quoll. Am 7. 3h 20' Abends zu Salonichi Erdstoss von W— 0, während eines heftigen heissen Windes aus derselben Richtung, der bis zum folgenden Morgen dauerte. Am 12. Juli zwischen 2 — 3h Nachmittags starker Stoss zu Münster und Sulzbach von 1 Secunde ; zu nämlicher Zeit Erdstoss in den Vo- gesen ; zu Epinal 3h 45' 2 deutliche Schwankungen mit folgendem Geräusch, wie von fahrenden Wägen ; zu Plombitres 3h 50' starker Stoss mit gleichem Geräusch, vonWNW— OSO; zu Luxeuil eine leichte Bewe- gung; im Thal vom St. Bresson ein deutliches Gcräuschj zu Chatel an der Mosel 3h 20' 2 schnell auf einander folgende Stösse, der 2te stärkere 3—4 Secunden von NO — SW mit dumpfem Geräusch: zu Corcieux 1 Stoss kurz vor 4h von SW— NO von | Secunde mit donnerartigem Geräusch und darnach folgendem Rollen wie von einem Wagen von 8 Secunden Dauer, der Barometerstand war 5 Millim. über dem mittlem. 19- — 292 — Am 14. Juli starkes Erdbeben in Calabrien (Sillim. Journ. Nov. S. 443), Am 4. (16.) Juli, Morgens, zu Tiflis ein Stoss von W — 0. Am 17. Juli, 41i Nachmittags, habe man einen Erdstoss in den höhern Gegenden des Bezirks Oberndorf mit dumpfem Getöse wahr- genommen. Vom 19—25. vpiederholte Stösse auf Guadeloupe. Am 20. 6h 10' Abends Erdstoss zu Algier und Umgebung; zuerst eine starke unterirdische Detonation, auf die unmittelbar 2 sehr heftige Stösse folgten. Am 23. Juli, 10— 11h Abends zu Cöln ein Erdstoss nach einem Ge- witter aus W, bei 27" 5'". Am 23. und 24., 25., 28. mehrere Stösse zu Smyrna. Am 25. Juli leichtes Erdbeben zu Nertschinsk. Am 26. 3h 5' Nachmittags starker Stoss zu Siena ; gegen 4h ein zweiter. Am 26. zu Colima (Mexico) starkes Erdbeben. Am 27. Erdstoss auf den Bermudenj mehrere Stösse auf Rhodus, zu Macri steigende Stärke der Erdstösse, die Insel Kalki war dagegen frei. Am 28. 6h 35' Abends zu Pisa wiederholte leichtere Stösse mit Geräusch: zu Bagni di S. Guiliano stärker, die Glocken tönten-, am 29. 9h 37' Morgens wieder ein Stoss zu Pisa, dessgl. am 30. 2h Morgens. Am 30. 10h 48' Morgens starker Stoss zu Roveredo mit weiteren im Gefolge bis 4. August; in mehreren Dörfern die Häuser beschädigt, am stärksten im Thal Judicarien. Vom 2— 3. August l^h Nachts zu Ferrara leichte wellenförmige Erd- erschiitterung: Abends vorher war eine Feuerkugel erschienen. Am 2. und 3. August neue Stösse in Tirol, Roveredo, Tione; zu Roveredo am 3. 5h Abends stärker als am 30. Juli; am 4. 2h Morgens ein weiterer. Am 3. August 55' nach Mitternacht zu Mailand ein Erdbeben von 1 Minute 8 Secunden, von S — N; zu Verona gegen Ih Mittags von W — 0 und 4 Secunden, zu Ferrara Ih 14', zu Mantua Ih 16', zu Venedig Ih 8' nach Mittag 2 starke von S— N. Am 4. August zu Tiflis Stoss von 0— W. In der Nacht vom 4. August leichter Erdstoss zu Nertschinsk von SW— NO. Am 5. zu Colima (Mexico) neues Erdbeben. Vom 5—6. August Ausbruch des Vulkans Pelee auf Martinique, den man für erloschen hielt , derselbe begann am 5. August gegen 4h Morgens mit dumpfem Geräusch und darauf folgenden Detonationen, mit Tagesanbruch erhoben sich drei Rauchsäulen aus dem Berg, die eine schwarz, die zwei andern weiss, die Stadt S. Pierre wurde ganz mit Asche bedeckt, welche nach Schwefelwasserstoffgas roch. Der Berg hat 1853 Motres über der Meeresfläche. Dabei herrschten beständige Regengüsse und Stürme. Der Ausbruch bestand bloss in Asche, die Iiäufig mit Regen niederfiel; der Schvvefelwasserstoffgasgeruch breitete — 293 — sich weit bis in die See aus. Der Vulkan wurde in seinen Grund- festen erschüttert, und man vernahm dabei ein eigcnthiimlichcs scharfes Zischen wie von einer Dain|)fklai)|)c. Zu St. Pierrfe Sj)ürte man einen Erdstoss und in weitem Umkreis des alten Vulkans einen starken Aschenreg^en , der am Morgen Alles grünlich bedeckt hatte. Später fand man auf dem Pelee 8 Crater mit siedendem Schleimwasser von starkem Schwefelgeruch gefüllt. Von Zeit zu Zeit horte man einen dumpfen Donner und es erhob sich ein weisslicher Dampf. Die Crater waren von 4 bis 18 Fuss Durchmesser und geringer Tiefe. Am 6. August 4h Morgens Erdstoss mit 1 Minute dauerndem Geräusch zu Fane (Norwegen) von NO — SW. Am 8. August Ausbruch des Mouna Roa (Sandwich), auf der west- lichen Seite, etliche Meilen vom Gipfel; dauerte gegen 12 Tage, die De- tonationen hörte man bis auf 40 Meilen. (Der letzte Ausbruch war im April und Mai 1849 aus dem grossen Crater, dem Moknawoowoo und auf diesen beschränkt gewesen, im December 1830 war ein Aschenaus- bruch mit Erdbeben.) Ueber das Erdbeben am 14. August und den folgenden Tagen in Basilicata und Capitanata gab die Allg. Augsb. Ztg. einen übersichtli- chen Bericht von Sorrent, aus dem die wesentlichen Momente folgende sind: Der Sommer war sehr trocken und regenlos bis zum 19. August wo Morgens heftige Gewitterstürme über Neapel und Sorrent zogen. Dagegen kamen mehrmals heftigere Stürme als gewöhnlich, am 18. Juli ein starker Sirocco: das Getreide reifte früh, die Traubenkrankheit ver- kümmerte die Reben und Oliven, die im Anfang August schwarz wurden und abfielen. Der Vesuv war ungewöhnlich ruhig, im Juni und Juli kaum eine Rauchentwicklung von weisslichgrauen kleinen Wolken. Am 5. August Nachmittags begann plötzlich dunkler Rauch in dichten Massen aufzusteigen, wie er Eruptionen vorgeht, doch nicht stossweise. Nach 2 Tagen war die fiüherc Ruhe wiedergekehrt, und es begann nament- lich auf der Hochebene von Sorrento die Luft in seltenem Grade schwül und drückend zu werden; oft hatte man 90" F. im Schatten. Auch der Stromboli und Aetna verhielten sich ungewöhnlich ruhig. Am 12. und 13. August ungewöhnliche Windstille, schon am 14. Morgens sehr drückende Luft, was bis Mittag zunahm, das Meer spiegelglatt. Um 2h 15' erfolgte der erste Erdstoss, der so viele Ortschaften verheerte. Der Stoss sei in der Richtung des Vesuvs hergekommen und habe südöstliche Richtung genommen. Es ertönten Hausglocken, Meubles fielen um , und es verbreitete sich im Augenblick des Stosses ein bran- diger Schwefelgeruch auf wenige Momente. Das Barometer war schon am 12. gesunken, fiel im Moment des Stosses sehr rasch und bedeutend und blieb einige Zeit so stehen. In 25 Minuten erfolgte ein 2ter Stoss, der Himmel war ganz klar, es blies der gewöhnliche Seewind, die Teu)peratur -j- 80" F. im Schatten. In Neapel wurde das Erdbeben in — 294 - einigen Theilen gar nicht gespürt, wie auf der Capeila vecchia; dagegen sehr heftig auf der Sta Lucia und da wo der Grund Basalt ist. Auf Ischia, zu Chieti und Otranto wurde das Erdbeben nur wenig, in Calabrien und den Abruzzen gar nicht gespürt. Durch dieses Erdbeben wurde am li. und den 7 folgenden Tagen, Melfi, Venosa , Barile, Rionero unter ähnlichen Erscheinungen, wie sie das Erdbeben vom 27. März 1638 und 4. Febr. 1783 in Calabrien zeigte, zerstört, nur war es weit schwä- cher als jene; dem ersten Stoss um 2h 15' folgte der zweite verwüstendste 3h 50' und von 1 Minute Dauer. Zu Neapel seien die von O — W schwingendeu Uhrpendel still gestanden. Verschiebungen der Häuser und Grundstücke (wie früher) fanden nicht statt, sondern auf einigen Punkten ein Oeffnen und Schliessen und Sinken des Erdreichs; es seien z. B. drei Getreidekarren verschlungen worden. Die Mönche des Klo- sters San Michele am Abhang des Vulture wurden von einem derselben, der während der Siesta im Klostergarten bald nach 2h das Wasser eines kleinen Bassin aufbrausen und Hunderte kleiner Fische in die Luft schnellen sah, dadurch gerettet, dass er sie herbeirief um ein Mirakel zu sehen. Als sie um das Bassin standen , stürzte das Kloster zusam- men. Der Vulture bildete den Mittelpunkt des Erdbebens, ein Berg, der gleich einer Insel in der Mitte der Apenninen steht , gegen 30 ita- lienische Meilen im Umfang, von 3 Flüssen, Astella, Rapella, Ofanto umflossen, ein seit Jahrhunderten erloschener Vulcan. Hier soll der Stoss zuerst gespürt worden sein, auf den alsdann Schwankungen und Erschütterungen folgten , die ohne Unterbrechung 60 Secunden fort- dauerten, und dann in Pausen bis zum 21. sieh fortsetzten. Am 19. erfolgten wieder heftige Stösse, welche Venosa und Barile vollends zerstörten. Am nämlichen Tage zogen furchtbare Gewitter von SW gegen den Vulture auf und entluden sich über Barile mit solcher Gewalt, dass das Waisenhaus, das einzige stehen gebliebene Gebäude, beinahe von den Wasserwogen vernichtet worden wäre, wenn man dem Wasser nicht hätte schnell Abfluss verschaffen können. In den Orten Bovino, Ascoli, Lucera, Sansevero, u. a. der Capitanata erhielten die Mauern vieler Gebäude Risse, ebenso in Bari, die Ortschaften Carato, Minervino, Spinazzola, Andria, Frani, Melfi, Venosa, Barile, Rionero wurden gänzlich zerstört. In Melfi wurden die Mauern der Häuser in spitzen Winkeln gegen einander geworfen und die Wölbungen der dort überall gewölbten Dächer eingestürzt. Nur der Palast Doria, das älteste Ge- bäude, blieb bewohnbar. Ueber 1000 Menschen wurden getödtet und mehrere Hundert verw^undet. In Venosa sind 380 Häuser, in Barile sämmtliche zerstört, in Rionero nur wenige bewohnbar geblieben. Die Seen in den Kratern des Vulture und die Fische darin blieben unverändert, man spürte auch keine Gasausströmungen in der Gegend. Es wurden (zu Neapel, Mailand und auf dem Schauplatz des Erdbebens) vor, während und nach dem Erdbeben starke Störungen der Magnetnadel — 295 — beobachtet, die Luft war während der Katastrophe rein, nur erhob sich um 10h ein NW-Wind der bis 2h zu einen) heftigen Sturme stieg-, dann aber plötzlich aufhörte. Am 19. folgte ein furchtbarer Hagel- schlag, die Verwüstungen verbreiteten sich auf einen weiten Umkreis von Ortscliaftcn. Das Erdbeben wurde auch gleichzeitig auf Ischia gespurt, wo sich ein thäliger Vulcan und heisse Quellen finden; man vernahm den Abend vorlier eine starke Detonation. Am 15. August Gli Morgens zu Stagno Pic(olo ein starker Stoss; bis zum 16. 3h Morgens folgten 8 weitere mit langem unterirdischem Geräusch. Am 16. zu Cevoli (bei Pisa) leichter Stoss. Den 19. 3h 35' Abends einen Stoss zu Rhodus; 11h 53' Abends zu Stagno piccolo starker senkrechter mit Detonation; fernere Stösse am 20. 7h Morgens, 21. 10h lO' Abends, 22. 2h Morgens und den Tag über heftige Detonationen; vom 23 — 25 ähnliche Erscheinungen, am 26., am 28. 2h Nachmittags, 31. 10h 30' Abends bis Ih Morgens wiederholte mehr oder weniger starke. Vom 14 — 21. August wiederholte Erdstösse in der Capitanata. Am 17. August (?) sei auf St. Lucie, Guadeloupe, S. Vitto u. a. schwaches Erdbeben während eines Orkans wahrgenommen worden. Am 24. August 2h Morgens Erdstoss in den Departements Rhone, TAin, Saöne und Loire, Jura, Doubs, R.hin; in Baden (Badenweiler), der Schweiz (Basel 2 Stösse, sehr stark in Unterwaiden, auf dem St. Bernhard, von W — O.); Italien (Chambery, Como, Lugano). Das Erdbeben war am stärksten im untern Rhonethal; im Gebirge wurde das Erdbeben stärker als zu Vevey gespürt. Im Leukerbad dauerte der stärkste Stoss 30—40 Secunden, man spürte 4 Stösse in Zeit etlicher Minuten. Die Bäder zeigten um 10h Vormittags statt 24^ 28°, also 4 mehr als gewöhnlich, am 25. 6h Morgens 29*^ und die Quelle 30°, und so nahm sie ferner zu, bis am 3. October die Bäder 31° und die Quelle 36° zeigte; auch die Wassermenge nahm zu. Die Stösse wurden in ganz Wallis mehr oder weniger stark gespürt. Aus Nidwaiden wurde berichtet: vom 23 — 24. 2^h Nachts starker Erdstoss von 8- 10 Secunden, nach 5 Minuten ein 2ter leichterer, Himmel klar, Tags zuvor der Barometer von 27" auf 26'' 7'" gefallen, Thermo- meter Nachts 4" 15°. Im Freien hörte man donnerähnliches Geräusch, die Häuser krachten, Meubles wurden verrückt. Es war eine schau- kelnde Bewegung. Aus Bern wurde grosse Verbreitung des Erdbebens berichtet: in Frei- burg, Chaux de fonds , Lausanne, Sitten, Staus, Schwyz , Einsiedeln, Zürich, Solothurn, Basel die Erschütterung ziemlich heftig, überall schaukelnd, eine stärkere und bald nacher eine schwächere, in Stans von NO, in Lausanne von SO. Zu Lugano 2h 2 Minuten. — 296 — Am 25. August neuer Erdstoss zu Venosa; am 27., 28. zu Melfi; am 15., 16., 19., 21. zu Bovino u. a. 0, Aseoli und Bovino beschädigt, die Erdstösse wiederholten sich in der Capitauata vom 14—23. Am 31. August 5 und 6^h Morgens 2 starke Stösse zu Point ä Pitre ; um 104h Abends Erdstoss zu Ragusa. Im Lauf Augusts fortwährende vulkanische Ausbrüche auf Marti- niqiie; die Stadt Prechieux und die Umgegend mit vulcanischer Asche bedeckt, die theilweise mit Regen fiel. Am 1. September 3h 30' Abends zu Stagno piccolo starker Stoss mit Geräusch von 6—8 Secunden ; 5h 30', 9h 25' und 48', 11h 54' drei weitere mit Detonation. 2h 56' Nachmittags starker Stoss von 3 Se- cunden zu Ragusa. Den 2. September Ih und 2h 30' Morgens 2 längere Dotationen von leichtem Erdbeben begleitet zu Ragusa, 8h 35' starker Stoss ohne Ge- räusch, Ih 55' und 5h 30' Abends 2 andere mit Detonation, 8h 49', 10h 15' und 12h Nachts drei Stösse mit Geräusch. Am 3. Ih 2' und 40' Morgens daselbst 2 Detonationen , 5h Abends ein Stoss mit mehreren Detonationen, 10h 10' ein Stoss ohne Geräusch. Am 3. September 7^ und 11h Morgens zu Bex 2 Stösse; 5h 5' Abends zu St. Jean de Maurienne ein Stoss, der local zu sein schien. Am 4. 7h Morgens zu Sitten schwacher Stoss von S — N; zwischen 1— 2h Morgens zu Stagno Piccolo drei Stösse mit Detonationen. Am 5. 8h 45' Abends starker Stoss zn Stagno Piccolo. Am 6. 12h 25'Mittags ein Stoss ohne Geräusch, daselbst; 5 Min. darauf ein zweiter, 10h 45', 11h 23' und 12h Nachts 3 Stösse mit langen Detonationen. In der Nacht vom 6 — 7. September 11h Nachts neues Erdbeben in Bari, das die Stadt Canosa vollends verwüstete, in Rionero und Ta- ranto wurde es leichter gespürt. Zu Augsburg beobachtete man am 7. 12h 30' Mittags und zwischen 2— 3h am Elkysmometer bedeutende Schwingungen. Am 7. 2h Morgens leichter Stoss zu Rionero ; stärkere Erdstösse in derselben Nacht zu Cosenza, Canosa, Tarent u. a. 0. von Bari 5 um 74h Morgens zu Stagno Piccolo ein starker senkrechter Stoss, dem zahlreiche Detonationen folgten, 10h und 11h 15' Abends zwei andere Stösse mit Geräusch. Am 8. Ih 30' und 55' Morgens 2 starke wellenförmige mit Detona- tionen, daselbst-, 2h Morgens senkrechter starker mit Geräusch; den Tag über bis Ih 10' Nachmittags 2 weitere Stösse mit mehr als 40 in Zwischenräumen folgenden Detonationen; gleichzeitig wurden Stösse zu Ragusa und Fort Opus gespürt, in letzterem Ort in der Nacht vom 7—8. drei starke und ein leichter Stoss, alle wellenförmig von SW— NO, drei mit Detonationen. Am 9. 3h und 4h 45' Morgens, Ih 45' und 5h Abends zu Stagno Piccolo 4 Stösse mit Geräusch, alle seit dem 1. September von N— S. Am — 297 - iiümliclicn Tage 3 — 4li Morj^ens zu Roseau (Dominica) zwei heftige StiJssc. Am 11. 6A Morgens zu Bex ein Stoss ; 7li 37' Abends zu Smyrna ein leichler. Am 12. 6^h Morgens zu Ragusa eine leichte wellciifürniigc Bewe- gung. Aus Neapel vom 12. September stärkere Rauchausbrüchc des Ve- suvs ,,in den letzten Tagen'^ ohne eigentliche Vorzeichen einer Eruption berichtet, man fürchtete Wiederholung der Erdbeben. Von Turin vom 13. September berichtet: zu Biella seien ^,neucrdings" Erdstösse vorgekommen. Am 18, gegen 11h Vormittags starker Stoss zu Rionero; Ih Nacii- mittags ein Stoss zu Melfi nnd Rionero; in der Nacht vom 18 — 19. ein Stoss zu Rionero, am nämlichen Tage Stosse zu Stagno, Ragusa und Fort Opus, Am 20. 2^h Morgens ein weiterer zu Rionero. Am 23. mit Tages Anbruch leichter Stoss zu Rapolla. Am 23. 8h Abends ein Stoss zu Bex; am selben Tage Stösse zu Nizza. Am 24. 9ih Abends leichter Stoss zu Rionero; 12h Nachmittags leichter Stoss auf den Abhängen des Vulture. Am 25. 3h Morgens und S^h Abends leichter senkrechter zu Rionero. Am 25. und 26., je 11h Vormittags ein Stoss zu Bex ; beide mit un- terirdischem Geräusch vor und nach den Stössen, von 1 — 3 Secunden von OSO-WNW. Am 27. 7jh Morgens senkrechter starker zu Melfi mit Geräusch und plötzlichem Steigen des Barometers. Am 23., 26., 27. Stösse zu Stagno Piccolo. Zu Ende des Monats Erdbeben zu Kitow, Kreis Tarnopol (Galizien). Nach Berichten vom 29. September seien „kürzlich'^ heftige Erdstösse auf der Insel Caxo zwischen Candia und Scarpento vorgekommen. Vom 1. October aus Zara Fortdauer der Erdstösse zu Stagno Pic- colo berichtet. Zu Anfang October 2 starke Stösse zu Lissabon. Nach Berichten bis zum 2. October sei zu Port of Spain (Jamaica) ein leichtes Erdbeben vorgekommen. Am 3. 4^h Abends leichter Stoss zu Melfi. Am 6. 11h 50' Abends zu Borgotaro (Parma) wellenförmiger Stoss, voraus ging ein dumpfes Geräusch. Am 8, 9i> Abends zu Stagno Piccolo Erdstoss mit anhaltender Deto- nation, 11h ein Stoss mit Geräusch. Am 9. 6h Morgens daselbst eine Detonation, 5h 15' und 9h 15' Abends zwei leichte Detonationen mit Erdstössen. Am 11. Mittags zu Melfi leichter, Uh Abends starker Stoss zu Stagno Piccolo. — 298 — Am 12. 6li Morgens wellenförmiger Stoss von SSecunden daselbst; 6li 30' Morgens zu Lecce, Tarent, Bari, Barletta, Canosa, Casignola starker wellenförmiger von W — O und GSecunden; 71i Morgens starke De- tonationen mit Stössen eine Viertelstunde lang in Albanien : Beschädi- gungen der Häuser zuVallona; Beratti fast ganz zerstört; zu Berat das Fort zerstört; ein Berggipfel eingestürzt und an dessen Stelle ein Cra- fer geöflFnet, der Steine und schwarzen Rauch, hierauf Lava mit Schwefel- geruch und dann Asche auswarf; zu Janina, Elbassan, Durazzo spürte man das Erdbeben bis Monastir und Bitoglia; in den folgenden Tagen wiederholte Stösse. In Vallona hatten sämmtliche Gebäude gelitten, zu Beratti Häuser und das Kastell, in der Umgegend mehrere Dörfer zerstört. Am 13. October 12h Mittags zu San Remo (bei Genua) starker wel- lenförmiger Stoss von 5 Secunden mit starkem unterirdischem Geräusch, in der Umgegend wiederholte Stösse bis in die Nacht; 9— 10h ein Stoss zu Brest; 10h Abends nach einem kurzen Nordlicht zu Audierre (Depar- tement Finisterre) ein dumpfes starkes Geräusch und darauf ein Stoss von 0 — W von 2 Secunden ; an demselben Tag zu Alnieria (Spanien) Erdstoss von 5 Secunden; zu Posta (Provinz Aquila in Neapel) vier Erdstösse. Am 17. zu Monastir leichte Erdstösse. Am 19. 8^h Abends zu Kreuz und Agram (Croatien) ein Erdbeben; 4h 45' Abends zu Stagno Piccolo starker Stoss mit Detonation, in der Nacht längerer Stoss mit Geräusch. Am 20. 4jh Morgens zwei Detonationen daselbst, Mittags eine solche n)it leichtem Erdstoss; 6h 45' Morgens zu Ascoli (Kirchenstaat) nach zweitägigen Regengüssen wellenförmiger Stoss von S — N und 4 Secun- den, zuvor und nachher mit Geräusch; am nämlichen Tage Erdstösse in Albanien. Am 20., 21., 22. October verschiedene Stösse zu Melfi , Rapolla, Rionero. Am 21. 4^h Morgens zu Lecce ein Stoss. Am 22. 5h Morgens starker Stoss zu Pau; zu Bagneres von N — S und 2 Secunden, zu Gan (2 Meilen südlich von Pau) sehr stark; zu Ronlignon 4h 48' der erste Stoss j folgten noch 3 in Zeit 2 Secunden von OSO — WNW. Um 6h neuer leichter Stoss, der Himmel klar, Baro- meter ruhig, Wind OSO, Thermometer -{- \2^. Am 23. zu Rionero ein leichter Stoss. Am 24. zu Stagno Piccolo Stösse. Am 26. 7h 55' zu San Remo 6 Secunden dauernder, anfänglich wellenförmiger, dann senkrechter Stoss mit starkem unterirdischem Ge- räusch, an der Küste stärker als im Gebirge; denselben Tag leichter Stoss zu Louisville (Nordamerika.) Am 28. Abends zu Ebingewald (Tyrol) Erdstoss. — 299 - Am 30. in Galizicii Erdbcbrn und Feuerkugel; 9h 8' Morgens leich- ter Stoss zu Salonichi. Am 31. 3h 8' Morgens daselbst einige stärkere Stösse von N— S ; 5h 29' Nachmittags neuer Stoss von N — S; 5h 15' Abends zu Dronero (Piemont) wellenförmiger Stoss von 3 Secunden. Im Laufe Octobers Erdstosse auf Guadeloupe. Am 1. November auf Guadeloupe langer, schwacher Stoss; auch auf Antigua u. a. Inseln. Am 5. ein kurzer heftiger daselbst. Am 6. Morgens zu Lagonegro (Neapel) ein leichter senkrechter von 1 Secunde 5 7h Abends zu Mexico und Puebla leichter Stoss. Am 7. 8h 10' Morgens zu Mexico wiederholter leichter, von N — S •, 3^h Abends zu Borgotaro (Parma) wellenförmige Stösse-, von 5h an starker Schneefall bis in die Nacht. Vom 8. an zu Feltre (Lombardei) durch einen Theil des Monats hindurch unterirdisches Geräusch, wie von Massen, die von grosser Höiie in ein Wasser fallen, oder gleich dem Brausen eines Echo von Schüssen und wellenförmiges Zittern der Fenster und manchmal des Erdbodens : voraus ging Ttägiges Regenwetter. Am 10. zu Melfi ein Stoss. Am 11. 6h 24' Abends zu Melfi, Rapolla, Rionegro wellenförniiger Stoss von 0 — W von 3 Secunden. Am 12. mehrere Stösse in Californien. Am 14. lO^h Vormittags zu Rossano starker wellenförmiger Stoss von N — S von 2 Secunden mit Geräusch. Am 15. 2h Morgens neuer Stoss zu San Francesco. Am 16. Stoss zu Melfi. Am 17. Ih 30' und 2h 15' Morgens und 3h Abends 3 senkrechte Stösse daselbst, der letzte der stärkste von 8 Secunden mit starkem Geräusch. Am 17. 4h Morgens Erdstoss zu Zara. Am 16. 4h Abends zu Tione, Bregazzo und Val di Pendega (Tyrol) ein Erdstoss; vom 16 — 17. vier weitere; am 18. 10h Abends und 19. 2\h Morgens neue Stösse. Am 18. November 4h Morgens starkes Erdbeben zu Zara bei be- ständigem Regen. Am 22. 9|h Morgens starker Stoss zu Mascara (Algier); die Bewe- gungen des Bodens gleich dem Schwanken eines Schiffes ; zuerst sicht- bares Neigen von O — W, dann ein entgegengesetztes und dann wieder von 0 — V^ ; hierauf eine lange dumpfe Detonation, die Häuser beschä- digt, drei eingestürzt, der Himmel klar; während der Nacht Frost ein- getreten. 2 Tage zuvor ein Gewittersturm. Am 23. und 24. neue Stösse. Am 24. Ih Nachmittags auf dem Lcuchtthurm von Livorno ein leich- — 300 — ter Stoss ; vom 24—25. unterirdisches Geräusch in der Nähe der Klippen um den Leuchtthurm. Am 25. zu Port d'Espagne (Trinidad) Stoss von NO-SW und 3 Secunden mit vorausgehendem Geräusch. Am 30. 3^h Morgens zu Melfi starker Stoss, zuerst senkrecht, dann wellenförmig von 6 Secunden j 7|h ein zweiter kurzer, beide mit Geräusch. Zu Ende des Monats fortdauernde Stösse in Dalmatien (Beratti). Auf Island im Laufe Novembers 2 starke Erdstösse. Am 1. December 7h 43' Morgens zu Point ä Pitre starker Stoss mit brausendem Geräusch von 2 Secunden, die Häuser krachten j 9^h ein zweiter schwacher von S— N; wurden auch auf Basseterre gespürt. Vom 1 — 4. wiederholte Stösse zu Stagno piccolo. Am 3. 11h Nachts zu Saumur (Departement Maine et Loire) ein Stoss mit vorangehender Detonation. Am 4. 9^h Morgens zu Temet-el-Haud (Algier) ein starker Stoss, Am 5. 11h 45' Morgens zu Melfi, Rapolla, Barile und Rionero star- ker Erdstoss mit Geräusch von 2 Secunden; 9h Abends zu Melfi allein ein starker senkrechter von 12 Secunden. Am 9. Morgens zu Oachaca (Mexico) wellenförmiges Erdbeben von 0-W. Am 10. Erdstoss zu Smyrna. Am 13. 6h Morgens zu Sitten starker Erdstoss; dessgleichen zu Bex oh 45'; am nämlichen Tag Erdbeben in Beludschistan zu Shapure am Fuss der Mulroe-Hügel. Am 16. bei dem Leuchtthurm von Livorno starke Bewegung des Was- sers, in der Nacht unterirdisches Geräusch. Am 21. 2h Morgens zu Melfi, Rapolla, Barile, Rionero, Canosa neuer Stoss von 2 Secunden; 4|h ein neuer von 8 Secunden: gegen Mitter- nacht ein Stoss zu Melfi. Am 25. 4 — 5h Abends zu Jönköping (Schweden) 3 schnell aufeinan- der folgende Stösse bei heiterer, ruhiger Luft und — 7^ R., von 2 Secun- den, von SW— NO, mit dumpfem Geräusch. Am 29. 9h Abends zu Melfi starker senkrechter Stoss von 4 Secun- den. Gegen Mitternacht zu Reggio (Calabrien) wellenförmiger von 10 Secunden. Am 30. 2h Morgens 4 neue Stösse daselbst mit abnehmen- der Stärke. 1852. Am 14. Januar zu Cutchie in Ober-Nud und an mehreren Punkten von Gutscherat ein Erdbeben, das viele Verheerungen an- richtete. In der Nacht vom 15. Januar zu Reggio eine starke Detonation in der Luft, gleich darauf ein Erdstoss von 10 Secunden und in 3 Stunden ein zweiter, hierauf wiederholte bis 21. Januar bei Tag und Nacht, stär- ker oder schwächer, doch mit wenig Schaden. — 301 — Vom 25. bis 26. Januar 2Ii 16' Nachts Erdstoss von S -N und 6-8 Sccundcn zu Bordeaux und im plauzen Dopaitoment Girondc, schwüle Luft seit mehreren Ta^^en , am 25. völlige Windstille, der Hinnnel um- zogen, drii(kende Wärme; während des Erdhehens sei der Himmel wie von einem Nordlicht beleuchtet gewesen. Die Leute wurden in (\v\\ Betten aufgerüttelt. Nach Bericht aus Neuyork vom 28. Januar sei in Missisijtpi ein starkes Erdbeben mit nicht unbedeutenden Verwüstungen vorge- kommen. Aus Messina vom 3. Februar: seit zehn Tagen haben sich sehr starke Erdstösse wiederholt, die Einwohner campirten. Am 14. und 15. März heftige Erdstösse zu Mostar (Herzegowina). Um Mitte März neue Erdstösse zu Melfi; am 30. März 3 neue Erd- stösse, der dritte IIb Nachts der stärkste, so dass die Einwohner ins Freie flüchteten, jedoch von einem Orkan zurückgejagt wurden; seit August 1851 sei kein Monat ohne Erdstösse vergangen. Am 30. März 5h Abends zu Insbruck 2 Erdstösse von SW— NO, der erste sehr heftige 4|h mit krachendem Getöse, der zweite | Stunde spä- ter; man wollte schon 4h Abends zuvor einen schwächern gespürt haben; Barometer niedrig, heftiger Siroeco. (Das zweite Erdbeben daselbst in diesem Jahre.) Am 31. März starkes Erdbeben in den NWProvinzen von englisch Ostindien. Im Laufe März (?) (nach wiederholten Berichten in deutschen Blät- tern im April und Mai) Ausbruch des Mouna Roa (Sandwichsinseln 12500' M. H.); die Lava floss 50 (engl.) Meilen weit, durchschnittlich 100' tief, füllte 300' tiefe Schluchten aus, verbrannte ungeheure Wal- dungen; beim ersten Ausbruch sei die Lava 500' aufgeschleudert wor- den und der Durchmesser des flüssigen Feuerstrahls 100' gewesen. Am 4. April Erdbeben in den Dardanellen, das Mauern einstürzte, Abends 2 neue Stösse; an der Küste von Gallipoli und im Innern sei es heftiger gewesen. Am 8. April starke Erdstösse auf Hayti. Am 14. April Morgens sei bei Sondershausen unter starker vulkani- scher (?) Erschütterung eine kochende Mineralquelle von grosser Reich- haltigkeit angebrochen; unter den ausgeworfenen Holzstücken und Steinen sei auch ein grosser Mammuthszahn gewesen. Am 18. April 6^ bis 6Ah Abends Erdstoss mit dumpfem unterirdi- schem Rollen von 3 Secunden Dauer zu Wcipert im obern Erzgebirge; Himmel trüb, —2,5'' und 26" 10,5'", zugleich Schneefall in ungewöhnlich grossen Flocken. Am 30. April Erdbeben zu Washington, Baltimore, ganz Maryland u. a. O. der Union. Vom 19. Mai vom Bodensec: „Im Thal von Zweisimmen lasse sich — 302 -- ab und zu leichtes ^,Erdzittern'*^ vorspüren und man nehme diess als Vorzeichen eines fruchtbaren Jahres. Am 24. Mai 5h Abends wollte man zu Eschbach, Amts Staufen, (Baden) einen ziemlich starken Erdstoss gespürt haben. Am 1. Juni sei in Süd-Wales (England) ein Erdbeben auf einer Strecke von 26 Meilen gespürt worden. In der Nacht vom 8. Juni 12|h heftige Erderschütterung zu Zara (Dalmatien). Am 19. Juni, Nachmittags, ziemlich starkes Erdbeben in der Schweiz: Bern, Neuenburg, Freiburg, Stäfis, in Val Travers; in Grand- court fiel eine Mauer zusammen : am Ufer des Neuenburger See's habe man gleich nachher an mehreren Stellen phosphorescirende schleimige Substanzen wahrgenommen. Am 21. Juni 3h Morgens zu Laibach eiu leichtes Erdbeben; am 22. 2h M^orgens ein starkes von 2 Secunden bei klarem Himmel. Am 29. Juni schwacher Erdstoss in Algerien. Am 7. Juli 7^h Morgens zu Kingston (Jamaica) bedeutende Erd- stösse mit starkem Wagengerassel, Uhren standen still, Häuser beschä- digt, seit dem Erdbeben herrschte furchtbare Hitze. In der Nacht vom 24 — 25. Juli 2h starkes Erdbeben in den Boden- seegegenden : zu Feldkirch, Bregenz, Lindau, Rorschach, ferner zu Zürich (8h Morgens?), Appenzell, Glarus, St. Gallen, Aargau; zu St. Gallen 2Jh Morgens schlugen Hausglocken an, in Appenzell stürzte ein Kamin ein, zu Sargans erschien kurze Zeit darauf ein heftiges Gewitter mit Platzregen. Am 27., 28., 29. Juli Erdstösse in Engadin; zu Silvaplana, 1812 Meter Höhe, am Fuss des Julier, am 27. 11 -12h Nachts, am 28. 12h Mittags, am 29. Ih 40' und 2h 15' Mittags, der stärkste war Ih 40', alle von W— 0. Im ^Berghaus"^, 1 Stunde oberhalb Silvaplana am Julier spürte man nichts. Am 27. und 28. war die Witterung regnerisch, am 28. herrschte NO, am 29. SW. Aus Constantinopel vom 30. Juli über ein heftiges Erdbeben zu Erzerum berichtet, das 800 Häuser zerstört habe und 17 Menschen erschlug. Am 20. August Abends und 21. Morgens starke Erderschütterungen auf Cuba, San Jago wurde bedeutend verheert; am 20. 8^h Morgens heftiger Stoss, der einzelne Häuser umstürzte; am 21. Morgens 8h 40' ein noch heftigerer, der sich in ^ Stunde wiederholte, von 20 Secunden, die Stadt plötzlich in eine Staubwolke gehüllt, 50—60 Gebäude, dar- unter drei Kirchen, mehr oder minder zerstört, der Boden bekam Risse Am 21. 5h 40' Nachmittags neuer Stoss. Die Stösse wurden auch im Hafen auf den Schiffen gespürt. In der Nacht vom 20—21. begann ein gewaltiger Ausbruch des Aetna. Noch am 20. August, Abends, war der Berg ganz ruhig. Am 21. 2ih — 303 — Morgens boo^ann das Krachen und Drülineu des Ausbriiclis, der Berp^ war mit einer dichten grauschwarzen Rauchwolke umhüllt. Von Catanea ans sah man 2ih Morgens an den Seiten des Bergs sich plötzlich drei Crater offnen, ans denen Feucrsäulen emporschössen, ungeheure Fels- blöcke aufgeworfen wurden, die mit furchtbare in Kradien niiderlielcn. Der llauptkrater rauchte kaum mehr als gewöhnlich. Mit Tages Anbiudi erschien Alles in Rauch gehüllt. Nach Sonnenuntergang erschien der Rauch feuerroth, die glühende Masse zog sich jedoch mehr und mehr links, die Krater hatten sich geschlossen, über 3 — 4 Stunden von ihnen entfernt waren 3 andere erschienen, von denen der mittlere eine Feuer- säule erhob, die seit dem 21. eine Masse Schwefel, Asche und Lava warf. Am 22. war der Lavastrom schon 2 Stunden vom Krater geflossen, ^ Stunde breit; Asche und Bimsstein fiel 3 — 4 Stunden im Umfang dicht nieder. Am 23. Morgens 8h erreichte der Strom den Kastanien- wald von Foscoli, und 9h den ersten Weinberg. Vom 30. August wurde berichtet : Die Lava ergiesse sich rasch gegen Zufferano zu, und über- ströme Felder und Weinberge, unter Tönen wie von flüssigem Glas, die Lava röthlichgrau und glasig, es liegen schon mehrere Schichten über einander; seit 500 Jahren sei kein Erguss nach Osten gewesen; in der Nacht höre man häufiges Donnern, die Flammensäule sei auf 14 Meilen sichtbar. Vom 6. September wurde ein Nachlassen der Eruption gemel- det, der Lavastrom war noch 10 Minuten von Zufferano entfernt. Der Aschcnfall über Catanea, Messina, Girgenti verbreitet. Aus Bagaria (Sicilieu) vom Anfang September 1852: es seien 12 mehr oder weniger grosse neue lavaspeiende Krater, die ihre Ergüsse durch eine der frucht- barsten Gegenden der Insel fortsetzen; die Stelle dieser Krater 14 Mei- len nördlich von Catanea, 16 westlich von Giarrc, und südöstlich von Taormina. Die Weinberge von Zufferano schrecklich überströmt. Nach Bericht vom 3. September aus Neapel verheerende Fortdauer des Aus- bruchs, Massregeln zur Rettung von Zufferano. Nach Bericht vom 15. Semptember fortgesetzter Ausbruch, nur war Zufferano nicht mehr bedroht, sondern das Fortschreiten gegen Milo gerichtet, das sehr bedroht war. Am 23. September hatte der Lavaerguss in der Richtung gegen Milo und Giarre sehr abgenommen. — Am 25. September waren 2 La- vaströme zusammengeflossen, 6 Häuser von Milo und 6 in Casalc waren verzehrt, nun war Zoppinelli bedroht. Am 17. und 18. enstanden neue Ströme, der eine versiegte am folgenden Tage. Der Ausbruch nahm allmählig ab, aus dem Krater immer noch dicke Rauchsäulen. Am 30. September schien der Ausbruch beendigt, erneuerte sich jedoch im Oetober ; vom 6. wurden aus Palermo neue Lavaergüssc über den alten berichtet. Mitte Oetober erneuerte Lava- und Rauchauswürfe aus Ne- apel berichtet; vom 24. Oetober aus Palermo. Der Ausbruch nahm die Richtung nach Val di Calanda. Nachts schlugen kurze heftige Flammen aus dem Krater. Vom 14. November wurde die Oeffnung eines zweiten — 304 — Kraters, südlich vom ersten, berichtet, die Lava floss bis 5 Meilen vor Zuflferano; vom 19. November: ein Lavastrom folge dem andern, der letzte blieb bei Montefinvechio stehen. Noch vom 17. November: Fort- dauer des Ausbruchs, w^enn auch vermindert, aus den alten Kratern, starke Eruption von Lava, Steinen, Sand und Asche aus den neuen. Endlich wurde vom 31. Dccember eine „mächtige" Erneuerung des Ausbruchs berichtet. Von den 3 neuen im Val de! bove eröffneten Kra- tern war jedoch nur einer thätig und stiess von Zeit zu Zeit Rauch- wolken und kleine Lavamassen aus. Bei Zufferano habe man auch eine leichte Erderschütterung gespürt. Am 28. August neues Erdbeben zu St. Jago auf Cubü, die Einwohner flüchteten ins Freie. Vom 6-7. September Nachts starker Erdstoss zu Canosa (Neapel), 30 Meilen von dem am 14. August zerstörten Melfi, verbreitete sich über Otranto und Bari, zu Melfi wurde nichts gespürt. Am 16. September 6hh Abends plötzliche Umwölkung des Him- mels auf Lugon bei drückender Schwüle und einem für diese Jahres- zeit ungewöhnlichen Staubregen; während dessen erfolgten rasche schwankende Bewegungen der Erde von N— S, die mit andern zit- ternden Bewegungen abwechselten •, voraus ging den Erdstössen ein unterirdisches Getöse. Die Stösse dauerten mit Unterbrechungen etwa 3 Minuten; weitere schwächere folgten 8h 10', 9h, 11;^h; am 17. 4h Morgens. Vom 19. neue Stösse bis zum 30.; am 10., 11., 12. October wiederholte Erdschwankungen. Fast kein Gebäude blieb in Manila un- beschädigt. Bei den ersten 3 Stössen am 16. gab das Pendel (des Seismometers) zuerst die Richtung von N— S und eine Inclination von 11 — 12^ an, dann folgten ohne Unterbrechung verschiedene schwankende Bewegungen, die den Pendel fast zum Stillstande und ihn darauf in kreisförmige Bewegung brachten, hierauf grosse Schwankungen von ONO— WSW, wo der Pendel eine Inclination von 4® zeigte. Die übri- gen Stösse waren schwächer und gaben anz nahe an die Erde brachte, in einem Zieli- brunnen eine so starke Gasentvvic klung, dass ein Brett, das die Oefl'nnng deckte, in die Höhe gehoben wurde und beschwert noch schwankte. Dasselbe (die Gasentwicklung in Kellern) auch in Len/burg und zwar lange bevor das Wasser in dieselben eindrang. Zu Griinichen (Aargau) quoll das Wasser aus einem Sodbrunnen ziemlich hoch aus der Oeff- nung hervor. — Der Berg Farnsburg (Baselland) bekam einen grossen Riss, bei Diepten die Erde gespalten, die Strasse auf 1' breit aus ein- ander gerissen. Man sprach von einem Erdstoss am 18. während des heftigsten Regens. In der Nacht vom 17. zum 18. wurde an dem Berge Insel, im nördlichen Theile des Kantons Zürich, ein starkes Getöse und Krachen vernommen, der Berg erhielt viele Risse und Senkungen und Erdschlipfe an Stellen, wo sich Wasser zeigte; Viele wollten in der Nacht von 1— 24I1 Erdstösse gespürt haben. In den Thälern sah man am 15. und 16. Abends einen ganz bläulichen Nebel 4' hoch von unan- genehmem Geruch. Nach dem Regen am 18. entstand zu Winterthur plötzlich ein starker Luftzug von auffallend hoher Temperatur und stin- kendem Schwefelgeruch, der sich nach der Wahrnehmung einer davon betäubten Person in einer Strecke von 200 Schritten 3 mal erneuerte. Zu Wynenthal (Aargau) war die Luft am 18. Morgens mit schweflichten Dünsten geschwängert, aus Ziehbrunnen strömten unter heftigem Brausen schweflichte Gase, in denen brennende Späne augenblicklich verlösch- ten. Auf Aeckern und Strassen bemerkte man im stehenden Wasser stinkende Bläschen aufsteigen. In den Wolken wollte man ein phospho- rescirendes Leuchten und Mehrere wollten Erderschütterungen wahr- genommen haben. In einem Hause hörte man aufgehängte Ketten klir- ren und theilweisc fielen sie herab ; in den Bergen entstanden Erd- klüfte auf Viertelstunden weit. Die aussergcwöhnliche Wärme des (Regen-) Wassers und der Luft und der rasche Wechsel des Barometer Standes von fast 1 Zoll binnen 36 Stunden wurden als bemerkenswerthe Erscheinungen berichtet. Am 26. September ein Erdbeben in Tiflis mit vorausgehendem unter- irdischem Donner. Am 5. Octüber 5h 28' Abends zu Geisslingen 2 schnell sich folgende Erdstösse, der zweite heftigere wurde besonders stark im Bahnhofge- bände gespürt. Der Stoss senkrecht von unten nach oben. Im Augen- blick des Stosses legte sich der furchtbare Sturm so plötzlich, dass sich kaum ein Blatt an Bäumen und Gesträuchen noch bewegte. Aus London wurde eine seltsame Meereserschütterung am 13. October in 19^ w. L. und 12 Meilen vom Aequator gemeldet; man hörte plötzlich ein donnerähnliches Getöse aus der Tiefe des Meeres, das endlich einen ohrenbetäubenden Grad erreichte, die See warf berghohe Wellen und der Wind strömte von mehreren Seiten an. Nach 15 Minuten Dauer Württemb. naturw. .Jahre shefte. 18.52. ,3s Heft. 20 — 306 — dieses Zustandes wurde die See wieder ruhig-, aber mehrere zuvor ge- sehene Schiffe waren verschwunden und weni<;e Minuten nachher sah man Schiff'istriiminer und das Wrack eines Schraubendamplers vorbei- treiben. Am 16. October zu Nizza ein schwacher Erdstoss. Am 19. October 3h 25' starkes Erdbeben aufCesnie (Griechenland), 4 Stösse in geringen Zwischenräumen. Am 20. 7h und 7|h schwächere Stösse, die Schwingungen von S — NW. Vom 27—28. Oct. Nachts wollte man während des Sturms Erdstösse in den Dardanellen gespürt haben. Zu Algier sei im October ein leichtes Erdbeben von mehreren Minu- ten Dauer gespurt worden. In der Nacht vom 1 — 2. November 1852 sei in Finnland bei Loper- kyla ein Erdschlipf entstanden, der wie die in Finnland nicht seltenen Erdschlipfe, mehr die Natur von Erdbeben hatte. Der Boden sinkt plötz- lich auf mehr oder weniger Erstreckung ein, dagegen hebt er sich in einiger Entfernung und verursacht dadurch Anstauen von Flüssen. Man bemerkte starke Schwefelluft. Auch 1812 fand ein ähnliches Phänomen statt. (Ausland 1813. Nr. 8.) Aus Madrid vom 3. November ein zu Malaga vorgekommenes starkes Erdbeben berichtet. Am 9. November Morgens 4h 30' 2 heftige Erdstösse zu Liverpool und Umgegend, zu Banger und Holyhead, Manchester, Scbrewsbury und a. 0. von N — S, G-locken in den Häusern ertönten, Hausthiere zeigten Unruhe. 3 — 4 Secunden Dauer. Auch in Irland zu Dundalk, Kilkenny, Galway und im Westen von Irland spürte man dasselbe ziemlich heftig. Seit Menschengedenken habe man in Nordengland kein Erdbeben gespürt. Am 17. Nov. zu Trifail (Untersteiermark) 6h 10' Abends bei heftigem S-Wind ein heftiger Erdstoss von SO— NW; den 18. 2h nach Mitternacht wiederholter Stoss von 2 See, Morgens heftiges Donnerwetter mit kur- zem heftigem Regenguss; 3h 3' Nachmittags bei umzogenem Himmel und heftigem S-Wind ein kurzer starker Donner, gleich darauf in Zwischen- räumen von etlichen Secunden 3 Erdstösse von NO — SW; Fenster und Gläser klirrten. Am rechten Saveufer stürzten Felsen herab in den Fluss unter furchtbarem Gekrach der Felswand. Am 16. November 6h Abends zu Sagor (Bericht von Graz) und am 17. 3h Morgens starke Erdstösse. Häuser bekamen Risse. Am 24. November zu San Remo (Piemont) ein Erdbeben. Am 4 — 5. December Nachts 9h 50' zerstörendes Erdbeben zu Aca- pulco, die ganze Stadt in Ruinen gelegt; das Meer trat 20 Fuss zurück und kam nur nach und nach wieder. Die Stösse wiederholten sich noch geraume Zeit. Das Erdbeben zog von O — W durch ganz Mexico, wurde zu Vera Cruz, Puebla, Jalapa, Mexico gespürt. Aus Arequipa (Südperu) vom 4. December berichtet: vor Kurzem sei i — 307 — in Fol^c eines Auslnuchs des Vnleans Quinisti(|iiillu in dein Tlial von Tanibo querüber eine Felsenniauer ent.stan(l;ust IJeiichtc von vorliperenden llebcrscliweiu- niungen aus vcrsciucdenen Gegenden des Landes gemeldet. Am 21. August Wolkenbruch bei Rottenburg, üeberschvi^emmung des Thals von Niedernau her und der Vorstadt Rottenburgs, starkes An- schwellen des Neckars bei Tübingen, am 22. der Donau bei Ulm; am 23., nachdem der Rhein seit dem 21. gefallen, neues Steigen und Aus- treten desselben von Knielingen, am 24. von Speier berichtet; am 23. Steigen des Neckars bei Heilbronn, Vom 21—22. Nachts grosse Ueberschwemmung zu Griesbach (Baden), höher als 1851; nachdem in den Tagen zuvor schon Gewittergüsse statt- gehabt, ging am 21. Abends spät ein W^olkenbruch auf Aen Hohen des Kniebis nieder. Vom 21. August anhaltendes Regenwetter aus Frankreich, dem Elsass etc. Am 22. August in Folge der Regengüsse Erdschlipf zu Erolzheim, O.-A. Biberach, am Kapellenberg. Aus der Pfalz vom 23. August Auswachsen des geschnittenen Ge- treides auf dem Felde; die starken Regengüsse _„in den letzten Tagen'^ haben Ueberschwemmungen und Schaden durch Erdabflössen in Zwei- brücken, Landstuhl u. a. O., Kartoffel- und Traubenkrankheit, letztere in ganzen Halden, verursacht; aus Krakau vom 23. Misswachs in einigen südwestlichen Provinzen. Aus Genf vom 23. August Ueberschwemmung der Arve „dieser Tage'^ wie seit 1816 nicht mehr. Vom 24. August Austreten der Salzach durch mehrtägigen Regen; von demselben Tag Regengüsse und Gewitter von Regensburg, Steigen der Donau durch einen Wolkenbruch in den Gegenden der Altmühl gemeldet. Aus Paris vom 24. August Zurücktreten der Rhone in ihr Bett nach grosser Ueberschwemmung. Am 27. August Abends Austreten der beiden Argen und der Eschach in Folge eines Wolkenbruchs im Gebirge; am 27. starkes Fallen des Rheins bei Mannheim. Vom 4. September wurde berichtet, dass die Arve seit 20 Tagen 4mal ausgetreten sei. In der ersten Woche Septembers (am 4.) grosse Ueberschwemmun- gen in' allen östlichen Staaten von Nordamerika, Verheerungen zu Neuyork. Aus Paris vom 3. September neue Ueberschwemmungen der Rhone berichtet (31. August?), ganze Dörfer weggeschwemmt. Aus Carlsruhc vom 5. Sept. ein zu Wiesloch (31. Aug.?) gefallener Wolkenbruch mit Schaden zu Mühlliausen und Neuenbürg belichtet. Am 12. September Sturm mit 12stündigem Regen und Ueberschwem- mung des Severn zu Worccster, viele Schafe ertrunken. — 316 — Aus dem Kegäu vom 15. September ISstündiger Regen und Ueber- schwemmung der Aach. Aus Bern vom 17. September: seit 3 Tagen unaufliörliclier Regen, bis zum 18. früh; am 18. drückende Schwüle, überall Ueberschwemmungen mit grossen Verheerungen an Brücken und Wegen-, die Ueberschwem- mungen erstreckten sich von Genf und Wallis bis an den Bodensee und die ganze Jurakette, und zwar mehr durch die unbedeutenderen Neben- flüsse, als die Hauptflüsse; das Unwetter erstreckte sich nicht auf das Hochgebirge, sondern das niedrigere Land, die Passe vom Gotthard, Furka, Grimsel, Splügen hatten gleichzeitig das schönste Wetter. Mont- blanc, Monte rosa, Mont Cervin u. ihre Ausläufer bildeten in östlicher Richtung die Grenze der Regengüsse. Unterwallis, Bern, Luzern, Aarau, Freiburg, Zürich, Solothurn, St. Gallen, Thurgau, Schaffhausen, Basel wurden stark überschwemmt. Am 19. herrschte drückender Föhn. Vom 16 — 18. September zu Issny 720 Cub Z. Regenwasser auf 1 □', am 17. Abends allgemeine Ueberschwemmung aller fliessenden Gewässer in der Umgegend 5 am 18. der Argen bei Wangen; Abends Ueberschwemmung und Bergschlipfe in der Schweiz, bei Teufen (St. Gallen) grosser Bergsturz: die Regengüsse waren im Rheinthal gerin- ger. — Vom 16 — 18. September nach anhaltenden Regengüssen bedeu- dendes Steigen des Rheins bei Basel bis zum 20., und Ueberschwem- mung zu einer Höhe, wie seit 1817 nicht mehr. Am 18. Austreten des Oberrheins, am 19. zu Strassburg und Kehl, höher als 1851, am 20. die Kinzig wieder gefallen. Ueberschwemmungen in der Rheinpfalz, am 20. die ganze Rheinebene von Constanz bis Mannheim überschwemmt, am 21. erneuertes Steigen des Rheins bei Mannheim und Knielingen, am 22. zu Speier grössere Rheinhöhe als 1851. Am 19. nach dreitägigem Regen, unterbrochen durch einen starken Nebel am 18. Abends, starkes Austreten der Donau (auch bei Regens- burg) und Hier bei Ulm, der Pegel zeigte 12' über den gewöhnlichen Stand. Am 20. fiel das Wasser; Ueberschwemmung des Schussenthals •, der Bodensee sehr hoch. Austreten des Neckars und anderer Flüsse. Am 20. September Austreten des Lechs und der Weitach von Augs- burg berichtet. Aus Mannheim vom 20. September fortdauernde besorgliche Rhein- höhe 9' 8'' über dem Mittelwasser, 3" unter der Höhe von 1851, der Neckar war nicht in gleichem Mass wie der Rhein (letzterer durch Schneeschmelzen aus der Schweiz) gestiegen. Am 21. fing der Rhein zu sinken an. Am 20. und 21. September Ueberschwemmung des Doubs zu Möm- pelgard nach 56stündigem Regen. Vom 21. Sept. Zurückgehen des Rheins bei Strassburg, dagegen Austreten der Nebenflüsse berichtet. Vom 22. September aus Piemont und Savoyen, sowie der Lombardei — 317 — Uebcr8cliwomn)iine;on mit Vprl)C(Mimg;on , besonders zu Gallarate, wo auch der Sturm Ver\viistuu};eu vcrursatlite. Aus (It'in Oberiiinthal voui 25. Sei)t('uiber : seit fast li Monaten uass- kalte Witterung-, seit 14 Ta<»;en fast ununterbro( Iiene Regengüsse, in den Nebenthalern das Grummet verloren, im Oot/.tlial bei Taupen Erd- schlipf. Aus Venedig vom 29. September häufige Regengüsse, Faulen der Trauben, Anschwellen der Flüsse in mehreren Provinzen. Am 29. September und folg-. Ueberschvvemmung in Folge von Ge- witterstürmen in Schottland, in Muray-Shire hoher als seit 1829. Vom 8. October aus Steiermark, Kärnthen, Krain, Croatien , Slavo- nien Ueberschwemmungen (am 5. und 6.), Zerstörung- von Brücken etc., von Klagenfurt 6wöchiges Regenwetter mit steigender Stärke Der Wp{? von Laibach nach Carlstadt zerstört. Die Culpa stieg höher als 1824, die Save richtete Verheerungen an zu Agram. Im Venetianischen grosse Ueberschwemmungen. Auch im Florintinischen mit grossen Verheerungen. — Vom 8. aus Hamburg Fortdauer der stürmischen Witterung seit dem 2. mit Regengüssen und Ueberschwemmung der Elbe fast bei jeder Fluth berichtet. Am 5. Ueberschwemmung der Themse zu London durch den Sturm. In der Normandie haben bis zum 9. October Ueberschwemmungen durch heftige Regengüsse geherrscht. Aus Genf vom 14. October: ^,dieser Tage" Ueberschwemmung der Drise in Folge von Regenstürmen (am 7. und 8. October?); von der Höhe des Jura seien 3 Kinder vom Sturm in Abgründe geschleudert worden. Laut Bericht vom 29. October aus Paris wurde Caen durch die Flüsse Orne und Vire bedeutend überschwemmt. Am 12. November zu London ungewöhnlich hohe Fluth mit Ueber- schwemmung. Ueberschwemmungen zu Leicester und Umgebung mit grossem Schaden an Fabriken und Feldgütern. Am 11. verwüstende Ueberschwemmung des Flüsschens Rea zu Birmingham; Ueberschwem- mungen in Gloucestershire, Herefordshire und Worcestershire. Am 21. und 22. November heftiges Regenwetter aus Paris berichtet ; Regengüsse in einem grossen Theile Frankreichs, zu Tullc, Nantes, Nevers wolkenbruchartig, Ueberschwemmungen im Departement Ni^vre ; zu Bordeaux, Poitiers, Moulins, Chateauroux Regenstürme, zu Tours, Metz, Bourg le Maus , la Palisse, Blois, Bourges, Macon, Valence u. a. anhaltender Regen. Vom Ende November abermalige Ueberschwemmung der Drau u. a. Flüsse in Oberkärnthen. In den ersten Tagen Decembers in der Geba, einem der höchsten Vorberge der Rhön ein grosser Erdschlipf eines Waldstücks. Aus England vom 14. December ausgedehnte Ueberschwemniungea - 318 - in verscliiedpiipii Laiidestlieileii durch die seit 4 Monaten herrschenden Regengüsse. Am 26. December und den vorhergehenden Tagen Regengüsse zu Paris. Nach Bericht von Neuyork vom 1. Februar 1853 herrschten im west- Jichen Amerika während des Winters gleichfalls ungewöhnliche Regen- güsse wie im westlichen Europa. Der Sacramentofluss verursachte im December 1852 eine furchtbare Ueberschwemmung und drohte die Stadt iSacramento zu vernichten (nach Bericht von Stockton vom 24. December 1852); dabei herrschte eine ungewöhnliche schneidende Kälte durch das ganze Land. Aus dem Oregongebiete lauteten die Nachrichten 6 Tage früher (vom 18. December 1852) gleich tragisch, es regnete eine volle Woche in Strömen, darauf folgte Schnee, der selten im Lande erscheint, in den Gebirgen zwischen Oregon und Colombia herrschten Schnee- stürme, der Schnee lag 10—12' tief auf den Bergen. Im nördlichen Californien soll sich bei einem, Mud holes (Kothlachen) genannten Punkte die Erde nach heftigem Hin- und Herbiegen gespalten haben und Rauch- massen wie aus einem Ofen herausgedrungen sein. (Ausland 1853 Nr. 8.) Die Times vom 4. December 1852 (Ausland 299) meldet: seit der Dürre des vorigen Frühjahrs sei eine ausserordentliche Regenmasse (zu Greenwicli) gefallen: im Mai nur 2,25' Juni 4,76, mehr als seit vielen Jahren, Juli 2,22 in einem einzigen Gewittersturm, August 4,55, Septbr. 4,00, October 4,l8, November 6,08", zusammen 2' 4" senkrechte Höhe. Die Wirkung waren zahlreiche üeberschwemmungen, seit 1800 fiel keine solche Regenmasse. i) Trockenheit und Wassermangel. 1851. Vom 28. Januar aus Mainz tiefer Stand des Rheins, vom 26. Februar und 10. März aus Mannheim sehr niedriger Stand bei- der Flüsse. Aus Mannheim vom 20. Februar sehr niedriger Wasserstand des Rheins, 7V unter Mittelwasser. Die Schifffahrt gehemmt. Vom 8. März Wassermangel von Bombay und Madras berichtet. Zu Anfang Mai Ende der Trockenheit in Ostindien durch stürmische Regenschauer, weil die Regenzeit begann. Von Kronstadt (Siebenbürgen) vom 13. Mai anhaltende Dürre und Hitze berichtet. Aus Athen vom 20. Mai seit Februar völliger Regenmangel berich- tet, aus Sicilien und Siebenbürgen anhaltende Dürre. Aus Kertsch vom 30. Mai: seit dem 17. April, wo ein Landregen über die Krim zog, herrschte trockenes Wetter und Wärme bis -\- 23^. Getreide und Gras litten Noth. Zu Burdiansk Trockenheit seit dem 22. Mai. Hitze und Dürre im Mai in Griechenland. - 319 - Vom 31. Mai o;iossc Tiockoiilioit von Coiistantiiiopol, Salonichi, Sy- rien, den Inseln berichtet. An» 4. Juni erschien Regen. Vom a. Juni aus dem .siidlirhen Frankreich (Longnedoe) Trocken- heit berichtet. Vom Ende Juni aus Schlesien Dürre und Sturmwetter, gleichzeitig ans dem Riesengebirge stürmisches Regenwetter und Kälte berichtet: im Thal von Aupa hatte man am Frohnleichnamsmorgcn Eis auf den stehenden Gewässern, in Böhmen frostiges Regenwetter. Vom Anfang Juli aus der Wallachei eine seit 4 Monaten dauernde Regenjosigkeit berichtet, so dass das Getreide am Halm verdoirte und der Mais nicht keimte. Aus einigen Gegenden Ungarns vom 30. Juli (aus Pesth) grosse Trockenheit berichtet, die Felder wie versengt. Vom 13. August aus Venedig „afrikanische Hitze^^ berichtet. Aus Sorrent vom 14. August: seit 8 Wochen sei nur ein halbstündi- ger Strichregen erschienen. Aus Breslau vom 25. August Eintritt constanter Witterung seit der Sonnenfinsterniss am 28. Juli, seit einigen Tagen -j- 20^^ R. und ziem- liche Trockenheit berichtet. Aus Paris vom 22. September grosse Trockenheit im südlichen Frankreich, Wassermangel in allen Orten, deren Brunnen nicht von Flüssen gespeist werden. Aus Griechenland anhaltende Trockenheit im ganzen Sommer be- richtet, seit 1. August, wo ein Gewitter in den griechischen Gebirgs- gegenden erschien, dürstete die Erde. Aus Lissabon vom Ausgang December furchtbare Düire im Lande und Kirchengebete um Regen berichtet. 1852. Im Januar sehr niedriger Stand des Rheins. Nach Berichten vom Februar sei zu Hong Kong seit 3 Monaten kein Regen gefallen. Am 28. April Ende der seit 3 Monaten durch trocknende Ostwinde dauernden Trockenheit in allen Theilen Englands durch Umschlag des Winds in SW und warme Regenschauer; das erste Drittel des Jahres 1852 sei das trockenste seit 1844 gewesen (das trockenste war 1826 im Jahrhun- dert, wo nicht über 24,91" Regen fiel); in den 3 Monaten 1852 fiel blos 0,28" im Bezirk von Manchester. In den Seebezirken Westmore- land und Cumberland gingen viele Fische durch Eintrocknen der Bäche und Seen, namentlich Forellen ein; es entstanden viele Moos- und Haidebrände, welche auch Saatfelder ansteckten. Aus Franken wurde gleichfalls Ende einer langen Trockenheit durch O und NO-Winde während Aprils durch warme ergiebige Regen und lascher Antrieb der Vegetation berichtet, so dass Kirschen, Zwetschgen und Birnen gleichzeitig blühten. In der Pfalz kamen im April 89 Wald- brände vor mit einem Areal von 464 Jucharten. — 320 — Am 30. April zu Genf Regengüsse und darauf folgende Schneefälle nach langer Trockenheit und Wassermangel, die in Verbindung mit Frost im Kanton, in Savoyen und bis Lyon den Reben, der.Obstblüthe und den Saaten geschadet hatten; an manchen Orten waren die Cisternen versiegt, auch Waldbrände entstanden. Aus Frankreich wurde vom Anfang Mais anhaltende Trockenheit und Wassermangel in mehreren Gegenden berichtet. Aus Böblingen nach mehrwöchiger Trockenheit Regen am 2. Mai, aus Kupferzell am 30. April. Aus Venedig vom 6. Mai Regenmangel und Trockenheit auf dem Lande, Wassermangel in der Stadt. Nach Bericht aus Wien vom 20. Mai herrschte in ganz Ungarn fortwährend Trockenheit; in einem grossen Theil der Theissgegend, im Pesther Comitat, Weissenburg, Tulnau, Somagy u. a. fiel im ganzen Frühjahr kein ausgiebiger Regen, in der Bacska nur einmal Anfangs Mai; im Banat dagegen herrschte günstigere Witterung für die Saaten. Aus Triest und Venedig vom 25. fortwährende Trockenheit; im Venetia- nischen musste man halbreife Halmfrüchte wegen Futtermangel füttern. Nach Bericht vom 29. Mai waren Regengüsse in Ungarn und den süd- lichen Theilen der Monarchie erschienen. Aus Breslau lange anhaltende Trockenheit, die durch einen frucht- baren Regen am 27. Mai beendet worden sei. Aus Polen vom 26. Mai allgemein eingetretener Regen berichtet, welcher der Trockenheit und Furcht vor Misswachs ein Ende machte. Am 8. Juli zu Nizza seit April der erste Regen mit Gewitter. Aus Ungarn vom 13. Juli Regenmangel und seit 5 Wochen täglich -f ZO^ R. im Schatten; Nachtheil für die Saaten, Vom 17. Juli geringer Wasserstand zu Heilbroun. Aus Wien vom 18. Juli Hitze und Trockenheit seit mehreren Wo- chen, bis -j- 27*^ R. Am 21. Juli aus Schlesien grosse Hitze und Trockenheit, nur in ein- zelnen Strichen Regen und (wenige) verheerende Gewitter; dasselbe aus den Nachbarländern in O und S. Wassermangel in der Oder. Am 22. Juli zu Pesth der erste Regen seit Mai; das Donauwasser hatte -{- 20^ erreicht, was seit 1834 nicht mehr der Fall gewesen; am 29. und 30. erschien Landregen. Aus Hamburg niederer Stand der Elbe (gleichzeitig mit den Regen- güssen im Süden). In Californien herrschte in den Sommermonaten grosse Trockenheit. Im Laufe Augusts (im Gegensatze gegen Süddeutschland) niedriger Stand der Elbe. Aus Ostindien vom 1. September Trockenheit (mit Ausnahme der Indusgegend, wo vom Ende Juli bis Ende der ersten Hälfte Augusts starke Regengüsse vorkamen): man befürchtete Ausfall in der Ernte. — 321 - Aus Nizza vom 2. September: seit 4 Tapfen unj^ewölmliclje Hitze, -f- 27*^ im Schatten, hölier als den ;;anzcn Sommer, der Fluss Paglion ganz ausgetrocknet. Vom 14. September aus der Insel Sardinien grosse Dürre mit Scha- den in den Weinbergen und Saatfeldern. Vom 27. September von Breslau fortdauernde Trückcnluit und hohe Temperatur mit Gewittern (glei(l)zeitig mit den Regengüssen in Süd- deutschland.) Vom 8. October andauernde Trockenheit in dem schlesischen Flach- laude, gleichzeitig mit Schneefall im Gebirge. Flüsse und Bäche waren ausgetrocknet. Die Oder hatte Mangel an Fahrwasser. Vom 19. October sehr niedriger Stand des Nils, so dass höhere Ländereien nicht bewässert werden konnten. Dagegen reichliche Mais- ernte „wegen nicht zu hohen Standes des Nils.'' k) Bemerkenswerthe Wärmeerscheinungen. 1851. Der Winter von 18|? war Anfangs Decembers und Januars sehr gelind und schneelos bis zum 8. Februar. Erst im März starker Schneefall und Frost in ganz Deutschland, Aus Triest vom Anfang Februar Frühlingswitternng berichtet, nnr waren die Nächte kalt. Aus Constantinopel vom 22. Februar äusserst milder Winter be- richtet. Zu Warschau am 4. (nach Andern am 15.) März, wo im südlichen Deutschland starker Frost herrschte, Eisgang der Weichsel. Am 1. April waren die Nogat, die Weichsel, das Elbinger Haff vom Eis frei. Vom 5. April aus Schlesien häufige Gewitter nach warmen sonnigen Tagen berichtet; der im Gebirge gefallene Schnee sei nach wenigen Tagen geschmolzen. Am 18. April Eisgang auf der Newa: sie war am 17. November zu- gefroren. Vom 18. bis 25. April rascher Eintritt des Frühlings mit Gewittern von allen Orten Württembergs gemeldet. Aus Breslau vom 26. April Eintritt des Frühlings 1 Monat früher als sonst berichtet, auf die häufigen Gewitter folge Erhöhung der Luft- temperatur; dasselbe aus Polen und grössere Wärme als sonst im Mai berichtet. Vom 13. Mai aus Kronstadt (Siebenbürgen) Hitze und Dürre und Verheerungen durch Obstbaumraupen. Aus Pesth günstiger Stand der Culturen aller Art. Aus Mailand vom 23. Mai Befreiung des Splügen vom kürzlich ge- fallenen Schnee berichtet. Vom 2. Juni aus Mailand schneller Eintritt derSommerwärme berichtet. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1852. 3s Heft. 21 ' — 322 — Aus Bern vom 14. Juni Befreiung des Gotlhardspassos vom Schnee. Vom 25. Juni aus St. Louis (N.-America) t^rosse Hitze bis -\- 31" R. und zahlreiche Gewitter. Vom Ende Juni von Paris ^,afrikanische Hitze. '^ Zu Florenz im Anfang Juli (vom 8.) ungewöhnliche Hitze. Aus Turin vom 22. Juli uneiträgliche Hitze berichtet. Vom 28. Juli wurde berichtet, dass der Pass vom gr. St. Bernhard fast gänzlich vom Schnee frei sei. Im August zu Genua grosse Hitze von -f" 27 und -\- 29^ R. Aus Island ein sehr milder Winter bis gegen Weihnachten berich- tet; später wurde er sehr streng. Von Nizza vom 21. December ungewöhnlich milde Witterung, Hül- sengcwächse und Erdbeeren in voller Blüthe, vorzügliche Orangenernte. Aus der Schweiz vom 27. December berichtet: während in den Thälern Schnee liege und Kälte herrsche, sei auf den Bergen seit meh- reren Wochen mildere Temperatur, auf den südlichen Abhängen der Schnee geschmolzen; im Kanton Bern wurden die eingeschneiten Kar- toffeln an mehreren Bergen ausgegraben, in einer Gemeinde konnte man am Berge ackern, während im Thal Schlittenbahn war. 1852. Am 4. Januar Thauwetter und Eisabgang bei Mannheim vom Neckar und Rhein. Aus Triest vom 7. Januar milde Witterung, herrschender lauer Sirocco mit Nebeln, seit einem Monat kein Regen und dennoch feucht. Aus Nizza vom 8. Januar fortdauernd schöne Witterung, Abends und Morgens -j- 2 bis -{- 3". Tabak, Hasselnüsse, Orangen im Blühen; vom Ende des Monats völliger Eintritt des Frühlings bei stets heiterem Himmel. Vom 10. Januar aus England völlige Frühlingswitterung berichtet. Aus Schlesien vom 12. Januar milde Witterung, des Tags -f- 2 bis -l- 3" bei stets klarem Himmel, des Nachts etliche Grade unter 0 be- lichtet; mitunter stürmisches Wetter. Am 13. Januar zu Mannheim -\- 11'*; am 14. Thauwetter in Ober- schwaben, am 15. zu Ulm Pvegen und seit 2 Tagen Frühlingswitterung berichtet, der Schnee verschwunden. Am 15. Januar Abgang der bloss leichten Eisdecke der Donau zu Wien. Vom 12- 18. Januar aus dem Würmthal (Württemberg) -f- 5 bis -f 10** R., aus Mergentheim vom 17. Januar -{^ 8 bis -j- 10^ R. seit einer Woche berichtet. Aus Strassburg vom 17. Januar bis -\- 10** Wärme, Antreiben der Baumknospen, Wiederherstellung der Schifffahrt. Aus Triest vom 18. Januar seit Anfang des Monats herrschender Sirocco und andauernder Nebel berichtet. Aus Ulm vom 19. Januar Wärme bis -|- 12", warme Regen, Ent- — 323 — feriiuiig lies Schnees, Anscliwellcii der Flüsse /u einer in diesem Monat seltenen HöIjc, Antreiben der Ijamnknospen , am 14. ein aus^cbildctrr Schmetterling (2:efungen. Vom 20. Januar aus Turin milde Witterunj^. seit einigen Tagen dieker Nebel, nirgends Schnee. Aus Lyon vom 22. Januar nnlde Frühlingsvviücruiig im ganzen siid- Hehen Frankreich: zu Anfang der Woche hohes Anschwellen der Rhone und Saone. Aus Berlin vom 30. Januar völlige Frühlingswitterung. Aus Norwegen vom Ausgang Januar mildes Tbauwetter, an nian- chen Orten -f- 7*^ R. berichtet, was seit den ältesten Zeiten nicht erlebt sei; die Fischer seien bereits auf den Häringsfang au>sgezogen , was sonst nie im Januar vorgekommen. Aus Triest vom Anfang Februars sehr milde Witterung berichtet, die Zugvögel seien schon nach dem Norden abgezogen. In München war das Thermometer-Mittel im Januar und Februar -|- 1,5 R. und das Maximum stieg mehrmals auf -j- 10 und -\- 11<>; Mi- nimum am 2. Januar - 11^ und 24. Februar — 9**: anhaltende S- und W-Winde. Vom 6. Februar fortdauernd milde Witterung zu Breslau mit Regen- wetter. Vom 11. Februar aus Ravensburg seit 14 Tagen gelinde Witterung und Entfernung des Schnees berichtet. Aus Triest von Mitte Februars gelinde Witterung und Abzug der Zugvögel nach dem Norden. Aus Odessa vom 11. Februar: nach 2tägiger schwacher Eisbedeckung des Hafens und der Rhede Befreiung derselben durch warmen Südwind: ununterbrochene Schiflfahrt den ganzen Winter. Nach Bericht von Constantinopel bis 22. Februar war der Frühling im Anzug, die Dampfschifffahrt wieder im Gang. Aus Athen vom 24. Febr. seit 14 Tagen Anbruch des Frühlings nach einem milden und wolkenlosen Winter, doch sei im Februar die Vege- tation nicht so weit vorgerückt, wie von Nizza und Genua berichtet worden. Vom 27. März aus Maulbronn Anbruch der Frühlingswitterung; vom 28. aus Langenburg beständige Witterung mit kalten Nächten : aus Strass- burg Frühlingswitterung vom 28. berichtet. Aus Schlesien vom 30. März plötzlicher Frühlingseintritt mit -j- 9° bis -\- 10^, nachdem man vor 4 Tagen noch 4" gehabt: im Gebirge lag noch Schnee. Am 30. und 31. März schneller Eintritt von Sommerwärme zu Berlin. Vom 7. April von Friedrichshafen Frühlingswitterung und fast gänz- liche Entfernung des Schnees von den Schweizervorbergen. 21 * _ 324 — Nach Bericht vom 10. April war die Gotthardstrasse von Ariolo bis Tremola und von Göschenen bis zur Sprengelbriicke vom Schnee frei. Aus Ravensburg vom 14. April Frühlingswitterung seit dem 1. Aus Griechenland vom 20. April warmes Wetter mit SO-Wind seit zwei Tagen. Am 1. Mai zu Salzburg reichlicher warmer Regen nach frostiger Witterung mit Schneewehen im ganzen Monat April. Aus Prag vom 1. Mai Eintritt des Frühlings seit einigen Tagen; aus Breslau dasselbe mit Regen berichtet. Am 6. Mai Eisbruch zu Kronstadt, am 24. Mai das Eis verschwun- den. Am 10. und 11. Mai Eisbruch der Newa. Aus Constantinopel vom 7. Mai plötzlicher Eintritt starker Sommerhitze. Aus Chur vom 10. Mai Anfang des Frühlings nach halbjährigem fast ununterbrochenem Winter, Schneeschmelzen und Anschwellen der Flüsse, Blühen der Bäume. Vom 14. Mai aus Hall vollständige Frühlingswitterung, von Crails- heim langsames Vorschreiton der Vegetation berichtet. „Vom Bodensee'' unter dem 19. Mai rasches Schneeschmelzen im Schweizer Hochgebirge nach mehrtägigem SW und einzelnen warmen Regengüssen und rasche Entfaltung der Vegetation. Im Toggenburgi- schen und im Saonethal, wo der Winter am stärksten gehaust, grünen die Buchen; am Thunersee blühen Kirsch- und Birnbäume. Die Schnee- massen, die im letzten Winter am Thuner-, Brienzer-, Vierwaldstädter- See gefallen, seien weniger bedeutend gewesen, als in früheren Jahren. Vom 20. Mai aus Kupferzeil seit 2 Tagen eine Hitze von -|- 26'', aus dem Ries und der Münsinger Alp „vollständige Frühlingswitterung''^, von Hall -{- 24^ und mehi fache Waldbrände, vom Fuss der Alp vom 23. Mai das „schönste Frühlingswetter'' seit 14 Tagen, von Tuttlingen vom 25. Mai Frühlingswitterung aus Oberschwaben, günstige warme Witterung seit dem 19. und allgemeine Baumblüthe berichtet. Aus Leipzig vom 22. Mai rascher Aufschwung der Vegetation, volle Baumblüthe. Aus Rom vom 1. Juni drückende Hitze auf die Kälte in der ersten Hälfte Mai's. Aus Smyrna vom 25. Juni grosse Hitze und seit 8 Tagen herrschen- der Südwind mit -{- 28 und + 29^ R. im Schatten. Vom 2. Juli aus Constantinopel drückende Hitze; vom 5. dessglei- chen aus Paris, am 4. um Mittern. -|- 24,2^ C, am 5. Morgens 4" 20,4, Mittags -\- 30,5, 2h -\- 32,3; am 6. Nachmittags 3h + 43<>, das Asphaltpflaster schmolz, Arbeiter und Pferde starben auf den Strassen; am 9. Juli Mittern. + 24<>, am 10. 6h Morg. -f 20,3, Mittags -f- 32,14, 2h -}- 330, am 13. Mittern. -f 23,2, am 14. 6h Morg. -\- 22,4, 2h Nachm. + 33,90, am 15. Mittern. -f- 24,4, am 16. Mittags -f 35,0 C. — 325 — Aus Berlin vom 3. Juli: in di'u letzten Wo» hen Wechsel zwischen drückender Hitze und Nässe. Zu Brüssel am 5. Juli Mogeiis 10h + 36", 2 Grade weniger als 1. Juli 1802, dem heissesten seit Menschengedenken. Aus London vom 10. Juli mehrere Fälle von Sonnenstich berichtet. Aus Genf vom 10. Juli -j- 26** R., günstige Wein- und Ernte- aussichten. Aus Copenhagen vom 10. Juli grosse Hitze seit 8 Tagen, bis -|- 220 jvijtt^ u„j^ Morg. und Ab. -f 15 und -|- 16« R. Aus Paris vom 11. Juli bis -|- 3i^ C. ; aus Madrid vom 11. ,,atVi- kanische Hitze'% dagegen zu Granja sehr kühle Abende. Aus London vom 12. grosse Hitze. Am 15. Juli bei Wiesbaden todtliche Sonnenstiche auf dem Felde. Aus Breslau 15. Juli grosse Hitze seit 8 Tagen, bis -f" 24° und grosse Trockenheit; dessgleichen von der Eigen (Sachsen) Sonnenhitze wie seit 1842 nicht mehr erlebt, mit zahllosen heftigen Gewittern, bis zu + 26« R. Aus München vom 17. Juli seit Anfang der Woche grosse Hitze, 6h Morgens + 15«, 2h Mittags -|- 25 bis -{- 26«, 6h Abends ~\- 22«. Am 17. zu Chur -f- 27«. Vom 18. Juli aus Wien grosse Hitze, -\- 27«, aus Pesth -f- 26« R. Aus Venedig vom 18. Juli grosse Hitze, das Seewasser -{- 23« R. Aus Leipzig vom 19. Juli: seit 3 Wochen andauernde Hitze bis -\~ 26«. Vom 27. Juli und Anfang Augusts aus Madrid -|- 30 und + 36« R. bei herrschendem Südwind berichtet. Aus Smyrna vom 22. August ungewöhnliche Hitze, täglich -f- 30 bis 4- 40« (?) im Schatten. Aus Athen vom 24. August furchtbare Hitze , in welcher die Baum- und andere Früchte ungleich und unschmackhaft reifen. Allgemeine Traubenkrankheit der Korinthen, selbst auf dem trockenen Boden von Athen. Aus Chur vom 26. August sehr warme Witterung selbst die Nächte über, trotz der vielen Regengüsse: der Schnee, den die Regengüsse auf den Alpen Hessen, sei stets wieder geschmolzen, nur in einigen Thä- lern (Obcrengadin) die Heuernte verdorben, im Allgemeinen sei sie gut ausgefallen. Vom 29. und 30. August aus Venedig excessive Hitze. Aus Breslau vom 5. October (gleichzeitig mit den Stürmen) milde und trockene Witterung berichtet. Aus Chiavenna vom 20. October fortdauernde Schneelosigkeit des Splügenpasses und des Bernhardins, Schneeschmelzen in den oberen Gegenden, Fehlschlagen der Weinernte. Aus Issny vom 22. October Frühlingswitterung seit einigen Tagen. — 326 — Aus Comc vom 22. Octobcr schöner Nachsommer. Aus Ofen vom 25. October milde Witterung und grünende Fluren. Aus Florenz vom 26. October schönes Herbstwetter, am Tage heiss, die Nächte kalt. Aus Neapel vom 29. October schneller Vorübergang einer 2tägigen Winterwitterung mit NO, Wiedereintritt heisser Tage. Am 9. Noven)ber milde Witterung zu Salzburg: dessgl. am 10. Nov. aus Berlin (gleichzeitig mit Winti^rbericht aus Petersburg und West- preussen), dessgleichen aus Hamburg mit häufigen Regen und Stürmen, nachdem am 9. und 10. Morgens noch Frost bei scharfem 0 berichtet worden. Vom 11. November aus Oberscliwaben warme, am 4. und 5. sogar heisse Witterung. Auffallend milde Witterung in diesen Tagen von Freu- denstadt berichtet. Aus Rom vom 16. November warme Witterung, Alles noch grün, man arbeite von Morgens bis Abends bei offenen Fenstern. Aus Chur vom 17. Nov. milde Witterung bei herrschendem Föhn. Am 17. und 20. November zu Wien -|- 15^ R. (1775 gleiche Tem- peratur am 18. Nov.) Vom 18. November aus Constantinopel in den Nächten -|- 12®, bei Tag -|- le**. Aus Athen vom 20. November -}- 12 und -^ 15<* ,,mittlere Temperatur.'^ Vom 1. December bei St. Gallen Frühlingsblumen und reife Erd- beeren in Menge ; vom 4. Dccenjber von Budweis (Oestreich) Frühlings- witterung; vom 6. aus München -j- 10*^ um 2h, überall Frühlingsblumen und Aufwerfen der Maulwürfe auf den Wiesen. Am 9. December zu Salzburg -{- IS**, reife Erdbeeren, Frühlings- blüthen. Vom 11. December zu Constantinopel Nachts + 8 bis -j- ^1°? Tags- 2—3° höhere Temperatur. Vom 17. December aus Christiania: der Winterfrost sei vor einigen Tagen anhaltenden Regengüssen gewichen. Aus Athen vom 4. December: „herrliche Sommertagc'^: vom 18. December aus Constantinopel milde Witterung in den Ländern am schwär- zen Meere. Aus Donaueschingen vom 21. December milde Witterung und Schnee- losigkeit, blos der Feldberg sei vom Gipfel abwärts beschneit. Aus Frankreich vom Ausgang December überall milde Witterung, zu Paris bis -+- 16<* C. Vom 27. December eine für den Schluss des Jahres unnatürliche Wärme vom Genfersee berichtet. Am 26. December 3h Mittags ging das Eis auf der Memel bei Tilsit wieder ab. Vom 24. December aus Erzerum die gleiche milde Witterung wie in — 327 — Europa, no(Ii kein Wiiitor. In Damasiiis na« li Bcriclil vom 31. Decbr. anhaltende starke Rege. 1) Bemerkens Werl he Kältecrscheinungen. 1851. Vom Ausgang Decembers und Anfang Januars aus Bombay ungewölinlithc Kälte berichtet; aus derselben Zeit von Turin Frost, jedoch ohne Schnee. Am 21. Januar starkes Frostvvetter von der Niederelbc berichtet. Am 1. Februar sei zu Madrid ein hoher Schnee gefallen. Von Anfang Februars aus Bombay ungewöhnlich starker Schneefall in den Umgebungen des Himalaya. Vom Ausgang Februars aus Chur: die Temperatur sei daselbst im ganzen Canton nicht unter — 6*^ R., dagegen in Oberengadin unter —20** R. gesunken. Am 3. März zu Frankfurt a. M. — 8^, München und Augsburg —11'*, Ulm — ISO, Stuttgart - 14<^, Karlsruhe — 8*>, Mainz — II «, Zürich - 11», Basel — 110, Genf — 5,5*>, Mailand + IjO», zu Köln — 17,5», Ehingen — 15**, Issny — 14**, Rottenburg —12", Brackenheim — IGjö^'R. Vom Anfang März aus ganz Frankreich starke Kälte und viel Schnee berichtet. Am 3. März zu Tübingen nach einem milden Winter schneller Ein- tritt der Kälte mit — 16*^ R. und Schneesturm. Am 4. März zunehmender Eisgang auf der Donau bei Wien und Einstellung der Schifffahrt. Aus Marienburg vom 9. März Fortdauer der Eisdecke über Weichsel und Nogat für leichte Fuhrwerke, dagegen Dammbruch und Ueber- schwemmung der Weichselniederung bei Culm berichtet. Am 5. April zu Tuttlingen starker Schneefall. Am 26. April Morgens und Vormittags Schnee zu Tuttlingen nach einem Gewitter am 25. Abends. Am 27. Nachmittags 0** mit Eis und Reif. Am 26. Schnee zu Issny und am 27. starker Reif. Am 26. April zu Frankfurt neue Kälte und Regen, nachdem am 24. Frühlings Witterung geherrscht. Am 27. April Nachmittags Eisfrost und Schnee auf der Höhe der Alp (Suppingen). Am 30. April Schneefälle in der Schweiz berichtet. Vom 1—5. Mai Schnee im Hegau und den Gegenden des Bussen. Am 6. Mai Nachmittags zu Tuttlingen — 3<*, am 7. - 2^. Am 6. zu Calw — 0,5°. Von Anfang Mais aus Oberitalien und den Alpen starke Temperaturerniedrigung berichtet. Aus Wien vom 8, Mai Frost- schaden in der vorangegangenen Woche berichtet. Schneefälle im Salzburgischen-, aus Leipzig vom 16. sehr ungünstige Wirkung der uass- kalten Witterung auf alle Culturen, — 328 - Aus Lyon vom 13. Mai berichtet, dass Morgenfröste in allen Thei- len des südlichen Frankreichs geschadet ; aus Turin veränderliche reg- nerische Witterung und Schnee in den Gebirgen, 1^' tief auf der Sim- plonstrasse; aus Venedig vom 14. Mai Schaden durch Kälte und Regen auf dem festen Lande, Beschädigung der jungen Saat im Veronesischen und andern Orten durch Hagel. Mitte Mai anhaltend rauhe Witterung aus der Schweiz (Bern) be- richtet, mit Beschädigung an den Weinbergen im Waadtlande; ebenso im südlichen Frankreich die Reben und Obstbäume. Am 19. Mai Schnee zu Donaueschingen; am 20. auf dem Hertsfelde, Vom 21. Mai kaltes Regenwetter und Schnee in den Bergen von Udine berichtet; am 21. Nachmittags starker Reif zu Sulz, Am 22. Mai aus Florenz kühle Witterung. Aus Bern vom 28 Mai Schnee in Bergen. Am 3. Juni sei in Devonshire wahrend eines Hagelsturms Schnee auf den Bergen gefallen. Am 18. Juni Nachmittags in den Thälern des Riesengebirges Frost. Vom 20. Juni strenger Winterfrost von Bathurst berichtet. Vom 8.-9. Juli Nachts Schneefall in Teilemarken (Norwegen) zu Lugsefjeld 2 — 3' hoch, viele Schafe getödtet. Von Leutkirch vom 11. Juli frostige Witterung berichtet, so dass man einheizen musste; aus Badenbaden Schneefall auf dem Walde be- richtet. Am 11. Juli zu Urach Regen mit Schneeflocken. Am 23. August Schneefall im bair. Gebirge. Vom 31. August aus München kalte Witterung, -}- ^^ ^- ""*! Schnee im Gebirge bis nach Kreuth herunter berichtet. Am 29. und 30. August starke Schneefälle in der Schweiz und in der Auvergne; der Canton Schwyz zur Hälfte mit Schnee bedeckt', seit 58 Jahren das erstemal in dieser Jahreszeit, der Rigi eingeschneit bis unter das kalte Bad; Schnee auf dem Juragebirge. Am 5. September war der Schnee wieder geschmolzen, der Schneefall erstreckte sich nicht jenseits der Alpen, der ßernhardtspass blieb frei. Am 13. September Nachmittags zu Stuttgart der erste Frost, in den Niederungen bis — 0,5°. R. Aus Schlesien vom 15. September; seit dem 9. liege der Schnee ^' hoch im Gebirge, in den Thälern gleichzeitig Regengüsse. Aus Florenz vom 21. September schnelles und ungewöhnlich frühes Ende der Sommerhitze durch eine Einwirkung von Gebirgsschneefall (auf den Apenninen?) berichtet. Den 7. October von 8h Abends an nach einem Erdstoss reichlicher Schneefall im Parmesanischen. Am 17, October nach vorangegangenen Regengüssen die Sigmarin- ger Alp mit Schnee bedeckt. - 329 — Am 18. die Hülicii der Vogesen , der Scliwarzwald, der Jura ein- geschneit. Vom 2.-3. November in der Nacht Treibeis anf der Newa. Vom 30. Octüber bis 4. Nov. Schneefall zu Issny; am 1. Schneefall zu Düuaiicscl)ingcn. Am 4. November starker Schneesturm im schlesischen Gebirge; dessgl. in der Schweiz, in Chur Bäume vom Schnee erdrückt. Die Trau- ben sehr gefährdet. Am 10. November die württembergische Alp mit Schnee bedeckt. In den Vereinigten Staaten früher Eintritt des Winters mit Stürmen, Frost und Kälte; um Mitte Novembers (12.-14.) starke Schneefälle; die strenge Winterkälte hielt allenthalben an bis in die ersten Mo- nate 1852. Von Mitte Novembers aus Salzburg Schneefälle seit dem 1. Novem- ber berichtet, 3' hoher Schnee. Vom 16.-20. November starke Schpeestürme an der NO-Küste von England. Vom 19. November aus der Schweiz allgemeine grosse Schneefälle, selbst mi Seelande, berichtet. Aus Kaiisch vom 19. November heftiger Eintritt des Winters. Vom 20. Nov. Abends bis 21. Mittags Schneesturm zu Breslau, der Schnee hemmte die Communication. Vom 20. November Schneefälle und Kälte in ganz Norddeutschland. Vom 21. — 22. November heftiger Schneesturm zu Leipzig. Am 22. November bei Ravensburg fusstiefer Schnee. Am 23. Nachmittags bei — 10« R. kam das Eis der Trave bei Lü- beck zum Stehen. Aus Schlesien vom 24. November ungewöhnlich früher Eintritt des Winters mit mächtigen Schneemassen berichtet. Der Schnee im Gebirge so hoch angehäuft, wie 1829-30; man musste Stollen durch den Schnee treiben, an manchen Orten zum Schornstein in die Hütten einsteigen. Bei Oderberg 40-50 Fuss hohe Schneewehen an Eisenbahneinschnitten. Zwischen Ratibor und Sorau kamen auf einer Strecke von 5 Meilen 10 Menschen im Schnee um. Die Ausdehnung dieses namhaften Schnee- falls gieng von Wien bis Berlin und überschritt diese Gränzen noch weit. Vom 24. starke Schneefälle von Wien berichtet, der Postenlauf ge- hemmt. Vom 27.-30. November unaufhörliches Schneien zu Issny, 21' hoch. Am 1. December aus dem Remsthal mehrere Fuss tiefer Schnee auf den Bergen berichtet. Aus Polen wurde berichtet, dass bis 1. December dort kein Schnee lag und nicht unter — 3'' Kälte vorgekommen sei. Aus Cairo vom 18. December anhaltend stürmisches, kaltes Regen- wetter. — 330 — Aus Rom vom 25. Dpcembor fortdauernde Kälte, Schnee im Gebirge und Unterbrechung der Communication berichtet. Aus Nizza vom 31. December Eintritt Icalter Witterung seit einigen Tagen, des Nachts über Gefrierkälte, Morgens das Wasser mit zolldicker Eisdecke, doch schöne Witterung unter Tags, Haselnüsse und Mandel- bäuaic in voller Bliithe. Zu Mailand im Laufe Decembers bei schöner Witterung leichter Frost, am 13. December bis zu — 5,6°, durchschnittlich des Tags -}-3,5 dos Nachts - 1,4° R. Im Laufe des Sommers seien grosse Eismassen im atlantischen Meer treibend gesehen worden. 1852. Vom Januar aus Canada strenge Winterkälte, die strengste seit einigen Jahrzehnten berichtet. Vom 6. Januar das erste Treibeis auf dem Rhein von Emmeric berichtet. Aus Rom vom 8. Januar fortdauernde Kälte, am 8. Morgens Eis auf den Strassen bei — 3°R. Aus Bern vom 9. Januar strenge Kälte berichtet; fünf Menschen im Canton erfroren. Aus Madrid vom 9. Januar: Vor einigen Tagen fusshoher Schnee in der Stadt, in der Sierra Guadarrama und Somosierra liege grosser Schnee bis zu 6' hoch, der die Verbindung unterbreche. Am 10. Januar zu Mailand Schneefall, der Schnee am 11. grossen- tlieils geschmolzen. Aus Leipzig von der ersten Hälfte Januars völlige Schneelosigkeit im ganzen Winter, dabei Frost bei Nacht und Auftbauen den Tag über berichtet; man fürchtete für die Saaten. Aus Zürich vom 15. Januar Strenge des Winters in der ganzen Schweiz berichtet, die östlichen Cantone haben am meisten vom Frost gelitten, der Zürichersee bis Stafa hart gefroren und das Eis dehne sich immer mehr aus. Aus Bombay vom 17. Januar strenge Kälte und jeden Morgen Eis auf stehenden Wassern berichtet. Aus New-York vom 20. Januar starke Kälte und völliges Zufrieren des Flusses berichtet, so dass am Morgen zahlreiche Fussgänger dar- über gingen, was seit 18 Jahren nicht mehr vorkam; im Hafen viel Treibeis, im Norden der Union die Flussschifffahrt durch Eis unter- brochen. Am 24. Januar ungeheure Schneefälle in Algerien (bei Bougia). Aus New-York vom 28. Januar berichtet, dass die strenge Winter- kälte seit 3 Tagen gebrochen sei; seit 18 Jahren habe man keine solche Kälte erlebt, in New-Orleans — 8*^ R., nach anderen Berichten — 15<*, in Alabama -13,3o R. Die Häfen von Philadelphia und Baltimore durch Eis gesperrt; zweimal zwischen New-York und Longisland festes Eis, - 331 - das die Mensrlipn bepiongon ; in der vorhergcluMiden WocIip die See 4' hoch mit Dunst bedeckt wie kochendes Wasser; am 20. Januar eine starke Luftspiegelung , die LichterschiiFe erschienen doppelt, eines über dem andern, ein 65 Meilen entferntes Schiff war völlig sichtbar. In Californien herrschten Regengüsse im .Januar, zu Anfang Februars sei schneller Eisgang auf allen Strömen Nordamerikas eingetreten. Im Laufe Januars (24?) grosse Schneefälle in Spanien, zu Madrid seien die Maulthiere bis an den Bauch in den Schnee gefallen. Vom 5. Februar fortdauernde Winterstrenge und Schneedecke aus New-York, über den Susquehannah hatte man bei Hävre de Grace eine Eisenbahn über das Eis gelegt, so dass die Züge von Philadelphia nacli Baltimore direct gingen ; von Brooklyn ging man etliche Tage zu Fuss nach der Stadt, was seit Menschengedenken nicht mehr der Fall war. Am S.Februar grosse Lawine vom Flüelenberg (Graubündten), Men- schen und Pferde wurden verschüttet. Am 13. Februar Schneefall zu Ulm, Heilbronn etc. Aus Triest vom 16. März frostige Witterung, Morgens Frost, oft unter Tags das Thermometer unter 0 und fast beständige Bora mit Schiffbrüchen. Um Mitte Februars liefen Berichte von foitdauernder strenger Win- terkälte in Nordamerika ein. Am 16. Februar 11h Vormittags zu Hamburg plötzlicher Schnee- sturm mit Blitzschlag. Am 18. Februar und folgende Tage nach zweitägigem heftigem NW starker Schneefall am Bodensee; am 18. Morgens Sturm zu München, Mittags Sonnenschein, Nachmittags kurzer Hagel und Schnee mit Don- ner und Blitz. Am 20. Februar Abends zu Rom plötzlich eintretender Frost und Schneefall. Mit dem 20. Februar sei zu Issny strenger Winter und die zweite Schlittenbahn eingetreten (die erste vom 18. November bis 13. Februar); bis zum 1. März Sturm mit Shneefall. Vom 21. — 22. Februar starker Schneefall zu Stuttgart; in der Woche zuvor verkaufte man Veilchensträusse. Vom 19. — 22. Schneefülle zu Balingen; am 22, von Ulm tiefer Winter berichtet; von Leonberg Schnee und Stürme seit 4 Tagen. Vom 19. — 24. Februar starke Schneefälle in Constantine, so dass die Verbindungen unterbrochen waren; in Cabylien grosser Schaden an den Heerden, viele Menschen kamen ua), ganze Dörfer wurden eingeschneit; zu Bougia nach mehrtägigen Regengüssen am 21. Nachts 6' tiefer Schnee. Aus Böblingen vom 24. Februar 1' tiefe Schneedecke; vom 27. Febr. aus Hall völliger Winter; von der Alp vom 28. auf der Höhe und in den Seitenthälern masseuhafte Schneelage; am 28. starker Schneefall — 332 - zu Rastatt, zu Donauescliingeii dagegen fiel keiner, er reichte blos bis zur Wasserscheide von Donau und Rhein (Schussenried); im ganzen Donaugebiet sei den ganzen Winter keine dauernde Schlittenbahn ge- wesen. Am 29. Juli erschien der Winter auch dort. Am 25. Februar zu Strassburg — 4° R. (zu Anfang des Monats bis -I-IO^R.) Vom 28.-29. Februar Nachts zu Rastatt massenhafter Schneefall. Dasselbe von Issny berichtet; seit vier Monaten die Erde mit Schnee bedeckt. Auch aus Mexico, wie aus den Vereinigten Staaten wurde ein un- gewöhnlich strenger Winter vom Februar berichtet. Vom 1. und 2. März starker Schneefall zu Ellwangen, in der 2ten Hälfte Februars waren Schneefälle und Sturm vorangegangen; aus Waiblingen, Gaildorf vom 7. März völliger Winter. Zu Issny 3' hohe Schneedecke; aus München vom 3. März Regen, Schnee, Eis, Thauwet- ter, Stürme im Wechsel berichtet. Aus Triest vom 4. März völlige Wiederkehr des Winters mit hefti- gem Schneefall, dem ersten im Jahr, und Temperatur unter 0, am 4. und 5, heftigen SO-Sturm mit Schiffbrüchen, dessgleichen im sardinischen Meer; grosse Schneemassen im südlichen Frankreich, bei Lyon theil- vveise 1|' hoch auf der Strasse nach Montelimart, die Coramunication gehemmtj grosse Schneefälle in Toscana , ungewöhnliche Massen im Gebirge, die Bewohner vom Verkehr abgeschnitten. Von der Baar vom 6. März Fortdauer der Schneemassen, welche gefallen waren. Aus Friedrichshafen vom 10. März Fortdauer der Schneedecke bis an den See herab und des Aufenthalts der Schneegänse berichtet; am 11. Schneefall zu Ulm; am 12. — 13<> R. zu Ellwangen. Am 6. März zu Constantinopel warme Witterung bei heftigen Süd- stürmen mit Schiffbrüchen im schwarzen Meer, am 10. dagegen fusshoher Schnee in den Strassen, Regen und Frost bis zum 13. Aus New- York vom 9. März an Anbruch milderer Witterung, schnel> 1er Eisbruch des Susquehannah und der übrigen Flüsse: im Laufe des Winters habe man 16 Schneestürme gezählt. Aus Mähren von Mitte März lange Dauer des Winters mit häufigen nächtlichen Schneefällen, unter Tags dagegen Thauwetter. Aus Florenz vom 16. März: ungewöhnlich grosse Schneemassen seien in der Nähe gefallen; aus Rom vom 16. März zunehmende Kälte und Unterbrechung des Verkehrs mit dem höheren Gebirge durch erneute Schneefälle. Aus Athen vom 11. März: seit 11 Tagen herrschender NO mit Sturm, Regen und Schnee, im Gebirge grosse Schneemassen: überallher un- geheuerer Schneefall aus den Provinzen berichtet. — 333 — Am '26. Müiv. Morgens na. h Frülilingswiüci ung Schneefall za SUittgai r. Vom :>5.-27. März anlialtendcr Schneefall zu Petersburg, grössere Schneemenge, als bisher im ganzen Winter. Aus Triest vom 27. März fortwährender NO und kaltes Wetter, Zurückstehen der Vegetation, geschlossene Baumknospen berichtet; aus Athen vom 27. und 30. März, Fortdauer von Regen, Schnee, Nordtvind, Vom Ende März vom nördlichen Thcil des Welzheimcr Waldes noch winterliche Witterung mit Schnee und Eis, herrschender NO und Schneelage auf den Bergabhängen berichtet. Im Jnnern von Anatolien seien (nach Berichten in deutschen Zeitungen um Mitte Aprils) seit 14 Tagen (also im Laufe März?) durch grosse Schneefälle die Verbindungen gehemmt, die Vegetation jedoch noch zu- rück gewesen. Am 2. April Hagel und Sturm zu Ulm, Schnee zu Geisslingen, Ess- lingen, in Oberschwaben, dagegen zu Issny warmer Regen, der den Schnee; wegnahm. Am 10. April Mittags zu Ulm — 3^ R., den Tag über -f 9» R. Zu Salzburg Schneefall am 10. Vom 12. April aus Schlesien schroffer Temperaturwechsel, am 1. -f- 15° R. mit starkem Gewitter, am 2. + 3« und in der Nacht Frost, am 8. -[- 14,5, am 10 -f- 3^ R. Aus Schlesien vom 17. April neuer Eintritt des Winters, am 15. Schnee mit - 6«, vom 16.-17. - 4«, im hohen Gebirge grosse Schnee- massen, vorher hatte man Wärme bis + 18« R. gehabt. Dasselbe aus Mähren berichtet: zu Ende März und Anfang Aprils wahre Frühlingswit- terung, die Schwalben angekommen, theilweise blühten Obstbäume in warmen Lagen; am 9. April erschien Schnee und Frost bis — 7« R. eine ganze Woche lang, welcher bedeutend schadete. Aus Wien vom 17. April seit 2 Tagen Wiederkunft des Winters mit Wechsel von Schnee und Sonnenschein, rauhem NW und nächti- gem Frost. Frostschaden in Frankreich, in der Champagne ^, in Bur- gund 3 jeg muthmasslichen Weinertrags. Auch aus der Pfalz, von Landau bis Neustadt und von Trier Frostschaden (durch die Schnee- losigkeit) an den Reben und Obstbäumen im obern Haardtgebirge bis zur Hälfte des gehofften Weinertrags; Schaden am Reps in Schlesien. Am 17. April zu Langenburg _ 5» R.; vom 18.— 19. April Nachts zu Stuttgart Schneefall. Vom 18. April Nachmittags aus Donaueschingen klare Witterung und Frost in den Nächten; vom Bussen trockene Kälte seit 3 Tagen bis - 70 R. bei 0 und NO-Winden und klarem Himmel berichtet. Aus Constantiuopel vom 18. April andauernder Wechsel von S und — 334 — N-Wiiiden, Schneefälle fast jeden andern Tag^, noch unentwickelte Vege- tation und Sturmschäden zur See berichtet. Am 20. April zu BoIog;na fusshoher Schnee, die Apenninen an manchen Orten unzugänglich, Fro.stschaden um diese Zeit an den Oliven in Toscana. Vom 21. April Nachmittags aus dem obern Würmthal starker Frost, von Vaihingen a. d. E. — 3*^ und Schaden an den Obstbäumen, von Mergentheim — 8^ R., von Kirchheim u. T. Frostschaden an Obstbäumen Reps und Gerste und Schneedecke auf der Alp. Aus Chur vom 21. April eisige N- und Schneewinde, vom 1. Nov. bis 21. März andauernde Schneebahn-, aus Triest vom 21. seit 5 Tagen herrschende Bora wie im Winter bei Tag und Nacht, Morgens Eis auf stehenden Wassern, nicht selten Schneeflocken, die Vegetation, die seit Februar stark getrieben, (die Obstbäume schon vor 14 Tagen abge- blüht), ins Stocken gerathen ; aus Rom vom 21. Schnee auf dem Ge- birge und eisige Tramontana seit mehreren Tagen; aus Florenz vom 22. feuchtkaltes Wetter , Schnee auf den Apenninen bis zu den letzten Ausläufern. Am 24. April zu Breslau Schnee, die Berge am 25. tief herab mit Schnee bedeckt. Zu Anfang Mais Wiederkehr von Schneefall von Lemberg (Galizien) berichtet. Am 2. und 3. Mai Schneefälle zu Issny, Rottweil, am Fuss der Alp, Donaueschingen, ganz Oberschwaben, München und andern Orten, nach langer Trockenheit und herrschenden 0-Winden im April, wovon die Wintersaaten da und dort gelitten hatten. Aus Genf vom 3. Mai: seit 30, April Regen, Hagel, Schnee, letzterer bis etliche 100' über dem savoyischen Ufer, während Sinjplon und Montcenis vor einigen Tagen noch vom Schnee frei waren. Am 4. Mai Frost zu Chur, der den Nussbäumen schadete, die Reben hatten durch die Fröste im früheren Verlauf des Winters gelitten. In den Gebirgen von Ossola und der Schweiz sei am I.Juni Schnee gefallen, der die Passage unterbrach. Aus der Schweiz (Vierwaldstätter See) starker Wechsel von Hitze und Kälte, Regen und Sonnenschein, Föhn und rauhen Winden; am 15. die Berge beschneit. Auch aus Turin feuchte und kalte Witterung berichtet, die der Seidecultur schadete. Aus Böhmen vom 21. Juni nasskalte Witterung; zu Marienbad fiel die Temperatur bei täglichem Regenschauer bis auf -[- 6° R. Aus den untern Neckargegenden von demselben Datum Verzögerung der Reben- blüthe durch nasskaltc Witterung: aus Frankreich vom 22. regnerische Witterung seit Anfang des Monats und ungünstiger Einfluss auf die Pflanzen berichtet. Am 24. Juni sei ein Knabe, den sein Vater wegen Ermüdung trug, - 335 - auf den, l-anixo,,,»,,., .„,■,,,,,„ oia,„s „n,i G,-,,ul„i„dten erfroren: auch '" «n.l,r,.n AI|,enK,.(;r,„l.„ herrMl,!,. „DeceinberHellc,- An, ,s. Jnli wahren,! der grossen G..wincr»,nrn,e der Ri^H, Niesen, Wemerndeehoflnuns aus verschiedenen Landeslheilen In der Nacht von. 25.-26. Augnst F.nsl zu Riga See ^"l^°''f '"/»"■ i'ä. Augus. Erniedrigung der Tea.pera.ur de« Ves auf +5» R. durch die in den le.z.en Tagen ».»..gefundenen Regen- gusse und Hagelschlägc berichtet. AusCopenhagen vom H.September: nach grosser Hitze seit Anfang am 1^. stürmisches Regenwetter aus W und empfindliche Kälte -f 10« Mittags und -f 60R. Morgens eingetreten. Am 20. September Schneien zu Balmoral (England ) ^ Aus Pesth vom 25. September frostige Witterung,' wie sonst Ende Uetobers. Aus Cuneo (Piemont) Schnee auf den Bergen wie im Januar Aus Gastein vom 27. September: die Eisberge seien seit vori-^er Woche mit frischem Schnee bedeckt. Man schloss auf frühen Winter Aus Dublin vom 29. September schneller Eintritt winterlicher Wit- terung mit heftigem Regen und Sturm; auch in Nordwales die Gebirge 1» der vorletzten Woche des Septembers mit Schnee bedeckt 5 die Schwalben rüsteten sich (früher als gewöhnlich) zum Abzug. Auf die Stürme vom 5. und 6. October folgten allentharben Schnee- fälle oder Regengüsse. Vom 7-8. October in den schlesischen Gebirgen Schneefall Am 13. October zu Stuttgart der erste Frost. Aus Issny vom 15 October Eintritt des Frosts seit einigen Tagen und Schneedecke auf den Vorarlbergen. Vom 13.0ctbr. aus Oberschwaben herrschende NO-Winde und rauhe Witterung. Am 17. October in Mähren — 7« R. Vom 18.-19. October starker Schneefall zu Warschau. Aus Newyork vom 20. October früher Winter in den nördlichen Staaten, in Obercanada lag Schnee, die Seen mit dünner Eiskruste belogt. Aus Neapel vom 21. October seit 3 Tagen Umschlag des herrschen, den he.ssen Sirocco in kalte Tramontana (NO-Wind), Orangen, Citio- »»en, Oliven (die im Sommer eine der Traubenkrankheit ähnliche Zer- störung erlitten hatten) litten dadurch Noth. Am 26. October zu Petersburg das erste Treibeis der Newa, sehr stark Abends am linken Ufer: der Meerbusen von Kronstadt mit Treib- eis gefüllt. Am 29. voller Winter mit - 10" R , die Newa fest (seit — 336 "~ 133 Jahren die Newa nur 15mal im October gefroren: zuletzt 1805 am 28. und 1811 am 30. October). Am 27. October die savoyischen Gebirge am Genfersee mit Schnee bedecktj bei herrschendem SO-Wind, am See -f- 6^ R. Am 29. October zu Copenhagen der erste Schnee. Am 11, November zu Drammen (Norwegen) 6h Morgens — 10** R. Von Christiania vom 13. November fortdauernder Frost, im Anfang bis - 12*' R. Vom 14. November aus Litthaueu herrschende Kälte, — 10** R., die Flüsse mit starkem Eis bedeckt; dcssgl. aus den Weichsel- und Memel- gegenden 5 die beiden Flüsse mit Eis bedeckt. Aus Stettin: der plötz- lich eingetretene Frost habe viele Schiffe überrascht, die aus Furcht vor Einfrieren mit halber Ladung abfuhren. Nach Bericht aus Stockholm vom 19. November war in Skandina- vien ein früher Winter eingetreten ; am 24. und 25. October starke Schneefälle in Stockholm, Westeräs, Fahlun, Upsala, Jönköping, Carls- crona und andern Orten und Schlittenbahn ; am 30. zu Carlsstadt völli- ger Winter, dieFlüsse innerhalb Kannikeräs mit Eis bedeckt-, zu (Rothen- burg noch kein Schnee, aber Frost; am 2. November Regen. Auf der Nordseite Jütlands fiel in den letzten Ocktobertagen nach 3tägigem NO- Sturm Schnee, die Erde war gefroren. Zu Abo nach einem schweren Sturm der erste Schnee am 17. October. Zu Portsgrund (Norwegen) nach starkem Sturm am 26. October starker Schneefall ; zu Skien am 26. nach einigen rauhen und finstcrn Tagen förmliches Winterwetter mit ONO-Sturm und Schneewehen ; in den Wäldern 2' hohe Schneelage; zu Arendal am 26. October Schneesturm von NO und ununterbrochenes Schneien darauf. Zu Vevey am 26. November , nach vorangegangener milder Regen- witterung mit Föhn, in der Nacht der erste Frost, Vormittags -|- 3", die Berge bis 600' über dem See mit Schnee bedeckt, die kalte Witterung hielt jedoch nicht an j vom 8. December wieder Frühlings- witterung. Am 30. November zu Turin die Strassen voll Schnee, die Commu- iiication über die Alpen gehemmt. Frostige Witterung aus Neapel be- richtet. Vom 16 — 17. December Nachts Schneefall auf den Bergen am Gen- fersee, nachdem schon seit 4 Wochen am südlichen Abhang der Alpen (in Pieraont) winterliche Witterung mit Schnee, Regen, Nebeln ge- herrscht. Am 22. December zu Pirmasens (Pfalz) starker Schneefall, gleich- zeitig mit Regen und milder Temperatur zu Zweibrücken. Aus Oberschwaben vom 28. December wechselnde Witterung, öfteres Auf- und Zufrieren, am 18. December Regen und milde Witterung, am - 337 — 19. Fiüst, um 23. der erste Schnee, am 24. Tliauwcttcr, am 2fi. Decem- ber Friililingswitterung bericlitel. In Riisslaiid trat der Winter 1852 zu versdiiedenen Zeiten ein: in Riga der erste Schnee am 12. (24.) Oct. und Ende Oct. war die Diina j>etrüren. In Petersburg am 8. (20.) und 20. Oct. (2. Nov.) Regen, und zu Anfang; und zu Ende Nov. — IS'' R. In Wologda blieb die Witte- rung trocken und kalt und am 17. (29.) Nov. — 14,6 R., ebenso in Mos- kau , Wjätka u. a. 0, starkes und frühes Eintreten des Winters. In Wladimir am 27. Nov. (9. Dec.) - 20<' R. In Odessa trat der Winter am 20. Oct. (1. Nov.) ein, doch folgte Regen darauf. In Tiflis trat bald nach Anfang Oct. Kälte ein, zu Achalzyk am 19. (31.) Aug. Schnee, so dass Feld- und Gartenfrüchtc erfroren. Auch in Schweden und Nor- wegen früher Eintritt der Kälte, auf die wieder starkes Thauwetter folgte. — In England herrschten gleichzeitig ungewöhnliche Regen- güsse, namentlich im Decbr. ; vom 1. Juli — 31. Dec. fielen 27" Höhe, im ganzen Jahre 33,17". (Ansl. 1853 Nr. 1.) m) Bemerkenswerthe Erscheinungen. 1) im Thierrcich : 1851. Am 27. Januar Ankunft zweier Storchen bei Karlsruhe. Zu Alpirsbach hörte man die Finken schlagen ; im Laufe des Monats in Not- tiughamshire ein brütender Vogel im Freien beobachtet. Aus Issny vom 13. Februar Erscheinen von Lerchen berichtet, die Frösche seien den ganzen Winter noch nicht in den Winterschlaf ge- kommen. Am 7. März bei Tuttlingen eine Schneegans geschossen. Um den 10. März (wo Erdstösse in der Schweiz stattfanden) wurde in der Schweiz bei dem Dorfe Goldonon auf dem Bergrücken zwi- schen der Forch und dem Pfannenstiel auf einem Stück Schneefild von 12' Durchmesser eine grosse Menge Podura nivalis gefunden, dadei wurde aber auch in der braunen Substanz, die den Schnee färbte, ein Theil als wirkliche vulkanische Asche erkannt. Am 26. April 11h Morgens zu Turin ein grosser Schwärm von Va- nessa cardui L. (Gaz. Piem. 1. Mai.) Aus Siebenbürgen (Kronstadt) Verheerungen der Obstbaumraupen vom 13. Mai berichtet. Aus Leipzig vom 16. Mai Ueberhandnehmen von Schnecken und Raupen durch die nasskalte Witterung; aus Berlin vom 17. Schaden an den Obstblüthen durch Nachtfröste. Vom 30. Mai Heuschreckenschwärmc seit dem 8. Mai in der Krim und andern Theilen des südlichen Russlands, in den Küstenländern des griechischen Archipelagus: bei Metelin fand man die See 12 Meilen im Umkreis, hin und wieder 2 Mctres tief, mit Heusclircckcn bedeckt. Württemb. naturw. Jabreshefte. 1852. 38 Heft. 22 - 338 - Vom Bussen am 2. Juni schädliches Auftreten von «grossen Massen Maikäfern. Im Laufe Juni Heuschreckenschwärme im Tauius, Bessarabien, Astra- chan, schon seit Anfang Mais zu Tiflis, Elisabethpol u. a. 0. (Ausland Nr. 206.) Noch vom Laufe Juli's aus Sympheropol Heuschreckenschaden be- richtet, blos Fruchtbäunie und Weinreben blieben verschont, sonst wurde Alles abgefressen: das gemähte Gras bestehe nur aus Euphorbien, As- phodelen u. a. Am meisten wurden die Gärten verwüstet. Im Laufe Juli's häufige Scorpionsstiche in Egypten, in Einer Woche 80 Menschen in's Spital gebracht. Am 1. August wurde nach der Sturmnacht zu Carlsruhe eine Sturm- möwe, Larus canus L. geschossen. Zu Nykjöbing auf Morsö im Lymfjord (Dänemark) sei (im Laufe Aug.?) eine schwarze Wolke über die Stadt gezogen und habe sich in einem Hofraum niedergelassen, waren Insekten, 1 Linie lang und dünn wie ein Zwirnfaden, konnten vertical hüpfen, mit Schuppen bedeckt, 2 Tas- ter, 6 Füsse, braune oder violette Farbe, legten gelbe Eier wie Ameisen (wohl Podura?). Im August und September häufiger Ausbruch der Hundswuth in Ungarn. Im Laufe des Sommers viel Schaden an der Ernte durch Insecten und Schnecken aus Triest gemeldet. Im Spätjahr verderblicher Schneckenfrass in Sachsen und Württem- berg in Saaten und Gärten in Folge der anhaltenden Regengüsse. Zu Ausgang Novembers seien 2 verflogene Steinadler, am Zobtenberg und an der Oder, geschossen worden, in dortiger Gegend grosse Seltenheit. Im Jahr 1851 ungewöhnlieh reicher Fischfang an den holländischen Küsten, 1852. Bei Hamburg habe man ru Anfang Januars in 1' Tiefe in der Erde lebende Maikäfer im Menge gefunden; in Holstein seien die Störche um diese Zeit angekommen. Aus Baden vom 19. Januar berichtet: Fischer bemerken, dass die Fische häufig an die Oberfläche kommen und bald laichen werden, man schloss auf frühen Eintritt des Frühlings. Zu Anfang Februars (am 3.) seien zu Freiburg im Br. Störche er- schienen, die aber wieder giengen: auch haben sich Nachtigallen u. a. Singvögel vernehmen lassen. In den ersten Tagen des Monats zu Mannheim ein grosser Seeadler von 8' Flügelbreite geschossen. Zu An- fang Februars häufiger Ausbruch der Hundswuth in Norddeutschland (Hamburg, Altona) und Scandinavien. Zu Anfang März aus Ungarn berichtet, dass sich dieses Jahr an der i — 339 — Drau und Save die Biber in j^^rossn- Znlil 7.elf;on und häufig; zur Faslen- speise gejaf>;t worden. Von Friedrirhsliafon vom 21 Mär/ Wiederkunft der Möven und Föhn im Gebirf>e seit eini«:;en Tao;en berichtet. Vom 27. März aus Maulbronn Wiederkunft der Störehe „.seit wenigen Wochen"; am 28. und 29. Wiederkunft der.selben iui mittlem Remsthal, berichtet. Vom 21. April aus dem obern Würmthal Wiederabzuj^ der Störche seit Anfang des Monats, nachdem sie schon zu nisten beoounen. Zu Anfang Mai's bei Schelklingen O.-A. Blaubeuren auf einem der höchsten Punkte der Gegend ein Carbo cormoranus gefangen. Aus Constantinopel vom 14. Mai ungeheure Heuschreckensch wärme im Paschalik Damaskus u. a. O. trotz des kalten Winters; sie seien je- doch nach kurzer Zeit wieder verschwunden. Aus Leipzig vom 22. Mai grosse Maikäferschwärme. Aus Smyrna vom 25. Juni ungeheure Heuschreckenschwärme, die seit Jahren nicht so heftig gehaust; grosse Massen liegen fusshoch entlang des Gestades im ganzen Golf und verpesten in der ungemeinen Hitze die Luft, der Südwind trieb Millionen der Thiere ins Meer, allein sie hausten dennoch gewaltig in der Halbinsel. Vom 26. Juni aus Con.stan- tinopel Verheerungen der Heuschrecken in einigen Gegenden, übrigens guter Stand der Ernte. Aus Petersburg unter dem 28. Juni grosse Heuschreckenschwärme im Taurischen Gouvernement mit grossen Verwüstungen. Im Laufe Juli's häufige Hund.«;wuth in Frankreich. Aus Athen vom 6. Juli ein 2tägiger Zug halbgewachsener Heu- schrecken, vom Hymettus kommend, über die Stadt nach den Vorbergen des Parnassus: hellbraun, dunkelbraun gefleckt und rosenfarbene Unter- flügel, also nicht Acridium migratorium; aus Constantinopel Heuschre- ckennoth auf Scio. Aus Paris von Mitte Juli: seit einigen Tagen sehe man grössere und längere Schwalben als die gewöhnlichen, sie stammen vom Cap der guten Hoff'nung und besuchen gewöhnlich nur den Süden Europa's, man habe sie in Paris 1784, 1817 und 1829 bemerkt. Aus Hannover von Mitte Juli Erscheinen des Heerwurms (Ceratopo- gon-Larve) im Walddickicht bei Eilenroda; ebenso in Mecklenburg in einem Garten bei Teterow zu Toschow, verschwand in einem Erdlocb, an dem die Spitze schon vorbei gekommeii war, als etliche sich seit- wärts dahinzogen; die vom Zug zurückgebliebenen Maden trockneten schnell aus. Vom Ausgang Julis Fortdauer der Hcuschiecken in Anatolicn und mehreren Inseln, aus Athen berichtet. Aus Smyrna vom 26. Juli fortdauernde Verwüstungen durch Heuschrecken 22* — 340 — zu Vurla, Cesmc, Alazzata, Samos in den Weinbergen; einem Säugling seien Oberlippe, Nase, Ohren abgefressen worden. Zu Smyrna wurden sie durch einen Nordwind in die See geweht; aus Sico wurde berichtet, dass ein Zug um dem andern über das Meer herziehe und die Weinberge verwüste, die Baumwollpflanzungen abnage, die Schiffer fahren bei Tag und Nacht unter Wolken von Heuschrecken, die ältesten Menschen kön- nen sich einer ähnlichen Erscheinung nicht erinnern. Zu Anfang Augusts starke Verbreitung der Hundswuth aus Ham- burg, Berlin, Oberfranken, dessgleichen aus Madrid berichtet. Am 17. August 2 — 4h Nachmittags ungeheure Schaareu fliegender Ameisen Ton SO - NW über Rottweil hinziehend, meist kleine schwarze, darunter grössere mit theilweise gelbem Hinterleib; dieselbe Erscheinung zu Freiburg in der Schweiz, am 18. zu Lugano (Tessin), Poschiavo (Graubünden), wo sie nach S zogen. Am 21. August Abends gegen Sonnenuntergang zu Clausen (Tyrol) grosse Schwärme InsecteUj 3 — 400' über der Thalsohle, vom leichten Wind thalabwärts getrieben, ^ Viertelstunde lang, wahrscheinlich Ameisen. Im August in ganz Oberitalien die Lungen- und Klauenseuche herrschend. Am 5. September Stocken des Eisenbahnzugs zu Ulm, zwischen dem Bahnhof und Tunnel, durch Massen von Raupen, die sich auf die Schienen gesetzt, so dass die Räder auf den Schienen blos gleiteten. Etliche Tage zuvor war dasselbe zwischen Essendorf und Weitenstetten der Fall, wo die Schienen auf 4000' mit Raupen bedeckt waren-, die Rübenäcker in der Nähe waren ganz abgefressen, es war also Pontia rapae oder napi Alle liefen von S-N. Aus Leonberg vom 7. ungeheure Mengen von Kohlweisslingraupen in den Gärten. Vom 10—14. September zahlreiche Fälle von Hundswuth zu Weimar. In den Sommermonaten sei in Oestreich ein Honigthau auf den Baumblättern häufig gewesen, daher eine reichliche Honigernte gemacht wurde. Zu Ausgang Sept. schadeten in Württemb. viele nackte Schnecken auf den Saatfeldern. '^■' . In der Nacht vom 11. November sah man im obern Würmthal gleich- zeitig und nach dem Nordlicht viele Leuchtkäfer an südlichen Abhängen. Am 11. November bei Offenbach im Walde ein Steinadler geschossen. Von Hamburg im December Fortdauer von Hundswuth - Aus- brüchen. Am 15. December bei Esslingen ein bebrütetes Finkennest mit fünf Eiern gefunden. Am 21. December zu Gaildorf Johanniswürraer leuchtend gefunden. - 341 - In Polen fand man im Dpcombor (auf einem Gut, Chrosny) ein Sper- Iing;sne8t mit 3 Eiern unter einem Rnlirdacl». Von) Ende Dec. aus dem Remstlial g^rossc Tliiiti^keit der Bienen mitEin- traj^^en von Blütlienstaub von Haselnusssträucliern u. Gartenreseden berichtet. 2) Pfl a n z en r ei c h. 1851. Im Januar und Februar fand man in vielen Gep;-enden blü- hende Früblino^spflanzen. Zu Backnanj? am 5. März Veilchen. Vom 25. April volle Kirschenblüthe im NcufFener und den Kirch- heimer Thälern; von Ravensburg Verblühen der Kirschen gemeldet. Vom 26. April volle Baumblüthe aus Schlesien (Breslau) gemeldet. Am 10. Juni zu Heilbronn an Kammerzen blühende Trauben; am 17. in den Halden Weinbergen zu Cannstatt, am 18. zu Mundeisheim (Käsberg), am 28. in den Kriegsbergen bei Stuttgart, am 2. Juli zu Neuffen, 4. Juli allgemein zu Stuttgart, 6. Juli zu Ingelfingen , 13. Juli zu Ravensburg; am 13. Juli Ende der Rcbenblüthe zu Baden-Baden: am 16. Juli die Reben auf dem hohen Gebirge in der Pfalz noch nicht verblüht. Von Breslau vom 8. Juli Rost und Russ im Getreide berichtet. Am 4. August die ersten gefärbten Klevner zu Heilbronn, zu Grä- fenhausen O.-A. Neuenbürg. Aus Breslau vom 25. August starke Wärme und Trockenheit und neben der KartofFelkrankhoit Braunwerden und Absterben der Baum- und Rebenblätter berichtet; ebendiess auch aus Ungarn. Aus Sulz vom 28. August das Erscheinen dunkler Flecken an den Blättern von Bohnen, Hopfen, der Kernobstbäume und zwar an der dich- ter belaubten (südlichen?) Seite der Gewächse; die Früchte fielen ab mit einem Geruch, ähnlich dem der faulen Kartoffeln: dasselbe von Geisslingen, Esslingen u. a. 0. gemeldet. Aus Ratibor vom 22. September gänzliches Fehlschlagen der Ernte in den Karpathengegenden, kaum die doppelte Aussaat. Im südlichen Tyrol verspätete Traubenreife, in hohen Gegenden reiften sie nicht, unbedeutende Traubenkrankheit, Fehlen der sonst häu- figen Traubenmotten. Aus Nizza vom 21. December die schönste Witterung, Blühen der Mandeln, Bohnen, Erdbeeren, Blumenkohl als tägliches Gemüse, berichtet. Zu Ausgang Decembers trat Kälte ein. Aus Rastenburg in Preussen vom 31. December Blühen der Kir- sehen, Veilchen, Crocus in den Gärten berichtet. Im Laufe des Jahres sehr starkes Auftreten der Kartoffelkrankheit in fast allen Ländern Europa's, der Traubenkrankheit in Italien, dem südlichen Frankreich stark, der Schweiz, der Pfalz, Ungarn. In Ungarn wurden die im Fi ühjahr vielversprechenden Saaten durch Hagel, Wolkenbruch, häufige Temperaturwcchscl sehr verkümmert, die — 342 — Ernte selbst durch Regenwolter bescliädigt. Ebenso die Weinlese und die Maisernte. Ueberhandnehmen der Rinderpest in Ungarn und Sie- benbürgen. In Island gute Ernte. Aus Schlesien wenig Schaden von der Kartoffelfaule: im Ganzen eine Mittelernte. In England eine volle Mittelernte. In Rheinpreussen eine Mittelernte. Obst stellenweise reichlich. Bios Kirschen ziemlich. Wein gering. In Franken Mittelernte. Die Kartoffelkrankheit trat im Jahr 1851 da und dort mehr oder weniger stark auf. In Savoyen trat sie im August nach den Ueber- schwemmungen des Arvegebiets auf. Auch in Pommern und andern Theilen Preussens erregte die Kar- toffelfäule Besorgnisse. In Toscana und Neapel herrschte die Traubenseuche durch Oidium Tuckeri sehr stark im Juli und August. In Piemont trat sie im August auf, bei Genua sehr stark, bei Rom Mitte Augusts, namentlich verheerend bei Velletri, Civita lavinia, Zagarolo, Tivoli und der Provinz Civita vecchia. Ebenso zu Ferrara. Im August (Mitte) zeigten sich Spuren in Winterthur, im Kanton Bern (Bieler See), im südlichen Tyrol, obgleich nicht sehr stark. In Irland im August Spuren der Kartoffelfäule. In Rheinpreussen war sie in einigen Gegenden ziemlich stark. 1852. Aus Nizza vom 26. Januar eine seit 2 Jahren auf den hyeri- schen Inseln herrschende Krankheit der Orangenbäume berichtet, welche in grosser Zahl abstarben. Im Laufe Aprils Frostschaden an den Reben in der Pfalz, dem Rheingau, der Schweiz, Frankreich, an den Oliven in Italien, in Nord- deutschland da und dort an Reps und den Wintersaaten. Unter dem 15. Mai aus Cöln ein „schwarzer Samenregen'' berich- tet, der „jüngst'^ zu Rörmonde, Gailenkirchen u. a. 0. in einem Umkreis von 8 Stunden gefallen, die Körner, 2 Millim. im Durchmesser, waren Pilze, die auf faulenden Gewächsen häufig entstehen; bei Jülich 4 bis 500 auf 1 D'. Am 17. Mai schnelles Ausschlagen der (Buchen-) Wälder von Urach, am 22, von Münsingen berichtet. Vom 20. Mai aus Ellwangen schneller Antrieb der Vegetation durch einige Gewitterregen nach mehrwöchiger Trockenheit. Am 21. Mai die erste Rebenblüthe zu Breisach; am 28. am untern Hardtgebirge an einer Rebe, die am 7. geschnitten war. Am 23. Mai zu München und zu Bühl (Baden) die ersten reifen Kir- schen, am 27. zu Carlsruhe, am 30. Mai zu Stuttgart. Vom 25. Mai aus Oberschwaben allgemeine Obstbaumblüthe. — 343 — Am 1. Juni /ii Hcllltiuiin . Juni zu Wcinsboifj;^ (den 22. all}j;om«'in) . am 10. Juni zu Grossbottwar, um 30. Mai zu Stuttji^art (Krioj;sberp;o) , am 12. Juni zu Reulliiigon : Mitto Juni Anfang der Ti aubenblülbo in oinzrlnon Wein- brrgcn der untern Gebiio^e in der Pfalz. Aus Baden vom 25. Juni: zu Durlacli einzelne Blüthen .schon am 3. Mai (Juni?;, im Oberland seit Mitte Mai (?) . ebenso in Weinbeim und Wieslocb : .sonst sei die Reben- blütbe 14 Tage vor und natli d(Mn 24. Juni. Vom 11. Juni Auftreten der Kartoffelfäule in Irland gemeldet. Vom 15. Juni aus Mailand Spuren der Traubenkrankiieit. aus Botzen vom 23. Vom 27. Juni günstiger Stand der Reben, gute Futtorornte aus der Pfalz. Vom 1. Juli aus Weimar gute Waizenernte. Vom 4. Juli trübe Aussichten auf den Herbst an der Mosel, die Rebenblüthe fiel in nasskalte Witterung und war überhaupt zu spät. Am 8. Juli zu Nizza reife Trauben: dessgleiclien in der Rheinpfalz (Hardt). Vom 9. Juli aus Venedig die Traubenkrankheit in ganz Oberitalien. Schlechter Stand der Corinthen und Oelbäume aus Athen. Günstige Ernteaussichten aus Frankreich, England, allen Gegenden Deutschlands, dessgleichen gute Heuernte; guter Verlauf der Traubenblüthe , von Mitte Juli. Vom 10. Juli aus Vevey und dem Wallis Kartoffelkrankheit und Rind- viehseuche, aus Venedig Traubenkrankeit , giosser Schaden im Valpoli- cellathal: aus Triest Traubenkrankheit in Italien und im südlichen Tyi ol, an den Corinthen im ganzen westlichen Griechenland und den jonischen Inseln. Am 13. Juli zu Würzburg im Hospitalgarlen die ersten reifen Trau- ben, am 17. in den Leisten ; zu Altbreisach farbige Burgundeitrauben. Am 15. Juli zu Leonberg die erste Wintergerste eingeführt, am 6. zu Eningen, am 8. zu Göppingen. Aus Venedig vom 18. Juli reiche Obsternte auf den Inseln. Vom 18. Juli aus der Mark Brandenburg und Provinz Sachsen aus- gezeichneter Stand der Fruchtfelder. Aus Leipzig von\ 19. Juli Kartoffelfäule im Voigtland und Erz- gebirge. Vom 20. Juli aus ganz Württemberg gute Heuernte berichtet: Vor- schreiten der Weinbeere. Aus Mailand vom 20. Juli sehr gute Kornernte. Am 25. Juli bei Freiburg (Herbolzheim) reife Trauben ; am 28. ge- färbte /u Grossbottwar. — 344 ^ Aus London vom 29. Juli starkes Auftreten der Kartoffelkrankheit im W und O von Irland und im N von England, Aus Madeira gänzliche Zerstörung der Weinberge durch die Trau- benkrankheit, so dass man Tabak pflanzen wollte; dessgleichen aus Malaga. Aus der Rheinpfalz zu Ausgang Juli Spuren der Traubenkrankheit. Am 31. Juli reife und gefärbte Trauben zu üntertürkheim , am 1. August gefärbte zu Mezingen, O.-A. Urach; dessgleichen zu Ringingen (Baden), am 2. zu PfafFenweiler (Kaiserstuhl). Aus Turin Mitte August wieder Besserung der erkrankten Reben ge- meldet, obgleich die Seuche fast allgemein war. Aus England vom 7. August gute Mittelernte, dabei Schaden durch Brand und Mehlthau, namentlich an den Hülsengewächsen, Kartoffel- fäule sporadisch. Von Augsburg vom 11. August ausgezeichnete Getreideernte, viel Obst, keine Kartoffelfäule. Aus Hayda (Oestreich) von Mitte August gutes Ergebniss der Ernte, sowie in den höheren nördlichen Gegenden Böhmens, besser als in dem mittlem Böhmen, weil im Gebirge während des heissen Juli öftere Ge- witterregen kamen. Keine Spur von Kartoffelkrankheit. Aus Galizien befriedigende Getreideernte. Von Frankfurt vom 15, August: schon seit einer Woche gebe es reife Trauben aus der Pfalz, die Trauben seien auch seit Ende Juli sehr vorgeschritten, doch sehwinden die Hoffnungen durch das seit Ende Juli eingetretene anhaltende Regenwetter, auch sei man wegen des Getreides besorgt. Mitte Augusts Traubenkrankheit au der Mosel. Aus Athen vom 10. August vortreffliche Ernte mit Ausnahme der Corinthen; vom 24. gänzliches Fehlschlagen der Corinthen, selbst auf dem trockenen Gebiet von Athen; dessgleichen fast allgemeine Verhee- rung durch die Traubenkrankheit aus Sicilien. Aus Schlesien vom 21. August meist befriedigende Getreideernte. Aus Vevey vom 26. August allgemeines Erscheinen des Colchicum autumnale berichtet. Vom 28. August aus der Vorderpfalz ungewöhnlich gute Ta- baksernte. Vom 29. August Umsichgreifen der Traubenkrankheit in Toscana; vom 31. Erscheinen derselben am Genfer See. Aus Leipzig vom 30. August: der Roggen sei allenthalben von Mut- terkorn befallen. Aus Nizza im August ausgezeichnete Feigenernte. Vom 1. September gute Getreideernte an der obern Donau. - 1^45 - Aus Perig^ord vom Anfang- Sept. vorzüglicho Trüffelerntp. Vom Anfang Sept. aus Botzen völliger Misswaclis der Reben ; aus der Rheinpfalz Aussicht auf gute Qualität, geringe Quantität. Aus Lyon vom 2. Sept. mittelmässige Fiuchterute , Fortdauer der Traubenkrankheit; gute Getreideernte an der obern Donau. Von Mitte Sept. aus Chur eine der Traubenkrankheit ähnliche Er- scheinung an Kastanien- und Hollunderbäumen, Aus Salzburg vom 16. Sept. ein zum zwcitenmale Blüthen ansetzen- der Kastanienbaum. Aus Venedig vom 20. Sept. Zunahme der Traubenkraukheit, wo sie nicht herrsche, haben Hagelwetter geschadet. Aus dem südlichen Frankreich (Lyon, Angers, Nantes) vom Ende September sehr schlechte Weinlese wegen der Traubenkrankheit, von Macon gänzliches Fehlsclilagen , jedoch mehr in Folge von Hagelschlä- gen. In Chalons schlechte Weinlese, in andern Lagen die Trauben un- reif und faul. Die Weinlese in der Gegend von Ofen in den letzten Tagen Sept. Hess trotz früher guter Aussichten an Menge und Güte viel zu wünschen. Im Venetianischen vortreffliche Maisernte. Aus Odessa günstiger Einfluss des regnerischen Sommers auf die Vegetation, dagegen schädlicher Ein- fluss während der Ernte. In den fruchtbaren polnischen Gouvernements entstand Misswachs an vielen Orten durch die anhaltenden Regengüsse. In Bessarabien habe man ungeheure Mengen Heu in den Steppen geerntet. Vom 22. Sept. aus Texas schlechte Baumwollcnernte durch Wurm und Regen. Auch in Luisiana, Alabama, Missouri, Georgia Missernte durch Fäule. Am 29. von Freiburg im Breisgau Traubenfäule in grosser Ausdeh- nung durch das Regenwetter: in Württemberg Beeinträchtigung der Oehmdernte. Aus Sicilien vom 30. Sept. gute Weinernte trotz der Traubenkrank- heit, schlechte Oel-Ernte. ' Aus Christiania vom 1, Oct. im Allgemeinen befriedigende Ernte, hin und wieder Kartoffelkrankheit. Vom 2. Oct. aus Ungarn verschiedener Ausfall der Weinernte, in der Hegyallia (Tokay) schlecht durch die Traubenkrankeit, gering von Pesth bis Fünfkirchen, sonst sehr gut. Vom 10. Oct. aus der Pfalz geringe Ergiebigkeit, doch gute Quali- tät der Weinernte. Aus Meran und Botzen vom 11. October geringe Wein-, reiche Obsternte. Vom 13. Oct. bessere Weinlese im Elsass, als man erwartet hatte. Missernten im südlichen Frankreich durch Traubenkrankheit, in Macon durch Hagelschläge, zu Bordeaux gute Ernte. In der Pfalz starke Faul- -^ 346 — niss im obrrn Gebirg^e, in (Iph ühritron Gpgpndrn ziemlich gute Wein- lese, an manchen Orten erst im November-, geringe Kartoffelernte. Am 11. Oct. zu Heilbronn Clevnerlese, am 18. die allgemeine: in den letzten Jahren haben die Trauben theilweise durch Rothfäule gelitten. Aus Chur vom 16. Oct. vortreffliche Futter-, gute Roggen-, sehr gute Mais- , ziemlich gute Weinernte. In Veltlin Missernte des Weins durch Traubenkrankheit und Hagel; aus der übrigen Schweiz eine mitt- lre Qualität des Weins. Aus Frankfurt vom 16. October: die Lese im Rheingau noch nicht beendigt, günstiger Einfluss der Spätlese auf die Qualität. Vom Oberamt Kirchheim schlechte Beschaffenheit des dritten Klee- schnitts, erregte Speichelfluss und Kolik, man sah schwarze Punkte (Pilze) auf den Blättern. Am 16. Oct. Ende der Weinlese zu Zürich und Basel, die weissen T rauben besser. Aus Neuyork vom 16. October gute Weinernte im Ohiothal, Aus St. Gallen grosse Obst-, Mais-, Drittels-Weinernte. Am Oberrhein und am See (Baden) mittelmässige Weinernte. Aus München vom 17. Oct. ein Drittel der Kartoffelernte durch Fäulniss verdorben. Am 18. Oct. Anfang der Weinlese zu Mergentheim, am 19. zu Stutt- gart; geringer Ertrag. Aus Würzburg vom 22. Oct. Beginn der Weinlese, Ertrag ungleich. Kai toffelernte ein Drittel krank. In der Pfalz legten die Trauben durch die warme Witterung des Octobers noch zu. Qualität wie 1848. Im Rheingau der Quantität nach ein halber Herbst; der Qualität nach sehr ungleich. Aus Vevey vom 26. Oct. geringe aber gute Weinlese. Aus Florenz vom 26. Oct. gute Weinlese in den hohen Gegenden, die Traubenkrankheit mehr auf die niedrigen Thäler beschränkt. In Neapel war, mit Ausnahme Calabriens und Siciliens, wo sie vor- züglich ausfiel, die Weinlese gänzlich missrathen. Aus Mähren ausgedehnte KartoflFelernte. Im October zu Tübingen ein Birnbaum in voller Blüthe: zu Würz- burg blühende Aepfelbäume: bei Leonberg reife Erdbeeren. Viele Ka- stanienbäume zu Paris in Blüthe; die Trockenheit des Juli und August hatte sie entlaubt und die Regengüsse des Spätjahrs trieben sie wieder an. Vom 10. November ein blähender Apfelbaum von Berlin gemeldet; blühende Apfelbäume zu Justingen auf der Alp; zu Dornstetten. lui November sehr milde Witterung allenthalben, zu Pforzheim blü- hende Obstbäume, zu Esslingen blühende Syringen, zu Tübingen auf einem Acker ausgebildete Gerstenähren von den durch Hagel ausgeschla- genen Körnern, zu Ellwangen blühende Wiesenpflanzen, zu Kirchheim unter Teck reife Prestlinge, zu Heilbronn blühender Roggen. In Welz- i — 347 - Iieim 7A\ Aiifano; Dctombors Flachs von 3' Län(?o auf cinom im Somiukt nbf^peindeten Flachsfcitl. Am 10. Deccmbor bei Horb auf einem der höchsten Punkte der Markuno: reife Erdbeeren, Frühlinf^sbliithen , ein blühender Repsaoker; /n Balino^en -\- 15** und flieg:endc Schmetterlinj^e : am 26. December zu >yeildiestadt eine völlij^e Gerstenähre, ausjjebii- dete Aepfelchen von zweiter Bliithe. Aus Esslinp^en wurde berichtet: Im November blühte der Reps, Sonnonfäden (Theridion obstetriO zeigten sich in Menge, bei ßerk- heim blühte ein junger Apfelbaum, Ackerbohnen als Nachsaat, Erb- sen, Wirken, blühten allgemein, Mitte Novembers blühende und reife Erdbeeren , Veilchen u. a. Von ausgefallenen Keimen bei der Ernte sah man Waizen , Gerste und Haferähren. Die Wintersaaten stehen schön, jede Pflanze habe 3 Blätter, was selten allgemein sei. Im De- cember blühte an der Stadtmauer ein Haselnussstrauch, in den Wäldern der Seidelbast allgemein, Cornus mascula blühte, Viola odorata und Fragaria vesca blühten. Die Hasen rammelten. Von Leipzig zu Ausgang Novembers volle Blüthe der Repsfelder berichtet. Zu Wien vom 21. November blühende Castanien und Robinien, im Prater Wiesenblumen. In Wallis am 2. December blühende Obstbäume, ausgebildete Ger- stenähren-, ähnliches aus dem Berner Oberlande und der übrigen Schweiz; zu Genf dagegen rauhe Luft und Regengüsse, bei Lyon Austreten der Rhone befürchtet. Vom 10. December von Weinheim (Baden) blühende Mandelbäfime (1834 diess im Januar berichtet), in der Ortenau Repsblühten, ein blühender Zwetschenbauni: am Niederrhein vom 15. December blühende Feld- und Gartenpflanzen. Am 20. December zu Nizza blühende Aprikosen und Mandeln, Schos- sen an Reben, reiche Orangen-, schlechte Weinernte. Am 22. December zu Ehingen (2200' hoch) reife Erdbeeren und Frühlingsblüthe. Am 25. December zu Augsburg Rosen- und Veilchensträusse, Am 26. December badeten Knaben zu Tübingen im Neckar, In der Hardt (Pfalz) waren viele Rebstöcke durch die Trauben- krankheit getödtet, zeigten rothbraunes und schwarzes Holz bis auf die Wurzeln, so in ganzen Weinbergen. Im December wurden überall in Württemberg Frühlingsblumen, reife Erd- und Himbeeren gefunden, letztere theilweise zu !>1arkt ge- bracht: am 28. December ein Büschel reife Erdbeeren zu Stuttgart aus einem Weinberg im Forst (schlechtere Lage) ; „am Bodensee" blühende Rosen, Veilchen in Gärten, Wiesenblumen, reifende Achren auf den Feldern, blühende Trauben an Rebenranken, blühende Obstbäume. - 348 -- Am 27. December trieb ein Hirte bei Freiburg die Schafe auf die Waide, man mähte schuhhohes Gras auf den Wiesen. Im Dec. hatte man zu Stuttgart blühende Veilchen auf dem Markte feil und es blühten in Gärten viele Pflanzen im Freien; zu Ulm sah man einen fliegenden Schmetterling, in Nürnberg eine Kornähre. Zu Wien war seit 1775 nur am 3. December 1779 und lO. Dec. 1787 eine höhere Temperatur als im December 1852 beobachtet worden. Am 11. Dec. fanden sich zu Weinheim blühende Mandelbäume: (im Januar 1834 gleichfalls.) 14) Beobachtete Erscheinungen im Thier- Pflanzenreich. und Die letzten Schneegänse. 1851. 1852. Oberstetten 10. März. 1 — __ 23. März. Amiishagen 17. März. Winnenden 18. „ Oehringen 17. Januar. Hohenheim 21. Februar. — _ t7. „ Schopfloch 29. März. — — 7. n Tuttlingen 12. Februar. — — 6. „ Mittlere Zeit 26. Februar. _ _ 14. März. Unterschied 71 Tage. — — 17 Tage. Die erster Lerchen. Oberstetten 17. Februar. — — 10. Februar. Amiishagen 10. „ Oehringen 17. Januar. _ _ 15. März. Winnenden 15. März. — — 17. „ Hohenheim 21. Februar. — — 7. « Schopfloch 25. „ — — 2- „ Ennabeuren 20. „ — — 9. „ Heidenheiro 9. ^ Schwenningen 17. März. Spaichingen 23. „ Tuttlingen 24. Februar. _ _ 8. . Issny 15. März. _ _ 13. Februar Mittlere Zeit 20. Februar — _ 3. März. Unterschied 59 Tage. — - 42 Tage. Ankunft de r Störche. Oehringen 20. März. — — 23. März. Winnenden 15. , — — 15. „ Hohenheim 16. , — _ 22. „ Heidenheim 27. , 340 1851. Schweimiiigrn 5. März. Issiiy 21. April. Mittlere Zeit 25. Mar/.. Unterschied 47 Tage. Anfang Oberstetten 13. März. Amlishagen 2. April. Cannstatt 15. März. Hohenheim 24. „ Schopfloch 27. „ Ennabeuren 27. „ Schwenningen 19. „ Tuttlingen 26. , Issuy 7. April. Mittlere Zeit 24. März. Unterschied 25 Tage. 1852. Mittelstadt 20. März. Spai(hingcn 28. ^ — — 22. März. — __ 13 Tage. des Pflügcns. — — 18. März. _ - 29. , Winncnden 21. . — — 9. Februar — — 22. März. -- 29. „ _ — 29. „ Mittelstadt 30. , Spaichingen 22. „ — — 14. . — — 1. April. — — 20. März. ^ __ 23 Tage. Blühen des Seidelbast! Oberstetten 16. Februar. 2. Februar Amlishagen 29. März. __ _ 3. April. 8. Februar. Hohenheim 20. , Calw 9. Februar. — __ 26. Januar. Schopfloch 24. März. ___ 23. März. Ennabeuren 20. Februar. — — 20. Februar. Schwenningen 4. April. Heiden heim 30. März. Mittelstadt 30. , Spaich ingen 1. April. Tuttlingen 23. März. __ 1. „ Mittlere Zeit 10. März. _ 6. März. Unterschied 34 Tage. - — 65 Tage. Erscheinen ( Jer Dro sseln. Oberstetten 22. Februar. 21. März. Schopfloch 18. , 6. „ Ennabeuren 20. , 20. Febr. Mittlere Zeit 20. Februar. _ 5. März. Untersch ied 4 Tage, - — 39 Tage. 350 - Streichen der Schnepfen. Oberstetten Amlishageii 1851. 22. März. 27. n Holienhoiin Schopfloch Ennabeiiren Tuttlingen Issny 22. „ 7. April. 20. März. 21. „ 24. „ Mittlere Zeit 25. März. Unterschied 18 Tage, Winnen^e" 1852. 24, März. 1. April. 28. März. 8. April. 28. März. 1. April, 23. März. __ — 29. März. _ 16 Tage. Ausschlagen der Stachelbeeren. Oberstetten 24. März. Amlishagen 6. April. Oehringen 21. März. Cannstatt 22. „ Hohenheim 26. „ Schopfloch 14. April. ICnnabeuren 2. „ Schwenningen 10. „ Tuttlingen 14. „ Issny ' 28. März. Mittlere Zeit 1. April Unterschied 24 Tage 25. März. 7. April. 22. März. 7. Februar. 1. April. 15. » 30. März. 3. April. U. , - - 4. „ _ — 28. März. _. _ 68 Tage. Mittelstadt \ Spaichingen Blühen der Veilchen (Viola odorala). Oberstetten 25. Februar. Aralishagen 23. März. Oehringen 15. 3> Winnenden 3. Februar. Cannstatt 18. März. Hohenheim 23. n Calw 8. p Schopfloch 5. April. Enn ab euren 28. »» Tuttlingen 12. » Issny 5. » Mittlere Zeit 21. März. Unterschied 62 Tage. 21. März. 17. » 21. » 21. 1» 28. t) 26. » 9. n 1. April. 28. n 10. p 11. » 28. März. 50 Tage. — 351 — Blühen der !*fi rsich<* (Amygdalus persica). 1851. 1852. Oberstrllcn 11. April. 11. Mai. Oehriiif>;on 17. „ CaniKstatt 15. , 6. April Holienhcini 10. , — _ 12. „ Mittlere Zeit 14. April _ _ 20. April. lluterscjjied 7 Tage. -_ _ 35 Tage. Ausschlagen der Birken Oberstetten 16. April. 1 28. April. Amli.sliao^eii 23. „ _ 10. Mai. Oehringen 12. „ — 13. April. Winnenden 16. „ _ 1. Mai. Hohenheim 12. „ 2. n Cahv 22. , ff Scliopflücli 22. „ _ _ 12. „ Ennabeuren 12. Mai. _ _ ff 9. , Tuttlingen 21. April. _ _ "• 39 16. „ Is.sny 21. „ 9. „ Mittlere Zeit 17. April. _ 2. Mai. Unterschied 10 Tage. — — 33 Tage. Ausschlagen der Buchen Oberstettcn 21. April. 9. Mai. Amlishagen 27. , 15. „ Oehringen 15. „ Winnenden 13. April. 8. Mai. Hohenheim 16. „ 3. „ Schopfloch 30. „ 16. „ Ennabeuren 25. Mai. Mittelstadt ff 21. „ 30. März. Tuttlingen 23. April. — 12. Mai. Issny 24. . 12. „ Mittlere Zeit 26. April 5. Mai. Unterschied 40 Tage. - -_ 51 Tage. Erster Ruf d es Kukuks. Oberstettcn 3. April. — — 11. April Amlishagen 17. „ — 22. ^ Oehringen 1«. y, Winnenden 29. „ 1 1 _ _ 13. „ Hohenheim 11- . 1 . _ . _ 7- . - 352 - 1851. 1852. Schopflocli 10. April. — — 26. April. Ennabeuren 22. „ — -». 26. „ Spaichingen 13. Mai. Tuttlingen 9. „ _ »_ 26. April. Issny 8. , = _ 15. Mai. Mittlere Zeit 14. April. — _ 25. April. Unterschied 21 Tage. — — 38 Tage. Erster Ruf der Frösche. Oberstetten 8. April. ■ 11. April Hohenheim 11. „ Amlishagen 10. Mai. Schopfloch 25. März. 30. März. Ennabeuren 5. April. 18. April. Schwenningen 10. ^ Heidenheim 5. Mai. Tuttlingen 11. « 31. März. Issny 15. „ _ _ 15. Mai. Mittlere Zeit 7. April. __ _ 21. April. Unterschied 21 Tage. — — 46 Tage. Ankunft der Hausschwalben. Oberstetten 29. März. — - 7. April. Amlishagen 15. April. _ — 25. „ Winnenden 14. „ _ _- 30. März Hohenheim 7. „ _ — 5. April. Schopfloch 15. „ — — 29. , Ennabeuren 15. „ ^ «_ 30. „ Heidenheim 30. März. Mittelstadt 30. „ Tuttlingen 3. „ — — 5. April. Issny 15. „ — — 17. r, Mittlere Zeit 10. April. — — 11. April. Untersc hied 17 Tage. — — 31 Tage. Schwärmen der Bienen. Oberstetten 25. Mai. — — 22. Mai. Amlishagen 14. Juni. Hohenheim 17. „ — — 18. Mai. Schopfloch 5. Juni. — — 19. ^ Ennabeuren 12. „ — — 12. Juni. Spaichingen 2. „ Tuttlingen 2. „ _ — 18. Mai. Issny 6. „ _ _ 1. Juni. Mittlere Zeit 31. Mai. _ ■ — 28. Mai. Unterschied 18 Tage. . — — 25. Tage. :i^3 Blülien lies Wiiileriepses (Brassica iiapus). 1 ■t.Tl. 1852. ^ Obeistcttoii 23. April — — 28. April Anilisliai>oii 26. „ _ 16. Mai. OehrinSP" 24. „ _ _ 25. Aprjl Holjcnlicim 26. „ — — 4. Mai. ScliopHoch 8. Mai. _ _ 16. „ Eniiabeuren 20. „ — — 26. , Mittelstadt 15. „ Tuttlingen 1- . Spaicliingen 10. „ Mittlere Zeit 1. Mai _ _ 10. Mai. Unterschied 27 Tage — 28 Ta^e. Blühen der Schlehen. Oberstetten 21. April. Amlishagen 29. >i Oehringen 21. >- Hohen heim 20. n Sehopfloch 25. y> Ennabeuren 20. Mai. Schwenningen 7. » Tuttlingen 6. „ Issny 6. )■) Mittlore Zci 30. April Unterschied 30 Tage. Mittelstadt 28. April. 11. Mai. 16. „ 10. „ 25. ,, 20. April. 1. Mai. 16. „ 12. Mai. 27 Tage. Blühen der Kirschen. Oberstetten 22. April. Amlishagen 29. „ Oehringen 22. ,, Hohenheim 20. , Calw 22. „ Schopfloch 28. „ Ennabeuren 20. Mai Schwenningen 8. . Tuttlingen 6. „ Issny 25. April. Mittlere Zeit 24. Apri Unterschied 18 Tage. Winnenden Heidenheim Mittelstadt Württemb. naturw. Jahreshefte. 1852. 3s Heft. 8. Mai. 12. „ 1- „ 27. April. 6. Mai. 29. April. 14. Mai. 20. „ 14. , 20. April. 25. Mai. 16. „ 8. Mai. 35 Tage. 23 354 — Blühen der Pflaumen 1851. Oberstetteil 27. April. — — Winnendeii 24. „ Oehringen Cannstatt 15. „ — Hohenheim 27. „ Calw Schopfloch 21. Mai. — Ennabeuren 26. „ Mittelstad Tuttlingen 24. „ — Mittlere Zeit 6. Mai. Unterschied 31 Tage. Blühen der Birnen. Oberstetten 28. April Amlishagen 6. Mai. Oehringen 23. April Winnenden 27. r Cannstatt 19. n Hohenheim 29. y> Calw 25. xy Schopfloch 13. Mai. Ennabeuren 28. y Heidönheim Schwenningen 14. Mittelstadt Tuttlingen 26. Issny II- Mittlere Zeit 4. Mai. — Unterschied 37 Tage. — Blühen der. Apfel. Oberstetten 13. Mai. Amlishagen 27. r Oehringen 4. x> Winnenden 18. n Cannstatt 24. April Hohenheim 17. Mai. Calw 9. » Schopfloch 26. r> Ennabeuren 27. „ Heidenheini Mittelstadt Spaichingen 1852. 5. Mai. 15. ,, 2. ^ 11. April. 6. Mai, 29. April. 24. Mai. 28. „ 20. April. 25. Mai. 7. Mai. 13 Tage. 14. Mai. 17. „ 3. , 9. „ 26. April. 18. Mai. 4. „ 18. „ 25. „ 18. „ 15. „ 19. „ 19. „ 13. Mai. 29 Tage. 22. Mai. 22. 17. „ 12. . 25. „ 17. „ 28. „ 27. „ 18. „ 15. „ 1. „ ;i5.^ — 1851. Tultliujit'ii 27. Mai. Issuy 23. „ MiltltMO Zeit 17. Mai. llnlt'ivscliit'd 33 Tam*. 1«52. 25. Mai - 25. „ - 19. Mai. - 27 Ta^c. Blühen der Maiblumen (Convallia majalis). Oberstctten 18. Mai. Amlishagen 15. » Hohenheim 20. >■) Schopfloch 29. » Ennabeureii 26. y> Tuttlingen 30. f Mittlere Zeit 23. Mai. Unterschied 15 Tage. I Oeh ringen Mittelstadt 19. Mai. 20. „ 16. , 18. „ 20. „ 2. Juni. 15. Mai. 19. „ 20. Mai. 18 Tage. Fliegen der Maikäfer. Oberstet. 21. April (— 30. Juni viele). Amlishagen 4. Mai. Hohenheim 24. April Schopfloch 20. Mai. Ennabeuren 25. „ Tuttlingen 26. Mittlere Zeit 15. Mai. Unterschied 32 Tage. Spaichingen Issny Blühen der Wintergerste. Ennabeuren 24. Juni. 15. 18. 20. Mai. 26. „ 15. r 24. y, 17. , 19. Mai> 11 Tage. (viele). Erster Kuf der Wachtel. Oberstctten 5. Mai. - — 10. Mai Amlishagen 1. Juni. Winnenden 12. ,. Hohenheim 4. Mai. - — 10. ,. Schopfloch 23. „ — — 20. ,. Ennabeuren 23. „ — — 25. , Tuttlingen 12. „ Issny — 20. „ 9. „ Mittlere Zeit 16. Mai. — — 19. Mai. Unter schied 28 Tage. — - 30 Tage. 23* 356 Erster Ruf des Wiesenschnarrers (Rallus crex). 1852. — — 10. Mai. — — 21. Juni. — - 26. Mai. — — 2. Juni. — — 30. Mai. — — 42 Tage. 1851. Oberstetten 3. Juni. Schopflocli 30. }) Tuttlingen 17. Mai. Issny 19. Juni. Mittlere Zeit 9. Juni. Unterschied 44 Tage. Oberstetten 6. Blül Juni. Amlishagen 16. V Winnenden 15. K Hohenbeim 15. r> Sehopfloch 23. r Ennabeuren 16. 5? Blühen des Roggens. Tuttlingen Issny 20. 20. Heidenheim Mittelstadt Spaichingen Mittlere Zeit J6. Juni. Unterschied 17 Tage. 31. Mai. 8. Juni. 2. „ 9. „ 18. . 8. , 3. „ 18. „ 9. „ 12. „ 8. Juni. 19 Tage. Blühen des Dinkels. Oberstetten 25. Juni. — — 25. Juni Amlishagen 26. , — — 27. „ Oehringen 21. „ Winnenden 25. „ — — 12. „ Cannstatt 24. ,, Hohenbeim 29. „ — — 13. „ Schopfloch 5. Juli — — 25. „ Ennabeuren 30. Juni Heiden leim 28. „ 29. „ Mittelstadt 3. „ Schwenninge n21. „ Spaichi ngen 28. „ Tuttlingen 30. ^ — — - 24. „ Issny 30. „ — _ 22. „ Mittlere Zeit 27. Juni. — — 21. Juni. Unterschied 14 Tage. — — 26 Tage. Blühen der Sommergerste. Oberstetten 18. Juli — 3. Juli Winnenden 21. „ _ — 2. „ 357 1851. 1852. Hohenlieim 11. Juli. — 24. Juni. Schopfloch 14. „ - — 8. Juli. EiHiabeuren 12. „ — — 12. ^ Mittel Stadt 3. . Spaicl in gen 28. Juni. Tuttliiigon 16. „ — — 6. Juli. Mittlere Zeit 15. Juli. — — 3. Juli. Unterschied 11 Tage. — - 18 Tage. Blühen des Hafers. Oberstetten 6. August. — 12. Juli. Amlishagen 29. Juli. Hohenheim 23. , — — 1. . Schopfloch 25. „ ._ — 14. „ Ennabeuren 18. August. — — 20. August Tuttlingen 3. „ — — 16. Juli. Issny 13. Juli. — — 5- „ Mittlere Zeit 30. Juli. — — 16. Juli. Unterschied 36 Tage. — — 50 Tage. Blühen des Holliii] ders. Oberstetten 16. Juni. — — 21. Juni. Amlishagen 24. „ — — 23. „ 0 eh ringen 7. „ — — 10. „ Cannstatt 8. „ — — 18. , Hohenheim 26. „ Schopfloch 29. ^ - — 24. „ Ennabeuren 3. Juli. — — 6. Juli. Tuttlingen 10. „ — — 25. Juni. Issny 21. Juni. — — 29. , Mittlere Zeit 23. Juni. — — 23. Juni. Unterschied 33 Tage. — — 26 Tage. Blühen des Weinslocks. Oberstetten 18. Juli. — — 30. Juni. Ingelfingen 6. ,, Gerab ronn 10. „ Oeh ringen 3. „ Weinsberg 22. „ Heilbronn 10. Juni. — — 1. Juli. Mendelsheim 18. „ Gross bottwar 10. Juni. Winnenden 13. Juli. Mittelstadt 2. „ Cannstatt 17. „ — — 20. „ Stuttgart 28. „ — — 30. Mai. — 358 1851. Neut'eii 2. Juli. Ravensburg 13. y, Mittlere Zeit 29. Juni. Unterschied 38 Tage. Obeistetten öiuner 14. Juni. Amlishagen 23. , Oehringen 18. r Hohenheim 27. „ Schopfloch 2. Juli. Ennabenren 30. Juni. Tuttlingen 14. „ Issny 26. „ Reutlingen Blühen der Rosa canina. Mittlere Zeit 23. Juni. Unterschied 18 Tage. Anfang der Heuernte. Oberstetten 25. Amlishagen 25. Oehringen 20. Cannstatt 20. Hohenheim 26. Calw 16. Schopfloch 28. Ennabeuren 26. Juni. Winnenden 1852. 12. Juni — 15. Juni. — 32 Tage. Schwenningen 24. ,, Tuttlingen 30. „ Issny 20. „ Mittlere Zeit 23. Juni. Unterschied 14 Tage. Mittelstadt Spaichingen 8. Juni. 21. „ 7. „ 12. „ 22. „ 30. ^ 15. „ 23. „ 17. Juni. 23 Tage. 26. Juni. 25. ,. 28. ,. 29. „ 30. ^ 24. ,, 23. y, 26. „ 26. ^ 24. „ 28. „ 30. „ 25. „ 26. Juni. 6 Tage. Blühen der Linden. Oberstetten Amlishagen Oehringen Hohenheim Schopfloch Ennabeuren 6. Juli. 12. . 28. „ 16. „ 5. „ 3. Juli. 10. Juli. 28. Juni. 30. „ 359 - I 1851. 1852. Tuttlingen 16. Juli. — — 12. Juli. Issny 12. ,, — 9. « Mittlere Zeit 12. Juli. — — 5. Juli. Unterschied 24 Tage. — — 32 Tage. Flachsernte. Oberstetten 22. September. — — 8. September Amlishagen 15. Hohenlicim 20. Juli. — — 20. Juli. Schopfloch 29. August. — — 19. August. Ennabeuren 25. „ — — 25. , Issny 11- . Tuttlingen 26. Juli. Issny 31. „ Mittlere Zeit 25. August. - — 11, August. Unterschied 64 Tage. Ernte der Wintergerste. Hohenheim 22. Juli. Ennabeuren 6. August. Mittlere Zeit 30. Juli. Unterschied 17 Tage. Ernte des Oberstetten 4. August. Amlishagen 4. n Oehringen 4. }"> Hohenheim 4. )•> Schopfloch 21. >■> Ennabeuren 8. » Calw Mittelstadt Spaichingen Roggens. Tuttlingen 9. ^ Issny 11. „ Mittlere Zeit. 8. August. Untersc])ied 17. Tage. Heidenheim Spaichingen 50 Tage. 15. Juli. 14. „ 25. ,, 23. „ 19. Juli. 11 Tage. 26. Juli. 24. „ 23. „ 28. „ 11. August. 20. „ 2. „ 2. ,, 6. „ 2. August. — 28 Tage. Ernte des Dinkels (Titania spella). Oberstetten 12. August. Amlishagen 20. „ Oehringen 7. „ 2. August. 2. „ 29. Juli. 360 1851. 1852. Wiiinendon 11. August. — — 29. Juli. Cannstatt 3. V — — 24. „ Holicnlieim 7. ^ Calw — 2. August 30. Juli. Schopfloch 21. '^ — — 1 1. August Ennabeuren 15. V — - — 20. , Heiden heim 1- . Schweniiiiigen 16. T> Spaich iugen 2. „ Tuttlingen 12. n — - 2. „ Issny 16. r> - — 6. „ Mittlere Zeit 12. August. — — 2, August. Unterschied 18 Tage. — — 27 Tage. Ernte der Sommergerste. Oberstetten 23. August. _ _ 28. Juli. Amlishagen 17. August Oehringen 22. Juli. Hoheuheim 7. . _ _ 30. „ Schopfloch 28. — — 18. August Ennabeuren 25. , — — 28. „ Heidenheira 1- . Spaichingen 16. „ Tuttlingen 1. September. — — 16. , Mittlere Zeit 27. August. — — 9. August. Unterschied 25 Tage. — — 37 Tage. Ernte des Hafers. Oberstetten 18. September. — — 30. August. Amlishagen 8. — — 1. Septembe Oehringen 12. - — 24. August. Cannstatt 22. August. Hohenheim 25. , — 28. , Schopfloch 16. September. ~" - 1. Septembe Ennabeuren 16. _ — 15. Heiden heim 20. August. Spaich ingen 19. , Tuttlingen 4. — - 26. „ Issny 30. August. — - 6. Mittle re Zeit 6. September. — — 29. August. Unter .cl licd 27 Tage. — — 40 Tage. - 3( )1 Abzug der Slörchc. 1851. 1852. Winiifiidcn 18. August. _ — 17. August. Heideuheim 14. „ Esslingen 20. — — 13. „ Mittlere Zeit 19. August. _ _ 14. Augu.st. Untcrsc lied 2 Tage. _ _ 4 Tage. Abzug der Schwalben. überstetteu 4. Oetober. _ ._ 4. Oetober. Aiiilishugen 6. — — 3. „ Hoiienheim 18. September. — — 9. , Sciiopflocii 15. — - 4. September. Eniiabeureii 8. — — 8. Heidenheim 22. Tuttlingen 20. — — 28. Issny 6. Oetober. Mittlere Zeit 24. September. — — 18. September. Unterschied 28 Tage. — — 30 Tage. Blühen der H erbstzeillose . Oberstetten 1. September. _ _ 17. August. Amiishagen 11. _ _ 30. Oehringen 3. September. Hohenheiin 28. August. _ _ 26. August. Esslingen 19. , _ _ 10. „ Calw 2. September. 18. „ Schopfloch 5. — - 21. „ Ennabeuren 1- — - 18. September. Heidenheim 2. Schwenningen 31. August. Spaichingen 28. August. Tuttlingen 3. September. _ _ 13. „ Issny 23. August. _. _ 11. „ Mittlere Zeit 1. September. _ _ 25. August. Unterschied 19 Tage. - 38 Tage. Erscheinen der Sommerfäden. Oberstetten 18. September. - 24. August. Winnenden 22. Oetober. Cannstatt 12. Hohenhcim 20. Oetober. Schopfloch 20. — — 23. September, — 362 — 1851. 1852. Ennabeuren 25. September. Tuttlingen 28. — — 28. September. Issny 7. October. Mittlere Zeit 1. October. _ — 23. September. Unterschied 32 Tage. — _ 57 Tage. Streichen der Schnepfen Oberstetten 30. September. — — 28. September Amlishagen 2. November. Schopfloch 18. October. — — 3. October. Ennabeuren 6- „ _ _ 1. w Tuttlingen 20. „ Mittlere Zeit. 15. October — — 30. September. Unterschied 20 Tage. - — 5 Tage. Anfang der Weinlese. Oberstetten ( nicht gereift). — — 12. October. Oehringen 31. October. — — 23. „ Heilbronn 27. „ — — 18. „ Win n enden 29. „ Mittelstadt 10. „ Cannstatt 29. „ _ _ 22. „ Stuttgart 23. „ _ _ 22. „ Mittlere Zeit 28. October. — — 18. October. Unterschied 8 Tage. — - 11 Tage. Erscheinen der Schneegänse. Oberstetten Amlishagen Hohenheim Esslingen Schopfloch 24. November. 13. December. 9. November. 26. 29. October. Tuttlingen 18. November. Mittlere Zeit 19. November. Unterschied 45 Tage. — — 14. October. Winnenden 13. November. 15. „ 20. 30. September. 30. December. 14. November. Ennabeuren Ankunft der Wildenten. Schopfloch Tuttlingen 28. Juni. 10. November. 11. November. 77 Tage. 21. Juni. 12. November. 363 Tabelle LXXVIII. Dauer lies Aiilenthalls der NVanderthiere Orte. 1851. 1 1 j Thiere. 1 Ankunft. Abgang. Aufenthalt (Abwe- Hcnheit). Mittlere Dauer. Oberstctten Schneegänse 10. März 24. Nov. 259 Tage. Ainlisliageii — 17. - 13. Dec. 271 - Hohonheiin — 21. Febr. 9. Nov. 261 - 259 Tage. Schopflocl) — 19. März 29. Oct. 224 - Tuttlinst*" — 12. Febr. 18. Nov. 279 - Winiiouden Störche 20. März 18. Aug. 151 — 151Tage. ObersteUen Schwalben 29. - i. Oct. 189 - ] Amlishag^tMi — 15. April 6. - 174 — ^ Holionheim — 7. — 18. Sept. 164 ~ Schopfloch — 15. - 15. - 153 — y 167 Tage. Ennabeuren — 15. - 8. — 146 - Tuttlingen __ 3. - 20. — 170 — Is.sny — 15. ~ 6. Oct. 174 - Oberstetten Schnepfen 22. März 30. Sept. 192 - i Amiishagen Schopfloch — 27. — 7. April 2. Nov. 18. Oct. 220 — 1 194 — / 226 Tage. Ennabeuren — 20. März 6. - 200 - j 1852. Oberstetten Schneegünse 23. März 14. Oct. 205 - ■ Winnenden — 18. — 13. Nov. 240 — Hohenheim — 17. - 20. - 248 - 230Tage. Schopfloch — 7. - 30. Sept. 207 - i Tuttlingen . ~ 6. - 14. Nov. 253 - ] Winnenden Störche 23. — 17, Aug. 147 - 1 147 Tage. Oberstetten Schwalben 7. April 4. Oct. 180 — ' Amiishagen — 25. - 3. - 161 - - Hohenheim — 5. - 9. Sept. 157 - Schopfloch — 29. - 4. — 128 - \ 158 Tage. Ennabeuren 30. - 8. - 131 - Tuttlingen — 5. - 28. - 176 - \ Heidenheim — 30. März 22. - 176 - Oberstetten Schnepfen 24. - 28. - 188 - — Schopfloch ~ 28. — 3. Oct. 189 - 187 Tage. Ennabeuren - 1. April 1. — 183 — 364 — LXXIX. Vegetationsdauer zwischen Blülhe und Reife. Orte. Pflanzen. Blüthe. Ernte. Verlauf. Mittlere 1851. 1 1 Dauer. Oberstetten Roggen 6. Juni 4. Aug. 41 Tage.^ Anilishagen — 16. - 4. — 49 — i Hohenheim — 15. - 4. — 50 — 1 Schopfloch — 23. - 21. — 59 — i 50 Tage. Eunabeuren — 16. — 8. — 53 — 1 Tuttlingen — 20. — 9. — 50 — Issny 20. — 11. - 52 — Oberstetten Dinkel 25. - 12. — 48 — Amlishagen - 26. - 20. — 55 — Oehringen _ 21. - 7. — 47 — Winnenden — 25. - 11. — 47 — Cannstatt — 24. - 3. — 40 — Hohenheim — 29. — 7. — 39 - 47 Tage. Schopfloch ~ 5. Juli 21. — 47 — Ennabeuren — 30. Juni 15. — 46 — , Schwenningen — 21. — 16. — 56 — Tuttlingen _ 30. - 12. — 43 — Issny - 30. - 16. — 47 — 1 Oberstetten Hafer 6. Aug. 18. Sept. 43 — Amlishagen. — 29. Juli 8. — 41 — Hohenheim — 23. - 25. Aug. 64 - 1 Schopfloch — 25. - 16. Sept. 53 ' 46 Tage. Ennabeuren — 18. Aug. 26. — 39 - 1 Tuttlingen — 3. — 4. — 32 Issny — 13. Juli 30. Aug. 48 - Oberstetten Sommergerste 18. - 23. — 36 — j Hohenheim — 11. - 7. — 27 — Schopfloch — 14. — 24. — 4t — 48 Tage. Ennabeuren — 12. — 25. — 44 — i Tuttlingen — 16. - 1. Sept. 47 — 1 Ennabeuren Wintergerste 24. Juni 6. Aug. 43 — 1 43 Tage. Oehringen Weinrebe 3. Juli 31. Oct. 120 — N Heilbronn — 10. Juni 27. — 139 — 1 Winnenden 13. Juli 29. — 108 > 123 Tage. Cannstatt — 17. Juni 29. — 134 _ L Stuttgart - 28. — 23. — 117 — ' 1852. Oberstetten Roggen 31. Mai 26. Juli 56 Tage. ► 54 Tage. Amlishagen — 8. Juni 24. — 46 _ — 36r> Vegelalionsilauer zwischen Blut he und Reife. Ortp. 1852. Pflanzen. Bliitbe. Ernte. Verlauf. Mittlere Dauer. Hohenheini Roggen 2. Juni 28. Juli 54 rage.^ \ Schopfloth — 9. - 11. Aug. 56 - i 1 Ennabcurcn — 18. - 20. - 63 Tuttlingen — 9. - 2. Aug. 63 — 1 ^ 54 Tage. Issny — 12. - 6. - 55 - Heidenheim — 8. - 1. - 54 _ Spaitbingen — 18. - 2. — 45 - Oberstetten Dinkel 25. - 2. - 38 — Amiisbagen — 27. - 2. - 36 - Winnenden — 12. - 29. Juli 47 — Hoben beim — 13. - 2. Aug. 50 — Scbopflocb — 25. - 11. - 47 — .42 Tage. Ennabeuren — 28. - 20. - 53 Spaicbingen — 28. - 2. — 35 - Heidenbeim — 29. - 1. - 33 - Tuttlingen _ 24. - 2. - 39 — Issny - 22. - 6. - 45 Oberstetten Hafer 12. Juli 30. - 49 — Hobenbeiui — 1. ~ 28. - 58 — Scbopflocb - 14. — 1. Sept. 49 — .42 Tage. Ennabeuren — 20. Aug. 15. — 26 — Tuttlingen — 16. Juli 26. Aug. 41 — Issny — 5. - 6. - 32 — Oberstetten Sommergerste 3. - 28. Juli 25 — Hohenheim — 24. - 30. - 36 - 1 Schopfloch — 8. - 18. Aug. 41 - 1 40 Tage. Ennabeuren — 12. - 28. - 47 — Tuttlingen — 6. - 16. - 40 — Spaicbingen — 28. Juni 16. — 49 - Oberstetten Weinrebe 30. - 12. Oct. 104 — \ Heilbronn 1. Juli 18. - 109 Cannstatt _ 20. Juni 22. - 129 1 h23Tage. Stuttgart — 30. Mai 22. - 145 - 1 Mittelstadt — 2. Juni 10. - 130 — ; — 366 — im dritttn Heft des fünften Jahrgangs der Jalireshefte : Seite 275, Columne Mai, Calw, statt -f 1,069 lies -j- 10,66. 276, Calw, wärmster Monat, statt -f 12,22 lies 14,22. DiflFerenz beider statt 16,91 lies 18,90. 277, Calw, jährh Maximum statt + 17,80 lies + 24,6, Minimum statt — 9,00 lies — 15,8, Differenz statt 26,8 lies 40,4. „ 293, Temperatur der Jahreszeiten, Frühling, statt + 7,642 lies -f- 7,642, Unterschied beider statt 8,904 lies 18,904. 307, Bei Calw sollten 2 Sternchen stehen, dagegen bei Freuden- stadt nur eines, im dritten Heft des sechsten Jahrganges der Jahreshefte: Seite 274, letzte Spalte Zeile 11 statt -f- 6,12 lies + 6,24. 276, Spalte 4 Zeile 10 statt -f 6,01 lies + 6,61. „ 277, Spalte 4—6 Zeile 13 statt H- 25,9 9. Juli, - 14,7 29. Nov., 40,6 lies -f- 24,1 6. Aug., - 15,2 22. Jan., 39,3. 278, Spalte 9 Zeile 12 statt 39 lies 34. 279, Spalte 10-12 Zeile 11 (beziehungsweise 12) statt 88, 25, 32, lies 104, 31, 20. „ 315, Spalte 5-7 Zeile 13 statt 27-8,84 d. 11. Februar, 26"4,72 d. 28. December, 27"l,ol lies 27"8,23 d. 27. Jan., 26"3,88 d. 6. Febr., 27-1,65. 339, Spalte 23 letzte Zeile statt 10,2 lies 1,02. l 363, in der Tabelle 1850 Spalte „Gewitter" statt Juli 5 lies Juli 6, „ August 4 „ August b, „ Jahr 19 „ Jahr 21. 380, in der Tabelle 1850 Zeile „Calw'^ ist nachzutragen: Febr. April. Mai. Juni. Juli. August. Oct. Jahr. 1. 2. 1. 5. 6. 5. 1. 21. „ 381, Zeile 31 statt 9. April, 12. Sept., 156, 5. 7. Mai, 2. Juni, 24. Juli, 17. August lies 16. Febr., 1. Octbr., 22,7 17. Juli, 22. August. — 367 — Die Britiäge zu den voi anstehenden Zusammenstellungen der Wittc- rungsverhältnisse in den Jahren 1851 und 1852 verdanken wir den un- verdrossenen und uneigennützigen Bemühungen nachfolgender Mitglieder unseres Beobachtervereins, welchen wir auf diesem Wege den Dank da- für öffentlich aussprechen. Hrn. Pfarrer Bürger in Obcrstetten. V „ „ „ Amiishagen. ,, Oberamtsarzt Dr. Dicz in Freudenstadt. „ Oberamtsarzt Dr. Dihlmann in Friedrichshafen. „ Oberamtsarzt Dr. £isen. menger in Oehringen. y, Amtsarzt Dr. Emmert in Schwenningen. „ Pfarrer M. Gaupp in Bissingen. „ Apotheker Gmelin in Ulm. „ Oberamtsarzt Dr. v. Gross in Tuttlingen. „ Reallehrer Jung in Wangen. „ Pfarrer Komme re II in Schopfloch,. „ Oberamtsarzt D. Meebold in Heidenheim. „ Stadtpfarrer Memminger in Mittelstadt. „ Oberamtsarzt Dr. Müller in Calw. „ Amtsarzt Dr. Nick in Issny. „ Med. Dr. Rühle in Cannstatt. „ Pfarrer Schi 1er in Ennabeuren. „ Oberlehrer Schlipf in Hohenheim. „ Apotheker Wrede in Mergentheim. „ Med. Dr. Wunderlich in Winncnden. „ Apotheker Zilling in Freudenstadt. II. Aufisätze uii«l Abliaiiilltiiigeii« 1. Beobachtungen zu Stuttgart während der Sonnenfinsterniss vom 28. Juli 1851. Mitgetheilt von Prof. Dr. Plieninger. Die in unsern Gegenden partiale Sonnenfinsterniss wurde zu Stuttgart zu Beobachtungen benützt, welche durch Ausstattung und Beobachterkräfte möglich wurden ; zunächst war es die Tem- peratur, zu deren Beobachtung auf verschiedenen Beobachtungs- punkten sich nachfolgende Herren mit mir zu verabreden die Güte hatten: 1) in dem Lokal der polytechnischen Schule in der unteren Königsstrasse und zwar in dem physikalischen Saal des Hinlergebäudes: Hr. Professor Dr. Keusch; 2) auf dem Observatorium der Realschule in der oberen Kanz- leistrasse: Hr. Professor Dr. Frisch; 3) in dem Lokal des „württembergischen Hofes" an der nord- östlichen Gränze der Stadt in der Nähe des Waarenbahn- hofes: Hr. Professor Dr. Müller; 4) auf dem Observatorium des Hrn. Hofmechanikus Kinzel- bach in der Calwerstrasse schlössen sich mir an: meine jungen Freunde Hr. Mechanikus Th. Kinzelbach jun. und Hr. Maler Maier; 5) in meiner Wohnung an den , meinen täglichen Beobach- tungen dienenden Instrumenten beobachtete meine Schwe- ster, meine sorgfällige Gehülfin seit der langen Reihe von Jahren meiner meteorologischen Aufzeichnungen. In Beziehung auf den Witterungscharakter unmittelbar vor dem Eintritt des Phänomens ist Folgendes voranzuschicken. Am Abend des 27sten 5h war ein schwaches Gewitter mit ziemlich ergiebigem Regen und in der Nacht ein kurzer Strich- regen erschienen, wovon der wässerichte Niederschlag zusammen G6 C. Z. auf den par. Q' g«'^b. - 3G9 — Am frühen Morgen des 28slen erschien, wie Ihcilsveise schon an den vorangegangenen Tagen scliwache Morgennebel slalt"efiinden halten, ein starker, sonsl in den Sommermonaten nicht gewöhnlicher Morgennebel, unstreitig zunächst das Ver- dunstungsprodukt des unmittelbar zuvor gefallenen Kegenwassers durch die der Erdoberfläche noch iuwohnende freie Wärme, die der vorhergehende Tag (mit + 17,2^ Max. der Lufttemperatur bei ziemlich gemischter Ansicht des Himmels) gebracht hatte. Dieser Morgennebel war gegen 9h Vormittags, jedoch nur theil- weise durch Niederschlag auf die Erdoberfläche, grösseren Theils durch Aufsteigen, allmählig verschwunden, wie denn im weiteren Verlauf des Vormittags auf die, am frühen Morgen nur durch den starken Nebel hervorgebrachte, neblichte Ansicht des Him- mels (Nebeldecke) eine ziemlich dichte, gleichförmige Bewölkung von unvollkommen ausgebildetem, flockichtem Cumulus folgte, welche erst gegen die Mittagszeit allmählig an Dichtigkeit ab- nahm und den blauen Himmel mit klar 1. hervortreten liess. Diese Aufheiterung des Himmels durch Abnahme der Zahl der einzelnen Wolken, wie ihrer Grösse und Dichtigkeit, nahm Nach- mittags mit dem Herannahen der Finsterniss und während ihrer Dauer in steigender Progression zu, so dass gegen Ende der Finsterniss nur sehr wenige dichtere Cirrostralus übrig geblieben waren. Windrichtung und Wolkenzug blieben vom Morgen an den ganzen Tag constant östlich, nur dass sich die Windrichtung um Mittagszeit und während der Dauer der Finsterniss in SO umwandelte, gegen Abend aber wieder rein östlich wurde. Da- bei herrschte den ganzen Tag über eine leichte „Flordecke", d. h. nach unserer Terminologie eine gleichförmige Umziehung des ganzen Himmels mit einem leichten, florartigen Dunst, wel- cher das Blau des Himmels als ein mattes Hellblau erscheinen liess. Der Barometer, welcher seit dem 26slen bis zum 28sten Morgens im constanten Steigen begriffen war, sank von da an langsam, aber gleichförmig, am 28sten 7h Morgens 27" 5,60'", 2h Mittags 27" 5,36"', 9h Abends 27" 5,03'" und dieses gleichförmige Sinken setzte sich die folgenden Tage bis zum 31sten Abends fort. Der regnichte und gewitterichte Charakter, den die Witterung den ganzen Juli hindurch gezeigt hatte, schien Württemb. naturw. Jalireshefte. 1852. 3s Heft. 24 — 370 ~ blos am 28sten und 29sten unterbrochen; am 29sten Abends bemerkte man schon wieder fernes Welterleuchten und vom 30. Juli bis 2. August folgten wieder die früheren häufigen Ge- witter und Gewitterregen, welche sofort die grossartigen Ueber- schwemmungen in ganz Süddeutschland, der Schweiz und Frank- reich zur Folge hatten. Eine bemerkenswerlhe und meines Wissens sonst nicht wahrgenommene Erscheinung berichtete Hr. Professor Dr. Seyf- fer im württemb. Slaatsanzeiger „auf den Grund überein- stimmender Wahrnehmung mehrerer Einwohner Stuttgarts an verschiedenen Orten", »dass nämlich während des Mittels der F'insterniss mehrere Minuten lang an verschiedenen Punkten der Stadt und der nächsten Umgegend ein leichter , staubartiger Regenfall staltfand, obgleich zu dieser Zeit die Bewölkung, wie bereits erwähnt, nur bis auf wenige Cirrostratus abgenommen hatte, die überdies nicht einmal der Ueberrest der früheren Slratus- oder Cumulus- Bewölkung sein konnten, sondern einer viel höheren Region angehörten und ohne Zweifel schon früher vorhanden waren, ehe die eben erwähnte unlere Bewölkung ver- schwunden war. Jedenfalls stand um die Zeit des Mittels der Finsterniss keine dichtere Wolke im Zenilh und so wäre die genannte Erscheinung nur aus einer partiellen Erniedrigung der Temperatur der tieferen Luftschichten über dem von Pflanzen- wuchs entblössten Boden der Stadt selbst und ihrer angebauten Umgebung durch das Aufhören der Wärmestrahlung des, von der Sonne nicht mehr erwärmten, Erdbodens zu erklären, so dass diese Temperatur- Erniedrigung bis zu ihrem relativen Thau- punkl einen solchen „staubartigen" tropfbaren Niederschlag des meteorischen Wassers ohne vorangehende Nebel- oder Wolken- bildung, unmittelbar aus der tieferen Luflschichte, durch einen, die Mitte zwischen Regen und Thau haltenden Process, zu Folge gehabt halte. Jedenfalls war eine Abnahme der Temperatur wäh- rend der Dauer der Finsterniss unmittelbar über und an der Erdoberfläche auch für das Gefühl sehr merklich und wurde von allen im Freien befindlichen Menschen übereinstimmend be- zeugt. Die Richtigkeit dieser Hypothese würde jedoch nur durch eine Reihe von unmittelbaren Temperalurbeobachtungen in nam- - 371 - liaft verscbiedeneii senkrechten Höhen über der Erdobcrfliiche haben ausgeiniltelt werden können , wozu die Höhendill'erenz der fiint Beobachlungsorle innnerhin unzulänglich war. Wir geben nun die Beobachtungen der oben genannten Be- obachter an den Thermometern wie folg! : 1) Hr. Prof. Dr. Keusch hatte die Güle, die nachfolgende Scale seiner Beobachtungen mitzutheilen. Thermometer nach Ce Isius Zeit der der Sonne ansgeset ü. Diff. von I. u. III. Beobachtung. I. blank. II. berusst. Diffor. III. im Schatt. Anfang 2h 52' 41,50 410 0,5 22,1« 19,4 3h 2' 41,5 40,8» 0,7 22,1 19,4 3h 12' 40,8 40,0 0,8 22,0 18,8 3h 22' 39,3 38,2 1,1 21,9 17,3 3h 32' 36,8 35,1 1,7 21,7 15,1 3h 42' 33,8 31,6 2,2 21,4 12,4 3h 52' 29,7 28,2 1,5 20,9 8,8 4h 2' 26,8 26,0 0,8 20,5 6,3 4h 12' 27,3 27,0 0,3 20,3 7,0 4h 22' 29,8 29,6 0,2 20,2 9,6 4h 32' 33,7 33,5 0,2 20.4 13,3 4h 42' 36,9 36,6 0,3 20,9 16,0 4h 52' 39,4 38,9 0,5 21,4 18,0 Endo 5h 2' 40,8 39,7 M 21,6 19,2 5h 12' 39,8 390 0,8 21,8 18,0 5h 22' 21,9 5h 32' 21,9 52': Ende 5h 1' 3" Es gehl aus dieser sorgfältigen Beobachtung hervor, dass die Wärmeabnahme der der Sonne ausgesetzten Instrumente der Intensität der unmittelbaren Einwirkung der Sonnenstrahlen genau folgte, bis sie im Mittel 4h 2' ihr Minimum erreichte, und es stand gleichzeitig das berusste conslanl von 0,2 bis 2,2*^ tiefer, als das blanke; die grösste Differenz 2,2 um 3h 42' im Mittel der Finslerniss. Das Minimum der Lufttemperatur dagegen, als mittelbare Function der verminderten Sonneneinwirkung folgte erst 30' später um 4h 22'. 24^ — 372 Temp. 2h 50' 24,0« Cels 3h 25,5 >y 3h 10' 23,0 » 3h 20' 23,0 » 3h 30' 22,5 y> 3h 40' 21,75 3h 50' 21,5 » 4h 20,5 » 4h 10' 20,0 » — 15' 19,75 » 4h 20' 20,25 i) 4h 30' 20,25 n 4h 40' 20,5 >■) 4h 50' 21,0 » 5h 21,0 » 5h 1' 21,0 x> 5h 2' 21,5 ii 27" 7' IL Beobachtungen an einem im Treppenhause des Ob- servatoriums unmittelbar unter der Decke hängen- den Thermometer. 2) Hr. Prof. Dr. Frisch hatte die Güte, folgende Beob achtungsscale mitzutheilen. I Beobachtungen an einem auf der Stern- warte der Stuttgarter Realschule frei aufge- hängten, mit einem Barometer verbundenen, und durch die Gehäuse desselben vor der un- mittelbaren Einwirkung der Sonnenstrahlen geschützten Thermometer. Barom. 27" 7,2'" 27" 6,5'" 27" 7,1' 24,4 Celsius. 23,12 » 23,7 » 22,19 » 22,5 » 22,19 n 22,44 y) 21,9 n 21,56 V) 21,25 » 21,25 M 21,25 Auch hier trat das Minimum der Lufttemperatur erst 4h 15' ein. Das im Innern des Treppenhauses befmdliche Thermometer blieb von der Wirkung der Sonnenfinsterniss unberührt und mar- kirte etwa blos den regelmässigen abnehmenden Gang des Ther- mometers von Mittag gegen Abend. 3) Hr. Prof. Dr. Müller war durch den Andrang allzu- vieler Schaulustiger an der Anstellung sorgfältiger Beobachtun- gen gehinderl. Doch theilte er Folgendes mit: Nicht ganz un- interessant dürfte vielleicht sein, dass, während den ganzen Morgen über die Sonne rein und fleckenlos war, um 11% Uhr am westlichen Rande sich plötzlich ein ziemlich grosser schwar- zer Sonnenfleck bildete, bald entstanden in seiner Nähe noch vier weitere von etwa derselben Ausdehnung und späterhin noch - 373 ~ eine Menge kleinerer um die ersten iiernni, die grösseren hallen einen grauen Kand und um denselben einen sehönen Liclill^ranz. Während der Beobachtung der Finsterniss selbst zeigte sich nicht sehr entfernt vom östlichen Kande der Sonne ein neuer Flecken, etwas bedeutender als die früheren, schwarz, mit einem ziem- lich langen grauen Streifen auf beiden Seiten von Süd nach Nord; am 29sten früh war der Streifen in einen grauen Kreis- ring um den Kern verwandelt. 4) Die Beobachtungen auf der Kinzelbach'schen Warte, etwa 50 — 60' über der Fläche des Hofraums, in welchem Hr. Maler Maier observirte, gaben folgende Resultate, wobei zu bemerken ist , dass die Instrumente (mit 80theiliger Scale) und zwar ein Doppelthermometer (Psychrometer - Einrichtung, also beide genau correspondirend) , das eine mit geschwärz- ter, das andere mit blanker Kugel (beide wie natürlich unbe- nelzl), auf der Südseite an der äusseren Wand des Thurmes, das einfache Thermometer ebenso auf der Nordseite befestigt waren, wo letzteres, mit Ausnahme der frühen Morgenstunden, durchaus der unmittelbaren Einwirkung der Sonnenstrahlen und, bei der Höhe des Lokals über den Dächern der umgebenden Häuser, auch der Einwirkung einer Wärmestrahlung entzogen war. a) Auf der Warte. b) I m Hofraum. Zeit. Lufttemp. auf der N. Seite des Observat. Ge- schwärzte Kugel. Weisse Kugel. s In der Sonne. Im Schatten. 2li 40' +16,0 +28,0 +24,0 4,0 2h 45'+21,0 + 17,0 2li 47' -1-15,5 +28,7 +24,5 4,2 2h 52' + 16,0 +29,0 +25,0 4,0 2h 58' + 16,0 +28,5 +24,2 4,3 3h + 16,0 +27,5 +23,0 4,5 3h +27,0 +17,75 3h 11' +16,0 +24,8 +22,5 2,3 3h 17' +16,0 +24,4 +22,0 2,4 3h l5'+26,0 +17,0 3h 29' + 15,8 +24,0 +22,3 1,7 3h 30'+24,5 +17,0 3h 38' +15,2 +23,2 +21,7 1,5 374 - a) Auf d er Warte. b) Im Hof räum. Zeit. Lufttemp. auf der N. Seite des Observat. Ge- schwärzte Kugel. Weisse Kugel. s In der Sonne. Im Schatten. 3h 49' + 15,0 +19,6 +19,0 0,6 3h 45'+21,33 + 16,75 3h 59' +14,7 +19,0 +18,0 1,0 4h +20,0 +16,0 4h 16' +14,5 +20,8 + 18,9 1,1 4h 15'+21,0 +16,0 4h 20' + 14,7 +22,5 +19,9 2,6 4h 20+22,0 + 16,0 4h 30' + 15,0 +24,0 21,0 3,0 4h 25+23,0 +16,0 4h 36' +15,0 +25,3 +21,6 3,9 4h 30'+24,0 +16,0 4h 44' + 14,8 -h25,8 + 23,2 2,6 4h 35'+25,0 +16,25 4h 48' +15,0 +26,5 +23,4 3,1 4h 40'+25,25 + 16,5 4h 52' +15,0 +26,8 +23,7 3,1 4h 45'+25,5 +16,75 4h 58' +15,0 +27,3 +23,5 3,8 5h 3' +15,3 +26,6 +22,9 3,7 5h 5' +15,5 +27,8 +23,8 4,0 Das Minimum der Lufttemperatur trat 4h 16', das der dem Sonnen- licht ausgesetzten Instrumente auf der Warte und im Hofe 3h 59' ein. Zwei Sonnenflecken, ein langer und schmaler am südöstlichen Rand, ein rundlicher am nordwestlichen Rand und ein grosser halbdunkler Flek mit 7 schwarzen Punkten umgeben, wurden vor und nach der Finsterniss bemerkt. 5) In meiner Wohnung in der Hospitalstrasse stellte meine Schwester Beobachtungen an dem Ps^'chrometer an, das, wie die übrigen Instrumente, in einem der Wärmestrahlung unzu- gänglichen Gehäuse gegen NO angebracht ist. Die Resultate sind folgende. Lufttemp. Nasskälte. Differenz 2h 45' 17,5 12,5 5,0 3h 17,5 12,2 5,3 3h 10' 17,7 12,2 5,5 3h 25' 17,5 12,4 5,1 3h 30' 17,6 12,2 5,4 3h 45' 17,1 12,0 5,1 3h 55' 17,0 12,2 4,8 4h 5' 16,9 12,4 4,5 4h 20' 16,5 12,4 4.1 4h 30' 16,5 12,4 4,1 5h 16,9 12,5 4,4 Minimum der Lufttemperatur 4h 20', der Nasskälte 3h 48', grösstc psychrometrischc Differenz 3h 1'. - 375 — Ein weilerer Beobachler, dessen Name und Slalionsorl je- doch ebensowenig, als die Art und Weise der Heobaehlung an- gegeben war, IheiKe in der schwäbisehcn ("lironik vom 30. Juli Folgendes mil. Die Ihermometerbeobachlimg scheint an einem den Sonnenstrahlen unmittelbar ausgesetzten Instrument geschehen zu sein. Am Morgen des 28. Juli war ein starker, für diese Jahres- zeit ungewöhnlicher Nebel, nachdem es den Abend zuvor und in der Nacht stark geregnet hatte. Die Bewölkung des Himmels war den Tag über ziemlich constant, ohne jedoch eine vollstän- dige zu werden. Während der Finsterniss aber lichtete sich der Himmel zusehends und es blieben nur einige (Jirri- und Cirro- stralus übrig; dabei war jedoch der ganze Himmel gleichförmig von einer leichten Dunsldecke umflort. Anfang der Finsterniss 2h 53i Min. der Eintritt am süd- westlichen Rand; um 3h 57 Min. Mittel, 4h 59^ Min. Ende, Austritt am nordöstlichen Rande. Die Lichlabnahme war sehr auffallend , es verbreitete sich eine matte , graue Beleuchtung über alle Gegenstände. Man beobachtete unter den kleinen Vögeln, den Sperlingen eine sonst nicht um diese Tageszeit wahrgenommene Ruhe. Die Temperaturabnahme war auffallend bemerkbar sowohl für das Gefühl, als an den Instrumenten in der Sonne. 2h 53' H-33«R. 3h 33 3h 15' 29 3h 45' 26 Mittel 3h 57' 22,5 Min. d. Tcnip. 4h 5' 21,75 4h 10' 22,5 4h 20' 24 4h 30' 27 4h 40' 29,5 4h 50' 31,5 5h 33 5li 10' 33 Der Beobachler will eine Abänderung der sonst kreisrunden Sonnenbilder im Schatten der Laubbäume in sichelförmige Bilder, ähnlich der Figur des nicht beleuchteten Theils der Sonne, beob- achtet haben. - 376 - Wir lassen noch einige andere in öffentlichen Blättern mit- getheille Wahrnehmungen folgen. Vom Fuss der Alp vom 1. August wurde berichtet, dass allgemein um die Mitte der Sonnenfinsterniss am 28. Juli 4h das plötzliche Heimfliegen aller Bienen bemerkt wurde, die dann einige Stunden früher als sonst ruhig im Korb sassen und nach- her sich zu neuem Ausflug anschickten. — In der folgenden Nacht (29. Juli) kamen sehr heftige Windstösse bei heiterem Sternhimmel. Zu Kissingen beobachtete man bei klarem Himmel ein Fallen des Thermometers von 17^ auf 14^ und nach der Finsterniss ein langsames Steigen bis zur früheren Höhe. Zu Augsburg und München war klarer Himmel, man nahm eine sehr merkliche Temperaturerniedrigung während der Er- scheinung wahr. Die Temperaturbeobachtungen Lamont's gibt die Augsburger allgem. Zeitung Nr. 212 Beil. Eine seltsame , ohne Zweifel nur des Zusammentreffens wegen bemerkenswerthe Erscheinung ist folgende, die wir die- ser Merkwürdigkeit halber aus den Zeitungen wiedergeben. „Ein interessantes Phänomen bot einer der Kurbrunnen zu Salzschlirf, die Bonifaciusquelle , während der Sonnenfinsterniss dar. In dem Moment, wo der Mond den Sonnenrand zu be- decken begann, erfolgte in jenem Brunnen eine so starke Koh- lensäureströmung, dass derselbe in starkes Brausen und Schäu- men gerieth. Dieses Phänomen, welches sonst auch häufig bei starken Gewittern eintritt, nahm an Intensität be- ständig zu, erreichte seinen Höhepunkt zur Zeit der vollen Be- deckung der Sonne und nahm von da an allmählig wieder ab. Der Brunnen selbst blieb dabei völlig klar und nur sein Ge- schmack erschien ein wenig „schwefelstolfartig" (schwefelwasser- stoffgas-artig?). Mit dem Beginn der Finsterniss erhob sich ein starker Wind von NO und das Celsius'sche Thermometer fiel schnell um 3,4^." Zu Fiume sah man den Eintritt 3h 20J' ungestört, nach einer Viertelstunde bedeckte ein von W kommender Wolkenstrich die Sonne. Es herrschte völlige Windslille, durch ein Hagel- weller, das am 27sten 7h Morgens die Umgegend, besonders - 377 — Draga verheerle, war die LuflleinpcTalur clwas abgekülilt. An Thiercn war nichts Anffallcndos zn bemerken , als etwa eine Hinneigung zur Ruhe, wie denn die Sperlinge ihren Flug auf den Feldern einstellten, aueh weniger lärmten. Die Gegend er- schien in einer graulichten Beleuchtung, die ferner liegenden Inseln in graubläulicher Tinle niil violett gebrochenem Schalten, die islrischen Berge in SW erschienen düster graublau. Auf der Meeresoberfläche erschien ein trübrolher, ziemlich breiter „Feuer- schimmer" ähnlich dem auffallenden Mondlichl, zuerst westlich, dann nach 10 Min. auch östlich durch ein tiefes Graublau des Meeres abgegränzt und spaltete sich dann in zwei Hälften, wo- bei die Mitte sich in Violett abtrennte, während die Begränzung zu beiden Seiten in ein ruhiges Schwarzblau des Meeres über- ging und sich das Phänomen dann ostwärts auflöste. Dem trübrothen Schimmer entsprach ein grauer Schattenstreif in der Luft, von dem reinen Aether, der gegen den Horizont weisslich trüb, ein gegen den Zenith hin tiefer werdendes Blau zeigte, scharf abgegrenzt. Die Spitze der beiden Begrenzungen des grauen Schaltenstreifs am Himmel und der röthliche Meeres- streif fielen in kaum sichtbarer Entfernung zusammen; diese Schattenwirkung dauerte bis 4h 48'. Eine halbe Stunde nach der Finsterniss stellte sich ein trockener leichler Ostwind ein und der Himmel wurde klar. Zu Chur war der Himmel ganz klar. Die Temperatur sank merklich und es entstand ein kühler Westwind. Die Gesichter erschienen während des Mittels der Finsterniss erdfahl wie bei brennendem Weingeist. Auf dem grossen St. Bernhard war der 28. Juli völlig klar; im Mittel der Verfinsterung erschienen die Eis- und Steinmassen des Moni Velan, Monljoux u. a. wie mit einem braunblauen Duft überzogen; das Blau wurde sofort tiefer und salter und nahm einen fast tropischen (?) Kr^stallglanz an. Zu Kiew sank zur Zeit der vollen Verfinsterung von 5h 5' 12" bis 5h 12' 11" der Thermometer von 30" auf 21,2^ und bis 5h 15' 11" auf 19^ also in 13 Min. um IP. (Ausl. 1851 Nr. 229.) Aus Königsberg wurde berichtet, dass während der Sonnen- — 378 - finslerniss der Himmel so rein war, dass man während der totalen Verfinsterung (3' 1") Jupiter, Mars und Venus mit blos- sem Auge sehen konnte. Von Dirschau. Im Anfang der Finsterniss war der Himmel hewölkt, klärte sich aber schnell von Heia und Danzig her auf und bei etwa hälftiger Verfinsterung der Sonnenscheibe war sie ganz frei. Kurz vor Eintritt der totalen Finsterniss erhob sich ein kühler Wind ; mit dem Eintritt wurde eine Menge Sterne und die Lichtkrone um die Mondscheibe sichtbar und in dieser durch das Fernrohr mehrere röthliche Hervorragungen. Die Venus blieb noch 11 Min. nach dem Ende der totalen Ver- finsterung sichtbar. Aus Lübeck wurde berichtet, dass während der 11' 3" dauernden totalen Verfinsterung der bisher dunkelblaue Himmel schwarzfahl wurde und leichte nebelartige Streifen überall auf- sliegen. Die Dunkelheit war nicht so gross, dass das Lesen erschwert worden wäre. Auf der Erdoberfläche war ein graues, glanzloses Licht verbreitet , dabei eine urplötzlich eintretende Slille von Menschen und Thieren bei gleichzeitiger völliger Wind- slille, bei der kein Blatt sich bewegte. Indessen zeigten die Vögel gerade keinen Einfluss von der Verfinsterung, sie flogen wie sonst in der klaren, glanzlosen Luft, nur, wie es scheinen wollte, etwas unstät und verirrt. Die Augsb. allgem. Zeitung gab in Nr. 219 Beil. Correspon- denz-Artikel aus mehreren Orten , die zum Theil in die totale Finsterniss fielen. Wir entnehmen aus derselben zunächst die physikalisch-meteorologischen Momente. — Auf dem Postdampf- schiff zwischen Petersburg und Stetlin in 56^ 8' n. B. und 17^ 13' ö. L. Am 27sten hatte im finnischen Meerbusen Regen ge- herrscht, auf welchen Nebel gegen Gothland zu folgte. Der Morgen des 28sten brachte bewölkten Himmel und feinen Regen, am Vormittag heiterte sich der Himmel auf und war um 3h völlig klar. Nach Beginn des Mondeintritls verwandelte sich das helle Sonnenlicht allmählig in einen neblich- bläulichen Schein, bis mit dem plötzlichen Verschwinden des lelzten Sonnenstrahls 4h 22' M. Z. eine tiefdunkle blaurölhliche Dämmerung eintrat, in welcher die leicht gekräuselten Wellen in einer eigenlhüm- — 370 - liehen Färbung erschienen. Die (Corona erschien als ein mall- gelber gezackter Rand und inizähligc Slcrnc wurden sichtbar. Zu Kopenhagen blieb die Sonne bis zum Kintrilt der totalen Verfinsterung mit einer schwachen Umschleierung von Monds- regenbogenfarben umgeben , der Himmel zeigte da und dort leichte Cumuli , ein schwacher NVind wehte von der Seite her, von der der Mond kam, während der herrschende Wind sich legte. Die Schwalben flogen dicht an der Krde und mit An- näherung der totalen Finsterniss verbreitete sich eine auffallende Ruhe in der Natur; Hausthiere und Hausvögel verhielten sich ganz ruhig, die Tauben suchten ihren Schlag. Im Moment der totalen Finsterniss trat keine völlige Dunkelheil ein, die nied- rigen westlichen Gegenden des Himmels mit ihren Wolken nah- men den Charakter der frühesten Morgendämmerung an, mehrere Planelen und Fixsterne erschienen, die Menschengesichter nah- men ein eigenlhümliches bleiches Coloril an; den Mondschalten sah man mit Sturmgeschwindigkeit herannahen und sich aus breiten. Der oberste linke Sonnenrand verschwand als ein leuchtender Stern und in diesem Moment trat die Corona von „reinem weissem Mondlicht" mit Strahlen in der Richtung der Radien der Mondsscheibe und gleichzeitig schien eine eigen- thümliche Bewegung vor sich zu gehen von dem verschwinden- den leuchtenden Punkt nach dem diametral entgegengesetzten an der Mondsperipherie, in dessen Nähe ein stark leuchtender rother Punkt von der Höhe mehrerer Minuten Allen deutlich sichtbar wurde und die ganze Dauer der Corona über am näm- lichen Orte sichtbar blieb. Zwischen diesen zwei Punkten sah man zuerst auf der Linken zwei Perlenreihen sich bilden , welche, und zwar in höherem Grade in der untern Hälfte der Monds- peripherie, an Breite zunahmen und wiederum nach rechts, zu- gleich mit einer Lila- oder Violettfarbe, abnahmen. Dies Phäno- men zeigte sich zuletzt mit einem Glanz wie der eines violetten Brillantfeuers bei Feuerwerken. Die eigenthümliche rotirende leuchtende Bewegung setzte sich dann in der Perlenreihe fort, das Licht wurde wieder weiss, die Corona verschwand, statt des rothen Punkts wurde jetzt ein leuchtender Stern sichtbar, darauf kam wieder der erste Rand der Sonne in dem untern Theil der - 380 - Mondsperipherie hervor und die Erscheinungen gingen in um- gekehrter Ordnung ihrem Ende entgegen. Die Dauer der totalen Verfinsterung war eine Minute und etliche Sekunden. Die Tem- peratur sank um mehr als 2^ C. Mit dem Wiedereintritt des Tages hörte man die Kühe brüllen , die Wiesen dunsteten wie des Abends, der mit Anfang des Mondseinlritts begonnene Luft- zug verschwand und der herrschende Wind wurde wieder ge- spürt. — Nach andern Berichten wurde bei einigen Thieren beobachtet, dass sie sich zur Ruhe begaben, als die totale Ver- finsterung eintrat, die Blätter der Akazien sich schlössen und beim Wiedereintritt des Tages die Hähne krähten. Zu Kopen- hagen blieb im Mittel des Phänomens etwa y^^ der Sonne als leuchtendes, jedoch nicht regelmässiges Segment übrig, die Dun- kelheit war auf 5 — 6 Sek. so stark, dass man in den Häusern ohne künstliches Licht nicht hätte lesen können. Zu Helsingborg war der Anfang der Verfinsterung wegen Wolkenbedeckung nicht wahrnehmbar, während der totalen Ver- finsterung war es klar; kurz vor dem Eintritt derselben war das lichte Segment zu einem feinen Lichtstreif geworden, dessen obere Hälfte plötzlich verschwand, während die untere sich in drei Lichtpunkte theilte , von denen der mittlere am längsten blieb; mit seinem Verschwinden 4h 2' 20" entstand die weiss- liche Corona, diese verschwand 4h 2' 30''. In Helsingör war die Sonnenfinslerniss beinahe total 10 bis 12 See. lang und die Corona erschien, jedoch weniger stark, als in Helsingborg. Die Mondberge traten scharf hervor; als das Hörn (die Sichel?) am kleinsten war, verlängerten sich die Zäck- chen über dieses hinaus, zuerst eines, dann mehrere, so dass sich der Perlenring deutlich an dem linken niedrigsten Theil der Sonnenscheibe zeigte. Dieser war, wie die ganze Corona, blass- gelb glänzend, darauf schnell in intensive Rosenfarbe übergehend und gleichzeitig nahm das verdunkelte Himmelsgewölbe eine vio- lette, der Horizont eine orangegelbe Färbung an, die sich auch auf die schwedische Küste mit dem Sund erstreckte, sich aber bald in dem Dunkel des Schattenkegels verlor, der mit unge- heurer Schnelligkeit von N heraneilte. Es war nun so finster, dass man Gegenstände in Entfernung einiger Schritte nicht er- - 381 - kennen konnte. Man sah die Slcrne am Himmel, bis nacli ellichen Secunden das Sonnenlicht wieder hcrvorbracli. Für Kühnen und Südjülland war der Hinuriel fast durchaus mit Wolken bedeckt. Zu Flensburg nahm man bei Thieren nichts wahr, dagegen sollen sich manche Pflanzen während der üauer der Verfinsterung geschlossen haben. In Fühnen wollte man während der Verfinsterung grössere Intensilät des Schalls wahr; genommen haben. In Hamburg -Altona fing sich der Himmel Nachmittags zu bewölken an und blieb es. Der höchste Punkt der Verfinsterung war dem Morgenlicht vor Aufgang der Sonne gleich. Bei den Thieren bemerkte man durchaus keine Ruhe oder Unruhe. Die Farbe des Himmels und Gewölkes um die Sonne herum in der ganzen westlichen Richtung war eine blauschwärzliche, kein Stern zeigte sich, keine Farbenschatlirung, noch Farbenspiel an den Gegenständen auf der Erde , nur die Menschengesichter trugen einen Augenblick eine grünliche Färbung. Einige wollten den Himmel und die Erdoberfläche gelb, und rothe Beeren schwarz sehen (wohl nur Blendung). In Holland (Amsterdam) war die Witterung trüb. An Pflanzen nahm man keinen Einfluss der Finsterniss wahr; gerade die empfind- lichen, wie Mimosa pudica, blieben unberührt, während bei weniger empfindlichen eine Wirkung deutlicher bemerkt werden konnte. An Thieren, einige Vögel ausgenommen, gleichfalls kein Einfluss. In Grossbritannien und Irland war der Himmel für die meisten Orte bedeckt; zu Dublin erschien um Ih ein Gewittersturm und die Wolkendecke dürfte sich gleichzeitig von der Ostsee bis nach den westlichen Gestaden Irlands erstreckt haben. Zu Man- chester begann l^h ein furchtbarer Regenschauer mit Ueber- fluthung der Strassen 20 Min. lang. Dennoch wurde eine Un- ruhe bei dem Vieh auf dem Felde während der Dauer der Verfinsterung bemerkt, es brüllte und begann heim zu gehen, die Rebhühner suchten das Dickicht und Kettenhunde bellten. Am Vormittag hatte eine frische Brise aus S und SW geweht. 2. Ein merkwürdiger Blitzsclilag. Von Prof. Dr. Plieninger. Ueber diesen erhielt ich durch Vermittlung eines Freundes, Pfarrer M. Stange zu Gerungen, O.A. Leonberg, folgende Mit- theilung des Hrn. Waldmeisters Maisch daselbst nebst einem Stück des Holzes. „Die Zerstörung geschah den 16. August 1851 , Morgens 10 Vi Uhr, durch einen Blitz, welcher aus einem von Westen kommenden Gewitter kam; es war der einzige Donner im ganzen Verlauf des Gewitters. Die Wirkung war aber schauer- lich! Der Platz, auf dem die Eiche stand, ist eine Hochebene, mit mehreren starken Eichen und einem starken buchenen Hoch- wald bewachsen; ein eigentliches Dickicht. Ungefähr 20 Schritte von der Eiche südlich bricht ein ziemlich steiler südlicher Berg- abhang die schöne Ebene ab. Der Bergabhang, welcher sich über eine Stunde weit längs dem Glemsbach hinzieht , bildet mit dem gegenüber liegenden nördlichen Bergabhang — „der Stuttgarter Stadlwald und Hirschhäuer" — die tiefe Madenthal- schlucht. Ungefähr 50 Schritte westlich von der Eiche dacht sich die Ebene in die Esselklinge, ungefähr 250' tief ein, so dass die Hochebene von der südlichen und südwestlichen Seite als ein grosser hoher Bergkegel erscheint. Gegen Norden steigt die Ebene sanft an. Auf diesem Bergkegel also stand die Eiche, im Stamm etwa 45' hoch „zum Gebrauch." Die ganze Höhe des Holzes mag 80 — 90' betragen haben. Durch den Blitz wurde die Eiche aber so zerrissen, dass man sie nicht mehr erkennen konnte: ein Stumpf ungefähr 25 — 30' hoch stand noch mit einem Ast. Der ganze Gipfel mit den zerspaltenen Stücken des obern Stamm- Iheils lag zerstört um den Stumpf her. Der Stumpf selber hatte — 383 — seinen Mantel verloren und war auf vier Seilen von oben nach unlen gespalten bis in den Boden. Die Kiche nuiss bei dem Akt selber förmlich aus einander geklalTl haben und wieder zusammengeschnappt sein, denn ganz durch die Spalte herunter steckten Spähne und Holzsplitter, die, während der Blitz die Eiche zerriss, von den von oben abfallenden Theilen in die augenblicklich geöffnete Eiche fielen, von ihrem Zurückgehen aber ergriffen und so gefangen genommen wurden. Es war ungefähr anzusehen, als hätte man hölzerne Keile hineinge- schlagen. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind die Splitter durch die Explosion auch aufwärts und so über dem hohen Buchen- bestand in die Runde geschleudert worden , denn ich habe 73 Schrille weil, östlich vom Stumpf, ein Stück Holz gefunden, welches aus der Mitte des zerrissenen Stammes gekommen sein mag und 6' lang war und ungefähr 25 Pfund gewogen haben mag. Dieses hätte durch das Dickicht nicht kommen können, da ihm das stärkste Dickicht den Weg verdämmt hätte, wohl aber oben hinaus durch das Zerknallen der Stammesstücke ; 30, 40, 50 Schrille weit war der Boden mit leichleren und schwereren Stücken Holz wie besäet. Als die Eiche gefällt wurde, zerfiel sie während dem Fällen in zwei Stücke, und der Spalt geht noch jetzt tief in den Stock hinein. Das Holzslück, welches ich Ihnen hier gesendet habe, ist ein Bruchstück von dem oberen Ende des Stumpfes." Das übersendete Stück, etwa 3' lang und V dick, bildet einen Sector des Stammc^iinders. Die Zersplillerung ist eine durchgängige, und zwar ebensowohl in der Richtung der Mark- strahlen oder Radien des Cvlinders, als auch in der der con- centrischen Jahrringe; die so entstandenen Holzfaserbündel ver- schiedener Grösse und Figur werden nur durch Fasern, welche sich schief von dem einen in seinen xXachbar erstrecken, und dadurch zusammengehallen, dass die Zersplillerung, je mehr nach unlen, desto weniger vollständig ist, so dass das eine Ende des Blocks noch ziemlich fest, jedoch gleichwohl in den beiden angegebenen Richtungen mit zahllosen Spalten durch- zogen ist. Von einer Entzündung wurde durchaus nichts wahr- genommen. - 384 — Hienach scheint die mechanisch zerstörende Wirkung des Blitzstrahls in der Höhe des Stamms von 25' bis 30' über dem Grund das Maximum ihrer Gewalt durch Evaporatian der Feuchtig- keit (wie denn der „Mantel" wegen der zwischen Rinde und Holz in grösserem Maass befindlichen Feuchtigkeit ringsum abgelöst wurde) und Verdünnung der eingeschlossenen Luft mittelst der~ durch denselben entwickelten freien Wärme erreicht zu haben, so dass von dieser Stelle aus die Zersplitterung und Zerreissung des Stamms ausging, und im Moment der Zerreissung die zu- nächst liegenden Bruchstücke in die Klaffungen des untern, stehen gebliebenen Theils durch die Explosion hineingetrieben wurden, während die entfernteren, weiter oben liegenden nach seitwärts und aufwärts geschleudert wurden , die Krone aber wegen ihrer grössern Entfernung von der Stelle der Explosion nicht eigentlich zersplittert wurde und daher schon vermöge der grössern Masse ihrer Fragmente in der nächsten Umgebung vom Fuss niederfiel. Die unendlich verschiedene Gradation in der Erzeugung freier Wärme, welche bei Vergleichung der Wirkungen der bis- her bekannt gewordenen Blitzschläge und der sie begleitenden Umstände (deren Sammlung und Nebeneinanderslellung mit eine Aufgabe meiner Bemühungen in Sachen der Meteorologie seit nun 30 Jahren bildet,) sich aufdrängt und schon in der Volks- lerminologie seit Jahrhunderten in der Unterscheidung von „zün- denden" und „kalten Streichen" classificirt ist, findet einen sehr nahe liegenden Erklärungsgrund in der Art und Weise, wie die Entwicklung freier Wärme durch das electrische Fluidum be- wirkt wird. In hohen Luftregionen wie im luftverdünnten Raum ent- stehen keine Blitze, Blitzstrahlen oder „Feuerbälle" bei electri- schen Entladungen. Die Nordlichter, die Entladungen in sehr hoch stehenden Gewittern ohne Donner, den Erscheinungen an der sogen. Blitztafel analog, die diffusen überschlagenden Feuer- garben im Recipienten der Luftpumpe beweisen dies. Connex damit ist auch das seltene Vorkommen von Gewittern mit Blitz und Donner in hohen Gebirgsgegenden und, wenn sie erschei- nen, die geringe Intensität der Detonationen, die ihren Erklärungs- - 385 — griiiul in (Um- mit dor Dicliliykcit (Um- Körper proportionalen In- lensiläl der Schallsehvvingiingen fiiulel. Das (leräusch, das von der Enloberfläehe ausgehl , wird in bcdeulenden Höhen (wie z. B. von LuflscIiilTern) in einer dem Quadrat der geradliniglen Entfernung unigeKelirl proportionalen Intensität vernommen, wäh- rend Schalle, die in diesen Höhen selbst erzeugt werden, wie z. B. von abgefeuer!en Pistolen, bekanntlich nur sehr schwach sind. Ferner beweisen obigen Salz e coiilrario die in tieferen und dichteren Luftschichten je nacli dem Verhältniss der Dich- tigkeit stärkeren Blitzstrahlen und deren starke Detonationen und die bei Wintergewittern, also in kalter, dichterer Luft, nicht selten vorkommende Erscheinung von Blitzschlägen in Form von „Feuerbällen" statt der langgezogenen zickzackförmigen Strahlen der der warmen Jahreszeit angehörigen gewöhnlichen Gewitter. Alles dies zusammengehalten, bestärkt die Vermuthung, dass das überschlagende oder überströmende electrische Fluidum durch eine, der Geschwindigkeit seiner Bewegung oder vielmehr dem Widerstand, den diese in dem Stadium der Bewegung findet, proportionale, mechani sehe Einwirkung auf Letzteres die Frei- werdung von Wärme in derselben Art hervorrufe, wie feste Körper durch Stoss, flüssige Körper durch Bewegung, elastische Flüssigkeiten durch Compression, Wärme freigeben. Der Blitz wirkt beim Ueberschlagen durch die Luft nach Art des sogen, pneumatischen Feuerzeugs durch Compression, beim Durchströ- men durch leitende Körper durch Vibration , auf Wärmeentwick- lung oder Freiwerden von Wärme und, wenn die gute Leitung nicht stark und voluminös genug ist, um den relativ allzu starken Strom aufzunehmen, so wird die entwickelte Wärme, auf die dünne Drahtleilung z. B. concentrirt , diese zum Glühen und Schmelzen bringen. Und so kommt es denn darauf an, in welchem Stadium der Compression die, vom überschlagenden Funken vor sich her ge- triebene, Luftparthie an der Stelle ist , wo der Funke von der Luft in einen andern Körper überschlägt, ob bei entzündlichen Körpern ein zündender oder ein „kaller Streich" sich manifestirt, d. h. ob die freigewordene Wärme intensiv genug ist, um die Oxydation des brennbaren und ebenso um das Schmelzen des WürUemb. naturw Jalircshefte. 185?. 3s Heft. 25 - 386 -~ schmelzbaren Körpers zu veranlassen , oder ob diese Luftmasse noch unter dem hiezu erforderlichen Grade der Compression, d. h. der Wärmeentwicklung ist. So erklärt sich denn auch die Verschiedenheit der Wirkungen von Blitzschlägen auf Manschen, Thiere, vegetabilische Körper, die Erscheinung von Brandwunden bei dem einen und völlige Unversehrtheit der Körperoberfläche bei dem andern Individuum, das Verbrennen von Haaren, von Kleidungsstücken, das Schmelzen von Metallen durch Einen und denselben Blitzstrahl bei dem einen und die Abwesenheit aller dieser Wirkungen bei dem benachbarten Individuum, die (wie- wohl wegen des Feuchtigkeitsgehalts der lebenden Pflanzen sehr seltene) Entzündung eines Baums und die häufigere, jedoch stets in der Richtung der Gefässbündel erfolgende Zersplitlerung bei anderen, die Entstehung geschmolzener Blitzröhren, oder die blosse Entstehung von Erdlöchern durch ausgeworfenen , unver- glasten Sand, die Verglasung von Felsen oder die Zertrümme- rung derselben , |je nachdem an der Stelle , wo der Blitz sein Ziel erreicht, die freigewordene Wärme den zur Schmelzung und Silicatbildung erforderlichen Grad erreicht hat oder nicht, wobei immerhin auch das Vorhandensein der zur Silicatbildung erforderlichen Elemente, sowie die Anwesenheit oder Abwesen- heit von wässerigter Feuchtigkeit und deren momentane Eva- poralion ihre Rolle spielen muss. Selbst die Zickzackform der Blilze in den unteren dichten Luftschichten erklärt sich durch diese Compression, wie denn der Fälle manche bekannt sind, dass Blitze von einem Gegenstand, durch den sie eine gute Leitung in die feuchte Erdoberfläche finden konnten, in seiner nächsten Nähe abgesprungen sind, um auf einen viel entfern- teren überzuspringen (z. B. von Auffangstangen völlig normaler Blitzableitungen auf niedrigere Gegenstände). Der Blitz wird von seiner geradliniglen Bahn abgelenkt, sobald die vor ihm her comprimirle Luft einen solchen Grad der Verdichtung erreicht hat, dass der electrische Funke oder Strom mechanisch gehindert ist, weiter in dieser Richtung vorzudringen, und das anhaltende oder kürzere Rollen des Donners, d. h. die Frequenz der auf ein- ander folgenden Detonationen ist eine Function der Zahl solcher Ablenkungen, welche der Blitzstrahl auf seinem Wege erleidet. — 387 — In unserem in Rede siehenden Fall war also die vom Blilz- slrahl erzengte Wärme an der 25' über der Krde befindlichen Slelle des Kichstamms durch Compression der äussern und innern Luft gross genug, um die wässerigte Feuchtigkeit im Moment in Dämpfe aufzulösen, welche die Explosion und die Zersplitterung und den Bruch an dieser Stelle bewirkten; während die Holz- masse unter- und oberhalb dieser Stelle nur in ihre Holzfasern und, je weiter entfernt von der Stelle der Explosion, in desto verminderterem Grade, zerschlitzt wurde, wie der Keil von der Stelle aus, wo er eingetrieben wird, das Holz der Länge nach spaltet und die KlafTung, je weiter entfernt vom Keil, desto ge- ringer ausfällt bis zu einer Stelle, wo, je nach der Dicke des Keils, die Spaltung gänzlich aufhört. III. Kleinere jflittlieiliiiigeii. Von Baron RichardKönig-Warthausen. 1. Merkwürdiger Blitzschlag im Jahre 1854. Bei Gelegenheit des diessjährigen Schnepfenstrichs, (März 1855), führte mich mein Revierjäger an zwei Eichbäume, die im vergangenen Sommer vom nehmlichen Blitz zugleich -getroffen waren. An der einen Eiche war dieser in einer Höhe von etwa 40 Fuss, bedeutend unterhalb des Gipfels in die Rinde gefahren und hatte sie in ganz gerader Linie aufgerissen. Dieser Riss ist höchstens einen Zoll breit, ausser in der Mitte, wo eine ganze Platte halb abgelöst hängt. In ihrem untern Ver- lauf spaltet sich die entstandene Furche gabelförmig und verschwindet in Manneshöhe über dem Boden gänzlich. Die zweite, schwächere und niedrigere Eiche, welche vier Schritte von jener entfernt steht, zeigt auf der entgegengesetzten Seite (die einander zugekehrten „innern^ Seiten sind ganz unversehrt), ebenfalls eine Berstung der Rinde, die etwa zwanzig Fuss hoch beginnt, aber nicht gerade, sondern in zickzackar- tigen Absätzen verläuft, d. h. so, dass zwar ein kürzeres Stück ganz gerade aufgeschlitzt ist, dann aber eine unversehrte Stelle kommt und die ebenfalls gerade Fortsetzung erst weiter unten, aber jedesmal in gleichen Abständen mehrere Zolle weiter seitwärts folgt. Da kurz ehe sich die Spalte des einen Baums theilt , ein kurzer, starker und knorriger Ast nahe an der Linie der BUtzstrasse hervor- wächst, glaube ich die Erscheinung so erklären zu müssen, dass der sich eben dreifach zertheilende Strahl hier auf Widerstand gestossen und ein Nebenstrahl am Aät abgespiungeu sei. ^ 388 - Nur so konnte er in halb-zirkclförniiger Bahn den Nachbar auf der entgegengesetzten Seite treffen. Da er dann also von der Seite her, schief einschlug, niusste er sogar nothwendig eine der beschriebenen Figur ähnliche Wirkung haben. Dass beide Schäden vom gleichen Blitze herrühren, glaubt mein Jäger ganz bestimmt versichern zu können, da er kurz nach dem Schlag an Ort und Stelle war. Beide Risse sehen noch jetzt ziemlich frisch und aus der nehmlichen Zeit herrührend aus. Der im letzten Drittel des April in den Wäldern um Warthausen theil- weise noch fusshohe Schnee zeigte, indem er hier ganz mit Moos über- deckt war, dass die Spechte diess gut benützt und tüchtig hinter der gelockerten Rinde gearbeitet hatten. Den 14. März 1855. 2. Ankunft verschiedener Zugvögel und Reife einiger Gewächse bei Warthausen im Jahre 1855. März, am Uten: j, löten: „ 17ten: „ 18ten: „ 19ten: „ 19ten: „ 20ten: „ 20ten: ^ 20ten: „ 21ten: „ 22ten: April. am löten: „ 19ten: „ 20ten: „ 22ten: Mai. am 19ten: „ 21ten: „ 22ten: Vanellus criataiua. Sylvia tithys. Falco milvus. Sylvia rufa. Sylvia ruhecula. Ciconia alba, (in Tübingen schon am Sten). Scolopax rusticola, (bei Stuttgart am 17ten). Podiceps minor. Motacilla alba. Accenior modularis. Columba palumbus. Larus ridibundus. Hirundo rustica. Cuculus canorus, (auf der Schlotwiese schon am 17ten). Hirundo urbica. Lantus collurio. Cypselus apus. Oriolus galbula. Erste Kirschen, d. 19ten Juni. Erste Gartenerdbeeren d. ISten Juni. Erste Walderdbeeren , d, 30ten Juni. Erste Weichselkirschen, d. lOten Juli. Beginn der Heuerndte, d. 28ten Juni. Beginn der Repserndte, d. 3ten Juli. 3luSge8e]6en im Ouni 1857. Beli)(l(in IHienlngevL H. v. Meyer. Ein Saurier der Keiiperforinatioii. Von Prof. Dr. TIi. Plieningcr. (Mit Ahl)il(hnig;cn auf den bcilit'j>ciulrn TafVIii VIII — XIII). I. Oeschlclitliches. Unter der Benennung Belodon , P f eilzaliner, hat der sehr verehrte Freund des Verf., Hermann v. Meyer zu Trank- furl a. M., ein, den Gruppen der obern weissen Keupersandsteine, woher die von ilmi untersuchten Reste stammen, angehöriges Sauriergenus aufgestellt, dessen Characlere folgende, aus den untersuchten Zahn- und Maxillenresten entnommene sind.* Der Zahn zweikantig, von beiden Flachseiten her mehr oder weniger zusammengedrückt, so dass zwischen einer und der an- dern Kante eine mehr oder weniger starke Wölbung der bei- den Flachseiten im Querdurchschnitte des Zahns besteht, die nach der Spitze des Zahnes hin abnimmt ; die Kanten mehr oder weni- ger scharf oder schneidend , oft auch zugeschärft und feinzahnig * Beschrieben und abgebildet in den ^Beiträgen zwt Paläontologie Wiiittembcrgs von Hermann v. Meyer und Prof. Dr. Tlieodor Plie- ningcr." Stuttgart, Schweizerbart 1844. S. 41 -45. 91. fg. Taf. XII. Fig. 18. 19. 20. 21. 22. Seitdem hat über das Genus ZJeiofZon und dessen Species B. Plieningeri Hermann v. Meyer in seinem Prachtwerke ^Zur Fauna der Vorwelt, die Saurier des Muschelkalks mit Rücksicht auf die Saurier aus dem bunten Sandstein und Keuper" S. 147—49 Alles das zusammengestellt, was ihm aus den schriftlichen Mittheilungen des Ver- fassers und andern bisher verött'cntlichten Notizen über diesen Gegen- stand bekannt geworden ist. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1852. 4s od. Supl.-Ueft. 26 - 390 ~ gekerbt; die Krone nach einer der beiden Flachseiten (der inneren gegen die Mundhöhle gekehrten) mehr oder weniger leicht ein- gebogen; der, durch die beiden Kanten gebildete Umriss der Zahnkrone, (diese von einer der beiden Flachseiten her betrachtet,) theils symmetrisch - gleich und eine Lanzettform darstellend, theils nach einer der beiden Kanten hin leicht gekrümmt und einer leichten Sichelform sich nähernd; die Spitze des Zahns (dieser immer noch von einer der beiden Flachseiten her betrachtet,) theils durch gleichförmigen Verlauf der beiden Kantencurven spitzig zugehend, theils leicht abgerundet, sei es, dass der Ver- lauf der Kanten in die Spitze des Zahns durch Abnützung ver- wischt erscheint, oder, wenn derselbe noch deutlich vorhanden, die beiden Kanten, in rascherer Krümmung gegen die Zahn- spitze verlaufend, einer abgestumpften (parabolischen) Spitze die Entstehung geben ; der Schmelzüberzug der Krone sehr dünn, gegen die Zahnspitze an Stärke zunehmend, die Oberfläche der Dentine und des Schmelzes glatt, eine zuweilen ersichtliche Streifung von der Spitze gegen die Basis hin durch leichte, unter der Loupe als solche hervortretende, Runzeln gebildet. Das Innere des Zahns (vid. Beitr. z. Pal. W. Taf. XII. Fig. 21. 22) zeigt eine conische, mehr oder weniger weit (bis zu J der Zahnhöhe) gegen die Spitze des Zahns aufsteigende Markhöhle (s. Taf. VIII. f. 21. a.); daher die Dicke der die Markhöhle umschliessenden Zahnmasse gegen die Basis mehr oder weniger rasch abnimmt. Die Dentine ist in concentrischen Schichten angelagert, welche, entsprechend dem eben erwähnten Zahnbau, nach der Spitze stärker werden, gegen die Basis an Stärke abnehmen , und zeigt entfernt keine Spur der den La- byrinthodonten eigenthümlichen Textur. Durch die vermehrten, nach der Spitze zu stärkeren Ansätze der Denlineschichlen von innen her scheint bei den älteren, ausgebildeten, ins Besondere den flachen, verhältnissmässig breileren und niedrigeren Zähnen die Markhöhle niedriger zu werden und mehr und mehr der Form eines zusammengedrückten Kugel- oder Ellipsoid-Segments sich zu nähern (s. Taf. VIII. f. 22. a.). Die gegen die Spitze der Zahnkrone abnehmende Wölbung der beiden Flachseilen des Zahns nimmt somit gegen die Basis zu, - 391 - und zwar in der Art, dass der weitere Verlauf der Krone in die Zahnwurzel, mit gänzlicher Verwischung der beiden Kanten, mehr oder weniger rasch in die C^ylinderform übergeht und die Zahnwurzel selbst völlig cylindrisch bis ovalc^lindrisch wird. Die Zahnwurzel steckt in einer deutlichen, verhällnissmässig tiefen AI veole, in welcher dieselbe , und zwar in der obern Maxille, (cf. Beitr. z. Pal. \V. Th. XII., Fig. 21) zwischen einem weil höheren äusseren (lil. f.) und einem niedrigeren in- neren (lit. d.) Maxillenrande, welche eine ziemlich tiefe Rinne zwischen sich lassen, nur sehr lose festgehalten , eingebeitel liegt. In der untern Maxille stehen die Alveolen in einer schiefen Rinne des Zahnbeins. Die Zahnwurzel hat bei ausgewachse- nen Zähnen etwa ^ der ganzen Zahnhöhe oder die halbe Höhe der Zahnkrone, a.a.O. Fig. 21) und scheint (wenigstens bei ausgewachse- nen Zähnen) unten geschlossen zu sein. Die Alveole ist durch eine dünne Knochenlamelle (a. a. O.Fig. 22. c g d) gebildet, die sie von der Markhöhle der Maxille abtrennt und bildet somit eine Art von mehr oder weniger cylindrischem Sack, welcher in die Markhöhle der Maxille eingesenkt ist und, mit der Ausfüllung ihres leeren, d. h. von ausgegangenen Zähnen herrührenden, Raumes durch die Gebirgsart jene abgerundet-prismatischen und rein-c>lindrischen, dünneren oder dickeren Steinkernreihen darstellt , welche Herrn Ober-Med.Ralh Dr. G. v. Jäger vor 30 Jahren * veranlassten, indem er sie für „versteinerte" wirkliche Zähne ansah, das Sau- riergenus Phytosaurus mit den beiden Species „cylindricodon^^ und ,,cuhicodon'' ^"^ aufzustellen, deren Identität mit den Al- veolenausfüllungen in den Maxillen des Belodon , unter Darle- gung der Unhaltbarkeit der Verwechslung jener Steinkerne mit wirklichen Zähnen und demnach der darauf gegründeten Auf- * Ueber fossile Reptilien, welche in Württemberf? aufgefunden worden sind. Von Med. Dr G. F. Jäger. Stuttgart 1828. S. 22. folg. ** „Cubisch" könnte die dickere Form denn doch wohl einem ma- thematisch geübten Auge nur mit Zuhiilfenahme einer sehr regen Phan- tasie ersclieinen ; es soll dalier diese Benennung wohl nur die Abweichung der massigeren Steinkerne von der so genau ausgeprägten Cylinderform der übrigen in prägnanter Weise ausdrücken. 26* - 392 — Stellung jenes Genus mit seinen zwei Species und ihrer Be- nennung, a. a. 0. nachgewiesen ist.* Die zur Zeit der Abfassung der „Beiträge zur Paläontologie Württembergs" vorgelegenen, a. a. 0. abgebildeten und beschrie- benen Zahn- und Maxillenreste aus der obern weissen Keuper- sandsteingruppe von Leonberg und Löwenstein, welche nun eben H. V. Meyer zu Aufstellung des Genus Belodon und der Spe- cies desselben B. PUeningeri veranlassten, sowie die an den beiden Fundorten weiter aufgefundenen, damals eine genauere Diagnose nicht zulassenden Knochenreste**, wurden seitdem durch Auf- findung einer grossen Zahl weiterer Belegstücke aus derselben Formation aus verschiedenen Gegenden des Landes in grosser Mannigfaltigkeit, bis zu mehreren, mehr oder weniger vollständig zusammenlagernden Skeletten, vermehrt, deren Beschreibung nun der Gegenstand der nachfolgenden Darstellung ist. Ueber die im Mai des Jahres 1847 gelungene erste Auffin- dung eines, in hohem Grade nach Zahl und Art der Knochen- theile vollständigen, Skeletts eines kolossalen Sauriers in der mächtigen Schichte des rothen Keupermergels, welche den oberen weissen Keupersandslein (Stubensandstein oder grobkörnigen Keu- persandstein) in der Umgegend von Stuttgart noch überlagert und hier das Ausgehende der Formation gegen die Juraformation bil- det, wurde schon früher im Jahre 1850 eine vorläufige Anzeige in diesen Heften*** gegeben und schon damals seine Deutung auf Belodon als wahrscheinlich bezeichnet. Nach einer, dem Verfasser von dem Entdecker des Skeletts , Hrn. Handlungs- vorstand Albert Heiniger zu Stuttgart mitgetheilten schrift- lichen Notiz kam bei seiner Ausgrabung „kein Convolut zu- sammengeschwemmter Knochen," sondern ein „voll- ständiges Gerippe" zu Tage, dessen vordere Parthie jedoch fehlte. * Beitr. zur Pal. Württ. S. 44. 91 fg. ** A. a. O. S. 44. 45. H. v. Meyer iialim damals seU)st noch An- stand, das a. a. O. Taf. XI. Fig. 12. abj^ebildete Maxillensfück auf Belodon zuriiekzuführcn. Nach Aufdeckung eines scharfen zweikantigen Zahnes in diesem Maxillenfragment unterliegt diese Zurückführung jetzt keinem Anstände mehr. *** Jahreshefte 5ter Jahrg. S. 171. - 393 — Dasselbe eiilhiell nach dieser Noliz 60 mehr oder minder voll- sländige Wirbclkörper in ununterbrochener Aufeinanderfolge, die Beckenknochen, das hinlere Fusspaar bis auf die Phalangen hin- aus, mit „10 Iheilweisc ganzen Zehen oder Krallen," die Arm- knochen, eine grosse Zahl von Kippenfragmenten, das Brustbein uhd 13 vereinzelte Zahnkronen, „worunter eine grössere ziem- lich vollständig, eine gespaltene, vier deren Spitzen iiberlieferl sind, zwei deren Basis gut erhalten, und fünf fragmentarische ;„ ferner ,, sechs vollkommen deutliche mehr oder weniger ganze Zehen" und „sieben weniger deutliche Fragmente," endlich „17 Stück diverse Phalangen." Die colossalen Dimensionen dieser Knochenreste, welche nach und nach bei dem Restituiren aus einer Masse von Kno- chenfragmenten zum Vorschein kamen, waren geeignet, das grössle Aufsehen zu erregen; man dachte anfänglich, im Ange- denken an die vorangegangenen Ausgrabungen colossaler vor- wclllicher Pachydermen, Mammuth und Rhinoceros (wiewohl in ganz anderer Formation) auf Cannstatter und Stuttgarter Grund und Boden, an Säugethierreste, wie denn der Entdecker selbst anfänglich diese Ansicht gegen den Verfasser aussprach. Als nun aber bei näherer Untersuchung diese Ansicht als unhaltbar erscheinen musste, wurde von Anderen auf Megalosaurus und Iguanodon gerathen, mit Uebersehung der Verschiedenheit des geognostischen Vorkommens, bis endlich, mit Zunahme der Re- sliluirungsarbeit, der Anhaltspunkte mehr und mehr auftauchten, welche gegen alle diese Ansichten entschieden und den Fund als einen neuen Saurier erscheinen Hessen. Entsprechend der Freundlichkeit des Besitzers, welcher dem Verfasser dieser Abhandlung bald nach Entdeckung des Fossils von seinem Funde Nachricht gegeben und seine Mitwirkung erbeten hatte, sagte dieser demselben eine wissenschaftliche Bearbeitung des Fundes zu, „sobald eine wissenschaftliche Diagnose durch weitere, zu einer Verglcichung mit Bekanntem hinreichende Thatsachen, ins Besondere durch Auffindung des Kopfes, mög- lich werden würde". Die Ausführung dieser Zusage musste jedi-h bisher haupt- sächlich aus dem Grunde vertagt werden, weil zu einer siehe- — 394 — ren wissenschaftlichen Diagnose fossiler Verlebraten und ins- besondere dieses, sowohl nach seinem Vorkommen in dieser Gebirgsari — (die Mergelschichlen der oberen Keupersandstein- gruppen, sowie die weissen Sandsteinschichten selbst wurden lange Zeit und beinahe bis zur Auffindung dieser Skelette im Jahre 1847 für gänzlich leer an organischen Resten gehallen) — als auch nach seinen colossalen Dimensionen und seinen osteo- logischen Eigenlhümlichkeiten , als neu erscheinenden, Sauriers denn doch nolhwendig der Schädel erfordert wird, dieser aber bei dem Funde leider fehlte. Die Hoffnung, den zu diesem Ske- lett gehörigen Schädel noch zu bekommen, ging auch bis daher nicht in Erfüllung , vielmehr ist es auf Grund fortgesetzter Nach- forschungen und Nachgrabungen zu einer an Gewissheit gren- zenden Wahrscheinlichkeit geworden, dass dieser Schädel über- haupt nicht mehr existire. Es ist nämlich, nach der an Ort und Stelle nachgewiese- nen Lage des Fossils an dem Fundort zu schliessen, — indem einzelne, in der Mergelgrube herumliegende Knochenfragmente auf eine senkrechte Grubenwand, von der dieselben herrühren mussten und auf die, in dieser Wand zu Tage stehenden gleich- artigen Knochenbruchflächen, somit auf die Entdeckung des ganzen nachmals ausgebeuteten Fossils geleitet hatten , — als sicher anzunehmen, dass schon bei dieser Entdeckung der Schä- del, wenn er anders ursprünglich bei dem Skelett vorhanden war, als der über die Grubenwand hervorragendste Theil schon längst mit der Mergelmasse, in die er gebettet sein mochte, zur Bodenbesseiung in die angrenzenden Weinberge geschafft worden und dort verwittert sei, deren Besitzer eben zur Gewinnung des Keupermergels für ihre Güter jene Grube geöffnet hatten. D^nn nach mündlichen Angaben des Entdeckers über die Lage des Fossils ist es wahrscheinlich, dass dasselbe in schiefer Rich- tung gegen die Wandfläche bergeinwärts in der Art gelagert war, dass die hintern Extremitäten, Füsse und Schwanz, am tiefsten im Gestein Stacken, die vordem Theile des Skeletts dagegen und namentlich also der Schädel ihre Lage vor der zur Zeit der Entdeckung des Skeletts vorhandenen Grubenwand gehabt haben mussten. — 395 — Diese Wahrnchiming nun, in Verbindung mit dem Umstände, dass der Entdecker, welcher einige Zeit, nachdem er an derZusam menselzung der gewonnenen KnocluMifragnienle gearbeitet, dem Verfasser von seinem Funde Nachriclil und von seinen Her- slellnngsarbeilen Kennlniss gegeben halle, auf grosse Schwierig- keiten hiebei gestossen war, — indem sich sehr viele Lücken in den von ihm wieder zusammengesetzten Theilen zeigten, für welche unter der Menge der bereits gewonnenen Knochenfrag- mente die Ergänzungen nicht zu finden waren — drängte die Vermuthung auf, dass sowohl diese Ergänzungsstücke, als auch vielleicht die Keste des Schädels, da sie weder in der Grube unter den noch vorhandenen Mergelschutlmassen . welche vom Verfasser in Gemeinschaft mit dem Entdecker genau und wieder- holt durchsucht worden waren, noch auch beim weiteren Schür- fen in dem anstehenden Gestein, welches Letzterer unternommen hatte, aufzufinden waren, schon früher mit dem ausgebeuteten Mergel in die benachbarten Weinberge gewandert sein mussten. Nach mehreren vergeblichen Nachforschungen gelang es nun dem Verfasser, in einem der benachbarten Weinberge eine sehr grosse Menge solcher Fragmente zu retten, welche die Wein- gärtner bereits mit ihrer Ausbeute an Mergel dorthin aufgeschüttet hatten, und sie dem Entdecker zuzuwenden. Sie setzten diesen in den Stand, nun den grössten Theil des Skeletts wenigstens in einer Weise zusammenzusetzen, dass die osteologischen Haupt- Charaktere an demselben deutlich wurden, wenn auch beinahe alle Wirbel -Apophysen mangeln, viele Knochentheile überhaupt mehr oder weniger verstümmelt sind , und in den zusammenge- setzten Skelelttheilen noch manche Lücken sich finden. Eine besondere Schwierigkeit beim Herausarbeilen der Knochen theile aus dem Gestein und bei Restituirung derselben aus den Fragmenten lag, — nebendem, dass manche grössere und kleinere Splitter gleich anfangs unbeachtet liegen geblieben sein mögen — auch in dem Umstand , dass das Fossil grösslentheils in einer der härteren, die rothe Mergelbank in verschiedenen Niveaux durchsetzenden, Sleinmergelschichlen gebettet lag, so dass die die Knochentheile umschliessende Gebirgsart durch ihre Härte und Sprödigkeit es ganz unmöglich machte, sie ohne Gefährdung - 396 — der Knochen zu entfernen. Aus diesem Grunde konnte auch die ganze aneinander liegende Reihe von zusammen 60 Wirbeln, theils wegen ihrer vielen Verstümmelungen und ihrer Lücken- haftigkeit, theils wegen der nicht zu entfernenden, ihnen an- hängenden Gebirgsart, in^unsern Tafeln nicht abgebildet werden. Die hauptsächlichsten und am vollständigsten überlieferten Theile des Sauriers sind jedoch in unsern Tafeln abgebildet worden. Die hiezu gehörigen Abbildungen sind: Tafel VIII. Fig. 7—15., die kenntlichsten Zähne in nat. Gr. ; Tafel IX. die am deutlichsten überlieferten Fussknochen in natürlicher Grösse; Tafel X, Fig. 1., der linke Oberarm mit anhängenden Frag- menten des Ellbogenbeins und der Speiche und einem sehr verstüm- melten Knochenfragmente an dem Schultergelenkkopf, das wohl auf das Schulterblatt zu deuten ist, in i nat. Gr.; Fig. 5. , das linke Schienbein mit anhängendem Fragment des Wadenbeins und Fig. 6., das rechte Schienbein, beide in i nat. Gr.; Tafel XI, Fig. 1., ein flacher, grosser, in i natürlicher Grösse abgebildeter Knochen, mit bogenförmig gekrümmten, in einen Gelenkkopf endigenden Fortsätzen ; in der Mitte zwischen den beiden bogenförmigen Fortsätzen scheint der flache Knochen gespalten zu sein, entweder ursprünglich, oder, was vielleicht wahrscheinlicher, durch den Druck der Gebirgsart, wodurch diese Parthie, — welche durch die Aufbiegung des Randes auf eine beträchtliche Wölbung dieser Knochenplatte hinweist — flach gedrückt und dabei gespalten wurde; es scheint dieser Knochen ein Brustbein zu sein; Fig. 2., der rechte Oberarmknochen , mit einem der Schulterge- lenkfläche anhängenden Knochenfragment des Schulterblatts und einem in dem Ellenbogengelenk angeklebten Fragment eines Ge- lenkkopfes, vielleicht vom Ellbogenbein, in i nat. Gr.; Fig. 3., der linke Oberschenkel in } nat. Gr., (der rechte ist im Zustande der Verstümmelung vorhanden und daher nicht abgebildet) ; Fig. 4., ein massiger Knochen in i nat. Gr., dessen Deu- tung noch zweifelhaft erscheint; (vergl. das später über die Ex- tremitäten Gesagte) ; — 397 — Tafi'l XllI, Fig. 3. 4., dos ziemlich vollsliiiulig ii])t'rlit'f('rU' Kreuzbein mit den Darmbeinen in ] nal. (Jr. Einige Zeit später wurde der Verfasser, bei weiteren Nach- forschungen nach ergänzenden Bruchstücken des Saurierske- lelles an Ort und Stelle, auf Knochenfragmenle geleitel, welche oberhalb des Fundorts des letzteren in einer, von einer inler- millirenden Quelle gebildeten und durch Regengüsse bis auf eine der, die rolhe Mergelbank durchsetzenden, fesleren Stcin- mergelschichten ausgetieften, Wasserrinne zerstreut lagen. Diese Fragmente, welche durch ihre übereinslimmende äussere Bildung und innere Textur verriethen, dass sie zu Einem flachen, 1 bis 1^ Zoll dicken Knochen gehört haben mochten — (wie dies denn später durch Zusammensetzung derselben bestätigt wurde) — konnten, nach ihrer Lage in besagter Wasserrinnc oberhalb des Lagers des Saurierskeletts, nicht wohl Theile eines, zu diesem Exemplar gehörigen Knochen sein, welche durch Wasserslrömungen von demselben weggeführt worden wären, da die Wasserrinne gegen den Fundort des Sauriers einfälll; auch konnten sie, ihrer Grösse von ein bis etlichen Kubik- zoll und ihrer Entfernung von diesem Fundort nach zu ur- lheilen, nicht wohl bei der Aushebung des Sauriers zerstreut worden sein, vielmehr musslen sie einem anderen, oberhalb des Letzteren gebetteten, fossilen Reste eines Vertebraten angehören. Indem der Verfasser die Wasserinne aufwärts verfolgte , fanden sich immer mehr dieser Knochenfragmente bis zu einer Stelle, oberhalb welcher durchaus keine mehr zu finden waren. Diese Stelle musste daher das Niveau der Lagerstätte bezeichnen, aus welcher die besagten Knochenfragmente herrührten. Bald zeigte sich, etliche Fuss seitwärts von dem Rinnsal der Wasserrinne, auf der flachen Böschung derselben eine kleine hügelige Hervor- ragung aus der schiefen Fläche und, nach Wegräumung der, etliche Zoll tiefen, zu Tage liegenden, aus fein zerbröckeltem Mergel bestehenden obersten Bedeckung, kam die Bruchfläche eines massigen Knochen zu Tage. Mit Hülfe einiger gedungener Arbeiter wurde vorsichtig nachgegraben , und es erschien zu- erst : das ganze Becken, jedoch die Hüftknochen (Tafel XHI, ~ 398 — Fig. 5. 6., Tafel X. Fig. 5.) vom Kreuzbein (Tafel XIII. Fig. 1. 2.) getrennt ; acht, sich an das, aus drei (darunter zwei verwachsenen) Wirbeln besiehende, Kreuzbein (Taf. XIII. F'ig. 2. 3.) genau und in ununterbrochener, geradliniger Aufeinanderfolge an- schliessende, vollständige Wirbel (Taf. XII. Fig. 14.) mit allen Apophysen ; ein vollständiger Oberarmknochen (Tafel X. Fig. 2) und wahr- scheinlich ein pathologisch degenerirter zweiler (Fig. 3) mit ver- letztem Schultergelenkkopf; beide mit den Spitzen übereinander geschobene Schulterblätter (Tafel X. Fig. 7.); ein Oberschenkelknochen, nicht vollständig überliefert und daher nicht abgebildet; eine ziemliche Anzahl Rippen, wovon mehrere in seltener Vollständigkeit (Taf. XII. Fig. 1—13); ein Sitzbein (Tafel XI. Fig. 5.) ; einige Fussknochen und noch mehrere fragmentarische Knochentheile ; alles diess ohne bestimmte Ordnung beisammen lagernd, mit Ausnahme der in natürlicher Lage an die Kreuzwirbel sich anschliessenden Lenden- und Rückenwirbel. In der gleichen Richtung wie diese, nur getrennt durch einen etwa 4 Fuss breiten, pelrefakten- leeren Zwischenraum, folgte in gleichem Niveau eine zweite Reihe von 7, zu 2 und 5 an einander geschlossenen weiteren Wirbeln, wovon 6 vollständig überlieferte Tafel XII. Fig. 15. 16. abgebildet sind ; — (einer ist hälflig verwittert und daher nicht abgebildet); nebst einigen zu beiden Seilen gelagerten Rippen. Da das erste Exemplar alle diese Skelelttheile gleich- falls hat, so war der hier aufgedeckte Fund ein zweites Exemplar eines fossilen Sauriers und zwar eines völlig gleich- artigen und gleichgrossen, wie sich später durch genaue Ver- gleichung evident ergab. Die Lagerungsstätle ist in horizontaler Entfernung etwa 100 — 120 Fuss von der des ersten Exemplars entfernt, liegt etwa in 10 Fuss grösserer senkrechter Höhe, die - 399 - Richlungslinie der Wirbelsiiule dos zweiton isl in slumpfem Winkel, beinahe rechUvinklieht, anC die des erslen l-lxeniplars gerichtet. Bis jetzt konnte dnroh wiederholle, in der Kiehtnng des anfgefundenen Theils der Wirbelsänle nnd aiidi nacli beiden Seilen hin fortgesetzte Nachgrabungen nichts \> eiler gefunden werden und die Hoffnung , von diesem zweiten Kxemplare den Schädel zu fuiden, ging gleichfalls nichl in Erfüllun:^. Der Um- stand, dass die Ueberresle dieses zweiten Exemplars in zwei Parthieen getrennt und , mit Ausnahme der beiden zusammen- hängenden NVirbelreihen, alles Uebrige ungeordnet durch einander liegend gefunden wurde, lässt schliessen, dass dasselbe zu der Zeit, als das Cadaver in den Mergelschlamm gebettet wurde, schon in einem solchen Zustande der Zersetzung seiner weichen Theile sich befand, dass Muskulatur und Bänder kaum noch ent- lang der Wirbelsäule zähe genug waren, um die Wirbel, wenn gleich getrennt in zwei Reihen, in ihrer natürlichen Lage zu erhalten ; während das erste Exemplar die Wirbelsäule mit zusammen 60 W'irbeln bis beinahe zur Schwanzspitze in un- getrennter Aufeinanderfolge zeigt und die Hüftknochen sich an das Kreuzbein genau anschliessen , auch die hinleren Extre- mitäten bis zu den letzten Phalangen vollständig überliefert , in nächster Nähe von den Hüftknochen , nur verschoben , beisam- men lagen, demnach bei diesem Exemplar der Grad der Zer- setzung ein weit geringerer beim Einbetten in den Schlamm ge- wesen sein musste. Auch deutet der Uinstand , dass das zweite Exemplar in einer weichen Mergelschichte lagerte, welche über der harten Sleinmergelschichte des ersten Exemplares liegt, darauf hin, dass das Cadaver des zweiten, wie es später in den Thonschlamm der Mergelbank gebettet wurde , auch länger der zersetzenden Einwirkung der Athmosphärilien ausgesetzt ge- wesen sein mochte. Da auch die vordem Extremitäten wenigstens mit Humerus, Radius und Ulnci, nebst den Ansätzen der beiden Schullerblätter und das Sterniim mit seinen Äjyophysen bei dem erslen Exem- plar überliefert sind, so lässt sich mit Recht schliessen, dass die Wirbelsäule in hohem Grade der Vollständigkeit, vielleicht noch mit einer Anzahl von Halswirbeln, jedenfalls aber die Rücken- — 400 — oder Brust-, die Lendenwirbel und beinahe die gesammten Schwanz- wirbel vorhanden seien ; während bei dem zweiten Exemplar von den Kreuzwirbeln an abwärts nichts weiter, noch auch von den Fussknochen Etwas vollständiges zu finden war. Es ist jedoch das bis jetzt vom zweiten Exemplar Auf- gefundene wichtig genug, um die Defekte des an Zahl der SkelelUheile, wenn gleich nicht an Integrität derselben, weit vollständigeren ersten Exemplars wenigstens theilweise zu ergänzen, denn, mit Ausnahme etlicher Rippen, eines Hüft- knochen und eines der vorhandenen Wirbel , konnten alle an dieser zweiten Lagerstätte gefundenen Skeletttheile in einem sel- tenen Grade von Vollständigkeit restituirt werden. Hiezu trug bei, dass die Gebirgsart, in welcher dieses zweite Exemplar ge- bettet lag, grösstentheils ein weicher, lockerer, schon bei Aushe- bung der Knochenreste sich von selbst ablösender, rothbrauner Mergel ist und jene feste Knauernmasse nur theilweise den Knochen anhing; ferner, dass bei der Ausgrabung darauf Bedacht genommen wurde, die zu einem und demselben Knochen gehörigen Frag- mente mit grösster Sorgfalt zu sammeln, sie auf Packpapierbogen 5cusammen zu legen und so der Einwirkung der Sonne auszu- setzen , worauf sie in wenigen Stunden die seifenartig - weiche Consistenz, mit welcher sie aus der Grube kamen, verloren und ziemlich fest wurden, so dass sie, sorgfältig zusammenge- packt, mit Sicherheit nach Hause transporlirt werden konnten. — Die anfängliche ungemeine Brüchigkeit derselben bewirkte, dass kein einziger Knochen ganz, sondern nur in Bruchstücken von mehreren Kubikzollen bis zu etlichen Kubiklinien ausgehoben wer- den konnte. Allein die Vorsicht, die Bruchstücke eines und desselben Knochen abgesondert zu verpacken, und die Bemühung, aus der übrig bleibenden, auf der Oberfläche des umgebenden Terrains sorgfältig ausgebreiteten, Schuttmasse des ausgegrabenen Mergels nach jedem Regenguss die, unvermeidlich in derselben zurückgebliebenen , an der Luft mittlerweile sehr fest geworde- nen — (während der Mergel zerfiel) — Fragmente bis zu den kleinsten Splittern bei zahlreich wiederholten Besuchen an der Fundstelle zu sammeln, machte es möglich, die Schwierigkeiten und Mühen der Restituirung leichter und sicherer zu überwinden. — 401 — als tlics ohne die genannte Vorsichtsmassregel möglich ge- wesen wäre. Dass diese an und fi'ir sich in der iNalur der Sache liegende Vorsicht sich von selbst aufdringt, braucht kaum bemerkt zu werden; es wird jedoch dieselbe desswegen nicht unerwähnt ge- lassen, weil sie manchen und besonders angehenden Sammlern allzuleicht entgeht und von denselben kein Werth darauf ge- legt wird, auch die kleineren und selbst kleinsten Bruchstücke aufzunehmen, oder die Petrefakle liefernden Arbeiter zu deren Aufnahme anzuhalten, wodurch schon manches wichtige Stück für die Wissenschaft verloren ging. * 1 ' In Beziehung auf die Technik des Rcstituirens orp^aniscliei Reste aus ihren Fragmenten ist noch zu bemerken, dass bei Knorhen- resten vorzugsweise, dann aber auch bei andern Petrefaktcn, stets eine kalte Losung von arabischem Gummi von leichtflüssiger Syrupdicke als das vortheilhafteste, am leichtesten zu handhabende Bindemittel dient, das bei Knochenresten die trockenen Bruchflächen beinahe unter den Händen befestigt und, wenn die Bruchflächen zuvor mit reinem Wasser befeuchtet worden, die Adhäsion sehr dauerhaft macht; während thieri- scher Leim, neben der Unbequemlichkeit, seine Lösung stets erwärmt zu halten, bei dem Auftragen auf die Bruchflächen stets erkaltet und gerinnt und nur oberflächlich in die Knochenmasse von der Bruchfläche her eindringt. Die Auffindung der zusammengehörigen Bruchflächen aus einer grössern Menge von Fragmenten wird sehr erleichtert, wenn aus- ser der Configuration derselben, welche nicht immer ausreicht, auci) auf Färbung, Zeichnung und, in Beziehung auf letztere, selbst auf die kleinsten Merkmale Rücksicht genommen wird. Zu Erhöhung der Festig- keit der oft sehr weichen Knochen dient, nachdem sie wieder hergestellt und das zusammenleimende Gummi (nach 24 Stunden in trockener Luft) getrocknet ist, das Eintauchen des Ganzen in eine dünne Lösung von Gummi, so dünn, dass dieselbe leicht abtropft, oder ein sattes Ueber- streichen desselben mit der Lösung. Diese Substanz dringt sehr leicht in die Knochentextur ein und ersetzt den mangelnden thierischen Leim bei fossilen Knochen in hinreichendem Grade. Auch ist das Gummi ein hinlänglich dauerndes Bindemittel, wenn die Fossilien nicht anders in einem feuchten P^aume aufbewahrt werden, in dessen feuchter Luft die die Bruchflächc verbindende Gummischichte allerdings erweicht wird, was jedoch auch bei dem thierischen Leim nicht ausbleibt. Allein solche Räume wird ein sorgfältiger Sammler denn doch am allerwenigsten für die Aufstellung seiner Sammlung wählen, da hier nicht bloss das Gunnui an den restituirten Petrefacten, sondern noch vieles Andere (wie na- — 402 — Bei der Hoffnungslosigkeit für die Auffindung der, zu diesen beiden Exemplaren gehörigen, Schädel galt es nun, um dem ge- gebenen Versprechen einer wissenschaftlichen Bearbeitung des Fossils und dem immer dringenderen Mahnen der Verlagshand- lung ^ zu entsprechen, diesem Abmangel durch anderweitige Nachforschungen möglicherweise abzuhelfen. Spuren dieses Sauriers (wie sich nachher herausstellte) mit Fragmenten deutlicher Knochenreste, waren von dem Verfasser schon in früheren Jahren an demselben Fundorte aufgefunden worden, ohne dass sie damals gedeutet werden konnten; sie zeigten sich, nach Auffindung der beiden Skelette aus der Sammlung hervorgeholt, als Bruchstücke, welche zu der oben erwähnten, aus den, aus der Wasserrinne aufgelesenen Frag- menten restituirten (ohne Zweifel zum Sternutn gehörigen) Knochenparthie gehörten. mentlicli Salze und Schwefelverbinclungen) dem sicheren Verderben aus- gesetzt würden. Das Fuclis'sche Wasserglas, das vornämiicli als Binde- mittel vorgesclilagen wurde, wird den Zweck des Verbindens der Bruch- flächen sicherlich sehr gut erfüllen, allein eine spätere Trennung der zusammengeleimten Bruchflächen nicht mehr zulassen, welche bei dem Geschäfte der Restitution fossiler Knochen nicht selten nüthig wird, (wenn z. B. ein Fragment in eine noch gebliebene Lücke eingefügt wer- den soll, oder wenn sich eine verfehlte Combination herausgestellt hat,) und bei dem Gummi durch Befeuchten schneller und sicherer erzielt werden kann, als bei dem Leim, bei dem Wasserglas aber gar nicht ausführbar ist. '•' Dieselbe hatte den Verfasser schon im Laufe des Herbstes 1855 um die bereits vorliegenden Zeichnungen in dringendster Weise angegangen, die dieser dann auch, jedoch mit ausdrücklicher Verwahrung gegen darauf zu gründende Ucbereilung der wissenschaftlichen Bear- beitung, hergab. Später wurde gleichwohl die Fertigung der Tafeln, so- wie die (zu Gunsten anderweitiger, in die dritten Hefte des 9ten, 12ten und 13ten Jahrgangs aufgenommenen Aufsätze) in das bereits mit sei- nen meteorologischen Artikeln zu drucken angefangene dritte Heft des 8ten Jahrgangs (gegen den Wunsch des Verfassers) zurückgeschobene Einreihung der gegenwärtigen Abhandlung, in dringendster Weise als Motiv für die geforderte Beschleunigung der Abfassung geltend gemacht; was der Verfasser zur Erklärung der Eilfertigkeit dieser Arbeit zu er- wähnen sich selbst schuldig ist. — 403 - Der vor Kurzem verslorbeiie Herr Giuienbaudirektor von Se} ffcr zeigte dem Verfasser ähnliche Knoclieiit'ragmente, welche völlige LVbereinstimmung mil den eben erwähnten verrielhen und die Ersterer in seinen Universitätsjahren als ausgeschwemmte Einschlüsse einer mächtigen, rothen Keupermergelschichle in der, die „NVanne" genannten Schlucht in einer, zur „Waldhäuser Höhe" führenden, Hügelböschung des Ammerthals bei Tübingen gefunden hatte. Diese Schlucht sei, nach den Nach Weisungen des Herrn von Sevffer, ebenso, wie der Fundort der beiden Saurierexemplare von Stuttgart, durch Abschwemmungen und Austiefungen in dem weichen, an der Luft zerbröckelnden Keupermergel entstanden. Da nach Herrn von Seyffer's Mit- theilungen in dieser Schlucht lose Sandsteinkuben von beträcht- licher Grösse (bis 1 Kubikzoll), welche den Afterkrystallen des „kiesligen Keupersandsteins" entsprechen, in dem Detritus der Mergelbank gefunden werden, so scheint dieser Mergel bei Tü- bingen wohl der Gruppe des kiesligen Keupersandsteins anzu- gehören. Auch in dem oberen, grobkörn i gen Keupersandstein in den Umgebungen von Stuttgart war der Verfasser in früheren Zeilen auf Einschlüsse von Knochenresten grösserer Vertebraten gestossen, die jedoch keine genügende Diagnose zuliessen und verriethen, dass sie, schon vor ihrer Einbettung in die Sandab- lagerung, durch mechanische oder chemische Einwirkungen Noth gelitten haben mochten. Dagegen erhielt der Verfasser nun , nach der Entdeckung der Skelette, aus dieser oberen weissen Sandsteingruppe zahl- reiche einzelne Zähne von Belodon und mehr oder weniger deut- liche auf dieses Sauriergenus zurückführbare, Knochenreste. Die best erhaltenen, charakteristischen Zahnformen sind auf Taf. Vni. Fig. 18—30 in natürlicher Grösse abgebildet; Taf. VIII. Fig. 6 ist ohne Zweifel ein zum Kopf gehöriger Knochen in halber natürlicher Grösse; Fig. 34 die Knochenunterlage eines Hautschildes, welcher, vermöge der konischen Zuspitzung seiner oberen convexen Seite, vielleicht auf einen, längs der Wirbelsäule laufenden Hornspitzen- Kamm dieses Sauriers zu deuten ist; Fig. 33 ist eine flache Kno- - 404 - chenplatte in natürlicher Grösse von der oberen Seite, welche die gleichen Gruben und Wülste, wie die vorhergehende, zeigt, und daher auf dieselbe Saurierspecies zu deuten ist. Ausserdem liegen aus diesem grobkörnigen Keupersand stein in mehr oder weniger fragmentarischem Zustande vor: Kippen, deren zweiköpfiger Gelenkkopf mit denen des Skeletts ganz übereinstimmt (abgeb. Taf. XI. Fig. 6. 7. 8.); unbestimmbare Schädelparthieen, Hautschilder, Knochen- fragmente der Extremitäten, u. a., die wegen Mangel an Raum nicht weiter abgebildet werden können. Auch in der Gruppe des kiesligen Keupersandsteins und zwar in dem Sandstein selbst, sowie in dem harten und weiche- ren Steinmergel, in welchen die Schichten dieses Sandsteins über- gehen, fand der Verfasser, seit Auffindung der beiden Skelette, zahlreiche Saurierreste mit Rippenfragmenten, Wirbeln, Knochen- platten von Hautschilden, Zähnen und Maxillenfragmenten. Auf Taf. Vin. Fig. 5 ist ein rechter unterer Maxillenast, von der Symph}'se an, in natürlicher Grösse abgebildet, welcher in seiner Querbruchfläche eine Reihe c^'lindroidischer Zahnwurzeln in ihren Alveolen von derselben Art, wie das in den Beiträgen zur Palä- ontologie Württembergs Tafel XH. Fig. 12 abgebildete Maxillen- fragment zeigt; Tafel VHI. Fig. 36 ist eine Knochenröhre eines jungen Thiers in J natürlicher Grösse, welche vielleicht auf einen Extremilä- tenknochen von Belodon zurückgeführt werden kann und bei welcher die schwammige Knochenmasse der Gelenkköpfe ent- fernt und die , mit Gebirgsart (dem Steinmergel) ausgefüllte Markröhre zu Tage gelegt ist; ob die zackigen Ränder der Knochenröhre auf Zahnspuren oder andere mechanische Einwir- kungen zu deuten seien, mag dahinstehen; Fig. 35 ist eine vollständig überlieferte Knochenplatte eines Hautschildes in natürlicher Grösse von derselben Bildung der Gruben und Wülste auf der obern Seite, wie Fig. 33 u. 34. Ausserdem liegt noch eine Anzahl anderer Knochenparthiecn vor, wie z. B. ein grosser Ast einer untern Maxille, Hautschilder, Schädelparthieen, Rippen, Phalangen, die zum Thcil wegen Un- vollständigkeit für die Abbildungen zurückgestellt wurden, und - 405 — überdiess wegen Mangel an Kaum auch nicht weiler abgebildet werden konnten. Herrn Finanzralh Kser, seinem geschälzlen Freunde, ver- dankt der Verfasser mehrere werthvolle Beitrüge zur Diagnose aus dem weissen (Stuben-?) Sandstein bei Aldingen, J'ulllinger Bezirks, und zwar Tafel VIII. Fig. 32 eine Knochenplalte in na- türlicher Grösse, die mit ihrer unteren flachen Seile zu Tage lag und anfangs der üeulung auf einen Schädelknochen Kaum zu geben schien; späterhin gelang es dem Besitzt r In der Hofl- nung, hier einen wichtigen Beilrag zur Diagnose der Schädel- bildung zu besilzen, die andere, im Gestein liegende, Fläche mit meisterhafter Geschicklichkeit von der Gebirgsart zu lösen; sie zeigte die gleiche Abwechslung von Gruben und Wülsten, wie Fig. 33 u. 34 und ausserdem in i ihrer Längendimension eine schneidend-keilförmig aufgeworfene Querleiste (welche sich später bei einer grossen Zahl gleicher Knochenplatten wiederfand, wovon unten), sodann eine, jede Spur von Nahtverbindung ausschlies- sende, Auskeilung derKänder, in welche die Knochenplatte mit gleichförmiger Abnahme der Dicke verläuft; so dass auch diese, sowie eine später milgetheilte, mit derselben Meisterschaft voll- ständig aus dem Gestein ausgearbeitete Knochenplatte von dem- selben Fundort, wohl nur auf Hautschilder zu deuten sind. Der Verf. bedauert, diese Prachtstücke dieser Abhandlung wegen Mangel an Kaum nicht in Abbildung beigeben zu können. Von dem- selben Fundort ist Fig. 16 ein Zahn von gleicher innerer Textur, wie die zweischneidigen, flachen Belodon- Zähne, jedoch von diesen durch eine mehr konische Form unterschieden, in natür- licher Grösse abgebildet, welcher sich den Fig. 20. 29 abgebildeten aus dem Stuttgarter Stubensandstein, sowie den, in der von Löwen- stein herstammenden Maxille Fig. 1 noch haftenden, Zähnen an- reiht, — über deren Diagnose später berichtet werden wird. — Dieses letztere Maxillenstück (Taf. VIIL Fig. 1) in natürli- cher Grösse, ein rechter Ast der untern Maxille von der Sym- physis an, sodann ein zweites (Fig. 2) in natürlicher Grösse ab- gebildel, sowie die beiden Gegenstücke, (Fig. 3. 4) eines F>ag- ments der oberen Maxille, verdankte der Verfasser schon früher der gütigen Millheilung der Freifrau von Hügel, Wittwe des ver- Württemb. naturw. Jahreshefte. 1852. 43 od. Supl.-Heft. 27 - 406 ~ ewigten Herrn Kriegsminislers Freiherrn von Hügel. Es blieb bis daher zweifelhaft, ob diese, aus dem weissen (ob kiesligen, ob grobkörnigen ist nicht entschieden) Keupersandsleine von Löwen - stein herrührenden, Kopftheile auf die Stuttgarter Skelette zurück- geführt werden könnten. Die in Fig. 3. 4. ersichtlichen Alveolen, die in b. b. deutli- che Cylinderform ihrer Ausfüllung mit Gebirgsart, die in a. wahr- nehmbare, röhrenförmige Dentine der hier noch überlieferten Zahnwurzel, die in Fig. 1. unverkennbare Insertion der, der ko- nischen F'orm genäherten drei Zahnstümpfe in die Maxille und die drei kreisförmigen Zahnlücken, so wie die gleichfalls er- sichtliche Einsenkung des zweischneidigen, der konischen Form genäherten, rückwärts gekrümmten, vollständig überlieferten Zahns in die Maxille in Fig. 2. sprachen gleich anfangs für einen Saurier mit Alveolen; nur konnte die von der zweikantigen, zweischneidigen, flachen Zahnform, welche H. v. Meyer als wesentlichen Charakter seines Genus Belodon (schon der Be- nennung nach) aufstellte, abweichende, der konischen sich annä- hernde Zahnform gegen die Identität dieser Maxillenstücke mit dem Genus Belodon Zweifel erwecken. Es war daher die, im Laufe des Sommers 1855 dem Ver- fasser durch seinen hochgeschätzten, ehemaligen Zuhörer Frei- herrn Philipp V. Hügel, Oberförster zu Ochsenhausen ge- machte, Mittheilung, dass er mit der paläontologischen Samm- lung seiner Frau Mutter, der Frau Kriegs ministerin von Hügel, eine grosse Zahl weiterer, zu den vorhin erwähnten Maxillenstücken Fig. 1 — 4. gehörigen Skeletttheile des fraglichen Saurierexemplars überkommen habe , eine höchst wichtige Nach- richt, um den Verfasser zu bestimmen, diese Skeletttheile in der Sammlung des Freiherrn von Hügel zu Ochsenhausen in Augen- schein zu nehmen. Hiebei bemerkte der Verfasser sogleich meh- rere Wirbel, welche, obgleich von weit geringerer Grösse, als die den beiden Stuttgarter Exemplaren angehörigen, eine vollkom- mene Identität mit Letzteren erkennen Hessen, mehrere Rippen- köpfe, welche gleichfalls identische Bildung mit denen der Letz- teren verriethen, eine grosse Anzahl von Hautschildern, welche sich identisch mit den Eser' sehen und der Configuration auf — 407 - der oberen Seite dei^auf Tafel VllI, Fig. 33. 34. 35. abgebilde- ten, Scliilder aus der Sluttgarter Gegend zeigten; worauf Baron V. Hügel die grosse nute hatte, den ganzen Vorralh dieser, von Einem Fundort herrührenden, fossilen Keste dem Verfasser zu näherer Untersuchung im Herbste 1855 nach Stuttgart zu senden. Die vorgerückte Jahreszeit machte es erst im Frühjahr 1856 möglich, on diese Untersuchung zu gehen. Ks gelang dem Ver- fasser, die mitgetheilten Fossilien aus der anhängenden Gebirgs- art in seltener Vollständigkeil und mit grossem Glück heraus- zuarbeiten. Dieselben sind : 1) eine Reihe von Rippenfragmenten, darunter 4 Bauchrip- pen, wovon eine ganz vollständig, 2) mehrere Wirbelkörper von übereinstimmender Bildung mit denen der beiden Stullgarler Skelette, nur ungleich kleiner und durch den Druck der Gebirgsart schief gedrückt, demnach ein jüngeres Thier verrathend; darunter ein Wirbelkörper, des- sen Apophysen, namentlich der Dornfortsatz, die vollkommenste Identität mit denen der Stuttgarter Skelette zeigen, 3) eine Zahl von 10 massigen Hautschildern von ganz glei- cher Bildung, wie die beiden Eser'schen, namentlich mit den kantigen Querleisten, und 4) mehrere Extremitäten - Knochen, welche, obgleich von weit geringeren Dimensionen, doch bezüglich der Formen auf die der Stuttgarter Exemplare zurückzuführen sind. Ausserdem Hessen sich 5) mehrere, in den grösseren Sleinbrocken eingeschlos- sene, fragmentarische Stücke vom Schädel erkennen, deren gänz- liche Herausarbeitung aus der Gebirgsart jedoch nicht gelang, weil die Härte der compakten Rinde eines sandigen Rotheisen- steins,* welcher die sämmtlichen Knochenreste der v. Hügel'- schen Sendung unmittelbar umschliessl, bei diesen Schädel- • Diese, die Knoclienreste unmittelbar umschliesseiide, Rinde von Rotheisenstein, welche nach Massgabe der Grösse der Knochen an Dicke zunimmt, und somit eine Rinde über das Fossil von 0,1 Linie bis 1 und mehrere Zolle (bei massigen Knochen) bildet, abwärts vom Fossil 27* - 408 - fragmenten am massigsten auftritt und allzufest in deren Ver- tiefungen und Höhlungen haftet, — das Wagniss einer Ablösung der Gebirgsart, ohne die Existenz fremden P]igenthums auf das Spiel zu setzen, nicht räthlich erscheinen Hess; um so weniger, als diese Fragmente doch nicht hinreichen, um die Schädelform auch nur annähernd daraus zu erkennen. Doch konnten meh- rere derselben insoweit blos gelegt werden, dass eine Ueber- einstimmung in der Configuration der Aussenfläche dieser Schä- delknochentheile bezüglich ihrer Gruben und Wülste mit der Con- figuration der oberen Fläche der erwähnten Hautschilder nach- zuweisen ist; eine Uebereinstimmung, welche die Ansicht recht- fertigt, dass diese Schädeltheile und diese Hautschilder einer und derselben Thierspecies angehört haben werden. * in die (weisse) Gebirgsart, den Sandstein oder Steiumergel, ziemlich rasch verlauft und häufig auch rundlichte Knauern im Sandstein, mit oder ohne organische Reste als Kern, bildet, ist eine der Gruppe des kieslichten Keupersaudsteins eigenthümliche, bei allen Knochenresten in derselben wiederkehrende Erscheinung; das Löwensteiner Gestein scheint daher dieser Keupergruppe anzugehören, worauf auch das feinere Korn dieses Sandsteins deutet. *^ Diese Uebereinstimmung in der Configuration dieser Unebenheiten zeigt sich bei den Labyrinthodonten jedenfalls auf der Oberfläche des Schädels, der Schulterblätter und des Brustbeins von Mastodonsaurus Jägeri in auffallender Weise, und ebenso auch bei Capitosaurus robustus, obgleich die in den ^Beitr. z. Pal. W.'^ auf Sternum und Scapula ge- deuteten Knochenplatten des Mastodonsaurus Jägeri H. v. M. von Gaildorf in der Schrift „die Mastodonsaurier sind Batrachier'^ von Prof. Dr. Qucnstedt, Tübingen 1850, zu den Integumenten zu ziehen versucht wird, — eine Ansicht, deren Unhaltbarkeit gleich nachher gezeigt wer- den soll. Aber auch die Hautschilder der Labyrinthodonten, {Capitosaums und Metopias aus dem feinkörnigen Keupersandstein, da von Mastodon- saurus ans der Lettenkohle noch keine Hautschilder beigebracht sind) lassen sich ohne Zweifel mittelst dieser Configuration von einander un- terscheiden. Die Art der Configuration der Schädelknochenoberfläche ist nämlich bei Metopias diagnosticus H. v. M, (Beitr. z. Pal. Wiirtt. Taf, X. f. 1. cf. Taf. VHL f. 1. 2. 6.) eine ganz andere, (die Gruben bienenzellenartig gehäuft, die von ihnen auslaufenden Wülste geradlinicht und fast parallel) als bei Capitosaurus robustus H. v. M. a. 0. Taf,. IX. f. 1 . 2. cf. Taf. XIH. f. 4. 5. 8. 9. 10. 11. (die Gruben unregelmässig in Grösse und Aneinander- — 409 - Die allerwichtigsic, die Idenlität des v. Hügel'schen Fossils als eines dritten (jüngeren) Exemplars von Belodon be- weisende Wahrnehmung sind aber mehrere, kleine, 2 — 3 Linien hohe, zweikantig-flaehe, zweisehneidige Zahnkronen mit zahnarlig rtMJunig', die von denselben uushiufenden Wülste netzartig mit längli- chen Maschen in einander laufend) und als bei Mastodonsaurus Jägeri H. V. M. a. O. Taf. VI. f. 1. Taf. III. f. 1. Taf. IV. f. 1., (wo die Unre- gelmässigkeit der Gruben und die längliche Form der Maschen , welche die von ersteren unmittelbar auslaufenden Wülste bilden, wie bei Ca- pitosaurm, dagegen der fast parallele weitere Verlauf der Wülste, na- mentlich auf Sternwn Taf. III. f. 1. und ScapuLa Taf. IV. f. 1,, weniger auf dem Schädel Taf. VI. f. I., wie bei Metopias ist.) Nun finden sich aber unter den vielen und mannigfachen Hautschildern aus dem feinkörnigen Keupersandstein bei Stuttgart einestheils solche, welche die Configuration des Metopias -Schädels und anderntheils solche, welche die des Capitosau' rj^s- Schädels wiederholen. Diese U e be r ei n s tim mu n g der Configu- ration bei den in den Beitr. z. Pal. W. Taf VII. Fig. 7-9. Taf. VIII. Fig. 1 — 12 abgebildeten, best überlieferten, Hautknochenschildern, welche sich bei einem Theil derselben mit der Configuration der Schädelknochen- Platten von Capitosaurus und bei einem andern Theil mit derjenigen von Metopias zeigt, ist es nun, was a. a. O. S. 74 erwähnt und als Grund zur Vermuthung benützt wird: „dass hiernach die bezüglichen, im feinkörnigen Keupersandstein vereinzelt vorkommenden, Hautschilder einestheils dem Genus Capitosaurus, anderntheils dem Genus Metopias zu- getheilt werden dürften.^ Dies ist klar genug a. a. 0. ausgesprochen. Es ist daher nicht abzusehen , wie in der Schrift „die Mastodonsaurier sind Batrachier" S. 30 dem a. a. O. Gesagten der Sinn untergelegt wer- den will: „der Verf. scheine die meisten der abgebildeten Schilder für Schilder des Schädels" (soll wohl heissen „Knochenplatten des Schädels oder Schädelknochen'', denn von „Schildern des Schädels'^ kann doch wohl nicht in dem Sinn wie von Integumenten gesprochen wer- den) „deuten zu wollen/' davon steht kein Wort im angef. Text; auch sind die sämmtlichen a. a. 0. abgebildeten Hautschilder keine „Fetzen'', sondern die damals vorgelegenen, best erhaltenen, ganzrandigen Exemplare unter einerMasse fragmentarischer, und der Verf. glaubte damals, wie jetzt noch, auch durchaus keinen wissenschaftlichen Werth darauf legen zu müs- sen, die verschiedenen Formen dieser Schilder näher zu beschreiben oder ihnen vollends besondere Namen zu geben, solange sich über die topogra- phische Stellung derselben auf der Körperoberfläche nichts Bestimmtes sagen lässt. — Anlangend nun die nui^ Sternum und Scapula gedeuteten Knochen- platten der Labyrinthodonten , so wird in der angeführten „Mastodonsau- rus-Schrift'' S. 26. 27 die „rhomboidale Knochenplatte", welche von Ma- - 410 - gekerbten Kanten, welche bei Ausarbeitung der Löwensteiner Fossilien aus dem Gestein bei den Fragmenten der Maxillen- und Schädelknochen isolirt in dem, diesen Knochentheilen an- haftenden, Gestein gefunden wurden, und eine kleine (3 Linien stodonsaurus Jägeri H. v. M. in den »Beitr. z. Pal. Württ.« Taf. IIL Fig. 1 abgebildet und S. 62 auf ein Sternum gedeutet wird, für einen im Nacken sitzenden Hautscliild ausgegeben, und zwar aus dem Grunde: weil eine ähnliche Knochenplatte, welche Goldfuss in den »Beiträgen zur vor- weltlichen Fauna des Steinkohlengebirges« Taf. HI. Fig. 1. 2 bei seinem Archegosaurus medius und minor anführt und zum Apparat des Zungen- beins deutet, »mit seiner oberen Spitze unter das Hinterhaupt- bein eingeschoben sei, demnach in der Nackengegend liegen müsse.« Abgesehen davon, dass diese Uebertragung einer Thatsache (ihre Rich- tigkeit vorausgesetzt) von dem Genus Archegosaurus auf ein ganz ande- res Genus fossiler Thiere aus dem Grunde blosser Formenähnlichkeit immerhin nur in dem Werth einer Hypothese erscheinen kann und noch keinen stricten Beweis liefert, so kann die fragliche Thatsache noch keineswegs diesem Schluss ex analogia als feststehende Prämisse dienen. Vielmehr erhellt aus dem ganzen Context der Goldfuss' sehen Darstellung und den Abbildungen a. a. 0., ja sogar aus der Gold- fuss'sehen Deutung der Knochenplatte auf ein Zungenbein, aufs Evi- dentestegerade die entgegengesetzte Thatsache: dass nämlich die »rhomboidale« Platte nicht auf der Nackenseite der ArcAeö-osaMms-Arten hinter den Halswirbeln, sondern auf der Halsseite vor den letztern liege ; denn es wäre in der That einem so bewährten Anatomen, wie Gold- fuss, zu viel zugemuthet , wenn man ihn eine , auf der Nackenseite des Halses hinter den Halswirbeln liegende Knochenplatte auf ein Zungen- bein deuten lassen wollte! Goldfuss sagt allerdings (S. 8): »mit ihrer vordem Spitze reicht die Knochenplatte unter das Hinterhaupt hinauf«, jedoch nur, um die bei allen seinen Exemplaren übereinstimmende, »so weit vorwärts gerückte Lage« dieser Knochenplatte »vor und unter den Halswirbeln«, (d. h. die in der Medianlinie des Thiers bis über die Höhe der Halswirbel hinaus, oder, nach seiner Ansicht, bis in die hintere Parthie des Eachens herein vorwärts gerückte Stellung) zu bezeichnen und eben damit seine Deutung auf ein Zungenbein zu unterstützen, nicht aber um hiemit die Lage dieser Knochenplatte, ob auf der Rücken- oder Bauchseite des Thiers, anzugeben. Vielmehr giebt Goldfuss diese letz- tere, (auf der Bauchseite) als bestehend an und bestätigt dies noch aus- drücklich in der Anmerkung S. 8 : »dass die mittlere Hinterhauptsparthie in Fig. 1 bei Archegosaurus medius, (welcher in der Abbildung mit der Aussenseite, nicht mit der Innenseite der Schädeldecke zu Tage liegt) habe weggebrochen werden müssen, um die obere Spitze der Knochen- — 411 — hohe) gekrümmt conische Zahnkrone mil dcnllich elliptischem, wenn gleich wenig excenlrischein Qiierdurchschnill , welche den Kern einer oval geformten Kolhciscnsteinknauor von cca. 3 Zoll grösstcm Durchmesser bildete. Diese v. Hügerscheii Fossilien platte sichtbar zu machen* ; diese liegt daher unter der Ilinterluiupts- paithie eines, mit der Oberseite zu Tage liegenden Archegosauru8-Ko])fefi, mithin auf der Hals- und nicht der Nackenseite: wie denn Gold- fuss auch ausdrücklich die Vermuthung ausspricht, dass die bei dem hier abgebildeten Exemplar fehlenden Halswirbel wahrscheinlich in die. »darüber« (über der Knochenplatte in der Geode) »liegende Steinmasse«, d. h. in dem weggebrochenen Gegenstück der Geode eingebettet, also hinter oder auf der Knochenplatte gelegen seien, diese letztere also ihre Lage auf der Halsseite und nicht auf der Nackenseite der Hals- wirbel habe. In Fig. 2 der Goldfuss' sehen Abbildung von Archego- saums minor dagegen , (wovon die Abbildung in der Schrift »die Masto- donsaurier etc.« Taf. HI. Fig. 8 eine Copie zu sein scheint und als- dann mangelhaft copirt wäre,) ist der Schädel von der Innenseite der Schädeldecke dargestellt; hier schiebt sich aber die Pfeil- oder Helle- barten-förmige obere Spitze der Knochenplatte nicht unter die Hin- terhauptsparthie der Schädeldecke, sondern sie lagert auf derselben; überdies tritt die Wirbelsäule unter der Knochenplatte an deren un- terer Spitze hervor, die Knochenplatte liegt also auch liier nicht auf der Nacken- sondern auf der Halsseite des Thicrs. Hiemit fällt aber auch der vermeintliche Grund für die Deutung des »rhomboidalen« Knochen auf einen Nackenschild hinweg, und es bleibt nur die Wahl übrig zwischen der Goldfuss' sehen Deutung auf ein Zungenbein, der B u r m e i s t e r ' sehen auf einen Hautschild der lialsgegend und der auf ein Brustbein. Gegen ein Zungenbein spricht allein schon das Missverhältniss der Grösse dieses ganzen vermeinten Zungenbeinapparats zu der Körpergrösse des Thiers, das selbst in den zungenfertigsten Lacerten und Batrachiern, den Insecten leckenden Spechten, Colibris u. a. Vögeln, ja selbst in den Ameisen- bären der jetzigen Fauna keine Analogie finden würde ; die Anlagenmg der rhomboidalen Knochenplatte in der Medianlinie des Thiers auf oder zwischen den convexen seitlichen Schildern und den davon hervorgehenden '-hmteren Hörnern« würde selbst in dem Fall, wenn letztere wirklich einen Zungenbeinapparat bilden sollten, noch keine Nothwendigkeit mit sich bringen, die rhomboidale Platte nicht für ein Brustbein gelten zu lassen oder zum Zungenbeinapparat zu ziehen; vielmehr möchte der Umstand, den Goldfuss seiner Deutung auf einen Zungenbeinapparat zur Stütze machen will , nämlich die Anwesenheit der Kiemenbögen (d) bei Archego- saurus medius Fig. 1 a. 0., (deren Herbeiziehen S. 26 der »Mastodon- saunis- Schrift« aus dem »Haifischrachen« eines Acanthodea heraus und - 412 - bilden demnach einen höchst wichtigen Beitrag zur Diagnose unseres in Rede stehenden Sauriers und es ist für die Voll- ständigkeit der gegenwärtigen wissenschaftlichen Bearbeitung desselben sehr zu bedauern, dass Raum, Zeit und Geld, diese zu der Halsgegend des kleinen Archegosaurus in die Geode herein einer be- gründeten Wahrscheinlichkeit doch wohl allzn ferne liegt) und zwar gerade die seitliche Verschiebung dieser Kiemenbögen aus der Medianlinie und aus dem Zusammenhang mit dem angeblichen Zungenbeinapparat heraus, — der Deutung der rhomboidalen Knochenplatte auf ein Zungenbein gerade entgegenstehen. Die Burmeister'sche Ansicht wird, — unter Berück- sichtigung des Unistandes , dass bei den Labyrinthodonten die Schädelkno- chen, sowie die übrigen, der Körperoberfläche nahe liegenden, flachen Knochen des Skeletts, wie Stemum, Scapula, vermöge der Configuration ihrer Aussenfläche die gleiche Natur und Bestimmung , wie die Knochenunter- lagen der Hautschilder verrathen, nämhch der Honibedeckung des Kör- pers als Unterlage zu dienen (S. 32 der »Mastodonsaurus - Schrift« »Haut- schilder und Skelettknochen zugleich zu sein«) — mit der Deutung auf Ster- num nahe zusammenfallen. Der Deutung auf ein Brustbein aber stehen nicht nur die mehrfachen Analogieen der Sternalorganisation bei den jetzt- lebenden Lacerten (vgl. Cuvier Oss. foss. V. 2. Taf. XVH. Fig. 33 — 38 und namenthch Fig. 35. 37 die Kreuzform der Knochen a, in welcher auch die Goldfuss' sehen »Seitenhörner« an der oberen Spitze der Arch- egosaurus-Vlsitte ihre Analogie finden) zur Seite, und selbst die »muschel- förmig vertieften Flügel« zu beiden Seiten der Ehombenplatte würden der Stellung der (verknöcherten) Knorpelbogen d g bei Cuvier, (und dann der Knochen e bei Goldfuss dem Coracoidalknochen c' bei Cuvier, wie ihn Goldfuss selbst deutet) ohne Schwierigkeit entsprechen können; sondern auch selbst die Organisation der Sternalparthie bei den Batrachiem (Cu- vier Oss. foss. a. 0. Taf. XXIV. Fig. 31 — 34) bietet Analogieen dar, deren Würdigung dem Bestreben, die Batrachier -'Natur der Labyrinthodonten zu beweisen, nur willkommener erscheinen sollte. Wie dem aber auch sein möge : die bedeutende Grösse und die ganze Form des unpaarigen »Rhomboidalschildes« d. h. dieser starken Kno- chenplatte bei Mastodonsaurus Jägeri H. V. M. mit ihren so sehr ver- längerten Spitzen in der Medianlinie, die also, wenn er ein Nackenschild wäre, gegen den Schädel und den Bücken des Thiers gerichtet wären, bleibt ohne alle Analogie bei der Bedeckung der Nackengegend aller bis jetzt bekannten lebenden und fossilen vierfüssigen Reptilien mit Schup- penpanzern; ein solcher Nackenschild müsste bei der, durch die geringe Höhe der Wirbelkörper involvirten, Kürze des Halses der Labyrinthodonten eine Unbeweglichkeit des Kopfes in jeder Richtung mit sich bringen, die sich nur mit der Natur der, dem tiefen Wasser angehörigen, Fische und \ - 413 - drei wichtigsten Hebel für wissenschaftliche Publicationen . es nicht weiter zulassen, diese weiteren Belegstücke den Abbildungen Ichthyosaurier, nicht abor mit der, dorn soiclitoii Snini)f\vassor oder der trocke- neren Erdoberfläche nnpeliörigen, Lnbyrinthndnnten und selbst mit ihrer >^Batrachiernatur« vereinigen Hesse. Wie sollten sich z. B. mit solcher Steif- heit des Kopfes und Halses bei Mastodonsaurus dessen massige und hohe Dornfortsätze der Halswirbel, die tiefe Rinne auf der Spitze dieser Dorn- fortsätze ffir ^lusculatur und Ijigamente und das weite Loch im Atlas für Aufnahme des Zahnfortsatzes vom Episfrophcm zusammenreimen lassen? Dieselben Gründe gelten auch bei Deutung des paarigen, ebenso massigen a. a. 0. sogen. »Flügelschildes«. Auf S. 29 der »Mastodon- saurier- Schrift« wird nämlich der Deutung dieser »Flügelschildcr« auf eine Scapula (Beitr. z. Pal. W. S. 63. Taf. IV. Fig. 1. 2.) die Ansicht Bur- ra eist er s entgegengesetzt, welcher dieselben bei seinem Trematosaurus zu beiden Seiten neben den »Bhomboidalschild« an die Kehle des Thiers als einen Hautschild versetzt und sich an die Aeste des Unterkiefers anlegen lässt. Solange die Lage solcher Knochen an einem vollständig überliefer- ten Skelett nicht sicher vorliegt, ist der Conjectur immerhin ein weiter Spielraum eröffnet; allein nur diejenige verdient den Vorzug der grössern Wahrscheinlichkeit, welcher die zutreffendsten Analogieen zur Seite stehen. Für die Burmeister'sclie Conjectur findet sich wohl keine Analogie; eine solche Panzerung der Kehlseite des Halses findet sich bei keinem fossilen noch lebenden Reptil. Die in allen bekannten » Flügelschildern «• des wahren Mastodonsaurus von Gaildorf bemerkliche runde Grube oder Pfanne , welche auf eine Articulation hinweist , wird bei der Deutung auf einen Halsschild gänzlich übersehen und die Analogie der Schulterblätter bei Pipa (Cuv. Qss. PI. 24. Fig. 34) redet gerade mit Rücksicht auf jene Pfanne der Deutung der »Flügelschilder« auf Schulterblätter das Wort, Die tiefen »Sculpturen« auf den »Rhomboidal«- und »Flügelschildern« kön- nen bei einem Thiergeschlocht, das so viele Eigenthümlichkeiten der Sau- rier, Batrachier und Chelonier in seinem Knochengerüste vereinigt, keinen auch nur »scheinbaren W^iderspruch« gegen die Deutung der fraglichen Knochen auf Schulterblätter und Stcrnum bringen. Auch diese Burmeister'- schc Deutung der »Flügelschilder« auf Kehlschilder brächte eine TTnbeweg- lichkeit des Kopfes mit sich, gegen welche die Organisation der Hals- wirbel (Beitr. z. Pal. W. Taf. X, Fig. 34.), namentlich die Bildung des Atlas (a. 0. Taf. V. Fig. 4. 5. mit seiner grossen Oeffnung für den Zapfen des Episiropheus) in schroffem Widerspruch steht. W^e sodann S. 30 der »Mastodonsaurus-Schriü« behauptet werden kann, die Taf. VHL Fig. 2 der Beitr. z. Pal. W. »abgebildete Schuppe sei nicht getreu« abgebildet, ohne dass man das Original gesehen hat, möge hier nur beiläufig gefragt werden. Bezüglich der Bemerkung S. 33 der »Ma- ftodonsaurus - SchrifU : dass entschiedene Rippen im feinkörnigen Keuper- — 414 — für gegenwärtige Abhandlung noch beizufügen und als solche zur Kenntniss des wissenschaftlichen Publicums zu bringen , * Sandstein fehlen (eigentlich könnte aus der Unbekanntschaft des Hrn. Verf. mit solchen höchstens die Seltenheit ihres Vorkommens gefolgert werden), diene hier die gelegentliehe Gegenbemerkung: dass seit Er- scheinen der »Beitr. z. Pal. W.« Rippen zahlreich genug aus^ den Lahy- rinthodonten -'Gestern des Fundortes bei Stuttgart gekommen sind, um das in den »Beitr. z.Pal. W.« über Rippen Gesagte zu bestätigen. — Die Taf. III. Fig. 9 der »Mastodonsaurus-Schüit« abgebildeten Gruben aber am Rande eines flachen Knochenfragments sehen keineswegs »Zahn- alveolen« gleich (die bei den LahyHnthodonten überdies gar nicht statt- finden cf. die „Mastodonsaurus-'&c\\Y\ii'' selbst S. 20, wo es ausdrücklich unter Berufung auf Taf. III. Fig. 10 a. 0. heisst: »Daraus folgt schon, dass die Zähne durchaus nicht eingekeilt sind in den Kiefer, son- dern wie bei den Fischen mit den Kiefern aufs innigste verwuch- sen»), und es würde ein, wie es scheint, in eine Schneide zugehender Knochenrand auch wohl schwerlich für die Beherbergung von Zähneu entlang dieses Randes und senkrecht auf einer Flachseite desselben, und selbst nicht von solchen Zähnen, geeignet sein können, die in flachen Gruben auch nur durch Anchylose befestigt wären. ^ Die, wie schon bemerkt, gegen den Wunsch des Verfassers be- schlossene Einreihung der gegenwärtigen Abhandlung in das dritte (me- teorologische), schon i. J. 1853 verfallene Heft des 8ten Jahrgangs der „Jahreshefte'^j obgleich dieses mit seinen meteorologischen Artikeln die normalmässige Zahl von 8 Druckbogen bereits überschreitet, hätte eine allzu monströse Ueberfiillung dieses Heftes mit Druckbogen und Stein- tafeln zur Folge gehabt, so dass schon aus dieser Rücksicht der viel- besprochene „Saurieraufsatz'^ zuletzt auf eine blosse Abfertigung der schon seit 2 Jahren gedruckten 6 Tafeln beschränkt und die vom Verf. beabsichtigte vergleichende Diagnose des Belodon mit den übrigen bis jetzt bekannten fossilen Sauriern mit zweischneidigen Zähnen in Alveoleii, für die Jahreshefte vollends nicht weiter gewünscht wurde. Dazu kommt, dass ebendiese Zurückschiebung des gegenwärtigen Aufsatzes in den Jahr- gang 1852j obgleich dessen 3tes Heft mit seinen meteorologischen Arti- keln seit Sommer 18ö5 gedruckt und zur Ausgabe reif vorliegt, die Folge hatte, dass die Ausgabe dieses Heftes bis daher verzögert und daher desto mehr auf Beschleunigung dieser Bearbeitung des Sauriers gedrungen wurde, was für Gründlichkeit und Vollständigkeit der Arbeit gleich we- nig förderlich sein konnte. Wenn endlich die den» Verfasser früher abver- langten Abtretungen der Sten „meteorologischen" Hefte vom 9., 12. u. 13. Jahrgang und deren Anticipation für umfangreiche anderweitige Artikel, durch welche die normalmässige Zahl von je 8 Bogen dieser Hefte schon - 415 — damil hiediirch wenigstens vollstjindige Keelienschaft von den in Würlleinberg aufgefundenen fossilen Kesten des fragliehen Saurier- genus gegeben würde; die v e r voll s l ä ndi gle Arbeil über an- liegenden Gegenstand nniss daher für anderweitige Publikation vorbehalten und unter diesen Beschränkungen und Heservatio- nen zur Beschreibung der auf den beigegebenen Tafeln abge- bildeten Fossilien nach ihren osteologischen Beschafienheilen im Einzelnen geschritten werden, wobei das, was von ander- weiligen, seit Auffindung der Skelette und seil Ferligung dieser 6 Tafeln gewonnenen, zur Diagnose des Genus Belodon wesent- lichen Stücken wichtig erscheint, nur in Form historischer Er- wähnung ohne Abbildung beizubringen möglich wird. Während der Bearbeitung gegenwärtiger Abhandlung wurde der Verfasser durch ein Schreiben des Hrn. Prof. Hütimever zu Basel beehrt, worin derselbe über einen dem Hrn. Prof. Gressly daselbst gelungenen Fund collossaler fossiler Knochen in den obersten Schichten des Keupers in der Umgegend von Basel Mittheilung zu machen die Güte hatte und die Frage stellte, ob nicht etwa die von ihm in Federzeichnung und Be- schreibung mitgetheilten Knochen-Parthieen mit den entsprechen- aii und für sich bedeutend überschritten wurde, die weitere Folge halten, dass die für diese 3ten Hefte ursprünglich bestimmten meteorolo- gischen Jahresberichte von 6 Jahrgängen , mit Conibination je zweier Jahrgänge (1849 u. 1850. 1851 u. 1852. 1853 u. 1854), statt in 6 Heften, in drei Heften erscheinen und hieniit die Bogenzahl für dieselben gleich- falls weit über 8 steigen, durch alle diese Abweichungen von der ur- sprünglichen Regel aber der Vereinskasse nicht unbeträchtliche ausser- ordentliche Ausgaben erwachsen mussten; so erklärt sich wenigstens die Veikürzung der gegenwärtigen Arbeit um die erwünschten weiteren Tafeln wie um den vom Verfasser ursprünglich beabsichtigten Umfang des Textes, wenn sie sich auch damit nicht re ch tfe rtigt. Es ist daher nicht die Schuld des Verfassers, der sich an die gegenwärtige Arbeit für die Jahreshefte gleichwohl durch sein Versprechen gebunden erachtet, wenn er sich lediglich auf die in den Abbildungen auf den 6 beigege- benen Steintafeln gegebenen Fossilien, demnach auf eine unvoll- ständige Arbeit beschränkt sieht, dagegen die vollständige und um- fassende Bearbeitung des Gegenstandes sich anderweitig vorbehalten muss. Diese Bemerkung glaubt der Verfasser ebensowohl den lesenden Vereins- mitgliedern, wie sich selbst schuldig zu sein. - 416 - den Resten von Belodon identisch seien ? Die so mitgetheilten Basler Knoclienreste sind: ein auf der dreiseitig gebildeten Gelenkfläche 10 Zoll langer, 6 Zoll breiter, 27 Zoll im Umfang haltender Gelenkkopf (auf Femur gedeutet, jedoch wohl eher Tihia); ein 2 Zoll dicker und langer Wirbelkörper (vom Schwanz) ; ^ine 3 Zoll lange Phalanx mit concaver breiterer und halb- kugelförmig convexer schmälerer Gelenkfläche; eine 2te je 2 Zoll hohe und breite Phalanx, und eine 3V2 Zoll lange Nagelphalanx; endlich ein 4 Zoll langer, 2,75 Zoll breiter rhomboidaler Knochenschild mit einer völlig gleichen Figuration der einen Fläche, wie die von Löwenstein erhaltenen Hautschilder. Die vollkommene Identität dieser sämmtlichen Knochenreste mit den hiernach beschriebenen von Belodon war aus der güti- gen Mitlheilung des Hrn. Prof. Rütimeyer unschwer zu erken- nen und er wolle gestatten, von dem Basler Funde als von einem vierten Exemplare von Belodon hier historische Erwähnung zu thnn. II. Geognostisches. Wir lassen der Beschreibung unserer Fossilien eine geogno- stische Skizze des Stuttgarter Thalbeckens vorangehen, um über die Lagerungsverhältnisse der verschiedenen Formationsglieder, aus denen die bisher zusammengebrachten fossilen Belodon -^esie stammen, das nöthige Licht bezüglich der, das Leben der fraglichen Saurier umfassenden, Periode zu verbreiten, in der die betreffenden Glieder der Keuperformalion ihre Ablage- rung gefunden haben , sowie über das Verhältniss der früheren Formationsglieder der Keuperformalion und deren organischen Einschlüsse zu denen der oberen Keupersandsteingruppe , aus welchen die in Rede stehenden fossilen Reste zunächst stammen, Anhaltspunkte zu geben. In der Erweiterung des, von SW — NO in einer Länge von etwa 1 geographischen Meile streichenden Nesenbachthals, welche das Stuttgarter Thalbecken bildet, kommt der Muschelkalk nirgends zu Tage. Erst eine i Meile in nördlicher Richtung von - 417 - Stiiltgarl biUlel derselbe ein aiisgedeluiles Plnleau, auf dessen üsllicher Abdaehung gegen das Neckarlbal hin die zweite Kesi- denzstadl Würllenibergs, Ludwigsburg, zu Anfang des 18len Jahr- hunderts angelegt wurde. Der Muschelkalk dieses Plaleau setzt sich, von Münster unterhalb Cannslatt an auf dein ganzen wei- teren Verlauf des Neckars bis ins baden'sche Gebiet auf beiden Neckarufern fori, das Rinnsal des Flusses ist von Münster an mehr oder weniger tief in die Muschelkalkformation eingeschnit- ten, ihre oberen Glieder stehen mehr oder weniger hoch in den Böschungen der, die beiden Ufer begleitenden Thalwände zu Tage an. Dass aber der Muschelkalk unter die Thalsohle des Stutt- garter Beckens von N her einschiesse, geht aus den, in den 30er Jahren an mehreren Punkten angestellten Bohrversuchen auf Wasser hervor, bei welchen bis auf die obersten Glieder des Muschelkalks abgeteuft wurde. * Die Lettenkohlengruppe erscheint auf der Höhe des Ludwigsburger Plateau, setzt sich in nördlicher Richtung gegen das Neckarthal fort, wo sie in der Thalböschung ansteht, wird bei Koinwestheim , ^ Meile von Stuttgart, diesseits Ludwigsburg, auf den hier sehr mächtigen (bis an 30 — 40 Fuss) Lettenkoh- lensandstein ausgebeutet, welcher zu Wasser- und Hochbauten und selbst zu Bildhauerarbeiten ** verwendet wird. In der Thalsohle von Stuttgart wurde bei Grabung eines Brunnens in der Catharinenstrasse am nördlichen Abhang des Reinsburghügels eine blaue Thonmergelschichte erreicht, welche Fischschuppen von der Streifung des Agassiz'schen Gyrolepis zeigte und für einen Repräsentanten der Lettenkohle gehalten wurde. lieber die organischen Einschlüsse der bei Gaildorf im Ko- * Vgl. Beschreibung des Königreichs Württemberg. 36s Heft. Stadt- directionsbezirk Stuttgart. 1856. S. 12 fg. ** Die Nymphengruppe im Schlossgarten zu Stuttgart, die Amoret- ten-Vase im Hof des Museums der bildenden Künste, die württember- gischen Ahnenbilder in der Stiftskirche daselbst, die Bildhauer -Arbeiten an den Residenzschlössern zu Stuttgart und Ludwigsburg sind von diesem Material. — 418 -- cherlhal für Vitriol und Alaunbereilung ausgebeuteten Letten- kohle und des bei Bibersfeld im Kocherlhal aufgeschlossenen Let- tenkohlensandsteins ist in den Beitr. zur Pal. Württembergs von H. V. Meyer und Prof. Dr. Th. Plieninger. Slutlg. 1844, in „den Sauriern des Muschelkalks", von H. v. Meyer und in den „Jahresheften" 2ter Jahrgang S. 145. 247. vom Verfasser Nachricht gegeben. Die Keuperformation steht in dem Stuttgarter Thal- becken ringsum in den Böschungen der umgebenden Hügel an und ist hier in seltener Vollständigkeit ihrer Formationsglieder entwickelt. 1) In den untersten Abhängen der das Stuttgarter Thal um- gebenden Hügel steht die Gruppe des Keupergyps mit ihren grauen, ins Röthliche abändernden, schieferigen Mergeln an und unterteuft noch von diesen Abhängen her in mehr oder weniger Erstreckung die Thalsohle. Die in derselben gelagerten Gyps- stöcke wurden früher theilweise durch Tagbau ausgebeutet. In dieser ganzen Gruppe fanden sich bis jetzt keine organischen Reste. Der am Fuss des Aspergs, 1 Meile nördlich von Stutt- gart, anstehende und ausgebeutete, Petrefakten- führende Gyps- slock unterlagert die Keupergypsgruppe und ist unstreitig ein Repräsentant der Lettenkohle. 2) lieber der, namentlich an der südöslfichen Hügelreihe bei Stuttgart am Fuss der neuen Weinsteige sehr mächtigen, Keu- pergypsgruppe lagert die Gruppe des feinkörn ige n Keuper- sandsteins (Werkstein, mit Unrecht Schilfsandstein genannt, da die Einschlüsse von Calamiten und Equiseten ihm nicht aus- schliesslich eigen sind); der Uebergang von den schwärzlich- grauen, schieferigen Gypsmergeln in die, den Sandstein unter- teufenden, heller grauen, weiterhin bunten, meist roth und violett abändernden, rhomboidale Ablösung und Zerklüftung zeigenden, Mergel ist nirgends mit Sicherheit nachzuweisen. Diese Mergel- bänke schliessen da und dort Geoden von mehreren Zollen Durch- messer ein, welche mit einer leichten Kruste rhomboidalen Kalk- spaths ausgekleidet sind , auch ist dieser Mergel stellenweise von netzförmigen Ausfüllungen seiner Spaltenräume mit solchem Kalk- spath durchzogen. In höherem Niveau unter den Sandsteinschichten — 419 — zeigt dieser Mergel tla und dort IMlanzennbdrücke von Farreii und Equiselen; er wird in verschiedenen Niveaux von wieder- holten, etliche Zoll mächtigen, in senkrechter Kichtung stark zerklüfteten, harten Steinniergelbänken durchsetzt, welche ab und zu Schnüre von derbem Schwerspath und von Kalk- spalh, jedoch nirgends organische Reste einschliessen. Die Schichten des feinkörnigen Keupersandsteins, welche sich zum Theil an manchen Stellen auskeilen, zeigen sehr verschie- dene Mächtigkeit, oft nur von etlichen Zollen, bis zu 30 und 40 Fuss; sie stehen ringsum im Thal an den Hügelabhängen nahezu in gleichem Niveau an und werden in zahlreichen Tag- bauen auf den „Stuttgarter Werkstein" für Hoch- und Wasser- bau ausgebeutet. Im Hangenden und da, wo er nur geringe Mächtigkeit hat, wird er plattenförmig bis schiefrig; wo er grosse Mächtigkeit zeigt, enthält er in seinen tieferen Niveaux die ge- meine, gelblich -graue Abänderung, in seinen oberen wird er mehr oder weniger stark eisenschüssig und daher roth gefärbt, häufig roth gestreift durch horizontale Einlagerungen von 1 Linie dicken, eisenschüssigen Plättchen in die Masse des gelblich-grauen Sandsteins; stellenweise wird derselbe, besonders in den ober- sten Schichten, durchaus eisenschüssig und dem Thoneisenstein ähnlich; zwischenein d. h. in den mittleren Schichten zeigt er bläuliche , grüne, violette Abänderungen in verschiedenen Schattirungen , die blauen nicht selten von Ausscheidungen erdichter und strahliger Kupferlasur, die grünen von eben sol- chen von Kupfergrün, begleitet. Der gewöhnliche gelblich- graue Sandstein enthält häufig Knauern von Schwefeleisen, das selbst in die Masse der organischen (Pflanzen-) Reste eingeht. Ausser den meist zerstreuten, nur selten in dichterer Zu- sammenhäufung vorkommenden Pflanzenresten : Calcmütes arena- ceus, Equisetum columnare , Pierophyllum Jäger ij macropierunij longifoliumj 'pectinaturrij hrevipenne , Pecopteris stuttgartiensiSj Taeniopteris viitata, Voltzia heuperina und verkohlten oder in Eisenverbindungen versteinerten, Ligniten, welche nicht seilen Spuren von Jahrringen zeigen, enthält der feinkörnige Keu- persandstein in seinen gelbgrauen, seltener in den röthli- — 420 — chen Abänderungen, die der Formation angehörigen Labyrinthodon- ten: Capitosaurus rohustus und Metopias diagnosticus H, v. M.* Ein bei cca. 1^ Fuss langer, ziemlich geradlinichl gestreckter, unterer Maxillenast mit Bruchstellen an beiden Enden , der demnach ei- nen sehr lang- und schmalschnauzigen Saurier verkündigt, und * Beschrieben und abgebildet in den »Beiträgen zur Paläontologie Württembergs S. 6. 21. 73. Es sei erlaubt, hier eine berichtigende Bemerkung im Interesse der Festhaltung einer bestimmten Ter- minologie für die Formations- und Schichtungsglieder der Keuperformation in Württemberg einzuschalten. In der »Mastodonsaurua- Schrift« wird das Vorkommen der dort abgehandelten vorweltlichen Rep- tilien in dem »grünen Keupersandstein« behauptet. Die grüne Ab- änderung des feinkörnigen Keupersandsteins , (deren Farbenton , wie oben bemerkt, von Kupfergrün herrührt, das nicht selten als erdichter und strahliger Malachit ausgeschieden ist,) spielt, wenigstens in der Umge- gend von Stuttgart, woher die bis jetzt in dem feinkörnigen Keuper- sandstein vorkommenden Reptilien quaestionis allein herrühren, eine an Mächtigkeit und Erstreckung nur untergeordnete Rolle unter den Glie- dern dieser Keupergruppe und hat bis jetzt nirgends Knochen- reste geliefert. Das reptilienführeude Gestein sind bis jetzt die bei Stuttgart am mächtigsten auftretenden Bänke des gelbgrauen und des röthlichen feinkörnigen Keupersandsteins, wie dies in den »Beiträgen zur Paläontologie Württembergs« hinlänglich genau angegeben ist. — Auch über eine andere Nichtbeachtung literarischer Vorgänger möge der gelehrte Verfasser der »Masiodonsaums- Schrift« eine Bemerkung gestatten: warum in dieser Schrift, welche doch die 5a^racMer - Natur der fraglichen Rep- tihen der Vorwelt beweisen soll, der die Sauriernatur verkündigende Name Mastodonsaurus für die ganze Sippe gewählt wurde, ist räthselhaft. Richard Owen, welcher lange vor Erscheinen der »Mastodonsaurus- Schrift« die osteologischen Gründe hinlänglich umfassend ins Licht gestellt hat, die für nahe Verwandtschaft dieser merkwürdigen Reptiliengruppe mit der Ordnung der Batrachier geltend gemacht werden können, wählte die dieser Ansicht entsprechendere und jetzt für die ganze Sippe allge- mein recipirte Benennung „Lahyrinthodonten" , welche durchaus keine CoUision mit sich bringt; die Bezeichnungen früherer Autoren können aber ohne überwiegende wissenschaftliche Gründe nicht willkührhch mit andern vertauscht werden. Die assertio in tempore praesenti: »die Ma- stodonsaurier sind Batrachier« und die Bezeichnung des Genus mit dem die Sauriernatur an der Stirne tragenden Namen Mastodonsaurus, als des- sen Species M. giganteus, robusius, cyclotis aufgeführt werden, bildet da- her einen schon dem Titel der Schrift einverleibten mneren Wider- - 421 — in das Königl. Naturaliencabiiiel aus den gelblichgrauen Werk- steinbrüchen auf der „Feuerbacher Haide" bei Sluttgarl schon vor Jahren gekoniFnen ist, wird, nach der ununterbrochenen Reihe von Zahnwurzeldurchschnillen mit kreisrunden bis ovalen Umrissen von cca. 2 — 3 Linien Durchmesser, welche das Zahn- bein besetzen und eine tiefe Einsenkung in anschliessende Al- veolen verrathen. auf einen dem Genus Belodon sich anreihenden Saurier zu deuten sein. Die gelbgrauen Sandsteinbänke enthalten auf ihren unteren Schicht flächen die früher beschriebenen * Fährtenreliefs in regelmässigen Doppelschrilten von einer, von den Hessberger Reliefs sehr abweichenden, jedoch constanten Form, welche sich eher den in Geol. Transact. New series V. 2, pl. 28 abgebildeten Reliefs auf einer Keuperplatle aus England an- nähern. Auf den unteren Schichlflächen der platlenförmigen Ab- änderungen dieses Sandsleins finden sich die früher beschriebenen, zoll -langen, 1 — 2 Linien dicken, köcherförmigen, c^^lindrischen, an dem einen Ende in das Gestein verlaufenden Reliefs , ** welche auf das Product einer, mit Tuhifex antiquus PI. be- zeichneten , Annelide der Vorwelt gedeutet wurden. Auf der unteren Schicht fläche der obersten, platlenförmigen Abänderungen I Spruch. Die Gründe für die Sauriernatur aber und ihr Ueberwiegen über die osteologischen Analogieen der Labyrinthodonten mit den Batrachiem sind in den Beiträgen zur Paläontologie Württembergs und neuerlich in »den Sauriern des Muschelkalks« etc. von H. v. Meyer gründlich und ausführlich entwickelt und bis jetzt nicht widerlegt worden. Osteo- logische Thatsachen allein reichen hier, bei einem fossilen Thierge- schlechte , in dem Analogieen mit Krokodilen und Lacerten , Batrachiern und Cheloniern so sehr gehäuft sind, noch nicht aus, um dasselbe in solch kategorischer Weise der Ordnung der Frösche ausschliesslich zu- zuweisen; physiologische Thatsachen könnten hiefür allein entscheiden. Bis jetzt sind aber noch keine fossilen Labyrinthodonten -Lsir\en aufge- funden worden; der Hr. Verf. der Schrift »die Mastodonsaurier sind etc.t bestreitet selbst a. a. 0. S. 27 die Zugehörigkeit eines Kiemenbogen zu Archegosaurus , welchen Goldfuss diesem der Steinkohle angehörigen Reptiliengenus vindicirt, dessen Beiziehung zur Familie der Labyrintho- donten übrigens noch nicht über allen Zweifel gestellt ist. * Beitr. z. Pal. W. S. 79. ** Jahreshefte des württemb. naturhistor. Vereins, I. Jahrg. S. 159. Beitr. z. Pal. Württ. S. 90. . Württ. naturw. Jahreshefte. 1852. 48 od. Supl.-Hefl. JJb — 422 — finden sich die gleichfalls früher * beschriebenen Anhäufungen gekrümmter, hufeisenförmiger Reliefs, welche auf die Spuren nackter Mollusken in der unterlagernden Mergelschichte gedeutet wurden. Ueber dem feinkörnigen Sandstein folgen Ablagerungen von 20 — 40' Mächtigkeit eines gelbgrauen, dann rothen bis violetten, von grünen und blauen Schichten durchsetzten Thonmergels, welcher in einzelnen Schichten nicht selten Knauern eines com- pakten, feinkörnigen Kotheisensteins, organische Reste jedoch bis jetzt nirgends, aufweist. In den unleren, grauen bis gelben Schichten dieses Mergels findet sich am Abhang der westlichen Hügelreihe des Stuttgarter Thals eine gelbe bis gelbbraune, com- pacte, d. h. nicht, wie die übrigen Keupermergelschichten, im Lager zerklüftete» Mergelschichte von mehreren Fuss Mächtigkeit, welche durch zahlreiche Einschlüsse von Umbraerde ein hübsches, geflamm- tes Ansehen auf den Bruchflächen erhält, stellenweise die Umbra- erde selbst in bauwürdiger Mächtigkeit darbielet und Ausscheidungen rhomboidalen Kalkspaths als Auskleidung zahlreicher Drusenräume und als eine, das Gestein oft netzartig durchsetzende, Ausfüllung von Spalten aufweist. Diese eingelagerte Mergelschichle scheint einem Kohlenlager zu entsprechen, das im 17. Jahrhundert (von 1611 — 1617) in der genannten westlichen Hügelreihe (den Kriegs- bergen) abgebaut und versuchsweise zum Kalkbrennen benützt wurde, jedoch nicht nachhaltige Ausbeute lieferte. ** Spuren dieses Kohlenlagers zeigen sich in einem , zwischen gelben und gelb- grauen Mergeln durch verkohlte Pflanzenreste schwarz anstehenden, blättrig ' schiefrigen Mergelflöz in der Kriegsberghalde. 3) Die diese Mergelgruppe überlagernde Gruppe des kies- ligen (oder unteren weissen) Keuper sands tei ns steht, wie die sie im Liegenden und Hangenden begleitenden Mergel, überall ringsum im Thal zu Tage, erreicht in manchen ihrer * Jahreshefte, VIIL Jahrg. S. 52. ** Neuerdings wurden die verlassenen Stollen dieses Baues durch Grabarbeiten der Weingärtner aufgedeckt, sie verriethen einen ziemlich weit getriebenen Abbau eines 8 Zoll bis 1 Fuss mächtigen Braunkohlen- flözes. — 423 - Schichtenglieder bis an 3 und mehr Fuss Mächtigkeil und wird in diesen, meist durch kiesliges Blndemillel sehr harten Ab- änderungen, sowie in einem petrelaclenführenden harten Slein- mergel (s. u.) unter dem Namen „Fleinsstein" zu Feldgemäuer ausgebeutet. In einigen plaltenförmigen Schichten dieses Sand- steins finden sich auf deren unteren Schlchtflächen gegen grüne, etliche Linien mächtige Mergelzwischenlagerungen die bekannten rhomboedrischen und cubischen Sand- Aftercr^^stalle und, in den grünen Mergelschichten, ähnliche Mergel - Aftercrvstalle. An einer Stelle finden sich in weicheren Abänderungen dieses Sandsteins (weil das kiesliche durch thonig-kalkiges Bindemittel ersetzt ist,) Fischschuppen, welche dem Genus Semionotus anzugehören schei- nen.* In den mächtigeren Abänderungen des kiesligen Keupersand- steins fand der Verf. zahlreiche Ueberreste des Belodon in Frag- menten von Maxillen, Rippen, Haulschildern. Eine ziemlich weit verbreitete Abänderung dieses kiesligen Keupersandsteins geht da und dort in die eben erwähnte, bis 1 V2 Fuss mächtige Schichte eines weisslichen, oft hell-meergrün und hell-violett schattirten, com- pakten, glatt- bis muschlich -brüchigen , harten Steinmergels über, welcher zahlreiche Schuppen, Grälen u. a. kleine Skelet- theile und Zähne von Fischen, ferner den mit Ceratodus concin^ nus PI.** benannten, räthselhaften fossilen Rest eines, von Agassiz den Placoiden beigezählten, Fischgenus und Spuren von Saurier- resten darbietet, die jedoch zu einer sichern Diagnose noch nicht zureichten. Ausserdem enthält dieser Steinmergel stellenweise Anhäufungen von Schalen der mit Possidonomya heuperina PI *** bezeichneten Bivalve, Steinkerne einer anderen Bivalve, welche an Nucula erinnern und — in einer porösen Abänderung dieses Steinmergels — Steinkerne einer kleinen, an Paludina oder Turritella erinnernden Schnecke. Von den auf Ausfüllungen von Gängen einer, mit Arenicola keuperinus PI. bezeichneten, vorwelt- * Vergl. Zeitschr. d. deutschen geol. Gesellschaft. III. S. 403. ** Beitr. z. Pal. 'Württ. S. 85. *** Sie unterscheidet sich von Possidonomya minuta Bronn (Zielen Verst. pl. LIV. Fig. 5) durch bedeutendere Grösse und einen mehr der Kreisform angenäherten ITmriss. 28* - 424 - liehen Annelide gedeuteten Erscheinungen in den plattenförmigen Abänderungen dieses kiesligen Keupersandsteins ist früher schon Nachricht gegeben worden. * In den weicheren Sandsteinschich- ten mit thonig-kalkigem Bindemittel fanden sich auf den unteren Schichtflächen fährtenarlige Reliefs von einer andern Form, als die oben erwähnten in dem feinkörnigen Keupersandstein und die in dem Hessberger Sandstein; auch die in letzterem anfänglich als vegetabilische Reste bezeichneten, netzförmigen Reliefs finden sich zahlreich auf den unteren Schichtflächen unserer Sandslein- schichten und weisen sich hier als nichts Anderes, denn als Ausfüllungen der, in den Mergeln zur Zeit, als sie noch Schlamm waren, durch Austrocknung an der Luft entstandenen Spalten mit dem über sie hergeführten Sandschlamm, aufs Evidenteste aus. Ueber den Sandsteinlagern dieser Gruppe folgen wiederum zahlreiche Wechsellagerungen von rolhbraunen bis violetten und grünen Mergelschichten von je 1 bis 5' Mächtigkeit (die ganze Mergelgruppe erreicht bis an 40 Fuss und noch mehr Mächtig- keit), welche in mehrfacher Wiederholung durchsetzt werden von mehrere Zolle mächtigen Schichten eines compakten, gelb- gräulichen. Schnüre von derbem und cr^^stallisirtem Schwerspath führenden, in senkrechter Richtung stark zerklüfteten Steinmer- gels, der so wenig, als die ganze Mcrgelgruppe, irgend eine Spur von organischen Resten zeigt. 4) Die über dieser Bunlmergelgruppe lagernde Gruppe des grobkörnigen, (oder oberen weissen) Keupersandsteins, auch Stuben- oder Fegsandsteins, steht auf den Höhen der umgebenden Hügel, deren Kuppen sie theilweise bildet, in einer Mächtigkeit von etlichen Füssen bis zu mehreren Klaftern an, ist mehrfach in Steinbrüchen aufgeschlossen und wird in den oft sehr mürben Abänderungen zu Feg- und Mörtelsand, in den härteren und mächtigeren zu Bausteinen für Feld - und Hochge- mäuer ausgebeutet. Dieser Sandslein lässt sich für letzteren Zweck wegen seiner geringeren Härte leicht zu Quadern bear- beiten, ist aber wegen seiner leichteren Verwitterbarkeit weniger * Jahreshefte, Jahrg. III. S. 84. - 425 - geschätzt, als der feinkörnige, theurerc, und wird zu Hnuserban nur in den umliegenden Dörfern angewendet. Dieser Sandslein enthält, im Gegensatz zu dem kiesligen, Tflanzenreste, jedoch nie in einem eine Diagnose zulassenden Zustande, vielmehr stets schwarz verkohlt , nur die verwischten Umrisse lassen ab und zu die Form eines Farrenwedels, oder eines mit Gebirgsart ge- füllten Rohrstammes, oder eines massigen, in Glanzkohle ver- wandelten, dickeren, baumartigen Stammes erkennen; die Glanz- kohle erscheint dabei in scharfkantige , cubische und rhomboed- rische Formen von etlichen Linien bis etlichen Zollen zerklüftet und die Spalten sind netzartig mit Schwerspath oder Kalkspath ausgefüllt, welche beide V^erbindungen auch als Knauern , Schnüre und andere Formen von Ausscheidungen ohne Verbindung mit Organismen in dem Gestein vorkommen. Von Thierresten bot dieser grobkörnige Sandstein bis jetzt die meisten Beiträge zur Diagnose unseres Belodon an Zähnen u. a. Kopflheilen, Rippen, Knochen der Extremitäten und Hautschildern dar. lieber der, aus mehr oder weniger mächtigen, durch tho- nig- sandige Zwischenlagerungen geschiedenen Sandsleinbänken bestehenden, Gruppe des grobkörnigen Keupersandsteins folgen, wie in der sie unterlagernden Keupermergelgruppe, wieder gleiche Wechsellagerungen von roth- bis rothbraunen und violetten (bis an 5 Fuss mächtigen) und grünen (etliche Zolle mächtigen) Thonmergelschichten , nur sind diese Wechsellagerungen weniger regelmässig, als in der unterlagernden Mergelgruppe, d. h. die grünen Schichten durchziehen die Mergelbänke nicht genau hori- zontal und in gleichmässiger Erstreckung , sondern mehr wie Adern, und die oben erwähnten, grauen, barytführenden Stein- mergel fehlen gänzlich. Dagegen wird die Mergelbank von ei- nigen, mehrere Zolle mächtigen, horizontal durchsetzenden, fleisch- rolhen Bänken eines harten , senkrecht zerklüfteten Steinmergels in verschiedenen Niveaux durchzogen, welcher das Ansehen einer, aus au einander gereihten, knauerarligen Brocken zusammenge- setzten, Schichte darbietet, in deren einer das zuerst aufgefundene Saurierskelett des Belodon gebettet war, um das sie eine harte, spröde Umhüllung der Knochen bildet, die dem Herausarbeiten der lezteren bedeutende Schwierigkeiten darbot. Das Binde- - 426 — mittel dieser Sieinmergelbänke scheint kohlensaurer Kalk zu sein, welcher auch in den senkrechten Spalten des bröcklichen Mer- gels, zerstreut und ohne irgend eine Regel des Vorkommens, als Ausscheidung in Form von etliche Linien dicken, nach unten zu sich auskeilenden, rechtwinklicht- viereckigen Plättchen ge- funden wird , die sich stets auf ihren beiden Flächen durch senkrechte, die Oberfläche eines stenglichen Kalkspalhs nach- ahmende, Streifung (wie die der sogen. Slylolithen) und Anflüge von Kotheisenstein , auszeichnen. Die Gesammt- Mächtigkeit dieser, das Ausgehende der Keu- performation bildenden, obersten Bunt - Mergelgruppe * ist an dem Fundort der J5eZonimetrisch gerade Pfeilform (Fig. 12, 13, 13^), bald sichel- förmige Krümmung (Fig. 7, 8, 9, 10), die concentrische Anlage- rung der Dentine (Fig. 7, 9, 15). Die Zahnmasse ist bei sämmtlichen Zähnen von dem ersten Exemplar ebenso, wie die lamina vitrea der übrigen Skelettheile, mehr oder weniger von Sprüngen oder Klüften durchsetzt und diese mit feinerem, eisenschüssigen), rothbraunem Thon der Ge- birgsart durchdrungen, so dass diese Zerklüftungen noch wäh- rend des feuchtweichen Zustandes der Schljunmmasse , welche endlich zum festen Mergel wurde, durch eine Art von Mace- ration in seichtem Wasser und häufigen Wechsel von Trocken- heil (durch Austrocknung des Schlammbettes) und Feuchtig- - 431 - keil (durch neues Herzulreteu des Wassers) enlsl«inden sein nuisslen. * Ganz denselben Typus wie die Zähne beim ersten Kxemplar. d. h. den Typus der Belodon-Tiähne, zeigen auch die ans dem ^rob- * Dieser Wechsel V(.)n Aiistrocknuniren der Sclilnininniasso mi^^ iiouen reberfluthniifion mit seichtem Gewässer geht auch aus dem Vorkommen jener gestreiften Kalkspatlipliittchen (s. o. 8. 4"26) in den senkrechten Zer- klüftungen des Mergels hervor, in welchen die beiden Skelette gebettet waren; man vergl. Jahreshefte l^. Jahrg. S. K)b. 114. Dem in diesem Aufsatz »über Stylolithen« aufgestellten Erklärungsversuch d^r wahrscheinlichen Entstehung dieser Stylolithen, sowie jener Kalkspathblättchen, hat Herr Prof. Quenstedt zu Tübingen in einer Erwiederung, Jahresh. 9. Jahrg. S. 71 fg. eine Polemik entgegengesetzt, die er gestatten wolle, bei hier dargebotener Gelegenheit nicht ganz mit Stillschweigen zu übergehen, wenn auch nur, um etwaigem Missverständniss eines »stillschweigenden Dahinnehmens« des a. 0. Gesagten vorzubeugen. — Den Einwurf gegen die Quenstedt'sche Erklärung der Stylolithenentstehung {Flözgebirge Württembergs S. 583) durch eine hydrostatische Hebung der, den Stylo- lithen aufsitzenden, Muscheln im Schlamm , — dass nämlich bei dieser Er- klärung bloss einseitig die Stylolithen mit aufsitzenden Muscheln be- rücksichtigt seien , ohne dass der Stylolithen , welche keine solche Muscheln aufweisen, bei dieser Erklärungsweise gedacht werde, — glaubt derselbe mit der Erklärung abfertigen zu können: »er habe die« (von ihm so genannten) »unbestimmten Stylolithenformen« (also zunächst nun eben diejenigen, welche keine Muscheln aufweisen) »geflissentlich als Beiwerk behandelt, dessen Erklärung« (durch Muschelhebung wäh- rend keine Muscheln da sind?) »sich dem aufmerksamen Leser von selbst aufdringe, sobald einmal der Hauptpunkt gehoben sei«; und er erhebt sofort ohne Weiteres den »Hauptpunkt« (also eben jene Erklärung durch hydrostatische Hebung der Muscheln im Schlamm) zum Axiom durch die prägnante Assertion: »dass damit der Nagel auf den Kopf getroffen sei.« Der Nagel hat nun aber leider keinen Kopf, wenn die, das »Bei- werk« genannten, unbestimmten oder bestimmten Formen, — die nun eben auch durch Muschelhebung entstanden sein sollen, wenn anders »ihre Erklärung sich dem aufmerksamen Leser von selber aufdrängen soll« — , eben keine aufsitzenden Muscheln haben! Und wenn nun vollends die Kritik, welche jener hydrostatischen Muschelhebung die unumstöss- lichen Gesetze der Hydrostatik entgegenhält, damit aus dem Felde ge- schlagen werden soll, dass sie »abstracte Beflexionen über den Schwer- punkt, welche nichts beweisen« genannt wird; so wird eine solche The- sis wohl an keinem Docenten oder Doctuiienten auf irgend einer »Uni- versität der Wissenschaften« einen Yertheidiger finden; das ist — mit k — 432 -" körnigen Keupersandstein, welcher die die beiden Skelette bergende Buntmergelgruppe unmittelbar unterlagert, von einem nicht weit von der Lagerstätte der Skelette entfernten Fundort erhaltenen, zahlreichen Zähne, wovon die deutlichsten und am besten er- haltenen auf Taf. VIII. weiter abgebildet sind. aller Achtung vor sonstigen Verdiensten sei es gesagt — keine Wider- legung mit Gründen, sowenig, als einstens »der Finger des Pater Joseph eine Brücke« war! — In jenem Stylolithenaufsatz des Verf. wurden unter Anderem auch di6 kleinen Erdpfeiler als analoge Phänomene erwähnt, welche der Verf. im Schwarzwalde nach Regengüssen beobachtet hatte; Hr. Prof. Q. hat darüber zu sagen: Hr. Dr. Fallati habe diese Pfeiler dort schon vor 10 Jahren bemerkt. Gewiss werden noch Andere sie noch weit früher bemerkt haben, denn sie sind eine Erscheinung, die sich Jedem aufdringen muss, wenn er dort nach Regengüssen den Fuss aus dem Hause setzt. Hr. Dr. Fallati wird daher gewiss nicht zürnen, dass er nicht als Auctorität für diese Erscheinung citirt wurde. Ein Anderes ist es freilich mit Wahrnehmungen, die nicht so offen vor Je- dermanns Augen vorliegen ; da ist es wohl verdriesslich, wenn vertrauens- volle Mittheilungen solcher Wahrnehmungen von Anderen sofort utiliter als ihre eigenen Entdeckungen assumirt werden. — Hr. Q. beschwert sich a. 0. S. 73 Anm. auch darüber, dass in jenem Stylolithenaufsatz gele- gentlich auf einen Verstoss in der Diction in einer seiner Abhandlungen mit dem hiefür gebräuchlichen »sie« hingewiesen wurde, nennt dies »lächerliche Rüge« und »Schulmeisterei« und meint, das sei unter Na- turforschern nicht gebräuchlich, beruft sich auch auf die Auctorität Tü- binger Sprachkundiger , die er nicht nennt und die seine Diction gebilligt haben. Wenn es sich blos um Sprachunrichtigkeit handelte, so könnte eine solche Rechthaberei füglich unbesprochen bleiben ; allein sie erstreckt sich auch auf die Sache selbst und gewiss wird Niemand im Zweifel äein, was richtiger ist: »unter der dem Stylolithen aufsitzenden Muschel sei ein »hohler« mit Letten gefüllter Raum,« wie sich Hr. Q. aus- drückte, oder: zwischen der aufsitzenden Muschel und dem Stylolithen befinde sich eine Ausfüllung mit Letten; oder auch: die Höhlung der auf- sitzenden Muschel sei mit Letten ausgefüllt; denn die Unklarheit der erste- ren Redeweise lässt beide Chancen zu, die dem Sinn nach wesentlich verschieden sind. Die Adjective hohl und gefüllt schliessen sich aber jedenfalls gegenseitig aus und können daher dem Substantiv »Raum« nie zugleich beigelegt werden. -Wissenschaftliche Sprachdarstellungen gehören doch wohl, zumal wenn sie vom Katheder ausgehen, schon an und für sich selbst der »Schulmeisterei« an, und die Kritik hat das Recht, wie die Pflicht, solche Verstösse im Interesse der Wissenschaft zu rügen, — 433 — Eine sehr flache, leicht einseilig gekrüinmle, d. h. der Sichelfonn sich annähernde Lanzeltform mit scharfen, vollstän- dig gekerbten Kanten hat die Fig. 24 abgebildete Zahnkrone; sie ist noch über der Basis der Zahnkrone abgebrochen und zeigt auf dem Bruch die schichtenweise abgelagerte Dentine und eine durch Zusammendrückung abgeplattete Markhöhle. Fig. 26 ist eine, nach der Ebene der Kanten gespaltene und ob sie nun von Natur- oder Sprachkundigen begangen werden. Und so ist es in der That sehr bedauerlich, dass eben diese Beschwerde über besagte »Schulmeisterei« , dieser ein abermaliges »sie!« abnöthigt, wenn (Jahreshefte 9. Jahrg. S. 73. Anm.) gesagt wird: »dasselbe« (nämlich jenes »sie«!) »hat mich« (nämlich Hrn. Prof. Q.) »um ihn« (d. h. den Verf. des Stylolithenaufsatzes) »einige Sorge gemacht.« Diese märkisch-branden- burgische Verwechslung des Dativ und Accusaüv der pronomina personaLia stand so im Manuscript und ist kein Druckfehler; allein bis jetzt ist es derselben noch nicht gelungen, sich in der Schriftsprache Geltung zu verschaffen. — Die Regen- und »Auswaschuugstheorie« aber bezüghch der Stylolithen-Entstehung, welche Hr. Q. nunmehr a. a. 0. seiner hydrostatischen Muschel -Hebuugstheorie substituiren zu wollen scheint, bleibe hier unbesprochen , sondern der Zeit überlassen, welche gesunde Früchte zur Reife, die andern zum Abfallen bringt; ein bescheidener Zweifel gegen die »Auswaschung« der Stylolithen lässt sich jedoch nicht ganz unterdrücken: »ausgewaschen« kann nur ein härterer, in seiner Form schon präformirt in dem ursprünglich weicheren , vom Wasser noch mehr erweichbaren und fortführbaren Material eingeschlossener Körper werden ; der auszuwaschende Stylolith konnte daher nicht erst durch das Auswaschen zum Stylolithen geformt worden, sondern er müsste schon geformt vorhanden gewesen sein ; und so sind wir.'durch die »Auswaschung« der Erklärung ihrer Entstehung nicht um einen Schritt näher gerückt. Die schliessliche Appellation endlich von dem »Stuttgarter Feuersee« und den »schwäbischen Froschlachen« au das Weltmeer und die »geheime Werkstätte der Natur,« welche Hr. Q. ausschliesslich »an dessen Küstena verlegt, ist geeignet, eine ungemein heitere Seite darzubieten, wenn man sich des »geschickten Versuches« erinnert, welchen Hr. Q. zu Begrün- dung seiner hydrostatischen Muschelhebungstheorie seiner Zeit alles Ernstes anzustellen in seinem Buche: »Die Flözgebirge Württembergs« S. 58, Zeile 18 und folgende von oben, empfohlen hat, ohne jedoch hiezu eine Reise an die Küsten des Oceans oder Mittelmeeres zur Bedingung zu machen. — Hiemit seien nun aber die Akten über »Stylolithen« ge- schlossen! Sat prata biberunt! — _- 434 — die concenlrische Schichtung der Dentine zeigende, völlig sym- inelrische Lanzettform mit ziemlich gewölblen Seitenflächen. Fig. 19 eine ähnliche , kürzere, mit scharf gekerbten Kanten, welche vermöge der an der Bruchfläche der Basis ersichtlichen, weiten Markhöhle einen noch im Wachslhum begriffenen Zahn verkündigt. Die Figg. 17. 23. 25. 27 zeigen neben einer leicht ange- deuteten sichelförmigen Krümmung eine noch stärker hervor- tretende Wölbung dej Seitenflächen. Fig. 21. 22 sind zwei verhältnissmässig sehr hohe zwei- kantige Zahnformen mit sehr starker Wölbung der Seilenflächen und biosgelegter Ausfüllung (bei a) der Markhöhle mit Gebirgsart, welche bei Fig. 21 bis weit über | der Zahnhöhe gegen die Spitze hinaufreicht. Fig. 25 ist eine leichte Sichelform mit gleich stark gewölbter Seitenfläche, bei welcher die dünne Zahnwand an der Basis schon ursprünglich in die Markhöhle durch den Druck der Gebirgsart eingebrochen erscheint. An diese Formen schliesst sich in Fig. 28 eine, gleich stark gewölbte Seitenflächen darbietende, jedoch weil kürzere Zahnform an , welche mit der einen Kante zu Tage ligt und somit , von der Seite gesehen, die leichte Einbiegung gegen die Seite der Mundhöhle verdeutlicht. Die auf Fig. 29. 30 abgebildeten Zähne sind verhältnissmässig lange, sehr schlanke, fast conische Formen, welche jedoch durch zwei von der Spitze an entlang den Contouren der Abbildung herab- laufende, gegen die Basis hin verschwindende, scharf über die coni- sche Wölbung hervortretende, kantenartige Leisten, durch überein- stimmende Textur und Anlagerung der Denline und Abnahme der Dicke der Zahnwand gegen die Basis, weil sie eine ganz analoge conische Markhöhle einschliesst, eine Uebereinstimmung mit den zweikantigen ßeZoc?on- Zähnen verrathen , beider nur die bis zur conischen Form gesteigerte Wölbung der Seitenflächen zwischen den zwei Kanten den Unterschied bildet. In Fig. 20 ist eine Zahnform dargestellt, welche gewissermassen nur einkantig erscheint; es ist nämlich diese Form eine leicht ge- krümmte, beinahe conische, welche sich gleichwohl an die zweikan- — 435 — ligen BeIodo7i-7Ahne anreilil , indem die eine scliorf hervortretende Kante (entlang des concaven Contours unserer Abbildung) durch eine leicht hervorlrelende kanlennriige Leisle von der Spitze des Zahns herab, die andere Kante an der entgegengesetzten Seile (oder entlang des convexen (^ontours der Abbildung) durch eine leichte Andeutung einer schwach hervorlrelenden , rückenartigen Wölbung, angedeutet ist. Diese sämmtlichen Zahnformen , deren Abbildung hier ge- geben isl, liegen je in mehreren Exemplaren vor, und zeigen in diesen die angegebenen Kennzeichen combinirt mit den ver- schiedensten Grössenverhällnissen und Verhältnissen der Höhen zu den Längen - und Querdurchmessern , so dass schon hiernach durch die grosse Mannigfaltigkeit von Uebergängen dieser Zahn- formen in einander es nicht gerathen erscheinen könnte, der einen oder der andern den Typus einer generischen oder selbst specifischen Verschiedenheit beizulegen. Auch die Wölbungen der beiden flachgewölbten Seilenflächen zwischen den beiden Kau- len zeigen eine grosse Mannigfaltigkeit der Verhältnisse: bald sind die Wölbungen beider einander gleich, bald sehr ungleich, so dass die eine Seitenfläche (wie bei Fig. 19 die entgegengesetzte von der abgebildeten) beinahe zur Ebene wird , während die abgebildete eine ziemlich starke Wölbung zeigt; bei den der conischen Form genäherten (Fig. 29. 30) theilen die beiden, von der Spitze herablaufenden, Leisten die Kegelfläche bald in 2 gleiche, bald in 2 ungleiche Hälften ; bei den flachen, den Ty- pus der Belodon -Form rein darstellenden Zähnen ist manchmal (wie Fig. 24) eine leichte, unsymmetrische, von der Spitze her- ablaufende Vertiefung der einen flachen Seile zu bemerken. Auch der Fig. 16 abgebildete, conische Zahn aus dem weissen Keupersandslein von Aldingen bei Tuttlingen, welchen Freund Es er dem Verf. miltheilte, weist keineswegs einen malhemalisch genau kreisförmigen, sondern einen elliptischen Querdurchschnitt auf, bei welchem die grössere Axe in der Krümmungsebene des Zahns liegt und den Typus zweikantiger oder seitlieh abgeflachter Zahnformen, im Gegensatz zu den rein conischen, wenigstens der Spur nach zu wiederholen scheint, auch fehlt bei ihm die Schmelzrinde grösslentheils und die Spitze; es bleibt daher un- — 436 ~ entschieden , ob er nicht gleich>\'ohl mit einer oder zwei von der Spitze herablaufenden, kantenartigen Leisten versehen gewe- sen und den Fig. 29. 30 abgebildeten Zahnformen beizuzählen sei, an die er sich vermöge der concentrischen Anlagerung der Dentine um eine Markhöhle herum anreiht. Als ein Beweis dafür, dass in der Zahnbildung unseres Sauriers mit zweikantigen Zähnen überhaupt eine grosse Mannig- faltigkeit stattfindet , welche eine Diagnose oder vollends eine Bestimmung von Genus und Species nach einzelnen Zahnformen sehr gewagt erscheinen lässt, ist Fig. 18 ein Zahn von dem Fundort der sämmtlichen übrigen Zähne aus dem weissen Stuben- sandstein bei Stuttgart, von den beiden Flachseiten gesehen, ab- gebildet, welcher sich durch alle Merkmahle: Abflachung von 2 Seiten her, gezähnelte Kerbung der Kanten, conische Mark- höhle, concentrische Ablagerung der Dentine u. s. w. als Belo- don-Zahn ausweist; allein er ist nicht zwei- sondern gewisser- massen dreikantig, indem die eine flache Seite desselben neben einer der beiden gezähnelt - gekerbten Kanten in einen ziemlich scharf zugehenden, von der Spitze an herablaufenden, Rücken sich erhebt (s. d. Abbildung links), dem nur die Zuschärfung zu einer scharfen Kante fehlt , um als eine dritte Kante aufzutreten. Als eine zweite, zunächst an rein conische Zahnformen grenzende Anomalie liegt aus demselben Fundort des grobkör- nigen Keupersandsleins eine hälftig nur im Abdruck überlieferte, über der abgerundeten Kuppe der Zahnmarkhöhle abgebrochene, Zahnbasis vor, deren von oben gesehener Durchschnitt eine Kreisperipherie darstellt, von welcher etwa eine Strecke von 80 Graden durch eine Sehne abgeschnitten ist, so dass der Zahn eine Form zweikantiger Zähne dargeboten haben muss, deren eine Flachseite eine Ebene , die andere aber eine Kegel- fläche mit einer über ^ der ganzen Kegeloberfläche betragenden Wölbung gewesen wäre. — Wollte man nun nach allen diesen bisher erörterten, einzelnen, planconvexen, biconvexen, stark oder schwach convexen^ hohen und schmalen, niedrigen und breiten, gleich oder ungleich convexen, gleich oder ungleich hohen wie breiten, zweikantigen, einkantigen, ovalen, elliptischen u. s. w- Zahnformen sogleich Genera von Sauriern errichten: wie viele - 437 >- neue Genera müsslen in den l'alalogen der fossilen Heplilien die Zahl so mancher andern, bereits darin belindlichen vernieh- ren, von denen bis heute nichts als eine Zahnkrone bekannt ist. Der berühmte Ausspruch des Begründers der vergleichenden Osteologie, G. Cuvier's, in Anwendung auf fossile Vertebrali u : „dass ein einziger Zahn oder Knochen genüge , um Genus und selbst Species eines 1 hiers zu erkennen," wird die Grenze unbe- dingter Geltung schon bei den vorweltlichen Keplilien linden müssen und es dürfte an der Zeil sein, der Aufsicllung neuer Genera und Species nach einzelnen Zähnen, Knochen und Schuppen bis zur Auffindung weiterer Skeleltheile und deren erwiesener Zugehörigkeil zu jenen ein vorsichtiges Ziel zu setzen. Es sind demnach in den bisher erörterten Abbildungen auf's Evidenteste eine Menge gradweiser Uebergänge in den verschie- densten Beziehungen nachgewiesen, welche unter der Menge von Zahnformen aus dem besagten Fundort bei Stuttgart ersichtlich sind, Uebergänge von ganz flachen, verhältnissmässig dünnen, zweischneidigen Formen bis zu völlig conischen , noch mit den beiden Kanten versehenen, indem die Seitenflächen durch all- mählig mehr und mehr hervortretende Wölbung und gleichzei- tiges Zurücktreten der Kanten sich mehr und mehr der coni- schen Form nähern, bis endlich durch gänzliches Verschwinden der einen oder beider scharfen Kanten , an deren Stelle alsdann ein abgerundeter Rücken tritt. Formen erscheinen, welche ent- weder zu ein kantigen werden, oder vermöge der ovalen oder elliptischen Form ihres Querdurchschnilts beurkunden, dass sie das letzte Glied in der Gradation der zweikantigen Belodon- Zähne bilden. Dieser graduell verschiedene einkantige, ovale und elliptische Querdurchschnitt stellt sich auch deutlich in den von oben ge- sehenen Bruchflächen der drei Fangzähne in dem v. Hü gel- schen Fossil, dem Fig. 1 abgebildeten Fragment des rechten untern Maxillenastes heraus, worüber unten ein Näheres. Es ist schon früher* auf einen, bei den Labyrinthodoiiten hervortretenden, geregelten oder conslanten Unterschied in der * Beitr. z. Pal. Württ. S. 66. 67. Würltemb. naturw. Jahreshefte. 165'^. 4s od. Supl.-Heft. !J9 — 438 - Dentition zwischen Backen -, Fang- (oder Eck-) und Schnanzen- (Intermaxillar- oder Schneide -) Zähnen neben der Mannigfaltig- keil unregelmässiger Abweichungen von der allgemein zutreffenden charakteristischen Kegelform dieser LabyrintJiodonten-Z?i\\i\e hin- gewiesen worden. Während die kleinen Zahnreihen in den Ma- xillen, dem Pflugscharbein u. a. im Allgemeinen die conische, gerad- stehende Zahnform darbieten, der gewöhnliche kreisförmige Quer- durchschnitt dieser Zähne dagegen mit verschiedenen , abge- stumpft-dreieckigen (gleichseitigen und ungleichseitigen) wechselt, unterscheiden sich die (gegenüber den kleinen Maxillar- Zäh- nen) colossalen Fangzähne schon durch ihre Grösse, dann durch ihre Stellung in der Umbiegung gegen das Zwischenkieferbein und die S^'mphyse des Unterkiefers und durch ihre leichte Krüm- mung, als Eckzähne, wobei der Typus von regelmässig- coni- schen Zähnen durch stets kreisrunden Querschnitt hier ein con- stantes Merkmal wird*. Die in dem Zvvischenkieferbein dagegen stehende, in der Grösse das Mittel zwischen den Maxillar- oder Backen- und den grossen Eckzähnen haltende Zahnreihe (a. 0. Taf. VII. Fig. 1) zeigt durch constanten, mehr oder weniger excentrisch- elliptischen Querschnitt und leichte Einbiegung in der Richtung des kleineren Querschnitldurchmessers gegen die Mundhöhle eine auffallende Hinneigung zu dem Typus flacher oder abgeflachter „Schneidezähne". Es ist diess ein Unterschied in der Dentition, welcher bei den osleologisch jedenfalls nie- driger stehenden , den Fischen sich annähernden Enaliosauriern meines Wissens bis jetzt nicht zu finden ist **. * Der a. a. O. S. 67 erwähnte Fangzalin von Mastodonsaurus Jägeri H. V. M. mit einer tief einwärts gehenden, von der Spitze zur Basis verlaufenden Wiukelbucht ist eine Abnormität, ein Zwillingszahn, wie denn in dem 3ten a. a. 0. erwähnten Schädel von Mastodonsaurus zwei colossale Fangzähne in einer und derselben Grube so dicht auf einander stehen, dass ihre Basen innerhalb der Grube nothwendig in einander übergreifen müssen. Auch bei dem a. 0. Taf. IX. Fig. 1. c. abgebildeten Capitosaurus- Schädel finden sich zwei solche hart neben einander ste- hende Fangzähnc, welche mit den Basen der Zahnkrone verwachsen sind. '•''•' Doch findet sich ein solcher Unterschied zwischen eigentlichen Schneidezähnen (Incisorcn) und Backenzähnen (Molaren) selbst unter den Fischen der jetzigen Fauna bei dem Genus Sargus und angrenzenden, - 439 — Hallen wir diesen Vorgang bei den Lahyrinthodonten , deren Denlilion an nnd für sich den Typus der Kegelforni lial , fest, so wird einleiichlen, dass bei unseren» Belodon , dessen Dentition den Tvpus der flaelien, zweischneidigen Lanzetl- oder IMeilforni hat, der oben nacligewiesene , allmählige Uebergang von flaelien, zwei- kantigen, selineidenden Zähnen durch Formen mit allmählig immer Ion Zähne dos, von dem V^erfassor in den y,.IalireslM'llen des wtirtt. Ver- eins" Jahr^. III. S, 165 beschriebenen und Üaryodon iomicua benannten, fossilen Fisches entsprechen. Hr. O. - Med. - Rath Dr. v. .1 ä g e r hat (Acta nova acad. caesar. Leop. Car. Vol. 22. P. 2. S. 903) zwai die Mög- lichkeit in's Licht gestellt, dass die fraglichen S eh n ei d e/ ä h n e aus der Grenzbreccie (auf deren Betrachtung er sieh ausschliesslich t»e- schriinkt) auf Paläotherien oder sogar Beutelthier-artige Säugethiere zu- rückgeführt werden könnten und die Deutung ixut' ISaryodoii tornicus, d. h. einen dem Genus Sargus verwandten Fisch als „noch unentschieden" prädicirt. Die Gründe für und wider diese letztere Bestimmung und jene Möglichkeiten vsind, nach den dem Hrn. Verf. vorgelegenen Ma- terialien, ausführlich von ihm erörtert. Für die Deutung auf den Fisch aber sprechen noch jmdere, dem Hrn. Verf. nicht vorgelegene, Gründe und zwar: 1) dass keiner dieser Schneidezähne eine eigentlich geschlossene Zahnwurzel aufweist, (selbst bei dem in den Jahresheften 111 Jahrg. 2s Heft Fig. 10 abgebildeten ist sie nach genauer Untersuchung nicht und jeden- falls nicht wie bei den Säugethieren geschlossen,) vielmehr alle, deren Zahn- wurzel überliefert ist, (und deren ist eine nicht geringe Zahl) eine mehr oder weniger gleichförmig cylindrisch nach unten zugehende, oft quer- über mit einer ebenen Fläche abgeschnittene Zahnwurzel zeigen, ja so- gar mitunter eine Erweiterung des Durchmessers am Rande dieser Quer- fläche und ebendamit eine Aufwachsung auf das Zahnbein verrathen: 2) dass die von dem Hrn. Verf übergangenen , in den Jahresheften a a. 0. S. 166 erwähnten Backenzähne aus der Grenzbreccie, ^ (d. h. Zähne, welche, bei gleicher Beschaffenheit cylindrischer Zahnwurzeln , statt der schaufei förmigenZahnkronen, knopfartig abgerundete, mit gleicher Schmelz- rinde überzogene Zahnkronen aufweisen), — eine Menge Uebeigänge, von den völlig halbkugelförmigen Zahnkronenknöpfen durch eiförmige, unregelniässig - conische, einseitig in eine abgestumpfte Spitze verlän- gerte, oben .«schief abgeflachte Formen bis zu den unsymmetrisch - einsei- tigen, wirklichen Schaufelzähnen (Acta a. O. Fig. 18. 21. 23. 24) nach- weisen, so dass diese stumpfknöpfigen Zähne sich als Backenzähne, wie bei Sargus RondeLetii u. a., den schaufelfurmigen des Saryodon tomi- cus vollkommen genau anreihen. Der Verf. behält sich vor, diese üeber- gänge bei anderer Gelegenheit nachzuweisen. 29* — 440 — stärker hervortretender Wölbung der flachen Seilen hindurch, bis zu conischen Zähnen mit zwei oder auch nur einer leicht an- gedeuteten Leiste von der Spitze zur Basis, ja zu conischen Zähnen mit mehr oder weniger excentrisch - elliptischem oder ovalem Querschnitt, — unter Zugrundlegung der sonstigen durch- gängigen Uebereinstimmung in allen Merkmalen der innern und äussern Zahnbildung und Befestigung, — auf ähnlichem Unter- schiede von Backen- , Fang- und Schneidezähnen beruhen möge. Die gezähnelle Kerbung der Kanten der Belodon-Z?^hne findet sich vorzugsweise bei den flacheren, d.h. auf den Flachseiten minder gewölbten Zahnformen (Fig. 7. 9. 17. 18. 19. 24) und ist daher entweder als eine Eigenlhümlichkeit anzusehen, welche den, nach unserer Ansicht, flacheren Backen - oder Schneidezähnen zukäme, oder eine Folge geringerer Abnützung derselben wäre, oder ist die- selbe, was wohl wahrscheinlicher ist, (und mit der letzteren Alter- native gewissermassen zusammenfiele), ein Kennzeichen der noch nicht vollständig ausgewachsenen Zähne. Diess scheint ebendarin Bestätigung zu erhalten, dass die damit versehenen Belodon-Zähne zumeist eine geringere Höhe im Verhältniss zur Breite haben, (Fig. 19 ist z. B. eine Zahnform einer beinahe vollständig vor- handenen Zahnkrone , bei welcher die Höhe der Breite an der Basis beinahe gleich ist,) als die Zähne mit nicht gekerbten Kan- ten; ferner darin, dass unter den seit Fertigung der Tafeln noch weiter beigebrachten Zahnformen sich sehr kleine (2 — 3 Linien hohe) flache Zahnkronen finden, welche die Kerbung sehr scharf zeigen und schon nach ihrer Kleinheit nichts anderes, als keimende Zähne sein können; die S. 408 erwähnten, bei dem V. Hügel'schen Exemplar gefundenen, kleinen Zahnkronen ge- hören namentlich in diese Zahl. Ueber eine bestimmte Kegel und Ordnung in Zahl und Reihenfolge der, der conischen Form genäherteren, grösseren Fangzähne hei Belodon lässt sich bis jetzt nichts Bestimmtes angeben; die bis jetzt beigebrachten Belegstücke reichen zu sicherer Beantwortung der Frage, ob eine solche stattfinde, noch nicht zu. Doch geht aus den drei mehr der conischen Form genäherten Zähnen in Fig. 1. und den drei Zahnlücken , welche auf gleiche Dimensionen der ihnen angehörigen Zähne schliessen — 441 — lassen, hervor, dass die der conischen Form geniihcrien Belo- ^on- Zähne in der unlern iMaxille gegen die Symphyse hin ste- hen und durch diese Slelhing wie dureii ihre l-orm auf gleiche Weise sich als Analogon von Tangzähnen geltend machen; wäh- rend nnsere his jetzt beigebrachten Keh\gstücke nicht ausreichen, um in dieser Beziehung über die Dentition des Oberkiefers sichere Anhaltspunkte darzubieten. Unter den Lahyrinthodonten scheint die in den Beitr. zur Fal. \V. Taf. VII. Fig. 1 ersicht- liche, symmetrisch angeordnete Zahl von je 3 Fangzähnen auf jeder Seite des Oberkiefers und je eines Fangzahns auf jeder Seite von der Symph;\'se des Unterkiefers wenigstens bei Masto- donsaurus Jägeri aus der Letlenkohle eine Norm zu bilden ; doch finden sich bei den übrigen daher erhaltenen Schädeln auch be- deutende Abweichungen, sowohl bezüglich der Zahl als der Stellung derselben. Diess scheint mit einer, durch Zufälle be- dingten, Bildung von Ersatzzähnen zusammenzuhängen, und solche Zufälle werden auch bei anderen Sauriergeschlechtern ihre Rolle gespielt haben, besonders bei solchen, welche — wie Belodon und die Lahyrinthodonten — weder (wie letztere) eine feste Einkeilung der Zähne, noch (wie erstere) so festen Bau der- selben verralhen, wie diess bei den Crocodilen der Jetztzeit der Fall ist (cf. S. 456). 2) Die Insertion der Zähne. Vergleichen wir das in den Beitr. z. Pal. Würlt. S. 103 beschriebene und Taf. XII. Fig. 21. 22 abgebildete Fragment der oberen Maxille von Belodon, so zeigt der glückliche Quer- durchschnitt Fig. 21 des Zahns in der Richtung seiner Axe von der Spitze zur Basis und der ganzen Maxille aufs Deutlichste die Einsenkung des Zahns zu i seiner Gesammthöhe in eine wirkliche, tiefe Alveole, welche in einer Rinne sitzt. Der zweite fast parallele Querbruch des Maxillenfragments auf der entgegen- gesetzten Seite Fig. 22, etwa 2" von dem ersteren (Fig. 21) entfernt, hat einen cylindrisch - conischen Steinkern hegf zu Tage gelegt, welcher die Ausfüllung einer solchen Alveole, nach- dem der ihr angehörige ^ahn ausgegangen war, mit der Ge- birgsart ist. Diese Alveole ist, wie in Fig. 21, gebildet: durch - 442 — die beiden zur Rinne eingesenkten Fallen des Kieferbeins (ak, fl Fig. 21., fd, ahe Fig. 22.) und eine von diesen aus die tiefe, cylindrisch-sarkartige Einsenkung bildende Knochenlamelle cgd Fig. 22., kb Fig. 21. Aus dieser Anordnung scheint hervorzugehen, dass der — nach allen Kennzeichen zu schliessen — ausgewachsene Zahn Fig. 21 eine geschlossene Wurzel erhält, welche die conische Markhöhle bei b abschliessl; während die im Wachslhum begriffenen Zähne immerhin eine für das ernährende Zellenmark noch offene Wurzel haben werden. Die Zahnbasis, oder vielmehr Zahnwurzel, d. h. der in der (c^'lindrischen) Alveole steckende Theil des Zahns nähert sich schon in der Basis der Zahnkrone ausserhalb der Alveole der Cylinderform und gehl endlich in dieselbe über, wie diess a. 0. in Fig. 18 und auf Taf. XI. Fig. 12 aus der Keihe von 10 kreis- runden Querbrüchen von Alveolen eines Stücks der oberen Ma- xille ersichllich ist, in denen theilweise die dünne, röhrenförmige Zahnwand der Zahnbasis noch steckt. Von diesen letzteren ist es dem Verfasser seitdem gelungen, durch Entfernung der Ge- birgsart einen Zahn aufzudecken und er erschien als eine noch nicht vollständig entwickelte, zweikanlig-conische Zahnform. Die- ses nämliche Verhalten ist ersichtlich an den, dem ersten Belodon- Skelett angehörigen Zähnen: auf unserer Taf. VIII. Fig. 7 zeigl der durch die Gebirgsart in ziemlichem Grade zusammengedrückte Belodon-7j^\\n deutlich genug die Cylinderform an der Basis der Zahnkrone, sowohl im Durchschnitt der mit Gebirgsart ge- füllten Markhöhle, als auch der sie umschliessenden Zahnwand, und dasselbe trifft bei allen übrigen mehr oder weniger voll- ständig überlieferten unter den 13 Zähnen des ersten Skelett- Exemplars zu, welche bis zur Basis der Zahnkrone überliefert sind. Ebendiess Merkmal kehrt wieder bei allen isolirten Zahnkronen aus dem grobkörnigen Keupersandstein. welche dem Verfasser zu- gekommen sind; es ist deutlich vorhanden bei Fig. 21. 22. 29 unter den abgebildeten; es kehrt wieder bei dem Fig. 31 abge- bildeten Fossil aus dem grobkörnigen Keupersandstein von dem- selben Fundort, wie die übrigen isolirten Belodon- Zähne, wel- ches nur auf eine nahezu geschlossene, (in der Abbildung mit der Basis nach oben gerichtete) Zahnwurzel zu deuten ist , von - 443 - welcher die (^unleii in der Abbildung sich anschliessende) Zahn- krone durch Bruch cnifcrnf isl. Vgl. Beilr. z. i'nl. W. Taf. XII. Fig. 28. u. unten S. 451.) Die Gründe für diese Deutung ^ind : der bei a hervortre- tende, von Dentine umschlossene, unregehnässig - c^lindrische Steinkern der Gebirgsarl, welcher nach beiden Seiten hin ab- gerundet ist, die auf die eine dieser Abrundungen (in der Figur oben) bis über die Mitte derselben übergreifende Auflagerung einer schwachen Kinde von Denline, welche auf der Cvlinder- fläche (links in der Figur), zunehmend an Dicke, sich gegen die untere Abrundung des Sleinkerns herabzieht und noch etwas ober- halb dieser Abrundung abgebrochen ist, während die gegen die andere Seite des cylindrischen Steinkerns (rechts in der Figur) nur in einer sehr dünnen Schichte auflagert und in dem Innern der Ge- birgsarl, auf der das Ganze auflagert, beinahe zu obliteriren scheint. Diese Deutung erhält weitere Bestätigung durch die in unserer Taf. VIII. Fig. 3. 4 ersichllichen c;ylindrischen Steinkerne bei bb, welche ebensoviele c^'lindrische, mit Gebirgsart ausgefüllte Zahn- wurzelhöhlungen oder Alveolen in den Maxillen darstellen, zu deren näherer Beschreibung wir übergehen. In einer derselben a ist näm- lich ein King von Dentine überliefert, welcher einen kleineren Stein- kern von Gebirgsart umschliesst. Dieser Steinkern isl nun eben die mit Sandstein gefüllte Markhöhle des Zahns, wie der in Fig. 31 ersichtliche, von Denline un)schlossene Steinkern a, während die Sieinkernebb I'ig. 3. 4. Ausfüllungen der Alveolen selbst sind. Diese Steinkerne tragen, gleich den in den Beitr. z. Pal. W. Taf. XI. Fig, 12 abgebildeten Reihen kreisrunder Durchschnitte solcher Steinkerne, allzu sehr das Gepräge der auffallendsten Gleichheit mit den, Phytosaurus cylindricodon benannten, Steinkernreihen aus dem gleichen Gestein von Kübgarten bei Tübingen an sich, als dass die in den Beilr. z. Pal. W. S. 91 erörterte Zurück- führung des Fossils von Rübgarten (des Genus Phytosaurus mit seinen Arten cylindricodon und cubicodon) auf das Genus Belo- don noch einem begründeten Zweifel unterwoifen werden könnte. In der Schrift „die Mastodonsaurier sind" etc. S. 24 wird zwar gesucht, dieselben auf Mastodonsaurus zurückzuführen und, wie es scheint, ein Moment darein gelegt, dass der Verf. der gegenwärtigen — 4M — Abhandlung früherhin selbst dieser Ansicht gewesen sei, ja sogar (i. J. 1838. S. 537 Bronns' Jahrb.) sich zu der Jäger'schen Deutung der cylindrischen Steinkerne von Rübgarten auf wirkliche Zähne hingeneigt habe. Diess Letztere ist vollkommen richtig, jene mehr cylindrischen Zahnformen im feinkörnigen Keupersandslein (besonders bei Zahnbrüchen schief durch die Axe) mit oben ab- gerundeten Kuppen gaben anfänglich hiezu die Veranlassung. Allein die Phytosaiirus - Sleinkerne für „AI veolen"- Ausfüllun- gen durch die Gebirgsarl in Mastodonsaurus - oder Capitosaurus- oder Metopias -Kiefern ausgeben zu wollen, fiel dem Verf. nie- mals ein, aus dem einfachen Grunde, weil bei den Lahyrintho- donten keine eigentlichen Alveolen statlfinden. Jene frü- here Vermuthung aber, „dass die P%iosawrws - Cylinder mög- licher Weise einer dem Genus Mastodonsaurus verwandten Gattung angehört haben mögen," wurde S. 105 der „Beitr. z. Pal. W^." in bestimmtester Weise zurückgerufen.* Die Einwürfe jedoch gegen die Zurückführung von Phytosaurus auf Belodon auf S. 24 der „ilfasfoc?onsaimer- Schrift" werden ebenso, wie die dort aufgeführten Gründe für Zurückführung von Phytosaurus auf Mastodonsaurus, jetzt von selbst beseitigt er- scheinen (vgl. unten S. 457.), da 1) nun evident erhoben ist, dass die zweischneidigen 5eZo- c?on-Zähne cylindrische Zahnwurzeln und Alveolen haben; wäh- rend die Labyrinthodonten keine Alveolen haben ; 2) bewiesen ist, (s. d. folg. Abschnitt „Maxillen") dass in den beigebrachten Maxillen von Belodon mit überlieferter Knochen- masse die Ausfüllungen zahnloser Alveolen mit der Gebirgsart cylinderförmige, in die wirkliche Maxille eingesenkte Stein- * Die in den Beitr, z. P. W. S. 91 fg. durchgeführte Aufstellung, »dass die Phytosaurus - Steiiikeme nichts als Ausfüllungen von zahnleeren Alveolenreihen von Belodon seien« , wurde Hrn. Prof. Dr. Quenstedt geraume Zeit vor Herausgabe seiner »Flözgebirge Württembergs« und zwar auf Grund des ihm vorgezeigten Maxillenstücks (Beitr. Taf. XI. Fig. 12. Vgl. ibid. S. 102. Anm. 24) von dem Verfasser in Stuttgart persönlich mitgetheilt. Wenn er daher a. 0. behauptet, »das frag- liche Maxillenstück nicht gesehen« zu haben, so hat er hlos die Erinne- rung daran aus dem Gedächtniss verloren. - 445 — kerne, denen des soji;. Phi/toRourits ciiVmdricodon ganz gleich, darstellen, während neben nnd zwischen denselben wirkliche zweischneidige Belodon - 7/i\\\wQ aus derselben Maxille sich er- heben; (Taf. VIII. Fig. 1, 3. 4, cf. S. 442, 452, 453.): 3) anzuerkennen ist , dass die veräslelten Ausfüllungen innerer Gänge (für (iefässe, Nerven elc.) in den iMaxillen fos- siler Vertcbralen mit (iebirgsarl wohl bei allen Sauriern vor- kommen werden und keine generischc Kigenlhümlichkoit der La- hyrinthodontcn bilden können ; 4) wenn bedacht wird, dass das Kieferstück Taf. 111. Fig. 14 der ,31astodonsanrier-^c\\x\{V' mit seinen zusammenhängen- den, durch keine (knochen-) leeren Zwischenräume unterschie- denen, halbcylinderförmigen Seinkernen eher gegen die Zurück- führung des Phytosaiirus auf 3Iastodonsaurus - MiiXiWen entschei- den müsste, da das fragliche Maxillenstück a. a. 0. wohl schwer- lich zu einem Lahyrinthodonten gehört (vgl. unten S. 455.); 5) wenn in's Auge gefasst wird, dass die, im Längsbruch einer Maxille von Capitosaurus robustus H. v. M., wodurch die Zahn- reihe nach den Zahnaxen gespalten ist, (a. 0. der „Masiodonsaurus- Schrift" Taf. III. Fig. 6. 7) zwischen den Zähnen erscheinende Gebirgsart (vgl. Beitr. z. Pal. W. Taf. IX. Fig. 2. Taf. XI. Fig. 11 ab.) nur in dieser Bruchebene das Ansehen von Axendurch- schnitten cylindrischer Sleinkerne hat, dagegen von oben gesehen keine C^linderformen darbietet; 6) dass dagegen die „an einzelnen Stellen erscheinenden, sehr regelmässigen kreisförmigen Querschnitte" (die also nur von oben, d. h. vom oberen oder unteren Maxillenrande aus betrachtet, als solche erscheinen) nichts Anderes als Ausfüllungen von Lücken ausgegangener Zähne mit der Gebirgsart sind (cf. Beitr. z. Pal. W. Taf. IX. Fig. 3), die bekanntlich bei den Lahyrinthodonten in den Zahnreihen sehr dicht neben einander in untiefen, nicht anschliessenden Gruben aufgewachsen stehen, welche keine Alveolen genannt werden können. Seltsam klingt vollends auf S. 24 der ,,Masfodonsaurus- Schrifl" der versteckte Protest gegen den „neuen Namen" Be- lodon (nämlich nun anstatt des Jäger'schen Phytosaurus). Eine naturhistorische Benennung, welche falsche Begriffe mit I.:'. — 446 — sich bring!, kann nicht fortbestehen; widersinnig wäre, einen Saurier auch dann noch „Pflanzenfrass -Echse" zu nennen, wenn nun bewiesen ist, dass die stumpfen Cyhnder- Steinkerne, die , w enn sie wirkliche Zähne gewesen wären , allenfalls zum Kauen von vegetabilischer Nahrung dient n konnten, nicht die Zähne des betreffenden Thiers, sondern die Ausfüllung ihrer leeren Alveolen mit Steinmasse, die wahren Zähne des Thiers aber zweischneidige sind und als solche ausschliesslich nur für Fleischnahrung bestimmt sein konnten; — beinahe ebenso, wie wenn man Thiere noch fortwährend „Zitzenzahn- Echsen" nennen will, während man die bestimmte Behauptung aufstellt, dass die fraglichen Thiere keine Echsen, sondern Fr ös che (gewesen) seien! 3) Die M a X i 1 1 e n. Die auf Taf. VIII. Fig. 1. 2. 3. 4 abgebildeten Maxillenfrag- mente gehören, wie oben erwähnt, zu dem v. Hügel' sehen Exemplar aus dem weissen (kiesligen?) Keupersandstein von LöN^enstein; das Fig. 5 abgebildete stammt aus dem kiesligen Keupersandstein ans der Gegend von Stuttgart und ist in der Sammlung des Verf. das zur Diagnose dienlichste Stück aus einer Menge anderer, (schon oben erwähnter) mehr oder weniger un- vollständig überlieferten und undeutlichen Knochenreste an Schä- del - und Maxillenstücken, Wirbeln, Kippen, Knochen der Extre- mitäten bis zu den Krallenphalangen und Haut - Knochenschildern, unter denen die weiter der Abbildung werthen Stücke nun wegen Mangel an weiterem Raum zurückgestellt werden müssen und an der gehörigen Stelle nur historisch erwähnt werden können. Taf. VIII. Fig. 1 ist der rechte Ast eines Unterkiefers von der Symph^'se an in nat. Gr., von der Aussenseite her betrachtet. Auf dieser, der Aussenseite, erweitert sich, von dem mittleren Fangzahn an, der Knochen zusehends und beherbergt da, wo die Auftreibung am stärksten gegen die Spitze hin ist, einen massigen , an seiner Spitze nicht überlieferten Fangzahn mit leichter Krümmung nach rückwärts. Seine Insertion in die Ma- xille, und zwar in eine Alveole mit nicht enge anschliessendem Rande, ist unverkennbar und erscheint als wirkliche Gomphose. — 447 — Von oben gesehen zeig! dieser Zahn in der Mitte seiner Brnch- fläche eine in der Richtung der Mnxille. d. h. von vorne nach hinten 2 Linien lange, 1 IJnie breite, niil feinkörnigem Kolh- eisenslein ausgefüllle Markliöhle, umgeben von concentrisrhen Denlineschichten. Den Ueberzug des Zaiinslummels bildet eine sehr dünne, glatte vSchinelzrinde. Die Durchschnitlsform des Querbruchs sowohl, als auch die ideellen Querdurchschnitle in verschiedenen Niveaux unlerhalb des Bruchs, die sich bei der senkrechten Ansicht auf den Querbruch darbieten, erscheinen als eine Ovallinie, deren spitzeres Ende gegen hinten (von der S[)ilze der Maxille abgekehrt) gerichtet ist, während das der Spitze der Maxille zugekehrte Ende der Querschnitts - Curve als Durch- schnittslinie eines leicht abgerundeten Rückens erscheint , so dass dieser Zahn unter die oben erwähnten, einkanligen Zahn- formen (Fig. 20.) gehört. Die Stellung des Zahns in der Maxille ist eine stark schief nach vorne (der Maxillenspilze zu) und in ge- ringerem Grade schief nach einwärts (der Symph^'se zu) geneigte derZahnaxe. Rückwärts von diesem Zahn schliessen sich, in fast gleichen Entfernungen von ersterem und von einander, zwei mit stark eisenschüssigem Sandstein ausgefüllle Alveolen an, in deren .Aus- füllung keine Spur eines Zabnresles oder Zahnkeimes zu ent- decken ist, wie dies aus der bei a besonders gezeichneten Quer- bruchfläche dieser Maxille erhellt, in welcher die in der Zeich- nung dunkel gehaltene Höhlung die hintere, mit Rotheisenstein angeflogene, innere Wand der ersten, zahnleeren Alveole darstellt, deren Ausfüllungsmasse mit feinkörnigem Rotheisenslein an der entgegengesetzten, dem abgebrochenen Stück von der Symphyse an angehörigen Bruchfläche in unregelmä&sig - c;ylindrischer Hervor- ragung heraustritt und unverkennbar eine Form des Jäger'- schen Phytosaurus ciibicodon - SXeinkerns darbietet. Von dieser ersten (zahnleeren) Alveole an beginnt ein, die ganze Länge des Maxillenfragments nach hintenzu begleitender, Querbruch, durch welchen der unlere Rand der, von hier an zusehends schmäler werdenden Maxille entfernt ist und die mit Rotheisenstein aus- gefüllte Markhöhle der Maxille enlblössl zeig!. Hinter der zweiten zahnleeren Alveole mit starker Ausbauchung ihres äus- seren Randes folgt eine ziemlich starke, grubenarlige Einsenkung ^ 448 — der äusseren Maxillenwand und auf diese ein zweiter, weil klei- nerer Fangzahn , auf diesen wieder eine zahnleere Alveole, nach dieser ein dritter Fangzahn, welcher, nach den Dimensionen der Breite und Dicke in gleicher Höhe über dem Alveolenrand , grös- ser als der zweite, dagegen kleiner als der erste Fangzahn ist, und weiterhin folgen zwei weitere, kleinere Alveolen mit min- der starker Ausbauchung ihres äusseren Randes. Der zweite und dritte Fangzahn, beide mit Querbrüchen, welche die Zahnspitzen entfernt haben, zeigen, von oben gesehen, einen ziemlich ex- centrisch -elliptischen Querdurchschnitt, mit beinahe keilförmiger Zuspitzung an den Endpunkten der grossen Axe, welche in der Richtung der Maxille, also von vorne nach hinten liegt. In bei- den Zahnbrüchen ist, wie bei dem ersten Fangzahn, der Durch- schnitteiner, von feinkörnigem Rotheisenstein ausgefüllten, stark elliptisch - conischen Markhöhle biosgelegt. Die deutlich dem Typus der zweikantigen .Be/oc?on- Zähne genäherte, abgeflacht- conische Form dieser beiden Fangzähne in Verbindung mit der weit geringeren Ausbauchung der äussern Ränder der beiden, hinter dem dritten Fangzahn folgenden, Alveolen deutet auf eine gradweise Zunahme der Abflachung der Zahnformen, je weiter hinten- zu sie in der die Maxille einnehmenden Zahnreihe, stehen (cf. S. 455). Von der Symph^'se an beginnt auf dem überlieferten oberen Rande der Maxille eine doppelte Rinne, deren Zwischenrand sich nahezu bis zum Niveau der Bruchflächen der 3 Fangzähne er- hebt (die Gesichtslinie der Zeichnung ist etwas von oben ge- nommen, um diese Rinnen noch deutlich zu machen). In der innern, ganz glatten und gleichmässig verlaufenden, gegen die fast ebene Innenseite der Maxille stark abwärts geneigten und nur leicht vertieften Rinne ist keine Spur von Insertion von Zäh- nen zu entdecken , eine in gleicher Entfernung von der Maxillen- spitze mit dem zweiten Fangzahn in dieser Rinne bemerkliche, leichte Einsenkung birgt eine ovale, 2 Linien lange, i\ Linien breite, mit Gebirgsart ausgefüllte Röhrenmündung, welche schon nach diesen geringen Dimensionen nicht das Gepräge einer Al- veole trägt, vielmehr als die Mündung eines schief gegen die Maxillenspitze eingesenkten Canals im Knochen für Nerven und Gefässe anzusehen ist. - 449 - Die äussere, die Fangziihiie und die Alveolen^ in ziem- lich gleicinnässig nach hinlenzii abnehmender luilfernunt; von ein- ander bergende, Kinne ^enkl sich von dem Zwischenranil an, der sie von der inneren Kinne Irennl , rasch gegen die Inserlions- linie der Zähne abwärls und bildet hier einen nur schwach ver- lieften , die Alveolen - Mündungen bergenden Absatz bis zu ihrem äusseren Kande , welcher mit seinen Ausbiegungen nach auswärts die äussern Alveolenränder bildet und, von oben gesehen, eine unregelmässige Wellenlinie darstellt. Von diesem Kande ab zeigt die Aussen wand der Maxille Unebenheiten, deren leichte, un- regelmässige Vertiefungen eine Annäherung an die Configuralion der Fig. 33. 34. 35. abgebildeten Knochenschilder verrathen. Die innere, in unserer Abbildung verdeckte Maxillenwand bil- det nahezu eine ebene Fläche, welche sogleich von dem inneren Kande der inneren Zahnbeinrinne an abwärts verläuft. Von eben- diesem Rande an auf etwa 1 Zoll abwärts und von der abgerundeten Maxillenspitze an auf dem ganzen Verlaufe bis zu dem hinleren Querbruch dieses Maxillenstücks rückwärts erscheint auf dieser Wand eine unregelmässige, im Allgemeinen von vorne (der Maxillen- spitze) nach hinten gerichtete, feine Streifung, welche die zu Tage tretende, fibröse Knochentextur der Symphyse anzeigl. Diese gestreifte Parlhie der inneren Maxillenwand endigt sich nach abwärts in einer, von der Querbruchstelle a der Maxille an beginnenden , flachen , nach hintenzu zunehmend vertieften, 1 — 2 Linien breiten, mit dem oberen Maxillenrand parallel ge- henden Kinne , welche gegen den übrigen, glalten Theil der in- neren Maxillenwand durch eine ziemlich geradlinigte , merklich hervortretende Knochenleiste abgegrenzt ist. Der glatte Theil der inneren Maxillenwand ist von einer, kaum 0,5 Linien dicken, Knochenlamelle gebildet, welche sich in dem, unter der ersten zahnleeren Alveole beginnenden, Querbruch endiget , durch den der untere Maxillenrand entfernt ist. Es ist unverkennbar, dass diese innere Maxillenwand auf ihrer ganzen Erstreckung das An- sehen einer anch;>'lotischen Knochenverbindung an sich trägt, und demnach eine sehr weit nach hinten reichende S^ymphyse der beiden unteren Maxillenäste verrälh, wie bei den Gavialen der jetzigen Fauna, demnach auf eine sehr verlängerte Schädelform — 450 — unseres Sauriers mit sehr lange hervortretender, schnabelartiger Schnauze schliessen lässt. In dem unteren Querbruch der Ma- xille, welcher den untern Maxillenrand entfern! hat, ist senk- recht unter der ersten, zahnleeren Alveole eine schwammig-fibröse Knochenlextur innerhalb der Maxillen -Markhöhle blosgelegt; von da an tritt die dünne Knochenlamelle der inneren Maxillenwand in dem untern Randbruch der Maxille mit der äusseren Maxillenwand so nahe zusammen , dass eine kaum 1 Linie dicke Ausfüllung mit rothem , feinkörnigen Thoneisenstein zwischen beiden den freien Höhlenraum der Maxillen -Markhöhle andeutet, was auf einen nach hintenzu an Höhe zunehmenden, keilförmig nach unten zugehenden Rand der Symphysen -Parlhie beider Maxillen- äste schliessen lässt. In dem hinteren Querbruch der Maxille ist die zweite Alveole hinter dem dritten Fangzahn mit ihrer halb- cylindrisch hervortretenden Ausfüllung mit der rothbraun- eisenschüssigen Gebirgsart biosgelegt. Taf. VIII. Fig. 2 stellt ein zweites unteres Maxillenfragment von demselben Fundort bei Löwenstein von seiner leicht concav oder einwärts gebogenen Seite in natürlicher Grösse dar; dasselbe ist auf seinem ganzen Verlauf vollständig überliefert und zeigt eine völlig glatte Oberfläche auf beiden Seilen ohne alle Spur einer Verwachsung oder Symphyse, gehört demnach der hinteren Par- thie eines linken unleren Maxillenastes an. Der obere Maxillen- rand zeigt eine Erhebung des Zahnbeins zu einem, zwei Rinnen scheidenden, abgerundet - wulstförmig hervortretenden Rande, wo- von die eine (auf der Abbildung sichtbare) Rinne schief abwärts gegen die Wand der concav gebogenen Maxillenseite steht und somit einem Absatz oder Wulst dieser Maxillenwand ihre Ent- stehung verdankt , völlig gleichförnn'g und glatt verläuft und keine Spur von Zähnen zeigt. Die andere (in der Abbildung nicht her- vortretende) Rinne bildet einen stark schief abwärts gerichteten Absatz, dessen Rand, wie sich auf der vorderen Bruchfläche am schmalen Ende des Fragments deutlich herausstellt, durch den niedriger stehenden oberen Rand des, durch eine 0,5 Linien dicke Thoneisenstein-Ausfüllung vom Zahnbein getrennten Deckel- beins gebildet wird. In dieser Rinne steht ein deutlich zwei- kantig - conischer , stark nach rückwärts und leicht nach einwärts — 451 - (gegen das Dvckelbein) gebogener Zahn und z^igl eine deutliche Kinkeilung in das genau an die Basis der Zahnkrone an- schliessende Zahnbein. Unverkennbar h'egl hier ein Fragment der unleren linken Maxillenparlhie aus der Gegend hinler der Vereinigung der beiden IMaxillenäsle in der langer» Svn)|)hvse vor, wo die Zahnreihon (cf. Cuv. Oss. foss. V. 2. Taf. IIJ. Fig. 7> in beiden Aeslen (bei den Gavialen) beginnen und die Maxillen- äste ihre Einwärtsbiegung zur Symphyse hin erhalten. Der un- lere Maxillenrand gehl ziemlich scharf keilförmig zu bei etwas convexen Seilenflächen. An beiden Querbruchflächen dieses Stücks tritt die Ausfüllung der iVIaxillen -Markhöhle mit der rothbraim- eisenschüssigen Gebirgsarl zu Tage. Bei Entfernung der dieses Stück unmittelbar umhüllenden Gebirgsart zeigten sich die schon oben erwähnten zwei isolirte, vollkommen zweischneidige Zahn- kronen, welche in diese Gebirgsart gebellet waren, während das Lager einer drillen von der Form wie Fig. 22 (nur sechsfach kleineren) schon auf der Aussenfläche der anhängenden Gebirgs- art vor ihrer Ablösung sichtbar war. Taf. VIII. Fig. 3 ist ein von dem gleichen Fundort bei Lö- wenstein stammendes, drittes Maxillensliick mit seinem Gegen- stück Fig. 4 in nat. Gr., und zwar aus dem Verlauf einer linken oberen Maxille. Der Querbruch links in Fig. 3 ist ein aller auf einer mit rothem Thon überzogenen Kluftfläche des Gesteins; der Querbruch rechts dagegen ist frisch, zeigt ganz dieselbe Bildung wie die Zeichnung Taf. XH. Fig. 21 in den Beitr. z. Pal. Würtl. und verrälh hiemit eine von dem Schädel schon ur- sprünglich abgelöste obere Maxillenparlhie. Nur ist hier, statt des a. 0. in der Richtung seiner Axe gespaltenen Zahns, ein (in der Zeichnung perspeclivisch angedeutetes) halb-cylindrisch ver- tieftes, mit braunem feinem Rotheisenstein angeflogenes, Lager einer Zahnwurzel, oder vielmehr zunächst einer Ausfüllung ihrer Mark- höhle mit Gebirgsart vorhanden, von der auf der Basis noch ein Ueberresl aufliegt, während auf dem seitlichen Bruch»dieses Lagers die Dentine der Zahnwurzel noch in einer dünnen Schichte zu Tage liegt und hiemit ein bestäligendes Seilenslück zu der in Fig. 31 abgebildeten Zahnwurzel und zu dem oben S. 443 über deren Diagnose Gesagten liefert. Das Gegenstück Fig. 4 birgt den die — 452 — Zähne enthaltenden Maxillenrand; der die beiden Gegenstücke 3 und 4 trennende Bruch in der Richtung der Maxillenaxe, den unsere Abbildung gibt, durchsetzt die Maxille schief abwärts von der Innen- seite nach aussen , also in schiefer Kichlung auf die Zahnaxen. Auf dieser Bruchfläche tritt Fig. 3 eine Reihe von 6 Zahn Inser- tionen zu Tage, wovon die 4 mit bb bezeichneten cylindrisch-ellip- tische Ausfüllungen von Alveolen mit der Gebirgsarl darstellen; bei a dagegen erscheint der Durchschnitt eines vollkommen zweikan- tigen Zahns mit einer, einen ovalen Markhöhlendurchschnitt um- schliessenden Dentineschichte. Ein gleicher schiefer Durchschnitt eines zweikantigen, über den Maxillenrand hervorragenden Zahns trat bei der 6ten (in der Abbildung rechts noch von Gebirgsart bedeckten) Zahnstelle hervor, als die Gebirgsart hier entfernt worden war. Ganz dieselbe Aufeinanderfolge von Zahninsertionen , be- ziehungsweise AlveolenausfüUungen mit Gebirgsart und einem über- lieferten Zahn, stellt sich in dem Gegenstück Fig. 4 in den gleich- namig bezeichneten Stellen bb und a dar, wobei nachzutragen ist, dass aus der auflagernden Gebirgsart über dem Zahndurchschnitl a eine vollkommen zweischneidige, schief nach hintenzu in der Ma- xille stehende, vollständig überlieferte Zahnkrone mit etwas stär- ker gewölbter äusserer Flachseile zwischen den beiden Kanten bis zu seiner etwas abgenützten Spitze , (während die der Innen- seite zugekehrte Flachseile weit weniger gewölbt ist, nach dem Typus der Fig. 19. 23 abgebildeten Zahnformen) aus der Ge- birgsart ausgearbeitet werden konnte. Die in den Abbildungen Fig. 3. 4 dunkler gehaltenen Zwischenräume zwischen den Stein- kernen b b unter einander und zwischen diesen und dem Zahn- durchschnitte a, demnach die Zwischenwandungen zwischen den Alveolen, bestehen aus einer porösen Knochenmasse, welche hier im Innern der Maxille an den Zahn a und an die cylindrisch- ovalen, das Lumen der Alveolen wiedergebenden Steinkerne bb ^enau anschliesst, und deren Poren mit dem Thon der Gebirgs- art ausgefüllt sind, welche, mit ihrer grünlich -grauen Farbe zwi- schen den von dem Eisenoxydul der Gebirgsart röthlich gefärbten Knochenzellenwänden, dieser Parthie ein etwas schäckiges An- sehen verleiht. — 453 — Die äussere und die innere Kieferbein- Wand sind in dem Fraguienl überlielerl. In Fig. 3 tritt liinler der im Vordergrunde vorliegenden Kicfcrbeinuand, (weiche der, in den Beitr. z. Fal. VV. Taf. Xll. Fig. 21 in h, Fig. 22 in a b abgebildeten , höheren, äus- seren Kieferbeinwand entspricht) an ihrem links in der Abbildung schief abwärts gehenden Bruch, zwischen ihr und einer ihr paralle- len, dünnen, die Steinkernc^linder begleitenden Knochenlamelle eine dünne (in der Abbildung schlecht gezeichnete) Sieinkernlamelle her- vor, welche eine mit braunem Eisenoxvdul angeflogene, aus grün- lichem Thon bestehende, nach oben in einer stumpfen Kante (nicht in einem Bruch, wie in der Abbildung,) sich endigende Ausfüllung einer Kladung oder Spalte zwischen den beiden ge- nannten Knochenlamellen ist. Es braucht wohl kaum darauf hin- gedeutet zu werden, dass hier eine Wiederholung der, in Fig. 17 — 20 der Taf. VI. der Jäger 'sehen Abbildungen a. a. 0. entlang den Steinkernc^iindern angelagerten, Steinkernlamellen unter und zwischen den in unserem Maxillenfragment vollkommen über- lieferten Knochenparthieen vorliegt. Bei einem weiteren, minder gut erhaltenen Maxillenslück aus dem grobkörnigen Keupersandstein von Stuttgart, einem Stück aus dem linken unteren Maxillenast, ist durch einen schie- fen Querbruch die Zahnkrone eines jungen, noch in der Maxille steckenden, nur mit seiner Spitze aus dem Zahnbein hervorra- genden, schief nach hinten gestellten und nach ebendahin leicht sichelförmig gekrümmten, völlig zweischneidigen Zahnes mit voll- kommen überlieferter Spitze blos gelegt, dessen Markhöhle, mit rothem Thon ausgefüllt, in dem schiefen Querbruch zu Tage liegt. Auch das in den Beitr. z. Pal. Württ. Taf. XI. Fig. 12 ab- gebildete, den oberen, die Zahnreihe bergenden iMaxillenrand und dessen Querbruchfläche darstellende Maxillenslück aus der linken oberen Kinnlade, welches aus dem grobkörnigen Keuper- sandstein von Leonberg kam , Hess bei Entfernung der Gebirgs- art feinen, der Alveole Nro. 7 der Abbildung a. 0. angehörigen, 8 Linien langen, stark rückwärts gekrümmten, deutlich zwei- kantigen Zahn mit stark gewölbten Flachseiten zwischen den 2 Kanten hervortreten, welcher, durch den Bruch der abgelösten Gebirgsart in der Ebene seiner beiden Kanten gespalten, die con- WUrttemb. naturw. Jahreshefte. 1852. 4s od. Supl.-Heft. 30 — 454 — centrisch schichtenweise Ablagerung der Dentine aufweist, die auch in dem in der Abbildung gegebenen, kreisförmigen Quer- bruch der Zahnwurzel deutlich hervortritt. Ein ziemlich fragmentarisches Maxillenstück aus dem kiesli- gen Keupersandstein, welches aus der hinteren, dem Winkelbein genäherten Parthie einer unteren Maxille herzurühren scheint, zeigt zwischen den, durch den Druck der Gebirgsart einander ziemlich genäherten, mehrere Linien dicken Knochenwänden der Maxille eine Ausfüllung mit Gebirgsart , welche durch dünne (cca. 0,5 Linien dicke), einander parallele Querlamellen, die senk- recht auf die Knochenwände der Maxille und etwa 8 bis 10 Linien von einander entfernt stehen, in gleich breite Fächer ab- getheill ist. Der Verlauf dieser Querlamellen in die eine (äussere) Knochenwand, auf der sie senkrecht stehen, ist im Bruch sichtbar und geschieht durch schnelle Zunahme der Dicke dieser Quer- lamellen, deren beide Oberflächen demnach eine Ausbiegung nach entgegengesetzten Seiten hin in die innere Fläche der äussern Knochenwand bilden und die Ecken, welche die Querlamellen mit der Knochenwand machen, stark abrunden. Die Ausfüllung der hiedurch gebildeten Fächer oder Kammern, in welche die Markhöhle zwischen den beiden Knochenwänden, der äussern und der inneren dieses Stücks, abgetheilt erscheint, mit der Ge- birgsart, würde demnach, wenn die Knochenwände entfernt wä- ren, Formen bilden, welche den mit Phytosaurus cuhicodon be- nannten Steinkernen ganz analog sind. Zieht man nun ferner die bei allen Sandsteinen mehr oder weniger auftauchende Er- scheinung zu Ralhe, dass die in dieselben gelagerten, aus Kalk- verbindungen bestehenden organischen Reste, wie Schalen der Schallhiere, Knochenreste, (namentlich dünne Knochenwände) sehr häufig durch Auflösung der Kalksalze weggeführt sind und blos den Steinkern, oder die Ausfüllung innerer Räume des Fos- sils mit der Gebirgsart übrig lassen, und nimmt man hiernach an, dass diese dünnen Zwischenwände aus Knochenmasse eine solche Auflösung in der Art erfahren hätten, dass sie nur an ihren Inserlionsstellen m die Knochenlameile als Rudimente übrig blie* ben; so erklärt sich hieraus auch die Entstehung von Stein- kernen, welche eine Reihe zusammengeflossener, unregelmässig ^ 455 — cylindrischer Formen innerhalb der, wegen ihrer grössern Masse noch überlieferlen, Knochenlamellcn einer Maxille darstellen kön- nen, wie solche auf Taf. VI. Fig. 17—20 der v. Jüger'schen Schrift „über fossile Keplilien etc." und in der „Mastodotisau- n>r-Schrifl" Taf. III. Fig. 14 abgebildet sind, welch letzlcie übrigens zu keinem Lahyrinthodonten gehören werden , (s. o. S. 445. Nro. 4.) da, wie aus der Abbildung hervorzugehen scheint, dieses Stück einer unteren Maxille auf der in der Zeichnung vor- liegenden Seite, sowie auf der entgegengesetzten, nur flachge- wölbte Maxillenwände hat, demnach einer hohen, von beiden Seiten zusammengedrückten Maxille angehört; — während die dem Verf. in grosser Zahl bekannt gewordenen Lahyrinthodonten-^AdiXxW^n keine merklich grössere Höhendimension (zwischen dem Zahn- rand und dem entgegengesetzten) aufweisen, als die Entfernung zwischen der äusseren und inneren Maxillenwand beträgt. Die Abbildung Taf. VIII. Fig. 5 stellt einen, aus dem kies- ligen Keupersandstein in der Nähe von Stuttgart slammenden, rechten untern Maxillenast von der Symphyse an in natürlicher Grösse mit seiner, in der Richtung der Maxillenaxe gehenden, Querbruchfläche dar, welche die ganze Reihe der Zahnwurzeln in ihren Alveolen durchsetzt, so dass hier blos die, den untern Rand der Maxille enthaltende, Hälfte des Maxillenfragments vor liegt und ein Seitenstück zu Fig. 1 darstellt. Gegen die Sym physe erscheinen, in einer niedrigeren Abstufung der Bruchfläche, die Durchschnitte zweier grossen Fangzahnwurzeln von ovaler Form neben einander mit ihren, von concentrisch geschichteter Dentine umschlossenen Markhöhlen; auf diese folgt eine Reihe von 9 kleineren Zahnwurzel - Querbrüchen, alle von mehr oder weniger elliptischer oder Ovallinien -Form der ringförmig um die, mit Gebirgsart ausgefüllte, Markhöhle angelagerten Den- tine; in der 7ten und 8ten scheinen die von Gebirgsart um- schlossenen Dentine -Kerne Zahnkeime von Ersatzzähnen zu sein. Bei dieser Reihe von Zahnwurzeln zeigt sich, je wei- ter nach hinten, eine desto grössere Zunahme an Excentrici- täl dieser elliptischen Durchschnitte und hiemil eine Annä- herung zur flachen zweischneidigen Zahnform schon in der Zahnwurzel, Auch an diesem Maxillenfragment ist eine Besläli- 30* - 456 - gung der oben dargelegten Ansicht von einem wesentlichen Unter- schiede zwischen Eck - oder Fangzähnen und Backenzähnen er- sichtlich in dem bedeutenderen Durchmesser der beiden vordem, der Symph}'se am nächsten stehenden Zahnwurzel - Querbrüchen und der gradweisen Abnahme dieser Durchmesser in dem wei- teren Verlaufe ihrer Reihe nach hintenzu (cf. S.448). Eine bei den 4 letzten Zahnwurzel-Durchschnitten durch einen niedriger stehenden Bruch der äussern Zahnbeinwand enlblössle Steinkern -Leiste ver- räth eine natürliche Höhle oder Spalte im Innern der Maxille. Noch muss eines etwa U Fuss langen Maxillenfragments Erwähnung geschehen, das aus einem harten, ziemlich eisen- schüssigen Mergel der Gruppe des kiesligen Keupersandsteins von Stuttgart herrührt. In diesem findet sich, soweit es aus dem spröden , brüchigen Gestein blosgelegt werden konnte , keine Spur von Zähnen; dagegen erscheint die Maxille in einem Zu- stande von Auflösung oder Trennung in mehrfache, der Länge nach durch zwischenlagernde Gebirgsarl getrennte und bis zu ^ Zoll von einander entfernte Spaltenstücke, Knochen-Lamellen und Streifen und diese gegen einander verschoben, häufig auch der Quere nach zerklüftet, und diese Klüfte mit Gebirgsart ausgefüllt, welche allseitig fest an die Knocbentheile anschliesst und das Entblössen derselben unmöglich macht, — wie wenn die Maxille von innen heraus vor oder nach ihrer Einbettung in den Thonschlamm auseinander getrieben worden wäre. Die Di- mensionen dieses Fossils lassen auf eine nicht unbedeutende Grösse des Thiers schliessen, dem es angehörte, demnach konnte letzteres nicht wohl ein junges Exemplar mit weicherer Knochen- lextur und lockerer Verbindung der einzelnen Knochenparthieen unter einander sein. Vielmehr wird aus diesem Zustande des Fossils der Schluss zu ziehen sein, dass der Knochenbau des Thiers an und für sich kein so fester war, um der Einwirkung zerstörender äusserer Einflüsse grossen Widerstand entgegen- zusetzen. Aus dieser nur wenig festen Verbindung der einzelnen Knochenparthieen des Schädels und der Maxillen durch Suturen, Symphysen j Anchylosen erklären sich auch die bereits in dieser Be- ziehung erwähnten Steinkernlamellen und Steinkernplatten bei — 457 -^ dem Kiibgarliipr Fossil , es erkliirt sich wohl aucli das im näch- slen Abschnill näher enlwickolle, liiiiifi^e Vorkommen vereinzeKer Schädelknochenparlhieen und hiemil vielleichl aiieli das bis jetzt nieht gelungene Auffinden ganzer Seliiidcl. Insbesondere geht auch aus dem oben geschiklerlen Zahnbau und der Insertion der Zähne in die Alveolen, aus der Markhöhle in den Zähnen, der starken iVIarkhöhle in deuMaxillen, dem Dünnerwerden der Zahnuand gegen die Basis, der düiinen, die Markhöhlen einsehliessenden Znhn- wand der Zahnwurzel, in Verbindung mit dem losen Znsammen- hall der Maxillen selbst eine grosse Leichtigkeit des Ausgehens der Zähne hervor, woraus namentlich das oben erwähnte, häu- fige Vorkommen vereinzelter Zähne in den Schichten der oberen Keupergruppen und die, in den bisher beschriebenen Maxillenfrag- menten so häufigen zahnleeren, mit dem derben Sandstein der einsehliessenden Gebirgsart ausgefüllten . cylindrisehen Alveolen, eine entsprechende Erklärung finden. Vergleichen wir die bisher geschilderten Maxillenreste mit den, in der Schrift „lieber fossile Reptilien, welche in Württem- berg aufgefunden worden sind," von Med. Dr. G. Fr. Jäger. Stutig. 1823. Taf. VI. gegebenen, Abbildungen des, mit Phyto- saurus cylindricodon und cubicodon bezeichneten Fossils; so kann die Deutung der in Fig. 3 a. 0. abgebildeten Parthie auf den Ab- druck der Symphysen - Parthie der gavialartig-langgestreckten un- teren Maxille unseres Sauriers, und zwar der oberen oder Zahnseite derselben, auch nicht dem geringsten Zweifel mehr unterliegen. Das seitliche Heraustreten der äusseren Maxillenwand gegen die S|'itze hin. wo noch das hälftig weggebroehene Lager oder der hälftige Abdruck eines, noch in der Maxille befestigt gewesenen, grossen, elliptisch- oder oval-conischen, vielleicht einschneidigen Fangzahns in dem Gestein bei x ersichtlich ist ; die hinter dieser Ausbauchung beginnende Reihe gleichweit von einander entfernter Alveolenausfüllungen, wovon der vollständig überlieferte Theil das Lumen oder die Figur der Alveolen wiedergibt, die abge- brochenen dagegen theilweise auf noch vorhanden gewesene Ueber- reste von Zähnen oder Zahnkeimen sehliessen lassen, die noch in die Alveolenausfüllung gebettet waren, wie namentlich in Nr. 27. die ringförmige Vertiefung das Lager oder der Abdruck der — 458 - dünnen Wand der Zahnbasis eines Keimzahns andeutet, die den inneren Steinkern, d. h. die Ausfüllung der Markböhle des Zahns uraschloss und von der Ausfüllung der Alveole umschlossen war; die in der Medianlinie liegende Steinkernleiste C c c C als Andeu- tung der Verwachsung der langgestreckten Symphyse j die drei Steinplättchen- Leisten b a, eh und bei f in dem hintern Stück A A als Andeutung der Anfügung der zwei Aeste des Deckelbeins unter sich und an das Zahnbein : — alles dies trifft aufs schönste zu , um in dem Fossil von Rübgarten den Abdruck der oberen oder Rachenseite einer Gavialartigen unteren Maxille, (wie sie in Cu- vier Oss. foss. V. 2. pl. III. Fig. 7 abgebildet ist) erkennen zu lassen^ von welchem (Abdruck) theils durch das längere Liegen- bleiben des Fossüs im Steinbruch, theils wahrscheinlich auch durch die Bemühungen der Arbeiter, — welche, sobald sie von dem Werthe dieser Stücke durch die Nachfragen von Tübingen und Stuttgart her Kunde erhielten , beflissen waren , dieselben in ihrem Sinne sorgfältig zu reinigen, — alle etwa noch anklebenden Splitter von Knochenmasse entfernt sind. *) Auch die übrigen Phy- tosaurus - Stücke erhalten ihre ganz natürliche Deutung: die coni- schen Steinkerne Figg. 8. 9. 10. 11. a. 0. sind Ausfüllungen der hoch hinaufreichenden Markhöhlen grosser Fangzähne wie in unseren Abbildungen Taf. Vm. Fig. 21. 22. a. ; die Figg. 12. 13. 14. 15 der Jäger 'sehen Abbildungen sind Lager zwei- und einkantiger Fangzähne im Muttergestein, über dessen grössere Festigkeit un- mittelbar um die Knochen herum oben schon berichtet ist; und selbst deren Markhöhle ist noch durch ihre Ausfüllung in Fig. 12 p. und in Fig. 15 überliefert; die Jag er 'sehen Steinkerne Figg. 17. 18. 19. 20. 21. 22., welche dem Phytosaiirus cubicodon die Entstehung gaben, sind Ausfüllungen grösserer Alveolen wie in unserer Tafel vm. Fig. 1 bei a undBeitr. z. Pal.Württ. Taf. XL Fig. 22; die an die Alveolenausfüllungen sich anlagernden Steinkernplatten und Steinkernlamellen in Fig. 18 — 20 der Jage r'schen Schrift sind Ausfül- lungen natürlicher oder solcher Klaffungen (s. o. S. 4 53. 456., vgl. unsere Abb. Taf. VIII. Fig. 3.), welche ohne Zweifel durch den Fäulnissprocess der weichen Theile, oder durch eine An von Macerationsprocess ') Vgl. Beitr. z. Pal. W. S. 93. Anm. 3. — 459 — der Knochen im Sehlannn schon urspriinglicli zwischen den, das Zalin- und das Deckelbein zusannnensetzenden Knochenlaniellen entstanden waren; die ästigen Steinkernstäbchen Fig. 16 sind Aus- füHungen von Gängen oder Kanälen im Innern der Maxille für Gefässe und Nervenstränge mit ihren Verästelungen, — und, mit ^alle dem erhäh die in den Beitr. z. Pal. Württ. S. 91 (g. unter- nommene Deutung des Rübgartener Fossils und dessen Zurück- führung aut Belodoii eine an Gevvissheit grenzende Bestätigung. 4) Die S c h ä d e 1 k n 0 c h e n. Das Material, welches zum Ersatz der, bei den beiden Stutt- garter Skeletten fehlenden. Köpfe bis jetzt aus anderen Fundorten zusammengebracht wurde, ist nach Zahl und Art der vorliegenden Knochenreste , die mit mehr oder weniger Sicherheit als zu einem Saurierschädel gehörig zu erkennen sind, für eine sichere Diag- nose des Schädelbaues von Belodon noch nicht zureichend. Es finden sich zwar unter den aus dem grobkörnigen und dem kiesligen Keup ersandstein der Umgegend von Stutt- gart beigebrachten Knochenresten mehrere Fragmente, welche auf Schädelknochen gedeutet werden können, allein die sichere Einreihung derselben unter die den Schädel zusammensetzenden Knochenplatten könnte erst bei der Auffindung eines vollständigen Schädels gelingen. Wir begnügen uns daher, nachdem weitere x\bbildungen versagt sind, von denselben hier nur historisch zu berichten, ohne denselben eine bestimmte Deutung zu geben oder sie auf das Genus Belodon mit aller Bestimmtheit zurück- führen zu wollen , da das blosse zerstreute Vorkommen derselben an einem und demselben Fundort mit den bisher erwähnten sicheren ßeWon-Resten ohne ein, die Identität des Individuums verkün- dendes, Zusammenlagern dem Verf. noch nicht genügt, um von ihm hiezu als ein über allen Zweifel wegführender Anhaltspunkt be- nützt zu werden, — wenn gleich auf der anderen Seite bis jetzt auch noch keine Spuren von dem Vorhandensein noch anderer vorweltlichen Reptilien in den betreffenden Formationsgliedern des oberen Keupers und namentlich an dem genannten Fundort bei Stuttgart vorliegen. Aus dem Steinbruch auf grobkörnigem Keupersand- — 460 — stein bei Stuttgart, aus welchem die oben erwähnte Reihe ver- einzelter Belodon- Zähne kam, rührt auch der Taf. VIII, Fig. 6 in V4 natürlicher Grösse abgebildete Knochen her. Er wurde in zwei Steinbrocken überbracht, und es ist sehr wahrscheinlich, dass eine weitere, IV2 ^^^^ lange, 1 — 2 Zoll breite, mehrere Linien dicke, also flache, in zwei auf einander passenden Steinbrocken zumeist nur im Abdruck überlieferte und in den 6 Tafeln noch nicht abgebildete Knochenparthie, welche gleichzeitig mit den vorliegenden Resten von den Arbeitern geliefert wurde, sich an das, links in der Abbildung ersichtliche, Bruchende anschliesse. Hiedurch würde dieser Kno- chen eine Gesammtlänge von gegen 3 Fuss gehabt haben. Die Zeichnung des erstgenannten Knochenstheils wurde aus der in den zwei Steinbrocken überlieferten, äusseren und inneren Oberfläche des hier in dem einen Steinbrocken mit der einen, in dem andern mit der entgegengesetzten Oberfläche zu Tage liegenden Knochen und, wo die Knochenmasse an dem sie schief durchsetzenden Querbruch abgesprengt war, durch Zuhülfenahme des Abdrucks, restituirt. Die rechts in der Zeichnung vorliegende Parthie ist jedoch vollkommen gut überliefert und es konnte die in der Zeichnung wiedergegebene Oberfläche derselben mit ihren unverstümmelten Rändern vollstän- dig aus dem Gestein ausgearbeitet werden. Die Oberfläche, sowohl die in der Zeichnung gegebene, als auch die entgegengesetzte, mit der der Knochen theilweise auf dem Gestein aufliegt, deren Beschaff'enheit jedoch aus dem Ab- druck oder Lager, soweit es durch Absprengen der Knochenmasse aufgedeckt ist , entnommen werden kann , ist völlig glatt , d. h. sie zeigt keine „Configuration'^ mit Gruben und Wülsten, wie solche auf der Aussenfläche der Schädelknochen bei den Labyrinthodonten charakteristisch und auch bei anderen fossilen und lebenden Sau- riern bekannt ist. Auf der in der Abbildung gegebenen Seite zeigt der Knochen eine starke Wölbung, welche in der Mitte seiner Länge, oder vielmehr in der Gegend der breiteren Bucht des sehr ablangen Loches, am meisten hervortritt. Gegen das schmale , in den frischen Bruch ausgehende Ende verläuft der Knochen mehr und mehr eben , so dass die zwei Aeste , welche das Loch bilden und um dasselbe in der Gegend seiner breiteren Bucht in einem stumpfen Flächenwinkel gegen einander stehen, bei ihrem Zu- — 461 - sanimentritt am schmalen Rruclieiulo in Kine Ebene zusammon- fallen. Die Ränder des Lochs sowie die l^änder der beiden Lang- seiten des ganzen FCnochen sind stiimnf abgerundet. An dem voll- ständig überlieferten, breiteren Ende reciits in der Abi)il(lung zeigt sich eine flache Vertiefung der Knochenflächc gegen den wulstfürmig hervortretenden Rand , welcher in einer schief gegen die Längen- axe des Knochen gestellten, einwärts gebogenen Curve die in der Zeichnung vorliegende Fläche begrenzt und unter beinahe rechtem Winkel, an dessen Winkelspitze er sich zu einem abgerundeten Knauf, in dem der Wulst seine grösste Dicke hat , erhebt , sich auf die eine Langseite des Knochen auf IV2 ^^oH Länge herumschwingt, und, nachdem er hier eine V3 eines Kreises bildende Bucht ge- bildet , schnell in die flache 3 — 2 Linien dicke Langseitenflächc verlauft. Von diesem Wulst-Rande aus fällt, unter rechtem Winkel gegen die zunächst angrenzende Parthie der in der Abbildung vor- liegenden Knochenoberfläche, unter etwas schiefem Winkel gegen die Längenaxe des ganzen Knochen (wegen der Wölbung desselben) die rechts besonders herausgezeichnete, dreieckige, unregelmässig Tertiefte Facette ab ; eine ihrer Dreiecksseiten ist durch den Wulst gebildet, in dem die Facette mit der abgebildeten Knochenfläche zusammengrenzt, in den beiden anderen Seiten keilt sich die Fa- cette in scharfen Rändern aus. Auf den ersten Anblick könnte diese Facette als eine Gelenkfläche, jedoch wegen ihrer unregel- mässigen Vertiefungen als eine nicht mit Bewegung verbundene Articulations - Facette erscheinen ; dagegen schliesst die übrige flache Beschaff'enheit dieses Knochenrestes denselben von der Ein- reihung in irgend eine andere Parthie des Knochengerüstes, als die zum Kopfe gehörigen , aus. Denn von dem Wulste an, in dem die Facette mit dem übrigen Verlauf des Knochen zusammen- grenzt , nimmt die Dicke des Letzteren schnell ab und diese Ab- nahme setzt sich gegen das schmalere Ende links allmählig fort, so dass er in diesem Bruch des schmalen Endes nur noch zwei Linien dick und , abgesehen von dem Wulst an seiner Facette, auf seiner ganzen Erstreckung als ein flacher Knochen erscheint. Bei dieser Beschaff*enkeit könnte nun diese Facette etwa als zu der Hinterhaupts -Fläche gehörig, der Facette des Zitzenbeins, oder des Schläfen- und Jochbeins, oder des Flügelbeins entspre- — 462 — chend erscheinen. Da jedoch in dem ganzen Verlauf des vor- liegenden Knochen keine Nähte ausgemittelt werden konnten, so lässt sich nicht entscheiden, ob und welcher der genannten Kno- chenparthieen , nach der aus diesen Nähten sich ergebenden Ver- bindung mit angrenzenden Schädelknochen, der vorliegende Kno- chen zugetheilt werden könnte. Eine, jeder dieser Deutungen ent- gegenstehende Schwierigkeit besteht überdies darin , dass die sehr ablange und schmale Oeffnung in diesem Knochen zwischen den beiden, sich vor der Bruchstelle am schmalen Ende wieder ver- einigenden Aesten der, in der Umgebung der Oeffnung 3 — 5 Li- nien dicken Knochenplatte, nach allen Analogieen bei lebenden wie fossilen Sauriern weder auf ein Ohrloch, noch eine Schläfengrube, noch den Jochbeinbogen, noch auf das vom Zitzenbein und Schei- telbein (welches überdies alsdann paarig sein müsste) umschlossene Loch im Schädelgewölbe, noch auch auf das vom Flügelbein, Quer- und Gaumenbein umschlossene auf der Unterseite des Schädels, passen würde. Dazu kommt auch der Umstand, dass die Langseiten- ränder des vorliegenden Knochen durch ihre glatte Abrundung keine Spur von Anschluss an oder Nahtverbindung mit benach- barten Knochenplatten des Schädels verrathen, und dass die Fa- cette , bei ihrer Concavität , auch nicht der am Schädel haftenden Articulatiou für die untere Maxille entsprechen könnte. Ob daher die, mit einiger Wahrscheinlichkeit sich darbietende, Deutung dieser Facette auf die Gelenkparthie des Unterkiefers und des ganzen Knochen auf die Krön - und Winkelbeinparthie des- selben, trotz des Mangels eines hinteren Fortsatzes vom Gelenk- bein, mehr Wahrscheinlichkeit darbiete, muss vorerst unentschieden bleiben, — obgleich der wahrscheinliche Anschluss des oben er- wähnten weiteren , gegen 1 Vo Fuss langen , 1 — 2 Zoll breiten, auf einen unteren Maxillenrand deutbaren, in 2 Gegenstücken der Gebirgsart gelagerten Knochen an das Bruchende des vorliegenden, diese Deutung unterstützen könnte, — bis die Organisation des Kopfes durch Auffindung eines vollständig überlieferten genauer ausgemittelt sein wird. Aus diesem Grunde möge auch eine weitere Reihe von frag- mentarischen Knochen und Abdrücken von solchen hier übergangen werden, die schon nach ihrer aus den Fragmenten erkennbaren — 463 — Beschaflfeiiheit als flache, tlicilweisc aul einer ihrer beiden Flächen eine Conliguration zeigende, Knochen, zum Schadelgewölbe oder andern Parthieen des Kopfes gehören werden, — da ohnedies nur eine l^eschreibung in Worten ohne Abbildungen von denselben gegeben werden könnte. Nur von einem derselben dürfte ein Näheres anzugeben sein. Derselbe ist ein in 2 Stücken der Gebirgsart vorliegender, flacher Knochen, wovon in dem einen Stück 3 geradlinige, ein Oblongum (unter Zuziehung des Querbruchs) mit abgerundeten Winkclspitzen bildende Ränder gut überliefert sind, in dem zweiten aber ein Bruch, welcher auf den die beiden Stücke trennenden Bruch schief lauft, den einen natürlichen Seitenrand weggenommen hat , so dass nur der andere überlieferte die geradlinige Fortsetzung einer der Lang- seiten des Oblongums bildet. Die Dimensionen sind: Länge des Oblongum in dem einen Stück 5 Zoll, Breite S'A Zoll, Länge des, ein rechtwinkliches Dreieck (mit dem überlieferten Rand als längere Kathete und den beiden, die kürzere Kathete und die Hypotenuse bildenden Bruchrändern) bildenden andern Stücks 6 Zoll (der längeren Kathete); wobei ein weiterer 1 Zoll langer Quer- bruch noch überdiess die von der Hypotenuse und längeren Ka- thete gebildete Dreiecksspitze weggenommen hat, so dass der ganze Knochen eine noch unbestimmbar grössere Gesammtlänge, als 11 Zoll, gehabt haben muss. Gegen die überlieferten geradlinigten Händer keilt sich die Knochenplatte rasch in eine beinahe keilförmig zuge- schärfte Leiste aus ; dem einen Rande an einer der längeren Seite des Oblongums entlang läuft auf der zu Tage liegenden Fläche eine, l'/.2 Zoll von dem Rande der kürzern Oblongums -Seite entfernt beginnende, flache, etwa 8 Linien breite, schwach vertiefte Rinne parallel , deren Fortsetzung in dem zweiten dreieckigen Stück durch den schiefen Bruch weggenommen ist. In diesem dreieckigten Stück ist noch überdiess durch einen Bruch, welcher parallel mit dem überlieferten Rande geht und etwa von der Mitte der Breite (oder der kleineren Kathete) an beginnt, die Knochenmasse der Platte bis zur Spitze des Winkels, den die Bruchlinien der Hypo- tenuse und der kleinen Kathete machen, entfernt und der dadurch entblösste Abdruck der ins Gestein gebetteten Seite oder Fläche des Knochen lässt hier eine Configuration von nicht regelmässig, d. h. nicht — 464 — in geordneten Reihen stehenden Gruben (im Abdruck Erhöhungen) und Wülsten (im Abdruck Rinnen) wahrnehmen, welche sich von der an den Schildern Fig. 33 , 34 auf Taf. VIII. unserer Abbildungen nur durch eine länglichere, (mit ihrer Längenaxe in der Richtung der Längendimension des Knochen selbst liegende) Form der Gru- ben unterscheidet. Das Merkwürdigste aber ist eine conische Er- höhung von 1 Zoll Höhe und l'/, Zoll Durchmesser ihrer Basis, welche sich gerade am Querbruch, der die beiden Stücke getrennt hat, über die configurirte Seite der Knochenplatte erhebt und auch im Abdruck an dem dreieckigen Stück sich ausprägt. Dieses Hörn zeigt durchaus eine fein -poröse Knochentextur, welche auch an seiner, durch den Bruch zur Hälfte entblössten , an und für sich glatten, conischen Seitenfläche in ihrer an der Oberfläche etwas verdichteten Knochenmasse ersichtlich ist. Die Spitze des Horns ist abgerundet, an seiner Basis breitet sich seine conische Seitenfläche in die configurirte Oberfläche des Knochen aus und erhebt sich über die configurirte Fläche hart an demjenigen natürlichen Rande, welchem entlang die oben erwähnte flache Rinne auf der glatten Seite geht, so dass der Mittelpunkt der kreisförmigen Basis dieses Horns nahezu mit der Mitte der auf der entgegengesetzten glatten Seite befindlichen Rinne zusammentrifi't. Die nächste Analogie für die Deutung dieses seltsamen Kno- chenrestes könnte nun der Taf. VIII, Fig. 34 abgebildete Knochen- schild mit seiner conischen, nur schief gestellten Erhöhung von bei- nahe gleicher Dimension darbieten. Allein die bedeutende Längen- dimension im Verhältniss zur Breite der vorliegenden flachen, in ihrer Medianlinie 4 — 5 Linien dicken , aus einer sehr feinzelligen, 2 — 3 Linien dicken , schwammigen Knochenschichte zwischen den compacten, die figurirte und die flache Seite bildenden Knochen- lamellen bestehenden Knochenplatte , schliesst wohl ihre Deutung auf einen, zu den Integumenten gehörigen Hautschild aus. Die bekannten Hautschilder lebender und fossiler Saurier haben keine solche grosse Längendimension im Verhältniss zu ihrer Breite, wenn sie auch mehr oder weniger den Umriss von ablangen Trapezen zeigen, auch stehen die Höcker, welche sie auf der Aussenseite haben, nie in solchem Grade excentrisch, oder hart am Rande. Ebensowenig passt der Umriss unserer Knochenplatte, soweit er überliefert, auf — 465 — einen derjenigen flachen Knochen des Skeletts, welche, wie Stcrnwn und Scapida mehr als alle übrigen Knochen des Skeletts an die Kor- perobei'fläche treten und, wie bei den Lahfirinthodonten y durch ihre Configuration auf der Aussenfläche verrathen, dass sie, wie die Knochenplatten der Ilautschilder und die Knochenplatten der Schä- deldecke, einer Hornschild- Decke zur unmittelbaren, ohne Zweifel durch eine Schichte nährenden Zellgewebes vermittelten, Unterlage gedient haben. Es bliebe hiernach nur die Deutung auf eine zum Schädel gehörige, paarige Knochenplattc übrig, deren sichere Diag- nose und Einreihung unter die Schädelknochen jedoch zur Zeit noch vertagt bleiben muss. Einen interessanten Anhaltspunkt für die Deutung dieser Knochenplatte auf einen zum Schädel gehörigen Knochen schien nun ein Fossil aus dem feinkörnigen Keupersandstein des Wart- berghügels bei Heilbronn darzubieten, das der Verf. vor Jahren schon bei Hrn. Rechtsconsulent Strauss zu Heilbronn zu sehen Gelegenheit hatte. Bei einer aus diesem Anlass behufs näherer Untersuchung und Vergleichung dieses Fossils vor Kurzem vom Verfasser nach Heilbronn unternommenen Reise hatte der Hr. Be- sitzer die Güte, es zu genauerer Vergleichung und Abbildung dem Verfasser anzuvertrauen. Erstere lieferte nun folgende Resultate, während die Abbildung wegen Mangel an Raum nicht beigegeben werden kann. Das Fossil besteht in dem Abdruck der Rachenseite einer Sau- rier-Schnauze, und zwar des Oberkiefers, von 1 Fuss Länge und 4—5 Zoll Breite, wovon die Intermaxillarparthie querüber weg- gebrochen ist. Diese Dimensionen lassen schon an und für sich auf einen Schmalschnauzer schliessen , da die Seitenränder des Ab- drucks, im Ganzen einander parallel gehend, nicht ganz in der Mitte der Länge eine leichte Einschnürung, d. h. eine leicht ein- wärts gehende Ausschweifung je von V4 Zoll Einbiegung von bei- den Seiten her zeigen. Nirgends erscheint eine auflagernde Kno- chenparthie. Die Seitenränder des Abdrucks sind ziemlich gut überliefert, und es begleitet dieselben je eine Reihe kleiner, in das Gestein eingesenkter, ausgeschweift -conisch oder trichterförmig zugehender Löcher von 1 — 4 Linien Tiefe und 1 — 3 Linien Oeff- nung in der Ebene des Abdrucks; die Ränder der Oeflfnung sind - 466 — stark abgerundet , die Löcher gehen unten in der Tiefe des Ge- steins in eine scharfe Spitze aus; die meisten der Löcher er- scheinen seitlich zusammengedrückt, so dass der längere Durch- messer des Lochs unter rechtem oder schiefem Winkel gegen die Medianlinie des Fossils steht , jedoch keineswegs symmetrisch schief von beiden Seiten her, so dass diese Zusammendrückung nur als eine zufällige , durch den Druck der Gebirgsart entstan- dene angesehen werden kann. Diess verleiht den Löchern grössten- theils ein zweikantiges Ansehen ihres Lumens mit scharfen Kanten. Unter der Mitte der Länge des Abdrucks u. z. in derjenigen Hälfte desselben, welche der Schnauze zugekehrt ist , erscheinen rechts und links von der Medianlinie und V2 Zoll von einander entfernt zwei grosse Löcher von trichterförmiger Bildung, wie die der kleinen Löcher in den die Seitenränder begleitenden Reihen, nur ungleich grösser, nämlich von 1 Zoll grösserem und V> Zoll kleinerem Durchmesser der elliptischen Oeffnung , deren grösserer Durchmesser bei beiden Löchern in gleichem Sinne (d. h. also nicht symmetrisch) schief gegen die Medianlinie steht, so dass also auch hier eine durch den Druck der Gebirgsart entstandene Zusammendrückung des Lumen dieser Löcher vorwaltet. Die gleiche Zusammendrückung prägt sich auch in dem Lumen der Löcher selbst aus, welche hiedurch wiederum, wie die kleinen, zweikantig erscheinen. Die Axe dieser Löcher steht nicht senkrecht gegen die Ebene des Ab- drucks, sondern schief (unter cca. 50 — 60^) und zwar so, dass dieser Winkel gegen die von der Schnauze abgekehrte Seite, also rückwärts gekehrt ist. Auch zeigt sich eine entschiedene Krüm- mung der Trichter nach rückwärts. Auf einer Parthie der rings- um stark abgerundeten Ränder der Oeffnungen dieser beiden Löcher erscheint in der hier, wie über dem ganzen Abdruck wie ein leich- ter Anflug auf der feinkörnigen Sandsteinoberfläche auflagernden, eisenschüssig -braunen Rinde einer thonigen Masse, eine sehr feine, gegen die scharfe Spitze des Trichters von der Peripherie der Oeffnung her convergirende, Streifung, bestehend in einer haar- dünnen Cannelirung, welche in der halben Tiefe des Trichters verschwindet. Die Abdrucksfläche der Gaumenparthie , welche dieser fossile Rest darstellt, ist beinahe eben, nur in der hinteren Hälfte zu — 467 — beiden Seiten der Medianlinie leicht convex , indcni sie sich gegen die Ränder mit den Reihen kleiner Zähne leicht abwärts senkt. Rechts und links von der Medianlinie und nahezu parallel mit dieser, ziehen sich durch die Gaumenabdrucks - Fläche ethche leichte, unregelmässige Falten von vorne nach hinten, welche sich verschiedentlich endigen, ohne die ganze Länge des Abdrucks ein- zunehmen. In der vordem Hälfte, vor den beiden grossen Trichtern, erscheint die glatte Abdrucksfläche durch zwei parallel mit der Medianlinie gestellte, regelmässig elliptische, frische l^ruchstellen un- terbrochen, in denen das Korn des Sandsteins zu Tage liegt , wäh- rend die übrige Abdrucksfläche wie geglättet erscheint ; diese Bruch- stellen erheben sich etwa V4 Linie über die glatte Abdrucksfläche und berühren mit ihrem äusseren Rande die beiden kleinen Löcher- reihen der Ränder; ihre lange Axe hat etwa IV4 Zoll, die kurze % Zoll. In der hintern Hälfte des glatten Gaumenabdrucks sind, entfernter von den kleinen Löcherreihen der Ränder, zwei ähnliche nur etwas längere und schmalere Bruchstellen von 2 Zoll Längen- durchmesser und Vo Zoll Querdurchmesser, mit der langen Axe der Medianlinie gleichfalls parallel gestellt , von der sie etwas weiter als das erstere Paar entfernt stehen. Es ist ersichtlich, dass diese zwei Paare Bruchstellen von elliptischem Umriss entweder Oeffnungen oder Durchgängen durch die Gaumenknochenplatten entsprechen, die vorderen etwa den Choanen, die hinteren den Gaumenlöchern , nur dass der geringe Grössenunterschied zwischen beiden Paaren von dem bei den lebenden wie bei fosstlen Sau- riern gewöhnlichen , weit bedeutenderen Grössenunterschied dieser beiderlei Oeffnungen wesenthch abweichen würde; oder, was wahr- scheinlicher ist, sie entsprechen ebensovielen Vertiefungen im Gau- menbein, in welchen etwa ausgegangene Fangzähne gestanden wären. Es ist unschwer zu erkennen, dass die trichterförmigen Löcher, die kleinen in Reihen am Rande stehenden , wie die 2 grossen , die Lager von ebensovielen Zähnen sind, gleich wie die ganze Fläche des Fossils zwischen seinen 2 überlieferten natürlichen Längs- und seinen beiden Querbruch - Rändern der Abdruck eines Pflugschar- und Gaumenbeingewölbes ist. Die Figur dieser Zähne war , wie sich aus diesen Lagern derselben ergibt, und zwar die der kleinen, in Reihen stehenden wie der beiden grossen, unter Voraussetzung — 468 - eines stattgefundenen Drucks der Gebirgsart eine conische, (vielleicht mit Annäherung zur zweikantigen Form) ; sie unterscheidet sich aber wesentlich von dem Typus der Belodon - Zähne dadurch , dass die Seitenflächen des zusammengedrückten Conus ringsum, sowie die zur Kante sich hinneigenden zwei Krummflächenwinkel der conischen Oberfläche , bei ebenen Durchschnitten durch die Zahnaxe in jeder Richtung keine geraden, sondern gegen die Zahnaxe concave Seiten- linien bilden. Die stark abgerundeten Ränder der Zahnlager, welche in die Ebene des Abdrucks vom Gaumenbeingewölbe mit einem bemerklichen Absatz, sonst aber gleichförmig verlaufen, verrathen eine rasche Ausbreitung der Zahnbasis und weisen deutlich auf eine Aufwachsung der Zahnbasis auf Zahn- und Gaumenbein, keineswegs aber auf eine Gomphose hin. Bei den Labyrinthodonten sitzen die grossen Fangzähne ebenfalls innerhalb der dem Zahnbein ange- hörigen Reihen kleinerer Zähne; mehr oder weniger von diesen entfernt, im Gaumen- oder Pflugscharbein; nur soweit innerhalb desselben , so sehr der Medianlinie genähert und so sehr rückwärts vom Zwischenkieferbein fanden sie sich bei keinem bis jetzt be- kannten Genus der Labyrinthodonten - ^v^^q. Der vorliegende Abdruck der Gaumenparthie ist analog dem von H. v. Meyer auf- gestellten, in den „Sauriern des Muschelkalks" abgebildeten Masto- donsaurus Fürstenherganus aus dem bunten Sandstein, nur unter- scheidet sich unser Fossil durch eine sehr schmale Schnauze von Mastodonsaurus und würde sich , da die Form der Zähne das- selbe zu den Labyrinthodonten zu ziehen berechtigt, sich den schmalschnauzigen Labyrinthodonten anreihen. Ein zweites, gegen 2 Fuss langes und IV2 Fuss breites Stück aus derselben Gebirgsart und mit dem erstgeschilderten Stück aus demselben Fundort gleichzeitig von Hrn. Rechtsconsulent Strauss erworben, stellt den Abdruck eines Schädelgewölbes dar, in wel- chem der Contour des Hinterhauptabschnitts und ein Theil des rechten Randes überliefert ist, so dass sich der Umriss des Gan- zen als das stumpfe Ende einer Herzform mit weit ausgeschweif- ten Flügeln oder Herzohren unschwer erkennen lässt. Dieser Ab- druck, (in welchen ein 1 Fuss langes, V2 Fuss breites, 3 Zoll dickes, dreieckiges Fragment vom rechten Schädelrande, auf des- sen couvexer Oberfläche jedoch keine Knochenschichte mehr auf- — 469 — lagert , zu passen scheint) , mit dem Anflug des braunen eisen- schüssigen Thons bekleidet, zeigt eine der Schiidelgewülbsober- fiäche der Lahyrinthodonten sehr analoge Configuration und be- stätigt hiemit die vorhin ausgesprochene Vermuthung, dass der fragliche Saurier ein Lahyrintliodon sei, indem mehrere, rechts und links von der Medianlinie synnnetrische Curven bildende Wülste (im Abdruck) das Netz von länglichen Gruben (im Abdruck Er- köhungen) durchsetzen, wie die sogen. „Brillen" bei den Labyrin- thodonten. Der Umstand, dass auf der ganzen, (nahezu einen Qua- dratfuss einnehmenden) Fläche dieses, ein stark vertieftes Kegel- flächensegment bildenden , Abdrucks noch keine Augenhöhlen er- scheinen, lässt schliessen, dass der Kopf des Thiers colossale Di- mensionen gehabt und, wenn jener Gaumenbeinabdruck dazu ge- hört, was nach der Aussage des Hrn. Besitzers nicht zu bezwei- feln ist, sich in eine ungemein lange, verhältnissmässig schmale Schnauze verlängert haben müsse. Die anfängliche Vermuthung , dass dieses Heilbronner Fossil mit den beiden grossen Löchern , die sich nun als Lager des grossen Fangzahnpaares herausstellen , eine Analogie für die zuvor S. 463 fg. in Worten geschilderte Knochenplatte aus dem Stubensandstein und dem darauf sitzenden Kegel oder Hörn darbieten könnte, ist nun zwar keineswegs zugetroffen, da erstlich dieses Hörn keine Spur einer Zahnbildung, sondern reine Knochentextur verräth und zweitens auf der figurirten (rücksichtlich des länglichten Grubennetzes übrigens mit dem Heilbronner Schädelabdruck einigermassen über- einstimmenden) Fläche der Knochenplatte sitzt, diese also nichts weniger als zum Gaumengewölbe gehören kann; während die Ver- tiefungen in dem Heilbronner Gaumenabdruck sich unverkennbar als die Lager von Zähnen darstellen, welche mit ihren Spitzen einwärts in die Gebirgsart gebettet waren. Gleichwohl schien es nicht ohne Interesse zu sein, von die- sem Fossil wegen der zweikantig -conischen Bildung dieser Zahn- abdrücke hier Erwähnung zu thun , um bei dem bedauerlichen Mangel vollständiger j5doc?o/i - Schädel Nichts in unserer Darstel- lung zu übergehen , was in näherer oder entfernterer Beziehung zu Vervollständigung des Materials beitragen konnte. Ein wei- teres Eingehen auf die Diagnose dieses Heilbronner Fossils dürfte WürUemb. naturw. Jahreshefte. 1852. 4s od. Sujji.-lIeM. 31 — 470 — jedoch schon aus dem Grunde entbehrlich erscheinen , da die zwei- kantige Form der Zahnabdrücke höchst wahrscheinlich nur durch den Druck der Gebirgsart entstanden ist und schon die Ausbrei- tung der Zahnbasis eine Zurückfiihrung dieses Fossils auf das Genus Belodon von selbst ausschliesen würde, vielmehr diese Zahnform selbst, die Streifung ihrer Oberfläche und die Configuration der Schädeloberfläche eine sehr nahe Verwandtschaft mit den Laby- rinthodonten verkündigt. Ueberdies steht von Hrn. Obermedicinal- rath Dr. v. Jäger, wie er dem Verfasser mitzutheilen die Güte hatte, eine nähere Beschreibung und Diagnose dieses „Gaumen- fangzahnersderKeuperformation" (j^Hyperokynodon heu- perinus^') in Aussicht , wozu die Abbildungen des Fossils bereits fertig vorliegen und welcher hier nun nicht vorgegriff'en werden soll. Wir schreiten daher zu der Aufzählung w^eiterer, aus den oberen Keupersandsteinen herrührenden , auf Schädelknochen deut- baren Knochenreste. Unter den , zu der v. H ü g e 1 ' s c h e n Sendung aus dem Löwen Steiner Gestein gehörigen, Stücken gelang es, durch glüchliche Spaltung einer etwa 1 Fuss langen Rotheisensteinknauer einen flachen Knochen, welcher den Kern der Knauer bildet, in einer Weise blosszulegen , wodurch seine Figur in hinlänghchem Grade kenntlich wurde. Derselbe ist 9 Zoll lang, 2 7^ Zoll breit, nimmt nach dem einen Ende hin bis auf 1 Zoll Breite allmählig ab und ist an diesem. Ende nicht ganz überliefert. An dem ent- gegengesetzten breiteren Ende dagegen ist derselbe ganz und dieses Ende bildet auf etwa IV2 Zoll eine Verschiebung der Knochen- platte nach einer der Langseiten hin. Der, auf die Längenrich- tung beinahe senkrechte, sich zu einer scharfen Schneide auskei- lende Rand dieses Endes bildet eine leicht concave Linie, gegen deren beide Endpunkte dieses Ende des flachen Knochen in zwei ungleiche Seitenflügel ausspringt, welche demselben eine schwal- ben- oder fischsch wanzartige Figur verleihen. Die gleichfalls zu einer stumpfen Schärfe ausgekeilten Ränder der Längsseiten des ganzen Knochen sind gut überliefert und bilden leichte unregelmäs- sige Wellenlinien. Auf der zu Tage liegenden Flachseite des Kno- chen, welche leicht convex erscheint, erhebt sich von dem einen der genannten Flügel her ein starker, abgerundeter, leicht seit- — 471 - wärts gebogener Grat bis zu 5 — G Linien Höhe und erstreckt sich bis über mehr als die lialbe Länge dieser Flachseito, in- dem er, aUmählig niedriger werdend, endlich in diese Flachseite gänzlich verläuft. Er theilt die Parthie der Flachseite , in der er sich befindet, in zwei nngleiche Hallten oder Abhänge von seinem Kamm an ; der schmalere Abhang zeigt eine Configuration, d. h. eine mit leicht vertieften Gruben von etlichen Linien Durchmesser besetzte Oberlläclie, welche Aehnlichkeit mit der Configuration der Tal. VIII, Fig. 33, 34, 35 abgebildeten Schilder verräth ; der andere , breitere Abhang des Grats, sowie der ganze weitere Ver- lauf des Knochen ist völlig glatt und eben, nur das schmalere Ende des, gegen dieses zu auch zusehends dünner werdenden, fla- chen Knochen zeigt auf 2 Zoll rückwärts eine leichte rinnenartige Depression. Auf der entgegengesetzten, etwas concaven Ober- fläche, mit der er theilweise noch dem Gestein aufliegt, ist der Knochen völlig glatt und zeigt zwei Zoll von dem breiteren Ende ab eine gegen dieses Ende zu convex gebogene, 3 Linien hohe Querleiste , welche an ihren beiden Enden in die glatte Fläche verläuft. Ob dieser Knochen unter die paarigen Knochen des Schädelgewölbes, — worauf vielleicht die Configuration des schma- leren Gratabhangs deuten könnte — und wohin er unter diesen einzureihen sein möchte, oder ob er vielleicht zur Krön- oder Winkelbeinparthie der untern Maxille gehöre , muss für jetzt un- entschieden bleiben. Seine Abbildung wurde durch den Mangel an Raum leider unmöglich, daher diese Beschreibung seiner For- men, wie so manche andere in dieser Abhandlung, nothwendig un- deutlich bleiben muss. Die übrigen Stücke der v. Hügel'schen Sendung, welche auf Schädelknochen zu deuten sind, tragen den schon oben erwähnten Charakter einer nicht sehr festen Verbindung unter einander an sich, d. h. sie sind in einer Weise in die sie umschliessende , harte, eisen- schüssige Gebirgsart gebettet , dass ebensowohl die häufigen Zwi- scheulagerungen der letzteren in die jetzt klaff'enden, auseinander getriebenen früheren Verbindungsflächen, als auch die Härte der Umhüllung eine Befreiung der Knochentheile und Herausarbeitung derselben unmöglich macht ; auch sind die Stücke an und für sich fragmentarisch. Soviel aber lässt sich ohne Schwierigkeit erkennen, 31* — 472 — dass ihre Configuration auf der äusseren Oberfläche mit unregel- mässigen Gruben ohne strahlenförmig von solchen Grubennetzen ausgehende Wülste (wie bei den Labyrinthodonten) die nämliche ist, wie bei den Taf. VIII, Fig. 33, 34 abgebildeten Schildern; auch geht aus mehreren abgerundet - concaven , nach innen in das Gestein abgesenkten , fragmentarischen Rändern kervor , dass diese Schädeldeckenfragmente mit Wahrscheinlichkeit entweder zu der Orbitalparthie oder zu der Schläfegrubenparthie des Schädels ge- hören werden. Für eine sichere Diagnose sind jedoch allzuwenig Anhaltspunkte gegeben. Aus dem kiesligen Keupersaudstein von Stuttgart liegt ein flacher, spateiförmiger, 7 Zoll langer, in der Mitte 1 Zoll, an beiden Enden 2 und 3 Zoll breiter, paarig - einseitiger Knochen vor, mit Furchenstreifuug auf dem schmaleren Ende und an dem breiteren mit einer, durch eine abwärts gehende Leiste gebildeten, seitlich ausgerundeten Bucht, welche vielleicht der Deutung dieses Knochen auf ein rechtes, vorderes Stirnbein mit seinem Antheil an der Orhita Raum geben könnte. Der Mangel an Raum schliesst die Abbildung auch dieses gut überlieferten Knochen aus. An dem Fundort des Taf. VIII , Fig. 5 abgebildeten Maxillen- ßtücks aus dem compakten kiesligen Keupersaudstein wurden noch mehrere Steinbrocken ausgehoben, welche flache Knochenparthieen enthalten, die ohne Zweifel zum Schädel gehören werden. Die Unmöglichkeit, sie aus dem harten auf- und zwischenlagernden Gestein loszuarbeiten und ihre fragmentarische Beschaffenheit macht eine sichere Diagnose unmöglich, daher ihrer hier nur historisch gedacht werden kann. 5) Die Wirbelsäule. Das erste Belodon - Skelett - Exemplar hat nach der Zählung des Hrn. Besitzers , wie oben schon erwähnt, im Ganzen 60 Wir- belkörper in ununterbrochener Reihe, welche 17 Fuss württ. messen. Von diesen Wirbeln kommen 37 in einer Länge von 8 Fuss auf die Reihe vom Kreuzbein abwärts , zwei mit einander verwachsene in einer Länge von 2 Fuss auf das Kreuzbein, demnach 21 auf die Reihe vom Kreuzbein aufwärts in einer Länge von 7 Fuss. — 473 — Der letzte Wirbel im Schwan/ hat 1 Vj ^oll Länpe des Körpern und nicht ganz 1 Zoll Durchmesser der Gelenklliiche, daher der Schwanz nicht bis zu seiner Spitze überliefert sein wird. Die in der Mitte der Überlieferten Schwanzwirbclroihe stehenden Wirbel haben 2'/, Zoll Länge und 1 '/^ Zoll Durchmesser der Gelenk- facette des Körpers , weiter gegen das Kreuzbein hin erhalten sie bis 4 Zoll Durchmesser der Gelenkfacette des Körpers und 3 Zoll Länge. Ihre Fortsätze sind grösstentheils verstümmelt, oder noch in die anhaltende Gebirgsart versteckt, doch stimmen sie, soweit sie erhalten sind, mit der Bildung der Lenden- und Rückenwirbel vom zweiten Exemplar übercin und ebenso die 21 vom Kreuzbein an aufwärts liegenden Wirbel. Dürfte nun angenommen werden, dass von den 21 Wirbeln, welche vom Kreuzbein an aufwärts zählen , wie bei den Crocodilen der Jetztzeit, 5 auf die Lendenwirbel, 12 auf die Rückenwirbel kommen, so würden noch 4 Halswirbel vorhanden sein. Wäre dagegen die Zahl der Rücken- und Lendenwirbel eine grössere, wie bei den Echsen, so würden die 21 Wirbel vom Kreuzbein aufwärts nicht einmal für diese ausreichen und keine Halswirbel überliefert sein. Es lässt sich nun hierüber bei dem Zustande des Fossils nichts entscheiden, denn keiner dieser Wirbel in der gan- zen Reihe ist vollständig überliefert, bei jedem fehlen Fortsätze oder Theile des Wirbelkörpers, alle sind mehr oder weniger mit der harten Steinmergelmasse behaftet, deren Wegschaffung nicht gelungen ist. Bei den meisten Wirbeln aus der Reihe oberhalb des Kreuz- beines sind die Kopfenden der Rippen mit mehr oder weniger von deren weiterem Verlauf in ziemlich verschobener Lage vorhanden nnd zeigen den Typus zweiköpfiger Rippen, d. h. stark hervor- tretende Köpfe und Tuberkel , ganz ebenso wie die vom zweiten Exemplar erhaltenen Rippen. Wie viele dieser Wirbel mit Rip- pen versehen seien, lässt sich aus genannten Ursachen nicht mit Sicherheit entscheiden. Die ersten Wirbel in der Reihe vom Kreuzbein an aufwärts, also die sich zunächst an letztes anschliessenden, messen 6 Zoll Durchmesser der Gelenkfläche des Körpers und 5—^6 Zoll Länge des letzten. Sie ne'^^^cn an Grösse ab und die 5 letzten , welche - 474 — zusammen gegen 2 Fiiss Länge haben, nähern sich der Grösse der mittleren Schwanzwirbel. Ob sie noch den einen oder andern Halswirbel repräsentiren , lässt sich auch nicht nach ihrer Form und der Beschaffenheit des obern Bogens mit seinen Fortsätzen genau erkennen, da keiner davon vollständig überliefert oder hinlänglich von der Gebirgsart befreit ist. Bei denjenigen Wirbelkörpern aber, welche in vollständigerem Zustande überliefert und aufgedeckt sind, prägt sich in der ganzen Reihe der 60 Wirbel der Typus einer Einschnürung gegen die Mitte der Länge des Körpers und biconcaver Gelenk flächen aus, letzlerer durch eine leicht angedeutete Vertiefung vom leicht abgerundeten Rande der Ge- lenkflächen an gegen die Mitte, wie diess bei den Wirbeln des zweiten Exemplars im Besitze des Verfassers deutlicher werden wird. Die Gelenkfacetten der Wirbelkörper sind fast kreisrund, das Loch für das Rückenmark tief in die Gelenkscheibe eingelassen, die Dornfortsätze, soweit sie vorhanden, flach, viereckig, 3 — 4 Zoll hoch, 4 — 5 Zoll lang, etwas nach einem Ende zu geneigt. Das Kreuzbein mit den zu beiden Seiten anhaftenden Hüft- knochen ist Taf. XHI, Fig. 3 von der Innenseite, etwas von der Gelenkfläche aus gesehen, und Fig. 4 von der Aussenseite in V4 nat. Gr. abgebildet und zeigt zwei verwachsene Wirbelkörper; die Querfortsätze sind durch die anhaftende Gebirgsart verdeckt, die Dornfortsätze durch Bruchstellen Fig. 4 angedeutet. Der Um- stand, dass der Besitzer sich nicht entschliessen konnte, behufs genauerer Untersuchung beziehungsweise Herausarbeitung aus dem Gestein das Fossil aus dem Hause zu geben, so dass auch die Zeichnungen von den in den Tafeln abgebildeten Theilen nur eben nach dem Zustande der Herausarbeitung und W^iederherstellung, wie sie dem Hrn. Besitzer eben gelungen ist, von dem Zeichner in der Wohnung des Hrn. Besitzers gemacht werden mussten, wird der Unvollständigkeit dessen , was hier zur Beschreibung des Fossils und deren Illustration gegeben werden kann , zur Erklärung dienen. Alles, was von der Wirbelsäule des zweiten Exemplars überliefert ist , konnte wegen der seltenen Vollständigkeit aller Theile, bis auf einen unvollständigen Wirbel, abgebildet werden. — 475 — Beginnen wir die Beschreibung: von dem l)est erhaltenen Tlieile an, von unten nacli oben. Taf. XIII, Fig. 1 und 2 gibt das Kreuzbein des 2ten Exem- plaj-s in '/^ nat. Gr. und zwar Fig. 1 die Iiuien- oder Haucliseitc, Fig. 2 die Seitenansielit von der rechten Seite her. Es bestellt aus drei massigen Wirbehi, wovon die 2 hinteren oder unteren Fig. 1 links eine anchylotische Verwachsung ihrer Geienkiläclu'n zum llciligen- bein zeigen ; eine gleiche Verbindung zeigen ihre (^)uerfortsätzc zu einer massigen, langen, concaven, in der Mitte ihrer Länge et- was schmäleren Facette für die Anheftung der Ilüi'tknocheu. Der dritte vordere Wirbel (rechts in der Fig. 1) zeigt keine Verwach- sung der Gelenkfläche , dagegen schliessen sich seine , in eine ähn- liche massige Facette erweiterten Querfortsätze an die Facette der Querfortsätze der zwei verwachsenen Kreuzwirbel oder des Hei- ligenbeins mittelst einer, von beiderlei Facetten her schmäler und fast cylindrisch werdenden, Verlängerung an einander an, welche Verlängerungen keine eigentliche Verwachsung, sondern eine durch Ligamente vermittelte Verbindung mittelst flacher, vollständig auf einander passender und einander berührender Facetten verrathen, deren eine bei dem Anschluss auf der rechten Seite (oben in Fig. 1, unten Fig. 2) von der Facette der zwei verwachsenen Wirbel durch Bruch getrennt, der Facette des dritten Wirbels durch zwischen- lagernde Gebirgsart anhaftet. An diesen dritten Wirbelkörper schliesst sich (rechts in der Figur 2) ein nicht vollständig über- lieferter vierter Wirbelkörper an, und zwar ohne Verwachsung, vielmehr zeigt er, obgleich durch die Gebirgsart mit dem dritten verbunden, eine Verschiebung gegen den dritten um etwa Vo 2^ol^- Der Querfortsatz dieses vierten Wirbels (Fig. 2 rechts) ist breit und flach, etwas schief gegen die Abdominalseite gerichtet, und läuft in keine Facette mehr aus, sondern keilt sich bei abnehmender Dicke endlich in einen unregelmässig abgerundeten, keilförmigen Rand aus, welcher keine Articulation verräth. Die Länge des Ganzen d. h. aller 4 Wirbel zusammen be- trägt gegen 3 Fuss. In der Seitenansicht Fig. 2 erscheinen oben vier massige, viereckig - flache , etwas nach vorne geneigte Dornfortsätze mit abgerundet -abgeflachtem Rücken, gegen welchen die Knochenplatte an Dicke zunimmt, so dass die Dicke derselben — 476 — am Rücken beinahe einem Zoll gleich wird; ferner zeigen sich in dieser Seitenansicht die von der Basis der Dornfortsätze aus- gehenden, bei den zwei verwachsenen Wirbeln in einander ver- wachsenen, bei den zwei weiteren Wirbeln aber articulirenden, pris- matischen Gelenkfortsätze. An den vordersten unvollständig überlieferten Lendenwirbel (Fig. 2 rechts) schliesst sich die Taf. XTI, Fig. 14 in V4 nat. Gr. abgebildete Reihe von 8 Wirbeln unmittelbar an, und zwar so, dass an den unvollständig überlieferten Wirbel in Taf. XIII , Fig. 1, 2 rechts der mit Nr. 1 auf Taf. XII, Fig. 14 bezeichnete Wir- bel sich mit der, Taf. XII, Fig. 17 Nr. 2 abgebildeten, Gelenk- seite anschliesst. Diess erhellt aus dem Umstände, dass der in Fig. 17 Nr. 2 ersichtliche dritte, unter den beiden paarigen Gelenk- fortsätzen unmittelbar über dem Rückenmarksloch sitzende, Gelenk- fortsatz genau zwischen die beiden, auf Taf. XIII, Fig. 2 rechts ersichtlichen, paarigen Gelenkfortsätze hinein passt. Alle diese 8 Wirbel zeigen die ausgerundete Einschnürung der Körper um etwa V4 ^^s Durchmessers der Gelenkfacette , den abgerundeten Rand der letzteren, welcher bei den mit 1 und 2 bezeichneten , hintersten kreisrund , wie bei den Kreuzwirbeln Taf. XIII , Fig. 1 , 2 und den beiden sich an diese anschlies- senden ist, allmählig aber bei den mehr und mehr nach vorne liegenden Wirbeln eine elliptische Scheibe mit der grossen Axe von oben nach unten wird. Der obere Bogen ist bei allen über- liefert, durch starke Nähte auf dem Körper befestigt und diese Befestigung der beiden Schenkel desselben erstreckt sich über V4 der Länge des Körpers. In allen diesen und den übrigen, zu diesem Exemplar gehörigen, Wirbelkörpern zeigt der Rückenmarks- kanal unter dem Bogen eine starke Depression gegen die Mitte des Körpers zu und eine leichte Erweiterung nach beiden Seiten hin. Der erste auf Taf. XII, Fig. 14 mit 1 bezeichnete Wirbel, welcher auf den vordersten von den 2 an das Kreuzbein sich anschliessenden Wirbeln Taf. XIII, Fig. 1, 2 rechts folgt, ist Fig. 17 von seinen beiden Gelenkflächen abgebildet, und zwar gibt Nr. 2 die hintere, Nr. 1 die vordere Ansicht. Der Dorn- fortsatz erscheint in Nr. 2 auf seinem hinteren Abfall zu den inneren , hinteren Gelenkfortsätzen mit zwei Rinnen versehen. — 477 — zwischen welchen ein (in der Abbildung- niclit ansp^cdriicktcr) nach unten sich auskeilender, niedriger, abgerundeter Rücken sitzt ; beide Kinnen vereinigen sich in der Vertiefung zwisclien den zwei Gelenkfortsätzen. Auf seinem vorderen Abfall in Nr. 1 hat dieser Dornfortsatz einen flachen Rücken. Auf der hintern Gelenkflächen- Seite Nr. 2. erscheint unterhalb der beiden (inneren) Gclenkfort- sätze der erwähnte dritte Fortsatz, welcher die Kinne des hinteren Abfalls des Dornfortsatzes nnten abschlicsst und über dem Kücken- marksloch sitzt, zu dessen Seiten zwei weitere Ocflnungen zum Innern der Rückenmarkshöhle führen. Ein solcher mittlerer Ge- lenkfortsatz auf der hintern Gelenkfläche , der sich zwischen die zwei vordem , äusseren Gelenkfortsätze an deren Basis auf der vordem Gelenkseite des Wirbelkörpers einkeilt, erscheint auch bei den übrigen acht Wirbeln (Fig. 18, Nr. 8). Die Querfortsätze sind durch den Druck der Gebirgsart gröss- tentheils aus ihrer horizontalen Stellung gebogen. Der in Fig. 17 Nr. 1 abgebildete rechte ist nach aufwärts , der andere abwärts ge- drückt, was auch bei den übrigen Wirbeln mehr oder weniger der Fall ist, und auch der Dornfortsatz scheint eine Depression nach vorne erlitten zu haben. Diese beiden Querfortsätze am ersten unter den 8 Wirbeln Fig. 14, Nr. I, Fig. 17 sind einfach, d. h. dieser Wirbel zeigt keinen Tuberkel für den Rippenkopf und auch die Querfortsätze selbst zeigen keine Articulationsfacette, sondern eine flache, mit denen des vierten in Taf. XIII, Fig. 1, 2 rechts übereinstimmende Bildung, nur sind dieselben ungleich kürzer. Dagegen beginnt schon bei dem zweiten Wirbel dieser Reihe (Nr. 2 , Fig. 14) unter und vor dem Querfortsatz dieser Tuberkel hervorzutreten und zeigt eine leicht concave Facette. Im weiteren Verlauf der Wirbelreihe tritt dieser Tuberkel zunehmend massiger und stärker hervor und seine Facette nimmt an Umfang zu. Hiernach haben die drei — oder wenn man den ersten an das zweiwirb- liche Heiligenbein sich anschliessenden Wirbel Taf. XIII, Fig. 1, 2 wegen seiner Querfortsätze noch zum Kreuzbein ziehen will , die zwei an dieses sich anschliessenden Wirbel, nämlich der vierte unvollständige in Taf. XIII, Fig. 1, 2 rechts und der erste Nr. 1 in Taf. XII, Fig. 14 rechts, den Typus von Lendenwirbeln ohne Rippenarticulation , und man kann daher , vorausgesetzt dass — 478 - zwischen dem vierten Wirbel Taf. XIII. Fig. 1 , 2 rechts und dem ersten Taf. XII, Fig. 14 Nr. 1, keine weiteren fehlen, jeden- falls 2 oder 3 Lendenwirbel , an die kein Rippenanschluss statt- fidet, bei diesem Sam*ier zählen. Die Dornfortsätze der acht Wirbel Taf. XII. Fig. 14 sind viereckig, plattenförmig oder hah- nenkammförmig , 4 bis 8 Linien dick, die hinteren dicker als die vorderen, von denen die zwei vordersten in Fig. 14, Nr. 7, 8, welche in Fig. 18 mit ihren zusammengrenzenden Gelenkflächen abgebildet sind, die Abnahme der Dicke der Dornfortsätze in Ver- gleich zu der von Nr. 1 in Fig. 17 verdeutlichen. Die Länge dieser Dornfortsätze erreicht beinahe die Länge der Wirbelkörper, der hintere Abfall ist bei den 5 vorderen leicht nach hinten ge- neigt, der vordere Abfall bei allen abgerundet; gegen ihren Rücken nimmt die Dicke der Dornfortsätze etwas zu , bei den hintern Wir- beln mehr als bei den vordem und der Rücken selbst ist bei allen abgerundet - abgeflacht. Von dieser Wirbelreihe um etUche Fuss entfernt, jedoch in der gleichen Richtung lagen, wie oben schon angeführt, sieben weitere Wirbel , wovon in Fig 16 und 15 die 6 vollständig über- lieferten abgebildet sind. Zwei derselben, Fig. 16, welche durch die Gebirgsart an einander haften, lagen den acht Wirbeln Fig. 14 am nächsten und sind auf der Kehrseite der Abbildung minder gut überliefert; von diesen etwas getrennt durch etwa 1 Fuss Zwischenraum lagen vier (oder , mit Einschluss des unvollstän- digen nicht abgebildeten, fünf) an einander angeschlossene weitere Wirbel, wovon die vier ganzen in Fig. 15 abgebildet sind. KSie nehmen, (wie die in Fig. 14) nach vorne hin an Grösse allmäh- lig ab. Die beiden Fig. 16 abgebildeten haben kürzere und nie- drigere Dornfortsätze als die in Fig. 14, jedoch von gleicher Figur, die Querfortsätze sind länger und schwächer, erscheinen von oben und unten her zusammengedrückt und endigen nicht in einen Knopf, sondern mit einer Abrundung, während die in Fig. 14 eingeschnürt- cylindrisch sind und in einen flach abgerundeten Kopf für die Ar- ticulation der Rippentuberkeln ausgehen. Während die 8 Wirbel in Fig. 14 den Tuberkel für den Rippenkopf auf der Aussenseite je vom äusseren , vorderen Gelenkfortsatzpaar an dessen Austritt vom oberen Bogen haben und dieser Tuberkel eine etwas concave — 479 — Facette bat, ersclieint in Fip:. 1 fi hinter dem Rande der vorderen Gelenkfläelio des Wlrbclkörpers etwas unter der halben Hohe des- selben ein niedriger , abji^crundet über die Seitenfläche des Körpers hervortretender Tuberkel an diesem selbst ; an den 4 weiteren Wirbehi in Fig. 1 5 dagegen ist auch dieses Hudiment eines Tu- berkels am Wirbelkörper verschwunden und es zeigen die (^)uer- fortsätze eine abgerundete , rinnenartig vertieft von oben nach unten laufende Gelenkfacette. Die Dornfortsätze dieser 4 weiteren AYirbel in Fig. 15 werden sehr kurz und niedrig, dagegen dicker und ihr über die Seitenflächen mit wulstförmigem Kande hervor- tretender Kücken zeigt eine abgerundet vertiefte flache Kinne. Die Fig. 19 zeigt diese Bildung der Dorn- und Querfortsätze bei den 2 Wirbeln 12 und 13 in der Fig. 15 von ihren zusammen- grenzenden Gelenkflächen her. Diese letzteren, die Gelenkflächcn der Wirbelkörper selbst, sind bei den 4 Wirbeln Fig. 15 an ih- rem Rande stärker, fast wiilstartig abgerundet, während die Rän- der der hinteren Nr. 1 und 2 in Fig. 14 schärfer, beinahe kan- tenartig gebildet sind. Die Gelenkfortsätze aller dieser Wirbel Fig. 14, 16, 15 haben durchaus schief gestellte Gelenkfacetten, die der vorderen äusseren Fortsätze nach innen , die der hinteren inneren nach aussen gestellt und nirgends werden unter den hier überlieferten die Facetten der Gelenkfortsätze korizontal. Es ist ersichtlich , dass diese Wirbel des Belodon (mit Aus- nahme der Biconcavität) rücksichtlich des Körpers, der Gelenk - und der Querfortsätze sich der Bildung bei den Crocodilen nähern, rücksichtlich der Dornfortsätze kommen sie mehr mit den Lacerten überein. Wie sich die Kücken- und Lendenwirbel der Zahl nach zu einander verhalten, lässt sich nach den an beiden Skeletten über- lieferten Merkmalen nicht mit Gewissheit angeben. Drei Lenden- wirbel (mit Einscbluss des nächsten am Heiligenbein) mit Quer- fortsätzen die keinen Rippenanschluss verkündigen , und neun Brustwirbel mit Querfortsätzen für zweiköpfige Kippen Fig. 14, 16 sind bei dem zweiten Exemplar überliefert. Die Querfortsätze der Kreuzwirbel Taf. XIII , Fig. 1 , 2 gehen wie bei den Crocodilen vom Wirbelkörper aus , dagegen verbinden sie sich mit den, die starken Gelenksfacetten derselben unter- stützenden Trägern , welche von dem obern Bogen ausgehen , wo- — 480 — durch sich Belodon wieder den Lacerten nähert. Eigenthümlich aber erscheint die Herbeiziehung des dritten Wirbels oder des ersten an das zweiwirbliche Heiligenbein angrenzenden Lenden- wirbels mit seinen massigen Querfortsätzen zu der Bildung des Beckens Taf. Xni, Fig. 1,2, indem auch diese zu Bildung einer weiteren grossen Gelenkfacette für Anheftung des Darmbeins durch Querfortsätze vom Körper und Bogen aus beitragen. Ob und welche von den abgebildeten 14 Wirbeln zum Hals gehören, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Nehmen wir auch an , dass in den Lücken zwischen beiden Wirbelreihen Fig. 14, 15 und dem zwischenliegenden Paar Fig. 16 im Lager des Fossils Wirbel ausgefallen seien , so machen die massigen und langen Querfortsätze in Fig. 15 es immer noch zweifelhaft, ob diese 4 Wirbel zum Hals gehörten, indem diese Fortsätze sehr starken, wenn gleich nur einköpfigen Rippen dienen mussten, die wohl schwerlich den Hals begleiten konnten. Unter den auf Taf. Xn abgebildeten Rippen von dem zweiten Skelett finden sich nun zwar keine Rippenköpfe , welche mit Sicherheit zur Articula- tion mit diesen Querfortsätzen gezogen werden könnten. Vielleicht sind jedoch die Taf. XI, Fig. 6, 8 abgebildeten Rippenköpfe aus dem grobkörnigen Sandstein, bei welchen der Kopf und der Tu- berkel einander so nahe gestellt sind, dass sie Eine concave Fa- cette bilden, als der Typus der, für diese einfachen Querfortsätze bestimmten Rippen anzusehen, obgleich sie bei ihrer Verstümme- lung, welche das vordere Rippenende wegnahm, es ungewiss lassen, ob sie Halsrippen seien. Dagegen würde die Bildung der Dornfort- sätze Fig. 15, 19, welche auf ein starkes Nackenband hinweist, wieder für Deutung dieser Wirbel auf Halswirbel sprechen. Wie schon oben angegeben , fanden sich unter den Löwen- steiner Fossilien zwei Wirbel in solchem Grade der Vollständig- keit, dass ihre Zurückführung auf die Wirbel der beiden Stutt- garter Skelette zweifellos vorliegt. Einer derselben liegt mit einer Gelenkfacette des Körpers vor, welche die leichte Concavität der etwas ablang -kreisförmigen Scheibe zeigt; die äusseren Gelenk- fortsätze über dem Rückenmarksloch, die starken Querfortsätze, die concave Einschnürung des Wirbelkörpers ist zweifellos an diesem Wirbel ausgeprägt und nur die geringere Dimension — die Ge- — 481 — lenkfacette des Körpers hat blos 1 7.2 ^oll Durchmesser — unter- scheidet denselben von den Wirbehi der Stuttjrarter Skelette. Von einem zwei ton Wirbel aus der Lüwensleiner 8endun{( liegt der obere Bogen, stark zusammengedrückt und sclion hic- durcli ein junges Thior vcrrathend, vor. Der (iaclie (iuadratische, 1 Zoll hohe und breite Dorni'ortsatz und die von der Jiasis seines vordem Randes zu beiden Seiten auslaufenden äusseren Gelenk- fortsätze stimmen völlig mit der Bildung des obern Bogens bei den Stuttgarter Skeletten zusammen. Aus dem kiesligen Keupersandstein bei Stuttgart und zwar dessen eisenschüssigen Steinmergeln gelang es , einen ziemlich voll- ständigen oberen Bogen zu entwickeln und zu restituiren. Die Fortsätze stimmen sämmtlich mit der Bildung der Taf. XII, Fig. 14, Nr. 7, 8 abgebildeten überein. Der nicht vollständig überlieferte Dornfortsatz ist flach, nach hinten geneigt und musste, wie bei den Wirbeln in Fig. 14, Nr. 7, 8, mehr über der hinteren Hälfte des Wirbelkörpers gesessen sein; die Rudimente der inneren, hin- tern Gelenkfortsätze entspringen , wie bei letzteren , an der Basis des Dornfortsatzes, während die Rudimente der äussern, vordem Gelenkfortsätze, von dem vordem Abfall des Dornfortsatzrandes an, sich ebenso, wie bei Fig. 14, 7, 8, weit über die vordere Hälfte der Körperlänge des Wirbels hin erstreckt haben müssen. Die von oben und unten her etw^as abgeflachten Querfortsätze erstrecken sich hori- zontal auswärts und endigen in eine etwas erweiterte, flach abge- rundete Gelenkfacette; die Entfernung der letzteren von einander beträgt 6 Zoll , und unmittelbar an der Basis dieser Querfortsätze gegen vorne hin sitzt, wie in Fig. 14, die zweite Gelenkfortsatz- Facette oder der Tuberkel für den Rippenkopf am oberen Bogen. Auf der Unterseite des Fossils liegt die Rückenmarksröhre zu Tage und die Bruchflächen entlang derselben verkündigen die gleiche Erstreckung des obern Bogens über den grössten Thcil der Länge des Wirbelkörpers , wie dies Verhältniss oben bei den Wirbelreihen an den beiden Stuttgarter Skeletten als charakteristisch angegeben wurde. Auch die Erweiterung der Rückenmarksröhre in ihrer Mitte ist hier ersichtlich. Auch mehrere Fragmente von AVirbel- körpevn aus der Gruppe des kiesligen und des grobkörnigen Keupersaudsteins der Stuttgarter Umgegend tragen den Typus der — 482 — Belodon -Wivhel, nämlich die charakteristische abgerundet -coii- eave oder sattelförmige Einschnürung des Körpers aufs Unverkenn- barste an sich. 6) Das Becken. Während die Bildung des schon oben (S. 475) beschriebenen Kreuzbeins Taf. XIIT , Fig. 1 , 2 klar und deutlich vorliegt , so bietet die Diagnose der übrigen zum Becken gehörigen Knochen, soweit sie an den beiden Stuttgarter Skeletten überliefert sind, einige Schw^ierigkeiten dar. Taf. XlII, Fig. 3 , 4 gibt die Abbildung in % natürl. Grösse des in der ganzen Reihe der 60 Wirbel bei dem ersten Exemplar liegenden Beckens , soweit es hier überliefert ist , und zwar Fig. 4 von der Rücken-, Fig. 3 von der Bauchseite (vgl. S. 474). Die zwei zum Heiligenbein verwachsenen Wirbel sind vorhanden ; allein die Dornfortsätze Fig. 4 sind weggebrochen und die Querfortsätze des Heiligenbeins, welche in den Figg. 1, 2 an dem Kreuzbein des 2ten Exemplars so schön und vollständig erhalten sind, werden in Fig. 3, 4 durch die Gebirgsart in einer Weise verdeckt und sind überdiess so sehr verstümmelt, dass sie durchaus unkenntlich sind. Ueber die Anlagerung der zu beiden Seiten in Fig. 3 , 4 an den Kreuz- wirbeln anhaftenden, massigen Hüftknochen an die Kreuzwirbel lässt sich daher Nichts erkennen; überdiess sind sie selbst auch vielfach, namentlich auf der Rückenseite Fig. 4 verstümmelt. Ob die Art und Weise , wie der Hr. Besitzer dieses Becken in die Reihe der Wirbel eingereiht hat, die richtige, d. h. welcher Theil desselben , ob der in der Zeichnung Fig. 3 , 4 vorliegende obere, oder der untere nach vorne oder nach hinten gekehrt sei, darauf hat derselbe bei Aushebung des Fossils aus dem Lager seine Aufmerksamkeit nicht gerichtet, um im Stande zu sein, er- wünschte Auskunft zu geben; wenigstens Hess er dem Verf. jüngst noch auf sein schriftliches Ersuchen um Auskunft über diese Frage zurücksagen, >^dass er, durch sein Fabrikgeschäft in Anspruch genommen, keine Zeit mehr habe, sich damit zu befassen, vor 10 Jahren wäre er eher im Stande gewesen, Auskunft zu geben." Wir müssen uns daher mit Analogieen mid Conjecturen behelfen. Dass die in Fig. 3 , 4 dem Heiligenbein anhaftenden kolos- — 483 — salen Knochen das Darmbein bilden, ist bicniacli keinem Zweifel unterworfen. Vom zweiten Iv\emi)lar sind dieselben Knochen über- liefert, jedoch wie schon oben erwähnt, von dem ileili^enbein Fig. 1 getrennt; einer derselben ist vollständig überliefert und in Fig. 5, 6 von seinen beiden Flaehseiten abgebildet, von dem andern, welcher in zwei, ursprünglich durch einen Jiruch, (dessen Richtung in Fig. 5 sich von unten nach oben und schief von rechts nach links von der Mitte der kreisrunden unteren lUiciit an erstrecken würde) getrennten Hälften vorliegt, ist nur die bes- ser erhaltene Hälfte auf Taf. X, Fig. S abgebildet. Da nun der Knochen Taf. XIII, Fig. 5 auf seiner hier vorliegen- den convexen Seitenfläche seinen Anschluss an die, in Fig. 1 oben, Fig. 2 unten links von den beiden verwachsenen Heiligenbeinwir- beln ausgehende, vereinigte Querfortsatzfacette dadurch, dass diese Wölbung in besagte Facette passt , und zwar in der Art verräth, dass die drei in Fig. 5 nach rechts und unten (in Fig. 6 nach links und unten) gerichteten Aeste des Darmbeins bei dem An- schluss in Fig. 1, 2 nach links, also nach hinten, der Schwanz- seite zu, gerichtet sein würden ; so lässt sich hieraus mit genügender Sicherheit schliessen , dass auch in Fig. 3 und 4 die Oeffnung zwischen den beiden Darmbeinen, welche in der Figur nach unten gerichtet ist , in dem Skelett nach hinten oder dem Schwänze zu, die in der Fig. 3, 4 nach oben gerichtete Oeffnung zwischen den beiden Darmbeinästen aber nach vorne oder dem Rumpfe zu gerichtet sei. Hiernach würde in Fig. 4 das links befindliche Darmbein in der Wirklichkeit das linke, das rechts befindliche, das rechte, in Fig. 3 dagegen das rechts in der Figur stehende in Wirklichkeit das linke, und das links stehende das rechte sein und das in Fig. 5 , 6 abgebildete vom zweiten Skelett würde das rechte , das Taf. X, Fig. 5 das linke dieses Exemplars sein. Die beiden Darmbeine Taf. XIII, Fig. 4 sind auf der Rüeken- seite des Beckens sehr stark durch frische Brüche entstellt ; den unverstümmelten Rand dieser Parthie gibt Fig. 5 und G vom zweiten Exemplar mit dem oberen Contour dieser Abbildungen ; dagegen ist der massige vordere oder obere Ast dieses Knochen in Fig. 5, G schon ursprünglich durch einen Bruch seitwärts ver^ — 484 - schoben und es lagern entweder Fragmente desselben (Fig. 5 links, Fig. 6 rechts), oder Bruchstücke anderer Knochen hier auf. Dagegen liegt dieser massige vordere Ast des Darmbeins in Taf. X, Fig. 5 unten vollständig erhalten in seiner wahren (nicht wie in Taf. XI n, Fig. 3, 4 durch auflagernde Gebirgsart verdeckten) Gestalt vor und ebenso auch der knaufartige Fortsatz (Taf. X, Fig. 5 oben), welcher in Taf. XIII, Fig. 5, 6 nach unten steht und hier gleichfalls vollständig vorliegt , während er in Taf. XIII, Fig. 3 an beiden Darmbeinen nur als abgerundete Rudimente wie eine Knauer der Gebirgsart auf den beiden unteren und vor- deren (der Bauchseite zugekehrten) Aesten des Darmbeins angeklebt erscheint. Die beiden Taf. XIII, Fig. 3 auf der Bauchseite des Obern Astes des Darmbeins ersichtlichen , einander der Form nach gleichen , der Grösse nach ungleichen Facetten sind Brüche , keine Articulationsflächen. Hiernach erscheint das kolossale Darmbein unseres Sauriers als ein in vier Aeste ausgehender massiger Knochen , deren einer, der grösste und dickste Ast, nach vorne oder oben und unmerklich auswärts gerichtet, in einen beinahe wie eine Gelenkapophyse aussehenden Knauf (Taf. X, Fig. 8 unten) endigt, von dem ein massiger abgerundeter Rücken mit abnehmender Dicke auf der Rückenseite des Thiers nach hinten verläuft und hier zunächst in den hackenförmig zugespitzten, kleinsten und dünnsten, nach hin- ten und rückwärts ausgehenden Ast (Taf. XIII, Fig. 5 rechts oben, Fig. 6 links oben, Fig. 4 rechts und links unten und seitwärts) übergeht. Getrennt von diesem Ast durch eine parabolisch ziem- lich tief in den Knochen eingreifende Bucht tritt ein massfger, beinahe prismatisch viereckiger, etwas keulenförmig erweiterter Ast etwas schief gegen die Bauchseite herein (Taf. XIII, Fig. 3, 4 unten, Fig. 5 rechts, Fig. 6 links), welcher sich in eine flache, beinahe ebene, trapezoidische Facette, mit der er quer abge- schnitten ist, endiget. Von diesem durch eine kreisförmige beinahe Va der Kreisperipherie einnehmende Bucht, deren beinahe cylin- drisch oder conisch gebildete innere Fläche schief auswärts gerichtet ist (Taf. XIII, Fig. 5, 6 unten), getrennt tritt der vierte Ast, knaufartig kurz und mit flach abgerundeter Fläche wie eine Ge- lenkapophyse sich endigend, schief aufwärts gegen den Rücken - 485 — des vordem Astes gestellt, (Tal". X, Fig. 5 oben, Taf. XIII, Fig. 5, 6 unten, Fig. 3 die knaucrarti^Tn Hndimcnto) sfc^cn die Baucli- seite des Thiers hervor. Ks ist ersichtlich, dass das Darmbein, soweit es nach den überlieferten Knochen beider Kxemplare vorliegt, keinen Theil an der Bildung der ililftgeleiikprannc zu nelnncn scheint; ob etwa und in welcher Weise der liaclic Abschnitt des dritten, prismati- schen Astes zur N'crcinigung mit dem Sitzbein in der I'famie , wie bei den Krokodilen bestinnut sei. hierüber liegen keine bestimmten Anhaltspunkte vor. Dieses, das Sitzbein fand sich bei dem ersten Skelett nicht vor; ob es noch unter den von der Restitution übrig gebliebenen Bruchstücken vorhanden oder sonst verloren gegangen sei , lässt sich nicht bestimmen. Dagegen fand sich bei dem zweiten Skelett der Taf. XI, Fig. 5 in V4 natürlicher Grosse von beiden Flach- seiten her abgebildete Knochen , dessen Deutung auf das Sitzbein durch alle Analogieen bei den Krokodilen wie Lacerten gerecht- fertigt erscheint. Dieser Knochen, nach dem Oberschenkelbein der längste vom ganzen Skelett , ist von den zwei Seiten der Abbil- dung her flach zusannnengedrückt, und endigt in einen schief ab- gerundeten, stärker ausgebreiteten Kücken rechts in der Abbildung. Gegen das andere Ende hin dehnt sich derselbe in die Breite und Dicke zu einer massigen, nach einer Seite hin geneigten Anschwel- lung aus, welche an ihrer schmaleren, stärker hervortretenden Seite die Gelenkpfanne birgt. In dieser erscheinen mehrere, durch den Druck der Gebirgsart entstandene Risse, deren Bruchllächen in der KlafTung mit einem Anflug von Rotheisenstein, welcher überhaupt bei sämmtlichen Knochenresten dieser Skelette in dieser Form als Begleiter derselben aultritt, überzogen und demnach nicht neu sind. Aehnliche Klaftimgen zeigen sich auch auf der in der untern Abbildung vorliegenden Seite in der Parthie oberhalb der Pfanne, durch deren eine ein handgrosser Fetzen der äusseren Knochenschichte abgesprengt erscheint. Von der Mitte der Pfanne (Fig. 5 untere Abbildung) zieht sich, in der Verlängerung einer solchen KlafTung, in diese massige Knochenparthie ein .\bsatz quer über, der auch auf der entgegengesetzten Seite in der Figur oben in der Erhöhung sichtbar ist, welche in der Richtung gegen die Zahl V4 Württemb. naturw. Jahresliefte. Ibü2. 46 od. Supl.-Helt. 32 -^ 486 — sich erstreckt und hier der den Absatz bildenden Vertiefung der ersten Seite entspricht. Dieser Absatz ist durch eine leichte Ver- schiebung der in dieser Richtung des Absatzes getrennten Kno- chenparthieen entstanden. Der in der Figur oben nicht deutlich genug hervorgehobene eine Rand dieses Absatzes scheint jedoch eher auf einen ursprünglichen Bruch dieser, wenn gleich hier am massigsten und dicksten auftretenden Knöchenparthie , als auf eine Nahtverbindung oder Verwachsung zweier Knochen schliessen zu lassen; dieser Rand erscheint nämlich nicht abgerundet und regelmässig genug, um hier den Ansatz eines zweiten Knochen in der Gelenkpfanne zu verkündigen, der überdies, vermöge seiner Dreiecksform und seiner Auskeilung zu einem scharfen Rande in der Richtung links in der iVbbildung Fig. 5 unten, seine Deutung auf ein Os pubis allzu ungereimt würde erscheinen lassen. Auf der in der Abbildung Fig. 5 oben vorliegenden Seite liegt eine halbmondförmige Knochenplatte a frei auf, welche auf der ab- gebildeten Fläche ziemlich stark concav , auf der entgegengesetzten convex gebildet ist. Der convexe Rand bildet einen abgerundeten Rücken, der concave dagegen wird durch eine gegen die abge- bildete Fläche des Knochen schief einwärts und abwärts gestellte Fläche gebildet. Das eine Hörn oben in der Figur ist abgerundet, während das untere Hörn ziemlich spitz zugeht , und unmittelbar unter dem stumpfen Hörn tritt gegen den concaven Rand ein vorne zu einer ebenen Facette quer abgeschnittener Fortsatz heraus. Vom spitzen Hörn an ist die untere (in der Figur) Hälfte dieses Knochen plattenförmig-flach , dagegen wird derselbe von der Mitte an zu einem dreiseitigen Prisma, indem die den concaven Rand bildende Fläche von dem spitzen unteren Hörn an zusehends an Breite zunimmt und gegen das stumpf abgerundete Hörn hin in stark über die beiden Flachseiten hervortretende Ränder heraus- tritt, von deren einem, in der Abbildung sichtbaren der eben er- wähnte Fortsatz abgeht, während auf dem entgegengesetzten Rande kein gleicher Fortsatz abgeht, sondern dieser Rand selbst in die unterliegende Fläche des Sitzbeins eingedrückt ist und, von dem halbmondförmigen Knochen abgebrochen, dieser anliaftet. Es ist ersichtlich, dass diese freie Auflagerung des halbmond- förmigen Knochen auf dem Sitzbein nicht die natürliche Lage -^- 487 -^ oo siebtbaren eoneaven K'and schiel' einwärts tretende, gegen das stnmjjfe Ilorn breiter werdende, Fläche zeigt keine {Spur einer Hildung zu einem obern Wirbelbügen, nebendeni dass die Kreuz- wirbel Tal". XIII, l'Mg. 2 alle mit ihren massigen iJorntortsätzen versehen sind, Fs bleibt daher blos die Annahme übrig, dass dieser Knochen zu den Beckenkuochen gehöre, eine Annahme, welcher seine HcschaHenheit als eui im Ganzen flacher Knochen nicht widerspricht. Ob er nun auf ein Os pubis zu deuten sei, lür welches wenigstens seine Figur keine Analogie darbietet und dessen Ansatz an das Sitzbein nicht ausziunitteln wäre, oder ob er bei der erwähnten fragmentarischen Beschaffenheit der Parthie des Sitzbeins, der er auflagert, ein aus seiner Lage verschobener, zu diesem gehöriger Theil seines Randes sei, darüber möge die Fntscheidung vorerst noch vertagt bleiben. 7) Di e Rippen. Unter den etwa 20 und etlichen Rippen , welche um die Wirbel des zweiten Skeletts sich gelagert fanden, sind die 13 best conservirten auf Taf. XII, F'ig. 1 — 13 in V4 J^^t- Gr. abegebildet. Alle sind zweiköpfig, d. h. mit mehr oder weniger stark hinter dem Rippenkopf hervortretendem Tuberkel versehen, welcher eine mehr oder weniger ausgesprochene Gelenkfacette hat und auf einem mehr oder weniger deutlich ausgeprägten Hals steht. Unter diesen Rippen lassen sich drei }Iaui>tf(»nnen der Ge- lenkparthie unterscheiden : 1) solche, bei welchen Kopf und Tuberkel beinahe gleich hoch sind , d. h. der Tuberkel zu einem kopfartig . verlängerten Fortsatz wird, wie in F'ig. f) die in der Zeichnung auf der an- dern Rippe aufliegende , Fig. 6 und Fig. 8. 2) solche , bei welchen der Tuberkel als eine mehr oder weniger erhöhte Gelenkfacette 1 bis l '/i ^'^ll unterhalb des, das Fnde einer unmittelbaren Verlängerung der Kippe bildenden, Rip- penkopfes sitzt; Fig. 1, 2, 3, 9, 10, 12. 3) Solche, bei welchen von der Stelle an, wo der Tuberkel 32* ~ 488 - sitzt, der Hals des Rippenkopfes eine Umbiegung in stumpfem bis beinahe rechtem Winkel gegen den Verlauf der Rippe macht, Fig. 5 die untere Rippe, Fig. 7, 11, 13, 4. Mehrere derselben, wie Fig. 2, 3, 5, 6, 8, 9, 11 sind vollständig bis zum vordem Ende überliefert und beurkunden theilweise (Fig. 5, 6, 8, 9), durch eine Länge von 3 Fuss und darüber einen Körper- umfang des Thieres , welcher dem der jetztlebenden grössten Kro- kodile gleichkommt, wo nicht denselben übertriftt. Das vordere Ende dieser Rippen weist (Fig. 3 , 8 , 5) einen abgerundeten, wenig hervortretenden Knopf auf, mit welchem die Verbindung der Rippe in einem Knorpelfortsatz mit dem Brustbein angedeutet zu sein scheint , der sich vielleicht an die abgerundete Langseite des letztem angelegt haben mochte. Auch die zu der Form Nr. 3 gehörige, in Fig. 11 abgebildete Rippe ist bis zum vorderen Ende überliefert, jedoch schon vermöge ihrer geringeren Länge eine falsche Rippe, deren Anschluss an einen Knorpelfortsatz durch keine knopfartige Auftreibung des vorderen Endes angezeigt ist. Bei allen diesen Rippen ist auf der Innenseite, von der Ge- lenkparthie an auf grössere oder geringere Erstreckung, eine mehr oder weniger tiefe Rinne für die Intercostalarterie ersichtlich , wo- durch der Durchschnitt der Rippe hier eine Kurve bildet, welche nach einer Seite hin stark convex, auf der Gegenseite mehr oder w^eniger concav wird. Gegen das vordere Ende verschwindet diese Ungleichheit und der Durchschnitt wird elliptisch mit mehr oder weniger Excentricität. Vergleichen wir diese Beschaffenheiten der hinteren Rippenenden mit den Querfortsätzen der Wirbel, so schliessen sich die ad 1) geschilderten Rippen mit beinahe gleich weit hervortretendem Rip- penkopf und Tuberkel ohne Zweifel an die mittleren in Taf. XII, Fig. 14 abgebildeten Wirbel an, bei welchen die vom obern Bo- gen ausgehenden Querfortsätze und Tuberkeln für den Rippen- kopf gleichfalls einen geringeren Unterschied in der Länge des Heraustretens zeigen, d. h.. die Querfortsätze verhältnissmässig kurz , die Tuberkeln verlängert sind ; die ad 2) geschilderten For- men mit Köpfen , welche die geradlinigte Verlängerung der Rippen bilden und deren niedrige Tuberkeln mehr oder weniger weit hin- ter dem Kopfe sitzen, schhessen sich an die Wirbel Taf. XII, - 489 — Fig. 14 mit stark verlängerten Querfortsätzen und niedrigen, an dem obern Bogen sitzenden Tuberkeln an (wie Fig. 14. Nr. 7. 8.); während die ad .S^ geschilderten Kippen mit Umbiegung des Rip- penkopfhalscs sicii an die Taf. XII, Fig. 16 gezeichneten Wir- bel mit verlängerten , an dem obern Hogen haftenden Qnerfort- sätzen und an dem Wirbelkörper iiaftenden Tuberkeln für den Rippenkopf sich anschliessen dürften, zumal da die Köpfe und Tuberkeln der Rippen Fig. 7, 11, 13, 4, auch durch ihre Abrundung den abgerundeten Querfortsätzen und warzenartigen Tuberkeln am Körper der Wirbel Fig. 16 zu entsprechen scheinen. Für die einfachen Querfortsätze ohne Tuberkel Taf. XII, Fig. 15, 19 jedoch fanden sich bei beiden Stuttgarter Skeletten keine ein- köpfigen Rippenkopf- Formen und selbst die den Typus falscher Rippen, vermöge ihrer Kürze zwischen Rippenkopf und dem sich gleichförmig auskeilenden vorderen Ende , an sich tragenden Rippen- formen , wie Taf. XII, Fig. 4, 11 würden nicht für die Inser- tion auf die eine, dach rinnenförmig vertiefte und abgerundete, Facette der Querfortsätze in Taf. XII, Fig. 15, Nr. 12, 13, passen. Die Rippen Taf. XII , Fig. 2 , 3 zeigen callöse Verwach- sungen von Rippenbrüchen und liefern somit einen Beitrag zu pathologisch veränderten fossilen Knochen. * In Fig. 2 erscheint eine seitliche callöse Auftreibung neben den zwar in einerlei Rich- tung liegenden , jedoch nicht vereinigten Bruchenden ; in Fig. 3 sind die Bruchenden über einander geschoben. Unter der v. HügeTschen Sendung aus Löwenstein fand sich eine mit dem Gelcnkende vollständig überlieferte, kleine, 2 V^ Zoll lange, zweiköpfige Rippe von der oben angegebenen Form ad 2), bei welcher nur der Hals des Rippenkopfs kürzer im Verhältniss zu der Hervorragung des Tuberkels erscheint. Das vordere Ende ist nicht vollständig überliefert , jedoch lässt die schnelle Abnahme der Dicke dieser an und für sich ziemlich (lachen Rippe schlies- sen, dass sie zu den falschen Rippen gehöre. * Vgl. Nova acta Acad. Cäsar. Lcop. Carol. Vul. üi, 2 S. 671 die Abhandlung von Dr- Mayer, vüber fossile krankhafte Knochen «r, unter welchen jedoch keine l^ippon aufgezählt sind. — 490 ~ Mehrere stärkere Rippenfragmente in der Lövvensteiner Sendung ohne überlieferte Rippenenden zeigen bezüglich der Rinne und der Durchschnittsformen auf ihrem ganzen Verlauf eine völlige Ueber- einstimmung mit den Taf. XII abgebildeten, nicht abgeflachten Rippenformen, wie Fig. 3, 7, 8, 9, 10, 11, bei den Stuttgarter Fossilien. Dasselbe gilt von ähnlichen Rippenfragmenten aus dem kiesligen und dem grobkörnigen Keupersandstein der Stuttgarter Umgegend. Unter den aus dem grobkörnigen Keu])ersandstein bei Stuttgart von demselben Fundort, woher die Zähne kamen, herrührenden Rippen mit überlieferten Gelenkenden zeigt sich theilweise die- selbe Beschaffenheit des Gelenkendes, wie bei den Stuttgarter Ske- letten. Die Rippe Taf. XI, Fig. 8, deren Kopf etwas verletzt ist, gehört zu den ad 1) Taf. XII, Fig. 6 erwähnten Formen mit gleich grossem Rippenkopf und Tuberkel ; die Rippe Taf. XI, Fig. 6, bei der der Kopf gleichfalls verstümmelt, zu den ad 2) ge- schilderten Taf. XII, Fig. 1. Bei der Rippe Taf. XI, Fig. 7 ist der Tuberkel etwas beschädigt; es zeigt sich hier eine lamellöse Ausfüllung der Gabel zwischen Kopf und Tuberkel, welche bei- nahe in eine Schneide endigt. Diese Rippe unterscheidet sicli von den bisher besprochenen Formen zunächst durch diese tiefe Gabel zwischen Kopf und Tuberkel, und ihre Ausfüllung mit einer auskeilenden Knochenlamelle, was bei keiner der Rippenformen bei den Stuttgarter Skeletten sich findet. Auch verrathen Kopf und Tuberkel durch ihre spitzig zu- gehende Form, welche eine eigentliche Articulationsfacette aus- schliesst, keinen genau articulirenden Anschluss an Querfortsätze von Wirbeln, sondern eher einen durch Ligamente oder Knorpel vermittelten, und es würde sich fragen, ob diese Rippenform, die an und für sich durch ihre Dimensionen ein jüngeres Thier zu verkündigen scheint, nicht etwa (durch allmählige Verknöcherung des Knorpelansatzes) sich der ad 1) erwähnten Rippenform Taf. XII, Fig. 5, 6, 8, anschliessen dürfte. Es ist ersichtlich, dass die von dem zweiten Stuttgarter Ske- lett-Exemplar herrührenden Rippen und die ihrer Gelenksparthie entsprechenden Insertionen derselben an die Querfortsätze und Tuberkeln der Wirbel im Wesentlichen mit der Osteologie der — 491 — Krokodile überrinkomnil, wenn sieli aiicli über ihre abbolute Zahl ebensowenig, wie über die be/,iip:lieheii Z;ddrii der verschiedenen Wirbeiarten niid der ilnicn an^^elnM-inen l\i|)|ifMi, etwas Genaneres angeben liisst. Es trilVt zu: der irippeiianschluss bei den ersten Ivückenwirbehi Tat" XII, Fiii-. IH an den einfachen (>uerl'ort8at/- vom obern Bogen und den Tuberkel am Wirbelkörpcr; bei den weiteren Rückenwirbeln Taf. XII , Fig. U, an den vom obern Bogen aus- gehenden Querfortsatz und den vor letztcrm am obern Bogen sitzen- den Tuberkel für den Rippeidcopf. Die Bifurcation der zu den erste- ren Kückenwirbeln gehörigen Rippen der Krokodile ist, wenn gleich in minderer llervorragung des Kippentuberkels, bei den oben ad 3) aufgezählten Kippen mit umgebogenem Hals vorhanden; die Thei- lung der an die mittleren Kückenwirbcl anschliessenden Kippen in 2 Lappen ist bei den oben ad 1) erwähnten Kippen zu erkennen. Das Zurücktreten des Kippcntuberkels mehr oder weniger hinter den Hals des Kippenkopfs trifft bei den übrigen, oben ad 2) er- wähnten Kippen zu, welche den Wirbeln mit verlängertem Quer- fortsatz und zurücktretendem Tuberkel vor und unter letzterem entsprechen. Ein wichtiger Unterschied von den Krokodilen bezüglich der Kippen und ihrer Anheftung an die Wirbel ist dagegen darin zu erkenne.., dass nicht die zwei letzten, d. h. hintersten Rucken- wirbel es sind , welche nur einfache Querfortsätze vom oberen Bogen mit Facetten für cinköpfige Rippen haben, vielmehr d,e Brustwirbel Taf. XII, Fig. 14, bis zum ersten Lendenwnbel Nro. 1, (welcher keine Facette am Querfortsatz hat,) einen doppelten Quer- fortsatz am Obern Bogen haben; dass dagegen die vorderen oder oberen Brustwirbel Taf. XH, Fig. 15, nur einfache Querfortsatze mit Facetten für einköpfige Kippen aufweisen. Von verkümmerten Halsrippen, wie bei den Krokodilen der Jetztzeit, Hess sich ebensowenig eine Spur bei dem zweiten Exem- plar finden, wie von Wirbeln, welche durch ihre tuberkelart.gen Ouerfortsätze am oberen Bogen und Wirbelkörper sich als Hals- wirbel geltend machen; ebensowenig findet sich auch eine Spur von unteren Wirbelbögen und unteren Dornfortsätzen. Ob und welche dieser Kennzeichen von Halswirbeln sich unter den vorder- — 492 — sten von den 27 Wirbeln zutreffen, welche vom Kreuzbein auf- wärts bei dem ersten Skelett - Exemplar vorhanden seien, lasst sich ohne genauere Untersuchung derselben nicht angeben. Noch ist hier eines aus dem kiesligen Keupersandstein in der Umgebung von Esslingen herstammenden Rippenfragments von einem ganz andern Typus zu gedenken . das dem Verfasser schon vor langen Jahren zukam. Dasselbe ist flach mit keilförmig zu- gehenden Rändern, 8 Zoll lang, IV, Zoll breit, leicht gebogen, auf der (convexen) Aussenseite querüber selbst wieder convex, auf der Innenseite dagegen begleitet die beiden Seitenränder eine leicht vertiefte Depression , so das8 die Mitte der Rippenfiäche als ein abgeflacht hervortretender Rücken erscheint. Eine solche flache Bildung und solche Schärfe der Ränder weist keine der ßelodon- Rippen von den beiden Skeletten auf. Unter den Löwensteiner Fossilien fand sich in mehreren Sand- steinbrocken eine Anzahl dünner, schmaler, langestreckter, nahezu parallel beisammenliegender Knochenreste , wovon einer vollständig vorhanden war und auch vollständig herausgearbeitet werden konnte. Diese Knochenreste tragen sämmtlich den Charakter von Bauch- rippen, von welchen bei dem 2ten Stuttgarter Skelett gleich- falls einige Spuren zu finden waren. Diese eben erwähnte, vollständig ausgearbeitete Bauchrippe bildet eine stumpfe Winkel- form, in welcher der eine, kürzere, gerade und der andere, län- gere, leicht nach einwärts gebogene, d. h. gegen die Winkel- öffnung convexe Schenkel des Winkels unter cca. 110" zusam- menstossen. An der Winkelspitze sind die inneren Ränder der etwas flach zusammengedrückten Schenkel leicht ausgeschweift, d. h. sie bilden keinen scharfen Winkelraum , nach aussen zu tritt ein 5 Linien breiter, keilförmig abfallender Grat über die zusam- menlaufenden äussern Ränder der Schenkel 2 — 3 Linien weit hin- aus und zeigt auf einer seiner beiden flachen Seiten, welche mit den zwei ungleich convex abgeflachten Flächen des ganzen Ver- laufs dieses Knochen zusammenfallen , eine in die keilförmige Schneide dieser Hervorragung verlaufende Unebenheit , welche die- ser Schneide eine zahnartige Kerbung und damit das Gepräge einer Anheftungsstelle für Aponenrosen verleiht. Der eine 7 Zoll lange, gekrümmte Schenkel hat, wie der andere, an der Winkelspitze - 493 - 5 Linien Breite und 4 Linien Dicke, und ist bis zu seiner Spitze, in die er mit allmähliger Abnalinie seiner Breite und Dicke ver- läuft, vollständig überliefert, der andere Schenkel ist bei 3 Zoll «einer Länge abgebrochen. Von 3 anderen ähnlichen Knochen- resten ist die ganz gleich gebildete Winkelparthie , von andern die Spitzenparthie, von noch andern der mehr oder weniger lange Verlauf der Schenkel überliefert. Zwei andere, sonst nach Form und Dimensionen überein gebildete, ähnliche Knochenroste zeigen, statt dem keilförmigen Ansatz, an der Anssenseitc der Winkcls])itzp eine Abrundung auch des äussern Randes, während sie durch Aus- keilung des einen Schenkels und die gleichförmige Verjüngung des anderen, nicht vollständig überlieferten, abwärts von der Um- biegung gleichfalls den Typus von nicht articulirenden Bauchrippen an sich tragen. Der Güte des Herrn Generalstabsarztes Dr. v. Klein verdankt der Verfasser eine ganz gleiche Bauchrippe, wie die der letztgenannten Art, und auch von gleichen Dimensionen in einem Brocken des grobkörnigen Keupersandsteins aus der Um- gegend von Stuttgart. Die bei dem zweiten Stuttgarter Skelett gefundenen Spuren von Bauchrippen bestehen in einigen Fragmenten sehr dünner Knöchelchen von 4 — 5 Linien Durchmesser, gleichförmiger, cy- lindrischer Form und mehreren Zollen Länge. Sie unterscheiden sich von den Löwensteiner Bauchrippen, welche die Winkelform aufweisen , höchstens durch ihre reine Cylinderform , da ersterc mehr eine ungleichseitige Dreiecksform in ihren Durchschnitten darbieten. Dagegen finden sich bei der Löwensteiner Sendung gleichfalls mehrere rein cylindrische Fragmente von gleich dünner Beschaffenheit; daher die Herbeiziehung dieser Bauchrippen zu dem Genus Belodon keinem Zweifel weiter unterliegen dürfte. 8) Das Brustbein. Taf. XI, Fig. 1 ist ein üacher Knochen von dem ersten Exemplar, in V4 "«t. Grösse abgebildet, dessen Deutung auf Brustbein vorerst als die wahrscheinlichste erscheinen muss . ob- gleich für die Deutung der hier auftauchendcji Form einer grossen, ein Oblongum mit wiilstartig abgerundeten , nahezu parallelen, längern Seitenrändern darstellenden . massigen Knochenplatte auf — 494 — ein Sternum weder in der Brustbeinbildung lebender noch fossiler Saurier Analogien zur Seite stehen. Der Verfasser hat hiebei zu bedauern , dass ihm eine genauere Untersuchung dieses merkwür- digen Stücks auf Nähte ii. a. Verbindungen , sowie auf innere Tex- tur, um etwa verknöcherte Knorpelansätze und wirkliche Knochen- masse zu unterscheiden , sowenig , als eine solche nähere Unter- suchung der übrigen Skelettheile , vom Herrn Besitzer ;k^erstattet wurde, um hiedurch auf Analogieen zu gelangen, welche eine Zu- rückführung auf die Organisation der Sternalparthie der jetzt le- benden Krokodile oder Lacerten mit Sicherheit ermöglichen könnten. Auch sind die noch stark anhaftenden Parthieen der umschlies- senden Gebirgsart störend. Der Verfasser beschränkt sich daher auf Nachweisung dessen , was er durch äussere Ansicht erheben konnte. Die Gesammttigur ist die eines umegelmässigeii Oblongum. Die beiden Flächen , sowohl die in der Abbildung vorliegende als die entgegengesetzte, sind völlig glatt, ohne Configuration, die beiden Längsseiten -Ränder, gegen welche die 1 — 3 Zoll be- tragende Dicke der flachen Knochenplatte zunimmt, sind gleich- förmig abgerundet ; der nicht vollständig überlieferte Rand der kür- zeren Seite des Oblongum (rechts in der Abbildung) zeigt eine voll- ständige Gleichförmigkeit der Knochenbildung , d. h. schliesst eine Sutur oder andere Knochenverbindung aus; die Knochenbildung besteht in einer porösen, V2 ^is 1 Zoll dicken, Knochenlage zwi- schen zwei massigen, compacten, die beiden Oberflächen des Ganzen bildenden, V4 his 1 Zoll dicken, Knochenschich^en. Das Ganze ist, wie alle Knochentheile bei beiden Stuttgarter Skeletten, häufig zerklüftet und die braune thonigte Gebirgsart in diese Zwi- schenräume eingedrungen. Die Mittelparthie der Schmalseite rechts in der Abbildung ist durch einen Querbruch entfernt, es lässt sich daher nicht entscheiden , ob und wie weit sich eine Verlängerung der Knochenplatte in ihrer Medianlinie an und für sich, oder mittelst Ansatz einer Knorpelverlängerung, gegen das Abdomen er- streckt habe. Bemerkenswerth ist der Umstand , dass die Knochen- platte, wie überhaupt in ihrer Mitte, so auch hier an der untern Schmalseite dünner ist und an Dicke gegen die geradlinichten Seitenränder zunimmt. Gegen die Abdominalseite hin scheint sich - 495 — die Platte aufzukeilen, soweit sich dies an dem iiocli überliefer- ten Kande (oberhalb des Bruchs in der Tijifur) erkennen lässt; der Rand neben dem Hruch gen^en die untere fjanp^seite in der Fipur ist noch mit Gebirgsart behaftet, ebenso der untere I.angscilcnr.ind. An der cntpegen.üesctzten Schmalseite des (Mjl(»i»^uni links in der Abbildiuifi- gehen die. Langscitenrjindcr geradliuigt in zwei lange, gegen die abgebildete Fläche nicht ganz syuunetrisch aiil- wärts gebogene, beinahe eyiindrische Fortsätze über, welche sich in einen, auf seiner Spitze abgeflachten, beinahe einen verkehrten Conus darstellenden Knopf endigen. Von der Mitte seiner Längei;- dimension an erscheint der flache Knochen etwas gefaltet , luid in der durch die beiden Fortsätze gebildeten IJucht links in der Abbildung biegt sich der Rand des , in dieser Richtung an Dicke abnehmenden, flachen Knochen in demselben Sinne , wie die Fort- sätze, iti zwei, wie es scheint, durch Spaltung entstandene, d. h. nicht ursprünglich in dieser Art getremite, etwas übereinander verschobene , ungleiche , abgerundete Lappen auf, deren Ränder nicht ganz überliefert sind. Die Faltung des flachen Knochen und diese l ebereinanderschiebung der Lappen lässt auf eine, durch den Druck der Gebirgsart verwischte , starke Wölbung des flachen Knochen zwischen den beiden Fortsätzen schliessen. Eine merk- liche Einschnürung am Ursprung des einen Fortsatzes (am oberen Langscitenrand in der Abbildung) , während diese Parthie bei dem anderen Fortsatz mit zwei auflagernden Fussknochenfrag- menten bedeckt ist, lässt auf eine hier vorhandene Knochemand- verbindung schliessen und wird die Deutung der beiden Fortsätze auf die hier an das Sternum angesetzten Cor aco idal -Kno- chen rechtfertigen. Es ist oben S. 397 erwähnt worden, dass in der Wasser- rinne am Fundort zerstreut liegende Fragmente von Knochen ähnlicher Uildun^ . wie die Knochenmasse der in Rede stehenden Knochenplatte, nämlich mit einer Schicht poröser Knochenmasse zwischen zwei starken, conij^akten Knochenschichten, den Verfasser auf die Entdeckung des zweiten Skeletts geleitet haben , und es gelang, aus den so aus der Wasserrinne zusammengebrachten Fragmenten und mehreren andern , welche an dem so entdeckten Fundort des zweiten Skeletts unter den hier zusammengelagerten - 496 - Knochenresten noch weiter ausgehoben werden konnten, sowie aus mehreren , an dem Fundort schon in früheren Jahren gefundenen, ähnlichen Knochenbrocken eine Knochenplatte von etwa V4 Qua- dratfuss Fläche zusammenzusetzen , welche die Parthie der Taf. XI, Fig. 1 abgebildeten Platte von einer der abgerundeten Langseiten her wiedergibt. lieber das Lagerungsverhältniss dieses Knochen Fig. 1 zu den übrigen Theilen des ersten Skeletts konnten von dem Hrn. Besitzer keine näheren Nachweisungen erhalten werden: dass derselbe auf das Brustbein zu deuten sei, wird wohl keinem Zweifel unterlie- gen , denn die übrigen Chancen , welche für Deutung dieses Stücks auf andere flache Knochen des Skeletts als das Brustbein, offen ständen, nämlich entweder auf Schulterblätter, oder auf Kopf- knochen, schhessen sich von. selbst aus. Zwei aneinander gescho- bene Schulterblätter können hier nicht erkannt werden, da die Knochenplatte an dem Rande der Schmalseite rechts in der Abbil- dung querüber ganz ist, d. h. keine Zusammengrenzung oder Uebereinanderschiebung von Knochenrändern in der Medianlinie zeigt : Schädelknochen aber müssten Nahtverbindungen und die Langseitenränder Hindeutungen auf Zahninsertionen oder Verbin- dungen mit dem Oberkieferbein aufweisen, wovon bei der gleich- förmig glatten Bildung beider Oberflächen der Knochenplatte und der gleichförmigen Abrundung der Langseiten keine Spur nach- weisbar ist. Auch würden die beiden Fortsätze einer Deutung des Ganzen auf Schädelknochen im Wege stehen. Vorerst also bleibt blos die Deutung auf Brustbein übrig, für welche auch die er- wähnte Auflagerung von Fussknochen (Vorderfussknochen) an ei- nem der Cor-acoidalfortsätze einen Grund der Wahrscheinlichkeit weiter an die Hand zu geben geeignet ist. Bleibt hienach die Deutung auf Brustbein als die allein wahr- scheinliche übrig, so wäre die in der Abbildung vorliegende Seite die Innenseite, die Aufbiegung der beiden Coracoidalfortsätze wäre eine natürliche gegen das Schultergelenk , in welchem die Facetten der beiden knopfförmigen Apophysen ihre Verbindung hätten , und es wäre auch hierin eine nähere Verwandtschaft mit den Croco- dilen als mit den Lacerten gegeben , namentlich in der Beschaff'en- heit der Coracoidalfortsätze; während eine Eigenthümlichkeit in — 497 — der ablangen, statt rliouiboidalen Form der nrustbeinschcibc, in ihrer vollständigen Knochentextur mit einer scliwannnigen Knochen- schichte zwischen massioen iSchichten einer, beide Oberilächen bil- denden, Lmiiina vitrcd und in der Abwesenheit jenes, bei den Krokodilen allein verlvnüeherten, dolcharti«ieu Mittelstiicks, zu er- kennen ist, dessen Handhabe sich bei den Krokodilen bis über die Coracoidalfortsätzc heraus, zwischen diesen gegen den llal> verlängert , und das sich in der Medianlinie in den Knorpelschild einsenkt; dieses Mittelstük miisste als derjenige Theil des Krokodil- Brustbeins, welcher allem feste Knochentextur hat, sicherlich aucli in dem Fossil vorhanden seiu, wenn es bei Belodon vorkäme. In Betreff der Ansätze der vordem Kippenenden an dieses Brustbein ist, wie schon erwähnt, kein Anhaltspunkt für eine sichere Vermuthung gegeben. 9) Die Knochen der Extremitäten. Die Grösse und Massenhaftigkeit der Extremitätenknochen bei beiden Stuttgarter Skeletten , welche an die der grössten vorwelt- lichen und jetztlebenden Landsäugethiere grenzt, reiht den Belodvii zu der von H. v. Meyer aufgestellten Abtheilung der Pachypoden unter den fossilen Sauriern. Diese Knochen sind vornehmlich im ersten Skelett in grosser Vollständigkeit überliefert und finden sich, u. z. die Arm- und Schenkelknochen auf Taf. X und XI in '/^ natürlicher Grösse, und die Fussknochen auf Taf. IX in natürli- cher Grösse abgebildet. a) Die Arm -Knochen. Taf. X Fig. 1, Taf. XI, Fig. 2 sind die beiden Oberarm- knochen vom ersten Exemplar, beide vollständig überliefert, er- sterer der linke von der Aussenseite , letzterer der rechte von der Innenseite. Sie zeigen eine merkliche doppelte Krümmung in ent- gegengesetztem Sinn und zugleich eine Drehung, bei welcher die Fläche des Schultergelenkkopfes beinahe senkrecht zu der Breiten- dimension der EUbogengelenksapophyse steht. Ersterer, der Schul- tergelenkkopf ist stark vorwärts gerichtet, erscheint als ein starker, flachabgerundeter Kücken, welcher bis auf die Mitte des Knochen herab in einen stark hervortretenden, flügelförraigen Ansatz verläuft. — 498 — Durch diesen flügeiförmigen Ansatz in Verbindung mit der starken Ausbiegung des gleichfalls flach ausgebreiteten Gelenkkopfes nach der entgegengesetzten Seite entsteht eine ganz eigenthümliche, bei- nahe hackbeilartige Bildung der Schultergelenksparthie , nahezu eyiindrisch-convex auf der Aussenseite, und ebenso concav auf der Innenseite, welche auf einen genauen Anschlus der Concavität dieses Knochen an die Wölbung des Thorax schliessen lässt, bei welchem keine grosse Beweglichkeit des Oberarms im Schulterge- lenk möglich war. Die in der Mitte cylindrische , verhältnissmässig schlanke Knochenröhre mit starker Markhöhle erweitert sich wieder rasch zum Ellbogengelenkkopf, gegen welchen hin die Knochen- röhre in entgegengesetztem Sinn vom Schultergelenkkopf eine leichte Krümmung zeigt. Der Ellenbogengelenkkopf selbst theilt sich in der Richtung quer gegen die Fläche der Schultergelenkparthie in zwei, durch leichte seitliche Gruben geschiedene, ungleich hohe, flach abgerundete Gelenksfacetten, welche auf der Gelenkfläche durch einen schmalen Rücken verbunden sind. Vergleicht man die Bildung des Schultergelenkkopfes des Oberarmknochens von Beloclon mit dem Typus der jetztlebenden Saurier, so erscheint dieselbe mehr der abgeflachten, zusammen- gebogenen Schultergelenksparthie bei den Lacerten genähert, als dem länglichen , querüber abgerundeten Schultergelenkkopf bei den Krokodilen , unterhalb dessen und getrennt von dessen Facette sich erst der Deltoidalgrat , — wenn gleich gegen den Schultergelenkkopf aufgebogen , wie bei Belodon, — ansetzt. Bei Belodon erscheint der Rücken des flügeiförmigen Ansatzes, welcher dem Deltoidalgrat entspricht, als unmittelbare Fortsetzung des, eine beinahe kreisförmige Curve bildenden Verlaufs der quer- über abgerundeten Schultergelenksfacette. Vom zweiten Exemplar rührt der Taf. X, Fig. 2 von der Innen- und Aussenseite abgebildete, vollständig überheferte, rechte Oberarmknochen , der vollkommen mit den beiden vom ersten Ex- emplar übereinstimmt , sowie der nicht vollständig überlieferte Knochen Fig. 3 her. Dieser sehr massige , sehr unregclmässig ge- rundete Knochen lässt schon in den unregelmässigen flachen Höckern seiner ganzen Oberfläche auf eine Abnormität erkennen, welche eine krankhafte Degneration verkündigt ; dazu kommt , dass in den — 499 — in der Zeichnung angedeuteten IJriichen die Knoclienwand viel diiinier, als bei den übrigen rührentürniigen Knociien (kaum 2 — 3 Li- nien diek) und stark aufgelockert (mit rothem Tlion durelidrungen), und das Innere mit (Jebirgsart ausgefüllt erscheint, zwischen welchei Knochen -Fasern und Lamellen wie eingesprengt liegen und eine Auflockerung und Auiircibung eines urspriinglieh zu den Kühren- knoehen gehörigen Knochen verrathen, die weder durch Callosiiiit eines geheilten Knochenbruchs , wovon sich keine S|)ur lindet , ikmIi durch Caries, Necrosis oder Osteosarcom , da sich keine Durch- löcherung zeigt, sondern durch eine Osteoporosis entstanden sein musste. Hiedurth würde ein weiterer merkwürdiger Beitrag zu pathologischen fossilen Knochen geliefert sein. (Vgl. oben 8. 489.) Vergleichen wir den oben links in der Abbildung Fig. 3, auf die Seite, welche die Abbildung darstellt, aufgebogenen flügelför- migen Ansatz nebst der flach concaven Beschaffenheit der an ihn angrenzenden Oberfläche des hier auf einmal flach werdenden, kaum iVi ^oll dicken Knochen, mit dem flügeiförmigen Ansatz des Oberarmknochen an die hier gleichfalls plattenförmig ausge- breitete Parthie des letztern, so fällt sogleich in die Augen: die gleiche Dimension von dem unten in Fig. 3 ersichtlichen Gelcnk- kopf bis zu dem flügeiförmigen Ansatz, wie in Fig. 1 und 2 von dem Ellbogengelenkkopf an , ferner die, nur durch die doppelte Breite und Dicke dieses unteren Gelenkkopfes Fig. 3, gestörte, Uebereinstinunung in der Bildung der beiden Facetten desselben mit den Facetten des Ell- bogengelenks in Fig. 1 u. 2, indem die eine mehr , die andere weniger hervortritt, beide, durch seitliche Gruben gesondert, durch den flachen Rücken auf der Gelenkfläche verbunden sind und gegen die Fläche der oberen Parthie wie bei dem llumerus Fig. l, 2 gedreht erscheinen, — und es drängt sich die Deutung des Knochen Fig. 3 auf den pathologisch degenerirten, durch Osteoporosis zu abnormer Dicke von dem Ellbogengelenk an bis zum flügeiförmigen Ansatz aufge- triebenen, linken Oberarmknochen des zweiten Exemplars mit hohem Grade von AV^ahrscheinlichkeit auf. Jede Deutung dieses Knochen- restes auf einen andern Knochen, unter denen mm hinsichtlich der Dicke kein anderer als das Femnr in Wurl' konmien könnte, wird unmöglich durch den beinahe senkrecht auf die Längenaxe dieses Knochen gestellten , von dem ttügelförmigen Ansatz links oben in — 500 - der Abbildung querüber laufenden , abgerundeten Rand der oberen flachen Parthie des Knochen bis zu der punktirten Linie, welcher (Rand) in seinem weiteren Verlauf nebst der übrigen flachen Parthie durch einen frischen Bruch weggenonunen ist und durch die , den ümriss des weggebrochenen Theils wiedergebende punktirte Linie anzudeuten versucht wurde. In diesem Bruch selbst erscheint die 1 bis 1 7.2 Zoll, dicke Knochenplatte nicht krankhaft degeiierirt, die beiden 3 — 4 Linien dicken Knochenwände sind natürhch compact und die schwammige Knochenlage zwischen denselben gerade so gleich- förmig angelagert, wie in den Brüchen dieser Parthie bei dem re- stituirten Oberarm Fig. 2. Vermöge dieses schief gegen die Axe des Knochen Fig. 3 gestellten Bruchs ist nun die, hiernach seit- wärts gerichtete Fortsetzung dieser flachen Parthie desselben ent- fernt, wie sie bei dem Oberarmknochen Fig. 2 bis zum eigentlichen, seitwärts ausgebogenen Schultergelenkkopf stattfindet, eine Ueberein- stimmung, welche durch die Gegenüberstellung eines vollständigen, natürlichen , rechten Oberarmknochen als Gegenstück in Fig. 4 zu verdeutlichen getrachtet wurde. Hiernach würde, unter Voraussetzung der Richtigkeit dieser Diagnose, der Knochen Fig. 3 sich als patho- logisch degenerirter linker Humerus zu dem gleichfalls von seiner Innenseite in Fig. 4 in einer, die ganze Fläche dieser Innenseite darstellenden, Lage abgebildeten, rechten Humerus verhalten. Bei den Oberarmknochen vom ersten Exemplar Taf. X Fig. 1, Taf. XI Fig. 2 sind im Schultergelenk Bruchstücke flacher, 1 — 2 Zoll dicker Knochenplatten auf der Höhe des Gelenkkopfes durch die Gebirgsart angeklebt. Der gegen den Humerus gekehrte Rand dieser Knochenplatten ist überliefert und erscheint als ein flach abgerundeter Rücken ; weiterhin ist der , von dieser Gelenkfläche an allmählig dünner werdende Knochen durch Bruch verstümmelt. Der Ansatz dieser Knochenfragmente bei beiden Oberarmknochen des ersten Exemplars im Schultergelenk wird ihre Deutung auf Schulterblätter rechtfertigen ; zugleich aber auch wird die Üeberein- stimmung dieser beiden Knochenstücke nach Figur des überlieferten Randes, Dicke, Breite, leicht convexer Aussenfläche Taf. X, Fig. 1 und leicht concaver Innenfläche Taf. XI, Fig. 2 mit den beiden Taf. X, Fig. 7 abgebildeten, mit dem dünneren Ende übereinander geschobenen, flachen Knochen, welche vollständig überliefert sind und - 501 — vom zweiten Exemplar herrühren, in diesen die Schul terb lütter des letztern erkennen lassen. Jieide verhalten sich wie paarige Knochen nach Lange, Dicke, Wölbung der einen und (Joncavität der anderen Fläche /u einander, der dickere liand des einen und des andern dieser Knochen rechts und links in der Abbildung ist gebildet wie die der Fragmente in dem 8chultergelenk Tai. X Fig. 1, Taf. XI Fig. 2 ; von da an nimmt sowohl Dicke als Breite all- mählig ab und der dem dicken, dem Schultergelenk angehörigen Rande entgegengesetzte, mit welchem die beiden Knochen über einan- der geschoben sind, ist, wie an der obenaufliegenden Knochen- platte rechts in der Figur ersichtlich , welche durch den Druck der CJebirgsart eine starke Verkrümmung erlitten hat, ciuerüber gerad- linigt abgeschnitten und wulstformig, und lässt hier vielleicht auf den Ansatz eines Knorpelfortsatzes schliessen. Die Känder dieser sehr ablang trapezförmigen oder spateiförmigen Knochenplatten verrathen nirgends einen iVrticulations- Fortsatz oder eine Facette, und die Form dieser Schulterblätter weicht hierin in eigenthüm- licher Weise von den Bildungen der gleichen Knochen bei Kro- kodilen und Lacerten ab. Wenn die Deutung der beiden gekrümmten Fortsätze bei dem Brustbein Taf. XI, Fig. 1 auf die an letzteres angelagerten Coraeoi- dalknochen gerechtfertigt erscheint, so würde unstreitig die Arti- culationsstelle für die Gelenkköpfe dieser Rabenschnabelfortsätze zwischen der massigen, hier eine flachgewölbte Facette bildenden, seit- lichen Ausbiegung des Schultergelenkkopfes vom Humerus Taf. X Fig. 1 links, Fig. 2 rechts und der abgerundeten Ecke an dem dickeren Ende des Schulterblatts zu suchen sein. Bei dem Humerus Taf. X, Fig. 1 scheinen die Gelcnkköpfe des Ellbogenbeins und der Spaiche in dem Ellbogengelenk durch die Gebirgsart so angeklebt zu sein, das sich der Vorderarm im Lager an den Oberarm geradlinigt angeschlossen hatte. In den Brüchen dieser beiden Knochen treten die mit Gebirgsart gefüllten Markhöhlen hervor. Die Gelenkkopf- Facetten beider erscheinen leicht abgerundet, von ihrem weiteren Verlauf und ihrer vorderen Artikulation ist bei dem ersten Exemplar nichts überliefert; bei dem 2ten Exemplar wurde keine Spur von Vorderarmknochen gefunden. Bei dem rechten Oberarm des ersten Exemplars Taf. XI, Württerab. natmw. Jabreshefte. 18J>2. 4s od. Siipl.-Heft. 33 - 502 - Fig. 2 liegt in der seitlichen Gmbe am Rllbogengelenkkopf ein Knochenfragment, vielleicht der Speichegelenkkopf mit seiner Run- dung auf. b) Die S c h e n k e 1 k n 0 c h e n. Von dem ersten Exemplar sind zwei massige Oberschenkel- knochen vorhanden, welche sich als paarige verhalten; der eine ist bloss mit seinen beiden Gelenkparthieen überliefert , während die Knoehenröhre zwischeninne auf 1 Fuss Länge fehlt; der an- dere ist in hohem Grade der Vollständigkeit überliefert und Taf. XL Fig. 3 von zwei Seiten in V4 ^^^^' Grösse abgebildet. Bei dem zweiten Exemplar fand sich von den Knochen der hinteren Extre- mitäten Nichts. An Massenhaftigkeit , Länge und Dicke , sowie Plumpheit der Form, übertrifft jener Oberschenkelknochen alle übrigen röhrenförmigen. Der Schenkelhals erscheint nicht eingeschnürt, sondern als eine merkliche Umbiegung der ungeschwächten Kno- chenröhre auf die Innenseite. In der Richtung dieser Um- biegung erscheint eine leichte Abflachung auf der sonst gleichför- migen cylindrischen Oberfläche des Schenkelhalses (in der Figur oben), und diese leichte Abflachung tritt über die Wölbung des seitlichen gedrückten, daher nicht genau halbkugelförmigen liüft- gelenkkopfes herüber und vertieft sich auf der Innenseite des Schen- kelhalses zu einer flachen Rinne (in der untern Figur). Der obere Trochanler ist durch einen leichten Höcker unmittelbar unter dem Hals (in der untern Figur) kaum angedeutet. Dagegen erhebt sich in 7:^ tlcr ganzen Knochenlänge vom Schenkelkopfe an eine stark hervortretende, gegen die Knochenrundung schief gestellte, leicht schüsseiförmig ausgetiefte Facette, welche an ähnliche Fort- sätze bei manchen Pachydermen der Vor- und Jetztzeit erinnert ; sie tritt wegen ihrer schiefen Stellung keilförmig über die Rundung des Knochen hervor und scheint die Stelle des untern Rollhügels zu vertreten. Zwischen dieser Facette und dem sehr stark seit- lich hervortretenden Innern Kniegelenkkopf zeigt der Knochen eine starke Einwärtskrümmung, welche nahezu den sechsten Theil einer Kreisperipherie ausmacht; auf der entgegengesetzten Seite ist die convexe Krümmung wegen Erweiterung des Durchmessers der - 50:^ - Knoolienrölire gcj^cn das Kniogelonk unmcrkliclior. Das Kniege- lenk (rcclits in den Abbildungen) liat etwas Noth gelitten, ist je- doch noch in solclieni (Jiade überliefert, um seine Tlieilung in einen seitlich weit ausgebreiteten innern und einen weniger her- vortretenden äussern Condylus erkennen zu lassen. I]s ist er- sichtlich, dass die Bildung des Oberschenkelknochen der bei den Krokodilen — mit Ausnahme der Facette a — vollkommen gleich kommt. Während die Deutung der bisher abgehandelten grossen Kx- tremitätenknochen keine Schwierigkeit darbot, erheben sich deren für die Deutung der vom ersten Exemplar noch weiter vorhande- nen, röhrenförmigen und nur auf Extremitätenknochen passenden Ue- berreste; diese Schwierigkeiten haben ihren hauptsächlichsten Grund darin, dass bei der Aushebung des ersten Skeletts aus dem Lager gar keine Aufmerksamkeit auf die Zusammenlagerung der Skclett- theile gelegt wurde, statt dass eine Zeichnung des Fossils im Lager vom höchsten Interesse gewesen wäre; was von Fragmenten zu erreichen war, wurde ohne Sonderung der einzelnen Knochentheile zusammengerailt und die Kestitutionsarbeit auf dem mühsamen Wege des Probierens bewerkstelligt, daher auch mancher Skelett- theil verstümmelt bleiben und das Restitutionswerk an und für sich unsicher werden musste. Diese Schwierigkeit der Deutung betrifft nun die Tal". X. Fig. 5. 6., Taf. XL Fig. 4 in '/^ nat. Grösse abgebildeten Kno- chenreste vom ersten Exemplar. Nach allen vorliegenden Analo- gieen scheint auf den ersten Anblick die Deutung der beiden Knochen Taf. X. Fig. 5. 6. auf die Un terschen kelkno ch en die meiste Wahrscheinlichkeit darzubieten. Dass sie sich als paarige zu einander verhalten, wird schon aus der Gleichheit der Bildung und der Dimension der bei beiden überlieferten Gelenks- parthieen Fig. 5 oben , Fig. 0 unten , aus der Uebcreinstinnnung beider Knochen bezüglich ihrer geraden Kichtung, der im Allge- meinen cylindrischen Bildung der Röhren in ihrem ganzen Verlauf, der gleichen Höhe beider Knochen, mit Sicherheit zu entnehmen sein. Bei beiden bilden die erwähnten Gelenkköpfe auf der Ge-> lenkHäche ein unregelmässiges Dreieck, über dessen flache Abrun- dung sich ein beinahe die Mitte einnehmender flacher Rücken er- 33* — 504 — hebt, der in Fig. 5 mit einer Schichte anhaftender Gebirgsart bedeckt ist. Bei beiden tritt die eine , und zwar die spitzigere Winkelspitze der Gelenkköpfe stark hervor (Fig. 5 oben links, Fig. 6 unten rechts) und von derselben verläuft eine in die Run- dung der Knochenröhre etwas vertiefte Rinne auf V4 tler Knochen- länge abwärts. Bleiben wir nun vorerst bei der Deutung dieser Knochen auf Unterschenkelknochen stehen , so wäre Fig. 5 oben und Fig. 6 unten die Kniegelenksparthie des Schienbeins, wobei in Fig. 5 unter der seitlich stark hervortretenden Winkelspitze der Gelenk- fläche sich die obere Hälfte des Wadenbeins anlegen würde , das bei Fig. 6 fehlt. Das in Fig. 5 nicht vorhandene Knöchelgelenk wäre dagegen in Fig. 6 oben überliefert mit seinem äussern und innern Gelenkkopf und selbst mit der Leiste des letzteren, und in die Vertiefung zwischen beiden würde sich der Ueberrest eines fragmentarischen Tarsolknochen angelegt haben. Der unter den Basler Fossilien befindliche Gelenkkopf, (s. o. S. 416), dessen Gelenkfläche 10" Längen- und 6'' Breitendurch- messer hat, stimmt durch seine unregelmässige Dreiecksform und die leicht convexe Bildmig der Gelenkfläche mit den Fig. 5. 6. abgebildeten Knochen des ersten Stuttgarter Exemplars überein und dürfte daher zum Schienbein zu ziehen sein. Während nun nach Obigem die Deutung der beiden Knochen Taf. X. Fig. 5. 6. auf Unterschenkelknochen in hohem Grade der Wahrscheinlichkeit erscheint, liegt dagegen die Hauptschwierigkeit in der Einreihung des Taf. XL Fig. 4. in V4 der nat. Grösse abge- bildeten Knochen unter die Knochen des ersten Skeletts. Nach seinen Dimensionen, d. h. nach seiner Dicke und Massenhaftigkeit kommt derselbe nur dem Oberschenkelknochen Fig. 3 gleich und müsste in dem Fall, wenn er auf einen Oberschenkelknochen zu deuten ist, da beide Oberschenkelknochen vom ersten Exemplar schon vorhanden sind, einem andern Bkemplar angehört haben, wo- bei nur die Schwierigkeit auftaucht , wie ein so massiger Knochen von einem zweiten Individuum in die Lagerstätte des ersten Ske- letts hätte kommen können, bei welchem, wie oben bemerkt, keine Spur von Zusammenschwemmung heterogener organisicher Reste wahrzunehmen war. Dazu kommen noch einige, wenn gleich — 505 — nicht wesentliche, doch immeriiin iiciincnswcrthc Vcrschiedcniieiten zwischen dem Knochen Fig. 4 nnd dem Schenlcelknochen Fig. 3, Der Gelenkkopf rcchls in Flg. 4 zeigt zwar eine, (hncli eine seit- liche Grube verniittcitc, Abtheilung in zwei seitliche Condylcn, wovon der eine i^unten in der Figur) stärker, dagegen weniger massig hervortritt, als der andere, und sie würden hierin eine üebereinstimmung mit der obern Abbildung in Fig. 3 rechts ver- rathen; dagegen ist die seitliche Ausbreitung dieser Condylen an und für sich weit geringer, als in Fig. 3. Von der seitlichen Grube zwischen den zwei Condylen in Fig. 4 erstreckt sich eine Depression oder leicht abgellacht-vertiefte Rinne entlang der Kno- chenröhre bis zu dem Ende links in Fig. 4, welche in Fig. 3 der obern Abbildung weit weniger merklich ist. Dieses Ende des Knochen links in Fig. 4 scheint auf der vorliegenden Seite einen Rest der seitlichen Facette a Fig. 3 aufzuweisen, und die Bruch- flächen an demselben könnten etwa die Vermuthung auf den An- satz eines hier durch Bruch entfernten Schenkelhalses zulassen; dagegen entspricht die Erweiterung dieses Knochenendes in Fig. 4 nach oben in der entgegengesetzten Richtung von dem scheinbaren Rudiment der, der Facette a Fig. 3 gleichsehenden, seitlichen Fläche nicht der in dieser Gegend in Fig. 3 ersichtlichen Ein- ziehung unterhalb des dem äussern Trochanter entsprechenden Hügels. Sind nun, wie bereits erwähnt, diese Verschiedenheiten nicht gerade als wesentliche anzuerkennen, so reichen sie doch zu, um wenigstens eine bestimmte Deutog des fraglichen Knochen Fig. 4 auf einen Oberschenkelknochen noch einigermassen unsicher zu machen, obgleich auf der andern Seite sich der Deu- tung desselben auf einen andern Extremitätenknochen noch grössere Schwierigkeiten entgegensetzen. Auf einen Vorderarmknochen Hesse sich nämlich der Knochen Fig. 4 schon vermöge seiner starken Dimensionen, welche mit der an nnd für sich verhältnissmässig schwachen Knochenröhrc des Humerus Fig. 2 in allzugrossem Missverhältniss stünde, nicht deuten : auch würde sein Gelenkkopf Fig. 4 rechts mit den Taf. X. Fig. 1 überlie- ferten Gelenkköpfen der beiden Vorderarmknochen allzuwenig über- einkommen ; oder es müsste nur angenommen werden, dass die hier angelagerten Gelenkköpfe falsch restituirt wären, und dagegen die — 506 - zuvor auf Unterschenkelknochen gedeuteten Knochen Taf. X. Fig. 5. 6. zu Vorderarmknochen gestempelt werden, was jedoch wieder ein allzugrosses Missverhältniss der Dimensionen dieser beiden und des Humerus mit sich brächte, wenn auch sonstige Analogieen dieser Deutung zur Seite stehen könnten, was jedoch nicht der Fall ist. Dieselben Schwierigkeiten, welche der Versetzung der Knochen Taf. X. Fig. 5. 6. in den Vorderarm entgegenstehen, würden auch die Deutung des Knochen Taf. XL Fig. 4 auf ein Schienbein treffen, wenn der überlieferte Gelenkkopf desselben auch mehr Analogieen für einen Kniegelenkkopf der Tibia dar- bieten würde, als dies nicht der Fall ist. Auch selbst die Annahme, dass bei dem Knochen Fig. 4 der Gelenkkopf rechts, der überdiess noch durch eine starke, durch Bruch entstandene Lücke von der Knochenröhre gesondert ist, hier falsch angesetzt worden sei, liefert keinen annehmlichen Aus- weg für die Deutung dieses Gelenkkopfs Fig. 4 rechts und der Knochenröhre mit dem verstümmelten Gelenkkopf links auf Kno- chentheile, welche das erste Skelett über die bereits aufgeführten noch weiter aufzuweisen hätte. Nach alle dem scheint die Deutung des Knochen Taf. XL Fig. 4 auf einen in seinem Hüftgelenk verstümmelten Ober- schenkelknochen von einem andern Individuum, als dem durch das erste Skelett repräsentirten, immer noch die Chance der grössten Wahrscheinlichkeit für sich zu haben, vorausgesetzt natürlich, dass der in der Abbildung Fig. 4 rechts angesetzte, durct die starke Khift, aus der die Knochenmasse entfernt ist, von dem übrigen Verlauf des Knochen getrennte Gelenkkopf hier richtig angesetzt ist; während alsdann den Knochen Taf. X. Fig. 5. 6. ihre Deutung auf Unterschenkelknochen und den Ansätzen der Gelenkköpfe im Ellenbogengelenk in Fig. 1 ihre Deutung auf Vorderarmknochen verbleiben würde. Eine Erklärung des Hinzukommens des fremden Femur zu dem ersten Skelett könnte sich wohl nicht unschwer durch die Annahme darbieten , dass ursprünglich beide Cadaver beisammen in dem Niveau der jetzigen Stcinmergelschichte , worin das erste Exemplar gebettet war, gelegen haben mögen, und dass eine spä- tere Fluth, welche den Schlamm der jetzt über der Steinmergel- — f)()7 - schichte anoclagertcii wi'irheii'i» Alcifi^cKscIiic liU-, in der das zweite Exemplar lag, herbeigeführt hätte, zugleich die im Lager de« zwei- ten Exemplars weit unordentlicher und der Zahl nach unv(dl.sfän- diger zusammenlagcrnden , noch durch die anhaltenden weichen Theile des Aases theilweise zusanmicngehaltencn JSkcletttlieile, vielleicht unter Vermittlung von Gasen, die in den weichen Thei- len gelangen waren, gehoben nnd um die kurze Strecke von loo bis 120' vom crsfen Exemiilar weggcl'iihrt hätte; während die bei dem zweiten Exemplar fehlenden Skeletttheile , ins licsondere die Extremitäten, worunter namentlich also das fragliche Fcmur, durch die Fäulniss vom zweiten Cadaver schon abgelöst, theilweise im Lager des ersten liegen geblieben, oder durch die in keinen» Fall starke Strömung der neuen Fluth auf andere Stellen zerstreut wor- den wären. Bei der Unmöglichkeit, das erste Exemplar zur ge- naueren Untersuchung benutzen zu können , bei der in gleicher Weise vorliegenden Umnöglichkeit, etwaige verfehlte Combinationen bei der Kestituirungsarbeit zu controliren, und bei der weiteren Unmöglichkeit, die nöthigen Aufschlüsse über das hier massgebende Zusammenlagern der Knochentheile beim Ausheben aus dem Lager zu erhalten, muss sich der Verfasser begnügen, hier bezüglich der Diagnose der Theile des ersten Skeletts durch Anführung sich etwa darbietender Möglichkeiten zu ersetzen, was bei dem Abmangcl von Thatsachen vermisst wird. Noch muss zur Vervollständigung des Berichts üb" das vor- handene Material von den, aus den anderweitigen Fundorten zu- sammengebrachten, röhrenförmigen Knochen, >velchc demnach zu den Knochen der Extremitäten zu ziehe»-^ si»d , Erwähnung ge- schehen, wenn sie auch zunächst n^^üt geeignet sind, über die Deutung der zu den beiden Stu^-^giU'tcr Skeletten gehörigen Theile ein weiteres Licht zu verbre^en, oder mit Sicherheit auf diese zu- rückgeführt zu werden. Taf. VIII Fig. ^6 ist ein röhrenförmiger Knochen aus dem Steinmergel des Kesligen Keupersandsteins bei Stuttgart in Vi "at. Gr. von zwp^" Seiten abgebildet, welche einer Viertelsdrehung des Knochen uni seine Axe entsprechen. Die schwammige Knochen- massc beider Gelenkköpfe ist ursprünglich entfernt, der Knochen ^eigt an beiden-Enden eine oftene, mit der Gebirgsart ausgefüllte — 508 — Markröhre und die Ränder der Knochenöffnung , welche so in die Gebirgsart gebettet erscheinen , dass sie nicht durch einen frischen Bruch entstanden sind, sondern verrathen, dass der Knochen in dieser Verstümmelung ursprünglich in den Schlamm versenkt wor- den sein musste , sind zackig , wie wenn sie von einem Raubthier abgenagt oder abgebissen wären. Durch die doppelte Abbildung, bei welcher die in der Figur links en face vorliegende Seite als der linke Contour hi der Figur rechts erscheint, sollte die dop- pelte Krümmung dieses Knochenrestes deutlich gemacht werden; zugleich wird hiedurch eine leichte Zusammendrückung der beiden Enden , von beiden Seiten her , jedoch in entgegengesetzter Rich- tung deutlich, so dass, wenn in der Abbildung links das obere Ende von rechts und links zusammengedrückt erscheint, das untere Ende m ebendieser Figur von vorne und hinten her eine gleiche Zusammendrückung zeigt. Diese Beschaffenheit stimmt mit der am Oberarmknochen der beiden Belodon -Skelette zusammen, nur fehlt bei dem vorliegenden Fragment eine Hindeutung auf die flügeiförmige Ausbreitung der Schultergelenksparthie, welche, un- geachtet der Abwesenheit beider Gelenkköpfe, nach Massgabe des Längenverhältnisses dieses Knochenfragmentes immerhin angedeutet sein sollte. Zur Deutung auf einen Schenkelknochen, welche in der doppelten Krümmung des Knochen immerhin einige Begrün- dung finden könnte, fehlt eine der Facette a Taf. XI, Fig. 3 entsprechende Bildung, lieber eine dritte Chance , dass dieses Frag- ment vielleicht zum Yorderann oder Vorderfuss gehörte, fehlen weitere Anhaltspunvte. Jedenfalls erscheint dieses Knochenfrag- ment schon vermöge dei Fjitfernung der schwammigen Gelenkköpfe und der weit offen stehende^.. Markhöhlc, sowie der hier erschei- nenden, verhältnissmässig sehr dürj^en und in nicht sehr compakten concentrischen Schichten angelagerten, Rohrenwand als einem jungen Individuum angehörig. Noch weniger als dieses Stück, das für dn Abbildungen haupt- sächlich wegen der eben geschilderten Beschaffenh'^it seiner beiden Enden gewählt wurde, sind noch manche andere fre.^mentarische Röhrenknochen aus dem kiesligen und dem grobkörnigen Keuper- sandstein der Stuttgarter Umgegend einer sicheren Diagnose zu- gänglich, obgleich ihre Abbildung zur Vervollständigung der in — 509 — diesen Schichten eingeschlossenen Knochenreste wünschenswcith gewesen wäre, was nnn wegen liaunnn.iiigel niciit möglich ist. In der v. Hügel 'sehen Sendung konnten ineinere , al- Knochen der ExtreniitätcJi erkeinibare , Knocheiueste aus der (ie- birgsart ausgearbeitet werden. Hieher gehurt ein in seinen beiden Gelenkparthieen überlieferter Knochen, dessen Länge, unter ifin- ziiziehung der wahrscheinlichen Liinge der zwischen deii beiden Strecken ausgefallenen Parthie der Knochenröhre , etwa 1 Luss be- tragen mag. Der eine, nicht ganz miversehrte Gclenkkopf lässt die Bildung eines Schultergelenkkopfes vermöge der etwas Ilachen, einerseits convexen , andererseits concaven Ausbreitung desselben erkennen , obgleich die flügeiförmige Bildung des Schnltcrgelenk- kopfes der, zn den Stuttgarter Skeletten gehörigen, Oberarmknochen damit nicht erreicht wird. Im Uebrigen ist dieser Gelerkkopf, wie gesagt, nicht vollständig überliefert , die schwammige Knochenmasse desselben liegt überall zu Tage, wie wenn die Oberfläche des Condylus ursprünglich abgerieben wäre , und zeigt keine rein über- lieferte Gelenkfacette , ein Umstand, der, zusammengenommen mit der Längendimension dieses Knochenrestes , auf ein junges Indivi- duum schliessen lässt und der Möglichkeit Raum giebt, dass die vollständige Ausbildung der Schultergelenksparthie des Oberarm- knochen zu der fiügelförmigen Ausbreitung , wie sie bei den Stutt- garter Skeletten Taf. X, Fig. 1. 2 ersichtlich ist, erst das Pro- duct allmähliger Ausbildung oder Verknöcherung von Knorpelan- sätzen sein könnte, die bei der weichen Knochentextur des jungen Individuums der Einwirkung der Versteinerungsflüssigkeit im Schlamm nicht widerstehen konnten ; auch ist die Gelenksparthie des frag- lichen Knochen noch überdies durch seitliche frische Brüche etwas verstümmelt. Der andere Gelenkhopf des in Rede stehenden Kno- chen zeigt noch überdiess eine nahe Ucbereinstimmung mit dem Ellbogengelenkkopf des Oberarmknochen der Stuttgarter Skelette mittelst zweier , durch eine einseitige in den innern Rand des Ge- lenkkopfs eingeschnittene Riinie geschiedener , Condylen. Weiter fanden sich in der Löwensteiner Sendung zwei seit- wärts her etwas flachgedrückte , röhrenförmige Knochen von 8 und 9 Zoll Länge und gegen 1 Zoll grösstem Durchmesser der Röhre, von welchen je ein Gelenkkopf insoweit überliefert ist, um eine — 510 — völlige Uebereinstimmung ihrer seitwärts her etwas flachgedrückten Form mit etwas schief gegen die Axe gestellter Abrundung des Condylus erkennen zu lassen, wodurch sie als paarige Knochen erscheinen. Beide haben 4 Zoll abwärts von diesem Condylus eine rasche Erhöhung der cylindrischen Knochenfläche zu einem unregelmässig elliptischen , unregelmässig aufgeworfenen Rande um eine unregelmässig vertiefte Grube, welcher (Rand) nach einer Seite und gegen den Gelenkkopf hin höher aufgeworfen ist und durch seine, einer groben Granulation gleichkommende Oberfläche das Gepräge einer, für die Anheftung von Muskelfasern bestimmten, Facette trägt und an die Facette a bei dem Femur Taf. XI, Fig. 3 erinnern könnte. Bei dem einen dieser zwei Knochenreste, welche sich in jedem Sinne als paarige verhalten , nimmt die seitliche Zu- sammendrückung gegen das, durch Bruch verstümmelte, zweite Ge- lenkende mit ungleicher seitlicher Ausbiegung der Ränder in der Art zu , dass die Dicke des Knochen in dem schiefen Bruch kaum 4 Linien beträgt und auf einen sehr langen und schmalen, vielleicht doppelten Gelenkcondylus schliessen lässt, wodurch «ine weitere Analogie mit dem Kniegelenk des Femur Taf. XI, Fig. 3 gegeben wäre. Ein drittes, an beiden Enden gebrochenes Knochenfragment von 2V2 Zoll Länge weist eine gleich gebildete Facette auf. Zu einer bestimmten Deutung dieser Reste reichen indessen die ange- gebenen Merkmale nicht zu. Die Facette dieser Knochen, ihre Figur , soweit sie überliefert ist und ihre Grösse stimmen übrigens auch mit den von H. v. M e y e r „die Muschelkalksaurier" S. 103 und Taf. XXXII, Fig. 1 — 3 , 10 als Oberarmknochen aus dem Saurier- kalk von Jena bestimmten Knochen sehr nahe überein. Ihre de- finitive Deutung muss daher noch im Anstand gelassen werden. c) Die Fussknochen. Eine genaue Achtsamkeit auf die zu einander gehörigen , zu- sammengelagerten Knochentheile bei Aushebung des ersten Skeletts wäre insbesondere in Betreff" der Fussknochen erwünscht gewesen, um über Zahl und Art der zu den vorderen und den hinteren Ex- tremitäten gehörigen Aufschluss zu erhalten. Die Taf. IX in natürl. Grösse gegebenen Abbildungen geben aus der vorhandenen Zahl von Fragmenten die best überlieferten — 511 — in natürlicher Grösse. Ucbcr die Zahl und Art der FusHknochen- reste ist nach der schriltlichcn Notiz des Besitzers oben S. 302 das an die Hand gegebene niitgethcilt. Dass die in Fig. l abgebildete , durch die harte inid spröde (iebirgsart ciinientirte (iruppe von 3 fragmentarischen Knochen den Kxtremitälen angehören werde, geht schon aus dem Grössenver- hältniss derselben zu den bisher erwähnten Arm- und Fussknochen hervor, und zwar wird der in seiner ganzen Länge vorliegende, in seiner Röhrcnparthic stark beschädigte Knochen rechts in der Ab- bildung, dessen Gelenkparthicen theilweisc überliefert sind und dessen wahrscheinlicher Unniss durch die punctirte Linie ange- deutet ist, sowie der ihm parallele, mit einem Gelenkendc vorhan- dene Knochen, zu den Mittel-, Fuss- oder Handknochen, und der dem letzteren sich anschliessende Gelenkkopf zu den ersten Phalangen zu zählen sein. Wie sehr auch die colossalen Dimensionen dieser Knochenreste in Erstaunen setzen müssen, so stehen sie niciit ausser dem Verhältniss zu den übrigen Knochcntheilen des Ske- letts. Ebensowenig Anstand bringt die Deutung der in Fig. 2 abgebildeten, wenn gleich sehr verstümmelten Knochengruppe auf Phalangen der einen oder der anderen Extremität, wobei die obere Parthie in der Zeichnung gegen die Spitze des Fusses gerichlct sein und das aufsitzende Fragment der Basis einer Krallcnphalanx entsprechen wird. In Fig. 9 liegen drei an einander hängende Phalangen einschliesslich des Knochenkerns der äussersten oder der Krallenphalanx vor. Die übrigen Figuren geben Abbildungen von Fragmenten verschiedener Krallenphalangen, Fig. 3,4,6 mit aul- sitzenden Resten je der vorletzten Phalanx, Fig. 7, 8 die durch einen Grat in 2 Hälften getheilte Gelenksfacette der Krallenpha- langen, Fig. 8 die durch einen Bruch sichtbar gewordene Mark- höhle der letztern und Fig. 5 das Verhältniss der Dicke und Breite einer der grössten Krallenphalangcn. Wie bei den Zähnen , welche dem ersten Skelett angehören , so zeigt sich auch bei diesen Krallenphalangen (im Gegensatz zu den übrigen Phalangen) eine starke Zerklüftung der Knochcnniasse sowohl in der Richtung der über einander geschichteten Kiiochenlamellen , als auch senkrecht auf diese Schichtung und eine Ausfüllung dieser Spalten mit der rothbraunen feinen Gebirgsart. Diese Uebereinstimmung der jetzi- ~ 512 — gen Zustände dieser beiderlei Organe, der Zähne und der Krallen- phalangen bezüglich der eigenthümlichen Zerklüftung ihrer Knochen- beziehungsweise Dentine - Masse deutet unstreitig auf einen gleich- artigen Einfluss hin , welchen einerseits die Schmalzrinde bei den Zähnen und andererseits die (bei unseren Fossilien nicht über- lieferte) Horndecke der Krallen bei und während der Einbettung des Skeletts in den Thonschlamm auf die, durch die Feuchtigkeit (und vielleicht durch freie Säuren hi derselben) erweichte und auf- gedunsene Masse des phosphorsauren und kohlensauren Kalks der Dentine und der Knochenmasse und die, in Gasform entweichenden Bestandtheile des Knochenleims , gehabt haben musste ; ein Ein- fluss , welcher dieser Gasentweichung bei den Zähnen und Krallen* Phalangen eine auf die Cohäsion der Knochenmasse und deren Auflockerung zurückwirkende Hemmung entgegengesetzte , die bei den übrigen , durch keine Rinde geschützten Knochen nicht vor- handen war. Der auf dem Sternum Taf. XI, Fig. 1 anhaftenden zwei Phalangen, die nun wohl den vorderen Extremitäten angehört haben werden , ist schon oben Erwähnung gethan. Eine in genaueres Detail eingehende Deutung der hier abgebildeten Fussknochenreste auf Vorder- oder Hinterfuss , auf ihre Zugehörigkeit zu dieser oder jener Zehe u. s. w. lässt sich bei dem fragmentarischen Zustande und der Unvollständigkeit der Reste nicht wohl unternehmen. Bei dem zweiten Stuttgarter Skelett fanden sich von auf Fussknochen deutbaren Resten ein auf Carpus radialis und mehrere auf Metacarpus oder Phalangen deutbare, zusammenhängende und vereinzelte Knochen , die nun aus Mangel an Raum nicht abge- bildet werden konnten. Bei der Löwensteiner Sendung fanden sich keine Fussknochen. Noch sind zu erwähnen zwei, in dem oben erwähnten Stein- mergel des kiesligten Keupersandsteins aus der Gegend von Stutt- gart gebettete Knochenreste , welche nach ihrem Umriss auf gleich- artige Klauenphalangen hinweisen; eine Zerklüftung ihrer Masse ist hier nicht , wie bei den Krallen des ersten Stuttgarter Skeletts wahrzunehmen; der Mangel an Raum verbietet ihre Abbildung. Der Güte des Hrn. Professors Rütymeier verdankt der Verfasser den Gypsabguss der oben S. 416 erwähnten Krallen- — 513 — plialanx von dein Basier K.\enii)lar. Von der Spitze bis zn dem Kandc der Gelenksfacette niisst die Kralle :>'/., /^oll ; diese Facette selbst stimmt mit denen des Stuttgarter Exemplars Fig. 7 , .S über- ein, auch die Kriinnnung der Kralle ist dieselbe; da^^^egen findet eine, wenn gleieli niclit wesentlicbe Abweicbung beziiglicb der Di- mensionen der Querdurchmesscr im Verlauf der Länge der Kralle von denen des Stuttgarter Fossils statt. Letztere zeigen nämlich einen gleichförmigen Verlauf von der Basis oder Gelenksfacette bis zur Spitze , die Ouerdurchschnitte bilden auf dem ganzen Verlauf ellipsoidische Curven, deren längere Axe in der Richtung der Kriimmungsebene der Kralle liegt; die Falte, welche bei einigen, wie Fig. G, 8, 4 auf der flacheren Seite ersichtlich ist , erscheint als Wirkung des Drucks der Ge- birgsart. Bei der Krallenphalanx von Basel dagegen findet eine, von der Basis oder Gelenkfacette an verhältnissmässig grössere Breiten- dimension (in senkrechter Richtung auf die Kriimmungsebene) und zunehmend gegen die Spitze statt, welcher auch eine etwa V., Zoll unter der Basis beginnende, bis zur Spitze sich fortsetzende, stark keilförmig hervortretende Leiste zu beiden Seiten der Kralle ent- spricht; diese theilt die Oberfläche der Kralle in zwei ungleiche Hälften , deren eine den der convexen Krümmung der Kralle oder ihren Rücken entsprechende Seite, die andere die untere, concave Krümmungsseite daisteilt. Auf letzterer wird die scharfe, zu beiden Seiten der Kralle verlaufende Leiste von einer merk- lichen, flachen Rinne begleitet, zwischen welchen beiden Rinnen die concave Seite einen gewölbten Rücken hat ; nur sind diese Rinnen an Breite einander ungleich, so dass dieser Rücken nicht die Medianlinie einhält ; die convexe oder obere Seite der Kralle dagegen zeigt eine gleichförmige Wölbung. Dabei ist die ganze Oberfläche der Basler Krallenphalanx glatt, d. h. es ist aus dem Abguss wenigstens kein solches Netz von Zerklüftungen ersichtlich , wie bei denen des Stuttgarter Fos- sils, und das Ganze macht den Eindruck, wie wenn bei dem Bas- ler Exemplar die Form der Ilornhülle der Kralle vorliege, wäh- rend die Phalangen von Stuttgart nur den Knochenkern darstellen. Rechnet man nun die bei letzteren durch die erwähnten seitlishen — 514 — Falten beurkundete, starke seitliche Zusammendrückung durch die Gebirgsart hinzu, so wird der Formenunterschied zwischen der Basler und den Stuttgarter Krallenphalangen als kein, auf gene- rische oder specifische Verschiedenheit deutender , wesenthcher Unterschied erscheinen können , vielmehr wird bei ersterem die An- wesenheit , bei letzterem die Abwesenheit der Hornhülle den natür- lichen Erklärungsgrund dieses Unterschieds darbieten. Eine weitere, 3" lange, 2" breite und 1" dicke Phalanx unter den Basler fossilen Resten erscheint durch ihre eine concave, und ihre durch eine leichte Rinne in zwei convexe Apophysen ge- theilte, andere Gelenkfläche als eine vorletzte, sich mit letzterer Gelenkfläche an eine Krallenphalanx anschliessende , vollkommen identisch mit der Taf. IX, Fig. 9 abgebildeten mittleren Phalanx. 9) Integumente. Es ist oben S. 405 erwähnt worden, dass die Taf. VIII, Fig. 32 in natürlicher Grösse abgebildete, von Finanzrath Eser mitgetheilte Knochenplatte , welche mit der zu Tage liegenden glatten, flach concaven Oberfläche anfänglich für die Deutung auf eine paarige Knochenplatte des Schädelgewölbes Raum zu geben schien , durch die meisterhafte Herausarbeitung der auf dem Gestein aufgelagerten , figurirten Seite sich als einen , mit den Löwensteiner Knochenplatten in allen Stücken , sowohl dem Umriss als der Con- figuration der im Gestein gelegenen Seite nach , übereinstimmenden Haut -Knochenschild erwies, und dass diese Configuration überein- stimmt mit der an den Knochenschildern aus dem Stuttgarter grob- körnigen Keupersandstein ersichtlichen Fig. 33, 34 und der Con- figuration des kleinen scheibenförmigen Knochenschildes aus dem Steinmergel des kiesligen Keupersandsteins bei Stuttgart, welcher in Fig. 35 von beiden Flächen in natürlicher Grösse abgebildet ist. Die figurirte Seite des Schildes Fig. 32 sowohl, als die eines zweiten, kleineren, trapezförmigen aus dem Stubensandstein von demselben Fundort bei Aldingen, welchen Finanzrath Eser dem Verfasser mittheilte, und von den acht Knochenschildern von Lö- wenstein , unter welchen trapezoidische und rhomboidische Umrisse sich unterscheiden lassen, zeigen die trapezoidischen übereinstim- mend in Vft ihrer Länge einen querüber liegenden, starken, ent- weder wiilströrmioon , oder (wie bei dem Kfler'schen) keilförniigon Grat, von welchem aus nach beiden Seiten vom (irat lier ein un- regelmiissiges Netz von Wülsten und Gruben ausj^cht , ähnlich dein auf Fig. 33, 34, 35 ersichtlichen, und gegen die Teripherio hin verläuft. Die rhoniboidischen Schilder von Liiwenstein dagegen zeigen diesen Grat nicht. Der Mangel an Jiaum verbreitet die Abbildung dieser Stücke, (ianz dieselbe lieschall'enhoit der ( on- figuration zeigt auch der 4" lange, 2V4" breite, rhomboidale Schild unter den Basler Bdodon - Resten ; er gehört zu den- jenigen unter der Löwensteiner Sendung, welche keinen Ouergrat noch kegelförmige Erhöhung haben und ist, mit Ausiialnnc! der Grösse, dem Taf. VIII, Fig. 34 in natürl. (Jr. abgebildeten analog. Vergleichen wir die Hautschilder der jetzt lebenden Krokodile, so stimmt sowohl dieser Grat als auch der Umriss unserer fossilen Schilder vollkommen mit den ersteren zusammen, um letztere (die Löwensteiner, Aldinger, Stuttgarter und Basler Schilder) auf Nacken- und Rückenschilder des Belodon zu deuten. Auch der Fig. 34 abge- bildete, in eine conisclie Erhöhung ausgehende Schild, dessen zwar be- schädigte Ränder durch ihre Auskeilung nach allen Seiten hin auf keine viel weiter reichende Dimension, noch auch auf einen Anschluss an andere Knochenplatten schliessen lassen , lässt sieh unschwer auf die Nacken - oder Rückenschilder jetzt lebender Kro- kodile zurückführen, und auch der Fig. 35 abgebildete entspricht den niedrigen seitlich stehenden Hals- und Rückenschildern der jetzi- gen Krokodile. Dagegen zeigt die Fig. 33 abgebildete Knochenplatte, deren überlieferte Ränder sich auskeilen und keine Verbindung mit an- grenzenden ähnlichen Knochenplattcn verrathen, deren verlängerte Randparthieen jedoch vermöge der hier ersichtlichen Abnahme der Dicke auch auf keine bedeutend weitere Erstreckung der Platte schliessen lassen, keine solche grat- oder kegelförmige Erhöhung und es bleibt hiernach noch unentschieden, wohin sie als In- tegument, oder als Schädelknochen gehöre, denn eine dritte Deu- tung würde sich nicht darbieten. Hiemit glaubt der Verf. seiner Zusage, sich über die in Württemberg aufgefundenen Brlodofi- Reste wissenschaftlich auszusprechen, Genüge gethan zu haben und mit dem Sehluss der Arbeit dem definitiven Abschluss vcr- — 516 — driesslicher Conflicte für immer zueilen zu können — nicht ohne das offene Bekenntniss, auf seine Darstellung als auf ein „Rennen mit Hindernissen" zurückzublicken: sie wurden erstlich der genaueren Untersuchung und Bearbeitung des an Zahl der Skeletttheile so vollständigen, an Kestituirung derselben so unvollständigen ersten Stuttgarter Skeletts entgegengestellt; sie kamen durch Verkürzung der Abhandlung um den für vollständigen Text und vollständige Abbildungen erforderlichen Raum hinzu und wurden endlich ver- vollständigt durch ein wunderbares Schwanken zwischen Drängen auf Beschleunigung und wiederholten Drucksistirungen , letztere als vermeintliche Zwangsförderungsmittel , in der Wirklichkeit aber zeitverschwendende Hemmungen der Arbeit, welche deren Be- endigung um ein volles Jahr verzögerten. Der „geneigte Leser" wolle diesen „Umständen^^ gebührende Rechnung tragen. 10. Schluss. Fassen wir die Resultate unserer Untersuchungen und De- ductionen zusammen, so ergeben sich folgende Schlüsse: Das Genus Belodon steht zwischen Krokodilen und Lacerten. Die Dentition, bei Aufstellung des Genus die Grundlage, ist bezüglich der Insertion, wie bei den Krokodilen: eine in tiefe Alveolen eingekeilte, cylindrische Zahnwurzel, diese nicht auf dem Grunde der Alveole aufgewachsen, bei ausgebildeten Zähnen geschlossen, die Alveole durch eine cylindrische oder cylindroidische, geschlossene Einsenkung einer dünnen Knochenwand von dem Zahnbein her in die Markhöhle der Maxille gebildet. Die ein- fachen Zahnreihen stehen in nicht sehr tiefen, schief stehenden Rinnen des Zahnbeins in beiden MaTillen. Von Zähnen auf dem Gaumen- oder Pflugscharbein, oder von Doppelreihen derselben in den Maxillen findet sich keine Spur. Die Anlagerung der Den t ine geschah in concentrischen Schichten um eine cylindrisch-conische Höhle für den Nucleus herum, welche sich aus der Wurzel mehr oder weniger weit, bei den schmalen und verhältnissmässig hohen Zahnformen bis 7h ^^^' Zahnkronenhöhe, in die Krone erhebt, bei den breiten und ver- hältnissmässig niedrigeren Zähnen niedriger , oft mit kugelförmig abgerundeter Kuppe, ist. Die Zahn wand wird an der Basis und — 517 — in der Wurzel dünn , daher die Menge isolirl in dem Gestein vorkommender Zahnkronen und die in den bisher ^'efundenen Maxillen so häuf)«,^en Ansruilunpjen der eylindrischen Alveolen mit Gebirgsart, welche, für wirkliche Zähne gehalten, die Aufstellung des Genus Phi/tosdurux mit den beiden Species ciiVindricodon und cubicodon veranlasst haben ; gleichwie die Ausliillungen der hoh<'n, conischen iS^'i/c^ei/s- Höhlen in den langen, schmalen Zahnkronen mit der Gebirgsart, den räthselhaften langen, conischen Steinkernen bei dem auf Phi/tosavntR j>edeuteten Fossil von Kübgarten die Entstehung gaben. Die Grundform der Zahnkronen ist, wie bei einer Reihe der Monitoren der Jetztzeit, flach, zweischneidig, häufig mit gezähnelt-gekerbten , zugeschärften Kanten, pfeilförmig oder lan- zettförmig, theils gerade stehend, theils sichelförmig gegen eine Kante gekrümmt, die gerade stehenden meist gegen eine der Flach- seiten (die Mundhöhle) eingebogen, die Flachseiten selbst mehr oder weniger, bis zur conischen Form (bei den Fangzähnen) gewölbt und durch diese Uebergänge von ganz flachen bis zu conischen Formen mit zwei oder einer mehr oder weniger deutlich hervor- tretenden Kantenleiste einen Unterschied zwischen Schneide-, Fang- und Backenzähnen begründend. Die Zahnkrone ist mit einer dünnen, an sich glatten, oft durch unregelmässige Längsrisse gestreiften, oder unter der Loupe runzlicht erscheinenden , leicht abspringenden Schmelzrinde über- zogen; die gegen die Basis mehr und mehr gewölbten Flachseiten gehen ohne bemerklichen Absatz in die cylindrische Zahnwurzel über. Die Schädel form anbetreffend, so ist dieselbe, soweit die bis jetzt aufgefundenen Spuren aufweisen, sehr langschnauzig wie bei den Gavialen, die Symphyse sehr lang, die Spitze der unteren Maxille löifelförmig ausgebreitet. Lassen sich , i, liruchstüek aus der linken oberen Maxille, ebendaher, n. ü. Fig. [), rechter unterer Maxillenast von der Symphysis an au8 dem kiesligen Keupersandstein von Stuttgart, n. G. --- Fig. G, Kopfknochen (V) aus dem grobkörnigen Keupersandstein von Stuttgart , '/^ n. G. Fig. 7 — lö, Zahnkronen von dem ersten Stuttgarter Skelett, n. H. Fig. 16, Zahnkrone aus dem grobkörnigen Keupersandstein bei Al- dingen O.-A. 'J'uttlingen, n. G. — Fig. 17 — 'M), Zahnkronen aus dem grobkörnigen Keupersandstein von Stuttgart, n. G. Fig. ;U , Zahnwurzel, ebendaher, n. G. — Fig. ;>J, Knochenschild aus dem grobkörnigen Sandstein bei Aldingen . n. G. Fig. 33. Kopfknochenplatte (?) oder Knochenschild C?) aus dem grob- körnigen Keupersandstein von Stuttgart, n. G. Fig. 34, Knochenschild, el)endaher, n, G. — Fig. 35, Knochenschild aus dem kiesligen Keupersandstein von Stuttgart, n. G. Fig. 36, Knochenröhren -Fragment (Oberarm?) aus dem kiesligen Keu- persandstein von Stuttgart, '/j ^- ^^ Taf. IX. Fig. 1, Mittelfuss- (Hand-?) Knochen vom ersten Stuttgarter Skelett, n. G. — P'ig. 2, Phalangen, ebendaher, n. G. Fig. 3 — 9, Krallenphalangen, ebendaher, n. G. Taf. X. Fig. 1 , linker Oberarmknochen mit anhaftenden Bruchstücken des Schulterblatts, des Ellbogenbeins und der Speiche vom ersten Stutt- garter Skelett, ■/+ "• Cr. Fig. 2, rechter Oberarmknochen vom 2ten Stuttgarter Skelett, '/4 ^- ^• Fig. 3 , durch Osteoporosis degenerirter linker Oberarmknocheu vom zweiten Stuttgarter Skelett, */_^ n. G. Fig. 4, Zeichnung vom restituirten rechten Oberarmkjiochen , % n. G. Fig. 5 , linkes Schienbein mit Fragment des Wadenbeins vom ersten Stuttgarter Skelett, '/^ n. G. Fig. 6, rechtes Schienbein, ebendaher, V* "• ^' Fig. 7, die Schulterblätter vom zweiten Stuttgarter Skelett, V4 "• ^ Fig. 8 , Fragment des rechten Darmbeins vom zweiten Stuttgarter Skelett, V4 n. G. Taf. XI. Fig. 1 , Brustbein vom ersten Stuttgarter Skelett, V« "• ^'• Fig. 2, rechter Oberarmknochen, ebendaher. Fig. 3, Oberschenkelknochen, ebendaher. Fig. 4, Oberschenkelknochen (?), ebendaher!?). Fig. 5, Sitzbein vom zweiten Stuttgarter Skelett, '/^ n. G. Fig. 6, 7, 8, Rippenköpfe aus dem Stuttgarter grobkörnigen Keuper- sandstein, V4 n- ^- - 524 — Taf. XII. Fig. 1 — 13, Rippen vom zweiten Stuttgarter Skelett, '^n. G. Fig. 14, Wirbelreihe, ebendaher. Fig. 15, 16, zweite Wirbelreihe, ebendaher. Fig. 17, 18, 19, Wirbel, ebendaher, von der Gelenkseite, 7* "• ^• Taf. Xm. Fig. 1, 2, Kreuzbein vom zweiten Stuttgarter Skelett, V* n. G. Fig. 3, 4, Kreuzbein mit den Darmbeinen vom ersten Stuttgarter Skelett, V4 n. G. Fig. 5, 6, linkes Darmbein vom zweiten Stuttgarter Skelett, V4 n. G. Bericlitiguiig« Zur Beurtheilung der Noten in vorstehender Beschreibung des Belo- don von Prof. Dr. Th. Plieninger sehen wir uns genöthigt, folgende auf Briefe des Verfassers gestützte Erklärung abzugeben: 1) Der Verfasser hat nach dem Protokoll der Generalversammlung zu Ulm 1849 (Jahrg. V. p. 172) die ausführliche Beschreibung des Belo- don für eine spätere Mittheilung sich vorbehalten und sie dem Entdecker des Fossils vorher und später wiederholt zugesagt; es kann also eine »Uebereilung« und eine »Eilfertigkeit dieser Arbeit« (p. 402. 414 d. H.) aus Mangel an Zeit nicht wohl begründet erscheinen, wenn man hiezu 8 Jahre Zeit hatte, 2) Die Einreihung der Beschreibung des Belodon in das 3. Heft des VIII. Jahrgangs geschah im Einverständniss mit dem Verfasser. Ein allzu voluminöses Heft durch die Aureihung an den Schluss des 27. und 28. Jahresberichtes stand nicht zu befürchten, da nach des Verfassers Angabe die Belodonbeschreibung nur 2 — 3 Bogen stark werden sollte. Bei der dennoch bis zu 8'/2 Druckbogen angewachsenen Arbeit kann jedenfalls nicht von einer »Verkürzung dieser Arbeit« (p. 415) die Rede sein. Auf eine durch noch mehr Tafeln und Text erweiterte Arbeit (p. 516) konnten Avir, um zu dem allseitig gewünschten Schluss zu kom- men, nicht eingehen. 3) Die »vergleichende Diagnose des Belodon« u. s. w. (p. 414) hatte der Verfasser von jeher für die Zeitschrift Palaeontographica bestimmt und wollte sogar hiezu einen Theil der nun vorhegenden Tafeln benützen, für die Vereinshefte aber immer nur eine kurze Beschreibung des neu aufgefundenen württ. Belodon geben. 4) Die übrigens schon seit dem 2, Jahrgang übliche Ueberschreitung eines Heftes über die normalraässige Zahl von 8 Bogen (p, 414) kommt durch vermehrten Stoff den Mitgliedern zu gut, ein anderes ist es aber, wenn wegen ungeordneten Manuscripts, unerhörter Correctur und un- mässigen Einschaltungen bei der Revision der Belodon -Beschreibung die Vereinskasse mit einer nicht unbeträchtlichen ausserordentlichen Aus- gabe belastet wird. 5) Die Anordnung der Combination je zweier meteorologischer Jah- resberichte in ein Heft besteht aus ökonomischen Rücksichten schon seit dem Jahr 1850 und geschah damals im Einverständniss mit dem Verfasser, 6) Die persönlichen Ausfälle gegen Vereinsmitglieder mussten leider mitabgedruckt werden, weil der Verfasser unter keiner andern Bedingung weiteres Manuscript herzugeben sich bewegen Hess. Der Ausschuss. Ausgegeben im August 1857. 06 260 839 i