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l^ibrarg oi tlje P^nstum
OF
compahatiye zoölogy,
AT HARYAPJ COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. iFountreH b^ prfbate suöscrfption, in 1861.
DR. L. DE KONINCK'S LIBRARY. No. //^.
JAHRESHEFTE
des
Vereins für vaterländische Naturkunde
m
WÜRTTEMBERG.
Herausgegeben von dessen Redactionscommission ,
Prof. Dr. H. v. IWolil in Tübingen; Prof. Dr. Tl». Plienin^er, Prof. Dr. F'eliling^, Dr. ^H^olfg^ang- Menzel,
Prof. Dr. Fercl. Kraitss, in Stuttgart.
NEUNTER JAHRGANG.
CMit sieben Steintafeln)
STUTTGART. Verlag von Ebner & Seubert.
^"1853.
Gedruckt bei K. Fr. Hering & Comp.
Inhalt.
Seite
I. Angelegenheiten des Vereins.
Bericht von der siebenten Generalversammlung am 24. Juni
1852 zu Tübingen. Von Cand. A. Günther 1
Eröffnungsrede des zweiten Vorstands, Prof. Dr. v. Rapp 1
Rechenschaftsbericht von Prof. Dr. Krauss 2
Rechnungsablegung von Apotheker Weismann 22
Wahl der Beamten und des Versammlungsortes für 1853 . . 24 Gedächtnissrede auf O.-A.-Arzt Dr. v. Hart mann. Von Prof.
Dr. Plieninger 25
II. Aufsätze und Vorträge.
1) Zoologie und Anatomie.
Ueber einige Fische des Bodensees. Von Prof. Dr. v. Rapp . 33 Uebcr die Cerebrospinalflüssigkeit. Von Prof. Dr. Luschka . 38 Nachtrag zu der im Isten Hefte des 7ten Jahrgangs der na- turw. Jahreshefte p. 26 enthaltenen Berichtigung einer An- gabe Cuvier's über einen Narwhalschädel des Stuttgarter Naturaliencabinets, an welchem zwei Stosszähne aus der Zahnhöhle hervorragen sollen. Von Dr. G. Jäger . . . 88 Ueber den Puppenzustand eines Distoma. Von Candidat
A. Günther. (Mit Taf. I.) 95
Die Fische des Neckars, üntersuciit und beschrieben von
Dr. Albert Günther. (Mit Taf. VI.) 225
2) Botanik.
Ueber Victoria regia. Von Prof. Dr. H. v. Mohl .... 60
Apocynum androsaemifolium L. Von ParticuHer Neubert . 75 Blühende Pyrola chlorantha und Salvia sylvestris. Vorgezeigt
von Apotheker Oeffinger 75
Blühende Pedicularis foliosa. Vorgezeigt von Apothek. Gm eli n 75
Iris germanica und florentina. Von G. v. Martens . . . 366
3) Mineralogie und Geognosie.
Die Bohnerze des Jura, ihre Beziehung zur Molasse und zu Gypsen von Paris, Aix und Hohenhoewen. Von Bergrath Friedrich v. Alberti 76
Der Bergschlipf von Rathshausen. Von Pfarrverweser Dr.
O. Fr aas. (Mit einem Holzschnitt.) 112
Seite
4) Petrefacten künde.
Nachträge zu den Fronstetter Palaeotherien. Von Dr. O. Fraas 63 Ueber die Fronstetter Fo.ssilieii , über Menschenzähne und über
Stylolithen. Von Prof. Qu en st cd t. (Mit Taf. VII.) . . . 64 Berichtigung der im Isten Hefte des 8ten Jahrgangs dieser
Zeitschrift unter Nr. 14 p 116 enthaltenen Angabe über
Dinornis. Von Dr. G. Jäger 91
Ueber einige fossile Knochen und Zähne des Donauthals.
Von Dr. G. Jäger. (Mit Taf. II. u. III.) 129
Conchylien der Süsswasserkalkformation Württembergs. Von
Dr. V. Klein. (Mit Taf. V.) 203
Ueber einen Schnaitheimer Lepidotuskiefer. Von Prof. Dr.
Quenstedt. (Mit Taf. VIT.) 361
5) Chemie, Physik und Meteorologie,
Ueber Entdeckung und Vorkommen des Jods. Von Prof. Dr.
Sigwart 43
Ueber das Wurstgift. Von Prof. Dr. Schlossberger . . 60
Vergleichende Untersuchung des Wasser- und Fettgehaltes des Gehirns. Von den Assistenten J. Hauff und R. Walther 100
Einiges über die Zertrümmerungen fester Körper, sowie be- sonders über die Vermuthung der Astronomen, dass die Gruppe der kleinen Planeten die Trümmerstücke eines ein- zigen seien. Von Schullehrer Brenner in Tuttlingen . . 118
Negative artesische Brunnen (absorbirendc Bohrbrunnen) im Molassen- und Juragebirge, zur Ableitung des Wassers aus den Gräflich von Mal de g h em'schen Lagerbiei kellern in Stetten ob Lonthal. Von Dr. B r u ck m a nn. (MitTaf.IV.) 173
III. Kleinere Miltheilungen.
Eine eigenthümliche Erscheinung von Reproductionskraft an
einem Samen-Kohlraben. Von Direktor von Seyffer . . 123 Neuer Standort der PotentUla alba L. Von Apotheker Barth 124 Analyse des Bopserbrunnen bei Stuttgart, angestellt im Mai
1850. Mitgetheilt von Prof. Dr. Fehling l25
Beiträge zur Fauna Württembergs. Von Dr. A. Günther . 224 Ueber den Versuch einer Berechnung der Wassermengen einiger
württembergischen Flüsse. Von Repetent Zech . . . . 370 Bücheranzeigen 126. 371
I« Augelegeulieiteu des Tereinis.
Bericht von der siebenten Generalversammlung am 24. Juni 1852 zu Tübingen.
Von Cand. A. Günther.
Durch die gefällige Fürsorge des Geschäftsführers und zwei- ten Vorstandes, Professor Dr. W. v. Rapp, wurde für die heu- tige Versammlung wie im Jahr 1846 der grosse Saal der neuen Aula eingeräumt, in welchem sich über 40 Vereinsmitglieder von nah und fern und auch viele vom Geschäftsführer zu den Verhandlungen eingeladenen Lehrer und Studirende der Universi- tät eingefunden halten.
In dem Saale waren mehrere kunstvoll zusammengesetzte Kieferslücke von Palaeotherium , Anoplotherium und Dinotherium aus der neuen Fundstelle bei Frohnstetlen von Professor Q u en- stedt und Dr. Fraas, ausgezeichnet schöne Ammoniten meist mit sehr genau ausgeführten Lobenzeichnungen aus den Schichten y und ö des schwarzen Jura von Phil. Stud. Oppel aus Stutt- gart und mehrere schöne Ammoniten von Notariats - Assistent El wert in Oberlenningen aufgestellt.
Den Tag zuvor und am Morgen der Versammlung wurde den Anwesenden das reiche und schöne zoologische und zooto- mische Kabinet , die vorlreffiich aufgestellte Mineralien - und Petre- facten - Sammlung und der zum Theil neu angelegte botanische Garten, in welchem eine junge Pflanze der Victoria regia besonde- res Interesse erregte, von den Vorstehern dieser Anstalten mit grosser Bereitwilligkeit gezeigt, und des Nachmittags besichtigten mehrere Mitglieder die weiten Räume der Universität s - Bibliothek,
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. Is Heft. 1
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in welchen die Beamten die grösseren naturhistorischen und medi- zinischen Werke aufzulegen die Gefälligkeit halten.
Die Versammlung begann um 9 Uhr und wurde von dem Geschäftsführer und zweiten Vorstande, Professor Dr. v. Rapp, mit folgenden Worten eröffnet :
Hoch an sehnliche Versammlung.
Es sind jetzt sechs Jahre , dass unser Verein für vaterländi- sche Naturkunde hier versammelt war. Damals war der Verein noch von ganz neuem Bestände, seit dieser Zeit hat er sich be- festigt, und er gedeiht fortwährend. Seine literarische Thätigkeit beurkundet sich durch acht Bände seiner Jahreshefte, und an der Vermehrung und Verbesserung der naturhistorischen Sammlung des Vereins in Stuttgart wird eifrig gearbeitet.
Diejenigen Mitglieder, welche seit der letzten Versammlung nicht mehr hier waren, werden durch den Besuch der nalur- wissenschafllichen Anstalten und Sammlungen der Universität sich überzeugen, dass ohne Ausnahme eine rege Thätigkeit in denselben geherrscht hat.
Der Geschäftsführer forderte alsdann die Versammlung auf, einen V 0 r s it z e n d en für die heutige Verhandlung zu wählen. Die Versammlung ersuchte Professor Dr. v. Kapp durch Accla- mation, dieses Amt zu übernehmen.
Hierauf trug Professor Dr. Krauss den vom Ausschuss gut geheissenen
Rechenscliaftsbericlit für das Jalir BSy vor. Er lautet:
Der Verein hat nunmekr sein siebentes Jahr zurückgelegt. Seine Angelegenheiten sind wie bisher so auch im vergangenen Jahre in ruhigem und gemessenem Gange vorwärtsgeschritten und sein Wirkungskreis hat an Umfang und Bedeutung zuge- nommen.
Neben der Herausgabe von Jahresheften, von welchen das erste und zweite Heft des achten Jahrgangs in den Händen der Mitglieder sind und welchen die rückständigen meteorologischen Hefte der drei letzten Jahrgänge bald nachfolgen sollen, hat sich der Verein zu Folge eines früher gefassten Beschlusses zur Auf- gabe gemacht, eine Sammlung württembergischer Naturprodukte
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aufzustellen, und es ist ihm hiezu, wie Ihnen aus dem Berichte der ausserordentlichen Generalversammlung vom August 1850 bekannt ist, die vaterländische Sammlung der Centralstelle für Landwirthschaft zur Verwaltung und Benülzung übergeben worden.
Nach den Bestimmungen des Erlasses der Königl. Central- stelle vom 26. Oktober 1850 und des Statuts für die Verwaltung der vaterländischen Sammlung sollen die verdorbenen, unbrauch- baren oder sonst werlhlosen Gegenstände dieses schon seit vie- len Jahren bestehenden Cabinets unter der Conirole des von der Königl. Centralstelle aufgestellten Commissärs , Herrn Professor Dr. Fleischer in Hohenheim, ausgeschieden werden, und es wurde damit bereits im vorigen Jahr der Anfang gemacht. Um jedoch ein den Zwecken des Vereins entsprechendes Institut zu schaffen, haben die fünf Conservatoren im Sinne der §§. 1, 3, 5 und 8 der Vereinsstatuten und des §. 11 des Verwallungsstatuts einmüthig den Grundsalz aufgestellt, dass die Vereinssammlung nur dann etwas Ausgezeichnetes und Vollständiges zu bieten im Stande sei, wenn sie sich auf die in Württemberg vorkommen- den Naturalien beschränke und daher alle nichtwürltembergischen, so wie die in Württemberg eingeführten und angebauten Pflanzen und die gezähmten Thiere gänzlich verbanne, weil erstere in die beiden allgemeinen Naturalien - Cabinette zu Stuttgart und Tübingen, letztere in die Sammlungen der landwirthschaftlichen Institute und der Thierarzneischule gehören und daselbst auch vertreten seien. Sie haben alsdann in Folge einer Anfrage der Königl. Central- stelle vom 12. December 1851 unter dem 7. Januar 1852 in dieser Richtung und mit Darlegung ihrer Gründe eine Erklärung an den Ausschuss abgegeben, und der Ausschuss hat in der am 15. Januar abgehaltenen Sitzung beschlossen, dass er mit der Erklärung der Conservatoren ihrem ganzen Inhalte nach einver- standen sei und dass diese mit einem Begleitungsschreiben an die Königl Centralstelle als Antwort auf den Erlass vom 12. Decem- ber 1851 eingegeben werden solle. Der hierauf erhaltene Erlass lautet, wie folgt :
„Auf die verehrliche Zuschrift vom 15. Januar d. J. haben „wir dem verehrlichen Ausschuss zu erwiedern, dass wir nicht „gemeint sein können , dem von dem Verein für Anlegung eines
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„würltembergischen naturhistorischen Museums angenommenen „Grundsatz, wonach nur Naturalien des engern Vaterlandes in die „jenseilige Sammlung aufgenommen werden wollen, entgegenzu- „treten und dass wir daher auch Nichts dagegen zu erinnern finden, „wenn aus unserer, dem verehrlichen Ausschuss zur Verwaltung „überlassenen Sammlung vaterländischer Naturalien hei ihrer Sich- „lung alles dasjenige ausgeschieden wird, was hienach für die „Vereinssammlung als nicht geeignet erscheint.
„Wir haben demgemäss , im Einklang mit unserer an den „jenseitigen Ausschuss gerichteten Zuschrift vom 26. October 1850, „den Herrn Professor Fleischer heute wiederholt ermächtigt, „im Verein mit den Conservaloren des Vereins darüber definitiv „zu erkennen, was aus unserer Sammlung auszuscheiden ist, und „uns nur die Verfügung über dasjenige, was hienach ausgeschieden „werden wird, vorbehalten.
„Indem wir den verehrlichen Ausschuss hievon zum Behuf „der Mittheilung an die jenseitigen Conservaloren in Kenntniss „setzen, ersuchen wir denselben zugleich, darauf gefälligst hin- „zuvvirken , dass das Geschäft der Sichtung und Catalogisirung „der fraglichen Sammlung bald möglich zu Ende geführt wird. Womit etc.
Stuttgart, den 2. April 1852.
S autter."
Die Conservaloren haben mit Eintritt der wärmeren Witle- rung ihre Arbeiten mit erneuerter Kraft und Lust aufgenommen und bereits dem Commissär folgende Gegenstände übergeben, welche der Verfügung der Königl. Cenlralstelle gemäss Iheils der Sammlung der Akademie in Hohenheim, theils den Acker- bauschulen des Landes einverleibt worden sind. Nämlich :
L Aus der zoologischen Sammlung :
a) 23 Arten ausgestopfter Säugethiere,
b) 193 Arten ausgestopfter Vögel,
c) 2 Arien in Weingeist aufbewahrter Fische. IL Aus der botanischen Sammlung:
a) ivleinere Sammlungen getrockneter Pflanzen und einige andere Gegenstände,
b) Zuckerproben ,
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c) Sammlungen getrockneter Pflanzen vom Esslinger Reiseverein. III. Aus der geognostisch-pelrefaktologischen Sammlung :
a) sämmtliche ausländische Mineralien ,
b) sämmtliche ausländische Petrefakte und Gebirgsarten; was sodann
c) die überflüssigen Petrefakte und Gebirgsarten Würt- tembergs betrifft, so ist mit deren Ausscheidung be- reits begonnen und wird zu Ende dieses Sommers voraussichtlich beendigt werden.
Dagegen sind aus der zoologischen Sammlung von solchen württembergischen Arten, welche nicht leicht zu erwerben sind, und zwar:
15 Arten Säugethiere, 22 Arten Vögel, 7 Arten in Weingeist aufbewahrter Reptilien und
ein Kästchen mit ausgestopften Reptilien, 7 Arten in Weingeist aufbewahrter Fische und sechs Kästchen mit ausgestopften Fischen, vorläufig zurückbehalten worden, bis sie durch gute frische Exem- plare ersetzt werden können.
Ueberdiess ist, wie aus dem schon im letzten Bericht mit- getheilten und dem nachstehenden Verzeichniss zu ersehen ist, durch die freundliche Mittheilung von Gönnern des Vereins ein namhafter Anfang gemacht worden. Die Conservatoren können aber nicht unterlassen, alle Freunde der Natur und Jagdliebhaber, insbesondere aber die Vereinsmitglieder dringend zu bitten, dass sie keine Gelegenheit vorübergehen lassen möchten , seltene, interessante und ausgezeichnete Naturprodukte dem Lande zu erhallen, da sie zu ihrem Bedauern schon öfters vernehmen mussten, dass seltene Gegenstände entweder in's Ausland abge- geben wurden oder gar zu Grunde gegangen sind.
Wir bitten ferner die Mitglieder, alle württembergischen Naturalien, welche in den Verzeichnissen der Geschenke und Erwerbungen noch nicht angeführt sind, in vollständigen und schönen Exemplaren einzusenden. Insbesondere wären uns, in- dem wir auf die Verzeichnisse der in W^ürttemberg vorkommenden
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Wirbelthiere (Jahreshefte, I., II. und III. Jahrgang) hinweisen,
für die
zoologische Sammlung
sehr erwünscht :
a) von Säugethieren ein Hirsch mit mindestens zehn Enden, eine starke Hirschkuh, Dammwild, Wolf, Biber, Marder, Wiesel, Fischotter und die selteneren Nagethiere und Fledermäuse in beiden Geschlechtern und allen Altersstufen, ferner junge wilde Katzen und junge Dachse ;
b) von Vögeln die selteneren Raubvögel, alle Schilf- und Rohrsänger, Drosseln, Strandläuferund Schwimm- vögel in beiden Geschlechtern und allen Altersstufen, insbesondere im Nestkleid, mit Nestern und Eiern;
c) von Reptilien Lacerta muralis und L. vivipara (crocea) zur Ermittlung ihrer Verbreitung, Rana fusca, Bufo calamites und die Entwicklungsstufen der Tritonen und Salamander,
d) von Fischen alle Arten aus der Donau , Enz , Schüssen, Jaxt und Tauber, die grossen Arten in 5—7 Zoll langen Exemplaren.
Was die Mollusken, welche im II. Jahrgang unserer Jahreshefte vollständig beschrieben sind, und die Insekten, so wie die übrigen wirbellosen Thiere betrifft, so sind alle Arten und insbesondere die Süsswasser- Bewohner in schönen, grossen und vollständigen Exemplaren wünschenswerlh, weil der betref- fende Conservalor eine ganz neue Sammlung anzulegen gedenkt.
Für die botanische Sammlung werden alle in Würt- temberg wild wachsenden Phanerogamen und Cryptogamen, so wie alle Hölzer nnd Früchteformen der ersten gewünscht, von welchen der botanische Conservator ebenfalls eine ganz neue Sammlung aufzustellen angefangen hat, indem das nach dem Linne' sehen System geordnete /TerÄaWwm, welches die Belege für die Flora von Württemberg von Schub 1er und v. Mar t e n s enthält und so zu sagen die Abbildungen zu derselben vertritt, unverändert aufbewahrt werden soll.
Die geognostisch-petrefaktologische Sammlung
ist, wie es nach den Verhältnissen des Landes nicht anders zu erwarten ist, am reichsten in dem zur Verwaltung übergebenen Cabinet vertreten. Dessenungeachtet hat sie nach dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaft und der Art zu sammeln , nam- hafte Lücken, und es werden daher die Vereinsmitglieder und alle Freunde dieser Wissenschaft ersucht, zu der von Ihrem Ausschusse gestellten schönen Aufgabe, eine vollständige gcea württembergica zu bearbeiten, nach Kräften beizutragen. Insbe- sondere wären erwünscht:
a) Schichtenreihen einzelner Flötzformationen in Hand- stücken von 4 Zoll Länge und 3 Zoll Breite samml den darin vorkommenden Petrefakten, mit genauer An- gabe der Schichten ;
b) einzelne schön erhaltenen Petrefakte aus allen Forma- tionen, besonders aus dem Muschelkalk und Jura;
c) gute Exemplare von Sauriern, Fischen und Pflanzen aus dem Keuper und Jura.
Wenn die Conservatoren sich erlaubt haben, die Freunde der Naturgeschichte Württembergs auf die Desiderate der Vereins- sammlung aufmerksam zu machen, so waren sie nicht gemeint, dass alle werthvolleren Gegenstände ohne irgend eine Vergütung in die Vereinssammlung übergehen sollen, sondern sie wollen nur bezwecken, dass solche Naturprodukte, wie auch in §.3 der Vereinsstatuten erwähnt ist, dem engern Vaterlande erhalten werden. Sie wollen aber auch nicht dem patriotischen Sinne ihrer beitragenden Mitglieder vorgreifen , deren Namen auf die Etiquetten aller der Vereinssammlung gesche nkten württembergi- schen Naturprodukte gesetzt werden.
Für die Vereinssammlung sind folgende Naturalien ein- gegangen :
I. S ä u g e t h i e r e.
a) Geschenke:
Mus decximanus L., Männchen, von Stuttgart,
Vespertilio viurinus L. , Männchen und Weibchen, von Friedrichshafen,
von Herrn Director v. Seyffer;
Vespertilio discolor Kühl, Männchen, aus Stuttgart,
von Med,-Rath Dr. Heringj
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Sorex fodiens Gm., Männchen, von Schussenried ,
von Ajootheker V alet in Schussenried; Sorex fodiens Gm., Weibchen, von Weil,
— leucodon Herrn., von Stuttgart,
Talpa europaea L., var. flava, Männchen, von Degcrloch,
von Herrn Präparator Ploucquet; Talpa europaea L. , 3 — 4wöchige Junge, von Hohenheim,
von Herrn Prof. Dr. Fleischer in Hohenheim; Talpa europaea L. , altes Männchen,
— — var. grisea Männchen , Mus musculus L. , Weibchen,
— sylvaticus L., Männchen und Weibchen, alle von Stuttgart, von Herrn Prof. Dr. Kraussj
b) gegen Ersatz der Auslagen:
Mustela foina L. , var. alhoflava, Weibchen, von Reutlingen, von Herrn Kaufmann Adolf Keller in Reutlingen;
c) durch Kauf: Talpa europaea L., 2 halbgewachsene Junge von Klein -Hohenheim.
H. Vögel, a) Geschenke;
Numenius arquatus L, , altes Weibchen, bei Ulm im Juni 1851 geschossen,
von Herrn Generalstabsarzt Dr. v. Klein; Alcedo ispida L., altes Weibchen, /
Crex pratensis Rechst., altes Weibchen, ( ^^" Ditzingen,
von Herrn Hofbiichsenmacher Roos, jun. ; Falco suhbuteo L., junges Männchen, von Markgröningen, von Herrn Studiosus J äg er in Tübingen; Scolopax rusticola L., ein 2 Monate altes Männchen, von Echterdingen,
von Herrn Posthalter Baya daselbst; Podiceps minor Lath., altes Weibchen, von Cannstatt , Sijhia Titkys S c o p. , einjähriges Männchen und 2 Nestvögel , von Stuttgart,
von Herrn Prof. Dr. Krauss; Tetrao tetrix L. , ein 4 Monate altes Männchen im Uebergangskleid,
von Herrn Revierförster PI och mann in Kipfendorf bei Heidenheim; Telrao Urogallus L. , junges Männchen, von Freudenstadt, von Herrn Job. Rominger in Stuttgart; Anser segetum Gm., Männchen, im December 1851 bei Bargau geschossen,
von Herrn Pfarrer Neuber in Bargau; Turdus merula L., einjähriges Männchen, von Stuttgart, von Herrn Med. - Rath Dr. Hering;
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Fringilla monlifring'dla L., altes Männchen, von Stuttgart, vom Vereinsdiener Ding 1er;
Ardea nycticorax L. , sehr schönes altes Weibchen, im Mai 1852 im
Garten des Stifters , Herrn Bierbrauer D e e g in llsfeld , geschossen , Scolopax gallinago L. , 2 Junge im Uebergangskleid, Fulica atra L. , 5 eintägige und 2 zehntägige Junge mit dem Nest, Anas querquedula L., 2 eintägige Junge, sämmtlich von Schussenried , von Herrn Apotheker V a 1 e t daselbst , welcher diese äusserst niedlichen und selten zu erhaltenden Vögel der 2 letzten Arten ausbrüten Hess;
Ardex minuta L. , junges Männchen, von Dürrmünz,
von Herrn Apotheker Lutz in Dürrmünz;
Falco Lagopus Br., Männchen und Weibchen, von Ludvvigsburg ,
— Tinnunculus L., 5 Stück, alte, junge ausgewachsene und einjährige Vögel in beiden Geschlechtern, von den Fildern,
— subbiiteo L., ein altes Paar und ein junges Weibchen, von den Fildern,
— nisus L. , ein altes und einjähriges Paar und ein altes Paar einer schönen Varietät, bei Stuttgart,
— palumbarius L. , altes und junges Männchen , von Weilimdorf ,
— apivorus L., altes Weibchen, ein altes Paar und 3 ausgewach- sene Vögel von Varietäten, bei Stuttgart,
— buteo L, altes Männchen und Weibchen, ein Paar dreiwöchiger und ein Paar achtwöchiger Junge, bei Stuttgart,
— cyaneus L. , altes Männchen , von Böblingen ,
Strix Ahico L. , ein altes Paar und 3 vierwöchige Junge, bei Stuttgart,
— flammea L., altes Paar und eine Varietät eines Männchens, bei Stuttgart,
— brachyotus Fors t., altes Paar, von Sindelfingen und Leonberg,
— passerina Lath., (Str. noctua Retz^, altes Paar, vom Oberamt Cannstatt,
Sylvia ßavicapilla L. , (Regulus Naum.), altes Weibchen,
— hypolais L., altes Männchen,
— fitis Bechst. , ditto,
— sibilatrix Bechst,, ditto,
— phoenicurus L., ditto,
— Tithys Scop., sehr altes Männchen,
— atricapilla Bris s., altes Männchen,
— luscinia L. , altes Männchen und Weibchen,
— iroglodytes L., altes Paar mit 6 Jungen im Nest ,
— cinerea Briss., altes Männchen und Weibchen, sämmtlich von Stuttgart,
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Sylvia suecica L., 2 alte ]V[ännc)ien und 1 Weibchen nebst 2 Varietäten, von Mühlhausen,
Parus caudattis L., Männchen und Weibchen, mit zehn ein- bis dreitä- gigen Jungen ,
— coeruleus L., altes Männchen, beide von Stuttgart, Cinclus aquaticus Briss. , Männchen und Weibchen , von Teinach,
— — - zwei Junge, von Plieningen,
Turdus musicus L., Männchen und Weibchen, von Stuttgart,
— torquatus L,, altes Männchen, von Schönaich,
— merula h. , altes Paar , junges Männchen und Nest mit 6 Eiern, von Stuttgart,
Muscicapa atricapilla L. , Männchen und Weibchen,
— albicollis L., altes Paar und junges Weibchen,
— grisola L., altes Weibchen, alle bei Stuttgart, Lanius excubitor L. , altes und junges Paar,
— collurio L., altes Männchen, beide bei Stuttgart,
Corvus corax L. , altes Männchen und Weibchen, von Oeffingen und Degerloch ,
— frugilegus L. , altes Männchen ,
— glandarius L. , altes Paar, beide bei Stuttgart,
Siurnus vulgaris L. , Männchen im Sommer- und Winterkleid, bei
Stuttgart, Fringilla spinus L., altes Weibchen,
— montifringilla L. , altes Männchen,
— serinus L. , ditto,
— pyrrhula L. , ditto,
— linaria L. , altes Männchen und Weibchen,
— carduelis L., ditto,
— canabina L. , ditto, im Winterkleid, sämmtlich bei Stuttgart, Loxia curvirostra L. , altes Paar, von Wildberg,
— coccothraustes L. , junges Männchen und Weibchen, bei Stuttgart, Einberiza miliaris L. , altes Männchen, von Schmiden ,
Picus viridis L., altes und junges Paar,
— major L. , ditto, ditto,
— medius L. , altes Männchen,
— minor L., altes IMäunchen und Weibchen,
— canUfS Gm., altes Männchen, sämmtlich von Stuttgart,
Cuculus canorus L., altes und junges Männchen, ein Gwöchiges Männ- chen und Weibchen, bei Stuttgart,
Perdix cinerea L., junges Männchen und altes Weibchen mit 14 Jun- gen, von Echterdingen ,
Vanellus crislatus Meyer, ein altes Paar mit 4 Jungen, von Böblingen,
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Charadrius phivialis L., Männchen und Weibchen , von Degerloch,
— ini7ior Meyer, dessgleichen, von Cannstatt,
— morinellus L., junges Männchen, bei Ludwigsburg, Ciconia alba L., junges Männchen, bei Hüheneek,
Scolopax gallinago L., altes Paar und 2 Junge, von Blaubeuren,
— gallinula L. , Männchen und Weibchen, von Obersulmetingen, Ralhis aqnaticus L., Männchen und Weibchen, von Untertürkheim, Gallinula chlor opus Lath., altes und junges ausgewachsenes Weibchen
und 2 Junge, von Böblingen, Fulica atra L., Männchen und Weibchen, von Bietigheim, Anas acuta L. , Männchen, alt und im Uebergangskleid , von Mühl- hausen , Lanis ridibundus L. , altes Männchen und junges Weibchen im Ueber- gangskleid, von Ulm und Mühlhausen , Sterna nigra L, Männchen, alt und im Uebergangskleid , von Mühl- hausen , Podiceps minor Lath., altes Männchen und junges Paar, von Besigheim.
Alle diese Vögel wurden von Herrn Präparator Ploucquet ge- schenkt und nur das Ausstopfen berechnet.
b) Gegen Ersatz der Auslagen: Tetrao Telrix L. , altes Paar und 6 schöne Junge in allen Altersstufen (ein Tag bis 12 Wochen alt),
von Herrn Albert Beck in Heidenheim: Falco Aesalon L., altes Weibchen, von Böblingen, — milvus L. , junges Weibchen, von Ulm, Strix Bubo L., altes Weibchen, von Sulz, Caprimulgus europaeus L. , altes und junges Paar, von Rohr, Alcedo ispida L. , altes Männchen und junges Paar, von Waidenbuch, Upupa epops L. , altes und junges Paar, bei Degerloch, Oriolus galbula L., altes Paar mit 4 Jungen, von den Fildern, Bombicilla garrula L. , Männchen und Weibchen, von Crailsheim, Corvus Caryocatactes L. , dessgleichen, bf-i Stuttgart, Picus marlius L. , altes Paar, von Freudenstadt und Rohr, Columba Palumbus L. , Männchen und Weibchen, bei Stuttgart,
— Oenas L. , dessgleichen,
— tiirtur L. , altes Paar und junges Weibchen , bei Bietigheim , Perdix coturnix L. , altes Paar mit 5 Jungen, von Möhringen, Tetrao Urogallus L. , altes Männchen, bei Neuenbürg,
— honasia L., Männchen, von Freudenstadt, Ardea stellaris L., altes Männchen, von Neckarsulm, IWimenius arquatus L., altes und junges Männchen, von Ulm und Friedrichshafen
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Limosa melanura Leisler, altes Männchen, von Böblingen,
Scolopax rusticola L., altes Weibchen, junges Paar und 3 ganz junge
Vögel, bei Stuttgart, Totanus ochropus L., altes Männchen, bei Däzingen , Rallus porzana L. , altes Männchen, bei Stuttgart,
Anas leucophthahnos Bechst., altes Männchen, bei Friedrichshafen, ~ crecca L. , Männchen im Sonnner- und Weibchen im Winterkleid,
bei üntertiirkheim,
— querquedula L., altes Männchen und Varietät, von Blaubeuren,
— clypeata L. , altes Männchen und Weibchen, von Beihingen,
— strepera L., altes Männchen, von Bettenreuthe,
— ferina L. , ditto, von Friedrichshafen,
— nigra L., ditto, von Neckarweihingen,
— penelope L., ditto, von Mundeisheim,
Larus canns L., Männchen im üebergangskleid, von Böblingen,
— tridactylus L., Männchen von Königsbronn, Colymbus glacialis L., einjähriges Weibchen, bei Crailsheim,
— arcticus L. , einjähriges Männchen, von Friedriclishafen,
— septemtrionalis L. , einjähriges Männchen und Weibchen, von Münster,
Podiceps subcristatus Jacq., junges Männchen, von Münster, Mergus serrator L., einjähriges Männchen und Weibchen, von Münster ,
von Herrn Präparator Ploucquet, der sich zugleich bereit erklärt hat, etwa dem Verein zum Geschenke überschickte Stücke der hier zuletzt verzeichneten Arten gegen den von ihm berechneten Ersatzpreis anzu- nehmen, für den Fall, dass diese Art in dieser Form schon in der Sammlung vorhanden wäre.
III. Reptilien.
a) Geschenke: Lacerta vivipara Jacq.,
Vipera berus Daud., 8 Stücke in allen Altersstufen aus einem Nest unter Baumwurzeln, in welchem bei zwei Ausgrabungen, im Herbst und Frühjahr, zusammen 40 Stücke gefunden wurden, aus dem Ried, von Herrn Apotheker Valet in Schussenried ; Coronella austriaca Jacq., jung, von Widdern, Oberamts Neckarsulm,
von Herrn Oberbaurath v. B ü h 1 e r •, Rana temporaria L., alt,
— viridis Roesel, alt, mit Eiern und Kaulquappen in allen Ent- wicklungsstufen ,
Bombinator igneus M e r r. , alt, mit Eiern und Kaulquappen, Bufo viridis L a u r. , alt und jung,
— vulgaris Laur. , ditto.
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Salamandra maculosa L a u r. , Männchen und Weibchen , Triton cristatus L a u r. , ditto,
— taenialus L a u r. , ditto,
— igneus L a u r, (T. alpeslris B e c h s t.) , ditto, Lacerta stirpium D a u d, , ditto und Eier,
Tropidonotus Natrix Kühl, sehr gross, sämmtlich bei Stuttg;art , Lacerta vivipara J a c q. , (L. crocea Wolf), auf dem Hasenberg-, von Herrn Prof. Dr. K r a u s s. IV. Fisch e. a) Geschenke: Perca fluviatilis L. , Gadus Lota L. , Leuciscus Dobida Cuv., Abramis Brama Cuv., Salmo lacustris L. ,
— salvelinus L. ,
— Thymalltis L, ,
Coregonus lavaretus Cuv. und V a 1. , sämmtlich aus dem Bodensee, von Herrn Med. - Rath Dr. Hering, b) Kauf: Perca fluviatilis L. , Barbus fluviatilis Cuv., Cyprinus Carpio L. , Tinea Chrysitis A g. , Leuciscus Nasus Cuv.,
— erythrophthalmus Cuv.,
— cephalus Cuv., Cyprinus carassius L., var. , Esox lucius L.,
Muraena anguilla L., sämmtlich aus dem Neckar, Cyprinus Gibelio L., aus dem Vogelsang, Salmo fario L., aus der Erms bei Neckarthailfingen. V. C r u s t a c e e n. a) Geschenke: Apus eancriformis Latr. , aus einer Pfütze auf der Gänsheide, von Herrn Prof. Dr. Krauss. VI. Mollusken. a) Geschenke: 27 Arten Land- und Süsswasser- Conchylien, aus der Umgegend von Rottenburg,
von Herrn Apotheker G ni e 1 i n daselbst; 5 Arten Nacktschnecken in allen Altersstufen , von Herrn Prof. Dr. Krauss.
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VII. Helminthen (D i e s i n g). a) Geschenke: 4 Arten Eingeweidewürmer,
von Herrn Med. - Rath Dr. Hering; 1 Art Eingeweidewurm , 4 Arten Blutegel ,
von Herrn Prof. Dr. Krauss. VIII. Versteinerungen. a) Geschenke: 22 Stücke Belemniten und 2 Ammoniten aus dem schwarzen und braunen Jura ,
von Herrn Med. - Cand. Roman aus Heilbronn: 17 Kapseln mit Zähnen von Palaeotherium, Anoplolherium , Equus und Bos aus den Boiinerzen von Neuhauseu bei Tuttlingen, von Herrn Bergrath Bilfinger in Stuttgart, b) Gegen Ersatz der Auslagen: 30 Kapseln verschiedener Zähne und Knochen von Palaeotherium und Anoplolherium aus den Bohnerzen vou Frohnstetten ^
von Herrn Pfarramts- Verweser Dr. Fr aas in Lauffen. IX. Pflanzen. (Zusammengestellt von G. v. M a r t e n s. ) Von Herrn Forstverwalter Troll in Buchau 101 meisterhaft schön eingelegte frische Arten aus den Umgebungen des Federnsees, darunter Polyslichum Thelypteris , unser einziger Sumpffarn, mit Früchten, Equi- selum variegatum, die schöne Calamagroslis stricta , Eriopkorian gracile, vaginatum uud 16 Riedgräser vom Seeried, das südliche hohe Cladium Mariscus vom Zellernsee , die hochnordische Betida hum'dis , die alpine grüne Erle, der Riesenampfer (Rumex maximus) vom Altshauser Weiher, die prächtige Pedicularis Sceptrum Carolinum vom Federseeried, Hiera~ dum Jacquini von den Alpfelsen , Arnoseris foetida von Uttenweiier, der Wasserschierling, Saxifraga Ahoon von den Alpfelsen und Ilircuhis vom Seeried, das Sand- und das Sumpfveilchen und vier freilich nicht L i n- ne'sche, aber doch von Koch in Deutschlands Flora aufgenommene, für die unsrige neu entdeckte Arten, Rhinanthus alpinus ß anguslifolius Koch, im Wald bei Süssen, Pyrola media Swartz, auf dem Bussen, Valeriana sambucifolia Mikan, und Ranunculus Petiveri Koch, beide im Federseeried gefunden.
Von Herrn Oberamts -Richter Fuchs in Mergentheira eine interes- sante Auswahl der seltensten Alppflanzen aus der Nähe von Ehingen und einige seltenere Gewächse des Taubergebiets, wie Carex humilis, Centaurea phrygia und Seseli biennis , zusammen 53 Arten.
Von Herrn Dr. Robert Finckh in Urach 10 weitere seltene Alp- pflanzen.
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Von Herrn Pharmaceuten Rudolph Ha ist, gegenwärtig in der Schweiz, 5 Arten.
Von einem Ausfluge in unser berühmtes Wildbad brachte uns Herr Professor Dr. Plieuinger den Trauben -Hollunder, die Früchte der zweiblättrigen Maiblume, vier Laubmoose und acht Flechten,
Herr Apotheker Valet in Schussenried hatte die Gefälligkeit, sei- nen früheren Beiträgen eine weitere Sendung von 21 Arten beizufügen, darunter unsere seltenste Pflanze, die Wasseraloe, die voriges Jahr an den Eisenbahndämmen häufig aufgetretene Centaurea solstilialis L. , einen Sumpfpilz, Geoglossum glutinosuin Pers., und einige Charen.
Siebenundzwanzig Alppflanzen, meist aus der Umgebung von Mün- singen, darunter das schöne Sisymbriwn strictissimwn, der gelbe Enzian, das seltene Polemonium coerulewn und sieben Orchideen, legte Herr Pro- fessor Dr. Kurr in unserem Herbar als Frucht eines Ausflugs auf der Alp nieder. •
Herr Stadtpfarrer Werner in Waiblingen beschenkte uns mit vier Exemplaren der in unseren Heften (VH, 2, , S. 207) erwähnten Osmundarega- lis, es sind die letzten der bei seinem Aufenthalt in Wildbad gesammelten.
Eine Sammlung von 59 Pflanzen der Gegend von Haigerloch, welche uns Herr Apotheker Fischer daselbst durch Vermittlung des eifrigen Botanikers, Herrn Dr. Finckh in Urach, mittheilte, fand insofern An- stand, als sie gegen den Grundsatz, uns streng innerhalb der Grenzen Württembergs zu halten, zu Verstössen schien; der Ausschuss des Vereins glaubte jedoch in Betracht, dass diese Pflanzen nur eine Fortsetzung der zum grössten Theile unserem vorgezeichneten Gebiet angehörenden Alpflor bilden, hier eine Ausnahme machen zu können. Diese Pflanzen sind auch darum merkwürdig, weil ihre ungewöhnlich üppige Blattent- wicklung als Beleg dafür dient, dass der der Fruchtbildung so ungün- stige nasse Sommer 1851 dafür der Entwicklung der vegetativen Organe um so günstiger war: auch befinden sich darunter Exemplare der Wiesen- kresse, Cardamine pratensis L. , mit gefüllter Blume, welche aufwiesen bei Stetten mitten unter den einfachen, aber acht bis zwölf Tage später, blühten und in uns den Wunsch erregten , auch von andern Seiten Nach- richten über wildwachsende Pflanzen mit gefüllten Blumen zu erhalten ; uns kam bisher nur Lychnis Flos Cuculi gefüllt vor.
Im August 1851 nahm das Wasser des Feuersees bei Bönnigheim eine blutrothe Farbe an, Herr Apotheker Volte r dasey)st hatte die Güte, uns eine Flasche dieses in Blut verwandelten Wassers zu bringen, und das Mikroskop überzeugte uns bald, dass ein kleines Infusionsthierchen, Euglena sanguinea Ehrenberg, durch seine ungeheure Vermehrung die Erscheinung veranlasst hatte, diess wäre nun eigentlich ein zoologischer Beitrag, allein nebenbei enthielt dieselbe Flasche auch vier Bewohner des kleinen Sees aus unserem Pxeiche, Spirogijra nitida und decimina Link, Lemna minor und trisulca L.
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Herr Hegel maier. Med. stud. in Tübingen, hatte die Ueber- raschung, letzten Herbst in den Umgebungen unserer Musenstadt , wohl die am sorgfältigsten durchforschten des Landes, eine neue Pflanze zu entdecken. Es ist die niedliche Senebiera didyma Persoon, sie stand einzeln am Ufer der Ammer bei Lustnau, dieses macht es jedoch wahr- scheinlich, dass sie von dem sonst so friedlichen Bache bei der voran- gegangenen Ueberschwenimung aus dem botanischen Garten mitgenom- men worden sei. Aehnliche Flüchtlinge waren wohl auch die von Koch (fl. germ. , I, 80) angegebene an der Sternschanze bei Hamburg, am Ufer der Elbe bei Altona, und bei Bern, wie die der Flora badensis am Holz- magazin bei Carlsruhe, da die Pflanze zwar sehr weit verbreitet ist, von Cornwall bis Toscana , von Pensylvar ' ?n bis Buenos - Ayres , auf St. Helena und in Neuholland, aber sich als Strandpflanze freiwillig kaum vom Meere entfernen wird.
Herr Rreisforstrath Gwinner theilte neben einigen Schwarzwald- moorgewächsen sehr interessante Durchschnitte von Baumstämmen als Anfang einer Holzsammlung mit, eine Scheibe von Hex Aquifolium von der Schönmünz mit etwa 36 Jahresringen: diese Ringe sind auf einer Seite sehr dicht, auf der andern mehr von einander entfernt, ein Anflug von Lecanora albella und Lecidea prirasema bezeugt, dass letztere die Winterseite sei. Eine Scheibe der Legforche weist ein Alter von 180 Jahren nach, eine andere der Weisstanne ist dadurch merkwürdig, dass der zuerst durch überragende Nachbarn unterdrückte Baum sehr enge Ringe, dann, von diesen befreit, sehr breite ansetzte.
Endlich lieferte G. v. Martens 67 Arten , darunter eine Reihe von Flechten der Buchenstämme, welche mit dem Brennholz auf den Stutt- garter Holzmarkt geführt werden.
Im Ganzen erhielt das im Jahr 1850 mit 340 Arten gegründete Herbar 1851 einen Zuwachs von 371 Arten , wobei jedoch einige mit den früheren zusammenfallen.
Die Vereinsbibliothek hat folgenden Zuwachs erhalten:
a) Durch Geschenke:
Abraham Gagnebin de la Ferriere etc. , avec un appendice geologique, par J. Thurmann. Porrentruy 1851. 8". Von dem Verfasser. Monographie der Petrefacten der Aachener Kreideformation, von Dr. J. Müller, Oberlehrer am Gymnasium zu Aachen. H. Abth. mit 4 Tafeln. Bonn 1851. 4».
Von dem Verfasser. Beiträge zur Lehre von dem Keimen der Samen der Gewächse, von Dr. Fleischer, Professor zu Hohenheim. Stuttg. 1851. 8^. Von dem Verfasser.
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Museum botanicum Lugduno -batavum, sive stirpium exoticaruni iiovarum vel minus cognitarum ex vivis aut siccis brevis expositio et descriptio, additis figuris scripsit C. L, Blume. 8*^.
Von Herrn Director v. Seyffer. Comite- Bericht des deutschen Ansiedlungs - Vereins in Valdivia in Siid- chile, herausgegeben von Buchhändler Gas t. Stuttgart 1851. 8*^. Von dem Herausgeber. Giebel, gaea excursoria germanica. Deutschlands Geologie, Geognosie und Palaeontologie, mit 24 lithogr. Tafeln. Leipzig 1851. 8^. Von Buchhändler Abel in Leipzig behufs der Erwähnung dieser Schrift in unsern Jahresheften, Die Gehirnnerven der Saurier, anatomisch untersucht von Dr. J. G. Fischer, ord. Lehrer an der tvealschule des Johanneums in Ham- burg, mit 3 Tafeln. Hamburg 1852. 4". Amphibiorum nudorum neurologiae specimen primum scripsit J. G. Fischer, Dr. phil. Berolini 1843. 4". (c. 3 tab.) Beide Werke von dem Verfasser. Neunter Jahresbericht der Pollichia, eines naturwissenschaftlichen Vereins der bayerischen Pfalz. Neustadt 1851. 8^\
Von Herrn Dr. Schultz in Dcidesheim.
b) Durch Austausch unserer Jahres hefte, als Fortsetzung :
Wiirttembergische Jahrbücher, herausgegeben vom topographischen
Bureau. Jahrgang 1845 — 1850. Stuttgart. 8^. Bulletin de la Societe geologique de France. Tome VlH. 6. Janvier —
19. Mai, Paris 1851. 8^. Jahrbuch der K. K. geologischen Reichsanstalt. L Jahrgang, N'^. 3. 4.
Juli — Dec. 1850 und H. Jahrgang, N«. 1. Jan. — März 1851.
Wien. gr. 8^. Bulletin de l'Academie royale de Belgique. Tome XVH. 2. partie,
Tome XVm. 1. partie. Bruxelles 1850—1851. 8«. Annuaire de l'Academie royale de Belgique. Annee XVH. Bruxelles
1851. 8«. Jahresbericht des naturwissenschaftlichen Vereins in Halle. HL Jahr- gang 1850. 8«. Tijdschrift voor de Wis - en Natuurkundige Wetenschappen etc.
IV. Deel, 1—4. Aflevering, Amsterdam 1851. 8'^. Verhaandelingen der erste Klasse van het K. Nederland. Instituut te
Amsterdam. HI. Reeks, IV. Deel, met plaaten , Amsterdam
1851. 40. Correspondenzblatt des naturhistorischeu Vereins der preussischen
Rheinlande und Westphalens. 2 Hefte. 1851. N». 1— 4. 8». Württerab. naturw. Jahreshefte. 1853. Is Heft. 2
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Sechszehnter Jahresbericht des Mannlieimer Vereins für Naturkunde,
vorgetragen von Dr. C. A. Low. Mannheim 1850. 8°. Achtundzwanzigster Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. Enthält Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im Jahre 1850. 4^. Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Heft 3 — 5.
(N«. 27 — 65.) 1849 — 1851. 8". Memoires de la Societe royale des Sciences de Li^ge. Tome VII.
Uhge 1851. 8». Abhandlungen des zoologisch -raineralogischen Vereins in Regensburg.
Zweites Heft. 1852. 8". De Koninck, Description des ADiroanx fossiles, qui se trouvent dans le terrainc carbonif^re de Belgique, Supplement, avec 5 planches, Li^ge 1851. 4«. De Koninck, Discours sur les Progres de la Paleontologie en Bel- gique. (Extrait du tome XVIII. N*\ 11. 12. des Bulletins de l'Acad. royale de Belgique.) 8^. c) Durch erst in diesem Jahre eingeleiteten Tausch- verkehr: Correspondenzblatt des naturhistorischen Vereins zu Riga, red. von Dr. phil. F. A. B u h s e und phil. cand. M. R. G o 1 1 f r i e d t. IV. Jahrg. 1850—1851. 8°. Abhandlungen der naturhistorischen Gesellschaft zu Nürnberg. 1. Heft
mit 3 Kupfertafeln. Nürnberg 1852. 8". Bericht über die Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in
Basel vom August 1848 — Juni 1850. N^. IX. Basel 1851. 8«. Erster Bericht des naturforschenden Vereins zu Bamberg, mit 2 Tafeln. Bamberg 1852. 4«.
Die meisten der in diesem und in früher bekannt gemachten Berichten verzeichneten Schriften sind gebunden und können, wie bisher, von den Mitgliedern gegen Uebersendung einer Quit- tung bei dem Berichterstatter abgeholt werden.
Die Vereinskasse wurde durch die Uebernahme der Sammlung der König]. Centralstelle und die Anlage einer neuen Sammlung mehr als bisher in Anspruch genommen, so dass der in der ausserordentlichen Generalversammlung im Jahr 1850 verwilligte Kredit zur Deckung der Kosten für zwei Glaskästen, für's Aus- stopfen der Säugelhiere und Vögel, für Materialien u. s. w. nicht einmal hinreichte und daher in dieser Versammlung auf die Ver- willigung eines neuen Kredits der Antrag gestellt werden muss; auch wird wohl für die nächsten Jahre ein grösserer Aufwand
- 19 -
nöthig werden, wenn die Sammlung als gemeinnützige Anstalt so gedeihen soll, dass sie die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zieht, und sich dadurch, wie wir hoffen dürfen, die Zahl der Vereinsmitglieder vergrössert.
Nach den erfreulichen Verhältnissen unserer Kasse sind wir jedoch im Stande, solche ausserordentlichen Ausgaben zu be- streiten, wie aus dem nachstehenden Berichte unseres Kassiers zu ersehen ist.
Von Ihätigen Vereinsmitgliedern , deren Verlust wir im ver- flossenen Jahre zu beklagen hatten, sind anzuführen:
Dr. V. Hart mann, früher Oberamts- Arzt in Göppingen, der sich durch sein unermüdliches Sammeln vaterländischer Petre- facte nicht allein in Württemberg, sondern auch in weitern Kreisen ein bleibendes Verdienst erworben hat, und dem die vaterländi- sche Naturalien -Sammlung viele Petrefacte verdankt.
Gerichtsnotar Weismann in Crailsheim, welcher sich durch das Einsammeln der Petrefacte des Muschelkalks und der Letten- kohle um die meisten Sammlungen des Inlandes verdient ge- macht hat, und jedem Besucher bereitwillig von Allem mittheilte, was er vorrälhig hatte.
Dr. V. Laune r, früher Oberamts- Arzt in Freudenstadt, welcher sich durch fortgesetzte Witterungs- Beobachtungen ge- rechte Ansprüche auf unsern Dank erworben hat.
Hofrath Mangold in Oehringen, der durch seine Bemühun- gen für das Gedeihen einer bessern Weinkultur ein bleibendes An- denken gestiftet hat.
Dr. V. Reu SS in Stuttgart, Kaiserl. russ. Staatsrath, welcher trotz seines vorgeschrittenen Alters bis in seine letzten Lebens- tage immer noch reges Interesse für unsere Angelegenheiten hatte.
Dr. Edmund Schmid aus Untertürkheim, welcher sich der Geognosie und Mineralogie mit unermüdlichem Eifer gewidmet hat.
Die Rechte einer moralischen Person sind, wie Sie aus der im zweiten Heft des VIIL Jahrgangs ausführlich mitgetheilten Verhandlung gelesen haben, nun dem Verein von der Königl. Regie- rung des Neckarkreises am 17. October 1851 ertheilt worden.
Die Gründe, welche den Ausschuss zur Verlegung des Tages
2*
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der Generalversammlung auf den 24. Juni geleitel haben, sind schon in dem Bericht über die letzte Generalversammlung (VIII. Jahr- gang, I.Heft, p. 1.) näher beleuchtet, allein es dürfte doch in der heutigen Versammlung zur Sprache gebracht werden, ob dieser Tag nicht auch für die Zukunft festgesetzt werden sollte.
Der Vereinskassier Apotheker Weis mann theilt Folgendes über den Stand der Kasse mit:
Reclinuug-sableg-ung-
bei der Generalversammlung zu Tübingen
am 24. Juni 1852. Ich habe die Ehre, der hochverehrten Versammlung Bericht über den Stand unserer Vereinskasse zu erstatten, und zwar über die Rechnung des siebenten Jahrgangs ISfJ: Am 1. Juli 1850 betrug das Vermögen
a) Capitalien fl. 3173. 15-
b) Ausstände 36t. 48.
c) Cassa-Vorrath 90. 49.
fl. 3625. 52. Von den Ausständen sind im Laufe dieser Periode bezahlt worden:
85 Actienbeiträge mit fl. 229. 30.
3 Aclien in Abgang gerechnet ... 8. 6.
46 Actien sind abermalen in Ausstand
geblieben 124. 12.
Von dem Grundstock wurden an Activ- Capitalien heimbezahll. ........ 670. —
An Capitalzinsen wurden eingenommen . 162. 59.
Im vorigen Jahr war die Zahl der Mitglieder
336 mit 355 Actien. Zuwachs in dieser Periode 18
373 Actien und zwar die Herren
Reallehrer Boecklen in Bopfingen. Conservator Ploucquel. Oberreallehrer Blum. Med. Dr. Ho e ring in Heilbronn.
— 2t —
Bergrath Bilfinger, jun.
Dr. Buche 1er in Herisau.
Forstrath Hahn.
Professor Pistorius in Hohenheim.
Reallehrer Furcht.
Generalmajor v. Troyff.
Thierarzl Fricker.
Juwelier Trinker.
Professor Müller.
Topograph Paulus.
Hauptmann v. Dürrich.
Assistent Sick.
Pfarrer Römer pr. 1850 und 51. Die Aclienzahl 373 hat sich durch Austritt um 18 vermin- dert, es sind die Ausgetretenen: Herr Procurator Abel. „ Kaufmann Burzhan. „ Kreisbaurath Duttenhofe r. „ Apotheker Lech 1er. „ Secretair Stahl. „ Bergrath Degen f. „ Pfarrer Haagen in Ensingen. „ Apotheker Winter in Tübingen. „ Chemiker Engel mann. „ Dr. V. Gärtner in Calw "t*. „ Professor Schumann in Esslingen. „ „ Rogg in Ehingen.
„ Apotheker Gramm in Niederstetten. „ „ Staib in Trogen.
„ „ Schmidt in Stuttgart.
„ Herrmann Ebner.
„ Revierförster v. Muschgay in Zwiefalten. „ Regiments -Arzt Dr. Kleiner in Ulm. Die Zahl der Actien ist nun 355, welche
ä n. 2. 42 fl. 958. 30.
betragen; davon wurden im Laufe der Periode
264 mit 712. 48.
- 22 —
bezahlt; im Ausstand blieben 91 fl. 245. 42.
Ausserordentliche Einnahme beträgt .... 6. 12.
Auf den Grundstock wurden in diesem Jahre hingeliehen fl. 900. fl. 400 in vier württemb.
4J 0 Obligationen angekauft zu 394. —
und Anlehen an Gebr. Be n e dict 500. —
Die laufenden Ausgaben betragen :
1) für Porto etc fl. 10. 13.
2) „ Mobilien 141. 9.
3) „ Buchdruckerkosten . . 736. 43.
4) „ Heizung etc 34. 16.
5) „ den Aufwärter .... 28. 45.
6) „ Zinsrückvergütung . . 3. 41.
7) „ Capitalsteuer .... 9. 48.
fl. 964. 35T
V e r m ö g e n s - N a c h w e i s u n g des Vereins • auf den 1. Juli 1851. Am 1. Juli 1850 war der
Activcapital - Bestand . . . . fl. 3173. 15. Hiezu ausgeliehen .... 894. —
fl. 4067. 15.
Davon Ablösungen 670.
fl.3397. 15.
Hiezu die Activausstände .... 369. 54.
den Cassenbestand .... 13. 43.
Somit Vermögensstand am 1. Juli 1851 . . fl. 3780. 52. Am 1. Juli 1850 betrug das Vermögen :
a) an Capitalien . . . fl. 3173. 15.
b) Ausstände .... 361. 48.
c) Cassavorrath ... 90. 49.
fl. 3625. 52.
Somit Zunahme ^55^
Die Revision der hier zur Einsicht aufgelegten Rechnung wurde, wie bisher, von unserem verehrlichen Mitgliede, Herrn ßergraths- Revisor Rom ig, besorgt.
Durch die nun gestattete Nachnahme der Jahresbeiträge
23
tinrch die Post wird es mir möglich , den Einzug derselben bei sämmtlichen Mitgliedern zugleich vorzunehmen, was in Zukunft je mit der Ausgabe des ersten Jahresheftes geschehen wird.
Mit den geregelten Einzahlungen der Jahresbeiträge wird es mir in Zukunft möglich gemacht, in der Generalversammlung je die Rechnung des laufenden Jahres vorzulegen , wenn der jetzt gewählte 24. Juni fernerhin beibehalten werden wird.
Aus der Rechnung des laufenden Jahres kann ich der ver- ehrlichen Versammlung so viel mittheilen, dass ohnerachtet der vermehrten Ausgaben für die Vereinssammlung, für welche in der letzten Generalversammlung fl. 500. verwilligt wurden , der Cassenbestand sich nicht vermindert, sondern um einige hundert Gulden vermehrt hat, so dass derselbe fl. 4000. erreichen wird.
Es steht desshalb der Bewilligung einer weiteren Summe für diese Zwecke nichts im Wege.
Zusammenstellung der Rechnung des VII. Jahres 1851. (am 30. Juni.)
Eianaliine. Zahl der Mitglieder 336 mit 355 Actien. . Es liaben bezahlt 264 ä fl. 2. 42 Im Ausstand sind geblieben 91 |
fl. 712 245 |
kr. 48 42 |
fl. 958 162 6 229 3396 |
kr. 30 |
An Zinsen erhalten Ausserordentliche Einnahme 85 ältere bezahlte Actien Der Cassa-Uebertrag- vom vorigen Jahr be- trägt mit Einschluss der noch im Ausstand befindlichen 49 Actien |
— |
59 12 30 22 |
||
Ausgabe. Sun |
ime . . . |
4753 |
33 |
|
SämmtUche Ausgaben Im Ausstand sind IV. Jahrg. 3 Actien von 1848 . . . V. „ 7 „ „ 1849 . . . VI. „ 36 „ ,, 1850 . . . VII. „ 91 „ „ 1851 . . . 137 Actien ä fl. 2. 42. . . . In Abgang vrurdeu 3 Actien gerechnet . . Baar in Cassa |
13 3397 |
43 15 |
964 369 8 3410 |
35 54 6 |
Capitalbestand |
58 |
|||
Summe | |
4753 |
33 |
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Auf den Antrag von Prof. Dr. Kurr wurde von der Ver- sammlung dem Ausschuss aufs Neue ein Credit von 600 fl. zu Bestreitung derjenigen Kosten verwilligt, welche die Auf- stellung und Förderung der naturhist. Sammlung verursacht.
Wahl der Beamten.
Bei der nach §. 13 der Statuten vorzunehmenden Wahl der Vorstände trug Prof. Dr. Kurr darauf an, die bisherigen Vor- stände beizubehalten , was einstimmig angenommen w urde.
Hierauf wurde zur Wahl derjenigen Hälfte des Ausschusses geschritten , welche nach §. 5 und 12 der Statuten dieses Mal auszutreten hätte. Es wurden jedoch alle Mitglieder in ihrem Amte belassen, mit Ausnahme von Staatsrath v. Ludwig, an dessen Stelle Ober - Med. - Rath v. Hardegg gewählt wurde.
Der Ausschuss besteht hienach und nach einem Beschlüsse des Ausschusses vom 30. Juli aus folgenden Mitgliedern :
Gebliebene:
Professor Dr. Fehlin g in Stuttgart.
General- Stabsarzt V. Klein „ „
Professor Dr. K r a u s s „ „
Kanzleirath v. M a r t e n s „ „
Professor Dr. Plienin ger „ „
Hofrath Dr. S a u c e r o 1 1 e „ „
Graf V. Secken dorf „ „
Apotheker W e i s m a n n „ „
Neugewählte:
Professor Fleischer in Hohenheim. „ Chr. Gmelin in Tübingen.
Ober -Med. -Rath Dr. v. Hardegg in Stuttgart. Professor Hochstetter in Esslingen. Ober -Med. -Rath Dr. v. Jäger in Stuttgart.
Professor Dr. Kurr „ „
Ober-Forstrath Graf v. Mandel s loh „ Director v. Seyffer „ „
— 25 -
Ergänzungsmitglieder: Finanzrath Eser in Stultgart.
Inspector V. Fleischmann „ „ Med.-Rath Dr. Hering „ „
Handelsvortand Reiniger „ „
Secretaire: General -Stabsarzt Dr. v. Klein in Stuttgart. Professor Dr. Kraiiss „ „
Kassier: Apotheker Weis mann.
Der Vorsitzende erneuerte den schon früher (Jahreshefte, VI. Jahrg. pag. 151) von Dr. Finckh gestellten Antrag, Zeit und Ort der Generalversammlung zu ändern, und schlug statt des 1. Mai's den 24. Juni (Johannisfeiertag) vor. Da sich ferner auch die Bestimmung des §. 19 der Statuten, die Versammlun- gen abwechslungsweise in den Kreisstädten zu halten, als un- praktisch bewiesen hatte, so schlug er für den Ort der nächsten Generalversammlung Stultgart vor und trug darauf an, die Wahl eines Geschäftsführers für diese Stadt dem Ausschuss zu überlassen. Alle diese Anträge wurden von der Versammlung ohne Widerspruch angenommen.
Vorträg-e»
1) Cand. A. Günther verlas folgenden von Prof. Dr. Plie- ninger eingesendeten Nekrolog des verstorbenen Oberamts- Arzles Dr. v. Hart mann in Göppingen. (Vorgetragen den 11. Februar 1852 bei dem Feste der ehemaligen Zöglinge der Carls -Akademie.)
Der Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg hat es sich zur Pflicht gemacht, den Mitgliedern, welche sich um die Wissenschaft überhaupt und um die wissenschaftliche Erforschung unseres Vaterlandes insbesondere Verdienste erworben haben, nach ihrem Abtreten von dem Schauplatze ihrer Wirksam- keit ein ehrendes Denkmal in den „Jahresheften" seiner Vereins- thätigkeit zu setzen.
- 26 —
Dr. Ernst Gustav Friedrich v.Hartmann, früher Oberamts- Arzt zu Göppingen, gehört unzweifelhaft unter die Zahl derer, welche ein solch ehrendes Denkmal verdienen, und es sei mir erlaubt, an dem heutigen Tage den gedrängteren Abriss seiner Leistungen in dem Kreise seiner Jugendgenossen vorzutragen, da mir als langjährigem Freunde und Fachgenossen des Verewig- ten mit der Zustimmung seiner Verwandten zugleich die näheren Angaben seiner Lebens-Verhältnisse zu Theil wurden.
Wenn das Verdienst der Förderer irgend eines Faches oder Zweiges der Wissenschaft zweierlei Richtungen hat, einmal, das Material beizubringen, und dann, dasselbe wissenschaftlich zu verarbeiten, so bewegte sich Hart mann 's Verdienst zunächst in der erstgenannten Richtung, Fassen wir es in wenigen Worten zusammen, so bestand sein hohes Verdienst um die vaterländi- sche Naturkunde in einem seltenen Eifer und noch selteneren Geschick, das Material für das von ihm mit Vorliebe erwählte Feld der Wissenschaft, die P etre f a kten-Kunde, zu sammeln und seine reichen Schätze mit der ihm eigenen Liberalität den ordnenden und verarbeitenden Collegen aufzuschliessen. Er ver- stand es, den Schauplatz seiner Berufsthätigkeit, den vor andern Gegenden des Landes an Fundgruben für die Versteinerungs- kunde reichen Oberamts-Bezirk Göppingen und die angrenzenden Gebiete, auf's Emsigste zu durchforschen und auszubeuten, und mehr als einmal setzte er die Collegen in Verwunderung, wenn wenige Wochen oder Monate, nachdem er seine Vorräthe in andere Hände übergeben hatte, ein beinahe eben so reicher Schatz wieder in den weiten unteren Räumen seines Hauses aufgestellt, die Collegen zur Durchmusterung einlud.
Hiezu lieferten vorzugsweise die Schichten der jurassischen Bildungen ihr Contingent , die, am Fuss und Abhang der schwäbi- schen Alp durch natürliche Ursachen aufgeschlossen, oder, wie die Schiefer des Lias zu Boll und Ohmden, von Menschenhänden ausgebeutet, ihre organischen Reste dem Sammler darbieten, und H. war unter den Ersten in Württemberg, welche diese Ge- legenheit benützten. Die auch historisch so merkwürdigen Vor- posten der Alp, der Hohenstaufen und Rechberg, der als Index der Schichtenfolgen des schwäbischen Jura vorgeschobene Sluifen,
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die ergiebigen Fundorte Gamelshausen, Heiningen, Zell, Boll, Ohniden, das Teufelsloch, Steinheim u. a. 0. verdanken zunächst seinen forscherischen Bemühungen ihr Bekanntwerden. Ohne Zweifel fing er schon frühe an zu sammeln, ebensowohl veran- lasst durch die sich ihm wie von selbst darbietende Gelegenheit, wie angetrieben durch die Anregung, welche die Carls- Akademie zu Cultivirung der Naturwissenschaften als der sichersten Grund- lage, durch Anwendung ihrer Wahrheiten , für die Praxis der Heil- kunde, wie der Landwirthschaft und der Industrie, — im Gegen- satze zu dem Scholasticismus der früheren Zeiten — auch in unserem engeren Vaterlande gegeben hatte; und die Saaten eines Kielmeyer trugen auch bei Hartmann diese schöne Frucht.
Schon im Jahr 1823 konnte H. eine reiche Sammlung Petre- facte seiner Gegend an das „Cabinet vaterländischer Naturproducte" abgeben, dessen Anlegung, den organischen Bestimmungen des im Jahr 1818 von Sr. Maj. dem Könige gegründeten landwirth- schaftlichen Vereins gemäss, sein ältester Bruder, Job. Georg August V. Hart mann, Präsident der Königl. „Centralsteüe des landwirthschaftlichen Vereins", sich als Sachkenner und warmer Förderer der vaterländischen Interessen sehr angelegen sein Hess. Diese Sammlung Hart mann 's bildete ebensowohl die erste Grundlage zu dem geognostisch - petrefaktologischen Theil gedach- ten Cabinets, wie das Hauptmaterial für die „Uebersicht der Ver- steinerungen Württembergs nach dem gegenwärtigen Stand- punkte der Petrefakten- Kunde, Stuttgart 1824," welche der nach- malige Finanzkammer-Secretair Stahl, später ein gleich eifriger Sammler, im „Correspondenzblatt des landwirthschaftlichen Vereins" von demselben Jahr, bekannt gemacht hat.
Kaum waren die überraschenden Entdeckungen eines ganz neuen Geschlechts vorweltlicher Wasserbewohner, jener merk- würdigen , „Fischeidechse" CIchthyosaurusJ genannten Arten kolos- saler, die Hauptcharaktere der Fische und der Echsen in sich vereinigenden Geschöpfe von England her bekannt und von C u v i e r (in seinen Ossemens fossiles) näher bestimmt worden, so fand sie Hart mann auch in den Schiefern von Boll und Ohmden auf und lieferte somit ein bedeutendes Material zu der von Ober- Med. -Ralh v. Jäger im Jahr 1828 publicirten Schrift; „lieber
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die fossilen Reptilien Württembergs", nachdem Letzterer vier Jahre zuvor die aus früheren Zeiten herrührenden , in einer allen Sammlung des Königl. Gymnasiums zu Stuttgart vorgefundenen Repräsentanten jener vorweltlichen Thierformen in seiner Schrift: j,De Ichthyosauri sive Proteosauri speciminibus in agro bollensi de- tectis^^ , bekannt gemacht hatte.
Ein sehr grosser Theil des Materials zu dem Prachtwerke unseres im Jahr 1846 verstorbenen Mitgliedes, Major v. Zielen: „Die Versteinerungen Württembergs, 1832", rührte aus der Samm- lung Hart mann 's her.
Die Inauguraldissertation seines Sohnes, Dr. Friedr. Harl- mann, derzeit Oberamts- Arzt in Sulz, „systematische Uebersicht der Versteinerungen Württembergs mit vorzüglicher Rücksicht der in der Umgebung Bolls sich findenden, Tübingen 1830", verdankt ihre Entstehung der Anregung des Vaters und ihre umsichtige Bearbeitung dem Reichthum seiner Sammlungen.
Mit welcher Liberalität H. von seinen Schätzen Andern mit- theilte, wird eine Menge Fachgenossen im In - und Auslande be- zeugen können, und die ersten Männer der Wissenschaft standen mit ihm in Correspondenz und sucTiten Aufschlüsse und Belege bei dem so sehr an den Quellen wohnenden Forscher.
So wurde H. nach und nach nicht blos mit seinen Samm- lungen, sondern auch mit seinen Erfahrungen eine Fundgrube für die wissenschaftlichen Bearbeiter der Petrefakten- Kunde , und von nah und fern bemühte man sich, aus derselben zu schöpfen. Schon in früheren Zeiten wurden ihm seine damaligen Vorräthe an fossilen Fischen, die nachmals ein namhaftes Material für die Bearbeitung der Poissons fossiles durch Agassiz lieferten, von dem Earl of Enniskillen feil gemacht und wanderten nach England. Im Jahr 1840 wurde seine ganze damalige Petrefakten -Sammlung durch Prof. van Breda für die Universität Leyden angekauft, wo sie abgesondert unter dem Namen „Cabinet Hart mann" aufgestellt wurde. Das öffentliche Naturalien - Cabinet zu Stuttgart brachte einige Jahre später eine grosse Zahl der schönsten Saurier- und Encrinitenplalten an sich, welche H. meisterhaft aus der um- hüllenden Gebirgsarl heraus zu präpariren wusste. Im Jahr 1847 wurde eine neue Petrefakten -Sammlung von ihm an das Cabinet
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der Universität Tübingen abgegeben. Aber auch für gemein- nützige Zwecke öffnete H. seine Schätze mit uneigennütziger Liberalität, wie er denn im Jahr 1844 die Realschule zu Göp- pingen mit einer Pelrefakten - Sammlung für den Unterricht aus- stattete, wofür ihm der Dank der Behörden zu Theil wurde. Den von ihm entdeckten, von H. v. Mayer Eryon Hartmanni benannten fossilen Krebs verbreitete er unter seinen Freunden in Gipsabgüssen und ein seltenes Exemplar des Ammonites triplex mit vollständig erhaltener MundöfTnung, aus welcher ihm der Ueber- rest der Form des Thiers hervorzugehen schien , in Steindruck. Wie sehr er vom Eifer des Sammeins auch noch in seinem spä- teren Alter beseelt war, davon zeugt noch ein bedeutender Nach- lass an Sauriern, Fischen, Sepien, Belemniten, Pentacriniten und Schalthieren.
Als Arzt wirkte er mit gleicher Unverdrossenheit und wusste ebenso durch schnellen und sichern Blick in Erkennung der Krank- heiten, wie durch die nie getrübte Heiterkeit seines Geistes und seinen gesunden, natürlichen, nirgends verletzenden Humor, der ihn zugleich zum angenehmsten Gesellschafter machte, wohlthätig und aufrichtend auf seine Patienten einzuwirken. Daher genoss er weit und breit das schönste Vertrauen in allen Schichten der Gesellschaft, er war gleich geliebt und geschätzt als Arzt und als Freund bei den in seiner Nachbarschaft ansässigen adeligen Familien, wie bei den Familien der Bürger seines Wohnorts und in der Hütte des Landmannes, und wurde oft in grosse Entfernungen als berathender Arzt gerufen , oder wurden ihm Kranke aus solchen zugeführt. Mit einer Uneigennützigkeit, die ihn oft die verschriebenen Arzneien selbst bezahlen hiess, unter- zog er sich der Armenpraxis, und eine aufopfernde Widmung in seinem Beruf bewies er vornehmlich in der ihm zugetheilten Aufgabe als Vorstand der französischen und russischen Militär- Spitäler, welche in den Kriegsläufen der französischen Eroberungs- zeit in dem an der Heerstrasse den Truppenmärschen vorzugs- weise ausgesetzten Göppingen errichtet wurden. Er wurde zuletzt selbst von dem Typhus seiner Kranken erfasst, und nur die auf- opfernde Sorge seiner beiden Freunde und Jugendgenossen, Hopfengärtner und Carl Jäger, welche ihm auf unmitlel-
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baren Befehl des Königes Friede rieh zugesendet wurden, ret- tete sein Leben. Er war ein Meister in richtiger Beurlheilung des Pulses, was er seinem angebornen musikalischen Rhythmus zu verdanken glaubte, und ein tüchtiger Diagnostiker und Prognosti- ker, und wusste ebensogut acute Krankheiten schnell und richtig zu beurtheilen, wie er besonders auch in der Heilung chronischer, tiefsitzender Leiden eine grosse Gewandtheit hatte. Ein Heil- mittel, das er häufig gebrauchte, ist die Electricität, die er mit vieler Sachkenntniss und grossen Erfolgen gegen verschiedenar- tige Krankheiten anzuwenden verstand , und er äusserte öfters, wie es ihm unbegreiflich sei, dass die Electricität, eines der gröss- ten Heilmittel gegen manche Krankheiten, so selten angewendet werde, und von Aerzten gar nicht gekannt sei. Die drei Cardi- nalmittel der Heilkunst, den Aderlass, das Brechmittel und das Opium, wusste er als glücklicher Diagnostiker zur rechten Zeit anzuwenden, und verstand die Kunst, bei vielen Krankheiten gar nichts zu verschreiben, und die Natur wirken zu lassen; wenn er aber verschrieb, so waren es immer kräftig wirkende Arzneien; namentlich war er auch ein Anhänger des alten Satzes: „Qui bene laxat , bene curat,'' und verschrieb häufig abführende Mittel.
Den Bädern seines Bezirks widmete er seine besondere Aufmerksamkeit, namentlich dem schon seit Bau hin 's Zeiten berühmten Boll , und viele Kurgäste erfreueten sich in einer lan- gen Reihe von Jahren seines fast täglichen Umganges und Bei- ralhes. Es war ihm eine wichtige Angelegenheit, dieses heil- kräftige Bad von der schon im Jahr 1817 beabsichtigten Ver- äusserung durch gutachtliche Gegenvorstellungen höheren und höchsten Orts zu retten. Auch der Emporbringung und Verbes- serung des Bades und Gesundbrunnens Dizenbach widmete er seine regste Sorgfalt.
Hartmann war der dritte Sohn des im Jahr 1811 ver- storbenen württembergischen Hofdomainenraths Johann Georg Hartman n, dessen Vater, Georg Hartmann, geb. zu Plie- ningen, Gestütsmeister zu Offenhausen und Marbach, ein Sohn des Stammvaters der hochgeachteten Har l m an n' sehen Familie, des Gastgebers und Gerichtsverwandten Michael Hart man n da- selbst , war. Er wurde geboren den 27. Nov. 1767 zu Stuttgart,
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erhielt seine erste Bildung in dem Stuttgarter Gymnasium und trat von da, weil er ursprünglich zur Theologie bestimmt war, in die niederen theologischen Seminarien über. Allein seine Vorliebe für die Naturwissenschaften bestimmte ihn, die Medicin der Theologie vorzuziehen, und statt in das höhere theologische Seminar zu Tübingen einzutreten, wurden ihm 1785 die Pforten der hohen Carlsschule geöffnet. Nach Beendigung seiner akademi- schen Studien wählte er im Jahr 1792 nach dem Tode des Dr. Krippendorf zu Göppingen diese Stadt als praktischer Arzt und verheirathete sich 1794 mit Krippend orf's Wittwe, Louise, geb. Hagmaier aus Waiblingen. Im Jahr 1806 wurde ihm die Stelle als „Landphysicus" und 1814 die eines „Landvogtei -Arztes" daselbst übertragen, welche jedoch mit der damaligen neuen Medicinal - Organisation nur von kurzem Bestand war und im Jahr 1818 in die eines „Oberamts -Arztes" verwandelt wurde, die er bis wenige Jahre vor seinem Tode bekleidete.
Im Mai 1842 feierte er sein 50jähriges Jubiläum als prakti- scher Arzt, und unter den bei diesem Anlass ihm zu Theil ge- wordenen vielfachen Ehrenbezeugungen ist die gnädigste Ernen- nung zum Ritter des Kronordens, die Erneuerung seines Doctor- Diploms von Seiten der Universität Tübingen , das ihm im Jahr 1794 von der Carls -Akademie in Folge seiner selbst verfassten und am 11. Febr. d. J. vertheidigten Inauguraldissertation „ejj- hibens quaedam de hydrocephalo'' erlheilt worden war, das Ehren- bürgerrecht der Stadt Göppingen, ein silberner Ehrenpokal der Amtsversammlung und ein solcher von der israelitischen Gemeinde Jebenhausen , hervorzuheben. Nicht zu vergessen ist, dass der Jubilar nach dem Danke gegen Seine Majestät den König für die ihi% gewordene Auszeichnung ebenso seinen Dank gegen dessen Vater, König Friederich, der ihn in Göppingen an- stellte, und gegen den unvergesslichen Stifter der hohen Carls- schule, Herzog Carl Eugen, dem er seine Berufsbildung ver- dankte, in gefühlvollen und beredten Worten und seinen Dank für das erneuerte Doctor- Diplom in fliessendem Latein aussprach.
Nach 54 Jahren ärztlicher Praxis und 40 Jahren des Berufes als öffentlicher Sanitätsbeamler wurde ihm im Jahr 1846 im 78sten Lebensjahr die erbetene Versetzung in den wohlverdienten
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Ruhestand gewährt, was ihn jedoch nicht hinderte, nach wie vor der ärztlichen Praxis in seiner ihm vertrauensvoll zugethanen Um- gebung und seinen Forschungen im Gebiete des für ihn zur Lieb- haberei gewordenen Zweigs der vaterländischen Naturkunde sich zu widmen.
H. war seit 1818 correspondirendes Mitglied des landwirth- schaftlichen Vereins in Württemberg, seit 1834 Mitglied der Kaiserl. Leopoldinisch- Caroliiiischen Akademie der Wissenschaften und der Senkenbergischen naturforschenden Gesellschaft zu Frank- furt, so wie von 1847 an Mitglied unserer Gesellschaft für vater- ländische Naturkunde, dessgleichen Mitglied des württembergischen Allerthums -Vereins und des ärztlichen Vereins in Württemberg.
Aus seiner im Jahr 1840 durch den Tod der Gattin getrennten glücklichen Ehe gingen vier Töchter und drei Söhne hervor, von welchen ihn eine Tochter, Gattin des hochgeachteten Malers Stirnbrand, und ein Sohn, der oben erwähnte Oberamts -Arzt Dr. Friedr. Hart mann zu Sulz, so wie zwei Tochtermänner und acht Enkel überlebten ; die ihm zugebrachte und mit kind- licher Liebe zugethane Stieftochter erwarb sich das Verdienst um ihn, die treue Pflegerin seines Alters zu werden.
Hart mann war eine stattliche, kräftige, freundliche Ge- stalt mit heiterer, offener Physiognomie, aus der die Biederkeit seines Charakters und die heitere, joviale Laune hervorleuchtete, welche ihn auch durch trübe Lebens - Erfahrungen , von denen kein Sterblicher verschont bleibt , stets ungeschwächl begleiteten.
Die Kränklichkeit seiner Jünglingsjahre, ein bedenkliches Brust- leiden mit Blutslürzen, besiegle er durch eine Jahre lang fort- gesetzte strenge Diät, und, mit Ausnahme des Spital -Typhus in seinen kräftigsten Mannesjahren, war er nie mehr krank. Er verdankte diess unstreitig einer bei allen Zöglingen der Carls- Akademie bemerkbaren Regelmässigkeit des Verhaltens auch in Beziehung auf den Körper und der in dieser unübertroffenen Anstalt angeordneten militärischen Abhärtung ; er schlief nie in Federbetten und stets bei offenen Fenstern; der früheste Morgen fand ihn am Arbeitstisch, um den Tag seiner Praxis widmen zu können, er selbst schrieb die bis in sein hohes Alter ungeschmä- lerte seltene Fülle seines nach der alten militärischen Weise
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kurz geschnittenen Haares der täglichen Waschung mit kaltem Wasser zu, wie es die Jahreszeit gab, und wenn es im Winter »ogar mit Eis vermengt war, und die Strapazen seines Berufes, dem es zu Statten kam, dass er ein vortrefflicher und leiden- schaftlicher Reiter war, trugen zur Kräftigung seines Körpers wesentlich bei. Die Beschwerden des höheren Alters blieben bis wenige Jahre vor seinem Tode von ihm fern , oder ertrug er sie mit dem heiteren Gleichmulh, den man bei ihm aus der schöne- ren Zeit des Lebens gewohnt war ; selbst die in den letzten Jah- ren zunehmende Gehörsschwäche diente ihm zu Zeiten als Gegen- stand des Scherzes. Er starb nach einem Krankenlager von nur wenigen Tagen, auf welchem mehr die natürliche Aufzehrung der Lebenskraft, als der Anfall einer eigentlichen Krankheit seinen Tod herbeiführte, am 11. Nov. 1851 im 84sten Lebensjahr. Er gehörte nach Leib und Seele zu dem kräftigen, durch kein „Zeit- bewusstsein" abgeschwächten altwürttemb'ergischen Schwabenge- schlecht, dessen Ehre in der Treue gegen das Vaterland und dessen angestammten Regenten wurzelte; möge dieses mit den mehr und mehr zerfallenden ehrwürdigen Trümmern der hohen Carlsschule nicht gänzlich aussterben.
2) Professor Dr. W. v. Rapp hält folgenden Vortrag über einige Fische des Bodensees.
Ueber die Naturgeschichte der Fische Deutschlands und der Schweiz fehlt es nicht an Schriften, die zum Theil sehr schätz- bar sind, wie die Schriften von Bloch, Meidinger, Hart- mann, Nenning, Jurine, Agassiz und Andern.
Es sind in den genannten Ländern unter den Süsswasser- Fischen zwei Familien , die Cyprinoiden und Salmoniden , beson- ders zahlreich vertreten , aber die Unterscheidung der zahlreichen Arten derselben ist nicht immer eine leichte Sache, manche Arten haben unter einander sehr grosse Aehnlichkeit, und bei manchen wechselt das Ansehen nach dem Alter, und sie werden in den verschiedenen Altersstufen mit verschiedenen Namen bezeichnet.
In Württemberg finden sich im Ganzen 43 Arten von Fischen. Sie sind geographisch in zwei Hauptgruppen vertheilt, nach den
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. iß Heft. 3
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beiden grossen Flnssgebieten der Donau und des Rheins. Einige Fische hat die Donau gemeinschaftlich mit den Flüssen , welche in das Gebiet des Rheins gehören; z. R. den Hecht, die Rarbe, den Rarsch, dann Cobitis barbatula. Andere Fische gehö- ren der Donau an und fehlen in dem andern Flussgebiete, so der Rothfisch C^almo hucho), einige Percoiden, wie Aspro vul- garis , zwei Arten von Acerina und Lucioperca sandra (der Schiel). Dagegen fehlt bei uns der Aal ganz in der Donau.
Dem andern Flussgebiet kommt z. R. die Lamprete (Peird- myzon marinus) und der Maifisch (Alosa), Zugfische, welche aus der Nordsee kommen, ausschliesslich zu; ferner im Rodensee Coregonus lavaretus Cuv. (Felchen), Fario argenteus Val., (Salmo lacustris) oder der Silberlachs. Die Forelle CSalar Aiisonn Val. — ) kommt im Rodensee nicht vor; auch nicht der Lachs [Salmo salmo \ al — ^obgleich ihn Val e n cie nnes dort angiebt und sich dabei auf Nenning beruft, der zwar in seiner klei- nen Schrift über die Fische des Rodensees den Lachs aufführt, aber mit der Remerkung, er finde sich nicht im Rodensee.
Der Rodensee ist bekannt wegen seines Reichthums an Fischen, sowohl in Reziehung auf Arten, als auf Individuen. Man findet im Rodensee 23 verschiedene Arten von Fischen; sie gehören der grossen Mehrzahl nach zu den Weichflossern , und mit Aus- nahme von sieben Arten, gehören sie zu der Familie der Salmo- niden und der Cjprinoiden. Knorpelfische kommen nicht vor.
Der grösste Fisch des Rodensees ist der Wels oder Weller (Silurus glanis), die einzige Art dieser zahlreichen Familie, welche in Europa vorkommt. In der neuesten Zeit erhielt die Samm- lung unseres Vereins einen Wels von 89 Pfund , über sechs Fuss lang, aus dem Rodensee. Dieser Fisch erreicht übrigens ein Ge- wicht von mehr als hundert Pfund. Er ist nicht ein gewöhn- licher Rewohner des Rodensees; er findet sich häufig im Feder- see und in einigen Weihern in Oberschwaben ; in den Rodensee gelangt der Wels nur zufällig durch Ueberschwemmungen.
Vielleicht der in der grössten Menge vorkommende Fisch des Rodensees ist Leuciscus alburniis (Laugele), den man am Ufer haufenweise schwimmen sieht; es ist ein kleiner, verachteter Fisch,
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er dient hauptsächlich dazu , um ihn zum Fang grösserer Fische an den Angel zu befestigen. Unter den grösseren Cyprinoiden nenne ich den Karpfen und eine Spielart davon den Spiegelkarpfen und den Blei oder Brachsen (Abrainis brama) , der aber viel weni- ger geschätzt ist , als der Karpfen; er erreicht im Bodensee ein Ge- wicht von fünf Pfund. Bei andern allgemein bekannten Cyprinoiden des Bodensees halle ich mich nicht auf, wie bei der Barbe, der Schleie, dem Kothauge (Scardiniiis erylhrophthalmus Bonap.), dem Rolhflosser, dem Schuppfisch (Leuciscus dobula) und Chon- drostoma nasus.
Zu den geschätzleren Fischen des Bodensees gehört die Aesche (Coregonus thymaUus, Thymallus vexillifer); sie findet sich zwar in Menge, kommt aber nicht in allen Gegenden des Boden- sees vor; im Obersee wird sie nicht angetroffen. Valenciennes in einem der neuesten Bände seines grossen Werks über die Naturgeschichte der Fische unterscheidet drei Arten von Aeschen, die in Deutschland und in Frankreich vorkommen ; die Art , welche im Bodensee, auch in einigen kleinen Flüssen des Schwarzwaldes sich aufhält, gehört zu ThymaUus gymno tJwrax Val., und ist daran zu erkennen, dass an der untern Seite zwischen den Brust- flossen und von hier aus auf jeder Seite an einem breiten Streifen, der fast bis zu der Mitte des Bauchs reicht , die Schuppen fehlen.
Kein Fisch wird in grösserer Menge im Bodensee gefangen, als der Gangfisch. Sein Fang ist bei Constanz von Bedeutung. So bekannt auch dieser beliebte Fisch den zahlreichen Consu- menten ist, so wurde er doch bisher von den Ichthyologen häufig verwechselt. Er wird als Salmo maraenula (Coregonus maraenula) in den Schriften , welche die Fische des Bodensees besprechen, aufgeführt. Salmo maraenula wurde von Bloch in seiner Natur- geschichte der Fische Deutschlands in das System der Fische aufge- nommen , nachdem schon ältere Schriftsteller über die Fische von Norddeutschland von der kleinen Maraene gesprochen hatten.
Aber Salmo maraenula (Coregonus maraenula^ ist ein von dem Gangfisch des Bodensees ganz verschiedener Fisch. Die Zahl der Flossenstrahlen ist eine andere , besonders aber weicht der Gangfisch ab durch die Gestalt des Kopfs. Dieser erscheint vornen fast senkrecht abgeschnitten , und der Unterkiefer tritt unter dem
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Oberkiefer zurück. Bei Salmo maraenula ist der Unterkiefer län- ger, als der Oberkiefer. Es kommt im Bodensee kein Fisch aus der Familie der Salmoniden vor, bei welchem dieses der Fall wäre. Salmo maraenula findet sich in einigen Seen in Schlesien, Pommern, Mecklenburg, auch in Norwegen , kommt aber in un- sern Gegenden nicht vor. Uebrigens kann Coregonus maraenula ganz aus dem ichthyologischen System gestrichen werden, denn dieser Fisch ist einerlei mit Salmo albula Linne, oder Corego- nus albula V a 1.
Bei einer von Valenciennes im einundzwanzigsten Bande seiner Naturgeschichte der Fische aufgestellten Art, Coregonus Nüssoni, wird angeführt, dieser Fisch finde sich in Schweden und Norwegen; er heisse in Schweden zuerst Gangfisch, wenn er sieben Zoll lang sei, Renken , und wenn er neun bis zehn Zoll lang sei, Blaufelchen ; aber diese Namen sind nicht schwedisch, sondern es sind die Benennungen , welche Coregonus lavaretus in seinen verschiedenen Altersstufen am Bodensee führt; übri- gens kommt Coregonus lavaretus auch in Schweden vor nach N i 1 s s 0 n *). Die von Valenciennes als Coregonus Nilssoni aufgestellte Art würde ich für Coregonus lavaretus ansehen, wenn nicht bei Ersterem der Unterkiefer etwas über den Oberkiefer hervorragte nach der Zeichnung, in der Beschreibung ist dieser Umstand nicht angeführt von Valenciennes. Er giebt an, Bloch habe in seiner Sammlung diesen Fisch als Salmo Wart- manni bezeichnet , was einerlei ist mit Coregonus lavaretus.
Mit einigen der zahlreichen in den Schweizer Seen vor- kommenden Salmoniden hat der Gangfisch grosse Aehnlichkeit, besonders mit Coregonus palea Cu v., aus dem Neuchateller See, aber die Zahl der Flossenstrahlen weicht ab, und der Unterkiefer ist kürzer als bei dem Gangfisch. Coregonus hiemalis Jurine, aus dem Genfer See, hat auch viel Aehnlichkeit mit dem Gang- fisch, hat aber einen dickern Kopf, grössere Flossen, die Schwanz- flosse ist viel weniger tief eingeschnitten.
Man erkennt den Gangfisch leicht an folgenden Merkmalen : Der Oberkiefer ist vornen senkrecht abgeschnitten, der Unterkiefer
*) Nilssou, Prodromus ichthyologiae scandinavicae. Lundae,
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tritt unter den Oberkiefer zurück. Es finden sich keine Zähne. Neun Kiemenstrahlen. Die Rückenflosse hat dreizehn Strahlen , die Brustflosse sechszehn, die Bauchflosse zwölf, die Afterflosse vier- zehn, die Schwanzflosse vierundvierzig.
Die Fettflosse ist klein. Die Schuppen sind für einen Fisch aus dieser Familie ziemlich gross. Die Seitenlinie vornen etwas abwärtsgebogen.
Die grösste Höhe des Fisches ist fünfmal in der Länge ent- halten. Die Schwanzflosse ist sehr tief eingeschnitten, zuge- spitzt. Die Rückenflosse hoch, aber hinten schnell an Höhe ab- nehmend. Der Rücken ist grünlich - blau, die Seiten silberfarb, Flossen blass. Länge acht Zoll.
Der Gangfisch , bisher fälschlich als Coregonus maraenula bestimmt, ist von Coregonus lavaretus Cuv. etVal., dem Fel- chen, nicht verschieden. Er heisst Gangfisch, wenn er eine Länge von acht Zoll hat; später Blaufelchen. Ascanius*) und Bloch haben unter dem Namen Sahno lavaretus andere Fische beschrieben und abgebildet, Ascanius den Coregonus sicus und Bloch den Coregonus oxyrhynchus. Da Bloch den wahren Coregonus lavaretus nicht kannte, so hielt er den Blaufelchen, der vom wahren Coregonus lavaretus nicht verschieden ist, für eine neue Art, welcher er die Benennung Salmo Wartmanni '^*) beilegte.
Nach dieser Ausführung ist also Coregonus maraenula aus dem Verzeichniss der Fische des Bodensees, überhaupt der Fische Württembergs auszustreichen, ebenso Coregonus Wartmanni, welche Art einerlei ist mit Coregonus lavaretus.
Der grösste Fisch des Bodensees aus der Familie der Sal- moniden ist Fario argenteus Val. (Salmo lacustris), der Silber- lachs. Valenciennes bezweifeltes, ob der Bodenseefisch, den
*) Ascanius, Icones verum naturalium. Tab. 30. **) Wartmann, Arzt in St. Gallen, machte in den Beschäftigungen der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde 1777 einen Auf- satz bekannt: Beschreibung und Naturgeschichte des Blaufelchen. Schon Wartraann erkannte richtig, dass der Gangfisch ein junger Blaufelchen sei. Erst später entstand die Verwirrung in der Naturgeschichte dieses Fisches.
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man seit Bloch als Salmo lacUstris bezeichnet, dieser Art an- gehöre; ervermuthet, es \i'6nnG Salar Schief ermüUeri sein, oder eine neue Art; aber die Zähne stehen im Vomer der Länge nach in Einer Linie, die Spitze ist abwechslungsweise rechts und links gerichtet. Dieser Bodenseefisch weicht also ab von Salar Schief er - mülleri, einem Donaufisch, bei welchem die Zähne im Vomer in doppelter Reihe der Länge nach gestellt sind , und eine neue Art anzunehmen, ist kein Grund vorhanden; unser Bodenseefisch stimmt ganz überein mit der Darstellung, die Valenciennes gegeben hat von Fario argenteus *).
3) Vortrag von Professor Dr. Luschka in Tübingen über die Cerebrospinalflüssigke it.
Da Prof. Luschka seinen freigehaltenen Vortrag nicht für die Jahreshefte bestimmt halte, so geben wir hiemit eine Ueber- sicht desselben.
Nach einer kurzen historischen Einleitung geht Prof. Luschka zu der Darstellung der verschiedenen Ansichten bezüglich des Organs der Bildung der Cerebrospinalflüssigkeit über. Erstens wird dafür die Auskleidung der Hirnhöhlen angesprochen. Nach dem Vorgange von Bichat nehmen Manche an, dass die Arach- noidea, sich in die Hirnräume fortsetzend, eine selbstständige Auskleidung derselben bilde. Auf dem Wege einfacher Trans- sudation, wie diess für andere seröse Häute angenommen wird, soll der Liquor cerebrosp. als gewöhnliches Serum ausgeschieden werden. Gegen eine solche die anatomische Grundlage betreffende Angabe habe er sich schon anderwärts ausgesprochen und darge- than, dass die Arachnoidea nicht entfernt sich in die Hirnhöhlen er- strecke, und dass auch kaum eine selbstständige, eine Membran dar- stellende Grundlage bestehe, sondern die Flimmerplättchen fast unmittelbar auf dem Gehirnmarke ruhen , und dass nur bei pa- thologischen Veränderungen, wie sie z. B. im chronischen Hydro- cephalus gegeben sind, durch Neubildung eine gefässreiche Zell- gewebsmembran entstehe.
Die Anatomie kann demnach entschieden die Ansicht, es
*) Cuvier et Val encien ne s j hist, nat, des poissons. Tome 21.
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werde der Liquor durch die Vermiltelung einer auskleidenden serösen Membran gebildet, zurückweisen.
Zweitens , man nimmt die gesammte Gefässhaut, die Pia ma- ter, als die Bildungsstätte an und hegt die Meinung, dass jene Flüssigkeit durch die Wandungen der Gefässe der Membran ganz unmittelbar an den Ort ihres Vorkommens abgesetzt w e r d e.
Eine auch nur ein wenig tiefer greifende Betrachtung schon der gröbern, dem blossen Auge zugänglichen Verhältnisse muss eine solche Vorstellung zurükweisen, und eine andere Art der Bildung der Cerebrospinalflüssigkeit schon erschliessen.
Im Innern des Gehirnes, in den Gehirnhöhlen, liegen eigen- thümlich angeordnete, durch grossen Gefässreichthum auffallende Gebilde — die Adergeflechte.
Wie es beim Menschen vier eigenthümliche Räume des Gehirnes giebt, so sind es auch vier Adergeflechte. Eines dieser Ge- flechte liegt über dem dritten Ventrikel vom Körper des Gewöl- bes gedeckt; nach rückwärts umhüllt es die Zirbeldrüse; nach vornen sendet es Verbindungen durch das Foramen Monroi an die beiden seitlichen Geflechte, welche sich besonders in die untern Hörner der seitlichen Höhlen erstrecken, und noch einen lateralen Zusammenhang mit jenem Geflechte der dritten Höhle dar- bieten. Bis an die Grenze des verlängerten Markes und Rückenmarkes erstreckt sich das Geflecht der vierten Hirnhöhle. Es ragt mit einem Fortsatze auf jeder Seite nach Aussen in den Subarach- noidealraum zu den Seiten des verlängerten Markes, und vermag so das von ihm Gebildete nach Aussen in den gemeinsamen Sub- arachnoidealraum zu senden. Wie alle Ventrikel unter sich und mit dem Subarachnoidealraum des Gehirnes und Rückenmarkes in offener Verbindung stehen, so stehet auch überall der Cerebro- spinal - Liquor in ununterbrochenem Zusammenhange.
Wenn man bedenkt, wie ganz ausserordentlich die Menge der Ge- fässe jener Geflechte und wie verhältnissmässig gering im normalen Zustande die Quantität der Flüssigkeit ist, so dass die Höhlen nicht entfernt gefüllt sind, wie will man mit der Annahme der Bildung der Cerebrospinalflüssigkeit durch einfache Transsudation erklären, dass nur und immer nur im gesunden Zustande ein bestimmtes
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Quantum transsudire, und nicht vielmehr so viel, dass jene Räume stets erfüllt sind ; wie iässt sich die vom Blutplasma sehr ver- schiedene Zusammensetzung jenes Fluidums erklären, wenn man kein anderes Medium seiner Bildung annimmt, als die im ganzen Organismus für die Gefässe gleichen Calibers gleiche Zusammen- setzung ihrer Wandungen ? Oder wird es gegenwärtig noch Je- manden beikommen, die Bestandtheile des Cerebrospinal -Liquors im Blute schon als solche vorgebildet zu betrachten, und wie es einst für alle Secretionsproducte angenommen wurde, durch die Gefässwände durchfiltriren zu lassen? Gewiss Niemanden!
Es erscheint wie ein Postulat eine andere auf irgend eine Weise vermittelte Art seiner Bildung anzunehmen. Und doch, bisher hat die Wissenschaft auch nicht auf theoretische Weise dieser Anforderung zu genügen gesucht.
Lassen sie uns die feinere Texturverhältnisse jener sog. Hirnader- netze betrachten, für deren Bedeutung als Organe der Ausscheidung des Liquor cerebrospinalis sich schon die gröbere Untersuchung entscheidet; vielleicht dass wir in kleinsten, dem blossen Auge verborgenen Formen die wesentlichen Substrate für seine Bildung erkennen.
Das bewaffnete Auge sieht an der Oberfläche der mannig- faltig gekräuselten Gefässgeflechte zahllose papillenartige oder fransenähnliche Erhabenheiten von kaum y^'" Höhe. Diese sind die Träger der feinsten Blutgefässe , welche durch die Vielgestal- tigkeit ihrer Anordnung mit Bewunderung erfüllen. Es ist der Typus der Schlingenbildung, welcher in allen nur denkbaren Com- binationen zu höchst pittoresken Formen führt. Wie die gröberen, durch einen sehr geschlängelten Verlauf ausgezeichneten und zu einem Netze verbundenen Gefässe von einem groben, aus Binde- gewebe bestehenden Gerüste getragen werden, so finden wir die- ses auch als die Grundlage für die letzte Gefässverbreitung.
An der Oberfläche der Gefässgeflechte gewahrt man ein in mehreren Lagen übereinandergeschichtetes Epitelium, welches insbesondere an jenen fransenartigen Verlängerungen so massen- haft ist, dass es weit über die Bindegewebs -Grundlage hinaus- ragt. Es zeigt eine Mächtigkeil , wie diess im Verhältniss an kei- nem andern Körpertheile gesehen wird. Die kolossale Epilelial-
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bildung fällt hier besonders gegen die nur einfache Lage der Venlrikelvvandungen auf, und muss billig zur Frage nach ihrer Bedeutung auffordern.
Man ist gewöhnt, in den Epitelialgebilden Schutzmittel zu sehen , an welche in einzelnen Organen durch Flimmerhaare noch das Geschäft des Bewegens geknüpft ist.
An Gebilden, welche in der Tiefe des Gehirns begraben lie- gen, welche keinerlei Insulten ausgesetzt sind, ja, welche noch eines besondern Schutzes durch eine flüssige Atmosphäre ge- niessen, müsste man ohne eine weitere Einsicht eine so mäch- tige schützende Hülle ganz unerklärlich finden.
Gehen wir aber in eine feinere Analyse des scheinbar gleich- artig zusammengesetzten Ueberzuges ein, so werden wir nicht allein die Bedeutung dieser Einrichtung verstehen , sondern auch ganz neue Gesichtspunkte für die Beurtheilung vieler anderen Vorgänge im Organismus gewinnen.
Das Epitelium, bei dem so eben getödteten Thier betrachtet, besteht in seinen tiefsten Schichten aus einer höchst feinkörni- gen Molecularmasse mit zahlreich eingestreuten rundlichen, fein granulirlen Kernen. Die höheren Schichten bestehen vorwiegend aus polygonalen, dicht an einander gefügten Plättchen, welche alle einen Kern besitzen und bald mehr, bald weniger granulirt sind.
Die oberste Schichte enthält verschieden aussehende Bestand- theile, welche sich dem aufmerksamen Beobachter aber nur als die Successionen der Umänderung einer und derselben Grund- form, der fein granulirten Epilelialplättchen ergeben.
Es finden sich neben den Plättchen in allen möglichen Ueber- gangsstufen 1) sphärische granuiirte Körper mit einem Kern ; 2) sphärische, nur noch einen Nucleus enthaltende, aber sonst homo- gene, ganz helle, äusserst zart contourirte Körper ; 3) gar kein körper- liches Element mehr enthaltende, meist um Vieles grösser gewor- dene, glasartig durchsichtige Bläschen mit ungemein feiner, structur- loser Wandung.
Solche durchscheinenden , wasserhellen Zellen sieht man an den verschiedensten Stellen der Peripherie, und findet sie ins- besondere weit über den Rand des Objectes hinwegragen und
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kaum noch aufsitzend. Sie besitzen häufig eine so ausserordent- liche Pellucidität und eine Feinheit der Contour, dass sie dem Bücke- des Nichleingeweihten sicher entgehen, und nur bei sehr zweckmässiger Beleuchtung vollständig zu erkennen sind.
Von dem grössten Interesse ist das schlie.ssliche Verhalten
dieser glashellen Körper. Unter dem Mikroskope bemerkt man
"es nicht selten, wie eine solche Blase platzt oder zerschmilzt,
und entweder gar keinen festen Rückstand oder nur ein feinstes
membranöses Gerinnsel zurücklässt.
Das baldige Schmelzen oder Zerplatzen dieser Zellen gleich nach ihrer völligen Ausbildung ist die Ursache^ warum man sie längere Zeit nach dem Tode nicht mehr findet , und w^arum sie sich so lange der Beobachtung entzogen.
Wenn es bei Betrachtung der dicken Epitelialschicht schon ohne Weiteres wahrscheinlich wird, dass das Plasma des Blutes die vielen tausend Plättchen nicht durchsetzen wird, ohne eine Veränderung zu erfahren, so wird jetzt nach der gewonnenen Kenntniss jener eigenthümlichen Metamorphosen Niemand auch nur den leisesten Zweifel hegen, dass damit ein chemischer Um- satz der Blutbestandtheile Hand in Hand geht. Es wird zu einer Thatsache, dass der Bildungsvorgang der Cerebrospinal- Flüssigkeit in einer chemischen und formellen Umwandlung des Epiteliums der Adergeflechte besteht, dass sie mit einem Worte das Ergebniss einer Epitelial-xMetamorphose ist.
Wir finden, dass die Bildung jener Flüssigkeit an ein im Leben unaufhörliches Werden und Entwerden mikroskopisch kleiner Formen geknüpft ist; dass die Epitelialplättchen das ihnen aus dem Blute zugeführte Plasma in eigenthümücher Weise umwan- deln, und mit der Vollendung dieser Umwandlung in der Bildung des Liquors untergehen.
Die hier bezeichnete Art der Secretion der Cerebrospinal- Flüssigkeit durch die xMetamorphose von Zellen hat ihre interes- santen Analogieen im Organismus. Es ist die Galle und der Harn, deren Entstehung auf einer unaufhörlichen Bildung und Entbildung von Zellen beruht. Von einer noch frappantem Aehnlichkeit ist die Entstebungsweise des Hauttalges durch die Metamorphose
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der ältesten Epidermisplättchen des Follikels, von dem Fettkörnchen haltigen Plättchen bis zur völligen Fettzelle, und dem durch ihr Platzen entstandenen freien Fette.
Die Beziehung der Epitelial -Metamorphose zu den Vor- gängen der Secrelion hat, wie er es jetzt schon vielfach er- kannte, eine kaum geahnte Ausdehnung im Organismus.
4) Vortrag von Professor Dr. S i g w a r t über „Entdeck u n g und Vorkommen des Jods in der organischen und unorganischen Natur, insbesondere auch in Würt- te mberg."
Das Jod wurde von einem Salpetersieder Namens Cour- tois in Paris zufällig entdeckt. Die erste öffentliche Anzeige davon erschien im Moniteur N<^. 336, 2. Dec. 1813. (s. Schweig- ger, Journal der Chemie und Physik. 1813.) In diesem Blatt wird erzählt (so heisst es in Schweigger's Journal), dass Desormes und Clement der physikalischen und mathemati- schen Classe am 29. Nov. 1813 einen eigenthümlichen Stoff vor- legten , welcher in der Asche des bei der Natrumgewinnung ange- wandten Seetangs (da^is les cendres de Varec) von Herrn Cour- tois, einem Salpetersieder in Paris, entdeckt wurde. Der neue Körper wurde von Herrn GayLussac in Untersuchung genom- men auf Einladung seines Freundes Clement.
In der Allgemeinen Zeitung vom 22. Januar 1814 (m. s. Gilb. Annal. 46. Bd. 1814) heisst es ferner: Ein Salpeterfabrikant Courtois in Paris hatte Asche von Seetang ausgelaugt, und nachdem aus der Lauge die Soda krystallisirt war, Schwefelsäure in die zurückbleibende Mutterlauge gegossen , er sah nun zu sei- ner Verwunderung glänzende schwärzliche Blättchen anschiessen, die beim Trocknen in ein Pulver von Metallglanz zerfielen, welches in der Siedhitze des Wassers in violetten Dämpfen aufstieg. Man hat diesem neuen Körper, über den die Herren Davy, Gay Lussacund Clement sogleich Untersuchungen anstellten, nach dieser Eigenschaft den Namen Jod gegeben.
Das Jod wurde von Gay Lussac, so wie von Davy als ein dem Chlor ähnlicher und elementarer Körper erkannt. Gay Lussac machte ferner auch auf seine Aehn-
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lichkeit mit dem Schwefel aufmerksam, so wie Schweig- ger und Meinecke auf seine Verwandtschaft mit dem Tellur. Mit dem Jod wurde ein für das System der Elemente wichtiges Uebergangs glie d entdeckt von der Reihe der sogenannten Salzbilder, Chlor u. s. w. , welcher es selbst angehört, zu einer andern Reihe von elementaren Stoffen, welcher der Schwefel und der Tellur angehören, welche beide Reihen später, die erstere durch die Entdeckung des Broms, die letztere durch die des Selens vervollständigt wurden.
Mit dem Jod wurde auch ein wichtiges Arznei mittel entdeckt. Nachdem Orfila im Jahr 1815 die giftige Wirkung des Jods gezeigt hatte, fand Dr. Coindet in Genf im Jahr 1819, geleitet dadurch, dass in einem Werk von Cadet de Gassi- court von Rüssel die Asche des Fucus vesiculosus gegen den Kropf empfohlen wird, in dem Jod ein kräftiges Mittel gegen den Kropf und bald auch gegen Scropheln und verschiedene Krank- heiten des Lymphsystems. (Und wer kennt nicht den Ruf des Leberthrans, eines jodhaltigen Fetts aus der Leber verschiedener Seefische?)
Mittelst des Jods machte Daguerre seine berühmte Ent- deckung des nach ihm so genannten Daguerreotyp, welche, nachdem sie von der französischen Regierung durch Bewilligung einer bedeutenden lebenslänglichen Pension angekauft worden, in der französischen Akademie am 19. August 1839 durch Arago bekannt gemacht wurde, und ohne das Jod wäre die Photo- graphie ohne Zweifel noch sehr unvollkommen im Vergleich mit ihrem gegenwärtigen Zustande.
Endlich ist die von Stromeyer im Jahr 1814 ent- deckte (und von Gaultier de Glaub ry in Paris um dieselbe Zeit bekannt gemachte) Eigenschaft des Jods , mit dem Amylum eine blaue Farbe hervorzubringen, für gewisse physiologische Untersuchungen von bedeutendem Werth.
Der jährliche Verbrauch dieses kostbaren Stoffs ist auch wirklich zum Erstaunen gross. Die jährliche Production der französischen Jodfabriken ist nach Payen's Angabe 3450 Kilogramme, d.i. 6900 Pfund, und doch ist nach Dorvault diese Production für die Bedürfnisse des französischen Handels
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nicht mehr genügend, sondern muss noch ausländisches Jod in Frankreich eingeführt werden. Nehmen wir nun an , dass in Schottland ebensoviel producirt wird, so steigt der jährliche Ver- brauch auf 13— 14,000 Pfund.
Vorkommen des Jods in Pflanzen und Thieren.
Kurz nach der Entdeckung des Jods in der Tangsoda wurde dasselbe auch in der Asche der einzelnen Pflanzen, welche die- selbe liefern, nachgewiesen, insbesondere von Davy und von Gaultier de Claubry im Jahr 1814 in der Asche von ver- schiedenen Fucus-Arten und Ulva-Arten (Ftic. cartilagi- neus, memhranac. , rubens, filiformis, Ulva pavonia und Ulva linza nach Davy, auch Fuc. vesiculosus und saccharinus nach Gaul- tier de Claubry)^ ferner später von Fyfe im Jahr 1819 noch in andern Fucus- und Ulva-Arten (Fuc. nodos., serrat., palmat. und digitat. , Ulva umbilicalis) und in einer Art Conferve und von B a- 1 a r d im Jahr 1825 im Seegras (Zostera marina).
Die Fucus-Arten, welche eine grössere Menge Jod enthal- ten, geben diesen Jodgehalt schon dadurch zu erkennen, dass, wenn man sie an der Oberfläche mit Salpetersäure oder Chlor- wasser befeuchtet, und hierauf ein Stück Kleisterpapier damit in Berührung bringt, dieses blau gefärbt wird. (Dorvault, Mono- graphie des Jods.)
Nach den Beobachtungen vieler Jodfabrikanten geben dieje- nigen Fucus-Arten, welche in einer gewissen Tiefe im Meere wachsen , und wenn sie reif geworden , von den Wellen , Strö- mungen, Brandung u. s. w. losgerissen und an den Strand ge- schleudert werden, das meiste Jod. Diese Tangmassen bestehen grösstentheils aus Fucus saccharinus , digitatus und loreus. Die Tange, welche mit der Sichel geschnitten werden, hauptsächlich Fuc. vesiculosus, serratus und nodosus, sind weit ärmer an Jod.
Nach Gaultier de Claubry enthält unter diesen Fucus- Arten der Fuc. Saccharin, am meisten Jod, auch der Fuc, palma- tus (welcher an der Küste Asturiens und an den Küsten Irlands in ungeheurer Menge wächst), soll sehr reich an Jod sein. Da- gegen soll nach Whitelaw's, Jodfabrikanten in Glasgow, viel- jährigen Erfahrungen der Fuc. digitatus die grösste Quantität Jod enthalten. Setzt man den Jodgehalt von diesem = 100, so ist
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der von Fuc. bulbos. = 65, der des Saccharin. = 30, der des serralus = 20 und der des nodosus = 15.
Die Tangsoda, Yarecasche der Franzosen, Kelp der Engländer, ist die schlechteste Soda, deren Gehalt an kohlen- saurem Natron nur 2 — 5 Procent beträgt. Ihr Werth besteht in ihrem Gehalt an Kalisalzen, namentlich an Chlorkalium, wovon sie 50 — 20 Procent enthalten kann, und vorzüglich in ihrem Ge- halt an Jod, welches als Jodkalium darin enthalten ist.
Nach Angabe der englischen Chemiker giebt Tangsoda von guter Qualität einen Ertrag von yjg Jod, während Dorvault in der Varecasche viel weniger gefunden hat, und nach Paye n der Jod durchschnittlich -gj^ ^°" ^^^ Masse des Rohstoffs beträgt.
An der Küste der Ostsee sollen die Tangarten sehr arm an Jod sein.
Die Salsola- Arten und andere Strandpflanzen, aus welchen man eine andere Art Soda bereitet, welche reicher an kohlensaurem Natron ist, und welche an der Meeresküste über den Fucus-Arten wachsen , aber vom Seewasser selbst nicht be- spühlt werden , enthalten nur eine schwer nachweisbare Spur von Jod.
Eine lange Reihe von Jahren nach der Entdeckung des Jods kannte man keine andere jodhaltige Pflanzen, als jene cryptoga- mische Meerespflanzen; aber im Jahr 1820 entdeckte St raus zu Hofwyl Jod im Torf. Und im Jahr 1836 theille Arago der französischen Akademie ein Schreiben desCapitains und Chemikers Yniestra mit, worin dieser ihn benachrichtigt, dass man in Mexico das Jod entdeckt habe in la sahila und los romeritos; la sabila sei eine Pflanze aus der Gattung Agave, welche in den Ebenen und auf den Bergrücken wachse. Die romeritos seien eine Art barilla, welche in den schwimmenden Gärten in der Umgebung der Hauptstadt wachse und von welcher Jedermann während der Fastenzeit esse.
In der neuesten Zeit, d. h. seit wenigen Jahren häuften sich immer mehr und mehr die Entdeckungen des Jods in den Süss- wasserpflanzen und in Landpflanzen, auch fern vom Meere, sowohl in cryptogamischen , als in phanerogamischen Gewächsen. M e y r a c fand Jod in den Oscillatorien aus den T h e r-
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men vom Dax, Departement des Landes, Henry in den Con- ferven verschiedener Mineralwasser, B o n j e a n im isländischen Moos (Cetraria islandica) , von der Marck in der Jungermannia albicans (1847), Personne in der Jungermannia pinguis (1850).
Müller fand Jod in der Kresse (Sisymbrium Nasturtium L.) und Chat in fand jetzt Jod in der Asche aller Süsswasserpflanzen, aber keines in der von Landpflanzen. Auch M a r c h a n d und B u s s y fan- den Jod in Süsswasserpflanzen. Endlich fanden L a m y und F e h 1 i n g Jod in der Pottasche, welche aus der Melasse der Runkelrüben- zuckerfabrik zu Waghäusel in Baden bereitet wird; dagegen fand Lamy keine Spur von Jod in den Kunkelrüben oder der Pottasche einer Zuckerfabrik von ValenciennC; was vom Wasser oder vom Boden, in dem die Rüben gewachsen, herrühren kann.
Im T hierreich ist das Jod gleichfalls verbreitet. Schon im Jahr 1819 fand esFyfe im Meerschwamm (Spongia offic, L.), worin es St raus zu Hofwyl fast zu gleicher Zeit gefunden zu haben scheint.
Ferner fand man es in den Gorgonien und andern Zoophy- ten, in den Echiniten, Korallen, Seesternen. Chevallier fand es im Jahr 1822 in den Sepieneiern und Baiard 1824 in verschiedenen Mollusken und Testaceen, z.B. Doris, Ve- nus, Ostrea ; ferner fand man es in Krebsen und Hummern (C r u s t a- ceen), ferner in dem in der Leber verschiedener Seefische ent- haltenen Fett, im Leberthran von Gadus und Raja, worin es im Jahr 1835 von Hopfer de l'Orme entdeckt wurde.
Endlich fand es Chat in in der neuesten Zeil (1849) in Blutegeln, Fröschen, Wasserratten und andern Süsswasserthieren, in den Eiern der Vögel, welche reich an Jod seien, und in der Milch, mehr in der Eselsmilch, als in der Kuhmilch.
Auch soll ein in Italien vorkommendes Insekt, Jtdus foeti- dissimus (Savi) freies Jod enthalten in dem Saft, den es, so- bald es gereizt wird, ausspritzt, und welches Amylum blau färbt.
Es wäre diess das einzige Beispiel vom Vorkommen des Jods im freien Zustand , denn sonst kommt es in der Natur im- mer in Verbindung mit andern Körpern vor , gewöhnlich in Ver- bindung mit Kalium (auch mit Natrium),
In dem Meerschwamm, so wie im Leberthran ist das Jod
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quantilativ beslimml, die Menge desselben aber sehr verschieden gefunden worden.
Preuss und Sommer erhielten aus 12 Unzen Schwamm 14— 19 Gran Jod, d.i. auf 10,000 Theile 24,3—33,9. Vogel fand 22. Dagegen fand Crockewit in den Niederlanden in 10,000 Theilen Schwamm 108 Theile Jod.
Nach Dorvault soll der Jodgehalt des Schwammes ver- schieden sein, je nachdem er in einem Meere gewachsen ist. Was den Leberthran betrifft, so erhielten Girard in und P re i- sier aus 10,000 Theilen Leberthran von Raja clavata und Raja batis 1,47, und Marchand erhielt aus 1 Litre Leberthran von Bergen 0,165 Gramm Jodkalium, d. i. auf 10,000 Theile 1,35 Jod (nach dem specif. Gewicht = 0,928 berechnet).
Nach Dorvault soll in 1 Litre Leberthran von Raja-Arten bis 0,18 Gramm und in dem von Gadiis Morrhua bis 0,15 Jod- kalium enthalten sein, was so viel ist, als auf 10,000 Theile der ersteren 1,46 Thl. Jod und auf 10,000 Thl. der letzteren 1,23. Indessen bemerkt er zugleich , Joseph (?) habe erhalten auf 1 Litre 0,487 Gramm Jodkalium, was so viel ist, als auf 10,000 Thl. Leberthran 4,01 Thl Jod (d.i. auf 16 Unzen 3,079 Gran).
De Jongh, welcher Leberthran aus Norwegen, von ver- schiedenen Gadus-Arten abstammend, in Mulder's Laboratorium untersuchte, fand in 10,000 Theilen
von braunem Leberthran 2,95 Thl. Jod,
in hellbraunem 4,06 „ „
in gelbem oder sogen, blanken . . . 3,74 „ „ Demnach enthielt 1 Pfund von 16 Unzen vom besten Leberthran ,3,07 Gran Jod.
Vorkommen des Jods in der unorganischen Natur,
im Wasser, in der Luft, in Mineralien, in Gebirgs-
arten und in fossilen Ueberresten von zerstörten
organischen Körpern.
Nach der Entdeckung des Jods in der Tangsoda und in den Fucus- Arten und andern cryptogamischen Meerespflanzen ver- suchte man dasselbe auch im Meerwasser aufzufinden, indessen waren die diessfallsigen Bemühungen der englischen und franzö-
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sischen Chemiker, eines Tennant, Davy, Gaultier, F.yfe, ganz vergeblich, und erst im Jahr 1825 wurde es von B a 1 a r d (dem Entdeclier des Broms) mit Hülfe des Stärkmehls in den Mutterlaugen der Salinen vom mittelländischen Meere nachgewiesen, und ebenso von Pf äff im Ostseewasser, nach- dem schon im Jahr 1822 Lorenz A n g e 1 i n i , Apotheker und Chemiker zu Voghera in Piemont, in einem salzigen und eisen- haltigen Wasser bei dem Dorf Sales in der Provinz Voghera, welches gegen Kropf gebräuchlich war, mit Hülfe desselben Mittels Jod entdeckt hatte.
Im Jahr 1825 wurde es auch von Meissner in der Mutterlauge der Soole zu Halle in Sachsen nachgewiesen ; fer- ner von Dr. C a n t u , Professor der Chemie zu Turin , im Schwefelwasser von Gastet nuovo d'Asti , welches gegen den Kropf und andere Krankheiten des Drüsensystems vortreffliche Dienste leistet; ferner von Egidi in mehreren salinischen Mi- neralquellen in der Umgegend von Ascoli. Und von dieser Zeit an häufen sich immer mehr die Entdeckungen von Jod in den Mineralwassern, hauptsächlich in den kochsalzigen und in den Schwefelwassern, denn das Jod ist der natürliche Be- gleiter, wie einerseits des Chlors, so andererseits des Schwefels. Man hat es namentlich bis jetzt gefunden in einer grossen Anzahl von Salzsoolen und kochsalzigen Mineral- wassern von Deutschland (z. B. in den Salzsoolen von Kreuznach und Schönebeck, in dem Kropfwasser von Hall in Ober-Oester- reich, in der Adelheidsquelie zu Heilbrunn bei Benedict- beuern etc. etc.), der Schweiz, Italien, Frankreich, England, Süd- und Nord- Amerika, Indien (ich zähle hier deren 43 auf).
In den So ölen oder Mutterlaugen von: Kreuznach in den preuss. Rheinprovinzen Mettenheimer u. Liebig. Salzhausen in Hessen -Darmstadt . . Liebig.
Schmalkalden in Hessen Bernhardi.
Suiza in Sachsen-Weimar Müller.
Salzungen in Sachsen Wackenroder.
Artern in der preuss. Prov. Sachsen . . derselbe. Halle in der preuss. Prov. Sachsen . Meissner.
Württemb. naturw. Jahreshefte. i853. Is Heft. 4
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Dürrenberg in der preuss. Prov. Sachsen Stolze.
Kosen in der preuss. Prov. Sachsen . . derselbe.
Schönebeck in der preuss. Prov. Sachsen Hermann. Steinberg.
Rehme bei Minden AschofF.
Salzuffeln im Mindener Regier. -Bezirk
(Lippe -Detmold) Brandes.
Tatenhausen in Westphalen .... derselbe.
Königsborn bei Unna in Westphalen . . derselbe.
Werl in Westphalen Danecke.
Colberg in Pommern John.
Sülze in Mecklenburg Krüger.
Bolechow und Drochobycz in Galizien . Torosiewicz.
Bex in der Schweiz (Waadlland) . . . Morin.
Voghera in Sardinien Angelini.
Salliez in Frankr. (Dep. basses Alpes) . Pomier.
Salines in Frankr. (Jura -Dep.) ...
Guaca in der Prov. Anliocquia in Süd- Amerika (Columbia) Boussingault.
Konawah in Nord -Amerika .... Emmet.
Ferner in folgenden stark kochsalzigen Mineral- wassern (über 30 Gran Kochsalz in 1 Pfund):
Hall in Oberösterreich, sg. Kropfwasser v. Holger. Fuchs.
Heilbrunn bei Benedictbeuern in ßaiern
(Adelheid -Quelle) Fuchs. Vogel.
Dölau bei Halle in Sachsen Marchand.
Salzschlirf bei Fulda Leber.
Homburg in Hessen -Homburg . . . Liebig.
Kissingen in Baiern Kastner. Struve.
Meinberg bei Pyrmont (Kochsalz- Quelle) Brandes.
Wiesbaden in Nassau Fresenius.
Mondorff bei Luxemburg Kerkhoff.
Quelle bei Sales in Piemont .... Angelini.
Mehrere salinische Quellen bei Ascoli . Egidi.
Mineralwasser von Cheltenham in England Abel und Kowney.
Mineralwasser von Assinan im nieder- ländischen Indien Mulder.
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Ferner noch in mehreren, die minder kochsalzig sind (über 4—12 Gran in 1 Pfund).
Jahorowitz in Mähren Ehrmann.
Baden in der Schweiz (Cant. Argau) . . Löwig. Quelle von Bath in England .... nach einer Angabe in Br.
Archiv (Gmel. Handb.) Kingswood bei Bristol in England . . Herapalh.
Guttenbog in England Beesly.
Caledonia-Quellen in Canada .... Hunt.
Ferner in vielen Schwefel wassern, namentlich in al- len Schwefelwassern der Pyrenäen nach Henry etc. etc., denen zu Levern im preuss. Reg. -Bezirk
Minden Wilting.
denen zu Lippspring ...... derselbe.
in dem zu Trulcawiec in Galizien . . . Torosiewicz. in dem Schwefelwasser von Castel nuovo
d'Asli Cantu.
in dem von Aix in Savoyen (schwefel-
wasserstoffhaltige Therme) . . . . Bonjean.
in den Aachener Quellen Liebig.
Ferner in einigen bittersalzigen oder glaub ers alz- i g e n \Yassern
namentlich :
Carlsbad Kreutzburg.
Marienbad Berzelius.
Saidschülz
an welche sich gewissermassen anschliesst: die Therme von Weissenburg, Cant. Bern Fellenberg.
auch in einigen stoffarmen Wassern in dem von Pre St. Didier bei Cormayeux
in Piemonl Abbene.
in der alcalischen stoffarmen Therme von
Töplitz in Böhmen Ficinus.
in den stoffarmen alcalinischen und eisen- haltigen Wassern zu Vichy, Cusset und
Haute rive, sämmtlich im Allier-Dep. Henry.
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Endlich hat man auch noch in einigen andern Quellen Jod gefunden, die ich nicht classificirt habe, weil ich sie nicht näher kenne, namentlich von folgenden Orten;
Hassfurt in Baiern v. Bibra.
Künzig in Baiern Wolff.
Ivonicz in Galizien Torosiewicz.
Challes in Savoyen Henry.
Genesco in Italien Sementini.
Therme von Albano Raggazini.
Chatenois, franz. Dep. Oberrhein . . . Schäuffele. Beris im Allier-Dep. und St. Honore im
Nievre - Dep Henry.
Quelle von Bonnington bei Leith . . Turner. Quelle zu Eleusin in Griechenland (Insel
Cos) und zu Lipso auf der Insel Euboea Landerer.
Popayan in Süd -Amerika Abbene.
Tambangan in Java Fresenius.
Marchand fand Jod im Trinkwasser zu Fecamp und Buchner im Trinkwasser zu München. Chat in gibt an: in süssem Wasser, Fluss-, Quell- und Brunnenwasser, selbst im Regenwasser sei Jod. Der Jodgehalt sei dem Chlor nicht pro- portional, und sei um so grösser, je grösser der Gehalt an Eisen; und Marchand, welcher Chatin die Priorität der Entdeckung des Jods im süssen Wasser streitig macht , behauptet, alles in der Natur vorkommende Wasser enthalte Jod.
Die äusserst geringe Menge Jods aber, welche nach Chatin in gewöhnlichem Brunnenwasser enthalten ist, beträgt auf 1 Litre, d. i. 50,4 pariser Cubikzoll oder gegen 16,000 Gran, dem Gewicht nach nur ^J^ Milligramm, d. i. 5 Hunderttausendstel von einem Gran.
Die Wasser, deren Jodgehalt man bis jetzt bestimmt hat, lassen sich nach ihrem Jodgehalt folgendermassen classificiren:
1) In 1 Pfund (zu 16 Unzen = 7680 Gran) i bis 1 oder
IJ Gran.
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Hall in Ober-Oeslerreich, sogen. Kropf- wasser 4,67 Gran nach V. Holger,
nach Fuchs nur J — ^ die- ser Menge, also 1,17 bis 1,558 Gran.
Heilbrunn in Baiern (Adelheids-Quelle)
0,705 Gran. Fuchs.
0,635 ., Vogel.
(0,186 „ Pellenkofer 1852.)
Assinan im niederländischen Indien . 0,543 „ Mulder. Salzhausen in Hessen-Darmstadl (Salz-
soole) 0,499 „ Liebig.
Jahorowilz in Mähren (0,32 Gran in
^ Österreich. Maass) „ Ehrmann.
2) In 10 Pfund ^ bis 1 Gran
Meinberg bei P;)Tmonl (Kochsalz-Quelle) 0,089 „ Brandes.
Töplitz in Böhmen 0,048 „ Ficinus.
Cheltenham in England 0,044 „ Abel und
Kowney.
Salzschlirf bei Fulda , 0,040 „ Leber.
Kreuznach in der preuss. Rheinprovinz 0,037 „ Liebig.
(0,0032 „ Illuslrirte Ztg. 1851).
3) In 100 Pfund J bis 1 oder 1^ Gran
Carlsbad in Böhmen 0,0150 „ Kreulzburg.
Caledoniaquelle in Canada (Salz-Quelle) 0,0097 „
(Gas-Quelle) 0,0032 „ Hunt.
Kingswood bei Bristol in England . . 0,0066 „ Herapath.
Guttonbog in England 0,0046 „ Beesly.
Krankenheil bei Dölz 0,0029 „ Barth.
Aachener Schwefelquellen .... 0,0033 „ Liebig.
4) In 1000 Pfund zwischen ^ und 1 Gran
Mondorff bei Luxemburg 0,0007 „ Kerkhoff.
5) In 10,000 Pfund gegen 1 bis ^ Gran Kissingen Racoczy 0,00016 „ Struve.
6) In 50,000 Pfund 1 bis 1^ (100,000 Pfund 2 bis 3 Gran)
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Gemeines Brunnenwasser, z. B. von Arceuil 0,000023 Gran. Chalin.
Chatin fand auch Jod in der atmosphärischen Luft, und zwar in 4000 Litre Luft zu Paris -^i^^ Milligramm Jod. Man kann sich einen Begriff von dieser Menge des Jods in der Luft machen, wenn man aus der eben erwähnten Angabe berechnet, dass sonach 124,7 Millionen Litres, d.i. 148,6 Millio- nen würltemberg. halbmaasige Flaschen, nur 1 Gran Jod enthal- ten würden. ^)
Was endlich das Vorkommen des Jods in Mineralien und Gebirgsarten und in fossilen Ueberresten von zerstörten organischen Körpern betrifft, so wurde schon im Jahr 1825 in einigen mexikanischen Silber- und Bleierzen Jod entdeckt:
von Vauquelin in einem mexikanischen Silbererz,
von del Rio im Hornsilber von Albarradon und
von Bustamente im Weissbleierz von Catorce.
Indessen halte auch schon Fu c hs dasselbe im Steinsalz von Hall in Tyrol gefunden.
Hayes fand es im Jahr 1841 im sogen. Chilisalpeter, d. i. in dem natürlich vorkommenden Natronsalpeter von Taracapa in Peru, und Brandes im vulkanischen Salmiak von der Insel Lanzerole.
Im Jahr 1847 entdeckte es Duflos in den schlesischen Steinkohlen, und Bussy fand es in den Steinkohlen von Comentry in Frankreich im Allier -Departement.
Im Jahr 1849 wurde es von Gent el es im Thonschie- fer oder Alaunschiefer von Latorp in Schweden gefunden, eine Gebirgsart, welche nach der Ansicht von Forchhammer aus der Verwesung von Fucus - Arten hervorgegangen ist.
Endlich fand es Lembert in Lyon 1850 auch in den im dortigen Jura -Kalk vorkommenden Petrefakten.
*) Nach Chat in und nach Fourcaiilt fehlt das Jod fast ganz oder ganz in dem Trinkwasser der Gegenden, wo Kropf und Kretinis- mus heimisch sind , und nach dem letztern auch in der Luft solcher Ge- genden.
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Auch im schlesischen Galmei ist es in sehr geringer Menge enthalten nach Menzel und Co eh 1er.
Nach Henry ist es in fast allem Steinsalz enthalten.
Nach Chatin findet sich das Jod in der Ackererde, reich- lich im Schwefel, im Zinnober, in den Eisen- und Mangan - Erzen, sparsam im Gyps, in der weissen Kreide und im Grobkalk. Das Steinsalz und Kochsalz des östlichen Frankreichs sei fast frei von Jod.
Vo r komme n und Verbr ei tun g des Jods in den Mineral- wassern und Mineralien Württembergs.
Von dem Vorkommen des Jods in Württemberg wusste man nichts bis im Jahr 1831, wo ich es in dem S ch wefe 1 wasse r zu Sebastians weiter entdeckte.
Sodann erschien im Jahr 1846 eine Schrift von Herrn Rieek- herr, Apotheker und Chemiker in Marbach, welcher ankün- digte, dass er in den Mutterlaugen der Friedrich shaller. Clemenshall er und anderer benachbarter Salzsoolen grosse Quantitäten Jod entdeckt habe, so dass ein Centner sol- cher Mutterlauge 1000 bis 2000 Gran Jod liefern könnte. Ich wurde desshalb von dem Königl. Finanzministerium befragt und mit Soole und Mutterlauge versehen , um die Untersuchung vor- nehmen zu können. Es gelang mir nicht, bei der sorgfältigen Wiederholung der K ie ck he r r 'sehen Versuche oder auf eine andere Weise eine wägbare Menge Jod daraus zu erhalten , ja ich konnte kaum eine zweideutige Spur davon entdecken. Die gleichen Resultate erhielten die Herren Professor Fehling, Bergrath Degen und Professor Chr. Gmelin, wie wir aus der gedruckten Abhandlung des Herrn Prof. Fehling über diese Salzsoolen ersehen.
Das C a n n s t a 1 1 e r M i n e r a 1 w a s s e r ist auch eine schwache Salzsoole, in ihrer Bildung modificirt durch eine grosse Menge freier Kohlensäure. Diese löst eine grössere Menge kohlensaurer Bittererde aus dem dolomitischen Kalkstein auf, und diese kohlen- saure Bittererde zersetzt sich mit schwefelsaurem Kalk und gibt schwefelsaure Bitlererde, welche durch ihre Zersetzung mit Koch- salz schwefelsaures Natron und Chlormagnesium liefert, und so
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entstehen die verschiedenen Salze, die man durch die Analyse aus diesem Mineralwasser erhält. Auch gelang es mir, nicht allein durch die Vermischung mit Alcohol diese Mineralwasser einfach in Kochsalz, Gyps, kohlensaure Bittererde und kohlensauren Kalk zu zerlegen, sondern auch durch Einwirkung von kohlensaurem Wasser auf Kochsalz, Gyps und Dolomit nachzubilden. Da nun alle unsere Salzsoolen eine beträchtliche Menge Brom enthalten, so suchte ich dieses Brom jetzt auch im Cannstatter Mineral- wasser, fand aber darin nicht allein Brom, sondern auch Jod.
Dieses Vorkommen des Jods im Cannstatter Mineralwasser veranlasste mich, neue Versuche über das Vorkommen desselben in unsern Salzsoolen anzustellen.
Auf folgende Weise gelang es mir, mich von der Gegenwart desselben zu überzeugen. Das Wesentliche dabei ist, dass ich zuerst das Brom entfernte.
In 1^ Schoppen oder ungefähr 26 J Unzen conc, Mutter- lauge von F ri ed rieh sh all wurden in einer Retorte 2 Drach- men conc. Schwefelsäure und ebensoviel Braunstein gebracht und über Nacht stehen gelassen. Am andern Tage wurde die Retorte im Sandbad äusserst langsam erhitzt, mit einer Vorlage, worin sich wässerige Lösung von Aetzkali befand. Die Erhitzung wurde so lang fortgesetzt , bis das Brom sich als ein röthlicher Dampf entwickelt hatte, und dieser, indem er in die Vorlage überging, wieder verschwunden war.
Die Flüssigkeit in der Vorlage enthielt nun reichlich Brom, welches sich beim Zusätze von Braunstein und Schwefelsäure durch heftige Entwicklung von Bromdämpfen und dunkelpomeran- zengelbe Färbung eines mit Stärke gesteiften Leinwandstreifens zu erkennen gab.
Die in der Retorte zurückgebliebene Flüssigkeit sammt Satz wurde mit überflüssigem kohlensaurem Natrum vermischt und ge- kocht, sodann filtrirt, das Filtrat abgedampft und mit einem Ge- misch von Alcohol und Wasser ausgezogen, wobei der grösste Theil unaufgelöst zurückblieb; die weingeistige Lösung wurde wieder filtrirt und abgedampft und endlich der Rückstand in wenig heissem Wasser aufgelöst. Als hiezu in einem Kelch ein Streifen Steifleinwand, etwas Braunstein und einige Tropfen Schwefelsäure
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gebracht wurden, färbte sich die Steifleinwand deutlich violett auf beiden Seiten nach obenzu, und nur nach unten (in der Mitte) pomeranzengelb.
Demnach enthalten unsere Salzsoolen nicht allein Brom, son- dern auch Jod, wie es von verschiedenen andern Salzsoolen längst dargethan worden ist, und das Jod hat ohne Zweifel bei uns die- selbe grosse Verbreilung, wie diese Salzsoolen und das Steinsalz.
Wir haben aber in unserem Lande noch eine andere weit verbreitete Quelle des Jods. Diese ist der an versteinerten Ueber- resten von zerstörten Organismen reiche bituminöse Schie- fer der Liasformation mit den daselbst so häufig vorkom- menden Schwefelquellen. Dieser an verschiedenen bituminö- sen Substanzen reiche Mergelsehiefer enthält zugleich Schwefel- eisen und schwefelsauren Kalk. Wahrscheinlich geht der letztere durch Desoxydation vermittelst der Humussäure in Schwefelcalcium über, welches von der Kohlensäure des kohlensäurehaltigen Wassers zersetzt wird, wodurch Schwefelwasserstoff entwickelt und ein Schwefelwasser gebildet wird.
Nachdem ich mich mit der Untersuchung der Salzsoolen auf Jod beschäftigt hatte , wiederholte ich auch die Untersuchung des Schwefelwassers von Se hast i ans w eile r auf Jod, und sähe mich bald im Stande, dasselbe auf eine einfache und überzeugende Weise vermittelst des Amylums nachzuweisen. Im Jahr 1848 fand ich es auch im Boller Schwefelwasser, worin es reichlicher enthalten ist , und gewann nun die Ueberzeugung, dass es in allen Schwefelwassern enthalten sein müsse, welche in dieser Gebirgsformation vorkommen; ich fand es dann auch im Jahr 1850 im Reutlinger Schwefelwasser und in demselben Jahre noch in dem von Balingen. In allen diesen Schwefel- wassern ist das Jod in grösserer Menge angehäuft, als in den Salzsoolen.
Wo anders können diese Schwefelquellen ihren Jodgehalt hernehmen, als aus der Gebirgsart, in der sie entspringen. Die- ser Gedanke führte mich darauf, in dem bituminösen Schie- fe r selbst das Jod aufzusuchen. Es bieten sich indessen vier verschiedene Schwierigkeiten dar, nämlich: 1) die grosse Masse bituminöser Substanzen , welche die Einwirkung des Wassers auf
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die Jodverbindung hindern; 2) die Bildung von Schwefelcalcium bei der Zerstörung der erdharzigen Substanzen durch Glühen mit Abhaltung der Luft und die Entwicklung von Schwefelwasserstoff bei der Behandlung der geglühten Masse mit Wasser und Säu- ren, wodurch das Jod in Jodwasserstoff verwandelt wird; 3) die Zerstörung der Jodverbindung und Verflüchtigung des Jods beim Glühen an der Luft , wenn die Jodverbindung Jodcalcium und Jodmagnesium oder selbst Jodnatrium ist.
Es gelang mir indessen durch das hier unten angegebene Verfahren, die Gegenwart des Jods in dem Schiefer auf eine über- zeugende Weise darzuthun.
In dem wässerigen Auszuge von 2| Unzen feingepulvertem Schiefer von Boll konnte ich keine Spur von Jod entdecken. Der Schiefer wurde hierauf in einer Retorte in der Rothglühhitze ver- kohlt und sodann wieder mit Wasser ausgezogen. Dieser wässe- rige Auszug , bis auf Weniges eingekocht , zeigte mit Schwefel- säure und Braunstein keine Reaction auf Stßifleinwand. Als diese aber nach längerer Zeit herausgenommen und sammt Anhängendem in einem Gläschen mit destillirtem Wasser der Luft ausgesetzt wurde , stellte sich eine merkliche Röthung des Amylons ein. Der kohlige Rückstand des Schiefers wurde durch Glühen vollends ein- geäschert und abermals mit Wasser ausgezogen. In diesem Aus- zuge war nichts von Jod zu erkennen.
Ein günstigeres Resultat wurde erhalten, als eine grössere Menge gepulverter Schiefer mit Natronkalk vermengt und in einer Retorte verkohlt wurde.
Endlich gelang es mir durch folgendes Verfahren, die Gegen- wart des Jods in dem Schiefer auf die überzeugendste Weise dar- zuthun. 15 Unzen gepulverter Schiefer wurden mit einer wässe- rigen Lösung von chemisch reinem Aetzkali (um Jodkalium zu bilden) angerührt, die Masse zur Trockene gebracht und hierauf das Bitumen durch Glühen in einer Retorte in der Rothglühhitze zerstört, sodann der Rückstand mit Wasser ausgekocht und filtrirt. Das Filtrat wurde mit Alcohol gefüllt , die weingeistige Flüssig- keit in gelinder Wärme bis auf wenig wässerige Flüssigkeit ab- gedampft, hiezu Schwefelsäure gesetzt bis zur sauren Reaction und die getrübte Flüssigkeit in einem luftdicht verschlossenen
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Gläschen zwölf Stunden lang stehen gelassen, dann von dem Satz abgegossen und filtrirt. In diese Flüssigkeit wurde ein Streifen Steifleinwand gebracht, sodann etwas Braunstein und einige Tropfen Schwefelsäure. Nach ungefähr einer Viertelstunde stellte sich eine Röthung des Am^'lons ein, und am andern Tage war die Steifleinwand dunkelviolett gefärbt.
Durch diese Versuche ist die Gegenwart des Jods in dem Schiefer ausser Zweifel gestellt, und das Jod ist mit dieser Ge- birgsart an dem ganzen Fusse der Alp verbreitet, wie mit dem Steinsalz und den Salzsoolen am Neckar im Ober- und Unterlande. Man sage nicht, das Jod sei freilich allenthalben verbreitet nach den Versuchen von Chat in und Marchand.
Wenn nach diesen ein Minimum von Jod sehr verbreitet ist, so ist es dagegen in dem Schiefer und in den Schwefel- wassern angehäuft, und mit den nämlichen Mitteln finden wir in gewöhnlichem Wasser und in andern Mineralwassern , z. B. in dem von NVildbad und Teinach , keine Spur von Jod. Die An- häufung des Jods in diesem Schiefer hat ohne Zweifel mit der Masse von Bitumen und den Schwefelverbindungen in demselben einen und denselben Ursprung, auf welchen auch die in demsel- ben so häufig vorkommenden versteinerten Ueberreste von orga- nischen Geschöpfen der Vorwelt hinweisen.
Quantitative Bestimmung des Jods indem Reutlinger Schwefelwasser.
1064 Unzen = 510720 Gran Wasser wurden mit einem Zusätze von l Drachme chemisch reinem Kalih^drat in einer Por- cellanschaale nach und nach abgedampft bis auf einen Rest von einigen Unzen Flüssigkeit, sodann wurde filtrirt und mit heissem destillirtem Wasser ausgesüsst.
Die abfiltrirte kastanienbraune Flüssigkeit wurde bis zur Trockene abgedampft und zu einem feinen Pulver zerrieben.
Das hellbraune Pulver wurde in einem Porcellantiegel erhitzt und unter Entwicklung von stinkenden Dämpfen, brenzlichem Oel und Ammoniak in eine kohlige Masse verwandelt.
Diese wurde mit destillirtem Wasser ausgekocht und ausge- süsst, wobei Kohle zurückblieb, welche getrocknet 15 Gran wog.
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Die abfiltrirle Flüssigkeit, welche farblos war, wurde mit einem gleichen Volumen Alcohol von 41 ^ vermischt und über Nacht hingestellt.
Am andern Tage wurde die Flüssigkeit von dem starken Boden- sätze abgegossen, der Rest noch mit Alcohol ausgespühlt, undsämmt- liche Flüssigkeit zur Trockene abgedampft. Der feste Rückstand, in Wasser gelöst und mit verdünnter Schwefelsäure neutralisirt, gab mit schwefelsaurem Zink keinen Niederschlag, mit Chlorpalla- dium aber sogleich eine dunkle Trübung, und am andern Tage hatte sich ein schwarzer Niederschlag gebildet, welcher auf dem Filter gesammelt wurde.
Der oben erwähnte Bodensatz , von welchem die Flüssigkeit abgegossen worden , wurde mit einem Gemisch von gleichviel Alco- hol und Wasser Übergossen, und nach 24 Stunden die Flüssigkeit abgegossen , und der Rückstand mit dem gleichen Gemische aus- gespühlt, sämmtliche Flüssigkeit verdunstet, mit Säure neutralisirt und mit Chlorpalladium vermischt, wovon ein neuer, dem vorigen gleicher Niederschlag gebildet ward, der auch auf demselben Fil- ter gesammelt wurde. Endlich wurde er mit heissem Wasser ausgesüsst , getrocknet und gewogen.
Das Gewicht des erhaltenen Jodpalladiums wog 1 Gran. Also gaben 510720 Thle. Schwefelwasser 1 Tbl. Jodpalladium, d.i. auf 10,000 Thle. Wasser 0,0195 Thle. Jodpalladium oder auf 1 Pfund von 16 Unzen 0,0149 Gran Jodpalladium, d. i. 0,0104 Gran Jod.
5) Professor Dr. Hugo v. Mo hl sprach aus Veranlassung der in einem eigens hiezu hergerichteten Gewächshause des Univer- sitätsgartens heranwachsenden Pflanze über die Geschichte der Victoria regia.
6) Prof. Schlossberger verbreitete sich in längerem freien Vortrage über den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse von den Giften, die sich in thierischen Nahrungsmitteln entwickeln können, unter specieller Berücksichtigung des Wurstgiftes, und knüpfte daran Mittheilungen über seine eigene Theorie von demselben und seinen Analogen, die er wenigstens in vielen Fällen für organische Basen erklärte, an.
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Er wies zuerst die aiisserordenlliche und erschreckende Häufig- keit des Giftes in Schwaben nach, und schätzt die Zahl der, durch dasselbe im eben verflossenen Halbjahrhundert bewirkten, zum Theil lebensgefährlichen Erkrankungen auf mindestens 500, die Zahl der Tödtungen auf 150. Es dürfte hienach das Wurst- gift bei uns mehr Verheerungen anrichten, als alle Mineral- und Pflanzengifte zusammengenommen. Das ganze übrige Deutsch- land hat lange nicht so viele Vergiftungen durch Würste aufzu- weisen, als Schwaben allein; im eigentlichen Auslande sind sie beinahe unerhört, so dass in den ausgezeichnetsten Giftlehren desselben (bei 0 rfila und Christison) alle Angaben darüber schwäbischen Autoren und deutschen Bearbeitern des Gegenstan- des entnommen sind.
Er erklärt diese auffallende Erscheinung, die sich übrigens auch bei uns fast ausschliesslich auf Leber- und Blutwürste und deren mannigfache Modifikationen beschränkt zeigt, aus Fehlern bei der landesüblichen Methode in der Anfertigung, Räucherung und Aufbewahrung dieser schon nach der Natur der zur Füllmasse angewandten Materialien der Selbstentmischung am meisten aus- gesetzten Würste, wies statistisch nach, dass bei weitem die meisten Vergiftungen dieser Art in das Frühjahr, beinahe gar keine in den Spätsommer, Herbst und Monat Januar fallen; beschreibt dann die sinnlich wahrnehmbaren Veränderungen an den giftigen Würsten, die allerdings nicht sehr auffallend erscheinen und ge- wöhnlich nicht die Merkmale der stinkenden Fäulniss darbieten.
Hierauf geht er zu den Wirkungen auf den menschlichen Orga- nismus über, hebt den Unterschied derselben von typhösen Pro- cessen hervor, wie sie durch eigentliche Fäulnissgifte bewirkt werden, und weist dabei nach, dass die Thiere ungleich weniger, oft gar nicht von dem Wurstgift und ihm ähnlichen schädlichen Nahrungsmitteln afficirt werden (nach eigenen und fremden Beob- achtungen).
Endlich kommt er auf die Theorieen über die Natur dieser Gifte zu reden, womit er eine vergleichende Kritik der bisher gemachten Isolirungsversuche verbindet. Es geht daraus hervor, dass bis jetzt das Gift in keiner Weise rein dargestellt ist, dass die Theorieen, welche das Gift in Metallgiften, Blau-
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säure, Verwechslungen der Gewürze, Welther'schem Bitter, Rauch- beslandtheilen , Fettsäure suchten , durchaus unhaltbar seien ; glaubt, dass die neueste von Liebig aufgestellte Ansicht, dass das schäd- liche Princip ein sogenanntes Umsetzungsgift sei , damit entkräften zu können, dass es (nach Buchner, Schumann, und beim giftigen Käse nach Sertürner) in heissem Alkohol lös- lich ist, und seine Wirksamkeit behält, dass selbst gebratene und gesottene Würste nach beigebrachten Belegen noch giftig wirkten, also die Siedhitze dasselbe nicht zerstört, dass endlich seine Symptome beim Menschen sich wesentlich von den Vergiftungen durch eigentlich faule Substanzen unterscheiden, na- mentlich die Secretionen vermindert sind, und die Fäulniss der durch Wurstgift Getödteten äusserst langsam (im Gegensatze zu typhösen Processen) vor sich geht.
Nach seiner eigenen Theorie erzeugen sich bei der Verderb- niss von Würsten und ähnlichen fett- und proteinhaltigen Ali- menten giftige Bas e n , neben fetler Säure und neben Ammoniak. Er nimmt es schon a priori als erwiesen an, dass flüchtige Basen dabei entstehen , nach dem allgemeinen in der neuesten Zeit auf- gestellten Gesetz, dass überall, wo aus thierischen Stoffen sich Ammoniak erzeugt, dasselbe von solchen organischen Wiederho- lungen derselben, d. h. flüchtigen Alkaloiden begleitet sei. Ammo- niak nun ist in giftigen >¥ürsten und ohnediess in den Käsearten in Menge enthalten. Dass solche Basen oft sehr giftig sind, er- weisen das Coniin, Nicotin, Spartein.
lieber die übrigen Basen von ternärer Zusammensetzung sind, mit fast alleiniger Ausnahme des Anilins, leider noch durchaus keine physiologischen Versuche angestellt worden, daher sehr zu solchen aufzufordern ist. Es ist wahrscheinlich, dass auch in den gifti- gen Schwämmen solche Basen auftreten, vielleicht auch im Leichengiftj Fischgift, ja möglicherweise in manchen Miasmen ; gar oft wurden solche Basen bisher fälschlicherweise mit Ammoniak verwechselt, mit dem sie so viele Eigenschaften gemeinsam haben und gewöhnlich zusammen auftreten.
Die speciellen Mittheilungen , eigene Beobachtungen und Ver- suche, welche dieser gedrängten Skizze zu Grunde liegen, wird Prof. Schlossberger in einer grösseren Abhandlung in dem
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fünften Hefte des Archivs für ph\siologische Heilkunde, 1852, veröffentlichen.
7) Pfarrverweser Dr. Oscar Fraas von Lauffen gibt einige Nachträge, beziehungsweise Berichtigungen zu dem im zweiten Heft des achten Jahrgangs, pag. 218, mitgetheillen Aufsatze über die Fronstetter Palaeo therien.
Stücke, wie die auf Taf. VI, 4 — 16 abgebildeten, haben mich verführt, im \Yiderspruch mit Cuvier und Blainville die Vier - Zahl der untern Schneidezähne bei den Fronstetter Palaeo- therien ?u behaupten. Der Druck des Heftes war noch nicht vollendet, als ich durch neuere Erfunde und genauere Betrach- tung der Zähne zu der Einsicht dieses Fehlers kam. Es sind die Wurzeln der äusseren Schneidezähne im Unterkiefer, deren es sechs sind, um ein Bedeutendes kleiner, als die der inneren, und eben damit ihre Alveolar -Löcher kürzer, so dass bei den zwei abgezeichneten Kieferstücken mit dem abgebrochenen Vorderrand zugleich diese Alveolen mit abgebrochen sind, und diese Stücke nun das Aussehen haben, als wären nur vier Alveolen für vier Schneidezähne vorhanden. Diese falsche Anschauung, von deren Richtigkeit ich seiner Zeit auf's Gewisseste überzeugt war^ hat nun eine Reihe unrichtiger Bestimmungen von einzelnen Zähnen zur Folge, von denen ich einige hiemit nur kurz berichtige.
Taf. VI, Fig. 4 Pal. hippoides. Alveolen für die vier inne- ren Schneidezähne des Unterkiefers. Von den Schneidezähnen selbst ist keiner gezeichnet.
Fig. 6, 7 falsch als zweiter unterer des P. medium bestimmt, ist vielmehr der zweite des rechten Oberkiefers von P. hippoides.
Fig. 9, 10 gehören ebenfalls zu P. hippoides als obere Eck- zähne.
Hierauf hat mich Herr Professor Quenstedt aufmerksam gemacht.
Hienach sind Fig. 11 , 12 wohl obere Eckzähne des P. medium.
Fig. 16. Die Alveolen für die äusseren Schneidezähne sind abgebrochen.
Taf. VII, Fig. 1 ist der erste untere (falsch: obere) Schneide- zahn des Pal. hippoides.
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Fig. 2 der dritte, äussere, Schneidezahn des Unterkiefers von Pal. medium.
Fig. 13, 15 ist der erste obere Schneidezahn, Fig. 14 der zweite obere von Pal. hippoides. Fig. 29 a gehört in den Unterkiefer , Fig. 30 in den Oberkiefer des Pal. minus.
8) Professor Quenste dt hielt folgenden Vortrag , über den er Nachstehendes später einsendete.
Die künstlich zusammengestellten Kiefer, welche Herr Dr. Fr aas der Versammlung vorlegte, wichen in Beziehung auf die Schneidezähne wesentlich von den früheren nur durch die Zusammenstellung ab (Jahreshefte, VIII., pag. 218); in ihrer jetzi- gen neuen Deutung verdienen sie meinen vollkommenen Beifall, nur gehört der Eckzahn 1. c. Tab. VI, Fig. 9 und 10 wegen seiner geraden vorderen Kaufläche entschieden der cämentirten Species (hippoides Fr.) an, als obere Eckzähne des medium können nur die grössten bei Frohnstetten gefundenen Eckzähne gedeutet werden. Darnach würden also bei cämentirten und cämenllosen oben und unten sechs Schneidezähne sein, wie bisher richtig angenommen wurde , was sowohl durch Alveolen , als Zahnformen bewiesen wer- den kann. Es hält schwer , für die cämentirten den richtigen Namen zu finden; die kleinen könnten vielleicht mit Cuvier's minus stimmen, aber hippoides dürfen die Grossen darunter nimmer- mehr heissen. Denn diese Bl ain ville'sche Species hat zwar auch schlanke Füsse, allein ihr Gebiss und Lager (Sansans) stimmt vollkommen mit Cu vier' s Pal. Äurelianense. Dagegen bildet Cuvier {Oss. foss., 3te Aufl., Tab. LI, Fig. 5) ein Pal. curtum mit vier hintern Backenzähnen ab, die vollkommen mit den Frohn- stetter stimmen , nur sind sie etwas kleiner, als die grösste Species. Leider hat Cuvier zu diesem Fragment viele Stücke gezählt, die offenbar ganz andern Thieren angehören, so dass man diesen Namen nicht wohl einführen kann. Owen, jener schlagenden Verwandtschaft nicht gedenkend, beschreibt Kieferreste aus dem Eocene Sand von Horstl (Quarterly Journ. geol. soc. 1840. pag. 17), die zwar ein wenig grösser, als Cuvier's Bruchstück, aber doch fast \ kleiner, als unsere grössten bleiben, er nennt
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sie Paloplotherium annectens. Wie unsere zeigen sie sechs Backen- zähne oben, und sechs unten. Obgleich bei Owen der letzte Backenzahn noch nicht hervorgetreten ist , so ist doch seine Existenz nachgewiesen, und ohne Zweifel wird er auch drei Halbmonde haben. Wir können zwar für die Zahl 6 noch keinen direkten Beweis führen , ja , nach einem Fragment zeigt der Unterkiefer vier Ersatziähne unter den Alveolen der vier Milchzähne, und da nun immer drei hintere Backenzähne vorhanden sind, so müssten wir sieben Backenzähne im Unterkiefer haben. Dies würde der Owen 'sehen Beobachtung, der nur drei Ersatzzähne annimmt, direkt widersprechen. Wer die Schwierigkeiten kennt, die Form eines fossilen Ersatzzahnes durch Biossiegen zu ermitteln, wird hier leicht Irrlhümer zugeben. Bei Hör die kommt zugleich mit Paloplotherium ein Dichodon cuspidatus Ow. vor, ein Pachyderm, das durch seine hinteren drei Backenzähne auffallend an Wieder- käuer erinnert. Diese Zähne, aber nur reichlich halb so gross, als die englischen, wies Herr Dr. Fr aas 1. c. , Tab. VI, Fig. 40 auch bei Frohnstetten nach. Jetzt hat sich auch der hinterste Praemolar des Oberkiefers gefunden , der zwar etwas breiter und kürzer, als Owen's Abbildung ist, aber sonst genau stimmt. Seine plötzliche Verengung auf der Vorderseite macht ihn sehr erkenn- bar. Uebergehen wir die übrigen Säugethiere, worunter auch ein kleines mit vier 3+1 faltigen schmelzfaltigen Zähnen, die, zusam- men nur 5 Linien lang, an C u v i e r 's Mus glis Oss. foss. , Tab, LXVIH, Fig. 7 erinnern, dann aber keinem Sciuriner, sondern einem klei- nen biberartigen Thiere angehören müssten , so verdienen die Vogelknochen noch ein besonderes Wort. Häufiger finden sich Knochen etwa von der Grösse unseres Haubentaucher (Podiceps cristatus), darunter lassen die nach unten schippenförmig breit werdenden Coracoideen (Schlüsselbeine) über das Vogelvorkommen gar keinen Zweifel, ihrem Oberstück fehlen auf der dem Brust- kasten zugewendeten Seite die Luftkanäle , was für Vögel mit ge- ringem Flugvermögen spricht.
Bei Frohnstetten kommen in einem fetten Lehm wenige Fuss unter der Erdoberfläche auch Reste aus der zweiten Säugethier- Formation vor. Neben Rhinoceros incisivus und einem hundsarti-
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. Is Heft. 5
---Ge- gen Thier lagern Dinolherien - Zähne von besonderer Pracht, denn der weiss -glänzende Schmelz ist in einer Vorlrefflichkeit erhalten, dass sie die Eppelsheimer in Beziehung des Schmelzes noch über- treffen. Es ist mir gelungen, aus vielen Hunderten solcher Schmelz- platten ein vollständiges Gebiss zusammenzusetzen, was einem Thiere erster Grösse entspricht , denn der vorletzte Backenzahn des Oberkiefers missl reichlich 3| Zoll in der Länge und 3^ in der Breite. Unbekannter Weise zeigte sich vor den fünf durch Kaup bekannt gewordenen Backenzähnen des Unterkiefers noch ein sechster einwurzeliger mit einfacher kegelförmiger Krone, an deren einer Seite (Hinterseite?) sich blos eine tuberkulöse Kante von dreiseitigem Umriss heraufzieht; die mit einem einzigen Zitzen endigende Schmelzkrone ist li Zoll breit und 1| Zoll hoch, ihre einfach cvlindrische Wurzel über 3" lang. Sämmtliche in geschlossener Reihe stehende Zähne des Unterkiefers messen von hinten nach vornen 16'' 10"' = 3" 7"' + 3" 3'" + 3" 6'" _^ 2" 9'" + 2" 5'" + 1" 4"'. Auch ein Stosszahnstück von 14" Länge und 4" Dicke hat sich erhalten. Dieser Grösse entsprechen die Zähne des Oberkiefers, worunter merkwürdiger Weise auch ein sechster vorderster Backenzahn von 2" 1'" Länge und 1" 8'" Breite sich findet. Er hat zwei tuberkulöse Längskämme : einen hohen mit einem Hauptzitzen, und einen niedrigen, vorzugsweise in zwei Lappen getrennten. Zwischen den Kämmen läuft ein tiefes Längsthal fort. Wahrscheinlich hatte es zwei Wurzeln. Seine Stellung ist mir nicht ganz klar, auch gehles aus Kaup 's Ar- beiten nicht deutlich hervor, ob Kaup diesen vordersten OJ)er- Backenzahn unter seinen früh abgestossenen Milchzähnen verstan- den habe oder nicht. Dass diese beiden Zähne unserem Indivi- duum angehören, darüber kann kaum ein Zweifel stattfinden, da ausser diesem an der Grabstelle Zahnreste keines Zweiten gefunden wurden. Ja, Herr Dr. Fr aas hat den einwurzeligen des Unter- kiefers noch an seiner Stelle liegen sehen. Milchzähne sind es wohl entschieden nicht, da gerade diese beiden vordem durch Abkauen noch nicht den geringsten Angriff erfahren haben, wäh- rend die Kanten sämmtlicher übrigen Zähne einen deutlichen An- griff zeigen. Dinotherium hatte also in jedem Kiefer nicht fünf,
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wie bisherangenommen wurde, sondern sechs Backenzähne. Bis jetzt sind Zähne von dreierlei Grösse bekannt geworden, eine vierte kleinste kommt in den Bohnenerzen von Heudorf bei Möss- kirch vor, denn ein dreireihiger Unterkieferzahn (Milchzahn?) misst nur 2" 4'" in der Länge und 1" 5'" in der Breite. Be- gleitet werden diese Dinotherien von einem hundsarligen Thiere, grösser als der Wolf, die Zähne stimmen zwar nicht vollkommen, aber doch so gut, dass man sie nach einem gewöhnlichen Hunds- kopf leicht bestimmen kann. Der Fleischzahn des Oberkiefers steht zwischen denen von Katze und AVolf mitten innen, daher könnte H. v. Meyer 's Herpagodon von Mösskirch und Kaup's Felis vonEppelsheim vielleicht zusammenfallen, wenigstens kommt das gleiche Thier bei Frohnstetten und Mösskirch vor. Hunds- artig war es aber, weil hinter diesem Fleischzahn noch drei den Hundszähnen sehr gleichende folgen, darunter ist der letzte e^- wurzelige mit einem kurzen Zitzen über der kreisförmigen Schmelz- krone überaus charakteristisch. Nur die Schneide- und Eckzähne waren sehr verschieden, wenn anders sie dem gleichen Thiere angehören. Dass diese Reste nicht zur Palaeotherien- Formation, sondern einer spätem Epoche angehören, das zeigen weiter die Tapir- und Rhinocerosresle aus der Gruppe des Rh. incisivus, so dass über die Farallelisirung dieser Dinotherien -Formation mit unseren jüngeren Bohnenerzen, südlich Tübingen etc., gar kein Zweifel sein kann. Diese durch die Untersuchungen des Herrn Prof. Jäger so bekannt gewordenen Gruben liefern zwar nur wenige, aber höchst interessante Sachen, unter andern auch wahrscheinlich
Menschen-Zähne.
Schon Jäger, Nov. Acta Phtjs. med. XXH. 2. pag. 809, Tab. LXVIH, Fig. 49 und 50, hat zwei Zähne, einen mit und einen ohne Wurzel, im Besitze der Herren Prof. Kurr und Fleischer ab- gebildet, sie aber nicht für fossil gehalten. Allerdings kommen in jenen Höhlen und Spalten südlich Tübingen Kunstprodukte und nicht fossile Zähne vor, doch darf man in dieser Beziehung den Arbeitern nicht zu viel trauen, man wird gewöhnlich ange- logen. Auch beweist die Tiefe an sich gar nichts, denn noch
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heute versinken die Wasser in jenen nicht seltenen halboffenen Spalten, nehmen Erd - und Kunstprodukte mit; wenn die Ar- beiler bei ihrem Wühlen nach Erz auf solche mit Erde angefüll- ten alten Wasserläufe slossen, so finden sie häufig neuere Sachen, dass aber im unverritzten Erze so etwas gefunden würde, darüber haben wir noch kein einziges sicheres Beispiel. Auch ich habe in den letzten Jahren drei solcher Schmelzkronen bekommen, über deren Fossilität nicht der geringste Zweifel stattfin- den kann; sie sind gerade so abgerieben, als die mitvorkommen- den Reste der Hippotherien, Mastodonten, Rhinocerosse, Tapire etc., der Schmelz hat das blass gebleichte Aussehen , Mangandendriten haben Zahnbein und Schmelz durchdrungen, und in dem glän- zenden Schmelze des Einen finden sich jene eigenlhümlichen blass- blauen Wolken, welche, an der Zahntürkis des Reaumur (Hist. de l'Acad. royale des scienc. 1715) erinnernd, für die Fossilität in den Bohnenerzen unserer zweiten Säugethier- Formation ent- scheiden. Also fossil sind sie. Aber sind es nun auch unzweifel- haft Menschenzähne ? Diese Frage möchte ich noch nicht so sicher beantworten. Die unsrigen stimmen allerdings auffallend mit dem hintersten Backenzahn (Weisheitszahn) des Unterkiefers; sie haben fünf Hügel, zwei grössere innere und drei kleinere äus- sere, die auf der Schmelzoberfläche durch markirte schmale Furchen (durch Faltungen der Schmelzhaut erzeugt) von einander getrennt sind ; auch die welligen Runzeln und die Dicke des Schmelzes stimmten vortrefflich. Auf dem Zahnbein der Unterseite des Einen gewahrt man noch die fünf Keimgrübchen, welche den fünf Schmelzhügeln entsprechen, und ebensoviel Ossifications- punkle bezeichnen. Geht man jedoch in die letzten Einzelnheiten ein, so treten geringe Unterschiede hervor. Diese Zweifel zu heben, wandte ich mich an Herrn Prof. Arnold; hier bei dem reichen Material stellte sich sogleich heraus, dass es nichts Va- riabeleres unter den Zähnen gibt, als bei Menschen. Doch fanden sich einige Individuen, deren untere Weisheitszähne so vollkom- men stimmten, dass dem berühmten Anatomen über die richtige Bestimmung ieine Zweifel bUeben. Wir verglichen darauf ver- schiedene Racen, und hier zeigte sich, dass bei Mongolen, Fin- nen und Mohren sie auch für drittletzte Backenzähne des Unter-
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kiefers genommen werden könnten, wofür namentlich auch die weit getrennten Wurzeln des Fl e i seh er 'sehen Zahnes sprechen. Ich war nun sehr gespannt auf die übrigen fossilen Exemplare. Nur Herr Prof. Kurr legte das seinige vor; etwas weniger grösser als die unsrigen stimmte es sonst vollkommen , und zwar besser als sämmlliche fossile mit denen von Menschen. Und doch machte Herr Prof. Kurr die wichtige Eröffnung, dass der grosse Ken- ner fossiler Zähne , R. 0 w e n in London , auch diesen als einen unzweifelhaften Menschenzahn bestimmt habe. Zugleich versicherte er, dass Fleischer's Zahn ganz die gleiche Krone zeige. Aber gerade dieser Umstand macht mich noch ein wenig schwankend ; wir haben hier fünf Zähne , die unter sich nur durch Grösse in rechts und links von einander abweichen, sonst aber ein wenig besser unter einander stimmen , als sämmtliche mit den Zähnen lebender Menschen. Da der Mensch sechszehnerlei Zähne hat, so liegt etwas Auffallendes darin, dass sich bisher fünf von einer Form fanden. Solche Zufälligkeiten kommen nun zwar auch sonst vor; aber es bleibt immerhin etwas Gewagtes, aus einer einzigen Zahnform eine so wichtige Frage, wie die vorweltliche Existenz des Menschen , entscheiden zu wollen. Ehe nicht andere Zähne noch Beweise liefern, müssen wir leise auftreten, denn es haben in Bestimmung einzelner Zähne schon die grössten Meister geirrt. Vielleicht wird es noch viele Jahre dauern , ehe die Sache zur Entscheidung kommt, denn leider sind die Erfunde in diesen Bohnenerzen nur sehr sparsam. Verhielte sich aber die Sache richtig, dann schiene der Mensch schon vor den Mam- muthen zur Zeit der Hippotherien und Dinotherien gelebt zu haben. Ich sage schiene. Denn es wurde schon früher darauf auf- merksam gemacht (Jahreshefle VI, pag. 165), dass der abgerie- bene Zustand der Knochen und Zähne auf secundäre Ablagerung schliessen lässt. Zwar herrschen die Thiere der zweiten Säuge- thierformation bei weitem vor, und die meisten Erfunde werden ihrer Zeit angehören. Doch kommen auch Zähne von Pferd und Mam- muthvor, die auf die dritte Säugethierformation hinweisen könnten. Wie jedoch alle diese Dinge sich im Lager verhalten , darüber konnte man bis jetzt keinen Aufschluss erhalten, da die Leute gewöhnlich erst beim Waschen der Erze ihre Funde machen.
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Dass sonst die Mammuths- Formalion scharf von der der Hippo- therien etc. verschieden sei, das hat sich unter andern wieder sehr deutlich an dem Eisenbahn - Durchschnitt bei Ulm gezeigt, wo aus den mit Lehm gefüllten Spalten des Süsswasserkalks mit Tapirresten etc. Mammuths- Zähne hervorgefördert wurden. Auch im Donauthal, der Frohnstetter Gegend (bei Hausen), finden sich die wohlerhaltensten Mammuths -Knochen mit Pferd, Ochs, Bär etc., so dass wir an diesem merkwürdigen Punkte alle drei Säugethier- Formationen beisammen hätten, ja noch mehr. In der Palaeothe- rienformation findet man durch Wasser stark abgeriebene Zähne. HerrDr. Fraas behauptet, diese lägen nur in den obersten Schich- ten der über 60' tiefen Gruben , denn die tiefer liegenden Reste sind, wie bei Neuhausen, zwar zerstückelt, aber nicht abgerollt. Die Abrollung schiene demnach erst später begonnen zu haben, als die Zeit sich der Hippotherien- Formation näherte. Und eine solche Bohnenerz - Formation kommt gleich eine halbe Stunde davon bei Stetten vor, worin die Palaeotherien- Zähne fehlen , und statt dessen abgerollte Tapir -Zähne herrschen, die Cuvier seinem Lophiodon zuschrieb. Im Ganzen erkennt man diese Bruchstücke leicht , in einzelnen Fällen begeht man aber sehr leicht Irrthümer. Jedenfalls sind bei Melchingen Zähne darunter, die in Grösse und Form so vollkommen mit Backenzähnen des lebenden Tapir. Americanus übereinstimmen , dass man glauben sollte , diese ame- rikanischen Pachydermen hätten schon zu jener Zeit in Europa gelebt. Da dieser Unterschied nahe gelegener Bohnenerz-Gruben so scharf begründet ist, so könnte es leicht auch eine dritte Bohnenerz -Formation mit Mammuth, Pferd, Bär etc. geben, die vielleicht in einer und derselben Spalte über der Tapir -Formation läge. Der Abbau ist in unsern Gegenden so regellos, dass man von dem wenig gebildeten Arbeiter keine sicheren Aufschlüsse erhalten kann. Diese Unsicherheit trifft daher auch die vermeint- lichen Menschen - Zähne, sie können unserer dritten oder zweiten Säugethier- Formation angehören. Da jedoch die blauen Wol- ken des Schmelzes auf das Genaueste mit den Farben der Schmelz- reste aus der zweiten Säugethier- Formation übereinstimmen, diese auch in den Melchinger Gruben durchaus vorherrschen , so spricht die Wahrscheinlichkeit für das höhere Alter. Dann hätte der
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Mensch schon vor den Mammuthen mit Mastodon und Dinotheriiim zusammengelebt. So wenig diese Ansicht auch zu unsern Syste- men passt , so muss der Naturforscher sich doch den Thatsachen beugen, aber erst, wenn sie ein solches Gewicht bekommen, dass er sie nicht mehr bezweifeln kann.
Die S t ;y 1 0 1 i t h e n
sind in diesen Jahresheften zwar wiederholentlich zur Sprache gekommen , doch in der Sache wenig weiter gefördert. Die längste Abhandlung lieferte Herr Professor Dr. Plieninger (VIII. pag. 78), worin meine früheren Arbeiten so weitläufig kri- tisirl werden , dass es schwer hält, der Sache in Kurzem bei- zukommen. Da aber das Problem dennoch nicht gelöst ist, so dürften nachfolgende Bemerkungen nicht überflüssig sein:
Jene bekannten Rüdersdorfer Stylolithen, welche längsge- streift die Kalkbänke senkrecht durchsetzen, wurden von Klö- den für organische Kesle gehallen. Es kam nun Alles darauf an, durch eine Thatsache diese unrichtige Ansicht zu wider- legen, und diese lieferten die Muscheln, welche auf den wohl- geformlen Säulen so häufig vorkommen, dass man sich wundern muss, wenn Schriftsteller die Sache bis zum Jahr 1837 über- sahen, wo ich durch eine kurze Abhandlung in Wiegmann's Archiv darauf aufmerksam machte. In dieser Abhandlung finalen sich keine Widersprüche ; es ist vielmehr klar zwischen unbe- stimmten und bestimmten Formen geschieden, aber gerade die Entstehung der letzteren machte um so grössere Schwierigkeiten, je regelmässiger sie waren. Waren daher diese richtig aufge- fasst, so war damit der Nagel auf den Kopf getroffen, das an- dere behandelte ich geflissentlich nur als Beiwerk , denn es ver- dient nicht viel Worte, weil jeder aufmerksame Beobachter sich solche Dinge von selbst erklärt, wenn einmal der Hauptpunkt gehoben ist. lieber das Wie habe ich mich geflissentlich nicht viel einlassen wollen, denn dazu war die Sache bei ihrem ersten Auffinden nicht reif. Ich sagte nur, dass beim Trocknen der Ge- birge eine Muschel oder irgend ein anderer fremder Gegenstand sehr denkbarer Weise jene Absonderung eingeleitet haben könnte, und mehr sagt aber im Grunde Herr Prof. Plieninger auch
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nicht. Herr Prof. Ross massier führte die Sache in ein zwei- tes Stadium; derselbe theilte mir mit, dass im Eise durch ein- gefrorene Blätter Eisstylolithen entstehen könnten und entstanden wären, und führte mich so auf die Bewegung der Muschel (Flötz- geb» Württemb. pag. 58). Diese Rossmässler'sche Ansicht kann nicht durch abstrakte Reflexionen über den Schwerpunkt etc. wider- legt werden, denn in der Natur geht gar Manches vor, was unser Kopf nicht sogleich begreifen will , und was endlich doch begriffen werden muss. Noch sind die Akten darüber zwar nicht abge- schlossen, doch scheint eine dritte Erklärungsweise (Handbuch der Petrefakten -Kunde, pag. 505) immer mehr Boden gewinnen zu wollen. Wir verdanken sie Herrn Dr. Fallati in Wildbad, der schon vor zehn Jahren bemerkte, dass es im Schwarzwalde Stylo- lithen regne! Ich überzeugte mich damals bald von dieser That- sache ; man findet die kleinen Erdpyramiden nicht sowohl im Freien, als am Rande der Bäume, wo die grossen Tropfen von den Blättern herab schwer zur Erde fallen. Jeder kleinere Körper gibt auf dem lettigen Rande zur Bildung Gelegenheit, zuweilen bedarf es aber auch nicht einmal dieses, sondern der Boden ist in sich schon heterogen genug, um zur Erzeugung schlechterer F'ormen tauglich zu sein. Die Erscheinung findet sich besonders unter Dachtraufen auch bei uns, wenn auch nicht so deutlich. Aber daraus nun gleich zu schliessen , die Stylolithen seien Produkte eines starken Regens, schien mir bei der Wichtigkeit der Folge- rungen doch etwas gewagt. Die Sache muss weiter untersucht werden, dachte ich bei mir selbst. Aber leider haben wir in Schwaben kein Rüdersdorf. Zwar zeigte Herr Apotheker Weis- mann vergangenes Jahr der Gesellschaft einen Stylolithen mit Plagiostoma striatiim vor, zum Beweise, dass Prof. Qu en stedt Unrecht habe, wenn er behauptet, dass solche Stylolithen mit Muschelschaalen in Württemberg nicht vorkommen. Allein wie dieses Crailsheimer Exemplar weiter aussähe , hat man über jener Bemerkung ganz vergessen. Nun an der citirten Stelle meines Buches ist nicht gesagt, dass Stylolithen mit Muscheln (ich kenne sie von Alpirsbach schon seit 13 Jahren) in Schwaben sich über- haupt nicht fänden, ich habe nur gesagt, dass Formen, so deut- lich als in Rüdersdorf, uns leider fehlen, und der Muschel dabei
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geflissentlich gar nicht gedacht. Aber gerade diese Anfänge schwäbischer Muschel - Stylolithen sprechen den Auswaschungs- Theorieen auserordentlich das Wort ; die Säulen erheben sich nur wenige Linien über die Kalkbank , und stecken ganz im decken- den Thone. Nimmt man letzteren weg, so erscheint die Fläche der Kalkbank wie ausgeschlackert, als wären Platzregen darauf niedergefallen. Manchmal kommt es vor, dass ein Theil der Schaale noch in der Kalkbank liegt, und nur das entgegenge- setzte Ende mit kurzem Stylolith sich heraushebt. Solche niedri- gen, ganz von Thon bedeckten Säulchen brauchen gerade nicht durch Regen, sondern könnten auch durch Wasserbewegung überhaupt ausgewaschen sein. Aber wie geht das bei den 3 — 4", Kl öden sagt sogar 5—6", langen von Rüdersdorf? Zwar ent- sinne ich mich wohl , und es geht auch aus meiner ersten Ab- handlung deutlich hervor, dass der Rüdersdorfer Stj'lolith, so oft er deutliche Säulen bildet, sich aus einer verschlackerten Kalk- bank erhebe, in die folgende Bank eindringe, oben aber von einer Thonkappe bedeckt werde. Dieser Thon zieht sich in dünner, häufig unterbrochener Schicht längs der Streifen hinab, und breitet sich dann wieder mächtiger zwischen den Uneben- heiten der verschlackerten Oberfläche aus. *) Freilich sondert sich auch mancher St^'lolith von der verschlackerten Bank ab, viele aber verschwimmen damit , und man könnte sich daher wohl denken, die Bank wäre durch fallende Wasser ausgewa- schen, nur wo fremde Gegenstände schützten, blieben Säulen stehen, oder wenn im Kalkschlamm selbst verschiedene Erhär-
*) Herr Prof. Plieninger machte I.e. pag. 95 bei dieser Darstel- lung meiner Arbeit ein bedeutungsvolles siel Dasselbe hat mich um ihn einige Sorge gemacht. Anfangs glaubte ich, er wolle damit eine That- sache läugnen, die Niemand laugnen kann, bis ich dann erfahre, es solle einen Sprachfehler zeichnen. Auf diese an das Lächerliche strei- fende Rüge bin ich freilich nicht von selbst gekommen, denn warum soll man nicht sagen „eine mit Thon gefüllte Höhle"? Das heisst einen Andern ohne Grund schulmeistern. Naturforscher pflegen das selbst in solchen Fällen zu meiden, wo sie Grund haben. Denn so lange die Sache verständlich ist, müssen solche Ausfälle gar zu leicht irre führen. Sprachkundige Männer allhier haben sich in diesem Falle für die Rich- tigkeit meines Ausdrucks entschieden.
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tungspunkte waren, so musste das schon zackige Formen bedingen. Später führte das Wasser wieder einen feinen Thonschlick her- bei, derselbe müsste dann in einer dickeren Schicht den Gipfel der Säulen decken, konnte nur längs der Seiten haften, und sein Hauptlager auf der Basis der Kalkbank finden. Der Thon- niederschlag dauerte nicht lange, es kam bald wieder neuer Kalk, der die Stylolithen nun gänzlich einhüllte. Auch stehen die langen Säulen nicht immer ganz gerade, sie krümmen sich nicht selten ein wenig , als wären sie der Last etwas erlegen. Allein welche Ruhe der Bildung müsste das voraussetzen , For- men zu erzeugen, wie wir sie bei Rüdersdorf in so viel tausend Exemplaren sehen! Das macht mich immer wieder an dieser Er- klärungsweise irre, auch könnte der feste bergschieferartige Thon doch wohl sekundär erst eingedrungen sein, und wenn in den porösen Kalken überhaupt Wasser cirkuliren, so könnte man sich wohl denken, wie diese Wasser, von dem fremden decken- den Körper aufgehalten, vorzugsweise ihren Weg längs des der Stylolithen nehmen müssten , und so diese Absonderung in dem compakten Gebirge zu einer Zeit, als der Schlamm noch weich war, erzeugen konnten. Die sonderbaren Streifungen an aufrecht stehenden Apiocrinitenstielen (Jahreshefte V, pag. 148), an auf- recht stehenden Zapfen, die armdick im Jura vorkommen, stylo- lithenartige Bildungen im Solnhofer Schiefer etc. sind wohl ent- schieden durch hinabdringendes Wasser erst sekundär im Gestein entstanden.
Nur ein einziges Stück aus der Gegend von Jesingen bei Tübingen scheint durchaus nur durch Auswaschung erklärt wer- den zu können. Ich fand es schon vor vielen Jahren an der Strasse, erkannte aber seine Bedeutung nicht, und jetzt kann ich das Lager nicht wieder auffinden. Es ist ein gelbgrüner Mergel- kalk, wahrscheinlich der Lettenkohlen -Formation angehörend, in denselben ragen senkrecht gegen die Schicht längs gestreifte Stylolithen aus einem unveränderten rauchgrauen Kalk hinein, der mit der unterliegenden Kalkschicht übereinstimmt. Manche sind nur dick wie Nadeln, aber öfter gegen l Zoll lang, andere dick und erst auf ihrer Höhe in mehreren Säulen zerspalten. Alle haben eine schwarze Thonkappe, und sind längs mit Thon
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wie überpinselt , was sich andern Orts so vortrefflich im Keuper wiederholt. Hier kann kaum ein Zweifel entstehen, dass der unterliegende rauchgraue Kalkbalk zu den zarten Stylolilhen aus- gewaschen wurde, welche häufig in den feinsten Fäden über 1 Zoll die gemeinsame Fläche überragten. Dann deckte sie eine Schicht Thonschlick, und nun erst kam der gelbgraup dolomiti- sche rauhe Mergel und deckte das Ganze. Schlägt man die Handstücke entzwei, so erscheinen die zierlichen Säulchen wie in graue Formen gegossenes Blei. Verfolgen wir die Sache in dieser Weise, vorläufig unbekümmert, wo den Stylolithen ihre Grenzen zu stecken sei, so dürfte eine endliche Lösung dieser schwierigen Frage nicht fern liegen. Kommt uns dann wirklich die Ueberzeugung, dass es Auswaschungen sein müssen, so wird man auch die Möglichkeit zugeben müssen. Nur sind dann der Stuttgarter Feuersee oder irgend eine schwäbische Froschlache wohl schwerlich der Ort, wo man Aufschlüsse zu hoffen habe, sondern man muss sich vor Allem den Meeresküsten zuwenden, und hier die Natur in ihrer grossen, aber leider so geheimen Werkstätte belauschen.
9) Particulier Neubert aus Stuttgart zeigte eine blühende Pflanze , den Mücke nwürger, Apocynum androsaemifolium L., aus Virginien stammend, und also Landsmännin der berühmteren Venusfliegenfalle, Dionaea Musclpula L. , vor, welche als Fliegen- Vertilgerin die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich lenkte , da Fliegen und andere Insekten, wenn sie den Rüssel zwischen die Staubfäden und Honigbehältnisse der Blume einsenken, um den Honigsaft zu schlürfen, an solchen festgehalten werden und um- kommen.
10) Apotheker Oeffinger aus Nagold legte frische Exem- plare der Pyrola chlor antha nud Sahia sylvestris vor, beide bei Nagold aufgefunden und für die dortige Gegend neu.
11) Apotheker Gmelin von Rottenburg hatte mehrere fri- sche Exemplare \on Pedicvlaris foliosa mitgebracht. G. v. Mär- te ns wird später einen Aufsatz über die geographische Verbrei- tung dieser Pflanze mittheilen.
II. Aiifisätze lind Abbaotlliinsen.
1. Die Bolmerze des Jura,
ihre Beziehung zur Molasse und zu den Gypsen von Paris, Aix und Hohenhoewen.
Von Bergrath Friedrich v. A 1 b e r t i.
Die Bildungsweise und das Alter der Bohnerze haben seil 30 Jahren eine Menge Discussionen hervorgerufen, an denen besonders AI. Bron gniarl , G.Jäger, Thirria, Voltz und Walchner Antheil nahmen. Das Resultat trifft wohl in der Annahme meines Freundes Jäger zusammen, dass
die Bildung der Bohnerzmasse und der Bohnerzkörner, das Emportreiben derselben und der in ihnen enthaltenen Knochen und Zähne und deren Zertrümmerung und Ab- glättung durch die am Geiser in Island und an den Carls- bader Quellen vorkommenden Erscheinungen und in dem Emportreiben von Steinen und Schlamm und mehr oder weniger heissem Wasser aus Bohrlöchern zu erklären sei und eine Versetzung und Zertrümmerung der in ihnen sich findenden organischen Reste in Folge der vulkani- schen Erhebung und Durchbrüche stattgefunden habe. *) In Beziehung auf das Alter war die Annahme geltend , dass Bohnerz - Formationen verschiedenen Alters , eine ältere zwi- schen Jura und Kreide (die von Kandern u. a. 0.), eine jüngere
*) üeber die foss. Säugethiere Württemberg's — Nova acta oaturae cujiosiorum, XXII. 1850. p. 924 f.
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(auf den Höhen des Jura), dem Diluvium angehörend, anzunehmen seien.
Ich habe darzuthun gesucht, dass die Bohnerze aus Schlamm- Eruptionen in Verbindung mit Gasentwicklungen entstanden, die sogenannten älteren und neueren Bohnerze gleichen Alters seien. *)
Ehe meine Ansicht in's Publikum kam, erhielten wir die schönen Arbeiten meines verehrten Freundes Oscar Fr aas über die Bohnerze von Frohnstelten *'-) auf der Hardt, NNW. von Sigmaringen. Er hat unwiderlegbar dargethan , dass die Ein- schlüsse dieser Bohnerze ganz die gleichen wie die des Pariser Gypses seien, daher Beide Einer Formation angehören müssen. Er fand Palaeotherium medium (commune), P. latum (P. Velaunum, magnum), P. hippoides, P. minus {P. curtum), Anoplotherium com- mune, A. leporinum, A. murimum, A. gracile u. a: Unter den von mir gesammelten Resten finden sich noch, nach der Bestimmung G. Jäger's, Knochen von Palaeomeryx minor und Anoplotherium secundarium.
Die Erze von Frohnstellen brechen auf einer wannen- oder muldenförmigen, aus Jura -Kalk bestehenden Höhe, dem soge- nannten Haerdtle. Die an Thierresten reichsten Gruben liegen so ziemlich auf dem höchsten Punkte der Gegend, auf einer inselartigen Erhöhung, andere auch in der Tiefe der Wanne zerstreut.
In einer der höchst gelegenen Gruben folgen nach Herrn Fr aas:
Bohnerze mit einzelnen Zähnen von Palaeotherien 2'",29. Gelber Thon und Jurageschiebe, leer an Erzen und
Zähnen 3'",43.
Thon mit Erzen und zahlreichen Knochen und
Zähnen 0'"50.
Reines Erz, ganz leer an Zähnen 4'",29.
Er ist der Ansicht, dass das Haerdtle ein Seebecken gewe- sen sei.
•) Halurgische Geologie, 1852. II. p. 304 ff. und 342 f.
'') Württemberg, naturwissenschaftliche Jahreshefte, 1852. p. 58 ff.
ff und 219 ff.
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in welches die Zähne und Knochen der merkwürdigen Dickhäuter, die in jener Zeit die inselarlig über das Tertiärmeer hervorragenden Wälder des weissen Jura bevölkerten, nach dem Absterben der Thiere vom Regen und Gebirgsbächen geführt worden seien.
Betrachten wir die vielen Bohnerzgruben , auch die auf dem Haerdtle, so finden wir die Bohnerze und die sie begleitenden Thone überall in Spalten des Jura, auch bei der an Thier- resten reichsten Grube steht auf zwei entgegengesetzten, wenig voneinander entfernten Stössen Jura -Kalk an, was offenbar ge- gen die Annahme eines Seebeckens streitet.
Die Bohnerze sollen durch Quellen und Säuerlinge gebildet und die Thiere durch Strömungen diesen zugeführt wor- den sein.
Warum sind nun aber die Bohnerze und die Thiere, die sie enthalten, nur in den Spalten, warum haben sie sich nicht in andern Vertiefungen, wie sie hier vorliegen, gelagert?
Wenn die Bohnerze durch Säuerlinge gebildet sind, woher kommt die mächtige Thonmasse zwischen ihnen? Wenn auch diese durch Fluthen in sie gelegt sein soll, warum ist gerade sie ohne organische Reste, namentlich ohne Pflanzen der reichen Vegetation, welche so viele Thiere nährte?
Die jurassischen Petrefakten, welche sich mit den Bohnerzen finden, sollen ebenfalls durch Strömungen mit den Landthieren in die Bohnerze gekommen sein. Diesem widerstreitet, dass sich in Formationen, welche zuverlässig in Seebecken abgesetzt sind, wie z. B. in der Molasse, nicht auch Versteinerungen älte- rer Formationen finden.
Dagegen, dass die tertiären Thiere von den Höhen herab in diese Spalten eingeschwemmt seien, spricht aber vorzüglich der Umstand, dass keine grösseren Anhöhen, als die, auf denen die an Fossilen reichsten Erze liegen, in der Nähe sich befinden und nicht abzusehen ist, wie diese Reste von den Höhen a, a
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durch die hier vorliegenden Verliefungen b, b nach den Spalten bei c gekommen seien, ohne sich in b, b abgesetzt zu haben. Statt diesem sehen wir auf den Höhen und in den Tiefen der Wanne unter der wenig mächtigen Dammerde überall nur Jura- Kalk anstehen.
Alle diese Anstände werden gehoben, wenn wir annehmen, dass die Bohnerze in Verbindung mit kohlensaurem Gase sich aus der Tiefe erhoben, die Landthiere, von der sauern Solution angelockt, in dem lodtbringenden Orte ihren Untergang gefunden haben, die festen Theile derselben von der auf- und niedertrei- benden Masse gemengt und geglättet, die Jura -Petrefakten aber durch die Kohlensäure aus dem Kalksteine losgelöst und mit Jün- gern Gebilden vermengt worden seien.
Der Umstand, dass die Thierreste in den Bohnerzen nicht gleich vertheill sind, dass sie in den Erzlöchern in verschiede- nen Tiefen sich sehr häufen oder gar nicht finden, der Umstand, dass nicht alle Bohnerzlöcher Thierreste enthalten , scheint darauf hinzudeuten, dass die Gasentwicklung bald stärker, bald schwä- cher auftrat, oder dass die Löcher nicht zugänglich waren. Da wo die Thierreste sehr abgerieben und zerstört sind , scheint die auf- und niedergehende Schlammmasse länger in Thätigkeit gewesen zu sein. Dieses Abgeriebensein, so wie die destructive Beschaffenheit mancher Bohnerze kann jedoch auch daher rüh- ren, dass Stillstände in der Bildung der letztern eintraten, und die Gase sich neue Bahnen brechen musslen, oder dass ihre Lagerung durch allmählige Erhebung des Jura gestört wurde, namentlich wenn sich eine Wand der Spalten, in denen sie einge- schlossen sind, höher als die andere hob; dadurch müssen auch sekundäre Lagerstätten sich gebildet haben.
Charakteristisch für manche Eisensteinbildungen ist das Vor- kommen von Versteinerungen älterer Formationen mit jüngeren. Im Elsass z. B. finden sich in den Bohnerzen neben Versteine- rungen aller Gruppen des Jura andere aus Muschelkalk und Ueber- gangsgebirge, und in Schwaben sind, neben tertiären, jurassische sehr gemein. So finden sich z. B. bei Heudorf neben Ceriopora angulosa G o 1 d f. , Cidarites coronatus , Stacheln von Cidarites nobilis und glandiferus, Gliedstücken von Pentacrinites pentag onaliSt
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Apiocrinitesmespiliformis nnä rosaceus, Terebratulainconstans, also neben entschiedenen Pelrefakten des oberen Jura- Paludinen und Anodonten mit Zähnen von Sphaerodus irregularis *), Otodus macro- tus, Oxtjrhina Besori, Lanma elegans , welche der Molasse -Zeit angehören. Alle diese Petrefaklen sind aufs Innigste mit den Pachydermenresten gemengt. Die gleiche Erscheinung findet auch in den eocenen Eisenstein - Ablagerungen des Kressenbergs (Teisen- bergs) statt. Mit tertiären Versteinerungen, namentlich Nummu- liten, finden sich hier: Terebratula carnea, Apiocrinites ellipticus u. a. der Kreide, mit Pentacrinites cingularis, Apiocrinites Milleri, Belemnites cornpressus des Jura und Fischresten des Uebergangs- gebirges. **)
Dass die Kohlensäure diese Erscheinung hervorgebracht habe, dafür sprechen die mächtigen Auswaschungen und die Metamor- phosen an den Wänden der Erzlöcher und der Umstand, dass, was namenilich in den Erzgruben von Ober- Schlesien und Süd- Polen***) häufig sichtbar, die Versteinerungen im Contact weit aus der Kalkmasse hervorragen. Bei der dominirenden Lage der Bohnerzgruben von Frohnstetten ist das Dasein der Jura -Petre- faklen wohl nicht auf andere Weise erklärbar.
Eine auffallende Erscheinung ist es , dass , während in den Bohnerzen die Knochen und Zähne der verschiedensten Thiere mit Versteinerungen älterer Formalionen gemengt vorkommen, wir in der obersten Abiheilung des Gypses von Paris, und zwar nur in dieser, nie in der unteren Abiheilung, häufig die wohl erhaltenen Gerippe ganzer Thiere und keine Versteinerungen älte- rer Formationen finden, dass daher bei ihrer Bildung in Bezug auf das Vorkommen der Thiere wesentliche Verschiedenheiten stattgefunden haben müssen. Auch der Pariser Gyps wird als Deltabildung angesehen. Es soll nicht geläugnet werden, dass bei der Gypsbildung Ueberschwemmungen stattfanden; dies be-
*) la den Bohnerzen von Heudorf finden sich auch Zähne von Sphae- rodus annidaris Agass, welche dieser aus meiner Sammlung bestimmte, irrigerweise jedoch dem Sandsteine von Täbingen zurechnet.
**) Schafhäutlj geognostische Untersuchungen des südbayerischen Alpen -Gebirges. München 1851. pag. 62 flF. ***) Halurg. Geol. II. 336.
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weisen die Fische , die sich zuweilen neben den Quadrupeden ge- bettet haben; der Deltabildung widerstreitet dagegen das kuppen- förmige Vorkommen des Gypses und sein massenhaftes Auftreten in der oberen Abtheilung, wo er zum Theil in mächtige Prismen Chauts piliers) abgesondert ist. Wären die Quadrupeden u. a. ihm durch Fluthen zugeführt, so müsste der Sland ihrer Erhaltung ein anderer und sie müssten in Schichten abgesetzt sein. Wären die Thiere, während der Gyps sich bildete, in die Schichten eingeführt worden , oder wäre der Gyps ein verwandelter Kalk, so würden diese durch Schwefelsäure zerstört worden sein; es muss daher nach einer andern Ursache geforscht werden. Zieht man die Zusammenhäufung einer so grossen Menge von Thieren auf beschränktem Räume, ihre gute Erhaltung in Betracht, so er- klärt sich ihre Erscheinung am einfachsten, wenn wir annehmen, dass die Oberfläche des Gypses vor dem Erhärten einen Sumpf bildete und zeitweise von Flüssen überschwemmt wurde , in dem, wie in den Big Bone Lick in Kentucky, ganze Heerden von Thie- ren durch Lüsternheit den Tod fanden, und von Gypsmaterie, die schon gebildet vorhanden war, durchdrungen wurden. Das Dasein von Salzlachen , von welchen die Thiere angelockt wur- den, beweisen die treppenarlig hohlen Würfel, eine Pseudomor- phose nach Steinsalz, welche auf den den Gyps begleitenden Mergeln zerstreut vorkommen. '^) Vielleicht war es auch nur der Gypsteig allein, welcher sie anzog und dadurch tödtlich wurde, dass sich Gasarten aus ihm entwickelten.
Herr Fr aas nimmt in den oben erwähnten Aufsätzen auf der Alp 3 Säugethierzonen verschiedenen Alters, oder 3 Bohnerz- Formationen an, so dass mit der für älter gehaltenen von Kan- dern u. a. 0. deren 4 wären. Für die älteste der Alp gilt ihm die von Frohnstetten, welche nur Reste des Pariser Gypses, be- sonders Palaeotherien und Anoplotherien enthält, für die zweite sieht er die Bohnerze von Heudorf bei Mösskirch an, in denen sich Anchitherium aurelianense, Hippotherium, Dorcatherium Naui, Palaeomeryx Scheuchzeri, Rhinoceros incisivus, Mastodon angusti- dens, Tapirus priscus, Dinotherium giganfeum, Hyotherium medium,
*) Jouin. des mines. XXV. pag. 227. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. Is Heft.
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Pachjodon mirabüis u. a. finden. Für die drille Säugelhierzone gilt ihm Elephas primigeniiis, Mastodon longirostris , Rhinoceros tichorhinus u. a.
Diese Localion wird sehr schwankend, da sich in den Bohnerzen von Heudorf auch Anoplolherienreste finden, noch mehr, wenn wir das Vorkommen bei Neuhausen, unweit Tuttlingen, in's Auge fassen. Dort finden sich nach den Unlersuchungen G. Jag er 's*) neben Palaeotherium crassum, P. magnum, P. medium, P. minus, neben Anoplotherium commune und Ä. secundarium, Reste des Anchitherium aurelianense , Resle von Elephas, Palaeomeryx, Equus fossilis , Mastodon angustidens und Dinotherium giganteum ; Neu- hausen verbindet daher vollkommen das Vorkommen von Frohn- stelten und Heudorf. Dies in's Auge gefassl, und unter Berück- sichtigung des Umstands, dass vorzugsweise die Zähne, weniger die in Menge bei Frohnstetten sich vorfindenden Knochen unter- sucht sind, und unter diesen manche sein können, die denen bei Paris vorkommenden nicht, dagegen denen von Neuhausen u. a. 0. entsprechen, so liegt kein stichhaltiger Grund vor, dem einen Vorkommen ein höheres Alter als dem andern zu geben, um so mehr, da hier wie dort uns fast nur ausgestorbene Thier- gattungen begegnen.
Gleiche Beschaffenheit hat es mit den Bohnerzvorkommen von Salmendingen, Melchingen , Onslmettingen, welche ebenfalls neuer sein sollen. Diese enthalten, wie Jäger darthut: Masto- don angustidens, Anoplotherium gracile, Palaeotherium neben Hip- potherium, Equus und Elephas; diese Einschlüsse stimmen daher ganz mit denen von Neuhausen und Heudorf überein.
Das Dasein der Reste von Rhinoceros tichorhinus und Ele- phas in den Bohnerzen von Neuhausen u. a. 0. erklärt sich da- mit, dass diese mit den Palaeolherien gelebt und sich bis zur Diluvialzeit erhallen haben, oder, was noch wahrscheinlicher ist, dass Unterschiede in ihrem Habitus, wie beim asiatischen Ele- phanten und dem Mammulh slattfanden, die sich beim Abgerie- bensein der Zähne nicht mehr unterscheiden lassen, oder dass
*) I. c. und über die fossilen Säugetlilere Württeniberg''s, 2 Abthlgn. 1835 und 1839. I. pag. 44 ff. II. pag. 71 ff.
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zur Diluvialzeit Reste der damals lebenden Thiere in die Bohnerz- löcher eingeschwemmt oder eingetragen wurden; davon zeugen auch die Kunstprodukte, die sich zuweilen in ihnen finden.
Ich habe nachgewiesen, dass die Bohnerze von Rändern, obschon sie nur jurassische Versteinerungen einschliessen, erst nach Ablagerung des Tertitärgebirges im Breisgau , welches dem im Mainzer Becken entspricht, gebildet sein können,*) und dass sie gleichzeitig mit den Bohnerzen der Alp und den damit ver- wandten Gebilden seien, mag daraus hervorgehen, dass Thirria in einer ganz ähnlichen Bohnerz - Masse an der Saöne Mastodonten- Reste fand; es liegt daher kein Grund vor, die einen für jünger oder älter als den Gyps von Paris zu hallen.
Herr Fr aas findet einen Anknüpfpunkt der Bohnerze an's Eocen darin, dass er den Terliärkalk von Winterlingen, Bach- zimmern , Blumberg u. a. 0. , der in der Nähe der Bohnerze vor- kommt, als Grobkalk betrachtet ; dagegen spricht die Beobachtung meines Freundes v. Althauss, der nachgewiesen hat, dass die- ser bei Zimmerholz in der Nähe von Hohenhoewen , auf der Nagel- fluh liege, die am Hohenhoewen mit dem gelben Molasse-Sand- stein durch den Basalt und Gyps gehoben ist. **) Die Verstei- nerungen dieses Kalks haben den zoologischen Charakter der Molasse, zu der ihn auch Rehmann rechnet.***) Es finden sich darin neben vielen andern: Cellepora globularis Bronn, Ostrea tegulata M ü n s t. , Pecten Burdigalensis L a m. , Natica glau- cina Lam., in grosser Menge Turritella terehra Lin. , Rissoa cochlearella Lam., Pyrula reticulata M ü n s t. , Murex Lassaignei Bell, et Mich., Baianus tintinabulum Lin., welche grossen- theils auch in der Subapenninen- Formation auftreten.
Sehen wir uns in der Nähe um, welche geschichteten Ge- steine Thierreste enthalten, die denen in den Bohnerzen und im Pariser Gypse vorkommenden parallel zu setzen sind, so bietet nur die Molasse einen Vergleichungspunkt dar. In ihr finden sich,
'••) Halurg. Geol. IL pag. 343. **) d' A Itliauss, Notice sur le terraiii d'eau douce du Hegau. Mem. de la Soc. d'liist. nat. de Strasbourg-. I. 1. pag. 3.
*"*) Gaea und Flora der Quelleiibezirke der Donau von Dr. E. Reh- niann, F. Brunn er und C. Gebhard. pag. 29.
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wie in den Bohnerzen , neben Resten von Palaeolherien und Anoplo- Iherien: Palaeomeryx minor, das sich auch in den Bohnerzen von Frohnslelten findet, Palaeomeryx Scheiichzeri, Rhinoceros incisi- vus, Mastodon angustidens, Tapirus ptiscus, Htjotherium medium, Cervus lunatus , der auch in den Bohnerzen von Heudorf vor- kommt, Pachyodon mirabilis u. a. und Reste vieler Fische.
G. Jäger hat nachgewiesen, dass auch in den Süsswasser- Kalken der Alp sich mehrere dieser Thiere finden, dass daher auch sie der gleichen Epoche angehören werden.
Hierher sind auch die Einschlüsse des Mainzer Beckens, die H. V. Meyer untersuch! hat,*) zu rechnen, die Hyotherium me- dium, Palaeomeryx Scheuchzeri, Rhinoceros incisivus , Tapirus priscus und T. Helveticus, welch' letzterer sich auch in der Mo- lasse findet, enthalten, und die von Georgensgmünd, welche Anchitheriumaurelianense , Rhinoceros incisivus, Mastodon angusH- densj Palaeomeryx u.a. einschliessen. **)
Dass sich in den verschiedenen Gliedern der Molasse Anoplo- Iherien- und Palaeotherien- Reste seltener als in den Bohnerzen von Frohnstetten finden, hat möglicherweise darin seinen Grund, dass diese schweinsartigen Thiere morastige Gegenden wählten und besonders in der Nähe saurer Solutionen (Gyps - und Bohnerz- schlamm) die Waiden suchten. Während bei Heudorf das Meer, wie das Pachyodon und viele Fischreste darlhun, zeitweise mit der Bohnerzbildung in Verbindung stund, oder die Fluth diese erreichte, die Umgebung einen Sumpf gebildet zu haben scheint, fanden sich bei Neuhausen zwar auch Sümpfe und Moräste, je- doch bei reicherem Pflanzenwuchse, da dieser ausser den Palaeo- therien und andern: Elephani , Mastodon, Pferd u. a. ernähren konnte. Ueberhaupt musste, wie jetzt noch, die Lage des Orts bedeutenden Einfluss auf das animalische Leben ausüben und die Thiere nach ihrer Lebensart in Gruppen trennen; dies Vorkom- men berechtigt daher nicht zu der Annahme, dass die Mastodonten,
*) In vielen Aufsätzen von 1837 an im: Neuen Jahrb. für Min. etc. "*) Die foss. Zähne und Knochen und ilire Ablagerunj^ in der Gegend von Georgensgmünd in Bayern, untersucht und abgebildet von Herrn. V. Meyer. Frankf. 1834.
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Rhinoceros u. a. , da sie sich bis jetzt nicht im Gypse von Paris fanden, jünger als die Palaeotherien u. a. seien.
Ein vermitlehides Glied zwischen den Bohnerzen, der Molasse und dem Pariser Gypse ist der Gyps von Hohenhoewen im Hegau, welcher Reste von Anoplotherium commune, A. gracile , Palaeo- meryx Scheuch zeri , Elephas u. a. enthält.
Die Stellung des Pariser Gypses ist in tiefes Dunkel gehüllt. Er findet sich zwischen Grobkalk und Kieselkalk als ganz abnorme Masse. Er wird desshalb als eocen angesehen, weil er in der untern Abtheilung des Grobkalks in zwei Lagen auftritt, weil in den 10 Metres mächtigen xMergeln mit linsenförmigen Gypskrystal- len, welche die unterste Abtheilung des Gypses am Tage bilden, eine Schicht Versteinerungen des Grobkalks einschliesst, und weil er meist ausgestorbene Thiergattungen enthält , die sich theil- weise auch in den obersten Schichten des Grobkalks finden.
Wenn der Gyps von Paris, von Hohenhoewen u. a. sich wie plutonische Gesteine erhoben haben, so darf die Zwischenlage- rung im Grobkalke von Paris nicht befremden ; sie gibt keinen Altersbeweis, doch liesse sich denken, dass diese Gypslagen und die unterste Abtheilung des Gypses am Tage älter als die obere Gypsmasse seien , oder dass dgr Gyps der oberen Abtheilung des Grobkalkes angehöre.
Da die besagten Grobkalk- Versteinerungen im Mergel durch auftretende Kohlensäure aus dem Kalke losgelöst, oder der sich erhebende Schlamm die auf seinem Wege liegenden Thiere ein- gehüllt, oder eine Ueberfluthung die Umgebung abgespühll und die Versteinerungen,, wie die Fische, die sich auch in diesen Mergeln finden, in den weichen Schlamm gelegt haben kann, so ist auf das Vorkommen derselben kein besonderer Werth für die Altersbestimmung zu legen.
Wird nun berücksichtigt, dass der Gyps von Paris in ewige Tiefe setzt, bald in Kuppen frei zu Tage geht, bald unmittelbar von Dammerde, bald von versteinerungsleerem Travertin oder Sand , bald von Mergeln überlagert wird , welche Limnaeen und Planorben enthalten, die kaum von den in den nahen Pfützen lebenden verschieden sind, dass er zwar stellenweise auf Grob- kalk liegt, dass dagegen seine Abhänge, nie aber seine Gipfel
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von dem Meeressand und Sandstein von Beauchamp bedeckt sind, so wird es wahrscheinlich , dass er diesen Sand und Sandstein durchbrochen habe, daher jünger als dieser, folglich auch als der Grobkalk sei, und er ebensowohl einer weit jüngeren Zeit angehören könne.
Ich habe dargethan, dass der Gyps von Hohenhoewen mit Basalt die Molasse durchbrochen habe ; *) der Umstand , dass der Gyps von Aix, der ebenfalls Palaeolherien - und Anoplotherien- Reste enthält, nach Dufrenoy auf Molasse, in der sich eben- falls Palaeolherien -Reste finden, ruht,**) oder nach Coqu and und Matheron von dieser in abweichender Lagerung bedeckt wird,***) scheint darzuthun , dass auch er die Molasse durch- brochen habe, daher ebenfalls jünger als diese sei.
Entspricht das Alter des Gypses von Paris dem der ßohnerze, so muss es auch dem des Gypses von Hohenhoewen entsprechen, da dieser thierische Reste enthält, die in beiden sich finden, und da auf der andern Seite die Lagerungs- Verhältnisse des Gypses von Hohenhoewen denen von Aix gleichen, so wird auch der Gyps von Paris dem von Aix parallel gesetzt werden müssen.
Da die Molasse das jüngste Glied der Terliärzeit im N. der Alpen vor Erhebung der letztern ist, und der Gyps die Molasse durchbrochen hat, so müssen die Bohnerze und die besagten Gypse jünger als die Molasse sein. Wird nun noch die Stellung der Gypsreihen im Becken von Paris von 0. nach W. in der Richtung der Erhebung der Alpen in's Auge gefasst, so scheint es, dass dieser Gyps dem Pliocen angehöre.
Da nach Obigem die Existenz der Palaeolherien und Anoplo- Iherien vom Schlüsse der Grobkalkbildung bis in's Pliocen dauerte, so lässt sich wohl erklären, warum Blainville diese für Thiere ansah, die sich an keine bestimmte Formation binden. Ebenso wird es aus Obigem klar, warum Dufrenoy und Agassiz den Gyps von Aix als der Molasse angehörig, Coqu and und
*) Halurg-. Geol. I. pag. 216.' **) Bulletin de la soc. geol. VH. pag. 191. ***) Bulletin de la soc. geol. IX. pag. 220; und Essai sur la Consti- tution geogn. du depart. des Bouches du Rhone , pag. 89 f., und Bulle- tin de la soc. geol. XIII. pag. 491.
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Malheron dagegen als mit dein Gyps von Paris parallel be- trachteten und doch beide Theile Recht haben konnten. Ueberblicken wir das Gesagte, so ergibt sich:
1) Dass die Bohnerze keine Ablagerungen in Seebecken sein können, sie vielmehr
2) aus Schlammausbrüchen entstanden sein werden. Wäh- rend die in ihnen sich findenden Landthiere durch Gasarten ge- tödtet, im Schlamm auf- und niedergelrieben und die aus älteren Formationen herstammenden Thierreste durch Kohlensäure losgelöst wurden, scheint das Vorkommen ganzer Skelette im Gvpse von Paris darauf hinzudeuten , dass dieThiere in ihm an Ort und Stelle im stagnirenden Schlamme versunken seien.
3) Alle Bohnerze des Jura sind gleichen Alters.
4) Die Tertiärkalke von Blumberg u. a. 0. gehören zur oberen Abtheilung der Molasse.
5) Die Existenz der Palaeotherien und Anoplotherien dauerte vom Schlüsse der Grobkalkbildung bis in's Pliocen, ist haupt- sächlich jedoch an die Molasse -Zeit geknüpft.
6) Die Bohnerze des Jura sind gleichen Alters mit den Gipsen von Paris, Aix und Hohenhoewen und wahrscheinlich Pliocen.
2. Nachtrag
zu der im Isteii Hefte des 7leii Jahrgangs der iiaturw. Jahreshefte p. 26 enthaltenen Berichtigung einer Angabe Cu vier 's über einen Narvvhalschädel des Stullgarter Naturaliencabinets, an welchem zwei Stosszähne aus der Zahnhöhle hervorragen sollen.
Von Dr. G. Jage r.
Nach einem mir vor Kurzem zugekommenen Schreiben meines verehrten Freundes, Herrn G. Vrolick in Amsterdam, hat ihm die oben bemerkte kleine Abhandlung Veranlassung ge- geben, die bekannten Beobachtungen über das Vorkommen von 2 hervorstehenden Stosszähnen an Narvvhalschädeln zusammen- zustellen in einer in den Schriften der Gesellschaft „Artis natura magistra" enthaltenen Abhandlung: „Nieuw Voorbeeld van twee uitgegroeideStoottanden aan denzelfdenNarwhalschedel", in welcher er die Beschreibung eines solchen in seiner eigenen Sammlung befindlichen Narwhalschädels mit 2 hervorstehenden Stosszähnen durch eine grosse Tafel erläutert. Aus seiner Untersuchung ergeben sich in Kürze folgende Resultate.
1) Es sind allerdings mehrere solche Narwhalschädel mit 2 hervorstehenden Stosszähnen in verschiedenen Cabineten auf- bewahrt, bei welchen die Annahme, dass der überzählige (rechte) Stosszahn künstlich eingesetzt sei, nicht zulässig ist.
2) Dieser Verdacht gründet sich insbesondere mit Unrecht auf den Umstand, dass die Windungen auf der Oberfläche des überzähligen (rechten) Stosszahns ebenso, wie die des normalen (linken) von rechts nach links, nicht wie man glauben sollte, von links nach rechts gehen,*) indem sich diese gleichartige
*) Dasselbe bemerkte auch Leuckart, zoolog". Beiträge U. p. 48, an einem von ihm in Wien untersuchten Narwhalschädel mit 2 hervor- stehenden Stosszähnen.
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Windung von rechts nach links an beiden hervorstehenden Zäh- nen des Narwhaischädels seiner Sammlung findet , bei welchem der Verdacht, dass der 2te Slosszahn künstlich eingesetzt sei, durch die genaueste Untersuchung widerlegt ist.
3) Es ergibt sich vielmehr zwischen den Schädeln des männlichen und weiblichen Narwhals der durch die schönen Ab- bildungen erläuterte Unlerschied , dass an dem Schädel des männlichen Narwhals (an welchem normal nur der linke Stosszahn mehrere Fusse weit aus der Zahnhöhle hervorragt, der rechte dagegen in der Zahnhöhle unentwickelt zurückbleibt), auch der linke Kieferknochen bedeutend grösser ist, als der den abortiven Stosszahn enthaltende rechte, dass hingegen an dem Schädel des weiblichen Narwhals, bei welchem in der Regel beide Stosszähne unentwickelt in den Zahnhöhlen zurück- bleiben, beide Hälften des Gesichtslheils des Schädels vollkom- men symmetrisch sind , und daher eine s^'mmetrische Entwick- lung beider Stosszähne, wenn dazu irgend eine Veranlassung gegeben ist, weniger unerwartet erscheine.
Als ein solcher Umstand könnte wohl eine abnorme Be- schaffenheit der Genitalien namentlich eine ursprüngliche oder auch zufällige Degeneration der Ovarien vermuthet werden, so- fern letztere bei Weibern und weiblichen Säugethieren und Vö- geln bekanntlich nicht selten die Entwicklung eines mehr männ- lichen Ansehens, die Entwicklung des Barts bei Weibern, die Veränderung der Stimme, die Veränderung des Gefieders*) bei Vögeln veranlasst. Es tritt diese Veränderung freilich meist erst mit der Abnahme der Geschlechtsfunction des weiblichen Indi- viduums oder bei Beschädigung oder Degeneration der Ovarien ein , indess kommt bei weiblichen Individuen auch ursprünglich ein mehr männlicher Habitus vor, wie namentlich bei den so- genannten Viragines. Es fragt sich also, ob die Narwhale mit 2 hervorstehenden Stosszähnen , die bis jetzt beobachtet wurden, so weit dies nachzuweisen ist, weibliche Individuen waren, und ob nicht etwa bei solchen mit der Hervorragung
*) On tlie Cliange of the Pluinage of some Hen-Pheasants by Wil- liam Yarrell, Philosoph. Transactions 1827.
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der Stosszähne zugleich eine Abnormität der Genitalien und namentlich der Ovarien staltfand. Die bisherigen Untersuchun- gen, so weit mir dieselben bekannt sind, geben jedoch hierüber keinen Aufschluss. Es scheint übrigens, bei Cetaceen über- haupt die D^'ssymmetrie beider Hälften des Schädels häufiger zu sein;*) sie wird auch bei Menschen bekanntlich nicht selten beobachtet; es bedürfte jedoch einer vergleichenden Unter- suchung, wie weil sie überhaupt innerhalb der Grenzen einer gewissermaassen normalen Breite variirt, und wie sich in dieser Beziehung die verschiedenen Thierklassen verhalten. In dieser Beziehung scheinen mir die Thiere, bei welchen der Gesichts- theil des Schädels sehr weit nach vornen hervorragt, von be- sonderem Interesse zu sein, wie namentlich die Crocodile, bei welchen die Symmetrie beider Hälften des Ober- und Unter- kiefers durch die lange Keihe in einander greifender Zähne gleichsam regulirt wird. Eine kleine Abweichung in der Stellung des Unterkiefers, die von einer Ungleichheit in seiner Einlen- kung in den Oberkiefer oder von einer Differenz in der Länge seiner beiden Aeste abhängen kann, muss an der Spitze der langen Schnauze um so deutlicher hervortreten. — Bekanntlich greifen die vordersten 2 längeren Zähne des Unterkiefers in Gruben des Oberkiefers ein , die sogar häufig durchbohrt sind. An dem nur 2J" langen Schädel eines jungen Crocodilus vul- garis ist der Oberkiefer nicht durchbohrt , ebenso auch nicht an dem Schädel eines 14" langen Crocodilus niger; dagegen an dem Schädel eines jungen Crocodilus biporcatus von ungefähr 10" Länge, der sich durch seine regelmässige Form auszeich- net, stechen die Spitzen der 2 vordersten unteren Fangzähne gleichförmig durch den Oberkiefer hindurch. An dem ungefähr 14" langen Schädel eines ausgewachsenen Crocodilus biporcatus scheint früher eine Beschädigung der linken Seite des Ober- kiefers hinter dem Uten Backzahne stattgefunden zu haben, welche vielleicht die schiefe Stellung des Unterkiefers veran- lasste, dessen linker Fangzahn in die Oeffnung auf der rechten Seite des Oberkiefers passt , indess der rechte untere Fangzahn
") Leuckartj zoologische Beiträge II. p. 49.
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auf der rechten Seile des Oberkiefers frei hervorsteht, auf der linken Seile des letzleren aber blos eine Grube ohne Oeffnung sich findet. An einem anderen etwas längeren Schädel derselben Species geht der rechte Fangzahn durch eine Oeffnung auf der rechten Seite des Oberkiefers hindurch. Auf der linken Seite des Oberkiefers findet sich nur eine flache Grube auf der Gau- menfläche; dagegen eine Vertiefung am vorderen Rande des Oberkiefers , in welche der linke Fangzahn passt.
Nach einer Mittheilung des Herrn Prof. Dr. Lehmann in Hamburg an den Verf. ist auch an dem dortigen Narwhalschädel mit zwei Zähnen die BeschafTenheit derselben von der Art, dass die Annahme, der eine Zahn sei künstlich eingesetzt, gar nicht zulässig ist. Der Schädel ist vollkommen symmetrisch, weder die rechte noch die linke Seite bevorzugt , auch haben beide Zähne fast die- selbe Länge. Der rechte Zahn misst 8 Fuss , der linke 8' 3^" Hamb. Maass vom Ursprünge bis zur Spitze (bei zwei Zähnen soweit Hrn. Prof. Lehmann und mir bekannt, eine ungewöhnliche Länge). Die Windungen sind an beiden Zähnen gleich, nämlich von r e c h t s n a c h 1 i n k s. Ob dieser Schädel einem weiblichen Thiere angehört hat, ist nicht mehr mit Gewissheit zu ermitteln.
3. Berichtigung
der im Isten Hefte des Sten Jahrgangs dieser Zeit- schrift unter Nr. 14, p. 116 enthaltenen Angabe*) über
Dinornis.
Von Dr. G. Jage r.
Es ist nämlich an dieser Stelle meine bei dem Vortrage über diesen Gegenstand gemachte Aeusserung, dass der Dinor- nis giganteus im Vergleiche mit dem afrikanischen Strausse
*) Diese Angabc wurde aus dem Protocoll von der Generalversamm- lung aufgenommen , da Hr. Dr. G. Jäger seine Mittheilung nicht schrift- lich zu den Acten gegeben hat. Anra. d. Red.
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wenigstens eine Höhe von 10' gehabt habe, so aufgefassl wor- den, dass jener wenigstens 10' höher als dieser gewesen sei. Da ich bei der Kürze der Zeit verhindert war, bei Vorzeigung der von Herrn Rieh. Owen erhaltenen Exemplare einige ge- nauere Angaben über die in Neuseeland aufgefundenen Ueber- reste von Riesenvögeln mitzutheilen , so mögen hier einige an jenen Exemplaren angestellten Messungen zur Berichtigung der am angeführten Orte enthaltenen Angabe folgen.
1) Von dem Dinornis giganteus hatte ich blos den sehr gut gearbeiteten Gypsabguss des linken Schenkelknochens erhalten , dessen Aehnlichkeit mit dem des Strauss bei dem ersten Blick auffiel. *)
a. Die Länge des Gypsabgusses von der Höhe des oberen Gelenkkopfs bis zur Höhe der Wölbung des unteren inneren Gelenkkopfs (Condylus) beträgt 12", an demselben Knochen eines africanischen Strausses 9", wobei jedoch zu bemerken ist, dass letzlerer einem ausgestopften Exemplar entnommene Knochen etwas kleiner ist, als der Schenkelknochen eines vom Cap erhaltenen 7' hohen Skelets.
b. Die Entfernung von der Höhe der Tuberositas major bis zur Höhe des Condylus internus beträgt in gerader Linie ge- messen beim Dinornis 13J, beim Strauss 10 Zoll.
c. Der Umfang des Mittelstücks im oberen Drillheil 11" und 31".
d. Die grösste Breite des untern Gelenks in gerader Linie 6" 9"' — 3" 3"'. Die Höhe des Dinornis würde also nur un- gefähr um i die des Strauss übertreffen , also beiläufig 10' be- tragen haben, der Körperbau aber massiger anzunehmen sein; indess gibt Man teil an, dass die Verhältnisse mancher Knochen auf eine Höhe einzelner Individuen von 12 — 14' schliessen lassen.
2) Die Länge des Schienbeins der 2ten Species des Di- nornis (didiformis) ist um i kürzer und etwas schmächtiger als derselbe Knochen des Straussenskelets.
*) Wie dies auch aus den Umrissen des ganzen Körpers beider Vögel sich ergibt, welche Dr. Man teil in den illustrated London News vom 18. Mai 1850 mitgetheilt bat.
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3) Das Os melatarsi des Dinornis struthionides ist nicht viel dünner, als das des Strauss, aber fast um die Hälfte oder etwa um ^ kürzer.
Die Knochen von Nr. 2 und 3 sind von schwärzlich brauner Farbe, entsprechend der Farbe von Knochen, welche längere Zeit im Torfe und nachher an der Luft gelegen haben; sie wurden auch ohne Zweifel in dem mit neuseeländischem Flachse (Phormium tetiax) vermischten Schlamme gefunden, welchem Walter Mantell seine letzte bedeutende Sendung entnom- men hat.
Die unter Nr. 2 und 3 angeführten Arten von Dinornis würden nach den vorliegenden Exemplaren von Knochen nicht einmal die Höhe des Strausses erreicht haben; es sind mir jedoch die neuesten Untersuchungen Owen 's über diesen Gegen- stand noch nicht zugekommen, welche wohl auch in Beziehung auf die im Innern dieser Knochen befindlichen Luftcanäle von besonderem Interesse sein dürften. Die muthmaasslich für diese, sowie für die Blutgefässe und Nerven bestimmte, am obern Theile des Schenkelknochens des Strauss befindliche Oeffnung ist sehr gross , sowie denn vielleicht die Athmung überhaupt bei dem Strausse durch die ohne Zweifel in allen Knochen ver- breiteten Luftzellen eine grössere Ausdehnung erhalten hat, wenn gleich in deren Höhlung auch eine nicht unbedeutende Menge von Mark sich befindet. Die Knochen des Strausses wer- den daher in Folge der Maceration ungewöhnlich leicht, was allerdings zugleich der ungewöhnlichen Dünnheit und Porosität der Wandungen und des Zellenapparats der Knochen zuzu- schreiben ist. Nach früheren Untersuchungen Owen's scheint jedoch die dem Strausse eigenthümliche Pneumacität der Knochen dem Dinornis zu fehlen oder nur wenig entwickelt zu sein. Die Dinornisarten, deren man jetzt 5 oder vielleicht mehr unter- scheiden kann , schliessen sich also in dieser Beziehung mehr den schwerfälligen Vögeln, wie dem indischen Casuar und dem Apteryx Neuhollands an, indess der neuholländische Casuar einen sehr schnellen Lauf hat. Die Eingeborenen behaupten, dass der Dinornis noch im Innern des Landes lebe, wo er mit dem Na- men Moa bezeichnet werde. Darauf könnten auch die Ueberreste
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sehr grosser Nester hinweisen, deren Umfang zu 26' angegeben wird. Sie würden wenigstens die Annahme begründen, dass der Vogel erst in historischer Zeil verschwunden sei, wie der Dido auf Mauritius seit 300 Jahren. Dafür würde auch ein kürzlich durch Nicholson *) von Neuseeland mitgebrachter, wenig mineralisirter Knochen angeführt werden können , welcher nach Owen's Urlheil einem dem Apter^^x ähnlicher Vogel von 16 bis 20' Höhe zugehörle. Uebrigens hat man in neuester Zeil auch in Madagascar **) Eier von ungeheurer Grösse entdeckt, welche am ehesten darnach geschätzt werden kann, dass ihr innerer Raum (Capacität) gleich ist dem von 148 Eiern des Haushuhns, 16^ des Casuars und 5^ des Strausses. Nach einem mit den Eiern erhaltenen Mittelfussknochen lässt sich schliessen, dass dieser Vogel von dem Strausse und den ihm verwandten Arten verschieden war und eine eigene Gattung bildete, welcher den Namen Epiornis (giganteus) von Geoffroy St. Hilaire gegeben wurde, da der miterhaltene Knochen keinen Zweifel darüber Hess, dass er einem Vogel und nicht einem Reptil angehört. Auf letztere Annahme hätten wohl die schon länger entdeckten gigantischen Formen von Reptilien führen kön- nen, noch mehr aber ein in neuester Zeit von Man teil auf- gefundener Oberarmknochen eines Reptils von 4J' Länge, der also auf eine Länge des Thiers von 80' schliessen lässt. Durch die im Voranstehenden angeführten Entdeckungen ist somil die Grenze der Grösse für die Klasse der Vögel und Reptilien um ein Bedeutendes hinaufgerückt und in ein entsprechendes Ver- hältniss mit den Grenzen der Grösse bei den Säugethieren ge- bracht worden.
*) Annais and Magaz. 1851. January. p. 11. '•'-) Revue Zoologique 1851. Nr. 1. p. 50. Froriep's Tagsber. 1851
Nr. 298.
4. Ueber den Puppenzustaiul eines Distoma.
Von Candidat A. Günther in Tübingen.
(Mit Tafel I.)
Diesing erwähnt im Archiv für Naturgeschichte, 1843. II. pag. 327, kurz eines Entozoons^ das sich in einer C^^ste einge- schlossen bei Fröschen finde, und welches er als ein geschlecht- loses Distoma bestimmt. Auch Steenstrup und Valentin fanden in Fröschen solche eingekapselte Eingeweidewürmer, welche aber von unserem Distoma verschieden sind. Dagegen glaube ich das von Diesin g erwähnte Thier wiedergefunden zu haben, wiewohl auf einer höhern Entwicklungsstufe, indem meine Exem- plare die Geschlechtsorgane deutlich ausgebildet zeigten. *)
Das Vorkommen des Wurms beobachtete ich von der Mitte des April bis zum Anfang des Juni, und zwar allein bei Rana temporaria, nie hei esculenta: wie ich überhaupt bemerkte, dass wenigstens in dieser Jahreszeit die erstere Species an Ento- zoen viel reicher ist nach der Zahl der Arien sowohl, als der Individuen. Am häufigsten fand sich das Thier in der Leisten- gegend im Bindegewebe unter der Haut, sodann tief zwischen die Muskelbündel eingebettet in den Muskeln der hinteren und vorderen Extremitäten, im äusseren schiefen Bauchmuskel, ein- mal in den Muskeln des Pharynx und zwischen Peritoneum und Niere. Unter ungefähr 50 untersuchten Fröschen waren es acht, bei denen sich überhaupt das Entozoon, nur drei, bei denen es sich in 10 — 17 Exemplaren zeigte.
") Die Untersuchungen wurden mit einem treflFlicbcn P lös sl' sehen Milirosliop, das Hr. Prof. v. Rapp mir zu überlassen die Güte hatte, angestellt.
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Die Cyste (Fig. 2) hat 0,14 par. '" im Durchmesser, und stellt eine vollkommene Kugel dar. Sie ist wegen eines flüssi- gen Contentums nur so weit durchsichtig, dass man die weissen Eierstöcke des Thiers in bestimmten Umrissen erkennen kann. Das Thier füllt ungefähr ein Drittheil der Cyste aus, der übrige Raum ist von einer Flüssigkeit erfüllt , in welcher sich viele Kry- stalle finden. Nach Zusatz von concentrirter Essigsäure wird die Cyste durchsichtig, die Structur des Thieres erkennbar; die Kry- stalle, welche, von dreiseitig prismalischer Gestalt, ganz das An- sehen der in brandigen Exsudaten vorkommenden zeigen, und wahrscheinlich aus Ammoniak- Bittererde bestehen, lösen sich auf. Nach sehr kurzer Zeit wirkt die Säure auch auf das Thier selbst ein, seine Bewegungen verlangsamen sich, und es schrumpft bald zu einem unkenntlichen Knäuel zusammen. Endlich reisst die Cyste ein , worauf durch die Oeffnung eine Menge Gasbläschen ausströmt. Daher führt auch diese Art, das Thier für die län- gere Anschauung zu präpariren, nicht zum Ziele; vielmehr ge- lingt dies am besten so, indem man die Cyste mit einer Nadel etwas einritzt, worauf bei dem leisesten Drucke der Inhalt mit dem Thiere heraustritt. Die leere Cyste stellt sich nun als eine sehr feste, elastische Hülle, etwa wie eine Erbsenhülse, dar; ganz structurlos und durchsichtig hat sie vollkommen das Ansehen der Glashaut im Auge. Sie wird also wohl das Produkt des Pa- rasiten selbst sein, da sie, wenn sie die Folge eines durch den Reiz des Wurms auf den Muskel hervorgerufenen plastischen Ex- sudats wäre, eine zellgewebige Structur zeigen müsste. Eine Scheidung der Cyste in zwei Schichten, wie sie Luschka bei der Kapsel der Trichina beobachtete, konnte ich nie wahrnehmen; und es ist auch eine solche zusammengesetztere Hüllenbildung bei unserem Distoma schon desshalb nicht zu erwarten , da sein Aufenthalt in dem Bindegewebe ein sehr kurzer sein wird in Vergleich mit dem der Trichina.
Der in der Cyste enthaltene Wurm (Fig. 1)Mst 0,21'" lang und 0,09"' breit. Der vordere Saugnapf (Fig. 1 a.) lag bei den meisten Objekten am vorderen Ende der ventralen Seile, bei einigen jedoch stellte er sich als an der Spitze des Thieres be- findlich dar. HackenfÖrmige Organe, wie sie von andern unent-
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wickelten Distomen beschrieben wurden, waren nicht vorhanden. Einen Kanal, der vom Munde ausgeht, konnte ich nicht entdecken; ein solcher führt aber wahrscheinlich zu einem Organ (Fig. 1 b. und Fig. 5), das zwischen den beiden blinden Enden des Ovariums und vor dem ventralen Saugnapfe liegt. Es besteht aus einer grösseren Anzahl von Bläschen oder Zellen, von denen die vordem eine mehr längliche, die hintern eine runde Form haben; die rund- lichen sind granulirt und in der Mitte der Oberfläche etwas einge- drückt, so dass man wohl ihre Gestalt mit der eines Apfels ver- gleichen kann. Diese Zellen communiciren wahrscheinlich im Innern mit einander und stellen das Verdauungsorgan dar. Nach Analogie mit andern verwandten Thierformen könnte man dieses Organ mit Steenstrup auch für eine Leber halten, welche den eigentlichen Nahrungsschlauch bedeckte.
Der ventrale Saugnapf (Fig. 1 c), welcher am Ende der vorderen Hälfte des Thieres liegt, ist kaum grösser, als der vordere, kann sicii ein- und ausstülpen, so wie auch rotirende Bewegungen machen. Ausgestülpt stellt er einen über die Ober- fläche des Körpers erhabenen abgestumpften Kegel dar, dessen Abstumpfungsfläche die eigentliche Saugscheibe ist, Sie hat ein fein granulirtes Ansehen, welches, wie auch V. Carus in seiner Schrift „zur näheren Kenntniss des Generationswechsels" vermu- thet, von senkrecht auf der Scheibe stehenden Muskelfasern her- rührt, welche, wenn sie sich contrahiren, die Scheibe einziehen, den Saugnapf einstülpen (Fig. 3). Die Antagonisten dieser Fasern sind solche, welche auf dem Mantel des Kegels von dem Rande seiner unteren Fläche zur Saugscheibe verlaufen, und welche in der Abbildung den äusseren concentrischen Ring des Saugnapfes gestreift erscheinen lassen.
Die Fortpflanzungswerk zeuge sind bei diesem unent- wickelten Trematoden sehr ausgebildet. Der Eiersto ck (Fig. Idd.) ist in zwei seitliche Theile zerfallen , seine beiden blinden Enden liegen unmittelbar hinter dem vorderen Saugnapf. Von da ver- laufen beide Stücke jederseits parallel der Körperwand bis zu Anfang des letzten Viertels des Körpers, wo sie sich zu einem Oviduct (Fig. le.) vereinigen. Dieser verlauft bis an das hin- tere Ende gerade und ergiesst eine Menge länglich -runder Eier
■VVürttemb. naturw. Jahreshefte. 1S53. Is Heft. 7
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(Fig. 6) durch eine sehr enge Spalte (Fig. 1 f. und 4 f.) nach aussen. Der Eierstock ist mit Einschnürungen versehen und erscheint, so wie die aus ihm ausgetretene Masse, dem unbewaffneten Auge und unter dem Mikroskop bei auffallendem Lichte milchweiss, bei durchfallendem dunkel gefärbt. Er kann in der Art bewegt werden , dass er sich von der Körperwand bald entfernt , bald sich ihr wieder nähert (Fig. 4 gg.), was die Deutung des jetzt zu beschreibenden Organs sehr erleichtert.
Es liegt nämlich zu beiden Seiten des Oviducts ein länglich- ovaler, nach hinten blind geschlossener, gelblich gefärbter Sack (Fig. Ihh.), welcher sich zu dem Ovarium seiner Seite ibegibt und hinter diesem verschwindet. Bewegt sich nun der Eierstock nach rechts oder links, so folgt der genannte Sack in beiden Richtungen, was darauf hinweist, dass dieses Organ mit dem Ovarium verbunden ist ; es sind diese zwei Säcke die beiden Teslikel; welche mit dem Eierstock wahrscheinlich durch eine Oeffnung communiciren , durch welche die befruchtende Flüssig- keit mit den von oben herabtretenden Eiern in Berührung ge- bracht wird.
Es wäre demnach das vonCreplin (Archiv für Naturgesch. 1838. I. pag. 373) aufgestellte und durch Siebold 's Beobachtun- gen (ibid. pag. 302) bestätigte Gesetz, dass ein in einer Cyste einzeln für sich lebendes Nematoideum nie Geschlechtswerkzeuge besitze, nicht auf die Trematoden anzuwenden. Auch darf man sich nicht wundern, dass bei diesen Thieren, welche allerdings während ihres Cystenlebens noch nicht geschlechtsreif sein können, die F'ortpflanzungswerkzeuge doch in solcher Weise ent- wickelt sind. Man bedenke, zu welcher Masse sie sich im voll- kommenen Thiere ausgebildet haben, um die Species trotz der Menge von Zufällen, denen tausende von Individuen vor der voll- kommenen Ausbildung unterliegen, vor dem gänzlichen Unter- gange zu bewahren. "■')
*) Nach einer mündlichen Mittheilung- des Herrn MedJcinal- Ratlis Hering fand derselbe aucli bei jungen Taenia- Individuen, welche erst aus zwei bis drei Gliedern bestanden, die Ovarien schon ausseror- dentlich entwickelt, so wie er auch Eier aus denselben treten sah.
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Das Thier ist ganz fein quer gestreift, was besonders am Rande sichtbar wird.
In der Cyste bewegt es sich ziemlich lebhaft, indem es an der inneren Oberfläche herumkriecht; welcher Saugnapf haupt- sächlich dabei wirke, konnte ich nicht entscheiden. Eine weitere Bewegung bestand in einer beträchtlichen Verlängerung des hin- teren Endes (Fig. 4). Diese Bewegungen dauerten noch zwei bis drei Tage, nachdem der Frosch getödtet war, fort, selbst als die Muskeln schon in Fäulniss übergingen. Wurde die Cyste vorsichtig aus der Muskelsubstanz herausgenommen und in eine andere feuchte thierische Substanz, z. B. in ein Darmstück, ein- gehüllt, so konnte der Wurm am Leben erhalten werden.
Das Thier selbst ist leicht als Di Stoma zuerkennen, das sich auf der von Steenstrup als Puppenzustand bezeichneten Entwicklungsstufe befindet. Die Metamorphose nach rückwärts konnte in diesem Jahre nicht mehr aufgenommen werden, da sich die als Cercarien beschriebenen Distomalarven schon im April nicht mehr auffinden Hessen, sondern sich wahrscheinlich schon alle eingepuppt hatten, die Untersuchung über die Weiterentwicklung vom Puppenzustande aus wurde durch eine eigenthümliche Seuche gehemmt , welche nur Rana temporaria, nicht aber die esculenta befallen hatte.*) Binnen Kurzem gingen mir daran alle Frösche zu Grunde, mit Ausnahme eines einzigen Exemplars. 14 Tage, nachdem ich den Wurm bei ihm entdeckt hatte, fanden sich an den Stellen, wo die Cysten gesessen, nur noch gelatinöse Kör- perchen von der Grösse der Cyste, jedoch weder hier, noch in andern Organen eine Spur von einem Distoma.
*) Diese Kranklieit äusserte sicli in einem allmähligen Absterben und Abfallen der liinteren Phalangen. Das Blut war schwarz und dick, und eine grosse Zahl von Blutkörperchen war im Zerfallen begriffen. Die Lungen zeigten eine auffallend trübe Färbung und waren zusammenge- fallen. Im Darmkanal fanden sich häufig eine Menge Blutkörperchen.
5. Vergleichende Untersuchung des Wasser- und Fettgehaltes des Gehirns.
Von J.Hauff, Assistenten nm Laboratorium zu Tübingen, und R, Walther, med. cand. aus Kronau in Baden.
Auf die Anregung und mit der Unterstützung unseres Lehrers, Herrn Prof. S chl os sb e r ger, versuchten wir folgende unerle- digte Aufgaben aus der physiologischen Chemie ihrer Lösung näher zu bringen :
1) Eine Vergleichung des Wasser- und Fettgehaltes in den anatomisch unlersch eidbaren Substanzen des Gehirns.
2) Eine eben solche Vergleichung der entsprechenden Gehirn t heile bei Thieren verschiedenerKlas- sen und Ordnungen, mit Rücksicht auf dieselben Th eile beim Menschen.
3) Eine fernere eben solche Vergleichung bei Thieren der- selben Art, aber von v e rschieden en Ailersst u fen.
L Vorbemerkungen. Ehe wir die Methode und Detail- Ergebnisse unserer Versuche beschreiben, halten wir folgende einleitende Bemerkungen für unerlässlich.
Es ist bei Analj^sen des Gehirns die Rücksicht auf die Todesart des Thieres offenbar von Bedeutung, insofern die- selbe auf den Blutreichthum jenes Organs verschiedenen Einfluss ausüben kann. Wir wählten, wo es irgendwie anging, die der Verblutung, und zwar durch Halsabschneiden. Da hiebei die sämmtlichen Halsgefässe'durchschnitten werden, also keine vis a Tergo mehr vorhanden ist, da ferner die Schädelhöhle einen hermetisch geschlossenen Raum darstellt , der Luftdruck somit keinen Einfluss auf das Gehirn und seine Theile ausübt, so wird eben nicht mehr Blut in dem Gehirn zurückbleiben, als die nor- male Menge, welche sich beim Durchschneiden der Halsgefässe
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darin befand. Eben so wichtig ist die Inbelraohlnahme der Zeit, welche von der Tödtung bis zur Untersuchung verstrich ; wo immer nur möglich, wurden die Thiere, namentlich die Vögel, Amphibien und Fische, unmittelbar nach der ersteren , in den an- deren Fällen (ausser natürlich beim Menschen) längstens drei Stun- den hernach untersucht und diese Zeit genau angemerkt. Das Aller wurde so sicher als möglich zu eruiren gesucht. Alle aus- gewählten Thiere befanden sich, soweit ermittelt werden konnte, in voller G esundheit und waren nicht gemästet. Die Jahres- zeit der Untersuchung fiel in die späteren Sommermonate.
II. Untersuchung auf den Wassergehalt der weissen und grauen Substanz.
Nach sorgfältiger Entfernung der Gehirnhäute wurde für die graue Substanz der Ueberzug der beiden Hemisphären gewählt und mit der Scheere von der unterliegenden weissen rein wegpräparirt. Bei einigen Thieren war diese Trennung wegen der grossen Dünne der grauen Substanz äusserst schwierig, bei anderen, wie wir im Verlaufe sehen werden, unmöglich. Die weisse Substanz entnahmen wir dem Corpus callosiim; wo das- selbe nicht ausreichte , da von jedem Gehirn wo möglich mehrere Controleversuche angestellt wurden, nahmen wir zu der dem Bal- ken zunächst gelegenen weissen Substanz, nämlich der Decke des Seitenventrikels, unsere Zuflucht. In manchen Fällen war auch diese Präparation schwierig und so zeitraubend, dass ein Wasserverlust durch Abdunslung unvermeidlich erschien ; wir beobachteten nämlich in unseren Voruntersuchungen, dass in acht Minuten freilich im Juli bei 20^ K. aus J Gramm Substanz 10— 12 Milligramm Wasser verdunsteten, woraus sich die Nothwend- igkeit der schleunigsten Wägung nach der Präparation ergibt.
Die Trocknung selbst ist keineswegs eine leichte und schnelle Operation. Es ist in der Thal auffallend, mit welcher Hartnäckigkeit eine so kleine Hirnmasse (wir operirten, wo es an- ging, mit ^ — 1 Gramm) einen Theil ihres Wassers zurückhält; daher auch (wegen zum Theil ungenügender Trocknungen) manche bedeutende Differenzen in den Angaben früherer Chemiker über den Wassergehalt des Gehirns. Die in kleine Stückchen ver-
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theillen und scHnell gewogenen Portionen wurden in einem leicht zu regulirenden kupfernen Luftbad (ganz in der Art der bekannten Oelbäder) drei volle Stunden lang auf der konstanten Temperatur von 120*^ erhalten; erst nach dieser Zeit blieb das Gewicht unverän- dert. Glücklicherweise fanden wir die getrocknete Substanz bei eigens angestellten Versuchen nicht sehr hygroskopisch.
Nach dem Austrocknen erschienen beide Substanzen grau gefärbt, zeigten aber unter sich folgende bemerkenswerthe Ver- schiedenheiten: die graue Substanz ist spröde und brüchig, leicht und beinahe ohne Rückstand vom Uhrglas zu entfernen; die weisse dagegen zähe, resistent, wie mitOel ge- tränkt, so dass sie schon auf den ersten Blick einen grösseren Fettreichthum vermuthen lässt. Beim Zerreiben entwickelt die graue Substanz einen eigenthümlichen , dem Muskelosma- zom ähnlichen Geruch, während die getrocknete weisse Substanz, die sich nicht pulvern lässt, beinahe geruchlos ist. Bei gemischten Substanzen lässt sich aus der Berücksichti- gung dieser Unterschiede das Ueberwiegen der einen oder anderen ziemlich erschliessen.
Wir lassen nun in Tab. I. und IL unsere Ergebnisse folgen ; als graue Substanz ist nur solche bezeichnet, welche mit Sicher- heit von der weissen hatte getrennt werden können.
Tab. L Wassergehall (in 100 Theilen) der beiden Substanzen bei verschiedenen Thieren:
Erwachsene Thiere. |
Weisse Graue Substanz. |
Junge Thiere. |
Weisse Graue i Einzelne Ge- Substanz, hirntheile. |
||||
Katze (1 Jahr alt). |
67,14 |
82,83 82,67 |
Katze (ijahralt) |
71,90 |
81,01 81,00 |
med. oblon- gata (Katze) |
72,20 72,07 |
Rind (2 Jahr). |
70,77 67,58 |
82,47 79,50 |
Kalb (3 Woch.) |
74,81 74,63 |
85,45 86,33 |
corpus stria- tum (Kalb) |
81,26 |
Hund (3 Jahr). |
67,28 66,66 |
81,03 82,35 |
Kalb (14 Tage) |
76,23 |
84,62 83,70 |
nerv, olfactor. (Hund) |
80,07 |
Schaf (3 Jahr). |
68,53 69,67 |
82,96 82,80 |
|||||
Kaninchen (1 Jahr). |
66,24 |
80,00 |
med. oblong. (Kaninchen) |
71,06 |
|||
Kaninchen (1 Jahr, 2. Exemplar) |
67,37 |
81,04 80,06 |
nerv, olfactor (Kaninchen) |
79,16 |
103
Tab. II. Wassergehalt in verschiedenen Th e i 1 e n
von zwe |
i Mensch engehirnen: |
|||||
Gehirn 1. |
Gehirn 2. |
i ' ! i Gehirn 1. GehirnJ., 1 i 1 |
||||
Corpus cal- |
70,61 ' 70,81 |
Corp. |
79,84 |
Beide Gehirne stam- |
||
losiim |
70,34 |
69,66 |
striatum |
80,36 |
men von Erwachse- |
|
70,68 70,60 69,61 |
Aibor vitae |
81,36 80.24 80,96 81,23 |
79,94 |
nen. ]Nr. 1 erhielten wir von der hiesigen Klinik aus d. Leich- |
||
Subst. corti- |
86,38 |
85,00 |
nam eines an Pneu- monie Verstorbenen, 30 Stunden nach dem |
|||
calis |
85,76 85,26 86.64 |
84,84 |
Pons va- |
75,54 |
72,09 |
|
roli |
73,49 |
70,00 |
Tod. Das andere |
|||
85,90 |
stammte aus der hie- sigen Anatomie. |
|||||
Thalam. |
76,32 |
75,34 |
Med. ob- |
69,74 |
72,78 |
|
optic. |
78,26 |
79.28 |
long. |
69,17 |
71,00 |
Als J-^olgerung aus diesen Versuchen ergibt sich als aus- nahmsloses Gesetz, dass die weisse Substanz ganz be- deutend (um 10 — 14%) wasserärmer ist als die graue.
Das Maximum des Wassergehaltes der weissen Substanz liegt beim erwachsenen Menschen und den erwachsenen Thieren unter 71 7o' ^6' jungen Thieren steigt es bis 76 %, während das Mini- mum desselben bei der grauen Substanz bei den erwachsenen Thieren etwa 79, bei den jungen 81 beträgt. Das menschliche Gehirn des Erwachsenen zeigt eine merkwürdige Aehnlichkeit mit dem von jungen Thieren, besonders rücksichtlich des Wasser- gehaltes der grauen Substanz. Für die Gehirntheile mit gemisch- ten Substanzen ergeben sich mannigfache Zw isch en zahlen, je nach dem Vorherrschen der einen oder anderen Substanz. Leider konnten wir bis jetzt kein frisches Gehirn eines Neuge- borenen zur Untersuchung bekommen.
111. Fettgehalt der verschiedenen Substanzen und Gehirntheile.
Die vollständig getrockneten Gehirnparthieen , die in Nro. II. erhalten worden , wurden im Achatmörser möglichst zertheilt und sodann mit einem grossen Ueberschuss von Aether in verschlos- senen Gefässen extrahirt. Nach zwölfstündiger Digestion, wenn
— 104 —
die übersiehende Flüssigkeit klar ge\\orden, wurde dieselbe mit Vorsicht am Glasstab abgegossen und mit dem Ungelösten die- selben Operationen bis zur völligen Erschöpfung wiederholt. Während der Verdunstung der ätherischen Auszüge bemerkten wir, dass die Lösung aus der weissen Substanz sich sehr bald flockig trübt, während dieses bei dem Auszuge aus der grauen nicht der Fall ist, so dass man auch auf diese Art beide Sub- stanzen von einander unterscheiden kann. Der Verdunstungs- rückstand der Aetherlösungen wurde zwei Stunden bei 120*^ ge- trocknet, worauf das Gewicht konstant blieb.
Es erscheint dann derselbe aus beiden Substanzen braun- gelb gefärbt, indem die vom Aether gelösten Stoffe sich an der Luft immer dunkler färben; unter dem Mikroskop erkannte man darin hellere und dunklere, oft gleichsam* gestreifte Fetttropfen (Cholesterin konnten wir nicht darin auf diese Art wahrnehmen).
Die Zahlen für die Fett mengen
in
der grauen und weissen Substanz von Thiergehirnen haben wir in Tab. in. , diejenigen für die Fettquantitäten in verschiedenen Gehirntheilen des Menschen in Tab. IV. zusammengestellt.
Tab. in. (Fett in 100 Theilen Gehirn):
Erwachsene Thiere.
Katze 1 (1 Jahr).
Rind (2 Jalire).
Hund I (3 Jahre). |
Schaf I (3 Jahre). I
Kaninchen (1 Jahr). I
Kaninchen i
(1 Jahr). 1
Subst. meduU.
Subst. cortic.
20,78 21,07
17.23 20,00
20,62 17,15
18,24 20,38
19,85 19,85
6,25 5,99
6,18 7,33
6,27
Junge Thiere.
Subst. medull.
Subst. cortic.
Katze
Kalb (3 Woch.)
Kalb 7,14 (14 Tage).
6,52 6,41
7,03 7,25
7,03 I
17,35
4.43 5,01 ! I 4,04 5,14 ,
6,32 6,30
4,84 4,55
5,71 5,37
Einzelne Ge- hirntheile.
medull. ob- long. (Katze)
corp. striat. (Kalb)
nerv, olfactor. (Hund)
'med. oblong. j (Kaninchen)
nerv, olfactor. (Kaninchen)
15,83 16,51
8,02
10,34
18,23 5,87
105
Tab. IV. (Fett im erwachsenen Menschen hirn)
Hirn 1. |
Hirn 2. |
Hirn 1. |
Hirn l |
||
Corpus callosum. |
15,41 |
14,90 |
Corp. striatuui. |
8,69 |
|
15,37 15,32 14,94 |
14,30 |
Arbor vitac. |
7,73 6,06 6,88 |
5,96 |
|
Subst. eorfical. |
16,98 4,84 |
4,86 |
6,35 5,84 |
||
4,98 5,08 4,84 |
4,76 |
Pons Varoli. |
11,74 13,65 |
13,88 14,96 |
|
Thalam. optic. |
4,75 10,31 10,37 |
11,26 9,30 |
Medulla oblongata. |
15,21 12,86 |
15,12 15,5 0 |
Wir ziehen hieraus den Schluss, dass die weisse Sub- stanz überall bedeutend fettreicher ist, als die graue, und zwar merkwürdigerweise ziemlich in demsel- ben Verhältniss, in welchem sie wasserärmer als letztere ist. Die Differenzen im Fettgehalte beider Substan- zen betragen durchschnittlich 1,0 — 14%, als Maximum des Fet- tes in der weissen Substanz erscheint die Zahl 21 (%), in der grauen 7. In dem Maasse, als bei jungen Thieren der Wasser- gehalt zunimmt, fällt in beiden Substanzen der Fettgehalt. Für gen»i sehte Gehirntheile ergeben sich wieder verschiedene Zwischenzahlen.
IV. Vergleichung des Wasser- und Fettgehaltes bei Thieren verschiedener Klassen und Ordnungen.
Bei dieser Aufgabe, auf die wir besondere Mühe verwen- deten, begannen wir mit solchen Säugelhieren, deren Gehirn- Substanzen deutlich isolirbar waren. Es stellte sich dabei das merkwürdige Resultat heraus , dass sich weder in Bezug auf das W^ asser, noch in Betreff des Fettes bei
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Thieren sehr verschiedener Klassen und Ord- nungen irgend sehr erhebliche Differenzen ergeben, so wie man gleiche Substanzen und dieselben Ge- hirnlheile analysirt , ebenso fanden Schlossberg er und Schütz bei ihren Untersuchungen über die Muskeln , v. B i b r a bei den Analysen der Knochen verschiedener Wirbellhiere keine Verschiedenheiten von grossem Belang in der quantitativen Zu- sammensetzung.
Bei manchen Säugethieren, z. B. Mäusen, dann bei den Vögeln, Amphibien und Fischen war es unmöglich, die beiden Substanzen zu trennen. Wir sahen uns daher bei allen diesen Thieren genöthigt, ein beliebiges Stück gemischter Hirnmasse zu untersuchen. Schon die absolute Kleinheit des Gehirns bei den aus diesen Abiheilungen uns zu Gebote stehenden Thieren veranlasste uns, bei ihnen den oberen Theil einer ganzen Hemi- sphäre auszuwählen, so dass der tiefste Queerschnitt derselben beiläufig etwas unter die Mitte derselben fiel. Wir erhielten so natürlich Ergebnisse aus gemischter Substanz. Es ist be- kannt, dass bei niederen Wirbelthieren die Ganglionsubstanz den grösseren Theil des Gehirns ausmacht, dass die Ausstrah- lung der beiden Hirnschenkel so fein und sparsam ist, dass sie kaum in Betracht kommen kann und selbst die weisse Substanz graulich aussieht. Es hat sich dieser anatomische Erfund sowohl in den physikalischen, als in den quantitativen chemischen Ergeb- nissen zur Genüge bestätigt , insofern die für Wasser und Fett gefundenen Zahlen denen der grauen Substanz bei höheren Thieren und voluminöseren Gehirnen sich auffallend nähern. Der hohe Fett- gehalt des Fischgehirns erklärt sich aus seiner Umgebung mit einer Art von Thran , von welchem es sich auf keine Weise völlig trennen lässt.
In den nachstehenden Tabellen V. und VI. finden sich die untersuchten Thiergehirne aufgestellt. Der Wasser- und Fett- gehalt des menschlichen Gehirns (in Tab. II. und IV.) möge damit verglichen werden.
107
Tab. V. A. Erwachsene Säugelhiere.
Wasser. |
Fett. |
|||
Subst. |
Subst. |
Subst. |
Subst. |
|
medull. |
cortic. |
medull. |
cortie. |
|
Rind. |
70,97 |
82,47 |
17,23 |
6,18 |
67,58 |
79,50 |
20,00 |
7,33 |
|
Schaf. |
68,53 |
82,96 |
17,97 |
6,41 |
69,67 |
82,80 |
18,24 |
6,52 |
|
Hund. |
67,28 |
81,03 |
20,62 |
6,27 |
66,66 |
82,35 |
17,15 |
7,14 |
|
Katze. |
67,14 |
82,83 |
21,07 |
5,99 |
— |
82,67 |
20,78 |
6,25 |
|
Kaninchen. |
67,37 |
87,04 |
19,85 |
7,25 |
66,24 |
80,00 |
20,38 |
7,03 |
Graue und weisse Substanz nicht isolirbar.
Maus (in mehre- ren Exemplaren).
78,64 79,31 77,34 76,00
7,52 I 8,65 j 8,86
B. Junge Säugelhiere.
Wasser. |
Fett. |
|||
Subst. |
Subst. |
Subst. |
Subst. |
|
medull. |
cortic. |
medull. |
cortic. |
|
Katze (1 Jahr). |
71,90 |
81,01 |
17,35 |
6,32 |
— |
81,00 |
— |
6,30 |
|
Kalb (3 Wochen). |
74,81 |
85,45 |
14,43 |
4,84 |
74,63 |
86,33 |
15,01 |
4,55 |
|
Kalb (14 Tage). |
76,28 |
83,70 |
14,04 |
5,71 |
72,87 |
84,62 |
15,14 |
5,37 |
108
Tab. VI. C. Erwachsene Vögel und Amphibien.
. |
Wasser. |
Fett. |
|
Rabe (^ Jahr). |
80,40 |
5,54 |
thalam. optic. desselben. |
80,09 |
6,12 |
79,58 Wasser u. 8,19 Fett. |
|
Taube (2 Jahr). |
80,98 |
6,14 |
thal. optic. 76,15 W.u. 9,34 Fett. |
80,18 |
5,37 |
ccrebellum 70,70 W. u. 5,94 Fett. |
|
Taube (1 Jahr). |
81,83 |
5,27 |
thal. optic. 79,16W. u. 7,86 Fett. |
82,18 |
5,08 |
cerebell. 70,93 W. u. 7,83 Fett. |
|
Rana tempor. |
80,00 |
7,27 |
|
(verschiedene Exem- |
84,05 |
7,24 |
|
plare.) |
86,44 |
5,08 |
|
85,25 |
6,57 |
||
86,40 |
6,15 |
D. Junge Vögel.
Wasser. |
Fett. |
||
Fringilia coelebs |
81,86 |
6,59 |
|
12 Tage alt. |
82,79 |
5,91 |
|
Fringilla chloris |
85,36 |
5,48 |
\ |
5 Tage alt. |
86,52 |
4,00 |
1 wurde erst 24 Stunden nach |
86,63 |
4,21 |
i der Tödtung untersucht. |
|
85,78 |
4,21 |
' |
|
Fringilla chloris 6 Tage alt. |
86,73 85,93 86,48 86,30 |
4,08 4,63 4,38 4,00 |
' wurde erdrosselt. |
Lanius colhirio. |
81,25 |
5,84 |
Taube (14 Tage alt).|
5,24
5,88
— 109 —
Hinsichtlich des Wasser- und Fettgehaltes derselben Gehirn- theile und Substanzen in verschiedenen Alters- stufen derselben Thierspecies haben wir bis jetzt nur relativ wenigere Versuche anstellen können, namentlich bedauern wir, dass wir noch nicht das Gehirn eines Neugebornen analysiren konnten. Schon auf den ersten Blick zeigt das embryonale Ge- hirn, ja selbst noch das des Neugebornen bedeutende Verschie- denheiten in der Consistenz von dem des Erwachsenen; ersleres ist durch breiartige Weichheit ausgezeichnet, letzteres fester und resistenter. Einen analogen Unterschied zeigen die beiden Sub- stanzen (zwischen einander) im Gehirn des Erwachsenen , indem hier die graue Substanz viel weicher und wässeriger ist. Beim menschlichen Embrvo sind bis zum siebenten Monat nach Farbe und Konsistenz die beiden Substanzen nicht zu unterscheiden, und es verhält sich daher das embryonale Gehirn des Menschen in der Art des Hirnes erwachsener niederer Wirbelthiere. Lässt sich da nun nicht auch eine Parallele im Wasser- und Fettge- halt schon im Voraus vermuthen ? Folge davon wäre vermehr- ter Wasser- und verringerter Fettgehalt im jungen Gehirn der höheren Säugethiere (s. die Tabellen) und des Menschen.
Wollte man aber einen bestimmten Ausspruch wagen über die allgemeinen Differenzen in der quantitativen Mischung des jungen und alten Gehirns überhaupt, so müsste zuvor bestimmt werden können , zu welcher Zeit man das Gehirn eines Thieres als ausgebildet und erwachsen anzusehen berechtigt sei, und ob auch das erwachsene Gehirn noch mit zunehmendem Alter physio- logische Mischungs -Abänderungen erleide, worauf gewisse physi- kalische Veränderungen hinzudeuten scheinen. Auf diese Fra- gen kann gegenwärtig der Anatom so wenig als der Chemiker sichere Antworten erlheilen. Eine systematische, in dieser Hin- sicht an den Gehirnen vieler Thiere derselben Art, aber von den verschiedensten Lebensaltern unternommene Analyse dürfte übri- gens nach unseren Vorarbeiten bald hierüber den erwünschten Aufschluss ertheilen.
Literatur.
Die meisten Chemiker, die über das Gehirn quantitative Untersuchungen angestellt haben, beschränkten sich auf das
— 110 —
menschliche Gehirn ; öfters sind ihre Angaben ohne Werth, weil nicht angegeben ist, welche Substanz oder welcher Hirntheil zur Anal^'se diente; ebenso ist fast nie auf Alter, Todesart etc. Rücksicht genommen. Zuweilen dürften auch die Trocknungen bei 100** geschehen sein, wobei weitaus nicht alles Wasser ent- fernt wird. Wir stellen hier die uns zugänglichen Erfunde ande- rer Chemiker in der Schlusstabelle zusammen:
Wasser.
Fett.
Bibra fand in der Subst. cortic. „ „ ,, ,, yy medull.
(Gehirn eines 75jäh. Mannes.) „ fand in der Subst. cortic, „ „ „ „ medull. (Gehirn eines 17jähr. Mannes) ,, fand in der Subst. medull. (Gehirn eines Kretinen) Couerbe fand im Allgemeinen (im
menschlichen Gehirn) Denis im Gehirn eines 20jähiigen ,, ,7 » 78jährigen Fremy im menschlichen Gehirn Lassaigne in der Subst. cortic „ „ » medull Simon durchschnittlich. . . Vauquelin durchschnittlich . John in der Subst. cortic. des \ Kalbsgehirns i
89,46 65,61
85,26 67,20
84,39
80,0 78,0 76,0 88,0 85,0 73,0 80,0 80,0
75-80
6,47 24,26
7,69 23,60
6,10
5,0
12,4
13,1
5,0
4,7
14,8
5,23
[Vgl.Wirkungen des Schwefel- äthers V. Bibra u.Harless. Er- langen 1847, p. 175 u. f
Compt. rend. IX. 703. XI. 763.
Zusatz.
Ich habe vorliegender Arbeit, die zwei meiner tüchtigsten Schüler auf meine specielle Aufforderung unternommen und mit regstem wissenschaftlichem Eifer und grosser Sorgfalt durchge- führt haben, nur Weniges beizufügen. Bei unsern selbst nach Fremy 's neuen Untersuchungen so sehr lückenhaften und dürf- tigen Kenntnissen über die eigentliche Zusammensetzung des höchsten und interessantesten Organs des thierischen Organis- mus schien es mir von entschiedener Wichtigkeit, vorläufig nur
— 111 -
einmal über zwei hochwichtige Faktoren seiner Mischung Zahlen festzustellen, über zwei Faktoren , die schon heutzutage sich mit Genauigkeit bestimmen lassen , nämlich über das Wasser und den Gehalt an in Aether löslichen Stoffen. Durch die genaue Er- mittlung ihrer Werlhe kann auch die Gesammtmenge der eiweiss- arligen Materien sammt den Exlractivsloffen und Mineralbestand- theilen annähernd erschlossen werden. Es wurden so einige eben so interessante, als unerwartete allgemeine Thatsachen ge- wonnen, die auch in einer künftigen Zeit, wenn die qualitative chemische Konstitution der Nervenmaterie besser erforscht sein wird, ihren Werlh behalten dürften. Für den Anatomen und Physiologen dürfte aus vorliegender Arbeit die Möglichkeit er- wachsen, durch genaue Analysen in der angedeuteten Richtung jetzt schon auszumachen , in welchem Verhältnisse gemischte Gehirn theile graue oder weisse Substanzen enthalten, eine Bestimmung, die für eine künftige Hirn- und Nerven-Physiologie, wenn mehr über die specielle Bedeutung und Funktion der ver- schiedenen Substanzen bekannt sein wird, sicher nicht ohne Belang sein kann. Für die vergleichende T h i e r c h e- mie, eine Wissenschaft, die neben ihrer älteren Schwester, der vergleichenden Anatomie, noch gar stiefmütterlich behandelt und bisher wie verkümmert erscheint, geht eine merkwürdige Thatsache aus vorliegenden Untersuchungen hervor; nämlich die, dass das Gehirn bei physisch und namentlich in geistiger Bega- bung höchst verschiedenen Thieren eine sehr analoge quantitative Mischung besitzt, wenigstens in Betreff des Wasser- und Fettgehaltes. Kommt uns hier nicht in späterer Zeit der Nachweis bedeutender qualitativer Differenzen zu Hülfe, so bleibt rücksichtlich des materiellen Substrates für die Hirnfunktio- nen und Geistesthätigkeiten wenig Aufklärung für eine ver- gleichende Psychologie zu hoffen ; offenbar bestimmt dann weit mehr die Form, die specielle Organisation und anato- mische Entwicklung die Fähigkeit der Nervenmaterie zu höheren oder geringeren Leistungen. Schliesslich möchte ich noch sehr zu vergleichenden Aschenanalysen und Sticksloff- bestimmungen der Gehirntheile derselben und verschiede- ner Menschen und Thiere auffordern; erst wenn auch sie gelie- fert sein werden, kann an erspriessliche Folgerungen (aus chemi- schen Analysen) auch für die Pathologie des Nervensystems eher gedacht werden.
Tübingen, den 1 . September 1852.
Prof. J. Schlossberge r.
6. Der Bergsclilipf von Ratlisliausen.
Von Pfarrverweser Dr. 0. Fr aas zu Lauffen, OA. Balingen.
Samstag den 11. October 1851 kam einer meiner Sammler zu mir mit der Nachricht , zu Rathshausen komme der Berg ins Thal hinab, die Leute wandern in jähem Schrecken aus und fürchten nichts weniger, als den Einsturz des Felsen und Zer- störung ihres Dorfs. Ich machte mich alsbald auf den Weg nach dem Plettenberg und sah an der rechten Thalwand von Raths- hausen anfangs nur eine grosse Verwüstung und ein wildes Chaos von Baumstämmen, Niederholz, Waiden und Feldern, die, in eine Schlammmasse eingerührt, in langsamem FIuss sich den Berg hinabwälzten, bald aber mir höchst interessante Erscheinungen, die im Gefolge dieses ausgedehnten Bergschlipfes sich zeigten. Indesss ist die Kunde von dem grossen „Bergsturz" durch öffent- liche Blätter verbreitet worden und hat wohl in Manchem den Wunsch erregt, ein Näheres über eine Erscheinung zu hören, die zwar häutig in kleinem Maassstab auftritt und heuer vielleicht in jedem Orte, ob auch nur an Rainen, Strassen und Weinberg- Mauern, beobachtet wurde, aber in solcher Ausdehnung bei uns wohl nur alle Jahrhunderte gesehen werden kann. Die Veran- lassung zu dem Bergschlipf war natürlich der wasserreiche Sommer dieses Jahrs, der innere Grund aber liegt in der Beschaffenheit des Terrains, der starken Entwickelung von Thonen, der Enge des Thals, der Höhe und Plattenform des Bergs. Zum Ver- ständniss des Ereignisses ist daher ein Bild der topographischen Beschaffenheit dieser Localität unentbehrlich.
Zwischen zwei der höchsten Berge der schwäbischen Alb, zwischen dem 3498' hohen Plettenberg und dem noch um 14' höheren Ortenberg liegt in liefern Thaleinschnitt das Dörfchen
=- 113 -
Rathshausen. Die Höhen beider Berge liegen nur 9000' aus- einander, in welchem sehmalen Raum die Schlichem, die hier in raschem Fall der Ebene zueilt, ihr tiefes Bette gegraben hat. Rathshausen selbst liegt 2360' über dem Meer. Die Berghöhen an den zwei Thalwänden ragen somit 1138' einerseits und 1152' andererseits steil über das Dorf empor. Diese Höhen , an sich nicht unbeträchtlich, werden dadurch gefährlich, dass die Kalk- bänke, welche sie bilden, von Thonen getragen werden. Thone sind unten im Thal, Thone an den Abhängen, Thone am Fusse des Felsen, lieber die sandigen Thone des untern braunen Jura stürzt sich die Schlichem in der Tiefe des Thaies hin, sie selbst ragen noch bei 300' an den Wänden empor. Die Sandstein- bänke im ß haben sich zu allem Glück an 3 Orten bedeutender entwickelt und Erhebungen gebildet , die als 3 Rücken an der Thalwand hervortreten und einige 100 Schritte von einander entfernt sind. Ich sage zu allem Glück — denn diese 3 Rücken haben das allgemeine Weichen des Berges verhindert, den oben zusammenhängenden Schlipf in 3 Theile getheilt und dessen Kraft gebrochen, lieber den Sandsteinen erhebt sich der mittlere und obere braune Jura, ebenfalls fast aus lauter Thonen bestehend, nur von wenigen schwachen Bänken durchzogen. Diese Thone stehen so steil an, dass z. B. die Ornaten- und Parkinsoni-Thone, die etwa 80' mächtig sind, auf der Karte des topographischen Bureaus kaum können eingezeichnet werden und doch ist der Maassstab der Karte 1 : 50,000. Ganz regelmässig stehen nun über den Ornatenthonen die Schichten des untern weissen Jura (a) an, abermals Thone, und werden sofort von den wohlge- schichteten Kalkbänken {ß) überlagert, welche zur Höhe des Plet- tenberges hinaufreichen und dem Berge Form und Namen (Plat- tenberg) gegeben haben. Kein anderer isolirter Berg Württembergs nimmt einen so grossen Flächenraum ein, denn er ist gegen N. und S. 4000' breit und gegen W. und 0. 8000' und 12,000' lang. Nach allen Richtungen entquellen ihm Wasser , wie es sich bei der grossen Oberfläche des Bergs und den mächtigen Thonlagern nicht anders erwarten lässt, denn sämmtliche atmo- sphärische Feuchtigkeit dringt durch die Kalke durch, wird erst von den wasserdichten Thonlagern gesammelt und in der Höhe Wörtterab . naturw. Jahreshefle. 1853. Is Heft, 8
— 114 -^
der Thonbänke in zahllosen Quellen ausgesondert. Auf der Rathshauser Seite zählten die Leute zum mindesten 8 Brunnen und ein Bach floss Sommer und Winter von den bewaldeten Höhen ins Thal hinab. Mit dem Anfang des weissen Jura bildet nämlich ein Kranz von Wald die Vegetation des Berges, während Waiden und Allmandtheile den oberen und fruchtbare Aecker und Felder den mittlem und untern braunen Jura characterisiren. Letztere waren zu Anfang Oclober theils schon bestellt fürs künftige Jahr, theils mit der Haber- und Einkornernte bedeckt.
Diese Felder zu besehen , gingen Sonntag den 5. Oktober Bürger von Rathshausen spazieren. Da hörten sie mit Staunen aus dem Wald über ihnen Töne, ein Haken und Krachen, als ob Holzmacher aufs eifrigste drin arbeiteten, zugleich sahen sie an verschiedenen Orten in langgezogenen Rissen den Boden bersten. Es fing nämlich der Boden zu weichen an und das Abreissen der Baumwurzeln verursachte jene Töne. Tags darauf bemerkte man , dass der Bach ausblieb und die Brunnen am Walde nicht mehr flössen. Das Krachen im Wald und das Bersten des Bodens hielt an bis Donnerstag den 9. October. In der Nacht auf den Freitag trat endlich das vorbereitete Er- eigniss ein, es trennte sich der bewaldete Fuss des Berges auf etwa 3000' vom Bergkörper los und rutschte an demselben nieder. Mit Entsetzen sahen des Morgens die Bewohner des Dorfs da, wo sonst ihr Wald an den Berg sich lehnte, einen nackten Fels und den Wald in wilder Zerstörung auf ihre Felder und Waiden herabsinken.
75 Morgen Wald auf Rathshauser, 50 Morgen Stadtwald auf Schömberger Markung, das ganze Alpha des weissen Jura längs der Südabdachung des Plettenbergs war um 60 Fuss gerutscht und hatte die fetten, eingeweichten Thone des obern braunen Jura aus ihrem Lager gedrückt , welche nun als weiche Masse sich ins Thal hinabwälzten und über 200 Morgen eingeschätztes Land theils überströmten, theils mit zum Weichen brachten. Ein grosses Glück war, wie schon gesagt, dass der untere braune Jura 3 Bergrücken bildete , welche dem zusammenhängenden Rutschen des Bodens Widerstand leisteten und die Massen in 3 Ströme theilten. Die Geschwindigkeit, mit der die Masse ins
— 115 —
Thal rutschte, nahm mit jedem Tag ab, vom Freitag auf den Samstag zählte man 30 Fuss, in der Nacht vom Sonntag auf den Montag elwa 12 Fuss. In einer Höhe von etwa 300' über dem Dorf hat nun die Masse Halt gemacht, nachdem sie etwa 14 Tage lang in Bewegung gewesen. Auf wie lange ? ist eine andere Frage, denn die Wasser vom Berge haben noch keinen Ausweg gefunden, rieseln am Felsen herab und versinken in dem Bergschlipf.
Solche Thatsachen liegen offen vor Jedermann. Die schauer- liche Zerstörung lockt Hunderte von Fremden herbei, welche die Schrunde und Spalten betrachten und den verslürzten Wald, wo kein Baum mehr gerade steht und in malerischer Unordnung niedergestürzte oder entzweigebrochene Stämme wechseln mit solchen, denen die Krone im Schlamme steckt und die Wurzeln emporschauen. Ich möchte jetzt nur noch auf 2 Erscheinungen aufmerksam machen, deren Beobachtung mir grosse Freude ge- macht hat, auf die Schliff-Flächen und auf die Art der Verslürzung.
Auf den Thonen des braunen Jura ^ und t, über welche die Masse hinabgleitete, ist eine wahre Schleifbahn entstanden. Dieselben waren mit einer Humuslage oder mit Weiss-Jura-GerÖll bedeckt, nun aber ist diese Decke durch die wegrutschende Last abgeschunden und dadurch Schliff-Flächen entstanden, die ich nicht besser beschreiben kann, als wenn ich sie den Fahrleisen vergleiche , welche der breite Radschuh eines schwerbeladenen Güterwagens auf einer Steige hinterlässt. Diese Schleifbahn folgt allen Biegungen und Krümmungen des Thals und bildet gleichsam das Bette des Schlammstromes ; genau betrachtet sind es lauter feinere oder gröbere Längsstreifen , entsprechend den Unebenheiten der Gegenstände, die in der rutschenden Masse zu Unterst lagen und Eindrücke auf die Rutschbahn hinterliessen. Eindrücke von Felskanten lassen sich als tiefere Rinnen oft weithin verfolgen. Besonders schön lassen sich die Schliffflächen an den beiden Seiten, gleichsam den Ufern des Stroms, beobachten und zeigen den Seitendruck der Masse, an steileren Stellen ist je- doch auch die Sohle ganz entblösst, Sonst ist die Mitte der Bahn noch von Schlamm, Felstrümmern u. dergl. bedeckt. Als t S *
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ich zuletzt noch von der Höhe des Berges das Ganze überblickte, musste ich unwillkührlich der Gletscher gedenken, und sah vor mir 3 Schlammglelscher von einem Schneefeld ausgehend, die in maje- stätischer Ruhe ins Thal hinabrückten; die SchlifFflächen bezeich- neten ihre Grenzen, Rasenstücke, die von den Wänden losrissen, ihre Moränen, der Gletscherspalten wären zahllose sichtbar, kleinere und grössere Falten, Ogiven, Rinnen, alles konnte ver- gleichsweise beobachtet werden. Natürlich ! ist doch das Gesetz dasselbe, nach welchem eine erstarrte Wassermasse oder eine erweichte Erdmasse in ihrem Laufe sich bewegt.
Das Interessanteste aber bleibt immer die am Fusse des Berges stattgehabte Verstürzung. Schon oben habe ich gesagt, dass der bewaldete Fuss des Berges, das Alpha des weissen Jura, um 60' gewichen sei. Es lehnte sich nämlich in einem Winkel von etwa 30—40 Grad der Wald an den Berg an, ruhend auf den Thonbänken, die in den Berg einschiessen. Wald und Thone trennten sich nun fast senkrecht vom Berg ab, rutschten an ihm hinunter und dies so, dass die untersten Bänke hinausgedrückt wurden und die oberen hart am untersten Theil des Berges liegen. Die Schichten des ganzen abgerissenen Stückes zeigen sich nun als auf dem Kopfe liegend, wie beigedruckte Zeichnung vor Augen stellt.
Vor dem Rutsch.
Nach dem Rutsch.
q ist die Grenze zwischen a und ß, hier beginnt die Ver- werfung und hier rieseln nun die Quellen an der kahlen Wand
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herab und versinken im Boden bei r, ohne bis jetzt noch irgendwo an das Tageslicht zu treten.
Am Fusse des Berges hat sich durch diese Verstürzung ein Wall gebildet, der an die steile Bergwand hinanreicht, der Punkt q ist unerreichbar geworden, der zuvor mit leichter Mühe auf dem Waldrücken erstiegen werden konnte. Diese Beobach- tung hat mich auf einmal über so manche ganz ähnliche Er- scheinungen an andern Bergen der Alb aufgeklärt. Wer hat diese wallartigen Vorberge am Fusse unserer Alb nicht schon beobachtet? Von den Thälern aus werden sie gewöhnlich über- sehen, will man aber eine Berghöhe ersteigen und ist über den braunen Jura vorgedrungen, um auf dem Boden des weissen in die Höhe zu steigen, so trifft man in der Regel zuvor noch eine Terrasse, einen W^all meist mit herabgestürzten Felsblöcken besät und erst von diesem Vorberg an geht es vollends ununterbrochen die Höhe hinan. In meiner Umgebung bieten der Gräbeinberg, das Hörn, der Zillhauser Berg u. A. Gelegenheit zu solchen Beobachtungen. Eben an ihnen ist der Steilabfall des weissen Jura besonders markirt und sind die braunen Jurathone nirgends mehr an Ort und Stelle, sondern hinabgerutscht bis zum a des braunen Jura.
Ausserdem gibt der Bergschlipf Manches zu denken für den, der von den Erscheinungen der Jetztwelt auf die Bildung der Erdoberfläche in der Vorwelt schliessen will. Denn der aufmerk- same Beobachter wird bald an Orten , wo der Fluss der Masse Widerstand fand und vom Nachschiebenden gedrängt sich auf- staute, die schönsten Hebungen, an anderen Orten Senkungen, überall, wenn auch nur en miniature Vorgänge finden, deren Analogieen er im Grossen, z. B. in den Verhältnissen der Alpen oft treu wiedergegeben sieht.
7. Einiges über die Zertrümmerungen fester
Körper, sowie besonders über die Vermutliung
der Astronomen , dass die Gruppe der kleinen
Planeten die Trümmerstücke eines
einzigen seien.
Von Schullehrer Brenner in Tuttlingen.
Eine grosse Menge der Naturkörper ist, wie wir dies aus der täglichen Erfahrung wissen, unaufhörlich den verschiedensten Veränderungen unterworfen. Zu diesen Veränderungen gehören unter Anderm die Zertrümmerungen fester Körper, und es bieten die letztem nicht selten eine solche Menge von interessanten Erscheinungen dar, dass man sich verwundern muss, wie die Wissenschaft, die man die höhere Mechanik nennt, diesen Zweig bis jetzt so sehr vernachlässigen konnte. Zugkräfte , Druck, Centrifugalkräfte, Stosskräfte, Explosionen, Elektricität haben die verschiedensten Wirkungen dieser Art im Gefolge, und kennt man ausser der Ursache auch den Hergang der Zertrümmerungen, die Form und Zahl der Trümmer u. s. w. , so kann dies selbst von praktischem W^erthe sein , indem man dadurch eher die Mittel ausfindig zu machen im Stande ist, manchen verderblichen Zerstörungen vorzubeugen. Man denke nur an das Springen von Schleifsteinen und Schwungrädern.
Das Zerspringen und Zersprengen eines festen Körpers ist nichts anders, als die Aufhebung der Cohäsion nach gewissen Richtungen oder vielmehr in gewissen Flächen. Dabei spielt jedoch auch die Dichtigkeit eine Rolle. Körper, die eine völlig unregelmässige Cohäsion und Dichtigkeit besilzen, zer- trümmern nach Zahl und Form in ungleiche Stücke, worüber
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sich weiter nichts mehr sagen lässt. Hat aber ein Körper eine solide Masse, d. h. eine Masse von durchaus gleicher Cohäsion und Dichtigkeit, oder aber auch, befolgen die letztern ein ge- wisses Gesetz, so muss derselbe (der Körper) in seinen Zertrüm- merungen eine gewisse Regelmässigkeit befolgen, die sich im Voraus bestimmen lässt. Wie in der ganzen Physik, Chemie und Mechanik der Satz noch immer seine Bewährung gefunden hat, dass unter übrig ens gleichen Umständen, gleiche Ursachen auch gleiche Wirkungen erzeugen, so gilt dieser Salz nicht minder auch in Beziehung auf die Zertrüm- merung der Körper. Zwar gibt es, im strengsten Sinne des Wortes, gar keinen soliden festen Körper; haben wir aber ein- mal unsere Sätze für solide Körper aufgestellt, so werden wir dieselben für mehr oder minder solide Körper modificiren kön- nen, nach dem Satz, der nur wenige Ausnahmen duldet: Gleiche Ursachen bringen unter beinahe gleichen Umstän- den auch beinahe dieselben W^irkungen hervor.
Der Zweck dieser Zeilen ist jedoch nicht, eine systema- tische Lehre über Zertrümmerungen aufzustellen, noch einige detaillirte Untersuchungen über das Springen von vollen und ring- förmigen Scheiben (Schleifstein , Schwungrad) zu veröffentlichen, sondern ein Resultat mitzutheilen, welches das Interesse der Astronomen auf sich ziehen dürfte. Im Hinblick auf die Gruppe der kleinen Planeten gewann Verfasser durch mehrjährige For- schung, Beobachtung*) und endlich durch ein eigens angestelltes Experiment**) die Ueberzeugung: dass jede, nach Cohäsion und Dichtigkeit homogene Kugel, oder auch jede Kugel, in der sich Cohäsion und Dichtigkeit um das Centrum gleichmässig lagern, vermittelst einer durch ein elastisches Fluidum (Pulver- oder Wasserdampf) bewirkte Explosion vom Mittelpunkt aus in vier gleiche Stücke zersprengt wird, und zwar spitzen sich die
*") Beim Sprengen des Gesteins in den Steinbrüchen. *'•') Die von einem ganz unschadhaften Stein — einer guten Masse von Jurakalk — angefertigte Kugel hatte 16 Zoll im Durchmesser und sprang durch eine Explosion vom Mittelpunkt aus in vier beinahe gleiche Stücke ohne Splitter.
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vier Stücke im Cenlrum dreiseitig pyramidenförmig zu, so dass die Bruchflächen wirkliche Ebenen sind und die Kugeloberfläche in ihrer Zerreissung genau das lelraedrische Kugelnetz zeigt; ferner, dass kleinere Abweichungen nach Cohäsion und Dichtig- keit dennoch vier, aber etwas ungleiche Hauptstücke, und in vielen Fällen eine Menge kleiner Splitter liefern; endlich dass, wenn die Explosion nicht vom Centrum aus geht, dennoch nur vier, jedoch ungleiche Stücke entstehen, worunter ein Fall, der ein kleineres und drei grössere aber gleiche Stücke aufweist.
Gesetzt nun, es sei die Stelle der kleinen Planeten vor Zeiten von einem einzigen und durchaus aus fester Masse be- stehenden Planeten ausgefüllt gewesen, der durch eine innere Explosion zertrümmert wurde , so entstanden dafür vier Planeten, von denen jeder — selbst bei der vorausgesetzten festen Masse*) — sich mit Nothwendigkeit wieder in eine Kugel ballen musste. Doch die Neigung dieser Stücke zum Explodiren, die ihnen einmal inne wohnte, wuchs mit der Zeit, und so sprang wieder eines der vier Hauptstücke in vier Stücke, und es waren nun sieben. Später sprang ein zweites der vier Hauptstücke und es waren zehn, und später das dritte, und es waren 13 Planeten. War der erste Planet in ein kleines und drei grössere Haupt- slücke gesprungen, und nahm mit der Grösse auch die Neigung zum Explodiren ab, so dass keine weitere Explosion mehr er- folgte, so haben wir wirklich nur 13 Asteroiden. Ist aber auch das vierte Hauptstück zertrümmert , wie die andern , so setzt sich die Zahl auf 16 fest; somit hat die Zahl 16 eine ebenso grosse, vielleicht noch grössere Wahrscheinlichkeit, als die Zahl 13. Schluss: entdeckt man noch einen Planeten, der zur Gruppe der kleinen gehört, so müssen noch zwei weitere vorhanden sein; denn 13 sind be- reits bekannt.
*) Bekanntlich wird vermuthet, dass das Innere oder Innerste des Erdkerns , trotz des hohen Hitzgrades , dennoch starr sein könnte — wegen der ungeheuren Pressung. Die gleiche Voraussetzung bezüglich unseres betrachteten Planeten Hesse nach der Sprengung einen grossen Theil eines jeden Hauptstückes augenblickh'ch in FIuss gerathen, wodurch die Kugelballung sehr erleichtert würde.
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Die Vermuthung der Astronomen , dass die kleinen Planeten die Trümmerslücke eines einzigen seien , gründete sich auf die zwei Thatsachen, dass dieselben sehr klein sind und dass sie un- gefähr gleiche Entfernungen von der Sonne aufweisen. Unser Satz aber, nämlich der Satz der Zertrümmerung in vier Stücke, erhebt, wofern sich eine der Zahlen 13 oder 16, als Anzahl der kleinen Planeten festsetzt, die seitherige Vermuthung zur evidenten Wahrheit. — Ferner, da zu vermuthen ist, dass ausser den bekannten 13 Asteroiden noch drei weitere existiren, so ist dies eine Aufforderung für die Astronomen, noch ferner zu suchen. Haben sie aber die Zahl 16 voll gemacht, so ist nur noch geringe Wahrscheinlichkeil für die Existenz noch meh- rerer Planelen vorhanden.
Noch mehr : Theoretischer Calcul und Beobachtung zeigen im Einklang, dass die losgetrennten Splitter mit grosser Ge- schwindigkeit fortgeschleudert werden, während die Hauptstücke weit geringere Stösse erleiden. Daraus folgt, dass die Splitter der Asteroiden in den weiten Himmelsraum hinausgeschleudert wurden, so dass eine Menge derselben in gedrückten Ellipsen um die Sonne lauft, die Bahnen der übrigen Planeten vielfältig durchschneidet und von letztern im Laufe oft sehr bedeutend gestört wird. Treten sie aber in den Dunstkreis eines Planeten ein, so beschreiben sie von diesem Augenblicke an eine spiral- förmige Bahn und nähern sich jenem Planeten fortwährend. Ihre Neigung zum Explodiren — jedoch anderer Art — erwacht plötz- lich , wahrscheinlich durch die Wirkung unserer Luflelektricität, welche sie zugleich auch erhitzt und leuchten lässt, und so springen sie wirklich durch eine solche Explosion in viele — und nicht gerade in vier — Stücke, weil bekanntlich die Elek- tricität auf ganz andere Weise zertrümmert, als ein elastisches Fluidum. So hätten wir unsere Meteore und namentlich den Steinregen und wären durch diese Communication mit andern Himmelskörpern vielleicht in den Stand gesetzt, die Dichtigkeit und den Stoff der Asteroiden zu bestimmen.
Wahr ist es, dass es bis jetzt dem Verfasser noch nicht ganz gelungen ist, die Wahrheit der ausgesprochenen Sätze durch die Gesetze der Mechanik mit Evidenz zu beweisen. Allein, ab-
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gesehen davon, dass es ihm vielleicht an der Kraft gebrechen möchte, sein angestrebtes Ziel vollkommen zu erreichen, so ermangelt ihm mehr und mehr die Zeit zu mathematischen Forschungen, und so mochte er das, jedenfalls über allen Zweifel erhabene Resultat der Vieriheilung durch Explosion einem Publi- kum nicht länger vorenthalten, das sich dafür interessirt — in der Hoffnung und mit dem Wunsche, dass eine Kraft, die dem Problem gewachsen ist, dasselbe in die Hände nehmen und der erwünschten Lösung entgegenführen möchte. Dem Verfasser wird alsdann doch wenigstens die Beruhigung und die Freude werden, einen Gegenstand in Anregung gebracht zu haben, der die Wissen- schaft in Etwas bereichern dürfte.
Zum Schluss macht Verfasser bei Gelegenheit der Correk- tion dieser Zeilen noch folgende Bemerkung :
Der geneigte Leser wird nicht erst darauf aufmerksam zu machen sein, dass dieser Aufsatz zu einer Zeit (April d. 1. J.) geschrieben wurde, da nur 13 Asteroiden bekannt waren. Nimmt man jedoch eine Forlsetzung der Sprengungen an , so erleidet die dargelegte Theorie keine wesentliche Veränderung. Nur ist zu vermulhen, dass die Anzahl der Asteroiden sehr bedeutend sein wird , und hat die Zahl 64 eine etwas grössere Wahrschein- lichkeit für sich, als die Zahlen 4, 7, 10, 13, 16, 19, 22, 25, 28 u. s. w.
III* Kleinere Jflittlieiluiigeii.
1. Eine eigenthümliche Erscheinung von Reprodiictions-
kraft au einem Samen -Kohlraben (Brassica oleracea
gongylodes^.
Von Direktor von Seyffer.
In dem Königl. Küchougarteu hier wurden vergangenes Frühjahr mehrere überwinterte Kohlraben, wie gewöhnlich ins freie Land gesetzt um Samen daraus zu ziehen. Einer von diesen, der einen Durchmesser von 4^ Zoll hatte, entwickelte an der Krone oben am sogenannten Herz keine Blätter und keine Blüthenstengel, sondern auf der Seite drei Zweige von der gleichen Beschaffenheit an der Rinde und innern faserig-holz- artigen Textur wie der Strunk eines Kohlrabens zwischen der Wurzel und dem Kohlraben. Einer dieser Zweige, der oberste war 4A Zoll lang, theilte sich dann in drei Aeste, wovon zwei eine Lange von
1 Zoll und an ihren Enden je einen kleinen Kohlraben von je 1 Zoll Durchmesser mit Blättern hatten , der dritte Ast war 4 Zoll lang und hatte an seiner Spitze einen gleich grossen Kohlraben mit Blättern, wie alle nachfolgenden. Der auf der Seite der Mutterpflanze weiter unten herausgewachsene zweite Zweig war der stärkste und längste unter allen drei, hatte eine Länge von 1 Fuss 1\ Zoll und an der Mutterpflanze einen Durchmesser von 5, an seinem Ende von 3 Linien. An diesem Hauptzweig zeigte sich ein Nebenzweig von 1 Fuss 4^ Zoll Lange, aber nur 2 Linien dick an seinem Ende mit einem Kohlraben von 5 Li- nien im Durchmesser, und ein zweiter Seitenast von 1 Fuss Länge mit einem gleich grossen Kohlraben an seinem Ende. 5 Zoll vom Mutter- stock entfernt war an diesem Hauptzweig ein Seitenast von 3 Linien Dicke und 4 Zoll Länge , an dessen Ende ein Kohlraben von 24 Zoll Durchmesser war. Von diesem Seitenast an gerechnet hatte der Haupt- zweig nach einer Länge von 11 Zoll unmittelbar auf sich somit ohne einen Seitenast einen Kohlraben von 3 Zoll Durchmesser, erstreckte sich dann weiter und hatte einen Kohlraben von 3i^ Zoll an seinem Ende.
2 Zoll unter gedachtem Hauptzweig war der dritte von 4 Linien dick, bog sich etwas gegen den Gartenboden und trieb einige Wurzeln, theilte sich nach einer Länge von 4 Zoll in drei Aeste, wovon zwei eine Länge von 3 Zoll und der dritte von 4^ Zoll hatte, an deren Enden je ein Kohl- rabe von je 3 Zoll im Durchmesser sich befand.
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Diesem nach siud aus der Seite eines zum Samenzieben bestimmten Kohlrabens statt Samensprösslinge Aeste ausgewachsen, an denen sich 11 Kohlraben befanden, die nicht faserig, vielmehr ganz mild, wie junge Kohlraben zum Essen waren.
2. Neuer Standort der Potentilla alba L.
Von Apotheker Barth in Leonberg.
Nach cfer Württemb. Flora ist die Potentilla alba L. nur in einigen Laubholzwäldern bei Tübingen gefunden worden, auch ist mir ausserdem nicht bekannt, dass sie an irgend einem andern Orte in Württemberg bis jetzt entdeckt wurde. Ich glaube daher nicht unterlassen zu dürfen, die Botaniker auf einen neuen Standort dieser schönen Pflanze aufmerk- sam zu machen. Anfangs Juni dieses Jahres fand ich sie im Leonberger Wald „Steinenfürst" gleich oberhalb des Seehauses, welches gut ^Stunden von hier im Glemsthal liegt. Die Solitude liegt in gerader Richtung etwa eine halbe Stunde nordöstlich. Hier kommt sie nun am ganzen Bergabhang an lichten Stellen des Waldes in ziemlicher Ausdehnung und grosser Menge vor. Leider fand ich aber nur noch drei blühende Exem- plare, da sie schon im April und Mai blüht, dagegen waren die Wurzel- blätter Fuss hoch und sehr schön entwickelt. Der Blüthenstiel verwelkt bald nach dem Verblühen und ich konnte denselben oft kaum mehr auf- finden ; übrigens waren eine Menge Pflanzen ohne jede Spur von Blüthen- stiele. Verblühte Exemplare könnte ich jetzt schon Freunden der Botanik abo-eben , nächstes Frühjahr gedenke ich sie aber bei Zeiten zu sammeln und bin gerne bereit, dann davon mitzutheilen, auch durch Eintausch anderer Pflanzen. Die Thatsache , dass diese Potentilla nur an den bei- den äussersten Endpunkten des Schönbuchs oder vielmehr seiner Aus- läufer aufgefunden ist, lässt mit Grund vermuthen, dass sie noch an mehreren Orten der Keuperformation wachsen könnte. Ueberhaupt schei- nen mir diese Wälder, obgleich in der Nähe von Stuttgart und die eine Menge schöner Pflanzen bergen, noch immer nicht gehörig durchforscht zu sein. Ich habe ferner noch anzuführen, dass Phytenma ovale Hoppe seu nigrum Schmidt, vom Seehaus an bis gegen Vaihingen auf den Fil- dern an sehr vielen Stellen in Menge wächst.
Anmerkung. Die Vermuthung des Herrn Apothekers Barthj dass Potentilla alba, welche schon Johann Georg Duvernoy 1722 am Spitzberg in summis et mediis montis dumetis angibt, noch an mehreren Stellen der Keuperformation wachsen könne, hat sich bereits bestätigt, indeYn sie von Herrn Wilhelm Roser in Mehrzahl bei Ehningen im Schönbuch gefunden worden ist. A. Gmelin hat sie nach Erscheinung der Flora auch auf der Fläche des Sankt ürsulaberges bei Pfullingen und unterhalb des Lichtensteiner Schlosses gegen das Honauer Thal an*
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gegeben. Die Angabe in von Scb reckcns t ei n' s Flora der Gegend um den Ursprung der Donau und des Neckars, Bd. IV, S. 237 , dass sie um Waiblingen wachse, beruht wohl auf einem Missverständnisse, indem wahrscheinlich die dem Verfasser jener Flora von Herrn Apotheker Dem 1er in Waiblingen mitgetheilten Exemplare von Tübingen stammten.
V. M a r t e n s.
3. Analyse des Bopserbruünen bei Stuttgart, angestellt
im Mai 1850.
Prlitgetheill von Prof. Dr. Fehling.
Das Wasser ist klar, es gilt in Stuttgart als besonders gut und erfrischend.
Nach der gleichzeitigen Untersuchung von van Groningen und Klett enthalten: 1000 Gramm Wasser
van Groningen Klett
Kohlensauren Kalk 0.2160 0.2110
Kohlensaure Bittererde .... 0.1270 0.1311
Kohlensaures Eisenoxydul mit Thonerde 0.0040 0.0034
Kieselerde 0.0146 0.0114
Schwefelsaure Bittererde .... 0.0503 0.0516
Schwefelsaures Natron .... 0.0074 0.0061
^';;^^"^;""" 1 0.0429 0.0421
Chlorkalium '
Organische Substanzen .... Spur Spur
0.4622 0.4567
Luftbestandtheile und freie Kohlensäure nicht bestimmt —
Specif. Gewicht des Wassers bei lö*' R. 1.00170 1.00178 In einem Pfund Wasser = 7680 Gran ist also enthalten:
vanGroningen Klett
Kohlensaurer Kalk 1.658 Gran 1.624 Gran
Kohlensaure Bittererde 0.975 „ 1.008 „
Kohlensaures Eisenoxydul mitThonerde 0.030 „ 0.026 „
Kieselerde 0.112 „ 0.084 „
Schwefelsaure Bittererde .... 0.386 „ 0.396 „
Schwefelsaures Natron .... 0.057 „ 0.047 „
Chlornalrium , ^32^ 0 3j3 ^^
Chlorkalium ^
Organische Substanzen .... Spur Spur
3.547 Gran. 3.507 Gran. Die Temperatur des Brunnens betrug am Mittag ll*' R. bei einer Lufttemperatur von 15^ R.
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Klett fand weiter, dass nach Regenwetter sich die Menge der Salze im Wasser vermindere: 1000 Gramm klares Wasser enthielt vor dem Regenwetter . . . 0.464 Gramm Salze ; nach mehrtägigem Regen , . 0.450 Gramm.
Büclieranzeigeii.
C. G. Gieb e 1 , Gaea excursoria germanica. Deutschlands Geologie, Geognosie und Paläontologie. Ein unentbehrlicher Leitfaden auf Excursionen und beim Selbstunterricht; mit 24 lithogra- phirten Tafeln. Leipzig. Ambr. Abel 1851. klein 8. 510 S. Der Herr Verfasser hat in dieser, auch durch das Format bequem gehaltenen Schrift auf eine einfache und klare Weise die Hauptabschnitte der Geologie abgehandelt, ohne bestrittene oder vereinzelte Ansichten und Thatsachen herbeizuziehen . wodurch bei Anfängern und Laien leicht Zweifel und Irrthümer erzeugt werden, und beschränkt sich dabei, wie schon der Titel besagt, auf die geologischen Verhältnisse Deutschlands. Nach einer die Schöpfungstheorie, die Kunstausdrücke , die Perioden der Erdbildung und des organischen Lebens auf der Erde behandelnden Ein- leitung, folgt die Geognosie Deutschlands, wovon der erste Ab- schnitt die Topographie, nämlich in der Orographie die Hauptgebirge Deutschlands, das Hügel- und Flachland, der zweite in der Hydrographie das Meer, die Hauptflüsse, Binnenseen und Mineralquellen enthält.
In dem zweiten Abschnitt, der Stratographie werden der Reihe nach das krystallinische Gebirge, plutonische und vulkanische Gesteine, so« dann die geschichteten Gesteine abgehandelt. Letztere zerfallen L in primäre: Grauwacken-, Steinkohlen- und Kupferschiefergebirge j H. in secundäre: von buntem Sandstein bis zur Kreide; HL in tertiäre: Braun- kohlen bis Diluvialgebirge; IV. die gegenwärtigen Bildungen, das Allu- vium. Bei jeder Hauptformation ist die Charakteristik in den allgemeinen Eigenschaften, der Gliederung und Verbreitung der Hauptschichten und der untergeordneten Schichten und Einlagerung, sodann eine Aufzählung der wichtigsten Versteinerungen grossentheils durch Abbildungen ver- sinnlicht gegeben. Letztere auf 24 Steintafeln desselben Formats, sind nach den Formationen geordnet und mit Ausnahme der meisten Cepha- lopoden (T. 9 — 12) ziemlich richtig gezeichnet. ^ Der zweite Theil, die Geologie Deutschlands behandelt in der
ersten Periode die Entstehung der primären (oder ältesten Flötz-) Gebirge, und das thierische VVasserleben ; in der zweiten das secundäre Gebirge und das amphibiotische Thierleben ; in der dritten das Tertiärgebirge oder die Periode des thierischen Land- und Luftlebens: in der vierten die gegenwärtigen Bildungen, oder die Periode des geistig bewussten Lebens. In dem Anhang ist noch eine Anleitung zum Beobachten, eine
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Uebersicht der geognostischen Formationen, die Literatur über einzelne Gebirge Deutschlands sammt Angabe von Excursionen und Plätzen für das Sammeln von Petrefakten enthalten. Ein doppeltes Register und Er- klärungen der Steintafeln beschliessen das Ganze. Die zwei letzten Tafeln 21 — 22 liefern Durchschnitte von Schichtenablagerungen und Hebungen aus verschiedenen deutschen Gebirgen.
Wenn vt^ir nun auch nicht alles unterschreiben können, was der Herr Verfasser in dieser Schrift angibt, wie z.B. dass Equiselwn arrense im weissen Jura vorkomme, dass das Dinotherium das älteste Säugethier Deutschlands sei. dass er die Süsswasserkalksteine von Pfullingen, welche dem Alluvium angehören, mit denen von Cannstatt, welche dilu- vial sind, und denen von Ulm und Steinheim, welche wenigstens miocen sind, zusammenfasst, so erklären wir doch gerne, dass die ganze An- ordnung des Buches unsern Beifall hat, und dass es Anfängern und Solchen, welchen keine geognostische Bibliothek zu Diensten steht, mit Recht empfohlen werden kann. Dr. K.
Dr. Chr. Fr. Hänle, die Ursache der inneren Erdwärme, die Entstehung des Erdplaneten, der Feuerkugeln, Sternschnuppen und Meteorsteine. Lahr, Verlag von Joh. Hein r. Geiger. 1851. 78 S. 8.
Der Herr Verfasser bespricht in dieser kleinen Schrift die auf dem Titel angegebeneu Gegenstände in einer leicht fasslichen Darstellung, wozu er die Briefform gewählt hat. Das Erscheinen von Humboldt's Kosmos hat, wie er in dem Vorwort sagt, seine auf der Wirksamkeit des Chemismus beruhende Ansicht über die Erdbildung u. s. w. nur be- stätigt und ihn ermuntert, dieselbe in weiteren Kreisen bekannt zu machen.
In dem ersten Brief, mit der Ueberschrift Gasball und Licht- nebel, bespricht er die verschiedenen bis jetzt aufgestellten Theorien über die Entstehung der Erde und der Himmelskörper überhaupt 5 in dem zweiten die innere Erdwärme, wobei er die Unhaltbarkeit von den hohen Hitzgradeu, die man der Erde innen zuschreibt, nachzuweisen sucht 5 in dem dritten die chemischen Elemente, aus denen die Erde be- steht, und zählt sie der Reihe nach auf. Hiebei spricht er seine eigene Ansicht dahin aus, dass die Ursache der innern Erdwärme in der Wärme- entwicklung durch chemische Thätigkeit (Verbindung) der Elemente be- ruhe. Der vierte Brief bespricht diese Elemente in ihren Verbindungen und führt ihre Hauptverbindungen auf. Der fünfte Brief gibt ein Bild der Erdentstehung; die Elemente befanden sich bei der Schöpfung in Gasgestalt und bildeten demnach einen (ungeheuren) Gasball. Es entstand plötzlich ein allgemeiner Oxydations- oder Verbrennungsprozess mit ebenso schneller Verdichtung der verbrannten Stoffe verbunden, wo- bei die nicht verbrannten Metalle sich zu einer flüssigen Masse ausschieden.
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Das Resultat davon war die Bildung von Wasserdunst, Metalloxydcn, Schvvefel-j Chlor- Fluorverbiiidungen und Silikaten: die hiebei entwickelte Elektrizität veranlasste die Pvotation des nunmehr verdichteten Erdkörpers und in der schmelzenden Masse wurden in Folge der Centrifugalkraft die schweren Metalle und ihre Erze gegen die Oberfläche getrieben, wo sie nach dem Verfasser allein befindlich sein sollten , weil die vulkani- schen Auswürfe uns nur Verbindungen der leichten Metalle (nebst etwas Eisen, Kupfer- und Kobaltoxyden) liefern. Die Ursache jener gross- artigen Naturerscheinung lag also in der gegenseitigen Einwirkung un- gleichnamig elektrischer Elemente. Wie gross dabei die Zusanimen- schrumpfung des Gasballes gewesen sein müsse , sucht er dadurch an- schaulich zu macheu, dass er anführt, wie zwei Maass Wasserstoffgas und ein Maass Sauerstoffgas bei der Verdichtung nur einen Tropfen Wasser geben.
Der sechste Brief bespricht die Bildung des Granits und die Ent- stehung der Gebirge. Er weist zuerst die Aehnlichkeit sämmtlicher sog. Urgebirgsarten nach, und wie auf einer von Säuren zerfressenen Metall- platte sich Salzkrusten bilden, die sich später theilweise lostrennen, zerbersten und aufwerfen, so soll das in die Erdkruste eindringende Wasser — indem es neue Verbindungen mit den im Innern noch vorhan- denen Elementen einging — neue Oxydationen und Erhebungen veran- lasst haben , indem der dabei entstandene Wasserdampf, um entweichen zu können, Durchbrüche veranlasste, deren Hebungen voraus oder pa- rallel gingen.
Im siebenten Brief wird die Entstehung des Thierreichs, des Flötz- gebirges (aus Detritus), das Steinkohlenlager (aus einer brandigen Gäh- rung zusammengehäufter Pflanzentheile) besprochen.
Im achten folgt die Süsswasserformation und die Lehre vom Vulka- nismus. Das Innere der Erde soll jetzt noch aus den Metallen der Al- kalien und Erden bestehen , wie dies die Produkte der Vulkane beweisen.
Der neunte Brief spricht von dem Ende der Erdbildung. Nachdem die Konsumtion des Wassers durch endliche Oxydation aller jener Metalle im Innern und mit ihr alle elektrische und chemische Thätigkeit aufge- hört, stirbt die Erde ab, die elektromagnetische Anziehung zur Sonne hört auf und es steht ein neuer Planet in Aussicht, welcher die Erde sammt dem Monde ins Schlepptau nimmt und mit sich um die Sonne führt. Der Mond war früher auch ein Planet, ist aber abgestorben und die Erde daher erst nach ihm entstanden.
Der zehnte Brief behandelt die Feuerkugeln, Sternschnuppen und Meteorsteine. Er hält sie für kosmischen Ursprungs und betrachtet sie wie kleine Erdbildungen, welche jedoch gewöhnlich zerplatzen in Folge theilweise eingegangener chemischer Verbindungen ihrer Elemente, und in die Erdbahn gelangen. Dr. K.
I« Aufsätze uucl Abliaiidluii^eii.
1. Ueber einige fossile Knochen und Zähne des Donauthals,
I. Aus dem Diluvial- oder älteren Alluvialboden bei
Langenbrunn. IL Aus einigen Bohnerzgruben der
schwäbischen Alb.
Von Dr. G. Jage r. *) (Mit Taf. II. und III.)
I. FossiUen von Langenbrunn.
Herr Baron von Meyen fisch in Sigmaringen halte die Güte mir im April und Juni 1851 eine Anzahl fossiler Knochen und Zähne aus der zuerst genannten Formation zur Bestimmung zu übersenden. Da jene zum Theil an und für sich ein besonderes Interesse darbieten, so glaubte ich einzelne derselben näher
*) In Beziehung auf die Citation der früher von mir über die fos- silen Säugethiere Württembergs herausgegebenen Scliriften bemerke ich, dass ich durch die Versetzung des Buchstabens A auf das grössere Werk: Ueber die fossilen Säugethiere, welche in Württemberg in verschiedenen Formationen vorkommen in zwei Abtheilungen, 1835 u. 1839, mit XX. Tafeln Folio ; durch Vorsetzung des Buchstabens B auf die Nach- träge zu diesem Werke: Uebersicht der fossilen Säugethiere, weichein Württemberg in verschiedenen Formationen vorkommen, in den Nova Acta Naturae Curios. Tom. XXII. P. 2. p. 768 mit V Tafeln mich beziehe. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 2s Heft. 9
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beschreiben und abbilden lassen zu sollen. Ein Theil der an- geblich aus dem Steinbruche bei Langenbrunn im Donaulhaie gefundenen Ueberreste gehört höchst wahrscheinlich dem Diluvial- boden zu*) namentlich ein grösseres Bruchstück der rechten Hälfte
") Diese Vermutliuiig; fand ich bestätigt bei einer Besichtigung des Fundorts im November 1852, bei welcher ich mich der Führung des Hrn. Barons v. Meyenfisch zu erfreuen hatte. Von der Sohle des Donau- thals, in welchem die Donau sich mehrfach Durchbrüche zwischen mäch- tigen Felsen von Jurakalk geöffnet hat, zieht sich in der Nähe von Langenbrunn eine Schlucht durch den die linke Seite des Thals begrän- zenden Bergabhang. Sie ist zwar nicht wie andere mit ihr gleichlaufende Schluchten an ihrem Ausgange durch eine Pforte von Jurakalkfclsen ge- schlossen, indessen mag denn doch in früheren Zeiten ein Aufstauen des Wassers der Donau selbst und damit eine Stagnation des Wassers der Donau und des in jener Schlucht gesammelten Wassers statt gefunden haben, das ohne Zweifel in einem durch Kalkblöcke und Gerolle, Mo- lassesand und eisenhaltigen Thonboden gebildeten Kessel abgeschlossen blieb. Indem dieser bei Ueberschwemmungen mit Wasser sich füllte, das mehr oder weniger Schlamm mit sich führte und nachher theilweise verdunstete, nahm der Kalkgehalt des Wassers in Folge der Auflösung des Kalks der Oberfläche der Felsmassen selbst und der grösseren und kleineren Gerolle zu , welche durch den Gehalt des Schlamms an Eisen- oxyd oder Eisenoxydul begünstigt sein mochte. Es erfolgte damit die Ausscheidung des Kalks aus dem Wasser in der Form von Süsswasser- kalk oder Tuffstein, der dem sonst auf der Alb häufig vorkommenden KalktufF ähnlich aber härter ist; und daher nicht mit der Säge, sondern mit dem Meisel und Hammer, wie der Mineralwasserkalk von Cannstatt zu Bausteinen verarbeitet wird. Wie dieser bildet er leere oder in der Tiefe mit einem braungrauen Mergel ausgefüllte grössere und kleinere Höhlungen. Der ganze Hügel der aus solchen Süsswasserkalk- massen gebildet ist, und sich unmittelbar an den Abhang des Jurakalks anlehnt, hat ungefähr eine Länge von 200 F. und eine Höhe von 60 — 80 F. bis zur Thalsohle. Etwa 20 F. unter seiner Oberfläche zieht sich unter den Felsen von KalktufF eine mit Mergel ausgefüllte Höhlung in ziem- lich horizontaler Richtung fort. In ihr werden vorzugsweise die fossilen Knochen gefunden. Ausser den von Hrn. Baron v. Meye n fisch früher erhaltenen Ueberresten fand ich an Ort und Stelle 1) Bruchstücke des Oberkiefers eines Wolfs mit dem Eckzahne und dem vierten, fünften und sechsten Backzahne, welche die eines 95 Lin. langen frischen Schädels an Grösse übertrafen; 2) Bruchstücke des Unterkiefers eines jungen Wolfs ; 3) ein Bruchstück eines Backzahns des Ursus spelaeus ; 4) die untere Hälfte des Oberarmknochens des Murmelthiers; 5) den vierten oberen Backzahn
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des Unterkiefers mit dem Eckzahne und ersten Backzahne von einem sehr grossen Ursus spelaeus , indem der Eckzahn die Grösse des (A. Tab. XII. Fig. 18) von mir abgebildeten hat, zu welchem auch ein sehr tief abgeriebener vierter oberer rechter Backzahn und auch wohl ein paar Schneidezähne passen würden. Zwei andere noch nicht abgeriebene Backzähne gehören einem jüngeren Thiere zu. Ebenso gehören vielleicht einige Zähne des gemeinen Pferds dem oberen Boden an; der eisenhaltige Sand des aus einer Mischung von Diluvialboden und Molasse bestehenden Mergels klebt ihnen jedoch zum Theil fest an , so wie mehreren andern Ueberreslen, indess andere durch diesen Sand nur eine Färbung ins Röthlichgelbe oder auch ins Graue erhallen haben, wie namentlich ein Theil der zahlreich vorgefun- denen Zähne und Kieferbruchstücke einer dem Hypudaeus aquaticus und arvalis verwandten Mäuseart, so dass das äussere Ansehen kein bestimmtes Kennzeichen des Fundorts abgibt, und also die folgenden Ueberreste wohl grösstentheils mit Recht als in dem mit Molassesande gemischten Diluvial- oder älteren Alluvialboden gefunden anzunehmen sein dürften.
A. Von reissenden Thieren fanden sich in den von Hrn. von Me^^en fisch erhaltenen Sendungen von Langenbrunn, ausser den
1) zuvor angeführten Ueberresten von zwei Individuen des Vrsus spelaeus \
einer Hirschart von der Grösse des Axishirsclis; 6) den unteren Theil des Oberarmknocliens eines etwas grösseren Kirschs, der auch wohl dem gemeinen Hirsche zugehört haben könnte, aber mehr das Ansehen fos- siler Knochen hat, als die entschieden dem gemeinen Hirsche zuge- hörigen Geweihstücke ; 7) mehrere Ueberreste namentlich ein Schädelbruch- stück des Stiers klebten stark an der Zunge; 8) in grösserer Zahl kamen. Zähne und Knochen des Pferds, namentlich auch Mittelfussknochen (wie ^bei Cannstatt) vor, und darunter zeichnete sich ein vollständig erhaltener linker Calcaneus durch seine Grösse aus: 9) ausser mehreren Bruch- stücken von Röhrenknochen, namentlich von Oberarmknochen fand man einen vollständig erhaltenen linken Astragalus des Rhinoceros tichorhinus, folglich nahezu Ueberreste sämmtlicher sonst in dem Diluvialboden oder älteren Alluvialboden gewöhnlich vorkommenden Säugethiere.
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2) von Hyaena spelaea ein sehr tief abgeriebener zweiter linker unlerer Backzahn, Taf. II, Fig. 1, 2, der zu einem Bruchstücke der linken Oberkieferhälfte mit einem ebenso tief abgeriebenen dritten Backzahne und einem etwas verstüm- melten vierten Backzahne passt, die somit einem sehr grossen alten Thiere angehörten, das jedoch etwas kleiner war als das Thier, welchem das (A. Tab. XIV. Fig. 5 u. 6) abgebildete Bruch- stück des Oberkiefers von Cannstatt angehört halte. — Einem zweiten Individuum, das mit jenem ziemlich gleiche Grösse ge- habt haben mochte, gehört ein Bruchstück der rechten Hälfte des Oberkiefers an, in welchem der dritte und vierte Backzahn erhalten ist. Der dritte Backzahn ist etwas weniger, der vierte etwas tiefer abgerieben, als bei dem vorigen Exemplar, doch wäre es immerhin möglich, dass beide Exemplare einem Thiere zugehört hätten. Dies ist ausser Zweifel bei zwei Bruchstücken der rechten und linken Hälfte des Oberkiefers, von welchen die rechte den schon tief abgeriebenen Eckzahn und die zwei fol- genden Backzähne enthält, der vordere linke dagegen fehlt. Ein Bruchstück des vierten rechten Backzahns könnte gleichfalls zu diesem Thiere gehört haben, dessen Zähne in Grösse und Form fast ganz mit denen eines grossen vom Cap erhaltenen Schädels der Hyaena crocuta übereinkommen. Zu diesen zwei bis drei alten Thieren zugehörigen Exemplaren kommt nun ein Bruch- stück der rechten Oberkieferhälfte eines jungen Thiers, *) in welchem der zweite und dritte Backzahn vollständig erhalten ist (Taf. II. Fig. 3, 4). Der letztere ist ziemlich abge- rieben, zugleich fängt aber der erste Ersalzbackzahn an, aus der Alveole hervorzutreten. Ausserdem gehören diesem Thiere der loose erste obere linke Backzahn und ein Bruchstück des Keims eines vorletzten unleren Backzahns zu. Dieses Kiefer- bruchstück bietet insofern ein besonderes Interesse dar, als es auf die Yergleichung des Backzahns von Amphicyon Eseri Ptien.
*) Owen (British fossil Mammals) theilt p. 157, Fig. 61 die Abbil- dung des Unterkiefers einer jungen Hyäne aus der Kentshöhle mit, wo ebenso, wie in den Höhlen von Kirkdale und Oreston Ueberreste von jungen Hyänen gefunden wurden.
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führt, welchen ich (B. Tab. LXXII. Fig.2t) copiren Hess und dessen Verschiedenheit von dem entsprechenden Backzahne des Amphi- cyon minor und intermedius so wie mehrerer ^rwandter reissen- der Thiere ich ebend. p. 820 aus einander setzte, und jetzt die Vermulhung beifüge, dass jener Zahn von Amph, Eseri vielleicht mit dem hier angeführten Milchzahne der Hyäne übereinkomme.
3) a. Der vorletzte obere rechteBackzahnTaf.il. Fig. 5 kommt in der Form ganz mit dem der verschiedenen Arten der Gattung Canis und in Grösse mit dem eines Wolfs überein , dessen Schä- del eine Länge von 85'" hat. b. Einem etwas grösseren Schä- del von 95'" Länge des gewöhnlichen Wolfs entspricht das später in meiner Gegenwart aufgefundene Bruchstück der rechten Ober- kieferhälfte Taf. in. Fig. 62 mit dem dritten, vierten und fünften Backzahne, die ich der vollständigeren Vergleichung wegen von der innern Seite zeichnen liess. Zu diesem Oberkiefer gehört auch der vollkommen erhaltene rechte Eckzahn, Taf. III, Fig. 63, 64. Diese Exemplare geben mit Bestimmtheit zu erkennen, dass die Grösse des fossilen Wolfs auch von dem jetzt lebenden noch erreicht werden kann.
4) Einem kleineren Wolfe oder Hunde, etwas grösser als der Canis anthus, dessen Schädel 73'" lang ist, gehört der erste obere rechte Backzahn Taf. II. Fig. 6 zu, so wie der äussere obere rechte Schneidezahn Fig. 7 u. 8, der jedoch etwas schmäler und höher als bei dem C. anthus ist, und zu dem eines Wind- spiels passt, dessen Schädel eine Länge von 66"' hat. Er könnte also wohl einem jungen Wolfe angehört haben, von welchem ich später Bruchstücke des Unterkiefers mit einigen Zähnen in Langenbrunn fand.
5) Der untere Eckzahn Fig. 9, 10 ist nur wenig kleiner als der des Schädels eines Fuchses von 60'" Länge, ungefähr von der Grösse des unteren Eckzahns von C. pallidus. Zu diesem Zahne würden
6) zwei obere Zähne Taf. IL Fig. 11—12 in Absicht auf Grösse ziemlich passen, jedoch sind sie etwas schmäler und die Kronen nur halb so lang als bei dem Canis pallidus, sie kommen indess sehr nahe mit den äusseren oberen Schneidezähnen des
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bemerkten Schädels eines Fuchses überein, die sie nur wenig an Grösse übertreffen. Ebenso dürften
7) als die ä^^sseren oberen Schneidezähne einer Hundeart anzusehen sein zwei beinahe gleichgrosse, von beiden Seiten nach hinten zusammengedrückte und eine scharfe Kante nach hinten bildende Zähne Taf. II. Fig. 13, 14, indem sie mit denen eines Windspiels (von 66'" Schädellänge) übereinkommen, da an den verschiedenen Schädeln von Hunden und Füchsen die kleinen Modificationen in Form und Grösse, welche in den voranstehenden Beispielen bemerkt wurden, ihre entsprechenden Repräsentanten finden.
8) Mehrere Backzähne Taf. II. Fig. 15, 16 gehören entschie- den einer Katzenart zu; darunter waren drei hinterste untere rechte Backzähne, die in Grösse etwas verschieden aber von völlig gleicher Form und dadurch ausgezeichnet sind, dass der hintere Absatz an demselben Zahne stärker entwickelt ist, als bei den Katzen, namentlich an dem in Grösse nahezu übereinkom- menden hinteren Backzahne des Luchses, und von der mittleren Erhöhung getrennt frei hervorragt. Für die Abbildung ist der in Grösse mittlere der drei Backzähne gewählt worden. Ent- schieden demselben Thiere gehören zwei in Grösse nur sehr wenig verschiedenen Exemplare des zweiten unteren Backzahns, Taf. II. Fig. 17, 18, welche in Grösse und Form demselben Zahne des Luchses sehr ähnlich sind, jedoch auch mit etwas stärkerer Entwicklung des hintern Ansatzes.
9) Das Bruchstück der rechten Unterkieferhälfte Taf. IL Fig. 19, 20 mit dem letzten und vorletzten Backzahne gehört ohne Zweifel dem Agnotherium antiquum Kaup an, von welchem ich (A. Tab. IX. Fig. 48, 49) ein Bruchstück eines vorletzten unteren Backzahns aus den Bohnerzgruben am Ochsenberg bei Ehingen habe abbilden lassen. Diese Zähne haben nahezu die Grösse der Zähne eines Löwenschädels von 115"' Länge, sie weichen jedoch in Form merklich von diesen ab, und insbeson- dere ist die Form der einzelnen Abtheilungen des vorletzten Backzahns charakteristisch für Agnotherium antiquum.
10) In der linken Unterkieferhälfte Taf. II. Fig. 21 eines Wiesels (Mustela vulgaris') ist der kleine höckerige Backzahn,
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so wie der Fleischzahn und der vor diesem stehende dritte Back- zahn erhalten. Der Knochen und die Zähne haben zwar kein frisches Ansehen, dürften aber doch wohl neueren Ursprungs sein. Dagegen zeichnet sich
11) der Keim eines oberen Backzahns Taf. II. Fig. 22, 23, der wegen seiner Aehnlichkeit mit dem des Ursus americanus als der vorletzte obere linke eines zu der Familie der Suhursini gehö- rigen Thiers anzusehen sein möchte, durch seine gleichförmige braune Farbe aus; er ist indess um die Hälfte kleiner, als der des amerikanischen Bars, also ungefähr von der Grösse desselben Zahns an dem Schädel des Dachses, dem er aber, so wie dem aller anderen Subursi weniger ähnlich ist als dem des amerikani- schen Bars, mit Ausnahme vielleicht des Diabolus ursinus von Yan Diemensland der Cynogale CPotamophilus) , sowie des ArcHctis bin- turong, deren Schädel ich aber nicht in der Natur vergleichen konnte.
B. Von Nagethieren kam
1) eine grosse Zahl von Ober- und Unterkiefern des Hypu- daeus amphibms vor, einige gehören vielleicht auch dem Hypu- daeus arvalis zu. Sie schienen relativ neueren Ursprungs zu sein, als die gleichnamigen bei Cannstatt gefundenen Ueberreste (A. Tab. XV. Fig. 20—42). Aus fast allen sind die Backzähne ausgefallen und die Kiefer selbst mehr oder weniger beschädigt, so dass ich blos einen beinahe vollständig erhaltenen Unterkiefer Taf. II. Fig. 24 vorfand. Während die Backzähne Fig. 25 über die Gattung Hypudaeus keinen Zweifel übrig lassen, geben die Schneidezähne und die Fortsätze des Unterkiefers unzweifelhaft die Aehnlichkeit mit den übrigen Nagern und namentlich mit den Mäusen zu erkennen. Diesen schliessl sich noch bestimmter
2) das Bruchstück einer linken Unterkieferhälfte Taf. II. Fig. 26 mit den drei Backzähnen an , welche wenig in Absicht auf Form von denen des Hamsters (Cricetus frumentarius) abweichen, aber ebenso, wie das Bruchstück eines oberen Schneide- zahns Fig. 32 auf eine Grösse des Thiers hinweisen, welche die gewöhnlichen des Hamsters nahezu um ein Drittheil übertrifft, wobei jedoch zu bemerken ist, dass dieselbe bei verschiedenen Individuen auch bei sonst normaler Beschaffenheit sehr variirt. Mehrere Ueberreste setzen
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3) das Vorkommen des Murmel thiers (Arctomys alpinus) ausser Zweifel. Das Bruchstück der rechten Unterkieferhälfle mit den vollkommen erhaltenen Zähnen Taf. II. Fig. 27, 28 über- trifft den Unterkiefer eines 34'" langen Schädels des Alpenmur- melthiers nur wenig an Grösse, doch stimmt die Grösse des Unterkieferbruchstücks sowohl als eines einzelnen Schneidezahns des rechten Ober- (Fig. 29) und Unterkiefers (Fig. 30) und des dazu gehörigen Bruchstücks einer zweiten rechten Unterkiefer- hälfte mehr zu dem vollständig erhaltenen Unterkiefer des Mur- melthiers aus der Molasse von Eppelsheim {Arctomys primigenius Kaup), das selbst wieder etwas kleiner ist, als das in dem san- digen LÖSS von Aachen gefundene Murmelthier {Arctomys aquis- granensis Debey), welche ich beide nach Originalien vergleichen konnte, die ich der Gefälligkeit der Herren Kaup und Debey verdanke. Die Länge des bei Eppelsheim gefundenen Schädels beträgt 37'". Ausser den angeführten Bruchstücken kamen auch noch ein oberer (Fig. 31) und ein unterer (Fig. 32) Schneidezahn vor, welche nicht einmal die Grösse der Schneidezähne des frischen Schädels haben. Es dürfte demnach mit Recht zu zweifeln sein, ob die bisher in fossilem Zustande aufgefundenen Ueberreste wirklich auf eine oder gar zwei Arten von Arctomys zu deuten seien, welche von der jetzt noch lebenden verschieden waren, indem unter drei Schädeln des letzteren die Länge 32, 33 74'" und 36'" beträgt, unerachtet die gleichartige Beschaffenheit derSuturen auf ein beinahe gleiches Aller schliessen lässt, so dass also der Eppelsheimer Schädel nur um 1'" länger ist, als der zuletzt an- geführte Schädel eines Alpenmurmelthiers. Sehr erwünscht war mir zu weiterer Vergleichung der an verschiedenen Fundorten gefundenen Ueberreste von Murmelthieren noch die auf p. 130 Note * bemerkte untere Hälfte des linken Oberarmknochens des Murmelthiers Taf. III. Fig. 66 zu erhalten, indem ich denselben nicht nur mit dem zweier Scelelte erwachsener Alpenmurmel- thiere Fig. 65,- sondern auch mit einem vollständigen Oberarm- knochen von Eppelsheim Fig. 67 und mit der fast an der gleichen Stelle der Diaphyse abgebrochenen unteren (linken und rechten) Hälfte zweier Oberarmknochen von Aachen Fig. 68, 69 verglei- chen konnte. Es ergibt sich daraus, dass die Breite des untern
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Gelenksendes an dem linken Knochen vonLangenbrunn von Fig. 66 a bis b = IOV4'", ^" ^^^ einen von Aachen am bedeutendsten = I2V4'" ist, an dem (hier auch als linken gezeichneten) rechten ebendaher nur 10'" beträgt, bei dem Fig. 71 linken von Eppels- heim dagegen IIV2'". An den zwei Sceletten lebender Murmel- thiere beträgt die Breite derselben an dem zu dem Schädel von 36"' Länge gehörigen Oberarmknochen Fig. 66 10'", an dem des andern Sceletts mit 33"' Schädellänge nur 8V2'"- Di- zu der äussern Seite der Diaphyse sich heraufziehende dünne Gräthe ist bei den fossilen Knochen etwas mehr entwickelt, als bei den frischen Knochen, jedoch ist der Unterschied sehr gering, und verliert dadurch an Bedeutung , dass seine Entwicklung mit dem Alter zuzunehmen scheint, indem er an dem kleineren rechten Oberarmknochen von Aachen und an dem kleineren frischen Scelett weniger entwickelt ist. Allen fossilen und frischen Knochen ist die kleine Oeffnung der Scheidewand zwischen der vordem und hintern Gelenksgrube gemein, sie fehlte jedoch vielleicht an dem linken Oberarmknochen Fig. 68; bei den Knochen von Eppelsheim und Aachen ist der nach dem Innern Gelenkshöcker von dem untern Theil der Diaphysc abgehende, bei dem Knochen von Langenbrunn und den frischen Knochen fast wie bei den Katzen- arten abgesonderte und eine Brücke bildende Fortsatz c nicht durch einen Zwischraum von dem Knochen getrennt, sondern nur durch eine entsprechende Erhöhung angedeutet. Ob letzterer Unterschied bei der vollkommenen Uebereinstimmung in der Form anderer Knochen, z. B. des Femur, Cubitus , des Becken- theils mit der Pfanne, die ich vergleichen konnte, einen speci- fischen Unterschied zwischen den Murmelthieren der drei Fund- orte begründen könnte, muss ich bezweifeln; jedenfalls fällt er zwischen dem Murmelthier von Langenbrunn und dem Alpen- murmelthier weg. Des Vorkommens des Murmelthiers in dem Diluvial- oder älteren Alluvialboden von Cannstatt habe ich zu- erst 1845 im zweiten Hefte des ersten Jahrg. der würtlemb. naturw. Jahreshefte nach einem von der im Jahr 1700 gemachten Ausgrabung herrührenden Lendenwirbel erwähnt, und wiewohl diese Deutung nach Hrn. v. Meyer's Ausdruck (Jahrb. f. Mi- neralogie 1847, p. 184) etwas kühn gewesen sein mag, so dürfte
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sie doch durch die B. pag. 889. Tab. LXXI. Fig. 9-11) mit- getheilte Beschreibung und Abbildung hinlänglich begründet sein. Sie hat überdies durch die ebendaselbst von Hrn v. Meyer angeführte Beobachtungen über das Vorkommen des gewöhnlichen Murmelthiers in dem Diluvium von Mosbach bei Wiesbaden und sogar von mehreren Exemplaren aus einem Schachte von Käslrich, aus dem Diluvium bei Olmüz im Voigtlande von Kaup und aus einer Höhle bei Schlangenberg von Fischer von Waldheim eine Bestätigung erhalten. Es liefert somit das Vorkommen der Ueberreste des Murmelthiers bei Langenbrunn, einen weiteren Beleg für die weite Verbreitung dieses Thiers in den Ablage- rungen des Diluviums oder älteren Alluviums, die sich eben damit den neueren Ablagerungen anschliessen und auf eine grös- sere Ausdehnung der Fauna der Alpen und durch das gleichzeitige Vorkommen der Ueberreste des Rennthiers auf eine grössere Aus- dehnung der Fauna des Nordens in einer früheren Zeit hinweisen. C. Wiederkäuer. 1) a. Das vollständigste Exemplar ist das Bruchstück der linken Oberkieferhälfte mit dem zweiten, dritten und vierten linken Back- zahn Taf. II. Fig. 33, 34. Der Grad der Abreibung der Kronen nimmt von vornen nach hinten ab, so dass die hintere Hälfte des vierten Backzahns nur eine Spur von Abreibung zeigt. Diese fehlt da- gegen ganz an dem Keime eines wahrscheinlich fünften rechten Backzahns Fig. 35, 36 (welchen ich als linken zeichnen Hess, um ihn in eine Reihe mit den vorigen stellen zu können), der ganz in die am hinleren Theile des Kieferbruchslücks befindliche Höhlung der noch übrigen Wand der Alveole passt. In x4bsicht auf Form und Grösse kommen diese Zähne ganz mit denen eines Renthierschädels von 123"' Länge überein, an welchem auch nur vier Zähne im Gebrauche waren, und die zwei hinteren noch in den Alveolen verborgen sind. *)
*) Dieser Schädel zeigt noch eine eigenthüraliche Beschaffenheit der Geweihe, die in der von Cuvier Tom. IV. Tab. 4 mitgetheilten Ueber- sicht der Geweihabänderungen des Rennthiers nicht dargestellt ist. Es fehlen nämlich an beiden Stangen die Augensprossen, und jene theilen sich erst 8 — 9" über ihrem Ursprünge gabelförmig in 2 Sprossen, von welchen die eine den Anfang einer weiteren Theilung zeigt.
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b. Das Bruchstück des Stirnbeins mit dem untern Theile des Geweihs ebenfalls ohne Augensprossen Taf. II. Fig. 37 scheint gleichfalls dem Rennthier, etwa Cervus tarandus Schottii zuzu- gehören, ist aber um V3 etwa dicker als das des oben bemerkten Schädels des Rennthiers ; es gehörte also wahrscheinlich einem älteren Thiere zu , als das Bruchstück des Oberkiefers. Die Be- schafTenheit des Geweihs des oben bemerkten Schädels muss übrigens zur Vorsicht in Betreff der Schätzung des Werths der Geweihstücke für die Bestimmung der Species von Hirschen auf- fordern. Hiezu kommt nun noch c) der untere Gelenkstheil des Oberarms und ein vierter oberer Backzahn eines Hirschs von der Grösse des Dammhirschs, wie oben schon bemerkt.
2) Ein Bruchstück der rechten Unterkieferhälfte mit dem zweiten, dritten, vierten, fünften Backzähne gehört ohne Zweifel dem Schaafe zu; die einzelnen Zähne kommen in Form und Grösse mit denen eines 100'" langen Schädels eines gemeinen Schaafs überein; der Knochen klebt jedoch ziemlich stark an der Zunge. Die Zahnkronen sind tief abgerieben und es könnte da- her ein vierter linker oberer Backzahn wohl zu demselben Thiere gehört haben, indess ein noch fast gar nicht abgeriebener vierter oberer rechter einem merklich jüngeren Thiere, Schaaf oder Ziege, zugehört haben mochte. Einem dritten Thiere gehörte ein Bruchstück der linken Unterkieferhalfle mit den zwei hinteren ziemlich tief abgeriebenen Backzähnen zu. Die Grösse der letz- teren ist merklich geringer als die derselben Zähne des 76'" langen Schädels einer jungen Ziege, welchen sie übrigens in Absicht auf Form und insbesondere auch in Absicht auf die sehr lange Wurzel ähnlich sind.
3) Ein frischeres Ansehen hat der vollständig erhaltene erste rechte obere Backzahn eines Stiers , der durch die geringere Breite von innen nach aussen und die grössere Länge seiner Krone sich von dem sonst ähnlichen Zahne aus den Bohnerz- gruben von YöhringendorfT Taf. III. Fig. 25 — 27 unterscheidet.
4) Ein sehr tief abgeriebener erster rechter unterer Schneide- zahn Taf. II. Fig. 38, 39 kann ebensowohl einem grossen Stier als einem grossen Hirsche zugeschrieben werden. Für erstere Annahme spricht die beinahe völlige Uebereinstimmung der Form der
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vorderen Seite der Krone und der Abreibungsfläche mit dem ersten rechten unteren Schneidezahn eines Bisonschädels von 17" Länge; nur ist der fossile Zahn noch etwas grösser; die schwärzliche Färbung des Schmelzes der Krone und die schwärz- lich braune Farbe der Wurzel entspricht der anderer entschieden fossiler Zähne dieser Ablagerung, welchen er also wohl zuzu- zählen sein dürfte, wenn er gleich nur wenig an der Zunge klebt, wie dies der Fall ist bei dem (A. Tab. V. Fig. 59—61) abgebildeten noch grösseren Schneidezahn aus den Bohnerz- gruben, den ich desshalb nur zweifelhaft A. pag. 22 den Zähnen einer grossen Antilope anreihte, weil er mit den Schneidezähnen eines Cervus macrotus am meisten Aehnlichkeit hat. Für die zweite Annahme, dass dieser Schneidezahn einer sehr grossen Hirschart zugehört habe, könnte angeführt werden, dass
5) bei Grabung eines Brunnens in Sigmaringendorf in einer Tiefe von 45' ein Bruchstück des rechten Oberkieferknochens mit den zwei hintersten Backzähnen und der geöffneten Alveole des vor ihnen stehenden Backzahns gefunden wurde, welche entschieden einer grossen Hirschart zugehört. Der Kiefer- knochen ist von grauer, die Zähne von bläulich grauer Farbe. An letzteren ist die äussere Tafel, von dem hintersten Zahne auch ein Theil des hinteren Bogens weggebrochen. In Grösse kommen sie mit den bei Cannstatt gefundenen oberen Backzähnen (A. Tab. XVII. Fig. 5) überein. Der vorletzte Zahn zeichnet sich durch den starken Zapfen in der Mitte zwischen den zwei Halbmonden aus, gleichfalls entsprechend dem fünften oberen rechten Back- zahn (A. Tab. XVII. Fig. 7) von Cannstatt. Letzterer ist jedoch etwas kleiner als der des Exemplars Fig. 5 und als der des Exemplars von Sigmaringendorf, welches ohne Zweifel dem Cervus dama giganteus zugehört, von welchem wenigstens ein Bruchstück eines Geweihs in der fürstlichen Sammlung zu Sig- maringen aufbewahrt ist, das wahrscheinlich auch in der Um- gegend gefunden worden war, indess kein näherer Grund vor- vorliegt, das in Sigmaringendorf gefundene Kieferbruchstück dem Cervus strongyloceros elaphus zuzuschreiben , dem da- gegen der untere Theil eines sehr grossen Geweihs zugehören könnte, das in Grösse das Geweih eines Achtzehnenders über-
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trifft, und mit der des Geweihs eines ausgewachsenen canadisehen Hirschs übereinkommt. Mit dem gemeinen Hirsche hat es das nahe Beisammenstehen der zwei ersten Sprossen, deren Anfang erhalten ist, gemein, indess es dem Geweihe des canadisehen Hirsches durch die fast ebene Fläche der innern Seite ähnlicher ist und darin auch mit den in Stuttgart und bei Cannstatt ge- fundenen Geweihstücken (A. p. 153. Tab. XVH. Fig. 10—12) übereinkommt, wesshalb ich die Abbildung von Nr. 5 und 6 hier unterlasse, indem ich dieselbe einer speciellen Yergleichung der in den verschiedenen Formationen Württembergs vorkom- menden Wiederkäuer vorbehalte. D. Dickhäuter.
1) Von dem gewöhnlichen Pferde fanden sich in dem eisenschüssigen sandigen Mergel bei Langenbrunn mehrere sehr gut erhaltene, schon ziemlich abgeriebene obere Backzähne, die auf eine grosse Rasse schliessen lassen, ebenso wie der Keim des ersten linken oberen und des ersten rechten unteren Back- zahns, von welchen letzterer eine gelblichbraune, ersterer eine schwärzlichbraune Farbe zeigt, die bei einem tief abgeriebenen dritten linken oberen Backzahne ins Schwarzbraune übergeht, welche Farbe auch
2) einem Paar weniger gut erhaltenen Backzähne (wahrschein- lich jedoch nicht bei Langenbrunn aufgefunden) des Hippotherium gracile zukommt , die dadurch und durch ihre Abrollung den in den Bohnerzablagerungen aufgefundenen Zähnen dieser Gattung entsprechen. Ein vollkommen erhaltener Hufknochen eines Pferds hat dagegen die gleichförmige blass ockergelbe Farbe mit den oben bemerkten Geweihstücken und den Bruchstücken von Kie- fern der oben unter C 1 und 2 angeführten Wiederkauern, und den unter A. 2 angeführten Kieferbruchstücke der Hyäne gemein. Die soeben, sowie die oben pag. 130 Note * angeführte Knochen deuten zum Theil auf grosse Pferde, jedoch fand ich keinen Knochen, der die Grösse der auf dem Rosenslein gefundenen erreicht; vielmehr zeigen auch die hier gefundenen Ueberreste des Pferds eine Abstufung der Grösse, wie die bei Cannstatt gefundenen. Ein kleines Bruchstück von der Krone eines Back- zahns des gewöhnlichen Schweins hatte dieselbe bläulichte
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Färbung, wie ähnliche mit den Bohnerzen der Alb aufgefundenen Bruchstücke.
4) Die aufgefundenen Zähne von Rhinoceros gehören wohl dem Rhinoceros tichorhinus zu, wiewohl sie durchgängig kleiner sind, als die im Diluvium, z. B. bei Cannstalt aufgefun- denen Backzähne. Letztere zeigen übrigens ziemlich verschie- dene Grössenverhältnisse , wie die zwei vollständige Zahnreihen des Oberkiefers eines sehr grossen Schädels des Rhin. tichorhinus beweisen, w^elche in neuerer Zeit in der Nähe von Stuttgart aufgefunden wurden, indem die Zähne gleichfalls kleiner sind, als die sonst bei Stuttgart und Cannstatt aufgefundenen. Ausser einem zweiten und dritten rechten oberen Backzahne, welche noch in einem bei Hellingen gefundenen Bruchstücke des Kiefers Taf. II. Fig. 40 stecken, fand sich der zweite obere und der vierte obere linke, ersterer weniger, letzterer ungefähr ebenso stark abgerieben als die noch in dem Kieferbruchslücke steckende, sodann der Keim eines dritten oder vierten oberen rechten Back- zahns Taf. II. Fig. 41 grösser als der Keim des zweiten oberen Backzahns des Rhin. tichorhinus von Cannstatt. Interessant war mir insbesondere der noch sehr junge Keim eines wahrscheinlich dritten oberen linken Backzahns Fig. 42 zur Vergleichung mit dem (A. Taf. IL Fig. 15, iß) abgebildeten schon gebrauchten Zahne des Rhinoceros von Steinheim , da der Keim von Langenbrunn mit diesem fast gleiche Grösse hat, aber ebenso wie von dem A. Taf. IL Fig. 13 u. 14 abgebildeten Keime des fünften oberen rechten Backzahns des Rhinoceros von Steinheim, das noch etwas kleiner als Rhin. minutus ist, in der Form abweicht. Bei der durchgreifenden Verschiedenheit der Zähne von Langenbrunn von denen des Rhin. incisivus und minutus und ihrer grossen Aehnlichkeit mit denen des Rhin. tichorhinus nehme ich keinen Anstand, die Identität derselben mit letzterer Species, jedoch mit der Bemerkung auszusprechen, dass sie kleineren Thieren angehörten , als die sonst im Diluvium aufgefundenen Zähne des Rhin. tichorhinus, da sie nicht wohl als Milchzähne angenommen werden können. Immerhin dürfte es nicht unwahrscheinlich sein, dass jene Zähne von Langenbrunn ursprünglich dem Dilu- vialboden angehört haben. Das ausschliessliche oder wenigstens
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unzweifelhafte Vorkommen des Rhin. tichorhinus bei Langenbrunn besläligle sich mir auch durch die oben angeführten Knochen, namentlich Oberarmknochen, Radius, Tibia, und den vollkommen erhaltenen linken Astragalus des Rhin. tichorhinus , der die frühern bei Cannslatt und Stuttgart gefundenen noch etwas an Grösse übertrifft.
5) Vom Elephanlen, Elephas primigenius , fand man ein paar kleine Bruchstücke eines Stosszahns oder vielmehr des dich- teren Kerns desselben gegen die Spitze zu. Die Länge des grössten desselben beträgt nur 2^2^» und der längere Durch- messer desselben 13'", der kürzere 10'". Die äussere der Länge nach gestreifte und mit dem Kerne concentrische Schale ist 172'" dick. Zugleich wurde ein durch seine Kleinheit ausge- zeichneter Backzahn des Elephanten Taf. IL Fig. 43 überschickt. Seine Länge beträgt nur 2%", die grösste Breite nur 15"'. Wie der eine der von Giebel beschriebenen Backzähne seines Elephas minimus hat der fragliche Zahn 9 Querlamellen, von welchen 6 in Abreibung begriffene zusammen eine 2" lange und 10'" breite Fläche bilden. Der Zahn ist, wie bei den grösseren Zähnen des Elephas primigenius mit einer an den Seiten der abgebrochenen Wurzel 2'" dicken Cämentschichte bedeckt, und gleicht in der ganzen Form, der Zunahme der Höhe und Dicke nach hinten und den noch nicht zur Abreibung gekommenen zwei hintersten Lamellen ganz den in gleicher Stellung befind- lichen Backzähnen des Mammuth (Elephas primigenius). Er hat also ungefähr die Grösse der von Buckland*) dargestellten Backzähne, und ist allerdings das kleinste Exemplar, das mir unter den vielen im Diluvium aufgefundenen Backzähnen vorge- kommen ist. Das von Buckland 1. c. Fig. 2 abgebildete Exem- plar ist jedoch noch bedeutend kleiner. Buckland leitet aber auch die ungewöhnliche Kleinheit des Zahns von der Jugend des Thiers ab, und es erscheint diese grosse Differenz in der Grösse allerdings bei den Backzähnen des Mammuths weniger unerwartet, da ihre Erneurung den Elephanten durch das ganze Leben hindurch zu begleiten scheint, und also die verschieden
*) Reliquiae diluviauae 2d. Edit. pag. 18. Tab. 7. Fig. 1.
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grossen Backzähne mit dem Alter des Thiers und dem Wachs- Ihum der Kiefer im Verhältniss stehen dürften. Es scheint über- dies nach den von Fairholme*) mitgetheilten Beobachtungen eine bedeutende Verschiedenheit der Grösse von Elephanten statt zu finden , je nach dem Vaterland. Ein solcher aus Ceylon in dem Regentsparke zu London befindlicher Elephant war nicht grösser als ein kleiner hochschotlischer Ochs, ohne dass speci- fische Verschiedenheiten zwischen jenem und einem indischen Elephanten angegeben sind, der gleichzeitig daselbst sich befand. Auch konnte ich keine nähere Verwandtschaft mit den von Fischer v. Wald heim **) und Eichwald***) aufgestellten, immerhin noch zweifelhaften Arten finden, noch auch mit einem vollkommen ausgebildeten Backzahne von SVg" Länge und bei- läufig 18'" Breite der Malmfläche , welcher angeblich aus Sibirien und mit der Bezeichnung Eleph. panicus in die Sammlung des Bergraths Dr. Hehl gekommen war, und dessen äusseres An- sehen sowohl als die vollkommene Ausbildung der Wurzeln es wahrscheinlich macht, dass er einem ausgewachsenen Thiere zu- gehört habe. Allein für die Annahme einer eigenen kleineren Species von Mammuth lässt sich immerhin die vollkommene Ausbildung dieser kleinen Zähne, die namentlich in Russland häufiger vorzukommen scheinen , anführen. Die kleinere Zahl lebender Species von Elephanten lässt übrigens der Analogie nach auf eine kleinere Zahl der fossilen Species schliessen, wie die grössere Zahl fossiler Species von Rhinoceros mit einer grösseren Zahl lebender Species zusammentrifft, welche erst in neuerer Zeit noch eine Ergänzung erfahren hat.
6) Die ziemlich abgerollte Krone des Backzahns Taf. IL Fig. 44 ist mit einer dünnen Schichte Cämentsubstanz umgeben, und lässt (Fig. 45) auf der Kaufläche die querstehenden durch Cäment- substanz, wie bei dem Elephanten getrennten Schmelzlamellen erkennen. Man könnte daher wohl geneigt sein, diesen Zahn
'0 Froriep Notizen XLI, Bd. Nr. 893. **) Nouveaux Memoires de la Societe des Natur, de Moscou Tom. 1. "•'"'•=) Nova Acta Nat. Curios Tom. XVII. Par. 2. Weitere genaue Auf- schlüsse wird hierüber das eben begonnene Werk Eichwald „Lethaea Rossica" gewähren.
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für den ersten des Ober- oder Unterkiefers eines jungen Ele- phanten anzusehen, -wie ihn Blainville von dem asiatischen und afrikanischen Elephanten (Odontographie Tab. VII. und IX.) abgebildet hat. Die näheren Angaben Blainville's pag. 60— 66 über die Schmelzlamellen, die Wurzeln und selbst die Verhält- nisse der Grösse lassen diese Annahme nicht wohl zu und führen vielmehr auf die Vermuthung, dass der Zahn einem den Pha- cochaerus aethiopicus ähnlichen Säugethiere zugehört haben dürfte, da ausser Phacochaerus kein anderes Säugelhier dem Elephanten in der Stellung der Schmelzlamellen der Backzähne ähnlich ist. Die hinterste derselben Fig, 45 a hat eine hufeisenförmige Biegung, die zweite b schliesst eine unregelmässige eiförmige Verliefung ein , die vorderste c eine ähnliche aber breitere. Ausser der Stellung der Schmelzlamellen kommt auch die eigenthümliche Form und Richtung der hintern Wurzel der des dritten oberen Backzahns eines jungen Sus (Phacochaerus) aethiopicus sehr nahe, dessen Schädel Home*) abgebildet hat. Bei der Versamm- lung der Naturforscher und Aerzle Deutschlands in Wiesbaden wurde mir indess die Gelegenheit zu Theil, den Schädel eines neugeborenen oder wenigstens sehr jungen indischen Elephanten zu untersuchen. Es ergab sich, dass die Krone des ersten oberen, noch mehr aber die des ersten unteren Backzahns der des fos- silen sehr ähnlich ist, aber ihn in Dicke und besonders in Länge merklich übertrifft, wenn man auch einige Verminderung der Dimensionen des fossilen Zahns in Folge der Abreibung in Rech- nung bringt. Die Beschaffenheit der Wurzeln der vordersten Backzähne des indischen Elephantenschädels konnte ich jedoch nicht untersuchen. — Zugleich war mir Gelegenheit gegeben, einige dem Elephas primigenius entsprechende Backzähne aus den Höhlen des Dolomits in der Gegend von Weilburg im Lahnthale zu vergleichen, welche bei aller sonstigen Aehnlichkeit doch noch kleiner sind, als der oben unter Nr. 5 angeführte Backzahn und gleichfalls in Verbindung mit häufigen Ueberreslen von Hyaena spelaea und Rhinoceros tichorhinus vorkommen.
Aus dem Alluvialboden erhielt ich von Schälzburg ein Bruch-
*) Lectures on comparative Anatomy Tab. XXXIX. Fig. 1. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 2s Heft. 10
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stück der Jinken Unterkieferhälfle eines jungen Schweins, von Inzighofen eine rechte Unterkieferhälfte des Schweins mit vier Milchbackzähnen, und eben daher ein Bruchstück der linken Unterkieferhälfle mit dem hintersten Backzahne eines Stiers von mittlerer Grösse.
Abgesehen von dem zuletzt genannten Fundorte, bietet die Ablagerung von Langenbrunn ein besonderes Interesse durch folgende Resultate über das Vorkommen mehrerer bisher nicht in unserer Nähe aufgefundenen Säugethierarten dar, wobei ich nur zu bedauern habe, dass bei einigen derselben nicht mit Gewiss- heil angegeben werden kann, ob sie dem oberen Boden (Dilu- vium oder älteren Alluvium) oder dem Molassesande ursprünglich angehören, der mit Eisen gefärbt, wohl auch eine Vermischung mit der Bohnerzablagerung vermuthen lassen konnte, indem manche fossile Ueberreste , wie das Agnotherium bisher blos mit den Bohnerzen in Württemberg, in ähnlichen Zahnbruchstücken gefunden worden sind, wie in der Molasseablagerung bei Eppels- heim. Auf der andern Seile haben die Ueberreste mehrerer Hyänen dieselbe bestimmt auf ihr Vorkommen in dem eisenhal- tigen Molassesand hinweisende gelbe Färbung, unerachtet sie bisher nur in dem Diluvium oder älteren Alluvium in der Gegend von Cannstatt, nicht aber in den Bohnerzablagerungen der schwä- bischen Alb gefunden worden sind, und auch in der Molasse- ablagerung von Eppelsheim zu fehlen scheinen. Es muss auf- fallen, dass hier in einem verhältnissweise kleinen Räume die Ueberreste mehrerer Individuen von Hyänen gefunden wurden, indess ihre Zahl auch in dem Diluvium bei Cannstatt etc. ver- hällnissweise sehr gering ist. Das Vorkommen des Kiefers einer jungen, gerade im Zahnwechsel begriffenen Hyäne deutet wohl neben der guten Erhaltung des Kieferbruchslücks darauf, dass die Thiere in der Nähe lebten , obgleich bis jetzt die Hyaena spelaea noch nicht neben dem Ursus spelaeus in der Erpfinger Höhle aufgefunden worden ist. Die Zähne von Felis deuten auf das ziemlich häufige Vorkommen einer Katzenart von der Grösse des Serval oder des Luchs, so wie andere Zähne kleineren Arten des Hunde- oder Fuchsgeschlechts zuzuschreiben sein mögen, und ein grosser Backzahn sowie das später gefundene Bruchstück
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des Oberkiefers höchst wahrscheinlich dem gewöhnlichen Wolfe zugehört. Dabei muss die verhällnissweise grössere Zahl von Ueberresten reissender Thiere hervorgehoben werden, die, wenn auch die unter 3 u. 7 angeführten Ueberreste von Canis und die unter 8 angeführten Ueberreste einer Katzenarl je nur für einer einzigen Species zugehörig angenommen werden, doch auf 7 Species hinweist. Sie steht insbesondere nicht in dem sonst beobachteten Verhälluisse mit der Zahl der Ueberreste pflanzen- fressender Thiere. Unter diesen gehört das Murmelthier ohne Zweifel dem gewöhnlichen Alpenmurmelthiere zu. Von letzterem ist vielleicht das in der Molasse bei Eppelsheim und dem san- digen Löss bei Aachen gefundene, nicht specifisch verschieden, es kommt indess im Ganzen nur selten und nur in einzelnen sparsamen Ueberresten mit denen des Rennthiers in dem Dilu- vium vor. Das Murmelthier und Rennthier begleiten also auch in der Ablagerung von Langenbrunn andere grössere Hirsch- arten, welche auch an andern Orten dem Diluvium nicht fehlen. — Ebenso theilt die Ablagerung von Langenbrunn 'mit dem Di- luvium das Vorkommen des Pferds, des Rhinoceros tichorhinus, des Elephanten, indess die beiden letzteren Pach^dermen durch ihre kleineren Dimensionen vielleicht etwas Eigenthümliches haben. Die dem Luchs in Grösse ungefähr gleiche Katzenart, und viel- leicht ein zu den Subursinis gehöriges Raubthier würden als Zuwachs zu der bisher bekannten fossilen Fauna unserer Gegen- den anzusehen sein, indess sehr ergiebige, den bisher bekannten entsprechende Fundorte, welche in neuerer Zeit aufgeschlossen worden sind, zwar einen sehr grossen Reichthum an Individuen bereits bekannter Arten beurkunden, aber ohne einen bedeuten- den Zuwachs neuerer Arten oder Gattungen zu liefern. Es gilt dies insbesondere von der Bohnerzablagerung von Frohnsletten, während die Bohnerzablagerung bei Vöhringendorff eine verhält- nissweise reichere Ausbeute von Gattungen und Arten gewährt hat und darin mehr der früheren in meinem Werke erwähnten Bohnerzgruben von Salmendingen u. s. w. entspricht.
10*
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II. üeberresle von Säiigethieren aus einigen Bohnerz- gruben der schwäbischen Alb. '^)
A) lieber die aus der Bohnerz ablagerung vonVöhrin- gendorff erhaltenen Ueberreste habe ich zuerst im Allgemeinen zu bemerken, dass sie sich durch ihre blassgelbe Farbe und die zugleich mehr oder minder ausgedehnte Flecken oder auch un- regelmässige dendritische Figuren von schwarzer Farbe von den durchweg ockergelb gefärbten Knochen und Zahnwurzeln und den fast durchaus dunkelkastanienbraun gefärbten und zugleich polirten Zahnkronen von Frohnstetten auszeichnen. Es kamen in Vöhrin- gendorff ferner nur wenige Exemplare von Palaeotherien und Anoplotherien vor, die dagegen von Frohnstetten in überwiegen- der Zahl erhalten wurden, wo dagegen nur wenige der in Vöh- ringendorff gefundenen, anderen Säugethierabtheilungen angehö- rigen Ueberreste gefunden wurden, namentlich gilt dies
A. von den Ueberresten reissender Thiere.
1) Die beiden Schwanzwirbel a und b Taf. III. Fig. 1 u. 2 ge- hören ohne Zweifel einer Katzena rt zu, welche etwas grösser war, als eine erwachsene Felis onca, deren Schädel von dem vorderen Rande des Hinterhauptslochs bis zum hinteren Alveolar- rande der Schneidezähne eine Länge von SOVa'" 1^^^-
a) Die Länge des Schwanzwirbels Fig. 1 von der vordem m zur hinteren n Gelenksfläche beträgt 17 V2", bei der Felis onca 13'"; er hat, wie bei dieser Fig. 1. vornen sechs, hinten drei Apophysen um die betreffende Gelenksfläche des Wirbelkörpers.
b) Der zweite Schwanzwirbel Fig. 2 ist in der Mitte abge- brochen; das wahrscheinlich hintere Enden des Wirbelkörpers hat nur vier Hervorragungen um das Gelenk. Unerachtet des etwas frischeren Ansehens kleben doch beide Knochen stark an der Zunge. Der Wirbel Fig. 1 unterscheidet sich von dem des
*) Vgl. darüber a) den Vortrag des Hrn. Pfarrverwesers Fr aas über tertiäre Ablagerungen auf den Höhen des Heuberges. Württemb. Jahresb. VHI. Bd. 1. H. p. 56. b) desselben Beiträge zu der Palaeo- therienformation das 2. Heft p. 218. Mit Tab. VI. u. VIL
Quenstedt württemb. naturw. Jahresh. VI. Jahrg. 2tes Heft, p. 164 und Handbuch der Petrefaktenkunde 1852.
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Hunds und Wolfs nicht nur durch seine verhältnissweise grössere Länge, indem die Länge des sechsten, siebenten und achten Schwanzwirbels eines jungen Wolfs, die etwa dem fossilen Wirbel entsprechen könnten, nur 11'" oder etwas weniger beträgt, in- dess die angeführten und die folgenden Schwanzwirbel durch die mehr runde cylindrische Form ihres mittleren Theils von dem fossilen abweichen, der dagegen durch die von oben nach unten etwas zusammengedrückte Form mehr mit den entsprechenden W^irbeln der Katzen übereinkommt. Dass dabei übrigens nicht an den Luchs gedacht werden kann, von welchem in der Willlinger Höhle ein grosser Theil des Sceletts von Herrn Forstrath Grafen v. Mandelslohe aufgefunden wurde (vgl. A. p. 96) und vor einigen Jahren sogar ein ausgezeichnetes Exemplar bei Wiesenstaig geschossen wurde*), braucht bei der Kürze seines Schwanzes und der einzelnen Schwanzwirbel kaum erinnert zu werden. Dasselbe gilt von dem Bären und wenn auch in minderem Maasse von der Hyäne. An dem Scelett eines längere Zeit in einer Menagerie erhaltenen Leoparden, an wel- chem jedoch die an mehreren Röhrenknochen befindlichen Knochen- auswüchse eine krankhafte Beschaffenheil zu erkennen geben, hat ein Schwanzwirbel zwar gleiche Länge mit dem ihm entsprechen- den fossilen a, ist aber merklich dicker. Die Annäherung beider Knochen in Absicht auf Form und Grösse ist jedoch insofern zu bemerken, als der Leopard allein unter den grösseren Katzenarten möglicherweise über einen Theil Südeuropas verbreitet gewesen sein, oder zeitweise südeuropäische Länder besucht haben könnte, so lange diese noch nicht von Afrika durch Meer getrennt waren.
c) Durch eine mehr gelbe Farbe unterscheiden sich von den Schwanzwirbeln die zwei Phalangen c. d. Fig. 3, 4, welche jedoch vermöge ihrer Form gleichfalls einer Katzenart zugehören, namentlich gilt dies von der hinteren Phalanx c. Taf. HI. Fig. 3, welche die gleiche Länge mit der ersten Phalanx der kleinen Zehe des Jaguar (Felis onca) hat, deren vorderes Gelenk dagegen breiter ist, als das der fossilen Phalanx.
d) Die andere erste Phalanx Fig. 4 übertrifft an verhältniss-
*) Vgl. Jahreshefte 2ter Jahrg. 2. H. p. 123.
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weiser Breite merklich die der Katzen und anderer reissenden Thiere und sie dürfte vielmehr einem Sohlengänger und selbst vielleicht einem Dickhäuter , namentlich einem Anoplotherium zuzuschreiben sein, deren Phalangenform der der reissenden Thiere nicht so ferne steht, als die Entfernung der sonstigen zoologischen Charaktere erwarten lässt. Die folgenden Zähne und Knochen scheinen dagegen einem anderen reissenden Thiere angehört zu haben. Von ersteren kommt
a) der vorletzte linke obere Backzahn Fig. 5 in der Zahl von drei Wurzeln und der Form der Krone und ihrer einzelnen Theile vollkommen mit dem entsprechenden Zahne eines 5" lan- gen Schädels des gemeinen Fuchs überein, nur ist er etwas breiler von aussen nach innen und sein Gaumentheil etwas schmäler, als der des Fuchses, und er nähert sich dadurch einiger- maassen dem entsprechenden Zahne der Yiverren und Herpestes.
b) der obere Theil eines rechten Eckzahns Fig. 6 kommt gleichfalls mit dem unleren Eckzahne des Fuchsschädels auch in der kleinen Abreibung seiner Spitze überein.
c) Ein kleineres Bruchstück eines linken Eckzahns Fig. 7 könnte wohl derselben Art und sogar demselben Individuum zu- gehört haben. Beide Eckzähne b und c unterscheiden sich übrigens von denen des Hundes und Fuchses durch die etwas mehr als bei diesen hervorstehenden hinteren Kante.
d) Das obere Ende eines Radius Fig. 8 weicht von dem des Scelelts eines Fuchses nur durch etwas grössere Breite und Dicke ab.
e) Ein vollständig erhaltener linker Calcaneus Fig. 9 misst auf seiner äusseren Seite von der vorderen Gelenksfläche bis zur Spitze des Fersenfortsatzes ITVj'", der des Fuchses 15%'"' eines erwachsenen Wolfs 25 V4'", der Felis onca 28'".
f) Ein dazu gehöriger Astragalus ist Fig. 10 ungefähr in gleichem Verhältnisse, wie der Calcaneus grösser als der des Fuchses.
g) Von drei ohne Zweifel demselben Thiere angehörigen hinteren Phalangen ist nur eine Fig. 11, ab ganz erhalten, von zwei andern aber nur der obere Theil mit der Gelenksfläche. Die grössere Aehnlichkeit derselben mit der der Katzen gegen- über von der des Fuchses insbesondere ist auffallend, sofern
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bei letzterem die hintere Plialanx überhaupt etwas schmächtiger und -weniger breit und von oben nach unten zusammengedrückt ist. Die Länge der ganzen fossilen Phalanx beträgt 9'", bei der Felis onca 15'". Somit dürfte sich wohl als Resultat er- geben, dass die unter Nr. 2 a — g angeführten Zähne und Knochen einem Kaubthiere zugehört haben, das etwas grösser als der Fuchs und im Zahnbau ihm ähnlich war, in dem Bau der Ex- tremitäten sich aber mehr den Katzen und Viverren näherte; vielleicht also Amphicyon Eseri?
B. Das Vorkommen von Nagern geben folgende Ueber- reste zu erkennen, von welchen der erste
1) ungefähr die Grösse eines grossen Eichhorns gehabt haben mochte, dessen Scelett auch die von Hrn. Prof. Quenstedt, Handbuch Taf. IH. Fig. 17—23 und 27, abgebildete Knochen sehr ähnlich sind, sowie die damit nahezu übereinstimmende, welche ich vergleichen konnte, und damit stimmen denn auch wohl die Zähne überein, welche Quenstedt ebendaselbst Fig. 24 — 26 abbildet. Wenn auch die von mir untersuchten Knochen etwas grösser als die von Quenstedt untersuchten sein dürften, so sind sie doch beträchtlich kleiner, als die des Murmelthiers, zwischen das und das Eichhorn Quenstedt 1. c. p. 43 die in den sigmaringischen Bohnerzen in grosser Zahl vorkommenden Nagerknochen seiner Sciurini stellt, deren Bestimmung auch durch die von ihm abgebildeten Zähne des Ober- und Unterkiefers be- stätigt zu werden scheint, welche ich nicht in der Natur ver- gleichen konnte. Von den hieher gehörigen Knochen kommt
a) das obere Ende des rechten Schenkelknochens Taf. III. Fig. 12, m— n mit dem der Cavia acuti in der Form sehr nahe überein. Damit ist jedoch keineswegs die Vermuthung ausge- sprochen, dass das fossile Thier dieser Galtung zugehören möchte. Der Schenkelknochen Fig. 12 ist grösser als der von Quen- stedt I.e. Taf. III. Fig. 21 abgebildete, dagegen ist die Pfanne Fig. 13 gleich gross mit der Fig. 18 bei Quenstedt, welche der Kopf des Schenkelknochens Fig. 21 nicht ganz ausfüllen würde. Dazu passt vollkommen
b) die an dem Bruchstücke der linken Beckenhälfte befind- liche Pfanne Fig. 13. Ferner
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c) der obere Theil des linken Radius Fig. 14 ist gleichfalls grösser als der Radius Quenstedt's Fig. 20,
d) die rechte und linke Tibia mit dem untern Gelenke Fig. 15 stimmt in dem Verhältnisse der Grösse mit c zusammen.
2) Merklich kleiner und kaum von der Grösse der Ratte oder des Bathyergus capensis sind
a) zwei Bruchstücke des Oberarmknochens Fig. 16, 17 mit ziemlich vollständig erhaltenem unterem Gelenke, dessen Grube eine kleine Oeffnung zeigt, wie dies auch an dem Oberarmknochen der Cavia acuti in auffallendem Grade der Fall ist, deren Cubitus und Radius, sowie der Astragalus und der Calcaneus mit den entsprechenden fossilen b, c, d, e Fig. 18, 19, 20, 21 in Ab- sicht auf die Form mehr Aehnlichkeit haben, als mit denjenigen anderer Nager.
b) Mit diesen Knochen kam ein Bruchstück eines Unter- kiefers Fig. 22 mit einem Bruchstücke des Schneidezahns vor, der wie Fig. 23 ziemlich breit und plattgedrückt ist, indess
c) der untere Schneidezahn Fig. 24 merklich schmäler und spitziger ist, und darin mit dem von Mus decumanus ziemlich übereinkommt. Es ist übrigens zu bemerken, dass das obere Ende des Schenkelknochens Nr. 1, a Fig. 12 dem mancher reis- sender Thiere, namentlich Viverra zibetha sehr ähnlich ist. Durch den tieferen Einschnitt zwischen dem Trochanter major und dem Gelenkskopfe aber mehr mit einigen Nagern , z. B. Cavia über- einkommt. Das Becken 1 b Fig. 13 ist durch den bedeutend hervorragenden Höcker oberhalb der Pfanne, sowie durch die Vertiefung auf der Innern Seite des Beckens dem den Nagern ähnlicher, als dem der reissenden Thiere.
C. Wiederkäuer.
1) Der erste obere linke Backzahn Taf. III. Fig. 25 --27 von noch frischerem Ansehen und nicht an der Zunge klebend, kommt, die etwas geringere Grösse abgerechnet, beinahe ganz mit dem (A. Tab. V. Fig. 46 abgebildeten) Zahn von Antilope major überein. Für die Annahme des Vorkommens eines den Antilopen zu- nächst stehenden oder damit übereinkommenden Wiederkäuers in den Bohnerzgruben konnten früher mehrere, wie mir auch jetzt noch scheint, unzweifelhafte Belege (vgl. oben p. 139 Nr. 3 u. 4,
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A. p. 22 Tab. V. Fig. 46—56 und pag 72 Tab. X. Fig. 48, 49) angeführt werden, indess der vorliegende Zahn allerdings Zweifel gegen die Richtigkeit dieser Bestimmung erregen könnte; ich gestehe jedoch, dass ich ihn keinem andern Wiederkäuer zuzu- weisen wüsste, da er mit keinem der bei uns lebenden Wieder- käuer übereinkommt»
2) Die folgenden Zähne, nämlich
a) der Keim des fünften oberen rechten Backzahns Fig. 28, 29 und
b) die unteren Backzähne, wovon drei Fig. 30, 31, 32 von aussen, Fig. 33, 34 von innen gezeichnet sind, gehören ohne Zweifel dem Palaeomeryx minimus zu, wie sich aus Vergleichung der- selben mit den Abbildungen (B. Tab. LXXII. Fig. 27—32) ergibt, und damit würden zu vereinigen sein
c) das untere Ende eines rechten Oberarmknochens Fig. 36, an welchem die beiden Gruben hinler dem untern Gelenke aller- dings tiefer als bei den Hirscharten sind , und deren Scheide- wand sogar durchbrochen ist, ohne Zweifel jedoch nicht ursprüng- lich, sondern in Folge des Versuchs die in den Gruben fest- sitzenden Bohnerzkörner zu entfernen.
d) Dazu könnte ein Radius gehören, an welchem jedoch beide Gelenksenden abgebrochen sind, ferner
e) ein linker Astragalus Fig. 37, 38, der mit dem der Jnti- lope pygmaea gleiche Länge hat, aber etwas schmäler ist, und mit dem des Palaeomeryx minimus aus der Ablagerung des Mainzer Beckens vollkommen übereinkommt, wovon ich mehrere Exemplare der gefälligen Miltheilung des Hrn. Prof. v. Klipp- stein verdanke, indess
f) eine mittlere Phalanx Fig. 39 etwas länger und dicker ist, als die des Vorderfusses einer Antilope pygmaea,
3) Die noch in einem Bruchstücke des rechten Oberkiefer- knochens steckenden zwei letzten Backzähne, wovon Fig. 40 die natürliche Grösse, Fig. 41, 42 die etwa zweimalige Yergrösserung angibt und das untere Gelenk einer Tibia weisen auf ein Thier hin, das etwa von der Grösse des Moschus javanicus, aber noch kleiner als das Microtherium Rengyeri von Weisenau gewesen sein möchte. Bei der Aehnlichkeit der Zähne mit denen von
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Palaeomenjx wird es wahrscheinlich, dass jene einer noch kleinern Art als P.minimus zugehört haben, welche ungefähr die Grösse des Anoplotherium murinum gehabt haben würde. Dabei ist selbst auf die Aehnlichkeit in dem Bau der Zähne der angeführten Wiederkäuer mit denen von Anoplotherium um so mehr hinzu- weisen, als nach der Bemerkung Blainville's (1. c. Anoplo- therium pag. 132) über die Stellung des Anoploth. leporinum noch Zweifel obwalten, und er sogar bei dem nach einem Unter- kiefer aufgestellten Anopl. minimum oder murinum eine Verwechs- lung mit dem Unterkiefer eines sehr kleinen Wiederkäuers annimmt. D. Von Dickhäutern wurden mir nur wenige und nicht gut erhaltene Ueberreste von Vöhringendorff angeboten, und ich übergehe sie daher und erwähne nur kurz der mir von Baron V. M eye n fisch mitgelheilten Erfunde von einigen andern Bohn- erzgruben, namentlich
B) die Bohnerzgrube bei Schmeien, aus welcher ich Zähne von Acerotherium incisivum , Rhino cer o s minutus , sowie
C) aus der Bohnerzgrube beiThiergarten ein Bruchstück des Unterkiefers mit einem Backzahne des Rhinoceros minutus, und
D) aus der auch schon in meinem 1835 erschienenen Werke erwähnten Bohnerzgrube von Melchingen, einen vorletzten oberen Backzahn des Anoplotherium commune und Bruchslücke von Zähnen des Mastodon angustidens, Rhinoceros minutus, Acero- therium incisivum und Hippotherium gracile. Dazu füge ich nun noch einige mir neuerdings zugekommene
E) Ueberreste der Bohnerzgrube von Ne uh au s en, welche früher (A. p. 44) als vorzugsweise Fundgrube der Ueberreste von Palaeotherien und Anoplotherien bezeichnet worden waren. Sie erhielten ein neues Interesse durch die Entdeckung
F) der reichen Fundgrube fossiler Säugethiere in Frohn- s leiten durch Herrn Pfarrverweser Dr. Fraas in Laufen. In- dem ich dessen Bekanntmachung hierüber folge, bemerke ich zunächst, dass einige Zähne von Neuhausen sowohl als von Frohn- stetten wohl dafür sprechen dürften, dass das Palaeolherium magnum Cuv. als besondere Species anzunehmen sei. Ebendess- halb habe ich auch einige Zähne desselben abbilden lassen. Dahin gehören
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a) die Schneidezähne Taf. III. Fig. 45—49, von welchen der Schneidezahn Fig. 47, 49 von Neiihausen schon (A. Tab. VIII. Fig. 36) abgebildet wurde, der Schneidezahn Taf. III. Fig. 45 von Frohnstetten durch die tiefe Abreibung seiner Kaufläche Fig. 46 ausgezeichnet ist. Ebendaselbst wurden auch mehrere Schneidezähne gefunden, welche die früher von Neuhausen er- haltenen an Grösse übertreffen, wie der von Hrn. Fraas 1. c. Tab. VI. Fig. 2 u. 3 abgebildete Schneidezahn, welchen er jedoch als dem PaL medium Cuv. zugehörig bezeichnet. Ebenso könnten
b) die (A. Tab. VIII. Fig. 16—21 abgebildeten Eckzähne zu PaL magnum gerechnet werden , sowie einige der früher erhal- tenen Bruchstücke von Backzähnen von Nenhausen, welche den oberen Backzahn Taf. III. Fig. 43, 44 und die unteren Backzähne Taf. III. Fig. 50, 51, 52 noch an Grösse übertreffen, und die von mir später (B. pag. 808 Nr. 25) erwähnten und Tab. LXXII. Fig. 5 u. 6 abgebildeten unteren Backzähnen von Neuhausen, welche der von Cuvier Tom. III. Tab. 43 abgebildeten Zahn- reihe des PaL magnum sich vollkommen anschliessen. Inzwischen hat man so viel mir bekannt, keine ganze Zahnreihen dieser Grössestufe weder bei Neuhausen noch bei Frohnstetten gefunden, und es finden von ihr so allmählige Uebergänge zu der Grössen- stufe der Zähne von Neuhausen statt , welche ich früher dem PaL medium zuschrieb und welchen sich auch die meisten der Zähne von Frohnstetten anreihen, so dass eine Scheidung der beiden Arten wo nicht überhaupt, so doch für die von den ge- nannten Fundgruben erhaltenen Zähne zweifelhaft wird. *) Wohl aber möchte die Annahme Blainville's (Odontographie Palaeo- therium pag. 71) zu weit gehen, wenn er PaL magnum, medium, crassum und latum, vielleicht auch PaL curtum nur als Verschie- denheiten in der Grösse einer und derselben Art ansieht. Es
*) Die dem Palaeotheriuin magnum zugesctiriebenen Zähne von Nen- hausen und Frohnstetten stehen jedoch noch bedeutend zurück gegen die am Missouri gefundenen Ueberreste eines Palaeotherium, dessen hinterster unterer Backzahn eine Länge von 4yo" hat, und das also wohl den Namen Palaeotherium giganteum verdiente. (Description of a fossil maxillary Bone of a Palaeotherium from near White-River by H. A, Prout, Sillimann American Journal 2d. Series March 1847. p. 249.
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hat vielmehr für die vier bis fünf constanleren Grössestufen der Zähne, welche ich früher nach dem mir von Neuhausen gebotenen Material mit Benützung einiger durch die Verschiedenheit der Form der Zähne und Knochen gegründeten Charaktere auf ver- schiedene Arten von Palaeotherien deuten zu dürfen glaubte, das viel reichere Material von Frohnstetten noch bestimmtere Charaktere geliefert, welche von den Herren Fraas und Quen- stedt auf eine überzeugende Weise dargelegt worden sind. Indem ich der Mittheilung von Originalien dieses Fundorts, welche Hr. Fraas an mehrere öffentliche und Privatsammlungen gemacht hat, die Gelegenheit zu Vergleichung derselben verdanke, beziehe ich mich auf die oben angeführte von Hrn. Fraas und Quen- stedt bekannt gemachten Beobachtungen und beschränke mich daher auf wenige Bemerkungen. Hr. Dr. Fraas führt (2. Jah- resheft Vni. Jahrg.) und in einem Verzeichnisse seiner Samm- lung, welches er mir milzutheilen die Güte hatte, als Ergebniss seiner Untersuchungen folgende Thiere an, deren Ueberreste er bei Frohnstetten gefunden hat.
1) Palaeotherium medium Cuv. (commune Blalnville), dessen Zähne durch den Mangel des Kronen-Cäments und des Halskragens ausgezeichnet sind.
2) Pal. latum Cuv. (mit dem er PaL velaunum Cuv. und Pal. magnum Cuv. vereinigt), indem die Zähne dieser von Cuvier aufgestellten Arten zwar des Kronen-Cäments entbehren, aber mit einem Halskragen versehen sind. Dem oben Gesagten zu Folge könnte indess als dritte Species der überwiegenden Grösse wegen getrennt werden.
3) Das Palaeotherium magnum. Von der zweiten Abtheilung der Palaeotherienzähne mit Kronen-Cäment führt Herr Fraas
4) Pal. minus und curtum Cuv. an, welche Hr. Fraas mit einander vereinigt, indem er Pal. curtum als den Jugendzustand von Pal. medium ansieht und annimmt, dass Cuvier von einem und demselben Thiere den Oberkiefer curtum, den Unterkiefer minus genannt habe. Ausserdem würde auch , wenn der Grund- satz Blainville's, dass die Grösse bei sonst gleicher Zahnform keine Differenz begründe, nach Hrn. Fraas Bemerkung
5) Pal. hippoides oder equinum Lartets mit minus zusammen-
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fallen. Die Entscheidung darüber würde die Vergleichung der betreffenden Originalieu nothwendig machen, inzwischen scheint mir ausser Zweifel zu sein, dass ein Theil der Zähne von Neu- hausen sowohl als von Frohnstetten auch nach Hrn. Fraas Be- merkung genau mit denen des
6) Paloplotherium annectens Owens übereinkommen, wohin namentlich die schon (A. p. 41. Nr. 1—4. Tab. VIII. Fig. 45— 48) als dem Pal. minus zugehörig angeführte Zähne von Neuhausen gehören dürften. Blainville (Tom V. Palaeolh. p. 75) hält Pa/. hippoides , monspesulanum und aurelianense für eine Species, der auch wohl die früher von mir dem Pal. aurelianense von Neu- hausen zugeschriebenen Zähne zum Theil zugehören mögen, welche Species nach Owens Bestimmung als eigene Gattung Paloplo- therium aufzustellen wäre. In merklich geringerer Zahl wurden, in Frohnstetten, wie früher in Neuhausen die Ueberreste von Anoplotherien gefunden, und zwar
7) von Anoplotherium commune Cuv. ,
8) von Anoploth. leporinum Cuv.y Dicholune Cuv.y
9) von Anoploth. murinum Cuv. , Dicholune Cuv.
Dazu kommt nun noch Herrn Fraas Vermuthung zu Folge
10) Dichodon cuspidatus Owen, welcher Galtung vielleicht der (A. Tab. VIII. Fig. 81 , 82) dargestellte Schneidezahn von Neuhausen gleichfalls zugehören könnte, welchen ich (A. p. 56), nur zweifelhaft dem Anopl. commune oder secundarium mit der Bemerkung zuschrieb, dass er vielleicht einer andern Art oder selbst einer andern Gattung angehören könnte. Zu dieser Reihe von 9 — 10 Arten der Familie der Palaeolherien und Anoplotherien angehörigen Dickhäuter kommen nun noch
11) das Dinotherium giganteum Kaup hinzu, von welchem das Tübinger Cabinet insbesondere eine prachtvolle Reihe von Zähnen besitzt, deren nähere Beschreibung wir wohl bald von Hrn. Prof. Quenstedt hoffen dürfen, da ausserdem bis jetzt nur in der Sammlung des durch seinen Eifer und seine Kennt- nisse sich auszeichnenden Hrn. Cand. Oppel sich zum Theil sehr gut erhaltene Zähne dieses Thiers finden. In den Bohn- erzgruben von Neuhausen sind meines Wissens von diesem Thiere keine Ueberreste gefunden worden, die denn doch schon ihrer
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Grösse wegen weniger der Aufmerksamkeit entgangen sein wür- den. Es ist indess zu bemerken, dass die fossilen Ueberreste bei Neuhausen nur bei Gelegenheit der Bohnerzausbeutung und nicht durch eigens auf sie gerichtete Ausgrabungen, wie bei Frohnstetten gewonnen worden sind. Es ist daher auch nicht zu verwundern , dass auch von den bei Frohnstetten sparsamer aufgefundenen in der Fr aas' sehen Sammlung befindlichen Ueber- reste reissender Thiere, nämlich
12) eines Hyaenodon, und
13) einer Viverre bei Neuhausen keine Ueberreste gefunden worden sind, sowie von den bei Frohnstetten gefundenen Ueber- resten
14) eines Crocodils und
15) von Schildkröten (vielleicht zwei bis drei Arten) keine Spur bei Neuhausen aufgefunden worden ist, zu deren Verfolgung auch in andern Bohnerzgruben allerdings die bei Frohnstetten gewonnenen Ergebnisse auffordern dürften. Hr. v. Me^er be- merkt,"^') dass es ihm vor Kurzem gelungen sei, auch für Würt- temberg (Frohnstetten) Ueberreste der unter Hyaenodon begriffenen Thiergattung von der Gestalt unserer grösseren Raubthiere nach- zuweisen, ohne jedoch anzugeben, welcher der bis jetzt aufge- stellten Arten von Hyaenodon dieselbe zugehören. Ich füge da- her die Beschreibung eines mir von Hrn. Fraas im Dec. 1852 mitgetheilten Zahnes hier vorläufig bei, dessen Abbildung Herr Fraas sich vorbehalten hat, da er mit keinem Zahne der mir bisher aus den Frohnstetter oder anderen Bohnerzgruben der schwäbischen Alb bekannt gewordenen Zähnen übereinkommt, ausser in der bräunlichgelben Farbe des Schmelzes, der Krone und der weissen Farbe des noch übrigen Theils der Wurzel. Die Wurzel ist getheilt, ungefähr auf ähnliche Weise, wie an dem drittletzten Backzahne des Fuchses, mit dessen Krone auch der fossile Backzahn fast gleiche Grösse und auf den ersten Blick grosse Aehnlichkeit der Form zeigt, den ich daher auch zur Yergleichung mit demselben wähle. An dem Unterkiefer eines
*) üeber die Reptilien und Säugetliiere der verschiedenen Zeiten der Erde 1852. pag. 76.
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48'" langen Schcädels eines Fuchses, dessen Zähne vollkommen ausgebildet sind, hat der Fleischzahn unmittelbar über der Wurzel auf der äusseren Seite 6'^' ebenso der fossile 6V2'" Länge. Die Breite des hinteren Absatzes beträgt beim Fuchs 2V2'", ebenso die des fossilen. Die mittlere Pyramide des fossilen Zahns ist etwas spitziger, imerachtet die Spitze und der oberste Theil der hinteren und vorderen Kante mehr abgerieben ist, als bei dem Zahne des Fuchses, ebenso zeigt die Spitze des vorderen Höckers bei beiden eine kleine Abreibung. Die drei kleinen Erhöhungen auf dem hintern Rande des Zahns sind bei beiden Zähnen gleich, an dem Zahne des Fuchses befindet sich aber auf der Innern Seite noch eine kleine dem fossilen Zahne fehlende Erhöhung zwischen der innern Erhöhung des Randes und der innern Py- ramide des Zahns, welche an dem fossilen Zahne stärker und höher ist. Ausserdem stellt der vordere Absatz des Zahns auf der innern Seile einen mehr nach vornen geneigten Conus dar, während er bei dem Fuchs fast senkrecht ist. In diesen Be- ziehungen gleicht der fossile Zahn vielmehr dem drittletzten Back- zahne des Nycteractes viverrinus, der jedoch nur eine Länge von 5"' hat und auch in den andern Verhältnissen entsprechende kleinere Dimensionen zeigt. Die allerdings etwas stärkere Ent- wicklung der einzelnen, namentlich der mittleren conischen Er- höhungen, Hess mich anfangs vermuthen, dass der Zahn einem Insektenfresser oder einem der fleischfressenden Beutelthiere zugehören möchte. Von diesen sind aber die Backzähne der Didelphijs cancrivora, namentlich durch die an der äussern Fläche der vordem Abtheilung der unlern Backzähne vorhandene Vertiefung oder Aushöhlung von dem fossilen Zahne bedeutend verschieden. Er nähert sich dagegen dem vorletzten Backzahne des Dasyurus 3Iaugei, bei welchem jedoch die Spitze der innern mittleren Erhöhung ganz getrennt ist. Dies ist ebenso der Fall bei dem FleischzahHe des jungen Fuchses vor dem Zahnwechsel, wenn auch nicht in gleichem Grade. Bei dem fossilen Zahne zieht sich gegen die mittlere äussere Pyramide eine quer stehende Schneide hin, die nur mit ihrem obersten Theile von jener ge- trennt ist, nach unten aber mit ihr zusammenfliesst. — Den voranstehenden Bemerkungen zu Folge kommt der fossile Zahn
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verhältnissweise am meisten mit demselben Zahne des Fuchses und anderer verwandter Hundearten überein, und würde daher vielleicht unter die Gattung Amphicyon zu ordnen sein , von der mehrere Arten, wie es scheint, den tertiären Ablagerungen eigen- thümlich sind. Namentlich wurde aus den Süsswasserkalken der Umgegend von Ulm eine Species Amphicyon Eseri schon früher von Hrn. Prof. Plieninger*) angeführt, worüber ich mich (B. 820) erklärt habe. Auch spricht die leichte Abreibung auf der äusseren Seite der Krone dafür, dass der obere Reisszahn mit seiner inneren Fläche sich an dem äusseren des untern Zahnes rieb, wie dies bei Raubthieren gewöhnlich ist. Möglicherweise könnte der von Hrn. Dr. Fr aas 1. c. Tab.YI. Fig. 39 dargestellte Schneide- zahn demselben Thiere zugehört haben, indess der ebendaselbst abgebildete Eckzahn nur etwa als Milchzahn hieher gezogen wer- den könnte. Dass der vorliegende Backzahn mit dem folgenden Eckzahne in Verbindung gesetzt werden könne, ist mir sehr unwahrscheinlich. Abgesehen von dem Missverhältniss der Grösse des vorliegenden Backzahns und des Eckzahns zeigt letzterer am ehesten unter Raubthieren Aehnlichkeit mit dem unteren Eck- zahne der Nasua socialis durch die starke Krümmung die Ab- reibung der hinteren Seite, und einer auch bei der Nasua mehr als bei andern Raubthieren ausgezeichneten Rinne auf der inneren Seite, allein gerade der Fleischzahn der Nasua weicht in der Form mehr von dem fossilen Zahne ab, als der aller anderer Fleischfresser, welche ich vergleichen konnte.
17) An den noch zweifelhaften Zahn Nr. 16 schliesse ich die Beschreibung des zuvor erwähnten einzelnen Eckzahns von Frohnstetten an, Taf. HI. Fig. 53, 54, den ich zugleich vergrössert Fig. 55 u. 56 darstellen liess. Nach der Analogie mit den Eckzähnen der Palaeotherien, wie sich aus der Vergleichung mit dem linken unleren Eckzahn des Pal.curtum Fig. 57, 58 ergibt, ist der fragliche Eckzahn als der rechte des Unterkiefers anzusehen, sofern er eine Spur der Abreibung an der äusseren hinteren Kante zeigt. Bei seiner sonstigen Uebereinslimmung mit den Zähnen der Pa- laeotherien in Absicht auf Färbung der Wurzel und Krone, und
'*) Naturwiss. Jahreshefte V. Bd. 2. H. p. 216. Tab. 1. Fig. 9.
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in Absicht auf Grösse insbesondere mit den Eckzähnen des Pal. minus ist er jedoch durch seine mehr hackenförmige Krümmung sowohl, als durch die feinen, von der vorderen Kante über die äussere Fläche sich ausbreitenden gebogenen Linien oder Strahlen der Schmelzsubstanz von den Eckzähnen der Palaeotherien und sogar aller mir bis jetzt bekannten Säugethiere verschieden. Die genannten feinen Strahlen ziehen sich auch nach der Innern ebenen Seite, jedoch nicht weiter als bis an den Rand einer Rinne, welche Fig. 54 u. 56 a. b auf dieser Seite von dem oberen Theil der Wurzel beginnend, allmählig etwas tiefer und breiter wird und dann sich etwas verengend an der Spitze des Zahns ausmündet. In Absicht auf Krümmung und Grösse kommt der Zahn so genau mit dem unteren Eckzahne des Tenrec (Centetes ecaudatus) von Madagascar nach der von Owen (Odontography Tab. HO, Fig. 6) mitgetheilten Abbildung überein, dass er letz- tere fast vollkommen deckt. *) Owen bemerkt 1. c. pag. 420, dass die Eckzähne des Tenrec lang und stark (large) zusammen- gedrückt, scharf zugespitzt, rückwärts gebogen und einwurzelig seien, und also den typischen Charakter der Fleischfresser haben. Ueber eine eigenthümliche Zeichnung der Schmelzsubstanz und eine Rinne auf der Innern Seite des Zahns des Tenrec ist von Owen nichts bemerkt: aber in Absicht auf die Lebensweise der Tenrecs angeführt, dass sie mehr von Schlangen und Eidechsen als von Insekten leben und somit den eigentlichen Fleischfressern sowohl in der Lebensweise als in der Beschaffenheit der Zähne sich nähern. Blainville sagt dasselbe in der Abhandlung über die Inseclivoren (Osteographie Tom. VI. pag. 61), und bemerkt zugleich, dass der Typus des Gebisses des Tenrecs nach seiner Untersuchung von Exemplaren verschiedenen Alters sich gleich
*) Damit soll jedoch kehieswegs eine bestimmte Deutung des vor- liegenden Zahns auf ein den Tenrecs ähnliches Raubthier versucht wer- den, für welche zu w^enige Vergleichungshilfsmittel und Analogieen vor- liegen, wenn gleich Blainville 1. c. pag. 105 Ueberreste eines Eri- naceus (Centetes) fossilis aus der Süsswasserablagcrung der Auvergne erwähnt. Es sind vielmehr blos einige Analogieen in den folgenden Bemerkungen angeführt, zu welchen die Eigenthümlichkeit der Form des Zahns selbst Veranlassung gibt.
Würltemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 2s Heft. 1 1
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bleibe. Merkwürdig ist die von Meckel*) angeführte vor dem oberen Eckzahne befindliche liefe und weite Grube an der Stelle, wo der Oberkiefer und der Zwischenkiefer-Knochen zusammen- treffen, in welche der untere Eckzahn aufgenommen wird, wie dies auch in Blainville's Osteographie Tom II. Tab. 4 deut- lich ausgedrückt ist , womit denn eine Analogie mit dem Kiefer- bau der Crocodile angedeutet ist. Auf der Innenseite des untern Eckzahns des Tenrec findet sich zwar eine Längsfurche, bei dem fossilen Zahne dagegen vielmehr eine so tiefe Rinne, dass sie zu Aufnahme eines Kanals oder Ausführungsganges einer Drüse bestimmt gewesen zu sein scheint. Er würde darin dem Gift- zahne des Oberkiefers der Schlangen entsprechen. Bei diesen öffnet sich jedoch das Ende des Kanals, welcher von der Gift- drüse aus in die Basis des Giftzahns des Oberkiefers tritt, zur Seite der Spitze des Giftzahns, indess die Zähne des Oberkiefers anderer Schlangen nur eine mehr oder weniger liefe Furche auf der vorderen Seite des Zahns zeigen, welche, wie es scheint, auch zur Einführung des Gifts in die gemachte Wunde dient.**) Bei dem Dasypus novemcinctus habe ich indess eine der der Schlangen entsprechende Blase in den Speicheldrüsen 1818 ent- deckt***) und Owen dieselbe bei Dasypus sexcinctus gefunden, deren Ausführnngsgang sich unter der Zunge öffnet, welche zu- nächst mit dem in ihm enthaltenen klebrichten dickflüssigen Safte überzogen wird. Möglicherweise könnte also das Thier, welchem der fossile Zahn angehörte, eine ähnliche Organisation der Speicheldrüsen wie der Tatu gehabt haben , wozu noch die weitere Eigenthümlichkeit hinzugekommen sein könnte, dass der vielleicht an der Basis des untern Eckzakns sich öffnende oder sogar vielleicht in seine Rinne fortgesetzte Speichelgang die darin enthaltene vielleicht giftige Flüssigkeit unmittelbar in die Bisswunde ergossen hätte. Damit wäre eine weitere Analogie
*) Beiträge zur vergleiclienden Anat. I. Bd. p. 42. Tab. IV.
*") Untersuchungen über die Giftwerkzeuge der Schlangen. Diss. inaug. von Biichtold, Praeside v. Rapp. Tüb. 1833. pag. 11.
''**) Winker, Präs. W. Rapp, Diss. inaug. sistens Observationes anatomicas de Tatu novemcincto, Tüb. 1826. pag. 14. v. Rapp, Eden- taten, erste Ausg. p. 54, 2te Ausg. p. 75. Tab. VII.
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mit dem bei den Reptilien vorkommenden Bildungstypus gegeben, welche durch die für die Aufnahme des untern Eckzahns be- stimmte oben erwähnten Grube nur angedeutet ist. Die Form des vorliegenden Eckzahns entspricht sowohl an sich, als durch die Art seiner Abreibung auf der hintern Fläche, wie oben be- merkt, mehr dem bei den Palaeotherien und Schweinen statt- findenden Verhältnisse des untern Eckzahns gegenüber von dem des Oberkiefers. Wenn also das fossile Thier etwa den Typus mehrerer Classen von Wirbellhieren und mehrerer Abtheilungen der Säugetbiere insbesondere in sich vereinigt, so lässt sich dafür als Analogon das Schnabelthier anführen, bei welchem sogar die ganz ungewöhnliche Versetzung einer dem Giftapparate der Schlan- gen gewissermaassen analogen Einrichtung in den Sporn der Hinterfüsse des Männchens eingetreten ist. Mit den Eckzähnen der eigentlichen Raubthiere verglichen, kommt der fossile Eck- zahn am meisten mit dem unteren Eckzahn der Nasua socialis in Absicht auf Krümmung und Abreibung der hinteren Fläche oder Kante überein ; auch zeigt der Eckzahn der Nasua auf der inneren Seite der Krone eine bis zur Spitze gehende Rinne, die wenigstens mehr ausgedrückt ist, als bei irgend einem mir be- kannten Raubthiere, jedoch weniger tief als bei dem fossilen Zahn ist, bei welchem sie sich überdies noch flach über die Wurzel fortsetzt. Von der der Krone des fossilen Zahns eigen- thümlichen Zeichnung findet sich übrigens bei der Nasua keine Spur. Dabei dürfte wohl auch darauf hingewiesen werden, dass vielleicht bei dem Bisse vieler Raubthiere, insbesondere das durch die Form der Eckzähne erleichterte gleichzeitige Eindringen des Speichels die mechanische Wirkung des Bisses verschlimmert, zumal da der Biss doch meistens in einem Zustande der Auf- regung erfolgt. Es ist dieses Verhältniss um so mehr in Anschlag zu nehmen, als ein höherer Grad von Aufregung selbst dem Speichel des Menschen bisweilen giftige Eigenschaft verleiht, die er ohnehin bekanntlich bei der sogenannten Hundswuth annimmt. Eine Vergleichung der Eckzähne verschiedener solcher Thiere, welche dieselbe vorzugsweise zum Angriff anderer Thiere ge- brauchen , dürfte nicht ohne physiologisches Interesse sein. Sie dürfte vielleicht auch zu genauerer Bestimmung des vorliegenden
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Zahnes führen, bei dessen Beschreibung ich mich desshalb länger aufgehalten habe, weil meines Wissens nur noch ein Bruchstück eines gleichen Zahns für die Sammlung der Universität Tübingen gewonnen worden ist, und derselbe auch den bei der Versammlung in Wiesbaden anwesenden Anatomen und Palaeontologen nicht bekannt war. Die Deutung auf eine Klaue eines reissenden Thiers wird, wie mir scheint, durch die Abbildung und Beschreibung desselben hinlänglich widerlegt, und für die Deutung auf einen Milchzahn spricht weder Erfahrung noch Analogie , wenn gleich bemerkt werden muss , dass an den Backzähnen mehrerer Dick- häuter, namentlich Rhinoceros, Palaeotherium und Anoplotherium nicht selten eine feine horizontale Streifung der Schmelzsubstanz erkenntlich ist, wie sie an dem einzelnen etwas vergrösserlen Back- zahne von Anoplotherium leporinum Taf. III. Fig. 58 angedeutet, an den meisten Backzähnen aus den Bohnerzgruben aber in Folge der Abrollung verwischt ist. Den Eckzähnen der Palaeo- therien fehlt aber eine solche Streifung, und der fragliche Zahn hat mit den unteren Eckzähnen der Palaeotherien nur die Ab- reibung der Spitze auf der hinteren Seite gemein. Bei den Bradypus (didactylus) sind zwar die Eckzähne auf ähnliche Weise abgerieben, wie bei den Palaeotherien, aber bei jenen ist der obere Eckzahn auf der hinteren, der untere auf der vorderen Seite abgerieben , was sich bei den Palaeotherien gerade umge- kehrt verhält. — Als zweifelhaft habe ich noch anzuführen
18) eine vorderste Phalanx Tab. III. Fig. 59 (mit der darüber gezeichneten Gelenksfläche), welche zwar die grösste Aehnlich- keit mit der vordersten Phalanx der inneren Zehe des Vorder- fusses des Anoplotherium commune hat, aber von ihr durch merklich geringere Breite und dagegen verhältnissweise grössere Länge und Wölbung abweicht. Sie dürfte daher vielleicht dem Anopl. secundarium oder gracile zuzuschreiben sein , mit deren Grösse dieselbe wenigstens ziemlich im Verhältniss stünde.
19) Ein erster oberer linker und ein fünfter oberer rechter Backzahn des gewöhnlichen Pferds haben zwar den Ueberzug von eisenhaltigem Sande und die ockergelbe Farbe mit entschie- den fossilen Zähnen von Frohnstetten gemein ; aber sie zeigen weder das Kleben an der Zunge, noch die sonstige Veränderungen,
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welche bei den Zähnen der Palaeotherien u. s. w. beobachtet wer- den, so dass sie wohl ebenso wenig für wirklich fossil gelten können, als mehrere in der Nähe von Neuhausen gefundene Pferdezähne,
Resultate und allgemeine Bemerkungen.
1) In Beziehung auf die Veränderungen, welche die in den Bohnerzgruben von Neuhauseu und Frohnsletten gefundenen Zähne und Knochen urweltlicher Thiere erlitten haben, und in Beziehung auf den Zustand , in welchem sie aus denselben ge- wonnen wurden, kann im Allgemeinen bemerkt werden. Die Zähne und Knochen sind zum Theil noch mit Bohnerzmasse überzogen oder von ihr eingehüllt, und sie ist daher auch in die Vertiefungen und Höhlungen derselben eingedrungen. Die Wurzeln der Schneide- und Eckzähne sind häufig erhallen, die schwächeren Wurzeln der Backzähne, namentlich der oberen sind fast immer abgebrochen, indess von den verhältnissweise stärkeren und breiteren querstehenden Wurzeln der untern Back- zähne häufiger die eine oder auch beide ziemlich unversehrt er- halten sind. Ebenso sind von den Knochen die Astragali und Calcanei und andere Fusswuzelknochen meistens, die Mittelfuss- knochen und Phalangen häufig unverletzt, oder verhältnissweise weniger beschädigt, als andere Knochen. Der Grad der Beschä- digung scheint daher mit der durch die Form und Substanz ge- gebenen Widerslandskraft bei der gewaltigen Bewegung und Abrollung, welcher diese Ueberresle ausgesetzt waren, im Ver- hältnisse zu stehen.
2) Ueber die Art, wie diese Ueberresle in die Spalten des Jura gelangt seien, habe ich schon früher (A. pag. 207 und B. pag. 923 u. folg.) die Vermuthung geäussert, dass ihre Ablagerung mit der Bildung der Bohnerze selbst und mit den vulkanischen Ver- änderungen in Verbindung zu setzen sein möchte, welche die Alb erfahren hat. Dieser Ansicht dienen ausser den daselbst angeführ- ten Gründen gewichtige Autoritäten zur Stütze, die ich zum Theil schon früher genannt habe und welche zum Theil*) erst in neuerer Zeit über diesen Gegenstand sich ausgesprochen haben.
*) Vgl. die von Gressly im IV. Bande der neuen Denkschriften der allgemeinen Schweizerischen Gesellschaft für die gesammte Naturwissen-
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Für diese Ansicht der Eruption von heissen Quellen und Schlamm , mit theilweise mechanischer und chemischer Auflösung der Abreibung und Zerreibung der die Spalten des Jura füllenden Substanzen könnten auch ein paar aus den Bohnerzgruben von Vöhringendorff erhaltene Massen von Kalk (Süsswasserkalk?) an- geführt werden, der mit Bohnerzmasse gemischt, kaum V" dicke gebogene neben einander laufende Streifen von Kalk und Bohn- erzmasse zeigt, wie sie etwa ein mit Bohnerzmasse gemischter und durch einander gerührter Kalkbrei nach dem Trocknen bilden würde. Hin und wieder bildet die Bohnerzmasse auf der Ober- fläche und auch im Innern der Masse eine dünne Kruste. In einem andern Stücke bilden die Streifen zugleich unregelmässige kugliche Absonderungen und somit ein mehrfaches Ineinander- greifen der Slreifnngen, wie dies bei einer zähen durch Dämpfe oder mechanische Gewalt bewegten Masse der Fall sein würde, welche unter Fortdauer einer breiartigen Consistenz der Ruhe und somit der Molecularanziehung der gleichartigen Stoffe über- lassen worden wäre.
3) Die Gleichartigkeit des Ansehens und der sonstigen Be- schaffenheit der in Neuhausen und Frohnstelten aufgefundenen
Schäften, Neucliafel 1840. pag. 89 u. 291 durchgeführte Meinung-, dass die Bohnerzablagiiungen dem Hervorströmen heisser, eisenhaltiger, man- clierlei andere Substanzen führender, auf die umgebenden Kalksteine chemisch einwirkender Mineralquellen entstanden seien , und zwar wahr- scheinlich noch zu Ende der jurassischen Bildungsepoche. Peter Me- rian äussert über diese Meinung (welche er mit den voranstehenden Worten im IX. Berichte über die Verhandlungen der naturhistorischen Gesellsch. zu Basel nach einem d. 20. Sept. 1848 gehaltenen Vortrage mittheilt), dass sie allerdings solche Erscheinungen am genügendsten erkläre. (Vgl. auch den Auszug hievon in Frorieps Tagsbericht 1851, Nro. 391). Eine Menge von Beispielen solcher Ausbrüche mit den hic- her bezüglichen Erscheinungen führt Alberti in seiner halurgischen Geologie und in dem neuesten Aufsatz, Württemb. naturw. Jahresh. IV. Jahrg. 1 H. p. 76 an. Dafür kann auch angeführt werden, dass bei einem unter starker vulkanischer Erschütterung d. 14. April 1852 bei Sondershausen in Thüringen erfolgten Hervordringen einer kochenden mineralischen Quelle unter den ausgeworfenen Holzstücken und Stei- nen auch ein Mammuthszahn sich befinden soll. Augsb. Allgem. Zeit. 1852. Beil. V. 23. April.
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thierischen Ueberreste , und die Uebereinstimmung der in beiden Fundorten aufgefundenen gleichen Arten von Thieren, namentlich der überwiegenden Zahl von Palaeotherien- und Anoplotherien, spricht sehr für die Gleichartigkeit der Umstände , unter welchen die Ablagerung der Ueberreste in den genannten Fundorten er- folgt sein mag. Es ist in dieser Beziehung insbesondere die unbedeutende gegen die Menge der Zähne und Knochen von Dickhäutern fast verschwindende Zahl der Ueberreste von Thieren anderer Familien hervorzuheben, namentlich von Wiederkäuern undRaubthieren, welche denn doch ohne Zweifel mit den in ganzen Heerden vereinigten Dickhäutern zusammenlebten , auf welche die an diesen Fundorten gefundene grosse Zahl von Ueberresten derselben schliessen lässt, die in Masse zusammengedrängt, zu Grunde gegangen zu sein scheinen.
4) In den übrigen Bohnerzgruben der schwäbischen Alb, Vöhringendorff, Salmendingen, Willmadingen u. s. w. kommen dieselben Thiere zum Theil zwar auch vor, jedoch mehr einzeln, und in Gesellschaft von einer grossen Zahl anderer Säugethiere aus den Familien der Fleischfresser, Nager, Wiederkäuer und Dickhäuter, und sie sind zugleich von einigen Meeresbewohnern, Phocen und Halianassa begleitet , wie namentlich in der Ablage- rung von Mösskirch. Das Ansehen der Ueberreste der letzteren Ablagerung weicht ebenso wohl von dem der Ueberreste aus den Ablagerungen von Neuhausen und Frohnstetten, wie von dem der übrigen oben bemerkten Fundorte von Vöhringendorff' u. s. w. ab.
5) Die Umstände, welche diesen Ablagerungen vorausge- gangen sind, scheinen daher ebenso , wie die Umstände, unter welchen sie erfolgt sind, verschieden von denen der vorzugs- weisen Ablagerung der Palaeotherien und Anoplotherien gewesen zu sein, und mehr durch die Zerstörung und Ablagerung von Repräsentanten der gesammten Fauna der damaligen Periode be- dingt worden zu sein.
6) In der früher dargelegten Fauna der Bohnerzgruben von Salmendingen u. s. w. , welche wohl mehr als 60 erschiedene Arten von Säugethieren umfasst, hat die entsprechende Fauna von VöhringendorfT noch einigen Zuwachs geliefert ; sie ist je- doch zu wenig ausgebeutet, als dass sie vollständig in Parallele
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mit jenen Ablagerungen gestellt werden könnte , ausser in dem äussern Ansehen und der sonstigen Beschaffenheil der in beider- lei Fundorten aufgefundenen Ueberreste.
7) Allen diesen Ablagerungen ist indess der mehr oder we- niger zertrümmerte Zustand der Ueberreste, und der Mangel derselben in der äusseren Umgebung der Bohnerzgruben gemein, und es spricht daher dieses allen Fundorten gemeinschaftliche Verhältniss auch auf ein mehr oder weniger übereinstimmendes Verhältniss der Ablagerung sämmtlicher Ueberreste in sämmt- lichen Bohnerzablagerungen unbeschadet derModificationen, welche bei den einzelnen stattgefunden haben mögen.
8) Aehnliche Modificationen finden auch bei anderen Abla- gerungen statt, welche im Wesentlichen doch einer Epoche an- gehören und durch sehr analoge äussere Umstände veranlasst worden sein dürften. In dieser Beziehung ist die Ablagerung von Langenbrunn mit den andern Ablagerungen von Diluvium oder älterem Alluvium in Parallele zu stellen. Jene zeichnet sich indess namentlich durch das häufigere Vorkommen der Ueberreste des Murmelthiers aus, von welchen die Ablagerung von Cannstatl nur einzelne Spuren aufweist. Es entspricht dies dem durch die äusseren Verhältnisse erleichterten Aufenthalt . dieses Alpenbe- wohners in dem höher gelegenen Juragebirge, gegenüber von den Niederungen des Neckargebiets. An beiden Orten erscheint indess die Diluvialfauna im Uebergange zu der jetzt in diesen Gegenden einheimischen, wogegen die Fauna der so nahen Bohn- erzgruben auf eine sehr entfernte Epoche zurückweist, in wel- cher dieselbe oder eine verwandte Fauna eine sehr grosse Ver- breitung hatte, und daher auch ihre Spuren ebenso in den Spalten des Jura, wie in dem G^'pse von Hohenhoewen, und den Süss- wasserbildungen der Alb, sowie in den Molassegebilden der Schweiz und Oberschwabens und in den Ablagerungen des Rhein- thals nur in verschiedenen durch die Lokalverhältnisse zum Theil bedingten Modificationen zurückgelassen hat , für welche weniger in einer allmähligen Beschränkung der Fauna oder einem all- mähligen Uebergange zu einer andern Combination derselben, als in gewaltsameren Veränderungen eine Erklärung gesucht werden muss , da die Zeit des Untergangs jener Fauna uns zu ferne
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liegt, als dass der Maassstab der uns historisch bekannten Ver- hältnisse an jene urweltlichen Verhältnisse mit einiger Sicherheit angelegt werden könnte, wenn gleich an einer Uebereinstimmung der Ursachen und Wirkungen innerhalb gewisser Gränzen kaum gezweifelt werden kann. In dieser Beziehung stimmen wir daher vollkommen mit Hrn. v. Meyer*) der von Kielmeyer*^) schon vor einem halben Jahrhundert in seinen Vorlesungen aus- gesprochenen Ansicht bei, dass nämlich bei der Entwicklung der Erde und der organischen Naiur einzelne Organismen sich ver- lebt haben, oder wie die Milchzähne oder irgend ein anderes Organ ausgefallen oder ausgestorben seien, wenn ihre Funktion aufgehört habe. Die Entwicklung des Organismus der Erde ist aber wie es scheint, zum Theil unter gewaltsamen Erschütter- ungen erfolgt, welche jetzt seltener und in beschränkterem Um- fange den ruhigen und stetigen Gang derselben unierbrechen, bei welchen in der Diluvialzeit eine Fauna ausgestorben ist, welche früher in den Polarländern von Europa, Asien und Amerika am meisten entwickelt gewesen zu sein scheint, ***) die aber jetzt nur noch in Afrika und Asien in einzelnen entsprechenden Arten fortlebt.
*) Ueber die PveptilicMi und Säugetliiere in den verschiedenen Zeiten der Erde 1852 p. 123.
*•) Ehrengedächtniss des k. württemb, Staatsrath v. Kielmeyer von Dr. G. Jäger. Acta Caesar. Leop. Nat. Cur. Vol. XXI. P. 2. p. 34.
'■"'•"'0 Darauf deuten die in verliältnissweise grösserer Zahl und Voll- ständigkeit (abgesehen von der durch die niedere Temperatur der Fund- orte bedingten besseren Erhaltung) aufgefundenen fossilen Ueberreste hin, welche Pallas, Fischer von Waldheim, Eichwald und die Verfasser der aus Veranlassung der Nordpolexpeditionen zu Aufsuchung von Capitain Franklin unternommenen Untersuchungen beschrieben haben, von welchen wir hier nur die Fossil Mammals von Richardson in dem 1852 erschienenen Werke, the Zoology of the Voyage of H. M. S. Herald anführen, sowie als Seitenstiick die Entdeckungen Walter Man teils in dem der Südpolregion nahen Neu-Seeland; indem diesen Concentrationspunkten einer untergegangenen, aber an die jetzige Fauna sich anreihenden Fauna von Wirbelthieren kein ähnlicher im Osten und Westen der Erde zu entsprechen scheint.
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Erklärung der Tafeln. Taf. II. Erfunde von Langenbrunn , dazu Taf. III. Fig. 62—66.
Fig. 1. Tief abgeriebener zweiter unterer linker Backzahn der Hyaena
spclaea. „ 2. Abreibungsfläche desselben.
„ 3. Bruchstück des Oberkiefers einer jungen Hyäne von der äusseren, ,7~ 4. von der inneren Seite.
„ 5. Vorletzter oberer rechter Backzahn des Wolfs. „ 6. Erster oberer rechter Backzahn (Praemolaris) einer Hundeart. „ 7 u. 8. Aeusserer oberer rechter Schneidezahn eines jungen Wolfs. „ 9 u. 10. Unterer Eckzahn eines Fuchses.
„ Hu. 12. Aeussere obere Schneidezähne des Fuchses.
„ 13 u. 14. Aeussere obere Schneidezähne einer Hundeart.
„ 15 u. 16. Hinterster unterer rechter Backzahn einer Katzenart,
„ 17 u. 18. Zweiter unterer rechter Backzahn einer Katzenart.
„ 19. Bruchstück der rechten Unterkieferhälfte des Agnotherium anti-
quum Kaup von der äusseren,
„ 20. von der inneren Seite.
„ 21, Unterkieferhälfte eines Wiesels (rechts statt links gezeichnet).
„ 22 u, 23. Keim eines oberen Backzahns eines reissenden den Subursi
verwandten Thiers.
„ 24. Unterkieferhälfte von Hypudaeus aniphibius.
„ 25. Zahnreihe desselben.
„ 26. Bruchstück der linken Unterkieferhälfte des Hamsters.
„ 27. Bruchstück der rechten Unterkieferhälfte des Murmelthiers.
„ 28. (Arctomys alpinus) , äussere und innere Seite.
„ 29. Oberer Schneidezahn desselben.
„ 30. Unterer eines kleineren Thiers.
„ 31. Oberer dessgl.
„ 32. Unterer eines noch kleineren Thiers.
„ 33 u, 34. Bruchstück des Oberkiefers eines Wiederkäuers (Rennthier).
„ 35 u. 36, Keim eines oberen Backzahns von demselben.
„ 37. Bruchstück des Geweihs von Cervus tarandus Schottii.
„ 38 u. 39. Tief abgeriebener Schneidezahn eines Wiederkäuers.
,, 40. Bruchstück des Oberkiefers des Rliinoceros tichorhinus.
„ 41. Dritter oder vierter rechter oberer Backzahn desselben.
„ 42. Selir junger Keim des dritten oberen linken Backzahns desselben.
„ 43. Backzahn des Elephas primigenius?
„ 44. Zweifelhafter Zahn,
,, 45. Vergrösserte Kaufläche desselben.
Wurlbniturwiss Jahrcskfic IX Jahr^
TafM
■kl u lilh V. Hummd
ijcdrYÖ.Küslaer^
171 —
Taf. III.
g. i. Schwanzwirbel einer Katzenart von Vöh r in gen dorff. 1. Obere Fläche desselben.
2 u. n ein kleinerer dessgleichen (verkehrt gezeichnet), n untere Fläclie desselben.
3. Phalanx einer Katzenart.
4. Zweifelhafte Phalanx.
5. Vorletzter linker oberer Backzahn dem des Fuchses sehr ähnlich.
6. Oberer Theil eines Eckzahns des Fuchses.
7. Dessgleichen.
8. Oberer Theil des Radius desselben.
9. Calcaneus desselben.
10. Astragalus desselben.
11. a) Phalanx desselben von der oberen, b) von der unteren Seite.
12. Oberer Theil des Schenkelknochens eines ersten Nagers (Sciurus?), m. Schenkelkopf, n. Trochanter major.
13. Bruchstück des Beckens.
14. Radius.
15. Tibia.
16. Oberarmknochen eines zweiten Nagers.
17. Unterer Gelenkstheil desselben.
18. Bruckstück des Cubitus,
19. des Radius.
20. Astragalus.
21. Calcaneus.
, 22. Bruchstück des Unterkiefers.
, 23. Schneidezahn.
, 24. Unterer Schneidezahn eines Nagers.
25, 26 u. 27. Erster oberer linker Backzahn eines Wiederkäuers. , 28 u. 29. Oberer Backzahn von Palaeomeryx minimus.
30 — 35. Untere Backzähne. ,36. Unteres Ende des rechten Oberarmknochens. , 37 u. 38. Astragalus. , 39. Phalanx.
40. Andeutung der natürlichen Grösse des Kieferbruchstücks.
41 u. 42. Kieferbruchstück eines sehr kleinen Wiederkäuers. , 43 u. 44. Oberer Backzahn des Palaeotherium magnum von Neu-
hausen. , 45 u. 46. Sehr tief abgeriebener Schneidezahn von Fr o h n s t et ten.
46. Kaufläche desselben, ebendaselbst.
47 — 49. Unterer Schneidezahn desselben, von Neuhausen. , 50 — 52. Untere Backzähne desselben, ebendas.
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Fig-. 53 u. 54. Eckzahn eines unbekannten Säugethiers, Fig. 53 von der äusseren, Fig. 54 von der inneru Seite, von Fr ohn s te tt en.
„ 55 u. 56. Derselbe Zahn vergrössert.
„ 57 u. 58. Bruchstück des Unterkiefers von Anoplotherium leporinum von Frohn st e tten.
„ 58 a. Ein vergrösserter Zahn desselben.
„ 59. Vordere Phalanx eines Anoplotherium von Fr o h n s t e 1 1 en , Gelenksfläche desselben.
„ 60 u. 61. Eckzahn von Palaeotherium curtum. Fig. 61 äussere, Fig. 60 innere flache Seite der Krone, ebend.
„ 62. Bruchstück der rechten Oberkieferhälfte eines Wolfs von Lan- ge nb ru n n.
„ 63 u. 64. Dazu gehöriger Eckzahn, Fig. 63 von der äusseren, Fig. 64 von der Innern Seite.
„ 65. Oberarmknochen des Alpenmurmelthiers.
„ 66. Derselbe von Langenbrunn.
„ 67.^ Derselbe von Eppelsheim.
„ 68 u. 69. Derselbe von Aachen.
Wurlb nalurwiss Jihrcshefle IX Jahr^
Taf in.
Gez.u.lilk.v. Huramd.
Gedr. v.G. Küslner
2. Negative artesische Brunnen
(absorbirende Bohrbrunnen) im Molassen- und Jurage- birge, zur Ableitung des Wassers aus den Gräflich von Maldeg he m' sehen Lagerbierkellern in Stetten ob Lonthal.
Ausgeführt und mitgetheilt vom Ingenieur und Geologen Dr. Bruckmann.
(Mit einem Situalionsplan auf Tafel IV.)
Die Idee, durch Bergbohrungen Schichten zu erreichen, mittelst welcher versumpfte Grundstücke, zum Theil auch Teiche und Seen trocken gelegt , überhaupt lästige NVässer permanent entfernt werden können, ist keine ganz neue; mein nunmehr ver- storbener Vater hat schon in den I820ger Jahren diesen Gegen- stand ins Auge gefasst, A. Chevalier berichtet im Jahre 1835 in dem Journal des connaissances usuelles über die Ableitung übelriechender und für die Gesundheit nachtheiliger Flüssigkeiten in unterirdische Wasserströmungen, und J. Degousee liefert in seinem „Guide du sondeur" etc. (Paris, 1847) eine Abhand- lung über Senkbrunnen und ihren Nutzen ; — allein die An- legung absorbirender Bohrbrunnen oder Bohrlöcher wurde bei Weitem nicht so häufig realisirt, als die Etablirung artesischer Brunnen,*-) obgleich sich manche Gebirgsformationen und Lo- kalitäten tretTIich zur Ausführung wasserabführender Bohrlöcher
*) Mein „Wegweiser durcli den Berg- und Brunnenbolirwald'- Darm- stadt, 1852, Verlag der Hofbuclihandlung von G. Jon gh au s — entliält das Wesentlrcliste der Literatur über artesische Brunnen u. s. w. mit kritischen Bemerkungen.
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eignen. Wie manche nutzlose Bohrversuche auf Springquellen wurden schon in hochliegenden Gegenden und in klüftigen For- malionen aus Mangel an Sachkenntniss unternommen, so dass man die Summen bedauern muss, welche auf derartige Werke verwendet worden sind, weil man statt Sleigwasser zu erhalten, nicht selten absorbirende Schichten erschrotet hat, die das hin und wieder im oberen Terraine erbohrte Wasser verschlungen und in die Tiefe geführt haben !
Als ich die artesischen Brunnen in Baiern eingeführt halte, wurde ich u. A. nach Gösweinstein im K. Landgerichte Potten- stein berufen, weil man beabsichtigte, daselbst eine Bohrung auf Springquellen vorzunehmen ; ich rielh von dem Unternehmen ab, indem ich die Unmöglichkeit des Gelingens nachwies; — Gösweinstein hat ungefähr eine Lage wie unser romantischer Lichtenstein, die vorherrschende Formation ist, wie dort klüf- tiger Korallenkalk und am Fusse des Berges in der Thalsohle entspringen äusserst mächtige Süsswasserquellen , analog dem Ur- sprünge der Echatz unweit Honau bei Lichtenstein, des Blautopfes bei Blaubeuren, der Brenz bei Königsbronn u. s. w. Aehnlichen Verhältnissen begegnete ich s. Z. in dem auf oberem Muschel- kalke ruhenden hochliegenden Rottenburg an der Tauber und a. a. 0., wo ich mich naiürlich gleichfalls gegen das Gelingen artesischer Brunnen aussprechen musste.
Es wäre in solchen Fällen Thorheit , ja den Unternehmern gegenüber gewissenlos gewesen , wenn ich auch nur einige Hoffnung ausgesprochen hätte, dass Bohrungen auf Springquellen gelingen werden ; die dort verhandenen tiefer liegenden mäch- tigen Quellausbrüche sind die Resultate der auf den Plaleau's der Umgegend sich condensirenden , niederschlagenden und in- filtrirenden H^drometeore , welche in den Klüften des Gesteins, so tief niedersinken^ bis sie auf ein Hinderniss — eine wasser- haltige Basis — stossen , die ihrem noch tieferen Eindringen ein Ziel setzt und sie zum natürlichen Ausbruche nöthiget; das Gebirge selbst ist demnach vom Plateau bis zur Thalsohle ab- gezapft.
Wie unter solchen Verhältnissen, d. h. in Formationen und Lagen, in welchen das Gelingen artesischer Brunnen unmöglich
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ist, dennoch Trinkwasser beigeschafft werden kann (Anlegung gebohrter Pump- oder Schöpfbrunnen auf Hochebenen und Ber- gen, *) oder je nach Umständen in den oberen oft jüngeren Terrainsschichten Schachtabteufungen, Etablirung von Brunnen- stuben, Eintreibung von Stollen u. s. w.) gehört nicht in den Bereich der gegenwärtigen Schilderungen; es mögen in diesem Betrachte meine bisher veröffentlichten Schriften nachgelesen und meine praktischen Werke kennen gelernt werden.
Wenn nun aber z. B. unmittelbar im klüftigen oberen Jurakalke (Korallenkalke) und unter gewissen Localverhältnissen keine Springquellen erbohrt werden können, so ist er, abgesehen von seiner technischen Verwendung, dennoch zu etwas Weite- rem nütze, nämlich zur dauernden Ableitung lästiger Wässer, welche sich in dem zuweilen auf ihm abgelagerten jüngeren, thonigen und mergeligen Terraine ansammeln.
In Nachstehendem werde ich nun nach einigen vorange- schickten Vorerinnerungen zwei gelungene negative artesische Brunnen schildern, die ich kürzlich mit meinem eigenen Berg- bohrapparate ausgeführt habe.
Seine Excellenz der Herr Graf von Maldeghem, Grund- herr von Niederstotzingen etc. beabsichtigte im Spätjahre 1852 in seinem Schlossgarten zu Niederstotzingen einen artesischen Brunnen anlegen zu lassen, nachdem eine frühere von einem Anderen daselbst auf Springwasser vorgenommene Bohrung gänz- lich fehlgeschlagen hatte; Hochderselbe wünschte vor allen Din- gen den Rath eines geprüften und erfahrenen Sachkundigen zu vernehmen und hat mich auf eine freundliche Empfehlung des hochgeehrten Herrn Bergraths von Schübler in Stuttgart hin eingeladen, von Darmstadl aus, wo ich mich gerade aufhielt, nach Niederstotzingen zu reisen, um die nöthigen geognostisch- hydrographischen Voruntersuchungen vorzunehmen, die ich in Gegenwart des Herrn Grafen vollführte. Leider konnte ich keine
*) S. z. B. den Bericht an die Gesellscliaft für Bohrung artesischer Brunnen im Herzogtlium Altenburg-, nebst drei von mir ausgestellten, die geognostischen Verhältnisse dieses Landes und besonders die Bohrver- suche auf Wasser betreffenden Relationen. Altenburg, gedruckt in der Hofbuchdruckerei. 1833.
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Hoffnung des Gelingens geben, denn der etwas erhöhte Schloss- garten, obgleich mit geringmächtigen miocenen Süsswasser- und Molassemergeln bedeckt, hat den klüftigen und wasserabführen- den Korallenkalk*) zur Basis, und ich habe desshalb auf das Entschiedenste von der Ausführung abgerathen. Um indessen für den Schlossgarten dennoch das gewünschte fliessende Wasser zur Speisung eines Teiches, was die Hauptabsicht war, zu er- halten, bezeichnete ich in dem rückwärts und nördlich anstei- genden Molassehügel,**) an welchem ohnehin einige gefasste Quellen liegen, zwei Stellen, wo Brunnenstuben mit gutem Er- folge angelegt werden könnten, von welchen das Wasser aus geringer Entfernung, in Röhren nach dem Schlossgarten zu leiten wäre. Diese Ausführung steht zwar noch zu erwarten, allein ihr Gelingen hat noch mehr Wahrscheinlichkeil für sich, als dies bei meiner im Jahre 1836 auf der Königlichen Hof- domäne Zwirtemberg angelegten Brunnenstube ***) der Fall war, welche dennoch dem Zwecke vollkommen entsprach, indem sie viel gutes Wasser aus unbeträchtlicher Entfernung nach dem Hofgute führt.
Herr Graf von Maid eghem geleitete mich auch nach dem eine halbe Stunde von Niederstotzingen entfernten und höher gelegenen Dorfe Stetten ob Lonthal, wo Er u. A. eine grosse Bierbrauerei besitzt, deren ausgezeichneter Stoff in hohem
*) Derselbe ist an etlichen Stellen auch von mergeligem Portlander- kalke überlagert, welchen Quenstedt mit dem lithographischen Kalke parallelisirt und Krebsscheerenkalk nennt.
'•'*) Bekannt ist diese Lokalität wegen ihres Petrefaktenrcichthumsj die Bivalven kommen zwar äusserst selten doppelschalig vor und von Cardien und Cythereen fand ich nur Steinkerne; zum Theil schön er- halten sind daselbst: Östren longirostris Lmrk. sehr häufig: 0. cyathula Lmrk,; 0. flabelliila Lmrk,; 0. mutabilis Desh,; Pecten crassicostatus Dhr.; P. Hermcintiseni Dhr,
'•'*") Vergl. S. 10 meiner neueren Schrift: 5,Der wasserreiche arte- sische Brunnen im alpiniscben Diluvium des oberschwäbischen Hoch- landes zu Isny, in geognostisch - hydrographischer und construktiver Hinsicht. Nebst einem Beitrage zur Kenntniss der Diluvialgerölle der Bodenseegegend. Mit einer lith. Gebirgsdurchschnittszeiehnung. Stutt- gart. E. Seh weizerbart'sche Verlagshandlung und Druckerei. 1851,"
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Grade labend und unter dem Namen „Stolzinger Bier" im ganzen Lande vortheilhaft bekannt ist.
In Stetten angekommen, machte mich der Herr Graf auf den fatalen Umstand aufmerksam, dass in seine beiden grossen Lagerbierkeller immerwährend Wasser eindringe, welches in kurzen Intervallen auf zeitraubende und kostspielige Weise theils ausgepumpt, theils in Fässern ausgehoben werden müsse, und noch anderweitige nicht unbedeutende Nachtheile verursache, — Nachtheile, die alle nassen Bierkeller in sich vereinigen.
Es ist wesentlich und von Wichtigkeit, auf den durch Erfah- rung ermittelten Umstand aufmerksam zu machen, dass sich in einem Wasser-führenden Keller Schimmel an den Fässern ansetzt, was die Festigkeit des Holzes nach und nach beeinträchtiget; dass hölzerne Reife mürbe werden, zerbrechen und abfallen; — durch das Eindringen von Wasser in Kellerräume wird ferner die Temperatur in denselben erhöhet, *) was in doppelter Be- ziehung verderblich auf das Bier einwirkt, denn
1) zehrt die Ausdünstung des Wassers an der Qualität des Biers, wodurch es krank wird, seine Haltbarkeit verliert und umschlägt, d. h. trübe wird;
2) soll in einem Lagerbierkeller im Sommer keine höhere Temperatur als -f 5 bis 6^ Reaum. herrschen, während sie in einem Winterbierkeller nöthigen Falles auf 8 bis 10^ steigen darf, um dem Bier noch keinen Schaden zuzufügen; — öffnet
'•') Bekannt ist die von meinem Vater in den 1820ger Jahren ent- deckte Nutzanwendung des Wassers der artesisclien Brunnen zur Er- wärmung von Arbeitssüälen und gänzliclien FreiiiaJtung der Wasserräder vom Eise-, s. S. 26-63 unseres Werkes: „Vollständige Anleitung zur Anlage, Fertigung und neueren Nutzanwendung der gebohrten oder so- genannten artesischen Brunnen. Grösstentheils auf eigene Erfalirung gegründet und für die praktisclie Ausführung bearbeitet. Mit neun Steintafeln. Zweite Auflage. Heilbronn am Neckar, J. D. Class'sche Buchhandlung. 1838." Es ist in dieser Abhandlung auch darauf auf- merksam gemacht, dass mittelst des Wassers von artesischen Brunnen Gewächshäuser erwärmt und Wintergärten angelegt werden können, und dass man umgekehrt das Wasser in Teichen und Seen im Sommer, wenn es zu warm ist, abkühlen kann, um das Abstehen der Fische zu ver- hindern, wenn man Bohrbrunnenwasser in erstere strömen lässt, u. s. w. Württemb. naturw. Jahreshefte. i853, 2s Heft, 12
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man ja doch im Winter die Luftlöcher der Lagerbierkeller, um ihre Temperatur wo möglich auf Null zu bringen, oder wie sich die Brauer auszudrücken pflegen, um die Keller ausfrieren zu lassen!
Die sogenannte und den Fässern immer in hohem Grade nachtheilige, ja das Fassholz nach und nach zerstörende Trocken- fäule (Schwamm) bildet sich leicht in jedem zu warmen , wenn auch trockenen Keller, selbst wenn die Fassdauben aus ganz gesundem Holze bestehen , übrigens kann sie durch Luftzug bei geeigneter Temperatur, in den meisten Fällen und Terrains- arien verhindert werden. In letzterem Betrachte kam mir in meiner Praxis einmal ein so interessanter Fall vor, dass er einer kurzen Miltheilung werth ist.
Nicht weit von Constanz , am Ufer des Bodensee's (Ueber- linger See's) war ein ausgedehnter Lagerbierkeller — Felsen- Keller — in lockerer trockener Molasse ausgehauen, welcher in der ersten Zeit seiner Existenz zu den besten Kellern der Um- gegend gehörte; bald aber machte der Eigenthümer S. desselben — er hat sich seit etlichen Jahren mit vielem Glücke als Brauer in Nordamerika etablirt — die unerfreuliche Wahrnehmung, dass sich die Trockenfäule an den Fässern einzustellen begann, und da ich in dieser Periode (in den I840ger Jahren) in Constanz als Stadtbaumeister und Lehrer an der dortigen Gewerbeschule lebte, so wurde ich von ihm angegangen, die Sache zu unter- suchen und dem grossen Uebelstande wo möglich abzuhelfen, denn die Zerstörungen der Trockenfäule sind bekannt. Ich be- gab mich mit dem Eigenthümer an Ort und Stelle; auf der Nord- seite des Kellereinganges waren am Boden links und rechts zwei Luftlöcher angebracht, welche nach Belieben geöffnet und ge- schlossen werden konnten; in der Mitte des frei aus dem Sand- felsen (Molasse) gehauenen Kellergewölbes befand sich ein weiter Luftschlauch, der, wie mir vorgegeben worden, bis über Tag reiche, nämlich in's freie Ackerfeld ausmünde. Gleich beim Eintritte in diesen Felsenkeller fiel mir die dumpfe Luft auf, welche in demselben herrschte; die Luftlöcher der Nordseite waren geöffnet, wir halten Fackeln, Lichter bei uns, aber nicht die geringste Bewegung der Flammen war wahrzunehmen, — Kein Luftzug im ganzen grossen Kellerraume !
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Diese Wahrnehmung liess mich sogleich vermuthen, dass der obere Luftschlauch gänzlich verstopft sein werde; der Eigen- Ihümer protestirte gegen meine Ansicht, erklärte sogar die Ver- stopfung für eine Unmöglichkeit, indem er bemerkte, dass der Schlauch oben auf dem freien Felde (Ackerlande) gehörig offen gehalten und verwahrt sei. Dessen ungeachtet bestand ich auf genauer Untersuchung dieses Luftschlauches ; es wurden Leitern beigebracht, derselbe bestiegen, und was entdeckte ich? — der Schlauch war mit Dielenstücken dicht überdeckt und auf letztere eine Schichte Ackererde geworfen, über welche sogar der Pflug des Landmanns gegangen war, kurz er ist hermetisch ver- schlossen gewesen.
Nunmehr war das bisherige Räthsel zur vollsten Beruhigung des Eigenlhümers gelöst, es wurde in Zukunft für Offenhaltung des Luftschlauchs Sorge getragen, die Trockenfäule verschwand, und der Felsenkeller gehörte von dieser Zeit an wieder zu den trefflichsten Etablissements dieser Art.
Der Herr Graf vonMaldeghem,die Vortheile trockener und die Nachtheile nasser Kellerräume wohl erwägend, stellte an mich die Anfrage, ob wohl das in seine beiden Bierkeller dringende lästige Wasser auf irgend eine dauernde Weise ent- fernt werden könnte? — eine Frage, die ich mit „ja" beant- wortete, indem ich die Anlegung absorbirender Bohrbrunnen vor denselben vorsehlug, und nachdem ich mich über die Wahr- scheinlichkeit des Gelingens der letzleren in einer Relation aus- gesprochen hatte, wurde ich ersucht, zur Ausführung zu schreiten. Bevor ich die ausgeführten und gelungenen Bohrwerke selbst schildere, soll eine geognoslische und hydrographische Beschrei- bung von Stellen nach Massgabe meiner eigenen Beobachtungen vorangehen.
Stellen ob Lonthal, ein katholisches Pfarrdorf mit 350 Einwohnern im hochgelegenen K. Oberamisbezirke Ulm, gehört im Allgemeinen der südlichen sanften Abdachung der jurassischen rauhen Alp an, und es breitet sich in geringer Entfernung das Gebiet der Donau, vorherrschend daselbst eine Kiedebene, gegen Bayern hin aus; in der Nähe befindet sich das tiefer gelegene ziemlich schmale Lonthal, von einem Flüsschen, der Lone, auch
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Lonlel genannt, durchschlängelt, welches den Oberamtsbezirk von Westen nach Osten durchzieht. Im Einzelnen liegt der Ort theils am westlichen terrassenförmigen Abhänge der sogenannten Gemeinde (einer Hügelansteigung), theils in einem engen Thäl- chen, von welchem aus sich in westlicher Richtung der höhere Stumphau , weiter hinten aber der schon ziemlich hoch gelegene Alport Bissingen erhebt; gegen Osten geht die Ansteigung der sogenannten Gemeinde, — des Hügels, auf dessen Rande die beiden Gräflichen Lagerbierkeller stehen — in das Plateau eines Tannenwaldes über, dessen Terrain sich mit geringer Ansteigung , etwa 25Fuss, allmählig in das sogenannte Sandfeld — die schon berührte Niederstotzinger Molasse — ver- liert; letztere Lokalität, eine halbe Stunde nördlich von Nieder- stotzingen, liegt 1855 würltemb. Fuss über dem Meere und gegen 200 Fuss über der nachbarlichen Donau, so dass die Meereshöhe der fraglichen Sommerbierkeller annähernd zu 1830 Fuss angenommen werden darf.
Gegen Süden zieht sich das Ortslhälchen zuerst steigend, dann fallend zwischen Asselfingen und Oberstotzingen hin, und verflächt sich mit dem übrigen Terraine sanft gegen die Donau- ebene ; gegen Norden fällt das enge Thal in der sogenannten Wiese unter dem Schlosse und dem Niederfelde allmählig nach dem Lonthale ab.
Vom nördlichen Ende des Ortes aus zieht sich in östlicher Richtung ein schmales Thälchen — Reitschule und Brunnen- wiese — muldenförmig eine Viertelstunde bis zum Sparrenwalde aufwärts und geht nach und nach in das Plateau des Sandfeldes über, wo, wie wir bereits wissen, die Niederstotzinger (Meeres-) Molasse mit ihren grossen Ostraciten etc. abgelagert ist ; begeht man dieses Thälchen vom Orte aus in aufsteigender Richtung, so finden wir es rechts (südlich) vom Tannenwalde, links (nörd- lich) aber vom Stehberge, Büschelesberge u. s.w. begrenzt, die sich weiter oben sämmtlich in das Sandfeld verlaufen.
Am Fusse des Stehberges und eine kleine Strecke weit auch an dem des Tannenwaldes steht harter klüftiger Korallenkalk zu Tage an; dasselbe Gestein beisst am westlichen und nördlichen Fusse der sogenannten Gemeinde (des Hügels) aus, und man
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sieht es am nördlichen Abhänge Iheilweise auch von festem mit Mergeln wechsellagerndem Porllandkalke überdeckt; die mittlere Abtheilung dieses Hügels, auf welchem die Bohrversuche unter- nommen worden , ist aus Süsswassergebilden und die obere aus Meeresmolasse conslituirt, welch* letztere sich vom Sandfelde aus in geringer Mächtigkeit noch hierher erstreckt. Im Uebrigen bestehen die Hügel und Berge der Umgegend vorherrschend aus Korallenkalk, welcher z. ß. in dem grossen Steinbruche des nahen Oberstotzingen, von Portlandstein überlagert, schön auf- geschlossen ist, zuweilen auch, wie bei Schnaitheim, oolithisch wird, und ausser den bekannten bezeichnenden Versteinerungen (ich selbst fand bei Oberstotzingen Astraea alveolata Gold f., Terebratula biplicata Sow., T. difformis Lmrk.y Pecten- und Nerinea-species) Hornsteinnieren , Quarz- und Chalcedondrusen einschliesst.
Der vorherrschende Charakter des Korallenkalkes der ganzen Umgegend, welcher weissliche, grauliche und gelbliche, seltener aber röthliche*) Färbung zeigt und zuweilen Kalkspathadern ent- hält, ist: ungemeine Härte, starke irreguläre Zerklüftung, Höh- lenbildung und Erdfälle. Im tieferen Theile des Dorfes Stetten selbst sind in und bei der Ziegelhülte sogenannte Erdfälle (nach meiner Wahrnehmung Klüfte im Korallenkalk) bekannt, in denen sich theils beiströmendes Regenwasser theils absichtlich einge- gossenes Wasser niederstürzt , um für immer zu verschwinden und sich wahrscheinlich mit dem Quellensysteme des noch tiefer liegenden Lonlhales zu vereinigen. Unter den grösseren Höhlen in diesem Kalke zeichnet sich der sogenannte hohle Stein und der Stadel auf Asselfinger Markung eine halbe Stunde von Stetten aus; aber auch näher beim Orte befindet sich in nordwestlicher Richtung eine niedere etwas ausgedehnte Höhle mit Stalaktiten- bildungen, am sogenannten Vogelherde auf dem Wege nach Bissingen.
*) Bei der Kaltenburg finden sich gelbliche und röthliche marmor- artig gefleckte Massen, sogen, wilder Marmor. Das Belvedere im Schlossgarten zu Niederstotzingen ist vorherrschend aus diesem Mate- rial erbaut.
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Am nördlichen Ende von Stetten liegt das Gräfliche Schloss, die Kirche, das Bräuhaus, romantisch auf einem steil nach dem Thale, — der Wiese — abstürzenden Korallenfels.
Das Gefälle der sogenannten Gemeinde , deren Meereshöhe wir zu 1830 Fuss angegeben haben, beträgt, von den Lagerbier- kellern an in westlicher Richtung gemessen, bei einer horizon- talen Ausdehnung von 700 Fuss bis zum Schulhause 70 Fuss; es findet aber von dort aus noch ein weiteres Abfallen des Ter- rains im Orte nach der Ziegelhütle u. s. w. überhaupt bis zum eigentlichen Ortsthälchen statt. Der Korallenkalk umgibt den westlichen und nördlichen Fuss des Gemeindehügels gürtelförmig, er fällt in der Richtung von Südwest nach Nordost in flachem Winkel jedoch divergirend ein , und die Molasse sammt ihren untergeordneten Süsswasserbildungen scheint sich an ihm ange- staut zu haben; in dem Bohrloche vor dem neuen Bierkeller z. B. wurde er erst bei 76 Fuss 1 Zoll 8 Lin. erreicht, wäh- rend er am Fusse der sogenannten Gemeinde höher aufsteigt.
Die Plateau's und Bergabhänge der nächsten Umgebung von Stetten sind mit ausgedehnten Eichenwäldern, seltener mit Buchen und Tannen bedeckt; der vorhandene Waldwuchs bedingt jeden- falls die Niederschlagung und Infiltrirung einer Masse von Was- serdünsten (Hydromcteoren), und diesem Umstände schreibe ich das Vorhandensein der Quellen zu, welche sich in den oberen und jüngeren Terrainsschichten bei Stellen bewegen, wie so- gleich' näher gezeigt werden wird; auch das lästige Eindringen von Sickerwasser in beide Bierkeller hat in dieser Grundur- sache seinen Sitz. Welch' mächtigen Einfluss die Wälder auf Quellenbildungen ausüben und welch' nachtheilige Einwirkung das Ausrollen und Vertilgen der Wälder auf die Quellen äussert, hierüber habe ich in meinen Schriften schlagende Beweise bei- gebracht, auf die ich der Kürze halber verweise; man hüte sich indessen bei solchen Betrachtungen unorganische Quellen mit organischen*) zu verwechseln, da letztere von den Ve-
*) Meine anfängliche Auffassung von unorganischen und organischen Quellen ist in meinem Anhange der deutschen Ausgabe von „Viollet's Theorie der artesischen Brunnen etc." aufgezeichnet.
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getationsverhältnissen und den Hydrometeoren einer Gegend gänzlich unabhängig sind.
Stellen erfreut sich einer VVohlthat, deren wenige Alporle Iheilhaftig sind, nämlich eines reinen, gesunden und reichlich fliessenden Trinkwassers. Von fünf durch Brunnensluben ge- fassle Quellen, welche dem Orle und dem Gräflichen Bräuhause miltelst einer Röhrenfahrt das Wasser zuführen, liegen vier nahe am neuen Lagerbierkeller, am nördlichen Saume des dortigen Tannenwaldes, und zwar um Weniges liefer, als die obere Boden- fläche des Kellers. Diese Quellen entspringen sämmtlich aus Molasseschichlen zwischen Sandslein und Mergel und führen zu- weilen Sand mit, den sie absetzen. Etwas weiter oben ist der Teichelweiher, welcher durch kleine Quellen gespeist wird, die gleichfalls aus Molasseschichten nördlich eindringen ; dieser Tei- chelweiher dient, abgesehen von Aufbewahrung hölzerner Wasser- leitungsröhren, als Wasserbehälter für den Fall einer Feuers- brunst im Dorfe. Zehn Minuten in nordöstlicher Kichtung vom neuen Keller entfernt, entspringt die Schlossfeldquelle im soge- nannten Büschelesteich aus gleicher Formation, ist, in einer Brunnenstube gefasst, durch Röhren milden übrigen vereiniget und liegt so ziemlich in gleicher Höhe mit diesem Sommer- bierkeller.
Das Abwasser der Brunnen von Stellen und des Teichel- weihers schlängelt sich durch das Niederfelder Thälchen dem Lonthale zu; sonst findet sich zunächst beim Orle, die Lone im Lonthale ausgenommen, kein fliessendes Wasser.
Diese Quellen bilden ein eigenes System, indem sie alle aus der Grenzscheide der Molasse und der sie begleitenden Süss- wasserkalkformalion hervortreten und in gar keinem Zusammen- hange mit dem den Untergrund, das Liegende bildenden Jura- gebirge stehen. Die gegen mich ausgesprochene Befürchtung, „es könnten vielleicht durch meine Bohrungen die fraglichen Quellen in ihrem Quantum beeinträchtigt werden oder wohl gar versiegen", konnte ich zum Voraus auf beruhigende Weise an- nulliren und wie die Erfahrung gelehrt hat, mit dem vollsten Rechte. Es würde mich zu weit führen, diesen Gegenstand hier specieller ins Auge zu fassen und durch Profile zu erläutern,
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ich kann mich jedoch der Andeutung nicht enthalten, dass es bei projektirten Wassergewinnungen unter gewissen geologischen Verhältnissen in mehreren Fällen sehr zu rathen ist , sich nur in den oberen Terrainsschichten zu bewegen, statt in grössere Tiefe niederzugehen.
Nun zur Schilderung der absorbirenden Bohrbrunnen.
Beiliegender Situationsplan (Taf. IV.) macht die Lage der beiden Gräflichen Lagerbierkeller deutlich, wovon der alte im Jahre 1832, der neue aber 1834 erbaut worden war; sie stehen am oberen Rande der sogenannten Gemeinde, wo das Plateau des Tannen- waldes beginnt, und zwar bei einer Meereshöhe von 1830', wie wir wissen, 70' über der Bodenfläche des Schulhauses in Stetten erhaben, und in horizontaler Richtung 700' von dem- selben entfernt. Das lästige und permanente Eindringen des Sickerwassers in die Kellerräume fand von der Ostseite des Tannenwaldes her statt, während von Westen aus gar keine W^assereinsickerung wahrgenommen werden konnte , und an den Süd- und Nordseiten der Keller kaum Spuren zu entdecken waren. Unter diesen Verhältnissen hielt ich es für das Zweckmässigste, das Sickerwasser durch eine östlich gelegte Schachtabteufung ausserhalb des neuen Bierkellers abzuschneiden und abzufangen, bevor ich mit Niedertreibung des Bohrloches begann, in welchem das Wasser sich niederstürzen und versenken sollte. Am 27ten September 1852 traf ich Behufs der Ausführung der beabsich- tigten Werke in Stetten ein, nachdem mein Bergbohrapparat bereits daselbst angelangt war, und ertheilte sogleich die nöthi- gen Instruktionen zu den Vorarbeiten. Obgleich die Bohrung im alten Sommerbierkeller während der Schachtabteufung am neuen Keller vollführt wurde, so finde ich doch für gut, die Ausführung beim neuen Lagerbierkeller in der Beschreibung vor- anzustellen, indem sie die wesentlichere und wichtigere ist.
Absorbirender Bohrbriiniien am neuen Lager- bierkeller.
Sechs Fuss von der östlichen 27' 3" hohen Schildmauer desselben entfernt und in ihrer Miltelrichtung wurde ein im
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Lichte allewege 6' weiter Schacht, 33' tief auf ganz solide Weise abgeteuft*), um die hohe und nahe liegende Schildinauer in ihrer Festigkeit nicht zu beeinträchtigen ; die Sohle des Schachtes kam also nahezu 6' unter den Kellerboden zu liegen. Eine Aufzeichnung der durchsunkenen Schichten wird weiter hinten folgen und ich führe hier nur vorläufig an, dass bei 19' Tiefe das erste von Osten her eindringende Sickerwasser ent- deckt wurde, welches sich mit Zunahme der Teufe vermehrte; das Wasser träufelte aber nur zwischen 19 und 25' Tiefe aus einer Süsswassermergel-Ablagerung hervor, während das Gebirge weiter oben und weiter unten sich trocken zeigte. Nachdem über 20' tief niedergegangen war, sammelten sich über Nacht gewöhnlich 45 bis 78 Kubik-Fuss Wasser im Schachte an, welches jeweils ausgehoben werden musste, um die Schachtabteufung fortsetzen zu können; später verringerte sich dieses Quantum auf 13 Kubik-Fuss 101 Kubik-Zoll, und in der Nacht vom fg. Oktober, nachdem der Schacht bei 33' Tiefe schon vollendet und auf seiner Sohle eine Sammelgrube angelegt war, waren nur 9 Kub.-Fuss Wasser in ihn gedrungen, ein Mass, das sich fernerhin ziemlich constant blieb und sich später nur durch anhaltende und heftige Regengüsse vermehrte, an welchen das Späfjahr 1852 bekannter Massen sehr reich war.
Die auffallende Abnahme des Wassers gab anfänglich der Vermuthung Raum, als hätten die unten abgelagerten Süsswas- sermergel bereits die Eigenschaft, einen Theil des Wassers zu absorbiren ; allein diese Ansicht bestätigte sich nicht, die frag- lichen Thonmergel waren dicht und nicht im mindesten sandig, und ich erkläre den Grund dieser Erscheinung auf folgende ein- fache Weise.
Durch meine Schachtabteufung wurde dem östlich eindrin- genden Sickerwasser zuvörderst der Lebensnerv abgeschnitten ; der rückwärts liegende Terrainsklotz des Tannenwaldes war von 19 bis 25' Tiefe satt mit Wasser angeschwängert, welches an
*) Im Allgemeinen nach Massgabe meiner Abhandlung auf S. 64 — 72 in: „Vollständige Anleitung zur Anlage etc. der artesischen Brunnen. Zweite Auflage. Heilbronn am Neckar, J. D. Classische Buchhand- lung, 1838."
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der Schildmauer des Kellers einen, wenn auch nicht ganz dicht geschlossenen Damm fand. Anfangs konnte sich nun das Wasser in seinem vollsten Quantum in den Schacht ergiessen, weil die Terrainsmasse auf 6' Weite schnell und senkrecht durch den Schachtbau entblösst worden ist, dieses Sickerwasser musste sich aber nach und nach und so lange bei anhaltender Entleerung oder Abzapfung der betreffenden Schichte vermindern, bis ein normaler Beharrungszustand im Laufe der Zeit eintreten konnte.
Schon während der Abteufung des Schachtes und namentlich als mit ihm unter die Tiefe des Kellerbodens niedergekommen war, gewahrte man eine Abnahme des Wassers im Keller, welches sonst immer durch die Fugen der Schildmauer an verschiedenen Stellen eindrang, in die bei b angebrachte Grube lief und von dort sehr häufig ausgepumpt werden musste. Mehrere früher nasse Stellen dieser Schildmauer fingen bereits zu trocknen an, während das eindringende Wasser bisher den Mörtel theilweise wegspülte und offenbar der Festigkeit des Mauerwerkes schadete.
Mit dem Bohren wurde jetzt auf der Sohle der unten im Schachte eingehauenen Sammelgrube begonnen und zwar in Thonmergeln der Süsswasserkalkformation , die viele Jurakalk- gerölle einschlössen; ich wollte dieses zum Nachstürzen sehr geneigte Terrain sachgerecht mittelst Abtreibens hölzerner Bohr- teucher durchsenken , allein der dazu benöthigte eiserne Röhren- schuh, wozu ich Zeichnung und Detailvorschrift gegeben, ver- unglückte leider zum zweilen Male in einem nachbarlichen Gross- hammerwerke, und ich konnte mich der Zeitersparniss halber in diesem Falle nicht mehr an die von mir S. 21 meiner neueren Schrift *) citirte und bewährte Quelle halten. In dieser nicht geringen Verlegenheit setzte ich die Holzröhren ohne Schuh stumpf auf das Terrain , und da ich sie dem zu Folge nicht niedertreiben konnte, so fing ich mit der Bohrung auf gut Glück um so eher an, als ich ohnehin vorhatte, das Bohrloch nach seiner Vollen- dung noch mit Metallröhren zu schützen.
Ich will den Leser nicht durch technische Details ermüden;
*) Der wasserreiclie artesisclie Brunnen zu Isny etc. Stuttgart, E. Seh weizerbart'sche Verlagshandlung 1851.
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kurz gesagt: die während der möglichst beschleunigten Bohr- arbeiten in dem vier Decimalzoll weiten Bohrloche vorgekommenen Terrainsnachstürze wurden jeweils schnell gewältiget, das Wasser im Schachte, welches im Verlaufe des Bohrens nicht mehr zu Tage gefördert wurde, sammelte sich ziemlich mächtig und stieg, wie zu erwarten war, allmählig so hoch an, dass es selbst wie- der durch die Schildmauer auf den Boden des Kellers drang.
Als am 26. November früh fünf Uhr von Tag (von der Hängebank des Schachtes) an eine Tiefe von 66' 7" 3"' erreicht war, sank der Bohrer, den ich gerade eigenhändig dirigirte, schnell durch eine 3' hohe mit Sand und Kalkgeröllen ausge- füllte Schichte nieder, und in demselben Augenblicke fing die Wassersäule im Schachte niederzusinken an und verlor sich nach lind nach gänzlich aus selbigem mit abnehmender Geschwindigkeit, übrigens so, dass es in der Nacht vom |f . Nov. vollständig aus dem Schachte verschwand. Dass das Wasser vom Schachte aus in das Bohrloch dringen konnte, hat seinen Grund darin, weil die Holzröhren vor ihrer Einsetzung absichtlich durchlöchert worden sind.
Nun hatten wir die gesuchte wasserabführende Schichte er- bohrt, oder richtiger gesagt, sind einer unterirdischen Wasser- strömung begegnet, welche das Schachtwasser, d. h. das ein- dringende Sickerwasser für immer verschlingt; es ist wesentlich zu bemerken, dass sich diese absorbirende Schichte, deren reale Durchschnittshöhe 3' beträgt, auf der Grenze zwischen dem Süsswassergebilde und oberen Jura befindet, wodurch meine schon längst und öfters aufgestellte Behauptung: „Dass sich so- wohl positive als negative, d. h. wasserliefernde und wasser- abführende Schichten gewöhnlich zwischen den Auflagerungs- flächen heterogener Gebirgsarten vorfinden" neue Bestätigung gewinnt.
Wären wir nicht so bald und in so unbedeutender Tiefe dieser erwünschten und erfreulichen Erscheinung begegnet , so hätte ich mit dem vollsten Vertrauen fortgebohrt , um im Korallen- kalke selbst mit Sicherheit eine kräftig absorbirende Kluft zu erschroten ; welcher erfahrene Gebirgskundige würde wohl bei den geognostischen Verhältnissen von Sletten, die ich satt-
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sam geschildert, über das Gelingen dieses Werkes Zweifel er- hoben haben?
Nunmehr habe ich, da die unterirdische Wasserströmung viel Sand und Jurakalkgerölle in das Bohrloch warf, für gut ge- funden, nur noch den Portlandkalk zu durchsenken und ein Weniges in den harten Korallenfels einzudringen, um bei dieser Gelegenheit die Schichte von den hinderlichen Geschieben und dem Sande zu befreien, und dadurch einer künftigen Verstopfung derselben vorzubeugen. Die möglichst gründliche Reinigung dieser Schichte war für die Zukunft von gleicher Wichtigkeit, wie dies seiner Zeit bei meinem im alpinischen Diluvialgerölle stehenden artesischen Brunnen zu Isny der Fall war.
Da das Wasser aus dem Schachte und Bohrloche mit ab- nehmender Geschwindigkeit in die absorbirende Schichte abzog, und auch dies nicht in einem gleichmässigen Verhältnisse (wohl durch den Geschiebe-Andrang veranlasst) , da ferner wegen sehr regnerischer Witterung sich das eindringende Sickerwasser ver- mehrte, so ist es schwierig, ja unmöglich, ein richtiges arith- metisches Mittel über das Quantum des fortgehenden Wassers zu fixiren , obgleich ich verschiedene sehr genaue Messungen vorgenommen habe. Folgende Probe gibt einen allgemeinen Ueberblick.
Wir haben, um uns von der Nachhaltigkeit der Absorption der in Frage stehenden Schichte zu überzeugen, am 30. Nov. Nachmittags zwei Uhr 5 Eimer Wasser = 62 Kub.-Fuss 500 Kuh. -Zoll beiführen und mittelst eines Schlauches schnell in das Bohrloch laufen lassen, worauf es sich im Schachte 32' 8" V" unter Tag stellte, also um Weniges über die Sohle desselben erhob; nach den ersten vier Minuten waren 7 Kub.-Fuss 350 Kuh. -Zoll, sechszehn Minuten später aber 4 Kub.-Fuss 900 Kub.- Zoll Wasser verschwunden. In 2^ Stunden zogen 19 Kub.-Fuss 110 Kub.-Zoll eingegossenen Wassers ab, wobei aber zu erinnern ist, dass in Folge starker Regengüsse in dieser Zeit sehr viel Sickerwasser in den Schacht drang, welches mit fortgehen mussie; auf der Schachtsohle war bald wieder kein Wasser mehr wahr- zunehmen.
Diesem Versuche wohnte in Abwesenheit des Herrn Grafen
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von Maldeghem, Hochdessen ebenso intelligenter als Ihä- tiger Renlamtmann, Herr Sladtschultheiss Keller in Nieder- slotzingen , an , welcher überhaupt die Nützlichkeit und den wahrscheinlich guten Erfolg meiner von mehreren Laien für gewagt gehaltenen Bohrunternehmungen einsah, und dieselben auch von Anfang bis zu Ende nach allen Kräften unterstützte.
Als es nun constalirt war, dass die erbohrte negative Schichte ungleich mehr Wasser zu absorbiren fähig sei, als je selbst bei abnormen Witterungs- Verhältnissen in den Schacht eindringen könne, so war die Hauptaufgabe gelöst und ich schritt rasch zur Erweiterung des Bohrloches, dessen Gesammttiefe von Tag an 76' 8" 2"' beträgt; die Nachweitung wurde auf 5" Diameter be- werkstelliget, alsdann aber eine an den geeigneten Stellen fein durchlöcherte Röhre von starkem Weissblech *) zur Schützung der Terrainswände gegen ferneren Nachsturz eingesenkt, was schnell und ohne der Erwähnung werthe , nur durch Terrains- nachslürze bedingte Störungen von Statten ging. Um aber für die Zukunft sicher gestellt zu sein, nämlich den Terrainsklotz zwischen dem Schachte und der Schildmauer des neuen Lager- bierkellers möglichst vollständig und dauernd abzuzapfen und trocken zu legen, habe ich in der zwischen 19 und 25' Tiefe gelegenen wasserführenden Mergelmasse vom Schachte aus in divergirender Richtung noch drei sanft ansteigende Seitenlöcher bis an die Schildmauer stossen lassen (vergl. Situationsplan), was von dem besten Erfolge begleitet war, indem sie gleich- falls einiges Sickerwasser in den Schacht leiteten.
So ist nun dieses Bohrwerk vollendet und vollständig ge- lungen , und es bleibt jetzt nur noch die Aufführung eines der Zeit trotzbielenden Steinschachtes bei allmähliger Herausnahme der Verzimmerung des gegenwärtigen Schachtes übrig, wozu ich vor meinem Abgange von Stetten, welcher am 10. Dec. 1852 erfolgte, Detailvorschriften gegeben habe.
Die durch das eindringende Sickerwasser bedingte und im- mer sich erneuernde Wassersäule im Bohrloche fällt nicht ganz
*) Kupferblech hätte zwar den Vorzug verdient, allein es wurde der grösseren Kostspieligkeit wegen vermieden.
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bis zur absorbirenden Schichte zurück, sondern ihr Niveau hat nach nnehreren Schwankungen noch zur Zeit meiner Anwesen- heit nach und nach einen normalen Stand von 58' 5" unter der Erdfläche angenommen; in der erbohrten negativen Schichte bewegt sich ein Wasserstrom, und wenn wir denselben mit einer communicirenden Röhre parallejisiren, so stellt unser Bohrloch einen Piezometer *) dar, welcher bei anderen Lokalverhältnissen sehr leicht einen artesischen Brunnen hätte abgeben können! Das Wasser dieser absorbirenden Schichte scheint mit den Quell- ausbrüchen des tieferen Lonthales, oder weiter gegriffen viel- leicht mit der mächtigen Buchquelle **) am Fusse des nur eine Stunde entfernten Burgberger Schlosses in Verbindung zu stehen, welche auf ähnliche W^eise wie die Eingangs berührten Quellen bei Honau, Blaubeuren, Königsbronn, in der Thalsohle aus einem Korallenfels mit Vehemenz hervortritt.
Die bei der bisher beschriebenen und am neuen Lagerbier- keller bewerkstelligten Ausführung durchsunkenen Terrainsschich- ten sind von Tag (der Erdfläche oder Hängebank des Schachtes) an in absteigender Reihenfolge aufgezählt, folgende:
Allu viu m.
Bauschutt 2' 5"
Miocene Meeresmolasse.
Rostbrauner Letten, gegen unten in lockeren grünlichbraunen Sandstein (Molasse^) übergehend ; ein
Strich der Niederstotzinger Molasse 10' 5"
Süsswassergebilde der Molasse.
Fester bröckeliger gelblichgrauer Kalkmergel mit rostgelben Streifen, eingeschlossenen Jurakalk- (Ko- rallenkalk)-Gerollen und sehr wenigen fragmentari- schen Spuren von Land- und Süsswasserconch^'lien . 16'
'•') Vergl. meine mit Zusätzen vermehrte deutsche Ausgabe von Vi oll et' s Theorie etc. der artesischen Brunnen. Ulm, 1842.
"■'"•') Der ehrenwerthe Herr Pfarrer Richter zu Lonthal machte mich bei seinem regen Sinne für Naturwissenschaften gleich nach meinem Eintreffen in Stetten auf die hydrographischen Verhältnisse seiner Ge- gend aufmerksam und war auch so gefällig, mich an die Buchciuelle zu begleiten.
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Gedrängtes Haufwerk von festen weisslichen Mergelstücken, die Zwischenräume mit graulichweis- sem zähen Thone ausgefüllt; Uebergang in festen Thonmergel mit Hornsteinnieren 25'
NB. Aus dieser Masse drang von 19' Tiefe an das Sickerwasser östlich in den Schacht, während das folgende Gebirge unterhalb 25' sich trocken erwies.
Fester bläulichgrauer dichter Thonmergel , rost- braun und rostgelb gefleckt,*) mit sehr vielen klei- neren und grösseren Jurakalkstücken, Hornsteinnieren und einigen verkieselten (regenerirten, sonst jurassi- sehen) Scyphien. Kein Wasser führend. Die Kalk- stücke und Gerolle wurden mit Zunahme der Tiefe grösser 32' 9" 2'"
Etwas lockerer bläulichgrauer und gelb gefleck- ter (trockener) Thonmergel mit Ei- und faust-grossen Jurakalk- und Hornstein-Gerollen, welche conglome- ratartig zusammengedrängt waren 37' 9" 2'"
Poröser rostgelber und röthlich geflammter Stein- mergel 38' 4" 3'"
Poröser gelblicher und röthlich geflammter Stein- mergel mit wenigen kleinen Jurakalkgeröllen; über- gehend in erbsengelben, bläulichgrau gefleckten Thon- mergel, der einige kleine Jura- (Korallenkalk) - Ge- rolle enthielt. Sehr zähe und nicht im mindesten sandig 48' 9" 9'"
Fester weisslicher Thonkalk(Süsswasserkalk) ohne Gerolle 50' 7" 9'"
Erbsengelber, bläulichgrau gefleckter zäher Thon- mergel mit Jurakalkgeröllen 53' 7" 9"'
Fester weisslicher Thonkalk 55' 2" 7'"
") Uebereinstiimiiend mit mehreren Mergeln der Süsswasserkalk- formation 5 die ich s. Z. zu Ober-Dischingen durchbohrte; vergl. meine Schrift: „Die denkwürdigen artesischen Brunnen zu Ober-Dischingen in Württemberg, in geognostisch - hydrographischer und constructiver Beziehung. Mit einer Steintafcl. Heilbronn am Neckar, J. D. Cl assische Buchhandlung. 1836."
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Zäher gelblicher Thonmergel 55' 5" 7"'
Fester Thonkalk mit harter Endsohle .... 57' 8'' Bläulicher, gelblich gefleckter feinsandiger Thon- mergel mit kleinen Kalkgeröllen 58' 8"
Harter Steinmergel (Süsswasserkalk) .... 59' 0" 9'" Zäher gelblicher Thonmergel, übergehend in festen Steinmergel mit Jurakalkgeröllen, von welchen bei 62' 7" Tiefe mehrere nachstürzten und den Bohrer fest einklemmten, den ich aber jeweils in wenigen Minuten wieder frei hatte; es wurden einige eigros^se Korallenkalkgerölle ausgelöffelt .... 63' 2" l"'
Fester zäher Thonmergel; gelbliche Färbung vorherrschend, wenige bläuliche Flecken .... 66' 3" 3'" Harter Mergelschiefer (schläfriger Süsswasserkalk) 66' 7" 3'" Absorbirende Schichte oder unterir- dische Wasserströmung, welche der Bohrer schnell durchfuhr; mit Sand- und Jurakalkgeröllen, auch einigen nachgestürlzlen Thonmergelstücken aus- gefüllt. Das im Schachte aufgestaute Wasser fieng urplötzlich niederzusinken an und war bald verschwun- den; wegen Reinigung dieser Schichte wurden viele Gerolle nebst Sand mit dem Löilel zu Tage gefördert 69' 7" 2'"
Juraformation.
A. Portlandbildungen.
Harter weisslicher Steinmergel 70' 1" 3'"
Zäher graulichweisser Thonmergel .... 72' 5" 5"'
Fester weisslicher Steinmergel 73' 7" 5'"
Zäher graulichweisser Thonmergel .... 74' 8" 2'" Sehr fester weisslicher Steinmergel, übergehend in sehr zähen graulichweissen Thonmergel mit klei- nen Jurakalkgeröllen 76' 1" 8"
B. Korallenkalk.
Sehr harter Korallenkalk; Endsohle .... 76' 8" 2'"
Die Mächtigkeit der einzelnen Schichten kann Jeder durch
einfache Substraclionen selbst ermitteln. — Die bei der Schacht-
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abteufung ausgehobene Mergelmasse wurde am nördlichen Fahr- wege des Tannenwaldes auf einen Haufen geschlagen, in der Absicht, sie bei geeigneter Gelegenheit zur Düngung sumpfiger Wiesen zu verwenden.
Absorbirender Bohrbriiiiiien im alten Lagerbierkeller.
Es wurde schon bemerkt, dass diese Bohrung während der Schachtabteufung am neuen Keller vorgenommen worden ist; sie musste beschleunigt werden, da der alte Keller jeweils zu- erst mit Bier gefüllt wird, und es handelte sich bei dieser Aufgabe zunächst darum, durch eine Bohrung im Keller selbst versuchsweise darzuthun, ob durch letzlere eine Versenkung des längs der östlichen Widerlagermauer eindringenden Sicker- wassers möglich sei oder nicht, weil die Entfernung des Wassers auf diese Weise immer auch vortheilhaft und nützlich wäre. Bisher war nämlich im alten Keller bei a eine Sammelgrube angebracht, welche das eindringende Wasser, (ähnlich wie im neuen Keller) bei geeignetem Gefälle des Bodens aufnahm, in- dem es in Kinnensteinen in dasselbe floss; dort wurde es, wenn die Grube voll war, in Fässer geschöpft, letztere sind auf dem Kellerboden von a nach c gewälzt und in der zum Einlassen und Ausziehen der Bierfässer bestimmten AufzugsöfTnung c mit- telst eines oben siehenden Krahnen zu Tage gefördert und aus- geleert worden. Wurde diese zeitraubende und lästige Ma- nipulation nicht immer rechtzeitig vorgenommen, so ist der Kellerboden allmählig mit stagnirendem Wasser überdeckt wor- den, welches einen eckelhaften Geruch verbreitete; *) eben so erging es zuweilen dem neuen Keller, wenn das Auspumpen des Wassers aus der Grube b ausser Acht gelassen worden war.
Demnach ist hier, wie schon angedeutet worden, von einer Bohrung unmittelbar im alten Lagerbierkeller selbst die Rede, ob ich gleich mit dieser Procedur nicht vollkommen einverstan- den war, denn ich hätte rationaler Weise vorgezogen, zuvörderst das Resultat am neuen Keller abzuwarten und dann jeden Falles,
*) Nach dortiger Angabe: Das Wasser wurde kahnig, mit einem leichten Schimmel überzogen.
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 2s Heft. 13
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wie dort, das Wasser von aussen abzufangen und abzuschneiden, in die Tiefe zu leiten, und somit auch diesen Kellerraum mög- lichst trocken zu legen. Je nun, die obwaltenden Verhältnisse rechtfertigten einigermassen diese Ausführung, sie wurde na- mentlich dringend von mir gewünscht, das vorläufig vorgesteckte Ziel ist auch hier erreicht worden, und eine weitere Vervoll- kommnung des Werkes kann ja der Zukunft anheim gestellt werden. Also zur Darstellung der Ausführung und des erzielten Resultates.
Vor allen Dingen liess ich auf dem Kellerboden und zwar senkrecht unter dem Mittelpunkte der AufzugsöfTnung c, also im Vorkeller, eine allewege 4' weite, 3' 8" tiefe Grube aus- hauen, in welcher ein Bohrteucher stumpf aufgesetzt und senk- recht verspannt worden ist; dies war die geeignetste Stelle für den Bohrversuch in diesem Keller, denn die 22' 4" 3"' tiefe Aufzugsöffnung , über welcher noch eine Vorhalle sich befindet, gab hinreichenden Raum zum Einlassen und Ausziehen des Bohrgestänges und der oben zum Transporte der Bierfässer auf- gestellte Krahnen konnte trefflich als Hebmaschine für das Ge- stänge benützt werden.
Die neue Sammel - und Senkgrube bei c steht in einem graulichweissen, zuweilen von grünlichgrauen Letläderchen durch- zogenen festen Thonkalke , einem eigentlichen Süsswasserkalke, der aber keine Spur von Petrefakten wahrnehmen liess, während letztere im Süsswasserkalke der Umgegend, selbst bei dem nahen Niederstolzingen, durch die Geschlechter: Helios, Planorbis, Cyclostoma, Limnaeus etc. ziemlich zahlreich vertreten sind. Der Süsswasserkalk mit seinen Mergeln (er selbst ist grösslentheils ja nur ein Steinmergel) constituirt bekannter Massen die äus- sersten südlichen Hügel und Berge der Ulmer Alp und der an- grenzenden Bergebenen.
Während der Boden des neuen Kellers an seiner östlichen Schildmauer 27' 3" unter Tag gelegen ist, befindet sich der des alten Kellers nur 22' 4" 3'" an der Aufzugsöffnung unter der Erdfläche und die horizontale Entfernung der Bohrstelle bei ersterem beträgt nach der in letzterem, wie aus dem Situations- plane zu entnehmen, in südwestlicher Richtung 133'.
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Am 12. Oktober 1852 begann die Bohrung im alten Keller und zwar in der Süsswasserkalkformation. Ich muss voraus- schicken , dass in diesen Keller verhältnissmässig viel weniger Wasser (gleichfalls von der Ostseile des Tannenwaldes her) ein- dringt, als früher in den neuen sickerte, und der Wasseran- drang in ersterem vermehrte sich nur auffallend bei Regengüssen, da. es dem alten Keller zur Zeit an einer Verleitung und guten Besetzung längs der Stockmauer, so wie an einer Dachrinne gebricht. Am stärksten drang das Regenwasser nach meinen eigenen Wahrnehmungen immer an der Stelle d ein und lief samml dem übrigen Sickerwasser auf dem Boden fort nach der Sammelgrube a, welche, beiläufig bemerkt, eine sehr unprak- tische Lage hatte und nach Vollendung der Bohrung kassirt worden ist.
Als zwischen 28' 7" 3'" und 38' 4" 3"' Tiefe (von Tag an gerechnet) feste weissliche Steinmergel durchsunken waren, in denen sich, wie aus der weiter hinten folgenden Aufzeich- nung der einzelnen Schichten zu ersehen, eine Höhlung von 1" Höhe vorgefunden, so fieng das in das Bohrloch gegossene Wasser bereits allmählig niederzusinken an; es wurde nun die neue Sammelgrube bis zum Ueberlaufen mit Wasser gefüllt und ich machte die Wahrnehmung, dass auch dieses Wasser in sechs Tagen gänzlich verschwunden war. Diese langsame Absorption genügte natürlich nicht, und bei Fortsetzung der Bohrung wurde nach Durchsenkung eines äusserst harten Süsswasserkalkes (in Härte manchem Korallenkalk nicht nachstehend) in einer Tiefe von 43' V" ein sandiger Mergel von 2' 5" 2'" Mächtigkeit aufgeschlossen , in welchem die Hauptabsorption des Wassers von Statten geht, obgleich das Bohrloch bis auf eine Gesammt- tiefe von 52' 8" 4'" vollführt worden ist.
Ich stellte über das Verhalten des jeweils eingegossenen Wassers manche Versuche an , muss mich aber darauf beschrän- ken, hier nur die wesentlichsten Resultate mitzulheilen.
Am 28. Oktober wurde Nachmittags 1 J Uhr so viel Wasser in das Bohrloch geschüttet, dass der Spiegel der eingegossenen Wassersäule 27' 2" 3'" unter Tag stand; dieselbe sank bis Abends 8 Uhr auf 35' 2" 3'" nieder und am 29. Oktober früh
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6 Uhr stand der Wasserspiegel 37' \" 3"' lief unter der Erd- fläche. Wir sehen, dass auch hier das Niedersinken des Wassers mit abnehmender Geschwindigkeit vor sich ging.
Das am 29. Oktober Abends 6 Uhr in das Bohrloch ge- gossene Wasser stellte sich 36' 5" 8'" unter Tag, fiel aber über Nacht 3' 4" nieder, es versenkten sich also bei 4" Bohr- lochsweite 427 Kubikzoll 40 Kubiklinien Wasser, während sich in demselben Zeiträume in der alten Grube a nur 194 Kubikzoll 481 Kubiklinien Sickerwasser ansammelten ; es sind also in dieser Nacht 232 Kubikzoll 559 Kubiklinien Wasser mehr im Bohrloche entwichen, als in der allen Sammelgrube nachgestiegen. Diese Rechnung liefert übrigens nur ein approximatives Resultat, denn das im Borloche absorbirte Wasserquantum musste bedeutender sein , weil die neue Senkgrube gleichzeitig auch das bei d im- mer eingedrungene Sickerwasser aufgenommen und in das Bohr- loch geleitet hat.
Nach solch' willkommenen Erscheinungen, obgleich sie nicht dem überaus günstigen Resultate am neuen Sommerbierkeller an die Seile gestellt werden können, Hess ich am 2. November alles im Keller sich ansammelnde Wasser einstweilen provi- sorisch in die neue Senkgrube und somit in das Bohrloch leiten, wobei die Einrichtung getroffen wurde, dass kein Tropfen Was- sers mehr in die alte Grube a dringen konnte; zu dem wurde die neue Senkgrube , somit also auch das Bohrloch wieder voll Wasser gegossen , und es sind in einer Stunde 947 Kubik- zoll 100 Kubiklinien vereinigten Wassers aus der Grube fortge- gangen ; die Wassersäule sank allmählig 40 bis 43' tief unter Tag nieder, und schwankte bei diesem Stande langsam hin und her.
Bei diesen Nachweisungen, welchen theils Herr Graf von Maldeghem, theils Hochdessen Rentbeamter, Herr Keller, bei- zuwohnen Gelegenheit hatten, durfte angenommen werden, dass die Absorption des Bohrloches, obgleich eine langsame, dennoch eine genügende sei , selbst wenn sich durch besondere Zufälle das Sickerwasser im Keller in seinem Quantum verdoppeln oder verdreifachen sollte. Am 6. November wurden nun die Bohr- arbeilen geschlossen, die Ausführung am neuen Keller, worüber
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wir bereits orientirt sind , nach vollendeter Schachtabteufung vor selbigem in Angriff genommen ; gleichzeitig ist aber der Boden des alten Kellers in der Art corrigirt worden, dass in Rinnensteinen mit leichtem Gefälle alles Sickerwasser der neuen Senkgrube bei c, d. h. dem ßohrloche direkt zufliesst, wodurch die alte ohnehin sehr unbequem gelegene Sammelgrube a, als nunmehr gänzlich entbehrlich zugeworfen und dem Kellerboden gleich mit Steinplatten überdeckt worden ist.
Die im alten Keller durchbohrten Terrainsschichten zeigten sich ziemlich stabil , wesshalb es vorderhand unterlassen wurde, ein durchlöchertes Schutzrohr in das Bohrloch zu senken; um aber einer Verschlammung des letzteren durch eindringendes unreines Wasser möglichst vorzubeugen, liess ich ein 3' langes fein durchlöchertes Zylinderrohr von Kupferblech , oben mit einem Handgriffe und Halse, unten aber mit einem Klappventile nach Art der Schmandlöffel anfertigen , welches auf der Sohle der neuen Senkgrube in das Bohrloch gehängt worden ist und die Bestimmung hat, die Schlammlheile des einfliessend^n Was- sers aufzufangen, um dann von Zeit zu Zeit ausgehoben und gereiniget zu werden, welch' Letzteres in Folge des angebrachten Ventils leicht und schnell geschehen kann.
Allerdings könnte es im Laufe der Zeit vorkommen , dass durch allmählige Erweichung der durchbohrten Mergel eine grössere Verschlammung im Bohrloche entstände, wodurch eine Auslöffelung desselben nöthig werden möchte ; in diesem Falle wäre ein Schutz des Bohrloches mit Metallröhren absolut erforderlich, und ich kann diese Ausführung überhaupt, ob- gleich dem Zwecke vorderhand entsprechend, vom rein tech- nischen Gesichtspunkte ausgegangen, nur als eine provisorische betrachten und erklären.
Zur Zeit meiner Anwesenheit in Stetten, also bis zum 10. December 1852 ist es nie vorgekommen, dass sich die neue Senkgrube mit Sickerwasser vollgefüllt hat. so dass man ge- nölhiget gewesen wäre, das Wasser aus selbiger in Fässern zu Tage zu fördern , was übrigens bei der dermaligen Lage der neuen Senkgrube (bei c) viel leichler und schneller geschehen könnte, als es früher der Fall war. Das Bohrloch hat das
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eindringende Sickerwasser immer verschluckt und fortgeführt, allein ich habe doch die Wahrnehmung gemacht, dass in Folge der fast anhaltenden und starken Regengüsse im Monate No- vember und des dadurch veranlassten überaus starken Eindringens von Sickerwasser in den Keller und in das Bohrloch, die Wasser- säule in letzterem allmählig immer höher aufstieg und dass sich zu Anfange des Decembers (1852) sogar in der neuen Senk- grube selbst einiges Wasser aufgestaut hatte; letzteres scheint indessen nie den oberen Rand der Grube erreicht zu haben, sondern nach und nach — ohne allen Zweifel durch eingetretene Verminderung des Regens — wieder zurückgefallen und über- haupt das Bohrloch, selbst bei aussergewöhnlicher Regenzeit, genügend wasserabführend zu sein , denn als ich mich unter'm 28. Januar 1853 bei dem Gräflichen Rentamtmann Herrn Keller in Niederstotzigen über das Schicksal meiner hydrotechnischen Ausführungen erkundigte, habe ich von ihm am 3. Februar d. J. folgende erfreuliche Mittheilung erhalten :
„Mit dem Verhalten Ihrer Bohrwerke in Stetlen bin ich sehr zufrieden. Die Senkgrube im alten Keller leitet das Wasser immer gehörig ab, und das Bohrloch am neuen Keller ist der Art per- manent absorbirend, dass im Innern des Kellers bisher kein Sickerw asser mehr wahrzunehmen w a r."
Wie wir wissen ist das Bohrloch im alten Keller von dem am neuen Lagerbierkeller in südwestlicher Richtung 133' ent- fernt und sonach ersteres dem oberen Rande der sogenannten Gemeinde (der mehrfach besprochenen Hügelansteigung , die sich von Stetten nach dem Plateau des Tannenwaldes hinzieht) etwas näher als letzteres; man hätte bei diesem geringen Distanz- unterschiede eine ziemliche Uebereinstimmung der an beiden Stellen durchbohrten Terrainsschichten erwarten sollen, allein dem war nicht so, obgleich der allgemeine Charakter der dortigen Gebirgsformation — der Meeresmolasse untergeordnetes Süss Wassergebilde — ein durchgreifender war, und wobei noch bemerkt werden muss, dass die obere Bodenfläche beider Keller in gleichem Niveau gelegen ist.
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Ich gehe zur Schilderung der im alten Sommerbierkeller durchfahrenen Schichten über:
Beim Ausgraben des Kellerraumes hat man sei- ner Zeit angeblich Thonmergel mit eingelagerten Kalkstücken gefunden , von Tag an gerechnet bis auf eine Tiefe von • 18'
Hier begann der weiter vornen erwähnte gräulich- weisse feste und petrefaktenleere Thonkalk (Süss- wasserkalk) von einigen grünlich-grauen Lettäderchen durchsetzt, aus dem die Sohle des Kellers besteht und in welchem auch die neue Senkgrube ausgehauen wurde 28' 7" 3"'
Fester weisslicher Steinmergel mit eingelagerten harten Kalkstücken 35' 7" 3'"
Höhlung von 1" Höhe, in welcher der Bohrer schnell niederstürzte; erste aber langsame Ab- sorption des W as se rs 35' 8" 3'"
Fester weisslicher Steinmergel 38' 4" 3'"
Aeusserst harter in's Röthliche ziehender Süss- wasserkalk, auf welchem der Bohrer stark abprallte und ebenso langsam eindrang , wie im härtesten Ko- rallenfels; es erfolgte jedoch kein Bohrerbruch . . 43' 0" 1"'
Fester weisslicher Mergel, übergehend in bläu- lichen und gelblich-gefleckten feins an digen Thon- mergel, mit eingeschlossenen kleinen Jurakalkstücken ; zweite und Hauptabsorption des Wassers in dieser Schichte 45' 5" 3'"
Zäher bläulicher und gelb-geflammter Letten mit kleinen Jurakalkstücken 46' 5" 3'"
Harter Steinmergel (Süsswasserkalk) .... 47' 4" 3'"
Gelblich-grauer fester Thonmergel .... 49' 5" 6'"
Aeusserst harter Süsswasserkalk, wie weiter oben zwischen 38' 4" 3'" und 43' 1"' Tiefe; Endsohle . 52' 8" 4'"
Noch mache ich auf den Umstand aufmerksam , dass sich während der Ausführung beider Bohrwerke keine Communication des Wassers im Schachte am neuen Keller mit der Wassersäule des Bohrloches im alten Bierkeller wahrnehmen Hess, während
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ich eine solche bei der geringen Entfernung beider Punkte an- fänglich erwartet hatte; so stand z. B. am 23. Oktober früh 6 Uhr der Wasserspiegel im Bohrloche des alten Kellers 37' 1" 8'" unter Tag, während in demselben Zeitpunkte der Spiegel des Schachtwassers am neuen Keller einen Abstand von 28' 6" unter der Erdfläche hatte, was bei dieser Messung eine Differenz von 8' 5" 8"' ergibt, — eine Erscheinung, die ihren Grund in der Heterogenität der Schichtungsverhältnisse beider Lokalitäten hat. — Ferner füge ich bei, dass die an beiden Punkten erbohr- ten absorbirenden Schichten nicht im Mindesten eine Influenz auf die Quellen und laufenden Brunnen von Stetten ausüben, wie ich übrigens nach Durchforschung der geognostisch-hydro- graphischen Verhältnisse des Ortes vorausgesagt halte.
So hätte ich nun das Wesentlichste der gelungenen nega- tiven Bohrbrunnen zu Stetten geschildert, die Zeit wird auch fernerhin den Nutzen und die Wohlthat dieser Bohrwerke bestä- tigen und zugleich darlegen, dass jede andere technische Ver- fahrungsweise, z. B. die Eintreibung eines Stollens an der soge- nannten Gemeinde — ein Projekt , an welches früher auch ge- dacht worden — bei der Formation dieses Hügels und der durch den Schachtbau nunmehr genau ermittelten hydrographischen Constitution desselben, keinen so guten Erfolg hätte haben kön- nen und jeden Falles ungleich kostspieliger gewesen wäre, als meine schnell vollführten Bohrwerke, bei denen sich kein Unfall ereignete. Beide Ausführungen nahmen mit Inbegriff aller Vor- arbeiten und des Schachtbaues nur die Zeit vom 27. September bis 10. December 1852 in Anspruch.
Ich hege den Wunsch, dass sich der Herr Graf von Mal- deghem noch dazu verstehen möge, auch vor dem alten Lager- bierkeller eine ähnliche Ausführung wie am neuen bewerkstelligen zu lassen ; denn obgleich für das Versenken des Wassers in letz- terem jetzt Sorge gelragen ist und sich keine Stagnation des- selben mehr bilden kann, so ist damit das Eindringen des Sicker- wassers durch die östliche 103' lange Widerlagermauer *)
*) Es niuss bemerkt werden, dass sich das Wasser jeweils nur an der Strecke ef durchdrängt, und die Seite f g trocken blieb.
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dennoch nicht abgehalten, und der alte Keller kann aus diesem Grunde nicht in so vollem Masse die Vorlheile geniessen, deren jetzt der neue Keller theilhaftig geworden ist. Zudem wäre am alten Keller eine vollkommen entsprechende Ausführung — aller- dings wegen anderer Massverhältnisse unter Beobachtung einer anderen Gestaltung des Schachtes — schon desswegen weniger kostspielig, weil der alte Sommerbierkeller eine geringere Tiefe als der neue hat. Erinnert man sich übrigens dessen, was ich Eingangs über die Nachtheile nasser Keller, der Erfahrung ent- nommen, dargethan, so würde selbst ein grosses Geldopfer in keinem unrichtigen Verhältnisse mit dem Nutzen und den An- nehmlichkeiten stehen , welche trockene Kellerräume gewähren.
Es finde noch folgende Schlussbemerkung Platz.
In gewissen Fällen und bei stark und nachhaltig eindringen- dem Sickerwasser können bei Anlegung absorbirender Bohr- brunnen gleichzeitig Pumpbrunnen etablirt werden ; man dürfte nur nach Abteufung eines Schachtes auf der Sohle desselben eine wasserdichte Röhre, einen Bohrteucher, eine Strecke tief im Terrain dicht anschliessend niedertreiben; hat sich nun das Schachtwasser bis auf eine gewisse Höhe aufgestaut und ist das absorbirende Bohrloch vollendet, so wäre an der geeigneten Stelle, welche aber z. B. nie das Niveau eines Kellerbodens er- reichen oder übersteigen dürfte, die eingesetzte Röhre seitwärts anzubohren, so dass sich durch die eingebohrte OefTnung (oder auch mehrere) nur das Uebereich des einträufelnden Sickerwassers in das absorbirende Bohrloch ergiessen würde; die übrige auf der Schachtsohle zurückbleibende und sich immer erneuernde Wassermasse, deren Quantum von der mehr oder minder grossen Tiefe des Schachtes abhängig ist, könnte dann jeweils immer nach Bedarf durch eine besonders eingesetzte, an einer Wand des Schachtes anliegende Pumpe zu Tage gefördert werden.
Auf eine solche öfters gewiss sehr erwünschte und prak- tisch nützliche Combination, die meines Wissens noch nirgends in's Leben getreten ist, habe ich während der Schachtabteufung am neuen Lagerbierkeller aufmerksam gemacht und den Fall durch eine Zeichnung erläutert , da es mir sehr willkommen ge- wesen wäre, diese meine neue Idee dort realisiren zu können;
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allein es wurde auf die Ausführung Verzicht geleistet, theils weil das Quantum des in den Schacht sich entleerenden Sicker- wassers nicht nachhaltig und constant genug erschien, theils weil man auf den Besitz eines Pumpbrunnens an dieser Stelle zu wenig Werth legte. Dass ich übrigens im Falle der Effektuirung eines derartigen Werkes hinsichtlich der Teucherröhren andere technische Massregeln zu ergreifen gehabt hätte, als die von mir am neuen Lagerbierkeller getroffenen, bedarf kaum einer Erwähnung.
3. Conchylien der Süsswasserkalkformation Württembergs.
Von Dr. Klein.
(Hiezu Tafel V.)
Genauere Untersuchungen der Süsswasserkalkablagerung in der Nähe von Zwiefalten , denen sich seil einigen Jahren Herr Revierförster v. Zell mit unermüdlichem Eifer unterzog, haben eine sehr grosse Menge von Conchylien geliefert, welche mir derselbe mit dankenswerther Bereitwilligkeit zur Bestimmung überlassen, und mich in den Stand gesetzt hat, zu den im zweiten Jahrgang der Würltembergischen naturwissenschaftlichen Jahres- hefte 1846 S. 60 und im achten Jahrgang 1852, S. 157 ge- gebenen Beschreibungen und Abbildungen der bei uns aufgefun- denen Conch^flien der Süsswasserkalkformation einen reichhal- tigen Zuwachs zu liefern.
Die Verhältnisse der Ablagerung, die sich von Zwiefalten- dorf bei der Birk, in 120' Höhe über der Donau, über Mör- singen und den Deutschen-Hof bis zum Andelfinger-Berg in 200' Höhe, der südwestlichen Abdachung der Alp gegen die Donau, hinzieht, sind nach der Beschreibung des v. Zell ähnlich den bei Ulm und Ehingen aufgedeckten Süsswasserkalkschichten, mit dem Unterschied , dass die derben plattenartigen Kalkschichten, die z. B. am Andelfinger-Berg zu Bausteinen ausgebrochen wer- den, weniger mächtig, nur bis zu 20' , sind und von einer Schichte Lehm und Süsswasserkalkschult überlagert werden , die sehr reichhaltig an Petrefacten ist, oder dass, wie bei Mörsingen, die ganze Ablagerung in einer nur 6—8' mächtigen Schichte graulichweisser Süsswasserkalkbrocken besteht, die in einem mit Kalkkies gemischten Taig eingebacken sind.
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Auffallend ist, dass auf dieser ungefähr IJ Stunden betra- genden Entfernung die einzelnen Species nach der Angabe des V. Zell nicht gleichförmig vertheilt sind, sondern Localverhält- nisse eintreten, so dass an einem Orte der Ablagerungsschichte nur bestimmte Conchylien vorkommen; so finden sich bei der Birk und Mörsingen, dem südwestlichen Theil der Ablagerung, die Heliceen, Pupen, Achatinen, Planorben, beim Deutschen-Hof Melania, Melanopsis und Nerüina, am Andelfinger-Berg , dem nordöstlichen Ende, die Testacella, Clausilien, Limnaeen und Paludinen.
Die Conchylien, welche bis jetzt in dieser Gegend durch V.Zell aufgefunden wurden, sind:
Ancyhis deperditiis Desm.
Klein, württ. naturw. Jalireshefte 1846, p. 64, Taf. 1. Fig-. 1. Selten.
Testacella Zellii mihi. Taf. V. Fig. 1.
T. testet solida, auriculari , depr esset , subsulcato-striata, apice distincta, elevata; apertura magna, ovata; margine dextro simplici , acuto, sinistro reßexo, incrassato. Alt. |'" , tat. b^'".
Gehäuse stark, ohrförmig, fast furchig gestreift, niederge- drückt mit deutlich abgegränzter Spitze , die am hintern Ende des linken Mundsaumrandes sitzt, etwas eingerollt, von der Schale durch eine tiefe Furche gelrennt ist und von dem linken Ende des mehr platten hintern Randes hervorragt. Die Oeffnung ist gross, eiförmig mit rundlichem vordem und hintern Ende. Der rechte Rand der Oeffnung ist einfach, scharf; der linke sehr verdickt und einwärts gebogen, den Rand selbst aber be- deckt eine nach aussen umgeschlagene glatte Platte. Die innere Fläche der Schale ist glatt, glänzend und zeigt gegen das hintere Ende und den linken Rand hin zwei leicht erhabene kleine Falten.
Der Form nach ist sie der T. Maugeria Gray ähnlich, aber viel grösser und die Spitze mehr abgesondert und hervorragend.
Bis jetzt wurde nur ein Exemplar am Andelfinger-Berg ge- funden.
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Succinea minima mihi.
S. testa parva, imperforata, elongata, nitida; anfractibus 3, ultimo multo majori, elongato; apertura elongata; columella libera, margine columellari fere nullo. Alt 2\"' , tat. V",
Gehäuse klein, undurchbohrt, verlängert, glänzend. Von den 3 Umgängen sind die oberen 2 sehr klein, der letzte weit grössere, verlängerte bildet fast allein die Höhe der Schale. Die Spindel ist frei, der Spindelrand fehlt fast ganz.
Sie ist der S. Pfeifferi Rossm. ähnlich , aber viel kleiner und unterscheidet sich von dieser durch das Verhältniss der 3 Umgänge zu einander, die 2 obern bilden nur eine kurze Spitze auf dem verlängerten letzten Umgang.
Selten, bei Mörsingen.
Helix Lion. Helicogena.
Helix silvestrina v. Ziet.
Klein a. a. 0. p. 66, Taf. 1. Fig. 4. Häufig bei der Birk und bei Mörsingen.
Helix silvana mihi. Taf. V. Fig. 2.
H. testa imperforata, subgloboso-depressa, striata, fasciata ; anfractibus 5 conv exius cutis , ultimo vix subcarinato , basi con- vexo, antice descendente , aperluram versus dilatato; apertura oblique lunata ; peristomale reßexo, labiato, incrassato; margine columellari basi adnato, calloso; pariete aperturali subcalloso. Alt. ^"', lat. 1\"'.
Gehäuse undurchbohrt, gedrückt, wenig kuglig, leicht ge- streift, meistens mit 3 — 5 braunen Bändern. Die 5 Umgänge sind leicht convex-, nehmen allmählig zu, der letzte ist leicht gekielt, auf der untern Fläche gewölbt, gegen die Mundöffnung hin etwas erweitert und gegen die Basis versenkt. Die Mund- öffnung ist schief halbmondförmig, in die Breite gezogen, breiter als hoch und schief abwärts gerichtet. Der Mundsaum ist stumpf, stark lippenförmig umgeschlagen und erweitert dadurch die Mund- öffnung bedeutend. Der innere Rand ist mit der Spindelsäule
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verwachsen, gegen die Stelle des Nabels schwielig ausgebreitet und als dünne Lamelle umgeschlagen. Die Mündungswand ist mit einem dünnen Callus bedeckt.
Sie unterscheidet sich \on Helix silvestrina v. Ziet. durch die gedrückte, kleinere, mehr in die Länge gezogene Form , den leichten Kiel am letzten Umgang , die mehr in die Breite ge- zogene nicht so hohe Mundöffnung und den viel stärker lippen- förmig nach aussen umgelegten Mundsaum , der nicht scharf, sondern verdickt ist.
Von Helia; Maguntina D e s h. (T h o m ä , Jahrb. des Ver- eins für Naturkunde in Nassau 1845, p. 132, Tab. IL Fig. 6) unterscheidet sie sich sowohl durch die gedrückte Form, als durch die Mündung, die bei jener weit, mondförmig, und den Mundsaum, der bei jener scharf ist; die untere Fläche des letz- ten Umgangs ist abgeplattet, während sie bei Helix silvana con- vex ist.
Eine allgemeine Aehnlichkeit hat diese Species mit Helix splendida Drap., die aber flacher in der Thürmung, runder im Umfang ist, deren Mundsaum wenig, fast nicht umgeschlagen und deren Mündung runder ist.
Seltener.
Helix coarctata mihi. Taf. V. Fig. 3.
H. testa imperforata, depressa, spira parum convexa, subius convexa, siibtilissime striata; anfractibus 5^ convexis , sensim crescentibus , ultimo antice coarctato; apertura oblique lunata; peristomate reflexo, acuto; pariete aperturali non calloso.
Alt. 3"S lat. b-^'".
Gehäuse ungenabelt, zusammengedrückt mit leicht convexer Spindel, sehr fein gestreift; die 5^ Umgänge sind convex, nehmen allmählig zu , der letzte ist auf der Basis gewölbt, weicht vorne nicht nach unten ab und zeigt vor dem umgeschlagenen Mund- sanm eine Einschnürung. Die Mundöffnung ist schief halbmond- förmig; der Innenrand des Mundsaumes ist viel länger, als der äussere und geht in die Spindel über. Die Mündungswand ist glatt, ohne Callus.
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Auch die vorhandenen Steinkerne sind ganz ungenabelt.
Ist der Form nach Helia; Giengensis Kr aus s ähnlich, aber ganz ungenabelt , mehr convex und durch die Einschnürung am letzten Umgang unterschieden.
Findet sich, aber selten, bei Mörsingen.
Helix pachystoma mihi. Taf. V. Fig. 4.
H. testa imperforata, depressa, subconoidea, sublus suhplana, striata \ anfractibus 4\ convexis , sensim crescentibus , ultimo anlice descendente ; apertura oblique lunata, ad basin conversa (subhorizontali) ; peristomate recto ^ supra provecto, margine inferiore retracto, incrassato, aperturam coarctante, brevissime reflexiusculo ; margine columellari basi adnato ; pariete apertu- rali purum calloso. Alt. 3"', lat. 6'".
Gehäuse ungenabelt, niedergedrückt, wenig conisch mit fast platter Basis und leicht erhabener Spitze ; die 4J Umgänge sind convex, nehmen allmählig zu, der letzte ist vorne etwas gegen die Basis versenkt. Die Mundöffnung ist schief halbmondförmig und gegen die Basis gerichtet, ihr innerer Rand zurückgezogen. Der äussere Theil des Mundsaumes ist gerade, scharf, der untere dagegen breit, sehr verdickt und nach einwärts gerollt, wodurch die Mundöffnung verengt wird; wo dieser in den äussern Theil übergeht, hat er eine leicht und kurz nach aussen umgelegte Platte. Die Mündungswand ist mit einem ganz leichten Callus bedeckt. Die Sleinkerne sind völlig ungenabelt.
Einige Aehnlichkeit hat diese Species mit Helix globularis Ziegl., ist aber viel flacher und kleiner.
Ziemlich selten und bis jetzt nur in einem Wasserriss ge- funden, der sich vom Emerberg nach Ober-Wilzingen herabzieht und in Kalkschutt, Kies und Grand lauft.
Helicella.
Helix Ehingensis mihi.
Klein a. a. 0. p. 65, Taf. I. Fig. 3. Seltener.
Häufig.
Seilen.
— 208 — Helix inflexa v. Mart.
Klein a. a. O. p. 11, Taf. I. .Fig. 12.
Helix orbiciilaris mihi.
Klein a. a. O. p. 71, Taf. I. Fig. 13.
Helix cariniilata mihi. Taf. V. Fig 5.
H, testa semiohtecte umhilicata, subconoidea, subtus convexa, subcarinata; anfractibus 5\ convexiusculis , sensim crescentibus, subtilissime striatis; apertura ovato-lunata ; peristomate acuto, recto; margine columellari reflexiusculo ; pariete aperturali non calloso. Alt. 2—3'", lat 3—4'".
Gehäuse conisch mit breiter Basis und niederer Spitze, auf der untern Fläche convex. Die b\ Umgänge sind wenig con- vex, werden allmählig grösser und sind leicht gestreift, der letzte hat einen leichten Kiel und wird , ohne dass sein oberer Rand sich senkt, auf der Basis dicker. Die Mundöffnung ist halb- mondförmig, nach innen und unten verlängert. Der Mundsaum ist einfach, scharf und nur der innere Rand, der sich an die Spindel anlegt, am Nabel, den er bis zur Spalte verengt, leicht umgeschlagen ; die Mündungswand ist glatt, ohne Callus.
Die Sleinkerne sind eng genabelt und der Nabel schon durch das Ende des letzten Umgangs verengt.
Ziemlich häufig, bei Mörsingen.
Ist mit keiner lebenden Species zu vergleichen.
Helix incrassata mihi. Taf. V. Fig. 6. H. testa crassa , semiobtecte umbilicata , depresse globosOy subtus convexa, subtilissime striata; anfractibus 5 convexis, ul- timo aperturam versus dilatato ; apertura oblique lunata; peri- stomate reflexo , incrassato; pariete aperturali non calloso. Alt. 5'" , lat 8'".
Gehäuse halb bedeckt — genabelt, zusammengedrückt kuglig, die untere Fläche gewölbt, die Umgänge zu einer ziemlich gleich-
^trtb'. iiadlirwiss: JaJiieslißfte lUalir^ .
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förmigen flachen Kuppel erhoben, an der Spitze platter, dick- schalig, fein gestreift. Die 5 Umgänge sind gewölbt, durch seichte Nähte getrennt, nehmen gleichförmig zu, der letzte wird gegen die Mündung hin etwas breiter und weicht leicht nach unten ab. Die Mundöffnung ist halbmondförmig, aber etwas nach aussen gezogen. Der Mundsaum ist umgeschlagen, sehr verdickt; der Spindelrand ist stark umgelegt und verengt den Nabel, jedoch ist dieser umgeschlagene Theil nicht über den Nabel gelegt, sondern gerade abwärts abstehend. Die Mündungs- wand ist glatt, ohne Callus.
Ist mit keiner lebenden Species zu vergleichen.
Sehr selten.
Helix Giengensis Krauss.
Klein a. a. 0. p. 69, Taf. I. Fig. 9.
Kommt häufig, namentlich bei Mörsingen vor, daher jetzt eine genauere Beschreibung möglich ist.
H. testa umbilicata, depressa, spira tnx elevata, subtus sub- plana, subtUissime striata; afifractibus 5.| convexis, sensim cres- centibus ; peristomate reflexo, undatim labiato, margine columel- lari umbilicum coarctante ; p artete aper tur alt callo tenui obtecto ; apertura oblique lunata. Alt. 2 — 3"', tat. 4 — 5^'".
Gehäuse genabelt, niedergedrückt mit kaum erhabener Spin- del, auf der untern Fläche nur leicht gewölbt, sehr fein gestreift. Die 5.^ Umgänge sind convex, nehmen sehr allmählig zu und sind durch deutliche Nähte von einander getrennt. Der Mundsaum ist lippenförmig umgeschlagen, der umgeschlagene Rand endet scharf; der Innenrand ist leicht wellenförmig und verengt den Nabel etwas. Die Mündungswand ist mit einem dünnen Callus bedeckt. Die Mundöffnung schief halbmond- förmig.
Sie steht Helix osculum Thomae (a. a. 0. p. 137, Tab. III. Fig. 4) nahe, bildet aber keine „ebenmässige Kuppel", sondern ist platter, jeder innere Umgang steht zwar etwas höher, aber in Absätzen und nicht kuglig , auch die untere Fläche ist viel platter, so dass sie ganze Thürmung, die flache Form oben und unten sie von der kugligen Helix osculum sehr deutlich unter-
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 2s Heft. 14
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scheidet. Der Nabel ist weiter offen ; der innere Rand des Mundsaumes bildet gegen die Spindel hin eine leichte Einbuch- tung, die aber nur am lippenförmig umgeschlagenen Theil sichtbar ist und keinen Einfluss auf die Oeffnung selbst hat; der äussere und obere Theil des Mundsaumes ist mehr abge- rundet. Die Mundöffnung ist halbmondförmig, etwas schief nach aussen gezogen. Je grösser die Exemplare sind, desto weniger sind sie kuglig, oder kuppeiförmig, desto mehr zusammenge- drückt mit nur leicht convexer Mitte. Die Steinkerne sind tief genabelt.
Helix subnitens mihi. Taf. V. Fig. 7.
H. testa aperte umbilicata, depressn , planiuscula , glabra, nitida; anfractibus 4\ convexis, sensim crescentibus, ultimo an- tice subdilatato; apertura ovato-lunata; peristomate simpHci, acuto; pariete aperturali non calloso. Alt. 1 — \\"' y lat. 2 — 3'".
Gehäuse offen aber massig weit genabelt, niedergedrückt, oben fast flach, auch auf der untern Fläche ziemlich platt, glatt, glänzend. Die 4k Umgänge sind gewölbt, nehmen langsam zu, der letzte ist etwas breiter als hoch und erweitert sich etwas gegen die Mundöffnung, der obere Rand desselben weicht nicht nach unten ab, aber der unlere Theil bildet auf der Basis eine Hervorragung. Die Mundöffnung ist eiförmig, nach oben etwas verlängert und schmäler , durch die Mündungswand am obern Theil halbmondförmig ausgeschnitten, der untere Theil rundlich. Der Mundsaum einfach, scharf.
Ist Helix cellaria Müll, ähnlich aber kleiner, auf der untern Fläche etwas gewölbter; der letzte Umgang mehr erweitert, doch nicht wie bei Helix nitens Mich., die Mundöffnung ist nicht schief nach aussen gezogen, mehr rundlich als bei Helix cellaria.
Thomae beschreibt a. a. 0. p. 144 eine Species unter dem Namen Helix subcellaria, die aber viel grösser, auf der obern und namentlich auf der untern Fläche viel convexer ist und eine schiefe am Innenrande merklich erweiterte Mundöffnung und mit dieser Species gar keine Aehnlichkeit hat.
Selten.
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Helix involuta Thomae. (Drepanosloma Porro). Thomae a. a. 0. p. 144, Taf. II. Fig. 8.
Taf. V. Fig. 8.
H. testa orbiculato-discoidea , depressa , utrinque concava, arcte obvoluta, subtus perspective umbilicata, spira demersa, leviter striata; apertura afiguste lunata; peristomate reßexo, flexuoso ; anfractibus 5. Alt. i'" , lat. 2'".
Gehäuse scheibenförmig -kreisrund, gedrückt, auf beiden Seilen concav, enggewunden, unten perspeklivisch-genabelt, oben mit vertieftem wendeltreppenarlig absteigendem Gewinde, leicht gestreift; Mündung eng, schmal, mondförmig; Mundsaum zurück- geschlagen, bogig (Thomae).
Es ist nur ein Exemplar bis jetzt gefunden worden, das auf der obern Fläche nur leicht vertieft ist; der letzte Umgang ist vor dem umgeschlagenen Rande eingeschnürt und weicht vorne etwas gegen die Basis hin ab, so dass der obere Rand der Mund- öffnung etwas tiefer steht, als der vorletzte Umgang ; dagegen ragt der untere Rand auf der Basis hervor und ist etwas zurück- gezogen. Die Mündungswand ist mit einem zartem Callus bedekt.
Helix gyrorbis mihi.
Die Beschreibung dieser Species konnte a. a. 0. p. 72 Taf. I. Fig. 14. wegen der Unvollständigkeit des Exemplars nicht genau gegeben werden, was ich jetzt durch einige bei der Birk aufgefundene, vollkommene Exemplare zu ergänzen im Stande bin.
ü. testa perspective umbilicata, depressa, arctispira, spira parum convexa, eleganter costulato-striata , subtus glabra; an- fractibus 7—9 teretibus , lente crescentibus; apertura lunala; peristomate acuto, simplici, recto. Alt. |"' , lat. 2 — 3'".
Gehäuse perspectivisch-genabelt, niedergedrückt mit leicht convexer Spindel , unten fast platt. Die 7—9 Umgänge sind sehr eng gewunden, nehmen langsam zu, sind fein und regel- mässig gerippt, die Rippen selbst sind gekrümmt; die innersten Umgänge sind glatt; die untere Fläche ist glatt, glänzend. Die Mundöffnung halbmondförmig, durch den vorletzten Umgang aus- geschnitten ; die Mündungswand ist glatt, ohne Callus. Der Mundsaum gerade, einfach, scharf.
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Steht der Helios rotundata Müll, nahe, ist aber grösser, flacher, hat mehr Umgänge, die keine Andeutung eines Kiels haben, die Rippen sind sehr deutlich , stärker , regelmässig und eng gestellt.
Ebenso unterscheidet sie sich durch den völligen Mangel eines Kiels und durch die grössere Anzahl von Umgängen von Helix multicostata Thomae (a. a. 0. p. 143).
Bulimus minutus mihi.
Taf. V. Fig. 9.
B. testa parva, suhrimata, turrita, apice obtusa; anfractibus 6 convexis, sensim crescentibus, subtilissime striatis, suturis pro- fundis; apertura ovato-oblonga ; peristomate recto , acuto, mar- ginibus inaequalibiis ; cohimella recta, basi integra , in marginem columellarem brevissime reflexiusculo transeunte. Alt. 2\; — 3'"; lat. V".
Gehäuse klein, kaum geritzt, Ihurmförmig mit abgestumpfter Spitze; die 6 Umgänge sind convex, durch tiefe Nähte von ein- ander getrennt, nehmen sehr langsam zu und sind fein gestreift. Die Mundöffnung ist verlängert-eiförmig , oben zugespitzt. Der Mundsaum ist gerade , scharf, die Ränder desselben ungleich lang; der Innenrand setzt sich in die gerade Spindel, die nicht abgestutzt ist, fort und ist vor der feinen Nabelspalte kurz und fein umgeschlagen.
Diese Species ist mit keiner lebenden zu vergleichen, hat höchstens als Miniaturgebilde eine entfernte Aehnlichkeit mit Bulimus acutus ßrug. , hat aber ausser der bedeutenden Ver- schiedenheit der Grösse weniger Umgänge und eine mehr in die Länge gezogene ovale Mundöffnung.
Sehr selten.
Glandina (Achatiiia) antiqua mihi.
Klein a. a. 0. 1852. p. 162, Taf. lll. Fig. 9.
Selten.
In den Annal. des sciences natur. Zoolog. T. IL, p. 179 (1843) hat Marc, de Serres t'm^ Achatina F«a/a22 beschrieben, welche in derSüsswasserkalkablagerung von Castelnaudary (im süd-
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liehen Frankreich) gefunden wurde , die der Beschreibung und Abbildung nach zu urtheilen, im Allgemeinen viel Aehnlichkeit mit dieser Glandina haben dürfte, sich aber jedenfalls durch be- deutendere Grösse und Umfang und die Anzahl der Umgänge (es sind 6) von ihr unterscheidet.
Glandina (Acliatina) eburnea mihi. Taf. V. Fig. 10.
Gl. testa imperforata, oblong o-fusi formt, obtusiuscula, polita; anfractibus 5 convexiusculis, ultimo § testae aequante, basi alte^ nuato ; apertura partem dimidiam testae aequante, acutissime ovata, basi attenuata; columella basi anirorsum arcuata, inflexa, basi truncata , callo tenui obtecta; peristomate simplici, aciito. Alt 5^"^ lat. 2'".
Gehäuse undurchbohrt, verlängert-spindelförmig, oben etwas stumpf, glatt, glänzend. Die 5 Umgänge sind leicht convex, der letzte fast noch einmal so lang , als die andern zusammen , in der Milte etwas breiter, als der vierte, nach unten verschmälert. Die Nähte sind wenig vertieft , unter der letzten läuft mit ihr parallel eine feine Furche. Die Mundöffnung ist eiförmig, nach oben scharf zugespitzt, beträgt ungefähr die Hälfte der Schale. Die Spindel ist einwärts gerollt, unten nach vorne gebogen, am Ende abgestutzt, mit einem zarten Callus bedeckt und bildet für sich den innern Rand der Mundöffnung. Der Mundsaum ist scharf, einfach.
Die Schnecke hat viel Aehnlichkeit mit der lebenden Oliva eburnea Lam., was zu der Benennung Veranlassung gab.
Sie steht der Achatina Sandbergeri Thomae a. a. 0. p. 151, Tab. III. Fig. 11 nahe, ist aber kleiner, nicht so gestreckt, nicht gestreift, an den Nähten nicht feinkörnig gerandet, die 4 obern Umgänge sind kürzer, der letzte ist etwas bauchiger, die Mund- öffnung länger gezogen.
Ziemlich häufig bei der Birk und bei Mörsingen.
Unter den Schalen finden sich Exemplare, vielleicht Junge dieser Species , die für eine besondere Art gehalten werden könnten, was ich aber wegen der Totalform nicht gewagt habe. Sie sind kleiner, haben 4 Umgänge, von denen der letzte im
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Verhältniss zu den sehr kleinen drei oberen viel grösser ist, 22'", während die ganze Schale nur 3'" Höhe hat. Die Spitze der Mundöffnung reicht fast bis zum 3. Umgang, ist verhältniss- mässig viel höher und beträgt f der Schale.
Achatiiia elegans mihi. Taf. V. Fig. 11.
A. testa imperforata , elongato-fusiformi , costulato-striata ; anfractibiis 4\ , superiorihus convexis , duobus inferioribus pla- nulatis , ultimo elongato; suturis profundis ; apertura acutissime ovata; columella intorta, vix arcuata , basi subtruncata , non callosa; peristomate smplici, acuto. Alt. i'", tat. V",
Gehäuse undurchbohrt , sehr gestreckt, fein gerippt, die Rippen besonders gegen die Naht deutlich. Von den 4J Um- gängen sind die oberen convex, der erste ganz klein, beide glatt, die zwei untern gestreckt, flach, alle durch tiefe Nähte von einander getrennt; der letzte nicht bauchiger, sondern sehr gestreckt. Die Mundöffnung ist spitz-eiförmig. Die Spindel ein- wärts gerollt, nur ganz leicht gebogen, an der Basis kaum ab- gestutzt, an der MundöfTnung glatt, ohne Callus. Der Mundsaum einfach, scharf.
Sie ist viel kleiner als Achatina Sandberg er i Thomae, ge- strekler, schmaler, die Spindel an der Basis kaum abgestuzt, ohne Callus an der Mündungswand.
Erinnert an die zierlichen Formen von Jamaica.
Sehr selten.
Achatina loxostoma mihi. Taf. V. Fig. 12.
A. testa parva , rimata , ovato-oblonga , apice obtusa, laevi, nitida; anfractibus 6 convexiusculis , sensim crescentibus ; aper- tura obliqua, acute ovata; columella arcuata, basi integra; peri- stomate recto , incrassato , inferiore parte antrorsum provecto, margine columellari brevissime reflexiusculo. Alt. 2 — 2h'" ^ tat. V".
Gehäuse klein, geritzt, länglich- eiförmig mit stumpfer Spitze, glatt, glänzend. Die 6 Umgänge sind flach convex, eng anein-
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ander liegend, nehmen allmählig zu, der 5. und 6. jedoch schneller. Die Spindel ist vorwärts gebogen, an der Basis nicht abgestutzt. Der Mundsaum gerade, der äussere Rand einfach, der innere Spindelrand ist zu einer leichten und kurzen Falte umgeschlagen, legt sich an die Spindel an und bildet so eine feine Ritze; der untere Theil ist verdickt, vorwärts gezogen und deckt so etwas die Mundötfnung, welche schief eiförmig ist, am breitesten am Spindelrand, spitz, wo sich der äussere Rand des Mundsaumes an den letzten Umgang anlegt.
Da die Spindel an ihrer Basis nicht abgestutzt ist, so wäre vielleicht nicht gerechtfertigt , dieselbe zum Genus Achatina zu rechnen, wenn sie nicht in der ganzen Form der lebenden Acha- Hna lubrica M e n k e sehr ähnlich und gerade bei dieser die Spindel ebenfalls nicht abgestutzt wäre, so dass, wenn diese zu Achatina gehört, die andere ebenfalls dazu gerechnet werden muss.
Von Achatina lubrica unterscheidet sie sich aber ausser der etwas geringern Grösse deutlich durch die auf eigene Art ver- zogene Mundöffnung, den lippenartig vorspringenden, verdickten Mundsaum und die deutliche Ritze hinter der Spindel.
Nicht sehr selten bei der Birk und Mörsingen.
Achatina acicula Lam. ?
A. testa parva, imperforata, fusiformi-oblonga, apice atte- nuata, obtusa; anfractibus 5 planulatis, ultimo elongato, circiter dimidiam testae partem aequante; columella basi truncata.
Von dieser kleinen Achatina , welche der lebenden acicula ähnlich, nur etwas kleiner ist, hat sich bis jetzt nur ein Exem- plar bei der Birk gefunden und dieses im festen Kalk so ein- gewachsen, dass der Rücken nach aussen liegt, Mundöffnung und Mundsaum aber nicht zu bestimmen sind. Sie ist nicht ganz 2'" lang und kaum i"' breit.
Clausula grandis mihi.
Klein a. a. O. 1846, p. 73, Taf. I. Fig. 16.
Am Andelfinger Berg nicht sehr selten, mit sehr deutlicher Mundöffnung und Zahnbildung.
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P u p a Drap. Piip a nov. spec?
P. testa subritnatiif fusiformi, apice obtusa ; anfractibus 8 sub- planis, suturis vix excavatis , cervice producta, compressa; aper- tura ovata; peristomate reßexo. Alt. i'", lat. \l'" .
Gehäuse länglich, spindelförmig, unten schmäler, am 7. Umgang am dicksten, nach oben schnell schmäler, oben abge- stumpft. Die 8 Umgänge sind platt, durch sehr seichte Nähte von einander getrennt. Der Hals ist vorgeschoben, von beiden Seiten zusammengedrückt; die Mundöffnung eiförmig, der Mund- saum leicht umgeschlagen.
Die Schnecke war in festen Kalk eingewachsen, die Schale ist beim Herausmeiseln hängen geblieben, wesshalb nicht zu be- stimmen ist, ob dieselbe glatt oder gestreift ist. Die Mundöff- nung ist so ausgefüllt, dass sie nicht gereinigt und nicht bestimmt werden kann, ob und welche Zähne vorhanden sind.
Sie steht in Hinsicht auf Form der Pupa Schübleri (Klein a. a. 0. 1846, p. 74, Tab. I. Fig. 18.) nahe, ist aber grösser und dicker, der Hals ist von beiden Seiten zusammengedrückt; die Mundöffnung erscheint schmäler. Das Vorhandensein und der Stand der Zähne sind nicht zu beurtheilen.
Weitere Untersuchungen können erst über die Species ent- scheiden.
Pupa quadrident ata mihi. Taf. V. Fig. 13.
P. testa parva, subtüiter rimata , ovato-conoidea, obtusius- cula; anfractibus 5 convexis, superioribus celeriter decrescentibus, ultimo subtus attenuato; cervice producta, compressa, callo albido cincfa; columella unidentata , duobus alteris dentibus in margine externo peristomafis immer sis ; pariete aperturali uniplicato; peristomate reflexiusculo; apertura ovato - rotundata , patula. Alt. 11'", lat. J"'.
Gehäuse klein, fein geritzt, ei-kugelförmig, nach oben ver- schmälert mit stumpfer Spitze. Die 5 Umgänge sind convex, durch tiefe Nähte von einander getrennt, die obern nehmen
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schneller ab, der letzte verschmälert sich gegen die Basis hin. Der Hals ist vorgeschoben, an der innern Seile etwas zusammen- gedrückt, mit einem weissen Callus umgeben. Die Mundöffnung ist weit, rundlich-eiförmig. Der Mundsaum ist leicht umgeschlagen. An der Spindel sitzt ein kleiner Zahn, gegenüber an der äussern Wand, etwas verlieft, zwei Zähne und an der M""dungswand eine Falte, die sich unter einem spitzigen Winkel mit dem anliegen- den innern Rande des Mundsaumes verbindet.
Sie zeigt in der allgemeinen Form einige Aehnlichkeit mit Pupa pagodula Desmoul., ist aber durch die geringere Anzahl der Umgänge und besonders durch die ganz andere Bildung des Mundsaumes, der Mundöffnung und der Zähne völlig von ihr unterschieden.
Ziemlich häufig bei der Birk und Mörsingen.
Cyclostoma bisulcatum v. Ziet.
Klein a. a. O. p. 76, Taf. I. Fig. 21. Häufig bei Mörsingen.
Cyclostoma coniciim mihi. Taf. V. Fig. 14.
C. testa imperforata, conoidea, costis sulcata, subtillissime decussata; anfracühus 5\ convexis, sensim crescentibus, suturis profundis; apertura perpendiculari , subcirculari ; perütomate continuo, acuto, reflexiusciilo. Operculo solido , piano , quadri- spiro. Alt 5"', lat, 4'".
Gehäuse nicht durchbohrt, conisch; die 5^ Umgänge sind rund, durch tiefe Nähte von einander getrennt, die beiden obern sind glatt, die andern haben zahlreiche feine Längsrippen mit denen sich sehr feine Linien kreuzen, gegen die Mitte des letzten Umgangs werden auch die Längsrippen undeutlicher, an der Basis desselben sind sie dagegen wieder sehr deutlich und stark. Die obern Umgänge nehmen schneller ab, der letzte ist nicht bauchig, nur an der Mundöffnung etwas vorgezogen, die ganze Form ist so mehr gestreckt. Die Mundöflnung ist kreisförmig, nur wenig nach oben zugespitzt ; der Mundsaum zusammenhängend, nur sehr leicht umgeschlagen. Der Deckel ist stark, flach und hat 4 Windungen.
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Sie steht der Cyclostoma elegans Drap, sehr nahe, ist aber kleiner, schlanker, die Umgänge, besonders der letzte, sind weniger bauchig , die Mundöffnung rundlicher. Das Gegitterte der Schale tritt durch die geringere Entwicklung der Querstreifen weniger hervor, die Längsstreifen sind ungleich.
Planofbis pseudammonius Yoltz.
Klein a. a. 0. p. 77, Taf. I. Fig. 23. Bei der Birk hauptsächlich und dort häufig.
Planorbis corniculum Thomae.
Thomae a. a. O. p. 154, Taf. IV. Fig. 7.
P. testa discoidea, utrinque siibaequaliter concava , striata; an fructibus 5 subangulato-cylindraceis ; apertura rotundato-lu- nata; peristomate smplici, recto. Alt 2 — 2^'", lat. 6 — 8'".
Gehäuse scheibenförmig, auf beiden Seiten fast gleich tief beim Cenlrum eingesenkt, doch in der Regel oben etwas tiefer, gestreift; Umgänge cylindrisch, der letzte durch erhabene paral- lele Längslinien etwas kantig; Mündung gerundet- mondförmig. Mundsaum einfach, scharf. (Thomae).
Unter den vielen Exemplaren von Planorbis pseudammonius finden sich, aber nur selten, solche, die den Originalen, welche ich von Planorbis corniculum besitze, ganz gleich sind.
Sie unterscheiden sich von Planorbis pseudammonius, dem sie aber sehr nahe stehen, durch die geringere Grösse, das umgekehrte Verhältniss der Vertiefung, indem sie oben etwas tiefer eingesenkt , unten weniger concav sind und durch das Kantige des letzten Umgangs. Die Mundöffnung ist am untern Rand weniger zurückgezogen; der Callus, welcher bei jenem den Mundsaum eigentlich zusammenhängend macht, fehlt hier, die Mündungswand ist unbedeckt.
Planorbis applanatus Thomae. (PI. declivis A. Braun).
Thomae a. a. 0. p. 155.
Taf. V. Fig. 15. P. testa parva, depressa, in ferne carinata , supra piano- convexa, in media vix immersa, subtus concava, nitida, subtilissime striata; apertura obliqua, cordata; anfractibus 4. Alt ^'" , lat. U— 2'".
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Gehäuse klein, plattgedrückt, nicht auf der Mitte der Peri- pherie , sondern unten gekielt , oben flach convex , im Mittel- punkt etwas verlieft, unten flach concav und wie auf der oberen Fläche alle Umgänge sichtbar , glänzend , äusserst fein gestreift. Die Umgänge nehmen, besonders der letzte ziemlich rasch zu, und dieser wird durch den Kiel in zwei ungleiche Hälften ge- theilt, wovon die über dem Kiel grösser, gewölbter, die auf der untern Seile aber kleiner und flacher ist. Mündung schief, herz- förmig. (Thomae).
Unterscheidet sich von Planorbis laevis mihi Klein a. a. 0. p. 79, Taf. I. Fig. 26 durch den Kiel des letzten schneller zu- nehmenden Umgangs, der bei diesem rund, ohne Andeutung eines Kiels ist und wie die andern langsam zunimmt.
Häufig bei Mörsingen.
Planorbis platystoma mihi. Taf. V. Fig. 16.
P. testa parva, supra concava, in medio immer sa , infra plana, glabra; anfractibus 3\ convexis , celeriter crescentibus, internis in superiore testae fade immersis , ultimo multo majori, convexo, supra prominente, reliquos involvente ; apertura dilatato- ovata; peristomate simplici, acuto. Alt. V" , lat. 2'".
Gehäuse klein, auf der obern Fläche concav, in der Mitte vertieft, unten platt, glatt. Die 3J Umgänge sind höher als dick, der äussere viel grösser und höher, als die andern, ragt auf der obern Fläche stark hervor, während die Innern ganz ver- senkt sind, auf der untern Fläche dagegen sind alle sichtbar, liegen in einer Ebene und sind durch tiefe Nähte getrennt. Die Mundöffnung ist weit, in die Quere gestellt, eiförmig und weit auf beiden Seiten der Schale hervorragend; die Mündungswand ist ohne Callus, der Mundsaum einfach, scharf.
Bei Mörsingen, ziemlich selten.
Limnaeus Drap. Von Limnaeen finden sich zwar, namentlich am Andelfinger- berg, eine ziemliche Anzahl, allein die Unvollkommenheit der einzelnen Schalen und die Schwierigkeit der Bestimmung der
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einzelnen Species ohne eine grössere Anzahl zur Vergleichung zu besitzen, machten bei den vielen Modificationen und Ueber- gängen, welche bei diesem Genus vorkommen, bis jetzt die ge- nauere Trennung derselben unmöglich.
Unter ihnen findet sich entschieden Limnaeus Kurrii mihi, (Klein a. a. 0. p. 84, Taf. II. Fig. 7), Yiahrscheinlich Limnaeus ellipticus Kurr, p. 83, Taf. II. Fig. 5.
Eine andere Form ist sehr ähnlich dem Limnaeus pereger Drap, aber grösser, während eine andere Anzahl demselben eben- falls ähnlich, aber kleiner ist. Weitere Nachforschungen und ge- naue Untersuchungen können hier erst später entscheiden.
Ausgezeichnet durch die ganz verschiedene Form ist aber:
Limnaeus turritus mihi. Taf. V. Fig. 17.
L. testa parva, turrita, apice acuta, glabra, imperforata; anfractibus 4^ convexis, sensim crescentibus , suturis profundis, ultimo anfractu elongato; apertura elongato -ovata; peristomate acuto , margine columellari brevissime reflexiusculo. Alt. 2^'", lat. V*',
Gehäuse klein, ungenabelt , schlank, thurmförmig, oben zu- gespitzt, glatt. Von den 4.J^ Umgängen sind die oberen rundlich, durch tiefe Nähte von einander getrennt, der letzte länglich, gestreckt. Die Mundöffnung ist länglich-eiförmig ; der Mundsaum scharf, an der Spindel leicht und kurz umgeschlagen.
Sehr selten.
Melania turrita mihi.
Klein a. a. O. 1852, p. 159, Taf. III. Fig. 10. Sehr häufig am deutschen Hof, wo sie meistens in einer Hülse von Kalksinter eingeschlossen vorkommen. Siehe p. 222 dieser Beschreibung.
Melanopsis praerosa L.
Klein a. a. O. p. 161, Taf. III. Fig. 12. Sehr häufig beim deutschen Hof, auch diese ist in Hülsen von Kalksinter eingeschlossen.
- 221 — Paludiiia tentaculata L.
Krauss württ. naturw. Jahreshefte 1852, p. 140. Häufig am Andelfingerberg.
Neritina crenulata mihi. Taf. V. Fig. 18.
iV. testa globosa , angiilato-ovata, basi dilatata , fransversim striata f subnitida, picturis pinnatis, reticulatis varie ornata; spira brevi , obtusa , subcentrali; apertura lunata ; columella plana, subplicato- crenulata. Alt. 3'", lat. 4—5'". Anfractibus 3.
Gehäuse kuglig, winklig-eiförmig, an der Mündung sehr aus- gebreitet, fein quergestreift mit mannigfaltiger Zeichnung, röth- lich, violet, netzförmig gefiedert mit weissen Flecken, ungleichen Zickzacklinien. Gewinde kurz, sehr stumpf; 3 Umgänge, der letzte sehr ausgebreitet, besonders nach der untern Seile des Mundsaums ausgezogen. Die stumpfe Spitze steht etwas auf der Seite. Die Spindel ist flach, am Rande sanft concav, fein gefältelt eingekerbt am Rande.
Sie ist im Allgemeinen der Neritina fluviatilis L. ähnlich, aber flacher, namentlich sind die obern Umgänge flacher, und unterscheidet sich von ihr durch die Spindellinie, die leicht ver- tieft, concav ist und eine Reihe feiner Fällchen, die am Rande Einkerbungen bilden, zeigt.
Häufig am deutschen Hof.
Melania grossecostata mihi.
Klein a. a. 0. 1852. p. 158, Taf. III. Fig. 11. Taf. V. Fig. 19.
Durch die Güte des Herrn Finanzrath Eser erhielt ich jetzt endlich zwei Exemplare mit vollständiger Mundöff'nung und Mund- saum, die ebenfalls am Michelsberg bei Ulm gefunden wurden, nach welchen jetzt als Zusatz zu der p. 158 gegebenen Be- schreibung zu setzen ist:
Apertura ovata; labio externo peristomatis acuto, protractOy inferne et superne sinu distincto.
Die Mundöffnung ist im Allgemeinen eiförmig, aber ganz
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unregelmässig, denn der Spindelrand geht zwar unmittelbar, ohne abgestutzt zu sein, in den untern Rand des Mundsaumes über, aber dieser bildet eine leicht rückwärtsgerichtete Bucht, ebenso wird an der Spitze des Mundsaumes, ehe sich dieser an den Umgang anlegt und in den die Mündungswand bedeckenden Callus übergeht, eine zweite^ nach aussen gerichtete Bucht gebildet; der äussere Rand selbst ist scharf, bedeutend verlängert und ohrförmig nach unten und aussen vorgezogen.
Durch diese doppelte Bucht würde sich diese Species dem Genus Pyrena Lam. annähern, nur ist die Spindel nicht gegen den untern Rand des Mundsaums gekrümmt und die Ausbuch- tungen sind nicht so stark.
Wenn die Zeichnung Dunker's in seinen Palaeontographica Tab. XXI. Fig. 2 richtig ist, so wäre damit vollends der beslimmte Unterschied dieser Species gegeben , denn bei dieser Melania Wetzleri ist die Mundöffnung länglich eiförmig, beinahe elliptisch, nach unten und oben ausgezogen und von einer solchen dop- pellen Ausbuchtung nichts angegeben und auch in der Beschrei- bung p. 157 nichts enthalten.
Ebenso unterschieden ist sie von Melania turrita mihi, (von der ich jetzt ein Exemplar mit 14 Umgängen besitze) Jahrg. 1852. p. 159, bei welcher die Mundöffnung eiförmig, aber nach oben und unten etwas ausgezogen ist und der Mundsaum keine solche Ausbuchtungen zeigt.
Fassen wir die Beschreibung der bis jetzt im altern Süss- wasserkalk Württembergs aufgefundenen Conchylien zusammen, so findet sich ein höchst auffallendes Missverhältniss zwischen den Gasteropoden und Acephalen, denn während bis jetzt von den ersteren 1 Species Ancylus, 1 Testacella, 1 Succinea, 21 vom Genus Helios (8 Helicogenen, 13 Helicellen) , 1 Bulimus , 2 von Glandina, 3 von Achatina, 2 von Clausilia, 4 von Pupa, 2 von Cyclostoma, 10 von Planorbis, 7 von Limnaeus, 3 von Melania, 1 Melanopsis, 4 von Paludina, 1 Valvata, 1 Neritina, somit 65 Species bestimmt werden konnten, haben sich im Süsswasser- kalk selbst (die Formation von Oberkirchberg somit ausgeschlos»
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sen) nur 2 Species von Acephalen gefunden, 1 Cyclas und 1 Anodonta. Eben so gross ist der Unterschied der Zahl nach, von Cyclas wurde nur ein Exemplar gefunden, Anodonlen sind häufiger, allein die Anzahl der Exemplare von Einschaligen ist eine ganz andere, hat doch v. Zell allein bei Zwiefalten meh- rere Tausend gesammelt. Um einen Beweis der Häufigkeit der einzelnen Species, die dort sich finden, zu geben, mögen hier einige Beispiele folgen , die ich der Güte des Herrn v. Zell verdanke.
Melania turrita in 506 Exemplaren, Melanopsis ^\\, Cyclo- Stoma bisnlcatum 196, Helix silvestrina 178^ H. Giengensis 114, H. inflexa 114, H. Ehingensis 35, Clausilia grandis 44 u. s. w.
Ebenso auffallend ist die Vertheilung der einzelnen Genera und Species. Ueberall finden sich einzelne Species des Genus Helix, aber die einzelnen Species meistens beschränkt auf ein- zelne Localitäten, wie auch z. B. 3 neue Species von Heiicogenen und 4 Helicellen bis jetzt bei Zwiefalten allein gefunden wurden, während Helix Giengensis und gyrorhis ebenfalls sich hier finden.
Neu für die Fauna jener Zeit in unserem Lande sind Suc- cinea, Achatina und Bulimiis, wonach die Angabe Jahrg. 1846. p. 94 jetzt zu berichtigen ist.
Ebenso findet durch das Auffinden einer Testacella, 2 Species von Glandina und der Melanopsis der p. 93 ausgesprochene Satz eine Berichtigung, dass kein Geschlecht in unserem tertiären Kalk sich finde, das nicht auch noch lebend bei uns gefunden wurde, der aber schon durch die Melanien, von denen jetzt 3 Species bekannt sind, eine Ausnahme erlitten hatte und hätte heissen sollen, kein Geschlecht, das nicht noch lebend gefunden wurde, wenn auch nicht bei uns. Neues Geschlecht aber über- haupt ist auch bis jetzt in unserer Süsswasserkalkformation nicht aufgefunden worden. —
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III. Kleinere ]?Iittlieiluiigeii.
Beiträge zur Fauna Württembergs von Dr. A. Günther.
Rhinolophus hipposideros Bechst. ist in alten Gebäuden Tübingens nicht selten,
Vespertilio discolor Kiibl (V. serotinus Pall.) wurde im Februar 1852 in einem Gebäude in Stuttgart gesellig mit Vespertilio pipislrellus gefunden.
Die bei uns wie im südlichen Europa überhaupt, so seltene Strix (eng- tnalmi L. (St. dasypus B e ch st.) schoss Med. stud. Jäger im Frühjahre 1851 in der Umgegend von Stuttgart.
Corvus caryocatactes L. erschien im Okt. 1850 in zahlreichen Schaaren allerorts im Unterlande und auf dem Schwarzwalde ; das Jahr darauf liessen sich nur vereinzelte Individuen sehen. Besonders häufig finden sich bei den rabenartigen Vögeln Missbildungen des Schnabels ; abge- sehen von den mancherlei Diflferenzen in Bezug auf dessen Länge und Dicke, welche durch das Alter der Individuen bedingt sind. Ich beob- achtete dies besonders auch beim Nussheher; ein Exemplar hatte einen in ähnlicher Weise, wiewohl in schwächerem Grade gebildeten Schnabel wie Loxia curvirostra; dadurch war auch die Art seiner Nahrung modi- ficirt, indem es eine ganze Maus verschlungen hatte.
Von Pyrrhocorax alpiniis Cuv. traf ich am 4. März 1851, zu welcher Zeit noch eine beträchtliche Kälte mit Schnee eingetreten war, 2 Stücke bei Tübingen an.
Ampelis garnila erschien im Frühjahre 1851 schaarenweise im Unter- lande.
Muscicapa luctuosa Temrn. schoss ich im April 1852, als sie während dreier Tage zur Abendzeit aufwärts am Ufer des Neckars bei Tübingen strichen; die einjährigen Männchen waren in der Farbe kaum von den Weibchen unterschieden.
Anlhus aquaticus'^) und pratensis Bechst. ist jedes Jahr gesellig vom Okt. bis Ende Winters an der Steinlach bei Tübingen anzutreflFen.
Anadotita pisci7ialis Rossm. fand ich im Jan. 1853 im Sande an den Ufern des Bodensees bei Langenargen, nach einem heftigen anhaltenden Sturme und sammelte die verschiedenen Altersstufen dieser Muschel. Zugleich mit ihr traf ich
Limnaeus auricularis Dr. variet. ampla Hartm. an, jedoch nur das Gehäuse ohne das Thier.
*) Bei der Sektion eines dieser Vögel, fand ich im November in der Bauchhöhle auf der dem Ovarium entgegengesetzten Seite einen fremdartigen Körper, der sich bei der näheren Untersuchung als ein Ei ergab, welches nicht in den Oviduct gelangt war: eine graviditas extrauterina bei einem Vogel. Die membrana vitellii war sehr verdickt , auf der Oberfläche einige Blutgefässe sichtbar; der Dotter, zu einer zähen Masse geronnen, löste sich leicht von der ihn umgebenden Haut ab. Das Ganze von der Grösse eines normalen Eis war durch keine Haut an ein Organ des Unterleibs befestigt.
1. Die Fische des Neckars.
Uniersucht und beschrieben von Dr. Albert Günther.
(Mit Taf. VI.)
Einleitung.
Man könnle bei dem ersten Blicke auf vorliegende Arbeit sich fragen, ob hier nicht ein Theil unserer Fauna untersucht worden sei, der schon längst seine Bearbeiter und durch diese eine Aufklärung gefunden habe, welche die Erreichung neuer Resultate nicht mehr hoffen Hess, mit einem AVorle, man könnte fragen, ob der Verfasser sich nicht der Gefahr, seine Zeil unnütz zu verschwenden, ausgesetzt habe. Und das nicht ohne Grund. Denn schon seit Jahren wird durch vielfache Kräfte vereint an der vollständigen Kenntniss der württembergischen Natur- produkte gearbeitet, doch sind es eben nur die unter der Erde verborgenen Schätze oder es ist das in seiner unendlichen Mannig- faltigkeit nur theilweise bekannte Heer der wirbellosen Thiere, das den grössten Theil der Forscher durch die beinahe täglich sich wiederholenden Funde in ununterbrochener Thätigkeit erhält. Aber insbesondere waren durch Professor Seh übler in Tübingen in der ersten Ausgabe der Beschreibung von Württemberg durch Memminger, Stuttg. 1820, und durch G. v. Marie ns im landwirthsch. Correspondenzblatte, März 1830, und später durch denselben in der dritten Auflage der Beschreibung von Würt- temberg durch Memminger, Stuttg. 1841, in einem voU- ständigen Verzeichnisse der württembergischen Fauna die bei uns vorkommenden Fische, mit genauer Angabe ihrer Verbreitung und der Trivialnamen, ausführlich aufgezählt worden. Eine Be-
Würtlemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 3s Heft. 15
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Schreibung ward nicht beigegeben : was auch damals für unnöthig gelten konnte, sofern bei der weniger strengen Scheidung der einzelnen Arten noch die Diagnosen Arledi's und Linne's einen sichern Hallpunkl gaben ; zumal wenn man noch die Ab- bildungen Bloch's und Meidinger's, verbunden mit ihren Angaben, zur Hand hatte. Und nach diesen Quellen, welche noch vor einigen Jahren die einzigen Auctoritäten waren, wurden die Fische des Neckars untersucht, in unseren Sammlungen be- stimmt und in die Verzeichnisse der würltembergischen Fauna namentlich aufgenommen.
Das konnte nun aber nicht mehr genügen, seit durch Agassiz, Joh. Müller, Bonaparte und Valenciennes eine neue Methode in der Ichthyologie in Anwendung gebracht worden war, eine Methode, welche es sich zur Aufgabe gestellt hat, die an der Menge der einzelnen Individuen bemerkbaren Abänderungen so streng als möglich auseinander zu halten, und deren Resultat die Entscheidung der Frage sein wird, welchen Abänderungen Wichtigkeit genug zuzusprechen sei, um ihret- wegen die Species zu unterscheiden. Die zweite Aufgabe dieser Methode ist, zu berücksichtigen, ob gewisse Abänderungen einem bestimmt abgegrenzten Gebiete eigenthümlich oder ob sie in verschiedenen Gegenden zu finden seien; kurz jene Methode bestrebt sich zugleich über die Verbreitung der Abänderung ins Reine zu kommen. Und dieses ist von so grossem Werthe, als gerade durch die Kenntniss der Art der Verbreitung jene Frage um so leichter und sicherer beantwortet werden kann.
So finden wir nun schon in dieser Weise die Fische Italiens, Frankreichs, Belgiens, eines Theils der Schweiz, Oberöster- reichs etc. aufs neue untersucht; und dieser Theil der Fauna Schwabens bedarf einer neuen Ueberarbeitung um so mehr, als wir überhaupt unser Vaterland von Naturforschern, welche die gesammte Ichthyologie bearbeiteten, in dieser Beziehung etwas vernachlässigt finden. Ausserdem hatv. Märten s insbesondere nur die Fische des Donaugebiets zu untersuchen Gelegenheit gehabt. Die Aufnahme meiner Untersuchungen war somit durch ein besonderes vaterländisches, wie durch ein allge- meines wissenschaftliches Interesse veranlasst.
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In obigem ist nun schon die eigentliche Aufgabe der Arbeit ausgesprochen: sie ist die Unterscheidung und Beschrei- bung der Fischarten, welche sich im Neckar finden. Nicht alle aufgeführten Arten sind in diesem Flusse einhei- misch, vielmehr zerfallen die Fische eines Landes, wie die Vögel, in Bezug auf die Art ihres Vorkommens in 3 Classen:
1) in solche, welche als Eingeborene beständig zu finden sind,
2) in solche, welche in Folge eines in regelmässigen Zwischen- räumen wiederkehrenden Triebs zu bestimmten Zeiten kommen, um dann nach Befriedigung desselben wieder zu verschwinden, und 3) in solche , welche nur aus zufälligen Veranlassungen selten erscheinen. Ich habe aber alle in diese Arbeit herein- gezogen und bei der einzelnen Species die Art ihres Vorkommens bezeichnet.
Im Allgemeinen ist der Neckar nicht besonders fischreich, und im Vergleich zu ihm zeigt unser zweites Flusssystem, das der Donau*), der Zahl der Individuen nach einen bei weitem grösseren Reichthum an Fischen. Es lassen sich für diese That- sache mehrere Gründe anführen. Einmal hat die Donau nur einen halb so starken Fall, als der Neckar, und wenn sie auch nicht so viel Wasser führt, als dieser, doch ein viel tieferes Bett, was für die Entwicklung der Fische von der grössten Be- deutung ist, besonders derjenigen Flussfische, welche für die schmackhaftem gehalten werden. Daraus ergibt sich überdies, dass die Fischerei an der Donau für diejenigen, welche sie aus- üben, viel einträglicher ist und von ihnen mit grösserer Sorg- falt gepflegt wird. Ausserdem betreiben die Donaufischer, meist durch anderweitige Beschäftigungen, z. B. die SchifTfahrt, wohl- habende Leute , den Fischfang nur zu gewissen Jahreszeiten, während am Neckar das ganze Jahr kleine Fische wie grosse gefangen werden, was natürlich mit der Zeit einen Mangel an Fischen herbeiführen musste. Nicht weniger wird die Fischerei beeinträchtigt durch die Correctionen, welche der Neckar aller- orts wegen der jährlich wiederkehrenden, die Ufer verheerenden Ueberschwemmungen nöthig macht. Durch eine solche Correclion,
*) Icti spreclie hier von beiden Flussgebieten, soweit sie Württem- berg angehören.
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-welche meist in der bessern Jahreszeit, zur Zeit der Laiche, vor- genommen wird, kann die ganze Brut in einem Distrikte gestört und völlig zu Grunde gerichtet werden. Kann sich aber auch der Neckar nicht mit der Donau messen in Bezug auf seinen Fischreichthum der Zahl der Individuen nach, so wird die Zahl der Arten in beiden Gebieten doch gleich gross sein. In den zu beiden Seiten des Neckars sich findenden sogenannten Alt- wassern, den Resten von dem Flussbette in früheren Zeiten, meist tiefen, stillen, klaren Wassern mit schlammigem Grunde, finden wir Fische, welche im eigentlichen Flusse nur selten, in der Donau dagegen häufiger angetroffen werden. Es erreichen jedoch die Fische in diesen Allwassern nie die beträchtliche Grösse ihrer Artverwandten in der Donau, zunächst darum, weil der Raum ihres Aufenthalts immer sehr beschränkt ist und auch weil ihnen zu rücksichtslos nachgestellt wird. Von nicht zu verachtender Wichtigkeit für die Fischerei, wenigstens am untern Neckar war die alljährlich wiederkehrende Ankunft von vortreff- lichen Fischen aus dem Rheine und dem Meere. Aber auch diese Quelle wird durch die emporgekommene Dampfschifffahrt mehr und mehr zurückgedrängt, wie man denn auch an den Theilen des Bodensees, welche mit Dampfschiffen befahren wer- den, die Bemerkung gemacht hat, dass dadurch die Fische ver- scheucht werden. Somit steht auch nicht zu erwarten, dass überhaupt eine qualitative Verbesserung der Neckarfischerei ein- geleitet werden kann, die Hindernisse liegen in der natürlichen Beschaffenheit dieses Flusses und in seiner Benützung zu wich- tigern industriellen Interessen. Eine Cultur der bessern Fische in den oben erwähnten Altwassern ist desshalb nicht von einem günstigen Erfolge begleitet, weil diese von den Ueberschwem- mungen berührt und dadurch der grössten Zahl ihrer Bewohner entvölkert werden. Nur die kleinern See und Weiher des Unter- landes lassen sich mit geringer Mühe und Aufwand zu diesem Zwecke vortheilhaft benützen, wie dies einzelne Besitzer solcher Wasser erfahren haben. Hiebei verweise ich noch auf die der Beschreibung des Brachsen beigefügten Bemerkungen.
Gemäss dem speciellen Charakter dieser Arbeit bin ich auch auf anatomische Einzelnheiten eingegangen, und das nicht ohne
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Erfolg; indem ich auf Manches aufmerksam gemacht zu haben glaube, was man bisher übergangen hatte, auch fand ich bei dieser geringen Zahl von Untersuchungen die Behauptung be- stätigt, dass man die Verschiedenheit zweier Species viel sicherer auf anatomischem, als auf zoologischem Wege ermitteln könne. Dagegen habe ich nur vorsichtig physiologische Einzeln- heiten aufgeführt; auch wären hiezu langjährige Beobachtungen nothwendig gewesen. Das Wichtigste habe ich, der Vollständig- keit wegen, bei jedem Fische erwähnt, soweit ich es von Andern bekannt gemacht, durch eigene Erfahrungen bestätigt gefun- den habe.
Von Entozoen führe ich nur diejenigen an, welche einem bestimmten Fische eigenthümlich sind, oder welche ich in einer bestimmten Jahreszeit, vom Ende des Sommers bis Anfang des Frühjahrs, gefunden habe. Auffallend ist die im Allgemeinen beobachtete Armuth der Fische an Parasiten während dieser Jahreszeit.
Meine Aufgabe war die Unterscheidung der Arten. Ich glaube in dieser Hinsicht ruhig jedem Urlheile entgegensehen zu können, indem mich nur die Untersuchung einer grossen Zahl von Individuen, die genaue Vergleichung mit Beschreibungen Anderer und mit Exemplaren aus anderen Gegenden, das Ferne- halten jeder Neuerungssucht bestimmte und leitete.
Meine Aufgabe war die Beschreibung der unterschie- denen Arten. Man wird finden, dass ich die Beschreibungen nach einem Schema gemacht habe; oft kehren dieselben Worte wieder. Die Nothwendigkeit und Nützlichkeit dieser Methode lernt man durch die unendHche Schwierigkeit einsehen, mit der man sich durch den Wust von Worten in Valenciennes's Be- schreibungen, von denen keine der andern gleicht, durcharbeiten muss. Seine Beschreibungen sind nicht vergleichend, und doch kann man keinen Fisch bestimmen, ohne dass man mehrere Beschreibungen mit einander vergleicht. Von allen Fischen bieten in der Unterscheidung uud Bestimmung die Cyprinoiden und Salmoniden bei weitem die meisten Schwierigkeiten. In dieser Arbeit kommen nur die ersteren in Betracht, und man wird
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finden, dass ich sie mit einer ungleichmässig besondern und ins Einzelne gehenden Aufmerksamkeit behandelt habe.
Den sichersten Halt bei einer Beschreibung gibt die Angabe der verschiedenen Zahlen- und Massverhältnisse , welche , wenn sie einzeln auch bei einer und derselben Art in einer bestimmten Breite variiren, doch zusammen genommen die sicherste Vor- stellung des Fisches geben. Einiges ist noch über die Art, wie ich gezählt oder gemessen, vorzumerken.
Als Mass habe ich das pariser Duodecimalmass angewendet.
Unter Höhe des Leibs verstehe ich den vom vordem Ende der Insertion der Rückenflosse auf die ventrale Linie ge- fällten Perpendikel.
Die Länge des Kopfs ist seitlich zu messen, sie ist die Linie von der Schnauzenspitze bis zum hintersten Punkte des Operculums.
Bei der Angabe der Flossenstrahlen habe ich stets auch den kleinsten bemerkbaren Stachel gezählt, was namentlich bei der Rücken- und Afterflosse der Cyprini zu merken ist, wo sich als erster Strahl ein kleiner beinahe unter der Haut verborgener Zacken findet ; bei diesen beiden Flossen ist der letzte Strahl bis auf die Basis der Flosse gespalten und es könnte dieser Strahl doppelt gezählt werden. Beide Zweige sitzen aber nur auf einem Stiele und sind als ein Strahl zu betrachten. Die Strahlen der Schwanzflosse dagegen zähle ich nur vom obersten längsten bis zum untersten längsten; die Rudimente zur Seite dieser beiden Strahlen haben, da sie der Zahl nach variiren, keine Bedeutung.
Bei der Rücken- und Afterflosse ist unter der Höhe die Länge ihres längsten Strahls, unter der Länge die Länge ihrer Basis zu verstehen. Gegensatz von jener Bezeichnung ist niedrig, von dieser kurz.
Querschuppenreihe habe ich diejenige Reihe von Schuppen genannt, welche continuirlich vom Anfange der In- sertion der Rückenflosse schief nach unten und hinten gegen den Bauch verlauft und welche also die Seitenlinie schneidet. Wenn ich die Zahl der Schuppen über und unter der Seitenlinie an- gebe, so zähle ich immer die Schuppen dieser Reihe. Diejenige
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Schuppe, welche der Seitenlinie und Querschuppenreihe gemein- schaftlich ist, nenne ich der Kürze halber Mittelschuppe.
Auf diese beiden letzten Verhältnisse hat meines Wissens noch Niemand Rücksicht genommen, allein wie man gewohnt ist, in der Beschreibung eines Fisches den Verlauf der Seitenlinie zu bestimmen, so ist es nicht weniger wesentUch, die Richtung der Querschuppenreihe anzugeben. Bei der Vergleichung nur weniger verwandten Fische wird man sehen, wie oft diese Reihe in ganz verschiedener Richtung vom Rücken gegen den Bauch zieht. Ausserdem wird dadurch nicht allein die Stellung der Rückenflosse, des Afters und der Afterflosse zu einander aufs Genaueste angegeben, sondern überhaupt die Lage dieser Theile, indem ich durch Bestimmung der Mittelschuppe sage, wie weit sie vom Kopfe und vom Schwänze entfernt sind. Es wird da- durch das Bild des Fisches beinahe mathematisch durch Linien vollständig entworfen. Auch hat man in der Querschuppenreihe die sicherste Norm, die Zahl der Längsschuppenreihen über und unter der Seitenlinie zu bestimmen.
Die Grössenverhältnisse einiger Körpertheile zu einander variiren ausserordentlich nach den verschiedenen Altersstufen der Fische. Besonders habe ich dieses am Auge bemerkt, es ist dieses bei einem jungen Individuum verhäitnissmässig viel grösser, als bei einem allen. Nichtsdestoweniger habe ich das Verhältniss des Augdurchmessers zur Länge des Kopfes ange- geben, es sind aber meine Angaben immer auf Beobachtungen an alten Individuen zu beziehen. Dagegen wachsen die Schup- pen im gleichen Verhältnisse, wie der übrige Körper des Fisches. Ich fand es nun bequem, die Grösse der Schuppen im Vergleich mit der Grösse des Auges anzugeben; da aber dieses Verhält- niss nach den Altersstufen wechselt, so bekäme man auch von der Grösse der Schuppen eine unrichtige Vorstellung, wenn ich auch hier nicht immer meine Angaben nach den Beobachtungen an alten Individuen gemacht hätte, wodurch man dann doch ein sicheres Resultat erhält.
Bei der strengen Methode, die Arten der Fische ausein- ander zu halten, wird es freilich schwer, in alter Weise Linne's eine Diagnose zu geben, durch welche die Art von allen
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andern unterschieden wird. Es muss hier immer eine ins ein- zelngehende Beschreibung ergänzend zu Hilfe kommen. Wenn ich nun der Beschreibung immer eine Diagnose voranschicke, so soll sie nicht darauf Anspruch machen, den Fisch von allen andern zu unterscheiden, sondern nur von seinen Verwandten, welche sich innerhalb der Grenzen Schwabens finden.
Die Publication dieser Arbeit hat der Verein für vaterlän- dische Naturkunde in Württemberg übernommen. Um die Kosten derselben einigermassen zu ermässigen, wurde bestimmt, dass nur für diejenigen Mitglieder des Vereins, welche sich in be- sonderer Weise für die Arbeit interessiren, die beigegebene Tafel illuminirt ausgegeben werde. Die Exemplare , welche aus der Vereinsschrift abgedruckt noch besonders in den Buchhandel kommen, werden jedoch mit illuminirten Tafeln versehen.
Schliesslich halte ich mich stets verpflichtet allen denen, welche mich bei meinen Untersuchungen unterstützten ; insbe- sondere kann ich aber hier, wie überall, es nicht unterlassen, meinen hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. W. von Rapp, der mich zu diesem Unternehmen aufforderte und mich unermüdet mit der hieher gehörigen Literatur bekannt machte und versah, ein Zeichen meines innigsten Dankes für seine mir von jeher erwiesene Sorge zu setzen.
Stuttgart, am Osterfeste 1853.
Günther.
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Literatur.
Artedi, Genera piscium. Lugd. 1738. 8. — ■ Synonymia. Lugd, 1738. 8.
— Descriptioiies specierum piscium. Lugd. 1738. 8. Groll 0 vi i, Museum ichthyologicum. Lugd. 1754. fol. Seil äffer, piscium Bavarico-Ratisbonensiura peiitas. 1761. 4. Linnaei, Systema naturae, cur, Gmelin. Edit. XIIL Lips. 1788. 8. Artedi, Synonymia piscium, auct. Schneider. Lips. 1789. 4. Bloch, Naturgeschichte der Fische Deutschlands. Berl. 1782. 4. Meidinger, Icones piscium Austriae. 1785—94. fol. Jurine, Poissons du Lac Lenian. 1825. 4. V. Martens, Ueber Württembergs Fauna, aus dem Correspondenzblatte
des landwirthschaftlichen Vereins besonders abgedruckt. 1830, März, Cuvier, Das Thierreich, übersetzt von Voigt. Leipz. 1832. 8, Ekströnij Die Fische in den Scheereu von Mörkö, übersetzt von
Creplin. Berl. 1835. 8. Fries och Ekström, Skandinaviens fiskar. Stockh. 1836. 4. Bon aparte, Iconografia della fauna italica. T. III. Pesci. Roma
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Augsb. 1849. 8. Girard, A monograph of the Cottoids of North- America in Smithsonian
Contributions to Knowledge. Washington. 1851. 4. Yarrell, A history of british fishes. two Volumes. 2de edit. London
1851. 8. Agassiz, L. bist. nat. des poissons d'eau douce de l'Europe centrale,
Ire Livr. Neufchatel 1839. fol. J. J, He ekel, Ichthyologie in Russeger's Reisen. Stuttg. 1843. 8.
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Von den Slachelflossern finden sich nur folgende wenige Arten, im Gebiete des Neckars.
P e r c a Ciivier.
Die Bauchflossen sitzen unter den Brustflossen. Das Prae- operculum ist gezähnelt. Feine Bürstenzähnchen im Zwischen- kiefer, Unterkiefer, Vomer, Gaumenbein, auf den Kiemenbogen und den oberen und unteren Schlundkieferknochen; aber keine Zähne auf der Zunge. 7 Kiemenslrahlen; die Rückenflosse in 2 Abtheilungen gespalten.
Perca fluviatilis L.
Fries och Ekström, Skandinaviens fiskar. pl. 1.
Jurine, poiss. du lac Leman. pl. 3.
Bloch, Fische Deutschlands, t. 52.
Schaff er, piscium Bavar. Ratisbonens. pentas.
Bonaparte, Fauna italica.
Yarell, british fishes. S. 1.
Barsch. Bärschig. Perche. Perch.
An denSeiten meist einige dunkle Querbinden. Die erste Rückenflosse hinten mit einem schwar- zen Fleck. Bauchflossen roth. Die Wangen, Oper- culum und Suboperculum beschuppt.
Der Körper ist von der Seite betrachtet sehr breit, und zwar schon unmittelbar hinter dem Kopfe, dabei aber doch, besonders an der hintern Hälfte etwas in die Länge gestreckt ; von oben ist er schmal , von unten breiter. Der Rücken steigt hinter dem Kopfe sehr steil an und biegt sich bis zur Rücken-
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flösse in einer starken Curve. An der Basis der ersten Rücken- flosse senkt er sich allniählig nach hinten, erhebt sich vor der zweiten wieder etwas, fällt dann an der Basis derselben in ge- rader steiler Linie ab, um dann vollends bis zur Schwanzflosse horizontal zu verlaufen. Der abgerundete Bauch bildet vom Kopfe bis zur Schwanzflosse eine schwache Convexitat.
Die Höhe des Leibs ist gleich der Länge des Kopfs, und 3Jmal in der Totallänge enthalten.
Das obere Längenprofil des Kopfes ist etwas concav. Die Distanz der Augen ist etwas über Smal in der Länge des Kopfes enthalten ; die Entfernung des Augs von der Schnauzenspitze gleich IJ Augdurchmessern. Die Pupille quer-oval. Das Maul gross und breit, Oberkiefer kaum länger als der untere. Auf jeder Seite des Kopfes findet sich zwischen Auge und Schnauzen- spitze eine Reihe von 4 Schleimporen.
Der äussere membranose Opercularrand ist stark entwickelt.
Die Brustflossen haben 14 — 15 Strahlen, sie sind etwas kürzer als die Bauchflossen, und wenn man sie ausspannt, bei- nahe kreisrund.
Die Bauch flössen haben einen Stachel und 5 Strahlen, sie sind länger, als die Analis hoch ist.
Die Rückenflosse nimmt beinahe die ganze Länge des Rückens ein und besteht aus 2 Abiheilungen. Die erste hat 14 Stacheln, von welchen der längste beinahe so lang als die Pec- toralis ist. Zwischen der ersten und zweiten Abiheilung finden sich oft 2 kleine Stacheln. Letztere hat einen harten und 13 — 14 weiche Strahlen. Beide Rückenflossen sind am obern Rande convex.
Die Aft er flösse besteht aus 2 Stacheln und 8—9 Strahlen, sie ist höher als lang und hat einen geraden unteren Rand.
Die Schwanzflosse mit 17 Strahlen und einem sehr seichten Ausschnitt.
Die Seitenlinie senkt sich nicht wie bei den Cyprinoiden gegen den Bauch, sondern macht einen Bogen gegen den Rücken ; über der Analis angekommen, verlauft sie vollends in der Mittel- linie des Schwanzes, gerade bis zur Caudalis. Unter dem An- fange der Dorsalis ist sie vom Bauche noch einmal so weit
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entfernt, als vom Rücken ^ sie entspringt zwischen den säge- förmig eingeschnittenen, schuppenartigen Schulterblättern und besteht aus etwa 65 Schuppen, von denen die letzten, schon den Schwanz bedeckenden nicht mehr von den Ausführungs- gängen der seitlichen Schleimdrüse durchbohrt sind. Ihre Er- habenheiten sind sehr wenig markirt.
Que rs chupp en rei h e. Nach der Höhe des Leibs zählte ich über der Seitenlinie 8, unter ihr 16 — 17 Schuppenreihen. Die Mittelschuppe ist ungefähr die 8. der Seitenlinie.
Die Schuppen sind der Grösse des Fisches proportionirt, nicht gestreift, hart, schwer biegsam, am hervorragenden Rande fein gekerbt , am Wurzelrande zu Blättchen eingeschnitten, viel kleiner, als das Auge.
Farbe. Der Rücken und die Seiten sind in verschiedenen Nuancen grün, golden schimmernd. Meist finden sich an den Seiten 5 — 7 schwarze, unregelmässige Querbinden. Die erste Rückenflosse hat hinten einen schwarzen Fleck. Bauch-, After- und unterer Theil der Schwanzflosse roth, Brustflossen röthlich angeflogen.
Grösse. Der Barsch scheint im Neckar nicht viel über V lang zu werden.
Skelett. Ausser dem Praeoperculum ist noch gezähnt das Suboperculum auf der vordem Strecke seines unteren Randes, das Schulterblatt und Ueberschulterblatt, der Humerus an seinem hintern untern Winkel. Auch der erste sehr grosse Suborbital- knochen zeigt an seinem untern hintern Rande einige Einschnitte, welche jedoch bei alten Individuen nicht mehr deutlich sind. Der Kiemendeckel hat nach hinten einen spitzigen Fortsatz und das Suboperculum ist sehr in die Länge gezogen. — Dem Rumpfe gehören 21, dem Schwänze 20 — 21 Wirbel an. Von den 20 Rippen sind einige der vordem gegabelt, d. h. es geht von ihrer hinleren Seite ein rippenartiger Fortsatz ab. Die hintern befestigen sich nicht mehr unmittelbar am Wirbelkörper, sondern am Querfortsatze.
Von der Anatomie der Weicht heile, welche schon von dem grossen Artedi mit bewundernswerther Genauigkeit beschrie- ben und seit ihm so oft wieder gegeben wurde , erwähne ich
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nur das Wichtigste. Die Zunge ist ein wenig frei; hinter dem Magen finden sich 3 Blinddärme ; der Darmkanal ist kurz, mit einer obern und untern Windung; die Leber ist in 2 Lappen getheilt, von welchen der linke der grössere ist; die Gallenblase ist gross, und der ductus choledochus mündet am Eintritt des untern Blinddarms ; Milz von länglicher Form. Es findet sich nur ein sehr grosses Ovarium, dagegen sind die Testikel doppelt. Die Schwimmblase ist sehr gross und nimmt die ganze Länge und Breite der Bauchhöhle ein, an die sie festgewachsen ist; sie mündet sich nicht durch einen Ausführungsgang in den Schlund.
Die Nahrung des Barsches besteht nur in animalischen Substanzen, Insekten, Würmern, Fischbrut.
In seinen Eingeweiden finden sich sehr viele Entozoen, besonders Cucullanus elegans, Echinorhynchus proteus. Ascaris truncatula bewohnt auch noch andere Körpertheile.
Merkwürdig ist dieser Fisch durch die Art seiner Fort- pflanzung; er setzt seine Eier in 3 — 4' langen Schnüren an hervorstehende Gegenstände im Wasser ab*) und da er eine unglaubliche Menge Eier legt, so würde sich der Barsch schnell vermehren, wenn nicht der grösste Theil seiner Brut durch Zu- fall, durch das Fehlen der Befruchtung, durch Schwimmvögel, Raubfische, besonders durch ihn selbst zu Grunde ginge.
Da der Barsch ein helles, etwas tiefes, langsam fliessendes Wasser liebt , so ist er im oberen Neckar seltener zu finden, als im untern. Doch fehlt er nie ganz, und an einzelnen ge- eigneten Stellen, namentlich in der Blaulach**) ist er sogar häufig. Er hält sich immer in einer bestimmten Höhe, etwa 2 —3' unter dem Wasserspiegel, und kann ausserordentlich schnell schwimmen. Er hat ein sehr zähes Leben.
Obgleich er der Fischbrut sehr schadet, so ist dies doch nicht in Anschlag zu bringen gegen den Nutzen , welchen sein gesundes, schmackhaftes, nicht besonders fettes Fleisch gewährt.
*) Schon Aristoteles bist, animal. 1. VI., c. 14 sagt, dass die TieQyLii ihre Eier, wie die Frösche in Schnüren lege.
*") Eines der bedeutendsten Altwasser des Neckars bei Tübingen,
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A c e r i n a Cuvier.
Die Bauchflossen sitzen unter den Brustflossen. Am Kiemen- deckel undPraeoperculum finden sich kleine ungezähnelte Dornen. Zähne wie bei Perca. 7 Kiemenstrahlen ; nur eine zusammen- hängende Rückenflosse. Gruben an den Kopfknochen.
Acerina vulgaris *) Cuv.
Perca cernua L.
Seil äffe r, pisc. Bavar. Ratisbonensium pentas.
Bloch, t. 53, f. 2.
Fries och Ekström. pl. 1.
Cuvier et Val en ci e nne s , hist. nat. des poiss. pl. 41.
Cernua fluviatilis Flem.
Yarrell. S. 17.
Kaulbarsch (Pfaffenlaus). Gremille. Ruffe.
Olivengrün mit verwischten braunen Flecken; Rücken- und Schwanzflosse braun geflekt; Kopf nicht bes chupp t.
Die Körperform dieses Fisches gleicht der des Barsches. Der Leib ist von der Seite betrachtet, sogleich hinter dem Kopfe unter dem Anfange der Rückenflosse sehr breit, dabei aber doch, besonders an der hintern Hälfte in die Länge gestreckt. Von oben ist er schmal, wird aber gegen den Bauch breiter. Der Rücken steigt hinter dem Kopfe steil an, und biegt sich bis zur Rückenflosse in einer starken Curve. Mit der Rückenflosse senkt er sich allmählig und verlauft von ihrem Ende bis zur Schwanz- flosse beinahe horizontal. Der abgerundete Bauch bildet vom Kopfe bis zur Schwanzflosse eine schwache Convexität.
Die Höhe des Leibs ist 4Jmal in der Totallänge ent- halten; die Länge des Kopfs ist etwas bedeutender als die Körperhöhe und gleich der öfachen Distanz der Augen. Eine Reihe Gruben lauft von der Schnauzenspitze unter dem Auge
*) Es glückte mir nicht, von dieser Art frische Exemplare aus dem Neckar zu erhalten; und ich musste meine Beschreibung nach 3 in Weingeist conservirten Individuen machen. Auch hatte ich keine Ge- legenheitj die Anatomie dieses Fisches selbst zu untersuchen.
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weg bis zum'Praeoperculum, eine zweite am Unterkiefer und auf dem Praeoperculum.
Die Augen stehen nahe beieinander, oben am Kopfe, und machen in das seilliche Profil der Stirne einen Einschnitt; ihre Entfernung von der Schnauzenspitze ist etwas grösser, als ihr Durchmesser.
Das Maul ist der Grösse des Fisches proportionirt , der Oberkiefer etwas länger als der untere.
Der äussere membranose Opercularrand ist stark entwickelt.
Die Brustflossen haben 14 Strahlen, sind etwas kürzer als die Bauchflossen , und wenn man sie ausspannt , beinahe kreisrund.
Die Bauch flössen haben einen Stachel und 5 Strahlen, und sind länger, als die Analis hoch ist.
Die Rückenflosse*) nimmt beinahe die ganze Länge des Rückens ein und hat 14— 15 Stacheln und 12 Strahlen. Die ersten Strahlen sind länger als die lezten Stacheln, und die Flosse zeigt an ihrem obern Rande 2 Convexitäten.
Die Afterflosse besteht aus 2 Stacheln und 6**) Strahlen, von welchen der letzte bis auf die Basis gespalten ist; sie ist etwas höher als lang.
Die Seh wanzflosse mit 17 Strahlen und einem sehr seichten Ausschnitt.
*) Der Unterschied, ob sich zwei oder eine Rückenflosse finden, ist bei diesen Percoiden so unwesentlich , dass , wenn er auch einen vortrefflichen specifischen Charakter abgiebt , er kaum als Merkmal in die Diagnose eines Genus aufgenommen zu werden verdient; auch habe ich ihn oben nur wegen des Vorgangs von Artedi und Cuvier auf- genommen. Wir haben schon gesehen, dass sich beim Barsch beide Abtheilungen oft durch einige in der Mitte liegende Stacheln verbinden, wenn auch nicht eine Haut von der ersten zur zweiten hinüberreicht. Auf der andern Seite kann man dagegen auch beim Kaulbarsch deutlich 2 Flossen unterscheiden: eine Stachel- und eine Strahlenflosse. Die Aehn- lichkeit geht sogar soweit, dass wie beim Barsch die Strahlenflosse noch durch einen Stachel gestüzt wird , so auch hier vor den Strahlen ein Stachel steht, der länger ist, als die vor ihm stehenden und offenbar zur Strahlenabtheilung gehört.
"") Valenciennes und Ekström geben mit Entschiedenheit nur 5 weiche Strahlen an.
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Die Seitenlinie beschreibt einen Bogen gegen den Rücken vom Kopfe bis zur Schwanzflosse. Unter dem Anfange der Dorsalis ist sie vom Bauche noch einmal soweit entfernt, als vom Rücken. Die Ausführungsgänge der Schleimdrüse sind so gross, dass durch sie die Schuppen der Seitenlinie nicht ein- fach durchbort, sondern, namentlich die vordem, beinahe ganz zur Bildung eines Kanals verwendet werden. Die Entwicklung dieser Organe deutet auf eine starke Schleimsecretion hin, und es ist dieser Fisch im Leben auch ganz von einem zähen Schleime überzogen. Die Schuppen der Seitenlinie sind auch nicht wohl zu zählen; in einer andern Längsreihe finden sich 55 bis 60 Schuppen.
Quer schuppenreihe. Nach der Höhe des Leibs zähle ich über der Seitenlinie 7, unter ihr 17 bis 18 Schuppenreihen.
Die Schuppen sind der Grösse des Fisches proportionirt, nicht gestreift, schwer biegsam, am hervorragenden Rande fein gekerbt , am Wurzelrande zu vielen Blättchen eingeschnitten (gefingert) ; viel kleiner als das Auge.
Farbe. Oben olivengrün mit einem Stich ins Braunliche, nach unten silberig; auf dem Kopfe und Rücken kleine braune Flecken; die Rückenflosse ist schwarz gefleckt, an der Stachel- abtheilung fallen die Flecken auf die zwischen den Stacheln aus- gespannte Membran, an der Strahlenabtheilung und der Schwanz- flosse auf die Strahlen. Die Brustflossen sind hie und da auch gefleckt. Die Iris ist messinggelb, oben mit einem dunklen Fleck.
Grösse: höchstens 7 — 8".
Skelett. Valenciennes schreibt diesem Fische 15 Bauch- und 22 Schwanzwirbel zu ; die Rippen sind einfach.
Die Weichtheile zeigen keine erhebliche Abweichung von denen des Barsches.
Seine Nahrung besteht in Insekten, Würmern etc.; der Fischbrut scheint er nicht zu schaden.
Vorkommen. Der Kaulbarsch gehört hauptsächlich nur dem nördlichen Europa an, und Schwaben scheint einen Theil der äussersten Grenze seines Vorkommens gegen Süden zu bilden. In der Donau bei Ulm ist er noch so häufig, dass man ihn daselbst unter dem Namen „Pfaffenlaus" wohl kennt. Da-
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gegen sind mir nur 2 Fälle bekannt, dass er im Neckar gefangen wurde, obgleich er im Rheine, besonders an den Mündungen der Nebenflüsse noch häufig ist. 1844 schickte Hr. Stadtschultheiss Titot von Heilbronn ein daselbst gefangenes Exemplar der Samm- lung des vaterländischen Vereins für Naturkunde. Ausserdem berichtet G. von Märten s in Memminge r's Beschreibung von Württemberg (3. Aufl. p. 314) dass der Kaulbarsch im Juni 1834 an der untern Mündung des Wilhelm -Canals bei Heilbronn in geringer Anzahl gefangen worden sei. Stellen wir nun diese Beobachtung mit denen von Ek ström (Fische von Mörkö p. 105, 106) zusammen : dass der Kaulbarsch am Ende des Mai laiche, dass der sonst träge und vereinzelt lebende Fisch zu dieser Zeit grosse Lebhaftigkeit zeige, sich in kleine Truppen zusammenschaare und steinige und tiefe Flüsse aufsuche: — so liegt die Vermuthung nahe, dass jene Exemplare nur um zu laichen aus dem Rheine in den Neckar heraufgestiegen seien. Dieser Fisch hat ein ausserordentlich zähes Leben; da, wo er häufiger gefangen wird, ist er wegen seines Fleisches noch geschätzter, als der Barsch.
Cottiis Arledi.
Die Bauchflossen sitzen unter den Brustflossen. Das Prae- operculum ist mit Stacheln versehen. Feine Bürstenzähnchen im Zwischenkiefer, Unterkiefer, auf dem Sparren des Pflugschaar- beins, auf den Kiemenbögen, den Schlundkieferknochen, aber keine auf dem Gaumenbein und der Zunge. 6 Kiemenstrahlen. 2 Rückenflossen. Kopf breit, niedergedrückt. Keine Schuppen.
Cottus gobio L. Bloch, t. 39. Jurine, pl. 2. C. affinis, pöcilopus et microstomus He ekel in den Annalen des
Wiener Museums Bd. H. 1839. p. 145. T. VIH. Fries och Ekström pl. 7.
Gruppe, Kaulkopf. Chabot de riviere. Bull-head. Oben dunkel gefärbt, mit unregelmässigen
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 3s Heft. 16
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Flecken. Kopf breiter als der Leib; das Praeoper- culum hinten mit einem gekrümmten spitzigen Dorne.
Der Körper der Gruppe ist von der Seite betrachtet, sehr schmal und in die Länge gestreckt, von oben und von unten sehr breit, zwischen den Brustflossen am breitesten. In der Mitte des Bauchs verläuft von den Bauchflossen bis zum After eine Furche. Das obere und untere Profil sind bis zur Schwanzflosse beinahe gerade.
Die grössteHöhe und Dicke des Leibs hinter den Brust- flossen sind einander gleich, wechseln aber im Verhältniss zur Totallänge, indem sie in dieser 6J — 8mal enthalten sind. Ebenso verhält es sich mit der geringsten Höhe vor der Schwanzflosse, welche 15— 18mal in der Totallänge enthalten ist. Die Länge des Kopfs beträgt ^ — i der Totallänge. Der breiteste Theil am ganzen Fische ist der von oben nach unten deprimirte, stumpf abgerundete Kopf. Durch seine Gestalt ist auch die Lage der nach oben gerichteten, um einen ihrer Durchmesser ausein- anderstehenden Augen bedingt. Die Pupille hat einen Winkel nach vorne und ist quer oval. Die grosse quere Mundspalte liegt vorne am Kopfe, seitlich erreicht sie nur den vordem Rand der Augen, ist aber breiter als die Entfernung der beiden untern Augenränder. Ober- und Unterkiefer sind beinahe gleich lang.
Der äussere membranöse Opercularrand befestigt den Kiemen- deckel durch eine breite Hautfalte an das Schulterblatt.
Die sehr grossen abgerundeten Brustflossen haben 14, seltener 15 Strahlen, welche ungegabelt sind, nur hie und da zeigen 1 — 3 der mittleren eine einfache Spaltung. Bei solchen Individuen bemerkt man dann immer auch, dass einige Strahlen der zweiten Rückenflosse und der Afterflosse gegabelt sind. Die zwischen den Sirahlen ausgespannte Membran reicht an den 7—8 untern nicht bis an ihr äusserstes Ende. Die Brustflossen reichen zurückgelegt bis zum zweiten oder dritten Strahl der hintern Dorsalis.
Die Bauchflossen sind sehr schmal, viel kürzer als die Pectorales und reichen kaum bis zum Anus. Sie haben 4 Strahlen, von denen der äussere viel dicker als die andern ist; wenn man aber diesen von seiner membranösen Umhüllung befreit, so kommt
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neben einem längeren Strahl noch ein kleinerer, stacheliger zum Vorschein. Wiewohl He ekel sie als gesondert zählt, so sind sie doch nur als ein Strahl zu betrachten. Von den 4 Strahlen sind die beiden mittleren die längsten, die beiden äussern gleich lang.
Die Rückenflosse besteht aus 2 Abtheilungen, welche kaum durch einen niedrigen Hautsaum mit einander verbunden sind. Die erste mit 7 — 8 biegsamen Stacheln beginnt etwas hinter den Bauchflossen, ist sehr niedrig und hat einen stark convexen Rand, indem die Strahlen gegen die Mitte an Länge zunehmen. Die zweite ist höher und über noch einmal so lang als die vordere; mit IG — 17 ungegabelten Strahlen.
Die Afterflosse beginnt unter dem dritten Strahl der hintern Dorsalis, hinter dem Anus, welcher in der Mitte der Körperlänge, die Schwanzflosse nicht mitgerechnet, liegt. Ihre Höhe ist bedeutender als die der hintern Dorsalis, aber geringer als die Länge der Ventrales. Die 12 ungegabelten Strahlen sind durch die zwischen ihnen ausgespannte Haut nicht in ihrer ganzen Länge mit einander verbunden, sondern ihre Enden sind frei.
Die an ihrem hinteren Rande abgerundete Schwanzflosse ohne Ausschnitt ist in der Totallänge 6mal enthalten und besteht, wenn man auch die rudimentären zählt, aus 17 Strahlen, von welchen die mittleren gegabelt sind.
Die Seitenlinie, welche über der halben Körperhöhe entspringt und bis zur Schwanzflosse in der Mittellinie verläuft, besteht aus 33 Oefl'nungen der Schleimdrüse ; sie setzt sich in einer Porenreihe oben auf dem Kopfe fort.
Farbe. Die Gruppe ist in verschiedenen Nuancen grün- lichgrau oder braun, schwarz marmorirt; unten ist sie ungefärbt oder wegen des durchscheinenden Muskelfleisches etwas bläulich. Die Strahlen der Flossen, mit Ausnahme der Bauch- und After- flosse, sind braungefleckt. Die Bauchflossen , wie die ganze untere Seite weisslich. Die Iris von der Farbe des Rückens, um die Pupille zieht sich ein feiner goldener Ring herum.
Grösse: höchstens 4 — 5'^ lang-
Es ist hier Einiges über die Abänderungen der Gruppe, welche man an verschiedenen Orten Europas beobachtete, ein- zuschalten.
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Der von Artedi, Liniie und Ekström beschriebene skan- dinavische Cottus gohio unterscheidet sich von dem bei uns sich findenden dadurch, dass die Strahlen der Bauchflossen mit Ausnahme des letzten zweilheilig sind und die Analis 13, höchst selten 14 Strahlen habe (vorausgesetzt dass Ekström den letzten bis auf die Basis gespaltenen als einfach zählte). He ekel unterscheidet diese Abänderung in den Annalen des Wiener Museums Bd. II. 1839. p. 150 als eigene Species unter dem Namen Cottus affinis. Müsste sie aber wirklich als eigene Art anerkannt werden, so ist ihr die Benennung gobio zu lassen, da sie allein von Ar- tedi und Linne gekannt und zuerst mit diesem Namen be- zeichnet wurde.
Dagegen finden wir nun schon bei Gronovius (Museum ichthyol. T. II. p. 14), welcher den Cottus gobio zu den Urano- scopus stellt, eine Beschreibung desselben, welche ganz mit der unsrigen übereinstimmt, indem er insbesondere sagt: Pinnae ventrales — ossiculorum quatuor crassissimorum , simplicium, quorum intermedia longissima. Zu beachten ist hiebei, dass Gronov in Leyden lebte und von der Gruppe sagt, sie bewohne die Nordsee : wir hätten also hier eine Form von der holländi- schen Küste, welche mit der bei uns einheimischen überein- stimmt. Auch Ekström bestätigt, dass die Gruppe im Meere sich finde.
Nicht weniger stimmt die Beschreibung Blochs mit der unsrigen überein, denn wenn er auch sagt „von den Strahlen in der Brustflosse sind nur wenige an der Spitze getheilt," so lassl sich dies ebensowohl auf unsern Cottus, als auf den Cottus von Valenciennes, über den weiter unten die Rede sein wird, beziehen. So würde also der Cottus im Lande Preussen mit dem unsrigen übereinstimmen.
Von besonderem Interesse wäre eine ins einzeln gehende Beschreibung des Cottus gobio von Pallas gewesen, allein er sagt ganz allgemein, die Strahlen der Flossen seien ungetheilt: ventrales albae, quinqueradiatae. Ausserdem meint er, die Gruppe habe 7 Kiemenstrahlen, was eine so bedeutende Abweichung von allen andern Abänderungen wäre, dass meine Vermuthung, Pallas habe das schmale strahlenartige Subopercuium für einen Strahl
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angesehen, nicht ungegründet sein wird. (Zoographia rosso-asia- tica Bd. III. p. 125, 126).
Den Anlass zu diesen Untersuchungen hat aber die Auf- slelking zwei neuer Arten gegeben, von denen He ekel sehr werlhvolle Beschreibungen am angezeigten Orte gegeben hat. Er hatte aus den Karpathen Individuen mit gefleckten Bauch- flossen erhalten und sie C. poecilopus genannt. Dieser Cottus hat mit dem unsrigen die nur selten sich findende Spaltung der Brustflossenstrahlen gemein, unterscheidet sich aber dadurch, dass der breite Mund bis unter die Mitte der Augen gespalten jst, die etwas kleinern Brustflossen nur bis zum Anfange der hintern Dorsalis reichen, der innere Strahl der Bauchflosse nur i so lang ist, als der dicke äussere, die Dorsalis und Analis je einen Strahl mehr haben und dass die Seitenlinie nur aus 27 Erhabenheiten besteht; aber lauter Differenzen, so leicht, dass, zumal wenn man die überraschende Aehnlichkeit des ganzen Habitus in Rechnung zieht, man dieselben wohl nur als durch cHmatische Verhältnisse gegebene betrachten kann. Zwar gibt Heckel noch an, dass er beim Männchen 5 Blinddärme gefunden habe; ob diese Abweichung durch mehrere Beobachtungen con- statirt ist, wird nicht gesagt.
Die zweite Abänderung , aus der Umgebung von Krakau wird von Heckel Cottus microstomus genannt. Wir bemerken an ihr Eigenthümlichkeiten, durch welche sie an unsern Cottus gohio , an den von Valenciennes beschriebenen und an den C. pöcilopus erinnert, — bemerkenswerth, wenn sich eine Form auffinden lässt, welche Merkmale von zwei andern in sich vereinigt! Sie soll sich auszeichnen durch das kleinere Maul, das wie bei unserem Gobio nur den vordem Augenrand erreicht und durch die geringe Höhe des Schwanzes, welche nur den 20. Theil der Totallänge betrage, ein Verhältniss, das jedenfalls bedeutenden Variationen unter- worfen ist. Die Seitenlinie mit 34 — 35 Erhabenheiten (unser gobio). Die Brustflossen reichen nur bis zum Anfange der hintern Dorsalis (pöcilopus) ; ihre obern 8 Strahlen gespalten (gobio Val.). Die Bauchflossen reichen nur bis f zum Anus (ungefähr wie beim unsrigen). Die vordere Rückenflosse beginnt hinter den Ven- trales (pöcilopus) ; die hintere mit 19 Strahlen ist höher als der
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niedrige Körpertheil unter ihr. Ein besonderes Gewicht könnte man hier auf das kleine Maul legen, das aber, wie ich glaube, nur desshalb so klein erscheint und den Rand der Augen nicht erreicht, weil überhaupt die Schnauze etwas gestreckter ist. Welche Eigen- thümlichkeiten aber sich am Schädel dieser Art aussprechen, ist nicht gesagt, wie überhaupt die Zahl der beobachteten Individuen gering zu sein scheint.
Wichtiger könnten die Unterschiede erscheinen , welche sich bei einer Vergleichung der Beschreibung Val en ci enn es's, der den Co/^ws ^'0620 Frankreichs , wahrscheinlich den der Seine , vor Augen hatte ; herausstellen. Im Allgemeinen gibt er die Mass- verhältnisse der einzelnen Theile zu einander so an, dass sein goUo viel dicker und plumper erscheint, als der unsrige, der Habi- tus desselben ein anderer wäre. Es variiren jedoch diese Ver- hältnisse, wie ich durch eine Menge Untersuchungen gefunden habe, zu sehr, und es ist zu beachten, dass Valenciennes die Beschreibung vieler, auch der bekanntern Fische, nur nach einem Exemplar gemacht zu haben scheint, wie wir uns weiter unten noch einmal zu überzeugen Gelegenheit finden werden. Die Distanz der Augen beträgt bei seinem gobio zwei ihrer Durch- messer, doch sei sie bei Männchen geringer. Es muss aber, da diese Differenz eine bedeutende erscheint, die Schwierigkeit in Rechnung gezogen werden, genau die Grenze zwischen Auge und Stirne zu finden, da die allgemeine Bedeckung über das Auge weggeht und nur unmerklich die undurchsichtige des Kopfes in die durchsichtige der Augen übergeht; das Beste ist, wenn man die Distanz am Schädel bestimmt. Ferner zählt zwar Valen- ciennes nur 3 Strahlen der Bauchflossen, sagt aber dabei „leur epine est grossie et alongee par son enveloppe membraneuse." Dieser dicke Strahl lässt sich wahrscheinlich ebenso, wie bei den andern Abänderungen des gohio in zwei Theile spalten, und seine Dicke ist eben dadurch bedingt, dass in der häutigen Umhüllung zwei Strahlen verborgen sind. Mit demselben Rechte, mit welchem He ekel dem gohio Ekströms, der nur von 4 Strahlen redet, 5 Strahlen vindicirt, können wir dem Valen cien nes's 4 geben, dieser Unterschied wäre also wieder kein bedeutender. Andere
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sind noch, dass die vordere Dorsalis über der Basis der Brust- flossen beginne und die Zahl ihrer Strahlen von 6 — 9 variire.
Girard erwähnt kurz in seiner Monographie der nord- amerikanischen Cottus zweier in England sich findenden Arten, von welcher die eine 4 Strahlen der Bauchflossen und die der Brustflossen ungegabelt haben soll; da mir jedoch eine nähere Beschreibung derselben nicht bekannt ist, so begnüge ich mich zu sagen, dass diese näher bestimmte Varietät mit unserem Cottus gobio sehr nahe verwandt sein muss *).
Charles Girard hat in den Smithsonian Contributions to Knowledge „a monograph of the Cottoids of North America" gegeben, wobei er vollständig dem Principe huldigt, nach den unbedeutendsten Merkmalen Arten zu unterscheiden. Eine Ver- gleichung derselben mit den europäischen wird aber erst dann die daran gewendete Zeit belohnen, wenn wir letztere umfassen- der kennen werden.
Die wichtigste Abweichung der angegebenen Arten besteht in der mehr oder weniger ausgesprochenen Spaltung der Strahlen. Ich kann mich aber noch nicht davon überzeugen, dass dieser Differenz specifisches Gewicht beigemessen werden kann, weil bei denjenigen Abänderungen, welche gewöhnlich die Strahlen ungetheilt haben, ein Streben zu einer wenn auch erst später mit dem Alter eintretenden Spaltung sich nicht verkennen lässt. Wenn nun schon Individuen von den bis jetzt bekannten Ab- änderungen — und es sind die Cottus bis jetzt nur in wenigen Gegenden Europas hinlänglich untersucht — Uebergänge von der einen zur andern Form zeigen, so ist gewiss zu erwarten, dass man noch viel deutlicher vermittelnde Formen auffindet. Auf der andern Seite sind auch die von He ekel beobachteten noch zu wenig untersucht, als dass man jene Unterschiede als constante betrachten könnte. Ferner finden wir bei weitem bei der grössten Zahl der Knochenfische die Strahlen der Brustflossen gegabelt, es hat aber den Anschein, als ob die Natur nicht immer dem Streben, nach diesem T^^pus zu bilden, folgen könne. Analogieen hiefür lassen sich aus allen Thierklassen anführen, und zwar nicht
*) Die von Yarell s. 71 gegebene Abbildung und Beschreibung ermangeln der nöthigen Genauigkeit.
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allein dafür, dass sich dieses mit mehr oder weniger Erfolg be- gleitete Ringen in einer Reihe auf verschiedener Entwicklungs- stufe stehender Species kund gibt, sondern auch an Individuen derselben Art. Wenn wir zum Beispiele bei manchen Karauschen die Entwicklung eines Barifadens beobachten, so ist dieses eine unvollkommene Nachbildung des T^^pus, den wir beim Karpfen ausgesprochen finden. Niemand wird aber solche Karauschen für besondere Species halten. Wenn wir bei manchen Reptilien, welche den Uebergang von den Sauriern zu den Schlangen bilden, beobachten, dass bei einem Individuum das Rudiment der Extre- mität beinahe ganz von der allgemeinen Bedeckung überzogen ist, bei einem andern einer und derselben Species es merklich über dieselbe hervorragt, so ist dies eine mehr oder weniger vollkommene Nachbildung des Typus, den wir bei den ächten Sauriern mit 4 beweglichen Extremitäten ausgesprochen finden. Natürlich ist aber bei diesen sogenannten zufälligen Verschieden- heiten mehrerer Individuen wohl zu beachten, ob der übrige Bau übereinstimmt, oder ob sie von wichtigern constanten Unter- schieden begleitet werden.
In ähnlicher Weise sind die Differenzen, ob 4 oder 5 Strahlen in der Bauchflosse, ob 12 oder 14 in der Analis etc. vorhanden sind, zu würdigen. Was endUch die eigenthümliche Färbung der Bauchflossen bei C. pöcilopus betrifft, welcher Charakter von He ekel für so wichtig gehalten wird, dass er ihn sogar in die Diagnose aufnimmt, so ist es ja bekannt genug, wie sehr die Farbe bei einer und derselben Species beinahe durch alle Thier- klassen hindurch nach dem Aufenthalte und der Jahreszeit variirt.
Alle die angegebenen Abänderungen stimmen zu sehr mit einander in ihrem Habitus, ihrer Farbe, ihrem Aufenthalte und soviel es bekannt ist, ihren Eigenschaften überein, als dass man sie für so verschiedene Arien halten könnte, wie, um mich gerade des Ausdrucks von He ekel zu bedienen, den Aspro vulgaris und zingel. Ausserdem ist es ein alter, durch zuverlässige Er- fahrungen wohlbegründeter Satz in der Zoologie, dass eine Art desto mehr variirt, je weiter sie verbreitet ist, und diess lässt sich in der vollsten Ausdehnung auf Cottus gobio anwenden. Denn beinahe jede Gegend, in welcher er bis jetzt beobachtet wurde,
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hat eine besondere Abänderung aufzuweisen; von keinem Orte aber ist mir bekannt, dass an ihm zwei Varietäten zugleich vorkommen.
Ich kann also bis jetzt die angegebenen Arten nur als Varie- täten derselben Species betrachten, welche aber wichtig und interessant genug sind, auseinander gehalten und mit ihren aus- zeichnenden Eigenthümlichkeiten aufgeführt zu werden *).
Cottus gobio.
I. In den Brustflossen 7—8 gegabelte Strahlen,
A. drei (vier) Strahlen in der Bauchflosse, Nr. 1. C. gobio Valenc. Frankreich**).
B. Fünf Strahlen in der Bauchflosse,
Nr. 2. C. microstomus Heck. Krakau. II. Die Strahlen der Brustflossen ungegabelt,
A. Strahlen der Bauchflossen gegabelt,
Nr. 3. C, gobio Artedi, Linne, Ek ström oder C. afßnis Heck. Skandinavien.
B. Strahlen der Bauchflossen ungegabelt,
a) Bauchflossen gefleckt,
Nr. 4. C. pöcilopus Heck. Karpathen,
b) Bauchflossen ungefärbt,
Nr. 5. Cottus gobio Deutschlands (holländische Küste ?).
Da mir eine Beschreibung des Skeletts der Gruppe nicht bekannt ist (mit Ausnahme der durch Girard am angezeigten
*) Meine oben ausgesprochene Ansicht, über den Werth der an der Gruppe bemerkbaren Abänderungen fand ich bestätigt bei der Unter- suchung von drei weitern mir während des Drucks dieser Arbeit zuge- kommenen Exemplaren aus der Lombardei. Gemeinsam war ihnen, dass sie in den ßauchflossen einen dicken und drei dünnere Strahlen hatten; die Bauchflossen gefleckt. Bei zwei Individuen waren alle Strahlen in den Flossen einfach, beim dritten in den Brustflossen die 6 obern , in den Bauchflossen der zweite einfach gespalten. Im übrigen stimmten sie vollkommen mit einander überein.
"'0 He ekel begeht die Ungenauigkeit und stellt den Cottus gobio von Valenciennes in die Abtheilung mit 5 Strahlen in den Bauch- flossen, obgleich dieser ausdrücklich mit Worten sagt ; „elles n'ont que trois rayons mous."
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Orte gegebenen von C. viscosus, einer nordamerikanischen, der unsern nahe verwandten Art), so versuche ich es, die Eigen- thümlichkeiten desselben etwas ausführlicher darzustellen.
Den grössten Theil der Schädeldecke bilden die Hauptstirn- beine, welche in den Zwischenraum zwischen den Augen hinein- reichen und daselbst an der Seite für die Aufnahme des Auges halbmondförmig ausgeschnitten sind. Die geringste Distanz der Augen beträgt ^ der Entfernung der beiden hintern obern Augen- winkel, welche auf jeder Seite durch einen Fortsatz des Stirn- beins bezeichnet sind. Das Siebbein ist unpaar, während die kleinen eigentlichen Nasenbeine paarig sind. Bis zu den Stirn- beinen reicht eine breite dünne Platte des obern Hinterhaupt- beins. Zur Seite von diesem liegen die Scheitelbeine, dünne biegsame Knochenlamellen, und die äussern Hinterhauptsbeine, welche mit einem Fortsatze für die Insertion des Ueberschulter- blatts versehen sind. Dieses hat unten einen rückwärts nach oben gehenden Hacken und befestigt sich an zwei vom Schädel abgehende Fortsätze, an den einen mit seinem obern Ende, an den andern mit seinem Hacken; es wird dadurch ein vollstän- diger Knochenring um eine tiefe am Schädel befindliche Grube gebildet. Girard hat, was bis jetzt als Eigenthümlichkeit der Sciänoiden bekannt war, auch bei den Cottoiden Hohlcanäle in den Knochen des Schädels entdeckt.
Das Gaumenbein, ein länglicher, vielwinkliger, nach unten spitziger Knochen, trägt keine Zähne; das Pflugschaarbein besteht aus dem Sparren, dem vordem, dicken, transversalen Knochen- stücke mit Zähnchen, und einer lanzettförmigen, nach hinten sehr spitz sich endenden dünnen Lamelle. Der Oberkiefer ist nur ein einziger Knochen, der oben mit einem Gelenkskopfe versehen ist, unten spateiförmig, frei in der Haut endigt. Der Zwischenkiefer begrenzt den vordem obern Theil des Mauls, und besteht aus den zwei seitlichen Hälften, welche mit feinen bürstenförmigen Zähnchen besetzt sind, nach unten frei endigen, ohne bis zum Unterkiefer hinabzureichen. An der Verbindungsstelle beider Hälften geht von jeder ein breiter Fortsatz nach hinten ab, an welchem sich ein länglicher Knochen befestigt. Von beiden Seiten legen sich nun diese Knochen aneinander in eine zwischen den
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Hälften des Oberkiefers befindliche Rinne und vermitteln das Vorwärts- und Zurückschieben des Zwischenkiefers. Das Zahn- bein des Unterkiefers ist mit feinen Zähnchen besetzt und nicht seiner ganzen Länge nach mit dem Gelenkbeine verwachsen, so dass der Unterkiefer gabelig gespalten erscheint.
Die Infrabrbitalplalten schliessen die Augenhöhle nicht zu einem vollkommenen Ringe ab, sondern die hinterste Platte be- festigt sich unter der Augenhöhle, da wo vom Praeoperculum der Dorn abgeht. Es finden sich 3 Jochbeinplatten, die vordere arti- culirt mit dem Vorderstirnbein und legt sich an den Oberkiefer an; die mittlere kleinste von dreieckiger Form; die hintere ist länger als beide andern zusammengenommen und befestigt sich am erwähnten Orte.
Der Kiemendeckel bildet ein mit der Spitze nach hinten gelegenes Dreieck; Sub- und Interoperculum sind schmale läng- liche Knochen; ersteres an seinem vordem untern Ende mit einem spitzigen Sporne, welcher aber kleiner als der des Prae- operculum ist. Das Praeoperculum bildet einen schmalen Bogen, in welchem nach vorne eine dünne, etwas faltige Knochenlamelle ausgespannt ist und welcher hinten einen starken spitzigen ge- krümmten Sporn, der oft die allgemeine Bedeckung durchbohrt, trägt. Die 4 Kiemenbögen sind in bestimmten Zwischenräumen mit Höckerchen besetzt, auf welchen, so wie auf den Schlund- kieferknochen, Zähnchen sitzen.
Die ossa innominata sind hinten und vorne aneinander und an dem Schultergürtel in seinem untern Winkel befestigt.
Ich zähle 33 Wirbel, von welchen 10 dem Rumpfe, 23 dem Schwänze angehören ; ihre obern Dornfortsätze sind etwas nieder- gedrückt, was durch die geringe Höhe des Fisches bedingt ist. Es finden sich 10 — 13 Rippenpaare, von welchen einige sogar noch an Schwanzwirbel befestigt sind. Von den letzten Bauch- wirbeln tragen einige 2 Rippenpaare. Die Rippen sind nicht nach unten, sondern nach rückwärts und etwas nach oben gebogen.
Weicht heile. Die breite Zunge ist ein wenig frei. Hinter dem abgerundeten, vom Darmcanale deutlich unterschiedenen Magen finden sich 4 Blinddärme; unter den vielen untersuchten Exem- plaren hatte nur einmal ein Weibchen drei. Der Darmcanal macht
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2 Windungen und ist sehr kurz, viel kürzer als das Thier. Die Leber nicht gelappt, der grössere Theil liegt auf der linken Seite. Die grosse Gallenblase liegt rechts. Die Fortpflanzungsorgane sind zwar paarig, an ihrem hintern Ende aber mit einander ver- schmolzen; der Theil des Peritoneums, von dem sie umgeben werden, ist besonders dunkel pigmentirt. Schwimmblase fehlt. Es findet sich aber ein harnblasenähnliches Organ auf der rechten Seite, das eine in Menge abgesonderte, wässrige Flüssigkeit durch eine unmittelbar hinler dem After etwas frei hervorragende Röhre ergiesst. Die zwar paarige, aber zusammengewachsene Niere ist nicht so fest, wie bei den Cyprinoiden an die Wirbelsäule ange- wachsen und ragt etwas frei in die Bauchhöhle herein. Sie ver- läuft zuerst an der rechten Seite der Wirbelsäule, schlägt sich aber weiter unten nach links um und ist an ihrem untern Ende etwas massiger.
Die Nahrung der Gruppe besteht hauptsächlich in Wasser- insekten, Käfern und dergl. Sie ist ein sehr raubgieriger Fisch, und ich fand auch im Winter seinen Magen mit Nahrung ge- füllter, als bei andern Fischen.
Von Entozoen wird dieser Fisch nicht sehr geplagt; doch wurden schon, nicht von mir, Echinorhynchus proteus und an- gustatus in ihm gefunden.
lieber die Laichzeit der Gruppe weiss ich nichts genaues anzugeben. Auf einer Verwechslung mit einer verwandten Art aus dem Meere scheint die Angabe Marsigli's und Linne's zu beruhen, nach welcher das Männchen die Eier bewachen oder bebrüten soll. Unsere Fischer wissen davon nichts und Ek ström (Fische von Mörkö) fand den Fisch in der Nähe seines Laichs ebenso furchtsam als sonst. Die Eier werden auf Steine abgesetzt.
Wo der Neckar über einen steinigen Grund fliesst, findet sich die Gruppe sehr häufig; an schlammigen Orten dagegen wird man sie vergebens suchen. Sie hält sich in Höhlungen unter Steinen auf, schiesst von da auf ihren Raub hervor und entflieht aufgescheucht mit ausserordentlicher Geschwindigkeit. Nimmt man sie aus dem Wasser, so lassen sie oft einen schnurrenden Ton hören.
Ihr Fleisch wird weniger zur Speise benutzt, als es ver-
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diente, da es wohlschmeckend und gesund ist; die allgemeine Behauptung, dass es durch Kochen roth werde, finde ich bei den Gruppen unserer Gegend nicht bestätigt. Da die Gruppe eine Lieblingsspeise für den Hecht und Aal ist, so kann sie mit Vorlheil als Köder für diese Fische angewendet werden.
Gasterosteus Artedi.
Die Bauchflossen sitzen hinter den Brustflossen; die Becken- knochen sind aber doch mit dem Schultergerüste verbunden und bilden mit diesem eine Art Panzer; die Wangen durch die entwickelten Infraorbitalknochen, die Seiten des Leibs durch Schilder bepanzert. 3 Kiemenstrahlen. Auf dem Rücken freie Stacheln; die Bauchflossen beinahe auf einen Stachel reducirt.
G. leiurus Cuv. '^•')
Cuvier et Valencienn e s. T. 98.
G. gymnurus Cuv. Thierreich, übersetzt von Voigt, p. 235. Memoires des Sciences Savants J^trangers. T, X. 1848. Yarrell I. S. 95.
Stichling, Stachelfisch. Epinoche. Stickle-back.
4 bis 7 Schienen am vordem Theile des Leibs; Schwanz nackt.
Der Körper ist von der Seite betrachtet, etwas schmal und in die Länge gestreckt, bei trächtigen Weibchen aber breit; von oben ist er schmal, seitlich zusammengedrückt, von unten breiter. Der Rücken setzt sich vom Kopfe etwas ab , und bildet bis zur Schwanzflosse eine Curve; auch die Bauchlinie ist convex.
Die Höhe des Leibs ist in der Totallänge 4Jmal ent- halten, und geringer als die Länge des Kopfs, welche nur i der Totallänge ist. Die Augen sitzen soweit oben an der Stirne, dass sie in deren seitliches Profil einen seichten Aus- schnitt machen, sie stehen nahe bei einander und ihre Distanz ist in der Länge des Kopfes 4mal enthalten. Der Durchmesser ist grösser, als ihre Distanz, aber kleiner als ihre Entfernung von der Schnauzenspitze.
*) Ich citire nicht als synonym G. aculeatus von Linne, da dieser offenbar nur G, trachurus, nicht aber auch diese Art gekannt hat.
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Das Maul ist der Grösse des Fisches proportionirt, schief nach oben gespalten ; der Unterkiefer überragt den obern. Unten und oben Zähne.
Die abgerundeten Brustflossen haben 10 ungegabelte Strahlen und sind halb so lang als der Kopf.
Die Bauch flössen sind auf einen kantigen, rauhen Stachel reducirt, welcher mit dem Becken durch ein Gelenk sich verbindet; beinahe so lang als die Brustflosse ist, und durch eine Membran mit einem viel kleinern Strahle zusammenhängt. Die In- sertion der Bauchflosse entspricht dem Zwischenräume zwischen den beiden ersten dorsalen Stacheln.
Von diesen kann man jeden als eigene Rückenflosse betrachten, während der dritte offenbar zur slrahligen Flosse ge- hört, mit dieser oft durch eine Membran zusammenhängt und sie stützt. Der erste Stachel ist vom zweiten so weit entfernt, als vom Kopfe; beide sind kürzer als der ventrale. Die eigent- liche Rückenflosse besteht aus einem kleinen Stachel, welcher gewöhnlich als dritter isolirter angegeben wird, und 11 — 12 un- gegabellen Strahlen. Sie hat einen obern convexen Rand und ist höher als die beiden vordem Stacheln.
Die Afterflosse besteht aus einem kleinen Stachel und 8 ungegabelten Strahlen; sie ist ungefähr so hoch als die Dor- salis, und die Enden beider Flossen fallen aufeinander.
Die abgerundete Schwanzflosse ohne Ausschnitt hat 11 — 12 Strahlen, von denen die mittlem gewöhnlich einfach gegabelt sind.
Die Seitenlinie liegt nahe dem Rücken und ist bei- nahe gerade.
Die eigenthümliche Bedeckung und Bewaffnung zeich- net den Slichling vor allen andern Fischen unseres Vaterlandes aus. Oben auf dem Kopfe bilden die frei zu Tage liegenden Schädelknochen eine schützende, feste Decke, die Wangen sind durch den dritten, sehr entwickelten Suborbitalknochen gedeckt, weiter nach hinten wird der feste Bau des Schultergürtels noch durch eine auf dem Oberarm liegende lange Knochenleiste ver- stärkt. Auf dem Rücken haben sich die Interspinalknochen zu 5 Platten entwickelt, von denen die zweite, dritte und fünfte
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Stacheln tragen, welche mit Kraft aufgerichtet werden können. Die untere Seite wird bedeckt durch 2 lange Knochen , welche vom Unterarm abgehen und zwischen sich einen freien Raum lassend, sich mit dem frei daliegenden Becken verbinden. Dieses bildet durch die Vereinigung seiner beiden paarigen Knochen einen Seckigen Schild, von welchem aufwärts an den Seiten des Bauches ein starker breiter Knochenfortsatz abgeht. Im hintern Winkel zwischen diesem und dem Schilde stehen die langen Bauchstacheln.
Endlich legen sich zwischen den schützenden Apparat am Rücken und den Bauchschild noch seitlich fest aneinanderlie- gende Knochenschienen an und vervollständigen den Panzergürtel. Er erinnert an die schützende Bedeckung, wie wir sie bei den Gürtellhieren und den Schildkröten finden. Ist sie aber bei diesen ausschliesslich entweder nur Hautbildung oder nur ein eigenthümlicher Bau des Skeletts, so haben bei Gasterosteus Haut und Skelett Antheil an der Bildung des Panzers.
Fügen wir diesem noch einige am Skelette bemerkens- werthe Einzelnheiten bei. Feine Zähnchen finden sich im Zwischen- und Unterkiefer, aber auch auf den obern Schlundkieferknochen, was ich sonst nirgends erwähnt finde. Der Infraorbitalring besteht aus 3 Knochen, von welchen der hinterste der grösste und mit dem Praeoperculum verbunden ist. Der mittlere ist der kleinste. Das Operculum gross, abgerundet ; das Suboperculum bildet um den untern Rand des Operculums einen schmalen, runden Bogen, so dass man es für einen Kiemenstrahl halten könnte; das Inter- operculum hat die Gestalt eines langen pfeilförmigen Stiels, der seine Spitze nach vorne kehrt. Die 2 schmalen Schenkel des Praeoperculums, stehen in einem rechten Winkel zu einander.
Ich zähle 15 Rumpf- und 16 Schwanzwirbel. 9 *) Rippen, von welchen einige mittlere doppelt sind.
Ein Ueberschulterblatt kann nicht gefunden werden , die übrigen Knochen des Schultergürtels sind ausserordentlich breit.
Das Becken der Cyprinoiden besteht aus 2 seitlichen Rücken, von welchen jedes einen langen, vordem gabelförmig gespaltenen
*) Nach Bloch 15.
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und einen kurzen hinteren Fortsatz hat. Die beiden Aeste des vorderen Fortsatzes sind nach vorne in paralleler Linie gerichtet und nahezu gleich lang. Sodann ist die Symphyse der beiden seitlichen Stücke durch Knorpel bewerkstelligt. Bei Gastero- steus dagegen sind sie fest miteinander zu einem dreieckigen Schilde verwachsen, und erst gekocht, lassen sie sich trennen, indem eine Sutur, wie an den Knochen des Schildkrötenpanzers sichtbar wird. Sodann sind hier die Aeste des vordem Fort- satzes in ihrer Richtung auseinandergerückt. Der äussere steigt an den Seiten des Leibes herauf; der innere ist viel kürzer, rund, liegt nach vorne und vermittelt die Verbindung des Beckens mit dem Schultergürtel. Der ventrale Stachel hat eine Gelenks- grube, in welche ein am Becken befindlicher Gelenkskopf passt; die Gelenksgrube wird gebildet durch 2 kleine Fortsätze.
Die Platten, welche den Rücken decken, entsprechen den Inlerspinalknochen, welche sich seitlich zu zwei breiten Flügeln entwickelt haben. Unter einander verbinden sie sich durch spitze in- einandergreifende Fortsätze; nach unten gehen von ihnen zwischen die Rückenmuskeln gegen die Dornforlsätze der Wirbel Leisten ab; oben wird die Articulation der Stacheln auf dieselbe Weise wie bei der Bauchflosse vermittelt.
Die schindelartigen Lamellen an den Seiten des Leibs ge- hören nicht zum Skelett, es sind Hautbildungen, modificirte Schuppen. Jede Schindel hat am Rande einen mehr oder weniger deutlichen Zahn, welcher in einen Ausschnitt der be- nachbarten passt. Diese Einrichtung, welche an Ganoidenschuppen erinnert, vermehrt die Festigkeit.
Weichtheile. Der Magen ist gross, eirund, deutlich vom übrigen Verdauungskanal unterschieden ; der Darmkanal ist kurz, viel kürzer als das Thier, verlauft beinahe gerade, und macht nur an seinem untern Ende eine kleine Schlinge. Die bucheichelförmige Milz liegt an der linken Seite hinter dem Magen. Die Leber ist Slappig, der linke Lappen sehr klein, der rechte steigt beinahe bis in die Mitte der Bauchhöhle herab. Die Ovarien sind , wie die Testikel paarig, gross, nicht wegen der Menge der Eier, denn ihre Zahl beläuft sich in einer Hälfte nur auf etwa 90, sondern wegen der verhältnissmässig
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bedeutenden Grösse der Eier. Der gemeinschaftliche Ausfüh- rungsgang der Eierstöcke liegt hinter dem Anus. Die Nieren sind wie bei den Cyprinoiden verschmolzen und liegen zu beiden Seiten der Wirbelsäule. Die Schwimmblase ist ungetheilt.
Farbe. Der Rücken ist meistens graulich grün, unregel- mässige solche Flecke und Bänder ziehen an der Seile herunter; übrigens ist der ganze Fisch silberig. Selten werden schön ge- färbte Individuen mit rother Kehle und Brust angetroffen.
Grösse: höchstens 3''.
Nahrung. Der Slichling nährt sich nur von animalischen Substanzen, Würmern, Insekten, Fischbrut. So klein er ist, so schädlich ist er: was man aus einer freilich vielleicht etwas über- triebenen Angabe von Henri Backer ermessen kann, welcher einen Stichling innerhalb 5 Stunden 64 kleine Leuciscus ver- schlingen sah. Desshalb darf der Stichling auch nie in Weihern geduldet werden.
Durch Entozoen ist er sehr geplagt: Cucullanus elegans, Distoma appendiculatum, Echinorhynchus clavaeceps und angu- Status. Auffallend ist es, dass der so häufig im Norden von Europa in der Bauchhöhle der Slichlinge sich findende Schisto- cephalus dimorphus (Bothriocephalus solidus) in den Individuen unserer Gegend nie beobachtet wurde.
Der Slichling ist noch durch zwei ph;)'s{oIogische Thalsachen besonders merkwürdig, welche wahrscheinlich in engem Zusam- menhange zu einander stehen: es ist dies die Sorge für seine Brut und seine zeitweise ungeheure Vermehrung. Coste*)hat über das erste höchst schätzbare Unlersuchungen angestellt. Nach ihm baut das Männchen ein kugliches hohles Nest, in welches sodann mehrere Weibchen ihre Eier legen. Diese werden vom Männchen befruchtet, gepflegt und gegen Feinde vertheidigt , ja es setzt noch seine Sorge eine Zeit lang auf die ausgekommene Brut fort. Wie in ein Nest mehrere Weibchen legen, so setzt ein Weibchen auch in mehrere Nester seinen Rogen ab, vom März bis zum August. Die Brut des Slichlings ist also viel
*) Nidification des epinoches et des epinochettes in den Memoires de l'acad. des Scienc, Savants Etrangers. Tome X. 1848. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 3s Heft, 17
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weniger Gefahren ausgesetzt, als die anderer Fische; überdies sind auch die Erwachsenen vor den Nachstellungen grösserer Fische durch ihre Bewaffnung ziemlich sicher, und so wird es denn begreiflich, dass seine Vermehrung zu Zeiten so zunimmt, dass mit der Menge der Gefangenen Felder gedüngt und Schweine gemästet werden.
Auffallend ist es, dass man bei uns weder diese eigen- thümliche Fortpflanzungsweise noch eine starke Vermehrung beobachten konnte. Das letzte liesse sich aus dem ersten er- klären: aber warum tragen unsere Slichlinge nicht dieselbe Sorge für ihre Brut? Coste hat seine Untersuchungen ebenfalls an G. leiurus angestellt, wie man aus seinen Abbildungen sieht.
Vorkommen. Im offenen Neckar wird man den Stichling selten finden; er liebt sanft fliessende Stellen mit schlammigem Grunde und grasigem Ufer, daher er sich an die Einmündungen kleinerer Bäche und in diese, wenn sie ihm obige Bedingungen erfüllen, auch wohl in Altwasser zurückzieht. Er lebt in kleinen Truppen, ist ausserordentlich lebhaft, seine Brustflossen sind in einer steten, beinahe wimpernden Bewegung. Bei eintretender Kälte zieht er sich unter die Ufer zurück.
Nutzen gewährt er uns gar keinen, während der Schaden, den er da, wo er in grösserer Anzahl sich findet, stiftet, gewiss nicht unerheblich ist.
Anmerkung. Gasferosteus trachurus ist meines Wissens in Württemberg noch nicht gefunden worden; er gehört mehr dem Norden an und ist von Artedi, Linne, Ekström als aculeatus beschrieben. Dagegen gehört leiurus dem Süden an ; im mittleren Europa, wie im nördlichen Frankreich stossen beide Arten zusammen und finden sich mit einander. Sollte diese Art der Verbreitung nicht die Vermuthung Cuvier's bestätigen, dass dem Mangel der Schienen am Schwänze wirklich der Werth eines specifischen Charakters zuzuschreiben sei?*)
*) Van der Höven sagt in seiner so eben erschienenen Zoologie. Bd. II. Ste. 193: „Mit niannigfaclien Uebergängen erstrecken sich die Knochenschilder bald mehr, bald minder weit über den Schwanz; wess- halb denn auch die Unterscheidung zweier besonderer Arten kaum zu- lässig erscheint."
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Bei weitem die grössle Anzahl der Neckarfische hat jedoch weiche Flossenstrahlen. Die meisten gehören der Familie der Cyprinoiden (Cyprinus L.J an und sind leicht zu erkennen an den zahnlosen Kinnladen und den 3 Kiemenstrahlen. Man theilt diese Familie in mehrere Genera.
Cyprinus Cuv.
Die Bauchflossen sitzen weit hinter den Brustflossen, ohne mit dem übrigen Skelette zusammenzuhängen. Die Rückenflosse ist länger als hoch und wie die Afterflosse vorne durch einen starken, sägeförmig eingeschnittenen Stachel gestützt.
Cyprinus carpio L.
Bloch, t. 16. 17.
Meidinger, pisc. Austr. t. 41.
Juri n e, pl. 9.
Yarrelj, brit. fishes (p. 305*) s. 349.
Bon aparte, fauna ital. pl.
Carpio vulgaris.
Karpfen. Carpe. Carp.
An jeder Seite des Munds 2 Bartfäden. After- flosse mit 8 Strahlen.
Der Körper ist von der Seite betrachtet breit, doch etwas in die Länge gestreckt; von oben erscheint der Rücken kantig, wird aber gegen den Bauch hin breit; er steigt hinter dem Kopfe steil an und verläuft schwach convex bis zur Schwanzflosse. Das Profil des Bauchs ist wie das des Rückens, vom Kopfe bis zum Ende der Afterflosse convex, von da bis zur Schwanzflosse gerade.
Die Höhe des Leibs ist über 3Jmal in der Totallänge enthalten, die Länge des Kopfes beinahe 5mal, oder letztere ist gleich Smal die Distanz der Augen genommen. Der Durch- messer des Auges ist in der Kopflänge 6mal enthalten; seine Entfernung von der Schnauzenspitze ist gleich 2-J Augdurch- messern. Das Maul ist klein, mit 2 Bartfäden auf jeder Seite:
*) Die eingeklammerten Seitenzahlen beziehen sich auf die erste Ausgabe dieses Werks.
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der längere sitzt im Mundwinkel vor dem Oberkieferknochen, der kürzere weiter oben auf demselben. Der Oberkiefer überragt den untern. Ein Kranz von Poren umgibt das Auge und den vor ihm liegenden Suborbitalknochen ; eine zweite Reihe verläuft am Unterkiefer und Praeoperculum; eine dritte am hintern obern Rande des Schädels bildet die Fortsetzung der Porenreihe in der Seitenlinie. Der äussere membranose Opercularrand ist stark entwickelt.
Die Brustflossen haben 16 Strahlen; ihre Länge über- ragt die Höhe der Dorsalis.
Die Bauch flössen haben gewöhnlich, wie bei den ver- wandten Fischen, 9 Strahlen, Gronovius fand mehreremal 8, ich bei einem Spiegelkarpfen nur 7. Die Länge dieser Flossen überragt die Höhe der Analis.
Die Rückenflosse zeichnet sich aus durch ihre beträcht- liche Länge und einen starken sägeförmig eingeschnittenen Stachel; vor ihm sitzen zwei kleinere Stacheln, hinter ihm 19 Strahlen.
Durch einen ähnlichen Stachel wird die Afterflosse ge- stützt; vor ihm finden sich noch 2 kleinere Stacheln, hinter ihm 5 Strahlen.
Die Schw anzfl osse mit 19 Strahlen und einem Ausschnitt.
Die Seitenlinie verläuft beinahe gerade und in der Mittel- linie des Leibs ; ich zähle auf ihr 36 Schuppen, von welchen die meisten an ihrem Rande da, wo sie auf die Erhabenheit der nächsten Schuppe stossen, einen Ausschnitt haben.
Querschuppenreihe, lieber und unter der Seitenlinie zähle ich 5 Schuppenreihen. Die Schuppen sind gross, viel grösser als das Auge.
Anmerkung. Die vielen Varietäten des Karpfen bestehen hauptsächlich in eigenthümlichen Modificationen der Schuppen- bedeckung. Da sie jedoch selten oder nie im Neckar beobachtet ■werden, so erwähnen wir sie nur kurz :
1) der ganze Fisch ist mit Schuppen bedeckt, welche aber viel grösser sind, so dass in der Seitenlinie nur 28, in der Querschuppenreihe 7 Schuppen stehen.
2) Am ehesten mag noch im Neckar der Spiegelkarpfen gefunden werden: an der Seite des Leibs finden sich nur. 1 — 2
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Längsstreffen ausserordentlich grosser Schuppen; über und unter diesen nackte Hautstellen. Diese Abart hat verschiedene Be- nennungen erhalten: Cyprinus specularis Lacepede, macrolepi- dotus Meidinger, Carpio rex cyprinorum Bloch, und ist von Bloch und Meidinger 1. c. abgebildet.
3) Die Haut ist ganz nackt: Lederkarpfen, C. coriaceus Lacep.
Farbe. Der ganze Fisch ist dunkelgrün, mit bläulichem Schimmer; die Seiten zeigen oft einen goldigen Schein.
Obgleich der Karpfen bei einem passenden Aufenthalte die beträchtliche Grösse von 3 — 4' erreicht, so werden doch die im Neckar angetroffenen nicht leicht die Länge von 1 — 2' überschreiten.
Von dem Skelette gibt Valenciennes eine ausführliche Beschreibung, von dem Schädel Yarrell s. 354 die Abbildung: es finden sich 5 Schlundkieferzähne , welche gegen eine rhom- boidale Platte mit einem vordem stumpfen und hintern spitzen Winkel wirken. Die Zähne stehen in 3 Reihen, in der Innern 3, von welchen 2 dentes compositi sind, in der mittleren und äussern je einer. Es finden sich am Rumpfe 20, am Schwänze 16 — 17 Wirbel. 16 Rippenpaare.
Weichtheile. Der längliche Magen reicht beinahe bis zum Anus; der Darmkanal ist ziemlich lang und macht mehrere W^indungen. Die Leber steht auf einer sehr niedrigen Stufe der Ausbildung. Ihr Haupttheil bedeckt zwar den Magen, aber sie ist in viele Lappen zerfallen, welche die 3 obern und die 3 untern Schlingen des Darmkanals begleiten , welche Zwischenräume zwi- schen ihnen ausfüllen und an einigen Stellen sich wieder aufwärts in die Höhe schlagen. Ihre Lobuli sind vielgestaltig, nicht rundlich, sondern eckig. Gallenblase gross. Die Milz von beträchtlicher Ausdehnung und gelappt. Schwimmblase eingeschnürt. Die Zunge ist sehr klein und wenig beweglich; was man gewöhnlich Karpfen- zunge nennt, ist ein sehr weicher, nervenreicher Körper am obern hintern Theile der Mundhöhle.
Der Karpfen nährt sich besonders von Schlamm, in welchem sich organische Substanzen zersetzen; darum liebt er auch stille Wasser mit schlammigem Grunde. Im obern Neckar ist er daher gar nicht zu finden, im untern selten. Eher trifft man ihn noch in Altwassern an : wo er sich auch, was im Neckar nie der Fall ist, fortpflanzt.
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Cyprinus carassius L.
Bloch, t. 11.
Fries och Ekström, t. 31. Cuv. et Valenc. pl. 459. Yarrel 1, s. 355.
Karausche (Bauernkarpfe). Carassin. Crucian.
Kein Bartfaden; Afterflosse mit 9 Strahlen.
Der Körper ist von der Seite betrachtet, ausserordentlich breit ; von oben erscheint er schmal und seitlich zusammenge- drückt. Der scharfkantige Rücken steigt gleich hinter dem Kopfe sehr steil an, und bildet bis zur Schwanzflosse einen stark ge- krümmten Bogen. Das Profil des Bauches ist weniger convex.
Die Höhe des Leibs ist in der Tolallänge 3mal, die Länge des Kopfes 4^mal enthalten; oder letztere ist gleich der doppelten Distanz der Augen. Das Auge liegt oben am Kopfe, ist um i^ — 2 Durchmesser von der Schnauzenspitze entfernt. In der Länge des Kopfs ist sein Durchmesser 6mal enthalten.
Das Maul ist klein; nur selten findet sich eine kaum be- merkbare Andeutung eines Barifadens. Der Unterkiefer steigt beinahe senkrecht nach oben, so dass, obgleich bei geschlossenem Maule der Oberkiefer der längere ist, bei geöffnetem der untere weit vorragt.
Auch bei der Karausche finden sich auf dem Kopfe Schleim- poren, welche in derselben Weise, wie beim Karpfen angeord- net sind.
Der äussere membranose Opercularrand ist stark entwickelt.
Die Brustflossen haben 14 — 16 Strahlen und sind kürzer als die Dorsalis hoch ist.
Die Bauch flössen sind 9strahlig und viel länger als die Analis hoch ist. An ihrer Innern Ansalzstelle findet sich eine eigenthümlich modificirte Schuppe von länglicher Form, wie wir sie noch deutlicher allgemein bei den Leuciscus finden werden.
Die lange Kücken flösse ist wieder ausgezeichnet durch einen gezahnten Stachel, an dem man aber deutlich die Gliede-
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rung wahrnehmen kann; vor ihm stehen 2 kleine Stacheln, hinter ihm 16—17 Strahlen.
Die kleine Afterflosse mit einem gezahnten Stachel; vor ihm zwei kleine Stacheln, hinter ihm 6 Strahlen.
Schwanzflosse mit 19 Strahlen und einem sehr seichten Ausschnitt.
Die Seitenlinie verläuft beinahe gerade und in der Mittel- linie des Leibs; es stehen in ihr 31 — 33 Schuppen, deren läng- liche Erhabenheiten nicht besonders stark markirt sind.
Querschuppenreihe. Ich zähle über der Seitenlinie 7, unter ihr 5 — 6 Schuppenreihen. Das untere Ende der Quer- schuppenreihe fällt in die Mitte zwischen Bauchflossen und Anus.
Die Schuppen sind gross, die Mittelschuppe beinahe 3mal so gross, als das Auge.
Farbe. Oben dunkelgrün, an den Seiten und unten mit Goldschimmer. Die untern Flossen zeigen einen rölhlichen Anflug.
Grösse. Die Karausche wird seilen über V lang.
Die einzelnen Theile des Skeletts gleichen sehr denen des Karpfens; es finden sich aber nur 4*) Schlundkieferzähne in einer Reihe. Wie der Karpfen hat die Karausche 19 Rumpf-, dagegen aber nur 13 Schwanzwirbel. 16 Rippenpaare. Die ge- drungenere Gestalt der Karausche ist nicht durch eine Verkürzung der Wirbelkörper bedingt, sondern durch eine Verminderung der Zahl der Wirbel , besonders der Schwanzwirbel. Dazu kommt noch eine im Vergleich zum Karpfen bedeutendere Länge der Dornfortsätze und der Rippen.
Die Weichtheile zeigen denselben Bau, wie beim Karpfen.
Die Nahrung der Karausche besteht ebensowohl in ani- malischen als vegetabilischen Substanzen, doch mehr in Schlamm, in welchem sich organische Stoff"e zersetzen, als in Insekten, W^ürmern etc.
Ich selbst hatte keine Gelegenheit, Entozoen in ihr zu beobachten; sie soll aber nach Creplin **) von einer Ligula,
*) Nach Linne und Blocli 5. *") Ekström, Fisclie von Mörkö, p. 61.
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\\'elche von der simplicissima verschieden sei, sehr heimge- sucht sein.
Wie alle hochgebauten Karpfen liebt die Karausche stille Wasser mit schlammigem Grunde, sie ist desshalb mehr See- ais Flussfisch. Im Neckar kommt sie zwar allenthalben, jedoch überall so seilen vor, dass sie für die Neckarfischerei von keiner Bedeutnng ist. Auch wird sie sich kaum im Neckar fortpflan- zen. Unter allen ihren Verwandten hat sie das zäheste Leben. Ihr Fleisch ist geschätzt und gesund.
Wir kommen nun zu denjenigen Fischen , welche als Ein- geborene des Neckars, an allen Orten mehr oder weniger häufig zu treffen sind.
Barbiis Cuv.
Die Bauchflossen sitzen weit hinter den Brustflossen. Die Rückenflosse höher als lang und vorne durch einen starken säge- förmig eingeschnittenen Stachel gestützt.
Barbus fluviatilis Flemming.
Cyprinus barbus L. Bloch, t. 18. Meidinger, II. t. 11. Yarell, s. 367.
Barben. Barbeau. Bärbel.
2 Bartfäden vorne an der Schnauze und 2 am Mundwinkel.
Der Körper ist von der Seite betrachtet, sehr schmal und in die Länge gestreckt, von oben und unten breit. Der Rücken ist abgerundet, mit einem vor der Rückenflosse etwas vorstehen- den Kiel, der Bauch platt, mit einer Furche in der Mitte. Der Rücken setzt sich kaum vom Kopfe ab und sein Profil steigt vom Kopfe und von der Schwanzflosse gegen die Dorsalis nur wenig und allmählig in beinahe gerader Linie an; ebensowenig convex ist die Bauchseite,
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Die Höhe des Leibs ist über ö^mal in der Totallänge enthalten, die Länge des Kopfs über 4^/2mal, oder diese ist gleich der Sfachen Distanz der Augen. Die Augen sind sehr klein und von der Schnauzenspitze etwas weiter entfernt, als vom hintern Winkel des Kiemendeckels; sie stehen ganz oben an den Seiten des Kopfes. Die Pupille hat einen Winkel nach vorne.
Die Mundspalte ist halbmondförmig, und da der Ober- kiefer den untern weit überragt, ganz an die untere Seite gerückt. An jeder Seite hängen 2 Barifäden; der eine, kleinere vorne an der Schnauze, oben am Oberkieferknochen, der andere, welcher so lang als das Maul breit ist, ist unten an diesem Knochen befestigt.
Der äussere membranose Opercularrand ist nicht besonders stark entwickelt.
Die Brustflossen haben 17 — 18 Strahlen und sind etwas kürzer als die Dorsalis hoch ist, hie und da auch etwas länger.
Die Bauchflossen, mit 9 Strahlen, sind kürzer als die Pectorales, aber länger als die Afterflosse hoch ist. In ihrer innern Ansatzstelle findet sich eine eigenthümliche, durch ihre längliche Gestalt von den andern unterschiedene Schuppe.
Die Rückenflosse steht mit ihrem vordem Insertions- punkte etwas vor den Ventrales, mit dem hintern hinter ihnen; ihre Entfernung vom Kopfe ist etwas geringer als die vom Schwänze, seltener sind beide Entfernungen gleich. Der längste Strahl ist dick und hart, wie ein Stachel, aber gegliedert, vor ihm stehen 3 kleine Stacheln, hinler ihm 8 — 9 Strahlen. Der obere Rand ihrer Flosse ist steil abschüssig und concav.
Die Afterflosse gleicht in der Form nicht der Dorsalis; sie ist beinahe noch einmal so hoch als lang, mit 8 — 9 Strahlen und einem untern abgerundeten Rande.
Die Schwanzflosse mit 19 Strahlen und einem tiefen Einschnitt; einzelne Exemplare hatten an dieser Flosse einen obern spitzigen und einen untern abgerundeten Lappen. — Alle Flossen sind etwas wulstig, was von der Dicke der zwischen den Strahlen ausgespannten Membran herrührt.
Die Seitenlinie entspringt etwas über der halben Körper- höhe und verläuft beinahe gerade und in der Millellinie des
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Leibs. Sie besteht aus 60 — 66 Schuppen, deren punktförmige Erhabenheiten schwach niarkirt sind und an welchen selten ein Ausschnitt bemerkbar ist.
Querschuppenreihe. Nach der Höhe des Leibs zähle ich über der Seitenlinie 12, unter ihr 10—12 Schuppenreihen. Die Mittelschuppe ist ungefähr die 30. der Seitenlinie, und die Querschuppenreihe endigt sich unten am Anfange des hintern Drittels der Distanz zwischen Bauch- und Afterflosse.
Die Schuppen sind im Verhältniss zur Grösse des Fisches klein, viel länger als hoch, und ragen nur etwa zur Hälfte frei an die Oberfläche hervor. Bei alten Individuen bedeckt die Mittel- schuppe beinahe das kleine Auge.
Farbe. Der Rücken isabellfarbig mit messinggelbem Glänze, die Seiten heller, gelblich, metallisch glänzend; unten weiss. Die Flossen sind gegen den Rand röthlich angeflogen und zeigen hie und da verloschene schwärzliche Flecken. Die Iris silberig, oben und um die Pupille messinggelb.
Der Barben erreicht eine bedeutende Grösse; es werden nicht selten 3' lange gefangen und er wird bis 10 Pfd. schwer.
Die konischen Schi undkieferzähne mit einem spitzigen Haken stehen in drei Reihen, in der äussern 5, in der mittlem 3 und in der innern 2 Zähne. Die Platte, gegen welche sie wirken, ist dreieckig und man kann an ihr 3 Abtheilungen unter- sclieiden, ein paar vordere, von denen jede 2 Falten hat, und ein glattes, rundliches, hinteres Stück.
Skelett. Die Schädelknochen überhaupt sind breit, be- sonders aber das Ethmoidalbein, das sich zu einer beträchtlichen Ausdehnung entwickelt hat. Die Verlängerung der Schnauze ist besonders durch die Gesichtsknochen bedingt. Eine eigenthüm- liche Anordnung haben die Infraorbitalknochen erlitten; nur die 3 hintern bilden den sehr flachen Jochbogen; die 2 hintersten sind lang und schmal, während der vor ihnen liegende sehr klein ist. Der vorderste, mit diesem kleinen verbundene hat sich zu- gleich mit der Schnauze ausserordentlich verlängert ; nach vorne legt er sich an den Oberkieferknochen an. Ich fand am Rumpfe 26, am Schwänze 21 Wirbel, 18—21 Rippen, von denen jedoch
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die letzten in der Haut stecken. Vor der Rückenflosse finden sich 10 kleine Interspinalknochen mit einem Fortsatze nach unten. Der Darmkanal macht im Ganzen 6 Windungen, 3 obere und 3 untere, die erste untere liegt beinahe am untern Ende der Bauchhöhle, von den andern ist keine unter die Mitte der- selben herabgerückt.
Nahrung. Wie der Grässling muss der Barben ganz be- sonders schnell und vollständig verdauen, ich konnte wenigstens nie aus dem Darmcontentum ersehen, was er gefressen hatte. Auch finde ich darüber in andern Beschreibungen keine genaue Belehrung. Dass er von faulenden animalischen Substanzen und Würmern lebt, ist gewiss; in wie weit aber vegetabilische Sub- stanzen ihm zur Nahrung dienen, wäre noch zu ermitteln. Der complicirtere Bau seines Verdauungsapparates Hesse schliessen, dass er besonders auf diese Kost angewiesen sei.
Von Entozoen ist der Barben sehr heimgesucht. Echino- rhynchus proteus findet sich das ganze Jahr über klumpenweise besonders in der Nähe der Windungen des Darmkanals; Bothrio- cephalus rectangulum erreicht die Länge von 3", wenigstens wäh- rend des Sommers, im Winter fand ich selten nur junge Indi- viduen ; nicht minder häufig ist Ascaris dentata.
Die Laichzeit dauert vom Mai bis in den Juli, der Rogen wird an Steine abgesetzt. Die Männchen scheinen viel bälder geschlechtsreif zu sein, als die Weibchen. Jene geben schon, wenn sie nur 7 — 8" lang sind, Milch von sich und verfolgen in Schaaren das einzelne Weibchen. Daher fängt man in der Laich- zeit mit einem Weibchen immer zugleich mehrere Männchen, die Zahl von diesen scheint die jener zu übersteigen: welches Verhältniss bei andern Fischen, z. B. beim Barsch, nach den Behauptungen Einiger sich umkehrt.
Da der Barben ein reines, schnellfliessendes Wasser mit stei- nigem Grunde liebt, so ist der Neckar der geeignete Aufenthall für ihn: daher ist er auch so häufig und in einer so beträcht- lichen Grösse zu finden. Für die Neckarfischerei ist er von grosser Bedeutung. Obgleich sein weiches und grätiges Fleisch nicht in hohem Werthe steht, so wird es doch dem des Schupp- und Weissfisches vorgezogen.
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Von Einigen wird zwar noch geläugnet, dass sein Rogen wenigstens in gewissen Jahreszeiten Zufälle von Vergiftung her- beiführt, es scheint dies aber doch so weit ausgemacht zu sein, dass es fernerhin unnöthig ist, sich durch wiederholte Versuche jener Gefahr auszusetzen.
Leuciscus Klein.
Die Bauchflossen stehen weit hinter den Brustflossen. Die Rücken- und Afterflosse sind höher als lang, ohne durch einen starken Stachel gestützt zu sein.
Grosse Verwandtschaft mit dem Barben durch die Gestalt des Leibes und Kopfes , sowie durch das Vorhandensein von Bartfäden zeigt
Leuciscus gobio. *)
Cyprinus gobio L.
Bloci), 8. f. 2.
Meidinger, III. t. 23.
Ju r in e, pl. 14.
Gobio fluviatilis (Rondelet) C u v.
Yarrell, (p. 325) s. 371.
Cuvier et V a 1 e n ci en n e s, t. 481.
Gobio obtusirostris V a 1.
Bonaparte, fauna ital.
Grässling. Goujon. Gudgeon.
An jedem Mundwinkel ein Bartfaden; der Oberkiefer überragt den untern soweit, dass die
*) Der Grund, warum ich das Genus Gobio Cuv. nicht beibelialte, ist in der Unzulänglichkeit der Bartfäden als generischen Charakters zu suchen. Wenn dieser Charakter schon bei der geringen Anzahl unserer Cyprinoiden kaum bemerkbare üebergänge von seinem Vorhandensein bis zum gänzlichen- Fehlen darbietet, so dass beim Barben und Karpfen sich 4j beim Grässling 2, bei der Schleihe 2 ganz kleine Bartfäden, bei der Karausche hie und da eine Andeutung derselben finden: so ist er zur Feststellung eines Genus unbrauchbar. Bekommt er aber so nur die Wichtigkeit eines specifischen Charakters, so unterscheidet sich der Gräss- ling überhaupt nur specifisch von den übrigen Leuciscus-Arten.
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Mun dspalte ganz an die untere Seite des Kopfes gerückt ist.
Der Körper dieses Fisches ist von der Seite betrachtet sehr schmal und langgestreckt, von oben und von unten sehr breit. Der Rücken fangt beinahe in derselben Linie mit dem Kopfe an, erhebt sich hinter diesem bis zur Rückenflosse, wo er am höchsten ist, nur allmählig und verläuft dann breit, ab- gerundet, in gerader Linie bis zur Schwanzflosse. Der Bauch ist breit, zwischen den Pectorales am breitesten, platt, mit einer in der Mittellinie bis zu den Bauchflossen sich hinziehenden Furche. Der Schwanz ist unten dick, abgerundet.
Die Höhe des Leibs ist sechsmal in der Totallänge enthalten.
Das Verhältniss der Länge des Kopfes zu der Total- länge difl'erirt bei diesem Fische sehr. Valenciennes gibt bei Gobio fluviatilis an, dass die Länge seines Kopfes beinahe viermal in der Totallänge enthalten sei; bei andern Individuen fand er sie aber beinahe nur i von dieser. Diese letztern mit kleinerem Kopfe nennt er Gobio obtusirostris ; ich halte aber diese Species, zumal da die andern Merkmale, welche er bei ihr angibt, sehr unwesentlich und auch bei andern Fischen Differenzen ausgesetzt sind, für unbegründet, die Untersuchung vieler Individuen ergab, dass die Länge des Kopfes bald 4, bald 4J, bald 4i, bald 4j, bald beinahe 5mal in der Totallänge enthalten ist.
Ebenso und in keiner gesetzmässigen Beziehung zu den angegebenen Differenzen wechselt das Verhältniss der Distanz der Augen zur Kopflänge; jene ist in dieser 3J — 3|mal enthalten.
Der Kopf hat eine längliche, eckige Gestalt. Der Oberkiefer überragt weit die Unterkinnlade, so dass das Maul ganz ander untern Seite des Kopfes liegt, es ahmt die breite Gestalt des Kopfes nach und ist halbmondförmig. An jedem Mundwinkel befindet sich ein Bartfaden, der sich am unlern Ende des Oberkieferknochens befestigt und etwa halb so lang ist, als das Maul breit.
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Das Auge ist klein, seine Pupille hat einen Winkel nach unten oder nach vorne ; es liegt ganz oben an der Seite des Kopfes und macht noch einen seichten Ausschnitt in das seitliche Profil der Stirne ; es ist beinahe ebensoweit von der Schnauze entfernt als vom hintern Winkel des Kiemendeckels.
Der äussere membranose Opercularrand ist ziemlich stark entwickelt.
Die Brustflossen haben 16 Strahlen und sind gewöhn- lich so lang als die Dorsalis hoch ist, aber länger als die Ven- trales. Wenn man sie ausspannt, erscheinen sie sehr breit, mit etwas convexem Rande.
Die Bauchflossen haben 8*) Strahlen, sind abgerundet und länger als die Analis hoch ist. In ihrer Innern Ansatzstelle findet sich eine eigenthÜFnliche, durch ihre längliche, spitze Gestalt von den andern unterschiedene Schuppe. **)
Die Rückenflosse, deren Höhe in wechselndem Verhält- nisse immer um vieles bedeutender als die Länge ist, steht mit dem vordem Insertionspunkte vor den Bauchflossen, mit dem hintern hinter ihnen. Ihre Entfernung vom Kopfe ist viel geringer als die vom Schwänze. Sie hat immer 10 Strahlen: der erste ist ganz rudimentär, beinahe unter der allgemeinen Bedeckung verborgen; der zweite, ungegabelt, ist nicht ganz halb so hoch als der dritte; dieser, ebenfalls ungegabelt, ist einer der längsten Strahlen; erst der vierte spaltet sich. ***) Der obere Rand dieser Flosse ist gerade.
*) Nach Gronov 6, nach Valenciennes 7, nach Linne und Bloch 9.
**) Diese Schuppe findet sich allgemein bei allen Leuciscus und Abramis, es wird in der Folge nicht mehr besonders bei den einzelnen Arten angegeben werden.
***) Dieses Verhältniss, wie es sich übrigens beinahe bei allen Cypri- noiden findet, ist hier desshalb so genau angeführt, weil Valenciennes in seiner Beschreibung des Gobio fluviatilis sagt: 0\\ conipte 9 rayons (de la dorsale) dont le dernier est double; le premier est simple, presque osseux, et n'atteint que la moitie de la hauteur du second, qui est ra- m e u X et articule. — In der Beschreibung von G. obtusirostris wird dieses Verhältniss nicht weiter berücksichtigt.
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Die Afterflosse ist sehr klein, viel kleiner als die Dor- salis, der sie auch in der Form nicht sehr gleicht; ihre Länge ist ungefähr um die Hälfte geringer als die Höhe; sie hat 8, selten 9 Strahlen: der erste ist klein und mit dem zweiten so verwachsen, dass man beide nur als einen einzigen ansehen könnte; der zweite ist lang, ungegabell; der dritte der längste und gespalten. Der untere Rand dieser Flosse ist etwas concav. Sie liegt nicht, wie bei andern Cyprinoiden, unmittelbar hinter dem Anus, sondern ist von ihm so weit weggerückt, dass er etwa in der Mitte zwischen ihr und den Bauchflossen liegt.
Die Schwanzflosse mit 19 Strahlen und einem Ausschnitt.
Die Seitenlinie verläuft von der Schuller, wo sie über der halben Körperhöhe entspringt, anfangs in gerader Richtung, macht dann über der Bauchflosse einen Bogen nach oben, um in der Mittellinie des Schwanzes vollends gerade bis zur Schwanz- flosse zu verlaufen. Sie besteht aus 40—43 Schuppen, deren Erhabenheiten nicht besonders stark markirt sind und an denen kein Ausschnitt bemerkbar ist.
Querschuppenreihe. Nach der Höhe des Leibs zählte ich über der Seitenlinie 6, unter ihr 5 Schuppenreihen. Die Mittelschuppe ist ungefähr die löte der Seitenlinie, und die Querschuppenreihe endigt sich gerade am Anus, seltener etwas vor ihm.
Die Schuppen sind sehr fein und zart, ohne jedoch leicht abzugehen; ihre Grösse ist der des Fisches proportionirt ; sie sind höher als lang und die Grösse der Mittelschuppe beträgt dem Flächeninhalte nach ungefähr ^ von der des Augs.
Die Stelle zwischen den Brustflossen ist unbeschuppt.
Farbe. Der Rücken ist bräunlich, grün und gelb metallisch glänzend, mit unregelmässigen schwarzen Flecken. Jede Schuppe der Seitenlinie hat um ihre Erhabenheit schwarze Flecken, wie bei Ahr. bipunctatus. Hält man den Fisch i-n schräger Richtung, so kommt oft an der Seitenlinie eine auf dunklem Grunde metal- lisch glänzende Binde zum Vorschein. Unter der Seitenlinie silberig; die ventrale Seite von dem durchscheinenden Fleische etwas bläulich. Die Strahlen der Rücken- und Schwanzflosse
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sind schwarz gefleckt, die andern Flossen etwas gelblich ange- flogen. Bei manchen Individuen ist der Kopf mit runden schwarzen Flecken besät. Um die Pupille ein safrangelber Ring, der aber oft nicht besonders deutlich ist ; die obere Hälfte der Iris von der Farbe des Rückens, die untere silberig.
Grösse: höchstens 6 — 7".
Schlundkiefer. Auf jeder Seite finden sich zwei Reihen kleiner gekrümmter, etwas gezähneller Zähne; die äussere besteht aus 5 Zähnen, die innere aus 2 viel kleinern, welche in der Schleimhaut beinahe ganz verborgen sind. Diese Zähne wirken gegen eine kleine, dreieckige, etwas rauhe Platte.
Skelett. Der Schädel zeigt sehr viel Aehnlichkeit mit dem des Barben, besonders durch die Entwicklung des Ethmoidal- knochens, welcher wenig abschüssig nach vorne, platt, viereckig, die verlängerte Form des Schädels bedingt. Ebenso ist auch der erste Infraorbitalknochen sehr in die Länge gezogen. Der Jochbeinbogen ist sehr flach und wird gebildet durch die 3 hintern, länglichen, nahezu gleich langen Infraorbitalknochen. Der Supra- orbitalknochen (Surorbitaire) ist klein und weiter nach vorne gerückt, als bei andern Cyprinoiden. Ich habe die Zahl der Wir- bel zwischen 37 und 41 differirend gefunden, bei einem Indi- viduum mit 39 Wirbeln gehörten 21 dem Rumpfe und 18 dem Schwänze an. Die Zahl der Rippen ist im Vergleiche zu der der Rumpfwirbel gering, es finden sich nur 13 — 16.
Weichtheile. Der Darmkanal ist sehr kurz, nicht länger als der Körper des Fisches, Kopf und Schwanz nicht mitgerech- net. Nachdem er bis zur Hälfte der Bauchhöhle herabgestiegen ist, wendet er sich wieder nach oben, erreicht aber nicht das obere Ende der Bauchhöhle, sondern biegt sich bald wieder nach links und hinten, um vollends gerade bis zum Anus zu verlaufen. Die Leber ist in 4 Lappen getheilt ; der eine, auf den man von der Bauchseite zunächst stösst, liegt in der ersten Windung des Darmkanals; der zweite längste, an dessen oberem Theile die Gallenblase befestigt ist, liegt an der rechten Bauchhöhlenwand an und schlägt sich mit seinem untern Ende nach links zum letzten Viertel des Darms herum; ein driller ganz kurzer Lappen
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auf der linken Seite endet unter der obern Windung des Darm- kanals; der vierte endlich liegt zwischen den Geschlechtsorganen und dem gerade verlaufenden letzten Theile des Darms. Die Schwimmblase weicht von der der übrigen Leuciscus nur unbe- deutend ab; die hintere Abtheilung ist nicht ganz doppelt so lang als die vordere und im Vergleiche zu dieser sehr schmal.
Nahrung. Der Grässling muss ausserordentlich schnell verdauen, da ich meist das Conlenlum schon so verarbeitet fand, dass selten das Gefressene noch erkannt werden konnte. Seine Nahrung scheint beinahe allein in animalischen Substanzen, In- sekten, Würmern u. dergl. zu bestehen. Dass er der Fischbrut besonders nachstelle, bezweifle ich, da ich nie eine Spur davon bemerken konnte.
Von Entozoen, welche übrigens im Herbste selten bei ihm zu finden sind, ist besonders der Filaria ovata zu gedenken. Sie findet sich in der Bauchhöhle, gewöhnlich mehrere bei ein- ander, und erreicht die Dicke und Länge eines Gordius aquaticus. Unter 10 untersuchten Grässlingen fand ich sie einmal. Am ganzen Neckar ist sie den Fischern sehr wohl bekannt, welche sie einstimmig für einen jungen Aal erklären.
Der Grässling laicht vom Mai bis in den Juni und setzt seine Eier auf Steine ab. Er findet sich heerdenweise überall im Neckar häufig, über steinigem und schlammigem Grunde. Er hat ein zähes Leben, man kann ihn in frischem Wasser längere Zeit aufbewahren, und ausser dem Wasser lebt er noch gegen eine Stunde fort. Wegen dieser Lebenszähigkeit gebraucht man ihn gerne an der Angel als Köder, besonders da ihn alle Raub- fische sehr gerne fressen. Uebrigens verdiente der Grässling seines sehr wohlschmeckenden, gesunden Fleisches wegen mehr Berücksichtigung, als dass er nur hie und da ausnahmsweise zur Speise benützt wird.
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 3s Heft. 18
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Leuciscus tinca. *)
Cyprinus tinca L.
Bloch, t. 14.
Mleidinger, II. t. 13.
Tinca vulgaris C u v. et Val. t. 484.
Yarrell, (s.328) s. 375. (
Jurine, pl. 10.
Fries och Ekström, pl. 52.
Tinca chrysitis Agass.
Bon aparte, fauna italica.
Schleihe. Tanche. Tench
j Bartfaden vergessen.
An jedem Mundwinkel ein sehr kleiner Barl- faden. Schuppen ausserordentlich klein.
Der Körper ist von der Seite betrachtet sehr breit, dabei aber doch etwas in die Länge gestreckt, wie beim Karpfen, von oben und von unten ist er gegen den Kopf hin breit, nach hinten aber bald schmal werdend. Der Rücken setzt sich vom Kopfe nur wenig ab und bildet bis zur Rückenflosse eine ziemlich starke Curve, schon vom Anfange der Rückenflosse senkt er sich aber sehr rasch in gerader Linie bis vor die Caudalis, gegen welche er noch einmal während einer kurzen Strecke ansteigt. Das untere Profil ist vom Kopfe bis hinter die Afterflosse nicht be- sonders stark gebogen und von da bis zur Caudalis gerade.
Die Höhe des Leibs ist 3Jmal in der Totallänge ent- halten, die Länge des Kopfs 5mal, oder diese ist gleich 2imal die Distanz der Augen genommen. Der Kopf ist also sehr breit, dem von Leuciscus dobiila vergleichbar. Die Schnauze und das Maul sind breit, der Oberkiefer länger als der untere; der Mund ist mehr quer als seitlich nach hinten gespalten ; im Mund-
'•') Der Grund, warum ich auch das Genus Ti nca von Cuvier nicht beibehalten habe, ist derselbe, den ich oben bei Leuciscus gobio angab. Die kleinen Schuppen sind ebenso wenig als die Bartfäden ein generi- scher Charakter, da auch hier sich üebergänge von den grössten zu den kleinsten Schuppen nachweisen lassen.
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Winkel, am untern Ende des Oberkieferknochens findet sich ein ganz kleiner Bartfaden.
Der Durchmesser des Augs ist in der Länge des Kopfs 7— 8mal, bei jungen Individuen nur 6mal enthalten. Die Pupille ist nahezu rund; die Entfernung des Augs von der Schnauzen- spitze gleicht der Distanz der Augen.
Am Kopfe finden sich mehrere Reihen von Schleimporen. Die eine, welche als Fortsetzung der Seitenlinie betrachtet wer- den kann, zieht sich oben auf dem Schädel gegen die Schnauze, biegt sich herunter um das Nasenloch und den untern Rand des Auges herum und kehrt hinten am Schädel wieder zu ihrem Anfang zurück ; eine weitere Reihe verläuft auf dem Praeoper- culum. Der Verlauf dieser Porenreihen ist auch an den Schädel- knochen durch vorragende Röhrchen oder Löcher deutlich zu erkennen: so auch beim Karpfen, der Karausche, dem Brachsen.
Der äussere membranose Opercularrand ist ausserordent- lich breit.
Die Flossen sind etwas dick und abgerundet. Die Brust- flossen haben 15 — 18 Strahlen und einen etwas schlangen- linienförmig gebogenen Rand; ihre Länge gleicht der der Ven- trales und der Höhe der Dorsalis.
Die Bauch flössen hatten bei meinen Exemplaren nur 10 Strahlen, während Bloch und Ekström ihnen 11 zuschreiben. Bei einigen Individuen war der erste ungegabelte Strahl ausser- ordentlich dick, wie es auch an der Abbildung von Fries und Ekström ersichtlich ist und von Ekström*) als allgemeine Beobachtung angegeben wird. Bon aparte und Vale nciennes sagen hievon weder etwas in ihrer Beschreibung, noch stellen sie es in ihren Abbildungen dar. Als Resultat verschiedener Untersuchungen ergab es sich, dass die Individuen mit dickem Strahle Männchen, die andern Weibchen sind. Die Bauchflossen sind länger als die Analis hoch ist.
Die Rückenflosse inserirt sich unmittelbar hinter oder noch über der Insertion der Ventrales und ist vom Kopfe weiter entfernt als von der Schwanzflosse. Sie hat 12 Strahlen, von
•) Fische von Mörkö, p. 69.
18*
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welchen die beiden ersten ganz rudimentär sind, der dritte halb so hoch als der vierte , dieser ungegabelt und erst der fünfte gespalten ist.
Die Afterflosse gleicht in der Form der Dorsalis; sie hat 11 Strahlen, von welchen die beiden ersten ganz rudimentär sind; der dritte ist um | kürzer als der vierte, ungegabelte, erst der fünfte ist gespalten.
Die oben und unten abgerundete Schwanzflosse hat 19 Strahlen, keinen Ausschnitt, sondern einen geraden Rand.
Die Seitenlinie senkt sich von der Höhe der Schulter in seichtem Bogen unter die Mittellinie des Leibs bis zum letzten Drittel der Körperlänge und verläuft vollends gerade und in der Mittellinie des Schwanzes bis zur Caudalis. Sie besteht aus etwa 95 Schuppen, welche wegen ihrer Kleinheit und des sie bedeckenden zähen Schleimes schwierig zu zählen sind.
Q u e r s c h u p p e n r e i h e. Nach der Höhe des Leibs zählte ich etwa 30 über und 18 — 22 Schuppenreihen unter der Seitenlinie.
Die Schuppen sind im Verhältniss zur Grösse des Fisches ausserordentlich klein, viel länger als hoch und gleichen der Form nach Schmetteriingsschuppen; sie liegen aber etwa nur zu i ihrer Länge frei an der Oberfläche. Die Fortsätze der Haut, in welcher sie stecken, ragen sehr weit zwischen den einzelnen Schuppen hervor in eine ausserordentlich dicke und zähe Schleim- schicht hinein, von welcher der ganze Fisch überzogen ist. Die Mittelschuppe ist etwa so hoch als der Durchmesser der Pupille, aber noch einmal so lang.
Farbe. Die Schleihe ist gewöhnlich oben dunkelgrün, metallisch glänzend, an der Seite mit goldenem Schimmer, unten heller mit vielen schwarzen Pigmentflecken. Die Flossen sind schwarz. Die Iris roth mit goldenem Glänze. Es ist mir nicht bekannt, dass die Varietät der Goldschleihe (Bloch t. 15) im Neckargebiete gefunden wurde.
Grösse. Obgleich die Schleihe unter günstigen Verhält- nissen ein Gewicht von 7 — 8 Pfd. erreichen soll, so sind die im Neckar gefangenen selten über IJ Pfd. schwer.
Schlundkieferzähne finden sich nur 5 dicke, welche in einer Reihe gedrängt an einander stehen.
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Am Skelette zähle ich 40 Wirbel, von welchen 22 dem Rumpfe und 18 dem Schwänze angehören; 19 Rippen.
Weicht heile. Der Darmkanal zeigt in seinem Verlaufe keine Abweichung von der bei den Leuciscus gewöhnlichen An- ordnung. Die Leber ist sehr gross, nicht nur ist die obere Verbindungsbrücke der Lappen von ungewöhnlicher Mächtigkeit, sondern ein Lappen reicht sogar bis an das untere Ende der Bauchhöhle. Die Milz gross, nach hinten schmal, in eine Spitze auslaufend; die Gallenblase langgestreckt, dickwandig, innen mit Längsfalten. Die Eier sind ausserordentlich klein. Die Testikel fand ich wenigstens im Herbste klein und schmal. Schwimm- blase kurz, aber sehr dick.
Die Nahrung der Schi ei he besteht hauptsächlich in Schlamm, in welchem sich organische Reste zersetzen, aber auch in Pflanzen, Insekten, Würmern etc. Sie laicht im Juni und setzt ihre kleinen Eier an Pflanzen im Wasser ab. Ich glaube jedoch nicht, dass sie sich im Neckar fortpflanzt, sie liebt nur ganz ruhige Wasser mit schlammigem Grunde. In den Altwassern des Neckars ist sie häufig und von da gelangt sie selten in den Neckar. Sie hat ein sehr zähes Leben und kann Tage lang ausserhalb des Wassers aushalten. Ihr Fleisch ist nicht verachtet, da es von Gräten frei ist, obgleich es meist einen modrigen Beigeschmack hat und schwer verdaulich ist.
Leuciscus phoxinus Cuv.
Cyprinus phoxinus L. Bloch, t. 8. f. 5 (zu lang). Meidin ger, t. 39. Cypr. rivularis Fall, Juri n e, pl. 14. Yarrell, (s. 372.) s. 423. Phoxinus laevis Agass.
Pfeile. Veron. Minow or Pink.
Schuppen sehr klein, in der Seitenlinie über 80; kein Bartfaden.
Der Körper dieses Fischchens ist von rundlicher, beinahe
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cylindrischer Gestalt; von der Seite betrachtet sehr schmal und in die Länge gestreckt. Der Rücken dagegen erscheint von oben sehr breit, abgerundet, mit einer Furche, welche sich vom Kopfe bis zur Rückenflosse erstreckt; er ist hinter dem Kopfe deutlich abgesetzt und verlauft, nur schwach sich gegen die Rückenflosse erhebend , beinahe gerade bis zur Caudalis. Auch das untere Profil ist ziemlich gerade. Das ganze Thier ist mit einer dicken, nach dem Tode abtragbaren Schleimschicht überzogen.
Die Höhe des Leibs ist gleich der Länge des Kopfs und nicht ganz 6mal in der Totallänge enthalten, die Distanz der Augen in der Kopflänge 2.^mal. Die Schnauze dick, abgerun- det; der Oberkiefer überragt kaum den untern; das Maul ist mehr quer als seitlich nach hinten gespalten. Der Durchmesser des Augs beträgt i der Kopflänge; die Pupille mit einem Winkel nach vorne. Die Entfernung des Augs von der Schnauzenspitze ist 3Jmal in der Länge des Kopfes enthalten.
Der äussere membranose Opercularrand ist sehr entwickelt.
Die Brustflossen haben 15 Strahlen und einen stark gebogenen Rand ; sie sind länger als die Bauchflossen und als die Dorsalis hoch ist.
Die Bauch flössen haben 8 Strahlen, sind abgerundet und nicht so lang als die Analis hoch ist.
Die Rückenflosse inserirt sich zwischen Bauch- und Afterflosse und ist vom Kopfe ebenso weit entfernt als von der Caudalis. Ihr oberer Rand ist etwas convex. 10 Strahlen.
Die Afterflosse, so lang und so hoch als die vorige, mit etwas convexem unterem Rande. Sie gleicht in der Form der Dorsalis und hat wie diese 10 Strahlen.
Die Schwanzflosse hat 19 Strahlen, ihr Einschnitt ist nicht besonders tief.
Die Seitenlinie ist etwas nach unten gebogen, verläuft aber sonst ziemlich gerade, mit Ausnahme einiger unbedeutender und unregelmässiger Ausbiegungen; sie besteht aus etwa 84 Schuppen, welche wegen ihrer Kleinheit etwas schwer zu zählen sind und von welchen die letzten 15 — 20 nicht mehr durch die Ausführungsgänge der Schleimdrüse durchbohrt werden.
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Querschlippen reihe. Nach der Höhe des Leibs zähle ich etwa 15 Schuppenreihen über und 14 unter der Seilenlinie.
Die Schuppen sind sehr klein und an manchen Stellen, wie auf dem Rücken, so dünne, dass man anfangs diese Par- thieen für nackt hält, und erst wenn man sie getrocknet hat, ihre Beschuppung erkennen kann. Die Schuppen fehlen aber zwischen den Brustflossen. Die Mittelschuppe ist viel kleiner als die Pupille.
Die Pfeile variirt ungemein in der Färbung, so dass kaum 2 Beschreibungen , zumal wenn sie nach Exemplaren aus ver- schiedenen Gegenden gemacht sind, mit einander übereinstimmen werden. Auch verschwindet oder verändert, sich die lebhafte Färbung sogleich nach dem Tode. Oben ist die Pfeile oliven- grün oder isabellfarbig, die Seiten und der Bauch silberglänzend. In der vertieften Mitte des Rückens findet sich meist eine bald schwärzliche, bald gelbliche Binde. Betrachtet man den Fisch in schräger Richtung, so erscheint über der Seitenlinie ein gold- glänzendes breites Band. Bei manchen Individuen finden sich viele unregelmässige schwarze Querbinden an den Seiten des Leibs. Oft sieht man an der Basis der unpaaren Flossen, be- sonders der Schwanzflosse einen schwarzen Fleck. Die Schuppen sind mit schwarzen Pigmentfleckchen besät, was unter der Loupe noch deutlicher wird. Die Iris ist weiss, hie und da oben etwas gelblich.
Die Pfeile erreicht weniger im offenen Neckar als an Stellen, wo Bäche mit schlammigem Grunde sich in ihn ergiessen, eine beträchtliche Grösse. Gewöhnlich wird sie nur 3J" gross; das grösste Exemplar, welches Valenciennes sah, halte 4" 2'". An der Einmündungsslelle der Ammer in den Neckar bei Tübingen wurden 2 Exemplare gefangen, von welchen das eine 4" 1'", das andere 4" 4'" rnass.
Es finden sich 2 Reihen Schlundkieferzähne; in der äussern 5 gekrümmte, nicht sägeförmig eingeschnittene, in der Innern 2 viel kleinere. Die obere Platte besteht aus einem vordem , mit Höckern versehenen, doppelherzförmigen , mit der Spitze nach vorwärts gerichteten Stücke und einer hintern kleinern nabeiförmig hervorragenden Erhabenheit.
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Skelett. Die Schädeldecke ist abgerundet und glatt; das Ethmoidalbein ist oblongal, aber nicht wie bei andern Leu- ciscus mit der breiten Seite gegen die Schnaulze gekehrt, son- dern mit der schmalen. Der Supraorbitalknochen ist sehr gross und begränzt beinahe den ganzen obern Augenkreis. Der obere hintere Winkel des Kiemendeckels verlängert sich nach oben, so dass dieser oben halbmondförmig ausgeschweift erscheint. Der Humerus sehr breit, wenigstens sein aufsteigender Ast; das os innominatum nur bis zur Hälfte gespalten. Es finden sich 40 Wirbel, von welchen 21 dem Rumpfe, 19 dem Schwänze an- gehören. 15 — 16 Rippen.
W e i c h t h e i 1 e. Der Darmkanal mit seinen 2 Windungen zeigt keine Abweichung von der bei den Leuciscus gewöhnlichen Bildung. Das Peritoneum ist ein wenig schwarz pigmentirt: die hintere Abtheilung der grossen Schwimmblase ist an beiden Enden abgerundet, so dass das hintere dicker ist als das vordere; in der Mitte schnürt sich diese Abtheilung ein wenig ein.
Nahrung. Dieser kleine Fisch ist sehr gefrässig und beisst an der Angel an, sobald er den daran befestigten Regen- wurm gewahr wird. Er nährt sich ausserdem von Insekten, kleinen Helix, Samenkörnern und andern vegetabilischen Stoffen.
E n t 0 z 0 e n. Das ganze Jahr finden sich in seinen Ein- geweiden nicht selten verschiedene Arten von Echinorhynchus.
Die Pfeile laicht erst, wenn es schon recht warm ist, etwa im Juni, und zwar längere Zeit hindurch. Die Eier werden auf steinigem Grunde abgesetzt.
Sie hält sich am liebsten auf an klaren Stellen mit kie- sigem oder sandigem Grunde , wo zugleich das Ufer mit Gras bewachsen ist. Sie lebt hier gesellig in grossen Schaaren und ist einer der häufigsten Fische des Neckars. Dass sie die Ge- sellschaft anderer Fische meide, wie Bloch angibt, kann ich nicht bestätigen, indem ich zugleich mit der Pfeile beinahe alle andern Leuciscus gefangen habe. Sie hat ein zartes Leben, doch kann man sie, wenn sie täglich mit frischem W^asser ver- sehen wird, lange Zeit am Leben erhalten.
Obgleich ihr Fleisch sehr wohlschmeckend sein soll, so
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Neckar
Gedr.v.G Kusiner
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wird sie doch bei uns nicht gegessen, da der kleine Fisch die Mühe einer besonderen Zubereitung nicht verlohnt. Dieser be- darf er aber, indem die Gallenblase, welche das Fleisch durch ihren bitlern Geschmack ungeniessbar macht, entfernt werden muss. Der Nutzen der Pfeile besteht, um mich eines stehenden Ausdrucks älterer Naturforscher zu bedienen, nur darin, dass sie andern Fischen zur Nahrung dient.
Leuciscus muticellus B o n a p.
Hiezu die Abbildung.
Bonaparte, Fauna ital. Pesci. t. 116.
Hasel in Tübingen; Gangfisch in Heilbronn.
Auf der Seitenlinie 54 bis 60 Schuppen; After- flosse 12strahlig; Schlundkieferzähne, in der äus- sern Reihe 5, in der innern 2; über der Seiten- linie eine dunkle Binde.
Der Körper dieses Fisches ist von der Seite betrachtet, schmal und langgestreckt, von oben und unten erscheint er breit. Der Kücken steigt sogleich hinter dem Kopfe ziemlich steil an, und verläuft dann breit, abgerundet und ziemlich gerade bis zur Schwanzflosse. Aehnlich das unlere Profil.
Die Höhe des Leibs ist über 5mal in der Totallänge enthalten, bei einem 9" langen Exemplar sogar 6mal. Aber wie bei andern Fischen ist während der Laichzeit , besonders bei Weibchen die Höhe im Allgemeinen bedeutender.
Die Länge des Kopfs ist 5J— 5|mal in der Totallänge enthalten, oder etwas geringer, als die Sfache Distanz der Augen. Das Maul ist der Grösse des Fisches proportionirt, seine seit- lichen Händer stehen beinahe horizontal; der Oberkiefer über- ragt deutlich den untern, bei 6" langen Exemplaren um 1"' und gibt der Schnauze eine zugespitzte Form.
Der Durchmesser des Augs ist in der Länge des Kopfs 5mal enthalten; seine Entfernung von der Schnauze ist gleich der Distanz der Augen. Die Pupille hat einen Winkel nach unten.
Der äussere membranose Opercularrand ist nicht besonders stark entwickelt.
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Die Brustflossen haben 15 — 16 Strahlen, ihre Länge übertrifft die der Ventrales und die Höhe der Dorsalis ; sie sind schmal, mit sehr wenig convexem Rande.
Die abgerundeten Bauch flössen sind 9 — lOstrahlig und länger, als die Analis hoch ist.
Die Rückenflosse steht über oder unmittelbar hinter der Insertion der Ventrales. Ihre Entfernung vom Kopfe ist gleich der von der Schwanzflosse, oder es sind beide nur um ein Unbedeutendes verschieden und zwar dann immer so, dass die Dorsalis dem Kopfe etwas näher gerückt ist. Sie hat meist 10, selten 11 Strahlen und ihr oberer Rand ist gerade.
Die Länge der Afterflosse fand ich meist gleich der der Rückenflosse, hie und da etwas geringer. Sie ist aber nicht so hoch als diese, gleicht ihr jedoch in der Form. Bei weitem am häufigsten fand ich als Zahl der Strahlen 12, einigemal nur 10 und 11, einmal 13. Der untere Rand der Flosse ist etwas convex.
Die Schwanzflosse mit 19 Strahlen und einem Aus- schnitt.
Die Seite nli nie fällt von der Schulter, wo sie über dem Kiemendeckel beginnt, in einem schwachen Bogen sich krümmend, ganz allmählig ab,, und verläuft in diesem Bogen, etwas unter der Mittellinie des Leibs, bis zur Afterflosse. Von da an ist ihre Richtung gerade und in der Mittellinie des Schwanzes bis zur Caudalis. Sie besteht aus 54 — 60 Schuppen, deren Erhaben- heiten nicht besonders stark markirt sind, und welche meist da, wo sie mit ihrem Rande auf die Erhabenheil der nächsten Schuppe stossen, einen Ausschnitt haben.
Querschuppenreihe. Nach der Höhe des Leibs zählte ich über der Seitenlinie 9 — 10, selten 11, unter ihr 5 — 6, selten 7 Schuppenreihen. Die Mittelschuppe ist ungefähr die 30. der Seitenlinie, und das untere Ende der Querschuppenreihe fällt auf den Anfang des hintern Drittels der Distanz zwischen Bauch- und Afterflosse.
Die Schuppen sind klein, mit vielen Streifen versehen, so hoch als lang. Die Mittelschuppe bedeckt gerade die Pupille und den sie umgebenden gelben Ring.
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Farbe. Der Rücken ist dunkel bleifarbig, die Seiten heller, der Bauch weiss; über der Seitenlinie findet sich eine dunkle metallisch glänzende Binde , welche aus vielen schwarzen Pig- mentflecken zusammengesetzt ist ; sie setzt sich auf dem Kiemcn- deckel fort und ist hier am dunkelsten. Die Seitenlinie ist gelb, welche Färbung von gelben Flecken herrührt, von denen je einer auf den Schuppen der Seitenlinie sitzt. Ein solcher Fleck ist da am intensivsten, wo die Oeffnungen der Schleimdrüse liegen. Die Basis der unlern Flossen gelb, seltener auch die der Rücken- und Schwanzflosse. Um die Pupille ein orangegelber Ring, der äussere Theil der Iris dunkel pigmentirt. Die Spalte zwischen Kiemendeckel und Praeoperculum gelb.
Grösse. Dieser Fisch erreicht gewöhnlich nur die Länge von 6—7", selten trifft man Individuen von 9"; letztere er- hielt ich von Heilbronn.
S c h 1 u n d k i e f e r. Auf jeder Reihe stehen 2 Reihen von Zäh- nen. In der äussern stehen 5, welche sämmtlich eine nach innen gekrümmte Spitze haben, und von denen die grösseren gezähnelt sind; in der innern 2 viel kleinere. Oft finden sich ringsum in der Schleimhaut die Ersatzzähnchen, an welchen die Zähne- lung noch deutlicher erscheint. — Die Platte, gegen welche die Schlundkiefer wirken, ist länglich-oval und höckerig.
Die Nahrung dieses Fisches besteht ebenso aus vegeta- bilischen, als animalischen Substanzen. Unter anderem fand ich in seinem Magen Laufkäfer und kleine Mollusken.
Von Entozoen habe ich nur im Oktober den Echino- rhynchus proteus häufig angetroffen.
Er laicht im April, nur während 3—4 Tage, und setzt seine Eier auf Steine ab. Dabei ist es eigenthümlich , dass er sich in dieser kurzen Zeit mit der Nase (Chondrostoma nasus) zusammenhält und gemeinschaftlich mit den Schaaren dieser Art sein Fortpflanzungsgeschäft verrichtet. Er ist im ganzen Neckar ziemlich häufig, von den Fischern aber sehr verachtet. Zur Speise wird er gar nicht benützt und nur als Futter für andere Fische, besonders auch für die Krebse gefangen.
Auffallend ist es, dass die Kenntniss dieses Fisches trotz
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seiner Häufigkeit eine so unsichere geblieben ist. Entweder war er denen, welche bis jetzt die Neckarfische untersucht haben, ganz unbekannt, da er von den Fischern als nutzloser Fisch nicht gefangen wird; oder wurde er mit Cypr. leuciscus zusammen- geworfen, mit welchem er, zumal da nach dem Tode die Farben bald verbleichen, verwechselt werden könnte, von dem er sich aber hinlänglich durch die gestrecktere Körperform, die viel kleinern Schuppen und das schwarze Peritoneum unterscheidet. Doch mögen zu einer Verwechslung mit diesem, sehr viel seine Trivialnamen „Hasel und Gang fisch" beigetragen haben. Diese sind nämlich als Colleclivnamen zu betrachten, mit welchen keine besondere Species bezeichnet wird; sondern es werden durch sie mehrere kleinere, nutzlosere Fische umfasst. So be- nennt man mit dem ersten Namen in Nord-Deutschland den Cypr. dohula oder unsern Schuppfisch, am Bodensee und an der Donau den Cypr. leuciscus, am obern Neckar unsere Art von Leuciscus. „Gangfisch" bezeichnet eine Menge kleinerer Fische aus ganz verschiedenen Familien: am Bodensee wird so der junge Blaufelchen (Coregonus lavarettis) und oft auch Cypr. alburnus genannt, am untern Neckar wird darunter Cypr. leu- ciscus und unsere Art von Leuciscus zusammengeworfen.
Im Naturalienkabinete zu Tübingen findet sich ein ausge- stopftes Exemplar unseres Fisches, mit der Benennung Cypr. dobula, ein anderes unter dem Namen Cypr. aphya, welche beide wahrscheinlich aus der alten Schübler'schen Sammlung her- stammen und auch daher ihre Etiquette gebracht haben. C. aphya ist eine oft gebrauchte und für viele Arten gemissbrauchte Benennung vonLinne für einen kleinen Fisch, der nicht mehr bestimmt werden kann, den aber Valenciennes für C. phoxi- nus hält. C. aphya von Bloch wird von Valenciennes für seinen Leuciscus iris angesprochen. >Vie dem sei, C. aphya von Linne oder Bloch kann nicht auf unsern Fisch bezogen werden. Dagegen beschreibt Valenciennes einen Leuciscus Agassizii und bildet ihn Tab. 495 ab, welcher in manchem mit unserer Art übereinstimmt, besonders nach der beigpgebenen Ab- bildung. Leider stimmt aber diese nicht mit dem Texte über- ein : nach der Abbildung hatte der Fisch wie der unsrige 54
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Schuppen in der Seitenlinie, nach dem Texte aber nur 43.*) Da ausserdem Valenciennes ausdrücklich für seinen Leucis- cus Agassizii in der äussern Schlundkieferreihe nur 4 Zähne, in der innern nur einen als besondere Eigenthümüchkeit beansprucht, so kann unsere Art von jenem verschieden sein.
Vergleicht man meine Beschreibung und Abbildung mit der von Bonaparte, so wird man, schon in der Diagnose, auf Unter- schiede aufmerksam gemacht, welche vermulhen Hessen, dass unser Neckarfisch von dem Bonaparte's specifisch verschieden sei. Trotz aller Verwandtschaft bleibt doch die bedeutende Länge der paarigen Flossen , besonders der Pectorales, welche die Basis der Ventrales erreichen, bei L. muticellus Bonap. höchst auf- fallend; und ich hielt mich lange Zeit nach sorgfältiger Prüfung für berechtigt, den Fisch des Neckars als eigene Species zu betrachten, hatte ihm auch wegen seines schwarz - pigmentirten Peritoneums den Namen L. melanoticus bestimmt. Ein leichterer Unterschied war, dass der Fisch Bonaparte's nach der An- gabe von Valenciennes in der innern Reihe der Schlund- kieferzähne 3 Zähne hat, während ich bei dem des Neckars nur 2 fand. Entscheidend musste eine genaue unmittelbare Ver- gleichung der Fische aus beiden Ländern sein, und die Herrn Conservatoren des zoologischen Museums in Stuttgart hatten auf meinen Wunsch die Güte , nebst andern Fischen auch dea L. muticellus Bonap. aus der Lombardei sich zu verschaffen.
Die angekommenen Exemplare stimmten nun anatomisch vollkommen mit den unsrigen überein, in zoolo- gischer Beziehung mehr, als mit dem von Bonaparte; die Länge ihrer Flossen war nicht bedeutender, als bei den unsern : somit scheint schon in Italien dieser Charakter zu variiren ; es fanden sich auch nur 2 Schlundkieferzähne in der innern Keihe; das Peritoneum schwarz. Dagegen sind bei ihnen die Schuppen etwas grösser, in der Seitenlinie finden sich nur 48 — 50. Bei der Beurtheilung der angegebenen Unterschiede kam mir
'■') Es könnte jedoch die Frage entstellen, ob das quarante-trois nicht durch ein Versehen des Schreibers oder Druckers aus einem cinquante- trois entstanden ist.
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die Untersuchung des Leuciscus eryfhrophthalmus sehr zu stalten; hier finden wir, wie wir weiter unten sehen werden, die Länge der Brustflossen und die Zahl der Schlundkieferzähne in der- selben Weise variirend. Nach diesen mir vorliegenden That- sachen halte ich diesen Leuciscus des Neckars mit dem Italiens für identisch, und die von Bonaparte beschriebene Art für eine Varietät mit verlängerten Flossen. Nur dann, wenn an Ort und Stelle diese Varietät und die mir zugekommenen Exem- plare aus der Lombardei als verschiedene Species erkannt wür- den, müsste ich auch den von mir beschriebenen Fisch als eigene Art mit dem angegebenen Namen aufrecht erhalten. So aber bleibt mir nichts anderes übrig als den von B on a par t e, wenn auch nur für eine Varietät gewählten Namen beizubehalten.
Zu vergleichen wäre sodann noch der Squalius UklivaUecl..*) welchen ich nach seiner hier beigefügten Beschreibung ebenfalls mit unserem Neckarfische für identisch halte :
„Squalius Ukliva. Körper etwas comprimirt ; Kopf kurz, „dick, stumpf, y\ der Gesammtlänge oder ^ der grössten Körper- „höhe gleich. Nase dick, vorragend; Mund klein. 11 Schuppen- „reihen über, 6 unter der, aus 64 Schuppen bestehenden Lin. „tat. ; Rückenflosse perpendikulär über den Bauchflossen „entspringend; D : 3 | 7. A | 3 | 8. Gelblich-silbern mit schwärz- „lich-grünem Kücken und einem schwärzlichen breiten, oft aber „kaum sichtbaren Längsstreif an jeder Seile ; Basis der Flos- „s e n orange, (wie an der vorbeschriebenen Art, von welcher er „sich vorzüglich durch höheren Körper , kürzeren Kopf und „grössere Schuppen unterscheidet). Länge 6". Im Flusse „Cetlina."
Wir haben noch einiges über die Anatomie dieses Fisches beizufügen , die sich jedoch im Wesentlichen von der seiner Galtungsverwandten nicht unterscheidet.
Der Zwischenkiefer ist schmäler, als der obere, reicht aber soweit herunter als dieser und befestigt sich zugleich mit ihm an dem breiten aufsteigenden Aste des Unterkiefers. Die vor- dere Jochbeinplatte liegt zwischen Vorderstirnbein und dem
*) Russegger's Reisen. Bd. I. p. 1042.
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Oberkiefer und hat eine schuppenförmige Gestalt, unten mit abgerundetem Rande; mit ihrer obern concaven Seite bildet sie einen Theil des Randes der Nasenhöhle. Mit der zweiten Platte beginnt eigentlich erst der Infraorbitalbogen ; sie ist länglich mit vorderem breitem Ende, nach hinten sich verschmälernd, und der Jochbogen ist da, wo die 2. und 3. Platte sich vereinigen, am schmälsten. Die 3. ist vorne schmal und nach hinten breiter; sichelförmig gebogen mit unterem convexem und oberem con- cavem Rande bildet sie schon einen Theil des aufsteigenden hinlern Astes des Jochbogens. Er wird geschlossen durch die 4. Platte, welche gleichmässig oblongal ist und sich durch Ver- mittlung eines ganz kleinen Knochens mit dem Hauptstirnbeine verbindet. Wie überhaupt bei den Cyprinus sind alle diese Platten ihrer ganzen Länge nach von einer Röhre durchzogen, welche mit den Schleimcanälen und Poren der Weichtheile im Zusammenhange steht. Der Supraorbitalknochen ist lang, schmal, legt sich an die Seiten der Stirnbeine an und bildet den vordem obern freien Rand der Augenhöhle. Der Kiemendeckel ist ein unregelmässiges Trapez : die an das Praeoperculum stossende vordere Seite ist die längste, die obere ausgeschweifte die kleinste, die beiden andern beinahe gleich lang. Das sensen- förmige Suboperculum hat einen untern abgerundeten Rand, nach hinten endet es in eine stumpfe Spitze, mit einer schmalen Seite legt es sich an das Interoperculum an. Die beiden Aeste des Praeoperculum stehen beinahe unter einem rechten "W^inkel auf einander, der Winkel ist abgerundet, und nach innen ist zwischen dem horizontalen und senkrechten Aste eine dünne Knochenlamelle ausgespannt. Der untere Rand des Interoper- culum bildet einen seichten Bogen , der obere ist etwas tiefer ausgeschnitten ; es ist ein länglicher Knochen , der nach vorne sich spitz endet. Die Knochenleisten auf dem Zwischenscheitel- beine und am Hinlerhaupte sind stark entwickelt.
Der erste von vorne nach hinten zusammengedrückte Wirbel hat 2 sehr dünne Querfortsälze , welche nicht länger sind, als der Körper breit ist. Die Querfortsälze des zweiten Wirbels sind viel länger, an der Basis breit, am Ende spitz ; die Bögen dieser beiden W irbel sind unter sich, aber nicht mit ihren Körpern ver-
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wachsen. Der dritte mit 2 sehr kleinen Querforlsätzen hat einen obern gabelförmigen zu 2 breiten Flügeln entwickelten Dornfort- satz; an dem vierten mit einfachem oberem Dornfortsatze und 2 langen den Uebergang zu den Rippen bildenden Querforlsätzen, befestigen sich unten 2 stielförmige, gegen einander gebogene Knochen, an welchen sich die Schwimmblase befesligt. Ausser diesen finden sich am Rumpfe noch 20, am Schwänze 19 — 20 Wirbel. 16 — 18 Rippen, von denen die letzte meist nur in den Muskeln steckt. Die Länge der ziemlich starken Rippen ist etwas über 4mal in der Länge der Wirbelsäule enthalten, wenn man die fächerartige Ausbreitung des letzten Wirbels nicht in Rechnung bringt. Die Dornfortsätze der Wirbel sind dünn und schwach und die Länge des grössten beträgt nicht einmal die halbe Länge der grössten Rippe. Das Os innominatum ist beinahe bis zur Hälfte gespalten , die Aeste der Gabel sind sehr dünne.
W e i c h t h e i 1 e. Die Zunge ist ganz auf dem Boden der Mund- höhle festgewachsen. Der Magen ist vom Darmkanale nur undeut- lich abgesetzt; gleich hinter ihm mündet der sehr kurze ductus choledochus. Der Darmkanal steigt bis zum letzten Drittel der Bauchhöhle herab, wendet sich sodann nach links und oben ; oben angekommen , macht er eine zweite Windung, um dann vollends an der linken Seite bis zum Anus gerade zu verlaufen; er ist gleich der Totallänge des Thiers, Von den 3 Lappen der Leber ist der rechte der dickste und grösste, mit seinem untern Theile schlägt er sich nach links um und kommt zwischen Darmkanal und Ovarium zu liegen , an ihm ist die grosse ovale Gallen- blase, welche die dunkelgrüne Galle enthält, befestigt; der linke Lappen ist der kleinste; der mittlere ist schmal und begleitet den Darmkanal bis zu seiner untern Windung. Die Eier sind ziemlich gross, für beide Ovarien lässl sich ihre Zahl auf 6000 berechnen. An den Nieren ist eine Querleiste bemerkbar, welche in die Einschnürung der Schwimmblase passt. Diese ist wie der Leib schmal und in die Länge gestreckt, die hintere und vordere Abtheilung sind gleich dick, die erstere aber über noch einmal so lang als die vordere. Eine besondere Eigenthümlich- keit dieses Fisches ist die intensiv schwarze Färbung des Peri-
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toneums; er hat dies, wenigstens unter den Cyprinoiden, meines Wissens nur mit der Nase (Chondrostoma nasus) gemein.
Leuciscus vulgaris Fiemm.
Cyprinus leuciscus L.
Bloch, t. 97, f. 1 schlecht.
Cyprinus dobula. *)
Cyprinus jaculus Jur ine, pl. 14 (der Unterkiefer zu lang).
Yarrell, (p. 358) s. 404.
Leuciscus argenteus Agassiz,
Springer, Gangfisch, Hasel. Vandoise. Dace.
Auf der Seitenlinie 49 bis 52 Schuppen. After- flosse llstrahlig. An den Seiten silberglänzend.
Der Körper ist von der Seite betrachtet, nicht sehr schmal, dabei aber etwas in die Länge gestreckt, von oben und unten ist er breit. Der abgerundete Rücken setzt sich vom Kopfe nur wenig ab, und biegt sich in einer schwachen Curve bis zur Rückenflosse, wo er am höchsten ist. Der Schwanz ist oben ziemlich breit und abgerundet, sein Profil ist nur hinter der Dorsalis schwach convex gebogen. Die untere Seite bildet vom Kopfe bis zum Schwänze eine ziemlich starke Curve.
Die Höhe des Le ibs ist bei Weibchen in der Total- länge 4J, bei Männchen weniger als 5mal enthalten; jüngere Individuen sind noch niedriger.
Der oben abgerundete, an den Seiten aber platte Kopf ist in der Totallänge über 5mal enthalten, oder seine Länge ist gleich der dreifachen Distanz der Augen. Das Maul ist schmal, der Oberkiefer überragt bei weitem den untern, die Ränder beider Kiefer decken sich aber nicht vollständig, so dass eine dreieckige Spalte offen bleibt. Der Durchmesser des Augs ist in der Länge des Kopfs weniger als 5mal enthalten, seine
*) Unter diesem Namen wurde dieser Fisch bisher in den Verzeich- nissen unserer Fauna aufgeführt: mit welchem Rechte, darüber s. das Weitere bei der nächsten Art.
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 3s Heft. 19
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Entfernung Von der Schnauzenspitze beträgt 1^ seiner Durch- messer. Die Pupille hat einen Winkel nach unten oder nach vorne.
Der äussere membranose Opercularrand ist ziemlich stark entwickelt.
Die Brustflossen haben 16— 19 Strahlen, sie sind bald etwas kürzer, bald etwas länger, als die Dorsalis hoch ist, bald dieser gleich, aber immer länger als die Bauchflossen. Ihre Länge ist meistens nicht ganz 7mal, in einem einzigen Falle T^mal in der Totallänge enthalten. *) Sie haben einen schlangenlinienför- migen Rand.
Die Bauchflossen mit 9 Strahlen und beinahe geradem Rande sind so lang, als die Analis hoch ist.
Die Rückenflosse steht über, selten unmittelbar hinter der Insertion der Ventrales; sie ist vom Kopfe und der Schwanz- flosse gleich weit entfernt, oder wenn die Distanzen verschieden sind, ist die Differenz eine ganz unbedeutende. 10 Strahlen; der obere Rand etwas ausgeschweift.
Die Länge der Afterflosse ist geringer als die der Dorsalis, und wird durch die eigene Höhe um vieles übertrof- fen.**) Sie hat 11, selten 10 Strahlen, und einen untern etwas concaven Rand.
Die Schwanzflosse mit 19 Strahlen und einem Aus- schnitt.
Die Seitenlinie senkt sich von der Schulter, wo sie über der halben Körperhöhe entspringt, in einem seichten Bogen
*) Ich führe dieses Verhältniss hier an, weil Valenciennes aus- drücklich sagt: cette nageoire est petite et obtuse; sa longueur ne fait que le huitieme de celle du corps.
**) Auch hier weicht wieder die Beschreibung von Valenciennes wesentlich ab, wenn er sagt: sa longueur egale sa hauteur. Uebrigens scheint seine Beschreibung nur nach einem Exemplare, das diese Diffe- renzen vielleicht zufällig zeigte, gemacht zu sein. Man könnte dies aus den Worten schliessen : Voici une description faite avec details sur un individu pris au moraent, oü il sortait des eaux de la Seine. — Ware dem so, so verlören seine Beschreibungen einen grossen Theil ihres Werthes.
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gegen den Bauch und verläuft dann gerade und unter der Mittel- linie des Leibs bis zur Schwanzflosse. Sie besteht aus 49 — 52 Schuppen, deren Erhabenheiten ziemlich stark markirt sind, und von welchen selten eine einen Ausschnitt zeigt.
Querschuppenreihe. Nach der Höhe des Leibs zählte ich über der Seitenlinie 8, selten 9, unter ihr 5 Schuppenreihen. Die Mittelschuppe ist ungefähr die 26. der Seitenlinie; und das untere Ende der Querschuppenreihe fällt auf den Anfang des letzten Drittels der Distanz zwischen Bauch- und Afterflosse, selten unmittelbar vor den Anus.
Die Schuppen sind der Grösse des Fisches proportionirt und zeigen 4 — 8 radiale Streifen. Die Mittelschuppe ist höher als lang , und bedeckt das Auge zur Hälfte oder zu 2 Dritteln.
Farbe. Rücken dunkelgrün, metallisch-glänzend, die Seiten matt Silber-glänzend, oft mit einem bläulichen Schimmer. Be- sonders bei Männchen sind an den Seiten die zwischen den Schuppen hervorragenden membranosen Fortsätze mit kleinen schwarzen Pigmentflecken besät. Untere Seite weiss. Rücken- und Schwanzflosse von der Farbe des Rückens, die untern Flossen etwas röthlichgelb angeflogen. Iris bald gelbroth, wie beim Rothauge, bald nur messinggelb.
Dieser Fisch erreicht nur die Grösse von 10".
Auf jeder Seite finden sich 2 Reihen Schlundki efer- zähne : in der äussern stehen 5, welche an der Spitze gekrümmt und nicht gezahnt sind; doch kann man bei Zahnkeimen Spuren einer schwachen Zähnelung wahrnehmen. Die innere Reihe besteht aus 2 viel kleinern Zähnchen. Die Platte, gegen welche sie wirken, besteht aus 2, der Grösse nach ungleichen Stücken, die jedoch nicht so scharf geschieden sind, wie bei andern ver- wandten Arten. Das vordere grössere Stück ist rauh, dreieckig, mit der Basis nach hinten gekehrt, das hintere kleine ist rund, nabeiförmig.
Anatomie. Am Rumpfe finden sich 23—24, am Schwänze 19_20 Wirbel. 20 Rippen. Die Weichtheile zeigen keine besondere Eigenthümlichkeit.
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Der Springer nährl sich Iheils von Würmern u. dgl., theils von vegetabilischen Substanzen. Ich habe gefunden, dass Exem- plare aus dem Neckar, welche hauptsächlich von animalischen Substanzen sich nährten, viel besser genährt waren, als solche aus der Blaulach , wo sie beinahe nur auf vegetabilische Kost angewiesen sind. Die erstem hatten ein ganz anderes Ansehen bekommen , so dass man sie auf den ersten Blick für eine an- dere Art halten konnte, namentlich erschien der Kopf breit und abgerundet. Andere, als Formdifferenzen, waren aber nicht vor- handen.
Enlozoen. Bis in den Winter finden sich häufig EcÄmo- rhynchi. Einmal fand ich in der Bauchhöhle die sonst dem Cyprinus gobio eigenthümliche Filaria ovata , welche von den Fischern allgemein für einen jungen Aal gehalten wird.
Fortpflanzung. Die Eier, deren er eine ausserordent- liche grosse Anzahl legt, setzt er auf einmal an Steine ab, so- bald im Frühjahre wärmeres Wetter eintritt. Seine Brut scheint aber vielen Gefahren ausgesetzt zu sein, da er trotz der Menge seines Rogens nicht, wie man aus der Benennung vulgaris schliessen könnte, sich häufiger, als seine Verwandten findet. Den stehenden Altwassern, in welchen er übrigens immer zu finden ist, zieht er das fliessende Wasser vor, wo er sich besonders gerne an etwas rasch strömenden Stellen aufhält. Bei guter Witterung schnellt er häufig, im Sommer, wie im Winter, über die Oberfläche des Wassers empor, was man bei andern Fischen nur zur Laichzeit bemerkt. Daher die bei uns gewöhnliche Benennung „Springer". Schon bei allen Schriftstellern finden wir ihn als „Jaculus'' bezeichnet ; in Frankreich heisst er in manchen Gegenden Bard, was beides einen Wurfspiess bedeutet. Auch schwimmt dieser Fisch sehr schnell.
Gefangen wird er das ganze Jahr zugleich mit andern Fischen.
Der Nutzen dieses Fisches wird sehr gering anzuschlagen sein; gewöhnlich wird er wegen seines grätigen Fleisches und seiner unbedeutenden Grösse auch vom gemeinen Manne nicht gegessen. Da er jedoch der Brut nützlicherer Fische durchaus nicht schadet, so ist er auch als unschädlich zu bezeichnen.
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Leuciscus dobula (Cuvier) V a 1.
Cypriniis cephalus auct.
Cyprinus dobula Cuv.
Bloch, t. 5.
Yarrell, (p. 346) s. 397.
C. jeses Jurine, pl. 11.
C. jeses Fries och Ekström, pl. 13.
Schuppfisch, Dickkopf, (Alet). Chevaine, Meunier.
Die Nomenclatur, welche bisher in den Verzeichnissen unserer Fauna angewendet wurde, habe ich verlassen zu müssen geglaubt. C. dobula wurde bisher als Name der vorhergehenden Art gegeben, welche entschieden der C. leuciscus des Linne ist; es fragt sich nun aber, was er unter seinem C. dobula und cephalus verstanden habe.
Zu keinem Ziele würde es führen, wenn wir auf Angaben vor Arte di, welche etwa hieher bezogen werden könnten, zurück- gingen. Artedi führt in seinen Genera piscium Nro. 12 und in den Descriptiones Nro. 10 einen Cyprinus auf: oblongus, macrolepidotus, pinna ani ossiculorum 11: welche Diagnose ganz auf unsern Schuppfisch passte und die Beibehaltung der diesem Fische A r t e d i s von Linne gegebenen Benennung cephalus recht- fertigte, wenn er ihm nicht 9 Strahlen für die Bückenflosse zu- schriebe und Synon^-me aufführte, welche offenbar auf C. jeses und andere zu beziehen sind. Dagegen wird von Valenciennes auf unsern Schuppfisch die Art Nro. 17 in den Descriptiones Artedi's bezogen: pedalis, gracilis, oblongus, crassiusculus, dorso crasso, pinna ani ossiculorum 9 : welcher Fisch von Linne in sein Systema naturae mit dem Namen C. dobula eingeführt wurde. Valenciennes hat sich hier offenbar getäuscht; die Hälfte der Charaktere, welche Artedi seiner 17. Art gibt, passt nicht auf den Schuppfisch. Nichts destoweniger behalte ich aber die Benennung von Valenciennes bei; einmal weil, wie oben bemerkt wurde, unter dem Namen cephalus schon von Artedi und Linne mehrere Arten vermengt wurden;
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zweitens weil nicht nachgewiesen werden kann, welchen andern Fisch Artedi unter Nro. 17 und Linne unter dem Namen dobula verstanden; in keinem Falle den Leuciscus vulgaris, da sie diesen unter einem andern besondern Namen aufführen ; drittens weil es bei der grossen Verwirrung nothwendig ist, sich an eine bestimmte Nomenclatur zu halten, Valenciennes aber wegen seiner zahlreichen, in der Mitte des umfassendsten Materials angestellten Untersuchungen am ehesten darauf An- spruch machen kann.
Die Breite des Kopfs beinahe nur um die Hälfte geringer, als seineLänge. In der Seit en linie 42—46 Schuppen. Rücken- und Afterflosse llstrahlig.
Der Körper ist von der Seite betrachtet, schmal und in die Länge gezogen, der Rücken abgerundet und breit, entspre- chend der Breite des Kopfs. Das obere Profil steigt vom Kopfe und von der Schwanzflosse gegen die Dorsalis nur ganz all- mählig an. Unten ist der Fisch zwischen den Brustflossen am breitesten. Das Profil des Bauchs ist nur wenig convex, das des Schwanzes gerade.
Die Höhe des Leibs ist f)mal in der Totallänge enthalten, die Länge des Kopfs 4Jmal, oder wenn man die Schwanzflosse nicht in Rechnung bringt, 4mal. Der Kopf ist sehr breit, denn die Distanz der Augen ist nur 2Jmal in seiner Länge, welche im Verhältniss zu der des Körpers bedeutend ist. enthalten. Das Maul ist sehr gross und nach der Dicke des Kopfes, sehr breit; die Distanz der Mundwinkel ist etwa um J geringer als die der Augen; die seitlichen Maulränder gehen etwas schief von hinten und unten nach vorne und oben. Der Oberkiefer überragt gerade den untern.
Der Durchmesser des Augs ist in der Länge des Kopfes 5mal enthalten, und seine Entfernung von der Schnauzenspitze beträgt weniger als ein Drittel jener Länge. Die Pupille hat einen Winkel nach unten oder nach vorne.
Der äussere membranose Opercularrand ist sehr stark ent- wickelt, bei Individuen von V Länge beinahe 2'" breit.
Die Brustflossen haben 16 — 18 Strahlen, sind so lang,
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als die Dorsalis hoch ist, aber länger als die Bauchflossen. Aus- gespannt zeigen sie einen schlangenlinienförmigen Rand.
Die Bauchflossen sind so lang, als die Analis hoch ist; mit 9 Strahlen und einem sehr convexen Rande.
Die Rückenflosse, deren Höhe sich zur Länge = 3:2 verhält, steht unmittelbar hinter der Insertion der Bauchflossen; ihre Entfernung vom Kopfe ist bedeutender, als die von der Caudalis. Mit 11 Strahlen und oberem geradem Rande.
Die Afterflosse gleicht in der Form sehr der Dorsalis, obgleich ihr unterer Rand etwas convex ist; 11 Strahlen, äusserst selten 12.
Die Schwanzflosse hat 19 Strahlen und ist sehr seicht ausgeschnitten , bei jungen Individuen ist der Einschnitt noch merklicher.
Die Seitenlinie fällt von der Schulter, wo sie über der halben Körperhöhe entspringt, in einem schwachen Bogen gegen den Bauch hin ab , und verläuft unter der Mittellinie parallel dem Bauchrande bis zur Afterflosse, von da ganz gerade bis zur Caudalis. Sie besteht aus 42 — 46 Schuppen, deren Erhaben- heiten nicht besonders stark markirt sind , und welche oft da, wo sie mit ihrem Rande auf die Erhabenheit der nächsten Schuppe stossen, einen Ausschnitt zeigen.
Querschuppenreihe. Nach der Höhe des Leibs zähle ich über der Seitenlinie 7 — 8, unter ihr 4 — 5 Schuppenreihen ; die Mittelschuppe ist ungefähr die 21. der Seitenlinie, und das unlere Ende der Querschuppenreihe fällt in die Mitte zwischen Anus und Bauchflossen.
Die Schuppen sind gross; wie sehr das Verhältniss ihrer Grösse zu der des Augs sich ändert, habe ich an diesem Fische genau beobachten können. Bei 6 — 7" langen Männchen ist die Mittelschuppe so lang als hoch und bedeckt das Auge zur Hälfte; bei 7J— 8J" langen Männchen ist sie so lang als hoch, bedeckt aber das Auge zu |^; bei einem 9^" langen Weibchen ist sie so lang als hoch , bedeckt aber gerade das Auge ; endlich bei einem lli" langen Weibchen ist sie etwas höher als lang und grösser als das Auge.
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Farbe. Der Rücken ist dunkel bronzefarbig, metallisch gräri-glänzend, Seiten silberig, etwas gelblich, Bauch weiss. An den Seiten sind die membranosen, zwischen den Schuppen her- vorragenden Fortsätze dunkel wie der Rücken gefärbt, unter der Seitenlinie nur noch mit schwärzlichen Pigmenlflecken be- sät, lieber der Seitenlinie sind auch die freien Ränder der Schuppen pigmentirt. Die Rücken- und Schwanzflosse von der Farbe des Rückens, die Brustflossen etwas rölhlich angeflogen, Bauch- und Afterflosse schon bei jungen Individuen roth. Die Iris ist über der Pupille dunkel, wie der Rücken, unter ihr silberig; die Pupille mit einem citrongelben Ringe umgeben.
Grösse. Unter den Leuciscus im Neckar erreicht der Schuppfisch die bedeutendste Grösse: er wird bis zu 5 Pfund schwer gefangen.
Auf jeder Seite finden sich 2 Reihen Schlundkiefer- zähne. Die äussere besteht aus 5 langen, c^^lindrischen, dicken Zähnen , welche oben eine etwas nach innen gekrümmte Spitze haben und wenig gezähnelt sind. Die innere Reihe besteht aus 2 (nach Yalenciennes aus 3) kleineren gekrümmten und sägeförmig eingeschnittenen Zähnchen. An der obern Platte lässt sich eine vordere , mit Erhabenheiten versehene , doppel- herzförmige , mit der Spitze nach vorne gerichtete Abtheilung und ein hinteres, kleineres, nabeiförmig hervorragendes Stück unterscheiden.
Skelett. Der Schädel zeichnet sich aus durch die Schmäch- tigkeit der Gesichtsknochen, was um so auffallender ist, als seine übrigen Theile sehr mächtig und breit sind. Namentlich ist das Ethmoidalbein noch einmal so breit als lang. Der Supraorbital- und der hinterste Infraorbilalknochen, der sonst bei andern Leu- ciscus sehr klein bleibt, sind hier sehr entwickelt und von gleicher Grösse. Auch die zum Kiemenapparat gehörigen Knochen sind sehr breit, vor allem die Kiemenstrahlen. Schmal, lang und in der Form eines g gestreckt sind die untern Schlundkiefer- knochen. 25 Rumpf-, 19 Schwanzwirbel, 17 — 20 Rippen. Das Os innominatum ist bis auf das hintere Viertel in 2 schmächtige Stiele gespalten.
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Weichtheile. Der Darmkanal beugt sich, wie gewöhn- lich bei den Leuciscus, ist aber mit seiner oberen Windung noch etwas gegen die linke Seite hinübergeschlagen , wodurch seine Länge vergrössert wird; er ist um ^ länger, als das ganze Thier. An der Leber lassen sich 4 Lappen unterscheiden, näm- lich ausser dem grössten dicken rechten, dem kleineren linken und dem schmalen in der Mitte, noch ein oberer kleiner von etwas dreieckiger Gestalt.
Nahrung. Schon der kräftige Schlundkieferapparat , weist darauf hin, dass der Schuppfisch ein starker Fresser ist. Seine Hauptnahrung sind Sommers, namentlich bei Ueberschwemmungen Regenwürmer, von welchen ich im Darmkanal 7—9" langer In- dividuen oft gegen 50 der grössten fand ; sodann Coleopteren, Libellenlarven , Ohrwürmer (Forficula), Aas, vegetabilische Sub- stanzen , Gras, Fischbrut. Sogar Vogelexcremente verschmäht er nicht. Im Magen eines 10" langen Individuums fand sich ausser einer beträchtlichen Anzahl der grössten Regenwürmer und Bockkäfer eine halbverdante Feldmaus CArvicola arvalis); schon Gesner sagt, dass man ihn bei Strassburg „Mausesser" nenne, weil man glaubt, er fresse Wasserratten.
Er ist wenigstens im Herbste nicht sehr von Entozoen ge- plagt ; ich fand in ihm zu dieser Jahreszeit nur den Echino- rhynchus proteus.
Seine Laichzeit fällt in den Juni und dauert 14 Tage; sie laichen gesellschaftlich und setzen ihre Eier auf Steine ab. In dieser Zeit bekommt der männliche Fisch auf dem Kopfe kleine Höcker und schwarze Flecken, welche letzlere auch noch lange nachher, oft bis in den Winter sichtbar bleiben. Beson- ders gerne hält er sich an hellen Stellen mit starker Strömung \ auf, im Winter zieht er sich gesellschaftlich in Ausbuchtungen unter das Ufer zurück. Er wird das ganze Jahr hindurch ge- fangen, beisst aber in der kalten Jahreszeit trotz seiner Gefrässig- keit nicht an die Angel. Dies ist auch bei andern Fischen zu beobachten, und der Grund davon ist zu suchen in der durch die niedrigere Temperatur gehemmten Schnelligkeit der Verdau- ung und der dadurch verminderten Fresslust. Der Schuppfisch
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hat ein zartes Leben und ist besonders gegen Wärme empfind- lich. Er ist unter allen Leuciscus derjenige, welcher am häufigsten zur Nahrung dient. Sein Fleisch ist zwar trocken und grätig, jedoch gesund und in gewissen Jahreszeiten wegen seiner Wohl- feilheit eine bei dem Volke beliebte Speise. Man kann ihn daher wohl als einen sehr nützlichen Fisch betrachten : seine Gefrässigkeit bringt auch keinen besonders grossen Schaden, da er mit Allem fürlieb nimmt, und namentlich Fischbrut fand ich verhältnissmässig selten in seinem Magen.
Leuciscus rutilus Val.
Cyprinus rutilus L.
Bloch, t. 2.
Mei din ger, t. 26.
Fries och Ekström, pl. 15.
(Jurine, pl. 13 ist wie er selbst sagt, nicht nach
C. rutilus gemacht.) Yarrell, S. 399.
Rothauge. *) Gardon. Roach.
In der Seitenlinie 42—44 Schuppen; After- flosse 13 strahlig; dieRückenflosse steht über den Bauchflossen.
Der Körper ist von der Seite betrachtet breit, von oben und von unten schmal, seitlich zusammengedrückt. Der Rücken steigt hinler dem Kopfe plötzlich an, und bildet bis zur Rücken- flosse eine starke Convexilät, hinter ihr fällt er in gerader oder etwas wellenförmiger Linie gegen die Caudalis ab ; der Bauch macht vom Kopfe bis zum hintern Ende der Afterflosse einen starken Bogen, von da bis zur Caudalis ist sein Profil gerade.
*) Dies ist der einzige Name , welcher am Neckar dem L. rutilus gegeben wird, erythrophthalmus wird als zu selten von ihm nicht nament- lich unterschieden. El)enso ist das französische Rosse für beide gemein- schaftlich; an der Donau hat jedoch rutilus den besondern Namen „Halb- üsch". Die Benennung „Plötze" kennt man nirgends in Schwaben.
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Das Alter scheint bei diesem Fische von grossem Einfluss auf das Verhäilniss der K ö r p e r h ö h e zur Tolallänge zu sein. Bei Exemplaren von 5 — 6" Länge ist jene in dieser 4mal ent- halten, meist etwas mehr, seltener etwas weniger ; bei grössern Individuen nur 3J und 3|^mal; und in der Laichzeit ist die Höhe, besonders bei Weibchen noch bedeutender. So in die Länge gestreckt, wie der Halbfisch der Donau, und wie er von andern beschrieben und abgebildet wird, ist der L. rutilus des Neckars nie, vielmehr würde er der äussern Körperform nach ganz mit L. erythrophthalmus übereinstimmen. In dieser Beziehung passt auch keine der oben citirten Abbildungen auf unsern rutilus.
Die Länge des Kopfs ist S^mal in der Totallänge ent- halten, selten etwas weniger, oder sie ist gleich 2|^mal die Distanz der Augen genommen. Das Maul ist im Verhäilniss zur Grösse des Fisches klein, in dem zum Kopfe gross genug; geschlossen steht sein hinterer Winkel weiter nach unten , als der vordere Rand des Mauls. Die Schnauze ist abgerundet, der Oberkiefer länger als der unlere. Das Auge wächst nicht im gleichen Verhältniss mit dem Kopfe, dies ist bei diesem Fische besonders auffallend, sein Durchmesser ist in der Kopflänge 3J, 4, 4^, 5mal enthalten; seine Entfernung von der Schnauzen- spitze ist beinahe gleich li seiner Durchmesser. Die Pupille hat einen Winkel nach vorne und nach unten , oder nur einen von diesen.
Der äussere membranose Opercularrand ist sehr stark ent- wickelt.
Die Brustflossen mit 15 — 18 Strahlen und convexem Rande, sind kürzer als die Dorsalis hoch ist, auch etwas kürzer oder wenigstens eben so lang, als die B a uchf loss en. Diese mit 9 Strahlen und convexem Rande sind länger, als die Analis hoch ist.
Die Rückenflosse steht über der Insertion der Bauch- flossen , jedoch bald mehr gegen das vordere, bald mehr gegen das hintere Ende dieser Insertion gerückt ; dem Kopfe ist sie ganz unbedeutend näher, als der Schwanzflosse. Mit Ausnahme zweier Fälle fand ich sie bei der Menge untersuchter Exemplare,
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Männchen und Weibchen, immer 13slrahlig: somit lässt sich auf unsere Rothaugen nicht die Beobachtung Ekströms*) be- ziehen, nach welcher das Männchen immer 12 Strahlen hat, das Weibchen dagegen öfters, wenn auch nicht immer 13. Der obere Rand dieser Flosse ist gerade.
Die Afterflosse ist nicht ganz so lang, und um i niedriger, als die Dorsalis, welcher sie übrigens in der Form sehr gleicht ; ihr unterer Rand ist etwas concav. Am häufigsten fand ich als Zahl der Strahlen 13 und 14, einigemal auch nur 12. **)
Die Schwanzflosse mit 19 Strahlen hat einen starken Ausschnitt.
Die Seitenlinie fällt von der Schulter, wo sie in oder etwas über der halben Körperhöhe entspringt, steil gegen den Bauch hin ab, und verläuft dann bis zum Anfange des Schwanzes unter der Mittellinie des Leibs ziemlich parallel dem Bauch- rande, ist also bei Weibchen während der Laichzeit stärker ge- bogen. Auf dem Schwänze ist ihr Verlauf ein gerader. Sie be- steht aus 42 — 44 Schuppen, welche eine markirle längliche Er- habenheil zeigen, und oft da, wo sie mit ihrem Rande auf die Erhabenheit der nächsten Schuppe stossen , einen Ausschnitt haben.
Querschuppenreihe. Nach der Höhe des Leibs finden sich über der Seitenlinie 8, seltener 9, unter ihr 4 Schuppen- reihon. Die Mittelschuppe ist ungefähr die 20. der Seitenlinie und das untere Ende der Querschuppenreihe ist noch um 4 Reihen vom Anus entfernt.
Die Schuppen sind gross, die Mittelschuppe bedeckt nahezu das Auge.
Farbe. Der Rücken ist dunkel saftgrün, die Seiten matt silberig mit etwas bläulichem Schimmer, Bauch weiss; an den Seilen sind die membranosen Fortsätze, welche zwischen den
*) Fische von Mörkö, p. 15. ■"'*) Bloch (Naturgeschichte der Fische Deutschlands) ist hier sehr ungenau, zweimal gibt er als Zahl 12, und zweimal 14 an ; wahrschein- lich hat er 12 gezählt.
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Schuppen hervorragen, mit schwärzlichen Pigmentflecken besät. Rücken- und Schwanzflosse von der Farbe des Rückens, und nur bei ganz alten Individuen dunkel - kirschroth angeflogen; Rrustflossen weisslich in's Gelbliche , Bauch- und Afterflossen schön rothgelb ; die Iris, besonders an ihrem obern Theile roth mit Goldglanze. Die letztem lebhaften Farben werden aber erst mit dem Alter intensiv. Von einer rothen Färbung der Lippen *) konnte ich nie eine Spur bemerken.
Grösse. Das Rothauge erreicht im Neckar keine be- deutende Grösse; das grössle von mir darin gefundene Exem- plar, war 1" 3"' lang ; in den Altwassern dagegen erreicht es eine Länge von 1'. Nach M a r t e n s **) verhält es sich mit den Rothaugen des Donaugebiets gerade umgekehrt , indem sie dort im rascher fliessenden Strome ein Gewicht von 2 — 3 Pfund erreichen, aber in den Bächen, wie der Blau und Brenz, von welchen die erstere einem Altwasser verglichen werden kann, stets kleiner bleiben.
Auf jeder Seite finden sich 5 bis 6 Schlundkiefer- zähne in einer Reihe, welche mit der Spitze einwärts ge- krümmt sind und den Rand mehr oder weniger gezähnelt zeigen; der vorderste ist der kleinste, konisch; nach hinten werden die Zähne schmäler und immer deutlicher gezahnt. Doch sind oft alle Zähne so abgeschliffen, dass sie weder von der gekrümmten Spitze noch von der Zähnelung eine Spur zeigen. Bei den meisten Exemplaren aus der Blaulach, aus dem Neckar bei Tüb- ingen und Heilbronn standen in der linken Reihe 6 , in der rechten 5 Zähne. Hinter der im Gebrauche stehenden Reihe eingekeilter Zähne liegt gewöhnlich in der Schleimhaut eine Reihe Zahnkeime, welche die Zähnelung besonders deutlich zeigen. Oft sind die Zähne mit einer starken schwarzen Kruste, wie bei den Wiederkäuern bedeckt , was von der Pflanzennahrung her- rührt. Die obere Platte ist länglich oval, gleichmässig glatt.
*) Bloch, Naturgeschichte der Fische Deutschlands, T. I. p. 32 und Cuvier, das Thierreich, übersetzt von Voigt. Bd. II. p. 371,
**) Reise nach Venedig, p. 54.
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Skelett. Die Gesichtsknochen sind sehr schmächtig, be- sonders bildet der Zwischenkiefer nur einen schmalen Knochen- streifen, welcher aber zugleich mit dem Oberkiefer bis zum auf- steigenden Aste des Unterkiefers herabreicht. Die untern Schlund- kieferknochen sind sehr dick. Der Kumpftheil der Wirbelsäule besteht aus 22—23, der Schwanztheil aus 17—18 Wirbeln; 16 — 17 starke breite Rippen. 8 vordere Interspinalknochen, von welchen der erste breite und lange in der Gabel des breiten Dornfortsatzes des zweiten Halswirbels ruht. Das Os innomi- natum ist bis auf das hintere Drittel gespalten. Da der rutilus des Neckars so hoch gebaut ist, so wäre eine Vergleichung des- selben mit Abänderungen anderer Gegenden in Bezug auf die Länge der Rippen und Dornfortsätze nicht ohne Interesse. Bei unseren Exemplaren , deren Wirbelsäule (die fächerartige Aus- breitung des letzten Schwanzwirbels nicht in Rechnung gebracht) 6" 8'" lang ist, beträgt die Länge des grössten vor der Rücken- flosse stehenden Dornfortsatzes 10^'", die der grössten (dritten) Rippe 21.V".
Der Darmkanal macht zwar die bei den Leuciscus ge- wöhnlichen 2 Windungen, schlägt sich aber, wie wir dies auch bei L. dohula sahen, mit seiner oberen W^indung gegen links um, wodurch seine Länge vergrössert wird; er übertrifft um -i die Totallänge des Thiers.
Das Rothauge nährt sich hauptsächlich von vegetabilischen Substanzen, doch finden sich in seinem Darmkanal, wiewohl seltener Insekten, Käfer und deren Larven, Regenwürmer.
Auffallend ist die Armuth dieses Fisches an Entozoen, ich selbst habe noch nie welche in ihm angetroffen.
Fortpflanzung. Das Rothauge ist äusserst fruchtbar, daraus sich auch seine Häufigkeit im Neckar*) erklären lässt. Seine Laichzeit fällt in den Anfang des Sommers.
Sein Fleisch ist grätig und wenig geachtet, obgleich es ge-
*>
■') V. Martens sagt zwar (Memmi n g er, Beschreibung von Würt- temberg 3. Aufl. Stuttgart 1841, p. 313), dass C. rulilus im Neckar sel- tener sei, er könnte aber den rulilus des Neckars mit C. erythrophthalmus verwechselt haben.
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sund ist. Die grössern Rothaugen aus den Altwassern sind aber in derselben Weise gesucht, wie der Schuppfisch.
Schon bei einer oberflächlichen Vergleichung unserer Be- schreibung mit denen von Valenciennes u. a. Ichthyologen wird es ersichtlich, dass sie in vielen Punkten mehr oder weni- ger abweicht. Uebergehen wir jedoch leichtere Differenzen in der Angabe der Grösse der Augen , der Höhe und Länge der Flossenstrahlen, so bleiben doch noch zwei wichtige Eigenthüm- lichkeiten unseres Rolhauges übrig, welche es auffallend dem L. erythrophthalmus nahe stellen; es ist dies die bedeutende Höhe des Leibs, von der wir schon oben sprachen, und die Zähnelung der Schlundkieferzähne. Was das erstere betrifft, so ist zu be- merken, dass Heckel eines „dem L. rutilus ähnlichen" Fisches aus dem Plattensee und der Marizza erwähnt ;*) „er unterscheide sich leicht durch einen höhern, am Rücken mehr comprimirten, fast Äbramis-dirügen Körper." Dies passt ganz auf die Abänderung des rutilus im Neckar, und es ist wahrscheinlich, dass dieser L. lividus Heck, mit ihr identisch ist. Auf das letztere als specifisch unterscheidendes Merkmal legt Valenciennes bei L. erythroph- thalmus das grösste Gewicht : dem rutilus spricht er eine Zähne- lung entschieden ab : „aucune de ces dents n'a le bord deutele" „les germes des dents n'ont aussi aucune denlelure". **) Es ist also entweder der rutilus des Neckars eine von dem der Auetoren verschiedene Art, oder ist der Zähnelung der Schlund- kiefer nicht der Werth eines specifischen Merkmals beizulegen. Valenciennes würde sich für das erste entscheiden, sofern er von rutilus zwei andere Arten aus der Gegend von Gent, welche ebenfalls die Zähne sägeförmig eingeschnitten haben, spe- cifisch unterscheidet; den Leuciscus rutiloides Se\y s (Cuvier und Valenc. t. 493) und den Leuciscus ciffinis, auch bei ersterem ausdrücklich sagt „les differences dans les dents m'ont paru
'■') Russegge r's Reisen. Bd. 1. p. 1039. "*) V. Rapp fand jedoch bei dem L. rulilus aus der Donau bei V\m, der in seinem Habitus mit dem rutilus auct. übereinstimmt, ebenfalls auf der rechten Seite 5, auf der linken 6 Schlundkieferzähne, welche auch gezahnt waren.
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avoir assez d'importance — pour determiner celte espfece". Es könnte sich nun fragen , ob unser rutilus nicht identisch mit einer dieser letztem Arten wäre : allein es wäre gewagt, diese Frage nur durch Vergleichung der unbestimmten und magern von Valenciennes gegebene Beschreibung zu entscheiden.
Leuciscus erythrophthalmus Val. *)
Cyprinus erythrophthalmus L. Bloch, t. 1. Meidinger, III. t. 24. Yarrell, (p. 361) s. 412. Ju rine , pl. 12. Fries och Ek ström, t. 16.
Scardinius erythrophthalmus Bonaparte, Fauna ital. t. 115 und 116.
Rothauge. Rolengle. Red-eye , Rudd.
In der Seit enl inie 40— 42 S c hu pp en. Afterflosse 14strahlig. Die Rückenflosse steht hinter den Bauch flössen.
Der Körper ist von der Seite betrachtet, breil, am Schwänze etwas in die Länge gestreckt , von oben erscheint er schmal, seitlich zusammengedrückt , von unten noch schmäler. Der Rücken steigt hinler dem Kopfe plötzlich an, und bildet bis zur Dorsalis eine starke Convexität, hinler ihr fällt er in einer etwas wellenförmigen Linie gegen die Schwanzflosse ab. Die Bauch- linie senkt sich anfangs hinler dem Kopfe in einem Bogen, läuft aber dann bis zur Analis gerade aus, an deren Basis sie wieder
*) Da ich nie Gelegenheit hatte, diese Art im Neckar zu beobachten, so ist folgende Beschreibung nach frischen 7—8" langen Individuen, welche Herr Prof. v. Kapp aus der Donau bei Ulm erhalten hatte, gemacht. Später untersuchte ich noch zwei Exemplare des Stuttgarter Naturalien- kabinets, welche nach einer Tradition vielleicht aus dem Neckar sein können. Von den Exemplaren aus der Donau unterscheiden sie sich nur durch einen längeren Kopf, der in der Totallänge 5mal enthalten ist, durch längere Brustflossen, welche länger sind, als die Dorsalis hoch ist, und die Insertion der Ventrales überreichen, durch die Zahl der Schlundkieferzähne, indem in der äussern 5, in der innern 3 stehen.
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gerade ansteigt. Das Profil des übrigen Schwanzes ist gerade und horizontal.
Die Höhe des Leibs ist 3^mal, nach Valenciennes 3— 4mal, die Länge des Kopfs 5|mal in der Totallänge enthalten, oder letztere ist gleich 24^mal die Distanz der Augen genommen. Das Maul ist im Verhältniss zur Grösse des Fisches klein, in dem zum Kopfe gross genug; geschlossen steht sein hinterer Winkel viel weiter nach unten, als sein vorderer Rand, so dass, obgleich bei geschlossenem Maule die Kinnladen gleich lang sind , bei geöffnetem der Unterkiefer den obern weit über- ragt. Die seitliche Maulspalte ist also viel schiefer gerichtet, als dies bei rutilus der Fall ist, und das Maul des erythrophthal- mus nähert sich dem der Karausche. Die Schnauze ist abge- rundet. Der Durchmesser des Augs ist über 4mal in der Kopf- länge enthalten, und etwas kleiner, als die Entfernung des Augs von der Schnauzenspitze. Die Pupille ist nahezu rund.
Der äussere membranose Opercularrand ist stark entwickelt.
Die B rustf los sen mit 16 Strahlen und beinahe geradem Rande sind so lang als die Dorsalis hoch ist , aber länger als die Bauchflossen; diese, mit 8 — 9 Strahlen und wenig con- vexem Rande, sind länger als die Analis hoch ist.
Die Rückenflosse steht um J ihrer Länge hinter der Insertion der Ventrales ; vom Kopfe ist sie viel weiter entfernt, als von der Schwanzflosse; 11 — 12 Strahlen; mit oberem ge- radem Rande.
Die Afterflosse ist länger aber niedriger als die Dor- salis, welcher sie übrigens in der Form sehr gleicht; ihr un- terer Rand ist beinahe gerade. 14 Strahlen.
Die Schwanzflosse mit 19 Strahlen hat einen starken Ausschnitt.
Die Seitenlinie fallt von der Schulter, wo sie über der halben Körperhöhe entspringt , steil gegen den Bauch hin ab, und verläuft dann bis zum Anfange des Schwanzes unter der Mittellinie des Leibs ziemlich parallel dem Bauchrande. Auf dem Schwänze ist ihr Verlauf ein gerader. Sie besteht aus 40 — 42 Schuppen , welche eine markirte punktförmige Erhaben-
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 3s Heft. 20
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heit zeigen, und nur selten da, wo sie mit ihrem Rande auf die Erhabenheit der nächsten Schuppe stossen, einen Aus- schnitt haben.
Querschuppenreihe. Nach der Höhe des Leibs finden sich über der Seitenlinie 8, unter ihr 4 — 5 Schuppenreihen. Die Mittelschuppe ist die 20. der Seitenlinie, und das untere Ende der Querschuppenreihe liegt etwas vor dem Anus.
Die Schuppen sind gross; die Mittelschuppe ist um die Hälfte grösser, als das Auge.
Farbe. Der Rücken ist dunkelsaftgrün, die Seilen matt- silberig mit etwas bläulichem Schimmer, Bauch weiss. An den Seiten sind die membranosen Fortsätze, welche zwischen den Schuppen hervorragen, wie der Rücken gefärbt. Rücken- und Schwanzflosse sind von der Farbe des Rückens, roth angeflogen, Brustflossen gelblich, Bauch- und Afterflossen intensiv dunkel- roth. Die Iris ist rothgelb mit Goldglanz.
Von der vorhergehenden Art und allen ihren Verwandten unterscheidet sich L. erythrophthalmus durch seine Schlund- kieferzähne, welche in zwei Reihen stehen, in der äussern 4, in der innern 2 kleinere. Alle sind stark sägeförmig einge- schnitten, lang, schmal, lanzeltartig.
Skelett. Der Schädel zeigt mit dem des ruHlus die grösste Aehnlichkeit, ist aber oben leicht ausgeschweift, während der des rutilus etwas convex ist. Es finden sich 21 Rumpf- und 18 Schwanzwirbel ; die Länge der grössten Rippe ist in der Wirbel- säule, die fächerartige Ausbreitung des letzten Schwanzwirbels nicht in Rechnung gebracht , 3f mal enthalten , die Länge des grössten Dornfortsatzes in der Länge der grössten Rippe 2^mal. Sonst finde ich keine Abweichung von dem Skelette des rutilus.
Dieses Rothauge wird gegen l'lang und ist im grössten Theile Yon Deutschland, da es sich stark vermehrt, sehr häufig zu finden, nach Bloch in Seen und Flüssen mit sandigem Grunde. Um so auffallender ist seine Seltenheit im Neckar : zwar wird es von Sc hüb 1er*) als Neckarfisch bezeichnet, es könnte dies aber auf
*) In Memnii n ger's Beschreibung von Württemberg. 1. Auflage Stuttgart 1820, p. 234.
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einer Verwechslung mit L. rutilus beruhen. Ich wenigstens habe noch nie ein Exemplar aus dem Neckar mir verschaffen können, am ehesten dürfte dieser Fisch noch in den Allwassern zu finden sein.
Abramis Cuv.
Die Bauchflossen sitzen weit hinter den Brustflossen, After- flosse länger als hoch.
Abramis bipunctatus. *)
Cyprinus bipunctatus Bloch, t. 8. f. 1 (ein schlechtes
Bild, die Schuppen viel zu klein). Ju ri n e, pl. 14. Aspius bipunctatus Agass. Leuciscus bipunctatus V a I.
Breit -Bleck. flperlan.
Beide Kinnladen gleichlang; Afterflosse 16— 18 strahlig.
Der Körper ist von der Seite betrachtet, etwas breit, wie der eines jungen Rothauges, dabei aber zugleich ein wenig in die Länge gestreckt, doch weniger als der des verwandten alburnus. Von oben und von unten ist er schmal. Der Rücken steigt vom Kopfe bis zur Rückenflosse in ziemlich gleichmässiger Curve an, und senkt sich hinter ihr in gerader Linie bis zur Caudalis. Das untere Profil bildet vom Kopfe bis zum Ende der Afterflosse eine starke convexe Linie.
Die Höhe des Leibs ist etwas über 4mal in der Total- länge enthalten, bei Jüngern Individuen ist der Körper jedoch niedriger, bei einem Exemplar fand ich sogar das Verhältniss der Höhe zur Länge = 1 : 5}.
Die Länge des Kopfs ist über 5mal in der Totallänge
•) Wenn ich diese und die folgende Art nicht, wie dies gewöhnlich geschieht, zu den Leuciscus^ sondern zu Abramis stelle, so thue ich es, weil die dem Geschlechte Abramis von Cuvier gegebenen Charaktere vollkommen auf diese Arten passen. Yalenciennes stellt jedoch die Brachsen überhaupt unter das Geschlecht Leuciscus.
K 20*
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enthalten, oder sie ist gleich der Sfachen Distanz der Augen. Das Maul ist der Grösse des Fisches proportionirt, und ziem- lich weit nach hinten gespalten ; Ober- und Unterkiefer sind gleich lang , bei geöffnetem Maule steht aber der letztere vor. Der Durchmesser des Auges ist nicht ganz J der Kopflänge und gleicht der Entfernung des Auges von der Schnauzenspitze. Die Pupille ist nahezu kreisrund.
Der äussere membranose Opercularrand ist stark entwickelt.
Die Brustfloss e n mit sehr wenig convexem Rande haben meist nur 14, selten 15—16 Strahlen, und sind so lang oder etwas kürzer als die Dorsalis hoch ist, aber länger, als die Bauchflossen. Diese, abgerundet, mit sehr convexem Rande und 9 — 10 Strahlen sind so lang oder etwas kürzer als die Analis hoch ist.
Die Rückenflosse, welche viel, oft um das Doppelte höher als lang ist, steht hinter den Ventrales, vor der Analis; ihre Entfernung vom Kopfe ist bald bedeutender, bald gleich, bald geringer, als von der Schwanzflosse ; sie hat einen obern geraden Rand und 11 Strahlen.
Die Afterflosse, deren Länge beinahe der Höhe der Dorsalis gleichkommt, hat einen untern geraden Rand und 16 — 18 Strahlen.
Die Schwanzflosse mit einem Ausschnitt und 19 Strahlen.
Die Seitenlinie fällt von der Schulter, wo sie über der halben Körperhöhe entspringt, in gerader Linie sehr steil gegen den Bauch hin ab, macht über den Ventrales einen Winkel, und verläuft weit unter der Mittellinie des Leibs gerade bis zur Schwanzflosse. Ihr Winkel ist vom Rücken noch einmal so weit entfernt als von der Bauchseite. Sie besteht aus 44 — 49 Schuppen, deren längliche Erhabenheiten nicht besonders stark markirt sind, und welche meist da, wo sie mit ihrem Rande auf die Erhaben- heit der nächsten Schuppe stossen, einen Ausschnitt zeigen.
Querschuppenreihe. Nach der Höhe des Leibs zählte ich über der Seitenlinie 9 — 10, unter ihr 3 — 4 Reihen. Die Mitlelschuppe ist ungefähr die 22. der Seitenlinie, und das untere Ende der Querschuppenreihe fällt gerade über den Anus.
Die Schuppen sind ausserordentlich zart und dünn,
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höher als lang ; im Verhältniss zur Grösse des Fisches gross genug, in dem zu dem grossen Auge aber klein ; die Mittelschuppe bedeckt nur die Pupille und den sie umgebenden gelblichen Ring. Sie sind nicht so regelmässig gebaut und angeordnet, wie bei den andern Cyprinus.
Farbe. Rücken bräunlichgrün, metallisch glänzend, Seiten silberig mit gelblichem Schimmer; auf der Gränze zwischen diesen beiden Färbungen findet sich eine glänzende Binde, welche durch viele schwarze Pigmentflecken bezeichnet ist; die untere Seite weiss. Wenn nach dem Tode der Fisch abtrocknet, kommen auf jeder Schuppe der Seitenlinie an den Erhabenheiten schwarze Punkte , welche durch viele Pigmentfleckchen zusammengesetzt sind , zum Vorschein. *) Die Basis der untern Flossen gelb, seltener auch die der Rückenflosse. Iris oben von der Farbe des Rückens, unten silberig ; um die Pupille ein gelblicher Ring.
Grösse. Höchstens 5 — 6".
Auf jeder Seite finden sich 2 Reihen Schlundkief er - zahne. Die äussere Reihe besteht aus 4 — 5 Zähnen, welche an der Spitze stark gekrümmt, und von denen einige etwas ge- zahnt sind. Die innere besteht aus 2 viel kleinern. An der Platte gegen welche sie wirken, kann man eine vordere grössere, doppelherzförmige, mit der Spitze nach vorne gekehrte Abthei- lung und ein hinteres kleineres rundliches Stück unterscheiden.
Skelett. Ich finde am Schädel keine Abweichung von dem des Ä. alburnus, es ist aber das Ethmoidalbein viel breiter, als bei diesem und der bei alburnus an der Symphyse beider Unterkieferknochen bemerkliche Höcker fehlt. Dem Rumpfe gehören 18, dem Schwänze 22 Wirbel an, im Ganzen habe ich nie weniger als 38 gezählt. Valenciennes gibt 33 Wirbel und 15 Rippen an, was er wahrscheinlich von Bloch entlehnt hat. 13—14 Rippen.
Nahrung. Dieses kleine Fischchen gehört schon zu den Raubfischen seiner Familie , welche sich durch eine vor- stehende Unterkinnlade auszeichnen ; es ist ausserordentlich ge- frässig, und nährt sich weniger von Vegetabilien, als von Insekten,
*) Die von Bloch und Voigt angegebene rothe Färbung der Seiten- linie findet sich bei unsern Exemplaren nicht.
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Regenwürmern , kleinen Conch^lien , Laich von Limnaeus, sogar Vogelexcremente verschluckt er. Gewiss wird er auch der an- dern Fischbrut nachtheilig, welcher Schaden sich jedoch aus- gleicht, da er häufig genug andern Fischen zur Beute wird.
Enlozoen habe ich in der kältern Jahreszeit nie in ihm bemerkt.
Der Bleck laicht im Juni, und legt sehr viele Eier, wess- halb er auch einer der häufigsten Fische des Neckars ist. Schaaren- weise schwimmt er mit A. alburnus nahe an der Oberfläche des Wassers, besonders gerne an ruhigen Stellen , über denen ein starker Zug des Wassers, der ihm immer neue Nahrung zuführt, sich findet. Auch beisst er gierig an den an der Angel be- festigten Wurm. Gegessen wird er nicht.
Abramis alburnus Nilsson.
Cyprinus alburnus L. Bloch, t. 8. f. 4 schlecht. M e i d i n g e r, t. 30. Jurine, pl. 14. Yarrell, (p. 368) s. 419. Fries och Ekström, pl. 51.
Aspius alburnus. Bonaparte, Fauna ital. bildet ihn zu hoch und mit zu kurzer Afterflosse ab. Leuciscus alburnus Val.
Silberling , Lang - Bleck. Ableite. Bleak.
Oberkiefer kürzer als der untere; After- flosse 18— 22s trahli g.
Der Körper ist von der Seile betrachtet, sehr schmal und in die Länge gestreckt, von oben erscheint er schmal, von unten noch schmäler, und von den Bauchflossen bis zum Ende der Analis scharfkantig. *) Der Rücken setzt sich vom Kopfe etwas ab , und verläuft bis zur Dorsalis in einer äusserst schwachen Curve, beinahe gerade, von da an senkt er sich nur unbedeutend, in gerader Linie bis zur Schwanzflosse. Das untere Profil vom Kopfe bis zum Ende der Analis ist dagegen ziemlich gebogen.
*) Auch dies zeigt die Verwandschaft mit Ahr. blicca und brama.
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Die Höhe des Leibs ist meist etwas über 5Jmal in der Totallänge enthalten, die Länge des Kopfs 5fmal, oder diese ist gleich 3^mal die Distanz der Augen genommen. Das Maul ist der Grösse des Fisches proporlionirt, seine seitlichen Ränder steigen schief von hinten und unten nach vorne und oben. Der Unterkiefer, länger als der obere, hat vorne eine Andeutung eines wulstigen Hackens , welche in eine Verliefung des Oberkiefers passt. Der Durchmesser des grossen Auges ist nahezu gleich der Entfernung desselben von der Schnauzenspitze und 3^ — 4mal in der Länge des Kopfs enthalten. Die Pupille ist beinahe kreisrund.
Der äussere membranose Opercularrand ist stark entwickelt.
Die Brustflossen mit 15 — 16 Strahlen und wenig con- vexem Rande , sind länger als die Dorsalis hoch ist, und noch länger, als die Bauchflossen. Diese mit 9 — 10 Strahlen und convexem Rande sind länger als die Analis hoch ist.
Die Rückenflosse, deren Höhe die eigene Länge weit übertrifft , steht weit hinter den Ventrales , das hintere Ende ihrer Insertion fällt noch auf das vordere der Afterflosse ; ihre Entfernung vom Kopfe ist schon auf den ersten Blick eine be- deutendere, als die von der Schwanzflosse. Nur einmal fand ich 9, sonst immer 10 Strahlen, und zwar war der bei den Cyprinoiden sonst gewöhnliche rudimentäre Stachel nicht be- merkbar. Der erste Strahl ist um f kleiner, als der zweite höchste. ^') Der obere Rand dieser Flosse ist gerade.
Die Afterflosse, deren Länge meist die Höhe der Dor- salis übertrifft, hat einen untern etwas schlangenlinienförmigen oder beinahe geraden Rand und 18 — 22**) Strahlen.
Die Schwanzflosse mit einem Ausschnitt und 19 Strahlen ; ihr oberer Lappen ist oft kürzer als der untere.
Die Seitenlinie fällt von der Schulter, wo sie über der halben Körperhöhe entspringt in einem Bogen gegen die Bauch- flossen hin ab, steigt in demselben Bogen wieder in die Höhe,
*) Ekström (Fische v. Möikö p. 54) schweigt sogar von dem ersten, der um § kleiner, als der zweite ist, und zählt nur 9 Strahlen, **) Der bei Angabe der Differenzen in der Zahl der Flosseustrahlen so genaue Gronovius gibt als Minimum für die Afterflosse 20 an.
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und verläuft dann auf dem Schwänze unter der Mittellinie ge- rade bis zur Caudalis. Sie besteht aus 48 — 51 Schuppen, deren Erhabenheiten vorne stärker markirt sind , als hinten , und von welchen einige da, wo sie mit ihrem Rande auf die Erhabenheit der nächsten Schuppe stossen, einen seichten Ausschnitt zeigen.
Querschuppenreihe. Nach der Höhe des Leibs zählte ich über der Seitenlinie 8, selten 9, unter ihr 4, seltener 3 Schuppenreihen. Die Mittelschuppe ist ungefähr die 28. der Seitenlinie , und das untere Ende der Querschuppenreihe fällt auf den Anfang der Afterflosse.
Die Schuppen sind sehr zart und dünn, gehen auch sehr leicht ab; sie sind im Verhältniss zur Grösse des Fisches gross genug , höher als lang ; die Mittelschuppe bedeckt -J des Auges.
Farbe. Rücken grün, metallisch glänzend; die Seiten vom reinsten Silberglanze , selten mit vereinzelten schwarzen Pigmentflecken. Die Flossen ungefärbt ; Iris silberig, manchmal gelblich angeflogen, oben etwas dunkel pigmentirt.
Grösse. Höchstens etwas über 7" lang.
Auf jeder Seite finden sich 2 Reihen Schlundkiefer- zähne; die äussere besteht aus 5 lanzettförmigen Zähnen, welche an ihrer Spitze mit einem Hacken versehen und bei- nahe in ihrer ganzen Länge gezahnt sind ; in der innern 2 viel kleinere Zähnchen. An der obern Platte lässt sich eine vordere grössere, doppelherzförmige, etwas rauhe, mit der Spitze nach vorne gewendete Abtheilung und ein hinteres kleineres, rund- liches Stück unterscheiden.
Obgleich das Skelett dieses Fisches sehr wenig und ganz unwesentliche Abweichungen von dem seiner Verwandten zeigt, so bemerke ich doch einiges, wodurch er sich von der vorhergehen- den und der folgenden Art unterscheidet. So unbedeutend diese Differenzen erscheinen mögen, so habe ich sie doch immer con- stant gefunden. Vor allem macht sich der Unterkiefer bemerk- lich vor dem der andern Cyprinoiden (mit Ausnahme der Aspius Agassi z) durch seine Stärke; gegen die S^'mphyse beider seitlichen Knochen ist er ein klein wenig aufwärts gebogen und nach unten und vorne verlängert er sich in einen kleinen Höcker.
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Der Schädel erscheint von oben lang , hauptsächlich wegen des verlängerten Ethmoidalbeins, das zur Bildung der Nasenhöhle einen tiefen halbmondförmigen Ausschnitt an seinen beiden Seilen zeigt, an seinem schmälsten Theile nur halb so breit, an seinem breitesten immer noch schmäler, als lang ist. Die 3 Infraorbital- knochen , welche den Jochbogen bilden , sind ausserordentlich schmal und lang gestreckt, der hintere ist 4mal so lang als breit. Das Zungenbein ist ein gleichmässiger langer Stiel. Der alburmis ist viel mehr in die Länge gestreckt, als der bipunctatus , und die Zahl der Wirbel ist bei ihm vergrössert, auffallenderweise aber nur die der Rumpfwirbel.
Ich zähle am Rumpfe 20 — 22 , am Schwänze 22 Wirbel, 15 — 16 Rippen. Der Radius ist eine sehr breite und dünne Platte; die Platten beider Seilen legen sich mit ihrer Fläche an einander. Das Os innominatum ist bis auf die Hälfte gespalten.
Die W' ei cht heile zeigen nichts besonderes.
Nahrung. Der Silberling ist ausserordentlich gefrässig und auch durch seinen aufwärts über den Oberkiefer auslaufen- den Unterkiefer dem Raubfische unter unsern Cyprinoiden, dem C. aspius nahe verwandt ; er nährt sich beinahe ausschliesslich von animalischen Substanzen, und wird der Brut anderer Fische ge- fährlich und darum schädlich.
Von Entozoen fand ich während des Herbstes häufig in ihm Echinorhynchus proteus , nicht nur im Darmkanal, sondern einmal sogar im Ovarium.
Seine Laichzeit hängt von der Temperatur ab, sie kann schon im Frühjahr beginnen , sich aber auch bis zum Anfange des Sommers verzögern ; der Rogen wird auf Steine abgesetzt. Er findet sich im Neckar ausserordentlich häufig und in keinem andern Flusse wird er eine bedeutendere Grösse erreichen. W^ie die vorige Art schwimmt er gerne bei Sonnenschein an der Oberfläche des W'assers, und ist stets in Gesellschaft von dieser und seines gleichen zu finden. Ebenso gierig beisst er an die Angel, daher schon Ausonius V. 126 von ihm sagt: Quis non — Tincas Norit, et Alburnos praedam puerilibus hamis ?
Nutzen kann nicht viel von ihm gezogen werden; sein
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Fleisch wird nicht gegessen, soll aber eine Lieblingsnahrung der Hechte und Barsche sein, daher er als Köder für diese gebraucht wird. Bekannt ist, dass in Frankreich seine mit silberglänzen- der Substanz überzogenen Schuppen zur Fabrication falscher Perlen benützt wurden.
Wir kommen nun zu der Beschreibung eines Fisches, welcher zwar dem Habitus nach so sehr dem alburniis gleicht, dass man ihn nur für ein ausserordentlich grosses Exemplar dieser Art halten könnte , welcher aber durch die viel geringere Länge seiner Afterflosse sich in so auffallender Weise von jenem unter- scheidet, dass ich keinen Anstand nähme, ihn als besondere Art zu bezeichnen, wenn ich ihn durch seine verschiedenen Alters- stufen hätte verfolgen können. So aber erhielt ich nur 4 Exem- plare, welche ihrer Grösse nach nur durch das Alter eines Jahres verschieden waren , und unter nahezu 100 beobachteten Silber- lingen fand sich nie ein jüngeres Individuum mit einer kurzen Afterflosse.
In der histoire des poissons von V alen ciennes findeich einen Fisch, welcher dem Maas- und Moselgebiete angehört, und wegen der kurzen Afterflosse ebenfalls als eigene Art unter dem Namen Leuciscus dolabrafus von H oll and re unterschieden wurde; ob er identisch mit dem unsrigen ist, wage ich nach seiner kurzen Beschreibung nicht zu entscheiden. Die ange- gebenen wesentlichen Merkmale würden auf unsern Fisch passen.
Abramis —
alburni varietas ? Leuciscus dolabratus Hollandre.
Silberling in Tübingen.
Oberkiefer kürzer als der untere. Afterflosse 14— 15strahlig.
Der Körper dieses Fisches ist von der Seite betrachtet, schmal und in die Länge gestreckt, von oben ist er etwas breit, von unten schmal und von den Bauchflossen bis zum Ende der Analis scharfkantig. Der Rücken setzt sich vom Kopfe etwas ab und biegt sich in einer sehr schwachen Curve bis zur Rücken-
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flösse. Von da an senkt sich sein Profil in einer schwach convexen Linie bis zur Caudalis. Der Bauch bildet wie bei alburnus vom Kopfe bis zum Ende der Afterflosse eine ziemlich convexe Linie.
Die Höhe des Leibs ist 5mal in der Totallänge enthalten, die Länge des Kopfs 5|mal, oder diese ist gleich 3^mal die Distanz der Augen genom- men.*) Das Maul ist der Grösse des Fisches proportionirt, es hat die Gestalt, wie bei alburnus, und erinnert , vielleicht aber nur wegen der beträchtlichem Grösse des Fisches, noch mehr an das Maul des C. aspius. Seine seitlichen Ränder steigen schief von hinten und unten nach vorne und oben; der Unter- kiefer ist länger als der obere und hat vorne eine Andeutung eines wulstigen Hackens, welche in eine Vertiefung des Ober- kiefers passt : gerade so wie wir es bei halb ausgewachsenen Männchen des Salmo lacustris finden.
Der Durchmesser des A u g s ist in der Kopflänge nicht ganz 5mal enthalten, **) seine Entfernung von der Schnauzen- spitze beträgt IJ seiner Durchmesser.
Die Br u st f 1 0 s s e n mit 17 Strahlen und schlangenlinien- förmigem Rande sind bald etwas länger, bald etwas kürzer als die Dorsalis hoch ist, aber um ein beträchtliches länger, als die Bauch flössen. Diese, mit 9 oder 11 Strahlen und con- vexem Rande sind so lang, als die Analis hoch ist.
Die Rückenflosse, welche viel höher als lang ist, steht hinter den Ventrales; das hintere Ende ihrer In- sertion fällt vor den Anus; ihre Entfernung vom Kopfe ist schon auf den ersten Blick eine bedeutendere, als die von der Schwanzflosse. Sie hat 10 Strahlen, doch ist manchmal noch ein kleiner rudimentärer Stachel vor dem ersten ungegabelten halbhohen bemerkbar. Ihr oberer Rand ist gerade.
Die Afterflosse, derenLänge gleich der eigenen
*) Die wiclitigsten Differenzen von alburnus sind mit gesperrter Sclirift gedruckt.
**) Audi dies könnte als untersclieidendes Merkmal von alburnus be- zeicliuet werden, wenn niclit nach meinen Beobaclitungen bei jungem und Icleinern Individuen das Auge verhältnissmässig viel grösser wäre, als bei altern und grössern derselben Species,
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Höhe oder sogar noch geringer ist, und welche um vieles kürzer, als dieDorsalis hoch ist, hat einen untern beinahe geraden Rand. Sie hat nur 14 oder 15 Strahlen.
Die Seh w anzf losse hat einen Anschnitt und 19 Sirahlen, der obere Lappen ist etwas kürzer, als der untere.
Die Seitenlinie fällt von der Schulter, wo sie über der halben Körperhöhe entspringt, in einem Bogen gegen die Bauch- flossen ab, steigt in demselben Bogen wieder in die Höhe, und verläuft auf dem Schwänze unter der Mittellinie gerade bis zur Caudalis. Sie besteht aus 45 Schuppen, deren Erhaben- heiten vorne punktförmig, nach hinten zu etwas länglich sind.
Qu e rs c hupp en reihe. Nach der Höhe des Leibs finden sich über der Seitenlinie 8, unter ihr 4 Reihen. Die Mittel- schuppe ist ungefähr die 23. der Seitenlinie und das untere Ende der Querschuppenreihe fällt un- mittelbar vor den Anus.
Die Schuppen sind zwar etwas fein, aber viel stärker, als die von alburnus und gehen nicht beson- ders leicht ab;*) im Vergleich mit denen von alburnus sind sie grösser, höher als lang; die Mittelschuppe bedeckt J des Augs.
Farbe. Rücken grün, metallisch glänzend; Seiten silberig, die zwischen den Schuppen hervorragenden membranosen Fort- sätze sind schwarz pigmentirt ; die Flossen ungefärbt , die Iris blassgelb, oben etwas dunkel pigmentirt.
Grösse. Das kleinste Individuum, das ich bis jetzt erhallen konnte, mass 7" 5'", das grösste gegen 9", eine Länge wie sie jedenfalls von A. alburnus noch nie beob- achtet worden wäre.
Schlundkiefer. Auf jeder Seite finden sich 2 Reihen; die äussere Reihe besteht aus 5 lanzettförmigen Zähnen, welche an der Spitze mit einem Hacken versehen und beinahe in ihrer ganzen Länge gezähnelt sind ; die innere besteht aus 2 viel kleineren Zähnchen. Die Gestalt der oberen Platte ist wie die bei alburnus.
*) Dies könnte jedoch auch Folge des höhereu Alters sein.
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Skelett. Der Schädel erscheint von oben kür- zer, als der des alburnus. DasEthmoidalbein näm- lich, welches an den Seiten nur einen sehr flachen Ausschnitt zeigt, ist nachVerhältniss noch breiter als bei bipunctatus , und an seiner schmälsten Stelle höchstens eben so breit, als lang. Seine grösste Breite übertrifft seine Länge. Dieinfraorbitalplatten sind breit, der hinterste höchstens noch einmal so lang als breit. 22 Rumpf-, 21 Schwanz wirbel, 16 Rippen.
Die Nahrung hat er mit alburnus gemein, auch beisst er ebenso gierig , wie dieser an die Angel. In seinem Darmkanal fand ich auch noch Reste von Pflaumen.
Echinorhynchus proteus erreicht in ihm eine bedeutende Grösse.
Bis jetzt habe ich diese Art nur aus dem Neckar bei Tüb- ingen bekommen können.
Seltener oder nur in einem gewissen Theile des Neckars finden sich die hochgebauten Abramis.
Abramis blicca C u v.
C. blicca und björkna L.
C. latus Gmel.
Bloch, t. 10.
Meidinge r, t. 7 fälschlich als C. ballerus.
Fries och Ek ström, pl. 12.
Leuciscus blicca Val.
Ekström, Fischer von Mörkö, pl. IV.
Yarrell, S. 387.
Bordeliere und Harriot. *) Breamflat.
Oberkiefer überragt den untern. After- flosse 25 strahlig.
*) Ich mag nicht den von Märten s angegebenen Trivialnamen „Blättle", welcher diesem Fische im Neckargebiete angehören soll, an- führen, da die Fischer überhaupt keine Kenntniss von dem Fische, also noch weniger von einem Namen desselben haben. Wenigstens konnte ich nie etwas von ihm erfahren.
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Der Körper ist von der Seite betrachtet, ausserordentlich breit, von oben und von unten sehr schmal und seitlich zu- sammengedrückt; zwischen den Bauchflossen und dem Anus bildet der Bauch eine so scharfe Kante, dass die Schuppen beider Seilen nicht in einander greifen. Das obere Profil schweift sich am Kopfe sattelförmig aus ; der Rücken setzt sich vom Kopfe nur wenig ab und bildet bis zur Schwanzflosse einen stark con- vexen Bogen, dessen höchster Punkt mit dem Anfange der Dor- salis zusammenfällt. Die Bauchlinie senkt sich anfangs hinter dem Kopfe in einem Bogen, läuft aber dann bis zur Analis ge- rade aus, an deren Basis sie wieder gerade ansteigt. Das Pro- fil des übrigen Schwanzes ist gerade und horizontal.
Die Höhe des Leibs ist etwas über 3mal in der Total- länge enthalten, die Länge des Kopfs 5Jmal, oder diese ist gleich der Sfachen Distanz der Augen. Der Durchmesser des Augs ist 3|mal in der Kopflänge enthalten.
Der erste vordere Infraorbitalknochen ist viel kleiner als das Auge. Das Maul ist im Verhällniss zur Grösse des Fisches klein , sein Mundwinkel erreicht bei weitem nicht den vorderen Rand des Auges ; der Oberkiefer überragt den untern. Die Porenreihe der Seitenlinie setzt sich oben auf dem Kopfe fort, umgeht das Nasenloch, verläuft auf dem Infraorbitalring und geht oben hinter dem Auge wieder in ihren Anfang zurück.
Die Brustflossen, mit 16 Strahlen und wenig con- vexem Rande sind kürzer, als die Dorsalis hoch ist, aber bei- nahe gleich lang mit den Bauchflossen. Diese, 9strahlig, wenig abgerundet, sind etwas länger, als die Analis hoch ist-, in der Innern Insertionsstelle findet sich eine von den übrigen durch ihre lange Gestalt unterschiedene Schuppe.
In der Rückenflosse zähle ich 11 Strahlen, doch ist manchmal der erste rudimentäre Stachel nicht bemerkbar. Sie ist beinahe noch einmal so hoch als lang, und hat einen ab- schüssigen geraden obern Rand. Ihr vorderes Ende steht in der Mitte zwischen Bauch- und Afterflosse, und vom Kopfe ist sie viel weiter entfernt als von der Caudalis.
Die Afterflosse mit 25 Strahlen und unterem con- cavem Rande.
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Die Schwanzflosse mit 19 Strahlen und tiefem Aus- schnitte.
Die Seitenlinie fällt von der Schulter, wo sie weit über der halben Körperhöhe entspringt, ziemlich gerade gegen den Bauch hin ab , und verläuft gerade und unter der Mittel- linie bis zur Schwanzflosse. 43 — 45 Schuppen, von denen einige da, wo sie mit ihrem Rande auf die Erhabenheit der nächsten Schuppe stossen , einen Ausschnitt zeigen.
Querschuppenreihe, lieber der Seitenlinie finden sich 8, unter ihr 7 Schuppenreihen ; die Mittelschuppe ist ungefähr die 26. der Seilenlinie, und das untere Ende der Querschuppen- reihe liegt am Anus.
Die Schuppen sind ziemlich gross; die Mittelschuppe höher als lang, bedeckt f des Auges.
Farbe. Oben grünlich, die Seiten silberig; Brust- und Bauchflossen sind nach dem Alter des Fisches mehr oder weniger intensiv roth, die übrigen von der Farbe des Rückens.
Die bedeutendste Grösse ist die von 1'.
Die Schlundkieferzähne stehen in 2 Reihen, in der äussern 5, in der Innern 2.
Dieser Fisch nährt sich von vegetabilischen und animali- schen Substanzen ; er laiche vom Mai bis Ende Juni in verschie- denen Perioden an grasigen Plätzen , wo er seinen Rogen an Pflanzen absetze. Ob er im Neckar laiche, weiss ich nicht. Er muss in diesem Flusse sehr selten sein , doch findet sich im Stuttgarter Naturalienkabinete ein Exemplar, das als daher stam- mend bezeichnet ist. Im obern Neckar z. B. bei Tübingen findet er sich gewiss nicht, eher mag dies noch der Fall sein im untern und in den daran stossenden Altwassern.
- 320 — Abramis brama C u v.
Cyprinus brama L. Bloch, t. 13. Meidinger, IV. t. 43. Leuciscus brama Val. Fries och Eck ström, t. 53. Yarrell, S. 382.
Brachsen, Bressem. Breme. Bream.
Oberkiefer länger als der untere. Afterflosse 27-29strahlig.
Der Körper ist von der Seite betrachtet, sehr breit, oval, nur der Schwanz ist hinter der Afterflosse etwas schmal ; von oben und von unten erscheint er seitlich zusammengedrückt und ausserordentlich schmal. Zwischen Bauchflossen und Anus bildet der Bauch eine so scharfe Kante , dass die Schuppen beider Seiten nicht mehr in einander greifen. Der etwas kantige Rücken steigt hinter dem Kopfe sehr steil an und bildet bis zum An- fange der Rückenflosse einen starken Bogen ; von da bis zur Caudalis fällt er ziemlich steil und gerade ab. Die Bauchlinie senkt sich hinter dem Kopfe anfangs in einen Bogen ; läuft aber dann bis zur Afterflosse gerade aus, an deren Basis sie gerade ■wieder ansteigt. Das Profil des übrigen Schwanzes ist gerade und horizontal.
Die Höhe des Leibs ist in der Totallänge 3|mal, die Länge des Kopfs 5^mal enthalten oder diese ist gleich der Sfachen Distanz der Augen. Der Durchmesser des Augs ist in der Kopflänge 4 — 5mal enthalten, und etwas kleiner, als die Entfernung des Augs von der Schnauzenspitze. Der erste In- fraorbitalknochen ist viel kleiner als das Auge. Das Maul ist im Verhältniss zur Grösse des Fisches klein , der Mundwinkel erreicht bei weitem nicht den vordem Rand des Auges. Ober- kiefer länger als der untere.
Die P 0 r en r e i h e der Seitenlinie setzt sich oben auf dem Kopfe fort, umgeht das Nasenloch, verläuft auf dem Infraorbital- ring, und geht oben, hinter dem Auge, wieder in ihren Anfang zurück.
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Der membranose äussere Opercularrand ist nicht besonders stark entwickelt.
Die Brustflossen mit 17 Strahlen und wenig convexem Rande sind kürzer als die Dorsalis hoch ist, aber länger als die Bauchflossen. Diese mit 9 Strahlen und wenig convexem Rande sind so lang , als die Analis hoch ist. In ihrer Innern Insertionsstelle findet sich eine durch ihre längliche Gestalt von den andern unterschiedene Schuppe.
Die Rückenflosse, 12strahlig, beinahe noch einmal so hoch als lang, mit oberem geradem abschüssigem Rande, ist vom Kopfe viel weiter als von der Schwanzflosse entfernt ; ihr vorderes Ende steht mitten zwischen Bauch- und Afterflosse.
Afterflosse mit 27 — 29 Strahlen und unterem con- cavem Rande; Schwanzflosse mit 19 Strahlen und einem tiefen Ausschnitt.
Die Seitenlinie fällt von der Schulter, wo sie weit über der halben Körperhöhe entspringt , ziemlich gerade gegen den Bauch hin ab, und verläuft dann unter der Mittellinie gerade bis zur Schwanzflosse. Sie besieht aus 54—55 Schuppen, von welchen einige da wo sie auf die Erhabenheit der nächsten Schuppe stossen, einen Ausschnitt zeigen.
Querschuppenreihe, lieber der Seitenlinie zählte ich 12 oder 14, unter ihr 8 Schuppenreihen. Die Mittelschuppe ist die 28. der Seitenlinie , und das untere Ende der Quer- schuppenreihe fällt an den Anus.
Die Schuppen sind höher als lang, die Mittelschuppe be- deckt das Auge bei jüngeren Individuen zur Hälfte, bei altern ganz.
Farbe. Rücken bräunlichgrün, Seiten heller, messinggelb glänzend , unten weiss , nach dem Tode etwas röthlich. Die Flossen schwärzlich , Bauch- und Brustflossen etwas röthlich angeflogen.
Grösse. Der Brachsen erreicht eine beträchtliche Grösse von 2 — 3' Länge und 15 Pfund Gewicht; so gross wird er aber schwerlich im Neckar gefunden werden ; das grösste mir bekannte Exemplar war unter Heilbronn gefangen worden, und mass nicht ganz li'; gewöhnlich fängt man Brachsen von nur 8 — 10".
5 schmale, schwache Schlundkieferzähne in einer Reihe.
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 3s Heft. 21
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Von dem Skelette hat Rosen thal in seinen ichthyo- tomischen Tafeln eine Abbildung gegeben. Der Schädel (s. auch Yarrell S. 386) ist an seiner hintern obern Decke stark gewölbt, verschmälert sich nach hinten und setzt sich in die crista des OS interparietale fort; das obere Profil des Schädels und dieser crista steigt gleichmässig an und es wird dadurch die starke Er- höhung des Rückens bedingt. Die crista des Hinterhaupts ist auf Kosten des Dornfortsatzes am zweiten Wirbel entwickelt, indem dieser im Vergleich mit andern C^^prinoiden viel schmä- ler ist.
Der obere Rand des Operculums ausgeschweift. Ich zähle 21 Rumpf- und 22 Schwanzwirbel ; 15 — 17 Rippen. Die untern und obern Dornfortsätze ausserordentlich lang. 10 Interspinal- knochen vor der Rückenflosse. Die Beckenknochen sind schmal.
Die Weichtheile zeigen eine etwas andere Anordnung, als bei den vorigen Arten. Der Darmkanal macht 3 Windungen und ist so lang als der Fisch ; der rechte und linke Leberlappen sind nur durch einen Streifen des Parenchyms und einige Ge- fässstämme mit einander verbunden. Die Gestalt der Schwimm- blase hat sich nach der Form des Leibs und der Bauchhöhle modificirt, sie ist seitlich etwas zusammengedrückt, die vordere Abtheilung doppelherzförmig , mit der Spitze nach vorne ge- wendet; die hintere ist im Verhältniss zur vordem nicht be- sonders gross , und wie die hinlere Abtheilung der Bauchhöhle abwärts gegen den Anus gebogen, so dass die der Wirbelsäule zugekehrte Seite convex, die gegen die Eingeweide concav ist. Nach hinten läuft sie in eine Spitze aus.
Die Nahrung hat er mit dem Karpfen gemein, sie be- steht vor allem in Schlamm; auch scheint er mehr von vege- tabilischen Substanzen, Gras etc. als von animalischen zu leben.
Von Entozoen ist zu erwähnen der Echinorhynchus cla- vaeceps und Distoma globiporum , einmal fand ich Holostoma CO chle anforme.
Der Brachsen laicht zu Anfang des Sommers und setzt seinen Rogen an Wasserpflanzen ab. Seine Vermehrung ist sehr stark , und es ist der Grund davon zu suchen einmal in der grossen Zahl seiner Eier , in seiner sehr bald eintretenden
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Geschlechtsreife und in dem Umstände, dass der Rogen in ver- schiedenen Perioden abgesetzt wird , von den ältesten nämlich zuerst, von den jüngsten zuletzt ; so dass, wenn auch die eine oder andere Laiche wTgen der Witterung nicht gedeiht , die andern unter um so günstigem Verhältnissen angestellt werden. Die Laichzeit des einzelnen Brachsen dauert jedoch nicht länger als 4 Tage.
Der Brachsen, obgleich er in Oberschwaben , in Seen und Flüssen und im Rheine häufig gefangen wird, schien bis jetzt dem Neckar zu fehlen. Er wird jedoch das ganze Jahr noch bei Heilbronn gefangen, und ist, da er nicht selten und manch- mal in beträchtlicherer Grösse vorkommt, für die dortige Fischerei nicht ohne Bedeutung, früher noch mehr als jetzt, da er durch die Dampfschifffahrt in den Rhein oder wenigstens in den un- tersten Neckar zurückgescheucht wird, lieber Heilbronn kann der Brachsen wegen der dort angebrachten Wöhrde , so wenig als der Maifisch heraufsteigen. Der Brachsen könnte ganz ge- wiss mit Leichtigkeit in die Weiher und Altwasser des Unter- lands verpflanzt werden. Er fordert nicht mehr Pflege als der Karpfen, dagegen wäre die Anschaffung seiner Brut (etwa von Ulm) mit bei weitem weniger Kosten verbunden. Seine starke Vermehrung, sein rasches Wachsthum, sein gutes und gesundes Fleisch empfehlen ihn ganz besonders zu einem Teichfische.
Chondrostoma Agassiz.
Der Oberkiefer ist verdickt, aufgetrieben und tritt weit über das Maul hervor; auf der Unterlippe ein harter knorpeliger Ueberzug*
Chondrostoma nasus Agassiz.
Cyprinus nasus L. Bloch, t. 3. Meid in g er, II. t. 12. Leuciscus nasus Cuv.
Nase, Weissfisch. Nez.
Das Maul an der untern Seite des Kopfs, quer gespalten, gerade.
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Der Körper ist von der Seite betrachtet, etwas schmal und in die Länge gestreckt, von oben und von unten etwas breit. Der Rücken steigt gleich hinter dem Kopfe ziemlich steil an, verläuft breit abgerundet, anfangs in stärkerem Bogen, etwas convex bis zur Rückenflosse ; von da an ist sein Profil bis zur Caudalis gerade. Die Bauchlinie bildet vom Kopfe bis zum Ende der Afterflosse, besonders bei Weibchen, eine starke Curve.
Die Höhe des Leibs ist in der Totallänge enthalten bei alten Weibchen 4mal, bei alten Männchen 4|^mal, bei jungen Individuen 5Jmal.
Die Länge des kleinen , oben breiten und abgerundeten Kopfes ist 5^mal in der Totallänge enthalten, oder sie ist = 2Jmal die Distanz der Augen genommen.
Das Maul liegt wegen der überragenden Oberkinnlade ganz an der untern Seite des Kopfes ; seine Entfernung vom vorderen Ende der Schnauze beträgt bei Exemplaren von 1' Länge einen halben Zoll ; es bildet eine beinahe gerade Spalte , welche die ganze Breite des vorderen untern Theils des Kopfes einnimmt. Die Unterlippe ist mit einer eigenthümlichen etwas hornartigen Knorpelplatte bedeckt, welche sich bei macerirenden oder in Weingeist gelegenen Exemplaren leicht abnehmen lässt.
Der Durchmesser des Augs ist in der Kopflänge öjmal enthalten oder gleich der halben Entfernung desselben von der Schauzenspitze.
Der äussere membranose Opercularrand ist nicht besonders stark entwickelt.
Die Brustflossen mit 17 Strahlen und wenig convexem Rande sind kürzer als die Dorsalis hoch ist, und etwas länger als die B a u eh floss en. Diese haben einen wenig convexen Rand, 10 Strahlen und sind nur wenig länger, als die After- flosse hoch ist.
Die Rücken floss e, deren Höhe sich zur Länge = 3:2 verhält, steht entweder über oder unmittelbar hinter der Inser- tion der Bauchflossen. Ihre Entfernung vom Kopfe ist gleich der von der Caudalis und wenn sie verschieden ist, so ist die Dilferenz nur eine unbedeutende. 12 Strahlen ; der obere Rand gerade.
Die Afterflosse ist beinahe so lang, aber um ein Be-
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trächtlicheres niedriger, als die Dorsalis. 13, selten 14 Strahlen, der untere Rand gerade.
Schwanzflosse mit 19 Strahlen und einem Ausschnitt.
Die Seitenlinie entspringt etwas über der halben Kör- perhöhe, senkt sich in einem schwachen Bogen gegen den Bauch und verläuft unter der Mittellinie beinahe gerade bis zur Schwanz- flosse. Sie besteht aus 58 — 60 Schuppen, deren Erhabenheiten auf den vordem Schuppen markirt und länglich, auf den hintern punktförmig sind und welche alle da, wo sie mit ihrem Rande auf die Erhabenheit der nächsten Schuppe stossen, einen Aus- schnitt zeigen.
Querschuppenreihe. Nach der Höhe des Leibs finden sich über der Seitenlinie 9, unter ihr 6 — 7 Schuppenreihen. Die Mittelschuppe ist ungefähr die 30. der Seitenlinie, und das un- tere Ende der Querschuppenreihe fällt weit entfernt vom Anus meist in die Mitte zwischen diesen und die Bauchflossen.
Die Schuppen sind klein, nahezu so hoch als lang; bei alten Individuen bedeckt die Mittelschuppe das Auge vollständig, bei jungen ist sie etwas kleiner.
Farbe. Rücken dunkel, beinahe schwarz mit grünem Me- tallglanze, die Seiten silberig mit vielen schwarzen Pigment- flecken; unten weiss. Rücken und Schwanzflosse von der Farbe des Rückens; die untern Flossen, bei alten Individuen auch der untere Theil der Schwanzflosse, schön intensiv roth. Um die Pupille ein citrongelber Ring; Iris oben von der Farbe des Rückens, unten silberig. Das Operculum dunkel pigmentirt. Die Spalte zwischen Kiemendeckel und Praeoperculum gelb. Bei altern Fischen auf jeder Schuppe der Seitenlinie an der Erha- benheit ein schwarzer Flecken. — Eine sehr schöne Varietät der Nase hat kaff'eebraune Schuppen, von welchen die den Rücken und den Schwanz bedeckenden am intensivsten gefärbt sind. Dabei schimmern sie in prächtigem Goldglanze, und jede Schuppe hat einen scharf abgegrenzten, silberigen Rand. Das Exemplar, welches bei Tübingen gefangen wurde , hatte auch grössere Schuppen als gewöhnlich, in der Seitenlinie 57; über und unter ihr nur 7 Längsschuppenreihen ; die Mittelschuppe die 26. der Seitenlinie.
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Die Nase erreicht eine Länge von 1^^' und ein Gewicht von 3 Pfund.
Die 6 grossen, sehr schmalen, messerförmigen S chl und - kieferzähne stehen in einer Reihe; selbst die Zahnlieime sind nicht gezahnt. Die Platte, gegen welche sie wirken, ist gross, glatt, elliptisch.
Skelett. Am Schädel ist besonders der Bau der Gesichts- knochen bemerkenswerth , wie wir ihn bei keinem andern un- serer Fische finden, und welcher der äussern eigenthümlichen Form der Schnauze entspricht. Sie sind im Allgemeinen viel breiter, als bei den andern Cyprinoiden, gebaut, der Oberkiefer oben blasig aufgetrieben, der Zwischenkiefer in einem Winkel umgebogen; der Unterkiefer, von oben nach unten zusammen- gedrückt, biegt sich nicht in einem Bogen nach vorne allmählig um, sondern ist eckig umgeschlagen, um vorne eine gerade Fronte zu bilden; sein aufsteigender Ast ist an ihm weiter vor- wärts gerückt, als bei andern Cyprinoiden. Von den Infraorbital- plalten bilden die 2., 3. und 4. den stark gebogenen Augenring; . hinter ihnen liegt noch eine fünfte , durch welche sie sich am Schädel befestigen. Mit Ausnahme der ersten sind sie sehr schmal. Der Kiemendeckel verlängert sich gegen seinen Arti- kulationswinkel. Der hintere lange Fortsatz am Basilartheil des Hinterhaupts ist nicht, wie bei andern Cyprinoiden, seitlich zu- sammengedrückt, sondern von oben nach unten deprimirt, breit, spateiförmig, oben mit einer Concavität. Die Schlundkiefer- knochen sind, entsprechend den starken Zähnen, welche sie tragen, dick und stark gekrümmt. Das os innominatum ist über die Hälfte gespalten.
Dem Rumpfe gehören 27, dem Schwänze 21 Wirbel an; 21 Rippen, von welchen die letzten 2 nur in den Bauchmus- keln stecken.
Weicht heile. Schon der Schlundkieferapparat ist bei diesem Fische sehr entwickelt, ebenso finden wir auch, wie bei keinem andern unserer Cyprinus, das übrige Verdauungssystem ausgebildet. Der Darmkanal ist beinahe dreimal so lang als der ganze Fisch; er verläuft vom Schlünde in der Mittellinie der Bauchhöhle gerade bis zum letzten Drittel des Abdomens, wo
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er sich nach links umschlägt und an der linken Bauchwandung nach oben steigt. Er bildet sodann eine Spirale mit 3 obern und 3 untern Windungen, und nachdem er die letzte obere Biegung gemacht hat, verläuft er ziemlich gerade zuerst etwas auf der linken Seite, dann in der Mittellinie bis zum Anus.
Von den zwei Leberlappen liegt der längste und grösste auf der rechten Seite, oben ist er von den Windungen des Darm- kanals bedeckt, mit seinem untern Theile tritt er Überdieseiben herauf und schlägt sich um sie schief abwärts nach links herum; von seiner obern Abtheilung geht eine breite Brücke von ihm ab, welche in einem Einschnitt des rechten Testikels oder Ova- riums liegt, und durch die er sich mit dem viel kürzern, aber dickern Lappen der linken Seite vereinigt. Dieser Leberlappen hat Eindrücke, worin die Windungen des Darmkanals, an denen er liegt, aufgenommen werden. Der ganze lange Darmkanal wird von der Leber umgeben.
An der obern Abtheilung des rechten Lappens ist die grosse, sehr in die Länge gezogene, hellgelbe Gallenblase befestigt. Die blutrothe , lange Milz ist in eine obere und untere zerfallen und liegt an der linken Seite des Magens. Der hintere Theil der Schwimmblase ist noch einmal so gross als der vordere und gleichmässig dick, an seinem hinlern Ende sich allmählig ab- schnürend.
Das Peritoneum ist schwarz gefärbt.
Schon der lange Darmkanal lässt vermuthen , dass die Nase hauptsächlich auf Pflanzennahrung hingewiesen ist, doch frisst sie auch animalische Substanzen und geht an den an der Angel befestigten Regenwurm.
Ich erinnere mich nicht, je zu dieser Jahreszeit Ento- zoen in ihr gefunden zu haben, nicht einmal einen Echino- rhynchus, welche Gattung in andern Fischen den ganzen Winter über aushält.
Das Fortpflanzungsgeschäft fällt bei der Nase in den April; sie ist einer unserer Fische, welche am bäldeslen laichen, und wenn, wie dies in den letzten Jahren der Fall war, eine schlechte Witterung zu dieser Zeit lange anhält, so wird die Laiche gehemmt; es geht nicht nur vieler Rogen zu Grunde,
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sondern auch die alten werden krank und stehen ab. Es wird daher in den nächsten Jahren bei uns ein Abgang in der Häu- figkeit dieses Fisches fühlbar werden. Die Laiche wird gewöhn- lich schaarenweise und mit der oben als Leuciscus muticellus beschriebenen Art angestellt. Unsere Fischer behaupten, dass die Nase in dieser Zeit stromaufwärts ziehe.
Die Nase ist ein einheimischer Fisch des Neckars, aber nur wegen ihrer Häufigkeit und beträchtlichen Grösse von Be- deutung für unsere Fischerei. Denn unter allen unsern Fischen, welche gegessen werden, hat sie das schlechteste, am meisten mit Gräten durchzogene Fleisch: doch ist sie für Leute, welche auf eine wohlfeile und massige Nahrung sehen, eine leckere Speise.
Es sind mehr anatomische, als zoologische Merkmale, welche die Grundein von den übrigen Cyprinoiden generisch unterschei- den. Dem Flusssysteme des Neckars gehört nur eine Art an.
Cobitis Artedi.
Die Bauchflossen sitzen weit hinter den Brustflossen, der kleine zahnlose Mund ist mit vielen Bartfäden, der cylindrische Körper mit kleinen Schuppen besetzt. Wie bei den andern Cyprinoiden nur 3 Kiemenstrahlen. Die kleine Schwimmblase ist in eine knöcherne Kapsel eingeschlossen.
Cobitis barbatula L.
Bloch, t. 31. f. 3.
Jurine, pl. 2.
Yarrell, (s. 376) s. 427 nicht gut.
Fries och Ekström, t. 53.
Cuvier et V alencien ne s, pl. 520.
Gründet. Loche franche. Loach or Loche.
6 Bartfäden, die Wangen glatt. Der cylindrische Körper erscheint, von der Seite betrach- tet, ausserordentlich schmal und in die Lange gestreckt, überall
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beinahe gleich hoch, von oben und von unten sehr breit; seine Höhe ist in der Länge 9mal oder noch mehr enthalten, die Länge des Kopfs 6mal; oder letztere ist nicht ganz gleich der 4fachen Distanz der Augen.
Das sehr kleine Maul liegt an der Unterseite des Kopfes; die Oberlippe bildet eine Querfalte, die untere ist in der Mitte durch einen Einschnitt in zwei Abtheilungen gespalten, von welchen jede wieder eingeschnitten ist. Der Oberkiefer über- ragt weit den untern. Am Oberkiefer, vorne an der abgerun- deten Schnauze, finden sich 4 in einer Reihe stehende Bart- fäden, von welchen die 2 mittlem kleiner sind als die äussern; am Mundwinkel jeder Seite steht noch ein Bartfaden, der etwa so lang, als die grössern obern ist.
Die kleinen Augen liegen in dem Winkel, welchen die obere Fläche des viereckigen Kopfes mit der Seite bildet, und sind von der Schnauzenspitze soweit als vom hintern Rande des Kiemendeckels entfernt.
Der äussere membranose Opercularrand ist dick, aber nicht besonders stark entwickelt.
Ueber und unter dem Auge ist deutlich eine Porenreihe bemerkbar, welche als Fortsetzung der Seitenlinie zu betrach- ten ist.
Alle Flossen sind abgerundet und keine zeichnet sich durch Grösse u. dergl. aus. Die Rückenflosse, mit 10 Strahlen, steht über den Ventrales und ist dem Kopfe etwas näher ge- rückt als dem Schwänze. Afterflosse mit 8 , Brustflossen mit 14, ßauchflossen mit 7 Strahlen. An der innern Insertionsstelle der letztern findet sich ein spitziger, membranoser Fortsatz. Die Schwanzflosse mit 16 — 17 Strahlen, ohne Ausschnitt.
Die Schuppen sind nur mit Hülfe einer stark vergrössern- den Loupe oder an einem getrockneten Fische zu bemerken. Die Seitenlinie verläuft gerade, beinahe in derMittellinie des Leibs.
Farbe. Die Gründet ist grünlich- grau, an den Seiten und auf dem Rücken mit unregelmässigen Flecken und Punkten. Von den Flossen sind beinahe immer die Rücken- und Schwanzflosse schwarz gefleckt.
Grösse. 4 — 5''.
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Die Schlundkieferknochen tragen 8— 10 Zähne in einer Reihe.
Anatomie. Der Schädel unterscheidet sich von dem der andern C^'prinoiden durch den Mangel des Jochbogens; vor dem Auge findet sich jedoch ein einziger Infraorbilalknochen. Ich zähle 39 Wirbel, von welchen 16 dem Schwänze angehören, und 15 Rippen. Am zweiten und dritten Wirbel sind seitlich zwei knöcherne Blasen angebracht, in welchen die doppelte Schwimmblase liegt (s. Rosenthal's ichthyotom. Tafeln t. X. f. 8. und Yarrell, s. 431.). Die seitlichen Blasen sind durch eine querlaufende Röhre mit einander verbunden. Beide Abthei- lungen der Schwimmblase liegen also nicht hinter einander, son- dern neben einander ; übrigens stimmt die Einrichtung der Schwimmblase doch dadurch mit der der Cyprinoiden überein, dass sie durch einen feinen Kanal mit der Speiseröhre com- municirt.
Am Verdauungsapparat ist deutlich der sackartige Magen von dem beinahe gerade verlaufenden Darmkanale zu unterschei- den. Von der Leber steigt ein grösserer, mit Einschnitten ver- sehener Lappen ziemlich in der Mittellinie der Bauchhöhle herab, ein viel kleinerer schmaler liegt auf der linken Seite. Die Nieren sind verschmolzen und ragen in die Bauchhöhle herein; ein kleines Stück der Niere liegt noch über der Brücke, welche die beiden Schwimmblasen mit einander verbindet.
Die Gründet nährt sich ausschliesslich von animalischen Substanzen, Insekten, Würmern. Von Entozoen fand ich den Echinorhynchus clavaeceps und im März Distoma globiporum. Sie laicht bei warmer Witterung bis in den August und setzt ihren feinen Rogen auf Steine ab. Ihre Vermehrung ist eine sehr starke; daher sie auch im ganzen Neckar und seinen Zu- flüssen, aber nur auf steinigem oder sandigem Grunde häufig angetroffen wird. Da die Gründet eines frischen, klaren Wassers bedarf, so hält sie sich nur an strömenden Stellen auf. In einem stillen Wasser oder in einem Gefässe steht sie bald ab; doch gelang es mir, kleine Individuen in einem grossen Fisch- kolben Winters mehrere Tage zu erhalten. Nimmt man sie aus dem Wasser, so lassen sie oft einen schnurrenden Ton hören.
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Es kann derselbe nicht durch Ausströmen von Luft aus der Schwimmblase erklärt werden , weil zwischen der Schwimmblase und der umhüllenden knöchernen Kapsel ein luftleerer Raum entstünde. Auch habe ich diesen Ton bei Cotlus gohio bemerkt, der gar keine Schwimmblase besitzt.
Die Gründet wird häufig mit einem besondern engmaschigen Hamen , dem Grundelhamen , gefangen , da sie wegen ihres wohl- schmeckenden Fleisches gesucht ist.
Esox Artedi.
Die Bauchflossen stehen weit hinter den Brustflossen. Schnauze lang, breit, stumpf, niedergedrückt. Zähne im Zwi- schenkiefer, auf dem Vomer, den Gaumenbeinen, der Zunge, den Schlundkiefern, den Kiemenbögen und im Unterkiefer. Die Rückenflosse steht der Afterflosse gegenüber. Keine Fettflosse.
Esox lucius L.
Bio eil, t. 32.
Heidin ger, t. 10.
Jurine, pl. 15.
Fries och Ekström, pl. 10.
Yarrell, s. 434.
Hecht. Brochet. Pike.
Der Körper erscheint, von der Seite betrachtet, schmal und langgestreckt und bis hinter die Afterflosse beinahe gleich hoch, von oben breit und platt, von unten schmäler; sein Profil ist beinahe gerade. Die Höhe beträgt nur i oder ^ der Total- länge. Die Länge des Kopfs ist gleich der doppelten Körper- höhe oder gleich der Stachen Distanz der Augen. Die breite, spateiförmige Schnauze ist vom übrigen Kopfe nicht abgesetzt; der ausserordentlich grosse Rachen erreicht nach hinten beinahe den vordem Rand des Auges. Der lange Unterkiefer überragt den Obern und biegt sich über denselben aufwärts. Das Auge liegt oben an der Stirne, in der Mitte des Kopfes. Die Seiten des Kopfes sind über dem Kiemendeckel und an den Wangen
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beschuppt. Zwei Reihen weit aus einander stehender Poren verlaufen oben auf dem Kopfe , eine weitere auf der untern Seite des Unterkiefers und auf dem Praeoperculum.
Flossen. Die Länge der kleinen Brustflossen, mit 16 Strahlen, beträgt nur den dritten Theil der Kopflänge. Ebenso- lang sind die Bauchflossen, welche etwas vor der Mitte des Leibs stehen und 10 — 11 Strahlen haben. Die Rückenflosse ist weit nach hinten gerückt , so dass ihre Entfernung von der Schwanzflosse nur i oder ^ der Entfernung vom Kopfe beträgt. Sie ist von viereckiger Gestalt, so hoch als lang und hat 20 Strahlen, von welchen die ersten 6 oder 7 ungegabelt sind und bis zum achten an Grösse zunehmen. Gerade unter ihr beginnt die Insertion der Afterflosse, welche abgerundeter als die Dor- salis und höher als lang ist; sie hat 18 Strahlen, von welchen die ersten 7 ungegabelt sind und bis zum achten an Länge zu- nehmen. Die Schwanzflosse mit 19 Strahlen und einem Aus- schnitt. — Die zusammengerückte Stellung der vertikalen Flossen auf den hintern Theil des Leibes verleiht dem Hechte die Fähig- keit, schnelle und starke Bewegungen nach vorwärts zu machen
Die Schuppen sind klein, stecken zum grössten Theile unter der Haut, länger als hoch und bedecken ungefähr die Pupille. Die Seilenlinie ist kaum zu bezeichnen, sie verläuft gerade und besteht aus 120 — 130 Schuppen. In der Quer- schnppenreihe zähle ich 26 — 30 Schuppen. Viele Schuppen sind tief eingeschnitten.
Farbe. Der Hecht ist graulich - grün , gegen den Rücken dunkler, gegen den Bauch heller; an den Seiten grosse, un- regelmässige, hellere Flecken; unten weiss. Die unpaaren Flossen gelblich mit dunklen Flecken, die paarigen hell einfarbig.
Grösse. Der Hecht würde im Neckar eine beträchtliche Grösse erreichen, wenn er sich nicht immer nur an bestimm- ten, ihm zusagenden Orten aufhielte, welche den Fischern be- kannt sind, so dass er leicht eine Beute seiner Verfolger wird. Er wird höchstens bis zu 4 Pfund schwer gefangen.
Von dem Skelette des Hechtes hat Valenciennes eine genügende Beschreibung und Rosenthal (Ichthyotom. Tafeln
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{. 7) eine Abbildung *) gegeben. — Der Schädel ist oben platt, nach vorne in die Länge gestreckt, was von den ausserordent- lich verlängerten Gesichtsknochen, welche die Hälfte der Kopf- länge ausmachen, herrührl. Zur Bildung der breiten Schnauze trägt der bis zu ihrem vordem Rande vorgeschobene Sparren des Pflugschaarbeins das Meiste bei. Zu seinen beiden Seiten liegen die kleinen , mit schwachen , hecheiförmigen Zähnen be- setzten Zwischenkieferknochen. Ganz an die Seite gerückt ist der säbelförmige, zahnlose, nach hinten frei sich endigende Oberkiefer; er trägt an seiner hintern Hälfte noch einen schma- len, länglichen Knochen. Der Infraorbitalbogen ist aus 4 Knochen zusammengesetzt, von welchen der vordere, wie überhaupt die Gesichtskuochen, ausserordentlich in die Länge gezogen ist; er trägt zur Bildung des Jochbogens mehr bei, als wir dies bei den Cyprinoiden gefunden haben, doch erstreckt er sich nicht so weit nach hinten, als nach vorne. Wie bei den Cyprinoiden findet sich beim Hecht ein os supraorbitale. Die Zahl der Kiemenstrahlen wechselt, oft bei demselben Individuum, von 14 — 16. Bei einem Exemplar fand ich auf einer Seite nur 11, auf der andern 16. -- Die Wirbelsäule zeigt einen sehr starken Bau, was den Fisch zu seinen kräftigen, durch den starken Schwanz hervorgebrachten Bewegungen und Angriffen geschickt macht. Ich zähle am Rumpfe 39, am Schwänze 21 Wirbel; die obern Dornfortsätze der dem Kopfe zunächststehenden Wirbel sind stark, breit und fest mit einander verbunden; nach hinten werden die Dornfortsätze immer schmaler. Die Rippen, 38 an der Zahl, sind im Verhältniss zur Grösse des Fisches und zur Massenhaftigkeit der Wirbel auffallend klein. — Von den Kno- chen des Schultergürlels zeichnet sich besonders der Oberarm aus, der eine lange, dünne, halbmondförmige, am concaven Rande abgerundete und dicke, am convexen schneidende und dünne Knochenplatte bildet. Das os innominatum ist nach dem- selben Typus gebaut; es ist ungegabelt, gerade, dünn, am äus- sern Rande abgerundet und dick, am innern schneidend und dünne. Weichtheile. Der Magen, welcher bis in die Mitte der
'') Die jedoch Vieles zu wünschen übrig lässt.
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Bauchhöhle hinabsteigt, setzt sich kaum vom übrigen Darmkanal ab. Dieser macht 2 Windungen und seine Länge ist um i be- deutender als die des Körpers. Die einfache, ungelappte Leber liegt an der linken Seite, und an ihrer obern Abtheilung be- festigt sich die Gallenblase. Die dreieckige Milz von dunkel- rolher Färbung liegt in der Nähe des Pvlorus. Die grosse ein- fache Schwimmblase erstreckt sich längs der ganzen Bauchhöhle, an deren Wandungen sie angewachsen ist, so jedoch, dass sie leicht abgelöst werden kann; durch einen kurzen Kanal com- municirt sie mit dem Schlünde. Die Nieren, anfangs dünne, vereinigen sich nach hinten zu einem dicken Lappen.
Der Hecht ist der gefrässigste Baubfisch des Neckars, in- dem er keines andern Fisches, den er überwältigen und ver- schlingen kann, selbst seiner eigenen Art nicht, verschont. Auch Frösche, Mäuse, Balten, kleine oder junge Wasservögel, Aas werden gierig von ihm ergriffen. Sogar ausserhalb des Wassers schnappt er nach einem vorgehaltenen Gegenstande oder der Hand.
Seine Laichzeit fällt in den Anfang des April und währt nur einige Tage. Der Bogen wird nicht auf den Grund , son- dern an Hecken, Gesträuche etc. abgesetzt. Wie überhaupt der Hecht vereinzelt lebt, so stellt er auch seine Laiche nie schaa- renweise an; meist findet sich nur ein Paar zusammen, höch- stens 2 — 3 Männchen bei einem Weibchen. Jene sind immer viel kleiner als dieses, und sind auch vielleicht bälder geschlechts- reif. Er legt ausserordentlich viele Eier und würde sich bei genügender Nahrungsmenge und einer weniger starken Verfol- gung sehr stark vermehren.
Der Hecht liebt ein stilles Wasser mit weichem Grunde und grasigem Ufer: daher hat er sich auch besonders in die Alt- wasser zurückgezogen, wo er häufig angetroffen wird. Da er sehr schnell wächst, so werden schon zweijährige Individuen, welche sich noch nicht einmal fortgepflanzt haben , gefangen und verkauft. Wegen seines zähen Lebens kann man ihn weit zum Versetzen transportiren. Er ist wegen seines Fleisches sehr ge- schätzt und kann nur als ein sehr nützlicher Fisch bezeichnet "werden; denn der Schaden, welchen er durch seine Nahrung
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zu verursachen scheint, wird reichlich durch ihn selbst ersetzt, sobald die Häufigkeit seines Vorkommens in ein richtiges Ver- hältniss zu der Menge der andern Fische gesetzt ist. Dies sehen auch die Besitzer von Teichen , in welchen hauptsäch- lich pflanzenfressende Fische gezogen werden, wohl ein, in- dem sie , sobald bei einer zu starken Vermehrung dieser Fische die vorhandene Nahrung zu gering erscheint, einige Hechte einsetzen.
Salmo Artedi.
Die Bauchflossen stehen weit hinter denBrustflossen. Hin- ter der Rückenflosse eine Fettflosse. Zähne im Ober-, Zwischen- und Unterkiefer, auf dem Gaumenbein, Pflugschaarbein, auf der Zunge und den Schlundkieferknochen. 10 — 12 Kiemenstrahlen.
Salmo salar L. *)
/
Bloch, 20. 98.
Salmo salmo Va le n cien n es, t. 614. Agassi/, poissons d'eau douce, t. 1 — 2. Yarrell, IL s. 1.
Lachs. Saumon. Salmon.
Auf dem Sparren des Vomer 2 — 3 Zähne, keine auf dem Körper; Afterflosse 13strahlig; Seiten- linie 120—130 Schuppen.
Der Körper erscheint, von der Seite betrachtet, sehr schmal und langgestreckt; von oben breit, von unten etwas schmäler. Sein oberes Profil ist beinahe gerade, sein unteres etwas mehr convex. Die Höhe des Leibs ist 6mal in der Total- länge enthalten und gleich der Länge des Kopfs. Die Schnauze
*) Ich hatte nie Gelegenheit, ein im Neckar gefangenes Exemplar des Lachses zu sehen. Das einzige, was sich mir zur Untersuchung- darbot, war ein ausgestopftes, 3' langes Männchen aus dem Rhein, welches dem Tübinger Cabinete angehört. Meine Beschreibung ist da- her aus derVergleichung desselben mit den Angaben von Valencienn es, Bloch, Ekström und Agassiz entstanden.
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ist abgerundet; beim Männchen ist der Unterkiefer vorne zu einem hackenartigen Ansatz verdickt, er tritt aber bei geschlos- senem Munde hinter die Schnauze zurück. Das Auge steht der Schnauzenspitze näher als dem hintern Rande des Kiemendeckels; sein Durchmesser beträgt ^ der Kopflänge. Die Pupille hat einen stumpfen Winkel nach vorne.
Flossen. Die Brustflossen haben 14 Strahlen und sind länger als die Dorsalis hoch ist ; die Bauchflossen mit 10 Strah- len; an ihrer innern Ansatzstelle findet sich eine längliche, spitzige Schuppe; die Rückenflosse steht dem Kopfe näher als der Caudalis , gerade über den Ventrales, sie ist länger als hoch und hat 15 Strahlen. Die Feltflosse steht dem Ende der After- flosse gegenüber,' letztere mit 13 Strahlen. Schwanzflosse mit einem sehr seichten Ausschnitt und 19 Strahlen.
Schuppen klein; die Seitenlinie verläuft ganz gerade, etwas über der Mittellinie des Leibs ; sie besteht aus ungefähr 120 Schuppen, wenn man die kleinen auf dem Schwänze stehen- den nicht rechnet; über ihr zähle ich 26, unter ihr 18 Schuppen- reihen. Das untere Ende der Querschuppenreihe fällt hinler die Bauchflossen, weit entfernt vom Anus.
Farbe. Oben dunkel grünlichblau, gegen die Seiten sil- berig, unten weiss; rundliche, grosse, schwarze Flecken finden sich oben auf dem Kopfe und auf dem Kiemendeckel, kleinere auf der Rückenflosse ; an den Seiten über der Seilenlinie stehen die Flecken in Reihen und sind aus Vierecken zusammengesetzt.
Grösse. Der Lachs soll eine Länge von 5' erreichen; das grösste bekannte , im Neckar gefangene Exemplar wog 36 Pfund.
Das Skelett ist mir nur durch Yarrell, IL s. 70 und Rosenlhal (ichth^otom. Tafeln t. 6) bekannt, welcher letztere an dem Rumpfe 34, am Schwänze 25 Wirbel zählt, von wel- chen die letzten 5 in die fächerartige Ausbreitung des letzten Schwanzwirbels hineinragen. 32 Rippen. 11 Kiemenstrahlen.
W e i ch t h e i 1 e. Der Darmkanal macht 2 Windungen ; Schlund, Magen und Darm sind beinahe von gleicher Dicke. Unmittelbar hinter dem Pylorus liegen die zu einem Bündel vereinigten Blind-
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därme, ungefähr 60 an der Zahl. Nach Schmid *) ist die Leber einlappig, allein Valenciennes beschreibt ausser dem grossen, ungetheilten Lappen auf der linken Seite noch einen kleinen, der quer gegen rechts gelagert und unter dem Dia- phragma befestigt ist. Die Gallenblase ist ausserordentlich gross, ganz von der Leber getrennt und zwischen ihr und der ersten Windung des Darmkanals gelagert. Die einfache Schwimmblase und die Nieren nehmen die ganze hintere Parthie der Bauch- höhle ein.
Die Nahrung des Lachses besteht aus Würmern, Insekten und deren Larven, sodann auch aus kleinern Fischen. Der Lachs ist ein Seefisch, der nur der Fortpflanzung wegen in die Flüsse zur Zeit des Frühjahrs heraufsteigt und gegen den Herbst wieder in das Meer zurückkehrt. Die Brut bleibt den Winter über in den Flüssen. In den Neckar gelangt er verein- zelt nur bei sehr hohem Wasserstande; früher war dies viel- leicht häufiger der Fall als gegenwärtig, da der Neckar durch Dampfschiffe zu sehr beunruhigt wird. In Heilbronn weiss man sich nicht mehr zu erinnern, dass je ein Lachs gefangen wurde, dagegen erwähnt Sc hü hier **) eines im Jahre 1790 daselbst gefangenen 36 Pfund schweren Lachses.
Salmo fario L.
Bloch, t. 22.
Salar ausonii Valenciennes, pl. 618. Agassiz, poiss. d'eau douce, t. 3—5. Yarrell, II. s. 85 u. ff.
Forelle. Truile. Trout.
Zwei Reihen Zähne auf dem Körper, eine ein- fache, querlaufende Reihe auf dem Sparren des Pflugschaarbeins.
Der Körper ist, von der Seite betrachtet, schmal und langgestreckt, von oben und unten schmal. Das obere Profil
*) lieber die Leber und das Pfortadersystein der Fische, p. 8. *") Memminger, Beschreibung von Württemberg. 1. Ausg. p. 233. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1853. 3s Heft. 22
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erhebt sich vom Kopfe bis zum Anfange der Rückenflosse in schwach gebogener Linie, von da an senkt es sich bis zur Schwanzflosse etwas wellenförmig, beinahe gerade. Das untere Profil ist schwach convex. Die Höhe des Leibs ist in der Total- länge 4Jmal enthalten und gleich der Länge des Kopfs; diese letztere ist gleich S^mal die Distanz der Augen genommen. Die Schnauze ist abgerundet, der Rachen gross, seine seitliche Spalte erreicht den vordem Rand des Auges; Oberkiefer länger als der untere; der Oberkieferknochen überreicht etwas den hintern Rand des Auges. Die Entfernung des Auges von der Schnauzen- spitze beträgt IJ seiner Durchmesser, dieser ist 5mal in der Länge des Kopfes enthalten. Die Pupille hat einen stumpfen W'inkel nach unten oder nach vorne; vor dem Auge liegt das den Salmoniden eigenthümliche adipose Augenlid. Oben auf dem Kopfe zieht sich eine Längsleiste hin, zu deren beiden Seiten eine Reihe Poren sichtbar ist.
Flossen. Die Rrustflossen sind etwas länger, als die Dorsalis hoch ist, haben 14 Strahlen und einen beinahe gera- den Rand. Die Rauchflossen sind kürzer als die Pectorales, aber beinahe so lang als die Analis hoch ist; 9 Strahlen und einen wenig convexen Rand. In der Mitte zwischen ihnen und an ihrer Innern Insertionsstelle finden sich längliche spitzige Schup- pen. Die Rückenflosse steht gerade den Ventrales gegenüber, dem Kopfe etwas näher als der Schwanzflosse, oder sie ist von dem einen soweit entfernt als von der andern; mit 15 Strahlen und einem geraden Rande; beinahe ebenso lang als hoch. Die Fettflosse steht dem hintern Ende der Analis gegenüber und ist von der Dorsalis noch einmal so weit entfernt, als von der Cau- dalis. Afterflosse höher als lang, mit 12 Strahlen und einem etwas convexen Rande. Die Schwanzflosse ist 19— 20strahlig und nur seicht ausgeschnitten.
Die Schuppen sind klein, länger als hoch und bedecken nur den vierten Theil der Pupille. Die Seitenlinie verläuft ge- rade, etwas über der Mittellinie des Leibs und besteht aus 120 Schuppen; über ihr zähle ich 26, unter ihr 32 Schuppenreihen. Das untere Ende der Querschuppenreihe fällt unmittelbar hinter die Bauchflossen.
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Farbe und Grösse. Ich habe bis jelzt nur 2 Exemplare der Forelle aus dem Neckar erhalten, welche beide bei Tübin- gen gefangen wurden.
Das eine am 18. Seplbr. 1852 bei sehr hohem Wasserstande gefangene war 6j" lang. Oben isabellfarbig graulich-gelb mit unregelmässigen dunkeln Flecken und Streifen , auf der Seite hellgelblich mit runden rothen Flecken; unten weiss; Rücken- flosse von der Farbe des Rückens, gelb gesäumt, die untern Flossen gelb, Schwanzflosse mit unterem rothem Saume.
Das andere am 23. Oct. 1852 bei" sehr niedrigem Wasser- stande gefangene war 9V' lang. Oben dunkelbläulichgrün mit vielen dunkleren Flecken, welche dadurch entstehen, dass 4 — 7 neben einander liegende Schuppen besonders am Rande schwarz pigmenlirt sind. Oben auf dem Kopfe, auf der Rücken- und Feltflosse, auf dem Operculum rundliche schwarze Flecken ; an den Seiten zerstreute, wenige, rundliche, grosse, röthliche Flecken, über der Seitenlinie mehr als unter ihr. Seiten des Bauches gelblich angeflogen; unten weiss, obere Flossen von der Farbe des Rückens , untere gelblich. Iris schwärzlichgrau, röthlich angeflogen.
Skelett. Der Schädel ist von gedrungener, abgerundeter Gestalt; an seiner obern Fläche ist eine Längsleiste, durch das Zusammenstossen beider seitlichen Stirnbeine gebildet. Der vor- dere Rand der Schnauze wird durch die grossen , mit Zähnen bewaffneten Zwischenkieferknochen gebildet, der seitliche durch die in die Länge gestreckten Oberkieferknochen, welche an dem hintern Drittel ihrer Länge oben einen kleinen länglichen Knochen tragen. Das Zungenbein ist gross und stark , etwas gekrümmt, unten seiner ganzen Länge nach mit einer Rinne versehen ; an jeder Seite trägt es 3 (nach Valenciennes 4 — 5) Zähne, die stärksten von allen Zähnen. Der Unterkiefer gross und stark, wie beim Hecht. 4 Infraorbitalknochen. 10 — 11 Kiemenstrah- len. An der Wirbelsäule zähle ich 33 Rumpf- und 23 Schwanz- wirbel, von welchen die letzten 6 in den Fächer der Schwanz- flossenknochen hineinragen und nach oben sich beugen. Es ist dies eine Eigenthümlichkeit der Salmoniden und erinnert an die Homocerci. 30 schwache Rippen, von welchen sich die 6 letz-
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ten nur noch an die untern Dornfortsätze der Wirbel befestigen ; wie bei allen Salmoniden tragen die Rumpfwirbel noch Nebenrippen.
Das Ueberschulterblatt trägt an seiner untern Abiheilung innen einen stielförmigen Fortsatz , von welchem zum Hinter- hauptsbein eine Sehne geht; dieser Fortsatz scheint sich bei allen Arten des Genus Salmo zu finden. Das Schulterblatt ist sehr lang und reicht beinahe bis an die untere Seite des Schä- dels. Das OS innominatum ein einfacher, vorne slielförmiger Knochen.
Weichtheil e. Der Magen ist stark ausdehnbar und deut- lich vom übrigen Darmkanal unterschieden. An dem Individuum, das ich secirte, zählte ich 53 (Valencienn es 39) Blinddärme; der Darmkanal macht 2 Windungen. Die Leber einfach, auf der linken Seite; Gallenblase gross. Die einfache Schwimmblase erstreckt sich nach der ganzen Länge der Bauchhöhle und com- municirl mit dem Schlünde.
Die Forelle ist ein ausserordentlich gefrässiger Fisch; ihre Nahrung besteht ausser in den verschiedenen Insekten und deren Larven und Würmern noch besonders in Fischbrut. Im Magen des ersten angeführten Exemplars fand ich 4 drei Zoll lange junge Leuciscus , doch wird der dadurch angerichtete Schaden immerhin durch sie selbst ersetzt.
Die Forelle wurde bis jetzt noch nicht unter den Neckar- fischen erwähnt, auch glaube ich nicht, dass sie bis in den untern Neckar, wo das Wasser nicht mehr so helle ist, gelangt. Jedoch ist sie als einheimischer Fisch des Neckars zu bezeich- nen, da sie im obern Neckar zu jeder Jahreszeit, obwohl nicht häufig, gefangen wird. Besonders versicherten mich die Fischer, dass auch im Anfange des Winters laichende Forellen gefangen worden seien : was mir auch nicht unwahrscheinlich vorkommt, da es im obern Neckar viele reissende Stellen gibt mit klarem Wasser und Löchern in den Ufern , in welche sich die Forelle gerne verbirgt. Trotz des hohen W'erthes, in welchem das Fleisch der Forelle steht, ist der Fang derselben, weil er bei der Selten- heit des Fisches immer nur ein zufälliger ist, von keiner Be- deutung für die Neckarfischerei.
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Stadtschultheiss Tilol in Heilbronn erwähnt*) einer am 20. Novbr. 1846 im Mühlkanale daselbst gefangenen, 8^ Pfund schweren Lachsforelle. Da jedoch dieser Fall zu vereinzelt dasteht, auch nicht näher bestimmt ist, ob das Exemplar Salmo trutta oder lacustris gewesen, so begnüge ich mich, desselben erwähnt zu haben.
Thymallus Cuvier.
Die Bauchflossen sitzen weit hinter den Brustflossen. Hinter der Rückenflosse noch eine Fettflosse. Die erste Rückenflosse lang und hoch. Sehr kleine Zähne auf den Kieferknochen, dem Sparren des Pflugschaarbeins und vorne auf den Gaumenbeinen. 7 — 8 Kiemenstrahlen.
Thymallus gymnothorax Valenciennes.
Salmo thymallus in Schübler's und Martens's Verzeichniss. Cuvier et Valenciennes, pl. 625. (Agassiz, Poiss. d'eau douce, t. 16—17.)
Asch. Ombre. Grayling.
Zwischen den Brustflossen eine nackte Stelle, welche sich bis auf die Hälfte der Entfernung von den Bauchflossen erstreckt.
Der Körper erscheint, von der Seite betrachtet, schmal und langgestreckt , von oben und von unten ist er schmal, der Rücken vor der Dorsalis etwas kantig. Die Höhe des Leibs ist 4| — öjmal in der Totallänge enthalten. Der Rücken ist kaum vom Kopfe abgesetzt und steigt in einem schwachen Bogen bis zur Rückenflosse, von da an senkt er sich allmählig in ziemlich gerader Linie bis zur Caudalis. Das untere Profil ist nur wenig convex.
*) Württembergische naturwissenschaftliehe Jahreshefte, Jahrg. III. Heft 1. 1847. p. 134.
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Die Distanz der Augen ist 3^mal in der Länge des Kopfes enthalten, und letztere beträgt nur ^ der Totaliänge. Das Maul ist der Grösse des Fisches proportionirt, viel kleiner als bei Salmo, indem die Mundspalte nicht einmal den vordem Rand des Auges erreicht; der Oberkiefer überragt kaum den untern. Der Durchmesser des Augs ist in der Kopflänge 4^mal enthal- ten; seine Entfernung von der Schnauzenspitze ist etwas grösser als sein Durchmesser. Vor dem Auge findet sich , wie bei Salmo, ein Feltaugenlid; Pupille mit einem spitzigen Winkel nach vorne. Oben auf dem Kopfe sind zwei Reihen von Poren bemerkbar. Der äussere membranose Opercularrand ist nur schwach ent- wickelt.
Flossen. Die Brustflossen sind so lang oder etwas kür- zer als die Dorsalis hoch ist, mit 16 Strahlen. Die Bauchflossen, von der Länge der Pectorales, inseriren sich hinter der Mitte der Dorsalis; mit 10—11 Strahlen; in ihrer Innern Ansatzstelle findet sich eine lange, spitzige Schuppe. Die Rückenflosse mit 22 — 23 Strahlen, ist beinahe noch einmal so lang als hoch; ihre Entfernung vom Kopfe gleicht der von der Fettflosse; letz- tere ist von der Dorsalis noch einmal soweit entfernt als von der Caudalis. Die Afterflosse mit 13 — 16 Strahlen, ist nied- riger als die Bauchflossen lang sind; ihr Ende steht der Fett- flosse gegenüber. Die Schwanzflosse hat 19 Strahlen und einen Ausschnitt, ihre Strahlen sind auf einem grossen Theil ihrer Länge mit Schuppen bedeckt ; der untere Lappen etwas länger.
Die Schuppen sind grösser als bei Salmo, ebenso lang als hoch, die Mittelschuppe ist grösser als die Pupille; es sind jedoch die Schuppen der Seitenlinie etwas kleiner als die in den andern Längsreihen. Jene zeigen auch einen geraden Wurzel- rand mit einem einzigen vorstehenden Läppchen in der Mitte, diese dagegen sind zu 3 — 4 Läppchen eingeschnitten. Die Schuppen zeigen, so lange sie die Bedeckung des Fisches zu- sammensetzen, ein eigenthümliches, eckiges Ansehen: es ist dies in den Abbildungen von Vale nci en n es ganz vernachlässigt, dagegen in der von Jurine (pl. 6), welche Abbildung jedoch den Thymallus vexülifer darstellt, etwas zu derb ausgedrückt.
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Gegen die Bauchseite hin werden die Schuppen immer kleiner, aber in der Mittellinie des Bauches findet sich eine Reihe grös- serer Schuppen, welche nach vorne an Grösse abnehmen. Diese Reihe erstreckt sich in eine ganz nackte Stelle hinein, welche zwischen den Brustflossen beginnt und bis zum Ende der an den Rumpf angelegten Brustflossen hinabreicht. Der Zwischen- raum zwischen der Kiemenspalte und den Brustflossen ist von kleinen Schuppen bedeckt.
Die Seitenlinie entspringt an der Schulter über der halben Körperhöhe, und verläuft über der Mittellinie des Rumpfes, aber in der Mitte des Schwanzes gerade bis zur Schwanzflosse. Die Erhabenheiten sind punktförmig und ich zähle in ihr 76 — 84 Schuppen (nach Valenciennes nur 70 — 75). Ueber ihr fin- den sich 8, unter ihr 14 — 16 Schuppenreihen. Die Mittelschuppe ist die 22. der Seitenlinie , und das untere Ende der Quer- schuppenreihe fällt vor die Bauchflossen.
Farbe. Rücken dunkel grünlich, an den Seiten heller, vorne mit einzelnen wenigen runden, schwarzen Flecken ; unten weiss. Rückenflosse violett, mit röthlichen Flecken besät. Iris goldgelb mit schwarzen Pigmentflecken.
Grösse. Gewöhnlich 1', höchstens IJ' lang.
Skelett. Wie die Zähne im Vergleich zu denen der Salmones schwach sind, so sind auch die Knochen, welche sie tragen, viel schmächtiger ; dagegen sind viele Knochen des Schä- dels breit und hoch gebaut. Der vordere obere Rand der Schnauze wird durch die Zwischenkiefer gebildet, der seitliche durch den wenig langen Oberkieferknochen , welcher oben auf den hintern zwei Dritteln seiner Länge einen schmalen Knochen trägt; hinten endet er frei in der Haut. Der Unterkiefer ist schwach, aber hoch, besonders das Zahnbein. Der Infraorbilal- bogen bildet einen vollständigen Halbkreis und besteht aus 5 breiten dünnen Knochenplatten , durch welche eine Schleim- röhre verläuft. So lange der Jochbogen noch durch die Haut bedeckt ist, könnte man diese Röhre für die Grenze zweier neben einander verlaufenden Reihen von Knochenplatten halten. Die Wirbelsäule besteht aus 39 Rumpf- und 22 Schwanzwirbeln,
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von welchen die 8 letzten in den Fächer der Schwanzflos^en- knochen hineinreichen. 36 Rippen, die 8 letzten sind nur noch an die untern Dornfortsätze der Wirbel befestigt. Die Neben- rippen stark entwickelt ; die ossa interspinalia slielförmig.
Die Knochen des Schultergerüstes sind sehr stark und breit ; das os innominatum bildet, wie bei den Salmones nur einen einfachen Stiel.
Weichtheile. Der Magen schlägt sich hufeisenförmig um, ist sehr stark ausdehnbar und vor dem Pförtner mit ih'" dicken Wandungen versehen ; hinter den 22 Blinddärmen wendet sich der Darmkanal nach unten und verläuft gerade bis zum After, Die kleine Leber ist nicht gelappt, nur in der Mitte hat sie einen unbedeutenden Einschnitt; sie liegt ganz oben unter dem Diaphragma , ohne sich in die Bauchhöhle herab zu erstrecken. Die Schwimmblase ist ausserordentlich gross, an die Bauchwan- dungen angewachsen ; vorne endet sie sich in eine Spitze und schickt einen kurzen mit einer Windung versehenen Ausführungs- gang zum Schlünde. Die in die Länge gezogene Milz liegt unter dem Magen und erstreckt sich schief von oben und rechts nach unten und links ; unten ist sie massiger. Die Testikel sind ausserordentlich klein und schmal und reichen vom obern An- fange der Bauchhöhle nur bis in die Mitte. Die paarigen Nieren liegen platt in der Bauchhöhle, zu beiden Seiten der Wirbelsäule und nehmen die ganze Länge des Abdomens ein.
lieber die Lebensweise, die For tpflan zu ng etc. des Asches ist mir sehr wenig bekannt. Im Winter scheint er nicht, wie die Salmones und Coregoni zu laichen, da ich zu dieser Zeit die Geschlechtsorgane auf das kleinste Volumen redu- cirt fand. Bloch sagt, er steige im Frühjahre in die Flüsse um dort zu laichen und kehre im Herbste in das Meer zu- rück; dagegen wurden gerade jetzt, im December 1852, und Januar 1853 zwischen Tübingen und Roltenburg mehrere Indi- viduen gefangen. Er vermehre sich nicht stark. Der Asch nährt sich ausser von Insekten, Würmern, Phryganeen-Larven, Laich, Fischbrut hauptsächlich von kleinen Conchylien , wie die verwandten Coregoni, in deren Magen Rapp hauptsächlich kleine Limnaeus u. dgl. fand. VonEntozoen waren im Magen viele
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Exemplare der Ascaris capsularia R u d. oder Cucullamis salaris G ö z e. NViewohl der Asch sich aus dem Neckar gerne in die reissenden aus dem Schwarzwalde herabkommenden Nebenflüsse, die Nagold, die Enz hinaufzieht, so gelangt er doch nicht selten in den obern Neckar, da besonders bei Rottenburg beinahe jedes Jahr einzelne Exemplare gefangen werden. Da er geschickt und schnelle den Netzen auszuweichen versteht, so werden überdies nur wenige in die Hände unserer Fischer gelangen.
Clupea Artedi.
Die Bauchflossen stehen weit hinter den Brustflossen. Keine Fettflosse. Die Zähne sind sehr klein und die Bezahnung ist nur eine mehr oder weniger vollständige. Der zusammengedrückte Bauch mit schneidender, sägeförmig eingeschnittener Kante.
Clupea alosa L. *)
Bloch, t. 30. f. 1. schlecht.
Alosa vulgaris Val en ciennes, t. 604.
Yarrell, II. 213.
Maifisch. Alose. Shad.
In der obern Kinnlade vorne ein Auss chnitt ; Zähne ausserordentlich klein, keine Zähne auf der Zunge und den Gaumenbeinen.
Der Körper gleicht von der Seite betrachtet, dem des Cyprinus leuciscus, er ist nicht besonders schmal, dabei aber etwas in die Länge gestreckt; von oben erscheint er zusammen- gedrückt und schmal; der Bauch von unten schmal, und bis zum Anfange der Afterflosse scharfkantig und sägeförmig ein-
*) Ausser einem ausgestopften Exemplar des Tübinger Naturalien- kabinets habe ich kein Individuum dieser Art zu untersuchen Gelegen- heit gehabt. Zwar standen mir Exemplare aus dem mittelländischen Meere zu Gebot, allein nach diesen eine ausführliche Beschreibung zu machen, hätte dem Zwecke dieser Arbeit nicht entsprochen.
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geschnitten. Die Hohe des Leibs ist 4mal in der Totallänge enthalten.
Die Länge des Kopfes beträgt i der Totallänge. Das Maul ist gross, seine Spalte erreicht den vordem Rand des Auges ; der Oberkiefer hat in der Mitte vorne einen Ausschnitt, in welchen der kielförmig, über den obern vorspringende Unter- kiefer passt; bei geöffnetem Maule ist letzterer länger als der obere. Das Auge steht oben an den Seiten des Kopfes, um 1^ seiner Durchmesser von der Schnauzenspitze entfernt.
Flossen. Die grossen Brustflossen sind länger, als die Dorsalis hoch ist, und haben 16 Strahlen. Die kleinen Bauch- flossen sind viel kürzer als die Pectorales, aber länger, als die Analis hoch ist ; sie inseriren sich unter dem Anfange der Dor- salis; zu beiden Seiten ihrer Insertion, oben und unten findet sich eine längliche spitze Schuppe ; 9 Strahlen. Die Rücken- flosse mit 20 Strahlen, steht dem Kopfe näher, als der Caudalis und ist beinahe noch einmal so lang als hoch. Die niedrige, aber sehr lange Afterflosse hat 24 Strahlen. Schwanzflosse mit 19 Strahlen und einem tiefen Ausschnitt; ihre Strahlen sind auf einen grossen Theil ihrer Länge mit kleinen Schuppen bedeckt.
Die Schuppen sind der Grösse des Fisches proportionirt, in der Seitenlinie stehen 80, in der Querschuppenreihe 22. Die sägeförmige Kante des Bauches wird durch eine Reihe horn- artiger Schuppen gebildet , welche in der Mitte so gebrochen sind, dass eine scharfe Kante entsteht. Diese Kante setzt sich nach hinten in eine vorstehende scharfe Spitze fort. Von den seitlichen Rändern dieser Schuppen geht ein rippenartiger Fort- satz ab, der bis zum Ende der eigentlichen Rippen hinaufreicht. Es ist dies zwar keine Nachbildung des bei höhern Thieren sich findenden T^^pus, man könnte aber doch die hornartigen Schuppen mit einem Sternum und die rippenartigen Fortsätze mit den Rippenknorpeln vergleichen. Dagegen erinnert diese Einrichtung an die Bauchrippen der Krokodile.
Farbe. Oben blaulichgrün , an den Seilen silberig, unten weiss. Bei den Exemplaren des Neckars sollen die schwarzen run-
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den Flecken an der Seite fehlen ; hinter den Kiemen auf dem Schultergürlel ein unregelmässiger schwarzer Fleck.
Grösse. 2 — 3' lang und 3 — 4 Pfund schwer.
Skelett. Die kleinen Zwischenkiefer sind durch einen Ausschnitt von einander getrennt und bilden den vordem Rand der Oberkinnlade. Der seitliche Rand wird durch den Ober- kieferknochen begrenzt , der der Form nach dem von Thy- mallus gleicht , aber aus 3 Stücken zusammengesetzt ist. Der Unterkiefer ist hoch , besonders an seiner hintern Abtheilung. Bei jungen Individuen finden sich in diesen Knochen Zähne, welche jedoch mit dem Aller zu verschwinden scheinen. Der Infraorbitalbogen wird aus 6 Stücken zusammengesetzt. Die Kiemendeckel sind breit , gross, dünne , biegsam. Die Kiemen- bögen tragen lange, kammarlig gestellte Zähne. 8 Kiemenstrahlen. Die Wirbelsäule zeichnet sich aus durch die Menge an ihr be- festigter Gräten. Ausser den ausserordentlich dünnen, borsten- artigen Rippen und Dornfortsätzen trägt die vordere Hälfte der Rumpfwirbel an jeder Seite noch 2 Gräte, welche man als Nebenrippen oder als Dornfortsätze bezeichnen kann. An den andern Wirbeln ist nur eine einfache Reihe von Gräten befestigt. 33 Rumpf- und 25 Schwanzwirbel.
Weicht heile. Der Darmkanal macht 2 Windungen, ist hinter dem Magen mit einer unzähligen (?) Menge Blinddärme be- setzt und zeigt im Innern querlaufende Falten ; beim Weibchen sind die Blinddärme kürzer und weniger zahlreich. Die Leber ist in 2 Lappen getheilt, von denen der rechte wieder in 2 kleinere zerfällt ; an ihm befestigt sich die grosse , dunkelgrüne Gallenblase. Die Fortpflanzungsorgane sind ausserordentlich ent- wickelt. Die einfache grosse Schwimmblase ist an ihren beiden Enden in 2 lange Spitzen ausgezogen; sie communicirt mit dem Magen durch einen sehr kurzen und dicken Canal. (Valen- cie n n es).
Der Maifisch ist ein Bewohner des Meeres , der aber im Frühjahre in die Süsswasser sich begibt, um zu laichen. Durch den Rhein kommt er zu uns bis nach Heilbronn; wie aber über- haupt die Häringe nur geringe Kraft im Schwimmen zeigen, so
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kann auch der Maifisch die daselbst befindlichen Wöhrde nicht überspringen ; ja er weicht sogar unbedeutenden Stromschnellen aus. So lange er im Meere ist, wird sein Fleisch wenig ge- achtet, sobald er aber in die Zeit der Laiche tritt und in das Süsswasser sich begibt , ist es wohlschmeckend. Daher wird ihm im Frühjahre eifrig am untern Neckar nachgestellt , um so mehr, da nicht selten Individuen von 2' gefangen werden.
Die Nahrung des Maifisches besteht hauptsächlich in Würmern und Insekten; er soll jedoch auch mit gekochten Erbsen gefangen werden können.
Lota Ciivier.
Die Bauchflossen sitzen an der Kehle vor den Brustflossen und endigen sich in eine Spitze. 2 Rückenflossen; eine After- flosse. In den Kinnladen und auf dem vordem Theile des Pflug- schaarbeins feine Zähne, welche in Form einer Hechel gestellt sind.
Lota vulgaris Cuvier.
Gadus lota L.
Bloch, t. 70.
Fries och Ekström, t. 41.
J u ri n e, pl. 2.
Molva lota Fl e mm.
Yarrell, II. p. (183) 267.
Treische , Aalraupe. Lotte. Burbot.
Am Kinn ein einziger Bartfaden; gelb, schwarz marmo r i r t.
Die Treische ist langgestreckt , walzenförmig ; der Rumpf beinahe so hoch als breit ; der Schwanz ist um die Hälfte länger als der Rumpf, und besonders nach hinten zu seitlich zusammen- gedrückt. Der Kopf etwas breit, niedergedrückt, und ein weniges über halb so lang, als der Rumpf. Das Maul breit, Kiefer von gleicher Länge; der Barifaden beinahe so lang, als die Distanz der
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Augen. Die Kiemenstrahlenhaut ist unten von beiden Seiten zusammengewachsen.
Flossen. Die abgerundeten Brustflossen mit 21 Strahlen; von den 7 Strahlen der Bauchflossen verlängern sich die 2 ersten in eine häutige Spitze, die zweite ist viel länger, als die erste. Auf dem Rücken stehen unmittelbar hintereinander 2 Flossen, von denen die erste in der Mitte des Rumpfes anfängt, sehr kurz ist und 13 Strahlen hat ; die zweite sehr lange er- streckt sich bis zur Schwanzflosse und hat 73 — 75 Strahlen. Die lange Afterflosse reicht vom Anus bis zum Anfange der Caudalis , 70 — 71 Strahlen. Die ovale Schwanzflosse umgiebl rings das Ende des Schwanzes und hat ungefähr 40 Strahlen.
Die Schuppen wurden wegen ihrer ausserordentlichen Kleinheit oft übersehen, sie sind in dem zähen Schleime, welcher den ganzen Fisch bedeckt , verborgen. Die Seitenlinie verläuft gerade, dem Rücken näher, als dem Bauche, sie geht nur bis in die Mitte des Schwanzes hinunter.
Grösse. Bei uns nicht über 2' lang.
Skelett. Die Gestalt des Schädels entspricht seiner äus- sern Form, er ist breit und niedergedrückt ; er ist ausgezeichnet durch seine vielgestalteten Knochen, die mit Furchen, Vertief- ungen, kantigen Vorsprüngen etc. versehen sind. Der obere Rand des Rachens wird durch den dicken, seiner ganzen Länge nach mit Zähnchen besetzten Zwischenkieferknochen begrenzt; an seinem untern Ende spaltet er sich in zwei Theile, in einen vordem stärkern und längern, und in einen hintern kürzern, der nicht mit Zähnen besetzt ist. Der lange, schmale, zahnlose Oberkiefer wird an seinem untern Ende , mit dem er sich an den aufsteigenden Ast des Zahnbeins anlegt, plötzlich noch ein- mal so breit, als er in der Mitte ist. Der mit Zähnchen ver- sehene Unterkiefer ist nicht ganz halb so lang, als der Schädel; an der Aussenseite zeigt er viele scharfe Kanten , unten eine tiefe und breite Längsfurche ; das Zahnbein entfernt sich mit seinem hintern obern Theile vom Gelenksbeine und legt sich nicht mehr an dasselbe an. Am Vomer ist der breite starke, halbmondförmige, mit ausserordentlich vielen Zähnchen besetzte
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Sparren der bedeutendste Theil ; der Körper ist nur eine dünne, nach hinten in eine feine Spitze sich endigende Platte. Die Gaumenbeine sind dünne und schwach und tragen keine Zähne. Die obern runden Schlundkieferknochen sind , wie die untern etwas länglichen , mit feinen Zähnen besetzt. Der Infraorbital- bogen wird durch 6 Knochen gebildet, von welchen die vordem sich in zwei weit auseinander stehende Lamellen spalten , die hintern mit unregelmässigen Vertiefungen versehen sind ; der erste ist so lang, als die übrigen zusammengenommen , gerade, stützt sich vorne auf den Oberkiefer, erreicht nach hinten nicht ganz die Mitte des Augenkreises und arlikulirt durch einen nach oben abgehenden Fortsatz mit dem Vorderstirnbeine. Das vielwinklige Zizenbein mit zwei Löchern zum Durchtritt von Nerven hat ringsum 6 Fortsätze, von welchen drei breit und hohl sind. Die obern Schädelknochen sind besonders nach vorne mit Gruben und Furchen , welche durch vorspringende dünne Knochenlamellen gebildet werden , versehen. Das Operculum mit einer länglichen Gelenkshöhle, ist etwas convex , an seiner hinlern untern Seite stark ausgeschweift , so dass zwei Lappen entstehen ; mit dem Rande des vordem legt es sich an den obern Rand des Suboperculums , mit der Fläche des hintern auf die Fläche desselben. Das Suboperculum ist ebenfalls etwas convex, breit, von elliptischer Gestalt, der obere und unlere Rand gebogen , der obere etwas weniger und verdickt, der unlere schneidend. Das Interoperculum länglich-nagelförmig, hinten wo es mit dem Suboperculum articulirt, dick, nach vorne und den Seiten dünner werdend. Das Praeoperculum besteht aus zwei Lamellen, einer äussern schmälern und innern brei- lern, welche mit hinlern freien etwas aus einander stehenden con- Texen Rändern versehen , vorne aber mit einander verwachsen sind ; es lässt sich an diesem Knochen ein aufsteigender und ein horizontaler Ast unterscheiden, im Winkel, in dem beide zusammenstossen , liegt ein breiter, vorne mit einer Spitze ver- sehener Fortsatz.
8 Kiemenstrahlen , von slielförmiger Gestalt , welche von vorne nach hinten an Länge und etwas an Breite zunehmen.
Die Schulterblätter schmal , das untere etwas länger und
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dicker als das obere ; der Humerus mit einem aufsteigenden kurzen und einem horizontalen langen , gegen das Zungenbein sich erstreckenden Aste ; beide stossen unter einem etwas stumpfen Winkel aneinander. Die Unterarmknochen sehr breit, blattartig. Das os innominatum, an der Basis dünne und breit, befestigt sich mit einem langen hohlen Fortsatze am vordem untern Theile des Humerus; ein zweiter kleinerer, ebenfalls hohler Fortsalz geht nach innen , zu dem entsprechenden der andern Seite.
Die Wirbel sind sehr dick und massig; 21 gehören dem Rumpfe, 38 dem Schwänze an. Die Rumpfwirbel tragen starke, nach hinten gelegte Dornforlsätze, an den hintern finden sich immer längere Querfortsätze, welche zum Ansätze für die Rippen dienen. Die Schwanzwirbel tragen lange obere und untere Dornfortsätze; die Interspinalknochen dagegen sind sehr schwach. 17 kurze Rippen.
W ei ch theile. Der Schlund und Magen sind weit, mit Längsfalten versehen und ausserordentlich ausdehnbar ; hinter dem Magen 30 Blinddärme von verschiedener Länge ; der Darm- kanal macht 2 Biegungen. Die Schwimmblase ist gross mit dicken Wandungen.
Die Treische nimmt ausserordentlich viel Nahrung zu sich ; ausser den kleineren Insekten , Würmern und Fischbrut verschlingt sie verhältnissmässig sehr grosse Fische.
Von E n to z 0 e n ist sie sehr geplagt : im Februar und October fand ich die Leber aller untersuchten Exemplare voll von Cysten, in denen sich grosse noch nicht vollkommen ausgebildete Indi- viduen des Triaenophorus nodulosus befanden; in den Einge- weiden war ein noch unbestimmter Strongylus.
Nur seilen wird sie im untern Neckar angetroffen, am obern ist sie ganz unbekannt. Ob dies nur verirrte Exemplare sind, oder ob sie sich im Neckar fortpflanzt , was in der Mitte des Winters geschieht, weiss ich nicht anzugeben. Sie ist allgemein wegen ihres Fleisches geschätzt ; besonders wird die grosse Leber für eine Leckerei gehalten, was wohl bei einer allgemeinern Kenntniss ihrer Bewohner weniger der Fall wäre.
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Anguilla Thunberg.
Bauchflossen fehlen; eine kleine Kiemenspalte unter den Brustflossen. Rücken-, Schwanz- und Afterflosse vereinigt.
Anguilla vulgaris *) F 1 e m m i n g.
Muraena anguilla L. Bloch, III. pl. 73. Juri ne, pl. 1. Yarrell, II. p. 381 etc.
Aal. Anguille. Eel.
Rückenflosse beginnt weit hinter den Brust- flossen; Unterkiefer länger.
Die schlangenförmige, vorne c^^lindrische, gegen den Schwanz seillich zusammengedrückte Gestalt des Körpers ist bekannt.
Kopf. Die Distanz der untern Augenränder ist gleich der Entfernung, gemessen von der Oberkieferspitze bis in die zwischen den Augen liegende Mitte der Stirne. Der Unterkiefer über- ragt etwas den obern ; die Maulspalte erreicht den hintern Rand des Auges; misst man die Entfernung von der Schnauzenspitze bis zur Insertion der Brustflosse , so ist die Länge der Unter- kinnlade in ihr 4mal enthalten ; auf jeder Seite finden sich an der Unterkinnlade 8 Poren.
Flossen. Die Rückenflosse fängt vor dem After an, die Entfernung ihres Anfanges vom After ist gleich der Distanz zwischen der Schnauzenspitze und dem Anfange der Rücken- flosse; die Afterflosse beginnt gleich hinter dem Anus, dessen
*) Zwar unterscheidet schon Cuv. im R6gne animal e\mn Anguille long-bec und einen Anguille plat-^bec, einen Aal mit spitziger, und einen wit stumpfer Schnauze, und Risso benennt beide als Anguilla acuti- rostris und laliroslris, oder später Ekström als Muraena oxyrhina und plafyrhina: ich konnte übrigens nie mit Gewissheit unsere Aale zur einen oder andern Form bringen, doch würde die Besclireibung , wenn wirk- lich diese Arten unterschieden werden müssten , am ehesten zu platy- rhina passen ; und im Vergleiche mit Aalen aus dem Nil (Anguilla nilotica H e c k.) erscheint bei unsern Exemplaren die Schnauze sehr abgestumpft.
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Entfernung von der Schnauzenspitze sich zu der von dem Schwanz* ende verhält = 2:3. Die Brustflossen sind abgerundet und haben 19 Strahlen.
Die Schuppen sind ausserordentlich klein, so dass man sie nur durch Hülfe der Loupe oder an einem getrockneten Fische erkennen kann.
Farbe. Oben schwärzlichgrün, unten bläulichweiss.
Grösse. Der Aal soll ein Gewicht von 12 Pfund er- reichen, das grösste im Neckar gefangene Exemplar, von dem ich weiss, wog 5 Pfund.
Skelett. Kleine Zähne stehen im Oberkiefer, Zwischen- kiefer, Unterkiefer, den Schlundkiefern und auf dem vordem Theile des Pflugschaarbeins. Die Kiemenstrahlen sind ausser- ordentlich dünn , fadenförmig , beinahe in einem Kreise aufge- rollt, 12 an der Zahl; ich zähle nur 110 Wirbel, Arledi gibt deren 116 an. Die sehr kurzen Rippen befestigen sich schwach an den Apophysen der Rumpfwirbel ; die obern Dornfortsätze nehmen nach hinten an Länge zu.
\V eicht h e ile. Der Magen ist durch eine Curvatur leicht bemerklich ; keine Blinddärme ; der Darmkanal verläuft beinahe gerade. Die Leber theilt sich in zwei Lappen , von denen der linke der grössere ist; die Gallenblase liegt etwas von der Leber getrennt. Die einfache Schwimmblase ist an der Wirbel- säule befestigt und hat an ihrer obern Abtheilung einen grossen weilen Ausführungsgang. Die Ausführungsgänge der Nieren er- weitern sich am After in eine Art Harnblase.
Fortpflanzung. Bekannt ist es, dass man lange Zeit über das Geschlecht der Aale ungewiss war , indem man zwar ein langes, vielfach gefaltetes und eingeschnittenes an beiden Seiten der Bauchhöhle herabsteigendes Organ als Fortpflanzungs- werkzeug erkannte , in demselben aber nur einen Testikel sah, bis man endlich durch Hilfe des Microscops bemerkte , dass in demselben bei einigen Individuen auch Eier sich fänden ; dem unbewaffneten Auge gibt sich diese Masse nur als eine bei Männ- chen und Weibchen gleichförmige fette Substanz zu erkennen. Spermatozoen wurden übrigens auch in den als Testikel erkannten Organen noch nicht beobachtet, und sie werden wohl auch nur Württemb. naturw. Jahreshefle. 1853. 3s Heft. 23
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bei Aalen gefunden werden, welche man während der Fortpflanz- ung im Meere gefangen hat. Die Samenflüssigkeit und die Eier fallen wie bei den Salmoniden, bei Cobilis etc. in die Bauchhöhle und gelangen durch eine besondere Oefl'nung am After nach aussen. *)
Der Umstand, dass man bei uns noch nie die Fortpflanzung des Aals beobachten konnte, sowie dass man nie einen jungen Aal gefangen hat, hat zu den verschiedenen Fabeln Veranlassung gegeben, von welchen die bei uns verbreitetste ist, dass die in der Bauchhöhle des Leuciscus gobio sich findende Filaria ovata die Brut des Aales sei. Der Aal laicht nur im Meere und zwar legt er Eier, wie Ek ström u. A. beobachtet haben. Die Aalbrut steigt, nachdem sie das Ei verlassen, in unsäglicher Menge in die Süsswasser. **) Diese Reise muss aber sehr langsam von Statten gehen , indem man im Neckar noch nie einen Aal von weniger als 1' Länge gesehen hat. Nach einer mündlichen Mittheilung traf Georg v. Marlons auf einer während des Herbstes angestellten Reise, je weiter er den Rhein stromaufwärts kam, immer grössere Aale an, so dass die in der Nähe des Meeres gefangenen etwa fingerslang , die in Köln ge- sehenen schon 1' lang waren. Die Zeit des Winters, vom November bis in den April bringt der Aal in einen Winter- schlaf versunken , im Schlamme versteckt in den Flüssen und Seen zu. Auch im Frühjahre kehren nicht alle Aale in das Meer der Forlpflanzung wegen zurück, da man zu jeder Zeit erwachsene Individuen fängt. Den Tag über hält der Aal sich ruhig in einer meist selbst gebohrten Höhlung im Schlamme verborgen , nur eine ungewöhnliche Hitze oder ein Gewitter veranlasst ihn, unruhig hin und her zu schwimmen. Allein nicht nur bei Nacht , sondern auch bei sehr trübem Wetter am Tage geht er seiner Nahrung nach, welche in Fischlaich, Fischbrut, Insekten, Würmern und Aas besteht. Im freien Zu-
*) Die Geschlechtsorgane des Aals finden sich beschrieben und ab- gebildet in der Dissert, inaugur. von Hohnbaum-Hornschuch „de anguil- larum sexu ac generatione" Gryph. 1842.
**) G. V. Marie HS Italien. Bd. II. p. 334.
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Stande verlässl der Aal, wie man früher allgemein glaubte, nie das Wasser; befindet er sich in einem kleinen Räume, wo das Wasser durch die Hitze leicht erwärmt wird , so sucht er sich entweder immer tiefer in den Schlamm zu vergraben, oder wenn dies nicht möglich ist , kommt er an die Oberfläche und stirbt. Gefangene Aale dagegen suchen häufig aus einem engen Be- hälter zu entkommen; auch ist es Thatsache, dass ein aus dem Wasser an's Land geworfener Aal durch schlangenähnliche Be- wegungen directe dem Wasser schnell genug zukriecht. Der Aal hat ein ausserordentlich zähes Leben und kann tagelang ohne Wasser bei kühler Witterung aushallen, wobei ihm namentlich die enge Kiemenspalle dienlich ist, welche ein schnelles Ver- trocknen der Kiemen verhindert.
Der Aal findet sich nicht selten im Neckar, an schlammigen Stellen , wo die Ufer mit Gras bewachsen sind ; wegen seines wohlschmeckenden Fleisches wird er aber eifrig verfolgt , und gehört unter die am besten bezahlten Fische.
Die im Nekar sich findenden wenigen Knorpelfische gehören der Familie der Ctjclostomata hyperoartia an.
Petromyzon Dumeril.
Extremitäten fehlen. Der Mund wird durch einen mit Zähnen besetzten Saugnapf gebildet , der mit einer einen vollständigen Kreis bildenden Lippe umgeben ist. Oben auf dem Kopfe ein unpaares Nasenloch. Hinter dem Auge 7 Kiemenspalten. Der Leib c^lindrisch, aalförmig, unbeschuppt.
Petromyzon marinus L.
Bloch, t. 77. Yarrell, s. 598.
Das grosse Neunauge. Lamproye. Lamprey.
Der Saugnapf mit 5 — 6 concentrisch gestellten Ringen von Zähnen besetzt.
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Die Länge des Schwanzes ist in der übrigen Länge über 3mal enlhallen. Die Lippe ist mit 3—4 Reihen Frenzen be- setzt. Die Zähne, welche an der innern Fläche des Saugnapfes in 5 — 6 concentrischen Ringen gestellt sind, sind mit einer sehr harten hornartigen , ablösbaren Substanz bedeckte Höckerchen. Im Allgemeinen sind die Zähne des innersten Ringes die grössten, nach aussen werden sie immer kleiner. Der innerste Ring be- steht nur aus 2 Zähnen , von welchen aber der unlere beinahe einen Halbkreis bildet und 7 Zacken trägt, der obere ist zwei- spitzig. In der zweiten Reihe finden sich auf jeder Seite des letztern noch 4 zweispilzige Zähne. Alle andern Zähne bestehen nur aus einem Zacken. Auch auf der Zunge finden sich 2 Reihen mehrspilziger Zähne. Die Zunge kann bewegt werden und wirkt wie ein Stempel , um die Luft aus dem Saugnapfe auszupumpen , vielleicht auch um mit den darauf sitzenden Zähnen in das Thier, an das sich das Neunauge festgesaugt hat, einzubohren. Das Auge ist vom ersten Kiemenloche noch einmal so weit entfernt, als ein Kiemenloch vom andern. Oben zwischen den Augen findet sich das unpaare Nasenloch, fälschlich Spritzloch genannt. Es finden sich zwei von einander etwas entfernt stehende Rückenflossen. Schon hinter dem Nasen- loch fängt sich die Haut etwas zu erheben an , die erste Rückenflosse ist aber niedriger als die zweite , welche mit der Caudalis vereinigt ist.
Dieses Neunauge ist gelblich, grau marmorirt und wird bis 3' lang.
In Bezug auf das Skelett stehen die Neunaugen überhaupt auf der niedrigsten Stufe unter allen Wirbelthieren ; ihre Wirbel- säule besteht nur aus einer faserknorpligen Röhre, welche innen mit einer gelalinösen Masse gefüllt ist; über ihr liegt das Rücken- mark. Der trichterförmige Mund wird durch einen knorpligen Maxillarring gestützt , welcher aus der Vereinigung der Kiefer- und Gaumenknochen entstanden zu sein scheint. Den 7 Kiemen- löchern entsprechen 7 Kiemensäcke , von welchen jeder durch einen besonderen Canal mit einer Röhre communicirt , welche unpaar unter dem Schlünde liegt , hinten blind geschlossen ist, vorne sich in die Mundhöhle öffnet. Das unpaare Nasenloch
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an der obern Seite des Kopfes durchbohrt den harten Gaumen, ist aber nicht zum Ausspritzen von Wasser bestimmt, sondern vielmehr durch eine Schleimhaut von der Rachenhöhle abge- schlossen. Der Darmkanal, mit einer Spiralklappe, verläuft ganz gerade ; die kleine Leber besteht nur aus einem einzigen Lap- pen. Die Geschlechtsorgane sind paarig und nehmen die ganze Länge der Bauchhöhle ein; die Ovarien lassen sich in dünne Blätter zerlegen. Die Nieren erstrecken sich von der Mitte der Bauchhöhle bis zum Anus , in dessen Nähe sich die Ureteren in eine auch äusserlich sichtbare Köhre vereinigen: in diese Röhre münden auch die beiden Fori abdominales. Schwimm- blase, Harnblase, Gallenblase und Mesenterium fehlen.*)
Die Nahrung des Neunauges besteht ausser Würmern, In- sekten etc. noch in Fischen, sowohl kleinern, als grössern, an welche sie sich wie an Steine festsaugen. Solche angegriffene Fische können sich ihres Feindes nicht entledigen, da die Zähig- keit, mit der er sich festhält, so gross ist, dass man das Neun- auge sammt dem Gegenstande , an den es sich angesaugt hat, und wenn er auch mehrere Pfunde schwer ist, in die Höhe heben kann.
Beinahe jedes Jahr fängt man diesen Fisch im Frühjahre bei Heilbronn und sogar in der Enz, zum Theil von beträcht- licher Grösse. Allgemein behauptet man, dass das Neunauge um diese Zeit in die Flüsse steige, um zu laichen. Es schwimmt jedoch zu schlecht, als dass man begreifen könnte, wie es in so kurzer Zeit den bedeutenden Weg zurückzulegen vermag. Ich halte es daher für nicht unwahrscheinlich, dass die so hoch in den Flüssen gefangenen Neunaugen sich an andere Meerfische angesaugt haben und mit diesen heraufgekommen sind. Dafür spricht, dass das Neunauge immer zugleich mit dem Lachse und dem Maifische ankommt und dass man meines Wissens noch nie eine Brut von ihm im Neckar angetroffen hat.
Das Fleisch des Neunauges ist besonders im Frühjahre gleich
*) Die Anatomie der andern Arten von Petromyzon zeigt zu wenig Abweichungen, als dass eine besondere Beschreibung derselben nöthig wäre.
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dem des Aales geschätzt; doch wird es zu vereinzelt gefangen, als dass mai ben könnte.
als dass man ihm für unsere Fischerei eine Bedeutung zuschrei-
Petromyzon fluviatilis L.
Bloch, t. 78. f. 1. Yarrell, s. 604.
Kleines Neunauge. Lampern.
Die Zähne stehen nur in einem Ringe. Zwei Rückenflossen, welche durch einen Zwischenraum von einander getrennt sind.
Die Länge des Schwanzes ist in der übrigen Länge 2^mal enthalten. Die Zähne stehen in einem einzigen Ringe, welcher den Eingang in den Schlund umgibt; der unterste, ein Drittel des Ringes bildende Zahn besteht aus 7 stumpfen Höckerchen; oben im Ringe stehen zwei hervorragendere, von einander ge- trennte Zähne; zu jeder Seite des ersten siebenzackigen ist noch ein kleiner stumpfer Höcker bemerkbar; die,Zähne auf der Zunge, wie bei P. marinus. Das Auge ist vom ersten Kiemenloche noch einmal so weit entfernt , als ein Kiemenloch vom andern. Das Nasenloch liegt oben auf dem Kopfe vor den Augen. Es finden sich zwei von einander etwas entfernt stehende Rückenflossen; die erste beginnt in der Mitte der Totallänge und ist viel nied- riger als die zweite , welche mit der Caudalis vereinigt ist.
Dieses Neunauge wird 1|' lang und ist oben einfarbig olivengrau.
Die Nahrung hat es mit P. marinus gemein. Es ist aber ein einheimischer Fisch, mehr jedoch der Nebenflüsse, als des Neckars selbst; doch wurde es auch bei Heilbronn im Jahre 1838 gefangen. *) Es ist seltener als die beiden folgenden Arten. Nach Bloch laicht es im Anfange des Frühjahrs , setzt
*) Memminger, Beschreibung von Württemberg. 3. Aufl. p. 315.
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seinen Hogen an Steine ab und vermehrt sich sehr stark. Zur Nahrung wird es bei uns nicht verwendet , da es auch selten die oben angegebene Länge erreicht.
%
Petromyzon planer i Bloch.
Bloch, t. 78. f. 3 ist ein junger P. fluviatilis. Yarrell, p. 607. (Zähne unrichtig.)
Die Zähne stehen nur in einem Ringe. Zwei Rückenflossen, welche kaum von einander getrennt sind und darum als eine betrachtet werden können.
Es wäre unnöthig , eine besondere Beschreibung dieses Fi- sches zu geben, da er von dem vorigen nur in dem angegebe- nen Punkte abweicht. Ausserdem wird er nur etwa 9" lang. Im Neckar selbst wurde er zwar noch nicht aufgefunden, da- gegen ist er in der Ammer, einem Nebenflüsschen des Neckars, bei Tübingen nicht selten.
Ammocötes Diimeril
unterscheidet sich von Petromyzon dadurch, dass die Lippe des Saugnapfes nur einen Halbkreis bildet und dass keine Zähne vorhanden sind.
Ammocötes branchialis Dumeril.
Petromyzon branchialis L. Blochj t. 78. f. 2. Yarrell, s. 609.
Kleines Neunauge. Lamprillon. Sandpride.
Die Länge des Schwanzes ist in der übrigen Länge 2imal enthalten. Das Maul mit einer Reihe kurzer häutiger Cirrhen eingefasst. Das Auge ist vom ersten Kiemenloch noch einmal so weit entfernt, als eine Kiemenspalte von der andern; die Kiemenlöcher sind nicht so frei wie bei Petromyzon, sondern in einer Längsfurche verborgen. Das Nasenloch liegt in der
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Mitte zwischen Schnauzenspilze und Augen oben auf dem Kopfe und durchbohrt den harten Gaumen nicht. Es findet sich nur eine niedrige, etwas ausgeschweifte, mit der Caudalis verbun- dene Rückenflosse, welche in der Mitte der Totallänge beginnt.
Oben graulich braun. 7 — 8" lang.
In anatomischer Beziehung unterscheidet sich dieser Fisch von dem eigentlichen Petromyzon durch die noch grössere Weich- heit seines Skeletts und das Fehlen der unpaaren Röhre , mit der die Kiemensäcke communiciren. Hier erhalten die Kiemen, wie gewöhnlich, unmittelbar durch den Schlund das Wasser. Im Darme keine Spiralklappe.
Dieser Fisch findet sich im ganzen Gebiete des Neckars und ist unter allen unsern Knorpelfischen der häufigste. Er liebt ein reines, stilles Wasser mit schlammigem Grunde, in den er sich besonders im Winter vergräbt , um diese Zeit in Erstarrung zuzubringen. In Folge seines abweichenden Baus des Mauls ist er nicht mehr im Stande, sich an Gegenstände anzusaugen; seine Nahrung besteht in Würmern, Insekten, überhaupt in ani- malischen Substanzen. Er hat ein sehr zähes Leben und kann längere Zeit in der Gefangenschaft erhalten werden. Bei uns wird er nicht so häufig gefangen als in Norddeutschland , und auch nicht zur Speise benützt.
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2. Ueber einen Sebnaitheimer Lepidotus-
kiefer.
Von Prof. Dr. Q u e n s t e d t. (Mit Taf. VII.)
In meinem Handbuche der Petrefaktenkunde p. 198 ist nachgewiesen, dass die Sphaerodus - Zähne des Agassiz einem gigantischen Lepidotiis angehören, dessen Schuppen sich mit den Zähnen zusammen finden. Verschiedene Formen dieser sog. Sphaerodonten von Schnaitheim sind längst bekannt (Flözgeb. Würt. p. 493), später haben sich wiederholt ganze Kieferstücke mit deutlichen Knochenresten gefunden , doch dürften sich nur wenige mit den unsrigen (Fig. 1) an Schönheit messen. Wahr- scheinlich gehört dies Stück dem Obermaule an, von dem der rechte Kieferrand abbrach , aber zwischen den 53 gebliebenen Zähnen scheint kein einziger heraus zu fehlen. Zur Orientirung wurde die vermeintliche Medianlinie 11 gezogen; darnach würde man dem Vomer 16 Zähne zutheilen, die in 5 Reihen von-hinten nach vorne zu 2 + 2 + 34-4 + 5 stehen, von denen nur der äusserste vorn rechts uns fehlen würde. Die hintersten beiden Vomeralzähne sind am grössten , glattesten , und zeigen kaum eine Spitze, namentlich wenn sie schon lange abgenutzt sind. Nach vorne werden sie kleiner, und hier tritt auch der Gipfel- punkt stärker hervor. Die Kand zahne, welche auf Kiefer und Zwischenkiefer kämen , stehen zweireihig und sind am spitzigsten. Sie zeichnen sich auf unserem Stück sämmllich durch dunklere Farbe aus. Wir zählen im Ganzen 29, nur in der Ecke des Maules wird die Zweireihigkeit etwas gestört. Unserer Medianlinie zu Folge würde einer der Hinterreihen un- paarig sein, und jederseits 24 stehen. Sie sind die kleinsten
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und spitzigsten von allen. Endlich blieben zwischen Vomer und Oberkiefer noch die Gaumenbeinzähne, 10 Stück in zwei Reihen, und an jedem Ende ein unpaariger. Auch der Grösse nach stehen sie zwischen beiden inne, die 4 Innern deren Vomer nachbarlicher, sind am grössten. Im Ganzen würden wir also 16 _j_ 2 . 10 + 49 = 85 Zähne zählen , wenn der Kiefer voll- ständig und genau symmetrisch wäre, wovon der Medianlinie 3 und jeder Seite 41 angehörten. Das Zahnpflaster misst in der Mitte 2|^", und würde im Ganzen hinten 4i" Par. breit gewor- den sein. Uebrigens gelingt es nicht , alle Bruchstücke mit diesem schön symmetrischen Bilde in Uebereinstimmung zu bringen. Es mag im Einzelnen manche Abweichung Statt finden, auch kommen viel grössere Kieferreste vor.
Die Ersatzzähne bilden eine weitere Merkwürdigkeit. Schon längst kenne ich einzelne Zahnhaufen mit langen Wurzeln, unter welchen Schmelzkapseln in entgegengesetzter Stellung liegen. Ich hielt, wiewohl zweifelhaft (Handbuch der Petrefakten p. 199), die einen für Unterkiefer-, die andern für Oberkiefer- zähne. Doch fällt es auf, dass die unter den Wurzeln stets blos die Schmelzkapseln , und niemals Wurzelansätze zeigen. Endlich erhielt ich im vorigen Sommer ein prachtvolles Vomer- bein mit 10 Pflasterzähnen, in dem sehr grobzelligen Beine liegen eine Menge halbkugeliger Schmelzkeime, alle in verkehrter Stellung, die Convexilät nach unten und die ofTene Halbkugel nach oben gekehrt. Aus der grossen Zahl der Schmelzkeime geht hervor, dass die Zähne häufig ersetzt werden mussten. Bei ihrem Herauftreten machten sie eine völlige Halbkreisdrehung. Die Keime sind übrigens meist schon so fest und wohl gebildet, dass ihnen nichts weiter als der gestreifte Hals und die Wurzel fehlt. Denn auch die alten Zähne gleichen einer hohlen Bombe, die oben vom Schmelz mit einer innern Lage von Zahnbein, unten aber von einer etwas länglichen Wurzel geschlossen wird, die rings mit dem Knochen verwächst. Die Keime der Ersatzzähne erzeugen sich nicht genau unter der Höhle der alten Zähne, sondern etwas excentrisch , und fressen in ihrem Wachslhume die Wurzel des Zahnes von einem Aussenpunkt an. Diese Er- satzzähne finden wir nun auch an unserem Prachtstück in aus-
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gezeichneter Weise wieder: es sind wenigstens eben so viel unter den Wurzeln vorhanden, als Zähne im Kiefer stehen. Sie zeichnen sich alle durch eine schneeweisse Farbe aus, und trotz ihrer scheinbar vollkommenen Ausbildung hat der Schmelz doch noch nicht seine nolhwendige Härte erreicht. Wir sehen am Hinter- rande unserer Figur 1. a Ersatzzähne hinter den beiden letzten Vomer- und Gaumenbeinzähne bereits in verlicaler Stellung an die Oberfläche treten, sie haben also schon eine Yiertelkreis- drehung gemacht, und auch zwischen den andern fand ich hin und wieder einen in solcher Lage , die aber beim Zusammenleimen wieder verkittet werden mussten. Nur die hintern 4 Kieferzähne habe ich abgehoben gelassen, um die mehr horizontale Lage der Schmelzkapseln (Fig. 1 c) unter den Wurzeln zeigen zu können. Uebrigens liegen die zahlreichen Keime unter den andern Zähnen so durcheinander , mit ihren wohlerhaltenen Spitzen bald hier bald dorthin gekehrt, dass es schwer hält, darin das Gesetz und den Weg zu finden, auf welchen sie zur Oberfläche treten. Doch kehren sie im Allgemeinen die Spitze nach unten. Der grob- cellulöse Bau des Knochens , beim Fischknochen so ungewöhn- lich, scheint besonders dazu geschaffen, in allen seinen Punkten neue Keime entwickeln zu sollen, und der Fisch mochte wie die Haifische, die alten schon durch neue ersetzen, ehe sie nur abgenutzt waren. Daher finden sich auch so selten angekaute Exemplare.
Nach diesen Bemerkungen wird es nun leicht, folgende 3 Stadien in der Zahnentwicklung dieses schönsten aller Schuppen- ganoiden zu unterscheiden :
1) Keimzähne (Fig. 3). Sie gleichen einer in allen Theilen etwa gleich dicken hohlen Halbkugel , nur am Gipfel zeigt sich ein schwacher Zitzen und auf der Innenseite eine mar- kirte Grube. Im Wesentlichen besteht sie in allen Theilen aus Schmelz, der aber schon so hart ist, dass es gelingt, die ganze Kapsel mit einer Nadel zu putzen. Das muss in der That dem praktisch bewanderten Petrefaktologen sehr auf- fallen, da nur bei wenigen Versteinerungen von solcher Dicke ein solches Geschäft gelingt , ohne dass die Sache zerbräche. Wegen der untern grossen Kreisöfl'nung sind die Kapseln stets
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mit Bergmittel erfüllt. Früher glaubte ich, es wären Schmelz- büchsen , die sich abgelöst hätten ; es ist aber vielleicht bei keinem der Fall. Der Schmelzniederschlag war also das erste, was sich bildete , und namentlich findet sich am Rande noch nicht die Halsschichte. Nach und nach muss sich in dieser Büchse Zahnbeinsubstanz ausgebildet haben, so entstanden
2) Reife Zähne. Bei diesen gewahrt man unler dem Schmelz einen markirten Ringstreifen (Hals), der sich durch seine Farbe stark auszeichnet, zwar noch Schmelzglanz hat , aber nur aus einer sehr dünnen Lage besteht. Das ganze Innere der Schmelz- kapsel sammt dem Halsringe ist mit Zahnbein dick erfüllt, nur im Centrum bleibt eine halbkugelige mit Bergmitlei versehene Pulpahöhle (Fig. 4). Der Halsring ist überdies durch sehr markirte senkrechte Linien ( Cämentplatten ?) ausgezeichnet, •welche von unten herein dringen. Die Ausfüllungsmasse der Schmelzbüchse färbt sich häufig verschieden : das Innere meist dunklere muss ohne Zweifel Zahnsubstanz sein , und darüber lagert sich ein matteres Gewebe, vielleicht Cäment bildend. In letzterem findet sich eine Furche , nach welcher der Zahn sich leicht ablöst, denn er war in diesem Stadium noch nicht mit dem Knochen des Kiefers verwachsen , sondern hing in dem Momente, wo er zum Kauen verwendet werden sollte , noch durch eine Haut am Kiefer. Nach und nach verwuchs der Ring auf das Innigste mit dem Kieferknochen , so entstanden zuletzt
3) Ueberreife Zähne (Fig. 5 der obere). Vom Kiefer herab erhebt sich nämlich ein mehr oder weniger langer Knochen- cylinder, der mit seinem Endrande um so inniger mit der Furche unter dem Halsringe verwächst, je älter der Zahn wird. An- fangs zeigt der Rand noch eine Neigung zur Ablösung von dieser Knochenbasis , zuletzt findet auch dies nicht mehr statt. Zum Theil mag die Basis noch aus Zahnbein bestehen, wie man aus der inneren dunklern Farbe schliessen möchte. So lange die Zahnbasis vom folgenden Ersatzzahn nicht angegriffen wird, bleibt innen ein grosser rings geschlossener Raum, der nur vom zelligen Kiefer her einige unregelmässige porige Zugänge hat. In diesem Falle zeigt sich der fossile Zahn entweder hohl, wie die meisten unseres Kiefers, oder es finden sich Kristallisationen von Kalk-
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spath darin, der durch die Wände durchfillrirte. Erst, wenn die Höhle ein Loch bekam, konnte Bergmillel eindringen, und solche findet man öfter im Gebirge vereinzelt, es sind abge- stossene oder zufällig abgebrochene Zähne.
Erklärung der Tafel YII.
Fig. 1. Lepidotusgiganteus, linke Oberkieferliälfte? aus dem Oolith des Weiss. Jura e von Schnaitbeim : a. Ansicht von Oben, binten einige Ersatzzäbne siebtbar; b. Ansiebt von vorn ; c. vier Er- satzzäbne unter den vier letzten in der bintern Ecke rechts ge- legen; d. das Stück 1. c. von der Seite, unten die beiden Er- satzzäbne. „ 2. ditto, daher Vonier, das ganze Stück besteht blos aus Knochen
b. idealer Durcbschnitt.
5, 4. Reifer Zabn, a. von unten, b. idealer Durchschnitt.
,, 5. Ueberreifer Zahn, der obere bat eine kräftige Wurzel, und unmittelbar darunter liegt der ganz ausgebildete Keimzabn, noch gänzlich von der Wurzel durch Bergmasse getrennt.
„ 6. Ein Zahn, unten mit geschlossener Wurzel.
„ 7. ditto, aufgebrochen, vi'odurch die innere Höhlung zum Vorschein kommt.
5, 8. Kieferstück, blos Knochen und Zähne, oben die Zähne welche in Thätigkeit waren, unten Ersatzzähne.
,, 9 u. 10. Dinotherium giganteum, (siehe die Beschreibung in diesem Jahrgänge, p. 66), fig. 9 vorderster Backenzahn des Unterkiefers, a. von der Seite, b. von oben; 10 vorderster Backenzahn des Oberkiefers : a. von oben, b. von hinten.
„ 11. Vermeintlicher Men seh en zab n, I. c. p. 67, aus den Bohnen- erzgruben auf der Alb südlich Tübingen , von der Kronenseite.
„ 12. ditto, sehr gross, von oben.
„ 13. ditto, a. von oben, b. von unten, darüber und darunter, mit Seitenansichten, 13 c. doppelt vergrössert.
3. Iris germanica und florentina.
Von G. von Marien s.
Bekannllich zeigt sich bei Thieren und Pflanzen, welche unter wärmeren Himmelsstrichen mit lebhaften Farben geschmückt sind, in Gegenden, wo die ganze Natur, oft auf längere Zeit, ein weisses Kleid anzieht, eine Neigung zur weissen Färbung, also an der Polargrenze ihres natürlichen Verbreitungskreises und noch auffallender, wenn sie jenseits derselben künstlich versetzt werden.
Diese Neigung zum Ausbleichen zeigen am entschiedensten die Blumen, deren Farbe zwischen blau und roth liegt, weniger die ganz rein blauen oder rothen, am wenigsten die der gelben Farbe angehörenden. So haben wir in unsern Gärten weisse Campanula persicifolia , Medium und Trachelium, H^'acinthen, Nelken, Rosen, Gichtrosen, Levkojen, Fritillaria Meleagris, La- Vater a trimestris, Alcea rosea, Dahlia variabilis, Chrysanthemum indicum, und selbst unter den freien Kindern der würltember- gischen Flora weisse Polygala vulgaris, Campanula glomerata, Geranium rohertianum, Heidelbeeren, Orchis conopsea. Es war daher eine schon längst von mir angenommene Ansicht, dass auch die vielbesprochene Iris florentina L. nichts als eine er- blasste Iris germanica L. sei eine Ansicht, welche der wackere Naturforscher Fresenius schon 1830 in der Regensburger botanischen Zeitung Seile 426 öfTenllich aussprach, während auch die tüchtigsten Pflanzenforscher, wie Sa vi, Decandolle,
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Reichenbach, Koch, Berloloni, fortfahren, beide als gute Arten aufzuführen.
Als ich nun am 8. Juni 1853 mit meiner Tochter die lange schöne Platanen-Allee des Stuttgarter Schlossgartens durchstrich, fand ich, leider einen verspäteten Sommer verkündigend, zu beiden Seiten beide Schwertlilien in voller Blüthe; wir unter- hielten uns, von Blume zu Blume wandelnd, mit einer Ver- gleichung derselben, aber von allen von dem trefflichen Koch (Synopsis flor. germ. Ed. 2da pag. 507) angeführten Unterschie- den wollte die Färbung ausgenommen keines passen, die Blätter der weissen waren weder breiter noch weniger zugespitzt, die inneren Blumenblätter nicht schmäler, die Narben des Griffels weder breiter noch ihre Spitzen gerader, der Geruch nicht stärker, Unterschiede, von denen wohl die meisten auf eine Verwechslung mit Iris pallida Lamarck hinweisen, nichts blieb übrig, als die milchweise Farbe der Blume, welche sich, wie bei so vielen andern Pflanzen schon in den etwas lichteren Blättern, Stengeln und Spathen leise ankündigte, alles bestärkte mich in meiner früheren Ansicht, dass der gute Linne von Micheli verleitet, zwei Farbenspielarten als Species aufge- stellt habe, aber der Forscher hat zuweilen eine Frage an den Schöpfer frei und so sollte auch mir diesmal sichere Antwort werden.
In einer Reihe von Büschen bemerkten wir beide zugleich einen, an welchem mehrere Stengel zwei bis vier Blumen und noch einige Knospen hatten, der uns nächste halte drei offene Blumen, die beiden oberen milchweiss, wie die der übrigen Stengel, die unterste aber theilweise dunkelviolett gefärbt.
Diese wurde sogleich genau untersucht und es fand sich, dass
1) von den, wie bei allen Irideen und Liliaceen den Kelch darstellenden drei Blättern des äusseren Kreises das gegen Süd- südwest gewendete vollkommen die dunkelblauvioletle Farbe der Iris germanica mit derselben bräunlichen Zeichnung am Schlünde und demselben gelberen Bart halte , nur zog sich vom Rande nach Innen ein weisses Dreieck, ohngefähr den sechsten Theil des Bialtes einnehmend, in die dunkle Fläche hinein, das gegen
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Osten gewendete aber war durch eine scharfe genau in dessen Mitte laufende Linie in zwei Hälften gelheilt , wovon die süd- lichere blauviolett, die nördlichere milchweiss war und das nordwestliche ganz milchweiss; wo die Blätter weiss waren, war auch der Bart bleich und von der braunen Aderung nur die gelbe Grundfarbe beibehalten , blau und roth ausgebleicht.
Am inneren Kreise der drei aufwärts eingebogenen Blu- menblätter wiederholte sich dieselbe Erscheinung, aber in um- gekehrter Ordnung , von links nach rechts oder mit der Sonne statt von rechts nach links oder gegen die Sonne wie bei dem äussern Kreise; das nach Südsüdost gewendete Blatt war ganz blauviolelt, das nach Westen gekehrte auf der südlichen Hälfte ebenso, auf der nördlichen Hälfte milchweiss und das nordöstliche ganz milchweiss. Dieselbe Farbentheilung wieder- holte sich zum dritten Mal an den blattförmigen Theilen der Narbe, so dass diese überall die Farbe des darunter liegenden äusseren Blumenblattes, nur lichter hatte. So theilte eine von Osten nach Westen haarscharf gezogene Linie die Blumen in zwei gleiche Hälften und hätte man sie mit dem Messer nach dieser Linie getheilt , so hätte auch der geübteste Botaniker die südliche Hälfte für Iris germanica, die nördliche für Iris floren- tina erklärt, ich hatte den direkten Beweis dass beide nur eine Art bilden, von denen die /. germanica die Stammart, /. floren- tina nicht einmal Abart im Linn eischen Sinne ist.
Merkwürdig war mir auch die Theilung durch zwei bei der durch drei getheilten Blume , so dass von jedem Kreise ander- halb Blätter auf jede Farbe fielen und die Richtung wechselte, um die gleiche Grenze einzuhalten, ich habe zwar schon solche halbgefärbte Blumen bei Nelken und Mirabilis Jalapa beobach- tet , allein dort fielen sie weniger auf, weil die andern Blumen gesprenkelt waren und so alle Uebergänge darboten. Normal tritt eine solche Theilung der Farbe durch zwei bei drei- oder fünflheiligen Blumen nie auf, sondern beschränkt sich stets auf eine bestimmte Blätterzahl, wie bei Viola tricolor und mehreren Pelargonien auf 2 zu 3, hei Lathyrus odoratus und der Zucker- erbse auf 1 zu 4.
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Noch bliebe die Frage zu erörlern , ob es nicht neben der gewöhnlichen eine andere Iris florentina gebe. Herr Professor Tausch unterschied nehmlich in der Regensburger bot. Zeit. 1828 S. 236 und 237 zwei weissblühende Spielarten blauer Schwertlilien, 7m florentina a L. als weisse Iris pallida Lam. und Iris florentina ß L. als unsere weisse Iris germanica , und stellte dann daselbst S. 671 die erstere als selbslständige Art auf. Allein diese Iris florentina Tausch würde sich nach seiner Beschreibung nur durch ungestielte Blumen von der ge- wöhnlichen, seiner zweiten, Iris florentina unterscheiden, denn die lichte Stellung der Blätterbüschel zeigt auch diese im Stutt- garter Schlossgarlen an den schattigsten Standorten, und mir sind bis jetzt wohl unter den bartlosen (Iris Sibirica L. und /. Xiphium L.), nie aber unter andern bärtigen Schwertlilien weissblühende vorgekommen.
Wiirlteml). iialurw. Jahresheflo. 1853. 3s Heft. 24
III. Hleiiiere ]flittlieiliiiigeii.
Ueber den Versuch einer Berechnung der Wassermengen einiger wiirttemhergischen Flüsse.
Von Repetent Zech in Urach.
Wer die Beilage C zu Mein in Inge rs Beschreibung von Württem- berg (1841) — dhs letzte Blatt des Buches — näher ansieht, wird leicht finden , dass die Wasseruiasse der angeführten Flüsse unter der Annahme berechnet ist, dass durcli jeden Fluss eine Menge Wasser abfliesse, die die Fläche des Flussgebietes 175 württ. Zoll tief bedecken würde.
Kommen nämlich 21?ü797io Eimer auf 229 '/o Quadratmeilen (beim Neckar), so kommen — die Meile zu 2G000 württ. Fuss , den Eimer zu 12'/2 württ. Kubikfuss gerechnet — 17.5 Kubikfuss Wasser auf einen Quadratfuss. Das Wasser stände also 175 württ. Zoll über der Fläche. Dieses Wasser wird geliefert durch den jährlichen wässrigen Nieder- schlag. Doch wird bekanntlich nicht der gesammtc Niederschlag durch das fliessende Wasser abgeführt, sondern nur etwa die Hälfte, da die andere Hälfte hauptsächlich durch Veidunstung für die Flüsse verloren geht. Der jährliche Niederschlag müsste also 350 württ. Zolle betragen oder 370 pariser Zolle, d. h. Württemberg würde 3 bis 4 mal soviel Regen haben, als die nassesten Gegenden unter den Tropen!
Ferner: Rechnet man das Jahr zu 365 Tagen, so würde der Neckar an der Grenze von Württemberg in jeder Sekunde 86050 württ. Kubik- fuss oder 59027 pariser Kubikfuss Wasser abgeben. Nach Berg haus schüttet der Rhein bei seiner Spaltung zum Delta 64160 pariser Kubik- fuss, also blos um '/j^ weiter, während ihm längst die Wassermasse de« Neckars und noch grösserer Flüsse zugeführt ist!
Es ist also klar, dass die Berechnung viel zu hoch greift. In der That: der Regenfall für Stuttgart ist 23,2 par. Zoll, für Freudenstadt 48,4 par. Zoll (das Minimum und Maximum des Regenfalls, soweit er in Memmingers Beschreibung angegeben ist): das Mittel ist 35,8; nehmen wir dies als mittlem Regenfull für Württemberg, obgleich es zu viel sein wird (mittlerer Regenfall für Deutschland 27), so würde da- von in die Flüsse abfliessen 16,8, d. h. ungefähr '/jo der oben angege- benen Menge. Der Neckar würde also an der Grenze in jeder Sekunde abgeben ungefähr 8600 württ. Kubikfuss. Auch dies wird noch zuviel seinj denn nimmt man für den Neckar, wo er Württemberg verlässt, eine Tiefe von 6', eine Breite von 700' und eine Geschwindigkeit von
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2' in der Sekunde an, was {gewiss durchweg zuviel ist. so erhält man erst 8400 Kubikfuss.
Alle Resultate der Tabelle müssen daher allerwenigstens auf '/,„ redutirt werden. Ausserdem ist zu bemerken, dass die Tabelle insofern auch sehr mangelhaft ist, als auf den verschiedenen Regenfall in den verschiedenen Flussgebieten durchaus keine Rücksicht genommen ist. Bei Schwarzwald- Alp- und Unterlandflüssen ist offenbar in dieser Hin- sicht eine grosse Verschiedenheit, die eben berücksichtigt werden sollte, weil Wasserreichthum bei kleinem Flussgebiet und das Umgekehrte für einen Fluss sehr charakteristisch ist.
Nach all dem scheint es, dass diese Tabelle dem sonst so schätzens- werthen Buche keine besondere Ehre macht.
BücJieranzeigen.
Additamenle zur Flora des Quadergebirges in der Gegend um Dresden und Dippoldiswalde , enthaltend meist noch nicht oder wenig bel^annte fossile Pflanzen. Von Ernst von Otto, Ehrenmilglied der naturforschenden Gesellschaft „Isis" in Dresden. Mit 7 Sieindrucktafeln. Dippoldiswalde, Verlag von Carl Jehne. 4.
Wir übernehmen gerne die Anzeige dieser Schrift, indem sie eben- sowohl von dem wissenschaftlichen Interesse, als von der Bescheidenheit des Verf. zeugt. Nach einer kurzen Schilderung des hauptsächlichsten Fundorts der betreffenden Petrefakte geht er zur Beschreibung derselben über und fügt Bemerkungen über ihre naturhistorische Bestimmung zum Theil unter Bezugnahme auf die früher von Glocker, Göppert und Geinitz beschriebenen fossilen Pflanzen des Quadersandsteins bei. Den von diesen Paläonthologen mitgetheilten Abbildungen reihen sich die des Verf. in Absicht auf ilire gute Ausführung an, und sie werden da- her füglich dazu beitragen können, durch genauere Vergleichung der von den verschiedenen Verfassern gelieferten Beschreibungen und Ab- bildungen mit den Originalien zu einer festeren Charakteristik und sy- stematischen Bestimmung der interessanten Flora des Quadersandsteins zu gelangen. Dr. G. J.
Die allgemeine Formenlehre der Natur als Vorschule der Naturgeschichte von Dr. C. G. Nees von Esenbeck, Präsidenten der Kais. Leopoldinisch - Carolinischen Akademie der Naturforscher. Mi! 275 in den Text gedruckten Holz- schnitten und 6 lithogr. Tafeln. Breslau 1852. 8. In diesem auch durch äussere Ausstattung sich auszeichnenden Werke
hat der Verf. die verschiedenen Formen der Naturkörper in allgemeiner
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Darstellung aber mit Bemitzung specieller Beispiele entwickelt, und durch zahlreiche, in den Text eingedruckte Holzschnitte mit 888 einzelnen Fi- guren und 6 lithographirten zum Theil colorirten Tafeln erläutert. Der genauen Bestimmung dieser Foinien steht die Entwicklung ihrer Bezeich- nung oder Benennung, oder einer wissenschaftlichen Terminologie zur Seite, und zugleich wird die Methode angegeben, nach welcher diese Formenlehre der Natur heim Unterrichte benutzt werden soll. Ausser den Formsverhältnissen berührt der Verf. auch die übrigen Eigenschaften der Naturkörper, Farbe, Geruch u. s. w. Wenn dabei vielleicht in Ab- sicht auf die Vertheilung derselben auf der Oberfläche der Erde der Po- laritätslehre eine zu grosse Bedeutung eingeräumt ist, so ist damit jeden- falls ein Beispiel der vom Einzelnen zu immer allgemeineren Vergleich- ungen aufsteigenden Methode gegeben, welche der Naturforscher zu be- folgen hat, dem es um eine feste Basis für seine Wissenschaft zu thun ist, bei der am Ende wohl auch das Wagniss von Hypothesen gestattet ist, wenn sie an die höheren geistigen Vermögen sich anschliessen, deren Beziehung zu der Naturforschung der Verf. noch andeutet. Die Benützung des Werks zum Handgebrauche bei der Untersuchung einzelner Gegen- stände ist durch die zahlreichen Abbildungen und ein vollständiges deut- sches und lateinisches Register, sowie durch das übersichtliche Inhalts- verzeichniss sehr erleichtert. Seinen Hauptnutzen wird es aber zum Selbststudium für höher strebende Naturforscher und für Lehrer haben, welche bei ihren Schülern mit der Genauigkeit der Untersuchung natur- historischer Gegenstande auch den Geist der allgemeinen Auffassung zu wecken beabsichtigen, der denn auch die jugendliche Frische der wis- senschaftlichen Untersuchungen zu erhalten vermag, für welche auch dieses Werk des Verf. Zeugniss gibt, der ein Greis von 78 Jahren da- mit ein neues Verdienst den vielen Verdiensten um die Wissenschaft beigefügt hat, die er mit Vorliebe und seltener Ausdauer unter harten Schlägen des Schicksals gepflegt hat. Dr. G. J.
Ansicht der Nalur, populäre Erklärung ihrer grossen Er- scheinungen und Wirkungen , nebsl physischen und mathe- matischen Beweisen der Entstehung der Weltkörper und der Veränderungen , welche die Erde erleidet. Von J. W. Schmitz. Köln. 1853. 8.
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