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{japanische Dramen tFerakotjia

und

^sagao

tibertragen, von

Prof. ©r. Karl Florenz.

Zureite Auflage.

C F. Ämelangs ^J'crlag, Iieifizig, V. Masegaoja, Vok^o.

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Mt Kecl)te UcrbeDaltcn

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Druck. Illustrationen u.Papier

von

T. HASEGAWA,

10 HlYOSHICHO, TOKYO.

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öie DOKFSCHUL£

1 N &I NCM AKT.

Jinfü|rutt0»

Terakoya oder ,,Die Dorlschule," ist der Hauptakt des histori sehen Trauerspiels Sugawara Denju Tenarai Ragami „Spiegel der vom Kanzler Sugawara überlieferten Schönschreibekunst" ein phan- tastischer Titel, wie ihn die japanischen Dramatiker ihren Stücken zu geben belieben. Vier Verfasser haben daran gearbeitet, nämlich der bekannte Schauspieldichter Takeda Izumo ( + 1740) und drei Genos- sen. Das Stück wird zwar auch als Ganzes ziemlich häufig aufgeführt ; besonders beliebt aber ist der Akt Terakoya, der Glanzpunkt des Schauspiels, der deshalb überaus ott für sich allein zur Aufführung gelangt. Bei einigermassen gut besetzten Rollen der Hauptpersonen verfehlt er nie die gewaltigste Wirkung auf das Publikum ; eine Mus- terdarstellung aber mit den berühmten Schauspielern Danjurö und Kiku- goro in den Hauptrollen (Matsuö und Genzö) gehört zu dem Er- schütterndsten, was je eine Bühne der Welt geboten hat. Kein Auge bleibt dann trocken, auch Europäer werden davon tief ergriffen. Denn wie sehr der bis auf die äusserste Spitze getriebene Opfermut der

Vasallentreue in seiner fast grotesken Wildheit unsere feineren Gefühle auch verletzen mag, so können wir doch vor der packenden Tragik der Handlung, vor dem fanatischen Heroismus der Charaktere unser mitfühlendes Herz nicht verschliesscn. Um so weniger, als auch uns aus unserer deutschen Vergangenheit, zumal aus dem Nibelungenlied, ähn- liche Anschauungen von Vasallentreue nicht unbekannt sind.

Einige kurze Bemerkungen mögen das Verständnis des Stückes vermitteln. Gegen das Ende des neunten Jahrhunderts lebte am Kaiserlichen Hofe zu Kyoto einer der berühmtesten Dichter und Kal- ligraphen Japans, Sitgawara Mickizane^ der zweite Kanzler (Kanzler zur Rechten) des Reiches. Skiratayu, ein Pächter auf einem der Bauerngüter Micliizane's, der von seinem Herrn immer mit Freundlichkeit behandelt worden war, und die drei Lieblingsbäume des Kanzlers, eine Pflaume i^Ume), eine Kirsche {Sahir a) und eine Kiefer {Matstt) aut seinem Gute in Pflege hatte, wurde eines 7ages Vater von Drillingen. Ein solches Ereignis galt nach damaligem Glauben als ein höchst glück- liches Omen für das ganze Land, und Mickizane übernahm gleichsam die Patenschaft flir die Söhne, indem er sie nach seinen Lieblingsbäumen Umeo, Sakiiraniaru und Matsiw nannte. Als sie begannen heranzuwach- sen, traten die beiden ersten in Michizane's Dienste ein, und wurden von ihm in <\(zvi Samurai (Ritter) Stand erhoben ; der dritte, Matsuö, trat in den Dienst des Fujiwara Tokihira (oder Shi/iei), des mächtigen Kanzlers zur Linken (erster Kanzler). Da Shihei, vom Grössenwahn verblendet, gegen den Kaiser intriguierte und sogar selbst diese Würde zu erlangen trachtete, der treue Michizane aber seine Plane zu vereitelen sich be- mühte, so bildete sich zwischen beiden Männern nach und nach eine bittere Feindschaft heraus. Es gelang dem verschlagenen Shihei schliess- lich, seinen Gegner beim Kaiser zu verdächtigen und seine Verbannung auf die Insel Kyüshü, die südlichste Hauptinsel, durchzusetzen. Die Familie und die Anhänger Michizane' s wurden nach allen Richtungen

( 3 )

hin verstreut. Doch da Shihei die Rache der Nachkommen seines verl'annten Gegners fürchtete, beschloss er diese gän7,lich zu vertilgen. Aber Genzö, ein ehemaliger Vasall und Samurai Michizane's, nahm sich des jüngsten Sohnes seines Herrn. ShOsai; an, zog sich mit ihm in das kleine, abgelegene Dorl Seryö zurück und gab 3in als seinen eignen leiblichen Sohn aus. Er etablierte sich dort als Lehrer der chinesischen Schreibkunst, in der er von Michizane selbst unterrichtet worden war, indem er eine Privatschule (Terakoya) für die Kinder der Bauern einrich- tete. In dieser Schule geht die Handlung unseres Damas vor sich.

Von den drei Schützlingen des Michizane, den Söhnen des nunmehr siebzigjährigen Shiratayu, folgte ihm Umeö in die \'erbannung, Sakura- maru fand bei Verteidigung der Sache seines Herrn den Tod, aber Matsuö blieb im Dienste Shiheis, des unversöhnlichen Feindes seines VVohlthäters. Michizane empfand dies Verhalten Ma suö's sehr schmerz- Uch, und klagte seinen Kummer darüber in den berühmten Versen ;

,,Es folgt durch die Luft mir der Ptlaumenbaum,"

Vertrocknet, verdorrt ist die Kirsche -

Sollt in der Welt die Kiefer allein,

Herzlos und treulos sein ? worin die Anspielung, dass der Pflaumenbaum aus dem Garten des Landgutes durch die Luft nacii Kyüshü zu seinem verbannten Herrn geflogen sein soll, enthalten ist ; der Kirschbaum war verdorrt, d. h. Sakuraniaru für seinen Herrn gestorljen ; nur die Kiefer, Matsuö, war treulos Doch obgleich dem Anschein nach Matsuö, durch seinen Lehnseid gebunden, auf Seiten Shihei s stand, war er im Herzen Micliizane ergeben, und bewies dies dadurch, dass er seinen eignen Sohn für Shüsai substituierte, als dessen Aufenthaltsort entdeckt worden war, und er selbst beauftragt wurde, Shüsai's Kopf den Abgesandten Shiheis zu überliefern und für die Identität des Kopfes zu haften. Die Terakoya Scenen stellen uns diese Episode dar.

( 4 )

Michizane selbst starb im darauffolgenden Jahre (903). Seinem Toba folgten allerlei Portenta und Unglücksfalle im Lager seiner Gegner, was das abergläubisclie Volk als Manifestationen seines rächenden Geistes betrachtete. Es versetzte ihn unter die Götter, und verehrt ihn unter dem Namen Tenjin als Gott der Schönschreibekunst. Zahlreiche Shintö- tempel über des ganze Land hin sind seinem Andenken geweiht.

Zur Übersetzung selbst habe ich zu bemerken, dass sie, je nachdem es die Umstände mir zu gebieten schienen, sich bald eng an den Wortlaut des Originals anschmiegt, bald etwas freier verfahrt. Von der Technik des japanischen Originals bin ich insofern abgewichen, als ich die Rccitative, mit einer einzigen Ausnahme, in den Text der sprechenden Personen aufgenommen oder als scenarische Bemerkungen verwerte- habe. Wie diese Technik beschaffen ist, ersieht der Leser aus meiner Übersetzung des Schauspiels ,,Asagao," wo ich sie auf's strengste beibet halte. In „Terakoya " spielen aber die Recitative gegenüber dem übrigen dramatischen Bestände eine so untergeordnete Rolle, ja, würden beim Lesen so störend wirken, dass ich glaube, mit dem von mir eingeschla- genen Wege, einer geringen formellen Änderung, das Richtige getroffen zu haben.

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PERSONEN.

GenzÖ* Vasall und Schüler des verbannten iweiten Kanzler's Siigawara

Michizane (Kwaii Shöjö, d.i. Kanzler Kwan). Lebt als Privadehrer. Tonami, seine Frau.

MatsuÖ, Vassall des ersten Kanzlers Tokihira (Shihe) Chiyo, seine Frau. Kotarö, beider Sohn (8 Jahre). Geniba, Kammerherr in Tokihira's Dienst. Kwan ShÜSai, Sohn des Ex- Kanzlers Michizane, 8 Jahre. Vor der

Welt als eigner Sohn Genzö's in dessen Hause autgezogen. Kwan ShÜsai's Mutter, Gemahlin des verbannten Ex>Kanzlers. Sansuke, Diener Matsuo's. Sieben Bauernknaben, etwa im Alter von 8 bis lo Jahren (einer

derselben, genannt Gimpel, fünfzehnjährig, grosser einfältiger

Bursche), Genzö's Schüler. Bewaffnete, unter Gemba's Befehl. Bauern.

Ort der Handlung : Schulzimmer in Genzö's Haus, in dem abgelege- nen Dorfe Seryö. Zeit : 902.

* Sprich : Gensö ; Mltschisane ; Schödschö ; Tschijo ; Schü^ai (Die Vokale nach deutscher, die Konsonanten nach englischer Aussprache), Kwau ist das chinesische Äquivalent des ersten Bestandteils Su£;a \n dem Familiennamen Siig-a-wara „Binsen-Feld." Wenn Familienname und Rufname zusammen genannt werden, steht ersterer nach japanischer Weise voran.

^C^\XJt

SCENE I.

SHUSAI, GIMPEL, schüler.

(Die Schüler, nebst Shüsai, kauern vor kleinen Schreibpulten, worauf Schreibheft und Tuschkasten. Neben jedem Pult ein kleiner Bücherkasten. Alle üben sich mit dem Schreibpinsel im Schreiben japanischer und chine- sischer Schriftzeichen. Öfters Unterbrechung und Unruhe. Mehrere haben sich an Gesicht und Händen stark mit Tuschestrichen besudelt.)

Q-impel ^u den Anderen.

Ach, dummes Zeug 1 Da sitzen und lernen, -wenn der Lehrer nielit zu Hause ist. (Hebt ein Blatt in die Höhe) Hier seht einmal 1 Ich habe einen Bonzen gemalt, einen Kahlkopf!

(Gelächter, die meisten stehen auf, Tumult.) SllUSSli schreibt emsig weiter.

Du solltest ^A^as Besseres thun, Gimpel, als solche nichtsnutzigen Bilder malen. Bist so gross und kannst nicht einmal die allereinfaehsten Schriftzei- chen sehreiben. Pfui, schäme dich.

Gimpel.

Du bist auch das Musterbübchen 1 Seht doch das Musterbübchen, das naseweise

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Erster Bube.

schlägt ihm von hinten eins mit dem Lineal über den Kopf.

Schimpfe den da nicht, Gimpel, sonst

Gimpel fängt an zu heulen.

Au aul Der hat mich gesehlagen (giesst dem ersten Tusche über den Kopf.)

Zweiter Bube.

Der grosse Lümmel 1 Ist der älteste, und heult, wenn man ihn nur anrührt.

Dritter Bube.

Haut ihn doch mal ordentlich durch, das Gross- maull

(Mehrere Buben machen sich mit ihren Linealen an ihn. Allgemeines Geraufe und grosser Lärm.)

SCENE H.

TONAMI aus einem Nebenzimmer. DIE VORIGEN.

Tonami.

Ihr Lotterbuben! Zankt ihr euch schon ^A^ieder? Wollt ihr Avohl Ruhe halten! Setzt euch an eure Plätze und schreibt eure Aufgabe. Der Lehrer wird bald ^A^ieder zu Hause sein. Vv^enn ihr hübseh fle is- sig seid, sollt ihr den Nachmittag frei bekommen.

Mehrere.

O, das ist schön, das ist schön. Schreibt, sehreibt !

(Alle gehen wieder fleissig ans Werk, schreiben und lesen dabei halblaut I-ro-ha-ni-ho-he-to )

SCENE III

ChiyO tritt ein, ihren Sohn KotarÖ bei der Hand führend ; ihr nach SaHSUke, weicher ein kleines Pult, einen Bücherkasten, und zwei Packete trägt. DIE VORIGEN.

S&CLSXlke von aussen ein wenig öffnend.

Holla! ist's erlaubt?

Tonami.

Bitte, bitte.

ChiyO mit Kotarö eintretend.

Mit Ihrer gütigen Erlaubnis. (Geg:enscitige Begrüssung). Dem Boten, den ich. heute früh an Herrn Genzö sandte, um anzufragen, ob er mein Söhnchen für- den Unter- rieht aufnehmen -wollte, hat Herr Genzö mit freund- licher Zusage geant\vortet. Ich habe deshalb das Kind gleich hergebracht. Hier ist es.

Tonami.

Ah, dies ist Ihr Sohn? Er ist uns herzlich will- komnnen. Ein hübsches, edles Kind.

Chiyo.

Sie sind sehr liebenswürdig. Ich hoffe, dass Sie nicht zu grosse 1 .ast mit ihm haben ^ve^den. Wir ^A/ohnen

erst seit wenigen Tagen in diesem Dorfe, ganz am entgegengesetzten Ende. Zu meiner Freude hörte ich, dass Sie selbst ein Söhnehen von gleichem Alter besit- zen. Ist. er nicht mit unter den ?

Tonanii.

Gewiss, der dort, (zu Shüsai) Komm her, begrüsse die Dame (Shiisai kommt und begrüsst Chiyo durch eine tiefe Verbeu- gung) Dies hier ist der Sohn und Erbe GenzÖ's.

Chiyo.

(b.ild Shüsai's, bald ihres eignen Sohnes Gosicht prüfend betrachtend.)

Ihr habt ein schönes, anmutiges Kind, Frau Genzö. Doch ich sehe nicht Ihren Herrn Gemahl ; Ist er viel- leicht abwesend?

Tonami.

Ja, leider. Er v\^urde schon in früher Stunde zu einer Besprechung und festlichen Schmauserei nach dem Hause des Schulzen gerufen, und da es ziemlieh weit von hier ist, so dürfte er wohl noch etw^as ausblei- ben. Doch wenn Sie ihn jetzt sprechen v^roUen— ich will gleich Jemand nach ihm schicken

Chiyo. Nein, nein, bemühen Sie sich nicht. Ich habe noch einen Gang ins Nachbardorf zu machen, dort Mehreres zu besorgen, und bis ich zurück sein kann, wird ja vielleicht Herr Genzö auch heimkehren. Hei San- sukel bringe die Sachen her! (Sansuice giebt ihr die beiden

Packete. Indem Chiyo das erste, in weisses Pnpier eingeschlagen und mit dem Geschenkzeichen vorsehen, höflich vor Tonami hinlegt) Dies hier bitte

ich Sie als ein kleines Erinnerungszeichen an den heutigen Tag freundlichst anzunehmen.

Tonami niit tiefer Vcrbeugungf.

O, ZU viel Aufmerksamkeit, wirklich, zu viel

Chiyo.

Es ist nicht der Rede wert. Und der Inhalt dieser

Schachtel (das zweite Packet überreichend) ist für die Jungen,

Ihre Schüler.

Tonami.

Vielen, vielen Dank für ihre zarte Aufmerksamkeit. Mein Gemahl wird Ihnen aufs höchste verbunden sein.

Chiyo.

Und nun will ich mich empfehlen. Ich vertraue Ihnen nnein Kind zur vorlaufigen Sorge. (Zu Kotaro gewendet) Sei recht folgsam, mein liebes Kind. Ich gehe nur ins nächste Dorf, und bin bald wieder da.

Kotaro.

Ach, Mutter 1 lass mich nicht allein I Nrntim mich

mit dir I (?-ielit die Fortgebende ftm Ärmel).

CuiyO sidi von ibm losmachend.

Was für ein furchtsamer Junge du bist! Schämst du dich nicht, Kotaro? (zu Tonami) Sie sehen, es ist ein Muttersöhnchen. (Streichelt ihn) Du bist mein gutes, mein artiges Kind. Bleib hier und halte dich brav. Ich komme ja gleich wieder.

(Ab mit Siitisuke. Beim Hinausgehen, und während sie schon draussca ist, dreht sie sich uncderholt noch Kotaro um, und betrachtet ihn mit Icidenschafth'ch zärtlichem Blick. Nachdem sie die Thür ßncschlossen, kehrt sie noch einmal zurück).

Ach, verzeihen Sie, dass ich noch eininal störe. Ich muss meinen Fächer vergessen haben.

(Man sucht ihn überall.)

Tonami nach einigen Augenblicken.

Aber Sie haben ihn ja in der Hand, Ihren Fächer.

GhiyO betroffen.

Ach, \virklich ! Muss ich zerstreut sein I

(Beim liinaiisg^eheu wirft sie auf ihren Sohn noch einen langen, traurigen Blick.)

Tonami tröstend.

Komm, sei nicht so traurig, mein LiebUng. Komm her zu meinem Sohn und spiele mit ihm.

(Sie führt ihn zu Shüsai, und sucht ihn auf verschiedene Weiüc auf- zuheitern.)

SCENE IV. GENZÖ, TONAMI, KOTARÖ, SOHtJLBR.

(Genzö tritt ein, bleich und verstört. Bleibt erst an der Thür stehen und mustert von da die Schüler mit forschendem Blick, ohne des Kotarö gewahr zu werden.)

GrGnZÖ für sich, unwillig.

Bauerngesiehter gewöhnUche Bauernkopfe zu nichts zu brauchen Landgev/ächse.

(Er setzt sich, brütet dumpf vor sich hin. Tonami betrachtet ihn zuerst verwundert, dann unruhig. Nimmt ihm gegenüber Platz und beginnt nach einer Pause des Schweigens.)

Tonami.

Ihr seht .so bleich, m.ein Eheherr, so unstät, Und murmelt Worte heimlich vor Euch hin. VS/'as ist geschehen, dass Ihr so verstörte Und zorn'ge Blicke auf die Knaben w^erft? Seht nicht so finsticr drein, ich bitte Euch !

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Denn eben wurde uns der neue Zögling,

Ein zarter, feiner Junge, zugeführt.

Macht ihm ein freundliches Gesicht. Dort naht er.

(zu Kotarö) Komm, Kotarö, begrüsse deinen Lehrer.

EüotdJE'Ö vor Genzö mit tiefer Verneigung niederkauernd.

Herr, nehmt Euch meiner an. Von ganzem Herzen Will ich Euch treu sein und gehorsam dienen.

GrenZÖ flüchtig über ihn hinsehend.

Schon gut! Geh hin an deinen Platz!

(Indem sich Kotarö erhebt, blickt er ihm zufällig ins Gesicht und heftet sein Auge mit wachsendem Staunen auf ihn, dabei mehrmals einen schnellen Blick auf Shusai werfend. Seine Miene klärt sich allmählich auf.)

(für sich) Was seh' ich ?

Das ist ja (laut) Kotarö ? Du bist ja, wahrUch

Komm her und schau mich an ! (für sich) Fürwahr, er

ist es! (laut) Du bist ein guter Junge, Kotarö 1 Ein hübscher Junge, brav und wohlgesittet, Von gutem Schlag, man merkt's. Nicht, Frau?

Tonami.

Ei, freilich !

Wie freut's mich, dass er Euch so wohl gefällt. Und dass sein Anblick auch die trüben Wolken Euch von der Stirn gescheucht. Der wird ein guter Gelehr'ger Schüler werden. Gleich als ihn Die Mutter brachte

Grenzö.

Seine Mutter ? Hm !

Die Mutter, ist sie da?

10

Tonami.

Sie hatte Eile, Ein wichtiges Geschäft im nächsten Dorfe. Doch spricht sie auf dem Rückweg Avieder vor. Sie wird nicht lange weilen.

GenZÖ gezwungen.

So ? nicht lange ?

Ja, was ich sagen w^oUte wieht'ge Dinge Beschäftigen mich eben lass die Buben F'ür heute feiern, fiihre sie ins hintre Gemach, und lass sie spielen, was sie mögen. Nur dass sie keinen Unfug treiben, und Mir lästig fallen I

(zu den Knaben) He! legt euer Schreibzeug

Jetzt säuberlich beiseit und geht hinaus! S'ist freier Nachmittag.

(Die Schüler erheben sich unter grossem Tumult, packen ihre Sachen zusammen, und stellen sie n\it ihren Schreibtischen in einer Ecke des Zimmers übereinander getürmt bei seite. Dann gehen sie, von Tonami geführt, freudig

"krakehlend durch, eine Thür des Hintergrundes ab, Genzö sieht ihnen g^edan- kenvoll nach. Nach einer Weile kommt Tonami 7Airück, und nachdem sie sich überzeugt hat, dass Niemand lauscht, kauert sie ihrem Mann gegenüber nieder.)

SCENE V.

GENZÖ, TONAMI.

Tonami.

Schon v/ieder diese trübe Miene. Sprecht, Was ist gesehehn? Als Ihr vorhin herein kannt, Verstört und bleich, da fasste mich ein Schauder; Und als Ihr dann die Knaben nacheinander So seltsann mustertet, so ach, verzeiht mir

(Genzö nickt halb geistesabwesend.)

Ihr schrecktet mich ; und dann das rätselhafte,

Das plötzliche Aufleuchten Eurer Augen,

Als Ihr den Knaben saht, den unbekannten

Mir schwant ein Unglück. Redet, ich beschwör' Euch I

Genzö,

Ein Unglück? ja! denn, kurz, w^ir sind verraten!

Verraten das Geheimnis, dass v/ir hier

Den jungen Herrn verbergen, ihn erziehen

Als eignen Sohn. Denn Kanzler Tokihira

Ist's hinterbraeht, nun lechzt er nach dem Blut

Des letzten Sprossen, dessen Räch' er fürchtet.

Wenn er heranwächst.

Tonami.

Schrecklich! was mir ahnte! Und wie erfuhrt Ihr

Genzö.

Bei des Schulzen Festmahl ~- Nur eine Falle Mvar's, mich einzulangen, Uns keine Zeit zur Flucht zu lassen. Gemba, Des Kanzler's Kammierjunker, an der Spitze Von mehr als hundert Mann, schritt auf mich zu : ,, Wir wissen Alles, Genzö! liefr' ihn aus] Der Knabe, den als deinen Sohn du ausgiebst, Es ist der junge ShQsai. Unverschämter 1 Du wagst es, Tokihira's Feind zu schützen? Hör den Befehl, mit dem wir hergesandt : Wenn binnen zweier Stunden du das Haupt Des Shüsai uns nicht lieferst, brechen wir Ins Haus dir ein, und holen selbst den Kopf uns ; Dir aber droht des Kanzlers höchster Zorn." So sprach er. Hätt' ich dem verdammten Schurken Am liebsten mit dem Sehwerte doch die Antv/ort Gegeben. Aber vor der Übermacht Gilt List mehr als Gewalt. Ich schluckte also Den Grimm herunter, schien ihm zu gehorchen, Und bat ihn, kurze Frist nur zu gewähren, Dass ich die That vollbrächte. Neben ihm Stand Matsuö, der einzige bei Hofe, Der Shüsai kennt, vom Kanzler aufgefordert, Die Echtheit ihm des Kopfes zu verbürgen. Auch der hat also ganz den alten Herrn, Die reiche Gunst, die er von ihm erfahren, Vergessen, und verrät nun seinen Sprössling, Der Schändliche. Kaum trägt er seine Knochen, So ist er krank und schwach; doch Bubenthaten,

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Verrat ausüben, dazu hat er Kraft. Nun höre, was es gilt. Umzingelt sind wir, Entrinnen ist nicht möglieh, einen Kopf Muss ich beschaffen, der dem ShQsai's gleicht, Sonst ist der Tod ihm sicher. Auf dem Wege Schon dacht' ich, ob ich nicht der Schüler einen Zum Opfer brächte doch wer wird die Züge Des niedern Bauernkindes für das feine Gesicht des hoehgebornen Junkers nehmen? So trat ich denn mit HöUenqual im Her^^en Hier ein, verzweifelnd, dass ich Hülfe fände. Da sah ich unsern neuen Zögling] Gleicht er Nicht fast bis zum Verwechseln unserm Herrn ? Das ist ein Fingerzeig des Himmels, Frau! Die Götter wollen unsern Junker retten. Sie selbst, sie senden uns im Augenblick Der Not den Stellvertreter. Zweifle nicht, Die Götter wollensl Sterben muss der Knabe. Sein böber Geist gab ihn in unsre Hand. Und wenn wir ihn getötet, seinen Kopf Den Abgesandten ausgeliefert, auf! L^ass schnell uns fliehen mit dem jungen Herrn. Wenn wir uns eilen, sind in wenig Stunden Wir an der Grenze, und im Land Kawaehi Sind vor Entdeckung wir gesichert.

Tonami.

O Unglückserge Stunde! Müssen wir Das Blut der Unschuld freventlich vergiessen ? - \A/ir müssen, achl Denn nichts ist heiliger Als Herrendienst—, und wenn die ganze W^elt

Achl

Wir opfern müssten.— Aber, wird es nützen? Ihr sagtet selbst, dass Matsuö die Echtheit Des Kopfs bezeugen soll. Er kennt den Junker, Sein Auge wird sich nimmer täuschen lassen. Es ist unasonst, er wird die List entdecken.

Genzö.

Wohlan I Wenn er's entdeckt, ist's sein Verderben.

Ich werde seine Mienen scharf beA^^achen,

Die Hand am Schwert, und, kann's nicht anders sein,

So streck ich ihn mit einen\ Schlag zu Boden ;

Dann, v/ie ein Tiger, stürz' ich mich auf sie

Und treibe sie von dannen, oder sterbe

Mit meinem Herrn, dass er auf seiner Reise

Ins Jenseits einen treuen Diener habe.— -

Doch furcht' ich nicht so sehr, dass Matsuö

Den Plan vereitelt, denn die Ähnlichkeit

Der beiden Knaben ist verblüffend, und

VV^as sie im Leben unterscheidet, wird

Im Tode nicht mehr kenntlich. Mehr Gefahr

Droht von der Mutter uns des Knaben. Wenn sie

Zur Unzeit wiederkehrt, dem Jungen nachfragt,

Und Lärm erhobt, so hindert sie die Flucht.

Dann weh ihr, w^enn sie kommt] Auch sie

Tonami.

Auch sie?

Ihr sehreckt mich. Wenn sie kommt, ich vv^ill sie Mit allerlei Gespräch hinhalten, will sie

Genzö. Nein, nein. Sie hat vielleicht schon von den Leuten

Des Dorfs epfahPGn, dass besondre Dinge

Hier vor sich gingen, -wird darauf bestehen

Den Sohn zu sehn Nein, nein, das geht nicht an,

Zu viel steht auf dem Spiel. Dass sie nicht käniel

Doch ^A/enn sie kommt, wird sie nicht v/ieder gehn.

Wir sind einmal tu teufelischer That

Berufen, lass uns ganze Teufel sein !

Sie stirbt, die Sicherheit des Herrn verlangtsl

Tonami.

Wohlan denn, sein wir Teufel, da v/ir's müssen. (Weinend) Ach, unglückseliges Kind I Unsel'ge Mutter, Die diesen Tag ge^vählt, ihr liebstes Kleinod Uns zu vertraun. Und wehe über uns, Die v/ir ihm Vater, Mutter sollten sein, Nun seine \A^ürger : Welche bittre Pein !

(Sie schlägt .schluchzend den Ärmel vors Gesicht. Geiiztl .sit?,t erschütted , aber gefasst Indem naht sich von draussen Gcräu.sch vieler Stinmien. Man öffnet die Schiebcthür von aussen, Aussicht auf den Vorhof.

16

SCENE VI.

Gemba tritt in die Thür ; MatsUÖ sieht man in einer geschlossenen Sänfte sitzen. BaUem drängen sich im Vorhof heran, bilcklingen denrvütip vor den beiden Rittern. DIE VORIGEN.

Mehrere Bauern.

Ach, hohe Herren, habt Mitleid. Unsre Kinder sind auch drinnen. Ach, bitte, bitte 1

Erster Bauer.

Mein Söhnchen fängt eben erst an zu schreiben. Ach, lasst ihn heraus.

Zweiter Bauer.

Herr, meinen Enkel 1 V/enn Ihr ihm aus Versehen

den Kopf abschlagt, hernach könnt Ihr ihn nicht

wieder lebendig machen. Gebt ihn mir heraus, Herr

Ritter I

Dritter Bauer.

Seht um Gotteswillen genau hin. Meiner ist eben so alt w^ie der junge Herr. Lasst nnich um Gotteswil- len 'rein und ihn holen.

Viele.

Lassen Sie uns hinein, liebe Herren Ritter!

Gremba.

(die herandrängenden Bauern brutal weg3cheuchend.)

Verdammtes, lästiges Gesindel ! Das summt durch- einander v/ie Sehmeissfliegen. Macht dass ihr fort- kommt. Euren dummen, schmierigen Buben thut Niemand ^^^as zu Leide. Nehmt sie fort und trollt

17

euch I (Kehrt ihnen den Rücken und lacht höhnisch) Plumpe Bau-

ernvisagen mit einem Samurai-Gesicht ver^veehseln. ha, ha, ha I

Matsuö.

(steigt aus der Sänfte, tritt langsam an die Thiir, sich mühsam seines langen Schwertes als Stütze bedienend).

Und doch, Gemba, gebt sie nicht voreilig frei. Ich trage die Verantwortung, da ich allein den Knaben kenne. Wie leicht könnte einer der Bauern im Kom- plott sein und den ShOsai für seinen Sohn ausgeben. (Zu den Bauern) Beruhigt euch, ihr Leute. Ruft die Namei. eurer Kinder, ich ^vill sie sehen und euch herausgeben.

Alle.

(durcheinander rufen Namen).

Matsuö.

Kiner nach dem Andern I

RECITATIV: „Seht wie mit eisernem Griffe er zufassti Kein Entrinnen Aus seinen Klauen. Schmerzlich und bitter Trifft jedes der Worte Drinnen die beiden, Ruft aus dem Herzen Zitternden Nachhall,

Bange Seufzer

Aus wogender Brust.

Und vor dem Thore

Stehen die Väter,

Stehen mit -weissen

Haaren die Ahnen,

Banger Krwartung."

Erster Bauer. Choma, Chomal

Oenzö.

r t hl an der Thür zum Hinterzimmer und wiederholt den Namen in jedem Fall,

nach innen rufend.)

Choma, komm her]

Chonia kommt heraus.

Hier!

19

MatSUO ihn betrachtend.

Der hat sieh schön im Gesichte mit Tusche beschmiert. Aber wenn ihr ihn auch wascht, rein ^A^ird er doch nie. Lasst ihn laufen, er ist*s nicht.

(Erster Bauer nimmt ihn bei der Hand, ab.)

Zweiter Bauer.

Ist l^vama da ? I^vama ?

IwamSl Vommt. Ja, Grossvater, hier bin ich.

MatSUÖ wie oben.

Ein muntres Bürsehchen, rund ^vie eine frische Eierfrucbt. Fort I

(Zweiter Bauer huckt ihn auf den Rücken, ab). -^,

Dritter Bauer.

Kindchen I Mein Liebling, mein Jüngelchen !

Grimpel (der 15 jährige I^ummel). Hier ! (Wie er sieht, dass Iwama auf dem Rücken getraj^en wird)

Trag mich auch Huekemause, Väterchen? Huekc- mause, Väterehen I (Er fangt an zu heulen).

Dritter Bauer.

Nu, nu, weine nur nicht, mein Dübelchen, weme nur nicht !

Gemba höhnisch lachend.

Über diesen pferdebeinigen Lümmel mit der Gras- mückenstimme bedarf's Eures Urteils wohl schw^erlich, Matsuö! Da& war' mir ein Prinzchen! ha, ha, ha! (nachsehend) Der Alte huckt den langen Rengel wirklich auf! Da geht er ab wie eine Katze mit einem ge- stohlenen Stück trocknen Lachs. 20

Vierter Bauer. TokusanI Tokusan ! Um des Himmels willen, verwechselt ihn ja nicht mit dem Herrn ShQsai, Herr RitteF. Es ist ein schöner Junge, Herr Ritter.

(TOKUSAN will vorüber schlüpfen, wird aber von Matsuö fest^^ehalten).

Matsuo.

Halt, Bursche, halt! Hast du ein schlechtes Ge- wissen ? Lass dich genau anschauen. Melonenförmi- ges Antlitz, weisse Gesichtsfarbe, ohol (sieht ihn genauer an) Aber, puh I ein Schmierfink! Lauf was du kannst

(gfiebt ihm einen Schubs).

Gemba ärgerlich.

Ruft die übrigen Bauernfri schlinge alle zusammen heraus, Genzö. Nach dem, was ich bis jetzt gesehen, getrau ich mir fast allein zu entscheiden. Auf dem Kartoffelfelde wachsen eben Kartoffeln.

Genzö ruft, wie ihm geheissen die drei letalen ; Gemba und Matsuö betrach- ten sie kurz und lassen sie hinaus. Alle Bauern ab. Die Schiebethür wird geschlossen. Gemba und Matsuö nehmen Genzö gegenüber Flatz).

SCENE VII.

GEMBA, Mä-TSUÖ, GENZÖ, TONAMI. Gemba.

Wohlan denn, Genzö, thu wie du versprochen. In meiner Gegenwart, vor «leinen Augen Den Junker zu enthaupten, schworst du mir. Nun eile dich, und liefre mir den Kopf.

Genzö ruhig gefasst.

Glaubt Ihr, dass ich den edlen Sohn des Kanzlers So ohne weitres könnt' am Kragen nehmen,

21

Den Hals ihm umdrehn, und gleich einem Hunde Den Kopf heruntersäbeln ? Habt Geduld, Gewährt mir kurze Frist, dass ieh's vollbringe.

(Steht auf, um sich nach dem Hinterzimmer zu begeben).

Matsuö.

Halt, Genzö, einen Augenblick, (ihn fixierend).

Vergebens

Versuchst du uns zu hintergehn. Wenn du

In dieser kurzen Frist den jungen Herrn

Durch Hinterthüren aus dem Haus zu schaffen

Gedenkst, so kommt dein list'ger Plan zu spät,

Denn mehr als hundert Mann sind rings ums Haus

Gestellt, dass keine Ratte kann entschlüpfen.

Auch glaube nicht, dass du mich täuschst, wenn du

Mir einen andern Kopf hier vorlegst, meinend

Der Tod verv^ische allen Unterschied.

Der alte Kniff führt mich nicht hinters Licht I

Du möchtest dann zu spät bereun

GrenZÖ kaum sich beherrschend.

Behalte Doch deine dumme, überflüssige Besorgnis für dich selbst I Ich will den wahren, Den echten Kopf so vor dich legen, dass Selbst deine schlaffen, blödverdrehten Augen Ihn nicht verkennen sollen.

Gemba ungeduldig.

Spart der Worte, Und schreitet lieber rasch zur That. Wohlan I ^^^

(Genzö erhält von Gt^mba ein hölzernes Behältnis für den Kopf un ge durch die Hinterthür ab.) 22

SCENE VIIL

^ie Vorigen ohne Qenzö.

(Tonami sitzt ängstlich lauschend. Matsuo blickt überall forschend umher und 2ählt die Pulte und Bücherkästen.)

Matsuö.

Hm, seltsam, unbegreiflich 1 War die Zahl

Der kleinen Teufel, die wir laufen liessen,

Nicht sieben ? Hier seh' ich ein Pult zuviel

Ein achtes— (zu Tonami) sagt mir, wessen Pult ist dies?

(Er zeigt auf das Pult Kotarö's.) ToDami verwirrt, erschrocken. Das ist des neuen Schülers -^ ach, was schwätz' ich Kein neuer Schüler, Herr, nein, glaubt's nicht, Das ist Kwan Shüsai's Pult, ja, wirklich, Glaubt nur

Matsuö ung-cduldtg.

Schon gut, ich glaub's. - Dass er sich doch Beeilte meine Krankheit ~ kaum noch

(Hinter der Scene ein Geräusch wie das Flauen eines Körpers ; Tonami schrickt heftig zusammen, Matsuö zuckt kaum bemerkbar, Tonami will zuerst ins Hinterzimmer eilen, bezwingt sich aber und steht ängstlich. Genzö tritt mit dem geschlossenen Holzkasten in der Hand ein und stellt ihn ruhig vor Matsuö hin.

SCENE IX.

GENZÖ. DIE VORIGEN.

Genzö.

Wie Ihr befohlen, ist's geschehn. Hier habt Ihr Kwan Shüsai's Haupt. Prüft wohl, Herr Matsuömaro,

23

Dass Ihr Euch nicht verseht! Seid ja recht kritisch 1

(Er setzt sich ein klein wenig abseits, scharf Matsuö beobachtend, die Hand am Schwert).

Matsuö. Jetzt, Achtung 1

(Zu mehreren Bewaffneten, die von Gemba inzwischen hereingewinkt wurden.)

Stellt euch dorthin 1 (Hinter Genzö weisend.) Und hahet Obacht auf die Beiden 1

(Er zieht die Schachtel dicht zu sich heran, öffnet den Deckel mit geschlos- senen Augen, und schlägt dann langsam, wie träumend, die Augen auf. Sieht schweigend eine Weile auf den Kopf und berührt ihn mit leise zitternder Hand. Auf seinem Gesicht zeigt sich momentan der Ausdruck eines mühsam bekämpften Seelen- schmerzes, der aber sofort verschwindet. Alle in ängstlichster Spannung.)

Matsuö.

(nach kleiner Pause, langsam, mit stoisctK>- Ruhe")

Hm, zweifellos der abgesehnittne Kopf ~ Kv^an Shüsai's zweifellos.

(Dt-Vt den Deckel wieder zu. Genzö und Tonami athmen sichtbar erleich- tert auf urid wechseln einen raschen Blick. Gemba erhebt sich).

Gemba.

Nun endlich, endlich I

Ihr habt Euch brav gehalten, Genzö, br^iv Gehalten ; Eure That verdient Belohnung. Dafür, dass Ihr den Sohn des frühern Kanzlers Hier heimlich schütztet, statt ihn auszuliefern^ War eigentlich der Tod Euch zugeschworen. Doch weil Ihr Euren Fehler gut gemacht,

Mit eigner Hand die Hinrichtung vollzogen,

Gewähr' ich Euch Verzeihung.

(/.u Matsuö) Auf nun, Matsuö,

Lasst uns nach Hofe eilen, dass wir Shihe

Die frohe Botschaft hurtig überbringen.

Er wartet des Erfolges unsrer Sendung

Mit brennender Ungeduld.

Matsuö.

Ja, eilt Euch, Gemba,

Bringt ihm die Nachricht und den Kopf. Doch mich

Entschuldigt. Ich bin krank, mehr als ich scheine

Erwirkt mir die Erlaubnis, dass ich fürder

Dem Dienst entsage.

Gemba.

WTie es Euch gefällt.

Geht heim und pflegt Euch. Euer Amt habt Ihr Erfüllt.

(Er nimmt die Schachtel; ab mit den Bewaffneten. Matsuö folgt ihm mühsam, sich auf sem Schwert stützend, steigt in die Sänfte und wird fortgetragen).

2fJ

SCENE X.

GENZÖ, TONAMI.

(Sie sitzen noch eine Weile wie an^^ewurzelt, sehen den Gehenden wie un- p^läubig nach. Dann verriegelt Genzo die Thür. Beide setzen sich einander gegenüber, athmen tief auf. Tonami faltet die Hände zum Himmel und ver- beugt sich oftmals bis auf den Boden, wie in inbrünstigem Dankgebet. Pause.)

Genzö.

Den Göttern Dank! Dank dir, erhabner Buddha! Fürwahr, die hohe Tugend unsres Herrn Hat uns des Himmels Schutz herabgerufen, Und muss des Teufels offnes Aug' mit Wolken Umwölkt, mit Blindheit es geschlagen haben. Weib, freue dich ! Es lebe unser Herrchen !

Tonami. Kaum qlaub' ich 's. Wenn der Geist nioht unsres Herrn In Matsuö's Augen sass, so muss das Haupt Des Kinds ein guter Geist gewesen sein. Ein Feldstein wird für ein JuweJ gehalten I Den Göttern sei gedankt aus tiefstem Herzen.

(Indem pocht Jemand wiederholt dranssen an die Thür. Genzö und Tonami erschrecken.)

SCENE XI.

CHIYO (zuerst draussen), Die VORIGEN. OhiyO draussen.

Holla, macht auf i Ich bin's, ich, die Mutter des neuen Zöglings 1 I-asst mich herein I

Tonami Icise, ängstlich.

Um Gütteswillen, Genzö, die Mutter. Wir sind verloren 1 Was thun ? Was sollen wir sagen ?

OhiyO draussen. Macht auf, macht auf! (Pocht heftiger),

GJ-enzÖ verbissen, zu Tonami.

Still, albernes Weib I Hab ieh's nicht gleich gesagt? Nur ruhig. Auch damit Averden v/ir fertig. Sc oder so

(Er schiebt Toiiami zur Seite, öffnet die Tlinr und läs.'^t Chiyo ein.)

OhiyO in .sichtlicVier Aufrejrung. Acb, seid Ihr der Herr Takebe Genzö, der verehrte Lehrer? Ich habe Euch heute meinen Buben gebracht. Wo ist er? Er ist Euch doch nicht zur

Last gev^'orden ?

Genzö.

Das nicht-— er ist drinnen im Hinterzimmer, spielt mit den anderen Knaben. Wollt Ihr ihn sehen,

wollt Ihr ihn heim geleiten?

Chiyo.

Ja, las.st mich ihn sehen. leb will ihn mit mir nehmen.

Genzö aufstehend.

Dann kommt. Bitte, tretet hier ein

28

(Chiyo wendet sich naxrh der Hintcrthür ; Gcnzö zieht hinter ihr das Schwer und führt einen Hieb nach ihr, dem die in diesem Augenblick sich umwendende Chiyo aber geschickt ausweicht. Sie flüchtet zwischen die Pulte, ergreift das jcnige ihres Sohnes, und pariert damit einen zweiten Hieb Genzö's.)

Chiyo. Haltet ein, haltet ein !

GrönZÖ nach einmal zuschlagend.

Zur Hölle 1

(Der Schlag spaltet das Pult, aus dem ein weisses Sterbekleid, Papicrstticke mit darauf geschriebenen Gebeten, eine Begräbnisfahne und andere beim Begräb- nis gebrauchte Gegenstände herausfallen.)

Q-enZÖ erstaunt. Teufel, was ist das? (lässt das Schwert sinken.) VVaS SOll

das bedeuten?

Chiyo.

(in Thränen ausbrechend, auf den Knien).

O Herr, ich besch^A7ö^e Euch 1 Ist mein Sohn den Opfertod gestorben ? Den Opfertod für seinen jungen Herrn Kwan Shüsai? Oder nicht? O ich beschwöre Kuch, sagt mir die Wahrheit 1

GenZÖ starr

Wie ? Was ? Den Opfertod ? Euer Sohn den Opfertod? Habt Ihr denn absichtlich Ihr hattet ihn absichtlich - ?

so

Chiyo.

O du mein liebes, mein herziges Kind! Geopfert, frei^A^illlg geopfert, um seinem Herrn das Leben zu retten. Wozu sonst das Sterb^kleid für ihn diese Gebete diese Fahne mit der Aufschrift Namu Amida Butsu ?

Grenzö.

Frau 1 Ihr entsetzt mich, ich begreife nicht I Wer seid Ihr, wer ist Euer Gatte?

(In diesem Augenblicl< pocht e<i an die Thiir. Matsuö öffnet von ausseti, tritt ein, schliesst hinter sich, lässt sich feierlich nieder.)

SCENE XII.

MATSUÖ. DIE VORIGEN.

Matsuö.

(recitiert die vom Kanzler Michizane verfasste Stroph«) r

Es folgt durch die Luft mir der. Pflaunaenbaum, Vertrocknet, verdorrt ist die Kirsche Sollt' in der ^A;'elt die Kiefer allein Herzlos und treulos sein?" Freu dich, mein teures Weib, denn unser Sohn Ist für den Herrn den Opfertod gestorben.

(Chiyo wirft sich laut weinend auf den Boden).

Matsuö.

(tief bewegt zu ihr gewendet.)

Mein liebes Weib, mein gutes, treues Weib, Ja, weine deinen Mutterschmerz, du darfst es.

81

(zu Genzö) Verzeiht uns, Genzö, wenn das Elteraherz Nun übentiächtig seine Rechte fordert

Genzö.

(zwischen Erstaunen und Rührung).

Noch weiss ich nicht ist's Traum, ist's Wirklichkeit?

Seid Ihr denn, Matsuö, als Tokihira's

Vasall nicht unser Feind? Habt Ihr die Bande,

Die ehmals Euch an Michizane's Haus Geknüpft, nicht längst für ^lle Zeit zerrissen ?

Soeben noch •— wie, Hiuren eignen Sohn?

Bewusst den eignen, Sohn ? Ihr seht mich starr

Matsuö.

Mit Recht erstaunt Ihr. A.ehl Unsel'ges Schicksal,

Das mich auf fremde Pfade irrgeleitet.

Das zum Vasalln mich eines Herrn verlockt,

Der gegen Alles wütet, was mir heilig

Von Kindheit ist : Den angestammten Herrn

Und Gönner nneiner, Sippe, meinen Vater

Und meine Brüder. Schwer hab' ich gelitten.

Von allen Lieben mich getrennt zu sehn,

Mit Recht naieh einen Undankbaren schelten

Zu hören, und doch anders nicht zu können,

V/ollt' nneinen Lehnseid ich nicht schnöde brechen.

Gewiss, was Schweres mich in dieser Welt

Betrifft, ich muss in früherer Geburt

Durch böse Thaten es verschuldet haben.—

Ich trug's nicht länger. Unauffällig mich

Aus Tokihira's Lehnsverband zu lösen,

Stellt' ich mich krank und bat um meinen Abschied.

82

Da, eben, ward es kund, dass Ihr Kwan ShOsai

In Eurem Hause bergt, und Tokihira

Befahl ihn schnell zu töten, ehe Ihr

Entfliehen konntet, und das Haupt des Junkers

Zum Zeichen der Vollstreckung ihm zu bringen.

Mir, der allein ^^on allen seinen Mannen

Das Antlitz Shüsai's kennt, ward der Befehl,

Dem Zug mich anzuschliessen, um die Echtheit

Des Kopfs ihm zu verbürgen. Unter dieser

Bedingung sollte mir der Abschied w^ erden.

So saht Ihr mich in letzter Pflichterfüllung

Hier \A^alten, und ich bring' den Göttern Dank

Aus tiefster Seele, dass sie mir verliehen

Mich von der Last der schweren Schuld zu lösen.

Dass die Ermordung Eures jungen Herrn

Ihr zu vereiteln suchen würdet, Genzö,

Ich glaubt' es fest, ich wusst' es. Doch was w-oUtet

Ihr thun, da an Entrinnen nicht zu denken,

Wenn Ihr in Täuschung keine Zuflucht fandet?

Da sah ich meine Zeit gekommen. Schnell

Entschlossen hielt ich Rat mit meinem Weib,

Mit meinem armen, tapfren Weib und sandte

Euch meinen Sohn den Göttern überlassend

Und Euch, dass er als Stellvertreter diene.

Und als ich kam, die Rechnung abzuschliessen,

Da zählt' ich jene Tische - einer zu viel

Und wusste, dass mein Söhnehen hier, und wusste

Was mir bevorstand.-

Sollt' in der Welt die Kiefer allein Herzlos und treulos sein ?"

Die Worte unsers unvergesslichen

Und gnäd'gen Herrn, auf mich gemünzt, sie tönten

Mir immerfort im Ohr, und alle Welt

Schrie mir in's Angesicht : sie ist's, sie ist's !

O fühlt mit mir, was ich darob gelitten ;

Und hätt' ich keinen Sohn gehabt, der für

Des Vaters Schuld sich aufgeopfert, ewig

>A/'är' ich, mein ganzes Haus, zum Spott, zur Schande

Der Welt ge^A^o^den. O mein teurer Sohn,

Du Retter unsrer Ehre I

Chiyo,

Retter unsrer Ehre ' Ja, lass uns dieses Wort dem sel'gen Geist Des lieben Kinds als heil'ges Opfer bringen, Das ihn in jener \Velt mit reinster Freude Erfülle. Ach, als ich ihn hier zurückliess, Und er n^ir folgen wollte, ward mein Herz So unausprechlich traurig, in dem Todesrachen Ihn zu vei?lassen. Lasst noch einmal mich Den toten Leib umfahn, ein letztes Mal Gebt das geliebte Kind in meine Arme, Dass ich es herze, ach ! das letzte Mal -

(Sie wirft sieb laut weinend auf den Bod«n.)

Tonami.

(näbert sich ihr mitleidsvoll.)

Unsel'ge Mutter, Euren grimmen Schmerz, Ich fühl ihn mit Euch. Denk' ich seiner Worte, Die er zu seinem Lehrer bittend sprach: Herr, nehmt Euch meiner an. Von ganzem Herzen Will ich Euch treu sein und gehorsam dienen " -

34

So schaudert's eisig mir durch alle Glieder, Mir, die sonst keine Bande an ihn knüpften WT^Qs mtisset Ihr erst, seine Mutter, leiden ?

Matsuö.

Gebiete deinem übergrossen Sehmerz, Mein teures Weib. Lass uns gefasst ertragen. Was durch des Himmels Fügung uns bestimmt, (^u Genzö) Er wussie, Genzö, dass er seinem Tod Kntgegenging, als ihn mein Weib Euch brachte ; Ich hatt' es ihm gesagt, er ging freiwillig. Ein zarter Knabe von acht Jahren kaum. Doch mit dem Mut des unerschrocknen Helden. Wie starb er, Genzö ? Bat er um sein Leben ?

"^^^^

Genzo.

Er starb ein Held. Es würde mutiger

Kein Mann dem Tod ins Auge sehn, als er.

Als ieh das Seh^srert zog, und ins Ohr ihm raunte

Er müsse sterben, jetzo, auf der Stelle,

Da streckt' er freundlich lächelnd und gelaasen

Den Hals aus, dass er meinen Streich empfinge.

Matsuö.

O tapfres Kind \ Mein treuer, guter Sohn!

So starb, so treu ergeben, auch mein Bruder

Für seinen Herrn. Siö werden beide nun

In jener V/elt ihr Wiedersehen feiern,

Und ihres Opfermutes Lohn geniessen. (ochiuchzcnU)

Verzeiht mir, Genzö, ^^enn ich länger nicht

Der Thronen mich erwehre

(Er vvcint ; Alle wetneü uiiL ihm )

SCENE XIU.

Kwan ShÜsai^ ^m di\n Weinen im Nebenzimmer gehört hat, tritt heraus. Bald darauf ShÜSarS Muttcr. Die VORIGEN.

Shüsai.

Meinetwillen. Wie, meinetwillen dies Entsetzliche ? Ach I hättet Ihr mir doch gesagf., dass miieh Die Schergen suchten, nimmer hätt' ich ihn Für mich sich opfern lassen. Welch ein Jammer! Wie habt Ihr mich beschämt!

V

(Rr wdnt und bedeckt sein Geweht mit dem Ärmel. Alle schluchzen. Matsuö erhebt sich stillschweigend, aeht zur Thür und giebt ein Zeichen nach aii«;sen).

Matsuö (sich zu Shijsai umwendead).

Mein Junger Henri Ich komme nicht mit. leerer Hand. Das schönste Geschenk hab' ich Euch mitgebracht. Seht dort !

(Zeigt auf die Thür, an welche mehrere Männer eine geschlossene Sänfte herantragen, und der die Mutter Shüsai's entsteigt. Sie tritt ein).

Shüsai.

W^'ie, meine Mutter, meine teure Mutter I

Mutter Shüsai's.

Mein Sohn, mein Sohn I

Genzö.

(nach kurzer Pause freudigen Staunens).

NA/as sch ich? Seh ich recht? Ihr seid es, edle Herrin ? Welch ein glücklich Zusammentreffen 1 I-ängst schon forschten wir Allüberall nach Euch. Ihr schient verschwunden. Wo weiltet Ihr? Wo fandet Zuflucht Ihr?

Matsuö.

Lasst Euch berichten. Als der blutige

Tyrann dem ganzen Hause Suga^vara

Vernichtung drohte, bracht' ich insgeheim

Die hohe Frau nach Saga. Aber bald

Ward dort ihr Aufenthalt entdeckt. Als Bettelmönch

Verkleidet schlich ich mich zu ihr, und brachte

Durch mancherlei Gefahr sie unbemerkt

«7

Hier in die Nähe. Noeh sind wir nicht, sicher. Bereitet drum den Aufbruch. Eilen wir, Dass wir Kaw^achi's Grenze hinter uns Bekommen : Dort auch werden ^A^ir die Tochter Der hohen Frau antreffen, die mit Ängsten Der Mutter und des Bruders harrt. Brecht auf! Die kleinste Säumnis kann Verderben bringen. - (zuChlyo) Und nun, mein Weib; die letzte ElternpHichtl Lass uns den teuren Leib zu Grabe tragen. Und seinem Geist die Totenopfer bringen.

(Tv>nami ist hmeingegangen und bringt den Leichnam eingehüllt auf den Armen tragend heraus. Matsuö und Chiyo /.iehen ihre Oberklctder aus. anter denen sie bereits die weissen Trauerkleidcr tragen).

Genzö. Nem, Matsuö I Es wäre herzlos, wollten AA^ir Euch jetzt, den vom Gram gebeugten Eltern, Die Sorge für die Tot;enfeier lassen. Mein Weib und ich

Matsuö.

Gewährt, dass ich's vollbringe, (bedeutend) Es ist ja nicht mein Sohn, den ich begrabe Es ist der junge Fürst.

(Er nimmt den Leichnam auf den Arm und trägt ihn hinaus. Während die Andern schluchzend folgen, fällt deir Vorhang.)

Finis.

98

\

X.

&i» Tvomarjtiscljes Schauspiel.

IN eiN&M AKt.

VORFABEL DES DRAMAS.

(D^ ich nur den Hauptakt d»s Trauerspiels Iki-utsushi Asagao-nikki 61t lebenswahre Geschichte der Asagao " übersetze, sei hier eine kurze Darstellung der voraufgehenden Teile des Dramas gegeben.)

Im Lande Aki, am westlichen Ende des japanischen Binnenmeeres, herrschten böse Zustände, da ein Bnjder der Favoritin des Fürsten allmäch- tig geworden und mit frecher Willkühr alle tyrannisierte. Nicht länger fähig, den Unfug mit anzusehen, zog sich der ergebene Karo des Fürsten, Akitsuki Yuminosuke, zurück, und ging mit seinem Weib und seiner einzigen Tochter Miyuki nach der damaligen kaiserlichen Residenzstadt Kyoto. Eines Abends, es war im beginnenden Sommer, unternahm Miyuki mit ihrer Amme Asaka eine Lustfahrt auf dem Flusse Uji-gawa bei Kyoto, und sie ergötzten sich an dem Leuchten der herumfliegenden Johanneswürmchen. Als sich der Fahrmann gerade vom Boot entfernt hatte, wurden die beiden Frauen von zwei betrunkenen Rittern (Samurai) angefallen und arg belästigt. Zufälligerweise befand sich ein juoger Ritter, Miyagi Asojiro, ein Neffe des berühmten Gelehrten Komazawa, Ratgebers des Fürsten yon Suwö, der Studien halber sich in Kyoto aufhielt, in der Nähe. Der eilte auf das Geschrei der Frauen herbei und befreite sie aus den Händen der Trunkenbolde. Die so zu stände gekommene Bekannt- schaft führte zu traulichem Geplauder, und der stattliche Jüngling und die liebliche Jungfrau fanden herzlichsten Gefallen aneinander. Die Amme, in Liebeshändeln wohl vertraut und vvissend, wie gern Liebende für sich sind,

Hess ciie beiden im Böot allein, indem sie unter dem Vorwand, den Fährmann zuriiclaurufen, sich wegbegab. In ihrer Abwesenheit bat das Mädchen den jungen Mann, ihr etwas auf ihren vergoldeten Fächer, per mit dem Bilde einer blühenden Winde {Asagao^ wörtlich ,, Morgen- Antlitz/' weil die Winde nur am frühen Morgen ihren bethauten Kelch erschliesst, dann aber im Sonnenschein welkt) geschmückt war, zu schrei- ben, und Asojiro improvisierte ein Gedicht, indem er die Winde zum Thema wählte. Das Gedicht lautete wörtlich : „Da der Sonnenschein, welcher die Winde bestrahlt, die [nur lebt] während die Thaitropfcn noch nicht trocknen, gar herzlos grausam ist, so möchte ich, ach, dass ein Schauerregen tropf-tropf herabriesclte !" Darauf nahm Miyuki einen bunten Gedichtzettel ( Taiizakit) hervor, wie man bei Partien immer bei sich trug, um Gelegtnlieitsgedichte darauf zu schreiben, und improvisierte ihrerseits ein LIebesliedchen : ,, O mochte doch der Wind mein liebendes Herz hin zum Geliebten wehen, der durch die Blicke der fremden Leute von mir getrennt ist." So erklärten sie sich mit zarter Anspielung im Liede ihre Liebe.

Da wurde das trauliche Beieinander gestört. Ein Bediensteter des jungen Asojiro, der diesen schon überall gesucht hatte^ kam herbei, und überbrachte seinem Herrn ein Sclireiben von dessen Onkel Komazawa Ryökai, dem Ratgeber des Fürsten von Suwö. Der Brief enthielt die dringende Aufforderung an Asojiro, sofort nach der Heimat aufzubrechen, der Adoptivsohn und Erbfolger des Onkels zu werden und alle Anstrengun- gen zu machen, um den jungen Erbprinzen, der in den Ostprovinzen, im Flecken Oiso bei Yedo, von bösen Gesellen verführt ein wildausschweifen- des Leben führte und sich zu ruinieren drohte, auf die rechte Bahn zurückzuführen. Dem Befelil niusste unverzüglich gehorcht werden, und so war Asojiro gezwungen, von der Geliebten plötzlichen Abscliied zu nehmen.

In diesen Tagen wurtje auch Miyuki's Vater von seinem Fürsten zurückberufen. Infolge der Willkührherrscliaft des Bruders der Favori-

tin war in Aki ein Bauernaufstand ausgebrochen, den nun Akitsuki, dessen Wert man jet2t erst recht schätzen lernte, beilegen sollte. Akitsuki begab ' sich mit seiner Familie von Kyoto an die Küste, nach dem Hafen von Akashi, unweli Köbe, und hatte dort auf dem Schiff, das man genommen, um den Seeweg westwärts durch das Binnenmeer anzutreten, den Abend über zu warten, bis dass ein günstiger Wind die Segel blähen würde. Zufallig war auch Miyuki'a Geliebter Asojiro auf einem nahe bei lie- genden Schiffe im Hafen anwesend und harrte auf den Aufbruch nach Osten. Als Miyuki ihn erblickte, begab sie sich zu ihm hinüber und bat ihn, sie doch mitzunehmen, was der Jüngling ihr erst abschlug. Da aber das Mädchen auf ihrer Bitte beharrte, und auch des Jünglings Herz sie bei sich zu haben wünschte, so willigte er ein, doch nur unter der Bedingung, dass die Jungfrau für ihre Eltern ein erklärendes Schreiben 2urackHesse. So ging Miyuki noch einmal ins Schiff der Eltern zurück, den Wunsch des Geliebten zu erfüllen. Da aber, als sie gegangen, Hess gerade der Führer von Asojiro 's Schiff die Segel hissen, und Miyuki hatte keine Zeit mehr, dahin zurückzukehren. Dem scheidenden Geliebten warf sie zum Andenken noch üircn goidnen Fächer hinüber ins Schiff.

Ihr Vater erreichte die Heimat, legte den Bauernaufstand bei, und wurde von seinem dankbaren Fürsten für seine Verdienste durch eine ansehnliche Vermehrung seiner Einkünfte belohnt. Nicht lange danach kam der junge Asojiro, der nun nicht mehr seinen früheren Namen trug, sondern nach der Adoption durch seinen Onkel den Namen Kcnnazawa yirozaewon angenommen hatte, auf der Durchreise nach den Ostprovinzen als Abgesandter seines Fürsten an den nachbarlichen Hof von Aki, um die Glucku-ünsche seines Hofes zu der erfolgreichen Niederwerfung der Rebellion darzubringen. Bei dieser Gelegenheit machte er die Bekanntschaft Akitsuki's und cr^varb sich dessen Hochschätzung. Der Fürst von Aki, der dem jungen Komazawa eine Gunst erweisen wollte, befahl dem alten Akitsuki, dem Jüngling seine scliöne Tochter zur Frau v-u geben, und gern dem Befehl gehorcliend, vollzogen

der Vater und der jun^e Mann sogleich in Gegenwart des Fürsten die Ceremonie des BecheranstauscKes, wodurch die Verlobung als formen vo'.'zgen galt. Darauf begab sich der Vater nach Hause und machte seiner Frau Mitteilung von dem, was soeben bei Hofe auf Refehl des Fürsten geschehen war. Voll Entsetzen hörte dies Miyuki, denn sie hatte keine Ahnung davon, dass ihr Geliebter inzwischen den Namen gewechselt hatte ; und während in Wirklichkeit ihr sehnlichster Herzens- wunsch vor einer ungeahnt nahen Erfüllung stand, glaubte sie, von den Umständen getäuscht, dem heimlich Geliebten für immer entsagen und einem fremden Manne sich überliefern zu müssen. Da floh sie heimlich aus dem Hause und wandte ihre Schritte nach Kyoto, den Geliebten viel- leicht dort zu finden. Dort hörte sie, er sei in den Ostprovinaen, und wanderte nun nach Osten, aber ohne je \vieder von ihm zu hören. Alles Suchen und Forschen war umsonst. Sie irrte lange Zeit umher, litt vielen Kummer und Not^ und vom vielen Weinen um den Geliebten erblindeten schliesslich ihre Augen.

Der Kaiö (Hausmeier) des Flirsten von Suwö, des Herrn Koma- zawa's, war ein durchtriebener Bösewiclit, dessen Bestreben kein anderes war, ak den Fürsten zu stürzen und sein ganzes Haus zu verderben. Aus diesem Grunde hatte er durch seine Spiessgesellen den jungen Erbprin- zen, der im Osten wellte, in ein wüstes, Seele und Leib zerstörendes Luder- leben hineinlocken lassen, sah aber seine listigen An.^rhläge durch das Dazwischentreten des charaktervollen Komazawü fast vereitelt. Koma- zawa stand ihm im Wege, und es galt diesen erst hinwegzuräumen, wenn er zum Ziele gelangen wollte. So befahl er seinen Helfershelfern, nament- lich einem niedrig denkenden, verschlagenen Ritter Namens Twashiro Takita, den Komazawa auf der Rückkehr von der Reise in den Osten unschädlich zu machen. Iwashiro, welcher mit Koma.^awa zusam- men reiste, gedachte seinen scheusslichen Plan in einem Wirtshause (dem Ebisu-ya des Wirtes Tokuyemon) des Fleckens Shimada. zwischen dem Flusse Oigawa und der Stadt Shizuoka am Ostseeweg (Tökaido)

gelegen, zur Ausführung zu bringen. Ein schurkischer Arzt, Hagi no

Yüsen, dem man Aussicht auf reiche Geldbelohnung gemacht hatte, und

ein wilder Kerl von landstreichendem Ritter (ein Rönin), Namens Mase

Kyüsö, waren im Komplott. Während der momentanen Abwesenheit

Komazawa's unternahm es der Arzt, eine betäubende Medizin in den

Kessel mit heissem Wasser, der auf einem Kohlenbecken in Komazawa's

Zimmer stand, zu schütten. Das Wasser sollte zur Theebereitung benutzt

werden ; Hagi no Yüsen, ein Meister in der Kunst der Theebereitung-,

wollte das ahnungslose Opfer zum Trinken verleiten, für sich selbst aber

dabei, im Fall dass er mit trinken müsse, die Wirkung des Giftes durch

ein bereit gehaltenes Gegenmittel in Pillenform aufheben. Die Rechnung

war aber, im wörtlichsten Sinne, ohne den Wirt gemacht worden. Dieser

hatte das Gespräch überhört, und als die Kumpane das Zimmer verliessen,

schüttete er das vergiftete Wasser aus, goss frisches ein, und vermischte

mit einer sogenannten Lachmedizin. Nach Komazawa's Rückkehr

stellen sich auch Iwashiro und Yüsen ein; dieser bereitet unter den

Anoreisungen Iwashiro's den Thee und will ihn seinem Opfer überreichen.

n t itt aber der Wirt herein, und macht auf die Sitte seines Hauses

ufmerksam, dass man um Treu und Glauben willen von etwas, das man

darreicht, zuerst gemessen müsse. Im Vertrauen auf seine Pillen, von

denen er' schnell einige heimlich verschluckt, trinkt der Arzt den von ihm

bereiteten Thee, und kaum hat er ihn im Leibe, als die Lachmedizin zu

4rken beginnt: einer unterdrückten Heiterkeit folgen immer stärkere

Anfälle von Lachkrämpfen, so dass sich YQsen schliesslich lachend und

brüllend am Boden wälzt und den gehassten Komazawa anbettelt, ihm einen

Arzt zu rufen, während Iwashiro kochend vor Wut über den Lumpen von

Arzt dabeisitzt, dessen Zustand er nicht begreift, und in übel verhaltenem

Zorn über das Misslingen des Planes den Spiessgesellen in Krautstücke zu

A rMt Rache brütend lässt er sich vom Wirt nach dem Badezim- zerhauen arouL. av«v xr j i. -l

er geleiten und Komazawa, indessen Seele schon starker Verdacht über I, sonderbare Benehmen der Genossen aufsteigt, bleibt allein nirilck.

Der komischen Scene folgt nun eine Reihe von ernsteren Auftritten, die unter dem Namen Yad^'a no Dan Wirtshausscene" zu dem Be- rühmtesten und Beliebtesten gehören, das die japanische Bühne aufzuweisen hat. Ich habe sie fast wörtlich übersetzt, um die eigentümliche, teils dramatische, teils episclie, Struktur des japanischen Dramas nicht zu ver- wischen. Romantisch-märchenhafte Züge, so recht im japanischen Volks- geschmack, fliessen reichlich ein, und eines der Motive gegen den Schluss wird uns^n etwa an Hartmann von Aue's Armen Heinrich" erinnern. Die Recltative, im Japanischen yi oder Owbo genannt, werden von einem Sänger in musikalischer Rec'tation, welche ein Guitarrenspieler begleitet, vorgetragen; beide sitzen in einer kleinen, etwas erhöhten Prosceniums- loge an einem Ende der Bühne, dem Orcliester {Hayasht) an der anderen Seite gegenüber, und sind für das Publikum durch einen vorgezogenen Vorhang aus Bambusstäbchen nur undeutlich sichtbar. Der C/wbo ent- spricht in etwa dem Chor des altgriechischen Dramas. Der Text dessel- ben ist leicht rhythmisch abgefasst, und die Übersetzung ahmt dies an den ausdrucksvolleren Stellen durch eine frei- rhythmische Prosa nach. Auch die Sprache der einzelnen Personen erhebt sich häufig zu rhythmischem FIuss. Das ganze Drama umfasst i6 Akte : die erste Begegnung der Lie- benden am Uji Fluss bildet den dritten, die abermalige Trennung im Hafen von Akashi den sechsten, die Verlobung und Flucht Asagao's den siebenten, die Thätigkeit Komazawa's in Öiso zur Rettung des lüderiichen Erbprinzen den achten, die abenteuerlichen Schicksale Asagao's bis zum Zusammentreffen mit ihrer Amme Asaka (zwölfter Akt) den neunten bis zwölften, die missglückte Vergiftung den dreizehnten, und der Inhalt der vorliegenden Übersetzung den vierzehnten Akt. Die Schlussakte stellen die glückliche Vereinigung des liebenden Paars und den Untergang der verräteris.hea Clique, zu welcher Iwashiro gehört, dar. Der Verfasser des Dram. s ist Yamada Kakaski, aus dessen nachgelassenen Papieren Sm'sAd- en Shujin den Text in der jetzt volkstümlich gewordenen Form herge-

tellt hat

PERSONEN.

Komazawa Jirosaemon, vor seiner Adoption genannt Miya^^l Asojiro, ein junger Ritter, Vasall des Fürsten von Smvö.

Miyuki, zubenannt Asagao, Tochter des Ritters Akitsuki Yuminosuke, Hausmeiers des Fürsten von Aki.

IwashirO TaMta, ein Ritter, Vasall des Pursten von Suwö.

Tokliyemon, ein wohlhabender Wirt, Besitzer des Gasthauses Ebisuya (Hotel zum Glücksgott) im Flecken Shimada.

Sekisuka, ein Diener im Hause des Ritters Akitsuki Yuminosuke.

Mase KyÜSÖ, ein Rönin (landstreichender Ritter).

Ein Page des Iwashiro.

Onabe (d.i. Bratpfanne), eine Magd Tokuyemon's.

Fährleute.

Scene: Ein Gartenzimmer im Wirtshause des Tokuyemon, im Flecken Shimada, am Tökaidö, unweit Shizuoka. Nach der Verwandlung : Landscliaft am Flusse Oigawa.

Recitativ.

Einsam und öde ist es im Hause, Flüchtig zur Stätte der Rast erkoren. Durch die Spalten der Schiebethüren Schleicht sieh der nächtliche Wind, Und vom Hauehe bewegt Flackert der Schein der Lampe. Siehe, da kommt er zurück: Komazawra. Und nichts ahnend lässt er sieh nieder zum Sitzen. Von ohngefähr fällt sein Blick auf ein Gedicht, das auf

dem Wandschirm des Zinimers aufgeklebt war er

liest es

Komazawa.

Wie sonderbar ~ unbegreiflich ! Das Gedicht, das ich dort auf dem Fächerpapier des Wandschirms erblicke dasselbe Lied von der Asagao ist es, das ich einst der Tochter des Akitsuki auf dem Uji-Flusse zum Angedenken auf ihren Fächer schrieb! Und als ich kurze Zeit darauf mit meinem Schiff im Hafen von Akashi vor Anker lag, vernahm ich plötz- lich, wie Miyuki*s Stimme das Lied mit Harfenbeglei- tung sang. Der unerwartet rasche Aufbruch meines

Schiffes riss uns von einander; im sehmerzHchsten Jammer über das Scheiden warf mir das Mädchen mit eigner Hand den Fächer ins Schiff herüber. Und nun , nun sehe icli in einem fremden Hause dies selbe Gediehtals Wandschmuck aufgesehrieben. Wer hat es hierher verpflanzt, wer führt es mir hier, an entlegener Stätte im fernen Ostland, wieder vor Augen ? Welch wunderbarer Zufall 1

(Er 2ielit den Fächer der Miyuki aus der Brustfalte seines Kleides heraus, öffnet ihn und betrachtet ihn sinnend).

Recitativ.

So spricht er zu sich selbst, und in dem Augen- blick, wo er in Erinnerung jener Zeit sich ganz in das Gedicht versenkt, schiebt Tokuyemon die Tapetenthür auf und tritt herein in höflich gebückter Haltung. Schnell verbirgt da jener den Fächer.

Komazawa. Heda Herr \^/'irt, Er ist's. Er hat sieh vorhin um meinetwillen rechte Mühe gegeben. Nur seiner wackeren Gesinnung verdanke ich's, dass ich der grossen Gefahr entronnen bin. Komm er, setz' er sich hierher zu mir!

Wirt.

O, übergnädige W^orte! Eh, als ich vor einer W^eile hier draussen am Zimmer vorbeiging, bemerkte ich wie drinnen drei Männer etwas heimlich mit einander besprachen, ich schöpfte gleich Verdacht lauschte unbemerkt an der Wand und erfuhr so

den ganzen seheussliehen Plan, Euch ein Betäu- bungsmittel in den Thee zu mischen. O schändlich, schändlich ! Ich dachte erst daran, Euch sofort davon Mitteilung zu machen, dann aber überlegte ich bei nnir, dass man nicht wissen könne, was für Schuldige sich schliesslich bei der Sache noch herausstellten. Glücklieherweise hatte ich neulieh zunn Amüsennent gerade eine Lach-Medizin gekauft ; die vertausch- te ich unvermerkt gegen das Betäubungsmittel, der schurkische Arzt trank die Mixtur, ohne zu ahnen, dass er hinter's Lieht geführt war, und es ereignete sich die lächerliehe Scene, von der Ihr selbst Zeuge gewesen seid. Aber seid auch jetzt noch recht vorsichtig, Herr Ritter.

Komazawa.

Hoho, das habe ich auch schon gleich begriffen. Hm, doch dies beiseite. Das Gedicht von der Asagao da drüben auf dem Wandschirm sag' er einmal, v/er hat denn das gesehrieben, und bei v/elcher Ge- legenheit ist es in seine Hand gekomnaen ?

Wirt.

Ah, das da? An dieses Gedir^^'it knüpft sich eine traurige Geschichte. Es ist aa nämlich ein junges Mädchen, dem Gerücht zufolge aus einem vornehmen Hause der Mittelprovinzen, die auf der Suche nach Jemand,— nach v/em, weiss ich nicht , ihr elterliches Haus veriiess, seitdem hier und dort umherirrte, und schliesslich zu guter letzt sich die Augen ausweinte. Bis zum vorigen Monat zog sie bettelnd umher, indem

A

sie dieses Lied sang. Da kam aus ihrer Heimat eine Frau die ni irgend einem Verhältnis zu ihr stand und lange vergebens nach ihr gesucht hatte. Aber nach ganz kurzer Zeit starb diese Frau auf dem Krankenbett, und nun war das Mädchen wieder mutterselig allein, und kam, ihr Lied singend, an diesen Ort. Sie ist zwar gänzlich blind, aber trotzdem von gutem Aussehen, und hat eine wunderschöne Stimme. "Wer sie auch sieht, empfindet innigstes Erbarmen mit ihr. Man nennt sie allgemein Asagao, und es ist in der Umgegend kein Mensch, der dies Lied niclat kennte. Da sie auch mir gar zu leid thut, so habe ich ihr in meinem Hause ständige Aufnahme gewährt, und heutzutage ist es ihre Beschäftigung, den Gästen in den verschiedenen Wirtshäusern die Lan- geweile zu vertreiben. Ja, es giebt unglückselige Geschöpfe auf dieser V/eltl

Recitativ.

V/ie dies er erzählt, und mit der Hand

Die Thränen aus dem Auge sich wischt,

Fühlt Komazawa Stich für Stich

Sein Herz getroffen.

Doch sucht er die pochende Brust zu zähmen,

Die Brust, die pocht im Gedanken, es sei

Vielleicht die versproohne geliebte Braut.

Komazawa.

Hm das ist fürwahr eine traurige Geschichte. Ich fühle mich heut Abend, ich weiss selbst nicht warum, so einsam und verlassen ;-~ kennte ich da nicht, rnir

8

die Langeweile zu vertreiben, dies Mädchen hierher kommen lassen?

Wirt.

Ja, freilich, Herr, nichts leichter als das. Ich will sogleich Jemand nach ihr schicken. Sie mag zu Eurer Erheiterung singen und spielen, auf der Harfe oder der Guitarre.

Komazawa.

Hm, "wohlan, jedenfalls vertraue ich ihm die Sache an.

Recitativ.

Tokuyemon, der, unschuldig wie Buddha, auch nicht im entferntesten ahnt, dass dieser Rede Ge- wichtigeres zu Grunde liegt, steht leiehtfüssig auf und geht davon. Drauf kommt der Kumpan Iwashiro Takita schwerfälligen Schrittes heran und setzt sich.

Iwashiro.

Na, na, Herr Komazawa, Ihr werdet gewiss recht Langev/eile haben.

Komazawa.

Hm, Herr Iwashiro, und Ihr habt Euch ja überaus mit dem Bade gesputet.

Recitativ.

In ihren Mienen zwar scheinen sie freundlich, doch Grimm sitzt drinnen im Herzen. Da kommt mit vorgebundaer Schürze Mamsell Bratpfanne, die Kü- chenmagd, spreizt beide Hände zum Gruss auf dem

e

Boden im Nebeiizimmer, und spricht:

Magd.

Hören Sie, hören Sie I Soeben ist Mamsell Asagao gekommen. Soll ich sie hier herein, führen?

Iwashiro. Wie? Asagao? Wer ist denn das?

Komazawa.

Ach, eine blinde Musikantin, die hier auf der L-andstrasse mit Harfen- und Guitarrenspiel den Rei- senden die einsamen Stunden vertreibt. Ich fühle mich auch ein bischen einsam, und da dachte ich, ich ^?vollte mir ein wenig auf der Harfe vorspielen lassen, und habe deshalb den Wirt beauftragt, das Mädchen herzurufen.

Iwashiro.

1 wo, ei gar, das lasst nur bleiben I

Komazawa. WaruiTi soll ieh's denn?

Iwashiro.

Ja wohl. Ihr, der Ihr vorhin dagegen Einspruch erhoben habt, mit nneineni Freunde Hagi no Yusen das Zimmer zu teilen, Ihr werdet doch nicht eine Bettlerin in dies Zimmer hereinlassen?

Komasawa. Sie ist ja weiter nichts als ein blindes Mädchen, und wird doch wohl rb./-ht gerade einen verdächtigen hm Theekasten mitbringen ? I

Recitativ,

So mit gleicher Münze bezahlt, war jener augen- blicks betroffen, und stockt in seiner Widerrede. Doch fasst er sieh, und geschvv''ätzig plappernd

Iwashiro.

Nun, wenn's Euer dringender Wunsch ist— naeinet- >vegen. Doch soll man ihr nicht erlauben, ins Zim- nner zu kommen. Ruft sie lieber in den Garten, lasst sie spielen, was Ihr mögt, Harfe oder Guitarre, und schickt sie dann schleunigst wieder ihrer Wege.

Recitativ. So schwatzt bis zum Überdruss der hartgesottene Haliunke, und auf den Befehl Komazawa's, der sich mit ihm in keinen Wort^veehsel einlässt, ruft die Magd :

Magd. Mamsell Asagao, man ruft! Mamsell A.sagao, Mamsell Asagao !

Recitativ.

\A/ie so mit lauter StiiTime sie ruft,

Wie Jammervoll, ach, w^ie beweinenswert,

Kommt Akitsuki's Tochter, Miyüki,

Gebeugt von der Last der unendlichen Trübsal,

Die auf die Arme gehäuft lag,

Ein augenloser Vogel zur Nachtzeit,

Der, ach, sein Nest verloren.

Und auch die sorgende Amme, Asaka,

Auf die sie wie einen Stab sich verlassen,

Die -war schon verlöscht und hingeschwunden

^A^ie leicht vergänglicher Morgenthau.

Nun v^ar sie allein noch zurückgehlieben,

Doch mochte sie drum nicht dem Leben entsagen.

So kommt sie heran, auf den Quadersteinen

Des Hofes behutsam den Weg ausspürend,

Und naht der Veranda,

Tastenden Schrittes, gleichwie ein V/andrer

Im klüftereichen Gebiete von Kiso

Mit Angst und Mühe den Baumstamm beschreitet,

Der über die tiefe brausende Schlucht

Als gefährliche Brücke ihm dienet.

Doch endlich erreicht sie das Zimmer, nimmt Platz,

Und spricht, die Hände zum Boden gespreizt:

Miyuki, ^ Ist der Herr, welcher mich gerufen hat, der Herr in diesem Gemache? Mein Spiel ist zwar nur un- geschickt, doch wird es Euch vielleicht erheitern. Fürwahr, ich bin ganz beschämt.

Recitativ.

Als Komazawa in dem ihn also begrüssenden Gesichte das Geschick Miyuki's erkannte, schluckte er die Thränen hinunter, die im schmerzlichsten Mitge- fühl mit dem bejammernsv/ürdigen Wesen aus dem tiefsten Inneren heraufquollen und sch^veigend sitzt er. Doch Iwashiro, der von der Verkettung der bei- den nichts wusste:

Iwashiro.

Hei Du da, die sich mit solcher augenwidrigen Erscheinung vor uns präsentiert, bist du das bespro- chene Frauenzimmer Asagao ? Eh, unverzüglich steh auf und verschwinde !

lO

Komazawa.

Halt, halt, Herr Ritter Iwashiro. Sprecht nicht so rauhe Worte! Die Aufforderung ist von meiner Seite ergangen, und unerwartet findeich in ihr (er ver- wirrt sich verlegen) Unerwartet und die Gekommene

zu schelten, macht dem barmherzigen Sinn eines Rittersmannes wenig Ehre. (Zu Asagao) Wohlan nun, mein gutes Mädchen, meine Bitte wird dir vielleicht lästig sein, aber singe mir das Lied von der Asagao. Lass uns deinen Gesang bald hören.

Recitativ.

So ist sein begehrendes, sehnsüchtiges Herz von tausendfachem, zehntausendfachem Drängen erfüllt. Iw^ashiro, der davon keine Ahnung hat, bläst die Backen auf

Iwashiro,

Na, na, der Ritter Komazawa hat sehr dringende V/ünsche. ^A/ohlan, Blinde, Alles was du willst eh, singe 1 singe! Frisch, schnell, schnell!

Asagao.

"Wie Ihr befehlt. Ich werde singen.

Recitativ. Dass der Geliebte, nach dem ihr Herz So heiss sich sehnt, in ihrer Nähe, Sie weiss es nicht, die blinde Maid. Mit tappender Hand, Sehnsucht im Busen, Greift sie zur Harfe, und steckt auf die Spitzen

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Der schlanken Finger den Elfenbein Schlagring.

Nun beginnt sie des Vorspiels schmerzlich-bewegt«

Von leiser Klage durchzitterte Weise,

Ein Echo des eigenen Jammers, und singt: „Am Morgen nur, im glitzernden Thau, Da lebt und blühet die Winde. Doch naht die Sonne mit glühendem Strahl, Verlöscht sie herzlos den perlenden Thau, Mit ihm das Leben der Winde. Ach, strömte in Schauern der Regen herab, In Schauern belebender Himmelsthau 1 "

Komazawa.

(nach einer kleinen Pause).

Eine ergreifende Weise, voll Liebessehnsucht, die auch in unsern Herzen tiefen Nachklang findet. Mir

^4*t,

kamen Thränen der Rührung in die Augen. Ist's nicht so, Herr Iwashiro?

Iwashiro.

Ja, wie Ihr sagt das Harfenspiel, ihr hübsches Äussere ich fange schier an zu staunen. Hm, du, äh Asagaol An deinem Platz wird es dir kalt sein.

Komm hierher in meine Nähe, und lass uns noch ein Stück hören. Es ist mein Wunsch, mein Wunsch.

Komazawa.

Ach, Herr Iwashiro, schont jetzt das Mädchen, lasst's genug sein.

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Iwashiro.

Das finde ich unrecht von Euch, Herr Koma- zawa. Meinen Wünschen Hindernisse in den Weg zu legen, das das nenne ich malitiös I

Komazawa.

Mit nichten, keineswegs will ich das sein. Doch denke ich, das Mädchen da wird sich jetzt abge- spannt fühlen

Iwashiro.

Na, wenn Ihr das meint, so will ich auf das Spiel verzichten. He, heda, Mädchen I Du vi^irst wohl keine Bettlerin von Geburt sein kannst uns mit der Erzählung deiner Lebensschicksale einen Zeitvertreib bereiten. Nun, lass mal hören I Hm, w^ie ist's?

Asagao.

Es ist sehr freundlich von Ihnen, nach m.oinen Schicksalen zu fragen. Ach, ich scheue mich, davon zu reden ; doch will ich's thun, da Sie mir freund- liche Gesinnung zeigen. Die Stätte meiner Geburt liegt in den Mittelprovinzen, doch aus bestimmten Gründen verzogen wir nach der Residenzstadt Kyoto. Wohl um die Mitte Mai des vorigen Jahres war's, da fuhr ich auf einem Boote den Uji-Fluss, nahe bei der Hauptstadt, entlang, und wie die Dunkelheit herabsank, ergötzten wir uns am Hin-und Herflak- kern der zahlreichen Johanneswürmchen. Dort sah ich zum ersten Mal den Jüngling, dem sich sofort mein ganzes Herz in Liebe ergab dort plauderten

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wir einen kurzen Sommernachtstraum, dann muss- ten wir scheiden, ach, allzubald. Ich konnte ihn nicht wieder treffen, so sehr es mein heisser Wunsch auch war, denn er war abberufen worden, und auch an meinen Vater kam eine Aufforderung seines Fürsten, die ihn schleunigst in die lang gemiedene Heimat zurückberief. Wir schlugen den See^weg ein und lagen, auf günstigen Wind wartend, im Hafen von Akashi im Meerbusen von Naniwa, und weinend verbrachte ich die Tage, im Herzen traurige Sehn- sucht. Dort sah ich auch, vom Zufall begünstigt, meinen Geliebten noch einmal wieder, doch ein herz- loser Wind, der sich erhob, trieb zum plötzlichen Aufbruch, wehte uns auseinander, und ich kehrte in die Heimat zurück. Nach einiger Zeit bestimmten mir die Eltern ganz unerwartet einen Gemahl, ohn, dass ich ihn vorher gesehen, denn es war der Wunsch des Fürsten. Da schlich ich mich, die Treue gegen meinen Geliebten und heimlich Verlobten nicht zu brechen, in selbiger Nacht noch aus dem Hause' und vieles Unglück hab' ich seitdem erUtten. Auf dem V/eg nach der Residenz erfuhr ich zu meinem Schrecken, dass mein Geliebter weit, weit v/eg in die Ostlande gegangen sei. So kehrte ich der Hauptstadt wieder den Rücken und irrte auf der Suche nach dem Teuren durch's Sperrthor von Osaka, durch die Provinzen Ömi, Mino und Owari, mit immer weniger Hoffnung auf ein glückliches Ende meiner Fahrt. Da weinte ich mir vor sehn- süchtigem Schmerz die Augen aus, nicht mehr un-

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terscheiden könnt' ich die Farben um mich her, ^vie ein Vv^asservogel war ich, der auf dem Lande umherirrt. Ist all dies Leid die Vergeltung für eine böse That, die ich in einer früheren Welt begangen? Habe ich dadurch all das Unglück, das sich über mich türmt, verdient? Ach, ach, wie erbarmens- würdig ist meine Lage.

Becitativ.

Also spricht sie und klagt mit unterdrücktem Schluchzen.

Iwashiro.

Na, na, nun, nun, das ist ja eine traurige Mähr. Aber ein thörichtes Mädchen bist du doch herrscht doch nicht gerade eine Männerdürre auf dieser Welt I Hm, von der traurigen Geschichte fühle ich mich ganz zusammengedrückt. Ich w^ill einen Schlaftrunk zu mir nehmen und mich zerstreuen. He, Mädchen, du bist entlassen. Geh heiml

Asagao.

Ich danke Ihnen, meine Herren. Leben Sie wohl. Komazav/a.

O, Asagao du hast dich unsertwegen sehr be- müht. Wenn dein Geliebter die Lebensgeschiehte, die du uns eben erzählt hast, vernehmen könnte wie würde es sein Herz mit hoher Befriedigung er- füllen! Nicht vv^ahr, Herr Iwashiro?

Iwashiro.

Ei freilich, freilich.

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Asagao.

O Dank für die freundlichen V^orte.

Hecitativ. Dann greift sie tappend nach ihrem Stab. Es hallen die gütigen Worte Komazawa^s in ihren Ohren nach, sie weiss es selbst nicht wie Der Ab schied Wird ihr schwer, Thräne um Thräne rinnt Ihr über die Wange; nun tappt sie hinaus, und lässt Ihr Herz zurücke. -In diesem Augenblick kommt aus dem Hinterzimmer der Page der Ritter und spricht :

Page.

Es ist schon späte Nacht geworden. Gehn Sie nun schlafen, meine Herren Ritter,

Iwashiro,

\Vohl, wie du sagst. Wir müssen morgen früh nicht später als um vier Uhr aufbrechen. Wohlan Herr Komazawa, wollt Ihr Euch nicht gleich zur Ruhe begeben?

Komasawa. Ich habe noch für ein kleines Weilchen zu thun. Doch seid meinetwegen unbekümmert. Ich bitte gehet zuerst.

Iwashiro.

So werd' ich mich schlafen legen. Entschuldigt mich.

Recitativ.

Damit steht er auf, im Innern seines Busens aber

wälzt sich ein Plan. Vom Pagen begleitet geht er in das hintere Gemach, sein Sinnen aber bleibt zu- rück. Sobald er weggegangen, klatscht Komazawa in die Hände und ruft die Magd.

Komazawa.

He, hei Ich möchte sofort den Wirt sehen. Ruf ihn herbei.

Recitativ. Nachdem er diesen Befehl gegeben, schickt er sieh an, auf seinem Reise-Tuschreibstein sch^A^arze Tusche zu reiben, öffnet den in der Brustfalte ver- borgenen Fächer und schreibt etwas darauf nieder. Da, grade als er das für die Reise bereitgehaltene

Geld und ein Päckchen raii Arznei zusammenpackt, fährt vor seinen Augen die Spitze eines Schwertes, mit Kraft gestossen, durch die Matten des Fussbodens empor. Mit schneller Geistesgegen\vart nimmt Ko- maza^A?^a das lauwarme Wasser, das im Kessel neben ihm steht, und giesst es über das Schwert. Da glaubt der gedungene Mörder, der unten verborgen lag, es sei das Blut seines Opfers, und jubiliert schon über den gelungenen Streich. Er kriecht hervor, zertritt die dünne Wand mit ^ gew^altigem Fusstritt, und es kommt zum Vorschein Mase Kyüsö !

Komazawa. Spitzbube I du entkommst mir nicht 1

Recitativ.

So rufend wirft Komazawa dem Meuehler die Schale Thee gerade in die Augen. Der steht ge- blendet und wankt, doch ruft er, der Freche: „Sei gefasst auf den Tod I ," und führt einen Hieb. Doch Komazawa fürchtet nicht die Klinge, mit seinem Fächer w^ehrt er sie ab geschickt. Da kommt den Cang einher der gerufene Wirt, und vor seinen verwunderten Augen schlägt Komaza-wa dem Gegner ohne Schwierigkeit das Schwert aus der Hand, er- greift es geseh^wind, führt einen Hieb, und im Nu entfliegt des Mörders Haupt weit weg im Bogen. Und unbewusst entfährt es dem Munde Tokuyemons :

Wirt.

Ein prächtiger Streich, fürwahr! Was ist denn das für ein Kerl?

Komazawa.

Hallo, hallo! Auf hinterlistige Weise wollte er

mir an's Leben ein Sommerinsekt, das ins Licht

geflogen und sich verbrannt hat. Hahahaha! Nun

seh er zu, Herr Wirt, dass er auf gute Weise den

Leichnam bei seite schafft. Ich verlasse mich ganz

auf ihn.

Wirt,

Haha! darob sorget Euch nicht! Ihr hattet mich eben gerufen; was begehrtet Ihr von mir?

Komazawa.

Ach, Tokuyemon. V/orum ich ihn dringend bitten möchte. Kann er mir nicht die Gefälligkeit

£1

erweisen, das Mädchen, die Asagao, die vorhin hier v.^ar, noch einmal herbeirufen zu lassen?

Wirt.

Gewiss will ich gern Euren Befehl ausführen. Doch hat sich das Mädchen gleich von hier nach dem benachbarten Flecken Shimizu begeben. Wenn Ihr eine wichtige Botschaft an sie habt, so w^ill ich sofort nach ihr schicken, aber, eh, heute Nacht wird es sich jedenfalls nicht mehr machen.

Komazawa.

Ach, das ist schade, höchst bedauerlich 1 Ich muss morgen in aller Frühe, schon punkt vier Uhr, von hier aufbrechen.

Wirt.

I, was Ihr da sagt.

,\<^

'*^-S:-

Komazawa.

Ja. Hm, Tokuyemon. Seh' er her. Ich vertraue ihrn hier diese drei Sachen an: sie sind dem Mäd- chen zuiTi JLohn bestimmt. Gieb sie der Asagao, sobald sie wiederkommt.

Wirt.

Es soll geschehen. (Prüft die Gegenstände) Ah, ah I "was für eine grosse Summe I Dazu ein prächtiger Frauen- fächer, und auch eine Arzenei ?

Komazawa.

O, das die Arzenei da ist ein Geheimmittel für Augenkrankheiten aus China. Wenn Jemand diese Medizin vermischt mit dem Lebensblut eines Mannes, der im Jahre Ki-no-ye Ne geboren ist, trinkt, so heilt auch die schwerste Augenkrankheit auf der Stelle, Gieb sie der Asagao.

Wirt.

Nun, nun, das nenn* ich ein Geschenk, das von Herzen kommt. Sobald sie zurück ist, w^ill ich sie damit erfreuen.

Recitativ.

In dem Augenblick, wo der Wirt die Geschenke empfängt, kündet die Glocke die vierte Stunde.

Komazawa. O, o, schon ist die Stunde genaht.

Becitativ, Indem er die Schläge der Glocke zählt, kommt

Iwasbiro Takita, schon fertig gekleidet im Reisekleid, mit ihm die übrigen Genossen.

Iwashiro.

\A/ohlan, Herr Komazawa, v/oUen Avir nicht auf- brechen ?

Recitativ.

Bei dieser auffordernden Rede bringt Komazawa seine Kleidung in Ordnung, und verlässt dann das Haus. Der Wirt sieht ihnen nach, zum Abschied grüssend. Es gehen miteinander die Beiden, Komazawa und Iwashiro, obgleich ihre Herzen einander meiden.

Wirt.

Ha, Ritter sind sie zwar beide, verschieden aber wie Schwarz und Weiss bösartig und krumm- gesinnt der Eine, der Andre mildgesiniit und ehrlich. Fürwahr ein prächtiger Ritter, der Herr Komazawa! Doch dies bei seite. Das Geschenk für Manasell Asagao, als Belohnung für heute Abend, kommt mir etwas übermässig vor, recht übermässig sogar. Es scheint mir noch etwas dahinter zu stecken.

Recitativ.

So macht er sich Gedanken. Da naht Miyuki, von unruhiger Ahnung bewegt. Sie hat ihre Spiel- zeit beendet, jetzt kommt sie tappend zurück und tritt in die Thüre. Tokuyemon ersieht sie mit ra- schem Blick.

Wirt. Ah, Asagao. \A/'ie schade, dass du so spät zurück- a4

gekommen. Der Gast von gestern Abend befahl mir dich noch einmal zu rufen, doch habe ich's ihm absagen müssen, da ich hörte, dass du nach Shimizu gegangen seist. Soeben erst ist er aufgebrochen. Aber, nun, freue dich, Mädchen I Einen grossen Batzen Geld, einen Fächer, und dazu noch eine vortreffliche Augenarzenei hat er mir für dich anvertraut.

Asagao.

Wie gnädig, allzugnädig von ihm. Es thut mir leid, dass ich ihm nicht danken kann. Aber, darf ich bitten, Herr, ist auf dem Fächer nicht etwas geschrieben? Bitte, sehet doch nachl

Wirt.

Nun, nun, warte mal. (öffnet den Fächer und beschaut ihn) Auf dem goldenen Fächerpapior ist eine Blume ; -^ sodann steht darauf das Lied

Am Morgen nur, im glitzernden Thau, Da lebt und blühet die Winde/' u. s. w. Auf der Rückseite steht ein Name: Miyagi Asojiro, alias Komazawa Jirosaemon.

Asagao heftig erregt.

Wie? Miyagi Asojiro, alias Komaza\va Jirozae- inon stände auf dem Fächer?

Ja, wie ich sage. O, o wehl

Wirt Asagao.

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■ReciT.a'öiTr.

So klagend wendet sie tief entst.^,2:t das J^\ge gen Himmel.

AsagaO jammemd.

O das3 ich dies nicht wusste, dass inh dies nic"tvt Avusste, nicht wusste ! So hab ich mich doch nicht getäuscht, als mir die Ähnlichkeit der Stimme auffiel. So ist es also niemand anders als mein geliebter Asojiro gewesen?] O bitte, bitte, Herr, sagt an, wann ist der Gast von hier aufgebrochen?

Wirt.

I, eben erst. Aber sprich, bisi du denn eine gute Bekannte von ihm?

Asagao.

Wie, er blos ein guter Bekannter von mir?I Mein Geliebter ist es ja, mein Gemahl, den ich seit Monden und Monden suche! Ach, während ich hier so rede, eilt mein Herz dj^von. O könnt' ich ihn ein- holen, und nur ein einziges Wort-

Kecitativ.

Das Mädchen, das im ReyrifT ist dovonzueilftn, hält er zurück, Tokuyemon.

Wirt.

Wie, was, was, Mädchen! halt da, halt da. Sn warte doch, warte docbl Hör, wieder Rpgon beginnt zu schauern. Und sehen kannst du nichts in deiner Blindheit. Wie kannst du dich der Gefahr aussetzen wollen?

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AsagdiO mit ihm ringend.

Nein, nein, wenn ich auch sterbe, was kümmert's mich 1

Wirt.

Halt, halt, halt da 1 Das ist ja alles ganz gut und schön, aber bei deiner Blindheit die Gefahr •—

Asagao.

Nein, nein, lasst mich, lasst mich losl Eecitativ.

Mit Gewalt reisst sie sieh von ihm los, so dass er taumelnd zurückprallt. Und ihrem Stab als ihrer ein- zigen Stütze vertrauend, unbekümmert um den strö- menden Regen, hartnäckig im. Entschluss, wie nur ein leidenschaftliches Weib, so eilt sie dahin auf der Spur

des Geliebten.

VERWANDLUNG.

(Sccne am Fluss öigawa, romantische wilde Gegend.)

Eecitativ.

Es flutet und -wogeL dahin der Öigav/a, der be- rühmte Strom, durchquerend die Heerstrasse. Der Regen giesst in Strömen und peitscht die kurzen Bambusgebüsehe durcheinander; dazwischen der heftig dröhnende Donnergott mächtig seh^vellend rollen die V/asser des Stroms daher, mit entsetzlichem, schauerlichem Getöse.

Nicht wankend in ihrem festen Entschluss,""den Geliebten, den Gatten zu suchen, ohne Angst vor den gefährlichen Stellen des Pfades, und unbekümmert um ihre Blindheit, gelangt Asagao, bald gleitend, bald fallend, hier an den Fluss.

Asagao.

Holla, ihr Fährleute, holla I Ist nicht ein Ritters- mann, Namens Komaza\va Jirosaemon, vor kurzem über diesen Fluss gesetzt? Antwortet mir, antwortet !

Eecitativ.

Wie die Fährleute das Mädchen mit atemloser Stimme so rufen hören, antworten sie aus mehreren Kehlen :

Fährleute.

O, eben erst ist er hinüber, der Ritter, nach dem Ihr fragt. Doch können wir Euch jetzt nicht überset- zen; zu plötzlich ist das Wasser gestiegen» es stauen

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C-'\

sich gefährlich die Fluten. So leid es uns thut, wir Icönnen's nicht wagen.

Recitativ.

So sprechen sie, und zerstreuen sich nach allen

Seiten.

Asagao.

So ist's unmöglich denn, hinüber zu gelangen? (weinend) Wie jancimervoll, v/ie traurig !

Recitativ. Da brechen zusammen Mut und Kraft, zum äus- sersien angespannt ; zu Boden stürzt sie und wälzt sich umher, von Sinnen vor Verzweiflung, und weint und schreit. Aufs neue aber richtet sie sieh auf, und mit den verschleierten Augen starrt sie empor zum Himmel.

Asagao.

O Sonne, nicht verstehen kann ich dich, nicht kann ich dich begreifen 1 Ach, dass nach all den Leiden, nach all den bittern Nöten dieser langen Zeit, du mich nur einmal, ach einmal nur, mit dem gelieb- ten Mann zusammenführest, hab' ich nicht darum jeden Augenblick zu dir emporgeschaut? Und dass du mir gerade heute entgegenschickst den gewaltigen Regenguss, den Fluss mir sperrest, was soll das bedeuten? Ach, wenn ich das verdiente, wie muss ich mich in einer frühern "Welt versündigt haben?!

Recitativ.

Ja, trostlos ist es 1 Ich hab' ihn angetroffen, den Mann, nach dem ich in brennender Sehnsucht mich so

sehnte, ich hab' ihn getroffen, und, bMj nicht gesehen, ich arme, mit Biindheit geschlagene Maidl Ach, ^velehe Verbrechen beging ich wohl einst? Vor trauriger Liebessehnsucht nach dem Gemahl, der fortgezogen ins ferne Mitteire !ch,*^ erstarrte zum Stein Sayohime, sein treues V7eib, auf dem Hügel Hirefuru, am Gestade von Matsuura. Doch konnte mit meinem Leid sie sich messen? Ach, ^A^enn man die V/elten die Tausende und abermal Tausende von V^elten, von oben bis unten durchsuchen -würde, kein Unglück fän.de sieh wohl -wie meines!" So klagt zie, und ballet die Fäuste, und zittert am ganzen Körper. Es rinnen die Tliränen, wie in stiller Verzv^/eiflung sie trauert^ und setieiide Augen könnten's nicht tragen ihr Un- glück zu schauen. Dann richtet sie auf sich, nach Rleiner V/eile.

Asagao.

Ja, anders, anders k^inn es nicht sein. Zu gross \var gewiss mein Fehl in der vorigen Welt, uwd nun, zur Busse, nun soll ich ihm nimmer gehören. Die NA/ asser schwollen des Stroms, sie sehw^ollen 80 sehr was anders soll das bedeuten als stirb V? So will ich denn folgen, dass wenigstens in künftiger Welt die Freude des V/iedersehens mir werde; will diese Stelle als das Ufer des Höllenflusses betrachten, mich ein- schiffen im Schiffe der Verheissung, und eilen hin zu

Buddha.

Recitativ.

So spricht sie unter Thränen, und die Serble erfüllt

•) ChJn».

St

von Selin sucht nach dem Geliebten, liest sie Steinchen am Ufer auf, steckt sie in die Ärmeltasehe des Kleids, und mit dem Ruf: „Verehrung sei dem un-- endlichen Buddha," will eben in den rauschenden Strom sie springen. Da

Halt ! ^A/^artet I Fräulein Miy uki ! " Bei diesem Rufe prallt sie erschrocken zurück. Da konnmen herbeigelaufen der Knecht Sekisuke; ihm nach Tokuyemon, der Wirt, in seiner Hast unci Erregung barfuss. Kaum hat der Knecht des Mäd- chens Absicht erraten, umklammert er sie und hält sie zurück.

Sekisuke.

O, o, so -wartet doch 1

Asagao.

Nein, nein! ich weiss rwar nicht, wer Ihr seid, aber lasst mich los, lasst mich los!

Wirt.

Nun, nun, hab' Geduld, hab' Geduld, Mamsell Asagao 1 Auch ich bin in Angst um dich gelaufen gekommen. He, da ist eben ein gewisser Sekisuke aufgetaucht

Sekisuke.

Ich bin Euer unterthanigster Knecht

Recitativ. Mit diesen Vv'^orten ergreift er gewaltsam den Arm des Mädchens, umklammert ihn und zieht sie zurück.

Asagao.

Die Stimme, ich kenne sie. Bist du's, Sekisuke? Ach, ach, zu spät bist du gekommen, zu spätl Den ich Jahr und Tag in Not und Qual gesucht und ersehnt, Asojiro, meinen Geliebten, Ihn hab' ich getrof- fen, und hab es, ich Bhnde, nicht bemerkt, und habe ihn von mir gehen lassen. Doch der Klang seiner Stimme hatte mich schon mit Unruhe erfüllt, und als ich zurückkam, da erfuhr ich, dass es kein andrer als er gewesen. Da dachte ich: „du, dich hole ich ein," und jagte davon, ihm nach. Doch halten mich nun

die Wasser des Stroms zurück was soll ich nun thun ? o, o 1

Sekisuke.

Ihr habt ja ganz recht, ganz recht. Doch höret mich anl Als meine Wenigkeit allüberall umher- forschte, wohin Ihr Euch begeben haben könntet, da träumte mir vorgestern Nacht, dass ich Eure Amme, Mamsell Asaka, träfe, und dass sie mir sagte, Ihr wäret bei Ebisuya Tokuyemon im Flecken Shlmada.

Und w^ie ich dies geträumt hatte, w^achte ich auf. ^=

Hm, hm, recht sonderbar, dachte ich. Da lief ich Tag und Nacht hindurch, und zum Glück kam ich her im gefährlichen Augenblick, und konnte Euch retten. O, o, wie freue ich mich! Da ich Euch nun angetroffen habe, so ängstigt Euch, bitte, nicht länger. Ich werde Euch mit Komazav/a zusammenführen. Aber eins noch. Eure Amme, Mamsell Asaka, soll als Pilgerin auf der Suche nach Euch nach der Ostseestrasse ge- kommen sein. Seid Ihr nicht mit ihr zusammren- getroffen ?

Asagao.

Ja freilich bin ich. Ich traf sie vorigen Monat im Städtchen Hamamatsu, doch gleich in der folgenden Nacht ^vurden wir von einem bewaffneten Räuber überfallen, und mehrfach verwundet starb sie. Im Sterben rief sie naich und sprach : In der Nähe von Nakayama wohnt mein leiblicher Vater Namens Furube Saburöbei. Geht zu ihm, und nehmt diesen Dolch als Zeichen des Erkennens, dass Ihr von mir kommt, und sagt ihm, dass Ihr die Tochter des Ritters Akitsuki Yuminosuke seid." So sprach sie zu mir, und starb, o Jananncr!

84

Sekisuke.

Wie sagt Ihr, wie? Asaka ist tot?

Eecitativ,

Während er so vor Schrecken staunt, spricht Toku- yemon, der alles von Anfang bis Ende vernonamen ;

Wirt

Hm, also die verehrte Tochter des Herrn Akitsuki Yuminosuke seid Ihr? und Eure Amme Asaka wrar meine Tochter? Denn wisset, der gesuchte Furube SaTouröbei bich ich 1 Ich war der JErbkneeht Eures Grossveters Akitsuki Hyöbu. in jugendlicher Un- besonnenheit imterbielt ich ein heimliches Liebesver- hältnis mit einer Magd des Hausf^s. Da Euer Gross- vater davon vernahm, wollte er mich töten, doch Euer Vater Yuminosuke rettete mein Leben. Ich verliess die Heimat mit dem Weibe, und nach einiger Zeit gebar sie mir eine Tochter. Als das Kind, in trübseliger Armut aufgezogen, sein zweites Jahr erreichte, starb die Mutter auf dem Siechbette, und da ich selbst das» Kleine nicht aufziehen konnte, so übergab ich es m.it diesem Dolche der Tante des Kindes als Pflegekind, und der Zufall v\rollte es, dass es als Dienerin ins Haus Eures Vaters kam, der mir einst das Leben rette te- leh freue mich, dass meine Tochter auch im Tode der Treue nicht vergessen hat, und Eurem Knecht den V/eg wies, indem sie ihm im Traume erschien. Brav hat sie gehandelt, die Treue. Und nun, mein Fräulein Miyuki, sollt Ihr auch von mir ein Geschenk erhal- ten—

.t*-"'

'^^

Kecitativ.

Mit diesen Worten zieht er den Dolch, den aus Asagao's Hand er genommen, aus der Scheide, und stösst ihn sich mit einem Ruck in den Leib. Erschrok- ken hält ihn Sekisuke zurück

Sekisuke.

Ha^ was begeht Ihr? \A/"as soll Euer Tod dem Fräulein frommen ? Hai tot ein, was thut Ihr ?

Reoitativ.

Wie er so ruft, antwortet Tokuyemon am Boden nnit quedgepresster Stimme:

Wirt.

Klagt nicht, ihr beiden. Herr Komazawa hat mir gesagt dass dif» aus China gebrachte Augenarzenei, mit dem Blute eines im Jahre Ki~no-ye Ne geborenen Mannes zusammen getrunken, jedwede Augenkrank- heit auf der Stelle heilt. Da ich in jenem Jahre geboren bin, so mische, Sekisuke, jene Medizin mit meinern Blute. Schnell, schnell, biete sie dem Fräulein dar, schnell, schnell!

Recitativ.

Sekisuke lobt das Opfer des Treuen für seine Herrin im Herzen. Er holt einen Wasserbecher hervor, den auf der Fahrt, er immer bei sich führte, und fangt das Dlut des Sterbenden auf, und nimmt die Arznei aus der Busenfalte der heftig weinenden

Miyuki, und nähert sich mit dem Trank dem Mäd- chen. Miyuki ergreift den Becher, und indem sie denkt, es sei das Geschenk ihres freundlich gesinnten Gemahls und Geliebten, nimmt sie ihn dankend, dankend an, und leert ihn mit einem Zuge. Da, o \Vunder, offnen sich plötzlich ihre Augen beide, und sie siebet deutlich sogar die Ameisen, die am Boden kriechen, und sie freut sich, und mit ihr freun sich die beiden.

Wirt.

O welche Freude, o welche Lust.i Nun hata* ich keinen, keinen Wunsch mehr auf dieser W^elt. Ihr beiden, lebt v^ohl I

Becitativ.

Mit diesen Worten zieht er den Dolch sieh quer durch den Leib, und sinkend stösst er ihn sich durch die Kehle. So vergeht er, 'wie der Schaum des Flusses OigaAva, wie die Wasser des Flusses : sie entschwin^ den, der Name nur bleibet. Laut auf weint Miyuki, sie klammert sich an den Körper des Toten. Dass ihre Augen zum Licht sich erschlossen, gleichwie der Kelch der Winde am Morgen, wenn der Sonne glühender Strahl noch nicht den glitzernden Thau verlöscht, es war ein Geschenk des geliebten Gemahls, ein unvergleichliches Glück. „Um meinetwillen, ßch, für mich hat dieser Mann sein Leben verhaucht?" So seufzt sie, und klagt sie, und streichelt den Toten. Sekisuke aber macht eine Bahre, und bettet darauf den Leichnam.

87

Schon fängt es an, hell zu wepden, und es ertönen die Stimmen der Vögel, und freundlieh entfalten sich Berg und Feld. Und immer wieder und immer wird von der Asagao man erzählen, und sagen von ibr bis zum letzten Tage der Menschengeschlechter.

Finls.

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C. F. Amelang 's Verlag in Leipzig.

In ^h'-*^hcr Ausstattung sinH ^^^chien ;

DICHTERGRÜSSE AUS DEM OSTEN.

JAPANISCHE DICHTUNGEN übertragen von

Prof. Dr. K. FLORENZ.

6. Auflage.

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WEISSESTER

EIN ROMANTISCHES EPOS

NEBST ANDEREN GEDICHTEN.

Frei nachgebildet von

Prof. Dr. K. FLORENZ.

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PL Florenz, Karl Adolf

782 Japanische Dramen 2. Aufl.

G5F56

1900

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