m, if ^■i:? -^..:g|^ ^y--/. I 1m!lymyyf.^A >^ 0 ^ ^ibrariT üf ih Sluseum OF COMPARATIVE ZOOLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. jFountfetJ öl) j)rfbate sufiscrfptfon, fit 1861. JAHRE SHE FTE des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. Herausgegeben von dessen Redactienscommission Prof. Dr. Schwendener in Tübingen, Prof. Dr. H. y. Feh- ling, Prof. Dr. 0. Fraas, Prof. Dr. F. v. Krauss, Prof. Dr. P. V. Zech in Stuttgart. VIERUNDDREISSIGSTEK JAHRGANG. Mit 8 Tafeln und 9 Holzschnitten. STUTTGART. E. Schweizerbarfsche Verlagshandlung (E. Koch). ' 1878. K. Hofbuohdruckerei Zu Guttenberg (Carl Grüninger) in Stuttgart. Inhalt. Seite I. Angelegenheiten des Vereins. I Bericht über die zweiunddreissigste Generalversammlung den 24. Juni 1877 in Reutlingen. Von Oberstudienrath Dr. F. V. Krauss 1 1. Rechenschaftsbericht über das Jahr 1876/77. Von Ober- studienrath Dr. F. V. Krauss 6 2. Zuwachs der Vereins-Naturaliensammlung. A. Zoologische Sammlung, von Dr. F. v. Krauss . . . 11 B. Botanische Sammlung, von Prof. Dr. Ahles . . . . 18 3. Zuwachs der Vereinsbibliothek, von Dr. F. v. Krauss . . 21 4. Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1876/77. Von Hofrath Ed. Seyffardt in Stuttgart 35 5. Wahl der Beamten 41 6. Nekrolog des Dr. Emil Schüz in Calw. Von Dr. Wurm in Teinach 43 7. Nekrolog des Gustav Walz, Direktors in Hohenheim. Von Prof. Dr. Weber in Tübingen 52 8. Nekrolog des Carl Deffner in Esslingen. Von Prof. Dr. 0. Fraas in Stuttgart 61 II. Vorträge und Abhandlungen. 1. Mineralogie, Geognosie und Petrefactenkunde. Ueber einige fossile Harze vom Libanon. Von Prof. Dr. Bronner in Stuttgart 81 Ueber Asphalt und Graphit aus den Pfahlbauten von Schus- senried. Von Hüttendirektor Dr. Dorn in Tübingen . . 95 Ueber die Rheincorrection von Ragatz bis zum Bodensee und über eine Karte des Pegelstandes und der Wasserabfluss- mengen aller Schweizer Flüsse. Von Bauinspektor Hoch- eisen in Balingen 100 Beitrage zur Kenntniss der fossilen Fische aus d.r M . ^°"° von Baltringeu. Hayfische. Von PWr Br P ^ '' Essendorf. (Hie™ Tafel I) ^'- ^'"^^^ '" in Reutiingen. (SrÄr™"'- "^^ '"" ^'"^ Geologisches aus de. lÜ" ^f ^T o" Fraa ' ^ "' Stuttgart. (Hiea, Tafel III-VIII) ^*' '" ""a^TrKSlT^f "-^«- -" -- ---- " 393 2. Botanik, alt Sit:- «— VonProf.Br. Sch.en- üeber die sogenannten insektenfressenden' Pflanzen ' ^n^ ^^ Garteninspektor W. Hochstetter in Tübingen . "tÄ^iirirnei-r^^^^^^^^^ 106 111 Wüm Naturw Jahresli Jahrg XXX1V(1878.) ^ ,«4. -d^ S S ^ , 2 S 4 3 'i ^ ^^i^ -^ w V ^^> 18 I& m k /i äk dd^ä^ 2* Zff JO 31 3Z 33 J-i 35 36 .1/ 38 3.0 40 'H 4-3 4 db ^ ^^^ g4 li 4 ^ .55 '> •«■ 4 *<^ ä -I ^ö- -^r -*^ 4^f <:^ ffo er (fS« 6.1 68 69 I I. Angelegenheiten des Vereins. Bericlt der zweiDiiiidreissigsten eeiieralTersammlniig den 24. Juni 1877 in Reutlingen. Von Oberstudienrath Dr. v. Krauss. Nach dem Vorbild des Oberschwäbiscben und Schwarzwälder Zweigvereins und einiger Naturfreunde in Neuenstadt a. L. haben sich auch in Reutlingen mehrere Männer aus verschiedenen Kreisen vereinigt, um sich in periodischen Zusammenkünften über natur- wissenschaftliche Forschungen, insbesondere über die des Heimath- landes zu besprechen und damit die Zwecke unseres Vereins zu fördern. Eine von diesen Mitgliedern an die vorjährige General- versammlung in Stuttgart ergangene Einladung, das diessjährige Fest in der alten Reichsstadt abzuhalten, wurde desshalb mit grosser Freude aufgenommen. Die städtischen Behörden haben hiezu ihre schönen Räume mit sehr anerkennenswerther Bereit- willigkeit zur Verfügung gestellt. Der Rathhaussaal, durch Herrn Dr. Lucas mit gut kultivirten und seltenen Pflanzen des pomologischen Instituts geschmackvoll dekorirt, war für die Ver- handlungen bestimmt und in dem Nebensaal waren interessante naturhistorische und ethnographische Sammlungen zur Besich- tigung ausgestellt. Auch die Freunde der Botanik hatten diessmal Gelegenheit, sich an dem Anblick mehrerer eigenthümlicher Pflanzen zu er- Württemlj. naturw. Jahreshet'te. 1878. 1 — 2 — freuen. Herr Universitätsgärtuer W. Hoch st et ter in Tübingen hatte die Gefälligkeit aus dem botanischen Garten die so- genannten insektenfressenden Pflanzen Sarracenia, Cephalotus<) Nepanfhes, Utricularia, Aldrovanda, Dionaea, Drosera, Bro- sophyllum in schön kultivirten Topfpflanzen mitzubringen. Herr Reallehrer F e t s c h e r in Altshausen legte einige seltene Sumpf- pflanzen, darunter eine blühende Stratiotes aloides Lin. aus dem Altshauser Weiher in frischen Exemi^laren vor; ebenso war die Flora der Schwäbischen Alb vertreten, indem Herr Apotheker Fehl eisen in Reutlingen eine Anzahl blühender Orchideen der Glemerwiese herbeibrachte. Besonders dankbare Anerkennung fand Herr Geognost Hildenbrand in Ohmenhausen für die grosse Mühe, mit der er neben vielen anderen Liasversteinerungen mehrere wohl- präparirte Saurier zur Ausstellung lieferte, unter welchen als Seltenheit ein Ichthyosaurus mit ß Embryonen hervorzuheben ist. Auch die Herren Gerichtsnotar El wert von Balingen und Rechtsanwalt Hahn in Reutlingen hatten seltene Petrefacten aus dem Jura zur Ansicht vorgelegt. Ferner waren noch Schmetterlinge ^ und Käfer von Herrn Adolph Keller in Reutlingen und von Herrn Dr. E. Hof- mann in Stuttgart eine Sammlung nützlicher Insekten in den verschiedenen Entwicklungsstufen vorhanden. Von ethnographischen Gegenständen hatte Herr Carlos Majer aus Reutlingen eine sehr reiche und kostbare Sammlung insbesondere von Waffen und Geräthschaften aus den Fidji-Inseln auszustellen die Güte. Nach 10^2 Uhr begrüsste der Geschäftsführer Herr Rechts- anwalt 0. Hahn in Reutlingen die Versammlung mit folgen- der Rede: Ich heisse Sie willkommen, meine Herren , in den Mauern der alten Reichsstadt Reutlingen, deren Dank ich zugleich aus- zusprechen habe dafür, dass Sie ihrer Einladung so zahlreich gefolgt sind. - 3 — Es ist meine Pflicht, Sie in der Stadt, wo Ihre Ver- sammlung- tagt, etwas herumzuführen. Ich beginne, wie ja alle Deutsche thun, mit der Geschichte. Es ist eine Erfahrung, dass die älteste Kultur sich in den Seitenthälern der Ströme und Flüsse, in den hinteren Berg- schluchten länger erhalten hat, als in den grossen Thälern selbst. So finden Sie hier in den Namen der Gewände, der Berge eine Fülle von Wörtern, welche nur aus der heidnischen Zeit stammen können : ja es ist wohl der beste Beweis hohen Alters, wenn ein Name, wie z. B. der der Achalm gar nicht oder kaum mehr erklärt werden kann. Ich darf hier an unseren verstorbenen Landsmann Dr. Theo ph il Rupp erinnern, welcher in seiner „Vorzeit Reutlingens", Reutlingen - Stuttgart 1869, gezeigt hat, wie man mit fleissigem Forschen jeden Ort zum Ausgangspunkt wissenschaftlicher Forschungen machen kann. Hier sehen Sie an der Spitalkirche das Bild einer Gans mit einem Mädchenkopf und herausgestreckter Zunge, welches als ein Bild einer der Frau Nerthus verwandten Gottheit gedeutet wurde. Hier wurde ein Stein mit der Sonne und Runenschrift gefunden. Nicht weit von hier ist Belsen mit dem Bilde des Bei (frö). Bekanntlich sollten diese Götzenbilder durch Ein- mauerung in die Kirchen unschädlich gemacht werden. In der Nähe von Reutlingen am Opferstein wurden keltische Gold- münzen (Regenbogenschüsselchen) gefunden, ebenso bei Ohmen- hausen, wovon ich hier einige vorlege. Die bedeutendsten Spuren früherer Niederlassung finden wir aber in Pfullingen, wo östlich von der Laiblen'schen Fabrik seit Jahren immer wieder alemannische Reihengräber aufgedeckt wurden. Eine grosse Zahl der schönsten Schmuckgegenstände unserer Sammlungen stammen dorther. Auch von diesen sind einige aufgelegt. Doch wir wollen nicht zu lange in diesen Zeiten verweilen. Wer sich die Sache selbst ansehen will, hat die beste Gelegen- heit. Versetzen wir uns in eine spätere Zeit Reutlingens, in die Zeit, welche durch unsern U hl and wohl für immer mit der Glorie der Dichtung umgeben ist. Wer kennt nicht das Wahr- __ 4 — zeichen Reutlingens, welches das Lied der Reutlinger Schlacht so trefflich darstellt: ,Wie haben da die Gerber so meisterlich gegerbt, wie haben da die Färber so purpurroth gefärbt!" Ja, meine Herren, Sie sind heute in der Stadt der Gerber und Färber: in der Stadt, die immer kampfbereit dastand, trotz- dem dass sie nie reich und gross war, wie ihre Schwesterstädte Ulm und Augsburg. Vielleicht trug gerade dieser Umstand die Schuld, dass die Stadt es zu keiner grossen Blüthe brachte. Nur Eines bitte ich, die Stimmung, das Gefühl aus jenem Liede, das Gefühl einer gewissen Bangigkeit und Unsicherheit nicht auf die Gegenwart zu übertragen. Reutlingen war es, welches im Jahr 1247 eine mehr- raonatliche Belagerung Heinrich Raspe's aushielt und zum Dank dafür, in Ausführung eines Gelübdes, die Marienkirche baute, deren Schiff so lang sein soll, als der von Raspe zurück- gelassene Sturmbock. In der Reformation war Reutlingen die zweite Stadt, welche die Augsburgische Confession durch die Hand ihres damaligen Bürgermeisters, eines Wein^ärtners Jos ua Weiss, unterzeichnete, wesshalb Sie das Wappen Reutlingens im Luther-Denkmal in Worms finden. Im (Zoll-) Kampf mit dem ihr Gebiet umschliessenden Württemberg hatte die Stadt stets zu leiden. Die württem- bergische Burg Achalm schaute wie ein drohendes Gespenst auf sie herab, und zu allem Aerger musste Reutlingen noch die Gebäude derselben erhalten. Da in einer schönen Nacht er- glühte eine Röthe über der Burg — sie brannte ab — mau sagte, nicht ganz ohne Vorwissen des löblichen Magistrats von Reutlingen. Im Jahr 1726 brannte die Stadt fast ganz ab, woraus sich manche Eilfertigkeit in den Bauten der Stadt erklärt. Im Jahr 1806 kam Reutlingen an Württemberg und wurde für eine der sieben guten Städte erklärt. Die seitherige Geschiclite ist zu bekannt, als dass ich sie besonders aufzuführen hätte. De^- Geist der alten Reichsstadt ist nicht sobald aus ihrem AVeichbild gewichen. Die Kedner- bühne, von welclier ich spreche, hat schon ganz andere Reden gehört als diejenigen, welche heute von hier aus gesprochen werden werden, sie stammt aus dem Jahre 1848 und heisst im Volksmunde „die Krautstande". Nun, meine Herren, genug hievon. Nur von einem wilden Most ist ein kräftiger AVein zu erwarten. Doch da spreche ich eben ein grosses Wort gelassen aus, ein Wort, das uns aus der Geschichte in die Natur, deren Erforschung ja unsere heutige, die Aufgabe unseres Vereines ist, führt. Ein jeder Ort hat gewisse Worte, welche man dort nicht leicht hört, ohne als Folge einen mehr oder minder grossen Grad von Aufregung zu sehen. Wenn ein Fremder in Reut- lingen von dem Wein spricht, wird er immer gewisse Unruhe in den Mienen seiner eingesessenen Nachbarn bemerken. Spricht man von Prinz Eugen und Belgrad, so geschieht diess nicht ohne einige Gefahr. Ein Nichteingeweihter kann sich die Flammenröthe auf den Gesichtern bei solchen unschuldigen Worten nicht erklären. Meine Herren, Sie wissen das Geheimniss und der heutige Tag wäre sicher nicht unter den unbedeutenden in der Geschichte Reutlingens zu verzeichnen, wenn es ihm gelänge, durch recht eifrige und vielseitige Proben und Versuche einen geschichtlichen Mythus zu zerstören. Ich bitte Sie also, diesem Gegenstand nach Sohluss Ihrer Versammlung Ihre volle Theilnahme zu schenken. üeber weitere botanische Merkwürdigkeiten Mittheilang zu machen, überlasse ich den ausgezeichneten Männern vom Fach, welche wir heute in unserer Mitte sehen. Ich gehe über auf den Theil der Naturwissenscliaft, in welchem ich mich besser zu Hause fühle, die Geologie von Reutlingen. Sie wissen, dass diese Gegend es war, welche Leopold von Buch die ersten Aufschlüsse über die Lagerung der Gebiigsschichten gab. Sie wissen, dass eine Schule von Männern von hier oder wenigstens aus unserer nächsten Nähe ausging, welche die Wissenschaft der Geologie zu einem grundlegenden — 6 — Abschluss brachte. Hiezii lieferten eben die Berge von Reut- liogen das Material. Meine Herren, Sie stehen hier auf urheiligem Boden, dem Boden der Riesen-Saurier, der Ammoniten (von welchen Sie einige Prachtexemplare ausgestellt finden), der Belemniteu, Terebrateln, ja, wenn Sie aus unserem Kalke einen Dünnschliff für das Mikroskop fertigen, so sehen Sie statt der homogenen Masse nichts als jene unendlich kleinen Wesen, welche nach den neuen Forschungen die Bausteine zu den Gebirgen hergeben mussten, so dass nur ein Theil der Masse noch als Mörtel er- scheint. Sie wandeln hier buchstäblich auf dem Rücken der Saurier, Sie wandeln im Urschleim, im Bathybius des Jura-Meeres, noch schwimmt auf unserem Wasser der Thran der Fische aus jener Zeit. Doch genug hievon, das sind bekannte Dinge. Es wird auch wohl kaum nothwendig sein, Ihnen alle die Naturschön- heiten unserer näheren und nächsten Umgebung vorzuführen. Sie sind eingeladen, letztere nach Tische auf einem Spaziergang über das pomologische Institut selbst anzusehen. Möge der heutige Tag in der Geschichte unseres Vereins, wie im Leben seiner Mitglieder nicht zu den verlorenen gezählt werden, was in unserer geringen Macht liegt, wollen wir dazu beitragen und damit noch einmal willkommen, herzlich will- kommen ! Zum Vorsitzenden für die heutigen Verhandlungen wird Oberstudienrath Dr. v. Krauss gewählt. Oberstudienrath Dr. v. Krauss trug folgenden Rechenschafts-Bericht für das Jahr 1876—1877 vor. Meine Herren! Im Auftrag Ihres Ausschusses habe ich die Ehre, Ihnen über die Vorkommnisse im verflossenen 33. Jahre unseres Vereins Bericht zn erstatten. Es ist bisher eine allseitig anerkannte Sitte gewesen, dass der Verein den auswärtigen naturwissenschaftlichen Gesellschaften, — .7 — mit welchen er in Verbindung steht, zur Feier eines grösseren Zeitabschnittes ihres Bestehens und ihrer Wirksamkeit seine Glückwünsche dargebracht hat. Um so viel mehr darf Ihr Vorstand hoffen, im Einver- nehmen aller Mitglieder gehandelt zu haben, wenn er die Ein- leitung getroffen hat, dass unser Verein sich auch seinerseits an der im ganzen Vaterlande freudig begrüssten 400jährigen Jubel- feier der Eberhard-Karls- Universität in Tübingen in würdiger Weise betheiligen wird. Mit Stimmeneinhelligkeit hat auch Ihr Ausschuss seinen Antrag gutgeheissen und beschlossen, dass an der im August dieses Jahres stattfindenden Feier vom Verein eine für dieses seltene Ereigniss entsprechend ausgestattete Festschrift überreicht werden soll. Hiezu bot sich in der durch das K. Naturalien-Kabinet von Oberkriegsrath Dr. v. Kapff erworbenen prachtvollen Gruppe von 24 gepanzerten Vogelechsen (Aetosaurus ferratus Fraas) aus dem Stuttgarter Stubensand, die für die Wissenschaft ganz neu sind, der geeignetste Gegenstand, dessen Bearbeitung mit künstlerisch ausgeführter .bildlicher Darstellung Professor Dr. 0. Fraas vorgeschlagen und mit aller Bereitwilligkeit über- nommen hat. Da die in Quartformat hergestellte Festschrift mit drei grossen Tafeln und mit Holzschnitten die Vereinskasse trotz ihres günstigen Standes in ausserordentlicher Weise in Anspruch nelimen wird, so unterzog Ihr Ausschuss die Frage einer ein- gehenden Berathung, ob sie zur Ersparung der Kosten nur den- jenigen Mitgliedern übergeben werden soll, welche sich für diesen Gegenstand besonders interessiren und die Zusendung unter Betheiliguug an einem entsprechenden Kostenersatz wünschen, oder ob sie alle Mitglieder erhalten sollen. In An- betracht, dass wohl allen Mitgliedern diese Festgabe als ein dauerndes Erinnerungszeichen an die seltene Feier erwünscht sein werde, wurde die Frage in letzterwähnter Eichtung durch einstimmigen Beschluss entschieden und es wird somit dieselbe als drittes Heft des laufenden Jahrganges ausgegeben. Der Verein hat auch im verflossenen Jahr durch den Bei- — 8 — tritt von 86 Mitgliedern wieder einen bedeutenden Zuwachs erhalten, was hauptsiichlich den unermüdlichen Bemühungen des Oberschwäbischen und Schwarzwälder Zweigvereins und der Ver- einigung eifriger Freunde in Reutlingen und Neuenstadt a. L., sowie dem steigenden Interesse für die vaterländische Naturkunde überhaupt zu danken ist. Nur der nordöstliche und fränkische Kreis unseres engeren Vaterlandes hat sich den schon in der vorjährigen Versammlung ausgedrückten Wünschen immer noch nicht angeschlossen. Seine Betheiligung würde unseren Bestre- bungen sehr fördernd sein, zumal unseren Sammlungen aus jenen Gegenden noch die meisten Belege aus dem Naturreiche fehlen, die zur Vergleichung mit den vorhandenen der übrigen Kreise unseres Landes von hohem Interesse sein würden. üeber den Zuwachs der Naturalie n -Sa m mlu ng bin ich in der angenehmen Lage, Ihnen erfreuliche Mittheilungen machen zu können. Es sind als Geschenke übergeben worden: 16 Säugethiere, 152 Vögel mit 24 Nestern und 39 Eiern, 18 Reptilien, 16 Fische, über 7000 Insekten, 10 Krustenthiere, 6 Entozoen, etwa 1800 Mollusken, 2 Gebirgsarten und 9 Petre- facten, 11 Spec. Phanerogamen und 65 Cryptogamen, 31 Hölzer. Die reiche Vermehrung von Vögeln und Insekten verdankt der Vereiu hauptsächlich dem rastlosen und uneigennützigen Sammeleifer des Herrn Kaufmann Hans Simon in Stuttgart. Wie er die Vögel während eines längeren Aufenthalts in Heilig- kreuzthal in vollständigen Familien mit Nestern, Eiern, Jungen und Alten in allen Altersstufen zu sammeln verstand, so ist es ihm mit grosser Geschicklichkeit und Pünktlichkeit gelungen, auch die kleinsten und seltenen Käferchen aus dem Moos, den Riedgräsern und den angeschwemmten Pflanzenresten der Flüsse aufzufinden und aufs Zierlichste für die Sammlung zu präpariren. Und diess hat Herr Simon so emsig betrieben, dass er in diesem und in dem vergangenen Jahr nahezu 10,000 Insekten zum Geschenk übergab, worunter über 100 für Württemberg neue Arten sich finden. Was die vorhandene Insekten-Sammlung betrifft, so hat Ihr Conservator Dr. E. Hof mann nun auch die Käfer, Cicadeu und — 9 — Wanzen iu neuer Aufstellung vollendet und ferner zur Belehrung der Besucher eine instructive Sammlung der nützlichen wie der schädlichen Insekten mit Darstellung ihrer Naturgeschichte und Lebensweise aufgestellt. Durch die Aufstellung von zwei neuen Sammlungskästen war es Ihrem Berichterstatter möglich, die in Folge des starken Zuwachses dicht zusammengedrängten Fleischfresser und Nage- thiere sowie die Raubvögelgruppen nunmehr in übersichtlicher, gefälliger Anordnung ausbreiten zu können, dessgleichen hat der- selbe die lehrreiche morphologische Sammluug der Bäume und Gesträuche sowie die württembergischen Holzarten in Quer- scheiben und Stammstücken, die durch seine Bemühungen nahezu vollständig vorhanden sind, neu geordnet. Die Vereinsbibliothek liat um 451 Bände und Schriften und 7 Karten zugenommen. Dieser werthvoUe Zu- wachs, der wie bisher im 1. Heft des Jahrganges verzeichnet wird, ist den Schenkungen einiger Mitglieder und Gönner, vor Allem aber den durch Ihren Bibliothekar eingeleiteten Tausch- verbindungen mit 109 Universitäten, Akademien und gelehrten Gesellschaften des Auslandes zu danken. Diess wird gewiss von allen freudig begrüsst werden, die sich mit naturwissenschaft- lichen Studien beschäftigen, um so mehr als die meisten Schriften in den einheimischen Bibliotheken nicht zu finden sind. Die Bibliothek kann von den Mitgliedern gegen Einsendung einer Quittung an den Bibliothekar Oberstudienrath Dr. v. Krauss jederzeit benutzt werden. ' Der Verein hat durch Austausch seiner Jahreshefte neue Verbindungen angeknüpft mit der Accademia delle scienze fisiche e matematiche di Napoli, Stazione zoologica di Napoli, Accademia delle scienze dell instituto di Bologna, Societä entomologica italiana di Firenze, Reale accademia dei Lincei di Roma, Accademia Pontificia de'nuovi Lincei di Roma, Reale comitato geologico d'Italia di Roma, — 10 — Societa Veneto-trentina di scienze naturali residenta iu P a d 0 V a, Societa adriatica di scienze naturali in Trieste, Royal Society of New South Wales at Sydney, New Zealand Institute at Wellington, K. Universität in Chris tiania, Archiv for Mathematik og Naturvidenskab inChristi an ia. Naturforschenden Gesellschaft zu Leipzig. Von der Vereinsschrift haben 'Sie schon vor einiger Zeit das erste und zweite Heft des 33. Jahrganges zugeschickt er- halten. Aus dem Inlialt dieses Doppelheftes werden Sie mit Befriedigung entnommen haben, dass zur Kenntniss der vater- ländischen Naturgeschichte wieder wichtige Arbeiten veröffent- licht worden sind. Das 3. Heft mit der Festschrift zur Stiftungsfeier der Universität in Tübingen ist unter der Presse und wird im August in Ihre Hände gelangen. Für die Vorträge, welche auch im vergangenen Winter wieder den Vereinsmitgliedern gehalten worden sind, ist folgenden stets hiezu bereitwilligen Herren der Dank auszudrücken. Es sprachen*. Prof. Dr. V. Zech über die Grösse der Atome, Prof. Dr. 0. Köstlin über Luftdruck und Höhenklima. Unter den gestorbenen Mitgliedern hat der Verein im ver- flossenen Jahre mehrere zu beklagen, die ihm von Anfang seines Bestehens angehört haben und mit warmem Interesse zu- gethan waren. Es sind; Staatsminister Freiherr v. Neu rat h, Obermedicinalrath Dr. v. Ei ecke, Oberstudienrath Dr. v. Riecke, Medicinalrath Dr. Mülle r, Oberbauratli Binder, Director v. Walz Dr. Emil Schüz, Fabrikant Carl Deffner. Ueber die letzteren, die für die Bestrebungen des Vereins in hervorragender Weise gewirkt und für Erforschung der vater- — n — läüdisclien Naturkunde wichtige Dienste geleistet haben, werden Ihnen in der Vereinsschrift aus der Feder ihrer Freunde noch eingehendere Worte der Erinnerung mitgetheilt werden. Endlich habe ich noch die Aufgabe, allen Mitgliedern und Gönnern, welche die Sammlungen und Bibliothek mit Geschenken bedacht haben, im Namen des Vereins den wärmsten Dank aus- zudrücken. Die Schenker und Geschenke sind in den nachfol- genden Verzeichnissen aufgeführt. Die Vereins-Naturaliensammlung hat vom 24. Juni 1876 bis 1877 folgenden Zuwachs erhalten: A, Zoologische Sammlung. (Zusammengestellt von Oberstudienrath Dr. v. Krauss.) I. Säiigetliiere. Als Geschenke: Bhinolophus hipposideros Bechst., Männchen, von Herrn Forstmeister Probst in Zwiefalten; Yesi^erugo noctula Schreb., altes Männchen, von Herrn Eevierförster Frank in Schussenried; Meles Taxus Fall., 2 — 3 Tage altes, noch blindes Weibchen, von Herrn Hofbüchsenspauner Rein hold; Canis vtilpes L., 2 noch blinde männliche Junge, von Herrn Revierförster H e p p in Hirsau ; Canis viilpes L., etwa 4 Wochen altes Männchen, von Herrn Dr. W. Wurm in Teinach; Sus scrofa L. ferus, etwa 4 Wochen altes Weibchen, vom Park Solitude; Cervus capreolus L., 3 Embryonen, von Dr. E. Schüz in Calw; Sciuncs vulgaris L. var. nigra, junges Männchen aus dem Neste, Arvicola glareolus Sund., junges Männchen, von Freiherrn Richard König- Warthausen; — 12 — Aroicola amphihius K. & Bl., Männchen und Weibchen, von Heiligkreiizthal, von Herrn Kaufmann H. Simon in Stuttgart; Arvicola amphihius K. & Bl., Männchen und Weibchen, durch Benagen einer Fichtenkultur bei Klotzenhofen geschadet, von Herrn Forstmeister Paulus in Lorch. IL Vögel. Als Geschenke: Tetrao urogallus L., Fötus aus einem am 5. Juni bei Wildbad gefundenen Ei, von Herrn L. Linck juu. in Heilbronn. Tetrao urogdllas L., drei 5 — 7 tägige Junge und zwei junge Männchen von 4 und 5 W^ochen, aus bei Naislach aufge- fundenen Eiern durch eine Henne ausgebrütet, von Herrn Joh. Nill in Stuttgart; Sylvia rufa Lath., Männchen und Weibchen mit 5 Jungen im Nest, Sylvia Bonelli VieilL, Männchen und W^eibchen mit 5 Jungen im Nest, Calamodyta locustella Penn., Männchen von Herrn Forstcandidat Ebert in Blaubeuren; üpupa Epops Ia, altes Männchen von Vaihingen, von Herrn ührenmacher Grein er in Stuttgart; Turdus musicus L., Nest mit 5 Eiern, Turdus merula, L., Nest mit 3 Eiern, Fringilla coelehs L., Nest, Turtur auritus Ray, 2 Nester, von Herrn Forstmeister Herdegen in Altensteig; Corvus frugilegus C. L., Männchen mit einer weissen Feder im Flügel, von Herrn Revierförster Die m and in Mochenthal; Äccipenser Nistis Fall., altes Männchen in der Mauser, Astur palumharius Bechst., Weibchen mit 3 Eiern, von Herrn Major Graf Dillen -Spi e ring in Däzingeu; Buteo vulgaris, Sechst., Männchen, weissliche Varietät, — 13 — Mareca Penelope Goiüd, junges Mäunchen, von Herrn Oberbüchsenspanner Rein hold; Otus hrachyotus Boie', Weibchen, Sylvia turdoides Meyer, alt, von Herrn Stationsmeister Schneider in Schemmerberg; Milviis regalis Briss., 2 zweitägige Junge und ein Embrj'o, von Herrn Revierförster Frank in Schussenried ; Haliaefus albicilla L., 20. Nov. 1873 bei Laupheim erlegt, von Herrn Apotheker Bayer in Laupheim; GalUmäa cMoropus Lath., Weibchen von Berg, von Herrn Prof. Dr. 0. Fr aas; Stercorarius parasiticus Br., junges Weibchen, von Herrn Staatsminister Freiherrn v. Varnbüler; Oedicnemus crepifans Temm., altes Männchen bei Eglosheim, von Herrn Hauptmann Freih. v. Wagner in Ludwigsburg; ErytJiacus rubecüla Cuv., Nest mit 3 Eiern und einem Kuckucksei, von Herrn Reallehrer L ö r c h e r in Schorndorf; Fernis apivorus L., altes Weibchen mit Nest und 2 Eiern auf einem Fichtenzweig, Pyrrhula rubicilla Fall., junges Männchen, FringiUa coelehs L., Männchen, Weibchen und 2 Junge mit Nest auf einer Forclie, FringiUa cannahina L., Männchen, W^eibchen mit 5 Jungen im Nest und 2 Nester mit Eiern, Emherim citrinella L., 3 Nester mit Eiern auf Schwarzdorn und einem Fichtenast, Älauda arvensis L., jung und Nest mit 5 Eiern, Änthus arhoreus Bechst., Männchen, Weibchen, ausgeflogenes Junges und 4 Junge im Nest, Sylvia sylvicola Lath., Männchen und 7 verschiedene Junge, Sylvia cinerea Bechst., Weibchen und 3 ausgeflogene Junge, Sylvia hypolais Lath., Weibchen mit 3 Jungen im Nest, Sylvia curruca Lath., in der Mauser, Sylvia rufa Latli., 2 Junge, Calamodyta aquatica Latli., altes Männchen, Cyanecula suecica Brehm, junges Männchen, — 14 — Muticilla tithys Brehm, Männchen, Weibchen und 5 Junge im Nest, Pratincöla ruhetra Koch, Männchen, Weibchen mit Nest und 7 Jungen, Erythacus ruheciila Cuv., Männchen, Weibchen und 5 Junge, JRegulus cristatus Koch, Männchen, Weibchen und 3 Junge, Regulus ignicainUtis Licht., altes Weibchen, Certhia familiaris L., Nest mit 3 Eiern, Sitta europaea L., junges Männchen und Weibchen, Hirundo rustica L., Männchen, Weibchen, 6 Junge und Nest, Chelidon urbica Boie, Männchen, Weibchen, 5 Junge, Eier und Nester, Turdus musiciis L., 3 junge Männchen, Oriolus galbula L., Nest, Favus coeruleus L., 2 Junge, Parus cristatus^ L., jung, Muscicapa grisola L., Männchen, Weibchen mit 4 Jungen im Nest und 2 ausgeflogene Junge, Lanius exciibitor L., Weibchen mit 3 ausgeflogenen Jungen, Enneoctonus coUurio Boie, 3 Männchen, Weibchen mit 10 Jungen und Nestern auf Schwarzdorn, 2 Nester mit 7 Eiern auf Apfelbaum, Gecinus canus Boie', Männchen, Weibchen mit 3 Jungen in einem Birkenstamm, von Herrn Kaufmann Hans Simon in Stuttgart. III. Reptilien. Als Geschenke: Lacerta murälis Aldrov., vom Hohenlupfen, von Herrn Prof. Dr. Fr aas; Tropidonotus natrix Kühl, Weibchen mit 24 Eiern, Salamandra maculosa Laur., Junge, von Herrn Thiermaler C. G. Specht; Pelias berus Merr., Männchen und Weibchen, von Herrn Revierförster Frank in Schussenried ; — 15 — Felias berus Merr., Weibchen mit 6 in der Gefangenschaft ge- bornen Jungen, von Herrn Geometer Gerst in Schussenried ; Salamandra atra Laur., Weibchen, von Eisenbach, mit 1 in Warthausen gebornen Jungen, von Freiherrn Richard König-Warthausen; Triton cristatus Laur., 12 Jahre in der Gefangenschaft gehalten, von Herrn Hans Gmelin in Stuttgart. IV. Fische. Als Geschenke: Lota vulgaris Cuv., sehr selten, Trutta fario L., sehr selten, Tinea vulgaris Cuv., alle 3 Arten aus der ßiess, von Herrn August Angele in Warthausen; Gohio fluviatilis Cuv., Phoxinus laevis Ag., aus den Riedgräben, von Herrn Gutsbesitzer Hess in Pfrungen. V. Insecten. Als Geschenke: Coccus mali Schrank, auf Celastrus scandens, von Herrn Forstmeister Herdegen in Altensteig; Lepidopteren, 46 Arten in 112 Stücken mit biologischen Gegen- ständen, von Herrn Dr. E. Hof mann; Coleopteren, 4 Arten in 16 Stücken vom Schwarzen Grat, Äcarus domesticus de Gee'r, aus neuen Möbeln, von Herrn Prof. Dr. G. Jaeger; Raupen von CälUgenia rosea Fabr. und Hy]oocam]pa 3Iilhauseri Fab. Ichneumoniden, 3 Arten in 6 Stücken, von Herrn Xylograph Michael; Larven von Cetonia marmorafa Fabr., von Herrn Decorateur Scheiffele; Carabus nodulosus Creutz., von Wolfegg, von Herrn Apotheker Duke in Biberach; — 16 — Hymenopteren, 16 Arten in 26 Stücken, Lepidopteren, 10 „ n 16 „ von Herrn Stadtdirectionswundarzt Dr. Steudel; Luperiis rufipes Fabr., den Früchten und Blättern der Birnbäume schädlich, von Herrn Theodor Lind au er; Galleruca nympliaeae L., Männchen und Weibchen in der Be- gattung, auf Nymphäen im Federsee, von Herrn Oberstudienrath Dr. v. Krauss; Ichneumoniden, 4 Arten in 8 Stücken, von Herrn Xylograph Bauer; Coleopteren, etwa 100 Arten in 300 Stücken, nach einem Wolken- bruch aus angeschwemmten Pflanzenresten gesammelt, von Herrn Kaufmann Hermann Reichert in Nagold und durch Herrn H. Simon präparirt; Nester mit Eiern von Gryllotdlpa vulgaris L., Hylaeus grandis XU. mit Larven, von Herrn Apotheker Valet sen. in Schussenried ; Coleopteren, etwa 600 Arten in 5396 Stücken, Hemipteren, 15 Arten in 37 Stücken, von Herrn Kaufmann Hans Simon. VL Criistaceen. Als Geschenke: Astaciis saxaülis Koch, 4 alte Männchen, von Herrn August Angele in Warthausen; Apus cancriformis Latr., 6 Weibchen aus Eiern aus Wien er- zogen, von Herrn Dr. E. Zell er in Winnenthal; VIL Eiitozoen. Als Geschenke: Taenia cucumenna Bloch, ohne Kopf, von einem halbjährigen Kinde, das nie Fleisch gegessen, von Herrn Dr. Salz manu in Esslingen; — 17 — Taenia solium L., 4 Meter lang mit Kopf, aus einem 42jälirigen Mann abgetrieben, von Herrn Prof. Dr. Fraas. VIII. Mollusken. Als Geschenke: Helix edenhila Drap., R. villosa Drap., H. Cohresiana v. Alten, H. arhustorum L. var. straminea, Bulimus montamis Drap., ClausiUa Uneölata Held, (neu für Würt.) und Gl. orthostoma Mke., zusammen in etwa 160 Stücken, aus dem AUgäu, von Freiherrn Richard König-Warthausen; Helix pomatia L. var. turrita aus dem Schneckengarten in Streichen, von Herrn Pfarrer Hart mann in Frommern; Heliceen, 10 Arten, darunter Vifrina pellucida Müller, F. dia- phana Drap., Helix aculeata Müller, in etwa 80 Stücken, von Herrn Kaufmann H. Simon; Limax laevis Müll, (hrunneus Drap.), Helix personata Lk., Clau- siUa 5 Arten, Limnaeus 4 Arten, Planorbis 2 Arten, Cyclas 2 Arten, zusammen in 269 Stücken, von Herrn Reallehrer Lörcher in Schorndorf; Yitrina diapJiana Dr., Helix 2 Arten, Pupa 2 Arten, 1 ClausiUa aus Wiesensteig, in 180 Stücken, ClausiUa 5 Arten, darunter Cl. lineolata Held aus Oberschwaben, in 90 Stücken, von Herrn Unterlehrer Mangold in Wiesensteig; 26 ClausiUa Braunii Charp., vom Kriegsberg, von Herrn Otto Buchner in Stuttgart; Landconchylien 38 Arten in etwa 1000 Stücken, aus der Wald- ach angeschwemmt, von Herrn Kaufmann Herm. Reichert in Nagold. IX. Spongien. Als Geschenk: Spongilla fluviaUUs Lieberk., auf Anodonta cellensis Pfeiff., von Herrn Kaufmann Fr. Drautz in Heilbronn. Wiirttemb. riaturw. Jahreshefte. 1878. 2 — 18 — X. Gebirgsarten. Als Gesche nke : Gletschergeschiebe aus dem Bromberg, Bonebed-Block von Bebenbausen, von Herrn Forstratb Dr. Tscher ning in Bebenhausen. XL Petrefacten. Als Geschenke: Dryopithecus Zahn von Salmendingen, von Herrn Professor Dr. v. Fleischer in Hohenheim, Leptaena liasica Bouch., von Geislingen (Balingen), Serpüla socialis arietis Qu., von Ostdorf, AmmonUes planulatus Uasicus Qu,, von Engsthatt, von Herrn Gerichtsnotar El wert in Balingen. B. Botanische Sammlung. (Zusammengestellt von Prof. Dr. Ahles.) Von Phanerogamen sind drei Sendungen zu verzeichnen: Herr Apotheker Ducke und Herr Lehrer Sey er len von Biber- ach schickten 30 verschiedene Pflanzen, deren Vorkommen theils in Oberschwaben theils überhaupt in der Flora von Württemberg nicht gedacht ist. Und nur aus der Gmünder Gegend sind von Herrn stud. Lor. Herter einige Pflanzen eingelaufen. Herr Pfarrer Sautermeister, Bezirksschulinspector, be- reicherte das Vereinsherbarium mit folgenden K r y p t o g a m e n : Tetraplodon angustatus L. vom Plattenberg, Barhula inclinata Schwgr. vom Oberhohenberg, Ceratitium laceratum und cornutum Fuckel Symb., Phelonites strobilina Alb., Schörzingen, Exidia recisa Fr., Schörzingen, Sparassis laminosa Fr., Schörzingen, Collema hyssinmn Hoffm. « conchilohum Fw. — 19 — Synechohlastus Vespertilio Ligbtf. „ Laureri Fw. Pannaria hrunnea Fw. Ebenfalls aus der Schörzinger Gegend. Bhizoclonium fluitans Kg. Aus Wassergräben b. Kisslegg., Director Dr. v. Zelle r. Herr Ingenieur E. K o 1 b von hier überreichte wie alljährlich seine neuesten Funde, darunter: Sphaerangium mtiticum, Stuttgart, Bothnanger Heide, Hymenostomum microstomum Stuttgart, Feuerbacher Heide, y, tortile, Wenzelstein bei Balingen, Eudadium verticillatum, Frommern bei Balingen, Trichostomum cordatum, Bietigheim, CincUdotus fontinaloides, Blaubeuren, „ aquaticus c. fruct., Blaubeuren, Grimmia tergestina c. fruct., Wenzelstein bei Balingen, Neckerei pumila, Lochen bei Balingen, „ complanata c. fruct., Lochen bei Balingen, Webera cruda, Wenzelstein bei Balingen, Bypnuyn cordifoliuyn, Kornthal, Jungermannia corcyraea, Cannstatt, Tridiocolea tomentella, Lochen bei Balingen, Bartramia ithyphylla, Stuttgart: Feuerbacher Heide, Hydnum Auriscalpium L., auf Kiefernzapfen im Zuffen- hauser Wald. Herr Dr. Mülb erge r, pract. Arzt sandte für die Samm- lung folgende bis jetzt gefundene Farne aus der Umgebung Herrenalb's : 1. Pölypodium vulgare L. 2. Fhegopteris polypodioides Fic. 3. Fhegopteris Dryopteris Fic. 4. Cystopteris fragilis Bernh. 5. Aspidium aculeatum Sw. 6. „ Füix mas. Sw. T. „ spinulosum Sw. 8. „ Oreopteris Sw. 2* - 20 — 9. Äspidiurn Filix femina Sw. 10. Äsplenium Buta muraria L. 11. ^ septentrionale Sw. 12. r, TricJiomanes L. 13. Scolopendriiim officinarum Sw., neu für den Württem- berg. Schwarzwald. 14. Blechmim Spicant ßotn. 15. Fteris aqiiilina L. Lycopodium Selago L. Professor Ahles von hier sammelte eine Menge Ceterach officinarum an den Weinbergsmauern um den Schönbühl im Remsthal nebst einer Anzahl Lichenen. Zur Vermehrung der Holz Sammlung sind folgende Beiträge geliefert worden: vom K. Forstamt in Schorndorf, von den Herren Forstrath Kapp in Schorndorf, Revierförster Frank in Schussenried, Forstmeister Paulus in Lorch, Forst- meister H e r d e g e n in Altensteig, Forstamtsassistent v. Biber- stein in Blaubeuren , Kaufmann H. Simon und Garten- inspector Wagner von hier. 1. Stammstücke von: Sorhiis iorminalis, Bhammis cathartica, Prunus Mahaleb, Bosa canina, Pimis Pumilio (200 J.) Pinus silvestris vom Grünspecht angehackt, jugendliche Pinus Picea von Scheermäusen benagt, Stengel von Viscum älhum. 2. Querscheiben von: Carpinus hetidus (130 J.), Betula alba (120 J.), Pinus silvestris mit eigenthümlichen Ein- kerbungen. 3. Missbildungen: Fasciationen an Alnus glufinoea und Berberis vulgaris ^ Auswüchse und Kropf bildung an Po- piäus tremula, Betula alba, Fagus silvatica, Quercus sessiliflora, Pyrus malus] Knospenwucherungen (Maser- bildung) an Zweigen und Wurzeln von Prunus spinosa, Betida alba, Fagus silvatica, Pinus Picea; krumm- gewachsener Gipfel von Pinus silvatica. — 21 — Die V e r e i 11 s - B i b 1 i 0 t h e k hat folgenden Zuwachs erhalten: a) Durch Geschenke: Das öffentliche Wasserversorgungswesen im Königreich Württem- berg unter Hervorhebung der Versorgung der wasserarmen rauhen Alb mit fliessenden Trink- und Nutzwassern. Denk- schrift aus Anlass der internationalen Ausstellung für Gesundheitspflege und Rettungswesen in Brüssel im Auf- trag des K. württb. Ministeriums des Innern verfasst von Oberbaurath Dr. v. Eh mann. Stuttgart 1875. i^. Von Herrn Staatsminister v. Sick. Württb. naturwissenschaftliche Jahreshefte. Jahrg. 23 — 31. 1867—75. Stuttgart. 8«. Von Frau Kaufmann Julie Klett. Dieselben. 13 Hefte aus Jahrg. 26 — 31. 1870—75 (unvoll- ständig). Von Frau Staatsrath Goppelt. Photographieen der in Württemberg vorkommenden Schädel- formen von Obermedizinalrath Dr. v. Holder. Stuttgart 1876. 40. Vom Herrn Verfasser. Württb. naturwissenschaftliche Jahreshefte. Jahrg. 24. Heft 3. Jahrg. 25. Heft 1. Jahrg. 26. Heft 1. Stuttgart. 8^. Von Herrn Vicedirector von Köstlin. Giebel, thesaurus ornithologiae. Repertorium der gesammten ornithologischen Literatur und Nomenclatur sämmtlicher Gattungen und Arten der Vögel. 5. Halbband. Leipzig, F. A. Brockhaus. 1876. 8«. Vom Herrn Verleger zur Recension. Fragmenta phytographiae Australiae, contulit liber Baro Ferd. de Müller. Vol. IX. Melbourne 1875. 8». Vom Herrn Verfasser. Zoologische Briefe. Von Prof. Dr. Gustav Jäger. 3. (Schluss-) Lieferung. Wien 1876. 8». Ueber die Bedeutung der Geschmacks- und Geruchsstoffe. Von 22 Prof. Dr. Gu>t. Jäger. (Sep.-Abdr. aus der Zeitschrift für wissenscli. Zoologie Bd. 27.) Vom Herrn Verfasser. Das Pflanzenreich. Anleitung zur Kenntniss desselben nach dem Linne'schen System. Nebst einem Abriss der Pflanzen- geschichte und Pflanzengeographie. Von Dr. Fr. Wimmer. 12. Bearbeitung. Breslau, Ferd. Hirt. 1876. 8^ Vom Herrn Verleger zur Eecension. Studien über das Drehungsvermögen der wichtigeren China- Alkaloide von Dr. 0. Hesse. (Sep.-Abdr. aus Liebigs Annalen der Chemie). 1876. 8^. Vom Herrn Verfasser. Bericht des hydrotechnischen Comite über die Wasserabnahme in den Quellen, Flüssen und Strömen von J. Deutsch. (Sep. - Abdr. aus der Zeitschrift des östr. Ingen.- und Archii-Vereins 1875). Wien. 8^. Vom Herrn Verfasser. 5. Bericht des botanischen Vereins in Landshut über die Vereinsjahre 1874/75. Landshut 1876. 8^. Vom Verein. Jahresbericht des Vereins für Naturkunde zu Zwickau für 1875. 80.| Vom Verein. 5. Bericht der naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Chemnitz, umfassend die Zeit vom 1. Jan. 1873 bis 31. Dec. 1874. Chemnitz 1875. 8». Phanerogamen-Flora von Chemnitz und Umgegend. Bearbeitet von Fr. Kramer. Chemnitz 1875. 4°. Von der Gesellschaft. GeognostischeSpecialkarte von Württemberg im Massstab 1: 50>000, hg. V. statistisch - topogr. Bureau. Enth. die Atlasblätter Ehingen, Biberach, Laupheim, Ochsenhausen mit einem Quartheft Begleitworte, geognostisch aufgenommen durch J. Hildenbrand, beschrieben von Prof. v. Quenstedt. Stuttg. 1876. Vom K. Finanzministerium. — 23 — Der medicinische Maximalthermometer, angegeben von Dr. Karl Ehrle in Isny. (Sep.-Abdr. aus dem deutschen Archiv für klin. Med.) 1876. S». Vom Herrn Verfasser. Monthly notices of papers and proceedings of the ß. society of Tasmania for 1870. 1871. 1873. 1874. Tasmania S». Von der R. Society. Ueber Schnabelmissbildungeu von Dr. C. S t ö 1 k e r in St. Fiden. Ornithologische Beobachtungen (IIL Eeihenfolge) von C. Stoiker. St. Gallen 1873/75. Vom Herrn Verfasser. Heber den Bau und die Verbreitung der Corallen-ßiffe von Ch. Darwin, Nach der 2. Ausg. übers, v. V. Carus. Stutt- gart, E. Schweizerbart. 1876. 8^ Die Bewegungen und Lebensweise der kletternden Pflanzen von Ch. Darwin, übers, v. V. Carus. Mit 13 Holzschnitten. Stuttgart, E. Schweizerbart. 1876. 8^. Vom Verleger Herrn E. Koch. Annual report of the TJ. St. geological and geographica! survey of the territories, ambracing Colorado and parts of adjacent territories, for the year 1874 by F. V. Hayden. Wa- shington 1876. 80. Vom Herrn Verfasser. Further notes of „Inclusions" in gems etc. by Isaac Lea. Philad. 1876. 8^. Catalogue of the published works of Isaac Lea, from 1817 — 1876. Philad. 1876. 8». Vom Herrn Verfasser. Annual report of the director of the mint to the secretary of the treasury for the fiscal year ended June 30. 1875. Washington 1875. 8«. Von der Smithsonian Institution. Ueber Testudo praeceps, die erste fossile Landschildkröte des Wiener Beckens, von G-. Haberlandt. (Sep.-Abdr. a. d. Jahrbuch der geol. Reichsanstalt). Wien 1876. 8^. Vom Herrn Verfasser. 24 ~ C. G. Calwer's Käferbuch. Naturgeschichte der Käfer Europa's. Zum Handgebrauch für Sammler. Herausg. v. Prof. Dr. G. Jäger. 3. Aufl. Stuttgart 1876. 8^. Von Herrn Dr. E. H o f m a n n. Vergleichende Untersuchungen über den Bau der Vegetations- organe der Monocotyledonen von Dr. P. Falkenberg. Stuttgart, F. Enke 1876. 8». Vom Herrn Verleger zur Recension. Select plants readily eligible for industrial culture or natura- lisation by Baron F. v. Müller. Melbourne 1876. 8^ Vom Herrn Verfasser. Mittheilungendes naturwissenschaftlichen Vereins in Aussig a./E. Aussig 1877. 8^. Vom Verein. G. E. ß u m p h's Amboinische Raritätenkammer oder Abhandlung von den steinschaalichten Thieren, welche mau Schnecken und Muscheln nennt. A. d. Holland, von Ph. L. St. Müller, mit Zusätzen vermehrt von J. H. Chemnitz. Wien 1766. Fol. Von Herrn Revierförster Frank in Heidenheim. Die Flora des Hohenzollers. Von Reallehrer Fr. Reiser. Als Programm der höheren Bürgerschule zu Hechingen, für 1871. 40. Von Herrn Oberamtsarzt Dr. F i n c k in Urach. Das Molassemeer in der Bodenseegegend. Von Dr. K. Miller in Essendorf. (Sep.-Abdr. a. d. Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees.) Lindau 1877. 4^. Vom Herrn Verfasser. The Plants indigenous to the colony of Victoria described by Ferd. Müller. Lithograms. Melbourne 1864/65. 4^. Fragmenta phytographiae Australiae, contulit liber Baro Ferd. de Müller. Vol. I. 1858/59. VI— VIII. 1867/74. Melbourne. 8°. A contribution to the Flora of Australia by William WooUs. Sydney 1867. 8». On practical geodesy. By M. Gardiner. (Extr. R. Soc. of Victoria, May 1876). 8^. — 25 — The minerals of New South Wales by A. Liversidge. (Extr. R. Sog. N. S. Wales. Dec. 1874.) 8». Geological survey of Victoria. Report of progress by R. Brough Smyth. Melbourne 1876. 8». Reports of the mining surveyors and registrars. Quarter endend 30. June 1875 — 76. Victoria 1875/76. Fol. Mineral statistics of Victoria for 1875. Victoria 1876. Fol. Report of the cliief inspector of mines for the hon. the minister of mines. Victoria 1876. Fol. The Australian handbook and almanac and shippers' and ira- porters' directory for 1876. Melbourne 1876. S^. Philadelphia centennial exhibition on 1876. Melbourne. New South Wales iutercolonial and Philadelphia international Exhibition. Mines and mineral statistics of New South Wales and notes of the geological collection of the de- partment of mines, compiled by direction of the Hon. J. Lucas. Also remarks of the sedimentary formations of N. S. Wales by W. B. Clarke, and notes on the iron and coal deposits Wallerawang, and on the diamond fields hy Prof. Liversidge. Sydney 1875. 8^. Mineral map and general statistics of New South Wales, Australia. Sydney 1876. 8^. Results of meteorological observations made in New South Wales during 1873, under the direction of H. C. Rüssel. Sydney 1875. 8». Von Herrn Baron Dr. Ferd. v. Müller in Melbourne. Die Pfahlbaustation Schussenried von E. Frank. Lindau 1877. 8^. (Sep.-Abdr. a. d. Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees.) Vom Herrn Verfasser. Deutsche Excursions-Mollusken-Fauna von S. Clessin. Lief. 1 — 4. Nürnberg, Bauer und Raspe (E. Küster). Vom Herrn Verleger. Windrosen des südlichen Norwegens von C. deSeue. Univers.- Programm. Kristiania 1876. 4^. — 26 — Etudes sur le mouveraants de Tatmosphere par C. M. Guldberig et H. Mohr. Part. I. Progr. de Puniv. Christiania 1876. 40. Enumeratio insectoruin norvegicorum. Fase. III, lY. Auetore H. Siebke defuneto ed. J. Sparre Schneider, (üniv.- Progr.) ChristiaDiae 1876/77. 8«. Von der K. Universität in Christiania. Wandkarte von Südwestdeutsehland , umfassend Württemberg, Baiern, Baden, Hessen, Hohenzollern und Elsass-Lothringen. Bearb. v. Dr. Heinr. M ö h 1. Kaiserslautern, J. J. Tascher. 1877. Von Herrn Dr. Möhl in Cassel. Meteorologische Beobachtungen, angestellt in Dorpat i. J. 1875, red. und bearb. von A. v. 0 e tti ng e n und K. Vv' e i h r a u c h. .Jahrg. X. Bd. II. Heft 5. Dorpat 1877. 8«. Vom Herrn Verfasser. H. G. B r 0 n n 's Klassen und Ordnungen des Thierreichs, wissen- schaftlich dargestellt in Wort und Bild. Fortgesetzt von A. G-e rst ä cke r. Bd. 5. Arthropoda. Lief. 21 — 24. Bd. 6. Abth. 1. Pisees. Lief. 2. Bd. 6. Abth. 2. Am- phibien. Lief. 12 — 17. Bd. 6. Abth. 5. Mammalia. Lief. 11 — 14. Leipzig und Heidelberg, C. E. Winter'sche Verlagshandlung. 1876/77. 8». Vom Herrn Verleger zur Keeension. The geological magazine; or monthly Journal of Geology. Edited by H. Woodward, J. Morris and ß. Etheridge. Vol. VIII, 11 — Vol. X., 1 — 12. (NO. 89 — 114). New Series. Decade IL Vol. I — Vol. IV, 6. (N». 116—156). London 1871 — 1877. 8*^. Von Herrn Oberreallehrer Zink. b) Durch Ankauf: Festschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der K. K. zoologisch - botanischen Gesellschaft in Wie n. Wien 1876. 40. — 27 — Württ. naturwissenschaftliche Jahreshefte. Jahrg. 1 — 31, 1 — 19. 10—29. 15. 16. Annales de la societe entomologique de France. V. Serie. T. VI. 1876. Trimestre 1—4. Paris 1876/77. 8^'. Die Kleinschraetterlinge Deutschlands und der Schweiz syste- matisch bearbeitet von H. v. Heinemann. Zweite Ab- theilung. Bd. IL Heft 2. Braunschweig 1877. 8». Die wichtigsten essbaren, verdächtigen und giftigen Schwämme mit naturgetreuen Abbildungen von F. W. L o r i n s e r. Wien 1876. 8« und Fol. Stettin er entomologische Zeitung. 37. Jahrg. 1876. N^. 1—10. 38. Jahrg. 1877. N». 1-6. 8». Mittheilungen der natnrforschenden Gesellschaft in Bern. NO. 144—330. Bern 1849—1854. N». 440-552. Bern 1860—1863. 8^. c) Durch Austausch unserer Jahreshefte, als Fortsetzung: Abhandlungen der natnrforschenden Gesellschaft zu Halle. Bd. XIII. Heft 3. Halle 1875. 4^. Abhandlungen aus dem Gebiete der Naturwissenschaften, herausg. V. d. naturwiss. Verein zu Ham bürg - Alto n a. Bd. VI. Abth. 2. 3. Hamburg 1876. 4^ Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklen- burg. 30. Jahr. Neubrandenburg 1876. 8^. Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz. Geologische Karte. Blatt 24 (Lugano, Como). Bern 1876. Blatt 3 (Schaff hausen-Liestall). 2. Aufl. 1876. Lief. 24. Geo- logische Beschreibung des Kantons St. Gallen und seiner Umgebungen. 1877. 11. Bericht des naturforschenden Vereins zu Bamberg. Für die .Jahre 1875 und 1876. Bamberg. 8^. 1 5 . Bericht der Ober hessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Giessen 1876. 8^. Correspondenzblatt des zoologisch-mineralogischen Vereins in ßegensburg. Jahrg. 29. 1875. Regensburg. 8^. Neue Denkscliriften der allgemeinen Schweizer isc heu Ge- sellschaften für die gesammten Naturwissenschaften. Bd. 27, oder 3. Dekade Bd. 7. Abth. 1. 1876. Der zoologische Garten. Organ der zoologischen Gesellschaft in Frankfurt a. M., herausg. v. Dr. F. E. Neil. Jahrg. 17. Frankfurt a. M. 1876. 8». Naturwissenschaftliche Dissertationen der Universität Tübingen: 22 chemische, 3 anatomische, 2 geognostische, 2 phy- sikalische. Systemat. - alphabetischer Hauptcatalog der K. Univ.-Bibliothek zu Tübingen. E. Philologie. 1. u. 2. Hälfte. Tübingen 1873/76. 40. Jahrbuch der K. K. geologischen Reichsanstalt in Wien. Jahrg. 1876. Bd. 26. Heft 2. 3. 4. Jahrg. 1877. Bd. 27. Heft 1. Wien 8^. Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landes- kunde. Herausg. v. d. K. stat.-topogr. Bureau. Jahrg. 1875. Theil 1. 2 und Anhang. Stuttgart gr. 8«. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie und verwandter Theile anderer Wissenschaften. Herausg. von F. Fittica. Für 1874. Heft 3, für 1875. Heft 1—3. Gi essen 1876/77. 80. Jahresbericht des naturhistorischen Vereins „Lotos". 26. Jahrg. für 1876. Prag. 8^. 53. Jahresbericht der !S chl esisch en Gesellschaft für vater- ländische Kultur. 1875. Breslau. 8°. Leopoldina. Amtliches Organ der K. Leopoldinisch - Caro- linischen Deutschen Akademie der Naturforscher. Heft. XII. Jahrg. 1876. Dresden. 4». Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steier- mark. Jahrg. 1876. Graz. 8^ Mittheilungen aus dem naturwissenschaftlichen Verein von Neu- Vorpommern und Rügen in Greifswald. 8. Jahrg. 1876. Berlin. S^. Mineralogische Mittheilungen, gesammelt von Gust. Tschermak. Jahrg. 1876. Wien. 8«. — 29 — Mittheilungen der K. K. geographischen Gesellschaft in Wien. Bd. 18. = K Folge. Bd. 8. Wien 1875. S^. Beschreibung des Oberamts Spaichingen. Hg. vom k. statist.- topogr. Bureau. Stuttgart 1876. 8«. Monatsberichte der K. preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1876. April bis Decbr. 1877. Januar bis April. Berlin 8". Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Banz ig. N. F. Bd. IV. Heft 1. Danzig 1876. 8». Sitzungsberichte der K. K. Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathem. -naturwissenschaftliche Klasse. Abth. I. Bd. 72. Hft. 1—5. Jahrg. 1875. Abth. II. Bd. 72. Hft. 1—5. 73. Hft. 1— 3. Jahrg. 1875. 1876. Abth. III. Bd.65— 72. Jahrg. 1872/75. W^ien. 8». Tübinger (Jniversitätsschriften. Aus dem J. 1873. 1875. 1876. Tübingen. 4^. Schriften derK. physikalisch- ökonomischen Gesellschaft zu König s- berg. Jahrg. 16. Königsberg 1875/76. 4^. Sitzungsberichte der naturwissenschaftlichen Gesellschaft „Isis** zu Dresden. Jahrg. 1876. Dresden 1877. S^. Schriften des Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in Wien. Bd. 17. Wien 1876/77. S«. Sitzungsberichte der physikalisch-medicinischen Societät zu Er- langen. Heft 8. 1875/76. Erlangen. 8«. Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brunn. Bd. 14. 1875. Brunn. 8». Verhandlungen des naturhistorisch-medicinischen Vereins zu Hei- delberg. K F. Bd. I. Heft4. 5. Heidelberg 1876/77. 8». Verhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins in Carls ruhe. Heft 7. Carlsruhe 1876. 8^. Verhandlungen der K. K. geologischen Reichsanstalt. 1876. Nr. 1 — 17. 1877. Nr. 1 — 6. Wien. 8«. Verhandlungen der physik.-medicinischen Gesellschaft in Würz- burg. N. F. Bd. 7. 9. 10. Würzburg 1874/76. 8«. Verhandlungen der Schweizerischen naturforschenden Gesell- schaft. 58. Versammlung in Andermatt. — 30 — Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande und Westphalens. Jg. 32. = 4. Folge Jg. 2. 2. Hälfte. 1875. Jg. 33 = 4. Folge. Jg. 3. 1. Hälfte. 1876. Bonn. 8«. Verhandlungen der K. K. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. Jg. 1875. Bd. 25. Wien 1876. Jg. 1876. Bd. 26. Wien 1877. 8». Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Jahrg. 19. 20. 1874/75. Zürich. 8«. Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. 28. Heft 1—4. Berlin 1876. 8«. Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. Hg. v. d. naturwiss. Verein für Sachsen und Thüringen in Halle. Bd. 47, = N. F. 13. 1876. Bd. 48. = K F. 14. 1877. Berlin. 8<>. Deutsche entomologische Zeitschrift. Bd. 20. Heft 2. Bd. 21. Heft 1. Berlin 1876/77. 8«. 21. und 22. Zuwachsverzeichniss der K. Universitätsbibliothek zu Tübingen. Tübingen 1873/75. 4*^. Öfversigt af kongl. Vetenskaps-Akademiens Förhandlingar. 19 — 21. Argängen. 1862-64. 32. Argängen. 1875. Stock- holm. 8«. Bihang tili kon. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar. Bandet III, 1. 1875. Stockholm. 8«. Kon. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar. Ny Följd. Bd. 11. 1872. Stockholm. 4». Meteoroiogiska Jakttagelser Sverige, uitg. af K. Svenska Vetens- kaps-Akademien. Bd. 15 (= 2. Serie Vol. I). 1873. Fol. Archives Neerlandaises des sciences exactes et naturelles, publ. p. la societe holl. des sciences ä Harlem. T. X. livr. 4. 5. 1875. T. XL livr. 1—5. 1876. T. XII. livr. 1. 1877. La Haye. 8^ Archives du Musee Teyler. Vol. I. Fase. 1. 2. ed. Vol. IV. Fase. 1. 1876. Harlem. 8^\ Annali del Museo civico di storia naturale di Genova. Vol. VIL VIIL 1875/76. Genova. 8^. - 31 — Amiales de la societe entomologique de Belgique. T. 19. Bruxelles 1876. 8». Annual report of the trustees of the Museum of comparative Zoology at Harvard College in Cambridge. For 1876. Boston 1877. 8». Annual report of the board of regents of the Smithsonian In- stitution. For the year 1875. Washington 1876. 8». Annales de la socie'te d'agriculture, histoire naturelle et arts utiles de Lyon. 4eme Serie. T. VIT. 1874. Paris. S^- Annalen des physikalischen Centralobservatoriums, hg. v. H.Wild. Jahrg. 1874. 1875. St. Petersburg 1876. 4«. Annais of the Lyceum of natural history of New- York. Vol. X. N». 12 — 14. Vol. XL N» 1 — 8. Ne w- York 1873/76. 8 ». Atti della societä Toscana di scienze naturali residente in Pisa. Vol. L Fase. 3. VoL IL Fase. 2. Pisa 1876. 8^. Annuaire de l'academie royale des sciences, des lettres et des beaux- arts de Belgique. Anne'e 37. 1871. — 41. 1875. — 42. 1876. — Bruxelles. 8^. Bulletin of the United States geological and geographical Survey of the territories. Vol. IL N«. 2—4. Vol. III. N«. 1. Washington 1876/77. 8». Hayden, catalogue of the publications of the U. St. geol. and geogr. Survey of the territories. 2e ed. Wash. 1877. Bulletin de l'acade'mie royale des sciences, des lettres et des beaux-arts de Belgique. Annee 39. = 2e Serie. T. 29. 30. Annee 43 = 2e Serie. T. 38. Annee 44. = 2e Serie. T. 39. 40. Bruxelles 1870/75. 8". Bulletin de la societe geologique de France. 3. Serie. T. III. IV. V., 1—3. Paris 1875/77. 8^. Bulletin de la socie'te imperiale des naturalistes de Moscou. Annee 1876. N^. 2—4. Moscou 1876. 8^. Bulletin de la societe des sciences naturelles de Neuchatel. T. X. Cahier 3. Neuchatel 1876. 8«. Bulletin des se'ances de la societe Vaudoise des sciences na- turelles. 2eme serie. Vol. XIV. N^ 76. 77. Lausanne 1876/77. 8». — 32 — Bulletin of tbe Museum of comparative zoology at Harvard Col- lege. Yol. III. NO. 11 — 16. 1876. Cambridge, Mass. 8°. Bulletin de la societe d'histoire naturelle de Co 1 mar. Annee 16 et 17. Colmar 1875/76. 8«. Bulletin de la socie'te' d'histoire naturelle du de'partement de la Moselle. Cahier 13. U. Metz 1874/75. 8«. Bulletin of tlie Buffalo society of natural sciences. Vol. III. NO. 2. 8. Buffalo 1876. 8«. Catalogue illustrated of the Museum of comparative zoology in Cambridge. N». 4—7. 1871/74. 4«. Jaarboekje van het zoologisch genootschap Natura artis magistra te Amsterdam. Jaarg. 1875. Amst. 8^. Jaarboek van de K. akademie van Wetenschappen gevestigd te Amsterdam. Voor 1875. Amst. 8^. The Quarterly Journal of the geological society in London. Vol.XXXII. Part 2—4. = N«. 126 — 128. Londonl876. 8«. The Journal of the Eoyal Dublin society. Vol. VI. N». 42. 43. Dublin 1874/75. 8». Journal of the L i n n e a n society of L o u do n. Botany. Vol. XV. NO. 81—84. 1876. Zoology. Vol. XII. N». 60—63. 1876. Lond. 8^. Memoires de la societe des sciences physiques et naturelles de Bordeaux. 2e Serie. T. I. Cah. 3. 1876. 8^. Memoirs read before the Boston society of natural history. Vol. IL Part 4. N». 2—4. 1875/76. Boston. 4^. Memoires de la societe des sciences naturelles de Cherbourg. T. XIX = 2e Serie. T. IX. 1875. Cherbourg. 8«. Compte-rendu de la se'ance extraord. tenue par la soc. nation. des sc. nat. de Cherbourg le 30. Dec. 1876, ä l'occas. du 25. anniversaire de la fondation. Cherbourg 1877. 8^. Memoires de la soc. de physique et d'histoire naturelle de Geneve. T. XXIV. Part. 2. 1875/76. Geneve. 4^. Memoires de l'academie des sciences, belles-lettres et arts de Lyon. Classe des sciences. T. 21. 1875/76. Lyon und Paris. 80. — 33 — Nouveaux memoires de la societe imperiale des naturalistes de Moscou. Seconde e'dition. T. I. 1811. — III. 1812. — IV. 1812—13. - V. 1817. Nouv. Serie. T. XIIL livr. 4. 5. 1874—76. Moscou. 4°. Memoirs of the Museum of comparative zoology at Harvard Col- lege in Cambridge. Vol. IV. N°. 10. The american Bisons. Cambridge 1876. 4^. Proceedings of the American philosophical society, held at Phi- ladelphia. Vol. XIV. NO. 95. XV. NO. 96. XVI. NO. 97. 98. Philadelphia 1875/76. 8^. Proceedings of the American academy of arts and sciences at Boston. Vol. XL = New Series Vol. III. 1875/76. Boston and Cambridge. 8^. Proceedings of the Bo ston society of natural history. Vol. XVII. Part 1 — 4. Boston 1874/75. 8«. Proceedings of the zoological society of London. For the year 1876. Part 1—4. London. 8«. Proceedings of the Lyceum of natural history in the city of New York. Second series. 10 March — 2 June 1873. Se- cond series. N^. 3. 4. (6 Oct. 1873 — 1 June 1874). 8». Proceedings of the Academy of natural sciences of Philadel- phia. 1875. Part 1 — 3. Jan. — Dec. Philad. 8«. Eepertorium für Meteorologie, hg. v. d. Kais. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg. Bd. V. Heft 1. 1876. St. Petersb. 4«. Report of the United States geological survey of the terri- tories by F. v. Hayden. Vol. IX. X. Washington 1876. 4». Smithsonian contributions to knowledge. Vol. XX. XXI. Wa- shington 1876. 4«. Natuurkundig Tydschrift voor Ned erl andsche Indie. Mitg. door de natuurkund. Vereeniging in Nederl.-Iudie. Deel XXXIV. = 7. Serie Deel IV. Batavia 1874. 4«. Transactions of the zoological society of London. Vol. IX. Part 8 — 11. 1876 — 77. London. 4«. Transactions of the Connecticut Academy of arts and sciences in New Haven. Vol. IIL Part 1. 1876. 8«. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1878. 3 — 34 — The transactions of the academy of science of St. Louis. Vol. III. Nr. 3. 1876. St. Louis. 8». Verhandelingen der kon. Akademie van wetenschappen. Deel XVI. 1876. Amsterdam. 4^. Katuurkundige verhandelingen der Hollands che maatschappy der Wetenschappen te Harlem. Deel IL N«. 5. 1875. Haarlem u. Amst. 8^. Verslagen en mededeelingen der kon. Akademie van wetenschappen. Afdeel. Natuurkunde. Tweede Kecks. Deel X. 1877. Amsterdam. 8^. d. Durch erst in diesem Jahre eingeleiteten Tauschverkehr: 1. Jahresbericht der zoologischen Station in Neapel. Leipzig 1876. 80. Sitzungsberichte der naturforschenden Gesellschaft zu Leipzig. Jahrg. 1—3. 1874 — 76. Leipzig. 8». Archiv for Mathematik og Naturvidenskab , udg. af S. Cie, W. Müller og G. 0. Sars, in Christiania. L Bind. 1876. 8». Atti della E. Accademia delle scienze fisiche e matematiche di Napoli. VoL I-VL Napoli 1863/75. 4». Kendiconto delP Accademia delle scienze fisiche e matematiche di Napoli (sezione della societä reale). Anno 1—14. 1872—75. Napoli 4^. Atti della societä Veneto -Trentina di scienze naturali resi- dente in Padova. Vol. I— V. Fase. 1. Padova 1872/76. 8^. Atti deir accademia Pontificia de nuovi Lincei di Roma. Anno XXIX. Sess. 1 — 7. Roma 1875/76. 4». Atti della R. Accademia dei Lincei di Roma. Serie 2. Vol. 1—3. Serie 3. Vol. 1. Fase. 1—4. Roma 1873/76. 4». Bolletino della societä entomologica italiana. Anno I— IX, 1. Firenze 1869/77. 8». Bolletino del R. comitato geologico d'Italia. Vol. I— VIL Roma 1870/76. 8^. Bolletino della societä Adriatica di scienze naturali in Trieste. Vol. III, 1. Trieste 1877. 8«. — 35 — Bulletin trimestriel de la socie'te' Khediviale de geographie du Caire. N^. 1—4. Le Caire 1876/77. 8«. Memorie dell' Accademia delle scienze delP iustituto di Bologna. Serie III. Tomo VI. Fase. 1—4. 1875—76. Bo- logna. 4°. Eendiconto delle sessioni dell' Accademia delle scienze delP instituto di Bologna. Anuo accademico 1875 — 76. Bo- logna. 80. Miscellaneous publications of the ü. St. geological and geogra- phical survey of the territories by F. v. Hayden. N". 1. 4. edit. by Gannett. Wash. 1877. 8». Transactions and proceedings of the New Zealand Institute. Vol. I— VII. Wellington 1869—75. S». Transactions and proceedings of the Royal society of N ew South Wales. Vol. I— IX. 1867 — 75. Sydney 1868—76. 8». Vereinskassier Hofrath Eduard Seyffardt trug folgenden Hechnungs-Abschluss für das Jahr 1876—77 vor: Meine Herren I Nach der abgeschlossenen 33. Rechnung, die den Zeitraum 1. Juli 1876/77 umfasst, betragen die Einnahmen: A. Reste. — 0 — B. Grrundstock. Heimbezahlte Kapitalien 600 M. — Pf C. Laufendes. Activ-Kapital-Zinse . . . . 509 M. 49 Pf. Beiträge von den Mitgliedern 3485 M. — Pf. Ausserordentliches . . . . 10 M. — Pf. Hauptsumme der Einnahmen — *• 4604 M. 49 Pf. 4004 M. 49 Pf. 3* — 36 — Die Ausgaben: A. Keste. Guthaben des Kechners auf 30. Juni 1876 559 M. 65 Pf. B. Grundstock. __ 0 — C. Laufendes. Pur Vermehrung der Samm- lungen 282 M. 94 Pf. , Buchdrucker- u. Buchbin- derkosten 2284 M. 55 Pf. „ Schreibmaterialien, Copi^i- lien, Porti etc. ... 389 M. 36 Pf. y, Bedienung, Reinigungs- kosten, Saalmiethe . . 235 M. — Pf. „ Steuern 31 M. 4 Pf. „ Ausserordentliches . . 3 M. — Pf. 3225 M. 89 Pf> Hauptsumme der Ausgaben — ;. 3785 M. 54 Pf. Die Einnahmen betragen hiernach .... 4604 M. 49 Pf. „ Ausgaben , , ... . 3785 M. 54 Pf. es erscheint somit am Schlüsse des Rechnungs- jahrs ein KassenYorrath von 818 M. 95 Pf. Vermögens-Berechnung. Kapitalien 11300 M. 6 Pf. Kassenvorrath 818 M. 95 Tt das Vermögen des Vereins beträgt nun . . 12119 M. 1 Pf. Da dasselbe am 30. Juni 1876 11340 M. 41 Pf. betrug, so stellt sich gegenüber dem Vorjahre eine Zunahme von 778 M. 60 Pf. heraus. Nach der vorhergehenden Rechnung war die Zahl Aktien der Vereinsmitglieder 639 mit 642. Hiezu die neu eingetretenen Mitglieder, nämlich die Herren: Erbgraf Otto v. Rechberg-Rothenlöwen, Erlaucht in Donzdorf, — 37 — Aktien Uebertrag . . 642 Dr. Häberle in Stetten i. R., Kaufmann C. Lang in Reutlingen, Staatsminister des Innern v. Sick, Excellenz, Stuttgart, Professor Dr. v. Vischer daselbst, Hofmaler C. Mayer daselbst, Fabrikant Fr. Kutter in Höll, Dr. S t i e g e 1 e in Weingarten, C. L u p b e r g e r in Ziegelbach, A. Schiele in Schemmerberg, M. Fet scher in Altshausen, Präceptor Dr. K h u e n in Saulgau, Dr. Lampart er in Reutlingen, Hevierförster K u 1 1 1 e r in Biberach, Apotheker Romerio in Zeil, C. Mayer in Aulendorf, Apotheker Luib in Mengen, A. Linng in Assmannshardt, C. Majer iu Reutlingen, Pfarrer Findeisen in Bürg, Kanzleirath Widmann in Stuttgart, A. Weinland in Waldsee, Kaufmann F. Schiele daselbst, €. Liebel daselbst, Chirurg J. Ott daselbst, Kameralverwalter Schickhardt in Neuenstadt, A. Engelbrecht daselbst, L. Henninger daselbst, Revierförster Fischer daselbst, Stadtschultheiss Leitz daselbst, Dr. Bilfinger daselbst, Dr. Adae daselbst, Oberförster v. Killinger daselbst, Oberamtsarzt Dr. Heller in Sulz a. N., Uebertrag . . 642 — 38 — Aktien^ Uebertrag . . 642 Oberamts-Wundarzt Dr. Vöhringer in Sulz a. N., Studiosus Herter in Dürren waldstetten, Revierförster Stock zu Hofstett, Apotheker Clesser in Plieningen, Eisenbahnbauinspector Schraid in Wangen, Professor Dr. Eimer in Tübingen, Pfarrer Staiger in Gutenzell, Dr. Mayer in Blaubeuren, Posthalter Linder in Ehingen, Oberstabsarzt Dr. Hell in Ulm, Stadtpfleger Geiger daselbst, Apotheker Fischer in Rottweil, Oberamtspfleger Maulbetsch in Nagold, Kaufmann A. Reichert daselbst, Fabrikant Mast in Ebhausen, Caplau Fieseier in Eberhardszell, Caplan Rieg in Warthausen, Betriebs-Bauinspector Wundt in Schorndorf, Oberamtsarzt Fischer in Neuenbürg, Dr. Mülberger in Herrenalb, Apotheker Um gelter sr. in Stuttgart, Studiosus Eisenlohr in Tübingen, Otto Esenwein in Backnang, Xylograph Michael in Stuttgart, Apotheker Keppler in Liebenzell, Oekonomierath Rahm er zu Schäferhof, Steuercommissär Hailer in Leutkirch, Apotheker Hodrus in Altshausen, Commerzienrath Springer in Isny, Stadtschultheiss Münz daselbst. Kaufmann Klinke rfus in Stuttgart, Forstmeister Hopfengärtner in Wildberg, Apotheker Oeffinger in Nagold, Uebertrag . . 642 39 Aktien Uebertrag . . 642 Kaufmann Const. Reichert in Nagold, Professor H e r 1 1 e r in Calw, Dr. Schlosser in Stuttgart, Oberamtsarzt Dr. Lechler in Böblingen, Dr. Zeller in Reutlingen, Apotheker Kachel daselbst, Fabrikant Roth daselbst, Fabrikant Wandel jr. daselbst, Werkmeister Kieferle daselbst, Director Dr. Flamm in PfuUingen, Rector Bo eklen in Reutlingen, Fabrikant C. Poeppel daselbst, Kaufmann W. Y o tt e 1 e r daselbst, Oberamtsarzt Dr. Beitter in Calw, Kaufmann F. Lang in Waldsee, Präceptor Rief daselbst, Director Dr. Ast in Schussenried, Privatier Kaess daselbst, Zeichnungslehrer Schmid in Reutlingen. 86 Mitglieder mit . . 86 728 Aktien. Hievon die ausgetretenen Mitglieder , und zwar die Herren : Apotheker Morstatt in Cannstatt, Dr, Klunzinger in Berlin, Regierungsrath Schott v. Schottenstein in Reutlingen, Obermedicinalrath Dr. v. Cless, in Stuttgart, Revierförster Geyer in Berraaringen, Collaborator W i e 1 a n d in Nagold, Chemiker Dittmann in Hohenheim, Uebertrag . . 728 — 40 — üebertrag . . 728 Privatier L. Sautter sr. in Nagold, Buchhalter Sellner in Stuttgart, Dr. Widenmann in Stuttgart, Professor Eeu sohle daselbst, Dr. Frech in Cannstatt, Apotheker Wechsler in Metzingen, Präceptor Schöpfer in Ludvvigsburg, Apotheker Reinhard daselbst, 16 Mitglieder mit . 16 Die gestorbenen Mitglieder, nämlich die Herren Freiherr v. R ei seh ach in Stuttgart, Oberstudienrath Dr. v. Rieke daselbst, Kanzleirath Redwitz daselbst, Schullehrer Eitle in Strumpf elbach, Obermedicinalrath Dr. v. Rieke in Stuttgart, Staatsminister a. D. v. Neurath, Excelleuz, daselbst, Forstrath F r o m m a u n in Bönnigheim, Director a. D. v. Walz in Stuttgart, Dr. Fr öl ich daselbst, Apotheker Dietrich daselbst, Medicinalrath Dr. Müller in Calw, Professor Dr. Hofmeister in Tübingen, Stadtförster S c h ü r 1 e in Nagold, Oberbaurath Binder in Stuttgart, Salineninspector S c h 1 ö n b a c h in Salzgitter, 15 Mitglieder mit . . 15 31 Mitglieder 31 über deren Abzug die Mitgliederzahl am Ende des Rechnungs- jahres beträgt — ;. 694 mit 697 Aktien, somit Zunahme der Mitglieder 55 mit gleicher Aktienzahl. — 41 — Wahl der Beamten. Die Generalversammlung erwählte nach §.13 der Statuten durch Acclamation zum ersten Vorstand: Oberstudienrath Dr. v. Krauss in Stuttgart, zum zweiten Vorstand: Professor Dr. 0. Fr aas in Stuttgart, und für diejenige Hälfte des Ausschusses, welche nach §. 12 der Statuten auszutreten hat: Professor Dr. Ahles in Stuttgart, Geheimer Hofrath Dr. v. Fehlin g in Stuttgart, Öbermedicinalrath Dr. v. Hering in Stuttgart, Generalstabsarzt Dr. v. Klein in Stuttgart, Director v. Schmid in Stuttgart, Hofrath Eduard Seyffardt in Stuttgart, Professor Dr. v. Zech in Stuttgart und Stadtdirections Wundarzt Dr. Steudel in Stuttgart, welcher für den verstorbenen Oberbaurath Binder eingetreten ist» Im Ausschuss bleiben zurück: Professor C. W. v. Bauer in Stuttgart, Professor Dr. Blum in Stuttgart, Professor Dr. 0. Fr aas in Stuttgart, Obertribunalrath W. v. Gmelin in Stuttgart, Professor Dr. 0. Köstlin in Stuttgart, Professor Dr. v. Marx in Stuttgart, Apotheker M. Reihlen in Stuttgart, Director Dr. v. Zell er in Stuttgart. Zur Verstärkung des Ausschusses wurden in der Aus- schuss-Sitzung vom 9. November nach §.14 der Statuten gewählt: Dr. Fr. Ammermüller in Stuttgart, Bergrath Dr. Baur in Stuttgart, Professor Dr. Bronner in Stuttgart, Oberforstrath Dorr er in Stuttgart, als Secretäre: Generalstabsarzt Dr. v. Klein in Stuttgart, Professor Dr. v. Zech in Stuttgart, _ 42 — als Kassier: Hofrath Eduard Seyffardt in Stuttgart, als Bibliothekar: Oberstudienrath Dr. v. Krauss in Stuttgart. Für die nächste Gener alvers a mmlu ng am Johannes- feiertag den 24. Juni 1878 schlug Herr Hüttendirector Dr. Dorn Tübingen vor. Da der Verein seit seiner Gründung die Ge- neralversammlung nur zweimal, 184 6 und 1852 in der Univer- sitätsstadt gefeiert hat und seit dieser Zeit nicht wieder dahin eingeladen worden ist, so wurde die Einladung gerne unterstützt und ungeachtet einer Bemerkung, dass nach bisherigem Gebrauch Stuttgart an der Reihe sein würde, durch Stimmenmehrheit Tü- bingen und hierauf Dr. Dorn als Geschäftsführer gewählt. Die Verhandlungen schlössen um halb 2 Uhr, nachdem der Vorsitzende noch den städtischen Behörden, den Ausstellern der Sammlungen und dem Geschäftsführer für ihre Bereitwilligkeit und Bemühungen zum gelungenen Fest den Dank ausgedrückt hatte. Nach dem Mittagsmahl führte Herr Dr. Lucas, Director des pomologischen Instituts, einen Theil der Mitglieder in seine Gartenanlagen, ein anderer besichtigte unter der Leitung des Herrn Dr. Dorn eine Verwerfung der Gebirgsschichten in der Nähe des Bahnhofs. Bis zum Abgang der Bahnzüge verweilten die auswärtigen Mitglieder im Museumsgarten in heiterer Unter- haltung mit den neu gewonnenen Reutlinger Freunden. Nekrolog des Dr. Emil Schüz von Calw, Von Dr. Wurm in Teinach. „Multis ille bonis flebilis occidit." Am Morgen des 6. April heurigen Jahres verbreitete sich In der Stadt Calw und Umgegend die Nachricht, dass Dr. Schüz soeben, zwar nach längerem Leiden, aber doch unvermuthet plötz- lich gestorben sei. Und weiter und weiter schlug die nur allzu bestätigte Trauerkunde ihre Wellen, überall die schmerzlichste Theilnahme erweckend. Hatte ja doch der Dahingegangene eine sehr beträchtliche Zahl von Verbindungen mit Ländern und Menschen unseres ganzen Planeten in seinem, dem Staate, der Heimathgemeinde, der Wissenschaft und der Humanität gewid- meten Leben und Streben angeknüpft und lebendig erhalten I Indem ich, der ich mich des Verstorbenen intimer Freund- scha,ft eine lange Reihe von Jahren hindurch erfreuen durfte, und der ich aus diesem Umgange die angenehmsten und vielsei- tigsten Anregungen zog, hier einen kurzen Ueberblick über Lebens- verhältnisse und Wirksamkeit desselben gebe, berühre ich wohl eine mich allezeit schmerzende Wunde ; ich zögere jedoch damit nicht, da eben die genannten Beziehungen, sowie freundliche Mittheilungen aus den hinterlassenen Papieren von Seite seiner Angehörigen mich zu möglichst vollständigen und correcten Mit- theilungen befähigen. — 44 — Georg Emil Karl Christoph Schüz ist zu Calw, als :Sohn des Dr. med. J. Chr. Schüz und dessen Gattin Emilie Louise, geb. Zahn, am 12. August 1828 geboren. Der Gross- vater von väterlicher Seite war J. G. Chr. Schüz, zuletzt Pfarrer in Hildrizhausen, 0/A. Herrenberg, der von mütterlicher Seite der bekanntere Calwer Arzt Dr. J. G. Zahn, geb. in Altheng- stett 1789, gest. in Calw 1831. Dr. Zahn erwarb sich nament- lich durch die Beförderung der Einführung der Schutzpockenimpfung, des Galvanismus als Heilmittel und der Blitzableiter in Württemberg bleibende Verdienste. Von diesem Letzteren ging die ärztliche Praxis, sowie die Pflege der Naturwissenschaften nicht nur auf Dr. Schüz' s Vater, desselben Schwiegersohn, sondern auch auf diesen selbst über, wie er denn oftmals erzählte, dass die ehr- würdige Gestalt, das gewinnende Wesen, die reichen Kenntnisse •des Grossvaters bereits auf das zarte Kindesgemüth den bleibend- sten Eindruck gemacht und zur Nacheiferung in allen Stücken angespornt hätten. So kam es, dass der junge Schüz schon frühzeitig und spielend von Vater und Grossvater in die Natur- wissenschaften eingeführt wurde; die Unterhaltung, Beobachtung und Zergliederung verschiedener Thiere, das Sammeln von Mine- ralien, die Begleitung des pflanzenkundigen Vaters auf botanischen Excursionen vertieften und erleuchteten jene Eindrücke der Natur auf den heranwachsenden, ungemein begabten und lernbegierigen Knaben. Vom sechsten Lebensjahre an besuchte er die Elementar- schule, dann die Lateinschule seiner Vaterstadt, und hierauf, nach seiner Confirmation, im Mai 1842 das Gymnasium in Stuttgart, wo er den möglichsten Ersatz für das glückliche Familienleben, dem er sich entreissen rausste, in dem neuerrichteten Pensionate von Benneder und im bildenden Umgange mit treff"lichen Männern, Freunden seines Vaters, fand. Dort eignete er sich nicht allein die alten Sprachen mit Eifer und Erfolg an, sondern setzte auch seine Naturaliensammlungen (bes. Schnecken, Schmetter- linge, Herbarien) rastlos fort, ja bei dem vortrefflichen Unter- richte von Fräulein Emilie Zumsteg betrieb er noch musika- lische Studien, welche ihn tiefer in das Wesen und Verständnissder Musik einführten, als die gewöhnlichen Dilettanten einzudringen — 45 — pflegen. Oftmals erwähnte er mir gegenüber dankbar diese seine* Lehrerin, oftmals erfreute er Familien- und Freundeskreise durch sein Clavierspiel und er pflanzte die Pflege der classischen Musik auch bei seinen Söhnen. Schon 1835 hatte er seine Mutter verloren, in Marie Heermann aber, einer Tochter des Kaufmannes H. in Calw, eine liebevolle zweite Mutter finden dürfen. Förmlich als selbstverständlich widmete er sich nach im Herbste 1846 abgelegtem Maturitätsexamen dem Lebens- berufe seines Vaters und Gross vaters, der Arzneiwissenschaft, der schliesslichen Blume und Frucht aller Disciplinen, der Naturlehre, welche ja die allein sichere Basis der Medizin bildet. Schliz bezog daher im October die Universität Tübingen, wo er, mit Ausnahme eines in Heidelberg verbrachten Semesters, bis zum Herbste 1851 verblieb nnd neben den eigentlichen Fachstudien mit stets offenem Auge, lerneifrigem Sinne und warmem Herzen besonders Zoologie und Botanik, und zwar letztere mit Vorliebe^ fortbetrieb. Später benützte er seine fast alltäglichen Praxis- fahrten zugleich zu gelegentlichen botanischen Excursionen. Seinem angelegentlichen Wunsche, nach bestandenem Examen die Spitäler von AVien, Prag, Paris zu besuchen, trat der leidende Zustand des Vaters, welcher sicli die Unterstützung des Sohnes in seiner äusserst anstrengenden und in hiesiger Gebirgsgegend doppelt beschwerlichen Praxis dringend wünschte, zumal, da eben eine Typhus- und Pockenepidemie den Bezirk heimsuchte, unbedingt entgegen, und so kelirte er in das elterliche Haus zurück, um noch im gleichen Jaln-e (1851) als Referendar beim Physikate Calw seine ärztliche Wirksamkeit zu beginnen. Später, und vielleicht mit mehr Nutzen, da des Mannes gereifter Blick ihn begleitete, hat er auf zahlreichen wissenschaftlichen Reisen im In- und Auslande jenes erzwungene Versäum-niss reichlichst ein- geholt, während eine ungemein ausgedehnte ärztliche Praxis — ■ welche ihn z. B. im Jahre durchschnittlich 364 Mal auf das Land und allwöchentlich einige Mal aus dem Bette rief, — ihm, der immer strebsam alle theoretischen und praktischen Fort- schritte seines Faches für seine Patienten verwerthete, und letz- teren jederzeit ein liebevoller, vertrauenerweckender Berather und — 46 — Helfer war, eine Fülle interessanter Beobachtung-en und Erinne- rung-en lieforte. Am 23. Dezember 1852 war der erst 49jährige Vater nach langen Leiden gestorben, und hatte von da ab der Sohn die Praxis allein zu besorgen, nachdem er im Juli 1853 ■das Staatsexamen erfolgreich bestanden. Im October desselben Jahres begründete er seinen eigenen Herd im väterlichen Hanse am Marktplatze durch Verehelichung mit Marie Schauber, der Tochter des Fabrikanten Friedrich Seh. und seiner Gattin Marie, geb. Zahn. Im Juni 1875 hatte er den Schmerz, seine Lebensgefährtin durch den Tod zu verlieren. Von den vier, dieser Ehe entsprossenen Söhnen starben zwei bereits im zarte- sten Alter, von den beiden Ueberlebenden liegt der Aeltere gegenwärtig dem Studium des Bergwesens am Stuttgarter Poly- technikum ob. Ihre Erziehung leitete Dr. Schüz mit inniger Liebe und Sorgfalt und durfte sich dafür ihres körperlichen und geistigen Gedeihens erfreuen. Mit grosser Bestimmtheit wünschte «r, wie er mir öfter wiederholte, dass keiner seiner Söhne Me- diziner werde, einzig nur , um ihnen die verantwortungsvollen Mühen zu ersparen, welche er selbst in einer rauhen Landpraxis so reichlich durchgekostet. Auch ihn bestimmte ein Kniegelenks- und Leberleiden, gegen welche er in Wildbad und Carlsbad wiederholt Hilfe suchte, die ärztliche Praxis im Winter 1870/71 aufzugeben, um fortan mit mehr Müsse seinen Sammlungen und Vereinen, grösseren (darunter einigen historischen) schriftstelle- rischen Arbeiten und seinen ausgedehnten Bürgerpflichten zu leben. Leider sollte das „otium cum dignitate" von kurzer Dauer sein! Schon seit Jahren an Herzverfettung und Bright'scher Nieren- krankheit leidend, erfuhr er, da er eben an der Geburtsfeier des Deutschen Kaisers (22. März 1877) den gewohnten Antheil zu nehmen im Begriffe stand, eine bedenkliche Verschlimmerung seines Zustandes, welche ihn ~ mit bald hoffnunggebenden, bald ungünstigen Schwankungen — bis zu seinem am 6. April 1877 früh l^/i Uhr beim Ankleiden in Folge einer Herzlälimung plötzlich eingetretenen Tode, in das Krankenzimmer bannte. Im letzten Lebensjahre hatte ihn eine mit dem Grundleiden zusammen- — 47 — hängeude, ernste Störung des Sehvermögens sehr gedrückt und in seinen Arbeiten gehindert. Am 8. April geleitete ihn eine zahlreiche und schmerzlich ergriffene Trauerversammlung aus Nah und Fern zum Grabe. Was der Freund dem Freunde, ja der ganzen, mit Güte und Wohlwollen umfassten Menschheit war, was er als Bürger, Stadt- rath, Schöffe, Geschworner, Kirchenconventsmitglied, Schriftsteller u. s. w. für seine Vaterstadt und selbst für das Land leistete, seine Verdienste als Arzt — all' Dieses zu schildern, kann nicht hier meine Aufgabe sein. Ich möchte, ehe ich seiner speziell naturforschenden Thätigkeit gedenke, lediglich zur Ergänzung seines Charakterbildes hervorheben, dass er einem positiven Christenthume, jedoch ferne von Intoleranz gegen andere Ueber- zeugungen und von Neigung zum Pietismus, ebenfalls überzeu- gungstreu und activ anhing, dass er seine deutsch-nationale und seine durch reiche Lebenserfahrung gemässigte liberale politische Gesinnung stets bethätigte, dass er endlich von seinem namhaften Vermögen den edelsten Gebrauch zur Erziehung seiner Kinder, zur eigenen Ausbildung, zur Forderung der Wissenschaften und Künste, sowie zu stillen Wohlthaten und zu gemeinnützigen Unter- nehmungen machte. Seine ansprechende, behäbige Erscheinung, seine Herzensgüte, sein reiches Wissen auf den mannichfaltigsten Gebieten, das sicli keineswegs in Geschwätzigkeit breit machte, sondern erst allmählich im Laufe der Gespräche hervortrat, seine grosse Anspruchslosigkeit nahmen sofort und dauernd für ihn, als einen bedeutenden Mann, ein. Nur eine grosse Ordnungsliebe und eine präcise Eintheilung der freilich oft bis nach Mitternacht verlängerten Arbeitszeit er- möglichte es Dr. Schüz, neben all' den genannten Leistungen auch den Naturwissenschaften eine fördernde Thätigkeit fort und fort zuzuwenden, durch welche er namentlich in der Mitglieder- zahl des „Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg" und in dessen „Schwarzwälder Zweigvereine " eine hervorragende und wohl stets unvergessene Stelle einnahm. Die Versammlungen deutscher Aerzte und Naturforscher besuchte er wenn nur immer möglich, so 1853 die zu Tübingen, 1857 zu Bonn, 1865 — 48 — zu Hannover, 1868 zu Dresden, 1869 zu Innsbruck, 1872^ zu Leipzig, 1873 zu Wiesbaden, 1875 zu Graz, 1876 zu Hamburg, 1874 eine Versammlung von Botanikern zu Florenz^ endlich die Kunst- und Industrieausstellungen zu Paris, Wien, München, Ulm u. a., den Gärtnercongress in Erfurt (1865), überall, wie auch auf seinen Erholungsreisen, stets reichen wissenschaftlichen Gewinn erntend und zu den gepflegten alten Bekanntschaften mit Spezialforschern immer neue anknüpfend. Solche zu unterstützen war er stets bereit, wie z. B. die Samm- lung von Sagen, Aberglauben, Sitten, Sprüchwörtern, Mundarten etc. „Aus Schwaben" von Prof. Dr. Birlinger in Bonn durch ihn wesentlich bereichert worden ist. Seine äusserst bunte und belebte Voliere, seine Alpenpflanzenkultur, seine Herbarien und Mineralien, manche ethnologische Seltenheiten und allerlei Curio- sitäten, endlich seine stattliche Bibliothek führten oft Besucher nach Calw. Ganz hervorragend ist seine, 24 grosse Pappekästen umfassende Sammlung von Portraits und Autographen von Natur- forschern und Aerzten, welche, wenn ich recht unterrichtet bin,, lediglich von der Berliner Staatssammlung an Reichhaltigkeit übertroffen wird. Testamentarisch ward bestimmt, dass alle diese Gegenstände bis zur Mündigkeit seiner Söhne unverändert in seinem Hause aufbewahrt bleiben sollen. Eine im Januar 186^ angetretene SOtägige Orientreise über Triest, Alexandrien, Cairo, Jerusalem, Athen, Konstantinopel etc. hat Dr. Schüz in einer höchst anziehenden und lehrreichen Weise beschrieben. Ausser dieser Reisebeschreibuug hat derselbe nur kleinere Arbeiten veröfi'entlicht ; von den bei freierer Zeit der letzten Jahre unternommenen grösseren Arbeiten hat ihn der unerbittliche Tod abgerufen. Hier das Verzeichniss seiner literarischen Producte r lieber den Krebs der Schilddrüse mit Perforation des Kehlkopfes. Zeitschr. f. Wundärzte u. Geburtshelfer. 1854. VII. S. 238 ff. AYurstvergiftung an 12 Personen. Württ. med. Corresp.- Bl. 1855. XXV. S. 161 ff. Plora des nördlichen Scliwarzwalde s, I. Phanero- gamen. Inauguraldissertation. Calw 1858. — 49 — A t r 0 p a b e 1 1 a d 0 n n a lutea, Scliiiz : Württ. naturw. Jahresb. 1859. XV. S. 45. K a i s e r s c b 11 i 1 1 an einer Lebenden: in der Inang-Dissert. V. E. Fries: Ueber d. Erfolg- der Kaiserschnitte in Württem- berg. Tübingen 1868. S. 22 ff. Lebenszähigkeit der Bachforelle: Württ. naturw. Jahresh. 1866. XXIL S. 128. Vom Schwarzwald in's Morgenland, ßeiseskizzen etc. Calw 1870. 8«. 168 S. (Verlier im „Unterhaltnngsblatt des Calwer Wochenblattes" i3riblicirt.) Dasselbe^, zweite verm. n. verb. Aufl., Stuttgart 1875. Flora von Wildbad, in Dr. v. Renz's „Wildbad^ Wild- bad 1874. S. 198—211. Die S c h w a r z w a 1 d b a h n , beschrieben von Pfarrer Hoch- stetter u. Dr. Schüz. Stuttgart 1872. Fortwährende Fliege nlar v enzucht (für Vogelzucht, Aquarien etc.): Gefiederte Welt, 1873. TL a. 16. S. 139. F ü h r e r d u r c h C a 1 w und Umgegend (für den Verschöne- rungsverein gearbeitet), mit Stadtplan, Stuttgart 1876. In Arbeit dagegen befanden sich: Biographisches Lexikon der Aerzte und Natur- forscher aller Zeiten, B i og' r a p h i s c h e s C a 1 e n d a r i u m , Chronik der Stadt Calw, Was bis jetzt in der Erforschung des Schwarz- waldes geleistet worden, Vortrag zur Eröffnung des Schw. Zweigvereins am 6. Januar 1875*. Dr. Schüz gehörte folgenden Vereinen (abgesehen von zahl- reichen wohltliätigen Gesellschaften) an: * Diese letztere Abhandlung fand sich unter des Verstorbenen Papieren nicht mehr vor. Veimuthlich hatte derselbe sie an ein Ver- einsraitglied ausgeliehen. Da nicht nur mir, sondern auch den Erben an der Wiedererlangung dieses Manuscriptes sehr viel liegt, so bitte ich den augenblicklichen Inhaber um gefällige Zusendung. Dr. Wnrm, WUrttemb. Daturw. Jahvoshefte. 1878. 4 — 50 — seit 1852: dorn Calwer ärztlichen Gauvereinc, „ „ wiiTidärztlicheii Vereine, , 1853: dem Vereine für vaterl. Naturkunde, „ württ. ärztl. Vereine, „ 1859: der Oberliessiscben Gesellschaft für Natur- und Heilkunde, 1861: dem Kunstvereiue, ^ 1862: dem württ. Thierschutzvereine, „ 1864: der Weinverbesserung-sgesellschaft, „ 1865: Pfleger des Germanischen Museums in Nürnberg. - 1868: dem württ. Alterthumsverein, ,, 1869: „ deutschen Alpenverein, „ 1872: der anthropologischen Gesellschaft, y, 1873: der zoolog.-botan. Gesellschaft in Wien, „ 1875: der K. Leopoldinisch - Carolinisch - deutschen Aka- demie der Naturforscher, dem III. ärztlichen Bezirksvereine und dem Schwarzwälder Zweigverein des Vereins für vaterl. Naturkunde. Was den letztgenannten Verein betrifl't, so hatte ich während zweier Jahre mit dem Vorstand des „Badischen Schwarzwald- vereins" (in Waldkirch) correspondirt, um denselben zu bewegen, aus dem engen Kreise des Nachbarlandes herauszutreten, und auch die wissenschaftliche und industrielle Erforschung und Aus- beutung des Schwarzwaldes in das Programm aufzunehmen. Allein ohne Erfolg, denn jene Gesellschaft verfolgte andere Zwecke. Als ich nun Dr. Schüz und Apotheker Kober Kenntniss von den gescheiterten Verhandlungen gab, war Er- sterer sogleich bereit, dem Plane eine andere, erfolgverheissende Richtung nach dem Vorgange des „Oberscliwäbischen Zweig- vereines" zu geben, und es gelang ihm, den „Schwarzwälder Zweigverein " unter zahlreicher Betheiligung zu begründen. In dessen erster Versammlung ward er einstimmig zum Vorstande erwählt, und wusste durch seine Thätigkeit in Vorführung inter- essanter Themata und Objecte die an jene Wahl geknüpften Er- wartungen völlig zu erfüllen. Leider liat der Verein schon ietzt — 51 — seinen Verlust zu betrauern. Die Mitglieder desselben gelobten jedoch in der letzten Versammlung, das Vermäclitniss des Ge- schiedenen hochzuhalten und durch eifriges und einträchtiges Zu- sammenwirken im Vereine sein Andenken zu ehren und fortleben zu lassen. Und so ruhe denn der treue Freund und Mitarbeiter an der Seite seiner vorangegangenen Gattin friedlich in der heimath- lichen Schwarzwalderde, die er im Leben so warm geliebt hat! Nekrolog des Gustav Walz, vormaligen Directors der A ka demi e H ohe nh e i m. Von Prof. Dr. v. Weber in Tübingen. Am 30. Oktober 1876 starb zu Stuttgart ein langjähriges Mitglied des Vereins für vaterländische Naturkunde, der vor- malige Director der Akademie Hohenheim, Gustav W a 1 z. Der- selbe hatte es sich zu seiner Lebensaufgabe gemacht, die Land- wirthschaft in möglichst innige Verbindung mit den Natur- wissenschaften zu bringen , dieselben zur Grundlage für diesen wichtigen Zweig der Volkswirthschaft zu machen und auf diese Weise zur weiteren Entwicklung des Landbaues beizutragen. Wenn daher in diese Blätter ein kurzer Lebensabriss des Verstorbenen niedergelegt wird, so bedarf es keiner Recht- fertigung und wird es, wie ich hoffe, von den vielen Freunden, welche Walz innerhalb dieses Vereins zählte, mit Genugthuung aufgenommen werden, dass seiner in diesen Blättern gedacht wird. Gustav Walz wurde den 30. Dezember 1804 in Stuttgart geboren; seine Eltern waren der Apotheker Walz und Sophie, geb. Nagel, beide alten Stuttgarter Familien angehörend. Er verlor beide sehr früh; von näheren Verwandten blieben ihm nur zwei Brüder, von welchen der 10 .Tahre ältere Rechts- — 53 — cousulent Friedrich Walz stets einen grossen und wobltliätigen Einfluss auf seine geistige Entwicklung ausübte. Walz wurde für einige Jahre einer befreundeten Familie in Freudenstadt zur Erziehung übergeben; dieselbe musste aber kein Verständniss für das eigenthümliche Wesen des elternlosen Knaben gehabt haben, denn stets gedachte er dieser Zeit als der unglücklichsten seines Lebens. Freudig kehrte er deshalb wieder nach Stuttgart zurück, um daselbst das Gymnasium zu besuchen. Schon hier zeigte sich entschieden, welche Richtung sein Lebensgang nehmen sollte. — Er vernachlässigte zwar in keiner Weise die philo- logischen Studien, doch wendete er sich vorzugsweise mit sicht- barer Vorliebe naturwissenschaftlichen Beschäftigungen zu, ob- gleich das Studium der Naturwissenschaften damals noch eine untergeordnete Rolle unter den Lehrgegenständen des Gymnasiums einnahm. Häufige botanische und geognostische Exkursionen, welche er in der Umgebung Stuttgarts machte, übten seinen Blick sich auf diese Gegenstände zu richten, lehrten ihn beobachten und bestärkten ihn immer mehr in seiner Liebe zur Natur und zur Erkenntniss ihrer Ersclieinungen. Auch mit chemischen Untersuchungen, wenn gleich noch mit mangelhaften Mitteln und unzureichenden Kenntnissen aus- gestattet, fing er au sich in seiner freien Zeit ernstlich zu be- schäftigen, was ihm von seinen Freunden den Namen „ Salzkoch " eintrug. Sein ältester Bruder Friedrich, ein vielseitig gebildeter und intelligenter Mann beobachtete genau die so bestimmt aus- gesprochene Neigungen des jungen Bruders und lenkte ihn auf einen Lebensberuf hin, welcher denselben entsprach. Am liebsten hätte Walz sich ganz den Naturwissen- schaften gewidmet, allein die Zeit war noch nicht gekommen, wo man sich dadurch eine sichere Lebensstellung erwerben konnte, denn dieselben wurden gewöhnlich nur als Nebenfächer der Medizin behandelt. Aber die gebildeten Kreise der Gesell- schaft begannen ihre Aufmerksamkeit einem Berufe zuzuwenden. — 54 — dessen grosse volkswirthscliaftliche Bedeutung immer mehr ein- gesehen wurde, und welcher eine ausschliessliche Beschäftigung mit der Natur und ihrer Erkenntniss erforderte, nämlich der Landwirthschaft. Diese Verhältnisse, so wie der Umstand, dass es auf diesem Gebiete noch sehr an intelligenten Kräften fehlte, und daher für einen strebsamen einsichtsvollen Mann ein weites Feld der Thätigkeit offen stand, bestimmten den älteren Bruder, seinen jüngeren für die Natur begeisterten und mit einem kräftigen Körper ausgestatteten Bruder darin zu bestärken, dass er das Fach der Landwirthschaft ergreife. Walz bezog nun zu diesem Zwecke im Jahre 1821 die von König Wilhelm gegründete landwirthschaftliche Lehranstalt Hohenheim. Der Vorstand dieser Anstalt war Nepomuk Schwerz, ein Mann, welcher sich durch seltene landwirth- schaftliche Detailkenntnisse auszeichnete und seine Srhüler ge- wöhnte , auch die scheinbar kleinsten Dinge zu beachten , um durch deren Erkenntniss zum Einblick in den Zusammenhang des Ganzen zu gelangen. Hier erwarb sich Walz in hohem Grade diejenige Eigenschaft, welche man im gewöhnlichen Leben einen „praktischen Blick" nennt, d. h. die Gabe, schnell zu beobachten und aus den Beobachtungen zutreffende Schlüsse zu ziehen. Diese Eigenschaft kam ihm in seinem zukünftigen Beruf als praktischer Landwirth ausserordentlich zu statten, und machten seinen Rath und seine Anordnungen später so werthvoll und zweckmässig. Der Aufenthalt in Hohenheim förderte Walz sehr in seinen Kenntnissen und Fähigkeiten, und bot ihm auch Gelegenheit, unter den Besten seiner Studiengenossen, welche noch aus einer verhältnissmässig kleinen Zahl bestand, sich gleich strebsame Freunde zu erwerben, welche sich sein für Freundschaft besonders treues und empfängliches Gemüth bis an sein Lebensende zu erhalten wusste. Der wissensdurstige junge Mann fühlte nun aber das Be- dürfniss, da der Unterricht in den Naturwissenschaften zu Hohenheim damals noch kein sehr eingehender war, die vielen Lücken in diesen Fächern zu ergänzen und sich noch eine — 55 — giündlicliere wissenschaftliche Erkenntüiss anzueignen. Er be- zog zu diesem Zwecke im Jahr 1823 die Universität Tübingen, wo er vorzugsweise die Vorlesungen von Gmelin über Chemie und von Schübler über Geognosie besuchte und beide Fächer studirte, welche er auch fernerhin mit| besonderer Vorliebe behandelte und in seiner Berufsthätigkeit als Landwirth zu ver- werthen bemüht war. Da er schon damals das Wissen mit der Praxis zu verbinden trachtete , so übernahm er während seiner Studieiizeit gerne die ihm übertragene Verwaltung des benacli- barten Gutes Rosek. Nach Absolvirung der Universitätsstudien ging Walz auf Reisen, ein Bildungsmittel, welches auch bei ihm seine Wirkung nicht verfehlte. Indem er die grössern wirthschaftlichen Ver- hältnisse im Norden Deutschlands kennen lernte, erweiterte sich sein Blick. Durch den renommirten schlesischen Landwirth Biok wurde er in das landwirthschaftliche Versuchswesen ein- geführt und die Verwaltung eines grösseren Gutes, Siebeneichen, welches er für 2 Jahre übernommen hatte, gewöhnte ihn an ein selbständiges und umsichtiges Handeln in wirthschaftlichen Dingen. Im Jahre 1826 kehrte Walz reich an Erfahrungen und Kenntnissen in die Heimath zurück mit der Absicht, sich durch Pachtung oder Kauf eines Gutes als selbständiger Landwirth niederzulassen, um sich damit nicht nur einen eigenen Herd zu gründen, sondern auch durch Beispiel und Wort zur Hebung der in Württemberg damals noch darniederliegenden Landwirthschaft beizutragen. Nach längerem Suchen erwarb er sich den 240 Morgen grossen Schweizerhof bei Ellwangen, ein Besitz, welcher weder nach seinen klimatischen noch nach seinen Bodenverhältnissen viel versprach, aber gerade desshalb für Walz einen gewissen Reiz hatte, um auf demselben seine Kenntnisse und Fälligkeiten zu erproben. Wirklicii gelang es ihm auch glänzend, allmählich das Gut zu seinem Vortlieil zu verändern und seinen Ertrag zu erhöhen. Hier gründete er auch seinen Hausstand durch Vor- — 50 — heiratliuiig mit 'seiner Jugendliebe, Sopliie S c lui ir aus Wangen, mit welcher er 41 Jahre lang in glücklichster durch 4 Kinder gesegneter Ehe lebte. Die Eltern hatten ihre Kinder nicht nur zu erziehen, sondern sie mussten sich auch noch in die Aufgabe theilen, ihnen sänimtlichen Schulunterricht zu ertheilen, da keine passende Schule in der Nähe des einsamen Gutes war. Walz musste zu diesem Zwecke das württembergische Schullehrer- examen bestehen, um die Erlaubniss zum Privatunterricht zu erhalten. Die mancherlei Schwierigkeiten, mit welchen Walz auf dem Schweizerhofe zu kämpfen hatte, und welche er glücklich überwand , waren es , die ihn vollends zu einem tüclitigen charaktervollen Manne heranreiften, und so wurde dieser Auf- enthalt eine Schule, welche ihn für seine künftige Laufbahn so geeignet machte. Bald wurde er auch in weiteren Kreisen als ein Landwirth bekannt, welcher mit praktischer Tüchtigkeit ein aussergewöhnlich eifriges, wissenschaftliches Streben verband. Vielfach wurde er daher als Sachverständiger zu den ver- schiedensten Arbeiten herbeigezogen, welche dazu beitrugen, seine Umsicht zu befördern. Neben dieser vielseitigen Thätigkeit, welche die Bewirth- schaftung des Gutes, die Ausarbeitung aller möglichen Gut- achten und Taxationen eti-. erforderte, unterrichtete er junge Männer, welche bei ihm die Landwirthschaft erlernen wollten und beschäftigte sich eifrig mit naturwissenschaftlichen Studien, von welchen ihn namentlich die Geognosie anzog, in welchem Fache er seine Kenntnisse auf vielen kleineren und grösseren Reisen zu erweitern Gelegenheit fand. Zeugniss von seinen eingehenden geognostischen Studien geben die im württem- bergischen Correspondenzblatt erschienenen Aufsätze und Beiträge zur Geognosie des Kieses, sowie seine Betheiligung an dem Werke „die Vegetations - Verhältnisse der Jura- und Keuper- formation in den Flussgebieten der AYörnitz und Altmühl" von Dr. A. Schnizlein in Erlangen und A. Frickhinger in Nördlingen. 1848. Diese geognostisciie Kenntnisse verwerthete er aber auch — 57 -- bei seinem praktischen Berufe; es gelang ihm, auf seinem Gute einen Mergel aufzufinden, durch dessen ausgedehnte Anwendung er die Ertragsfähigkeit desselben auf eine ungeahnte Höhe er- hob. Wie langsam bei der landwirthschaftlichen Bevölkerung selbst Beispiele anregend wirken, zeigte sich auch hier; erst nachdem Walz die Gegend verlassen hatte, fingen die um- liegenden Besitzer an, den Mergel zu gebrauchen und häufig hörte man von ihnen den Ausspruch, „hätten wir schon vor 15 Jahren wie Walz angefangen unsere Felder zu mergeln, so wären wir jetzt reiche Leute". Als im Jahre 1842 in Folge einer bei dem 25jährigen Eegierungsjubiläum des Königs Wilhelm gemachten Stiftung auch auf dem Schlossgute Ellwangen eine landwirthschaftliche Lehranstalt für junge Leute aus dem Bauernstande errichtet wurde, konnte kein Mann gefunden werden, welcher zum Vor- stände dieser Anstalt geeigneter gewesen wäre, als W^alz. Seine ausgezeichnete Lehrgabe, durch welche er so anregend auf die Jugend wirkte, fand hier ein Material vor, welches ganz unbebaut war, aber gerade desshalb einen um so fruchtbareren Erfolg versprach. Es gelang ihm auch, seinen Schülern Ver- ständniss und Neigung für die Naturwissenschaften einzupflanzen, welche er stets als die Grundlage für den Fortschritt auf dem Gebiete der Landwirthschaft betrachtete. Das in den günstigsten Verhältnissen gelegene Schlüssgut wandelte er in eine Musterwirthschaft um; als Berather in wirthschaftlichen Dingen wirkte er in einem weiten Umkreise: auch seine wissenschaftlichen Kenntnisse suchte er dui-ch Studien und Reisen immer mehr zu erweitern. Die Resultate derselben legte er theils in einer Reihe von Aufsätzen, tlieils in Vorträgen, welclie er im Kreise gleichgesinnter Männer oder in landwirth- schaftlichen Vereinen hielt, nieder. Besonders liebte er es, sich eine möglichst genaue Kenntniss der topographischen und geognostischen Verhältnisse des Landes anzueignen. Es wird nicht leicht eine Gegend Württembergs zu finden sein , über welche er nicht die genaueste Aufkunft geben konnte. Die Aufsätze, welche er während dieser Zeit veröffentlichte, hatten — 58 — zwar landwirtliscliaftliche Fragen zu ihrem Gegenstände , gingen aber in ihren Ausführungen immer auch von naturwissenschaft- lichen Gesichtspunkten aus; von denselben sind hier zu nennen „über die Hagelversicherung in Württemberg, über Kalkdüngung, Erfahrungen über Drainaganlagen u. s. w". So verlebte er 8 Jahre in diesen glückliclien Verhältnissen, und als ihm im Jahr 1850 die Directorsstellc der Akademie Hohenheim angeboten wurde, kostete es ihn viele Ueberwindung, diesem Rufe zu folgen, und nur unter Vorbehalt seines Kück- trittes nach Ellwangen übernahm er diese Stelle. Hier fand nun der vollgereifte Mann den weitesten Wirkungskreis für seine Thatkraft. Unter seiner Leitung er- reichte die Akademie eine nie zuvor dagewesene Frequenz von Schülern, und seine anregende Thätigkeit erstreckte sich, da er zugleich Mitglied der Centralstelle war, auf das ganze Land, und verfehlte nicht, ihre Wirkung auf die Hebung der Land- wirthschaft auszuüben. Die Richtung für die wissenschaftliche Entwicklung der Landwirthschaftslehre, welche er seit lange für die einzig richtige erkannt hatte, hielt er auch hier fest. Eine seiner ersten Sorgen war die Erriclitung eines besonderen Lehrstuhls für Agri- kulturchemie, für welehe er eine ausgezeichnete Kraft gewann; er lenkte das landwirthschaftliche Versuchswesen in feste, ein bestimmtes Ziel ins Auge fassende Bahnen, und noch gegen das Ende seines Hohenheimer Aufenthalts veranlasste er die Er- richtung einer agrikulturchemischen Versuchsstation. Wenn gleich diese Stellung seine Arbeitskraft in der viel- fältigsten Weise in Anspruch nahm, fand er doch noch Zeit, sich auch literarisch zu beschäftigen ; neben einer Reihe kleiner Aufsätze, welche in landwirthschaftlichen Journalen erschienen, gab er in Verbindung mit den Lehrern der Akademie eine Zeitschrift unter dem Titel „Mittheilungen aus Hohenheim" heraus, in welchen die Resultate des Gutsbetriebos und der an- gestellten Versuche veröfientlicht wurden. Besonderen Antheil nahm Walz an der Bewegung, welche in der Landwirthschaft durch Liebig\s Epoche machendes Werk „die Chemie in ihrer An- ~ 59 — Wendung' auf Agrikultur und Physiologie" veranlasst wurde. Er konnte sich nach seinen gemachten Erfahrungen nicht ent- schliessen, die Lehre Liebig's in ihren Consequenzen als durch- aus richtig zu betrachten, und neigte sich bei dem damaligen, nun überwundenen, wissenschaftlichen Kampfe zwischen den so- genannten „Mineralstöffler und Stickstöffler" den letzteren zu, indem er von der Ansicht ausging, dass die dem Boden durch den Pflanzenbau entzogene löslichen Mineralverbindungen durch die Verwitterung wieder ersetzt werden können. Seine An.-dchten über diesen wissenschaftlilhen Streit, welche er nach reiflicher Ueberlegung und in eingehender Weise in den genannten „Mit- theilungen aus Hohenheim" veröffentlichte, zogen ihm von ent- gegengesetzter Seite nicht immer sachlich gehaltene Erwiderungen zu, und wenn gleich zugegeben werden muss, dass die von Walz veröffentlichte Ansichten nicht frei von einseitigen Anschauungen sind, so haben sie doch wesentlich zur Aufklärung darüber bei- getragen, in wie weit die Lehre Liebig's auf die praktische Landwirthschaft in gegebenem Falle Anwendung finden kann. Fünfzehn Jahre lang bis zum Herbste 1865 entwickelte Walz in dieser Stellung eine nach allen Seiten hin fruchtbare Thätigkeit. Ein Herzleiden, welches seinen kräftigen Körper ergriffen hatte, trat stärker auf und nöthigte ihn nach dem Rath der Aerzte dieses aufreibende Amt aufzugeben und sich nach seiner alten Heimath Stuttgart zurückzuziehen. Allein sein leb- hafter Trieb zur Arbeit verlangte nach einem W^irkungskreis; eine Reihe von Jahren machte er sich als Mitglied der Central- stelle für Landwirthschaft durch seine genaue Kenntniss der wirthschaftlichen Verhältnisse W^ürttembergs nützlich ; er ver- öffentlichte seine in Hohenheim gehaltene Vorlesungen über land- wirthschaftliche Betiiebslehre in einem werthvollen Werke, und seine letzten Jahre füllte noch die Beschäftigung mit den Vor- arbeiten für die neue Katastrirung zum Zwecke der Grund- besteuerung aus. In seinen von diesen Arbeiten freien Stunden beschäftigte sich der noch im Alter so strebsame Mann mit naturwissen- schaftlichen Studien und zu seinen schönsten Tagen rechnete er — 60 - stets diejenigen, au welchen die regelmässigen Abendversammlungen der Mitglieder des naturwissenschaftliclien Vereins, der „Schnecken- kranz " bevorstand. Diese Freude an der Natur und der Drang zu ihrer Erkenntniss erheiterte sein Alter und begleitete ihn bis zum letzten Augenblick, denn auf dem abendlichen Gange zur Versammlung des naturwissenschaftlichen Vereins ereilte ihn am 30. Oktober 1876 der Tod, welcher dem 72jährigen Manne ein schnelles und schmerzloses Lebensende bereitete. So endete ein thätiges von geistigem Streben durchwebtes Leben, welches auf dem ihm vom Schicksal angewiesenen Gebiete dauernde Wirkungen zurücklässt; seine Freunde werden dem äusserlich einfachen, aber cliaraktervollen und intelligenten Mann ein treues Gedächtniss bewahren und seine zahlreichen Schüler den anregenden Lehrer in dankbarer Erinnerung behalten. Nekrolog des Carl Deffner. Von Dr. Oscar Fr aas. Ist es an sich schon eine Ausnahme von der gewöhnlichen Menschenregel, wenn eines Mannes Geist mehr als ein Lebens- gebiet beherrscht, so finden sich noch viel seltener Männer, welche wie Carl Deffner in drei Gebieten des menschlichen Geistes nicht blos bewandert sind, sondern in Wahrheit und Wirklichkeit in denselben sich auszeichnen und hervorragen. Die Industrie, die Politik, die Naturwissenschaft nannte Deffner jede den Ihrigen. In jedem dieser 3 Gebiete galt er als eine bedeutende Persönlichkeit, welche das Zutrauen seiner Genossen um so lieber ehrend und auszeichnend voranstellte, als er fern von aller Schroff- heit in seinem Umgang der angenehmste und liebenswürdigste Gesellschafter war und Jedermann ihm anfühlte, dass man bei ihm nicht mit blosser Form, sondern mit dem innersten Wesen eines vortrefflichen Charakters zu thun habe. Das äussere Leben Deffners, der am 8. Juli 1817 ge- boren am 11. Juni d. J. verstarb, seine industrielle und poli- tische Thätigkeit, ist von Andern gezeichnet worden. Diese Blätter gelten nur dem Geologen Deffner, dessen Bild ich in ein- fachen Zügen hier entwerfen möchte. — 62 — Wohl liatte D offner unter Leitung des vortrefflichen Vaters eine vollständige akademische Bildung genossen und war in Berlin zu den Füssen Gustav Rose's gesessen, dem er bis zu dessen Ende ein freundliches Andenken bewahrte, aber wie das gewöhn- lich im menschlichen Leben geht, dass vor der Praxis die wissen- schaftlichen Studien in den Hindergrund treten und die Früchte des akademischen Lebens einschrumpfen, so nahm auch die Lei- tung der Fabrik, die mit jedem Jahr sich mehr ausdehnte, den Chef der Firma C. Deffner dermassen in Anspruch, dass er seine ganze Thätigkeit, sei es auf sein Walzwerk und die best- mögliche Ausnutzung seiner Wasserkraft, sei es auf das Studium der Bleche, der Kupfer oder der Lackfarben verwenden musste. Volle Aktenstösse aus jener Zeit zeugen von der rastlosen Thä- tigkeit des Fabrikanten. In den 40er Jahren war Deffner durch und durch Industrieller. Er dachte kaum an Geologie und Petrefaktenkunde. Da brauchte er wieder einmal Formsand für seine Gelbgiesser'ei, der seit Jahren aus dem braunen Beta von Giengen bezogen wurde. Dass er denselben nach seinem Vor- kommen und seiner Qualität mit allen seinen Fehlern und Vor- zügen genau zu untersuchen anfing, um ihn gründlichst kennen zu lernen, war von Deffner nicht anders zu erwarten. Wider- stritt es doch jeder Zeit dem innersten Wesen unseres Freundes etwas oberflächlich zu nehmen. Alles was er that, that er gründ- lich, was er las untersuchte er, «schlug alle Citate und Quellen nach und arbeitete sich grundsätzlich in die Literatur eines zu unter- suchenden Gegenstandes ein. So führte ihn der Formsand seiner Fabrik zur Untersuchung anderer Sande, zur örientirung über deren Vorkommen und Lagerung, und weiterhin zu dem Ursprung der Sande und deren Bilduugs weise überhaupt, womit er plötzlich mitten in der Geognosie stund. Der alte Naumann, der von Berlin her etwas verstaubt in seiner Bibliothek stand, war wieder vorgenommen, speziell für schwäbische Geognosie diente das „Flözgebirge" zum Führer. Bald aber erkannte Deffner 's klarer Verstand, dass in der Geo- gnosie die Bücherweisheit wenig nütze ist, dass vielmehr die Natur selbst befragt werden muss, um Aufschluss über die Berge und — 63 — Tliäler und das verborgene Schiclitengebilde zu erhalten. So war denn unser Freund rascli entschlossen, mit dem Hammer in der Hand draussen im Freien seine Untersui hungen anzustellen, auf welclien ihn anfänglich vielfach sein Freund Ammermüller begleitete. Bald war ihm das Profil von seinem heimischen Neckar- thal bis zur Höhe des Srhurwaldes bekannt, hierauf stieg er am andern Flussgehäng zu den Fildern hinan. Seinem klar blickenden Auge entging die Diskordanz der Lagerung nicht, die zwischen dem unteren Lias auf der Höhe der Filder einerseits und dem- selben Lias auf der Schurwaldhöhe existirt. Die Erklärung dieser Thatsache nach der herrschenden Anschauung über die Bildung unserer Erdoberfläche befriedigte ihn nicht, er ahnte es anfäng- lich nur, was ihm später zur eigensten Wahrheit wurde, dass lange nach der Bildung der Flöze und der Schichtenablagerung Schichtenstörungen eintraten, denen erst die Erde ilire jetzige Oberflächegestalt verdankt. Zum Oefteren hatte mir später der Freund vertraut, wie wundersam ihm zu Muthe geworden, als ihm zum ersten Mal der Gedanke aufdämmerte, dass die Lage- rung der Schichten denselben Gesetzen der Mechanik sich fügen, die er heute überall beobachte. Es gab für ihn jetzt keine Kluft des Gedankens mehr zwischen der Vorwelt und Jetztwelt und mit der ganzen Kraft seines Geistes suchte er jene als einen ihm nahe gerückten Gegenstand zu erfassen. Wie schon für Viele der Jura ein Lehrbuch geworden, so lernte auch Deffner an seinem Jura, wie er vor den Thoren Esslingens liegt. An Arbeiten über den Jura lag, ausser Quenstedts Flözgebirge und Mandelslohes Profile der schwäbischen Alb, die Arbeit Leop old von Buch's vor. Dessen grosser, umfassender Geist hatte ein Bedürfniss der übersichtlichen Darstellung und zugleich in dem richtigen Ge- danken, die geologischen Verhältnisse an Erscheinungen der Jetzt- zeit anzupassen, in seiner classisch gewordenen Abhandlung über den deutscheu Jura* nicht nur den deutschen, sondern den ganzen damals bekannten centraleuropäischen Jura als grosses hufeisen- * Rede über den deutschen Jura am 23. Februar 1837 in der K. Akademie der Wissenschaften zu Berlin aelesen. Breslau 1839. — ei- förmiges Koi-allenriff aufgefasst, das vom Ficlitelgebir^-e au sicli südwärts bis Schaffliaiisen und Basel erstrecke und von da über Yesoul durch den französischen Jura bis nacli Luxemburg wieder heraufziehe. In das Innere dieses Korallen- Atolls, dessen Analogien er in Neuholland findet, erstrecken sich die Jiira-Rilfe nur sporadisch, vielmehr „legen sich die Jurabildungen mit dem „Steilabfall nach innen, mit dem Sanflabfall nach aussen an ^das ältere Gebirge. In das Innere des Jurakessels dringen die „Jurabildungen fast nicht, oder nur ausnahmsweise, wie bei Strass- .,burg und zwischen Bruchsal und Heidelberg bei Langeubrücken". Zudem ist es nur der Lias, der hier eine Ausnahme macht. „Schwerlich dürfte sich darum wahrscheinlich machen lassen, dass fl nicht spätere Umwälzungen einen über das Innere des Kessels fl einst fortsetzenden Theil des Juras zerstört hätten. Von Anfang* „an führten tiefe Spalten, die im Kies bis auf den Granit nieder- „ gehen, durch die Kesselwand hindurch, welchen Weg die Flüsse, „wie Wörnitz, Altmühl, Pegnitz u. s. w. benutzen". — Diese Anschauungen des berühmten Geologen speziell über unsere süd- deutsche Jura, galt zur Zeit, als Deffner den Jura seiner väterlichen Reichsstadt zum ersten Mal ansah, als herrschende Ansicht. Namentlich war auch der schwäbische Meister des Juras, Quenstedt, in Wort und Schrift der treue Interprete L. v. Buch's, dessen Anschauung er ausbildete und durch Aufstellung der so- genannten Inseltheorie erweiterte. Die diskordanten Lagerungen in nächster Nähe von Esslingen, auf den Fildern und im Schönbuch sollten ursprüngliche xAnlagerungen zur Zeit der Jurabildung ge- wesen sein. Mit dieser herrschenden Ansicht, die sich traditionell zum Dogma ausgebildet hatte, konnte sich Deffners klarer, konstruirender Geist nicht befreunden. Jahrelang Uef er die Grenz- gebiete seines Schurwaldes und der Filder ab, mass, zeichnete malte, profilirte und konstruirte er und trat 1854 schüchtern, aber sicher in seiner Anschauung zum ersten Mal in die Oeffent- lichkeit. Er trat nicht etwa mit einer Theorie auf, sondern mit der Thatsache der genau gezeichneten Profile. Die exakte Zeich- nung des Gebirgsdurchschnittes war die Waffe, mit der er kämpfte und gegen welche kein Einwand mehr aufkam, wenn auch seine — 65 — Gegner es mit viel Scharfsinn versuchten, die Inseltheorie und TTfertheorie aufrecht zu halten. Nie vergesse ich, wie eines Tags Deffner auf einem Gang mit Quenstedt in der Nähe von St. Bernhard bei Esslingen die Worte aussprach „jede gute geolo- gische Theorie muss man auch zeichnen können". Es war daher sein Hauptbestreben Überalk auf Profilirung und Kartographie gerichtet. Sieben volle Jahre stund es an, bis Deffner seinen Vortrag vom 24. Juni 1854 in einer ausführlichen Abhandlung unter dem Titel „die Lagerungsverhältnisse zwischen Schönbuch und Schur- wald" (1861) veröffentlichte. Eine Detailkarte mit eingezeich- neten Spalten und Kluftrichtungen, sowie eine Reihe von Profilen zeugen von dem eingehenden, Alles beachtenden Studium. Die Karte kann man geradezu als eine mustergiltige Arbeit bezeichnen, namentlich wenn man weiss, mit welcher Sorgfalt jede Formationy- grenze durchlaufen und mit welcher Gewissenhaftigkeit die mass- gebenden Punkte eingetragen wurden. Bleistiftpunkte und Blei- stiftstriche auf der Aufnahmekarte widerstrebten Deffners durch Maschinenzeichnen an solidere Arbeit gewöhntem Auge. Hier war es die englische Nähnadel, mit welcher er durch Einstechen der fixen Punkte arbeitete. Die Rückseite der Karte war mit weissem Papier überzogen, auf welcher sofort der Eintrag mit einer Journalnummer geschah, denn er trug alle seine Beobach- tungen aufs gewissenhafteste in sein Journal ein, das eine fort- laufende Reihe von Nummern enthält, welche den Ziffern auf der Rückseite des Kartenblatts rechts vom Nadelstich entsprechen. Als im Jahr 1860 die Kommission für Herstellung der geognostischen Landeskarte sich bildete, nahm sie keinen Anstand, dieses Princip der Einträge in den Aufnahmekarten zu dem ihrigen zu machen und haben in der Folge die aufnehmenden Geognosten, nament- lich Hildenbrand, auf dieselbe Weise gearbeitet. Nach jenem ersten Vortrage Deffners über die Gebirgs- verhältnisse der mittleren Neckargegend (Jahresh.XI, 20) lernte ihn der Verfasser dieser Zeilen kennen und fühlte sich gleich beim ersten Zusammentreffen von ihm als einer sympathischen Natur ange- zogen. Sie schlössen damals einen Bund der Freundschaft, der in der Wissenschaft fusste und bis zu Deffners Tod ungetrübt "Württemb. naturw. Jahreshefte. 1878, 5 — 66 — fortbestund. Gemeinsames Arbeiten zur Erforschung der ver- wickelten Lagerungsverhältnisse der Erdrinde hiess die Loo- sung. Dieses gemeinsame Arbeiten hub nach verschiedenen Ex- cursioneu im Gebiet des Hohenstaufens an jenem abgegrenzten Jurafleck an, auf welchen v. Buch schon als auf eine Abweichung von der Jura-Regel hingewiesen liatte, mit Langenbrüclien** Im April 1856 wurden die Aufnahmen gemacht, im Herbst des folgenden Jahres controlirt und abgeschlossen und entstund im Winter die Arbeit: Deffner und Fr aas, die Jura-Yer- senkung von Langenbrücken. Neues Jahrbuch 1859, p. 1 und 513, mit Karte und Profilen. Der geognostisch- paläontologi- sche Theil hatte Fraas , der stratigraphisch - geologische Theil Deffner zum Verfasser. Die Resultate, auf welche sie kamen, liefen darauf hinaus, dass der Langenbrücker Jura eine direkte Fortsetzung des schwäbischen Juras ist, an den er sich in allen seinen Gliedern anschliesst und mit dem er nach seinen Petrefakten übereinstimmt. Die bestehende Dislokation desLangen- brückeuer Juras lässt sich durch Annahme einer Hebung nicht erklären, sie ist vielmehr das Resultat einer Versenkung in Folge eines Spaltensystems, das von NO. nach SW. sich zieht. Die Zeit dieser Spaltenbildung fällt ungefähr in die Anfangszeit derMiocäne. In die Zeit von 1857—58 fällt eine private Studie cbemisch- geognostischer Natur über die B ohnerzgeb ilde**. Sie ward hervorgerufen eines Theils durch die grossartigen Entdeckungen der Paläotheriumlager in den Bohnerzgebilden von Froustetten (Jahreshefte VIII und IX. Fraas, Beiträge zur Paläotherien- formation), andererseits durch den Versuch von Alberti (IX, 76), die Bohnerze in den Bereich des Vulkanismus herbeizuziehen. War doch der Vulkanismus gerade das gesattelte Pferd, das Deffner mit Freuden bestiegen hätte, wenn er auch nur entfernte Anhaltspunkte für vulkanische Entstehung der Bohnerze gefunden hätte. Mit der nüchternsten Logik weist dagegen * In der Rede L. v. Buchs steht der entstellende Druckfehlerj ,,Langenberg" statt Langenbrücken. ** „Erklärung der Bohnerzgebilde", Jahreshefte XV, pag. 258. — 67 — Deffner den pseudomorphosen Charakter dieser Gebilde nach und sieht ihre Bildungsstätte nicht etwa in Eisensäuerlingen oder son- stigen Quellgebilden, sondern in einem grossen süssen oder bracki- schen Wasserbecken an seichtem lagunenartigem Ufer, wie solches auf der schwäbischen Alb zu Anfang der Tertiärzeit bestanden haben muss. Welch frisches, fröhliches Arbeiten fiel doch in jene Zeit der letzten Jahre des fünften Decenniums! Von Langenbrücken aus wurde das Elsass besucht, hernach ging es in das Hegau und das westliche Ende der Alb, nach der Göppinger, Reutlinger Gegend aber führte fast jeder freie Tag von Esslingen aus. Im Mai 1857 wurde der erste Besuch im Ries gemacht. An diesen Besuch knüpfte sich eine geologische Bekanntschaft, die sich zur wirklichen Freundschaft gestaltete, mit dem Nördlinger Eathsherrn Albert Frick hing er, dem für sein Eies begeisterten, unermüdlichen Forscher und Kenner der dortigen Verhältnisse. Eine 14tägige Excursion von Deffner und Fraas bot die gemeinsame Ueberzeu- gung, dass im Eies der Schlüssel liege zum Verständniss der verwickeisten geologischen Fragen, deren Lösung übrigens von so langer Hand sind, dass kaum eine volle Lebenskraft sie be- friedigen kann. 1868 schrieb Deffner hierüber die Worte nieder: „10 Jahre sammelten wir im Eies die Thatsachen, ohne fl einen Leitfaden in dem Labyrinth derselben aufzufinden. Erst ^als wir einmal an den Trachyten des Heerhofs erkannt hatten, „dass dieselben in gangartiger Spalte auftreten, dann ordnete <„sich allmählig eine Erscheinung um die andere." Es gibt in der That Nichts überraschenderes für den schwäbischen Jurageologen, der auf der Höhe seiner regelrecht geschichteten Alb wandelt und auf dem ganzen langen Körper derselben von Tuttlingen bis zum Herdtfeld kaum eine Spur unterirdischer Gewaltstörungen gewahrt, als der Anblick, der sich ihm auf einer der vom Albplateau ins Eies führenden Strasse eröffnet, indem er eingesenkt in das ring- förmig umgebende, wallartig hoch vorstehende, Eandgebirge plötz- lich eine weite Ebene von 12 y2 DMeilen, 500 Fuss tief unter sich erblickt, gegen Süden in schönem regelmässigem Amphi- theater sich trennend von der steilen waldigen Jurawand, gegen — 68 — 0., W. und N. aber in breiten, radial auslaufenden Tliälern sich zwischen den weniger schroffen Seitenbergen des Keupers und Lias vorlegend. Sind nun vulkanische Gebiete an und für sich schon die verwickeiteren, construktiv schwierigeren Gebiete der Geologie, so treten im Ries hiezu noch die Alles vertragenden und verschiebenden Gletscher, welche das ohnehin durch die Eruptionen zerrüttete Schichtengebirge als Moränenschübe dislo- cirten, so dass in der That das bunteste Trümmerbild zerstörter und über und unter einander geworfener Gesteine im Ries sich darbietet. Die Aufgabe war nun zu untersuchen, was auf Rech- nung der vulkanischen Störungen zu schreiben und was der Wir- kung der Gletscher zuzuweisen wäre. Hiemit that Deffner zum ersten Mal einen Schritt auf ein Feld, auf dem er sich, wie wir zum Oeftern in der Unter- haltung uns besprachen, doch nicht ganz sicher fühlte. Fehlte es ihm doch hiefür an einem direkten und positiven Beweis. Hier war vielmehr seine Beweisführung eine negative. Er fand für die erratischen Erscheinungen keine andere Er- klärung als die Wirkung des Eises, welche er im Jahre 1864 auf einer mit der ältesten Tochter Beitha ausgeführten Schweizer Reise mit eigenen Augen am Morteratsch-Gletscher sich ansah. Er erkannte jedoch dort, dass ein einfacher Besuch eines Gletschers ihm noch lange keinen Aufschluss über dessen Aktionen gewähren könne und studirte um so eifriger Mühlbergs „erratische Erscheinungen im Aargau *. Dieses Studium bestärkte ihn je länger je mehr in seiner Ansicht, dass er zur Deutung der erratischen Erscheinungen nicht blos im Ries, sondern am ganzen Nordgehäng der schwäbischen Alb und bis tief hinab ins Neckarland die Aktion der Gletscher nicht entbehren könne. Namentlich fand er im basaltischen Gebiet zwischen Boll und Pfulliugen die Bestätigung seiner Ansicht, dass Gletscher die vulkanischen Auswürflinge zusammen mit dem zertrümmerten Ge- steinsschutt erfasst und in eigenen Schutthügeln, den „Bollen'' wieder niedergelegt haben. Im Uebrigen nahmDeffner doch immer wieder einigen Anstand sich rückhaltslos dem Gletscher als dem Erklärungsgrund aller verschütteten Gesteinslager in die — 69 - Arme zu werfen. Am ausführlichsten hatDeffner hierüber im XXVI. Jahrgang unserer Hefte, pag. 95 — 145 in dem Aufsatz: ,der Buchberg bei Bopfingen" sich ausgesprochen. Mit Vorliebe wurde immer wieder die vulkanische Albgegend besucht und untersucht, wozu ihm die Einrichtung einer Spinnerei in Betzingen, die er gemeinschaftlich mit seinem Schwager gründete, den gewünschten Anlass gab. So oft seine persönliche Anwesenheit an Ort und Stelle nicht dringend nöthig war, entwich er nach dem nahen Jörgenberg, dem Florian, Orafenberg, Metzinger Weinberg und Hofbühl, um die dortigen Eruptivgesteine zu prüfen. Ein Vortrag über die Granite in den vulkanischen Tuffen der schwäbischen Alb bei der XXVII. Jahresversammlung und die entsprechende schriftliche Arbeit im XXIX. Jahrgang, pag. 212, beweist, wie eingehend zu dieser Unter- suchung die G-esteinsmetamorphose studirt und chemische Arbeit getrieben wurde. So leicht im Grunde unserem Freund das wissenschaftliche Arbeiten fiel, in Folge eines vortrefflichen Gedächtnisses, vor Allem aber in Folge der Gabe seine Gedanken rasch zu ordnen und den zutreffenden Gedanken am rechten Orte wiederzubringen, so schwer entschloss er sich zu Publikationen. Er musste hiezu förmlich genöthigt werden, nur um wenigstens das bekannte nomim premafur in annum zu verwirklichen. Nichts hasste er mehr als eine verfrühte, unreife Publikation, um so sicherer darf man daher sein, in den allerdings wenigen Arbeiten, die von ihm zum Drucke kamen, eine ebenso gediegene und gründliche Behandlung des Stoffes als eine vollendete Form der Sprache zu finden. Welche Mühe Deffner darauf verwandte, in der wissen- schaftlichen Sprache sich mit möglichster Präcision auszudrücken und den reichen Schatz unserer deutschen Sprache sich hiezu zurecht zu legen, beweist unter Anderem die Anlage eines Vocabulariums, das ich in seinem Nachlass fand. Ein Beispiel möge hier seinen Platz finden. Unter der Ueberschrift „Be- zeichnung von Terrainformen" hat er die Worte zusammen- gestellt für 1. Vertiefungen: Niederung — Neigung — Gang, — 70 — Abbaug — Abfall , Steilabfall , Absatz , Absturz — Abgrund — Jähe Wand — Loch, Trichter, Grube — Spalte, Kluft, Schlitz — Rinne, Kunze, Kerbe, Furche , Ravine , Hohlweg — Klinge, Tobel, Schlucht — Wasserriss — Einschnitt — Kehle, Auskehlung eines Abhangs — Mulde — Thal, Thalspalte, Thal- einschnitt — Thalzinken — Gabel — Wanne. 2. Flächen: Fläche — Ebene, Hochebene — Plateau — Terrasse, Vorterrasse — Bergleiste — Absatzfläche, Bergabsatz — Brühl. 3. Er- höhungen: Berg — Bergstock, Bergzug — Wand — Rand, Steilrand , Kante — Säule — Spitz — Hörn — Bühl — Höcker — Wange — Kuppe — Hügel — Wall, Welle, Ge- wölbe — Sattel, Joch, Gehre, Scheide, Wasserscheide — Eck — Kegel — Pyramide. In ähnlicher Weise schuf er einen Wortvorrath für geolo- gische Begrifl'e, z. B. : Gebiet, Abschnitt, Region — Formation, Schichtenbau, Etage, Gebirgsglied — Niederschlag, Absatz — Störung, Dislocation, Unregelmässigkeit der Lagerung, Pertur- bation, Abweichung — Verrückung, Verrenkung — Entblössung, Erosion, Denudation — Aenderung des Schichtenbaus — Um- wälzung, Revolution — Formenreich — Vielbewegt — Viel- kuppig — Vielrückig u. s. w. Deffners grösste und ausführlichste Arbeit sind seine Begleitworte zur geognostischen Specialkarte von Württemberg: Atlasblatt Kirchheim mit den Umgebungen von Esslingen, Plochingen, Kirchheim, Nürtingen, Metziugen u. s. w. Heraus- gegeben vom K. stat. - topogr. Bureau 1872. Diese Beschreibung der Karte, an welcher er freilich 13 Jahre lang arbeitete, wird von jedem unparteiischen Beurtheiler des grossen vom topogra- phischen Bureau herausgegebenen Werkes der geognostischen Be- schreibung Württembergs für die gründlichste und erschöpfendste Arbeit unter allen bis jetzt erschienenen 24 Begleitworten an- gesehen, in welcher er namentlich auch den quartären Erscheinungen, die anderwärts sehr kurz als „Diluviales" abgespeist werden, gehörige Rechnung getragen hat. Um sich einen Begriff von der Klarheit seiner Darstellungsweise gerade der complicirtesten geologischen Verhältnisse machen zu können , lese man den — 71 — Abschnitt über die Lagerungsverhältnisse pag. 51, die durch ein Schichtenprofil und ein Flussnetz auf pag. 60 veranschaulicht werden. Im ISTachlass aber befindet sich noch ein starker Fas- cikel Notizen zu Blatt Kirchheim, in welchem alle Markungen des Blattes im Detail beschrieben und geordnet sind. Eine ähnliche Arbeit wie die Begleitworte zu Kirchheim hätten die Be gleit wo rte zum Blatt Bopfingen und Ellenberg gegeben, wenn es Deffner vergönnt gewesen wäre, die vor 20 Jahren begonnene Arbeit zu vollenden. Wohl machte er sich, vom topographischen Bureau dringend ersucht, im Laufe des letzten Winters mit aller Energie an die Zusammenstellung seiner Noten für den engeren Rahmen der Begleitworte, aber schon war sein Ziel ihm gesteckt. Wohl fühlte in den letzten Monaten der immer kränker werdende Freund das nahende Ende, arbeitete aber dessen ungeachtet, schliesslich der treuen Gattin und Nichte diktirend, an seinem lieben Riese fort. Als sich das Auge für immer scbloss, dafj dort so manchen Granit und Trachyt erkannt und ans Licht ge- zogen, lag ihm der Tisch noch mit Riesgestein belegt und die Rieskarte ausgebreitet im Zimmer. Li seinem Nachlass aber, welchen die Vereinsbibliothek auf- bewahren wird, liegt wohlgeordnet ein Stoss von Fascikeln , die uns noch Kunde geben von der wirklich erstaunlichen Arbeits- kraft des Verewigten, der so Vieles und so Verschiedenartiges in seinem Geist zu bewegen verstand. Denn nicht minder um- fangreich als die geologischen Fascikel sind die techno- logischen und die handelspolitischen, welch letztere sein Freund und politischer Gesinnungsgenosse Dr. Ammermüller über- nommen hat. Der dickleibigste Bündel aber ist und bleibt, der die üeber- schrift des Rieses trägt. Hienach kommt „die vulkanischen Erscheinungen der Alb", jede Localität, jedes Gestein hat hier seinen eigenen Umschlag. Ein eigener Fascikel heist: „dunkle Lagerungspunkte in Württemberg", ein anderer behandelt die »Denudation", wobei ihn namentlich die Bildung des Steilrandes der Alb beschäftigte und die Frage der Entfernung all der — 72 — Gesteinsmassen, welche nicht über der im schwäbischen Unter- land denudirten Trias lagerten. In dieser Hinsicht schreibt er: %Eine specielle Aufgabe der süddeutschen Geologie wäre die ^Behandlung der Frage : durch welche Umstände ist die De- ^nudation des Triasbeckens zwischen Schwarzwald und Thüringer- ,wald bedingt worden und in welchem horizontalen und vertikalen „Mass und Umfang hat dieselbe stattgefunden? Meine Ansicht „ist hierüber: „1. Die Denudation, welche ich von der Erosion trenne, ^ sucht im grossen Ganzen Horizontal - Ebenen von gleicher , Meereshöhe zu bilden, wo solches wegen gar zu ungleicher „Widerstandskraft des zu entfernenden Gesteine nicht möglich „ist, schafft sie statt dessen wenigstens Schichtenebenen, mehr „oder weniger geneigte Flächen, Plateaus. In diesem Fall sind „die vorderen Ränder jeder Formation im Niveau mit der nächsten „Reihe der folgenden Formation, daraus folgern z.B. die Terrassen „der Formationen in Schwaben und dem Elsass. „2. Aus dem 1. Gesetz, dem der gleichen Niveaubildung, „leitet sich eine Erscheinung ab, die zwar streng logisch aus „dem ersten Gesetze folgt, aber als abgeleitetes zweites Gesetz „formulirt werden kann. Es lautet: bei muldenförmiger Lagerung „erhalten sich die in der Muldentiefe lagernden Gebirgstheile am „längsten. Vergleiche z. B. die Mulde von Langenbrücken, Gail- „ dorfer Liasmulde, Pforzheim, Wimpfen, Hesseiberg, Saargemünd, „Zweibrücken etc. Die Consequenzen dieses Gesetzes haben wohl „die meisten Unrichtigkeiten in den Anschauungen der Geologen „wachgerufen, indem man die genannte Form des Abbruchs für „die des Aufbaus genommen hat. So nahm man dasjenige, was „nur der letzte conservirte Rest einer früheren weiten Verbreitung „ist, für einen blos in der Mulde abgesetzten Niederschlag und „wollte hienach die Grenzen der einstigen Formationsmeere be- „ stimmen. „3. Durch Umkehrung des 2. Gesetzes erhält mau das 3.: „Bei sattelförmiger und gewölbeartiger Lagerung werden die in „der Höhe liegenden Schichten mehr abgewaschen, als die in der „Tiefe am Rand des Sattels liegenden. ~ 73 — „ Diese Sätze beziehen sich allerdings nur auf Beobachtungen „am Fuss des schwäbisch-fränkischen Jura's, ob sie auch ander- „wärts anzuwenden sind, entzieht sich meiner Beurtheilung. " Zu ganz besonderer Freude gereichte Deffner der zu Anfang des Jahrs 1871 aufsein Anregen gestiftete Steigen- klubb, dessen Stiftungsurkunde er eigenhändig in das Protokoll- buch niederschrieb und das AVappen des Steigenklubbs malte. Die Urkunde, die er verfasst, ist zwar den Klubbmitgliedern wohl bekannt, darf aber auch weitere Verbreitung niclit scheuen, sie lautet wie folgt: „Nachdeme im Jahre 1871 der Friede wieder hergestellet, „auch das deutsche Reich aufs Neue wieder aufgerichtet und der ^deutsche Boden gegen allen Feind sicher gestellet worden, „haben sich etlich Männer, so diesem ihrem heimathlichen Boden ,mit mehrerer Inclination zugethan sind und denselben mit etz- „lichem judicio auskundschaften wollen, zusammengethan und einen „Steigenklubb gebildet. „Und soll dieser Steigenklubb die Steigen, so aus dem Vor- „land der Alb auf deren Höhe führen, genau untersuchen, Alles „wie es bei Erschaffung deren Gebirgslager hergegangen, er- „ künden, absonderlich aber die Ordnung die da herrschet, pünkt- „lich erforschen und feststellen, auf dass alle Zweifel über die „Reihenfolge gelöset, und dieselbe sicher gestellet sei gegen alle „Ungläubige und Ketzer, Falschgläubige und Schismatiker und „alle Pharisäer und Schriftgelehrten. Und soll ein Protokoll „über jede Steige aufgesetst werden zu Nutz und Frommen der , Mitglieder, worinnen zu lesen, was da gefunden worden und wie „es ist festgestellet worden an jedem Ort von wegen der Grenzen „und der Mächtigkeit. „Im Wappen aber soll der Klubb führen die Farben des „schwarzen, braunen und weissen Jura, als des edelsten Gebirgs, .„das da im Lande Schwaben erfunden werden mag. Das soll, „mit Gold eingefasset, ruhen auf einem Schildgrund, der gebändert „ist mit roth, blau und braun, wie auch der Jura ruht auf den „Lagen des Keupers, des Muschelkalks und des bunten Sand- „ Steins und von denselben getrennt ist durch das gelbe Band — 74 — ,des Bonebedsaiidsteius. Als Wappenzeichen aber soll dienen ,der Hammer, mit dem eröffnet werden die Geheimnisse der T Gebirge und die ludicia der Querköpfe und der Korapass, der „da dienet als Eichtschnur für die Gänge der Natur und des »Menschen. ,TJnd so möge besagter Klubb fröhlich gedeihen, und ein „frisches Leben führen und aufdecken was noch verdecket ist in „Dunkelheit, auf dass das helle Tageslicht scheine ins Innere der „Gebirge und der Köpfe und in das Gesetz unserer Berge und „Niemand mehr sei, der da Widerreden könne dem, was der Klubb , aufgerichtet. „Dazu möge uns ein fröhliches Glückauf geschenket sein „bis zum letzten Hammerschlage! dess zum ewigen Gedächtniss „ist diese Urkund errichtet und von den Stiftern eigenhändig „unterzeichnet worden. „Im Hornung des Jahrs 1871. Binder, Deffuer, Fraas." Mit Einschluss der Stifter, unter welchen Binder zuerst (am 9. Februar d. J.) rasch verstarb, zählte der Klubb 21 Mit- glieder im In- und Ausland. Im Laufe seines Bestandes hat derselbe 40 Excursionen gemacht und ebenso viele weiss Jura- Profile in seinem Protokoll niedergelegt. An 37 Excursionen hatte sich unser Freund betheiligt. Zum letzten Mal bestieg er die Alb bei Spaichingen am 26. Juni v. J., an welchem Tag er, sich bereits nicht mehr kräftig genug fühlend, seine Be- gleiter verliess. An den Gammafelsen von Mahlstetten hat er seinen letzten Hammerschlag gethan. Unter den 5 Generalversammlungen, welche der Steigen- klubb gehalten, erinnert sich sicher jedes Mitglied mit auf- richtiger Freude an die festliche Versammlung im Jahr 1875 im D e f f n e r'schen Hause zu Esslingen. An der diessjährigen im Schloss zu Eybach abgehaltenen Versammlung sich zu be- theiligen, war er leider verhindert. Im August V. J. besuchte D e f f n e r noch zusammen mit F r a a s die AUg. Versammlung der Schweizer Naturforscher-Gesellschaft in Basel, alter Bekannter gerne sich freuend, neue Bekannt- schaften schliessend. Unter den letzteren war ihm die liebste — 75 — die von Cb. Martins aus Montpellier, der im gleichen Alter wie Deffner dessen Bekanntschaft mit Befriedigung hinnahm. Die letzte geologische Freude endlich, die Deffner er- lebte, war im April d. J. die Nachricht von der Excursion der oberrheinischen geologischen Gesellschaft nach der Filderspalte bei Eohr auf den Fildern. Eine glückliche Trassirung der Eisenbahnlinie schneidet dort in einem 10 M. tiefen Einschnitt, die von Deffner schon in den 50ger Jahren beobachtete und auf seiner Karte verzeichnete Spalte an, welche den Schön- buch und die Filder aneinander verwirft und deckte vor Jeder- manns Augen auf, was einst Deffner durch Construktion ge- funden. Die Anerkennung, die er durch die Versammlung gefunden, welche mit seiner Anschauung sich einverstanden er- klärte, that ihm sichtlich wohl; gab sie ihm doch den Beweis, dass die geologische Arbeit seines Lebens nicht vergeblich war und die Gedanken, die er für schwäbische Verhältnisse zuerst ausgesprochen und der herrschenden Meinung gegenüber festge- halten, auch bei den Fachmännern nunmehr Eingang gefunden haben. Die Trauer dieser um den trefflichen Mann verbindet sich jetzt mit der unseres Vereines, dem er 25 Jahre lang so wohl angestanden hatte. IL Vorträge. I. Prof. Dr. Seil wen den er in Tübingen sprach über die Festigkeit der Gewächse. Indem ich diesen Gegenstand hier zur Sprache bringe, ist es meine Absicht, denselben nach drei verschiedenen Seiten kurz zu besprechen, zunächst mit Eücksicht auf die Frage, ob die 'Pflanzen bestimmte Gewebe besitzen, welche vorzugsweise oder ausschliesslich die erforderliche Festigkeit bedingen und desshalb in ihrer Gesammtheit mit gleichem Recht, wie das Knochengerüste der Wirbelthiere oder der Chitinpanzer der In- sekten, als Skelett bezeichnet werden könnten. Kommen solche Gewebe vor, was ich zum Voraus bestätigen kann, so führt die weitere Untersuchung naturgemäss zur Betrachtung ihres anato- mischen Baues und ihrer physikalischen Eigenschaften. Wir werden festzustellen haben, durch welche Merkmale sich diese skelettbildenden Gewebe von den übrigen unterscheiden und welche Abstufungen sie unter sich selbst darbieten. Endlich bleibt der Nachweis zu leisten übrig, dass die Architectur der fraglichen Gewebe denselben mechanischen Regeln entspricht, nach denen die moderne Technik ihre Holz- und Eisenconstruc- tionen ausführt. Was zunächst die Frage betrifft, ob ein Skelett in dem eben bezeichneten Sinn den höheren Pflanzen zukomme, so kann die Antwort hierauf, wie bereits angedeutet, nur eine bejahende sein. Denn in der That, alle grösseren, fester gebauten Ge- — 77 — wachse, wie die Farnkräuter und Schaclitelhalme, die Gräser und Lilien etc., überhaupt alle Gefässpflanzen verdanken ihre Festigkeit einem bestimmten, anatomisch wohl charakterisirten Gewebe, das bald nur einen kleinen, bald einen sehr erheblichen Theil des ganzen Pflanzenkörpers bildet. Es ist dasselbe Ge- webe, welches an abgestorbenen Pflanzentheilen am längsten der Zersetzung widersteht und dadurch oft vollständig isolirt wird, dasselbe , welches auch den Hauptbestandtheil der Laub - und Nadelhölzer bildet und deren technische Verwerthbarkeit bedingt. Die Elemente, aus denen dieses Gewebe zusammengesetzt ist sind in ihrer äussern Erscheinung längst bekannt; es gehören dahin die ßastzellen des Hanfes, der Linde, die faserförmigen Zellen des Holzes u. s. w. Betrachten wir diese Elementarorgane unter dem Mikroskop, so erscheinen sie als langgestreckte, an den Enden pfriemeuförmig zugespitzte Zellen, deren Wandung meist ziemlich stark, oft bis zum Verschwinden der Höhlung verdickt ist. Im ausgebildeten Zustande führen diese Zellen gewöhnlich Luft; eine Ausnahme hievon machen nur die so- genannten CoUenchymzellen, welche als die am wenigsten aus- geprägten mechanischen Elemente zu betrachten sind und darum nebenbei noch andern Funktionen dienen; diese enthalten zeit- lebens Plasma und wässerigen Zellsaft, zuweilen auch ChlorophylL Als eine constante Eigenthümlichkeit der mechanisch wirksamen Zellen verdient ferner hervorgehoben zu werden, dass sie kleine, spaltenf örmige Poren besitzen, welche einer linksläufigen Schrauben- linie entsprechend gestellt sind. Die Neigung dieser Poren zur Längsrichtung variirt zwischen 0 und circa 45 Grad. Die Festigkeit der skelettbildenden Gewebesysteme ist zu- nächst abhängig von der Widerstandskraft der Zellmembranen, d. h. der Substanz, welche allein die Cohäsion der Gewebe be- dingt, in zweiter Linie aber auch von der Art und Weise, wie die einzelnen Theile mit einander verbunden, und insbesondere, wie sie über die Querschnittsfläche vertheilt sind. In gleicher Weise ist ja auch die Festigkeit einer Brücke, eines Thurmes oder Pfeilers etc. nicht bloss von der Beschaffenheit des Ma- terials, sondern auch von der Coustruktionsweise abhängig. Die — 78 — Cohäsion oder das Tragvermügeu der Gewebe lässt sich nun direct bestimmen. Man befestigt zu diesem Behufe einen 30 — 50 Centimeter langen Strang skelettbildender Zellen am einen Ende durch Einspannen in den Schraubstock und belastet alsdann das frei herabhängende untere Ende mit einem ent- sprechenden Gewicht, dessen Grösse man allmälig steigert, bis der Strang dasselbe gerade noch zu tragen vermag, ohne eine bleibende Verlängerung zu erfahren. Dividirt man alsdann die so erhaltene Maximalbelastung durch den Querschnitt des Stranges, so erhält man das Tragvermögen per Quadratmillimeter, oder wenn man lieber will, per Quadratcentimeter. Wie vorauszusehen, ist dieses Tragvermögen je nach der Beschaffenheit der mecha- nischen Elemente grösser oder kleiner; es erreicht jedoch für die festern Gewebe jedenfalls 10 bis 15 Kilo per Quadrat- millimeter und für die stärksten Bastsorten sogar 20 Kilo und darüber. Um ein Maass für die Vergleichung zu haben, füge ich bei, dass das Schmiedeeisen innerhalb der Elasticitätsgrenze circa 13 Kilo per Quadratmillimeter zu tragen im Stande ist, dass jedoch bei schmiedeeisernen Constructionen, wie z. B. beim Brückenbau , nur eine Inanspruchnahme von 7 bis 8 Kilo per Quadratmillimeter als praktisch zulässig erachtet wird. Hienach sind die besseren Bastsorten hinsichtlich ihres Tragvermögens dem Schmiedeeisen ungefähr ebenbürtig. Sie unterscheiden sich aber in einem nicht unwichtigen Punkte, wesentlich vom Eisen. Während nämlich das letztere durch die Maximalbelastung inner- halb der Elasticitätsgrenze nur etwa um '/iooo ausgedehnt wird, zeigen die Bastzellen eine Dehnung von mindestens 1 Prozent. Ein Bastriemen von 400 Millimeter Länge erfährt z. B. durch die zulässige Belastung eine Streckung von 5 Millimeter und nimmt nach Wegnahme des Gewichts genau wieder die ursprüng- liche Länge an. Auf diesem Unterschied in der Dehnbarkeit beruht die Biegsamkeit der vegetabilischen Gerüste im Gegen- satz zu den starren Constructionen aus Guss- oder Schmiede- eisen. Zwar geben auch diese bei jedem Druck, der auf sie einwirkt, elastisch nach; allein die hiebei stattfindende Bewegung ist so geringfügig, dass sie sich der Wahrnehmung leicht ganz- — 79 — lieh entzieht. Wie augenfällig spielen dagegen die Halme der Oräser in bewegter Luft, wie leicht schwingen die Zweige am Baume, und welch' ein Leben ergreift den Wald, wenn der Sturm in die mächtigen Kronen fährt! Neben dieser relativ grossen Dehnbarkeit des Pflanzen- skelettes bleibt noch eine andere physikalische Eigenschaft zu erwähnen übrig, welche dasselbe im Gegensatz zu den Metallen kennzeichnet: es ist das geringe spezifische Gewicht der Substanz (Cellulose), aus welcher das Skelett bestellt. Diese Substanz ist höchstens um die Hälfte schwerer als Wasser, während das Eisen bekanntlich mehr als 7 mal so schwer ist; die spezifischen Gewichte verhalten sich also annährend wie 1 zu 5. Daraus erklärt sich die ausserordentliche Schlankheit der pflanzlichen Constructionsformen. Der leichteste schmiedeeiserne Pfeiler er- scheint plump gegenüber dem schlank aufstrebenden ßohr der Bambusen oder dem spitz -kegelförmigen Stamm der Nadelhölzer und anderer Bäume. Wäre die Pflanze darauf angewiesen, ihr Skelett aus einer Substanz vom spezifischen Gewicht des Eisens herzustellen, so müsste sie ihre Längendimensionen verkürzen und alle ihre Ausladungen mehr oder weniger zurückziehen, wodurch die ganze äussere Erscheinung eine viel gedrungenere würde. Fragen wir endlich nach der Art und Weise, wie die festen Theile der Gewächse unter sich verbunden sind, so mag es genügen, die vorkommenden Verschiedenheiten durch einige Bei- spiele anzudeuten. Es ist zunächst einleuchtend, dass die Con- structionsform sich nach den mechanischen Anforderungen richten muss, welche an die Pflanze gestellt werden. Aufrechte, frei- stehende Organe, wie z. B. die Halme der Gräser, die Blüthen- schäfte u. dgl., weiche einer gewissen Biegungsfestigkeit bedürfen, um Blüthen und Früchte tragen und dem Winde Widerstand leisten zu können, sind voraussichtlich nach einem andern Plan gebaut, als die auf Zug in Anspruch genommenen Wurzeln oder als die schlingenden und die untergetauchten Stengelorgane. In der That führt die mikroskopische Untersuchung der ver- schiedenen Organe zu dem Ergebniss, dass die skelettbildenden — 80 — Gewebe in bieguiigsfesten Pflanzentheileii im Allgemeinen eine möglichst peripherische, in zugfesten eine mehr centrale 1 An- ordnung zeigen. Die Halme der Gräser verdanken z. B. ihre Biegungsfestigkeit einem aus Skelettzellen gebildeten Hohl- cylinder, dessen nach aussen vorspringende Rippen sich un- mittelbar an die Epidermis anlegen. Viele Cyperaceen und Juncaceen besitzen dagegen isolirte peripherische Pfosten oder zusammengesetzte Träger, welche durch parenchymatische Ge- webe, zuweilen überdies noch durch besondere Anastomosen in tangentialer Richtung verbunden sind. Sind die Organe breit und flach, wie die Blätter, so bedürfen sie bloss für die zur Breitseite rechtwinklige Richtung besonderer Stützgewebe. In dieser Eigenschaft fungiren alsdann die sogenannten Adern oder Blattrippen, deren Bau im Wesentlichen mit dem der Brücken- träger übereinstimmt. Die spezifisch mechanischen Zellen bilden hier die obere und die untere Gurtung, indess das schwächere Parenchym und andere Gewebe die Verbindung herstellen. Zur Erhöhung des Widerstandes ragen diese Träger überdies nicht, selten über die untere Blattoberfläche hervor. Die Biegungsfestigkeit bedingt also, wenn ich mich so aus- drücken darf, eine centrifugale Tendenz der festen Elementar- organe; diese rücken soweit als möglich nach aussen. Um- gekehrt die Zugfestigkeit. Die zugfesten Wurzeln und die da- mit übereinstimmenden kriechenden Rhizome sind gewissermassen nach dem Schema eines Telegraphenkabels gebaut. Im Centrum liegen die zu einem Strang verbundenen festen Skelettzellen, an der Peripherie die weichen parenchymatischen Elemente, velche ernährungsphysiologischen Zwecken dienen. Ebenso verhalten sich die untergetauchten Stengel von Najas, Myriophyllum, Pota- mogeton etc., welche in Folge ihres Luftgehaltes einem con- tinuirlichen Zug nach oben unterworfen sind. Dagegen nehmen die schlingenden Gewächse insofern eine besondere Stellung ein, als sie in der Jugend, so lange sie noch keine Stütze gefunden haben, der Biegungsfestigkeit bedürfen und dementsprechend gebaut sind; erst ihr späteres Verhalten entspricht der In- anspruchnahme auf Zug. — 81 — So sehr übrigens das raechaiiische Princip die Aiiordnung" der festen Theile belierrscbt, so dürfen wir uns doch nicht vor- stellen, dass dasselbe immer voll und ganz zur Geltung komme. Denn die Pflanze hat nicht bloss meclianischen, sondern auch verschiedenartigen ernährungsphysiologischen Anforderungen zu genügen. So ist es z. B. wichtig, dass die grünen Zellen eben- falls in die Mhe der Oberfläche zu liegen kommen, weil der Assimilationsprocess, der sich in diesen Zellen vollzieht, von der Einwirkung des Lichtes abhängig ist, dessen Intensität mit der Entfernung von der Oberfläche nothwendig abnehmen muss. In biegungsfesten Organen machen desshalb die grünen Zellen den mechanischen Elementen den Platz zunächst der Epidermis streitig, und es kommt häufig vor, dass sie die letztere, entgegen den Forderungen des mechanischen Princips, etwas zurückdrängen. So z. B. im Blüthenschaft der Liliaceen und Irideen, im Stengel vieler Dicotylen etc., wo das hohlcylindrische Skelett von der grünen Rinde umliüllt wird. Aehnliche Conflicte mögen auch sonst noch hin und wieder vorkommen; doch würde es zu weit führen, auf diese zum Theil noch dunkeln Beziehungen näher einzutreten. IL Prof. Dr. Bronner in Stuttgart sprach über einige fossile Harze vom Libanon. Diese Harze, durch Herrn Prof. Dr. Fraas vom Libanon* mitgebracht, bildeten honiggelbe, goldgelbe, tief orangefarbige hyacinth- bis braunrothe Stückchen, meistens durchsichtig, sämmt- lich glasglänzend, sehr spröde und leicht zerreiblich. An manchen, namentlich den honiggelben Stückchen sassen noch Reste ihrer Lagerstätte, einer Braunkohle, gemischt mit sehr glänzendem, tief schwarzem Gagat. Diese Harze zeigen sämmtlich beim Reiben mit Wolle oder Seide nur so geringe Spuren von Electricität, dass diese nur durch einen sehr empfindlichen Goldblattconden- sator nachgewiesen werden konnte. Das specifische Gewicht schwankt beträchtlich, je nach der * Der Fundort ist Djebäa, Provinz Djezzin, im südlichen Libanon. Wurtteml). naturw. Jahreshefte. 1878. c — 82 — Farbe; die lionig-- bis goldgelben Stücke besitzen eine Dichtig- keit von 1,055 bis 1,058, die orangefarbigen von 1,088 und die nur unvollkommen durchsichtigen braunrothen von 1,118. Dem Aussehen und dem specifischen Gewicht nach stehen diese Harze dem gewöhnlichen Bernstein vom Ostseestrande ziemlich nahe. Zur Vergleichung folgen hier die für samländischen Bern- stein ermittelten Zahlen: hellgelb opalisirend 1,077 ; citron- bis goldgelb durchsichtig 1,080; braunroth mit erdigem mattem Ueberzug 1,092. Aber in Bezug auf Festigkeit ist ein grosser Unterschied zwischen den Libanonharzen und dem Bernstein; denn wenn erstere in hohem Grad spröde und so leicht zerbrechlich sind, dass sie bei der Prüfung auf ihr elektrisches Verhalten leicht in Stücke zerspringen, so ist der letztere ungemein fest und ganz aus- nehmend schwer zu pulvern; auch eignet er sich bekanntlich vorzüglich zur Bearbeitung auf der Drehbank. Im Platinlöffel bei Luftzutritt erhitzt verbrennen die Harze, wie der Bernstein, indem sie zuerst unter heftigem Aufschäumen schmelzen und eine grosse Menge von Gasen und Dämpfen ent- wickeln, die mit stark leuchtender, gelber, russender Flamme brennen. Es bleibt nur sehr wenig einer röthlichen Asche zurück, in welcher sich Eisenoxyd und Kalk deutlich nachweisen lassen- Zur genaueren Bestimmung der Aschenmenge reichten die mir zu Gebote stehenden kleinen Quantitäten der Libanonharze nicht hin. Da der Bernstein bei der trocknen Destillation eine gewisse Menge Bernsteinsäure liefert und da bekannt ist, dass er einen geringen Antheil dieser Säure schon fertig gebildet enthält, so habe ich in dieser Beziehung die braunrothe Varietät der Liba- nonharze untersucht, und zwar habe ich diese deshalb gewählt, weil ich von derselben die relativ grösste Menge, gegen 30 Gramm, zur Verfügung gehabt habe. Durch Auskochen des fein gepulverten Harzes mit einer Lösung von Natriumcarbonat und Filtriren erhält man eine gelbliche Flüssigkeit, die, mit reiner Salpetersäure schwach übersättigt und im Wasserbad zur Trocken- heit abgedampft, einen braunen Rückstand lässt, der mit Wasser ausgezogen wurde. Diese Lösung wurde verdunstet und der i — 83 — Rückstand mit absolutem Alkohol extrahirt; es resiiltirte eine gelbliche sauer reagirende Lösung, die nach dem Behandeln mit gereinigter Knochenkohle und Eindunsten einen krystallinischeu, nicht ganz farblosen Eückstand gab, völlig sublimirbar, durch Eindunsten mit Salpetersäure sich nicht verändernd, in Alkohol und Aether löslich und mit Kalkwasser keinen Niederschlag gebend. Bleizucker-, Silbernitrat- und Eisenchloridlösungen gaben eben- falls unmittelbar keine Füllungen, wohl aber nach dem Neutra- lisiren mit Ammoniak. Dieses Verhalten ist charakteristisch für Bernsteinsäure. Obgleich ich wegen Mangels an Material keine Elementaranalyse vornehmen konnte, nicht einmal die Silber- bestimmung im Silbersalz zu machen im Staude war, so glaube ich, auf die angegebeneu Reactionen gestützt, doch aussprechen zu dürfen, dass in dem braunrothen Libanonharz Bernsteinsäure fertig gebildet enthalten ist. Das beim Auskochen mit Sodalösung ungelöst gebliebene Pulver gab bei der trocknen Destillation eine kleine Menge einer farblosen sauren Flüssigkeit, ein gelbbraunes, in Alkohol lösliches Oel und einen braunen Rückstand, der sich nicht in Alkohol, aber leicht in erwärmtem Terpentinöl löste und damit einen dunkelbraunen Firniss lieferte. Die wässrige saure Flüssigkeit wurde mit Soda beinahe neutralisirt und eingedunstet. Ein Theil des Rückstandes gab beim Uebersättigen mit Schwefelsäure einen Geruch ähnlich dem von Essigsäure; aber derselbe rührte von Ameisensäure her, denn die Lösung des trocknen Salzes gab beim Mischen mit Silbernitrat und Erwärmen neben einem weissen Niederschlag (bernsteinsaurem Silber) auch eine Reduction von metallischem Silber. Nach Entfernung der Ameisensäure durch Eindampfen Hess sich wie oben die Gegenwart der Bernsteinsäure nachweisen. Es zeigt sich somit zwischen dem braunrothen Harz vom Libanon und dem Bernstein insofern eine grosse Aehnlichkeit, als in beiden Bernsteinsäure fertig gebildet vorhanden ist und als bei der trocknen Destillation diese Säure (neben Ameisen- säure) auftritt. Daraus aber sofort den Schluss ziehen zu wollen, dass das syrische Harz wirklicher Bernstein sei, wäre wohl kaum 6* — 84 — zulässig, weil sich Bernsteiusäure bei sehr verschiedeuen Zer- setzungsprocessen organischer Körper bildet. Bei dem Versuch, die Schmelzpunkte der Harze zu bestim- men, zeigte es sich, dass dieselben sich zersetzen, stark riechende und sauer reagirende Dämpfe entwickeln und sich dunkler färben, noch ehe sie schmelzen. Wenn also end- lich das Schmelzen wirklich eintritt, so hat man es nicht mehr mit dem ursprünglichen Harz, sondern mit einem seiner Zer- setzungsprodukte zu thuu. (Vergl. unten.) Concentrirte Schwefelsäure löst die Harze, falls sie nur fein gepulvert sind, schon bei gewöhnlicher Temperatur nach und nach zu einer klaren braunen Flüssigkeit auf, die auf Zusatz von Wasser einen mehr oder weniger gefärbten flockigen Körper fallen lässt. Salpetersäure, sowie Aetzkali, auch schmelzendes, greifen die Harze wenig an; verhältnissmässig am leichtesten werden die dunklen Varietäten verändert. Das Verhalten des Bernsteins zu diesen drei Agentien ist genau das nämliche. Um aber über die vermeintliche oder wirkliche Identität der Libanonharze mit dem Bernstein ein Urtheil zu haben, erschien es nöthig, auch die Elementaranalyse vorzunehmen und zugleich das Verhalten dieser Harze zu Lösungsmitteln zu untersuchen, um durch letztere zu erfahren, ob die Harze vielleicht Gemenge seien. Das br aunrothe H arz und ebenso das hy acinthrothe löst sich beim Kochen mit absolutem Alkohol nur zum Theil und gibt eine tief gelbe Lösung, aus welcher Wasser einen schmutzig gelblichweissen Körper in grossen Flocken fällt. In der Lösung lässt sich Bernsteinsäure nachweisen. Der in Alkohol lösliche Antheil wurde mit Kupferoxyd ver- brannt. 0,2845 Grm. gaben 0,782 Grm. Kohlensäure und 0,317 Grm. Wasser. Hieraus berechnen sich Kohlenstoff 74,8 %. Wasserstoff 12,3 „ Sauerstoff 12,9 „ Diese Zahlen führen zu der Formel CsHieO, welche fordert I — 85 — C 75,0 H 12,5 0 12,5. Der in Alkohol lösliche Antheil löst sich auch leicht in Aether, Chloroform, Aceton,Holzgeist, Benzol, Terpentinöl und Schwefelkohlen- stoff; die alkoholische Lösung des reinen Körpers reagirt völlig* neutral. Der in absolutem Alkohol unlösliche Antheil ist auch in Aether, sogar in kochendem, unlöslich. Die Elementaranalyse führte zu den Zahlen Kohlenstoff 65,3 Wasserstoff 13,0 Sauerstoff 21,7 Eine gut passende und wahrscheinliche Formel lässt sich hieraus nicht ableiten. Ziemlich nahe kommt dem Kesultat der Analyse die Formel C8H20O2, denn diese verlangt C 64,8 H 13,5 0 21,6. Aber bekanntlich wird bei der Elementaranalyse, namentlich bei Anwendung von Kupferoxyd, immer etwas zu viel Wasserstoff und häufig etwas zu wenig Kohlenstoff gefunden, während ich 0,5 Procent weniger Wasserstoff und 0,5 Procent mehr Kohlen- stoff gefunden habe, als der Formel entspricht. Um dieses Re- sultat erklären und docli letztere T^'ormel beibehalten zu können, müsste man annehmen, dass eine kleine Menge des löslichen Körpers durch den Alkohol nicht ganz ausgezogen worc^en sei. Von dem Harz lösen sich, je nach dessen Farbe, 36 bis 43 Procent in kochendem absolutem Alkohol auf und gilt die erstere Zahl für die hyacinthrothen Stücke. Der unlösliche Antheil des Harzes ist somit bedeutend kohlen- stoffärmer und sauerstoffreicher als der lösliche. Diess führt auf die Vermuthung, dass das lösliche Harz durch einen Oxydations- process (und unter Aufnahme der Elemente des Wassers) unter Ausscheidung von Kohlenstoff in Form von Kohlensäure (oder vielleicht auch von Bernsteinsäure) unlöslich geworden sei; z. B. nach dem Schema — 86 — 8Mol.C8Hl60 = C64Hl2808 7M0I.C8H20O2 =::^C56Hl400l4 4- 12 Mol. Wasser = H12 Oe 8Mol.Kohlensäure=:C8 O16 -f- 8Mol.Saiierstoff = _0i6 CelHi 4ÖÖ30 Ce 4 Hl 40 030 Oder auch uach dem Schema: 4M0l.C8Hl6 0 = C32H64 04 3M0I.C8H20Ö2 =C24H60 06 4- 4 Mol. Wasser = Hs O4 2Mol.Bernsteinsäiire= Cs H12O8 4- SMoLSauerstoff = 06_ C32H7TO14 C32H72O14 Es wird wohl kaum uöthig sein, zu betoneu, dass ich nicht eutfernt behaupten will, der Yorg-ang sei durch eine dieser For- meln ausgedrückt; sondern ich will durch vorstehende Aufstel- lung nur angeben, dass man sich denselben so vorstellen könne. Es war von Interesse, dieses Harz mit dem aus der Buko- wina stammenden Schraufit zu vergleichen. Eine kleine Probe (beinahe 3 Grm.) ächter Schraufit, durch Herrn Prof. Tschermak an Herrn Prof. Fraas übersendet, war hyacinthroth, durchsichtig, wachs- bis glasglänzend, leicht pulverisirbar, besass ein specifi- sches Gewicht von 1,086. Beim Erhitzen bräunt er sich bei 270 ^ schmilzt aber noch nicht bei 300 '^ C. In concentrirter Schwefelsäure löst er sich nur theilweise mit brauner Farbe. Durch mehrmaliges Auskochen mit absolutem Alkohol lassen sich 15 Procent Lösliches ausziehen. Die alkoholische gelbe Lösung wird durch Zusatz von Wasser nur opalisirend, giebt aber keinen Niederschlag. Nachdem Alkohol und Wasser durch Abdampfen entfernt waren, wurde das rückständige gelblichgraue Harz, dessen Menge zu einer Elementaranalyse unzureichend war, mit Salpeter- säure behandelt; es wurde leicht angegriffen und lieferte eine feste krystallinische Säure, die mit Kalkwasser keinen Nieder- schlag gab (also keine Oxalsäure, vielleicht Bernsteinsäure). Der in Alkohol unlösliche Antheil wurde mit Kupferoxyd verbrannt. 0,334 Grm. Substanz gaben 0,968 Grm. Kohlensäure und 0.321 Grm. Wasser, woraus folgt Kohlenstoff 79,0 > Wasserstoff 10,6 „ Sauerstoff 10,4. „ — 87 — Diese Zahlen stimmen gut mit der Formel Cio Hi6 0, welche verlangt C 78,9 H 10,5 0 10,5. Diess ist dieselbe Zusammensetzung, welche Schrötter seiner Analyse* zufolge dem Bernstein beilegt, aber auch dem daraus mit Aether ausgezogenen Harz. (Vergl, dagegen unten.) Der rohe Schraufit gab mir: Kohlenstoff 76,2 Wasserstoff 8,9 Sauerstoff 14,9. Daraus folgt, dass die in Alkohol lösliche Substanz weniger als 76 % Kohlenstoff und weniger als 8,9 ^o Wasserstoff ent- halten muss, dass es also nicht derjenige Körper sein kann, der den in Alkohol löslichen Antheil des braunen Libanonharzes aus- macht. Aber, wie mau sieht, weicht auch der in Alkohol un- lösliche Antheil des Schraufits von dem unlöslichen Antheil des braunen Libanonharzes sehr wesentlich ab. Obgleich also dieses Harz und Schraufit in manchen, namentlich äusseren Eigen- schaften viel Aehnlichkeit zeigen, sind es doch verschiedene Körper. Das honiggelbe bis wachsgelbe Harz vom Liba- non. Das rohe Harz gab dunklere Sorte hellere Sorte Kohlenstoff 80,5 «o 82,6 Wasserstoff 10,7 10,7 Sauerstoff 8,8 6,7 Die Zusammensetzung der helleren Sorte entspricht der Formel C16H24O, denn diese erfordert C 82,7 H 10,3 0 7,0. Allein hierauf ist kein Werth zu legen, denn die Behandlung mit Lösungsmitteln hat ausgewiesen, dass auch dieses Harz nur ein Gemenge zweier verschiedener Körper ist. In absolutem Alkohol lösen sich beim Kochen nur ca. 6 Procent. Die Zusammensetzung des löslichen * Jahresbericht von Berzelius, 24. Jahrgang (1845). Seite 593. — 88 — Antheils konnte aus Mangel an Substanz nicht ermittelt werden; diejenige des unlöslichen aber gab Kohlenstoff 74,8 \ Wasserstoff 10,5 Sauerstoff 14,7. Man erkennt, dass der Kohlenstoffgehalt genau mit dem- jenigen des in Alkohol löslichen Antheils des braunrothen Harzes übereinstimmt, dass aber der Wasserstoffgehalt geringer, der Sauerstoffgehalt grösser ist; man könnte sich daher diesen Körper durch directe Oxydation aus jenem entstanden denken, wobei nur ein Theil des Wasserstoffs als Wasser ausgetreten wäre. Die Formel C14H23O2 verlangt die Zal'.len Kohlenstoff 75,3 Wasserstoff 10,3 Sauerstoff 14,3 und diese stimmen ziemlich genau mit den obigen. Die eben angedeutete Beziehung wird dann ausgedrückt durch die Gleichung: 7 CsHieO + 11 0 oder C56H112O18 — 10H2 0 = C56H92O8 = 4 C14H23 O2. Da dieses Harz in seinem Aussehen mit dem Bernstein am Ostseestrande völlig übereinstimmt und von demselben nur durch seine grosse Sprödigkeit verschieden zu sein scheint, so hielt es nicht für überflüssig, auch den wirklichen Bernstein einer vergleichenden Untersuchung zu unterwerfen. Eine Sorte derselben, die in der Farbe mit derjenigen des Libanonharzes, die 80,5 "/^ Kohlenstoff geliefert hatte, völlig über- einstimmte, gab bei der Elementaranalyse Kohlenstoff 77,8 V^ Wasserstoff 10,2 Sauerstoff 12,0. Diese Zahlen weichen von denjenigen Schrötter's (s. oben) im Wasserstoffgehalt nicht erheblich, im Kohlenstoffgehalt aber um ein ganzes Procent ab. Von diesem Bernstein lösten sich in kochendem Alkohol 25,3 Procent. Die alkoholische Lösung wurde mit Wasser, dem einige Tropfen Salpetersäure zugesetzt waren, vermischt, weil - 89 — sich gezeigt hatte, dass dieser Zusatz das Zusammenballen der ausgeschiedenen Harztheilchen beförderte. Der Niederschlag wurde im luftleeren Raum über Schwefelsäure getrocknet und erschien dann völlig weiss. Dieser lösliche Antheil sintert bei etwas über 80^ C. zusammen, wird bei 86^ durchscheinend, schmilzt aber erst bei 102 ^ zu einem gelbbräunlichen Liquidum, das beim Erstarren durchsichtig bleibt, weshalb der Erstarrungs- punkt nicht beobachtet werden kann. Bei 198^ bräunt es sich und entwickelt wenige Grade darüber saure Dämpfe. Die Ele- mentaranalyse* ergab die Zusammensetzung Kohlenstoff 76,5 Wasserstoff 10,0 Sauerstoff 13,5. Diese Zahlen passen gut auf die Formel C15H23O2, welche verlangt C 76,6 H 9,8 0 13,6. Der in absolutem Alkohol unlösliche Rückstand bräunte sich bei dem Versuch, seinen Schmelzpunkt zu bestimmen, in der oberen mit der Luft in Berührung befindlichen Schicht des Röhr- chens bei 260 ^ C, schmolz aber noch nicht bei 300 ^ C. Es ist also klar, dass wenn der rohe Bernstein bis zum wirklichen Schmelzen erhitzt wird, der in Alkohol lösliche Antheil desselben bereits in voller Zersetzung begriffen sein muss. Der in absolutem Alkohol unlösliche Rückstand lieferte die Zahlen**: Kohlenstoff 79,2 Wasserstoff 10,5 Sauerstoff 10.3, entsprechend der Formel Cio H16 0 C 78,9 H 10,5 0 10,5. * 0,809 Grni. des nicht geschmolzeuen Harzes lieferten 0,8675 Grm. Kohlensäure und 0,280 Grm. Wasser. ** 0,409 Grm. gaben 1,188 Grm. Kohlensäure und 0,387 Grm. Wasser. — 90 — Diess sind, wie mau sieht, dieselben Zahlen wie bei der entsprechenden Substanz aus Schraufit. Es ist also bewiesen, dass der in Alkohol unlösliche Antheil des Bernsteins — und diess ist dessen Hauptmenge — und die entsprechende Substanz aus Schraufit identisch sind. Bei der Elementaranalyse der obigen Harze vom Libanon und des Bernsteins habe ich auf den Schwefelgehalt dieser Körper keine Rücksicht genommen. Nach Baudrimont beträgt derselbe in Bernstein 0,25 bis 0,5 Procent.* Nach Bestimmungen von John, die in den Verhandlungen der K. K. geologischen Reichsanstalt vom Jahre 1876, N^. 11, veröffentlicht worden sind, beträgt der Schwefelgehalt in einem gelben durchsichtigen Harz vom Libanon 0,36 und in einer rothbraunen bis hyacinthrothen Varietät ebendaher 0,56 Procent. Die mir zu Gebote stehenden beschränkten Mengen dieser Harze erlaubten eine derartige Be- stimmung nicht; auch wäre sie augenscheinlich auf das Resultat der Analyse von keinem Einfluss gewesen. Im TJebrigen stimmen die Resultate John's mit den meinigen wenig überein. IIL Prof. Hegelmaier aus Tübingen trug beiiGelegenheit der Vorzeigung frischer Exemplare von Euphorbia verrucosa Lam., welche durch einen sie bewohnenden, massenhaft Teleutosporen- lager nebst Spermogonien bildenden Uromi/ces deformirt werden, einige Bemerkungen über Rostpilze der JEuphorbia- Arten vor. Unsere Kenntnisse von den dieser Gruppe angehörigen, die genannte Gattung heimsuchenden Schmarotzern sind zur Zeit sehr fragmentarisch und müssen aus verschiedenen, einstweilen vereinzelt vorliegenden Daten combinirt werden; wie sich aber aus dem seither Bekannten zu ergeben scheint, sind die Euphorbien die Wirthe einer ganzen Reihe von Uredineen, welche zwar als solche unter einander verwandt sind, aber nicht bloss spezifisch unterschieden werden müssen, sondern auch rücksichtlich ihrer speziellen Lebensweise und Entwicklungsgeschichte sich ver- * Jahresbericht von Will für 1864. Seite 538. — 91 — schieden verhalten, indem sie sich den biologischen Verhält- nissen verschiedener, theils ausdauernder, theils einjähriger Nähr- species angepasst haben mögen. Der fragliche TJromyces ist mit "Wahrscheinlichkeit als V. excavatus (DC.) zu bestimmen, indem er mit einer Form identisch zu sein scheint, die von Decandolle (üuby botan. gall. I. 896) als Uredo excavata benannt wurde und deren Be- schreibung („hypophylla, acervalis fuscis parvulis eumerosis . . . . ; acervuli frequentes totam paginam occupant, sed non deformant .... ad Euphorbias varias praesertim in provinciis australibus") gut zu der vorliegenden Form passt. Das ungeheuer massenhafte Auftreten dieses Pilzes auf den Bergwiesen der Alb in der Um- gebung Reutlingens (z. B. auf den Holzwiesen, der Wanne, den Glemser Hochwiesen) bildet eine der auffälligsten Erscheinungen für den Besucher dieser Lokalitäten, indem man alljährlich die Mehrzahl der Stauden der daselbst gemeinen Euphorbia ver- rucosa von ihm befallen und in characteristischer Weise etwas verändert findet. Die Triebe entwickeln keine Tnflorescenzen, werden höher, und die — übrigens in ihrer Form und Grösse kaum alterirten — Blätter zeigen ein lebhaft gelbes Colorit. Auf der oberen Fläche der letzteren erscheinen gegen Ende des Frühjahrs zahlreiche Spermogonien von orangerother Farbe, etliche Wochen später durchbrechen auf der Rückseite die eben so zahlreichen Teleutosporenlager als kleine kreisrunde dunkel- braune Fleckchen die Epidermis, doch so, dass, wie dies auch ein Theil der vorliegenden lebenden Stengel, sowie die vor- gelegten Präparate zeigten, ältere Spermogonien in einem ge- wissen Stadium noch gleichzeitig mit jungen Teleutosporenlagern auf demselben Blatt zusammen vorkommen. Ueber den Bau der beiderlei Gebilde und ihrer Produkte ist dem allgemein Be- kannten nichts beizufügen. Wie Jedermann weiss, ist die gemeine EiqyJiorlia Gy- parissias L. (und wohl auch etliche Verwandte wie E. Esula L.) einer äusserst gemeinen Verunstaltung unterworfen . be- ruhend auf dem Vorhandensein eines Schmarotzers, welcher auf ihren Blättern in Form eines von Spermogonien be- - 92 ~ gleiteten Schüsselrostes fructificirt, der sonst insgemein unter dem Namen des Aecidium Eupherhiae Pers. bekannt war. Die stattfindende Verunstaltung ist in diesem Fall eine beträcht- lichere als die, welche die E. verrucosa durch ihren Schmarotzer erfährt, indem ausser dem veränderten Wachsthum der Stengel auch die Blätter der betreffenden Stöcke in ihrer Form wesent- lich beeinflusst werden, kürzer und breiter als die normalen sich entwickeln. Auf derselben Wolfsmilch kommt aber auch eine Rostform vor, welche der Formgattung TJromyces angehört und unter dem Namen des TJ. scutellatus Lev. bekannt ist; dieser Uromyces ist schon durch gewisse morphologische Merk- male — eine unregelmässig-höckerige Sculptur des Exospors seiner Teleutosporen — von dem Uromyces der E. verrucosa^ welcher glatte Sporen hat, spezifisch zu unterscheiden, abgesehen von der Frage nach etwaigen Verschiedenheiten des biologischen Verhaltens der beiden Formen. Man war bis vor Kurzem überzeugt und hielt es eigentlich für selbstverständlich, dass das Aecidium der E. Ci/parissias mit seinen Spermogonien und der Uromyces derselben Pflanze in den Entwicklungskreis einer und derselben — autöcischen — üredineenspecies zusammengehören, nach Analogie verschiedener anderer, sich gleich verhaltender Eostpilze. Allein vor zwei Jahren (Hedwigia 1875, Nr. 7) wurde von Dr. Schröter die überraschende Beobachtung veröffentlicht, dass das Aecidium EupJiorhiae Pers. vielmehr Sporen bildet, welche einen auf Erbsen und andere Leguminosen (z. B. Lathyrus-kTten) vor- kommenden Uromyces erzeugen in ähnlicher Weise, wie die Aecidien der andern, schon nach seitherigen Kenntnissen ziemlich zahlreichen sogenannten heteröcischen üredineen, und dass daher jenes Aecidium Euphorhiae einem heteröcischen Parasiten an- gehört, welcher seinen Scliüsselrost auf Euphorbia Cyparissias bildet, seine Teleutosporenlager dagegen aus einem in den Erbsenpflanzen entwickelten Mycel hervorgehen lässt, und in dieser letztern Form den Uromyces Pisi Strauss darstellt. So auffallend auch diese Angabe ist, so ist doch bei den sonstigen Analogieen und bei der Gewissenhaftigkeit des ge- — 93 — nannten Beobachters kein Grund vorbanden, ihre Kiclitigkeit in Zweifel zu ziehen. Es mag biezu etwa bemerkt werden, dass in den Umgebungen von Tübingen nicht bloss das allbekannte Aecidium EiipJiorhiae ^ sondern auch der üroini/ces Pisi ver- breitet ist, dagegen der Uromyces scutellatus mindestens selten sein muss, da es wenigstens seither dem Vortragenden nicht gelungen ist ihn hier wahrzunehmen, obwohl er auf sein etwaiges Vorkommen nicht unachtsam gewesen ist. Wie es sich unter diesen Umständen mit der Lebensgeschichte des übrigbleibenden Uromyces scutellatus verhält, muss freilich einstweilen gänzlich dahingestellt bleiben. Die Möglichkeit ist ja immerhin nicht ausgeschlossen, dass dieser Pilz doch eine autöcische Entwicklung haben und das zu ihm gehörige Aecidium in einem Tbeil der auf E. Gyparissias vorkommenden Aecidien zu suchen sein könnte. Was nun aber den Uromyces der E. verrucosa betrifft, so haben wir allen Grund, ihn nicht bloss als eine Form zu be- trachten, welche sowohl mit dem Aecidium Euphorbiae Pers. als mit dem Uromyces E. Lev. nichts zu thun hat, sondern welche auch durchaus keine heteröcische Lebensweise führt, viel- mehr ganz an dieselbe Nährpflanze gebunden ist. Es dürfte kaum einem Zweifel unterliegen, dass das Mycel in der peren- nirenden Wirthpflanze ebenfalls ausdauert und alljährlich in die oberirdischen Triebe gelangt, um auf ihnen zu fructificireu. Dass es sich aber um einen streng autöcischen Parasiten handelt, dies wird durch zweierlei Gründe sehr wahrscheinlich gemacht. Einmal ist die Frage nach der etwa zugehörigen Aecidium- form in Betracht zu ziehen. Der Vortragende hat in hiesiger Umgebung bei passenden Gelegenheiten nicht versäumt, auf das etwaige Vorkommen eines Aecidium auf E. verrucosa an solchen Lokalitäten zu achten, wo dieselbe mit dem Uromyces massen- haft behaftet vorkommt, muss aber gestehen, dass er noch nicht so glücklich gewesen ist, einen Schüsselrost zu finden. Dennoch scheint eine solche Rostform auf der gleichen Nährpflanze zu existiren nach einer literarischen Nachricht, welche im vorigen Jahr von einem österreichischen Beobachter (Voss, österr. bot. — 94 — Zeitsclir. 1876, N*^. 9) gegeben worden ist. Derselbe sah den Uronif/ces der E. verrucosa in der Umgebung von Laibach auf- treten in unmittelbarer Verbindung mit einem Aecidium, derart, dass an demselben Stock die Aecidiumbecher und kurz darauf noch zwischen diesen die Teleutosporenlager erschienen in einer Combination, welche nicht wohl einen Zweifel an der Zusammen- gehörigkeit beider in einem Entwicklungskreis erlaubte. Es existirt überdies eine Angabe von Oudemans, nach welcher in den Niederlanden ein Uromyces auf der in hiesiger Gegend nicht vorkommenden Euphorbia Gerardiana Jacq. , welcher möglicherweise mit dem der E, verrucosa identisch ist, eben- falls mit einem Äecidium combinirt gefunden wurde. Der zweite hieher gehörige Punkt betrifft die Spermogouien des Pilzes. Diese gehen jedenfalls den Teleutosporenlagern auf E. verrucosa regelmässig unmittelbar voraus. Nach sonstigen mycetologischen Erfahrungen begleiten die Spermogouien so regelmässig die Aecidienfrüchte , dass sogar die — allerdings bis jetzt für die vorliegende Pilzgruppe nicht näher erhärtete — Vermuthung besteht, die Aecidienfrüchte kommen unter Mit- wirkung der Spermatien als männlicher Befruchtungskörper zur Entwicklung. Es lässt sich daher auch in unserem Fall mit Sicherheit annehmen, dass, wofern Aecidien sich überhaupt ent- wickeln, sie dieselben Wirthpflanzen bewohnen müssen. Solche Aecidien scheinen aber eben verhältnissmässig selten und viel- leicht nur in gewissen Gegenden sich zu bilden, so dass ander- wärts die Spermogouien, wofern überliaupt sie eine befruchtende Funktion ausüben, die Rolle überflüssiger Organe spielen würden. Der Vortragende würde es immerhin als eine dankenswerthe Aufgabe für hiesige Beobachter ansehen, dem etwaigen Vor- kommen von Aecidien, welche ja auch in hiesiger Gegend vor- handen sein könnten, auf E. verrucosa nachzuspüren , da nicht leicht irgendwo der Uromyces dieser Pflanze massenhafter vor- kommen dürfte als in der hiesigen, überhaupt für Beobachtungen auf diesem Gebiet nicht ungünstigen Umgebung. Der Vor- tragende hob in letzterer Beziehung aus der Eeihe der Rostpilze der Euphorbien noch das in den hiesigen Bergwäldern nicht — 95 — seltene Aecidium hervor, welches die Euphorbia amygdaloides L. bewohnt, und welches nach den Angaben von de Bary zu den wenigen bekannten Aecidien gehört, die sich ausschliesslich in gleichartiger Form reproduciren, d. h. bei autöcischer Lebens- weise sich auf die Hervorbringung von Aecidiumfrüchten nebst Spermogonien beschränken, dagegen Teleutosporenlager so wenig als eine Uredo bilden. Die Aecidiensporen dieses Pilzes (des Endophyllum Euphorhiae) entwickeln, ähnlich denen des E. Sem- pervivi, durch Vermittlung eines sporidientragenden Promycels ein Mycel, welches unmittelbar wieder Aecidien trägt. Derselbe Vortragende zeigte einen Spross des gewöhn- lichen Tannenwedels {Hippuris vulgaris L.) vor, welcher die seltene, in ähnlicher Weise bei etlichen andern Gattungen mit mehrgliedrigen Blattwirteln, wie Gasuarina, Equisetum, mitunter beobachtete Abnormität darbot, dass die Wirtelstelluug der Blätter von einer gewissen Höhe an durch eine fortlaufende Schraubenstellung ersetzt wurde. IV. Hüttendirector Dr. Dorn in Tübingen sprach über Asphalt und Graphit aus den Pfahlbauten in Schussen- ried, die ältesten, vorhistorischen Produkte chemischer Thätigkeit in Schwaben : Der schätzbare Bericht des Herrn Eevierfürsters E. Frank in Schussenried (naturwissenschaftliche Jahreshefte von 1876), macht uns mit den sehr interessanten Kunstprodukten aus der schwäbischen Pfahlbauzeit bekannt, indem er uns die Geräthe und Waffen aus Stein, Thon, Holz, Knochen u. s. w. aufzählt und beschreibt, welche bis jetzt in den Pfahlbauten von Schussenried aufgefunden worden sind. Dieser Bericht spricht auf Seite 66 von einem Feuerstein- messer, welches vermittelst Asphalt in seine Fassung ein- gekittet war, und Seite 70 enthält folgende Mittheilung: „ein anderes höchst interessantes Fundstück ist ein nieren- förmiger 14 Cm. langer, 10 Cm. breiten und 5 Cm. dicker, 330 Grm. schwerer noch völlig unversehrter Klumpen Asphalt, der wohl unwiderleglich den Beweis — 96 — liefert, dass unsere Pfahlbaubewoliuer Handelsverbindungen besassen." Ferner ist auf Seite 69 von einem pulverförmigen Körper die Rede, der sich in einem zerbrochenen Krügchen gefunden habe, „und der äusserlich dem Graphit vollständig ähnelt." Beim Lesen des angeführten Berichts stieg in mir die Vermuthung auf, dass der gefundene Asphalt vrohl mit den , Mengen aufgerollter Birkenrinde" in Verbindung stehen könnte, von denen auf Seite 62 und 63 die Rede ist. Diese aufgerollte Birkenrinde rief mir die Verwendung ins Gedächtniss, welche in einem grossen Theile von Russland von der Birkenrinde gemacht wird. Sie dient nämlich als Rohstoff für Gewinnung eines der ersten Lebensbedürfnisse der russischen Bevölkerung, des Birkentheers (djogot). Der Birkentheer ist dort in der Menschen- und Thierbeilkunde äusserlich und inner- lich vielfach im Gebrauch, wie er ja auch in unsern Officineu als Oleum rusci gehalten wurde. Der Birkentheer dient als bestes Schmiermittel und ganz besonders auch zu Geschmeidig- machung des Leders; der reine aus Birkenrinde gewonnene Theer ist aus diesem Grunde der begehrteste und höchst be- zahlte von allen aus verschiedenen Hölzern und Wurzeln ge- wonnenen Theerarten. Dass die Birkenrinde der Pfahlbaubewohner zu demselben Zweck, zur Theergewinnung gedient haben könnte, diess machte mir schon die Form der gefundenen Mengen in Rollen wahrscheinlich. Die Birkenrinde ladet nämlich durch ihre aus- gezeichneten Eigenschaften allerdings zu ehier Menge von Ver- wendungen ein, z. B. zum Schutz gegen Wasser von oben oder unten. Ich selbst habe daraus Dächer für leichte Bauten aus- geführt, die an Leichtigkeit und Dauerhaftigkeit unsere Dach- pappendächer weit übertreffen, und die Russen schützen ihre Holzhäuser gegen die aus dem Erdboden aufsteigende Feuchtig- keit dadurch, dass sie unter die unterste Holzlage ihrer Block- häuser Birkenrindenblätter legen, wie wir gegenwärtig manchmal Bleiblätter zu dem gleichen Zweck anwenden. Zu Fertigung von Behältnissen, die unsern Schachteln ent- — i)7 — spreclieii, zu der Pfahlbau-Papeterie war die Birkenrinde ^^ewiss ebenso häufig" in Anwendung, wie in den Häusern der russischen ländlichen Bevölkerung. In allen Fällen aber, wo die Birken- rinde für derartige Zwecke verwendet wird, hält man sie nicht im Vorratli, sondern man nimmt sie frisch vom Baum und be- nützt ihre einladende Geschmeidigkeit und Biegsamkeit. Nur für Theergewinnung wird sie in Eollen oder Packe gebunden und getrocknet. Sie bildet in diesem Zustand einen stehenden Handelsartikel (berest) und einen nicht unbedeutenden Theil des Ertrags mancher Waldungen in Russland. Die Rinde wird dort auf den lebenden Bäumen verkauft, von denen dann aus Veranlassung der Abnahme der äusseren Rinde etwa V4 abstirbt. Durch einen Schwelprocess, der vor Zeiten in mit Erde ge- deckten Haufen , ähnlich unsern Kohlenmeilern, neuerlich aber in geschlossenen blechernen Gefässen vorgenommen wird , ge- ^ gewinnen die Russen den Birkentheer, dieses Material, dessen Geruch man in Russland überall wahrnimmt; denn sämmtliches Lederwerk riecht darnach: Sattel und Zaum und alles was damit in Berührung kommt, Koffer und alle Kleider nehmen mehr oder weniger von dem angenehmen Juchtengeruch an, der ganz Russ- land parfümirt. Dieser charakteristische Geruch unterscheidet aber den Birkentheer von allen aus andern Holzarten gewonnenen Theer- arten, am meisten jedoch von dem natürlichen oder künstlichen Min eralthe er. Alle Theerarten haben aber die Eigenschaft mit einander gemein beim Erhitzen die Kohlenwasserstoffe, aus denen sie bestehen, nach der Höhe der Kochpunkte derselben abzugeben, dabei immer dickflüssiger zu werden, bis sie selbst die Eigenschaft verlieren, bei gewöhnlicher Temperatur flüssig zu sein. So eingedickter Theer aus irgend einer organischen Substanz erstarrt beim Erkalten zu einer schwarzen Siegellack ähnlichen Masse : Asphalt auch Schwarzpech genannt. Der Name Asphalt (Gummi-Asphalt) kam ursprünglich nur dem natürlichen Asphalt vom schwarzen Meere und andern Wärt t (-mit. naturw. Jahrcsliefte. 1878 7 — 98 — Fundorten zu. Dieser lässt sich von dem künstlichen aus Stein- kohlentheer gewonnenen Asphalt schwerlich unterscheiden, mit dem aus Holz erzeugten aber nicht verwechseln, am aller- wenigsten mit dem aus dem duftigen Birkentheer gewonnenen. Wird die Erhitzung des geschmolzenen Asphalts irgend eines Ursprungs fortgesetzt und gesteigert, so gehen Produkte immer höherer Siedpunkte über, bis zuletzt eine cokesartige poröse Masse mit dem halbraetallischen Cokesglanz zurückbleibt. Dieser Glanz ist das einzige, worin dieser Rückstand dem Graphit ähnelt. Herr Eevierförster Frank hatte 'die Güte mir von den Rindenrollen,dem aufgefundenen „Asphalt" und „Graphit" Musterehen zu geben, mit denen ich Destillationsversuche anstellen konnte, die meine Vermuthung hinsichtlich des Ursprungs des Pfahlbau- asphalts bestätigten. Dabei kann ich nicht umhin auf die in- teressante Thatsache aufmerksam zu machen, dass die Birkenrinde aus den Pfahlbauten so wenig chemische Veränderung erlitten zu haben scheint, dass sie bei der trockenen Destillation wesent- lich dieselben Produkte liefert wie frische. Bei den geringen Mengen, die mir von den verschiedenen Materialien zu Gebot standen, die aber zu Erreichung eines sicheren Resultats vollständig genügten, vollzog ich die trockene Destillation in kleinen Glaskölbchen vor dem Löthrohr: Bruchstücke der Pfahlbaubirkenrinde erfüllten beim Er- hitzen den Hals des Kölbchens mit Theerdämpfen , die sich zu Theer condensirten mit allen Eigenschaften, namentlich dem specifischen Geruch des aus frischer Birkenrinde gewonnenen Birkentheers. Das Asphaltpulver, welches Herr Revierförster Frank von dem gefundenen Asphaltklampen abgeschabt hatte, schmolz als ich es auf ähnliche Weise im Glaskölbchen erhitzte, und gab Dämpfe und Condensationsprodukte, welche in allen Stücken mit. den aus der Birkenrinde erhaltenen so vollständig überein- stimmten, namentlich in dem carakteristischen Juchtengeruch,, dass nicht der geringste Zweifel bleibt, dass der Asphalt der Schussenrieder Pfahlbauten eingekochter Birkentheer ist, der — 99 — aber seiner flüchtigeu Bestandtbeile soweit beraubt wurde, dass der Kückstand noch Müdigkeit genug behielt, um zum Fest- kitten von Werkzeugen nicht zu spröde zu sein. Ob die Pfahlbaubewohner das Einkochen ihres Birken- rindentheers blos behufs Gewinnung des Asphaltrückstands be- trieben, oder ob sie die leichten flüchtigen Oele zu andern tech- nischen oder medicinischen Zwecken auch auffingen, bleibt vorerst als zweifelhaft dahingestellt. Ihre unglasirten Thongeschirre waren jedenfalls wenig geeignet zur Aufbewahrung von recti- ficirtem Oleum rusci. Wie oben angegeben, ist der letzte Rückstand, den Asphalt bei fortgesetztem und gesteigertem Erhitzen ergibt, eine cokes- artig glänzende poröse Masse, welche, wie es scheint, die Pfahl- baubewohner durch ihren halbmetallischen Glanz einlud, sie zu Verschönerung der Oberfläche ihrer Thongeschirre zu benützen, zu welchen Zweck sie diese Masse pulverisirten und mit dem Wiesenkalk ihrer Sümpfe als Bindemittel zusamraenrieben. Diese Vermuthung wurde wenigstens durch die mikroskopische und chemische Untersuchung des Inhalts des Kölbchens mit dem , graphitähnlichen Körper" in mir hervorgerufen. Fassen wir das Vorgetragene zusammen, so scheint un- zweifelhaft: 1) dass der Asphalt der Schussenrieder Pfahlbauten Birken- theerasphalt ist; 2) dass die Pfahlbaubewohner ihren Birkentheer selbst er- zeugten wird durch die „Mengen aufgerollter Birken- rinde", welche in den Pfahlbauten aufgefunden wurden, sehr nahe gelegt; 3) der in den Pfahlbauten gefundene Körper ,der äusserlich dem Graphit vollständig ähnelt", ist von den Pfahlbau- bewohnern selbst künstlich erzeugt; er musste bei dem wiederholten Aufwärmen des Theers oder Asphalts als letzter Rückstand verbleiben. Wir haben also in den genannten Gegenständen die ersten Spuren vorhistorischer chemischer Thätigkeit in Schwaben. -f - 100 V. Baiiinspector Hoclieisen aus Balingen legte 'geo- gnos tische Längenprofile einzelner Strecken der Linie Ba- lingen-Ehingen in grösserem Maassstabe vor, dieselben einer eingehenderen Besprechung unterziehend, behielt sich aber vor, wenn das ganze Profil der Linie erschlossen sein wird, hierüber in den Vereinsraittheilungen eingehender zu roferiren. Von demselben ist ferner ein grösserer Plan der Rhem- correction von Ra'gatz abwärts bis zumBodensee (zunächst St Margarethen) mit Angabe der Colmationsarbeiten auf dieser Strecke, welche letztere im Jahr 1874 ihren Anfang genommen haben, ausgestellt. In seinen früheren Mittheilungen über Allu- vionen der neuesten Zeit (Württ. nat. Jahreshefte 1872 Heft 1) wurde von dem Verfasser darauf hingewiesen, wie eme Keihe unserer heimischen Flüsse mittelst der in denselben zur Zeit der Hochwasserstände enthaltenen Suspensionen zu Meliorationen ver- sumpfter oder vom Hochwasser zerstörter Ufer und Landstrecken benutzt werden könnten, dass sich ganz besonders günstige Re- sultate an der Hier und den in denBodensee ausmündenden Gewässern, die Argen, Bregenzer Ach und vorzüglich am Rhein mittelst des Colmationsverfahrens erzielen Hessen, und dabei in sichere Aus- sicht gestellt, dass die durch die Hochgewässer der 60er und 70er Jahre ruinirten Ländereien zwischen Ragatz und St. Margarethen der mehr und mehr drohenden Verarmung entrissen und neuem Wohlstände hiedurch entgegengeführt werden könnten. Auch hatte er Gelegenheit gefunden, seine Arbeit seinem früheren ver- ehrten Vorgesetzten der Rorschach- St. Galler Bahn, dem nach- maligen Ober-Ingenieur der Rheincorrectionsarbeiten des Cantons St Gallen, Herrn Hartmann, zuzustellen, und mit demselben m der Sache weiter zu verkehren, der kurz vor seinem leider schon im Winter 1873174 erfolgten Tode noch die ersten Einleitungen zu Colmationen bei Ragatz traf, die nunmehr in den Jahren 1874 und 1875 auch bei Buchs und Trübbach im oberen Rhemthal^ weitere Nachahmungen gefunden, und bereits zu den über- raschendsten Erfolgen geführt haben. Von den überaus günstigen Erfolgen dieser Arbeiten hat sich der Schreiber dieser Zeilen bei einer Begehung der gross- , — 101 — artigen Rheincorrectioiisarbeiten, die zur Zeit zwischen Ragatz und St. Margarethen im Gange sind, persönlich überzeugt. Der die Arbeiten zur Zeit leitende höchst eifrige junge Ingenieur, Herr Wey hatte sich dort zunächst die Aufgabe gestellt , eine Strecke Landes zwischen Ragatz und Sargans zwischen dem neuen Hochwasserdamm und dem alten Schutzdamme, das meist nur aus Strandboden (Sand und Gerolle) besteht, auf dem nur der Sanddorn (HippopJiae rhamnoides), und hie und da spärliche Erlen fortkommen, mittelst der Suspensionen des in den Sommermonaten hochgehenden Rheines aufzuhöhen, der in dieser Zeit eine Masse fruchtbaren Schlammes, der hauptsächlich aus der Nolla und Landquart kommt, mit sich führt. Nach genauen Messungen enthält das Rheinwasser bis zu 42 pro Mille, im Mittel 16 pro Mille feste Bestandtheile. Es wurden zu obigem Behufe zwischen dem alten und neuen Hochwasserdamm eine Reihe kleinerer Querdämme aus Kies und Sand erstellt, die mit der fortschreiten- den Colmation erhöht werden sollen, und eine Ein- und Auslauf- schleuse erbaut, die das Wasser des Rheines in einen Zuleitungs- graben längs des alten Hochwasserdammes führt, von dem aus dasselbe in die durch die Querdämme gebildeten Abtheilungen nach Erforderniss eingeleitet wird, und sodann das vom Schlamme befreite Wasser am Ende der Strecke wieder in den Rhein abführt. Nach den vorgenommenen Messungen über die eingeflossene W^assermenge und den Schlammgehalt derselben ergab sich, dass von Anfang Juli bis Mitte August gegen 3 Millionen Cubikfuss = 80,000 Cubikmeter Schlamm eingeführt und auf das dem Rheinbett abgenommene Hinterland (Strandboden; deponirt worden waren, was auf eine Ausdehnung von circa 90 Hectaren eine Durchschnittserhöhung von 9 Centimetern (3 Zoll Schw. M.) ergibt. Man beabsichtigt aber nicht blos das zwischen dem neuen Hochwasserdamm und dem nunmehrigen Binnendamm liegende ausgedehnte Terrain aufzuhöhen, sondern man wird auch das innerhalb des Binnendammes liegende Gemeindeland partienweise abgrenzen, und auf die oben bezeichnete Weise colmiren, ja es ist möglich, das Hinterland in einer vom Gefälle abhängigen Entfernung von der Schleuse bis auf die Höhe des Hochwasser- — 102 — dammes aufzulanden, wodurch die inzwischen ausgeführten üfer- schutzbauten an Widerstandskraft bedeutend gewinnen, das ver- heerte Hinterland aber auf weite Ausdehnung der Kultur zurück- gegeben werden kann. Nach den inzwischen gemachten Erfahrungen wird eine jähr- liche Erhöhung des Hinterlandes von 20 — 25 Centimeter erzielt. Unter Berücksichtigung, dass die Auflandung mit ihrem Fort- schreiten stets langsamer von Statten geht, kann mit Sicherheit angenommen werden, dass in 20 — 25 Jahren die Flächen zwischen dem neuen Damm und dem Binnendamm auf die Höhe des letz- teren aufgelandet sein werden. Der Einwurf aber, dass derartige Arbeiten bei uns nicht möglich wären, ist durchaus nicht stichhaltig. Eine Reihe unserer Bergwasser, namentlich unserem Alptrauf entlang, und insbesondere wieder diejenigen, die längere Strecken in den thonreichen Schicht- gebilden des weissen Jura a, wie des braunen und schwarzen Jura ein- schneiden, wälzen zur Zeit der Schneeschmelze oder bei heftigen Ge- wittern eine Menge Schlamm zu Thale, welcher zur rechten Zeit und am rechten Orte benutzt, zur Verbesserung verheerter oder steriler Grundstücke mit bestem Erfolg benützt werden könnte. Ein nicht uninteressantes Beispiel liegt an der Hohenzollern- bahn vor. Unterhalb des Ortes Bisingen zwischen Hechingen und Balingen kreuzt der sogenannte Klingenbach die Bahn bei Kilom. 34 Nr. 9, beschreibt unterhalb der Bahnachse einen weiten Bogen, kehrt eine kurze Strecke weiter abwärts wieder unter die Bahntrace zurück und verfolgt in fortgesetzten Mäanderzügen das enge Thalgerinne, das allenthalben durch das Wildwasser verheert ist. An der Stelle nun, wo der Bach, der zur Zeit hoher Wasserstände eine Menge feinen Schlammes mit sich führt, die Bahnachse wieder berührt, wurde demselben ein neues Bett gegraben und das ausgegrabene Land zwischen Correction und Bahndamm aufgefüllt, so dass gegen den erwähnten Bogen zu, den der Bach beim Passiren der Bahn macht, eine Art Quer- damm erstellt wurde. Die Feld- und Wiesenfläche zwischen Bach und Querdamm war vor dem Bahnbau total verheert, und bestand nur noch aus Sand und Gerolle. In Folge der Ausfüh- — 103 — rung der Bache orrectioii fliesst nunmehr nur noch das höchste Hochwasser über und stösst sich an dem Querdamm; während nun das Gerolle in dem Flussschlauche fortgewälzt wird, setzt das Hochwasser die feineren suspendirten Bestandtheile in dem durch den Bahndamm und Querdamm gebildeten Bassin ab, und es hat sich in der kurzen Zeit vom Herbst 1873, in der die den Querdamm bildende Fläche aufgefüllt wurde, bis diesen Sommer (1877) die verheerte Feld- und Wiesenfläche schon so hoch aufgehöht (au einzelnen Strecken 30 — 40 Centimeter hoch), dass der Besitzer der Fläche (ohne all sein Zuthun) im Sommer 1875 schon Streugras abzumähen im Stande war und in diesem Sommer auf den höheren Stellen schon ganz gesundes Futter einheimste. Welche Menge von erdigen Bestandtheilen aber auch die Wasserläufe aus unsern Keuperbergen herabführen, ist nur zu bekannt. Ein interessantes Beispiel lieferte die bei Rottweil in den Neckar sich ergiessende Prim, die früher in den verzerrtesten Zickzackwendungen in den Neckar einmündete, zur Zeit des Bahn- baues aber mit dem Neckar in der ganzen Längenausdehnung des Bahnhofes Rottweil corrigirt wurde. Bei der Ausführung der Correctionsarbeiten fand sich das Terrain in der regel- mässigsten Weise (Schicht für Schicht) mit feinstem Keuperboden aufgehöht, und in einer Tiefe von mehreren Metern unter der Wiesenfläche vis-ä-vis der nordöstlichen Ecke des Römischen Castrum's eine alte Lagerstelle mit Aschen- und Kohlenresten, mit Gefässscherben und verschiedenen Broncefunden, unter anderen eine interessante Fibula (Bärengestalt mit groteskem Menschenkopf), die sich heute im württembergischen Alterthumskabinete, nebst einer noch tiefer gelegenen vortrefl'lich erhaltenen Bronce- Lanzenspitze befindet. Seit jener Zeit hatte sich die Aufhöhung unter un- günstigen Verhältnissen gebildet und liefert den Beweis, wieviel geleistet werden könnte, wenn das bei den leider zu häufig wiederkehrenden für das Primthal verderblichen Hochgewässern chocoladefarbige mit Senkstoff'en überreich gesättigte Wasser in sachverständiger Weise ausgenützt würde. 104 — Bauiuspector Hoch eisen aus Balingen legte sodann eine vom Eidgenössischen Baubureau ausgegebene Karte der Schweiz vor, welche die Pegelstände und Wasserabflussmengen aller Flüsse und grösseren Gewässer der Schweiz, sowie das Witterungsstationennetz in anschaulicher Darstellung enthält. Die Karte im Maassstab 1 : 600,000 gefertigt, welche von Zeit zu Zeit neu ausgegeben wird, enthält in besonderem Farben- druck alle Flussgebiete und Hauptwasserscheiden für Rhein, Aare, Eeuss, Limmat, Rhone, Inn und Tessin, sowie die Flussgebiete und Wasserscheiden zweiter Ordnung aller grösseren Wasserläufe in Quadrat-Kilometern angegeben. Ferner sind von einer grösseren Anzahl Beobachtungsorteu die Wasserabflussmengen, sowie die Niederschlagshöhen verzeichnet, indem bei jedem meteorologischen Beobachtungsort in einem etwa 8 Millimeter haltenden Quadrat die oberste Zahl das arithmetische Mittel der jährlichen Niederschlagshöhen seit 1863/64 in Milli- metern, die mittlere die grösste tägliche Niederschlagshöhe seit 1863/64 in Millimetern, die unterste das Datum dieser Nieder- schlagshöhen in grünen Zahlen angibt, wogegen in einem daneben stehenden Quadrat in rothen Zahlen die mit einem rothen Pfeil bezeichneten Flusspegelstationen die daselbst pro Secunde durch- fliessende Wassermasse zur Darstellung kommt und zwar die oberste Zahl den maximalen, die mittlere den mittleren und die unterste den minimalen Durchfluss in Cubikmetern mit Ausschluss der ausserordentlichen Maxima und Minima angibt. Bei den Seepegelstationon bezeichnet die oberste rothe Zahl die höchst bekannte, die mittlere die gewöhnliche und die unterste die niedrigste bekannte Seespiegelhöhe in Metern über Meer. Hieran anreihend drückt der Vortragende den Wunsch aus, es möchte eine ähnliche Karte für Württemberg sobald als thunlich ausgegeben werden. Die meteorologischen Beobach- tungen werden sehr eingehend seit Jahren von der Centralstation Stuttgart in den Württembergischen Jahrbüchern veröffentlicht. Beobachtungen der Pegelstände des Bodensees werden in Friedrichs- hafen seit längerer Zeit angestellt und von der meteorologischen — 105 — Centralstation gleichfalls mitgetlieilt, und soviel bekannt, werden auch in Tübingen, am Hafen zu Cannstatt, in Heilbronn, sowie in Ulm Pegelbeobachtungen gemacht. Es wäre daher, um die Karte anfertigen zu können, von grossem Werthe, wenn die Pegelbeobachtungen auf sämmtliche grössere Wasseriäufe des Landes ausgedehnt würden, wozu das Ministerium des Innern, Abtheilung für Strassen und Wasserbau- wesen, sowie die K. Eisenbahndirection und Eisenbahnbaukomraission wohl gerne die Hand bieten würden, in deren Registraturen wohl sicher auch schon eine grosse Zahl wertlivoUer Beobachtungen und Notizen vorhanden sind, die im allgemeinen Interesse in der oben bezeichneten Weise nutzbar gemacht werden könnten. Die meteorologische Centralstation Stuttgart wäre aber wohl am ehesten in der Lage, die von den bezeichneten Collegien mitzutheilendeu Notizen über Pegelstände und Wasserabflussmengen unserer Flüsse zu sammeln und auf diese Art die Frage zur Lösung zu bringen, welcher Theil der mittleren jährlichen und monatlichen Nieder- schlagsmengen in unseren verschiedenen Flussgebieten durch die grösseren Wasserläufe und Flüsse abgeführt werden, die für Auf- gaben der Wasserbautechnik, bei Flusscorrectionen, Canalanlagen, Ent- und Bewässerungen, Wasserversorgungen etc. von grossem Werthe wären. Der Vortragende reiht hieran den weitereu Wunsch, es möchten ausser dem Zustandekommen der für die Wasserbautechnik höchst praktischen Karte, von der meteorolo- gischen Centralstation für die Folge auch Mittheilungen in perio- disch wiederkehrender tabellarischer Form erscheinen, welche enthalten sollten: 1) die mittleren monatlichen Regenhöheu und die daraus sich ergebenden mittleren Niederschlagshöhen und Niederschlags- mengen im Monat und Jahr für die Wasserabflussgebiete unserer Flüsse, sowie die Verdunstungshöhen und Verdunstungsmengen in den einzelnen Beobachtungsbezirken. 2) Die mittleren monatlichen Wasserstände nach den an unseren Haupt- und Nebenflüssen anzustellenden (womöglich täg- lichen) Wasserstandsbeobachtungen. 3) Eine Uebersicht der in unseren Flüssen abgeführten — 106 — mittleren Wassermengen in der Secunde für die verschiedenen Monate, sowie der mittleren Wassermenge für den Monat und der auf die Fläche des Flussgebietes reducirten Abflussböhe. 4) Eine üebersicht der mittleren monatlichen und jährlichen Abflussmengen unserer Flüsse nach Prozenten der in den ver- schiedenen Flussgebieten gefallenen mittleren Niederschlags- mengen. Anfänge liiezu sind von dem so verdienstvollen Herausgeber der meteorologischen Mittheilungen Herrn Professor Schoder bereits gemacht, möchte es unsern höheren technischen Behörden ge- fallen, die noch fehlenden Pegelstationen zu ergänzen, die für die bezeichnete Aufgabe nöthigen Notizen sammeln zu lassen und zur Verfügung zu stellen, um mit dem gesammelten Material eine Frage zu lösen, die in andern Ländern, wie in Frankreich, in der Schweiz, wie auch für einzelne Flussgebiete in Nord- deutschland längst im Vollzuge und für die verschiedensten hydro- technischen Arbeiten von nicht zu unterschätzendem Werthe ist. VI. W, Hochstetter, K. Garteninspector in Tübingen, trug über die sogenannten insektenfressenden Pflanzen Folgendes vor. Die Fragen in Bezug auf die Insektenfangenden Pflanzen erregen mehr als je das Interesse der Naturforscher, seit der be- rühmte englische Gelehrte Charles Darwin diese merkwürdigen Pflanzengebilde auch zu fleischfressenden gemacht hat — nämlich Darwin hat die Theorie aufgestellt, dnss diese Pflanzen das Fleisch der Insekten verdauen — ganz ähnlich wie das der Magen eines Thieres thut. Es gibt insektenfangende Pflanzen verschiedener Art: 1) Solche, Vielehe an Stengel, Blätter oder Blumen eine Menge zähen, klebrigen Schleimes aussondern, von dem kleine Insekten gleich wie vom sogenannten Vogelleim festgehalten werden und in Folge dessen den Hungertod sterben müssen. Diese bilden die zahlreichste Gruppe: z. B. viele Li/chnis-, Gypsophüa-kxiQw, Apocynum androsaemifolmm und eine Legion anderer Pflanzen. — 107 — 2) Pflanzen, welche besondere Orgaue besitzen, die so ge- staltet sind, dass, wenn Insekten in diese hinein gerathen, sie in Folge der Construktion dieser Organe oder wegen der Stellung der Haare nicht wieder heraus können oder in Folge einer im Innern dieser Organe vorhandenen Feuchtigkeit, welche von den- selben genossen wird, halbbetäubt zurückgehalten werden. Hieher gehören die sogenannten Schlauchpflanzen, nämlich Sarracenia, Cephalotus^ Nepenthes, Utricularia und Äldrovanda. 3) Pflanzen, die durch reizbare Blatttheile oder drüsige Borsten Insekten fangen und so lange diese sich noch bewegen, dieselben festhalten und erst nach dem Tode wieder frei lassen. Dahin gehören: Bionaea, Drosera^ Brosophyllum und Pingiii- cula. Von den zu Gruppe 1 gehörenden Pflanzen ist noch von Niemanden behauptet worden, dass die an ihnen wie an einer Leimruthe kleben bleibenden Insekten auch von den Pflanzen selbst als Extraleckerbissen verspeist würden. Die zweite Gruppe wird von Darwin schon zu Insekten- fressern gestempelt. Das in den Schläuchen von Nepenthes^ Cephalotus und Sarracenia ausgeschiedene Wasser ist nach dem- selben keine gewöhnliche Absonderung, sondern findet mit dem besonderen Zwecke statt, die Insekten anzulocken, damit sie dann von dem süssen Gifte halb betäubt in den Schläuchen grausam umkommen müssen, um ihre Leichen als Futter von den betreffenden Pflanzen benutzen zu lassen. Wasserausscheidung findet bekanntlich bei allen Pflanzen in Dunstform statt, ausserdem ist solche bei einer Masse von Pflanzen aus den Blattspitzen und Blatträndern in Tropfenform nachge- wiesen, z. B. bei den Blättern von Ganna. Auf welche Weise diese Thierleichen in den Schläuchen von den Pflanzen verspeist werden, darüber ist meines Wissens Näheres bis jetzt noch nicht mitgetheilt worden. Meine Erfah- rungen bei der Cultur von Nepenthes^ Sarracenia und Cephalotus gehen aufs Bestimmteste dahin, dass die Schläuche dieser Pflanzen, in denen viele Insektenleichen aufgehäuft liegen, weit früher ab- sterben, als solche, in denen diess nicht der Fall ist! Von der dritten Gruppe endlich wird die direkte Behauptung — 108 — aufgestellt, dass, nachdem die lusekten gefangen, die Pflanzen da, wo sie mit denselben in Berührung sind, eine säuerliche Flüssigkeit ausscheiden, welche mit der Propionsäure verwandt sei, ja selbst das verdauende Prinzip des thierischen Magens, nämlich Pepsin enthalten soll und mit Hülfe dessen die Thier- leichen, soweit das die hornartige Körperbedeckung zulasse, zer- lege und als Nahrung mit den anliegenden Zellen des Blattes aufnehme — oder wie man zu sagen beliebt, gleich dem thierischen Magen verdaue. Zu dieser letzteren Abtheilung gehören vorzugsweise drei Pflanzengattungen, mit denen man manipulirt hat: das ist unser einheimischer Sonnenthau (Drosera), der portugiesische Sonnen- thau (Brosophyllum) und die Fliegenialle (Dionaea). Bei Drosera finden sich am Rande des Blattes lange, drüsentragende Borsten, mit einem wasserhellen Inhalt gefüllt. Bei Drosophyllum stehen in zwei Reihen gestellte und gestielte, klebrige, durchsichtige Drüsen. Die Insekten bleiben an der ausgeschiedenen, zälien Flüssigkeit kleben und durch den fortwährenden Reiz, den das Insekt bei seinen Bemühungen, sich zu befreien, ausübt, krümmen sich die drüsentragenden Borsten nach Innen und tragen mit dazu bei, das Insekt festzuhalten, zu umspannen und zu tödten. Diese Drüsenborsten werden von den Anhängern der Fleisch- fresser-Theorie Fühlhörner oder Fangarme genannt. Dionaea zeichnet sich bekanntlich durch das runde mit langen, wimper- förmigen Borsten besetzte Vorderstück des Blattes aus. Reizt man die Mittelnerven oder vielmehr die auf der inneren Fläche der Klai3pen befindlichen 3 Borsten zur Zeit der Vegetation der Pflanze mit einem anderen Gegenstande, so legen sich die beiden Klappen fest aufeinander. Ein Insekt bedingt die gleiche Be- wegung des Blattes, wird dabei gefangen und nicht früher los- gelassen, als bis es todt ist, d. h. keine Bewegung mehr zeigt. Seit mehr als 100 Jahren ist das bekannt; denn im September 1769 schrieb John EUis, ein englischer Botaniker, an Linne: „Der Bau der Blätter der Dionaea gibt zu erkennen, dass die Natur vielleicht einiges Absehen auf ihre (der Pflanze) Ernährung bei der Bildung ihrer Blätter gehabt haben möge u. s. w." — 109 — Darwin hat das unleugbare Verdienst, die Reihe der Ee- wegungserscheinungen, die bei diesen insektenfangenden Pflanzen stattfinden, in der neuesten Zeit besonders genau studirt und in seiner neuesten Schrift „Insectivorous Plauts" veröffentlicht zu haben. Er hat ganz besonders die Drosera studirt. Zugleich hat Darwin als Erster die Ansicht ausgesprochen, dass die ge- fangenen Insekten den betreffenden Pflanzen zur Nahrung dienen und glaubt je an den Blättern, die ein Insekt gefangen, ein kräftigeres Wachsthum konstatiren zu können. Gegen diese Ernährung der Pflanzen durch solche gefange- nen Insekten sprechen nach meiner Ansicht folgende Thatsachen: 1) Die Blätter der Pflanzen sind als keine die flüssige Nahrung aufnehmenden Organe, sondern nur als die aufgenom- menen Organe verarbeitende und dabei Feuchtigkeit und Gase ausscheidenden und nur gasförmige Körper, d. h. Sauerstoff oder Kohlensäure aufnehmenden Organe bekannt. Hier aber sollten mit vollkommenen Wurzeln ausgerüstete Pflanzen plötzlich eine sehr concentrirte Nahrung aufnehmen, welche Annahme schon von vornherein an innerer Unwahrscheinlichkeit leidet. 2) Die von den Blättern gefangenen Insekten trocknen ent- weder aus oder sie faulen und in letzterem Falle bedingen sie nach meiner Erfahrung nicht etwa bessere Vegetation, sondern gerade Verderbniss der betreffenden Blattgewebe, wie ich das bei Bionaea und Nepenthes häufig beobachtet habe. Die Theoretiker hingegen, welche die Blätter Insekten fressen lassen, sagen ein- fach, dass das Blattgewebe durch Indigestion verderbe. Bei Drosera findet allerdings zuweilen stärkeres Wachsthum der zu- nächst liegenden Partieen des Blattes, vielleicht auch zuweilen des ganzen Blattes statt. Ist das aber etwa eine einzeln dastehende, wunderbare Er- scheinung ? Wissen wir doch, dass überall da, wo an Pflanzen- geweben Reibungen stattfinden, wo ferner Blätter von Insekten angestochen oder Eier in deren Zellgewebe gelegt werden, sofort Zellwucherungen stattfinden. Eine solche Zellwucherung in Folge der durch die beständige Bewegung des Insektes entstehenden Reibung findet um so wahrscheinlicher statt; denn gerade bei — 110 — JJrosera entstehen an der Stelle, wo das Insekt liegt, blasen- förniige Aussenkungen an den Blättern. Den wichtigsten Beweis für das Auffressen der gefangenen Insekten suchen die Vertreter dieser Theorie darin, dass eine vermehrte Ausscheidung von Flüssigkeit aus den Drüsen des Blattes stattlinde und der Inhalt dieser Drüsen sich verändere. Ist das aber ein Zeichen der Ernährung? Ist das nicht vielmehr ein Zeichen gerade schädlicher Einwirkung, wie ihn für das Pflanzenleben schädliche Säuren und Gase ausüben. Stelle man Pflanzen in ein frisch angelegtes Mistbeet, schliesse man die Fenster und betrachte dann die schädliche Einwirkung des Ammoniaks und findet solche schädliche Einwirkung bei ver- wesenden Thierleichen, die in unmittelbarer Berührung mit dem Blatte sind, nicht viel eher statt, als eine Nalirungsaufnahme behufs der Ernährung? Ist ferner die zuckerhaltige Ausscheidung der Blätter in Folge der Angriffe von Blattläusen nicht eine analoge Krankheitserscheinung mit der Vermehrung der wässerigen Ausscheidung unserer in Rede stehenden Pflanzen? 3) Es ist Thatsache, dass unter Glasglocken kultivirte Dionaea, mit denen keine Insekten in Berührung kommen, viel kräftiger und gesunder gedeihen, als frei kultivirte, die mau Insekten fangen lässt und dadurch gerade deren Blätter zum Absterben bringt. Fassen wir dieses Alles zusammen, so kommen wir zu dem Schlüsse, dass die Nothwendigkeit oder auch nur Nütz- lichkeit der Insektenverdauung durch Pflanzen noch lange nicht unwiderleglich bewiesen ist — oder sollte die Theorie richtig sein, die alle die verschiedenen Organe der Pflanze im Laufe der Jahrtausende ganz allmälig, je nach dem Bedarf der Pflanze, also aus innerer Nothwendigkeit ent- stehen lässt — also in diesem Falle aus dem Bedürfniss, lebendige Insekten zu fressen, ein Bedürfniss, das vor der Ausbildung dieser Organe wahrscheinlich schon vorhanden war, aber zum Entsetzen der betreffenden Pflanzen nicht befriedigt werden konnte, denn die sehr zu bedauernden Blätter mussten ihre leckeren, in der Nähe umherfliegenden oder auf ihnen umherkriechenden Braten — 111 — ungenützt und uugekostet entlassen. So bat nun das innere, heftige Verlangen bis jetzt nur die Fangarme herauswachsen lassen. Wenn nun die Fortentwicklung in dieser Beziehung Millionen von Jahren noch so fortgeht, dann werden die Wimpern zu Zähnen, die Blätter zu wirklichen Mägen, die Wurzeln wahr- scheinlich zu Darmkanälen werden und dann wehe der Insekten- weit! -— Bis jetzt durch die Pflanzenwelt ernährt, werden die Eollen wechseln und die Pflanzen werden sich von den Insekten nähren und die Insekten und überhaupt die Thierwelt die Nah- rung direkt aus Luft und Erde aufnehmen. VII. Apotheker Fehleisen in Reutlingen sprach über „einige alte Probleme in neuem Gewände." Ersuchte nachzuweisen, dass die heutige Wissenschaft vielfach noch mit denselben Problemen beschäftigt sei, wegen deren Lösung die Gelehrten des Mittelalters sich abmühten, wenn auch die Art und Weise, wie und die Gründe, warum man diese Probleme heute noch zu lösen sucht, ganz andere sind, als damals. Wenn man z. B. bedenkt, dass für ernste und gewissenhafte Forscher, wie: Albertus Magnus, Roger Bacon, Geber, Basilius Valentinus u. A. die Erzeugung des Goldes blos um seines Werthes willen erst in zweiter Linie oder auch gar nicht in Betracht kam, sondern lediglich die Frage, ob man ein Metall in ein anderes verwandeln könne, so springt die Analogie sofort in die Augen, wenn man weiss, dass die moderne Chemie die Frage: was ist ein Element? noch so wenig beantworten kann, als die Alchemisten die von ihnen aufgeworfene Frage nach der Möglichkeit Metalle umzuwandeln. Es ist nämlich eine gegen- wärtig ziemlich unbestrittene Annahme, dass die sogenannten chemischen Elemente, d. h. diejenigen Stoffe, welche nach dem gegenwärtigen Stande unserer chemischen und physikalischen Hilfsmittel nicht weiter zerlegt werden können, noch nicht jene letzten Elemente der Materie sind, welche die heutige Atomistik ihren Deductionen zu Grunde legt, sondern dass sie sich vielmehr nur als verschiedene Verdichtungszustände eines und desselben Stoffes erweisen möchten, welche Annahme von der Einheit des — 112 — Stoffes in schönstem Einklänge stellt mit der längst erkannten Einheit der Kraft. Als zweites Problem behandelte Redner die Darstellung des ho m Line u Ins, d. h. heute die Erforschung des Uebergaugs von der unbelebten zur belebten Natur. Der Unterschied zwischen der Herstellung eines homuneulus und dem Auffinden des Punktes, wo die Atome zum lebenden Protoplasma sich gruppiren, ist nicht so gross, wenn man die Ansicht vieler hervorragender Naturforscher theilt, dass sämmtliche heute die Erde bevölkernde Organismen aus einer oder einigen wenigen solcher protoplasma- tischer Urformen hervorgegangen sind. Ein drittes Problem ist die Herstellung eines Lebens- elixirs — heute: die Bestrebungen der Hygiene. Wenn es uns gelingt, die richtige Methode der Ernährung aufzufinden, nach welcher regelmässig die durch das Leben selbst absorbirten Kräfte des Körpers in vollkommener Weise wieder ersetzt werden, so haben wir unzweifelhaft ein Mittel zur Verlängerung des Lebens über das jetzige Durchschnittsalter hinaus; die Kenntniss über den Einfluss der einzelnen Nahrungsmittel auf den Organis- mus, über ihre Assimilirbarkeit und über die Art und Weise, wie durch sie der Verlust an Kraft ersetzt wird, ist namentlich seit Liebig bedeutend fortgeschritten und wir dürfen hoffen, das Greheimniss der rationellsten Ernährung bald enthüllt zu sehen, bis zu welcher Zeit es dann hoffentlich auch gelungen sein wird, dem frechen und schamlosen Treiben der Lebensmittelverfälscher ein Ziel zu setzen. III. Abhandlungen. Beiträge zur Kenntniss der fossilen Fische ans der Molasse m Baltrinpn. Von Pfarrer Dr. J. Probst in Essendorf. (Hiezu Tafel I.) Hayflsehe* (Selachoidei A. Grünther). Die Reste, die sich von Hayen fossil zu erhalten vermoch- ten, sind hauptsächlich die Zähne und die Wirbel. Die kleinen Placoidschuppen, welche die Haut derselben bedecken, lassen sich wegen allzu geringer Grösse nicht auffinden, und Flossenstacheln kommen nur vereinzelt bei einer einzigen Familie (Spmacidae) vor. Die Wirbel, welche in beträchtlicher Anzahl bei Baltringen von dem Verf. gesammelt wurden, sind erst in neuester Zeit vom Herrn Professor Dr. Hasse in Breslau zur Bestimmung übernommen worden; doch ist die nähere Untersuchung bislang noch nicht ausführbar gewesen. Nach brieflicher Mittheilung ergibt sich jedoch schon aus der ersten Durchsicht, das.9 das * Nach dem Wunsche der Ptodaction werden die Reste der fossilen Haye in HI Abtheilungen in diesen Heften veröffentlicht wer- den, wovon die gegenwärtige die Familie der Carcharidae A. Günther vorführt. In der H. Abtheihing werden die Lamnidae und in der HI. die Notidanidae, Scylliidae, Spinacidae und Sqiiatinidae nachfolgen. — Frühere Beiträge finden sich in diesen Heften im Jahrgang 1874 und 1877. Württpmb. naturw. Jahreshefte. 1878. ö 1 — 114 Material eine erfreuliche und seltene Mannigfaltigkeit von Hay- fisch- und Rochenwirbeln darbietet. Es wird constatirt die Anwesenheit der Geschlechter, theilweise in mehreren Arten von: Oxyrhina, Gäleocerdo, Galeus, Hemigaleus, ScylUum, Acanthias, Scpnnus, Squafina, und von den Rochengeschlechtern: Fristis, Bhinobafes, Raja, Torpedo, Myliobates. Wir werden wohl Gelegenheit haben, auf die Wirbel später zurückzukommen. Das reichste und ohne Zweifel wichtigste Material bieten jedoch die Zähne der Squaliden dar. Die oberschwäbische Molasse (helvetische Stufe) weist mehrere Localitäten auf, in denen eine grössere oder geringere Anzahl derselben gefunden wurden. Die Zähne von Ursendorf, 0/A. Saulgau, erhielt ich zur Ansicht von den Herren Steudel, Elwert und Peter. Von Siessen, 0 A. Saulgau, besitze ich selbst ein nicht unbeträchtliches Ma- terial. VonErmingen, St otzingen, Ramminge n , sämmt- lich am Südabhang der Alb, stand dem Verfasser, ausser den in seinem Besitz befindlichen Stücken, die Sammlung des Herrn Wetzler zu Gebot. Auch das in den öffentlichen Sammlungen zu Stuttgart und Tübingen befindliche Material konnte untersucht werden, wobei besonders hervorzuheben ist, dass mir durch die Ereundschaft des Herrn Professor Eraas auch die Originale jener Zähne mitgetheilt wurden, welche Agassiz zur Aufstellung und Begründung seiner Bestimmungen aus der oberschwäbischen — 115 — Meeresmolasse gedient hatten. Der Verfasser stattet hiemit sämmtlichen Herren seinen Dank ab. Ein sehr reichhaltiges Material (circa 60,000 Zähne) sam- melte der Verfasser während reichlich 25 Jahren in den Stein- brüchen von Baltringen und Umgegend, 0/A. Laupheim, sowie in Warthausen, Eöhrwangen, Alberweiler, Langen- schemmern, S chemmerb e rg, Altheim und Inger- kingen, O'A. Biberach. Was die Bearbeitung des fossilen Materials anbelangt, so wurden, soweit ausführbar, die lebenden Haye einlässlich und sorgfältig nach ihrem Gebiss verglichen und habe ich der Zu- vorkommenheit des Herrn Oberstudienraths Dr. v. K r a u s s hie- für meinen öffentlichen Dank auszusprechen. Die Vergleichung ist dadurch wesentlich erleichtert, dass die lebenden und mio- cenen Squalidengeschlechter einander sehr nahe stehen. Die benützte Literatur wird im Context angeführt. Die syste- matische Eintheilung wurde nach Albert Günther geordnet. Die für die lebenden Haye wichtigsten Werke von Müller und Henle, Aug. Dumeril und Klunzinger wurden sorgfältig beigezogen. Die besondere Rücksichtnahme auf letzteres Werk (Synopsis der Fische des rothen Meers) rechtfertigt sich aus der mannigfachen VerwandtscJiaft der Fischfauna des Molassemeers und des rothen Meers. Zur unmittelbaren Bestimmung der schon bekannt ge- machten fossilen Zähne dienten die Werke von Agassiz (Re- cherches sur les poisson fossiles Tom. III); sodann von Gibbes (Monograph of the fossil Squalidae of the United States); ferner die Abhandlungen in Graf Münsters Beiträgen und andere Ab- handlungen von Winkler und Neugeboren. Der Verfasser richtete sein Hauptaugenmerk darauf, die Zahnreihen der fossilen Haye, nicht blos vereinzelte Zähne, soweit möglich nachzuweisen oder doch mit annehmbaren Gründen zu unterstützen; bei jenen Geschlechtern, deren lebende Re- präsentanten in den verschiedenen Theilen des Rachens sehr wenig abweichende Zahnformen besitzen, genügte es selbst- verständlich, einen einzigen Zahn zu beschreiben und abzubilden. Em Blick auf die vorhandenen paläontologischen Arbeiten gibt 8* — 116 — hinreichende Belehrung, wieviel hier noch zu tlmn ist. Die Schwierigkeit dieses Unternehmens ist, da die Zähne fast über- all nur vereinzelt vorkommen, gross und muss hier vielfach auf Nachsicht gerechnet werden. Der Umstand jedoch, dass an einer und derselben Localität oder an sehr nahe bei einander liegenden fast zusammenhängenden Plätzen durch lange Jahre hindurch sorgfältig ein sehr grosses Material gesammelt wurde, möchte immerhin einige Gewähr dafür bieten, dass bis auf einen gewissen Grad eine Vollständigkeit, wenn auch nicht Lücken- losigkeit des Materials erzielt worden sein dürfte und damit die Möglichkeit einer theilweisen ßekonstruction der Zahnreihen. Sehr werthvoll und für den definitiven Abschluss der Arbeit entscheidend war eine persönliche Zusammenkunft und Berathuug mit Herrn Dr. Klunzinger im Späthherbst 1875 zu Stuttgart. Der langjährige Erforscher des rothen Meers und Verfasser der Synopsis der Fische dieses Meeres unterzog gemeinschaftlich mit dem Verf. das fossile Material der oberschwäbischen Molasse einer eingehenden Untersuchung und Prüfung, wofür ich dem- selben meinen Dank auszusprechen mich gedrungen fühle. Familie Carchariidae A. Günther. Diese grosse Familie zerfällt nach A. Günther in drei lebende Gruppen, die Carcharinen, Zygaeninen und Mustelinen. Von den zwei erstgenannten Gruppen kommen auch fossile Ver- treter in der oberschwäbischen Molasse vor; ob auch von der dritten Gruppe, ist zweifelhaft. Im Gegensatz zu der später abzuhandelnden Familie der Lamniden, die in fossilem Zustande, besonders im Tertiär, so zahlreich und mannigfaltig zur Erscheinung kommen, sind nur einige wenige Geschlechter aus der Familie der Carchariiden häufig und weit verbreitet, namentlich die Geschlechter Ga- leocerdo, Sphyrna und aucli Hemipristis. Das Geschlecht Car- charias selbst im engern Sinn, welches in der Lebewelt zu so reicher Entwicklung gelangt ist, ist im fossilen Zustande bisher nur sehr spärlich gefunden worden. Es scheint ein Vorzug der ober- schwäbischen Molasse vor anderwärtigen gleichzeitigen Schichten- — 117 — complexen zu sein, dass dieselbe auch von dieser Familie eine grössere Anzahl von Geschlechtern und Arten aufweist. Sie mögen wohl anderwärts auch nicht ganz fehlen, lassen sich aber nur durch anhaltendes aufmerksames Suchen in so grosser An- zahl finden, dass man sich von ihrer Anwesenheit voll über- zeugen kann. Die Zähne sind nicht nur mehr oder weniger oft sehr selten, sondern vielfach auch klein, so dass sie leicht übersehen werden. Gruppe A. Caracharini A. Günther. Die Eigenschaften der Zähne dieser Gruppe sind wegen ihrer Mannigfaltigkeit erst bei den einzelnen Geschlechtern und Arten zu beschreiben; nur einer gemeinsamen Eigenschaft mag Erwähnung geschehen, der innerlichen Hohlheit der Basis dieser Zähne. Agassiz hat in seinem Werke Tom. III, Seite 300, bei Untersuchung der Innern Structur der Squaliden-Zähne seine Aufmerksamkeit auch auf die innere Hohlheit oder Massivität* derselben gerichtet und bezeichnet als Fische mit hohlen Zähnen : Hemipristis, Galeiis, Galeocerdo, Sphyrnüj Carcharias, Pristiurus, Spinax, Centrina^ Scymnus^ Mustelus ; * Neue Untersuchungen über die innere Structur der Squaliden- zähne wurden von Dr. 0. Hertwig (Jenaische Zeitschrift 1874, S. 331) gepflogen. Die Untersuchungen beziehen sich jedoch mehr auf die Entwicklungen im fötalen Zustande als auf die reifen Zähne, so dass für die Untersuchung des fossilen Materials kein besonderer Gewinn sich ergiebt. — 118 — mit massiven Zähnen: Notidanus, Corax, Carclmrodon, Lamna, Oxyrhina^ OdoyitaspiSf Otodus^ an welche sich auch die Hybodonteu anschliessen. Diese Eigenschaft ist für die richtige Unterbringung der einzelnen fossilen Zähne unter die Geschlechter von grosser Be- deutung. Die Hohlheit ist kemeswegs nur das Merkmal eines jugendlichen Zustandes der Zähne. Ich besitze nicht wenige Zähne, die durch den Gebrauch so tief abgenützt sind, dass die innere Höhlung ihrer Basis von oben herab blossgelegt wurde; so bei Zähnen von Galeocerdo, Hemipristis, Carcharias Aprion. Andrerseits kann man sich bei jungen Zähnen anderer Geschlechter, z. B. von Oxyrhina hastalis, welche zahlreich und leicht als junge zu erkennen sind , überzeugen , dass sie von Jugend an massiv sind. Es will hiemit keineswegs in Abrede gezogen werden, dass bei den allerersten Anfängen der Zahn- bildung sich überall der Zustand der Hohlheit vorfindet. Allein während bei den Zähneu der Carchariiden-Familie sich die Höhlung zeitlebens erhält, so verwächst dieselbe bei der Familie der Lamniden so frühzeitig, dass wegen Mangels an minera- lischer Substanz eine Erhaltung solcher Zähne im fossilen Zu- stande ausgeschlossen ist. Wenn in den nachfolgenden Be- schreibungen die Eigenschaft der Hohlheit oder Massivität an- geführt wird, so beruht unsere Angabe auf directer Beobach- tung an zerbrochenen Exemplaren. 1. Geschlecht: C archarias. Cuv. cf. Müller und Henle : Systemat. Beschreibung der Plagiostomen S. 28 — 49. Die Tafeln der Abbildungen sind in diesem Werke nicht mit Nummern versehen. Albert Günther: ~ 119 — Catalogue S. 357. Kluüzinger: Synopsis II, S. 655. (215.) Das Geschlecht Garcharias wird von Müller und Henle, ■wie auch von A. Günther in fünf Untergeschlechter abgetheilt und zum Eintheilungsgrund derselben die Gestalt der Zähne verwerthet, so dass es möglich ist, auch das fossile Material unter die lebenden Uutergeschlechter zu vertheilen. Die Cha- rakterisirung der Zähne ist desshalb bei den einzelnen Unter- geschlechtern vorzubringen und sind nur wenige Bemerkungen voranzuschicken. Die bei allen Arten dieses Geschlechts vor- handenen Mittelzähne (Symphysenzäline) können fossil nur bei wenigen Arten mit Grund nachgewiesen werden ; dieselben sind theils der Natur der Sache nach zu selten, theils aber auch so klein und so wenig charakteristisch, dass man in den meisten Fällen nicht erwarten kann, sie fossil zu finden und zu deuten. Bei den bekannten Arten dieses Geschlechts kommt es oft vor, dass die Zähne des Ober- und Unterkiefers in den Umrissen wesentlich von einander verschieden sind. Wenn dieser Fall, was leicht möglich ist, auch bei den fossilen Thieren vorkommt, so wird es schwer, sogar unmöglich sein, dem Irrthum zu ent- gehen, dass man die sehr verschiedenen Zahnformen auch ver- schiedenen Arten zuweist. Doch kann das Vorkommen hier einigermassen Licht geben. Wenn die Formen der Zähne des Ober- und Unterkiefers nicht allzu sehr verschieden sind und zudem in ungefähr gleicher Häufigkeit sich vorfinden, so wird es nicht allzu gewagt sein, dieselben zu einer Art zu ver- binden. Wenn aber die eine Form beträchtlich häufiger oder seltener ist, als die andere, so wird man davon abstehen müssen, sie miteinander zu verbinden. Dagegen sind bei diesem Ge- schlechte die Zähne eines jeden Kiefers unter sich selbst, vorn und hinten, in ihrer Form meist gut übereinstimmend, so dass bei vielen Arten es genügt, einen einzigen Zahn als Reprä- sentanten des Gebisses zu fixiren. Eine auffallende Ausnahme kommt nur vor bei jenen Zähnen des Untergeschlechts Frio- nodon, welche an den Typus des lebenden C. (Frionodon) glyphis sich anschliesen. — 120 — a) Subgenus Scoliodon M. H. Wie der Name besagt, sind die Zahnspitzen zu ihrer Basis schief gestellt (mit Ausnahme des Symphysenzahns); an den Rändern sind dieselben ohne Zähnelung (cf. M. H. 1. c. S. 28. A. Günther S. 357, Klunzinger S. 215). 1. Art: C. Scoliodon Kraussi n. sp. Tafel 1. Figur 7—11. Die Abbildung und Beschreibung der Zähne dieses Unter- geschlechts bei Müller und Henle lässt die Anwesenheit des- selben in der oberschwäbischen Molasse mit Bestimmtheit er- kennen. Die in Figur 8 (von aussen) und 9 (von innen) ab- gebildeten Zähne fassen wir als Unterkieferzähne auf; dieselben sind hohl, au den Rändern ungezähnelt und schief gegen die Basis gestellt. Auch die Grösse, die je nach der Stellung im Kiefer zwischen 0,01 m und 0,005 m schwankt, stimmt gut mit dem von Müller und Henle abgebildeten Sc. laticaudus überein. Als sehr wahrscheinliche Oberkieferzähne ziehen wir hinzu die Fig. 10 von aussen und Fig. 11 von innen abgebildeten Stücke. Sie sind etwas weniger schief gegen die Basis geneigt und die Hauptspitze ist mehr breitlich. Man könnte auf Grund dieser Ab- weichung eine eigene Art aufstellen; allein auch bei den lebenden Arten sind Ober- und Unterkieferzähne etwas verschieden, z. B. Scoliodon acutus nach Klunzinger. Die von Müller und Henle abgebildeten Zahnreihen des lebenden Sc. laticaudus lassen gleichfalls erkennen, dass die Oberkieferzähne etwas weniger schief geneigt sind und ihre Spitze etwas breiter ist, als bei den Unterkieferzähnen. Zudem sind beide Zahnformen in Bezug auf ihre Häufigkeit, besser in Bezug auf ihre Selten- heit, unter sich ganz gut im Gleichgewichte. Die Deutung des in Figur 7 abgebildeten Zahnes als Symphysenzahn rechtfertigt sich durch die schmale und aufrechte Gestalt und seine glatt- randige Beschaffenheit. Von den Symphysenzähnen der Sphyma serrata (wovon unten) unterscheidet er sich durch den Mangel an jeder Zähnelung; von den Zähnen der C, Aprion stellatus (wovon uuten) trennt ihn die kurze schmale Basis. — 121 — Ob der Scoliodon-ZikUj den Keuss aus der Kreide Böhmens anführt, zu diesem Subgenus gehört, müsste noch besonders durch den Nachweis der innern Höhlung erhärtet werden. Eine schiefe Neigung der ungezähnelten Spitze kommt noch bei so manchen Arten, besonders auch aus der Familie der Lamniden vor, dass dieses Merkmal allein nicht entscheidend ist. Wir erlauben uns, diese Art dem Herrn Oberstudienrath V. Krauss zu widmen in dankbarer Anerkennung seines zuvor- kommenden Beistandes bei Benützung des lebenden Materials der Squaliden in der Stuttgarter öffentlichen Sammlung. b) Subgenus Aprion. M. H. Die fossilen Zähne haben wie die lebenden die Form eines „ dreistrahligen Sterns" nach der Bezeichnung von Müller und Henle ungezähnelte, auf der horizontal sich erstreckenden hohlen Basis senkrecht stehende, in beiden Kiefern unter sich gleich- artige Spitzen, (cf. M. H. 1. c. S. 31, Klunzinger 1. c. S. 217.) 2. Art: C. Aprion stellatus n. sp. Taf. 1, Fig 1—3. Die Zähnchen sind unter sich, wie bei den lebenden Arten, so übereinstimmend und dabei von so einfacher und sym- metrischer Form, dass ausser des Grösseunterschieds wenige Unterschiede zu bemerken sind. Fig. 1 (von aussen) ist eines der kleinsten Exemplare, die ich gefunden habe, die gewöhnliche Grösse ist die in Fig. 2, 3 (von aussen) dargestellte, somit circa 0,007 m. Kleinere Zähne (Fig. 1) , welche nur die Hälfte dieser Grösse erreichen, mögen theils ganz vorn in der Symphyse, wo auch bei lebenden Arten kleine Zähne sitzen, theils ganz hinten im Winkel des Kiefers ihren Platz gehabt haben. Auf ein einziges Merkmal, das jedoch nicht ausreichend ist, um einen Art-Unterschied zu begründen, ist aufmerksam zu machen. Während sich bei Fig. 1 und 2 der Schmelz an der Basis mit bräunlicher Farbe in langgezogener Linie hinzieht, setzt derselbe bei Fig. 3 am Grund der Spitze scharf ab. Es kommen jedoch Uebergänge vor in der Weise, dass der Schmelz — 122 — weder scharf absetzt, noch das äusserste Ende der Basis erreicht, sondern sich allmälig verliert. Diese Art hat die häufigsten Zähne unter allen zum Ge- schlecht Carcharias zu ziehenden in der oberschwäbischen Molasse hinterlassen; ich besitze davon mehrere Hundert. Die Häufig- keit dieses Vorkommens und die augenfällige üebereinstimmung mit den lebenden Aprion- Arten war vorzüglich entscheidend, von der Ansicht Agassiz's abzugehen, dass kaum fossile Garcharias- Zähne erwartet werden durften. Es ist nicht zu zweifeln, dass diese Zähnchen auch anderwärts in miocenen Schichten sich finden lassen und schon gefunden sein werden. Ich glaube, dass der Grund, wesshalb sie nicht schon längst erkannt sind, wohl nur darin liegt, dass ihre sehr einfache Form nicht genug augenfällige Merkmale darzubieten schien (zumal wenn die Basis, was oft vorkommt, zerbrochen ist), um dieselben von andern kleinen Zähnen zu unterscheiden. Aber schon die innere Höhlung weist darauf hin, dass ihnen eine besondere Stellung zukommt. Viel seltener sind die folgenden Zähne, welche mit den eben beschriebenen nicht in Einklang gebracht werden können. 3. Art: 0. Aprion brevis n. sp. Taf. I, Fig. 4. Der Zahn ist gleichfalls senkrecht auf der Basis stehend, ungezähnelt und hohl, aber die Basis ist viel kürzer, so dass die Gestalt des dreistrahligen Sterns verwischt ist, dabei ist der ganze Zahn mit Einschluss der Basis dicker und gedrungener. Wir stellen ihn nach diesen Eigenschaften als eine Art des Untergeschleclits Aprion dar, womit jedoch die Möglichkeit, dass er zum nächstfolgenden Subgenus gehören könnte, nicht aus- geschlossen ist. Die Unterkieferzähne des Carcharias (Frionodon) alhimar- ginatus kommen in ihren sämmtlichen Eigenschaften mit dem Typus der Zähne des Subgenus Aprion überein, während die Ober- kieferzähne nach dem Typus der Prionodonten gebaut sind. Es ist ohne Anstand zuzugeben, dass irgend einer der unten aufzuführen- den Arten von Frionodon solche Zähne des Unterkiefers zugehört — 123 — haben könnten ; man wird jedoch kaum im Stande sein, dieselben mit Sicherheit auszuscheiden. Ebenso sind die ünterkieferzähne des Untergeschlechts Hyjpoprion in ihren Umrissen von dem Charakter der Zähne des Untergeschlechts Äprion nicht zu unter- scheiden, worauf wir sogleich zu sprechen kommen. Diese Un- sicherheit der Bestimmung betrifft jedoch nur die Species A. brevis, nicht auch die Art Ä. stellatus. Letztere Zähne sind in so grosser Anzahl vorhanden, dass sie durchaus nicht als Unterkieferzähne irgend einer andern Carcharias-Art aufgefasst werden können, da sämmtliche fossile Arten von Carcharias au Häufigkeit des Vorkommens entschieden nachstehen. c) Subgenus HypopHon M. H. Die Oberkieferzähne haben glatte schiefsteJiende Spitzen; die Basis zeigt eine grobe Zähuelung , bestehend in zwei bis drei grossen Zacken. Die Unterkieferzähne weichen beträchtlich ab, sind gerade, schmal, ungezähuelt auch an ihrer Basis. (M. H. 1. c. S. 34.) I 4. Art: G. Hi/poprion singularis n. sp. i, Taf. r, Fig. 5, 6. Die in Fig. 5" von der Innenseite und in Fig. 6 von der Aussenseite dargestellten Zähne zeigen die schiefgestellte glatte Spitze und grobe Zähnelung ihrer Basis, und stimmen mit den Oberkieferzähnen des lebenden H. Macloti und hemioäon gut überein; nur besitzen die lebenden eine um das Doppelte be- trächtlichere Höhe. Durch die grobe Zähnelung an der Basis erinnern sie auch an eine später zu beschreibende Art von Notidanus, unterscheiden sich aber von letzteren ganz bestimmt durch ihre innerliche Höhlung , den scharfen Ausschnitt des Schmelzes an der Innenseite und durch die ganz anders gebaute Wurzelbasis. Schon das Vorhandensein eines Nährloches auf der Innenseite der Wurzel (Fig. 5) schliesst sie mit Bestimmt- heit von dem Geschlecht Notidamis aus. Einige Aehnlichkeit mit dem Geschlecht Galeus ist vorhanden; aber die Ueber- einstimmung mit dem Untergeschlecht Hypoprion ist weit äugen- — 124 — fälliger. Die ünterkieferzähne sind bei den lebenden Arten stark von der Form der Oberkieferzähne abweichend, wie oben angegeben. "Wenn sie bei den fossilen auch so beschaffen waren, was leicht möglich ist, so tragen sie den Typus des TJntergeschlechts Aprion und werden sich von demselben im vereinzelten Zustande nicht unterscheiden lassen. Wir weisen ausdrücklich auf die Zähne der fossilen Art Aprion hrevis hin. Auch nach der Seltenheit des Vorkommens wäre es leicht mög- lich, dass dieselben nichts anderes sind, als die ünterkiefer- zähne von Hypoprion singularis, welche zu den ganz seltenen Erfunden der oberschwäbischen Molasse gehören. d) Subgenus Frionodon M. H. (cf. 1. c. S. 36—49. Klunzinger S. 218.) Dieses Untergeschlecht zählt unter den lebenden weitaus die meisten Arten. Müller und Henle beschreiben deren 19, A. Günther 22 Species. Fossil sind dieselben nach den bis- herigen Veröffentlicliungen auffallend selten; die schwäbische Molasse weist jedoch eine nicht unbeträchtliche Anzahl auf. Es mag leicht sein, dass einzelne Zähne mit den allerdings sehr benachbarten Formen des Geschlechts Galeocerdo einerseits und Sphyrjia andrerseits zusammengeworfen wurden; erst dadurch, dass man in den Besitz einer grösseren Anzahl von unter sich übereinstimmenden Zahnformen gelangt, vermag man sich von dem wirklichen Vorhandensein dieses üntergeschlechts zu über- zeugen, besonders, wenn auch solche Zähne sich vorfinden, die den lebenden Arten sehr nahe stehen, wie dies in der That der Fall ist. Wie der Name besagt, sind die Zähne dieses ünter- geschlechts an den Rändern gezähnelt. Das gilt jedoch nicht ganz ausnahmslos; besonders bei dem lebenden C. Prionodon Glyphis sind die Zahnformeu gemischt; die Oberkieferzähne dieser Art sind an den Rändern gezähnelt, von dreiseitiger etwas schief stehender Form; bei den ünterkieferzähnen stehen die drei bis vier vorderen Zähne aufrecht, sind spiessförraig ungezähnelt, an der Spitze scharf schneidend und meisselförmig sich ausbreitend ; in ihren unteren Theilen gegen die Basis sind — 125 — diese Zähne im Querschnitt rundlich. Die weiter nach liinten stehenden Zähne des Unterkiefers nähern sich sodann der Form der Oberkieferzähne. Während jedoch die Bezahnung mit so beträchtlich abweichenden Formen bei dem C. Prionodon Gly- phis ganz vereinzelt in der Jetztwelt dasteht , war sie in der Vorwelt viel häufiger. Agassiz sah sicli veranlasst ein eigenes Geschlecht Glyphis zu bilden und demselben Zähne aus dem Londonthon von Bristol (Glyphis hastalis Ag.) zuzutheilen. Graf Münster stellte eine Glyphis tingulata nach Zähnen aus dem Wiener Becken auf; Gibbes eine Glyphis suhulata nach amerikanischen Zähneu. Wir werden finden, dass in der ober- schwäbischen Molasse dieser Typus ebenfalls gut vertreten ist. Wir halten jedoch nicht für nöthig, geradezu ein neues Ge- schlecht aus ihnen zu machen, sondern möchten in dem umfang- reichen Untergeschlecht Prionodon zwei Typen untersclieiden, nämlich den Typus der gewöhnlichen, in der Jetztwelt am zahl- reichsten vertretenen Zähne, den wir den Typus von C. Prio- nodon Lamia nennen; und den Typus von C. Prionodon Glyphis. a. Typus von Carcharias Prionodon Lamia. Zähne hohl, ziemlich flach , dreieckig mit sanftem oder schärferem Einschnitt an der Hinterseite, gezähnelt, gegen die Basis geneigt oder aufrecht stehend. 5. Art: Prionodon similis n. sp. Taf. I, Fig. 12—19. Während die Fische der bisher abgehandelten lebenden Untergeschlechter nur in ganz grossen Sammlungen sich finden und man sich zur Vergleichung mit den Abbildungen begnügen muss, steht überall für die Prionodonten der weit verbreitete, im Mittelmeer lebende Carcharias Prionodon Lamia zu Gebot. Eine Vergleichung dem den Zeichnungen bei Müller und Henle und noch mehr mit dem Stuttgarter Exemplar liess erkennen, dass ein sehr ähnlicher Fisch, wenigstens was die Zähne anbelangt, Inder schwä- bischen Molasse gelebt und nach der nicht unbeträchtlichen Zahl — 126 — der Zäline, die hier abgelagert sind, keineswegs z5 den Seltenheiten gehört habe. Der Symphysenzahn, Fig. 12, stimmt mit dem ent- sprechenden Zahn des Stuttgarter Cabinets selbst in seiner etwas unregelmässig und verkrümmt aussehenden Form ganz gut überein. Dann folgen im Oberkiefer zunächst minder grosse Zähne, Fig. 13, die auch beim lebenden Fische am Vorder- und Hinterrand eine sanftwinklige Einbuchtung zeigen ; dann grössere Zähne, die bis gegen 0,02 m gross werden (Fig. 14 von aussen und Fig. 15 von innen); am Vorderrand fehlt jede Einbuchtung, am Hinter- rand ist ein seichter Bogenausschnitt vorhanden; ganz nach hinten werden die Zähne wieder kleiner, Fig. 16, und der Winkel- ausschnitt wieder schärfer. Die Zähnelung erstreckt sich bei allen Zähnen über den ganzen Umfang, ist jedoch gegen die Basis etwas gröber, als gegen die Spitze zu. An keinem Zahn kann bemerkt werden, dass, was bei Galeocerdo gewöhnlich ist. die grösseren Zacken der Basis für sich wieder mit Zähnelung versehen sind. Die Beschreibung und Abbildung der von Agassiz unter der Bezeichnung Galeocerdo Egertoni aus dem Tertiär von Maryland untersuchten Zähne, stimmt in den Umrissen gut mit unseren Fig. 14, 15 überein. Allein Gibbes, dem eine grosse Anzahl dieser Zähne aus der nämlichen Localität zu Gebote stand, hebt ausdrücklich hervor (1. c. S. 13), dass ihre Wurzel sehr dick und tief sei, was auf unsere Art durchaus nicht passt. Die Wurzeln der Zähne von Baltringen sind eher dünn als dick zu nennen und stimmen auch in dieser Beziehung mit dem lebenden C. Lamia überein. Sie sind hohl, gehören desshalb nicht zum Geschlecht Corax, wo Agassiz den amerikanischen Zähnen even- tuell eine Stellung offen hält. Besondere Beachtung verdienen die Zähne Fig. 17—19. Sie stehen auf der Wurzelbasis aufrecht, sind symmetrisch, ge- zähnelt, gegen die Basis verliert sich die Zähnelung. Man möchte geneigt sein, dieselben als eigene Art zu betrachten, zumal eine lebende Art C. Pr. limhatus ganz ähnliche nur etwas schmälere Zähne besitzt. Allein es liegt noch näher, sie mit C. simüis zu verbinden. Bei dem lebenden sehr analogen Thiere (C. Lamia) — 127 — sind die Zähne des Unterkiefers gleichfalls fast ganz aufrecht gestellt und schmäler, als die Oberkieferzähne. Der kleine Zahn, Fig. 17, könnte von einem jungen Individuum herrühren, könnte jedoch auch ein Symphysenzahn des Unterkiefers sein. Mit Aus- nahme der verminderten Grösse stimmt er mit den in Fig. 18 von aussenundFig. 19 von innen abgebildeten Zähnen in allweg überein. 6. Art: Prionodon speciosus n. sp. Taf. I, Fig. 20, 21. Zähne von ansehnlicher Grösse, 0,02 m hoch und 0,015 m lang (in der Längenachse des Thieres); die Spitze steht etwas schief auf der Basis; Vorderrand und Aussenseite sind wellig gebogen; Hiuterrand in stumpfem sanftem Winkel ausgeschnitten; Zähnelung an der breitlichen Spitze fein, an der Basis des Hinter- randes etwas gröber, aber nicht doppelt gezähnelt. Die Entscheidung fällt nicht ganz leicht, ob man diese seltenen Zähne, Fig. 20 von aussen, Fig. 21 von innen darge- stellt, zu dem Geschlechte Galeocerdo oder zu dem Untergeschlecht Prionodon ziehen soll, da nach beiden Seiten hin Verwandt- schaften vorhanden sind. Die lebenden und fossilen Arten des Geschlechts Galeocerdo zeigen jedoch einen sehr beschränkten Formenkreis in Betreff ihrer Zähne und bei allen ist der Winkel des Ausschnitts am Hinterrand scharf und zugleich die Länge der Zähne gegenüber der Höhe überwiegend, oder wenigstens das Gleichgewicht haltend. Beides trifft bei unsern Zähnen nicht zu. Dagegen ist der Formenkreis der Prionodonten-Zähne ein sehr weiter und insbesondere kommen Zähne mit einem stumpfen Ausschnitt an der Hinterseite bei überwiegender Höhe gegenüber der Länge, bei mehreren, den fossilen Zähnen auch im Umriss ziemlich nahe stehenden Arten vor, z. B. bei Pr. Dussumieri^ sorraJi und andern. Auch die Basis der Zähne ist kräftiger, als sie bei G^a?eocerdo-Zähnen gleichen Umfangs zu sein pflegt und der Schmelz auf der Innenseite (Fig. 21) in ziemlich hoch hinaufreichenden Bogen ausgeschnitten; eine Eigenschaft, die wir nicht bei allen, aber doch bei vielen Zähnen des Untergeschlechts Prionodon finden. Doch erreicht die Basis nicht die Stärke, — 128 ~ wie bei den hintern Zähnen von C. Prionodon ungulatm, wo von unten die Rede sein wird. 7. Art: C. Prionodon deformis n. sp. Taf. I, Fig. 22 von aussen, 22b von innen. Zähne sehr in die Länge gezogen, Spitze niedrig und abge- stumpft. Auf der langsam ansteigenden Vorderseite erhebt sich eine durchscheinende, scharfe, schwach gezähnelte Kante ; die Hiuter- seite in etwas mehr als einem rechten Winkel ausgeschnitten, ist gröber gezähnelt an der Basis, übrigens bei allen Exemplaren abgebrochen. Basis mittelraässig kräftig, hohl. Der Schmelz ist auf der Aussenseite breit aufgetragen, auf der Innenseite stellt er nur ein schmales Band dar. Diese sehr seltenen Zähne (ich besitze nur drei mehr oder weniger zerbrochene Stücke) verdienen wegen ihrer ausgezeich- neten Eigenschaften immerhin hervorgehoben zu werden; mög- lich, dass anderswo besser erhaltene Exemplare gefunden sind, oder gefunden werden. Wenn auch der hintere Theil der Basis des Zahns abgebrochen ist, so erkennt man aus der ganzen Anlage desselben^ dass hier die Entwicklung in der Länge (Breite) besonders zur Geltung kommt. Als eine anomale Verkrüppelung lässt sich der Zahn nicht auffassen, weil auch die andern Exemplare überein- stimmend diesen Bau zeigen. Eine Verbindung mit den Zähnen von Galeocerdo latidens Ag., die auch sehr in die Länge gezogen sind, geht nicht an wegen der Form und Stellung der Spitze; dort ist die Spitze scharf, lang, sehr schief nach hinten geneigt, der Winkelausschnitt der Hinterseite spitz; hier die Spitze abge- stumpf kurz, fast aufrecht, wenige Linien hoch und der Winkel- ausschnitt an der Hinterseite niclit spitz. Fast noch sonderbarer gestaltet sich der Zahn von der Innenseite (Fig. 22b); der Schmelz ist der ganzen Basis entlang auf ein schmales Band redu'cirt und die kurze niedrige Spitze noch unansehnlicher, als von der Aussenseite betrachtet. In dem weiten Rahmen der Prionodonten lassen sie sich am besten unterbringen, obwohl unter den lebenden Arten keine nahestehende Form bekannt ist. — 129 — 8. Art: 0. Prionodon modestus n. sp. Taf. I, Fig. 23, 24. Zähne, an den Rändern bis zur Spitze hinauf mit, für die geringe Grösse derselben (0,006 m.), starken und dichtgedrängten Zahneinschnitten versehen, die an dem hintern Basalrand noch schärfer hervortreten. Auf der Innenseite bildet der Schmelz einen hohen steilen Bogen (Fig. 23). Die Zähne sind mehr platt als dick, auch die Basis nur massig stark. Der Hinterrand ist bei den zwei abgebildeten Exemplaren in wenig scharfem Winkel ausgeschnitten, bei andern Exemplaren noch sanfter; der Vorder- rand ohne Ausschnitt. Die Zähne erinnern in vielen Merkmalen, in den Umrissen und in der Grösse, wie auch in der reichlichen Zähnelung der Spitze, an den lebenden C. Prionodon melanopterus und unter- scheiden sich eben dadurch von Sphyrna serrata^ mit welcher sie in der Grösse übereinkommen. 9. Art; C. Prionodon angustidens n. sp. Taf. I, Fig. 25, 26. Die Aehnlichkeit dieser Zähne mit den in Figur 20 und 21 dargestellten des C. Prionodon speciosus ist nicht zu verkennen. Die geringere Grösse würde zu einer Artabtrennung für sich allein durchaus nicht genügen. Allein der Vorderrand steigt bei unserer Art fast in ganz gleichmässig schiefer Flucht auf, während er bei Prionodon speciosus verschiedenartige Krümmungen zeigt. Die Aussenseite von Fig. 25 hat nicht die welligen Unebenheiten der letztgenannten Art; der Winkelausschnitt an der Hinterseite ist nicht so stumpf und die Zähnelung an der Basis der Hinter- seite merklich gröber und die Spitze gegen die Basis schiefer gestellt. Die Basis selbst ist nur massig verdickt, auch die Spitzen sind merklich schwächer und dünner, als bei den später zu beschreibenden, zu Prionodon ungulatus gehörigen hinteren Zähnen. Die Höhe verhält sich zur Länge der Zähne so, dass sie mehr Uebereinstimmung mit dem Untergeschlecht Prionodon als mit dem Geschlecht Galeocerdo haben. Sie sind nicht sehr Württeml). naturw. Jahreshefte. 1878. 9 - 130 - selten. Die näcbstverwaiidten Formen unter den lebenden sind Carcharias sorrah und hemisorrah M. H. ß, Zähne vom Typus des lebenden C. Prionodon glyphis. Das Vorbaudensein der von Graf Münster als GlyxMs ungu- lata bestimmten Zähne aus dem Wiener Becken ist nach der Bescbreibung und guten Abbildung desselben (Heft VII der Bei- träge, S. 22, Taf. II, Fig. 19) für die oberschwäbische Molasse gesichert. Die Bestimmung des Grafen Münster fixirt jedoch nur einen einzigen Zahn, ohne über die Beschaffenheit der übrigen Zähne eine Andeutung zu geben. Halten wir an der von ihm mit Eecbt angenommenen Analogie mit dem lebenden Carcharias glyphis fest, so sind bei diesem, nach der Beschreibung und Abbildung von Müller u. Henle, nur die 3 — 4 vordem Zähne des Unterkiefers von einigermassen unter sich und mit den beschriebenen fossilen Zähnen übereinstimmender Form ; der Rest der Zähne des Unter- kiefers und die sämmtlichen Oberkieferzähne weichen in ihren Formen ab und müssen abweichen; denn solche nach innen geneigten Zähne können nur an der Spitze des Kiefers ihren Platz gehabt haben. Die weiter zurück an den Seiten des Kiefers befindlichen müssen anders geformt und gestellt gewesen sein. So finden wir es auch bei andern Hayfischgeschlechtern. Die Geschlechter Lamna, Oxyrhina^ Odontaspis haben zum Theil sehr ähnliche Zähne, wie diejenigen, die hQi dem Carcharias glyphis ander Spitze des Unterkiefers stehen, so ähnlich, dass eine gewisse Aufmerksamkeit dazu gehört, um unter der erdrückend grossen Zahl der ersteren, die letzteren nicbt zu übersehen. Allein nur die 2 — 3 Zähne an der Spitze des Unter- und Oberkiefers zeigen diese Form, die seitlich im Kiefer stehenden nehmen auch bei ihnen eine seitliche platte Gestalt an mit einer Neigung nicht nach innen, sondern nach hinten. In der Zahnreihe dieslebQnden Carcharias glyphis folgen a.uf die vordem Zähne des Unterkiefers, welche die Gestalt des „Meisseis" zeigen, ebenfalls seitlich geneigte, schwach gezähnelte Zähne; der Oberkiefer hat lauter §chief stehende, gezähnelte im Umriss — 131 ~ dreiseitige Zähue, wie Carcharias gangeticus imd Lamia (M. H. 1. c. S. 40). Wir dürfen desshalb wohl mit Bestimmtheit erwarten, dass sich an die wenigen, nur im vordem Theil des Unterkiefers befindlichen Zähne, die bisher von dem tertiären Fische bekannt gemacht worden sind, ebenfalls eine ganze Keihe anders ge- formter Zähne angeschlossen haben, welche der Form der Car- charias-Z'dhxiQ in ihren Umrissen im Allgemeinen entsprochen haben werden. Wenn wir nun unter dem fossilen Material uns nach solchen Zähnen umsehen, so kann man, nach unserem Dafür- halten, nicht fehlgreifen. Sie finden sich fossil in der That vor und zwar in einer Anzahl, die der Analogie mit den lebenden recht gut entspricht und hiemit eine erwünschte Stütze für die Richtigkeit der Aufi'assung darbietet. Es ist jedoch unausweich- lich für die Molasse Schwabens einige weitere Arten noch auf- zustellen. Wir bemerken nur, dass alle diese Zähne, auch die spiess- oder meisselförmigen, innerlich hohl sind, wie unser Ma- terial an nicht wenigen Stücken zeigt. Das ist ein neuer Beleg für die Richtigkeit der Münster'schen Bestimmung. 10. Art: C. Prionodon ungulatus Münster, (cf. Beiträge Heft VIT, S. 22, Taf. II, Fig. 19.) Taf. I, Fig. 27-31. Die Basis der vorderen Zähne des Unterkiefers (Fig. 27) hat eine dreifach abgetheilte „klauenförmige" Gestalt; über der Basis ist der Zahn im Querschnitt rundlich plump. Auf beiden Seiten der breitlichen Spitze zieht sich eine scharfe Schneide eine Strecke weit herab, die sich vom Zahn deutlich abhebt. Sie ist nicht bei allen Exemplaren gleich lang; an dem abge- bildeten ist sie länger, an andern gleich lang, wie an dem von Graf Münster abgebildeten Zahn von Neudörfl. Der Schmelz reicht auf der Aussenseite weit herab, legt sich noch ein Stück weit auf die divergirenden oft ungleich langen Aeste der Basis; an der Innenseite dagegen reicht er nicht weit herab und erreicht nicht den nach innen stark vorspringenden angeschwollenen Theil der Basis. An zerbrochenen Exemplaren tritt die innere Höhlung 9* — 132 — hervor, die umfangreich ist und ziemlich hoch in die Spitze hinaufreicht. An diese Zähne schliesst sich zunächst als Uebergangszahn die Form Fig. 28 (von innen) an. Der Zahn ist nicht nach innen geneigt, sondern nach hinten. Die scharfe Schneide zieht sich bei ihm vorn und hinten von der Spitze bis zur Basis hinab; bei andern Exemplaren reicht sie jedoch nur bis zur Hälfte. Die Basis ist verletzt und zeigt die Höhlung; wenn sie unversehrt ist, zeigt sie eine starke Anschwellung nach innen, aber keine beträchtliche Ausdehnung von vorn nach hinten. Da sich von dieser Zahnform nur drei Exemplare gefunden haben, während von der vorhergehenden elf, so kann man daraus einigermassen das Zahlenverhältniss bei den Zahnformen im Kiefer abnehmen, zumal sich auch bei der nächstfolgenden Art das gleiche Zahlen- verhältniss herausstellt. Da die Zahnform Fig. 27 weit vorn im Unterkiefer stehen musste und die spärlichen Zähne Fig. 28, von deren Form keine kleineren niedrigeren Exemplare sich vor- finden, durchaus nicht zureichen, um die Zahnreihe auszufüllen, so müssen nach Analogie des lebenden Carcharias glyphis die wei- teren Zähne des Unterkiefers und die Oberkieferzähne noch ge- sucht werden. Nach dem Vorkommen in Baltringen kann kein Zweifel bestehen, dass die in Fig. 29—31 abgebildeten Zähne hieher gehören. Diese kräftigen Zähne, welche in ihren drei- seitigen Umrissen die Form der Prionodonten tragen und dem lebenden Carcharias glyphis nicht ferne stehen, sind rings gezähnelt ; die hintere Seite ist winklig ausgeschnitten; auf der Basis der hintern Seite wird die Zähnelung merklich gröber. An der Innen- seite (Fig. 29, 31) reicht der Schmelz viel weniger weit herab, als auf der Aussenseite (Fig. 30). Die Wurzel springt nach innen in sehr starker Wölbung vor und birgt eine entsprechend grosse Höhlung. Diese beträchtliche Verdickung der Basis, an welcher auch die Spitze des Zahns theilnimmt, ist das augen- fälligste Merkmal, welches diese Zähne von dem Geschlecht Galeocerdo unterscheidet. Auch bei den schon beschriebenen Arten Prionodon speciosus und angustidens erreicht sie diese Dicke nicht. Die Spitze ist wellig geschwungen. Das Zahlenverhältniss — 133 — der aufgefundenen Zähne ist so beschaffen, dass der Combination sämmtlicher drei Zahnformen zum Gesammtgebiss keine Schwierig- keit im Wege steht. Gegentiber der Zahl der fossilen Vorder- zähne sollte die Form der fossilen hinteren Zähne des Unterkiefers und der Oberkieferzähne allerdings noch etwas zahlreicher sich vorfinden. Allein auch bei den Geschlechtern Lamna, Odontaspis und Oxyrhina ist unverkennbar eine relative Ueberzahl der fossil gefundenen Vorderzähne gegenüber den hinteren vorhanden. Der Grund mag darin liegen, dass den Vorderzähnen die meiste Arbeit obliegt, dieselben sich desshalb rascher ersetzen, rascher zum Ausfall und damit auch relativ zahlreicher zur Ablagerung in den Meeresschichten gelangen, als die im Kiefer weiter zurück- stehenden Zähne. 11. Art: C. Prionodon armafus n. sp. Taf. I, Fig. 32—36. Diese Art darf mit der vorhergehenden, trotz vieler Ueber- einstimmung, nicht zusammengeworfen werden. Der vordere Zahn (Fig. 32) hat zwar an seiner Basis die ähnliche dreigetheilte Gestalt wie die vorhergehende Art, ist jedoch schlanker; auch die Spitze, an welcher die schneidige Kante am obern Theil nicht fehlt, ist schlanker. Diese Eigen- schaft ist durchgreifend; sie findet sich nicht blos bei allen 9 Exemplaren, die ich habe, sondern auch bei den andern Zahn- formen, welche mit diesen vorderen Zähnen zu verbinden sind. So entspricht der den Uebergang vermittelnde Zahn (Fig. 33) (von innen) ganz gut dem an gleicher Stelle befindlichen von Fig. 28, ist jedoch sichtlich schlanker. Die schneidende Kante auf der Vorder- und Hinterseite der Spitze reicht hier nur bis zur Hälfte des Zahns herab ; die Basis springt, stark anschwellend, nach innen vor. Ich besitze von Baltringen drei Stücke von dieser Zahnform. Als Zähne des Oberkiefers und des Restes des Unterkiefers lassen sich in Verbindung bringen die Fig. 34 — 36. Sie weichen bei sonst ähnlichen Formen von den entsprechenden der vorhergehenden Art dadurch ab, dass sie zierlicher, weniger kräftig sind; sodann dass die Zähnelung, wie über die ganze — 134 — Spitze hin, so iiucli um biiitern Ausschnitt g^leichmässig fein ist Doch soll nicht verschwiegen werden, dass Uebergänge von der feineren gleichmässigen Zähuelung zu einer gröberen, wenigstens an der Basis, vorhanden sind. Auch bei ihnen springt die AVurzel stark nach innen vor und zieht sich der Schmelz auf der Innen- seite hoch hinauf zurück (Fig. 35), wie auch die Spitze wellig geschwungen ist. Alle drei Zahnformen sind an der Basis bohl. Das Zalilenverbfiltniss sämmtlicher Zfibne ist in absoluten und relativen Ziffern fast ganz übereinstimmend mit der vorhergehenden Art. Wegen des numerischen Gleichgewichts und entsprechender Grösse könnte man geneigt sein, dieselben mit Prionodon ungulatus in der Weise zu verbinden, dass sie einem andern Kiefer ange- hören. Damit würde man jedoch die Analogie der lebenden Fische verlassen; denn diese besitzen die spiessförmigen Zäline nur in dem Unterkiefer allein. Viel spärlicher ist das fossile Material gefunden bei einigen weiteren Arten, die aber dessungeachtet zu dieser Gruppe zu ziehen genügender Grund vorhanden ist. 12. Art: C. Prionodon tumidus n. sp. Taf I, Fig. 37—39. Diese Zähne sind ganz ausgezeichnet durch ihre geringe Grösse bei ganz auffallender Entwickelung der Dicke. Die aufrechte an den Rändern schneidende sturapfliche Spitze Fig. 37 (von innen) zeigt die angeschwollene Basis, die im Ver- hältnisse zu seiner geringen Grösse dicker ist, als bei irgend einem andern Squaliden. An der Aussenseite zieht sich der Schmelz viel weiter herab, als an der innern. Ein anderes zer- brochenes Exemplar, das um weniges grösser ist, zeigt die starke Höhlung; hiedurch wird die Unterbringung unter das Geschlecht Carcharias gerechtfertigt; es finden sich aber auch die damit zu verbindenden seitlichen Zähne, Fig. 38 von innen, Fig. 89 von aussen. Es ist die gleiche Entwickelung in die Dicke vor- handen, das gleiche Vorspringen der Basis nach innen; die Zähne sind rings zart gezähnelt, am Basalausschnitt wenig stärker, als an den übrigen Tlieilen der Krone. — 135 — So lang ich im Besitz nur eines einzigen Zahns dieser Form war, glaubte ich denselben als einen Symphysenzahn am liebsten einer Galeocerdo- Art auffassen zu sollen. Galeocerdo arcticus besitzt einen sehr dicken und stumpfen Zahn in der Symphyse, Allein als mehrere Exemplare sich gefunden hatten, zeigte sich diese Annahme als unstatthaft; denn die Symphysen- zähne des lebenden Galeocerdo sind im Oberkiefer und Unter- kiefer verschieden gestaltet, richten sich aber in jedem Kiefer immer nach einer Seite, entweder nach rechts oder nach links, so dass, wenn unsere fossilen Zähne wirklich Syraphysenzähne wären, dieselben alle entweder nach rechts oder alle nach links sich wenden müssten. Das ist aber in der That nicht der Fall. Die beiden abgebildeten Zähne haben verschiedene Richtung, ob- gleich sie scheinbar nach einer Seite schauen ; denn der eine ist von innen, der andere von aussen abgebildet. Sie können auch nicht als solche Zähne aufgefasst werden, die in der hintersten Ecke des Kiefers ihren Platz gehabt haben (wo allerdings kleine Zähne vielfach sitzen) aus dem Grunde, weil sie, wie Fig. 39 und einige andere Exemplare zeigen, die Spuren eines starken Gebrauchs aufweisen. Das kommt bei den Squaliden nur bei Zähnen vor, die weiter vorn ihren Sitz haben; kommt auch nicht bei Symphysenzähnen vor, welche an der Arbeit sich am wenig- sten betheiligen. Den Ausschlag aber, dass hier eine selbst- ständige Art von Prionodonten vorliege, gibt das Mitvorkommen der Form Fig. 37, welche diesen Zähnen zugleich ihren Platz bei jenen Prionodonten anweist, die nach dem Typus von GlypJiis gebaut sind. 13. Art: C. Prionodon BaUringensis n. sp. Taf. I, Fig. 40-42. Die gleichen Gründe, welche für die vorhergehende Art an- geführt wurden, sind auch für die Selbstständigkeit dieser Art giltig. Die in Fig. 41 von aussen und Fig. 42 von innen dar- gestellten Zähne können aus den schon angeführten Gründen nicht als Symphysenzähne irgend einer andern Art oder eines andern Geschlechts gelten, können auch nicht im Winkel des — 136 — Kiefers ihren Platz geliabt haben. Auch bei dieser Art lässt sich die aufrecht stehende Zahnform, die mit Wahrscheinlichkeit an der Spitze des Kiefers ihren Platz hatte, ausfindig machen (Fig. 40). Die gesammte Gestalt spricht bestimmt für die Zu- sammengehörigkeit mit den mehr seitlich stehenden Zähnen, Fig. 41, 42. Alle drei Zähne haben ausser der gleichen sehr massigen Grösse von 0,01 m. eine gleichartig entwickelte Basis; sie springt nach innen vor, aber immerhin nicht so stark wie bei der vorhergehenden Art, ist jedoch kräftig und lässt nicht zu, dass man sie mit den nur in der Grösse mit ihnen überein- kommenden Zähnen der SpJujrna serrafa Münster zusammenbringt. Von letzteren unterscheidet sie auch die Eigenschaft, dass der Vorderrand keinen Ausschnitt zeigt, sondern in ziemlich gerader Flucht ansteigt. Die Spitze und der Vorderrand sind schwach, die Basis des Ausschnittes am Hinterrand grob gezähnelt. Der Schmelz reicht auf der Aussenseite viel weiter herab, als auf der innern, wodurch sie wieder von Si^hyma serrata sich unter- scheiden, aber in guter Uebereinstimmung sich befinden mit den andern von uns beschriebenen Prionodontenzähnen aus der Gruppe der nach dem Typus von Glyphis gebildeten. Der Zahn Fig. 40 ist an seiner Spitze glatt und schneidend, an der Basis lässt sich eine schwache Zähnelung wahrnehmen. Die Zähne sind etwas häufiger, als die der vorigen Art und hohl. Schliesslich müssen wir noch eines leider zerbrochenen Zahns Erwähnung thun, der wohl zu den seltensten der Molasse gehört. Ein Bruch an seiner untern Seite lässt die innere Höhlung wahr- nehmen. Diese Eigenschaft schliesst ihn von den JDamwa-Zähnen aus und weist ihn zu den Carchariiden. Die Spitze ist gerade gestreckt, nicht schief nach hinten gerichtet, ehi Anzeichen, dass er vorn im Kiefer seinen Platz hatte; eine scharfe. Schneide, wie wir sie bei Prionodon ungulatus und armatus kennen gelernt haben, zieht sich an beiden Seiten der schlanken Spitze herunter, etwas tiefer, als bei den angeführten zwei Arten, aber nicht bis zur Basis. Das auffallendste Merkmal des Zahns ist jedoch eine Anschwellung ungefähr in seiner Mitte, soviel der fragmentäre Zustand zu erkennen gestattet; sie erstreckt sich - 137 — rings um den Zahn herum auf eine Länge von c. 0,004 m., auf der Innenseite am stärksten, aber auch deutlich auf der Aussen- seite. Eine Verkrüppelung oder Missbildung ist nicht wahrzu- nehmen. Wir wagen jedoch niclit andere Zähne mit ihm in Verbindung zu bringen, da alle Anhaltspunkte dazu fehlen; müssen uns auch enthalten, ihn zu benennen und abzubilden. Mit Vorführung dieser Arten ist das Geschlecht Carcharias, soweit sich Reste in der schwäbischen Meeres -Molasse bisher gefunden haben, erschöpft. Von dem Subgenus Fhysodon, das auch in der Lebewelt nur in einer einzigen Art vertreten ist, Hessen sich entsprechende Zähne nicht auffinden. Manche Zähne haben sich noch gefunden, die nicht gut unter die vorstehenden 13 Arten untergebracht werden können, die aber theils zu spär- lich gefunden sind, zum Theil zu wenig charakteristische Merk- male erkennen Hessen, um sie zu berücksichtigen. 2. Geschlecht: Galeocerdo. MüHer u. Henle S. 59. (A. Günther 1. c. S. 377; Khmzinger 1, c. S. 223.) Taf. I, Fig. 43, 44. Zähne: hohl, rings gezähnelt; Hinterrand scharf ausge- schnitten, die Basis am Hinterrand grob und doppelt gezähnelt; Spitze stark nach hinten geneigt; Basis nur mittelmässig stark, wie auch der Zahn ; die Länge über die Höhe vorherrschend oder derselben gleich, unter sich sehr ähnlich geformt sowohl im Unterkiefer als im Oberkiefer, nur der Symphysenzahn zeichnet sich durch geringere Grösse und abweichende Form aus. Wir begnügen uns, zu constatireu, dass die beiden von Agassiz aufgestellten fossilen Arten dieses Geschlechts: 1. Galeocerdo aduncus Ag., 2. „ latidens Ag. (cf. 1. c. S. 231, Taf. 26, Fig. 24—28), auch in der oberschwäbischen Molasse, und zwar zahlreich «ich vorfinden. Den Unterschied zwischen beiden Arten scharf fest- zuhalten und jeden einzelnen Zahn mit Bestimmtheit der einen oder andern zuzutheilen, wird kaum möglich sein. Der Unter- schied besteht hauptsächlich in der Verschiedenheit des Verhält- — 138 — nisses zwischen Höhe und Länge der Zähne. Dieses Verhältniss ist jedoch schwankend und finden allmählige Uebergänge statt. Die Unterscheidung ist aber dessungeachtet zweckmässig, sofern die Endpunkte der Zahnformen hiemit bezeichnet werden. Die Grösse der Zähne ist sehr variabel. Ausser den stattlichen Zähnen, die wir als bekannt voraussetzen können (cf. (^uenstedt, Petre- factenkunde, Taf. XV, Fig. 2. Gibbes 1. c. Tab. XXV, Fig. 54—62), kommen auch solche vor, die nur die Hälfte, oder nur ein Drittel der Grösse erreichen. Sie sind jedoch in gleichen Proportionen wie die grossen gebaut und stammen ohne Zweifel von jungen Exemplaren. Auch von Galeocerdo latidens finden sich kleine sehr in die Länge gezogene Zähne, die in Grösse und Umrissen dem Geschlechte Loxodon M. H. (cf. 1. c. S. 61) gleichen; aber sie sind nicht glatt wie letztere, sondern an den Rändern ge- zähnelt. Eine Zahnform schien sich bei den beiden Arten nicht einreihen lassen zu wollen. Es kommen, wiewohl selten, Zähne vor, die ganz die Eigenschaften dieses Geschlechts haben, aber auf ihrer vordem, nicht winklig ausgeschnittenen Seite auffallend verkürzt, abgestutzt sind, so dass der Vorderrand fast senkrecht abfällt; sie haben dadurch ein auffallend unsymmetrisches Aus- sehen (Taf. I, Fig. 43). Allein ich überzeugte mich an einem recenten Kiefer des Galeocerdo arcticus in der Stuttgarter Sammlung, dass die in der hintersten Ecke des Kiefers stehenden Zähne ganz dieselbe Gestalt haben, somit kein Grund zur Artabtrennung vorliege. In Fig. 44 stellen wir ein ganz anomal aussehendes Zähnchen dar, das durch Vergleichung mit dem lebenden Galeo- cerdo tigrinus sich als Symphysenzahn einer Galeocerdo- kvi zu erkennen gibt, wobei wir unentschieden lassen, welcher Art das- selbe zugehören möchte. Der Winkelausschnitt ist bei demselben ganz so stumpf wie bei dem lebenden Thier; die Dicke bei letzterem bedeutender. 3. Geschlecht: Galeus Cuv. (cf. Müller u. Henle. S. 57, 58.) A. Günther 1. c. S. 379. Im Unterschied von Galeocerdo ist bei diesem Geschlecht die Spitze der Zähne glatt und befindet sich nur gegen die Basis, — 139 — besonders auf der Hinterseite eine meist ausgezeichnete Zäline- lung. Die lebenden und fossilen Zähne sind von geringer Grösse und hohl. 1. Art: Gäleus affinis n. sp. Taf. I, Fig. 64-70. Von dieser Art Hessen sich die Unter- und Oberkieferzähne erkennen; die Symphysenzähne, welche unzweifelhaft nicht ge- fehlt haben, aufzufinden, ist mir nicht gelungen. Die Zahnformen des Unterkiefers, w^elche nach Vergleichung mit dem lebenden Galeus canis in der Stuttgarter Sammlung diesem sehr ähnlich ist, ist abgebildet in Fig. 66 von aussen und Fig. 67 von innen. Nur wenige Exemplare erreichen eine bedeutendere Grösse und Stärke; die gewöhnliche Grösse ist die in den beiden Figuren dargestellte 0,005 m; es kommen aber auch noch beträchtlich kleinere Zähnchen vor, die ohne Zweifel, wie bei dem lebenden Fische weit hinten in der Ecke des Kiefers ihren Platz hatten. Diese sehr zierlichen Zähne, die trotz ihrer Kleinheit keineswegs sehr spärlich zu finden sind, (ich besitze deren mehrere Dutzend) sind auf der Vorderseite glatt und stehen ziemlich schief auf ihrer Basis; die hintere Seite weist einen starken Winkelausschnitt; da, wo der Aus- schnitt beginnt, starren 3 bis 6 scharfe, für die geringe Grösse des Zahns sehr ansehnliche Nebenspitzen , deren Zahl sich bei den kleinsten (und hintersten) Zähnen auf 2 reducirt. Die am weitesten oben stehende Nebenspitze ist zugleich die grösste; die andern werden nach unten allmälig kleiner. Die Basis ist massig stark und hohl. Beim lebenden Galeus canis sind die vordem Zähne des Oberkiefers von den übrigen etwas abweichend gebaut; ganz entsprechende Formen finden sich auch fossil, die mit allem Rechte als die vorderen oberen Zähne des fossilen Fisches angesehen werden dürfen, cf. Fig. 64 von innen, 65 von aussen. Diese Zähnchen stehen mehr aufrecht auf ihrer Basis, als die zuvor beschriebenen ; der Ausschnitt am Hinterrand bildet einen stumpferen Winkel und es finden sich auch, wie bei den lebenden, an der Basis der Vorderseite einige kleine, aber — 140 — scharfe Zäckcheii. Die weiter zurückstehenden Zähne des Ober- kiefers gehen dann allmählich in die Form der ünterkieferzähne über. Winklers Galeus Malzani von Sternberg in Mecklenburg (cf. Archiv des Vereins, 1875 S. 110, Taf. II, Fig. 6—9) ist deutlich unterschieden von unserer Species besonders dadurch, dass bei ersterer die Zäckchen des Hinterrandes nicht gegen die Hauptspitze sich hinaufziehen, sondern nur dem Basalrand zukommen. 2. Art: Galeus tenuis n. sp. Taf. 1, Fig. 68-70. Die Zähnchen sind kleiner und seltener als die vorige Art; in ihrer allgemeinen Erscheinung stimmen sie am besten mit dem Geschlecht Galeus. Der Ausschnitt an der Hinterseite schneidet tiefer ein, die Spitze ist desshalb noch dünner, als bei Galeus affinis. Die Zähnchen au der Basis, deren nur wenige, 2 — 3 sind, (Fig. 68 von aussen, 69 von innen), reichen nicht so hoch hinauf, sind überhaupt wenig entwickelt. Als einen Repräsentanten der etwas abweichenden Form der vorderen Ober- kieferzähne betrachten wir Fig. 70. Die Spitze steht aufrechter auf der Basis; die Zähnelung am hintern Theil entspricht den Merkmalen dieser Art gut; am Vorderrand der Basis ist keine Zähnelung zu bemerken, doch ist hier ein kleines Stück der Basis weggebrochen. 3. Art: Galeus cristatus n. sp. Taf. I, Fig. 71. Der einzige an der Basis verletzte und seine Höhlung zeigende Zahn gibt sich durch die Zähnelung des Hinterrandes bei glatter Spitze als zum Geschlecht Galeus gehörig zu er- kennen. Aber derselbe ist viel grösser und überhaupt robuster gebaut als irgend ein Zahn der beiden vorhergehenden Arten, besonders an seiner Basis dick. Die Zähnelung am Hinterrand zählt 9 Zäckchen, welche unter sich nicht so frei von einander abstehen, wie bei Galeus affinis sondern dicht zusammengedrängt sind. Sie erinnern durch diese Zähnelung an das zur Familie der — 141 — Scyllien gehörige Geschlecht Ginglymostoma ; aber hier ist Hinterseite und Vorderseite gleichmässig gezähnelt; auch ist an unserem Zahn nicht das erste, sondern das zweite Zäckchen das stärkste. 4. Geschlecht Hemipristis Ag. = Dirhizodon Klunzinger. cf. Agassiz 1. c. S. 237. Fig. 18—30 und Klunzinger 1. c. II S. 224 (664). Agassiz hat für die miocenen Squaliden das Geschlecht Hemipristis als das einzige ausgestorbene dieser Formation auf- gestellt und zwei Arten als Hemipristis serra und paucidens be- zeichnet; die letztere Art wurde jedoch (nach Gibbes 1. c. S. 14) von ihrem Urheber selbst zurückgenommen. Dem Herrn Dr. Klunzinger in Coseir gelang es in ganz neuer Zeit eines Hayes aus dem rothen Meer habhaft zu werden, bisher in einem einzigen Exemplar, dessen Gebiss auffallende Aehnlichkeit und tJebereinstimmung mit den fossilen Zähnen von Hemipristis zeigt. Das ünicum befindet sich in der Stuttgarter Sammlung N^. 1640 unter dem Namen Birhisodon elongatus Klunzinger, das wegen seiner Flossenstellung und der Spritz- löcher in die unmittelbare Nähe von Gäleus^ jedoch als be- sonderes Geschlecht eingereiht wurde. Sobald ich das Gebiss dieses Fisches im Herbst 1873 zu Gesicht bekam, erkannte ich die überraschende Aehnlichkeit mit den Zähnen von Hemipristis^ die in Europa und Amerika so weit verbreitet sind, und durch ihre Gestalt so sehr in die Augen fallen; es war mir sofort klar, dass ein lebender Repräsentant des für ausgestorben ge- haltenen Geschlechts, wenn auch als grösste Seltenheit, sich vor- gefunden hatte. Vor der Kenntniss dieses Fisches war ich geneigt, die Zähne des Geschlechts Hemipristis mit dem Jugendgebiss des Carcharias (Prionodon) glaucus in nähere Verbindung zu bringen. Müller und Henle stellen das Gebiss dieses Hayes dar, sowohl im ausgewachsenen Zustand (in welchem er sich von dem Typus der Prionodontenzähne mit seiner Zähnelung über die ganze Spitze hin nicht unterscheidet), als auch im Jugend- — 142 - zustand (puUus und juvenis). Im Stadium des juvenis findet bei einer Anzahl von Zähnen, besonders bei den Oberkiefer- zähnen gute Uebereinstimmung statt mit Hemipristis serra und im Stadium des pullus mit denen von Hemipristis paucidens. Andere Zähne dieser Jugendzustände weichen jedoch ab und lassen mit den fossilen nur eine entferntere Aehnlichkeit wahrnehmen. Es ist immerhin nicht an sich zu verwerfen , dass Zahnformen, die in der Lebewelt in einem vorübergehenden Stadium des Lebens auftreten, in früheren Erdperioden selbstständige Arten gewesen sein könnten. Allein durch die Auffindung des Dirhisodon elongatus ist eine viel augenfälligere Analogie zu Tage ge- kommen, die sich nicht blos auf einzelne Zahnformen erstreckt, sondern auf alle. Die genauere Betrachtung und Untersuchung Hess beobachten, dass in dem Rachen dieses Fisches sehr verschiedenartige Zähne nebeneinander vorkommen. In geringerem Grade besteht ein Unterschied zwischen Ober- und Unterkieferzähnen, in weit grösserem Grade aber zwischen den vordem und hintern Zähnen der Kieferäste. Der Contrast zwischen den vordersten und den hintern Zähnen wird durch eine Anzahl unter sich selbst verschieden geformter Uebergangsformen ausgeglichen. Die von Agassiz unter dem '^simen Hemipristis paucidens begriffenen Zähne sind nichts anderes, als diese Uebergangsformen und wurde desshalb diese Species mit Recht zurückgezogen, wenn man die Art serra, auf welche die zahlreichsten Zähne entfallen, auf- recht erhalten will. Gibbes glaubt nun (1. c. S. 14), dass die Zähne von der Form diQ&Heynipristis paucidens dem Unterkiefer, die- jenigen von der Form des//empns#is serra, dem Oberkiefer zugehören; allein das Gebiss des lebenden Thiers legt eine andere Com- bination nahe. Die Zahnform {Hemipristis serra Ag.) stellt sich nämlich etwas vor der Mitte des Kieferastes bei dem lebenden Fische ein. Die vordersten Zähne mit den Zahnformen in Ver- bindung zu bringen, welche den Typus von Hemipristis tragen, und als solche zu erkennen, war ohne das lebende Thier ver- gleichen zu können, unmöglich, weil sie zu sehr abweichend ge- baut sind. Nachdem aber die ganze Zahnreihe am lebenden - 143 — Thiere vor Augen lag, konnte es nur angenehm überraschen, dass unter dem Material, das die oberschwäbische Molasse dar- bietet, auch diese Formen sich unzweifelhaft vorfanden. Bei Be- schreibung der Species werden die einzelnen Zähne berück- sichtigt werden. Die Uebereinstimmung der fossilen Erfunde und des lebenden Fisches ist, was das Gebiss anbelangt, eine so grosse, dass kaum etwas zu wünschen übrig bleibt, ohne dass jedoch eine Identität der Art ausgesprochen werden könnte. Was die Benennung des Geschlechts anbelangt, so glauben wir den alten von Agassiz aufgestellten Namen beibehalten zu sollen, womit auch Dr. Klunzinger sich einverstanden erklärte. 1. Art: Hemipristis serra Ag. cf. Ag. S. 237 Taf. XXVII, Fig. 18-30. Taf. I, Fig. 49-57. Der vorderste Zahn jedes Kieferrastes, den wir in Fig. 49 darstellen, ist klein , mehr nadeiförmig als spiessförmig oder halbkegelförmig und von andern kleinen Zähnen, besonders auch aus dem Geschlecht Lamna, hauptsächlich dadurch zu unter- scheiden, dass er schief nach innen auf seiner Basis steht, wie auch beim lebenden Thiere diese kleinen Zähne sich stark nach innen gegen den Rachen neigen. Es ist übrigens kein Symphysenzahn; diese ist, wie auch Dr. Klunzinger bemerkt, zahnlos. Der Schmelz zieht sich an derAussenseite viel weiter hinab, als an der Innern. Der nächstfolgende Zahn ist sowohl grösser als auch cha- racteristischer, Fig. 50. Er steht auf seiner Basis sehr scliief nach einwärts gekrümmt. Die Hörner seiner Basis sind wenig entwickelt, wodurch er sich von glt/pMs-^vÜgen Zähnen unter- scheidet; nach innen springt die Basis zwar vor, aber nicht plump, sondern zusammengedrückt schmal, wieder im Gegensatz zu den letzgenannten Zähnen. Die Spitze ist ähnlich wie bei Prionodon armatus im Querdurchschnitt rundlich; auch die Schneide, die von der Spitze an ein Stück abwärts zieht, fehlt nicht. An der Aussenseite zieht sich der Schmelz viel weiter hniab, als an der innern Seite; eine Nebenspitze ist an diesem I — 144 — Zahn nicht zu bemerken. Die innere Höhlung , welche auch diesen Zähnen zukommt, ist dreiseitig. Die zusaramengepresste Basis und starke Neigung nach innen schliesst eine Ver- wechslung mit Prionodon ungulatus und armatus, die gleichen Eigenschaften und die innere Höhlung, sowie der rundliche Querdurchschnitt, mit Lamna-Z'dhnen, aus. Der Zahn, Fig. 51, ist durch den Gebrauch abgenützt und lässt desshalb die Höhe und nähere Beschaffenheit der Spitze selbst nur theilweise erkennen. Er bildet aber sichtlich einen Uebergang von Fig. 50 zu Fig. 52. Seine Basis wird etwas breiter und wendet sich nicht mehr rein nach innen, sondern schon etwas schief nach hinten und besonders befinden sich unten an der Seite des Zahns zwei übereinander, nicht neben- einander stehende Zäckchen. Schon damit, wie durch die ander- weitige Form des Zahns gibt sich zu erkennen, dass derselbe nicht zu Lamna gehört. Das obere Nebenzäckchen ist etwas grösser, als das ganz leichte untere. Die Schneide, die sich von der Spitze eine Strecke weit nach unten zieht, ist noch zu einem guten Theil an dem abgebildeten Exemplar erhalten. Entsprechende Zähne finden sich auch bei dem lebenden Hay vor. Fig. 52 (von der Seite) zeigt schon eine seitlich gewendete Form. Die Spitze wird mehr breitlich. Eine scharfe Schneide zieht sich hinten und vorne an den Rändern weit , aber nicht ganz bis zur Basis herab. Am untern Theil des Zahns stehen hinten und vorn je drei Zäckchen über einander, wovon das oberste das grösste ist, die beiden andern kleiner werden. Die Basis springt kräftig nach innen vor und der Schmelz ist auf der Innenseite in ziemlich hohem Bogen ausgeschnitten. Die Zahnform, die Agassiz ehemals mit (iQm^^.mQ\\Hemii)nstispaucideus fixirte, tritt hier schon unverkennbar heraus und setzt sich in dem nächstfolgenden Zahn, den wir beschreiben werden, noch weiter fort. Von einer Verwechslung mit Lamna kann hier keine Rede mehr sein. Fig. 53 (von innen) hat im Umriss nach die ähnliche Gestalt wie die vorhergehende Figur, aber an der Hinterseite befinden sich 7 Zäckchen: auf der Vorderseite — 145 — beginnen die Zäckchen ebenfalls in ungefähr gleicher Höhe ; dann kommt eine Stelle die glatt ist, dann ganz unten noch einmal einige Zäckchen. Die Unterbrechung in der Zähnelung der Vorderseite kann wohl individuell sein; überhaupt kommen bei diesen Uebergangszähnen, wie ich aus weiteren fossilen Zähnen ersehe, manche kleinere Differenzen vor, wie das wohl in der Natur der Sache, d. h. der Stellung, welche die Zähne ein- nehmen, liegt. Der hervorstehende glatte Theil der Spitze ist noch ziemlich gross. Wenn die Figuren 49 — 51 die vorderen Zähne darstellen und Fig. 52 und 53 die TJebergangszähne, so be- ginnt mit Fig. 54 die Reihe der unter dem Namen Hcmipristis serra längst bekannten fossilen Zähne. Mit Ausnahme der hier nicht mehr umfangreichen obersten glatten Spitze ist der Zahn hinten und vorn kräftig gezähnelt, hinten gröber als vorn. Der Zahn ist im Umrisse schlank, dreiseitig und gegenüber den vorher- gehenden Formen platt; doch springt die Basis an der Innen- seite einigermassen noch hervor. Die Unterkieferzähne des lebenden Hayes bewegen sich nun von hier an, somit etwas vor der Mitte des Kiefers bis an den Winkel desselben, in diesem Formenkreise, nur dass sie etwas grösser und erst gegen hinten niedriger werden. Auch die Mehrzahl der fossilen Zähne weist diese Gestalt auf, wobei sie theilweise noch etwas platter und breitlicher (länger) werden, wie die Figuren 55, 56 und 57 dar- stellen (sämmtlich von aussen). Die 0 b e r kieferzähne weichen von den Unterkieferzähnen einigermassen ab, wenn auch nicht sehr bedeutend. Sie werden merklich breiter, wie Fig. 55, b (von innen) zeigt, sowohl bei dem lebenden Hay, als bei den gefundenen fossilen Zähnen. Die noch folgenden Figuren 56, b (von aussen) und 57, b (von innen) stehen gegen das Ende des Winkels des Ober- kiefers, was insofern mit einer gewissen Bestimmtheit gesagt werden kann, als auch bei dem lebenden Hay die Oberkiefer- zähne in dieser Region die gleiche Eigenthümlichkeit zeigen. Die hervorstehende glatte Spitze nimmt nämlich eine andere Richtung an; anstatt in der Achsenrichtung des Zahns gerade- Württemb. naturw. Jahroshefte. 1878. 10 — 146 — aus zu gehen, neigt sie sich nach hinten; in Fig. 57, b nimmt der ganze Zahn diese gebückte Form an ; er stand ohne Zweifel weit hinten in der Ecke des Kiefers. Sämmtliche Zähne sind hohl. Wie wir schon im Verlauf der Beschreibung bemerkt haben, sind mit Vorführung der fossilen Zahnformen zugleich die haupt- sächlichsten Zahnformen des lebenden Fisches characterisirt. * Bei den letzteren finden sich allerdings noch manche feinere Nuancirungen vor in den Uebergängen von einem Zahn zu dem andern, die wir in fossilem Zustande nur theilweise vor Augen führen konnten, was nicht auffallen kann. Doch möchte die vorgeführte Serie einen genügenden Einblick in die Mannig- faltigkeit der Formen geben. Im Oberkiefer des lebenden Fisches kommen nicht so vielerlei Mittelformen vor; auf die Form Fig. 50 folgt alsbald ein Zahn, der nahezu die Form Fig. 54 hat. Der lebende Hay zählt 13 functionirende Zähne in jedem Kieferast und sind die Eeservereihen zahlreich vorhanden. Die meisten fossilen Zähne sind grösser und stärker als die des lebenden Thiers. Doch kommen auch im fossilen Zustande kleinere und zarter gebaute Zähne vor, die wir jungen Thieren ohne Anstand zuzuschreiben haben. Sie weichen in ihren Umrissen und Proportionen gar nicht von den grössern ab. Aber eben desswegen, weil diese jungen Thiere in ihrer Bezahnung von den ganz erwachsenen ihrer Form nach nicht abweichend erscheinen, ist es nothwendig, noch eine weitere Art des Geschlechtes Bemipristis aufzustellen. 2. Art: Hemipristis Klunsingeri n. sp. Taf. I, Fig. 58—63. 'Die vorderen Zähne Fig. 58, 59 unterscheiden sich von den entsprechenden der vorhergehenden Art kaum anders, als durch die geringere Grösse und würden für sich noch durchaus keine Berechtigung geben, einen Artunterschied auf dieselben zu gründen. Von Uebergangszähnen habe ich nur zwei ge- funden, Fig. 59, b und Fig. 60. An der Basis des erstem sind * cf. Klunzinger 1. c. II. S. 224 (664). — 147 — zwei über einanderstehende Knötchen zu erkennen und ent- spricht auch die nach innen gerichtete Seite der Basis ganz der Beschaffenheit des Geschlechts Hemipristis. Der schlanke Zahn Fig. 60 entspricht den analogen Zähnen Fig. 52 und 53 und hält gewissermassen die Mitte zwischen beiden. An seiner Vorder- seite findet sich eine Zähnelung nur tief unten an der Basis, die theil weise abgebrochen ist; es können nicht mehr als nur ein paar Zäckchen sich vorgefunden haben, wovon wenigstens eines noch sich erhalten hat. Die Hinterseite zeigt 6 Zacken. Jedoch erst die eigentlichen Backenzähne, wenn dieser Ausdruck erlaubt ist, lassen deutlich die Eigenschaften erkennen, welche dieser neuen Art zukommen. Wir bilden einen solchen Zahn in Fig. 61 (von aussen) ab. Sie nehmen die gleiche Stelle ein, wie bei der vorhergehenden Art die Fig. 54 und 55 und lassen sich auch am zahlreichsten finden (ich besitze ein Dutzend), so dass man sich über die Beständigkeit ihrer hervorragenden Eigen- schaften durch Vergleichung mehrerer gut erhaltener Exemplare Sicherheit verschaffen kann. Die Grösse dieser Zähne ist im Mittel nur 0,014 m hoch und 0,010 m lang (breit); sie bleiben somit hinter den analogen Zähnen von Hemipristis serra sehr merk- lich zurück. Ferner ist die Aussenseite derselben (vergl. Fig. 61) deutlich gewölbt; bei Fig. 54 und 55 aber plan. Sodann ist die glatte Spitze ins Auge zu fassen. Sie ist bei allen Exem- plaren in Anbetracht der geringeren Grösse der Zähne merklich länger, dagegen aber der gezähnelte Theil des Zahns merklich kürzer, als bei Hemipristis serra. Boi letzteren verhält sich die Länge der glatten Spitze zum gezähnelten Theil des Zahns wie 1 : 3 oder 4; bei der neuen Species aber wie 1: 2. Die Zahl der groben Zacken auf der Innenseite von Hemipristis serra ist 12 und darüber, wenn man die ganz kleinen Zäckchen an der Basis mitzählt; bei unserer neuen Art aber nur 6—8. Die zwei nächst- folgenden Fig. 62 und 63 stellen etwas abgeschliffene Zähne dar, wie sie in abnehmender Grosse gegen die Ecke des Eachens im Unterkiefer sich eingestellt haben mögen. Die wesentlichen Eigenschaften der Zahnform Fig. 61 sind erhalten ganz in ähn- 10* — 148 — lieber Weise, wie in den analogen Zähnen Fig. 56 und 57. Hiezu kommt nun, dass auch Oberkieferzähne sich vorgefunden haben, welche ganz gut die spezifischen Eigenschaften erkennen lassen. Wir stellen in Figur 62 b und 63b zwei wohlerhaltene Zähne dar. Die Neigung der glatten Spitze in stark schiefer Richtung entspricht der Eigenthümlichkeit der Oberkieferzähne dieses Geschlechts, aber nicht bloss die geringere Grösse, sondern . der Gesammthabitus derselben schliesst sie ebenso von der Serie Fig. 49 — 57 aus, als er dieselben mit der Reihe Fig. 58—63 verbindet. Wir haben schon bemerkt, dass man keinen Grund hat, diese Zähne für einen Jugendzustand von RemiprisUs serra Ag. zu halten, da sich die kleinen zarteren Zähne dieser Art in Balt- ringen zugleich mit den grossen vorfinden. Aber gerade bei diesen ist eine Abweichung der Form gegenüber den grossen Zähnen lediglich nicht wahrzunehmen. Es kann desshalb auch die Abbildung dieser jungen Thieren zugehörigen Zähne unter- bleiben. Um der grösseren Bestimmtheit willen heben wir her- vor, dass ein Jugendzahn you Hemipristis serra, welcher die Grösse, von Fig. 61 nicht übersteigt, somit beträchtlich hinter der gewöhn- lichen Grösse zurückbleibt und sich auch sonst durch seine Dünn- heit als jugendlichen Zahn kund gibt, doch 13 Zäckchen au der Hinterseite zeigt. Seine glatte Spitze ist in der Ausdehnung des gezackten Theils seiner Seite reichlich dreimal, fast viermal enthalten; seine Aussenseite ist nicht gewölbt, sondern so plan wie bei Fig. 55, so dass an der Selbständigkeit unserer neuen Art nicht zu zweifeln ist. Die Zähne der neuen Art sind jedoch merklich seltener, als die von serra. Auch aus den oberschwäbischen Localitäten ist sie mir nur aus Baltringen und Warthausen bekannt, während Hemiprisüs serra in fast allen ober- schwäbischen Plätzen vorkommt und auch sonst eine sehr weite Verbreitung in der alten und neuen Welt besitzt. Wir haben vollen Grund, die neue Art dem Entdecker des ersten Exemplars dieses interessanten Geschlechts in der Lebe- welt, Herrn Dr. Klunzinger zu widmen. — 149 — Es möge gestattet sein, hier eine vergleichende allgemeine Bemerkung über gewisse Eigenthümlichkeiten in den Zahnformen tertiärer Thiere im Gegensatz zu jetzt lebenden einzuschalten. Trotz der allgemeinen Uebereinstimmung der fossilen tertiären Hayfische mit den lebenden macht sich doch ein eigenthümlicher Zug bei ersteren geltend. Wir haben eine Anzahl fossiler Haye vorgeführt, welche ungleichartige Zähne in der Kieferreihe trugen, so dass man vordere Zähne, Uebergangszähne und hintere oder Backenzähne unterscheiden kann und muss. Wir finden diess beim Geschlecht Hemipristis in ausgezeichneter Weise. Die Prionodonten nach dem Typus von Carcharias GlypJiis zeigen das gleiche Verhältniss. Es ist auffallend, dass in der Molassezeit diese Geschlechter sehr weit verbreitet, keineswegs selten und in ver- schiedenen Arten entwickelt waren, während sie in der Jetztzeit zu den grössten Seltenheiten gehören und je nur in einer Art vorkommen. Dazu kommt, dass die Geschlechter Lamna, Odon- taspis und Oxyrhina^ die ebenfalls alle drei Zahnarten in ihren Kiefern tragen, zwar auch heutzutage keineswegs selten sind, dass aber in der Molassezeit sowohl die Zahl ihrer Arten als ihrer Individuen eine bei weitem grössere war, als heutzutage. Der so grosse Reichthum der mesozoischen Formationen au Cestraciontiden {Ptychodus^ Acrodus etc.) gibt zu gleichen Be- trachtungen Veranlassung. Ferner treten in der Tertiärzeit Meer säuge thiere auf, die von den lebenden abweichend ebenfalls dreierlei Zahn- formen in ihren Kiefern tragen.* Durch Johannes Müller, van Beneden und von Brandt ist nachgewiesen , dass das Geschlecht Zeuglodon mit zwei Arten die amerikanischen, das Geschlecht Ä^waZoc^on mit wenigstens vier, wahrscheinlich noch mehr Arten die europäischen Meere bevölkert haben, welche sämmtlich diese auifallende Eigenthümlichkeit des Gebisses zeigen. Bei den Meersäugethieren ist das so auffallend und unerwartet. * Von den lebenden Cetaceen besitzt nur der Schnabeldelphin des Ganges (Platanista gangeticus) einigermassen unter sich ver- ,schieden gebaute Zähne. — 150 — dass vor Auffindung von zusammenhängenden Kieferstücken darüber gar keine Ahnung bestand. Hermann von Meyer, dieser tüchtigste Kenner fossiler Wirbelthierreste, stellte für die Vorderzähl e das Geschlecht Ärionius und für die hin- teren Zähne das Geschlecht Pachyodon auf. Diese Squalo- donten lebten mit den Hayen (Hemipristis etc.) zusammen; so in der Molasse von Baltringen und nach van Beneden auch in Frankreich. Hiezu kommt eine analoge Beobachtung bei den Land- säugethieren der tertiären Zeit. Die domiuirenden Ge- schlechter der eocänen Zeit, Palaeotherium und Äno^Jlotherium, besassen alle drei Zahnarten. In der miocänen Zeit schwächt sich zwar diese Erscheinung schon ab; aber immerhin hat dcs dominirende miocäne Wiederkäuergeschlecht Palaeomeryx starke, nicht verkümmerte Eckzähne, die ihm zur Waffe dienten, wie heutzutage noch den Moschiden; während die in der Lebewelt herrschenden Ruminanten - Geschlechter, Rind und Antilope der- selben ganz entbehren, und die Hirsche, mit Ausnahme des Cervus MuntjaCj dieselben nur in verkümmertem Zustande be- sitzen. Herr Prof. Rütimeyer weist in seiner Schrift über die Herkunft unsrer Thierwelt S. 33 auf diese »Verarmung des Gebisses" beziehungsweise auf die Umbildung desselben zu einem „ Spezialgebiss " hin. Als ein durchgreifendes Entwicklungsgesetz kann diese Er- scheinung wohl nicht aufgefasst werden, weil auch in der Tertiär- zeit Thiere mit allen drei Zahnarten nur einen Bruchtheil der Fauna ausmachen und daneben Fische, Meersäugethiere und Landsäugethiere mit dem gewöhnlichen Zahnbau der lebenden Fauna vorkommen. Allein immerhin wäre möglich, dass dieser Erscheinung doch irgend eine tiefer gehende Bedeutung zu Grunde liegt. Noch viel auffallender sind die neuesten Funde aus der afrikanischen Trias, in welcher eine Reihe von Sauriern ge- funden wurden, die das differenzirte Gebiss von Carnivoren be- sitzen. — 151 — Gruppe B. Zygaenini A. Günther. 1. Geschlecht: Sphyrna Raf. cf. Müller u. Henle 1. c. S. 51 — 54. Günther 1. c. S. 380. Klunzinger: 1. c. S. 665 (225). Die Hammerfische tragen in ihren Kiefern auf ihrer Basis schief stehende hohle Zähne , die theils gezähnelt, theils bei andern Arten glatt sind. Die Symphysenzähne stehen aufrecht. Unter- und Oberkieferzähne sind nur wenig oder gar nicht ver- schieden; ebenso hintere und vordere Zähne. 1. Art: Sphyrna serrata Münster, (cf. 1. c. Taf. II, Fig. 18 S. 20.) Taf. I, Fig. 45. Wie im Wiener Becken (Neudörfl), so ist auch in der ober- schwäbischen Molasse diese Art sehr zahlreich. Beschreibung und Abbildung der von Graf Münster bestimmten Zähne passt sehr gut auf die oberschwäbischen Erfunde. Wir glauben dess- halb auf dieselben nicht näher eingehen zu müssen. Der auf- recht stehende Zahn Fig. 45, der eine ziemlich stark gezähnelte Basis hat, wie die übrigen Zähne, ist ohne Zweifel als Symphysen- zahn zu deuten, da die lebenden Hammerfische in beiden Kiefern solche besitzen. Diese Zähne sind etwas kleiner, was ganz für ihre Eigenschaft als Mittelzähne spricht. Wir müssen nur noch die Unterschiede gegenüber von einigen Prionodonten - Zähnen, besonders Taf. I, Fig. 40 — 42, begründen. Letztere Zähne, be- sonders von Prionodon Bältringensis und tumidus haben eine sehr kräftige Basis, die nach innen stark vorspringt, an der Aussenseite aber zurückweicht, so dass der Schmelz und die unbeschmelzte Basis nicht in einer Flucht liegen. Bei Sphyrna tritt die Basis an der Innenseite wenig hervor, befindet sich aber an der Aussenseite in gleicher Flucht mit dem Schmelze; sodann zieht sich bei den Prionodontenzähnen der Schmelz an der Innenseite in einem scharfen Winkel hinauf gegen die Spitze (Fig. 42 und 38); bei den Zähnen des Hammerfisches — 152 — ist der Winkel, den der Schmelz bildet, ein sanfter niedriger Bogen. Bei der sehr grossen Anzahl von Zähnen (meine Sammlung zählt einige Tausende) lassen sich wohl Unterschiede nicht blos in Bezug auf die Grösse, sondern auch in andern Punkten wahr- nehmen, aber sie scheinen nicht constant zu sein, so dass wir alle am Rand sehr schwach und an der Basis stark gezähnelten Zähne aus der oberschwäbischen Molasse als eine einzige Art auffassen. Wir bemerken nur noch, dass Münsters Sphyrna siib- serrata aus der Kreide von Aachen nach allen Eigenschaften ein Zahn von einer Squatina ist. 2. Art: Sphyrna integra n. sp. Taf. I, Fig. 46, 47. Wie bei den lebenden Hammerfischen Arten mit gezähnelten und Arten mit ungezähnelten Zähnen (Sphyrna tiides) vorkommen, so auch in der oberschwäbischen Molasse; letztere sind jedoch sehr viel seltener, als erstere. In Fig. 46 und 47 geben wir solche Zähnchen. Sie bleiben immer etwas kleiner, als Sphyrna serrata und stehen auf der Basis schief. Fig. 46 zeigt einen winkligen Ausschnitt, sowohl an der hinteren Seite als an der vorderen, woselbst der Winkel etwas stumpfer ist. Fig. 47 hat einen Winkelausschnitt nur an seiner hinteren Seite, während die vordere Seite in gerader Flucht verläuft. Dieser kleine Unterschied wird nicht zu einer Abtrennung der Art berechtigen. Da ungefähr die Hälfte der Zähne, die ich besitze, mit Fig. 46, die andere Hälfte mit Fig. 47 übereinkommt, so wird man eher berechtigt sein, die eine als Ober-, die ander als Unter- kieferzähne aufzufassen. Die Symphysenzähne, die ohne Zweifel vorhanden waren, werden sich nicht leicht nachweisen lassen. Sie werden so grosse Aehnlichkeit mit den kleineren Zähnen von Aprion stellatus haben, dass sie, auch wenn sie gefunden wären, schwer von ihnen zu unterscheiden wären. Die Zähnchen sind hohl. — 153 — 3. Art: Sphyrna laevis n. sp. Taf. I, Fig. 48. Unterscheidet sich von der vorhergehenden Art, mit welcher sie die Grösse und die ungezähnelten Ränder, auch die geringe Häufigkeit gemein hat, dadurch, dass die Spitze weniger schief auf der Basis steht, die Basis selbst etwas kürzer ist und be- sonders, dass selbst am Hinterrand der Zahn nicht in einem scharfen Winkel ausgeschnitten ist, sondern nur in einem sanften Bogen. Der Vorderrand ist bei allen Exemplaren ohne Ein- knickung. In Bezug auf die Symphysenzähne ist das näm- liche zu bemerken, wie bei der vorhergehenden Art. Auch an diesen Zähnchen lässt sich die Höhlung wahrnehmen. — 154 — Erklärung der Abbildungen. Tafel I. ^ig. 1- -3 Garcharias (Aprion) stellatus u. sp. , 4 11 » 5rem n. sp. y, 5, 6 V (Hi/poprion) singularis n. sp. V 7- -11 V (Scoliodon) Kraussi n. sp. , 12- -19 w {Prionodon) 5mi?t5 n. sp. , 20. 21 T) n speeiosus n. sp. . 22 JJ ?» deformis n. sp. . 23. 24 » » modestus n. sp. , 25. 26 » ff angustidens u. sp. . 27- -31 n » ungulatus Münster, sp. , 32- -36 » ff armatus n. sp. . 37- -39 « » tumidus n. sp. . 40- -42 r) ff Baltringensis n. sp. « 43 (raZeocercio-Zahn. 44 Symphysenzahn einer Gdleocerdo- Art 45 Sphyrna serrata Münster, Symphysenzahn. 46 — 47 „ integra n. sp. 48 „ Zaem n. sp. 49 — 57 Hemipristis serra Ag. 58 — 63 » Klunzingeri n. sp. 64 — 67 Galeus affinis n. sp. 68 — 70 „ tenuis n sp. 71 „ cristatus n. sp. GiM es ein Eozooii canaileiise? Erwiderung auf Dr. C. W. Gumbels und Dr. Carpenters Entgegnung von Otto Hahn in Reutlingen. (Hiezii Taf. II.) Icli habe in den W. naturwissenschaftlichen Jahresheften 1876, S. 132, eine Abhandlung über das JEozoon-Gestem veröffent- licht, in welcher ich auf Grund mineralogischer That- sachen dessen von W. Logan, J. W. Dawson in Montreal, W. Carpenter in London und schliesslich auch von Max Schulte und Anderen behauptete organische Natur bestritt. Ich begrün- dete meine Ansicht ausdrücklich mit mineralogischen Thatsachen. Der Beweis organischer Natur ist von den genannten Ge- lehrten angetreten und nach ihrer Meinung erbracht worden. Die Stimmführer erklärten sich, und das sollte die Lücken und Schwächen des Beweises ergänzen, für die ersten Foraminiferen- Kenner und Mikroskopiker, setzten also ihre Autorität dem Be- weise voran. Aus der Zahl der Mineralogen haben Einige zugestimmt, nämlich Dr. C. W. Gümbel in München und Dr. Hochstetter in Wien; sehr entschieden entgegen getreten sind die Professoren King und ßowney in Dublin; als zweifelhaft hat die Sache ge- lassen unter Anderen Professor Dr. Zirkel in Leipzig; derselbe neigt sich übrigens aus schwerwiegenden Gründen eher zu den Gegnern der organischen Natur des Eozoongesteins; derer, welche einfach nachschreiben, brauche ich nicht zu erwähnen. — 156 — Gerade als ein gewisser Stillstand in dem Kampf um das Eo0oon canadense eingetreten war, fasste ich die Sache aufs Neue an und überzeugte mich, dass das, was ^Eosoon canadense^ genannt wurde, als Wesen nicht existirt habe, sondern immer eben nur Stein war. Das Resultat meiner Untersuchungen ist in der genannten Zeitschrift niedergelegt. Diese Abhandlung ist auch in England veröffentlicht worden. Ich musste nun auf eine Entgegnung gefasst sein; aber freilich nicht auf eine solche, wie sie sowohl von Dr. Gümbel in dem Regensburger Correspondenzblatt 1876, als von Dr. William Carpenter in „The Annais and Magazine of natural history" Nr. 102, S. 407 erfolgt ist. Diese Entgegnungen nöthigen mich, die weiteren seitdem gefundenen Beweise für die entgegengesetzte Ansicht anzu- führen. Vor Allem nun habe ich bezüglich der Art der Beweis- führung der Gegner aufs Neue Einiges zu bemerken. Eine Autorität erkenne ich nicht an, sondern nur Beweise. Allerdings musste man eben in der Beweisführung, wo die Thatsachen nicht mehr ausreichen wollten, immer wieder (ich prophe- zeite richtig das Brennus-Schwert der Autorität) das Wort hören „die ersten Kenner der Foraminiferen haben sich für die orga- nische Natur desselben entschieden"; dieser Glaubens-Eid ergänzt in der Wissenschaft den Beweis nicht. Er kann blos Solche, welche eben wissenschaftlich nicht prüfen, zu einem gewissen Glauben verführen, also blinde Anhänger gewinnen. Gerade in der vorliegenden Frage, welche von Anfang an zu Allem noch eine Parteisache war, konnte weder die Autorität der Führer, noch der Beifallssturm einer gewissen Menge entscheiden; diese Menge hätte Allem geklatscht, was in den Kram passte. Ich habe mich aber auch überzeugt, dass Gelehrte, welche darüber schrieben und sich für die organische Natur mit einer Entschieden- heit aussprachen, welche nichts zu wünschen übrig liess, nicht einmal ein Präparat gesehen hatten, viel weniger eines besassen. Solche Erfahrungen machen in dem Glauben an schreibselige , Autoritäten" vorsichtig. — 157 — Ich komme zu einem weiteren Punkt formeller Natur in der Beweisführung hinsichtlich des Eozoon. Es ist offenbar nicht genügend, wenn irgend eine zoologi- sche, und wäre es auch die grösste Autorität, den Beweis führte, dass in einem Gesteine vorkommende Formen von Theilen dieses Gesteins einem Thiere ähnlich seien, gleich konnte ja Niemand behaupten. Völlig nichtssagend ist die Behauptung, sobald der Mineraloge nachweist, dass dieselben Formen in einer andern Anordnung vorkommen , wo anerkannter Massen von einem or- ganischen Wesen keine Rede sein kann. Dies war mein Beweissatz und ich glaube diesen Beweis auch geführt zu haben, mit dem Folgenden jedenfalls ihn bis zur vollen Evidenz zu führen. Nun sagt aber Dr. Carpenter in seiner Entgegnung: „die mineralogischen Details liegen ganz ausserhalb des Beweises seiner Untersuchungen, die nur auf die organische Structur Bezug haben." Das heisst mit andern Worten: Was die Mineralogen für die unorganische Natur des Eozoon bewiesen haben, das existirt für mich nicht: ich kenne blos Organismen und finde ich, dass ein organisches Wesen da ist, so giebt es überhaupt keinen Gegenbeweis. Die Mineralogen werden einfach für nicht stimmberechtigt erklärt. Diese Schlussfolgerung möchte richtig sein, wenn es sich etwa darum handelte, ein schon vorhandenes Wesen als fossil nachzuweisen, oder darum, bestimmt festgestellte Merkmale eines Wesens an einem andern wiederzufinden, sowohl im Einzelnen als in ihrer Zusammenstellung. Allein die Sache liegt anders. Es handelt sich in der Frage des Eozoon um ein neues Wesen, es handelt sich um Formen, von denen es eben von Anfang an zweifelhaft ist, ob sie nicht an einem andern Ort rein unorga- nischen Ursprungs sich wieder finden, wobei natürlich, wenn sie sich so finden, alle Beweiskraft des Schlusses wegfällt. Bei der Beweisführung sind die allgemeinen Regeln der Logik anzuwenden. Nun hat aber jede Wissenschaft noch eine besondere Logik, d. h. festgestellte Thatsachen, aus denen die — 158 — sichersten Schlüsse abgeleitet werden können. Ich führe eine solche hieher bezügliche Thatsache an. Es steht fest, dass Serpentin nie ein ursprüngliches Mineral, sondern stets ein Zersetzungs-Erzeugniss aus Olivin, Augit, Hornblende etc. ist; es steht ferner fest, dass der Ser- pentin in ein anderes Mineral wie Augit, Hornblende, Olivin auf nassem A¥ege nie und blos bei Schmelzhitze in Olivin sich zurück- verwandelt*; es steht endlich fest, dass die vorliegenden Eozoon- Kalke reine Wassergebilde sind. Ist dies Alles gewiss, so ist die geringste Partikel eines Olivin- oder Augitcrystalls in einer sogenannten Kammer zum vollen Beweis hinreichend, dass der Serpentin derselben eben von diesem Mineral herrühre. Eine weitere solche Thatsache ist folgende: Liegt Serpentin von 2 — 3 mm. Durchmesser in einer Kalkhöhle, in welche ein Crystall nicht eindaingeu kann, und enthält Serpentin noch unzer- setzte (Crystall-) Mineraltheile, welche nicht eindringen und sich dort nicht bilden konnten, so ist kraft mineralogischer Logik der unumstössliche Beweis geführt, dass die ganze Ausfüllung der Kalkhöhlung von nichts anderem herrührt, als von dem ursprüng- lichen jetzt in Serpentin verwandelten Mineral. Ist der Serpentin aber blos an die Stelle des Minerals getreten, so kann an dieser Stelle von Anfang an keine Höhlung gewesen sein**. Nicht minder strict beweisend ist die dritte Thatsache, dass in der Zwischenmasse (intermediate skeleton) noch unzersetzte Augit- Gry stalle und Glimmerblättcheu sich finden; wie sollten diese in den „Knochen" kommen? Und nicht minder beweisend ist die vierte Thatsache, dass umgekehrt Kalkstücke in der Füllmasse sind. Eine fünfte solche Thatsache der mineralogischen Logik, * Quenstedt, Mineralogie. 3. Aufl. S, 299. ** Dr. Zirkel, Mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien, S.811 sagt darüber: ,, Durch die Anwesenheit auch nur geringer Mengen von Olivin und durch das Auftreten seiner Begleiter ist der Nachweis, dass eine Serpentinmasse aus Olivinfels hervorgegangen, mit Sicherheit zu führen." — 159 — welche bis jetzt von allen Forscliern übersehen worden ist, ist folgende: Dr. Carpenter behauptet, und es ist dies der Stützpunkt seiner Ansicht, der Serpentin sei mittelst Infiltration in die Kammern der Foraminifere gedrungen; auf diese Weise allein konnte ja die Anwesenheit dieser „Schlange" an solch verdäch- tigem Ort von Anfang an erklärt werden. Ist der Serpentin der Kammern eine Infiltrationsmasse, so muss er nothwendig völlig amorph gewesen und muss es noch sein. Alle die Serpentinarten, welche nach ihrer äusseren Ge- stalt in dieses Stadium der Wandlung gelangt sind, sind amorph. Ich nenne hier besonders den Pikrolith. Es ist der flüssige Zu- stand, der letzte Grad der Zersetzung des ursprünglichen Gesteins. Das Gestein in diesem Zustand polarisirt nichtmehr. Aller Serpentin in den Eo0oon-Ka,mmern aber zeigt die Bänder und Netze, die Adern. Dies ist aber, wenn man die Sprünge als das erste Stadium der Serpentinbildung annehmen will, das zweite Stadium der Zersetzung desOlivins, und nun erst beginnt das dritte mit der Auflösung der zuletzt übrig geblie- benen Körner und damit aller Einzeltheile. (Zirkel 1. c. S. 216, Rosenbusch, mikroscopische Physiographie, I. Bd. S. 371, 372.) Letzterer Zustand findet sich auch im Eozoongestein; aber nie in den Kammern, sondern blos in den Bändern und in Höhlungen von regelloser Form, dort das Gestein ausfüllend; dort sind insbe- sondere die Maschen gänzlich verschwunden. Im canadischen Gestein der Kammern sehen wir den Ser- pentin durchaus noch im zweiten Stadium des Zersetzungszustands. Hiermit ist der Nachweiss, dass das Mutter gestein gerade an der Stelle des Serpentins gelegen habe, wieder bis zur Evidenz geführt, denn halbzersetzter Olivin kann nicht durch mikroscopisch kleine Poren in Foraminiferen - Kammern dringen. Der Glauconit ist kein Beweis, denn dieser ist un- zweifelhaft ein Niederschlag aus wässriger Lösung. Eine solche aber kann jede, auch die kleinste Röhre durchdringen. Dies Alles sind mineralogische Thatsachen, welche in der mineralogischen Logik einen unumstösslichen Beweis liefern; hier — 160 — also Gewissheit, bei den Gegnern blose Wahrscheinlichkeit aus der Form, und man weiss, wie diese trügt. Man braucht keiner der hervorragenden Mineralogen zu sein, auf deren Zeugniss Dr. Carpenter sich beruft, um das ganze Gewicht solchen Beweises zu verstehen; er ist für den Laien schon völlig verständlich, sobald nur die zwei Thatsachen gegeben sind : 1) der Serpentin ist immer ein Zersetzungs-Product und zwar ein Wasser-Zersetzungsproduct ; 2) es liegt ein Krystall- stück in einem Eaum, in welchen es, so wie es'ist, von aussen nicht eindringen kann ; das Mineral selbst ist kein Wasserprodukt. Nun glaube ich aber, wer überhaupt einmal mit Gesteinen sich beschäftigt, übernimmt damit eben auch die Verpflichtung, mit den mineralogischen Thatsachen wenigstens einigermassen sich be- kannt zu machen. Man muthet dem Mineralogen zu, dies bezüg- lich der Foraminiferen, der zoologischen Thatsachen zu thun, also ist das Umgekehrte nicht mehr als billig. Ich gebe daher den Vorwurf, als habe ich mich mit den Foraminiferen nicht beschäftigt, zunächst auf dem andern Gebiete zurück, werde ihm aber auch auf dem Gebiete der Foraminiferen selbst antworten. Von Anfang an nicht so günstig als für den Mineralogen liegt die Sache des Eo0oon freilich für den Zoologen, voraus- gesetzt natürlich, dass nicht die Autorität der Hauptbeweis sein soll. Ich stehe aber nicht an, auch eine zoologische Logik anzu- erkennen. Gerade aber die allgemeine sowohl als die zoologische Logik fordern, dass eine Erscheinung nicht als zoologische That- sache angenommen werde, wenn dieselbe Erscheinung im Gebiete der unorganischen sich findet. Nun muss der Zoologe unbedingt einräumen, dass diejenigen Merkmale, welche er als Beweise für die organische Natur des Eozoon anführt, in keinem andern bekannten, organischen Wesen zusammen sich finden. Er gesteht also zu, es sei blos eine Aehnlichkeit im Ganzen da. So bleibt seine Beweisführung auf die Aehnlichkeit der einzelnen Theile beschränkt. Ist im Ganzen blos eine Aehnlichkeit, so muss, soll irgend von einem Er- — 161 — gebniss die Rede seiu, völlige Gleichheit der einzelnen Theile mit Theileu anerkannt organischer Wesen dargethan werden. So nachsichtig man also auch in dem ersten Theil der Beweisführung, in der Beurtheilung im Ganzen sein kann: so streng muss man in dem zweiten Theil, nämlich in dem Nachweis der vollen Uebereinstimmung der einzelnen Theile mit Theilen anerkannter Organismen sein; hier darf man sich mit blosser Aehnlichkeit nicht mehr begnügen oder die ganze Sache ist nur Hypothese auf Hypothese, an welchen freilich unsere Zeit reicher ist, als im Interesse der Wissenschaft zu wünschen wäre. Wie fatal es schon im ersten Theil des Beweises aussieht, das bezeugt die Thatsache, dass man stets von einer Analogie zur andern springt, immer wird ein Neues gesucht und gesagt : mit diesem stimmt Eosoon, dann mit dem andern, und endlich sagt ein „guter Kenner der Foraminiferen", es sei doch mehr Coralle als Foraminifere. Nun, wäre auch wirklich eine grosse Aehnlichkeit des Ganzen mit andern Organismen, ist auch Aehnlichkeit im Ein- zelnen nachgewiesen, so ist bei den Einzelmerkmalen immer vor- her zu fragen: Existirt nicht dieselbe Erscheinung im un- organischen Eeich? Trifft dies zu, so schwindet auch hier alle Beweiskraft, und wenn zuletzt nur ein einziges wesentliches Merkmal einer Foraminifere auf solche Weise wegfiele, so fällt damit wenigstens der ganze wissenschaftliche Beweis zusammen. Diese allgemeinen Sätze und Thatsachen sind geltend ge- macht, sind aber von der Kritik theils übergangen, theils durch völlig nichtssagende Entgegnungen zu beseitigen versucht worden. Hier zeigt Dr. Carpenter, dass er eben ganz und gar nichts von Mineralogie versteht; denn wenn er der ersten oben angeführten Thatsache, nämlich dem Vorhandensein von Olivin-Partikeln in den Kammern des Eoßoon, die Kalkspath- krystalle in den Ammoniten entgegen hält, so weiss man wirk- lich nicht, was man denken soll. Jeder Anfänger in der Mi- neralogie weiss, dass jeder Kalkspath aus einer wässerigen Lösung, niemals aber ein Olivin oder Augit aus Serpentinmasse Württemb. naturw. Jahreshefte. 1878. 11 — 162 — auf wässerigem Wege krystallinisch sich niederschlagen kann. Solche Dinge sind also selbst einem blossen Zoologen nicht zu verzeihen, sobald er nämlich in das Gebiet der Palaeontologie sich begibt. Die Entgegnungen Carpenters lassen sich nur mit grasser Unkenntuiss eben des Gebiets, auf dem er arbeitet, erklären, ob entschuldigen, ist eine andere Frage. ' m Ehe ich auf den zoologischen Gegenbeweis eingehe, soll der mineralogische Beweis noch ergänzt werden. Hier kann man sich auf längst erwiesene mineralogische Thatsachen berufen, es lassen sich aber auch noch neue bei- fügen. 1) Wie schon früher angeführt wurde, muss zunächst der Serpentinkalk in allen seinen Vorkommnissen erforscht werden. Da früher kein besonderes Interesse dahin zog, so wurden ge- naue Untersuchungen unterlassen und daraus erklärt sich auch, dass „bedeutende Mineralogen" zugaben, dass das canadische Vor- kommen des Serpentinkalks nirgends sich wiederfinde, was übrigens durchaus unrichtig ist, denn es glauben ja Dr. Gümbel und Dr. v. Hochstetter wirkliches Eo0Oon-GcQstem entdeckt zu haben und zwar ersterer bei Passau, letzterer in Böhmen. Dieser Kalk soll auch Eoraminiferen-Structur haben, er wäre also dem canadischen sehr ähnlich. Weil es eine Bestätigung der Ansicht war, so acceptirte man diese Widersprüche natürlich sofort als Beweise. Es ist jedoch sicher, dass eben diese Funde doch mit den canadischen nicht völlig übereinstimmen, ja dass ihnen gerade das fehlt, was allein als Merkmal einer Fora- minifere im canadischen Gestein angesehen werden könnte. Ich habe die Gesteine von Bayern und Böhmen auch geprüft und nichts an ihnen gefunden , als eben Serpentin und Kalk ver- gesellschaftet, einige Chrysotil-Fasern und die Structur des Kalkes, wie er in aller Welt vorkommt. Aber andere Serpentin- kalke habe ich gefunden, welche eben die charakteristische Form des canadischen Gesteins zeigen, nur mit einer solchen Anordnung der für sich völlig gleichen Theile, dass von einem organischen Wesen keine Rede mehr sein kann. — 163 — Zunächst desshalb einige allgemeine Bemerkungen bezüglich des Serpentiukalks. Serpentin und Kalk finden sich überall zusammen vor. Wo nur Serpentin vorkommt, finden sich zum mindesten Kalk- wände, daher auch Serpentinkammern. Das ist eine minera- logische Thatsache; ich führe als Beispiel den prachtvollen von Elba an. Aber es finden sich beide Mineralien, Kalk und Serpentin, ganz gewöhnlich schichtenförmig und zwar Serpentin und Kalk regelmässig wechsellagernd. Ein solcher Serpentin, und zwar ein mit dem canadischen in Structur und Zusammensetzung gleicher, ist der von Lissiz, wovon eine ganze Reihe von Hand- stücken mir vorliegen. Dieser unterscheidet sich auch mikro- skopisch kaum von dem canadischen. Diese allgemeine Aehnlichkeit zwischen den Ser- pentinkalken tritt überall auf. Wir haben also zunächst einmal beide Mineralien ganz regelmässig vergesellschaftet und zwar sowohl geschichtet in Wechsellagern als in der „Acer- vulinen-Forra*. Diese Vergesellschaftung spricht dafür, dass Serpentin und Kalcit einen gemeinschaftlichen Stammvater haben, nämlich ein kalk- und magnesiahaltiges Mineral. Augit z. B. enthält nach der Analyse (bei Blum S. 370) bis 20 Theile Kalk-, bis 18 Theile Talkerde. Zersetzt sich das Gestein, so erklärt es sich sehr leicht, dass wir Dolomit, Kalk und Serpentin zusammen finden. Hier ist also kein organisches Wunder, im Gegentheil würde es schon mit den Untersuchungen von Prof. King und Eowney ganz gut stimmen, welche in dem Serpentinkalk das ursprüng- liche noch unzersetzte Mineral, das sie für Augit ansahen, ge- funden haben, wie dies ja auch bei allen Serpentinkalken aus Olivin von mir nachgewiesen wird. Aber auch der Olivin enthält Kalk, wie das Zersetzungs- product desselben, der Ophit von Snarum, ergibt. 2) Es kann schon desshalb eine Kalkwand für sich keines- wegs aus dem Vorhandensein einer Thierschale erklärt werden, sie müsste jedenfalls nach Formen zeigen. Bei der Zer- 11* — 164 — Setzung des Augits und Olivins zu Serpentin bilden sich zuerst fast parallele Adern, dann Queradern, also Maschen; in die einen dieser Maschen setzt sich der Kalk ab, in die anderen die durch- sichtige Serpentinmasse mit Bändern, welche feine Faserstructur zeigen. Häufig findet sich das unzersetzte Mineral als Kern in Form der Maschen, in anderen Theilen des Kalks finden sich noch die ganzen (unzersetzten) Crystalle. Dass ein Theil der Aus- füllungsmasse wirklich kohlensaurer Kalk ist, sieht man sofort daraus , dass sie mit Salzsäure Kohlensäure entwickelt. Man sieht also hier die Scheidung des ursprünglichen Minerals in zwei Bestandtheile. Es bedarf nun nur des Hinzutritts von Wasser, das Mineral zersetzt sich in seine Bestandtheile und das eine wie das andere lagert sich nach den bekannten Ge- setzen ab. Ist die ganze Masse noch ('wie man bei der Ser- pentinbildung annehmen muss) flüssig, so wird die Lösung in durchgehenden Lagern und Schichten sich absetzen, die halb- zersetzten Crystalle in gallertartigen Klumpen werden sich auf den Kalk auflagern und dort je nach den äusseren Bedingungen in ihrer Zersetzung fortfahren. Die Zersetzung hat eine Aus- dehnung des Volumens zur Folge und dadurch werden immer runde Formen und später Sprünge entstehen, wie wir sie bei canadischen Gesteinen sehen. Es ist aber leicht möglich, dass sich einzelne Crystalle und Körner nicht weiter zersetzen (weil der Wasserzutritt durch die Erhärtung des Kalks gehindert ist), dann enthält dieser noch unzersetzte Theile, ja ganze Körner, während ein anderer Theil des Gesteins bis zur völligen Auf- lösung fortschreiten kann und dann regelmässige ebene Lagen bildet. So erklärt sich das canadische Gestein ganz natürlich. 3) Das ursprüngliche Canada-Gestein enthält ein Magnesia- Silicat, eingebettet in Kalk , so wie wir sie heute noch finden, ähnlich also wie Spinell, Choudrodit, Coccolit im Kalk vorkommen. Es bleiben nun zwei Möglichkeiten, die eine, dass zuvor die mit Kalk vergesellschaften Minerale in ihrer jetzigen Form in die Kalkschichten auf irgend eine Weise gekommen, der andere, dass sie nachher dort zersetzt worden sind. Bei letzterer Annahme allein erklärt sich aber die Abwesenheit von — 165 ~ reinen Serpentinmassen an anderen Stellen der Kalkschichten ; für letztere Annahme spricht auch der Zustand des Serpentins im zweiten Stadium der Zersetzung. Die eigenthümliche Form erhalten die Stücke und dann auch der Serpentin selbst durch den Druck des sie umgebenden und überlagernden Gesteins im Zustand der Erweichung. Legt man Massen von annährend gleicher Dicht- heit auf einander und drückt und knetet sie, so dehnen sich die weichen Stücke gleichmässig aus. Ist die einschliessende Masse noch weich, wie das bei den Eosoon-Stücken unzweifelhaft der Fall sein musste und tritt ein Druck Seitens der umgebenden Masse hinzu, worauf die ganze Lagerung hinweist: so müssen die Stücke Fluidalstructur annehmen, wie wir dies auch bei einem Theil des canadischen Gesteins sehen. Wo irgend unzersetztes Gestein ist, hat es seine Form, Sprünge, Brüche beibehalten, der beste Beweis, dass unsere Deutung die richtige ist. Es finden sich aber auch eckige Kalkstücke in der Serpentinmasse, also in den sogenannten Kammern wieder, ein Beweis, dass der Serpentin nicht in- filtrirt ist, denn solche Stücke könnten nicht durch Tubuli, nicht durch Zwischengänge eindringen. Nun hat Dr. Carpenter die Hypothese der Kalkbildung überhaupt, sowie insbesondere auch die von der Umwandlung des cararischen Marmors hereingeworfen. Diese Hypothese ist aber eben eine und zwar schon längst aufgegebene. Ich verweise hier einfach auf Quenstedt „Epochen der Natur* S. 91 ff. Mit solchen Dingen lässt sich also nichts machen, Hj^othesen aber kann man nicht mit und besonders nicht mit schon widerlegten Hypothesen stützen. Eben der Serpentin von Snarum zeigt, dass es zu Kalkausscheidungen keiner organischen Wesen braucht. 4. Ehe ich weiter gehe, soll die Lagerung des Serpentin- kalks im Kalkstein und dieses Gesteins im Gneis erwähnt sein. Ich habe die Lagerung in Canada nicht selbst gesehen, ich glaube Dr. Carpenter hat es auch nicht; Dawson's Mit- theilungen ist nur so viel zu entnehmen, dass Serpentinkalk- — 166 — stücke im Kalk und dieser im Gneis eingebettet liegen, von Serpentinlagern im Gneis oder Kalk ist nichts gesagt. Dass Gneis, das erste geschichtete Gestein ist, ist sicher. Eine Schichtung, wie wir sie finden, kann nicht ohne Wasser gedacht werden. Da nämlich die Bestandtheile des (ungeschich- teten) Granits völlig gleich sind mit denen des aufgelagerten Gneises, so muss als höchst wahrscheinlich angenommen werden, dass letztere, aus denselben Baustoffen gewonnen, nur hinsicht- lich der Anordnung der Theile eine weitere Aenderung erlitten haben. Die Aenderung erfolgte am natürlichsten durch das Wasser. Ich habe Gneisstücke von Villingen (Baden), deren Spaltungsflächen so eben sind, als die Schichten des Thon- oder Lithographenschiefers. Die Bestandtheile stimmen mit dem Syenit, in welchem der Gneis eingelagert ist, völlig überein. Schon die Profile Dawson's ergeben sofort einen sedimen- tären Ursprung der Gesteinbildung. Die Folgerungen hieraus mögen nun ebenso für als wider verwendet werden. Nur muss man mit gleichem Maasse messen. Sagt man auch mit voller Wahrscheinlichkeit, das erste organische Wesen muss in einem Sedimentgestein sein, so ist damit das Wo? im Sediment- gestein noch nicht bestimmt. Dass die organische Schöpfung irgendwo anfangen muss, ist ebenso gewiss, als es ungewiss ist, wo sie anfängt. Dr. Dawson bildet zu Kap. 3 seines Werkes ,Life's Dawn onEarth" ein herausgewittertes Stück Eo^oon-Gesteiu ab und sagt» dass diese Stücke zerstreut im Kalke liegen. Warum man hierin gerade die Form eines Korallenriffs sieht, weiss ich nicht. Die Form könnte ebenso gut Alles andere sein. So viel ist also gewiss, dass diese Serpentinstücke blos als Knollen im Kalk vor- kommen. Gerade aber diese Lagerung fordert sofort einen sehr ge- wichtigen Einwurf gegen den organischen Ursprung heraus. Ein Korallenriff besteht aus Korallen, diese müssen auf einem anderen Gegenstand, in der Regel auf einem Gestein, auf- sitzen, sie können nicht schweben. Nun kann aber der Kalk, — 167 — in welchem die Eozoon-Siücke liegen, kaum anders als flüssig gedacht werden. Es muss also das Gestein, auf welchem die Koralle sitzt, weil viel älter, also auch eine andere Masse ge- wesen sein, als diejenige, auf welcher später die Koralle sich aufsetzte. Warum sollen blos die „Kammern" Serpentin enthalten? Wenn der Vorgang der von Dr. Carpenter behauptete wäre, so müssten, da im Kalk auch sonst Höhlungen sich befinden, diese mit Serpentin ausgefüllt sein, ja, es müsste überhaupt Serpentin im Kalk ausserhalb der Eo^oon-Stücke sich finden. Es wäre nämlich ein durchaus unbegreiflicher Vorgang, dass der Serpentin, als wäre er gerade nur zur Ausfüllung der Eo0oon-Ka.mmeni bestimmt gewesen, durch die dicken Kalklager dorthin gezogen und dort etwa wie ein Vogel sich eingenistet hätte, um einige Millionen Jahre später den Zoologen das „ganz getreue Modell des Eozoon zu erhalten". Diese Thatsache, d. h. das Fehlen des Serpentins an anderen Stellen des Kalks, spricht ganz entschieden für die Ent- stehung des Serpentins (aus Olivin, Augit) anOrtund Stelle, also aus einem im Kalk eingebetteten Minerale, es stellen sich diese ^o^oow - Kalkstücke eben als Brocken eines Oesteins dar, in welchem wahrscheinlich erst nach ihrer Ab- lagerung im Kalk die Zersetzung und dabei die Kammerbildung vorging. Nur Eine Möglichkeit bleibt übrig: die an einem andern Ort schon fertigen „^o^oow-Schalen mit Serpentin-In- filtration" wären auf irgend eine Weise in die flüssige Kalk- masse gefallen. 5) Man beruft sich so gern auf das Vorkommen von Glauconit in den Nummuliten. Allein dieser Glauconit ist nicht blos in den Nummuliten, sondern auch im Muttergestein derselben. Hierdurch unterscheiden sich also die Nummuliten gerade wesent- lich vom jEo^oon-Gestein. 6) Noch eines weiteren nicht minder gewichtigen Einwurfs muss hier Erwähnung gethan werden. So bequem es der Serpentin der künftigen Forschung ge- macht, indem er für Herstellung von ganz genauen Modellen — 168 — gesorgt hätte, so wenig war er doch eigentlich dazu nothwendig, jedenfalls trug er nichts zur Erhaltung der Kalkschale des Morgenröthe-Thierchens bei. Wie kommt es nun, muss man sich fragen, dass während in Einem Stücke die zartesten Theile des «Thiers" im Kalk er- halten sind, nämlich die Astsysteme, diese mit der Kalk- schale (dem proper wall, dem eigentlichen Thierknochen) sich nicht sonst im Kalk (ohne Serpentin-Ausfüllung) erhalten haben, für die oberflächliche Beobachtung wohl weniger deutlich, aber natürlich im Dünnschliff sofort erkennbar? 7) Aus dem Bericht W. Dawson's, Quarterly Journal 1. c. 228 geht hervor, dass sicli die „Kanalsysteme" im blosen Kalk finden, aber auch nur diese und ohne die „Schale". Also Ast- systeme und keine Schale, folglich Astsyst^me wie im Chon- drodit- und Spinellkalk! 8. Betrachtet man den Durchschnitt, welchen W. Dawson in seinem „Life's Dawn" S. 13 giebt, so ist gewiss, dass die Kalklager sehr erhebliche Pressungen erlitten haben. Sie sind wellenförmig gelagert, dies ist ohne starke Massenbewegung fast nicht denkbar. Man muss also die Wirkungen eines Drucks mit aller Nothwendigkeit in Eechnung nehmen, wobei der Druck sich auch auf blose Einschlüsse erstreckte. Im Durchschnitt S. 22 stehen die Schichten sogar auf den Köpfen. Dies genügt vollständig, um alle Erscheinungen zu erklären. 9) Einen eigenthümlichen Eindruck macht es, wenn Dr. Car- penter aus diesen Thatsachen völlig widersprechende Folgerungen und beide zieht, um dasselbe zu beweisen. Das eine Mal nämlich beruft er sich auf die gewaltigen Veränderungen, welche das Eozoon-Gestem erlitten habe und entschuldigt damit das Fehlen gewisser organischer Bildungen; das andere Mal wird hervorgehoben, wie unendlich feine Structur- verhältnisse, welche die organische Natur beweisen, erhalten seien. Ueberall, wo das Eosoon in der „Acervulinenform" auf- tritt, fehlen die Schalen, fehlen die Zwischengänge, fehlen die Astsysteme. Nun lässt sich aber dafür kein vernünftiger Grund denken, warum in demselben Handstücke 3 cm entfernt die — 169 — feinsten Structuren des Eosoon sich erhalten haben sollten, 3 cm davon entfernt aber nicht. 10) Professor King und Kowley schon haben nachgewiesen, dass ganz dieselben Erscheinungen, wie im iJo^ooii-Gestein, in verschiedenen anderen Gesteinen sich finden, z. B. im Chon- droditkalk, im Kalk und Spinell, im Coccolith. In der That habe ich in diesen Gesteinen und neuerdings auch in einem Serpentinkalk von Euston, worin die Crystalle selbst noch ganz unzweifelhaft erhalten waren, die Kammern, die Schale, die Astsysteme und „zahnsubstanzartige" Bildung in derselben Weise wie in dem canadischen Gestein beobachtet. Die Astsysteme selbst sind von Dr. Dawson ohne die übrigen JKo^oow-Theile im Kalk (ohne Serpentin) beobachtet worden. Dr. Dawson hat wohl nicht gefühlt, dass hiemit das Todes- urtheil des Eosoon gesprochen war. Denn Astsysteme ohne Schale und Kammern! Das Allerfeinste wäre erhalten, das Grobe untergegangen. Freilich, Dendriten von Lithographenkalk , Kupfer-, Silber^ Dendriten möchte ich nicht als Analogien anführen. Letzteres sind Crystallbildungen. Ich habe aber auch in einem reinen Marmor Astsysteme beobachtet. Diese bilden also auch durchaus keine Besonderheit des canadischen Gesteins. 11) Zur Erklärung des canadischen Gesteins ist nur Eine Annahme nothwendig: dass wie in hundert anderen geschichteten Gesteinen eine (in regelmässigen Zeitzwischenräumen vor sich gegangene) gleichmässige Einlagerung von Olivin- oder Augit- körnern im Kalk sich vollzog. Damit sind die Serpentinlagen erklärt. Die Schale, sowie die Zwischengänge und Astsysteme waren Folge der Zersetzung (Anschwellung und Ausscheidung), dabei war Druck von aussen. Ich werde nun in Folgendem die einzelnen T heile der „ßiesen-Foraminifere" erörtern und die hierauf be- züglichen Thatsachen zusammenstellen. — 170 — 1) Die Kammer (Chamber) und ihre Füllung. Es ist nachgewiesen, dass in diesen Kammern unzersetztes Mineral sich .findet, welches auf wässerigem Wege sich nicht bilden kann und nicht gebildet hat, welches aber ebensowenig auf mechanischem Wege in die Kammern gelangen konnte. Der Serpentin ist ein Zersetzungsproduct und kann von den verschiedensten Mineralien kommen. Wo sich unzersetztes Mi- neral findet, kommt es selbstredend von diesem. Hier muss aber aller Serpentin als aus diesem Mineral entstanden an- genommen werden. Oben ist schon erwähnt, wie es doch ein Wunder sondergleichen wäre, wenn der Serpentin durch grosse Kalklager hindurch durch mikroskopisch kleine Canäle einzig in Foraminiferen-Kammern sich abgelagert hätte, sonst aber nicht vorhanden wäre. Also ist die umgekehrte Annahme die richtige: der Serpentin hat sich an Ort und Stelle aus dem Mineral gebildet, dann ist er an die Stelle des Minerals und nicht an die Stelle einer Sarcode in die nun leere Kammer eingedrungen. Was die Form dieser Kammern betrifft, so erklärt sie sich einfach durch die Einlagerung von Olivin- oder Augitkörnern im Kalk. Von Chondrodit sieht man sie ebenso. Bei der Ver- wandlung in Serpentin, velche blos durch Hinzutritt von Wasser sich denken lässt, quollen die nebeneinander in Schichten liegen- den Crystalle auf und reihten sich so an einander. Hierdurch entstanden: 2) die Zwischengänge (Stolons). Diese sind von äusserst unregelmässiger Form. Wohl zu unterscheiden sind die Zwischengänge, welche nicht von Ser- pentin, sondern von einem anderen Mineral ausgefüllt sind. Wäre nämlich der Serpentin blose Füllmasse der Zwischen- räume , so müsste er alle Hohlräume gleichmässig ausgefüllt haben. Diese sind aber eben nicht von Serpentin, sondern von einer anderen Masse ausgefüllt. Wir werden hierauf bei den Astsystemen kommen. Diese Zwischengänge sind völlig unregel- mässig. __ 171 — Folglich ist das, was in den Zwischengängen abgelagert ist, ein Ausscheidungsproduct bei der Zersetzung des Olivins oder Augits und in der That unterscheidet sich diese Füllmasse ganz deutlich von der der Kammer. Sie ist also ein Ausscheidungs- produkt und suchte sich einen Ausweg, nachdem der Raum für sie nicht mehr hinreichte. Aber es finden sich in jedem Handstücke eine grosse Zahl von Kammern, welche durchaus kein e Zwischengänge haben und gerade diese zeigen noch crystallinische Structur mit Pola- risationserscheinung von doppelt b rechenden Mineralien. Je weniger die Zersetzung vorgeschritten, um so mehr haben die Umrisse noch gerade Linien und nicht runde, wie die Kammern. Beide Erscheinungen zusammen beweisen, dass die Zwischengäuge nur bei der Zersetzung des Serpentin-Gesteins entstanden sind. Ich zeige dies an einer Abbildung, Taf. II, Fig. 2, eines Dünn- schliffs von einem Serpentinkalk, in welchem sowohl Olivinkörner als Serpentinkammern, und in welchen Aragonit, Flocculit und die Astsysteme vorkommen, wie im canadischen. Wo aber die Täuschung Dr. Carpenter's am bedeutendsten hervortritt, das ist 3) in der Schale (original cell- wall, proper wall). Dr. Carpenter nimmt es als ausgemacht an, dass die Kam- mern von einer Schale umgeben seien. Ich habe eine grosse Anzahl Schliffe durchgesehen und habe um den grössten Theil der „Kammern" keine Spur einer Schale gefunden, obgleich die Erhaltung unter den ganz gleichen Bedingungen stand, wie die, wo man etwas der Art bemerken konnte. Allerdings ist überall fast das Bild einer Schale da, dies ist aber, wie ich schon früher zeigte, eine unverzeihliche optische Täuschung. Die „Kammern" sind rund. Wird eine Platte daraus geschliffen, so erscheint die Seiten-Oberfläche des Serpentins (zwischen beiden Schnittflächen) als Schale. Die Sache klärt sich sofort, wenn man beobachtet, wie die „Schale" dicker und dünner wird je nach der Rundung und der Schnittfläche. So stellen z. B. die schraffirten Linien 2, der Tafel 14 im Quarterly Journal of the geological Society nichts dar als die Berührungsfläche des — 172 — Serpentins mit dem Kalk. Sie sind das Bild der runden Ser- pentin-Oberfläche (der Seiten) auf der Ebene des Glases projicirt. In denselben Irrthum verfiel Dr. Dawson. Nun ist aller- dings an manchen Stellen noch eine Parallellinie zu bemerken, welche eine Schale andeuten könnte und sind Nadeln in diesem Theile. Die ganze Masse der „Schale" polarisirt nicht, ist also Kalk. Sie unterscheidet sich von der sonstigen Masse nur durch Chrysotil'Nadeln. Diese polarisiren, liegen unmittelbar am Serpentin an und stehen in unregelmässigen Abständen von einander. Nur selten steht eine ganze Ader von Chrysotil unmittelbar am Ser- pentin an. Was hier sofort jedem Foraminiferenkenuer in die Augen springen muss, ist die Thatsache, dass diese Nadeln nicht senk- recht auf der Kammer stehen. Esgiebt nämlich keine Foraminifere, keinen Nummuliten, über- haupt keine Muschelschale, in welcher die Tubuli der Schale nicht in der Richtung des Eadius, sei es des Kreises oder der Elipse und zwar fast mathematisch genau lägen. Diese Thatsache ist der allersicherste zoologische Gegenbeweis gegen eine organische Schale. Die Nadeln liegen sogar horizontal an der "Wand an, was nie in einer organischen Schale vorkommt. Dr. Carpenter braucht nur seine Abbildung von NummuUtes lavigata, Fig. 258 seines Werkes „The Mikroscop etc." genau anzusehen, um sofort von dem Nichtvorhandensein einer Analogie zwischen Schale einer Foraminifere und der , Schale des Eozoons" sich zu überzeugen. Ich habe hunderte von Nummuliten und Foraminiferenschliffen (gemacht und) gesehen und überall dieses Gesetz bestätigt gefunden. Allein die Tubuli sind und waren nie Röhren, sondern sind Crystallnadeln. Freilich wenn die Zeichnungen Dr. Dawson's auf S. 106 „Life's Dawn on Earth" richtig wären, müssten es Röhren sein: diese Zeichnungen sind aber geradezu falsch. Ich habe diese Nadeln mit dem Immersions-Objectivsystem 10 von Hartnack (Ocular 3), untersucht. 173 Die Tubuli der Nummuliten, auch der nur mikroskopisch sicht- baren Nummuliten, enthielten immer die Füllmasse der Kammern: wo diese Glauconit ist, ebenfalls Glauconit. Die Füllmasse der ^Tubuli« im Eo0oon-Gestem ist, wie die Beobachtung bei pola- risirtem Licht ergiebt, eine andere als die der Kammern, es ist crystallisirtes Mineral, denn es polarisirt, und zwar Chrysotil. Wenn Dr. Dawson Eöhren abbildet (Life's Dawn on Earth S. 106), so sind die Abbildungen auch in diesem Theil falsch. Diese finden sich nirgends in der „Schale.« Die Abbildung des daneben stehenden Chrysotils kann nicht mit der , Schale« ver- glichen werden, weil hier blos eingesprengte Nadeln sind, dort reiner dichter Chrysotil ist, welcher natürlich ein ganz anderes Bild giebt, als einige Chrysotil-Nadeln. Die Zeichnung S. 106 giebt, was die Dicke der Nadeln betrifft, ein sehr schlagendes Beispiel, wie wenig zuverlässig die Zeichnungen sind. Ich habe die „Schale« des Eo0oon mit llOOfacherVergrösserung beobachtet, aber nie auch nur annähernd das Bild, wie Dawson Fig. 27 1. c. es darstellt, erhalten, nur Fig. 49 c ist richtig. Die /rubuli« meiner Präparate sind alle mcht messbar: es sind bei der höchsten Vergrösserung stets Linien. Das ist eben die Folge ihrer Eigenschaft als Crystall- aggiegate, welche sich bekanntlich ins^Unendliche theilen lassen Die Tubuli von Ämphistegina messen 0,0075 mm, von üotalia und Cälcarina 0,0075 mm, von Tinoporus haculatus 0,0018 mm. Diese Tubuli stehen ferner alle in regelmässigen Entfernungen von einander ab und geben wirklich das Bild von runden Hohlräumen. Ebenso die Tubuli der Nummuliten. Hier ist aber noch etwas, was sich bei dem Eozoon nicht findet, eine Horizontal- streifung, von den Schalenschichten herrührend, wie sie'Dr.Car- penter richtig abbildet. Nimmt man dazu, dass der Chrysotil ganz regelmässig sich an den Bändern des Serpentins oder Pikroliths ablagert, dass in allen ^o^öo?^-Stücken ganze Chrysotiladern sind, was durch den Polarisationsapparat leicht festzustellen ist, so ist es sicher, dass man es hier nicht mit den Eöhren von Nummulitenschalen, sondern mit Nadeln im Kalk an der Grenze des Serpentins zu thun hat. — 174 ~ Es liegen mir Dutzende Yon Serpentinen vor, wo überall eine solche Chrysotilscliichte den Serpentin umlagert. Ich habe ein solches, worin ein Kalkstück eingebettet ist, und richtig ist der Kalk mit einer ganz vollkommen gleich dicken Schichte von Chrysotil umgeben, welcher in concentrischen Nadeln liegt nnd doch ist es sicher keine Nummulitenschale. Die angebliche Schale der Riesen-Foraminifere (die Seite horizontal projicirt) ist also nichts als in der Hauptsache eine optische Täuschung; wo etwas einer Schale Aehnliches zu finden ist, ist dasselbe in jedem Serpentinkalk. Ich erinnere hier nur an die Beobachtungen, welche Eosenbusch (I.e. S. 163) mittheilt „Wie V. Draschke um den Almandin der Eklogit regel- mässig eine Zone von strahliger Hornblende fand, so be- merkt man an den Pyropen im Serpentin von Löblitz unter dem Mikroskop fast ausnahmslos eine deutliche Zone von Chrysotil, dessen Fasern (sogar) senkrecht auf den Um- rissen des Pyrops stehen (Fig. 66)." Diesen Kranz von Chrysotilnadeln habe ich in allen Ser- pentin-Kalken gefunden. 4) Die Canäle in der Z wischen masse (Astsysteme) hätten offenbar nur den einen Zweck, die Verbindung der Sarcode der Kammer mit der Aussenwelt herzustellen. In den von Dr. Car- penter als analog angeführten Foraminiferen finden sich grössere Gänge, welche alle Schalen durchsetzen, und kleinere, welche offenbar die Verbindung von einer Schale zur nächsten Kammer herstellen. Alle aber sind symmetrisch geordnet, die feinen Canäle ihrer Bestimmung zufolge gleichmässig vertheilt. Die Canäle des Eozoon aber lassen sich mit jenen gar nicht vergleichen. Einmal fehlen sie überhaupt in dem grössten Theile eines jeden Stücks. Sodann treten sie mit grösster Un- regelmässigkeit auf, das eine Mal rund, das andere Mal eckig, was nie in einer organischen Schale vorkommt; wie Dawson sie abbildet, wird sie nie ein Mikroskopiker gesehen haben. Ferner kommen sie vor in allen Durchmessern, gross und "fein neben- einander; der „Flocculit", welcher sie ausfüllt, kommt daneben in völlig unregelmässigen Formen vor. — 175 — Noch stärkerer Zweifel erhebt sich, wenn man sieht, dass diese Canäle in ganz ungleicher Richtung verlaufen und der schlimmste endlich ist der von mir schon früher hervorgehobene, dass sie nur in gewissen Kalkpartikeln vorkommen, offenbar also' durch das Gestein bedingt waren. Finden sich aber solche Canäle in anderen Gesteinen, wie im Chondrodit- und in Serpentin-Kalken, welche nicht als Eozoon- haltig behauptet werden können, so stehen sie in keinem Zu- sammenhang mit den übrigen „Foraminiferentheilen" und fällt ihr Beweiswerth für das Dasein einer Foraminifere zusammen. Mögen sie für sich allein der Rest irgend eines Thieres sein, das wäre möglich. Mit der Kammer und Schale haben sie nichts zu schaffen. In seinem Musterstück PL XVII zeichnet sie Dr. Carpenter, als liefen sie alle, eine wie die andere, von der untern Schale der Kammer nach der obern. Wenn ich gesagt habe, die Zeich- nungen seien unzuverlässig, so wird das nächste beste Präparat von ^o^oow-Gestein dies bestätigen. Denn die Astsysteme gehen nach allen Eichtungen in Kalk, folglich besteht auch hier keine Uebereinstimmung mit Organismen. Und nun also Kammer, Schale, Zwischengänge, Astsysteme, alles, einzeln und zusammen, in anderen Gesteinen vorkommend,' folglich keine Foraminiferentheile — und die ganze Foraminifere,' wenn sie aus dem canadischen Gestein mit Mühe construirt werden könnte, doch in den wesentlichsten Theilen von allen be- kannten verschieden! Für die allerwesentlichste Verschiedenheit halte ich die horizontale Stellung der angeblichen Tubuli zu den Kammern. Das erlaubt sich die Natur in der Muschelschale nicht, denn die radiale Strahlung der Sarcode-Organe ist ein durch- gehendes Gesetz im Foraminiferen-Typus : es ist nämlich diese Richtung der geradeste Weg des Thieres zu seinem Lebens- element. Das ist eine Thatsache der Logik der Natur, welche der Zoologe am wenigsten übersehen sollte. Wir haben hienach im canadischen Gestein nichts als einen Serpentinkalk, ein Gestein, — 176 — das hundertmal vorkommt, in einem Zersetzungszustand, wie er ebenfalls überall vorkommt. Alle Erscheinungen desselben sind mineralogisch vollständig erklärt. Haben also Dr. Carpenter und Dr. Gümbel den Todten auch ausgegraben, lebendig machen konnten sie ihn damit nicht. Möge ernun,;zum zweiten Mal begraben, die Ruhe finden, welche er verdient. Erklärung zu Tafel IL Serpentinkalk von Euston, Pensylvanien. Handstück der Tü- binger Universität, noch deutliche Olivincrystalle halb in Serpentin verwandelt; Kerne des ursprünglichen Minerals erhalten: die Olivine liegen lagerweise. Von einem Lager zum andern ziehen sich durch den Kalk gerade verlaufende durchsichtige Linien, welche u. d. M. sich als Canäle mit einer durchsichtigen Masse erfüllt ergeben und von dem grauen Kalke deutlich abstechen. Der Kalk enthält bei 100 f acher Vergrösserung eine Menge schwarz- brauner Körner, völlig wie der canadische. Was nun insbesondere den Serpentin betrifft, so ist er im Kalk zerstreut, die Körner zeigen noch Crystallform, viele Kerne sind noch unzersetzter Olivin. Wo die Zersetzung vorgeschritten ist, schmelzen die Kerne zusammen. U. d. M. hat der Serpentin vollständig das Bild von Kammern wie im canadischen Gestein, nur sind die Serpentinkörner nicht so häufig aneinander gelagert. Dagegen zeigt Fig. 1 überaus klar eine Chrysotilschale um den Serpentm, die in den Kalk eindringt. Die Umrisse des Serpentins sind aber statt rund, wie im canadischen Gestein , hier oblong. Die Ecken fehlen. Dieselben unregelmässigen Umrisse zeigen Fig. 3 und 4. Fig. 2 zeigt 3 „Stolons" aus einer halbzersetzten Oli vi n- masse. Die dunklere Farbe der Kerne bezeichnet den noch unzersetzten Olivin. Von demselben aus gehen diese Ströme einer durchsichtigen Masse, also offenbar wie bei der Zersetzung ab- gesondert und nach dem Gesetz der Schwere einen Ausweg viel- leicht suchend. Wo sie seitwärts gingen, erklärt sich dies em- Wurtt.Naturw. Jahresh. Jahrg. XXXIV. Taf.ll. ith.v. Baumann, Tübingen. — 177 — fach durcli eiueu leichten Druck auf die weiche Masse oder durch das Aufquellen der Masse in der Zersetzung. Dasselbe Gestein zeigt alle Formen der Astsysteme wie das canadische, insbeson- dere schön die sog. Zahnsubstanz. Man hat also alle hier Eozonal-Bestandtheile des canadischen Gesteins beisammen, aber in einer Zusammenstellung, dass Niemand auf ein organisches Wesen mehr rathen wird. Ist aber dies Alles in Form und auf sicher unorganischem AVege möglich, so ist auch das canadische Gestein so entstanden, und es bedürfte ganz anderer Beweise, um doch noch eine Ver- schiedenheit im Ursprung nachzuweisen. Dieses einzige Hand- stück nebst den beiden Dünnschliffen sind der augenscheinliche Gegenbeweis; ich werde letztere in der Tübinger Universitäts- sammlung niederlegen. Sicher wäre der Strom der Eosoon- Litteratur nicht so hoch angeschwollen, wenn man solche Beweis- stücke früher gehabt hätte. Diese ans Licht gezogen zu haben, ist das einzige Verdienst, welches ich mir zuschreibe; denn einer Erklärung bedarf es kaum, wo ein einziger Blick schon ein voller Beweis ist. Zur Erläuterung der Abbildungen füge ich noch bei: Zu Fig. 1. Die gekörnte Fläche ist Kalk. Die weisse mit breiten Streifen Serpentin, die Bänder im Kalk Chrysotil. Zu Fig. 2 gilt dasselbe. Die 3 Gänge gehen von der Ser- pentinkamraer durch den Kalk. Die dunklen Stellen im Serpentin sind Olivinkerne. Fig. 3 und 4 zeigen die Chrysotilbänder von andern Theilen des Dünnschliffs. "Württemb. naturw. Jabreshefte. 1878. 12 Die wicMigereii (lesteine Wflrtteinljergs, deren Verwitternnp- protolfte nnd die darans eiitstaiideiien Ackererden. IV. Der weisse Jura. Der Krebsscheeren-Kalkstein und die Marmorkalke, chemisch untersucht von Professor Dr. E. WolfF und Dr. H. Troschke. (Referent: Dr. E. Wolf f.) Die bisher veröffentlichten Gesteins- und Boden -Unter- suchungen, welche im Auftrage der Königl. Centralstelle für die Landwirthschaft unternommen wurden, bezogen sich auf die oberen dolomitischen Schichten des Hauptmuschelkalkes (s. Jahreshefte des Vereins für vaterl. Naturkunde, Jahrg. 1866, S. 70 — 103), ferner auf den bunten Sandstein in dessen oberen plattenförmigen Ablagerungen (ebendas. Jahrgang 1867, S. 78—107) und end- lich auf den grobsandigen Liaskalkstein von Ellwangen (ebendas. Jahrg. 1871, S. 66 -110). Ich lasse jetzt weitere, nach gleicher Methode und ebenso umfassend , wie die früheren , ausgeführte chemische Analysen folgen von Gesteinen und Verwitterungsböden aus dem Gebiete des weissen Jura. Es kommen hierbei Formationen in Betracht, welche auf der schwäbischen Alb haupt- sächlich das Material zur Bildung des Kulturbodens geliefert haben, nämlich der Krebsscli eeren-Kalkstein, sowohl in seinen unteren thonigen, wie in den oberen Feuerstein führenden Schichten, und ausserdem die Ma rmor -Kai ke, sog. Epsilon- Schichten. — 179 Auf einer zu diesem Zweck gemachten Exkursion habe ich, gemeinschaftlich mit den Herren Professor Dr. 0. Fraas und Professor 0. Vossler die zu den Analysen erforderlichen und ge- eigneten Proben der betreffenden Gesteine und Erdarten aufge- nommen. Der obere Krebsscheeren-Kalkstein mit Feuersteinknollen wurde auf der Höhe bei Böhmenkirch in dem grossen Steinbruch und auf den anstossenden Feldern gesammelt, das Material da- gegen zur Untersuchung der beiden anderen Kalksteine und deren Verwitterungsböden neben der Poststrasse gefunden, die von Böhmenkirch nach Heidenheim führt. Die Proben der unteren thonigen Schichten des Krebsscheeren-Kalksteins entnahmen wir einem Ackerfelde, links von der genannten Strasse hinter Söhn- stetten, nahe dem Fusswege nach Steinheim, und die Proben aus der Formation des Marmor-Kalkes, einem kleinen Steinbruch auf der anderen Seite der Strasse, zwischen Böhmenkirch und Söhn- stetten, näher dem ersteren Ort, nicht weit von der dort befind- lichen grossen Linde. Von den Analysen habe ich die auf das Gestien des unteren Krebsscheeren-Kalkes bezüglichen allein ausgeführt, ausserdem die Extrakte mit kalter Salzsäure aus der Ackererde und dem Untergrunde derselben Formation auf die Bestandtheile unter- sucht, endlich die Menge der Alkalien in den salzsauren und schwefelsauren Auszügen der Ackererde und der Thonmasse des oberen Krebsscheeren-Kalkes, in einigen Fällen auch die Kiesel- säure durch wiederholte Bestimmungen kontrolirt. Alle übrigen analytischen Arbeiten sind von dem Assistenten am akademischen Laboratorium in Hohenheim, Dr. H. Troschke, nach meiner An- leitung vorgenommen worden; nur die Untersuchungen nach der Knop'schen Methode der Bodenanalyse, von denen beiläufig die Eede sein wird, habe ich schon von einem früheren Assistenten, Herrn Gantter, ausführen lassen. 1. Untere thonige Schichten des Krebsscheeren- Kalkes. Das Material zur Untersuchung wurde einem Ackerfelde ent- nommen, wo an der betreffenden Stelle in einer Tiefe von kaum 12* — 180 — 40 Cm. schon das feste Gestein anstand, wenigstens sehr grosse Gesteinsbrocken mit nur wenig thonigem Boden sich vorfanden. Aehnliche Gesteinstrümmer waren auch in der obersten, etwa 15 Cm. mächtigen Ackerschicht und in dem darunter befindlichen Untergrunde vorhanden, in dem letzteren jedoch reichlicher als in der eigentlichen Ackerkrume, in welcher das Gestein schon mehr zu einer feinpulverigen Erde zerfallen war. Gleichwohl hatte der Untergrund in seiner krümeligen Bodenmasse, also ab- gesehen von den Gesteinstrümmern, eine mehr thonige Beschaffen- heit und einen geringeren Gehalt an kohlensaurem Kalk, als die Ackererde. Aus dem Untergrund und der Ackerkrume suchte man die grösseren Gesteinsstücke aus, spülte dieselben mit Wasser gut ab und benützte die gleichförmig gepulverte Masse zur Analyse (Gestein). Der Untergrund und die Ackererde wurden sodann im lufttrocknen Zustande, beziehungsweise unter gelindem Druck durch ein Blechsieb mit 3 Millimeter weiten Löchern hindurch geschüttelt, die auf dem Siebe zurückbleibenden Steinchen mit TVasser abgespült und lufttrocken gewogen. Auf diese Weise fand man in 2380 Grm. der Ackerkrume und in 2490 Grm. des Untergrundes 560 und 530 Grm. oder 23,53 und 21,28 Proc. an Steinchen. Nur die eigentliche Bodenmasse, welche also durch das Blechsieb mit 3 Millimeter weiten Löchern hindurch- gegangen war, diente als Material zur chemischen Analyse: die Steinchen konnten als ebenso zusammengesetzt angesehen werden, wie die grösseren Gesteinstrümraer. Hiernach wurde einer aus- führlichen chemischen Untersuchung unterworfen: 1. das gepul- verte Gestein, 2. die abgesiebte Bodenmasse der Ackerkrume und 3. des Untergrundes. Ueber die Methode der Analyse und über die Mengen der in Untersuchung genommenen Substanz geben die im x\nhang mitgetheilten analytischen Belege Auskunft; es ist daraus zu ersehen, dass auch bezüglich der in procentig geringer Menge vorkommenden, aber gleichwohl wichtigen Bestandtheile ein ge- naues Resultat erzielt werden konnte. Bei der Ackerkrume und dem Untergrunde musste für den Extrakt mit heisser konzen- — 181 — trirter Saksäure und für die weitere Untersuchung eine neue Portion der ursprüngliclien Substanz in Angriff genommen werden, während bei dem Gesteinspulver der ausgewaschene Rückstand von dem Auszug mit kalter Salzsäure auch noch für die weitere Analyse Verwendung finden konnte. Jedoch habe ich der besseren Uebersicht und Vergleichbarkeit wegen auch bei dem Gestein unter „Auszug mit heisser Salzsäure* die Gesammtmenge der in kalter und heisser Salzsäure löslichen Bestandtheile aufgeführt Die Resultate der Analysen, auf Procente der luft trocknen Substanz berechnet, ersieht man aus der folgenden Zusammen- stellung. A. Auszug mit kalter Kieselsäure in d. Lösung Schwefelsäure . . . Phosphorsäure . . . Kohlensaurer Kalk . . Kalk Magnesia Eisenoxyd Thonerde Manganoxyduloxyd . . Kali Natron Kieselsäure, löslich in kohlen- saurem Natron . . . Rückstand, geglüht . . . Glühverlust d.lufttr.Substanz Salzsäure. Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Proc. Proc. Proc. 0,0253 0,0065 0,0081 0,0264 0,0453 0,0319 0,0448 0,1652 0,0997 75,8244 54,5684 27,3600 0,4177 0,3313 0,1800 0,3533 1,1177 2,0948 0,1766 0,3714 0,9596 0,0267 0,0676 0,0400 0,0264 0,0861 0,0613 0,0183 0,0271 0,0228 76,9399 56,7866 30,8572 0,3727 1,0780 1,2125 18,3400 i 3,7185 99,3711 B. Auszug mit heisser Salzsäure. Kieselsäure in d. Lösung . 0,0769 0,0321 0,1389 Schwefelsäure 0,0998 0,0712 — 182 — Phosphorsäure .... Kohlensaurer Kalk . . . Kalk Magnesia Eisenoxyd Thonerde Manganoxyduloxyd . . . Kali Natron Kieselsäure, löslich in kohlen- saurem Natron . . . Rückstand geglüht . . . Glühverlust d.lufttr. Substanz Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Proc. Proc. Proc. 0,0480 0,2240 0,1291 75,8244 53,5000 27,6883 0,1405 — — 0,5713 0,4394 0,3888 0,3839 0,9920 2,1955 1,2277 3,1440 5,7914 0,0267 0,1667 0,1523 0,1916 0,3027 0,5165 0,0225 0,0490 0,0307 78,5399 58,9497 37,1027 2,2901 3,5878 7,1559 14,8047 26,8182 42,5927 3,7185 12,0585 14,0563 99,3532 101,4142 100,9076 C. Rückstand von B. mit Schw Kieselsäure in d. Lösung . 0,0557 Kalk 0,0185 Magnesia 0,1029 Eisenoxyd 0,0921 Thonerde 1,2804 Kali 0,0954 Natron 0,0197 1,6647 Kieselsäure, löslich in kohlen- saurem Natron . . . 2,4130 Rückstand geglüht . . . 10,9690 15,0467 efelsäure behandelt. Spar 0,0512 0,0380 0,2747 0,1683 0,2958 3,2117 6,4880 0,2851 0,5288 0,0532 0,1507 3,7563 7,7892 5,5907 11,1426 17,0696 23,3580 26,4166 42,2898 D. Rückstand von C. mit Flusssäure aufgeschlossen. Kalk Spur — — Magnesia 0,0170 — — — 183 Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Proc. Proc. Proc. Thonerde 0,2583 0,4620 1,2235 Kali 0,1649 0,2644 0,3203 Natron 0,0358 0,1155 0,1037 Kieselsäure .... 10,4930 16,2277 21,7105 10,9690 17,0696 23,3580 Hiernach ergeben sich als procentige Verhältnisse der Be- standtheile der lufttrocknen Substanz für alle Lösungen zusammen- genommen: Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Proc. Proc. Proc Kieselsäure, unlöslich * 10,4930 16,2277 21,7105 „ löslich . . 4,8357 9,2106 18,4374 Thonerde, löslich . . . 2,5081 6,3557 12,2794 „ unlöslich** . 0,2583 0,4620 1,2235 Eisenoxyd 0,4760 1,1603 2,4913 Mangan oxyduloxyd . . . 0,0267 0,1667 0,1523 Kohlensaurer Kalk . . 75,8244 53,5000 27,6883 Kalk 0,1590 Spur 0,0512 Magnesia 0,6912 0,4774 0,6635 Phosphorsäure . . . . 0,0480 0,2240 0,1291 Schwefelsäure . . . 0,0264 0,0998 0,0712 Kali 0,4519 0,8522 1,3656 Natron 0,0780 0,2177 0,2851 Griüh Verlust .... . 3,7185 12,0585 14,0563 99,5952 101,0126 100,6047 Stickstoff — 0,2495 0,1780 Wenn man ferner die Summe der „löslichen" Thonerde und Kieselsäure als reinen Thon annimmt und aus der Zusammen- setzung der mit Flusssäure aufgeschlossenen Masse den Gehalt * D. h. unlöslich bei Behandlung der Rückstände des Salzsäure- und Schwefelsäure-Auszuges mit kohlensaurem Natron. ** Unlöslich iu Salzsäure und Schwefelsäure als Bestandtheil der mit Flusssäure aufgeschlossenen sandigen Masse. — 184 — an Quarzsand, sowie an Kali- und Natron-Feldspath berechnet, so erhält man in Procenten der lufttrocknen Substanz: Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Proc. Quarzsand 9,6275 Thon 7,4041 Kalif eldspath 0,9741 Natronfeldspath . . . . 0,3071 Proc. 14,5194 15,5663 1,5670 0,9832 Proc. 18,6701 32,6205 1,8943 0,8899 18,3128 32,6359 54,0748 Um die untersuchten Materialien noch besser mit einander vergleichen zu können, berechnen wir die Zusammensetzung der- selben auf den geglühten, also wasser- und humusfreien Zustand. Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Proc. Proc. Proc. 15,9881 28,5871 46,3881 2,8854 7,6643 15,6018 0,4965 1,3044 2,8785 0,0279 0,1874 0,1760 79,0851 60,1434 31,9923 0,1658 Spur 0,0592 0,7209 0,5367 0,7666 0,0501 0,2518 0,1492 0,0275 0,1122 0,0822 0,4713 0,9580 1,5767 0,0814 0,2447 0,3294 Kieselsäure . . Thonerde . . . Eisenoxyd . . Manganoxyduloxyd Kohlensaurer Kalk Kalk .... Magnesia . . . Phosphorsäure Schwefelsäure Kali .... Natron . . . 100,0000 10,0415 7,7225 1,0160 0,3203 100,0000 16,3026 17,4993 1,7594 1,1039 100,0000 21,5722 37,6886 2,1996 1,0282 Quarzsand . . Thon .... Kalifeldspath Natronfeldspath . 19,1013 36,6652 62,4886 Nach Abzug ferner des kohlensauren Kalkes gestaltet sich die procentige Zusammensetzung des Restes folgend ermasset: Gesteiu. Ackerkrume. Untergrund. Kieselsäure 76,443 71,749 68,209 Thonerde ... ... 13,796 19,230 22,941 — 185 — Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Eisenoxyd 2,374 3,273 4,233 Manganoxyduloxyd . . . 0,133 0,470 0,259 Kalk 0,793 — 0,087 Magnesia 3,447 1,346 1,127 Phosphorsäure 0,239 0,632 0,219 Schwefelsäure 0,132 0,282 0,121 Kali 2,254 2,404 2,320 Natron 0,389 0,614 0,484 100,000 100,000 100,000 Quarzsand 48,011 40,903 31,720 Thon 36,924 43,906 55,418 Kalifeldspath 4,858 4,414 3,234 Natronfeld&path . . . 1,531 2,770 1,512 91,324 91,993 91,884 Aus den obigen Uebersichten über die analytischen Kesultate ergiebt sich schon deutlich der Zusammenhang, in welchem das untersuchte Gestein zu dem betreffenden Boden steht ; derselbe tritt noch bestimmter hervor, wenn wir die gegenseitigen Mengen- verhältnisse einzelner Bestandtheile etwas näher betrachten und zunächst einen Blick werfen auf die Zusammensetzung der durch Salzsäure und durch Schwefelsäure aufschliessbaren Thonsub- stanz; es wurde gefunden: 1. Gesteine. Salzsäure-Auszug. Schwefelsäure- Auszug. Thonerde . . 1,2277= 34,15 Proc. 1,2804= 34,21 Proc. Kieselsäure . 2,3670= 65,85 „ 2,4687= 65,79 ^ 3,5947 =: 100,00 3,7491 = 100,00 2. Ackerkrume. Thonerde . . 3,1440= 46,48 Proc. 3,2117= 36,47 Proc. Kieselsäure . _3^199=^53^^^ ^^^J^^^'^." 6,7639 = 100,00 8,8024 = 100,00 3. Untergrund. Thonerde . . 5,7914= 44,26 Proc. 6,4880= 36,80 Proc. Kieselsäure . 7,2948= 55,74 „ 11,1426= 63,20 „ 13,0862 = 100,00 17,6306 = 100,00 — 186 — Hier bemerkt man ein entschieden übereinstimmendes Ver- halten; nur die im Gestein durch Salzsäure zersetzte Thonsub- stanz ist an Kieselsäure reicher, als die entsprechende Masse in der Ackerkrume und im Untergrunde. Jedoch kommt dies bei der dort geringeren absoluten Thonmenge wenig in Betracht und erklärt sich auch aus dem überhaupt relativ grossen Kieselsäure- gehalt des Gesteins. Dagegen ist es bemerkenswerth, dass überall die Einwirkung der Salzsäure und Schwefelsäure auf die vorhandene Thonsubstanz die gleiche gewesen ist, von der letzteren nämlich durch die kochende Salzsäure stets etwas weniger als die Hälfte der Gesammtmenge zersetzt wurde. Das Verhältniss von Kali zum Thon oder vielmehr zu der in letzterem enthaltenen Thonerde ist , wie wir aus früheren Unter- suchungen wissen, charakteristisch für die einzelnen Bodenarten und auch wichtig für die Beurtheilung der natürlichen Frucht- barkeit derselben. In den hier vorliegenden Analysen wurde das betreffende Verhältniss folgendermassen gefunden: Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Salzsäure-Auszug . . 1 : 6,41 1 : 10,39 1 : 11,21 Schwefelsäure-Auszug . 1 : 13,42 1 : 11,26 1 : 12,27 Im Mittel . 1: 8,74 1:10,81 1: 11,74 In dem Salzsäure - Auszug des Gesteins ist das erwähnte Verhältniss ein engeres, übereinstimmend mit der ganz gewöhn- lichen Erscheinung, dass bei der Verwitterung der Kalksteine das darin enthaltene Kali anfangs rascher, später immer lang- samer dem Auswaschen unterliegt, während die Thonerde voll- ständig auf primärer Lagerstätte zurückbleibt. Wenn man zu der thonigen, durch Salz- und Schwefelsäure aufschliessbaren Substanz ausser dem Kali auch noch das Eisen- oxyd hinzurechnet, so ergeben sich nach den obigen Analysen in 100 Theilen dieser Gegammtmasse : Ackerkrume. Untergrund. Thonerde . . 36,71 Proc. 35,84 Proc. Eisenoxyd. . 6,70 « 7,56 „ 187 Ackerkrume. Untergrund. Kali . . . 3,40 , 3,05 Proc. Kieselsäure . 53,19 , 53,37 „ 100,00 100,00 Die Uebereinstimmung der beiderseitigen Zahlen ist, wie man sieht, eine sehr grosse und dasselbe ist auch bezüglich der durch Flusssäure aufgeschlossenen s a n d i g e n Substanz der Fall die letztere nämlich enthielt in 100 Theilen, nach Abzug der in kohlensaurem Natron löslichen Kieselsäure: Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Magnesia . 0,16 Proc. — Proc. -- Proc. Thonerde . 2,36 „ 2,71 , 5,24 „ Kali . . 1,50 y, 1,55 , 1,37 „ Natron . . 0,33 , 0,68 „ 0,45 , Kieselsäure 95,65 „ 95,06 y, 92,94 „ 100,00 100,00 100,00 In dem Untergrunde ergab sich für die betreffende Masse ein etwas grösserer Thonerdegehalt, was aber offenbar durch den zufälligen Umstand bedingt ist, dass die Einwirkung der konzen- trirten Schwefelsäure keine ganz vollständige war und daher in dem Rückstande vom Schwefelsäure-Auszug eine kleine Menge von unzersetztem Thon zurückblieb. Jeder Zweifel über die Zusammengehörigkeit der hier unter- suchten Materialien wird wohl völlig verschwinden, wTnn man sieht, wie leicht und ungezwungen die Entstehung der Acker- krume aus Gestein und Untergrund unter deren zusammen- wirkendem Einfluss sich erklären lässt. Man braucht nur die Summe der einzelnen Bestandtheile von 100 Gewichtstheilen des Gesteins und von 70 Gewichtstheilen des Untergrundes auf pro- centige Verhältnisse zu berechnen und die so erhaltenen Zahlen mit den bei der Analyse der Ackerkrume direkt gefundenen zu vergleichen ; nämlich 188 — 100 Theile 70 Theile In Ackerkrume. Gestein. Untergrund. Summa. Berechnet. Gefunden- Kieselsäure . . . Thonerde . . . Eisenoxyd . . . Manganoxyduloxyd Kohlensaurer Kalk Kalk . . . Magnesia Phosphorsäure Schwefelsäure Kali . . . Natron . . 15,9881 + 32,4717= 48,4598 2,8854 -f 19,9213= 13,8067 0,4965+ 2,0150= 2,5115 0.0279+ 0,1232= 0,1511 79,0851 + 22,3946 = 101,4797 0,1658-1- 0,0414= 0,2072 0,7209-+- 0,5366= 1,2575 0,0501+ 0,1044= 0,1545 0,0275+ 0,0575= 0,0850 0,4713+ 1,1037= 1,5750 0,0814 -h 0,2306= 0,3120 Proc. 28,5058 8,1216 1,4773 0,0889 59,6939 0,1219 0,7397 0,0909 0,0500 0,9265 0,1835 Proc. 28,5971 7,6643 1,3044 0,1874 60,1434 Spur 0,5367 0,2518 0,1122 0,9580 0.2447 100,0000 + 70,0000 = 170,0000 100,0000 100,0000 Für die durchaus vorherrschenden Bestandtheile der Acker- krume ergiebt sich also eine fast völlige Uebereinstimmung der betreffenden Zahlen: Berechnet. Gefunden. . 28,5058 Proc. 28,5971 Proc. Kieselsäure . . . Thonerde . . . Eisenoxyd . . . Kohlensaurer Kalk Magnesia . . . Kali Natron . . . . 8,1216 1,4773 59,6939 0,7397 0,9265 0,1835 7,6643 1,3044 60,1434 0,5367 0,9580 0,2447 99,6683 99,4486 Von den weiteren Bestandtheilen kommt nur noch die Phos- phorsäure und allenfalls die Schwefelsäure in Betracht, für welche beiden Stoffe die Berechnung um über die Hälfte niedrigere Zahlen ergab, als die direkte Analyse der Ackerkrume. Diese Differenz gleicht sich aber vollständig aus, wenn wir jetzt eben- falls näher untersuchen, auf welche Weise die erdige Masse des Untergrundes aus dem ursprünglichen Gestein durch Verwitterung entstanden ist. In dem hier untersuchten Gestein, sowie in der Acker- krume und im Untergrunde ist das VerhHtniss zwischen Thon- — 189 ~ erde und Kieselsäure kein konstantes ; es wird vielmehr in der angegebenen Keihenfolge ein immer engeres , nämlich : Thonerde. Kieselsäure. Gestein . 2,8854 : 15,9881 --= 1 : 5,54 Ackerkrume 7,6643 : 28,5871 = 1 : 3,73 Untergrund 15,6018 : 46,3881 = 1 : 2,97 Hieraus ergiebt sich mit aller Bestimmtheit, dass die Acker- krume und der Untergrund nicht direkt aus dem darin noch vor- handenen und zur Analyse benutzten Gestein entstanden sind, also nicht etwa verschiedene Verwitterungsstufen desselben dar- stellen, dass vielmehr die erdige Masse zunächst des Unter- grundes aus einem schon ursprünglich an Kieselsäure ärmeren Kalkstein gebildet worden ist. Es haben nämlich von dem Ge- stein zuerst die an Kieselsäure ärmeren und also an Thon reicheren Parthien sich abgelöst oder aus einer derartigen Schicht ist durch Verwitterung, unter Auslaugen von kohlen- saurem Kalk, die erdige Masse des Untergrundes entstanden, während später auch das zurückgebliebene und theilweise jetzt noch als Trümmerstücke vorhandene, an Kieselsäure reichere Gestein ebenfalls der Verwitterung unterlag und in seinem Zer- fall vermischt mit der erdigen Masse des Untergrundes, wie wir gesehen haben, das Material zur Bildung der jetzigen Acker- krume lieferte. Wenn die im Untergrunde noch vorhandenen Gesteinstrümmer nach und nach zu einem erdigen Pulver zer- fallen, so muss also allmählich immer mehr von einer Masse sich bilden, welche eine ganz ähnliche und schliesslich dieselbe Zusammensetzung haben wird, wie sie in der obersten Boden- schicht, in der eigentlichen Ackerkrume wirklich gefunden wor- den ist. Um die Entstehung der erdigen Masse des Untergrundes zu erklären, muss man von den Bestandtheilen des cliemisch untersuchten Kalksteins 7 V2 Proc. Kieselsäure in Abzug bringen und den Rest (92^2 Proc.) nach Massgabe der direkt gefundenen Zusammensetzung wieder auf 100 reduciren; 500 GewJchtstheile eines solchen Gesteins würden alsdann bei der Verwitterung — 190 - ziemlich genau 100 Gewichtstheile des Uutergrundes geliefert haben, wie folgende Rechnung zeigt: Ursprüngl. ÖÖGTheile. lOOTheile. Differenz. Gestein. Gestein, Untergrund. 9,1763 45,8815 — 46,3881 = -t- 0,5066 8,1194 15,5970 - 15,6018 = -h 0,0048 0,5368 2,6840 — 2,8785 = + 0,1945 0,0302 0,1510 — 0,1760 = -4- 0,0250 85,4974 427,4870 - 31,9923 = — 395,4947 0,1792 0,8960 — 0,0592 = — 0,8368 0,7793 3,8965 — 0,7666 = — 3,1299 0,0542 0,2710 - 0,1492 = — 0,1218 0,0297 0,1485 — 0,0822 ^ — 0,0663 0,5095 2,5475 - 1,5767 = - 0,9708 0,0880 0,4400 — 0,3294 = - 0,1106 Kieselsäure . . Thonerde . . . Eisenoxyd . . . Manganoxyduloxyd Kohlensaurer Kalk Kalk Magnesia . . . Phosphorsäure . Schwefelsäure . . Kali Natron .... 100,0000 500,0000 100,0000 400,0000 Dass bei der Verwitterung des Kalksteins besonders viel kohlensaurer Kalk und ebenso verhältnissmässig viel Magnesia ausgewaschen wird, ist selbstverständlich ; ferner wird dabei bis zu einem gewissen Stadium immer ein grösserer oder geringerer Theil der ursprünglich vorhandenen Alkalien und meist auch von Eisenoxyd entfernt. Im vorliegenden Falle war im Unter- grund ebenso viel und sogar noch ein wenig mehr an Eisen- und Manganoxyd vorhanden, als in der betreffenden Gesteins- masse sich berechnet und dies scheint anzudeuten, dass das ursprüngliche Gestein vielleicht etwas mehr von diesen Metall- oxyden enthielt, als hier angenommen wurde; jedoch handelt es sich dabei jedenfalls nur um sehr geringe Differenzen. Ein be- sonderes Interesse gewährt es, dass die bei der Entstehung des Untergrundes gleichsam disponibel werdende Schwefelsäure und namentlich die Phosphorsäure in der Ackerkrume sich an- gesammelt hat oder vielmehr, dass durch eine vielleicht viel- tausendjährige wilde Vegetation, in neuerer Zeit möglicherweise auch in Folge der Kultur die Phosphorsäure nach und nach dem Untergrund entzogen und in der obersten Schicht des Bodens angehäuft wurde. Es ist dies eine Erscheinung, wie ich sie auch bei der Untersuchung der oberen plattenförmigen Ab- — 191 — lageiuugen des buuteu Sandsteins beobachtete* und nicht selten bei einem Verwitterungsboden vorkommt, auf welchen die Vege- tation lange Zeit hindurch eingewirkt hat, während in vielen anderen Fällen, wenn nämlich die Verwitterungsmasse noch mehr ihre ursprüngliche Beschaffenheit beibehalten hat, der Unter- grund ebenso reich und selbst noch reicher ist an Phosphor- säure, als die oberste Schicht des Bodens, welche vielleicht erst seit kurzer Zeit der Vegetation zugänglich wurde. Aus dem Obigen ist ersichtlich, wesshalb die Ackerkrume bedeutend reicher an kohlensaurem Kalk gefunden wurde, als der Untergrund. Es ist dies nämlich auf den ersten Blick auf- fallend, da der Untergrund auf dem noch kalkreicheren Gestein auflagert, dem letzteren also näher sicli befindet als die Acker- krume. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der Untergrund aus einer grossen Masse von groben Gesteinstrümmern und aus wenig pulverigem Boden besteht, die Ackerkrume dagegen mehr an pulveriger Substanz und weniger Steine enthält. Offenbar hat es eine Zeit gegeben, wo die ganze, damals noch in ge- ringerer Menge vorhandene Verwitterungsmasse ziemlich die gleiche mechanische Beschaffenheit und chemische Zusammen- setzung hatte , wie der jetzige Untergrund. Indem aber die Gesteinstrümmer, zunächst ohne wesentliche Veränderung in den gegenseitigen Verhältnissen ihrer Bestandtheile, in immer kleinere Stücke und schliesslich zu einem feinen Pulver zerfallen , muss die eigentliche Bodenmasse an Menge zunehmen und procentig immer reicher werden an kohlensaurem Kalk, in dem Grade als die Verwitterung von oben nach unten fortschreitet. Es ist eben charakteristisch für die thonreichen Kalksteine, dass sie leicht mürbe werden und zu Pulver zerfallen, ehe noch eine be- trächtliche Menge von kohlensaurem Kalk durch Auswaschen entfernt worden ist, dass sie also einen oft sehr kalkreichen Kulturboden liefern, während die thonarmen Kalksteine fast voll- ständig vom Kalk befreit werden, bevor sie eine entsprechend * S. meine Abhandlung in den Jahreshefteu des Vereins von 1867, S. 78 ff. — 192 — geringe Menge von bodenbildendem Material abgeben ; im letzteren Falle sind häutig gar keine deutlichen üebergangsstufen aufzu- finden zwischen dem ursprünglichen sehr kalkreichen Gestein und dem daraus entstandenen meist kalkarmen Verwitterungsboden. In agrikulturchemischer Hinsicht verdient die Phosphor- säure als Bodenbestandtheil in erster Linie Beachtung. Es wurde davon gefunden in Procenten des lufttrocknen Materiales: Löslich in Gestein. Untergrund. Ackerkrume kalter Salzsäure a. . 0,0423 Proc. 0,0906 Proc. 0,1736 ^' • Q>Q473 ^ 0,1088 y^ _ 0,1568 Mittel 0,0448 Proc. 0,0997 Proc. 0,1652 heisser Salzsäure* . 0,0480 „ 0,1291 „ 0,2240 Aus dem Gesteinspulver kann schon mit kalter Salzsäure fast die ganze Menge der Phosphorsäure, nämlich 93,5 Proc. extrahirt werden, während von der im Untergrund und in der Ackerkrume vorhandenen Phosphorsäure relativ etwas weniger in kalter Salzsäure auflöslich ist, nur 77,2 und 73,7 Proc. Die Gesammtmenge der Phosphorsäure ist eine beträchtliche, zunächst in der Ackererde, wie man besonders deutlich erkennt, wenn man dieselbe auf Procente der geglühten Substanz (a), sowie auf Procente des nach Abzug des kohlensauren Kalkes verbleibenden Restes berechnet (b). Gestein. Ackerki^ume. Untergrund, a . . . 0,0501 0,1492 0,2518 b . . . 0,2390 0,2190 0,6320 Ueber das Verhalten des Kali geben die folgenden Zahlen Auskunft. In Procenten der lufttrocknen Gesteins- und Boden- masse ist an Kali zugegen: Löslich in Gestein. Ackerkrume. Untergrund. 1. kalter Salzsäure 0,0264 0,0861 0,0613 2. heisser „ 0,1652 0,2166 0,4552 3. Schwefelsäure . . 0,0954 0,2851 0,5288 4. Flusssäure . . . Im Ganzen 0,1649 0,2644 0,3203 0,4519 0,8522 1,3656 * Die in heisser Salzsäure lösliche Phosphorsäure wurde als Ge- sammtmenge der letzteren im Boden angenommen. — 193 — Also in Procenten der gesammten Kalimenge war auflöslicli in 1. kalter Salzsäure . 5,84 10,10 4,50 2. heisser „ . 36,56 25,42 33,33 3. Schwefelsäure . . 21,11 33,45 38,72 4. Flusssäure . . . 36,49 31,03 23,45 100,00 100,00 100,00 Es betrug ferner Gestein. Ackerfirume. Untergrund. 1 in Proc. von 1 + 2 . . . 13,8 28,4 11,9 1 + 2 in Proc. von 1+2+3 66,8 51,5 49,4 1+2+3 in Proc. von 1+2+3+4 63,5 69,0 76,5 Im Ganzen war an Kali vorhanden in Procenten der geglühten Substanz .... 0,4713 0,9580 1,5767 do. nach Abzug von kohlens. Kalk 2,254 2,404 2,320 Endlich war das Verhältniss von Kali : Natron, wie .... 1:0,173 0,255 0,209 Wir haben oben nachgewiesen, dass das Bodenpulver des Untergrundes aus einem an Kieselsäure ärmeren und also ent- sprechend thonreicheren Kalkstein, als derjenige ist, von welchem gegenwärtig noch grössere oder geringere Trümmer im Boden vorkommen, entstanden sein muss und dass ferner die Acker- krume als ein Gemenge der weiter zerfallenen Gesteinstrümmer und der pulverigen Masse des Untergrundes anzusehen ist. Hier- mit übereinstimmend musste in der Eeihenfolge von Gestein, Ackerkrume und Untergrund das durch Flusssäure gelöste, also in den sandigen Theileu der untersuchten Materialien enthaltene Kali im Verhältniss zur Gesammtmenge des letzteren stetig ab- nehmen, während das Quantum des durch Schwefelsäure gelösten Kali mit dem steigenden Thongehalt sich erhöhte. Die Summe des in kalter und heisser Salzsäure löslichen Kali in Procenten der Gesammtmenge desselben ist überall eine ziemlich gleiche, nur dass in der Ackerkrume, unabhängig von deren Entstehung, hauptsächlich durch den kräftiger eingreifenden Verwitterungs- process und vielleicht auch durch langjährige Kultur bedingt, die Menge des in kalter Salzsäure löslichen Kali relativ und auch absolut grösser ist, als im Gestein und im Untergrunde. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1878. 13 — 194 — Im Ganzen ist die procentige Menge des Kali, zunächst in der lufttrocknen Substanz der kalkreichen Ackerkrume nicht sehr beträchtlich; sie erhebt sich aber wenigstens zu dem mittleren Gehalt anderer Kulturböden, wenn man dieselbe nach Abzug des kohlensauren Kalkes auf den alsdann bleibenden Rest des Bodens allein bezieht. Das Natron kommt als Bestandtheil des Kultur- bodens nicht wesentlich in Betracht und es ist auch die Be- stimmungsmethode weniger zuverlässig als bei dem Kali und anderen Stoffen; das Verhältniss von Kali zum Natron wurde gefunden im Auszug mit Gestein. Untergrund. Ackerkrume. kalter Salzsäure . . 1 : 0,693 1 : 0,372 1 : 0,315 heisser , • • 1:0,024 1:0,017 1:0,162 Schwefelsäure . . 1:0,206 1:0,285 1:0,187 Flusssäure . . . . _l^^,2^7^_1^324_jLj^,383^_ Im Ganzen 1 : 0,173 1 : 0,209 1 : 0,255 Die Gesammtmenge des Kali im Untergrund und in der Ackerkrume ist die vier- bis fünffache von derjenigen des Natron; durch kalte Salzsäure wird von dem letzteren, wie es auch sonst oft zu beobachten ist, verhältnissmässig weit mehr extrahirt als ' bei der darauf folgenden Behandlung mit heisser Salzsäure, während im Schwefelsäure-Auszug und noch mehr in der mit Flusssäure aufgeschlossenen Masse die Menge des Natrons im Verhältniss zum Kali wiederum zunimmt. Bei der Analyse des sandigen Rückstandes, welcher mit Flusssäure aufgeschlossen wurde, ergaben sich solche Ver- hältnisse der Bestandtheile, dass daraus, nach Abzug der m kohlensaurem Natron löslichen Kieselsäure und einer kleinen Menge von Thon, welche durch die vorausgehende Behandlung mit Schwefelsäure unzersetzt geblieben war, in 100 Theilen dieser sandigen Masse durch Rechnung gefunden wurde: Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Kalifeldspath . . 8,93 9,18 8,83 Natronfeldspath . 2,81 5,76 4,15 Quarzsand . . . _^8^26____^M6____87,02_ 100,00 100,00 100,00 195 — Es ist dies, gegenüber von anderen Bodenarten ein an- näliernd mittlerer Gehalt der sandigen Masse an feldspathartigen Verbnidungen; derselbe ist jedoch sehr unbedeutend, wenn man Ihn auf die gesammte lufttroclcene Masse des Gesteins oder Bodens bezieht, nämlich in Procenten: ■ Gestein. Ackerkrume, üntergroid. Kahfeldspath .... o,974: 1,5670 1 8943 Natronfeldspath . . . 0,3071 0,9832 o'8899 ^'"''•^«''»'i 9,6275 14,5194 3,6701 Der in Rede stehende Verwitterungsboden hat bei seinem grossen Gehalt an kohlensaurem Kalk und bei dem reichlichen Vorkommen von grösseren oder kleineren Gesteinstrümmern eine ziemlich unfertige Beschaffenheit, während eine fahlgraue Farbe d.e theilweise mit der relativ geringen Menge von Eisenoxyd im' Zusammenhange steht, ihm den Anschein einer gewissen Trägheit und Unthätigkeit giebt. Die letztere ist jedoch nur scheinbar vorhanden; allerdings würde die Ackerkrume und mehr noch der Untergiund bei abnehmendem Kalkgehalt und schliesslich voUigem Verschwinden desselben immer mehr den Charakter eines zahthomgen Bodens annehmen, da der Thon theilweise über die sandi- gen Gemengtheile vorherrscht. Wenn man zu dem Quarzsand die feldspathartigen Verbindungen hinzurechnet, so würde in Procenten der ganz kalkfreien geglühten Masse vorhanden sein: o ,. „ Gestein. Äckerkrume. Untergrund. Sandige Gemengtheile . . 54,400 48,087 36 466 ^'™'-'^'^''" 36,924 43,906 55,'418 Jedoch kann bei dem grossen Kalkgehalt des Bodens von emer zähthonigen und somit unthätigen Beschaffenheit desselben nicht die Rede sein; höchstens wird eine solche bei der erdigen Masse des Untergrundes sich einigermassen bemerkbar machen fcs enthielt nämlich im lufttrocknen Zustande: ■.^ ,, Ackerkrume. Untergrund. Kohlensaurer Kalk .... 53,5000 Proc. 27,6888 Proc. Sandige Gemengtheile . . . 17,0696 , 214543 ^''"'^''^0- 15,5663 , 32,6205 ! 13 — 196 — An den Stellen, wo der Boden in seiner krümeligen Masse eine genügende Tiefe besitzt, muss er für die Kultur als brauch- bar bezeichnet werden; für seine Güte und natürliche Frucht- barkeit spricht namentlich auch der relativ hohe Phosphorsäure- gehalt, sowie der Umstand, dass das Verhältniss von Thonerde und Kali kein ungünstiges, vielmehr ein mittleres ist, wenn auch die Gesammtmenge des Kali, auf Procente des lufttrocknen Bodens bezogen, gerade nicht als eine reichliche erscheint. Wir werden später auf diese Verhältnisse zurückkommen, wenn wir die aus verschiedenen Kalksteinen hervorgegangenen Bodenarten hin- sichtlich der Menge und Löslichkeit ihrer Bestandtheile einer vergleichenden Betrachtung unterwerfen. 2. Obere Schichten des Krebsscheerenkalkes mit Feuersteinknollen. In der Nähe von Böhmerkirch sind die oberen Schichten des Krebsscheerenkalkes in einem grossen Steinbruch gut aufge- schlossen und man findet dort auch Gesteinsstücke, an welchen die Art und Weise der Verwitterung deutüch zu erkennen ist. Es sind nämlich grössere und kleinere, plattenförmig abgeson- derte oder massige Gesteinsstücke vorhanden, an welchen die äusserste Kruste ganz mürbe und leicht zerreiblich ist, das un- verwitterte Innere aber eine noch feste und harte Beschaffenheit hat. Diese mürbe Kruste bildet immer nur eine schwache, kaum 5 — 6 Millimeter dicke Schicht; dieselbe bröckelt leicht ab und zerfällt zu einem zarten Pulver, aus welchem alsdann, wie es scheint, der kohlensaure Kalk ausserordentlich rasch aufgelöst und ausgewaschen wird. Wenigstens findet mau ein derartiges kalkreiches Pulver nirgends in grösserer Menge augesammelt, dasselbe dient in keiner Weise als bodenbildendes Material; da- gegen ist nicht selten eine sehr thonige, fast ganz kalkfreie Masse anzutreffen, welche von oben her die Spalten des an- stehenden Gesteins ausfüllt oder zwischen den obersten platteu- förmigen Absonderungen eingelagert ist. Wu' haben also hier- nach zunächst dreierlei zur chemischen Untersuchung geeignetes und derselben bedürftiges Material, nämlich 1. das ursprüngliche — 197 — feste Gestein, 2. die mürbe Verwitterungsschicht, welche oft die der Luft ausgesetzten Flächen des Gesteins über- zieht und 3. die erwähnte thonige Masse als vielleicht letztes Produkt der Verwitterung. Die zerreibliche und ganz verwitterte Kalkmasse liess sich leicht von den betreffenden Gesteinsstücken ablösen und indem man den inneren festen Kern der letzteren ebenfalls der che- mischen Analyse unterwarf, konnte man also die Veränderungen ermitteln, welche das Gestein auf seiner ersten Verwitterungs- stufe erleidet, bis zum Zerfallen zu einer lockeren pulverigen Masse. Diese zuerst gebildete, noch sehr kalkreiche Substanz verschwindet, wie schon erwähnt wurde, sehr rasch; zwischen derselben und der fast kalkfreien thonigen Masse habe ich keine Zwischenstufen auffinden können. Die thonige Masse ist mehr oder weniger mit Feuerstein (Hornsteinen) vermischt ; sie kommt aber in kleineren Partieen auch fast ganz ohne die letzteren vor. Das zur Analyse benutzte Material hinterliess in 2430 Grm. auf einem Siebe mit 3 Millimeter weiten Löchern nur 43 Grm oder 1,8 Proc. von kleinen Feuersteinstückchen. Fast überall, wo die oberen Schichten des Krebsscheeren- kalkes einen meist flachgründigen Verwitterungsboden gebildet haben, sind die Felder und Weiden von magerer Beschaffenheit; sie erscheinen oft sogar ganz öde und unfruchtbar, was aber weniger, wie wir sehen werden, durch die mangelhafte Zusammen- setzung des eigentlichen Bodenpulvers bedingt ist, als vielmehr mit dem massenhaften Vorkommen von Feuersteiuknollen im Zu- sammenhange 8teht. Die Flächen sind oftmals wie übersäet oder förmlich wie gepflastert mit faustgrossen und noch grösseren Feuersteinknollen oder zersplitterten Stücken derselben und einer einigermassen lohnenden Kultur muss das mühsame und umständ- liche Absammeln dieser Steine vorausgehen, während bei der Bestellung des Feldes davon immer neue Exemplare zum Vor- schein kommen. Ausserdem sind kleinere, mehr oder weniger rundliche Stücke in unzähliger Menge vorhanden; in 5530 Grm. einer Bodenprobe, aus welcher alle grösseren Knollen schon ent- fernt waren, fand man solche von Erbsen- bis Nussgrösse, die — 198 — also auf einem Siebe mit 3 Millimeter weiten Löchern zurück- blieben, 1520 Grm oder 27,5 Proc. Von der abgesiebten Acker- erde, sowie von den Feuersteinknollen mussten geeignete Proben ausführlich analysirt werden, so dass also aus dem Gebiete der in Rede stehenden Gebirgsformation 5 verschiedene, mit einander gleichsam ein Ganzes bildende oder sich gegenseitig ergänzende Materialien zur chemischen Untersuchung gelangten. Die Resul- tate dieser Untersuchungen stelle ich hier zunächst übersichtlich in derselben Weise zusammen, wie es auch bei den anderen, in der vorliegenden Abhandlung oder schon früher von mir ver- öffentlichten Boden- und Gesteiusanalysen geschehen ist. Das feste ursprüngliche und auch das schon verwitterte mürbe Gestein war so reich an kohlensaurem Kalk, dass es als unnöthig erscheinen musste, diese beiden Materialien einer ebenso ausführlichen Untersuchung zu unterwerfen, wie die Thonmasse und die Ackererde. Es war genügend, die Menge der in heisser Salzsäure löslichen Bestandtheile zu ermitteln und ausserdem den darin unlöslichen Rückstand mit Flusssäure aufzuschliessen. Es ergaben sich für die betreffenden Materialien folgende Resultate in Procenten der völlig lufttrocknen Substanz: A. Auszug mit kalter Salzsäure. Thonmasse. Ackererde. Kieselsäure in der Lösung 0,0147 0,0078 Schwefelsäure 0,0272 0,0235 Phosphorsäure 0,1478 0,0732 Kohlensaurer Kalk 1,1912 2,1418 Kalk - — Magnesia 0,0805 0,1089 Eisenoxyd 3,8125 1.8740 Thonerde 2,3562 1,3353 Manganoxyduloxyd 0,1250 0,1665 Kali 0,0487 0,0560 Natron 0,0241 0,0147 6,8279 5,8017 Kieselsäure, löslich in kohlensaurem Natron 2,2320 1,1120 — 199 — B. Auszug mit heisser Salzsäure. Hierzu wurden bei dem festen und verwitterten Gestein je 100 Grm., bei Thonmasse und Ackererde je 150 Grm. der frischen lufttrocknen, entsprechend vorbereiteten Substanz in Arbeit genommen. Festes Gestein. Mürbes Gestein. Kieselsäure in d. Lösung Schwefelsäure Phosphorsäure Kohlensaurer Kalk Kalk . . . Magnesia . . Eisenoxyd . . Thonerde . . Manganoxyduloxyd Kali . . . Natron . . . 0,0410 0,0509 93.4000 89,7000 1,5200 0,0313 0,1419 Spur 1,9200 0,0296 0,0443 Thon- masse. 0,1470 0,0338 0,1700 1,2582 0,2238 5,3775 8,8025 0,3475 0,2863 0,0383 Acker- erde. 0,1046 0,0183 0,0875 2,3187 0,1134 2,0386 2,9552 0,4467 0,1510 0,0228 95,1342 91,7448 16,6649 8,2568 Kieselsäure , löslich in kohlensaurem Natron Eil '.kstand, geglüht . . Glühverlust . . . . 5,0595 7,7775 11,6907 3,9971 57,2918 78,0504 13,9799 8,7041 100,1937 99,5223 99,6273 99,0084 C. Rückstand von B. mit Schwefelsäure behandelt. Thonmasse. Ackererde. 1 Kalk 0,0138 Magnesia 0,2124 Eisenoxyd 0,5223 Thonerde 8,5237 Kali 0,3047 Natron 0,0649 ~9,6418~ Kieselsäure, löslich in kohlensaurem Natron 11,5908 Rückstand, geglüht 36,9180 0,0811 0,2130 0,3153 4,0417 0,3448 0,0615 ' 5,0574 5,6076 67,2886 58,1506 77,^9536 200 D. Rückstand mit Flusssäure aufgeschlossen. Bei dem festen und mürben Gestein wurde der Rückstand von dem Salzsäure-Auszug (B) , bei Thonmasse und Ackererde der Rückstand von dem Schwefelsäure-Auszug (C) mit Flusssäure behandelt. Festes Gestein. Kalk 0,0080 Magnesia 0,0190 Thonerde 0,3655 Kali 0,0512 Natron 0,0254 Kieselsäure .... 4,5904 5,0595 7J775 3679180 67,2886 Die Gesammtmenge der einzelnen Bestandtheile, auf Pro- cente der lufttrockenen Substanz berechnet, beträgt hiernach: Mürbes Thon- Acker- Gestein. masse. erde. 0,0103 0,0886 0,1211 0,0318 — Spur 0,4642 0,2843 2,5099 0,0683 0,3766 0,6527 0,0333 0,5242 0,8209 7,1696 35,6443 63,1840 Festes Gestein. Proc. Kieselsäure, unlöslich' „ löslich Thonerde, löslich . „ unlöslich * Eisenoxyd . . Mangauoxyduloxyd Kohlensaurer Kalk Kalk .... Magnesia , . . Phosphorsäure . Schwefelsäure . Kali .... Natron . . . Glühverlust . . Stickstoff . . Mürbes Gestein. Proc. 4,5904 7,1696 1,8855 2,3842 93,4000 89,7000 0,0080 0,0103 Thon- Acker- masse, erde. Pros. Proc. 35,6443 63,1840 23,4285 9,7093 0,0190 0,0410 0,0825 0,1673 0,0318 0,0509 0,0979 0,0776 17,3262 0,2843 5,8998 0,3475 1,2582 0,1024 0,4362 0,1700 0,0338 0,9676 0,6274 13,9799 6,9969 2,5068 2,3539 0,4467 2,3187 0,2022 0,3264 0,0875 0,0183 1,1485 0,9052 8,7041 100,1937 99,5223 100,5061 98,9116 — — ' 0,1716 0,1491 * Vgl. S. 183, Anmerkung. — 201 — In Procenten der geglühten, also wasser- und humnsfreien Substanz erhält man: Thonmasse. Ackererde. Kieselsäure . . . 68,2736 80,8063 Thonerde . . . 20,3528 10,5388 Eisenoxyd . . . 6,8185 2,6094 Manganoxyduloxyd 0,4016 0,4952 Kohlensaurer Kalk 1,4541 2,5704 Kalk 0,1183 0,2241 Magnesia . . 0,5041 0,3618 Phosphorsäure . 0,1965 0,0970 Schwefelsäure . , 0,0391 0,0203 Kali .... 1,1181 1,2732 Natron . . . 0,7251 1,0035 100,0000 100,0000 Quarzsand . . . 34,8568 61,2931 Reiner Thon . 47,1010 19,6908 Kalifeld spath . 2,5771 4,2816 Natroufeldspath . 5,1328 7,7129 89,6677 92,9784 Es ist selbstverständlich, dass die mürbe, leicht zerreibliche und abfärbende Gesteinsmasse durch Verwitterung aus dem festen Gestein hervorgegangen sein muss, denn die erstere haftet noch an der Oberfläche des letzteren an und bildet eine meistens dünne Schicht um den festen Kern. Ebenso lässt das oben an- gedeutete Vorkommen der „Thonmasse" einen nahen Zusammen- hang derselben mit dem anstehenden Gestein vermuthen. In- wiefern dieses wirklich der Fall ist, wird aus der folgenden Zu- sammenstellung und den daran sich anschliessenden weiteren Er- örterungen sich ergeben. Wir gehen hierbei aus von dem Kiesel- säuregehalt der untersuchten Materialien , da die Menge der Thonerde in dem Gestein nicht für sich allein, sondern nur ge- meinschaftlich mit dem Eisenoxyd bestimmt worden ist. Die Rechnung ergiebt, dass zunächst 100 Gewichtstheile des „mürben" — 202 Gesteins aus 156,2 Gewichtstheilen der ursprünglichen festen Masse gebildet worden sind, nämlich: Mürbes Gestein Differenz. Theilen. 100 Theile. 7,1696 — Ursprüngliches Gestein in 100 in 156,2 Theilen. 4,5904 1,8855 2,9452 7,1696 = — 2,3842 = 0,5610 93,4000 145,8908 — 89,7000 = 56,1908 Kieselsäure Thonerde j Eisenoxyd j ' Kohlensaurer Kalk Kalk . . . Magnesia . . Phosphorsäuve . Kali .... Natron ... Ferner können 1487 Gewichtstheile des festen Gesteins nach vollständiger Verwitterung desselben, resp. nach Auslaugung 0,0080 0,0190 0,0410 0,0825 0,1673 0,0125 — 0,0297 — 0,0640 — 0,1289 — 0,2613 — 0,0103 = 0,0318 = 0,0509 = 0,0979 =r 0,0776 = 0,0022 0,0131 0,0310 0,1837 des kohlensauren Kalkes geliefert haben: 100 Gewichtstheile der „Thonmasse'' Festes Gestein Thonmasse in 1487 in 100 Theilen Theilen. gefunden. Differenz. Kieselsäure . . . 68,2736 — 68,2736 = — Thonerde ) Eisenoxyd > 28,0374 — 27,5729 = 0,4645 Manganoxyduloxyd ) Kohlensaurer Kalk 1388,8580 — 1,4541 = 1387,4039 Kalk 0,1189 — 0,1183 = 0,0006 Magnesia . . . . 0,2825 - 0,5041 = + 0,2216 Phosphorsäure . . 0,6097 — 0,1965 = 0,4132 Kali 1,2268 — 1,1183 = 0,1085 Natron .... 2,4878 — 0,7251 = 1,7627 Vorstehende Zahlen lassen den Zusammenhang zwischen dem ursprünglichen Gestein und seinen Verwitterungeprodukten er- kennen. Die Differenz zwischen dem berechneten und gefundenen Gehalt an Eisenoxyd nebst Thonerde ist bei dem mürben Ge- — 203 — stein eine verhältnissmässig grössere als bei der Thonmasse und dasselbe bemerkt man auch hinsichtlich des Kali's. Dies ist freilich an sich nichts Auffallendes, sondern stimmt vielmehr mit anderweitigen Beobachtungen überein, dass nämlich ein Kalkstein in dem ersten Stadium der Verwitterung verhältniss- mp^sig mehr Eisenoxyd und Alkali durch Auswaschen verliert, als bei der später immer vollständiger erfolgenden Entfernung des kohlensauren Kalkes; aber dennoch scheint das hier unter- suchte mürbe Gestein zufällig etwas weniger an Thonerde nebst Eisenoxyd, sowie an Kali, überhauj^t an kalihaltigem Thon ent- halten zu haben, als der mittleren Beschaffenheit dieser Masse entsprechen möchte. In der eigentlichen Ackererde oder überhaupt in dem meist nur flachgründigen Verwitterungsboden findet man eine Unmasse von Feuersteinen, in grösseren oder kleineren Stücken, gewöhnlich knollenförmig abgerundet, oft auch durch mechanische Ursachen zersplittert. Der Bruch ist muschelig, die Masse sehr hart und fest; nur ausnahmsweise kommen Stückchen vor mit erdigem Bruch und von mürber Beschaffenheit, so dass daran eine Verwitterung oder ein allmähliges, wenn auch sehr lang- sames Zerfallen der Feuersteine zu erkennen ist. Die einzelnen Stücke sind auf dem frischen Bruch entweder weiss oder grau, gelb bis braun gefärbt, an der Aussenfläche meistens dunkler und zuweilen wie mit einer an Eisen- und Manganoxyd reichen Kruste umgeben, während der Kern fast farblos ist. Zunächst wurde der ganz feste und harte, weitaus in grösster Masse vorkommende Feuerstein auf seine Bestand- theile untersucht. Man fand in der gepulverten lufttrocknen Substanz 1,038 Proc. Feuchtigkeit (Glühverlust) und 1,348 Proc. von solchen Stoffen, welche in konzentrirter kochender Salzsäure auflöslich waren und vorherrschend aus Eisen- und Manganoxyd nebst wenig Thonerde bestanden, während kaum Spuren von Kalk und Magnesia nachgewiesen werden konnten. Von der in Salzsäure unlöslichen Masse (97,614 Proc. der ursprünglichen lufttrockneu Substanz) wurde ein Theil nach dem Aufschliessen — 204 — mit Flusssäure analysirt; im Ganzen war nach dieser Unter- suchung in dem lufttrocknen Feuerstein enthalten; Feuchtigkeit . . . . 1,0380 Proc. Eisenoxyd und Thonerde 1,9694 , Kalk 0,1329 „ Magnesia Spur Kali 0,1069 „ Natron 0,2168 , Kieselsäure .... 96,5360 „ 100,0000 Anscheinend etwas verwitterte, leichter zerreibliche Stücke ergaben beim Aufschliessen mit Flusssäure einen Gehalt an Kalk von 0,156 Proc. und an Eisenoxyd und Thonerde im Ganzen von 2,483 Proc; die Zusammensetzung war offenbar eine ganz ähnliche wie die des gewöhnlichen festen Feuersteins. Endlich einige kleine, nussgrosse Knollen, welche mit einer dunkelbraunen Kruste umgeben waren und sich leicht pulvern Hessen, enthielten an in Salzsäure löslicher Substanz nicht weniger als 9,09 Proc, fast ausschliesslich aus Eisen und Manganoxyd bestehend ; in dem Eest fand man nach dem Auf- schliessen mit Flusssäure 0,064 Proc Kalk und 1,194 Proc. Thonerde und Eisenoxyd, also wiederum ziemlich entsprechend der obigen Zusammensetzung des gewöhnlichen Feuersteins. Es erscheint nun als die einfachste und natürlichste An- nahme, dass die erdige Masse der Ackerkrume, die eigentliche Fein er de des Kulturbodens aus der weiter oben be- schriebenen thonigen Substanz im Gemenge mit einem gewissen Theil von verwittertem und zu Pulver zerfallenem Feuerstein be- steht. Wenn man die Summe der Bestandttheile von 100 Ge- wichtstheilen der Thonmasse und von 75 Gewichtstheilen des Feuersteins wiederum auf Procente berechnet , so erhält man in der That eine Zusammensetzung, welche derjenigen in mancher Hinsicht ähnlich ist, welche bei direkter Analyse für die Acker- erde gefunden wurde, nämlich: 205 lOOTheile 75Theile . InlOOTh. in Acker- Thon- Feuer- Summa. be- erde ge- masse, stein. rechnet. funden. Kieselsäure . . . 68,274 -h 73,161 = 141,435 80,819 80,803 Thonerde . . . . 20,353 Eiseaoxyd . . . . 6,819 -h 1,493 = 29,066 16,609 13,633 Manganoxyduloxyd . 0,402 Kohlensaurer Kalk. 1,454 — = 1,454 0,831 2,571 Kalk 0,118 ■+- 0,101 = 0,219 0,125 0,224 Magnesia . . . . 0,504 - = 0,504 0,288 0,362 Phosphorsäure . . 0,197 — = 0,197 0,112 0,097 Schwefelsäure . . 0,039 — = 0,039 0,022 0,020 Kali 1,118 -H 0,081 ^ 1,199 0,686 1,273 Natron 0,725 -h 0,164 = 0,889 0,508 1,004 100,000 -f- 75,000 = 175,000 100,000 100,000 Wie man sieht, stimmt die durch Rechnung und die durch direkte Analyse für die Ackererde gefundene procentige Menge der Kieselsäure vollkommen überein und auch die Differenzen im Gehalt an Thonerde nebst Eisen- und Manganoxyd erklären sich grossentheils aus dem Umstände, dass in der Ackererde verhältnissmässig weniger Eisenoxyd vorhanden ist, als in der Thonmasse , wie es schon mehrfach in anderen Untersuchungen bezüglich der oberen Schichten des Kulturbodens gegenüber dem Untergrunde konstatirt worden ist. Die Differenzen für kohlen- sauren Kalk, Kalk und Magnesia kommen natürlich gar nicht in Betracht; die für Phosphorsäure und Schwefelsäure sind sehr gering, während dagegen an Kali und Natron fast genau doppelt so viel durch direkte Analyse gefunden wurde, als nach der angestellten Rechnung sich ergeben würde. Die zu- letzt erwähnte grosse Verschiedenheit der betreffenden Zahlen zeigt deutlich genug, dass die Ackererde nicht einfach als ein Gemenge der Thonmasse und des zu Pulver zerfallenen Feuer- steins aufgefasst werden kann. Dies wird auch bestätigt durch die sehr übereinstimmende Zusammensetzung der „sandigen Sub- stanz", welche sowohl bei der Thonmasse als bei der Acker- erde nach Behandlung derselben mit Salzsäure und Schwefel- säure zurückblieb, also zur Auf Schliessung mit Flusssäure ge- langte. Diese saudige Substanz nämlich enthielt in 100 Theilen: 206 Thonmasse. Ackererde. Mittel. Kalk 0,24 Proc. 0,18 Proc. 0,21 Proc. Thonerde . . . • 0,77 „ 3,73 „ 2,25 , Kali . 1,02 „ 0,97 „ 1,00 , Natron .... . 1,42 „ 1,22 „ 1,32 , Kieselsäure . . . . 96,55 „ 93,90 „ 95,22 „ 100,00 100,00 100,00 Die Menge der Thonerde in der zuerst aufgeführten Analyse ist auffallend niedrig, während dieselbe in der zweiten Analyse etwas mehr beträgt, als dem auf Grund des Alkaligehalts berech- neten Quantum von Kali- und Natronfeldspath entspricht.* Dagegen ist im Uebrigen die Zusammensetzung und namentlich das absolute und gegenseitige Verhältniss der Alkalien in beiden Analysen sehr übereinstimmend gefunden worden und daraus er- sichtlich, dass zur Bildung der sandigen Substanz in der Acker- erde der Feuerstein nicht wesentlich mehr beigetragen hat, als in der Thonmasse ; nur die Gesammtmenge der sandigen Sub- stanz ist im ersteren Falle bedeutend grösser als in dem letzteren. Auch der reine Thon, wie derselbe auf chemischem Wege er- mittelt worden ist, zeigt hinsichtlich seiner Hauptbestandtheile in den beiderlei untersuchten Materialien fast völlig gleiche procentige Mengenverhältnisse. Man fand nämlich: . , j Salzsäure- Schwefelsäure- m\ho] a. Ackererde. . . iViittei. Auszug. Auszug. Thonerde 41,88 Proc. 41,88 Proc. 41,88 Proc. Kieselsäure .... 58,12 „ 58,12 „ 58,12 „ b. Thonmasse. Thonerde 42,65 Proc. 42,38 Proc. 42,52 Proc. Kieselsäure .... 57,35 „ 57,62 „ 57,48 r> * Eine nachträglich wiederholte iVualyse der sandigen Substanz von beiderlei Materialien ergab bei der Ackererde fast dieselbe Zu- sammensetzung, wie sie oben angegeben ist, bei der Thonmasse da- gegen etwas mehr an Thonerde und eine geringere Menge von Al- kalien. Die Differenzen sind jedoch nicht von der Art, dass sie die hier angestellten Berechnungen und Betrachtungen wesentlich zu modificiren vermöchten. — 207 — Hiernach unterscheidet sich die Ackererde nur dadurch von der „Thonmasse", dass sie entsprechend mehr an sandiger Sub- stanz enthält, und in der That, wenn man zu 100 Gewichts- theilen der Thonmasse 100 Gewichtstheile der sandigen Substanz von der oben angegebenen mittleren Zusammensetzung hinzu- addirt und das Ganze wiederum auf Proceute berechnet, so ge langt man auf diese Weise fast zu denselben Mengenverhältnisseiii der Bestandtheile, wie sie für die Ackererde durch die direkte Analyse sich ergeben haben. In dem Folgenden ist die pro- centige Zusammensetzung der Thonmasse und der Ackererde an- gegeben, wie dieselbe nach Abzug des kohlensauren Kalkes (be- ziehungsweise 1,45 und 2,57 Proc.) sich gestaltet. lOOTheile lOOTheile j^ In 100 Th. Acker- Thon- sandige g^jj^j^^^ be- erde ge- masse. Substanz. ' rechnet, fanden- Kieselsäure .... 69,280 + 95,22 = 164,500 82,250 82,934 Thonerde .... 20,653 + 2,25 = 22,903 11,451 10,823 Eisenoxyd .... 6,919 — = 6,919 3,459 2,678 Manganoxyduloxyd . 0,407 - = 0,407 0,204 0,508 Kalk 0,120 -h 0,21 = 0,330 0,165 0,230 Magnesia .... 0,512 — = 0,512 0,256 0,371 Phosphorsäure . . . 0,199 — = 0,199 0,099 0,098 Schwefelsäure . . . 0,039 — = 0,039 0,020 0,021 Kali 1,135 -h 1,00 = 2,135 1,068 1,307 Natron .... . 0,736 -f 1,32 — 2,056 1,028 1,030 100,000 -h 100,00 -= 200,000 100,000 100,000 Die üebereinstimmung der betreffenden Zahlen lässt jetzt, wie man sieht, kaum etwas zu wünschen übrig, namentlich wenn man Eisen- und Manganoxyd zusammenrechnet, was im vor- liegenden Falle wohl um so mehr gestattet ist, als wirklich die Abscheidung des Mangans nach der gewöhnlichen Methode bei der Analyse der hier in Eede stehenden Materialien auffallend schwierig erfolgte. Sogar für Phosphorsäure und Schwefelsäure ergiebt die Rechnung fast genau dieselben Zahlen wie die direkte Analyse und dass bei der letzteren etwas mehr Kali, gleichsam ein kleiner Ueberschuss von dieser Substanz gefunden wurde, befindet sich im Einklang mit der bekannten Erscheinung, — 208 — wonach sehr häufig in der obersten Schicht des Kulturbodens nach und nach eine gewisse Menge von Kali sich angesammelt hat und zwar hauptsächlich in einem relativ leicht, d. h. in Salz- säure und in Schwefelsäure löslichen Zustande. Nach allen im Vorhergehenden angestellten Erörterungen hat es den Anschein, als ob die „Thonmasse" nicht, wie weiter oben angenommen wurde, ein einfaches und direktes Ver- witterungsprodukt des anstehenden Gesteins ist, sondern dass erst nachträglich ein Ausschlämmen dieser Masse aus der „Ackererde" stattgefunden hat, womit auch das Vorkommen der ersteren an dem oberen Rande des Stein- bruches, in kleineren Parthien die vorhandenen Spalten aus- füllend und zwischen Bruchstücken von Kalkstein eingelagert, keineswegs im Widerspruche steht. Es ist nämlich diese Thon- masse nicht etwa durch Aufgraben des Bodens auf dem Acker- felde aus dem Untergründe aufgenommen worden, wie es be- züglich der Materialien aus den unteren thonigen Schichten des Krebsscheerenkalkes der Fall war. Es scheint daher die erdige Masse als Ganzes aus der anstehenden Kalkformation hervor- gegangen zu sein, vermuthlich unter Mitwirkung des allmählig^ verwitterten und zu Pulver zerfallenen Feuersteins; in welchem Grade und Mengenverhältniss der letztere an der Bildung der Feinerde des Kulturbodens theilgenommen hat, lässt sich auf Grund der vorliegenden Untersuchungen niclit mit Genauig- keit ermitteln. Jedenfalls aber haben wir es auch hier wiederum mit einem reinen Verwitterungsboden zu thun, mit Materialien, die im Wesentlichen auf völlig primärer Lagerstätte sich be- finden. Der Boden des oberen Krebsscheeren-Kalksteins zeigt im Allgemeinen, wie schon erwähnt wurde, als Ackerland oder Weide eine nur geringe natürliche Fruchtbarkeit und ist einer lohnenden Kultur wenig zugänglich. Dies ist zunächst und haupt- sächlich bedingt durch die vielen Feuersteine oder Hornsteine, die in grösseren und kleinereu Knollen wohl mehr als 50 Pro- cent von dem Gesammtgewicht des Bodens ausmachen. Aber auch die Feinerde des Bodens ist ziemlich arm an wichtigen / • — 209 Pflanzennälirstoffen, wenn auch nicht gerade absolut, so doch entschieden gegenüber den Verwitterungsböden anderer Kalk- steinformationen, besonders wenn man beachtet, dass es sich hier um eine kalkarme Ackererde handelt. An Phosphorsäure wurde gefunden in der völlig lufttrocknen Substanz: Löslich in Thonmasse. Ackererde, kalter Salzsäure a . . 0,1473 Proc. 0,0725 Proc. b . . 0,1483 „ 0,0738 ^ Mittel 0,1478 Proc. 0,0732 Proc. heisser Salzsäure . . 0,1700 „ 0,0875 „ In der Ackererde ist dieser Gehalt zwei bis drei Mal ge- ringer, als in der sehr kalkreichen Ackerkrume aus dem Gebiete der unteren thonigen Schichten des Krebsscheerenkalkes, während das Verhältniss der in kalter Salzsäure löslichen Phosphorsäure zu der Gesammtmenge derselben ein günstiges ist, nämlich = 83,6 Proc. in der Ackererde und 86,9 Proc. in der Thon- masse. An Kali fand man in Procenten der lufttrocknen Substanz: Thonmasse. Ackererde. 1. löslich in kalter Salzsäure . 0,0487 0,0560 2. j, y, heisser „ . 0,2376 0,0950 3. „ „ Schwefelsäure . . 0,3047 0,3448 4. „ „ Flusssäure . . . 0,3766 0,6527 Im Ganzen 0,9676 1,1485 In Procenten der gesammten Kalimenge waren auflöslich in 1. kalter Salzsäure ... 2. heisser „ ... 3. Schwefelsäure .... 4. Flusssäure Ferner betrug 1 in Proc. von 1 + 2 . 1 + 2 in Proc. von 1+2 + 3 l + 2 + 3inProc. vonl + 2 + 3 + 4 "Württemb. naturw. Jahreshefte. 1878. 5,03 4,88 24,55 8,27 31,49 30,02 38,93 56,83 100,00 100,00 16,7 37,1 48,4 30,5 t 61,1 43,2 14 — 210 — • Die gesammte Menge des Kali betrug in Procenten der Thonmasse. Ackererde, geglühten Substanz . . . . 1,1181 1,2732 do. nach Abzug von kohlens. Kalk 1,1350 1,3070 Endlich wurde das Verhältniss von Kali zur Thonerde ge- funden im Salzsäure-Auszug 1 : 30,75 1 : 19,57 Schwefelsäure- Auszug . . . 1 : 27,97 1 ; 11,43 Mittel 1 : 29,32 1 : 14,11 Die Gesammtmenge des Kali war keine beträchtliche und die Art der Löslichkeit dieses Bestandtheiles deutet einen noch ziemlich rohen Zustand des Bodens an. Das Verhältniss von Kali zur Thonerde ist ein weniger günstiges, als z. B. in dem Kulturboden der unteren Schichten des Krebsscheerenkalkes, und das betreffende Verhältniss in dem Salzsäure-Auszug nicht, wie gewöhnlich, ein engeres, als im Schwefelsäure- Auszug, sondern im Gegentheil ein weiteres, bei der Ackererde sogar ein bedeu- tend weiteres. Diese Verhältnisse von Kali zur Thonerde sind in der „Thonmasse" noch viel ungünstiger, als in der „Acker- erde", woraus man entnehmen muss, dass die Verwitterung der Silikate in der letzteren weiter vorgeschritten ist, als in der ersteren, obgleich die absolute Menge des in heisser Salzsäure löslichen Kali in der Ackererde eine geringere ist. Wir haben es hier mit einem Verwitteruugsboden zu thun, der relativ reich ist an Natron. Dieser Eeichthum an Natron zeigt sich noch weit entschiedener bei dem ursprünglichen Kalk- stein, worin 0,0825 Proc. an Kali und 0,1673 Proc. an Natron gefunden wurde, das gegenseitige Verhältniss also wie 1 : 2,028 war. In dem mürben Kalkstein dagegen, in welchem der Gehalt an kohlensaurem Kalk von ursprünglich 93,4 nur bis auf 89,7 Proc. gesunken war, fand man das betreffende Verhältniss sehr bedeu- tend vermindert, nämlich wie 0,0979 : 0,0776 = 1 : 0,793, d.h. fast genau ebenso wie in der Ackererde (1,1485 : 0,9052 = 1 : 0,788) und nur etwas weiter, als in der Thonmasse (0,9676 : 0,7251 = 1 : 0,648). Es nimmt also das Natron bei der Verwitterung des festen Kalksteins sehr rasch an Menge ab, — 211 — und zwar um reichlich die Hälfte bis auf ein fortan ziemlich konstantes Verhältniss gegenüber dem Kali; es muss in dem ursprünglichen Gestein eine gewisse Menge des Natrons in be- sonders leicht löslicher Form, vielleicht als Chlornatrium vorhan- den sein. Jedoch wurde hierauf bei der Analyse nicht direkt geprüft. Die Löslichkeitsverhältnisse des Natrons im Kulturboden sind ganz gewöhnlich von der Art, dass in der kalten Salzsäure sich relativ, d. h. gegenüber dem Kali weit mehr Natron auf- löst, als bei der nachträglichen Behandlung des Bodens mit kochender Salzsäure, während dagegen der Auszug mit Schwefel- säure und besonders der letzte mit Flusssäure aufgeschlossene Kückstand wiederum mehr Natron enthält. Diese Verhältnisse treten auch bei der hier untersuchten Ackererde und Thonmasse sehr deutlich hervor; es verhielt sich nämlich die Menge des gefundenen Kali zu derjenigen des Natrons in dem Auszug mit Thonmasse, Ackererde. kalter Salzsäure . 1 : 0,495 1 : 0,262 heisser „ . . 1 : 0,060 1 : 0,085 Schwefelsäure . . 1 : 0,213 1 : 0,178 Flusssäure . . . 1 : 1,392 1 : 1,258 Im vorliegenden Falle ist im sandigen Rückstand das Natron vorherrschend über das Kali und es berechnet sich der procentige Gehalt dieser Masse folgendermassen: Thonmasse. Ackererde. Kalifeldspath . 6,07 Proc. 5,84 Proc. Natronfeldspath 12,06 , 10,53 „ Quarzsand . . 81,87 „ 83,63 ., 100,00 Proc. 100,00 Proc. Oder in lOOTheilen der ursprünglichen lufttrocknen Substanz: Kalifeldspath 2,236 Proc. 3,861 Proc. Natronfeldspath 4,442 „ 6,961 „ Quarzsand . . 30,152 , 55,283 „ 36,830 Proc. 66,105 Proc. Auch das gegenseitige Mengenverhältniss, in welchem die beiden feldspathartigen Verbindungen unter den sandigen Gemeng- theilen vertreten sind, beweist, dass der Verwitterungsboden der 14* — 212 — oberen Schichten des Krebsscheeren-Kalksteins eine nur geringe natürliche Fruchtbarkeit entwickeln wird. 3. Die Marmorkalke. Unter dem Namen der Marmorkalke ist ein Gebilde des weissen Jura bekannt, welches meistens einen festen und dichten Kalkstein darstellt mit muschligem Bruch, aber auch mit zahl- reichen Adern und Drusen von Kalkspathkrystallen versehen oder mit derartigen kleinen glänzenden Krystallen durchsetzt ist. Das Gestein ist auf dem frischen Bruch entweder fast ganz farblos oder schwach röthlich gelb, auf den Absonderungsflächen der Bruchstücke dunkler gefärbt; der Gehalt an kohlensaurem Kalk ist ein so hoher, dass die übrigen Bestandtheile nur schwierig quantitativ genau sich bestimmen lassen und namentlich ist die Menge der in Salzsäure unlöslichen thonigen und sandigen Sub- stanz eine überaus kleine, weshalb auch auf die nähere Unter- suchung dieses unlöslichen Rückstandes verzichtet wurde. Bei der Untersuchung der mit Salzsäure dargestellten Lösung ergab sich folgender Gehalt in Procenten der lufttrocknen Substanz: Kohlensaurer Kalk .... 98,5000 ' Eisenoxyd und Thonerde . . 0,6400 Phosphorsäure 0,0134 Kali 0,0065 Natron 0,0141 Unlöslicher Rückstand, geglüht 0,2460 Jg'euchtigkeit 0,5700 99,9900 Die Formation ist, wo sie zu Tage ausgeht, in ziemlich beträchtlicher Ausdehnung überlagert von einem Yerwitteruugs- boden, welcher durch eine lebhaft rothbraune Farbe schon aus einiger Entfernung sich zu erkennen giebt und für das Auge angenehm absticht gegen die fahlgraue Ackererde im Gebiete der unteren thonigen Schichten des Krebsscheeren-Kalksteins. Der Verwitterungsboden des Marmorkalkes scheint für die Kultur ganz geeignet zu sein, überall wenigstens wo derselbe eine ge- — 213 — iiügende Tiefe hat und nicht zu sehr mit grösseren oder kleineren Trümmern des festen Gesteins vermischt ist. Die vorherrschend thonige Beschaffenheit des Bodens ist in der eigentlichen Acker- erde wesentlich gemässigt durch einen ziemlich beträchtlichen Gehalt an kohlensaurem Kalk, welcher Bestandtheil aber weniger im feinzertheilten Zustande als in der Form von Kalksand vor- kommt. Ueberall findet man in dem Ackerboden Trümmer und Stück- chen von dem ursprünglichen Kalkstein, meistens an den Kanten nur wenig abgerundet, häufig in kleinen Splittern scharfkantig und ohne eine Spur von Verwitterung. Die letztere erfolgt über- haupt bei diesem Gestein auf die Weise, dass die atmosphärischen Wasser immer nur die Aussenfläche der Trümmer annagen, nicht im Geringsten aber lösend und verändernd in das Innere einzu- dringen und dadurch zunächst einen mürben Zustand derselben herbeizuführen vermögen. Es giebt daher auch gar keine ver- schiedene Verwitterungsstufen, sondern nur ursprüngliches Gestein und eine erdige Bodenmasse; selbst der kleinste Gesteinssplitter, welcher in der Ackererde vorkommt, hat immer noch fast dieselbe Zusammensetzung wie der anstehende Kalkstein. Der letztere verwittert sehr langsam und bei seinem überaus niedrigen Gehalt an thoniger und sandiger Substanz ist es auch gar nicht mög- lich, die Entstehung des Bodens quantitativ zu verfolgen, wie wir solches bei anderen Kalksteinformationen, manchmal mit grosser Schärfe vermochten. Wir müssen uns darauf beschränken, den Verwitterungsboden des Marmorkalkes nach seiner chemischen Zusammensetzung näher zu charakterisireu, ohne dieselbe mit der Beschaffenheit des Muttergesteins in eine ganz bestimmte Relation bringen zu können. In einem kleinen Steinbruch nahe der Strasse zwischen Böhmerkirch und Söhnstetten sind die Marmorkalke aufgeschlossen und dort wurde auch die „Thonmasse" aufgenommen, welche von oben her die Spalten des Gesteins ausgefüllt und auf den Absonderungsflächen der Trümmerstücke sich abgelagert hat. Diese Thonmasse ist nicht etwa als der Untergrund des Ver- witterungsbodeus zu betrachten, sondern scheint zu demselben in — 2U — einem ganz ähnlichen Verhältniss zu stehen, wie Thonmasse und Ackererde, also die beiden erdigen Materialien, von denen bei den oberen Schichten des Krebsscheerenkalkes die Rede war. Die im Folgenden als „Ackererde" aufgeführte Bodenart wurde einem Felde entnommen, welches dem erwähnten kleinen Steinbruch ganz nahe gelegen war; eine genaue Unterscheidung zwischen Ackerkrume und Untergrund war bei dem meist seichten Verwitterungsboden nicht wohl möglich. Nachdem man die grösseren Gesteinsstücke aus der betreffenden Probe entfernt hatte, enthielt die Ackererde in 2910 Grm. Substanz noch 440 Grm. oder 15,12 Proc. von solchen Steinchen, welche auf einem Siebe mit 3 Millimeter weiten Löchern zurückblieben, während in 2740 Grm. der Thonmasse nur 30 Grm. oder 1,1 Proc. von derartigen Steinchen sich vorfanden. Zur chemischen Analyse wurde nur die von diesen Steinchen abgesiebte Masse benutzt und darin bei der Behandlung mit den verschiedenen Lösungsmitteln folgende, auf Procente der lufttrocknen Substanz berechnete Zusammen- setzung gefunden. A. Auszug mit kalter Salzsäure. Thonmasse. Ackererde. Kieselsäure in der Lösung . 0,0091 0,0052 Schwefelsäure 0,0297 0,0461 Phosphorsänre 0,1090 0,1153 Kohlensaurer Kalk .... 4,5667 15,7175 Kalk — — Magnesia 0,2020 0,2111 Eisenoxyd 6,1320 3,1600 Thonerde 2,9765 1,6167 Manganoxyduloxyd .... 0,2117 0,2787 Kali 0,0415 0,0563 Natron 0,0182 0,0136 14,2964 21,2205 Kieselsäure, löslich in kohlen- saurem Natron .... 2,3700 1,3625 — 215 — B. Auszug mit heisser Salzsäure. Thonmasse. Ackererde. Kieselsäure in der Lösung . 0,0513 0,0553 Schwefelsäure 0,0491 0,0711 Phosphorsäure . . . . . 0,1269 0,1567 Kohlensaurer Kalk .... 5,0650 15,5370 Kalk — — Magnesia , . 0,3390 0,2090 Eisenoxyd 8,8160 5,4267 Thonerde 8,5583 3,9246 Manganoxyduloxyd .... 0,2933 0,3346 Kali 0,4669 0,2380 Natron 0,0320 0,0573 23,7978 26,0103 Kieselsäure, löslich in kohlen- saurem Natron .... 9,0343 5,8771 Rückstand geglüht .... 47,1697 53,1496 Glühverlust ...... 20,1723 15,9498 100,1741 100,9868 C. Rückstand von B. mit Schwefelsäure behandelt. Kalk 0,0350 0,0601 Magnesia 0,0743 0,1440 Eisenoxyd 1,2434 0,8353 Thonerde 9,0983 7,8871 Kali 0,2280 0,3279 Natron 0,0940 0,0612 10,7730 9,3156 Kieselsäure, löslich in kohlen- saurem Natron . . . , 10,1975 8,8727 Rückstand geglüht .... 26,4021 34,9093 47,3726 53,0976 D. Rückstand von C. mit Flusssäure aufgeschlossen, Kalk 0,7077 1,3623 Magnesia 0,0523 0,0660 — 216 — Thonmasse. Ackererde. Thonerde 0,2378 0,9694 Kali 0,2484 0,3662 Natron 0,1268 0,2930 Kieselsäure 25,0291 31,8524 26,4021 34,9093 In Summa der einzelneu Bestandtheile erhält man hier- nach, wiederum auf Procente der lufttrocknen Substanz be- rechnet : Kieselsäure, unlöslich* . . 25,0291 31,8524 „ , löslich. . . . 19,2831 14,8051 Thonerde, löslich .... 17,6566 11,8117 unlöslich* . . . 0,2378 0,9694 Eisenoxyd 10,0594 6,2620 Manganoxyduloxyd .... 0.2933 0,3346 Kohlensaurer Kalk .... 5,0650 15,5370 Kalk 0,7427 1,4224 Magnesia 0,4656 0.4190 Phosphorsäure 0,1269 0,1567 Schwefelsäure 0,0491 0,0711 Kali 0,9433 0,9321 Natron 0,2528 0,4115 Glühverlust 20,1723 15,9498 100,3770 '100,9850 Stickstoff 0,2349 0,3127 Im geglühten, also wasser- und humusfreien Zustande er- gab sich als procentige Zusammensetzung der untersuchten Substanz : Kieselsäure 55,2489 54,9009 Thonerde 22,3109 15,0393 Eisenoxyd 12,5422 7,3684 Manganoxyduloxyd. . . . 0,3657 0,3937 Kohlensaurer Kalk . . . 6,3151 18,2821 * Vgl. S. 183, Anmerkung. — 217 Thonmasse. Ackererde. Kalk . . . Magnesia . . Phosphorsäure Schwefelsäure Kali . . . Natron . . . Quarzsand . . ßeiner Thon . Kalifeldspath . Natronfeldspath Da ferner der Gehalt der 0,9260 1,6737 0,5805 0,4930 0,1582 0,1844 0,0612 0,0837 1,1761 1,0968 0,3152 0,4840 100,0000 100,0000 28,5926 33,9502 46,0568 31,3194 1,8368 2,5221 1,3398 2,9247 beiderlei untersuchten Materia- lien an Kalk und namentlich an kolilensaurem Kalk sehr ver- schieden ist, so ist es auch von Interesse den nach Abzug jener Stoffe bleibenden Kest ebenfalls auf die procentigen Verhältnisse der Bestandtheile zu berechnen ; man gelangt alsdann zu folgen- den Zahlen: Kieselsäure . . . 59,5619 68,5787 Thonerde .... . 24,0526 18,7961 Eisenoxyd .... 13,5212 9,2114 Manganoxyduloxyd . 0,3942 0,4913 Magnesia .... 0,6258 0,6152 Phosphorsäure . . 0,1706 0,2301 Schwefelsäure . . 0,0660 0,1044 Kali 1,2679 1,3686 Natron 0,3398 0,6042 100,0000 iöö^ööo Quarzsand .... . 30,8249 42,4143 Reiner Thon . . . 49,6521 39,0463 Kalifeldspath . . . 1,9802 3,1509 Natronfeldspath . . 1,4444 3,6538 Thonmasse und Ackererde sind nach den obigen Zusammen- stellungen Materialien, die im Gehalt an Kieselsäure, Thonerde und Eisenoxyd, also überhaupt an sandigen und thonigen Gemeng- — 218 — theilen sich wesentlich verschieden verhalten, während das ur- sprüngliche Gestein anscheinend eine ziemlich gleichartige Be- schaffenheit hat und daher auch wohl in allen Schichten des gebildeten Kulturbodens ein entsprechend gleichartiges Ver- witterungsprodukt liefern muss. Betrachten wir zunächst die sandigen, also die mit Flusssäure aufgeschlossenen Gemengtheile des Bodens für sich allein, so hat die Analyse folgende pro- centige Zusammensetzung derselben ergeben : Thonmasse. Ackererde. Mittel. Kalk . . . . . 2,68 Proc. 3,90 Proc. 3,29 Proc. Magnesia . . . 0,20 w 0,19 n 0,20 „ Thonerde . . 0,90 » 2,77 5» 1,83 „ Kali . . . 0,94 n 1,05 w 1,00 , Natron . . . 0,48 » 0,84 11 0,66 , Kieselsäure . . . 94,80 » 91,25 n 93,02 „ 100,00 100,00 100,00 Es enthält hier wiederum, ebenso wie bei dem Verwitte- rungsbodeu des oberen Krebsscheeren - Kalksteins beobachtet wurde, die sandige Substanz in der Thonmasse beträchtlich weniger Thonerde, als in der eigentlichen Ackererde ; es muss daher in beiden Fällen bei der vorausgehenden Behandlung mit Schwefel- säure die letztere auf die Thonmasse eine etwas kräftigere Ein- wirkung geäussert haben als auf die Ackererde. Auffallend ist ferner der hier gefundene nicht unbedeutende Gehalt an Kalk; im Uebrigen ist der übereinstimmende Charakter in der Zusammen- setzung der sandigen Gemengtheile bei Thonmasse und Acker- erde nicht zu verkennen. Der reine Thon, wie derselbe auf chemischem Wege, theils nach Behandlung der Masse mit heisser Salzsäure, theils nach der darauf folgenden Einwirkung der Schwefelsäure ermittelt wurde, enthielt an Kieselsäure und Thonerde : ™, Salzsäure- Schwefelsäure- ,^. , a. Thonmasse. . . Mittel. Auszug. Auszug. Thonerde 48,56 Proc. 47,10 Proc. 47,83 Proc. Kieselsäure .... 51,44 „ 52,90 „ 52,17 „ J — 219 — , , - Salzsäure- Schwefelsäure- ,,. , b. Ackererde. . . Mittel. Auszug. Auszug. Thonerde 40,04 Proc. 47,06 Proc. 44,47 Proc. Kieselsäure .... 59,96 „ 52,94 , 55,53 , Hiernach ist freilich der durch heisse Salzsäure zersetzte Thon in der Ackererde gegenüber den anderen hier angegebenen Bestimmungen an Kieselsäure reicher gefunden worden; jedoch ist darauf wohl nicht viel Gewicht zu legen, da es in dem be- treffenden Falle sich um eine geringere absolute Menge von Thon handelt und es überhaupt schwierig ist, bei derartigen Analysen zu ganz genauen Resultaten zu gelangen. Obgleich also die direkte Analyse für die sandige Substanz einerseits und den reinen Thon andererseits bei Ackererde und Thonmasse keine ganz übereinstimmende Zusammensetzung ergeben hat, so sind die Differenzen doch nicht von der Art, dass dadurch der nahe Zusammenhang zwischen den beiderlei Erdarten unwahrscheinlich würde. Vielmehr wird dieser Zusammenhang dadurch bestätigt, dass man für die vorherrschenden Bestandtheile der Ackererde auf einfache Weise durch Rechnung aus der »Thonmasse* fast genau dieselben procentigen Mengenverhältnisse ableiten kann, wie sie durch direkte Analyse gefunden worden sind. Dies ist nämlich der Fall, wenn man 35 Gewichtstheile der „sandigen Substanz" nach dem Mittel der beiden Analysen und 100 Ge- wichtstheile der Thonmasse zusammenaddirt, und das Ganze wie- der auf Procente der Bestandtheile berechnet, überall nach Abzug des Glühverlustes, sowie des Kalkes und kohlensauren Kalkes: 100 Th. 35 Th. , I" 100 Th. Acker- in _ Thon- sandige Summa ^^' ^ ^®" masse. Substanz. * rechnet, funden. Kieselsäure . . 59,561 -j- 32,557 — 92,118 68,236 68,579 Thonerde . . . 24,053 + 0,641 = 24,694 18,292 18,796 Eisenoxyd . . . 13,521 — = 13,521 10,015 9,211 Manganoxyduloxyd 0,394 — = 0,394 0,292 0.491 Magnesia . . . 0,626+ 0,070:=:= 0,696 0,516 0,615 Kali .... 1,268+ 0,350= 1,618 1,199 1,369 Natron . . . . 0,340 -f 0,231= 0,571 0,423 0,604 99,763 + 33,849 = 133,612 98,973 99,665 — 220 — Nach vorstebenden Zahlen ist die Annahme gewiss gerecht- fertigt, dass die „Thonmasse" nicht sowohl ein direktes Ver- witteruugsprodukt des anstehenden Kalksteins, sondern vielmehr eine aus dem gebildeten Ackerboden mechanisch ausgeschlämmte Substanz ist, womit auch das Vorkommen derselben, sowie der weit geringere Gehalt an Gesteinsbröckeln und kohlensaurem Kalk vollkommen übereinstimmt. Ferner liefert die Rechnung zwar für Kieselsäure und Thonerde völlig dieselben Eesultate wie die direkte Analyse, dagegen für das Eisenoxyd einen etwas höheren und für die Alkalien einen etwas niedrigeren Gehalt; ausserdem ist die gefundene Menge der Phosphorsäure und der Schwefelsäure in der Ackererde ein wenig grösser als in der Thonmasse. Alle diese kleinen Differenzen sind leicht erklärlich, wenn mau annimmt, dass die Thonmasse durch Aus- schlämmen aus dem Ackerboden und zwar aus den unteren Schichten desselben abgeschieden worden ist und in kleineren Partien von oben her in den Spalten und an den Absonderungs- flächen des Gesteins sich angesammelt hat. Der Verwitterungsboden des Marmorkalkes ist ziemlich reich an Eisenoxyd und daher, wie schon erwähnt, von tief roth- brauner Farbe, in der eigentlichen Ackererde durch Beimischung von Humussubstanz etwas dunkler als in der Thonmasse. Das Eisenoxyd ist als solches isolirt, nicht etwa in Verbindung mit Kieselsäure vorhanden, wie aus dem Verhalten der letzteren und der Thonerde gegen die verschiedenen Lösungsmittel deutlich sich ergiebt. Von der Gesammtmenge des Eisenoxyd wurde durch Schütteln mit kalter Salzsäure in der Ackererde 50,5 und in der Thonmasse 61,0 Proc. gelöst, im ersteren Falle also ver- hältnissmässig weniger als in dem letzteren, was jedenfalls mit der geringeren absoluten Menge von Eisenoxyd und wohl auch mit dem grösseren Hurausgehalt der Ackererde im Zusammen- hange steht. Das Mangan war etwas reichlicher vorhanden als in dem Verwitterungsboden der unteren thouigen Schichten, aber kaum so reichlich, wie in dem Boden der oberen Schichten des Krebsscheerenkalkes. Der Boden des Marmorkalkes enthielt ferner viel Stickstoff — 221 — chemisch gebunden und auch die Menge der Phosphor säure war eine ziemlich beträchtliche. An Phosphorsäure nämlich fand man in Procenten der lufttrocknen Substanz: Löslich in Thonmasse. Ackererde, kalter Salzsäure a . 0,1090 Proc. 0,1135 Proc. b - 0,1170 . Mittel 0,1090 Proc. 0,1153 Proc. heisser Salzsäure a . 0,1248 „ 0,1567 , b . 0,1291 ^ — Mittel 0,1269 Proc. 0,1567 Proc. Bei der Thonmasse betrug also die in kalter Salzsäure lös- liche Phosphorsäure 85,9 Proc. der Gesammtmenge, bei der Ackererde nur 73,6 Proc. Das gegenseitige Lösungsverhältniss ist ein ähnliches, wie bei dem Eisenoxyd, jedoch in Procenten der Gesammtmenge für das letztere ein niedrigeres, als für die Phosphorsäure. Ueber die Löslichkeit des Kali und dessen Verhältuiss zur Thonerde geben die folgenden Zahlen Auskunft. Es betrug die Menge des Kali in Procenten der ursprünglichen lufttrocknen Substanz : Thonmasse. Ackererde. 1. Löslich in kalter Salzsäure . 0,0415 0,0563 2. „ „ heisser „ . 0,4254 0,1817 3. , „ Schwefelsäure . . 0,2280 0,3279 4. „ „ Flusssäure . . . 0,2484 0,3662 0,9433 0,9321 In Procenten der Gesammtmenge des Kali waren auflöslich in 1. kalter Salzsäure 4,40 6,04 2. heisser , 45,10 19,50 3. Schwefelsäure 24,17 35,18 4. Flusssäure 26,33 39,28 100,00 100,00 1 in Procenten von 1 + 2 ... . 8,9 23,7 1 „ « , 1 + 2 + 3 ... 6,0 10,0 1+2 in Procenten von l-j-2+3 . . 67,2 42,1 1 + 2 + 3 in Procenten von 1 + 2 + 3 + 4 73,3 60,7 ~ 222 — . Das Verhältniss von Kali zur Thonerde war im Salzsäure- Auszug 1 : 18,33 1 : 16,49 Schwefelsäure-Auszug .... 1 : 39,88 1 : 24,06 Im Ganzen 1 : 25,41 1 : 20,87 Bei dem sehr verschiedenen Gehalt der Thonmasse und der Acliererde an reinem Thon und an sandigen Gemengtheilen musste auch die Löslichkeit des Kali in den beiderlei Materialien we- sentlich differiren. Mau sieht jedoch, dass durch kalte Salzsäure aus der Ackererde absolut und relativ mehr an Kali extrahirt worden ist als aus der Thonmasse und dass die betreffenden Verhältnisse hier ganz ähnliche sind, wie sie bei der Ackererde und Thonmasse aus den oberen Schichten des Krebsscheeren- Kalksteius beobachtet wurden. Auffallend ist das weite Verhält- niss zwischen Kali und Thonerde, ganz besonders im Schwefel- säure-Auszug; man wird wohl daraus entnehmen können, dass das Kali im Verwitterungsboden des Marmorkalkes überhaupt schwer löslich und also auch den Pflanzen entsprechend schwer zugänglich ist. Man bemerkt, dass die Thonmasse in dieser Hinsicht die Ackererde übertrifft, ganz ebenso wie dieses, nur in einem noch höheren Grade bei dem Verwitterungsboden des oberen Krebsscheeren-Kalksteins stattfindet. Das Verhältniss von Kali und Natron ist in den beiderlei hier untersuchten Materialien ein ziemlich wechselndes und befindet sich zunächst bei der Ackererde nicht ganz im Einklänge mit den Ergebnissen anderer Bodenanalysen. Was endlich den Gehalt an kohlensaurem Kalk betrifft, so ist der Boden des Marmorkalkes immer noch als ziemlich kalkreich zu bezeichnen, während die Menge der Magnesia eine geringe ist und davon höchstens die Hälfte in kalter Salz- säure sich auflöst, also in einem leichtlöslichen Zustande sich befindet. Ein gleiches Verhalten der Magnesia wurde bezüglich der beiden Verwitterungsböden des Krebsscheerenkalkes beobachtet. Im Folgenden stelle ich noch die analytischen Resultate zusammen, welche bei der Untersuchung der in dieser Abhand- lung erwähnten erdigen Materialien nach der Knop'schen Methode — 223 der Bodeiiaualyse erzielt worden sind. Zur m eclianischeu Analyse wurde die Substanz benutzt, welche im lufttrocknen Zu- stande durch ein Blechsieb mit 3 Millimeter weiten Löchern hindurchgeschüttelt und auf diese Weise von den beigemischten gröberen Steinchen und Gesteinssplittern befreit war. Bei An- wendung der feineren Siebe wurde die Trennung der Gemeng- theile mit Hülfe des Wassers bewirkt, der »Feinsand" ferner im Knop'schen Schlämmcylinder, wie vorgeschrieben ist, abgeschieden und endlich der „Staub" des Bodens aus dem Gewichtsverlust, also durch eine Differenz-Rechnung ermittelt. Zu diesen Unter- suchungen dienten jedesmal 30 Grm. der lufttrocknen Substanz, während die einzelnen, nach der Feinheit des Kornes von einander getrennten Portionen bei 100^ C. getrocknet und die Mengen derselben auch in Procenten des bei dieser Temperatur getrock- neten Bodens berechnet wurden. Hierbei fand man: Krebsscheeren-Kalk. Untere Schicht. Obere Schicht. Marmorkalk. Rückstand Unter- Acker- Thon- Acker- Thon- Acker- auf grund. erde. masse. erde. masse. erde. 2 Mm = Sieb . 3,26 4,04 — 0,85 0,53 2,53 0,8 Mm = Sieb . 10,47 18,17 2,69 3,31 2,18 7,66 0,3 Mm = Sieb . 3,96 8,19 4,70 20,75 3,66 4,06 Feinsand . . . . 28,25 36,77 28,88 26,69 16,90 34,99 Staub .... . 54,06 32,83 63,73 48,40 76,73 50,76 Die Menge des Feinsandes und namentlich des Staubes ist im Allgemeinen eine um so grössere, je mehr auch die chemische Analyse an reinem Thon in dem betreffenden Boden nachgewiesen hat. Die chemische Untersuchung nach Knop'scher Methode bezieht sich auf die staubartige Feinerde, welche im lufttrocknen Zustande mittelst des feinsten Siebes aus den verschiedenen Materialien sich gewinnen Hess. Es war also diese Masse von etwas anderer Beschaffenheit, als die unter Anwendung eines weit gröberen (3 Mm =) Siebes erhaltene Substanz, welche der ausführlichen chemischen Analyse unterworfen wurde. Das in der folgenden Zusammenstellung aufgeführte hygroskopische Wasser ist durch Trocknen des Bodens bei 100 ^ C. ermittelt, — 224 — die Menge der Humussubstanz aus dem direkt (mittelst der Chromsäure-Methode) bestimmten, in organischer Verbindung vor- handenen Kohlenstoff bereclmet, unter Annahme von 58 Proc» Kohlenstoff im Humus. Krebsscheeren-Kalk. Untere Schicht. Obere Schiebt. Marniorkalk. ^ - - - - -^ , -■ ■> '^— — — * Unter- Acker- Thon- Acker- Thou- Acker- grund. erde. masse. erde. masse. erde. Hygroskop. Wasser . 3,88 2,43 4,42 1,42 4,30 3,05 Festergebund. ,, 9,77 7,37 7,01 5,14 12,77 11,93 Humussubstanz . , 1,23 2,17 0,56 1,39 1,26 1,07 Glühverlust . . . 14,88 11,97 11,99 7,95 18,33 16,06 Feinboden . . . 85,12 88,03 88,01 92,05 81,67 83,94 In 100 Theiler i Feinboden: Kohlensaurer Kalk , , 34,01 55,23 1,12 2,01 9,51 14,20 Gesammt-Kieselsäure > 45,95 33,71 68,50 81,65 47,58 61,27 Sesquioxyde . . . 14,66 8,60 24,79 15,29 35,91 23,46 Monoxyde .... 5,38 2,46 5,59 1,05 7,00 1,07 Kieselsäure U.Silikate 65,99 44,77 98,88 97,99 90,49 85,80 Kieselsäure-Thon 57,64 42,86 81,12 94,25 77.14 77,60 Aufgeschl. Basen , 8,35 1,91 17,76 3,74 13,35 8,20 Absorption .... . 109 66 122 58 129 99 Da die Summe der Monoxyde und der aufgeschlosseneu Basen durch Differenz-Rechnung gefunden wird, so kann man hinsichtlich der betreffenden Zahlen kaum eine grosse Genauigkeit erwarten; auch hat in einigen Fällen die Summe der Monoxyde offenbar zu hoch sich ergeben, obgleich darunter ausser den Al- kalien und den nicht schon durch Behandlung des Bodens mit verdünnter Salzsäure aufgelösten alkalischen Erden, auch noch etwas Mangan nebst der vorhandenen Schwefelsäure mit einbe- griffen ist. Einige der betreffenden Zahlen lassen sich auch den Ergebnissen der ausführlicheren chemische« Analysen entnehmen wie in der folgenden Zusammenstellung geschehen ist; jedoch ist daran zu erinnern, dass die von jedem Boden untersuchte Substanz nicht in beiden Fällen durchaus die gleiche war, und dass also schon aus diesem Grunde mehr oder weniger bedeutende Differenzen vorhanden sein müssen. 225 Krebsscheeren-Kalk. Untere Schicht. Obere Schicht. Marmorkalk. Unter- Acker- Thon- Acker- Thon- Acker- grund, erde, masse. erde, masse, erde. Olühverlust . . . 14,06 12,06 13,98 8,70 20,17 15,95 Feinboden .... 85,94 87,94 86,02 91,30 79,83 84,05 In 100 Theilen Feinboden: Kohlensaurer Kalk . 31,99 60,14 1,45 2,57 6,32 18,28 KohlensaureMagnesia* 0,44 0,79 0,20 0,25 0,53 0,53 Summe der Carbonate 32,43 60,93 1,65 2,82 6,85 18,81 Gesammt-Kieselsäure 46,39 28,59 68,27 80,81 55,25 54,90 Thonerde .... 15,60 7,66 20,35 10,54 22,31 15,04 Eisenoxyd .... 2,89 1,30 6,82 2,60 12,54 7,37 Monoxyde .... 2,69 1,52 2,91 3,23 3,05 3,88 Kieselsäure U.Silikate 67,57 39,07 98,35 97,18 93,15 81,19 Wenn man die weiter oben aufgeführten Absorptionszahlen mit den Ergebnissen der chemischen Analyse vergleicht, so findet man, dass die ersteren gewöhnlich um so grösser sind, je reich- lichere Mengen von Sesquioxyden nachgewiesen wurden. Ebenso scheint die Absorptionsfähigkeit des Bodens mit der Menge der „aufgeschlossenen Basen" in einem bestimmten Zusammenhang zu stehen; wenn man nämlich je zwei der untersuchten Mate- rialien zusammenfasst, so hat man einerseits die Zahlen 1,91 — 3,74, ferner 8,20 — 8,35 und 13,35 — 17,76, andererseits 58—66, ferner 99 — 109 und 122 — 129. Natürlich kann dieses gegen- seitige Verhältniss niemals genau zutreffen, da sehr verschiedene Ursachen auf die Gestaltung der Absorptionszahlen einwirken, z. B. ausser dem ganzen Verwitterungszustand des Bodens, die Menge und Beschaffenheit der Humussubstanz, der Gehalt an Thon und Eisenoxyd etc. Im vorliegenden Falle sind die be- treffenden Zahlen verhältnissmässig hoch und wenn man nach der Höhe derselben die Güte und Fruchtbarkeit des Kulturbodens beurtheilen will, so muss man dem Ackerlande im Gebiete des ■"' Als kohlensaure Magnesia wurde diejenige Magnesia berechnet, welche neben dem kohlensauren Kalk schon durch Behandlung des Bodens mit kalter Salzsäure gelöst wurde. Wiirttemb. naturw. Jalireshefte. 1878. 15 — 226 — Marmorkalkes entschieden den Vorzug geben vor den Verwitte- rungsböden des Krebsscheeren-Kalksteins. Es wird beabsichtigt, vollständige Gesteins- und Boden- analysen noch von dem Posidonienschiefer, dem braunen Jura- Sandstein und dem Calamiten-Sandstein auszuführen und damit die ganze Reihe der Untersuchungen zu einem vorläufigen Ab- schluss zu bringen. Da also ein weiteres Kalksteingebilde vor- aussichtlich meinerseits nicht mehr Gegenstand einer näheren chemischen Prüfung sein wird, so möchte es einiges Interesse gewähren , die bisher untersuchten fünf verschiedeneu Kalksteinformationen hinsichtlich des in ihrem Gebiete vorkommenden und ihnen eigenthümlichen Kulturbodens einer vergleichenden Betrachtung zu unterwerfen. Ich werde mich für jetzt darauf beschränken, ausschliesslich vom agrikulturchemischen Standpunkte aus diese Betrachtung anzustellen, nämlich nur den gleichsam fertigen Verwitterungsboden nach seiner che- mischen Beschaffenheit, nicht aber nach seinem Ursprung und in seiner allmähligen Heranbildung ins Auge fassen. Die mehr- fach auch in geognostischer Hinsicht interessanten Ergebnisse der Untersuchungen über den Gehalt der ursprünglichen Gesteine, über die Art und Weise ihres Zerfalles und über die chemischen Veränderungen, welche sie dabei erleiden, also über die Be- schaffenheit der einzelnen Verwitterungsstufen und über die da- durch bedingten Eigenthümlichkeiten des jedesmal gebildeten Kulturbodens, — alles dieses werde ich übersichtlich erörtern, wenn erst am Schluss der ganzen Arbeit ausser den Kalkstein- formationen auch allerlei Sandstein- und Schiefergebilde in der angedeuteten Richtung mit einander verglichen werden können. Ueber die einzelnen Verwitterungsböden, deren procentige Zusammensetzung unten angegeben ist, bemerke ich zunächst Folgendes : 1. Ein Verwitterungsprodukt des oberen dolomitischen Hauptmuschelkalkes vom Hühnerfeld bei Schwieberdingen, bezeichnet als „Untergrund des Fruchtbodens, beim Ausbiss der — 227 — Schichten aufgenommen", — besteht zur Hälfte etwa aus einem feinen Pulver und zur Hälfte aus kleineren und grösseren, sehr mürben und leicht zu zerreibenden Gesteinsbröckeln. Steine und Pulver hatten gleiche Zusammensetzung und wurden daher als Ganzes behandelt und untersucht. Die Masse bildete den Unter- grund des Kulturbodens, jedoch wird die oberste Schicht des letzteren, die eigentliche Ackererde, eine ganz ähnliche Beschaffen- heit gehabt haben, vielleicht nur etwas ärmer an kohlensauren Erden gewesen sein. 2. Kulturboden des grobsandigen Liaskalksteins von Ellwangen. Nach Beseitigung der gröberen Steine und Steinchen wurde, ebenso wie bei allen folgenden Bodenarten, das durch ein Sieb mit 3 Millimeter weiten Löchern hindurchgegangene Pulver der chemischen Analyse unterworfen. Bei der letzteren haben für Ackererde und Untergrund fast ganz gleiche Mengenverhält- nisse der Bestandtheile sich ergeben; das hier berechnete Mittel der beiderlei Analysen entspricht der durchschnittlichen Zusammen- setzung des Bodens. 3. Bei der Verwitterung der untere n thonigen Schich- ten des Kreb ssche e ren-K alk Steins ist ein Boden ent- standen, welcher in der eigentlichen Ackerkrume reicher ist an kohlensaurem Kalk, ebenso verhältnissmässig an Phosphorsäure und Schwefelsäure, als im Untergrund, übrigens noch stark ge- mischt ist mit Trümmern des anstehenden Gesteins. Ich habe hier ebenfalls aus den Analysen der beiderlei erdigen Materialien die mittlere Zusammensetzung des Bodens berechnet. 4. Die oberen Feuerstein führenden Schichten des Krebsscheerenkalkes liefern einen flachgründigen steinigten Boden, dessen Zusammensetzung nur aus der Analyse der Ackererde hat entnommen werden können, da die sogenannte Thonmasse nicht etwa als Untergrund des betreffenden Acker- landes anzusehen ist, sondern wahrscheinlich durch nachträgliches Ausschlämmen aus dem Verwitterungsboden in kleineren Partien an hierzu geeigneten Stellen sich angesammelt hat. In einem ganz ähnlichen Verhältniss stehen die 5. im Gebiete der Marmor kalke vorkommenden erdigen 15* 228 — Materialien zu einander, die , Auch liier ist nur die letztere Kulturlandes anzusehen. Die Menge der einzelnen des völlig lufttrocknen Bodens Muschel- kalk. Kieselsäure . . • .24,695 Thonerde . . • Eisenoxyd . . • Manganoxyduloxyd Kohlensaurer Kalk 7,715 2,149 ? 35,200 Kohlensaure Magnesia 22,767 Kalk . . . Magnesia , Phosphorsäure Schwefelsäure Kali . . . Natron . . Glühverlust Reiner Thon . Quarzsand . . Kalifeldspath . Natronfeldspath 0,159 0,359 0,419 0,033 2,820 0,124 2,662 99,101 16,165 8,049 9,026 ^,402^ 33,642 ,Thonmasse*' und die Ackererde, als Repräsentant des eigentlichen Bestandtheile betrug in Procenten Lias- Krebsscheerenkalk. Marmor- kalk. Untere Seh. Obere Seh. kalk. 66,471 32,793 72,893 46,657 10,160 9,504 1,826 2,354 0,159 0,447 40,594 2,319 0,615 0,250 0,026 0,202 0,314 0,218 0,177 0,088 0,085 0,018 1,109 1,149 0,251 0,905 8,517 8,785 0,710 4,438 0,382 0,127 0,381 0,474 0,054 1,381 0,292 8,317 1Ö0,329ML0M66T9,051 101,254 19,084 24,093 17,763 26,632 51,453 16,595 55.291 28,869 3,541 1,731 3,862 2,145 1,598 0,937 6,958 2,487 13,057 8,704 12,781 6,262 0,335 15,537 0,530 1,422 0,208 0,157 0,071 0,932 0,412 15,950 75^676" 43,356 83,874 60,133 Wenn man überall den Glühverlust, also Wasser und Humus- substanz, und ausserdem die kohlensauren Erden in Abzug bringt, den Rest aber wiederum auf Procente berechnet, so erhalt man noch eine bessere Uebersicht über die gegenseitigen Mengen- verhältnisse der betreffenden Bestandtheile. Erst wenn die kohlen- sauren Erden fast vollständig ausgewaschen sind, kommt der Vei- witterungsboden der Kalksteine gewissermassen ins Gleichgewicht, oder die weiteren Veränderungen sind doch nur sehr langsame und verhältnissmässig unbedeutende. Auch kann man annehmen, 229 — dass wenn das ursprüngliche Gestein zu Pulver zerfallen ist und der gebildete Boden eine zur Kultur geeignete Beschaffenheit angenommen hat, dass dann bei dem weiteren Auswaschen der kohlensauren Erden von den übrigen Bestandtheilen nur wenig entfernt wird, diese vielmehr nach und nach in ihren procentigen Mengenverhältnissen entsprechend zunehmen. Die erwähnte Rech- nung liefert die folgenden Zahlen: Muschel- Lias- Krebsscheerenkalk. Marmor- kalk. kalk. Untere Seh. Obere Seh kalk. Kieselsäure . . . 64,190 76,222 69,979 83,041 68,579 Thonerde . . . 20,052 9,764 21,086 10,826 18,796 Eisenoxyd . . . 5,585 10,082 3,753 2,682 9,212 Manganoxyduloxyd ? 0,817 0,364 0,509 0,491 Kalk 0,412 0,145 0,044 0,230 — Magnesia . . . 0,932 0,443 1,236 0,248 0,615 Phosphorsäure . . 1,089 0,544 0,425 0,103 0,230 Schwefelsäure . . 0,086 0,061 0,202 0,021 0,104 Kali 7,331 1,588 2,362 1,309 1,369 Natron . . . . 0,323 0,334 0,549 1,031 0,604 100,000 100,000 100,000 100,000 100,000 Reiner Thon . . 42,019 21,993 49,662 20,236 49,046 Quarzsand . . . 20,922 59,019 36,312 62,990 42,414 Kalifeldspath . . 23,462 4,054 3,824 4,400 3,151 Natronfeldspath . 1,045 1,832 2,141 7,927 3,654 87,448 86,898 91,939 95,553 88,265 Aus der letzten Zusammenstellung ersieht man besonders deutlich, dass die Verwitterungböden des dolomitischen Muschel- kalkes, des unteren Krebsscheeren-Kalksteins und des Marmor- kalkes im Verhältniss zu der Menge der sandigen Beimischungen sehr reich an thoniger Substanz sind, und dass sie in der That eine zähe Beschaffenheit haben würden, wenn diese Eigen- schaft nicht durch den grossen Gehalt an kohlensauren Erden, theils im fein zertheilten Zustande , theils als Kalksand oder in der Form von grösseren und kleineren Gesteinstrümmern be- deutend gemässigt wäre. Dies ist vorzugsweise der Fall bei — 230 — dem Boden des Muschelkalkes und des unteren Krebsscheeren- kalkes, in geringerem Grade bei dem Boden des Marmorkalkes ; der letztere ist daher auch in seinem natürlichen Zustande der „schwerste" von den hier betrachteten Bodenarten, aber keines- wegs so schwer, dass dadurch dessen Benutzung als Ackerland wesentlich beeinträchtigt wäre. Vielmehr ist die Beimischung von etwa 15 Proc. an kohlensaurem Kalk schon genügend, um die physikalische Beschaffenheit dieses Bodens im Allgemeinen günstig zu gestalten, wozu noch hinzu kommt, dass die Menge der sandigen Bestandtheile gegenüber der thonigen Substanz doch etwas mehr vorherrscht, als bei den beiden anderen, soeben erwähnten Bodenarten. Ob der besonders reichliche G-ehalt an Eisen im vollständig oxydirten Zustande ebenfalls zur Verbesserung der physikalischen Beschaffenheit beiträgt, d. h. die Zähigkeit des Thones vermindert, lässt sich vorläufig nicht mit Bestimmtheit entscheiden; das Eisen bedingt hier eine dunkle eigenthümlich rothbraune Farbe des betreffenden Bodens, womit eine um so leichtere Erwärmung desselben im Zusammenhange stehen mag. Der Boden des unteren Krebsscheerenkalkes ist noch sehr reich an grösseren und kleineren Gesteinsstückchen, welche zwar nach und nach zu Pulver zerfallen, aber doch vorläufig neben dem grossen Gehalt an fein zertheiltem kohlensaurem Kalk zur Auflockerung des Bodens beitragen, so dass von einer zu zähen Beschaffenheit desselben in keiner Weise die Rede sein kann. Dasselbe gilt für das untersuchte Verwitterungsprodukt des Muschelkalkes, obgleich hier die vorhandenen Steinchen sehr mürbe sind und daher leicht zerfallen ; auch bildet die betreffende Masse den Untergrund des Kulturbodens und es ist anzunehmen, dass die oberste Schicht, die eigentliche Ackerkrume in einem schon mehr fein pulverigen Zustande sich befindet und aus der- selben die kohlensauren Erden bereits in höherem Grade auf- gelöst und ausgelaugt worden sind. Jedoch wird jedenfalls in Folge der Beschaffenheit des ursprünglichen Gesteins und der dadurch bedingten Art und Weise seiner Verwitterung auch in der Ackerkrume noch so viel Kalk und Magnesia zurückgeblieben sein, dass dieselbe in einem für die Kultur geeigneten, hin- — 231 - reichend lockeren Zustande sich befinden muss. Hierzu kommt noch, dass die thonige Substanz anscheinend ungewöhnlich reich ■war an Kieselsäure (s. unten) oder dass ein Theil der letzteren im fein zertheilten und in kohlensaurem Natron auf löslichen Zu- stande sich befand und daher vielleicht als mechanische Bei- mischung die etwaige Zähigkeit des Thones verminderte. Der Boden des Muschelkalkes enthielt nach vorliegender Analyse noch viel kohlensaure Magnesia; ich glaube aber nicht, dass dies uachtheilig gewirkt hat für die Fruchtbarkeit und Ertrags- fähigkeit des betreuenden Bodens, da etwas derartiges höchstens beobachtet wird, wenn es an Kalk fehlt, nicht aber wenn, wie im vorliegenden Falle, gleichzeitig eine reichliche Menge von kohlensaurem Kalk vorhanden ist. Von den oben erwähnten 5 Verwitterungsböden sind zwei, nämlich der Boden des oberen Krebsscheerenkalkes und der des grobsandigen Liaskalksteins von Ellwangen, übereinstimmend reich an kieseligen Beimischungen und arm an kohlensaurem Kalk, daher gleichsam als Endprodukte der Verwitterung anzusehen, an welchen die Atmosphärilien in ihrer weiteren Einwirkung nur wenig mehr zu ändern vermögen. Gleichwohl sind die beiden Bodenarten in mechanischer und chemischer Hinsicht verschieden und sehr ungleich in ihrem Verhalten als Kulturland. Der Boden des Lias- oder Gryphiten - Kalksteins ist ausgezeichnet durch hohe natürliche Fruchtbarkeit und hierbei scheint der günstige physikalische Zustand eine wichtige Rolle zu spielen; es ist nämlich ein offenbar glückliches Verhältniss zwischen den feinerdigen und den etwas gröberen Gemengtheilen vorhanden. Die letzteren sind vorherrschend mehr oder weniger abgerundete Quarzkörner, welche den Boden fortwährend in einem hinreichend lockeren Zustande erhalten , so dass derselbe fast bei jeder Witterung ohne Schwierigkeit und mit gutem Erfolge bestellt werden kann, ohne damit irgendwie extreme Verhältnisse in den physikalischen Eigenschaften herbeizuführen. Durch Absieben der feineren Masse von den gröberen Sandkörnern (1 Mm.-Sieb) und durch Schlämmen der ersteren im Nöbel'schen Apparat ge- langte man zu den folgenden Zahlen : — 232 — Eückstand getrocknet. Untergrund. Ackerkrume. Mittel. 1 Mm.- Sieb . . . 41,4 Proc. 22,7 Proc. 32,1 Proc. Trichter II . . . 13,2 , 19,1 , 16,1 . . III .. . 4,8 , 10,0 , 7,4 , . IV . . . 6,9 „ 10,2 „ 8,6 „ Feinste Substanz . 33,7 „ 38,0 „ 35,8 „ 100,0 100,0 100,0 Auch die relativ grosse Menge von Eisenoxyd bei sonst geeigneter Zusammensetzung kann nur günstig für die Gestaltung der physikalischen Verhältnisse gewirkt haben. Ganz anders ist die Beschaffenheit des Ackerbodens im Ge- biete der oberen Schichten des Krebsscheeren-Kalksteius, ob- gleich nach der chemischen Analyse die Menge des Thones und Quarzsandes fast dieselbe ist, wie im Boden des grobsandigen Liaskalksteins und auch der Gehalt an Feldspath - Verbindungen zunächst an Kalifeldspath ziemlich übereinstimmt. Dagegen ist von Eisenoxyd ungleich weniger vorhanden und namentlich wirkt die grosse Masse von Knollen, sowie von scharfkantigen splitterigen Stücken des Feuersteins (Hornsteins) nachtheilig für die Kultur. Die Bestellung des meist flachgründigen Bodens ist dadurch sehr beeinträchtigt; ausserdem aber sind, wie wir sehen werden, einige der wichtigeren Pflanzennährstoffe in absolut geringerer Menge und in einem weniger leicht löslichen Zustande zugegen, als in dem Boden des Liaskalksteins. Durch die chemische Analyse kann man bekanntlich die Menge der Thonerde und der Kieselsäure in der thonigen Substanz des Bodens ermitteln; wenn man die letztere als reines Thonerde-Silikat betrachtet, so ergiebt sich aus den vor- liegenden Untersuchungen die folgende procentige Zusammen- setzung: Muschel- Lias- Krebsscheerenkalk. Marmor- kalk. kalk. Untere Seh. Obere Seh. kalk. 1. 2. 3. 4. 5. Kieselsäure 65,15 60,23 59,74 58,12 55,62 Thonerde 34,85 39,77 40,26 41,88 44,38 In dem Boden des Marmorkalkes nähert sich. wie ma — 233 — sieht, die Zusammensetzung der tbonigen Substanz am meisten derjenigen des reinen Thones, worin man, auf den wasserfreien Zustand berechnet, etwa 45 Proc. Thonerde und 55 Proc. Kiesel- säure annehmen kann; in dem Thon aller anderen Bodenarten ist gleichsam ein Ueberschuss von Kieselsäure vorhanden, am meisten in dem Thon des Muschelkalkbodens. Bei einem kon- stanten Gehalt von 45 Proc. Thonerde würde die gefundene Thonsubstanz ein Gemenge darstellen von reinem Thon und fein zertheilter, in kohlensaurem Natron auflöslicher Kieselsäure, und in Procenten des lufttrocknen Bodens zugegen sein: 1. 2. 3. 4. 5. ßeiner Thon .... 12,519 17,138 21,553 16,529 26,246 Beigemischte Kieselsäure 3,646 1,918 2,540 1,234 0,371 In Summa 16,165 19,056 24,093 17,763 26,617 Also die beigemischte Kieselsäure in Procenten des ganzen Gemenges . . 22,5 10,1 10,5 6,9 1,4 Hiermit vergleichen wir den Gehalt an Eisenoxyd in Pro- centen des lufttrocknen Bodens: 2,149 8,785 1,826 2,354 6,262 Davon waren in Procenten der Gesammtmenge löslich schon in kalter Salzsäure . . 90,8 85,3 87,9 79,6 50,5 Endlich ergab sich das Verhältniss von Kali zur Thonerde im Salzsäure- und im Schwefelsäure-Extrakt des Bodens durch- schnittlich wie 1:4,61 1:9,73 1:11,28 1:14,11 1:20,87 und das Verhältniss der Summe von Natron und Kali zur Thonerde: 1:4,36 1:8,47 1:9,72 1:12,06 1:17,26 Zu der Menge des Eiseuoxyd im Boden steht der grössere oder geringere Kieselsäuregehalt der thonigen Substanz entschieden in gar keinem Zusammenhang; es ist z. ß. im Boden des Mar- morkalkes viel Eisenoxyd enthalten und zwar in einem relativ schwer löslichen Zustande und dennoch hat gerade in diesem Falle die geringste Menge von gleichsam überschüssiger Kiesel- säure sich ergeben, während man bezüglich der Yerwitterungs- produkte des Muschelkalkes von allem diesem ziemlich das Gegentheil bemerkt, nämlich wenig Eisenoxyd, Leichtlöslichkeit — 234 — desselben und grösserer Ueberschuss von Kieselsäure in der tlionigen Substanz. Ebenso wenig wie das Eisenoxyd hat der Kalk irgend einen Einfluss auf den anscheinend grösseren oder geringeren Kieselsäuregehalt des Thones. Ausser dem kohlen- sauren Kalk, welcher unter Einwirkung der kalten Salzsäure sich vollständig auflöst, ist überall nur sehr wenig Kalk vor- handen und in dem Rückstand von dem Extrakt mit kalter Salz- säure wird durch kohlensaures Natron nicht mehr Kieselsäure gelöst, als der im betreffenden Auszug enthaltenen Thonerde entspricht; wenigstens ist dies bei den folgenden 3 Bodenarten, welche in dieser Hinsicht näher untersucht worden sind, der Fall Krebsscheerenkalk. Marmor- Untere Seh. Obere Seh. kalk. Thonerde, löslich in kalter Salzsäure 0,9596 1,3353 1,6167 LösL Kieselsäure in d. Rückstand 1,2125 1,1120 1,3625 Es ist dies also eher zu wenig als zu viel Kieselsäure, um mit der vorhandenen Thonerde eine entsprechende Menge Thon von normaler Zusammensetzung zu bilden. Aus diesen Zahlen ersieht man zugleich, dass die obenerwähnte „überschüssige'' Kieselsäure nicht etwa dem eigentlichen Thon nur mechanisch beigemengt ist und nicht von vornherein oder schon nach der Behandlung des Bodens mit kalter Salzsäure in einem in kohlen- saurem Natron auflöslichen Zustande sich befindet, sondern erst durch die kräftigere Einwirkung der kochenden Salzsäure und der Schwefelsäure aus einer chemischen Verbindung abgeschieden und dadurch löslich wird in kohlensaurem Natron. Von welcher Art diese Verbindung ist, darüber kann man nicht im Zweifel sein, wenn man das oben angegebene Mengenverhältuiss von Kali oder von der Summe der Alkalien zur Thonerde betrachtet; es ist sofort klar, dass je enger dieses Verhältniss wird, der be- treffende Thon anscheinend um so reicher ist an Kieselsäure, also um so mehr den Charakter eines Doppelsilikates von Thon- erde und Alkali annimmt. Menge und mechanische Beschaffenheit des Thones und der sandigen Substanz, nebst dem Gehalt an kohlensauren Erden, Humus und auch wohl Eisenoxyd sind besonders wichtig für die — 235 — Crestaltung der physikalischen Eigenschaften eines Bodens und also auch zunächst bedingend für eine mehr oder weniger loh- nende Kultur desselben unter den bei uns überall vorherrschenden landwirthschaftlichen Betriebsverhältnissen. Als direkte Pflanzen- nährstoffe aber und als Ursache der bleibenden, grösseren oder geringeren natürlichen Fruchtbarkeit des Bodens kommen hauptsächlich die Phosphorsäure und das Kali in Betracht, ihrer absoluten Menge nach und nach dem Grad ihrer Löslichkeit. Je mehr nämlich von diesen wichtigen Nährstoffen den Pflanzen aus der natürlichen Quelle oder Vorrathskammer des Bodens alljährlich zugänglich ist, desto grössere Durchschnittserträge kann man erwarten, desto weniger ist es nothwendig, dem Acker- lande oder der Wiese häufig beträchtliche Mengen jener Stoffe im Dünger zuzuführen, desto langsamer wird der betreffende Boden, bei genügendem Humusgehalt, in einen im landwirth- schaftlichen Sinne des Wortes erschöpften Zustand übergehen. Auf die genaue Bestimmung der genannten Bodenbestandtheile ist bei den vorliegenden Untersuchungen grosse Sorgfalt ver- wendet worden, und wir wollen jetzt sehen, ob aus den betreffenden Resultaten der Analyse hinsichtlich der natürlichen Fruchtbar- keit der einzelnen Bodenarten sich bestimmte Folgerungen ziehen lassen. Von Phosphor säure war in Procenten der lufttrocknen Substanz des Bodens vorhanden: Muschel- Lias- Krebsscheerenkalk. Marmor- kalk, kalk. Untere Seh. Obere Seh. kalk. 0,419 0,474 0,177 0,088 0,157 oder in Procenten des Rückstandes nach Abzug des Glühverlustes und der kohlensauren Erden: 1,089 0,544 0,425 0,103 0,230 Von der Phosphorsäure war in Procenten der Gesammt- menge derselben in kalter Salzsäure, also verhältnissmässig leicht auflöslich 100 98,2 75,0 83,6 73,6 Wenn man mit dem Phosphorsäuregehalt des Bodens die Güte und Ertragsfähigkeit vergleicht, wie dieselbe in der Praxis — 236 — sich herausgestellt hat, dann scheint beides fast in einem geraden und direkten Verhältniss zu einander zu stehen; denn die Boden- arten des Muschelkalkes und des Liaskalkes sind ausgezeichnet durch eine besonders hohe natürliche Fruchtbarkeit und das Ackerland im Gebiete des unteren Krebsscheerenkalkes und der Marmorkalke hat in seiner mittleren Ertragsfähigkeit entschieden den Vorzug vor den Kulturflächen in der Formation des oberen Krebscheerenkalkes. Die Ackererden des Muschelkalkes und des Liaskalkes sind in der That enorm reich an Phosphorsäure und dabei ist fast die ganze Menge derselben schon in kalter Salz- säure auflöslich, während auf diese Weise bei den anderen Boden- arten von dem weit geringeren Gesammtquantum nur ^/4 bis höchstens ^/s sich extrahiren lassen. Ob die Phosphorsäure im Boden mehr oder weniger oder vollständig in Verbindung mit Kalk oder mit Eisenoxyd sich befindet, ist nicht mit Bestimmt- heit zu entscheiden; jedoch scheint eher das Letztere der Fall zu sein, da die Löslichkeit der Phosphorsäure in kalter Salzsäure durchaus nicht proportional dem Kalkgehalt des Bodens sich gestaltet, freilich auch durchschnittlich eine etwas grössere ist als die des gleichzeitig vorhandenen Eisenoxyds. Auch das Verhalten des Kali im Boden muss als ein wesentliches Moment für die Gestaltung der natürlichen Frucht- barkeit desselben angesehen werden. Das Nähere hierüber be- züglich der untersuchten Bodenarten ersieht man aus der folgenden Zusammenstellung; in Procenten des lufttrocknen Bodens war an Kali zugegen: T .. ,. , . Muschel- Loshch m ^^^^ Lias- Krebsscheerenkalk. Marmor- kalk. Untere Seh. Obere Seh. kalk. kalter Salzsäure 0,053 0,131 0,074 0,056 0,056 heisser Salzsäure 0,295 0,274 0,335 0,095 0,182 Schwefelsäure . 0,951 0,379 0,407 0,345 0,328 Flusssäure . . 1,522 0,597 0,292 0,653 0,366 Im Ganzen 2,821 1,381 1,108 1,149 0,932 Nach Abzug des Glühverlustes und der kohlensauren Erden beträgt in Procenten des Rückstandes die Gesammtmenge des Kali: 7,331 1,588 2,362 1,309 1,369 — 237 — Das Verhältniss ferner von Kali zur Thonerde in den mit Salzsäure und Schwefelsäure bewirkten Auszügen eines jeden Bodens war durchschnittlich wie 1 : 4,61 1 : 9,73 1 : 11,28 1 : 14,11 1 : 20,87 Von der Gesammtmenge des Kali ist der in Salzsäure und Schwefelsäure lösliche Antheil in der thonigen Substanz mehr oder weniger fest gebunden, die letztere daher als ein Doppel- silikat von Thonerde und Kali, oder als ein Gemenge von reinem Thon mit einem derartigen Doppelsilikat zu betrachten. Wenn man diesen kalihaltigen Thon für sich auf Procente seiner Be- standtheile berechnet, so ergeben sich folgende Zahlen: 1. 2. 3. 4. 5. Kali . . 7,44 3,97 3,41 2,88 2,08 Thonerde . 32,26 38,40 38,89 40,67 43,45 Kieselsäure 60,30 57,63 57,70 56,45 54,17 Der Rest des Kali ist ein wesentlicher Bestandtheil des mit Flusssäure aufgeschlossenen sandigen Rückstandes oder der darin neben dem Quarzsand enthaltenen feldspathartigen Ver- bindungen. Aus den bei der Analyse gefundenen Zahlenverhält- nissen lässt sich die procentige Zusammensetzung dieses sandigen Rückstandes bezüglich seiner mineralischen Gemengtheile für jede der untersuchten Bodenarten berechnen, nämlich: Muschel- Lias- Krebsscheerenkalk. Marmor- kalk. kalk. Untere Seh. Obere Seh. kalk. Kalifeldspath . 51,59 6,22 9,01 5,84 6,40 Natronfeldspath 2,31 2,80 4,95 10,53 7,42 Quarzsand . . 46,10 90,8 86,04 83,63 86,18 Aus den vorstehenden Zahlen erkennt man deutlich das sehr ungleiche Verhalten des Kali in den betreffenden Bodenarten. Das untersuchte Verwitterungsprodukt des Muschelkalkes, obgleich es wegen des hohen Gehalts an kohlensauren Erden noch nicht als ein fertiger Kulturboden betrachtet werden kann, ist beson- ders reich an Kali und übertrifft darin die anderen hier erwähnten Verwitterungsböden um das Doppelte und Dreifache; dieser Reichthum steigert sich aber auf das Vier- bis Fünffache, wenn man überall den Kaligehalt auf Procente des geglühten Bodens — 238 — und nach Abzug der kohlensauren Erden berechnet. Zwar ist bei dem Boden des Muschelkalkes die Löslichkeit des Kali in kalter Salzsäure verhältnissmässig gering und anscheinend kaum halb so gross wie in dem Boden des Liaskalkes; dies wird aber reichlich wieder ausgeglichen durch die grosse Gesammtmenge des Kali. Auch ist wohl anzunehmen, dass das relativ leicht- lösliche Kali in grösserer Menge sich angesammelt hätte, wenn es sich hier um eine eigentliche Ackererde handelte und nicht um die fast humusfreie, gleichsam noch rohe Masse des Unter- grundes; jedenfalls wird in dem betreffenden Boden das etwa^ durch Auswaschen entfernte oder durch die wachsenden Pflanzen entzogene leichtlösliche Kali rasch wieder ersetzt aus der reichen Quelle, die im Thon und in den sandigen Gemengtheileu vor- handen ist. In den Extrakten nämlich der Verwitterungsprodukte mit Salzsäure und Schwefelsäure ist das Verhältniss zwischen Kali und Thonerde ein ungewöhnlich enges (1 : 4,6), die thonige Substanz daher besonders kalireich, 2- bis 3- und 4 mal reicher, als der Thon der übrigen Bodenarten. Noch auffallender ist die grosse Masse der nach Art des Kalif eldspaths zusammengesetzten Verbindungen unter den sandigen Gemengtheileu; es beträgt dieselbe in Procenten der letzteren etwa 8 mal, in Procenten des lufttrocknen Bodens 3 — 5 mal (s. S. 228) und in Procenten des Kückstandes nach Abzug des Glühverlustes und der kohlensauren Erden 6 — 7 mal so viel, wie in den Böden der anderen Kalk- steinformationen. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, dass alljährlich unter dem Einfluss des Verwitterungsprozesses eine relativ grosse Menge von Kali leichtlöslich, für die Pflanzen auf- nehmbar werden muss. Nächst dem Boden des Muschelkalkes gestaltet sich das Verhalten des Kali am günstigsten in dem Boden des grob- sandigen Liaskalksteins ; der letztere ist der zweite in der Reihe hinsichtlich der Gesammtmenge des Kali, in Procenten des luft- trocknen Bodens berechnet, und hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Kali und Thonerde in dem Salzsäure- und Schwefel- säure-Extrakt, obgleich er in beiden Punkten vor dem zuerst genannten Boden beträchtlich zurücksteht. Ferner ist in dem — 239 — Liaskalkboden die Menge des in kalter Salzsäure, also leicht löslichen Kali absolut und relativ bedeutend grösser als in allen anderen hier untersuchten Erdarten und daraus wohl zu folgern, dass dieser Nährstoff den Pflanzen aus der natürlichen Quelle des Bodens ziemlich leicht zugänglich sein wird. Aehnlich ver- hält sich auch der Verwitterungsboden aus dem Gebiete der unteren thonigen Schichten des Krebsscheerenkalks; jedoch ist hier das Verhältniss zwischen Kali und Thonerde in den be- treffenden Extrakten schon merklich erweitert, = 1 : 11,3. Ent- schieden am wenigsten ist zu Gunsten der Vegetation von dem Kali zu erwarten, welches in der Ackererde des oberen Krebs- scheerenkalkes und des Marmorkalkes vorhanden ist; in der ersteren findet man das Verhältniss zwischen Kali und Thonerde noch wesentlich enger (1 : 14,1) als in der letzteren (1 : 20,9), aber dafür ist dort die absolute Menge des in Salzsäure lös- lichen Kali eine sehr geringe und ausserdem bemerkenswerther Weise jenes Verhältniss zwischen Kali und Thonerde in dem Salzsäure-Extrakt des Bodens viel weiter (1 : 19,6) als in dem Schwefelsäure-Extrakt (1 ; 11,4), während sonst gewöhnlich und ganz besonders bei den Bodenarten von grösserer natürlicher Fruchtbarkeit das Umgekehrte stattfindet. Das Natron ist ein ziemlich unwesentlicher Bestandtheil des Kulturbodens; es findet sich hauptsächlich in der sandigen Substanz desselben fest gebunden (als Natronfeldspath) und wird in Folge der Verwitterung bekanntlich viel leichter ausgewaschen als das Kali. In den vorliegenden Untersuchungen ergab sich, dass die Ackererde des oberen Krebsscheerenkalkes und nächst- dem des Marmorkalkes besonders reich war an Natron; weniger enthielt der Boden der unteren Schichten des Krebsscheerenkalkes und des Liaskalksteins, am wenigsten das Verwitterungsprodukt des Muschelkalkes. Das Verhältniss von Kali zum Natron war in der angegebenen Eeihenfolge wie 1:0,787; 1:0,442; 1:0,226; 1 : 0,211 und 1 : 0,044. Wenn wir absehen von der grösseren oder geringeren Tief- gründigkeit und der mechanischen Beschaffenheit des Bodens, sowie von dem Einfluss, welchen das Klima auf die Sicherheit — 240 — und die Höhe der Ernten ausübt, hier vielmehr nur den Gehalt an vorzugsweise wichtigen Pflanzennährstoffen und deren Lös- lichkeitsgrad als massgebend gelten lassen, so müssen wir auf Grund unserer Untersuchungen und Betrachtungen das Ver- witterungsprodukt des oberen Hauptmuschelkalkes entschieden als ein ganz besonders gutes, d. h. natürlich fruchtbares Boden- material bezeichnen. Die betreffenden Ackererden sind unge- wöhnlich reich an Phosphorsäure und an Kali, an diesen beiden landwirthschaftlich so wichtigen Nährstoffen gleichsam unerschöpf- lich, indem sie davon den Pflanzen von einem Jahre zum andern immer neue und reichliche Mengen zur Aufnahme darbieten. Es erklärt sich wohl hauptsächlich hieraus, dass dieser Boden für den häufigen Anbau der Luzerne als vorzüglich geeignet sich beweist und zugleich unter Anwendung der geringsten Menge von Dünger fortdauernd reichliche Körnerernten liefert, in einigen Gegenden sogar, wie behauptet wird, seit undenklichen Zeiten ohne alle Düngung in passendem Wechsel von Luzerne und Körnerfrüchten kultivirt wird. Auch das Ackerland im Gebiete des grobsandigen Liaskalk- steins ist ausgezeichnet durch grosse natürliche Fruchtbarkeit und in der That haben wir gesehen, dass der Verwitterungsboden dieser Formation in Ackererde und Untergrund fast noch reicher ist an Phosphorsäure, als das chemisch untersuchte Verwitterungs- produkt des Muschelkalkes; die absolute Menge des Kali ist allerdings eine weit geringere als in dem zuletzt erwähnten Bodenmaterial, aber dieser Stoff befindet sich offenbar in einem relativ leicht löslichen Zustande und wird alljährlich bis zu einer gewissen Grenze aus dieser natürlichen Quelle von der Kultur- pflanze aufgenommen werden, wozu auch die günstige physikalische Beschaffenheit des Bodens mitwirkt. Weit geringer ist die Boden- qualität, soweit diese nach der Menge und Löslichkeit der wich- tigeren Pflanzennährstoffe beurtheilt werden kann, im Gebiete des weissen Jura; die besseren jedoch von den hier vorkommenden Ackererden findet man in der Formation des unteren Krebs- scheerenkalkes und des Marmorkalkes. Die ersteren enthalten etwas mehr Kali und dieses, wie es scheint in einem leichter ~ 241 — löslichen Zustande, während die letzteren eine günstigere physi- kalische Beschaffenheit haben, da sie ein mehr gleichförmiges Pulver bilden und wegen ihrer dunklen, rothbraunen Farbe sich besser erwärmen, worauf möglicherweise in dem Klima der rauhen Alb besonderes Gewicht zu legen ist; im Phosphorsäuregehalt sind die untersuchten Ackererden beider Formationen im luft- trocknen Zustande nahe übereinstimmend. Fast in jeder Hinsicht ärmlich ist das Verwitterungsprodukt des oberen Krebsscheeren- kalkes beschaffen, auch abgesehen von den darin vorkommenden Hornsteinen, welche wegen ihrer Zahl und Grösse so häufig ein mechanisches Hinderniss bilden für die lohnende Kultur des Bodens. Analytische Methoden und Belege. 1. Krebsscheerenkalk. Untere thonige Schichten. Von dem zur Analyse vorbereiteten Gestein, sowie von Ackerkrume und Untergrund wurden jedesmal 450 Grm. der luft- trocknen Substanz mit 1500 CG. konzentrirter, etwa SOprocentiger Salzsäure Übergossen und damit unter häufigem Umschütteln 48 Stunden lang bei gewöhnlicher Temperatur behandelt. Die Mischung erfolgte, natürlich mit der nöthigen Vorsicht, in einer geräumigen, mit Glasstöpsel verschliessbaren Flasche. Der Rück- stand von dem Gesteinspulver wurde auf dem Filter zuerst mit kaltem und schliesslich mit heissem Wasser ausgewaschen, sowie später einer weiteren Untersuchung unterworfen; bei der Acker- krume dagegen und dem Untergrund goss man von dem Boden- satz genau 1000 CG. ab, filtrirte die Flüssigkeit und verdampfte dieselbe zuletzt im Wasserbade zur Trockne. In der einge- trockneten Masse ergab sich an Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Grm. Grm. Grm. Kieselsäure 0,114 0,0195 0,027 Württemb. n»turw. Jahreihefte. 1878. 16 — 242 — Diese Mengen entsprechen also bei dem Gestein 450, bei der Ackerkrume und dem Untergrund je 300 Grm. der lufttrocknen ursprünglichen Substanz; die nach Abscheidung der Kieselsäure erhaltenen Flüssigkeiten wurden verdünnt, beziehungsweise auf 1060, 1050 und 1000 CC. und hiervon geeignete Volummengen für die Einzelbestimmungen verwendet. Die Mengen der in kalter Salzsäure löslichen Bestandtheile des Gesteins und des Bodens ersieht man aus der folgenden Zusammenstellung. Gestein. Ackerkrume. Untergrund, a. Lösung 150 CC. 150 CC. 150 CC. Entsprechend lufttr.Substanz 63,679 Grm. 42,857 Grm. 45Grm. Darin Mn304 .... 0,017 „ 0,029 „ 0,020 „ i/2Fe2 03,Al203U.P2 05 . 0,183 „ 0,3545 „ 0,7885 „ Hiervon Theil .... V» ^'s * 5 Chamäleonlösung* . . 10,5 CC. 13,4 CC. 29,3 CC. VgFejOg 0,1125Grm. 0,2395Grm.0,5237Grm. V2AI2O3 0,0562 , 0,0796 , 0,2399 , VioCaC03 .... 4,8285 „ 2,320 , 1,3546 „ davon abgewogen . . 0,289 „ 0,295 „ 0,255 « als CaS04 0,393 „ 0,4045 , 0,3505 „ also CaCOg** . . . 4,8285 „ 2,3388 „ 1,3689 „ i/ioMggPgO, .... 0,074 , 0,0395 „ 0,025 „ * 1 CC. Chamäleonlösung entsprach 0,0025 Grm. Eisen. ** Die obigen Mengen von Calciumcarbonat ergeben einen pro- centigen Gehalt der lufttrockneu Substanz in Gestein, Ackerkrume und Untergrund = resp. 75,8—54,6 und 30,4; damit nahe übereinstimmend fand Troschke bei der Untersuchung derselben Lösungen 76,6—54,2 und 30,0 %, während dagegen bei der Analyse des Extraktes mit heisser Salzsäure für die lufttrockene Substanz der Ackerkrume 53,5 und des Untergrundes nur 27,7 > (s. unten) ermittelt wurden; endlich ist zu erwähnen, dass Gantter schon früher die Menge des in heisser Salz- säure löslichen Calciumcarbonats in der Ackerkrume zu 54,3 und im Untergrunde zu 27,4% gefunden hatte. Alle diese Bestimmungen be- weisen, dass die obigen Extrakte der Ackerkrume, besonders aber des Untergrundes in Folge längerer Aufbewahrung in der That eine grössere Konzentration erlangt hatten, als hier angenommen wurde. Es mussten bei der Berechnung der procentigen Verhältnisse (s. im Text der Ab- — 243 — Gestein. Ackerkrume. Untergrund. b. Lösung .... 300 CC. 300 CC. 300 CC. Entsprecbendlufttr.Subst. 127,358Grm. 85,714 Grm. 90Grm. Darin BaS04 .... 0,098 „ 0,113 „ 0,093 „ MggPaO, .... 0,084 „ 0,2325 , 0,1415 „ alsoPgOs .... 0,0538 „ 0,1488 „ 0,0906 , Chloralkaiien . . . 0,098 „ 0,164 „ 0,139 „ (KCl)2PtCl4 . . . 0,179 „ 0,399 „ 0,319 , c. Lösung .... 300 CC. 300 CC. 300 CC. Entsprechend Substanz 127,358 Grm. 85,714 Grm. 90 Grm. MggPaOy 2,094 „ 0,210 „ 0,170 „ also P2O5 .... 0,0602 „ 0,1344 „ 0,1088 , Chloralkalien. . . . 0,096 „ 0,157 „ 0,141 , (KCl)2,PtCU. . . .0,1695 „ 0,367 „ 0,318 „ Der Rückstand des Gesteins von der Behandlung mit kalter Salzsäure betrug lufttrocken 93,543 Grm,; davon lieferten 5,393 Grm. einen Glühverlust von 0,538 Grm. und ferner 9,206 Grm. an Kieselsäure (löslich durch Kochen mit konzentrirter Lösung von kohlensaurem Natrium unter Zusatz von etwas Aetznatron) 0,165 Grm. Ferner wurde zum Zweck der Kieselsäure-Bestim- mung eine kleine Portion der Ackerkrume und des Untergrundes, je 20 Grm. der lufttrocknen Substanz, ebenso wie oben die grössere Portion mit kalter Salzsäure behandelt, der Rückstand auf dem Filter zuerst mit kaltem und schliesslich mit heissem Wasser ausgewaschen, hierauf mit der alkalischen Flüssigkeit ausgekocht etc. Es ergab sich hierbei an Kieselsäure in der Ackerkrume 0,2156 und im Untergrund 0,2425 Grm. Von dem lufttrocknen Rückstand des Gesteiupulvers nach Behandlung mit kalter Salzsäure wurden 78,944 Grm. (als ge- glüht berechnet = 71,066 Grm.), entsprechend 379,77 Grm. des frischen Gesteins, mit reiclilich dem doppelten Gewicht konzen- trirter Salzsäure eine Stunde lang ausgekocht, die Lösung hierauf handlung) die Mengen der sämmtlichen in kalter Salzsäure gelösten Stoffe bezüglich des Untergrundes um Vio vermindert werden. Bezüg- lich der Ackerkrume erschien eine derartige Reduktion unnöthig, da die betreffende Differenz nur unbedeutend war. 16* 244 — mit heissem Wasser verdünnt und abfiltrirt, der Rückstand mehr- mals mit Wasser ausgekocht und schliesslich auf dem Filter gut ausgewaschen. Von der Ackerkrume und dem Untergrund be- handelte man 150 Grm. des frischen lufttrockuen Bodens m derselben Weise. Das Filtrat wurde, zuletzt unter Zusatz von etwas Salpetersäure, vorsichtig zur Trockene verdampft und nach Abscheidung der Kieselsäure die Flüssigkeit überall bis auf 1000 CC. verdünnt. Bei der Untersuchung ergab sich: Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Kieselsäure in Lösung 0,196 Grm. 0,0481 Grm. 0,2080 Grm. a Lösung 200 CC. 200 CC. 200 CC. ■ Darin MnjO, . . . Spur. Grm. 0,0500 Grm. 0,0457 Grm. VjFjO„A1j03U. PjOs 0,412 , 0,6540 , 1,2174 , Hiervon TheU ... Va V3 /» Chamäleon» . . . M CC. 5,6 CC. 12,4 CC. ii f^ 0 ■ 0,058Grm. 0,1488Grm. 0,3293Grm. v!ai!o!'. . . . .0,3516 . 0,4716 , 0,8687 , In Lösung .... 200 CC. 100 CC. 100 CC. CaCO 0,186Grm. 8,0250Grm. 4,1525Grm. CaSo! '. . . . . 0,259 , - , 5-6^90 , Mg,P,0, .... 0,324 , 0,1831 , 0,1620 b. Lösung '..... 400 CC. 200 CC. 200 CC. U„ P 0 . 0,0075 Grm. 0,1050 Grm. 0,0605 Grm. alsop'o/. . . . .0,0048 , 0,0672 , 0,0387 , c. Lösung *OOCC. 300 CC. 200 CC. Chloralkalien . . . . 0,409 Grm. 0,2590 Grm. 0,2626 Grm. (KCl)j,PtCU .... 1,3016 . 0,7065 , 0,8040 , Der Rückstand von der Behandlung mit heisser Salzsäure betrug Lufttrocken .... 71,609Grm. 52,8506rm. 83,740Grm. Davon Substanz . . . 9,049 , 3,9065 „ 6,340 , Glühverlust. . . . 0,845 , 0,5355 , 0,690 , Ferner Substanz, lufttr. 8,054 , 9,4910 , 10,372 . Kieselsäure. . . . 0,977 „ 0,9665 , 1,3295 „ Von dem Rückstand wurden mit dem 6fachen Gewicht von konzentrirter Schwefelsäure bis zum Eintrocknen der Masse erhitzt • 1 CC. der Chamäleonlösung entsprach 0,0062 Eisen. 245 — Gestein. Ackerkrume. Untergrund. Lufttrockene Substanz 12,529Grm. 10,007 Grm. 10,040Grm. DarinKieselsäure aus Lösung 0,037 „ — „ — » 0,456 „ 0,4800 , 0,610 . . . 3,6 CC. 2,7 CG. 3,0 CG. . . 0,0306Grm. 0,0239Grm. 0,0266Grm. . . 0,022 „ Spur , 0,016 „ . . 0,190 „ 0,030 „ 0,1372 , . . 0,126 „ 0,1565 „ 0,2015 , . . 0,332 „ 0,420 „ 0,493 „ von der Behandlung mit Schwefelsäure betrug 10,9335Grm. 7,950 Grm. 8,3525 Grm. 2,979 „ 4,5135 « 4,6235 „ 0,1415 y, 0,2810 „ 0,4765 « 4,420 , 3,6900 , 3,6855 „ 1,262 „ 1,2100 „ 1,4520 „ VjFegOaU. AI2O3 Chamäleon * CaCOa . . MgjPjO, . Chloralkalien (KCl)2,PtCl4 Der Rückstand Lufttrocken . . Davon Substanz Glüh Verlust Ferner Substanz, lufttr Kieselsäure . . . Von dem Rückstand wurden mit Flusssäure aufgeschlossen Substanz, geglüht Darin AU 0 2^3 . . 0,044 , . . Spur , . . 0,008 , . . 0,056 , . . 0,146 , In dem frischen lufttrocknen Gestein und Boden ergab sich an Glühverlust (Wasser nebst humosen Stoffen) : Substanz 5,755Grm. 8,8883Grm. 10,8670Grm. CaCOg . . MggPgOy . Chloralkalien (KCl)2,PtCl4 1,9885 Grm. 3,6940Grm. 0,0350 „ 0,1085 „ Spur „ 7> Spur „ W 0,0482 „ 0,0623 „ 0,1040 , 0,1475 , Glühverlust 1,0718 1,5275 2. Krebsscheerenkalk. Obere Schichten mit Feuersteinen. Bei dem hohen Gehalt des ursprünglichen festen und auch des durch Verwitterung mürbe gewordenen Kalksteines an kohlensaurem Calcium genügte es, die gepulverte Substanz mit heisser Salzsäure zu behandeln und sodann den Rückstand mit flusssauren Dämpfen aufzuschliessen. Hierzu wurden jedesmal * 1 CC. der Chamäleonlösung entsprach 0,0062 Eisen. — 246 — 100 Grm. von dem Gesteinspulver verwendet. Die salzsaure Lösung verdampfte man wie gewölmlich bis zur Trockene und brachte nach dem Filtriren das Volumen der Flüssigkeit durch Zusatz von Wasser auf 1000 CC. Festes Gestein. Mürbes Gestein. a. 25 CC. Lösung. FegOg u. AI2O3 0,0380 Grm. 0,0480 Grm. CaCOg . . . 2,3350 , 2,2425 „ b. 500 CC. Lösung. MgaPgO, . . 0,0321 Grm. 0,0398 Grm. alsoPgOg . . 0,0205 ^ 0,0255 „ c. 700 CC. Lösung. Chloralkalien . 0,2220 Grm. 0,0914 Grm. (KCl)2,PtCl4 . 0,1130 , 0,1075 „ Der in Salzsäure unlösliche Rückstand betrug Lufttrocken . . 5,0595 Grm. 7,7775 Grm. Davon wurde mit Flusssäure aufgeschlossen Substanz, geglüht 3,1700 Grm. 2,5500 Grm. Darin AI2 O3 . 0,2290 „ 0,1522 „ CaCOa . . 0,0090 „ 0,0060 „ MggPgOy . 0,0330 „ 0,0290 « Chloralkalien 0,0808 „ 0,0561 „ (KCl)2,PtCl4. 0,1665 „ 0,1165 „ Von den untersuchten Feuerstein-Knollen war Nr. 1 ganz hart und splitterig, fast farblos, Nr. 2 ebenfalls farblos, aber ziemlich mürbe und leicht zu pulvern, Nr. 3 noch mürber und dabei in der äusseren Schicht mit Eisen- und Manganoxyd stark imprägnirt. Nr. 1 und 3 wurden erst nach der Extraktion mit heisser Salzsäure, Nr. 2 dagegen sofort im gepulverten Zu- stand mit Flusssäure aufgeschlossen. Bei Nr. 1 ergaben 7,1 75 Grm. der frischen Substanz einen Gltihverlust von 0,0744Grm.=l, 038 *^/o, ferner 6,101 Grm. des Rückstandes von der Behandlung mit Salzsäure einen Glühverlust von 0,0462 Grm. = 0,757%. Nr. 1. Nr. 2. Nr. 3. Substanz, lufttr. . . . 20,0 Grm. — Grm. 12,097 Grm. In Salzsäure löslich . . 0,328 „ — „ 1,100 „ 247 Mit Flusssäure wurden aufgeschlosseu 3,3775 Grm. 3,4028 Grm. 2,638 Grm. 0,0215 „ 0,0845 „ 0,0315 , 0,0082 y, 0,0095 „ 0,0030 , 0,0200 „ — — 0,0190 y, — — des Bodens, sowie die „Thonmasse* Substanz, geglüht. Darin Al^Og . . CaCOg . . Chloralkalien (KCl)2,PtCl4 Die Ackerkrume wurde in derselben Weise untersucht, wie oben bezüglich der unteren thonigen Schichten des Krebsscheeren-Kalksteins ange- geben ist; nur nahm man hierbei für die Behandlung mit kalter konzentrirter Salzsäure jedesmal 300 Grm. der lufttrocknen Sub- stanz in Arbeit, so dass die zur eigentlichen Analyse dienende und auf 1000 CG. verdünnte Lösung im Ganzen einem Quantum von 200 Grm. des lufttrocknen Bodens entsprach. Die aus der Lösung abgeschiedene Kieselsäure betrug bei der Ackerkrume 0,0155 Grm. und bei der Thonmasse 0,0294 Grm. Weiter ergab sich: Thonmasse. 0,0500 Grm. 1,2633 „ 42,7 CG. 0,7625 Grm. 0,4712 „ 0,4765 , 0,0894 , 0,0476 Grm. 0,0735 „ 0,1521 „ 0,1381 „ 0,0884 , 0,1390 Grm. 0,0890 „ 200 CG. Lösung. Ackerkrume. Darin MugO^ 0,0665 Grm. VaFegOa, AI2O3U. PjOg . . 0,6565 „ Chamäleon* in V5 • • • 21,05 CG. also Va^^a^s .... 0,3748 Grm. VaAlaOa 0,2671 , CaCOa 0,8567 „ MgaPaO, 0,1210 „ 300 GG. Lösung. Darin BaS04. 0,0410 Grm. Ghloralkalien 0,0697 „ (KG1)2, PtCl^ 0,1741 , MggPaO, 0,0680 c. alsoPgOg. ..... 0,0435 „ 300 GG. Lösung. Darin MggPaOy 0,0692 Grm. also Pg O5 0,0443 Aus je 20 Grm. des lufttrocknen frischen Bodens wurde in gleicher Weise der Extrakt mittelst kalter Salzsäure dargestellt, * 1 CG. Chamäleon :=: 0,0025 Fe. — 248 — der Rückstand aber auf dem Filter zuerst mit kaltem und dann mit heissem Wasser ausgewaschen und hierauf nach bekannter Methode mit Soda-Natronlauge behandelt, um die darin lösliche Kieselsäure zu bestimmen ; in der Ackerkrume fand man 0,2224 Grm, und in der Thonmasse 0,4464 Grm. Zur weiteren Untersuchung dienten je 150 Grm. des be- treffenden Bodens, welche zunächst mit konzentrirter Salzsäure ausgekocht wurden. Ackerkrume. Thonmasse. Kieselsäure in Lösung . . . 0,1570 Grrm. 0,2205 Grm, a. 300 CG. Lösung. Darin MngO^ 0,2010 Grm. 0,1563 Grm. V2Fe2 03,Al2 03U. P2O5 . . 1,1433 „ 3,2288 , Chamäleon zu .... (Vg) 42,8 CG. (V5) 67,1 CG. alsoV2Fe203 .... 0,4587 Grm. 1,2100 Grm. V2AI2O3 0,6649 , 1,9423 „ CaCOg 1,0434 „ 0,5662 , MggPaOy 0,1417 , 0,2799 „ b. 300 CG. Lösung. Darin BaSO^ ...... 0,0240 Grm. 0,0444 Grm. Chloralkalien 0,1268 „ 0,2363 „ (KG1)2, PtCl4 0,3521 , 0,6683 , MggPaOy. 0,0615 „ 0,1184 „ alsoPaOg 0,0394 , 0,0758 , c. 300 CG. Lösung. Darin MgaPgOy -- 0,1207 Grm. also P2O5 — 0,0772 „ Der Eückstand von derBehandlung mit heisser Salzsäure betrug Lufttrocken 127,009 Grm. 109,380 Grm. Davon Substanz 6,449 „ 4,947 „ Glühverlust 0,200 , 0,267 „ Ferner Substanz, lufttr. . . 11,2337 „ 6,905 „ Kieselsäure 0,5301 „ 1,107 „ Von obigem Rückstand wurden mit konzentrirter Schwefel- säure behandelt Lufttrockene Substanz. . . . 11,803 Grm. 10,610 Grm. V2 Peg O3 u. AI2 O3 . . . 0,3037 „ 0,6581 « — 249 — Ackerkrume, Thonmasse. Chamäleon zu % • • • 4,1 CG. 7,1 CG. also V2 Feg O3. . . . 0,02198 Grm. 0,0380 Grm. V, AI2O3 0,28172 , 0,6201 , GaGOg 0,0201 „ 0,0035 , MggPgOy 0,0825 „ 0,0859 , Chloralkalien 0,0924 , 0,0880 , (KG1)2, PtCl^ 0,2496 „ 0,2296 „ Der Rückstand des Schwefelsäure-Extraktes betrug" Lufttrocken 11,012 Grm. 9,206 Grm. Davon Substanz 3,010 „ 3,481 „ Glühverlust 0,080 „ 0,169 „ Ferner Substanz, lufttr 4,2450„ 5,781 « Kieselsäure 0,5161 „ 2,127 „ Von diesem Rückstand wurden mit Flusssäure aufgeschlossen Substanz, geglüht 3,7200 Grm. 1,6990 Grm. Darin AI2O3 0,1211 „ 0,0080 , GaCOa 0,0102 „ 0,0044 „ Mg2P2 07 Spur - Ghloralkalien 0,1176 „ 0,0446 , (KG1)2, PtCl^ 0,1645 „ 0,0550 , Bei einer anderen Untersuchung lieferten 3,012 Grm. des betreffenden Rückstandes aus der Ackerkrume 0,1053 Grm. Chlor- alkalien und 0,1295 Kaliumplatinchlorid. Als Glühverlust des ganz frischen lufttrocknen Bodens fand man bei der Ackerkrume in 6,135 Grm. = 0,534 Grm. und bei der Thonmasse in 7,120 Grm. = 0,995 Grm. 3. Marmorkalk. Von dem festen Gestein wurde ein Quantum von 100 Grm. im gepulverten Zustande mit Salzsäure in massiger Wärme dige- rirt und die Lösung nach dem Abfiltriren des Rückstandes auf 1000 CG. verdünnt. Rückstand, in Salzsäure unlöslich . 0,246 Grm. CaCOo aus 25 CG 2,4625 „ FegOaU. A12 03 aus 25 CG. . . . 0,0160 „ — 250 — MggPa^T aus 500 CC 0,0105 Grm. also PjOg 0,0067 „ Cbloralkalien aus 700 CC. . . . 0,0258 „ (KC1)2, PtCl4 0,0237 „ Die Ackerkrume und die „Thonmasse* behandelte man zu- nächst mit kalter konzentrirter Salzsäure ganz in derselben Weise, ■wie bezüglich des Verwitterungsbodens aus den oberen Schichten des Krebsscheerenkalkes angegeben ist. Die schliesslich auf 1000 CC. verdünnte Lösung entsprach im Ganzen wiederum 200 Grm. des lufttrocknen Bodens. Ackerkrume. Thonmasse. Kieselsäure in Lösung . . . 0,0104 Grm. 0,0181 Grm. a. 200 CC. Lösung. MngO^ 0,1115 Grm. 0,0847 Grm. ^AFegOg, AI2O3U. P2O5 . . 0,9784 , 1,8435 , Chamäleon* zu V5 ... 35,4 CC. 67,1 CC. also V2 F2Ö3 0,6319 Grm. 1,2264 Grm. V2AI2O3. ...... 0,3234 , 0,5953 „ CaCOg 6,2873 „ 1,8266 „ Mg2P2 0, 0,2345 y, 0,2245 , b. 300 CC. Lösung. BaSO^ 0,0806 Grm. 0,0520 Grm Chloralkalien 0,0790 „ 0,0600 „ . (KC1)2, PtCl^ 0,1750 „ 0,1290 „ Mg2P2 0y 0,1064 , 0,1022 . also P2O5 0,0681 , 0,0654 , c. 300 CC. Lösung. MgjPaO, 0,1097 Grm. — alsoPgOs 0,0702 „ — Aus einer kleineren Portion des lufttrocknen Bodens von je 20 Grm. erhielt man nach der Behandlung mit kalter Salzsäure durch Auskochen des Rückstandes mit Soda-Natronlauge bei der Ackerkrume 0,2725 und bei der Thonmasse 0,4740 Grm. Kiesel- säure. * 1 CC. Chamäleon =-- 0,0025 Grm. Fe. 251 — Durch Behandlung von 150 Grm. des lufttrocknen Bodens mit heisser Salzsäure wurden gelöst: Ackerkrume. Thonmasae. Kieselsäure in Lösung . . . 0,0830 Grm. 0,0770 Grm. a. 200 CC. Lösung. MugO^ 0,1004 Grm Vi 2 FegOg, AI2O3U. PoO« 2^5 Chamäleon zu 1,4262 „ 45,6 CC alsoVaFeaOg 0,8140 Grm. V2AI2O3 0,5887 „ CaCOg 4,6611 „ MgjPjOy 0,1742 „ b. 300 CC. Lösung. BaSO+ 0,0932 Grm. Chloralkalien 0,2181 „ (KC1)2, PtCl^ 0,5555 , Mg2P2 0, 0,1102 „ also P2 O5 0,0705 „ c. 300 CC. Lösung. Mg2 P2 0, also Pg O5 0,0880 Grm. 2,6252 „ 74,0 CC 1,3224 Grm. 1,2838 „ 1,5195 . 0,2825 „ 0,0643 Grm. 0,3596 „ 1,0898 „ 0,0878 „ 0,0562 y, 0,0907 „ 0,0581 „ Der Rückstand von der Behandlung mit heisser Salzsäure betrug Lufttrocken 96,607 Grm. 98,580 Grm. Davon Substanz 8,3612 „ 2,7521 „ Glühverlust 0,7769 „ 0,3986 „ Ferner Substanz, lufttr. . . . 11,6445 „ 12,000 „ Kieselsäure 1,0520 „ 2,6100 „ Mit Schwefelsäure handelt Lufttrockene Substanz V2F2O3U. AI3O3 Chamäleon zu Vs also V? FeoO 3 wurden von dem obigen Rückstand be- 2 ^»^2^3 V2 AU Oo 2 Ca CO 10,000 Grm. 0,6704 „ 3,6 CC. 0,0643 Grm. 0,6061 „ 0,0165 „ 10,000 Grm. 0,7868 „ 5,3 CC. 0,0946 Grm. 0,6922 „ 0,0095 „ — 252 — Ackerkrume. Thonmasse. MgjPgOy 0,0615 Grm. 0,0315 Grm. Chloralkalien 0,0975 „ 0,0818 , (KC1)2, PtCl+ 0,2617 „ 0,1800 , Der Rückstand von dem Schwefelsäure-Extrakt betrug Lufttrocken 8,1700 Grm. 8,9820 Grm. Davon Substanz 2,5540 „ 3,5740 „ Glühverlust 0,1740 , 0,8112 „ Ferner Substanz, lufttr. . . . 5,8335 „ 6,2381* „ Kieselsäure 1,6190 „ 2,2905 „ Von dem Rückstand wurden mit Flusssäure aufgeschlossen: Substanz, geglüht 2,2990 Grm. 1,7270 Grm Darin Alg O3 0,0450 „ 0,0090 „ CaSO^ 0,1535 „ 0,0650 „ MggPzOy 0,0085 „ 0,0055 „ Chloralkalien 0,0525 „ 0,0240 „ (KC1)2, PtCl4 0,0882 „ 0,0488 „ Endlich ist noch zu erwähnen, dass die Bestimmung des Glühverlustes in der ganz frischen lutttrocknen Substanz des Bodens ergab: Lufttrockene Substanz .... 9,4410 Grm. 6,6725 Grm. Glühverlust 1,5050 „ 1,3460 , St ick Stoff best immun gen. Der lufttrockene Boden wurde mit Natronkalk verbrannt, das gebildete Ammoniak in verdünnter Salzsäure aufgefangen, mit Piatinalösung gefällt und aus dem Gewicht des nach dem Glühen des Platinsalmiaks erhaltenen metallischen Rückstandes der Stick- stoff berechnet. Substanz. Piatina, Stickstoff. 1. Krebsscheeren-Kalk. Untere Schichten. Ackerkrume a. . 5,2166 Grm. 0,0830 Grm. 0,01174 Grm. b. . 4,6187 „ 0,0905 „ 0,01280 „ * Es wurde diese Bestimmung mit einer anderen Portion des entsprechend behandelten Bodens vorgenommen; in 4,1875 Grm. des betreffenden Rückstandes ergaben sich 0,5390 Grm. Glühverlust. 253 — Substanz. Piatina. Stickstoff. ■Untergrund a . . 5,2160 Grm. 0,0603 Grm. 0,00853 Grm. b . . 4,2657 „ 0,0590 „ 0,00835 „ 2. Krebsscheeren-Kalk. Obere Schichten. Ackerkrume a . . 5,6624 Grm. 0,0535 Grm. 0,00759 Grm. b . . 4,1500 „ 0,0496 „ 0,00704 „ Thonmasse a . . 5,0122 , 0,0556 „ 0,00789 , b . . 3,8740 , 0,0519 „ 0,00736 „ 3. Marmorkalk. Ackerkrume a . . 5,2760 Grm. 0,1077 Grm. 0,01528 Grm. b . . 4,0567 , 0,1025 , 0,01454 , Thonmasse a. . 5,1825 „ 0,0890 „ 0,01262 , b. . 5,3150 , 0,0849 „ 0,01204 , Untersuchung der Bodenarten nach Knop'scher Methode. A. Mechanische Analyse. Nachdem die grösseren Steine ausgelesen waren, wurde das ganze vorhandene Bodenquantum im lufttrocknen, beziehungsweise unter gelindem Druck zerriebenen Zustande durch ein Blechsieb mit 3 Millimeter weiten Löchern hindurchgeschüttelt, der Rück- stand auf dem Sieb mit Wasser gut abgespült und als Steinchen in Rechnung gebracht. Boden. Steinchen, Krebsscheerenkalk. Untere Schicht. Nr. 1. Ackerkrume 1820 Grm. 560 Grm. „ 2. Untergrund 1960 „ 530 „ Krebsscheerenkalk. Obere Schicht. Nr. 3. Ackerkrume 4010 Grm. 1520 Grm. „ 4. Thonmasse 2387 „ 43 , Marmorkalk. Nr. 5. Ackerkrume 2470 Grm. 440 Grm. „ 6. Thonmasse 2810 „ 30 , Je 30 Grm. der abgesiebten Masse hinterliesen bei 100*^ C. an Trockensubstanz: — 254 — Nr. 1. Nr. 2. Nr. 3. Nr. 4. Nr. 5. Nr. 6. Grm. 29,174 28,161 29,137 27,544 28,421 27,067 Es betrug der mit Wasser abgespülte, bei 100^ getrocknete Rückstand auf den Sieben mit resp. 2 — 0,8 und 0,3 Millimeter weiten Löchern, ferner der „Feinsand" im Knop'schen Schlämm- Cylinder und endlich der aus der Differenz gefundene „Staub'* des Bodens, überall in ursprünglich 30 Grm. der ziemlich luft- trocknen Substanz: Krebsscheerenkalk. 2 Mm. 0,8 Mm. 0,3 Mm. Feinsand. Staub. Untere Schichten. Grm. Grm. Grm. Grm. Grm. 1. Ackerkrume . 1,179 5,301 2,389 10,726 9,580 2. Untergrund . 0,918 2,949 1,114 7,955 15,225 Obere Schichten. 3. Ackerkrume . 0,247 0,965 6,045 7,775 14,105 4. Thonmasse . . — 0,740 1,294 7,955 17,555 Marmorkalk. 5. Ackerkrume . 0,720 2,176 1,153 9,944 14,628 6. Thonmasse . . 0,144 0,592 0,990 4,571 20,770 B. Chemis che Analyse. Die Bestimmung des Kohlenstoffes in der Feinerde erfolgte auf nassem Wege unter Anwendung von Chromsäure* und ebenso die Bestimmung der Bestandtheile des Feinbodens nach der von Knop gegebenen Vorschrift**. Krebsscheeren-Kalk. Untere Schichten. Obere Schichten. Ackerkr. Untergrund, Ackerkr. Thonmasse. Lufttrockene Feinerde . Verlust bei 100 <^ . Lufttrockene Feinerde . Glühverlust . . . Feinerde zur C-Bestimraung 5, 000 Kohlensäure a b . * Vgl. E. Wolff «Anleitung zur chemischen Untersuchung land- wirth schaftlich wichtiger Stoffe». 3. Auflage, S. 39. Berlin, 1875. ** Ebds. S. 85. Grm. Grm. Grm. Grm. 2,224 1,314 1,760 1,527 0,054 0,051 0,025 0,069 1,688 1,263 2,464 1,343 0,202 0,128 0,196 0,161 5,000 5,000 5,000 5,000 0,225 0,126 0,145 0,056 0,235 0,135 0,151 0,064 - 255 - Grm. Grm. Grm. Grm. Feinboden, geglüht . . 1,163 1,310 1,177 1,073 Gesammt-Kieselsäure 0,391 0,602 0,961 0^735 Sesquioxyde . . . 0,100 0,192 0,178 0,266 Feinerde, lufttr. . . . 5,866 5,289 5,498 4,651 entsprechend Feinboden 5,164 4,752 5,058 4,093 VgCaCOg. . . 1,426 0,808 0,054 0,023 Feinerde, lufttr. . . . 2,012 2,031 2,039 2,028 entsprechend Feinboden 1,771 1,825 1,877 1,785 Kieselsäure-Thon . 0,758 1,052 1,768 1,548 Marmorkalk. Ackerkrume. Thonmasse. Grm. Grm. Lufttrockene Feinerde , . 2,030 1,406 Verlust bei 100 » . . 0,062 0,060 Lufttrockene Feinerde . . 2,167 2,177 Glühverlust 0,348 0,399 Feinerde zur C-Bestimmung 5,000 5,000 Kohlensäure a . . . . 0,110 0,130 b . . . . 0,118 0,135 Feinboden, geglüht . . . 1,100 1,448 Gesammt-Kieselsäure . 0,674 0,689 Sesquioxyde .... 0,258 0,520 Feinerde, lufttr 5,370 5,359 entsprechend Feinboden. 4,507 4,377 VgCaCOg 0,320 0,208 Feinerde, lufttr 2,027 2,026 entsprechend Feinboden . 1,701 1,655 Kieselsäure-Thon . . 1,320 1,277 Zur Bestimmung der Absorptionsfähigkeit des Bodens wurden vorschriftsgemäss 50 Grm. Feinerde mit 5 Grm. Kreidepulver gemischt und hierauf mit 100 CC. einer Salmiaklösung behandelt, welche bei der Zersetzung mittelst bromirter Natronlauge aus 1 CC. der Flüssigkeit genau 1 CC. Stickgas lieferte (auf mittleren Barometerdruck und 0^ berechnet). Die Differenz bei der Stick- stoffbestimmung in jedesmal 10 CC. der vom Boden abfiltrirten — 256 - Flüssigkeit ergab, nach der Berechnung auf 100 Grm. Feinerde und 200 CC. der Salmiaklösung, die Absorptionsfähigkeit dea Bodens. Krebsscheeren- Ent- Tempe- Baro- Volumen Diffe- Absorption Kalk. wickelt. ratur. meter. bei 0» etc. renz. für 200 CC. UntereSchichten. CC. Mm. CC. CC. Ackerkrume a 7,20 + 0,21 13« 734 6,681 3,319 66,4 b 7,10 + 0,21 13<> 734 6,676 3,324 66,5 Untergrund a 4,80 + 0,16 13« 734 4,501 5,499 109,9 b 4,90 + 0,16 13« 734 4,592 5,408 108,1 Obere Schichten. Ackerkrume a 7,70 + 0,23 14« 731 7,128 2,872 57,4 b 7,60 + 0,23 14« 731 7,044 2,956 59,1 Thonmasse 4,20 + 0,13 14« 731 3,895 6,105 122,0 Marmorkalk. Ackerkrume 5,40 + 0,16 13« 734 5,046 4,954 99,1 Thonmasse 3,80 + 0,11 13« 734 3,555 6,445 128,9 Ausgegeben am 15. Februar 1878. Geologisches aus dem Libanon von Dr. Oscar Fraas. Eundschau im Libanon. Der Blick auf eine jede Karte von Syrien zeigt schon die Gleichartigkeit der Terrainbildung von der pelusischen Ecke an bis zum Vorgebirge von Tripolis (Taräbulüs) gegenüber der kyprischen Insel. Genau 15 ^ östlich von dem magnetischen Meridian * ist in nahezu gerader Linie das Festland gegen das Meer abgeschnitten. Diese Gerade macht nur 2 kleine hacken- förmige Absätze, den ersten am Eas Karmel, hinter dem die geschützte Bai von Haifa liegt und am Ras Beirut mit der *St. Georges-Bai und dem Hafen von Beirut. Eine kleine Unter- brechung der geraden Küstenlinie bildet ausserdem die Bucht von Djüni mit dem Hafen des Mont Liban ^. Das natürliche ^ Gegenwärtig ist an der ganzen syrischen Küste keine Abweichung der Magnetnadel mehr zu beobachten, der astronomische und der mag- netische Meridian decken sich, 1876 hatte die Abweichung noch vier Minuten betragen. Alle früheren nach dem magnetischen Meridian angestellten Kartenaufnahmen sind daher heutzutage ungenau geworden. ^ Um den Libanon vom Verkehr mit der Welt abzuschneiden, volkswirthschaftlich zu isoliren und in faktischer Abhängigkeit von der Pforte zu erhalten, blieben die Hafenstädte Taräbulüs, Beirut und Saida vom Vertrag des Jahres 1862 ausgeschlossen. Gerade die wichtigsten Plätze des Landes blieben mit türkischen Paschas besetzt, türkische Württemb. naturyr. Jahreshefte. 1878. 17 — 258 Nord-Ende der syrischen Küste bildet das alte dsov-nQdaconov, italienisch das Kap „Madonna^ arabisch Ras esch-Schakka, von wo das Streichen der Küste in ein nordöstliches übergeht', bis nördlich Taräbulüs mit der Bai von Akkar ein neues Land beginnt, das zum System Kleinasiens gehört. Parallel mit der syrischen Küste streicht das syrische Gebirge und die Bekäa, wobei jedoch das libanesische Gebirge vom hohen Sannin au eine nordostnördliche Richtung einhält, welcher Richtung auch die Bekäa folgt, das weite Thal von Baalbek, welches in alten Zeiten das zusammenhängende Gebirgsmassiv in Libanon und Antilibanos gespalten hat. Geologisch ist die Bildung der Meeresküste und der Jordanspalte und die Bildung des syrischen und transjordanischen Gebirges nur Eine That", welche, wie ich unten zeigen werde, in die Zeiten nach Ab- lagerung des Eocängebirges und der älteren Miocäne fällt, d. h. in die Zeit der jüngeren Miocäne. Der Blick auf das Land selbst lässt den Zureisenden schon vom Bord des Dampfers aus erkennen, dass das Gebirge vom pelusischen Winkel an, wo seine tiefste Erniedrigung ist, nach Norden sich erhebt. Auch hier wieder sind Unterbrechungen durch das Tiefland des Kison und des Litäni. Von deren Niederungen an erhebt sich wieder das Gebirge, bis es im hohen Sannin und Akkar seine höchste Entwickelung erreicht. Im Laude selbst gewährt die beste Umschau zur oberflächlichen Orientirung der Nebi Säfi im Süden des Libanon. (1346 m ü. d. M.) Mit Ausnahme des östlichen Ausblicks ist die Fernsicht nach allen Himmelsrichtungen offen. Gegen Morgen zwar legt sich der schneebedeckte Hermon (Djebel esch Schech) in seiner ganzen massigen Grösse vor das Auge. Unvergleichlich dagegen ist der Douanen erheben die Zölle und chikaniren nicht blos die Fremden sondern selbst den Pascha vom Libanon, der sich oft genug über die Impertmenz der türkischen Beamten zu beklagen hat. Um diesen unwürdigen Zuständen zu entgehen, haben die Libanesen angefangen m der Bucht von Djüni eine eigene libanesiche >Marine. zu schaffen. JedenfaUs em freudiger Beweis der nationalen Kräftigung dieses Ge- — 259 — Ausblick nach Süden und Westen. Im Süden schaut man zu- nächst in die Tiefebene des Hule und die wilden Schluchten des Litäni, begränzt Vön dem Karmelzug, der über den Tabor zu den Höhen von Tiberias sich hinzieht und drüben über dem spiegelnden See in den zackigen Höhen des Haurans sich fort- setzt. In bläulichem Duft liegen in der Ferne die Berge von Juda. Soweit man die Meeresküste überblickt, d. h. vom Karmel bis zum Eas Beirut, überzeugt man sich vom abrupten Einbruch der Berge, der sich untermeerisch ebenso fortsetzt, wie er zu Tage beobachtet wird. Ein schmales roth- gelbes Band legt sich zwischen den fahlen Kreideboden und das grüne Meer. Der Blick nach Norden führt in den eigentlichen Libanon hinein, dessen Berge riesigen Maulwurfshügeln gleichen, die nebeneinander und hintereinander hingeworfen sind und sich je nach ihrer Zusammensetzung aus Kalkfelsen, Sandstein oder Mergel bald steiler, bald flacher legen. Jeder dieser Hügel besteht aus einem System vieler Schichten, die sich wie Bänder durch den Berg ziehen. Doch ist der nächste Hügel wieder ausser Zusammenhang mit dem ersten, so dass man denselben Eindruck bekommt, den im Kleinen bei einem Eisgang gestrandete Schollen auf uns machen. Jede der Berg- schollen hing einst mit der Schichtentafel zusammen, was die regelmässigen Schichtenlager beweisen, die im Querprofil wie Bänder sich uns vorstellen. Bei der Gebirgsbildung ging die bis dahin horizontal lagernde Gebirgstafel in Trümmer, die Trümmer aber, gehoben und geschoben, legten sich neben und hinter einander, wobei jedoch die Richtung von N nach S und recht- winklig darauf von 0 nach W die herrschende bleibt. Was den Blick auf die Schichtenbänder besonders anmuthig macht, ist der Wechsel der Farben dieser Bänder. Ein Maler z. B., der die Landschaft malen wollte, hätte sich davor zu hüten, dass er die oft wirklich grellen Farbenbänder, die sich über einen Berg hinziehen, nicht in ihrer natürlichen Farbe darstellte. Auf dem Gemälde wäre das kirschrothe horizontale Band um den Berg entschieden unschön, in Wirklichkeit selbst machen auch die lang gestreckten Geraden die Berge monoton, es fehlt dem Auge der 17* — 260 — Ruhepunkt eines Wechsels, um so mehr, als die Entwald ang^ der libanesischen Berge auf die entsetzlichste Weise schon vorgeschritten ist. Erst ein Basaltgang, eine Verwerfung, ein Hackenschlag oder wie man die geologische Störung nennen mag, macht der sedimentären Langweile ein Ende und bringt wieder einen frischen Wechsel in die Landschaft. Ganz besonders verdanken die libanesischen Landschaften nicht blos ihre Schönheit, sondern -auch ihre Fruchtbarkeit und Fülle dem Basaltit, der an zahllosen Orten zum Ausbruch gekommen ist. Auf der meinen Aufnahmen zu Grunde liegenden ganz vortrefflichen Karte ^ des französischen Expeditions-Korps in Syrien habe ich allein 72 Ausbruchspunkte der basaltischen Massen verzeichnet, die theilweise ganz gewaltige Ergüsse gemacht haben. Nirgends aber hatte ich Gelegenheit irgend welche Niveau- Störungen kennen zu lernen, welche im Gefolge der Basalt-Ergüsse wären. Ein Beispiel für viele mag genügen: Einen der fürchterlichsten Felsschründe des Libanons durchtost der Kadischafluss , der am Fuss des Cedernwaldes unter altem Moränenschutt seinen Ursprung, seine reichen Zuflüsse von allen Seiten des Felsenkessels im Bscherre hat und nach etwa drei- stündigem Lauf schon so gewaltige Wassermassen wälzt, dass nur halsbrecherische Stege noch die beiderseitigen Ufer ver- mitteln. In der Nähe von Kannobin nun, zu unterst im Thal hart am tosenden Strom, ist ein basaltischer Tuff in einer Spalte ^ Es ist ein himmelschreiender Frevel, den die Einwohner seit Jahren durch türkische Wirthschaft daran gewöhnt, an ihrem Wald begehen. Ja, könnte man etwa von Abholzung im Sinn der europäischen Forstverwaltung zur Gewinnung von Nutzholz reden, aber es ist von einer Nutzung des Waldes überhaupt gar nicht die Rede. Ueberall herrscht die muth willigste, niederträchtigste Verstümmelung der vom früheren Wald noch übrig gebliebenen Bäume. Es ist das eine wahr- haftige Selbstschändung, eiue nationalökonomische Schädigung, die man nicht genug brandmarken kann vor der civilisirten Welt. * Carte du Liban, d'apres les reconnaissances de la brigade topo- graphique du corps expeditionnaire de Syrie en 1860 — 1861, dressee au depot de la guerre etant directeur le general Blondel sous le miuistere de S. E. le marechal comte Randon. 1862. d — 261 — aufgesetzt, die Spalte streicht rechtwinklig auf den Kadischa, der hör. 7 seinen Lauf hat, sie streicht folglich hör. 1. Vom Kadischasteg bis auf die erste Höhe bei Blauza lässt sich der Tuffgang verfolgen über eine Höhendifferenz von 450 m hin. Der Tuff durchsetzt die Dolomite, die in wilden Formen dem Kadischathai seinen Hauptreiz verleihen, und weil voll Höhlen und Löcher, seit ältester Zeit die Anachoreten anzogen. In halber Höhe zwischen Blauza und dem Thal liegt das alte Heiligthum der Libanesen, das 379 von Theodosius gestiftete Kloster Kan- nöbin. Ehe man an die Klosterpforte kommt trifft man die kleine Felsenkapelle der heiligen Jungfrau neben einer der wunder- barsten Eichen, die man finden mag. Unter dem rohen in die Felsen gemeisselten Steinkreuz, das jeder Libanese küsst, der des Weges geht, drückt sich aus dem Basalttufif der frische Quell, ohne den niemalen eine Ansiedlung in dem Felsenneste ent- standen wäre, welches später zum Kloster Kannöbln wurde. Ohne jegliche Verwerfung der beiderseitigen Dolomitwände klafft die tufferfüllte Spalte. Wo aber die Dolomitwände auf- hören und darüber der Sandstein anfängt, hat sich im Liegen- den des Sandes der basaltische Erguss ausgebreitet, weithin Schichten bildend, welche ein sedimentäres Gemenge von Sand, Thon und vulkanischem Gestein sind. Solche Stellen geben Auf- schluss über die Bildung von Schichten, deren Ursprung in Gegen- den, denen Basaltitergüsse fehlen, nahezu unverständlich ist. Mitten in der libanesischen Sandsteinbildung, w^o z. B. bei dem Metäwile- dorfe Djebä die Mühle steht und unter herrlichen Nussbäumen der Gebetsplatz der Einwohner ist, steht eine Bank glaukonitischen Kalk- mergels an , die man in Handstücken von europäischen Grünsand- stücken nicht unterscheiden kann. Verfolgt man diese Bank nach INorden und Nordosten, so schwillt sie zu einer Bank Basaltittuffan, wobei der sedimentäre Charakter der Bank verloren geht. Die Bank wird zu einem ungeschichteten massigen Stock von Basaltit, dessen Erguss, wie hier deutlich nachgewiesen werden kann, zur Bil- dung der Grünsand-Schichten der mittleren Kreide geführt hat. So bunt nun auch die Landschaft durch die Basaltit-Ergüsse wird und so abwechselnd die Gegend innerhalb der engeren — 262 — Grenzen einer GebirgsschoUe ist, so treten doch keine anderen Motive bei der Oberflächegestaltung hinzu. In jeder Gegend des Libanons, in jedem der Thäler, deren Wasser raschesten Laufs dem Meer zueilen, in jeder Lichtung oder Weitung auf den Höhen, wie in jeder Bergschlucht wiederholt sich stets das Be- kannte, d. h.: starre Felsen von Dolomit und Marmor, der Sand- stein mit seinem Zugehör und vielgeschichtete, bankdurchzogene Mergel der mittleren Kreidezeit, welche als Turon-Etage bezeich- net wird. Innerhalb dieser 3 Factoren unterscheiden sich die einzelnen Gegenden nur dadurch, dass das jüngste zuweilen zu Unterst liegt und das älteste oben, ein anderesmal ist die regel- richtige Lagerung erhalten worden, nie aber hält die eine oder andere Schichte einen bestimmten Horizont über dem Meere ein. Die Felsen des Ras Beirut, an welchen das Meer brandet und welche zwischen dem Nähr Beirut und dem Meer die Unterlage für die Stadt und die Gärten, ebenso wie für die Sandwüste im Süden der Stadt bilden, gehören dem oberen Horizont der Rudisten- zone^ an. Normaler Weise sollten sie über dem Sand liegen, trotz- dem liegen sie hier unter demselben, denn sobald man den Nähr Beirut überschritten hat und auf das Gebirge lossteuert, fängt mit der ersten Erhebung der gelbe Sand und Sandstein an. Man steigt zunächst 220 m hinan bis zu einer Terrasse im Gebirg, die übrigens aus demselben Sandstein besteht, über dessen schiefe Ebene man bereits hinangestiegen war. Abermals steigt man nach kurzer Unterbrechung durch einen Terrassen-Absatz wieder auf abgerutschtem Sandstein 154 m weiter hinan, wo ein zweiter Absatz ist, der immer noch Sandstein hat, wie der erste. 100 m höher gelangt man auf den dritten Absatz, der durch ein Steinmeer von verstürzten Kalkfelsen bezeichnet wird. Erst von hier ab gelangt man in die horizontale Lagerung des Sandsteins, an welchem man weitere 260 m hoch hinan- steigt, über einen Wechsel von dunkeln Thonen, farbigen Sanden, * Von den Felsen bei den Gärten am Fusse der Wüste, die am weitesten gegen Westen ins Meer reichen, sammelte ich denselben Radiolites radiosus d'Orb., den ich später 1000 m höher bei Kloster Meifük in grosser Menge traf. — 263 — lichten Sandsteinen u. s. w., bis bei 710 m ü. d. M. der reizende Ort Betmere erreicht ist. Ging es steil hinan bis Betmere , so geht es noch viel steiler hinab zur Salimaschlucht , einem Auf- rissthal, in welchem die normale Aufeinanderfolge der Schichten beobachtet werden kann. 360 m mächtig erscheint hier die Sandformation, unter ihr die Glandiferen-Zone und die Dolomit- felsen, in welchen der Fluss tost. Dasselbe Profil, das der Abstieg gezeigt hat, trifft man beim Aufstieg nach dem in ziemlich gleichem Niveau mit Betmere gelegenen Keseibe. Mit Ersteigung dieser Höhe betritt man die grosse fruchtbare Einsenkung der Provinz Metn, welche fast durchweg aus Sandformation besteht, aus welcher immer nur einzelne Klippen feuersteinreicher Kalke und Dolomite in male- rischen Formen hervorschauen. Sie sind ausnahmslos nur Trümmer, die bei dem Einsturz des alten Schichtengebäudes sich verloren. Innerhalb der Sandformation begegnet man ferner einer beträcht- lichen Anzahl basaltischer Punkte, theils massigen Ergüssen, theils Verwitterungen der vulkanischen Masse, Thonen und Sand- mergeln^, bis der nächste Aufstieg zu den festen Muschelbänken der Cardien und Austern führt. Die Bänke umgeben mit einem förmlichen Felsenkranz die eingebrochene Landschaft von Metn. An der Grenze des Sandes und der Felsen entspringt bei 1110 m ü. d. M. der Nähr el Beirut. Die über der Quelle senkrecht aufsteigenden Felsen bilden einen Ueberhang von nahezu 100 m. Mit Mühe ersteigt man die Terrasse und steht auf einer culti- virten Hochfläche mit mergeligem Untergrund , die Höhe beträgt 1440 m. lieber der Hochfläche erhebt sich erst der die Pro- vinz beherrschende Keneise (Kirche) um beiläufig 200 m höher. Aber wie erstaunt man , statt neuer jüngerer Kreide- gebilde auf einmal wieder im Sandgebirge sich zu befinden , das man bei 1000 m verlassen hatte und vom Fuss des Keneise bis zu dessen Gipfel nur eine Wiederholung der bereits über- schrittenen Schichten. Ebenso wenig begegnet man einem neuen Formationsglied vom Keneise ostwärts bis in die Bekäa überall liegen nurdie abgesprengten Schollen der drei uns bereits bekannten Glieder. 264 Der naclisteheiide Holzschnitt ist ein idealer Gebirgsdurch- schnitt (auf Grund der neuesten Petermann'schen Karte) von der Mündung des Nähr Beirut über den Djebel Keneise nach der Bekäa und dem Djebel Zebedäni im Antilibanos. Dies bleibt der typische Charakter im ganzen syrischen Lande. Irgend ein Gebirgsglied liegt im Niveau des Meers oder wie im el Ghör bis zu 300 m unter dem Meeresniveau, dasselbe Glied liegt aber auch ebenso 2000 m. über dem Meer und kann sich zwischen beiden Extremen finden, wo es nur will. Stets ist ein Niveau vom andern durch Sprünge und Klüfte getrennt, welche allerdings mit Vorliebe von Nordsüd und Westost das ganze Gebirge durchschneiden. Meer. Salimathal. Metn Keneise. Litäni Dass die ganze Oberflächegestaltung von dieser Zerreissung des Gebirgsmassivs abhängt, versteht sich von selbst. In den Aufrissspalten fliessen die Wasser , die von den Niederschlägen auf den Höhen und namentlich durch den schmelzenden Schnee gespeist werden. Wie sie das Land durchfeuchten und es zu einem gesegneten Fruchtland machen, dienen sie zugleich zum Schutz der libanesischen Bevölkerung, welche von einem äusseren Feind nichts zu fürchten hat, denn nie ist es einem Feinde möglich, über die Felsschründe weg oder durch die schauerlichen Schluch- ten eine Invasion ins Land zu machen. Daher auch die eigen- thümliche Erscheinung, dass sich das Christenthum seit dem ~ 265 — 5. und 6. Jahrhundert in den Bergen wahrscheinlich ziemlich unverändert^ erhalten hat, trotzdem dass der Islam ringsum alle Länder besetzte und in der Christenheit selbst seit jener Zeit die tiefgreifendsten Wandlungen im Dogma statt gehabt haben. ^ Die 300000 Christen im Libanon sind weitaus zum grösseren Theil Maroniten (nach dem Einsiedler Maron, der ums Jahr 400 im Libanon gelehrt haben soll). Ihr Dogma ist ein ausgesprochen monoteletiscbes während die gleichfalls im Libanon lebenden Jakobiten (nach Jacobus von Baradai um 540) ausgesprochene Monophysiten sind. Seit dem 5. ökumenischen Koncil wurde in Folge der Besetzung Syriens durch den Islam der Libanon isolirt und seine geistige Entwicklung durch Berührung mit dem übrigen Christenthum gehemmt, so dass die Jahr- hunderte sozusagen spurlos wie an den Felsen des Libanons so auch an der Religion, den Sitten und Bräuchen seiner Bewohner vorüber- gingen. Die einzelnen Schichtenglieder. Weder an der syrischen Küste zwischen Ghazza und Ta- räbulüs, noch im eigentlichen syrischen Hochland, noch auch in Coelesyrien und dem Jordanthale bis zur Akäba, ist meines Wissens bis jetzt die Spur eines älteren Gebirges als die Kreide beob- achtet worden. Alle die lichten Kalke, Marmore und Dolomite» welche frühere Reisende wegen der äussern Aehnlichkeit mit den Felsen des weissen Jura als jurassisch angesehen und im Abend- land für jurassisch ausgegeben haben, verwandelten sich bei genauerer Prüfung in Gebirgsglieder, welche der Kreidefor- mation angehören. Man weiss in der That nicht, worüber man mehr sich wun- dern soll, ob über die Mächtigkeit dieser Formation oder über deren räumliche Verbreitung. Ist doch von Algier an im ganzen Land der Moghrebin'^ die weitaus Alles beherrschende Formation als Neokom, Cenoman, Turon und Senon beschrieben. Zwischendieser Kreide und dem alten crystallinischen Gebirge steckt noch ein Fetzen von unterem Lias, ähnlich wie auch der Felsen von Gibraltar nach Höchste tters Beobachtungen aus liasischem Kalk mit Terehratula tetraedra und Spirifer tumidus be- steht. Weiterhin dehnt sich dieselbe Kreideformation über das ganze tripolitanische Gebiet, wie weit hinein in die Sahara weiss gar kein Mensch, in die lybische Wüste bis zu Oase Siuha, wo ' L. Hardouin: über d. Geologie der Provinz Constantine, bull d. 1. soc. geol. d. France, 1868, T. XXV. p. 328. — 267 — die Eohlfs'sche Expedition vom Jahr 1874 in der Wüste sowohl als in den Oasen allenthalben die ewig gleiche Formation antraf. Die einzelnen Fossile, welche Overweg, Nachtigal, Eohlfs aus den weiten Länderstrichen zwischen dem 1. und 26. Längengrad östlich von Greenwich mitgebracht haben, die überaus reichen Sammlungen, welche Zittel von den Oasen Dachel, Fara- fre und Siwa, sowie auf dem Wege in der Wüste zusammen- gebracht hat, zeigen keinen anderen Horizont an , als den der Kreide. Auch Zittel hat in dem sog. nubischen Sandstein nur eine Etage dieser Formation erkannt , die beiläufig dem mittel- europäischen G-rünsand zu vergleichen ist, und wir können die Anschauung von Dr. Klein ^ nur billigen, wenn er gerade diese Abtheilung der Kreide als den Hauptfactor der Wüstenbildung ansieht. Die immer fortschreitende Zersetzung des Kreidesand- steins durch die Extreme der Wüstentemperatur, die Bewegung des gelösten Quarzsandes durch die herrschenden West- und Süd- weststürme haben ganz wesentlich das Vorwärtsrücken der Wüsten- zone nach Norden und Osten zur Folge. Wenn im eigentlichen Nilthal die eocäne Formation eine kurze Unterbrechung bildet und auf eine noch kürzere Entfernung auf der Landenge von Suez ^ sich Miocän und Pliocän einschiebt, so fängt mit dem Betreten des syrischen Bodens die Kreide- formation wieder an und hält als Küstengebirge an bis Taräbulüs. In Kleinasien tritt ein ausgebildetes Tertiär an die Küste heran, um aber am Pontus und an der Donau die Kreide wieder zu Tage treten zu lassen. An der ganzen Nordseite des Bal- kans herrscht sie nach Höchst et ters belehrender Karte und folgt nun dem Lauf der Drave, das illyrische Dreieck erfüllend und die dalmatinischen und albanesischen Berge bildend. * Die Gesetze der Wüstenbildung von Dr. Hermann J. Klein Gäa Xin, Heft 11 und 12. ^ Herrn Theodor Fuchs am K. K. Hofmineralien-Cabinet in Wien bin ich zum besonderen Dank verpflichtet, dass er in einer Vorlage an die K. Akademie der Wissenschaften vom 1. März 1877 über die geologische Beschaffenheit der Landenge von Suez meine Beob- achtungen am Kanal von Schalüf berichtigt hat. Ich sah im Dezem- — 268 — So wird die Kreide mit dera darauf liegenden Eocäu recht eigentlich zum Mittelme er -Gebirge, an welchem alle ber 1864 das auf pag. 171 in „Aus dem Orient" abgebildete Profil von Schalüf: Es war gerade am Anfang der Kanal-Aushebungen. Weder ich noch Einer der Ingenieure hatte damals eine Ahnung davon, dass die raiocänen, auf Gips aufsitzenden Bänke sich nicht weiter fortsetzen sollten, sondern, wie Herr Fuchs uns belehrt, nur einzelne aus höherem Niveau abgesunkene Schollen oder „Tische" sind. Wohl theilte mir Herr Dr. Reil später (Mai 1866) seine Beobach- tungen mit, nach welchen die 2,25 m mächtige miocäne Kalkbank nach oben auskeile, dachte aber so wenig als ich daran, dass das Miocän von Schalüf nicht an Ort und Stelle mehr liege , sondern als losgetrennte Scholle auf secundärer Lagerstätte sich befinde. Der beigefügte Holz- schnitt ist nach einer Zeichnung des H. Dr. Reil gemacht, die er mir nach der Kanalaushebung im Winter 1865/66 zugestellt hat. In dieser Weise hatte sich indessen das Profil geändert, das übrigens, wie mir Jedermann zugeben wird, im Wesentlichen vollständig das- selbe blieb. T sind dunkle Thone , m ist ein ächter miocäner Sand- stein, qu ist loser Schutt und Sand. Herr Fuchs hält alles für Schutt und die Sandsteinbank hergeschoben etwa vom Djebel Geneffe aus, wo Miocän auch ansteht. Anders kann ich die Berichtigung nicht auffassen, dabei aber die Bemerkung nicht unterdrücken, dass es sich immerhin etwas eigenthümlich ausnimmt, wenn H. Fuchs p. 1 schreibt: „Prof. „Fraas verfiel auch noch in den Irrthum, im Schalüf Miocänschichten „anzugeben und von dort miocäne Fossilien zu beschreiben, welche „sicher nicht von dieser Lokalität, sondern höchst wahrscheinlich von „Djebel Genefi'e herstammen." Denn Herr Fuchs wird mit diesen Wor- ten nicht etwa sagen wollen, es gebe keine Miocän am Schalüf und ich hätte die Fossile von Genefi'e mit denen des Schalüf verwechselt, bestätigt er doch selbst meine Beobachtung des Miocän auf pag. 10, nur meint er, die Miocänschichten stammen nicht vom Schalüf selbst, sondern vom Fuss des Geneffe, wo sich allerdings eine miocäne Ab- lagerung von zahlreichen Austern und Pecten- Arten etc. vorfinde, die sich jedoch auf den ersten Blick als etwas von den übrigen Terrain- — 269 — Küstenländer dieses Binnenmeers sich mit Vorliebe betheiligen. Alles ältere Gebirge des Jura, der Trias, der Dyas u. s. w. treten zurück und sind höchstens in einzelnen Streifen und Fetzen zu beobachten. Wir reden daher auch von dem Jurastreifen am Hermon nur gelegentlich, ohne diesen Fleck in das syrische Schichtensystem "einzureihen, in das er wenigstens nach dem heutigen Stand unsres Wissens auch nicht passte. Unsere Kunde um diesen Jurastreifen verdanken wir dem Eev. , L. E. Lewis am protestantischen CoUeg der amerikanischen Mission zu Beirut. Auf der höchsten Spitze des Hermon, Kasr Antar genannt, sam- melte Herr Lewis Handstücke mit Bynchonella lacunosa und bildungen des Isthmus Verschiedenes darstelle. Schliesslich wird aber Herr Fuchs doch selbst etwas bedenklich und fügt in der Note bei: „es wäre allerdings möglich, dass im Schalüf unter den jungen Abla- „gerungen einzelne Klippen von Miocängestein wären angefahren worden, „oberflächlich ist jedoch nichts von denselben zu sehen. Worin der Irrthum nun eigentlich besteht, in den mich HerrjF u c h s verfallen lässt, ist mir heute noch nicht verständlich. Wenn ich an einer Stelle eine Schichte, deren Streichen und Fallen ich bestimmen kann, mit eigenen Händen anklopfe und einen Sack voll Fossile, über deren miocänen Karakter gar kein Zweifel obwalten kann, eigenhändig sammle und auf dem Rücken meines Esels sicher nach Suez bringe, so bin ich gewiss berechtigt, von anstehendem Miocän, das nach N einfalle, zu reden. Ich bin gewiss , dass jeder meiner Fachgenossen gerade so beobachtet und geurtheilt hätte und habe sogar die Satis- faction, dass Dr. Laurent in seinem essai geologique sur les terrains de l'isthme de Suez vom Jahr 1870 mit mir übereinstimmt, also nach Herrn Fuchs gleich mir in einen Irrthum verfällt. Bei alle dem danke ich Herrn Fuchs, der 11 Jahre nach mir den vollendeten Kanalbau sehen durfte, den ich nur in seinem ersten Werden geschaut habe. Ich glaube Herrn Fuchs auf sein Wort, dass das Miocän von Schalüf weiter hin sich nicht mehr findet und acceptire mit Vergnügen seine Beobachtung vom Schollen- oder Tisch-Charakter dieses Gebirgs, das sozusagen erratisch im Qua- ternär steckt. Andrerseits wäre es aber wohl besser gewesen , wenn Herr Fuchs das gleiche Zutrauen, das ich in seine Beobachtungen setze, auch den meinigen entgegengebracht hätte, statt mir einen Irrthum vorzuwerfen , über den er selbst schliesslich sagt, „möglicher" Weise sei es auch kein Irrthum. — 270 — versicherte mich, der ich selbst nicht oben war, dieselben dem anstehenden Gebirge entnommen zu haben. Auf der kahlen Höhe trifft man einige wohlbehauene Quadersteine aus marmo- rischem Dolomit, die oben ausgebrochen wurden, der noch vor- handenen Vertiefung nach zu urtheilen. Diese von einem Steinsatz umgebene Vertiefung wird als der Eest urältesten Berg-Cultes angesehen, der auf der Höhe des „Heiligen, Unnahbaren" ge- trieben wurde. Am Süd-Fusse des Berges, auf der sehr besuchten Route von Banias nach Damask liegt 1340 m hoch das von Drusen und Beduinen bewohnte Dorf Medjdel esch Schems (Sonnenthurm), in welchem die amerikanische Mission seit Jahren eine Station gegründet hat, die für die Geologie einer der wichtigsten Orte werden sollte, denn hier ist der einzige bis jezt^^ bekannte Fleck syrischer Lande, wo steil aufgerichtet ein Streifen jurassischer Erde innerhalb der Kreide auftritt. Medjdel. Das Dorf selbst liegt, wie unser Holzschnitt zeigt, auf einer gegen 20 m mächtigen Bank weissen Jura's, die eine ganz unglaubliche Menge von Bynchonella lacunosa führt. Aus grauem, leicht verwitterbarem Kalkmergel schälen sich die Muscheln aus und werden auf Anweisung der Missionare von den Kindern auf- gelesen und den Durchreisenden angeboten; bereits ist eine Anzahl dieser Muscheln durch Damaskus-Reisende ins Abendland gekom- ^" Siehe neues Jahrb. f. Mineral., Geol. und Palaeontologie, Jahr- gang 1877, pag. 17. — 271 — men, denn Medjdel ist stets eine willkommene Station auf der beschwerlichen Route von Saida nach Damaskus. Die Schichten von Medjdel fallen in hora 2 gegen SO ein: ausser der Lacunosenbank findet sich tiefer eine grauweisse Thon- schichte von 1 m Mächtigkeit mit Ammoniten aus der Gruppe der Canaliculaten. Oppel würde sie Ammonites aroUcus nennen und semifalcatus. Darunter 1,5 m grauschwarze Thone mit Ammonites hecticus, convolutus und andere für die Ornatenthone des obersten braunen Jura bezeichnenden Ammoniten, 10 m grau- grüne Sand- und Thonmergel mit Eynchonella concinna, Tere- Iratula perovalis und Fecten subarmatus. Ohne Zweifel tritt auch sonst noch die eine oder andere Juraschichte auf, was einer lokalen Detailuntersuchung dieses so hochinteressanten Punktes vorbehalten bleibt. Es gäbe in der That keine dankbarere Aufgabe für einen jungen G-eognosten, als die monographische Behandlung des Hermon mit seinen so wun- derlich zu Tag tretenden Jurastreifen. Kaum hat mich je ein geognostischer Anblick mächtiger erregt, als der Anblick der Lacunosen und Ornaten, die nach Form, Gestalt und Art der Versteinerung genau so aussehen, als die entsprechenden Fossile der schwäbischen Heimat. Schulkinder sammeln sie auch hier wie dort und treten sie gerne gegen ein kleines Bakschisch dem zuwandernden Fremden ab. Im Nachstehenden sei das Verzeichniss der häufigsten Jura- fossile von Medjdel esch Schems gegeben, die nunmehr in der hie- sigen Sammlung des K. Naturalien-Kabinets liegen. Die weit- aus grössere Anzahl von Fossilen von theilweisse ganz ausge- zeichneter Schönheit besitzt das protest. syrian College zu Beirut, das unter der umsichtigen Leitung des Rev. Lewis steht 1. Dem weissen Jura gehören an: Ammonites planulatus gigas Quenst. Jura p. 592, von schwäbischen Exemplaren nicht zu unterscheiden. Ammonites plicatilis Sow. 166, genau wie die schwäbischen Exemplaren vom hohen Randen. Ammonites AroUcus Opp. 51, 1, nicht die ganze flache Form, — 272 — die Zieten 10, 6 als complanatus abbildet, sondern die Form mit den flachen Sicheln. Der Kiel ist deutlich dreikantig. Ammonites transversarius Quenst. Ceph. 15, 12, diese un- verkennbare Art, nach welcher Mösch einen eigenen Horizont des Aargauer Jura's benannt hat, ist am Hermon ebenso selten als in Schwaben. Ein ganz ausgezeichnetes Exemplar ist in der Beiruter Sammlung. Hynchonella lacunosa v. Buch ist, wie schon bemerkt, die weitaus verbreitetste Muschel vom Medjdel und vom Hermon. Die silberglänzende Schale, die „armatura argentea", wie sie Lang in seiner historia lapidum nennt, der mattglänzende Stein- kern unter der abgesprengten Schale geben der Muschel aus den schwäbischen Bergen wie aus dem fernen Osten genau denselben Habitus. Und doch hat die Hermonform in ihrer constanten Grösse und Gestalt etwas Eigenthümliches, dass man sie aus den schwäbischen Stücken wieder herausfindet, wenn man die Stücke beider Lokalitäten zusammengelegt hatte. Namentlich überrascht die Thatsache, dass bei all der Häufigkeit, in welcher die Muschel sich findet, keine Spielarten sich zeigen, sondern immer nur Ein und dieselbe Form. Wenn wir in Schwaben an der Lochen, der Neidlinger Staige, bei Eybach oder sonst einem klassischen Weiss-Jurapunkt Lacunosen sammeln, so tragen wir von Einem Ort gleich auch eine Anzahl Varietäten davon, bald flache oder hohe Formen, bald vielgestreifte, bald selten gestreifte und Exemplare von verschiedener Grösse. So viel man nun aber auch Exemplare vom Hermon durch die Hände laufen lässt, immer ist es nur die Eine Form, die in den schwäbischen Bergen nichts weniger als häufig ist. 4—8 Streifen auf dem Sinus und auf dem Wulst machen die Muschel zu einer y,muUistriata.^ Dabei ist sie dick und kugelig, es biegt sich der Stirnwulst gegen die Bauchseite ab und erinnert dadurch an ^ decorat a"-. In Schwaben findet sich die Form am Fuss des Böllart, bei Thieringen und Ober- digisheim und im Aargau, woher sie Mösch als Hynchonella Arolica beschrieben hat. Man kann der Form zur näheren Be- zeichnung ihrer Charakter-Eigenthümlichkeit den Namen Lacunosa Hermonis geben. Dieser Name würde auch bei den schwäbischen — 273 — Exemplaren gleicher Gestalt stets an die merkwürdige Tliatsaclie erinnern, dass die Fossile des alten heiligen Berges mit denen der schwäbischen Höhen übereinstimmen. Terebratula bisuffarcinata Zieten. Wie diese Muschel im ganzen deutschen Jura die getreue Begleiterin des lacunosa ist, so auch am Hermen. Sie findet sich hier, nicht etwa nur in einer Form wie die lacunosa, sondern wie auch in Schwaben bald lang, bald kurz, bald schmal, bald breit, bald treten die Falten auseinander, bald zusammen, wodurch die mannigfaltigsten Combinationen entstehen. Will man diesen Formen besondere Namen geben, so kann das gescjiehen, man hat dann Terebratula GälUenei d'Orb., Maltonensis Opp., Delmontana Opp., Birmens- dorfensis Escher, Stochari Mösch, jeder Name gilt dann einer besonderen Form, denen allen der Typus der bisuffarcinata zu Grunde liegt. 2. Aus den Ornatenthonen des braunen Jura's stammen, alle glänzend verkiest, im grauschwarzen Thone liegend: Ammonites hecticus compressus Quenst. Ceph. 8,3, von deutschen Exemplaren nicht zu unterscheiden. Ammonites hecticus lunula Quenst. Ceph. 8,2. Die Furche die Rippen und Knoten der Schale sind vielfach verwischt, Exem- plare mit ausgesprochener Zeichnung immerhin selten. Ammonites auritulus Opp. 49,1, immer klein, wie auch in Schwaben mit dem charakteristischen Ohr, was ihn von der Brut der ammonites hecticus unterscheidet. Ammonites flexuosus inflatus Quenst. Ceph. 9,7, von Oppel suevicus genannt. Ammonites heterophyllus ornati Quenst. Ceph. 6,2, wohl identisch mit tatricus Pusch. Ammonites dentatus Eein 4,43, von Oppel Benggeri genannt und audax, je nach der Schmalheit der Windungen und Zahl und Grösse der ßückenzähne. Namentlich schön erhalten ist die Kaputze und das Ohr, schöner als wir es von Schwaben kennen. Der letzte rundliche Rückenzahn sitzt auf der Kaputze, ehe sie sich nach unten schlägt. Ammonites convolutus Schloth» Die in Cephalopoden 13,1 Württemb. naturw. Jahreshefte. 1878. 18 — 274 — von Quenstedt abgebildete Form gewöbulicli. Die von Oppel (Mittb. 49,4) sulciferus genannte Varietät ist gleicbfalls vor- banden, dessgleicben die Formen, die als parahoUs und interrupüis gelten und nacb Ammonites anceps und coronatus scbieleu. Ammonites Backeriae v. Bucb ist bekanntlicb im eigent- licben Scbwaben ein etwas seltener Gast, um so zablreicher im Basler Jura und im Depart. Mt. Jura. Am Hermon ganz ge- wöbnlicb. Ammonites athleta Phil. Die von Quenst. Jura 71,1 — 3 abgebildete Form von Lautlingen stimmt ganz überein. Ammonites perarmatus Sow. schwillt zu gewaltigen Exem- plaren an, wie an den Vaches noires der normannischen Küste. Ammonites flexicostatus Phil. 6,20, eine in Schwaben seltene Form, die zwischen Lamherti und hecticus steht. Am Hermon gewöhnlich. Ammonites tortisulcatus d'Orb. Jura 71,19, in Schwaben selten, in Medjdel häufig. Ammonites caprinus Schi. Quenst. Jura 71,5, nicht gerade gemein. Ammonites Arduennensis pl. 185, fällt ohne Zweifel mit caprinus zusammen. Auffallend bleibt, dass bei der grossen Uebereinstimmung deutscher und asiatischer Arten die im deutschen braunen Jura so gewöhnlichen Amm. ornatus und die für französischen Jura ganz besonders bezeichnenden Amm. Lamherti fehlen. Ob sie wirklich fehlen oder noch nicht gefunden wurden, wird die Zu- kunft lehren. Belemnites semihastatus BlvlJe. Obgleich nur Bruchstücke, da sich die Beduinenkinder auf das Graben der vollständigen Be- lemniten noch nicht verstehen, erkennt man doch die beiden auch in Schwaben vertretenen Formen des compressus und rotundus neben den tief gefurchten canäliculatus. Besondere Aufmerksam- keit der Beduinenjugend erregen die glänzend verkiesten Alveolar- stücke. Nucula variahilis Sow. 475,2. Die bekannten 3 Formen, der mandelförmigen Muschel mit dem Wirbel in der Mitte, dem — 275 — excentrischen Wirbel und der geschwänzten Schale kehren auch hier wieder. Nucula ornati Quenst. Jura 72,32 oder caecüia d'Orb. Nucula lacrymae Sow. 476,4. Area sublaevigata Morris, prodr. 10,365. Area suhtetragona Morris, vielleicht identisch mit der voran- gehenden Form. Astarte undata Quenst. Jura 72,26, liegt in Schwaben in den Irapressathonen. Pleurotomaria ornata Sow. Quenst. Jura 72. Pentaerinus suhteres Gf. Jura 72,34, sowohl die runde, als die 5kantige Form vertreten. MiUericrimis Stile, stellen sich in die Nähe des M. echinatus 3. Aelterem braunen Jura zuzuweisen sind Fossile wie Pecten subarmatus Gf. 90,8, das Vorkommen ist in einem gelben Kalk und ähnelt dem Vorkommen im Schweizer Jura und dem Breisgau. Terehratula perovalis Quenst. Jura 50,36, eine Form, die Suess dorsopUcata nennt, E. Deslongchamp aber Perrieri und SämannL In Medjdel sehr gewöhnlich; der Farbe nach stammt sie aus den Thonen. Bynclionella Steinheisii Quenst Jura 66,27, möglicher Weise auch B. Thurmamii J. Marcou, je nachdem sie aus einem tieferen oder höheren Horizonte stammt. Bynclionella Fischeri Eichwald, eine der B. varians sehr ähnliche Muschel aus dem russischen braunen Jura. Bynchonella coneinna v. Buch entstammt höchst wahr- scheinlich, nach dem anklebenden Gestein zu urtheilen, einem tieferen Horizont, aus einer blauen Kalkbank. Ich beschränke mich darauf, hiermit das einfache Verzeich- niss der Medjdel-Fossile zu geben. W^elch reiches Feld ver- gleichender Forschung sich am Hermon eröffnet, brauche ich wohl kaum zu sagen. Neue unbekannte Juraspecies werden allerdings wohl kaum am Hermon zu erwarten sein, wenn die seitherigen Funde so merkwürdig mit den bekannten europäischen Funden tibereinstimmen. Doch lässt sich die Frage aufwerfen, ob nicht 18* — 276 — ein grösseres Interesse darin liegt, in so entlegenen Gegenden, wie das Hermongebiet ist, lauter gute alte Bekannte aus dem Scliwabenland zu finden, als wenn uns dieser Ort mit einem Heer neuer noch nicht beschriebener und benannter Fossile die ohnehin schon überreiche Zahl der Juraarten vergrösserte. Rev. Lewis hat mir versprochen, sobald Zeit und Kräfte es ihm er- lauben, eine Hermonexpedition zu veranstalten und das noch so dunkle Gebiet des Anschlusses zu untersuchen, in welchem die Kreideberge auf der Westseite des Hermon zu dem Jurastreifen auf der Südostseite sich verhalten. Spielte vielleicht der Basaltit- ausbruch, der östlich von Medjdel auftritt, bei der merkwürdigen Schichtenverschiebung eine Rolle? Und doch ist Solches kaum wahrscheinlich, da derselbe nicht nur im ganzen Libanon, sondern überall, wo auch sonst Basalt auftritt, sich als ein höchst unschuldiger und geologisch harmloser Faktor bei der Gebirgs- bildung herausstellt. Die Gliederung der syrischen Kreideformatiou. Es wäre sehr einfach, die syrische Kreide zu gliedern, wenn der geologische Satz in Syrien feststünde, dass das oberste Ge- birge das jüngste, das unterste aber das älteste sei. Wir haben aber aus dem Vorangehenden schon uns überzeugt, dass in Syrien, als dem Durchgangspunkt einer planetaren Spalte, eine gründliche Verschiebung aller Niveaus stattgefunden hat, so dass wir einen bestimmten geologischen Horizont, wie z. B. die ceno- manen Sandsteine, ebenso gut bei 2000 m über dem Meer als im Niveau des Meers oder bei 300 m unter dem Meeresspiegel im el Ghör antreffen mögen. Somit fehlt uns in Syrien der anderswo so wichtige Faktor zur Bestimmung des Schichtenalters, die Aufeinanderfolge der Schichten. Das eine Mal stehen sie auf dem Kopf, das andere Mal sind sie überkippt, so dass man rathlos vor einer derartigen Schichtenwaud steht, unschlüssig, was als das Aeltere und was als das Jüngere anzusehen sei. Es bleibt daher kein anderes Mittel, als die einzelnen Komplexe für sich zu betrachten und eine Gegend stets nur aus sich selbst zu — ■ 277 — erklären. Diess soll auch in dem Nachfolgenden geschehen und wurden hiebe! auf palaeontologischer Basis neun Horizonte gemacht. Selbstverständlich tritt das Bedürfniss an uns, diese Horizonte in das allgemeine geologische System einzureihen und entsteht die Frage, welchen europäischen Horizonten die syrischen ent- sprechen. Legen wir die allgemein gültige Eintheilung zu Grund in 1. Neokom, 2. Gault (aptien und albien d'Orb.), 3. Cenoman- bildung, 4. Turonbildung, 5. Senonbildung (senonien und danien d'Orb.), so handelt es sich in erster Linie darum, ob die beiden Glieder der unteren Kreide: Neokom und Gault in Syrien ver- treten sind. Es könnten die Vertreter nur die ältesten, beziehungs- weise untersten Lager der syrischen Kreide s^n, die im Liegen- den der grossen Sandsteinformation sich befinden. Sie bestehen aus der mächtigen Gruppe kieseliger Dolomite mit dem oberen Schlussglied der Glaudarienoolithe. Der beste Kenner syrischer Schichten, mein verehrter Freund L. Lartet, hat noch 3 872 den Cidarites glandiferus als jurassisches Fossil angesehen. Die Fundorte für dieses bekannteste aller syrischen Fossile waren ihm unbekannt, sonst hätte er nicht mehr daran gedacht, die alte Russegger'sche Anschauung von der Verbreitung des Jura's in Syrien, ob auch nur noch in der Glandarienzone, festhalten zu wollen. Die Glandarienzone liegt hart unter dem Sandgebirge, das zum Mindesten dem Gault (oder unterem Grünsand) entspräche. In dissem Falle würde sie in das obere Neokom zu stellen sein. Nun sind aber die Sandbildungen mit weit mehr Recht eine Etage höher zu rücken, in den oberen Grünsand, wie er auch um le Maus, als dem typischen Lande der Cenomanbildung, zu treffen ist. Für Neokom spräche auch nicht Ein Fossil, namentlich vermisst man die im Süden Frankreichs so weit verbreitete Leitmuschel der Caprotinen. Man thut daher wohl am besten, die syrische Sand- formation neben „upper greensand" zu stellen und der Cenoman- bildung zuzuweisen, wie solches mit der englischen und fran- zösischen Kreide der Fall ist. Es wird daher wohl das Richtigste sein, von keiner älteren Kreide in Syrien zu sprechen als von cenomaner Kreide und die Dolomite und Oolithe mit sammt der grossen Sandsteinformation in diesen Horizont zu verweisen. — 278 — Mit dem dritten Horizont, den Gasteropodenmergeln von Abeih und den Cardiumbänken, fängt sofort die Turongruppe an, über deren Identität es keinen Zweifel geben kann. Dagegen steht man wieder ratblos vor der Grenze zur Senongruppe. Kein Belemnites mucronatus , kein Ananchytes, nichts von den seno- nischen Leitfossilen Central- Europa's, dazu ein Einerlei lichter Bänke, aus denen, wenn es gut geht, Nerineen und Radioliten auswittern, in denen aber auch unversehens Nummuliten sich ein- stellen. Die Dordogne bietet wohl die meisten Anhaltspunkte zur Vergleichung, denn auch hier spielen die grossen ßadioliten eine Hauptrolle bei der Bildung der Felsen und bieten Anlass, sogar 9 Gruppen von Horizonten zu unterscheiden, wie das Co- quand in der Charante und Dordogne für gut befunden hat. Bietet hienach schon der Anfang der Senongruppe Schwierig- keit, so noch vielmehr deren Ende. Denn urplötzlich und ohne Vermittlung stehen wir im Suessonien, ohne im Stande zu sein zu entscheiden, ob wir im Kreidegebirge stehen oder im Eocän, Man bleibt daher in erster Linie darauf angewiesen, die syrischen Schichten zunächst nur unter sich zu vergleichen und aus sich selbst zu erklären. Späteren Forschern wird dann die Aufgabe zufallen, den weiteren Verlauf der syrischen Horizonte im Süden und Südosten Europa's zu verfolgen. Cenoman-Bildungen. 1. Die Glandarien-Zone. Der Name der Glandarienzone für die älteste Schichtenzone im Libanon nach dem leitenden Fossil des Cidarites glandarius rechtfertigt sich ebenso durch die Menge des Vorkommens der „radioli glaudarii" (Lang, bist. lap. 1708) als durch den alten Ruhm, den sich diese Steine als uralter Gruss des Morgenlandes an das Abendland seit Jahrhunderten erworben haben. So tausend- fältig die „lapides judaici" nach dem Abendland kamen, um hier in den Apotheken schon des XIII. Jahrhunderts eine Rolle zu spielen, so unbekannt blieb bis in die neueste Zeit der eigent- — 279 — liehe Fundort. Eben daher kommt es auch, dass selbst Lartet noch 1872 vom Cidarites glandiferus als einem jurassischen Echi- niden spricht. Ich fand die ersten Glandarien im Geschieb des Nähr Beirut, wo sich der Salima und Hammäna, beide vom hohen Keneise herkommend, vereinigen. Wir folgen dem Salimathal, einer Felsenschlucht, die in lichte Marmore 400 m tief eingerissen ist. Bald auch lassen sich die Durchschnitte der Glandarien an den Felswänden erkennen und einzelne auswitternde Exem- plare abschlagen, aber erst wo der Bach Hamäde in die Salima mündet, gelangen wir über den Dolomiten und Marmorfelsen zu oolithichen Schichten mit thonigen Zwischenbänken, aus welchen nicht nur die Glandarien auswittern, sondern eine reiche Menge anderer Fossile zu Tage tritt, welche über die geologische Stellung des Horizontes in der mittleren Kreide keinen Zweifel lassen. Die Salimabrücke, über welche der Weg von Betmere nach Meten führt, liegt 275 m ü. d. M. Sie steht mitten in lichten Marmoren, an deren Wänden die Glandarien auswittern. Bei 490 m ü. d. M. liegt Ain Hamäde. Wir haben somit zum Mindesten 200 m Mächtigkeit für die Marmore, die nach oben mit einigen Meter mächtigen Oolithbänken abschliessen. Der Oolith ist gelb im frischen Bruch , an den Verwitterungsflächen braun und gleicht in seinem Gefüge gewissen feinkörnigen Schich- ten des Gross-Ooliths in Europa. Die Oolithkörner von der Grösse eines halben Millimeters und darunter sind concentrisch schalig und setzen vollständig das Gestein zusammen, ohne eines weiteren Bindemittels zu bedürfen. Nach oben werden die Oolithe thonig, wo die günstigsten Plätze zum Sammeln der auswitternden Fossile sich befinden. Sehr häufig findet sich Sparsispongia varians Fromeutel. Der genannte Schwamm stammt zwar aus dem Neokom von Champtonay und Germigney in Frankreich, doch hat ihn Geinitz^* im sächsischen Pläner verzeichnet und hält die Plänerart für '^ Das Eibthalgebirge in Sachsen von Dr. Hans Bruno Gei üitz in Palaeontoffr. 1871. — 280 — identisch mit jener (Taf. 4, Fig. 2). Es sind kugelige Gebilde von 5 — 6 mm Durclimesser, im Inneren hohl. Das gleichartige Gewebe besteht aus einer im Querschnitt faserigen Masse, die auf der Oberfläche gedrängt stehende Poren zeigt. Weiter zeigt die Oberfläche eine Eeihe Eindrücke, wie sie etwa an zusammen- schrumpfenden Früchten bemerklich werden, ebenso beobachtet man fast an jedem Stück die Sprossung von Spitzen und Warzen aus dem Gewebe heraus. Epitheles rohusta Geinitz Taf. 8, Fig. 1 eine Art aus dem Pläner von Plauen, welche mit der zu Ain Hamäde sich finden- den übereinstimmt. Der Schwamm hat eine breite Basis, aus welcher sich einzelne stumpfe , halb conische, halb walzenförmige Stämme gruppenweise erheben. Das in einander verlaufende Fasergewebe umschliesst vielgestaltige grössere und kleinere Po- ren, bald rundlich, bald wurmförmig. Die Stärke der Schwamm - Wandung beträgt nur 2 — 3 mm , was sowohl an der Spitze der einzelnen Glieder als wie an der Basis des Wurzelstocks beobachtet werden kann. Elasynostoma consohrinum d'Orb. Geinitz Taf. 6 , Fig. 8. Halbkugelige, napfförmige, dünnwandige Schwämme, der Rand ist nicht gelappt wie bei der vorigen Art, nur etwas verbogen. Einzelne grössere Poren treten wohl aus einem sehr dünn- maschigen Gewebe, das dem blossen Auge fast glatt erscheint, hervor. Siphonia pyriformis Gf. Geinitz Taf. 9, 1—14. Längliche, feigenförmige Knollen mit grobem Gewebe, das sich wurmförmig verfasert. Eine eigentliche centrale Höhlung fehlt jedoch, wess- halb man statt an Siphonia auch an Epitheles denken kann; dagegen vertheilt sich das Gewebe zu einer Anzahl verschiedener Centren, die flache Höhlungen in die Spitze und an die Seiten- wände der Knollen eindrücken. Eine solche Beschaffenheit zeigt die Oberfläche von Epitheles nie. Eher noch läge der Gedanke an Amorphospongia vola Michelin nahe (Icon. Taf. 7 , Fig. 2). In Anbetracht der fast regelmässigen Birn- oder Feigengestalt des Schwammes ziehen wir den Namen Siphonia vor. — 281 — Unter den zahlreichen Korallen nennen wir zuerst Dimor- phastraea Echvardsi Bölsche (Korallen des norddeutschen Jura und Kreidegebirges Berlin 1867, Taf. 3, Fig. 8, pag. 43). Es stimmt zwar das Vorkommen der deutschen Art im Hilsconglomerat von Berklingen nicht recht, aber in so nahe liegenden Schichtenhorizonten wie der Glandarien-Oolith und der Hils gehen selbstverständlich auch Fossile über. Es ist ein rasch sich erbreiternder Korallen- stock, die Aussenseite der Höhe nach zart gestreift. Die Septa liegen V^ oam auseinander. Eine Anzahl kleinerer Kelche, nicht gerade 9 wie am Bölsche'schen Exemplar, sitzen um einen Haupt- kelch herum. Die Septa der einen Kelchgrube sind der andern gegenüber abgegrenzt, fliessen nicht über bei JDimorphastraea, wesshalb man auch an Latomaeandra d'Orb. denken kann. Wie weit dies übrigens auf Rechnung der Abreibung zu setzen ist, kann ich nicht recht beurtheilen. Die von Bölsche citirten Bimorphastraea excelsa und grandiflora aus französischem Neokom konnte ich nicht vergleichen. Ästrocoenia decaphylla Michelin, Reuss^^ Taf. 8, 4 — 6 ist eine ganz reizende Sternkoralle , vorausgesetzt , dass man gute und frische Exemplare unter die Hände bekommt. Unter 20 Stücken sind freilich 15 so abgerieben , dass die Struktur der Zellen nicht mehr sichtbar ist. Der Korallenstock bildet unregel- mässige kleine Korallen, wie Trüffeln, von 2 — 3 cm Durchmesser. Die Sternöfifnungeu mit ihren 10 zierlichen Zellen sind dicht- gedrängt. Die Zwischenwand zwischen den Zellen erscheint glatt oder ist jedenfalls ganz fein gekörnt. Diese Art aus der Gosau, welche Reuss beschreibt, stimmt genau mit den zahlreichen Funden von Ain Hamäde. Placocoenia Orhignyana Reuss IX, 1 und 2, bildet einen 3 cm hohen walzenförmigen Korallenstock über und über mit Sternen besät. In jedem Stern sind 24 Stern-Lamellen, darun- ter 6 primäre. Die Lamellen fliessen in einander über und sind *"^ Reuss A. E. Beiträge zur Charakteristik der Kreide schichten in den Ostalpen. Denkschriften d. K. Ac. d. W. Wien 1854. — 282 — somit die einzelnen Sternfelder nicht von einander getrennt. Auch diese Art stimmt mit der Gosau. Stephanocoenia formosa Milne Edw. und Haime, Reuss YIII, 7 — 9 bildet einen gestilten, kugeligen Stock, der unregelmässig mit grösseren und kleineren Sternfeldern besetzt ist, die sich mittelst eines erhöhten Randes über die sonst glatte , ob auch fein gekörnte Oberfläche erheben. Der Durchmesser der Kugel überschreitet 2 cm nicht. Auch diese Art ist eine Gosau-Art. Sarcinula Sdlimae Fraas Taf. IV, Fig. 6. Aus der oberen Kreide von Nebi Samwil habe ich schon im I. Theil aus dem Orient pag. 84 Sarcinula auleticon angeführt. S. Salimae, nach dem Salimathal so genannt, in welchem sie gar nicht selten sich findet, ist ein Korallenstock, der aus dicht gedrängten Zellen- büscheln besteht, der Durchmesser jeder Zelle ist nur '/2 mm. An der Oberfläche ordnen sich die Bündel reihenweise und bilden die Reihen einen grossen rundlichen Stern. Die Länge der einzelnen Zellenbüschel und ebendamit die Dicke des Stocks beträgt 2 — 3 cm. Sarcinula microstila Fraas. Auch diese zweite Art der Büschelkoralle Sarcinula ist neu, viel seltener noch als Salimae und nur einmal aufgefunden. Die einzelnen Zellen messen nur 0,25 mm, stehen aber ebenso dichtgedrängt, wie bei der vorigen Art. Auf der Oberfläche des höchstens 5 mm dicken rindeartigen Korallen- Stocks stehen die Poren nicht reihen- weise wie bei Salimae^ sondern dicht gedrängt wie auf der Aussenfläche eines Aptychus latus v. M. Doch versenken sich einzelne sternförmige Gruben auf der Oberfläche. Äpiocrinus cretaceus Fraas. Ueber ein Dutzend Stilglieder, darunter auch ein Basalstilglied wurden in Ain Hamäde gesam- melt. Rev. Lewis in Beirut besitzt sie von Ailäth von der Grenze des Grünsands. Die Stilglieder sind allerdings den juras- sischen zum Verwechseln ähnlich, die wir im oberen Jura zu Tausenden finden und bald zu Äpiocr. rosaceus, bald zu mespili- formis oder Milleri gehören. Ich bin fest überzeugt, dass man bei längerem Sammeln auch die Kronen dieses Thiers noch finden wird, aus welchen erst der massgebende Name geschöpft werden kann. — 283 — Cidarifes glandarius Lang 1708. So viele tausend und abertausend „ Judensteiue" schon in das Abendland auch wan- derten, so wenig wusste man bis jetzt genau, wo sie herstam- men, ja nicht einmal der Körper des Seeigels, dem sie angehören, war bekannt. Diese Lücken unseres Wissens sind jetzt ausge- gefüllt und reden wir zunächst von dem Körper (Taf. III, Fig. 1). Sein Durchmesser beträgt 45 mm, seine Höhe 30 mm. In einer Eeihe liegen 5 Asseln- paare, deren letzte rechte Assel stets verkümmert, da sie zwischen der grossen lezten linken Assel keinen Platz mehr hat. In der Mitte jeder Assel ist ein dickes rundes Köpfchen deutlich durch- bohrt. Das Köpfchen sizt auf einem glatten Hals und in glatter Area, die von einfachen gleichgrossen Wärzchen besetzt ist. Neben dem Körper, der halb aus dem Oolith ausgewittert ist, stecken die „radioli" im Gestein, so dass an der Zusammen- gehörigkeit von Körper und Stacheln nicht zu zweifeln ist. Der im Band XVI des Quarterly Journal (1862) auf Taf. XT, Fig. 3 und 4 abgebildete Cid. Dixoni Whrigt steht unserem glandarius am nächsten. Die Stäche In, die in beliebiger Menge sich sammeln lassen, sind nach ihren wichtigsten Formen Taf. III, 2 — 9 wieder- gegeben. Es sind durchweg frische Exemplare, die durch gegen- seitige Abreibung noch nicht gelitten haben, wie die meisten Exemplare der alten Sammlungen oder die Stücke, welche in den Taschen der Beduinen sich abscheuern, bis sie in den Magazinen von Beirut erst noch keine Ruhe finden. Denn die Judeneichel oder die steinerne Olive wird so gut als die Jerichorose oder das Oelbaumholz von jedem Pilger als Andenken an das heilige Land mit nach Hause genommen. Im frischen Zustand sind alle die feinen Streifen, welche, wie Fig. 2 zeigt, nicht selten in einander übergehen, fein punk- tirt. Nicht alle Streifen aber, die vom Stil ausgehen, erreichen auch die Spitze, unterwegs lauft ein Streifen zu einem zweiten über oder theilt sich auch wieder ein Streifen in zwei. Am ängstlichsten hat Lang (historia lapidum p. 127) un- — 284 - terschieden. Er hatte sicher eine grosse Anzahl Stücke vor Augen, gewaschene und ungewaschene, abgescheuerte und frische Exemplare. Denn er spricht von 1. JRadiolus glandarius sub- flavescens major tenuissime striatus cum pediculo rugoso (aus den gelben Thonen). 2. Raäiohis glandarius suh flavescens mediocris tenuissime striatus sine pediculo (abgeriebenes Stück aus den gelben Thonen). 3. Badiolus glandarius subcinereus major partim tenuissime striatus partim punctulatus cum et sine pe- diculo (frische und abgeriebene Stücke aus den lichten Kalken). 4. JRadiolus suhflavescens mediocris ventricosus venire pimctulato et striata, apice vero punctulato tantum ac inter ventrem et apicem tenuissime striatus, pedicido crassiore rupto (ähnlich wie Fig. 4 und 9 aus den gelben Thonen). Lang ist noch zweifel- haft, ob der Badiolus eine Frucht darstellt oder den Stachel eines Echiniden. Er sagt ferner, je nach seiner verschiedenen Gestalt habe der Stein verschiedene Namen, si enim glandi aut halano similis Bdlanites et Phenicites dicitur, si olivae Pyrene, (nvQ7]v ein Edelsteinname bei Plinius wohl für Olivin), a Gällis vocatur „olives de pierres" a Germanis „Judenstein". Auch die medizinische Wirkung des Steins wird noch angegeben, denn Plinius nennt ihn nach dieser Eicrho'es , qiiod urinam pellat et TecoUthus (rriyco auflösen) quod calculum resolvat. Die Gelehrten des XVI. Jahrhunderts wie Conrad Gesner (de omni Rerum Fossilium genere Tiguri 1565), Boetius von Boodt berufen sich auf Aetius, den griechischen Arzt, der, im 3. oder 4. Jahrhundert nach Christus lebend, 1542 wieder auf- gelegt wird (Aetii medici graeci tetrabiblos, Basileae 1542). Ihre Angaben bleiben sich alle im Wesentlichen gleich, dass eine Verwechslung nicht denkbar ist. Nach ihnen heisst der Stein, der bald einer Olive, bald einer Dattel verglichen wird, lapis judaicus, lapis si/riacus, PJioenicites u. s. w. Die dicken, runden (etwa Fig. 7, 8, 9) sind weiblichen Geschlechts und besonders gut gegen den Blasenstein, die grösseren (etwa Fig. 2 — 5) sind masculi, unter diesen gibt es einige längere, klein Finger dicke, diese vertreiben den Nierenstein. Hiemit ist der Boden der Naturanschauung schon ganz verlassen und beginnt der der — 285 — Mystik, welche den Stein von Alters her gross gemacht hat, berühmter ^^ als alle andere Steine der Welt. Ganz dasselbe sagt Dioscorides, der hochgelehrte Arzt von Tarsus, Altersgenosse des Plinius ^^. Beide griechischen Aerzte aber beziehen sich auf Nechep - SOS, den ägyptischen König der XXVI. Dynastie, der im Jahr 680 als zweiter Vorgänger des Königs Psametich der Verfasser astro- logischer Bücher und ärztlicher Schriften war. — Gibt es wohl einen zweiten Stein auf Erden, der nachweislich ein gleich hohes Alter hat, als die Glandarien des Libanons? Wir haben nur noch beizufügen, dass F. 11 einen fast ganz ge- glätteten Stachel wiedergibt, den Quenste dt^^ daviphoenix nennt und Taf. 68, 46 — 48 abbildet. Er macht auf den wohlerhaltenen Gelenkkopf aufmerksam mit kurzem, abgesetztem Hals und Kerben am Gelenkrand. Eine Reihe von Stücken liegen vor mir, die von der absoluten Glätte des Stachels (Fig. 1 1) bis zur stärksten Warzen- besetzung (z. B. Fig. 4) Uebergänge bilden und zwar in der Art, dass einzelne Stücke an der Basis glatt sind, an der Spitze gerieft, oder auf einer Seite glätter als auf der andern. Da diese Stücke aber ebenfalls frisch gesammelte, dem Gebirge un- mittelbar entnommene Stücke sind, so fällt die Abreibung und Glättung in die Zeit vor der Versteinerung, da die, gelösten Stacheln auf dem Seegrund umhergetrieben wurden. Wer je ^•^ Salve pelagiis Arabiae Cladum medelam proferens Insigniter, Tecolitum. Item oleo myrteo dilutus Podagricis commode illinitur. Est enim Tecolithiis, quem et Syriacum vel Judaicum vocant, lapis fortis facultatis in Syria Palaestinae nascens colore albus figura con- cinnus lineas habens velut a torno ensculptas. Confringit calculos in renibus natos. Verum et in vesicae lapidibus nil eximii praestat. ^* nepi iovöaiKov "XiSov. 6 6e iovöaiKOf \i3os yevvdtai f-iev kv rff lov^aia r(ä5 öxVj^iciTi ßa\avon^i)f^ \evK6{, ci5pf5//ö; ^X^^' Kai ypajiif.ias napaWijXovf, oos dno töpvov dvie/tievos, 6 edtiv cltzoioS €v rff yevdei u. s. w. ^^ Quenstedt, die Ecbiniden 1875 pag. 188. — 286 — einmal ein Meer beobachtet hat, an dessen Ufer Cidariten leben, kennt die grosse Menge von Stacheln, welche die Meereswelle bewegt und kann deutlich beobachten, wie sich die Stücke gegen- seitig sowohl als an den Steinen des Ufers abscheuern. Nebenden glatten Stacheln hat Quenstedt Taf. 68, Fig. 49 und 50 einen clavimorus genannt, wegen der Aehnlichkeit der Stacheln mit einer Maulbeere, ähnliche beschreibt Cotteau als gibherula aus den Cenomanien von Cassis. Ich bilde in Fig. 12 und 13 zwei ganz frische Exemplare ab, welche noch viel mehr als an den alten Quenstedt'schen Stücken die charakteristischen Dornen zeigen, zu welchen sich die Wärzchen der übrigen Grlandarien erheben. Nun liegt aber auch hier wieder eine Anzahl ächter Glandarien vor, an welchen sich ganz ähnliche Dornen wie bei clavimorus erheben, und denke ich viel eher an individuelle Ver- schiedenheit der Stacheln. Ist es doch bei lebenden Cidariten ganz gewöhnlich, dass um den Mund herum anders gestaltete Stacheln sitzen als um den After oder am Aussenrand des Körpers. Wh' brauchen wohl kaum dem Abschnitt über die Glan- darien beizufügen, dass die „materia medica" der lapides judaici krystallisirter kohlensaurer Kalk ist. Zerschlägt man ein Stück so springt mit spiegelnder Fläche, aschgrau von Farbe, das Hauptrhomboeder des Kalkspates aus, das sich aus jedem Stachel darstellen lässt. Wie nun aber, wenn die Glandarien des Phiala- See's sich unter die des Salimathals mischten? Am Phiala-See, nur wenige Kilometer von dem jurassischen Medjdel ech Schems entfernt, tritt die Glandarienzone gleichfalls zu Tage: aber alle Glandarien ohne Ausnahme sind hier verkieselt. Auch hier sammeln die Beduinenkinder Körbe voll der in Feuerstein ver- wandelten Stacheln, die heute ebenso zahlreich nach Beirut wandern, wie die in Kalkspat versteinerten des Nähr Beirut. Aeusserlich aber unterscheiden sich beide in keiner Weise von einander. Zerschlägt man nun die Stücke vom Phiala, so sind die meisten hohl. Ein brauner Staub, der letzte Rest des Kalk- spates, fällt aus einer Schale von Feuerstein. In der Mitte des Hohlraums steht vielfach noch ein Stil von Feuerstein als ur- — 287 — sprüngliche Axe des Stachels. Sehr häufig ist aber auch noch ein Kern von Kalkspat in der Hülle des Feuersteins, je nachdem ist derselbe schon der Metamorphose verfallen, durchlöchert, aus- gelaugt, mehr oder minder mit erkennbarem Kalkspatrhomboeder. Galerites cylindrkus Lamark stimmt am besten zu den englischen Exemplaren von Chardstock. Die Stücke von Ain Hamäde übertreffen jene nur um weniges an Grösse, wie sie z. B. Quenstedt Taf. 76, Fig. 40 und 41 abgebildet sind. Cyphosoma cenomanense Cotteau, bei Geinitz Taf. 16, Fig. 3 — 10 vortrefflich abgebildet, mit dessen Figur unser Exemplar von Salima vollständig übereinstimmt. Das Exemplar hat genau 20 mmDurchmesser bei einer Höhe von 5 mm. Die Abplattung ist unten und oben gleich, die Warzen ziemlich gleich gross, die Poren einfach. Ein Cidarites Delamarrei wird von Desor aus dem Hippuriten- kalk von Biskera (Algier) beschrieben, er scheint mit cenomanen aus der Sarthe und den sächsischen von Plauen identisch zu sein. Sdlenia petalifera Agass Desor, Synopsis des echinides, Taf. XX, Fig. 1. Körperdurchmesser 7 mm (Taf. IV, Fig. 4 und 4 a). Der Schild, der übrigens in der Zeichnung etwas ver- unglückt ist, wurde doppelt vergrössert in Fig. 4 a dargestellt. Die 5 Genitalienplatten und die grosse Centralplatte, an welcher der After sitzt, sind gar zu schön erhalten, als dass man sie mit ihrer punktirten Abgrenzung nicht gerne gezeichnet hätte, die 5 dreieckigen Gesichtsplatten zwischen den Genitalienplatten sind auffallend klein. Ich verdanke das zierliche Stückchen Herrn Rev. Lewis, der es um Salima gesammelt hat. Terebratula bipUcafa Sow. schliesst die Reihe der Fossile aus der Glandarienzone. Wie immer bei biplicaten Terebrateln haben wir flache Formen ohne Stirnfalten und die mit kräftig ausgeprägten Stirnfalten. Am meisten stimmen unsere Ain Hamäde-Formen mit hipUcafa acuta v. Buch (Quenst. Brachiop. Taf. 48, Fig. 70 — 74), jener Normalform, die bereits Scheuchzer als Musculus anomius von Neocastrum in seinem Museum dilu- vianum pag. 75 abgebildet hat. 283 2. Die Sandsteinformation. Das Auftreten der Sandsteine und Sande ist zunächst der Anlass für die Sammlung der AVasser und den Ausbrucli der Quellen. Welche Bedeutung aber eine „Quelle" für jene Länder hat, in welchen es vom Monat Mai bis September nicht regnet» braucht nicht näher ausgeführt zu werden. Der trostlose An- blick der syrischen Lande in den Sommermonaten bleibt dem Reisenden erspart, wo die Formation des Sandes sich ausbreitet. Wenn auf den Höhen der Kalkberge im Sommer alles Leben unter der glühenden Sonne erstirbt und die ganze Landschaft der schattenlose Wüste gleicht, so fühlt man sich mit dem Wechsel der Formation alsbald in ein anderes Land versetzt. Der Wald — soweit überhaupt dieses Wort gebraucht werden darf — spendet Schatten, ein Bach rauscht durch die Thal- schlucht, während an den Gehängen zahlreiche Rinnen und Wasser- leitungen nach allen Richtungen hin auslaufen. Die Sandsteinformation im Libanon ist der Segen des Landes, dessen Fehlen in Syrien der Grund der Unfruchtbarkeit und Dürre ist, unter welcher, mit wenigen Ausnahmen, das ganze Land leidet. Ueber die früheren und neueren falschen An- schauungen dieses Sandsteins, als ob er permisch wäre, oder triasisch, gehen wir stillschweigend weg. Am ausführlichsten hatte L. L artet die Frage behandelt (Traite pag. 112 — 118) und den Kreide-Charakter des Sandsteins als höchst wahrscheinlich festgestellt. Wer sich im Libanon die Mühe gibt, einige Detail- profile aufzunehmen, für den schwindet bald jeder mögliche Zweifel, denn die geognostische Stellung der Sandsteinformation, wie sie freilich schon Botta^ als erster Beobachter am Libanon (1832) angenommen hatte, steht so sicher, dass man kein Wort mehr darüber zu verlieren braucht. Ueber den Oolithbänken von Ain Hamäde und des Salima- thales liegt, wenn auch nicht unmittelbar der Sandstein, so doch die Formation in Gestalt eines Basaltit- Ergusses, der nach kurzer Frist in den Sandstein übergeht. Die Wiederholung der basal- titischen Ergüsse im Gebiet des Sandsteins finden wir zum Oefteren — 289 — wieder. Das Auftreten des Basaltits und Basaltittuffes darf nicht etwa als Störung des Profils angesehen werden, denn Basaltit und Sandsteinformation sind 2 Begrifi'e, die sich decken. Der Ausbruch der vulkanischen Gebirgsarten im Libanon fällt in die Periode der Sandsteinbild ung und zwar gleich in den Anfang dieser Periode, indem das eruptive Material sich dem Sandstein beigesellt und eine Keihenfolge von Gebirgsarten erzeugt hat, welche aus dem reinsten härtesten Basaltit in gelockerte und poröse Basaltite, weiter in Basaltittuffe und in basaltitische Thone, ferner in sandige Tuffe und Thone, in Sandmergel und schliesslich in reine Sande und Sandsteine Ueber- gänge bilden. Auf der Karte der französischen Expedition habe ich 72 Punkte notirt, an welchen eruptives Gestein beobachtet werden kann. In den meisten Fällen liegt es klotzig innerhalb der Sandsteinformation, umgeben von Basaltittuffen , die sofort in anderes gleichaltriges Gestein übergehen. An einzelnen Punkten durchbricht der Basaltit gangförmig die alten Marmore und Dolomite, um dann im Gebiet des Sandsteins zur Verbreitung zu kommen. So verschiedenartig aber auch das eruptive Gestein auftritt, namentlich was das Farbenspiel der Verwitterungen be- trifft, die in allen Schattirungen von Schwarz zu Grün und von Grün zu Eoth abwechseln, so bestehen alle von mir beobachteten Gesteine im Wesentlichen aus einem Gemenge von Augit und Oligo- kläs mit Magnet- und Titan-Eisen, Glasresiduen und porphyrischem Olivin sowie Augit, scheinbar frei von Apatit. Die Beschaffen- heit und Aggregation der Gemengtheile spricht entschieden dafür, sie den sog. Melaphyren und nicht den Plagioklasbasalten zu- zurechnen. Da aber der Name Melaphyr ursprünglich auf Ge- steine angewandt wurde, welche gar nicht die unterstellte Zu- sammensetzung hatten und wohl auch mit der Zeit vielfach miss- braucht wurde, so wurde auf Mö hl 's Vorschlag der Name Ba- saltit aufgefrischt und zwar Augitbasaltit im Gegensatz zum Glimmerbasaltit (Minette, Kersanton u. a.). Die betreffenden Gesteine bilden als die Nachzügler der ächten dyasischen und triasischen Augitbasaltite die Brücke zu den tertiären Plagioklas- Württeml). natunr. Jahreshefte. 1878. -iq — 290 ~ basalten. Wie unter den letzteren die jüngeren und jüngsten Basalte vorwiegend anamesitisch und doleritisch ausgebildet sind, so sind auch die jüngeren Augitbasaltite, namentlich die des Libanons deutlich krystallinisch entwickelt, desshalb aber auch stets stärker angegriffen als die kryptokrystallinischen. Herr Professor Möhl in Cassel hatte die grosse Freund- lichkeit, eine Anzahl Gesteinsproben der mikroskopischen Unter- suchung zu unterziehen. Die soeben mitgetheilte Charakteristik ist im Allgemeinen das Kesultat seiner Untersuchungen. Im Speciellen fand er Folgendes: 1. Das Gestein von Hammäna*^ (Härte 6) ist ein grob- krystallinisches Gemenge von Oligoklas, etwas Orthoklas, Augit, Titaneisen, etwas amorphem Glasresiduum, sowie phorphyrischem Olivin und Augit. Der Oligoklas ist grossentheils wasserhell, nur stellen- weise wie bestäubt, fein graugelb getrübt (bei starker Vergrösse- rung wie beregnet ausgefressen, wahrscheinlich ausgelaugt), in scharfrandigen, reichlich, oft prachtvoll triklin gestreiften Krystallen ausgebildet. Diese, von 1,2 mm Länge, 0,5 mm Breite abwärts bis zu nur 0,18 mm Länge, 0,03 mm Breite, liegen grossentheils wirr durcheinander, während stellenweise die kleineren vorwalten und innerhalb solcher Partien die grösseren wie mikroporphyrisch vereinzelt eingelagert hervorleuchten. Recht viele Feldspat- leisten zeigen keine trikline Streifung, polarisiren entweder durch- aus einfarbig oder nach Art der Karlsbader Zwillinge in zwei scharf getrennten Hälften abwechselnd verschiedenfarbig, so dass sie nur als einem orthoklastischen Feldspat zugehörig zu deuten sind. Der Augit bildet vorwiegend gerundete krystallinische Körner von 0,2 bis 0,02 mm Dicke herab, von denen nur die kleineren hin und wieder scharfe Krystallumrisse haben. Die Substanz ist bei den grösseren rein, licht haarbraun, bei den *® Hammäna , wohlhabendes Dorf in dem Distrikt Metn am Fuss des Djebel Keneise. Sitz eines Kaimakäms. Vorwiegend christliche Bevölkerung. — 291 — kleineren dagegen vielfach staubig getrübt und grünlich grau- braun, stets reichlich unregelmässig zersprungen. Die kleinen Körner und Krystalloide bilden oft ganze Hauf- werke, denen kein Feldspat zwischengeklemmt ist, von wo aus dieselben sich zwischen den Feldspatlücken zerstreuen. Da, wo Augit reichlich ist, sind auch Titaneis enblättchen und Körnchen reichlich eingemengt. Die grösseren bis 0,08 mm breitenf Lappen haben nicht nur häufig scharf hexagonalen Umriss, sondern sind auch im auffallenden Lichte durch die rhombischen Spaltrisse und im Querschnitt als Blätteraggregate wohl charak- terisirt. Die kleineren, bis 0,02 mm herabsinkenden, sind immer noch mehr verzerrt, als dies bei Magneteisen vorkommt, wogegen die winzigen Körnchen, welche oft nur bei starker Vergrösserung wie Staub im Augit und Feldspat liegen, wohl nur Magnet- eisen sein dürften. In den spärlichen Lücken tritt etwas amorpher Glas- grund zwischen den grossentheils eng aneinanderschliessenden krystallinischen Gemengtheilen hervor. Dieser ist theils nur leicht getrübt und wenig verändert, zum Theil aber in eine graugrüne, vom Eande aus sehr fein radialfasrige , büschelig fasrige (mit dunkleren zwiebelschaligen Anwachsringeu ver- sehene) in Salzsäure leicht lösliche, dabei schwach gelatini- rende Masse verwandelt, wogegen Säure die Feldspäte nicht angreift. Porphyrisch tritt hauptsächlich nur Olivin in wohlgebilde- ten bis 2 mm grossen Krystallen hervor, deren Substanz bis auf geringe Reste theils tief schwarzgrün, grösstentheils aber lebhaft und ziemlich pellucid rost- bis honigbraun von den Eändern und Sprüngen aus umgewandelt ist. Flüssigkeitsporen und niedliche Zirkone sind in den frischen wasserklaren Resten nur spärlich. Einige, ebenwohl bis 2 mm grosse braune, stark zersprun- gene Augitkrystalle treten als porphyrische Einlagerungen gegen Olivin sehr zurück. Ueberall, wo Feldspat vorwaltend ist, zeigen sich die Schliffe recht klar, dagegen, da wo die Augit-Körner mit den 19* — 292 — Titaneisen-Lamellen und -Fetzen vorherrschen, ist das Bild äusserst wirr und unansehnlich. Die procentische Zusammensetzung möchte sein: Grundmasse Oligoklas 40^/q , Orthoklas 5 „ j, Augit 35 „ ^ Titaneisen 8 „ „ Glasgrund 4 „ Porphyrisch Olivin 6 „ „ Augit 2 „ Das mikroskopische Bild zeigt ungefähr das Gefüge der anamesitischen Plagioklasbasalte , besser aber noch das einer ganzen Anzahl von ziemlich grob krystallinischen Augitbasaltiten (Melaphyr) der Umgegend von Tholey und Baumholder des Saar- Nahegebiets. 2. Das Gestein von Kornäil^''' (Härte 5) unterscheidet sich vom vorigen hauptsächlich dadurch, dass der auch hier recht klare und reich triklin gestreifte Oligoklas, nebst dem untergeord- neten Orthoklas, nur Krystalle von 0,06 bis 0,2 mm L., 0,015 bis 0,05 mm Br. bildet, dass der Augit in reich zersprungenen Krystallen und Krystallkörnern von 0,06 mm Dicke im Mittel und klarer, licht chocoladebrauner pellucider Substanz den Feld- spat etwas überwiegt, und das Titaneisen in wie zerhackten derben Lamellen und Strichen reichlicher vorkommt. Der porphyrische Olivin ist in eine kaum durchscheinende olivengrüne, im Innern schwarzbraune (Chlorophaeitartig) büsche- lig fasrige Substanz verwandelt. Glasresiduen sind sehr versteckt, dagegen fallen 0,03 mm dicke lebhaft polarisirende wasserhelle Quarzkörner leicht auf. Das Gestein ist schon recht bröcklig und mürbe, eine Eigen- schaft, die auch die Kerne der zu Erde zerfallenden concentrisch- schaligen Augitbasaltitmugeln der Gegend um Tholey und St. Wendel in hohem Grade auszeichnet. " Kornäil, kleines Dorf in dem Distrikt Metn, mit einer alten Emirsburg , von der R u s s e g g e r eine Abbildung gegeben hat. — 293 — 3. Das Gestein von K e s e i b e *^ (Härte 7) enthält, im Mittel 0,2 mm lange, 0,03 mm breite, nur aus 3 bis 6 Lamellen gebil- dete Oligoklaskrystalle , die nur längs der scharfen Känder noch frisch und wasserhell, in der Längsmittelzone aber stark angegriffen, daher hier trüb grau (wie bepudert) sind. Diese liegen in einem theils trüb graugelben, theils grünlich grauen, von Titan eisenstücken, Lamellen und wie zerhackten Aggregirungen reich durchsetzten Grunde. Die einzelnen Lamellen der Oligoklase stehen häufig an den schmalen Seiten zinnenartig vor und zurück, oder bei un- mittelbar aneinandergelagerten Krystallen macht sich ein treppen- förmiger An- und Aufbau bemerkbar. Eecht viele Krystalle indess polarisiren nur einheitlich oder als Karlsbader Orthoklas-Zwillinge. Der trübe Grund besteht groseentheils aus verändertem Glas. Theils besteht die Veränderung in einem blos bepuderten Aussehen mit klein mosaikartiger Polarisation, theils in einer wirren Faserung, immer aber sind in solchen Partien die winzi- gen keulen-, corallen-, moosartig oder aus feinen Strichelchen rechenförmig aggregirten Trichitchen noch unversehrt und gehen kaum merkbar in die Titaneisenlamellen der Grundmasse über. Da wo der Glasgrund mehr hervortritt, enthält er als am weitest vorgeschrittene Veränderung fast wasserhelle, unbestimmt begrenzte von rhombisch kreuzenden Rissen durchzogene bis 0,2 mm grosse Flecke von Magnesitspat. (Die Flecke brausen mit verdünnter Salzsäure nur schwach und werden erst nach längerer Zeit aus- gefressen.) Der Augit, ursprünglich schon gegen Feldspat zurücktretend ist theils so völlig zerstört, dass nur im polarisirten Lichte die Unterscheidung der ehemaligen Körner innerhalb des trüben Grundes noch möglich ist ; da wo dies weniger der Fall ist, er- blickt man Körner und gerundeteckige , bis 0,08 mm grosse Kry- stalle, die theils in eine homogene, lebhaft grasgrüne, fast pellucide, theils in eine graugrüne erdige trübe Masse (Chloropit) umge- wandelt sind. 1« Keseibe, kleines Dorf im Distrikt Metn, auf der Höhe über dem Salimathal .eizend gelegen — 294 — Das Titaneisen bildet, wie bereits bemerkt, je nach dem Schnitt, fetzenartige Lamellen, Striche von 0,2 mm Länge und Aggregate derselben, die durch ihre Menge dem Schliff ein zer- hacktes Ansehen verleihen. Porphyrisch reichlich eingelagert sind schon auf der ange- schliffenen Fläche als blinde graue Flecke hervortretende total zersetzte, gut umrandete Olivinkrystalle. Im durchfallenden Lichte sind dieselben blass lehmgelb, wenig pellucid mit wasser- hellen Fleckchen, längs der Ränder und Sprünge aber wie dicht bepudert bräunlich grau und opak. Wie die Aetzversuche lehren, sind die Olivine fast gänzlich in Carbonat und zwar Magnesit verwandelt, der im reinen Zustande die hellen Centralpartien bildet. Die procentische Zusammensetzung der frischen Gesteine dürfte gewesen sein: Grundmasse Feldspat 55 Glas 20 „ Augit 7 „ Titaneisen 10 Porphyrisch Olivin 8 Handstück, Schlifffläche, Ansehen des Dünnschliffes, Beschaf- fenheit und Aggregation der Gemengtheile ist zum Verwechseln einer ganzen Anzahl kleinkrystallinischer Augitbasaltite des Saar- Nahegebiets ähnlich. 4. Das Gestein von Snaia^^ (Härte 6) ist ein kleinkrystalli- nisches Gemenge von Oligoklas, Augit, Magnetit und lichtem, stark hervortretendem Glasgrund mit porphyrischem Olivin und Augit. Der Oligoklas bildet fast wasserhelle, nur aus 3 bis 5 Lamellen Zusammengesetze Leisten von 0,06 bis 0,08 mm L., 0,015 bis 0,03 mm Br., der Augit trüb grünlich braune, nur 0,03 mm dicke stark zersprungene Körner, der reichliche Mag- netit scharfe Kryställchen von 0,02 bis 0,03 mm Dicke. Augit und Magnetit sind vielfach zusammengerottet, so dass '^ Snaia, kleines schmutziges Dorf in dem Distrikt Djezzin. Gemischte Bevölkerung. — 295 — die Feldspathleisten sicli fluidal angeordnet zwiscbendurchschlän- geln und nebst dem nur fleckig getrübten Glasgrund die lichten Partien bilden. ßeichlich porphyrisch eingelagert ist Olivin und Augit, beide in theilweise guten Krystallen von 0,5 bis 1,2 mm Grösse, letz- tere noch in bis 3 mm Fläche einnehmenden sternförmigen Ag- gregaten. Der Olivin ist grossentheils frisch, wasserhell nur längs der Quersprünge, weniger längs der Eänder schmal graugrün querfasrig serpentinisirt. Winzige Flüssigkeitsporen und kleine Zirkone enthalten nur wenige in den frischen Partien. Der Augit ist recht pellucid, in einer schmalen zart ver- waschenen Randzone licht chocoladebraun, hier zum Theil erfüllt mit Dampf-, Glas- und Steinporen. Er ist nur wenig rissig, oft ausgezeichnet geradlinig, der Spaltbarkeit entsprechend. Die procentische Zusammensetzung möchte sein : Grundmasse Feldspath 30 „ Augit 25 „ Magnetit 10 Glas 15 Porphyrisch Olivin 10 ,, Augit 10 Das mikroskopische Bild der Dünnschliffe, sowie das Aus- sehen des Gesteins hat zahlreiche Analoga unter den jüngeren Plagioklasbasalten und Augitbasaltiten. 5. Das Gestein von B'kesin^*^ (Härte 7) unterscheidet sich vom Gestein von Keseibe nur durch grössere Frische, daher in der Grundmasse der Augit in Körnern und Kryställcheu noch recht pellucid braun, der porphyrische Olivin noch bis auf die schmalen graugrünen Zersetzungen längs der Ränder und Sprünge rein und farblos hervortritt. Hin und wieder haften an den Titaneisenlamellen pellucide 2" B'kesiu, kleines unter Obstbäumen verstecktes reizendes Chri- stendörfchen in dem Distrikt Djezzia (S. 297;. — 296 — krystallinisclie Anhängsel von secundärem, lebhaft rostbraun durch- scheinendem Eisenglanz. Die Trichitchen im Glase sind oft recht niedlich federig aggregirt und zum Theil schwach braun durchscheinend , also auch wohl in der Umwandlung zu Eisenglanz begriffen. 6. Das Gestein von Bauwirte-^ (Härte 5) ist ein grob- krystallinisches Gemenge von Oligoklas, Augit, Titaneisen und Glas mit porphyrischem Olivin. Im Dünnschliff ist der Augit vorwaltend, welcher sehr pellucide, licht leder- bis chocoiadebraune reine, stark unregel- mässig zersprungene und spaltrissige Krystalle von im Mittel 0,2 mm L. bildet. Der in einzelnen oder fächerig aggregirten Leisten vorhandene Oligoklas ist theils sehr frisch, prächtig fein und reich gestreift, theils in Läugslinien, namentlich in den Aggregaten angefressen, graulich, wie bestäubt, getrübt, dem Augit ein- und zwischengeklemmt. Das Titan eisen ist in derben vielgestaltigen, doch vorwiegend scharf krystallinisch umrandeten bis 0,08 mm 1. Lamellen und Strichen nur sparsam eingelagert. Ein nur noch an wenig Stellen farbloser oder graulich- gelb getrübter, grösstentheils wirr fächerstrahlig (zeolithisirt) oder endlich nebenbei graugrün umgewandelter (äusserst bunt polarisirender) Glasgrund tritt vielfach und oft stark hervor. Der reichliche, kaum porphyrisch hervortretende Olivin in Krystallen von 0,2 bis 1,5 mm Länge ist theils blind und grau- gelb wie im Gestein von Keseibe , theils brillant grün mit dunk- leren Flecken serpentinisirt , theils sehr pellucid honigbraun durchscheinend mit dunkleren opaken Rändern umgewandelt. Die procentische Zusammensetzung dürfte sein: Augit = 40% Oligoklas = 25 „ Glasgrund = 20 „ Titaneisen = 5 „ Olivin = 10 „ *^ Bauwirte, kleines Christendorf im Distrikt Schehar zwischen Abeih und der Meeresküste gelegen. — 297 — 7. Das Gestein von Bscherre ^'-^, zum Scüieifen zu mürbe, ist den Balsatitmandelsteinen der Idargegend sehr ähnlich. Das Pulver zeigt ein feinkrystallinisches Gemenge von Oligoklas, trü- ben Augitkörnern und Titaneisenlamellen. Ein unzweifelhaft vorhanden gewesener Glasgrund ist carbonisirt, wie auch das Gestein von Calcitmandeln , die , ebenso wie in vielen Basaltit- mandelsteinen, einen meergrünen Eisenoxydulsilicatüberzug haben, durchzogen ist. Der reichliche porphyrische Olivin in Krystall- körnern von 1 — 2 mm Dicke ist fast durchaus tief rostbraun umgewandelt. 8. Das Gestein von Felügha^^ scheint eine tuffartig zer- setzte graue Masse zu sein, die durchaus mit Säure braust und reichlich auch noch mandelsteinartige Calcitbohnen enthält. 9. Ebenso und noch stärker wird das von Haidüra^^ zer- setzt. Das mit Salzsäure stark brausende, sich sofort grün fär- bende und etwas gelatinirende Pulver hinterlässt farblose Oligo- klasleisten und grünlichbraune Augitkörnchen. 10. Der Einschluss im Gestein von B'kesin ist eine zum Theil wieder ausgelaugte bezw. ausgefressene und hier mit Sko- lecitnädelchen ausgekleidete Zeolithmandel und zwar nach der Spalt- barkeit, dem Verhalten vor dem Löthrohre und nach dem Glühen des in Salzsäure durch Eisenoxyd gelb gefärbten Materials Prehnit. Alle diese vulkanischen Ergüsse haben ganz gewaltige Massen zu Tage gebracht und dieselben über die Dolomite und Marmore ausgegossen, deren Ende wir mit den Glaudarienooliten bezeichnen. Die ohne Zweifel submarinen und litoralen Ergüsse wurden alsbald von dem Meer zu Sedimenten verarbeitet und zwar in den meisten Fällen bis zur völligen Unkenntlichkeit ihres vulcanischen Ursprungs. Gewaltige Thon- und Mergelmassen dürfen wohl geradezu als die letzten Produkte des Meeres aus den ausgeworfenen Aschen und Tuffen bezeichnet werden, welche -2 Bscherre, grosses Christendorf in dem Distrikt gleichen Namens, Sitz eines Mudirs und Kaimakäms. ^^ Felügha, kleines Dörfchen im Distrikt Metn zwischen Hammäna und Kornäil tief im Thal gelegen. ^^ Haidüra, kleines Dorf im Djezzin, in der Nähe von Snaia. - 298 — wie tiberall auch anderwärts und zu allen Zeiten den Erguss des Basaltits begleiteten. In unmittelbarem Contakt mit den Basaltiten steht zuweilen eine wässerige Kieselsinterbildung, welche laut gefälliger Mit- theilung meines verehrten Freundes , des Professors Fischer in Freiburg Sa moit^^ ist. In einer fürchterlichen Schlucht, welche der Awali gerissen hat und täglich reisst, nachdem er von dem Felsenkranz bei Djezzin gegen 40 m tief in zwei pracht- vollen Wasserfällen niedergestürzt ist. Nach seinem Sturz wühlt er sich im Sande und Sandmergel jnit Kohlenschmitzen ein. Das weiche, bewegliche Gebirge wird, so oft ein Regen den Strom schwillt, unterwaschen, schiebt von den Steilgehängen in das Bett nach, als ob es den Fluss in seinem Laufe hemmen wollte. Dieser aber überwindet siegreich alle Dämme, welche er sich selber in den Weg legt und schiebt sie klein zertheilt abwärts in das offene, durch seine Fruchtbarkeit berühmte Thal, wo der Baruk sich mit dem Awali verbindet. Unterhalb des reizend in einem Wald von Nussbäumen, Feigen und Maulbeerpflanzungen ver- steckten Dorfes B'kesin ist ein Pinienwald, von dem ein Fuss- steig durch Buschwerk von Rhododendron, wilden Rosen, Oleander und mannshohen Farren zum Awali hinabführt. In der Mitte des Abstiegs windet sich der Weg durch Basalttuffe hindurch, durch welche sich in bauchigen Schichten von 0,5 m Mächtigkeit viel- fach verrutscht und verstürzt der Samoit als Versteinerungs- material von Pflanzenresten findet. Der Samoit sieht genau aus wie Harz, so dass mein Erstes war, ein Zündholz zu streichen um das vermeintliche Harz anzuzünden. Die Farbe ist weiss- gelb, gelb bis lichtbraun, haibdurchscheinend und klebt nicht an der Zunge. Das spezif. Gewicht ist 1,7, Härte 4 bis 4,5. Un- schmelzbar, wird mit Kobaltlösung blau und gibt im Kolben Wasser ab. Gelatinirt in Salpetersäure. Erstmals wurde das Mineral gefunden und nach seinem Fundort benannt in einer Lavahöhle eines erloschenen Vulkans auf Upolu, einer Insel der Samoagruppe. Die einige hundert 2^ Dana, J. D., System of mineralogy. London 1868. p. 478. — 299 — Fuss lange Höhle ist auf dem Boden und an den Wänden mit dem tropfsteinartigen Mineral bedeckt, augenscheinlicli als Pro- dukt durchsickernder Wasser. Im frischen Zustand, fügt Dana bei, ist das Mineral weich genug, um es mit dem Messer zu schneiden, erhärtet aber an der trockenen Luft. Das Letztere ist auch mit dem Samoit von B'kesln der Fall, der bergfeucht wie Speckstein sich schneiden lässt. Nach Jahresfrist vertrocknet er, dass er selbst leicht zerbröckelt beim Drücken mit dem Finger. Interessanter fast als die mineralogische Seite des Vor- kommens ist der Umstand, dass der Samoit zugleich ein Ver- steinerungsmaterial für eingeschlossene Pflanzenreste bildet, in welchem sich Blätter, Stängel, Zweige, Hölzer und Früchte ganz vortrefflich erhalten haben. Hocherfreut über den Fund sammelte ich nach Herzenslust und belud mich und den Begleiter mit den herrlichsten Sammlungsstücken dieses mir vollständig unbekannten Minerals. Leider aber ging mir fast Alles schon auf dem Kitt nach Beirut und, was dort etwa noch vollständig war, in der Kiste beim Transport in die Heimath zu Grunde. Was ich nunmehr vor Augen habe, sind im günstigsten Falle nussgrosse Stücke, von Blattresten durchsetzt und überzogen. An dem Netzwerk der Blätter erkennt man noch Credneria vielleicht auch Euca- lyptus, Sehr schön sind auch noch einzelne Fetzen von Gräsern und Schilfen und deutliche Hölzer von Palmen.? Bringen wir diese Pflanzen der Kreidezeit mit den ob auch noch so spärlich gefundenen Besten aus den Kohlenschiefern und den Dysodilen in Verbinduug, so haben wir doch damit einen Anhaltspunkt über die Zeit der Bildung des Samoits, welche gleich dem Ausbruch des Basaltits in die mittlere Epoche der Kreidezeit fällt. Das jetzt auftretende Leitfossil ist die Trigonia syriaca Conr. (ofi*. Rep. 3, 19—23). Folgen wird Lycett's Eintheilung der fossilen Trigonien (Palaeontogr. society XXVI. 1872), welcher die 4 Familien: sca- phoideae, clavellatae^ undulatae und glabrae unterscheidet, so gehören unsere für den bezeichneten Horizont leitenden Trigonien zur 3. Familie der TJndulaten. Diese Familie nimmt bereits im — 300 — Oolith ihren Anfang und setzt sich bis zur Kreide fort in den bis jetzt bekannten 2 Arten der Tr. distans und syriaca. Die Häufigkeit des Vorkommens im Libanon, der sich gleich bleibende Charakter der Art mit den eigenthümlichen Schlosszähnen recht- fertigt um so mehr die Publikation der Zeichnung, als Conrad in seinem Report die Zeichnungen auf die mangelhafteste, dürf- tigste Art ausgeführt hat. Taf. VI., Fig. 2—4 stellt die Muschel dar. Ein kräftiger Eadialwulst trennt die Lunula auf der Schale ab, die selbst wieder durch eine Radialfurche in ein inneres und äusseres Feld abgetrennt ist. Concentrische Schalenrippen legen sich um die Wirbel, die wie bei allen Trigonien nach hinten schauen. Mit der 7. — 8. Rippe vom Wirbel ab hört die ein- fach concentrische Anlagerung der Rippen auf, denn sie biegen sich gegen die Mitte der Stirne auf. Der Winkel, unter welchem die Rippen ihre Falte schlagen, wird gegen den Schalenrand hin immer spitzer, dabei aber verflachen sich die Rippen zugleich der Art, dass sie gegen den Rand hin eine fast platte Schale hinterlassen (Fig. 4). Irgend eine specifische Unterscheidung hierin zu begründen, rechtfertigt sich nicht, indem vielfache Uebergänge von der bis zur Stirn gefalteten und der gegen die Stirn hin glatt werdenden Form existiren. Wer Namen liebt, kann eine Tr. syriaca nuäa und syriaca plicata unterscheiden. Das Hauptmerkmal, die Undulaten der Kreide gegenüber denen des Jura zu erkennen, beruht wesentlich in dem Seh los s. Der Leyerzahn der linken Valve ist in der Mitte gespalten, die glatte Furche entspricht einem Kiel in der Zahngrube der rechten Valve. Beide Seiten des kräftigen Schlosszahns sind mit 18 — 20 concentrisch angelegten Streifen bedeckt, mehr als noch einmal so viel als bei jurassischen Trigonien. Dem entspricht selbstverständlich die rechte Valve mit der tiefen Schlossgrube. Auch die Muskeleindrücke sind viel tiefer und kräftiger als bei jurassischen Arten, was mit der Stärke der Schale und des ganzen Schlossapparates zusammenhängt. Sehen wir uns nach bekannten ähnlichen Formen um, so erinnern die Zahngruben unserer Trigonien am meisten an Lyrio- don Herzogii Hausm., die schon Goldf uss (Petref. Germ. Taf. 137, — 301 — Fig. 5) als vom Sonntagsfluss bei Enon im Capland beschrieben hat, ohne jedoch das Schloss näher zu kennen, das erst F. Krauss in den Nov.-Acta Bd. XXII, P. 2 beschrieben und abgebildet hat. Die Originale liegen in der Sammlung des K. Naturalien- kabinets. Die beiden tiefen Gruben des Leyerzahns der linken Valve sind von ungleich hohen Steilwänden eingeschlossen, die auf beiden Seiten mit 16 — 20 vertikalen, parallel laufenden Zähnen versehen sind. Die inneren Wände sind höher als die äusseren und begränzen den starken conisch nach hinten zu- laufenden und mit einer Rinne versehenen Schlosszahn, der in die Grube zwischen beiden Zähnen der rechten Schale eingreift Es ist richtig, dass der Leisten am Zahn bei Tr, syriaca noch mehr sind als bei der Trigonia der Algoabai, bei welcher sie gedrängter und enger bei einander stehen. Sonst aber, nament- lich was den geognostischen Charakter betrifft, stehen beide sich sehr nahe. Auf ganz immense Erstreckung hi^ zieht sich am Cap von der Tafelbai bis zur Algoabai und von der Küste bis zur Karroo ein Sandsteingebirge hin, dessen Fortsetzung an der Küste der Algoabai einen Reichthum von Bivalven einschliesst, unter welchen wir in erster Linie die Trigonien zu verzeichnen haben. Astarte lihanotica Fr. Taf. V , Fig. 1 a und b , eine der gemeinsten Muscheln im Horizont des Sandsteins, die wohl auch in höhere Horizonte hinaufgeht, wo sie jedoch stets nur Stein- kerne bildet. Im Sandmergel ist sie mit ihrer Schale selbst noch mit dem Ligament versehen und treuer Begleiter der Tri- gonia, während allerdings die Trigoniasteinkerne den höheren Schichten fehlen. Charakteristisch an Ästarte lihanotica sind die 6 — 8 starken Astarterunzeln zunächst den Wirbeln, die aber weiterhin auf der Schale sich verflachen, so dass die Schale nahezu glatt erscheint. Ohne die genannten, dem Geschlecht Astarte eigenthümlichen Rippen würde man beim Anblick der Muschel eher an Venus und deren verwandte Geschlechter denken. Ob der Rand der Schale gekerbt ist oder glatt, konnnte ich leider an keinem der Exemplare constatiren. Auf Veränderungen der ächten Astarte- — 302 — Merkmale darf man sich schon gefasst machen, wenn man z. B. die Astarten der Algoabai, gleichfalls die zahlreichen Begleiter der dortigen Trigonien, sich näher ansieht. Goldfuss hatte dieselben als Cytherea beschrieben, Krauss entschied sich für Astarte wegen der zahlreichen (30 — 45) tief in die Schale einschneidenden Runzeln. Dagegen ist der Schlosszahn der von Cytlierea. d'Orbigny hat p. 259 aus dem Neocom eine Astarte Moreausa abgebildet, die unserer A. libanotica jedenfalls sehr nahe steht, der aber gerade die schönen Eunzeln fehlen. Dage- gen ist Astarte gigantea d'Orb. pl. 258, obgleich in Frankreich im Neokom vorkommend, der Begleiter der vorigen Art. Nähere Untersuchung dürfte vielleicht die beiden Arten Moreausa und gigantea in Eine verschmelzen. Den Unterschied von A. gigantea und libanotica bildet aber jedenfalls das Fehlen der Astarterun- zeln. Die Höhe dieser Muschel erreicht 73, hre Dicke 60 mm. Lutraria sinuata Fraas Taf. VII, Fig. 3. Nach dem glück- licher Weise an einem Exemplar blosgelegten Schlosszahn haben wir es mit Lutraria zu thun. In dem untern Drittheil lauft vom Wirbel aus eine Bucht gegen den Rand der Schale. Flache concentrische Streifen decken die Schale. Ostrea succini Fraas Taf. IV, Fig. 3 ist so charakteristisch im ganzen südlichen Libanon als Begleiter des Bernsteins , dass wir die Auster nach dem mitvorkommenden Mineral benennen. Es ist eine kleine gerippte Auster, die etwa der jurassischen 0. subserrata oder costata ähnlich wird und stets mit breiter Basis angewachsen ist. Das abgebildete Exemplar ist eines der grössten, das wir in der Nähe von Djebäa fanden. Gewöhnlich ist eine ganze Colonie solcher Austern neben und aufeinander gewachsen. Die Kohlen des Libanon. Wo die Auster einmal auftritt, fängt das Gebirge an sich dunkel zu färben. Kohle und Bitumen stellt sich ein, deren verführerisches Schwarz zum zweiten Mal im Lauf des Jahr- — 303 — hunderts die Hoffnungen auf Ausbeute und günstige Verwendung der Kohle rege gemacht hat. Die ersten Kachrichten von Kohlengruben gibt uns J. Euss- egger, der im Jahr 1834 im Auftrag Mehemet Ali's das grosse egyptische Reich, zu welchem damals auch Syrien und der Libanon gehörte, auf nutzbare Mineralien untersuchte. Russ- egger besuchte am 12. October 1836 die Provinz Metn, wo er unter der Leitung des englischen Ingenieurs Brattel reges Leben in den Gruben fand. Viele Arbeiter waren hier beschäf- tigt und war der Betrieb rationell und den Anforderungen der bergmännischen Technik entsprechend eingerichtet. Aber trotz- dem waren die Resultate die kläglichsten, die man sich denken kann! Zur Zeit des höchsten Schwungs ungefähr 100 Centner Ausbeute, wenn die Grube mit 50 Arbeitern belegt warl Der Grün sand führt, wie sich Russegger ausdrückt, auf untergeord- neten Lagerstätten eine Braunkohle der ältesten Gruppe, in welcher der langsame Verkohlungsprocess bis zum gänzlichen Verschwinden der Holztextur vorgeschritten ist. Sie wird als Pechkohle und Glanzkohle bezeichnet, die obwohl selten durch blosse Aenderung der Texturverhältnisse in sog. Blattkohle, Papier- kohle oder Dysodil übergeht, ohne aber eine nennenswerthe lokale Ausdehnung zu zeigen. Häufiger sind die Uebergänge der Pech- kohle aus bituminösem Holz. Die Kohle sowohl als das bitu- minöse Holz' zersetzen sich aber schnell in Berührung mit der Luft und zerfallen endlich gänzlich zu Alaun-Erde. Denn die Kohle hält sehr häufig Schwefelkies und zwar in grosser Quan- tität eingesprengt, wodurch sie zum technischen Gebrauch untaug- lich wird. Zu den seltenern Beimengungen gehört der Bernstein, der zum Theil in beträchtlichen Stücken und grosser Reinheit der Pechkohle eingesprengt ist. Es versteht sich von selbst, dass ich bei dem Besuch der Provinz Metn in erster Linie die 3 Gruben Ibrahim Pascha's aufsuchte. Die Mühe, sie wieder aufzufinden , war nicht gering. Im Lauf der 40 Jahre, darunter 20 Jahre der aufreibendsten Bürgerkriege, war die Erinnerung an die bergmännischen Arbeiten der 30er Jahre so gut wie vergessen. Möglich auch, dass ich — 304 — absichtlich getäuscht oder im Dunkel gelassen werden sollte, denn die Erinnerung an die Arbeiten war, wie ich bald zeigen werde, nicht die angenehmste, die im Volke von Metn fortlebte. Die erste Grube nennt Eussegger „Makla ain el Bed^^ ; der der- malige Besitzer der Grube ist Herr Mourgue, der Besitzer der grossen Filatur von Ain Hamäde, das 2 Stunden von der Grube entfernt liegt. Weglos und steglos gelangt man, dem Bache von Hamäde folgend, über das Drusen-Dörflein Arsün durch die Sümpfe von Djourat Arsün steil hinan durch Buschwerk und Niederholz an eine Seitenschlucht des Hamädethals, in welcher alte vitriolisch duftende Halden Zeugniss von der früheren berg- männischen Thätigkeit ablegen. Den Anfang der Schlucht bildet eine Quelle, Ain el bed (Eierquelle) „Makla", bedeutet Steinbruch oder Grube, ein Name, der nicht etwa, wie man nach Euss- egger vermuthen könnte, einem Dorfe oder einer Niederlassung eigen ist, sondern in Folge der bergmännischen Arbeiten Brattels dem einsamen Ort in der Waldschlucht gegeben wurde. Nach Angabe von Herrn Mourgue soll das HauptflÖtz, das bei 761,5 m ü. d. M. ansteht, im Mittel 1 m mächtig sein; vor einigen Jahren hatte dieser Herr Piemontesen kommen, die verstürzten Grubeneingänge wieder öffnen lassen und war durch alte Gänge bis vor Ort vorgedrungen. Indessen ist heute der eine der beiden Gänge bereits wieder verstürzt, denn an der steilen Halde sind die schmierigen Sandmergel, welche das Dach des Stollens bilden in steter Bewegung begriffen. Der andere der Stolleingänge besteht noch, ist aber zugemauert, um das eingebaute Holz vor Diebstahl zu schützen. Im Uebrigen führte auch eine Oeffnung der Mauer zu keinem Eesultat: im Stollen, der kein richtiges Gefälle hat, steht fusshoch das Wasser und der Schlamm, so dass es nicht gerathen erschien bis vor Ort vorzudringen. 4 m unter dem Hangenden ist in den festen Sandstein ein Stollen getrieben, vollständig nach den Eegeln europäischer Technik. Es ist der von Eussegger genannte Erbstollen, durch den die Wasser aus den Galerien abgeleitet werden sollten. Es genügte auch vollständig, das Ausgehende — 305 - der Scliicbten in der Bachschlucht zu beobachten, in welcher die Lagerungs Verhältnisse vollkommen klar zu Tage liegen. Wir treffen von der Thalsohle an (beiläufig 700 m ü. d. M.) bis in die Höhe des alten Stollen lichten, gelben Sandstein ohne eine Spur von Fossilen. Der Sandstein ist zart von Korn, dem Ansehen nach dem Personaten-Sandstein des schwäbischen braunen Jura zu vergleichen, seine Mächtigkeit beträgt 60 m. Er hört auf mit 0,5 m grauen, sandigen Mergeln, vitriolisch verwitternd Darüber am Ausgehenden 0,25 m glänzend schwarze Pechkohle, in welche der Stollen getrieben ist. Die 0,25 m Kohle schwellen nach Angabe des Herrn Mourgue im Mittel zu 1 m an, nach den Aufzeichnungen Kusseggers bis zu 4 und 5 Fuss. Ueber dem Flöz folgen alsbald vulkanische Tuffe schwarzgrün und schwarz von Farbe mit Einschlüssen schwarzen melaphyrischen Basaltits von der oben (Seite 292) beschriebenen Zusammensetzung. Das vulkanische Gebirge misst 10 m. Folgen dann 25 m schwarzgraue Sandmergel mit eingesprengten Kohlenschmitzen, denen an verschiedenen Punkten durch Schürfe nachgegangen ist. Ueber diese folgt ein kleiner Absatz im Gebirge, auf welchem die Quelle Ain el bed liegt. Hinter dem Absatz im Thalgehänge, der eine kleine Terrasse bildet, steht man wieder vor dem gelben Sandstein , über den ein neuer Aufsteig beginnt. Mit Verwunderung sieht man hier dasselbe Profil sich wiederholen: die 0,50 m Sandmergel, das Flöz von 0,25 — 40 m, darüber graue vulkanische Tuffe mit schwar- zem Basaltit und darüber im Wechsel graue, schwarze und rothe Sandmergel. Man steigt vollends zur Höhe hinan und hat bei 836 m ein liebliches Plateau, mit Pinien besetzt, erreicht und mit 852 m die Höhe des Passes, der vom Hamädethal ins Salimathal führt. Es gehört nicht viel Scharfsinn dazu, in den beiden zu Tage tretenden Flözen mit dem Dach des vulkanischen Gesteins und dem Hangenden des Sandsteins Ein und dasselbe Flöz zu erkennen, das hier verworfen ist. Eine Verwerfung von 3 5 m Sprunghöhe hat das obere und unt ere Flöz ver- werfe n. Damit stimmt die Angabe Herrn Mourgue' s, dass er "Württemb. naturw. Jahreshefte. 1878. 20 — 306 — bei Oeffnung der alten Galerien mit 30m das Flöz vor Ort verloren und den Sandstein angetroffen habe. Auch Russegger beklagt die Senkungen und Hebungen des Flözes von einigen Zollen bis zu 12 Fuss und sagt ausdrücklich, dass die Gesteinslagen des Kohlen- schiefers (Sandmergel) ohne Unterbrechung die Biegungen des Flözes begleiten, eine Erscheinung, die ihren Grund in herzu- setzenden Klüften haben müsse. Die Stürzungen, welche in allen Richtungen des Flözes vorkommen , erschweren ungemein den regelmässigen Abbau. Ausdrücklich fügt auch Russegger bei, ein Blatt d. h. ein Gang ohne Mächtigkeit durchsetze das Flöz der unteren Zeche beinahe rechtwinklich und verwerfe es ganz gesetzlich, so dass seine "Wiederausrichtung jenseits des Ver- werfers keine Schwierigkeit mache. Es entging jedoch seiner Beobachtung, dass die obere Zeche im nicht verworfenen Theil steht und dasselbe Flöz abbaut, wie die untere Zeche. Die verschiedenen Angaben über die Mächtigkeit der Kohle sind ohne Zweifel vollkommen begründet, beweisen aber nur die Verschiedenheit der Mächtigkeit selbst, die von 1 Fuss bis zu 4 und 5 Fuss schwankt nach Russegger, nach M o u r g u e beträgt sie 1 m im Mittel , ich beobachtete am Ausgehenden 0,2 — 4 m. "Wäre die Kohle einigermassen brauchbar, so Hesse sich schliesslich noch ein Bau auf diese schwachen Nester zu lokaler Verwendung rechtfertigen, aber sie ist der Art mit Schwe- felkies durchsetzt, dass eine mechanische Scheidung nur die groben Kiesmassen entfernen kann, den zart vertheilten Schwefel- kies auszuscheiden ist nicht möglich. Den schlagendsten Beweis liefert der dermalige Besitzer der Gruben , der für die technischen Zwecke seiner Filatur Steinkohle aus Marseille oder New-Castle bezieht. Die eigene Kohle von Ain el bed zu brennen ist gar nicht möglich. Es ist daher ganz und gar unbegreiflich, wie 2 Jahre lang ein Abbau dieser Kohle stattfinden konnte. So etwas kann nur in den Zuständen der türkisch-egyptischen Verwaltung seine Er- klärung finden. Die Geschichte der libanesischen Kohle ist aber zu charakteristisch für das Land und jene Zeit, als dass wir sie nicht bis zu ihrem Ende erzählten. 2 bis 3 Centner Kolile zu — 307 — fördern war ein Mann im Stande (Russegger), das ganze Quan- tum der Gruben ergab circa 100 Centner im Tag. Das Nächste war der Transport der Kohle nach Beirut. Derselbe geschah auf Maulthieren: Der Weg führt zuerst in das Salimathal hinab, d. h. von 760 m ü. d. M. bis zu 275 m, dies ist die Höhe der Salimabrücke. Nun ist aber das Thal weiter hinab nicht mehr zu passiren, der ordentliche Weg führt vielmehr von der Salima- brücke wieder steil hinauf nach Betmere 710 m ü. d. M., erst von hier aus gelangt man nach Beirut. Der Weg von der Grube nach Beirut erfordert eine volle Tagreise hin und eine Tagreise zurück. Da ein Thier über die Berge im höchsten Fall 3 Centner zu tragen im Stande ist, so waren täglich über 30 Thiere und mindestens 5 Maulthiertreiber erforderlich, um 100 Centner nach Beirut zu bringen. In Beirut wurde am Hafen abgeladen, die Kohle nachgewogen, das selbstverständliche Gewichtsmanco dem Eselstreiber an seinem kümmerlichen Verdienst abgezogen und blieb die Kohle am Ufer liegen, bis sie in Barken verladen und nach Cairo verschifft wurde. Dort sollte sieden Hochofen speisen, den Mehemet Ali zur Hebung der einheimischen Eisenindustrie hatte bauen lassen. Ist es an sich zweifelhaft, ob je libane- sische Kohle nach Cairo kam, so steht dagegen fest, dass nie- mals mit ihr ein Eisen erblasen wurde. Der ganze libanesische Bergbau und die egyptische Hüttenindustrie war eine der gross- artigsten Schwindeleien, mit denen habsüchtige Abendländer den morgenländischen Despoten beschwindelten. Die Zeche dieses Schwindels mussten die armen Libanesen zahlen. In den Be- schwerden der Libanesen über die Bedrückungen, denen das Land durch Mehemet Ali ausgesetzt sei, steht ausdrücklich in dem an Soliman Pascha übergebenen Memorandum vom 5. Juni 1839 als Artikel 5: Les mines de charbon de Corneile nous tuent tous „les ans et beaucoup d'hommes; le gouvernement ne nous paye »presque pas. On nous arrache nos betes, ou nous force ä trans- „ porter ce charbon ä Beirout: il est pese au de'part, pese ä l'ar- „rivee, et on a l'injustice de nous faire payer ä chaque voyage le »deficit, qui existe constamment, nous ne savons pourquoi." So spielte diese Kohle in der Geschichte des Libanons eine 20* — 308 — Bolle, trug sie doch zu der gährenden Unzufriedenheit mit der egyptischen Herrschaft bei, in deren Eolge 1840 der blutige Aufstand ausbrach, dessen Ende die Befreiung des Landes von Egypten, oder richtiger gesagt, die Eroberung des Landes durch die Westmächte und die Eückgabe an die türkische Herr- schaft war. Unter ihr hörte allerdings die Qual des Bergbaues und Kohlentransportes auf, aber Qualen anderer Art traten an ihre Stelle, welche 20 Jahre später die Libanesen seufzen Hessen nach dem abgeschüttelten Joche Egyptens. ■Russegger erlebte übrigens noch das kostbare Ende der Grube Ain el bed im Jahr 1838. Für die Zeit der Abwesenheit des leitenden Ingenieurs Brattel, der zugleich den Hüttenbetrieb in Cairo zu leiten hatte, wurde ein türkischer Kaimakam mit dem Grubenbetrieb beauftragt. Er sass den ganzen Tag vor einem der Stollenmundlöcher und rauchte, oder rannte wie ein Be- sessener mit seinem Pferd von Grube zu Grube. Eine natürliche Folge der mangelnden Aufsicht war, dass die Kohlenlieferungen im Gegensatz zu der früheren Produktion zurückblieben. Da liess Ibrahim Pascha den Kaimakam holen, verwies ihm streng seine Nachlässigkeit und befahl ihm gerade so viel Kohle zu liefern als der „Inglese". Der Kaimakam rannte zur Grube zu- rück und fuhr zum ersten Mal in seinem Leben ein. Da sah er gleich am Anfang zu seinem Erstaunen eine Menge Kohlen anstehen, die man nach seinem Erachten vergessen hatte. Es waren die Sicherheitspfeiler. Keuchend befiehlt er den Arbeitern die Kohlen wegzunehmen. Gesagt gethan! Die Grube stürzte zusammen und gerieth in Brand. „Jahrelange Mühe und An- strengung fiel als ein Opfer des Unverstandes", wie sich Russ- egger ausdrückt. Wir fügen bei, dass nach unserer Anschauung, in Anbetracht der vollständigen Werthlosigkeit der Kohle und der schweren Bedrückungen, welche in Folge der Kohle auf dem armen Landbewohner lasteten, die Grube auch nichts besseres verdiente, als einzustürzen und zu verbrennen. Nach alle dem sollte man es kaum für möglich halten, dass die libanesischen Kohlen noch einmal eine Eolle spielen sollten. Allerdings nur als Gegenstand eines Aktienschwiudels, — 309 — der in den 1870er Jahren auch in Europa und Amerika nichts Ungewöhnliches mehr war. Eine Eisenbahn von Beirut zu den Gruben wird in die Felsen des Nähr Beirut eingehauen; es ist eine Zahnradbahn, denn ohne diese bewältigt man die Steigungen nicht, die Bahn ist einzig nur für den Kohlenbetrieb, der in wenigen Jahren die Millionen decken wird, welche die Eisenbahn kostet. An solchen Projekten erhitzte sich die Phantasie der Abendländer und Morgenländer, als ob die Geschichte der 30er Jahre gar nicht existirt hätte. Doch kehren wir von diesem Excurs auf dem geschichtlichen Boden zu dem Pinienwald zurück auf dem Pass zwischen dem Salimathal und Hamäde, am Fuss des hochgelegenen Drusendorfs Kornäil mit seiner alten Emirsburg. Steigt man vom Passe wieder abwärts, so wiederholt sich bei dem Dorfe Bzebdin (Bseddin bei Eussegger) dieselbe Aufeinanderfolge der Schichten wie im Hamädethal. Das Kohlenflöz über dem Sandstein und unter den vulkanischen Tuffen und rothen, eisenschüssigen Mergeln ist nur 0,20 m mächtig. Seine Höhenlage beträgt 699 m ü. d. M. Noch mehr als bei Ain el bed sieht man hier die Spuren alter bergmännischer Thätigkeit. Zunächst sind zwei Stollen auf das Hauptflöz von 0,2 m eingetrieben, die Kohle ist aber wo möglich noch unreiner als bei Ain el bed und so schwefelkiesreich, dass sie in den Galerien vitriolisch ausblüht und die Wasser, welche fusshoch in den Strecken stehen, in eine vitriolische Jauche verwandelt haben. Die Pfeiler sind schach- brettförmig angelegt, die Stollen 1,2 m hoch. Um 1 Ctr. Kohle zu gewinnen, mussten hienach 5 Ctr. todtes Gebirge zu Tage gefördert werden! Lag dann die Kohle einige Zeit am Tage, so zerfiel sie zu Staub und Kutter. Ueber dem Hauptflöz wieder- holen sich noch 2 — 3 Flözchen in den schwarzen Mergeln, denen gleichfalls metertief ins Gebirge nachgegangen war. Diese Gänge sind aber jetzt vollständig verstürzt. 40 m über dem Flöz werden die Mergel tiefroth und bilden verschiedene Sphaero- sideritbänke, welche das Eisen hätten liefern sollen. Gegenüber dem alten Grubenbetrieb Ibrahim Paschas stehen auf der andern Seite der Thalschlucht mehrere Mundlöcher — 310 — von Stollen, welche die Eingebornen ausgewühlt haben. Das Flöz war hier etwas mächtiger, die Gänge 50 cm hoch, also mühlich genug zu befahren. Von Zeit zu Zeit ist ein Pfeiler stehen gelassen worden. Die Kohle wird, wie ich hörte, vom Schmid des Dorfes geholt, der in Ermanglung von Holzkohle mit der Steinkohle sich behilft. Russegger war vom Bzebdiner Bergbau weniger entzückt als von dem zu Ain el bed, doch lobt er die vorzügliche Qua- lität der Kohlen, welche das obere Flöz von Bzebdin schütte. Welches er hierunter verstund, konnte ich nicht mehr erforschen, leider soll es nur l Fuss mächtig im Kohlenletten zu Tage treten. Sonst führe der Kohlenletten noch mehrere unbauwürdige Flözchen, welche das Hauptflöz begleiten. Den dritten Punkt, dessen Russegger Erwähnung thut, nennt er Mar Hanna el Kenise. Er liegt in der Nähe der Mündung des Hammänathals in den Nähr Beirut. An dem Steil- gehänge des Thaies mit seinem beweglichen Gebirge sind die alten Erdarbeiten heutzutage überrutscht und nahezu spurlos ver- schwunden. Nach Russeggers Aufzeichnung ist Mar Hanna geognostisch von derselben Art wie Ain el bed , nur ist die Kohle noch mehr durch Schwefelkies verunreinigt, so dass sie zum grossen Theil unbrauchbar ist. Besonders schön sollen die in Schwefelkies versteinerten Holzstücke sein, welche theilweise halb noch bituminöses Holz, halb vollständig in Schwefelkies verwandelt sein sollen. Der Grubenbau war hier mittelst acht parallel und unmittelbar auf dem Flöz eingetriebener Stollen eröffnet und wurde pfeilermässig geführt, doch liegt hier der das Flöz abschneidende Kalkstein sehr nahe und hatte man wenig Feld vor sich. Das Flöz fällt dem von Ain el bed gerade entgegen- gesetzt. Grünsteingänge nach Russegger (d. h. der Augitbasaltit s. 0. Seite 292) verwerfen das Flöz, verändern esaber nicht. Ich bemerke hiezu nur, dass hier von einer ursprünglichen Lagerung gar keine Rede mehr ist, sondern hier als am Ende des Hammäna- thales die Oberfläche ein Bild der Verwüstungdurch die riesigsten Bergstürze und Verschiebungen gewaltiger Erdmassen darbietet. Die Geschichte des libanesischen Kohlenbaus berührt glück- — 311 — lieber Weise nur die Provinz Metn, wohl nur wegen der geographischen Lage in der Nähe des Hafens von Beirut. Die Kohle selbst liegt in derselben Weise wie in Metn auch in den Provinzen von Kesruwän, Meneteri, Bscherre, Schehär und ganz besonders Djezzin. Meist liegt sie zu unterst in der Sandstein- formation, öfter unterhalb der Basaltit-Ergüsse , theilweise auch über denselben. Am mächtigsten sind die Kohlenflöze im süd- lichen Libanon in der Provinz Djezzin, wo ich sie bei den Ort- schaften Zehalta, Snaya, Kerkaya und im Thale des Awali näher untersucht habe. Horizontale Ueberlagerung der Schichten sucht man hier vergebens, der Sandstein ist vielfach aufgerichtet, die Flöze steil einfallend. So liegen z. B. bei Kerkaya über einem in hora 4'^/4 streichenden Basal titlager in einer absol. Höhe von 994 m von oben nach unten. 10 m Sphaerosiderite als Zwischenbänke sphärosideritischer Mergel und Thone 0,5 m gelber und rother Sandstein, 1—1,2 m Kohle, 3 m graue Mergel, 0,3 m Kohle. Die Flöze fallen in hora 9^2 gegen das Gebirge ein, und im Liegenden und Hangenden sind sie durch Schwefelkies verun- reinigt. In der Mitte liefert das Flöz eine gute Kohle , auch haben Stücke, welche Herr Götzlof vor Jahresfrist dort hatte ausbrechen lassen, trotz ihrer Aufbereitung im Freien gar nicht oder nur wenig verloren. Was will aber selbst 1 m Kohle dort bedeuten, die 20 Kilometer von Saida entfernt ist, ohne Weg und Steg? Dazu kommt, dass in Kerkaya so wenig als an den andern Orten auf eine Nachhaltigkeit des Flözes gerechnet werden darf. In regelmässiger horizontaler Lagerung ist erst der oenomane Kalkstein, der als ein majestätischer Felsenkranz von Haidüra bis Attoli über 5 km sich hinzieht als die Krone des Gebirgszugs 1170 m ü. d. M. Unter dem Felsenkalk fällt in fürchterlicher Steilheit das Sandgebirge schroff ab bis zum Nivean der Dorfschaften. Wohl sieht man an der abgerutschten durch- aus unzugänglichen Steilwand des Gebirgs die schwarzen Kohlen- — 312 — streifen zu Tage treten, aber die Steilwände sind unzugänglich für den menschlichen Fuss. Unten aber im Thal bei den ge- nannten Dörfern, liegen nur die einst vom Gebirgsmassiv abge- trennten, losgerutschten Riesenschollen mit den Flözen. Dass auf solche Trümmer von Gebirge kein geordneter Bau aufgerichtet werden kann, wird Jedermann einleuchten. Die Bitumina des Libanon. Wichtiger als die Kohle ist ohne allen Zweifel das Bitumen , das im gleichen Horizont im Liegenden der Sandsteinformation getroffen wird, wo namentlich im Süden, noch mehr im Südosten das Bitumen sogar noch in flüssiger Gestalt als rohes Petrol geschöpft oder als erhärteter pechbrüchiger Asphalt aus der Tiefe geholt wird. Die Gruben sind am Ostabhang des Djebel ed Dahr, eines Gebirgs, das als schmaler Rücken zwischen Litäni und Hasbäni in die Bekäa sich verflacht. Die Thalsohlen des Has- bäni sowohl als des Litäni gehören der Sandformation an, der Djebel selbst ist cenomaner Kalk. An dessen Fuss 10 Minuten nördlich von Kaukaba, 20 Minuten vom Hasbäni (Jordan) ent- fernt, liegen die Gruben, in welchen ohne alles System ein Raub- bau auf Asphalt getrieben wird. Die Schächte zerfallen, sobald sie eine Zeit lang betrieben wurden, denn auf den Einbau ver- steht sich kein Araber. Zur Zeit sind 2 Gruben offen, an deren Schachtöffnung 2 Araber einen einfachen Haspel mit einer Strick- winde besorgen. Die Axe des Haspels läuft in der Gabel eines Baumstrunkes. Wer Lust hat einzufahren, hängt sich in eine Schlinge am Strickende und wird in ziemlicher Geschwindigkeit in die Tiefe von ca. 30 m hinabgelassen. Unten steigt man auf abschüssiger Bahn in unförmlichen Gängen noch tiefer hinab, sie sind, je nachdem Asphalt hier vorhanden war, bald weit, bald eng, die Wände sind glänzend schwarz, von Pfeilern oder Stützen ist keine Spur. Kommen irgendwo Grundwasser, so weicht ihm die Arbeit aus und zieht sich einfach den grösseren Massen von Asphalt nach. Der Araber arbeitet mit der Keilhaue und kurzen Schaufel, schwatzt mehr als er arbeitet und gewinnt etwa 25 k — 313 — in der Stunde , während ein europäischer Knappe leicht das Zehnfache ausbringen könnte. Unter der Schachtöffnung steht ein Petroleumfass, das sich allmählig füllt, und dann heraufgezogen und am nahen Jordan von Weibern in Empfang genommen wird, um die Stücke zu waschen. Kreidefragraente sind in Menge eingebacken, von welchen der Asphalt durch Schmelzen der Masse gereinigt wird. Das Liegende der Gruben istBasaltit und Sand- mergel, das Gebirge, durch welches der Schacht getrieben ist, besteht aus Schutt des im Gebirge el Dahr anstehenden Kreide- mergels und Kreidekalkes; dasselbe wiederholt sich weiter südlich im Jordanthal, namentlich an den Ufern des todten Meeres, woher die „Pechbrunnen'* seit ältester Zeit bekannt sind. Anders vertheilt sich das Bitumen im Hochgebirge au den schon genannten Orten bei Zehalta und Haidüra. Auf mehr als 1 km Erstreckung steht hier über den Basal tittuffen und unter den sphaerosideritischen Mergeln eine Dysodilbank an, welche schwer verwitternd wie die Posidonienschiefer des Lias als ein dunkles Band aus den Mergeln hervorsteht oder wie im Dorfe Haidüra selbst als elastischer Boden an den Häusern des oberen Dorfes zu Tage tritt. Wie altes Schweinsleder oder wie dürre Pappe steht das merkwürdige Gestein in der Mächtigkeit von 1 m an und ladet förmlich den Geognosten ein, sich Fetzen aus dem Gebirge herauszureissen. Der Hammer versagt hier seine Dienste, denn er springt auf der elastischen biegsamen Masse ab, besser geht es mit dem Messer oder einem arabischen Dolch, mit dem man sich nach Belieben grosse Stücke abtrennt oder sie in Blätter spaltet von der Dicke eines Kartenpapiers. Mit dem Zündholz entzündet flammt der Schiefer wie ein Kienspahn und verbreitet einen aromatischen Geruch. Organische Körper sind zuweilen im Dysodil enthalten und würden sicherer bei längerem Suchen in grösserer Anzahl gefunden, was in verschiedenen, wenn auch undeutlich erhaltenen, Exemplaren zu Tage trat; es waren kleine Fische und Fischreste, wie Flossen und cycloide Schuppen. Bestimm- bare Eeste sind es nicht, aber die kleinen Fischchen sehen am ehesten den Clu^jea von Hakel gleich, die freilich einem höheren Horizont angehören. — 314 — Am mächtigsten steht wohl eine Dysodilbank, aber aller- dings nicht auf grosse Entfernung, zu Tage am Anfang des romantischen Fidarthales in der cultivirten Ebene Machäda. Die Ebene gehört den Bewohnern von Etschmetsch, die hier Gerste und Mais bauen. Das Aneroid zeigte 1269 m ti. d. M. Die Machäda-Ebene bildet einen der schönsten Gebirgsaufrisse , den man in Libanon sehen kann, zugleich landschaftlich von unbe- schreiblicher Grossartigkeit. Die Dolomitberge mit ihren kühnen Gestalten sind hier förmlich entzweigeborsten (hora IV2), im Aufriss zwischen den Gebirgsriesen liegt wieder die gelbe Sand- formation mit den nie fehlenden Basaltiten und Tuffen. Während das Gebirge ringsum mit uralten Eichen bestockt ist, die wenig- stens im Fidarthale noch nicht alle ausgerottet sind und während hier wilde Gebirgsnatur noch herrscht , tritt man mit der Ma- chäda in ein fröhliches Culturland. Die Dysodilbank in den Tuffen ist rabenschwarz , blättert sich nicht so leicht als der Dysodil von Djezzin. Er hat das Aussehen von Boghead und nahezu auch dessen Fettgehalt. Glänzend schwarz liegen in ihm Fiederblättchen von Cycadeeu oder Farren und C^wpea-ähnliche Fische. Leider habe ich die dort gesammelten Hauptstücke nicht mit nach Europa bringen können. Sie blieben als Belegstücke in Beirut. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass derartige Dysodil- lager in Europa ein werthvolles Objekt wären. Sie bilden ein Material, das ohne grosse Zubereitungen an Ort und Stelle destil- lirt werden könnte. Der ebenso kenntnissreiche als energische Ingenieur Herr H. Götzlof, dem ich eine Reihe von Freund- schaftsbeweisen zu danken habe, hat auf meinen Eath einige Versuche mit dem Haidüra-Dysodil gemacht, die zu seiner vollen Befriedigung ausgefallen sind. Er gewann bei 8 in einer eisernen Retorte gemachten Versuchen 19% flüssiges Bitumen vom Aus- sehen des Theers. 100 Theile des Theers ergaben ihm 40 Theile Paraffin und 35 Theile Solaröl. Der Paraffin verhält sich so, dass die eine Hälfte bei 40—48^ C. schmilzt, die andere bei 54 — 56^^. Herr Götzlof beabsichtigt nun — die Concessiou Seitens — 315 — der hohen Pforte immer vorausgesetzt — in loco das Dysodil zu Theer zu verarbeiten, wozu die in unmittelbarer Nähe liegende Kohle, die auf billigste Weise gewonnen wird, sich vortrefflich eignen würde. Ob die weitere Destillation d. h. die Scheidung des Theers in Paraffin und Oel, noch im Gebirge oder in einer englischen Fabrik gemacht würde, dürfte erst später je nach den Umständen sich entscheiden. Der Transport des Destillats von Djezzin nach dem 20 km entfernten Saida, der allerdings auf Maulthieren stattzufinden hätte, dürfte zwar einige Vertheurung des Materials herbeiführen, aber durch die Billigkeit der übrigen Faktoren sich ausgleichen. Die Pflanzenreste, die zwar nicht unmittelbar in der Kohle, aber im Kohlenschiefer und den nahen Sandmergeln sich finden, gehören zu Pterophyllum cretosum Gein. Taf. 66, 4. Aus den Kohlenschiefern von Djebä klopfen sich zum Oeftern einzelne Wedel und Stängel heraus. Das Geschlecht bestimmt sich sicher, ob die von Geinitz genannte Art genau dieselbe ist, möchte ich jedoch mit Sicherheit nicht behaupten. Jedenfalls gehört der von mir ersammelte Wedel einem jungen Blatt an, das die Grösse des sächsischen Exemplars noch nicht erreicht hat. Neuropteris recentior Lindley, so nannte Lindley in seiner Fossil-Flora eine Neuropteris- Art aus der Kreide , mit welcher unser gleichfalls aus den Kohlenmergeln von Djebä stammendes Exemplar übereinstimmt. Das Geschlecht ist bekannt als ein aus der alten Steinkohlenzeit in die mesozoische, ja selbst die kainozoische Zeit übergreifendes. Hat doch Sternberg selbst aus böhmischem Tertiär noch Neuropteris abgebildet. Von den grossen Holzstämmen, welche, in Schwefelkies ver- wandelt, in den Gruben von Mar Hanna liegen, war oben die Rede. In Kerkaya und Snaya, noch schöner in Felügha, fand ich sie zahlreich und glaubte mit den Nicolienstämmen aus Egypten und Nubien eine Uebereinstimmung zu finden. Leider gehen diese Fossile durch rascheste Zersetzung des Schwefelkieses einem unabwendbaren Schicksal des Verderbens entgegen. Nur ein einziges Stück aus den grauen Sandmergeln, das mit Bitumen — 316 — geschwängert ist, hat sich in Kalkspat verwandelt und könnte einer näheren Untersuchung unterzogen werden. Schliesslich bleibt noch übrig, der zahlreichen fossilen Harze Erwähnung zu thun, welche mit den Kreidepflanzen zusammen- hängen und in gleicher Weise wie der Bernstein als eine Aus- schwitzung der harzführenden Hölzer jener Zeit anzusehen sind. Das Vorkommen ist genau folgendes: In einem alten Schürf, den vor Jahren Engländer, wie man sagt, auf Kohle gemacht haben, ist eine Wand frisch abgerutscht und hat man unversehrtes Gebirge vor sich. Es sind graue Sande, die nach oben, soweit die Atmosphärilien eindringen, gelb gefärbt sind, wie Lehm- An der auf 4 m entblössten Wand sieht man 2 Schnüre Sphaero- sideritknauer in unregelmässiger Linie sich durchziehen. Die Knauer wechseln in einer Stärke von 5 — 20 cm. Verwittern- der Schwefelkies steckt da und dort in den Sphaerosideriten. Theils in den Knauerbänken, theils unmittelbar darüber und darunter stecken in einer Hülle von Lignit nussgrosse bis faust- grosse Stücke eines Harzes, das genau wie Bernstein aussieht. Zerschlägt man die ohnehin bröckeligen Stücke, so ist man über die Verschiedenheit der Farbe und Beschaffenheit überrascht, in welcher der Bernstein auftritt. Die meisten sind honiggelb, glänzend mit Glasbruch, andere sind lichtgelb, schwefel- gelb, fast weissgelb. Die letzteren werden am liebsten opak, wolkig, schliesslich ganz undurchsichtig wie Bein. Wie zu den — 317 — lichten Farben geht das Honiggelb auch zu roth und braun über, erhält die Farbe von Carneol und in eigenthümlicher Strahlen- brechung, die mit feinen Rissen im Innern zusammenhängen mag, wie von Aventurin. Der erste, der des Bernsteins Erwähnung thut, ist Russ- egger (II, 780), er sagt, dass Bernstein unter die selteneren Beimengungen der Kohle gehöre und zum Theil in beträchtlichen Stücken und in grosser Reinheit der Pechkohle eingesprengt sei. Der Ingenieur Brattel gab ihm ein paar schöne Stücke dieser Art. Ohne Zweifel liegen die Stücke heute in der Russegger- schen Sammlung in Wien. Ich kann dem nur beifügen, dass man die Beimengung des Bernsteins nicht einmal eine seltene nennen darf. Es ist ganz gewöhnlich, so dass man, wo nur gerade der Horizont ansteht, sich ohne Mühe die Taschen füllen kann. Stets liegt er in kleinen Geoden oder Kuchen. Faustgrosse Stücke sind allerdings seltner, aber kleinere von einigen Centimeter Durchmesser um so häufiger. Die chemische Untersuchung der libanesichen fossilen Harze hat bereits verschiedene Gelehrte in Bewegung gesetzt. Auf- fallender Weise stehen die Resultate einander schroff gegenüber. K. John (Verhandl. der K. K. geol. Reichsanstalt II, 1876) fand 1) in den durchsichtigen gelben Harzen die ehem. Formel für Bernstein C 10 H 16 0 nehmlich C 80,75 H 10,02 0 9,23 bei trockenör Destillation erhielt er ein wässeriges Destillat, das bei weiterem Erhitzen ein braunes in Alcohol vollkommen lös- liches Oel und als Rückstand ein schwarzbraunes Kolophonium, das dem Bernsteinkolophonium sehr ähnlich sieht und mit Ter- pentinöl einen glänzenden schön schwarzen Firniss gibt. Bern- steinsäure wies er deutlich nach, Schwefel 0,36^/o. Auch das gelbbraune, matte und an den Kanten durchscheinende Harz ver- hielt sich ebenso, während das braunrothe bis hyacinthrothe Harz sich als Schraufit herausstellte C 11 H16 02 nehmlich C 72,22 H 8,73 OJ9.05. — 318 — Von Bernstein unterscheidet sich Schraufit durch die An- wesenheit von Ameisensäure neben der Bernsteinsäure und 0,560o Schwefelgehalt. Ganz verschieden von diesem Resultat ist das von Ph. Le- bert^^ aufgefundene, das er mir brieflich mitzutheilen die ■^8 Ein Stück Ostseebernstein wird fein gepulvert, in eine Retorte gebracht und in der Gasflamme trocken destillirt. Nach einigen Minuten entwickeln sich viele Dämpfe, welche theils an den Wänden des Retortenhalses, theils an denen des angesetzten Kolbens eine gelbe Substanz in feinen nadeiförmigen Stücken und in gelben öligen Flecken absetzen. Das Destillat wird gesammelt, ein Theil wird mit Wasser verdünnt, mit etwas Ammonik neutralisirt und mit Eisenchlorid um- geschüttelt. Es bildet sich ein rothbrauner Niederschlag, welcher beim Schütteln an den Wänden des Reagensgläschens viele rothbraune Stückchen, für bernsteinsaures Eisenoxyd charakteristisch, absetzt. Ein anderer Theil des Destillats wird mit Wasser verdünnt. Eine hellgelbe ölige Flüssigkeit tritt in der Reagensröhre an die Oberfläche. Die Flüssigkeit wird nun mit Aether umgeschüttelt. Nur langsam klärt sich die weissliche Emulsion, und das obere in Aether gelöste Bernsteinöl wird mit einer langen Pipette abgeschöpft. Diese Operation muss zweimal wiederholt werden, bis sich die Emulsion ganz geklärt hat. Die Flüssigkeit wird nun in einer Schale rasch verdunstet und gibt am Ende der Verdunstung den der Bernsteinsäure eigenthümlichen, höchst scharfen, stechenden, zum Husten reizenden Geruch. In den letzten Tropfen sieht man Nadeln schwimmen. Das nach vollständiger Verdunstung bleibende weissgelbe Pulver wird als reine Bernsteinsäure gesammelt und zeigt unter dem Mikroskop die schönen orthorhom- bischen Krystalle der Bernsteinsäure. Der Libanonbernstein verhält sich bei ganz analoger Behandlung verschieden. Die gelben und durchsichtigen, äusserlich dem Bernstein ähnhchen Stücke werden behufs der trockenen Destillation fein ge- pulvert. Das Pulver ist weissgrau. Beim Erhitzen quoll es rasch auf, so dass der obere Theil der Retorte sich verstopfte und erst in Folge starker Erhitzung an dieser Stelle wieder frei wurde. Bei starkem Erhitzen und vollständigem trockenen Destilliren entweichen zwar auch viele Dämpfe, aber weder die hellen krystalloiden Frag- mente noch die ölartigen Tropfen setzten ;sich an den Wänden an. Das Destillat ist dunkler, trüber, harzartiger als beim Ostseebernstein und verbreitet einen eigenthümlichen höchst unangenehmen Geruch, den man beim Verbrennen des Ostseebernsteins gar nicht wahrnimmt. — 319 ~ Freundlichkeit hatte. Hienach wäre das Harz ein Harz ohne Bernsteiusäure, folglich kein Bernstein. Am eingehendsten hat wohl Prof. Dr. Bronn er von hier seine Untersuchungen über denselben Gegenstand gemacht (Württ. naturw. Jahreshefte 1878, pag. 81). Nach H. Bronner ver- hält sich in erster Linie das specifische Gewicht der fossilen Harze ähnlich schwankend wie auch das des Ostseebernsteins. Die honiggelben und goldgelben Stücke zeigen 1,055 bis 1,058, die orangefarbigen 1,088, die braunrothen 1,118. Die letztere Varietät wurde zunächst der Analyse unterworfen und ergab etwas abweichend von John die Formel 0 8 H 16 0 oder 0 75,0 H 12,5 0 12,5. Mit Schraufit hat das Libanonharz nur äussere Eigenschaften gemein, die es ihm ähnlich machen. Dagegen fand Bronn er bei Untersuchung der honiggelben, dem Ostseebernstein ähnlichsten Varietät im Kohlenstoffgehalt eine Uebereinstimmung mit dem braunrothen Harz, während der Wasser- stoffgehalt geringer, der Sauerstoffgehalt aber grösser ist. Man könnte sich daher diesen Körper durch direkte Oxydation aus jenem entstanden denken, wobei nur ein Theil des Wasser- stoffs als Wasser ausgetreten wäre. Obgleich nun aber in beiden Varietäten Bernsteinsäure sich nachweisen lässt, so weicht doch der Bernstein der Ostsee in seiner Zusammensetzung ab. Der Die Eisenchloridreaktion mit dem Destillat gibt ein durchaus negatives Resultat: Es bildet sich nehmlich kein bernsteinsaures Eisenoxyd. Ebenso zeigt das Verbrennen eines Theils des Destillationsproduktes die Abwesenheit des stechenden, scharfen, zum Husten reizenden Ge- ruchs. Nun wird ein anderer Theil des Destillationsproduktes mit Wasser und Aether geschüttelt. Die aufsteigende Flüssigkeit ist trübe, bräunlich und wird mit der Pipette abgeschöpft. Nun bleibt eine wasserhelle Flüssigkeit, welche rasch verdunstet weder den Geruch noch die Krystalle von Bernsteinsäure bildet. Ein anderer Theil neu bereiteten Destillats wird langsam und mehrtägig auf Schwefelsäure verdunstet, ergibt aber auf Bernstein- säure stets ein negatives Resultat. Die Frage nach den Bernsteinen der alten Phönizier wird engültig nur durch chemische Untersuchung der alten Bernsteinreste entschieden werden können. Basel, 14. August 1876. Lebert. — 320 — grösste Unterschied aber besteht in der Sprödigkeit und Zer- brechlichkeit der Libanonharze. Sie können weder gefeilt noch gedreht werden wie der Ostseebernstein, mit Ausnahme kleiner Stücke, die zu Perlen gedreht oder verschliffen werden könnten. Ob diess nicht im unverritzten Gebirge sich ändert? Gr. Götzlof constatirte zwar, dass er beim Nachgraben festen und zusammen- hängenden Bernstein gefunden habe, faustgrosse, glasharte Stücke, die an Dauerhaftigkeit dem baltischen nichts nachgeben, aber in Wahrheit werden nur praktische Versuche hierüber entscheiden. Es liegt natürlich sehr nahe, die uralte phönizische Bern- steinindustrie ihren Anfang im phönizischen Bernstein machen zu lassen. Denn es geht offenbar zu weit, die „kunsterfahrenen sidonischen Männer'*, welche die Bernstein-Colliers den Griechen brachten, erst durch die Strasse von Gibraltar und dann durch den Canal und das Kattegat zu den mitternächtlichen Kimmeriern fahren zu lassen, um dort ein Material zu holen, das vor den Thoren von Sidon zu finden war. Turonbildungen. 3. Die Gasteropodenzone von Abeih. So nennen wir die Zone zwischen den Sauden und der harten Hippuriten-Kreide, welche angefüllt ist mit Gasteropoden. Tritt die Zone in harten Kalkbänken und Dolomiten, auf wie z. B. am Chan Schamür, so ist keine Möglichkeit, erkennbare Fossile zu erlangen. Man sieht nur an den der Verwitterung ausgesetzten Felswänden den Eeichthum von Schalthieren, welche den Fels zusammensetzen. Sobald jedoch, wie zu Abeih, die Fossile in der Mergelbank liegen, so tritt eine Fülle der schönsten Gastero- poden zu Tag, die an die Apt-Mergel Frankreichs erinnern. Ein Profil beim Chan Schamür zeigt von oben nach unten 3 m Nerineenmarmor, verarbeitungsfähig, 2 m splitterge Kalkbank mit Cerithien und Turritellen, 3 m Zwischenbank von gelben Mergeln mit Austerntrümmern, . 3 m gelber harter Dolomit, — 321 — 1 m gelbe Mergel mit Austerntrümmern, 4 m gelber Sand, 44 m rother und gelber eisenschüssiger Sandstein. Um Abeih ist es der gleiche Horizont, wie am Khan. Nur sind es hier glücklicher Weise die gelben Mergel, in welchen die Fossile liegen, aus denen durch Verwitterung die wohlerhal- tenen Gasteropoden zu Tage treten. Die amerikanische Mission hat eine Filiale in Abeih und gibt den dortigen Schulkindern Anleitung zum Sammeln , so dass im College in Beirut ein staunenswerther ßeichthum der schönsten Fossile von dort gesehen werden kann. Wir nennen die wichtigsten : Turritella Seheni Lartet pl. IX, Fig. 9. Lartet hat diese leicht erkennbare, an miocäne Turritellen erinnernde Art im Osten des todten Meers im moabitischen Gebirge gesammelt. Da auch dort Sandstein auftritt, so zweifle ich nicht, dass auch derselbe Horizont sich findet. Fundort Abeih. Actaeonella Ahsalonis Fraas. A. d. 0. pag. 96, Taf. 1,3. Die Muschel wurde damals irriger Weise als Phasianella betrachtet, indem an dem Exemplar aus dem Wädi el-djöz bei Jerusalem als einem blossen Steinkern keine Spindelfalten zu sehen waren. Die Exemplare von Abeih, siehe Taf. VIII, Fig. 9 welche mit der Schale ganz vortrefflich erhalten sind, zeigen deutlich 2 Spindelfalten. Die Grösse der Muschel wechselt zwischen 30 und 50 mm und dürfte keinen weiteren Arten-Unterschied begründen. Die gewöhnlichste Muschel in Abeih. Globiconcha Lewisii Fraas Taf. VIII, Fig. 5 a und b. D ' 0 r b ig n y hat dieses Kreidegeschlecht in seiner Palaeontol. franf. pag. 143 aufgestellt für Gasteropoden, die zur Gruppe der Binguicula und Avellana gehören. Eine Muschel von 23 mm Länge mit zarten Längsstreifen und noch zarteren Querstreifeu versehen und einem inneren Canal. Die Windungen, 3 — 4 an der Zahl, sind vertieft und nabeiförmig eingedrückt, wodurch die Muschel ein höchst eigenthümliches Aussehen gewinnt. Ich habe die Muschel dem um Abeih so verdienten Rev. Dr. Lewis zu Ehren benannt. WUrttemb. naturw. Jahreihefte. 1878. 21 — 322 — Sehr selten zu Abeih. Natica syriaoa Conrad Off. Rep. 12,70. Eine riesige Art, die schon wegen ihrer Grösse Niemand entgehen kann: man glaubt die bekannte AmpuUaria gigas Stromb. vom Kahlberg in Braunschweig vor sich zu haben. Es gibt Exemplare, welche die Grösse von 20 cm überschreiten, die von mir gesammelten messen 13 cm D., die an sich schon dicke Schale und die aus- füllende Kalkmasse empfehlen sich dem Sammler wegen ihres Volums sowohl als wegen ihres Gewichts nicht sehr, zumal wenn an den steilen Berghalden der Steiusack von Menschen getragen werden muss. Die Muschel ist mit groben Anwachsfalten ver- sehen, die aber nur auf dem letzten Umgang zu Tag treten. Die Windung ist mehr oder minder erhaben. Fundort: Abeih, Hamäde, BärükthaL Vorkommen gewöhnlich. Natica patulaeformis ¥rsi3LS Ta.f. Ylll, Fig., 7. Eine Natica, welche der tertiären Natica patuIa-T>ish. aus dem Pariser Eocaen so nahe steht , dass sie wegen dieser Aehnlichkeit ihren Namen erhielt. Die Länge der Muschel beträgt 25 mm, die Breite über den Mundsaum 29 mm. Nach d'Orbigny sind alle Formen, die in Sigaretus, Crypto- Stoma u. a. auseinander gehalten worden sind , unter dem Genus Natica vereinigt. Andere würden für diese Art vielleicht den Geschlechtsnamen Cryptostoma vorziehen. Fundort Abeih. Natica olivae Frans ist länger als breit, im Gegensatz zu der voranstehenden Muschel. Ihre Länge beträgt 30, ihre Breite 18 mm. Dadurch erhält sie die Form einer reifen Olive, wess- halb ihr Name. Nächst verwandt mit olivae sind die Arten extensa Sow. und pungens Sow., welche Geinitz auf Taf. 54, Fig. 14 und 15 abgebildet hat. Fundort Abeih. Nerita ovoides Geinitz Taf. 57, Fig. 4. Ein kleines schiefes Ei von 10 — 18 mm stimmt mit dem Vorkommen im unteren Pläner bei Plauen. Fundort: Abeih. Neritopsis ornata Fraas Taf. VIII, Fig. 6. Die Art würde mit Neritopsis nodosa Geinitz 54, 19—23 stimmen, wenn auf dem letzen Umgang die charakteristische Zeichnung wahrzuneh- men wäre. Statt derselben sieht man nur eine einfache Zeich- — 323 — uuüg von Falten, die sich auf der Nabtlinie des letzen Umgangs selbst bis zu kleinen Knötchen erhebt. Fundort: Abeih. Pileolus pUcatus Geinitz 57,11 ist etwas grösser als die von Geinitz beschriebene Art aus dem unteren Pläner von Plauen, denn sie misst bis zu 10 mm, während die sächsische Art nur 4 mm gross werden soll. Fundort: Abeih. Fhasianella gaultiana d'Orb. pl. 187,3 zeigt wie die französische Art von Maurepaire im Dep. Aube nur eine schwache Andeutung von Schalenstreifung. Fundort: Abeih. Turho Ilartinianus d'Orb. pl. 184, 4 — 7, charakteristisch durch die doppelte Knotenreihe, welche über die Windung lauft. Die Form stimmt mit der französischen Gaultform. Fundort: Abeih. Turho Gaupilianus d'Orb. p. 185, Fig. 7 — 10. Die franzö- sische Form ist aus der untern chloritischen Kreide von le Maus (Sarthe) und stimmt mit der libanesischen. Turho Benauxianus d'Orb. pl. 186,4, ist mit einer Reihe Perlen besetzt und stimmt gleichfalls mit der französischen Art aus der Vaucluse überein. Fundort: Abeih. (Rev. Dr. Lewis.) Turho Moreli Fraas Taf. VIII., Fig. 8 zeichnet sich vor den beiden franz. Arten durch einen scharfen Kiel aus, der zwischen 2 Knotenreihen auf der letzten Windung hinläuft, sonst stimmt die Art in Form u. Grösse mit T. Martinianus. Ich verdanke diese schöne Muschel Herrn Morel Effendi, der sie von Abeih erhalten hat. Pleurotomaria Matheroniana d'Orb. 201,1 eine franzö- sische Art aus dem chloritischen Quarzsand von Cassis, Bouches du Rhone, jeder Umgang ist mit 4 zierlichen Perlenbänderu ver- sehen. Die Uebereinstimmung mit dem syrischen Vorkommen ist genau. Fundort: Abeih. Pleurotomaria simplex d'Orb. pl. 194 nur in einem Steinkern vorhanden, den mir Herr Lewis übergeben hat. Ein besonderer Werth ist übrigens auf diese Art nicht zu legen. Fundort: Abeih. JRostellaria Bustemi Fraas Taf. VIII., Fig. 4. Diese schöne und charakteristische Art von 25 mm Länge zeigt von oben gesehen 7 tiefe von der Spitze auslaufende Falten über die 8 Umgänge. 10 zierliche Perlenbänder ziehen sich quer über die letzte Windung, die Hälfte derselben ist bei den voran- 21* — 324 — gehenden Windungen je durch die nächstfolgende gedeckt. Ich gebe den Namen zu Ehren des hochgebildeten Gouverneurs vom Libanon Rustem Pascha. Fundort Abeih. Bostellaria Bequieniana d'Orb. pl. 209 Fig. 4, eine fran- zösische Art aus dem Gault der Vaucluse, welche mit dem liba- nesischen Vorkommen stimmt. Fundort: Abeih. Nerinea longissima Reuss Taf. VIII., Fig. 3. Gehören die Nerineen an und für sich schon zu den gemeinsten und verbrei- tetsten Schnecken Syriens, so ist es namentlich die vielgewundene schlanke Nerinea longissima^ die ich nach Reuss aus dem Hippu- riten-Marmor von Jerusalem (A. d. Orient I. pag. 98) genannt habe zu den häufigsten Funden in allen über dem Sandstein liegenden Schichten. Auf der Tafel wurde die gewöhnlichste Form noch einmal abgebildet , die , sobald über dem Sandgebirge Kalke oder Mergel sich einstellen, nie vergeblich gesucht wird. Ich traf Stellen, z. B. bei Etschmetsch im Fidarthal, wo die erste gelbe Bank über dem Sandstein, auf welcher das Dorf steht und aus dieser Nerinea besteht. Höchstens, dass noch etwa Heter- aster oblongus daneben sich findet. Auch L artet hat die Art (Geol. d. 1. Palestine pag. 40) angenommen. Im Uebrigen fürchte ich mich, dem grossen Heer schlanker, vielfach abgerollter und glatt gescheuerter Nerineenschalen Namen zu geben. So ist möglicher Weise Ner. Schikii Fraas Taf. 1, Fig. 11 (I. Theil) von Ner. longissima nicht verschieden. Eine Reihe der schlanken Formen sieht zwar glatt aus , aber an der Spitze der Schnecke beobachtet man doch wieder Rippung und Knotuug. Umgekehrt gibt es Nerineen, die wie gemmifera Lartet, zu welcher L artet auch Ner. mammillae zählt, an der Spitze wie longissima anfangen und später eingesenkte Windungen erhält. Eine dieser Formen von Abeih habe ich Taf. VIII. Fig. 2 abgebildet. Sämmtliche drei Formen zeigen 1 äussere Falte und 3 schmale innere Falten, woran man bei durchgeschliffenen Exem- plaren den Typus alsbald wieder erkennt. Nerinea Bequieniana d'Orb. pl. 163, Fig. 1 — 3, eine in der chloritischen Kreide Frankreichs ganz gewöhnliche Art, welche wir in diesem Horizonte wieder finden. Fundort Abeih. — 325 — Cerithium jirovinciale d'Orb. pl. 233, Fig. 3. Auch bei dem Geschlecht Cerithium wiederholt sich Aehnliches wie bei Nerinea. Es existiren vorherrschende Typen kurzer stark ko- nischer Schnecken, die in verschiedenen Formen der glatten, schwach gerippten, geperlten und schliesslich mit Dornen be- waffneten Individuen auftreten , alle aber dieselbe Grösse und denselben Habitus zeigen. L artet kennt sie auffälliger Weise nicht. Wir nennen den Typus nach d'Orbigny Cerithium provin- ciale und bilden 4 Subspecies ab, Fig. 10 — 13. Der französische Typus stammt aus der Gegend von Marseille, er ist, wie es scheint, bezeichnend für die mittelmeerische Kreideformation. 1. Fehlt im Libanon die ächte französische Form nicht mit starken Falten, die auf jeder Windung fast zu Knoten an- schwellen. Die Mundöffnung ist trorapetenförmig erweitert und zeigt den ächten Cerithium-Mund. 2. Die glatte Form, provinciale nudum^ Taf. VIII, Fig. 13. Falten und Rippen sind so gut wie verschwunden. 3. Das nächste ist, dass der letzte Umgang zwar glatt bleibt, die oberen Windungen dagegen leichte Falten zeigen, es wäre provinciale plicatum Taf. VIII, Fig. 12. 4. Die Falten werden zu einer Reihe einzelner unterscheid- barer Höcker und Knoten provinciale pustulosum Taf. VIII, Fig. 11. Als Cerithium pustulosum hat d'Orbigny pl. 233,4, eine seltene Form aus der chloritischen Kreide von Soolage beschrieben, die sich auch in der Gosau finden soll. 5. Die extremste Form ist Taf. VIII, Fig. 10 abgebildet, provinciale armatum, wobei die Knoten zu förmlichen Dornen an- schwellen und der Art allerdings eine Gestalt verleihen unter der man die glatte Varietät nicht mehr erkennt. Weitere Cerithienformen lassen sich grösstentheils nach europäischen Vorkommnissen bestimmen, so Cerithium Cornouelianum d'Orb. pl. 228,10 aus den Apt- mergeln von Grange-au-Ru in der Haute-Marue. Abeih. Cerithium exavatum d'Orb. 230,12, aus dem Gault von Perte du Rhone. Abeih. — 326 — Cerithium ervynum d'Orb. 230,1. Im oberen Gault von Ervy (Aube). Abeih. Cerithium trimonile d'Orb 230,10, ist bezeichnend für Gault, findet sich an vielen Orten Frankreichs häufig. Abeih. Cerithium Matheroni d'Orb. pl. 232, Fig. 7, aus der chlori- tischen Kreide von Allauch (Bouches du Rhone). Abeih. Cerithium margaretae Geinitz 60,5, aus dem unteren Pläner von Plauen. Abeih. Cerithium dbeihense Fraas. Mit diesem Xamen nach dem köstlichen Fundplatz Abeih möchten wir schliesslich eine Cerithien- form bezeichnen, die sich an die beiden vorangehenden Species Matheroni und margaretae anschliesst und durch eine doppelte Perlenreihe auszeichnet, am oberen und am unteren Saum der Windung. Länge der Schnecke 32 mm. Fundort Abeih. Trigoma crenulata Lamk. d'Orb. pl. 295. Während von dem Typus des Tr. syriaca in unserem Horizont nichts mehr gefunden wird, ist dagegen die ächte crenulata hier zu Hause, von einer Uebereinstimmung mit den europäischen Formen, dass sie geradezu als Musterexemplare dieser Art gelten können. Sie beschränkt sich jedoch nicht blos auf diesen Horizont, sondern zieht sich noch weiter hinauf in der mittleren Kreide. Astarte formosa d'Orb. 262,10. Fundort Abeih. Protoeardium hillamim Sow. 14,1. Schon im I. Theil, Aus dem Orient pag. 91, würde auf die Wichtigkeit dieser ausser- ordentlich verbreiteten Kreidemuschel hingewiesen, die in Texas ebenso wie in Indien (Anapaudy in Südindien), in Europa wie in Syrien zunächst den Horizont der ceno- manen Kreide festhielt. Die ge- i:\ wohnlichste Form, in welcher die *'J Muschel gefunden wird, haben wir auf dem nebenstehenden Holzschnitt mitgetheilt. Nach Sowerby ist die Muschel ein Cardium^ indessen hat Beyrich den rund- lichen Manteleinschlag, der auf den Steinkernen zu Tag tritt, als bezeichnend für das Genus Protoeardium nachgewiesen und — 327 — folgen wir hiernach dieser Bestimmung. Auch L. L artet (1. c. pag. 53) ist mit mir einverstanden, dass die vielerlei Namen, welche namentlich im offic. Report der Muschel gegeben worden sind, nur als Synonym von hillanum anzusehen sind. Im üebrigen findet sich die Muschel gleich der vorangehenden Trigonia crenu- lata Lam. in sehr verschiedenen Horizonten. Das Vorkommen im Osten des todten Meeres und zu Nebi Müsa im Jordanthal, welches L artet erwähnt, und das ich durch Zusendungen des H. Kersten bestätigt finde, scheint übrigens dem gleichen Horizont wie zu Abeih anzugehören. Aus der weissen Kreide von Bethanien und dem Mons Scopus hat sie Herr Schick mehrfach gefunden. Cardium (Cardita) crehri-echinatum Conr. Es thut Noth den Conrad'schen Namen, unter welchem Steinkerne ganz ver- schiedener Art zusammengefasst sind, zu fixiren. Wir wählen hiefür die unter off. Rep. 41 — 43 aufgefasste Form, die, ob sie gleich eher eine Cardita zu sein scheint als ein Cardium, den Namen crehri-echinatum am ehesten verdient, denn die Schale ist gleich der eines Echinus mit zahlreichen Stachelwärzchen über- deckt, cf, I. A. d. Orient, pag. 91. Fundort Abeih. Von Bivalven erwähnen wir noch Pinna decussata Gf. 128, 1 und 2, gleichbedeutend mit P. compressa Fig. 4. Diese Art, die vom untern Quader bis in den Plänerkalk reicht, hat Geinitz pag. 212 so eingehend beschrieben, dass Nichts mehr beizu- fügen bleibt. Gervilia aviculoides Defr. d'Orb. pl. 397, mit 7 Schloss- rinnen von Abeih. Panopaea mandihula d'Orb. pl. 369,3. Abeih. Astraea corollaris Reuss IX, 1 und 2, ist sehr bezeichnend und erinnert auf den ersten Blick an die Gosau. Der Polypen- stock bildet eine unregelmässige Knolle von 20 mm Durchmesser. Die Sterne sind mit einem erhabenen runden Rand eingefasst, die Zwischenräume zwischen den ganz unregelmässig sitzenden Sternen gestreift. Fundort Abeih. Endlich theilte mir Rev. R. Lewis noch mit Cladocora Simonyi Reuss XII, 5 und Calamophyllia fenestrata Reuss V, 20, — 328 — letztere in dicht gedrängten Büscheln von 2 mm Durchmesser. Beides sind Gosau-Corallen. Fundort Abeih. 4. Die Cardiumbänke. Sobald wir über die Sande und Sandmergel hinangestiegen sind, stehen wir vor einer Bank, mit welcher deutlich eine neue Formation beginnt. Wir bezeichnen am entsprechendsten die nun folgende Gruppe als die braune Kreide des Libanon, denn unter dieser Farbe tritt sie im Norden wie im Süden auf. Die erste Bank, die in der Eegel den gewaltigen in die Augen springenden Gebirgsabsatz bildet, ist eine Bank voll Cardien, leider nur Steinkerne, aber diese in einer Menge und Grösse, dass man mit Fug und Recht von einer Cardiumbank redet, welche die neue Stufe der grossen Formation ankündigt. Man erkennt die Bank sogleich, mag sie in der normalen Aufeinanderlagerung des Gebirgs auftreten oder in dem ver- stürzten, oftmals auf dem Kopf stehenden Gebirge, wie es nament- lich gegen Westen abfällt. Im letztern Falle steht die Bank wie eine Cyclopenmauer vor uns und lässt in der That auf den ersten Anblick zweifelhaft, ob die Mauer, die vor uns steht, eine von Natur aufgerichtete Bank, oder von Menschenhand also ge- fügt sei. Die Schichtenflächen stehen in diesem Fall vertikal aufge- richtet , die Vertikalklüfte aber liegen in der Horizontale. • An den Eändern abgewittert sehen sie wie roh gefügte Mauerblöcke aus. Steigt man z. B. von Baabda an gegen Westen aufwärts, so gelangt man auf der ersten Höhe, die man erreicht, in der Nähe des Chans Schamür, vor die Cardienmauer. Sie steckt voll Steinkerne, unter welchen Cardnim vorherrscht. Seltener sind Steinkerne von Pholadomyen und Trigonien und die riesigen Kerne einer Natica und Pterocera, Dieselbe Beobachtung macht man bei Dakün und Bawirte, wenn man über 2 Terrassen von löcheriger, dolomitischer Kreide zur dritten Terrasse gelangt ist, auf welcher 528 m hoch zwischen Oelbäumen und Feigenbäumen das freundliche Dorf Bawirte liegt. Die Fläche der Terrasse — 329 — ist mit Getreide angebaut; deren Ende bildet wieder die Cyclopen- mauer mit Cardium , von wo ein Steilabfall von nahezu 400 m in eine Sandsteinschlucbt führt, gelb, roth und grau, reich an Wasserquellen, die Oberfläche mit Pinien bestockt. Rothe Schal- erze sind an der Grenze häufig, theilweise mit Hohlräumen von Protocardien und Trigonien. Am verbreitetsten ist der Cardium- horizont in der Provinz Djurd und Arkiib; als aufgerichtete Steilwand zieht die Bank durch das Schuf in das Djezzin, um schliesslich in der Gegend von Djebä zu verschwinden. Der nachstehende Holzschnitt ist ein typisches Bild der Schichtenverhältnisse zwischen der Saudformation und den Cardium- Bänken. Es stellt ein Stück Landschaft dar bei dem Dorf Ker- kaia im Bezirk Djezzin mit dem Berg Rümi im Hintergrund. Der Aneroid zeigte 994 m ü. d. M. Die Sandformation ist durch die Pinienbestände bezeichnet, die sich, ob auch mager genug, hier wie allenthalben nur auf dem Sand finden. Die Cardium-Bänke zeigen einen Aufriss und sind rechts und links von dem Aufriss dieselben. An Grotten und Höhlen fehlt es auch hier nicht Leider stellen sich der specifischen Bestimmung der Car- dien, die nur als Steinkerne vorkommen, unüberwindliche Hindernisse entgegen. Tausende solcher Kerne liegen am Weg — 330 - und auf den Feldern, dass sich Wagen belasten Hessen, aber vergeblich sieht man sich nach Stücken um, an denen noch ein Schalenstück oder Schlosszahn sichtbar wäre. Wir sind daher schliesslich vom Versuche, die Steinkerne zu nennen, ganz abge- standen. Protocardien setzen aus dem unteren Horizont (s. d. Holz- schnitt p. 326) durch; obgleich die Schaleneindrücke auf den Steinkernen verschwinden, sieht man doch noch an dem einen und andern Stück die radiale und concentrische Streifung, dess- gleichen die gestachelten Cardien {crehri-echinatum Conr.), obgleich die Stacheln fehlen. Eine grosse Anzahl Steinkerne gehört ferner zu Isocardia, die man an den Muskelansätzen und dem schma- len randlaufigen Muskel-Eindruck erkennt. Andere gehören zu Cardita, wieder andere zu Cyprina. Etwas besser ist man mit den Myen daran, deren Stein- kerne stets die ausnehmend zarte und dünne Schale wiedergeben. Fhöladomya EsmarMW\\&. hat Mösch (Monogr. d. Pholadomyn pag. 101) als einen Haupttypus für Pläner aufgestellt, der wohl allenthalben im entsprechenden Horizonte sich findet. Sie ist im Djurd der treue Begleiter der Cardien und charakteristisch für die braune Kreide von Bhamdün, Btetir, Kuweissät u. s. w. Man thut vielleicht wohl daran, Phol. Marrotiana d'Orb. pl. 365,1 und Fhol. eleganta d'Orb. pl. 362 mit der genannten Art zu vereinigen. Auch Phol, pedernalis Rom., zuerst in Texas von Römer gefunden, erkennt man wieder. Andere Steinkerne mögen einer Gresslya angehören. Man fasst diese und eine Reihe ähnlicher Myenformen am einfachsten zusammen als Myacites syriacus. Trigonia sind gleichfalls zahlreich im Horizont der Cardien, aber die Art wechselt. Jetzt ist es Trigonia inornata d'Orb., pl. 297, Fig. 6 — 8 mit sehr schmaler Area und einfachen con- centrischen Falten statt der Rippen. Zugleich treten hier zahlreicher die Rudisten auf und zwar zunächst Hippurites Lewisii Fraas Taf. VII, Fig. 5 a und b. Wohl hat d'Orbigny eine sehr ähnliche Form üadiolites angu- losa pl. 562,5 genannt, doch ist das Gefüge der Schale und deren — 331 — Struktur ein wesentlich verschiedenes, das für ächten Hippuriten- charakter spricht. Man erkennt die Muschel alsbald an dem glatten Aeusseren im Gegensatz zu den späteren ßudisten mit krauser Schale. Die Unterschale ist länger als breit, 2 grosse ovale Schloss-Eindrücke fallen sogleich in die Augen. Exemplare mit aufsitzender Oberschale sind mir leider nicht bei der Hand, 2 tiefe Falteneinschläge, die der ganzen Unterschale entlang gehen, falten sich einem scharfen Winkel (5, b). Fundort: Aiu Anüb. Heteraster d'Orbigny (Toxaster) oblongus Ag. Desor. Sgn. XL, Fig. 8 und 9 hat in dieser Region sein Hauptlager. Milde gelbe Thone liegen im Wädi Andara (östliches Quellthal des Damür) über den linsenförmigen Eisenerzen, aus denen tausende dieser zierlichen Seeigel ausgewittert auf dem Felde um- herliegen. Palaeontologisch ist hier nichts beizufügen. Quenstedt hat (Taf. 87, Fig. 22 — 24 und pag. 640) bereits Alles erschöpft, was an den ungleichen Porenreihen der Fühler- gänge und an den Poren um den Mund beobachtet werden kann. Grösser als das von Desor abgebildete Exemplar finden sich die Stücke nicht, wohl aber bis zur Hälfte kleiner mit prachtvoll erhaltener Schale. Der ausgezeichnetste Fuudplatz ist das Thal vor Azunige. In Europa ist der Seeigel am bekanntesten aus den Apt- mergeln von Perte du Rhone und aus den schwarzen Schratten- kalken des Sentis im Appenzell. Hier wird ihm seine geo- gnostische Stellung zwischem Neocom und Gault angewiesen. Im Libanon ist es eine höhere Etage. In diesen Horizont fällt beiläufig ein Gestein, das fast aus- schliesslich aus Trümmern von Rudisten und Foraminiferen zu- sammengesetzt ist. Gümbel hat darin, gelegentlich seiner Unter- suchung meines NummuUtes cretacea A. d. Orient Taf. 1,8, in den Dünnschliffen acht cretacische Formen erkannt, vorzüglich Globigerinen, Textilarien, Rotaliden und Cristellarideen, welche durch ihre Häufigkeit auffallen. Ausserdem finden sich kleine Formen von Nummulinen und trägt das Ganze den Typus der dalmatinischen Alveolinenkalke, mit denen es wohl zu einem ge- meinsamen Verbreitungsgebiet zusammengehört. — 332 — 5. Zone des Ammonites syriaeus. Bei der erstmaligen Erforschung Palästinas durch Robinson hatte der amerikanische protest. Missionar Smith eine Reihe Ammoniten gesammelt, die 1845 in die Hände des Bonner Mineralienhändlers Cranz kamen und von da in verschiedene Museen Europas übergingen. L. v. Buch glaubte zwar in An- betracht der einfachen Lobengänge Ceratiten vor sich zu haben, gab ihnen aber nichts desto weniger ihre richtige Stellung in der Kreide und nannte sie Ammonites syriaeus (v. Buch über Ceratiten, Berlin 1849). Sie stammten sammt und sonders von Bhamdün im Djurd, sind aber nichts weniger als an diese Stelle gebunden, sondern finden sich in einem bestimmten Horizont über den ganzen Libanon ver- breitet. Die Buch 'sehe Ab- bildung (VI, Fig. 2,) ist das Beste, was man sehen kann, ebenso wahr als schön aus- geführt. Unser Holzschnitt von Am- monites syriaeus repräsen- tirt die gewöhnliche Grösse der Stücke, das grösste Stück, misst 15 cm. Mit der Grösse verlieren aber die Stücke an Zierlichkeit und spielen vielfach zu den d'Orbigny 'sehen Arten CatiUus und Vibrayeanus hin- über. Dem letzteren hatte auch L. v. Buch p. 27 seine be- sondere Aufmerksamkeit geschenkt. Mit diesem Ammonitenhorizont beginnt eine neue Ordnung der Dinge: Die braune Kreide verschwindet für immer, die graue Kreide beginnt mit derselben eine Felsbank, die weit hin den reizenden Felsenkranz in die Berge legt, welcher den Libanon- landschaften ihre eigenthümliche Schönheit verleiht. Die Ammoniten stecken, genau betrachtet, unter dem eigent- das ich im Süden fand (Toula), — 333 — liehen Felsenkranz in einem Austernmergel; über der Ammoniten- bank folgt dann eine Meter mächtige Orbitulitenbank, über welcher die Pterocerasbank als Liegendes der Felsen sich auf- baut. Auch die Bryozoe, die so massenhaft vertreten ist, er- innert wieder an Perte du Ehöne, es sind die gleichen linsen- förmigen Scheiben, die auf den ersten Blick mit Nummuliten verwechselt werden könnten, bis man die Anordnung der Zellen und Poren entdeckt. Gegen 200 m mächtig erheben sich über dem Ammoniten- lager die Felsbänke in grosser Einförmigkeit. Hinter der Awali- quelle bei Djezzin am Weg nach dem Niha beobachtet sich folgendes Profil von unten nach oben : 1,5 m graue Kalkbank mit riesigen Fteroceras, Unter dieser Bank bricht die Awaliquelle aus dem Berg. 3 m graue Mergel. 1,5 m harter, leerer Fels. 1,5 m derselbe Fels voll Hippuriten, dieselben sind aber so innig mit dem Gestein verwachsen, dass von einem Ablösen der Fossile keine Rede sein kann. 1 m Plattenkalk, lichtgelb, ähnlich dem Zeta unseres weissen Jura. 3 m Mergel. 10 m geschichtete milde Kalke mit Kalkspatdrusen. Der Fels wird allgemein als Baustein für Djezzin ausgebrochen, 20 m Massenkalk mit Feuersteinkuauern. 20 m lichtgelbe Plattenkalke mit durchlaufenden Schnüren von Feuerstein und eingesprengten Kieselknauern. 30 m Massenkalk. 30 ra Wechsel von zuckerkörnigen Kalken und Dolomiten. 30 m schieferige, lichte Bänke, zwischen ein wieder feste harte Felsbänke mit Hippuriten an den Aussenflächen. 1 m Austernbank mit Janira. 20 m Kreidemergel, in welchen die Nlhaquelle liegt, am Fuss der eigentlichen Erhebung des Gebirgs. Leider haben wir bei den Fossilen dieses Horizontes aber- mals nur mit Steinkernen zu thun, was die Bestimmung aus- — 334 — nehmend erschwert. Wir beschränken uns daher auf die häufigsten Vorkommnisse und deren Benennung: Ammonües syriacus v. Buch 1849, „über Ceratiten", p. 20, Taf. VI, 1 — 3. Die Abbildung ist so vortrefflich, dass nach dieser erstmaligen Abbildung Niemand mehr eine zweite ver- sucht hat. Fundort: Nebi Safe, Muchtära, Btetir, Bhamdün. Ammonües Yibrayeanus d'Orb. terr. cret. pl. 96. Eine Anzahl Stücke existirt, bei denen die Wahl schwer wird, ob man sie zu syriacus oder zu Yibrayeanus zählen soll. Ohnehin besteht zwischen beiden eine ausgesprochene Verwandtschaft. Die Originalstücke des letzteren stammen aus dem Canton von Vibraye im Depart. Sarthe, wo sie im oberen Grünsand liegen. Fterocera Beaumontiana d'Orb. pl. 213. Die französische Art, welche dem d'Orbigny'schen Namen zu Grunde liegt, stammt zwar aus dem Neocom der Mittelmeergegend mit Capro- tina ammonia^ theilt aber mit der libanesischen Art vollständig die Art der Streifung, dass ich kein Bedenken trage, beide zu vereinigen. Die Individuen dieser Art sind ausserordentlich gross, so dass man sich ungerne mit ihnen beschleppt. An der Awaliquelle hinter Djezzin Hess ich ein Stück liegen, das min- destens 30 cm Länge hatte. Fterocera incerta d'Orb. pl. 215, wird als eine Species der chloritischen Kreide geschildert, speciell stammt das Original aus der unteren chloritischen Kreide von le Mans Die Steinkerne, welche in Form und Grösse dem Original von d'Orbigny gleichen, stammen vom Fuss des Nebi Safe. Finden sich übrigens sehr häufig auch sonst. Pterocera supracretacea d'Orb. 216,3. Auch diese Art wird von d'Orbigny als der chloritischen Kreide von Eoyan (Charente inferieure) angehörig betrachtet. Sie stammt, wie die vor- angehende vom Fuss des Nebi Safe und findet sich sehr häufig. Pterodonfa ovata d'Orb. pl. 218,3, aus der chloritischen Kreide von Marseille, stimmt mit der libanesischen Art, die häufig genug am Nebi Safe und vielen andern Orten sich findet. Natica huUmoides d'Orb. pl. 172, 2 — 3, gehört zwar nach — 335 — d'Orbigny in das Neocom des Pariser Beckens (Aube, Tonne Haute Marne). Die Aehnliclikeit mit unseren Steinkernen ist aber überraschend, die am Nebi Safe und bei Djezzin sieb finden. Natica lyrata Sow. d'Orb. pl. 172, Fig. 5. Sowerby's Original stammt aus der Gosau, die d'Orbigny 'sehen aus Ushaux in der Vaucluse, wo sie der mittleren chloritischen Kreide angehören. Unsere Stücke enstammen der Bachschlucht von Bhamdün und dem Dämürthale. Bostellaria inornata d'Orb., Steinkern auf den Feldern von Ruweisät. Bostellaria simplex d'Orb. pl. 208,6, kann allenfalls von der vorigen Art noch getrennt werden. Fundort: Ruweisät. Phasianella supracretacea d'Orb. pl. 187, Fig. 4. Diese Art findet sich zwar schon in den Gasteropodenschichten von Abeih, aber auch höher beim Chan Schamür in der Cardiumbank und am Nebi Safe mit den Ammoniten. Das französische Ori- ginal stammt von Royan aus der obersten chloritischen Kreide. Nerinea gigantea d'Orb. pl. 158, 1—2 sieht allerdings der jurassischen Art grandis Voltz viel ähnlich, wird aber doch mit Recht von d'Orbigny wegen der tiefen Ausbuchtung auf der Mitte des Umgangs unterschieden. Allerdings stammt das fran- zösische Original aus dem Neocom von Gard, Var und Vaucluse, stimmt aber mit der libanesischen Art so überein, dass wir kaum andere Namen geben möchten. Ostrea flabellata d'Orb. pl. 475. Um von der Menge der Austern, die sich allenthalben in dem Horizont des Amm. syria- cus befinden, nicht erdrückt zu werden, halten wir uns nur an einige scharf markirte Formen, wie z. B. die auf pl. 475 gezeich- nete (im Text pag. 717 fälschlich fldbella genannt), bemerken aber zum Voraus, dass alle die tausend und aber tausend Austern zu nennen eine Sache der Unmöglichkeit ist. Wohl knüpfen die Autoren, wie d ' 0 r b i g n y und C o q u a n d mit „ rapports et diffe'- renees" stets an andere Formen an, wer aber ist im Stande die Aehnliehkeiten und Unterschiede gegen einander richtig abzuwägen und mit Bestimmtheit sich für einen Namen auszu- sprechen? So liegen vor uns 0. flabellata Gf. Tab. 87,6 und d'Orb. — B36 — 475 vom Nebi Safe, dessgleichen von Zerka Main am Todten Meer CO. K ersten 1875), sie stimmen mit den europäischen Originalen aus dem unteren Turon, wo sie zusammen mit Caprina tipartita im südlichen Frankreich, Spanien und Portugal sich findet. Das Gold fus s'sche Original stammt aus Westfalen. Zarte dichotomirende Rippen finden sich auf der Unterseite der Schale. Dieses Kennzeichen unterscheidet wohl allein die ge- nannte Art von 0. Matheroniana d'Orb. pl. 485, über welche I, Aus dem Orient pag. 86, verglichen werden mag. Conrad' s densata gehört hieher, während 0. Ovenvegi, damals von mir zu Matheroniana gestellt, indessen von L. L artet Geol. d. 1. Palestine pag. 59 mit 0. olisoponensis Sharpe vereinigt worden ist. Ostrea olisoponensis Sharpe stammt ursprünglich aus Lissa- bon (1849). Später erst hat v. Buch (1852) die Overweg'schen Austern aus Tunis nach dem Reisenden dieses Namens benannt, während Overweg'sche Originalstücke in Paris befindlich genau mit der portugiesischen Muschel von Sharpe übereinstimmen. Das von L artet Taf. XI, Pig. 1, abgebildete Exemplar entstammt dem Wädi Mödjib und soll mit dem Sharpe'schen Original voll- ständig übereinstimmen. Ich besitze die Muschel vom Nebi Safe, wo sie sehr häufig ist, von Schamür und Baabda u. a. 0. durch Herrn K e r s t e n vom Kerak und vom Todten Meer , durch Herrn Coquand aus Tenukla und Batna in Algerien. Die ge- wöhnlichste Auster ist die auf unserem Holzschnitt wiederge- gebene O. afrieana Lmk. (Lartet p. 65.) Die alte Lamark'sche Species bezeichnet eine kleine glatte Exogyre mit spiralförmig gedrehtem Wirbel. Lartet zieht 0. Overwegi und densata herbei, schreibt aber jeder der wechselnden Formen einen eigenen Ver- breitungsbezirk zu. Ostrea acutirostris Nils. Eine ganz flache, selten mehr als 5 cm lange, einfache Auster, deren kleiner zarter Wirbel kaum — 337 — gekrümmt ist, hält immer seinen bestimmten Horizont in der mittleren Rudistenzone ein und bildet am oberen Dämür in dem Bezirk Arküb am Fuss des Bärük ganze weite Felsenhorizonte. Am Nebi Säfi liegen die Austernbänke bei den Ammouiten, Conrad bat die Muschel theils nach Römer 0. scapha genannt, theils auch Unguloides , beide stammen ■ vom Fuss des Bärük aus dem Drusenbezirk von Muchtära. Wenn L artet 0. biauri- culata Lamk., welche ich I, A. d. Orient pag. 88 aus dem höheren Horizont von Mar Säba und dem Kidronthal anführe, mit den Austern von Muchtära zusammenwirft, so halte ich dies nicht für richtig. Die beiden Horizonte sind zu weit auseinandergelegen. Auffallend ist, dass 0. sijphax Coqu. eine so häufige Muschel in Algerien und demselben Horizont entstammend am Libanon noch nicht gefunden wurde. Ihr ausgesprochener Typus Hesse sie vor allen andern wieder erkennen. PUcatula Flauer sü Coqu. Lartet XII. 14, eine charakteri- stische Form, die von PI. aspera Lmk. etwas abweicht cf. I, A. d. Orient p. 88. Ich besitze sie vom Nebi Säfi und von Zerka Main am todten Meer (K ersten). Janira tricostata d'Orb. vom Nebi Säfi und von Muchtära, während Janira quinqueccstata d'Orb. von Euweisät Naaman stammt. Lucina syriaca Conr. Off. rep. 9. 54 ein häufiger Steinkern bei Bhamdün. Isocardia carantonensis d'Orb. 252,3 freilich nur Steinkern. Fundort: Nebi Säfi. Nucula ovafa Math. d'Orb. 302,1. Fundort: Nebi Säfi. Venus Boyana d'Orb 386,4. Steinkern von Bhamdün. Opis Querangeri d'Orb. pl. 249, Fig. 3 u. 4. Stein- kerne vor Nebi Säfi. Pholadomya carantoniana d'Orb. pl. 365,1 vom Nebi Säfi. Gyroporella vesicuUfera Gümbel über Nulliporen II, 50. und E. W. Benecke, ümgeb. v. Esino und der Lombardei. Stellen- weise wie im Dämürthale bei Abeih steht ein förmlicher Fels von Gyroporellen an, Röhren von 20 mm Länge und 5 mm Breite an der Basis. In die Röhre münden ringförmig um die Württemb. n.aturw. Jahreshefte. 1878. 22 — 338 — Röhre gestellten Cylinderchen, so gedrängt stehend, dass 5 Ringe Cylinderchen auf 1 mm zu stehen kommen, während an einem Ring 30—35 Cylinderchen gezählt werden. In Folge ihrer gedrängten Stellung werden sie wie Gwandige Zellen, jede Zelle zeigt auf ihrer Aussenfläche eine Vertiefung. Ueber diesem Röhrencylinder liegt noch eine Epidermis, welche von noch mehr Poren durchbrochen ist, in dem nämlich auf 3 Röhrencylinder 4 Porenreihen sich legen. Hienach berechnen sich bei einer Länge der Röhre von 20 mm circa 3000 Röhrencylinder, die sie umgebende Kalkschale aber ist von circa 4000 Poren durch- brochen. Die Cylinderchen sowohl als die Hauptröhre sind mit krystallinischem Quarz erfüllt, die Röhren und Schalen sämmtlich in Silex übergeführt. Es kann angesichts der genauen Zeichnungen Gümbels und Ben eck es über die Idendität der alpinen Foraminifere mit unseren libanesischen kein Zweifel sein. Um so verwunderlicher ist, dass die alpinen Gyroporellen in triasischen Formationen sich finden, während sie in Syrien in die Zeit des Cenoman's fallen. Oder sollte vielleicht das syrische, sicher zur Kreide gehörige Fossil dem doch immer noch etwas zweifelhaften geologischen Charakter gewisser alpinen Schichten eine andere Direktive geben? Noch verbreiteter ist im südlichen Libanon ein anderer Bryozoe zu treffen, der auch in Europa vielfach in unserem Horizont sich findet: OrhitoUtes Lam. Es ist nicht etwa das Fossil von Mastricht {macropora Lmk.), sondern eoncava Lmk., denn es sind flach concave Scheiben mit zarten concentrisch gelagerten Zellen. Am Nebi Säfi bildet eine Orbitolitenbank von reichlich 1 m Stärke eine über mehrere Kilometer sich hin- ziehende Grenzbank zwischen dem Horizont der Ammoniten und dem Komplex der Radiolitenschichten. 6. Die Badiolitenzone« Im südlichen Libanon fallen die höchsten Erhebungen des Gebirgs gerne mit dieser Zone zusammen, doch lassen sich, wie bereits bemerkt, keinerlei Gesetze nachweisen, wornach die Bil- — 339 — düng bestimmter Höhen und Gebirgsgestaltungen an bestimmte Glieder der Kreide gebunden wären. So sind die Kadioliteufelsen ebenso am Ufer des Awali in der Nähe von Saida, als auf den Höhen des Niha und bei Djezzin. Hier bilden sie in der That ein System von Bänken und Zwischenmergeln das über der Awali- quelle 200 m mächtig ansteht. Das Profil ist hier von oben nach unten 30 m kreidige, graue Mergel, die am Fuss des Niha an- stehen. Ein wohl gefasster Schöpfbrunnen steht am Wege. 1 m Austernbank besteht fast ausschliesslich aus einer glatten Auster und Janira fissicosta. 50 m Wechsel von krystallinischen Kalken und Dolomiten mit schieferigen Bänken und Plattenkalken, Die festen Bänke sind sämmtlich von Hippuriten durchzogen. Das ganze Gehänge ist Rebgelände: in den Mergeln stehen die Stöcke, aus den Hippuritenfelsen sind die Terrassen und Weinbergmauern ^^ auf- geführt. 30 m Massenkalke mit Feuersteinkugelu, wie sie sonst gern in der weissen Kreide getroffen werden. 30 m Plattenkalk mit Schnüren und Knauern von Feuerstein. 20 m Massenkalk mit Feuersteinkugeln. 10 m milde, geschichtete Kalke mit Drusen von Kalkspat. 3 m graue Mergel. 3,5 m harter, plattiger Fels voll Hippuriten. 3 m graue Mergel. 1,5 m Pterocerasbank, die Schichte mit den grossen, fetten Gasteropoden bilden die Hängebank über der Awaliquelle , die in hora 12 aus dem Berg bricht, um dem fleissigen Industrie- städtchen Djezzin allerlei Wasserkraft an die Hand zu geben. *' Bei der jammerwürdigen Holzarmuth der Gegend ist von Holz- pfählen und Holzstützen für die Weinrehen keine Rede. Die Stelle der Pfähle vertreten die Mauern, die gerade so hoch aufgeführt werden als die Riithe der Rebe lang ist. Die Ruthe wird auf die Mauer gelegt, dass das Tragholz darauf aufliegt. Das Tragholz der Rebe selbst wird sorgfältig auf 3 — 4 Augen zurückgeschnitten und die Schnitt- wunde sogleich mit Petrol aus dem nahen Hasbeya beschmiert. 22* — 340 — Der grösste Eeichthuin von Rudisten aber findet sich wohl auf den Höhen um das Kloster Meifük. Die herrliche Quelle des Klosters entspringt aus den Kalkmergeln mit Holectypus am Anfang eines fruchtbaren von einem Felsenkranz umsäumten Thaies. Hoch oben, kaum zugänglich, liegt in schwindelnder Höhe Sar Meifük, ein in den Felsen eingetriebenes Nest mit einem Zugang und Schiessscharten , wohin sich die Conven- tualen in Kriegszeiten flüchteten. Sar Meifük ist eher einem Adlerhorst zu vergleichen, als dem ob auch nur vorübergehenden Aufenthalt von Mönchen, die freilich m der harmlosesten Igno- ranz ^^ zu 30 — 40 im Kloster zusammenwohnen und deren ein- ziges Geschäft der Ackerbau und Weinbau ist. Auf der Höhe nun wittern aus den Kreidekalken Radioliten in erstaunlicher Menge und Pracht aus, was namentlich oben am Wege nach Hakel der Fall ist. Die Muscheln sind verkieselt, der Kalk löst sich' genau wie der Korallenkalk des weissen Jura auf der schwäbischen Alb in einen röthlichen Lehm auf, der mit dem Pflug bebaut wird und in welchem die Fossile aufgelesen wer- den. Am häufigsten findet sich BadioUtes acuta d'Orb. Pal. Univ. Terr. cre'tac. pl. 571, Fig. 4 — 8. Die Figuren 4 und 5 stimmen genau mit dem libanesischen Vorkommen. Ich bilde auf Taf. VII, Fig. 1, die Muschel ab, von welcher d'Orbigny nur den Steinkern kennt, den er wegen seiner abgerundeten Kreiselgestillt von andern Arten abtrennt. Am Libanon findet sich die Schale noch erhalten, von welcher der Zeichner auf Fig. 1 ein Bild zu geben versuchte. Sie besteht aus einer Anzahl über einander gelegter Lamellen, welche in der Längsachse gestreift das Weichthier wie mit einer Hals- krause umgeben. Auf der Schloss-Seite sind 2 tiefe Längseindrücke am Steinkern zu beobachten. Das Unterende des Steinkerns ist ab- gestumpft, nicht spitz zulaufend wie bei der nächstfolgenden Art. 2^ Zu schreiben oder zu lesen versteht keiner dieser Glücklichen. Die Tinte, die mir auf der Reise ausgegangen war, von den Mönchen zu bekommen, war nicht möglich. Von Büchern und Manuscripten ist selbstverständlich keine Rede, dagegen erhielt ich einen ganz vor- treffliche Raki, auf dessen Bereitung das Kloster stolz sein darf. — 341 — RadioUtes polt/conilites d'Orb 1. c. pl. 547, Taf. YII, Fig. 4. Die Unterschale besteht gleichfalls aus einer Keihe krauser Falten, die nach aussen schuppenförmig abstehen, nach innen einen glatten Trichter zur Aufnahme des Thiers bilden. An der Oberschale sitzen bis zu 6 und mehr lang gezogener Zähne auf der Schloss-Seite, in den Trichter hinab eigentliche Septa bildend, deren Zwischenräume sich im Steinkern mit Gebirgsmasse füllen. Auf der Oberschale drückt sich eine von vorn nach hinten ge- zogene hufeisenförmige Falte ab, vorne öffnete sich dieselbe wie es scheint durch zwei Spalten, welche das grosse Septum um- spannten. RadioUtes Mortoni nannte ich im I. Theil A. d. Orient, pag. 86, den Eudisten, aus dessen zertrümmerten Schalen ganze Felsen des Missi in der Nähe von Jerusalem bestehen, das gleiche Schalengefüge, wie es auf Taf. 1,15 dort abgebildet ist, findet sich bei den nächsten 3 Arten, die d'Orbigny längst als verschiedene Arten abgebildet hat, die aber nach den Funden auf den Höhen von Meifük nur durch das Verhältniss der Höhe und Breite sich unterscheiden und einerlei Art anzugehören scheinen. d'Orbigny 's Arten sind RadioUtes Sauvagesii 1. c. pl. 553. „ radiosus pl. 554. „ lumbricaUs pl. 555. Wem es um Namen zu thun ist, der kann die langgestreckte, vielfach etwas breitgedrückte Form mit Sauvagesii bezeichnen, die kurze, konische mit radiosus^ die schmale, kleine, die, wie ich glaube, jungen Exemplaren angehört, lumbricaUs nennen. RadioUtes radiosus kehrt auch in Algerien (Batna) wieder, woher ich das Fossil mit gleichaltrigen Echinodermen durch Herrn Coquand erhalten habe. Die Sammlung des protestan- tischen Collegs in Beirut birgt ausserdem eine Eeihe der ausge- zeichnetsten ßudisten, die vielfach in Kolonien beieinander sitzen und für eine Monographie der Kudisten das werthvollste Mate- rial enthalten. In der Nähe der Rudisten finden sich noch Austern, die nicht übersehen werden sollten. Sie gehören zur Gruppe der — 342 — Ostrea vesicularis Lam., sie sind glatt und starkschalig , gerne von Schmarotzern zerwühlt und durchfressen. Eine kurze ge- drungene Gestalt hat L artet (Taf. XI, 10) judaica genannt, von ihm im Wadi Mojib in Schichten unter Ostrea ölisoponensis gefunden. Kerstan hat eine ganze Reihe derselben in Zerka Main gesammelt. Neben dieser glatten, bombirten Gestalt lauft eine gefurchte Form, die wie ein Ei dem andern Gryphaea Fit- cheri gleicht. Unter diesem Namen, den Morton aufgestellt hat, erhielt ich von Jules Marcou das Fossil, das er am Eed river in Texas gefunden. Ganz ähnliche sah ich auch bei Zittel aus der libyschen Wüste. Ghryphaea capuloides Conrad gehört gleichfalls in die Nähe. Ich würde sie nicht besonders auszeichnen, wenn sie nicht einen bestimmten Horizont in einzelnen Gegenden einhielte. In dem Thale von Hakel unterteuft sie in mächtigen Bänken die Fisch- lager. Die Bänke bestehen eigentlich nur aus dieser kleinen Auster, die in der Grösse von Mandeln das Gestein zusammen- setzt. Ich sehe keinen Unterschied von Ostrea arietina Rom. vom Red river in Texas und nenne sie um so lieber mit einem eigenen Namen, als die Grösse der Muschel sich merkwürdig gleich bleibt. Sonst würde ich keinen Anstand nehmen, mit E. L artet die Muschel mit 0. judaica zusammenzufassen. 7. Die Schiefer von Hakel. Uralt ^^ ist die Bekanntschaft Europas mit den Fischbänken von Hakel und Sähil Alma, aber trotzdem bleibt es erst der ^^ On lit dans l'histoire de Saint Louis du sir de Joinville en 1248 a cause de son sejour ä Sayette: on apporta au roi une pierre qui se levait par ecailles la pkis merveilleuse du monde, car quand on levait une ecaille, on trouvait entre les deux pierres la forme d'un poisson de mer. Le poisson etait en pierre, mais il ne manquait rien ä sa forme : ni yeux ni aretes ni couleur ni autre chose, qui empecha qu'il ne füt tel que s'il füt vivant. Le roi demanda une pierre et trouva une tauche (Schleie) dedans de couleur brune et de teile fagon qu'une tanche doit etre. Hist. d. St. Louis publ. par Natalis de Wailly chez Hachette I, 18. — 343 — jüngsten Wissenschaft vorbehalten, den erstaunlichen Eeichthum dieser Schichten an Fossilen aller Art zu sichten und in das System einzureihen. Wohl haben schon die Monographien von Pictet^^ und Pictet und Humbert ^^ schöne Anfänge ge- macht, aber wie vieles Neue und Unbekannte hier noch zu Tage tritt, zeigt ein Blick auf die reichen Sammlungen der Amerikaner in Beirut, welche ein Material in Händen haben, wie kein zweites im Westen existirt. Mir lag vor Allem an der geologischen Feststellung des Horizontes der beiden Fundorte, die ich anfänglich als gleich- altrig aufzufassen und nur als verschiedene Facies desselben Horizontes betrachten wollte. Angesichts der Thatsache aber, dass auch nicht eine Art an beiden Orten gemeinsam sich findet, dass der Horizont von Hakel geognostisch scharf bestimmt werden kann, während der von Sähil Alma genauerer Erforschung sich entzieht und nur beiläufig als ein jüngerer und obgleich niederer gelegen höherer Horizont zu betrachten ist, sehe ich in Hakel einen älteren an die Eudistenzone der Radioliten sich anschliessen- den Horizont und weise Sähil Alma näher an das Senongebirge, wohl an die Grenze der oberen chloritischen Kreide, über welcher das Senon seinen Anfang nähme. Dass die Schiefer von Hakel von einer leicht erkennbaren Austernbank unterteuft sind, habe ich bereits angeführt. Der Fels gleicht einem wahren Mandelberg, denn er ist nur aus den Schalen der Gryphaea capuloides nahezu von der Gestalt und Grösse einer Mandel zusammengesetzt. Das Dorf Hakel zieht sich malerisch in einer engen Felsschlucht hin, das Zelt war in der Mitte des Dorfs unter der mehrhundertjährigen Eiche auf- geschlagen, wo das Aneroid 598 m ablesen Hess. Die Quelle von Hakel entspringt 7 Kilometer von den letzten Häusern des ^^^ F. J. Pictet description de quelques poissons fossiles de Liban, Geneve 1850. ^^ Nouvelles recherches sus les poissons fossiles de Liban par F. J. Pictet et Alois Humbert. Geneve 1866. In diesem Werk findet sich auch die vollständige nicht unbeträchthche Literatur über die libanesischen Fischfossile. — 344 — Dorfs im Hintergrund der engen Schlucht 33 m über dem Zelt- platz. Das Wasser entspringt an 2 Punkten der feuerstein- reichen Kreidebänke über einer Schatten spendenden Felsgrotte. Diese Schicliten liegen vollständig normal in regelrechter üeber- lagerung hör. 6 gegen N. einfallend und sind ebenso regelrecht abgeschlossen durch die schon erwähnte kieselreiche Gryphaen- bank von der Stärke eines Meters, üeber dieser Bank liegen unter einem Winkel von 40 ^ einschiessend die klingend harten Schieferplatten mit den alt bekannten Fischen, Krebsen, Sepien und Echinodermen. Die Schiefer schiessen sowohl auf der linken als auf der rechten Seite der Thalschlucht gegen die Mitte der- selben ein. Die Schichten, vor alten Zeiten in höherem Niveau, sind augenscheinlich durch Unterwaschuug des Baches einge- sunken. Auf der rechten Thalseite liegen die Schiefer höher als auf der linken. Bis zur Höhe des Bergs geht es noch 90 m hinan, womit wir bereits über den Horizont der Eadioliten hinaus- gerathen. Die Schiefer von Hakel gehören also ganz sicher dem Eadioliten - Horizont an, wie die Solnhofer Schiefer dem des obersten weissen Jura. Und wahrlich man glaubt auch auf den ersten Blick sich an die Ufer der Altmühl versetzt, wo an den Halden der Schieferbrüche die Platten unter dem Schlag des Hammers klingelnd in metergrossen Platten ausbrechen mit einer Fülle von Fossilen, die auch einen bewanderten Geognosten in Staunen versetzt. Zähle ich doch auf einem Plättchen von 40 Quadrat- Centimeter nicht weniger als 85 Stücke Leptosomus macrurus, das Plättchen aber schlug ich von einer mehr als metergrossen Platte ab, auf welcher, da sie gleichmässig mit den Fischchen besetzt war, zum mindesten 2500 Stücke lagen. Dieses ist auf der abgesprungenen Fläche zu sehen, nun sind aber im Querbruch des Schiefers überall die papierdünnen Quer- brüche der gepressten Fischleiber sichtbar, die in der That in fabelhafter Menge den Schiefer füllen. Man kann sich bei solcher Fülle organischen Lebens, das in dem Schlamm der nachmaligen Schiefer sein Grab fand, die Frage nach dem Ursprung der Menge des Bitumens in der — 345 -— Kreide sehr einfach beantworten. Ich verweise hiebei auf den I. Tbeil A. d. Oriejit pag. 192 und 193, wo die heute noch in den Tümpeln des rothen Meeres vor sich gehende Petrolbildung von Djebel Zeit geschildert ist. Die Hakelschiefer riechen auch vollkommen bituminös und haben die grauliche bis lichtbraune Farbe angenommen, wie wir sie im Tertiär z. B. vom Mte. Bolka kennen oder von den Oeninger Schiefern. Ophiura (Coynatula) libanotica Taf. IV, 1, von Quenstedt irrthümlich ins Tertiär versetzt, erinnert allerdings an die jura- sische Comatula carinata. Leider ist der libanesische Schiefer lange nicht so zart als der Solnhofer, um die haarfeinen Häkchen an den Armen wiederzugeben. Der Kalkspat als Versteinerungs- material lässt die feineren zoologischen Merkmale nicht mehr er- kennen. Zu vergleichen wären Dr. Hellers ^^ fossile Stelleriden. Geocoma (Pterocoma Agass. Comatula Qu.) pmnulata Taf. IV, 2. Es ist in der That merkwürdig, wie übereinstimmend das Vor- kommen der beiden räumlich und zeitlich so weit auseinander- liegenden Orte Solnhofen und Hakel bleibt, sicherlich ein Beweis für die Gleichartigkeit der physikalischen und climatischen Ver- hältnisse zur Jura- und zur Kreidezeit. Wie im weissen Jura neben der kleinen zarten Comatula carinata, die „millionenweise" im Schiefer von Eichstädt liegt, die grossblumige, langarmige C. pinnata sich findet, so liegt auch in Hakel die Fig. 2 ab- gebildete Art in zahllosen Exemplaren im Schiefer. Die Ten- takeln sind hier noch zarter als bei pinnata, daher ich sie pin- nulata nennen möchte. Das abgebildete Exemplar ist eines der Stücke, an welchem die Arme abgewickelt sind. Die meisten sind zusammengerollt, wie das an den übrigen Armen der Fall ist. Die haarfeinen, gegliederten Hilfsärmchen treten an den abgewickelten Armen sehr deutlich zum Vorschein. Geofheutis libanotica Taf. VI, Fig. 3. Der licht gefärbte körnige Schulp und die federartige Streifung der hornartigen, glänzenden Aussenkörpers lassen über die Stellung des Fossils keinen Zweifel. Andere grössere Stücke fanden sich in nicht ^2 Denkschrift der Wiener Akademie 1858. Band 28. — 346 — unbeträchtlicher Zahl, gingen aber beim Ausbrechen der Platten leicht in Trümmer. Ein ganz ausgezeichnetes Stück fand Eev. -Lewis, die in einem Büschel zusammenstehenden 8 Fangarme eines Sepialites, wie wir mit Quenstedt die mit besonderem Sepienschulp versehenen Loligoarten des Lias zu nennen pflegen. (Lewis, E. R. photographische Platte IX, Fig. 3). Früher schon hatte Sowerby von Herrn Newbold die Reste eines Octopus erhalten, dem er den Namen Calais Newholdi gegeben hat. Sicherlich bleibt es Herrn Lewis vorbehalten, auch sonst noch unter der Gruppe der Cephalopoden neue Funde der Wissen- schaft an die Hand zu geben. Humbert bereits erwähnt (I.e. Introduct. p. 12) einen Aptychus , der die Anwesenheit von Ammoniten voraussetzt, wenn sie auch noch nicht beachtet worden sein sollten. Geht es doch einem Sammler zu Hakel, wie es wohl auch an andern Plätzen ergeht, dass man seine Aufmerk- samkeit vorzugsweise auf die höheren Organismen wendet und neben denselben über die Fossile niederer Ordnung gar zu leicht wegsieht. Crustaceen sind nicht selten. Zwei der gewöhnlichsten habe ich abgebildet. Doch schreibt mir Revr. Lewis, dass er ausser diesen noch weitere Arten gesammelt habe. Fseudastacus hahelensis Taf. VI, Fig. 1 ist die eine grössere Art. Den Namen des Genus hat Oppel (Pal. Mittheilungen I, p. 43) für jurassische Krebse aus den Solnhofer Schiefern auf- gestellt, welche bis auf wenige Unterschiede dem lebenden Ästacus gleichen. Die Unterschiede bestehen in den schmalen Scheeren am ersten Fusspaar und die langen, dicken Stile der äusseren Antennen. Münster und PI et et hatten theilweise den Namen Bolina diesem Fossil gegeben. Die Scheeren unserer Art sind gleich dem Thorax mit einer körnigen Schale überdeckt. Doch fehlen die grösseren körnigen Punkte, die Oppel (Taf 10,5) auf den Scheeren der jurassischen Art Pseud, pustulosus Münst. zeichnet; auch ist bei hahelensis der innere Scheerenfinger kleiner als der äussere. Fseudastacus minor Taf. VI, Fig. 2 ist nicht etwa nur ein jüngeres Exemplar von haJcelensis, denn in dieser Grösse des — 347 — abgebildeten Stücks findet sich eine ganze Reihe, das diese Art zu einem der häufiger vorkommenden Fossile macht. Der innere Scheerenfinger ist verhältnissmässig noch kleiner als bei der vorangehenden Art. Von den Fischen hat Blainville im Jahr 1818 die ersten beschrieben und zwar gerade die schönsten und häufigsten Fische von Hakel, die Häringe. Clupea hrevissima. Clupea Beurardi. Agassi z fügte denselben zwei weitere Arten bei: Clupea lata. Clupea minima. Heckel machte gleichfalls zwei neue Arten: Clupea gigantea. Clupea macropJithalma. Pictet und Humbert endlich fünf weitere: Clupea Bottae. Clupea Sardinoides. Clupea Gaudryi. Clupea lata, Clupea laticauda, Wie weit ein zukünftiger Monograph der Hakelfische die Zahl der Arten noch erweitert, oder vielleicht einen Theil der anstehenden Arten streicht, lassen wir dahingestellt. Agassiz stellte ferner auf: Sphyraena Amici. Vomer parvulus. Pagellus leptosteus, doch ist Agassiz nicht sicher, ob die Stücke von Hakel stammen. Ich habe sie dort nicht gefunden. Dagegen fügte 1845 Eg ertön einen ebenso charakteristischen als ausgezeichneten Rochen zu der Zahl der Fische von Hakel. Cyclobatis oligodactylus Egerton, den neuerdings Herr Lewis in ganz ausgezeichneten Exemplaren gefunden hat (Phot. Taf. IX, 2). Pictet 1850 und Pictet und Humbert 1866 vervoll- ständigten die Sammlungen mit neuen Geschlechtern und Arten von Barschen: — 348 — Beryx vixillifer. Pseudoheryx syriacus. Fseudoheryx Bottae-, mit Squamipennen und Makrelen: Platax minor. Petalopteryx syriacus. Scomhroclupea macrophthälma. Cheirocentrites Ubanicus ; mit Stören und störartigen Fischen: Leptotrachelus haJcelensis. Eurypholis Boissieri, Äspidopleurus cataphractus ; endlich mit Hairochen: Bhinohatus maronita, von welchen Kev. Lewis eine Reihe ganz neuer, höchst interessanter Formen gefunden hat. Alle bis jetzt genannten Fische sind mit Ausnahme der Eochen und Haie ächte Knochenfische (Teleostei Müller). Von Gauoiden sind jedoch auch Spuren vorhanden. Abgesehen von Coccodus armatus Pict., einem jedenfalls sehr mangelhaften Exemplar, das Pict et zu den Siluroiden stellt, das aber viel eher zu der Gruppe der Pleurolepiden gehört und an der Grenze der Ganoiden zu suchen wäre, finden sich die Zähne und Kiefer von Gyrodus syriacus Taf. VI, Fig. 5 und 6. Fig. 5 stellt eine Gaumenplatte vor, die von dem jurassischen Gyrodus umbi- litus kaum zu unterscheiden ist. Der Unterkiefer (Fig. 6) wäre etwa der Grösse nach entsprechend. Ebenso habe ich die Gaumenplatte eines ächten Pyhnodus erhalten, wie wir sie sonst aus dem weissen Jura von Solothurn, Schnaitheim, Eichstädt u. a. Orten wohl kennen. Auch an BJiomhus erinnert man sich den man aus den Kreideschiefern von Torre d'Orlando bei Neapel kennt. Auch Gasteropoden füllen gerne einzelne Schiebten wie Neri- nea alhreviata Conr., die ich schon im I. Theil A. d. Orient pag. 97 erwähnt habe, als von Ain Anüb stammend. Von weitern Zweischalern nenne ich nur noch Cytherea syriaca Conr., die zu Tausenden auf den Feldern von Lahfed gesammelt werden könnte. — 349 — Echinodermen finden sich vereinzelt da und dort, in der- selben grossen Menge, wie in den Cardiumbänken von Azunije habe ich sie allerdings nicht wieder gefunden. Vor Allem mache ich aufmerksam auf Periaster Foumelü Desor. XLII, 5, sehr gut bei Q u e n s t. Echinod. Taf. 88, Fig. 36, er läuft auch als Micraster und Hemiaster. Mit Recht hat schon L. Lartet (1. c. pag. 75) besondern Werth auf diesen Seeigel gelegt, den er an den ver- schiedensten Orten Palästinas gesammelt hatte und den ich neuerdings in wahren Prachtstücken von Zerka Main am Nord- west-Ende des Todten Meers durch Herrn Kersten erhalten habe. Am Libanon fand ich ihn bei Baabda, am Chan Schamür in der Nähe der Hauptroute nach Damaskus, ebenso im Tannurin in den gleichaltrigen Horizonten, ob sie auch mehr als 1500 m auseinanderliegen. Sie unterscheiden sich in keiner Weise von dem Vorkommen in Tebessa in der Provinz Constantine, Batna in Algerien, Tenukla u. a. 0., wie sie Sämann vor Zeiten mitgetheilt erhielt. Eev. Lewis hat sehr schöne Charakter- Exemplare von Beinet im südlichen Libanon. Micraster pölygoniis Deluc Taf. IV, 5. Von der Unter- seite hat Quenstedt Tab. 88,16 abgebildet. Unser Stück stammt von Batrün und ist verkieselt. Durch die Verkieselung der Schale sind nicht nur höchst originelle Silifikationsringe und Streifen auf derselben entstanden , sondern ist die Schale am Eand geplatzt. Aber selbst das Platzen geschah mit einer Kegelmässigkeit nach den Fugen der Kalktafeln in der Schale, dass man glauben könnte, die Furchen und Falten gehören zur Ornamentik der Schale. Cyphosoma cenomanense Cotteau haben wir schon aus dem unteren Rudistenhorizont von der Salima kennen gelernt. Das Fossil wiederholt sich am Nebi Säfi, im Gebirge Tannurin und andern Orten. Toxaster pentagonalis Fr. Taf VII, 2 nach d'Orbigny wäre es Holaster (paleont. fran^. pl. 836 — 38) hat die grösste Verwandtschaft mit Toxaster complanatus Quenst. Tab. 87, Fig. 12 aus dem Neocom von Neufchatel. Das ganze Genus hat die — 350 — Anlage fünfeckig zu werden, aber so ausgesprochen wie diese Form bei unserem abgebildeten Stück der Fall ist, finden wir es noch bei keiner bekannten Art. Es mag dies den Namen pentagonalis rechtfertigen. Im alpinen Neocom der Provence findet sich eine, statt in die Breite, in die Höhe entwickelte Form, welche Quenstedt Toxaster altus i^d.h. 8 7, Fig. 14) genannt hat. Auch diese Form finden wir in Gesellschaft des T. pentagonalis in den Cenomanmergeln im Thale von Hakel. Beide aber auch schon in der älteren Glandarienzone von Ain Hamäde im Salimathal. Seltener ist Heterodiadema libycum Cotteau, dessen weite Verbreitung durch Syrien bis zum Sinai vonL. L artet (pag. 85) nachgewiesen ist, während es ebenso in Algerien (Batna) ver- breitet ist. Holectypus Larteüi Gott, wird fast noch einen höheren Horizont einnehmen. Herr Missionar Zeller hat mir das Stück von Nazareth, von Osha im alten Gilead und vom Hermon zuge- sandt. Auch der Beiruter Sammlung fehlt das Stück nicht, das ich eigenhändig zu sammeln das Glück nicht hatte. Dagegen habe ich Diplopodia Mälbosi Desor p. XII, Taf. 11 — 13 eigenhän- dig aus den oberen Rudistenschichten von Lahfit im hohen Tannurin und aus demselben Horizont bei Hakel gesammelt. Einer besonderen Merkwürdigkeit geschehe noch Erwähnung, einer Gypraea marficensis Math. (Matheron, catal. method. du Corps foss. du depart. des Bouches du Rhone Taf. 40, Fig. 21) Matherons Original stammt aus der chloritischen Kreide von Marbigues. Ausserdem kennt man nur noch fossile Cypraeen von Faxoe, von denen Schlot heim die Arten beschrieben hat. Die von Forbes beschriebenen Cypraeen von Pondicherry erklärt d'Orbigny für Ovula. Unser beim Graben des Wasserreser- voir für Beirut zugleich mit BadioUtes gefundene Exemplar ist zwar nur ein Steinkern, aber mit deutlichen Cypraeenzähnen, dass hier an der Identität des Genus nicht gezweifelt wer- den kann. Heber den Mergeln folgen graue Kreidekalke und bei — 351 — dem Kirchlein von Djäse (130 m über Lahfit) wieder Mergel, in welchen sich Fischreste bemerklich machen. Bei weiterem Aufstieg über glatte gegen das Meer einschiessende Schicliten, bei welchen mau nur über wenige Bänke des geognostischen Horizonts hinansteigt, ist bei 1230 m die waldige Höhe erreicht und stehen wir wieder vor einem gewaltigen Schichtenaufriss, auf dessen Grund abermals Sande, eisenrothe Mergel und basal- tische Tuffe anstehen, über welchen sich die bekannte Cyclopen- mauer der Cardiumbänke wieder kenntlich macht. 8. Die Mergel mit den Fischen von Sahil Alma. Die nächste normale Auflagerung auf den Höhen der Ru- distenfelsen sind graue Mergel, die nur flach ansteigende Höhen bilden. Man nennt diese Mergel wohl am richtigsten Phola- domyenmergel nach der gewöhnlichsten dort vorkommenden Muschel, Fliöladomya fdbrina. Das richtigste Bild von diesen Schichten erhielt ich auf dem Weg von Hakel ins hohe Tannürln über Lahfit. Bis zu diesem alten von einem stattlichen Kloster überragten Gebirgsdorf hin herrschen überall noch die Radioliten- felsen. Aus den splitterharten Marmoren ragen überall am Wege wie zur Orientirung des Geognosten die Kuhhörner der Hippu- riten und die Spitzen der Nerineen und Sternkorallen heraus. Sie bleiben hier wie zum ewigen Gedächtniss angesammelt an den Felsen stehen. Verkieselt im Marmor steckend trotzen sie den Jahrhunderten, ein Versuch sie loszuschlagen endet nur mit ihrer Zertrümmerung. Man darf sie daher beruhigt als Wegweiser für alle dereinst des Weges ziehende Geognosten in ihrem Lager lassen. Lahfit rechts lassend steigen wir über die h. 6 abfallende Schichten. Sie sind voll von PJioladomya und Cytherea. Im I. Theil von A. d, Orient pag. 94 habe ich schon der PJioladomya fahrina d'Orb. Erwähnung gethan. Die grosse Be- deutung dieser Muschel zeigt sich aber erst recht im Libanon. In hohen Tannurin bei Lahfit ist sie sehr häufig und geht in -^ 352 — rundliche aufgeblähte Formen über, wie sie C. Mö seh "^^ auf Taf. XXXII, Fig. 1 abgebildet hat. Herr Mösch ist nach pag. 95 über den Fundort seiner abgebildeten Muschel in Unkenntniss. Da sie Eigenthum des paläontol. Museums in München ist, welches die J. Eo th'schen Sammlungen aus Palästina übernom- men hat, so zweifle ich keinen Augenblick, dass das abgebildete Stück aus Syrien stammt. Stimmt es doch aufs Haar mit den von mir gesammelten überein. An den recht aufgeblähten For- men bilden sich selbst schon Knoten aus , wo die radiale und die concentrische Streifung sich kreuzt. Dies hat Zittel veran- lasst die sehr nahe stehende Muschel aus dem Wegscheidgraben Pholad. granulosa zu nennen. Sehr verwandt 'ist PJiöladomya Ugeriensis d'Orb. 363, doch hat sie bloss concentrische Streifen, keine Spur von radialen. Sie stammt von Ailatha. Nicht weniger begegnen wir Formen von ar chiacana d^Ovh. 364, 3 — 4. Mösch p. 101. Marrotiana d'Orb. 365, 3 — 4 Mösch, p. 109, caran- toniana d'Orb. 365,1. und decisa Conr. off. rep. 7,44. Die obersten Schichten der Turonmergel liegen consequenter Weise auch am tiefsten und so werden sie denn auch an der Küste des Meeres zu verschiedenen Malen getroffen. Dies fängt schon bei Saida an, dessen Schichten nach der normalen Eeihen- folge der Formation über die Schichten des Nebi Säfi hinauf- gehören. Bei Maallaka bildet der gleiche Horizont die erste Barre zwischen dem Meer und dem Aufstieg zum Gebirge. Der berühmteste Ort aber wegen seiner fossilen Fische ist Sähil Alma 187 m über der Bai von Djüni gelegen. Leider hat sich die Kultur gar zu sehr dieser Schichten bemächtigt, welche von Gärten und Aeckern bedeckt sind. Der Hauptfundort ist der Klostergarten ^"^ von Sähil Alma , wenn beim Koden oder Baum- ^* Dr. C. Mösch, Monographie der Pholadomyen in Abh. d. schweizerischen palaeoutologischen Gesellschaft. Vol. I, 1874. Basel und Genf, 3* Früher war es nicht recht geheuer im Klostergarten zu sam- meln. Im Jahr 1836 noch ward Russegger, obgleich unter dem Schutz des gewaltigen Ibrahim Pascha reisend, dort von Bewaff- neten angehalten und für jeden Fisch um 1 Piaster angegangen. Er - 353 — setzen oder bei der Anlage einer Steinterrasse der Untergrund ansgehoben wird. Die Nähe von Ghazir, das vielfach von Fremden besucht wird, namentlich aber die englische Schöpfung der Beiruter Wasserversorgung vom Nähr el Kelb aus, welche eine Anzahl Ingenieure in die Gegend brachte, hat im Laufe der letzten Jahre zu verschiedenen Nachgrabungen nach den Fischen von Sähil Alma Anlass gegeben. Ueber die unmittelbare Unter- und Ueberlagerung der Fischmergel zwar haben diese Nachgrabungen Nichts weiter erschlossen, aber eine Excursion nach dem Wädi Delibta, dem Kloster Antura und Ghazir lässt über die Eichtig- keit der Stellung der Mergel kaum einen Zweifel. Die Mergel von Sähil Alma enthalten Ammomtes cultratus d'Orb. pag. 46. Das Original d'Or- bignys stammt zwar aus tieferen Schichten der unteren Kreide, aber die Uebereinstimmung ist eine so vollständige, dass ich keinen Anstand nehme, den bekannten Namen auf das Fossil, ob es auch von jüngerem Datum ist, zu übertragen. Das Exem- plar, das ich aus den Schichten grübelte, hat in der Wohnkammer des Ammoniten einen Aptychus mit brauner welliger Oberfläche sitzen. Ammonites TrasUi Gabb. Palaeontography of California Taf. 19,7. Anfänglich wollte ich das Stück, dessen Kippen in der Weise der Heterophyllen über den Rücken des Ammoniten laufen zu Amm. PaiUetanus d'Orb. Fol. 102 stellen, fand aber später, dass der amerikanische Kreide-Ammonit von Cottonwood Creak, Shasta groupp vollständig stimmt, namentlich was die Stärke der Rippen betrifft, die am A. paületanus zu grob sind. Unter den Fischen herrschen in Sähil Alma Barsche und barschartige Geschlechter vor, die Häringe von Hakel fehlen. wird durch Flintenschüsse, die hinter seinem Rücken knallen, erschreckt, eine Menge Volks umringt ihn, und kommt schliesslich der Prior des Klosters mit hochgeschwungenem Stock auf ihn losgerannt und droht ihn zu schlagen, wenn er die bezahlten Fische nicht wieder abgebe. Erst als Rus segger seine Pistolen zieht, wird der Prior milder ge- stimmt und verkauft schliesslich eine Anzahl früher gesammelter Fische an ihn. Russ. Reisen, B. III. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1878. 03 — 354 — In den Monographien von Pictet und Humbert werden er- wäbnt : Beryx synacus Osmeroides megapterus Pycnosterinx discoides Mesogaster graciUs HecMii Bhinellus furcatus l dorsalis Spaniodon BlondeUi \ . Busseggeri v elongatus elongatus « ^»"ö^^s ^Igßr Bercetis Unguifer FageUus lihanicus Leptotrachelus triqueter Gheirotrix lihanicus v ^^^^^^ Solenognathus Uneolatus EurypJioUs longidens Leptosomus macrurus ScylUum SäJiü Almae crassicostatus Spinax primaevus Im Jahr 1855 hatte dazu Costa ^^ noch 2 weitere Arten beigefügt Imogaster auratus Omosoma SaM Almae. Weitaus das vollständigste Material von Sähil Alma liegt im College von Beirut, von dem ich nur wenige, theils ganz ausgezeichnete, theils ganz neue Stücke erwähne, die mir Herr Lewis auf photographischen Platten mitgetheilt hat. Ich er- wähne Hoplopteryx antiquus Ag., ein barschähnlicher Fisch aus den Kreidemergeln von Westfalen, ganz vortrefflich erhaltener Cheirotrix und Leptotrachelus. Ganz neu scheinen aalartige Thiere (PI X, 1.) und Siluroiden (PI. Yin, 1) und eine Anzahl von Kochen. Herr Lewis hatte noch weiter die Freundlichkeit, mir eine Kiste mit Sähil Alma Fossilen für unsere hiesige Samm- lung zu übersenden, von denen ich hier nur Otodus lanceolatus Agass. 37,5 erwähne. Bisher kannte man von dieser Art nur die Zähne. Um so grösser war meine Freude, unter der Sendung eine Fischplatte mit einem wohl erhaltenen 0,38 m langen Hai- fisch zu finden, dessen Maul mit einer Doppelreihe der schönsten Otoduszähne besetzt ist, genau von der schlanken, schmalen Ge- stalt, wie sie auf Taf. 37,5 von Agassiz abgebildet ist. Die 35 Costa, 0. G. 1855 descrizione di alcuni pesci fossili delLibana — 355 — Schnauze des Fisches ragt noch 1 cm. über die Zahnreihe des Maules hinaus. Hinter dem Maul sitzen 6 — 8 Kiemenstrahlen, an dieselben reihen sich die Brustflossen, die aber nur klein und spitz sind und 0,032 lang, um so breiter wird die Schwanzflosse, welche als breiter Hautlappen die Wirbelsäule umgibt. Am Bauche hängen zwei schmale 20 mm lange Genitalquasten. — Ausserdem wurde ich auf ovale Samenkapseln ästliche Gebilde aufmerksam, welche nur als die Häute von Haifischeiern an- gesehen werden können. 9. Die Senonmergel oder die weisse Kreide. An der oberen Grenze der Touraine-Mergel angelangt, kann jezt nur noch die Frage entstehen, ob und wie weit das nächst- folgende Glied im Alter des Kreidegebirgs, das Sennonien Frank- reichs, der Upper chalk Englands oder Deutschlands Pläner in Syrien vertreten ist. Wohl habe ich im I. Theil A. d. Orient pag. 82 die Kreidemergel von Latrün oder die weisse Fischzahn- Kreide von Abu Tor in diesen Horizont versetzt, aber sicher war ich meiner Sache doch nie. Ich werde es erst dann sein, wenn die ächten Leitmuscheln der weissen Kreide gefunden sein werden, so wie sie Freund Zittel z. B. aus der libyschen Wüste mitgebracht hat, wo über den Horizont von Mastricht kein Zweifel mehr existiren kann. Wohl habe ich im amerikanischen College von Beirut den ächten und gerechten Galerites vulgaris getroffen, ober ohne Fundort. Die Etikette zeigte den Namen „Syria", bis solche Fundorte genauer untersucht sind, möchte ich mein XJrtheil mir vorbehalten. Höchst merkwürdig bleibt bis jetzt das absolute Fehlen von Belemn. mucronatus und die unverhoffte Einmischung von Nummuliten in die nächste Nähe der Rudistenzone. Was diese letzere Thatsache betrifft, so verweise ich auf die eingehende Untersuchung ^^ des Herrn Oberbergrath G um bei, der zwar den von mir im Wädi eldjöz zugleich mit Kudisten und ^® Neues Jahrbuch für Mineralogie u. s. w. Jahrgang 1872 Seite 241. 23* — 356 — Ammoniten gefundenen Nummuliten (A. d. Orient I. Th. pag. 83) zu dem Geschlecht der ÄlveoUna stellt, in Betreff der übrigen Nummuliten vom Berge Garizim und einigen Höhen im Lande Juda aber als feststehende Ansicht ausspricht, dass es an form- ähnlichen Vorläufern des eocänen Nummulitengeschlechts nicht fehle. G ü m b e 1 neigt sich zu der von mir ausgesprochenen Ansicht, dass in den Mittelmeergegenden der Nummulitenkalk sozusagen fest verwachsen , dicht und unmittelbar dem Rudisten- kalk aufliege. Denn die betreffenden Nummuliten dieser Zone, die ich nach Conrad NummuUtes arhiensis genannt habe, lassen sich nach Gümbel von variolaria und biaritzensis nicht trennen. Ebenso getraue ich mir kein Urtheil über den geognostischen Horizont der Fischzahnmergel des Abu Tor (A. d. Orient I. pag. 109). Von diesen ist mir seither durch die freundliche Vermittlung des Herrn Baurath Schick von Jerusalem noch eine Anzahl weiterer Arten übermittelt worden, welche hiemit nachgetragen werden. Otodus lancedlatus Ag. Eech. 3. 37, 20, sonst eine eocäne Art, die in Europa am Kressenberg gefunden wird. Fundort: Abu Tor am Weg nach Bethlehem. Das Vorkommen gerade dieses Haifisches auch zu Sähil Alma könnte wohl für die Verei- nigung des Horizontes von Abu Tor mit dem von Sähil Alma sprechen. Doch können erst eingehendere Untersuchungen mittelst Nachgrabungen auf Abu Tor darüber entscheiden, ob diese Loka- lität von der zur Zeit nur Haifischzähne bekannt sind, die ober- flächlich in den Mergeln liegen, nicht auch im Innern weitere Sähil Alma-Fische birgt. Otodus appendiculafus Ag. ßech. HL 32, 15, aus dem Speeton Clay von Aachen , Cambridge , Dresden , Quedlinburg u. a. 0. Es wäre dies eine ächte Kreidespecies, aber wir legen darum doch nicht zu viel Werth auf sie, weil es eben doch nur einzelne Zähne von Haien sind, deren Veränderlichkeit jeder Forscher kennt. Fundort: Abu Tor. OxyrJiina MarteUi Ag. Rech Taf. 33, 3—9, ist gleichfalls eine ächte Kreideart aus den harten Kalken am Mamillahteich. — 357 — Lamna compressa Ag. Rech. III. Taf. 37, Fig. 33, findet sich in Europa in eocänen Schichten im unteren Grobkalk von Paris und dem Londonclay. Fundort: Abu Tor. Lamna acuminata Ag. Rech. III. Taf. 37, Fig. 54 ist wieder eine Kreideart aus Sachsen und Aachen beschrieben. Fundort: Abu Tor. Enchodus hdlocyon Ag. Rech. V. Taf. 25, Fig. 1—7. Von diesem Knochenfisch, dem einzigen bis jetzt in dieser Schichte gefundenen, sind nur einzelne spitze Zähnchen von 1 — 3 cm Länge und tiefgelber Farbe bekannt. Man teil schrieb sie dem Hecht zu und nannte sie Esox Lewisiensis. In Amerika kennt man sie von der Mündung des Potamak aus der Kreide. Fund- ort: Abu Tor. Von Gasteropoden möchte ich eine sehr kenntliche Leit- muschel nachholen, welche Lartet pl. IX, 11, pag. 43, Turri- tella Maussi Lart. genannt hat. Das Original stammt vom Oel- berg bei Jerusalem und ist in durchscheinenden Feuerstein um- gewandelt. Den oberen Kreidefelsen fehlen in Sonderheit die Nerineen nie, aber auch nie ist es mir gelungen aus diesen spUtterharten Felsen irgend ein bestimmbares Stück herauszufinden, das über die Species dieser tausendfach den Stein bildenden Muschel Auf- schluss geben könnte. Die Muschel wird nicht gross, hat an der Mundöffnung 8 — 10 mm Durchmesser. Zwei innere Falten sieht man an einzelnen Exemplaren. Wegen der Menge, in welcher die Muschel sich findet, möchte ich zu ihrer geognosti- schen Bezeichnung sie Nerinea atundans nennen. Es ist mög- lich, dass es die gleiche Schnecke ist, welche Conrad im Off. Report Ner. abhreviata genannt hat. Doch ist die Abbildung und Beschreibung dort so ungenügend, dass man seiner Sache nie sicher ist. Sie ist an vielen Orten zu beobachten, z. B. am Nähr el Kelb, beim Chan Schämür, am sichersten am Bardüni- quell am Fuss des hohen Sannin und hinter Baalbek. Immer aber ist sie eng an die Nummulitenschichten angeschlossen, so dass in der That kaum eine Grenze zu den Rudistenkalken existirt. Nach dem Stande unseres heutigen Wissens fällt es — 358 — in der That schwer die Frage zu entscheiden, ob wir An- gesichts der Nummuliten noch im Gebiet der Kreide uns befinden, zu welcher geognostisch und petrographisch das Gestein hin- gewiesen wird, oder ob wir uns schon im Eocängebirge befinden, das sich bei fehlendem Sennon unmittelbar an das Turon an- schlösse. Ein sehr lehrreicher Platz ist das Bardünithal hinter Zachle, aus welchem Jahr aus Jahr ein die Schneewasser vom hohen Sannin her ins Thal niederrinnen, in der wohlhabenden Stadt Zachle eine erfreuliche Industrie veranlassen, um nach zwei- stündigem Lauf bei Mar Elias in den natürlichen Grenzstrom des Libanon den Litani zu münden. Zwei Kilometer von Zachle entfernt bricht nun das genannte Gebirgswasser tosend aus einem Felsenthor, das durch aufrecht, fast auf den Kopf gestellte, in hör. 1 streichende Nummulitenfelsen gebildet wird. Hart hinter den Numrauliten stehen in gleicher Lage aufgerichtet schneeweisse Kreidemergel, wenige Meter mächtig und schnee- weisse Marmore mit der Nerinea abunäans und mit Korallen (Favosites), die gleich geschwänzten Federn sich durch den Kalk ziehen. Hinter der Nerineenbank steht eine Austernbank von beträchtlicher Ausdehnung und Mächtigkeit, aus dieser bricht am eigentlichen Fuss des hier uuersteiglich sich erhebenden Sannin ein Doppelquell hervor, der in einer Temperatur von 8® C. nach kurzem Lauf die Mühlen von Aferain treibt. Während sich nun unmittelbar an die steil aufgerichteten Nummulitenbänke ein miocänes Süsswassergebilde horizontal an- lagert, welches ohne Zweifel den Untergrund der Bekäa bildet, sind gegenüber auf der Ostseite der Bekäa die Nummuliten- schichten wieder ganz in derselben Weise aufgerichtet wie am Bardünidurchbruch , was jedenfalls auf eine gleichartige Bildung der beiden Gebirgszüge des Libanon und des Antilibanon hin- weist. Die ganze östliche Umgebung von Baalbek weist so weit mir bekannt wurde nur entweder versteinerungslosen Massenkalk bald marmorischer bald dolomitischer Art auf, oder aber den ächten und gerechten Baustein der Nummuliten, denselben, aus welchem auch die Pyramiden von Gizeh erbaut sind. — 359 — Tertiäres Gebirge. Nammuliteu gehen ^^^''f^^ Fand eines Nummuliten uns wirklich auch schon in ^''^ '"''j^a.^.^ Nachrichten, Mit diese. Yorbehalt werden anc^c^^^^^^^^^^ ^._^^^ ^^ ^ welche L. Lartet über den ^""^ °" Bellardi vom Carmel, ,,,. ,0.) -^-— ,::;,rer'CabeirntodtenMeer, GaillardotvonSaida Conra^ ^^^^„Medenen Punkten Sa- L artet, ich selber und Andere von ^.^ ^aviens und Judaas Nummulrten — J^^^^-^^ Kreide wohl sammt und sonders ^enem G.enzgetaet ^^^ ^"' tri £Ssr;:r: r d: mgegend^en büdet. r:r rTlil. pa. -) .eschMer. -^^^^^^^ würde das Vermittluugsglied zwischen der syrischen üre urtheilen. _ Dagegen h ^^^^ ^^ ^^ ^^^^^^ ^^ ^''"" -rnardenii-Ende des Libanon in die Gegend lernen, sich nacH dem ^^^ ^^^ ^^^^^^ von Taräbulüs - — ^ ^^; '^ ,,,,en höchster Spitze ^^" 11? :: r in' ull-eiblicher Klarheit hberblickt. Z d^n s;te! die mit Leichtigkeit von ^^^^^Z Hachmittag erreicht wird sieht man ^^ ^^ «f^^ trbol bildungsprocess des Libanons aurtiigc und Mlen des eigentlichen Libanonzugs Hegen. Dass 360 — Eichtung des Streichens in die des Fallens umschlägt und um- gekehrt ,st 3a auch sonst eine häufige Beobachtung und so \eir„ 20 80 so dass einzelne Schichten fast auf dem Kopfe stehen üeberraschend ,st am Terbol die Masse tertiärer Geschiebe die Geschiebe ausnahmslos aus den Marmoren und Dolomiten des Edd gebirgs bestehend. Dies wäre eine Kreidenagelfl h7 'L Tsothe "r'"? -^'«^^^«^-^ gehabt z! haben scLint r h t " ; '" '" ""''' ""' ^°'='« »»f ^- «"ersten JurJ b obachtet werden kann. Löcherige, zerfressene, gelbe Kalk' felsen bilden das Liegende der Geschiebe, die hier zu s hr be- 2n^er Mächtigkeit anschwellen und die Spitze des TerboL biden. TVie ,m Schweizer Jura führen die Geschiebe, die mit Bohnerzletten gemengt sind, Wasser, so dass menschliche Wohnungen auf der Hohe des Berges sich befinden und üppige Ackerfeld den Berg zur Frühlingszeit in ein saftiges Grün kSet üeber den Geschieben folgt ein reiches und mächtiges System Korallen und langgestreckte Austern, bei denen ich gar keinen Anstan nehme, sie geradezu Ostrea lon.irostris zu nUnen uS neben das deutsche Vorkommen zu stellen. Ans der Reihe der sehr zahlreichen Fossile erwähne ich nur wenige, die auf einer Excursion nach dem Terbol gesammelt rorn^^des mittelmeerischen Miocäns. Sie findet sich in Gesell- schaft der nächstfolgenden Arten. Fundort: Taräbulüs. k21 Clypeaster tauricus ües. (Syn. pag. 240) „ennt Desor die sehr grosse Form des granäiflorus, der im CUjp. aegyptiaZ eine Formvarietät gefunden hat. Tauncus ist L df Insel 0^: Talult"'^^*^" ™' '"^^* ''-' ^^ ganzen Taurus. Fund- Soutella subrofmdata Lam. gleichfalls eine bekannte Form von Bordeaux, welche sie jedoch an Grösse wesentlich übertrifft. Der Durchmesser von 13 und 11 cm ist den kleineren Exem- — 361 — plaren eigen. Doch gibt es welche von 20 und 17 cm. Fund- ort: Taräbulüs. Von Austern nenne ich Ostrea crassicosfata Sow. Börnes (69,4) beschreibt sie aus dem Wiener Becken. Fundort : Tarä- bulüs. Lataklje. Ostrea crassissima Lam. Fundort: Terbol. Ostrea virgata Gf. 76,7. Fundort: Terbol. Fecten Besseri Hörnes 63, 1 — 4. Fundort: Terbol und Lataklje. Pecten aduncus Eichw. Hörnes Taf. 59, Fig. 7 u. 8. Fund- ort: Terbol, sehr gewöhnlich. Pecten elegans Andrezowsky. Hörnes 64,6. Diese Art findet sich ebenso in Nussdorf wie im Ulmer Miocän bei Jungingen. Fundort: Taräbulüs. Unter Bivalven ist die häufigste Cardium hians Brocc. Hörnes 26, 1—5, eine so characteristische Form, dass sie nicht übersehen werden kann, ob wir gleich nur Steinkerne vor uns haben. Fundort: Terbol. Tellina planata Linne. Fundort: Terbol. "Von Gasteropoden nennen wir die Steinkerne von Turritella turris Basterot. Strombus Bonelli Hörnes 17, 1—6. Haliotis volhynica Eichwald. Pyrula geometra Hörnes 28,7. Calyptraea chinesis Hörnes 59,17. Fundort aller dieser Arten und noch viel anderer unbestimm- baren Steinkerne: Terbol bei Taräbulüs. Alle diese Fossile gehören unbestrittener Massen dem älteren Miocängebirge an und entsprechen ungefähr der tongrischen Stufe Mayers. Sie haben die ganze Bewegung des Libanon bei der Gebirgsbildung mitgemacht, indem sie dem Streichen und Fallen der Nummulitenbänke sich anschliessen. Nun ist aber auch noch ein jüngeres Tertiär vorhanden , das mit der Gebirgsbildung des Libanon in keinerlei Zusammenhang steht, das sich vielmehr erst nach der Erhebung des Gebirgs an die aufge- richteten Schichten älterer Formationen angelagert — 362 — hat. Wir stossen auf diese jungtertiären Süsswassergebilde im Osten des Libanon, wo die Gehänge der Bekäa und wahr- scheinlich auch der Untergrund dieser merkwürdigen Niederung lichte, bituminös berührte Süsswassermergel führt. Das Alter dieser Ablagerung bestimmt sich aus 'zwei alten guten Bekann- ten, die nachgerade einen internationalen Character bekommen, Planorhis und Litorinella. Flanorhis cornu Brogn. Unter diesem Namen hat Noulet das Gewirr der verschiedensten Bezeichnungen für ein und den- selben Körper zur Ruhe gebracht. Zieten hatte den Nameu pseudammonius Schi, auf unsere Muschel angewandt, Thomae und nach ihm Sandberger nannten sie solidus , andere gaben wieder andere Namen, so dass vom Jahr 1810 bis 1870 eine lange Eeihe von Synonymen entstand. Alle Namen aber ver- stehen nur ein und dieselbe Schnecke, die in den für junges Miocän ausgegebenen Schichten Frankreichs, Deutschlands und Oestreichs zum wirklich leitenden Fossil geworden ist. Herr Dr. M. Neumayr hat das Fossil in den dalmatinischen Süss- wassermergeln nachgewiesen, A. Gaudry in denen von Attica, so dass die geographische Brücke zu dem Vorkommen in der Bekäa jedenfalls vorhanden ist. Wenn Neumayr ^"^ in Dal- matien die jungtertiären Süsswassergebilde als wenig geneigt den aufgerichteten alttertiären Schichten oder Kreidekalken diskordant aufliegend beschreibt, so bezeichnet er eben damit wörtlich getreu das libanesische Vorkommen. Das industrielle wohlhabende, aus- schliesslich von Christen bewohnte Zachle liegt bereits ganz auf Süsswassermergeln. An verschiedenen Punkten des Bertün (Burk- hardt) oder Bardüui, (Bardauni Aussprache in Zachle) kann man 3' Jahrb. d. K. K. geol. Reichsanstalt 1869. N. 3, pag. 855. Südlich Cattaro ist eine Tertiärmulde von älterem Kreidekalk einge- schlossen. Die Tertiärhügel bestehen aus meist hellgefärbten reichen Mergeln in sanft geneigten Schichten, die vortrefflich erhaltene Süss- wasserschnecken einschliessen. Hin und wieder beobachtet man dunkel- bräunlich gefärbte Mergel mit Kohlenschnüren. Am ausgedehntesten ist das Tertiär in der weiten Cettina-Ebene in der Umgebung von Sinj, das sich überall an Kreidegebilde anlehnt. — 363 — Aufrisse in den lichtgelben Mergeln beobachten, die schwach geneigt in einem Winkel von höchstens 6 — 8 ^ an die fast auf den Kopf gestellten Nummulitenbänke sich anlehnen. Hinter Kerak Nüch (Noah) wiederholt sich das Vorkommen der Planorbismergel, die an Nerineenfelsen sich anlehnen, ebenso, dessgleichen auf der linken Seite des Litani bei Serain , wo der Yafüfe aus dem Anti- Libanon hervorkommt, d. h. wenn es zuvor geregnet hat oder der Schnee schmilzt. Mit Planorhis cornu findet sich haufenweise. Litorinella acutu A. Braun und Sandb. (Mainz. Tert.) Neuerdings sind dafür neue Namen entstanden: Hyärohia ventrosa V. Mart. oder Nematurella für Neumayr's Litorinella dal- matina. Ich bin nicht im Stande Unterschiede zu machen zwischen den kleinen Schnecken, die längst unter dem Namen der Litori- nella kursiren und zu Millionen in Schwaben gefunden werden, nach Neumayr in Dalmatien wiederkehren und ebenso zahllos in der Bekäa liegen. Trümmer von Lymnäen und Paludinenschalen, Schmitzen von Braunkohlen stellen sich ein, wodurch diese Mer- gel jene charakteristische Chocoladefarbe erhalten, welche jedem Kenner des oberschwäbischen Tertiärs eine bekannte Erschei- nung ist. Wenn Herr Th. Fuchs in seiner geologischen Uebersicht der jüngeren Tertiärbildungen des Wiener Beckens und des ungarisch-steirischen Tieflandes (Zeitschr. d. deutsch, geol. Ge- sellsch. XXIX. Band, 4 Heft 1877) eine le vantinische Stufe aufstellt, die sich als reine Süsswasserbildung documentirt, so bin ich um so mehr mit dieser Aufstellung einverstanden, als sie nicht mehr dem oberen Niveau, sondern dem Pliocän der Mittelmeerländer entsprechen soll. Herr Fuchs führt diese Stufe auf als auf der Balkanhalbinsel, in Griechenland, in Klein- asien und den Inseln des griechischen Archipels vertreten. Quaternäre Bildungen. Schon im I. Theil A. d. Orient habe ich zum Schluss darauf hingewiesen, dass der Charakter der ältesten Kulturreste, die wir in Egypten, Arabien und Syrien beobachten, ebenso wie die histo- — 364 — Tischen Nachrichten, die uns in Bild und Schrift überliefert sind, mit Nothwendigkeit zur Annahme einer vollständigen Umänderung des Klimas führen. Dasselbe charakterisirt sich namentlich durch das Fehlen der Wüste, um deren Existenz sich das ganze Leben der Organismen dreht. Indessen häufte sich Jahr um Jahr das Beweismaterial für die Existenz von Culturländern an Stelle der heutigen Wüste, dass es fast einem absichtlichen Verschliessen der Augen gleich käme, wollte man die Folgerungen nicht ziehen, zu welchen die Beweise uns nöthigen. Ich rede jetzt nicht mehr von den historischen Be- weisen, welche für das Fehlen der Wüste sprechen, von der dichten Bevölkerung der sinaitischen Halbinsel, mit welcher Israel erst blutige Schlachten zu liefern hatte, bis es von der Gegend Besitz ergriff, nicht von den viel tausend streitbaren Männern von Israel, die mit Weib und Kind, mit ihren Rindern, Eseln und Schafen sich Jahrzehnte in der heutigen Wüste umhertrieben, nicht von der Thatsache, dass assyrische und persische Heer- säulen einst von Osten her nach Syrien einfallen konnten, während 1799 im Monat März die kleine Armee Napoleons auf dem kurzen Weg von St. Jean d'Acre zum pelusischen Nilarm in einer Gegend fast zu Grunde ging, die mit der arabischen und syrischen Wüste gar nicht zu vergleichen ist. Ich rede hier blos von den prähistorischen Resten, die theils in quaternären Bildungen Syriens, theils oberflächlich im Wüstengrund Ara- biens und Egyptens sich finden. Ohne den Werth ihrer Entdeckung zu beachten, hatten schon zu Anfang der 30er Jahre Hedenborg und Botta der Knochen- breccien von Ant-Elias und der Grotte am Hundsfluss Erwähnung gethan. Erst der Expedition des Herzogs von Luynes war es vorbehalten, in diesen Breccien prähistorische Statio- nen zu erkennen, was L. L artet unterm 21. März 1866 in einer Vorlage an die Akademie der Wissenschaften der Oeffent- lichkeit übergab. Dieser in den Renthierstationen des Perigord wohl bewanderte Gelehrte nahm keinen Anstand, zwischen der Huudsflussgrotte und dem Perigord eine Parallele zu ziehen. Ohne das Alter beider Stationen in eine und dieselbe Zeit zu — 365 — verlegen, erklärte er doch beide für Ursitze menschlicher Kultur, an welchen Menschen ihre erstmaligen Versuche machten, sich mit Hilfe des Feuersteins Handwerkszeuge zu schaffen und durch die Jagd auf die Thiere des Landes ihren Lebensunterhalt zu gewinnen. Nur wenige Jahre stand es an, so kamen dieselben über- raschenden Beobachtungen aus Egypten (l'industrie primitive en Egypte et en Syrie, Juni 1869 par Adrien Arcelin in: Materiaux pour l'histoire primitive und ebendort vom Januar 1870) durch die Herrn E. Hamy und F. Lenormant. Arcelin hatte bei Abu Mangar auf einem Raum von 2 Ar Ausdehnung gestossen, bedeckt mit Feuerstein-Instrumenten, Häm- mern von hartem Gestein mit Spuren von Schlägen und einer geschliffenen Axt aus Porphyr. Dessgleichen fand er bei Bäb el Melük (Theben) eine sehr grosse Masse künstlich geschlagener Feuersteine in Form von Messern und Sägen und vereinzelte Stücke in Sakkära beim Serapium und bei Gizeh. Arcelins Beobachtung von Bab el Meluk wurde nunmehr auch von den Herrn Lenormant und Hamy bestätigt, welche ebendort auf den Höhen des rechten Nilufers auf einer Fläche von mehr als 100 Dm eine unzählige Menge bearbeiteter Feuersteine, ächte „silex tailles" fanden neben Pfeil- und Lanzenspitzen, Beilen und den Feuersteinkernen, von denen die Werkzeuge abgeschlagen waren. Zur selben Zeit fanden die Doktoren Keil und Sachs an den Quellen von Helwan, wo ein Luftkurort für] Lungen- leidende etablirt wurde, in zahlloser Menge dieselben Werkzeuge und Ebers bei El Nüb (Edfu) Feuersteinstücke in jeglicher Gestalt. Aber dieser Gelehrte sowohl als Lepsius (Zeitschrift für egypt. Sprache 1870 p. 95 und 1871 p. 17) nehmen an der ungeheuren Menge der Feuerstein-Gegenstände Anstand. Lepsius kann sich keine Vorstellung machen von einer Industrie, welche Tausende ihrer fertigen Produkte des Aufhebens nicht werth hält , sondern unbenutzt liegen lässt und er sowohl als Ebers können sich mit dem Gedanken nicht aussöhnen, dass die Feuersteinfelder so unpassende, gerade den glühendsten Son- nenstrahlen ausgesetzte Wüstenfelder sind, während es doch — 366 — in der Nähe an geeigneteren, schattigen Plätzen nicht gefehlt hätte. Die ausgezeichneten bis zu 15 cm langen Feuerstein- messer, deren photogr. Abbildung dem Juliheft der betr. Zeit- schrift beigegeben ist, sind Gräbern entnommen, deren eines als das Grab des Königl. Oberbaumeisters Mehä aus der Mitte des 3ten Jahrtausend bezeichnet werden kann. Daher verlegen die Herrn Egyptologen die Feuersteingeräthe als chirurgische Fabri- kate in die historische Zeit egyptischen Staatenlebens und wollen eine Steinzeit im Sinn der europäischen nicht anerkennen. Ebers macht darauf aufmerksam, dass die Funde verarbeiteten Goldes auf den ältesten Denkmälern und die Darstellung der frühesten Erzeugnisse egyptischer Kunst, die ohne Metall Werkzeuge gar nicht möglich war , zu der Annahme führen , dass die Egypter als ein mit der Metallurgie wohl vertrautes Volk an den Nil kamen. Beide Egyptologen sprechen sich daher für die Ansicht aus, dass die sogenannten Feuersteinmesser nur zufällige Gebilde der Natur wären, lediglich nur entstanden durch das natürliche Zerspringen der Feuersteinknollen in Folge der Extreme der Temperatur. Es ist dies ein wohl zu beachtender Einwand, denn jeder Wüstenreisende kennt das Zerspringen der Feuersteine beim raschen Temperaturwechsel; habe ich doch selbst (A. d. Orient pag. 38 und 39) durch eigene Beobachtung die Thatsache con- statirt, dagegen ist ebenso sicher darauf hinzuweisen, dass die abspringenden Splitter nur ganz ausnahmsweise Späne abgeben, welche etwa einem Messer oder Schaber verglichen werden könn- ten. Vielmehr sind die in der "Wüste liegenden Feuersteine der Mehrzahl nach schalig und muschlig ausgesprungene Stücke, wie sie auch bei künstlicher Erhitzung eines Feuersteins aus- springen. Nun kann man aber über tausend solcher Splitter hinwegschreiten, bis man einem Stück begegnet, das man wegen seiner Aehulichkeit mit einem Feuersteinmesser des Aufhebens für werth achtet. Nie aber habe ich auch nur einen einzigen Split- ter gefunden, der wirklich mit einem Werkzeug aus einer prä- historischen Station verglichen werden könnte, d. h. der die breite Flachseite (Innenseite), die schmälere Aussenseite und die 2 Seiten- flächen (Facen) zeigte, wie sie entstehen, wenn man von einem — 367 — Stein der Reihe nach Späne abspaltet, bis der Nucleus übrig bleibt. Dagegen sehen die bei Bab el meluk, Helwan, Edfu u. s. w. gefundenen Stücke, gleich den von Lepsius abgebildeten, so ganz zweifellos als von Menschenhand geschlagen aus, dass der Gedanke an zufällige Bildung auf das entschiedenste ausge- schlossen werden muss. Es handelt sich hier nicht etwa um subjektive Ansichten des einen oder anderen Gelehrten, sondern um den allgemein gültigen Satz, dass ein Stein unter der Hand des Menschen durch Schläge mit andern Steinen oder mit Instrumenten eine bestimmte Gestalt erhält, die er ohne dies nicht bekäme. So wenig man einen be- hauenen Quaderstein mit einem möglicher Weise durch Zufall viereckig gesprungenen Steinblock verwechseln wird, so wenig können die geschlagenen Feuersteine mit Natursplittern ver- wechselt werden. Hiebei muss ein Hauptwerth noch weiter darauf gelegt werden, dass nicht etwa der Fund eines einzelnen Feuerstein- splitters in Betracht kommen darf, sondern die Zahl der Funde an ein und derselben Stelle, während in der nächsten Nähe die Splitter ganz fehlen. Dessgleichen ist das geognostische Moment herbeizuziehen, dass der Gedanke an natürliche Bildung der Splitter nur da erwogen werden darf, wo wirkliche Kreidebänke mit den Schnüren und Knauern der Feuersteine an Ort und Stelle anstehen. Ebers und Lepsius wollen sich mit dem Gedanken an menschlichen Ursprung der Feuersteinmesser aus dem Grund nicht befreunden , weil sie dieselben an ganz wasserlosen Stellen des steinigen Arabiens fanden, -vro sie Hunderte von Quadratmetern bedecken. Sie hielten es für widersinnig, deren menschlichen Ursprung anzunehmen, weil alle Bedingungen der Existenzmög- lichkeit für eine menschliche Station hier fehlen. Dabei gehen sie von der entschieden unrichtigen Voraussetzung aus, als ob die Wüste von jeher Wüste gewesen wäre. Eine solche Annahme könnte nach meiner Ansicht etwa das Resultat einer eingehenden, Alles erschöpfenden Untersuchung sein, sie aber als einen feststehen- den Satz vorauszuschicken und darauf Beweise gegen den mensch- — 368 — liehen Ursprung der Steinmesser zu gründen, geht sicherlich nicht an. Wir finden, schliessen die Egyptologen, die Steinmesser in der wasserlosen Wüste, in der sich nach gegenwärtigen Verhält- nissen Menschen nicht aufgehalten haben können. Wenn nun Menschen die Messer an Ort und Stelle nicht geschlagen hatten, so bleibt nur der natürliche Ursprung derselben, durch zufälliges Zersplittern beim Temperaturwechsel übrig. Dagegen schliesse ich: die Steinmesser in der Wüste haben eine Gestalt, wie sie nach allgemein menschlicher Erfahrung und nach den unabänderlichen physikalischen Gesetzen der Kohäsions- verhältuisse irdischer Körper nur durch einen absichtlichen Schlag entstehen können. Sie sehen ausserdem den Steinmessern der europäischen Höhlen uud Torfmoore, wo sie stets in Verbindung mit anderweitiger menschlicher Thätigkeit gebracht werden können, so aufs Haar ähnlich, dass nur die Etikettirung jedes einzelnen Stücks Yor Verwechslung bewahren kann. Sind die Steinmesser wirklich von Menschenhand gemacht, so müssen einst Menschen an dem Ort gelebt und gearbeitet haben, wo sie in so erstaun- licher Menge zu finden sind. Da diese Orte der Steinmesser heutzutage Wüste sind, so müssen diese zu einer Zeit geschlagen worden sein, in welcher es noch kein egyptisches Volk gab und die heutige Wüste noch keine Wüste war. Wohl befreundet sich der Geist uugerne mit gewissen neuen, in unser System nicht passenden Ideen. Es ist daher auch leicht zu begreifen, dass Gelehrte, denen die Wüste sozusagen präexi- stirt von einer früheren Bewohnung und Bevölkerung der Wüste Nichts wissen wollen. Und doch mehren sich mit jedem Jahr die Beweise für eine frühere Kultur in der Wüste zur prä- historischen Zeit. So fand Abbe Eichard Steinmesser östlich Kairo im Mokattam, in der Umgegend von Theben, auf Ele- phantine. Die grösste Werkstätte von Steiniustrumenten traf er am Fuss des Sinai und im Centrum des Gebirgs im Wadi Färän. Eben hier traf Beurmann im Wadi Meghära in der Nähe der Türkisminen, welche nach vorhandenen Felseninschriften zu Manethos Zeiten ausgebeutet wurden, Steinwerkzeuge jeder Art, mit denen, wie er meint, die Felsenschrift hergestellt — 369 — wurde. Davon kann nun freilich entfernt keine Eede sein, denn die Steinzeit liegt weit vor jeglicher Kulturzeit des alten Egyp- tens, in welcher bereits die Steinwerkzeuge als alte Tradition sich nur noch im Kult (Beschneidung, Oeffnung der Leichen und Gräberbeigabe) erhielten. Wir besitzen in der hiesigen Staatssammlung Feuerstein- messer aus der libyschen Wüste, welche Professor Zittel fern von den Oasen auf seiner Eoute aufgelesen. Die Messerchen sind acht typische Steinmesser, wie wir sie nur aus unsern euro- päischen Höhlen und Mooren kennen. Sicherlich sind sie auch nicht die einzigen, die Zittel zufällig am Wege auflas und wird eine nähere Untersuchung der Lokalität constatiren, dass sie dort ebenso verbreitet in der Wüste zu Tage liegen, wie z. B. zwischen dem Nil und rothen Meer, wo sie Schweinfurt gleichfalls in solcher Menge fand, dass er an menschlichen Ur- sprung gar nicht denken mag, sondern sie gleich L epsius und Ebers für zufällige Sprenggebilde ansieht. Liegen in der egyptischen und arabischen Wüste die Stein- messer offen zu Tage, indem im Laufe der Wüstenbildung der quaternäre Boden in Staub verwandelt und von den Wüsten- stürmen verweht worden war, so liegen sie in Syrien und am Libanon zum öftern in den Knochenbreccien der Höhlen und dem Kalkgebäckeder sogenannten t e r r a rossa. Unter diesem Na- men, den Hauer aus den dalmatinischen Bergen (Jahrb. d. geoL Keichsanstalt von 1868, pag. 452) in die wissenschaftliche Sprache eingeführt hat, verstehen wir das Conglomeratgestein, das wir (A. d. Orient I, pag. 202) als die Decke auf den Kreideschichten bezeich- neten, die sich ohne Unterschied über Höhen und Tiefen ausbreitet. Am Libanon erst lernte ich dieses Gestein recht kennen und verstehen, wo es sich von den höchsten Bergen herab bis au das Meer zieht und mit Vorliebe den Thalgehängen nachgeht. Es ist stets auf Kreidefelsen aufgeklebt und die fest cementirte Breccie aufs innigste mit diesen verwachsen. Wie sich nur ein Mörtel an alten römischen Bauten mit den Mauersteinen ver- bindet, so fest klebt die Breccie am Kreidekalk, der augen- scheinlich die Wasser, die über ihn liefen, mit kohlensaurem Kalk Württemb. naturw. Jahreshefte. 1878. , 24 — 370 — geschwängert hat , also dass sie in den Stand gesetzt wurden, den Schutt von losem Gestein, Knochen, Zähnen, Feuersteinen, Kohlen und Aschen zu cementiren. Ueber die Zeit der Bildung habe ich keinen Zweifel mehr : es ist die Zeit der Gletscher und der Schutt, der auf dem Rücken der Gletscher von den Höhen zu Thale schob, ist glacialer S c hutt der Moräne. Derselbe ist 1. wirklicher Schutt, d. h. eckige, wenig entkantete Marmore, Dolomite, Sandsteine und Basaltite, kurz die härteren Steine, die es überhaupt im Libanon gibt, nur wenig gerollt und abgeschoben in allen denkbaren Grösseverhält- nissen, von der Staubform an bis zur Grösse mehrerer Kubik- meter. 2. Die kleinst zertrümmerten, zu Pulver zermahlenen Theile des Kreidegebirgs, namentlich der erzführenden mittleren Formation. Der fein vertheilte, die Kalke durchsetzende Schwefel- kies färbte die ganze Masse braunroth; daher die röthliche Erde, die über Palästina hin auf so vielen Höhen liegt, sie ist der „Erdenkloss" aus dem der erste Mensch gebildet war. 3. Die terra rossa bewahrt in sich die Spuren prähistorischer Zeit, Holzkohlen, Aschen, Steinmesser, Scherben, Knochen und Zähne der Thiere, die dem prähistorischen Menschen zur Nahrung dienten. 4. Die Ebenen, in welchen die terra rossa den Unter- grund bildend sich über Meilen ausdehnt, ist strichweise über- säet mit erratischen Blöcken. In der Provinz Küra, die zu den fruchtbarsten Provinzen des ganzen Libanon gehört, ist der Typus einer solchen Landschaft zu beobachten, die ihre Gestalt der gewaltigen Moräne verdankt, welche von den Höhen des eigentlichen Libanon aus dem Bezirk Bscherre durch die Kadischa- Schlucht gegen das Meer geschoben wurde. Aus den Engpässen der Felsen herausgetreten breitete sich der Gletscher am Fuss der Gebirgserhebung aus und schuf hier die herrliche Ebene, in welcher vor Allem gegenwärtig der Tabaksbau blüht und die Kultur der feinsten Orangen '^^ und Feigen. Die Blöcke von ^* Der edle Assad Karam Bey Mu4ir von Zgharta, Neffe des berühmten Maronitenführers Karam Bey, einer der reichsten Grundbesitzer des Libanon, cultivirt eine RiesenoraDge (Leimün Kubät) und verpachtet seine Bäume von dieser Sorte um jährliche 2—300 Frs. - 371 — lichtem Marmor, von rothem, weissem und gelbem Sandstein sind theilweise von solcher Grösse, dass sich eine Wohnung* daran lehnt, liegen in demselben fetten rothen Kulturgrund mitten zwischen üppigen Gewächsen, und tragen viel zur Schönheit der Land- schaft bei. Am häufigsten liegen sie am Rande des Kadischa- Grundes, der anfangs tief in den Schutt eingewühlt ist, dann aber immer flacher und flacher wird, bis er auf der letzten Terrasse über dem Meer verschwindet, wo wieder das geschichtete Gebirge heraustritt, das den letzten Abfall zum Meer bildet. 5. Innerhalb der Engpässe klebt der Schutt an den Felswänden, völlig mit denselben verwachsen, namentlich gerne bei Biegungen des Thals, in Nischen und Löchern, welche damit ausgefüllt sind. Ein ausgezeichneter, sehr leicht erreichbarer Punkt ist an dem grossen Völkerweg, der an der Mündung des Hundsflusses auf einer in die Felsen gehauenen Strasse zwischen dem Meer und dem Gebirge hinführt. In Spalten der Felsen, auf welche die Egypter unter Sesostris zu Ende des 14. Jahrhunderts vor Christus ihre Felseninschriften dem ammonischen Gotte Phtha zu Ehren eingemeisselt und die Assyrer den Einfall Sanheribs (701 a. C.) in reizender Keilschrift auf den Gewändern ihres Fürsten verewigt, auf welchen (180 p. C.) der römische Kaiser Marcus Antoninus und letztmals 1860 die französische Ex- pedition Napoleons III. eine Felsentafel mit den Namen der Generäle und Obristen bedeckt hatten, liegen die noch viel älteren Zeugen menschlicher Spuren der Steinmesser und Thierknochen als Zeugen einer Zeit vor der Gletscherperiode oder der Bildung der terra rossa. Eev. Lewis gebührt hier das Hauptverdienst, auf diese Funde am Hundsfluss aufmerksam geworden zu sein. Es liegen von hier in der Sammlung des protestantischen Collegs von Beirut Knochen und Zähne von Nashorn und Wisent und andere, die noch auf Entzifferung harren. Sieben Kilometer oberhalb des englischen Maschinenhauses, welches die Wasser des Flusses in 26zölligen eisernen Röhren in das Hochreservoir von Beirut treibt, zwei und ein halb Kilo- meter oberhalb des Wehrs, an welchem der Fluss für die Wasser- leitung abgegraben ist, liegt auf der rechten Seite des Flusses 24* — 372 — eine kühle Grotte, aus welcher ein Hauptarm des Flusses unter den Felsbänken hervorbricht. Von den Felsen hängen die reizendsten Büschel und Schnüre von Schlingpflanzen nieder, herabgestürzte Felsklötze, über welche geklettert werden muss, geben der Grotte ein wildes Aussehen; dazu das Getöse des tobenden Wassers, das unter den Felsklötzen herausbrechend in das nahe Strombett hinabstürzt — Niemand wird in die Felsgrotte treten können, ohne die Schrecken der Natur im vollsten Masse zu empfinden. Während der Herstellung des Wasserwerks wagten sich englische Ingenieure in das Innere der Höhle, aus welcher der Fluss hervorbricht. Durch einen seitlichen Zugang eintretend waren sie im Stande auf eine Entfernung von 1200 m dem unterirdischen Flusslauf zu folgen. Wundersame Tropfstein- gebilde, Kammern, Säle, Kapellen, die alle von den Ingenieuren Namen erhielten (Maxwellgrotte, Rustemgrotte), machen diese Hundsflusshöhle zu einem würdigen Seitenstück der Adelsberger Grotten im Karst. Viele Besucher wird aber dieser unterirdische Flusslauf nicht finden, denn der in der Tiefe tosende Strom mit seinen Kaskaden, dazwischen wieder tiefe unheimlich stille Seen bildend, macht den Gang auf den schlüpfrigen Felsen ebenso gefährlich als schauerlich erhaben. 10 m über dem Flussbett, einen Steinwurf von der Quelle entfernt, ist eine Grotte mit dem Gebäcke von Aschen, Kohlen, Steinmessern, Schneckenschalen und zahllosen Knochen und Zähnen. Die Höhle ist mehrere Meter hoch mit dem Gebäck angefüllt. Aus ihr stammt das Kieferstück des Bären, den ich von ürsus arctos nicht unter- scheiden möchte. In der nahen Anteliasgrotte , welche die Herren Heden- borg und Botta noch besucht hatten, sind indessen gewaltige Klötze vom Dach der Höhle niedergestürzt und wurde der alte Grund verschüttet, dass ohne grossen Aufwand an Zeit und Geld dort nichts mehr zu machen ist. Um so erfreulicher waren dagegen die Nachforschungen im Wadi e Djauz. Auf dem Weg von Kafr Hatta nach dem Kloster Mar Hanna el Märün wird über eine unendlich kahle Kreidemergel-Landschaft steil zum Djauzthal abgestiegen. Der — 373 — Unterschied zwischen der Roth-Erde an dem Thalgehäng und im Thahl selbst gegenüber den Schichtenböden auf der Höhe, die lediglich nur als Waide dienen, tritt hier wieder ganz auffällig zu Tage. Nur wenige 100 m oberhalb der Brücke ist Bag- gadin Djauz neben der Mühle von Kafr Hai. Der Holzschnitt zeigt die geräumige Grotte im wohlgeschichteten Ereidemarmor, der im Hintergrund der Grotte sichtbar ist, der Boden der Grotte aber und deren Dach ist das reinste Gebäcke aus Kohlen und Aschen- trümmern, Knochen und Zahnfetzen und Feuersteinlamellen jeder Art. Die Grotte ist augenscheinlich jünger als das Gebäck, an der hinteren Felswand zeigen sich Knochentrümmer und Feuer- steinlamellen angewachsen, die wie es scheint, hängen blieben, als die Grotte wahrscheinlich nur durch Menschenhände aus- gegraben wurde. In der Grotte und vor der Grotte hat ein schlaue Müller eine üppige Tabaksplantage angebracht, die vortrefflich auf dem prähistorischen Boden gedeiht. Auch hat der Müller ohne die Phosphorsäure in der Knochenbreccie analysirt zu haben, es für zweckdienlich zum Gedeihen seiner Maulbeerbäume und Feigen erachtet, seinen Pflanzen von der Knochenerde anzuschütten, die aus dem Grund der Grotte geholt wird. Die Höhe der Grotte ist nicht mehr als 2 m und es — 374 ^ scheint, dass im Lauf der Zeit das ganze Loch künstlich aus der Wand ausgehoben wurde, um die Knochenmasse als Dünge- mittel zu benützen. Endlich ist noch einer Grotte bei Faraiya im Kesruwän Er- wähnung zu thun, aus welcher der deutsche Generalkonsul Herr Dr. Weber^^ , Geweihstücke, Knochen und Zähne" erhalten hatte, um sie nach Berlin einzusenden. Herr Geh.-EathR.Virchow hatte indessen die Freundlichkeit mir sämmtliche Funde dieser Lokalität, welche im anatomischen Museum zu Berlin aufbewahrt werden, zur Untersuchung anzuvertrauen. Auf meiner Eeise durchs Kesruwän kam ich zwar nach Faraiya, konnte aber die betreffende Höhle nicht erfahren. Sind doch der Höhlen so viele, dass die einzelne zu finden die grösste Schwierigkeit besteht. In den meisten aber liegen sicherlich prähistorische Eeste. In erster Linie sind Feuerstein-Instrumente zu nennen. Es hat aber keinen Werth einzelne Formen zu beschreiben und führe ich nur an, dass dieselben dem Hundert nach gesammelt werden können und zwar 1. die ächten Spaltsplitter (lames) mit der breiten inneren Flachseite, der schmalen Aussenseite und den schief anliegenden zwei Seitenflächen; 2. dieselben zugespitzt oder abgerundet (grattoirs); 3. gleichseitige Dreiecke, deren Kanten zugeklöpfelt sind; 4. runde oder ovale flache Lamellen; 5. formlose Splitter, die als Abfall angesehen werden können. Von den letztern mögen viele auch ohne Beihilfe des Menschen durch Felsenstürze und gelegentliche Zersplitterung der Feuer- steinknollen entstanden sein. Unter den Resten der quaternären Säugethiere steht oben an TJrsiis arctos Linne. Unter diesem Namen nur getraue ich mir eine auffallend kleine Varietät des Bären zu besprechen, von welcher ich einen vollständigen Unterkiefer eigenhändig aus der Grotte am Nähr el Kelb herausgegraben habe, während das andere Exem- plar, das freilich nur in der vorderen abgebrochenen Hälfte des '^ Berliner Gesellsch. für Anthrop. etc. Sitzung vom 20. Febr. 1875. Herr Konsul Weber hatte die Reste vom Schech Däüd el Chazim erhalten, dem es wohl zu verzeihen war, dass er das Schädeldach eines Löwen für ein menschliches ansah. — 375 — linken Unterkieferastes besteht, der Höhle von Faraiya entstammt. Das Stück befindet sich im anatomischen Museum in Berlin und wurde mir durch Vermittlung der anthrop. Gresellschaft von dort mitgetheilt. Die Kieferlänge beträgt 0,19 m, dieselbe vertheilt sich genau auf drei gleiche Theile: in das erste Dritttheil fällt der kräftige Eckzahn und die Schneidezähne nebst der Lücke mit 2 Lückenzähnen, in das zweite Dritttheil fallen die 4 Backen- zähne, in das dritte Dritttheil der Kronenfortsatz und das Ge- lenk. Die Höhe des Kiefers an der Lücke und am 1. Prämolar beträgt nicht mehr als 0,044 m. Unser Exemplar gehörte einem sehr alten Individuum an, daher auch die tiefe Abkauung der Zähne, welche eine nähere Untersuchung desselben nicht mehr zulässt. Dagegen ist das Berliner Individuum jünger und zeigt den Prämolar in ganz vortrefflicher Erhaltung. Derselbe ist genau wie der Pärmolar des TJ. ardos gebaut, nur ist er um 1 mm schmäler. In der Lücke befindet sich nur ein einziger Lückenzahn, der hart hinter dem Eckzahn steht und mit TJ. priscus stimmt. Aber auch abgesehen von den kleinen Massverhältnissen darf wegen der einwurzeligen Lückenzähne und dem zweiwurz- ligen schmalen Prämolar an Höhlenbär gar nicht gedacht werden, vielmehr scheint in der Vorhistorie schon dieselbe kleine Varie- tät von Ursus arcfos existirt zu haben, welche heute noch als TJrsus isabellicus oder syriacus für den Libanon charakteristisch ist. So gerne man wegen des vorderen einwurzeligen Lücken- zahns an TJ. priscus denken möchte, so ist dagegen die kleine, niedere Gestalt bezeichnend für den Isabellenbär, an dem ich um so lieber festhalten möchte, als er nach allen bisherigen Untersuchungen von TJ. ardos sich specifisch nicht unterscheidet, vielmehr nur als eine syrisch-kaukasische Modification der Arctos- Art angesehen wird. Felis spelaea Cuv. Zu dieser gewaltigen Katze, die man Löwe oder Tiger nennen mag, gehört ein ausgebrochenes Stirnbein aus Faraiya (anat. Mus. in Berlin). Die Wandung des Stirn- beins hat 1,5 cm Dicke, am Ansatz des Os ethmoideum sogar noch 1 cm. Die Stirn-Nath ist vollständig verwachsen , die — 376 — Aussenseite gewölbt, wodurch sich dieses Stirnbein von dem der Hyäne unterscheidet. Bhinoceros tichorhiniis Cuv. ist wenigstens durch den zweiten Molar des Unterkiefers vertreten. Wenn auch gerade an diesem Zahn nur wenig Charakteristisches auftritt, so scheint der Zahu nach seiner Höhe und Breite und nach der Dicke des Schmelzes keiner andern Art anzugehören. Man ist zur Annahme dieser Species um so mehr berechtigt, als auch der Begleiter des voll- haarigen Nashorns nicht fehlt der Wisent-Stier , der für die Jagdzwecke des russischen Hofes heute noch im Norden Europas gehegt wird. Bos priscus Bojan. {Bison etiropaeus). Wir besitzen drei Zähne dieses so leicht zu erkennenden gewaltigen Ochsens. Ein Oberkieferzahn misst 55 mm Kronenhöhe, die Breite des Zahns 35 mm von aussen, 25 von innen gemessen, der kräftige innere Schmelzhügel ist 42 mm hoch : Vom Unterkiefer existirt der erste und der letzte Backenzahn. Der erste ist 24 mm breit, der letzte dreicylindrige 40, der vordere Cylinder obgleich schon kräf- tig angekaut, misst 55 mm. Es sind das genau auch die Maasse der in den schwäbischen Höhlen und im schwäbischen Moränen- schutt sich findenden Wisentzähne. Die Zähne stammen vom Nähr el Kelb, während sich in der Faraiya - Höhle sehr wohl erhaltene Wirbel fanden, (anat. Museum in Berlin) welche in der Grösse mit den Wirbelkörpern stimmen, die im Lehm und Tuff von Canstatt und in den Höhlen Schwabens gefunden wurden. In der Form, namentlich was die Gelenkfortsätze der Lenden- wirbel betrifft, weichen sie von Bison europaeus nicht ab, über- treffen jedoch diesen um nahezu 25%, der Körper des 3. oder 4. Halswirbels misst 0,096 m, (von vorne nach hinten gemessen) der Körper des 3. Lendenwirbels 0,070 m, während die Länge desselben über den Gelenkfortsätzen 0,102 m beträgt. Der letzte 6. Lendenwirbel ist gleichfalls erhaben mit 0,070 m Länge am Körper und 0,080 m über den Gelenkfortsätzeu. Ein grosses Gefässloch hat den Körper dieses Wirbels von unten durchbrochen, was auf ein älteres Individuum hinweist. Sus priscus Marcel d. Serres. (Gervais pal. fr. pag. 176). — 377 — Die etwas breitere aber kürzere Gestalt des hinteren Backenzahns liess Gervais die Schweinszähne aus der Höhle von Lunel vieil (Herault) von Sus scrofa L. unterscheiden. Ohne entscheiden zu wollen , mit welchem Recht ein Unterschied von Sus scrofa begründet ist, möchte ich nur constatirt wissen, dass die erwähn- ten Schweinszähne auch in der Grotte des Nähr el Kelb liegen. Equus ist vertreten durch einen einzigen Zahn aus Faraiya, dem anatom. Museum in Berlin zugehörig. Der Zahn ist der Eckzahn oder sog. Hengstzahn. Grössere Schwierigkeit bereiten die Ger vi den wegen der verschiedenen Grössenverhältnisse der Zähne. In erster Linie liegt aus der Höhle Faraiya im Kesruwän ein linkes Geweihstück und eine linke Tibia vor, die mit aller Bestimmtheit auf den Edelhirsch (Cervus elaphus) weisen. Dem Geweih nach war der Hirsch nur von mittlerer Grösse, indem der Durchmesser des Geweihs am Eosenstock 0,05 — 06 m misst. Das Geweih ist kein abgeworfenes Stück, sondern ein mit Gewalt abgeschlagenes und aus der Hirnschale gebrochenes. Eigentliche Spuren von Bearbeitung durch Menschenhand sind zwar nicht daran zu er- kennen, indem im die bekannte Sägeschnitte durch Feuerstein fehlen, dagegen hat es vollkommen dieselbe Gestalt, welche die Geweihstummel der Pfahlbauten haben, die zu Heften und Schäften verarbeitet werden sollten. Auch die vorhandene Tibia gehört einem zwar ausgewachsenen aber noch jüngeren Individuum an; denn die obere Epiphyse ist vom Knochen abgefallen. Die Länge des Knochens misst 0,38 m genau so viel, als die Tibia eines aus unsern schwäbischen Pfahlbau-Vorräthen herausgegriffenen Individuums. Hirschzähne sind aus Faraiya nicht eingesandt worden. Um so häufiger liegen sie im Wädi e Djauz und in der Hundsflussgrotte. Hier begegnen wir zwei Formen, die erste Form derselben weicht im Bau ihrer Molaren des Unterkiefers von Cervus elaphus nicht ab: (innere spitzige Schmelzbüchsen, an welche sich äusserlich die Halbmonde anlehnen). Aber die Zähne sind nahmhaft kleiner, denn sie messen in der Richtung von vorne nach hinten 1,18, 2,20, 3,25 mm. Die entsprechenden Maasse bei elaphus sind 1,20, 2,23, 3,30 mm. Beide Exemplare, — 378 — welche diese Maasse liefern, sind ausgewachsen, die Zähne zeigen auch einen gleichmässigen Grad der Abnützung, können also in Betreff ihrer Grösse miteinander verglichen werden. Untere Prä- molaren von der entsprechenden Grösse fand ich nicht. Die Pro- portion der Oberkieferzähne ist entsprechend: die 3 Molare messen 17, 18, 20 mm, bei Cervus elaphus 20, 25, 27 mm. Die Prämo- laren messen je 11 mm beim syrischen Hirsch, 15 mm bei Cervus elaphus. Im eigentlichen Bau der Zähne findet sich keinerlei Unterschied. Auch die zweite kleinere Form zeigt in allen Stücken den Typus ächter Cerviden. Für Cervus capreolus sind die Zähne zu gross, für C. dama zu klein. An Damwild möchte man allerdings am liebsten denken, ja L. L artet nimmt keinen An- stand, die Hirschreste vom Hundsfluss geradezu als C. dama zu bezeichnen. Eine vollständige Uebereinstimmung der Zähne oder sonst einen Beweis für die Identität mit dama habe ich jedoch nicht gefunden. Die Molare des Unterkiefers messen 14, 17, 20, die des Oberkiefers 15, 17, 18 mm. Die erste, grössere Form der Libanonhirsche ist hienach durchschnittlich um 20% grösser als der Damhirsch, die zweite Form dagegen kleiner. Die bis jetzt bekannten Reste sind zu mangelhaft, um ein Näheres über die beiden Hirsche der prähistorischen Zeit zu sagen, ohne Zweifel finden sich bald noch bessere Belege, um ein Näheres zu ermitteln. Bis dahin enthalten wir uns auch, mit irgend einem Namen die Hirsche zu bezeichnen, ob es gleich nahe läge die beiden Arten mit den zwei in der Schrift ^^ ge- nannten 'Ajjäl (1. ßeg. 4,23) und jachmür (5. Mos. 14,5) zu ver- gleichen, zwei Namen, die allerdings als Edelhirsch und Damhirsch gedeutet werden, ob dies gleich nichts weniger als feststeht. Die andere nicht minder interessante, jedenfalls auch ebenso häufige Thiergruppe aus der Höhlenzeit gehört dem Genus: Capra an. Auch hier haben wir 2 Formen zu unterscheiden. Die eine trägt so sehr den Typus des Sinaibockes Capra sinai- ^° Vergleiche hiemit Dr. E. C. A. Hie hm, Handwörterbuch des biblischen Alterthums pag. 619. — 379 — tica, dass ich einen Unterschied nicht machen möchte, die andere ist wesentlich grösser. Die einzelnen Zähne verhalten sich zum Sinaibock wie 25 : 20. Ich nenne die Art Gapra primigenia unter dem Vorbehalt der näheren Vergleichung weiterer Funde mit den von P. G-ervais genannten Arten Bozeti Vomel und Aegagrus Cuvier, die als Altersgenossen des Mammuth bezeichnet werden. Gerne sehe ich in Capra primigenia die Stammrasse der Haus- ziege, welche wenigstens in den deutschen Höhlen bis jetzt nicht gefunden wurde und erst in der verhältnissmässig jungen Zeit der Pfahlbauten auftritt. Der Gedanke liegt nun sehr nahe, dass im Land der Phöniken die so werthvolle Hausziege zuerst gezähmt wurde. Haben doch die Phöniken nach den übereinstimmenden Zeugnissen der Griechen zuerst sich Hausthiere gezüchtet und Gewächse gebaut, an denen beiden sie aus dem halbbarbarischen Zustand der Wandervölker zu einem stationären, Ackerbau trei- benden Volk sich emporschwungen. Ausser diesen erwähnt L artet noch eine Antilope, ein kleines Geschöpf, dessen Zähne nicht selten sind, das aber einen Namen noch nicht trägt. Zur näheren Untersuchung dieser Reste gehört überhaupt noch ein ganz anderes reicheres Material, als das mir zu Gebot stehende , das eben gelegentlich der geo- gnostischen Landesaufnahme einfach mit dem Hammer von mir ausgegraben wurde. Die Einzigen, die hierüber Aufklärung zu verschaffen vermögen, sind gegenwärtig die protestantischen Missionare im amerikanischen College zu Beirut, welche mit Hilfe ihrer eingeborenen Schüler Ausgrabungen veranstalten können. Ich möchte denselben die Lösung dieser so hoch inter- essanten prähistorischen Fragen aufs angelegentlichste empfohlen haben. Der Libanon ist das Land der Höhlen. In Stunden langen Höhlen fliessen Bäche und Flüsse, hier hervorbrechend, dort wieder verschwindend, kein Thalgehäng, keine Felswand, wo nicht Grotten und durchlöcherte Felsen zu finden wären, Hunderte von Wohnungen sind heute noch zur Hälfte natürliche Höhlen, vor welche eine Mauer mit Hausgang und Fenster gesetzt ist, das berühmteste aller Libanonklöster, das alte Kannobin, an die — 380 — steilabfallenden Dolomitfelsen des Kadischathales angeklebt, ist halb Höhle, in welcher mit wenig künstlicher Nachhilfe Wohn- gelasse, Stallungen und Keller angebracht sind. In und an den meisten dieser Höhlen ist die glaciale Breccie zu beobachten. Ich bin der festesten Ueberzeugung, dass Ausgrabungen im Innern dieser Klosterräume überall prähistorische Data uns an die Hand liefern würden. Nicht minder als die Höhlen- und Grottenfunde und die Ausbeute in der terra rossa verdienen die älteren Kalktuffe in der Nähe der Quellen unsere Aufmerksamkeit. Eine dieser Lokalitäten wurde von mir näher untersucht, sie liegt 130 m unter den Cedern, wo die Kadischa-Quelle unterhalb des Moränen- schuttes wahrscheinlich aus dahinter liegendem Sandgebirge durch einen engen Spalt hervorbricht. Tosend bricht der starke Quell aus seiner Höhle, um sich sofort in Kaskaden von gegen 100 m über die Felsen zu stürzen und im Sturz sich in Staub aufzulösen. Die Felsen gehören alle der Moräne an, denn sie bestehen aus einem Felsenschutt, der dem Machmel entstammt, wahre Riesen- breccien von glatten, rauhen, weissen, grauen, löcherigen Kalken, Dolomiten und Mergeln. Der Schutt ist durchgängig durch Kalkwasser cementirt und hat nach Massgabe der späteren Erosion die kühnsten Gestalten angenommen, zu welchen sich nur eine Phantasie aufschwingen kann. In den letzten bis gegen Bscherre vorgeschobenen Felsen hat sich das Kloster Mar Sarkis ein- gegraben, von welchem nur eine schmale weinumrankte Terrasse sichtbar ist. Die Kirche, die Wohnräume und Zellen sind alle im Felsen. Luft und Licht fällt durch schmale Luken ein. Diese Moräne, die von ihrem Anfang bei den Cedern bis nach Bscherre in einer Höhendifferenz von 400 m sich erstreckt, weist an verschiedenen Stellen Kalktuffe auf, die theilweise mit den Abdrücken von Pflanzenresten erfüllt und von Eöhren durchzogen sind, die von Schilfen und Gräsern herrühren. Am bekanntesten aber sehen die Abdrücke von Blättern aus, von welchen eine Anzahl gesammelt wurde. Leider gingen die meisten Handstücke beim Transport schon über die Berge und Schluchten des Liba- non zu Grund. Der Kalksinter, in welchem die Blätter ab- — 381 — klatschten, ist in einer Weise zerreiblich und bröckelig, dass dessen Fixirung ohne Leimwasser nicht möglich ist. Bis diess geschah, war der grössere Theil zerfallen. Doch Hessen sich noch bestimmen die Blätter von Eichen, Buchen, Ulmen und Haselnuss. Eichen sind zwar noch im Libanon, es sind aber andere Arten, als die Quercus pedunculata und sessiliflora, welche unsere deutschen Wälder kennzeichnet. Dagegen weisen die bei Bscherre ersamraelten Stücke auf unsere grossblätterige Art, welche mit der kleinblätterigen Kermeseiche oder der stachelblätterigeu, immergrünen Art des Libanons nicht gemein hat. Der gleiche Fall ist mit der Haselnuss, man sucht sie vergeblich unter den wildwachsenden Sträuchern des Libanons. Noch weniger sind Ulmen und Buchen in Syrien zu finden. Die Funde der Blattabdrücke genannter Bäume spricht nach meiner Ansicht mit grosser Bestimmtheit für ein wesentlich ver- ändertesKlima, in welchem annähernd ein Baumschlag herrschte, wie er z. B. heutzutage in Deutschland zu treffen ist bei einer Meereshöhe bis zu 400 m Laubwald deckte die Berge in prä- historischer Zeit, bis das „feuerschnaubende Ungeheuer Aegis" (Diodor 3,70) die Wälder anzündete. Später wurde dessen Fell zum Schilde des Wolken erschütternden Zeus. Sturm und Wetter, nicht etwa Menschenhand, änderte jedoch dieses Klima, über dessen Existenz nur noch die Abdrücke der Blattleichen uns dunkle Kunde geben. Eine einzige Art nur von den Bäumen der prähistorischen Zeit hat die Wandlung des Klimas mit durch- gemacht, die Cedern des Libanons, von denen eine kleine An- zahl noch übrig ist. Für die weite Verbreitung der Ceder, Pinus cedrus in früherer Zeit sprechen die Zeugnisse des Alten Testaments, wornach nicht bloss zum Bau der Tempel und der Paläste zu Jerusalem Cederuholz als Bauholz verwendet wurde, sondern die Schiffe (Mastbäume) der tyrischen Flotte, die Yertäferung der Wohnungen, Schnitzwerke, Götzenbilder u. dergl. aus dem duften- den, harzreichen Holz hergestellt wurden. Wenn ferner die Schrift gerade die Ceder zum Ideal von königlicher Pracht, Schönheit und Majestät macht, und sie als Urbild der Ehrwürdig- — 382 — keit darstellt, so darf man wohl annehmen, dass schon in den alttestamentlichen Zeiten solche Riesenbäume zu schauen waren, wie heutzutage nur noch 5 Exemplare existiren. Eben damit reichen sie schon in die prähistorische Zeit, aus welcher sie die historische Zeit ererbt hat. Im Jahr 1550 zählte Bellonius die alten Bäume und fand 28 Stück, 1573 zählte Dr, ßauchwolf 24, Pococke im Jahr 1754 nur noch 15, Burckhardt im Jahr 1810 11—12, Eussegger 1836 7, im Jahr 1875 waren es noch 5. Man kann nach diesem stetigen Abgang der alten Bäume, welche den Stürmen und Gewittern erliegen, mit grosser Bestimmtheit voraussagen, dass ums Jahr 1940 keiner der alten salomonischen Bäume mehr am Leben sein wird. Dies aber ist der beste Beweis dafür, dass die Cedern heutzutage nicht mehr in dem ihnen zuträglichen Klima und auf dem ihrem Gedeihen ent- sprechenden Standort stehen. Jetzt gedeiht bekanntlich in Mittel- europa, ja sogar am Kanal, der Nordsee und Ostsee die Libanon- ceder besser als am Libanon. Es verhält sich, wie es scheint, mit den natürlichen Zuständen eines Landes nicht anders, als mit den Erzeugnissen des menschlichen Geistes, der gewisse Sitze des Planeten verlässt, um anderswo Blüthen und Früchte zu treiben. Wasser und Qellen am Libanon. Bei Waldesdunkel und Wiesengrün lernt man den Werth einer Quelle niemals schätzen. Erst wenn der Abendländer einmal sich nach Osten wendet und in den Bereich des grossen Wüstengürtels kommt, dessen Grenze die syrischen Lande bilden, erst wenn man selbst Tage lang mit vertrockneter Zunge den von der Sonne durchglühten, staubigen Boden durchmessen hat, versteht man die Begeisterung der arabischen Dichter, wenn sie eine frische Gebirgsquelle schildern und gewissermassen die ganze Fülle menschlichen Glückes an den lebendigen Born eines fliessenden Wassers knüpfen. Ist doch das Paradies nach dem Koran ein Baumgarten mit fliessendem Wasser und eine — 383 — Stadt wie Damaskus der Abglanz des Paradieses, die „Perle des Orients", die zu preisen der Dichter nie aufhört. Der Abend- länder freilich begreift das schwer, er verlässt als vorsichtiger Mann, sobald es Abend wird , die Gartenhaine (Ghüta) von Da- mask, die ihm schliesslich Wechselfieber und Dysenterie eintrügen, und kann vom Standpunkt der allgemeinen Gesundheitspflege die Berieselung einer Stadt nicht gut heissen, in deren Untergrund alles Wasser versinkt, das nicht zuvor an der Luft verdunstet. Der Wasserspender für Damaskus aber ist der Bärada (der Kalte), der vom Mittelpunkt des Antilibanos her (Djebel Zebe- däni) das Gebirge von West nach Ost durchbricht und zugleich mit dem Nähr Awadj, der vom Hermon her kommt, die syrische Hauptstadt bewässert. Eilenden Laufes kommen die Wasser in der Ebene an, frischer und besser als alle Wasser in Israel (II Könige 5,12), um aber hinter den Gärten der Stadt in grossen Sümpfen (sog. Wiesenseen) zu verschwinden. Selbstredend sind die hohen Berge, deren Gipfel in den Wolken thronen, die Sammler der meteorischen Wasser. Sie beschlagen sich mit den Wasser dünsten, die dem Meer entsteigen und vom October bis zum März in diesen Höhen als Schnee niederfallen. Während nun vom Mai an bis in die 2te Woche des September es in Syrien in der Regel nicht mehr regnet und alle Oberfläche verdorrt, die nicht berieselt werden kann oder durch den Untergrund befeuchtet ist, ist der unter der Sonne schmelzende Schnee des Hochgebirgs die grosse Vorraths- kammer, aus welcher die Gebirgsquellen gespeist werden. Die Schichtung des Gebirgs einerseits mit einem Wechsel zahlloser Bänke und die Zerklüftung des Gebirgs andererseits ist der Grund, dass die niedersinkenden Schneewasser in grösseren Quellen zum Ausbruch kommen. Dies ist ja der wohlbekannte Charakter aller ausgedehnten Kalkgebirge, wie z. B. der schwä- bischen Alb, des fränkischen Juras, des hohen Karst u. A. Entweder treten die Wasser in Töpfen und Kesseln aus, wenn die Quelle am Fuss des Gebirges liegt, oder brechen sie aus Grotten und Höhlen, wenn innerhalb des Hochgebirgs. Die Wassermenge ist vielfach eine ganz gewaltige, also dass — 384 — 40 Cubik - Fuss in der Sekunde und darüber zum Ausguss kommen. Im südlichen Libanon beginnend kommen wir zuerst in das Quellgebiet des Awali, der einige Kilometer nördlich Saida ins Meer schleicht. Ehe er die Ebene erreicht, zweigt vor ihm die Wasserleitung für Saida ab , hier ist auch die alte Brücke von Fachreddin, die aber nur zur Regenzeit benützt wird, wenn der Awali anschwillt. Für gewöhnlich wird der Fluss durchritten und durchwatet. 20 km von seiner Mündung im Distrikte Schuf kommen die beiden Quellarme, der eine von Nord-Ost-Nord (Arküb), der andere von Süd-Ost-Süd (Djezzin) zusammen. Der nördliche Arm ist der Bärük, der nunmehr seinen Namen ver- liert, der südliche heisst Awali, der am Fusse des Niha hinter dem freundlichen Christenstädtchen Djezzin entspringt. Die Quelle bricht bei 1000 m ü. d. M. am Ende des engen wasserlosen Trockenthals unter einer Felsbank hervor. Genau betrachtet ist es eine Felsenecke, durch 2 Klüfte in hora 12 und hora 6 gebildet. Aus der hora 12 Fuge, also in der Richtung des Trockenthals quillt das Wasser, das nach einer, allerdings nur flüchtig gemachten Messung bei der Mühle 390 Liter in der Sekunde schüttet. Die Temperatur des Wassers beträgt 13° C. Die Felsbank, unter welcher die Quelle hervorbricht, ist die Gastropoden -(P^erocerös) Bank, über welcher sich 200 m Ru- distenkalke erheben (s. das Profil Seite 333). In dem ganzen System von Kalk, Schiefer und Mergel haftet das Wasser nir- gends, das vielmehr durch die schon bezeichneten Streich- und Fallklüfte in die Tiefe geht, in einer der Hauptklüfte, welche auch das Trockenthal vorgezeichnet haben, sich sammelt und am Ende des Thals zu Tage kommt. Unterhalb des Städtchens stürzt sich der kaum geborene Awali über den schauerlichen Felsen- kranz, der meilenweit das Thal umsäumt, in die Tiefe. Sein Fall beträgt 73 m, bei dem er übrigens einmal aufschlägt um fast ganz zerstäubt auf den Basaltiten von B'kessin sich wieder zu sammeln und sich von da immer tiefer und tiefer in die Sandsteinformation einzuwühlen. Nach 5 km direkter Entfernung — 385 — erweitert sich das enge Thal in die Lichtung der Bärükmimdung (543 m), was einem Gefäll von 1 : 10 entspricht. Der Barük entspringt oberhalb des gleichnamigen Drusen- dorfes im gleichen Horizont wie der Awali am Fuss des Djebel el Barük. Diese Gegend ist die eigentliche Heimat der Drusen, die in dem wunderbar schönen, reichen Drusensitz Much- tära in der Familie der Djombelät ihren politischen Mittelpunkt haben. Der Fluss lauft von Muchtära an im Sandgebirge in schmaler Rinne mit unzugänglichen Wänden, die sich senkrecht zu bis 200 Meter erheben und eine der grausigsten Fels- schluchten bilden, die im südlichen Libanon zu treffen sind. Der Barük vereinigt sich mit dem Awali in einer durch üppigen Baumschlag ausgezeichneten reizenden Niederung, in welcher Granitsäulen und Tempelreste von altphönizischer Kultur Zeug- niss ablegen. Von hier bricht scliliesslich der Awali durch eine Querspalte in den oberen Kreidefelsen zur Küstenebene durch, verliert aber dabei nicht unerheblich von seinem Wasser, das durch Querklüfte entweicht, um auf näherem unterirdischem Wege in der Ebene von Saida in Gestalt kleinerer Quellen zu erscheinen, die sozusagen das üebereich der Grundwasser in der Ebene bilden. 2. Der andere Fluss, der nur 15 km nördlich vom Awali in nahezu gleicher Mächtigkeit wie dieser sich ins Meer ergiesst und zwar unmittelbar, ohne zuvor ein Küstenland zu durchfliessen, sobald er die Querspalte in den Kreidefelsen verlässt, ist der Tamyras der Alten, heute Dämür geheissen, er zeigt wesentlich andere Verhältnisse als der Awali und unterscheidet sich dadurch, dass alle seine Quellköpfe in das Gebiet der Sandsteinformation fallen. Seine Quellen sind nicht einzelne grosse Sammelquellen, die vielleicht Stunden weit in unterirdischem Lauf zusammen- rinnen, sondern eine Menge kleinerer Quellen, die in der Wasser haltenden Formation ihren Ursprung haben. Daher kommt es auch, dass der Damür nur 8 km von seiner Mündung entfernt, beim Dorfe el Hadeth seinen Namen verliert. Kurz vorher hatte der Nabr el Hamman ihn vergrössert. Vier bis fünf Zuflüsse kommen von Norden her aus dem Djurd, wir nennen nur Ain Württemb. naturw. Jahreshefte. 1878. 25 — 386 — Sofar (1369 m ü. d. M.), den Gendarmerieposten an der grossen Strasse, wo ein köstliches Wasser von 12 ^ C aus der braunen Kreide quillt; das Hauptwasser aber kommt aus dem Wädi Andtura, wo Ain Sofar bei Ain Zehalte gleichfalls ein 12 •^ R. haltendes herrliches Wasser schüttet. Aus dieser Quelle Hess vor 50 Jahren der gewaltige Emir Beschir, der letzte Bergfürst des Libanon aus der weitverzweigten Familie el Schehäb die Wasser nach Beteddin leiten, um seinem Fürstensitz für dessen zahlreiche Springbrunnen, Bäder und Seen das nöthige Frisch- wasser zuzuführen. Auch die Quelle el Audi an der Grenze der Kalk- und Sandformation gibt ihr Wasser in das Safathal ab. Weiter hin gehören die Quellen im Gebirg von Gharb und Schehär samt und sonders Weher, die beliebten Sommersitze der Europäer und Amerikaner wie Aleih, Sük el gharb, Arnüb, Abeih, Ara- mün, Bawirte u. s. w. Allenthalben quillt frisches Wasser aus den Sandschichten und rinnt in den Schluchten zusammen. So- bald aber die Sandschichten aufhören, die in geraden Spalten- linien gegen die Kalkformation abschneidet, verrinnen die W^asser im Kalk, die Thalschlucht, eben noch vom lustigen klaren Bach durchströmt, wird zur trockenen Felsschlucht und der Bach er- reicht höchstens zur Zeit der starken Regengüsse das Meer. Wenn aber in der Ebene die Quellen wieder zum Vorschein kommen, wie zu Schuweifät und Hadeth, ist die Temperatur erhöht, so die letztere Quelle auf 20^ C, die unter harten löcherigen Kalkfelsen nicht ohne Beigeschmack von Schwefelwasserstoff ausbricht. 3. Wieder anders der Nähr el Beirut, der die heisse Küstenebene zwischen der Stadt und dem Gebirge bewässert, wobei er gleich den andern einen beträchtlichen Theil seines Wasser- quantums einbüsst. Auch er durchbricht in enger Felsenschlucht das Gebirge, hinter welchem er in seinen zwei Armen, Hammäna und Salima, die vielen Sandsteinwasser der fruchtbaren Provinz Metn sammelt. Während der Salima bis zu seinem eigentlichen entferntesten Quellkopf der Neba Beleihe (1227 m) sich im Gebiet des Sandsteins bewegt, der zu den Füssen der Sannin- ausläufer das Taggebirge bildet, entspringt der Hammäna bei — 387 — 1110 m am Keneise unter einer 2 m mächtigen Austern- bank und einem üeberhang von mindestens 100 m hohen Felsen. Senkrecht abfallend bilden sie einen schauerlichen Kranz um die Quelle. In dieser Felsenöde hört man keinen andern Laut als das Tosen der Quelle, die 1 m hoch unter der Felsbank auf- springt, um alsbald sich 40 m tief über einen Wechsel von Thonen und Kalken hinabzustürzen, der an der unzugänglichen Wand ansteht. Auf den Basaltiten von Hammana sammelt sich das Wasser wieder und laufen ihm von allen Seiten aus der Sand- und Basaltitformation Zuflüsse zu. 4. Der Hundsfluss, Nähr el Kelb (Lykos der Griechen) ist wegen seien Felseninschrift (Seite 371) der bekannteste Strom des Libanon, heutzutage wegen der Wasserversorgung der grossen Stadt Beirut für diese vom höchsten Werth. Geologisch ist er der eigentliche Felsenstrom, der an den Höhen des Sannins viel- fach direkt aus den Schneeschmelzen sich sammelt und in lauter Wasserfällen und Katarakten durch die Thäler des Wädi Sannin, Wädi el Leben, Wädi Asal der Tiefe zustürzt. Wegen der Un- bändigkeit seiner Wasser gaben ihm die Alten seinen Namen. Bei der Felsen-Natur dieses Wassergebietes ist es begreiflich, dass der Lauf des Stroms vielfach auch ein unterirdischer ist. Abgesehen, dass verschiedene sog. Naturbrücken existiren, unter welchen Djisr el hadjar die bekannteste ist, welche 24 m breit den Milchfluss (N. el Leben) überbrückt, wurde bereits der Höhle Er- wähnung gethan, welche die englischen Ingenieure Maxwell und Schäfer in einer Längenerstreckung von 1200 m ver- folgt haben. Die Höhle ist auf ilirem Grund zu einer grausigen Schlucht verengt, durch welche ein Bach tost, der am Ende der Höhle in der Hundsgrotte zum Ausbruch kommt. Die Höhle ist reich an Abwechslung, bald enger bald weiter, bald höher bald niedriger, wie das auch sonst Höhlencharakter ist und die Phantasie findet hier ein weites Feld bei den Schauern der Unterwelt sich zu ergehen. Der unterirdische Höhlenlauf des Nähr el Kelb ist genau in derselben Richtung wie der oberirdische Lauf, d. h. beiden liegen die Parallelspalten zu Grund, welche einst bei der Gebirgsbildung entstanden. Genaue Messungen des 25* — 388 — Wassers im Oberlauf des Stroms könnten leicht zu der Stelle führen, wo das Tagewasser sich in die Tiefe zieht, um eine Zeit lang unterirdisch seinen "Weg zu suchen. Namentlich werden es Erdbeben sein, welche das Ver- schwinden von Wassern in dieser Felsengegend veranlassen. So sah man in der nur wenige Kilometer entfernten Anteliasgrotte vor dem Jahr 1837 in dieser noch das Wasser des Nähr Autelias seinen Ursprung nehmen (bei 44 m ü. d. M.) In dem genannten Erdbebenjahr verschwand die Quelle und brach an der Stelle ihres heutigen Ursprungs nur 1 km vom Meer entfernt in einem Niveau von 20 m ü. d. M. aus. Während das Wasser früher von der Grotte an bis zur heutigen Quelle zu Tage lief, lauft es jetzt unterirdisch und ist die alte Grotte in sich ver- stürzt. Auf welche Erstreckung hin mag das Wasser weiter her schon im unterirdischen Lauf sich sammeln? 5. Wie beim Hundsfluss gestaltet sich die Sache auch beim Nähr Ibrahim, dem Adonis der Alten, der vom Djebel Mneitri her sich sammelt und in der Grotte von Afka seinen Tageslauf beginnt. Er entspringt an der Grenze der hier tiefrothen Sand- steinformation und der Mergel; die erstere färbt das Wasser zur Zeit der Schneeschmelze und der ausserordentlichen Regengüsse blutroth und hat offenbar die Sage vom Blut des Adonis, das den Strom färbe, von Aphrodite aber in Rosen (Adonisröschen blühen hier im ersten Frühling in Unzahl) verwandelt werde, hier ihren Sitz. Von Afka stürzt sich der Strom in die tiefen Schrunde der Dolomite. Keine Möglichkeit neben dem Strom noch einen Thalweg anzubringen , hat doch oft der reissende Strom selber kaum Platz in dem Thal. Erst kurz vor seiner Mündung erweitert sich das Thal, wo der Fluss aus dem Gebiet der Dolomite mittelst einer gewaltigen Verwerfung in das der oberen milden Kreidemergel gelangt, die hier zu unterst liegen. 6. Zahmer als die beiden letztgenannten Flüsse ist der Nähr el Djöz, (Djauz) der nur in seinen Quellflüssen im hohen Tannurin in unzugänglichen wilden Schluchten sich sammelt. Seine Wasser- sammler sind die Moränen, hinter welchen die Sandsteinformation liegt. Sobald er aber in der Breite von Duma das eigentliche — 389 — Djözthal erreicht hat, bettet er sich in den oberen Turou- und Sennonmergeln, in welchen er sanftere Gehänge geschaffen hat. Er bildet hier die Grenze zwischen den Distrikten Batrün und Küra, bis er nördlich der Stadt Batrün, der alten phönikischen Feste Botrys, den Weg ins Meer findet. 7. Ganz ähnlich sind die Quellen und der Lauf des „hei- ligen" Flusses des Nähr Kadischa, der (Seite 380) seine Haupt- quelle in der Moräne unterhalb des Cedernhaines hat. Auch hier ist die Sandsteinformation in der Höhe von Bscherre, wo aus jeder Thalschlucht frische Wasser niederrinnen, um sich unterhalb Blöza in der tiefen Felsenschlucht, an welcher das Kloster Kannobin klebt, zu sammeln. Statt nun aber nach dem Verlassen des Felsengebiets direkt dem Meer zuzueilen, wird der Fluss durch seinen eigenen alten Moränenschutt in der un- teren Küra, die sich vor ihn legt, nach Norden getrieben. Er durchfliesst nun die fruchtbare Ebene des Küra und Zäwiye. Unter den Zuflüssen vom Gebirge her erwähne ich nur der grossen Quelle Raschln hinter Zgharta, die zum mindesten 50 Cubikfuss in der Sekunde schüttet, als eine der schönsten Kesselquellen der Ebene. Eine Reihe solcher Kesselquellen wie die Engel- quelle und die Quelle Mukattem drückt sich hier als am Aus- gehenden des Kreidegebirgs aus dem Schutt. Bei der grossen Wassermasse, welche sie liefern, ist ein langer unterirdischer Lauf in dem durchhöhlten Kalkgebirge selbstverständlich. Die Quellen im Ostabhang des Libanon haben weniger zu bedeuten, einmal weil sie nur unbedeutend sind, zum Andern weil ihnen das Charakteristische fehlt, das den westlichen Quellen eigen ist. Nennenswerth ist nur der Ursprung des Bardüni, der in der engen Querschlucht von Zachle eigentlich noch in das System der westlibanesischen Quellen gehört. Hinter Aferain ^brechen zwei Quellen von 8 ^ C. aus einem Felsenloch. Die Schich- ten stehen unter einem Winkel von 7 ^ auf dem Kopf. Den Quellsammler bildet auch hier der Sand, der sich einige 100 m oberhalb der Quelle von Azirte aus am Ostfuss des Sannin hinzieht. Die anderen Quellen gehören der Moräne an und dem — 390 — wahrscheinlich glacialen Schutt, der in der Bekäa die Hauptrolle spielt. So Ainäta auf dem Weg von Der el achmar zum Cedernpass (Djebel el arz 2348 m), deren Wasser in den Alpen- see Yammüne läuft. Ganz in der Weise der Seen in den alpinen Landschaften oder in den alten glacialen Landschaften Oberschwabens verschüttete einst die Moräne den Wasserlauf und staute die Wasser, die theils verdunsten, theils als Grund- wasser sich verziehen. Erklärung der Tafeln. Tafel III. Fig. 1. Cidarifes glandarius Lang. Körper. Ain Ha- mäde. pag. 283. Fig. 2 — 10. Cidarites glandarius Lang. Stacheln. Ain Hamäde. pag. 284. Fig. 11. Cidarites glandarius Lang, claviphoenix Quenst. Ain Hamäde. pag. 284. Fig. 12. 13. Cidarites clavimorus Quenst. Ain Hamäde. pag. 286. Tafel IV. Fig. 1. Ophiura libanotica König. Hakel. pag. 345. Fig. 2. Geocoma libanotica König. Hakel. pag. 345. Fig. 3. Ostrea succini Fraas. Djebäa. pag. 302. Fig. 4. Salenia petdlifera Agass. Ain Hamäde. pag. 287. Fig. 5. Micrasfer polygonus de Luc. Batrün. pag. 349. Fig. 6. Sarcinula Sälimae Fraas. Salimathal bei Ain Hamäde. pag. 282. Tafel V. Fig. 1 a u. b. Astarte libanotica Fraas. Dakün. pag. 301. Fig. 2 — 5. Trigonia sijriaca Conr. Djebäa. pag. 299. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. — 391 — Tafel VI. Pseudastacus Jiakelensis Fraas. Hakel. pag. 346. Pseudastacus minor Fraas. Hakel. pag. 346. Geotheutis Uhanotica Fraas. Hakel. pag. 345. Ammonites TrasMi Gabb. Sähil Alma. pag. 353. Gyrodus syriacus Fraas. Gaumenplatte. Hakel. pag 348. Fig. 6. Ders. Unterkiefer. Quenst. Hakel. pag. 348. Tafel VII. Badiolites acuta d'Orb. Meifük. pag. 340. Toxaster pentagonalis Fraas. Salimathal. p. 349, Lutraria sinuata Fraas. Djebäa. pag. 302. Badiolites polyconilites d'Orb. Meifük. pag. 341. Hippurites Lewisit Fraas. Ain Anüb. pag. 330. Tafel VIII. Nerinea SchicJcii Fraas. Abeili. pag. 324. Nerinea gemmifera Lart. Abeih. pag 324. Nerinea longissima ßeuss. Abeili. pag. 324. Mostellaria Eustemi Frass. Abeih. pag. 323. u. b. Globiconcha Lewisii. Abeih. pag. 321. Neritopsis ornata Fraas. Abeih. pag. 322. Natica patulaeformis Fraas. Abeih. pag. 322. Turbo Moreli Fraas. Abeih. pag. 323. Actaeonella Äbsalonis Fraas. Abeih. pag. 321. Cerithium provinciale d'Orb. Abeih, variet. armatum Fraas. Abeih. pag. 325. Cerithium provinciale pustulosum Fraas. Abeih. pag. 325. Cerithium provinciale plicatum, Fraas. Abeih. pag. 325. Fig. 13. Cerithium provinciale niidum Fraas. Abeih. pag. 325. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5 Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. üelier den HydroMmatit yon Nenenlilirg, Von Professor Dr. Max Bauer in Königsberg i. Pr. Als ich meine im Jahrgang" 1866, pag. 168 ff., dieser Jahres- hefte veröffentlichte Dissertation über: „Die Brauneisensteingänge von Neuenbürg" an der Enz im Schwarzwald verfasste, war meine Aufmerksamkeit noch nicht auf das oben erwähnte Mineral, Hydrohämatit, gelenkt worden, ein Eisenoxydhydrat, das sich von anderen ähnlich zusammengesetzten Mineralien, Goethit, Braun- eisenstein etc., wesentlich durch einen geringeren Wassergehalt unterscheidet, den geringsten, der in dieser Gruppe beobachtet worden ist, der 5,3% beträgt und der auf die Formel H2 0 . 2 Fe2 O3 = H2 Fe4 O7 führt. Ich kannte damals bloss die Angabe von Hermann ^ der von den Turginskischen Kupfergruben bei Bogoslawsk im Ural den nach dem benachbarten Fluss Turga so benannten Turgit beschrieb, ein derbes Mineral mit ebenem, flachmuschligem, matten Bruch, das in splitterige, scharfkantige Bruchstücke zerbricht, undurchsichtig ist, eine braunrothe Farbe mit braunrothem, ins Ziegelrothe gehenden Strich, eine Härte = 5 und ein spez. Gewicht = 3,54 — 3,74 besitzt und dessen Analyse auf die oben ange- gebene Formel führt. Ich kannte aber nicht die Stelle in dem „Vollständigen Handbuch der Mineralogie" von Breithaupt ^ mit der Be- schreibung des Hydrohämatit als eines dunkelrotben ins Graue fallenden, faserigen Minerals von oben angegebener Zusammen- setzung, von der Härte = 6^2 — 7^2 und dem spez. Gewicht * Journ. für prakt. Chem. 33. 97. 1844. 2 III. 486. 1847. — 393 — = 4,29 — 4,49 und mit blutrothem Strich, das mit Brauneisen- stein zusammen bei Siebensitz im Fichtelgebirge und mehrfach im Siegen'schen vorkommt. Aus Unkenntniss dieser letzteren Breithaupt'schen An- gabe habe ich in jener Dissertation den Hydrohämatit übersehen und mit Brauneisenstein (braunem Glaskopf) verwechselt, ein üebersehen und eine Verwechslung, die wohl auch sonst vielfach vorgekommen sind, da dieses Mineral dem braunen Glaskopf im Aussehen und besonders im Vorkommen sehr ähnlich ist. Nach meinen Handstücken zu urtheilen hat es in den Neuenbürger Gängen eine nicht unbedeutende Rolle gespielt, und diess ist der Grund, warum ich es hier gerne noch nachtragen möchte. Beim Auspacken der von mir seiner Zeit in Neuenbürg ge- sammelten Erzstufen fiel es mir bei näherer Betrachtung derselben auf, dass an den meisten Glaskopfstücken die charakteristische braune Färbung der Fasern auf dem Querbruch nicht ganz bis zur äusseren nierenförmigrunden, glänzend schwarzen Oberfläche gieng, sondern an einem Punkt plötzlich aufhört, um einer dunkel- rothgrauen Farbe bis zu jener Oberfläche hin Platz zu machen, derart, dass auf dem helleren inneren braunen Glaskopfkern eine ziemlich viel dunklere mehr oder weniger dicke, scharf nach innen abgegränzte Kruste sass, die sich bei genauerer Unter- suchung als Hydrohämatit ergab. Die Farbe des Querbruchs des Hydrohämatit ist wie erwähnt dunkel, grauschwarz mit einem deutlichen Stich ins Roth, und gleicht, wie das Hermann auch bei der Beschreibung des Turgits hervorhebt, sehr der Farbe gewisser dichter Rothkupfer- erze. Diese Farbe weicht sehr ab von der braunen des braunen Glaskopfs und es ist daran die auf diesem sitzende Hydrohämatit- kruste stets leicht zu erkennen. Die Farbe ist aber auch trotz grosser Aehnlichkeit verschieden von der Farbe des Hämatits, der allerdings in den faserigen Abänderungen häufig sich nur wenig unterscheidet, aber doch immer einen deutlicheren Stich ins Rothe besitzt, der beim Hydrohämatit ziemlich zurücktritt, welcher Unterschied auch eine Unterscheidung dieser beiden Mineralien durch den blossen Anblick in den meisten Fällen gestattet. — 394 — Noch deutlicher und sicher ergiebt sich diese Unterscheidung durch den Strich. Dieser ist beim Hydrohämatit dunkelblutroth mit einem Stich ins Braune, der des Eisenglanzes in allen seinen Abänderungen viel heller und reiner roth. Besonders wichtig ist der Strich aber zur Unterscheidung von Brauneisenstein, dessen Pulver eine mehr oder weniger stark ins G-elbe gehende Farbe zeigt; hier ist der Unterschied so gross, dass keinesfalls eine Verwechslung möglich ist. Ein Ritz mit dem Messer über den Querbruch eines braunen Glaskopfs zeigt sofort die An- oder Abwesenheit unseres Minerals und die Grenze wo beide anein- anderstossen. Diese Grenze ist bei allen beobachteten Stücken eine sehr scharfe und deutliche. Dieselbe schwarze Schicht, die alle braunen Glasköpfe nach aussen begrenzt, thut diess nicht nur auch stets beim Hydrohämatit, sondern sie scheidet auch diese beiden Minera- lien von einander. Die Trennungsfläche ist ebenfalls rund, nieren- förmig, der Glanz derselben meist nicht so bedeutend, wie bei der äusseren Begrenzungsfläche. Aber nicht nur die äussere und innere Begrenzungsfläche des Hydrohämatits zeigen diese schwarze Farbe und diese nierenförmige Gestalt, sondern es zeigt sich auch im Innern eine meist sehr deutliche und starke schalige Absonderung nach solchen, jenen parallelen Flächen, welche zuweilen sich schon durch feine Linien auf dem Querbruch verrathen, zuweilen aber auch erst beim Zerschlagen zum Vor- schein kommen. Aber auch quer gegen die Nierenflächen ist vielfach eine starke Absonderung in den Krusten des Hydrohämatits vorhanden und die einzelnen Absonderungsstücke begrenzen sich gegen- seitig durch ziemlich ebene oder wenig gebogene Flächen, welche ebenfalls die glänzend schwarze Oberflächenschicht zeigten, so dass auch auf dem Querbruch vielfach die eigentliche ins Roth spielende Farbe des Minerals gar nicht hervortritt. Diese Absonderungsstückchen nach Flächen senkrecht zu den Nierenflächen sind meist sehr klein und dünn und die Ab- sonderungsflächen mit etwas excentrischen , ebenfalls zu den nierenförmigen Flächen nahezu senkrechten feinen Linien ge- — 395 — zeichnet. Solche ganz ähnlich verlaufende feine Linien finden sich auch dicht gedrängt auf den eigentlichen Querbruchflächen, und es entsteht so ein Anschein von Faserigkeit, die in Wirklich- keit wohl, wie ich glaube, nicht existirt oder die jedenfalls sehr viel mehr zurücktritt, als man das nach dem ersten Anschein denken sollte. Jedenfalls gelang es nie einzelne so feine Fasern abzulösen, wie sie sich bei vielen braunen und rothen Glas- knöpfen ablösen lassen, wo sie so scharf und spitzig sind, dass man sich daran erheblich stechen kann. Die Härte des Minerals fand sich ungefähr = 6 — 7, einzelne Stücke ritzten Quarz merkbar. Alle diese Eigenschaften, wie sie sich aussen schon ohne Anwendung speziellerer Untersuchungen zeigen, führen mit Sicher- heit auf Hydrohämatit. Der völligen Sicherheit wegen aber habe ich auch eine chemische Untersuchung angestellt und dabei einen Wassergehalt von 5,6 7% gefunden, was genau auf die Hydro- hämatitformel H20.2Fe203 = H2Fe407 führt. Ein Theil des Wassers geht schon unter Glühhitze leicht weg, daher geben grössere Stückchen schon im Kolben grössere Mengen Wasser- tropfen und zeigen dabei das für den Hydrohämatit zum Unter- schied von allen anderen ähnlich aussehenden Eisenerzen charak- teristische starke Zerknistern, das schon Breithaupt^ als unter- scheidendes Kennzeichen angiebt. Die letzten Antheile des Wassers gehen erst bei starker Glühhitze weg. In kalter HCl löst sich das Pulver schwer, in heisser rasch und leicht, beidemal unter Erzeugung starker, Lakmus-bleichender Chlordämpfe, was auf einen grösseren Mangangehalt hinweist. Dabei bleibt nur ein kleinerer unlöslicher Rückstand. Ausser dieser scheinbar faserigen Varietät des Hydrohämatit scheint nun aber noch eine zweite pulverförmige desselben vor- handen zu sein, die ich auch in jener Dissertation schon be- schrieben, aber damals für Eisenoxyd gehalten habe. Es sind dies ziegelrothe Flecken auf der schwarzen Glaskopf Oberfläche und dünne, dem festen Hydrohämatit eingelagerte Schnürchen, die beim Erhitzen im Kolben Wasser geben, also nicht Eisen- » 1. c. — 396 - oxyd sein können, aber wegen der rothen Farbe wohl kein anderes Hydrat als das vorliegende. Zu einer genaueren Unter- suchung reichte das Material nicht aus. Um nun einen Begriff von der Bedeutung, die der Hydro- hämatit wahrscheinlich in den Neuenbürger Brauneisenerzlager- statten gehabt hat, zu geben, will ich anführen, in welcher re- lativen Menge im Verhältniss zum Brauneisenstein er sich an meinen Stücken findet. Da diese ziemlich zahlreich sind und wie aus der Einleitung hervorgeht, ganz ohne alle Rücksicht auf den Hydrohämatitgehalt gewählt worden sind, da mir ja damals dieses Mineral ganz unbekannt war, so lässt sich daraus vielleicht mit weniger Sicherheit schliessen, in welcher Menge es sich überhaupt im Ganzen dem Brauneisenstein gegenüber gefunden hat. An wenigen Stücken fehlt der Hydrohämatit ganz, an den meisten ist er in geringerer Menge vorhanden, als der Braun- eisenstein, an verschiedenen hält er diesem an Menge mindestens die Wage und überwiegt auch an einzelnen, so dass im Grossen und Ganzen er sich an Menge zum Brauneisenstein verhält, wie 1:5, oder so dass er Vö — V^ :iV (1878.; TafVUl. ^W^ m ^*fmk:' ^M: r-w^..-*j^