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COMPAHATIYE ZOÖLOGY,
AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. iFounlielr iij jjcftoatc subscrfptfon, fn 1861.
The gift of LOUIS AGASSIZ.
No
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JAHRESHEFTE
des
Vereins für vaterländische Naturkunde
Württemberg.
Heraussresreben von dessen Redactionscommission
^ö^a
Prof. Dr. H. V. Mohl in Tübingeu; Prof. Dr. H. v. Fehling, Prof.
Dr. O. Fraas, Prof. Dr. F. Krauss, Prof. Dr. P. Zech
in Stuttgart.
DREIUNDZWANZIGSTER JAHRGANG.
(Mit sechs Steintafeln.)
Stuttgart.
Verlag von Ebner & Seubert.
1867.
SchnellpressondruL'k von Aug;. Wöriicr, vormals J. O. Sprnnilel , iu Stuttgart.
Inhalt.
I. Angelegenheiten des Vereins. Seite
Bericht über die einundzwanzigste Generalversammlung den
4, October 1866 in Heilbronn. Von Prof. Dr. Kr aus s 1 1. Eröffnungsrede des Geschäftsführers, Oberamts- pfleger Titot 2
■2. Rechenschaftsbericht für 1865 — 1866. Von Prof. Dr. Krauss 3
3. Zuwachs der Vereinssammlung 6
4. Zuwachs der Vereinsbibliothek 14
5. Rechnungsabschluss für 1865 — 1866. Von Hospital- Verwalter Seyffardt 20
6. Wahl der Beamten 23
7. Abänderung der §§ 18 und 24 der Statuten ... 25
8. Nekrolog des Prof. Dr. A. Oppel. Von O.Stud.- Rath V. Kurr 26
9. Nekrolog des O.Med.-Raths Dr. G. v. Jäger. Von O.Stud.-Rath v. Kurr 31
II, Vorträge und Abhandlungen.
1. Zoologie und Anatomie.
Die württembergischen Kleinschmetterlinge. Von Dr.
Steudel in Kochendorf 39
Abnahme der Singvögel im südwestlichen Deutschland.
Von Ob.Stud.-Rath Dr. v. Kurr 75
2. Botanik.
Lange Dauer derBlüthevon Cypripedium calceolus. Von Hofrath Dr. v. Veiel 77
IV Inlialt.
Seite Die Pflanzendecke eines rasirten Waldstüclis als Beitrag
zur Veränderung einer Flora. Von Postrefcrendär
F. Karrer 131
3. Mineralogie, Geognosie und Petrefactenkunde.
Erfunde an der Schussenquelle. Von Prof. Dr. O. Fr aas. (Hiezu Tafel II.) 49
Dyoplax arenaceus, ein neuer Keupersaurier. Von Prof. Dr. 0. Fraas. (Hiezu Tafel I ) 108
üeber die Varietäten des Kalkspathes in VP"ürttemberg. Von Dr. G. Werner. (Hiezu Tafel III.) .... 113
Geologisches aus dem Orient. Von Prof. Dr. 0. Fraas.
(Hiezu Tafel IV— VI.) 145
4) Physik, Chemie und Meteorologie.
Ueber singende Flammen. Von Prof. Dr. Reusch . . 48
Die wichtigeren Gesteine Württembergs, deren Verwitte- rungsproducte und die daraus entstandenen Acker- erden, chemisch untersucht von Prof. Dr. Wolff in Hohenheim 78
III. Kleinere Mittheilungen.
üeber einen einaxigen Glimmer von der Somma. Von Dr.
G. Werner 140
Mausjagd eines kleinen Wiesels. Von Forstrath Dr. Nörd-
linger in Hohenheim 363
Bücheranzeige 142
Druckfehler 144
I. Angelegeiilieiten des Vereins.
Bericht über die Yieruiidzwanzigste Generalversammlung den L Oktober 1S66 in Heilbronn.
Yon Prof. Dr. Kraus s.
Die politischen Ereignisse in diesem Sommer verhinderten auch unseren Verein, die jährliche General- Yersaromlung, wie schon seit einer langen Reihe von Jahren , an dem Johannisfeier- tag abzuhalten, wesshalb sie bis auf ruhigere Tage vertagt wer- den musste.
Um so erfreulicher war es , als sich an dem schönen Herbst- tage des 4. Oktobers über 70 Mitgheder von nah und fern in • der gastlichen Stadt Heilbronn einfanden , wo sie aufs Freund- lichste aufgenommen wurden.
Die Yersammlung wurde in dem festhch geschmückten Saale des Gasthofs zum Falken abgehalten. In einem Nebensaal hatten einige Mitglieder eine kleine Ausstellung von naturhistorischen Gegenständen veranstaltet. Unter diesen befanden sich schöne bei Heilbronn aufgefundene Backenzähne des Mammuths von Ober- amtspfleger Titot, eine Sammlung Land- und Süsswasserschnecken aus der Umgebung Heilbronns von Dr. Fricker, Säugethierreste und Vasen aus allemannischen Gräbern bei Heilbronn und frische Parietaria officinalis von Apotheker Hoser, verschiedene Fische aus dem Neckar von Kaufmann Fr. Drautz, Anhydrite aus dem Heilbronner Tunnel von Apotheker Dr. Lindenmayer, prachtvolle Steinsalz Würfel von Bergrath v. Alberti in Friedrichshall, ein Backenzahn und Bruchstücke eines Stosszahns vom Mammuth
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1867. Is Heft. \
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von Oberamtsrichter Ganzhorn in Neckarsulm, ein Mammuths- knochen und einige seltene Pflanzen vom Michelsberg von Apo- theker Yölter in Bönnigheim u. s. vr.
Die Verhandlungen begannen wegen eines etwas verspätet angekommenen Eiseubahnzugs erst gegen 11 Uhr und wurden durch den Geschäftsführer, Oberamtspfleger Titot mit fol- gender Ansprache eröfinet:
Meine Herren!
Als ich am 1. Mai 1847 zum erstenmal die Ehre hatte, die Mitglieder unseres Vereins in meiner Vaterstadt zu begrüssen, war das Häuflein sehr klein, denn Stuttgart, welches stets das grösste Contingent stellt, hatte damals seine Brodkrawalle.
Heute sehe ich mit Vergnügen, dass sich eine grössere An- zahl eingefunden hat, und ich heisse Sie alle im Namen der Heil- bronner auf's Freundlichste als liebe Gäste willkommen.
Heilbronn ist eine Handels- und Gewerbestadt, aber es wer- den hier auch die Wissenschaften nicht vernachlässigt; Heilbronn hat schon lange ein gutes Gymnasium.
Der in Tübingen verstorbene Professor Gustav Schübler und sein Bruder der Bergrath Schübler in Stuttgart waren Heilbron- ner; ebenso August von Bruckmann, Kreisbaumeister, der die ar- tesischen Brunnen in Deutschland eingeführt und mit seinem Sohne so manche Tiefe in Württemberg durch den Erdbohrer unter- sucht und die Kenntnisse der Geognosie bereichert hat, und noch weilt unter uns Dr. Med. Robert Mayer, ein tüchtiger Physiker und Astronom, der im Jahr 1842 die neuere Wärme-Theorie ent- deckt hat.
Was unsere Gegend betriff't, so wurde vor wenigen Jahren im nahen Friedrichshall ein 47 Fuss mächtiger Stock reines Stein- salz aufgeschlossen, und die Anlegung eines Eisenbahntunnels zwischen hier und Weinsberg veranlasste merkwürdige Aufschlüsse über unsere Mergel- und Gypsschichtcn.
Der Sandstein, der dieselben überlagert, liefert fortwährend beliebte Bausteine und Monolithe, von deren Grossartigkeit schon lange her der steinerne Riese auf unserem Hauptthurmc und die
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24 Fuss lange Bank unter der Freitreppe des Rathliauses eine Anschauung geben.
Im Thale lagert sich weithin eine grosse Masse DiluTial- schuttes, aus welcher oft noch Knochen und Zähne vorweltlicher Thiere ausgegraben werden.
Um von lebenden Thieren zu reden, welche in anderen Ge- genden Württembergs nicht oder nicht so häufig vorkommen, so entsteigen jezt noch im Augustmonat grosse Schwärme weisser Eintagsfliegen dem Neckar ; der Hamster, im Anfange dieses Jahr- hunderts bei Frankenbach noch selten, verbreitete sich seither in 7 weiteren Markungen des hiesigen Oberamts; nur die giftige Kreuzotter, längst schon in einem kleinen Theile unseres Stadt- waldes anzutreffen, wdrd seltener.
Noch habe ich zu bemerken, dass in unserem warmen und etwas feuchten Thal die exotischen Bäume im Laufe der Zeit eine ansehnliche Grösse erreicht haben.
Ich würde Ihnen, meine Herren, gerne einige Prachtexem- plare in unseren Gärten zeigen, wenn unsere Zeit- nicht sonst in Anspruch genommen wäre.
Schliesslich habe ich den Auftrag, Ihnen zu eröffnen, dass der hiesige Singkranz heute Nachmittag eine Herbstunterhaltung auf der Cäcilienwiese feiert und Sie dazu einladet.
Die Versammlung wählte hierauf Ob erstudienrath Dr. v. Kurr zum Vorsitzenden.
Sodann trug der Vereinssekretär, Professor Dr. Krauss folgenden
Rechenschaftsbericht für das Jahr 1865—66
vor:
Meine Herren! Das verflossene Jahr war für unseren Verein , der nun sein 22. Jahr zurückgelegt hat, ein sehr wichtiger Zeitabschnitt. Ihr Ausschuss kann Ihnen die gewiss Allen erfreuliche Mit- theilung machen, dass unsere nicht unbedeutende Sammlung, die alle drei Reiche der Naturgeschichte Württembergs umfasst,
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aus dem Staatsgebäude hinter der K. Thierarzneischule in die schönen und gut eingerichteten Käume des neu erbauten Flügels des K. Naturalienkabinets vollständig übergesiedelt ist.
Aus unseren früheren Verhandlungen ist Ihnen bekannt, dass die hohe Centralstelle für die Landwirthschaft dem Verein mit der Erlaubniss , seine Sammlungen in dem erwähnten Lokal aufstellen zu dürfen, zugleich die ehrenvolle Obliegenheit ver- knüpft hat, ihre schon lange vorher daselbst aufgestellte vater- ländische Sammlung unter Bewilligung eines Staatsbeitrags für Aufsicht in seine Obhut zu nehmen.
Wenn auch der Verein die Ueberlassung dieses Lokals stets dankbar anerkannt hat, so lag inzwischen in dessen grosser Entfernung von der Stadt ein gewichtiges Hinderniss für den Besuch und die Benützung der Sammlung durch seine Mitglieder wie durch das Publikum. Um so erwünschter kam ihr daher die Aufstellung einer württembergischen Naturaliensamm- lung in dem neuen Flügelanbau des K. Naturalienkabinets, bei welcher Gelegenheit dem Verein durch ein hohes K. Kultmini- sterium gestattet wurde, seine Sammlungen in Verbindung mit den württembergischen Naturalien der Staatssammlung, die durch Einverleibung derjenigen der K. Centralstelle einen namhaften Zuwachs erhalten hatte, als württembergische Central-Naturalien- sammlung aufzustellen.
Diese Sammlung hat nun die Aufgabe , für den Laien wie für den Fachmann aus dem engeren Vaterland die Thiere und Pflanzen in allen ihren Entwicklungsstufen und Formen voll- ständig aufzustellen und von den Schichten der Gcbirgsformationcu mit ihren Mineralien und organischen Ueberresten ein möglichst naturgetreues Bild zu geben. Zur Erreichung dieses belehrenden Zweckes ist aber ein grosses Material erforderlich, das, wie in der Natur der Sache liegt, noch nicht in dem erwünschten Umfang vorliegen kann.
Die Naturaliensammlung hat zwar im verflossenen Jahr abermals durch die dankenswerthe Stiftung der Sammlung des Herrn Grafen Otto von Salm, welche in ausgestopften Säugethieren, Vögeln und Hirsch- und Rehgeweihen bestand,
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und durch die Schenkungen mehrerer Mitglieder und Gönner einen namhaften Beitrag erhalten, der im nachstehenden Zuwachs- verzeichniss mitgetheilt ist: allein sie weist immer noch so viele Lücken auf, dass die Mitglieder und Freunde des Vereins sich aufs Dringendste sollten aufgefordert fühlen auch ihrerseits dieses verdienstliche Unternehmen ferner freundlichst zu unter- stützen. Insbesondere ist es die entomologische Sammlung, die in den meisten Ordnungen schwach oder gar nicht vertreten ist. Es wäre daher sehr zu wünschen, dass sich zur Besorgung der- selben bald ein Conservator finden möchte.
Die Yereinsbibliothek ist nun ebenfalls in dem Flügel des K. Naturalienkabinets in drei grossen Bücherschränken unter- gebracht und geordnet. Wie Ihnen aus den Jahresberichten bekannt, besteht dieselbe dem grössten Theil nach aus perio- dischen Zeitschriften, welche wir den Yerbindungen mit etlichen 70 auswärtigen gelehrten Gesellschaften und dem daraus folgen- den Austausch gegen unsere Jahreshefte zu verdanken haben. Unter den einzelnen Schriften haben wir heuer die Schenkung des Herrn Buchhändler Albert Ebner zu erwähnen, der uns alle in seinem Verlag erschienenen naturwissenschaftlichen Werke übergeben hat. AVelche bedeutende Vergrösserung unsere Biblio- thek nach und nach erhalten hat, werden Sie aus dem im 21. Jahrgang veröffentlichen Catalog, welchen Ihr Bibliothekar im Auftrag des Ausschusses ausgearbeitet hat, entnehmen können. Mit der Ausdehnung haben sich aber auch die Arbeiten für die Bibliothek selbst, insbesondere aber die Correspondenz mit den verschiedenen Gesellschaften bedeutend vermehrt. Ihr Ausschuss hat daher dem Bibliothekar eine Summe zur Verfügung gestellt, um sich durch fremde Hülfe unterstützen zu lassen.
Die Jahreshefte sind in der bisher üblichen Weise er- schienen , und das zweite und dritte Heft des einundzwanzigsten sowie das erste des zweiundzwanzigsten Jahrganges den Mitglie- dern zugekommen; das Doppelheft des letzterwähnten Jahrganges wird in thunlichster Bälde nachfolgen.
Dem Vereinsaufwärter hat der Ausschuss den Gehalt auf 200 fl. erhöht.
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Die seit yielen Jahren üblichen Winter vortrage, welche von den Mitgliedern und deren Angehörigen stets mit grösstem Dank aufgenommen werden, waren so gefällig zu halten die Herren :
Prof. Dr. Zech, über Harmonie und Disharmonie, Prof, Dr. Fr aas, über die sogenannten Mosesquellen, Geh. Eath Dr. v. Stubendorf, Erinnerung an Sibirien, Graf v. Beroldingen, über Krystallographie, Prof. Dr. Köstlin, über das Alter des Menschengeschlechtes.
In dem Vereinsjahr vom 24. Juni 1865 — 1866 haben wir folgende Mitglieder durch den Tod verloren:
ßauinspektor Wintterlin,
Staatsrath Dr. v. Ludwig,
Geh, Finanzrath v. Gw inner. Es bleibt mir jetzt noch die angenehme Pflicht übrig, unserem erhabenen Protector, Sr. Majestät jdem König und Sr. K. Hoheit Prinz Friedrich für die der Vereinssammlung gemachten Schenkungen den ehrfurchtsvollsten Dank auszudrücken, sowie auch allen Mitgliedern und Gönnern, welche die Sammlung be- reichert haben, aufs Wärmste zu danken. Ihre Namen sind bei der Aufzählung der Geschenke in den nachstehenden Verzeich- nissen aufgeführt.
Die Vereinssammluug hat vom 24. Juni 1865 — 66 fol- genden Zuwachs erhalten:
A. Zoologische Sammlung.
(Zusammengestellt von F. Krauss.)
I. Säugethiere.
a) Als Geschenke: Cerviis Dama L.., altes AYeibchcn, weisse Varietät, Sius scrofa L., 4 Frischlinge beiderlei Geschlechtes, 2—3 Tage alt,
von Sr. Majestät dem König; Cervits Capreohis L,, vierjähriges Männchen, isabellfarbene Varietät, Sus scrofa L., 2 Frischlinge beiderlei Geschlechtes, 2—14 Tage alt,
von Sr. K. Hoheit Prinz Friedrich;
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Felis Catus L., altes Männchen, von Ehningen, Canis Vulpes L., altes Männchen, von Böblingen, Mustela Foina Briss.., Männchen, von Oberstenfeld, Foetorius Putorius K, und J5/. , Männchen, Schlotwiese, Foetorius Erminea K. und BL, im Uebergangskleid, Myoxiis Glis Z., von Untermarchthal ,
2 Hirsch- und 1 Damhirschgeweih,
3 ausgestopfte Köpfe von CeTVits Capreolus L., und eine sehr schöne
Sammlung von Rehgeweihen aus "Württemberg,
als Stiftung von Herrn Grafen Otto von Salm; Mus minutus Fall. , altes Männchen von Wittlingen ,
von Herrn Dr. Weinland; Sorex pygmaeus Fall. , Männchen ,
von Herrn Apotheker Valet in Schussenried ; Sciuriis vulgaris L. var. nigra,
von Herrn Forstmeister Paulus in Zwiefalten; Cervus Elaplms L., etwa 4 Tage alt,
von Herrn Kevierförster Pfizenmaier in Bebenhausen; Erinaceus eiiropaeus L., junges Weibchen,
von Herrn Revierförster v. Gaisberg in Steinheim; il/us musculus L., isabellfarbene Varietät,
von Herrn Apotheker Reihlen; Myoxus Glis L., altes Männchen,
von Heri'n Wundarzt Leibold in Kochendorf; Mus musculus L. , mit eigenthümlicher Haut ,
von Herrn Obermediciualrath Dr. v. Hering; Arvicola amphibius K. und BL, altes Weibchen,
von Herrn Dr. Salzmann in Esslingen; Mus musculus L., Junge, Vespertilio murinus Schreb., Weibchen mit den Jungen,
von Herrn Prof. Dr. Krauss.
b) Durch Kauf: Cervus Elaphus L., Achtender im Bast, 5— 6jährig.
IL Yögel.
a) Als Gesch enke:
Pandion Haliaetus Cuv.^ Männchen, Tinnunculus alaudarius Gray, altes Männchen,
Otus vulgaris Flemm., von Sersheim,
Athene Noctiia Gouhl , Weibchen .
Alcedo ispida L. , von Miihlhausen ,
Cinclus aquaticus Bechst., jung,
Oriolus Galhula L., altes Männchen und Weibchen,
Coccothraustes vulgaris Briss.,
Passer domesticus Briss., weissgeflecktes Männchen,
Gecinus viridis Boie, Männchen,
Cuculus Canorus L., altes Männchen,
Columha Palumhis L., altes Männchen,
Columha Oenas L,, Männchen,
Bonasia sylvestris Brehm, Männchen,
Botaurus stellaris Stejjh., junges Männchen,
Scolopax riisticola L., von Bünnigheim,
Ortygometra Crex Gm., von Hemmingen,
Anas Boschas L. , Männchen und Weibchen,
Mareca Penolojoe Gould, junges Männchen,
Querquedula crecca Steph., Männchen und Weibchen,
Nyroca leucophthalma Flemm. , Weibchen.
Clangtda Glaucion Boie, Männchen und Weibchen,
Mergellus albelliis Selby, Männchen,
Mergiis serratus L. , junges Weibchen ,
Podiceps auritus Lath., jung,
Larus canus L. von Mühlhausen, alle Vögel ausgestopft.
als Stiftung von Herrn Grafen Otto v. Salm; Hypotriorchis suhbideo Boie , Weibchen, Falco p)eregrinus L. , altes und einjähriges Männchen , Tinnuncidus alaudarius Gray . altes Männchen , Milvus ater Daud. , zwei Männchen ,
von Herrn Grafen Carl von Maldeghem in Stotzingsn; Corviis glandarins L., 5 Nesthocker sammt Nest, Lanius collurio L., altes und junges Männchen und 2 Nester, Ardea cinerea L., 3 Nesthocker und 4 Eier, Buteo vulgaris Bechst., 2 Nesthocker, Gecinus viridis Boie, 6 Nesthocker mit dem Nest in einem Abschnitt
eines Weisstannenstamms , Pyrrhida rubicilla Palt. , Nest mit vier Eiern , Perdix cinerea L., Eier,
von Herrn llevierfijrster Huss in Lorch;
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Ardea minitta L,, junger Vogel,
von Herrn Kaufmann Friedrich Drautz in Heilbronn; Tinnunculus alaudarms Gray, junges und altes Männchen, Buteo vulgaris Bechst., junges Männchen und Weibchen,
von Herrn Forstmeister Paulus in Z wiefalten; Milvus regalis Briss., Nesthocker,
von Herrn Revierfürster Brudy in Ellwangen; Nucifraga caryocatactes Briss., altes Weibchen,
von Herrn Revierförster Graf v. Uxk u 1 1 in Schönmünzach; Buteo vulgaris Bechst., Weibchen, weisse Varietät, Botaurus stellaris Steph. , altes Weibchen ,
von Herrn Revierförster Rosshirt in Schrozberg; Podiceps cristatus Lath,, junges Weibchen, Buteo vulgaris Bechst., Weibchen, weis«.liche Varietät,
von Herrn Revierförster T ritschier in Schussenried; Pernis aioivoriis Linn., altes Weibchen,
von Herrn Kaufmann Hermann Reichert in Nagold; Picus medius L., altes Männchen, Fringilla montifringüla L ., altes Männchen, Otus vulgaris Flemming , altes Männchen, Garrulus glandarius Briss., altes Männchen, Sylvia rufa Lath., altes Männchen, Caprimidgus eurojjaeus L. , altes Weibchen , Cuculus Canorus L., junges Weibchen,
von Herrn Hofrath v. Heuglin; Hypotriorchis Aesalo7i Boie , altes Weibchen,
von Herrn Forstverwalter Stier in Tannheim; Archihuteo lagopus Gould, altes Weibchen, Pernis apivorus Linn., altes Männchen, Circus p)allidus Sykes, Weibchen, bei Waldsee,
Philomaclius ijugnax Goidd , 2 Männchen in verschiedenen Kleidern, Muscicapa grisola L, , Nest, Sturnus vulgaris L., Häuschen mit Jungen und einem alten Männchen,
von Herrn Apotheker Valet in Schussenried; Coccothraustes vulgaris Briss., altes Männchen, Cucidus canorus L, , altes Männchen ,
von Herrn Revierförster Laroche in Mergentheim; Certhia familiär is L, , altes Männchen,
von H. Zimmermann Herre in Plieningen; Cuculus canorus L., altes Männchen, Cinclus aqiiaticus L,, altes Weibchen mit Nest,
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Corvus Corax L,, junges Männchen und Weibchen, Emheriza citrinella L., Nest mit 4 Eiern, Anthus arboreiis L., Nest mit 4 Eiern, Turtur aurilus Bay , altes Weibchen ,
von Herrn Revierförster Pfizenmayer in Bebenhausen; Buteo vulgaris Bechst. , 2 junge Nestvügel, Astur palumbarius Bechst., 4 Junge aus einem Nest, Turdus musicus L., 4 Junge mit Nest, Nester mit Eiern von 7 andern Vögeln,
Ton Herrn Revierförster Erlenmaie r in Ringingen; Turtur auritus Bay, Nest mit Ei,
Picus major L. , 4 Junge mit Nest in einem Buchenstamm , Picus meclius L., 5 Junge mit Nest in einem Aspenstamm, Columha Oenas L. , Eier,
von Herrn Revierförster Comm ereil in Maulbronn; Fringüla serinus L., altes Männchen, Parus palustris L., Männchen und Weibchen, Parus major L.^ altes Männchen und junges Weibchen,
von Herrn Prof. Dr. Krauss.
b) Durch Kauf:
Larus marinus L. , einjähriges Weibchen , Corvus frugilegus L. , weissgeflecktes Weibchen.
III. Reptilien.
Als Geschenk:
Lacerta (Zootoca Wglr.) vivipara Jacq., altes Weibchen, von Herrn Apotheker Valet in Schussenried.
IV. Fische.
Als Geschenke:
Carassius vulgaris Nils., var. humilis v. Sieb. Leuciscus rutdus Val., vom Itzelberger See,
von Herrn Dr. Baur in Königsbronn; Trutta Salar {Linn.), Weibchen, im Neckar, unterhalb des Eingangs in das neue Hafenbassin bei Heilbronn gefangen,
von H, Kaufmann Friedr. Drautz; Cobilis taenia L., aus den Altlachen der Donau bei Ulm,
von Herrn Generalstabsarzt Dr. v. Klein;
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Tymallus vulgaris Nils, aus der Nagold,
von Herrn Kaufmann Eu2:en Stähl in in Calw.
V. Crustaceen.
Als Geschenk:
Ästacus torrentnim Schrmik, aus der Nagold,
von Herrn Fabrikant Eugen Stählin in Calw.
YI. Mollusken.
Als Geschenk:
80 Spedes und Varietäten Württemberg. Land- und Süsswasserconchylien, von Herrn Oberjustizrath W. Gmelin.
VII. Insecten.
Als Geschenke:
55 Makrolepidopteren in 41 Arten aus der Gegend von Stuttgart, von Herrn Dr. Julius Hoffmaun; 182 Makrolepidopteren in 110 Arten aus Württemberg, von Herrn Particulier .H. Kohl; 72 Makrolepidopteren in 54 Arten und 270 Mikrolepidopteren in 230 Arten,
von Herrn Dr. Steudel in Kochendorf, 2 Makrolepidopteren in einer Art,
von Herrn Dr. Heimerdinger.
Yin. Helminthen.
Als Geschenke:
Cystocercus cellulosa Bud. aus dem Schwein ,
von Herrn Obermedicinalrath Dr. v. Hering.
IX. Petrefacten.
Als Geschenke:
3 Pterozamites aus dem Bonebedsandstein von Tübingen, von Herrn Baurath Dr. Bruckmann;
6 Ammoniten aus dem Jura von Heiningen,
von Herrn Lehrer Wittlinger in Unterböhringen ;
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2 Keuporpflanzen und 40 Stücke Phytosaurus aus der Sammlung der verewigten Frau Kriegsministor v. Hügel,
von Forstmeister Freiherrn v. Hügel; Schädel vom Torfstier aus Sindelfingen,
von Herrn Generalstabsarzt Dr. v. Klein.
B. Botanisclie Sammlung.
(Zusammengestellt von G. v. Martens.)
Das Vereinsherbar erhielt im Laufe dieses Jahres von Herrn Baurath Binder in Stuttgart ein ungewöhnlich grosses Exemplar des Polyporus versicolor Fries und von Herrn Dr. C. G. Calw er, Revier- förster auf dem Reichenberg, zwei für unsere Flora neue Schmarozer- pflanzen, Orohanche Picridis und O. Teucrii Schultz.
Unser freundlicher Nachbar, Herr Albert F ricl< hinger, Apo- theker in Nördlingen, hat die Güte gehabt, uns ein Duzend seltener, von ihm im Gebiete unserer Flora gefundenen Pflanzen mitzutheilen, von welchen Thesimn aljiinimi L. und Orcliis samhucina L. unserem Herbar noch fehlten, zwei andere, Vicia cassiibica L. und Salix bicolor £hrli., selbst für unsere Flora neue Entdeckungen sind.
Auch unter fünf von Herrn Apotheker Gärttner ih "Winnenden eingesandten Pflanzen fand sich eine, das bei uns ziemlich seltene Pobjgcniiim ihunetorwn L,, welche die Zahl unserer Desiderate ver- mindert.
Herr Dr. Friedrich Hegelmaier, Professor der Botanik in Tübingen , macht uns zu einer Moosflora von Württemberg Hofl"nung und beschenkte das Vereinsherbar mit achtundvierzig Arten von Laub- und Lebermoosen, von denen fünfundzwanzig für die Flora, sechs weitere wenigstens für das Herbar neu sind, als Resultate seiner bis- herigen Forschungen.
Zugleich übergab er uns androgynische Exemplare der Salix anrita L. als Belege zu seinem in der Generalversammlung unseres Vereins vom 24. Juni 1865 gehaltenen Vortrags (Jahreshefte, Jahr- gang XXII. Seite 30 bis 36) und fügte zwei für uns neue mikrosko- pische Algen bei, Fleurococcus miniatns Nagelt und Gloeocapsa tepidariovum A. Braun.
Von Herrn Pfarrer Kern ml er in Donnstetten erhielten wir nor- male Exemplare derselben geehrten Weide und zwei Gräser, und von Herrn Ewald Lechler, Pharmaceuten in Pforzheim, sechs Pflanzen, darunter die bisher in unserem Gebiete vergebens gesuchte] Lindcrnia jprjxidaria L. von den flachen Ufern des tiefen Sees bei Maulbronn.
Von zwei von Herrn Johann Scheurlo, Lehrer in Wolfegg, ein-
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gesandten "Weiden fehlte Salix graiidifolia Seringe noch unserem Herbar und von sechs Pflanzen, welche Herr Präceptor Schoepfer in Ludwigsburg uns mitzutheilen die Güte hatte, Lijthrum hijssopifolium L., wahrscheinlich mit Kleesamen eingeführt, auch unserer Flora.
Herr Schullehrer Seytter in Schietingen, Oberamts Nagold, sammelte angezogen durch den Anblick der üppigen, im ersten Früh- linge den Phanerogamen vorauseilenden Moose deren dreissig nebst ein Paar Flechten, wenn auch keine für uns neu, doch einige darunter, welche Schietingen in einer künftigen Moosflora unter die Fundorte einführen könnten.
Herrn Forstmeister Tscherning in Bebenhausen und dessen Sohn A. Tscherning verdanken wir eilf Phanerogamen, darunter die im Schönbuch häufige Digitalis puvpurea L. und die nordische, viel Wasser und wenig "Wärme verlangende Calla palustris L., welche dem vor neunzehn Jahren gemachten Versuch, sie aus den Moosen Oberschwabens nach Bebenhausen zu versetzen, bisher entsprochen hat.
Dass eine andere für Süddeutschland sehr seltene Pflanze, Osmunda regalis L., welche man schon vertilgt glaubte, immer noch bei Wild- bad vorhanden sei, hat Herr Apotheker Um gelt er daselbst am 6. September 1865 durch gütigst eingesandte frische Exemplare nach- gewiesen.
"Von unserem vieljährigen Mitglied, Herrn Friedrich Valet, Apo- theker in Schusseuried, kamen vier Algen ein, wovon Tetraspora explanata Ag. für unsere Flora neu ist.
Herr Professor Dr. G. Veesenmeyer von Ulm überbrachte zwölf hübsche Ulmerinnen.
Herr Apotheker Weiss in Leutkirch übersandte uns weitere Exemplare des im vorigen Jahre von Herrn Finanzrath Zeller jpit- getheilten, einst als Hauptausbeute einer britischen Nordpolfahrt viel- besprochenen rothen Schnees , einer mikroskopischen Alge , welche er am 10. September 1863 bei einem starken Regen nach vorangegange- nem Föhnwind von der Dachrinne seines Hauses erhielt und im zweiten Hefte von Wittsteins Vierteljahresschrift für praktische Pharmacie beschrieben hat.
Herr Finanzrath Dr. G. Zeller theilte uns eine neue Alge, Chara- cium Sieboldi A. Braun, mit.
Endlich lieferte der Gustos des Herbars eilf Pflanzen, meist Miss-' bildungen und Wachsthumsstörungen durch lusecten, darunter die im Herbst 1865 in den Sandgruben des Hasenbergs aufgetretene Peloria, der Umschlag einer unregelmässigen Blüthe in eine regelmässige mit allen Uebergangsstufen.
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Hieran reiben sich noch ein ^om HeiTn Grafen von Mandelsloh mitgctheilter bandfünniger Zweig einer Esche, ein verkrümmter Bucben- zweig von Herrn Revierverweser H. Gawatz in Kirchen, Oberamts Ehingen, und eine wahrscheinlich durch künstliche Verschlingung des Hauptti'iebes zu einem Knopfe entstandene sonderbare Verkrümmung des Stammes einer jungen Föhre, eingesandt von Herrn Forstmeister Paulus in Z wiefalten.
Der Zuwaclis des Vereinsherbars in diesem Jahre beträgt sonach 66 Gefässpflanzen und 89 Zellenpflanzen (Moose, Flechten, Algen und Pilze), zusammen 155 Arten, darunter 10. bisher zwar als württem- bergische erwähnte, aber dem Herbar noch fehlende, und 33 für die Flora von Württemberg neu entdeckte.
Inzwischen ist die zweite Auflage der Flora von Württemberg erschienen, möge sie als ein die vielen wackern Pflanzenforscher des lieben Vaterlandes umschlingendes Band die Liebe zur schönen Wissen- schaft neu anfachen, durch klare üebersicht dessen, was wir haben und was wir nicht haben, zu ferneren Forschungen aufmuntern und sich so als ein weiterer, wenn auch kleiner. Stein in den grossen, von tausend Händen geförderten Bau der Naturwissenschaften einfügen.
Die Yereinsbibliotbek hat folgenden Zuwachs erhalten:
a) Durch Geschenke:
14. Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft zu Hannover, von Michaelis 1863—64 4». Von der Gesellschaft. Musee Vrolik. Catalogue de la collcction d'anatomie humaine, com- paree et palajontologique de G. & W. Vrolik, par Dusseau. Amsterdam 1865. 8".
Von der Familie Vrolik. Annales de Tassociation philomatique Vogeso-rhenane, faisant suite ä la flore d'Alsace du F. Kirschlegcr. Lin-ais. 4 & 5. Strasbourg 1805-66. 8«.
Vom Verfasser. Verzeichniss aller von mir zn St. Petersburg beobachteten Infusorien, Bacillarien und Räderthiere von Dr. J. F. Weisse. Moskau 1863. 8«.
Vom Verfasser. Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, herausgeg. von der geologischen Commission der schweizerischen naturforschenden
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Gesellschaft auf Kosten der Eidgenossenschaft. Lieferung 1. Geologische Karte des Basler Jura von Dr. A. Müller. Text und Atlas 1862—63.
Von der schweizerischen geologischen Commission. 6. Jahresbericht des naturhistorischen Vereins in Passau, über die Jahre 1863 und 1864. Passau 1865. 8". Vom Verein. Flora von Württemberg und Holienzollern von G. v. Härtens und C. A. Kemmler. 2. ganz umgearbeitete Auflage der „Flora von Württemberg v. Schübler & v. Martens.« Tübingen 1865. 8°. Von den Verfassern. Bronn's Klassen und Ordnungen des Thierreichs, wissenschaftlich dar- gestellt in Wort und Bild. Fortgesetzt von W. Keferstein. Bd. III. Liefening 37—45. Leipzig, Winter 1865. 8°. Dasselbe fortge- setzt von Dr. A. Gerstäcker. Bd. V. Arthropoda. Lieferung 1. Leipzig, Winter 1866. S'\
Vom Verleger, zur Anzeige in den Jahresheften. Verhandlungen des naturhistorisch -medicinischen Vereins in Heidel- berg. Bd. IV. 1. 1865. 8«. Vom Verein. Einige Bemerkungen über die geognostischen Karten des europäischen Russlands von Ed. v. Eichwald. Moskau 1865. 8". Vom Verfasser. Württember gische naturwissenschaftliche Jahreshefte Jahrg. XViL. Heft 1. Stuttgart 1861. 8°. Vom Verleger. Amtlicher Bericht über die 39. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Giessen im Sept. 1864. Herausgeg. von den Geschäftsführern Werner und Leuckart. Giessen 1865. 4". Von den Verfassern. Aphorismen über Sensitivität und Od. Von Freiherrn von Reichen- bach. Wien 1866. 8°. Vom Verfasser. Vergleichende chemische Untersuchungen über das Fleisch verschiedener Thiere von Dr. J. E. Schlossb erger. Stuttgart 1840. 8°. Natürliches System aller Naturwissenschaften. Aus dem Franz. des A. V. Ampere im Auszug bearbeitet von Dr. G. Widenmann- Stuttgart 1844. 8". Die Heilquellen des Königr. Württemberg, mit Einschluss der HohenzoU. Fürstenthümer , Badens, des Elsass und des Wasgau, von Dr. Heyfelder, 2. Auflage. Stuttgart 1846. 8».
- IG —
Zur Orientirung in der Frage von den Ersatzmitteln des Getreidemehls, besonders in der Brodbereitung etc. v. Dr. J. Öclilossberger.
Stuttgart 1847. 8».
Die Bandwürmer des Menschen. Von Dr. G. Seeger. Stuttgart 1852. 8'^.
Mittheilung zweier neuer Methoden fler quantitativen microscopischen und chemischen Analyse der Blutkörperchen und Blutflüssigkeit von Dr. Vierer dt. Stuttgart 1852. 8".
Ueber negativ-artesische Brunnen oder absorbirende Bohrbrannen von Dr. A. E. Bruckmann. Stuttgart 1853. 8".
Die somnambulen Tische. Zur Geschichte und Erklärung dieser Er- scheinung von Dr. J. Kerner. Stuttgart 1853. 8**.
Galileo Galilei. Zusammenstellung der Forschungen und Entdeckungen Galilei's auf dem Gebiet der Naturwissenschaft etc., von Dr. R. Caspar. Stuttgart 1854. S".
Beiträge zur Lehre von den durch Parasiten bedingten Hautkrank- heiten von Dr. B. Gudden. Stuttgart 1855. 8°,
Handbuch der Anatomie der Hausthiere. Zum Gebrauch bei Vor- lesungen und zu eigener Belehrung von Fr. A. Leyh. 2. Aufl. Stuttgart 1859. 8».
"W. Baumeist er's Handbuch der landwirthschaftlichen Thierkunde und Thierzucht. 4. Aufl. Bd. 1—3. Stuttgart 1863. 8».
Die Gestüte und Meiereien Sr. Majestät des Königs von "Württemberg. Herausgeg. von Freiherru J. v. Hügel und Hofdom.-Rath Schmidt. Stuttgart 1861. S**.
Abbildungen der Rindviehstämme Württembergs. Stuttgart 1862. 4".
Die land- und forstwirthSchaftliche Akademie Hohenheim. Stuttgart
1863. 8«. Paläontologische Mittheilungen von Prof. Dr. A. Oppel. Bd. 1— o.
Stuttgart 1862—63. 8".
Das Fleisch als menschliches Nahrungsmittel, von Prof. Dr. A. Rueff. Stuttgart 1866. 8°.
Sämmtlich vom Vorleger, Buchhändler Albert Ebner.
25. Bericht über das Museum F rancisco-Carolinum. Nebst der 20. Lieferung der Beiträge zur Landeskunde von Oesterreich ob der Ena. Linz 1855. 8'\
Geschenk von Carl Ehrlich.
17
b) Durch Austausch unserer Jahreshefte, als Fortsetzung:
Correspondenzblatt des Vereins für Naturkunde zu Pressburg.
Jahrg. II. 1863. 8^'. Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. 2^eue Folge.
Bd. I. Heft 2. 1865. 8". Der zoologische Garten. Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht
der Thiere. Jahrg. 6. Nr. 1—12. Frankfurt a. M. 1865. 8°. Bulletin de la societe geologique de France.
2. Serie. T. XXII. Feuill. 8—36. Paris 1864—65.
„XXIII. „ 1—12. „ 1865—66. 8".
t Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. XVII.
Heft 1. 2. 4. Berlin 1864—65. 8«. Quarterly Journal of the .geological Society of London. Vol-. XXII.
Nr. 1. 2. 3. 4. 1865—66. 8». Verhandelingen der kon. Akademie van Weteuschappen. Deel X.Am- sterdam 1864. A". Verslagen en Mededeelingen der kon. Akademie van Wetenschappen.
Afdeeling Natuurkunde. Deel XVII. 1865.
., Letterkunde. „ VIII. 1865. Amsterdam. 8^
Jaarboek van de kon. Akademie van Wetenschappen te Amsterdam
voor 1863. 1864. S\ Annales des sciences physiques et naturelles, d'agriculture et d'industrie
par la Societe imper. d'agriculture etc. de Lyon. 3. Serie.
T. Vn. 1863. 8«.
Memoires de l'Academie imper. des sciences, belles-lettres et arts de Lyon. Classe des sciences T. XIII.
„ „ lettres, nouv. Serie T. IX. 1862—1863. 8°.
Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie und verwandter Theile anderer "Wissenschaften, unter Mitwirkung von C. Bohn und Th. Engelbach herausgegeben von H. "Will. Für 1864. Heft 1. 2. Giessen 1865. 8°.
42. Jahresbericht der Schiesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Generalbericht pro 1864. Breslau 1865. 8".
Abhandlungen de-r Schiesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Abtlieiluug für Naturwissenschaft & Medicin. 1864. Philosophisch-historische Äbtheil. 1864. Heft 2. Breslau 1864. 8«.
11. Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heil- kunde. Giessen 1865- 8^
Jahrbuch der K. K. geologischen Reichsanstalt. Bd. XV. Nro. 1—4. Wien 1865. 4°.
Württemb. naturw. Jabreshefte. 1867. Is Keft. 2
— 18 —
Mittheilungen der K. K. geographischen Gesellschaft. Jahrgang VIII. 1864. Heft 1. Wien 1864. 8«.
Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft Graubündens. Neue Folge. Bd. X. Jahrgang 1863 — 1864. Chur 1865. 8«.
Bulletins de TAcademie royale des sciences, des iettres et des beaux- arts de Belgique.
33. annee. 2. Serie, Tom. XVIII. 1864.
34. „ „ „ „ XIX. 1865. Bruxelle8l864— 65. 8«. Proceedings of the zoological Society of London. "With lUustrations.
1861—64. gebunden. 8».
Smithsonian contributions to knowledge. Vol. XIV. Washington 1865. 4".
Results of meteorologiral observations, made under the direction of the United States patent office and the Smithsonian Insti- tution from the yeiir 1854 — 1859 incl. being a report of the Commissioner of Patents made at the 1. Session of the 36. con- gress. Vol. II. Part. 1. Washington 1864. 4«.
Smithsonian miscellanous Collections, Vol. V. Washington 1864. 8°.
Annual Report of the board of regents of the Smithsonian Insti- tution etc. for 1863. Washington 1864. 8«.
Annais of the Lyceum of natural history of New- York, Vol. VIII, Nro. 2. 3, 1864. 8«.
Proceedings of the Academy of natural sciences of Philadelphia.
1864. Nr. 1-5. 8»,
Proceedings of the Boston Society of natural history. Vol. VII. sign.
10—12. Vol. IX. sign. 21— 25. Boston Journal of natural history. Vol. I. II. III. und Nro. 3. 4.
von Vol IV. 1834—44. 8». Bulletin de la societe imperiale des naturalistes de Moscou, Annee
1865, Nr, 1. 2. Moscou 1865, S».
Natuurkundig Tijdschrift voor Ncderlandsch Indie, uitgegeven door de
kon, natuurkundige Verceniging in Ncderlandsch Indie. Decl
XXVI- XXVIII (=scsde Serie. Deell— 3.) Batavia 1864— 65. 8^
Memoires de la socißte de physique et d'histoire naturelle de Geniive.
T. XVIII. Part. 1. Genfeve 1865. 4». Sitzungsberichte der Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse. Abthoilungl. 1864. Bd.50. Heft 2— 5. 1865. Bd.51. Heft 1—3. . „ II, 1864. Bd, 50. „ 3—5. 1865. Bd.51. Heft 1—3. Register zu Bd. 43-50. Wien 1865,
— 19 —
"Württembergisclie Jahrbücher für Statistik & Landeskunde. Hg. vom K. statistisch-topographischen Bureau. Jahrgang 1863.
31. Jahresbericht des Mannheimer Vereins für Naturkunde. Mann- heim 1865. 8«.
Annales de Tobservatoire physique central de Russie etc. par A. T. Kupfer. Annee 1862. Nro. 1. 2. 1865. 4°.
18. Bericht des naturhistorischen Vereins in Augsburg. Veröffent- licht im Jahr 1865. S"*
Berichte über die Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Frei bürg i. Br. Bd. III. Heft 3. 4. 1865. 8».
Transactions of the zoological society of London. Vol. V. Part 4.
1865. 4».
Proceedings of the scientific meetings of the zoological society of L o n-
don for the year 1864. Part 1—3. 8^ Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brunn. Bd. 3. 1864. 8". Societe des sei ences naturelles du Grand-Duche de Luxembourg.
T. VIII. Annee 1865. 8°. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklen-
burg. 19. Jahr. 1865. 8°. Schriften der k. physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg.
Jahrgang 5. 1864. Abtheilung 2,
„ 6. 1865. „ 1. 4^
Norges Ferskvandskrebsdyr. Forste Afsnit Branchiopoda I. Cladocera
ctenopoda af G. 0. Sars. Christiania 1865. 4''. Veiviser ved geologiske excursioner i Christiania Omegn. Af Lector
Th. Kjcrulf. Christiania 1865. 4«, Om de i Norge forekommende fossile Dyrelevninger fi-a Quartaerpe-
rioden , et bidras til vor Faunas historie, af Dr. M. Sars.
Christ. 1865. 4». Meteorologische Beobachtungen. Aufgezeichnet auf Christiania
Observatorium. Lief. 3. 4. 1848 — 55; 1. Bd. letzte Lief.
1837—63. Christiania 1864—65. 4». Meteorologiske Jagttagelser paa Christiania Observatorium. 1864. 4", Bulletin de la societe Vaudoise des sciences naturelles, T. VIII.
Bull. Nr. 53. Lausanne 1865. 8«. Bulletin de la societe des sciences naturelles de Neuchatel.
T. VII. cah. 1. Neuchatel 1865. 8\ Correspondenzblatt des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regens-
burg. 19. Jahrgang. 1865. 8«.
— 20 —
Würzburger naturwissenschaftliche Zeitschrift, herausg. von der physilcalisch-medicinischen Gesellschaft. Bd. YI. Heft 1. 1865. 8^.
Tübinger Universitätsschriften aus dem Jahre 1865. 4°.
12. Zuwachsverzeichniss der k. Universitätsbibliothek zu Tübingen
1864-65. 4°. Theorie der Querschwingungen eines elastischen, am Ende belasteten
Stabs, von Karl Zöppritz, Phil. Dr. Tübingen 1865. 4<*.
7 natur-wissenschaftliche und 12 medicinische Dissertationen in 8*'.
Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel. Theil IV. Heft 2. Basel 1865. 8».
Jahrbücher des Vereins für Isaturkunde im Herzogthum Nassau. Heft 17. 18. Wiesbaden 1862—63. 8°.
Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften, Jahrgang 1865.
Bd. 25. 26. Berlin 1865. 8". Journal of the geological society of Dublin. Vol. I. II. VII. 8°. Physikalische Abhandlungen der k. Akademie der Wissenschaften zu
Berlin. Aus dem Jahre 1864. Berlin 1865. i".
Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande und Westphalens.
22. Jahrg. S.Folge. 2. Jahrg. 1. & 2. Hälfte. Bonn 1865. 8".
Journal of the royal geological Society of Ireland. Vol. I. Part 1.
1864-65. 8°. List of the geological Society of London 31. Dec. 1865. 8*.
Der Ver ein skassier, Hospitalverwalter Sey ff ar dt, theilte folgenden
Rechenschaf ts-Abschluss für das Jahr 1865—66
mit:
Meine Herren! Der Kassenbericht, welchen ich Ihnen vorzutragen die Ehre habe, umfasst den Zeitraum vom 1. Juli 1865/GG. Nach der revidirten und abgehörten 22. Rechnung betrugen nämlich:
die Einnahmen:
A. Reste. Rechners Kassenbestand 187 fl. 50 kr.
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B. Grundstock. Eine Veränderung kam hier
nicht vor, daher — fl. — kr.
C Laufendes.
1) Activ-Kapital-Zinse ... 225 fl. 30 kr.
2) Beitrcäge von den Mitgliedern 1131 fl. 18 kr,
3) Ausserordentliches ... 32 fl. 24 kr.
1389 fl. 12 kr.
Hauptsumme der Einnahmen
— ;• 1577 fl. 2 kr.
Ausgaben:
A. Reste — fl. — kr.
B. Grundstock — fl, — kr.
C. Laufendes.
1) Für Vermehrung der Samm- lungen 230 fl, 44 kr.
2) Buchdrucker- und Buchbin- derkosten (darunter für den Jahrgang XXL 2. u. 3. Heft,
XXII. 1. Heft 529 fl. 49 kr.) 638 fl. 33 kr.
3) für Mobilien 233 fl. 58 kr.
4) für Schreibmaterialien, Ko- pialien, Porti etc. ... 52 fl. 48 kr.
5) Bedienung, Reinigungsko- sten, Saalmiethe etc. . . 232 fl. 53 kr.
6) Steuern . 11 fl. 29 kr.
7) Äusserer denthches ... 2 fl. 25 kr.
1402 fl. 50 kr.
Hauptsumme der Ausgaben
— ;• 1402 fl. 50 kr.
Werden von den Einnahmen im Betrag von 1577 fl. 2 kr. die Ausgaben mit 1402 fl. 50 kr.
abgezogen, so erscheint am Schlüsse des Rech- nungsjahrs ein Kassenvorrath des Rechners von — •• 174 fl. 12 kr.
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Vermögens-Berechnung.
Kapitalien 5436 fl. — kr.
Kassenvorrath 174 fl. 12 kr.
Der Vermögensstand beträgt somit am Schlüsse
des Rechnungsjahrs 5610 fl. 12 kr.
Da derselbe am 30. Juni 1865 betrug . . . 5623 fl. 50 kr.
so ergiebt sich mitbin eine Verniögens-Abnahme von — ;• 13 fl. 38 kr.
Nach der vorhergehenden Rechnung war die Zahl der
Mitglieder 395
Hiezu die neu eingetretenen Mitglieder, nämlich die Herren :
Buchhalter Frueth,
Ingenieur Fein,
Professor Dr. Heller,
Vikar Ziegele,
Bauinspektor Wintt erlin,
Schulinspektor Winghofer in Kirchhausen,
Regierungsrath Kolb in Ulm,
Diakonus Steudel in Ravensburg,
Dr. Beinhauer in Cassel,
Kaufmann Friedrich Drautz in Heilbronn,
Baurath Landauer,
Baurath Schlierholz,
Professor Dr. Wintterlin,
Apotheker Weiss in Friedrichshafen,
Christoph Paulus im Salon bei Ludwigsburg,
Professor Funke in Hohenhcim,
Professor Dr. Baur daselbst,
Banquier Georg Dörtenbach,
Direktor Werner in Hohenheim,
Staatsrath v. Adelung,
Fabrikant Fr. Münzing in Heilbronn,
Eisenhändler F. Ed. Mayer von da,
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Uebertrag 395 Mechanikus Autenrieth von da,
Professor Dr. Mährlen, Wiesenbaumeister Jehle von Nürtingen, Baurath Schenk, Kassier Künstle, Dr. A. Fricker in Heilbronn, Fabrikant J. Wolff von da, Fabrikant A. v. Rauch von da, Fabrikant Eich. Schäufelen von da, Kommerzienrath J. M. Münzin g von da,
Apotheker Dr. Lindenmaier von da ... 33
428
Hievon ab die ausgetretenen Mitglieder, und zwar die Herren :
Kaufmann Fr. Sick,
Graf V. Salm-Hoogstraeten,
Geheimer Rath v. Tittoff,
Buchhändler G. Hoffmann,
Graf A. v. Pückler in Esslingen .... 5
Die gestorbenen Mitglieder, nämlich die Herren: Particulier Glocker, Professor Dr. v. Holtzmann, Bauinspektor Win tt erlin,
Staatsrath Dr. v. Ludwig 4
9
über deren Abzug die Zahl der Mitglieder am Rechnungsschluss
beträgt
— ;. 419,
somit Zunahme gegen fernd
— ;. 24 Mitglieder.
"Wahl der Beamten.
Die Generalversammlung wählte hierauf durch Acclamation für das Yereinsjahr 1866—1867 die beiden Vorstände:
— 24: —
als ersten Vorstand:
Professor Dr. W. v. Rapp in Tübingen, als zweiten Yorstand:
Oberstudienrath Dr. v. Kurr, und für diejenige Hälfte des Ausschusses, welche nach §.12 der Vereinsstatuten diessmal auszutreten hat:
Professor C. W. B a u r ,
Professor Dr. Blum,
Finanzrath Es er,
Professor Dr. Fr aas,
Oberjustizrath W. Gmelin,
Professor Dr. Köstlin,
Professor Dr. Marx,
Finanzrath Dr. Zelle r.
Im Ausschuss bleiben zurück: Geheimer Hofrath Dr. v. Fehling, Obermedicinalrath Dr. v. Hering, Generalstabsarzt Dr. \. Klein, Professor Dr. Krauss, Kanzleirath Dr. v. Märten s, Director v. Schmidt, Hospitalverwalter Seyffardt, Professor Dr. Zech.
Zur Verstärkung des Ausschusses wurden in der Sitzung vom 9. November nach §. 14 der Statuten gewählt: Professor Dr. Ahles, Baurath Binder, Professor Dr. Haas, Apotheker Reihlen.
In derselben Ausschusssitzung wurden unter Dankesbezeu- gung für ihre geleisteten Dienste im verflossenen Vereinsjahr wieder gewählt: als Secretäre:
Generalstabsarzt Dr. v. Klein,
Professor Dr. Krauss,
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letzterer zugleich als Bibliothekar, ferner: als Kassier:
Hospitalverwalter S e y f f a r d t.
Die "Wahl für den Ort der nächsten Generalversammlung' am Johannisfeiertag 1867 fiel auf Stuttgart und die des Ge- schäft sfiihr er s auf Oberstudienrath Dr. v. Kurr.
Der Antrag zur Abänderung der §§. 18 & 24 der Statuten,
welcher in der vorjährigen Generalversammlung vom Ausschuss übergeben und im ersten Heft des XXII. Jahrgangs bekannt ge- macht worden ist, kam nach §. 22 der Statuten in der heutigen Yersammlung zurBerathung und wurde, nachdem Prof. Dr. Krauss die Gründe wegen dieser Abänderung noch einmal näher erläu- tert hat, durch Acclamation angenommen.
Die Fassung dieser Paragraphen ist also jetzt für
§. 18.
Der Verein besteht: 1) aus ordentlichen Mitgliedern, d. h. solchen, welche Actien besitzen, und 2) aus correspondirenden oder Ehrenmitgliedern.
Die correspondirenden und Ehrenmitglieder sind, ohne Actien zu besitzen, zu allen denjenigen Rechten zugelassen, welche den ordentlichen Mitgliedern zustehen.
§. 24.
Mit auswärtigen Vereinen ähnlicher Tendenz setzt sich der Verein durch Austausch der Gesellschaftsschrift und durch Ein- ladung zu den allgemeinen Versammlungen in Verbindung.
Ausgezeichnete um die Wissenschaft verdiente Männer wer- den für die Interessen des Vereins durch Ernennung zu corre- spondirenden oder zu Ehrenmitgliedern gewonnen.
Hiemit schloss nach 1 Uhr der geschäftliche Theil der Ver- sammlung. Nach einem heiteren Mittagsmahl begaben sich die Mitglieder auf die Cäcilienwiese, wohin sie durch den Heiibron- ner Singkranz in freundlichster Weise zur Herbstfeier eingela- den waren.
Nekrolog
des
Professor Dr. Alberl Oppel.
Von Oberstudienrath Dr. v. Kurr.
Abermals habe icb die traurige Pflicht, das Andenken eines allzufrühe dahingeschiedenen Freundes und Förderers der Wissen- schaft in Ihrem Kreise zu feiern, welcher eine Zierde unseres Vaterlandes war und zu genauerer Kenntniss desselben vielfache Beiträge gehefert hat» Wenn ich aber das Ehrengedächtniss. das ich ihm hiemit zu stiften beabsichtige, kurz fasse, so geschieht es vornehmlich desshalb, weil bereits eine geübtere Feder*) in der Augsburger Allg. Zeitung (Januar 1866) und in dem Jahr- buche der k. k. geologischen Eeichsanstalt zu Wien (16. Bd. p. 59 — 67) eine umfassende Schilderung seines Schaffens und Wirkens veröffentlicht hat,
Dr. Albert Oppel wurde am 19. Dez. 1831 zu Hohenheim geboren, wo sein Vater, der jetzige Direktor der landwirth- schaftlichen Centrals teile zu Stuttgart, damals als Beamter an der landwirthschaftlichen Akademie wirkte.
Die erste Schulbildung empfing er in der Erziehungsanstalt zu Stetten im Remsthal, welche damals in hohem Flor stand und junge Leute aus allen deutschen Landen herbeizog.
Später trat er in das Obergymnasiura zu Stuttgart und dann in die polytechnische Schule daselbst ein, wo es mir vergönnt
*) Dr. Ferd. v. Ilochstetter, Professor am k. k. Polytecbnicum in Wien.
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"war, denselben mehrere Jahre lang unter meinen Schülern zu haben. Es kann einem Lehrer nichts Erfreulicheres begegnen, als wenn er bemerken darf, wie Wort und Lehre auf guten Boden fallen, und in der That gehörte Oppel zu den fleissigsten und tüchtigsten Zuhörern, die ich je gefunden habe. Insbeson- dere zog ihn zuvörderst die Oryktognosie und hier wiederum die Crystallographie, sodann die Geognosie und die Petrefaktenkunde an , obwohl auch die andern Zweige der Naturwissenschaft nicht vernachlässigt wurden, und seine liebenswürdige Bescheidenheit gewann ihm zugleich die Herzen aller seiner Lehrer.
Trefflich vorbereitet und mit den solidesten Kenntnissen ausgerüstet bezog er 1851 die Universität Tübingen, wo er hauptsächlich an Professor v. Quenstedt den Mann fand, der geeignet war, seine Kenntnisse zu erweitern und seinen Eifer zu verdoppeln. Schon in Stuttgart hatte er angefangen, sich eine treffliche Mineralien- und Petrefaktensammlung anzulegen, und in Tübingen steigerte sich sein Sammeleifer mehr und mehr, so dass er während seines dreijährigen Aufenthalts daselbst eine der werthvoUsten paläontologischen Sammlungen des Landes zusammenbrachte. Da wurde weder Zeit noch Geld gespart, wenn es sich darum handelte , über irgend ein Petrefakt oder einen Schichtenkomplex ins Klare zu kommen; aber mit dem Besitz war es ihm nicht allein gedient , sondern er war nament- lich darauf bedacht, die organischen Einschlüsse jedes Formations- gliedes, jeder Hauptschichte zu erforschen, und Hess daher häufig zu diesem Zwecke eigene Nachgrabungen veranstalten.
Als die philosophische Fakultät im Jahr 1851 auf Veran- lassung des -Professor Quenstedt die Preisaufgabe stellte: „eine genaue Aufzählung der Schichten des mittleren Lias mit beson- derer Berücksichtigung der darin lagernden Versteinerungen" zu liefern, machte sich Oppel alsbald an die Arbeit und löste die Aufgabe so vortrefflich, dass ihm nicht nur der Preis, son- dern auch die philosophische Doktorwürde zuerkannt wurde. Der zehnte Jahrgang unserer Jahreshefte 1854 enthält von Seite 39 — 136 dieselbe durch vier Steintafeln erläutert. Da diese Arbeit auch als besondere Schrift in den Buchhandel kam, so
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wurde der Name des Verfassers bald bei den Geologen des In- und Auslandes bekannt.
Kein Wunder daher, wenn er auf seinen wissenschaftlichen Reisen durch Frankreich und England überall die verdiente Anerkennung und die wohlwollendste Aufnahme fand. So brachte er 1854 sieben Monate in Frankreich und 1855 vier Monate in England zu, wo er hauptsächlich das Studium der Juraformation zum Ziele seiner Forschungen machte. Verschiedene grössere und kleinere Ausflüge in die Juragebirge der Schweiz und Frankens befähigten ihn vollends zu der Lösung seiner Lebens- aufgabe, eine vergleichende Darstellung der Juraformation dieser verschiedenen Länder zu versuchen, und die Ergebnisse derselben sind gleichfalls in unsern Jahresheften 12. — 14. Jahrgang (1856, 1857 und 1858) niedergelegt, übrigens auch als besondere Schrift erschienen: „die Juraformation Englands, Frankreichs und des südwestlichen Deutschlands." Mit einer geognostischen Karte. Stuttgart bei Ebner und Seubert 1856—1858. Hiemit war sein Ruf im In- und Auslande begründet und König Wilhelm verlieh ihm dafür die grosse goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft. Wenn es das Verdienst Leopolds von Buch und Quenstedts ist, die Hauptetagen der württembergischen Juraformation begründet zu haben, so kommt Oppel hauptsäch- lich das zu, dass er den Nachweis lieferte, welche Formations- glieder in den verschiedenen Theilen von Centraleuropa ver- breitet und wie sie ausgeprägt sind. Ferner hat er das Auftreten der eigentlichen Leitmuscheln genauer festgestellt und die ge- nauesten Details der Unterabtheilungen mit ihren Einschlüssen erforscht. Wenn derselbe sich dadurch vielleicht zuweilen ver- leiten liess, Spielarten von Petrefakten für wirkliche Arten zu erklären und dadurch bei Manchen in den Verdacht der Spezies- macherci verfiel, so ist dieses begreiflich. Er hatte einmal ge- funden, dass auch verwandte Formen immer nur in bestimmten Schichten auftreten, und hielt sich daher auch für berechtigt, nach dem Vorbild seines Gönners und Freundes d'Orbigny dieselben besonders zu benennen. Dass er aber seine Arten auch genau zu charakterisiren wusste, dafür spricht am besten sein
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letztes und grösstes Werk: „Paläontologische Mittheilungen", -welches 1863—1865 bei Ebner und Seubert in Stuttgart mit 88 Yortrefflich ausgeführten Steintafeln erläutert, erschienen ist, das in der ersten Abtheilung neue Krebse, in der zweiten haupt- sächlich Ammoniten der Juraformation und zumal auch solche aus dem Himalaya, von den Gebrüdern Schlagintweit mitgebracht, darstellt. Ausser diesen grösseren Arbeiten sind auch viele kleinere in verschiedenen Zeitschriften, zumal auch in unsern Jahresheften, Jahrgang 12 — 20 von ihm erschienen.
Kaum war Oppel von seinen Reisen zurückgekehrt und mit seiner vergleichenden Darstellung der Juraformation fertig ge. worden, so wurde er (1858) zum Adjunkt bei der paläonto- logischen Sammlung in München angestellt, wo Andreas Wagner als Conservator wirkte, jedoch bei der grossen Aus- dehnung dieser Sammlungen kaum im Stande war, sie zu be- wältigen. Mit desto grösserem Eifer warf sich unser Freund auf die Arbeit, und als derselbe 1859 nach Hausmanns Tod einen Ruf als ausserordentlicher Professor nach Göttingen er- hielt, wurde er in gleicher Eigenschaft bei der Universität in München definitiv angestellt und auch zum Mitglied der Akade- mie daselbst erwählt. Jetzt hatte er auch Vorlesungen über Paläontologie zu halten und bald sammelte sich ein kleiner Kreis fleissiger Schüler um ihn, die er nicht nur zu belehren, sondern auch zu begeistern wusste.
1861 starb sein Freund und College Wagner plötzlich, und er trat nun an dessen Stelle als Conservator der Sammlungen und als ordentlicher Professor der Paläontologie. In diesem Jahr verheirathete er sich mit Anna Herbort aus Stuttgart, einer Freundin seiner Schwester, welche ihm zwei Söhne schenkte , wovon der jüngere jedoch schon Anfangs Dezember 1865 ihm durch den Tod entrissen wurde.
Dieser Verlust ging dem zartfühlenden Vater, der mit seiner Gattin in der glücklichsten Ehe lebte, sehr nahe, und bei der Beerdigung desselben erkältete er sich dermassen, dass er wenige Tage darauf in ein typhöses Fieber verfiel, welches sich vom 10. Tag an dermassen steigerte, dass man keine Hoff-
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nung mehr für sein Aufkommen hatte und am 22, Dezember Nachts halb 10 Uhr ein sanfter Tod dem jungen Leben ein Ende machte, viel zu früh für seine Wittwe mit ihrem drei- jährigen Knaben, seinen hochbetrübten Vater, seine trauernden Geschwister und Freunde.
Oppel war von untersetzter Statur und trug das Gepräge eines gesunden und kräftigen Mannes. Von Natur aus schweig- sam und ernst, konnte er in der Unterhaltung, sobald es sich um wissenschaftliche Gegenstände handelte, lebhaft und mittheilend werden und immer suchte er bei solcher Gelegenheit der Sache auf den Grund zu kommen. Mit einem unermüdeten Fleiss und gründlichem Wissen verband er die liebenswürdigste Bescheidenheit, die ihn aber auch verhinderte, öflfentlich als Redner aufzutreten. Sein redlicher und edler Charakter sprach sich in allem, was er redete oder that und namentlich auch im wissenschaftlichen Verkehr aus, denn er suchte jedes Verdienst nach Recht und Billigkeit anzuerkennen, und bei allem Eifer, seine Sammlungen zu erweitern, theilte er von seinen Schätzen gerne und in uneigennützigster Weise mit. Sein Andenken wird in den Herzen der Seinigen und seiner Freunde fortleben.
Nekrolog
des
Obermedicinalraths Dr. Georg Friedricli v. Jäger
in Stuttgart.
Von Oberstudienrath Dr. v. Kurr.
Dr. Georg Friedrieh v. Jäger wurde zu Stuttgart deu 25. De- zember 1785 geboren. Sein Vater war der am 13. Oktober 1739 geborene Dr. Christian Friedrich Jäger, welcher den 7. Sep- tember 3 808 in Stuttgart als Leibarzt des Königs und Mitghed des Medicinalkollegiums starb, nachdem er früher als ordentlicher Professor der Medicin, Chemie und Botanik erst in Tübingen und sodann an der hohen Karlsschule zu Stuttgart mit Ehren gewirkt hatte. An diesem seinem Vater, sowie an dem älteren Bruder, Dr. Carl Christoph Friedrich v. Jäger, welcher 1828 als königl. Leibarzt imd Obermedicinalrath starb und sich durch mehrere naturhistorische Schriften berühmt gemacht hat, wie der- selbe auch mehrere Jahre lang dem königl. Naturalien kabinet vor- gestanden, hatte derselbe leuchtende Vorbilder, die ihm für sein ganzes Leben zu statten kamen. Er besuchte, nachdem er das Gymnasium zu Stuttgart absolvirt hatte, von 1803—1807 die Universität Tübingen und schrieb, nachdem er ein Jahr lang unter der Anleitung seines Vaters und Bruders, sowie des Dr. Hopfengärtner's in den Krankenhäusern seiner Vaterstadt thätig. gewesen war, seine Inauguraldissertation: De effectibus Arsenici albi in yarios organismos 1808, eine Schrift, welche durch Gründhchkeit und Scharfsinn ausgezeichnet war und den künftigen Naturforscher zum Voraus ankündigte. Noch in demselben Jahr trat er eine wissenschaftliche Reise nach Göt-
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tingen und Paris an, die für sein ganzes Leben fruchtbar wurde. Damals stand unter den Pariser Gelehrten Cuvier, an welchen er empfohlen war und der ihn auch mit besonderer Freundlich- keit aufnahm, in hoher Achtung, und unter seinem Einfluss hatten auch die naturhistorischen Sammlungen der franzö- sichen Hauptstadt sich bedeutend vermehrt, so dass nament- lich die Hilfsmittel für das Studium der vergleichenden Ana- tomie imd der fossilen Wirbelthiere reichlich vertreten waren. Kein Wunder daher, wenn Jäger für diese Fächer eine beson- dere Vorliebe gewann. Die Rückkehr führte ihn über das südliche Frankreich nach Bern, wo er unter Tribolet mehrere Monate lang den Inselspital besuchte. Nach seiner Vaterstadt zurückgekehrt, widmete er sich der ärztlichen Praxis mit gutem Erfolg und 1817 wurde er zum Nachfolger seines Bruders als Inspektor des k. Naturalienkabinets ernannt, welche Stelle er bis 1856 mit grossem Fleiss und rühmlicher Thätigkeit beklei- dete. 1822 wurde ihm die Professur für Chemie und Naturge- schichte am oberen Gymnasium übertragen, welche er bis 1842 mit Eifer und Strebsamkeit versah. 1834 wurde er als ausser- ordentliches, 1836 als ordentliches Mitglied in das k. Medi- cinalkollegium berufen und 1841 mit dem Titel und Eang eines Obermedicinalraths bedacht, welche Stelle er 1852 seines vorgerückten Alters wegen wieder aufgab, wobei ihm jedoch der Rang eines Ehrenmitglieds verblieb.
Jäger war zweimal verheirathet. Seine erste Gattin, Char- lotte geb. Hoffmann, starb den 20. November 1818; sie schenkte ihm zwei Söhne und zwei Töchter, wovon ein Sohn, Ober- medicinalrath Hermann Jäger, zu seinem grossen Schmerz 1861 starb. Seine zweite Gattin, Charlotte geb. Schwab, eine Schwester des berühmten Dichters Gustav Schwab , gab ihm vier Söhne, wovon noch zwei leben, und fünf Töchter^ wovon eine dem Vater vorangegangen ist. Ihr war es vergönnt, den Gatten bis an das Ende seiner Tage durch Freud und Leid zu begleiten und zu pflegen, und mit ihr trauern neun erwachsene Kinder, 24 Enkel und zwei Urenkel um den Dahingeschiedenen.
Jäger war von kräftiger Konstitution und stattlicher Grösse,
seine früh gebleichten, reichen Locken gaben ihm ein ehrwür- diges Aussehen und seine Züge trugen das Gepräge der wohl- •wollendsten Humanität. Unbedeutende Zufälle ausgenommen, hatte er sich bis in sein hohes Alter der besten Gesundheit zu erfreuen, wozu seine nüchterne und regelmässige Lebensweise wohl auch das Ihrige beigetragen haben mag^ nur hatte sich in den letzten Deceunien allmählig eine bedeutende Schwer- hörigkeit eingestellt, wozu im letzten Jahr auch noch eine Ab- nahme des Augenlichts sich gesellte. Erst in den letzten Mo- naten zeigte sich ein Blasenleiden, das, wie die Sektion bestätigte, von einem Blasenstein herrührte. Eine deshalb im Mai d. J. projektirte Kurreise ins Wildbad konnte nicht mehr ausgeführt werden, indem eine unterwegs eingetretene Diarrhoe zur Umkehr nöthigte. Bald traten quälende Schmerzen ein, die jedoch in den letzten fünf Wochen sich allmählig verminderten und zu- letzt ganz aufhörten. Dennoch nahm nach und nach die allge- meine Schwäche überhand, bis er den 10. September d. J. sanft entschlief, nachdem es ihm noch vergönnt gewesen war, wenige Tage zuvor seine im Ausland weilenden Söhne im Verein mit den im Vaterland befindlichen Kindern um sich versammelt zu sehen, was er mit einem fröhlichen Dankgebet zu dem gütigen Gott erkannte.
Wenden wir unsere Blicke nun auf die wissenschaftliche Thätigkeit unseres Freundes, so tritt uns bei einer gewissen Vielseitigkeit ein lebhaftes Interesse für alles, was Medicin und Naturwissenschaft im weitesten Sinne des Worts betrifft, und die angestrengteste Thätigkeit entgegen. Zwei Dinge sind es hauptsächlich, welche ausser den natürlichen Anlagen bestimmend auf die Leistungen und die Ausprägung des Mannes überhaupt einwirken, es ist die Gunst der äusseren Umstände und der Geist der Zeit. In erster Beziehung war der vortreffliche Schul- unterricht, dessen er sich zu erfreuen hatte, schon von guter Vorbedeutung und damit verband sich der günstige Einfluss, welchen die Anleitung eines in jeder Beziehung ausgezeichneten Vaters, sowie des durch gleiche Thätigkeit berühmten älteren Bruders auf den Verewigten üben musste. In zweiter Beziehung
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1S67. Is Heft. g
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fielen seine Bestrebungen in eine Zeit, wo die Naturwissen- schaften einen neuen Aufschwung gewonnen hatten und wo auch die Medicin mehr und mehr auf wissenschaftliche For- schungen und naturhistorische Thatsachen sich zu stützen bemüht war. So kam es denn, dass Jäger im Verlauf seiner mehr als fünfzigjährigen Thätigkeit die verschiedensten Zweige des medi- cinischen und naturhistorischen Wissens in den Bereich seiner Forschungen zog und es liegt uns ein Verzeichniss seiner Schriften und Aufsätze vor, welches nicht weniger als 143 Nummern um- fasst. Insbesondere waren es Untersuchungen über fossile Pflanzen und Tliiere, die in Württemberg vorkommen, sodann über die Missbildung der Gewächse und krankhafte Erscheinungen bei Menschen und Thieren, welche er in grösseren imd kleineren Abhandlungen bekannt machte. Die umfassende und gediegene Arbeit über die Missbildungen der Gewächse erschien als be- sondere Schrift (Stuttgart 1814 bei Steinkopf), und brachte ihn auch unter anderen in nähere Verbindung mit Göthe, welcher sich damals mit der Metamorphose der Gewächse beschäftigte, lieber Missbildungen bei Thieren und Menschen lieferte er ver- schiedene Abhandlungen in medicinische Journale. Von natur- historischen Schriften führen wir an:
1. Eine Abhandlung über fossile Knochen, welche im Jahr 1819 und 20 zu Stuttgart und Cannstatt gefunden wurden, in den württembergischen Jahrbüchern 3. Jahrgang 1821 und 22.
2. De Ichthyosauri sive Proteosauri speciminibiis propc Soll in Wirtembergia repertis. Stuttgart 1824.
3. Ueber das Vorkommen von krystallisirtem Zucker in den Blumen des Rhododendron ponticum. Zeitschrift für Phy- siologie von Tiedemann und Treviranus. 11. Bd.
4. Ueber die Pflanzenversteinerungen des Bausandsteins in Stuttgart. Stuttgart bei Metzler 1827.
5. Ueber die fossilen Reptilien, welche in Württemberg aufgefuriden worden. Ebendaselbst 1828.
G. Beiträge zur Anatomie des Löwen. Mäckels Archiv 1832. 7. Ueber die fossilen Säugethiere, welche in Württemberg aufgefunden worden sind. Fol. 1835. Abth. 1 und 2.
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8. lieber den relativen Werth der Naturwissenschaften für die formelle Bildung der Jugend. Eine am 27. Dezember 1841 gehaltene Rede. Stuttgart bei Metzler.
9. Betrachtung über Entwicklung kryptogamischer Ge- wächse in der Arseniksolution; in Buchner's Repertorium für Pharmazie. 2. Reihe. Bd. 13.
10. Beobachtungen und Untersuchungen über die regel- mässigen Formen der Gebirgsarten , mit sieben lithographischen Tafeln. Stuttgart 1846 bei Schweizerbart.
11. lieber den Ursprung und die Verbreitung der Haus- katze. Württ. naturwissenschaftliche Jahreshefte 10. Jahrg.
12. Ueber die Fundorte fossiler Säugethiere in Stuttgart und Umgebung. Ebendaselbst 7. Jahrg.
13. Ueber die Fortpflanzungsweise des Ichthyosaurus. Münchnej: gelehrte Anzeigen 1852.
14. Ueber einige fossile Zähne und Knochen von Säuge- thieren aus dem Diluvium in Langenbrunn und den Bohnerz- gruben der schwäbischen Alb. Ebendaselbst 1853.
15. Ueber die Identität des europäischen und amerikanischen Bison's. Württ. naturwissenschaftliche Jahreshefte Jahrg. 10.
16. Ueber das Verhältniss der parasitischen Pflanzen zu den Meerpflanzen. Ebendaselbst Jahrg. 12.
17. Ueber eine neue Species von Ichthyosaurus. Nova acta nat. curiosorum. Bd. 25.
18. Bemerkungen über die Veränderungen der Zähne von Säugethieren im Verlauf ihrer Entwicklung, namentlich bei dem Narwal und Cachelot. Bulletin de Moscou.
19. Ueber fossile Pflanzen im Keuper und deren lebende Analoga in Chile. Bericht der Naturforscherversammlung in Bonn.
20. Ueber eine krankhafte Veränderung der Blütenorgane der Weintraube. Flora 1860.
21. Bemerkungen über die Sumpfschildkröte im fossilen Zustand. Bulletin de Moscou.
22. Beobachtungen über rankende Gewächse, namentlich über Epheu. Württ. naturwissenschaftliche Jahreshefte Jahrg. 18.
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23. Bemerkungen über die Organisation des Gavialis gangeticus. Ebendaselbst 1863,
24. lieber die Wirkung des Arseniks auf Pflanzen im Zusammenhang mit Physiologie, Landwirthschaft und Medicinal- polizei. Stuttgart bei Schweizerbart 1864.
Indem ich mit dieser seiner letzton Arbeit das Verzeichniss seiner naturhistorischen Sclmften abschliesse und die Aufzählung der in das Gebiet der Medicin und pathologischen Anatomie gehörenden einer andern Feder überlasse, erwähne ich noch die von ihm verfassten Gedächtnissreden, womit er das Andenken berühmter Naturforscher unseres Vaterlandes feierte :
1. Gedächtnissrede auf Staatsrath v. Kielmeyer. Württ. naturwissenschaftliche Jahreshefte 1. Jahrg.
2. Vortrag zum Gedächtniss seines Freundes Dr. Gärtner in Kalw. Ebendaselbst 8. Jahrg.
3. Ehrengedächtniss des Staatsraths v. Roser. Ebenda- selbst 19. Jahrg.
Wenn eine solche wissenschaftliche Thätigkeit nicht nur im Inland, sondern auch im fernsten Auslande die entsprechende Anerkennung fand und seinen Ruhm weit über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus verbreitete, so ist dies nicht zu ver- wundern. Nicht nur knüpfte sich ein freundschaftliches Ver- hältniss mit den bedeutendsten Naturforschern unseres Jahrhun- derts, eine ausgedehnte Korrespondenz und die erfreuendsten persönlichen Bekanntschaften und Besuche an dieselbe, sondern es liegen auch 35 Diplome gelehrter Gesellschaften und Akade- mieen vor, welche ihn zum ordentlichen, correspondirenden oder Ehrenmitglied erwählten, wovon wir nur die der südafrikanischen literarischen Gesellschaft in der Kapstadt, die der physikalisch- mathematischen Klasse der Akademie zu München, der Ac. ro- yale de Mcdccine zu Paris, der Ac. zu Cutanea, der Socittc d'histoire not. zu Strassburg, der kaiserlichen Ac. natur. curio- soruni und die Ernennung zum Adjunkt derselben, die der holländischen Societät der Wissenschaften und der philosoph. Soc. von Philadelphia aufzählen wollen.
Eine besondere Freude machte dem Verewigten die 1835
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erfolgte Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Stuttgart, welche ihm von den bürgerlichen Kollegien der Residenz in Folge sei- ner Verdienste um die Stadt und insbesondere seiner bei der Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte zu Stutt- gart 1848 entwickelten Thätigkeit zuerkannt wurde.
Aber auch an höheren Auszeichnungen fehlte es nicht. Unser hochverehrter König "Wilhelm ertheilte ihm 1850 das Ritterkreuz des Ordens der württembergischen Krone, der König von Baiern dasjenige vom heil. Michael.
Ausserdem tragen verschiedene fossile Pflanzen- und Thier- liberreste den Namen des Verewigten, wie z. B. Pterophyllum Jaegeri von A.d. Brogniart. Pecopteris Jaegeri und andere. Mastodonsaurus Jaegeri von Meyer. Lahyrinthodon Jaegeri, Owen.
Auch eine lebende von Humboldt und Bonpland mitgebrachte Pflanzengattung erhielt von Kunth den Kamen Jaegeria.
Unsrem Verein gehörte der Verewigte von seinem ersten Entstehen an mit ganzem Herzen an. Als im September 1833 die deutschen Naturforscher und Aerzte den Beschluss fassten, die nächste Versammlung in Stuttgart abzuhalten und den Staats- rath V. Kielmeyer zum ersten, unsern Freund zum zweiten Ge- schäftsführer derselben ernannten, war es dessen erstes Bestre- ben, einige Stuttgarter Naturforscher zu einem Comite zu ver- einigen, welches die dazu nöthigen Vorbereitungen zu treffen hatte. Es ist bekannt, wie glücklich diese Versammlung aus- fiel und wie befriedigt sich alle dabei anwesenden Mitglieder darüber aussprachen. Abgesehen von dem freundlichen Zusam- menwirken ausgezeichneter Persönlichkeiten aller Classen und der huldvollen Betheiligung Sr. Majestät des Königs Wilhelm waren es hauptsächlich die zweckmässigen Anordnungen und Vorbereitungen, welche unter Jäger's Vorsitz getroffen waren, denen man das Gelingen verdankte. In jenem Comite hatten sich aber die Naturforscher der Hauptstadt näher zusammenge- funden und sie beschlossen auch nachher, ihre Zusammenkünfte in dem natur historischen Montagskranz fortzusetzen, so dass aus
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ihrer Mitte später die Bildung unseres Vereins hervorging. "Welch reges Interesse der Verewigte stets an dessen Angelegenheiten nahm, bezeugen am besten die vielen Aufsätze und Abhandlun- gen desselben, welche unsere Jahreshefte enthalten.*)
Als Jäger 1858 sein fünfzigjähriges Doctorjubiläum feierte, war es uns vergönnt, dem Nestor der württembergischen Natur- forscher noch in voller jugendlicher Kraft unsere Huldigung darzubringen und von allen Seiten war man bemüht, dieses Fest zu verherrlichen. Die Universität Hess ihm das erneuerte Doc- tordiplom überreichen und die Stuttgarter naturforschenden Freunde feierten dasselbe im engeren Kreise, wobei es an hei- teren Trinksprüchen nicht fehlte; wir schieden damals mit dem Wunsche, der Verehrte möchte noch lange in unserer Mitte weilen dürfen; und der Wunsch wurde uns gewährt, denn noch bis vor wenigen Monaten erschien er, obwohl des Augenlichts beinahe beraubt, in unserer Montagsgesellschaft und nahm am geselligen und wissenschaftlichen Verkehr den lebhaftesten Antheil»
Sein Andenken bleibe im Segen!
*) Das ausführliche Verzeichniss derselben findet sich in unsem Jahresheften 20. Bd. 1864. S. 315 und 316.
Vorträge.
I. Dr. Steudel in Kochendorf sprach über die württem- bergischen Kleinschmetterlinge Folgendes:
Wenn ich mir heute erlaube, an diese verehrte Versamm- lung einige "Worte zu richten, so geschieht es hauptsächlich, um auf einen Zweig der Insektenkunde aufmerksam zu machen, der bis jetzt in Württemberg nur lückenhaft durchforscht wurde und literarisch kaum vertreten ist, nämlich auf die Kunde der Kleinschmetterlinge und ihrer Lebensweise. Es erschien bis jetzt in Württemberg ein einziges Werkchen von 1828, enumeratio tortricum in regno Württembergico indigenarum, eine Disser- tation von Dr. Fröhlich in Ellwangen, während in unsern Nach- barländern Bayern, Baden, der Schweiz, Frankfurt, ebenso im übrigen Deutschland, Frankreich und England zahlreiche Forscher dieses Gebiet mit Vorliebe betreiben und literarisch bereichern. In all diesen Schriften, Monographien und kleineren Aufsätzen erscheint aber unser Land als eine undurchforschte Insel, über deren Reichthum oder Armuth an diesen Thieren Niemand Aus- kunft giebt, als obiges Schriftchen über die einzige Abtheilung der Wickler. Zwar hat die Beobachtung der Grossschmetterlinge durch den Reiz ihrer Farbenpracht, die Mannigfaltigkeit in Form und Zeichnung und die merkwürdigen Verwandlungen von jeher Sammler und Liebhaber angezogen, die mit der Zeit oft ausge- zeichnete Forscher wurden, aber es ist gewiss viel lohnender, im Gebiete des Kleinen die Natur zu verfolgen, wo die Mannig- faltigkeit in Form, Bau, Lebensweise, Auftreten und Vorkommen viel grösser, anziehender, und der Beobachtung neuer und un-
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bekannter Dinge ein viel grösserer Spielraum gegeben ist. Die forracnreiche und -wechselvolle "Welt dieser kleinen Thiere bietet dem Foi-scher eine unendliche Quelle von Freuden, und die unausbleiblichen Täuschungen und misslungenen Versuche bei der Erziehung derselben aus den Larven sind nur ein neuer Sporn zur Thcätigkeit und eine neue Quelle der Erfahrung. So erhält man z. B. bei der Erziehung aus Raupen eine Menge von Parasiten, besonders Ichneumonen und Pteromalinen, um deren Erforschung in den einheimischen Arten neben den übrigen Insectenklassen sich unser hochverehrtes Vereinsmitglied, der verstorbene Staatsrath v. Roser grosse Verdienste erworben hat. Wenn ich auf die Anregung eines der tüchtigsten Entomo- logen Deutschlands, des kürzlich verstorbenen Senators v. Heyden in Frankfurt a. M., dem ich für Mittheilung und Bestimmung von Insecten und schriftliche Berathung vielen Dank schuldig bin, seit etwa 5 Jahren mit dem Studium der Kleinschmetterlinge mich beschäftigt und vieles Erfreuliche dabei erlebt und manches Interessante beobachtet habe, so fühle ich doch, dass bei dem beschränkten Raum, der mir zu durchforschen möglich ist, und bei der beschränkten Zeit neben einer ärztlichen Praxis, eine anderweitige Hülfe auf anderen Formationen und Florengebieten "Württembergs, insbesondere auf der Alb, dem Schwarzwald und den Torfgebieten des Oberlandes unumgänglich uothwendig ist, um für die Herausgabe einer württembergischen Fauna oder früher noch eines halbwegs vollständigen Verzeichnisses dieser Thiere in den Jahresheften das nothwendige Material zu bekommen. Desshalb richte ich an Insectensammler überhaupt, und besonders an solche, die sich bis jetzt mit den Grossschmetterlingen abgegeben haben, die freundliche Bitte, mich durch fleissiges Sammeln und Beobachten und Mittheilung des Beobachteten in der Erweiterung dieser Studien unterstützen zu wollen. Ich werde gerne bereit sein, die gefundenen und mir zugeschickten Arten zu bestimmen. Vielleicht gelingt es mir auch durch Vorzeigen einiger Proben aus meiner Sammlung und Vorführung eines Bildes aus der Lebensweise dieser Thiere die Liebe zur Beschäftigung damit bei Einigen von Ihnen anzuregen.
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Ich wähle hiezu die in den verscliiedenen Faniilien vor- kommenden und mit der Kleinheit der Formen immer zahh-eicher werdenden BJattminirer^ deren Beobachtung ich vor allen anderen meine Aufmerksamkeit gewidmet habe.
Unter Blattminirern versteht man diejenigen Larven, welche zwischen Epidermis und Hypodermis der Blätter leben, und das Pareuchym des Blattes verzehren, ohne das Blatthäutchen selbst wesentlich zu verletzen. Diese Lebensweise führen viele Larven aus den Klassen der Hymenopteren, Dipteren, Coleopteren und Lepidopteren, so dass der Sammler manchmal, wo die Larve nicht näher untersucht werden konnte , zu seinem Verdrusse einen Käfer oder eine Sägwespe statt eines Falters erzieht. Zunächst interessiren uns nur die minirenden Larven der Falter. Unter den Grossfaltern werden wohl kaum einzelne Beispiele *) von dieser Art der Lebensweise vorliegen; unter den Wicklern und Zünslern finden sie sich nur selten und ausnahmsweise, dagegen häufig unter den Tiueenraupen; und zwar auch hier um so häufiger, je kleiner die Dimensionen der Thiere werden. Da finden wir nun solche, welche blos in der ersten Zeit des Larvenlebens diese Gewohnheit haben, und später frei leben; dahin gehören die Arten der Gattungen Bucculatrix, Coleophora, ein Theil der Gradlarien und manche andere kleinere Gattungen oder vereinzelte Species. Die Arten der Gattung Bucculatrix, Ton denen ich bis jetzt 6 in der Kochendorfer Gegend gefunden habe, sind sehr kleine zierliche mit dichtem Haarbusch auf dem Kopf versehene Schaben, deren Raupen bis zur ersten Häutung kleine schmale, oft zierlich gewundene oder spiralfömige Gänge unter der Epidermis machen, zur ersten Häutung, die wie die folgenden unter einem flachen Cocon (meist in der Gabel zweier Blattnerven) vor sich geht, die Mine verlassen und nun frei auf Ober- oder L^nterseite des Blattes leben. Das Yerlassen der Mine geschieht, wie fast bei allen Minirern aus den verschie- densten Klassen, durch eine halbkreisförmige Klappe, welche
*) Die Raupen der bei uns lebenden Atychia globulariae und staticis leben minirend in den Blättern der Centaurea scabiosa.
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durch (las Herausbeissen einer äusserst schmalen halbkreisförmi- gen Spalte aus dem Blatthäutchen entsteht. Nachdem die Buc- cw^afm'- Raupen die Mine verlassen haben, fressen sie kleine rundliche oder eckige Flecken in der Art aus dem Blatt heraus, dass sie von oben fressend das Blatthäutchen der Unterseite verschonen, oder umgekehrt ; die ausgefressene Lücke des Blatts bleibt auf diese Weise von einer trommelartig aus- gespannten, durchscheinenden Haut geschlossen. Ganz anders fällt die Lebensweise der Coleophoren aus, die eine sehr streng abgeschiedene Gruppe der Microlepidopteren bilden, und sich unter anderem dadurch auszeichnen , dass das entwickelte Insect in der Kühe die Fühler in einem sanften Bogen nach vorne ausgestreckt trägt, welche Fühlerlage nur noch die sonst sehr verschiedenen Plutelliden mit ihnen theilen. Die Coleophoren- raupen, nachdem sie zuerst auch in flachen kleinen Minen gelebt haben, verfertigen sich bald aus Stücken des Blatts, das sie bewohnen, und aus ihrem Gespinnste einen Sack von sehr ver- schiedener Form und Farbe, oft mit wunderlichen Anhängen bekleidet. In diesem Sack stecken die Raupen, verlängern und vergrössern ihn mit dem Wachsthum nach Bedürfniss, und strecken beim Gehen nur den Kopf und die 4 ersten Leibesringe mit den ersten 3 Fusspaaren heraus. Sie haben dabei die Ge- wohnheit des Minirens nicht verloren, sondern pflegen die ge- wöhnlich kreisrunde Oeffnung des Sacks auf die Ober- oder Unterseite eines Blatts durch Gespinnst zu befestigen, und fressen nun, ein entsprechend rundes Stück des Blatthäutchens ganz verzehrend oder zur Vergrösserung ihres Sacks benützend, zwi- schen beiden Blatthäutchen rings um den Anheftungspunkt des Sacks herum das Parenchym vollständig auf. Sie kriechen dabei aus ihrem Sack so weit heraus, dass sie nur noch mit dem Afterring den Eingang zum Sack berühren, und ziehen sich, wenn sie gestört werden oder das Blatt unsanft bewegt wird, Bchnell in den Sack zurück. Ist die Umgebung des ersten An- heftungspunktes auf diese Art abgeweidet, so schneiden sie die Mündung des Sacks wieder los, wobei er wohl auch ein wenig verlängert wird, suchen eine andere passende Stelle aus, und
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treiben ihr seltsames Aushöhlungsgeschäft weiter. Der verlassene Fleck stellt sich dann regelmässig als ein heller, durchscheinen- der, oft weisser oder brauner Fleck des Blattes dar, der bei genauer Betrachtung nur aus den beiden durch Luft getrennten Blatthäutchen besteht, von denen eines ein centrales oder wenig excentrisches kreisrundes Loch besitzt. Nie ist diese Höhle mit Excrementen verunreinigt, indem diese von der Raupe durch das klappenartige Afterende des Sacks nach aussen entleert werden. Es geschieht dies schon in ihrem Jugendzustand, solange sie noch keinen Sack hat, durch eine besondere Oeffnung im Blatthäutchen, die dann später die Mundöffnung des zu fertigenden Sackes bildet. Von den Coleophoren mit ihren zahlreichen Arten habe ich in unserer Gegend bis jetzt gegen 20 Arten aufgefunden.
Auch die Gradlarien, eine andere Sippe, miniren vollständig nur in ihrer ersten Lebenszeit. Schon der Name, den die zu dieser Familie gehörigen Schaben besitzen, zeigt uns, dass wir es mit einem besonders zierlich gebauten Theil der Microlepi- dopteren zu thun haben. Die Haltung in der Ruhe, wobei das Hinterende der dachförmig zusammengelegten Flügel den Boden berührt, während der Kopf und die Brust auf den hochaufge- richteten 2 vorderen Fusspaaren ruhen, die langen schmalen, meist buntgefleckten Flügel mit stark befranztem Afterwinkel, die zierlichen, oft buntscheckigen Beine und die langen Fühler verleihen diesen Thieren einen eigenthümlichen Schmuck. Ihre Larven leben in der Jugendzeit in flachen, fleckenartigen , ganz geschlossenen Minen, wobei sie netzig-grubige Lücken in das Parenchym fressen. Später verlassen sie durch eine runde, aus der Epidermis ausgenagte Oeffnung die Mine und begeben sich an diesem oder einem andern Blatt an die Spitze oder den Rand, und machen sich da sonderbare "Wohnungen zurecht. Die einen biegen blos den Blattrand um und heften ihn dann mit ihren gesponnenen Fäden an der Blattfläche an, und in der so gebildeten halbmondförmigen Höhle fressen sie das Parenchym mit Schonung der äusseren Epidermis. Auch die Excremente bleiben in der gleichen Höhle, meist in einer geraden schmalen
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Linie angehäuft. Ist die erste Höhle ausgeweidet, so machen sie an einer andern Stelle desselben oder eines andern Blatts eine zweite, wohl auch dritte, und fressen nie frei an der Ober- fläche des Blatts. Andere Arten machen sich zierliche Duten aus einem Theil des Blatts, die sie, wenn die Innenseite aus- gefressen ist, ebenfalls verlassen, um eine grössere anzulegen und endlich in einem glatten ovalen Cocon sich einzupuppen (an einem dürren Blatt, zwischen Baumritzen etc.). Eine Art, die an Liguster lebt, verpuppt sich regelmässig in der Dute, und eine andere verbleibt bis zur Einpuppung in der ursprüng- lichen Mine. Die Larven der Gracilaria syringeUa leben in ihrer Jugend gesellig in einer Mine des Blatts, und machen nachher auch gesellig durch Einbiegen und Aufrollen der Blatt- spitze eine gemeinschaftliche papierrollenartige Wohnung. Von dieser Familie erzog ich hier 18 verschiedene Arten.
Lassen Sie uns nun einige Minirraupen betrachten, welche bis zur Verpuppungszeit oder bis zum Auskriechen des Schmet- terlings in Minen wohnen. Die grösseren davon, wie Grapholitha nanana und comitana, die an Fichtennadeln, Acrolepia pyg- maeana, die an Solanum dulcamara, Atemelia iorquatella, die an Birken, Gelechia hermannella und naeviferella , die an Chenopodien miniren, und viele andere, bewohnen eine Mine nur eine Zeitlang, um später in demselben oder einem anderen Blatte eine neue mit fortschreitendem Wachsthum der Raupe auch grösser ausfallende Mine anzulegen. Die vollkommenen Minirer der kleineren Gattungen LithocoUctis, Nepticula, Ti- scheria, Lyonetia etc. pflegen nur eine einzige Mine zu machen, in welcher sie sich entweder verpuppen, oder welche sie erst vor der Einpuppung verlassen. Das Leben innerhalb der Minen, die Anlage und der Bau derselben, sowie ihre Form und Aus- breitung am Blatt bietet vieles Bemerkenswerthe dar. Die meisten dieser Thierchen lassen ihrcExcremente in der Mine stecken, andere, wie Bcdellia, Tischeria etc. entleeren ihren Kotli durch eine eigene zu diesem Zweck angelegte Oefi'nung in der Epidermis. Einige miniren gesellig, wie Atemelia torquatello , Lyonetia prxmi- foliella; erstere verfertigen sich, nachdem ein Blatt ausgehöhlt
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ist, ein lockeres verworrenes Gespinnst bis zu einem andern Blatt und bohren sich dann in dieses ein ; je grösser sie werden, um so mehr zerstreut sich die Gesellschaft, so dass man im Herbste öfters Einzelwohnuugen antrifft. Zur Zeit des Bl.ätter- falls machen sich diese Raupen ein flaches rundes Cocon in der Blattmine und überwintern in dieser geschützten Wohnung. Mit der ersten Frühjahrwärme verlassen sie den Cocon, kriechen an einem Strauch oder Halm in die Höhe und verpuppen sich in einem dürftigen lockeren Gespinnst.
Sehr zahlreich ist das Heer der kleinen Minirer aus den Gat- tungen Lithocolletis, Nepticula, Phyllocnistis, Tischeria, Lyonetia, Cemiostoma, Flachist a etc. Die einen davon verlassen zur Verpuppung ihre Mine, andere erst bei der Entwicklung des Schmetterhngs. Die Tischerien machen in ihre flache, weit aus- gebreitete Wohnung eine oder mehrere klappenartige Oeffnungen zur Entleerung des Koths, und eine Art davon spinnt sich ein dichtes seidenes uhrglasförmiges Dach im Centrum ihrer Mine, gerade gross genug, um in zusammengebogener Stellung darunter zu ruhen. Bei jeder Beunruhigung und unsanfter Be- rührung des Blattes zieht sich die am Rande der Mine fressende Raupe alsbald unter dieses Schutzdach zurück, wo sie wahi'- scheinlich vor dem Stachel der schmarozenden Hymenopteren sicherer ist. Von Tischerien fand ich um Kochendorf 4 Arten^ darunter die vor wenigen Jahren von Herrn v. Heinemann in Braunschweig entdeckte Tischeria Heinemanni Staudinger.
Die Lithocolletis-Raupen machen flach ausgebreitete Minen auf der Ober- oder Unterseite der Blätter von Bäumen und Sträuchern (selten von Kräutern), wobei sie die losgetrennte Epi- dermis mit zartem Gespinnst überspinnen, das dann durch Ver- schrumpfen das Blatthäutchen zusammenzieht und das Blatt an dieser Stelle zu einer erhabenen Falte zusammenbiegt. In die- ser geräumigen Höhle häufen sie, um ihr übriges Haus reinlich zu halten, ihre Excremente in einem besondern Klumpen auf, und legen gegen das andere Ende der Mine^ wenn sie zur Ver- puppung sich anschicken, ein mehr oder weniger vollständiges Cocon an, von welchem aus beim Ausschlüpfen die Puppe ihre
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Wohnung mit dem scharf zugespitzten Kopfende durchbricht. Die leere Hülse bleibt nach der Entwicklung des Schmetterlings in der Spalte stecken. Ich bekam bis jetzt durch Raupenzucht in hiesiger Gegend 32 Spccies dieses Genus, welche Zahl mit der Zeit vielleicht noch um 3 — 4 in hiesiger Gegend und um 5 — 8 für Württemberg überhaupt steigen könnte.
Andere Minirr aupen machen längliche oder ganz schmale bandförmige Minen oder Gänge, indem sie das Parenchym des Blatts nur nach einer Richtung so breit herausfressen, dass der nachfolgende Körper bequem Platz in der Lücke findet. Die Cemios^owia* Raupen erzeugen aber dennoch eine flache Mine, indem sie in Spiralgängen fortfressen, so dass der äussere Gang sich jedesmal an den zunächst liegenden inneren auschliesst, wobei nur die Richtung der zurückgelassenen Kothstreifen den ganzen Gang der Raupe während seiner Lebenszeit andeutet. Einfache gewundene Gänge, oft in abenteuerlichen Formen, die zum Theil auch durch die Richtung der Blattnerven bestimmt sind, machen die Lyonetien, ElacMsten und Nepticulen; beson- ders bei letzteren ist das Studium der Minirwohnungen anziehend, da jede Art ihren besonderen Typus in der Anlegung der Gänge und in der Ablagerung der Excremente in denselben einhält. Die Reihen der letzteren bilden oft sehr zierliche Zeichnungen_, wie z. B. Nepticula oxyacantliella ihre Excremente in Form einer Reihe von Fächern, die sich wie concentrische Bögen folgen, absondert; andere Arten setzen eine zusammenhängende Strasse von Koth ab, welche wie ein schwarzer Faden die Mitte des Minengangs durchzieht,, während die Ränder frei und durchschei- nend bleiben. Die meisten Arten der hieher gehörigen Minir- geschlechter verlassen zum Einpuppen ihre Mine, indem sie am breiten Ende derselben in das Blatthäutchen einen feinen halb- kreisförmigen Schnitt hincinbeissen, und sich dadurch eine ela- stisch schliesscnde klappenförmigc Thüre anlegen. Die Nepticulen verwandeln sich dann in zierlichen flachen ovalen Cocons am Boden oder an Zweigen und Stämmen , zwischen Blättern etc. *),
*) Einzelne Nepticula-Arten verpuppen sieb innerhalb der Mino,
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•während die Lyonetien ein nach Art einer Hängematte an vier Fäden frei hängendes Gespinnst anfertigen, und die Elachisten, welche nur an Gräsern miniren, eine an Form den Tagssclimet- terlingspuppen ähnliche frei hängende Puppe haben. Yom Genus Lyonetia und Phyllocnistis beobachtete ich in der Kochendorfer Gegend bis jetzt je zwei, von Cemiostoma drei, von Elachista vier Species. Yon letzterem zahlreichen Genus Hesse sich mit der Zeit durch eifriges Suchen wohl eine namhafte Zahl Arten in Württemberg auffinden; von Nepticula beobachtete ich drei- unddreissig Arten.
Es liesse sich noch vieles über die Lebensweise der Minir- raupen anführen, ich begnüge mich aber damit, noch über die Eier derselben eine Beobachtung beizusetzen^ da ich über diesen Punkt in der Literatur nichts auffinden konnte. Von allen mi- nirenden Schaben pflegen die Eier fest auf das Blatt an der Stelle angeklebt zu werden, wo der Gang später seinen Anfang nimmt. Die Stelle ist bei den in linienförmigen Gängen miniren- den Arten leicht aufzufinden, da sie eben das dünnste Ende des Ganges bildet; bei den in flachen Minen lebenden Arten muss die ganze Fläche der Mine nach dem Ei untersucht werden. Unter einer scharfen Loupe entdeckt man dann meistens ein durchscheinendes rundes oder ovales uhrglasförmiges Bläschen mit gefärbtem dickerem Rande, bald auf der Unter-, bald auf der Oberseite des Blattes, nicht immer der Seite des Ganges entsprechend, im Allgemeinen meist auf der Unterseite. Dieses hohle seifenblasenartige durchsichtige Bläschen ist aber offenbar nicht die entleerte Eihülle, sondern ein erhärteter Klebstoff, der beim Legen des Eies dasselbe umgibt und fest an das Blatt an- Tiittet. Die Eihülle selbst wird ohne Zweifel, wie bei den Rau- pen grösserer Schmetterlinge, nach dem Ausschlüpfen meist ver- zehrt, und nur der erhärtete Kitt bleibt als die beschriebene JBlase zurück. Eine ähnliche Bildung beobachtete ich einmal an
bei manchen erweitert sich der schmale Gang nach kurzem Verlauf zu einer breiten Fläche. Derartige Abweichungen vom allgemeinen Typus liess ich in obiger Skizze unberücksichtigt.
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einem Ahornblatt, auf welchem ein aus halbdurchsichtigen zel- lenartig aneinandergereihten Polygonen bestehender glasartiger Fleck auf der Oberseite zu bemerken war. Ich nahm das Blatt nach Haus, und nach einigen Tagen schlüpften gegen l'O Räup- cheu aus den 5—6 eckigen glasigen Zellen aus, welche offenbar die erhärteten Tröpfchen des die Eier umgebenden KlebestofFs waren. Ich konnte leider die ßäupchen nicht am Leben erhal- ten, vermuthe aber, dass sie der Gelechia scriptella angehörten, deren Raupen ich an der Fundstelle der Eier öfters beobachtet habe.
Wenn diese wenigen Proben aus dem Leben der Microle- pidopterenlarven Ihnen gezeigt haben , welch reiches Feld der Beobachtung diese Thierclasse darbietet, und wenn sich dadurch einige unter Ihnen angeregt fühlen_, dieses Feld in der Gegend Ihres Wohnortes zu cultiviren und zu einiger Vollständigkeit in der Bearbiitung einer württembergischen Fauna der Microlepi- doptereu Beiträge zu liefern^ so habe ich meinen Zweck erreicht.
lieber technische Yortheile bei der Zucht aus Raupen und beim Aufspannen und Aufbewahren der vollendeten Insecten bin ich den Einzelnen gerne Auskunft zu geben bereit, oder werde, wenn es gewünscht wird_, meine Methode des Spannens in unse- rer Zeitschrift ausführlich beschreiben.
II. Prof. Dr. Reusch in Tübingen sprach über singende Flammen und zeigte Experimente in einer Glasröhre und lan- gen Blechröhre.
III. Professor Dr. Oscar Fr aas hielt einen Vortrag über
die neuesten Erfunde an der Schüssen quelle bei Schussen-
r i e d. *)
(Hiezu Tafel II.)
*) Professor Fraas war unmittelbar von Scluissenried, wo Tags zuvor dio Ausgrabungen boemligt wurden, zu der Versammlung gereist und hielt den Vortrag unter dem unmittelbaren Eindruck der eben vollendetL'U Arbeit. Nachstehendes wurde einige Wochen später nach näherer Untersuchung der Funde niedergeschrieben und der Gegen- stand ausführlicher behandelt.
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Um über das Alter und die Urgeschichte des Menschenge- schlechtes, diese brennende Frage so vieler wissenschaftlichen Bestrebungen zu irgend einem Resultate zu kommen, haben neuerdings Archäologen und Paläontologen im Bunde einen wahren Wettlauf begonnen , bei dem sich das Ziel einer endgil- tigen Lösung der Frage freilich in immer weitere Fernen hinaus- - rückt. Man spricht bereits von Benthier-Menschen, Höhlenbär- und Mammuth -Menschen, um unter diesen Namen diejenigen Menschen zu begreifen, deren Reste mit Renthier, Höhlenbär und Mammuth unzweifelhaft gleichzeitig in der Erde begraben wurden. Wie wenig wir aber sonst über sie zu sagen wissen, geht schon daraus hervor, dass wir sie nicht anders zu charak- terisiren im Stande sind, als durch das Epitheton eines gleich- zeitig gelebt habenden Thieres. Bei der grossen Seltenheit derartiger Funde ist jeder sichere und zuverlässige Beitrag von Werth und bedarf es keiner weiteren Worte, um dem Fund- platz von Schussenried unter den bekannteren Fundplätzen Eu- ropa's den ihm gebührenden Ehrenplatz einzuräumen. Der Werth dieses Platzes wird in den Augen jedes Sachkenners dadurch noch erhöht werden, dass er vom Anfang seiner Entdeckung an bis zum Ende der Ausgrabung unter der streng controliren- den Aufsicht von Mitgliedern unseres Vereines stund, dass fer- ner sein ganzer Inhalt ausnahmslos in Eine Hand gelangte, kei- nerlei Verschleuderungen, wie d-as sonst wohl so geht, an Samm- ler und Liebhaber statt hatten und endlich die Durchwühlung der Culturschichte durch die Hände zuverlässiger, mit derartigen Arbeiten vertrauter Männer vorgenommen wurde. Der Leser darf somit ein durchaus vollständiges Bild der Fundgrube er- warten, vollständig — sofern Alles, was in derselben lag, zur Untersuchung beigezogen werden konnte, vollständig ferner — sofern die Grube ein für sich abgeschlossenes Ganzes bildete, wenn sie auch, wie die Untersuchung zeigt, nur eine Art Ab- fallgrube oder Kehrichthaufen war. Das Bild, das der Leser gewinnen soll, wird ihm aus dem Sumpfe des Schussenweihers eine Zeit und ein Klima vor Augen führen, die seither als geo- logische Periode des sogenannten Diluviums oder der Eiszeit an-
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1867. Is Heft. 4
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erkannt war, die aber jetzt in Folge der zahlreichen Spuren von Menschenhänden in die Zeit der Menschheit sich verlegt.
In erster Linie soll meine Aufgabe sein, ausführlich die geognostischen Verhältnisse darzulegen, um allen und je- den Zweifel abzuschneiden, als ob vielleicht die üeberreste älterer vormenschlicher Zeiten sieh mit den Resten späterer Menschen- zeit in Folge irgend eines zufälligen Naturereignisses oder gar in Folge späterer Grabarbeiten mit einander vermengt haben könnten. Glücklicherweise sind dort die natürlichen Lagerungs- verhältnisse so deutlich und überzeugend, dass keinem Menschen mit gesunden Sinnen und vorurtheilsfreiem Blick derlei Gedanken kommen können, wie denn auch ein jeder der zahlreichen Be- sucher der Schussenquellen, die im Laufe des Herbstes 1866 da- von Einsicht nahmen, durch einfache Anschauung der überlagern- den Schichten die feste Ueberzeugung mitnahm , hier eine voll- kommen klare, ruhige, durchaus ungestörte und ursprüngliche Ablagerung vor sich zu haben.
Die Fundgrube an der Schussenquelle versetzt uns an die grosse europäische Wasserscheide, die sich von der Adel- egg her auf wunderlichen Wegen durch das oberschwäbische Flachland der Moore und Riede hindurchschlängelt, um die Quellen der Donau zu umgehen und dann vom Schwarzwalde her den Nordrand der Alb zu gewinnen. 20 Minuten nördlich der früheren Prämonstratenser -Abtei Schussenried und 30 Mi- nuten vom Bahnhof entfernt, entspringt die Schüssen, die in raschem Lauf über Ravensburg (1483') in südlicher Richtung dem Bodensee (1370') zueilt, den sie nach gerade 11 stündigem Laufe erreicht. Das Niveau, in welchem noch vorigen Jahres die Schüssen entsprang, war 2011,5 württemb. Fuss ü. d. M., ein Niveau, das durch künstliche Stauung der Quelle in einem kleinen Weiher um sieben Fuss höher gestellt werden konnte^ nehmlich auf 2018,2 Fuss. Der Weiher — der unter dem Namen des oberen Schusscnweilicrs lauft — stammt aus den Zeiten des Klosters und ward, wie noch die Sage geht, zum Zwecke der Forellenzucht von den Mönchen angelegt, wie denn auch heutzutage noch die obere Schüssen ein Forellenbach ist.
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Der Schussenweiher liegt im Hintergrnnd eines gegen 40' hohen amphitheatralisch die Quelle umschliessenden Kiesrückens, der sich flach gegen Norden hin abdacht und mit seiner Höhe die Was- serscheide zwischen Eiss und Schüssen bildet. Nördlich dieser Wasserscheide und zwar kaum über tausend Schritte von dem Abfall des Kiesrückens zur Schussenquelle entfernt beginnt die grosse Moor- und Torffläche, die sich vom Steinhauser Ried zum Federsee hinzieht. Das Grundwasser dieser Moorfläche, zugleich der Wasserspiegel des im Centrum der Moore liegenden Feder- sees stellt sich auf 2010 w. Fuss. Die unbedeutende Difi'erenz von 15 Zoll, um welche die Schussenquelle höher angenommen wurde, als der Federsee, hat ihren Grund darin, dass bei der ersteren der Lattenaufsatz auf der Oberfläche der Abzugsdohle als Weihersohle angenommen wurde. Es wird daher von einer Differenz des Wasserniveaus auf beiden Seiten der Wasserscheide ganz abgesehen werden können, und darf man sagen, dass die Quellbassins für Riss und Donau, wie für Schüssen und Rhein sich im Lauf der Zeit vollständig in's Niveau gesetzt hatten. Solches ist auch a priori kaum anders denkbar, da das Gebirge, das beide Quellgebiete trennt, aus durchlassendem Kies und Sand besteht und eine Höherstellung des Wassers auf der einen oder andern Seite nicht dulden würde. So waren die natürlichen hy- drographischen Verhältnisse bis zum Jahr 1856, da die K. Fi- nanzverwaltung die Entwässerung des Steinhauser Riedes be- schloss, um den Torf zu gewinnen und die Locomotiven der Südbahn mit Brennmaterial zu versorgen. Zu dem Ende wur- den 2 Hauptgräben gezogen; der Riedschachengraben , der das Moor gegen Norden und der äussere Riedgraben, der es gegen Süden begrenzt. Rechtwinklich auf diese Abzugscanäle führen von der Mitte des Riedes aus die Gräben. Die beiden grossen Abzugscanäle sind auf 12' Tiefe angelegt, der äussere Ried- graben im reinen Kies, der Riedschachengraben zeigt über dem Kies noch fein verwaschenen Kies mit Kalktuff gemengt und einen schwachen Deckel von Torf. Beide Canäle vereinigen sich bei der Pfahlnummer 11, auf die bei den nachfolgenden Rechtsstreitigkeiten zwischen den Wasserberechtigten an der
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Schüssen und der Königlichen Finanzverwaltung oftmals Bezug genommen wurde. Die Pfahlnummer 11 ist -von der Schussen- quelle gerade 5000 w. Fuss entfernt. Die Entwässerung des Riedes ging vor sich, und floss das Riedwasser nunmehr in den Federbach, in Riss und Donau ab. Aber nicht blos die Riedwasser flössen ab, sondern, worauf die Wasserwerk- besitzer an der Schüssen zum Voraus bedenklich aufmerksam machten, auch die "Wasser der Schussenquelle. Zu An- fang der 60er Jahre schon verloren der Müller von Schussenried und das dortige Hüttenwerk sehr auffällig von ihrem seitheri- gen Wasser, und nahm der Verlust von Jahr zu Jahr so zu, dass der Müller schon im Begriff war, seine Mühle zu schliessen und das K. Hüttenwerk, um den Ofen nicht kalt zu legen, sich genöthigt sah, eine Dampfmaschine aufzustellen und die verlorene Wasserkraft durch Dampfkraft zu ersetzen. Die Beschwerden und Klagen des Müllers der K. Finanzverwaltung gegenüber waren vergeblich, die Wasser wie es schien verloren, die Sache des Müllers vom Hüttenwerk verlassen — aber trotzdem wagte er noch einen letzten Versuch und zwar durch Selbsthülfc wieder zu seinem Wasser zu kommen. „Kann mein Wasser", calculirte der Müller viel vernünftiger als der Staatstechniker, „zu dir hinüberfliessen, wenn du drüben 12 Fuss tief abgräbst, so kann wohl auch dein Wasser zu mir herüberkommen, wenn ich hüben noch tiefer abgrabe als blos 12 Fuss." Und siehe da, frisch gewagt war halb gewonnen. Im Jahr 1865 fing Herr Käs von Schussenried an, seinen Mühlgraben tiefer zu legen und das mögliche Gefäll benützend der Schussenquelle immer näher zu rücken, die denn auch im Laufe des Frühjahrs 18G6 glücklich unterfangen wurde und um 14' 9" b'" tiefer gelegt werden konnte. Die Erwartun- gen des Müllers wurden glänzend gerechtfertigt und der unter- nehmende Mann für seine bedeutenden Ausgaben, die er an das Werk rückte, reichlich belohnt: mehr als jemals früher fliesst jetzt der Mühle Wasser zu, denn nicht blos kehrten die ab- trünnig gewordenen Schusseuwasser wieder zu ihrer Pflicht zu- rück, gegen den Rhein hin zu fliessen, sondern zeigten auch einem Theil der Riedwasserquellen den neuen Weg. Durch
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den äusseren Riedgraben aber fliesst nahezu gar kein "Wasser mehr ab.
Die Tieferlegung der Schussenquelle ward durch einen meh- rere 100' langen und bis zu 19' tiefen Graben zu Stande ge- bracht, der in gerader Linie den früheren unteren Schussenweiher durchschneidet, anfangs durch Moorgrund und TufFsand führt, hernach aber im glacialen Kies einschneidet und auf die frühere Ablassdohle des obern Schussenweihers losgeht. Es rinnt hier von allen Seiten das "Wasser aus dem angeschnittenen Kies in den Graben, in besonderer Stärke aber am Ende des Grabens aus dem Kiesrücken der "Wasserscheide. Die Quellen, die sich früher 15' hoch durch den Kies heraufdrücken mussten, fanden jetzt Luft und ergossen sich in reichlicher Fülle. Durch diese erfreulichen Resultate aufgemuntert zog nunmehr Herr Käs rechtwinklich auf den Kanal einen weitereren Graben von der gleichen Tiefe durch den Grund des oberen Schussenweihers. Bei diesem Zuleitungsgraben ging der Kies nach einigen Ruthen Ächon aus, man fuhr in Tuff und Torf ein und gelangte unter demselben auf einen schwarzblauen zähen Schlamm, auf eine, wie sich bald herausstellte, sog. Cultur schichte, eine 4 — 5' mächtige Ablagerung, die aus zahlreichen Knochen und Kno- chenresten, Geweihstücken, bearbeiteten Beinwerkzeugen, Feuer- stein-Messern und anderen Spuren menschlicher Cultur bestund, sammt und sonders eingebettet in wohlerhaltenes Moos, das mit "Wasser getränkt, sicherlich seit den Zeiten seines "Wachs- thums nie trocken gelegt war, und mit seiner "Wasserfülle zur Erhaltung der organischen Reste beitrug. Ohne Verzug nahm sich nun der Funde Herr Apotheker "Valet von Schussenried an und sandte im Laufe des Sommers 1866 eine Kiste voll Geweihe und Knochen dem Verein für vaterl. Naturkunde ein. So wur- den die aus Anlass der Tieferlegung der Quelle zufällig gemach- ten Funde durch Herrn Valet der "Wissenschaft gerettet und Veranlassung gegeben, einige Zeit darauf zu Anfang und Ende September eine Ausgrabung eigens für die genaueste Durch- suchung der Culturschichte zu veranstalten. Die Ausgrabung selbst nahm ich im Auftrag der Direction des K. Naturalienca-
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binets selbst in die Hand, unterstützt von Herrn Oberstudienrath Hassler, dem Couservator für Landcsalterthümcr. Diess die hi- storische Einleitung, absichtlich etwas ausführlich behandelt, da die hydrographischen Verhältnisse an und für sich manches In- teresse bieten mögen.
Figur I auf Tafel H gibt eine Ansicht dos Grabenschlitzes in der Sohle des alten Weihers, dessen nunmehr trocken geleg- ter Boden von dem gemeinen Schilfrohr (Phragmites communis Trin.J dicht überdeckt ist. Die Ansicht zeigt zugleich das Ende des Grabens, der am Berge resp. dem Kiesrücken der Wasser- scheide angekommen ist. Auf der Sohle des Grabens brachen starke Quellen aus. Ein lichtes 4 — 5' breites Band von Tuff- sand zieht sich vom Tag anfangs flach und dann plötzlich steil zui" Tiefe und hat sehr augenfällig im Liegenden Kies, im Hangenden Torf. Das geognostische Profil in Figur H soll das Bild weiter veranschaulichen. Zuoberst liegt in der gewöhnlichen Mächtigkeit der Gegend der Torf, derselbe Torf, der südlich im Bette des unteren Schussenweihers und im Mangenweiher den Grund der Erdoberfläche bildet, im Osten gegen die Moore des Olzreuter Sees sich hinzieht und gegen Norden über die weite Fläche der Buchaue^ Moorgründe sich ausbreitet. Der Torf liegt in der ganzen Gegend auf einem Art Tuffsand, auch Alm ge- nannt, dem Kalkniederschlag aus den kalkhaltigen Wassern, gemengt mit dem fein verschwemmten Detritus des Kieses. Torf und Tuff liegt sofort auf dem Kies. Auf unserem Profil wird zugleich das Anlehnen des Torfes an den Kiesrücken der Was- serscheidesichtbar, der über die ganzeFläche des Torfes hervorragt.
Den Torf, über den weiter Nichts zu bemerken ist, unter- teuft ein 4 — 5' mächtiges Lager von Kalktuff, der nur an Einer Stelle, da reichlicher Wasser quillt, sich zu festerem Tuff erhär- tet hat, sonst aber aus feinem, schwimmenden Sande besteht. Dieser Tuffsand ist bald blendend weiss, aus reinem kolilensaxi- ren Kalk bestehend, bald zeigt er einen Stich ins Üokorgolbo und ist an vielen Stellen durch Schmitzen von Eisenoxydhydrat braun marmorirt. Er unterscheidet sich in keiner Weise von anderweitigen Tuffbildungen, die heute sich an Gehängen nie-
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derschlagen, wo kalkhaltige Wasser rieseln, und ist das unver- kennbare Produkt derselben Wasserquellen, die dem Kiesrücken ent- springen und zur Schussenquelle sich vereinigen. Durch Schlem- men und Trocknen des Sandes lassen sich mehrere Arten von Landschnecken sammeln, welche den Tuff in das Alter des Lehms und anderer sogen, diluvialer Gebilde stellen.
Helix pulchella Drajy. „ hispida Linn.
Achatina lubrica Merk.
Clausilia obtusa Pf.
Pupa muscorum Nils.
PiskUum fontinale Pf. sind die gleichen Arten, die wir aus den Tuffen und Lehmen am Sulzerrain bei Cannstatt besitzen.
Tom Tuffe scharf getrennt liegt eine dunkelbraune Moos- schiehte mit einem Stich ins Grüne, die auf der östlichen (rechten) Seite des Profils über dem Tuff, auf der westlichen (linken) Seite unterhalb der Tuffbank sich hinzieht , und durch die vortreffliche Erhaltung des Mooses überrascht, das so gut ■wie ein lebendes noch eingelegt, getrocknet und bestimmt werden kann. Die genauere Untersuchung dieser für die richtige An- schauung von dem früheren ' Clima höchst wichtigen Pflanzen verdanken wir der Gefcälligkeit des Herrn Professors Schimper in Strassburg, des ersten Mooskenners unserer Zeit. Er fand durchweg nordische oder hochalpine Formen, ein Re- sultat , das auf die erfreulichste Weise zu der Thierwelt stimmt, die wir aus den Knochenresten kennen lernen werden. Zu oberst liegen dichte Rasenbänke von 6 Fuss Mächtigkeit, die sich vom tiefsten Grund der Schussenquelle zu beiden Seiten hinanziehen, es ist Hypnum sarmentosum Wahlenberg. Wahlenberg brachte diess Moos erstmals von Lappland mit, Schimper fand es in Norwegen bei Sneehättan, auf der Alpe Dovrefjeld an der Grenze des ewigen Schnees. Auch auf den höchsten Bergen der Sudeten und der Tyroler Alpen (Rosskogel) findet es sich, dessgleichen wächst es in Grönland, Labrador und Canada, Laut besondrer brieflicher Mittheilung Schimpers steigt diess Moos nur auf Spitzbergen, Labrador und Grönland in die Tiefe,
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sonst aber ist sein Standort in den Hochalpen au der Schnee- gränze. Am Sneeliättan fand er es in den Tümpeln , in welche das Schneewasser mit seinem feinen Sande abläuft, ganze Strecken überziehend. Diese Hypnum-Art beweist am allermeisten die niedere Temperatur und die Nähe von Eis und Schnee an dem Orte, wo es gewachsen. Die Culturschichte ist vielfach von handhohen Moosbänken durchzogen, die namentlich im Liegenden derselben den Kies überziehen. DasMoos ist ausser sar7nentosiim 1) Hypnum adiincum Hedw. , eine schwierig zu entwirrende Art, die unter einer Menge von Formen erscheint, welche von der Stammform mehr oder minder abweichen. Unsere Form vergleicht Schimper mit der Yarietät Ä'?i<'i/]^« groenlandicum. Andere Formen dieser Art wachsen heutzutage in den Alpen der Schweiz und in den sumpfigen Ebenen Norddeutschlands. 2) Hypnum fluitans var. tenuissimum heute auf sumpfigen Wiesen innerhalb der Alpen und im arktischen Amerika. Nur einzelne Moosschübel sind ohne Schichtung hineingeworfen oder eingeklemmt zwischen Steinen, als ob sie ausgediente Lagerstätten gewesen, die man beseitigt. Das meiste Moos aber ist offenbar an Oi't und Stelle gewachsen und von Sand, der von Regen- und Schneewasser hereingewaschen wurde, überdeckt.
Moos und Sand füllen nehmlich in einer ^Mächtigkeit bis zu 5 Fuss eine Vertiefung in dem Kies und bilden zusammen mit dem Haufwerk von Knochen abgeschlachteter Thiere, hinein- geworfener Steine und Artefakte, was wir unter dem Ausdruck der Culturschichte begreifen. Der Sand, welcher die Hauptmasse der Culturschichte ausmacht, ist ursprünglich der Detritus des Kieses, fein geschlemmter Qnarz- und Glimmorsand, in welchem sich durch die stete Befeuchtung mit kalkhaltigen Wassern kohlensaurer Kalk in fein vertheilten Körnchen abgeschieden und sozusagen einen Sinterüberzug über jedes einzelne Quarz- korn gebildet hat. Die Farbe dieser Culturschichte ist die eines frisch geschöpften Schlammes, blauschwarz bis grau, je nachdem sie durch organische Stoffe geschwängert ist, deren Stickstoffgehalt sich durch den Modergeruch hinlänglich ankündet. Beim Trocknen lichtet sich die Farbe etwas und verbreitet die
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Moosschichte, sobald man sie anbricht, jenen eigenthümlichen veilchenartigen Geruch, wie ihn gewisse Flechten in so hohem Grade an sich tragen. Am dunkelsten, ja geradezu schwarz fand sich die unterste Lage der Culturschichte, etwa handhoch über dem Kies, die geradezu ein alter Humusboden genannt werden kann. Hier lagen in grösster Menge die scharfgeschlagenen Feuer- steine, in Gestalt von Messern und Lanzenspitzen , und die ab- gängigen Werkzeuge, wie Nadeln und Pfriemen u. s. w. Das genaue Profil der Culturschichte war demnach von unten nach oben:
1) hart auf dem Kies 0' 4" schwarzer, humöser Boden mit zahlreichen Artefakten,
2) 0' 3" best erhaltene Moosbank vorherrschend Hypnum gröiilandicum,
3) 4' Wechsel von Sand und Moos mit den Knochenresten und Geweihen. Hauptlager,
4) 0' 3" torfartige Moosschichte,
5) 4' Tufflager mit Schnecken ohne Moos,
6) 6' moderiges, braungelbes Moos (vorherrschend H. sormen- tosum) mit vereinzelten Knochen und Geweihresten,
7) der Torf.
Die Culturschichte füllt, wie das plötzliche Fallen der Lager ebenso am Längenprofil Fig. H als am Querprofil Fig. III zeigt, eine ursprüngliche Vertiefung im Kiese aus. Ob diese Ver- tiefung eine natürliche, von den Wassern ausgespülte Grube war, oder aber eine von Menschenhand gemachte, lassen wir dahin gestellt. Ich würde mich bei der Wahl zwischen beiden An- schauungen eher zu der letzteren hinneigen, da wir nach Aus- hebung der Culturschichte noch einige Versuche da und dort im Kiese anstellten und bis auf 1 und V/2 Fuss noch im Kiese Knochen- und Culturreste fanden. Dieselben waren aber hier so mürbe und bröckelig, dass weiteres Nachgraben sich durch- aus nicht lohnen konnte. Man sah ganz deutlich, dass die vor- treffliche Erhaltung der Reste mit dem Moos und Sand im engsten Zusammenhang stund. Die Moosbänke gleichen Wasser- getränkten Schwämmen, welche den ohnehin zur Wasserhaltung
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geneigten Glimmersand ewig nass und ebendamit alles, was in diesem Lager steckte, hermetisch von aller Luft abgeschlossen hielt. Sobald aber Sand und Moos aufhörte, im Kies darunter und im Tuff darüber, war's mit der Erhaltung aus und gingen die organischen Reste zu Grunde. Ich konnte an einigen an der Grenze der Moosschichte liegenden Geweihen diese Beobach- tung genau machen. So weit die Geweihstange im Sand und Moos Stack, war sie vortrefflich erhalten, sobald sie den Tuff oder Kies berührte, war sie so mürbe und bröckelig, dass an keine Erhaltung zu denken war. Eine der auffälligsten Erscheinungen war der Fund einer starken, halbbearbeiteten Renthierstange, die unter einem Gneisblock von vielleicht 5 — 6 Ctr. Gewicht lag. Dieser erratische Block befand sich bereits in der Nähe des Aus- gehenden der Grube, stund etwas aus dem Kiese hervor und kam erst am Ende der Grabarbeiten allmählich zu Tage, nachdem über ihm und um ihn herum der Sand und feine Kies abgegraben w^ar. Er wurde, ohne besondere Absicht ausgehoben, da er zu- fällig einem Wasserlauf im Wege stund, anfangs der Anstrengung der Arbeiter spottend, wich er doch endlich mittelst Hebeisen und Pickel und siehe da — ein Instrument aus Renthierhorn kam, ob auch in 2 Stücke gebrochen, unter demselben zum Vorschein. Diese Beobachtung legte den Gedanken an alte Menschenarbeiten an diesem Orte nahe. Der Gneisblock war offenbar zu schwer, um ohne ordentliches Handw^erkzeug aus der Grube geschafft zu werden. Er wurde in seinem Lager verrückt, kippte wohl auch um und begrub eines jener embryonalen Werkzeuge aus Renthiergeweih, das möglicher Weise während des Versuchs, den Stein herauszuschaffen, als Hebel gedient hatte und dabei ent- zweigebrochen war. Ebenso machte auch das Ausgehende der beiläufig 13 Quadratruthen haltenden Culturschichte an förm- lichen Wänden von Kies, wie das Querprofil Nro. IV zeigt, weniger den Eindruck einer von Natur gemachten Vertiefung, etw'a eines Art Trichters im erratischen Kies, wie solche nach Freund Desors gefälliger Mittheilung am Gebiet der Gletscher- ablagerungen sich finden, als vielmehr einer von Menschenhand gegrabenen Grube. Die genannte Figur stellt den Fundplatz
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nach der Ausgrabung dar, darauf die ganze Culturscliichte ver- schwunden ist und nur der Kies und darüber liegende TufF übrig geblieben sind.
Hienach stelle ich mir unsere Culturschichte vor als eine neben einer menschlichen Wohnung gelegene Grube, in welcher die Abfälle der Küche ebenso, als die des täglichen Lebens, kurz Alles, was etwa der „waltenden Hausfrau" störend fm Wege lag, einfach beseitigt wurde. Diess ist mit wenigen Worten der Endeindruck, den ich nach lOtägigem Aufenthalt an der Schussenquelle und der gewissenhaftesten, gründlichen Beobachtung davongetragen habe. Von einer natürlichen Ab- lagerung dui'ch Wasser — wie es sonst wohl der Geognost aus seinen sedimentären Schichten gewohnt ist, kann entfernt keine Kede sein, die Unregelmässigkeit des Bodens, die Art der Anhäufung der Knochen, dazwischen liegende Kohlen und Aschen, angebrannte und von Glanzruss geschwärzte Steinplatten mitten in einer Lage schwarzen humösen Bodens, einige Hände voll Sand und Schutt, dann wieder ein Arm voll Moos, dazwischen abgebrochene Beinnadeln, Pfriemen mit ausgeschlitztem Oehr, Feuerstein -Messer und Feuerstein -Knollen, an denen erstere abgesplittert wurden und zu dem Allem fast jeder Knochen gewaltsam beschädigt, die Schädel zerschlagen, die Zahnalveolen der ßenkälber geöffnet, die Markröhreu aufgeklopft, die Geweihe abgesägt — kurz aus jedem einzelnen Stücke ebenso, wie aus der Lage aller Stücke zusammen blickt der Mensch und in Al- lem verräth sich seine Hand.
Versuchen wir es, diesen Mensehen und seine Zeit zu bestim- men nach den ob auch noch so kümmerlichen Resten, welche nur darum in der Grube an der Schussenquelle unserem Jahr- hundert erhalten blieben, weil sie, seit sie dort in die Grube geworfen wurden, über welche die Quelle floss, unter Wasser geblieben und so von der Berührung mit der Luft und der Zer- setzung ferne gehalten worden sind. Weitaus an Menge alle anderen Reste übertreffend, liegen die Reste des Ren- thiers, Cervus tarandus, in der Culturschichte begraben, die Reste von jedenfalls mehreren hundert Individuen. Die Zählung
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der Fundo Eines Arbeitstages ergab an llenthierresten folgen- des Eesultat:
4 Scbädelstücke mit abgeschlagenen Gesiehtsknoclien und abgesägten Geweihstumracln, 62 Bruchstücke von Schädeln mit abgeschlagenen Geweih- stummeln, 22 rechte, 25 linke mehr minder vollständige abgeschlagene Geweihstücke,
3 abgeworfene Stangen, gleichfalls verstümmelt, 16 Stück Atlas,
102 „ Halswirbel,
150 „ Brustwirbel,
64 „ Lendenwirbel,
20 „ Kreuzbeine,
15 „ Becken,
28 „ Schulterblätter,
4 „ Sterualknochen, 120 „ Rippen,
9 Oberarmkuochen, \
3 Unterarmknochen, f vollständig, daneben über 100
3 Oberschenkelknochen, l Stück zerschlagener Rohrbeine, 8 Unterschenkelknochen, j 10 Astragalus, 12 Fersenbeine,
15 Fuss- und Handwurzelknochen, . 8 Fingerglieder. Alles das lag bunt durcheinander und aufeinander, Knochen von Knochen getrennt, dann und wann nur einige zusammengehörige Wirbel vom Hals oder vom Ziemer noch beieinander oder einige Fusswurzelknochen vereint. Es w^ar natürlich ein Leichtes , bei der grossen Auswahl unter den Knochen ein Skelett des Ren- thiers wieder herzustellen, das, ob auch viele Individuen ihre Knochen dazu lieferten, doch ein Bild des Thieres wiedergibt, das der Menge der Reste nach zu urtheilen dem Menschen das wichtigste und werthvollste war. Das restituirte Skelett wäre vollständig zu nennen, wenn nicht abgeschlagene Geweihsprossen
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und das Fehlen der gleichfalls abgeschlagenen Gesichtsknochen den Schädel entstellte, doch zeigt es die Gestalt imd Grosse deutlich und zeigt namentlich die Yergleichung mit den Skelet- ten lebender Thiere die vollkommene Uebereinstimmung mit dem Renthier Grönlands, von welchem unsere zoologische Samm- lung ein vollständiges Skelett nebst dem Balg und einzelne Schädel und Geweihe besitzt. Auffallend ist, wie wenig Zähne oder gar vollständige Gebisse in der Grube lagen : kaum ein Dutzend Ge- bisse ausgewachsener Thiere und ein halbes Dutzend junger Thiere mit Milchzähnen *) sind unter den Resten von 4 — 500 Individuen erhalten. Es scheint fast, dass die Zähne zu beson- dern uns unbekannten Zwecken eine Verwendung fanden und vielleicht als Schmuck an Riemen getragen wurden. Keinesfalls erscheinen sie so werthlos wie die abgenagten Knochen, um blos in den Kehricht geworfen zu werden, sonst wären sie uns in ganz andern Mengen begegnet und hätten wir namentlich nicht so viele Kieferfetzen ohne Zähne gefunden.
Ist der Mangel an Zähnen vom Een auffallend, so fällt an- dererseits die grosse Menge für werthlos erachteter Geweihe auf. Man wird wohl kaum irgendwo in Museen oder sonst einem Orte unserer gemässigten Zone eine solche Menge Rengeweihe bei einander sehen, als sie aus dem Loche am Schussenweiher her- vorgezogen wurde, eine Menge, die zu den gefundenen Knochen, geschweige denn zu den Zahngebissen in eigenthümlichem Miss- verhältniss steht. Schädelstücke mit einfachen Höckern auf dem Stirnbein gehörten den jüngsten Thieren an; zeigen doch die frisch geborenen Thiere schon Erhabenheiten des Schädels,
*) Denjenigen, welche sich für das Zahnsystem des Renthiers in- teressiren, zur Notiz, dass die Milchzähne in ganz auffallender Weise die Form und Gestalt nicht der an ihre Stelle tretenden Praemolaren an sich tragen, sondern die der ächten Molaren. Namentlich springt diess an dem 3. untern Milchbackzahn in die Augen, der ein durch- aus anderer ist an Grösse und Gestalt, al» der an seine Stelle nach« wachsende dritte Vorbackenzahn. Ebenso sieht im Oberkiefer der zweite und dritte Milchbackzahn mit seinen breiten Doppelfalten ganz einem ächten Backenzahn gleich, nicht aber dem breiten einfaltigen Vorbackenzahn.
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•welche bis zum ersten Wechsel zu einfachen Stangen heran- wachsen mit einfacher Gabelung am Ende der 0,34 Meter lan- gen Stange. Solche Geweihe entsprächen denen der Spiesser. Nacli diesen einfachen Stangen liegen andere vor uns mit Ei- nem Seitensprossen, der unter einem merkwürdig stumpfen Winkel von i50 — 160" von der einfach gegabelten Hauptstange abwächst. Der hart über der Rose aus der Stange hervorwachsende Au- gensprosse ist erst durch eine einfache Erhöhung angedeutet. Die dritte Form sind Geweihe, an welchen ein einfacher Augen- sprosse gleichfalls unter ganz stumpfem Winkel von der Haupt- stange abgezweigt hat, der Seitensprosse hat sich indess einfach gegabelt, und die früher einfach gegabelte Hauptsprosse weitere Zinken erhalten. Die vierte Form zeigt eine fernere Ausbildung des Geweihs, an welchem Augensprossen, Seitensprossen und Kronensprossen in verschiedener Zahl nachwachsen, so dass wir schliesslich die Augensprossen als breite aber dünnwandige Schau- feln mit 3, 4 bis 10 kleinen Zinken, die Seitensprossen mit 4 — 6 Enden vor uns haben und an den Kronen immer neue kühn geschwungene Gabelungen der am vorangehenden Holz noch einfachen Sprossen erhalten. Ausserdem wachsen noch bei alten Thieren an der Hauptstange zwischen der Krone und dem Seitensprossen theilweise recht kräftige , wenn auch kurze Ne- bensprossen. Mit dem vierten Holz ist nach den Beobachtun- gen am lebenden Ren die Stange vollendet, d. h. es hatte (cf. Cuvier, Tom. IV. Fig. 21) ein Renhirsch aus schwedisch Lapp- land einen mit 5 Zinken versehenen Augensprossen, einen zwei- zinkigen Soitensprossen und eine dreifache Gabelung der Krone, während dasselbe Thier im zweiten Holz noch einfache Augen und .Seitensprossen und nur zweifache Gabelung des Stangen- endes zeigte. In der zoologischen Sammlung besitzen wir einen Schädel aus Grönland (Barth 1845), von dem leider das Alter des Thieres nicht angegeben ist, mit breiter mehrzinkiger Au- gensprosse, zwcizinkiger Seitensprosse und doppelter Gabelung von 4 Endzinken. Alles bisher über das Geweih Gesagte be- zieht sich auf die Stangen der rechten Seite, und zwar den Hirsch, an welchem sich die Augensprosse zur mächtigen Schau-
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fei ausbildet, welche am Weibchen entweder fehlt oder nur durch einfache Zinken vertreten ist. Die linken Staugen, die vor uns liegen, gleichen in den ersten beiden Formen den rech- ten, nun aber stellt sich die Verschiedenheit heraus. Im dritten Holz noch ist der Augensprosse ein einfacher kurzer Zinken, der Seitensprosse ist dagegen schon gegabelt und an der Haupt- stange zeigt sich schon der charakteristische Nebensprosse, von dem aus die starke Krümmung des Geweihs nach vorne imd innen beginnt. Mit dem vierten Holz ist ein mehrzinkiger Au- gensprosse zwar vorhanden, der sich aber nie zu der Schaufel der rechten Seite ausbreitet, dagegen wird der Seitensprosse stärker und mehrzinkiger und endlich bildet sich die Krone zu handbreiter starker Schaufel aus, von der lange und gewaltige Zinken, einfach anfangs und später gegabelt, abzweigen. In welchem genaueren Zusammenhang das Alter des Thiers mit der Form seines Holzes steht, ist unseres Wissens noch nicht hinlänglich beobachtet. So viel weiss man jedoch, dass der Hirsch nach der Brunftzeit im Monat October und November abwirft, das Thier erst 30 Wochen später im Frühling, nachdem es 1 — 2 Kälber gesetzt hat.
Da bekanntlich das Eenthier der einzige Hirsch ist, der auch als Hausthier verwendet wird und den Völkern des Nor- dens das wichtigste, unentbehrliche Zug-, Milch- und Schlachtthier geworden ist und den ganzen Reichthum des Lappen, Samoje- den und Tungusen bildet, und ausserdem als Thier der Freiheit Gegenstand der Jagd ist, so liegt die Frage nahe, ob wohl un- sere Funde Reste zahmer Heerden oder gejagter Thiere wären. So viel wir wissen, gibt es am Skelett des Renthiers selber kei- nerlei Merkmale, um das wilde oder gezähmte Thier zu erken- nen. Der einzige Anhaltspunkt dürfte das Fehlen des Hundes (s. unten) sein, der zum Einfangen der Thiere und zur Hütung der Heerden nach allen Berichten aus den Polarländern ganz unentbehrlich ist. Mit Rücksicht darauf möchten wir die Reste aller an der Schüssen begrabenen Renthiere als von gejagten Thieren abstammend betrachten. Möglich, dass gerade die Menge derselben Jäger aus der Ferne anzogen und die fetten
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Jagdgründe dieselben zur Ansiedlung an der Schüssen ein- luden. ,
Von andern Hirschen keine Spur! So wenig heutzutage der Edelhirsch je mit dem Renhirsch zusammenkommt, so wenig fand sich damals derselbe vor. Wir haben an der Schüssen offenbar ein viel reineres richtigeres Zeugniss, als die französi- schen Höhlen es liefern, innerhalb deren viel eher eine Yermen- gung älterer und späterer Zeiten denkbar ist. Ton dorther ci- tiren die Autoren neben dem Ren noch den Edelhirsch und Pyrenäenhirsch.
Nur von Einem "Wiederkäuer, und zwar nur von Einem Individium eines solchen , nehmlich von einem kleinen Ochsen fand sich ein Rest vor. Der Rest ist nicht aber einmal vom Schädel oder Gebiss, sondern besteht in aufgeschlagenen Rohr- beinen, beziehungsweise deren Enden, so dass begreiflich nichts Bestimmteres über das Thier selbst gesagt werden kann.
Das einzige entschiedene Hausthier, das wir an der Schüs- sen finden, ist das Pferd, achtes Equus caballus. Die gefun- denen Skeletttheile weisen auf mehrere abgeschlachtete und ver- speiste Individuen hin: auf mindestens drei alte Hengste und ein sehr junges Füllen, Von Einem derselben ist der noch vollständige Schädel erhalten, der aber durchaus nichts Eigen- thümliches zeigt, höchstens etwa eine grossköpfige Race ankün- digt, wie auch einzelne Röhrenknochen auf starken Knochenbau hinweisen.
Nächst dem Ren legen wir den grössten Werth auf den Fund eines Schädels mit eingeschlagener Stirne und abgehack- tem Hinterhaupt von Gulo, dem Fiälfrass. An seinem hinteren Backenzahn erkennt man das Geschlecht auf den ersten Blick. Die Art anbelangend, übertrifft unser Exemplar den Gulo borealis, den wir von Labrador besitzen, so auffallend, dass eine Ver- gleichung mit einem grösseren Material höchst erwünscht wäre, um daraus zu erkennen, ob vielleicht andere lebende Exemplare dem unsrigen gleichkämen. Dessen Grösse stimmt dagegen auf ein Haar mit dem Schädel von Gnlo spelaeus Gf., dessen Ori- ginal in München liegt und von der Gailenreuther Höhle stammt.
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"Wir besitzen von demselben einen Gypsabguss. Freilich wird Ton verschiedenen Paläontologen die specifische Verschiedenheit ■von 6r. Spelaeus und borealis angezweifelt und beschränken auch wir uns einfach auf die Constatirung des Geschlechtes, das unter allen Umständen ein hochnordisches Clima ankündigt. Einwen- den kann man nicht wohl, wie sich in geschichtlicher Zeit ein- zelne Thiere nach Deutschland verirrt haben, könnte möglicher- weise auch unser Gulo sich nur verirrt haben, denn es liegen von 2 Thieren Reste vor uns : von einem zweiten viel jüngeren aber eben so grossen Individium besitzen wir den Unterkieferast. Die Zähne sind noch ganz frisch und ungebraucht, während die tief abgenutzten Zähne des ersten Stückes auf ein Thier von beträchtlichem Alter hinweisen.
Besondere Aufmerksamkeit verdient ferner der Bär, ob sich gleich nur zwei Unterkieferbruchstücke vorfanden, die als Reste von Belang sich zur Vergleichung eignen können. Das eine Stück ist eine rechte Unterkieferhälfte, die der Länge nach ge- spalten ist, offenbar des Markes halber und einem jungen etwa halbjährigen Thiere angehörte. Das Andere ist das Vorderende eines Unterkiefers, in welchem die sechs Schneidezähne, zwei Eckzähne, je ein Paar Lückenzähne und die vorderen Backen- zähne noch inne stecken. Letztere und die Schneidezähne sind bis auf die Wurzeln abgekaut und weisen auf ein uraltes Indi- viduum hin. Am rechten Unterkieferast zeigt sich ein vernarb- ter Bruch des Kiefers, der nach der Callusbildung zu schliessen, schon geraume Zeit (Jahre lang nach der Ansicht eines medici- nischen Freundes) vor dem Tode des Alten geschehen war. Der linke Unterkieferast ist hinter dem dritten Backenzahn gewalt- sam entzweigeschlagen, und doch gingen trotz diesen gewaltsamen Manipulationen die beiden Unterkieferhälften an der Symphyse nicht auseinander. Bloss der Grösse nach zu urtheilen, dürfte man an Höhlenbär denken, von welchem uns zur Vergleichung das reiche Material aus dem Hohlenstein vorliegt (gegen 400 Unter- kiefer, Jahresh. XVIII. S. 170), allein ein Blick anf die 4 Lücken- zähne, die den kurzen Raum von 38 Millim. zwischen demEck-
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1SG7. Is. Heft. 5
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zahn und ersten Backenzahn ausfüllen, lässt allein schon den Gedanken nicht mehr aufkommen, ebensowenig als Form und Grösse des ersten wohlerhaltenen Backenzahns, der beim Höh- lenbären neben der vorderen Hauptspitze auf der Innenseite zwei kleine Hügel zeigt. Es bleibt somit nur Ursus arctos übrig, dessen jetzt lebende Repräsentanten unser Schussenrieder jedoch um ein Namhaftes an Grösse übertrifft. Leider ist uns kein Material von Schädeln wilder nordischer Bären zur Vergleichung bei der Hand. Die Schädel des Ursns arctos in unserer osteo- logischen Sammlung sind sämmtlich Schädel von Menagerie- bären. Ob der nordische braune Bär unsern Schussenrieder an Grösse erreicht, oder gleichfalls kleiner bleibt, muss daher vor- läufig dahin gestellt bleiben. Merkwürdig immerhin , dass eine Vergleichung mit Ursus priscus Gf. gleichfalls aus den bairi- schen Höhlen an Grösse unserem Exemplar ebenso entspricht, als dessen Gulo spelaeus. Aber auch mit Ursus priscus ist es ganz der gleiche Fall , dass mit vielem Recht die specifische Verschiedenheit von Ursus arctos angezweifelt wird. Es fehlt unsern Sammlungen noch viel zu sehr an Material von nordi- schen Bären, die in der Freiheit alt geworden und nicht in Menagerien verkümmert sind.
Zu der Familie der Hunde übergehend ist schon darauf hingewiesen, dass der Haushund fehlt. Wir fanden nur Wolf und Fuchs. Natürlich bleibt die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass der Hund in der Umgebung des Menschen war, dass aber zufällig in unsere Grube kein Ueberrest desselben geworfen worden ist. Bedenkt man jedoch, dass auch in Frankreich noch nie die Spur eines Haushundes bei den Knochen der Rentliiere gefunden wurde, bedenkt man ferner, wie selten Rütimeyer den Hund in den Pfahlbauten der Schweiz fand, denselben zwischen Jagdhund und Wachtelhund mitten inne stehenden Hund, den wir im Torfe finden, also in jüngeren Zeiten als unsere Renzeit es war, und endlich, wie der Pfahlbauer den Hund zu essen so wenig verschmähte, als der Eskimo es verschmäht, abgängige Thiere sich noch auf diese Weise nutzbar zu machen, so sind
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wir doch aus dem vollständigen Fehlen von Hunderesten unter unsern Küchenab fällen einigermassen berechtigt, das Fehlen des Hundes zur Eenzeit als höchst wahrscheinlich anzusehen.
Yon dem Wolfe liegt vor uns der Unterkiefer eines sehr alten, aber stattlichen Thiers, der vollständig zum Gebiss eines grönländischen Wolfes unserer zoologischen Sammlung stimmt. Unsere in Central-Europa geschossenen Wölfe sind kleiner. Um- gekehrt ist es jedoch beim
Fuchs. Unser gemeiner Fuchs hat die stärkeren Eck- und Reisszähne und namentlich einen breiteren hinteren Backenzahn. Von ihm kann Canis Jagopus, der Eisfuchs, ohne Schwierig- keit unterschieden werden. Die Gaumenläuge von der hinteren Choaneumündung bis zum intermaxillare misst beim Eisfuchs 42 — 43 Millim., beim gemeinen Fuchs 55 Millim. Hiemit steht in Zusammenhang, dass jeder einzelne Zahndes ersteren feiner und kleiner, beim letzteren kräftiger und stärker wird. In der Länge des Eckzahns sieht man den Unterschied zuerst (13 und 18 Millim.) und in den Massverhältnissen der ächten Backenzähne, während die 3 Yorbackenzähne nur wenig differiren, namentlich liegt ein ganz auffälliger Unterschied in der Grösse des dritten und letz- ten Backenzahns, der beim Eisfuchs 6 und 4 Millim. misst, am gemeinen Fuchsgebiss aber 8 und 6 — 7 Millim.
In der Mitte zwischen diesen beiden Fuchsarten steht C. fulvus nicht ganz von der Grösse des gemeinen Fuchses, aber doch um etwas länger in der Schnautze. An Grösse der ein- zelnen Zähne übertrifft er den Eisfuchs, sein letzter Backenzahn misst 7 und 5 Millim.
Vom Eisfuchs wie vom Goldfuchs wurden zwei gewaltsam abgeschlagene Gebisse gefunden, welche mit Exemplaren lebender Thiere von Nain in Labrador (Dr. v. Barth 1856) vollständig stimmen. Vom gemeinen Fuchs fand sich keine Spur.
Endlich fand sich noch von Vierfüsslern der Vorder- und Hinterlauf eines Hasen, an denen bekanntlich nichts zu nagen und zu beisscn ist. Wie fern es unser Hase Lepus Umidus oder die nordische Art variahilis ist, muss natürlich dahingestellt
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bleiben, da Niemand im Stande sein wird, aus dem Vorderarm und Unterfuss eines Hasen dessen Art zu bestimmen.
Ausser den Resten von Säugethieren fanden sich noch Vögel, Frösche und Fische. Der beachtenswertheste Vogel dürfte der Singschwan sein, Cygnus musicus. Den Winter bringt er an den Seen Griechenlands zu und in Nordafrika und zieht im Frühling nordwärts, um im hohen Norden auf Spitzbergen und Lappland zu brüten. Dem Isländer z. B. ist die Schwanenjagd von hohem Werth, wegen des kostbaren Schwancnpelzes ebenso, als der Schmackhaftigkeit des Fleisches junger Thiere. Von diesem Schwan liegen eine Reihe unverwechselbarer Reste vor, deren Zahl hinreichend den möglichen Einwand widerlegt, als hätten die Thiere nur zufällig auf ihrer Wanderschaft sich ver- irrt, vielmehr darf man wohl Oberschwaben als alten Brüteplatz dieser Vögel ansehen, da man viel leichter den Thieren beikommen konnte als auf ihrem Zuge. Weiter finden wir die Knochen mehrerer Moorenten (Fuligula). Von unseren zwei Arten ist die eine grösser als F. cristata, unsere Hauben- oder Reiherente, die andere um Einiges kleiner. Die Mehrzahl unserer europäischen Arten bewohnt den Norden der alten Welt und kommt nm- während des Winters nach Deutschland bis zum Mittelmeer. Reste weiterer kleiner Vögel sind zu unbedeutend und mangel- haft, um Vieles darüber zu berichten.
Knöchlein von einem Frosch, die im Moose lagen, lassen unentschieden, ob derselbe von der Tafel der Menschen kam oder sonst wie verunglückte. Ihr Vorkommen reicht bekanntlich innerhalb Europas von Lappland bis Sizilien. Endlich weisen etliche Wirbel eines stattlichen Fisches darauf hin, dass unsere alten Schussenauwohner sich recht wohl auf den Fischfang ver- stunden und Fischlieisch zur Abwechslung mit Wildfleisch diente. Den Fisch näher zu bestimmen gehört zur Unmöglichkeit, da nicht mehr als nur einige Wirbelkörpcr vorliegen.
Hiemit ist der paläontologischc Charakter der Schussenstatiou erschöpft. Vergleichen wir denselben mit den südfranzösischen Stationen, so finden wir auf den ersten Blick an der Schüssen den viel reineren hochnordischen Typus als imLangue-
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doc. Yogt *) charakterisirt diesen als „so ziemlich festgestellt. Mammuth und Nashorn höchst selten, die grossen Raubthiere verschwunden und ersetzt durch den braunen Bcär, Serval, Wolf, Luchs und Iltis. Bison und Ur, Edelhirsch, Pyrenäenhirsch, Reh und Renthier finden sich zusammen mit Gemse und Steinbock. Pferd und Esel, Wildschwein und Hase, Maulwurf und Feld- maus fehlen nicht." Vorausgesetzt, dass wirklich auch die ver- zeichneten Höhlenfunde Einer Zeit angehören und nicht erst etwa später zu den Resten der nordischen Bewohner die Thiere der gemässigten Zone ihre Beiträge in den Ablagerungen der Höhle lieferten, hat sich zum Ren schon der Hirsch, das Reh, das Schwein, der Esel, der Maulwurf und die Feldmaus gesellt, von Raubthieren der Serval, Luchs und Iltis. Alle diese Thiere fehlen an der Schüssen und sind statt ihrer der Vielfrass, der Eisfuchs und Goldfuchs gefunden, neben Singschwan und Moor- ente. Haben wir nun in dem Schussenrieder Kehrichthaufen eine ob auch nur annähernde Repräsentation der Fauna, so darf man getrost die Zeit der Schussenrieder über die der Langue- docer hinausrücken, wenn man nicht annehmen will, dass der climatische Unterschied zwischen beiden in ihrer geographischen Breite zu suchen wäre. Freilich ist es immerhin misslich, posi- tive Urtheile aufsustellen und Schlüsse zu ziehen, da alle Vorder- sätze mehr oder minder unvollständig sind. Wir begnügen uns daher, ohne auf Vergleiche mit andern Stationen uns einzulassen, mit dem Resultat, das wohl Niemand umzustossen im Stande ist, dass die paläontologischen Funde in Pflanzen- und Thierwelt ein Clima beweisen, das heute unter dem 70. Grad n. Br. be- ginnt oder aber in unsern Breiten an der Grenze des ewigen Schnees und Eises herrscht. Die ausgehobene Schichte an der Schussenquelle versetzt uns, um mit anderen Worten das Gleiche zu sagen, in eine Zeit, da nur eine hochnordische Flora den Boden deckte und nur hochnordische Thiere die oberschwäbische Hochebene bevölkerten. Sie ist ein direkter Beweis für die seit
*) Ein Blick auf die Urzeiten des Menschengeschlechts. Archiv für Anthropol, 1. Heft 1866.
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Jahren schon aufgestellte Theorie der Schweizer Geologen, dass vor unsern historischen Zeiten eine Periode der Gletscher und des Eises unsere Breitengrade charakterisirt. In dieser Eis- zeit lebte schon der Mensch.
Ob auch vom Skelette des Menschen kein Rest in der Grube gefunden wurde, so mögen doch die Spuren seiner Hände einiges Licht werfen auf diese ältesten bekannten Bew^ohner Schwabens. Die zahlreichsten Spuren sind freilich höchst einfacher Art, in- dem sie sich auf Stillung des Hungers durch Fleischmahlzeiten beziehen. Die geöfFneten Markrühren und zerklopften Schädel von Wild erzählen uns von der Thätigkeit des Menschen, um Alles zu gewinnen, was nur irgend geniessbar wäre. Aber ausserdem verewigte er sich durch Handarbeiten in Steinen und Bein ausgeführt, auf die wir zur Vervollständigung des Bildes noch kurz unsere Blicke zu richten haben.
Dass von Metallen auch nicht Eine Spur sich fand, wird Jeder bei dem hohen Alter des Schüssen- Menschen eigentlich selbstverständlich finden. Nicht nur, dass kein Metallrest zu Tage kam, auch nicht im oxydirtesten Zustand, sondern dass auch kein einziger Hieb auf einen Schädel oder Knochen des verspeisten Wildes geführt, irgend einen scharfen Rand hinter- lassen hätte, der auf ein metallenes Werkzeug schlicsscn liesse. Die einzigen Werkzeuge waren Steine und zwar Feuersteine zum Schneiden und gewöhnliche Feldsteine zum Zerklopfen der Knochen: beiderlei lagen in grossei" Menge in der Culturschichte zwischen Moos und Knochen im Schlamm und war jeder schon in der Hand von Menschen, um zu diesem oder jenem Zweck zu dienen.
Der zugerichteten Feuersteine lagen 600 Stücke und darüber zerstreut herum, namentlich in der untersten Lage, die wir die alte Humusdecke nannten. Sie waren von grösseren Stücken abgesplittert, die als unbrauchbare Reste zahlreich her- umlagen und in gar verschiedenen Grössen und Formen ge- schlagen. Sämmtliche Feuersteinwerkzeuge sind mittelst einfa- cher Schläge in flach muschligcm Bruch abgesplittert, von ge- dängelten Rändern ist keine Spur, wie Vogt die Steiuwaffen der
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Eenthierperiode schildert. Die verschiedenen Formen in Rubri- ken gebracht, finden wir zwei Hauptformeu: lanzettförmige und sägeblattförmige Steine, die ersteren mögen vorzugsweise zur Jagd gedient haben als Pfeil- und Lanzenspitzen, die letz- teren waren offenbar die Instrumente, um die Artefacte aus Eenthierhorn und Knochen darzustellen. Kein einziger dieser Feuersteine gleicht einem in Schwaben gefundenen: von einigen wenigen könnte man sagen, sie entstammen vielleicht dem Jura oder gewissen tertiären Lagern aus der Nähe der Bohnerze, aber weitaus die grösste Zahl weist auf das Ausland, auf die Feuersteine der Kreideformation. Die honiggelben Flintsteine der italienischen Kreide fehlen zwar, dagegen erinnern rotlie und rothbraune Jaspise an das Südtirol, die Mehrzahl der grau- schwarzen und graublauen Steine aber an Frankreich oder an Sachsen und Schlesien. Der Umstand, dass die Werkzeuge of- fenbar an Ort und Stelle gemacht wurden, weist auf einen Be- zug des Rohmaterials von weit entfernten Gegenden hin.
Die meisten der an Ort und Stelle aufgelesenen Feld- steine, nehmlich der Rollkiesel und erratische Geschiebe lassen den Zweck, dem sie dienten, errathen. In erster Linie fanden sich nicht wenige Steine, Diorite, Quarzschiefer und Sandsteine, recht ordentlich in der Gestalt von Hackmessern zugeschlagen. Sie haben etwa die Grösse, Breite und Dicke einer Hand und laufen in ein schmäleres Stück aus, das man als Griff des rohen Hackbeils ansehen kann. Die Steine haben in der Hand ge- schwungen einen solchen Zug, dass mit Leichtigkeit ein Schädel und Rohrbein Zerklopft werden kann. In zweiter Linie fanden sich zahlreiche sehr hübsch gerundete, mit Absicht aus dem Gletscherkies zusammengelesene R ollstücke von Alpenkalk, Diorit und ähnlichem festen Gestein von Faustgrösse und dar- über. Ich ward beim ersten Anblick an ein indianisches Instru- ment erinnert , das Freund Jules Marcou im Nebraskaland bei einem Indianerstamme im Brauche fand, dem der Gebrauch des Eisens noch fremd war. Es war ein ovaler über Faustgrosser Kiesel, mit Riemen an das Ende eines Büffelschwanzes eingenäht, der als wuchtiger Steinhammer die Dienste eines sogenannten
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Cassetetes versah. Denkt man sich unsere Eollkiesel in Riemen von Renthierhaut geschnürt, so kann man sie als Schleuder an- sehen oder als Cassetete, jedenfalls, wenn von fertiger Hand ge- schwungen, als eine nicht zu verachtende Waffe im Kampfe mit den nordischen Raubthieren. Die dritte Form waren Schiefer- und Sandsteinplatten vom Feuer geschwärzt. Die Kohlen- und Aschenreste, die vielfach in der Grube zerstreut waren, beweisen jedenfalls, dass gebratenes Fleisch in jener Zeit schon besser schmeckte, als rohes Fleisch. Da nun aber auch nicht Ein Scherben eines Thougefässes dort lag, auch nicht Ein Bruchstück jener rohen, aus der Hand geformten und nur an der Sonne getrockneten Schüsseln, die Jedem aus altgermanischen Nieder- lassungen und Pfahlbauten wohl bekannt sind, so darf man doch wohl den Schluss ziehen, dass überhaupt die Töpferei nicht ge- kannt oder, wenn auch gekannt, nicht üblich war an der Schüssen. Am vortrefflichsten Material von plastischem Thon und Quarz- sand hätte es wahrlich nicht gefehlt, liegen doch in nächster Nähe die grossen Lehmgruben, aus denen später die Bauten der Abtei Schussenried entstunden, und die heute noch die Ziegel- hütten der Gegend versehen.
Sicherlich aber wären, darüber wird Jeder mir Recht geben, wenn Töpfergeschirre benützt worden waren, ebenso viele, ja noch mehr Reste zerbrochener Gefässe und Schüsseln in den Kehrichthaufen gerathen als importirte Feuersteine oder — was die Stelle der Schüsseln und Pfiinuen vertrat, die flachen Schieferstücke und Sandsteintafeln. Denn Brandspuren sind an den flachen, abgeschieferten Steinen noch so wohl erhalten, dess- gleichen an stärkeren flachen Steinen sichtbar, die offenbar als Heerdsteine fungirten, dass darüber mir kein Zweifel mehr ist. Es erinnerte mich an die primitiven Feuerstellen , die sich der Beduine der arabischen Wüste des Abends neben seinem Nachtlager zurichtet und des Morgens wieder verlässt; dass aber die Scliwärzung der Steine durch den Russ nicht verloren ging im langen Laufe der Zeiten, wird Niemand überraschen, der weiss, wie absolut unlöslich der Kohlenstoff im Wasser ist.
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Ausser den Steinen wurde Holz und Bein zu Werkzeugen verarbeitet. Von Holz freilich ist nur Eine Nadel gefunden worden, genau so rund und glatt geschabt wie die Holzstrick- nadeln unserer Frauen. Das Holz scheint mir Eichenholz zu sein, doch bin ich nicht sicher. Von Bein dagegen liegt eine Anzahl Instrumente vor, und eine noch grössere Anzahl von Geweih- abfällen, aus denen die Instrumente herausgesägt worden. Die stets halb abgesägte, halb abgeschlagene Stange des Eenthiers wurde für- unterschiedliche Zwecke bearbeitet, die freilich nicht alle mehr klar sind. Eine Art Instrument ist aus der ganzen Stange gemacht, der die Sprossen sorgfältig abgesägt und abgefeilt sind. Man denkt am ehesten dabei an Ackerwerkzeuge, jedenfalls an Hebel. Eine andere Art Werkzeuge ist aus der Innenseite der Haupt- stange herausgeschnitten, so z. B. die Nadeln und Pfriemen und Angeln, eine dritte Art sind Sprossen und Zinken, die geschickt in der Hand liegen und als Griffe gedient haben mögen für die Feuersteine. Leider lag von all diesen Werkzeugen nichts Gu- tes in der Grube, es waren auch hier nur Abfälle und zerbro- chene Waare. Den Nadeln war die Spitze gebrochen^ den Pfriemen das Oehr ausgeschlitzt, der Angel der Wiederhacken abgesprungen u. s. f., ganz ähnlich wie auch die Feuersteine ent- weder abgebrochene Spitzen oder vielfach stumpfe Sehneiden haben. Man warf nichts Brauchbares weg, weder an Nah- rungsmittel noch an Werkzeugen und so ein gutes Stück im Haufen gefunden wurde, so war es wohl in den Schutthau- fen gekommen, wie heute noch manch brauchbares Stück sich in den Kehrichthaufen findet.
Zum Schlüsse noch die Erwähnung des Fundes von Far- ben, welcher sicherlich zur Culturgeschichte des Menschen- stammes an der Schüssen ein willkommener Beitrag ist. Zu wiederholten Malen stach der Spaten rot he Farbenknollen an, und zog einen rothen Strich über die ausgestochene Scholle. Bei näherer Untersuchung fanden sich Stückchen dieser künst- lich gemachten Farbe zerbröckelt herumgestreut oder in ein- zelnen bohnengrossen gekneteten Pasten. Zwischen den Fingern
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zerrieb sich die Farbe wie Butter und färbte idie Pland inten- siv eisenroth. Die Untersuchung der Farben, die ich der Ge- fälligkeit des Herrn Prof. Haas verdanke, ergab als Bestandtheile Eisenoxyd und OxyJul. An der nahen Alb darf man in den Bohnerzgebieten nicht lange nach dem tiefrothen Bolus und den kirschrothen Bohnerzletten suchen, wenn man nicht an die ju- rassischen braun Juraerze am Nordrand der Alb denken will. Keinesfalls fehlt es am Rohmaterial zu diesen Farben, die wohl durch Schlemraung feingemacht und dann etwa mit thierischem Fett geknetet wurden, ehe sie zur Benützung kamen. "Was da- mit nun gefärbt wurde ? wohl in erster Linie Gesicht und Hände, wie das unter Kaffern und Indianern der Fall ist und wohl auch noch da und dort unter Civilisirten vorkommen soll.
Mager und dürftig bleiben die Züge immerhin, mit denen wir den Schussenmenschen und seine Zeit zu zeichnen mochten, aber zuverlässig. Gegen deren "Wahrheit wird Niemand gegrün- dete Einwendungen zu machen im Stande sein. Von den Schil- derungen der Culturzustände des Renthiermenschen in Frankreich weicht unser Bild jedenfalls ab. Die künstlerischen Anlagen des französischen Renthier-Menschen ffincren dem schwäbischen ab; damals schon war die französische Industrie der deutschen überlegen, deuten doch nach Vogts Urtheil die Verzierungen vieler Töpfe und Instrumente auf einen gewissen Schönheits- sinn der französischen Ansiedler und erregen die gefundenen Thierzeichnungen und Bildhauerarbeiten wirkliches Staunen. Von dem Allem in Oberschwaben keine Spur: höchstens wäre Ein stattliches Rengeweih in Betracht zu ziehen, auf dessen Schaufel verschiedene Geschichten eingekritzelt sind. Zufällig sind die Figuren keines Falls, aus denen einige Phantasie Rüben oder Rettiche und Zwiebel construiren kann. Das wären dann Zeichnungen, etwa in der Langweile einmal eingekritzt, die vollständig im Einklang stünden mit den gastronomischen Intentionen, die aus jedem Stücke an der Schussenquellc hervor- leuchten.
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IV. Oberstudienrath Dr. v. Kurr sprach über die Abnahm e der Singvögel im südwestlichen Deutschland:
Es ist eine allgemeine Klage, dass unerachtet der Bemühun- gen so vieler wohlmeinender Privaten und Behörden für den Schutz der nützlichen Vögel und ihrer Nachkommenschaft dennoch die Zahl derselben immer mehr abnehme und dass der Schaden, welcher durch das Ueberhandnehmen schädlicher Insekten her- beigeführt wird, eine immer bedenklicher werdende Höhe erreicht; die Frage liegt daher nahe, woran die Schuld dieses Uebelstandes liege und wie man demselben begegnen könne?
Zuvörderst wird angenommen werden dürfen, dass die weise Oekonomie, welche überall in der Schöpfung herrscht, sich auch dahin erstrecke, dass kein schädliches Thier in die Länge so überhandnehmen kann, dass es Jahrzehnte lang zur Landesplage wird, denn in der Regel finden wir die Massregeln dagegen so getroffen, dass dielnsektenvertilger, wenn der Mensch nicht hemmend dagegen auftritt, in gehöriger Anzahl vorhanden sind.
Ferner ist bei der gegenwärtigen Cultur anzunehmen, dass die Schonung der nützlichen Vögel eher zu- als abgenommen hat, und wenn es auch immer noch muth willige Knaben gibt, die Vogelnester plündern, oder Liebhaber von Singvögeln, welche da und dort einem Vogel nachstellen, so kann dieses unmöglich eine erhebliche Verminderung derselben zur Folge haben. Es gibt aber eine andere, diesseits der Alpen glücklicherweise nicht sehr bekannte Methode, die Vögel in grossartigem Massstabe zu vermindern, welche jenseits der Alpen ihr Unwesen treibt und dem südwestlichen Deutschland in dieser Beziehung den grössten Schaden zufügt; ich meine die Einrichtung und den Betrieb der Vogelheerde, wie er in der ganzen Lombardei in wahrhaft erschreckender Weise gehandhabt wird. Es gibt dort am süd- lichen Abfall der Alpen eine Menge Vogelsteller, welche zur Herbstzeit, wenn unsere Singvögel über die Alpen ziehen, in ihren Vogelheerden täglich mehrere Tausende dieser harmlosen Geschöpfe wegfangen, um sie zu verkaufen und zu verspei- sen, und ich kann aus Erfahrung sagen, dass man in jedem Dorf, in jeder Stadt jeden Abend zur Herbstzeit gebratene Vögel
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(Uccelli) in Menge zu verspeisen bekommt. Und zwar bestehen dieselben grösstentheils in solchen Insekten fressenden Singvögeln, welche bei uns am meisten g<5schont werden, weil sie am meisten zur Vertilgung des Ungeziefers beitragen, wie Nachtigallen, Schwarzköpfe und andere Sänger überhaupt. Nach einer Mit- theilung des Freiherrn v. Weiden*) steht an der Ostseite des Sees von Orta beinahe auf jedem Hügel ein Vogel- heerd (hier RoccoU genannt) und während 6 — 8 Wochen des Herbstes wurden in 19 derselben 62,136 Vögel gefangen. Derselbe nimmt für Oberitalien 3000 solcher Yogelheerde an, was Herr Dr. v. Martens aber noch für zu niedrig angeschlagen hält, und sie allein würden gegen 10 Millionen Vögel wegfangen. Es tritt nach diesem die Frage an uns heran, ob jenem verderblichen Treiben der italienischen Vogelsteller auf irgend eine Weise abzuhelfen sei, und wie es etwa geschehen könnte? Wir glauben kaum, dass auf diplomatischem Wege, etwa durch Verwendung deutscher Gesandten an dem Hofe des Königs von Italien für diese Sache viel ausgerichtet werden dürfte, indem die K. Regierung kaum sich veranlasst sehen dürfte, gegen eine solch eingewurzelte Gewohnheit des Volks ernstlich aufzutreten, indess schaden könnte der Versuch immerhin nicht. Für wirksamer möchte ich es aber halten, wenn die deutschen Naturforscher und Aerzte bei ihrer nächstjährigen Versammlung in Frankfurt den Beschluss fassten, eine Adresse an die nächstfolgende Versammlung der italienischen Naturforseher zu erlassen, worin das Verderbliche jenes Vogelfangs gehörig erörtert und die Bitte ausgesprochen würde, dass es denselben gefallen möge, die Sache in ernste Erwägung zu ziehen und die geeigneten Schritte bei Regierung und Volk zu thun, um dem Uebel thunlichst zu steuern. Zu diesem Ende könnte unser Verein dnrch eines seiner Mitglieder seiner Zeit in Frankfurt einen Antrag stellen lassen, und es ist kaum zu zweifeln, dass ein solcher dort den erwünschten Er- folg haben würde.
*) S. Martons Italien 2. Bd., 286.
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V. Hofratli Dr. v. Veiel in Cannstatt theilte über die lange Ausdauer einer Blüthe von Cypripedium calceolus Fol- gendes mit :
„Einen Beweis für die Zähigkeit und lange Dauer einer und derselben Blüthe, wenn sie den rechten Standpunkt hat und gehörig gepflegt wird, gab mir eine junge Culturpflanze von Cypripedium calceolus. Dieselbe wurde im August 1865 etwas angetrieben und entwickelte an dem vierblättrigen 9 Zoll hohen Stengel eine kräftige Blume.
Dieselbe wurde in ein- kaltes Gewächshaus gebracht in die Nähe eines kleinen Springbrunnens, der sie stets feucht erhielt, und so gestellt, dass die Sonne sie nur spärlich treffen konnte. Dieselbe Blume blühte von October bis Februar, fiag erst am 4. März zu welken an und war am 10. März verwelkt. Es er- hielt sich somit dieselbe Blume beinahe 6 Monate blühend.
Nachtrag: In diesem Jahre habe ich ein zweites Exem- plar, das seit dem 1. October seine Blüthe entwickelte, in der- selben Weise situirt und bin begierig, wie lange sie sich bei der sorgsamsten Pflege wird erhalten lassen."
VI. Theod. Eulenstein in Cannstatt forderte zum Ein- senden von Diatomeenschlamm auf.
n. Abhaii(lliiii2:en.
Die wichtigeren Gesteine Württembergs, deren Verwitterungs- producte und die daraus entstandenen Ackererden.
Chemisch untersucht von Dr. E. Wolff, Professor in Hohenheim.
II. Der bunte Sandstein nebst dem Verwitterungsboden der oberen plattenförraigen Absonderungen.
Aus der Formation des bunten Sandsteins sind drei Gesteins- und Erdproben von mir untersucht worden, vrelche Herr Professor 0. Fraas in der Nähe von Neuenbürg auf einem ringsum iso- lirten kleinen Plateau unter Verhältnissen aufgenommen hatte, die klar erkennen liessen, dass eine Vermischung mit Verwitte- rungsproducten anderer Gesteinsformationen in keiner Weise hatte stattfinden können. Dem Aussehen nach ist
Nr. 1 ein feinkörniger, hellröthlich gefärbter unverwitterter Sandstein mit ziemlich zahlreichen, aber sehr kleinen Blättchen von weissem Glimmer, überall mit braunrothen Punkten und Flecken durchsetzt, die von einer mehr thonigen Masse her- rühren ;
Nr. 2 eine braunroth gefärbte erdige, fast humusfreie Masse — Untergrund des Ackerlandes — von ziemlich gleichförmiger Beschaffenheit, jedoch untermischt mit kleinen Steinen und Stein- chen, welche auf einem Blechsieb mit Löchern von einem Milli- meter Durchmesser zurückblieben und deren Masse 8,6 Procent von dem Gewichte der lufttrocknen Erde betrug;
Procent. |
Procent. |
Procent. |
Procent. |
61,77 |
59,20 |
63,28 |
63,77 |
9,73 |
9,47 |
9,79 |
9,26 |
9,23 |
7,27 |
8,99 |
7,18 |
19,27 |
24,06 |
17,94 |
19,79 |
— 79 -
Nr. 3 eine von Humus dunkelbraun gefärbte Ackerkrume, anscheinend von gleicher mechanischer Beschaffenheit wie Nr. 2 ; an Steinchen etc. waren 7,4 Procent von dem Gewichte der luft- trocknen Erde zugegen.
Einige Schlämm -Analysen, welche mit dem Nöbel'schen Apparat ausgeführt wurden, ergaben für die abgesiebte fein- körnige Masse des Untergrundes und der Ackerkrume durch- schnittlich die folgenden Kesultate:
Lufttrocken. Geglüht.
Untergrund Äckerkrume. Untergrund. Ackerkrume.
a. Sandige Masse, gröbere
b. „ „ feinere
c. „ „ feinste
d. Thonige Substanz . .
100,00 100,00 100,00 100,00
Man sieht, dass die Ergebnisse der Schlamm-Analyse für Untergrund und Ackerkrume sehr übereinstimmend sind; der einzige Unterschied besteht darin, dass in der Ackerkrume die feinsten Gemongtheile eine höchst unbedeutend weiter gehende Ztrtheilung erlitten haben , während die Gesammtmenge des feinsten Sandes (c) und der sog. thonigen Substanz (d) wiederum nahezu dieselbe ist, nämlich, auf den geglühten Zustand der Erde berechnet, beziehungsweise 26,93 und 26,97 Proc. beträgt.
Es war beabsichtigt, wo möglich eine und dieselbe Gebirgs- formation in drei nach dem Grade der Verwitterung verschiedenen Stufen einer ausführlichen chemischen Untersuchung zu unter- werfen^ und bei dem Beginn der Arbeit glaubte ich auch in den überlieferten Proben ein dieser Absicht völlig entsprechen- des Material zu besitzen. Im Verlaufe der Untersuchung aber hat sich ergeben, dass nur die beiden erdigen Massen (Unter- grund und Ackerkrume) einer und derselben Schichte ange- hören, nämlich durch Verwitterung der oberen plattenför- migen und mehr thonigen Ablagerungen der bunten Sandsteinformation entstanden sind, während das feste Gestein aus den oberen glimmerhaltigen Schichten des eigent-
_ 80 —
liehen bunten Sandsteins herrührt, jene erdige Massen also nicht das unmittelbare Product der Verwitterung des letz- teren sind. Zur Ergänzung der vorliegenden Analysen wird es daher wünschenswerth sein, eine Ackererde nebst Untergrund zu untersuchen, welche ohne Mitwirkung der mehr thonigen, platten- förmigen Ablagerungen direct aus dem eigentlichen bunten Sand- stein hervorgegangen ist. Was den Sandstein selbst betrifft, so sind die unteren Schichten desselben ärmer an Glimmerblättchen und thonigen Beimengungen und liefern daher bei ihrem Zer- fallen Ackererden von noch geringerer natürlicher Fruchtbarkeit, als der hier untersuchte Saudstein nach der gefundenen Zusam- mensetzung anzudeuten scheint.
Gleichwohl hat die genaue chemische Analyse der mir zu Gebote stehenden Gesteins- und Erdproben Resultate ergeben, welche geeignet sind, zur Charakteristik und Formation des bunten Sandsteins und der daraus entstehenden Ackererden werthvolle Beiträge zu liefern. Ausser dem festen Sandstein, dem Untergrund und der Ackerkrume wurden auch die von der feinerdigen Masse des Untergrundes durch Absieben getrennten Steinchen einer näheren Untersuchung unterworfen. Es mag hier über die Zusammensetzung dieser Materialien zu- nächst eine procentische Berechnung folgen, zu welcher die nöthigcn Belege im Anhange der vorliegenden Abhandlung aus- führlich mitgetheilt worden sind.
An Kohlenstoff und Stickstoff wurden in den feinerdigen Substanzen gefunden:
Untergrund. Ackerkrume.
Stickstoff. Kohlenstoff. Stickstoff. Kohlenstoff. Procent. Procent. Procent. Procent.
1. . . 0,0405 0,34GG 0,23G3 2,3071
2. . . 0,0382 0,2991 0,2514 2,4396
Mittel 0,0394 0,3229 0,2439 2,3734
Das Verhältniss zwischen Stickstoff und Kohlenstoff ist im
Untergrunde = 1 : 8,20, in der Ackerkrume, bei fast 8mal
grösserem Kohlenstoffgehalt = 1 : 9,73. Wenn man als annähernd
richtig annimmt, dass die Humussubstanz durchschnittlich 58 Proe,
— 81 -
Kohlenstoff enthält, so berechnet sich die Menge des reinen, Stickstoff- und wasserfreien Humus im Untergrunde auf 0,5567 und in der Ackerkrume auf 3,9917 Proc. Die Differenz endlich zwischen dem gefundenen Glühverlust der bei 125° C. getrock- neten Substanz und dem berechneten »Humusgehalte nebst Stick- stoffmenge ergibt annähernd den Gehalt an chemisch oder über- haupt sehr fest gebundenem "Wasser. Also:
Sandstein. Procent.
Wasser bei 125 ° C. ver- flüchtigt 0,3118
Humussubstanz , . . ]
Stickstoff [ 0,3118
Fest gebundenes Wasser
Feinerde |
||
steine des |
des Unter- |
der Unter- |
JntergTundes. |
grundes. |
krume. |
Procent. |
Procent. |
Procent. |
1,1150 |
2,2798 |
4,5880 |
1 |
0,5567 |
3,9917 |
1,5040 |
0,0394 |
0,2439 |
( |
1,7878 |
2,1406 |
Gesammt-Glühverlust 0,6236 2,6190 4,6637 10,9642
Der feste Sandstein und ebenso die Steine des Untergrun- des wurden vor der chemischen Untersuchung fein gepulvert und dadurch in einen der Feinerde des Untergrundes und der Ackerkrume ähnlichen mechanischen Zustand übergeführt. Eine grössere Quantität des zu untersuchenden Materials (resp. 300 und 450 Grm.) behandelte ich zunächst mit kalter concentrirter Salzsäure, indem die Einwirkung der letzteren auf die pulver- förmige Substanz unter häufigem Umschütteln des Ganzen bei gewöhnlicher Temperatur 48 Stunden lang erfolgte. Die Menge der auf diese Weise in die Lösung übergegangenen Stoffe, auf procentische Verhältnisse berechnet, betrug:
A. Die Substanz mit kalter concentrirter Salzsäure behandelt.
Sandstein. Untergrund. Ackerkrume. Procent. Procent. Procent.
Kieselsäure in der Lösung . . . 0,0083 0,0827 0,1393
Eisenoxyd 1,0600 1,6867 1,4267
Thonerde 0,0763 0,8814 0,9012
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1867. Is Heft. Q
- 82 -
Sandstein. Untergrund. Äckerkrame.
Procent. Procent. Procent.
Manganoxyduloxyd ? 0,0646 0,0883
Kohlensaurer Kalk 0,0500 0,0583 0,1183
Magnesia Spur 0,0462 0,0610
Schwefelsäure 0,0084 0,0062 0,0272
Phosphorsäure 0,0092 0,0219 0,0654
Kali 0,0148 0,0360 0,0701
Natron 0,0031 0,0038 0,0031
1,2251 2,8878 2,9006 Eine neue Portion der lufttrocknen Substanz (resp. 120, 74 und 150 Grm.) wurde mit dem doppelten Gewichte concen- trirter Salzsäure 1 Stunde lang gekocht und hierauf in der Lösung gefunden:
B. Die Substanz mit concentrirter Salzsäure gekocht.
steine des
Sandstein. Untergrundes. Untergrund Ackerkrume.
Procent. Procent. Procent. Procent.
Kieselsäure in der Lösung 0,0333 0,0566 0,1300 0,1280
Eisenoxyd 1,0383 3,1732 2,0177 1,9470
Thonerde 0,2772 0,9878 2,3392 2,2790
Manganoxyduloxyd . . 0,0167 0,5078 0,1450 0,2083
Kohlensaurer Kalk . . 0,0854 0,0988 0,1050 0,2300
Magnesia Spur 0,05 19 0,044G 0,0957
Schwefelsäure .... 0,0095 0,0093 0,0080 0,0304
Phosphorsäure .... 0,0249 0,0457 0,0498 0,0940
Kali 0,0490 0,0783 0,1505 0,2007
Natron 0,0064 0,0101 0,0063 0,0135
1,5407 5,0195 4,9961 5^2266 Kieselsäure , in kohlen- saurem Natron löslich 0,5917 1,0043 3,0005 3,4605 Rückstand, als geglüht
berechnet 97,1475 91,3633 87,0480 80,0893
Wasser- und Glühverlust 0,6236 2,6190 4,6637 10,9642
99,b0i55 100,0061 99,7083 99,7466
— 83 -
C. Der Rückstand von B mit concentrirter Schwefel-
säure behandelt.
Steine des Sandstein. Untergrundes. Untergrund. Ackerkrume.
Procent. Procent. Procent. Procent.
Kieselsäure in der Lösung 0,0983 — 0,0776 0,1445
Eisenoxyd 0,4508 0,5718 1,0076 0,5993
Thonerde 1,2892 3,5025 5,1333 4,2873
Kalk 0,0109 0,0093 0,0274 0,0296
Magnesia 0,0574 0,1365 0,0639 0,0709
Kali 0,2852 0,6519 0,7703 0,6434
Natron 0,0205 0,1149 0,0679 0,0442
2,2123 4,9869 . 7,1480 5,8192 Kieselsäure , in kohlen- saurem Natron löslich 1,8717 5,0935 7,6761 5,3153 Geglühter Rückstand . . 93,0878 81,3337 72,3467 69,0557
97,1718 91,4141 87,1708 80,1902
D. Der Rückstand von C mit fiusssauren Dämpfen
behandelt.
steine des Sandstein. Untergrundes. Untergrund. Ackerkrume.
Procent. Procent. Procent. Procent.
Thonerde 2,1961 3,1249 2,2264 2,6977
Kalk 0,0840 0,0783 0,0471 0,0862
Magnesia u. Manganoxyd 0,0540 0,0671 0,0531 0,0501
Kali 1,5583 2,0545 1,7291 1,8773
Natron 0,0556 0,3170 0,2986 0,3282
Kieselsäure 89,1398 75,6919 67,9924 64,0162
93,0878 81,3337 72,3467 69,0557
Die durch die verschiedenen Lösungsmittel abgeschiedenen
Antheile der lufttrocknen Substanz betragen also in ihrer Ge- sammtheit:
84
Steine des Sandstein. Untergrundes. Untergrund. Ackerkrume- Procent. Procent. Procent. Procent.
Wasser und organische
Substanz .... 0,6236 2,6190 4,6637 10,9642 In kalter Salzsäure lös- \ r
lieh 1,2251 / 1 2,8878 2,9006
In heisser Salzsäure lös- ( 5,01 Jo <
lieh 0,3156 ) ( 2,1083 2,3260
Kieselsäure , löslich in
kohlensaurem Natron 0,5917 1,0043 3,0005 3,4665
In Schwefelsäure löslich 2,2123 4,9869 7,1480 5,8192 Kieselsäure , löslich in
kohlensaurem Natron 1,8717 5,0935 7,6761 5,3153
Sandiger Rückstand . 93,0878 81,3337 72,3467 69,0557
99,9278 100,0569 99,8311 99,8475
Berechnet man die procentische Zusammensetzung der Sub- stanz ohne Rücksicht auf den verschiedenen Grad der Löslich- keit der Bestandtheile, so erhält man:
Steine des
Sandstein. Untergrundes. Untergrund. Ackerkrume.
Procent. Procent. Procent. Procent.
Wasser und organische
Substanz .... 0,6236 2,6190 4,6637 10,9642
Kieselsäure .... 91,7348 81,84G3 78,8766 73,0505
Thonerde 3,7425 7,6152 9,6989 9,1640
Eisenoxyd .... 1,4891 3,7450 3,0253 2,5463
Manganoxyduloxyd . 0,0167 0,5078 0,1450 0,2083
Kohlensaurer Kalk . . 0,0854 0,0988 0,1050 0,2300
Kalk 0,0949 0,0876 0,0745 0,1158
Magnesia 0,1114 0,2555 0,1616 0,2167
Schwefelsäure . . . 0,0095 0,0093 0,0080 0,0304
Phosphorsäure . . . 0,0249 0,0457 0,0498 0,0940*
Kali 1,8925 2,7847 2,6499 2,7214
Natron 0,0825 0,4420 0,3728 0,3859
99,9078 100,0569 99,8311 99,7275
— 85 -
Eine noch bessere Uebersicht gewähren diese Zahlen, wenn man dieselben auf den völlig wasser- und humusfreien Zustand der Gesteins- oder Erdmasse reducirt:
Sandstein. Procent.
Kieselsäure .... 92,3962
Thouerde 3,7695
Eisenoxyd .... 1,4998
Manganoxyduloxyd . 0,0168
Kohlensaurer Kalk . . 0,0860
Kalk 0,0956
Magnesia 0,1122
Schwefelsäure . . . 0,0096
Phosphorsäure . . . 0,0251
KaU ........ 1,9061
Natron 0,0831
steine des |
||
Untergrundes. |
Untergrund. |
Ackerkrume |
Procent. |
Procent. |
Procent. |
83,9985 |
82,8937 |
82,2983 |
7,8154 |
10,1927 |
10,3241 |
3,8435 |
3,1794 |
2,8686 |
0,5212 |
0,1524 |
0,2347 |
0,1014 |
0,1103 |
0,2591 |
0,0899 |
0,0783 |
0,1305 |
0,2622 |
0,1698 |
0,2441 |
0,0095 |
0,0084 |
0,0343 |
0,0469 |
0,0523 |
0,1059 |
2,8579 |
2,7849 |
3,0659 |
0,4536 |
0,3917 |
0,4348 |
100,0000 100,0000 100,0143 100,0003
Von der als wasser- und humusfrei berechneten Substanz waren auflöslich in:
kalter Salzsäure heisser „ kohlensaurem Natron Schwefelsäure . . kohlensaurem Natron
. i,2337 |
5,1568 ■ |
3,0344 |
3,2623 |
. 0,3178 |
2,2154 |
2,6169 |
|
. 0,5958 |
1,0317 |
3,1528 |
3,9001 |
. 2,2278 |
5,1233 |
7,5109 |
6,5471 |
. 1,8848 |
5,2328 |
8,0648 |
5,9800 |
Im Ganzen löslieh 6,2599 16,5446 23,9783 22,3064
Saudiger Rückstand 93,7401 83,4554 76,0217 77,6936
100,0000 100,0000 100,0000 100,0000
Schlussfolgerungen.
1. Die procentische Zusammensetzung der ganzen Gesteins- und Erdmasse und namentlich die Gesammtmenge der T hon- erde gewährt einen Anhalt für die Beantwortung der Frage, ob die einzelnen Gesteins- und Erdarten in einem du-ekten Zu-
sammenhange mit einander stehen, ob die eine Substanz aus der anderen durch fortschreitende Verwitterung ohne wesent- liche Mitwirkung irgend eines fremdartigen Materials entstanden ißt. Man sieht sehr deutlich, dass in der That Ackerkrume und Untergrund einem und demselben ursprünglichen Gesteine angehören; der procentische Gehalt der wasser- und humus- freien Masse an Thonerde und überhaupt an vorherrschenden Bestandtheilen ist sehr nahe übereinstimmend und auch das sonstige chemische und mechanische Verhalten deutet mit Be- stimmtheit darauf hin, dass die Ackerkrume unmittelbar und ohne wesentliche Beimischung fremdartiger Gesteinsmassen aus dem Untergrunde hervorgegangen ist. Die Steine des Unter- grundes ferner enthalten freilich an Gesammt-Thonerde um reichlich '/s weniger als die Feinerde der Ackerkrume und des Untergrundes; das ursprüngliche Gestein muss also in .seiner ganzen Masse etwas reicher gewesen sein an thonigen Sub- stanzen als die jetzt noch vorhandenen unverwitterten Reste desselben. Dennoch aber lässt die ganze procentische Zusammen- setzung dieser Steinreste keinen Zweifel darüber obwalten, dass dieselben in einem nahen und unmittelbaren Zusammenhange stehen mit der Feinerde der Ackerkrume und des Untergrundes ; der einzige wesentliche Unterschied besteht eben in der etwas thonigeren Beschaffenheit der letzteren und es ist natürlich, dass die thonreicheren Parthieen des ursprünglichen Gesteins (obere plattenförmige Ablagerungen der Formation des bunten Sandsteins) zunächst zerbröckelt sind und zur Bildung der Fein- erde des Untergrundes und der Ackerkrume das nöthige Mate- rial geliefert haben. Der noch völlig unverwitterte feste Sand- stein dagegen gehört einem anderen, tiefer liegenden Gebilde der bunten Sandsteinformation an; dies beweist die ganze che- mische Zusammensetzung desselben und namentlich der beträcht- lich geringere öehult an Thonerde, Eisenoxyd und an kalircichon, d. h. feldspath- und glimmerartigen Beimengungen. Es besteht daher kein direkter Zusammenhang zwischen diesem Sandstein und dem hier untersuchten Ackerboden; gleichwohl ist auch die nähere chemische Untersuchung des ersteren von Interesse und
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es lassen die Eesultate der Analyse im Voraus eine genaue Charakteristik der Ackererde entwerfen, welche durch Zer- bröckeln und Verwitterung jenes Sandsteins entstehen würde. Wir betrachten zunächst die Feinerde der Ackerkrume und des Untergrundes nebst den noch unverwitterten Steinchen, welche in dem letzteren enthalten sind.
2. Die Steine des Untergrundes enthalten absolut und re- lativ, d. h. im Verhältniss zur Menge des Thones , welcher hier hauptsächlich als der Träger des Eisenoxyds betrachtet werden muss, mehr Eisenoxyd als die Feinerde des Untergrundes, diese wiederum mehr als die Ackerkrume. Es findet also unter dem Einfluss der atmosphärischen Wasser und im Verlaufe des Verwitterungsprocesses fortwährend eine Abnahme des Eisen- oxyds statt, — eine Erscheinung, welche im Einklänge steht mit anderweitigen Beobachtungen, die bei dem allmähligen Zer- fallen von Sand- und Kalksteinen gemacht worden sind. Die Steinchen, welche auch in der Ackerkrume noch vorhanden "Waren, zeigten auf dem Bruch vielfach eine hellere, weissliche Farbe, es war bereits das Eisen grossentheils aufgelöst und aus- gewaschen worden, während die Steinchen des Untergrunds durch und durch noch dunkel braunroth gefärbt waren mit einer Nuance ins Bläuliche, die auf eine hier in der That vorhandene Beimischung von Manganoxyd hinzuweisen pflegt.
3. Das Eisen ist offenbar in sämmtlichen hier untersuchten Gesteins- und Erdproben grossentheils als freies Eisenoxyd zugegen; es ist im Wesentlichen weder mit Wasser noch auch mit Kieselsäure verbunden. Dies wird schon durch die intensiv rothe Farbe der Steine und der Feinerde des Untergrundes bei einem procentisch keineswegs sehr hohen Gehalt an Eisenoxyd angedeutet und ferner durch den Umstand bewiesen, dass aus dem Sandsteinpulver durch Behandlung desselben mit kalter Salzsäure genau dieselbe Menge Eisenoxyd wie durch Einwir- kung der kochendheisseu concentrirten Salzsäure, aus der Fein- erde aber des Untergrundes und der Ackerkrume fast ^ji der letzteren Menge aufgelöst wurde. Ausserdem hat die Analyse für den theils durch Salzsäure, theils durch Schwefelsäure auf-
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schliessbaren reinen Thon eine solche Zusammensetzung er- geben, dass von der in alkalischen Flüssigkeiten auflöslichen Kieselsäure für das Eisenoxyd nichts disponibel sein kann, während andererseits die Resultate der Behandlung des Bodens mit Weinsäurelösung auf die Gegenwart höchstens nur einer geringen Menge von Thonerdehydrat und Eisenoxydhydrat so- wohl in der Ackerkrume wie im Untergrunde hinzudeuten scheint. '
Der Thon nämlich hatte die folgende Zusammensetzung:
Steine des Untergrundes. Unterg^rund. Ackerkrume.
In Salzsäure löslich: Thonerde . 0,9878= 48,7 2,3392= 42,8 2,2790= 38,8 Kieselsäure 1,0609= 51,3 3,1305= 57,2 3,5945= 61,2
2,0487=100,0 5,4607=100,0 5,8735=100,0
In Schwefelsäure löslich: Thonerde .• 3,5025= 40,7 5,1333= 40,0 4,2873= 43,9 Kieselsäure 5,0935= 59,3 7,7537= 60,0 5,4598= 56,1
8,5960=100,0 12,8870=100,0 9,7471=100,0
Thon im Ganzen: Thonerde . 4,4903= 42,2 7,4725= 40,7 6,5663= 42,0 Kieselsäure 6,1544= 57,8 10,8842= 59,3 9,0543= 58,0
10,6447=100,0 18,3567=100,0 15,6206=100,0
In dem Muschelkalk fand ich*) den Gehalt der thonigen Substanz an Kieselsäure beträchtlich höher, nämlich in den ver- schiedenen Verwitterungsstufen nahe übereinstimmend für den durch kochende Salzsäure aufschliessbaren Thon 74,1 Proc. und für den mit Schwefelsäure aufgeschlossenen Thon 64,3 Proc. In 6 früher von mir untersuchten Ilohenheimer Bodenarten da- gegen enthielt der mit Salzsäure aufgeschlossene Thon 61,2 Proc,
*) Vrgl. „Württembergische naturwissensehaftlicho Jahreshefte," Jahrgang 1866, S. 94. Auch die Zeitschrift „Laudwirthseha ftlicho Versuchsstationen«, 1865, S. 289.
— 89 —
der mit Schwefelsäure aufgeschlossene Thon 54,5 Proc. Kiesel- säure, der Thon hatte daher im Mittel ziemlich dieselbe Zu- sammensetzung, wie die letztere bei den obigen Gesteins- und Erdproben aus der Formation des bunten Sandsteins gefunden wurde. Charakteristisch für die hier untersuchten Substanzen ist es, dass der mit Salzsäure aufgeschlossene Thon ziemlich die- selbe procentische Zusammensetzung hatte, wie der mit Schwefel- säure aufgeschlossene, während sonst, nach den bisher vorliegen- den Analysen, in dem ersteren die Kieselsäure mehr vorzuherr- schen pflegt oder auch ein Theil der gefundenen Kieselsäure anderweitig (an Eisenoxyd, Kalk, Kali etc.) gebunden ist.
Durch Behandlung der Feinerde des Untergrundes und der Ackerkrume mit kochendheisser Weinsäurelösung unter Zusatz von etwas Oxalsäure, nach der von Knop *) vorgeschlagenen Methode, wurden aus dem Untergrunde nur 0,122 Proc. Eisen- oxyd und 0,222 Proc. Thonerde, aus der Ackerkrume 0,178 Proc. Eisenoxyd und 0,403 Proc. Thonerde aufgelöst; jedenfalls also waren nur verhältnissmässig sehr geringe Mengen von Eisen- oxydhydrat zugegen. Bei dieser Gelegenheit will ich noch er- wähnen, dass beim Schütteln mit einer titrirten Lösung von salpetersaurem Kalk, nebst Zusatz einer der Salpetersäure äqui- valenten Menge Ammoniak (Knop **) von dem Untergrunde 0,302 Proc. und von der humosen Ackerkrume 0,541 Proc. Kalkerde absorbirt wurden.
4. Für die Beurtheilung der Verwitterungsstufe und der natürlichen Fruchtbarkeit eines Bodens ist die absolute Menge des von verschiedenen, mehr oder weniger kräftig einwirkenden Lösungsmitteln aufgenommenen Kali's von grosser Wichtig- keit; ausserdem aber muss auch das Verhältniss der betreffen- den Kalimengen unter einander und namentlich zu der in Salz- säure und Schwefelsäure auflöslichen Thonerde, d. h. zu dem im Boden vorhandenen Thon sorgfältige Beachtunor finden.
*) Landwirthschaftliche Versuchsstationen, 1866, S. 41. **) Ebendaselbst S. 40.
- 90 -
Diese Zahlenverhältnisse gestalten sich in unserem Falle fol- ffendermassen :
^ steine des
Untergrundes. Untergrund. Ackerkrume. Menge des Kali, löslich in Procent. Procem. Procent.
a. kalter Salzsäure ..... — 0,0360 0,0701
b. heisser und kalter Salzsäure 0,0783 0,1505 0,-^007
c. Schwefelsäure 0,(i519 0,7703 0,0434
d. Flusssäure 2,0545 1,7291 1,8773
im Ganzen 2,7847 2,6499 2,7214
a. in Procenten von b . . . — 23,8 34,9
b. in Procenten von b + c . . 10,7 16,3 23,8
c. in Procenten von b + c+d . 23,4 29,1 23,6
Man sieht zunächst, dass die in kalter und in heisser Salz- säure lösliche Kalimenge im Untergrund und mehr noch in den Steinen des letzteren beträchtlich geringer ist, als in der Ackerkrume, während die Gesammtmenge des Kali und die in Schwefelsäure auflösliche Quantität verhältnissmässig nicht sehr dififerirt. Mit der fortschreitenden Verwitterung ist daher das Kali theilweise in einen leichter löslichen Zustand übergegangen.
Um die Grundlage zu einer vergleichenden Beurtheilung des hier in Eede stehenden Bodens zu gewinnen , mögen auch die Zahlen erwähnt werden, welche ich bei der Untersuchung von 6 Hohenheimer Bodenarten gefunden habe, von denen drei von sandig lehmiger Beschaffenheit sind und im Thongehalte (15 — 17 Proc.) dem obigen Boden sehr nahe stehen, drei da- gegen durch grösseren Reichthum an thoniger Substanz sich auszeichnen, nämlich in der lufttrocknen Masse 25 — 38 Proc. reinen Thon enthalten. , . „ ,
3 sandige 3 thonige Diircn- Bodenarten. Bodenarten, scbnittlicb. Menge des Kali, löslich in Procent. Proccnt. Procent.
a. kalter Salzsäure 0,0396 0,07:^3 0,0565
b. kalter und heisser Salzsäure . 0,2463 0,6763 0,4613 0. Schwefelsäure 0,3753 0,7363 0,5558
d. Flusssäure 0,9925 0,6800 0,8295
im Ganzen 1,6139 2,0926 1,8466
91 —
3 sandige |
3 thonige |
Durch- |
Bodenarten. |
Bodenarten. |
schnittlich. |
Procent. |
Procent. |
Procent. |
16,1 |
10,8 |
12,3 |
39,6 |
47,8 |
45,4 |
23,3 |
35,2 |
30,1 |
a. in Procenten von b . .
b. in Procenten von b+c
c. in Procenten von b-fc+d
Während also die sandigen Hohenheimer Bodenarten, welche der Formation des Liassandsteins angehören und einen demjenigen des hier untersuchten Bodens aus der Formation des bunten Sandsteins nahezu gleichen Thongehalt besitzen, mit dem Untergrunde des letzteren hinsichtlich der absoluten Menge des in kalter Salzsäure löslichen Kali's allerdings ziem- lich übereinstimmen, ist aber die absolute und relative Menge des in heisser Salzsäure löslichen Kali bei den ersteren ent- schieden grösser und die Menge des in Schwefelsäure löslichen Kali weit geringer ; der Thon befindet sich daher in den Boden- arten des Liassandsteins in einem mehr aufgeschlossenen, das Kali vermuthlich in einem den Pflanzen leichter zugänglichen Zustande als in dem Boden des bunten Sandsteins. Diese Er- scheinung tritt noch deutlicher hervor, wenn man das Yerhält- niss des Kali's zur Thonerde und der Mengen von jedem der beiden Stoffe unter einander in Betracht zieht.
Löslich in Salzsäure . . .
Schwefelsäure . ,
Salz- u. Schwefel säure ...
steine des Untergrundes. Kali. Thonerde.
Untergrund. Kali. Thonerde.
Ackerkrume. Kali. Thonerde.
0,0783 0,9878 0,1505 2,3392 0,2007 2,2790
1 : 12,6 1 : 15,5 1 : 11,4
0,6519 3,5025 0,7703 5,1333 0,6434 4,2873
1 : 5,4 1 : 6,7 1 : 6,7
. . . 0,7302 4,4903 0,9208 7,4725 0,8441 6,5663 1 : 6,1 1 : 8,1 1 : 7,8
Aus den Analysen der Hohenheimer Bodenarten ergeben sich die folgenden Zahlenverhältnisse:
- 92 -
3 sandige 3 thonige Durch-
Bodenarten. Bodenarten. schnittlicb.
T •■ T 1 • Kali. Thonerde. Kali. Thonerde. Kali. Thonerde.
Loslich m
Salzsäure . . . 0,2463 3,1823 0,6763 6,1613 0,4613 4,6718
1 : 12,9 1 : 9,1 1 : 10,1
Schwefelsäure . 0,3753 3,5230 0,7363 5,7243 0,5558 4,0237
1 : 9,4 1 : 7,8 1 : 8,3 Salz- u. Schwefel- säure . . . 0,6216 6,7053 1,4126 11,8856 1,0171 9,2955 1 : 10,8 1 : 8,4 1 : 9,1
In den sandigen Bodenarten des Liassandsteins wird durch- schnittlich eine fast ebenso grosse Menge von Thonerde und 73 so viel Kali von der kochenden Salzsäure aufgelöst, als aus dem Rückstande von dieser Behandlung durch die Schwefelsäure aufgenommen wird; dagegen beträgt dieses Mcngenverhaltniss in dem Boden der obersten Schichten der Formation des bunten Sandsteins
steine des |
||||
Untergrundes, |
Untergrund. |
Ackerkrume. |
Durchschnittlich. |
|
für die Thonerde |
1 : 3,5 |
1 : 2,2 |
1 : 1,9 |
1 ; 2,3 |
,, das Kali . . |
1 : 8,3 |
1 : 5,1 |
1 : 3,2 |
1 : 4,8 |
Die Löslichkeit des Thones und zugleich des Kali's nimmt also mit dem Fortschreiten der Verwitterung fortwährend zu und ist eine weit grössere in den Bodenarten des Liassandsteins als in dem hier untersuchten Boden des bunten Sandsteins. Hiermit steht, wie es scheint, auch die Thatsache im Zusam- menhange, dass das Verhältniss der in Schwefelsäure lös- lichen Thonerde und des Kali's für die Gebilde des bunten Sand- steins ein günstigeres ist als für die Ackererden des Liassand- steins, während das Verhältniss der in Salzsäure löslichen Thonerde zum Kali in beiden Formationen ziemlich gleich und eher in dem Boden des bunten Sandsteins, entschieden nament- lich für den Untergrund, hinsichtlich des Kali's ein weniger gün- sticres ist. "Wenn daher in dem bunten Sandstein eine weitere Verwitterung der mit Schwefelsäure aufschliessbaren thonigen Masse eintritt und damit mehr Kali iu den löslichen Zustand
- 93 -
übergeht, so wird das letztere offenbar verhältnissmässig rasch wiederum aus dem Boden ausgewaschen, das leichtlösliche Kali von dem gleichsam noch roheren, nicht vollständig verwitterten und fein zertheilten Thon nur schwach absorbirt und zurückge- halten. Vielleicht wird hierdurch die Erscheinung erklärt, dass die aus dem Terrain des bunten Sandsteins abfliessenden Quellen im Allgemeinen zur Bewässerung der Wiesen mit sehr günstigem Erfolge benutzt werden und daher vermuthlich reich sind an aufgelöstem Kali. Auch mögen unter den durch Schwe- felsäure aufschliessbaren Gemengtheilen des Bodens zahlreiche Blättchen von Kaliglimmer vorhanden sein und dadurch das Verhältniss zwischen der Thonerde und dem Kali zu Gunsten des letzteren noch erhöht werden.
5. Die absolute Menge der im Boden des bunten Sand- steins enthaltenen Phosphor säure ist nicht beträchtlich und namentlich deren Leichtlöslichkeit verhältnissmässig gering.
Steine des |
||
Untergrundes. |
Untergrund. |
Ackerkrume. |
Procent. Phosphorsäure, löslich in |
Procent. |
Procent. |
a. kalter Salzsäure 1) — |
0,0208 |
0,0640 |
2) - |
0,0228 |
0,0667 |
Mittel — |
0,0218 |
0,0654 |
b. heisser Salzsäure 0,0457 |
0,0498 |
0,0940 |
a in Procenten von b — |
43,8 |
70,9 |
In den verschiedenen, von mir untersuchten Verwitterungs- stufen des Muschelkalkes war die ganze Menge der vorhandenen Phosphorsäure schon in kalter Salzsäure auflöslich und in den Hohenheimer Bodenarten ergab sich:
Phosphorsäure, löslich in
a. kalter Salzsäure
b. heisser Salzsäure a in Procenten von
3 sandige |
3 thonige |
Durch- |
Bodenarten. |
Bodenarten. |
schnittlich. |
Procent. |
Procent. |
Procent. |
0,0943 |
0,1019 |
0,0981 |
0,1257 |
0,1280 |
0,1268 |
75,0 |
79,6 |
77,3 |
^ 94 —
6. Die vorstehenden Zahlen zeigen, dass die absolute Menge und ausserdem die Lösliclikeit der Phosphorsäure in der Ackerkrume des betreffenden Bodens eine betrcächtlich grössere ist, als in dem Untergrund. Ein ähnliches Verhalten wurde be- reits oben hinsichtlich des Kali's nachgewiesen. "Weiter ersieht man aus der Zusammenstellung der analytischen Ergebnisse, dass die Ackerkrume an Kalk, Magnesia und Schwefelsäure entschie- den reicher ist als der Untergrund, dass somit die erstere alle wichtigen Pflanzennährstoffe in grösserer Menge und Leichtlös- lichkeit enthält als der letztere; nämlich:
Löslich in kalter Löslich in heisser
Salzsäure. Salzsäure.
Untergrund. Ackerkrume. Untergrund. Ackerkrume.
Kali
Phosphorsäure . . .
Magnesia 0,0462
Kohlensaurer Kalk Schwefelsäure . .
Ein derartiges Verhalten, namentlich bezüglich der Phos- phorsäure, des Kalkes und der Schwefelsäure, wäre unbegreif- lich, wenn die Kultur des Bodens stets in einfacher Stallmist- wirthschaft und ohne alle Zufuhr von Aussen her betrieben wor- den wäre. Es hat nämlich hier in Folge langer Cultur keine Erschöpfung des Bodens, sondern im Gegentheil eine sehr be- trächtliche Bereicherung der Ackerkrume gegenüber dem Unter- grunde stattgefunden, obgleich ursprünglich die beiderlei Boden- schichten aus einem und demselben Gestein entstanden sind und daher einen völlig gleichen Gehalt an wirksamen Pflanzon- nährstoffen gehabt haben. Es erklärt sich aber die Bereiche- rung des Bodens durch den Umstand, dass in der betreffenden Gegend des Schwarzwaldes seit Jahrhunderten grosse Massen von Waldstrou neben dem Stallmist dem Acker zugeführt wur- den und auf solche Weise nicht allein eine beträchthchc Menge von stickstoffhaltigem Humus in der obersten Schicht des Bodens, in der Ackerkrume sich ansammelte, sondern gleichzeitig auch
Procent. |
Procent. |
Procent. |
Procent. |
0,0360 |
0,0701 |
0,1505 |
0,2007 |
0,0219 |
0,0654 |
0,0498 |
0,0940 |
0,0462 |
0,0610 |
0,0446 |
0,0957 |
0,0583 |
0,1183 |
0,1050 |
0,2300 |
0,0062 |
0,0272 |
0,0080 |
0,0304 |
- 95 —
nach und nach der procentische Gehalt derselben an Phosphor- säure, Kalk, Schwefelsäure etc. sich erhöhte. Vielleicht trägt auch die Vegetation selbst dazu bei, dass gewisse Nährstoffe dem Untergrunde entzogen werden und im Verlaufe von Jahr- hunderten in der Ackerkrume immer mehr sich concentriren.
7. Die Zusammensetzung der rein sandigen (in Salzsäure und Schwefelsäure unlöslichen) Substanz ist in den Steinen des Untergrundes, sowie in der Feinerde des letzteren und der Acker- krume eine sehr nahe übereinstimmende.
Steine des |
|||
Untergrundes. |
Untergrund. |
Ackerkrume, |
|
Thonerde . |
. 3,84 |
3,08 |
8,97 |
Kalk . . |
. 0,09 |
0,07 |
0,12 |
Magnesia . |
. 0,08 |
0,08 |
0,07 |
Kali . . |
. 2,53 |
2,39 |
2,72 |
Natron |
. 0,39 |
0,41 |
0,47 |
Kieselsäure |
. 93,07 |
93,97 |
92,65 |
100,00 100,00 100,00
Das Verhältnis der Thonerde zu den Alkalien ist von der Art, das die letzteren zum weitaus grösseren Theile in feld- spathartigen Verbindungen vorhanden sein müssen; wenn daher in dem festen Gestein und auch in der Feinerde des Un- tergrundes feine weisse Glimmerblättchen sichtbar sind, so wer- den diese (als Kali glimm er) entweder schon durch die Be- handlung der Masse mit Salzsäure und Schwefelsäure zersetzt oder die Menge des Glimmers ist, gegenüber derjenigen des Feldspaths, dem Gewichte nach eine nur sehr geringe. Mag- nesiaglimmer, welcher nicht wie der Kaliglimmer von con- centrirten Säuren angegriflen wird, scheint beinahe ganz zu fehlen, da in der sandigen Substanz nach dem Aufschliessen derselben mit Flusssäure fast nur Spuren von Magnesia nach- weisbar waren.
Die Berechnung gibt als Gemengtheile des Sandes:
96 —
Steine des |
|||
Untergrundes. |
Untergrund. |
Ackerkrume. |
|
Kalifeldspath . . |
. 15,06 |
14,20 |
16,16 |
Natronfeldspath |
. 3,30 |
3,62 |
4,15 |
Thon |
. 0,97 |
— |
0,28 |
Quarzsand . . . |
. 80,50 |
82,03 |
79,22 |
Kalk und Magnesia |
. 0,17 |
0,15 |
0,19 |
100,00 100,00 100,00
Diese Mengenverhältnisse sind namentlich bezüglich des Kalifeldspaths für einen sandigen Lehmboden als günstige zu bezeichnen; in 5 Hohenheimer Bodenarten, welche sämmtlich der Liasformation angehörten und unter sich in der Zusammen- setzung der sandigen Gemengtheile nahe übereinstimmten, fand ich, nach Abzug kleiner Mengen von Thon und von Magnesia durchschnittlich nur 10,16 Proc. Kalifeldspath, dagegen 12,07 Proc. Natronfeldspath und 77,77 Proc. Quarzsand, während freilich die sandigen Gemengtheile des Muschelkalkes die ungewöhnlich grosse Quantität von über 50 Proc. Kalifeldspath enthielten.
8. Hinsichtlich der Steine und Steinchen, welche in nicht sehr beträchtlicher Menge dem Untergrunde beigemengt sind, ist schon oben auf den leicht erklärlichen geringeren Ge- halt derselben an thonigen Substanzen, sowie auf den grösseren Gehalt an Eisenoxyd und Manganoxyd hingewiesen worden; auch wurde bereits hervorgehoben, dass die einzelnen Bostand- theile, namentlich das Kali und die Thonerde (s. unter 4) in Salzsäure entschieden weniger auflöslich sind, als in der Fein- erde des Untergrundes. Dagegen befindet sich die Zusammen- setzung der rein sandigen, noch ganz unverwitterten Masse in diesen Steinen im fast völligen Einklänge mit derjenigen der- selben Substanz im Untergrunde und in der Ackerkrume. Das- selbe ist hinsichtlich der absoluten Mengenverhältnisse der Fall, in welchen die verschiedenen Pflanzennährstoffe in jenen Steinen und in der Feinerde des Untergrundes vorhanden sind:
- 97 -
Steine Feinerde
des Untergrundes- Procent. Procent.
Kohlensaurer Kalk . 0,0988 0,1050
Kalk 0,0876 0,0745
Magnesia .... 0,2555 0,1616
Schwefelsäure. . . 0,0093 0,0080
Phosphorsäure . . 0,0457 0,0498
Kali 2,7847 2,6499
:Natron 0,4420 0,3728
Durch allmählige Verwitterung der Steine muss also die Fein- erde des Untergrundes vermehrt werden, ohne dass die letztere da- durch eine wesentliche Yeränderung in ihrer Zusammensetzung, namentlich hinsichtlich der eigentlichen Pflanzennährstoffe, erleidet.
9. Wenn es sich darum handelt, über die Güte und na- türliche Fruchtbarkeit des Bodens (Ackei-erde und Unter- grund), welcher durch Zerbröckeln und Verwitterung der oberen plattenförmigen Ablagerungen des bunten Sandsteins entstanden ist, ein Urtheil abzugeben, so würde dieses auf Grund der vorliegenden analytischen Ergebnisse etwa folgendermassen sich gestalten.
Die physikalische und mechanische Beschaffenheit des Bo- dens muss im Allgemeinen als eine günstige bezeichnet werden. Die Menge der Steine und Steinchen, welche mehr als 1 Milli- meter Durchmesser haben, beträgt nur 7,5 bis 8,5 Proc. vom Gewichte der ganzen Masse und in der Feinerde herrscht der etwas gröbere Sand (a. s. S. 79) entschieden vor, wodurch ver- hindert wird, dass der Boden zu dicht und fest sich zusammen- setzt und in seinen feinen Theilchen leicht verschlämmt. Auch der Thongehalt, wie derselbe durch die mechanische und namentlich durch die chemische Analyse ermittelt worden ist, entspricht durchaus einem lehmigen Sandboden von guter mittlerer Be- schaffenheit. Dagegen ist zum Nachtheil des Bodens hervorzu- heben , dass der Thon , besonders im Untergrunde in einem gleichsam noch rohen Zustande sich befindet, in welchem er die vor- handenen Alkalien chemisch sehr fest bindet, aber noch nicht den
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1867. Is Heft. 7
— 98 —
höchsten Grad der Zertheilung erlangt hat und daher auch nicht fähig ist, grössere Mengen leichtlöshcher PflanzennährstofFe zu absorbiren, vordem Auswaschen und Durchsickern zu schützen. Der Boden ist da- her in Wirklichkeit von leichterer, mehr sandiger Beschaffenheit, als deraufchemischemWegenachgewieseneThongehalt andeuten würde.
Diese rohe Beschaffenheit des Thones steht jedenfalls mit der Thatsache im Zusammenhange, dass zwar die absolute Menge des Kali's eine sehr beträchtliche ist, dagegen aber das leichter (in Salzsäure) lösliche Kali zu derGesammtmenge desselben im Thone und im ganzen Boden in einem sehr ungünstigen Verhältniss steht. Während nämlich das in Salzsäure lösliche Kali bei 6Hohenheimer Bodenartendurchschuittlich45,4Proc. vonderimThonund25,0Proc. von der im Boden überhaupt enthaltenenGesammtmenge des Kali be- trägt, ergaben sich diese Zahlen für die Steine des Untergrundes zu beziehungsweise 10,7 und 2,8 Proc. , für die Feinerde des Untergrundes zu 16,3 und 5,7 Proc. und für die Ackerkrume zu 23,8 und 7,4 Procent.
Die sandigen Gemengtheile des Bodens sind ziemlich reich an feldspathartigen Verbindungen, sie enthalten etwa 15 Proc. oder der ganze Boden im lufttrocknen Zustande nahezu 1 1 Proc. Kalifeldspath. Der letztere wird vermuthlich ziemlich rasch ver- wittern und hiei'bei fortwährend eine nicht unbedeutende Menge von löslichem Kali liefern , welches aber, wie erwähnt, von den übrigen Gemengtheilen des Bodens nicht sehr stark absorbirt und zurückgehalten wird und daher zur Bildung kalireicher Quellwasser im Terrain der Formation des bunten Sandsteins Veranlassung geben möchte.
In der Ackerkrume hat eine reichliche Menge von stick- stoffhaltigem Humus in Folge einer vielhundertjährigen Vege- tation und einer langen Cultur eich angesammelt (4,2 Proc), — Humus, in welchem das Verhältniss zwischen Stickstoff und Koh- lenstoff r^ 1: 9,73 anzudeuten scheint, dass die organische Sub- stanz einen mittleren Grad der Zersetzbarkeit besitzt, weder sehr rasch, noch auch sehr langsam dorn Verwcsungsproecss un- terliegt; es ist ein milder, ziemlich fruchtbarer Humus, welcher offenbar auf die physikalischen und namentlich auch auf die
— 99 -
absorbirenden Eigenschaften der Ackerkrume, gegenüber dem Untergründe, einen günstigen Einfluss ausübt.
Auch hinsichtlich der Menge der zunächst disponible^ Pflan- zennährstoffe ist die Ackerkrume entschieden reicher als der Untergrund ; sie enthält beträchtlich mehr an in kalter und in heis- ser Salzsäure löslichem Kali, die Menge der Phosphorsäure und des Kalkes ist doppelt und die der Schwefelsäure sogar 4mal so gross als im Untergrund. Der letztere aber ist verhältniss- mässig arm an allen wesentlichen , den Pflanzen hinreichend leicht zugänglichen Nährstoffen.
Als Resultat der sämmtlichen angestellten Untersuchungen und Betrachtungen kann man annehmen, dass der Verwitte- rungsboden der oberen plattenförmigen Ablagerungen des bunten Sandsteins zwar in physikalischer und mechanischer Hinsicht für die Erzielung hoher Ernteerträge kein Hinderniss darbietet, dass aber der Boden verhältnissmässig arm ist an sofort oder in nächster Zeit verwendbaren Pflanzennährstoffen und daher, um hohe Erträge zu liefern, viel Dünger beansprucht, auch die Anwendung von concentrirten Düngemitteln, namentlich von Kalk und von Phos- phaten reichlich lohnen möchte.
10. Die Eigenschaften und Verhältnisse, welche es be- dingen, dass der so eben beschriebene Boden als ein ziemlich armer bezeichnet werden muss , würden jn noch weit höherem Grade bei einem Boden vorhanden sein, welcher durch Zer- bröckeln und Verwitterung des festen bunten Sandsteins gebildet wäre, den ich ebenfalls einer ausführlichen Untersuchung unterworfen habe. Der Gehalt des Sandsteins zunächst an Phosphorsäure ist ein sehr niedriger; es wurde gefunden:
Procent.
a. in kalter Salzsäure auflöslich . 1) 0,0090
2) 0,0103
Mittel |
. 0,0096 |
b. in heisser Salzsäure auflöslich . |
. 0,0249 |
a in Procenten von b .... |
. 38,9 |
— 100 -
Die Gesammtmenge des Kali's ist freilich eine ziemlich grosse und selbst eine etwas grössere, als in den sonst weit fruchtbareren Bodenarten des Liassandsteins vorhanden zu sein pflegt, sie beti'ägt nämlich 1,8925 Proc. vom Gewichte des Ge- steins. Das Kali ist aber in einem sehr fest gebundenen Zu- stande zugegen; in kalter Salzsäui'e sind nur 0,0148 Proc, in heisser Salzsäure 0,0490 Proc. des Gesteins, d. h. von dem im Thon enthaltenen Kali 4,4 und 14,7 Proc, von dem Gesammt- kali nur 0,8 und 2,6 Proc. auflöslich.
An Thon wurden auf chemischem Wege durch Behandlung des Steinpulvers mit concentrirter Salzsäure und Schwefelsäure im Ganzen 4,1614 Proc. nachgewiesen, während die Steine des Untergrundes 10,64 und die Feinerde des letzteren 18,36 Proc. fertig gebildeten Thon enthielten; die Menge der eigentlichen sandigen Masse betrug in diesen drei Materialien beziehungs- weise 93,09 — 81,33 und 72,35 Proc. der lufftrocknen Substanz. Die procentische Zusammensetzung der rein sandigen Masse ist die folgende:
steine des Feinerde des Sandstein. Untergrundes. Untergrundes.
Thonerde 2,36 3,84 3,08
Kalk 0,09 0,09 0,07
Magnesia 0,06 0,08 0,08
Kali 1,67 2,53 2,39
JSfatron 0,06 0,39 0,41
Kieselsäure .... 95,76 93,07 93,97
100,00 100,00 100,00 Hieraus berechnen sich die Gemengtheile :
Kalifeldspath . Natronfeldspath Thon .... Quarzsand . . Kalk und Magnesia
9,91 15,06 14,20
0,51 3,30 3,62
1,13 0,97 —
88,30 80,50 82,03
0,15 0,17 0,15
100,00 100,00 100,00 Der Gehalt des Sandsteins an feldspathartigen Verbindnn-
— 101 -
gen ist also entschieden niedriger als der des Untergrundes und der in letzterem noch vorhandenen Steine, dennoch aber ver- hältnissmässig nicht unbedeutend.
Die Verwitterung des Sandsteins und dessen allmähliges Zerfallen zu einer pulverigen Masse wird dadurch bewirkt, dass ein Theil des Eisenoxyds von den atmosphärischen Wassern auf- gelöst und ausgewaschen wird und ausserdem dadurch, dass die glimmer- und feldspathartigen Mineralien nach und nach der Zersetzung unterliegen. In Folge des zuletzt erwähnten Pro- zesses wird die Menge der Thonsubstanz sich etwas erhöhen und auch das Kali theilweise in einen leichter löslichen, den Pflanzen mehr zugänglichen Zustand übergehen; jedenfalls aber zeigt der niedrige absolute Gehalt an Kalk und Magnesia, be- sonders aber an Phosphorsäure und Schwefelsäure deutlich ge- nug, dass aus dem hier untersuchten bunten Sandstein ein sehr leichter Ackerboden sich bilden muss, welcher eine nur geringe natürliche Fruchtbarkeit zu ent- wickeln vermag.
Anhang.
Untersucliuiigsinetliodeii und analytische Belege. *)
Zur Bestimmung der sandigen Gemengtheile des Bodens wurden jedesmal 30 Grm. lufttrockner Substanz in dem Nöbel- schen Apparat abgeschlämmt; man kochte zu diesem Zweck die abgewogene Substanz zunächst stundenlang mit etwas Wasser auf, schüttete dieselbe hierauf in den zweiten Trichter des Apparates und nachdem die sämmtlichen Trichter mit Walser vollständig angefüllt und luftdicht mit einander und mit dem
*) Ueber die Methode der Analyse vgl. auch die Zeitschrift: „Land- wirlhschaftliche Versuchsstationen'-; 1865, S. 2 96 — 302.
- 102 -
"Wasserbehälter verbunden waren, wurden 9 Liter Wasser bei gleichförmig regulirtem Strome in der Zeit von 40 — 45 Mi- nuten durch den Apparat hindurch geleitet. Die gröberen und feineren sandigen Massen in je 30 Grm. der von Steinen und Steinchen abgesiebten Feinerde betrugen:
Ackei |
■krume. |
Vntergrund. |
|
Gramme. |
Gramme. |
Gramme. |
|
Sandige Substanz a. |
17,91 |
17,62 |
18,53 |
» « b. |
2,82 |
2,86 |
2,92 |
c. |
2,24 |
2,11 |
2,77 |
Nach dem Glühen wogen diese Schlämmproben: Sandige Substanz a. 17,21 16,86 18,10 „ „ b. 2,58 2,57 2,80
„ „ c. 1,99 1,84 2,57
In 933,3 Grm. Untergrund waren 80,3 Grm. und in 858,7 Grm. Ackerkrume 63,7 Grm, Steine und Steinchen enthalten. Ueber- all wurde die Feinerde zur Analyse verwendet, der feste bunte Sandstein aber und die Steine des Untergrundes vor der Unter- suchung zu einem feinen Pulver zerstossen.
Den in organischer Yerbindung (im Humus) vorhandenen Kohlenstoff bestimmte ich auf die Weise, dass ich die betreffende Substanz zuerst mit 15 CG. Wasser und dann mit 30 CG. con- centrirter Schwefelsäure in einem Kochfläschchen übergoss, hierauf nach dem Erkalten der Flüssigkeit 6 — 7 Grm. von gröblich ge- stossenem saurem chromsaurem Kali hinzusetzte und unter vor- sichtiger Erwärmung einwirken liess; die gebildete Kohlensäure wurde in Kalilauge aufgefangen und dem Gewichte nach ermit- telt. Den Stickstoff des Bodens bestimmte ich durch Verbrennen mit Natronkalk und Auffangen des Ammoniaks in titrirter
Schwefelsäure, |
Untergi |
rund. |
Ackerkrume. |
|
% |
1. Grm. |
Grm. |
1. Grm. |
Grm. |
Lufttrockne Substanz |
10,223 |
9,687 |
5,739 |
4,174 |
Kohlensäure . . . |
0,112 |
0,123 |
0,485 |
0,373 |
Lufttrockne Substanz |
10,361 |
12,819 |
8,379 |
6,126 |
Stickstoff .... |
0,0042 |
0,0049 |
0,0199 |
0,0154 |
- 103
' |
Steine des |
||
Sandstein. |
Untergrund. |
Ackerltrume. |
Untergrundes. |
Grm. |
Grm. |
Grm. |
Grm. |
11,546 |
10,571 |
11,245 |
5,651 |
0,036 |
0,241 |
0,516 |
0,063 |
Lufttrockne Substanz 11,546 Verlust bei 125 ° C. . Weiterer Verlust durcb
Glühen 0,036 0,252 0,717 0,085
Von dem Pulver des Sandsteins wurden 300 Grm. mit 1000 CC. concentrirter Salzsäure und von der Feinerde des Un- tergrundes und der Ackerkrume 450 Grm. mit 1500 CC. Salz- säure Übergossen und nachdem die Einwirkung bei gewöhnlicher Temperatur unter häufigem Umschütteln der ganzen Masse 48 Stunden lang stattgefunden hatte, beziehungsweise 800 und 1000 CC. der Flüssigkeit zur Abscheidung und Bestimmung der darin aufgelösten Bodenbestandtheile benutzt. Diese Flüssig- keitsmengen entsprechen also 240 Grm. des Sandsteins und je 300 Grm. des Untergrundes und der Ackerkrume. Ich fand in der Lösung:
Sandstein. Untergrund Ackerkrume. Grm. Grm. Grm.
Kieselsäure 0,008 0,248 0,418
Das Filtrat von der Kieselsäure verdünnte ich auf je 1000 CC. und es waren enthalten:
In 200 CC.
Eisenoxyd in der Hälfte .... 0,2544 0,506 0,428
Thonerde „ „ „ . . . . 0,0183 0,264 0,270
Mauganoxyduloxyd ? 0,039 0,053
Kohlensaurer Kalk 0,024 0,035 0,073
Pyrophosphorsaure Magnesia . . Spur 0,0773 0,102
In 400 CC. (Phosphorsäure)
Pyrophosphorsaure Magnesia 1) .. 0,0135 0,039 0,120
2) . 0,0155 0,043 0,125
In 800 CC.
Schwefelsaure Baryterde .... 0,047 0,045 0,190
Chloralkdhen 0,056 0,154 0,280
Chlorkalium -Platinchlorid . . . 0,147 0,4485 0,872
— 104 -
Bezüglich des Mangan's ist zu bemerken, dass aus der Lösung zunächst das Eisenoxyd und die Thonerde nebst der Phosphorsäure nach genügendem Zusatz von kohlensaurem und essigsaurem Natron durch Aufkochen ausgefällt und sodann das Filtrat unter Erwärmen mit Chlorgas gesättigt wurde. Das hier- durch ausgeschiedene Mangansuperoxyd löste ich in Salzsäure auf, fällte mit kohlensaurem Natron und bestimmte das Mangan nach Abfiltriren, Auswaschen und starkem Glühen des Nieder- schlages als Oxyduloxyd.
Eine neue Portion der lufttrocknen Substanz wurde mit dem doppelten Gewichte von concentrirter Salzsäure eine Stunde lang gekocht , der Rückstand abfiltrirt und ausgewaschen , die Flüs- sigkeit eingedampft, aus der eingetrockneten Masse durch Be- handlung mit salzsaurem Wasser die Kieselsäure abgeschieden und das Filtrat wiederum auf 1000 CG. verdünnt.
steine des Sandstein. Untergrund. Ackerkrume. Untergrundes. G
Lufttrockne Substanz 120
Kieselsäure .... In CG. der Lösung:
Eisenoxyd in der Hälfte
Thonerde „ „ „ .
Manganoxyduloxyd . .
Kohlensaurer Kalk . .
Pyrop hosphorsaureMag-
Besia Spur
In GG. der Lösung:
Schwefelsaure Baryterde
Pyrophosphorsaure Mag- nesia (Phosphorsäure)
Chloralkalien . . .
Chlorkalium -Platinchlo- rid ..... 0,183 0,703 0,938 0,210 Der Rückstand von der Behandlung mit kochender Salz- säure -wog im
Gramme. |
Gramme. |
Gramme. |
Gramme. |
120 |
150 |
150 |
74,184 |
0,040 |
0,195 |
0,192 |
0,042 |
400 |
400 |
400 |
300 |
0,2492 |
0,6053 |
0,5841 |
0,3531 |
0,0663 |
0,7018 |
0,6837 |
0,1099 |
0,003 |
0,087 |
0,125 |
0,113 |
0,041 |
0,063 |
0,138 |
0,022 |
Spur |
0,069 |
0,160 |
0,032 |
600 |
600 |
600 |
700 |
0,020 |
0,021 |
0,0785 |
0,014 |
0,028 |
0,070 |
0,132 |
0,037 |
0,064 |
0,225 |
0,309 |
0,074 |
Grm. |
Grm. |
Grm. |
139,15 |
132,24 |
69,582 |
11,308 |
11,158 |
8,986 |
0,331 |
0,582 |
0,124 |
12,274 |
12,360 |
15,324 |
0,397 |
0,486 |
0,164 |
16,738 |
18,311 |
17,036 |
- 105 -
steine des Sandstein. Untergrund. Ackerlirume. Untergrundes. Grm.
lufttrocknen Zustande . 117,93
1. Theil des Rück- standes . . . 14,492
Glühverlust .... 0,079
2. Theil des Rück- standes . . . 15,782
Kieselsäure, in kohlen- saurem Natron löslich 0,095
3. Theil des Rück- standes . . . 20,952
Mit dem Sfachen Gewichte concentrirter Schwefelsäure be- handelt :
Kieselsäure aus der Lö- sung 0,021
Eisenoxyd 0,0961
Thonerde 0,2749
Kohlensaurer Kalk . . 0,005
Pyrophosphorsaure Mag- nesia 0,034
Chloralkalien .... 0,104
Chlorkalium -Platinchlo- rid 0,315
unlöslicher Rückstand
(lufttrocken) . . . 20,522
1. Theil des Rück- standes . . . 7,858
Glühverlust .... 0,057
2. Theil des Rück- standes . . . 12,664 6,688 7,992 8,363
Kieselsäure , in kohlen- saurem jS'atron löslich 0,324 0,840 0,829 0,574 Ein Theil des Rückstandes von der Behandlung mit Schwefel- säure wurde fein gerieben und geschlämmt und nach dem Trock- nen und Glühen mit flusssauren Dämpfen aufgeschlossen.
0,014 |
0,030 |
— |
0,1818 |
0,1246 |
0,104 |
0,9262 |
0,8914 |
0,637 |
0,009 |
0,011 |
0,003 |
0,032 |
0,041 |
0,069 |
0,243 |
0,229 |
0,227 |
0,721 |
0,694 |
0,615 |
15,.338 |
16,570 |
16,153 |
8,650 |
8,381 |
7,790 |
0,202 |
0,197 |
0,121 |
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Steine des Sandstein. Untergrund. Ackerkrume. Untergrundcs- Orm. Grm. Grm. Grm.
Geglühte Substanz . 3,850 4,053 2,916 3,796
Unaufgeschlossen . . 0,027 0,102 0,117 —
Kieselsäure, in kohlen- saurem Natron löslich, nach Berechnung . 0,096 0,508 0,316 0,265
Aufgeschlossener reiner
Sand 3,727 3,443 2,483 3,531
Hierin gefunden:
Thonerde 0,088 0,107 0,097 0,132
Kohlensaurer Kalk . . 0,006 0,004 0,0055 0,006
Pyrophosphorsaure Mag- nesia 0,006 0,007 0,005 0,008
Chloralkalien .... 0,103 0,157 0,129 0,165
Chlorkalium-Platinchlo- rid 0,324 0,427 0,350 0,457
Eine Portion der ursprünglichen lufttrocknen Substanz des Untergrundes und der Ackerkrume wurde nach Knop mit der doppelten Menge (CC.) einer Flüssigkeit, die in 1 Liter 100 Grm. Weinsäure und 10 Grm. Oxalsäure enthielt und mit einem mas- sigen Ueberschuss von Aetzammoniak versetzt war , 1 Viertel- stunde lang gekocht, der Rückstand abfiltrirt und möglichst gut ausgewaschen. In der Weinsäurelösung war enthalten:
Untergrund. Ackerkrume. Gramme. Gramme.
Lufttrockne Substanz .50 40
Thonerde 0,111 0,161
Eisenoxyd 0,061 0,071
Endlich Hess ich, ebenfalls nach Knop, auf die lufttrockno Substanz die doppelte Anzahl CC. einer titrirten Lösung von salpetersaurem Kalk, welche in 200 CC. 1 Grm. Kalk und eine der Salpetersäure äquivalente Menge Ammoniak enthielt, unter häufigem Umschütteln 24 Stunden einwirken.
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Untergrund. Ackerkrume.
Lufttrockne Substanz 50 Grm. 40 Grm.
Titrirte Kalklösung . 100 CC. 80 CG.
Hiervon abfiltrirt . . 65 „ 40 „
Kohlensaurer Kalk . 0,405 Grm. 0,164 Grm.
Aus dieser Menge des kohlensauren Kalkes, welche aus der erwähnten CC.-Anzahl der Flüssigkeit abgeschieden worden war, ergibt sich, dass die Feinerde des Untergrundes im Ganzen 0,1510 Grm. = 0,302 Proc, die Feinerde der Ackerkrume aber 0,2164 Grm. = 0,541 Proc. Kalk absorbirt hatte.
Dyoplax ''"') arcuaceus, ein neuer Stuttgarter Kcuper-Sauricr.
Von Professor Dr. Oscar Fraas. (Hiezu Tafel I.)
Eine der fruchtbarsten Gegenden , was fossile Saurierfunde anbelangt, ist seit Jahren die Gegend um Stuttgart. Der Grund hiefür wird weniger in einem grösseren Reichthum des Keupers an abgelagerten Saurierresten zu suchen sein, als in den zahl- reichen Grabarbeiten, die Jahr aus Jahr ein Berg und Thal um Stuttgart durchwühlen. Im unteren Keuper bricht der Stutt- garter "Werkstein oder Schilfsandstein, der vorzugsweise für die zahlreichen Neubauten benutzt wird. Zuerst fanden sich in dessen unteren Lagen auf der Feuerbacher Haide wie in den oberen Lagen (Kienlen) Schädel und Schilder des Mastodon- saurus rohustus und Metopias diagnosticus. Hernach kam in den oberen rothen Knollenmergeln von Degerloch der „schwä- bische Lindwurm'"', Zanclodon loevis, zu Tage und aus den dor- tigen Bonebedschichten die Zähne und Knochen von Termato- saurus Albertii und Megalosaurus cloacinus. Im letzten Jahr- zehend endlich bei Heslach die unvergleichlich schönen Reste der Belodonten: Phytosaurus Kapffii und Plieningeri und Te- ratosaurus suevicus. Zu diesen acht ganz ausgezeichneten Arten von Sauriern kam im Laufe des Sommers ein ganz neues Ge- schlecht, eine kleine, mit ganz eigenthümlichen Panzerschuppen versehene Echse, die auf Tafel I abgebildet ist. Der Fund war, wie es oft so geht, rein zufällig. Die Arbeiter im Leins- schen Steinbruch, der hart vor den Thoren Stuttgarts am Fuss
*) ovo und ttA«^ wcjjeii der Doppelreihe der Puuzer platten.
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des Sonnenbergs liegt, richteten einen der rothen Mauersteine zu, die bereits plattig den oberen 10 Fuss des über 30 Fuss mächtigen Steinlagers entstammen und zu Quadersteinen sich nicht mehr eignen, als das Thier, gerade so wie es abgebildet ist, aus dem Stein sich schälte. Der Stein mit dem Schwanz- ende war Tags zuvor schon abgeschrotet worden und war be- reits in einem Hause vermauert.
Der Zustand, in welchem das Fossil sich befindet, ist ein ganz eigentliümlicher , wie er sonst nicht leicht sich wieder fin- den wird und wie wenigstens im schwäbischen Keuper noch kein Stück gefunden wurde. Es ist nehmlich von einem Körper, d. h. von Knochen- oder Schuppenmasse keine Spur mehr vor- handen. Das Ganze, was so schön in die Augen fällt, ist lei- der nur ein ganz feiner, grüner Thonschlick, der das Bild des Thieres wiedergibt. Wir haben somit lediglich nur einen Ab- klatsch der Eidechse in feinem Thon, während der Körper längst spurlos verschwunden ist. Die Hofi'nung, durch Präpariren noch mehr blos legen zu können, als in Folge des zufälligen Ab" springens von der Steinplatte sichtbar war, ging hienach nicht in Erfüllung: man musste gerade mit dem zufrieden sein, was der Zufall in die Hand gespielt hatte, und darf, soll der Fund erhalten bleiben, niemals mit Schwamm oder Bürste das Stück "berühren. Der Thonschlick, in welchem das Bild der Eidechse wiedergegeben ist, ist papierdünn; unter der Thonlage liegt alsbald der Sandstein, der in die Thonform des früheren Kör- pers eingegossen ist. Das Thier, ein augenscheinliches Land- thier, nach seinem Tod ins Wasser getrieben, strandete auf einer Sandbank, sank ein im Sand und ward glücklicherweise mit dem feinsten Schlamm zugewaschen, der zunächst die Ober- seite des Körpers einhüllte. Später deckte der Sand Alles zu, das Thier verweste drinnen und wäre spurlos verschwunden, wenn seine Form nicht in dem Thon erhalten gewesen wäre. So aber drückte sich dann der Sand in alle bei der Zersetzung des Körpers allmählig leer werdenden Räume ein und blieb uns das treue Bild wenigstens erhalten, das eine Echse vorstellt, halb Schuppenechse, halb Fanzerechse, die wie so viele unserer
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alten Saurier sich in keines unserer Systeme einreihen lassen will. Leider bietet das Bild beim Mangel alles Körpers, Zähne, Knochen u. s. w. keine Anhaltspunkte zu einer vollständigeren Diagnose und kann somit auch die Beschreibung nur eine höchst nothdürftige sein: und doch ist andrerseits das Bild so reizend und neu, dass es ein Unrecht wäre, es nicht zur allgemeinen Kenntniss zu bringen.
1. Grössenverhältniss. Die Länge des im Bilde erhal- tenen Stückes, das Fig. I in 7^ natürlicher Grösse wiedergege- ben ist, beträgt 0,625 Meter, von der Schnauze bis zu dem Anfang des Schwanzes 0,375 Meter. Nach Analogie der Teleo- saurier, deren Schwanz die Länge des übrigen Körpers erreicht, wäre die Totallänge auf 0,750 Meter zu schätzen. Annähernd mag das auch richtig sein, den Contourlinien nach zu urtheilen, die von der Bruchstelle des Schwanzes an verlängert werden. Die grösste Körperdicke am Bauch misst 0,064 Meter. Die Länge des Kopfes von der Schnauze bis zur ersten Schuppe im Nacken 0,080, seine Breite am Hinterende 0,058.
2. Der Kopf, Fig. II, dessen Länge und Breite sich wie 10:7 verhält, ist nicht der Kopf eines Crocodiliners, denn Schläf- grube, Augenhöhle und Nasenloch sind deutlich sichtbar und sehen wir das letztere nicht am Vorderende des Oberschädels, sondern zu Anfang des ersten Drittheils der ganzen Kopflänge; es kann hicnach von einem Crocodil keine Rede sein. Vielmehr denkt man unwillkührlich beim Anblick des Schädels an Varanen. Leider ist vom Zahnbild nicht einmal, geschweige denn von Zähnen selber eine Spur. Höchstens mag noch der Kno- chenrinnen Erwähnung geschehen, welche die Infraorbitalränder umgeben und ebenso die hintern Schläfgruben und zwischen beiden auf der Mitte des Scheitelbeins zusammenlaufen, wie solches an einem egyptischen Varanus von Ileuglin, dem Psa- mosaurus griseus Fitzr. ganz auf dieselbe Weise sichtbar ist. Vergeblich sucht man jedoch unter den Lacerten des Dyas und Trias nach etwas Aehnlichera. Man mag vergleichen, was es gibt, wie Telerpedon, Proterosaurus, Palaeosaurus , Phanero- saurus u. A., das Resultat bleibt immer das gleiche, dass wir
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ein noch nicht gekanntes Bild vor uns haben, eine Echse mit monitor artigem Kopfe.
3. Der Rumpf. Weiter als bis zum Kopfe reicht nun aber der Monitorcharakter nicht. Denn der ganze Rücken ist von der halbmondförmig ausgeschnittenen Nackenplatte an mit einer Doppelreihe oblonger Panzerplatten besetzt, die sich zuucächst über den ganzen Rumpfkörper und dann mit einigen Aenderun- gen über den Schwanz hinziehen. Hiemit begegnet uns wieder der Charakter der späteren Teleosauren und theilweise auch der nach der Aufeinanderfolge des Gebirgs nächst liegenden Belo- donten. Indess ist die Verschiedenheit in der Anordnung der Schilder von beiden so gross, dass nur entfernt von einer Aehn- lichkeit gesprochen werden kann. 7 Paar Halsschuppen schei- nen die 7 Halswirbel gedeckt zu haben, wenigstens zählt man 6 der beilförmigen Querfortsätze an der Seite des Halses, gedeckt von der gleichen Zahl oblonger Schuppenplatten (die Atlas- schuppe nicht mit gerechnet), die paarweise in einer Medianlinie aneinanderstossen. Das erste Paar Nackenschuppen legt sich halbmondförmig in das ausgeschnittene Hinterhaupt, eine Form, die sich durch die weit nach hinten greifenden Zitzeiibeine er- giebt, der Atlas trug Querfortsätze, aber gleich der zweite "Wirbel trägt einen starken , nach hinten greifenden Fortsatz, über dem eine zweite Nackenplatte sitzt, deutlich durch eine kleine seitliche Verschiebung von dem ersten, wie vom dritten Schuppenpaar getrennt. So zählen wir über den 6 Querfort- sätzen an den Halswirbeln 7 Paar Schilder mit feinen Grüb- chen auf ihrer Oberfläche (Fig. II). Unter dem achten Paar liegt ein längerer nach hinten gestreckter Fortsatz, welcher der ersten Rippe entspräche, die am achten Wirbel oder erstem Brust- wirbel articulirte. Das weitere Zählen der Schuppenpaare wird bei der Undeutlichkeit der Grenzen ausserordentlich erschwert. Man glaubt 16—18 Rippen mit entsprechend vielen Rücken- panzerplatten zu zählen und 4 — 5 Lendenwirbelplatten. Die Sculptur auf den Platten, beziehungsweise die grubenförmigen Eindrücke sind in der Lendengegend am deutlichsten, die daher auch in Fig. HI in natürlicher Grösse dargestellt wurde. Am
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Schwänze zählt man noch 23 Schuppenplatten, die Felder werden schmaler, die Medianlinie weniger deutlich und erheben sich seitlich Schuppengräthen und Nebcnlappen, die, wie es scheint, in Folge des Gebirgsdrucks aufgeklappt wurden und zum seit- lichen Schutz des Schwanzes dienten (Fig. IV).
Bei der Lage des Thiers auf dem Bauche und der Art der Erhaltung ist von der Beschaffenheit der Bauchseite nichts mehr zu sehen, so wenig als von der Unterseite des Kopfes oder Schwanzes. Die Extremitäten, vordere wie hintere, wurden von den Arbeitern bei Zurichten des Bausteins abgeschrotet und zer- stört. Sichtbar ist noch auf Fig. II das Oberende vom Hume- rus und Fig. III von Femur, so wie einige Spuren des Beckens.
Somit haben wir in Dyoplax arenaceus eine Echse mit dem Kopfe einer Lacerte und mit dem Panzer eines dem Gavial am nächsten stehenden Geschöpfes. Hoffen wir, dass unser Fund der glückliche Vorläufer anderer Individuen ist, an denen wir dann nicht blos einen Thondruck beobachteten, sondern das Thier mit Zähnen und Knochen zur Untersuchung bekämen.
Ueber die Varietäten des Kalkspaths in Württemberg.
Von Dr. Gr. Werner. (Hiezu Tafel III.)
Unser Land ist nicht reich an edlen Steinen und Erzen und ebenso wenig an solchen Mineralien, welche in oryktognostisch wissenschaftlicher Beziehung ein hohes Interesse hätten. Nichts desto weniger dürfte es sich verlohnen, wenigstens das, was da ist, zusammenzustellen, wäre es auch nur, um die Aufmerksam- keit mehr, als es bis daher der Fall war, auf diesen Gegenstand zu lenken. Wenn unsere geognostischen Formationen mit eben so viel Eifer auf Mineralien durchsucht würden, wie auf Ver- steinerungen, die freilich durch ihre Häufigkeit und Mannigfal- tigkeit weit mehr dazu einladen, so würde sich gewiss auch in dieser Beziehung noch manches Interessante finden.
Zu den am allgemeinsten auf der Erdoberfläche verbreiteten Mineralien gehört vor allen der Kalkspath. Nicht nur bestehen ganze Formationen bei weitem der Hauptmasse nach aus koh- lensaurem Kalk, sondern es entwickelt der Kalkspath wie nicht leicht eine andere Mineralspecies einen ausserordentlichen Reich- thum von krystallisirten und anderen Formen in Drusen und Ueberzügen anderer Art auf den Kluftflächen der verschiedensten Gesteine. Im Folgenden sollen die Vorkommnisse des Kalkspaths und nebenbei die des Arragonits in Württemberg der Reihe nach durchgegangen werden und wir werden dabei am besten die geognostische Ordnung einhalten.
Urgebirge. Der Kalkspath bildet keinen Gemengtheil der Urgebirgsarten unseres Schwarzwalds; ebenso wenig kommt er in Form von Einlagerungen als weisser Marmor im württem- bergischen Urgebirge vor. Nichts destoweniger wird er nicht
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1867. Is Heft. 8
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selten auf Gängen und Klüften des Granits krystallisirt angetroffen. Als untergeordnetes Gangmineral bildet er neben Schwerspath, Flussspath, Braunspath, Quarz u. s. w. auf den Silber- und Kobalt- gängen des mittleren Schwarzwaldes Krystalle von mitunter ziem= lieh ansehnlicher Grösse und zwar in zweierlei Form, Die eine ist
die des gewöhnlichen Dreikantners (a : - : — : c) und zwar fin-
den sich meist Zwillinge nach dem gewöhnlichen Kalkspath- Zwillingsgesetz , bei welchem die gemeinschaftliche Fläche, in welcher die beiden Individuen gegen einander verdreht sind, die Endfläche ist. Aus grösseren Individuen, die öfters eine Länge von mehreren Zollen erreichen, brechen gewöhnlich an verschie- denen Stellen der Flächen kleine Parthieen des zweiten Indivi- duums hervor, die zum Hauptindividuum in Zwillingsstellung sich befinden. Aber auch kleine nur liniengrosse Dreikantner mit feiner Endspitze trifft man nicht selten auf den Erzgängen an. Die zweite Krystallform, welche der Kalkspath auf Erzgängen des württembergischen Gebiets annimmt, ist die des ersten stumpferen Rhomboeders (2 a' : 2 a' : c) , dessen Seitenecken durch kurze Flächen der ersten sechsseitigen Säule abgestumpft sind. Statt der letzteren tritt oft auch ein sehr spitzes Rhomboeder (etwa
a a
— : — : c) auf, dessen Seitenkanten gegen die Stelle hin, wo 13 13 ' ^
sie die Flächen des stumpfen Rhomboeders in horizontaler Kante schneiden, convergiren (s. Fig. 10, 11); die beiden combinirten Rhomboeder gehören weithin verschiedenen Ordnungen an. (Vielleicht stellen jene Abstumpfungen, die man für die erste sechsseitige Säule hält, immer ein solches spitzes Rhomboeder dar; da dessen Zickzackkanten fast einen Winkel von 120" haben, so täuscht man sich leicht.) Diese Krystalle, wie sie z.B. in der Reinerzau mit Schwerspath, Braunspath u. s. w. vorkom- men, sind in der Regel von schmutziggrüner Farbe.
Ein weiteres Vorkommen von kohlensaurem Kalk im Granit des Schwarzwaldes ist das aus den Quellläufen der Wildbader Thermen. Dort ist das Granitgestein durch die fortwährende Einwirkung des Wassers zum Theil gänzlich verändert. Aus
- llo -
den Bestandtheilen des Grauits, Feldspath, Quarz und Glimmer, welche man noch deutlich erkennt, sind Trümmergebilde ent- standen , welch eine auffallende Aehnlichkeit theils mit der Arkose, theils mit den sandsteinartigen Conglomeraten des Todt- liegenden haben. Im letzteren Fall sind sie bald lebhaft roth, bald mehr grau gefärbt. Dieses Trümmergestein ist durch Quarz zusammengekittet, theilweise auch überzogen oder durch- zogen von einer compacten Quarzmasse, welche Abdrücke eines tafelartigen Minerals zeigt. Es ist wohl kein Zweifel, dass es Tafeln von Schwerspath waren, welche vom Quarz zuerst über- sintert und zuletzt ganz umschlossen wurden und endlich, nach- dem sie wahrscheinlich auf nassem Wege wieder entfernt waren, ihre hohle Form zurückliessen, wie denn auch späthige Parthieen von unverändertem Schwerspath an einem und demselben Hand- stück mit jenen Hohlräumen vorkommen. Die Innenwände der letzteren sind z. Th. selbst wieder mit Quarz überzogen. Als Verwitterungsproduct des Feldspaths tritt eine zerreibliche bald grünliche, bald mehr weissliche oder röthliche Masse auf, deren Beschaffenheit an Steinmark erinnert, und die ebenfalls häufig die Eindrücke der Schwerspathtafeln zeigt. Der Glimmer zeigt alle Uebergänge vom frischesten, perlmutterglänzenden, öfters grünlichen Aussehen bis zum matten, rothbraunen, zerreiblichen Zersetzungsproduct. Den obersten und jüngsten Absatz aus dem Wasser, aufsitzend auf den von Rotheisenrahm durchschwärm- ten Dihexaederspitzen des Quarzes bildet in der Regel ein rein weisser Kalksinter, der bald mehlig, bald stalactitisch, bald in zier- lich traubigen oder becherförmigen, z. Th. etwas durchscheinen- den Gestalten nach Art der Eisenblüthe erscheint, bald, jedoch seltener, feine Krystallnadeln aufweist. Die spiessige Form der letzteren, sowie das Aufblähen vor dem Löthrohr scheint dafür zu sprechen , dass diese Krystalle und die übrigen Theile des Sinters aus Arragonit bestehen, an welchen auch die heissen Quellen, woraus er sich niedergeschlagen, mahnt. Allein eine genauere Untersuchung liefert folgendes Resultat. Nimmt man eine jener Krystallnadeln vor's Löthrohr, so schwillt sie aller- dings auf, aber man bemerkt leicht, dass sie nicht blos aufschwillt,
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sondern unter Schäumen sogar schmilzt. Gleichzeitig erhält man eine orangerothe Färbung der Flamme. In Salzsäure geworfen, brausen die Kryställchen stark auf, aber zuletzt hinterbleibt ein unlösliches und unschmelzbares Skelett. Hiernach besteht ohne Zweifel die ganze Sinterbildung zwar der Hauptmasse nach aus kohlensaurem Kalk (vielleicht Arragonit, vielleicht auch nicht), aber sie enthält ausserdem ein zeolithisches Mineral, welches zum Theil in feinen Nadeln auskrystallisirt ist. Es ist ebenso leicht denkbar, dass zwischen den feinen Zeolithnadeln immer etwas kohlensaurer Kalk in anderer Form versteckt ist, und dass es desshalb nicht gelingt, die Kryställchen ganz zu isoliren, so dass sie immer noch brausen, wenn sie mit Salzsäure in Be- rührung kommen, — als dass die Nadeln aus Arragonit bestehen und den Arragonitkrystallen immer etwas zeolithisches Mehl anhängt.
Was den Ursprung der Kalkerde im XJrgebirge betrifft, die man nicht blos in der Form des kohlensauren Kalks, son- dern auch als Gyps nebst Braunspath auf zersetzten schwefel- haltigen Erzen der Gänge im Granit findet, so scheint nichts Anderes als die Zersetzung von Oligoklas zur Erklärung übrig zu bleiben , der neben Orthoklas den Feldspathgehalt des Schwarzwaldgranits ausmacht. (Eben daher mag wohl auch das Calcium des Flussspaths seinen Ursprung haben.) Denn die auf Granit lagernden Flözgebirgsformationen:
Das Todtliegende und der bunte Sandstein sind sehr arm an Kalk. Es ist in der That auffallend, wie selten im bunten Sandstein Kalksinter angetrofi'en werden, die doch in den Keupersandstcinen so häutig sind. Auch die bekannten Kalkspathkrystalle, welche im bunten Sandstein des südlichen Schwarzwaldcs, dem weissen Mühlstein von Waldshut am Ehein, sich finden (s. weiter unten), sind bis jetzt im württembergischon Buntsandstein noch nicht gefunden worden. Im Correspondenz- blatt des württcmb. landwirthschaftl. Vereins, IH, S. 147 wird ein Vorkommen von Kalkspath in den Kupfererzgängen des bun- ten Sandsteins von Ncubulach als „graulichweiss und blassberg- grün, krystallisirt in wulstförmig zusammengehäuften Rliomben auf Sandstein" und a. a. 0. S. 137 ein anderes aus den Braun-
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eisensteingängen von Wittliusweiler als „graulichweiss in sechssei- tigen spitzwinkligen Pyramiden (Dreikantnern) auf Spatheisenstein" beschrieben. Sinterartige Ueberzüge findet man auf Spalten und Höhlungen besonders der oberen Schichten des bunten Sandsteins nicht selten, allein sie bestehen meistens aus Quarz ; und wenn Kalk- sinter vorkommen, so sind sie ganz unansehnlich. Erst mit der Muschelkalkformation beginnt der Kalkreichthum unse- rer geognostischen Schichten und hier finden sich auch ver- hältnissmässig zahlreichere Varietäten krystallisirten Kalkspaths. Die unterste Abtheilung dieser Formation, der Wellendolo- rait, enthält neben ungefähr 40 Procent kohlensaurem Kalk bedeutende Mengen von kohlensaurer Magnesia und Thon. Kleine Kryställchen von Kalkspath finden sich, verschiedentlich in Bitterspath und Braunspath übergehend, auf den Hohl- räumen der Brauneisensteingänge, welche vom bunten Sandstein herauf reichen. Aber erst im Hauptmuschelkalk wer- den deutliche und ansehnlichere Krystalldrusen von Kalkspath häufiger. Man kann ungefähr vier verschiedene Formen unter- scheiden. Bei weitem die häufigste ist der gewöhnliche Drei- kantner (a : — :— : c, Fig. 3), welcher von jenen kleinen mit o Z
blossem Auge kaum unterscheidbaren Kryställchen an, die die Steinkerne und Spurenkerne der Muscheln überziehen, bis zu Krystallen von mehreren Zollen Länge und gewöhnlich wein- gelber oder grauer Farbe vorkommt ; diese grösseren Krystalle findet man besonders gross in den Thonletten zwischen den Kalkbänken, so im Neckarthal von Münster unterhalb Cannstatt an abwärts, im Enzthal bei Bietigheim und in andern Thalein- schnitten, wo die Schichten in steilen Abstürzen zu Tag treten. Die grösseren Krystalle sind öfters Zwillinge nach dem ge- wöhnlichen Gesetz (mit der Endfläche als Verwachsungsfläche), wie man an den dreimal ein- und ausspringenden Winkeln rings um den Krystall leicht erkennt. (Fig. 5). Seltener ist das Vorkommen anderweitiger Krystallflächen, welche in Combination mit dem Dreikantner auftreten, so die Abstumpfungsflächen der Seitenecken des Dreikantners (Fig. 6), welche scheinbar der
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ersten sechsseitigen Säule, wahrscheinlicher aber einem ausser- ordentlich spitzen Rhoraboeder angehören. Die Flächen des Hauptrhomboeders kommen in Combination mit dem Dreikant- ner (s. Fig. 4) bei grossen Krystallen von Münster unterhalb Cannstatt vor, bedeckt mit einer dünnen, rostigen Incrustation mit einer horizontalen Streifung versehen, welche ohne Zweifel von Zwillingseinschiebseln herrührt. Ob diese Flächen natürlich oder nur dadurch, dass etwa durch einen herabfallenden Stein die Spitze abgeschlagen wurde, entstanden und nachher über- sintert worden sind, möge dahin gestellt bleiben. So wie sie oben beschrieben sind, wurden sie im Lehm in Spalten des Muschelkalks gefunden. Nicht selten sind die Dreikantner an den Enden unvollständig ausgebildet, indem sie eine Menge von Einzelspitzen in Parallelstellung haben. Eine zweite Krystall- form des Kalkspaths im Hauptmuschelkalk ist die des zweiten
schärferen Rhomboeders — : — : c mit einem Winkel von 65" 4 4
50' in den Endkanten (s. Quenst, Mineral. 2. Auflage S. 404); der Blätterbruch schärft an ihm die Endecke von den Flächen aus, der gewöhnliche Dreikantner die Endecken zu.
Eine besonders interessante Kalkspathdruse wurde bei Na- gold im untern Muschelkalk gefunden. Es sind kleine gelbliche Rhomboeder, welche ihre Endkanten (vonimgefähr 80*^) so legen wie das blättrige Hauptrhomboeder die Flächen. Es ist hier- an a' nach wahrscheinlich das nächste schärfere Rhomboeder -^ : 5- • <*)
das auch sonst in einfachen Krystallen im Muschelkalk vorkommt. Um ein mittleres Individuum gruppiren sich je drei weitere, die mit jenem längs der Flächen des ßlätterbruchs verwachsen sind und ihre Flächen denen dos mittleren Individuums zukehren, so dass letzteres in Gestalt einer dreiseitigen Pyramide aus den drei andern hervorragt. Es sind demnach Vierlinge, und zwar nach dem seltenen Gesetz, nach welchem die Fläche des Haupt- rhomboeders die VerwachsungsHäche bildet, in welcher die Kry- stalle gegen einander verdreht sind. Jedes einzelne Individuum besteht übrigens aus einer ganzen Menge von fast, aber nicht
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ganz parallel stehenden Parthien, deren Hauptaxen nach oben etwas divergiren, so dass eine grosse Zahl dreiflächiger Endecken entsteht. (S. Fig. 1 a, welche einen solchen Vierling in starker Vergrösserung, und Fig. 1 b, die ihn in natürlicher Grösse zeigt.) Ganz genau dieselbe Vierlingsbildung mit derselben Vielspitzig- keit der Einzelindividuen kommt bei einem röthlichen Kalkspath zu Andreasberg am Harz vor. In der oberen Lettenkohle findet man ähnliche Krystallisationen. — Endlich kommt der Kalkspath in der Form des Gegenrhomboeders (a' : a' : c, Fig. 7.) zum Hauptrhomboeder vor; man findet zuweilen Kalksinter bedeckt mit zahllosen kleinen Krystallspitzen, welche diese Form darstellen. In den Dolomiten über dem Hauptmuschelkalk finden sich in kleinen Höhlungen öfters sehr kleine ßhomboederchen, welche mit kalter verdünnter Salzsäure ziemlich stark brausen, also je- denfalls nicht reiner Bitterspath (Ca 0 CO 2 + MgOC02) sind, und deren Winkel, soweit man dieselben bei der ausserordentli- chen Kleinheit schätzen kann, auf das fast würfelförmige Khom-
2a' 2a ' boeder -— - : -~- : c zu deuten scheinen, welches grösser und 3 ö
deutlicher bei Andreasberg, sowie mit Ichthyophthalm auf den Paröerinseln vorkommt. (Vgl. unten die Krystalldrusen aus den untersten Keupermergeln.) Jedenfalls sind die Rhomboederchen von verschiedener Ordnung mit dem Hauptrhomboeder; ihre drusigen und etwas gewölbten Flächen lassen keine Messung mit dem Reflexionsgoniometer zu.
Späthige Massen von Kalkspath finden sich ganz gewöhn- lich als Spaltenausfüllungen im Hauptmuschelkalk'; ihre ausge- zeichnete gleichmässige Spaltbarkeit nach drei Richtungen, welche sich unter gleichen schiefen Winkeln (von 105" 5') schneiden, lässt sie, abgesehen von dem geringeren specifischen Gewicht, leicht vom Schwerspath unterscheiden, welcher ebenfalls zuwei- len im Muschelkalk sich findet, und jenen späthigen Massen von Kalkspath in der röthlich- oder schneeweissen Farbe oft ausser- ordentlich gleicht, aber vorzugsweise nach einer Richtung, in geringerem Grade nach zwei andern, zu jener rechtwinkligen, unter sich schiefwinkligen Richtungen spalten lässt. — Zuweilen
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zeigen die Kalkspathausfüllungen in den Kluftflächen des Muschel- kalks eine stängliche Absonderung und dann nicht selten eine schwärzliche von Bitumen herrührende Farbe (Nagold). Die Richtung der stänglicheu Absonderung ist der Hauptaxe des Kalkspaths parallel und am Ende der Stangen findet man ent- weder gespaltene Flächen des Hauptrhomboeders oder natürliche des Gegenrhomboeders. — Als feine weisse mehlige Masse findet sieh der kohlensaure Kalk im Muschelkalk unter dem Namen Montmilch (Untertürkheim); aber auch fasriger Kalkspath und Arragonit fehlen nicht (Münster bei Cannstatt).
Was die Kalksteine der Muschelkalkformation selbst betrifft, so kann man dieselben, wenn man von den eigentlichen Dolo- miten absieht, die in der Regel ausser einem sehr wechselnden Gehalt von kohlensaurer Magnesia auch bedeutende Mengen von Thon enthalten, hauptsächlich in zwei Varietäten trennen, näm- lich in eine dichte und eine krystallinische. Der dichte Kalk- stein ist spröder, hat einen flachmuschligen Bruch mit matter Bruchfläche und unterscheidet sich hinsichtlich der Bestandtheile von dem krystallinischen durch einen bedeutenderen Gehalt an Thon (bis gegen 4 Procent) und durchschnittlich auch von Mag- nesia (bis über 5 Procent). Die krystallinische Abänderung be- steht aus einzelnen krystallinischen Kalkspaththeilen , die aber vollständig unter sich verwachsen sind, so dass man auf dem Bruch nur die kleinen glasglänzenden Spaltflächen des Kalk- spaths erkennt. Der sogenannte Enkrinitenkalk ist ein ähnlicher, nur aus grösseren Kalkspathstükchen bestehender Kalkstein, indem er fast ganz aus den nach den Flächen des Hauptrhom- boeders spaltbaren Enkrinitenstiel - Bruchstücken zusammenge- setzt ist; die letzteren erkennt man an dem elliptischen Umriss der Bruchflächen, da sie einen schiefen Durchschnitt durch die cylindrische Säule des Stiels darstellen. Im Gegensatz zu den krystallinischen Kalksteinen zeigt der ächte Dolomit, namentlich derjenige, welcher zwischen Hauptmuschelkalk und Lettenkohle gelagert ist, ein Gefüge, welches lauter einzelne sehr kleine Bitterspathkryställchen erkennen lässt, die durch den Perlmutter- glanz ihrer natürlichen Flächen jenes charakteristische
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schimmernde Aussehen des Bruchs hervorrufen. Je mehr der Thongehalt zunimmt, desto mehr verschwindet dieser Schimmer, weil sich in demselben Maassstab zwischen die Kryställchen kleine glanzlose Thonpartikelchen legen, so dass mau bis auf einen gewissen Grad von dem Aussehen der Bruchflächen auf den Thongehalt schliessen kann. — In seltenen Fällen nimmt der Hauptmuschelkalk eine oolithische Structur an.
Die Letteukohlenformatiou bietet nicht viel Besonderes von Vorkommnissen des kohlensauren Kalks dar; doch verdient Einiges erwähnt zu werden. In Drusen des Lettenkohlen- sandsteins (Seebronn) bildet der Kalkspath spitze Dreikantn er
(a : - : : c), welche um einen klaren Kern eine milchartig
trübe, fasrig aussehende Hülle haben. Die Endkanten der nur zur Hälfte ausgebildeten aufgewachsenen Krystalle sind un- scharf, so dass diese fast nur kegelförmige Spitzen darstellen. Auch graue bituminöse stängliche Parthieen von Kalkspath mit dreifachem Blätterbruch kommen zuweilen vor. Besonders cha- rakteristisch sind in den obern dolomitischen Mergeln der Lettenkohle die zahllosen Mergeigeoden, welche im Innern mit kleinen Krystallen von Kalkspath (nicht Dolomitspath , wie ge- wöhnlich angegeben wird) austapezirt sind. Sie sind oberfläch- lich ebenfalls milchweiss oder gelblich und stellen das Gegen- rhomboeder (a' : a' : c) zum Hauptrhomboeder dar, wie man sich durch Wegsprengen der Seitenecken leicht überzeugt (s. Fig. 7); hin und wieder bilden sie auch Zwillinge nach dem gewöhnlichen Gesetz (mit gemeinschaftlicher Endfläche). In den gleichen Schichten hat man mehrere Zoll bis ^2 Fuss lange und über V2 Zoll dicke Stängel gefunden, welche äusserlich rauh und mit kleinen Kryställchen der eben genannten Art bedeckt, im Innern regellos mit späthigem Kalkspath erfüllt sind (Korn- westheim). Die Form der Stängel, welche sechskantig sind und rinnenartig einspringende Winkel haben, ist so eigenthümlich charakteristisch, dass man unwillkürlich an die Vierlinge, Fünf- linge, Sechslinge der Arragonite von Arragonien denkt und sie als Pseudomorphosen nach solchen ansehen möchte. „Deutliche
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Zwillinge'- von Arragonit aus der schwäbischen Lettenkohle werden auch sonst (Quenstedt, Mineral. 2. Aufl. p. 430) ange- führt, und feinfasriger Arragonit ist in den dolomitischeu Mergeln der Lettenkohle nicht selten (Kornwestheim). — Die oben aus dieser Abtheilung angeführten Drusen von Kalkspath im Innern der Mergeigeoden stellen sich in der
Keuperformation gleich unten in den Gypsmergeln genau von gleichem Aussehen und mit derselben Krystallform wieder ein ; seltener ist das Rhomboeder von fast würfelförmiger
Gestalt--- : -— : c, welches mit drusigen, etwas krummen 3 3
Flächen hier gefunden wurde (Stuttgart). — Auch in den untern Sandsteinen des Keupers, dem Schilfsandstein, Stuttgarter Bausandstein, spielt der kohlensaure Kalk eine viel bedeutendere Rolle, als im bunten Sandstein, Der schönste durchscheinende Faserkalk überzieht in Krusten von mehreren Zollen Dicke und mit schimmernder Oberfläche die Spalten in den durch ihre braunen Flammenstreifen so charakteristisch bezeichneten rothen Sandsteinen dieser Region. Aber auch Krystalle von Kalkspath finden sich hier. Es sind meist Krystalle von etlichen Linien bis 1 Zoll Länge, die auf den ersten Anblick dreiseitige Säulen zu sein scheinen , welche nach oben in einen Dreikantner über- gehen. Das sind sie aber entschieden nicht. Die feine Feder- streifung (s. Fig. 2 a) stellt sich unter der Loupe als eine viel- fache Wiederholung der Zickzackkanten eines spitzen Rhomboe- ders heraus (s. Fig. 2 b), dessen rhombische Flächen oben und unten einen Winkel von ungefähr bö — 40" haben, und da die Endkanten so liegen, wie am Hauptrhomboeder die Flächen (d. h. da man durch Spaltung die Endecken von den Kanten aus zuschärfen kann), so hat man hier ohne Zweifel das Rhom-
a' a' boeder — : - : c (mit 63'^ 51' in den Endkanten und emem 5 5
ebenen Winkel von 38" auf den Flächen) vor sich. Zu den 3 Seiten brechen unter einem Winkel von gegen 50", welchen die Hauptaxen miteinander machen, weitere Individuen in Zwil- lingsstellung zum Ilauptindividuum hervor, welche ihre Flächen
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den Flächen des letzteren zukehren, so dass man hier vielleicht
ein Zwillingsgesetz vor sich hat, bei welchem die Fläche eines
2a 2a Rhomboeders — : — - : c die Zwillingsebene ist (und wofür die 0 o
Berechnung eine Neigung der Hauptaxen zu einander von 44" 5' ergibt). Doch lässt sich die Sache nicht wohl sicher entschei- den. Undeutliche Krystalle der beschriebenen Art mit stäng- licher Absonderung sind sehr häufig; zuweilen bilden aber auch kleine Krystallnadeln von Kalkspath concentrisch radiale Figuren, die an die bekannten Formen des Wawellits erinnern (Feuer- bacher Haide bei Stuttgart).
Aus den mittlem Keupermergeln sind die Krystalle von Dolomitspath bekannt, welche mit kammförmigen fleisch- rothem Schwerspath in den sog. Steinmergelu (z. B. an der Weinsteige bei Stuttgart) sich finden. Reiner Dolomitspath scheinen auch diese nicht zu sein, wenigstens brausen sie in verdünnter Salzsäure viel stärker als wirklicher Dolomitspath. Dagegen kommt in dieser Region auch krystallisirter Kalkspath vor ; Drusen, welche das erste stumpfere Rhomboeder (2a' : 2a' : c) mit Abstumpfung der Seitenecken in deutlichen Krystallen zei- gen, überziehen die Innern Wände von runden Hohlräumen.
Ausser dem untern Keupersandstein (Schilfsandstein) ist im Keuper namentlich der Stubensandstein (weisser Sandstein) kalkführend. Feste Massen dieses grobkörnigen Gesteins haben öfters ein so rein kalkiges Bindemittel, dass sie in kalte ver^ dünnte Salzsäure geworfen unter heftigem Aufbrausen nach und nach gänzlich auseinander fallen. Von krystallisirtem Kalkspath findet man vorzugsweise zwei Formen; die eine ist der gewöhn- liche Dreikantner (a :—-:-—: c), von dem ansehnliche trüb- o 2
weisse oder röthliche Exemplare vorkommen (Esslingen). Die andere, seltenere Form (Unter- Groningen bei Gaildorf, Löwen- stein) erinnert beim ersten Anblick auffallend an die Kalkspath- krystalle des bunten Sandsteins von Waldshut am Rhein, welche dort mit krystallisirtem Milchquarz und den durch ihre zier- lichen Aehtuudvierzigflächnerflächen bekannten wasserhellen Fluss-
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spathwürfel vorkommen. Nicht nur hat der Stubensandstein, in dem unsere Krystalle eingewachsen sind, ein dem Waldshuter Mühlstein zum Verwechseln ähnliches Aussehen, sondern auch der Habitus der Krystalle selbst ist dem der Waldshuter Kalk- spathe ausserordentlich ähnlich. Sie stellen nämlich, wie jene eine Combination des ersten stumpfern Rhomboeders (2a' : 2a' : c)
. , a' a'
mit einem sehr spitzen Rhomboeder (vielleicht p : — : c) dar,
welches in dieser Verbindung für eine sechsseitige Säule gehal- ten würde, wenn nicht die vermeintlichen Säulenkanten abwechs- lungsweise nach oben und nach unten convergirten. Aber während bei den Krystallen von Waldshut diese Kanten unter- halb der pentagonalen Flächen des stumpfen Rhomboeders nach oben convergiren (Fig. 10.), sind sie bei denen aus dem Stuben- sandstein nach unten convergent (Fig. 12.). Mit andern Worten: Die zwei combinirten Rhomboeder sind bei jenen Kalkspathen des bunten Sandsteins verschiedener, bei denen des Stubensand- steins gleicher Ordnung.
Mit dem Lias beginnt wieder eine Kalkformation, worin freilich der Kalk stark mit Sand und Thon verunreinigt ist im Vergleich mit dem Muschelkalk. In den untern Schichten gehen die Kalksteine durch alle Nuancen in Sandsteine über. Raum zu Krystallisationen gewähren hauptsächlich die hohlen Kammern der Ammonitengehäuse, deren Wandungen von den verschie- densten Mineralien (Bergkrystall, Braunspath, Cölestin, Schwer- spath, sodann Schwefelkies, Blende u. s. w.), vor allen andern aber von feinspitzigen kleinen Kalkspathdreikantuern ausge- kleidet werden. — Auf Spalten der Kalke und Thone des Lias (Zell, Ohmden bei Boll Lias S) kommen Krystalle vor, welche das erste stumpfere Rhomboeder (2a' : 2a' : c) entweder für sich oder in Combination mit einem sehr spitzen Rhomboeder ver- schiedener Ordnung, also die gleiche Combination wie die ange- führten Krystalle von Waldshut (Fig. 11.), nur grösser, zeigen. In den Numismalismergeln (Lias y) triff't man auf Kalkspath- gängen Drcikantner von l'/z Zoll Länge und obiges stumpfe Rhomboeder von über 1 Zoll Durchmesser au. (Die letztge-
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nannte Form bildet in gleicher Grösse Gänge von Kalkspath in den Posidonienschiefern (Lias s) von Vassy jenseits der Vo- gesen.) — Von eigentbümlichen Vorkommnissen des kohlensauren Kalks sind namentlich auch die Nagelkalke oder Dutenmergel zu erwähnen, jene eigenthümlichen Platten, welche auf weite Strecken im untern Lias o: verfolgt werden können (Degerloch u. s. w.). Sie bestehen fast lediglich aus kegelförmigen Zapfen (Nägeln), welche vertikal stehend von oben und unten sich durch einander stecken und leicht einzeln herausgeschlagen werden können, besonders wenn Verwitterung zu Hilfe kommt. Dass diese Nägel nichts Anderes sind als Bündel von unvollkommen ausgebildeten Kalkspathstrahlen, deren Krystallaxe senkrecht zur Platte steht, das beweist der schimmernde Glanz des Querbruchs; denn als die Ursache desselben gewahrt man mit der Loupe die einzelnen kleinen Flächen der drei Blätterbrüche. Diese Blättrigkeit am Ende der Strahlen ist, wenn auch mit dem blosen Auge nur als charakteristischer Schimmer bemerkbar, ein sehr gutes Unterscheidungsmittel zwischen Kalkspath und Arra- gonit im sogenannten Faserkalk. Mit letzterem Namen hat man sich gewöhnt, im Gegensatz zum Arragonit die aus Kalk- spath bestehenden fasrigen Vorkommnisse von kohlensaurem Kalk zu bezeichnen. Beide finden sich im Lias , in der Regel der Faserkalk von gelber und brauner Farbe und gröberer Faser, der Arragonit meist blendend weiss, höchst feinfasrig und seidenglänzend. Zuweilen findet man sogar Sinterbildungen, welche einen Kern von durchscheinendem fasrigem Kalkspath einschliessen und ringsherum aus schneeweissem Arragonit mit zierlich traubiger Oberfläche bestehen (Kemnath auf den Fil- dern). Aber auch krystallisirter Arragonit kommt, wenn auch selten, im Lias vor; die spiessigen etliche Linien langen Kry- stalle, welche sich bei Ellwangen mit Schwerspath und Braun- spath auf sandhaltigem Liaskalk finden, haben die grösste Aehn- lichkeit mit denen vom Aostathal oder von Iberg am Harz, an welch letzterem Ort sie ebenfalls von Schwerspath begleitet sind. Das Aufschwellen und Zerfallen beim Glühen vor dem Löthrohr, der Mansrel des Blätterbruchs, d. h. die fast musch-
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lige Beschaffenheit des Querbruchs lässt diese Krystalle äusserst leicht und sieher als Arragonit erkennen. Man meint sogar eine Zwillingsgränze längs der einen Fläche der rhom- bischen Säulen hinlaufen zu sehen. — Schwarzgefärbte von Bi- tumen durchdrungene späthige Massen von Kalkspath (Anthra- konit) sind aus dem Lias wohl bekannt.
Im braunen Jura ist die Verbreitung des kolilensauren Kalks eine ganz ähnliche wie im Lias. Krystallisationen in den Kammern der Cephalopodenschalen , fasrige Sinterbildungcn von Arragonit und Kalkspath kommen in gleicher Weise vor , wie im schwarzen Jura. In den Spalten der Wasseralfinger Erze (brauner Jura ß) findet man Kalkspath in baumförmigen Gestalten, die an Eisenblüthe erinnern. Auch Nagelkalk fehlt nicht; er findet sich in der untersten Abtheilung, den Opalinusthonen (brauner Jura a). Als Bildung auf organischem Weg sind hier, wie im ganzen Jura, neben den Gehäusen der verschiedensten Weich- thiere insbesondere die Belemniten von Interesse, deren Kalk- spathmasse von Bitumen, dem Zersetsungsproduct der organischen Substanz des Thierleibes durchdrungen , sich in concentrisch ra- dialen Fasern sich rings um die Medianlinie gelegt hat. Die Rich- tung der Faser ist die Hauptaxe dieser Mikrokrystalle von Kalkspath.
Der weisse Jura besteht fast ganz aus reinen und unreinen Kalksteinen nebst Dolomiten, welche sich durch ihre hellere meist gelblichweisse Farbe von den bituminösen Kalksteinen der Trias und des untern Jura unterscheiden. Dieselben sind theils dicht mit splittrigem Bruch , theils krystalliniscli körnig und ooli- tisch und aus den obersten Schichten (weisser Jura S) sind die feinen Kalkplatten allgemein bekannt, welche zwar dem geog- nostischen Horizont nach, aber nicht in derselben Schönheit in Württemberg gefunden worden sind, wie bei Solnhofen. In der Nähe vulkanischer Durchbrüche zeigen die Kalksteine zuweilen einen hübschen Farbenwechsel von gelb, weisslichgclb, röthlich- gclb, bläulich und violett und solche Abänderungen haben hin und wieder als Marmor Anwendung gefunden. Sie sind aber wohl zu unterscheiden von den tertiären Süsswasserkalken, welche ähnliche Farben haben, aber nicht hicher gehören.
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Auf den Spalten des vielfach zerklüfteten Gesteins hatte und hat noch der kohlensaure Kalk Gelegenheit zur Krystallisation oder zur Bildung sinterartiger Ueberzüge. Besonders häufig ist der grobstängliche , meist ziemlich klare Kalkspath (das eigent- liche Muster stänglichen Kalkspaths), der hauptsächlich in den Bohnerzgruben sich findet (Salmendingen). Die einzelnen Strahlen sind zwar nicht in paralleler Stellung (bezüglich der Nebenaxen), aber doch lassen sich aus der Masse leicht kleine Rhomboeder herausspalten, deren Hauptaxe die Längenrichtung der Strahlen ist. Zuweilen sind die Enden der stänglichen Parthien mit na- türlichen Krystallflächen besetzt, die verschiedenen Rhomboedern angehören. Als solche Endigungen finden sich grosse aber un- scharfe Rhomboeder (Heidenheim), spitzer und nicht von der gleichen Ordnung wie das Hauptrhomboeder (wahrscheinlich das
a' a' erste schärfere "ö : o" • ^) 5 gewöhnlicher ist das erste stumpfere
(2 a' : 2 a' : c), welches scharf ausgebildet und öfters mit einem sehr spitzen Rhomboeder derselben Ordnung verbunden in Ammo- nitenkammern vorkommt (Anim. Ulmensis Opp. w. J. S, Ein- singen); dieselbe Combination (Fig. 12.), welche wir oben aus dem Stubensandstein beschrieben haben. Das erste schärfere
/ a' a' A Rhomboeder j — : — :c J, an welchem der dreifache Blätterbruch
die Endkanten gerade abstumpft, bildet in scharf ausgebildeten Krystallen hübsche Drusen, so bei Königsbronn im weissen Jura i und in einem grauen Jurakalk weisser Jura ö von Friedingen. An letztgenanntem Orte finden sich in demselben grauen Kalk- stein klare Kalkspathkrystalle von mehreren Linien Durchmesser, welche glatte glänzende Flächen des ersten schärferen, drusige Flächen des nächsten stumpferen Rhomboeders, matte Flächen des obigen sehr spitzen Rhomboeders, endlich sehr deutlich die
a a Flächen des gewöhnlichen Dreikantners a • : — : c zeigen,
o ^
welche parallel ihren Zickzackkanten fein gestreift sind. — Endlich wird aus den Höhlen der schwäbischen Alp das Haupt- rhomboeder a : a : c mit glänzenden Flächen in Verbindung
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mit einem sehr spitzen Rhomboeder verschiedener Ordnung an- gegeben. (Quenst. Mineral. 2. Aufl. S. 406.) — Montmilch findet man in den Nestern des Jurakalks (Hohenwittlingen).
Aus der Tertiärformation ist fast nur der roth und gelb gestreifte Kalksinter zu erwähnen , eine Süsswasserbildung, welche in der Nähe vulkanischer Durchbrüche bei Böttingen OA. Münsingen vorkommt und unter dem Namen Böttinger Marmor bekannt ist. Im Uebrigen bieten die tertiären Kalk- steine wenig oryktognostisch Bemerkenswerthes dar, Feinfasriger Arragonit mit traubiger Oberfläche findet sich in Platten im Steinheimer tertiären Süsswasserkalk, und ähnliche in hohem Grade durchscheinende Platten hat man im Sauerwasserkalk des Diluviums von Cannstatt gefunden, deren specifisches Gewicht (2,69) jedoch für Kalkspath spricht. Den diluvialen Kalktuffen von Cannstatt mit ihren zierlichen Abgüssen von Blättern , Vogel- federn u, s. w. sind die Tuffbildungen an der schwäbischen Alb, die noch heute fortwachsen, ganz analog. Diesen wird der Kalk durch Wasser, welche aus dem Jurakalk kommen, zugeführt und in ganz ähnlicher Weise entstehen Kalktuffe mit Blattab- drücken in andern Gegenden, wo die aus dem Muschelkalk kom- menden Wasser das Material liefern (Nagoldthal unterhalb Na- gold). Ebenso sind die Tropfsteingebilde in den Höhlen des schwäbischen Jura , wie des Muschelkalks (Andreashöhle , im Munde des Volks „Pommerlesloch" bei Mötzingen OA. Herren- berg) hieher zu rechnen. Der Kalk, der sich in amorphem Zu- stande aus dem Wasser abscheidet, wird nach und nach kry- stallinisch, so dass sich aus der Mitte der Tropfsteine vollkom- mene Rhomboeder herausspalten lassen.
Der Basalt, wie überhaupt die eigentlichen vulkanischen Gesteine unseres Landes, enthält keinen Kalkspath als wesent- lichen Bestandtheil. Wohl aber stellt sich überall auf Spalten desselben und in Schnüren ein Gemisch von Kalkspath , der sich unter Brausen in Salzsäure löst, und einem zeolithischen Mineral ein , das hierbei zersetzt wird und eine Gallerte von Kieselsäure ausscheidet. Ganz ähnliche Gebilde, bald mehr von mehliger, bald mehr von feinfasriger Beschaffenheit, kommen in kleinen
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Holilriiumen der Basalttuffe vor und mit diesen finden sieh (im Bolle bei Owen) öfters kleine Krystalle von starkem Glanz und ziemlicher Klarheit oder doch opalartiger Durchscheinenheit. Ihre Krystallform (s, Fig. 8.) ist von Jnterresse: Die Flächen des Hauptrhomboeders (a : a : c) und seines Gegenrhomboeders (a':a':c) herrschen vor; ausser diesen ist das nächste schärfere
zum Gegenrhomboeder I ^ : -^^ ^ <? I i-^i^d Andeutungen eines
(^^0
Dreikantners vorhanden , endlich die kurzen , aber breiten Flächen der beiden sechsseitigen Säulen (a : a : co c und a : 2 a : oo c) Diese Krystalle sind zum Theil so scharf ausgebildet und die Flächen aller genannten Körper dieser interessanten Combination so glatt, dass sie äusserst genaue Messungen mit dem Reflexions- goniometer zulassen. Die Resultate solcher Winkelmessungen, welche zur Ermittlung der krystallographischen Formeln jener einzelnen Körper angestellt wurden, haben sehr genau mit den berechneten übereingestimmmt; und da die Krystalle unter star- kem Brausen und ohne Hinterlassung einer Gallerte sich in ver- dünnter Salzsäure lösen, so kann über ihre Kalkspathnatur kein Zweifel sein.
Nachdem im Vorstehenden Bekanntes und noch nicht Be- kanntes über das Vorkommen von Varietäten des kohlensauren Kalks in Württemberg zusammengestellt worden ist, möge zum Schluss an diejenigen Leser, welche Gelegenheit zu oryktogno- stischen Beobachtungen haben, die Aufforderung gerichtet sein, ihre Aufmerksamkeit diesem Zweig der vaterländischen Natui-' künde zuzuwenden.
Württemb. naturw, Jahresbefte. 1S67. Is Heft.
— 130 — Erklärung der Figuren. (Taf. III.)
Kalkspathkrystalle aus Württemberg.
1. Vierling des ersten schärferen Rhomboeders -- : : c aus dem
Muschelkalk, a vergrösscrt, b natürliche Grösse. (S. 118.)
2. Krystalle aus dem Schilfsandstein (Ö. 122.): a natürliche Grösse, b die öpitze vergrössert.
3—6. Dreikantner D :— a : -„ :—: c aus dem Muschelkalk. (S. 117. 118.)
3. einfacher Dreikantner D; 4. desgl. mit natürlichen Flächen des Hauptrhomboeders R = a : a : c. 5. Dreikantnerzwilling nach dem gewöhnlichen Gesetz. 6. Dreikantner D mit den Flächen eines sehr spitzen Rhomboeders E.
7. Gegenrhomboeder R' = a' : a' : c zum Hauptrhomboeder. Die Seitenecken sind abgesprengt und dadurch die Flächen des Hauptrhomboeders als ( schwarzgezeichnete) Spaltflächen hergestellt. Aus der obersten Lettenkohlc (S. 121.) und den Gypsmergeln den Keupers. (S. 122.)
8. Krystalle aus dem Basalttuff vom BöUe bei Owen (S. 129.-), stark vergrössert darstellend die Combination:
Hauptrhomboeder R = a : a : c Gegenrhomboeder R' = a' : a' : c
Erstes schärferes Rhomb. zum Gegenrhomb. r = : ! c
Erste Säule S =^ a : a : oo c Zweite Siiule S' = a : 2 a : oo e.
9. Erstes stumpferes Rhombueder Q -— 2a : 2;i : c mit abge- sprengten Seitenecken, so dass die Flächen des Hauptrhomboe- ders als (schwarzgezeichnete) Spaltungsflächen zum Vorschein kommen (wie in Figur 7.) Lias y — f. (S. 124.1
10. 11. Erstes stumpferes Rhomboeder Q = 2a : 2a : c mit einem sehr spitzen Rhomboeder E verschiedener (dem Hauptrhomboeder gleicher) Ordnung. Aus den Erzgängen des mittleren Schwarz- waldes (S. 114), dem bunten Sandstein von Waldshut (S. IIG und 124), dem mittleren Lias (S. 124). 12. Erstes stumpfoires Rhomboeder Q = 2a : 2a : e mit einem sehr spitzen Rhomboeder 1/ gleicher (dem Hauptrhomboeder ungleicher) Ordnung. Aus dem Stubensandstein (s. 124 ) inul dem iiberen weissen Jura ^S. 127.).
Die Pflanzendecke eines rasirteu Waldstücks als Beitrag zur Veränderung einer Flora.
Von Forstreferendär Friedrich Karrer.
Der 9. Mai 1865 war für alle exponirt liegenden Wal- dungen von beinahe ganz Württemberg ein verhängnissvoller Tag.
Ein Gewittersturm von seltner Stärke setzte sich zur Auf- gabe, mit gewaltigem Hauch die Theorien der Forstleute weg- zublasen , indem beinahe wie mit dem Kennerblick eines alten Försters bald eine versäumte Durchforstung sammt allen auf- gewachsenen Zinsen nachgeholt wurde, bald ein Kahlschlag ins Werk gesetzt, welcher erst für die nächste Periode des hölzer- nen Schubfachwerkes vorgemerkt war.
Forche und Fichte waren es vorzugsweise, welche dem ge- waltigen Orkan zum Opfer fielen, jene wegen ihrer Langschäf- tigkeit und büschligen Krone, diese wegen flachstreifender Wurzel namentlich wenn die Beastung keine tiefgehende nnd der Boden flachgründig war.
Auf dem Plateau zwischen Jagst und Tauber liegt im Forst- bezirk Mergentheim der Apfelhofer Wald. Auch hier blieb es am 9. Mai nicht beim blosen .,Flüstern" der Bäume, sondern in wenigen Minuten lagen auf einem Areal von 15 Morgen der „Hofholzflur" — Fichten und Forchen im Betrage von mehreren hundert Klaftern zu einem Chaos von gräulichem Anblick zu- sammen gewürfelt.
Diese Waldabtheilung „Hofholzflur'^ hat zum Untergrund durchweg Haupt-Muschelkalk, jene Parthie, welche an nördlichen und -westlichen Lagen ausgezeichnete Verwitterung zeigt, deren Producte sich bis zur Lehmbildung steigern können und von ausserordentlicher Fruchtbarkeit sind, an südlicher und Südwest-
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licher Lage aber nur unvollkommen abwittern, einen steinigen, hitzigen Boden erzeugen, welcher flacligrüudig ist und ausserhalb des Waldes oft kaum zu ärmlicher Schafweide taugt. Die Lage unseres Beobachtungsfeldes selbst ist eben, sanft nach Westen geneigt, etwas steinig und flachgründig, aber nirgends undurch- lassend, dem Westwind vollständig ausgesetzt.
Der Holzbestand war ein 65 — SOjähriger Fichtenhochwald, dessen Gründung noch aus Deutschordenszeiten herrührte, meist vollständig geschlossen mit sehr starkem Moospolster von Hyp- num Schreberi, triquetrum und splendens. Im Schatten des langschäftigen Holzes wuchsen Convallaria majalis und mnlii- flora, Majanthemum bifolium, Cypripedium Calceolvs, Cepha- lanthera p)aUens, Asperula odorata u«d andere Schattenpflanzen.
Nachdem im Winter 1864 — 65 eine Durchforstung einge- legt worden war, hatte der Sturm Lücken angetroffen, in welchen er ungehemmt von seiner ganzen Stärke einen effektreichen Gebrauch machen konnte. Was der 9. Mai verschonte , wurde im Februar und März 1866 durch starke Frühliugsstürme noch- mals decimirt, so dass vom ursprünglichen Holzbestande zu der Zeit, als ich mit Aufnahme der Pflanzendecke begann, blos noch ^/9 aufrecht stand, bestehend aus zähen, unterdrückten Fichten, starkbewurzelten Forchen, einzelnen Raitel-Eichen und jüngeren Buchen.
Die Form des Waldstücks war ein beinahe rechtwinkliges Dreieck mit ungleich langen Katheten und etwas eingedrückter Hypothenuse. Gegen Ost an älteres Nadelholz stossend, davon aber durch einen breiten Grasweg mit Gräben getrennt, gegen Südwest an eine jüngere Nadelholzcultur, welche ehmals Schaf- trieb war, angrenzend, aber ebenfalls davon durch einen breiten Weg geschieden, gegen West offen und hier mittelst eines 15' breiten Schaftrieb und einem Fleck Laubgebüscli von einer Parthie stets ärmlich bestellter steiniger Aecker getrennt , an der untersten Spitze hart an eine Wiese grenzend.
Wir werden in der Folge sehen, wie wichtig die nachbar- lichen Culturverhältnisse auf die Gestaltung der Flora unseres
i;
Waldes nach dem Windwurfe in Folge der Entblössung des Bodens waren.
Von der Mitte Mai 1866 an, also gerade ein Jahr nachdem die Entblössung des Bodens durch den Sturm bewerkstelligt wurde, fieng ich au, die Pflanzenarteu der 15 Morgen grossen Hofholzflur bis in's Detail aufzunehmen. Die Resultate dieser Aufnahme, welche bis in den Juni währte und wobei auch die jüngeren Pflänzchen berücksichtigt wurden, waren folgende :
2. Monocotyledoneii.
Poa pratensis. Festuca rubra. Brachypodium pinnatum. Bromus asper. Anthoxanthum odoratum. Milium effiisum. Dactylis glomerata. Arrhenatherum elatius. Seeale cereale. Poa annua. Carex glauca.
„ montana. Luzula pilosa. Convallaria majalis.
„ multiflora.
yiojanthenmm bifoUum. Colchicum autumnale. Cypripedium Calceolus. Piatanthera bifolia. Cephalanthera pallens.
3. Dicotyle Krautpflanzea.
Asarum europaeum. Euphorbia Cyparissias.
Polygonum Convolculus. Plantago lanceolata. Rumex crispus. „ media.
Euphorbia helioscopia. ' „ major.
1. Sträiicher.
Salix Caprea. Juniperus co m mu n is. Popiihis tremula. Corylus Avellana. Quercus pedunculata. Cornus sanguinea. Ligustrum vulgare. Bhamnus Frangula. Rosa gallica. „ canina. Prunus spinosa. „ Avium. Pyrus Malus sylvestris.
„ communis pyraster. Sorbus torminalis. Rubus Idaeus. Daphne Mezer eum.
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Primula officinalis. Myosotis arverisis. Lithos2)ermum arvense. Veronica hederaefolia.
„ Chamaedrys.
„ agrestis. Galiuni verum.
,, Aparine.
„ sylvaticum.
„ mollugo Asperula odorata. Pastinaca sativa. Daucus Carota. Pimpinella magna. Sanicula europaea. Heraclewn Sphondylium.
Campanula rotundifolia.
Senecio sylvaticus.
„ vulgaris.
„ erucaefolius. Solidago virgaurea. Chrysanthemum Leucanthe-
muin. Anlhemis arvensis. Tnssilago Farfara. Sonchus arvensis. Achillea millefbliwn. Crepis biennis.
„ praemorsa. Gnaphalium sylvaticum. Taraxacum officinale. Iragopogon pratensis, liieracium Auricula. ,, Pilosella.
Hieracium murocum. „ vulgatum. „ praealtum. Leontodon hastilis. Cirsium lanceolatum. „ arvense. ,. Eriophoru7n. Carduus nutans. Centaurea Jacea.
Valerianella olitoria. Scabiosa arvensis.
Trifolium medium.
„ repens. Melilotus officinalis. Anthyllis Vulneraria. Lathyrus pratensis. Orohus vernus.
,, iuherosus. Ervum hirsutum. Hippocrepis comosa. Onobrychis sativa. Ononis repens. Genista germanica. Lotus comiculatus. Vicia sepium. Astragalus glyciphyllos.
Poterium Satiguisorba. Alchemilla arvensis. Agrimonia Eupatorium. Fragaria vesca. Potentilla venia. Hypericum perfovalum. Viola hirta.
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Viola tricoJor arvense.
,, canina. Polygalo vulgaris. A renaria serpyilifo lia. Holosteum umbellatum. Papaver Argemone.
,. Uhoeas. Fumaria offtcinalis.
Ajuga genevensis.
„ reptans. Thymus Serpyllum. Melissa Acinos. Galeopsis tetrahit.
Thlaspi arvense.
„ perfoliatum. Alyssum calycinum.
Capsella bursa-pastoris. Erysimum cheiranthoides. Brassica Napus.
Adonis aesüvalis. A quilegia vulgaris. Anemone nemorosa. Ranvnculus arvensis.
„ polyanfhemos.
,, acris.
,. repens.
Hypnum lutescens.
„ cupressiforme. Funaria hygrometrica. Ceratodon purpureus.
Cladonia rangiferiiia.
Ueberrascheiid war das schnelle Verschwinden des ursprüng- lich so mächtigen Moospolsters. Der heisse, trockene Sommer 1865 trägt wohl die meiste Schuld daran, abgesehen davon, dass Beschattung ein Lebenseleraent wenigstens für Hypnum splendens, H. triquetrum und //. Schreberi ist. Zu einem kaum handdünnen zusammengebrannten Lager sind die einst so mäch- tigen Polster zusammengeschrumpft im Laufe eines Jahres, blos am Waldraude hielt sich //. lutescens unverändert, ebenso das unter allen möglichen Verhältnissen vorkommende //. cupressi- forme auch auf der Fläche.
Die Zahl der Arten, welche auf dem verhältnissmässig klei- nen Raum beieinander wachsen, beträgt 142, Von diesen sind 17 bäum- oder strauchartig (Forche, Fichte und Lerche als Culturpflanzen ausgeschlossen), 20 Monocetyledonen, die übrigen 100 dicotyle Krautpflanzen, 5 Moose und eine Flechte.
Welch' ein Pflanzenreichthum des freigestellten Bodens ge- genüber der vorherigen Flora des tiefschattigen Fichtenwaldes!
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Unwillkührlit'h drängt sich daher die Frage nach Herkunft und dem plötzlichen Erscheinen dieser Menge von Pflanzin, welchL' zum grossen Theile dem Nadelwald fremd sind, auf. Mein Hauptaugenmerk gieng nun auch darauf, nicht sowohl die Einwanderer selbst, als auch die Art und Weise der Einwan- derung zu bestimmen. Von den 1 7 Holzpflanzen waren ausser 1 Art (Rosa gallica) alle schon ursprünglich, wenn auch mehr oder weniger unterdrückt und daher mit krüppeligem Wachs- thum, vorhanden. Rosa (/((llira erschien durchaus mit frischf n Wurzeltrieben, weshalb anzunehmen ist, dass sie -bei der Anlage des Waldes vorhanden war, und erst durch die emporwachsende Fichte verdrängt wurde, ihr Wurzelstock aber erhalten blieb.
Von 125 Mono- und Dicotyledonen , welche sich ähnlich wie Rosa gallica verhielten , lassen sich auch nach meinen an- derweitigen Beobachtungen folgende annehmen : E'iiphorliia ( 'y- parissias, Galivni verum, (i. Molhigo, llrarhi/podiuin pinna- tum, Colchicum nnlumualc, Plotonthcra bifolia, Cephalanthe- ra paUens, Senecio erucae('oliui<, Tiissilago Farfara, ('entatirea Jacea, Crepis praemorsa, Lathi/ris pratensis, Hippocrepis co- mosa, AnthylUs Vulneraria, Poterium Sanguisorba, AJuga geneuensis, Ranimculus acris. Die Floi'a war vor dem Sturme etwa folgendermassen zusammengesetzt : Asarum europaeum, Ra- ntex crispus, Primula officinalis, Veronica chamaedrys, Galium sylvaticum , Aspenila odorata , Poa pratensis , Festiica rubra, Bromus asper, Anflioudntlmm odoratiim, Milium eff'itsum, Carex glaxica, C. montana, Luzula pilosa, Convallaria maja- lis, (J. multijlora, Majanihemum bif'olium, Cypripedittm Cal- ceolus, Pimpincllu magna, Sanicula europaea, Plantago media, Herncieum Sphondylium , Campanula roinndifolia, Solidago viryaurea, Chrysatithemum Leucanthemum, Achillea millcfo- lium, Hieracium murorum, II. vulgatum, Trifolium nudium, Tr. repens, Orobus vernus, (). tiibcrosus, Ononis repens, Ge~ nista germanica, Lotus corniculatus, Vicia sepium, Astragaltis glyciphyllos, Agrimonia Eupatorium , Fragaria vesca , Polen- Ulla cerna, Thymus Serptjllum, Hypericum perfordi um. Viola hirfa, V. conino. Pofygala culgarifi. Ajuga rf'i)((i/(s. A'iuilegin
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wlgaris, Anemone nemorosa , Eaniinculiis polyanfhejnos, E. repens. — Hypnum splendens, H. triqxietrum, h. Schreberi, H. cupressi forme, H. lutescens, Dicranum scoparium, Cladonia rangiferina. (57 Arten, dazu noch 16 Sträuchei).
Vollständige Einwanderer sind : Polygonum Convolvulus, Euphorbia helioscopia, Flantago lanceolata, Fl. major, Myo- sotis arvensis, Lithospermimi arvense, Veronica hederaefoUa, V. agrestis, Galium aparine, Pastinaca satica, Daucus Carola, Senecio sylvaticus, S. vulgaris, Gnaphalium sylvaticum, Cre- pis bifnnis, Leontodon hastilis, Anthemis arcensis, Sonchus arven- sis, Taraxacum offidnale, Hieracium Auricida, H. PiloseUa, H. praealtum, Cirsium lanreolatum, C arvense, C. Eriophoruni, Carduus nutans, Scabiosa arvensis, ValerianeUa oUtoria, Trago- pogon pratensis, Ervum hirsutum, Melilotus officinalis, Onobry- chissativa,AlchemiUa arvensis, Geraniumdissectum,, Arenaria ser- pyllifolia, Holosteumumbellatum, Papaver Argemone, P. Rhoeas, Fumaria officincdis, Melissa Acinos, Galeopsis tetrahit, Thlaspi arvense, Th. perfoliatum, Alyssum calycinum, Capsella bursa- pastoris, Erysimum cheiranthoides , Brassica Napus, Adonis aestivalis, Banuneulus arvensis, Dactylis glomerata , Avena elatior, Seeale cereale, Poa annua, — Ceratodon purpureus, Funaria hygrometrica. (55 Arten).
Von diesen Pflanzen sind 18 Arten Conipositae^ ihre Ein- wanderung verdanken sie der Beschaffenheit ihres Samens (Pap- pus), welchen der Wind von grossen Entfernungen herführen konnte. So kommt Gnaphalium sylvaticum in unmittelbarer Nähe unseres Beobachtungsortes gar nicht vor , sondern tritt erst wie Gnaphalium dioicum auf den oberen kieseligen Par- thien des Muschelkalkes und auf der Lettenkohle auf. In der That fand ich auch nach einigen Excursionen in IV^ Stunden Entfernung in westlicher Richtung Gn. sylvaticum auf Letten- kohle in Menge und es ist am Ende nicht unwahrscheinlich, dass hier die Mutterpflanzen für unser Gnaphediuni zu suchen sind, indem der Westwind, wie schon erwähnt, vollen Zutritt zum Beobachtungsort hatte.
Die Zuhülfenahme des Windes lässt sich ebenfalls rechtfer-
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tigen bei der Einwanderung von Papaver Rhoeas und Arijienw7iey Alchemilla arvensis, Arenaria serpyllifolia, Holosieum umhel- latuni, Aljjssum calycinum, Capsella bursa-pastoris, Erysiinvm dieiranihoides, Geraniuni dmectuin, Plantayo lanceolata^ Plan- tago major, Funaria hygrometrica und Gerat odon purpureus. (13 Arten).
Kacli sorgfältigen Beobachtungen brachten die Excremente der Zugthiere bei Gelegenheit der Abfuhr des Windwurfliolzes Dactylis glomerata, Avena elatior, Poa annua, Veronica liede- raefolia, V. agresüs, Secalc cereale, Tldaspi arvense, Kanun- culus arvensis, Brassica Napus. (9 Arten).
Die übrigen 15 Arten, bei deren Samenverbreitung der Wind wohl keinen Antheil haben konnte, der Schwere halber, wie bei Lithospermuni arvense, Ervum hirsutum, Fumaria officinalis etc. deutet jedoch ein weiterer Umstand die Art der Einschleppung an. Alle diese Pflanzen finden sich stets auf frisch gerodeten Stellen, wo die Stöcke der geworfenen Fichten dui'ch die Holzhauer gegraben wurden oder wo durch die Ge- walt des Sturmes die ausgerissenen, flachstreichenden Wurzelu lange Furchen zogen.
Zieht man nun in Betracht, dass die Holzhauer, welche geraume Zeit und in grosser Anzahl bei Aufbereitung der Windwürfe beschäftigt waren, dem benachbarten Dorfe angehörig, regel- mässig einen Feldweg passirten, auch über die steinigen Aecker gehen mussten, um auf den Arbeitsplatz zu gelangen, so wüd der Ursprung dieser 9—12 Arten, w^elche sämmtlich Acker- unkräuter sind, sofort klar. Sie mögen an den Stiefeln, durch Anhängen an die Kleider und Goräthschaften etc. etc. herbei- geschleppt worden sein.
Was wird wohl die Zukunft dieser Einwanderer sein V Schon nach wenigen Jahren wird jedenfalls ihre Zahl beträchtlich ver- mindert sein, denn schon jetzt wuchern die perennironden Arten in dem humosen, stellenweise gelockerten Boden mit grosser Ueppigkeit und gierig senden die mit Rhizom versehenen Arten ihre Fangarme auf die benachbarten kahlen Stellen aus, um die dortigen einjährigen Insassen zu vertreiben und ihnen langsam
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aber sicher auch den letzten Fleck Existenz zu rauben. Am längsten werden sich noch die zweijährigen Gewächse, wie Daucus Carola, Pastinaca sativa, Cirshim Eriophorwn u. A. halten.
Obendrein ist die ganze Fläche jetzt mit Fichten wiederum eingepflanzt und nach einem Jahrzehnt dürfte der Kampf zwischen Fichte und den perennirenden Krautpflanzen ebenso beginnen, wie er jetzt schon zwischen Ferennla und An7iva ausgebrochen ist. Was dann unter Druck und im tiefen Schatten seine Früchte reifen und das Individuum fortpflanzen kann, das wird Aussicht auf bleibende Existenz haben. Aber auch unter der Fichte wird zu gleicher Zeit ein Kampf stattfinden, die kräftigsten Exemplare werden siegen, indem alles Schwächere, was nicht im ungeschmälerten Genuss der Atmosphärilien ist, unterdrückt werden und verdorren wird.
Die hier analysirte Pflanzendecke möge zugleich einen Be- weis für die Fruchtbarkeit des Muschelkalks und die Ueppig- keit seiner Waldvegetation liefern, wenigstens habe ich bei ähn- lichen, aber zu andern Zwecken unternommenen Aufnahmen im Keuper, nie so hohe Zahlenverhältnisse erhalten können.
111. Kleinere Mittheilungen.
Ueber einen einaxigen Glimmer von der Somma.
Von Dr. G. Werne r.
Gliramerki'ystalle , welche scharf krystallisirfc und mit hinreicliond glatten, glänzenden und vollkommen ebenen Flächen versehen sind, um mit dem Reflexionsgoniometer gemessen werden zu können, gehören bekanntlich zu den Seltenheiten. Zuweilen, jedoch immerhin selten, sind die Seitenflächen der sechsseitigen Tafeln, welche die Glimmer- krystalle darstellen, glatt genug, um sich zu einer Messung zur Noth zu eignen; aber die Endfläche ist wegen ihrer Blättrigkeit krumm ge- bogen und gibt am Keflexionsgoniometer kein gutes Bild; oder aber sind die Seitenflächen zwar glatt und glänzend , aber so stark querge- streift, dass dadurch ebenfalls die Messung unmöglich wird. So ver- halten sich z. B. die schwarzen Tyroler Kiystalle, welche man als gut krystallisirteii Glimmer in den Sammlungen findet.
Unter den Glimmern der mineralogischen Sammlung der polytech- nischen Schule in Stuttgart befindet sich ein Stück eines Somma- Auswürflings, v.-elchem eine Dmse von Glimmerkrystallen auf- und ein- gewachsen ist, die schon durch ihr Aussehen die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie stellen meist sechsseitige Tafeln dar, welche ' i bis gegen 2'' Durchmesser haben und etwa halb so hoch sind. Ihre Farbe ist die honiggelbe des Humits, der auch mit vorkommt und unter dessen Namen jene seinerzeit verkauft worden sintl. Die Glimmerkry- stalle sind durchsichtig, besonders gegen die glasglänzenden Seiten- flächen gesehen; die perlmutteiirlänzende Fndiläche zeigt unter der Loupe einzelne Newton'sche Farbenringe, herrührend von den dünnen Luftlamellen, welche längs der wenigen Sprünge parallel der End- fläche eingedrungen >ind.
Dass die Combination, wchdu-i die Krystallc darstollou, niolit ein-
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fach die einer hexagouaieii Säule mit Geiadendfläclie i&t , davon über- zeugt man sich leicht, indem man schon mit dem blossen Auge oder mit der Loupe an verschiedenen Stellen eine Convergenz der schein- baren Säulenkanten nach unten oder oben beobachtet, obwohl die scheinbaren Säulenflächen zum Theil so ghttt und frei von Querstreifen sind, dass sie am Reflexionsgoniometer vollkommen scharfe, wenn auch wegen ihrer Kleinheit liclitschwache Bilder geben. Auch erkennt das Auge wenigstens an einzelnen der scheinbaren Säulenfläclien, dass der Winkel, den sie mit der blättrigen Endfläche machen, ein spitzer, be- ziehungsweise stumpffr ist. Die Messung ergibt als Neigung zwischen den Seitenflächen und der Endfläche sehr verschiedene Winkel, die meist sehr erheblich von 90" abweichen; an einem Krystall wurden für solche Winkel die Werthe 96« 38'; 99« 18'; 107" u. s. w. gefun- den, so dass man auf die Vermuthung kommen könnte, die Krystalle stellen schiefrhombische oder schiefrhomboidisclie Säulen mit Schief- endfläche dar, gehören somit dem zwei- und eingliedrigen oder ein- gliedrigen System an. Es lässt sich aber auch der Fall denken , dass die Krystalle znm sechsgliedrigen System gehören, dass somit der Blät- terbruch die Geradendfiäche dieses Systems sei und die seitlichen Flächen verschiedene sehr spitze ßhomboeder darstellen. Jedenfalls steht als Resultat der Messung, da diese bei der Schärfe der Bilder, welche die Flächen geben, mit hinreichender Genauigkeit ausgeführt werden kann, soviel fest, dass die seitlichen Flächen nicht die einer hexagonalen Säule sind. Auch nähern sich zwar die Winkel zwischen den letzteren unter sich 120", weichen aber dennoch entschieden um V2 bis 1" davon ab. Betrachtet man die Krystalle als Combination von spitzen Rhom- boedern mit der Geradendfläche des sechsgliedrigen (beziehungsweise dreigliedrigen) Systems, so sind jedenfalls von ersteren mehrere, aber keines vollständig vorhanden; denn mau erhält fast für jede dieser Flächen einen andern Neigungswinkel gegen die Endfläche. Dennoch scheint diese Betrachtungsweise entschieden die richtige zu sein ; denn im Polarisationsapparat geben die Krystalle vollkommen deutlich und regelmässig das Bild der optisch einaxigen Krystalle, ein schwarzes {beziehungsweise helles) Kreuz, das sich bei der Drehung des Krystalls nicht verändert, mit einem System kreisförmiger Farbenringe. Hier- mit stimmt auch eine Messung eines vesuvischen Glimmers überein, welche kürzlich v. K 0 k s c h a r 0 w in Petersburg ausgeführt hat. *)
'1 Keues Jahrb. für Mineralogie u. s. w. 1866, p. 351.
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Er gibt als Resultat derselben für die Neigung von Rhomboederflächen gegen die Endfläche die Werthe an: 100" 0'; 92" 32'; 95" 53'; 98" 38'; 101" 18'; 107" 2'; 114" 39'; 121" 23'.
Leider ist von diesem interessanten Glimmer nicht s^o viel vor- handen, dass damit eine chemische Analyse ausgeführt werden könnte. Löthrohrversuche geben Reaction auf Thonerde und Kali, kaum auf Eisen.
Die Resultate, welche O. Rose *) an einem schwärzlichgrünen Glimmer vom Vesuv angestellt hat und aus welchen er als das Kry- stallsystem derselben das zwei- und eingliedrige ableitet, könnten viel- leicht ebenfalls auf die oben beschriebene "Weise gedeutet werden.
Bücheranzeige.
Die botanische Systematik in ihrem Yerhältniss zur Morphologie. Kritische Vergleiehung der wichtigsten äl- teren Pflanzensysteme, nebst Vorschlägen zu einem natür- lichen Pflanzensysteme nach morphologischen Grundsätzen, den Fachgelehrten zur Beurtheilung vorgelegt von Ernst Krause. Weimar, 18G6. Bernhard Friedrich Voigt. 8*". 232 S.
Der Herr Verfasser gibt sich in der Vorrede selbst nicht für einen Fachmann, sondern für einen Liebhaber der Botanik aus und hat seine Schrift in einer von literarischen Hülfsmittcln entblössten kleinen Stadt, in Düsseldorf geschrieben.
Im ersten Buch gibt er eine Uebersicht der künstlichen, natürli- chen und speculativen Systeme und der leitenden Grundsätze, nach welchen sie aufgestellt wurden, welelie er zugleich einer mehr oder weniger eingehenden Kritik unterzieht. Nachdem der Verfasser noch die Darwin'sche Lehre von der natürlichen Züchtung und die Grund- züge der Morphologie dargestellt hat, kommt er zu seinem
2. Buch: Ableitung eines natürlichen Reihensystems, nach mor- phologischen Principien.
Im ersten Abschnitt wird der Ilaupttypus und Organisationsplan der Pflanze, im zweiton das Gesetz der Abwandlung des Grundtypus (die Conjugation), im dritten das Gesetz der Vervollkommnung des
*) Po^^end. Animlei), Bd. Cl, p 383.
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Pflänzentypus , im vierten die unregelmässige Entwicklung, im fünften die allgemeine Entwicklung und die Verwandtschaft der Gewächse be- sprochen. Dieses führt ihn zu dem
3. Buch, die Grundlinien eines natürlichen Reihensystems enthaltend.
Um den Standpunkt, welchen der Verfasser in diesem Abschnitt einhält, zu verstehen, wollen wir aus dem Vorigen hervorheben, vas er über charakteristische Kennzeichen und Verwandtscliaften dort sagt. So heisst es S. 146: „Es gibt vorherrschende und weniger wichtige Kennzeichen. Als solche vorherrschende Charaktere für die Aufstel- lung der Phanerogamen-Gruppen habe ich bewährt gefunden : den anatomischen Bau und die Art des Wachstliums; das gegenseitige Zahlenverhältniss der Blüthenkreise, zurückgeführt .luf seine Elemente; die Art der Keimung; die Beschaffenheit der Frucht und des Samens; die Nervatur der Blätter. Als leitende Charaktere für die Anordnung der zu demselben Typus gehörigen Pflanzenfamilien benützte ich: die regelmässige Trennung der Geschlechter, den Vollständigkeitsgrad der Blüthe, die Insertionsverhältnisse, die Stufe der Trennung aller Theile eines Blüthenwirtels von einander, das Steigen der Zahlenverhältnisse."
Ferner unterscheidet er wahre oder Stanimverwandtschaft, Stufen-, Anpassung^* und Zufalls Verwandtschaft.
Dass der Verfasser aber auch der Tracht oder dem Habitus der Pflanzen eine wichtige Bedeutung zuerkennt, geht aus vielen Stellen seines letzten Buchs (S. 160 — 170) hervor.
Nachdem er die einzelligen Algen (und Pilze) als niederste Stufe aufgestellt hat, reiht er in der zweiten diejenigen Pilze, Flechten und Algen an , welche in der ersten Periode einen ungegliederten Thallus und sodann Sporen erzeugen. Hierauf lässt er die Moose und höheren Algen, sodann die P'arn und Schachtelhalme folgen. Auf diese etwas flüchtig gehaltene Eintheilung der Kiyptogamen folgen nun die Gruppen:
I. Die Gruppe der Palmen und Gräser:
Cycadeae Eich. Gramineae Juss.
Cyclantheae Pott, Centrolepideae Desv.
(Acorpideae Äg.f) Restiaceae Bartl.
Phytelephanteae Nees. Eriocauleae Rieh.
Palmae Juss. Junceae Del.
Pandaneae RBr. Xyrideae Lindl.
Typhaeeae Juss. Commeiineae RBr.
{Acthophylleae.) {Phüydreat RBr. ?) Cyperoidcae Juss.
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II. und III. Kcihoii der Wasserlilien und Arumartigen. II. III.
Ptstiacecie Rieh. Najadeae Link.
Aroideae Juss. Potameae Juss.
Taccaceae Presl. Podostemeae Rieh.
Dioseoreae RBr. (Ihjdroeharideae Juss.)
Tameae Nees. Juncagineae Rieh.
Sniilacineae RBr. Alismaeeae LindL.
Aspara'jeac Kuiitli. Butomeae Rieh.
(Asphodelear Jvss..') {Hydropeltideae LindL)
IV. Reihe der Liliengewächse. Y. Reihe der Gurkenartigen.
VI. u. VII. Reihen der Ganzblättrigen und Lorbeergewächse. VIII. u. IX. Reihen der Gefiedertblättrjgcn und der Drciknöpfigen. X. Reihe der Ampfergewächse, wozu auch die Piperaceen, sodann die Tiliaceen und Malvaceen gezogen werden. XI. Reihe der Salzkräuter oder Iselkengewächse. XII. Reihe der Vielblumigen mit ihren Nebenreihen. XIII. — XVII. Xebenreihen, die von dem Tyi)up der vorigen Gruppe abgeleitet werden. XVIII. Reihe der Kreuzblüthigen, wo unter andern audi die Saliei- neae Rieh, neben den Fumariaeeae Del. und Papaveraeeae Juss. eingereiht werden. "Wir haben uns im Vorstehenden begnügt, nur die drei ersten Reihen des Verfa^^sers vollständig aufzuzählen, und müssen den Leser — was die weiteren anbelangt — auf die Schrift selbst verweisen, welche manches Belehrende und Interessante dnrbietet, zucleich aber auch den Beweis liefert, wie schwierig es ist, trotz der vielen und gründlichen Untersuchungen , welche die letzten 50 Jalire im Gebiet der speciellen Botanik und Systematik geliefert haben, ein den wissen- schaftlichen Anforderungen genügendes natürliches Pflaiizensystem auf- zustellen. G. K.
ilriickl'cliler.
Auf der ersten Seite zweite Linie niiiss es lieisseii : e i n uiidzwmiziL'ste sSiitt: vier- uncUwnnzigste
Ansjesicben im Januar \>>(\1.
Württeir.'b, Na'nrv.nRa Jahr<;s"hefTe. Jahr^an^ HUI. 1867.
Tab. I.
Fi^.I
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H'iirifcmb Xatiimms. Jalirc.t/itru Jahiy XU// /i'^Y.
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Wuraeml nalumss. Jahresliefte, Jalir,^. XM 186T.
Tab.n
Aohrdäm
Z^tk- r> CirtZö^^. Stizrljarz
Geologisches aus dem Orient.
Yon Professor Dr. Oskar Fraas. (Hiezu Tafel IV- VI.)
Nächst der eigenen Heimat übt keine Gegend der Welt auf die abendländischen Völker einen gleichen Reiz aus, als der Orient Ziehen auch nicht mehr Hunderttausende von Abendländern aus, um vom „heiligen Land" Besitz zu ergreifen, wie zu den Zeiten Peters von Amiens, so sind es doch immerhin jährlich Tausende, die mit Eisenbahn und Dampfschiff die Küste von Palästina und Egj-pten erreichen, um irgend einem innerlichen Bedürfniss Ge- nüge zu leisten und die berühmtesten Orte der Welt zu sehen, die als Ideale einem Jeden von Jugend auf schon bekannt sind. Neunzig unter hundert freilich sind Pilger, daher auch jeder reisende Europäer vom Syrier als „Hadschi" begrüsst wird; die andern sind Touristen von der gewöhnlichen Sorte, einige dar- unter Künstler und Gelehrte, Sprachforscher, Historiker und Archäologen, höchst selten ein Naturforscher. Daher kommt es, dass, so zahlreich auch die Orient- Literatur ist und so Vieles schon über die Natur der Länder am rothen Meer und Jordan geschrieben worden , doch das Feld der For- schung noch ein sehr grosses ist. Die Ilesultate einer eigenen Beobachtung können daher der Wissenschaft nur willkommen sein, die sich schliesslicli aus den Beiträgen Vieler doch noch ein richtiges Bild des Ganzen construiren wird.
In der Natur der Sache liegt es, dass ein einzelner Reisen- der oder selbst auch eine wissenschaftliche Expedition doch
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1867. 2s n. 3s Heft. JQ
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nicht mehr als einzehie Beiträge zu liefern im Stande ist. Von systematischer Behandlung des Ganzen ist noch lange keine Rede, denn es fehlt dem Orient an all den nothwendigen Vorbedin- gungen, wie topographischen Aufnahmen, Karten, statistischen Sammlungen u. dgl., ohne welche richtige Uebersichten über na- türliche Verhältnisse nicht gegeben werden können. Nur in ci- vilisirten, nicht aber in halbbarbarischen Ländern reifen die gol- denen Früchte der Wissenschaft.
So mögen auch die nachstehenden Blätter als eine vater- ländische Studie an ausländischem Material betrachtet werden, welches der Verfasser während des "Wintersemesters 1864 — 65 am rothen Meer, am Nil und zuletzt noch in Palästina ge- sammelt hat. Hat sich doch unwillkürlich ein jeder Mensch seine Lebensanschauung nach den Sitten und Gewohnheiten der Heimat gebildet und wird er diese als Massstab an fremd- ländische Bräuche und Lebensweise anlegen. Seine Schilderung eines fremden Landes und Volkes wird somit stets eine be- stimmte Färbung an sich tragen, deren Grundton in der Heimat des Reisenden gesucht werden muss. Mag ein Reisender ein Volk schildern in seinem geistigen Treiben oder seinem tägli- chen Thun und Lassen, in seinen Sitten, Bräuchen und Gewohn- heiten, oder mag er das Land zeichnen nach seiner Oberfläche und den natürlichen Verhältnissen, welche die Pflanzen- und Thier- welt bietet, es bleibt sich das immer gleich, Dom Geognosten geht es nicht anders. Rein objectiv zu schildern, wird kaum Jemand im Stande sein, vielmehr wird er, ohne es selber zu wissen, Voraussetzungen machen in seiner Schilderung, bei denen er sich unbewusst auf Bilder der Heimat bezieht. Mir will es we- nigstens nicht gelingen, irgend eine Schilderung aus dem Orient anschaulich zu machen, wenn ich nicht in der eigenen An- schauung mich auf längst bekannte Landschaften imd längst ge. wohnte Erscheinungen an heimischen Schichten und Böden beziehe. Ich bin auch der festen Ueberzeugung, dass einzelne Landschafts- bildor und Gegenden aus fremden Welttheilen in keiner Weise verständlicher und anscliaulicher geschildert werden können, als <lurch Vergleichung mit heimischen Landschaften, mit denen sie
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die Obcrflächcnform und den Ch.irakter der Bildungswciso ge- mein haben.
Von der Ebene Jesreel kann sich Jedermann eine viel richtigere Vorstellung machen, wenn ich sie einfach mit dem Ries vergleiche, als wenn ich mich auf ein Detail topogra- phischer Beschreibung einliesse, aus der man sich doch immer nur schwer ein Bild abstrahirt. "Wer das Ries kennt, diese Perle Süddeutschlands, der kennt auch den Wenneberg, Spitz- berg und Wallerstein, die sich aus der fruchtbaren, aus vul- canischem Schutte gebildeten Ebene erheben , und weiss , wie diese Ebene rings umgeben ist von einem Rande alten Gebirges, das einst unter vulcanischen Schlägen gesprengt und zerrissen wurde. Ich frage Jeden, der auch schon auf dem kleinen Hermon stund oder dem gegenüberliegenden Tabor und der schon das „grosse Feld", den „Merdsch", durchritt, ob er auf der Welt eine grössere Achnlichkeit der Bergformen und Oberflächegestal- tung finden kann ? Der Bach Kison ist die Wörnitz von Esdrelom, der den Gebirgszug des Carmel-Nasirah durchbricht, um zum Mittelmeer hindurchzudringen, wie die Wörnitz bei Harburg durch den fränkischen Jura zur Donau sich zwängt. Die Ebene ist hier wie dort mit fettem rothbraunem Boden bedeckt, der keine Schich- tenunterlago durchblicken lässt; nur an den Rändern der Ebene und wo, wie der Wenneberg aus dem Ries, der kleine Hermon aus dem Feld von ^Megiddo sich erhebt, verrathen hier schwarze Basalte und Mandelsteine, dort trachytische Laven und Tuflfe, dass einst die Natur bei Bildung beider Landschaften die glei- chen Mittel benützt hat, um zu ihrem Zweck zu gelangen und Ebenen zu bereiten, die aus der glücklichen Mischung aufge- schlossener Silikate und zerstörter Kalkgebirge bestehen. Bis ins Einzelne Hesse sich der Vergleich ausmalen : ist doch auch das Ries, wie das Feld Jesreel, das Feld der Schlachten, auf dem von den ältesten Zeiten an bis in unser Jahrhundert die Schicksale der Völker entschieden worden sind.
Oder um das Gebirge Juda zu schildern, bedarf es nur hin- zuweisen auf die Höhe der Alb, des fränkischen Landrückens oder auch auf den hohen Karst. Man wird im Einzelnen gerade
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mehr als im grossen Ganzen Gruppen und Landschaftszüge fin- den, die, ob sie auf dem Gebirge Juda liegen, oder in Deutsch- land sich doch zum Verwechseln ähnlich sind, Aehnlichkeiten, welche sogar namhafte Kenner der natürlichen Verhältnisse und berühmte Reisende zu der Annahme verleiteten, man müsse darum auch denselben geognostischen Horizont (Jura) hier und dort vor sich haben. So werden wir öfter namentlich bei der orographischen Schilderung uns auf heimische Bilder beziehen, die, ob auch jede Vergleich ung hinkt, die besten Vorstellungen dem Leser zu geben im Stande sind. — Neben solchen Land- schaften gibt es freilich auch andere Bilder aus dem Orient, die geradezu unvergleichlich sind; es sind dicss die Bilder der Wüste, welche das rothe Meer umgibt, und die kahlen, zum Himmel gethürmten Berge des Sinai. Die Tinten der Land- schaft sind es hier ebenso, als die Zeichnung der Bergformen, was diesen Gegenden einen fremdartigen, dem Europäer ganz neuen Typus anfdrückt.
Anfangs wollte der Verfasser seine Beobachtungen nur an der Hand eines chronologisch gehaltenen Reiseberichts geben und somit nur sein auf der ganzen Reise genau geführtes Tage- buch ausführlicher behandeln, allein die Gefahr, in welche die meisten Reiseberichte verfallen, lag augenscheinlich da: die Ge- fahr, dass unwillkührlich die Beobachtungen sich um die Person des Reisenden drehen und diese vor dem beobachteten Objecti- ven in den Vordergrund tritt. Um dieses zu vermeiden, wurden die geologischen Beiträge zum Orient nach der geologischen Altersfolge der Gebirge zusammengestellt, wornach mit dem Sinai als dem crystallinischen Grund- und Kerngebirge der Ge- gend am rotheu Meer begonnen wird und hernach die seeun- därcn und tertiären Ablagerungen in Palästina und in Egypten an die Reihe kommen werden.
— 149 — I. Das crystallinisclie Grundgebirge.
Der Sinai.
Die wunderbaren Formen der gewaltigen Berge, die in der Sinaikettc unmittelbar aus der Tiefebene sich zu der schwindeln- den Höhe von G — 8000 *) Fuss erheben, sind an sich schon geeignet, die erhabensten Eindrücke in einem menschlichen Gcmüth zu hinterlassen. Kommt dazu noch die Erregung der Phantasie durch die Erinnerung an das Ileiligthum dieser Berge und die geistige Spannung, in der der Reisende lebt beim Gedanken, wie in diesen Bergen, in welchen vor 4000 Jahren das Gottesbe- wusstsein der Menschheit seinen Anfang nahm, gewissermassen die ganze Weltgeschichte gipfelt, so begreift man wohl die gehobene Sprache, in der die meisten Reisenden von den heiligen Bergen er- zählen. Zu diesen gewaltigen Eindrücken gesellt sich speciell für ein geognostisches Auge ein Reiz, der den europäischen Bergen fehlt, hier aber wie sonst kaum anderswo zu Tage tritt : der Reiz einer nackten mineralogischen Schönheit. Der Geognost begreift es nicht, wie einzelne Reisende die dürftige Entwicklung der organischen Na- tur, die sich überhaupt nur an einigen wenigen Punkten der Wadis zeigt, für einen „Abmangel des Sinai" erklären mögen. Der Mangel der Vegetation wird weitaus ersetzt durch die blossgelegte, von nichts Organischem verhüllte Naturschönheit der Steine. Es ist wohl wahr, dass mit wenigen Ausnahmen kein Grün der Wiesen und Fluren auch nur einen Streifen Farbe in die Landschaft wirft, dafür erzeugen aber die Steine einen um so reizenderen Wechsel der Farben. Es fehlt den Bergwänden das Grün doch nicht, denn
•=) Höhe des Djebel Catharina 8168 P. F.
„ „ Horeb 7097 „ „
„ „ Musa 5956 „ ,,
„ „ Serbai 0342 „ „
„ „ Catharinenklostcrs 5115 „ ,,
nach Russeggers und Rüppels Messungen.
Höchste Spitze der Om Schomer 8300 ,. ,,
„ „ Centralgruppe, Göseh . . . 8700 ,, „ nach Russesrsers Schätzungen.
"OD^
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bald ist es das Lauchgrün der Hornblende, bald das Pistazien- grün des Epidots, welche in gewaltigen Stössen und in Massenent- wicklung die Berge füllen und aus der Feme gesehen wie Wiesen und Wälder sich ausnehmen. Vorherrschend ist freilich, nament- lich im Serbäl und Musa das Fleischroth des Feldspates und das frische Ziegelroth des Porphyrs, beide geben im Wechsel mit dem Weissgrau des herrschenden Gneises, dem dunkeln Grau der Syenite und dem schon genannten Grün der Hornblenden so unvergleichlich merkwürdige Tinten, in die sich die Berge hüllen, verschieden je nach der Nähe oder Ferne und nach dem Stande der Sonne, die sich im Blätterbruch der Crystalle spiegelt. Gerade über dem Sinai ist, um das Bild des wunderbaren Berges harmonisch zu machen, der Typus der Wüste ausgebreitet, wie über der ganzen sinaitischen Halbinsel, aber eben in der Wüste liegt der grosse Reiz auch für den Europäer; er fühlt etwas davon, was ihren freien Sohn, den Beduinen beseelt, der um keinen Preis der Welt sein Leben in den Wadis gegen den glänzendsten Aufenthalt in den Städten vertauschte, oder die Beschäftigung mit seinen Heerden um die sogen. Genüsse eines civilisirten Lebens hingäbe. Ist doch die Wüste zu allen Zeiten eine reiche Quelle gewesen innerer Contcmplation und der tiefsten Gedanken, die vielfach bestimmend und massgebend für die Be- wohner der Culturländer wurden. Man muss diese Berge und Thäler selber gesehen haben, die reine würzige Luft geathmet und in dem wohlthuenden, behaglichen Klima Tage und JS'ächte zugebracht haben, um die Tausende von Anachoreten zu be- greifen, die ein langes wunderliches Menschenleben in den Fels- schluchten des Serbäls und Horebs hinleben mochten, versunken in eine Welt der Gedanken über Menschenglück und sogenannte Herrlichkeit der Welt.
Der Menschenschlag, der gegenwärtig die Thäler des sinaiti- schen Gebirges imic hat, besteht aus wandernden Bcduiiienstämmcn, die mit ihren Heerden die spärlichen Flecke abweiden, wo eine Quelle Leben verbreitet. Der Charakter dieser Beduinen ist ein durchaus nobler: das gierige Haschen nach Gold, das den egyptischen Beduinen so verächtlich macht, ist dem Sinai-
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beduinen nicht so zur andern Natur geworden, wie jenem: treu und zuverlässig, sobald er den Dienstvertrag eingegangen hat, beherzt, muthig und voll Aufujjferung im Augenblick der Gefahr, ist er ein wirklich angenehmer Ileiscgefährte , im Zelte nicht lästig und aufdringlich und doch voll Aufmerksamkeit für den Reisenden. Es freut ihn, wenn Fremde seine Berge be- suchen und namentlich wenn er sieht, dass sie auf Dinge achten, die sich im Horizont seines "Wissens bewegen , als da sind : Steine, Kräuter und Thiere. Dieser Umstand, es am Sinai mit einer natürlich guten, freundlich gesinnten Bevölkerung zu thun zu haben, erhöht hier wesentlich die Genüsse des Reisens« Weder in Egypten, noch in Syrien fand ich je wieder diesen prächtigen, zutraulichen Schlag von Menschen, der neben den erhabensten Eindrücken der Bergcolosse den lOtägigen *) Auf- enthalt in den "Wadis der Sinaikette entschieden zu den schönsten Tagen der ganzen ömonatlichcn Reise im Orient machte.
Nichts ist augenscheinlicher auf dem Wege vom Meer zum sinaitischen Gebirge, als dass alle und jede Zwischenformation zwischen dem jüngsten Meeresgebilde am Ufer und dem ältesten crystallinischcn Gebirge, das von der Meeresfläche zu den höchsten Gipfeln sich erhebt, absolut fehlt und zu allen Zeiten auch gefehlt hat. Yon späteren Hebungen zu paläozoischen Zeiten oder gar im zweiten oder dritten Weltenalter kann hier gar kein Rede sein; starr und steil in ungestörter, ruhiger Majestät erhebt sich vom Serbäl bis zum Om-Schomar und von Om-Schö- mar bis zum Ras Mehammed in verticaler Zerklüftung der uran- fängliche Gneis und Granit, oder, um mineralogisch zu sprechen, die Masse farblosen Quarzes, fleischrothen Feldspats, grünlicher Hornblenden und schwarzen Glimmers. Nie seit den Zeiten ihrer
*) Mein "Weg führte mich von el Tor aus über die 6 Stunden breite "W'üstenfläche el Qeah oder Qdnh ins Wadi Hebrän, vom He- brän in das Wadi Selaf, durchs Wadi Rim auf den zweiten nörd- lichen Gipfel des Serbais, von da in die Wadi Feinin, Selaf, el Schech zum Hakba Haua, Wadi Haua und Jlusa. !Nach Besteigung zweier Gipfel am Musa ging es wieder zuiück auf dem gewöhnlichen Weg vom Catharinenkloster nach el Tor.
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Bildung haben diese crystallinischen Massen irgend eine geo- logische Periode mitgemacht, von Uranfang der Dinge ragten ihre Gipfel aus dem Ocean, unberührt von Silur und Devon, von Dyas und Trias, von Jura und Kreide: am Fuss nur der alten Bergfeste hat einestheils das rothe Meer einen Kranz von Co- rallen um den Sinai gezogen, und mit ihrer Hilfe in jüngster Zeit ein Küstenland geschaffen, anderntheils hat das Meer zur Kreidezeit im Norden das Kalkplateau der Wüste Tyh ange- lagert (4000 Fuss über dem Meer), das sich über ganz Syrien bis zum Libanon hinzieht.
Grosse Unterschiede zu machen unter den crystallinischen Massen der Sinaikette, die sich in einer Ausdehnung von etwa 8 geogr. Meilen fast über 1 Breitegrad von Nord nach Süden ziehen, ist kaum möglich. Das ganze Gebirge bildet Einen cen- tralen Kern, durchzogen von Dioriten und Porphyren. Doch trenne ich der Uebersicht halber die nördliche Gebirgsgruppe des Serbäl *) , die mittlere Gruppe des Hebran und el Schech und die südliche Gruppe oder den Musastock.
Am Serbäl herrscht vor
1. ein grauer sehr feinkörniger Gneis,**) dessen Einzelbe- standtheile sich in gleichmässigen Körnern vertheilen, wobei der Glimmer das Ganze etwas lagerhaft macht. Er ist vorherr- schend das Massengestein im Wadi Seläf und bildet sozusagen den Fuss des Serbals.
2, Ein ganz prachtvoller rot her Granit, an welchem der Glimmer zurücktritt, ja meist ganz verschwindet. Es herrscht darin ein grobcrystallinischer rother Feldspat vor und grosse farb- lose Quarzkörner. Dieser porphyrische Granit bildet über dem grauen Gneis von etwa 3000' ü. d. M. an bis auf die höchste Höhe des Serbals das Grundgebirge und tritt in dem ganzen Wadi Kim und der furchtbar wilden Rimschlucht an der last senk- rechten Erhebung des eigentlichen Serbälstockes zu Tage. Einige
*) Unsere Beduiiienführer sprachen immer Sürbal nie Serbai, **) Alle hier aufgeführton Gebirgsarten sind in formatisirton lland- ßtücken in der Sammlung des k. Naturalienkabinets aufbewahrt.
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Abänderungen bringen stellenweise einen kleinen "Wechsel hervor: so z. B. ein Feldspat, der in dem Innern Kern seiner einzelnen Crystalle eine dunkclrothe (Eisenoxyd) Färbung zeigt, oder aber zur dunkelgrünen, epidotfarbigen Masse wird. Ein anderer lichtrother bis rosenrother Feldspat ist pegmatitartig von farb- losem trübem Quarz durchzogen und wird stellenweise zum ächten Pcgmatit. Ein drittes Gestein ist blassrothcr Feldspat und weisser trüber Feldspat mit kleineren Quarzkörnern.
3. In diesem Massengestein des Gneises und Granites tritt am häutigsten ein Dioritporphyr gangförmig auf, von welchem einige Hauptformen namhaft zu machen sind 1) ein völlig schwarzer Dioritporphyr, beim Schlag in Säulen zerspringend, rhombisch oder rechtwinklig ohne Gesetz; 2) ein dunkelgi'üner, etwas schmu- tziger Diorit. Weder dieser noch der erstere zeigt irgend eine Spur von crystallinischer Ausscheidung und kann daher als Aphanit bezeichnet werden. 3) Die schmutzig grüne Farbe geht in ein schmutziges Eöthlich über und kleine weisse Albitcrystalle scheiden sich aus. Man wird diese Form wohl besser schon Por- phyrit nennen; 4) lichtrother, polyedrischer Porphyrit, darin sich vereinzelt Albitkrystalle ausscheiden und seltene Quarzkörner 5) braunrother bis blutrother Porphyrit, rauh und körnig anzu- fühlen; 6) derselbe unter Ausscheidung zolllanger Oligoklase.
Besonderer Erwähnung bedarf das Vorkommen der Türkise in den Spalten der Porphyre des Megärahthales. Vor Jahren hatte ein Engländer Macdonald die Gruben wieder in Betrieb gesetzt, in denen der vielgcsuchte Stein*) gewonnen wird, der wohl an keiner arabischen Hand fehlt und selbst vom Aermsten in Zinn gefasst getragen wird. Das Vorkommen der Türkise hat mit dem der Bohnerze ungemein viel Aehnlichkeit, nament- lich der sog. Schalerze und der Pisolite. Der Türkis ist in den kleinsten Körnchen von Vio M.M. bis zur Grösse eines Centimeters
*) Firuzeh heisst der Stein beim Araber. ^Er wendet das Unglück ab von denen, die ihn tragen, er stärket das Auge, verschafft die Gunst der Prinzen, sichert den Sieg und verscheucht die bösen Träume."
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und darüber in einem bald härteren, bald mulmigen Eisenoxyd- gestein eingesprengt und lässt sich das schalige und traubige
Gefüge an dem Türkis wie an dem Eisenerz mit blosem Auge schon, namentlich aber bei einiger Vergrös- scrung deutlich erkennen. Dass die Bildung des Türkis und des Erzes ein und derselben Zeit angehört und auf ein und dieselbe Weise vor sich ging, folgt daraus von selbst. Das
Türkis im Muttergestein.
Eisenoxyd m seinem Uebergang zum Hydrat, d. h. von tief rothbrauner Farbe zum liehtgelben Ocker ist vollständig schalig: sobald Raum zwischen den Türkisen vorhanden, concentrisch schalig, also förmliches Bohnerz. Zwi- schen hinein ist, wie unsere Abbildung zeigt, der Türkis traubig, wolkig und schalig eingesprengt, unter SOfacher Yergrösserung schon als Aggregat kleiner Kügelchen erkennbar. Je tiefer roth das Eisenoxyd, um so blauer ist der Stein, je brauner das Erz wird, desto mehr bleicht der Stein ab und wird förmlich berg- grün in der lichten ockerfarbigen Umgebung. Dieses Gemenge von Türkis und Eisenerz liegt in engeren oder weiteren Spalten des ächten Scrbälporphyrs, in denen, so viel wenigstens ich sah, nur der reinste Raubbau getrieben wird und mit grosser Vor- sicht die Gruben wieder zugeschüttet werden, dass kein Dritter um die Erwerbsquelle wisse , die wohl dem Einen und Andern auf dem Markte zu Cairo einen massigen Erlös schon ge- währt hat.
Die genannten Ganggesteine sind nur die Repräsentanten für Duzende verschieden gefärbter Diorite und Porphyre, die ausserdem, was Korn und Grundmasse anbetrifft, immer wieder etwas unter einander abweichen. Die Gänge selber sind vom Durchmesser einiger Zolle bis zu Lachterstärke und darüber und durclischneiden das Masscngcstein auf die wunderlichste Weise. Manchmal schwellen die rothen Porphyi'ite zu Stöcken an und senden ein Trum in verschiedenen Richtungen ab, ein andermal geht ein Gang eine Zeitlang auseinander, um sich später wieder
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zu vereinigen, und das Alles ist in einer Weise aufgeschlossen, dass man nicht etwa blos auf hunderte von Lachteru, nein auf Stunden weit einen Gang zu verfolgen im Stande ist.
Im Wadi Feirän, wegen seiner vielen köstlichen Quellen die „Perle des Sinais" genannt, begegnet man einer solchen Menge von Gängen, wie man sie sicherlich auf keinem andern
^^^i.
,M:9m,
' Gang im Wadi Feiran in V20 natürl. Grösse.
Fleck der Erde in ähnlicher Klarheit und Bestimmtheit beob- achten kann. Mein Tagebuch ist voll Skizzen solcher Gänge, von denen einer in '20 n. Gr. wiedergegeben ist. Derselbe liegt im Feirän unterhalb des Palmenthals gegenüber dem alten zerfallenen Kloster Hererät. Er streicht genau hora 3 mit einer südlichen Neigung in 70 Grad. ]\ran sieht an demselben recht gut, wie das eigentliche Grund- und Massengestein der Glimmerschiefer ist, rother Granit schliesst sich zunächst an den Glimmerschiefer an, zwar innig mit ihm verwachsen, aber doch scharf geti'ennt. Ein neuer Absatz bringt Diorit, in dem Stücke rothen Granits eingeschlossen sind, inmitten des Diorits endlich ein blassrother Porphyrit, nur durch Farbe, nicht aber durch Grundmasse vom Diorit verschieden. Der rothe Porphyrit Nr. 4 unserer aufgezählten Ganggesteine ist nach den meisten Beobachtungen der jüngste derselben, nicht nur, dass er in Begleitung dunkler Diorite ist, im Innern Kern derselben steckt, sondern deutlich auch den dunkeln Diorit an zahlreichen Orten ver- worfen hat. Unser Profil ist der rechten Thalseite des obern Feiräns entnommen. Auf der Höhe der unijefähr 100 Meter hohen Anhöhe
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stehen die Ruinen eines Castells, das ohne Zweifel einst den Eingang ins Feirän beherrschte: der Porphyr bildet hier einen gewaltigen Stock und sendet seine Aeste quer durch die Diorit- gänge, die von demselben verworfen werden. Das Streichen dieser ist hora 2'/2.
Verwerfung der Dioritgänge durch Porphyr im Wadi Feirän.
Im Wadi Feirän, wie auch im Hebrän, rinnt längere Zeit im Jahr ein Bach, der freilich nach anhaltender Dürre auch wohl verschwindet. Dagegen bleibt immer eine gewisse Feuch- tigkeit im Boden, so dass dieses Thal zu den gesegnetsten Orten der ganzen Sinaihalbinsel gehört, um dessen Besitz auch seit Mosis Zeiten gestritten wurde (Exod. 17, 8). Die Thalsohle ist durchweg grün, natürlich nicht von Gras, aber doch von Ginster und Kameelsdorn, von Coloquinten und Wüstenkürbis und von Sejäl,*) Retem**) undTarfa***) und über dem Gebüsch erheben sich bald einzelne Palmen, schliesslich ein Palmenhain, dazwischen Dattelpflaumen und Johannisbrod. Die Felsen tragen Inschriften, die Höhen sind von Ruinen gekrönt, überall die Spuren der Menschen- geschichte in diesen Oasen inmitten der starren Steinwüste. Es braucht wohl kaum gesagt zu werden, dass gerade diese es ist, welche die Reize der Oase erhöht und so den ächten Charakter einer orientalischen Landschaft hervorhebt, der in dem Contrast zwischen Wüste und üppigem Planzenleben besteht.
*) Acacia vera, Schittinholz der Schrift , gibt arabisches Gummi. Lynch p. 323.
**) Genista mo7iospcrnui nach Lynch p. 324. ***) Tdinarix f/alUcu mannifera Ehrb. die Manna-Tamariske.
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Was die Oasen am Sinai ins Dasein ruft, ist ganz ent- schieden der Gneis, namentlich der gUmmerreiche , in seinen üebergängen zum Ghmmerschiefer. Im körnigen und feldspatreichen Granit, im Diorit und Porphyrit sammelt sich das Regenwasser nie, erst das schuppige Gliramerbliittchcn hält das Wasser auf und so darf man fast sicher darauf zählen, wo der Boden feucht wird und Vegetation gedeiht, ein Nest von glimmerreichem Gneise unter sich zu haben. Selbst an dem hohen Serbai wird das klar, wesshalb ich in Kürze unsere Besteigung dieses herrlichen Berges hier einfüge: denn der Weg führt über drei Oasen in der Grösse einiger Quadratruthen bis etwa zu der eines halben Morgens vom Wadi Sehif zur Höhe des Serbäl. Aus einiger Ferne schon erkennt man sie an 2 — 3 schlanken Palmen und dem Tarfagebüsch als Unterholz: an Ort und Stelle angekommen, bemerkt man alsbald den Grund der Wassersammlung, einen Gneis, der sich aus dem Granit des Serbais herausgemacht hat. Im Wadi Selaf selber war bei durchweg herrschendem Gneis ziemliche Feuchtigkeit und ein nothdürftiger Kräuterwuchs für den Stamm von 22 Zelten.
Am 30. Dezbr. 1864 5 Uhr 20 Min. vor Sonnenaufgang ward mit zwei Führern des Stammes nach dem Berge auf- gebrochen. Drei Viertelstunden gings in einem Seitenthal des Seläf noch zu Kameel über Irrblöcke von Gneis und Porphyr hinweg zum ersten Wässerchen, das in der Stärke eines Bninnen- rohrs über einen dunkeln massigen Gneisblock herabläuft, um nach einigen Schritten im Sande des Thals zu verrinnen. Un- sere Beduinen nannten das Thal M'Tacheh, in dem wir etwa 500' über die Sohle des Wadi Seläf, 2709 P. F. ü. d. M. nach Russegger, gestiegen sein mochten. Von hier an (6 Uhr 15) ver- liessen wir das feste, anstehende Gestein nie mehr. Zunächst führte der Weg über einen 600' hohen Felskamm, durchweg aus grauem quarzreichem Gneis bestehend, in hora 2 — 3 zerklüftet. Der Fels- kamm, der dui'ch einen Dioritgang (hora 6) gebildet wird, ward 8 Uhr 15 Min. erreicht und lag die vollständige Serbälkette mit ihren 5 Gipfelgruppen in unvergleichlicher Majestät vor uns. Der Morgen war kühl und frisch (10*^' Reaum.), zum Steigen einladend, die
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Luft durchsichtig, um die in violetten Farbentönen sich zeigenden Bergspitzen zogen leichte, weisse Nebelwolken. 8 Uhr 45 Min. war ins Wadi Rim hinabgestiegen und die erste Oase erreicht, 9 Uhr 30 Min. die zweite Oase am Anfang der Kimschlucht. Hiemit stunden wir vor dem eigentlichen Massiv des Serbäls und betraten das Gebiet der fleischrothen Feldspate. Einen wun- derbaren Anblick gewährt ein klafterbreiter dunkler Dioritgang, der hora SV^ den rothen Granit durchsetzt und wie ein grünes Band auf rothem Tuchkleid im Glänze der Sonne sich aushebt. Fürchterlich steil geht es von nun an aufwärts, und muss von Fels zu Fels geklettert werden. An einem der Grünsteingänge, der hora 6 gerade auf dem Wege liegt, geht es am besten voran, denn hier trifft man doch harte, scharfe Kanten und Ecken, während der Graint rund abwittert und die Feldspate unter jedem Tritt zerbröckeln. Um 11 Uhr ward die dritte Oase er- reicht mit den Resten einer zerfallenen Steinliütte und einer höchst dürftigen Quelle, die ein Gebüsch der Jassurstaude ins Leben rief, aus dem uns die Führer die hochgeschätzten „Moses- stäbe" schnitten. Nach kurzer Rast ging es in einem kleinen Teich aufwärts über eine Reihe alter Einsiedlerwohnungen, die mit Vorliebe in ausgehöhlten Granitblöcken zu rechte gemacht wurden. Der Granit hat hier mehr als sonstwo die Eigen- thümlichkeit, in Kugelform zu verwittern. In den riesigen, oft hausgrossen Blöcken , die in längst vergangnen Zeiten von den schwindelnden Höhen über uns herabgestürzt waren, fängt die Verwitterung von innen heraus in der IMitto des Blockes an. Diese geht in einer erstaunlichen Regelmässigkeit vor sich und bildet dabei Höhlen und Hohlkugeln, dass man fast an Kunst zu denken versucht ist. Und doch ist dem nicht so, solche vollkommen runden Löcher erblickt man auch an Höhen über sich, die noch nie eines Menschen Hand berührt hat. In ein- zelnen dieser ausgehöhlten Steinblöcke sieht man noch die Ein- richtung eines Fcucrheerdcs, geschwärzte Decke, rohe Stoinbank, den unvermeidlichen Taubenschlag und Scherben von thönerncm Geschirr, Wasserleitungsröhren u. dgl. Es wurde Mittag, bis die Hochfläche Segelji erreicht war, wo auf dorn Boden Grund-
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mauern zerstörter Wohnungen und verschiedener Schutt es be- zeugten, dass früher bis in diese Höhe von über 5000' ü. d. M. Menschen gewohnt hatten. Oder war hier der Platz, wo vor Jahrtausenden Baalspriester ihrem Gotte Opfer brachten? Ein geeigneterer Platz könnte keinesfalls sonst wo gefunden werden, als diese hochgelegene Fclsenplatte, amphithoatralisch von der Natur angelegt, die gegen Westen allein einen freien Ausblick gewährt über einen schauerlichen Steilabfall hinab auf das rothe Meer und die fernen Borge Afrika's, sonst aber von noch höher aufgethürmten Felsraassen umschlossen ist. Gegen Süden stehen noch 2, gegen Nord und Nordost noch 3, zusammen die 5 weithin sichtbaren Gipfelgruppen des Serbäl um das Felsennest herum. Der Yersuch, an der Utächst gelegenen nördlichen Gruppe empor- zuklimmen, musste um 12Vj Uhr aufgegeben werden, das Klet- tern resp. Kutschen auf diesen schiefen Ebenen von 20 — 30 Gr. ward lebensgefährlich, darum gings rasch wieder zur Segelji- platte und mit der letzten Kraft zu einem der südlichen Gipfel hinan. Um 1 Uhr 30 Min. war er erreicht, einzig nur mit Hilfe eines Dioritgangs, an dessen spitzen Zacken man sich empor- schwingen konnte.
Der Gipfel verdankt seine Existenz einem 10 Meter breiten Dioritgang, und hat beiläufig diese Dimension nach der einen Richtung; nach der andern wird er schmäler, dass man sich kaum zu stehen getraut, sondern auf allen Vieren den Stütz- punkt sucht. Der von uns glücklich erstiegene Gipfel war üb- rigens eine der niedrigsten Spitzen in dem schauerlichen Felsen- kranz. In einem Umkreis von beiläufig 1000 Meter (eher mehr als weniger) zählte ich von unserer Zinne aus 47 Spitzen oder, wie man an den nächstgelcgenen deutlich sah, ebenso viele Dioritgänge, die aus der Granitmasse hervorstarren. Der Diorit hat im Laufe der unermesslichen Zeiträume, da diese Gipfel zum Luftraum ragen , der Verwitterung anders Widerstand geleistet , als der Granit mit seinen Feldspaten, daher ragen jetzt ebenso viele Dioritzinken aus dem Granitlager des Serbäl, als man Spitzen an dem Berge zählt.
Die Stunde auf dieser Zinne gehörte in der vollsten Be-
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deutung des Wortes zu der erhabensten unseres Lebens. Nach 3 Himmelsgegenden lag die Gegend offen, nur der südliche Aus- blick war durch vorgeschobene Serbäl-Zinnen und den noch höheren Musastock verdeckt. Da lagen die beiden Arme des rothen Meers, gegen Osten die Akaba, ein Stück des fahlen Arabiens und das unübersehbare Wüstenplateau Tyh bis zu den fernen Höhen Petra's, gegen Norden der Busen von Sues und der Atäqah, gegen Westen endlich, nahe als gings nur über den Bodensee hinüber, die Berge zwischen dem Nil und rothen Meer. Jedem von uns wird diese Stunde unvergesslich bleiben, die nur Einmal in einem Menschenleben erlebt wird, sie glich all die Mühsale des Tages wieder aus und verlieh dem Körper eine Spannkraft, die auch in der That zu dem gefahrvollen Heimwege nöthig war. Noch erinnere ich mich mit einem ge- wissen Grauen an die fürchterliche Rimschlucht, in die wieder an der Hand der scharfen Dioritkanten über die nackten bröcke- ligen Granitwände viel mehr gerutscht als geklettert werden musste, und an die Lebensgefahr, die den Freunden drohte, wenn Felsblöcke, auf denen man fassen wollte, sich lösten xmd lawinenartig mit fürchterlichem Krachen zur Tiefe stürzten. Der aufopfernde Muth und die Hingebung der Beduinen war dabei rührend, mit der sie sich eines der Freunde annahmen , dem es am meisten an Uebung im Klettern gebrach. Der Tag ward lang und hart. Erst bei tiefer Nacht um OV^ Uhr wurde das Lager im Seläf wieder erreicht, und ohne auf kleine Wunden und Quetschungen zu achten, mit frohem „Taib" auf das unaufhörliche „Teibin Chawadje" *) der Beduinen geantwortet.
In der centralen Sinaigruppe des Hebrän und El Schech fehlen die grossen Massenerhebungen. Sie stellt ein coupirtes Hochland von 3—4000 Fuss Erhebung über d. M. dar, durch- schnitten in hora 1 1 von dem eine starke Tagereise langen Wadi el Schech, das bei seinem Austritt ins Feiran am schmälsten und bei seinem Anfang am Fusse des Musa am breitesten ist. Auf diese eigonthümlichc Gestaltung der Sinaithäler werden wir später
') Wio geht es Herr? — Gut geht os.
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zu sprechen kommen. Parallel mit dorn cl Schech lauft eine Zeitlang das Selt'if, beide so ziemlich in gleicher Höhe von über 2000'; rein westlich biegt das Ilcbrän von diesem Gebirgsstock ab, das bei seinem Austritt aus dem Gebirge in das Küstenland nur noch 700' über d. M. liegt. Das Hebrän ist bei seinem starken Gefiill und dem beharrlichen Zickzack, in dem es läuft, ein entzückendes, mit jeder Biegung des Weges neue Schönheiten entfaltendes Thal, ein frisches Bergwasser rinnt eine Zeitlang im Jahre, *) und auf der eigentlichen freilich schmalen Sohle wächst Tarfagebüsch und einzelne Palmen, der wolligen Labiaten und haarigen Cniciferen nicht zu gedenken, die neben Aroideen und Boragineen am Bache wachsen. Von Zeit zu Zeit erweitert sich das Thal und gewährt die "Weitung einen herrlichen Ausblick auf die Bergriesen im Hintergrund, unter denen der stattliche dreizinkige Goseh, vonRussegger auf 8700' geschätzt, sich aushebt. Einförmiger wird das Reisen in den beiden Nord-Süd streichenden Thälern Seläf und el Schech, dunkle Glimmerschiefer und tiefgraue Granite, welche stundenlang die abgerundeten Höhen bilden, machen dieselben unendlich melancholisch. Auch der Geognost fängt an sich in ihnen zu langweilen, werden doch die Gänge, die am Serbäl und Musa entzücken, immer seltener. Sie fangen an parallel mit dem Thale zu streichen und lang gezogene Gräthe**) und Kämme zu bilden, an denen man hinreitet. Wo ein Dioritgang quer das Thal schneidet, muss man über ihn wie über eine zer- fallene Mauer setzen, die das Thal einst sperrte.
Als Massengestein dieser centralen Sinaigruppe beobach- tet man
1. Einförmig grauen Gneis von trübseliger Farbe. Er
*) Die einen Reisenden reden von fliessendem 'Wasser im Hebrän, die andern leugnen es. "Wir fanden am 28, December nur in den Tüm- peln stehendes Wasser, dagegen bei der Rückkehr am 5. Januar einen fliessenden Bach, der jedoch das Ende des Wadis nicht ganz erreichte. Ohne dass wir am Musa etwas davon bemerkten, musste es indessen im Hebrän geregnet haben.
**) Der von Russegger in Band 3. p. 234 gezeichnete Gang fiel auch uns in die Augen.
Würltemb. naturw. Jahreshefte. ISG". 2s n. 3s Heft. H
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besteht aus weissem Quarz, einzelnen weissen Feldspatcrystalleu und grauem Glimmer, der lagerhaft in 1 — 2 Linien grossen schuppigen Flecken in dem weissen Grundgestein ausgebreitet ist. An einer Reihe von Uebergängen zum grauen Glimmer- schiefer fehlt es nicht.
2. Dunkelgrauer Syenit, auch Sinai t genannt, aus farblosem. Quarz, weissem Feldspat und dunkelgrüner Hornblende zusam- mengesetzt. Das Gestein ist feinkörnig und die 3 Bestandtheile sehr gleichmässig vertheilt. Accessorisch treten kleine Körner von Titanit *) hinzu.
*) Herr Dr. G. Werner hat den Sinait näher untersucht und theilt mir Nachstehendes über denselben mit:
Neben dem weissen und dem dunkelgrünen Bestandlheil erscheinen durch die ganze Masse kleine Körner von zimmtbrauner Farbe und ziemlich starkem Glanz, die jedoch höchstens 1 Quadratmillim. Fläche dar- bieten, meist viel kleiner erscheinen. Ausserdem beobachtet man Blätt- chen von schwarzem Glimmer, jedoch in viel geringerer Quantität als di& Hornblende. Ein DünnschhfF zeigt unter dem Mikroskop in der weissen Masse neben dem trüb erscheinenden Feldspat auch Quarz in erheblicher Menge, den man an der klaren Durchsichtigkeit vom Feldspat sehr leicht unterscheidet. Für den Quarzgehalt S[)richt überdiess der Um- stand, dass das Gesteni unt(^r Umständen am Stahl sehr starke Funken gibt, während bei der Betrachtung mit dem blosen Auge und mit derLoupe der Quarz wegen der Kleinheit des Korns nicht so deutlich erkannt werden kann. Die Hornblende erscheint unter dem Mikroskop meist undurchsichtig und desshalb schwarz; nur an einzelnen Stellen, beson- ders an den lländern der Hornblendepartikeln ist sie mit lichtgrüner Farbe durchsichtig. Kleine rundum ausgebildete Kryställchen von gleicher Farbe und von zwei- und eingliedrigem oder einj;;liedrigem Habitus liegen über- diess in der wasserklaren Quarzmasse, neben den faiblosen durchsich- tigen spiessigen Crystallen, die man im Quarz der Granite unter dem Mikroskop immer beobachtet. — Ferner erscheinen darin schwarze, un- regelmässige Körner, die ohne Zweifel aus Magneteisen bestehen. Denn aus dem gepulverten Gestein lässt sich mittelst des Magnets ein an- sehnlicher Bart von Mugneleisenkörnern ziehen, die indessen für sicli unter das Mikroskop gebracht keine Krystallform zeigen. Ueberdiesa wirkt das Gestein selbst sehr merklich auf die Magnetnadel. Das braune Mineral erscheint unter dem Mikroskop sehr fein gestreift und durchscheinend.
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3. Dunkelgrauer Granit wechselt mit dem Syenit. Der farblose Quarz tritt zurück, der Feldspat ist trüber mit einem Stieb ins Küthliche und schwarzer Glimmer ist fein vertheilt.
4. Rüthlicher Granit mit schwach rosenrothem Orthoklas, farblosem Quarz und schwarzem Glimmer. Die Bestandtheile, sind ziemlich gleich vertheilt.
5. Schiefriger Amphibolit. Die Hornblende ist feinkörnig und faserig vertheilt, von feinen Lagen eines farblosen Quarzes durchzogen. Dieses Gestein ist im oberen Hebran ausserordent- lich verbreitet und bildet namentlich den Pass, der in das untere Selaf führt.
6. Epidotgranit bildet im mittleren Ilebran einen wunder- schönen Fels. Vorherrschend ist fleischrother, prachtvoller Feld- spat, dazwischen ein grauweisser Quarz in liniengrossen Körnern. Die ganze Masse ist von lauchgrünem bis lichtgrünem Epidotfels durchzogen. Dieser selbst bildet sehr häufig grosse Knauer und colossale Stöcke in grauem Gneis wie im Glimmerschiefer, die sich aus der Ferne gesehen wie üppige Vegetationsplätze aus- nehmen.
Gangförmig in dem Massengestein haben wir wieder wie im Serbai dunkelgrüne und rothe Grundgesteine mit und ohne Ent- wicklung von Crystallen. Wir nennen zuerst den D i o r i t , in wel- chem wir weissen Feldspat in grösseren Crystallen, feinkörnigen fleischrothen Feldspat in schmutziggrüner Hornblende-Masse un- terscheiden. Die Farbe dieses Diorits ist trübe und düster. Dcr-
Vor dem Lüthrohr zeigt das braune Mineral den Schmelzgrad 3 — 4; es schmilzt unter lebhaftem Sprühen zu einem schwarzbrauneu matten Glase, während der ungeschmolzene Theil heller wird und seine Farbe in die spargelgrünc umwandelt. Im Phosphorsalz gibt es im Reductionsfeuer eine hellgelbe Perle, die (besonders bei Zusatz von Zinn) beim Erkalten violett wird. Diese Reactionen stimmen so genau mit denen des Sphen oder Titanit überein, dass kein Zweifel sein kauu, dass das braune Mineral Titanit sei. Ueber die Natur des Feldspats gibt das Verhalten vor dem Lüthrohr, da er von den andern Mineralien nicht vollständig getrennt werden kann, keinen sicheren Aufschluss.
Es ist demnach der Sinait ein Syenitgranit mit beigemengtem Ti- tanit und Ma^rneteisen.
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selbe geht unvermerkt über in ein Gestein, das man besser Syenit als Diorit nennt, denn es bilden sieb die Crystalle aus, grauer Quarz mengt sieb bei und ausgebildete Hornblenden.
Daran schliesst sieb ein ausgezeiebneter scbwarzer Syenit- porpbyr (Rose); eine scbwarze glänzende Grundmasse, unter der Loupe grünlich am Bruche durchscheinend mit kleinen weissen Oligoklascrystallen, bildet er einen Gang im untern Hebran. Wie dieses Gestein an die Syenite anknüpft, so an die röthlichen Gra- nite ein lebhaft rother Porphyrit mit eingesprengten feinen Körnern einer licbtgrünen Hornblende. Derselbe steht am Pass zum Seläf an , und weist bereits auf die Serbälgruppe hin , in der die Gänge eine so ausgezeichnete Entwicklung gefunden haben.
In dem eigentlichen über 6 geogr. Meilen von N. nach S. hinziehenden Gebirgsstock sind, wie schon angedeutet, die Gänge bei weitem nicht so zahlreich. Bei dem Hauptstreichen der Gänge in Stunde 11, das mit dem Streichen der beiden Haupt- Wadis zusammenfällt, begegnet man ihnen wenigstens seltener, dagegen sieht man an denselben die eigenthümliche Begränzuug der Bergketten durch schwarze und rothe Gänge, die als ein farbiger Besatz der grauen Berge erscheinen, auf welche nament- lich Eussegger aufmerksam gemacht hat.
Einer Reihe wunderlicher Verwitterungen in dem grauen Granit geschehe hier noch Erwähnung. Etwa in der Mitte des Wadi el Schechs bildet der bröckelige, weiche Granit auf mehr als eine Stunde Wegs phantastische Formen, nicht blos Säcke, Vollkugeln und Hohlkugeln, Brillen u. s. w., sondern wirklich überraschende Thiergestalten und Physiognomien. Man braucht seine Phantasie gar nicht anzustrengen, so sieht man einen Ele- phantenkopf, Affen, Panther, Kameele und dergleichen. Formen, die offenbar seit Jahrhunderten die Aufmerksamkeit aller Vor- überziehenden auf sich gezogen haben. Ist irgendwo hart am Wege eine schöne Granitwand, etwas härter als die Umgebung, so ist sie über und über mit alten Inschriften und Charakteren versehen, die selten über Manneshöhe in den Fels gehauen sind. Die Archäologen nennen sie die sinaitischeu Inschriften und
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geben ilinen verschiedenes Alter. Jo nachdem wären 3 Jahr- tausende oder mehr spurlos an diesen Wänden vorübergegangen und hat wohl Moses und das Volk Israel nicht blos diese be- schriebenen Steine , sondern alle die phantastischen Felsen- köpfe bereits in der gleichen Gestalt gesehen, als wir sie jetzt schauen.
Die Wadis breiten sich, je höher man in ihnen hinaufsteigt, um so mehr zu weiten Thalgründen aus, so breit als das Neckar- tbal bei Canstatt. Die Berge werden immer niedriger und er- reicht man, bevor die Höhe des Musastockes erstiegen wird, eine w^eite Hochfläche, in der ungeheure Schuttmassen den Grund und Boden bilden, aus welchem nur hie und da noch ein an- stehender Felsblock, meist röther Porphyr, herausschaut.
In senkrechten riesigen Wänden erheben sich jetzt breite Massen, 2000' höher als die schon über 3000' über dem Meere liegende Hochfläche el Schech. Es ist die Gruppe des Horeb
Ansiclit des Djebel Musa vom Kntliarinenkloster aus. Nach einer Zeichnung von U. v. Hcuglin.
mit dem Mittelpunct des Djebel Musa, der wenn auch nicht der höchste, so doch der bedeutungsvollste unter allen Bergen
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der "Welt ist, der „Sinai" im engern Sinne des "Worts. Mit dem Haua-Passe ersteigt man in 1'/-' Stunden das Gebirge, das vor allem durch seine Doppelfarbe grau und roth in billiges Erstau- nen setzt. Der Gebirgsstock besteht zunächst aus grauem Granit und Syenit mit einem Stich ins Grüne, in dem Dioritporphyre und Hornblenden massenhaft sich einnisten. Ueber diesen grauen Grundmassen thürmen sich rosenrothe körnige Granitmassen zu schwindelnden Höhen auf. Somit haben wir wieder als Grund- masse 1) ächten Syenit mit farblosen Oligoklasen, 2) schwarz- grünen ächten Amphibolit, bald körnig, bald schieferig, und 3) ächten rothen Granit mit fleischfarbigem Feldspat, farblosem Quarz und schwarzem Glunmer.
In diesen Grundmassen des Horeb entwickeln sich in bedeu- tender Mächtigkeit Aphanite, schmutzig grün von Farbe, ohne eine Spur von Crystallausscheidung. Man weiss nicht recht, wie man sie ansehen soll. Gänge wie im Serbai und dem Seläf bil- den sie nicht mehr, es müssten denn Gänge von 100 Meter und darüber, die für sich ganze Bergmassen bilden, noch mit diesem Ausdruck zu bezeichnen sein. Aehnlich verhält es sich mit Diorit- porphyr von dunkelgrünem bis grauem Grund, in dem sich Ku- geln von weissgrüner Feldspatmasse ausscheiden und ebenso mit dem fleischrothen bis braunrothen Granitporphyr, der die Kuppen des Musa, Horeb und Catharina bildet. Sind es Gänge im körnigen Syenit und Granit, so ist die Analogie mit dem Serbäl hergestellt, wo die Gänge nur statt hundert Lachtern 1 Lachter und darunter mächtig sind. Sind es dagegen Stöcke und Stösse, so bleibt immerhin die gerade Linie auffällig, unter der die granitischen und porphyrischen Gesteine sich an einander lehnen. Dass accessorisch hübsch ausgebildete Fcldspatcrystalle, Bergcrystalle und Granaten in einem Schriftgranit auftreten, ist nicht gerade wichtig, aber doch für die Musagruppe be- zeichnend.
Dass es auch im Centrum des Musastockes nicht an Quellen fehlt , wo das Massiv der Borge sich in tiefen Klüften und Schluchten spaltet, liegt in der Natur der Sache. Sobald sich lagerhafte Glimmer und Gneise einstellen, eignet sich das Ge-
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"birge dazu, die obgleich jederzeit spärlichen Meteorwasser auf längere Zeit im Jahr zurückzuhalten und die gesammelten Wasser später in Folge des Gefälles da und dort zu Tage zu drücken. Yom Wohlgeschmack der Schwarzwaldwasser und von der Kühle europäischer Bergwasser rieselt dann ein Bächlein durch den Sand und Schutt, in dem es freilieh rasch sich wärmt und nach kurzer Frist im Boden verlauft und verdunstet. Die Gärten im Wadi Musa und seiner Umgebung liefern hiezu Belege. Alle diese Quellen sind natürliche Brunnen, die sich im glimmerrcichen Gneise sammeln und im Grunde des Wadis sich herausdrücken. Doch sind auch wohl aus uralten Zeiten her künstliche Brunnen angelegt, unter denen einer unsere besondere Aufmerksamkeit erregt. Ich meine nicht den von den Mönchen für Mosis Quelle ausgegebenen Fels, denn wer leichtgläubig genug ist, einen vom Musa niedergestürzten Granitblock mit einer Porphyrader und einigen Drusenräuraen für denselben zu halten, und wer gut- müthig genug ist, dem Mönche nicht ins Gesicht zu lachen, der alles Ernstes erzählt, aus den Drusenlöchern, deren es 12 seien, sei für die 12 Stämme Israels das Wasser geflossen, der ist zum Voraus für naturhistorische Untersuchungen verloren. Wer aber ohne Begleitung der Mönche *) vorurtheilslos in den Bergen herum- klettert, der mag hier noch Manches finden, wovon der Kloster- bruder gar keine Ahnung hat. So sieht ein scharfes Auge am Fusse des Horeb , wie des Musa in ziemlicher Höhe über der Thalsohle an der glatten, kahlen Bergwand einzelne grüne Flecke in schwindelnder Höhe. Anfangs diese Stellen für Stöcke von Epidot oder Pistazit erachtend, welche an der röthlichen Granit- wand sich breit gemacht hätten, belehrte mich der Beduine, dass hier oben Wasser wäre und gute Jagdplätze für die Steinhühner.
*) Es ist jedoch bo leicht nicht, sich die Mönche vom Leib zu halten, die es als uraltes Privilegium in Anspruch nehmen, die Frem- den auf den heiligen Bergen zu führen. Ausser mir hat schon mancher Sinai-Ilcisende die Bemerkung gemacht, dass man hinter den griechi- schen Klostermauern noch gieriger auf das Backschisch sah, als im Zelte «des Arabers.
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Auf der linken Thalseite des Klosterthals ward nun zu einem der nächstliegenden grünen Flecke hinaufgeklettert. Senkrecht erhebt sich hier aus dem Gebirgsschutt in röthlichem Farben- duft eine Granitwand, an deren Fuss sich zuerst ein Feigenbaum erkenntlich macht und beim Nähertreten Buschwerk und grüne Kräuter sich zeigen, hervorgerufen durch ein kleines Wasser- bassin, das aus einer Quelle in unmittelbarster Nähe gespeist wird. Diese läuft wunderlicher Weise aus der glatten Granit- wand etwa in Brusthöhe heraus, sie ist zwar nicht stark, etwa in der Stärke eines Stuttgarter Brunnenrohrs, aber genügt, das künstlich angelegte Bassin am Fuss der Wand zu füllen, aus
welchem ein kleines \^ \ S°" <^lta^ terrassenförmig ange-
legtes Gärtchen von einigen Ruthen Grösse gewässert wird. An und für sich schon musste es auffallen, aus der glatten Granit- wand eine Quelle flies- sen zu sehen, das Auf- fällige mehrte sich, als- sich bei näherer Be- obachtung die Oeff- eine künstlich ge- einifjen Zoll Durch-
Mosis Quelle am Djcbel Slusa.
nung, aus der das Wasser floss, als machte herausstellte. Ein Loch von messer ist hier mittelst eines Schlag-Instrumentes, dessen Spuren man deutlich genug noch wahrnimmt, in die Wand getrieben und wurde damit eine beiläufig halbschühige Granitschalo durch- gebrochen, hinter welcher ein natürlicher Quelllauf ist, der nun- mehr durch die künstliche Oeffnung den Weg gefunden. Ver- geblich sieht man sonst sich nach Wasserspuren an der Berg- wand um, die etwa das Vorhandensein des früher hinter der Granitwand verborgenen Quells hätten verrathcn können: au der 40' hohen Wand, die mit den Verticalklüftcu des ganzen
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Musastockes parallel läuft, spiegeln nur die Blätterdurchgänge der Feldspatcrystalle im heissen Sonnenschein und keinerlei An- zeichen verrieth den "Wasserschatz, der hinter der Wand steckte. Die Quelle ist von Menschenhand „aus dem Felsen geschlagen" und ob auch das murmelnde Wasser sein Geheimniss nicht ver- räth und kein Sterblicher es je erfahren wird, wer, dasselbe zu Tage gelockt, so dachte ich doch an diesem wunderbaren Quell mit einer gewissen Vorliebe an den grossen Kenner der Men- schen und der Berge , an Moses , den Knecht Gottes , der nach Exod. 17, 6 „einen Fels in Horeb schlug, dass Wasser heraus- lief und das Volk trank".
Es darf hier wohl der Ort sein, ein Wort über den Djebel Musa und seine welthistorische Bedeutung zu sagen. Lepsius glaubt den wahren „Sinai" , den Berg der Gesetzgebung, nicht im Musa, sondern im Serbäl zu erkennen und begründet seine Ansicht mit der Fruchtbarkeit des Wadi Feirans, das am Fusse jenes Berges liegt. Während am Musa nur spärliche Quellen und kleine feuchte Strecken sich befinden, eben kaum hinrei- chend, imi die beiden Klostergärten zu befeuchten, ist das Feiran ganz anders zum Aufenthalt eines Volkes von der Natur ange- legt. Feiran muss Mose schon der gesuchte Mittelpunet der ganzen Halbinsel gewesen sein, auf den er zuerst losging und um den Israel mit Amalek stritt. Dazu kommt die Nähe des noch guten Seehafens Abu Zelimeh, der vom Wadi Schebekeh aus mit Wasser versorgt werden konnte; dahin verlegt Lepsius den Lagerplatz am Schilfmeer, der hinter Elim lag und die 12 Brunnen und 70 Palmen von Elim. Hier nimmt die Wüste einen andern Charakter an, wesshalb der nördlich gelegene Theil für die Wüste Sur, der südliche für die Wüste Sin genommen wird. Dann lag der Serbai als der Berg in der Wüste Sin allerdings zunächst, zugleich war er wegen der Kupferminen der bekann- teste Berg für Egypten, seit alten Zeiten heilig, von Mose längst gekannt, der von Midian aus die Schafe des Jethro dort wai- dete. Dazu die sinaitischen Inschriften, vor allem aber die Frucht- barkeit des Thaies, in welchem ein Unterhalt für das Volk mög-
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lieh war, denn am Musa könnten heut zu Tage kaum zweitau- send Menschen täglich nur das Wasser finden.
Es ist wahr, dass dieses Alles für den Serbäl spricht und hat Lepsius vollkommen Recht, wenn er der Mönchstradition, die natürlich den Musa für den Berg Gottes erklärt, nicht den geringsten Werth beilegt. In der langen Zeit zwischen der Ge- setzgebung und den ersten christlichen Jahrhunderten wird der Sinai nur einmal erwähnt als der Berg Gottes, auf den sich Elias zurückzieht, und da weder Griechen noch Römer den Berg kennen, sind wir einzig auf die Schrift angewiesen und die na- türlichen geographischen Verhältnisse. Diese sind aber der Art, dass der Serbäl für die in der Schrift erzählten Umstände, wie für die Sammlung des Volkes am Fusse des Berges, dessen Um- friedigung u. s. w. nicht passt; in dieser Hinsicht trifft man in der That in der ganzen Sinaikette keinen zweiten Berg, der so frei und isolirt über die weite Ebene Rahab sich erhöbe und dabei so majestätisch vor den Menschen im Thale stünde, als es beim Musa der Fall ist.
So fruchtbar das Feirän heutzutage ist, so ist es doch nur ein sehr enges Palmenthal, in welchem viele Menschen sich nicht aufhalten können, es ist nur eine Felsschlucht gegenüber der weiten Fläche des Rahab, ebenso ist der Serbäl ein aus etlich und 40 Einzelngipfeln bestehendes Zackengebirgo, dessen Spitzen nur mit Lebensgefahr erklettert werden können, während der Musa als ein massiger Berg in einem erhabenen leicht besteig- baren Ilöhepunct gipfelt. Es widerstreitet Einem innerlich, in dem wilden vielspitzigen Felsgeklüfte des Serbäl den Ort zu suchen, da die Lehre von dem Einen ewigen Gott ausging; zu solchen Gedanken passt vielmehr der Eine majestätische Gipfel des Musa.
Lepsius gründet, wie wir sahen, seine Ansicht hauptsächlich auf die natürliche Beschaffenheit des Feiräns, seine Fruchtbar- keit und seine geographische Lage. Dabei geht er von der Voraussetzung aus, die natürlichen Verhältnisse hatten sich seit Mosis Zeit nicht wesentlich verändert. Die Topographie der sinaitischen Halbinsel freilich ist seit länger als Mosis Zeit un-
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verändert, dagegen ist die Annahme ganz unhaltbar, dass auch die Oberflächenverhältnisse , die Vorhältnisse des Was- sers, der Vegetation, der Cultur oder allgemeiner gesprochen des Klimas heute noch wären wie damals. Heutzutage leben auf der ganzen beiläufig 450 DMeilen grossen Halbinsel nur etwa 4000 Beduinen, oft genug unter einander im Hader wegen der Waideplätze und der spärlichen Wasserquellcn. Die Quelle im Seläf war in Folge des Besuchs unserer Karawane am Lager- platz der Beduinen nach 3 Tagen erschöpft, so dass der würdige Schech Nassar uns erklärte, so lieb ihm seine Gäste seien, so müssen wir doch bis zum Abend anderswo unser Lager auf- schlagen, CS gebreche so schon seinem Stamme an Wasser. In einem Lande mm, das durch den Einfall von auch nur 1000 Mann buchstäblich ausgesaugt und abgewaidet wäre, soll sich Israel Jahre lang aufgehalten haben? Das zahlreiche Volk Israel*) hätte in wonigen Tagen das Wasser des ganzen heu- tigen Sinai ausgeschöpft, alle Vegetation abgewaidet und damit jedes weitere Lebensmittel aufgezehrt gehabt, selbst wenn gar keine einheimische Bevölkerung vorhanden gewesen wäre. Statt dessen finden wir die verschiedenen Stämme in Ordnung ihre Züge verfolgen , in Schlachten die Ureinwohner besiegen und sicherlich alle Wadis benützend, dem Centi-alstock des ganzen Gebirges, dem Djebel Choreb oder Musa geordnet zuziehen, wo in grosser Volksversammlung das Gesetz verkündet wurde. Der Sinai muss damals in allen Wadis eine fruchtbare Alpenland- schaft gewesen sein, die Berge mit Waiden bedeckt; an eine Wüste, wie sie jetzt ist, , zu denken, ist rein unmöglich. Unter der Wüste, welche die Schrift nennt, darf man nur entweder die gesalzenen Steppen am Ufer des rothen Meeres verstehen und etwa noch die Felsenbezirke im Gebirge, in welchem die Wasser sich nicht sammeln und daher vegetationsleere Strecken bilden konnten. Heutzutage ist die ganze Halbinsel eine Wüste und verschwinden fast die Puncte auf einer Karte, auf der man die
*) 600,000 Mann streitbarer Männer, Weiber und Kinder nicht mitgerechnet, zogen von Ramses aus.
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Vegetationsplätze und Wohnorte von Menschen bezeichnen wollte. Ohne die Annahme einer tiefgreifenden klimatischen Umgestal- tung, welche in historischen Zeiten, der vorhistorischen gar nicht zu denken, Statt gefunden hat, bleibt uns daher die ganze reiche und bedeutungsvolle Geschichte des Sinais ein unerklär- liches Räthsel. Auf tiefgreifende Klimaveränderungen aber weisen zwei weitere Beobachtungen hin, die freilich das Räthsel nichts weniger als zu lösen geeignet sind, aber doch einen nicht un- wichtigen Beitrag zur Geschichte der Sinaithäler geben; sie be- ziehen sich auf ausgesprochene Spuren alter Gletscher am ganzen Sinai und auf ganz eigenthümliche Erosions-Ver- hältnisse der Wadis.
Die Schuttmassen von Sand und Gerolle werden von vielen Eeisenden erwähnt, namentlich Russegger *) fielen diese massen- haften Anhäufungen auf, darunter auch Kalksteingeschiebe bis zu Kopfgrösse, während doch auf dem ganzen Wege durchs Wadi nirgends Kalk ansteht und somit die Geschiebe auf dem Wassertransport vom Berg zu Thal nimmermehr erklärt werden können. Russegger vermuthet daher eine locale Auflagerung- dieses dem Gesteine des Tyh ähnlichen Kalksteins auf den Por- phyrhauben. Davon ist aber nirgends etwas bekannt, im Gegen- theil wäre eine Bedeckung der Sinaiberge durch die Kreide- gebirge von Tyh eine ganz undenkbare, allen übrigen Beobach- tungen widersprechende Thatsaehe. Ohne die Gletscher zu Hilfe zu nehmen , bleibt diese und eine Reihe andrer Erschei- nungen nicht erklärt.
Gleich beim Eintritt in das Wadi Hebran thürmen sich am Rande des Gebirges 40 — 50' mächtige Schuttwälle auf, wie eine ungeheure Sandbarre sich quer vor das Thal lagernd, durch die sich erst das Wasser des Wadis seine Bahn gebrochen hat. Dieser ungeheure Schuttwall besteht aus dem Detritus des sinai- tischen Gebirges, er enthält Blöcke von 1000 Cub.-Meter bis zur Grösse einer Hasolnuss, Sand der gröbsten Sorte bis zum fein- sten Sandmehl, das Alles aber nicht sortirt und Gleiches zu
*) Reisen, Band 3, pair. 232.
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Gleichem gelegt, sondern bunt und wirr durcheinander gear- beitet, Feines neben Grobem, Leichtes neben Schwerem, wie es ein strömendes Wasser niemals macht, wie es vielmehr allein nur die Gletscher zu schieben pflegen. Beim Eingang in das Wadi Ilebrän erweckte der erste Blick auf den moränenartigen Schuttwall den Gedanken an Gletschcrschutt, doch wollte ich denselben unter dem Brande der afrikanischen Sonne als gar zu abenteuerlich wieder fallen lassen, bis im Wadi selbst der bald rechts bald links am Gehänge klebende Schutt und namentlich die Art, wie der Schutt bei einer Gabelung des Thals sich ein- lagerte, mehr und mehr die Ueberzeugung befestigte, dass diese Erscheinungen alle auf keine andere Weise können erklärt wer- den, als durch die Annahme alter Gletscher. Wie wenig seit Menschenzeiten sich die Form der Wadis verändert hat und selbst die Gestalt der Bachbette noch dieselbe blieb, wie sie vor Mosis Zeiten war, dafür liefert eben der Eingang ins Hebrän ein höchst anschauliches Beispiel. Ein Ii-rblock von grauem Granit steht neben dem Wege im Sande am Bach. Er ist über und über mit alten Inschriften beschrieben, die mit dem Erdboden parallel laufen und deutlich zeigen, dass zur Zeit der Inschrift der Block wie der Boden schon so gestellt und geformt war, als er es jetzt ist. In 4 Jahrtausenden, denn so alt schätzen die Archäo- logen jene Inschriften, hat kein reissendes Gebirgswasser, das sicher oft genug aus dem Thale niederbrach, den Block aus seiner Lage verrückt oder aber in Schutt ihn begraben, noch die Atmosphärilien mehr als vielleicht einige Millimeter von dem Felsen geleckt. Die Schuttwälle selber, von denen der Block ein Stück ist, haben mit den Gebirgswassern nichts gemein, wurden vielmehr von diesen erst in späteren Zeiten durchnagt.
Anfangs wollte ich die deutlichen Spuren der Moränen im Hebran alle verzeichnen, fand aber bald, dass mit jeder Biegung des Thaies wieder neue erschienen, die bald hüben bald drüben in der Regel 30 — 50' hoch an der Bergwand hängen. Das Hebrän ist von seinem Ausgang in die Ebene bis zum grossen Pass in das Seläf 4 Kamcelstunden lai g, sein mittleres Streichen ist hora 2. Am Ende des ersten . rittheils (nach IV2 Stunden)
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zweigt rein östlich in hora 7 ein grosses breites Thal ab, in welchem selber keine Spur von Schutt ist, dem aber das schutt- führende Hauptthal einen Wall quer vor seine Mündung gelegt hat. In der Hälfte (nach 2 Stunden) zweigt ein anderes N. 30 '^ 0. streichendes Thal ab, das einen eigenen Schuttwall hat und diesen mit dem Schutt des Hauptthals vereinigt. Nach 2' 2 Stunden wird das Thal weit und die Sohle breit und zieht die Moräne auf der Ostseite hin, nach 3 Stunden hat man sie im Westen, dann aber verliert man den Schutt vollständig, nach- dem man ein weiteres Seitenthal passirt hat. Im Uebrigen weiss ich nicht, ob wir im Hauptthal oder im Seitenthal blieben. Je- denfalls hörte von hier bis ins Wadi Selaf Schutt und Moräne auf, um aber in diesem alsbald wieder sich zu zeigen und hier, namentlich aber im Feirän in riesigen Massen sich an die Gehänge zu lehnen. .
Im Feirän sind die Schuttmassen entsprechend dem herr- schenden Gestein des obern Feiräns und Seläfs feinkörnig, der Grus vorherrschend von Gneis und Glimmerschiefer. Die Massen steigen über 100' an den Wänden hinan imd haben durch spä- tere Erosion der Atmosphärilien überall die Zeltform angenom-
MorHnenschutt im Wadi Feirän, in der Nabe der Mündung des Wadi Selaf.
men, die Wände der Schuttwälle sind Steilwände, unersteiglich, theilwcise reiner Sand horizontal geschichtet, wie er am Ufer der Gletscher-Seen vom schmelzenden Eise hingewascheu wird. Ehe der Hauapass erstiegen wrd, führt der Weg zum letzten-
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mal über eine und vielleicht die ansehnlichste aller Moränen, die durch einen alten, längst versiegten Bach durchbrochen, ihre Steilwand mit ihrem Sand und Grus immer frisch und steil dem Wanderer präsentirt.
Die gleichen Erscheinungen von Detritusanhäufungcn in lagerhaften Bänken begegnen uns somit im ganzen sinaitischen Gebirge vom Eingang in dasselbe, 700' ü. d. M. bis in Höhen von 3 — 4000' u.d.M.; was man auch zur Erklärung dieser Erschei- nungen herbeiziehen möchte, Verstopfung der Thäler, Stauung der Wasser, alte Seen u. drgl., nichts reicht aus, so befriedi- gend sich die Sache zum Verständniss zu bringen , als die An- nahme von Gletschern.
Selbstredend kommt es mir nicht in den Sinn, hiebei an die europäische Eiszeit zu denken und dieselbe mit der Gletscher- periode unserer Breiten zusammenzustellen. Uebcrhaupt wage ich es gar nicht, irgendwie über die Zeit dieser Sinaigletscher etwas zu sagen. Bedenken wir, dass di(; ganze Gebirgskette von Uranfang an Festland w-ar, nie vom Ocean bedeckt, so kön- nen es ebenso gut Gletscher aus der Silurzeit sein, als wie aus der Zeit des Jura oder des Tertiärs.
In welchen Höhen in früheren Zeiten der Erdgeschichte die Spitzen des Sinais stunden und w'elchen Niveauschwankungen das Gebirge schon ausgesetzt war, dafür fehlen uns die Anhalts- punkte. Eine jedenfalls auf allerlei Schwankungen hinweisende Thatsache ist schliesslich die eigenthümlich verkehrte Erosions- gestalt der Wadis. Steil und senkrecht wie Eine Fclsenwand steht das Gebirge vor dem Reisenden, der vom rothen Meere herkommt, die Mündung der tiefen Thäler versteckt sich in einer Weise, dass man erst unmittelbar davor den Eingang bemerkt, als enge und tiefe Schlucht. So eng als das Thal der Dreisam zwischen dem sog. Himmelreich und Höllensteig ist die Schlucht des Wadi Hebrän bei seiner Mündung zur rothen Meer-Wüste; je weiter man ins Innere des Gebirges eindringt, um so breiter und weiter wird es, ohne dass der Grund für diese Erscheinung etwa in der Beschaffenheit des Gesteins, das hier leichter als dort verwitterte, gefunden werden könnte. Dasselbe Verhältuiss
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zeigt das Feirän, enge Schluchten bei seinem Ende, weite "Wadis in seinen Anfängen, die kaum merklich mit andern ebenso flachen Wadis zusammenhängen. Könnte von Wasserscheiden überhaupt in den wasserlosen Bergen die Rede sein, so würden flache Wasserscheiden flache weite Thäler scheiden, von denen die nach Westen verlaufenden immer enger werdend in ihrem Ausgang nur schmale Schluchten bilden, durch die unmöglicher Weise das im oberen Thallauf erodirte Material seinen Ausweg gefunden haben konnte. Gegen Osten aber werden die im Centralstock schon weiten Wadis immer ausgebreiteter, bis sie ins ofi'ene Land der Wüste übergehen. Existirten genauere Karten über das sinaitische Gebirge, so läge diese Erscheinung klar vor Jeder- manns Auge, dass die Neigung der Wadis in frühern Zeiten und ebendamit der alte Wasserlauf entschieden anders gewesen sein musste. Vor der Bildung der Rothenmeer-Spalte, die wegen des Fehlens von Kreide und älterem Tertiär höchst wahrscheinlich von späterem Datum ist, hing wohl der Sinai und der Mens por- phyrites über das rothe Meer hin zusammen und entsendete letz- teres Gebirge gegen Norden und Osten hin seine Wasser,*) die im natürlichen Laufe in dieser Richtung das Werk der Erosion voll- führten nnd den Sinaithälern Formen gaben, welche auch später bei verändertem Niveau sich erhielten, um so mehr, als die erodirende Kraft mit dem Wasser allmählig verschwand und seit einigen Jahrtausenden gewissermassen auf Null reducirt ist.
*) Hieran reihen sich auch die neuesten Beobachtungen über die Tische des Jordans und des See's Genezareth, die nach Tristrams Be- obachtungen (natur. history review 1865 pag. 541) einen egyptischen Charakter an sich tragen und auf einen früheren Zusammenhang von Jordan und Nil hinweisen.
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Das Gebii'g:e zwistlien dem rothen Meei* und dem Nil.
An das sinaitische Gebirge reilit sich das auf afrikanischem Boden gelegene Grundgebirge zwischen dem rothen Meer und dem Nil, das sich vom Mons porphjTites an weit gegen Süden erstreckt und schliesslich mit den Granit- und Syenitbergen von Assuan in Verbindung steht. Aehnlich wie Schwarzwald und Vogesen, obgleich durch das breite Rheinthal getrennt, doch auf einerlei Bildungsweise hindeuten , so auch die crystallinischen Berge im Osten und Westen des rothen Meers. Die Ueberein- stimmung der geologischen Verhältnisse am Rhein wie am rothen Meer lässt sich namentlich auch in Betreff der Auflagerung des jüngeren Gebirgs verfolgen : Wie im Westen der Vogesen und im Osten des Schwarzwalds die Trias nnd der Jura an das alte crystallinische Gebirge sich anlegt, so im Osten des Sinais wie im Westen der Nilberge beiderseits obere Kreide und älteres Tertiär. In der Spalte des rothen Meers selber liegt nur jüng- stes Gebirge, die Gebilde von Hadj Elma und Beda, von welchen später die Rede sein wird, dessgleichen die Schwefelberge von Gimscheh und die Petrolriffe vom Djebel Zeit (s. unten). Dunkle Porphyrite und schwärzliche Diorite brechen hier ebenso schroff und steil am Ufer ab, als gegenüber auf der Sinaiseite am Ras Nakus.
Das ganze Land zwischen dem rothen Meer und dem Nil ist absolut unbewohnt: es fehlt der Regen fast ganz und die tertiären Gebilde, die sich ans alte Gebirge lagern, sind vielfach gesalzen, so dass die spärlichen Quellen, die da und dort zusammenrinnen, grossentheils ungeniessbar sind. So muss Cosseir, das wegen der Sudanpilger, die sich von hier nach Djedda übersetzen las- sen, einer der wichtigsten Plätze am rothen Meere ist, täglich eine Karawane ins Gebirge schicken, um seinen Bedarf an Trinkwasser zu befriedigen, denn das Wasser in den Brunnen der Stadt ist mehr oder minder brackisch.
Der Weg von Cosseir an den Nil, der zu Kameel in 5 Tagen zurückgelegt wird, liefert ein instructives Profil über die in der allergrössten Regelmässigkeit auf einander folgenden Schichten.
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1867. 2s u. 38 Heft. 12
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In Ermanglung einer graphischen Darstellung schildern sich auch die geologischen Verhältnisse des Profils wohl am besten, wenn ich geradezu der ötägigen Wüsten-Route *) folge.
(1. Tag.) Unter mächtigen Schuttmassen von 30 — 40' ver- stecken sich Sande mit Gyps und Steinsalz. Folgen Gyps- schichten im "Wechsel mit Thonen, die wellig gebogen sich zwi- schen die Gypse legen und schliesslich blendend weisser Gyps- fels. In der Thalsohle sind Diorite und Dioritporphyre entblösst. Südlich von der Kameeistrasse mündet nach 1 Stunde das Telia el Geheni, in welchem ein prachtvolles altes CorallenriflF an das
Hornblendeschiefer und Diorit, Korallenriff,
im Telia el Oeheni bei Cosseir.
Gyps, Salz u. Sand
hora 7 zerklüftete Hornblendegebirge anlagert. Das Grundgebirge besteht vorzugsweise aus Hornblendeschiefer, durch Gänge von G a b b r 0 , D i o r i t und D i o r i t p o r p h y r durchsetzt. Obgleich das aufgelagerte gelbweisse Kalkgebirge mit seinen zahlreichen, oft 1 Fuss im Durchmesser haltenden Feuersteinkugeln und mit seinem bald crystallinischen bald oolitischen Korn den Eindruck irgend eines alten Kalkgebirgs aus der sccundären Periode macht, so kennzeichnen es eine Menge Muscheln und Corallon, die noch im rothen Meer leben, als Bildung der jüngsten Zeit. 2 Stunden führt der Weg hin bis zum eigentlichen Anfang dos Gebirgs, das man durch ein Thal betritt, welches durch unge- heure Dioritmassen durchgebrochen ist. Erste Quelle mit Bitter- wasser, voll Melanie fasciata Ol., das trotz seines widerlichen Geschmacks von den Kameelen getrunken wird. Herr Dr. Klun-
*) Auf der Reise benutzte ich die grosse Karte von Lepsius, die ich vollkommen zuverlässig fand.
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zinger von Cosseir versicherte mich, dass selbst die Beduinen, die dort vereinzelt leben, es trinken, unter denen aber in Folge dieses Genusses sehr häufig die Krankheit der Nachtblind- heit auftrete. Nach 3 Stunden grosse Kreuzung zweier Thäler mitten im Dioritgebirge : an und über denselben ist allenthalben das Riff, Kalke mit Feuersteinen, Dolomite, körniger Marmor in horizontalen Schichten. Unsere Araber nennen das Gebirge jetzt Beda, vorher Ambaga. Mit 4V'2 Stunden Nachtlager am Fusse lichter Sandsteinfelsen im "Wadi Beda bei den „Gräbern der Engländer." Kein Wasser.
(2. Tag.) In frühstem Morgen das weite 3 '/ 2 Stunden lange Bcdathal mit seinen horizontal geschichteten Sandsteinen und Kalkfelsen durchritten. Von Fossilen keine Spur. Das Thal endet (8 Stunden von Cosseir) mit einem Engpass von Horn- blendegestein, an das sich die Bedaschichten anlagern. Habe ich recht beobachtet, so ist hier die Wasserscheide zwischen roth Meer und Nil (so man Wasser hätte), denn von hier beginnt ein sehr merkliches Gefäll ins Wadi Rossäfa. Nach einer hal- ben Stunde durchsetzt ein grosser, schneeweisser Quarzstock gangförmig in hora 1 das dunkle Hornblendcgestein, welches nunmehr als das einzig bemerkbare Gestein 5 Stunden lang anhält. 14 Stunden v. C. liegt der Bihr Inglese, eine 80' tiefe Cisterne mit Steintreppe, die ein gutgesinnter Engländer für den dürstenden Wanderer hatte anlegen lassen. Ringsum steht weit und breit nur Hornblendeschiefer an, Glimmerschiefer und graue Gneise. Einzelne Gänge von Diorit und Porphyr bilden ma- lerische Zacken und Zinken in den Bergen. Allmählig aber erweitert sich das Thal zum breiten Wadi, die Gebirgsformeu runden sich, die spitzen Zacken zwischen hinein werden seltner. Mit IG Stunden steigt man bedeutend bergan und steht am Fuss eines Berges von grauen Grauitmassen. Ein Pass ist bald er- stiegen und damit eine Höhe erreicht, die 4 Stunden breit ist. Das Terrain auf dieser Höhe ist sehr coupirt, Talk- und Chlorit- schiefer abwechselnd mit grauen und rosenrothen Graniten bil- den bunte Gruppen und in ihrer Verwitterung allerlei groteske
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Formen, Nachtlager au der Bethinquelle, die hart am westlichen Abhang der Granithöhe 20 Stunden von Cosseir liegt.
(3. Tag.) Bethin ist die schönste Oase zwischen dem Nil und rothen Meer; die Quelle liegt in einem tiefen Schrunde in schwarzem, von lichten Quarzadern durchzogenem Hornblende- fels, der vielfach in gleichfarbigen Syenit übergeht. Obgleich nach 15 Minuten Laufes die "Wasser wieder im Sand und Schutt verrinnen, haben sie doch eine so reiche und üppige Vegetation geschaffen, dass tausende von Vögeln hier "Wohnungen und Brüteplätze gefunden haben. Der Weg führt wieder durch ein offenes Thal, dessen Gehänge aus Granit und Gneis bestehen von braunrother und dunkelrother Farbe im "Wechsel mit einem düsteren Grau. Mit 22 Stunden wird eine grossartige Kreuzung von 2 Thälern erreicht, in welcher Trümmer von alten Bauten liegen, die Ruinen einer alten egyptischen Stadt Farauchi. Die Felsen werden immer dunkler und eigenthümlich lagerhaft. Mit 23 Stunden sind wir im Hamamat mit seinem prachtvollen Sar- kophagengestein, mitten in den altegyptischen Steinbrüchen, in deren "Wände wohlerhaltene Inschriften und Ramsesfiguren ein- gemeisselt sind. In massigen Lagern, hora G nahezu auf dem Kopfe stehend, gehen die Felsen zu Tage, die man Melaphyr- diorit oder Porphyr zu nennen berechtigt ist, je nachdem sich Kern oder Masse in den verschiedenen Lagen etwas ändert. Riesige Löcher sind in den Berg gebrochen, aus dem hier das Material geholt wurde für die bewundernswürdigen Arbeiten der Sarkophage *) und Sphynxe , die in der 8 Tagereisen entfernten Königsstadt Theben ebenso wie in dem 90 Meilen weiter ent- fernten Memphis und Saqara ihre hauptsächlichste Verwendung gefunden haben.
Dass diese Melaphyre und Porphyre in Lagern abgesetzt sind, ist eine unwiderlegliche Thatsache. An einem 20' hohen imd über 30' langen und breiten Monolith, der schon aus dem
*) Reisehandbücher oder archäologische "Werke nennen den Stein vielfach Basalt, was jedoch petrographisch ebenso als geognostisch un- statthaft ist.
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Steinbruch herausgeschafft, aber nicht weiter transportirt ist, be- obachtet man eckige Bruchstücke von Hornstein, die in horizon- talen Lagern bandförmig in die dunkelgrüne Grundraasse des Porphyrs eingebacken sind. In der 21. Stunde erweitert sich das interessante, seit 4 Jahrtausenden verlassene Ilamamät, jetzt die vollendetste "Wüste und sieht man die Porphyre aus der Ferne schon von horizontalen lichtgclben Schichten bedeckt. Mit der 25. Stunde tritt man diesen Schichten so nahe, dass man den Porphyr in grobes Quarzconglomerat übergehen sieht, das
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Hornsteinporphyr mit auflagerndem Sand- und Mergelgebirge am Ende des Thaies Hamamät.
sich zum groben Sandstein gestaltet und nach einem Wechsel mit farbigen Mergeln in feinkörnigen Sandstein übergeht. 26, Stunde: man meint in einem Keupergebirge sich zu befinden : das Liegende, das überall noch heraussticht, ist ein violetter Porphyr mit Horn- steingeschieben, folgen Geschiebe von Quarz und Hornstein, deut- lich durch das Meer geschoben und gerundet und durch Sand- mergel gekittet, hierauf wechseln mit einander Sandsteine und bunte Mergel ab, letztere gelb, grün violett und ziegelroth, offenbar das Ganze ein Yerwitterungsproduct der liegenden Por- phyre. Allmählich betritt man (27. Stunde) das Gebiet des Sand- steins, der auf den äussern Anblick dem sächsischen Quader- sandstein viel gleicht, aber ebenso gut auch dem Sandstein von St. Ouen oder Fontaineblau. 30. Stunde: Nachtlager in einer Sandsteinbucht des Djebel Abu Goueh.
(4. Tag.) Der Sandstein beherrscht meilenweit die ganze
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Gegend. Hier lagen alle die alten Steinbrüche, aus denen vor 4 — 5 Jahrtausenden das Material zum Bau der Tempel von Karnak, Luqsor, Medinet Habu und der alten lOOthorigen Königsstadt geholt worden ist. Bis zur 34. Stunde passirt man die übrigens sanften Pässe des Gebirgs, das sich jetzt allmählich verflacht und in die Ebene Neschraschi übergeht. Statt des Sandsteins haben wir Sandmergel und Thone. Am Westende der grossen Ebene, auf welcher wir über eine Stunde lang das Schauspiel einer Fata Morgana hatten, die uns das Trugbild eines klaren mit Bäumen besetzten Sees vorspiegelte, liegt die Station Le- qita oder Laqeta, die mit 38 Stunden erreicht ist. In dem Sand- mergel sind Löcher gegraben von 3 — 6' Tiefe, welche ein frisches und süsses Wasser liefern. Ibrahim Pascha Hess neben den Quellen ein Kuppelgewölbe zur Aufnahme der Karawanen erbauen. Gleich in der Nähe (38^2) wäre es schon nicht mehr möglich, süsses Wasser zu bekommen, die Mergel werden ockergelb und gesalzen. Auf eine weite Strecke im Umkreis ist der Boden auf 1 — 2' Tiefe von den Nilanwohnern auf Salz umgewühlt, das als eine Art Fasersalz in zölligen Schnüren die gelben Thonmergel durchsetzt. Von der Salzebene aus fällt das Terrain sanft gegen Westen und sieht man aus der Ferne die Kalkberge des Nils, so etwa wie von den Fildern aus die schwäbische Alb vor dem Auge liegt, mit noch ausgesprochenerem Terrassenbau und mit Horizontalen, die so weit das Auge reicht, wie mit dem Lineal gezogen sind. Mit 41 ^/a hört das Thon- und Mergelgebirge auf imd ist man auf Kalkboden. Bei 43 Nachtlager mitten in der Kalkwüste ohne Wasser.
(5. Tag.) Das Kalkgebirge wird nicht mehr verlassen. Bei Stunde 46 zahlreiche Feuersteine, die vielfach mit schaligem Bruch ausgesprungen sind. Es war in der Frühe kurz nach Sonnenaufgang, als die Sonne anfing ihren Jjinfluss auf den Boden geltend zu machen, dass ich an einem hart vor meinen Füssen liegenden Feuerstein, (den ich natürlich aufbewahre) eine halbzöllige kreisrunde Schale ausspringen sah und einen ent- sprechenden Ton dabei hörte. Früher schon in der Sueswüste und später am Nil sah ich hundertmal Feuersteine liegen mit
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solchen glatt und rund ausgesprungonen Schalen und überzeugte mich mit eigenen Ohren und Augen, dass die Sonne allein hie- zu*) Veranlassung gab. Die Sonne zeigte Morgens 10 Uhr schon 26 Grad Reaum.; wie der Thermometer in der Nacht stund, hatte ich zufällig nicht beobachtet, aber trotz Mantel und Decken emi)fiudlich gefroren. In der 47, Stunde sah man in weiter Ferne das grüne Nilthal, ein wunderbarer Anblick des schmalen saftiggrünen Streifens mitten durch den blendendweissen bis gelbgraucn Kalkboden: den Strom selbst sah man nicht, aber 2 Segel kündeten den Strich an, den der Nil durch das grüne Feld zog. 49 Stunden von Cosseir weg trat unser Fuss über den ersten Wassergraben uud soffen sich die Kameele wieder voll, die von der Bitterquelle im Ambaga an innerhalb 5 Tagen nur 2mal an der Bethinquelle und zu Leqita Wasser erhalten hatten.
Die Frage über das Alter der Sandsteine von Abu Goueh — in den Handbüchern gewöhnlich der nubische Sandstein ge- nannt — lasse ich offen. Trotz eifrigsten Forschens fand ich ausser einigen Cardien, die ein tertiäres Aussehen haben, auch keine Spur. Die Fossile aus dem Kalk beschränken sich auf Eine sehr häufige Muschelart, die ich am Asasifberg bei Theben zu Dutzenden fand, und auf einzelne fest mit Kalkstein ver- wachsene Austern. Letztere eignen sich an sich nicht zur Altersbestimmung eines Gebirgs und erstere kann als Steinkern einer bis zu 2 und 2 '2 Zoll grossen Corbula oder Lucina ge- deutet werden. Im Uebrigen wäre ich geneigter, beide Glieder, die des Sandsteins wie des Kalkes für tertiär anzusehen, als für Kreide. Von älteren Formationen glaube ich kann kaum die Rede sein, obgleich der eine und andere Reisende von Trias gesprochen hat.
*) Am "Weßtufer des Nyassa maclite Livingstono eine ähnliche Er- fahrung. Er bezeichnet zwar die Steine nicht näher, hörte aber näclit- licher Weile das Zerspringen derselben, wenn sie während des Tages gehörig von der Sonne erhitzt waren. Auch Dr. Wetzstein schreibt der Sonne eine beachtenswerthe destructive Wirkung zu, seit er öst- lich Damascus die erhitzten Basalte bei der Abkühlung in der Morgen- früh zerspringen sah und hörte.
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IL Das Kreidegebirge Palästinas.
Aus dem Gebirge Juda.
Wenn wir in der Heimat einen geologischen Punct nur einmal sehen und später etwa dessen Wichtigkeit für das System erkennen, so wird er zum zweiten oder dritten Mal besucht, je- desmal wieder etwas Neues an ihm gefunden und früher gefasste Anschauungen hienach modificirt. Ganz anders im fremden, un- bekannten Lande, das keine richtige Karte*) hat, und dazu in einem Lande, wo eine meist feindselige Bevölkerung wohnt, die jeden Eeisenden mit Misstrauen beobachtet und mit doppeltem Misstrauen den controlirt, der auf ihrem Grunde Steine klopft, einen Compass führt und Notizen zu Papier bringt! Die Auf- nahmen können nur höchst oberflächlich und flüchtig sein und dürfen sich nur einen engen Rahmen stecken, wenn sie einigen Werth haben sollen.
Der Hauptgrund, Palästina zu sehen, war mir die Entschei- dung der Frage, mit welchen Juragliedern wir es hier zu thun haben, denn dass in Palästina die Juraformation die Hauptgruppe der Gebirge bilde, war mir nach Allem, was ich an Literatur kannte, eine ausgemachte Sache. Hatten doch ausser Russegger auch die nordamerikanischen Expeditionen, denen wir die mei- sten neueren und schätzenswerthesten Beobachtungen verdanken, das Vorhandensein von Jura angenommen und war in keiner mir bekannten Publicatiou irgend etwas Gegentheiliges zu lesen.
*) Auch die beste Karte von Paliistina, die existirt, die von Van der Velde: Map of tho boly land, Gotha, Justus Perthes, 1858, ist im Einzelnen falsch und für geognostischo Darstellung, die ein richtiges Terrain voraussetzt, unbrauchbar. Ich bin natürlich weit entfernt, dem Herrn Verf. damit auci» nur den geringsten Vorwurf zu machen. Wer ein Terrain nur u la vuo construiren niuss, wobei er nur auf das Au- genmass angewiesen ist und oft auf stundenweite Entfernungen liin ein- facli nur schätzen kann, von dem kann man unmöglich richtige Resul- tate verlangen.
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Schubert, dem die Altraühl und der fränkische Jura seine theure Heimat war, glaubte zuerst, als er vom Catharincnkloster her über Hebron das heilige Land betrat, iu den dichten Kalkfelsen und ihrer einförmigen Oede, in der Menge Grotten und Höhlen, welche die Felsen führen, die Formation des Jura zu erkennen, die kurz vorher Leopold v. Buch (Der Jura Deutschlands 183G), erstmals in ihren allgemeinen Zügen dargestellt hatte. Schubert schloss nur aus der oberflächlicheu Aehnlichkeit der Gesteine und der Gebirgsformen, ohne dass die freilich nur in geringer Anzahl gefundenen Fossile ihm einen Anhaltspunkt zur Begrün- dung seines Urtheils gegeben hätten. Auf das äussere Aussehen und einige, wie es sich jetzt herausstellt, unrichtig bestimmte Muscheln hin spricht auch liuss egg er von Jura in Palästina: „Derselbe bildet in grosser Einförmigkeit *) das ganze Terrain, nur die Kuppen einiger Berge, z. B. desjenigen, worauf Bethle- hem steht, des Oelbcrgs bei Jerusalem u. m. a. haben hauben- förmige Auflagerungen von weisser, feuersteinreicher Kreide. Mit dem Jurakalke treten sehr häufig mächtige Massen Dolomit auf, der besonders das Gestein der zahllosen Höhlen und Grot- ten bildet. Er hat ein körniges Gefüge, crystallinische Structur, röthlichbraune Färbung und ist versteinerungslos und durch seine eingewachsenen Bitterspatcrystalle kenntlich. Im Nordosten und Osten", fährt Russegger fort, „werden die Straten des Jura eisenschüssig und zeigen die Schichtenlagen wellenförmige Bie- gungen in den mannigfaltigsten Richtungen; sie liegen am tod- ten Meer auf einem dunkelgrauen, cidaritenreichen **) Kalkstein und dürfen als die untere, der dolomitreiche Kalk von Jerusalem als obere Juragruppe angesehen werden. Obere weisse Kreide bildet darüber ihre Ablagerung, bedeckt aber auch in den tiefer liegenden Punkten den Jura". AVenn endlich auch im Jordan- thale die weisse Kreide nicht nur auf den Höhen, sondern im
*) Russegger, Reisen. Stuttgart 1847. pag. 247. "♦) Von Cidariten fanden übrigens am todten Meere weder die HH. Lynch, Anderson, Dr. Roth, L. Lartet noch ich trotz aufmerk- samer Beobachtung eine Spur.
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Thale selber Hügelzüge formirt, so sieht Russegger darin Merk- male vulcanischer Einwirkungen auf die Gestaltung des Terrains.
Wer nur irgend mit den Schichten des Jura und der Kreide vertraut ist, fühlt aus dieser Beschreibung eine gewisse Unsicher- heit heraus und der hochverdiente Reisende gesteht selbst, man wisse eigentlich nicht, mit was für Gliedern der genannten For- mationsreihe man es zu thun habe (I, 763). Es sei die Bestim- mung des geognostischen Horizontes um so schwieriger, je näher sich beide Formationen stehen, was gerade bei Jura und Kreide der Fall sein dürfe, und es wäre schwer, mit Bestimmtheit an- zugeben, hier höre Jura auf und fange die älteste Kreide an. Es meint Russegger, zwischen beiden Gruppen herrsche ein in- niger Uebergang und zur Entscheidung der Frage können nur die organischen Reste ais Führer dienen, die aber leider nur Steinkerne seien, und schliesst damit: „ich will durchaus nicht behaupten, dass eine Schichte jenes Kalksteins, die wir heute wegen einer Gryphaea lirgula oder cymhiwn für Jura ansehen, nicht morgen aus vielen andern Gründen für Kreide erklärt werde."
Bei dieser Unsicherheit der Angaben hätte man von den ame- rikanischen Untersuchungen, die sich um die Topographie des Landes so ausserordentliche Verdienste erworben haben, eine gründlichere Kritik erwarten sollen. Allein Geologen, die ihre Kenntnisse über eine Formation nur aus Büchern schöpfen müs- sen und nicht aus eigener *) Anschauung eine Formation ken- nen, wird es ausserordentlich schwer fallen, ein richtiges Urtheil über den fraglichen Gegenstand zu bilden. So finden wir denn auch in dem Of'ficiel Report of the U. S. Expedition to the dead Sea in gutem Glauben die indessen von allen Roisenden getheilte Ansicht als richtig vorausgesetzt, dass man Jura in Pa- lästina vor sich habe. Freilich fühlt man auch dieser Beschrei-
*) In den Vercmigtcn Staaten Nordamcrika's fclilt bekanntlich der Jura bis auf wenige von unserem Freunde Jules Marcou entdeckte Spuren , die aber eret unter dem 105, Grad wostl. Länge von Paris und zwischen dem 30. und 40. Grad nördl. Breite sich vorfinden und die grosse amerikanische Wüste bilden (Petermann, Juli 1855).
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bung die Unsicherheit allenthalben an : der Verf. des of fidel re- port weiss sich aus seiner Verlegenheit, einige ächte Kreide- fossile, die er richtig bestimmt hat, mit sogenannten jurassischen zusammenzufinden, nicht anders zu helfen, als dass er zu der verzweifelten Hypothese greift, das jurassische Oceanbette wäre in wiederholte Schwankungen gcrathen, habe sich gehoben und später wieder unter das Niveau des Kreidemeers gesenkt, wo schliesslich auf dem Grunde der weiten See die schon fossilen Beste des Jura sich mit den noch lebenden Resten der Kreide gemengt haben. Den Beweis findet Verf. in den Exogyren (K^reide), die auf den zahlreichen jurassischen Steinkernen (casts) aufsitzen. Nach Allem, was im Herbste 1864 bekannt war, gab's dem- nach für einen Jura-Geologen in Palästina genug zu thun und stellte ich mir die Aufgabe , als ich zu Anfang des Februars 1865 meinen Fuss auf „heiliges Land" setzte, den geognostischen Horizont festzustellen, innerhalb dessen sich die Juraschichten Palästina's bewegten. Einem im „Paradiesland des Jura's", wie Quenstedt die schwäbische Alb nennt, geborenen und alt gewor- denen Jura-Geognosten sollte es doch nicht so schwer fallen, auf einigen gründlichen Excursionen und einer aufmerksamen Streife durch das Wunderland sich in seinen gewohnten Schichten zu Orientiren.
Geognostisches Profil von Jaffa zum Ras el Feskah am todten öleer über Jerusalem.
Ein Querprofil durch das Gebirge Juda vom Mittelmeer zum
todten Meer theilt sich auf natürliche Weise in drei Theile:
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1) in der Ebene von Jaflfa bis zum Gebirge (Thal Ajalon),
2) von Ajalon bis Jerusalem oder den westlichen Abfall, 3) von Jerusalem zum todten Meer oder den östlichen Abfall. Die Wasserscheide zwischen dem Mittelmeer und der Jordanspalte zieht im Westen der Stadt, 10 Minuten vom Jaffathor entfernt durch das Gebirge, so dass die Stadt selbst schon zum östlichen Abfall gehört.
I. Die Linie Jaffa-Ajalon oder die Ebene Saron.
Eine der grössten Calamitäten für Syrien ist der Mangel an einem Hafen. Seit urältesten Zeiten existirt dieser Uebel- stand und wird wohl auch sobald nicht gehoben werden, wenig- stens nicht unter türkischem Regiment. Die ganze Küste von Gaza bis zum Carmel bildet Eine gerade Linie, ohne irgend eine Bucht oder Vorsprung, und das Ufer ist ein flaches, durch Alluvion gebildetes Land, das sich nur an wenigen Punkten, wie gerade zu Jaffa, lOOFuss über den Spiegel des Meeres erhebt und in ebenso flachem Grunde in das Meer verläuft. Daher die europäischen Schiffe sich ungefähr V^ Seemeile vom Ufer fern zu halten haben, wenn sie vor Jaffa den Anker auswerfen, bei unruhiger See aber überhaupt nicht anzuhalten im Stande sind, bis der Hafen von Beirut Sicherheit gewährt. Dass diese Küstenverhältnisse mit dem geologischen Bau zusammenhängen, wird Jedermann klar sein : nirgends tritt Schich- tengebirge zu Tage, vielmehr besteht die ganze Ebene vom Gebirge an bis ins Meer aus Schwemmland, einem röthlichen Sand, der stellenweise wie gerade zu Jaffa zu einem harten marinen Muschel- sandstein cementirt ist. Die Nachen, auf welchen der Reisende vom Dampfer ans Land schwankt, müssen durch 10 Fuss hoch aus dem Wasser ragende Klippen dieses jungen Meersandsteins hindurchschlüpfen oder gleiten über dem Felsengrund hin, der mit der Ruderstange erreicht wird. Mir ist unfasslich, dass je- mals an demselben Orte, wo jetzt vor Jaffa gelandet wird, jener altberühmto Hafen sollte bestanden haben, der die uralte Stadt der Pliönizier zum berühmten Seeplatz gestaltete, zur „drit- ten Stadt nach dem Sündfluss, der zu ^'^oe Zeit war." Van der
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Velde meint zwar, der Hafen von Jaffa sei nur durch Verwahr- losung unter türkischem Scepter geworden, was er nun ist, ein versandetes und verschüttetes Becken, von scharfen Klippen und Felsen umschlossen, welche die Einfahrt selbst Booten gefährlich machen und welches viel zu klein ist, um grössere Fahrzeuge als arabische Küstenschiffchen aufzunehmen. Ich kann den natürlichen Klippen nach zu urtheilen, welche gerade am jetzi- gen Landungsplatz (denn von Hafen ist ja gar keine Rede) das Meer gefährlich macheu, nicht glauben, dass diese Verhält- nisse je seit Menschenleben wären anders gewesen. Von irgend einem Schutze gegen das offene Meer konnte an diesem Orte, der eigentlich eine Landspitze der syrischen Küste ist, zu keiner Zeit die Rede gewesen sein, und hätte man jedenfalls vor allem Andern die über das Wasser ragenden Klippen entfernt, welche jedem Passagier das Landen eigentlich lebensgefährlich machen. Nie hätte man hier das Cedernholz vom Libanon, das (2 Chron. 2, 16) Salomo nach Japho flössen liess, ans Land gebracht oder hätten die Handelsflotten von Tartessus, „die man von der Jaffa- Warte aus begrüsste", hier einen Bergeplatz gefunden, um ihre Schiffe zu lichten. Cipheus soll Jaffa gestiftet haben, seiner Ge- mahlin Jope zu Ehren, die Aeolus Tochter war ; an den Klippen von Joppe war Andromeda angeschmiedet, die von Perseus be- freit wurde. Erzählt doch selbst Plinius noch von dem Unge- heuer, das ihr Leben bedrohte, dessen Rippe 41 Fuss lang, (ein gestrandeter Wal?) von Joppe nach Rom gebracht wurde. Jo- sephus noch preist Hafen und Stadt, die beide aber seit Römer- zeiten (da Cäsarea der Haupthafen für Syrien wurde) vernach- lässigt vmrden. — Diese ganze uralte Geschichte, die Jaffa hat, weist darauf hin, was dem aufmerksamen Beobachter der dor- tigen Umgebung nicht entgehen wird, dass diese Veränderungen durch langsame Hebung der Küste *) vor sich gingen. Der alte Hafen ist zweifelsohne im Norden der Stadt und des Landvor- sprungs zu suchen, wo die berühmten herrlichen Gärten und
*) Vergleiche auch den Abschj;itt über Alexandria.
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weiterhin die Sümpfe *) sich befinden. Gegen den prachtvollen Strom Audjeh hin, wo alte Erdarbeiten, freilich längst verfallen, überall noch sichtbar sind, concentrirte sich das alte Leben, das jetzt mit der Trockenlegung der Küste in Folge der secularen Hebung und andrerseits der Versumpfung eine ganz andere Physiognomie erhalten hat. Die Ebene um Jaffa ist Ein Gar- ten, ein Dickicht köstlicher Bäume, Sti-äucher und Opuntien, das Jeden überrascht, doppelt den, der von der egyptischen Wüste her den Weg machte, wie ich. Anfangs Februar blühende Mandelbäume , Pfirsiche und Aprikosen zwischen dem fetten Grün der Pomeranzen und Limonen, deren Aeste unter der Last der goldenen Riesenfrüchte fast brechen. Apfel- und Birn- bäume freilich, die man in den letzten Jahren zu cultiviren bemüht war, bleiben krank und sind mit Flechten über- deckt, lieber den 10 Fuss hohen undurchdringlichen und un- übersteiglichen Opuntienhecken ragen alte prachtvolle Sykomoren und der Boden ist mit blühenden Kräutern überzogen.
Was dem Geognosten zuerst auffällt, ist der Mangel an allem und jeglichem Humus. Der Boden ist durchweg ein röthlicher Sand, Quarzsand, wie das Meer ihn schiebt mit röth- lichem Thon von der Farbe der Bohnerzthone. Nichts setzte mich in den Gärten um Jaffa, wohin mich Herr Metzler von dort freundlichst geleitete, mehr in Erstaunen, als das üppige Wachs- thum der Bäume in diesem Sand, darin jede Spur von dunkelm humösen Boden fehlt. Es ist dies nur mit dem Wüstensand des Isthmus zu vergleichen, wo, sobald Nilwasser den Sand be- feuchtet, alsbald die üppigste Vegetation erspriesst und gleich- falls weit und breit von Humus keine Spur sich findet. Dieser rothe Sandboden deckt eine Tagereise lang die Ebene Saron bis Latrün, Yalo oder zu den Quellen des Audjeh, kurz bis das geschichtete Gebirge beginnt. Ueber die grüne Ebene reitend, die übersäet ist mit Millionen Blumen, vermeinte ich auf den
*) Hierüber schreibt C. Schick dd. 4. Juni 186G: In der Um- gegend von Jaüa fand ich mchroro Sümpfe, einen, der über 1 Stunde lang und '/-* Stunde breit ist. In alter Zeit war er trocken, aber die Abzugscanülo sind verschlanimt und verschüttet.
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grünen Matten Oberschwabens in der Nähe des Bodensees mich zu befinden, vor uns das Gebirge Juda, wie etwa die Gehänge des Appenzeller Landes über die Fläche der Seegegend sich er- heben. Der Weg führt über die grünen Matten, wie unsere Fusswege über die Rasen der schwäbischen Alb, die bald aus- einandergehen, bald wieder zusammenführen. Jeder Tritt im röthliohen Sand bis über Ramleh hinaus, das zu deutsch auch „Sand" heisst. 1 Meile nördlich Jaffa mündet der Audjeh,*) wie alle "Wasser Judäas, die zum Mittclmeer führen, reiner Küsten- fluss, d. h. im Schwemmland der Küste entspringend und rein nur durch Schwemmland zum Meere fliessend. Nach der Karte hätte ich sollen meiner geraden Linie folgend über verschiedene Wasser kommen, ich sah aber trotz der Jahreszeit nur trockene Rinnsale, dagegen zeugen die zahllosen Bäume von der Küste bis zum Gebirge von einem allgemein vorhandenen Grundwasser, Diese Grundwasser im Schwemmland, sowie die kurzen Küstenströme, wie der Audjeh, erinnern ganz an den Südrand der Alb zur ober- schwäbischen Ebene, an die Kiesebenen mit ihrem gemeinsamen Wasserspiegel, an Flüsse, wie Nau oder Blau, die als Quellen- sammlcr die Wasser entsenden, die auf dem Kalkgebirge nieder- fallen und erst in der Ebene zum Ausfluss kommen, wo Thone und Sande die Wasser halten.
Mit dem embryonalen Pflug, vor dem 2 magere Kühe an- gespannt sind und einem Spiess in der Hand, statt der Peitsche, durchfurcht der Bauer den rothbraunen Boden, um sein Sommer- feld zu bestellen. Das Terrain erhebt sich unmerklich, Hügel schieben sich vor: statt des Sandes, der bis el Kubäb anhält, kommen jetzt Geschiebe imd Steine aus den Bergen und ein in Schwaben wohlbekanntes Stoingebäckc, Geschiebe und Schutt naher Berge, das durch kalkhaltige Wasser zu einem Conglome-
*) Der Lauf des Audjeh ist nur 4 Stunden lang. Er entspringt zu Ras el Ain in einem Sumpfe, ist aber stärker als die Donau Lei Sigmaringen, dass er nur an wenigen Punkten überschritten werden kann. Er ist nächst dem Jordan der bedeutendste Fluss des Landes, treibt viele aus alter Zeit herrührende Mühlen und befruchtet die ganze Gegend. C. Schick, Brief von 1866.
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rat, dort zu Breccieii verkittet ist. Die Conglomevate vou el Ku- bäb, Latrün u. s. w. sind röthliche Kalkmergel, -welche eine Menge runder Geschiebe von Kalk und Feuerstein einge- backen haben und nach meinem Dafürhalten vom Alter soge- nannter diluvialer Geschiebe sein dürften. In einem der Dörfer bemerkte ich einen Schöpfbrunnen in solchem Conglomerat, das gleich einem Deckel über die Grundwasser angesehen werden kann und einer frühern, wasserreicheren Zeit seinen Ursprung verdankt, in der zugleich der gesammte Wasserspiegel der Gegend ein tieferes, dem Meeresspiegel näher gerücktes Niveau einnahm. An der Ostseite der sanften Höhe, auf der Kubäb hegt, führt der Weg, auf dem man wieder zur Ebene herabsteigt, in das diluviale Merdj Beni Omeir mit seinem üppigen Grün, das vor dem Thale Ajalon (Wady Yalo)*) liegt. An diesem Ostgehang sah ich die erste Schichte des heiligen Landes und zwar in hora 3 und 4 zerklüftete, ziemlich horizontale Bänke weissen Kreideniergeis; Feuersteinknolleu durchziehen die Bänke wie anderswo auch. Undeutliche Bivalvensteinkerne gaben keinen Anhaltspunkt über den etwaigen Horizont, dagegen fielen bald auch die zierlichen Massen eines Becherschwammes auf, den Mantell Ventriculües nennt. Das rostfarbige Netz und Gitter- werk des Fossils stach gegen den weissen Grund des Gesteines ab. Wie schwer die Feststellung einer Species bei Spongien ist, weiss jeder Paläontologe; übrigens ist es recht wohl mög- lich, dass wir hier nichts anders vor uns haben, als den ge- wöhnlichen V. angustatus Rom. (Römer, Verst. d. Norddeutschen Kreideg. Taf. 3, Fig. 5) aus dem sächischen Pläner. Vergeblich sah ich nach mukronaten Belemniten mich um, aber trotzdem zweifelte ich nicht, im Horizont der weissen Kreide, dem Seno- nien der Franzosen mich zu befinden.
*) Dass Wadi Ydlo das Thal Ajalon sei, in dem Josua die Amori- ten schlug, nehme ich wegen der günstigen Lage des Merdj zum De- fil6e nach Oibcon gerne an und folge hier Robinson. Ferner nehme ich, ohne jedoch im Stande zu sein Critik zu üben, die Ruine Amwas auf der Höhe des Dörfchens Latrün für das bekannte Emmaus der Schrift.
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2. Die Linie von Ajalon nach Jerusalem, oder der Wcstabfall dos Gebirges Juda.
Am Fuss des Gebirges bei Ajalon und Latrün, wo die Kreide- schichten beginnen, ist man allmiihlig zu nahezu 1000' gestiegen. Zum ersten Pass Enub geht es nun in Einem Zug weitere 1000' hin- an, von da wieder einige hundert Fuss hinab und dann zum zweiten Pass hinan, der etwas höher liegt als der erste, zum Schlüsse noch einmal einige hundert Fuss hinan zur „heiligen Stadt" (2610' über dem Meer). Wir haben also 1600 Fuss verticale Entwicklung. Trotz dieser Mächtigkeit bewegen wir uns nur in Einem geo- gnostischen Horizont, der Zone des Ammonitcs Rhotomagensis und wird selbst in den tiefsten Einschnitten die untere Kreide oder die Neocomgruppe nicht erreicht. Kalkmergel, harte Mar- morkalke und dolomitische Bänke wechseln mit einander ab und bilden die prachtvollsten Treppen an den Bergen, wie ich sie in gleicher Schönheit noch nirgends gesehen habe, die Stirnen der 3 — 10' mächtigen Bänke nehmen sich wie künstliche Mauern aus, welche den Berg umziehen. Oelbäume und frisches Busch- werk schauen von diesen natürlichen Castellen nieder, während die weicheren Lagen in sanfter Böschung mit "Wiesengrün über- zogen sind, das in der feuchten Thalsohio am saftigsten sich ausnimmt. So steigt man über eine Stunde am Abhang einer Thalschlucht hinan bis zum Passe Enäb. Eine lange Strecke geht man auf der Schichtenfläche hin, die sich dem Gehänge an- schmiegt, so dass der eigentlichen Treppen nur wenige über- stiegen werden müssen, um die Höhe zu gewinnen. Anfangs stärker, dann immer schwächer fallen die Schichten gegen "Westen ein, die zum Oefteren gemessene Zerklüftung des Gebirgs be- trägt hora 4 und 10. Je höher man am zweiten Pass steigt und am dritten zur „Heiligen" hinan, desto unwirthlicher und steinig- ter wird die Gegend. Das "Wadi Ghurab trennt den ersten Pass von dem zweiten, hier liegen Steinkerne von Cardien in den Weinbergen, den ersten, die man sieht, und den einzigen, die am Wege von Jaffa nach Jerusalem liegen. Die Reben sind
Würtlt-mb. naturw. Jahresuefte. 1S67. 2s u. 38 Hi-ft. 13
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in Oelgärten gepflanzt und dienen die Oelbäume als Pfähle für die Rebe! — aber trotz des Mangels an gehörigem Schnitt ge- deihen sie in dem steinigen Boden vortrefflich. Die Steine sind durchweg lichte Kalke, bald etwas dolomitisch bald marmorisch, und die hervorstehenden Schichtenköpfe mit grauen Steinflechten überzogen. Auf der Höhe des zweiten Passes, zugleich der Höhe von Nebi Samuel , fand ich das erste entscheidende Petrefact : Pecten gryphaeatus Schloth. oder Janira quadricostata d'Orb. leitend für die Grünsande Europa's (Turongruppc) und am letzten Pass von Jezzin her Amm. MantelU und Rhotomagensis. Auf- schlüsse, wie wir sie in unseren civilisirten Gegenden gewöhnt sind, fehlen freilich vollständig auf der Linie. Die Gegend ist öde und verlassen und das Wort „Poststrassc nach Jerusalem" ein wahrer Hohn auf den Gebirgspfad, der über Stock und Stein durch Schluchten und über Höhen führt, ohne durch etwas An- deres bezeichnet zu sein als den Tritt der Thiere, denn Wagen und Wagengeleise sind dort unbekannte Begriffe. Nach Steinen zu graben kommt Niemand in den Sinn und natürliche Aufrisse durch Bäche fehlen ebenso, weil es an den Bächen fehlt, die über- haupt nur einige Tage im Jahr fliessen. Andrerseits ist doch auch wieder viel mehr aufgeschlossen, als in unsern Gegenden, indem keinerlei Humus die Schichten zudeckt, die festeren Bänke alle zu Tage treten und nur die Zwischenschichten mit alten Ver- witterungen und einem rothen Lehm bedeckt sind. Um Jerusa- lem macht sich die Sache besser: die europäischen Neubauten, z. B. des russischen Hospizes, des österreichischen Hospizes, der St. Annakirchc uud der Missionsanstalten haben in der nächsten Umgebung der Stadt Arbeiten in Steinbrüchen eröffnet, dess- ffleichen bieten die uralten Katakomben der Stadt unterirdische Einblicke in die Schichten, dass die Construction eines geogno- stischen Profils, das einige hundert Fuss Gebirge umfasst, nicht schwer fällt.
Die erste Excursion galt der Stadtmauer am Damaseusthor und der 40' hohen, künstlich abgeschroteten Steinwand, der sog. Jeremiasgrotto, die dem Damaseusthor gegenüber liegt. Ueberall ein und derselbe lichte Kalk, homogen marmorartig oder kiesclig
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oder dolomitisch; die Querschnitte vieler Pctrefacten zeigen sich, da und dort klopfen sich Nerineen heraus, Dentalien und Aetaeonellen. So sehr das Gestein wie weisser Jura dreinscliaut, so begegnet uns doch keine einzige jurassische Form, im Gegentheil ganz ausgesprochene Kreidefossile. Unter der Stadt- mauer 100 Schritte östlich vom Damascusthor und der grossen ausgemauerten Felseucisterne ist durch mannshohen Schutt und Steintrünimer ein Schlupf in die sog. Cottonhöhle (das Baum- wollenloch) oder den Anfiing der Katakomben der heiligen Stadt. 700' lang erstrecken sich unter der Stadt die unterirdischen Steinbrucharbeiten. Der Anfangs weite Raum verliert sich in einzelnen Gängen, die alle in einer 5' mächtigen Bank schnee- weissen, milden, aber körnigen Gesteins stehen. Es ist der Stein der „Melekeh" *) der Araber, ein geschätzter Baustein, so weit er im Innern der Wohnungen verwendet wird. Die Klüfte, welche die prachtvolle Steinbank durchsetzen, streichen hora 4 — 5. Der Stein wurde, wie man noch deutlich erkennt, durch Schrämm- arbeit gewonnen. Noch sind die Spuren der Instrumente am Dach und an den Wänden sichtbar. Der Stein wurde mittelst scharfer, 4 Linien oder 12 Millim. breiter Instrumente geschrammt und in beliebiger Grösse, wie man ihn gerade nöthig hatte, aus- geschrotet. Das Liegende des Sfüssigen Melekeh ist ein gröbe- rer Melekeh, dessen Mächtigkeit nicht ersehen werden kann. Rechtwinklig auf die streichenden Klüfte, also in hora 10 — 11, durchsetzen Lehmklüfte, die offenbar zu Tage gehen, den schnee- weissen Stein, der dadurch in ihrer jSiähe auf ' -> — 1 Fuss schön bohnerzroth gefärbt wird. Nach beiläufig 100 Schritten ist eine in den Stein gehauene Brunnenschale zu sehen, in welche Wasser vom Dach durch eine sog. Felsenorgel herab träufelt. Dieser Mele- keh ist aus den Trümmern von Fossilen zusammengesetzt, der Structur nach wie ein Corallenrifffels anzusehen, in welchem ausser Schalen von Austern Pecten, Cardien und zahllose Hip-
*) Zu Deutsch: „der Königliche." Der ^ame rührt möglicher Weise von dem Begräbnissplatz der Könige her, der in diesem Gestein sich befindet.
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puriten ihre Beiträge lieferten. Es ist ein ächter Hippuriten- kalk, vorherrschend aus Hippurites Syriacus Conr. bestehend und ist für die Stadt und Umgegend schon insofern das wich- tigste Schichtenglied, als alle die unterirdischen Bauten ohne Ausnahme in diesem Stein ausgeführt sind. Seine durchschnitt- liche Mächtigkeit wird sich auf 30' berechnen, innerhalb deren ein poröser, tufFartiger, bald milder, bald gröber gestalteter schnee- weisser Kalkstein sich entwickelt hat. In der Regel ist er so milde, dass er sich mit dem Messer schneiden lässt und dürfte als sol- cher am ehesten dem Baustein vom St. Petersberg bei Maastricht *) zu vergleichen sein, in welchem der bekannte Fossilreichthum sich auch nur auf einzelne schmale Bänder beschränkt und die Hauptmasse des Gesteins aus lichtem tuffartigem Trümmerkalk besteht, dem mau kaum noch seinen Ursprung aus Kalkorganis- men anmerkt. In Melekeh sind nicht blos die Katakomben der Stadt, sondern alle die Tausende von Gräbern eingehauen, in denen seit Abrahams Zeiten die Generationen schliefen, die dort gelebt und gestorben , und man darf wohl sagen, ohne diesen Gräberstein, der leicht zu bearbeiten, fiele eines der wichtigsten Momente für die wunderbare Stadt weg: eben die unterirdischen Bauten und die Gräber. Auf jeder der späteren Excursionen ward die Bedeutung des „Melekeh" besser erkannt, sowohl in seiner Bedeutung für die Geschichte der Stadt, als in geognostischer Hinsicht, rücksichtlich des Horizontes, der nicht zu übersehen ist. Der höchste Punkt, wo Melekeh zu Tage steht, ist im Wadi el Jos, noch westlich von dem Nabluser Weg, die Königsgräber mit ihren labyrinthischen Irrgängen sind alle in diesem Horizont eingehauen. Von da zieht er sich um die Stadt herum, wird wohl bei der Enge der Schlucht, welche das Kidronthal bildet, von dem höheren Missih überlagert, tritt aber im Thal Josaphat bei den berühmten Gräbern wieder auf. Das Dorf Siloah ist wieder in ihn eingewühlt und die Wasserleitung, die vom Brunnen von Siloah zu dem Brunnen der Jungfrauen führt,
*) Siehe Esquisse geologique do la craie tutl'euu par Jonkhr. T. T. Binkhorat van den Binkborst. Maastricht 1859.
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in ihm ausgeführt. Umgeht man weiter die Stadt, sich durch den Gihonteicli aufwärts gegen Westen ziehend , so finden wir wieder das Gräbergebiet des Hackeldama und ebenso gegenüber an Davids Grab die Schichte vollständig durchgraben. Am christ- lichen Kirchhof liegt er am höchsten und zieht sich von da un- ter dem Zionsthor bis zum Mistthor hin, an welchem er auf beiden Seiten des schluchtartigen Thaies wieder zu Tage geht. Dass die Ilippuritenschichte die ganze Stadt untortcuft, braucht nicht weiter gesagt zu werden: wenn sie im Norden der Stadt an den Königsgräbern, und im Süden im Hinnonthale wieder auf- tritt, wenn sie in den unteiirdischen Gängen unter dem muha- medanischen Stadtviertel erkannt ist, so fehlt sie auch der üb- rigen Stadt nirgends. Ein directer Beweis liegt in der Kirche der Kreuzerfindung: in dieser steigt man eine Reihe Stufen un- ter Tag und tritt in einen spärlich von trüben Oellampen be- leuchteten Kellerraum, in welchem nach der Legende die Kai- serin Helene das Kreuz Christi mit den Kreuzen der 2 Schacher fand. Dieser Raum ist gerade wie die Gänge der Cottonhöhle ein alter Steinbruch im Melekeh. Dieselben Instrumente, mit denen in wahrscheinlich altjüdischer Zeit die Steine gebrochen wurden, haben auch am Dache der unterirdischen Kammer, in der die Kreuze gelegen haben sollen, ihre Spuren hinterlassen. Auf weiter folgenden Excursionen im Norden und Nord- westen der Stadt über die grosse Steinfläche hin, die mit zu Tage gehenden Felsblöcken übersät ist, ward die über dem Melekeh gelegene Gruppe von Marmorkalken und Kalkmergeln untersucht, in denen gleichfalls die Spuren uralter Steinbruch- arbeiten (Quarry) in die Augen fallen. Der Araber nennt den Fels Misseh oder Missih. *) Der Raum zwischen der Stadtmauer am Damascusthor und der Jeremiasgrotte ist evidenter Weise in alten Zeiten ausgebrochen worden, um die Quader für den
*) Laut gef. Mittheilung des Herrn Dr. Wolff bedeutet „missih," richtiger „mizzij," eine sehr harte Steinart. Mizz =-- dignitas, praestantia, also mizzij der „vortreffliche, harte," wahrscheinlich auch mit Rücksicht auf seine Verwendung beim Tempelbau so genannt.
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Tcmpclbau und die Mauern zu gewinnen, die man an ihrer colossalen Grösse (bis zu 25' lang, 8 breit, 3 — 4' hoch) im Augen- blick erkennt. Von diesem ausgebrochenen Graben aus ziehen sie sich am Herodesthor vorüber zum Thale des Kidrons in die Schlucht Josaphats. Aus diesem harten Marmor sind die Monolithe des Grabes Absalons und Josaphats ausgohauen, dess- gleichen die Säulen und Ornamente über dem Eingang zu den Gräbern. Misseh lagert in beiläufig 30 Fuss Mächtigkeit über dem Melekeh, von lezterem durch eine groboolitische Kalkmergel- bank getrennt. Es bleibt sich aber die Güte dieses Marmors nichts weniger als überall gleich , wie solches z. B. in dem Vorhof zu den Königsgräbern, an den glatt gehauenen Wänden sichtbar ist. Zu diesem 25' tief gelegten, viereckigen Vorplatz, der aus dem Misseh ausgehauen wurde, auf dass der liegende weiche Gräberfels des Melekeh erreicht würde, führte eine Felsentreppe hinab. Das geognostische Profil ist von oben an nach unten 5' Schutt und Trümmer, 1' weisser geschichteter Marmor, 10' harter geschichteter Marmor, in welchen das bekannte Fries der Königsgräber mit Trauben und Reblaub eingehauen ist. 20' grober Oolit und Kalkmergel, Melekeh. Da an der glatten ausgehauenen Felswand an den Königs- gräbern keine Detailuntersuchung der Schichten möglich war, wurde sie am entsprechenden Horizont in dem nur wenige hun- dert Schritte entfernten Wadi el Jos vorgenommen. Es ist in dem Steinbruch an Kadis Landhaus, der nachstehendes Profil liefert^ von oben nach unten
2' harte, lichte Kalkbank mit Ncrinea Rcquieniana
d'Orb., 3' lichtgrauer, harter Marmor. An demselben ausge- witterte Hippurites sulcatus Defr. 1 — 1,3 Zoll Durch- messer. Die Ilippuriten bilden eine förmliche Bank im Liegenden der Marmorschichte, 3' mergelige Kalke mit groben Ooliten,
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1' kieselige Scbneckenbank : steckt voll Actaeonella,
TrocJms und Nerinea. h' Wechsel von Kalken und Kalkmergeln mit grob
oolitischen Mergeln, 4' lichter Marmor mit Nerineen, 2' roth gefleckter Nerineen-Marmor, G' lichter weisser, theilweise fein gefleckter Marmor, mit Eadiolites Mortoni (pag. 230). Melekeh. An diesen Marmorbänken lassen sich in ausgezeichneter Schönheit Stilolithen aller Arten beobachten, die ganz überein- stimmend mit dem Vorkommen im schwäbischen Hauptmuschelkalk oder dem oberen weissen Jura in Schnüren und Bänkchen den Marmor durchziehen. Liniendicke Thonschmitzen gaben nament- lich zwischen der oberen harten Nerineenbauk und der Sfüssigen Marmorbank Anlass zu wirklich prachtvollen Stilolithen , deren Bildung ganz evident dieselbe ist, wie die von den heimatlichen Bergen.
Man charakterisirt den Missih am besten mit dem Namen Nerineenmarmor. Ein Hippuritenkalk, Hipp, sulcatus Defr. lässt sich an den verwitterten Wänden des Marmors er- kennen, denn nur hier war es möglich, sich Exemplare zu ver- schaffen: an ein Herausarbeiten der Schale aus dem harten Gestein ist nicht zu denken. Die Hauptmasse der Fossile aber besteht aus Gasteropoden, namentlich aber Nerineen, unter denen 2 europäische Arten der dritten Rudistenzone sich erkennen lassen: Requieniana d'Orb und Fleuriausad'' Orh; 3 andere sind dem Orient eigen. Die erste N. orientalis Conr. wurde von der Lynch'schen Expedition gefunden und in New-York bestimmt, die andern sind neu und werden unten beschrieben werden.
Einer der überraschendsten Funde, der mir je begegnet ist und mir abermals eine Warnung war, sogenannte feststehende geologische Begrifi'e mit einer gewissen Vorsicht aufzunehmen, war der Fund zahlreicher Nummuliten (Taf.IV, 8 a — c) in der unteren Missihbank. Der harte Marmor Hess nur gespaltene Exemplare erkennen, die Aussenseite verbirgt sich im Gestein. Das Thier
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ist nicht grösser als 4 Millimeter und doch zählt man mit der Loupe 15 haarfeine Umgänge mit dessgleichen Wänden zwischen den Umgängen. Es ist derjenige Numulit, der unter allen bekannten die gedrängteste Lagerung der Kammern und der Zwischenwände hat. Die Kammern selbst sind begreiflich sehr klein und undeutlich. Die Zellenwände sitzen rechtwinklig auf der Umgangswand. Der Gedanke an Cyclolina oder Cyclostega lag natürlich sehr nahe, aber die nähere Untersuchung der spi- ralförmigen Umgänge Hess keinen Zweifel übrig. (Vergl. unten die Beschreibung.)
Hat die untere Hippuritengruppe oder der Melekeh die grosse Bedeutung für Jerusalems unterirdische Bauten, für die Tausende von Grabkammern, Katakomben und Höhlen, so ist diese obere Hippuritengruppe, Nerineenkalk oder Missih, von nicht geringerer Bedeutung für alle Tagbauten. Xoch liegen am „Klageplatz der Juden", dem letzten Reste salomonischer Herr- lichkeit, die Riesenquader des Missih über einander oder haben
Wand von Plattenkalk und Missili, an der Jcremiasgrottc vor dem Damascusthor. Nach einer photogr. Aufnahme von Capt. Wilson.
sie in der Stadtmauer, den Kirchen und Moscheen ihre Ver- wendung vielleicht zum dritten und vierten Male gefunden.
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Sind doch die meisten neueren Bauten immer wieder aus den Resten der älteren entstanden.
Ueber dem Marmorkalke liegt ein Plattenkalk, auf dem am Damascusthor die Stadtmauer aufgeführt ist. Die neueren Photographien geben das Bild dieses Wechsels von plattigen und massigen Marmoren ausserordentlich scharf wieder. Ausserdem sieht man ihn schön im "Wady Jos, oberhalb Siloah und an an- dern Orten. Der Kalk des Plattengesteins ist sehr homogen marmorisch mit vollständig glattem Bruch, die Zwischenbänke sind oolitische Kalkmergel. *) Vergeblich suchte ich in dieser 12 — 15' mächtigen Bank nach einem Fossil. Interessant ist die Ver- wendung dieses glatt springenden Kalkes als Mosaikstein; denn alle die alten Mosaiksteine von 1 — 2 Centimeter im Quadrat, die an den alten Bauten noch sichtbar sind oder im Schutte des alten Jerusalems sich finden, hat man aus dem harten lichten Plattengestein herausgeklopft, das als oberstes Glied der Hippu- ritenformation betrachtet werden muss.
Was am Oelberg (2724' über dem Meer) noch darüber liegt, ist ein milder Kreidekalk, der auf allen Höhen um Jerusalem den Untergrund für das mächtige Diluvium bildet, das zunächst den Boden auf der Höhe deckt. Aus diesem Horizont wird heut- zutage der meiste Baustein gewonnen und sind daher am Ab- hang des Oelbergs, bei Ain es Suani oder dem Ursprung des Kidrons, oberhalb Siloah, bei Bethanien, am Abu Tor oder dem Berg des bösen Raths, sowie im Osten Jerusalems gegen das Ghor das herrschende Gestein.
Hiemit erst ist die Zone von Ronen, der eigentliche Grün- sand oder die chloritische Kreide erreicht: die Zone des Amm. varians, Mantelli u. s. w., über welche gar kein Zweifel be- stehen kann. Das Gestein ist ein milder Kreidekalk, zerreib-
*) Der Araber nennt feie „nareh," nach Herrn Wolff richtiger „narij." Das Wort bedeutet einen weichen Stein, der am Feuer (nar) erhärtet und bei der Construction der Feuerherde verwendet wird. Er heisst somit in unserer Sprache der „Feuerfeste", obgleich ihm diese Eigen. Bchaft nach unseren technischen Begriffen nicht ganz zukommt.
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lieh, kann mit dem Hammer nicht zugeschlagen werden, sondern muss mit der Säge oder mit schneidenden Instrumenten seine Bearbeitung finden. Eisen färbt ihn durchweg gelblich und durchzieht ihn mit Adern und Streifen von Oxyden und Oxyd- hydraten, die dem Stein aus der Ferne oft einen rosenrothen Teint geben, lieber die eigentliche Mächtigkeit dieser Schichte in das Klare zu kommen, war mir bei den wieclerholten Stö- rungen der Lagerungsverhältnisse durch Verwerfungen nicht möglich. Einige hundert Fuss beträgt die Mächtigkeit jeden- falls: eben dieser Umstand aber bringt es auch mit sich, dass an Einer Localität Hangendes und Liegendes nirgends über- blickt werden kann. Es wechseln mit einander härtere und mildere Schichten ab und trifft man namentlich vielmals Bänke, die äusserlich ein weicher zerreiblicher Stein sind, innerlich aber von grosser Zähe und Härtigkeit, dass Handstücke zu ge- winnen zur reinen Unmöglichkeit gehört.
Praktisch benützt man den Stein aus der nächsten Nähe der Stadt als modernen Baustein; er kostet nicht viel Bearbei- tung, und hält sich schon einige Zeit im Mauerwerk der Häuser. Die Moslem benützen ihn, um die Denktafeln auf ihren Kirch- höfen in ihm auszuführen. Auf diesen Grabsteinen ist die Schrift immer die Hauptsache und es ist bequem , bei der Menge der angebrachten Buchstaben einen weichen Stein zu haben, in welchem die Schriftzüge einfach mit dem Messer eingeschnitten werden. Der Araber nennt heutzutage den Stein Kakühle oder Gakühli. *) In Galiläa, wo der gleiche Horizont sich beobachten lässt, heisst er Sultanch. **)
*) Das Wort ist rilthselhaft. H. üruhler konnte laut Mittheilung dos H. Wolff weder von einem modernen noch einem alten Lehrer etwas über den Namen des Steins erfahren, „kack" bedeutetet ein rundes Brod; wegen der kugelförmigen Absonderungen in ihm wäre dann der Name ein ähnlicher, wie im Schwäbischen „Laibstein".
**) Die Bedeutung „Sultaneh*' ist hier offenbar eine andere, als die von Petermann (Reisen im Orient II. 308) citirte, nach wehhem Sul- tani ein grauer Stein ist, den die Frauen auf der Brust tragen, um sich zur Beherrscherin des Mannes zu machen.
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Das Schlussglied der Schichten ist weisse Kreide mit Feuer- steinen, die unbedingt zum Schlussglied des ganzen mächtigen Kreidegebirgs zu rechnen ist, denn bereits stellen sich in den ober- sten Feuersteinen NwnmuUtes variolaria Sow. ein, so dass selbst die neuesten Forscher wie Lartet am Vorhandensein von Eocen nicht zweifeln. Schon in der Nähe von Jerusalem am Oelberg, oder am Akabeh es Suan sind es die Feuersteine dieser Kreide, die hier das Diluvium bilden, als die unzerstörbaren Reste der einstmals viel weiter verbreiteten Formation. Erst weiterhin gegen Osten stehen die Feuersteinschichten an, die lichten Kreide- gesteine sind dann von den Feuersteinbänken wie von schwar- zen Bändern durchzogen, wesentlich beitragend zur Erhöhung der Reize der Landschaft. Gleich riesigen Kränzen schmiegen sich diese Bänke aus der Ferne gesehen allen Windungen und Biegungen der Grebirgszüge an und heben sich mit ungewöhn- licher Schärfe auf den vegetationsleeren Bergen ab. Jüngere Scliichten konnte ich nicht mehr beobachten , als diese Ueber- gangsstufe von Kreide zu Tertiär, in der sich noch Ostrea vesi- cularis als Repräsentant der Kreide, bereits aber auch Num- rtiulites variolaria als Repräsentant des Eocen sich findet.
3. Linie Jerusalem zum todten Meere oder der Ostabfall des Gebirgs.
Wir wenden uns nunmehr von unserer Leitschieht der Hip- puriten zu den tiefer liegenden Felsmassen, die in nächster Nähe von Jerusalem im Hinnomthale den Melekeh unterteufen. Es sind rothe körnige Fleckenmarmore, die am Birket Sultan in 4 Bänken von 5 — 6 Fuss Mächtigkeit den Hippuritenkalk unter- teufen. Manchmal tritt an den abgewitterten Stirnseiten der Felsen ein Gasteropode oder eine Bivalve hervor, sonst konnte ich kein deutliches Fossil erkennen. Diese Fleckenmarmore ziehen sich im ganzen Hinnom, dem heutigen Wadi Rabäbi un- ter Akeldama und der alten Todtenstadt zum Brunnen Rogel, welcher nach Captain Wilsons Messung in einem 118 engl. Fuss tiefen Schacht abgeteuft ist. DerFleckenraarmor, hier das Liegende
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des Teiches, wurde durchsenkt, wo wahrscheinlich auf den thon- reichen Baculitenbänken wassersammelnde Schichten angetroffen worden sind. Der weitere Verlauf des Profils lässt sich erst auf der zweiten Treppe im Kidronthal, an der das Kloster Mar- säba erbaut ist, ergänzen. Bis eine halbe Stunde vor dem Klo- ster bleibt man im Kakühle. Ob man gleich von Rogel (1996') aus bis dahin (Marsaba 588') zum mindesten 10 — llOO Fuss Gefälle hat, so verlässt man doch denselben geologischen Hori- zont des Amm. Mantelli nicht. Um jede der scharfen Ecken des Kidronthals biegend ist man gespannt, neue Schichten zu treffen; allein statt derselben trifft man zu wiederholten Malen immer nur die altbekannten vom Oelberg und dem Abu Tor und kommt natürlich über eine Reihe von Verwerfungsspalten, die in der ersten. Meile von Rogel abwärts hora 1 in der 2. und 3. Meile hora 2 strei- chen. So kommt man über eine Reihe von Treppen (vielleicht ebenso viele als das Kidronthal scharfe Biegungen macht) vor Marsaba, das wieder gleich der Nekropolis von Jerusalem in den milden Hippuritenkalk eingenagt ist. Anders kann man kaum die Bau- art dieses wohl einzig in seiner Art dastehenden Klosters be- zeichnen, das in den ältesten christlichen Zeiten allmählig aus den Grotten und Höhlen der zahlreichen Anachoreten entstund, die in dieser Felsenwüste ihr Unwesen trieben. Denn das Kloster besteht mit Ausnahme der Kirche, Refectorien und Fremden- zimmern nur aus einer Anzahl Höhlen, in denen die Mönche nisten. Die einzelnen Zellen gehen in den Fels hinein, treten nur mit Einem Fenster und einer überhängenden Altane am Felsenhang heraus und hängen mittelst in- und auswendig an- gebrachter Felstrcppen untereinander zusammen. Vom Frem- denzimmer aus gesehen, denkt man unwillkürlich an Schwalben- nester, die an der Mauer kleben. Die Mauer aber ist eine viel- leicht 250' hohe fast senkrechte Felswand von Hipj)uritenkalk, die aus dem Kidronthal aufsteigt. Ein Sprung im Gebirge kann auch hier gar nicht fehlen; da wo eine Stunde vor dem Kloster der Weg nach Jericho abzweigt, verengt sich plötzlich das seither weich geformte Kidronthal zur wilden Felsschlucht, wie mit Einem Strich nach hora 7'/2 gezogen, fängt statt der milden
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Kreide wieder der Fels von Jerusalem an, kieselige harte Kalk- bänke Missih und Melekeh, deren Verwitterung in abrupten Abstürzen sich bildete, wenn der Kreidemergel in sanften Berg- formen sich kund gibt. Eine Stunde Wegs unterhalb des Klosters hört die wilde Felsenschlucht mit den überhängenden Bänken wieder auf und macht Mergeln Platz, deren Verwitterung selbst- verständlich andere Contouren der Landschaft nach sich zieht. Die nächste "Wegstunde führt durch einen Wechsel von Kreiden und Kalken, alle noch zum System des Hippurites sulcatus ge- hörig, der an den abgewitterten Felsen oft recht hübsch sicht- bar wird, bis in der Nähe eines Beduinendorfes von vielleicht 200 Zelten ein abermaliger Wechsel der Landschaft eintritt, natürlich weil ein anderes Gebirge zu Grunde liegt. Graue sandige Mergel stehen 7* Stunde östlich vom Beduinenlager im Wadi Kidron an; zwischendrin liegen schwarze bituminöse Kalk- bänke mit einer Menge Baculiten aus dem Horizont des mittlen Grünsandes und eben hier verflacht sich das Wadi zur stunden- weiten grünen Ebene. Die sanften Gehänge, welche die prächtige Fläche umgeben, sind von Heerden besetzt, überall Leben und Fruchtbarkeit. Eine Stunde lang geht man über die Fläche weg und nähert sich dem Rande umschliessender Berghöhen, Geschiebe aller Art, namentlich Feuersteine füllen die Ebene, zwischen denen überall eine Grasnarbe sich festgesetzt hat. Am Rande angekommen windet sich das Kidronbette etwas nord- wärts und sucht in einem engen Durchbruch durch die umschlies- senden Kreideberge den weiteren Weg, auf dem ihm der Mensch nicht mehr zu folgen im Stande ist. Die Kreideberge zeigen ohne Ausnahme eine so vollkommen horizontale, ungestörte Lage- rung, wie man sie nur aus den africanischen Wüsten kennt, wo man Tagelang auf einer Bank hinreitet, ohne an irgend einen Sprung der Schichte oder sonst einen Absatz und Wechsel zu gelangen, ihre annähernd geschätzte höchste Erhebung über das Wadi mag etwa 500' betragen. Durch eine wellenförmige Einsenkung der Hügelketten hindurch steigt man über 2 der- selben ohne Mühe hinan, der Boden ist von frischem Grün, von Gras und Kräutern und Blumen ohne Zahl überzogen und ist man
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nun im letzten Wadi angekommen, von dem aus man seitlich in einen jähen Schlund des Kidronbaches blickt. Noch eine kleine An- höhe hinauf und man steht staunenden Blickes auf schwindelnder Höhe vor dem Abgrund zum todten Meer. Da lag der fabel- hafte See zu unsern Füssen in unvergleichlichem Blau, wie etwa <ler Meerbusen von Suez vom Atäkah aus oder einer der europai- schen Seen, der Neuenburger See von der Höhe des Jura oder der Vierwaldstädter See von Wäggis her. Der Steilabfall vom Ras el Feshkah, auf dessen Höhe wir stunden, ist so abrupt, dass man leicht mit der Plinte ins Wasser schiesst; bei der tiefen Stille der Natur, die höchstens durch das Lied einer Lerche unterbrochen wird, hört man unter seinen Füssen die Brandung rauschen und sieht jede der tiefblauen Wellen silberweiss ge- kräuselt; ein frisches Grün umsäumt das blaue Meer, nur die lichtgelben, braun anwitternden Kreidefelsen erheben sich in kahler, starrer Schönheit von der reizenden Landschaft auf dem Grunde. Unser Barometer zeigte uns 30,20 bei 70 ° F. densel- ben Stand, den das Barometer am Ufer des Mittelmeers hat.*)
*) Im April 1837 hatte Schubert den ersten Barometer ans todte Meer gebracht. Er war selbstverständlich für eine solche Tiefmessung unbrauchbar, doch scliiltzte Schubort den Spiegel des Sees 194 Meter unter dem des Meer.-^. Einige Monate vor Schubert hatten die 2 eng- lischen Reisenden Moore und Beck durch tbcrmometrische Berechnung eine Depression von 178 Meter gefunden, aber ihre Resultate noch nicht publicirt, so dass beide, Schubert und die Engländer, unabhängig von einander in diesem Jahr die Entdeckung machten. — Im nächst- folgenden Jahr fand Russeggor 435 Meter Depression. Es sind 43 Meter zu viel, denn auch an seinem Barometer war die Glasrühre zu kurz für die Quecksilbersäule. — Die erste trigonometrische Bestimmung machte der englische Schiffsheutenant Symonds mittelst eines ausge- zeichneten 7zülligen Theodolits und fand 427 Meter, doch waren die äusseren Schwierigkeiten so gross, dass sich die Unrichtigkeit dieser Zahl leicht erklären lässt. — Die amerikanische Expedition fand 412 Meter. — Die französische unter Herzog von Luynes 392 Meter, llie- raü stimmt auch die Messung des Captain Wilson , den ich auf seiner ersten Erforschungstour zum See begleitete. Die Resultate dieser Beob- achtung sind:
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Vor uns lag ein senkrechter Steilabfall, der zum "Wasserspiegel des todten Meeres über 1300' beträgt. In 45 Minuten stiegen wir bequem auf einem betretenen Fusspfad, an dem sich die Spuren von Kameelen, Schafen und Menschen zeigten, zum See hinab. Anfangs ging es sehr steil, aber für einen schwindel- freien "Wanderer vollkommen gefahrlos, da man über die hori- zontalen, harten und festen Kreidebäuke Tritt um Tritt wie auf einer Steintreppe hinabsteigt. (Von der Cheopspyramide herabzusteigen war viel gefährlicher). Der Barometer stieg auf 31,2, als die jähe Felsenwand ein Ende hatte und man den Schuttfiiss des Steilrandes erreichte, nehmlich Schutt- Avälle gerollter Gesteine , die in Einem Horizont am ganzen Meeresufer sich hinziehen. Schätzungsweise waren wir etwa 900' herabgestiegen, als das Gerolle anhub , durch welches der Kidron eine weite und tiefe Schlucht gerissen hat, und hatten noch über 300' über das Geschiebe zum Strand des Bahr Lut hinabzusteigen, um die Hände in das crystallhelle Wasser zu tauchen und die Füsse von der kräftigen Welle benetzen zu lassen, die gleich der Meereswelle am Mittelmeer oder dem rothen Meer in den gewöhnlichen Zwischenräumen (3 — 4 in der Minute) den flachen Strand bespült. Der Barometer zeigte 31,59 bei 72 " F. Die Flutmarke des Sees ist durch Treibholz aller Art ge-
Oerusalem, Hotel 27,24 P, Z. bei 64 <> Fahrenh.
Quelle Rogel 27,75 „ „ „ 64 »
Marsäba, Abends 29,10 „ „ „ 58 " „
Morgens 29,12 „ „ „54«
Ras el Feshkah, Höhe .... 30,20 „ „ „ 70» „ Alte Fluthmarke des todten Meers 31,20 „ ,, „ 73 ° „ Spiegel des Sees, Morgens . . . 31,59 „ ., ,, 72 '^ „ „ „ „ Mittags . . . 31,58 „ „ „ 76 " „
Sir Henri James fand am 12. März 1865 eine Depression von 1292 P. F., am 7. Juni des vorangehenden Jahres hatte Vignes 1286 P. F. gefunden, eine Differenz, die sich auf den zur Winter- und Sommerzeit verschiedenen "Wasserstand im See gründet. — Hienach können 1288 bis 1290 P. F. unter dem Mittelmeer oder rothen Meer als die wahre Tieflage des "Wasserspiegels vom todten Meer angenom- men werden.
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kennzeichnet, Stämme von Balsampappeln, Nabak und Palmen, die ihre von Salzkruste überzogenen Enden und Aeste halb im Ufer begraben gleich gebleichten Skeletten in die Lüfte strecken. Sand existirt keiner am Ufer, was die Welle auswirft und wie- der mit sich zieht, sind kleine zertrümmerte Splitter und Schiefer des anstehenden feuersteinhaltigen Kreidegebirgs. Dazwischen härteres Kreidegestein gerollt, wie es am eigentlichen Rollstrand einen Wall zwischen Ufer und Steilrand bildet. Am Ras el Feshkah selber tritt der Fels senkrecht ans Meer heran, dass von einem Uferweg keine Rede mehr ist, dort brandet das Meer so kräftig als an dem Ufer des rothen Meers. Bis auf wenige Schritte vom Ufer entfernt tritt grünes Buschwerk, Gestrüppe von Mesem- brianthemum, Salzpflanzen mit fleischigen klebrigen Blättern und röthlich grünen Blüthen, an denen die Helix Boissieri*) zu Hun- derten waidet. Der Boden ist mit Kräutern aller Art besät und fand ich wenig Unterschied zwischen der Höhe und der Tiefe: die gleichen Anemonen und Crocus hier unten wie droben. Vögel schwirren mit munterem Gesang in die Luft und übers Meer und beleben die an und für sich freundliche, mit dem Ausblick auf ringsum starrenden Felsenschrofen wirklich grossartige Landschaft. Wo der Kidronbach mündet, der aber nur zur Zeit der Regen- güsse Wasser hat, öffnet sich eine grossartige Schlucht, die im Vordergrund die alten Geschiebe durchbricht, im Plintergrund aber in vollkommen horizontalen Treppen eines harten bräun- lich verwitternden Kalkfelsens zur Höhe hinansteigt. Bänke von 30 und 40' mit senkrechtem Abfall machen es zur Unmög- lichkeit, der Kidronschlucht ganz zu folgen. So weit das Auge reicht, und es reicht gegen Süden bis zur Landzunge Mezraah und gegen Norden bis zur flachen Jordanmündung, horizontale Schichten: namentlich zeigt auch das gegenüber liegende Öst- liche Ufer im Glanz der Mittags- und der Abendsonne so klare Contouren der Schichten, dass man das Profil drüben förmlich
*) Die gesammelten Schnecken waren alle nach drei Monate langer Reise noch lebendig und lebten den ganzen Sommer 1865 in Stuttgart fort.
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abzulesen im Stande ist. 3 schwarze Bänke in der Entfernung von 80 — 100' markiren sich besonders deutlich in dem oberen Dritttheil des östlichen Profils und hängen organisch mit den Schichten des "Westufers zusammen. Aus der Ferne gesehen heben sich 3 Gruppen im Profil aus: 1) braune Treppen vom Strand an aufwärts über das erste Drittheil, 2) eine gelbe Steil- wand, die das andere Drittheil bildet, 3) das obere Drittheil von glänzend weissen Kreidefelsen gebildet mit den schwarzen Feuersteinbändern, alle 3 Gruppen mit ihren 100 Bänken in der ungestörtesten Ruhe horizontal übereinandergelegt.
Ich war, wie es wohl jedem Abendländer nach den herr- schenden Begriffen ergehen musste, mit der vorgefassten , sozu- sagen feststehenden Ansicht in das el Gohr herabgestiegen, in ein rein vulcanisches Gebiet zu gelangen, in eine Region der Laven mit Solfataren und Fumarolen, welche die Luft mit übel- riechenden Gasen verpesten, gestehe aber, dass ich noch nie in meinem Leben so enttäuscht war, als am Ufer des Bahr Lüt. Van derVelde's*) „braune Lavabrocken, in lothrechten Wän- den aufeinander gethürmt, dort in flachen Schichten übereinander geschoben, dann wieder in fürchterliche Risse zerklüftet, da- zwischen kraterförmige Hügel von weisser, gelber und grauer Farbe, Alles Erzeugnisse des unterirdischen Feuers," ergaben sich als reine Gebilde einer aufgeregten Phantasie und der geo- logischen Unkenntniss und verwandelten sich in das regulärste Flötzgebirge, das man sich nur denken mag, das durch Verwit- terung und Erosion der grossartigen Felsmassen Gestalten an- genommen hat, wie sie jeder Geognost aus den Kalkalpen Süd- frankreichs, des Karsts oder der Tridentiner Alpen am Garda- see und zahllosen Orten Europa's kennt.
Mit Einem Blick waren alle Schauer und alle Schrecken des Todes gewichen, mit denen die Phantasie der Abendländer ein Meer umgeben, das seit den Zeiten der Kreuzzüge bis in
*) Reise durch Syrien und Palästina in den Jahren 1851 u. 1852. Leipzig 1856, Bd. II. pag. 123.
WürtUmb. naturw. Jahreshefte. 1867. 2s u. 3i Heft. 14
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unsere Jahrzehnte *) Niemand sich ruhig ansah. Hatten doch überhaupt die wilden Naturscenen der Steilwand, die Juda's Berge vom el Ghor trennt und die alttestamentliche Tradition von^Sodom und Gomorrha im Bunde mit der seit Jahrhunderten genährten Angst des Reisenden vor dem Beduinen einen grausigen Sagenkranz erzeugt, der die ruhigsten und vorurtheilsfrcisten Gemüther im Abendland befangen hielt. Es war zwischen Ras el Feskah und dem Ras Ghuweir und gegenüber an der Steil- wand der Berge Moabs auch nicht Eine Spur weder von vul- canischem Gestein noch von Vulcanismus im weitesten Sinne zu sehen. Keine Störung der Schichten, kein Knick, kein Bruch, keine Verwerfung oder Senkung, sondern die einfachste Erosions- erscheinung nach der in ganz Judäa anhaltenden Kluftrichtung
hora 2 und 8.
In derselben Weise liegt die Steinsalzbank von Usdom, die ich zwar selber nicht sah, die aber von L. Lartet (Bullet. Juni 1866) so klar und wahr beschrieben ist, dass sie das Interesse des Naturforschers kaum noch in Anspruch nimmt. Ein Fels- block von beinahe 40 Fuss Höhe, Lots Säule vom Ai-aber ge- nannt, ist von der Bank durch einen alten Abrutsch getrennt und springt klippig und zackig von den Atmosphärilien zernagt vor der Bergwand etwas vor. Mit dem Salzgehalt des Meeres (siehe unten) steht dieser reine Chlor-Natriumfels nicht mehr in Verbindung als die übrigen Kreideschichten, welche den Kessel
des Sees umgeben.
Endlich möge hier auch noch ein Wort über das Vorkommen von Schwefel beigefügt werden, der von den meisten Reisenden als vom todten Meere stammend erwähnt wird. Mir gelang es nicht trotz eifrigsten Suchens, ein Stückchen Schwefel am Strand zn erspähen; ohne gerade auf ein solches Vorkommen besondern geologischen Werth legen zu wollen, da der gediegene Schwefel dem jüngeren Flötzgebirge angehört und in nicht grosser Ent-
*) Der Erste, dessen Forschungen das todto Meer erschlossen, war U. J. öectzen, der 1806-07 über 1 Monat lang an den Ufern des Sees lebte und beobachtete.
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feraung am Ras el Gimscheh des rotlien Meeres bricht, wäre mir von Interesse gewesen, die Richtigkeit älterer Beobachtun- gen zu constatiren. Ich bat daher die deutschen Freunde in Jerusalem, bei nächster Gelegenheit diesem Gegenstand ihre be- sondere Aufmerksamkeit zu sckenken, und erhielt auch von Hrn. Schneller bald die gehörige Auskunft. „In Jericho schon," schreibt mir Hr. Schneller, „wo wir bei einem bekannten Schech übernachteten, thaten wir Nachfrage nach Schwefel und fanden überall die Leute dessen Vorhandensein am See mit Entschie- denheit behaupten. Er soll weisslich sein und werde von den Beduinen zu Schiesspulver verarbeitet. Setze man ihm beim Schmelzen etwas Olivenöl hinzu, so werde er gelb und auf dem Markte verkäuflich. Wir nahmen die Araber, die uns diese Mittheilungen machten, an das todte Meer mit, dort erklärten sie uns aber, am todten Meer selber finde man den Schwefel nicht, aber weiter oben am Jordan. Sie führten uns wirklich nach einer Stelle, in zerrissene Hügel im Jordanthal selber, nicht weit vom Fluss, wo kleine nussgrosse Stücke gediegenen, weisslich gebleichten Schwefels herumliegen, wie ihn der Regen auswascht und verschwemmt. So mag der Jordan auch wohl manches Stück dem Meere zugeführt haben, von wo aus es die "Welle ans Ufer spielte, so dass man der Ansicht werden konnte, der Schwefel habe dort auch sein natürliches Vorkommen."
Das Profil von der Höhe der Wüste Juda zum el Ghor hinab ist ausserordentlich arm an Fossilen. Nur an Einer Stelle traf ich noch Reste von Baculiten und unbestimmbare Steinkerne von Bivalven. Selbst auf der Sohle des Ghors halte ich den geo- gnostischen Horizont für keinen andern als für den der mittlem Kreide. Man dürfte vielleicht das untere Drittheil, die „brau- nen Treppen" für Cenomanien d'Orb. ansehen nach den Austern, die ich zwar nicht selbst gefunden, aber aus der Roth'schen Hinterlassenschaft bekommen habe: Exogyra Boussingaulti d'Orb. 468 und densata Conr. cflf. Rep. 18, 102. zwischen Kerak und dem Abfall zum todten Meer (Ostseite) gesammelt. (Siehe unten pag. 230.)
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Die Berge von Samaria und Galiläa.
Von Jerusalem aus führt die Route in der Richtung von Nablus, das eine starke Tagereise entfernt ist, über einförmige Höhen auf der Wasserscheide hin bis zum alten Bethel oder Beeroth. Es ist immer ein und derselbe Charakter der Land- schaft und des Bodens, wie er vor den Thoren von Jerusalem beobachtet werden kann: namentlich liegen auf der Höhe von Beeroth die grossartigsten abgerissenen und abgewitterten Einzelblöcke des Hippuritenkalks , offenbare Reste einer einst zusammenhängenden Bank, die früher in höherem Niveau gele- gen durch Zerstörung der unterlagernden Schichten ihren Halt verloren haben und in sich verstürzt sind. Von Feldbau ist wenig zu beobachten, das Land ist Waideland: zwischen den mit grauen Flechten überzogenen Felsen sprossen grüne Kräu- ter und wie schon zu Jakobs Zeiten liegen noch die Hirten auf den Felsblöcken herum, von denen aus sie ihre Rinder und Schafe hüten. Bei Khan Lubban mit seiner reichen Quelle steigt man von den Höhen herab in das Wassergebiet des Jordans und folgt einem Thal e, das sich gegen Norden zieht; hiemit hat man das Gebirge verlassen und bewegt sich auf einem reich bebau- ten grünen Grund, man naht den fetten Waiden Sichems, der Perle des heutigen Palästina's, dem wasserreichen Nablus. Am Fusse des Garizim auf der Wasserscheide zwischen Jordan und Mittelmeer liegt der altberühmte Jakobsbrunnen, ein 80' tiefer ausgemauerter Brunnenschacht, dessen Anlage in dem wasser- reichen Thale man nicht begreift, und sieht hier bereits zahl- reiche Steinblöcke mit dem Nuinmulites arbienm herumliegen, die von der Höhe des Garizim herabgestürzt sind. Diese selbst wird in etwa drei Viertelstunden erstiegen, wobei man zunächst über den üppigen Wäldern von Oliven-, Mandel-, Aprikosen- und Citronenbäumen steil über Kreidemergel das erste Drittheil des Weges hinangeht; folgen lichte Kalke ohne deutUche Fos- sile, bis im oberen Drittheil dieselben lichten Kalke mit Num- muliten sich füllen. Geognostisch ist es durchaus unstatthaft, in diesen letzteren einen andern Horizont zu erbUcken, als den
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der oberen Hippuriten, und verweise ich hiebei auf die paläonto- logische Abhandlung über diesen Gegenstand.
Von dem Nabluser Thal bis zur Ebene von Jesreel bleibt sich über die Berge von Samaria der Charakter des Gebirgs abermals ganz ähnlich. Petrographisch ist es der des Gebirgs Ephraim und Juda, paläontologisch die Zone der obern Kreide, obgleich der Nummulites arbiensis überall sich eingestellt hat und geognostisch Ein ungestörtes Schichtengebirge, das mit den Bergen von Gilboa plötzlich abbricht. Die gewöhnliche Route der Reisenden führt bergauf bergab durch ein massig cultivirtes Land ohne bestimmte Höhezüge, in welchem sich Hügel an Hügel reiht, indem die Thäler in den weichen Kreidemergel sich eingenagt haben. Breccienartiges Deckelgestein bildet al- lenthalben den Untergrund. Der Sumpf von Ghurruk ist eine sanfte Einsenkung in das Gebirge, von dem aus das malerisch am Rande der Berge gelegene Genin durch ein enges Gebirgs- thal erreicht wird. Mit Genin, dem wasserreichen Orte im Süden der Ebene Jesreel und mit dieser Ebene selber beginnt auf den ersten Blick eine Wendung im Gebirgssystem. Die Schich- ten des Kreidegebirges brechen ab und innerhalb derselben breitet sich unübersehbar die Ebene aus, deren rother fetter Boden mit einzelnen Stücken schwarzen Basaltes sich augen- blicklich als basaltisches Product ankündigt. Der erste Eindruck schon beim Betreten der Ebene, noch mehr die Vergleichung des geognostischen Details Hess in der Ebene Jesreel das Sei- tenstück zu der Ebene des Rieses erblicken. Wir haben in ihr dieselbe fruchtbare Fläche wie im Ries, aus der sich der basal- tische kleine Hermon als Mittelpunkt des alten Maars erhebt, wie dort der Wenneberg. Leider erlaubte mir ein gräuliches Unwetter, das mich in den Sümpfen von Jesreel überfiel, den Besuch dieses Berges nicht, doch gab mir Herr Zeller von Na- zareth, der auf meine angelegentliche Bitte den Berg eigens um seines geognostischen Verhaltens willen besuchte, in einem Sehreiben dd. 17. März 1866 den erwünschtesten Aufschlüsse j,Von Beisan gegen den Tabor ist der Boden (wie im ganzen Jesreel) mit Basalt bedeckt, die alten Bauten, wie die Ruinen
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von Um el Tajibeh sind sämratlich aus grossen, schön behaue- nen Basaltblöeken aufgeführt. Auf dem (dem Kreideberg Tabor nächst liegenden) Tumrah und in Endor liegt wieder der Kalkstein zu Tage, vermischt mit Basaltstücken. In Endor, wo die vielen grossen Höhlen bekannt sind, ist nur Kalkstein. Dagegen ist Teil Ajül, ein völlig abgerundeter Berg westlich von Endor, ein augenscheinlicher Eruptionspunkt des Basaltes. Nicht nur ist der Berg ringsum mit Basaltsteinen besät, sondern liegt auch der Gipfel voll Basaltblöcken. Nicht Ein Kalkstein ist hier zu sehen, der jedoch am östlichen Abhang des kleinen Hermon sich wie- der vorfindet. Der kleine Hermon selber, d. h. die Spitze mit dem Weli ist wieder augenscheinlicher Ausbruchspunkt des Basaltes? bis auf die höchste Spitze hinauf besteht er aus Basalt, und je höher hinauf, je grösser werden die Blöcke. Die Schlucht, die von Naiu zum Berge hinauf führt, trennt die Basaltregion von der östlich gelegenen Kalkpartie. Die Spitze des Hermon bietet nur Raum für das "Weli und einen kleinen Begräbnissplatz und ist durch einen Einschnitt vom östlichen Bergrücken des kleinen Hermon unterschieden, der wieder Kalkstein führt, ohne dass man jedoch eine ursprüngliche Lagerung des Gesteins beobach- ten könnte. Diese ist ebenso wenig am Fusse des Berges bei Nain zu unterscheiden, wo Kalk und Basalt vermischt erscheint. Die grossen Blöcke Basaltes, die den kleinen Hermon bedecken, sind mit weissen Flechten überwachsen , welche von ferne ge- sehen dem Gestein eine dem Kalk ähnliche Farbe verleihen. Sonst hätte sicher die auffällige Natur des kleinen Hermon die Aufmerksamkeit der Reisenden auf sich gezogen. Die Aussicht von der Spitze des Berges ist viel schöner als z. B. die vom Tabor, denn auf dem Hermon befindet man sich mitten in der Ebene Jesreel und ist die Aussicht durch keine Bergfläche gehemmt.
Herrn Zellers Mittheilung über die basaltische Beschaffen- heit des Hermon bestätigt nur die Construction der Gegend, wie sie der Gcognost a priori aufführt, dem basaltische Gegenden, wie solche in der Eifel, das Höhgau, Riesgau und andere be- kannt sind. Leider treten auf den Karten diese plastischen Verhältnisse der Ebene Jesreel mit ihrem centralen Mittelpunkt
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gar nicht zu Tage , ob sich gleich in der Natur das Bild so vor- trefflich zeichnet. Vom Tabor aus, bis an dessen Fuss die ba- saltische Ebene sich erstreckt, sieht man ganz deutlich die Er- streckung der Basaltfläche bis zum See von Tiberias, an dessen Ostufer erst sich die weissen geschichteten Kreideberge wieder erheben, um hinter sich aufs neue unübersehbaren Basalt- flächen in der Ledscha und dem Hauran Platz zu machen. Mit dem Tabor hat man wieder das normale, horizontale Gebirge erreicht, ob es gleich ein schwaches, östliches Einfallen zeigt. Auf der Höhe beobachtet man starke, derbe Kreidekalkbänke, am ehesten dem Maastrichter Kalke zu vergleichen. Sie verwit- tern zu einem sog. Schrattenkalk, in welchem wie mit dem Messer eingeschnittene Risse und Vertiefungen sich erzeugen. Die Cisternen auf der Fläche des Berges, der einstigen Haupt- feste des jüdischen Landes, welche das fruchtbare Jesreel be- herrschte, sind durch die 10 — 15' mächtigen harten Kreidefelsen in die weicheren Kreidemergel eingehauen. Einsam und ver- lassen steht seit Jahresfrist jetzt ein griechisches Convent mit 1 Priester und 4 Mönchen auf der östlichen Höhe und erinnert durch seine Lage und Fernsicht viel an den Dreifaltigkeitsberg auf der Spaichinger Alb. Im Westen wird die basaltische Ebene von den Bergen von Nazaret und dem Carmelzuge umschlossen, durch welche der Kishon sich einen Durchbruch zum Meere ge- bahnt hat. Sobald der Durchbruch beginnt, hat der Basalt sein Ende erreicht.
Lb Norden der Ebene beginnt wieder bis zum Libanon die- selbe Einförmigkeit des Kreidegebirgs , wie wir sie im Süden derselben kenneu, und bildet somit die Ebene von Jesreel im ganzen Lande Palästina mit geognostischem Auge angesehen, den einzigen Ruhepunkt in der untröstlichen Einförmigkeit des Kreidegebirges.
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Die Lagernngsverhältnisse der Schichten.
Dass wir nur mit den wenigen Schichten der Turon- und Senongruppe zu thun haben, dass weder yon älterer Kreide noch von Tertiär, geschweige denn von Juraformation oder sonst einem secundären Gebirge die Eede ist, glauben wir an der Hand lei- tender Fossile zur Genüge beweisen zu können. Ein Gang vom Mittelmeer zum todten Meer führt uns bis zur Wasserscheide bei el Kuds zu einer Höhe von 2700 P. F. über dem Meer hinan und von da zum Spiegel des todten Meeres zu 1360 P. F. unter dem Meer wieder hinab. Wir haben also 4060 Fuss, innerhalb deren sich unsere Schichten bewegen.
Zum erstenmal treffen wir weisse Kreidemergel mit Feuer- steinzügen am Fuss des Gebirgs bei 982' über dem Meer in der Nähe von Latrün, dann tausend Fuss höher bei 1989' am Passe Enäb und zum drittenmal abermals achthundert Fuss höher auf dem Oelberg. Von da fallen sie, und wir finden sie wieder auf den Bergen zwischen Jerusalem und Marsaba bei circa 2000' über dem Meer, im Thal oberhalb Marsaba bei circa 1000' über dem Meer, auf der Spitze des Ras el Feskah im Niveau des Mittelmeers und mittelst Visirung am Ostufer sieht man die schwarzen Feuersteinbänke, die das weisse Kreidegestein durch- ziehen, unter das Niveau des Mittelmeers hinabgreifen. Ebenso geht es mit den Hippuritenkalken. Auf der Höhe von Nebi Samuel liegen sie 2649', ziemlich in gleichem Niveau noch bei Jerusalem, bei Marsaba 2000' tiefer, am Abfall zum todten Meer im oberen Drittheil des Absturzes, also immerhin einige 100' unter dem Meeresspiegel.
Die Schichten, die zu Tage treten, liegen nun aber bei all diesen enormen N i v e a u d i f f e r e n z e n nahezu horizontal. Am Ausgehen- den der Berge und an Thalgehängen fehlt es, wie sich das von selbst versteht, an Biegungen und Ausweichungen nicht, aber der Art sind sie nicht, dass wir Gewölbe an den Schichten beobachteten, was nothwendige Folge einer Schichtenverbiegung wäre, die auf einige Stunden horizontaler Entfernung gegen 3000' Differenz in ihrem Niveau zur Folge hat. Ich kann hienach die Ansicht Lartets
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nicht theilen, welcher sein Profil in der Weise zeichnet, dass er ein Gewölbe von Kreideschichten construirt, das sein Widerlager im Westen und Osten des Gebirges Juda hat und den First in Jerusalem, ich vermuthe, dass, wie das so leicht einem Touristen in jenem Lande begegnet, manche Aufnahme aus der Ferne geschah, wobei die diluvialen Deckelsteine, die gewölbartig die Berge decken, für Schichten angesehen worden sind. Wo wir namentlich im Osten von Jerusalem offene Schichten getroffen haben, lagen sie auch horizontal und zwar auf Stunden weit hori- zontal, dann kam plötzlich unmotivirt durch die Oberfläche der Gegend ein Wechsel, beziehungsweise eine Wiederholung jüngerer Kreideschichten, die sich neben der altern in Ein Niveau gelegt hatten. Diese Erscheinungen können ohne Annahme von Sprün- gen und Verwerfungsklüften Ein- für alle mal nicht erklärt werden, die denn auch nicht blos als nothwendig angenommen zu werden brauchen, sondern in Wirklichkeit zu beobachten sind. Es fehlt nirgends an Klüften, welche mit dem Kompass gemessen einen Parallelisimus zeigen und ebendamit auf eine gemeinsame Ursache hinweisen , die keine andere sein kann, als welche den Abfall des Mittelmeersgrundes einerseits und and- rerseits die Jordanspalte im weiteren Sinn, (die bis zum Ras Muhamed reicht) zur Folge hatte.
Die Jordanspalte mit ihrer tiefsten Versenkung in der Mitte des todten Meeres hängt mit der Bildung des ganzen Landes so eng zusammen, dass der Gedanke Niemand mehr kommen kann, das todte Meer wäre das Resultat einer späteren vulcanischen Bildung, oder auch, es wäre etwa später zu histo- rischen Zeiten eine wesentliche Veränderung mit dem See, wie z. B. die Versalzung des Wassers vor sich gegangen. Vielmehr ist die ganze Jordanspalte mit der Versenkung des todten Meers älter, als die Ablagerung des Tertiärs, das in der ganzen Gegend vom Libanon bis nach Egypten fehlt. Mit dem Fehlen des Tertiärs aber ist der Beweis hergestellt, dass vom Ende der Kreideperiode an in Palästina keine marine Bildung mehr statt fand, sondern einzig nur die Einflüsse der Atmosphäre auf die Oberfläche des Landes sich geltend machten, die jedoch eine wesentliche Ver-
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änderuDg derselben nimmermehr zu erzeugen im Stande sind. Lartet meint sogar, seit den Zeiten der feldspatreichen Porphyre, welche zwischen Petra und dem todten Meere die Richtung der tiefen Erdspalte ankündigen, also lange vor der Bildung der Kreidebänke habe jene Erdspalte in ihrer Nord-Süd-Erstreckung existirt und das todte Meer habe zu keiner Zeit in irgend einem Zusammenhang mit dem Ocean gestanden.
Das todte Meer war zu allen Zeiten und von Urbeginn ein Sammelbassin der Regenwasser aus der ganzen Gegend. Um sich davon zu überzeugen, braucht man nur die tiefen Schluchten der Wadi's sich anzusehen, welche der Andrang der Wasser ausgehöhlt, und das Haufwerk alten Schuttes an den Thalwänden, welches die früheren Wasser aus der Ferne zu- sammengetragen, und endlich die Geschiebemassen, die, bis zu 300 Fuss über dem Spiegel des Sees an den Uferwänden han- gend, auf einen ganz andern Wasserstand hinweisen und ganz andere Niveauverhältnisse voraussetzen, als die heutigen sind.
Wenn geologisch etwas festgestellt werden kann, so ist es die Thatsache eines viel höheren Wasserstandes in der Spalte des Jordans und des todten Meeres, einer am Ufer mindestens 100 Meter höher angeschwellten, nach Süden einige Meilen, nach Norden aber bis in die Nähe des Tiberias-Sees weit aus- gedehnten Wasserfläche. So weit haben sich die Schichten von Ligan, wie sie Lartet ganz gut bezeichnet, verbreitet; eine Fluthmarke des früheren Wasserstandes aber hat sich bis zu diesem Augenblick erhalten.
Längst vergangen sind die Tage, in denen das Wasser so hoch stand ; es sind wohl dieselben, in denen noch Gletscher am Sinai und am Libanon hingen, in denen das Mittelmeer ganz Egypten deckte bis Assuan, und, um ein Beispiel aus der Hei- mat zu citiren , das schwarze Meer noch heraufgriff bis au den Rand der schwäbischen Alb und das Land der Donau von Ulm an abwärts unter Wasser stund. Als in Europa und im nörd- lichen Afrika, auf der ganzen arktischen Halbkugel unserer Erde, das Klima sich änderte, da sank auch allmälig der Spiegel des todten Meeres; die Zuflüsse verminderten sich und die Ter-
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dunstung steigerte sich in demselben Mass. Die Wasser con- centrirten sich nach und nach und wurden immer laugenhafter, je länger die Verdunstung in den Felsenkesseln anhielt.
Die Folge davon ist leicht erkennbar. Das todte Meer musste sich schliesslich sättigen*) mit den Salzen, welche die Meteor- wasser aus den Schichten lösten; und so hat sich jetzt eine
*) Abgesehen von den zufliessenden Quellen führt der Jordan dem todten Meere schätzungsweise 6 Millionen Tonnen (ä 1000 Kilo) Wasser im Laufe von 24 Stunden zu (beiläufig den dritten Theil des Neckar- wassers an der wiirttembergischen Landesgreuze). Die Beduinen sind noch des Glaubens, wie schon Bruder Brocardus 1283 meldet, das Wasser werde von der Erde verschlungen. Es hat auch in neuerer Zeit nicht an Ansichten gefehlt, welche eine unterirdische Communi- cation mit dem Meere nicht gerade für eine physische Unmöglichkeit erklären wollten. Der Atmosphiirendruck auf den 1300' unter dem Meeresniveau gelegenen Seespiegel sollte das unterirdische Einströmen des Meerwassers in den Kessel des todten Meeres verhindern. Man hat jedoch sicherlich keinen nöthigenden Grund, sich den Wasserver- lust anders als durch blosse Verdunstung zu erklären, um so mehr, als ohne dieselbe die Concentration der Laugenwasser gar nicht erklärt werden kann. Herr Professor Zech in Stuttgart hat berechnet, dass täglich — soll die Wasserzufuhr des Jordan den Kessel des todten Meeres von 8 geographischen Quadratmeilen nicht überfüllen — eine Wasserschichte von 13^/2 Millim. Höhe verdampfen muss. Eine (solche Verdampfung ist nun in Europa allerdings unbekannt. In Württemberg war 1866 die grösste Verdunstungshöhe in 24 Stunden in
Stuttgart am 24. März . . . 2,03 Par. Lin.
Heilbronn am 19, Mai . . . 2,07 „
Freudenstadt am 28. April . 2,37 „
Ulm am 4. Juni 8,04 „
Schopfloch am 24. September 2,32 „
Heidenheim am 29. April . . 2,37 „
Isny am 29. April .... 2,17 „ Die Versuche über Verdunstung, die im IVIittel 6 Millim. geben, ge- schehen aber im Schatten; bei Gefässen, welche der Luft und dem Sonnenschein ausgesetzt sind, wird das Verhältniss ein anderes werden. So fand Sauvanan 1858 zu St. Rambert bei Paris als Mittel von 146 heitern Tagen 6,51 Millim. In Californien beobachtete man an den Blake Tulare Lakes täglich 7,6 Millim. In Palermo betrug die mittlere Verdunstungshöhe in 24 Stunden in der Sonne im
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Salzlauge gebildet, welche den gewöhnlichen Salzgehalt des Meeres weit übertrifift, in dieser Beziehung aber mit andern Salzseen der Erde zu vergleichen ist.
Eine merkwürdige, bis jetzt noch nicht bekannte Thatsache ist die Ungleichheit des Salzgehaltes, je nachdem man, nicht in der Mitte oder an den Ufern, sondern an der Ober- fläche oder in einer gewissen Tiefe schöpft. Bereits 1848 fand die amerikanische Expedition unter Lynch eine Fortsetzung der Jordanströmung von Nord nach Süd so ziemlich in der Mitte des Sees, eine Strömung, die sich mit jener des Rheins im Bodensee vergleichen lässt. Aber erst die französische Expedition schöpfte auch in verschiedenen Tiefen mit dem von Daubre ver- besserten Aime'schen Apparat zum Wasserschöpfen in beliebigen Tiefen, ein Apparat, den ein sehr sensibler Dichtigkeitsmesser besonders brauchbar macht.
Mit diesem Apparat fand man namentlich eine Zunahme von Brom,*) die sich von 0,16 pro mille auf 3 p. m. in 20 Meter Tiefe, auf 5 in 120, und auf 7 in 300 Meter Tiefe steigerte. In demselben Verhältniss steigerte sich die Zunahme von Chlor, nämlich von 17 und 19 p. m. auf 174 in der Tiefe von 300 Meter, Beide Körper bildeten Bromide und Chloride mit Natrium, Magnesium, Kalium und Calcium.
Der Chemiker erkennt mit Recht in der starken Versalzung der Wasser das Zeichen einer lange fortgesetzten Concentration ; namentlich liefert der ausnehmende Reichthum an Brom und Chlorkalium den directen Beweis für das, ich möchte sagen,
Mai . . 5,76 Millim.
Juni . . 7,23 „
Juli . . 7,82 „
August . 7,46 „
September 5,68 „ u. s. w. (Mitth. v. Zech.) Obgleich directe Verdunstungsversuche am todten Meer noch felilen, 80 wird in Anbetracht der Lage des Sees zwischen den lichtgelben Kalkfelsen, der geringen Niederschiiigo und der trockenen Südwinde eine Verdnnstungshöho von 13,5 Millim. sehr begreiflich erscheinen. *) Siehe die folgende Seite.
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vorweltliche Alter des Sees. In seinem Wasser hat sich eine natürliche Mutterlauge gebildet, von welcher das animalische Leben zerstört wird. Es ist nicht nöthig, den Grund für die Unmöglichkeit des organischen Lebens von diesem oder jenem Körper abzuleiten, z. B. vom Brom oder vom Brom-Magnesium, wie die französichen Gelehrten meinen, da schon die Thatsache, dass jene Lauge 1 '/-tmal schwerer ist als reines Wasser, und bis 28 Procente Chemikalien enthält, vollständig dazu ausreicht* Wie in unsern württembergischen Flüssen und Bächen die Fische verschwinden, wo Chlorverbindungen oder andere Laugen einer chemischen Fabrik ins Wasser fliessen, so erstirbt auch das Leben in der Lauge des todten Meeres. *)
In der Nähe solcher Spalten gehen stets unterirdische Be- wegungen vor sich, die nothwendig mit Niveauschwankungen verknüpft werden müssen, vulcanische Erscheinungen im weite- sten Sinne des Wortes, die sich, seit die Chroniken Meldung thun, in den fürchterlichsten Erdbeben kund gethan haben. Von den Zeiten Abrahams an, da grosse volkreiche Städte ihren Untergang fanden (Gen. 19, 24. 25) bis auf unsre Zeit ist das Jordanthal Zeuge verheerender Bewegungen der Erde. Strabo erwähnt eines Erdbebens, das eine ganze Stadt verschüttete, Josefus erzählt von einem andern unter Herodes, das 10,000 Menschen den Tod brachte. 1759 den 30. October, 3 Uhr 45 Min. in der Früh, fingen Stösso an, die sich 3 Monate lang wieder- holten und einer Menge Städte Syriens und Tausenden von Menschen den Untergang brachten. 1834, namentlich aber 1837 war das letzte verhängnissvolle Jahr, in welchem ein fürchter- licher Stoss längs der Axe der Jordan- und Todte -Meer- Spalte
*) Von Interesse ist der Versuch des Herzogs von Luynes. Im Norden von Usdom ist eine häufig vom Meer überschwemmte, durch eine heisse Salzquelle gespeiste Laguno. Obgleicli in Geschmack und Dichtigkeit das Wasser dem des todten Meeres ähnelt, so lebt darin doch eine Anzahl kleiner Fische, Ctjjrrinodon Moseas Cuv. und lunatus Ehrb. Diese Fische, mit Sorgfalt gefangen und in einer Schüssel mit Lagunenwasser am Leben erhalten, starben augenblicklich, als man sie in eine Schüssel mit "Wasser aus dem todten Meer setzte.
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sich hinzog, die Stadt Tiberias fast ganz zerstörte und 6000 Menschen den Tod brachte. Wenn sich bei solchen Katastrophen nicht auch die Niveau's der Oberfläche veränderten, wäre eine verwunderliche Sache. Es liegt diess so sehr in der Natur der Sache, dass dagegen kein Zweifel erhoben werden wird.
Für die durchgreifende Zerklüftung des gesammten Gebirges sprechen besonders die zahlreichen Höhlen im Gebirge Juda, Ephraim und längs des Jordanlaufes, die theilweise als unter- irdische Thäler, jedenfalls als alte Wasserläufe angesehen wer- den können. Eines der belehrendsten Thäler in dieser Hinsieht ist das grotten- und höhlenreiche Chareitün, das ich auf einer Tour vom todten Meer nach Bethlehem durchzog. Die Land- schaft ist überaus grossartig und wegen des steten Wechsels reizend. Nur an wenigen Stellen verengt sich das Thal, wie das Kidronthal bei Marsaba; im Allgemeinen ist es tiefer ein- gerissen, darum auch weiter und grossartiger. Die Thalkrüm- mungen sind ausserordentlich kurz, meist rechtwinklig an ein- ander abbiegend. Diese Biegungen folgen so rasch aufeinander, dass man selten weiter als einige hundert Schritte weit vor sich hinsieht, in stetem Zickzack durch das Thal gelangt und mit jeder Biegung durch neue Ansichten überrascht wird, welche durch überhängende Felsen, Grotten und Höhlenöffnungen be- sonders malerisch gemacht sind. Das Profil des Thalgehängs ist schätzungsweise folgendes :
60 ' mergelige bröckelige Kreidemergel mit Feuersteinbänken,
30 ' massiger Fels mit Grotten und Höhlen,
50' harte, geschichtete Bänke, 100 ' rauhe, mir halbgeschichtete Kalkbänke, theilweise cry-
stallinisch und massig, 500 ' Wechsel verschiedener Kalkschichten , bald schwächer, bald stärker, deren äusserer Anblick keine Unterschei- dungsmerkmale bietet.
Der Grottenfels, wie ich die bei 30' mächtige Felsenlage der oberen Partie nenne, ist mit seinen Nischen, Höhlen und Gängen der Wohnort einer Anzahl Beduinenfamilien; neben diesen modernen Wohnungen zeugen alte Gemäuer und Cister-
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nen von verschwundenen Wohnorten. Von einer alten Trümmer- stadt klettert man einige hundert Schritte auf schmalem Fuss- pfad über riesige Felsblöcke weg oder schlüpft man unter überhängenden Felsen durch und gelangt schliesslich zu einem 8' hohen Steinblock, von dem aus man mittelst eines Schrittes in den 5' hohen und 3' breiten Eingang der altberühmten AduUamhöhle kommt, die gewöhnlich das Labyrinth von Cha- reitün heisst. Mittelst Compass und Schreitens fertigte ich bei- stehenden Grundriss der Höhle, aus dem klar wird, wie die ganze Höhle eigentlich nur aus erweiterten Sprungklüften des Ge- birgs besteht, die pa- rallel mit der Axe des Thaies laufen. Die Höhle ist ein förmliches System von Corrido- ren und Quergängen, welche durch die Erosion in früheren wasserreicheren Zeiten ausgenagt wurden. Zuerst war nur ein System einfacher Sprünge im Gestein vorhanden, das fliessende Wasser erweiterte sie im Lauf der Jahrhunderte und erodirte die Gänge im Stile der Spitzbögen, so dass der erste Eindruck auf den Besucher leicht die Täuschung hervorrufen kann, als wäre durch Kunst die Höhle gebildet oder wenigstens künstlich ihr nachgeholfen wor- den. Diess ist jedoch entschieden nicht der Fall. Das Wasser war der einzige Künstler, das mittelst regelloser Rinnen in dem harten Kreidegestein wirre Sculpturen an den Wänden anbrachte nnd am Dache der Höhle Vorsprünge, Zinken und Zacken bil- dete, an denen Tausende von Fledermäusen gleich Kronleuch- tern in gräulichen Klumpen hängen. Der Eingang führt mit drei Schritten in einen Längsgang, von dem nach einigen Schrit- ten wieder ein Quergang rechtwinklig abbiegt, um in den zwei- ten, mit dem ersten parallel laufenden Längsgang zu führen,
Grundriss des Labyrinths von Chareitün.
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sofort der dritte Quergang in den dritten Längsgang, von dem aus man in die grosse Halle gelangt, in der bequem 400 Mann sich aufhalten mögen. Die Quergangspalte, welche zur Halle führt, setzt auf der Bergseite fort und führt wieder in neue Längsgänge, die durch Quergänge verbunden, sich noch lange in den Berg verlieren. Weiter in dem förmlichen Labyrinth der Corridore vorzudringen, als in der Skizze verzeichnet, schien wegen Mangels an Lichtern, wie an einem Ariadnefaden nicht rathsam. Die begleitenden Beduinen hatten ohnehin längst Angst und wollten der bösen Geister halber keinen Schritt wei- ter thun und ist mir daher sehr glaublich, was die Beduinen versichern, das Ende der Höhle sei noch von Niemand erforscht. Es bot auch in der That der sich immer wiederholende Paral- lehsmus der Bei'gklüfte im weitern Yerlauf der Gänge nichts Neues dar. Tropfsteine sind keine in der Höhle, Hängendes und Liegendes ist Fels, der überall die Spuren des nagenden Wassers an sich trägt: das Eine wie das Andere bestätigt die schon ausgesprochene Ansicht, dass das ganze Labyrinth weiter nichts als ein alter unterirdischer Quelllauf im Gebirge war, in einer Zeit freilich, in welcher selbstverständlich noch andere Verhältnisse der Oberfläche bestunden, als gegenwärtig zu be- obachten sind.
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1867. 2s u. 3s Heft. 15
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Paläontologische Bestimmung der Schichten Palästina's.
In der geognostischen Beschreibung des Profils ward schon auf die leitenden Fossile hingewiesen, welche für das Urtheil massgebend sind, dass wir auf der ganzen Linie von Jaffa bis zum todten Meer uns in der Turon- und Senongruppe oder der oberen Kreide bewegen. Die nähere Bestimmung der gesammel- ten Fossile, sowie die Vergleichimg der seitherigen PubUcationen hat unser Urtheil nur bestätigt und stimmt in dieser Hinsicht wesentlich mit Louis Lartets*) Note über die Formationen des todten Meeres überein, welche dieser ebenso scharfsinnige Beobachter als gewissenhafte Berichterstatter vorläufig über seine geologischen Beobachtungen als Begleiter des Herzogs von Luy- nes (1864) gegeben hat.
Amorphozoen.
Ventriculites angustatus Rom. Kreide. Taf. I, Fig. 5 (Ocellaria Lam.). Der Schwamm, dessen Gewebe durch Eisen- oxydhydrat stark gefärbt ist, zeigt dasselbe regelmässige Faden- gewebe, wie die Fossile von Sachsen oder von Rügen, die Form des Schwamms ist die eines Trichters. In England leitend für Upper Chalk, in Deutschland für Pläner und weisse Kreide.
Fundort: Latrün in weissem Kreidemergel.
Foraminiferen.
Nummulites variolaria Sow. var. prima. Sow. Min. Conch. 538, 2. d'Arch. foss. des Indes IX, 13. Diese Art, welche wir in Europa nur aus dem Horizont des eocenen Ge- birges kennen (Stubbington, Brüssel und Seinebecken) und welche d'Archiac auch von Kleinasien und Kurdistan citirt, findet sich östlich von Jerusalem in grauen Feuersteinen, die gänzlich von
*) Note sur la formation du bassin de la mer Morte etc. Bull. d. 1. BOG. geologique do France. Tom. 22 Feuilles 27—36. 1865.
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den ausgezeichnet erhaltenen kleinen Gehäusen erfüllt sind. Die 3V2 Millim. messende Schale hat 5 Umgänge, die sich um eine centrale Blase legen. Der Fund stammt von Dr. Eoth und lie- gen die Originale in München.
Dieselbe Art füllt auch die Kalke am Fuss der Pyramiden, dessgleichen fand ich sie zu Benihassan, wo sie wie in Europa jüngere tertiäre Schichten füllt. Um Jerusalem steigt sie aber in die obere Kreide herunter, wesshalb ich ihr den Zusatz var. prima gebe.
N. cretacea Taf. 11, Fig. 8 a, b, c. Wäre das Stück, in welchem diese Nummuliten stecken, nicht eigenhändig von mir aus den festen, anstehenden Hippuritenkalken des Wadi Jos geschlagen worden, so hätte ich grossen Anstand genommen, mich einer derartigen geologischen Häresie schuldig zu machen und Nummuliten in die Kreide zu versetzen, oder vielmehr ein Gebirge Kreide zu nennen, das Nummuliten führt. Aber die Sache ist einmal so. Nicht nur, dass auf ein und demselben Handstück Hippuritenfetzen mit den Nummuliten liegen, sondern dass an ein und derselben Felswand über den Nummuliten noch Hippuriten und weiterhin Ammoniten sich finden. Ich gestehe, dass mich diese höchst ungewohnte Thatsache höchlich über- raschte, fast unangenehm berührte und da ich auch fernerhin in Syrien Nummuliten begegnete, wo ich des übrigen geognosti- schen Horizontes halber noch keine vermuthete, so konnte ich mich dem Vorhandensein von Kreide - Nummuliten nicht mehr verschliessen und schliesse mich in dieser Hinsicht viel lieber der amerikanischen Auffassung im off. Report an, als an L. Lartet (1. c. pag. 444), der von unmerklichen Uebergängen der eocenen Kalke in die Kreidekalke spricht und zu dem Ende die mir gleichfalls bekannten Orte von Samaria citirt, wo Nummuliten unter ganz ähnlichen Verhältnissen wie um Jerusalem in Kreide- schichten sich mengen.
Die grössten Exemplare von Nummulites cretacea messen 4 Millim. im Durchschnitt und nicht ganz 2 Millim. im Querdurch- messer. Eine Aussenseite Hess sich noch nicht beobachten, sie ist zu innig mit dem Kalkstein verwachsen: es liegen somit nur
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gespaltene Exemplare vor. Auf der Breitseite zählt man 15 haarfeine Umgänge und dessgleichen Wände zwischen den Um- gängen. Ich kenne keine zweite Art , welche eine gedrängtere Lagerung der Kammern und der Zwischenwände zeigte. Die Kammern selbst sind klein und undeutlich. Die Zellenwände sitzen rechtwinkhg auf der Umgangswand auf.
N. arbiensis Conr. off. Rep. 22, 126. Die Amerikaner stellen ihn zum Chalk. Ich habe ihn von den Bergen des alten Samariens, jetzt Sebastieh, und vom Berg Garizim, an dessen halbem Gehäng (el Tor) er ganze Bänke erfüllt. Zugleich traf ich dort Pyramidella canaliculata d'Orb. Diese zweite Kreide- species hat mit N. biaritzensis d'Arch. sehr viel Aehnlichkeit. Ich möchte fast sagen, es seien beide identisch. Bei 8 — 10 Millim. Durchmesser zeigt die Aussenseite ein wahres Gewirre der Zellengänge, die an Nautilus Zickzack erinnern. Zu Beni- hassan traf ich die gleiche Art mit N. variolaria. Ich hätte unbedingt den älteren d'Archiac'schen Namen auf unser syrisches Fossil übertragen, wenn derselbe nicht für eine ächte Tertiärart geschaffen worden wäre, dieses aber zum System der Kreide gehört.
Zoophyten.
Sarcinula auleticon Gf. von Nebi Samuel. An sich ist der Erhaltungszustand der Koralle der Art, dass eine genaue Bestimmung kaum möglich ist. Im Uebrigen gleicht sie der Goldfuss'schen Art, die aus der Kreide von JüHch stammt, auf- fallend und darf bis auf Weiteres wohl mit ihr vereinigt werden.
Echiuodermen.
Discoidea cylindrica Ag. Eine in Europa sehr gemeine Art, z. B. im untern Pläner von Rettem in Braunschweig, in der craie marneuse von Ronen u. a. a. 0. Ein Exemplar dieses Echinoderm bewahrt die literary society in Jerusalem aus dem dortigen Melekeh.
Galerites albogalerus Lam. und zwar die Form angu- losus Desor Synops. pag. 183 aus dem Melekeh des Wadi Jos.
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Brachiopodeu (Eudisten).
Hippurites syriacus Conr. {off. Rep. 16, 84) Taf. IV, Fig. 7. Bereits wurde erwähnt, wie schwer es halte, die zahlreich überall an den Felswänden sichtbaren Hippuriten zu sammeln. Viele Duzende sah ich, aber vergeblich war die Mühe, sie vom Fels loszu- schälen ; schliesslich musste ich mich mit Einem miserabeln Stücke zufrieden geben. H. Syriacus gleicht auf den ersten Blick einem Cyathophyllum aus dem Uebergangsgebirge, so schmal und schlank wachsen die einzelnen Schalen. Sie sind gebildet aus concentrischen wie aus radialen Anwachsstreifen, die beide mit- einander auf der Aussenseite ein ausgezeichnetes feines Gitterwerk erzeugen. Die einzelnen Stücke sind nicht höher als 5 — 6 Centim. und haben am Oberende l'/a Centim. Durchmesser; in halber Höhe der Sehale wachsen junge Seitensprossen. Ich hätte vielleicht ohne den Vorgang Conrads, welcher den Namen syriacus machte, Desmoulins alten Namen H. organisans auf die syrische Form übertragen. Jedenfalls stellt sich diese der genannten europäischen Art am nächsten.
Zahlreich im Missih des Wadi Jos. In der Roth'schen Sammlung liegen Stücke aus den kieseligen Bänken des Missih's, in welchen nur noch der Hohlraum erhalten ist, den einst der Hippurit füllte. Mittelst Guttapercha wru'den Abgüsse von diesen Höhlungen erhalten, welche jetzt die Oberfläche der Schale vor- trefflich wieder geben. Unsere Figur gibt einen solchen Abguss wieder und zeigt viel besser als die Conrad'sche Abbildung das Netzwerk auf der Aussenseite der Schale.
Hippurites sulcatus Defr. (d'Orb.^:)a/. /"ra^if. pl. 531). Bei dem Mangel an vollständigen Esemplaren und dem Umstand, dass die Beobachtung und rasche Skizzirung an den unwirth- lichen Felswänden des Kidronthales geschah, möchte ich auf die richtige Bestimmung der Art nicht zu viel Gewicht legen. Eben so gut dürfte man nennen
Radiolites angeiodes Lam. (d'Orb. pl. 549) undR. acuti- costata d'Orb. (d'Orb. pl. 550) ausserordentlich variable Muscheln, deren Schalen von tiefeingeschnittenen Rippen bedeckt sind.
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Im untern Kidronthale, 1 Stunde unterhalb Marsäba sitzen sie in ganzen Colonien wie Buschwerk im Felsen und entspringen 6 — 8 Individuen Einer Wurzel.
Radiolites Mortoni Mant. Zittel, Biv. d. Gosau Tab. XXV, Fig. 1—3, pag. 72, Taf. IV, Fig. 15. Ganze Felsen des Missih be- stehen bei genauer Betrachtung aus den zertrümmerten Schalen eines Rudisten, an dem das kleinste Stück die Zusammensetzung der Schale aus kleinen viereckigen Zellen zeigt. Die Form und Grösse der Muschel kann nicht mehr bestimmt werden, doch weisen die Bruchstücke auf bedeutenden Umfang hin. Die dicke Schale besteht aus horizontalen und verticalen Lamellen, die in Abständen von '/^ — ^/^ Millim. über einander liegen, eine Struc- tur, die zu R. Mortoni passt. Unsere Figur zeigt die Structur der Schale unter der Loupe vergrössert.
Zittel führt dieses Fossill, das Mantell aus der weissen Kreide von Kent und Sussex beschreibt, von Auster in Texas an und aus der obern Kreide von Alabama. Er selbst fand es im Gosauthal.
Lamellibranchiaten. Monomyarier.
Ostrea (Exogyra) Boussingaulti d'Orb. pl. 468 pag. 702, eine französische Neocomspecies, von Dr. Roth auf der Ostseite des todten Meers bei Kerak gesammelt und vielfach auch von dem offic. Rep. erwähnt, als vom Libanon und Bhamdün stam- mend, wo sie auf jurassischen (?) Stücken wie Amman. Syria- cus und Trigonia Syriaca aufsitzen und zum Beweise dienen soU, wie jurassische Petrcfacten ins Kreidemeer gerathen und so zu sagen zum zweiten Mal versteinert seien.
Ostrea Matheroniana d'Orb. pl. 485 pag. 737 = den- sata Conr. off. Rep. 18, 102, gleichfalls von Dr. Roth im Osten des Bahr Lut gesammelt. Die Amerikaner fanden die Muschel ebendort im Gebirge Moab; so weit man aus der Zeichnung Bchliessen darf, ist die Species dcnsata mit der französischen Art identisch. d'Orbigny hatte die Grenzen dieser Art nicht zu enge gezogen und glatte, gerunzelte und mit Höckern vei'sehene Exemplare darunter begriffen, die jedoch Einen Gesammthabitus
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in der eigenthümlichen Krümmung der Schale und der diceras- ähnlichen Drehung des "Wirbels an sieh tragen. Neuerdings veröffentlichte *) Herr A. Kunth in Berlin die von Gerhard Eohlfs zwischen Tripoli und Ghadames gesammelten Versteinerungen, darunter die d'Orbigny'sche Art und zwar eine zwischen pl. 485 Fig. 4 und 5 inne stehende Mittelform, die mit unsern moabiti- schen Exemplaren vollständig übereinstimmen. Hieher gehört wohl auch die noch von L. v. Buch bestimmte Exog. Overwegi, welche dieser Keisende auf dem Hammada von Tripolis in grosser Menge **) gesammelt hatte. Durch diese Funde an so entlege- nen Theilen der Erde (in Frankreich in der Charente, Bouches du Rhone, Var, Vaucluse und Dordogne, in Portugal von Agoas livres da outra Banda, in der Provinz Constantine nach Coquand, im Süden von Tripolis und schliesslich im Osten des Jordans), gewinnt diese Muschel als bezeichnend für das Senon-Alter der Erde wesentlich an Bedeutung.
In diese Gesellschaft von Exogyren gehören Allem nach auch die für jurassisch ausgegebenen Arten Ostrea virgata Gf. off. Rep. 1, 6 — 8. vom Libanon und Bhamdün. Es ist in der That schwer zu begreifen, wie der off. Rep. diese von Goldfuss Tab. 76, 7 ausdrücklich als von Gretz und Tongern in Brabant stammende tertiäre Muschel als fossil of the oolotic period bezeichnen mag. Allerdings hat die syrische Auster viele Aehn- lichkeit mit der Goldfuss'schen Art, aber Jeder weiss auch, wie vielgestaltig gerade die gefalteten Austern werden und wie we- nig sie sich zur Feststellung eines geologischen Horizontes eig- nen. Auf solch schwachen Füssen stehen die Beweise für eine Juraformation in Palästina, dass sie bei Licht betrachtet gerade das Gegentheil beweisen. Ostrea Syriaca off. Rep. 2, 12 ge- hört auch hieher, im Uebrigen hat die glatte runzlige Schale dieser Auster überhaupt nichts Charakteristisches an sich. "Wei- ter werden angeführt 0. scapha Rom. Nordd. Ool. Geb. 59, 3,^ der eine glatte, langgestreckte, mit concentrischen Anwachsringen
*) Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. XVIII. 2. pag. 281. **) Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. IV. 1. pag. 152.
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behaftete Auster von Bhamdün und Muktära sehr ähnlich, wenn nicht identisch sein soll, und O. linguloides off. Rep. 2, 13. Der Verfasser des off. Rep. vergleicht diese Art selbst lieber mit O. cretacea Morton „but ü is evidently a jurassic species." Geht man mit so vorgefassten Meinungen an eine Untersuchung, kann man freilich unbefangene Urtheile und objective Resultate nicht mehr erwarten.
Ostrea vesicularis Lam. ist sehr häufig. Namentlich die Formen, die d'Orbigny pl. 487, Fig. 4 — 9 abbildet. Als Varietät derselben sehe ich O. corticosa off. Rep. Appendix 1, 7 an, eine zollgrosse rundliche Auster mit rauhen concentrischen An- wachsstreifen.
Fundort: Abu Tor und Kidronthal.
Wie weit Gruphaea capuloides Conr. von Sileh in Samaria (off. Rep. 18, 103) eine eigene Art ist oder nur eine junge vesi- cularis, ist schwer zu sagen. Dagegen erwähne ich noch als zu den gryphaeenartigen Austern der Senongruppe gehörig die von Captain Wilson am Berge Quärantana bei Jericho aufgelesene und mir mitgetheilte
Ostrea biauriculata Lam., die vollständig zu d'Orb. pl. 476 stimmt. Ich fand sie auch im mittleren Kidronthal ober- halb Marsäba.
Plicatula aspera Sow. d'Orb. pl. 463 aus der Roth'schen Hinterlassenschaft, ohne nähere Bezeichnung des Orts, dem Ge- stein nach aus der Zone der Ammoniten.
Spondylus, Steinkern. Ein 4 Zoll langes und ebenso breites Stück, an dem sich einzelne stärkere Rippen unter schwächeren erheben, gehört möglicher Weise zu Sp. striato- costatus d'Orb. aus der unteren Kreide. Roth'sche Sammlung von Jerusalem.
Pecten gryphaeatus Schi. (J anira quadricostata d'Orh. pl. 447) ist als Hauptleitmuschel für die Turongruppe von gros- ser Wichtigkeit.
Fundort: Nebi Samuel.
Pecten Nilsoni Gf. Synon.: P. delumbis Conr. off. Rep. 19, 40, ein glatter, halbzollgrosser Pecten von Dr. Roth aus der
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„Wüste Jutla", von den Amerikanern aus der Gegend von Mar- säba und von Safed (Galiläa) gesammelt. Ausserdem erwähnt der off. Eep. noch des gestreiften Pecten ohrutus Conr, Taf. 19, 114 vom Habitus der Textoriusgruppe.
Ohne Zweifel gehört hieher auch die sog. Avicula Sama- riensis off. Rep. 12^ 107 vom "Wadi Burkin, ein 2 Centim. grosser Eindruck auf Stein mit 5 — 6 radialen Rippen, die in ihrer Gleich- mässigkeit viel eher auf Pecten weisen, als auf Avicula.
Dimyarier.
Area securis Leym. d'Orb. pl. 309, Fig. 9 und 10. Eine ebenso häufige als wichtige Muschel, die in England im Lover Greensend sich findet, d'Orbigny aber aus dem-Neocomien der Haute-Marne beschreibt. Nach Grösse, nach Längsrippen und Querstreifen stimmt die Muschel ausgezeichnet zu der vonMar- säba, Abu Tor, Berg des bösen Raths u. a. 0.
Area cenomanensis d'Orb. pl. 316 Fig. 1 — 4 begleitet die A. securis, nur weniger häufig. Im Departement der Sarthe bezeichnend für die untere Turongruppe.
Fundort: Marsäba.
Der off. Report erwähnt noch einer ganzen Reihe von Area; unter denselben ist A. parallela 17, 98 identisch mit securis und A. lintea 17, 95 mit cenojiianiensis. Die Amerika- ner fanden sie zwischen Marsaba und dem todten See. A. subro- tandata 17, 94 vom Kidronthal und A. fabiformis 17, 97 eben- daher mögen schliesslich noch als eigene Arten gelten. Die in den Jura versetzte A. brevifrons (5, 31) von Bhamdun stimmt auffallend mit A. Passyana d'Orb., pl. 327, 1 — 2, welche in Frankreich in der chloritischen Kreide vorkommt. Die übrigen sind entweder unbestimmbare Steinkerne, über die man nichts sagen kann, wie A. indurata 5, 33, orientalis 5, 36, accUvis 5, 35, oder es sind gar keine Arcakerne, wie A. Syriaca 5, 30, was viel eher dem Steinkern einer Venericardia gleicht ; declives 5, 32 kann gar keine Area sein, sondern scheint einer 3Iya an- zugehören, und A. subrotundata 5, 34 gleicht eher einem Car- dium. Ebenso werthlos erscheinen die Namen Area longa App.
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3, 18, Bhambdunenses 3, 19, cuneus 3, 21, opiformis 3, 22. Alle diese Muschelkerne stammen aus dem Norden Syriens, vom Libanon, von Bhambdün, Aklim u. s. w. und werden wunderli- cher Weise dem Jura zugetheilt, wozu, wie schon mehrmal be- merkt, lediglich gar kein Grund vorliegt. "
Astarte sub striata Leym. d'Orb. 263, 5 — 8, eine sicher zu bestimmende Art von Marsaba, 3 Centim. hoch, 272 breit, mit starker Schale und dem dreieckigen Zahn der Astarte. Auf der Schale feine Streifen zwischen den concentrischen Falten, Im off. Rep. geschieht dieser schönen Muschel keine Erwähnung, wohl aber einer Astarte undulosa 17, 80 und 16, 81 aus der Wüste Juda, die ich als A, formosa Fitton d'Orb. 262, 10 bis 12 bestimmt habe. Diese Art ist im Kakuhle von Jerusalem ziemlich gemein und prägen sich Zahn und Zahnleisten sehr deutlich auf dem Steinkern aus.
Fundort: Akabeh el Suän im Westen des Oelbergs.
Der off. Rep. erwähnt noch A. mucronata Conr. 17, 88 von ausgeprägter dreieckiger Gestalt aus dem Kidronthal. Aus- serdem 7 Arten Steinkerne, A. lucinoides, suhcordata, Syriaca, Orientalis, j^ervetus, engonata und arrtata, die jeder Paläonto- loge als unbestimmbare Kerne bei Seite legen wird. In erster Linie ist höchst zweifelhaft, ob es nur Steinkerne von Astarten sind ; möglicherweise gehören sie zu ganz andern Geschlechtern.
Crassatella Rothii Frs., Taf. II, Fig. 9. Länge der Muschel 1,5 Centim., Breite 1 — 1,2 Centim., die Schale mit fei- nen concentrischen Streifen bedeckt, die in einem schmalen, aber scharf abgetrennten Arealraum verlaufen. Der letztere Umstand ist der Grund, die Muschel nicht zu Astarte zu stel- len. Das Schloss Hess sich nicht erkennen. Dr. Roth sammelte deren „im Kidron " eine grosse Menge, dessen Andenken diese zierliche Muschel gewidmet ist.
Unser abgebildetes Exemplar stammt vom Djcbol Tor bei Jerusalem.
Der off. Rep. bildet noch ab Crassatella syriaca von Mar- saba (17, 100), eine 4 Centim. lange und 3 Centim. breite Mu-
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schel, an welcher ein entsprechend grösserer Arealraum ist, als bei C Rothii.
Cardium Hillanum Sow. 14, 1. Diese ausgezeichnete Muschel, die an ihren vielen concentrischen, oben radial gestell- ten Rippen auf den ersten Blick sich erkennen lässt, würde für sich allein schon hinreichend den geognostischen Horizont be- zeichnen, wenn auch die übrigen Kreidebegleiter fehlten. Wie sie im sächsischen Quader, im englischen Blackdown-Greensand und in der französischen Chloritkreide ebenso wie auch am Rio grande in Texas häufig genug sich findet , so ist sie im Kakühle von Jerusalem und um Marsaba ganz gemein. Eben- so ist es eine sehr häufige Muschel am Libanon und zu Bhamdün. — Soll die Paläontologie einen Werth haben für geognostische Bestimmung, so dürfen so ausgezeichnete For- men, wie die der Hillanen oder Protocardien nicht übersehen werden, und ist es Pflicht, auf derartige Vorkommnisse hinzu- weisen. Um so betrübender ist es, wenn der off. Rep. einen neuen Namen macht: C biseriatuni (6, 38 — 40) und trotzdem, dass der Verf. selber auf die Aehnlichkeit mit hillanum auf- merksam macht, wegen der etwas längeren Schale und breiteren Furchen die Muschel als eigne Species in den Jura versetzt. "Wo nur auf der Welt kennt man aus dem Jura Hillane-Car- dien? Endlich wird, um die Inconsequenz bei der Bestimmimg der Species im vollsten Maasse zu zeigen, die gleiche Muschel als Cardium bellum, App. 1, 3 von Marsaba (nur etwas ovaler als biseriatum,) auch in den Chalk versetzt.
Fundort: Oelberg, Bethanien, Marsaba.
Cardium crebriechinatum Conr. offic. Rep. 41 — 43. App. 2, 16 von Bhamdün. Unter diesem Namen sind zweierlei Arten Steinkerne vereinigt, ein glatter ohne jede Spur von Schaleneindrücken, eine Form, die auch in der Roth'schen Sammlung aus der Umgegend von Jerusalem liegt. Hiemit scheint mir auch der Steinkern von C. Syriacum, off. Rep. 7, 45 vereinigt werden zu können. Die zweite Form des cerebrie- chinatum ist mit feinen Streifen überdeckt und gleicht dem C. Montonianum d'Orb. 248 gar sehr. Hieher gehört wohl auch
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C. Hermonense von der Spitze des Hermon. 3 Arten von Opis kommen, als auf blosse Steinkerne von gewisser Dreiecksgestalt gegründet, kaum in Betracht; es sind O. aequalis 2, 9, orienta- lis 2, 10, obrutus 2, 12.
Corbula striatula Sow. Min. Conch. 572, 2 und 3, d'Orb. terr. cret. 388, 9 — 13. In Frankreich aus dem Aptien, in England aus Lover Greensand: nicht selten zuMarsaba. Der off. Bep. bildet sie unter dem neuen Namen C. suhlineolata (16, 83) aus dem Kidronthal ab. Ebenso wenig scheint mir C. Syriaca von Safed (21, 125) verschieden zu sein. Corbula con- gesta endlich (5, 37), die wieder jurassisch sein soll (warum? ist jedoch nie gesagt), ist ein nach der blossen Zeichnung un- bestimmbarer Steinkern.
Leda (Nucula) scapha d'Orb. terr. cret. pl. 301, Fig. 1, 2, 2 Centim. lang, 1 Centim. breit, fein concentrisch gestreift. Diese ebenso zierliche als charakteristische Muschel für den Lo- wer Greensand Englands kann um Marsaba und am Oelberg zu Tausenden gesammelt werden. Sie bildet mit den nächstfolgen- den Arten, die theilweise mit ihr zusammenfallen mögen, wahre Ledanester, dass der Stein fast aus nichts Anderem besteht, als den ganzen oder halben Schalen dieser hübschen, feingezahnten Nussmuschel. "Warum der off. liep. sie N. j)erdita (17, 96) nennt, ist nicht einzusehen. Ebenso fällt dessen Nucula crebri- lineata (17, 92 u. 93) zusammen mit
Leda subrecurva d'Orb. terr. cret. 301, Fig. 7 — 11. Der Wirbel steht hier nahezu in der Mitte, die Ausschweifung der Unterseite am Vorderrand der Muschel ist nur unbedeutend. Vorkommen das gleiche wie bei scopha. Die Schale gleichfalls fein concentrisch gestreift.
Leda Ecnauxiana d'Orb. terr. cret. pl. 304, Fig. 7 — 9. Der Wirbel nach unten gerückt, dass die Schale eine dreieckige Gestalt erliält, gleichfalls fein concentrisch gestreift. Vorkom- men mit den vorigen. Syn.: Nucula ahrupia off. lirp. App. 3, 20.
Fundort: Marsaba.
Leda Cornoueliana d'Orb. terr. cn't. pl. ."^00, Fig. 6 — 10.
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Eine glattschalige Muschel, der Wirbel bedeutend nach unten gerückt. Gehört zu dem Typus der Ovalen, der im untern Jura so häufig ist. Vorkommen mit den vorigen.
Diese vier Arten sind die häufigeren. Der off. Report er- wähnt noch einer zoUgrossen, concentrisch feingestreiften Muschel vom Kidron, die N. perovata 17, 9 genannt wird. Ausser die- ser auf Grund von Steinkernen fünf Arten vom Libanon und von Bhamdun, nämlich N. submucronata 2, 14, parallela 2, 15, syriaca 2, 16, myiformis 2, 17 und perohliqua 3, 18. Als die ausgezeichnetste Art unter denselben wird Nucula myifoTmis angesehen, eine 2 Centim. lange und 1 Centim. breite glatte Art aus der Gruppe der Ovalen.
Lucina campaniensis d'Orb. terr. cret. pl. 283 Fig. 11 nenne ich eine ganz ausgezeichnete, 3,5 Centim. lange, 2,5 Centim. breite Lucina mit starken concentrischen Rippen aus dem Leda- lager von Marsäba. Der off. Rep. kennt sie nicht, was er Lu- cina syriaca 10, 57 und suhtruncata 15, 76 nennt, sind Stein- kerne von ganz andern Muscheln. Aehnlich ist Lucina Safe- densis 19, 115, eine fast kreisrunde, mit groben concentrischen Rippen bedeckte Lucina.
Trigonia distans Conr. (off. Rep. App. 4, 27), Taf. II, Fig. 14, 4 Centim. hoch, 3V'2 Centim. breit, mit breitem, glat- tem Arealrand, der mit einem glatten Kiel an den starken con- centrischen Rippen aufhört. Die Wirbel sind stark nach hinten gekrümmt. Aechtes Trigoniaschloss, die Schale dick und stark. Diese Muschel von Marsäba steht der europäischen Tr. Coquan- diana d'Orb. terr. cret. pl. 294 Fig. 1 — 4 am nächsten, die sich in der Turongruppe von Castellane (Basses alpes) findet, doch unterscheidet sich distans durch ihre dreieckige Form, den Kiel, der die Rippengegend von dem Arealraum trennt, specifisch von Coquandiana, dass ich gerne den Namen des off. Rep. auf- nehme, womit diese jedenfalls typische Kreidemuschel bezeichnet wird.
Fundort: Marsäba.
Der off. Rep. hat noch weitere Trigonien aufgeführt, die ich nicht fand, namentlich fällt Tr. sinuata Park, auf (App. 4, 26),
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6k sie gleich mit einem neuen Namen Tr. syriaca belegt wird. Die vielen Steinkerne vom Libanon und von Bhamdün werden unter den Namen Tr. syriaca 3, 19—23, alta 4, 24, cuneifor- mis 3, 21 gegeben und wieder in Jura versetzt. Obgleich Stein- kerne, sehen die Exemplare nichts weniger als jurassisch aus, haben vielmehr mit der Gruppe der scabrae Aehnlichkeit. Tr. cuneiformis z. B. scheint mit caudata Agassiz zu stimmen.
Cyprina inornata d'Orb. terr. cret. 272, 1—2. Roth'sche Sammlung von Ain Kerm beim St. -Johann -Kloster. Isocardia crenatxda Conr. off. Eep. 4, 26 von Aklim el Jurd und von Bhamdun scheint mir das gleiche zu sein.
Pholadomya fabrina Ag. d'Orb. terr. cret. 368, 6 u. 7. Oblonge, nur wenig aufgeblähte Muschel, engstehende radiale Rippen kreuzen mit Anwachsstreifen. Grösse und Aufblähung stimmt mit der französischen Art von Perte du Rhone. Roth- sche Sammlung von Jerusalem. Dem Gestein nach aus dem Lager des Ammonites rhotomagensis. Vgl. Ph. syriaca off. Rep. 2, 17.
Ausser den genannten Bivalven, die mir sämmtlich durch die Hände gingen, finde ich im off. Rep. erwähnt:
Inoceramus aratus 19, 113 von Nebi Musa, den ich ge- radezu J. Lamarki nennen möchte, als bekannte Leitmuschel für obere Kreide; ausserdem noch
J. syriacus 2, 14 und elevatus 2, 15 von Aleih. Dagegen ist J. Lynchii 8, 47 eher alles Andere, nur kein Inoceramus.
Mactra petrosa 8, 48 Bhamdhün, pervetus 8, 49 Akltm, areif ormis 8, 50 Bhamdün, syriaca 8, 51 Bhamdün sind sammt und sonders unbestimmbare Steinkerne von etwas verschiedener Form, beiläufig 1 Zoll gross. Es ist ebenso zweifelhaft, ob sie nur zum Geschlecht Mactra gehören, als sich Venus syriaca 9, 52 und indurata 9 , 53 von el Jurd oder perovalis App. 1 , 2 von Kerak nur halbwegs mit Sicherheit bestimmen lassen.
Von Bhamdün wird ferner erwähnt Pholadomya decisa 7, 44, die mit Ph. Archiacana d'Orb. terr. cret. pl. 364 viele Aehn- lichkeit hat und Panopaea pectorosa 7, 46 und orientalis 4, 28 Steinkerno, die nach der blossen Zeichnung nicht zu bestimmen
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sind. Sie sieht ebenso gut -wie ein Myacites aus dem Muschel- kalk aus und kann lediglich nichts entscheiden. Eine der ge- meinsten Muscheln soll Tellina syriaca sein 10, 59 — 61, aber nie anders denn als Steinkern. Fundort Bhamdün und Mezraah. Endlich ist noch von Lithodomus cretaceus 17, 101 die Rede, von Nablus am Garizim, in Gesellschaft von Nummuliten.
Gasteropoden.
Dentalium syriaeum Conr. Safed (off. Rep. App. 1, 1), 4 — 5 Centim. lange Eöhre, stark gekrümmt und bei seiner schwachen Schale stets zerdrückt im Gestein. Anwachsrunzeln beobachtet man kaum, sonst würde ich die Muschel ohne An- stand D. Mosae Bronn. Gf. 166, 10 nennen, mit welchem sy- riaeum jedenfalls viele Aehnlichkeit hat.
Dentalium Wilsoni Frs. Taf. IV, 12. Die dünne Schale widersteht dem Druck im Gebirge nicht, wir finden daher meist zusammengedrückte Röhren, doch ist bei einigen eine entschie- den ovale Mundöfl&iung zu beobachten; gestruppte Falten be- decken in concentrischen Ringen die Röhre. Ich fand diese gleichfalls zur Gruppe des D. Mosae gehörige Muschel auf dem südlichen Berge bei Marsäba gemeinsam mit Captain Wilson, nach welchem ich die Muschel benenne.
Dentalium octocostatum Frs. Taf. lY, Fig 13. Schale stärker als die vorangehenden; der ganzen Röhre entlang zie- hen sich mit grosser Regelmässigkeit 8 Gräthe, die hart bis zum Mundsaum verlaufen; neben diesen radialen Rippen decken übrigens auch feine concentrische Streifen die Schale. Fig. 1 a Mundöffhung, b ein Querschnitt der Röhre.
Fundort: Ledabänke von Marsäba.
Actaeonella syriaca Conr. off. Eep. App. 5, 40 vom Sabbate river am Libanon. Die Abbildung ist übrigens so mangelhaft, dass eine bessere folgt Taf. I, Fig. 2. Die Schale ist glatt und länghch oval, 4 Umgänge nehmen V* Raum, der letzte Umgang ^4 ein. Die MundöflFnung bildet einen geraden Längsschnitt und endet in einem rückwärts gebogenen Canal. Die Spindel hat 3 starke Falten. Die Schale selbst ist ver-
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schwunden , aber der Hohlraum , in dem sie gelegen , gibt in Guttapercha die Form deutlich wieder.
Fundort: Feuersteinbänke des Wadi Jos.
Actaeonella Salomonis Frs. Taf. IV, Fig. 1. 6 Centira. lang. Der letzte der 6 Umgänge nimmt V^, die 5 andern 's des Schalenrandes ein. Auch hier können die 3 Falten an der Innenseite der Spindel nicht übersehen werden, welche die Muschel in die Nähe der gleichfalls ausgestorbenen Nerineen bringt. — Beide Arten von Actaeonellen lassen sich zwar mit europäischen Formen nicht vereinigen, aber die Existenz von Actaeonellen überhaupt ist wichtig genug, die (d'Orb. pal. franc. gast. terr. cret. pag. 108) bis jetzt aus keiner andern Periode als der Kreidezeit und speciell der chloritischen Kreide bekannt sind. d'Orbigny nennt sie daher eine ebenso geologisch als zoologisch festgestellte Gruppe.
Fundort: Feuersteinbänke des Wadi Jos.
Phasianella Absalonis Frs. Taf. IV, Fig. 3. Möglicher Weise auch ein anderes Geschlecht, das nach dem Hohlraum, den die Schale einst im Feuerstein gelassen hat, nur schwer noch herzustellen ist. Die Form der Schale stimmt im Allge- meinen mit Pli. gaultiana d'Orb., nur zeigt sich bei Absalonis noch eine kleine Treppe an der Naht und feine Längsstreifen auf den Umgängen.
Fundort: Feuersteinbänke im Missih des Wadi J6s.
Trochus Astierianus d'Orb. terr. cret. pl. 176, Fig. 16. Es stimmt, was Form und Gestalt der Muschel betrifft, voll- ständig diese französische Neocom-Art mit der sehr häufig in den Kieselbänken des Hippuritenmarmors befindlichen Art. Nur ist letztere um 1 Centim. kleiner, sie misst nämlich nur 15 Millim., während die französische Form 25 Millim. beträgt. Doch nehme ich keinen Anstand durch Adoption des Namens auf die innige Verwandtschaft beider Muscheln hinzuweisen,
Fundort : Feuersteinbänke im Missih vor dem Damascusthor.
Nerinea Requieniana d'Orb. terr. cret. pl. 163, Fig. 1 — 3 ist die gewöhnlichste Nerinee im harten Hippuritenkalk rings um Jerusalem: ja sie geht selbst in den milden Melekeh des
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Wadi Jos hinab. In letzterem lässt sich die glatte Aussenseite der Muschel biosiegen, im ersteren liegen nur Steinkerne, -welche angeschliffen die Spindelfalten zeigen. Jede Windung hat 2 äussere und 3 innere Falten, ganz und gar mit der d'Orbigny'- schen Zeichnung übereinstimmend. d'Orbigny bezeichnet diese Art als wichtige Leitmuschel für die mittlere Partie der chlori- tischen Kreide, die er stets in seiner dritten Rudistenzone im Gebiet des Mittelmeers und der Pyrenäen gefunden hat. Herr Lefebre soll sie auch aus Egypten mitgebracht haben. Mit ihr findet sich
Nerinea Fleuriausa d'Orb. terr. cret. pl. 160, f. 6 — 7, an den verschlungenen Falten der Windung zu erkennen, ob- gleich die syrische Form kürzer und dicker ist, als die französische. Aus der Roth'schen Sammlung „von Jerusalem."
Nerinea Coquandiana d'Orb. terr cret. pl. 156, f. 3 — 4 ist nur als Hohlraum noch in den Missihkalken vom Mamilla- teich enthalten. Von Spindelfalten kann somit leider nichts beobachtet werden. Indessen stimmt die Aussenseite der Schale mit der Zeichnung bei d'Orbigny überein.
Fundort: Missihkalk vom Mamillateich.
Nerinea abbreviata Conr. off. Rep. App. 5, 36 könnte man äusserlich mit Trochus Astierianus verwechseln. 2 gleich grosse Falten an der Spindel und eine schwache , etwas schief auf die Naht gestellte Streifung der Schale stellen die Muschel zu Nerinea. Die Amerikaner fanden sie zu Ain Anüb am Libanon, unsere Exemplare sind aus dem Schneckenfels des Wadi Jos, wo sie sehr häufig sind. Vergl. übrigens N. uchauxiana d'Orb. pl. 164, 1 aus der mittleren chloritischen Kreide von Uchaux (Vaucluse).
Fundort: Wadi Jos.
Nerinea Mamillae Frs. Taf IV, Fig. 6. Herr Missionar C. Schick hat mir diese ganz ausgezeichnete, ob auch nur im Hohl- raum erhaltene Muschel vom Teich Mamilla im Westen der Stadt zugesandt. Sie schliesst sich an N. Coquandiana an, ver- dient aber wegen der mangelnden Knoten, die nur auf den
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1867. 2s u. 3s Heft. 16
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ersten Umgängen etwas angedeutet sind, einen eigenen Namen. Spindelfalten leider nicht sichtbar.
Fundort: Missihkalk vom Mamillateich.
Nerinea Schickii Frs. Taf. IV, Fig. 11. Eine sehr cylin- drische Muschel mit schmalen versenkten Umgängen, so dass die Nähte scharf vorspringen. Drei schmale innere Falten und Eine breite äussei-e Falte zeichnen diese schöne, um Jerusalem vielfach zu findende Art aus.
Fundort: Jeremiasgrotte und Birket Mamilla. Der Name ist dem um die Kenntniss der Stadt und Umgegend von Jeru- salem so hoch verdienten Herrn C. Schick zu Ehren gegeben.
Ueber die Nerineen des off. Reports ist wenig zu sagen. N. syriaca 12, 72 sieht allerdings der K. Gosac Rom. aus dem obern Jura etwas gleich, nur ist sie viel länger gestreckt, als die jurassische Art. Ner. cretacea 16, 85 von Nebi Samuel hat feine Perlen über der Naht. N. chochleaeformis 4, 29 und Orientalis 8, 32 von Ain Anüb sind zu undeutlich gezeich- net und ungenügend beschrieben, dass man nichts nach ihnen bestimmen kann. Auffallender Weise haben sie die im Marmor- kalk im Westen der Stadt so häufigen dünnen cylindrischen Nerineen nicht gefunden, auf die vielleicht wegen des geolog. Horizontes das grösste Gewicht zu legen ist: N. longissima Reuss.
Nerinea longissima Reuss. Taf. IV, Fig. 10. Bei 35 Millim. Länge hat die Schale an der Mundüffnung doch nur 5 Millim. Durchmesser, die Umgänge sind schief gestellt und mit 3 Punkt- reihen besetzt. Eine schwache äussere Falte ist sichtbar, da- gegen ist von Spindelfalten nichts zu sehen, da nur Hohlräume vorliegen. Reuss hat sie aus dem unteren Pläner; möglich, dass N. suhaequalis d'Orb. aus Pons (Charente inferieure) dieselbe Art ist. d'Orbigny kennt sie nämlich nur als Steinkern.
Fundort: Birket Mamilla im harten Hippuritenmarmor sehr häufig.
Tnrritella Adullani Frs. Taf. IV, Fig. 5. Eine Turritella mit versenkter Naht und gewölbtem Umgang, auf welchem 2 — 3 nur schwach angedeutete Längsstreifen sich hinziehen.
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Die Mundöffnung kreisrund. Die Muschel ist in Feuerstein ver- wandelt und ward von mir eine ganze Bank füllend auf der Höhe zwischen dem todten Meer und Bethlehem gefunden, in der Nähe der Höhle Adullam, nach der ich sie nenne. Sie scheint mir dort einen Horizont im obern Turonien zu bilden und finden sieh dabei noch gestreifte Nucula und die Schalen- trümmer einer Pinna oder Pholadomya neben andern Gastero- poden. Auch im kieseligen Schneckenfels vom Wadi Jos liegt sie versteckt, freilich nur als Hohlraum erhalten. Turr. syriaca off. Bep. 5, 42 fand ich dagegen nicht, sie ist kürzer und deutlicher gestreift. Ebenso kenne ich Turr. magnicostata nicht Qoff'. Bep. 10, 63) von Jezzin, welche viele Aehnhchkeit mit der Melania Escheri aus den miocenen Schneckenkalken Deutsch- lands hat. Turr. peralveata 20, 120 von Bhamdün endlich gleicht auf Ein Haar den eocenen Turritellen Egyptens (s. unten).
Scalaria Rauliniana d'Orb. terr. cret. pl. 155, Fig. 1 — 4, stark convexe Umgänge mit zarten Längsrippen und stärkeren Querrippen bedeckt. In Europa im Sandstein des Gaults ge- funden.
Fundort: Oestlich Marsäba in dem schwarzen bituminösen Baculitenkalk und Nebi Musa oberhalb Jericho.
Natica lyrata Sow. d'Orb. terr. cret. pl. 172. Fig. 5. An dieser glatten Schnecke mit ovalem Mund sind die Umgänge rechtwinklig auf einander aufgesetzt. Gesammtlänge 16 Millim. Fundort: der schwarze bituminöse Baculitenkalk, sog. Mosisstein am Westrand des tothen Meers. Vergl. damit N. scalaris off. Bep. 7, 50. Der off. Bep. erwähnt 2 grosser Steinkerne eines gross genabelten N. indurata 11, 65 und eines weniger ge- nabelten, aber gleich grossen N. syriaca 12, 70 von Muktära, Libanon, Jezzin und esh Shüf, die mir unbekannt blieben.
Chemnitzia Syriaca Frs. Taf. IV, Fig. 4 nenne ich eine Chemnitzia mit zarten schiefgestellten Querstreifen auf den Um- gängen.
Fundort: "Westrand des todten Meers.
Rostellaria carinella d'Orb. terr. cret. pl. 207 Fig. 7 bis 8 ist eine sehr charakteristische Schnecke, die an ihren
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breiten glatten Umgängen, auf welchen in scharfem Winkel eine Gräthe sich erhebt, leicht erkannt wird.
Fundort: Ledabänke von Marsaba.
Rostellaria inornata d'Orb. terr. cret. pl. 210, Fig. 4 bis 5 vollständig glatte Oberfläche der Schale, nähert sich seinem Aussehen nach bereits den eocenen Arten, d'Orb. beschreibt sie vom St. Catei'ine bei Ronen, unser Stück ist von Marsaba. Der Zeichnung nach off. Rep. 10, 62 ist Chenopus turriculoides von Bhamdün identisch. Viel grösser und einem Strombus ähn- lich ist Ch. induratus 11, 69 von Bhamdün und Ch. syriacus 12, 71 ebendaher 3 Zoll lang und gestreckter in seinen Win- dungen, gleichfalls Steinkern.
Ein Strombus pervetus 13, 73 kann mit der eocenen Art des Kressenbergs und Mocattams verglichen werden.
Ausser den aufgeführten Gasteropoden erwähne ich noch den Steinkern einer Pyramidella., vom Chan Lubban in Samaria, wo man vom Gebirge Juda in die fruchtbare grüne Ebene Sama- riens niedersteigt. Unsere Schnecke sieht der P. canaliculata d'Orb. etwas ähnlich, nur sind die Umgänge regelmässig convex und nicht so treppenartig aufgesetzt. Die Arten des off. Eep. betreffend ist ein Phorus syriacus off. Rep. 1 1 , 66 von Bham- dün ein an sich unbestimmbarer Steiukern. Ausserdem ist noch die Rede von Cerithum bilineaturn 5, 39 und von Cancellaria petrosa 3, 43. Fusus Ellerii 16, 82 wird als eine feine Species vom off. Rep. geschildert, dasselbe hat viele Aehnlichkeit mit T. Renaunianus d'Orb. 223, 10. Aehnliche Dinge, die aber vermöge ihrer Undeutlichkeit nicht näher zu bestimmen sind, fand ich in dem Kakühle von Jerusalem.
Ueberhaupt Hessen sich noch eine Anzahl unbestimmbarer Steinkerne von Bivalvcn und Univalvcn anführen, die den harten Marmor und den weichen Kreidekalk füllen, aber bedeutungslos sind für unsere nächsten Zwecke, die geognostische Feststellung des Horizontes, in dem sich die Schichten von Palästina be- wegen. Der Hauptwerth ruht in den
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Cephalopoden.
Namentlich sind es die Ammoniten, die wie wenige andere Fossile geeignet sind zur Orientirung. Der Fund eines einzigen acht jurassischen Ammoniten hätte die Frage, ob wirklich die Juraformation in Judäa zu finden wäre, endgiltig gelöst. Aber auch nicht eine Spur von einem Jura-Ammoniten, weder aus eigener Anschauung, noch aus irgend einer Sammlung eines Palästina-Reisenden. Und wenn der officiel Report of the U. S. Expedition to the dead Sea T. 14, 74 den Animon. Syriacus ti. V. Buch (Ueber Ceratiten. Berlin 1848. T. VI, 1) zu einem Jura-Ammoniten stempelt, so beweist dies nur, wie wenig der ame- ricanische Verfasser mit dem Standpunkt des europäischen Wissens vertraut war. Und doch hatte, wie H. v. Buch ausdrücklich in seiner Beschreibung des A. Syriacus sagt, dieser Ammonit von Beirut nach Berlin den Umweg über Newyork gemacht. Der Missionar Schmidt, der in Begleitung von Robinson den Libanon besuchte, hatte ihn in grosser Menge zu Bhamdün gesammelt und dem Mineralienhändler Shepard in New-York übergeben, durch welchen dieser erste Ammonit Palästina's erstmals nach Europa kam und von H. v. Buch, ob er gleich mit Ceratiten- loben versehen war, dennoch ganz richtig in das System des Neocoms gestellt wurde.
Mit besonderem Interesse wird jedes weitere Stück aufzu- nehmen sein, um so mehr, als die Mehrzahl derselben sich voll- ständig an die europäischen Arten anschliesst. Die Arten wur- den theils von mir selbst gefunden, theils von Herrn C. Schick in Jerusalem gesammelt, der die Freundlichkeit gehabt hatte, mich auf einigen meiner Excursionen zu begleiten und vermöge seiner Bekanntschaft mit Land und Leuten im Stande war, grosse bis zu 2' Durchmesser haltende Stücke sammeln zu las- sen. Einige Ammoniten liegen in der Dr. Roth'schen Sammlung in München, die mir meia leider zu früh verstorbener Freund Oppel zur Untersuchung und Bestimmung mitgetheilt hatte. So wurden sämmtliche Bestimmungen nach Originalien gemacht, die mit Ausnahme der Roth'schen Stücke in der K. Staatssammlung
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zu Stuttgart von mir niedergelegt wurden. Die zahlreichsten, zugleich am sichersten leitenden Formen sind die Ammoniten mit den ausgeprägten Kielknoten, wie sie an dem am meisten gekannten A. rhotomagensis hervortreten. Die zweite Gruppe umfasst die Ammoniten mit scharfem Kiel, wie ihn A. varians zeigt, und die dritte ist die Gruppe der Mantelli, bei denen jeder Kiel verschwindet und die Rippen gleich Schnüren über den gerundeten Rücken laufen.
1) Ammonites Rhotomagensis Brgn. Sow. 515, d'Orb. 105, Quenst. 17, 5 ist in Centraleuropa die Hauptleitmuschel der chloritischen Kreide (Rouen, Mt. Sainte Catherine) oder des Chalkmarl (Sussex, daher auch Sussexianus Mantell), ebenso findet er sich in der chloritischen Kreide von Castellane und Bareme (Basse Alpes) und vielen andern Orten. Unser Exem- plar, das Dr. Roth beim Kreuzkloster zu Jerusalem fand, stimmt weniger mit dem Sowerby'schen Original überein oder dem d'Or- bigny's, die von England und Nordfrankreich stammen, als mit der südfranzösischen Form, die Quenstedt von Syn zwischen Castellane und Escragnolle abbildet. An der englisch-französi- schen Form gehen einfache Rippen von der Naht zum Rücken hin, während der südfranzösische Typus einige Rippen einfach gespalten zeigt. So ist denn auch unser Rhotomagensis von Jerusalem. Mundöffnung oblong, jede Hauptrippe trägt auf der Naht einen rundlichen Knoten, von dem aus sich einige der Hauptrippen einfach gabeln. Ehe die Wölbung zum Rücken hin anfängt, erhebt sich auf jeder Ri})pe, auch den durch Gab- lung entstandenen Nebenrippen, ein zweiter Knoten und ein dritter länglichter Knoten auf dem Rücken. So erhalten wir 3 Paare Knoten, die auf den Rippen anschwellen. Eine weitere unpaarige Knotenreihe läuft über dem Sipho hin. Der Ammonit ist so involut, dass nur die erste seitliche Knotoureihe sichtbar ist. Von Loben sieht man leider nichts. Den gleichen Ammo- niten sah ich in Händen des Captain Wilson, der ihn vor dem Thore an der Jaffastrasse gelegentlich seiner Messungen auf dem Felde fand; auch vergleicht der o/f. Eep. den Anmi. Safedensis Taf. 21, 124 mit dem Ammoniten von Rouen, indess stimmt die
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dortige Zeichnung mehr mit Amm. varians, der sich in Gesellschaft des rhotomagensis ebenso bei Jerusalem findet, als anderswo in Europa. Wenn dieser Ammonit auch in St. Fe de Bogota in Südamerika sich findet, woher H. v. Buch ihn citirt, so erhöht diess den Werth dieser Leitmuschel nur und wird der Geognost in den Horizont der chloritischen Kreide und des oberen Grün- sandes eingeführt, ob auch keine Spur von Chloritkörnern petro- graphisch den Horizont ankündigt.
Fundort: Jerusalem.
Ammonit es rusticus Sow. pl. 177 (d'Orbigny's rusti- €us pl. 111 ist ein entschieden anderer Ammonit) ist, wie es scheint, der gewöhnlichste Ammonit um Jerusalem, von dem mehrere Exemplare vorliegen. Eines fand ich selbst in dem Kreidesteinbruch (Kakühle), der am Fussweg von Bethanien nach der Stadt führt, die anderen sammelte mir H. Schick auf der Ostseite des Oelbergs; der Horizont ist ein etwas höherer, als auf der Jaffastrasse mit A. rhotomagensis.
Dieser Ammonit wird von Bronn (Lethäa 722) und nach ihm von Quenstedt (Cephalop. 215) nur als Varietät von A. rhotomagensis angesehen. Möglich! Eine Varietät, die in einer bestimmten Gegend constant wird, verdient jedenfalls einen eig- nen Namen und erhebt sich zur Selbständigkeit einer besonde- ren Art. Der Ammonit ist evolut, während rhotomagensis ent- schieden involut ist. Einfache, niemals gespaltene Rippen, von einander abstehend, tragen je 2 rundliche Knoten. Sobald die Schale grösser wird und 1 Fuss Durchmesser erreicht, verschwin- den die Rippen, aber rohe grosse Knoten bleiben auf der glat- ten Schale sitzen. Die unpaarige Knotenlinie zieht sich über den Rücken, so dass die ganze Ammonitenschale mit 5 Knoten- reihen bedeckt ist. Die Loben sind massig und breit, viel ge- zackt, aber nicht tief gespalten und ebendamit ganz andere, als die mageren, tief gespaltenen Loben des rhotomagensis, so dass wir vollends keinen Austand zu nehmen brauchen, den Sowerby- schen rusticus als besondere Species beizubehalten.
Ammonites Lyelli Leymerie d'Orb. pl. 74, Quenst. Ceph. 10, 3 ist eine so ausgezeichnete Art, dass sie nicht wohl ver-
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kannt werden mag. Eine unpaarige Knotenreihe über dem Rü- cken, drei paarige auf den Seiten, die auf einfachen Rippen aufsitzen, knüpfen wieder an A. rhotomagensis an, dessen Vor- läufer im untern Gault unser Ammonit in Europa ist. Im Nor- den und Süden Frankreichs charakterisirt er den untern Grün- sand (rhotomagensis den oberen), bleibt übrigens immer klein, ist verkiest und in ausgewachsenen Exemplaren nicht bekannt. Am Oelberg findet er sich über fussgross in Gesellschaft des A. rusticus, varians etc. Ausser der europäischen Form mit den drei Paar seitlichen Knotenreihen finden wir eine weitere mit vier resp. fünf Paar solcher Knotenreihen neben der unpaarigen Rückenknotenreihe. Die Loben stehen aber so ziemlich in Einer Linie.
Unser grösstes Exemplar (gegen 11 Zoll), das wir Herrn Schick verdanken, zählt auf seinem letzten Umgang, der bereits einen Theil der Wohnkammer bildet, 5 Paar Knoten auf jeder Seite, die nur durch schwache Rippen untereinander verbunden sind, also 11 Knoten auf der Windung. Die 3 ersten Knoten sind rundlich, die 4. und 5., wie auch die Rückenknoten lang gestreckt.
Fundort: Oelberg bei Jerusalem.
2) Ammonites varians Sow. Min. Conch. pl. 176, Quenst. Ceph. 17, 4, d'Orb. pl. 92, 2. Mit diesem Ammoniten beginnt die Gruppe derjenigen Formen, welche einen scharfen markirten Kiel auf dem Rücken tragen. Die Rippen, die sich gerne spalten, fangen au der Naht mit einem Knötchen an und bilden durch weitere Knotenbildung am Spaltungspimkt und am Ende der Rippe eine ganze Reihe manchfaltiger Formen und Uebergänge von einer hochmündigen knotenlosen Spielart an bis zur breit- mündigen, stachligen Form.
Wir haben aus der Dr. Roth'schen Hinterlassenschaft in München eine der hochmündigen Formen von „Jerusalem" zur Untersuchung erhalten. Das Gestein ist hart, ganz ähnlich dem, in welchem A. rhotomagensis steckt. Die Rippen fangen mit einem Knoten an und dieser Knoten bildet zugleich den
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Ausgang für die Spaltung der Rippen, die von hier aus sich ein wenig nach vorne schwingend zum gekielten Eücken hinziehen.
Ammonites rostratus Sow. pl. 173 schliesst sich ebenso an varians an, wie rusticus an rhotomagensis. 2 Kno- tenpaare entstehen auf den Seiten und erheben sich auf den Rippen, die jedoch mit dem Wachsthum der Schale fast ver- schwinden. Ob Sowerby's rostratus, wie d'Orbigny glaubt, nur eine Spielart von varians sei, lasse ich dahin gestellt sein; der Ammonit vom Oelberg, der, wenn er irgend einer europäischen Art verglichen wird, nicht mit varians, aber mit rostratus Sow. stimmt, ist jedenfalls eine ganz ausgeprägte Form, die mit kei- ner andern verwechselt werden kann. Die Windungen greifen nur so wenig übereinander, dass beide Seitenknoten noch sicht- bar sind. Die Loben sind breit, aber doch tief gespalten. Der erste Seitenlobus überragt die übrigen an Grösse und schiebt sich zwischen den beiden Seitenknoten hinein. Von A. rostra- tus liegen zwei Exemplare vor uns, einer vom Oelberg, der an- dere vom nahen „Berg des bösen Raths" ; eines der Stücke misst 1 Fuss und hat in dieser Grösse noch keine Wohnkammer angesetzt, so dass der ausgewachsene Ammonit zum mindesten auf 172 Fuss Grösse geschätzt werden mag.
Ammonites Goliath Taf. IV, Fig. 18 a. b. Der Riese unter den Ammoniten, der über 2 Fuss erreicht. Die Schale ist flach, die Windungen evolut, die Mündung fast dreimal so hoch als breit, der Kiel scharf. Die inneren Windungen sind nur wenig von der letzten äusseren verschieden. Die Windungszu- nahme der drei letzten Umgänge ist 1 : 2^2 : 6. Die Schale ist nicht glatt, aber ist auch nicht gerippt, nur leichte, wellenför- mige Erhabenheiten decken die Seiten und leichte, rundliche Anschwellungen beobachtet man an Stelle der Knoten. Auf den inneren Umgängen könnte man etwa noch von Rippen reden, aber mit dem Wachsthum verschwinden sie mehr und mehr, um den leichten Erhebungen Platz zu machen, die von der Naht über die Seite hinziehen und in einer leichten Knotenanschwel- lung endigen. Das letzte Viertheil der Seite, das zum Kiel verläuft, ist glatt und mit eigenthümlichen Längsstreifen bedeckt,
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wie' wir sie von liasischen Ammoniten her, z. B. A. striatus, kennen.
Unter dem scharfen Kiele, wie ihn z. B. die Falciferen und Cristaten tragen, läuft der Sipho mit seiner braunen horn- artigen Hülle hin, der sich aus dem lichten, mehligen Kreide- kalk an den Bruchstellen als scharfes Band aushebt. Anfangs dachte ich an eine Grössenentwicklung des A. varians, die in Europa nicht bekannt wäre, doch ist an ^1. variam- eine Längs- streifung der Schale noch nicht beobachtet worden, wie andrer- seits bei A. Goliath sich nie eine Spaltung der Rippen beob- achten lässt, die dem A. varians eigeuthümlich ist, so wenig als die schiefe Stellung der Rippen auf dem Umgang, wie sie A. varians zeigt. Die Rippen und Wellen stehen vielmehr alle radial zum Mittelpunkt des Ammoniten, beziehungsweise recht- winklig auf der Nahtlinie. d'Orbigny bildet pl. 94 einen Amm. Goupilianus aus der chloritischen Kreide von Mondragon ab. An diese Art erinnert A. Goliath etwas, nur unterscheidet sich dieselbe durch involute Form und falciferenartigen Charakter der Rippen, was letzterem fehlt. Loben sind leider au beiden Exemplaren, die vor uns liegen, nur unvollständig zu beobach- ten. Der zweite Seitenlobus ist gross und tief gespalten und hängt in zwei Gabeln herab als Anfang des Kahtlobus; der erste Seitenlobus ist verhältuissmässig kleiner und kürzer, ein Verhältniss, das an die Lobenform des A. angulatus im Lias erinnert.
Der Fundort ist der Oelberg, der Ammonit findet sich in demselben Steinbruch wie rusticiis, rostraius u. A., das ankle- bende Gestein ist der sog. Kakühleh.
3) Ammonitcs Mantelli Sow. pl, 55, Quenst, Ceph. 17, 8. Dieser wie der nächstfolgende Ammonit bildet wieder eine neue Gruppe, die mit den vorangehenden nichts mehr gemein hat, weder Kiel noch Kielknoten, sondern schuurartigo Rippen, die über den rundlichen Rücken sich hinziehen. Es liegt zwar nur ein Umgang dieses Ammoniten vor, den Hr. Schick vom „Berg des bösen Raths" gesammelt hat, aber die Art stimmt. Die Rippen sind einfach, beginnen an der Naht mit einem schwachen Kno-
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ten und laufen mit kaum merklicher Knotung zum Rücken, wo eine schwache Siphonaldepression auch die Rippen erfasst.
Fundort: Berg des bösen Raths bei Jerusalem.
Ammonites fissicostatus Phil. d'Orb. pl. 76 schliesst sich an Martelli an, dessgleichen an A. navicularis Mant. (Sow. 555) und kann man schliesslich über die Berechtigung der Art streiten. Jedenfalls stimmt unser Jerusalemite ganz ausgezeich- net zu fissicostatus. Ich habe ihn selbst am Weg von Jezzin nach der Stadt gefunden, wo er im gleichen harten Kalkstein steckt, wie A. rhoiomagensis.
Fundort: Zwischen Jerusalem und dem Dorf Jezzin.
d'Orbigny spricht von einer aufgeblähten und einer schmal gedrückten Form, letztere mit oblonger Mundöflfnung. Diess ist unsere Form. 30 Rippen laufen gleich dicken Schnüren über den Rücken und entspringen auf der Naht je zwei aus Einem Knoten, Als verwandt kann auch A. Mületianus d'Orb. pl. 77 verglichen werden, eine Art, die ich im Besitze des Captain Wilson gesehen habe.
Ammonites bicurvatus Mich. d'Orb. pl. 84, pag. 286. Dieser comprimirte Ammonit mit länglicht ovaler Mundöflfnung hat noch seine Schale, deren charakteristische Sreifung über die Identität der Art keinen Zweifel lässt. Das Exemplar ist zwar nicht vollständig, stellt aber ein 4V2 Zoll Durchmesser haltendes Thier vor, dessen äusserer Umgang glatt ist mit kaum ange- deuteten Streifen, während die innere Windung deutlicher vom Nabel aus sichelförmig über die Seite hinziehende Rippen zeigt. Auch diese Rippen sind nur leichte, 1 Millim. dicke Erhebun- gen, die erst wieder gegen den schneidenden Kiel hin sichtbarer hervortreten.
Die Species ist eine ganz ächte, nicht zu verwechselnde Kreidespecies aus dem Departement Aube und Ardennes und wurde von mir selbst aus den Kakühlebänken zwischen dem Oelberg und Bethanien herausgeklopft.
Der off. Rep. kennt auffälliger Weise keinen dieser Ammo- niten (über A. Safedensis s. o. pag. 246), ein Amfn. Ubanensis
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6, 46 ist erwähnt, indessen will die rohe Zeichnung bei dem Mangel einer Beschreibung Nichts sagen.
Baculites anceps Lam. d'Orb. terr, cret. Ceph. pl. 139, Fig. 1 — 7 ist bei der grossen Häufigkeit, in der er sich am Westgehänge des todten Meers und im unteren Kidronthal findet, vielleicht das wichtigste aller bisher genannten Fossile, denn man kennt bis jetzt sein Vorkommen noch aus keiner anderen Schichte, als aus der mittleren chloritischen Kreide im Gebiet des europäischen Mittelmeers. Nach d'Orbigny's Untersuchung findet der alte Lamarck'sche Name B. vertebralis auf unsere Art keine Anwendung und verstand Lamarck unter B. vertebralis nicht unsere der chloritischen Kreide entstammende Art mit dem ovalen Querschnitt und der glatten Schale, auf der sich wellige Anwachsstreifen bauchig zum Rücken hinziehen.
üeber die Identität der Art von Frankreich und vom todten Meer ist mir kein Zweifel. Unsere Figur Taf. IV, Fig. 15 a. b. in natürlicher Grösse, mit Loben und Querschnitt zeigt zur Ge- nüge die Identität der syrischen und europäischen Art, die bis auf den Loben hinaus übereinstimmen. Auch darf der Umstand sicher nicht unterschätzt werden, dass in Europa die Art ganz strenge den Horizont der mittleren chloritischen Kreide einhält.
Das Hauptvorkommen des Bac. anceps beginnt unterhalb Marsäba mit den bituminösen Kalken, aus denen im Sonnen- brand das Erdpech schwitzt und den specifischen Petrolgeruch der Luft mittheilt, den so viele Reisende, selbst einige [der neuesten Forscher nicht ausgenommen, mit vulcanischen Gas- ausströmungen verwechselt haben. Man darf fast sicher darauf rechnen, dass der Baculit sich findet, sobald der schwarze Stink- stein bricht. Da und dort ist er in Feuerstein verwandelt, wie Fig. 17 zeigt. Ein zierliches Stück, an welchem die welligen An- wachsstreifen seitlich einen breiten Knoten bekommen. Ich zog es selbst aus dem Wasser des todten Meers, dem es ohne Zweifel der Kidron einst zugeführt hat, wenn er über die bituminösen Bänke und Nester der tiefen Schlucht zustürzt, die freilich nur
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das Auge erreicht, nie aber der Hammer des Geognosten je untersuchen wird.
Fische.
Die grösste Ausbeute von Fischzähnen, "Wirbeln u. dergl. hat Dr. Roth gemacht. Seine Etiketten geben als Fundort einfach „el Kuds" an, nach neuerlicher Nachforschung in Jeru- salem, wo Dr. Roth gesammelt habe, ward mir der Berg Abn Tor auf dem Wege vom Hinnom nach Bethlehem genannt. Es gelang mir jedoch nicht, den rechten Platz zu treffen, indem ich nur wenige Zähnchen mit Mühe fand, während in der Roth- schen Sammlung ganze Schachteln voll liegen. Unter denselben hebe ich aus:
Ptychodus polygyrus Ag. recherch. sur les poiss. foss. 3, 23. Die Art gehört zwar der weissen Kreide von Brighton an, doch wird man das Vorkommen von Ptychodus überhaupt als wichtig erachten, der bis jetzt noch aus keiner andern For- mation gefunden wurde, als der Kreide.
Corax heterodon Reuss. Böhm. Kr. T. 3, f. 49 — 71 (fal- catus Ag.). Seine schiefen Zähne mit der gesägten Schmelz- kante sind nicht zu verkennen.
Lamna subulata Ag., ein ächter Haifischzahn, der mit denen im Grünsand von Regensburg und andern Quedlinburgern Kreidemergeln übereinstimmt.
Lamna elegans Ag. ist eine eocene Art und im Londonclay, wie im unteren Grobkalk des Pariser Beckens zu finden. In Jerusalem vermengt sich dieselbe mit den genannten ächten Kreidearten; dieser Fisch begleitete, wie es scheint, die Num- muliten, die gleichfalls die Formationsfragen missachteud vom Eocen in die Kreide herabgestiegen sind.
— 254 — III. Die Tertiärländer am Nil.
Das eocene Gebirge.
Da, wo die schmale Brücke des Isthmus die beiden ältesten Erdtheile Asien und Afrika verbindet, wo der älteste Völker- weg, den die Geschichte kennt, heutzutage durch Salzsteppen und Wüstensand hinführt, da schliessen auch die Kreidegebirge Palästina's, die vom Libanon bis zur Kalkwüste Tyh sich fast unverändert gleichen, an die egyptische Eocene an. Sues mit dem etwa 2600' hohen Ataq ah bildet den geologischen Anknü- pfungspunct.
Am Fuss des Ataqah brechen gegenwärtig die Franzosen Steine für die Quaibauten des Sueshafens. Der lichte, grau- weisse Marmorkalk enthält nach der Mittheilung des Herrn Leon Vaillant (Bullet, de la soc. geol. 1864) noch Hippuriten, *) während das Massiv des eigentlichen Gebirges bereits der Nummuliten- Etage angehört.
Der Ataqah ist ein Gebirge von wunderbarer Wüsten- schönheit, das kein Reisender von Sues aus unbesucht lassen sollte, das reinste Bild einer Felsenwüste und des ewigen Todes. Ausser einigen Jerichorosen in den vertrockneten Giessbächen am Fuss des Berges und wenigem Buschwerk von Kameelsdorn und Ginster (gleiclifalls noch in der Ebene) fehlt dem ganzen Felsenzug von einigen geographischen Meilen Grundfläche alle und jede Spur von Vegetation. Nicht einmal Flechten haben an den braunen glatten Marmorwänden sich angesetzt, geschweige eine höher organisirte Pflanze. Von einheimischen Thieren ist natürlich auch keine Rede; ausser einem Seeadler, der in den
*) Nach einer Mitthoilung meines Freundes J. Marcou vom 18; Jan. 1866 ist auch nach Baylcs und Deshaycs Ansicht kein Zweifel, dass es echte Hippurlton sind, -welche Herr Vaillant vom Atdqah mit- brachte. Dagegen sind die Caprotinen, von welchen er ausserdem spricht, die Steinkerne der Östren, Overwegi von Buch. (pag. 23Ü).
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Felsen nistet, oder vom "Winde hergetriebenen Mücken und Heu- schrecken trifft man keine Spur von Leben, aus dem ganzen Berge versuchte man umsonst aucli nur Einen Tropfen Wassers herauszupressen. In fast senkrechten Abstürzen thürmt sich Felswand auf Felswand, ghänzend braun mit violetter Färbung. Einzelne schneeweisse Bänke heben sich aus dem Dunkel der Farben in der zweiten Hälfte der Höhe mit grosser Bestimmt- heit ab.
Es kostet schon Mühe und Anstrengung, über die colossa- len Schuttmassen zu klettern, die in der Ebene liegen und als breiter Gürtel den Fuss des Berges umgränzen. Sie liegen da wie Trümmerhaufen eingestürzter Burgen und Städte, als Zeu- gen früherer Wasserströme, die vor Zeiten mit furchtbarer Ge- walt aus den Schrunden des Ataqah hervorstürzten und ihr Zerstörungswerk am Berge übten. Längst vergangen sind diese Zeiten, glatt und glänzend und heiss anzufühlen liegen braun wie ein angerauchter Meerschaumkopf die Marmorfelsen überein- ander mit scharfen Kanten und Zacken, wie sie einst aus dem Lager im Berge ausgebrochen waren. Ist endlich der 2 Kilo- meter breite Trümmerwall überstiegen, so gilt es, über die za- ckigen Schrofen und Schrunde hinanzuklimmen und Terrasse um Terrasse zu ersteigen. Die Bänke des Gebirgs sind nach hora 12 vertical zerklüftet und erhebt sich jede einzelne Bank senkrecht bis zur Schichtenfläche, die treppenartig wieder etwas zurücktritt. Die Bänke sind von ungleicher Mächtigkeit, selten aber dicker als 2V2 Fuss, so dass man beharrlich wie auf einer steilen Treppe, theilweise auf allen Vieren hinansteigt. Nach dem ersten Drittheil der Erhebung betritt man eine breite Treppe; der tiefe Felsenschrund, in dessen Nähe man aufsteigt, erweitert sich zum breiten Wadi, in welchem der Weg zur Spitze des Berges nahezu eine Stunde lang sich hinzieht. Weichere, mer- gelige Bänke gaben Anlass zu der Erweiterung, Nummuliten, Cerithien, Austern, Anthophyllen, von denen zwar nur die Hohl- räume existiren, die Schale selber aber verloren ging, kenn- zeichnen hinreichend den eocenen Charakter des Gebirgs. Yon dem Wadi aus, in welchem man die eigentliche Spitze des Berges
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umgehen muss, um sie von hinten zu ersteigen (von vorne ist gar keine Möghchkeit), thürmen sich immer neue Felsschründe übereinander, die gegen das Thal abfallen. In einem derselben sieht man einen 2' mächtigen Gang von Kalkspat und rothem Wurstmarmor ; letzterer ist der gleiche, den man in den Ruinen von Alexandria und den Tempelresten von Memphis von den alten Egyptern verarbeitet trifft. Zur Spitze des Atäqah geht es schliesslich nicht anders als wie am Ostermontag am Basler Münster hinan: es gilt, sich von Felsenknauf zu Felsen- knauf hinanzuschwingen, unter sich eine jähe Tiefe von einigen hundert Füssen, in welche die abgelösten Felsen mit unheimli- chem Echo in der öden Stille hinabdonnern.
Cairo Hokattam
Oeneffe
Sues
Timgah
Rothes Meer
Der Isthmus von Sues aus der Vogfelperspcctive vom Atäijah aus.
Aber wie lohnend ist der Ausblick hier oben! In unver- gleichlicher Pracht liegt unter uns das blaue Meer und sind die
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fernen Berge Arabiens bis zum Serbäl und Sinai in violette Tinten gehüllt. Wie aus der Vogelperspective überschaut man den Isthmus von der Bai von Sues an bis zum fernen Menzaleh, in welchen die Arme der östlichen Nilcanäle verlaufen. Kleine dunkle Puncto liegt Ain Musa und Sues im "Westen der Bucht, in welche im Osten der Süsswassercanal als glänzender Faden mündet, der vom Geneffe herüber läuft.
Auch geologisch hat man oben auf dem Atäqah die Ueb er- sieht über das weite Tertiärland, das im Norden sich aus- breitet, und sieht man die alten eocenen Felsen aus der miocenen und pliocenen Sand- und Mergelebene hervorschauen.
Liegt der Atäqah gleich dem Mokattamgebirge bei Cairo noch wesentlich ungestört und horizontal, so sind dagegen alle die nördlichen Ausläufer der Schichten verstürzt und abgebro- chen und ragen im Norden der Linie Cairo-Sues nur noch ein- zelne Schichtenköpfe nackt und starr zu Tage,
Im Süden dieser Linie aber ziehen sich die eocenen Bänke im Wesentlichen ungestört und sich gleich bleibend über sechs Breitegrade bis zu den Katarakten des Niles hin. Mitten hinein an diess Gebirge ist der riesige Spalt gesprungen, der dem rothen Meere parallel läuft und in einer ähnlichen Breite wie das rothe Meer mit dem Nilgrund ausgefüllt und vom süssen Wasser des Sudans gespeist ist.
Die Landschaft des Eocen ist, was sich von Jetzt an von selbst versteht, eine Wüstenlandschaft, aber eben darum ein um so ausgeprägteres Terrassengebirge, in welchem Schichte über Schichte lagert und jedesmal die weichere Bank die Treppe zur nächsten festeren bildet. Eine fabelhafte Menge von Nummu- liten kennzeichnet das Gebirge auf den ersten Blick. Ich Hess es mir angelegen sein, durch Aufnahme von Profilen wie durch eifriges Sammeln von Fossilen die Parallele mit dem in Europa am gründlichsten studirten und am besten bekannten eocenen Becken von Paris zu ziehen, das mir durch eigene Anschauung wohl bekannt ist, fand aber bald, dass die Züge nur im grossen Ganzen stimmen, im Einzelnen aber sich unbekümmert um die französische Chablone frei entwickelt haben. Die Gleichartigkeit
Württemb. natnrw. Jahreshefte. 1867. 2s n. 3s Heft. 17
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des Gesteins ist es namentlich, welche die Orientirung namhaft erschwert, indem von unten bis oben, d. h. von den tiefst gele- genen Krebsbänken an bis zum kieseligen Sandstein, der dem grcs de Beauchamp und St. Oiien entspricht, nur ein und der- selbe lichtgelbe bis lichtgraue Kalkstein herrscht. Nur an sehr wenigen Stellen finden sich auch graue Thone und Gypse. Ebenso fehlen zwischenliegende Süsswasserbildungen, wie solche im englischen und französischen Eocen gewöhnlich sind, voll- ständig.
1. Untere Lagen. Callianassa-Bänke oder
Schichten des Nummulites planulata d'Orb.
In Frankreich ttag e suessonien.
Um Cairo traf ich an zwei Stellen die untersten Lagen des Eocens, die sich in höheren Schichten nicht mehr wiederholten: an der Station Nro. 8, der ersten Haltstation von Cairo nach Sues, und im Schachte Mehamed-Alis im Wadi Chascab. Am ersteren Puncto, wohl dem tiefsten um Cairo, wo Eocen zu Tage tritt, wurde im "Winter 1865 für die Canalbauten eine vierschühige lichte Kalkbank, hora 3 gegen N. fallend, ausge- hoben. An sie lehnen sich horizontale Gypsthone und Sande an. Die Kalke sind von schmutziggelber Farbe und stecken über und über voll Scheerenballen , die auf den ersten Anblick an die Callianassa Fmtjasi von Maastricht erinnern. Bald zeigen sich jedoch wesentliche Verschiedenheiten dieser Scheeren und mitvorkommende Nummulües planulata d'Orb. verweisen die Kalke in den Horizont der untern Eoceno. Aus den gleichen Lagen mögen die Stücke vom Bihr el Fachmeh (Kohlenbrunncn) sein (s. unten).
Unter den von Alfonse Milne Edward*) beschriebenen Krebsen des Pariser Eocens scheint zwar die so ausführlieh behandelte Callianassa Ileherti von Gue-a-Trcsmcs zu fehlen, dagegen stimmt wohl die langfingrige Art Callianassa
*) Annales des sciences natur. IV. Ser. Tom. XIV. 1860, p. 301.
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macrodactyla A. Milne Edw. pl. 12, 2 pag. 314. Den ge- fundenen Stücken fehlt leider immer der bewegliche Daumen, Hand und Zeigfinger dagegen kommen mit den Exemplaren des Pariser Beckens überein. Auch Callianassa prisca Milne Edw. pl. 13 Fig. 2 pag. 319 aus dem Grobkalk des Departe- ments Eure erkennt man wieder. Neu dagegen ist Callianassa nilotica Frs. Taf. V, Fig. 11 vom Todtenberg bei Assiüt, dessen oberste Schichten von Fossilen wimmeln , während die darunter liegenden 5 — 600' schneeweissen, milden Kalke keine Anhaltspuncte bieten. Hier liegen Callianassascheeren und Nummuliten, dass man wörtlich damit Taschen füllen kann. Die Hand ist nahezu viereckig, auf der Aussenseite gewölbter als auf den inneren: der untere Rand, der sich zum unbeweg- lichen Finger verlängert, ist schneidend scharf und fein gezähnt, der obere Rand abgerundet und von wenigen Wärzchen besetzt. Auf der Innen- wie auf der Aussenseite der Scheerenhand sind feine "Wärzchen angebracht und vertiefte Gruben umgeben die Charniergegend, wo der lange bewegliche Daumen eingefügt ist. Einzelne feine Poren bemerkt man an den Fingern, in welchen nach Milne Edwards Bemerkung Borsten stecken.
Nicht minder wichtig ist das Vorkommen von Nummulites planulata d'Orb. (d'Archiac et Haimes, Monogr. d. Numm. Paris 1858 pl. IX, 5—10 p. 142) am Bihr el Fachmeh in der Wüste Chascab 4 Stunden östlich Cairo. Wir kennen diesen zierlichen und kleinsten aller Nummuliten meist aus dem Sande, der aus den in allen Sammlungen verbreiteten Neritina conoidea oder ScJimideli von Guise la Motte zwischen Soissons und Com- piegne ausfällt. In jeder dieser Schnecken stecken Hunderte von Individuen zugleich mit Alveolina ohlonga d'Orb. und einer zierlichen Schneckenbrut: ihr Durchmesser schwankt zwischen V2 Millim. und 3 — 4 Millim. Die Schalen sind flach scheiben- förmig und die kleineren Individuen linsenförmig. Auf der glat_ ten Schale schimmern lichte Streifen durch, die sichelförmig vom Mittelpunct ausstrahlen. Diese Art füllt nun auch an den Hal- den des Mehamed-Ali'schen Kohlenschachtes einen grauen, bitu- minösen Stinkmergel, auf dem sich die papierdünnen Schalen
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des Nummuliten als ebensoviele schneeweisse Puncte ausheben. Die 3 — 4 Umgänge erkennt man deutlich, von denen der äus- sere wie ein dünner Hauch erscheint. Die einzelnen Zellen nehmen sich aus wie die Kammern eines Cephalopoden.
Diese Nummulitenmergel liegen auf dem Haldensturz des Schachtes zuoberst, sind also ohne allen Zweifel aus den unter- sten durchsunkenen Lagen. Im März 1844 wurde nämlich auf den Rath eines französischen Geologen in dem Theil der Wüste Tih, welcher unter den Europäern als „der grosse versteinerte Wald" bekannt ist (zum Unterschied vom „versteinerten Wald" anderthalb Stunden von Cairo entfernt) auf Befehl des Pascha's regelrecht nach Steinkohle geschürft und 328 Par. Fuss tief ge- gangen. *) Da der Schacht auf der Grenze des muschelreichen Grobkalks und des kieseligen Sandsteins begonnen wurde und die untersten Schichten auf der Sohle die Callianassabänke und ältesten Nummuliten erreichen, so haben wir mit den 328' die ganze Mächtigkeit des NummuHtengebirgos , was mit der am Mokattam zu Tage liegenden Mächtigkeit der Schichten genau stimmt. Der Bihr el Fachmeh hat, wie das sich kaum anders erwarten Hess, genau dieselben Schichten durchsenkt, die am Ausgehenden des Mokattamgebirges zu Tage gehen. Nach dem Nivellement des französischen Ingenieurs soll die Schachtsohle einige Fuss unter dem Spiegel des Nils liegen. Auch der Schutt- halde nach zu urtheilen, die nach 20 Jahren noch frisch und unverwittert daliegt, ward mit Ausnahme der Callianassabänke keine andere Schichte durchsenkt, als die auch am Mokattam zu Tage geht. Die Callianassabank aber liegt um Cairo bereits unter Sand und Schutt versteckt.
Ausser diesen beiden leitenden Fossilen nenne ich nur noch Turritella imbricataria Lam. Desh. Taf. 35, Fig. 1 u. 2 die "Varietät mit 3 hervorspringenden Rippen. Es ist auch diese Muschel für unteres Eocen (Suessonien) bezeichnend und begleitet die Krebsscheeren. Am Todtenberge von Assiüt ist sie so gemein
*) Journal of the Bombay Branch of the Royal Society for July 1845, the Egyptian Deaert by A. B. Orlebar.
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als jene. Noch manche andere Muschel Hesse sich anführen, da sie sich aber auch in jüngeren Schichten wiederholt, so er- wähnen wir sie nur in der Uebersicht über die sämmtlichen Eocenfossile Egyptens. Dagegen muss noch auf einen Crinoiden hingewiesen werden aus der Gruppe der Spatangoiden, der von Niemand übersehen werden kann: Periaster obesus Leym. Desor p. 387. Es ist ein kleiner aufgeblähter Seeigel mit tiefen, ungleichen Fühlerblättern und einem doppelten Band, das ein- mal die Fühlerblätter umgibt und dann in einem Winkel ab- zweigend sich um den After schlägt. P. obesus misst 29 und 30 bis 44 und 45 Millim. Der Scheitel ist nahezu central, das vordere Fühlerblatt zieht sich in tiefer Furche zum Mund, an dem aufgeblähten Eande eine entsprechende Ausbuchtung ver- ursachend. Er findet sich sehr zahlreich am Djebel Geneffe, namentlich aber auch am Fuss der Cheopspyramide und am Todtenberg zu Assiüt.
2. Der Baustein von Cairo. Horizont des Ceri- thium giganteum und der Cancriden.
Am Mokattam zieht gleich zuunterst hinter den Kalifen- gräbern eine 3' mächtige eisenschüssige, lichtgelbe Kalkbank die Augen auf sich, als Deckel zu einem harten Nummuliten- kalk. Die lichtgelbe thonreiche Kalkbank schliesst in Menge Stacheln und Asseln von Porocidaris serrata d'Arch. (Desor Synopsis VII, 20) ein, besteht theilweise aus einem Gebäcke von lauter Cidarisresten Taf. VI, Fig. 3, das verwitternd die zarten schmalen Stacheln in ausgezeichneter Schönheit wieder- gibt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Nilthaies, am Fusse der Pyramiden, wiederholt sich die Bank, wohl ganz in der gleichen Höhe wie am Mokattam, wenn man vom Cafra aus auf die Cheopspyramide losgeht. Darunter streckt noch ein einige Meter mächtiger, harter, compacter Nummulitenkalk mit Peria- ster obesus seinen Kopf zu Tag. Der Nummulit ist vorherr- schend N. Bamondi und Guettardi. Beide Arten sind kleine linsenförmige Körner voll radialer Streifen auf der Aussenseite und keinerlei Körnelung. N. Ramondi Defr. d'Arch. pl. VH,
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Fig. 13 von 6 Millim. Durchmesser und 2 Millim. Dicke. Ich zähle 8 — 9 Umgänge an den gespaltenen Linsen. Eine centrale Blase beobachtet man an dieser Art nicht, dagegen an der mit- vorkommenden N. Guettardi d'Arch. pl. VII, Fig. 18. Die Art ist ausserdem kleiner, selten über 3 Millim. messend.
Diese Nummulitenkalke mit den Cidariten sehe ich als das Hangende der unteren Schichten an und erhebt sich darüber am Mokattam ein 10 Meter mächtiger Baustein, der seit Jahr- hunderten das Material für die Bauten von Cairo abgibt. Von 10 zu 10 Fuss ist ein Abgang in den Schichten, vrodurch sich eine Gliederung des .Steins in untere, mittlere und obere Lagen ergibt, die übrigens Ein untrennbares Ganzes bilden. Auf der
Die natürliche Sehichtenlag^e an der Sphinx nach einer Photographie.
Westseite des Nils ist die Sphinx das entsprechende Schichten- glied, die in jener Gegend allein noch übrig ist von dem künst- lich entfernten Gebirge, das in der ganzen Höhe der Sphinx einst anstund. Die Sphinx selbst, das älteste Götzenbild der Welt, der grossen Gottheit Hu (Horcm-hu) zu Ehren erbaut, auch „der Vater des Schreckens" genannt, ist 177 Par. Fuss lang und 60 Fuss hoch. In dieser Mächtigkeit und Ausdehnung Hess man bei der Anlage des Bildes die Schichten stehen, die zwischen der Sphinx und dem Fuss der Pyramide ausgebrochen
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wurden. Wo die Grenzen der Bänke durchlaufen, ist das Bild verwittert. Am Kopf und Hals ist in Folge fortschreitender Verwitterung die discordante Lagerung der Schichtenlinien be- sonders deutlich hervorgetreten, was auf unserem nach einer Photographie angelegten Holzschnitt sehr gut wiedergegeben ist. In den Steinbrüchen des Mokattam ist eines der gewöhnlich- sten Vorkommnisse der schon vielbeschriebene Krabbe, dem A. Eeuss neuerdings (1859 Denkschr. d. Wiener Akad. 17 p. 38) den Namen Lohocarcinus gegeben; die Art hatte früher Meyer zum Andenken an Herzog Paul von Württemberg Paulo- Württetn- bergicus genannt. Der mitvorkommende ISTummulit ist Ramondi Defr. Schon mit den Krabben, gewöhnlich aber in der Mitte ist Cerithium giganteum Lam. und Nautilus imperialis Sow. Das Gestein ist ein lichter, erdiger Kalk, aus dem sich die Fossile in grosser Schönheit herausschälen lassen; namentlich sind die Lohocarcinus mit ihrer schneeweissen Schale wunderbar gut er- halten. Eine ganz eigenthümliche Erscheinung an den Schalen der Muscheln ist die Umwandlung des kohlensauren Kalks in Cölestin, der ausserdem in Drusen und Kammern der Nautileen crystallisirt sich findet (s. unten pag. 267).
3. Horizont der Couoelypus und der grossen Nummuliten (Nummulites gyzehensis und nummiformis) .
Am Mokattam beginnt mit den grossen Nummuliten und den Conoclypen eine ausgesprochene Terrasse, welche an und für sich zu einem geognostischen Horizont einladet. Das Ge- stein wird härter, rauher, durch Thon- und Gypsschnüre un- gleichartiger und füllt sich mit Bivalven aller Art, unter denen Lucinen die Hauptrolle spielen. Ich mass 25 Meter für diesen Horizont. Die untere Hälfte ist viel thonreicher als die obere; hier liegt auch die Hauptmasse der Gypse, während die oberen Bänke, 6 — 8 an der Zahl, sich mit Muscheln füllen. Jede dieser Abtheilungen, die hinter den Steinbrüchen in Einem Profil bis zur Spitze des Mokattam sich erheben, bildet im Innern des Gebirgs, wie im Wadi el Tih oder gegen Süden zum Turrage- birge, auf weite Entfernungen hin Ebenen, die zu überschreiten
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man Stunden braucht, bis eino andere Terrasse von nur weni- gen Fuss eine neue Treppe bildet. In dieser Beziehung ist eine Excursion vom Süden der Stadt aus, vom Thor imterhalb der Citadelle, ins Wadi el Tih lohnender, als der gewöhnliche Weg über die Kalifengräber im Norden. Die erste halbe Stunde *) führt über die Todtenstadt von Cairo an den zerfallenen und
Der Todtenberg bei Cairo am Südende des Mokattam nach einer Photographie.
zerfallenden Grabmälern und Moscheen vorbei in dem stunden- breiten, wüsten Wadi hin. Man ist hier noch im Horizont des Bausteins von Cairo. Bei dem ob auch noch so schwachen Fal- len der Schichten gegen Osten braucht man doch eine weitere Stunde, um über dessen Horizont wegzukommen. Sobald man über die letzten rauhen Bänke weg ist, befindet man sich auf einer weiten, endlos scheinenden Ebene, dem Horizont der Thonc. Den Untergrund dieser Fläche bilden gelbbraune fette Thon- mergel, der in zahllosen Gruben für technische Zwecke ausge-
*) Bei allen Entfernungen in Egypten ist der Eselschritt zu Grunde wenn nicht ausdrücklich von einer Excursion zu Fusse die Rede ist.
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graben wird. Er wird in Cairo zu Töpferwaaren, Pfeifenköpfen und als Walkerde verwendet und sieht äusserlich den oberen Thonmergeln unserer schwäbischen Lettenkohle am ähnlichsten. Crystallinischer Gyps durchzieht in Adern und Schnüren den Thon nach allen Richtungen und häuft sich an einzelnen Orten zu wirklichen Stöcken; die ganze Oberfläche hat sich nun mit Gypscrystallen bedeckt, welche von der Sonne beleuchtet die grosse Ebene wie Einen Spiegel glänzen lassen. Der Eindruck ist wirklich ein magischer, Luftspieglungen aller Art erzeugen sich, doch fühlt, da die beiden die Ebene begränzenden Gebirge des Mokattam und Turra in grellem Weiss beleuchtet sind, das Auge nur zu bald, dass es nicht darauf eingerichtet ist, eine solche Masse von Licht in sich aufzunehmen. Endlich kündi- gen einzelne Hügelgruppen von einigen Meter Höhe das Ende der Thonbank an, sie haben eine flache Kappe *) auf, regelmässig durch eine Austernbank gebildet. Der Hügel selbst besteht noch aus den Gypsthonen und entging einzig nur unter dem Schutze der deckenden Austernkappe der Verwitterung und der Zerstörung. Am Ende der Ebene häufen Anfangs sich diese Hügel, werden breiter und ausgedehnter und hängen schliesslich zu Einer Treppe zusammen, über die man steigt, um nun auf der Fläche der Austernbank eine neue Ebene vor sich zu ha- ben. Die Gypse hören ganz auf, statt ihrer geht man auf den Kalklamellen der Austernschalen bei einer halben Stunde lang, bis eine neue Treppe von nur 2 — 3 Fuss auf eine neue Fläche oder in eine höhere Schichte führt.
Diess ist der Charakter der sämmtlichen Nilberge, dass ein- zelne Schichtenglieder alsbald stundenlange Ebenen bilden, über die sich jüngere Schichten wieder treppenförmig erheben. Die Treppe kündigt sich immer durch Vorposten vereinzelter Hügel an, von denen einer wie der andere aussieht, Anfangs von ein- facher Mützenform, hernach noch einen Rest der nächsten Treppe auf sich tragend, was die Tafelform erzeugt. Unsere Abthei-
*) Siehe den nächsten Holzschnitt.
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lung des Eocen oder der Horizont der grossen Nummuliton bil- det zwischen den berühmten Zuckerfabriken des Paschahs und
Erosionserscbeinnngen am oberen Eocen im Wadi el Tih.
Benihassan die Flächen der Nilufer. Die Königsgräber von Benihassan werden in der Regel von den Toui-isten besucht und sicherlich vergisst Keiner, der diese Tour gemacht hat, den halbstündigen Spaziergang vom Nilufer zu den Felsen, wobei man im vollen Sinn des Worts auf nichts Anderes tritt als auf ausgewitterte Nummuliten; die meisten Stücke haben sich durch Auswitterung von Eisenoxyd blassrosa gefärbt, was einen ganz eigenthümlichen Eindruck" macht. Treppenförmig steigt am Rand des erweiterten Nilthals das Nummulitengebirge an, viel mächtiger angeschwollen als am Mokattam, denn über 100 Meter haben sich mit Austern und Turritellen gefüllt, die im Wadi el Tih kaum über 10 Meter betrag'en.
4. Obere Lagen. Austernbänke und Turritellen- schichten. Horizont des Schizaster africanus.
Im Wadi el Tih ist dieser obere Horizont des Eoeens wohl am deutlichsten biosgelegt : indem wir die einzelnen Bänke nicht bloss an den Schichtenköpfen im Profil, sondern in auseinander- gezogenen Treppenflächen beobachten können. Unter der schon erwähnten Austernbank füllt sich ein Lager mit Gasteropoden und Bivalven, von welchen viele noch ihre Schale haben und zu genauerer Bestimmung der Art sich eignen. Sie sind zu einem festen Kalkstein zusammengebacken, der am Bihr el Fachmeh von einer Glanzkohle durelulrungen ist, die seiner Zeit die Hoffnungen auf Flötze rege gemacht und zur Anlage des Kohlenschachtes (s. oben pag. 260) Veranlassung gegeben
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hatte. Ausser diesem Bitumen, das die Hohlräimie der Fossile oder Drusen im Gestein füllt, schliesst die Bank Cölestin-Cry- stalle ein, in welche Cidaritenstacheln, Muscheltrümmer von Pecten, Austern u. dgl. eingebacken sind. Zuoberst endlich kommt eine rauhe Bank, in welcher Schizaster africanus Loriol leitend ist, zwischen inne füllt sich eine Bank mit Tiirritella oder Scalaria irtipar, meist unbestimmbaren Steinkernen von Bivalven und Austern. Hiemit hört das Nummulitengebirge auf, Quarzsande stellen sich ein, rothe und braune Farben statt der lichten, der Kieselsandstein des Achmargebirges, der ohne allen Zweifel dem Sandstein von Fontainebleau entspricht.
Cölestin bildet schon, wie wir sahen, in den unteren Lagen des Mokattam das Versteinerungsmittel der Muscheln. Hier treten die Crsytalle frei ausgebildet in Drusenräumen der Kalkbänke auf. Dieselben zeigen nach Herrn Dr. Werner genau, wie die Cry- stalle von Girgenti die Combination:
Gradeendfläche P = co a : co b : c (erster Blätterbruch),
Rhombensäule MM = a : b co e (2. und 3. Blätterbruch),
Quersäule oo : co a : b : c, „ dd : 2 a : CO b : c.
Vorherrschend sind o M und P, am untergeordnetsten d« Säulenartige Verlänge- rung in der Richtung der Zone der Flächen o und P, die Krystalle erreichen in dieser Rich- tung eine Länge von 8,c Centim. bei einer Dicke von 2,5 Centim.
Der 2. und 3. Blät- terbruch lässt f ausser- ordentlich leicht darstellen, viel leichter als bei den Crystallen von Girgenti.
Herr A. Sadebeck berichtete im XVIH. Band der Zeitschrift der geol. Gesellschaft in Berlin pag. 652 über diese Crystalle, die ihm von dem verstorbenen Dr. Steudner ohne weitere Be-
Oölestin-Crystall aus dem Wadi el Tih mit
eingebackenen Fossilresten, Cidaritenstacheln,
Cardien und Kummuliten.
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Zeichnung des Fundorts aus Egypten zugekommen waren. Herr Sadebeck nennt sie Schwerspatcrystalle 5 „durch das Löthrohr war bei diesen Crystallen ein Gehalt an Strontian zu erkennen, welches schon nach den gemessenen "Winkeln zu vermuthen war. Die "Winkel liegen nämlich zwischen denen des Schwerspats und des Cölestins. Bei den Crystallen sind vorwiegend ausgebildet die Fläche 0 (co a : b : c); in derselben Zone liegt noch k (c© a : CO b : c), und die Endigung bildendie Flächen d (a : co b : c), s (a : CO b : CO c) und M (a : b : co c)."
lieber die Identität der von mir am Mokattam und am Bihr el Fachmeh gesammelten Crystalle konnte kein Zweifel sein und hatte nun Herr Dr. \Yerner die Güte, einen der losen Crystalle vom letztern Fundort zu messen. Es ergab sich folgendes Eesultat:
Stumpfer Winkel 1 |
Schwerspat |
Mokattam-Crystalle |
Cölestin |
1 1 in der Säule t M = a : b : CO c |
101 0 40- |
103" |
1040 |
des Paares 0 = eo : b : c |
105" 24- |
104" 103° 1 |
|
log a = log b = a : b : c = |
9,7927893 9,8818386 0,620568:0,701796 |
9,7934150 9,8928098 0,621463:0,7812855:1 |
9,7934150 9,9006052 0,621463:0,795436:1 |
Die Untersuchung im Spectralapparat liefert neben den Li- nien des Strontiums auch die des Calciums; auch zeigen die Crystalle, in Salzsäure geworfen, ein schwaches Aufbrausen, was, sowie der Calciumgchalt, von kleinen, dem Auge öfters nicht mehr sichtbaren, Fragmenten der eingeschlossenen Muscheltrüm- mer herrührt. Diese, die grösseren Muschclrestc selbst, bestehen nämlich aus kohlensaurem Kalk und Quarz, in den sie theilweise umgewandelt sind. In Salzsäure geworfen, brausen sie sehr stark und hinterlassen ein zartes Skelett, das nur noch aus
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Kieselerde besteht. Strontian enthalten dagegen die Muschel- bruchstücke, wie die Untersuchung im Spectralapparat zeigt, nicht. Als eine Art von Steinkernbildung findet man hie und da innerhalb der Muschelschalen eine poröse Masse, die in Salzsäure sich unter Brausen löst und nur wenig rostigen Schlamm neben feinen Quarztheilchen hinterlässt, mithin nur aus feinen zertrüm- merten Muschelfragmenten besteht.
Zur gleichen Zeit sah Hr. Bergrath Jenzsch aus Gotha bei mir die fraglichen Crystalle vom Wadi el Tih. Mit Rücksicht auf die Notiz des Hrn. Sadebeck unterwarf er sie einer ein- gehenden Analyse und hatte die Freundlichkeit, mir Folgendes hierüber mitzutheilen:
Der Cölestin aus dem Innern eines Nautilus Zickzack von der Mokattamer Wüste ist in dünnen Splittern und Blättchen wasserhell imd vollkommen durchsichtig, grössere Stücke sehen dagegen weiss und gelblichweiss aus und sind weniger durch- sichtig.
Die Härte ergab sich zu 3,25 nach zehntheiliger Scala.
Bei den kleinen Crystallen sind die Flächen *) von o cha- grinartig und nicht sonderlich glänzend, m, d und c dagegen gut spiegelnd. Ausserdem bemerkt man noch als Abstumpfung der Combinationskanten von d und c die zwar glänzende, aber unebene Fläche l und sehr klein und rauh trianguläre Flächen, welche dem Pyramidoeder y angehören dürften.
Vollkommen spaltbar nach c, weniger vollkommen nach m.
Da die kleinen Crystalle beziehungsweise Crystallbruchstücke sich als äusserst porös erwiesen, habe ich das specifische Ge- wicht derselben auf doppelte Weise bestimmt und dasselbe (auf 4" C. reducirt) für Crystallbruchstückchen = 3,952 und für fei- nes Pulver = 3,986 gefunden.
Die zahlreichen Poren scheinen, wenigstens zum Theil, mit Flüssigkeit erfüllt zu sein ; im Kölbchen decrepitirte das Mineral heftig und gab etwas Wasser, welches jedoch weder auf rothes noch auf blaues Lackmuspapier reagirte. Bei Anwendung ganz
*) Zur Bezeichnung wurden die Miller'schen Buchstaben gewählt.
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wasserheller Stückchen konnte ich keinen empyreumatischen Geruch bemerken, wie solchen die übrigens ebenfalls aus Cö- lestin bestehenden bräunlichen Schalenstücke des Ncmtilus unter schliesslicher Entfärbung entwickeln.
Das Mineral als solches scheint wasserfrei zu sein, denn das bei wenigen Graden über 100° C. getrocknete Cölestinpulver verlor beim Glühen nur 0,04 Procent und wäre dieser höchst geringe Glühverlust möglicher Weise einer organischen Substanz zuzuschreiben, durch deren Annahme auch die gelblich weisse Farbe mancher Stücke erklärt würde.
Vor dem Löthrohre in der Pincette schmilzt der Mokattamer Cölestin zur weissen undurchsichtigen Kugel und färbt, mit der Spitze der blauen Flamme berührt, die äussere Flamme purpur- roth, jedoch mit einem Stich ins Gelbroth (Strontian und Kalk). Pulverisirt mit Soda gemengt gibt er im Reductionsfeuer auf Kohle eine weisse, undurchsichtige Schmelze, die zum gröss- ten Theil in die Kohle geht. Namentlich an den Jahresringen bleibt aber eine weisse Substanz zurück, die beim Anblasen mit der Oxydationsflamme lebhaft leuchtet (sehr charakteristisch für Kalk).
Die Analyse führte ich nach der von H. Rose verbesserten Stromeyer'schen Methode aus und erhielt
Schwefelsäure . . 43,87,
Strontian .... 55,56,
Kalk 0,68,
Glühverlust . . . 0,64,
Summa 100,15.
Das Mokattamer Mineral erweist sich sonach als ein etwas schwefelsauren Kalk haltiger Cölestin.
Am Mokattam beobachtet man dieselben Verhältnisse wie im Wadi el Tih: der Kalk wird hier wie dort rauh, thonig und sandig; die Fossile sind meist ausgewittert, ockeriger Thoneisenstein färbt ihn, an einzelnen Nestern von Salz und Gyps fehlt es nie, bis auf der Höhe Kicselsandsteino und Kiesel das Profil decken. Das Profil beträgt hier gegen 15 Meter.
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Dass am Achmar, nördlich der Steinbrüche des Mokattam, die Grenze der Nummuliten zu dem Sandstein in ganz anderem Niveau liegt, als am Mokattam und dem Wadi el Tih, darf Nie- mand wundern, indem der Achmar als der nördlichste Vorberg des Nilgebirges bereits an der Versenkung des Gebirges zum Mittelmeer hin Theil nimmt. Hier, also im Norden des Mokat- tam, führt der Weg über eine Stunde lang über gelbe Kalk- mergel, bis zum Eingang in die enge Schlucht, in welcher ein schwacher Quell (auch Mosesquelle genannt) eine kleine Oase bildet. An der linken Thalseite, ehe man in die Schlucht zur Mosesquelle einbiegt, kann man an einer kleinen Wand Schild- kröten- und Knochenreste sammeln, dieselben sind aber, weil in dem gesalzenen Mergel liegend, so bröckelig und mürbe, dass eine Erhaltung kaum möglich ist. Die Knochen gehören Allem nach zu einer Halianassa-Art. Nach oben (beiläufig nach 12 Meter) bilden angehäufte Muscheltrümmer eine 2 — Sschuhige gelbe Kalkbank, aus der gefaltete Austern und die Kerne des Schizaster africanus herausfallen. Diese Bank ist auch hier die letzte Kalkbank, denn über ihr wird das Gebirge sandig, roth gefärbt und liegen verkieselte Holzstämme verschiedener Grösse im Sand, womit der Horizont des Achmargebirges beginnt.
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Paläontologische Beschreibung des egyp- tischen Eocens.
Pflanzen.
Apeibopsis (Cucumites Bowerb.) gigantea Frs. In den Steinbrüchen des Mottakam zugleich mit den Krabben schält sich nicht selten eine kugelrunde Frucht aus dem Gestein 9 bis 10 Centim. im Durchmesser. Anfangs hielt ich sie für eine Spongie, allein die Ansatzstelle für den Fruchtstiel, die regel- mässige Theilung in 16 Fächer veranlassen mich, das Fossil in die Gruppe der Bowerbank'schen Cucumites von der Insel Wight zu stellen, welche Heer neuerdings in die Nähe der amerikanischen Apeiha stellt. Auch die in Heer Tert. fl. T. 118 Fig. 22 abgebildete A. Haidingeri zählt 16 Fächer, die egyp- tische übertrifft sie aber um mehr als das Doppelte an Grösse. Das Vorhandensein dieser Früchte im älteren Tertiär ist inner- halb Europa's constatirt, und wenn auch die egyptische Art nicht geradezu mit den europäischen übereinstimmt, so bleibt doch die Uebereinstimmung des Geschlechts eine erfreuliche Thatsache.
Fundort: Mokattam im Baustein von Cairo.
Amoi'phozoeu.
Manon nummuliticum Frs. Ein ächter Manon 1 — 3 Ct. im Durchmesser, aus einem Haufwerk von Röhrenbüscheln be- stehend, die sich radial gegen die Oberfläche des unregclmäs- sige Knollen bildenden Schwammes hinziehen und dort in eben so vielen Oeffnungen hervortreten.
Fundort: Benihassan. Sehr gewöhnlich, zugleich mit iVwmTTj. perforatus und Lyelli.
Foraminiferen.
Es ist bekannt, dass die Nummulitcn der Pyramiden in äl- tester Zeit schon die Aufmerksamkeit rege machten. Unter den Geschichtschreibern des Alterthums ist zwar nicht Hcrodot, wie
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man oft fälschlich liest, wohl aber Strabo der Berichterstatter über die von ihm selber gemachten Beobachtungen. Dabei cor- rigirt er den vulgären Glauben, als ob die nach Form und Grösse wie Linsen aussehenden Körperchen versteinerte Reste von den Lebensmitteln der Pyramidenarbeiter wären. „Denn auch wir", sagt er, „haben zu Hause (in Amasis, jetzt Amassya am schwarzen Meere) einen Hügel, der mit denselben kleinen Linsensteinen angefüllt ist." Eine Beobachtung, die sich nach den Untersuchungen Tchihatchefs vollkommen bewahrheitet hat.
Nummulites orbiculata Schafh. Leth. bav. Taf. V, 1. XH, 4. pag. 101. Dufrenoyi d'Arch. pl. I Fig. 4 p. 89. Diesen von Schafhäutl mit so grosser Liebe beschriebenen Nummuliten besitze ich aus Europa am schönsten vom Steinwang der Schrat- tenfluhe bei Luzern in einem Scheibendurchmesser von 44 Millim. und einer Dicke von 4 Millim. 44 Umgänge zähle ich auf dem Radius. Die gleichen Maasse finde ich an einem Stücke, das ich am Fusse der Kephrenpyramide selbst aus dem Gestein ge- schlagen.
[N^ummulites Gyzehensis Ehrbg. d'Arch. T. H, Fig. 6 — 8 p. 94. Hummiformis nach Caillaud. Der gewöhnlichste Nummulite am Mokattam und an den Pp"amiden von Gyzeh. Mein grösstes Exemplar misst 40 Millim. bei 5 Millim. Dicke. Oberfläche glatt, doch seheinen bei einiger Abwitterung die wellenförmigen unre- gelmässigen Zellengänge durch. Auf den entzweigegangenen Scheiben zählt man bis zu 40 Umgänge, die gegen das Centrum und gegen den Rand hin gedrängter stehen, als in der Hälfte des Radius. Die Scheibe ist selten regelmässig, öfter verbogen und mit welligem Rande. Ihr geognostischer Horizont ist über dem Baustein von Cairo und über den bereits genannten iSfum- muliten. Ihr Begleiter ist N. curvispira.
J^ummulites Lyelli d'Arch. pl. HI, Fig. 1 p. 95 schliesst sich an N. gyzehensis enge an, wird nur noch grösser bis zu 50 Millim., ohne an Dicke zuzunehmen, und hat einen schnei- denden Rand. Die Stücke liegen nicht gerade häufig in der Gesellschaft der vorigen Art.
Cafra am Fuss der Pyramiden.
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1S67. 2s u. 3s Heft. 18
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Nummulites perforata d'Orb. d'Arch. pl. YI, 1 — 12 p. 115, dicke, aufgeblähte Schalen von 20 — 25 Millim. Scheiben- durchmesser und 5— G Dicke, die Umgänge ausserordentlich dicht gedrängt und kaum zu zählen, der Scheibenrand abgerundet wie bei keiner andern Art.
Beuihassan, Route zu den Königsgräbern.
Nummulites Lucasaua Defr. d'Arch. pl. 7, 5 p. 124, kleine Linsen von 5 und 3 Millim. und 6 Umgängen. Die grosse Centralblase und eine fein puuctirte Ausseuseite lassen die Art leicht erkennen.
Findet sich reichlich in einer Schiclite über der Sphinx am Fuss der grossen Pyramide bei Gyzeh.
Nummulites curvispira Meneghini. Arch. pl. YI, 15 a — d pag. 127. 5 — 6 Millim. Durchmesser, mit eben so vielen Umgängen um eine grosse Centralblase. Dicke 2 Millim., die Kammern sind lang und gekrümmt. Die Stücke spalten leicht, so dass die mit Puncten getupfte Aussenfläche nur selten sicht- bar wird. Xach aussen zu werden die Kammern kleiner und stehen gedrängter. Im Viertheil des dritten Umgangs zählt man 8, aussen 12 Kammern. Die ^Vand zwischen den Um- gängen beträgt V^ — \'i der Windungshühe.
Sehr gemein an den Pyramiden mit N. Gyiehensis.
Nummulites Kamondi Defr. Mokattam. pag. 20 1.
Nummulites Guettardi d'Arch. Mokattam. pag. 262.
Nummulites Biaritzensis d'Arch. pl. YIII, Fig. 4 pag. 131., 8 — 10 Millim. Durchmesser, zeigt auf der Aussenseite ein wahres Gewirre der Zellengänge , die an die Kammern von Nautilus Zickzack erinnern.
Findet sich zugleich mit JS'. cariolaria Sow. zu Beuihassan, an den Grabnischen der XI Dynastien und am Todtenberg von Assiüt.
Nummulites discorbina Schloth. d'Arch. pl.IX, Fig. 2 pag. 140. Misst 8 und 3 Millim. Die Schale spaltet nicht gern, schiefert dagegen leicht ab. Die ^Vände zwischen den Umgängen sind so dick, als die Kammern hoch sind. Die Kammern sind innen am kleinsten und gedrängtesten, gegen
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aussen werden sie weiter. Im dritten Umgang liegen 10, im äussern 20 auf einem Yiertheil. Die Aussenwand ist mit den sichelförmig verlaufenden Zellenwänden bedeckt.
Nummulites planulata d'Orb. S. oben pag. 259.
Fundort: Bihr el Fachmeli. Todtenberg von Assiüt.
Nummulites variolaria Sow. d'Arch. pl. IX, Fig. 13 pag. 146. Misst 3 und V'2 Millim. 5—6 Umgänge um ein cen- trales Bläschen. Auf der Aussenseite werden Streifen sichtbar, die sichelförmig vom Centrum zu dem abgerundeten Rande ver- laufen.
Fundort : Benihassan und das Hangende am Fuss der Cheops- pyramide.
Nummulites spira de Roissy d'Arch. pl. XI, Fig. 1 pag. 153. Ganz flache, dünne Schale. 15 Millim. Scheiben- durchmesser. 2 Millim. in die Dicke. 10 Umgänge. Die Loben ganz eigenthümlich : stehen anfangs senkrecht zum Centrum und biegen dann rasch im letzten Drittheil ihrer Windungshöhe nach hinten. Diese Thiere gehören wegeii ihrer deutlichen und regel- mässigen Kammerung und den doppelt abgetrennten Umgängen zu einer ganz besonderen Gruppe der Xumniuliten, wenn es nicht vielleicht rathsamer ist, sie zu einem besonderen Geschlecht zu erheben.
Fundort: Benihassan bei den Königsgräbern.
Zu den aufgeführten 13 Arten von Xummulites kommen noch die
Hymenocyclus papyraceus Boub., die in den Alpen z. B. in den Taminabergen bei Pfeffers eine so grosse Rolle spielen. Der Baustein von Cairo und namentlich der Baustein von Geneffe, der am Canal seine Verwendung findet, führt das genannte Fossil stellenweise in grosser Häufigkeit.
Zoophyten.
Lobophyllia (Mussa) Cheopis Frs. Steinkernbildung, die uns nur das Negativ der Coralle hinterlassen hat. Die schwach gekrümmte Achse, von der aus büschelförmig getheilte Lamellen strahlen, misst 5 Centim., am Steinkern liegt die
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Achse im Scheitel der Coralle, währond sie in Wirklichkeit in der Tiefe liegt. Die Tiefe der Coralle beträgt 35 Millim. Der Rand der Coralle ist wellenförmig, entsprechend der Krümmung der Achse. Man kann am Fuss der Cheopspyramide grosse Stöcke dieser schönen Coralle im Gestein beobachten, doch hält es schwer, sich die Stücke selber aus dem Felsen zu schlagen. Diess mag der Grund sein, dass sie bisher der Beobachtung^ entging und in keiner Beschreibung erwähnt ist.
Turbinolia elliptica Gf. Gleichfalls Steinkern einer Turbinolia, die der T. elliptica des europäischen Grobkalks sehr ähnlich ist, aber sie an Grösse weit übertrifft.
Astrocoenia Caillaudi Mich. Taf. 63, •'3. So nannte Michelin eine Sterncoralle von Palarea (Nizza), mit welcher ein vom Wüstensand geglättetes und ebendamit sehr undeutlich gewordenes Stück aus der Wüste Tih am ehesten stimmt.
Im Uebrigen ist an Corallen ein auffallender Mangel.
Echinodermen.
Porocidaris serrata d'Arch. Desor Syn. T. YII, F. 23 pag. 47. Dieses bislang nur aus dem Valle Dominico bei Ve- rona und von Biaritz bekannte Geschlecht hat in dem Kranz von feinen Poren, der die Warzen umgibt, ein so deutlich er- kennbares Merkmal, dass man nicht fehlgreifen kann. Am Mo- kattam füllt sich ein ganzes Lager mit Asseln und Stacheln von P. serrata. Bei dieser Art ist das Wärzchen von einem ge- kerbten Halsring umgeben, an welchem ich 9 Kerben zähle. Die bis zu G Ctm. langen Stacheln sind mit eben so vielen Kerben an der Gelenkfläche umgeben, der Hals ist oben gleich- falls gekerbt. Der Stamm überall mit feinen, nur unter der Loupe sichtbaren Streifen bedeckt, auf denen an der Basis runde Wärzchen aufsitzen, nach oben werden die Streifen sichtbar, die in Absätzen zu kleinen Dürnchen sich erheben. Die beiden Ränder des flach gedrückten Stammes sind sügeförmig gezähnt. d'Archiac beschreibt diese Art von Biaritz, ohne jedoch die Ge- Icnkflächcn zu kennen, weshalb ich Taf. YI, 3 diese ebenso charakteristische als schöne Art abbilde.
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Bei dieser Gelegenheit spreche ich bescheidene Zweifel aus, ob ähnliche höchst wahrscheinlich zu Cidaris tripterus gehörige Stacheln aus unserem weissem Jura diesem eigeuthümlichen Ge- schlechte angehören, das denn doch der Nummulitenzeit entschie- den zugewiesen werden muss, wo es namentlich im Gebiet der Mittelmeergegend seine Heimath gehabt zu haben scheint. Das Profil ist für die unteren Lagen des Grobkalks im Osten und Westen von Cairo sehr charakteristisch.
Fundort: Cairo hinter den Kalifengräbern und am Fuss der Pyramiden von Gyzeh,
Pseudodiadema Ruppelii Desor Syn. p. 73. Desor führt zwar die Art als eine Kreideart von Egypten an, doch wird diese Notiz auf der früheren Anschauung beruhen , als ob die Berge um Cairo wegen ihres weissen kreidigen Kalksteins zu jener Formation gehörten. Das Stück, das wir Hrn. v. Heuglin vom Mokattam verdanken, hat 95 Millim, im Durchmesser, bei einer Höhe von 50 Millim. Die Zahl der an Grösse sich ziem- lich gleichbleibenden Wärzchen schwillt in der grössten Breite der Fühlergänge auf 6, in den Zwischenfühlergängen auf 16 an.
Conoclypus conoideus Ag. Ech. X, Fig. 14. Des. Syn. p. 319. So erfreulich es ist, in Egypten das Geschlecht des Conoclypus wiederzufinden, das namentlich in dem alpinen Eocen eine so bedeutende Rolle spielt, so haben die egyptischen Arten doch immer einen gewissen abweichenden Typus. Er weicht nicht so weit ab, dass eigene Arten gerechtfertigt wären, aber doch ist die Verschiedenheit so gross, dass ein Unterschied zwischen europäischen und afrikanischen Formen der gleichen Art plötzlich auffällt. So fehlt z. B. bei C. conoideus gerade die am Kressenberg und in der Schweiz so gewöhnliche Form, welche der Agassiz'schen Beschreibung zu Grunde liegt, die Form, die mit kreisförmiger Unterseite wie eine Grenadiermütze zuge- spitzt ist. Vielmehr herrschen die ovalen Formen vor var. ga- lerus Schafh. Leth. bav, T. XVI, Fig. 1 p. 121 und var. acu- minatus Schafh. T. XVI, Fig. 2 p. 122, welche ich bei den viel- fachen Uebergängen in den typischen conoideus nur als Unter-
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art anzusehen veranlasst bin, dessgleiehen scheint mir Lucac Des. p. 322 eine ovale, regeluiässig bombirte Form von conoideus zu sein. Das aus dem Westen Egyptens citirte Vorkommen dürfte übrigens nicht in die Miocene zu verlegen sein, wie es von Desor geschieht.
Fundort: Fuss der Cheopspyramide und Sphinx. Conoclypus Bouei Ag. Gf. 41, 7 stimmt noch am besten mit dem egyptischen Vorkommen. Es sind hemisphärische Formen, von denen Desor selber glaubt, es könnten mög- licherweise sexuelle Verschiedenheiten sein. Fundort : Cheopspyramide und Sphinx. Conoclypus Osiris Desor. Die Schale ist verlängert, mit abgerundetem Rand, die Porenzonen breit. Bei einer Höhe von 4 Centim. misst das Thier 9 Centim. in der Länge, G in der Breite.
Fundort: Cheopspyramide.
Echinolampas Studeri Ag. Echin. Tab. IX, Fig. 4. Die am Yberg so häufige Form stimmt sehr gut mit der egyp- tischen, die ich am Mokattam auflas.
Echinolampas Escheri Ag. Ech. Tab. IX, Fig. 7 ist auch am Mokattam der Begleiter der vorangehenden Art, wie am Kressenberg und im Canton Schwyz und Appenzell.
Echinolampas amygdala Des. Syn. pag. 304 würd von Desor erwähnt als von Egypten stammend und dem C\ hrevis Ag. sehr ähnlich. Desor konnte darunter wohl keine andere Art begreifen, als eine kleine 20 — 25 Millim. messende Art in den oberen Schichten des Mokattams, dem AVadi el Tih und dem Geneffe. E. suhsimilis d'Arch. konnte ich dagegen nicht finden.
Periaster obesus Leym. Des. Syn. pag. 387. Vom Fuss der Cheopspyramide ist oben (pag. 261) schon erwähnt.
Periaster subglobosus Lm. Es geht mir mit dieser Art, wie mit den Conoclypen. Wenn mau auch möchte, ist es doch kaum thunlich, die egyptische Form von der europäischen Art zu trennen. Der einzige Unterschied ist, dass der Scheitel des egyptischen P. sub(/lobosus nahezu central ist, während
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derselbe an den Stücken vom Kressenberg und Yberg mehr nach vorne rückt.
Liegt in grosser Menge im Osten von Cairo, bei der Moses- quelle im Chascab, Wadi el Tih, Bihr el Fachmeh, Geneffe u. s. w. sehr hänfig glatt gescheuert vom Wüstensand und von den Südstürmen mit dem Sand fortge^-eht.
Schizaster africanus de Loriol. So nannte Loriol eine grössere Art, die auf den ersten Anblick mit P. ohesus identisch zu sein scheint, aber als Schizaster mit einem nach hinten ge- rückten Scheitel und einem über den After überhängenden Rücken als eigene Art zu betrachten ist.
Eupatagus formosus de Loriol. Desor behält hiefür den Namen von Defrance: E. ornatus bei, obgleich (Taf. V, Fig. G) des Bandes, welches die Eupatagen vor den Spatangen kennzeichnet, weder in der Tafel noch im Text Erwähnung ge- than ist. Desor setzt das Band bei den Originalen voraus und dessgleichen einen Irrthum in Betreff der Versetzung des Ori- ginals in die Kreide. Es ist möglich, aber bis die L'rthümer bewiesen sind, ziehen wir den Namen de Loriols vor. Die Art findet sich gar nicht selten am Mokattam und eingebackene Niimm. discorhina und cunispira lassen über den Horizont in der oberen Hälfte des Eocens auch keinen Zweifel übrig.
Eupatagus tuberosus Frs. Taf. YI, Fig. 8. So nenne ich eine ganz ausgeprägte Species mit grossen Poren und dicken grossen Warzen, deren jede in einer tiefen runden Grube liegt. Die 4 Interambulacralfelder sind mit diesen ringförmigen Gruben dicht besetzt. Ich verdanke diese Art Hrn. Dr. Reil in Cairo, der sie jedoch nur in Einem fragmentarischen Exemplar besass, das er in der Wüste Tih aufgelesen. Die Fühlergänge sind nach Art der ächten Eupatagen geschlossen. Li jeder der 2 — 4 Millim. grossen Grube auf den Interambulacralfeldern sitzt ein durch- bohrtes Wärzchen. In der Anordnung der Gruben ist eine ge- wisse Symmetrie zu beobachten, indem 4 Paare regelmässig neben einander liegen, die unpaarige neunte Grube aber neben aussen gesetzt ist.
Scutella subrotundata Lam. An der Identität der
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Art ist kein Zweifel, dagegen bin ich nicht sicher, ob das Stück, das ich von einem Dritten erwarb, aus dem Eoeeu vom Mokattam wirklich auch stammt. Dem Gestein nach könnte es sein, in Europa ist aber die Art entschieden miocen und so wäre auch in unserem Fall ein miocener Ursprung leicht denkbar.
Sismondia planulata Des. Syn. pag. 225, Eckinocya- 7711(8 Sulzbergensis Schafh. Taf. 45, 4 fand ich in den unteren Lagen des Mokattam. Nicht häufig. In Europa wird sie aus dem Nummulitgebirge von Biarritz beschrieben, findet sich aber auch am Kressenberg, denn einen Unterschied von Schäfhäutls Echinoc. Sulzb. finde ich nicht.
Sismondia Logothetii Frs. Taf. VI Fig. 9, a — b bildet eine kleinere fast kreisförmige Art, von 9—10 Millim. Durchmesser. Die Fühlerblätter sind schmäler, aber ebenso wenig geschlossen, als bei planulata. Der Scheitel steht erhöht, während er bei der vorangehenden Art niedergedrückt ist. Diese zierliche feine Art ist am Todtenberge von Assiut mit den Numm. Biariizensis und den Callianassen sehr häufig. Mein treuer Reisegefährte und verehrter Freund, Graf Zdenko Logotheti, dessen Namen sie trägt, fand sie dort auf.
Brachiopodeu,
Terebratella pyramidarum Frs. Taf. VI, Fig. 4, ab. Von dieser schönen Tcrebratcl fand ich zwar nur ein einziges Stück bei den Pyramiden. Eigentlich sollte man auf den Fund von nur Einem Stück keine neue Art begründen, aber die Muschel ist so einladend und das Vorkommen von Terebrateln im Eocen so selten, dass sie wobl verdient, aufgeführt zu werden.
Die Terebratel schliesst sich auffallend an die Gruppe der Loricaten von Buch an. Die Schale besteht aus den feinsten concentrischeu Anwachsrippen, welche durch radiale Streifen zu einem zierlichen Netzwerk gekreuzt werden. Auf dorn Rücken sieht man Eine kräftige Medianfalte zwischen zwei Buchten und denselben entsprechend auf der Bauchschale 2 Falten und Eine mediane Bucht. Neben der Hauptfalte treten auf der Rücken-
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schale noch 2 seitliche Nebenfalten auf, denen wiederum 2 Ne- benbuchten auf dem Bauch gegenüberliegen. Auf den Falten treten die concentrischen , in den Buchten die radialen Zeich- nungen der Schale hervor, so stark, dass hier die concentrischen und dort die radialen Streifen für das unbewaffnete Auge ver- schwinden und die Schale mit zweierlei Streifung überdeckt erscheint.
Da nur Ein Exemplar vorliegt, mochte ich es nicht öffnen, um das noch unbekannte Knochengerüste zu untersuchen.
Monomyarier.
Anomia placunoides Orleb. pl. VII, pag. 17. Eine Ikluschel, die weder übersehen noch verwechselt werden kann, denn sie ist eben so gemein im Eocengebirge, als sie gross und stattlich ist. Schon Cailliaud bildet sie pl. 45, Fig. 11 ab, gibt ihr aber fälschlicherweise den Namen der lebenden indischen Fensterscheibe Placuna j)laccnia Lam. Exemplare von 100 Millim. und darüber sind nicht selten, in der Regel misst jedoch die Muschel 70 — 80 Millim. Die Schale ist ausserordentlich schiefrig und blätterig, beide Klappen zart gestreift. Die Ober- schale trägt einen grossen, auf die Seite geschlagenen Zahn, unter dem ein eirundes Loch die Schale durchbohrt. Der Unterschied von dem miocenen ^4.. ephippium L. ist keineswegs gross.
Fundort: Mokattam, Cafra, Wadi el Tih.
Ostrea Suessoniensis Arch. pl. 84, Fig. 13 pag. 116 aus den untern Sauden des Pariser Beckens lässt sich an der Dicke ihrer Schale, ihrer hervorragenden Grösse und ihrer feinen Fältelung wohl erkennen. Cailliaud hatte sie als 0. fla- hellula Lmk. in seinem Werke über Egypten abgebildet, die jedoch nie diese Grösse erreicht und eine ganz andere Falten- bildung auf der Schale zeigt.
Fundort: Mokattam.
Ostrea dorsata Desh. pl. LV, 9 — 10, pag. 102. In der Mitte der Unterschale erhehrt sich ein Höcker, von dem aus eine Gräthe über die Schale lauft, die im Uebrigen glatt
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und ohne Falten ist. Von der Identität der Art bin ich jedocb nicht ganz überzeugt, jedenfalls besteht grosse Aehnlichkeit zwischen der französischen Muschel aus den mittleren Sauden und der egyptischen.
Fundort: Mokattam.
Ostrea flabellula Lam. Desh. LXIII, Fig. 5 pag. 120 erwähnen BelLirdi und Andere von Cairo. Sie soll ebenso in Indien, als in Amerika sich finden.
Fundort: Mokattam und Wadi el Tih. Benihassan.
Ostrea Pieilii Frs. T. YI, Fig. 5, a — b bildet entschie- den eine von fkiheUuIa abzutrennende, neue Art, die ebenso- zahlreich sich findet in der arabischen Wüste östlich von CairOy. als sie constant in ihrer Form ist. Die Auster ist sehr unsym- metrisch und gehört zu der Untergattung Exogyra. Ueber die Mitte der Unterschale lauft vom Wirbel aus eine Gräthe, von der gedrängte Falten nach beiden Richtungen seitwärts abgehen. Einzelne der Falten schuppen sich und bilden vereinzelte schup- pige Warzen oder Erhöhungen, namentlich auf der Ilauptgräthe und an den Rändern der Schale. Die Oberschale ist von con- centrischen Streifen bedeckt, von irgend radialer Form ist keine Spur. Es fällt auf, wie fest beide Klappen an einander halten,. denn nur selten fand ich Ober- und Unterschale isolirt, immer ist die ganze Muschel erhalten. Ich nenne die Austern nach HerrD Dr. Reil in Cairo, dem ebenso liebenswürdigen Manne als geist- vollen Beobachter der natürlichen Verhältnisse Egyptens, in dessen reicher Sammlung egyptischer Fossile ich zuerst cauf diese Art aufmerksam wurde, die seither ohne Zweifel als O. flobel-^ lula lief. Unsere Figur gibt die beiden gewöhnlichen Grössen wieder.
Fundort: Wadi ol Tih.
Ostrea heteroclita Dcfr, Desh. LXIII. Fig. 2—4. pag. 102 wird aucli von Bellardi erwähnt und stimmt.
Fundort: C'jifra bei Gyzeh. Mokattam.
Spondylus radula Lam. Desh. XLVI, 1—5, pag. 90 findet sich niclit selten im Thal der Yerirruiig. Ebenso Sp. asperulus Mot. (Gf. lOG, 0), den ich wegen der bei Goldfuss
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angegebenen unbedeutenden Unterschiede nur als eine Abart von radula ansehe. Die Kressenberger Form stimmt auch hier wieder mit der egyptischen.
Fundort: Wadi el Tih. Mokattam.
Yulsella lingulata Caill. pl. 45 Fig. 11. Tom. lY, pag. 2GG bildet Cailliaud diese prachtvolle Muschel, die keinem Sammler entgehen kann wegen der Häufigkeit ihres Vorkom- mens, sehr gut ab. Auffallend ist nur ihr Fehlen im europäi- schen Eocen.
Fundort: Wadi el Tih, Mokattam, Cäfra.
Y. angusta Desh. pl. 76 13 — 15 pag. 52 stimmt ziemlich gut mit dem egj-ptischen Yorkommen.
Fundort: Mokattam.
Die Yulsellen liegen am Mokattam sehr zahreich in einer eigenen Bank hart über den 22 Fuss mächtigen Bausteinen, in welchen unten Lohocarcinus und oben Cerith. giganteum liegt. Der Fellah, dem die Fossile so wenig entgehen, als dem deut- schen Steinbrecher, nennt die Steine mit den Yulsellen „luigar mtUieh."
Dimyai'ier.
Area planicosta Desh. pl. 32, 1 — 2, p. 204. Exemplare von 50 Millim. Länge und 30 Breite. Die Form ist sehr wenig aufgebläht, vom Wirbel aus lauft eine schwache Bucht über die Schale, die über und über mit zarten , flachen Radialstreifen überdeckt ist, welche in der Wirbelgegend verschwinden. Drei bis vier concentrische Falten kreuzen die Streifen. Die Art zieht sich mit einigen unwesentlichen Yariationen durch das ganze französische Eocen, hat aber in den mittleren Sanden den Haupt- sitz. Yon England wird sie dessgleichen citirt; auch unter den Kressenberger Steinkernen kann man Steinkerne mit ihr ver- gleichen.
Fundort: Wadi el Tih.
Avicula stampinensis Desh. pl. 78, 1 — 4 p. 47. Exem- plar von 20 Millim. in Länge und Breite. Die Beschreibung stimmt mit Deshayes, der die Muschel in die oberen Sande ver-
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setzt, welche nach Sandberger an die unteren Cyrenen-Mergel von Offenbach streifen.
Fundort: Wadi el Tih.
Cardita nach Deshayes spielt eine grosse Rolle, nament- lich die Untergattung Venericardia.
C. lata Schafh. Taf. 41 Fig. 1. Schafhäutl bildet unter diesem Namen Steinkerne vom Kressenberg ab; mit diesen stimmen die in ganz ungewöhnlicher Monge am Mokattam oft Felsen bilden- den Steinkerne. Ob Cardita lata eine eigene Art wirklich bildet, oder ob nicht vielmehr Cardita imhricata, junge planicosta und andere hieher zu ziehen sind, lässt sich bei dem Charakter der Steinkerne überhaupt nicht recht sagen.
Fundort: Mittlere und obere Lagen am Mokattam und bei den Pyramiden von Gyzeh.
C. complanata Desh. p. 760 pl. XXVI, Fig. 5— G. Zu- gleich mit den Steinkernen von Cardita lata finden sich die von complanata, die auch am Kressenberg nicht selten sich finden. Durch Abgüsse der Hohlmuschel mit Guttapercha erhielt ich das vollständige Bild der zerstörten Schale wieder, das mit dem Bild der französischen Exemplare aus den mittleren Sauden stimmt. Im Wadi el Tih fand ich auch Exemplare mit theil- weise erhaltener Schale.
Fundort: Mittlere und obere Lagen am Mokattam. Wadi el Tih.
C. multicostata Lam. Desh. 26, 1 reiht sich an die vo- rige Art an. Bellardi übertrug Lamarcks Namen auf die egyp- tische Form, dem ich gerne folge, obgleich eine vollständige Uebereinstimmung nicht herrscht.
Fundort: Mokattam und Wadi el Tih.
C. divergens Desh. pl. 60 Fig. 13. Ohne von der Iden- tität der französischen Art aus den mittleren Sauden mit der egyptischen überzeugt zu sein, übertrage ich den Namen der französischen Muschel auf die zahllosen Steinkerne, die am Mo- kattam und an den Pyi-amiden Einem überall aufstosson. Sie sind im höchsten Fall 20 Millira. lang und 15 breit, gewöhnlich um ein Drittheil kleiner, und sind auf den ersten Blick an den
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8 — 10 starken radialen Streifen zu erkennen. Vergl. Cardita paucicosta Sandb. Mainz. T. B. Taf. 24, 6.
Fundort: Mokattam, Pyramiden, Wadi el Tih, Geneife.
Card iura fand ich, wie schon Bellardi, in drei Arten repräsentirt. Zwei davon lassen sich auf europäische Arten zurückführen.
C. obliquum Lam. Desh, XXX, 8 — 11 p. 568. Diese im ganzen europäischen Eocen so häufige Muschel, die von den unteren Sauden durch den Grobkalk bis in die oberen Lagen auftritt, ist auch in Egypten eine der gemeinsten Muscheln.
Fundort: Mokattam, Cafra bei Gyzeh u. a. 0.
C tenuisulcatum Nyst. Desh. 56, 15 p. 562, sehr ver- breitet in den oberen Sauden von Fontainebleau. Die leidige Steinkernbildung erschwert das Erkennen am Mokattam, dage- gen zeigen andere Stücke vom Thal der Verirrung noch theil- weise Schale, dass die Identität der Art bewiesen ist.
C. egyptiacum Frs. Taf. VI, Fig. 6 ähnelt zwar der Cardita oblonga Sow. M. C. pl. 289, die von Morris (Catal. p. 191) ins mittle Eocen gestellt worden ist, doch ist die eng- lische Muschel bombirter, dickschaliger und weniger gerippt. Die egyptische Art, die unendlich gemein ist, mit der die Kin- der von Siut spielen, wird höchstens 18 Millim. lang und 15 breit, gewöhnlich nur 8 und 10 und darunter. Die Schalen sind auffallend flach und 17 bis 18 feine, mit zierlichen Perlen besetzte Rippen strahlen vom "Wirbel bis zum Rand der Schale.
Fundort: Nilwüste bei Siut, untere Lagen des Eocen.
Corbula gallica Lam. Desh. VII, 1—3 p. 213. Eine der verbreitetsten Bivalven nicht blos im französischen und eng- lischen Eocen, sondern auch in Belgien wie um Nizza zu fin- den; fehlt auch in Egypten nicht.
Fundort: Cäfra bei Gyzeh.
Corbula Steinkerne erinnern an Corbula exarata d'Arch. oder gaJlicula Desh.
Cyprina scutellaria Desh. pl. XX, 1 — 3, I p. 123. Die grösste Form misst 60 Millim. in der Länge und 55 in der
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Breite, die kleinste nur die Hälfte. Obgleich blos Steinkern, zweifle ich an der Identität der Art nicht.
Vorkommen: Mokattam und Cafra.
Cyprina sp. Eine Reihe kleinerer Steinkerne, flache For- men lassen sich nicht wohl mit Sicherheit bestimmen. Man vergleiche C. lunulata Desh. Bellardi erwähnt eine Cyprina tiimlda Nyst. Ich getraue mir jedoch nicht, Xamen zu geben, und erwähne nur, dass auch der Kressenberg ähnliche unbe- stimmbare Formen führt.
Luc in a. Dieses Geschlecht hat, wie bekannt, im Eocen seine höchste Entwicklung gefunden und bietet auch in Egypten weitaus die grösste Artenmenge unter sämmtlichen Bivalven. Bellardi zählt 10 Arten auf: ich fand 12, von denen doch 8 auf französische Formen zurückgeführt werden können.
L. Defrancei Desh, pl. 39, 0-11 p. 644. Obgleich nur Steinkern, stimmt doch Form und Grösse der Muschel und die Streifung des Steinkerns in Folge der inneren Schaleneindrücke ; die beiden Bandstützen treten besonders stark hervor, über welche der Wirbel nur wenig hervorsieht,
Fundort: Mokattam,
L. concinna Desh. 40, 4 — G p. 654. Unter diesem Xa- raen begreife ich die fast kreisrunden, 30 — 33 Millim. messen- den, flach gestreiften Steinkerne, welche zu den gewöhnlichsten Muschelkernen in Egypten zählen. Eine deutliche Furche trennt stets den hinteren Theil der Schale ab.
Fundort: Mokattam.
L. Menardi Desh. pl. XVI, 13 p. 640. Ich folge hier Bellardi, obgleich die Steinkerne die Grösse des von Deshayes abgebildeten Exemplars nicht erreichen ; möglich, dass sie auch zu L. suhrircvlaris gehören.
Fundort: Mokattam.
L. subcircularis Desh. 40, 23 p, 630. Eine ausgezeich- nete Form mit der Schale.
Fundort: Wadi el Tih.
L, detrita Desh, 40, 7 — 10 p. 054. Die Grösse übertrifft die französischen Formen um 10 Millim., die kreisiundo, aufge-
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blähte Form, ganz feine Radialstreifen und die Eindrücke von concentriscben Runzeln laden zur Vergleichung der französischen Art ein. Bellardi hat mit seiner L. orbicularis wohl unsere Form gemeint.
Fundort : Mokattam.
L. mutabilis Desh. pl. XIY, Fig. 6 u. 7 p. 635. Die Orösse der von Deshayes abgebildeten Form stimmt zwar nicht, wohl aber die innere Streifung, die schiefe Gestalt und der Muskeleindruck. Bei der grossen Verbreitung dieser Art über die Mittelmeergegenden dürfte der Name wohl auf die egypti- schen Steinkerne übertragen werden.
Fundort: Mokattam.
L. Fortisiana Defr. Desh. 17, 10—11 p. 641. Auch Des- hayes erwähnt die Muschel von Cairo. Gewöhnlich sind die Mu- scheln etwas kleiner, glücklicherweise existiren von ihr Schalen, •die aus dem Thal der Verirr ung stammen. An den durch Fur- chen abgegrenzten Vorder- und Hinterstücken erkennt man sie leicht.
Fundort: Wadi el Tih.
L. evanida Desh. pl. 41, 10 — 11. Die Beschreibung die- ser von Deshayes abgebildeten Art fehlt, die Abbildung stimmt jedoch gut. Die Sehale ist erhalten.
Fundort: Wadi el Tih.
L. bialata Bellardi. Unter diesem Namen begreift wohl Bellardi die 3.5 Millim. langen, dagegen nur iö Millim. breiten Schalen, an denen die Schlosslinie flügelartig hervorsteht. Die Form ist sehr charakteristisch und häufig und scheint Egypten eigenthümlich zu sein.
Fundort: Mokattam und Wadi el Tih.
Ausser den genannten finden sich noch 3 — 4 weitere Arten, deren Bestimmung ich mir nicht getraue. An europäische Formen schliessen sie nicht recht an und eigene Namen verdienen die erbärmlichen Steinkerne nicht.
Lutraria sp. Unbestimmbare Steinkerne von 28 Millim. Länge und 13 in der Breite. Der grosse Zahneindruck spricht für Lutraria.
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Fundort: Mokattam.
Modiola acuminata Desh. pl. 40, 9 — 11, II, 22. 25 Millira. lang, 10 und 15 Millim. breit, je nachdem unten oder oben ge- messen wird. Die Schale vortreflflich erhalten.
Fundort: AVadi el Tih.
Pholadomya Koninckii Nyst. Desh. p. 246, pl. 9, 13 u. 14. Grösse und Form stimmt, nur erheben sich auf der Kreu- zung der radialen und concentrischen Streifen stärkere Knoten, als am abgebildeten Exemplar.
Tellina Nystii Desh. pl. 25, 5—6 p. 336. Obgleich nur Steinkern, zweifle ich an der Identität der Art nicht.
Fundort: Mokattam.
Solen obliquus Sow. Desh. 7, 1—3 p. 153. Steinkern, an dem Schloss- und Schaleneindrücke stimmen.
Fundort: Mokattam.
Gasteropoden.
Cerithium giganteum Lam. Desh. pl. 42, Fig. 1, 2 p. 300 stellen wir mit Recht oben hin als die auffälligste Muschel, die uns im Baustein von Cairo begegnet, nach welcher wir zugleich den zweiten Horizont in dem gesammten Schiehtencomplex des Mokattam festgestellt haben. Gestalt und Grösse unterscheidet sich von der der französischen Exemplare nicht. Die Schale der Muschel, die bis zu 1 Centim. dick wird, ist durch einen höchst merkwürdigen Umwandlungsprocess in schwefelsauren Strontian übergeführt, an dessen Blätterdurchgängen man deut- lich M und o einspiegeln sieht, so zwar, dass die Kante zwi- schen beiden Spiegelflächen auf der Aussenseite der AVindung liegt. Die Schale finden wir auf die gleiche Weise von Anne- liden angebohrt, als die Kalkschalen der Pariser Cerithieu (s. unten pag. 293). Die Umwandlung der Schale in Cölcstin bringt es mit sich, dass dieser leicht vom Steinkern abspringt und so viel mehr glatt ausgesprungenc Kerne gefunden werden (tirebotichonj, als erhaltene, wenn auch umgewandelte Schalen.
Fundort: Steinbrüche des Mokattam.
An die Bestimmung anderer, kleinerer Cerithien aus dem
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Wadi el Tih wage ich mich nicht. Die Stücke sind zu unbe- deutend und zu schlecht erhalten, um mit Namen genannt zu werden. Dagegen überraschen riesige Formen anderer Ge- schlechter, wie z. B. Nafica und Pyrula zu einer anderswo un- bekannten Grösse anschwillt. Im europäischen Eocen, in wel- chem die Arten zwar nicht fehlten, hat man doch von solcher riesigen Entwicklung keine Ahnung.
Strombus giganteus Münst. Goldf. Petref. Germ. T. 169 ist eine im Eocen des Kressenbergs und Grüntens sehr gewöhn- liche Schnecke, die in der Regel 6 — 10 Centim. lang wird. Am Mokattam wird sie um das Doppelte grösser. Von einem Flü- gel, wie ihn Schal'häutl (Leth, bav. 48, 2) zeichnet, konnte ich übrigens nichts beobachten: mein grösstes Exemplar aus dem Baustein von Cairo misst 16 Centim. in der Länge und 12 in der Breite. Im Uebrigen hat die Schnecke mit andern Ge- schlechtern als Strombus viel mehr Aehnlichkeit ; ich würde mit Münster sie unbedingt zu Conus stellen, wenn nicht eine ge- schwungene Gestalt der Mundöffnung und eine starke Spindel auf das Geschlecht Strombus oder am Ende eher noch auf Py- rula hinwiese.
Fundort: Steinbrüche des Mokattam.
Natica spirata Desh^ pl. 21, 1 — 2. 1. pag. 76 neuerdings nach d'Orbigny Suessoniensis genannt, mit deutlichen Streifen auf dem letzten Umgang. Im Pariser Becken zu den Selten- heiten gehörig wird diese Muschel in Oberitalien gewöhnlich (Castelgamberto, Monteviale, wo wir sie selber gesammelt haben) und verbreitet sich, wie es scheint, weiter in den Mittelmeer- gegendeu. Wie weit Natica hybrida Lam. (Desh. pl. 71, 1 — 2 pag. 75), die sich zur Riesengrösse unter den Schnecken aus- bildet, als besondere Art abzutrennen ist, oder als blosse Abart hieher gestellt werden muss, lassen wir unentschieden. Die Verwandtschaft beider ist jedenfalls gross. Stücke von 0,15 Mill. Länge und 0,09 Breite sind am Mokattam gar nicht unge- wöhnlich.
Fundort: Mokattam.
Natica patula Lam, Desh. 21, 3 — 5 pag. 63. Diese
Württemb. naturw. Jahreshefte. 18G7. 23 Ji,. 33 Heft. 19
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Muschel mit der durchbrochnen Spindel und dem weit geöffneten Munde stimmt ausgezeichnet. Auch Bellardi erwähnt sie.
Fundort: Wadi el Tih.
Natica sigaretina Desh. pl. 21, 5 — 6 pag. 63 gehört in die Nähe yon patula und stimmt auch.
Fundort: Mokattam.
Natica Willemeti Desh. pl. 17, 11—12 pag 73 mit zarten, zierlichen Umgängen sieht dem französischen Vorkommen auch ganz gleich.
Fundort: Wadi el Tih. Mokattam.
Natica cochleata Schafh. Tab. 50, Fig. 6 zeigt ebenso wie die andere Schafliäutlische Art N. oostoma Tab. 46, 4, dass die Kressenbergformen sich immer gerne in Egypten finden. Im Uebrigen lege ich auf beide Arten nur wenig Werth, da wir hier wie dort es nur mit rauhen Steinkernen zu thun haben.
Nerita Schmideliana Chemn. Desh. pl. XYIII. pag. 18 nennt jetzt Deshayes, zurückgehend auf den alten Chemuitz'schen Namen die früher als N. conoidea bekannte ebenso schöne als in Frankreich seltene Muschel. Um Cairo gehört sie zu den gewöhnlichsten Funden, ebenso im Osten der Stadt in der ara- bischen Wüste, als im Westen in der Nähe der Pyramiden.
Fundort: Mokattam, Cafra.
Cassis tricarinata Schafh. Tab. XLIX, Fig. 3. Stein- kern vom Kressenberg stimmt abermals zu den nur um ein Geringeres grösseren, sehr zahlreichen Steinkernen um Cairo.
Fundort: Mokattam.
Ausser dieser Art liegen noch zwei Cassis als Steinkerne vor, eine grosse Art mit Einem starken Windungsrand und eine kleinere mit 2 Kändern von länglichter Form.
Fusus scalaris Lam. Desh. pl. 72, 13 — 14 pag. 257. In Frankreich und England eine gewöhnliche Muschel^ fand ich dieselbe in Egypten nur einmal, jedoch in guter Uebereinstim- stimmung der Art.
Fundort: Wadi ol Tih.
Cypraea elegans Defr. Desli. 97, Fig. 3 — 6 pag. 566.
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In den Mittelraeergegenden und Armenien verbreitet, findet sich die Muschel in Egypten ziemlich häufig und stimmt gut.
Fundort: Wadi el Tih. Mokattam.
Fusus ficulneus Lam. Desh. pl. 73, 21—22 pag. 289 wurde ausser Europa auch in der Krimm gefunden.
Fundort: Wadi el Tih.
Rostellaria fissurella Lam. Desh. 18, 2 — 4; 84,5 — 6 pag. 458. Diese unter den Rostellarien so typische Art erkennt man zuerst, wie sie denn auch Bellardi erwähnt. Auch sie ist von England bis Armenien verbreitet.
Fundort: Mokattam,
Rostellaria Murchisoni Desh. pag. 92, 1. 2. pag. 453. Unter diesem Namen begreife ich eine zur Gruppe der Macrop- teren gehörige Art, die im Kressenberg ilire Verwandten hat. Schafhäutl hat sie als d'Orbigny'sche Kreidespecies beschrieben und R. inornata d'Orb. genannt. Von Kreide kann hier natürlich keine Rede sein. Ueberdiess lässt das Fossil viel zu wünschen übrig und eignet sich nicht zur genauen Beschreibung der Art.
Fundort: Mokattam.
Patella cairensis Frs. Taf. VI, Fig. 1 . Eine Patella von solcher Grösse wurde noch nie fossil gefunden, und wird selbst von den grössten lebenden Arten Neuhollands, Brasiliens und des Caps nicht übertroflfen, weshalb sie eine besondere Be- nennung und Beschreibung verdient. Die Schale misst 11 Centim. in der Länge, S^h Centim. in der Breite und 5 Centim. in der Höhe. Die Dicke der Schale beträgt, wo sie auch beobachtet werden kann, nirgends mehr als 1 Millim. Unsere Figur ist einem Ausguss der Innenseite der Schale entnommen, da die Aussenseite aufs innigste mit dem Gebirge verwachsen ist und keine Ansicht bietet. Einzelne abgesprengte Stückchen zeigten keinerlei Streifung oder Zeichnung, vielmehr eine glatte Ober- fläche. Um so mehr ist die Innenseite von concentrischen Streifen und Falten erfüllt, die namentlich auf der Kopfseite des Thiers, gegen welche sich der Wirbel neigt, scharf ausgeprägt sind, die gegenüberliegende Seite ist fast glatt. Am Rande ist die Schale
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umgesclilagen , wodurch sich gewissermassen ein Fuss für die Schnecke bildet.
Tundort: Steinbrüche des Mokattam, im Horizont der Krebse. Das ausgezeichnete Stück ist ein Geschenk des Herrn Dr, Reil in Cairo.
Rostella ria finden sich ausser den genannten noch übrige weitere Arten, Bellardi erwähnt sieben. So viele fand ich nicht und eignet sich jedenfalls keine zur Bestimmung.
Solarium plicatum Lam. Desh. pl. 24, 16 — 18 pag. 219 ist noch mit der Schale erhalten und stimmt mit der englisch- französischen Art.
Fundort: Wadi el Tih.
Terebellum. Steinkern.
Fundort: Mokattam.
Turritella fasciculataLmk. "Weitaus der verbreitetste Ga- steropode des egyptischen Eocens. Deshayes hat dieser Art nicht •weniger als 24 Figuren gewidmet, um die manchfachen Ueber- gänge der Varietäten zu zeigen. Am häufigsten ist die Varietät, die pl. 39, 17, 28 abgebildet ist, dann kommt die Spielart Fig. 5 und 6, schliesslich findet sich noch eine Varietät, bei der die Umgänge so tief liegen, dass treppenförmige Einschnü- rungen entstehen.
Die Oberregion des Grobkalks wimmelt von dieser Schnecke, ebenso an den Pyramiden, als in der Wüste Tih und am Mo- kattam.
T. imbricataria Lam. stimmt zwar nicht ganz, indem sich die Streifung der Umgänge an der egyptischen Art stärker macht, als an der französischen.
Fundort: Todtenberg bei Assiüt.
T. Lamarkii Defr. Dcsh.pl. 15, 6—8 glaubt man an den 5 markirten Kielen und an der Art zu erkennen, wie die Um- gänge an einander schliessen.
Fundort: Assiüt.
T. uniangularis Desh. pl. 40 Fig. 28, 29 ist nicht selten am Mokattam.
Fundort : Mokattam.
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Ausser diesen 4 Arten wimmelt es von Steinkernen, welche auf weitere Arten hinweisen, die ich jedoch nicht zu bestimmen wage. Bellardi nannte eine Art T, egyptiaca.
Voluta labiella Lam. Desh, pl. 91, 2 — 6. Die Stein- kerne von conusartiger Gestalt mit 4 — 5 inneren Spindelfalten sind gar nicht selten. lieber die Identität der egyptischen und französischen Art könnte man zwar streiten, da Steinkerne überhaupt wenig zu sicheren Bestimmungen sich eignen, doch stehen beide jedenfalls nach Form und Grösse sich sehr nahe.
Fundort: Mokattam untere Steinbrüche.
Mitra turriculata Schafh. Leth. bavar. 52, 4. Die Ge- stalt und Grösse dieses Kressenberger Steinkerns stimmt voll- ständig mit denen des Mokattam überein.
Fundort: Mokattam oben und am Fuss der Pyramiden.
Anneliden. •
Vioa Cerithii Frs. Tab. VI, Fig. 2. Vioa nannte Nardo in Venedig die bohrenden Anneliden, die in der Kalk- schale der Muscheln leben, sich innerhalb derselben Höhlungen von verschiedener Form und Grösse schaffen und von diesen aus feine runde Oeffnungen zur Aussenfläche der Schale bohren, um durch dieselben die verarbeiteten Kalkschalen hinauszu- schaffen. Er stellte sie wie auch Michelin zu den Zoophyten (cf. Michelin Iconogr. zoophyt. pag. 322), wovon jedoch keine Rede sein kann. In 2 Arten bildet er die Oberfläche von Mu- schelschalen ab, aber ebendamit nur die kreisrunden Abzugs- schläuche; die eigentliche Wohnung des Thiers beschreibt er nicht, die man erst nach vorsichtigem Absprengen der Kalk- ^ schale zu sehen bekommt. Jene runden Oeffnungen kennt sicherHch Jedermann, je dicker die Schalen von Muscheln sind, um so reicher sind sie an diesen Parasiten, selten aber wird es gelingen, in so glücklicher Weise deren Höhlungen zu sehen als an den Schalen des Cerith. giganteum in den Steinbrüchen des Mokattams. Die Schale ist nemlich hier durch eigenthümlichen Umwandlungsprocess in Cölestin übergeführt, dessen Blätter- bruch M. sogar auf der Aussenseite der Schale einspiegelt. Diese
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Cölestiue shid von Kalkröhren durchzogen, die von Zeit zu Zeit anschwellen und neue Röhren seitlich entsenden. Die Röhren sind mit demselben Kalk ausgefüllt, welcher die Schnecke selber angefüllt hat. Die Cölestine springen sehr leicht von dem Steinkeru der Sehnecke ab und lassen sich auch zwischen den Röh- ren mit der Nadel vorsichtig absprengen, so dass diese biosgelegt werden köunen. Die Oberschale ist wie von Nadelstichen durch- bohrt, jedoch ohne Ordnung, das einemal sind die Punkte ge- drängter, das anderemal weiter auseinander (siehe unsere Figur). Jede Oeffnung führt alsbald durch ein dünnes Röhrchen in eine erweiterte Höhlung. Die oberste Höhlung sendet eine, wohl auch zwei Seitenröhrchen ab, die nach kurzem Zwischenraum wieder zu einer Höhlung anschwellen und zugleich eine Hauptröhre ins Innere der Schale. Auch hier schwillt sie wieder zur Höhlung an, bildet an den dickeren Stellen der Schale noch eine dritte Höhlung, um von da in einem ähnlichen feinen Abzugsrohr die innere "Wandung der Schale zu durchbohren.
Die Pariser Cerithien zeigen in auffälliger Uebereinstimmung dieselbe Erscheinung, die Deshayes in der Zeichnung seiner Tafeln nicht entgangen ist, deren er aber im Text keinerlei nähere Erwähnung thut. Es hält jedoch bei der Härte der Schale ausserordentlich schwer, mit dem Messer Präparate zu machen. Nur durch Anschleifen gelingt es, die Höhlungen des Thiers bloszulegen, das aber in Damery und Parncs die gleiche Minirarbeit trieb, wie am Mokattam.
Crustaceen.
Lobocarcinus Paulino - Württembergicus von Mey. Bp. Reuss 1857.
Cancer Paulino Würfembergensis Mey. 1851.
Carpilius of thc egyptian desert. Orlebar 1845.
Trotz der Häufigkeit seines Vorkommens ist dieser ausge- zeichnete Krabbe noch sehr mangelhaft beschrieben, so dass ein genaueres Eingehen auf diese schöne Art und die Widmung einer eigenen Tafel gerechtfertigt sein wird. Unbegreiflicherweise ist Russegger dieses Fossil entgangen, also dass in Europa die erste
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Publication*j erst sehr späterfolgte, 1847 — 51 auf Grund zweier höchst unvollständiger Stücke, die Herzog Paul von Württemberg aus Afrika mitgebracht hatte , dem zu Ehren Meyer den Namen gab. Vorher hatte Orlebar**) in Bombay den Krebs sehr kennt- lich abgebildet und kurz beschrieben als ^Carpilius aus der egyptischen "Wüste". Sein abgebildetes Stück misst 0,07 Millim. in der Länge, 0,130 in der Breite und gehört zu den grössten Formen des Mokattams. Das von Meyer 1847 beschriebene ^ misst nur 0,059 in der Länge, 0,092 in der Breite und 0^023 in der Höhe. Obgleich Meyer auch noch ein Exemplar (5) von Mannheim, und einige Stücke aus der Zschokke'sehen Sammlung in Aarau zur Verfügung hatte, so war doch an den Exemplaren von Scheeren, Füssen, Maul, Kieferfüssen u. dergl. nichts zu sehen, so dass Reuss ***j nach seinen 4 vorliegenden Exemplaren 1857 die Meyer'sche Beschreibung wesentlich vervollständigen konnte. Unter diesen 4 Stücken sind 3 Männchen von 0,078 bis 0,080 Länge und 0,115 bis 0,120 Breite. Ein Weibchen ist nur 0,048 lang und 0,076 breit. Doch auch diese Beiträge lassen noch vieles zu wünschen übrig. Zum Zweck einer vollständigen Beschreibung musste ein noch viel umfassenderes Material ge- sammelt werden und zwar an Ort und Stelle. Unter der Hand des Arabers fallen die Fossile selbstverständlich mehr oder minder beschädigt und zerbrochen aus den Steinen, es handelte sich daher darum , dieselben mitsammt dem umgebenden Gestein zu sammeln und sie zu Hause mit Müsse zu präpariren. Glück- licherweise sind sie im untern Mokattamsteinbruch hinter den Kalifengräbern bei Cairo so häufig, dass ich auf wenigen Gängen einige Duzende sammeln konnte. Ein sehr vollständiges Exem- plar danke ich Hrn. Dr. Reil in der Abassie, zwei andere sehr
*) Dunker und Meyer, Paläontogr. I. 2. Lief. 1847. **) Some observations on the Geology of the Egyptian Desert by A. B. Orlebar Journal of the Bombay 1845.
***) Zur Kenntniss foss. Krabben. Denkschr, d. "Wiener Akade- mie 17. 1859. p. 38.
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schöne Stücke hatte schon 1859 Herr Th. y. Heuglin unserer Sammlung geschenkt.
Auf Grund dieser Exemplare geben wir auf Taf. V einige Beiträge zur genaueren Kenntniss unseres Krabben,
1) Der Cephalothorax. Derselbe misst an unserem grössten Exemplare ^ 0,075 in der Länge, 0,125 in der Breite, 0,024 in der Höhe. Drei andere Stücke, gleichfalls 5 messen 0,070 in der Länge und 0,120 in der Breite. Ein Duzend weiterer Männchen messen — die nur wenige Millimeter diflferirenden Maasse gegen- einander ausgeglichen — 0,064 in der Länge, 0,108 in der Breite.
Die Schalen der Männchen erkennt man bei einiger Uebung^ bald schon an der Oberseite, welche entschieden flacher und glatter ist, als die der Weibchen. Der Thorax des Weibchens ist gewölbter, als es bei irgend einem Männchen der Fall ist und ausserdem durch die Warzen und Erhöhungen bezeichnet, welche höher und auffälliger sind als am männlichen Thorax. Unser grösstes Weibchen misst 0,058 in der Länge, 0,104 Inder Breite, 0,038 in der Höhe. Die gewöhnliche Grösse ist jedoch geringer und durchschnittlich die des Fig. 9, ab abgebildeten Exemplars. Eine Anzahl Stücke 9 niessen 0,055 in der Länge und 0,090 in der Breite. Das kleinste vor mir liegende 9 sogar nur 0,045 in der Länge, 0,072 in der Breite.
Noch kleinere Exemplare gehören offenbar jungen Individuen an, was man schon der schlecht erhaltenen weichen Schale an- sieht. Das überhaupt kleinste Stück ist nur 0,035 lang und 0,058 breit, das somit bereits das gleiche Verhältuiss der Länge zur Breite zeigt, wie auch die ausgewachsenen Schilder der Männchen wie der Weibchen.
Die Stirngegend des Ccphalthorax (Fig. 4) betreffend ist in erster Linie die Bemerkung von Rcuss, der Stirnrand sei mit vier spitzigen Zähnen besetzt, dahin abzuändern, dass sechs solcher Zähne vorhanden sind. Zwei dieser Zähne sind kleiner und verstecken sich leicht im Gestein , so dass in diesem Fall nur 4 sichtbar sind. Bei sorgfältiger Reinigung werden jedoch sicherlich immer 6 Spitzen zu Tage treten, je 3 und 3 in einen
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kleinen Bogen zusammengestellt, in welchen sich die Antennen legen. Im Anschluss an die 3 Spitzen der Stirne umgibt ein hervorstehender eckiger Augenbrauenrand die Augenhöhle, in welchem theilweise noch die Reste eines gestilten Auges liegen. Der Augenbrauenrand ist in 2 ungleiche Theile getheilt, der grössere derselben, welcher der Stirne zunächst liegt, hat 3 — 4 zarte Höcker, der kleinere, der Lebergegend zugewandte, hat Eine Hauptspitze und eine kleine Nebenspitze. Wenden wir den Thorax um und sehen ihn von unten an Fig. 5, so legt sich das Epistoma als ein kleines Züngehen vor die Scheidewand der An- tennen. Rechts und links von ihm liegt die Basis der inneren Antennen, und dann, getrennt durch ein weiteres dreieckiges Plättchen, die Basis der äusseren Antenne. Von diesen selbst ist nur einmal ein Fetzen erhalten.
Auch die Maulgegend ist in Fig. 5 abgebildet. Das Präparat wurde durch vorsichtiges Absprengen der Kieferfüsse erhalten, um auf den Grund der Unterseite des Brustschildes zu kommen, und zeigt am oberen Rande das Epistoma und das Paar Schild- plättchen an der Basis der Antennen, darunter einen Xförmigen Mundspalt, der durch zwei gleiche, einander gegenüberliegende dreieckige Platten gebildet ist und zwei ungleiche, die in der Richtung der Längenaxe liegen. Unterhalb des Mundspaltes beobachtet man noch 2 härtere, in Kalkspat umgewandelte Kie- ferplatten. Alle diese Organe sieht man nur, wenn man sich entschliesst, die Kieferfüsse, die z. B. Fig. 9, 6 noch sichtbar sind, mit der Nadel wegzunehmen. Der äussere Ast des Kieferfusses legt sich nie an den innern glatt an, sondern steht aufrecht auf dem Basilartheil, der innere aus 2 Artikeln bestehende Ast da- gegen birgt sich gegen die Mediane desThiers; den beweglichen Finger konnte ich jedoch leider nie beobachten, er scheint von weicherer Substanz gewesen zu sein und somit keinen richtigen Versteinerungsprocess durchgemacht zu haben.
2) Das Abdomen des männlichen Krabben hat Reuss 1. c. T. VI F. 2 abgebildet und die 6 Segmente genau beschrieben, dass hierüber nichts Weiteres zu sagen ist, dagegen wurde bis jetzt das Abdomen des Weibchens noch nie abgebildet. Ich liess es
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daher Fig. 9, b. genau darstellen. Die 4 ersten Segmente sind gleich hoch, nehralich je 3 Millimeter und werden breit von 10 zu 14 Millim. Das 5te Segment kommt dem 5ten des Männchens am nächsten, oder unterscheidet sich vielmehr gar nicht von dem- selben, dagegen übertrifft das letzte, sechste an Grösse wie an Gestalt das entsprechende Glied am Männchen. Die Gesammt- länge des Hinterleibs beträgt 35 Millim., während der eines un- geßihr gleich grossen Männchens nur 25 Millim. misst. In Fig. 10 sieht man das vom Abdomen befreite weibliche Sternum, in welches sich der Hinterleib hineinlegt. Der Unterschied zwischen Männchen und Weibchen ist nur der, dass bei diesem das Sternum bis zum ersten Sternalring vom Hinterleib bedeckt ist, während bei jenem das Sternum vom Iten bis 3ten Ring frei vor Augen liegt. Sprengt man nun beim Weibchen mit Vorsicht den Hinterleib vom Sternum ab, so sieht man zwischen dem 4ten und 5ten Sternalring 3 kleine rundliche Oeffnungen, die Eileiter, von denen 2 seitlich, eine grössere in der Median- linie liegt.
3) Die Füsse und Scheeren waren weder H. v. Meyer noch Reuss bekannt, schliessen sich übrigens enge an das lebende Ge- schlecht Carpilius an. Vom Kieferfusspaar war bereits die Rede, dessen Basilartheil sich an den ersten Ring des Sternums legt. Dieses Basilar legt sich zwischen die Sternalseite des Thorax und das Sternum hinein und bildet die Basis sowohl des äusseren Astes, als des zweiten Artikels des inneren Astes.
Anschliessend an das Basilare des Kieferfusses fügen sich der Reihe nach die Basilartheilc der 5 Paar Füsse an, unter denen nur das erste Paar ein Scheerenpaar ist. In Fig. 4 ist das Scheerenpaar von oben zu sehen mit seinen Dornen und Warzen an Finger, Hand und Vorderarm, während Fig. G eine einzelne vollständige Scheere von der Unterseite aus sehen lässt. Der Scapulartheil des Schcerenfusses ist dessen erstes Glied, in dieses fügt sich der Trochanter mit 2 Charnicrplättchen, der Arm ist kurz und kräftig, dessgleichen der Vorderarm. Das grössto und stärkste Glied ist jedoch die Hand. Auf der Uuter- resp. Innenseite ist die Schale sämmtUcher Thcile des Fusses
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glatt, die Ober- oder Aussenseite mit einer Eeihe spitziger Dornen besetzt. Die beiden Finger, der bewegliche wie der unbewegliche, tragen auf der Innenseite 8 — 9 abgerundete Höcker. Die 4 übrigen Füsse (Fig. 8) sind dem Scheerenfuss gegenüber von verschwindender Grösse, die letzten Glieder einfach, wie bei CarpUlus. Ihre Präparation kostet viele Mühe, da sie sich gleich im Gestein verstecken, daher auch bisher noch nicht gekannt waren.
lieber die Oberfläche des Schildes und Beschaffenheit der in milchweissem Zustand befindlichen Schale ist nur noch beizu- fügen, dass dieselbe über und über mit dem feinsten punctirten Chagrin überzogen ist, der an den warzenförmigen Erhöhungen sich häuft, wie solches an Fig. 7 unter der Loupe gezeichnet ist. An den beiden Exemplaren 4 und 9 sind die grösseren Warzen und Dornen, auch die beiden stilförmigen am Hinter- ende des Schildes sehr genau nach Form und Zahl erkennbar.
Fundort: Der untere Steinbruch am Mokattam hinter den Kalifengräbern östlich Cairo,
Lobocarcinus Cairensis Frs. Taf. HI, Fig. 1 — 3. Ein Blick auf die Zeichnung genügt, um die Uebereinstimmung des Geschlechtes, aber die Verschiedenheit der Art zu erkennen. Der Krebs ist um mehr als das Doppelte breiter als lang, er misst nämlich 54 Millim. in der Länge und 128 Millim. in der Breite. Der gezahnte Rand, der Reuss zur Aufstellung des Geschlechtes Lobocarcinus Anlass gab, ist von dem des L. Paulino- Württembergicus wenig verschieden. Nur in der Kiemengegend weicht die Stellung und Form der Dornen ab. Es hängt diess mit der Höhe des Thorax zusammen, die beim Paulino-Würt- tembergicus am Anfang der Herzgegend am grössten ist. Der Hinterrand des Thorax und der Dornenrand fallen hier nicht wie bei L. cairensis zusammen, vielmehr fällt, wie Reuss und Meyer diess gezeigt haben, die hintere glatte Gegend steil von dem Dornenrand zum Hinterende des Thorax ab.
Die Oberfläche der Schale bietet bei L. cairensis ein ganz anderes Bild als hei Paulino - Württembergicus, indem Herz und Bauchgegend durch tiefe Rinnen umzeichnet sind und spitze "Warzen die einzelnen Gegenden scharf markiren. Dadurch tritt
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bei Coirensis eine ganz bestimmte Zeichnung von Vertiefungen und Erhabenheiten zu Tage, deren Schönheit durch die ausser- ordentlich feine und zarte Punctation der Schale noch erhöht ist.
Fig. 2 lässt die Scheerenballen mit dem beweglichen Finger- von aussen sehen, der dem gleichen Individuum angehört. Sämmtliche Dornen sind schlanker und spitziger und neben der oberen Reihe lauft in der Mitte des Ballens eine zweite mit feineren vornen her, die Höcker auf der Innenseite der Finger sind klein, aber spitz, nicht abgerundet, wie in Fig. 6.
Dass auch die Füsse wesentlich verschieden und viel grösser sind, als bei der verwandten Art, zeigt Fig. 3, in welcher eine Sternumhälfte mit der Basis der 5 Füsse abgebildet ist. Die Füsse selber sind breit und kräftig, leider aber das äussere Fingerglied nicht erhalten.
Fundort: Bihr el Fachmeh.
Atergatis Boscii Desmar.
Paläocarpüius macrocheilus Milne Edw.
Brachyurites antiquus Schi.
Mit Recht nennt man diesen Krabben einen tertiären Kos- mopoliten, denn er ist an aller Welt Enden das Hauptfossil der Nummulitenetage. Allerdings am Mokattam nicht häufig, aber doch vorhanden. Wenn Reuss loc. cit. pag. 35 sagt: das Schlotheim'sche Originalexemplar soll zwar nach dessen aus- drücklicher Versicherung aus den Bausteinen der egyptischen Pyramiden stammen, die vollkommene Uebereinstimmung mit den vicentinischen, sowie der Umstand, dass seither aus Egypten nichts weiter bekannt geworden, machen es sehr wahrscheinlich dass in Betreff des Fundorts eine Täuschung unterlaufen und auch das Schlotheim'sche Exemplar bei Vicenza gefunden — so ist diese Annahme unrichtig und dagegen Schlotheims Angabe vollständig gerechtfertigt.
Fundort: Baustein am Mokattam,
Callianassa macrodactyla Milne Edw. „ prisca Milne Edw.
„ nilotica Jahresh. Taf. III, Fig. 11.
Deren nähere Beschreibung siehe oben pag. 259.
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2. Das miocene Gebirge.
Droben in Oberegypten zwischen den Königsgräbern von Theben und den Tempelresten von Luqsor steht mitten im Klee- feld und den Waizenäckern „das Memnonsbilderpaar, das traurig- holde, das seit Jahrtausenden im jungen Golde vom Erstlings- kuss der Morgensonne tönt." Es sind die beiden Bildsäulen von Amenopht und Ramses, das Gesicht dem Aufgang der Sonne zugewandt, zwei Monolithe von 70 Fuss Höhe, am Postament 17 Fuss allweg messend. Der Stein ist ein kieseliger braun- rother Sandstein, klingendhart *), und stammt ohne allen Zweifel aus dem Djebel Achmar bei Cairo. (Wenigstens muss Jeder, der die Achmarsteine mit dem Gestein der beiden Monolithe vergleicht, beide für identisch erklären.) Es ist der Mühlstein, der auch im Becken von Paris das Hangende des dortigen Eo- cenen bildet, dessen Auflagerung auf die Schizasterbank im Mo- kattam bei jeder Excursion im Osten des Gebirges beobachtet werden kann und am Djebel Achmar eine besonders mächtige Entwicklung gefunden hat. Von einer vulcanischen Einwirkung auf den Berg, wie Russegger wegen der ,, rothgebrannten, ver- glasten" Gesteine wähnt, ist natürlich entfernt keine Rede. Denn in vollständig horizontalen Bänken lagern die Sandsteine auf
*) Der Stein klingt unter dem Hammer wie eine Solnhofer Platte. Der nördlich stehende Koloss ist die berühmte klingende Statue, an welchen die Griechen die liebliche Sage vom schönen Memnon knüpften, der alle Morgen bei Sonnenaufgang seine Mutter Aurora begrüsste. Nach Letronne bildet sich die Sage erst 27 a. C, als die Statue bei einem Erdbeben zersprang. Jetzt klafft sie weit und ist durch Unter- bau und Einbau nur nothdürftig geflickt. 14 Fuss tief steckt sie im Saatfeld. Ein Schlingel von Beduinen-Junge klettert, so oft F'remde kommen, an dem tiefen Sprung in dem Koloss bis in Brusthöhe des sitzenden Königs hinan und lässt durch Anschlagen mit einem Hammer oder Beil, das er dort versteckt hält, gegen ein Trinkgeld die Säule tönen ! ' Hatte wohl das Tönen , das durch eine Menge griechischer und römischer Inschriften am Fuss der Säule bezeugt ist, damals schon in einer derartigen Manipulation seinen Grund ?
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den Kalkmergeln , die denn auch seit vielen Jahrtausenden für die verschiedenartigsten Zwecke ausgebrochen wurden. Diese Steinbrucharbeiten im Achmar, na'mentlioh jene altegyptischen, w^elche alsbald Monolithe von 80,000 Cubikfuss dort hoben, ha- ben dem Achmar eine Gestalt gegeben, die auf den ersten Blick an einen ausgebrannten Krater erinnert. Der Haldensturz mit seinen schwarzbraunen, glasartigen Sandsteinblöcken gleicht dem des Vesuvs und ist es zum Mindesten ebenso beschwerlich, über denselben zum Eand hinanzuklettern. Von da geht es in den ausgebrochenen Steinbruch hinab, den man, ohne die Phan- tasie sehr in Anspruch zu nehmen, einem Krater vergleichen mag.
Auf dem Wege von der Abbasseye bei Cairo zum Djebel Chascab, der mit zu den lohnendsten Excursionen von der Stadt aus gehört, lässt man die Schutthalden des Achmar rechts liegen und reitet in der Ebene, beiläufig auf der Grenze zwi- schen Eoeen und Miocen, eine Stunde lang gegen Osten. Eine enge Schlucht bildet hier den Eingang zu einer kleinen Oase, bestehend aus einer einsamen Sykomore und einigen mageren Pflanzen aus der Familie der Asclepias und des Ginsters. Die Quelle heisst natürlich auch „Ain Musa*^, wie es wohl überhaupt zwischen dem Nil und dem Sinai keinen Quell gibt, der nicht Mosis Namen trüge. An der linken Seite der Schlucht stehen gelbbraune, stark gesalzene Kalkmergel an, einige Fuss mäch- tig, aus denen man mit leichter Mühe Knochen und Schilder herausgrubelt. Man erkennt die starken Eippen von Cetaceen, ähnlich dem Halitherium^ unserer deutschen Molasse und Schil- der von Chelydra. Letztere hat sehr viel Aehnlichkeit, soweit ich nach den Bruchstücken urtheilen kann, die ich auf einer Ex- cursion zu mir steckte, mit Chelydra MurcMsoni v. Mey., die im schwäbischen Tertiär, z. B. in Steinheim, so schön ge- funden wird. Ueber diesem Mergelgebirge mit G}'psschnüren durchsetzt und von Fasersalz durchdrungen wird das Gebirge sandig und kieselig, roth gefärbt und beginnt der Horizont der verkieselten Holzstämme.
Seit den Zeiten der napoleonischen Expedition ist der „ver-
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steinerte Wald bei Cairo", wie man in Handbüchern und Keisebüchern die Locaiitcät des Djebel Chascab nennt, zu einem "Wunder Egyptens geworden , zu dem jeder Reisende pilgert. Von Cairo sind es 1^2 Stunden Kameelzeit; Dragomana, Frem- denführer und Eselsbuben dringen in jeden Reisenden, das "Wunder zu besehen, das je nachdem den Einen überrascht und höchlich befriedigt, den Andern aber enttäuscht. Hunderte von zerbrochenen Weinflaschen und zerrissenen Conservebüchsen, die zwischen den Kieselstämmen des versteinerten Waldes zer- streut liegen, zeugen jedenfalls von dem zahlreichen Zuspruch, den der Wald Seitens der Europäer gefunden, und der rück- sichtsvollen Fürsorge der Führer und Gastwirthe, ihre Gast- freunde keinen Mangel leiden zu lassen in der Wüste. Der Eindruck, den der Djebel Chascab auf mich machte, war der- selbe, den ein mitteldeutsches Braunkohlenflötz macht. Zahl- reiche gewaltige Stämme eines Balsambaumes liegen die Kreuz und die Quer im Sand, beziehungsweise in dem Liegenden des miocenen Sandsteingebirges. Nach Unger gehören die zahlrei- chen Proben, die ihm Reisende aller Art zur Untersuchung ge- bracht haben, nur Einer Art an, die er Nicolia egyptiaea*) nennt. Der anatomische Charakter dieses Holzes ist folgender: Jahresringe fehlen, das Holz aus Prosenchym- und Parenchym- zellen in mannigfaltiger Vertheilung, diese dick- und dünnwan- dig. Getüpfelte Gefässe zerstreut, mit Zellen erfüllt, einzeln oder zu mehreren vereint, kurzgliederig. Die Tüpfeln behoft,
*) Cf. Sitzungsb. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 33 , pag. 299. Obgleich auf den ersten Blick am Querbruch der Stämme eine concen- trisehe Streifung scheinbar Jahresringe der Hölzer erkennen lässt, so stellt sich bei den Schliffen doch heraus, dass diese scheinbaren Ringe nur Folge der Pressung sind, indem gequetschte und normalbeschaffene Holzschichten mit einander abwechseln. — Durch H. v. Heuglin erhielt Unger (Sitzungsbericht vom 12. Juli 1866) die vollständig gleiche Art fossilen Holzes aus Woro-Heimano unfern der Festung Magdala, etwas nördlich von Schoa und dem Wollo-Galla-Land aus einer Höhe von ungefähr 10,000 Fuss über dem Meer. Basalte, Pechsteine und heisse Quellen sind dort in der I^ähe.
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an allen Wänden gleich oder an den äussern Wänden ohne Höfe, Markstrahlen verlängert aus 1 — 4 nebeneinanderliegenden Reihen Parenchymzellen. Die Yergleichung mit lebenden Höl- zern zeigt, dass die Gefässe von Stercidea und Astrapaea-Arien ebenso gruppirt sind, und hält es Unger nicht für zu gewagt, das Holz der NicoUa als einer Büttneriacee oder Sterculiacee angehörig zu betrachten.
Diese Nicolienstämme liegen nun nicht etwa zu Duzenden oder gar zu Hunderten, sondern vielmehr in Wahrheit zu Tau- senden in der Wüste Chascab zu Tage. Wo der Sandstein verwitterte und im Laufe der Zeiten das Material für den Wü- stensand abgab, da witterten zugleich aus den Sandbänken, darin sie als in ihrem Flötze lagen, die verkieselten Stämme heraus und decken über 2 — 3 Meilen hin im „kleinen", noch weit mehr aber im „grossen" Chascab die Oberfläche. Die Touristen be- suchen nur den kleinen versteinerten Wald, der grosse liegt 7 Stunden östlich Cairo und beansprucht dessen Besuch eine starke Tagereise. Hier erst kann man im vollsten Sinne von einem „gefällten Walde" reden. In der Nähe des Bihr el Fach- meh liegt die Wüste in Wahrheit so voll Baumstämmen, dass ausser dem feinen Saud der Wüste kein anderer Stein mehr sichtbar ist als der Feuerstein, in welchen die Nicolien verwan- delt sind. Ich mass Stämme von 1 Meter Durchmesser au der Basis und 20 — 30 Meter Länge. Für Reisende, denen der An- blick von Kohlenflötzen unbekannt ist, sind das überraschende Thatsachen, über welche die abenteuerlichsten Phantasien schon niedergeschrieben worden sind. Der Geognost sieht darin nichts Anderes, als was ihm jede Kohlengrube aus der Miocenzeit bie- tet, mit dem einzigen Unterschied, dass sich unter den Wassern Deutschlands Kohlenstoff und Pflanzenfaser erhielt, während unter dem Einfluss des kieseligen Sandsteins im Mokattam die Holzfaser sich in Kieselsäure verwandelt. Die climatischen Ver- änderungen aber, welche seit der Zeit der Miocene mit den Nilländern vor sich gingen, sind offenbar keine andern, als die auch innerhalb Deutschlands sich bemerkbar machen, wo Bai-
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sampappeln und Cypressen vorherrsclieud das Material für die deutsche Braunkohle lieferten.
Ausserdem stimmt gar Manches, was wir im heimatlichen Tertiär zu sehen und zu finden gewohnt sind, so zum Beispiel die Aubohrung der alten Schichten am Ufer des miocenen Meers durch die Arbeit der Pholaden und ähnlicher Minirer. In Schwaben macht es uns, seit wir auf der grossen geognostischen Laudeskarte die Grenzen des Ulmer Tertiärs zum weissen Jura der Alb festzustellen bemüht sind, grosse Freude, in ganz be- stimmten Linien das alte Meeresufer eintragen zu können, in Linien, die sich aus dem Vorhandensein von Pholadenlöchern an den Felsen des Jura's ergeben. Wer solche besonders schön sehen will, der gehe z. B. nach Heldenfingen oder Altheim auf der Ulmer Alb ; am Rande der tertiären Ebene, die Ein grosses Kornfeld bildet, erheben sich an den genannten Orten in stei- lem Absturz die plumpen Felsenkalke des weissen Jura's. Auf der Seite gegen die Ebene sind sie gleich den Felsenklippen au dem Ufer der Meere über und über durchlöchert und durch- nagt, zum unwiderstehlichen Beweis, dass hier einst die Fluth- marke des miocenen Meeres gewesen und diese Felsen zwischen Ebbe und Fluth jenes Meeres gestanden. In den Löchern der Pholaden steckt Sand, Schlamm und theilweise die Schalen mi-
Eocene Bänke von Miocener Sand und Schutt.
Pholaden angebohrt.
Profil hinter den Kalifengräbem von Cairo.
ocener Muscheln. Die Schalen der bohrenden Muscheln selber sind dagegen meist verschwunden. Ganz die gleiche Geschichte vor den Thoren von Cairo. Geht man vom Bab el Nagr über
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1867. 2s u. 3s Heft. 20
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die Schutthügel des alten Cairo hin zu den altberühmten Grä- bern der Kalifen, diesen muselmännischen Heiligthümern im edelsten Saracenenstyl, so befindet man sich bereits mitten in der Sandwüste. Einige hundert Schritte hinter den Gräbern erhebt sich schwach ansteigend ein Sandsteinhügel, in dem man bald den Ursprung des Wüstensandes erkennt. Dasselbe Korn, die- selben gerollten durchsichtigen Quarze, dieselben farbigen Kiesel, und denselben feinen Staub erkennt man in der Schichte, die gelöst den AVüstensand und Wüstenstaub bilden. Kochsalz durchdringt die Schichten durch und durch, mit dessen Hilfe die Schichte an ihrer Oberfläche stets frisch zersetzt, von \9el- cher der Wind immer frischen Staub und Sand wegfegt und neuen Flugsand zu dem schon vorhandenen häuft. Dieses ge- salzene Sandgebirge kennzeichnet sich bald als miocenes Ge- birge durch seine Austern , Balanen und Schildigel und lagert an die Steilwände des Nummulitenkalkes in einer Weise an, dass dessen Felsriflfe als altes Ufer des miocenen Meeres sich erkennen lassen. Die ganze hora 9 zerklüftete Nummuliten- wand ist derart von Pholaden und Lithodomen zernagt und de- ren Hohlräume mit miocenem Sand angefüllt, dass in Wirklich- keit keine, auch nur handgrosse Platte frei bleibt', welche die Pholaden sich nicht zu ihren Wohnungen auserlesen hätten. Die Vergleichung dieser Pholadenlöcher mit denen Schwabens lässt keinen Unterschied bemerken; ich nehme daher keinen Anstand, sie geradezu Pholas riigosa Broc. zu nennen, wie wohl unsere schwäbische Bohrmuschel am richtigsten genannt wird. Die Löcher sind langgestreckt, birnförmig; die grössten messen 18 Centim. Länge und 3 — 4 Centim. Durchmesser; ge- wöhnlich beträgt der Durchmesser nur 1 — 2 Centim., ungefähr bei Fingerslänge. Von den Schalen der Bohrmuscheln ist auch hier nichts sichtbar, dagegen klebt hart am Nuramulitcnfels eine Trümmerschichte von Muschelschalen und Quarzsand, wie man heutzutage noch am Fasse von Felsenklippen die Trümmer von Meerthieren findet, welche die Brandung an der Klippe zer- schellte. Ostrea undata Of. und Pccten Dunkcri May. mit
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Baianusfetzen herrschen unter dem zertrümmerten Material bei weitem vor.
Auf der "Westseite des Nilthals wiederholt sich amFuss der alten Xummulitenfelsen der Sand, der Pholadenstrand. Der mioceue Sand bildet hier die lybische Wüste, wie im Osten von Cairo der arabische, und erstreckt sich hüben wie drüben weit- hin gegen Norden bis zum Mittelmeer. Südlich von dem uralten Pflasterweg, der von den Piuinen des alten Memphis schnurge- gerade auf die Cheopspyramide zuführt, schauen aus dem Wü- stensand milde, weissgelbe Kalkbänke; sie sind das Hangende der grossen Sphynx und bilden einen 12 M. mächtigen milden Baustein, der mit der Turitellenbank (pag. 292) abschliesst. Diese Bank, als oberstes Glied des Bergrückens ist gerade so wie die Bänke am Mokattam von Pholaden zernagt, mit Austern besetzt und mit Meersand und Quarzgeschieben belagert. Diess zieht sich auf der Route nach Saqara gegen eine Stunde weit nach Süden, immer dem Rande des Nilthals entlang. Allmäh- lich verflachen sich die Hügel und treten gegen Westen zurück, ausserordentlich weiche, abgerundete Formen bildend, aus denen nur da und dort ein grauer, vom Wüstensand glatt polirter eocener Kalkkopf hervorschaut. Der ganze Nilthalrand und die Hügel sind wieder jener jüngere Meersand, der sich stellenweise mit den schönsten Fossilen füllt. Denn hier liegen die berühmten „Clypeaster von Gyzeh," wie man sie längst in den euro- päischen Kabineten kennt. Kein Besucher der Pyramiden kann sich dieser Clypeaster erwehren, die von den fremdenführenden Beduinen fast jedem Reisenden gegen das unvermeidliche Bak- schich förmlich aufgedrungen werden. So kommt es, dass in fast keiner europäischen Petrefactensammlung die Clypeaster von Gyzeh fehlen, aber Niemand kannte die Localität oder die Art ihres Vorkommens: „angeblich," sagt Freiherr A. von Barnim, *) „brachten uns die Araber diese Petrefakten aus der lybischen Wüste. Alle unsere Versuche jedoch, die Fundstätte dieser
*) Reise des Freiherrn Ä. v. Barnim durch Nordost-Afrika. Berlin 1863. pag. 44.
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Organismen kennen zu lernen, welche von den Eingebornen einem strengen Monopolsystem unterworfen sind, waren vergeb- lich." Es lag mir begreiflich viel daran, einmal an Ort und Stelle das Vorkommen dieser prächtigen Echinodermen zu beobachten und gab ich mir alle Mühe, die sonst immer dienstfertigen Beduinen zu bestimmen, mich an den Platz zu führen, wo sie gefunden werden. „Wir bringen Dir hundert Stücke,'' war die Antwort, „aber Du kannst nicht in die "Wüste. Die Gefahr ist zu gross, und müssten wir büssen, wenn Du deinen Kopf verlörest". In der That musste ich bei zweimaligem Besuche der Pyramiden von der Erfüllung dieses sehnlichen Wunsches abstehen. Das drittemal endlich gelang es, 2 Monate nach den ersten vergeb- lichen Versuchen mit Hülfe des befreundeten Beduans , der indess in meinen Diensten über die sinaitische Halbinsel an den obern Nil mich begleitet hatte. Von der Sphinx aus gingen wir in rein südlicher Richtung 45 Minuten hart am Rande der Wüste im Nilthal hin. Gegen Westen lag nun ein flacher kaum 20 Meter hoher Hügel vor uns, an dessen Westrand die Schichten von den Wüstenstürmen frei gefegt waren und ihre ursprüng- lichen Lagen unter dem Sande sehen Hessen. Es war die Stelle : denn am ganzen Hügel ward schon von den Beduinen gewühlt und lagen die Trümmer der Fossile in unglaublicher Menge umher. Pecten und Austern sind noch zahlreicher vorhanden als die Clypeaster, um erstere kümmert sich aber der Beduine nicht, nur den Schildigel nimmt er mit. So viel nur immer möglich war, wurde natürlich beigesteckt und die besten und lehrreichsten Stücke ausgewählt; namentlich gehören die inneren Kalkstützen der Schale und die durch Verwitterung macerirten Porenstrassen und Tafeln mit zu dem Interessantesten, was an diesen Fossilen beobachtet werden kann.
Das Vorkommen des Geschlechts Clypeaster ist sehr be- zeichnend und wichtig. Durch das Mitvorkommen von Nummu- litenkalken, die als Geschiebe oder Riffe im Hügel stecken, darf man sich nicht beirren lassen. Beide sind durch lange Zeiträume von einander getrennt und Clypeaster eines der leitendsten Fossile des raiocenen Gebirges. Nach Bronns Lothäa bestimmte
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man die Art in Deutschland gewöhnlich als Cl. grandiflorus (crassKs Agass.), doch passt weder Beschreibung noch Abbil- dung ganz. Die Arten alle sehen auf den ersten Blick einan- der sehr ähnlich, doch weicht bei genauerer Betrachtung die Stellung der Eierlöcher und der Augen so bedeutend ab (cf. Dr. Philippi Paläontogr. I. T. 38 — 40), dass der Name C. egyptiacus, der in Frankreich üblich sein soll (eine Publication hierüber ist mir nicht bekannt), zur Bezeichnung dieser ebenso schönen als wichtigen Art gerechtfertigt erscheint.
Auf Taf. YI, Fig. 11 ist ein Schnitz aus unserem Seeigel abgezeichnet, und Fig. 12, a — c das wohlerhaltene Perisoma mit je 1 Paar Fühlergängen und Zwischenfühlergängen. In Schnitze wie Fig. 11 bricht die Schale am liebsten auseinander: in der Regel sieht man auch an demselben im Scheitel das Intergenitalloch (Fig. 12), durch das der Schnee heraustritt, dess- gleichen den Rand von 2 seitlichen Eierlöchern. Die einzelnen Tafeln, 33 vom Scheitel bis zum Rande, 12 vom Rand zur Mundöffnung sieht man kaum (Fig. 13), so sehr ist die ganze Oberfläche der Schale von Tuberkeln über und über bedeckt. Nach dem Abstehen des Thiers waren die Schalen länger oder kürzer einem Macerationsprocess ausgesetzt, ehe sie versteinerten. Dieser Process wirkte zunächst auf die Ränder der einzelnen Kalktafeln und griff die Platten am stärksten auf der breiten Fuge an , dann kam es an die schmale Fuge und ging der Process in eigenthümlichen Absätzen vor sich, die ohne Zweifel dem Process des Wachsthums analog sind. Bereits treten einzelne Gefässgänge von der Grösse der Porenlöcher zu Tage, je weiter die Maceration vorschreitet, um so zahlreicher beobachtet man sie, bis endlich die ganze Perisoma schichte abfault und das innere durchbrochene Kalkskelet sichtbar wird. Die Kalkschale zeigt überall den Blätterdurchgang des Kalkspats, die Axen der Rhomboeder stellen sich jedoch regellos , ohne eine bestimmte Lage zur Schalenoberfläche oder zum Scheitel des Thieres ein- zunehmen.
Auf Fig. 14 liess ich, um das System der Kalktafeln vom ßande des Igels bis zu dem Beginn der Fühlergänge zu zeigen?
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•eines der längst vor der Versteinerung macerirten Exemplare abbilden, das dem nicht macerirten Stücke in Fig. 1 1 entspricht, während die Seitenansicht von Fig. 11 in Fig. 13 einen Einblick in das innere Kalkgerüste des Thieres gewährt.
Nächst den Schildigeln ist es Pecten Dunkeri Myr. Azoren V, 29, der an unserem Fundplatz in der lybischen Wüste entschieden die gewöhnlichste Muschel ist, aber auch am Mo- kattam und GenefFe nicht fehlt. Er unterscheidet sich von dem lebenden P. vola Klein nur unbedeutend, wie solches Mayer ge- zeigt hat. Zwischenhinein liegt P. asperulus. Seltener, aber nicht zu verwechseln ist der noch lebende Pecten pleuronectes, den auch das "Wiener Becken enthält.
An Austern mangelt es ebenso wenig: meist grobgerippte Formen, die an Ostrea undata Gf. 78, 2 pag. 18 erinnern oder wohl mit dieser Art zusammenfallen.
Cytherea erycina Link, ist eine sehr charakteristische Muschel, von Becken in Wien und Bordeaux her wohl be- kannt. Ich fand sie an der Station 14 bei Suez im Sandstein.
Baianus sulcatus Lmk. füllt immer mit seinen Trümmern in der nächsten Nähe der eocenen Klippe die Sande und bildet noch wie einst ganze Krusten über die Kalke. Man findet ausser der Art des sulcatus wohl auch noch andere.
Ausserordentlich verbreitet ist S y u d o s m y a a p e 1 i n a Ren. Hörn. VIII, 4 pag. 78, eine kleine 10— 12Millim. lange Muschel, mit sehr dünnem Gehäuse, die am Ufer des Mittelmeers noch lebt, übrigens ebenso bekannt ist aus den neogenen Schichten von Rhodus, Sicilien, der Lombardei und dem Wiener Becken.
Westlich dem Dorfe Saqara, am Rande des Nilthals zur Wüste gehen einzelne Sandsteinbänke zu Tage, die von der kleinen Muschel förmlich erfüllt sind.
Unter den Gasteropoden begegnet mau im Sande überall den Steinkernen von zwei Strombus, einem mit Knoten versehenen und einem knotcnlosen. Die eine knotige Art ist Strombus coronatus Defr. Hörn. Taf. 17 Fig. 1, ein im Neogon der ganzen Mittelmeergegend häufiges Fossil, das im indischen Meere noch seine verwandte lobende Form erhalten hat. Höchst
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■wahrscheinlich ist Str. Bonelli Ergn. Hörn. 17, 2 damit zu vereinigen, der sich in der That nur durch den Mangel an Knoten von coronatus unterscheidet und durch Uebergänge sich durchführen lässt. Beide Formen sind am Rande des Nilthals und am Fusse des eocenen Felsen zwischen Gyzeh und Saqara sehr häufig. Gleichfalls nur Steinkern trifft man noch eine Cassis, die mit C. crumena Lam. so viele Aehnlichkeit hat, dass man bis auf weiteres sich des Namens wohl bedienen darf. Während sich am Rande des abgebrochenen Nummuliten- gebirges das miocene Ufergebilde angelagert hat, macht es sich im Norden des Gebirges breit und flach, alsTaggebirge am Isth- mus und als Unterlage der Jüngern Schichten in Unteregvpten. Die Aufschlüsse der Eisenbahn von Cairo nach Sues und die frisch aufgedeckten Profile am Suescanal sind hiefür massgebend, Auf der Station YIII schneidet die Bahn noch in die Krabben- bänke des untern Eocen ein, hart daneben aber sind schon Gyps- und Mergelbäuke. An der Station XIV ragen treppen- förmig die Nummulitenschichten aus miocenem Sand und Mergel, deren Alter durch Pecten und Clypeaster gekennzeichnet ist
Proül an der Station XIV zwischen Cairo und Sue«. Nummu'.itenbänke ragen treppenfijrmig aus miocenem Sand heraus.
Der Aufenthalt auf den Stationen ist zu kurz, um Yieles zu sammeln. Doch genügte das "Wenige und ein Besuch der ■Schichten an der Böschung, um sich davon zu überzeugen, dass dieselben Verhältnisse hier herrschen, wie an den Böschungen des Canals bis Ismaila, wo man viel bequemer und sicherer seine Beobachtungen machen kann. In Sues miethet man eine Barke und ein Kameel, was die französische Canalverwaltung auf&
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Bereitwilligste zur Verfügung stellt und wird nun im Kameei- schritt durch den Süsswassercanal*) gezogen. Ein Gefälle des-
*) Lange vor Christus schon unter den alten Pharaonen existirten Verbindungen zwischen Mittelmeer und rothem Meer (unter Sesostris 1400 V. Chr.), die Jahrhunderte lang benützt wurden, aber wieder zerfielen. Schildert doch Ilerodot den Canal, den Darius ausführen Hess (um 500 v. Chr.), in einer Genauigkeit, dass an dessen Existenz gar nicht zu zweifeln ist. Herodot befuhr ihn wohl selbst, denn er beschreibt die Fahrt als 4 Tage dauernd und den Canal als einen vom Nil gespeisten, der zuerst gegen Osten am Fuss des Gebirges über Bubastis führe und dann nach Süden abbiege. Wann dieser Darius- canal unbrauchbar und wieder verlassen wurde, weiss man nicht; sicher ist, dass Ptolemäus Philadelphus um 250 v. Chr. zur Zeit des neuaufblühenden Egypterreichs, eine ganz neue Canalanlase durchführte, welche nahezu den^elbenWeg einschlug als der gegenwärtig in Arbeit stehende Canal des H. v. Lesseps. Zu den Zeiten der Rümerherrschaft wurde er noch benützt, zerfiel aber später, gleich den meisten alten Kunstwerken, und geschah unter muselmännischer Regentschaft selbst- verständlich nichts, jene alten Bauten zu erneuern. 1799 war Napo- leon wieder der Erste, der den alten Plan aufgriff und den Ingenieur Lepere mit den Nivellements beauftragte. Dieser fand das eigenthüm- liche Resultat, dass der Spiegel des rothen Meers 30' •> Par. Fuss höher stehe als der des Mittelmeers, zweifelte aber selber die Richtigkeit des Resultats an, da die Arbeiten im Drange der Zeit und unter zahl- losen Beunruhigungen durch feindliche Araberstämme gemacht worden, und es wurde, wie bekannt, im Drange der Napoleonischen Sturm- periode das Friedenswerk des Suescanals auch gänzlich vergessen und verschoben. Erst den 40er und 50er Jahren war es vorbehalten, die richtigen Vorarbeiten für dieses Werk zu trefl'en und zunächst richtig zu nivelliren. Fünf Nivellements, von Engländern und Franzosen ausgeführt, weichen nur um 94 Centim. von einander ab und ergaben einen fast unmerklichen Unterschied des mittleren Wasserstandes bei- der Meere von nicht ganz 4 Par. Fuss. — Im Jahr 1859 wurden nach jahrelangen Verhandlungen der sog. internationalen Commission mit der egyptischen Regierung die Arbeiten begonnen, welche zuuäclist dar- auf gerichtet sein musstefi, die jeglichen Süsswasscrs entbehrende Landenge mit solchem zu versehen. Musste doch die Stadt Sues durch tägliche Wasserzüge von Cairo aus ihren Lebensbedarf beziehen und beliefen sich die Auggaben der Compagnie einzig nur für die Beifuhr von Trinkwasser für <lie Arbeiter bei el Guisr während 6 Monaten auf 600,000 Fr. Die Compagnie kaufte sich zunächst um 2 Mill. Fr. in
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Wassers beobachtet man nicht, so unbedeutend ist es (1 Millim. von Timsah zur Suesschleusse), der Canal ist am Wasserspiegel 12,5 Meter breit, in der Tiefe 7,7 Meter, die Höhe der Bö- schung 1 — 2 Meter, (der tiefste Einschnitt am ganzen Canal überhaupt 10 M. bei der Schwelle von el Guisr.) Das Kameel zieht in 13 Minuten per Kilo die Barke, so dass man gehörig Zeit hat, aufmerksam die Aufschlüsse zu beobachten, auszu- steigen , wenn man will und streckenweise auf dem Leitpfad neben dem Canal zu Fusse zu gehen. Von Sues an, wo zum Behuf des grossen Schleussenbaus auflO Meter Tiefe der Grund und Boden ausgehoben wurde , bis zum Kilometerstein Ko. 65 treten lediglich nur grünlichgraue und graue Gypsmergel mit Gypsschnüren durchzogen an den Tag. Die Schnüre erreichen
dem Ras el Wadi, dem alten Lande Gosen au, anschliessend an den östlichsten Punct, bis zu welchem die Süsswasser des Nils »eführt waren. Durch dieses Wadi wurde anfänglich ein von Zagazig aus- gehender Canal bis zu dem brackischen Timsahsee geführt und im Laufe des Januars und Februars 1865 zur Verstärkung des Canal- wassers ein neuer Canal von Cairo bis ins Wadi gegraben. Nach nun- mehr fünfjähriger Arbeit ist der seither wasserlose, unbewohnte Isth- mus reichlich mit Süsswasser versorgt, das von Cairo und Zagazig aus in einem natürlichen Gefäll von 1 Millim. auf 1 Meter bis Timsah läuft und von da aus als von einer künstlichen "Wasserscheide nach Norden bis Port Said, nach Süden bis Sues geführt wird. Am Timsahsee erstund bereits Ismaila, eine ansehnliche Franzosenstadt von 3000 Einwohnern , mit Cafifeehäusern , Arena und Theater, längs der Canäle durchs Wadi sind nur bis Ismaila 60,000 Morgen Landes meist mit Baumwolle angepflanzt und sollen dem ganzen Canal entlang über 100,000 Morgen, vor Kurzem noch "Wüste, in Culturland übergeführt werden können. Jedenfalls war der 29. Dec. 1863 ein rührendes Freuden- und Friedensfest, als in Sues zum erstenmal die Schleuse geöfihet wurde und der Nil sein "Wasser ins rothe Meer ergoss. Von weiter Ferne her kamen die "Wüstenbewohner mit ihren Kameelen und schwelgten im heiligen "Wasser. Sie küs^sten dem Franken Knie und Hände, denn „Ihr seid Söhne Ahahs, Ihr seid unsere Brüder". Man darf wahrlich die hohe Bedeutung des nunmehr vollendeten Süss- wassercanals nicht unterschätzen, als wahren Segen für den Isthmus, als eine der glänzendsten Eroberungen Frankreichs in der egyptischen "Wüste. (Siehe hiezu den Holzschnitt pag. 256.)
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theilweise eine Stärke von 0,06 Meter, deutliche Klüfte im Ge- stein, die sich von den Seiten her mit plattigera Fasergyps ge- füllt haben. Das Einemal bricht der Gyps recht winklich zu dem Blätterbruche P. Selbst handdicke Stücke sind noch durchsichtig und scheint der Faserbruch T, der hier ganz ent- schieden den Fasergyps gebildet hat, durch den Blätterbruch durch. Endlich schneidet der nmschlige Bruch bei jedem Schlag den Faserbruoh durch. Theilweise nimmt der Faserbruch einen weissen Seideglanz an, der sich in die gelbbraune transparente Perlmutterfläche aushebt. Das andere Mal lauft der Blätterbruch parallel mit dem Gang oder haben sich eine Reihe einzelner wasserklarer Krystallindividuen zu Einem ganzen Agglomerat zusammengemacht, wobei auch noch einzelne Thonstücke und Schlammpartikel zugleich mit dem Krystall umschlossen und mit- einander zur Bildung eines andern umfassenden Krystalls mit- gerissen wurden. Bei Kilo 65, dem Lagerplatz Chalouf, kommt der erste und einzige Wechsel der Schichte, ein Kalkfels durch Eisenerde roth und braun gefärbt. Nach oben weich und zer- reiblich, ist er bereits in Eisenocker übergegangen, in der Tiefe aber sehr hart und den Ingenieuren höchst unbequem. Ich sah diese Bank nur am Süsswassercanal , am grossen Canal ward zur Zeit meines Besuches noch nicht gearbeitet, doch verdanke ich die genauesten Beobachtungen hierüber meinem verehrten Freunde und eifrigen Geologen, Herrn Dr. Heil, der im Mai 18G6, als die Cholera unter den Arbeitern ausbrach, als Arzt den Isthmus bereiste und bei seineu geognostischen Aufnahmen jede Unterstützung der Ingenieure genoss. Gerade damals wurden die Gypsthone mit der überlagernden Kalkbank in einer Tiefe von 11,37 und einer Breite von 60 Meter ausgehoben. Die Kalkbank erreicht eine Dicke von 2,25 Meter, keilt aber nach oben bis zu 0,88 aus. Im Liegenden der Bank findet sich ein Lager von Haifischzähnen (Carcharodon megalodon Ag.) ; dieselben, die aufSicilien und auf Malta so reichlich vorkommen und dort dem Miocen angehören , während im Hängenden Pho- laden, Crocodilzähne und ausgezeichnete Reste grosser Wasser- säugethiere sich finden. Beim Abbau dieser Kalkbank, der ein-
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Böschung am Suescanal bei Chalouf. g Gypsletten, c miocene Kalkbänke gesalzen , P Pholadenbobrungen mit Haifischzähnen, Pecten und Austern, S Sand
zigen festen Schichte am ganzen Canal, machte man eigenthüm- liche Erfahrungen. Die Kalkbauk lagert auf den undurchlassen- den gypsführenden Thonen,
die man nur anzufühlen -^^y.rr^=^=^»^ — ^^-y-^^^^s:::^ — %^-^'-^r^i^üs braucht, um sich von ihrem hygroscopischen Charakter zu überzeugen. Da man sich in dieser Gegend schon unter dem Spiegel des rothen Meeres befindet und der Thon eine wassergesättigte, undurchlassende Schichte bildet, so erklärte sich da- durch leicht die Beobachtung, beim Anbruch der Kalkbank Seewasser von doppeltem Salzgehalt hervorbrechen zu sehen, welches so mächtig quillt, dass es durch Pumpen entfernt werden muss und in den alten Pharaonencanal abgeleitet wird.
Die Kalkbank ist ein zu Tage leicht verwitternder, von Salz und Gyps durchdrungener Kalkfels, der sich als die reinste Meeresbildung kundgibt, denn abgesehen von den in seinem Liegenden so häufig beobachteten Zähnen und Wirbeln von Car- charadon finden sich in ihm selbst zahlreiche Schalen von ßi- valven und Bryozoenresten, die bei seiner raschen Verwitterung zu Tage aus ihm herausfallen. Ich nenne unter den Zwei- schalern:
Pecten scabrellus Gf. (Taf. 95, Fig. 5), ohne jedoch von der Identität der Art ganz überzeugt zu sein, und compo- situs Gf. Tab. 97, Fig. 3, der besser stimmt. Die Valven einer kleinen nur 12 — 13 Millira. grossen Art, welche am häufigsten auswittern, rechne ich zu P. asperulus Mst. Gf. 95, 8, der sehr gut stimmt, und endlich eine fast glatte, nur ganz schwach gerippte Art P. semicostatus Gf. Tab. 98 Fig. 7, die zuerst in Bünde beobachtet wurde.
Mytilus socialis A. Braun. (Fdb. Tab. 30 Fig. 6) und Ostrea cyathula Lam. weisen mit dem übrigen Vorkommen auf miocenes Tertiär hin.
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Pecten Dunker i. May. findet sich hier ebenso, wie bei Saqära (pag. 310), nur etwas kleiner.
Dazu kommen noch prachtvolle Bryozoen, wie Reptescha- ripora, Escharipora, Corymbosa und andere, über die ich wegen mangelnder Kenntniss der Arten und unzureichenden wissenschaft- lichen Hilfsmitteln nichts Näheres zu sagen im Stande bin.
Zunächst über der Kalkbank folgt loser Sand. Eine dünne Schichte reich an Schalentrümmern von bohrenden Conchylien und an Crocodilzähnen ist zugleich das Lager von Knochen und Zähnen grosser Quadrupeden, Cetaceen und Haifische.
Bezeichnend vor Allem ist: Hippopotamus. Herr Dr. Eeil hatte die Gefälligkeit , mir nicht bloss genaue Zeichnungen von 2 bei Chalouf gefundenen Unterkiefern, sondern auch einen letzten unteren Backenzahn zu übersenden. Von dem rechten Unterkiefer eines ausgewachsenen Individuums sind ausser dem 5 Centim. dicken Schneidezahn noch 4 Backenzähne vorhanden. Die Höhe des Kiefers am ersten Zahn gemessen beträgt 13 Ctm., die andere Zeichnung stellt das hintere Kieferstück eines jungen Individuums dar, bei dem der hinterste Zahn noch in der Al- veole versteckt ist, ebendahin gehört auch der Zahn selber, den ich in Händen habe. Ich kann zwischen demselben und den Zähnen lebender Nilpferde, H. amphihius L,, die wir hier in unsern Sammlungen besitzen, keinen Unterschied finden. Im Uebrigen fehlt es mir an Material zur Vergleichung mit den Hippopotamuszähnen von Palermo, welche man in 2 Arten //. PenÜandi und major C. trennt.
Dr. Schweinfurt sah (Gl. VI, 2) bei den Ausgrabungen zu el Guisr das Schädelfragment eines Phacochaerus. Dieses Vorkommen würde ganz gut zu dem des Hippopotamus passen und uns in jenes Clima der Mitteltertiärzeit versetzen, da diese plumpen, hässlichen Dickhäuter nicht blos bis in den Norden Afrika's, sondern weiterhin über einen grossen Theil von Europa verbreitet waren.
Endlich erhielt ich theils in Zeichnungen, theils in Natur Rippen und Wirbel von Halianassa v. M. Die Reste dieses
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Dugongs sehen den Vorkommnissen von Flonheim und Wein- heim ausserordentlich ähnlich, die man H. Schinzü genannt hat. Diese junge Tertiärbildung erstreckt sich am Fusse des alten eocenen Gebirges über den ganzen Isthmus hin. Aus ihm erst ragt das ältere Tertiär hervor. Kommt man vom Mittel- meer her auf dem Canal, so ist der Djebel GeneflPe das erste ältere Gebirge — !N'ummulitengebirge — dessen Schichtencom- plex von gegen 150 M. in Stunde 8 streicht und in Stunde 12 gegen Süden einfällt, so dass der Berg seine Stirne mit dem Steilab- fall gegen ^Norden streckt. Südlich vom GenefFe folgt unter denselben Verhältnissen h. 7 streichend der Djebel Awebet an der Station Nro. 14 und als dritter höchster Zug das Mokattam- gebirge, wie man den ganzen Höhenzug, der von Cairo in süd- östlicher Richtung sich nach Sues zieht, zu nennen pflegt. Der- selbe gipfelt im Atäquah in einer Höhe von nahezu 1000 M. ü. d. M. So haben wir 3 hinter einander gelegene Treppen, in denen das hohe Gebirge, das Nil und rothes Meer von einander trennt, gegen Niederegypten abfällt. Sämmltliche 3 Treppen sind älteres, eocenes Tertiär; was zwischen den Treppen liegt, ist junges Tertiär , was die geologische Action der Treppenbil- dung und wahrscheinlich des Anfangs der Bildung des damals erweiterten Mittelmeers in die Zeit nach der Eocene verlegt.
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IV. Jüngere Meeresbilclungen.
Das Tlior, durch welches ein Europäer gegenwärtig Egypteo betritt, ist Alexandria. Die Excursionen, die ein Geoguost von hier aus machen kann, führen allein nur an die Meeres- küste. Denn im Binnenland hören Schichten und Steine auf und haben die Alluvionen des Nils ältere Schichtenglieder zu- gedeckt. Wo aber die starke Brandung, die donnernd an den Felsenklippen der flachen Küste sich bricht, am Ufer nagt, da tritt auch die Unterlage des Bodens von Alexandria zu Tage, die in den Steinbrüchen von Mex eine Mächtigkeit von 10 Me- tern gewinnt. Das erste volle Interesse des Fremden nimmt wohl der Schutt des alten Alexandriens in Anspruch, der berge- hoch an der Küste aufgehäuft ist. Derselbe entstammt mitunter der ältesten Zeit der egyptischen Reiche, nächstens der Geologie- verfallen und bildet wahre Alterthumssammlungen von Baustei- nen und Ornamenten, welche die Meereswelle dem Besucher zurichtet. Alle mineralogischen Herrlichkeiten des alten Egyp- tens, die der grosse Alexander einst aus den Nilländern ebenso wie aus Griechenland und Asien zum Euhme seiner Stadt her- beischaffen liess, liegen jetzt zertrümmert in den 40 Fuss mäch- tigen Schuttbergen, an denen die Welle täglich leckt. Man kann sich halbe Tage lang mit immer neuem Interesse am Strande herumtreiben und kann nicht ohne Rührung die Trüm- mer anschauen, die von der Welle bespritzt sich immer frisch glänzend in den bleichen Meeressand ausheben. Hier liegt eine 5 Meter lange corinthische Säule mit noch prachtvoll erhaltenem Capital, auf die jedes Palais in Europa stolz wäre, dort die Scherben einer Porphyrschale von Antico rosso, die in ihren Scherben noch Bewunderung erregt. Die Syenite und Granite von den Nilcataracten , die Diorite und Melaphyre des Savko- phagensteins , die prachtvollsten Porphyre von Tiefroth, Ziogcl- roth und Fleischfarbe, oder die dunkelgrünen Porpliyre mit den weissen Feldspatcrystallen , Alles, was der Mons porphyrites und die sinaitische Halbinsel an Schraucksteincn aufzubieten
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hatte — alle sind hier dem Geognosten ausgewaschen mitsammt den farbigen Marmoren aus der ganzen alten Welt. Die Mar- more von Faros und Naxos erkennt man ebenso noch in ihren zerschlagenen Säulen, als die grünen und weissen Marmorplatten von Lacedämon. Sogenannter Wurstmarmor und Puddingstein, durchscheinende arragonitische Kalke und Alabasters, alle ver- künden die vergangene Pracht und Herrlichkeit, die hier im Staube ruht. Dazyvischen findet wohl auch ein scharfes Auge kleinere Kunstgegenstände von Metall, Münzen u. dgl. Doch gibt es für derlei Dinge Liebhaber genug und werden sie dess- halb eifrigst von Alt und Jung, von Weissen und Farbigen ge- sammelt. Die Steine aber lässt diese Sorte von Sammlern lie- gen und findet ein geognostischer Liebhaber hier eine Auswahl, wie vielleicht an keinem andern Puncto der Welt. Eine Stunde lang zieht sich östlich vom alten Hafen das Schuttfeld des alten Alexandriens hin und sieht man hier weit und breit keine an- dern als fremde, von Menschenhand aus aller Welt herbeige- führte Steine.
Der eigentliche Boden und Untergrund Alexandriens ist ein junger Küstensandstein. Um ihn zu studiren, geht man am besten am neuen Hafen vorbei über den Canal und die arabische Vorstadt nach den Steinbrüchen von Mex. Diese Steinbrüche heissen sonst auch die Catacomben von Alexandria oder noch hochtönender die Bäder der Cleopatra. Der Stein, der hier neuerdings stark ausgebeutet wird, nicht nur für zahl- reiche Neubauten von Alexandria, sondern hauptsächlich von der Suescanal-Compagnie für die Hafenbauten von Port-Said, ist ein bald feiner, bald gröberer Kalksandstein, der im Grunde nur aus dem Detritus von Conchylienschalen besteht und zum kleineren Theile aus feinem, farblosen Quarzsand. Gegenwärtig bricht man unter der Leitung französischer Ingenieure die vor Alters schon für Zwecke der Todtenbestattung durchwühlten Felsen vollends aus und legt damit die alten Gänge, Hallen und Grabnischen blos. Der feinere Muschelsandstein gehört zu den oberen Schichten, regelmässige Bänke bildend von einigen Fuss Mächtigkeit. Er macht keinen andern Eindruck als den
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eines festgewordenen Dünensandes und besteht fast nur aus reinem Kalksand, der unter der Loupe wie fein zerstossene Muschelschalen aussieht. In Salzsäure löst er sich fast ganz auf und bleiben im Rückstand nur einige Körner farblosen Quarzes. Was mich am meisten an diesem Sande überraschte, waren zahlreiche kleine Helix candidula Stud.*), welche den- selben füllten und ihm das deutliche Gepräge einer zwischen dem Einfluss des Festlandes und des Wassers, getheilten Bildung geben. Die gröberen tieferen Bänke bestehen gleichfalls aus zertrümmertem Muschelwerk, in einer Weise, dass an der Struc- tur der Schalen sich theilweise noch die Gattung der Cardien, Pecten, Patella, Natica u. s. w. erkennen lässt. Heliceen beob- achtete ich in diesen unteren Lagen nicht. Ganz in Ueberein- stimmung mit diesem Küstenkalk ist der heutige Meeressand von Alexandria. Er ist unter der Loupe das Gleiche, was jener ist und ist auch in seinem chemischen Verhalten eigentlich nicht verschieden**) von dem des Muschelsandsteins, wie folgende Analyse von Kalkstein von Mex und von Dünensand östlich der Steinbrüche von Mex zeigte
Kalkstein Dünensand
Kohlensaurer Kalk 95,827
Kohlensaure Bittererde ....
Schwefelsaurer Kalk
Kieselerde und Eisenoxyd . . . Unlöslicher Rest (Kiesel und Thon)
99,368 99,805 Der Ursprung des Dünensandes aus dem dermaligen Küsten- kalk scheint mir unwiderleglich zu sein, um so so mehr als die genauesten Untersuchungen der französischen und englischen Techniker an der ganzen Nordküste Egyptens den innigsten Zusammenhang zwischen dem Dünensand und dem anstehenden
95,827 |
90,570 |
1,300 |
3,948 |
0,070 |
0,430 |
0,980 |
1,057 |
1,191 |
3,800 |
*) Es ist diese Schnecke die gleiche, die in Europa noch lebt und 2. B. im Lehm von Cannstatt vielfach sich findet.
**) Cf. rapport de M. John Havrksliaw sur les travaux du cmial de Sues Alex 18G3. pag. XV.
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Küstengestein dargethan haben. Der Küsteukalk von Alexandria zieht sich nur bis zum Westende der Bai von Abukir hin. In der Bai selbst ist er verschwunden undi^bei Raschid, der sog. Rosettemündung, weist die Analyse des Dünensandes auf
Kohlensaurer Kalk . . . 0,405
Kohlensaure Bittererde . 0,107
Kieselerde und Eisenoxyd 1,130
Unlöslicher Rest .... 97,958
99,600
In ähnlicher Zusammensetzung ist der Sand von Damiette, der 94,607, und der von Port Said, der 96,680 unlösliche Be- standtheile enthält, stets entsprechend dem anstehenden Küsten- gestein.
Der Uferstreifen, der sich von den Steinbrüchen bei Mex in nordöstlicher Richtung bis zum Fort Abukir hinzieht, ist im Gebiet des ganzen Deltas der einzige Kalkfels, der seinen Ursprung einer Zeit verdankt, in welcher noch Helix candidula, eine in- dessen längst nach Norden gewanderte Schnecke, sich auf der afrikanischen Düne wohl fühlte. Von einer jüngeren Bildung, oder wie man vielfach lesen kann, von einer noch heute fortgesetzten Landbildung am Ufer Egyptens ist entfernt keine Rede und ebenso unbegründet ist es, wenn man die Küste Alexandria's in irgend eine, ob auch längst ver- gangene Verbindung mit dem Nil bringen will. Von einer neuen Landbildung in Unteregypten ist überhaupt längst keine Spur mehr zu sehen, und modificirten sich meine Begriffe von der Nildelta- bildung auf Grund der Aufnahmen und Beobachtungen europäischer Ingenieure sehr wesentlich. Die Techniker fanden namentlich um Alexandria keine andere als eine das Land erodirende und allmählich verschlingende Wii'kung des Meers, Von Ramleh bis Mex, d. h. eben etwa auf dem Gebiete, das einst die alte Welt- stadt mit ihren Bauten bedeckte, greift die Brandung die Felsen- unterlage des Bodens in einer Weise an, dass z. B. die alten Gräber, welche in den Fels gehauen waren, zum grössern Theil schon versehwunden und die Trümmer der Stadt mit ins Meer
Württemb. naturw. Jahreshefte. 18G7. 2s n. 3s Heft. 2l
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hinein geführt sind. Der Grund hiefür ist unschwer zu erkennen, sobald man nur ein wenig aufmerksam zur Ebbezeit den Strand begeht: bekanntlich ha^ Alexandria einen alten und einen neuen Hafen: der alte ist heutzutage absolut unbrauchbar, die licht- grüne See und die schäumende Welle künden die allgemeine Untiefe an und an ganzen Zügen von Riffen bricht sich allent- halben die tosende Brandung. Wo der alte Hafendamm sich ans Ufer anschliesst und die halbverfallenen arabischen Forts geisterhaft aus der See hervorragen, wo die Welle alle 15 — 20 Secunden das Ufer peitscht, da liegen Gallerien von Backstein- bauten, cementirte Estriche, gepflasterte Wege blos, die bereits mehr oder minder alle unter dem Meeresspiegel der Ebbe- zeit liegen. Dazu — wie oben gesagt, das Meer, das in die alten Grabgänge eindringt, die Schwierigkeit der Einfahrt aller Schiffe auch in den neuen Hafen und namentlich auch der brackische Mareotis,*) der trotz aller Mühe Mehämmed-Ali's nicht mehr trocken gelegt werden kann — Alles das lehrt un- widersprechlich, dass wir mit einer sinkenden Meeresküste zu thun haben.
Diess ist eine Thatsache, die an sich mehr als alle andern Umstsände das Gelingen des Isthmusdurchstiches in sichere Aussicht stellt und alle die von neidischen Interessenten ausge- streuten Fabeln von Versandung der Canäle und von Ver- stopfung der Nilmündungen durch Nilschutt u. s. w. zu Schanden macht. Dergleichen Dinge wurden noch vor wenigen Jahren allgemein geglaubt und als Grund gegen die mögliche Ausfüh- rung des Canals geltend gemacht; wer je an Ort und Stelle sich von dem wirklichen Sachverhalt überzeugt hat, dem kommen derartige Gedanken gar nimmer in den Sinn. Was der Nil schliesslich noch ins Meer führt, nachdem er vorher auf 100
*) Die Franzosen trafen bei ihrer Landung den Marcotis ausge- trocknet, bis auf wenige Süsswassertümiicl. Seit die Engländer im April 1807 unter Sir Ralph Abcrcrombic die Landzunge zwischen dt-r See und dem Mareotis durchstachen, um die Franzosen des süssen Wassers zu berauben, ist er nie wieder gctrofknet.
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Meilen langem Lauf von seinem Bette abgeleitet und in mehr als tausend Canälen angezapft und angesaugt worden ist, ver- schwindet fast vollständig als geologisches Moment. Bei Cairo steigt der Nil noch zur Zeit seines höchsten Wasserstandes um 8 Meter, bei Damiette und Rosette beträgt das Steigen nur 1 Meter. Der grössere Theil des Wassers, das durch die zahl- losen Canäle die Culturfelder Niederegyptens befeuchtet, ver- dunstet oder verlauft in die seichten Lagunen des Menzaleh, Burlos, Edku und Mariut. Ein Gefäll des Wassers ist kaum noch zu beobachten. Yon Geschieben ist ohnehin keine Rede, da das Wasser nicht Einen Stein mehr wälzt und bei seinem trägen Lauf durch das untere Delta mehr und mehr sich klärt. Von irgend einem Einfluss der Nilabsätze auf den Ufergrund des Meers fanden die untersuchenden Ingenieure der Suescanalcom- pagnie auch nicht die Spur. Der französische Ingenieur Mougel- Bey, der namentlich im Jahr 1860 und 61 im Auftrage des Vicekönigs die Nilmündungen aufgenommen und gerade mit Rücksicht auf ihre Absätze am Ufer studirt hat, weist überzeu- gend nach, wie ausser dem feinsten Thonschlick und dem zar- testen Sande die Nilarme Nichts mit zum Meere bringen und dass der englische Capitän Spratt entschieden im Unrecht sei, wenn er z. B. zahlreiche kleinere Kunstproducte und die Scherben von Töpfergeschirr, mit denen die Welle am ganzen Ufer von Niederegypten spielt, auf den Nil zurückführen will. Die meisten Scherben und fremdartige Steintrümmer fand man gerade da, wo niemalen der Nil gemündet, zwischen dem Thurm der Araber und Abukir, weit weniger trifft man an der Mün- dung der Nilarme selber und erklärt sich das Vorhandensein der Scherben vielmehr aus den in alten und neuen Zeiten unterge- gangenen Ortschaften und der vieltausendjährigen Sitte, Ufer- strassen zu gehen, auf denen natürlich das Trinkwasser mitge- führt wurde. (Hat doch heute noch wie zu den Zeiten der Pharaonen jeder Reisende seine Gullah [Wasserflasche] bei sich.) Somit werden derartige Erscheinungen gewiss richtiger Weise auf die einfachste und ebendamit natürlichste Weise zurückge-
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führt, dass diese menschlichen Spuren, namentlich Geschirr und Töpferreste einfach im Lauf der Jahrtausende vom Ufer aus ins Meer gericthen, ohne dabei die Hülfe des Nils in Anspruch zu nehmen.
Die Ingenieure finden, meist zu ihrem grossen Leidwesen, als Untergrund unter dem egyptischen Culturbodcn einen losen, schwimmenden Meersand, über den sich erst der zarte Mlschlick ausgebreitet hat. Keinem aber derselben kommt es in den Sinn, die Sande in der Bai von Pelusium und die Barren von Port- Said irgendwie mit dem Nil in Verbindung zu bringen. Viel- mehr wascht das Meer von den alten miocenen Dünen, als der Unterlage des egyptischen Grund und Bodens den Quarzsand aus, wo die Düne aus Quarzsand besteht, oder aber den Kalk- sand, wo sie wie zu Alexandria durch diesen gebildet ist und verschlingt so von dem sinkenden Strande, was ihm nach den Gesetzen der Physik geboten wird.
Solche Bildungen des gegenwärtigen Meeres kann man von Sues an längs der ganzen Küste des rothen Meers bis zur Breite von Assuan verfolgen. Wo auch unsere Barke das Land gewann und Steine am Ufer ihr Zeugniss ablegten, hatte man nur entweder altes crystalliuisches Gebirge unter den Händen oder modernen Meeressandstein und Riffkalke. Gleich die Bucht von Sues wird, ehe das miocene Isthmus-Gestein anfängt und sich bis zum Durchstich von el Guisr an den Fuss der eocenen Felsen lagert, von einem jüngsten Tertiär, sogen, modernen Meeressandstein, begränzt, dessen Felsen 10 — 12 Fuss über der Fluthmarke liegen. Im Norden der Suesbucht , bei der Einmündung des maritimen Canals bricht man zur Ebbezeit einen zur Fluthzeit unter Wasser gelegten harten Felsen aus, der aus Rollstücken und Meermu- scheln zusammengesetzt ist. Die Arten der Muscheln, die ich beobachtete, werden heute noch von der Fluth an den Strand geworfen und gehören zu der jetzigen Fauna des rothen Meeres, Weiter leckt die Welle am Ufer eine Wand von 10 Fuss Höhe blos, die aus dem feinsten gelben Sand besteht, ofienbar einem alten Flugsand, und von einer Lage Muschelschalen und Gyps- crystallen bedeckt ist, die zum Theil zu einer Art Brcccie zu-
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sammeugebacken sind und vielfach an gleichartige Dinge unseres oberschwäbischen Tertiärs erinnern. Gebleichte Muschelschalen, Gypscrystalle und Salz sind rings um Sues und weithin auf dem Isthmus der Grund und Boden der Gegend. Einen trostloseren Anblick von einer Erdoberfläche kann sich kaum Jemand denken. Von einer Vegetation ist überhaupt gar keine Spur, selbst die hartstengligen Wüstengräser oder die stachligen und klebrigen Wüstenkräuter können in dem gesalzenen Gypsboden nicht exi- stiren, der unter dem Fusse kracht und mit dem Perlmutter- bruch seiner Gypscrystalle im Sonnenglanz spiegelt.
Mitten in dieser öden Wüste, die ein Europäer, wenn es nicht so heiss wäre, am liebsten einer eisigen Winterlandschaft ver- gleichen möchte, erhebt sich ein grüner Fleck, der einzige auf eine Entfernung von Tagereisen hin, Ain Musa mit seinen merkwürdigen Quellen. Früher war Ain Musa eine der wich- tigsten Wasserstationen der Karawanen, die von Egypten nach Arabien zogen, jetzt — da der Süsswassercanal des Hrn. v. Lesseps das viel bessere Mlwasser nach Sues bringt, hat Ain Musa diesen seinen geographischen Werth ganz verloren, in nichts aber an seinem geologischen Interesse eingebüsst, das die Quellen dem Forscher bieten. Diese Quellen kommen nehmlich auf der Spitze isolirter 4 — 5 Meter hoher kegelförmiger Hügel zum Vorschein*) und ist eine beträchtlich Anzahl derselben auf dem Eaume einer halben englischen Quadratmeile vereinigt. Die Quellen gaben zur Cultivirung des umliegenden Bodens Anlass und sind gegenwärtig auf einem Eaum von einigen Morgen Gärten angelegt und Landsitze wohlhabender Europäer errichtet. Die Temperatur und Beschaffenheit dieser Quellen ist verschie- den, erstere varirt zwischen 17 und 23*^ R. , letztere zwischen einem kaum merklich gesalzenen Trinkwasser und einem unge- niessbaren Bitterwasser. Die Quellen selber brechen innerhalb der Gärten, wo die Cultur die natürlichen Hügel geebnet hat, aus trichterförmigen Bassins, innerhalb deren das Wasser in
>=) Petermaniis Mittheilung, 1861. Taf. 14.
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zahlreichen Einzelquellen wie durch Mauslöcher aufquillt und jedes Loch, das man mit dem Stock in den weichen Boden sticht, wird zum neuen Quellrohr. Doch lassen sich die natür- lichen Verhältnisse besser als innerhalb der Gärten ausserhalb des Opuntia-Haages in der Wüste erkennen. Tausend Schritte östlich von der Oase steht eine einsame Palme am Fussc eines
Quell bei der Oase Ain Musa in der Sueswüste. Nach einer Zeichnung von Max Eyth.
5 Meter über die Ebene aufsteigenden Hügels : auf dessen Spitze steht eine Wasserlache von 1,3 M. Durchmesser und 0,5 M. Tiefe. Das Wasser ist ungeniessbar gesalzen und bitter, sowie 17 " R. warm, ein dintenschwarzor Schlamm deckt den Boden. Der Ab- fluss geschieht in einer handbreiten Rinne, doch erreicht das Wasser kaum die Ebene, indem der Wüstensand am Fusse des Hügels alsbald das Wasser wieder verschlingt. Zahlreiche Wasserkäfer, die sich an der Hand festbeissen, Melanien (.17. fasciolata Oliv.), die lustig im lauen Wasser herumkriechen und wie ich bald zu meiner Freude bemerkte, Hunderttausende von durchsichtigen Pinselflöhen (Ci/pris dchcta Müll.) füllton das kleine Bassin. Mit der hohlen Hand Wasser schöpfend, fing ich Duzende, die mit ihren gefranzten Fühlern horumruderteu und
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schliesslich auf der Hand strandeten. Bald auch zeigten sich im Schlamme zahllose undurchsichtig gewordene Schalen abge- standener Thiere und schliesslich erwies sich der Fels, der den Hügel umsehliesst, durchgängig von Cyprisschalen gebildet. Die Sache lag klar vor Augen: die Cypridinen bauten den Hügel, die Millionen Thierchen cementirten mit ihren Kalkschalen im Laufe der Zeit den Sand, durch den die Quelle aufsteigt, und bauten schliesslich die Quelle ein, zunächst so hoch sie stauend, als es überhaupt nach physika- lischen Gesetzen möglich war, hernach aber sie förmlich ab- schUessend, so dass ein Theil der früheren Quellen gar keinen Ausfluss aus der Cyprismauer mehr findet. Dazu zeigt die mikroskopische Untersuchung des Schlammes Diatomeen*) in ungeheurer Menge, die den eigentlichen Quellabsatz repräsen- tiren. Ausser den Diatomeen fanden sich auch Infusorien und Insektenreste, die mit kohlensaurem Kalk den Schlamm bilden. Der Druck auf das "Wasser stammt offenbar aus dem, wenn auch 2—3 Meilen entfernten Rahah-Gebirge. In den schwach gegen das Meer geneigten Schichten lauft und sammelt sich das , ob auch spärliche Wasser , das an der Abbruchstelle zu Tage tritt, •wo die Schichten steil gegen die rothe Meer-Spalte abfallen. Eine im Süden der Oase zu Tage tretende Schichte tertiären Kalkes zeigt Streichen und Fallen der Bänke deutlich. Ruhig aber wären von jeher die Wasser im Sande verronnen, wenn nicht das organische Leben, speciell also die Schalen der Cypris allmählich die Quellgänge eingemauert und an einigen Stellen
*) Herr Eulenstein, der sich für diese mitgebrachten Schlammpro- "ben interessirte, fand:
Epithemia gibba, Pinnularia viridis,
„ argus, Orthosina arenaria,
Denticula tenuis, Mastogloia Smithii.
Fragilaria capiicina, Die Arten der Gattung Mastogloia kommen mit Ausnahme der M. Smithii im Brack oder Meerwasser vor. Diese findet sich meist im Süsswasser, bisweilen aber auch im Brackwasser. Die übrigen ange- führten Arten sind ächte Süsswasserarten.
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bis zu 12 und 15 Meter über die Ebene der Wüste und 30 M. über die Fluthmarken getrieben hätten. Mit Stock und Hammer liess sich leicht die Probe machen , dass alle diese Hügel mit ihrem Wassertümpel auf der Höhe auch seitlich angezapft werden konnten, worauf das Wasser mit Gewalt zu der eingetriebenen Seitenöffuung ausfloss.
Solcherlei Bildungen können als moderne, jetzt noch fort- dauernde angesehen werden, wie auch die Niederschläge aus- laugender, mit Salz und Gyps gesättigter Wasser, die da und dort am Canalbau die oberflächlichen Lagen der beweglichen Sande unter einander verkitten.
Weitaus die wichtigste Rolle unter den Jüngern Meeresbil- dungen spielen die KorallrifPe, die ich am Hadjar el Ma nördlich el Tor, und auf der africanischen Seite hinter Cosseir, im Ambaga zu beobachten Gelegenheit fand und die ausserdem noch über Tage- reisen hin am Ufer des Meeres zu Tage gehen. Bevor das fossile Riff zur Untersuchung mir zum Verständniss kam, bot das moderne Riff alle seine Reize auf, um mich zu fesseln und mir zum ersten- mal das unvergessliche Schauspiel des südlichen Lebens zu zeigen, das auf den vorherrschend aus Madreporen, Alcyonen, Milleporen und Astraeen bestehenden Corallenbänken sich entfaltet. Längs des ganzen rothen Meeres zieht an den Ufern in der Bi-eite von einigen 100 Schritten das Saumriff hin, an dem die Brandung Jahr aus Jahr ein tost und von dem jede Barke, wohlwissend warum, in respectvoller Entfernung bleibt. Von einer benach- barten Höhe aus, wie von der des Atäqah, erkennt man das Riff an der lichtgrünen Farbe des Wassers, die durch den Sil- berstreifen der Brandung getrennt von dem dunkeln Tiolcttblau der Tiefe sich aufs schärfste abhebt. Wo nun längs der Küste irgend ein Tagwasser in das Meer mündet, das jetzt vielleicht nur noch einige Stunden im Jahr fliesst, aber wohl in früheren Zeiten noch reichlicher floss, da ist das Riff unterbrochen. Eine Lücke, je nachdem nur von 10 Metern, aber auch bis zu 100 Meter und darüber öffnet sich und bietet der gebrechlichen Barke des Rothenmeer-Schiffers den gesuchten Landungsplatz und ruhige Bergeplätzc vor den oft recht gewaltigen Stürmen, denen dieses
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schmale Biuueumeer ausgesetzt ist. Der Schiffer kennt diese Lücken im Riffe wohl alle, hier nur ist es zur Ebbezeit vom Lande aus möglich, wenn auch nicht trockenen Fusses, aber ohne erhebliche Schwierigkeiten das Eiff zu begehen. Ich be- suchte es zu el Tor und hinter Cos seir. Die Breite des Riffes ist wechselnd bis zu einigen hundert Schritten. In der ganzen Breite des Riffes ist die Coralle abgestanden, nur am Saum des- selben, wo es gegen die hohe See abfällt, ist das wunderliche Leben der Stöcke zu beobachten. Ohne zu tauchen ist es je- doch nicht möglich, sich derselben zu bemächtigen, dagegen ist das Wasser so wunderbar klar, dass man versucht ist, nach denselben zu greifen, obwohl die Entfernung 4 — 6 Meter be- trägt. Das Riff ist in seiner Breite vom Ufer bis zum Saum einer Kalk -Felsenplatte mit rauher Oberfläche zu vergleichen, an der man äusserlich keine Spur von Corallenbau mehr er- blickt. Erst wenn man mit dem Hammer ein Stück des körnigen Kalkes abschlägt, sieht man die Corallenstructur des Felsen. Was für ein Leben nun auf diesem Riff! Keine nur handgrosse Stelle, wo es sich nicht regt und zuckt und die Kruster und Anneliden ebenso als die Mollusken und Crinoideen gruppen- weise bei einander ihr Stillleben führen. So neu dem Europäer der Anblick eines solchen südliehen Corallenriffes ist, so ist es doch dem Jurageognosten gewissermassen bekannt. Ich ver- meinte in der That oft auf einem Weiss-Jura-Felsen bei Neres- lieim oderNattheim zu stehen. So überraschend ähnlich ist der Gesammteindruck, den das jurassische und das moderne Riff macht. Die einzelnen Arten, die das Riff beleben, treten immer in Mengen auf, dass der Werth des Individuums kein anderer däucht, als der des Sandkorns oder des W^assertropfens. Die Menge der Individuen ist um so auffälliger, als einige Arten stets für sich leben und ihre bescheidenen Lebensbezirke haben, die sie nicht verlassen und die ihnen, wie es scheint, auch nicht streitig gemacht werden von Concurrenten.
Die ersten Schritte auf das Riff*) vom sandigen Ufer weg
Die nachfolgende Schilderung des Riffs bezieht sich auf das
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führen an einen Wald braungrüner Algen, in dessen Schatten Patellen und Neriten sich wohl fühlen. Dieser erste Bezirk ist über 10 Schritte breit und bildet gewissermassen einen Saum ums Riff gegen den Strand. Neben der Patella sp. sitzt Kerita albicilla Lm., Columhella mendicaria Lm. und OUva funehralis Lm. In den Löchern des Riffs, in denen das Wasser über die Zeit der Ebbe stehen bleibt, haben sich handgrosse violette Ophiocomen festgekneipt, die sich lieber Glied um Glied vom Leibe reissen lassen, als dass sie ihren Schlupf verliessen, irgend ein altes Pholadenloch , das Sand und Wasser mit der Zeit er- weitert hat. Dazwischen tummelt sich geschäftig ein Grapsus oder Gclasimus um, der von Tümpel zu Tümpel springt, um nachzusehen, ob nirgends ein Cadaver liegt, der zu beseitigen wäre. Der zweite Rayon beginnt damit, dass becherförmige kürzere Algen jene erstem verdrängen. Vereinzelt findet sich nur noch Columhella , an Stelle der anderen trifft man Natica melanostoma Lm., Cerithiwn tnaculosum Lk., Strombus pihhe- rulus Lk. und floridus Lk. und Turbinella cornigera Lk. Auch hier nur ein Streifen von wenigen Schritten, um dem dritten Lebensbezirk Platz zu machen. Die Algen werden seltner und sind violett und carminroth, einzelne prachtvoll anilinblau, prangen aber nur unter Wasser in diesem Farbenschmuck. Hier ist die Heimath des Echinus und des unnahbaren Diadema, der mir brennende Wunden versetzte, als ich mich seiner bemäch- tigen wollte. Dazwischen liegen anscheinend leblos unförmliche Ascidien, Phallusien und Pyrosomen, und sind Pinnen und Me- leagrinen halb begraben in den Löchern. Freier bewegen sich die Gasteropoden , die durch Dolium pomum Lk., Terebra cae- rulesccns Lk. , Eicinula tuberculata Bl. und kleine Trochus vertreten sind. In flachem Gefäll neigt sich die Oberfläche des
eine halbe Stunde südlich Cosseir gelegene Riff, das ich mit meinem werthen Freund und Landsmann , dem Dr. Klunzingcr, besuchte. Der- selbe ist nunmehr seit 4 Jahren an dem dortigen iSpitale als K. türkischer Sanitätsrath angestellt und ist von ihm bald eine genaue Beschreibung der Fauna von Cosseir zu erwarten.
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Eiffs gegen die See, so dass bei der Ebbe der Reihe nach der erste, zweite, dritte Lebensbezirk vom Wasser frei wird. Der erste ist somit nahezu volle 6 Stunden ausser dem Wasser, der zweite schon kürzere Zeit u. s. w. Man versteht es daher bald, wozu der Algenwald am Ufer dient, und warum gerade Patellen und Neriten dort leben, die mit ihren festgeschlossenen Woh- nungen den ßstündigen Sonnenschein zu ertragen im Stande sind. Mit der Annäherung an die hohe See nehmen die Thiere zu, deren Bau eine kürzere Frist ausserhalb des Wassers ver- langt. Wir sind 150 — 200 Schritte vom Ufer dem zurückwei- chenden Meere folgend und treten in einen neuen vierten Bezirk der Balanen, der Chama und der Austern. Der feste Wohnplatz dieser Thiere ist so gelegen, dass sie auch zur Zeit der nie- dersten Ebbe doch von jeder strandenden Welle*) benetzt wer- den und so zu sagen in beständigem Sturzbad leben. Mit be- sonderer Vorliebe sitzen sie um die Brunnen auf dem Riff, wie ich die Löcher nenne, die in der Nähe des Randes durch Rohre mit der See eommuniciren. Durch diese Gänge im Riff wogt das Wasser, so oft sich die Welle hebt, im Meer und im selben Augenblick, wo sich die Welle am Riffe bricht, stürzt aus dem Rohr ein Strahl vom Durchmesser des Loches hervor, so dass bis zur Wiederkehr der Fluth jedes der Löcher einem intermittirenden Sprudel zu vergleichen ist. Fehlen die Sprudel oder die immerwährende Benetzung des Grundes durch die Sturzwelle, so begegnen wir in den Tümpeln des Riffes dem grossen Strombus tricornis, mit seinem wahrhaft komischen Laufen, beziehungsweise Springen, seinem braunen hornigen Pantoffel am Fuss und den lebhaften, glänzenden Augen. — Wir sind jetzt am Rande des Riffs, dem fünften Lebensbezirk, doch wird hier dem Beobachter nicht mehr recht heimelig zu
*) Den 14. März zählte ich in einer müssigen Stunde bei ganz ruhiger See die Zwischenräume zwischen den wiederkehrenden Wellen mit der Secundenuhr und fand folgende Intervallen: 5, 15, 25, 32, 40, 50, 55, 59, 8, 13, 25, 33, 39, 46, 55, 4, 9, 15, 25, 31, 36, 59, 5'j, 3, 10, 20, 31, 40, 50, 2, 10, 20, 27, 34, 40, 52 u. s. w.
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Muthe. In zähem Absturz geht es in die dunkelblaue Tiefe hinab und ängstlich weicht man der sich brechenden Woge aus, die drohend bis zum Rand kommt, als wollte sie den Fremdling mit in die Tiefe reissen. Hier am Rand sitzen riesige Holo- thurien und Actinien nnd zwischen den Aesten der Madreporen klafft die Tridacna gigas Lk. Der Fels, der bis hieher abge- standen ist, scheint durch und durch Leben zu bekommen, denn so weit man zur Tiefe blickt, zuckt es an ihm tausendfach und spielen die Fühler der Corallen flimmernd in dem ewig klaren Wasser. Ohne die Plülfe eines tauchenden Negers, der mit einem Hebel die Corallen losbricht, ist es nicht möglich, hier weiter zu beobachten.
Von dem Riffe lebender Corallen, dessen abgestandener Fels ziemlich genau den mittleren Meeresspiegel darstellen wird, treten wir wieder an das Ufer landeinwärts, wo wir bald dem- selben Riffe in verschiedener Höhe über dem jetzigen Meer be- gegnen. Das überraschendste ist bei Cosseir das Ambaga und am Hadj el Ma bei Tor.
An alte Hornblendeschiefer und Diorite lehnt sich bis zu mehreren 100 Meter über dem Meere das Riff an, petrographisch zum reinsten Kalkstein geworden, hier marmorisch, dort körnig crystallinisch, scheinbar dolomitisch, in welchem factisch an- nähernd dieselbe Fauna beobachtet wird, wie im modernen Riff am Ufer. Gyps liegt theilweise darüber, theilweise darunter. Am Hadjar el Ma liegt über 40 ' Gypsmassen , welche im Ni- veau des Meeres beginnen, ein poröser Kalkfels mit unzähligen Steinkernen von Corallen und Mollusken; A'ielfach ist an ihm die Corallenstructur verschwunden, doch zeugen Millionen Stein- kerne von Lithodomen, Ciavagellen und Pholadcn, dass vor Zeiten schon wie heutzutage diese Minirer das Riff nach allen Seiten hin durchnagton. Die Höhe des Berges schätzte ich auf 300 Meter und hat man nur zwischen zwei Anschauungen die Wahl: ent- weder stund in den Zeiten der Bildung dieses Riffes das rothe Meer 300 Meter höher, als es jetzt stellt und zog sich im Laufe der Zeit zurück, oder aber hob eich seither der Meeresgrund
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300 Meter über seinen früheren Meeresspiegel. Ein Drittes gibt es nicht.
Näher auf die einzelnen Arten einzugehen, lohnt sich der Mühe nicht, die von mir gesammelten 20—30 Species bieten ein zu unvollständiges Bild der Fauna und die Untersuchung dieser oder jener Art auf eine etwaige Abweichung von der lebenden Form hin kann nur durch einen an Ort und Stelle sich aufhaltenden Gelehrten geschehen, der sich täglich ein reiches Material zu verschaffen im Stande ist.
Namentlich ist es mit den grössten Schwierigkeiten der Un- tersuchung verknüpft, die Corallenstücke noch bestimmen zu wollen, von denen etwa ein Duzend vorliegt. Die einzige Po- raraea fenestrata Edw. und Haime lässt sich mit Sicherheit vergleichen, es ist dieselbe Art, welche am Riff von Cosseir besonders zahlreich ist, vom Taucher in faust- bis kopfgrossen Stücken abgerissen wird und stets eine Menge schmarotzender Mollusken und Cruster in sich beherbergt.
Auf Taf. YI, Fig. 15 ist zur Vergleichung der subfossilen Art mit der lebenden abgebildet
Laganum depressum Lesk. var. sinaitica Frs. Unsere Form von dem alten 100 M. über dem jetzigen Meeresspiegel gelegenen Riff unterscheidet sich einmal durch die ovale Gestalt der Schale von der lebenden, z. B. an der Insel Bourbon. Die Gestalt der lebenden ist mehr pentagonal. Ausserdem ist auf der Unterseite der östrahlige Stern, der um den Mund sitzt, ausgeprägt. Die einzelnen Strahlen des Sternes gleichen lanzett- förmigen Blättern, zwischen welchen weitere fünf Strahlen ge- drängter, regelmässig gestellter Wärzchen vom Mund zum Rand laufen. Auf der Oberseite unterscheiden weder Fühler- gänge noch die Genitalplatte unsere subfossile Art von der le- benden.
Sehr häufig findet sich Pecten radula Lk. var. subfos- silis. Es stimmt namentlich die Spaltung der Rippen. Im Uebrigen vergleiche auch den ausserordentlich nahe stehenden Pecten bifidus Mstr. Gf. 97, 10 von der Wilhelmshöhe bei Cassel. Ras Mungar ist ein Vorgebirge auf africanischer Seite, zwischen
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dem Schwefclberg und Cosseir, wo wir landeten und eine Nacht zubrachten. Das Gebirge besteht dort aus marinem Sandstein und Sandgebäcke, in welchem dieser Pecten so vorherrscht, dass er vor allen andern Muscheln als Felsenbildner erscheint.
Pecten Reissii Bronn. Mayer, Madeira V, 32. Eine gestreifte Schale, auf der gröbere und feinere Rippen mit ein- ander abwechseln. Auf den gröberen sitzen Runzeln, die kleine Erhabenheiten machen.
Fundort: Hadjar el Ma.
Häufiger als jede andere Muschel klopft mau am Hadjar el Ma die Steinkerne von bohrenden Bivalven aus, von Pholaden, Clavagellen und Lithodomen , die fast mit jedem Hammerschlag aus den Corallenfelsen herausfallen.
Lithodomus Lyellanus C. Mayer, Mad. T. lY, F. 23. Die grosse 2 Zoll lange Art vom Hadjar el Ma mag wohl mit der Mayer'schen Art von Madeira übereinstimmen. Eine zweite ist der Kreidespecies d'Orbignys ohtusus, Terr. cretaces pl. 345, Fig. 11 — 13 sehr ähnlich, eine dritte, von den Arabern Dattelkern genannt, wegen der Aehnlichkeit mit diesem Theile der dort am meisten benützten Frucht der Belah.
Clavagella ist gleichfalls vielfach vorhanden. Man er- kennt das Geschlecht an den concentrischen Streifen, welche auf den Steinkernen eingedrückt sind. Sie sitzt stets in Corallen- stöcken, deren Höhlungen ihr Steinkern ausfüllt.
Pholas Sinaitica Frs. Taf. VI, Fig. 7. Steinkern. Die Art der Versteinerung dieser ächten Pholade ist zu charakteristisch, als dass wir nicht näher darauf eingingen. Sehr zahlreich finden sich die birnförmigen Knauer, die an ihrem schmalen Ende stets eine Ansatzflächo beziehungsweise eine Bruchfläche zeigen. Das Stück ist über und über besetzt mit den Reliefs einzelner Co- rallen, so dass man auf den ersten Anblick irgend einen birn- förmigen Corallenstock vor sich zu haben wähnt. Ein Schlag auf den Knauer öffnet denselben und schält sich der Schalen- eindruck der Pholas heraus mit der charakteristischen Radial- bucht, die vom Wirbel zum Schalenrand hinläuft. Man sieht jetzt den Pholadensteinkern deutlich umgeben von einer linien-
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dicken Kalkschichte ohne organische Structur, offenbar dem Kalkschlamm, in welchem das Thier lebte und den es selbst mittelst seiner Bohrarbeit täglich förderte. Der Schlamm drang natürlich in die Hohlräume des Corallenstockes ein und bildet jetzt nach der Versteinerung des Ganzen die Ausgüsse der Co- rallenhöhlungen oder die Coralle in erhabener Weise ab. "Wir haben gewissermassen das Negativ der Corallen, abgedruckt im Kalkschlamm der Pholade, in deren Mitte die Schale steckt.
Die Steinkerne der übrigen Lamellibranchier übergehen wir, es sind Arten wie Tridacna, Mactra, Lucina, Cardium, Car- dita, Corbula. Die der Gasteropoden sind seltner.
In der innigsten Verbindung mit dem Corallriflf steht das Vorkommen von Erdöl, das an dem Djebel Zeit geschöpft wird. Die Erdölquellen liegen el Tor gegenüber auf africani- schem Ufer und sind wie auch der südlicher gelegene Schwefel vom Ras Gimscheh an den Marquese de Bassano verliehen , der beide Körper industriell zu verwerthen sucht und einiges Leben an die todten Küsten des rothen Meeres bringt. Die grossen Schwierigkeiten liegen immer im Mangel an Landungsplätzen. So kann z. B. wegen des Riffes selbst eine arabische Barke, ein grösseres europäisches Schiff schon gar nicht, nur 3 Viertel- stunden von den Petrolquellen an das Ufer kommen. Ueber einen öden Strandweg, der nur Gyps- und Salzstaub und die Trümmer von abgestandenen Corallen aufweist, gelangt man am Fuss einer dunkeln Porphyrwand zu den Gruben. Die Petrol- gruben sind Löcher, die in das Riff gegraben sind, wenige Schritte vom Ufer entfernt, in welchen das Seewasser im Niveau des Meeres steht. Auf dem Wasser, das höchst widerlich Schwefelwasserstoffgase aushaucht, lagert handhoch eine grün- braune, irisirende Schmiere, die von den Beduinen der Gegend in tragbare Glasballons (halb so gross als Schwefelsäureballons) ab- geschöpft und an den Landungsplatz geschleppt wird. Die ge- ladene Barke fährt dann nach Sues, wozu sie aber bei anhal- tendem Nordwind oft Wochen nöthig hat, von wo aus das
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Rohöl durch den Canal *j in einen französischen Hafen geschafft wird.
Das Petrol quillt ganz augenscheinlich aus dem C oral 1- riff. Mir fiel nicht ein, an irgend einen andern Ursprung des Oels zu denken, als an den aus zersetzten organischen Körpern im Rifie selbst und der Lagune. Das nächst dem Meer gelegene Riff erscheint wie von Bitumen durchdrungen, das Oel schwitzt tropfenweise aus und wird von dem bis zu 25 " R. erwärmten Seewasser als specifisch leichter nach oben genommen, auf wel- chem es schliesslich schwimmend stehen bleibt. — Der Eindruck, den die Bildung des Oels auf mich machte, war der eines höchst einfachen Vorgangs: ich brachte ihn mit der Zersetzung des or- ganischen Körpers in der Lagune in Zusammenhang, welche so lange fortdauert, als das Leben in der Lagune währt. Diese Lagunen aber, mit ihrem Wasser, dessen Temperatur nie unter 18 ° R. fällt, (den Tag über hatten wir in der Mitte Januar 22 — 24" Lufttemperatur, in der Nacht sank dieselbe allerdings auf 12 "^ und darunter, aber die Meertemperatur sank auch in solchen Nächten nicht unter 18 ") sind wahre Brüteplätze des Lebens, darin jeder Quadratfuss Meeresgrund sich regt und be- wegt und das Auge, wo es sich hinwendet, Zuckungen des Lebens beobachtet. So todt die Küste ist und so wüste der Strand, so belebt ist das Meer und entschädigt sich die Natur im Leben des Salzwassers für das mangelnde Leben aller der Organismen, die süsses Wasser für ihr Dasein nöthig haben. Bei solchen Massen von Thierindividuon hält selbstverständlich der Tod seine reiche Ernte. Der beste Beweis dafür ist die Menge von Krabben, diesen Todtengräbern der Meere, die „Abu Kalambo" des Arabers, der wohl eben wegen ihrer Nahrungsweise keines dieser Thiere geniesst. Tausende und aber Tausende von Geschöpfen treten täglich auf den Schauplatz des Lebens in der Lagune und ebenso viele gehen täglich ab, die Zersetzung geht im seichten, lauen Wasser mit begreiflicher Schnelligkeit vor
*) Im Januar 1867 fuliren die Schiffe des Marquis erstmals von Sucs na'h Port-Said.
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sich, nur ein Theil der Gase, die sich beim Verwesen entwickeln, entweicht in die Luft, der andere condensirt sich zu sogenannten schweren Kohlenwasserstoffen, die sich in das abgestandene Kalkriff hineinsetzen, in dem dortigen porösen Kalk wahrschein- lich noch weitere Condensation erfahren und einmal zu Oel- tropfen coagulirt, in den Gruben des Riffes sich sammeln. Fran- zösische Ingenieure hatten in der Nähe der Petroltümpel am Meer, offenbar von ganz irrigen geologischen Voraussetzungen getragen, grossartige Schürfe landeinwärts gemacht und bis zu 30' tiefe Schlitze in das alte Riff getrieben. Ganz vergeblich! Im alten zu den Porphyren im Hintergrund ansteigenden Riffe schwitzt nicht ein Tropfen Oel aus, dringt aber auch kein Wasser durchs Riff, so fest schliesst der Corallenfels das Meer ab, dass in einer Entfernung von 100 Schritt von der Fluth- marke kein "Wasser mehr in die 10 Meter unter dem "Wasserspiegel geführten Schlitze eindringt. Staubtrocken ist es in ihnen und rechts und links stehen nur schneeweisse Corallenwände an. Der leitende Ingenieur war, wie mir schien, von der Ansicht ausgegangen, der Ursprung des Oels wäre nicht im Riff, sondern hinter demselben am Rand der Phorphyre, darum schlitzte er das Riff gegen die Porphyrwand hin und hoffte, die Quellen durch den 1 Meter breiten und 10 Meter tiefen Graben gegen das Ufer zu leiten. Und doch ist ganz deutlich, wie nur in nächster Nähe des Ufers, soweit das Lagunenwasser eindringt, Oel aus dem Riff schwitzt.
Diese täglich vor sich gehende Neubildung von Oel greift selbstverständlich in die frühesten Zeiten zurück. Ist doch im ganzen Gebiet des rothen Meers , dessgleichen in dem Tertiär von Egypten und dem Kreidegebirge Palästina's eine Menge Ge- stein von Bitumen durchdrungen. Die Schwefelwasser des Hammam bei Tor, im Gurrhundel, bei Sues kommen alle aus dem alten Riff und liegt vielleicht gerade in dem Bitumen der Steine der Grund für die erhöhte Temperatur, welche den meisten dieser Wässer eigenthümlich ist.
Dass zugleich mit dem Bitumen imflier auch Chlor-Natrium sich findet, ist nur ein weiterer Beweis für den gemeinsamen
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1867. 2s u. Ss Heft- 22
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Ursprung beider aus der gesalzenen*) und zugleich an organi- schen Bestandtheilen überreichen Lagune. Ausser denselben ge- hört aber, vom geognostischen Standpunkt aus entschieden auch der Schwefel in den Bereich dieser jüngsten marinen Bildung. Eine halbe Tagereise südlich Djebel-Zeit ist das alte crystallinische Porphyr- und Dioritgebirge fern vom Ufer zurückgetreten. Auf mehrere Meilen landeinwärts ist das Ufer flach, der ganze Strand junges Meergebilde. Ein niederes, höchstens 25 Meter hohes Vorgebirge springt aus der Fläche hervor. Es ist das Eas el Gimscheh mit dem berühmten Schwefelberg oder wie der Araber es nennt: Djebel Keprit. Südlich dem Vorgebirge ist eine kleine Bucht, in welche die Barke durch eine schmale Lücke im Riff hereinschlüpft. Ein europäisches Fahrzeug kann hier gar nicht landen, ausserdem ist die genaueste Ortskenntniss nöthig, die nur der Anwohner am rothen Meere besitzt, ob er gleich von Compass und Logbrett keine Ahnung hat. Halbbegraben im Sande liegen einige Duzend Wasserfässer, vom Marquese für seine Arbeiter in den Schwefclgruben aus Sues herbeigeführt, sonst keine Spur von Ansiedlung, 2 verwitterte Beduinen waren die einzigen lebenden Wesen, die vom Marquese bezahlt, in der Nähe der Gruben sich aufhalten, um die Schwefelfässer und die Haufen ausgeschmolzenen Schwefels am Strande zu bewachen. Der Schwefelberg besteht aus gesalzenem Gyps, Gyps und Schwefel : so zwar , dass der lagerhafte schneeweisse Gyps , der aber von Chlornatriura vollständig durchdrungen ist, das untere Dritttheil (beiläufig von 25' Mächtigkeit) bildet. Dieser Salzgyps verwittert zu einem weissen Mehl, das den Schuttfuss des Felsens bildet, Windwehen haben es platt gelegt wie Schnee und sinkt
*) Die Schichten um Ain Musa, aiif denen die Wasser zu Tage treten (s. oben pag. 325) sind von Bitumen durchdrungen, das sich beim Erhitzen deutheh durch seinen Geruch zu erkennen gibt. Die Analyse, die Professor Marx in seinem Laboratorium von dem Ge- stein machen Hess, zeigt, dass dasselbe ein Gemenge ist von Thon und kohlensaurem Kalk der Hauptsache nach, vermengt mit sehr wenig phosphorsaurcni Kalk und schwefelsaurem Strontian, durchdrungen von Bitumen, Chlomatrium und Chlorkalium.
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man drin bis über die Kniee ein, ehe man auf schmalen Tritten über den Gypsfelsen hinan klimmt. Im zweiten Dritttheil liegt der Schwefel im Gyps, im oberen Drittheil ist wieder Gyps. In offenem Tagbau bricht man nun das Mittelstück des Berges aus, allwo der Schwefel den Gyps vollständig durchdringt, auch ganze Lager und Nester gediegenen Schwefels aufsitzen. In dem oberen Abraum ziehen wohl auch einzelne Adern durch den Gypsfels (namentlich sind hier die schönsten Einzelcrystalle), aber die Verhüttung lohnt sich hier nicht. Somit fällt der obere Gyps in den Abraum und nur der mittlere von Schwefel durch- drungene wird ausgebeutet. In den unteren Gyps aber sind die einfachen Oefen eingehauen, in welchen der Schwefel aus den Gypsen abgesaigert wird.
Die Gypse, mit welchen der Schwefel vorkömmt, sind durchweg crystallinisch und blendend weiss. Ueberall spiegelt der Perlmutterbruch entgegen. Zwischen hinein heben sich die Schwefelcrystalle ab, oder durchziehen compacte Massen lager- haft die Bänke des Gypses. Der Besehreibung nach muss das Vorkommen am Gimscheh von dem in Sicilien kaum verschieden sein, wenn auch der sicilianische Schwefel einer älteren Tertiär- bildung angehört, jedenfalls kommen die Flächen der Schwefel- crystalle alle auch am Girgentischwefel vor. Hier aber wie dort wird in dem Faulen von thierischen Substanzen der Ursprung der schwefelsauren Salze ebenso, als des gediegenen Schwefels zu suchen sein.
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V. Schuttbildung und Schwemmland im Orient.
Ob es auch Jedem das eigene Nachdenken bald sagen wird, dass sich die Verwitterungen der Gesteine unter einem fast regenlosen Himmel nothwendig anders gestalten werden, als in der gemässigten Zone, so wird man doch, weil an europäische Verwitterungsverhältnisse gewöhnt, über die eine und andere Erscheinung betroffen, die uns Abendländern ganz fremd ist. Hiezu rechne ich vor Allem den Mangel an Humus. Weder in den Gärten von Rhoda und Schubra, noch in den Palmen- hainen des Feirans, weder in der Ebene Saron noch auf den Bergen Juda's ist auch nur eine Spur jener schwarzen mulmi- gen Erde, die vorzugsweise aus den modernden Pflanzenresten oder aus animalischen Aschen besteht und erst in Folge der Cultur sich mit den mineralischen Bestandtheilen des Bodens vermengt. Wie ganz anders macht sich der Boden etwa auf der Höhe der schwäbischen Alb, die äusserlich so viele Aehn- lichkeit mit den Bei'gen Juda's hat! Auf den höchsten kahlen Gipfeln der Berge liegen doch immer einige Fuss oder wenig- stens einige Zoll schwarzer humöser Erde unter dem kurzgescho- renen Rasen, welcher den Fels deckt. Der Humus ist eine Art organischer Schichtendecke, deren Bestimmung im Haushalt der Natur ist, den Boden feucht *) und warm zu halten.
Die Entstehung des Humus ist nach meiner Ansicht ab- hängig von einem Winter, in welchem das Wachsthum der
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Pflanze stille steht, die Blätter der Bäume fallen und die der Kräuter und Gräser welk zu Boden sinken. Unter der Schnee- decke oder wenigstens bei erniedrigter Temperatur geht der Zersetzungsprocess der Pflanzentheile nur langsam vor sich, bleibt theilweise auf dem Stadium der sauren Gährung stehen und bildet sich ein Pflanzenmoder, eine mulmige Masse aus der unvollständigen Zersetzung hervorgegangen. Wenn mit dem Frühling der Stock wieder rasch in die Stengel schiesst und der Wald sieh belaubt, wird der zu Boden liegende halbfaule Pflanzen- rest des vorigen Jahres rasch überwuchert, vor dem zersetzenden Einfluss des Lichtes und der Einwirkung der Sonnenstrahlen geschützt und wächst im Lauf der Jahre unter dem Easen die schwarze erdige Schichtendecke, die in unsern europäischen Culturländern den Wieswaehs bedingt und den Bau aller Fut- terkräuter fördert. Ganz anders in den Ländern, die nur we- nige Regentage im Jahre haben, wie Egypten und Arabien, oder wo, wie in Palästina, zwischen den beiden regnerischen Jahreszeiten (dem sog. Frühregen im November und December und dem Spatregen im März und April) 5 — 6 regenlose heisse Monate liegen, wo es Jahre ansteht, bis das Thermometer auf den Gefrierpunct sinkt, dagegen Temperaturen von über 30° R. sehr häufig sind. Der Stillstand der Pflanze fällt hier in die heisse Periode, das Grün trocknet ab, die Pflanzenfaser zerstaubt, der Zersetzungsprocess aller vegetabili- schen Reste, beziehungsweise die Ueberführung aller Kohlen- stoffverbindungen in Gase geht viel rascher vor sich, ein Pflan- zenmoder existirt gar nicht, noch viel weniger bildet er Decken über die Schichten und nur auf dem Libanon und Hermon fängt ein grüner Rasen an, wie ihn der Europäer von seinen heimat- lichen Wiesen her gewohnt ist. Wiesen im Sinne unserer Wie- sen, d. h. jene Flächen, auf denen perennirende Gräser vor- herrschen und einen soliden Rasen bilden, habe ich nirgends getroff'en.
Selbst die grüne Ebene zwischen Meer und Gebirge, die Ebene Saron und Esdrelon bietet wohl den lieblichsten Anblick und gewährt namentlich dem Wüstereisenden doppeltes Entzü-
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cken, nachdem er Monde lang des Reizes entbehrt hatte — aber von Rasenvegetation ist keine Rede. Es ist vielmehr eine kräuterreiche Stoppenvogetation , üppig zwar in der Niederung, entzückend durch hundertfache Farbennüancen von Anemonen und Lilien, durch Kreuzblüthler und Labiaceen, aber immer tritt der Fuss zwischen den Kräutern auf nackten Boden, auf Sand in allen Farben, auf rothen und braunen Lehm, der über den Kalken liegt, auf lichte Mengungen von Kalk und Kreide, auf weisse Kreideverwitterungen oder aber auf Gyps, in Galiläa zwischenhinein auf Basalt- und Mandelsteinverwitterungen, kurz auf alle möglichen petrographischen Bodennüancen, nur nicht auf unsern europäischen Grasboden. Damit hängt zusammen das Fehlen des Waldes : wohl sieht man aus der Ferne da und dort dunkle grüne Flecke an den Gehängen, die wie Wald aus- schauen, wie z. B. am Carmelzug landeinwärts; kommt man aber näher, so schrumpft er zu miserablem Gestrüppe zusam- men, aus dem sich höchstens da und dort eine Knuppereiche oder ein knorriger Oelbaum erhebt.
Das muss einst anders gewesen sein, wenn man den alten Ruhm Palästina's begreifen will; ein gelobtes Land, „da Milch und Honig fleusst", muss Wiesen haben und Holz, der Libanon Wälder haben von Cedern und der Hermon von Cypressen, wenn Salomo zu seinen Flotten dort das Schiffsholz holte, das heute von Triest her und von Marseille muss zugeführt werden. Heutzu- tage reicht das einheimische Holz, das in Juda wächst, nicht einmal mehr für Särge aus, die Todten zu bestatten, geschweige denn für Bauholz irgend einer Art. Am Carmel ist kein Wald mehr, aus dem Bären brechen, kein Wald Hareth in Juda, da sich einst David versteckte. Die Gesetze, die Moses einst gab (Deut. 19, 5.): „wenn Jemand mit seinem Nachbar in den Wald geht" wären heutzutage nicht mehr nöthig, trifft man doch um Gibeon keine 5 Bäume mehr, um, wie Josua that (Jos. 5), die 5 Könige Canaans daran aufzuhängen, noch versteht man, wie es einst sich verlohnte, die Einwohnerschaft der volkreichen, streitbaren Stadt Gibeon zu Holzhaokern und Wasserträgern zu machen. Wenn ferner von den Rinderheerdon Abrahams, Lots
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und Jacobs die Rede ist, wenn nach dem Sieg über die Midia- niter 72,000 Rinder, 61,000 Esel und 675,000 Schafe zur Ver- theilung kamen und der König Josia noch zum Passah 3000 Rinder zum Morgenopfer darbrachte, muss sich Jeder sagen, dass zu solch einem Viehstand ein glänzender "Wieswachs erste Voraussetzung ist, der ohnehin nicht unter türkischer Misswirth- schaft,aber selbst mit Hilfe europäischer Musterwirthschaft nimmer- mehr hergestellt werden kann. "Waren nun einst Wiesen und "Wälder in Juda, so gab's auch einst Humus ; gab's aber Humus , so gab es auch einen Wechsel von Sommer und Winter, es war mit andern Worten das Clima ein anderes. Diese Aenderung des Clima's aber konnte der Mensch durch Cultur und Raubbau, durch Devastation der Wälder allein nicht vollbringen. Dazu gehörten noch andere Factoren, aber jedenfalls die wichtigsten in ihren Consequenzen, es sind diess die Mveauveränderungen der Erdoberfläche, die zu allen Zeiten, ob auch jeder Zeit un- bemerkt von den Menschen, wirken und die Richtung der Winde und Wolken, der atmosphärischen Niederschläge, die Vertheilung der Sonnenwärme u. s. w. bedingen.
Für geognostische Untersuchung gewährt nun freilich der Mangel an Humus und die nur sparsame Pflanzenbedeckung bedeutende Vortheile. Ueberall treten beim nächsten besten Oehäng die Schichtenköpfe hervor, während die sanfteren Ge- hänge und die Sohlen der Niederung von Diluvialgebilden der eigenthümlichsten Art bedeckt sind. Vor Allem ist auf die ganz eigenthümliche Verwitterungsweise der Gesteine aufmerk- sam zu machen, die in der regenlosen Gegend Egyptens zu beobachten ist, und auch wieder einen der vielen Gegensätze zwischen Morgenland und Abendland bildet, denen wir täglich im Orient begegneten. In unserem vom Regen wiederholt be- feuchteten Schwaben z. B. wittern die Steine von aussen nach innen ab, die Regentropfen ziehen Furchen über die Kalksteine der Alb, machen Rinnen und Vertiefungen in allen unseren Schichtenköpfen, die zwischen der Pflanzendecke hervorschauen oder als Feldsteine sporadisch herumliegen. Schlägt man die Steine entzwei, so sieht man das Vorschreiten der Verwitterung
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Ton aussen nach innen deutlich genug, der Kern ist noch unverändert, gegen den Rand hin ist das Gestein je mehr und mehr ausgelaugt, pulverig, mit mangelndem Zusammen- hang. Ganz anders am Ataqah bei Sues, Cairo und am ganzen Nil, theilweise auch am todten Meer. Eine harte, glänzende Kruste hat sich über den Stein gelegt, meist braungelb bis braun, oder lichtgelb bis grau. Man hält die Steine auf den ersten Anblick alle für Kieselgesteine, aber bald findet man durch einen Schlag mit dem Hammer, dass wir nur Krusten vor uns haben über milde, weiche Tertiärgesteine. Der Schlag auf den Stein zersplittert ihn nicht, sondern macht einfach ein Loch in denselben, aus welchem pulverig verwittertes Gestein herausstäubt. In Schwaben haben wir nur da und dort, in der Region der Lettenkohle oder der Gypsmergel, ein Gestein, das wir annähernd damit vergleichen können. Im Prozinzialausdruck nennt man es gerne Pelzkappensteine, indem sie um keinen Preis splittern und ein Schlag auf sie dröhnt, als ob man auf Leder oder einen Sack schlüge ohne weiteren Effect. Der Art sind die meisten zu Tag gehenden Tertiärgesteine der Nilländer. Die Verwitterung geht deutlich von innen nach aussen vor sich und nimmt ihre Härte und Zusammenhang von aussen nach innen entschieden ab. Es macht einen ganz eigenthümlichen Eindruck am Geneffe oder Mokattam auf die vom Wüstensand glatt gescheuerten und glänzend gefegten Nummulitenkalke mit dem Hammer einen Schlag zu führen. Der Schlag dröhnt, als schlüge man auf eine Höhlung, durch die äussere kieselartig anzusehende und anzufühlende Kruste fährt ein Loch und ist der Stein inwendig mergelig weich und pulverig, ausgelaugt. Ich vermag den Grund für dieses Verhalten nicht genügend zu erklären, möchte aber entschieden die seltenen oft erst nach 8 — 10 Monaten auftretenden Regengüsse als Grund dafür an- nehmen, beziehungsweise den beharrlichen Sonnenbrand, der die Steine durchglüht und den nach Monaten einmal befeuchteten Stein plötzlich wieder an der Oberfläche trocknet. Ich möchte damit auch noch ein anderes auffälliges Phänomen in Verbin- dung bringen : der Verwitterung des Marmors in ganz Egyptcn.
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Während doch bekanntlich die Silicate nahezu unvergänglich und Ton den Atmosphärilien sozusagen unangreifbar sind, also dass 4000jährige Sculpturen auf Granit und Syenit so gut wie nichts an ihrer Frische verloren haben, also dass die Hieroglyphen auf .den Obelisken und die Ramsesfiguren nahezu aussehen, als ob vor wenigen Jahren sie in den Fels gehauen worden wären, — während so den Silicaten das trockene heisse Clima Egyptens vollkommen zuträglich ist, gehen sämmtliche Carbonate mit Riesenschritten ihrem Ende durch Verwitterung entgegen, Carrarische Marmorplatten, in den 20er und 30er Jahren nach Egypten gebracht, um etwa auf dem christlichen Friedhofe von Cairo das Andenken eines Europäers zu bewahren, sind bereits so bröckelig, dass man mit der Hand Stücke wegbricht, an allen Wohnungen und Moscheen in Cairo, die aus dem eocenen Baustein vom Mokattam erbaut sind, bröckelt es ab und ein- gestürzter Häuser und Ruinen gibt es in und um Cairo bald eben so viele, als noch feste stehen. Einen besonderen Grund für die rasch fortschreitende Zersetzung der Carbonate sehe ich in der grossen Menge Chlor-Natrium, welche alle Steine durchdringt, überall ausblüht und die ganze Luft erfüllt. Ein Wüstensturm am ^i\ führt nahezu eben so viel Salzstaub mit sich, als ein Seesturm auf eine englische Meile landeinwärts das Ufer ver- salzt und fast an jeder zu Tage gehenden Kalkbank des Mo- kattam kann man Chlor-Natrium ausblühen sehen. Ich habe hier in der Stuttgarter Sammlung Stücke Kalkmergel von dort liegen, die, obgleich Tage lang im Süsswasser gelegen, obgleich 3- und 4mal abgewaschen und abgebürstet, aufs neue immer noch Chlor-Natrium ausblühen lassen und über und über mit einer Salzkruste sich überziehen. Offenbar ist die mit Chlor- Natrium erfüllte Luft Egyptens auch daran Schuld, dass Krank- heiten der Respirationsorgane, Katarrh und Schnupfen in Egypten gar nicht vorkommen und brustleidende Europäer am Nil wieder genesen. Hienach scheint das Chlor-Natrium bei Zersetzen der Kalksteine seine Rolle zu spielen, das zersetzte Aeussere aber auf eine mir noch unerklärliche Weise zu einer Kruste zu backen, die sich über die Steine legt.
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Schon oben war von den Conglomeratfelsen und Breccien die Rede, welche in der Nähe der ersten Erhebung des Gebirges aus der Ebene Saron das Taggebirge bilden. Dieses Conglomeratge- stein wird im ganzen Gebirge Juda unabhängig von der Erhebung über das Meer zur Regel und deckt in mächtigen, den Bergconturen sich anschmiegenden Bänken deckelartig die Schichten der Kreide. In ganz besonderer Klarheit ist zwischen dem Oelberg und Bethanien das Yerhältniss der Deckelgesteine aufgeschlossen. Die alten Kreideschichten liegen dort oben horizontal und die Thäler nagten sich in alten Zeiten schon in die Schichten ein. lieber Berg und Thal legte sich hernach der Schutt, der zu- sammenbuck und jetzt die Schichtenbänke als ein Deckel über- lagert. Die Schuttfelsen sind ein Gemengsei von verhärtetem
Kreideschichten am Oelberg bei Jerusalem von Cong-lomeratgestein bedeckt.
Kreidemergel, eckigen scharfkantigen Stücken von Kreidekalk und von gleichfalls scharfkantigen Feuersteinen, die in allen Lagen und Richtungen wie in einen Kalktaig eingeknetet worden sind. Die Bildung dieser Breccien ist immer etwas räthselhaft und hat, so viel mir bekannt ist, in den Kreidebergen Frankreichs und Englands nichts Aehnliches. Wohl finden wir in unsern Kalkgebirgen der Alb ähnliche Gebilde am Fusse von Bergen, aus denen Wasser quellen, oder am Rande tertiärer Becken, aber in dieser merkwürdigen Verbreitung wie im Gebirge Juda, in dieser Ausdehnung über Höhen und Niederungen , in dieser Felsmassen bildenden Mächtifjrkeit war mir die Erscheinung neu
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und unerklärlich. Auf den ersten Anblick hielt ich die Felsen- deckel für alte Schichten und staunte über die Biegungen und Faltungen derselben, die etwa durch vulcanische Kräfte von Senkungen und Biegungen erzeugt wären, bald aber sah ich unter den gewölbeartig aufgebauten Bänken die Kreidebänke in ungestörter Lagerung und erkannte alle die massenhaften, decken- den Gebirge als verhältuissmässig junge Bildungen, die aber mit Bestimmtheit grossen Wasserreichthum voraussetzen, ohne welche sie gar nicht denkbar wären.
Auf ähnliche Vorgänge in alten geologischen Zeiten weisen die Felsenmeere auf den Höhen. Gleich auf den Höhen westlich Jerusalem, wo sich die "Wasserscheide hinzieht zwischen Mittelmeer und rothem Meer, liegen die colossalsten Felsen- blöcke regellos umher, mächtige Schichtenreste von Hippuriten- marmor, der sicherlich an der gleichen Stelle einst in der Schichte gelegen, nur im Niveau etwas höher, also dass er nach abgewaschenem Unterlager sank und stürzte. Von der Höhe oberhalb Jerusalem ziehen sich derartige zu Tage liegende Fels- blöcke, die aussehen, als wären sie vom Himmel gefallen, im Süden gegen Hebron, im Norden gegen Samarien über das ganze Gebirge Juda. Besonders auffällig waren mir die Fels- blöcke von Bethel (Beitin), an der Grenze von Juda und Ephraim, wohin man Jacobs Vision von der Himmelsleiter verlegt. Hun- derte abgewitterter, riesiger Felsblöcke liegen hier zerstreut ohne Eegel, zwischen den einzelnen Marmorfelsen hindiu-ch sieht man den Weg zum ersten Thalgrund, der weiterhin zu dem Haupt- thale führt, mit welchen die grünen Ebenen Samariens erreicht werden. Auch auf dem Garizim bei Nablus und dem Mt. Ebal gegenüber liegen auf den höchsten Höhen derartige lose Fels- blöcke zerstreut, in den alten Zeiten als Opfersteine benutzt, die noch an den eingemeisselten Rinnen sich erkennen lassen, durch die das Blut der Opferthiere abfloss.
Diese Steine alle weisen offenbar auf eine lange Zeit hin, vrährend welcher das Gebirge Juda nach dem Rücktritt des Kreide bildenden Meeres als Festland existirte, während welcher bereits die Oberfläche Palästina's in ihren Grundzügen fertig war und
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in feuchtem, wasserreichem Clima die Abwitterungen , Breccien und Conglomerate sich bildeten, deren Incrustation ohne mine- ralische Quellen oder wenigstens ohne tropische Regengüsse und darauf folgende Sonnengluth kaum denkbar ist.
Endlich ist noch ein Blick auf die alten Geschiebe zu werfen, die in Einem Niveau als Schuttkranz das todte Meer umgeben und den gegenwärtigen Seegrund bilden. Diese Ge- schiebe entstammen, so weit ich sie beobachtete, nur aus den nächsten Bergen ums Meer, aus lichtem bis dunklem Hippuriten- kalk, dem bituminösen Mosesstein, aus Feuerstein und ähnlichen Kreidegesteinen. Sie bilden dieselbe Art von Geschieben, wie sie heute noch am Ufer der Meere in der Nähe felsiger Küsten oder an der Mündung Steine schiebender Flüsse sich finden, dieselben Geschiebe, wie sie der Rhein in den Bodensee wirft oder der Jordan ins Bahr Lüt. Dass der Barometer an der Grenze dieser alten Geschiebe auf 31,20 bei 73" Fahrenh. stund, ist schon gesagt, während der Spiegel des Sees bei 76 '^ Fahrenh. 31,58 zeigte. Hienach hätten wir in früheren Zeiten einen alten, 300 Fuss höheren Wasserstand des todten Meers und dazu noch die Flächen gerechnet im Norden und Süden des Meeres, die nur aus diesen Geschieben bestehen, eine um einige DMeilen grössere Ausbreitung der Wasserfläche.
Auf diesen Kranz alter Geschiebe wurde ausser jüngsthin von Lartet noch nicht in gebührender Weise aufmerksam ge- macht, und doch ist das Yerständniss des el Ghors ohne die Beachtung dieser Umstände gar nicht möglich. Wie ganz Palä- stina eines der ältesten Festländer der Erde in dem Sinne ist, dass es seit den Zeiten der Kreide dem schichtenbildenden Meere ent- stiegen blieb und kein anderer Einfluss auf dessen Oberfläche sich geltend machte, als der der Atmosphärilien, so können wir das todte Meer einen der geologisch ältesten Seen der Erde nennen, der in seiner Abgeschlossenheit, d. h. ohne irgend welche Communication mit dem Ocean in geologische Perioden zurückgreift. Von grosser Wichtigkeit ist es, die höchsten Wasserstände an diesem aus der alten Tertiärzeit in unsere Tage hereingreifenden Reservoir der atmosphärischen Nieder-
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schlüge kennen zu lernen; es gibt die Wassermasse im todten Meer heute noch das Maass ab für die jährlichen Niederschläge. In feuchten Jahren und nach grösseren Schneefällen auf dem Libanon steigt der "Wasserspiegel um 4, ja 6 Fuss, um welche die Fluthmarke über die der trockenen Jahrgänge sich erhebt; bemerken wir nun am Ufer eine alte, den jetzigen Wasserspiegel um 300' überragende Fluthmarke, so ist der Schluss auf frühere bedeutendere Niederschläge sehr einfach. Louis Lartets Beob- achtungen im Süden des todten Meers bestätigen vollständig diese Anschauung, er fand die Niederschläge des Meeres aus früheren Zeiten auf und an der Halbinsel von Lisän am mächtigsten und schönsten entwickelt imd nennt sie desswegen „die Niederschläge von Lisan". Es sind zahllose lichtgraue Mergelbänkchen im Wechsel mit dünnen Schichtchen Salz, Salzthon und Gypslinsen, deren Aussehen das eines vollständig gebänderten Gebirges ist; zwischen die Schichten hinein legen sich Bänke von Feuerstein- geschieben, oder wie im Wadi Aräbah von Feldspatgestein und Porphyr. Diese Niederschläge, die Lartet auch am Südufer des Tiberias-Sees in analoger Weise wieder gefunden hat, erweisen sich als moderne Niederschläge, wie sie die Sonde*) des Herrn Yignes zwischen Ghuweir und Zerka Main aus der Tiefe des Sees hervorgeholt hat. Fossilreste hat Lartet in diesen modernen Niederschlägen so wenig gefunden, als er unter den Geschieben irgend eine Spur vulcanischen Gesteins traf und schliesst daraus wohl mit vollem Recht 1) dass diese Niederschläge den vulcani- schen Perioden vorausgingen, welche im Osten des todten Meers und im Haurän eine so gewaltige Umgestaltung des Bodens zur Folge hatten, 2) dass schon in jenen frühsten Zeiten das Wasser in einer Weise versalzen war, welche die Existenz lebender Wesen unmöglich machte.
Hält man alle diese Erscheinungen zusammen, die tiefein- genagten zahlreichen Wadi's mit ihren Geschiebemassen, die heut
*) Die Sonde brachte Mergel und Thone zu Tage, von graublauer Farbe, mit eingesprengten cubischen Salzcrystallen und Gypslinsen, vollständig analog den Niederschlägen von Lisän.
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zu Tage Jahr aus Jahr ein trocken liegen, und den früheren hohen Wasserstand im Gohr, so bedarf es der Annahme tief- greifender climatischer Umwandlungen in diesen asiatischen Ländern, um den Contrast der Jetzigen Wasserarmuth und Dürre des Landes zu erklären. Unter den biblischen Personen war Abraham, Jacob, Josua bis in die Zeiten der Propheten noch Zeuge dieses Reichthums an "Wasser, der aber schon zu Christi Zeiten in einer Weise abnahm, dass bereits die Bildung der Steppe und Wüste begann, die denn auch im Laufe von 18 Jahrhunderten, gefördert durch die elendeste Wirthschaft der Menschen, in kläglicher Weise zugenommen hat.
Ganz dieselben Resultate liefert ein Blick auf die Länder am rothenMeer und am Nil, in welchen die Bildung der Wüste als eine vollendete anzusehen ist. Hier ist es einzig nur der „heilige Nil", der die süssen Wasser des Sudans durch die kahle Steinwüste wälzt und nur so weit, als sein Wasser dringt, Leben imd Segen verbreitet. Nirgends deutlicher als in der Wüste, wo keinerlei Vegetation den Blick beirrt, tritt die ero- dirende und Schuttmassen bildende Kraft früherer Wasserströme und einer vergangenen regenreichen Zeit dem Auge entgegen. Wenn im Wadi el Tih östlich Cairo das Ausgehende der Schich- ten die Gestalt der beistehenden Figur angenommen hat, die
Erosionserscheinungen am oberen Eocen im Wadi el Tih.
sich hundertmal im Kleinen wie im Grossen wiederholt, so weiss Jedermann, dass keine andere Kraft als die des Regens resp. des fliessenden Wassers solche Formen zu schaffen im Stande ist. Alle Thäler der Wüste sind alte Wasserläufe, alle Fels- platten, Zinnen und Zacken an den Bergen sind Reste alter Wasserstürze, und die ganze Sinaihalbinsel, wie die ungeheure Länderfläche im Osten und Westen des Niles gibt auf jedem Schritt und Tritt hiezu Belege.
Je greller nun aber gerade am Nil der Contrast ist zwi-
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sehen der Wüste und dem Culturland, um so mehr richtet sich Sinn und Auge auf den belebenden Strom, welcher der Schöpfer und Erhalter von ganz Egypten ist und ohne den das Land von Chartüm bis Alexandria in wenigen Wochen todtgebrannt und vollständigst alles Lebens entblöst wäre. Wenn man hier von dem Contraste zwischen Wüste und Culturland redet, so ist es keinerlei Uebertreibung, zu sagen, man könne mit Einem Schritt von der Wüste ins grüne Land treten. Es ist der Schritt über den letzten Bewässerungsgraben, der sich nach physicalisöhen Gesetzen noch mit Nilwaser füllen lässt. IS^ilein- wärts von dem Graben ist das grüne Kleefeld oder Weizenfeld, drüben über dem Graben ist die Wüste. Das ganze Bewässe- rungssystem aber ist künstlich, seit Jahrtausenden von Menschen- hand ausgeführt und auch heute noch durch anhaltende Arbeit des fleissigen Fellahs aufs Neue immer im Stande gehalten. Die stete, nie aufhörende Arbeit besteht in der Anlage von Brun- nen, C analen und Dämmen. Die ersteren sind überall in einiger Entfernung vom Nil und seinen Canälen gegraben und liefern das unterirdische Nilwasser, das überall, so weit nicht die alten Schichten zu Tage treten, als klares filtrirtes Wasser in einem Niveau getroffen wird, welches dem niederen Wasser- spiegel des Nils entspricht. Max Eyth *) spricht von 50,000 solcher Brunnen, die nur allein im Delta sich befinden sollen; sie werden durch Versenkung eines ringförmigen Gemäuers auf entsprechendem hölzernen Stiefel in die Tiefe von durchschnitt- lich 10 Meter hergestellt. Aus diesen Brunnen wird das Was- ser, das landwirthschaftlich benützt werden soll, auf eine Höhe gehoben, die je nach der Jahreszeit**) im untern Delta zwi-
*) Das Agricultur-Maschinenwesen in Egypten von Max Eyth, Chef- ingenieur des Erbprinzen Halim Pascha. Stuttgart, Metzler 1867. Wir verweisen mit Vergnügen Jeden, der sich für egyptische Verhält- nisse interessirt, auf dieses mit ebenso lebendiger Frische, als in vortreff- licher Klarheit geschriebene Buch unseres unermüdlichen geistreichen Landsmanns, der den Dampfpflug, den tr an den Ufern des Nils ein- geführt hat, gegenwärtig an die Gestade des Mississippi verpflanzt.
**j "Während des grösseren Theils im Jahr, von Mitte Januar bis
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sehen V2 Meter und 8 Meter, in Oberegyptcn bis zu 11 Meter schwankt. Der gewöhnliche Apparat für die Hebung der Was- ser ist die Sakkie, die allen Reisenden wohl bekannte Maschine eines durch einen Ochsen oder ein Kameel in Bewegung gesetz- ten Schöpfrades mit angehängten Wassertöpfen, die nie ge- schmiert weithin ihr Krächzen und Pfeifen ertönen lässt. — Neben den Brunnen bestehen' die Arbeiten der Fellahs in der Anlage von Canälen und Dämmen, die sich in die graueste Vorzeit Egyptens zurückdatiren. Erstere haben die vom Haupt- strom abgelegenen Landestheile mit Wasser zu verseben, letz- tere das Land zur Ueberschwemmungszeit zu schützen. Na- mentlich ist ganz Unteregypten auf diese Weise angelegt, dass alle Canäle zwischen 2 Dämmen von 2—3 Meter Höhe laufen und ausserdem jeder Gütercomplex , ja meist die einzelnen Fel- der mit Dämmen umzogen sind. An einem von der Regierung
Ende Juni wälzt der Nil seine gelben Massen mit geringen Schwan- kungen des Niveaus ruhig durch das gewaltige Thal. Das Wasser ist immer trüb, indem es stets in feiner Auflösung Schlamm mit sich führt. Erst Ende Mai und Anfang Juni, wo der Strom sein niederstes Niveau erreicht , klärt sich das Wasser und bleibt hell bis Ende Juni. Dann nimmt es eine klargrüne Farbe an, die nach 3 — 4 Tagen in ein eigenthümliches trübes Roth übergeht — das erste Signal, dass das grosse Ereigniss des Jahrs, an dem Egyptens Fruchtbarkeit hängt, einzutreten beginnt. Ein rascheres Strömen und ein nun bemerkliches Steigen des Niveaus macht sich in den ersten Tagen des JuU fühlbar, die Farbe des Wassers wird dickgelb. Erst langsam, 1 — 3 Centim. im Tag, dann rascher und rascher, schliesslich 50—60 Centim. in 24 Stunden schwillt die Masse, bis sie in den ersten Tagen des August über die Uferränder tritt und das ganze Land in einen See verwandelt. Langsamer, in Folge der plötzlich erreichten Breite aber immer noch merklich steigt der Strom bis Ende September, wobei das ruhig flies- sende Wasser den Schlamm, mit dem es förmlich gesättigt zu sein scheint, mit ziemUcher Willkür hier, wo Niederungen sind, in grossen Massen, dort, wo lebhaftere Strömungen stattfinden, wenig oder gar nicht absetzt. Im Lauf des Januars endlieh tritt der Fluss in sein altes Bett, das gewöhnlich mannigfach verändert ist, zurück und sinkt stetig, bis er mit dem Juni wieder sein tiefstes Niveau erreicht. Siehe M. Eyth im citirten Werke pag. 5.
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bestimmten Tag, der meist in die ersten Augusttage fällt, wer- den die zuvor abgedämmten Hauptcanäle geöffnet und damit die hundert \md aberhundert Lebensadern des Landes gefüllt. Das Land selbst bleibt trocken, dagegen wird ganz nach Belie- ben und Bedürfniss wochen- oder monatweise das einzelne Feld unter Wasser gesetzt. Wird die Schleuse geschlossen, so ist nach wenigen Tagen schon das Wasser verdampft und das Feld für den Pflug bereit,
Yiel tausendmal hat sich, seit die Pyramiden von Memphis stehen, dieser landwirthschaftliche Process wiederholt und wurde vom Wasser und von den Menschen das Unterste der durch- schnittlich 10 Meter mächtigen Thonbank zu oberst gekehrt und das, was vorher oben war, unten wieder begraben. Hand in Hand mit dieser mechanischen Ortsbewegung des Schlammes ging auch chemisch eine Veränderung desselben vor, wie aus Eegnaults Untersuchung erhellt:
Frischer Nilschlamm Alter Nilschlamm enthält
an kohlensaurem Kalk , . 18Vo lO^o
„ kohlensaurer Bittererde 4 „ 1 „
„ schwefelsaurem Kalk . 0 „ 3 „
„ Eisenoxyd 6 „ 3 „
Unlösliches und Wasser 63 „ 76 „
Organische Theile . . 9 „ 7 „
Der Xilschlamm *) besteht, unter einer massigen Vergrösse-
*] Der Nilschlamm lässt sich neben keinen europäischen Boden stehen und scheint überhaupt ganz einzig auf der Erde dazustehen; Nigerschlamm z. B. auf der "Westküste von Afrika geholt, in welchen sich ein Lepidosiren eingeschlagen hatte, verhält sich schon wieder ganz anders. Er enthält 2,7 kohlensauren Kalk, keine Bittererde und gleicht in seinem mechanischen Verhalten dem europäischen Lehm und LÖSS. — Eine der practischen Bodenproben, wie ich sie seit vielen Jahren mit württembergischen Böden vorgenommen habe, auf den Nil- boden angewandt, wird das Gesagte bestätigen. Die practische Probe besteht einfach darin, dass ich 10 Gramme abwäge und in einem halb mit "Wasser gefüllten Titrirglase schüttle, bis sich der Boden gelöst
Württemb. naturw. Jahreshefte. 1867. 2s u. 3s Heft. 23
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rung betrachtet, aus vollkommen gleichartigem Korn, der frische vom Steilufer des Stroms genommene aus Minimaltheilen von 1/30 — Vi"" ^lilli'i^-? höchst selten bemerkt man ein Körnchen von Vio Millim. Ausser den oben bezeichneten löslichen Theilen besteht das Unlösliche aus Sand und Thon. Der Sand ist farb- loser, durchsichtiger Quarz, trüber, milchiger Quarz, rother und brauner homogener Kiesel, gelber Kiesel, Feldspat, Hornblende, Epidot u. s. w.: er bildet bei durchfallendem Licht ein wahres Kaleidoskop, so reizend bunt sind in allen Farben die Sand- körner der genannten Minerale umhergestreut, die zusammen- geballt der ganzen Masse die braungraue Farbe geben, in wel- cher ganz Egypten sich dem Auge des Reisenden präsentirt. Der 10 M. mächtige Nilschiaro m ruht in ganz Egypten auf einem Lager von Meersand, der im Bette des Flusses und auf dem Grund der Brunnen vom Wasser berührt alsbald in Bewe- gung geräth und ein Nachstürzen der darüber liegenden Thon- schichten zur Folge hat. Im Allgemeinen macht das ganze Schichtenpacket des Nillandes, wo es im ursprünglichen Zustand beobachtet werden kann, den Eindruck einer geologischen Schichte, nicht den einer Alluvion. Das ganze Land zwischen den Katarakten und dem Mittelmeer war ehedem ein negatives Delta, eine schmale Meeresbucht, die sich wohl zur Zeit der Pliocene allmählig mit Lagunenschlick füllte, der von dem cry-
hat. Nach 10 Minuten Ruhe werden die Niederschläge des Schlammes im Glase gemessen und ergeben z B. Luxe von Beimerstetten 12 Cubikcentimeter (4 Sand, 8 Thon), Lehm von Ilochdorf 11,5 CG. (7,5 Sand, 4 Thon), Waldbodeii auf Schilfsand von Bothnang 12 CG. (5 Sand, 7 Thon), Krautäcker von Bothnang, schwarzer Thonboden auf Gypsletten
19 CG. (7 Sandmergel, 12 Thon), Lehm von Zazenhausen (kalter Boden) 10 GG. (4 Sand, 6 Thon), Lehm ebendaher (heisser Boden) 13 CG. (4V2 Sand, 8'/« Thon), "Weisser Boden vom Jägerhaus bei Hemmingen 11 GG. (4 Sand, 7 Thon), Lehm von Weissach 11 GG. (8 feinster Sand, 3 Thon), Nilboden von Schubra ( Baumwollenfclder) 22 CG Die ganze Masse gleichmüssig vcrtheilt, dass zwischen Sand und Thon kein Un- terschied gemacht werden kann.
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stallinischen Habesch und Sudan in die Meeresbucht eingewa- scheu wurde. Späterhin, nach der Erhebung Egyptens aus dem Meer, grub sich der Strom in diesen Schlamm , der bei der leichten Löslichkeit hier losgesch-wemmt wurde, um dort sich wieder zu setzen. Müd und träge schleicht der Strom von As- suan zum Meere mit einem Gefäll von 1 1 Cent. pr. Kilometer bis Cairo und von nur 4 Cent, von Cairo abwärts, also dass man am Flusse selber niemals die Stromrichtung zu beurtheilen im Stande ist. Bald sinken selbstverständlich die suspendirten Schlammtheile bei diesem trägen Laufe nieder und würde er gar bald sich vollständig klären, wenn nicht auf jeder Weg- strecke, die er zurücklegt, aufs Neue immer wieder ihm Gele- genheit geboten wäre, mit frischem Schlamm sich zu speisen, der an jedem Ufer abgewaschen wird. Einen interessanten Be- leg hiezu bietet die Stadt Girgeh in Mittelegypten , deren An- blick wohl jedem Reisenden unvergesslich bleibt. Der Nil nagt den Grund und Boden, auf dem die Stadt steht, mehr und mehr weg, Moscheen und Häuser stüi'zen ein und es decken auf pitto- reske "Weise die gestürzten, halb noch stehenden, halb geneig- ten Granitsäulen eines Tempels, das Mauerwerk von entzwei- gespaltenen Wohnhäusern die Böschung, ebenso ein Denkmal des nagenden Nils als der unbegreiflichen Ruhe des Arabers, der sein Haus noch nicht verlässt, ob es auch zur Hälfte in den Strom gestürzt ist.
An solchen Stellen wie bei Girgeh und auch sonst vielfach am Steilufer des Stromes sieht man von der Barke aus den al- ten „gewachsenen" Boden des Nillands, 10 — 12 Schichten von verschiedener Mächtigkeit, einige zöllig, andere mehrere Fuss stark, welche bei niederem Wasserstand eine 25 — 30' hohe Ein- böschung des Stromes bilden. Dieses alte Ufer macht nnn gar nicht den Eindruck einer Alluvion, eines geschlossenen Lehm- oder Lössgrundes, als vielmehr mit seinen regelmässigen Klüften und Abhängen den einer alten geologischen Schich- tenbildung. Erst unten im Delta und zwar an Orten, wo früher etwa der Strom hef, im Lauf der Zeit aber den Lauf verändert und das alte Bett wieder zugeschwemmt hat, erst da sind die
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kartenblattdicken Lagen im Schlamm und haben wir nicht den alten ursprünglichen, sondern den umgebackenen Nilschlamm vor uns, der mittelst Dämmen und Canälen an beliebigen Orten, in beliebiger Stärke von den Bauern niedergeschlagen wurde. Wer nun aus der Zahl dieser Schlammkartenblätter, ähnlich wie man das Alter des Baums an den Jahresringen erkennt, auf das Alter egyptischer Cultur Schlüsse ziehen will, begeht in Wahr- heit einen unverzeihlichen Leichtsinn. Weil man — ist der fatale Schluss — 1854 beim Brunnen von Heliopolis in 20 M. Tiefe noch Scherben von Töpfen fand, weil man ferner im Jahr eine halbe Linie Schlammniederschlag beobachtet (?) , so thut das 6 Zoll aufs Jahrhundert und resultiren aus den 20 Metern Schlamm 12,000 Jahre, vor denen man in Egypten schon Töpfe brannte! Andere bringen nach ihren Beobachtungen blos 2* 2 Zoll heraus pro Jahrhundert (sehr begreiflich, denn diese hat- ten Nilschlamm von solchen Feldern, auf denen der Bauer das Wasser nicht so lange stehen liess als ein anderer!), thut 30 Jahrtausende! Es wäre wahrlich an der Zeit, dass dieser hun- dertmal in den Lehrbüchern der Geologie wiedergekäute Unsinn ein- für allemal ausgemerzt und vor den Augen der Wissen- schaft nie mehr ein Argument citirt würde, mit dem mau höch- stens noch einen leichtgläubigen Laien berücken mag.
Ich freue mich, dass Hr. Ingenieur Eyth hierin vollständig meine Ansicht theilt. Er schreibt in dem schon erwähnten Werke pag. 6: „Ueber das Quantitative der Bodenerhühung im Delta liegen keine sicheren Daten vor und beruht alle und jede chronologische Berechnung hinsichtlich der im Nilschlamm be- grabenen Monumente auf einem vollständigen Missverstehen der Verhältnisse. Vor Allem lagert sich in Folge wechselnder Strö- mungen die Thalsohle nicht ganz flach ab, so dass in einem Jahr ein sanfter Hügel entsteht — vielleicht durch zufällige Anpflanzung von Gesträuchen, die den Schlamm aufhalten — , wo im nächsten Jahr bei höherem Wasserstand und kräftigerer Strömung Hügel sammt Gesträuch wieder verschwindet und einer ausgewaschenen Mulde Platz macht. Besonders aber wird, wo Menschenhand eingreift (und diess ist überall der Fall, wo der
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eigentliclie Culturboden liegt), jede derartige Berechnung un- möglich, indem das Anschwemmen als ein wesentliches Moment in der Landwirthschaft benützt und mit Leichtigkeit geleitet werden kann. Es kann der Fellah, der einen Damm um das Unterende seines Felde» zieht, in einem einzigen Jahr ein paar Jahrtausende mehr in die scharfsinnigste Berechnung eines eu- ropäischen Gelehrten hineinschwemmen. "
Wir lassen darum die schwindelnden Jahrtausende bei Seite, die sich aus dem Nilschlamm nach Belieben ausrechnen lassen. Das Alter der egyptischen Culturzeit muss sich selber bestim- men aus den Werken der Cultur, aus den Inschriften, Zahlen und Bildwerken auf Stein. Welch ein ehrwürdiges Alter nur die Todtenstadt von Saqära hat, um vom Alter der Sphinx zu schweigen, geht schon aus dem ganz andern Clima und ganz andern Lebensgewohnheiten, Sitten und Bräuchen hervor, welche die bemalten und behauenen Wände „des ewigen Hauses'-, wie die Inschrift zu dieser Todtenstadt heisst, voraussetzen und ver- kündigen. Die neusten Ausgrabungen Mariette-Bey's, des uner- müdlichen Forschers und Begründers des Museums von Bulaq, haben mit Einemmale ganz neue Blicke in die Vergangenheit eröffnet, die nur denen verglichen werden können, welche uns neuerdings die Entdeckungen in den deutschen Sümpfen und Mooren eröffnet haben. Auch hier entstehen aus dem Sumpf alte Generationen wieder, die so zu sagen einer ganz andern Welt angehören, da wir die Brücke noch nicht fanden, welche aus dieser Urgeschichte zur wirklichen Geschichte führt. So viel steht bis jetzt hier wie dort fest: ein vollständig verändertes Clima bezeichnet jene Zeit, die sich in Deutschland durch Gletscher nebst Renthier und Bär charakterisirt, während in Egypten das Fehlen der Wüste zur nothwendigen Voraus- setzung wird. Auf der Sinaihalbinsel schon hatte ich einigemale Veranlassung, auf frühere wasserreiche Zeiten hinzuweisen, dess- gleichen die absolute Unmöglichkeit darzuthun, dass einst, wenn die Wüste schon bestanden hätte, aus der Wüste von Hamamat und Abu Goueh die Steincolosse zu den thebaischen Bauten hätten geliefert werden können. Diese Bauten von Theben er-
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reichen nun nahezu das Jahr 3000 vor Christus; lange vor ihnen aber stunden schon die Pyramiden und die TodtenstUdte von Memphis, die nach den neuerstandenen Bildern und Inschriften den Mittelpunct darstellen eines alten Reiches mit vollendeter Gesittung und entwickelten Yolksgebräochen, das ganz Egypten beherrschte. Es versäume doch Niemand, dem es möglich ist, einen Gang zu machen durch die älteste bekannte Todtenstadt d e r W e 1 1 , durch das frisch eröffnete S a q ii r a , namentlich um den Contrast zu den thebai sehen Königsgräbern zu fühlen. In Theben sind überall schon die zahlreichen Bilder eines priesterlichen Rituals in die Todtenkammern eingedrungen, Isis und Osiris schmücken die Wände; abergläubische Schauderbilder aus der Unterwelt weisen darauf hin, dass der Priester die Oberhand gewonnen hat und die Macht besitzt, die Prüfungen der Seele abzukürzen. Von dem Allem hat Saqära noch nichts. Hier ist der Todte in Mitten seiner Frau und Kinder, seiner Diener, Hunde und grü- nen Affen. In Basrelief ist das Bild des Todten vielfach an den Ehrenplätzen angebracht mit seinen Titeln, seiner Lebens- geschichte, mit auffallenden Gebrechen oder sonst einem kennt- lichen Signalement. Er lebt auf dem Bauernhof, in leichten auf Säulen gestellten Bauten. Seine Hausthiere sind Ochsen , Esel, Hunde, Affen, Antilopen, Gazellen, Gänse, Kraniche, Enten, Storchen und Turteltauben. Keine Spur in der ganzen Todtenstadt vom Kameel, dem unentbehrlichen Hausthier Egyptens, seit die Wüste besteht, kein Bild noch von Pferd, Giraffe, Elephant, Schaf oder Huhn. In die häuslichen Einzel- heiten, die ein harmloses landwirthschaftliches Leben bekunden, mischen sich Erinnerungen an die Laufbahn des Todten, an seine Reisen, seinen Handel, Spiele und Tänze, niemals eine Spur kriegerischen Lebens (wenigstens vor der 12. Dynastie) und sehr wenig religiöses Ritual. Das „ewige Haus" ist noch keine Gott geweihte Capelle, in der Osiris herrscht, sondern der Todto selber ist in seinem Hause Herr und Meister, der Hausgott, auf den sich Alles bezieht, und seine Todtenkammer ist die Stätte, wo er seine Gewohnheiton und Behaglichkeiten des Lebens findet.
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"Welch ein Unterschied zwischen dieser Lebensanschauung des ältesten Egyptens, genommen aus der Todtenstadt von Sa- qära und den Pyramiden, und der Lebensanschauung des thebai- schen Egyptens, genommen aus den Königsgräbern von Qürna und Medinet Habu ! Man weiss nicht, was längere Zeit zur Ein- führung braucht, ein so veränderter Volksglaube oder die Ein- führung und Verbreitung neuer Hausthiere. Das Kameel fehlt selbst noch auf den Tempelwänden von Theben und war sicher- lich zur Zeit der Gründung von Theben nicht eingeführt, denn es gab noch keine Wüste; Prachtbauten, wie im Assassifberge oder in Denderah und die Riesenbauten der "Welt, zu denen wir heute nur im tiefsten Gefühl eigener Armseligkeit hinanblicken, solche Bauten setzt man in keine "V^ste abseits, in die man nur mit Noth und Mühe gelangt. Tausende von Wänden be- deckt man nicht vom Boden bis zum Plafond über und über mit Inschriften, Malereien und Sculpturen, dass sie ungesehen in Grabesnacht bleiben, sondern dass man die- Schrift liest und die Kunstwerke sieht. Die Reste des ältesten und des alten Egyp- tens reden so laut von dem veränderten Clima der Nilländer, als das Gerolle in den Wadi's der lybischen Wüste von Was- serfluthen Zeugniss gibt, ob auch heute jahraus jahrein kein Tropfen mehr fliesst.
Wir kamen unvermerkt von der BodenbeschafFenheit der egyptischen Berge auf das Leben zu sprechen, das einst auf diesem Boden gewachsen ist, und glauben nicht missverstanden zu werden, wenn wir auch dieser geistigen Blüthe des Bodens zum Schluss unsere Beachtung schenkten. Steht doch thatsächlich immer die geistige Kraft eines Volkes im engsten Zusammenhang mit dem Clima. Heutzutage erlahmt die Energie selbst eines kräf- tigen Europäers unter der Sonne von Egypten; von einem gei- stigen Arbeiten, von Studien, wie wir sie in Europa gewohnt sind, ist in Afrika geradezu keine Rede. Man erschlafft, wird träge und faul, man fängt an zu bummeln und macht es, wie es jeder Orientale macht, denn man fühlt, dass das natürlich ist und der Luft entspricht, in der man lebt. Eine geistige Thä- tigkeit, wie zu den Zeiten der Griechen, da Alexandria der
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Mittelpunct aller Künste und Wissenscliaften, eine wahre Welt- universität mit der reichsten Bibliothek der Erde war, oder wie zu den Zeiten der Platoniker bis in die ersten christlichen Jahr- hunderte, da die tiefsten Denker der Kirche, ein Gnostiker Ori- genes, ihre religiös-philosophischen Systeme entwickelten — ein derartiges Schaffen der Gedanken setzt ganz nothwendig ein anderes Clima, eine feuchtere Luft in Egypten voraus. Auf dem gegenwärtigen Boden des Nillandes wird kein philosophisches System mehr erblühen und mit keiner Macht der Welt könnte man eine Universität, die nur entfernt einer europäischen gliche, dorten erstehen lassen.
So nahe daher auch wegen seiner Geschichte der Orient dem Abendländer steht ipd so heimisch wir uns geistiger Weise gemacht haben in den Bergen und Thälern der Sinaihalbinsel und Palästina's, so nahe endlich auch der Naturforscher die Schichten des Orients mit europäischen in Verbindung bringt, so unerklärt bleibt doch immer die ganze grosse Vergangenheit dieser Stätten ohne die Voraussetzung der tiefgreifendsten cli- matischen Veränderungen, die ebensowohl in geologischen Ni- veauschwankungen als in cosmischen Wandlungen ihre letztere Ursache haben.
Erklärung der Tafeln.
Tafel IV.
1. Actaeonella Salomonis Fraas, aus dem Wadi Jos bei Jerusalem pag. 240.
2. Actaeonella syriaca Conr., ebendaher pag. 239.
3. Phasiamlla Ahsalonis Fraas, ebendaher pag. 240,
4. Chemnitzia syriaca Conr., aus dem Baculitenkalk am Bahr Lut pag. 243.
5. Tv.rritella Adidlam Fraas, AduUamthal zwischen Marsäba und Bethlehem pag. 242.
6. Nerinea Mamülae Fraas, Kreidekalk von Mamilla pag. 241.
7. Hippurites syriacus Conr., "Wadi Jos bei Jerusalem pag. 229.
8. Nummulina cretacea Fraas, aus dem Hippuritenkalk bei Jerusa- lem pag. 227, a. natürliche Grösse, b. die Hälfte des Querschnitts 4mal vergrössert, c. ein Viertheil des Scheibenschnitts 8mal vergr.
9. Crassatella Rotliii Fraas, Kreidemergel vom Djebel Tor bei Je- rusalem pag. 234.
10. Nerinea longissima Reuss, Mamillateich pag. 242,
11. „ Schickii Fraas, Mamillateich pag. 242.
12. Dentalium Wilso7ii Fraas, Marsaba pag. 239.
13. „ octocostatum Fraas, ebendaher pag. 239.
14. Trigonia distans Conr., ebendaher pag. 237.
15. Badiolites Mortoni Zittel, "Wadi Jos pag. 230, unter der Loupe vergrössert.
16. ßacuUtes anceps Lmk. , Kidronthal oberhalb der Bahr Lüt. pag. 252. a, Seitenansicht, b. Querschnitt.
17. Ditto vom Bahr Lüt p. 252.
18. Ammonites Goliath Fraas , Oelberg bei Jerusalem pag. 249. a. Seitenansicht, b. Rückenansicht.
Tafel V.
1. Lohocarcinns Cairensis Fraas. ^ von Bihr el Fachmeh östl. Cairo. pag. 299,
2. Scheere von demselben Individuum von aussen gesehen pag. 300.
3. Sternum mit der Basis der Füsse von dems. Individuum pag. 300.
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4. Lohocarcinus Paidinc-Württe)iihergicits v. Mey, ^^ vollständigstes Exemplar von oben gesehen, aus den Steinbrüchen des Mokattam bei Cairo pag. 296.
5. Derselbe: Maulgegend mit den Kiefern, die Kieferfüsse sind abge- sprengt ■worden.
6. Derselbe: vollständiger Scheercnfuss.
7. Derselbe: ein Stück Schale, unter der Loupe vergrössert.
8. Derselbe: Endglieder derFüsse, von der Seite des Thorax gesehen.
9. Lohocarcinus PanUno-Wurttcmherijiciis v. Mey, O a. von oben gesehen, b. von unten, mit blosgelegtem Abdomen und Sternum imd dem Kieferfusspaar pag. 298.
10. Derselbe: Sternum mit den Ovarien, das Abdomen wurde abge- sprengt.
11. Callianassa nilotica Fraas, Scheerenballen vom Todtenberg bei Assiüt: a. der bewegliche Finger, b. von innen, c. von aussen an- gesehen pag. 259.
Tafel VI.
1. Patella caire7isis Fraas, Ausguss der Innenseite der Schale, aus dem unteren Steinbruch des Mokattam bei Cairo pag. 291.
2. Vioa Cerithn Fraas, Mokattam pag. 293.
3. Porocidaris serrata Arch., Mokattam p. 261.
4. a. b. Terebratella 2:>'jrainidar)(m Fraas bei den Pyramiden p. 280.
5. a. b. Ostrca JReiliiFraaa, Mokattam von oben und unten gesehen pag. 282.
6. Cardium egyptiacum Fraas, Assiüt pag. 285.
7. Pholas Sinaitica Fraas, Steinkern vom Hadjar el Ma pag. 334.
8. Eiqjatagus Uihei'culosns Fraas, Wüste el Tih pag. 279.
9. Sismondia Logothetii Fraas, Assiüt. a. von oben, b. von unten gesehen pag. 280.
10. Serpula Kephren Fraas, am Fuss der Kephrenpyramide. *) 11—14. Clypeaster egyptiaciis Coqu. , ein Fünftheil des Schildes mit den Fühlergängen. Lybische Wüsto bei Saqara pag. 208.
12. a— c. Das Perisoma, 13. zeigt die Innenseite des Schildes, 14. die Kalktafeln in einem Zustand der Maceration pag. 309.
15. Laganniii dcprcssum Lesk. var. sinaiticdin Fraas, vom Djebel Zeit 100 M. ü. d. M. pag. 333.
*) Diese Art, die im Text vergessen wurde, aufgeführt zu werden, füllt am Fus» der Kephrenpyramide vollständig eine Schichte im Gebirg.
Kleinere Mittlieilungen,
Mausjagd eines kleiueu Wiesels.
Von Forstrath Dr. Nördlinger in Hohenheim.
An einem trüben Kovembertage trieb sich vor meinem Fenster ein kleines Wiesel, Miistela vulgaris, herum. Einen Balustradeneckstein umfliegend und flatternd bezeichneten ein Dutzend Sperlinge und etliche Finken das ungefähre Versteck des kleinen Raubthieres. Dieses stürzte plötzlich hersor, mitten unter die beflügelten Gaffer, welche sich der- massen keck in seine Kähe wagten, dass ich mich jeden Augenblick versah, einen derselben zur Beute des Wiesels werden zu sehen. Auf kaum Meterentfernung Hessen sie sich auf der Strasse, dem niedrigsten Ge- büsche, der Balustrade nieder, ofi'enbar neugierig den raschen Aus- fällen des Wiesels zuschauend. Von diesem konnte man nicht sagen, dass es den genannten Vögeln nachgestellt hätte, obgleich es doch sicher- lich einen allzudummen oder allzukecken Spatzen nicht wohl ver- schmäht haben würde. Nach einer Recognoscirung in der Richtung des nahen Fohlengartens überschritt das Wiesel den breiten Weg und versteckte sich unter hohen Grasbüschen an den dicken Zaunpfosten. Jeden Augenblick streckte es den Kopf vor und machte Männchen, um besser zu sehen und zu horchen. Die beobachtenden Sperlinge und Finken legten auch jetzt wieder grosse Sorglosigkeit an den Tag. Einer der letzteren, der eben das Wiesel umschwärmt hatte, vergass so schnell die Gefahr, dass er sich auf die vorüberziehende Strasse niederliess und Körner suchte, wo ihn das unter den Grasbüschen so bequem verborgene Wiesel hätte mit Leichtigkeit erreichen können.
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Indessen sprang eine starke Feldmaus in der Nähe des Wiesels durch das Gras und Laub und gleich darauf seiner Fährte nach in grossen Sätzen das Wiesel, so dass ich denken musste, die Sprünge gelten der Maus, diese konnte jedoch, ohne erreicht zu werden, sich verbergen, ■während das Wiesel vielleicht durch die Unbekanntschaft mit der Oertlichkeit oder durch Annäherung einiger des Wegs kommenden Personen bestimmt, sich wieder nach dem Verstecke zurückzog. Wieder aber wurde die Maus fast an derselben offenen Stelle sichtbar, und alsbald stürzte ihr das Wiesel in gleicher Weise wie vorhin nach. Im Nu war ihr der Process gemacht, denn obgleich das Wiesel sich sogleich von Neuem unter einen Grasbusch flüchtete, lag schon die Maus zappelnd auf dem Rücken, von einem der zuschauenden Sperlinge, qiä faisait le Saint esjJrit, wie der Franzose sagt, neugierig über- flattert, jedoch nach wenigen Secunden vom Wieselchen abgeholt und mit hochgebogenem Hals sicher über die Strasse hinüber unter den ursprünglichen Balustradenstein getragen. Von hier aus wäre das Wiesel gern in entgegengesetzter Richtung, der Vorderseite des Schlosses entlang weiter gegangen. Es stellte in der That bald mit, bald ohne Maus Excursionen in dieser Richtung an. Doch schien es ihm nicht gerathen, mit seiner Beute so gar öff'entlich auf der breiten Strasse seinem ver- muthlichen gewöhnlichen Aufenthaltsorte zuzuwandern. Es entschloss sich desshalb, eine Zeitlang noch durcli Sperlinge verrathen, dann aber unberufen im Schutze der Balustrade auf einem Umweg nach dem- selben Ziele zu gehen.
Merkwürdig schien mir die geschilderte Dreistigkeit der Sperlinge und Finken gegenüber dem Wieselchen und dass dieselben durchaus das Lärmgeschrei nicht erhoben, womit kleine Vögel ihre befiederten grösseren Feinde, wie Sperber, Eulen und dgl. zu verfolgen pflegen.
Ausgegeben im August 1867.
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Druck V" C Heniler, Siutt^art.
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