| Hibrary of the Museum | OF |COMPARATIVE ZOOLOGY, | | AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. | a) f. p owchigenta- is fs ey ast te ia) fon 7 : Deis (ORE?) 7 i , My Hf i Mee Oey) hae nity 7 | - i, i 7 i mi ve oy a! 1 es aa. : r', : ol : Wn tit “ i 7 i a un ip, hj iy i Yan i 1 >) y J i f Ve : " iv | a a ae iY aa I iy ey af ite it iq a! 1, thar 4 WN une le oe ail j tery | Prt Me va yi fiir ti, ‘en _ 7 ie ne a 1 ‘eatth - BOY is, AR | ig oy oh Ran dete ea). . ) t- yt ay a an ty fy f } i ny, at Luis il iy 4 i) Are a og yo . eh if ie : ha HY hay 7 4 i} y i i i a ee As a ny Lars eda Wa le oP 7 ay ; oe i‘ ae v4 er "y i af ey iit "i of i? Le I 15 - _ ,* , | l 7 Zain Ck ra) See 4 ve Hy ae ce Je a i : i y 1 7 ie : th . ia . Bg ili if ah ae ey “a Lele Ane ay) ally Sy _ i ig a by ay: inal es ie Me, if ne i nn, 7 ees ‘, Ny we “oy i 7 any rOyar in Aa | i} 1 1} > he ' ui : 7 i) : ‘a iA i ay te ie : mid 1 yy nt wt Hea va! il uf i rh a a ai bY by. a 4 \ FM) 3 em) eee Ne ig, Mi ES Carey onan + ys ae tel ie 7 | , 1 i ee) : ui a v7 me 2 7 yi ye ot i) : oi 4 My vi ee |) it ae ie, n\n ' a4 _ ; Ab _ ine Bs A Me iat Ta), " ; : uv ; - nO ; .; y u i 7 ae : ei eee ty i re GMies, 7 uae hike ‘7 i. li "eh i" i ‘ 7 ae ay r ‘ : - i ay ha - ony l rr a » ul a : ne nH : on Abit Mis \ Ain i i eS lt vi ce ‘MM 7 ni » i : 1 oe, : ; I A ve : in ahs Aen ire iF i) wat cy Ween i a ea Ne i aaa: : ‘a 7 a 7 OS ca en nce a2 SN a may uy) a 1.3, a Uy ake a ra ih \ a} tne so aS a hae mo 7, ip a ee "i : ao ‘i : 7 i 3 Ant ex) Ny 1 ac aae . ra ie a Bras eS eae S| he a x anton At | Sere UE Lh Ay oli WD b) 1 an at, TA |, 7) ch ah Penh | NL enn ae oe a enaieanne (Anne 1 ce Co oy a2 ee a ba ty . ech ip iw) Meet Al ; ray ea: Great Poe a ra y oq a eee a orl i yy: Dy Sc eae lie 5) ‘a ; i > Tie ‘ 7 - ip: i] I a sail y Vie Ri A! af ik my dal we arty “ x aye te han ain oho =< 7 mi) recent I ; PA i Ri 7 ie) | ONG nay ADP a he br Bhs i a is on nae as ase ey, iy mu ‘ i : ze nf y Tye A i ‘a 4 je if oy ny aay . oe Wu 7 , Pape ma es it Ae, "fh .! ius ah ny way A AY a 4 Me Ai y Atha it eae 7 a _ ie byl tay PH it ea ee ; anh: ae ‘ae in 7 a l 4, J | By an i ie etl fot co i vt ne ah. ma " bil ae sy ut ihe By oat = aw r 7 7 a 5 oy } coe He een ; 1 t . een ih - lf a y 7 iP a 7 ; Ru Pe ney 7 (sal NITY ut air ut o Pity i! RAL | mM - 1, a | ; mn ie Pine Ve No ne i au Wie : uu Ltn aes a ight ee ie (ny alla’ yey) as tN y BC oy ; ih 4400 . : ye | ae ih ia ry at Vu ne i‘ io i 1 Sie i \ i i, ee Nt a VA LL Me : ac ni a Bi: M,, a va ; ni 1 ng PAM) Ay es i By er ae ae re Pat ae | ay oat tpt of, Ait nie vy : Man oi i i. cy un a nl My ny 7, pe a , oun een i a i he a A ms ore) i ul ,) yi iu A " By WW —c 1) VER ORcL Marea oer A Sa Garth i . Pa ee Tee sy) : j i : : ye _ ails as © i : PACE ie Ona. ; Ver ys wi ‘ta Ta aie ts fii (aay Py ‘tye I PN Le Sis a ee a = : f iy wine fie la wgevD Sy Aan at ; ra _ 4 iy ; ty eal Me Ft ie i) i Sa nee ri is if : “a fi aie Hyer ! mo op t ai i ; 2 ; ile ne if ALT Dy), on ec. x 1) Wee ‘ “ii wa i : : : cure! ga "| Ce 11) Tie ako i Dells abt a - ery 1¥ F 1) ri) a : ie ; hat ie hyo 7 i Bf) inc! iy " Ty sal ul) lat ‘ thr as Py iy “yi i fi 7 i a * 3 : : J i ones Me : a. 4. ) a ; a a 7, Pa eae = an ws 7 ni 7 . a ae ; i , cm 7 . a — " iF 7 : : 45 mx 7 ve - i ' g i iL nm ; : ie - _ i : oe : h ot uy i 7 4, — " : Yi a (a or er Se a mn " od i 4 F 7 a f - ‘ r «TT ret 9, ” Clin aurime j ; ye th ‘au “y i : : a ua ; en ane Ht, e hi - i 7 ft ed | 7 ajay ee : vi | nine m ny re Lain yy Wane te an ae oy) rc or alt) my ae Tie se” | tr + » . oe : 5) Wi ai Pay kn Le) 1 \ a hei * willie 0 etn cy ot | Na ) A ‘aa sy a aint a oa ae ‘; 4 i 7 Py te Uf i Jt ik iy ih ay _ he aie A A} Ly: i hi j este Of rai ta i! - yh iP, Jenaische Zeitschrift NATURWISSENSCHAFT herausgegeben von der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena, Dreiundzwanzigster Band. Neue Folge, Sechszehnter Band. Mit 37 Tafeln und 32 Abbildungen im Texte. Jena, Verlag von Gustav Fischer "1889, Miwoetaeewaay » fidege yiiied UNL) fray + a. ; e une ol é a S aguk cgi’ a Tn hash, Klotz, J., Beitrag zur Entwicklungsgeschichte und Anatomie des Ge- schlechtsapparates von Lymnaeus. Mit Tafel I und I . Cobb, N. A., Beitrage zur Anatomie und Ontogenie der Nematoden. Mit Tafel ITI—V . Dreyer, Friedrich (ena Die “Pyldiblldanpentt in vereteiehond anatomischer und entwicklungsgeschichtlicher Beziehung bei Radiolarien und bei Protisten iiberhaupt, nebst System und Be- schreibung neuer und der bis jetzt bekannten ec ara Spumellarien. Mit Tafel IV—XI ! Liebscher, G, Die Erscheinungen der viererhuie bei einem ikecée: zungsprodukte zweier Varietéten von Hordeum sativum . Vlamann, Otto, Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. Mit Tafel XTI— XXIII : Frommann, C., Beitrige zur eaniene aap Tehedaroresngs in tierischen Zellen. Mit Tafel XXIV . Hildebrand, Friedrich, Uber einige Pfanzonbastardorangen Mit Tafel XXV u. XXVI PUR ars SOeke | 22 Na Linstow, von, Zur Anatomie und Bultiickelunicepetehiahts von Nematoxys ornatus Duj. Mit Tafel XXVII Ae: Wolff, Gustav, Die Cuticula der a Mit Tafel XXVIII Semon, Richard, Bin Fall von Venbildune de iBeneitior in (ar Mitte eines abgebrochenen Scesternarmes. Mit Tafel XXIX. Seeliger, Oswald, Zur Entwicklungsgeschichte der Pyrosomen. Mit Tafel XXX—XXXVII . A} ae 4 i? (2 * + ait A “ - a ire Me ah isle Bali ox aay etre ck ay Ih” bunt net AT) aes ee) anbosiiinay® oy ii bi end spnifo fata te td mir Hed, ‘i fort) aainpivert! ch AAS Pik ao hair athe asta i metal casalaihta asddifhatd hus 4 3, oh ceva’ fis Bodie a aioe ‘are “anathToul | tay 1 golive, nee ae aby aypesioramdal 186 >inhcaiey Bees Liko ry tx i964, alae i) wena s 7" nor oT tay alee sein seed peek) a | Renae fe ata . Pan Hilt ne ae AE ate AIRE one: Gi. Sate . mommonoret (ah gil Uline ‘ . + . * Beitrag zur Entwicklungsgeschichte und Anatomie des Geschlechtsapparates von Lymnaeus. Von Dr. J. Klotz. Hierzu Tafel I und II. Als ich im vorigen Jahre bei Gelegenheit meiner Studien iiber Pulmonaten die Arbeit Brock’s (1) ,,Uber den Geschlechts- apparat der stylommatophoren Pulmonaten nebst Bemerkungen tiber die Anatomie und Entwickelungsgeschichte einiger andern Organsysteme“ las, fiel mir sofort der wohl wichtigste Punkt dieser Arbeit, die Entdeckung des ,,mannlichen Ganges“ auf. Der Verfasser hat ausschlieSlich Stylommatophoren untersucht, ohne in gleicher Weise die Basommatophoren zu beriicksichtigen. Er kommt daher auf allgemein phylogenetische Schliisse, die den bis- herigen phylogenetischen Anschauungen tiber Pulmonaten ganz entgegengesetzt sind und die insbesondere mit Riicksicht auf die kurz zuvor erschienene umfangreiche und sehr sorefiltige Arbeit von RouzAup (2) jedem auffallen muften. Brock giebt Rouzaup’s Arbeit in ihrem morphologischen Teile als verfehlt an und deutet (p. 567) Ersta’s (3) vas deferens bei den Basommatophoren zu seinem eignen Gunsten in der Weise, dafi er Ersta’s Anlage des vas deferens fiir den ,,mannlichen Gang“ hilt, der spiiter ver- schwindet, und dafiir das endgiiltige vas deferens entsteht. Erstc berichtet aber nur von einem einzigen Gange, eben dem vas de- ferens. Brock hat keine Beobachtungen bei den SiiSwasser- schnecken angestellt. Er sucht vielmehr ein Homologon des ,,mann- lichen Ganges“* der Stylommatophoren bei den Opisthobranchiern, wenn es auch, wie er selbst sagt, naher zu liegen scheint, diesen Gang bei den Basommatophoren zu suchen. Kine Vergleichung der Rouzaup’schen und E1sra@’schen Arbeit mute es verlockend erscheinen lassen, meinerseits bei den Ba- sommatophoren eine Nachpriifung anzustellen, welche Brock (1) p. 367 selbst fiir nétig halt. Es schien mir namlich nicht gerade allzu schwierig, nachzuweisen, ob bei den Basommatophoren wirk- lich nur ein einziger Samenleiter, nimlich das vas deferens, an- Bd, XXIII, N, F. XVI. 1 2 J. Klotz, gelegt wird, oder ob nacheinander zwei derartige Giinge angelegt werden in der Weise, daf der friihere ,,méannliche Gang“ ver- schwindet, und dafiir das endgiiltige vas deferens erscheint. Neben- bei hoffte ich natiirlich auch andere Differenzen der Autoren zu erkliren, zum Beispiel die Frage: von welchem Keimblatt stammt der Genitalapparat ab? In wie vielen Teilen wird er angelegt? Und so weiter. ' Als ich schon einen Teil der Arbeit fertig gestellt hatte, er- schien: eine Arbeit von SEMPER (4), in welcher der wichtigste Punkt meiner Arbeit, Brock’s ,mannlichen Gang‘ betreffend, be- handelt wird, und damit ist, wie Semper am Schlusse sagt, ,,Brock’s Hypothese vom Verschwinden des miinnlichen Ganges wohl de- finitiv beseitigt“. Trotzdem, denke ich, bleiben mir noch geniigende Punkte zur Klarstellung tibrig, welche ich freilich leider bis jetzt noch nicht in befriedigender Weise zu lésen imstande war. Zunichst noch einige Worte tiber die schon im obigen der Hauptsache nach erwahnte Litteratur. Die Entwickelungsgeschichte des Geschlechtsapparates der Pulmonaten ist bis jetzt wenig bearbeitet worden, trotzdem eine grofe Anzahl embryologischer Arbeiten aus dem Gebiete der Mollusken erschienen sind. Rouzaup besonders hat in ‘éuberst sorgefaltiger Weise die einschlagige Litteratur zusammengestellt, der ich ebensowenig wie Brock etwas Neues hinzuzufiigen habe. Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, daf die Beobachtungen iiber das Genitalsystem in ontogenetischer Hinsicht auferst spir- lich sind. Die meisten Autoren berichten nur, daf der Genital- apparat zuletzt von allen und sehr spat angelegt wird; zu einer Zeit, wo eine direkte Beobachtung des lebenden Objektes wegen der Undurchsichtigkeit nicht mehr méglich ist, und alle andern Organsysteme schon so weit ausgebildet sind, als es im allgemeinen vergleichend-morphologische und phylogenetische Gesichtspunkte verlangen. Es schliefen daher mit dieser Zeit die meisten Embryo- logen ihre Arbeit ab. Untersuchungen iiber die Ontogenie des Geschlechtsapparates der Pulmonaten sind also systematisch bisher nur von obigen drei Forschern, Esra, Rouzaup und Brock, aus- gefiihrt worden, denn die vierte Arbeit von Semper ist nur eine Kritik der Brock’schen Arbeit auf Grund eines anatomischen Geschlechtsapparat von Lymnaeus. 3 Befundes bei einer erwachsenen Helix pomatia und bezieht sich nur auf einen einzigen, allerdings sehr wichtigen Punkt der Arbeit. Auf andere als die vier oben genannten Arbeiten hier naher einzugehen, ist nach Rouzaun’s sorgfiltiger Zusammenstellung un- notig, und wird der Sache dabei nicht gedient. Wohl aber ist es niitzlich, die Hauptergebnisse der vier genannten Forscher ein- mal iibersichtlich zusammenzustellen. Doch diirfte zuvor eine - \ kurze Rekapitulation der Hauptteile des Geschlechts- apparates von Lymnacus nicht unangebracht sein. Der Geschlechtsapparat von Lymnaeus ovatus (diese Spezies habe ich besonders beriicksichtigt) ist im ganzen von ahnlicher Be- schafienheit, wie der von L. auricularis, welchen Ersia beschrieben hat. Es mag daher seine Figur gleich zur Anschauung dienen (Fig. 1 A). Der Apparat beginnt mit einer Zwitterdriise, die etwa dieselbe Gréfe und Gestalt hat, wie die von L. auricu- laris. Der Zwittergang scheint sich bald scharf abzusetzen, bald noch einige Divertikel zu besitzen. Hier und da kommen wohl auch einige Windungen vor; im ganzen aber verlauft er gerad- lig. Vom Ende des Zwitterganges an verlaufen die Aus- fiihrgange bei den Basommatophoren getrennt, wihrend bei den Stylommatophoren die Trennung der beiden Ginge meist erst viel weiter distalwarts erfolgt und schlieflich wieder eine einzige iulere Geschlechtséftfmung auftritt. Der weibliche Ausfiihrgang beginnt mit einer Ki weifdriise (gl. al.). Dieselbe ist bei L. ovatus etwas linger und schmiler, als sie Ersié von L. auricularis zeichnet. Der Uterus selbst verlauft in den von Ersic angegebenen, auSerlich mehr oder weniger unterscheidbaren drei Abteilungen (o0d!, od?, od*). Der Kiweifidriise zunachst liegt ein gefalteter, diimnwandiger Teil; dann folgt ein zweiter mit mehr oder weniger rundlichem Lumen und einem gut abgesetzten, driisigen Anhange. An ihn schlieft sich ein birnformiger Teil an, der kontinuierlich in die Vagina tibergeht. An letzterer sitzt noch ein receptaculum seminis. Dieses ist bei L. ovatus mit noch kiirzerem Stiele versehen, als es Exsta von L. auricularis abbildet. Am proximalen Ende lauft es in einen dreieckigen Zipfel aus, worauf ich spater noch zuriick- kommen werde. Die weibliche Geschlechtséfinung liegt im Gegen- satz zu den Stylommatophoren, bei denen sie meist unmittelbar hinter dem Fiihler sich befindet, hier weit hinten, an der Ansatz- i| % 4 J. Klotz, stelle des Mantels. Solches gilt wenigstens fiir Lymnaeus ovatus, L. auricularis und L. stagnalis. Eine vergleichende Zusammen- stellung hieriiber kenne ich nicht, und bei Kerersrern (5) finde ich nur die Bemerkung (p. 1220): ,,Die beiden Gainge miinden bei den Lymnainen gesondert, wenn auch meist dicht hintereinander.“ Hieraus geht nicht deutlich hervor, ob die Vagina vielleicht bei einigen Arten weiter ab von der Ansatzstelle des Mantels nach der Penismiindung am Tentakel hingeriickt ist, oder ob dieselbe sich immer an der Ansatzstelle des Mantels befindet und nur zu- gleich mit dieser bei den verschiedenen Arten einen verschiedenen Abstand von der Penismiindung, resp. dem Tentakel hat. Ich habe iiber diesen Punkt keine Angaben gefunden. Bei den Landpulmonaten ist der mannliche Ausfihrgang meist auf etwa zwei Drittel Uteruslinge nur als Rinne im Uterus vor- handen und die Prostatafollikel auf diese Strecke im ganzen gleich- mifig verteilt. Erst weit unten tritt ein geschlossenes vas de- ferens auf und fiihrt im Bogen zum Penis. Bei den Basommato- phoren, die iibrigens der Schleimdriise und des Pfeilsackes entbehren, geht, wie gesagt, die Trennung der Ausfiihrgange bis an die Ei- weifdriise. Der proximale Teil des minnlichen Ausfiihrganges ist etwas schwicher als der entsprechende Uterusteil und nicht so stark gefaltet und gewunden, so dali er kiirzer ist als der ent- sprechende Uterusteil. Allmahlich verdickt er sich zu dem soge- nannten birnfoérmigen Teile, der etwa so stark ist, wie der dritte Abschnitt des Uterus. Mit scharfem Absatze setzt sich daran der schwache, aber muskulése cylindrische Teil des vas de- ferens an, verlauft zwischen den Muskeln parallel der rechten Koérperwand bis fast an die Miindung des Penis und, hier um- biegend, nach dessen proximalem Ende, um dann in denselben tiber- zugehen. Der Penis besteht nach E1sie’s Vorgang (I. ¢. p. 306) aus dem ,,kleinen Schlauche‘ (4s) und dem ,,grofen Schlauche“ (Fig. 1 A u.Bgs). Der kleine Schlauch ist von etwa doppelter Starke des vas deferens, verlauft in situ in einer Schlinge vor dem grofen Schlauche und dringt in diesen durch eine Papille (pa) ein. Der grofe Schlauch ist viel breiter als der kleine und mit Driisen- wiilsten ausgestattet. Natiirlich fungiert auch bei L. ovatus nur der kleine Schlauch als Penis, indem er in die Scheide eindringt, Wihrend der groBe Schlauch als weifes Band vor derselben liegen bleibt. Das Langenverhiltnis des grofen zum kleinen Schlauche ist, wie Paascu (6) schon angiebt, bei den einzelnen Spezies ver- schieden und charakteristisch; fiir L. ovatus finde ich es wie 1: ?/,. Geschlechtsapparat, yon Lymnaeus. D Gehen wir jetzt zu der Gegeniiberstellung der bis jetzt in der Litteratur verzeichneten Befunde iiber, so herrscht, was zuniachst den Ort der Anlage betrifft, eine bedeutende Verschiedenheit der Auffassung bei den einzelnen Autoren. Eisig nimmt drei Anlagen an, eine fiir den Penis, eine fiir den Uterus und eine fiir die Zwitterdriise. Er findet den Penis in seiner Anlage ungefihr in der Mitte des Vorderk6rpers, erwihnt aber noch nichts von den Beziehungen zu dem Ektoderm. Den Ort des zweiten Teiles seiner Anlage giebt er noch unbe- stimmter an, und von der Zwitterdriise gesteht er selbst zu, nur spiitere Stadien verfolgt zu haben, was wohl, wie aus spiteren Ar- beiten hervorgeht, auch iiber Erste@’s andere jiingste Stadien zu sagen ist. Rouzauwp Seinerseits ist wohl auf friihere Stadien vorgedrungen, da er angiebt, noch nicht ausgeschliipfte Individuen untersucht zu haben. Zur Begriindung fiir eine ektodermale Abstammung ~ sagt Rouzaup |. ¢., p. 35: ,,Son (des bourgeon primitif) pédoncule atténué était fixé a la paroi interne de la région nuquale.... L’insertion a la peau me permet de penser que le bourgeon pri- mitif est dti a une sorte de prolifération ou de bourgeonnement de Vectoderme.* Da alle andern Teile nach ihm aus derselben Anlage hervorgehen, so ist auch die Zwitterdriise ektodermalen Ursprungs. Brock hingegen bestreitet eine ektodermale Anlage des Apparates in energischer Weise. Fir die Zwitterdrise, die er nebst dem einen Teile des Zwitterganges als selbstandig ent- standen annimmt, giebt er eine mesodermale Anlage an, wie auch aus seiner Fig. 14, Tafel XXIII, zu ersehen ist. Im Texte freilich finde ich etwas unsichere Angaben. P. 348 sagt Brook: ,,Da die Zwitterdriise von ihrer ersten Anlage an sich gegen ihre Um- gebung durch die pigmentierte Bindegewebshiille fest abschlieft und nur durch Vermehrung ihrer eignen zelligen Bestandteile zu wachsen scheint, so méchte Zweifel dariiber entstehen, auf welchem Boden sie in letzter Instanz erwachsen ist, doch, meine ich, kénnen wir mit einer an GewiSheit grenzenden Wahrscheinlichkeit wohl annehmen, daf sie mesodermalen Ursprungs ist. Ihre jiingste An- lage findet sich zwischen mesodermalen Elementen eingebettet, denen ihre zelligen Bestandteile véllig gleichen; eine Kinstiilpung der Epidermis oder des Darm- und Leberepithels, die einzige 6 J. Klowvz;, Méglichkeit, durch die ektodermale oder entodermale Bildungs- elemente geliefert werden kénnten, hatten mir schwerlich entgehen kénnen, ebensowenig wie die zahlreichen Untersucher der eigent- lichen Embryonalentwicklung davon etwas zu melden wissen.“ Die Frage ist sonach noch eine offene. Einen ferneren Punkt betrifft die Zahl der Anlagen des Genitalapparates. Wie schon im obigen beriihrt, nimmt Ersie drei Anlagen an. Vorsichtig sagt er auf p. 309: ,,Die verschiedenen Teile des Geschlechtsapparates scheinen sich teilweise aus geson- derten Anlagen zu entwickeln“; bestimmter p. 317: ,,Die Ver- bindung des cylindrischen Teiles des vas deferens mit dem Prostata- teil ist eine sekundare, kann auch nach dem Entwicklungsmodus des Penis keine andere sein.“ ,,Die Verbindung der beiden Teile muf aber einfach so zustandekommen, daf der cylindrische Teil der Prostata entgegenwachst, was bei der Vergegenwartigung der embryonalen Verhaltnisse keine Schwierigkeiten bietet.“ Hieraus geht hervor, daf er die vermeintliche Verbindungsstelle nicht eesehen. Bestimmter spricht er von der Sutur zwischen der Zwitter- driise und dem mittleren Teile der Anlage (p. 317). ,,In ihrem (der viergelappten, kugeligen Anschwellung, Fig. 16, Taf. XXV) Mittelpunkte ist der Ausfiihrungsgang der Zwitterdriise einge- drungen, welcher sich mittlerweile gebildet hat. Durch Druck des Deckglaschens sieht man das Ende des erwahnten Ausfiihrganges frei in die kugelige Masse hineinragen, und hat sonach noch keine Verbindung derselben mit den leitenden Kanalen stattgefunden, welche zudem an jener Stelle noch nicht die zu diesem Zwecke erforderliche Differenzierung erfahren haben.“ Rouzaup hinwiederum nimmt nur eine Anlage an, den bekannten bourgeon primitif, der sich rasch und stark verlangert, in die Leber hineinwachst und dann am Ende die Zwitterdriise bildet (Taf. I, Fig. 1 und 4). Der dritte Forscher, Brock, bringt eben auch eine dritte An- sicht. Nach ihm entstehen die Ausfiihrgange bis etwa zur Mitte des Zwitterganges einheitlich und die Zwitterdriise nebst dem einen Teile des Zwitterganges getrennt davon. Brock verbreitet sich gerade iiber diese Frage ziemlich ausfiihrlich, so daf tiber seine diesbeziigliche Ansicht kein Zweifel sein kann. Doch kann man zugleich aus seiner Darstellung ersehen, dafs die Frage eine ziemlich schwierige ist, und eine Tauschung leicht méglich. Wenn auch Brock das Getrenntsein ,mit der groften Sicherheit fest- Geschlechtsapparat yon Lymnaeus. 7 stellt“, so stehen ihm eben die Ansichten der beiden anderen For- scher gegeniiber, und kann auch diese Frage noch nicht als gelést angesehen werden. Eine weitere, wenn auch weniger wichtige Frage ist die, ob der Genitalapparat sich solide oder als wirklicher Gang anlegt. Eista und Rouzaup nehmen eine solide Anlage an, ja Rouzaup bis in die einzelnen Teile der Anlage. Nach ihm entstehen Hoéhlungen immer erst ziemlich spat par écartement des éléments cellulaires centraux, das heift wohl durch Zuriickweichen der jungen Zellen aus dem Zentrum der soliden Anlage. Brock findet in den Anlagen der Ausfiihrgdange ein Lumen und erklart sich Exsia’s und Rouzaup’s Ansichten durch eine Tauschung hervorgerufen, da beide nur mit der Priparierlupe gearbeitet, aber keine Schnitt- serien angefertigt haben. An dem Zwittergange findet er die Zellen ziemlich unregelmabig, ja bisweilen fehlt ein Lumen ganz und gar. Der Zwitterdrise fehlt in ihrer ersten Anlage nach ihm ein Lumen. Vorstehendes ergiebt also auch in diesem Punkte Differenzen bei den Autoren. Kinigermafen besser tibereinstimmend lauten die Angaben iiber die Anlage des Penis. Nach Rouzaup und Brock ist der Penis bei den Stylomma- tophoren eine seitliche Ab zweigung des primaren Geschlechts- ganges, resp. des bourgeon primitif, welche Ausdriicke in diesem Falle ja als gleich angesehen werden kénnen; denn daf Rouzaun’s bourgeon primitif solide ist und mit der Zwitterdriise urspriinglich in Verbindung steht, kommt hier nicht sonderlich in Betracht. Ersia freilich weicht hierin ab, indem er, wie gesagt, fiir den Penis eine besondere Anlage annimmt. Brock beriicksichtigt die Basommatophoren wenig und will sie tiberhaupt nicht in engeren Zusammenhang mit den Stylommatophoren bringen. Rouzaup hat die Basommatophoren auch wenig untersucht, findet aber den Penis (bourgeon pénial, Taf. I, Fig. 11—13) neben dem bourgeon pri- mitif und erklart seine Lage durch eine migration passive (p. 47) von dem bourgeon primitif distalwarts bis an den Fuf des letzteren und noch weiter. Nach seiner Ansicht stammen ja die Basomma- tophoren von den Stylommatopboren ab, mit denen sie durch Uberginge (Succinea u.s. w.) verbunden sind. Sieht man aber auf p. 45, dafi er in seinem jiingsten Stadium von 2 mm den 8 J. K lotr bourgeon primitif in einem schon vorgeriickten Stadium (assez allongé) gefunden hat, so liest man unwillkiirlich zwischen den Zeilen, daS er in einem noch jiingeren Stadium den bourgeon pénial sich noch auf dem bourgeon primitif denkt. Ja in seiner Zusammenfassung p. 122 sagt er geradezu: ,,Je vois seulement, dans ce cas particulier (bei Lymnaeus) le bourgeon pénial subir une migration ontogénique.“ Genug, er halt den bourgeon pénial fiir einen Abkémmling des bourgeon primitif und stimmt so mit Brock iiberein. Trotzdem vermag die in diesem Punkte etwas liickenhafte Untersuchung der beiden jiingsten Forscher die Be- hauptung Ersia’s von einer selbstandigen Anlage des Penis nicht absolut zuriickzuweisen; der Beweis fiir die Modifikation in diesem Falle ist wenigstens noch nicht erbracht. Eine wichtige Frage dtirfte die folgende sein, in der die drei Forscher aber auch zu drei verschiedenen Resultaten kommen. Es betrifft dies den Zusammenhang des Uterus mit dem receptaculum seminis auf der einen Seite und mit dem Penis auf der anderen Seite. Nach Ersicg geht der distale Teil des vas deferens durch Auswachsen des freien Endes seiner Penisanlage, des ,,keulenfoérmigen Kérpers‘“* (Taf. XXV, Fig. 11—13), hervor. Uterus und Prostata legen sich als gemeinsamer, solider Zell- strang an, und mit einer ungleichen Teilung am distalen Ende beginnt die Trennung der genannten Ausfiihrginge. Uber die Entstehung des receptaculum seminis giebt er iberhaupt keine Aus- kunft. | Rouzaup’s Darstellung ist eine ganz andere. Sein bourgeon primitif hat sich bis tief in die Leber hinein verlangert; der Penis und die Zwitterdriise mit ihren Follikeln ist angelegt, die Eiweil- driise wil] eben erscheinen, waihrend die aufere Zelllage des bourgeon primitif sich in die primitive Langsmuskellage umgewandelt hat, — da treten auf dem bourgeon primitif in der ungefahren Mitte seiner Laingsachse 2 helle Streifen auf, die den bourgeon in drei Teile spalten und sich als EKinwucherungen der primitiven Langs- muskellage in den bourgeon entpuppen. Bald fiihrt auch dieser Vorgang zu einer wirklichen Spaltung des bourgeon primitif, und es entsteht so auf der einen Seite das vas deferens, auf der an- deren Seite das receptaculum seminis, waihrend der dritte, mittlere, Teil zum Uterus wird. Ein distales Vorwartsdringen der einen Spalte (fente utéro-déférente) bis in den Penis hinein und eine un- gleich auftretende Lumenbildung préazisiert das Spaltstiick noch genauer als vas deferens. Ein Vordringen der anderen Spalte Geschlechtsapparat von Lymnaeus. 9 (fente utéro-copulatrice) nach oben bis zur Eiweifdriise, und endlich vollstaindiges Lostrennen des Teilstiickes, nebst einer Lumen- und endstaindigen Blasenbildung giebt dem receptaculum seminis spe- zifischere Form. Brock seinerseits findet eine ahnliche Spaltung, wenn auch nur auf der einen Seite; er halt aber das Spaltstiick fiir einen rudimentiaren ,,méannlichen Gang“, wahrend in Wahrheit, wie Semper (4) in der eingangs erwahnten Arbeit nachweist, der fragliche Gang kein Rudiment ist, sondern zum receptaculum seminis wird. Immer- hin aber bleibt Brocx’s Darstellung tiber die Entstehung des vas deferens in Ubereinstimmung mit E1stq als ein sekundires Aus- wachsen des Penis und endliches Eindringen in den weiblichen Ausfiihrungsweg der Darstellung Rouzaun’s gegeniiber bestehen und harrt einer endgiiltigen Losung. Dies sind etwa die Hauptdifferenzen in den bisherigen Ar- beiten. Sie geben geniigende Gesichtspunkte fiir eine neue Bear- beitung des Themas. Hier mégen noch einige technische Notizen Platz finden. Da ich mir von vorn herein vorgenommen hatte, meine Studien in der Hauptsache an Schnittserien vorzunehmen, trachtete ich in ahnlicher Weise wie Brock, Lymnaeus stagnalis, wenn es mir auch in hinreichender Menge zu Gebote stand, als zu grof verschmahend, nach einer kleinen Lymnie. Lymnaeus auricularis, welchen Ersra untersuchte, stand mir sehr sparlich zur Verfiigung. Ich hatte aber das Gliick, bald eine noch kleinere Lymnae in grofer Menge im Freien zu finden, sogar wihrend des Winters. Auch Eier fand ich bis in den Dezember. Im Februar legten schon mehrere wieder im Aquarium. Zur Bestimmung benutzte ich Cuessrn (14). Es sind hier wie auch anderwirts eine ziemliche Reihe Varietéten an- gegeben, die das Bestimmen, ohne Exemplare dieser Varietiten vor sich zu haben, entschieden erschweren und unsicher machen. Ich begniige mich daher damit, meine untersuchten Individuen unter die Form Lymnaeus ovatus einzureihen, wozu sie bestimmt gehéren. Ubrigens diirfte es fiir die Zwecke, die hier verfolet werden, vollkommen ausreichen, wihrend eine genaue Varietiten- bestimmung fiir manche biologische Zwecke unerliflich ist. Die Gréfe der Individuen schwankte von 12—18 mm Lange. Die Konservierung erwies sich als ziemlich schwierig. Brock’s Methode, zu fixieren mit 1°/, Chromsiure nebst Spuren yon Osmiumsiiure, hat leider bei mir nicht zu dem gewiinschten 10 J. Klotz, Ziele gefiihrt. Ebenso haben auch andere sonst gebrauchliche Mittel nicht den Wiinschen entsprochen. Unter anderen wandte ich auch Pikrinsaiure (gesittigte, wissrige Lésung) nebst 1/,, Vo- lumen einer 10 °/, Essigsiure an, schwichte aber bald die quellende Wirkung der beiden Reagentien durch Zusatz einer 1°/) Chrom- siurelésung (bis zu 1/, des Volumens) ab und erhielt so bei einer Kinwirkung von etwa 7 Stunden einigermafen befriedigende Re- sultate. Auch mit Quecksilberchloridlésung, zur Halfte mit 50°/,igem Alkohol verdiinnt, erhielt ich bei 1/, stiindiger Einwirkung gute Resultate. Die fixierten Objekte wurden mit 70°/, Alkohol aus- gewaschen und entkalkt. GréfSere Tiere kann man auch, nachdem man sich einige Fertigkeit erworben, nach der Fixation nach teil- weisem Aufbrechen des Gehiuses und Liésung des Columellar- muskels aus dem Gehause ziehen, was das langwierige Entkalken abkiirzt. Schwierigkeiten verursacht auch bei sehr jungen Embryonen das noch in grofer Menge vorhandene Eiweif, weil solches beim Konservieren sehr leicht briichig wird. Ich zog daher die Em- bryonen, wie es auch Razr (10) that, aus dem Ei heraus. Dies ist aber mit Hilfe der Prapariernadel eine ziemlich miithsame Ar- beit. Ich benutzte daher zum Festhalten der Kier eine Pipette, indem ich mittelst eines Gummischlauches die Eier an die Pipetten- ffnung sog. Die Offnung muBte natiirlich kleiner sein als das Ki. Nun konnte ich bequem mit Hiilfe eines Insektenstachels das Ei anstechen. Der Stachel, an einem Glasstabe mit Siegellack befestigt, hat eine ungemein feinere Spitze als eine Prapariernadel und dringt leicht, ohne starken Druck und ohne abzugleiten von der. durch das Coconeiweifi schliipfrigen EiweiShaut, in die letztere ein, wahrend eine Prapariernadel mit ihrer immerhin kolbigen Spitze vielfach abgleitet. Ist einmal etwas Eiweif ausgeflossen, so be- kommt die Eihaut Falten und la8t sich leicht fassen. Die Fairbung geschah mit Boraxkarmin. Dieses hat den Vorzug vor andern Farbemitteln, z. B. Cochenille, welche ich auch anwandte, die Genitalanlage, wie schon Brock angiebt, intensiver zu farben als die iibrigen Teile, und dies gerade macht es még- lich, insbesondere das iiberaus feine vas deferens zu verfolgen. Freilich lieS die Farbung in toto oft viel zu wiinschen tibrig; be- sonders farbte sich der proximale Teil des Kérpers, die Leber u. s. w. sehr langsam und ungleich. Ich zog es daher zuletzt vor, erst die Schnitte nachzufarben. Geschlechtsapparat von Lymnacus. 11 Wenden wir uns jetzt unserer Hauptaufgabe zu, der Beschreibung der ontogenetischen Befunde. Das friiheste Stadium der Anlage des Geschlechtsapparates, welches ich zu Gesicht bekam, bezog sich auf Tiere von durch- schnittlich !/, mm Durchmesser. Es waren die Embryonen noch nicht zum Auskriechen reif. Der Darm zeigte so ziemlich die typischen Windungen, die Eiweifzellen der Leber waren zum Teil in die typischen Leberzellen iibergegangen, und die bleibende Niere war angelegt. Das Nervensystem zeigte noch die charakteristische unverhaltnismabige Gréfe und zeigte die oberen und _ unteren Schlundganglien mit ihren Kommissuren nebst zwei seitlichen Ganglien. Diese sind wahrscheinlich die Parietalganglien. Schon Ras (10) spricht von zwei Zellenhaufen zu beiden Kérperseiten, die ihm nervéser Natur zu sein scheinen, berichtet aber mit ziem- licher Reserve und Kiirze von denselben. Seitdem hat wohl nie- mand dieselben genauer verfolgt. Ich bin leider erst ziemlich spit zu der Ansicht gekommen, dal solche doch auch fiir meine Fragen in Betracht kommen. Indes, da hierzu ein eingehendes Studium nétig ist, mit dem ich kaum angefangen, mu ich hier auf das Nahere verzichten. Auf meinem jiingsten Stadium finde ich in den Tentakeln eine Anhaufung von Zellen (Fig. 2 und 3 én) mit grofen Kernen von ganz aihnlichem Habitus wie in den Zellen des Ganglions und zu- gleich einen Zug (vb) gleich beschaffener Zellen, nach dem Ganglion hingehend. Meist traf ich die letztere Verbindung nur auf der rechten Seite, und zwar sehr stark entwickelt noch tiber den proxi- maglen Rand des Tentakels hinausgehend, ohne eine Andeutung der Penisanlage, waihrend auf einem etwas alteren Stadium die grofen Zellen dieser Verbindung (vb) verschwunden waren, dafiir aber genau am hintern Rande obiger Verbindung die Penisanlage schon ziemlich weit vorgeschritten war. Dieser Umstand lief mich eine ziemliche Weile im Zweifel, ob das Gebilde zur Penisanlage gehére, oder ob es der Tentakelnerv sei, bis ich endlich dieselbe Zellverbindung auch auf der linken Seite fand, zum Teil noch voll- stindig, zum Teil nur eine Strecke weit vom Cerebralganglion ausgehend. Auf der rechten Seite sah ich dann auch die Faser- masse, wie sie zu dieser Zeit die Mitte der Ganglien ausfiillt, in den Zellstrang iibergehen, so daf sich derselbe bei Vergleichung alterer Stadien als ein Nery entpuppte zwischen dem Cerebral- ganglion und den oben genannten Zellen neryéser Natur in den 12 J. K loitizs Tentakeln. Nach einer Vergleichung mit spiteren Stadien geht aus dieser Verbindung wahrscheinlich der nervus opticus, der Ten- takelnerv und der Penisnerv hervor. Ich habe diese Verbindung etwas genauer beschrieben, weil meiner Ansicht nach an diesem Punkte die Penisanlage sozusagen fixiert ist, und kann ich die Anlage des Penis selbst um so kiirzer beschreiben. Wie schon gesagt, zeigt obige Zellverbindung eine ziemliche Dicke in sagittaler Richtung. An dem proximalen Rande derselben, am unteren Rande des Fiihlers, genau an der Stelle, wo das K6érper- epithel durch Auswachsen des Fiihlers eine Biegung macht, legt sich der Penis an, indem an der Umbiegungsstelle das Epithel ein- fach nach innen weiterwachst (Fig. 3). Diese Einstiilpung ver- folgt in ihren ersten Stadien genau den Weg, den auch obige An- lage des Tentakelnervs verfolgte, wachst also der basalen auBeren Seite des rechten Cerebralganglions zu. Die Anlage ist etwa 10 w breit und 14. lang. Ein Lumen ist deutlich sichtbar. Die Wandung besteht aus Zellen, die natiirlich von derselben Be- schaffenheit sind wie die Ektodermzellen, nur zeigen sie mehr rund- liche Kerne von etwa 4 « Durchmesser. Beziiglich der Uterus- und Prostataanlage bin ich leider nicht in der Lage, sie so bestimmt festzustellen, wie das beim Penis der Fall ist. Ich traf die Anlage ungefaihr zu derselben Zeit, wie die Penisanlage, wenn auch gewohnlich night auf demselben Priparate. Ersra findet Schwierigkeiten bei Auf- findung der Anlage, weil die Lage derselben beim Praparieren nie so sicher ermittelt werden kann, wie dies beim Penis der Fall ist. Diese Schwierigkeiten fallen auf Schnittserien hinweg, da die Lage des Ganges bestimmt ist durch die Biegung des Oesophagus kurz vor der Einmiindung in den Magen. An dieser Stelle finde ich ihn immer zuerst. Grofe Schwierigkeiten bietet es aber, den Gang nach der proximalen und distalen Richtung zu verfolgen. Auf die Schwierigkeit der Verfolgung des Zwitterganges hat schon Brock aufmerksam gemacht. Noch schwieriger aber scheint mir die distale Verfolgung des Ganges. In der Nahe des Oesophagus ist der mittlere Teil der Ge- schlechtsanlage, wie ihn Ersia nennt, ein Zellstrang von ovalem Geschlechtsapparat von Lymnaeus. 15 Querschnitt, mit dorsoventraler Richtung der Lingsachse. Diese Achse mift etwa 19 «. Der Querdurchmesser betrigt 14 «. Ein Lumen ist deutlich sichtbar und betragt 4 u. Die Wandung besteht aus einer einfachen Lage von Zellen mit grofen Kernen (8—4 ju) wie am Penis. Auch Brock findet diese Kerne 3—4 wu (p. 343), wahrend sie Ersia nur 1 w grof findet. Die Zahl der Zellen betragt 12—16. Distal erstreckt sich der Gang von hier an im giinstigsten Falle noch etwa 0,15 mm und vyerschwindet noch eine ziemliche Strecke von der Stelle der spateren Geschlechtséffnung entfernt. Erst bei einer Gréfe des Tieres von 1 mm ist, wie wir spater sehen werden, eine Verbindung mit dem Hautepithel zu sehen Ich kann also bis jetzt nur eine mesodermale Anlage des Uterus- Prostatateiles annehmen. Verfolgen wir die Anlage vom Oesophagus aus weiter proxi- mal nach der Leber zu, so schwillt der Gang bald an auf 20 resp. 36 «, wobei kein Lumen mehr zu sehen ist und die Zellen etwas gréker sind. Die Lage im Vergleich zu spateren Stadien und Ersic’s Befunde ergeben, daf wir es hier mit dem Ende des dritten Abschnittes des Oviduktes zu thun haben, resp. bei der Anschwellung selbst mit dem Teile, aus welchem der erste und zweite Abschnitt des Oviduktes wird. Von da ab zeigt namlich der Gang eine plétzliche Abnahme bis auf ungefihr die Halfte seiner Dicke. Die Abnahme wird immer gréfer, bis der Gang nach Verlauf von etwa 0,08 mm sich ganz in dem Mesoderm verliert. Erst nach 3—4 Schnitten beginnt der Gang von neuem in ahnlicher Weise zwischen dem Mesoderm und verlauft bald in die Zwitterdriise. Dieselbe zeigt in ihrem friihesten Stadium eine langlich-ovale Ge- stalt von etwa 0,03 resp. 0,05 mm Durchmesser, also etwa dasselbe Sta- dium zeigend, wie es Brock beschreibt. Bei Lymnaeus wird sie nicht, wie es Brock von Agriolimax agrestis angiebt, durch Pigment von den Leberlappen abgehoben; vielmehr sind es wie beim Zwitter- gange mehrere kleine, an sich wenig charakteristische Kennzeichen, deren Zusammenwirken erst das Organ als Zwitterdriise erkennen aft. Insbesondere ist es abweichend von Brock’s Darstellung, wie aus der Figur hervorgeht (Fig. 4h), eine Lage von Zellen, welche ganz regelmabig angeordnet und gleich grol sind, eine Hille bildend, in die wenige gréfere Zellen eingeschlossen sind. Diese besondere Anordnung zeichnet sie vor den Leberlappen aus, denn die Zellen dieser sind zum Teil noch nicht in die typischen Leber- 14 J. Klotz, zellen tibergegangen. Die Hiille der Zwitterdriise tritt nur deut- lich auf Schnitten hervor, die den Rand der Driise getroffen haben; Schnitte, die durch die Mitte der Driise gehen, zeigen sie wegen der gréferen Anzahl der gréferen Zellen in der Mitte weniger deutlich. : Kommen wir auf die Zahl der Anlagen zuriick, so geht aus obigem hervor, dai die Zwitterdriise urspriinglich nicht mit den Ausfiihrgingen in Zusammenhang steht, also eine besondere Anlage hat, die nach ihrem Verhalten wahrscheinlich mesodermal ist, wie Brock |. c. p. 348 des naheren erértert. Auch der Uterus- und Prostatateil der Anlage ist wohl als mesodermal zu bezeichnen, da, wie wir oben sahen, im jiingsten Stadium eine Verbindung mit dem Ektoderm nicht nachzuweisen ist. Wesentlich besonders erscheint mir die getrennte Anlage des Penis. Von einer Verbindung desselben namlich mit den tibrigen Teilen der Anlage ist in den jiingsten Stadien nichts zu sehen. Schon die Zeit der Anlage begriindet einen Zweifel an einer ge- meinschaftlichen Anlage. Zwischen 0,5 und 0,8 mm _ schwankte die Grofe der Tiere, an denen ich die erste Anlage sah, und dann meist entweder nur die Penisanlage oder uur die Anlage des Uterusteiles. Beztiglich des Ortes der Anlage auSert sich Ersi¢ Jeider etwas unbestimmt. Er sagt (p. 311): Die Penisanlage be- findet sich auf der rechten Seite des Tieres, ungefaihr in der Mitte des Vorderkérpers, waihrend beim erwachsenen Tier wie auch beim reifen Jungen der Penis unmittelbar hinter dem Tentakel ange- bracht ist. Ich habe aber nie die Anlage an einer anderen Stelle gefunden als unmittelbar hinter dem Tentakel, wo sich eben spater die Miindung auch befindet. Nun habe ich allerdings nicht L. auricularis untersucht, werde solches aber sobald als méglich nachholen, denn es ware allerdings interessant, wenn sich eine solche Verschiedenheit beziiglich des Ortes der Penisanlage und vielleicht auch, wie ich schon oben bemerkte, beziiglich der Ent- fernung der Offnung der beiden Ausfihrginge bei den einzelnen Lymnaenspezies konstatieren liefe. Vorderhand aber bin ich der Ansicht, dafi Etsia nicht die jiingste Anlage gesehen. Die Individuen, die er untersuchte, waren schon ausgekrochen und malien 1 mm. Die Anlage zeigte keulenformige Gestalt, was nach meinen Befunden erst spater eintritt, und ma8 schon 50 uw, wahrend meine jiingste Anlage etwa 14 w lang war. Ja Rouzaup’s jiingstes Individuum von Lymnaeus maf schon 2 mm (i. c. p. 45). Er giebt zu, dab die beiden bourgeons schon Geschlechtsapparat von Lymnaeus. 15 verlangert waren. Er zeichnet (Taf. I, Fig. 11) den bourgeon pénial auch neben dem bourgeon primitif, so wie er ihn auch schildert. Desgleichen giebt er auch in diesem Stadium noch keine Ver- bindung der beiden bourgeons durch das vas deferens an. Auf p. 46 und 47 sucht er sich nun allerdings die Thatsache, daf} er den bougeon pénial bei Lymnaeus nur neben, ja nach der Zeich- nung eine ziemliche Strecke von dem bourgeon primitif entfernt gefunden hat, durch eine migration passive oder, wie er sich p. 122 genauer ausdriickt, durch eine migration ontogénique zu erklaren. Thatsache bleibt aber, daf er den Penis von Lymnaeus nie auf dem bourgeon primitif gesehen, und so bleibt seine migration eben nur eine Vermutung, und E1sic’s Behauptung von einer besonderen Anlage des Penis und meine Beobachtung bestehen. Eine weitere Veranderung zeigt sich, wenn das Tier etwa 2 mm grof ist. Im Penis ist die Differenzierung in kleinen und grofen Schlauch eingetreten, die Prostata hat sich weiter vom Uterus entfernt, am Uterus legt sich am proximalen Ende die Windung an, die ihn im erwachsenen Zustande charakterisiert, und die Zwitterdriise beginnt in Lappen zu zerfallen. Im einzelnen zeigt sich folgendes: Der Penis ist auf 0,20 mm Linge gewachsen; er zeigt distal im Querschnitt ein langes Oval mit dorsoventraler Hauptrichtung. Allmahlich verkiirzt sich die dorsoventrale Achse und der Penis nimmt an Breite zu, bis end- lich der Querschnitt leicht querelliptisch wird mit dem gréSten Durchmesser von 48 «. Der Durchmesser verkleinert sich noch etwas proximalwairts und wachst dann wieder auf 75 wu. Ks ist also dadurch eine Einschniirung entstanden und so ein deutlich unterschiedener proximaler und distaler Abschnitt, fiir welche Ersia die Ausdriicke kleiner und groBer Schlauch gebraucht. Der kleine Schlauch ist 24 w lang, der grofe 176 uw. Das Lumen erfahrt dabei noch gréfere Verainderungen. Wahrend es in der Mitte mehr queroval wird, zeigt es zugleich eine basale Ausbuchtung (Fig. 5). Diese letztere verkiirzt sich allmahlich, wiahrend der rechte Teil des Lumens (im Querschnitt) nach oben und links tberbiegend mit der linken verschmilzt, so daf ein zentraler Cy- linder abgeschniirt wird, der von einem Hohlcylinder umgeben ist (die Figur 6 giebt leider nur einen schiefen Schnitt davon wieder). Beide Teile gehen in das vas deferens iiber. Es hort also die Spalte zwischen den beiden Cylindern auf, und das Epithel ver- schwindet. Die Zellenanordnoung ist dabei dieselbe geblieben wie im vorigen a 16 J. Klotz, Stadium; im ganzen eben zweischichtig, nur sind die Zellen etwas gréker. Innen zeigt der Gang ein Epithel, das meist niedrig ist, zum Teil aber auch 10 u hoch wird. Auf diese Weise entsteht besonders die Lumenform in der Mitte des Penis. Im kleinen Schlauch besteht die Hille (Fig. 6 ks) aus zwei Zelllagen. Der innere Cylinder hat nach auSen ein Epithel, dann folgen Embryonalzellen, von ahnlichem Aussehen wie die der ersten Anlage, nur sind sie etwas grofer (bis 5 uw). Bald sind sie un- geordnet, bald treten die innersten zu einem Gange zusammen mit einem deutlichen, wenn auch auferst engen Lumen. In diesem Falle sind dann auch die Zellen zwischen diesen beiden Epithelien mehr oder weniger gut ringformig angeordnet. Am _ haufigsten finde ich dieses Lumen am distalen Ende genannten Organs, ein Umstand, der Ezsia’s Bemerkung p. 312 rechtfertigt, daf die Lumenbildung von der Spitze des vas deferens auszugehen scheint und allmahlich gegen oben fortschreitet; freilich zeigt bei mir der Penis schon vorher ein Lumen und auch das vas deferens wenigstens ° im proximalen Teile. Gehen wir auf den Uterus und die Prostata iiber, so finden wir auf diesem Stadium die Trennung dieser beiden Giange etwas weiter vorgeschritten, etwa auf die Liinge des spiteren dritten Ab- schnittes des Oviduktes. Hier aber, wie auch schon auf der kurzen Strecke des vorigen Stadiums, auf welchem Uterus und Prostata getrennt waren, finde ich nicht, daf die Prostata starker als der Uterus ist; vielmehr zeigen sie jetzt auf der ganzen Strecke eine gleiche GréfBe und Form (Fig. 7). Sie haben eine ovale Gestalt von 24 «w resp. 60 uw. Die langere Achse des Querschnittes schneidet die dorsoventrale Kérperachse in einem spitzen Winkel, der nach rechts oben gedffnet ist. Anfangs liegt die Prostata etwas dorsal von dem Uterusteile, weiter proximal wieder links vom Uterus, resp. distal, wenn der ganze Apparat nach links umbiegt. Die Figuren sind natiirlich spiegelbildlich gleich und daher rechts und links vertauscht. Die Trennung erfolgt in der Weise, wie es Rouzaup fiir das vas deferens und receptaculum seminis und Brock fir seinen ,,mannlichen Gang“ angiebt, namlich dadurch, dafi dorsal eine Einwucherung der Wand erfolgt. Auch ventral sehe ich eine, wenn auch schwachere Falte auftreten, so daf der Gang etwa nebenstehendes Lumen zeigt §j. Die untere Falte endet auch bald, so daf sich im Querschnitt ein hufeisenformiges Lumen ergiebt. Geschlechtsapparat von Lymnaeus. 17 Den viergelappten Kérper finde ich nicht auf einem heraus- praparierten Genitalapparat. Das Ende des Ganges mag auferlich diese Form bisweilen haben, aber auf Schnitten zeigt es sich als ein mit kontinuierlichem Lumen versehener Gang, der eine S-formige Biegung ausgefiihrt hat. Das Ende der Schlinge ist mit den iibrigen Teilen durch Bindegewebe verbunden, so dali eine Gerade- legung des Ganges schwer sein wird, wie es ja auch bei dem er- wachsenen Tiere noch der Fall ist. Histologisch sind folgende Veradnderungen aufgetreten. Im grofen und ganzen besteht der Apparat innen noch aus einem Epithel und dariiber die erwihnten embryonalen Muskelzellen, be- sonders bezieht sich dies auf die Teilstiicke. Am proximalen, hin- teren Teile des Ganges sind die Zellen dichter gedrangt und zeigen bisweilen mehr als die zwei Schichten; sie messen meist 4—6 uw, nur hie und da erreicht das Epithel eine Héhe von 9 w. Die Zwitterdriise ist stark gewachsen, zeigt schon kleine Lappen und etwas gréSere Zellen als im vorigen Stadium. Die Zellen sind sehr dicht gedraingt und durch gegenseitigen Druck zu Polygonalen umgewandelt. Wahrend im vorigen Stadium die Kerne fast die ganze Zelle ausfiillten, zeigt sich jetzt schon mehr Cytoplasma um dieselben; doch sind die Zellen noch gleich grof. Der Zwittergang ist jetzt in seiner ganzen Lange gebildet und besteht im Querschnitt aus etwa 7 Zellen. Sein Durchmesser be- triigt 26 wu, das Lumen ist etwa 3—4 wu gro’. Er besitzt, wie der andere Apparat, eine Epithelschicht und dariiber eine Schicht pri- mitiver Muskeln. An 4alteren Embryonen von etwa 3 mm Grofe zeigen sich wichtige Verinderungen. Der grofe Schlauch weist die charak- teristische Faltenbildung auf, eine gleich charakteristische Falte tritt in der Prostata auf, das receptaculum seminis und die Eiweil'- driise bilden sich, und die ersten Differenzierungen an den Zellen der Zwitterdriise sind zu konstatieren. Wenden wir uns zunichst zum P enis, so ist derselbe natiirlich allgemein gréSer. Die Miindung mifSt etwa 60 « im Durchmesser, in der Mitte mift er dorsoventral 160 «, lateral 80 w, der kleine Schlauch etwa 86 uw. Das charakteristischste Merkmal hierbei ist die Falten- bildung. Es tritt nimlich auf der linken dorsalen und rechten ven- tralen Seite des spaltenférmigen Penislumens eine starkere Vermeh- rung der Zellen als an anderen Punkten ein. Die Zellen suchen sich dabei hauptsiachlich Platz nach innen, und so wird das spaltenformige Lumen S-férmig gebogen, der Grundtypus des ausgebildeten Penis, Bd, XXIII, N, F. XVI. 9) -~ 18 32. °K Lotiz., Die Zellen sind im ganzen etwas gréfer als im vorigen Stadium, auf die innere Epithelschicht folgen besonders in den beiden Ein- buchtungen Zellen, die nach innen mehr runde, nach aufen mehr lingliche Kerne aufweisen. Das vas deferens ist aufer allgemeiner Gréfenzunahme nicht wesentlich verandert. Dagegen zeigt die Prostata wesentliche Verinderungen. Wie oben angedeutet, finden wir zuerst hier die charakteristische Falte des birnférmigen Teiles. Ein Querschnitt zeigt nimlich etwa die Gestalt von Fig. 9. Die dorsale Wand ist in Gestalt einer Falte nach unten gewachsen, ahnlich der Falte, die im vorigen Stadium bei der Trennung von Uterus und Prostata auftrat. Da die ver- dickte Stelle des Ganges sich scharf vom cylinderférmigen Teile absetzt, so schlieft der dickere Teil vorn mit einer Querwand ab, durch die der cylindrische Teil des vas deferens mittelst einer kleinen Offnung eindringt; diese Querwand wachst aber zugleich értlich starker und bildet so noch distale Ausstiilpungen, die im Querschnitt getrennte Lumina zeigen. Mit dieser Faltenbildung ist der Typus des birnférmigen Tei- les eigentlich gegeben, und alle spaéteren Veranderungen verwischen mehr oder weniger diesen Typus wieder, so da’ im ausgebildeten Zustande dadurch die Erkenntnis des Baues erschwert wird. Ich hebe dies besonders hervor und werde bei der Besprechung spa- terer Stadien darauf zuriickkommen, weil ich in dem Baue des Uterus und der Prostata nicht dieselbe Ahnlichkeit finden kann, wie sie Ersia gefunden hat. | Der histologische Bau ist noch sehr einfach und unterscheidet sich nicht wesentlich vom vorigen. Wir treffen innen das Cylinder- epithel mit Zellen bis zu 7 « Hohe, und nach auSen die primitive Muskelschicht. Dazu treten aber noch besonders auf der Seite des Uterus rundliche Zellen mit 3—4 w grofen Kernen von ahnlichem Aussehen, wie die Zellen des urspriinglichen embryonalen Gewebes ; damit ist auch besonders die dorsale Ejnstiilpung erfillt. Diese Zellen sind es wohl, welche in erster Linie ein lebhaftes Wachstum bekunden. Der Uterus zeigt kurz vor seiner Miindung eine Erweiterung seines Lumens. Aus spateren Stadien geht mit grofer Wahr- scheinlichkeit hervor, daf diese Erweiterung die Anlage des re- ceptaculum seminis ist. Doch da diese Anlage noch zu wenig vorgeschritten ist, will ich eine genauere Beschreibung erst im nichsten Stadium geben. Geschlechtsapparat von Lymnaeus. 19 Im iibrigen hat der Uterus wenigstens in seinem dritten Ab- schnitte (od*) einen schmalen, hohen Querschnitt, insbesondere neben dem birnférmigen Prostatateile (Fig. 9). Die Héhe nimmt proximal allmahlich ab, so daf der Uterus und die Prostata, welche letztere hier auch ein langes, schmales Oval im Querschnitt dar- stellt, etwa gleich groBen Durchmesser haben. Beide sind etwa je 64 « hoch und 34 wu breit. Von da an nimmt die Prostata im Querschnitt ab, der Uterus aber fast auf das Fiinffache zu, bis nahe an den Magen, wo die Biegung des Oviduktes erfolgt. Die Auf- lésung dieser Schlinge ist mir noch nicht mit geniigender Sicher- heit gelungen; doch Jaft sich so viel ersehen, da8 sie ebenso liegt wie der spitere erste und zweite Abschnitt des Oviduktes. Es ist tibrigens dieser Abschnitt nicht von grofer Wichtigkeit und komme ich spater noch einmal auf ihn zuriick. Ungleich interessanter ist das Ende des Uterus. Hier hat sich nimlich die EiweiSdriise angelegt. Bei Semprr (17, p. 388) finde ich folgenden Satz: ,,Mitunter fehlt eine gesonderte Eiweil'- driise (Lymnaeus [ovatus?] Planorbis marginatus).“ KEFERSTEIN ]. c. p. 1216 sagt: ,,Die Eiweifdriise fehlt bei einigen Wasser- pulmonaten.“ Fiir L. ovatus muf ich sie in Anspruch nehmen. Alle Individuen, die ich untersuchte, besafen sie, und daf diese der Spezies ovatus angehérten, habe ich oben dargelegt. Uberdies setzt Semper hinter ovatus ein ,,?“, womit er wohl die Unsicher- heit der Spezies andeuten will. Am genannten Praparate zeigt sich am proximalen Ende der Ausfiihrgange, also nach der Umbiegung des Genitalapparates am Oesophagus, ein Gang mit seitlichen Ausstiilpungen (Fig. 8). So- wohl die Form als die Farbung im Vergleich zu spiteren Stadien kennzeichnen das Gebilde als Anlage der Eiweifdriise. Sie ist etwa 72 uw lang, 69 w hoch und 102 wu breit. Sie besteht aus einem Hauptgange, dessen Lumen 4 w betragt. Auer diesem sind noch 10—15 kleine Blindsaickchen, wie sie die spatere Eiweif vs 2. schale: 0,018: Durchmesser der Poren der 2. Schale: 0,007—0,011. ss » Balken der 2. Schale: 0,003—O0,007. Ms des Pyloms: 0,057. Lange der Stacheln des Pyloms: ca. 0,022. Basalbreite der Stacheln des Pyloms: ca. 0,009. Station 271, Boden. 6. Prunopyle petrosa, nov. spec. Fig. 38. Die einzige vorhandene Schale ist oval und linsenférmig platt- gedriickt und ist von ganz auferordentlicher Dicke. Die Poren sind rundlich, im Durchschnitt breiter wie die Balken, von un- gleicher Gréfe und Entfernung voneinander, hie und da in gegen- seitiger Verschmelzung begriffen. Wahrend die Poren in der Mitte der Schale senkrecht durch dieselben hindurchgehen, dringen sie an den peripheren Schalenpartien schief ein, die Schalenoberflache ist ziemlich glatt. An dem stumpfen Pole der ovalen Schale befindet sich ein grofes Pylom, dasselbe ist von dicht stehenden, unregelmakig und bizarr geformten michtigen Stachel- und Zackengebilden um- geben. Abgesehen von der linsenformigen Abplattung, zeichnet sich diese Form durch die dicke, auferordentlich massige Ent- wicklung ihres Kieselskelettes aus. Es war nicht gut médglich, die Mafie der Pylomzacken zu geben, da dieselben als selbstandige Gebilde nicht isoliert sind, sondern mit der Schale und unter sich in engstem Zusammenhange stehen. Durchmesser der Schale: 0,162 : 0,216. Durchschnittliche Dicke der Schale: 0,021. Durchmesser der Poren: ca. 0,009. , der Balken: ca. 0,007. a des Pyloms: 0,144. Station 268, Boden. Bd. XXIM, N. F. XVI, ~r 98 Friedrich Dreyer, 7. Prunopyle craticulata, nov. spec. Fig. 35, Es sind 2 konzentrische Schalen vorhanden. Die aufere Schale ist oval und ziemlich dickwandig, daher ist die innere Schale nur als Schattenrif sichtbar. Sie ist kugelrund und relativ grof, ihr Durchmesser verhilt sich zu dem kleinen Durchmesser der 2. Schale wie 2:3. Die Oberflache der ‘iuferen Schale ist mit Zackenreihen resp. -leisten bedeckt, die Poren sind rundlich, von nicht ganz gleicher Gréfe und in ungleichen Zwischenréumen voneinander, an der Peripherie der Schale sind sie durch die Zackenreihen ver- deckt. Das Pylom befindet sich an dem spitzen Pole der Schale, es ist von einigen Stacheln umstellt, welche durch eine diinne Membran untereinander verbunden sind, letztere umgiebt das Pylom wie eine Kraterwand, iiber die die Spitzen der Stacheln nur wenig hervorragen. Die Poren stehen in so ungleichen Ent- fernungen voneinander,.daf bestimmte Mafangaben iiber die Breite der Zwischenbalken nicht zu machen sind. Durchmesser der 1. Schale: 0,108. e tie. hie pee. 4i7 Glu Qasr: Dicke der 2. Schale: 0,012. Durchmesser der Poren: ca. 0,007. “4 des Pyloms: 0,072. Hohe der Pylomwand: 0,022. Basalbreite der Stacheln: ca. 0,009. Station 241, Boden. 8. Prunopyle Semoni, nov. spec. Fig. 37. Diese Art setzt sich aus 3 konzentrischen Schalen zusammen, die beiden inneren Schalen sind nur als schwache Schattenrisse sichtbar, die 1. ist kugelrund, die 2. elliptisch, die Radialbalken sind nur in undeutlichen Spuren sichtbar und daher auf der Ab- bildung ganz weggelassen. Die 3. Schale ist ebenfalls elliptisch, ziemlich dick und hat eine glatte Oberfliche. Die Poren sind rundlich, ungleich grof und ungleich weit voneinander entfernt, es finden sich unter ihnen verschiedene Stadien der Annaherung und Verschmelzung. Im Durchschnitt sind die Poren 1/,-doppelt so breit wie die Zwischenbalken. Das Pylom, von malbiger Grofe, ist als solches deutlich sichtbar und von ganz unregelmafigen Aus- franzungen der Schale, auf welche sich die Poren teilweise fort- setzen, umgeben, Die Durchmesser der 3 Schalen verhalten sich zu einander wie 1:3:5., Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 99 Durchmesser der 1. Schale: 0,043. Pe vero OTOL 0.119: Dats Aetna oi Gas: Biches der 3. erhale: 0,013. Durchmesser der Poren der 3. Schale: ca, 0,005. . fA ROD at Veh tenet Cas CLUS. ‘ des Pyloms: 0,079. Station 268, Boden. ” 7 9. Prunopyle solida, nov. spec. Fig. 29. Es sind 2 Schalen vorhanden, die ‘iufere Schale ist elliptisch, am aboralen Pole etwas abgestutzt; die innere Schale ist kugel- rund, sie ist jedoch wegen der grofen Dicke der ‘uferen Schale nur als Schattenri’, jedoch deutlich und relativ scharf konturiert sichtbar, die Radialbalken dagegen sind nur in Spuren und auch dann sehr undeutlich zu sehen, sie sind daher auf der Abbildung ganz weggelassen. Der kleine Durchmesser der 2. Schale ist etwas mehr wie doppelt so grof wie der der ersten. Die Oberfliche der Rindenschale ist glatt, die Poren sind rundlich, ungleich grol und ungleich weit voneinander entfernt, im Durchschnitt sind sie gut doppelt so breit wie die Balken, hie und da finden sich An- niherungs- und Verschmelzungsstadien. Die Dicke der auf eren Schale, auf dem optischen Querschnitt gut sichtbar, ist sehr be- trichtlich. Das Pylom ist klein und als solches scharf umrandet deutlich zu sehen, sein Rand ist mit einigen kleinen Zahnchen besetzt, dieselben sind jedoch als selbstindige Gebilde nicht deut- lich abgesetzt und deshalb auch nicht gut mefbar, mit demselben Rechte kénnte man den Rand des Pylom auch ausgebuchtet nennen. Die Dicke der dauferen Schale ist an beiden Polen betracht- licher wie am Aquator. Durchmesser der 1. Schale: 0,057. ea Os SEIN ES Ne Doreteelentiche Dicke AB 2 Schale: 0,020. Durchmesser der Poren der 2. Schale: ca. 0,010. "9 » Balken ,, 2. 3) Jha U,0U0. ss des Pyloms: 0,032. Station 268, Boden. 10. Prunopyle monocyrtis, nov. spec. Fig. 23. Die einzige vorhandene Schale ist oval, ihre Oberflache ist ein wenig uneben, dagegen ohne Stacheln, Leisten, Borsten ete, a ‘ 100 Friedrich Dreyer, Die Schale ist dick, die Dicke ist auf dem optischen Querschnitt gut sichtbar. Die Poren sind relativ ansehnlich, meist zwei bis mehrere zu einer Oeffnung verschmolzen und daher die Gestalt derselben von ungleicher Gréfe und Form. Das innere Lumen der Schale ist elliptisch, die aufere ovale Form wird nur dadurch bedingt, daf’ die Schalendicke nach dem spitzen Pole hin zunimmt. An diesem Pole befindet sich auch das Pylom, dasselbe ist klein und von kleinen unbedeutenden Zacken umgeben. Durchmesser der Schale: 0,104: 0,137. Durchschnittliche Dicke der Schale: 0,009. Dicke der Schale am Pylom: 0,018. Durchmesser der Poren: 0,011 —0,025. der Balken: ca. 0,008. i des Pyloms: 0,025. Station 271, Boden. 99 11. Prunopyle antarctica, nov. spec. Fig. 75. Das Skelett dieser Art besteht aus 4 konzentrischen Schalen, welche durch zahlreiche Radialbalken miteinander verbunden sind. Die 3 ersten Schalen sind kugelrund, die 4. ist oval, die beiden ersten und die Radialbalken sind nur als Schattenrisse, jedoch deutlich, sichtbar. Je 2 innere und je 2 aufere Schalen liegen dichter beisammen und sind durch einen gréberen Zwischenraum voneinander getrennt. Die Durchmesser der 4 Schalen verhalten sich zu einander wie 1:3:7:9, ganz genau lassen sich diese Male nicht geben, weil die Schattenrisse der Schalen etwas breit und verschwommen sind. Die Poren der 3. Schale sind rundlich, von ungleicher Gréfe und Entfernung voneinander, ziemlich grol, ca. 3—4mal breiter wie die Zwischenbalken, die Gréfen- und Ent- fernungsdifferenzen sind jedoch nicht bedeutend, an der Peripherie der Schale sind die Poren nicht mehr deutlich sichtbar. Die Poren der aufersten 4. Schale sind klein, rundlich und so in Gruppen zusammenstehend, daf auf je eine unmittelbar darunter- liegende grolie Masche der 3. Schale eine Gruppe von ca. 3—7 kleinen Poren entfallt. Die Dicke der 4. Schale ist zwar auf dem optischen Querschnitt nicht genau. sichtbar, sie scheint aber ziem- lich betrachtlich zu sein. Da nun, abgesehen von _ beiden Polen, an denen die tangentialen Strukturverhaltnisse so wie so durch das Pylom und die Stachelbildungen gestért sein werden, die beiden auBeren Schalen dicht untereinander liegen, kommen sie durch die wahrscheinlich betrachtliche Dicke der 4. Schale Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 101 vielleicht noch ganz zur Berihrung oder sogar Verschmelzung, wodurch sich der Einflu’ der Poren der 3. Schale auf die Anord- nung derjenigen der 4. erkliren wiirde'). Die Poren der seitlichen Partieen der 4. Schale werden durch die ganze Schalenoberfliche bedeckende Zackenleisten resp. -wille verdeckt. Einzelne wenige Stacheln sind auf den aquatorialen Teilen der Schale verstreut, an der Umrahmung des Pyloms dagegen stehen zahlreichere, und am dichtesten, zu einem Stachelnest zusammengedrangt, stehen sie am aboralen Pol. Die Stacheln sind von ungleicher Grose, alle aber dick und massig, die meisten, wie es scheint, dkantig. Das Pylom ist deutlich sichtbar, scharf umrandet und mit Stacheln besetazt. Durchmesser der 1. Schale: 0,015. ” ” 2. ” : 0,061. ”? ” 3. ” = 0,097. » » oe pin: 042620058. Dicke der Radialbalken: 0,004. Durchmesser der Poren der 3. Schale: ca. 0,015. i » Balken ,, 3. vy ‘¢2).68250,004. ep sieoren oi 4. » 2 ca. 0,004. » Balken ,, 4. x (innerhalb einer Gruppe): ca. 0,008. Lange der Stacheln: 0,007—0,029. Basalbreite der Stacheln: 0,007—0,014. Dnrchmesser des Pyloms: 0,032. Station 157, Boden. Subfamilia II: Amphistomida, subfam. nov. Definition: Sphaeropyliden mit 2 Pylomen, je eins an jedem Pole der Hauptachse. Da die in der vorhergehenden Subfamilie als Einteilungsmerk- mal verwendeten Achsenverhaltnisse der Schale hier nicht in Be- tracht kommen, da jede mit 2 gegenstandigen Pylomen versehene Form in der Richtung der Hauptachse mehr oder weniger in die Lange gezogen ist, vereinige ich alle hierher gehérigen Arten unter einer Gattung. 1) Die Erscheinung, daf kleinere Poren gruppenweise in gréferen Poren liegen oder von Leisten umrahmt werden, findet sich, wenn auch nicht gerade hiaufig, so doch in den verschiedensten Gruppen der Radiolarien. Ich werde auf diesen Punkt in einem der nichsten Hefte dieser ,,Studien“ ausfiihrlicher zuriickkommen. 102 Friedrich Dreyer, (Kinziges) Genus 1: Stomatosphaera, nov. gen. Definition: Mit der Charakteristik der Subfamilie. 1. Stomatosphaera dinoceras, noy. spec. Fig. 76. Die 3 konzentrischen Schalen, durch zahlreiche Radialbalken miteinander verbunden, sind elliptisch, ihre Durchmesser verhalten sich ungefahr zu einander wie 1:2:3. Von den beiden inneren Schalen und den Radialbalken sieht man nur den Schattenrif’. Die auffere Schale ist von mittlerer Dicke, die Poren sind ungleich grog, rundlich, bis doppelt so breit wie die Balken und von un- regelmafig-polygonalen Leistenwallen umgeben. Die 3. Schale ist an ihren beiden Polen durch je ein Pylom abgestutzt, die Pylome sind von etwas verschiedener Groéfe. Zahlreiche Stacheln sind iiber die ganze Schalenoberflache verstreut, in der Umgebung der Pylome nehmen dieselben ganz abnorme Dimensionen an und er- reichen neben grofer Dicke das Doppelte des Durchmessers der ganzen Schale. Die Stacheln scheinen walzenrund zu seiu. Am vorliegenden Exemplar sind am kleineren Pylom ein, am gréferen 3—5 riesige Stacheln erhalten. Die Stacheln der Schalenoberflaiche sind leider fast alle mit abgebrochener Spitze, es lat sich ihre Lange aber ungefaihr erschliefen aus ihrer Dicke, jedenfalls sind sie weit kleiner wie die riesigen Stacheln in der Umgebung der Pylome. Durchmesser der 1. Schale: 0,065: 0,079. . 5» (2. OE FAO1 OF: O26. * 30 Oot Megs. 0.180800 80. Dicke der 3. Schale: 0,007. Durchmesser der Poren der 3. Schale: ca. 0,010. FF i, (Balketl© Bar 14) i) scan OfO@b: Lange der Stacheln: 0,036—0,270. Basalbreite der Stacheln: 0,004—0,014. Durchmesser der Pylome: 0,072 und 0,108. Station 244, Boden. 2. Stomatosphaera amphistoma, nov. spec. Fig. 30. Auch diese Art setzt sich aus 3 konzentrischen elliptischen Schalen zusammen, deren Durchmesser sich ungefaihr zu einander verhalten wie 1:2:3. Die 1. Schale und die Radialbalken sind nur als Schattenri8 sichtbar. Die 2. Schale ist diinn und hat eine glatte Oberfliche, ihre Poren sind grof, kreisrund, von etwas ver- schiedener Gréfe, etwa 3—4mal breiter wie die Balken. Die Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten tiberhaupt. 103 3. Schale ist ziemlich diinn und hat ebenfalls eine glatte Ober- flaiche, ihre Poren sind unregelmafiig rundlich, von verschiedener Grose, etwa 2—3mal kleiner wie die der 2. Schale. Die beiden polstindigen Pylome sind etwas verschieden grof und von kleinen Zaihnchen resp. Auszackungen der Schale umgeben, die jedoch nicht als selbstandige Gebilde imponieren. Durchmesser der 1. Schale: 0,029: 0,036. 2. 4 : 0,066:0,080. pa pe ec Sa OU EO BS a » Foren der 2. Schale: ca. 0,011. a » Balken der 2. Schale: ca. 0,004. A » Poren der 3. Schale: ca. 0,007. ia » Balken der 3. Schale: ca. 0,005. ” » Pylome: 0,036 und 0,025. Station 225, Boden. Wahrend die im Vorhergehenden beschriebenen Formen mit Pylom versehene Sphaeroideen!) waren, gehéren die nun folgenden Arten zur Ordnung der Discoideen. Von hierher gehérigen Formen waren bis jetzt 10 Arten bereits bekannt, welche sich teils auf die Familie der Porodisciden, teils auf die der Pylodisciden ver- teilen. Der Vollstaindigkeit halber, und um den Vergleich zu er- leichtern, gebe ich auch die Diagnosen dieser alten Arten wortlich nach HAaECcKEL’s ,,Report on the Radiolaria collected by H. M. S. Challenger“ wieder. Wahrend ich die Zahl der bekannten Arten aus der Subfamilie der Ommatodisciden um das Doppelte erhdhen konnte, konnte ich den beiden zur Familie der Pylodisciden ge- hérigen Arten der Gattung Discopyle leider keine neuen hinzu- fiigen. Auferdem habe ich noch pylomatische Discoideen aus den Familien der Phacodisciden und Spongodisciden gefunden und habe dieselben nach dem Vorgange HAEcKEL’s den betreffenden Familien in entsprechender Weise eingereiht. Von Phacodisciden habe ich nur eine Form mit Pylom nam- haft zu machen, zweifle jedoch nicht, da’ durch spatere Unter- suchungen die Zahl der hierher gehérigen Arten vermehrt werden wird. Ich halte es fiir das Beste, ebenso wie Harcker die Ommatodisciden als Subfamilie den Porodisciden eingefiigt hat, den 3 Subfamilien der Phacodisciden eine neue hinzuzufiigen, deren einzigem Genus ich die neue Art unterordne. 1) Vergleiche jedoch das im VI. Abschnitt iiber die Familie der Sphaeropylida Gesagte. 104 Friedrich Dreyer, Phacodiscida. Subfamilia IV: Phacopylida, subfam, nov. Definition: Mit Pylomen versehene Phacodisciden. (Einziges) Genus 1: Phacopyle, nov. gen. Definition: Phacodisciden mit einem!) Pylom. 1. Phacopyle stomatopora, nov. spec. Fig. 10. Beide das Skelett dieser Art zusammensetzenden linsenformig abgeplatteten Schalen sind elliptisch und durch zahlreiche starke Radialbalken miteinander verbunden. Beide stimmen in ihrer Struktur im wesentlichen miteinander itiberein: sie sind diinn- wandig und mit ganz unregelmafigen rundlichen Poren versehen, welche im Durchschnitt gut doppelt so breit sind wie die Zwischen- balken. Die auSere Schale ist mit verstreut stehenden kleinen Papillen bedeckt, auferdem bedingen die dicken, von innen an die Schale herantretenden Radialbalken Unebenheiten, von denen 3 an der dem Pylom gegeniiberliegenden Stelle des Scheibenrandes besonders in die Augen fallen. Im tibrigen hat die aufere Schale sowohl als die innere eine glatte Oberflache. Das Pylom ist scharf umrandet, ohne jede radiéren Randgebilde, wie sie sonst als Stacheln, Zacken etc. fast ausnahmslos vorkommen; es macht ganz den Eindruck einer ungeheuer vergroéferten Schalen- pore, das Nahere iiber diese Auffassung und die theoretische Bedeutung dieser Form siehe tibrigens im nachsten Abschnitt. Abgesehen von der eben beriihrten Higentiimlichkeit zeichnet sich diese Art noch dadurch aus, daf das Pylom nicht an einem spitzen Pole der elliptischen Schale liegt, sondern in der Mitte eines ihrer langen Rander. Auferdem nimmt das Pylom zur langen Achse der elliptischen Schale eine geneigte Stellung ein, wodurch die Grundform der duferen Schale aus der elliptischen in die eudipleure (bilateral-symmetrische) tibergeht. Uber die Auffassung dieser Erscheinung siehe das Nahere im 4. Abschnitt. Die Durch- messer beider Schalen verhalten sich zu einander wie 1:2. Durchmesser der 1. Schale: 0,047:0,061. ” itaee) ee, e126! 1) Falls sich spéter noch solehe Fcrmen finden sollten, welche mit 2 Pylomen versehen sind, wiirden diese in einem 2. Genus unter- zubringen sein, welches sich zu obigem yerhielte, wie bei den Poro- disciden Stomatodiscus zu Ommatodiscus. Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten wberhaupt. 105 Dicke der Radialbalken: 0,005. Durchmesser der Poren beider Schalen: 0,003—0,015. = » Balken beider Schalen: 0,003—0,007. és des Pyloms: 0,040. Station 225, Boden. Porodiscida: Subfamily 3. Ommatodiscida '), Srémr, 1880, loc. cit., p. 115—117. Definition. — Porodiscida without radial appendages of the concen- trically annulated disk, but distinguished by one single or two opposite large marginal oscula, or wide openings on the margin of the disk, armed with a coronet of spines. Auf Grund der mir zur Beobachtung gekommenen und hier beschriebenen neuen Ommatodisciden halte ich es fiir angebracht, die Diagnose dieser Gruppe in etwas weiterem Sinne zu fassen. Erstens habe ich aufer Formen mit konzentrischen Ringbalken sowohl solche mit typischem Spiralbalken, als auch solche mit in Auflésung resp. Degeneration begriffenem unregelmafigen Balken- werk gefunden. Weiter ist die Ausstattung des Pyloms mit radialen Randgebilden wohl Regel, bei einigen Formen sind sie dagegen kaum in Spuren vorhanden, so da’ man unméglich von Randstacheln sprechen kann, und ebenso erleidet der Mangel der radialen Randgebilde der Scheibe einige, wenn schon geringe Aus- nahmen. Da diese Merkmale nicht ausnahmslos vorhanden sind, werden sie am besten aus einer Diagnose der betreffenden Gruppe zu eliminieren sein, das hindert natiirlich nicht, daf sie theo- retisch von Wichtigkeit sein kénnen; dies gilt besonders von der in der Regel starken Ausbildung radialer Gebilde am Rande des Pyloms bei ihrem gleichzeitigen Mangel am Rande der Scheibe und es wird dieses Verhiltnis im IV. Abschnitte als interessante Korrelationserscheinung der Pylombildung auch seine Wirdigung finden. Hiernach wiirde also die Diagnose der Ommatodisciden in einfacherer Form lauten: Porodisciden mit einem oder 2 sich gegen- iiberstehenden randstandigen Pylomen. 1) Hascxer, Report, pag. 500—4508. 106 Friedrich Dreyer, Genus 1: Ommatodiscus, Sréur, 1880, loc. cit. Definition. — Porodiscida without chambered arms and radial spines on the margin of the circular or elliptical disk, but with one large marginal osculum or opening surrounded by a coronet of spines. In derselben Weise modifiziert wie die Definition der Sub- familie lautet diese Diagnose: Ommatodisciden mit nur einem Pylom am Rande der runden oder elliptischen resp. ovalen Scheibe. Subgenus 1. Ommatodiscinus, HAEcKEL. Definition. — Disk circular. 1. Ommatodiscus decipiens, Stéur. Ommatodiscus decipiens, St6Hr, 1880, Taf. VI, figs. 8, 8a. Disk circular, with two chambered rings around the spherical central chamber, of equal breadth. Chambers twice as high as broad. Pores very small, one-third as broad as the bars between them, two on the breadth of each ring. Osculum of the same breadth as the central chamber, surrounded by numerous very short teeth. Dimensions. — Diameter of the disk 0,12; breadth of the central chamber and of each ring 0,03; pores 0,0015. Habitat. — Fossil in Tertiary rocks of Sicily, Grotte (Srénr). 2. Ommatodiscus Stéhrii, HAEcKEL. Disk circular, with three chambered rings around the spheri- cal central chamber, of equal breadth. Chambers broader than high. Pores of the same breadth as the bars between them, four on the breadth of each ring. Osculum of the same breadth as the central chamber, surrounded by a corona of ten to twenty thin, bristle-shaped teeth, as long as its diameter. Dimensions. — Diameter of the disk 0,2; breadth of the cen- tral chamber and of each ring 0,03; pores 0,004. Habitat. — North Pacific, Station 244, depth 2900 fathoms. 3. Ommatodiscus circularis, HAECKEL. Disk circular, with four circular chambered rings around the spherical central chamber of increasing breadth; the fourth ring twice as broad as the second. Chambers about as broad as high. Pores large, twice as broad as the bars, one to two on the breadth Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 107 of each ring. Osculum twice as broad as the central chamber, surrounded by a coronal of strong conical teeth, twice as long as its diameter. Dimensions. — Diameter of the disk, 0,18; breadth of the central chamber and inner rings 0,015, of the outer rings 0,03; pores 0,01. Habitat. — South Pacific, Station 295, depth 1500 fathoms. 4. Ommatodiscus Murrayi, nov. spec. Fig. 56. Die kreisrunde Form des Schalenumrisses ist etwas gestért durch die wellige und héckerige Beschaffenheit des Scheibenrandes. Das Balkenwerk ist in Auflésung begriffen, nur die kreisrunde Zentralkammer ist noch erhalten, sonst sind nur noch unregel- mafiige Balkenfragmente vorhanden, bei denen man nicht mehr eine Spiral- oder Ringform unterscheiden kann. Die Poren sind rundlich, sehr klein, ihr Durchmesser betragt ungefahr den 2. bis 3. Teil ihres durchschnittlichen Abstandes voneinander. Die Oberflaiche der Schale ist durch wellige und leicht héckerige Beschaffenheit etwas uneben, aber nicht bedeutend genug, als daf es auf der Abbildung durch Schattierung hatte wiedergegeben werden kénnen. In der Umgebung des Pyloms weicht die einheit- liche Siebplatte einer unregelmifigen Struktur der Schale. Das Pylom ist von breiten Auszackungen der Schale umgeben, dieselben sind kurz und gehen unmerklich in die Schale tiber. Das Pylom selber ist deutlich als solches sichtbar. Die Abweichung der Schale von der kreisrunden Form ist so unbedeutend, dafi die Form gut in diesem Subgenus ihren Platz finden kann. Durchmesser der Schale: 0,097. = » Poren: 0,003. 3 des Pyloms: 0,029. Station 225, Boden. Subgenus 2. Ommatodisculus, HAEcKEL. Definition. — Disk elliptical (oder oval). 5. Ommatodiscus Haeckelii, Stour. Ommatodiscus Haeckelii, Sréur, 1880, loc. cit. Taf. VI figs. 7, 7a. Disk elliptical (6:7), with four cambered rings around the elliptical central chamber of equal breadth. Chambers about as high as broad. Pores small, half as broad as the bars, two on 108 Friedrich Dreyer, the breadth of each ring. Osculum three times as broad as the central chamber, surrounded by a crown of strong conical teeth. Dimensions. — Length of the disk 0,18; breadth 0,16; breadth of each ring and of the central chamber 0,02; pores 0,003. Habitat. — Fossil in Tertiary rocks of Sicily, Grotte (Sr6mr), Caltanisetta (HAECKEL). 6. Ommatodiscus laevigatus, STOHR. Ommatodiscus laevigatus, St6HR, 1880. loc. cit. Taf. VI, figs. 9, 9a. Disk elliptical (3:4), with three chambered rings around the circular central chamber, the third ring half as broad as the se- cond. Chambers twice as high as broad. Pores very small, one- third as broad as the bars. Osculum twice as broad as the cen- tral chamber, armed with a crown of short conical teeth. Dimensions. — Length of the disk 0,15; breadth 0,11; breadth of inner rings 0,02; of the outer 0,01; pores 0,0017. Habitat. — Fossil in Tertiary rocks of Sicily, Grotte (ST6HR). Aufferdem fand ich diese Art in der Bodenprobe von Station 271. 7. Ommatodiscus fragilis, Sr6HR. Ommatodiscus fragilis, Sréur, 1880, loc. cit. Taf. VI, figs. 10, 10a. Disk elliptical (4:5), with five chambered rings around the elliptical central chamber, the fifth ring twice as broad as each of the others. Chambers about as high as broad. Pores very small, one-fifth as broad as the bars. Osculum three times as broad as the central chamber, surrounded by a coronet of short teeth. Dimensions. — Length of the disk 0,17; breadth 0,13; breadth of the inner rings 0,01; of the outer 0,02; pores 0,001. Habitat. — Fossil in Tertiary rocks of Sicily and Barbados; living in depths of the Tropical Atlantic and Pacific, Station 353, depth 2965 fathoms; Station 265, depth 2900 fathoms, etc. 8. Ommatodiscus amphiacanthus, nov. spec. Fig. 57. Die Scheibe ist regelmabig elliptisch, das Ringbalkensystem ist, abgesehen von der kleinen kreisrunden Zentralkammer, wie es scheint, schon auf dem Wege zur Degeneration begriffen; aufer der Zentralkammer sind 2 Ringbalken vorhanden, dieselben sind von unregelmafig elliptischer Form und an einigen Stellen unter- brochen. Auch die Radialbalken sind unregelmakig verteilt und teilweise nur fragmentarisch vorhanden. Die Schalenoberflache ist Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten tiberhaupt. 109 glatt, die kleinen rundlichen Poren liegen in Gruppen von 2—6 Stiick in gréferen Poren resp. Ringleisten von unregelmafiger Form beisammen. Die kleinen Poren sind ca. ebenso breit wie ihre Zwischenbalken, die grofen ungefaihr 2—5mal breiter wie die zu ihnen gehérigen Balken. Der Rand der Scheibe ist glatt, nur am aboralen Pole sitzen 3 Stacheln, der mittlere ist am gré{ten, die beiden seitlichen sind kleiner. Das Pylom ist scharf umrandet und deutlich sichtbar, sein Rand ist mit schlanken, spitzen Stacheln besetzt. Durchmesser der Schale: 0,094 : 0,122. fi » kleinen Poren: 0,004. if ihrer Zwischenbalken: 0,004. oY der grofen Poren: ca. 0,012. ie ihrer Zwischenbalken: ca. 0,005. des Pyloms: 0,036. Fanpel der Pylomstacheln: ca. 0,018. Basalbreite der Pylomstacheln: 0,003. Lange des mittleren aboralen Stachels: 0,007. Basalbreite des mittleren aboralen Stachels: 0,005. Station 271, Boden. 9. Ommatodiscus variabilis, nov. sp. Fig. 58. Die Schale ist etwas unregelmikig elliptisch. AuBer einer kreisrunden Zentralkammer ist ein elliptischer Ringbalken vor- handen und am aboralen Pol der Ansatz zu einem zweiten, die Ringbalken werden durch zahlreiche Radialbalken untereinander verbunden. Die Poren sind ungleich grof, unregelmifig rund- lich, von mittlerer Gréfe, im Durchschnitt so breit wie die Balken. Die Schalenoberfliche ist ein wenig runzlich. Das Pylom ist grof und gut zu sehen, es ist von kleinen Zihnchen resp. Auszackungen der Schale umgeben. Ahnliche Formen von kleineren und oft sehr kleinen Dimen- sionen habe ich wiederholt mit Ommatodiscus variabilis zusammen und auch in verschiedenen anderen Stationen gefunden, sie machten ganz den Eindruck von Jugendformen, und habe ich sie daher einer besonderen Beschreibung nicht unterzogen. Sie konn- ten als Jugendstadien sowohl zu diesen als auch zu anderen Om- matodiscidenarten gehéren, wegen ihres indifferenten Charakters lief sich dies jedoch nicht entscheiden. Durchmesser der Scheibe: 0,073 : 0,118. 4 des 1. Ringbalkens (Zentralkammer): 0,025. 110 Friedrich Dreyer, Durchmesser des 2. Ringbalkens:- 0,061 : 0,066. der Poren: ca. 0,004. ” » Balken: ca. 0,004. 3 des Pyloms: 0,036. Station 225, Boden. 10. Ommatodiscus bathybius, nov. sp. Fig. 59. Die Scheibe hat die Form einer sehr langgestreckten, etwas unregelmafigen Ellipse, sie ist iiber doppelt so lang als breit. Eine kreisrunde Zentralkammer wird yon einem Ringbalken um- geben. lLetzterem sitzen die jedenfalls urspriinglich zusammen- gehérigen polaren Abschnitte eines dritten Ringbalkens kuppel- formig auf, und an beiden Polen der Schale findet sich noch der Ansatz zu einem 4. Ringbalken. Es sind nur 2 Radialbalken deutlich sichtbar, welche mit der Hauptachse der Schale zusam- menfallen, der eine zieht vom Pylom zur Zentralkammer, der andere von der Zentralkammer zum aboralen Pol. Diese beiden Radialbalken beeinflussen die Ringbalken in der Weise, daf letztere sich an denselben zentralwirts ein Stiick einbiegen. Der Grad dieses Einflusses war bei verschiedenen Individuen der Art ver- schieden, bei einigen wurde sogar die Form der Zentralkammer bedeutend modifiziert, so dafi dieselbe nicht mehr rund, sondern beiderseits in der Richtung der Hauptachse eingeschniirt erschien. Die Poren sind klein, rundlich, ungefihr so breit wie ihre Zwischen- balken und liegen in Gruppen von 2—5 Stiick in Ringleisten resp. gréBeren Poren vereinigt, letztere sind ca. doppelt so breit wie ihre Zwischenbalken. Das Pylom ist deutlich sichtbar, von mabiger Gréfe und von kleinen Zihnchen resp. Auszackungen der Schale umrahmt. Durchmesser der Scheibe: 0,072: 0,162. » kleinen Poren: 0,004. sf ihrer Zwischenbalken : 0,004. 55 der grofen Poren: 0,008. mn ihrer Zwischenbalken : 0,005. i; des Pyloms: 0,025. Station 225, Boden. Diese Form hat ziemliche Abnlichkeit mit dem von HAECKEL in derselben Station gefundenen Stomatodiscus osculatus, nur hat sie, abgesehen von dem Besitz nur eines Pyloms, eine glatte und keine dornige Schalenoberfliche und fehlt ihr die bei jenem stark ausgebildete Stachelkrone am Pylom. Der yon HaxgcKkeL ab- Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 111 gebildete (Report, Plate 48, Fig. 8) Stomatodiscus osculatus hat zwar nur (inkl. Zentralkammer) 3 Ringbalken, ich habe jedoch auch von vorliegender Art Exemplare gefunden, denen die polaren Ansiitze eines 4. Ringbalkens fehlten, wahrend ich andererseits, ebenfalls in derselben Station, einen Stomatodiscus osculatus mit 4 typischen Ringbalken vorfand. Da sowohl vorliegender Omma- todiscus und Stomatodiscus als auch die eben besprochenen Va- riationen beider ausschlieflich in derselben Station gefunden worden sind, liegt vielleicht die Vermutung nahe, daf beide Arten zusammengehéren und als Variationen einer und derselben Art aufzufassen sind. Méglicherweise diirfte auch noch die vorher- eehende Art dieser Entwicklungsreihe angehéren und ein Jugend- stadium reprisentieren, bei dem aufer der geringeren Ring- balkenanzahl die kleineren Poren sich innerhalb der grofen noch nicht entwickelt hitten!). Ehe diese Frage jedoch noch nicht sicher entschieden ist, empfiehlt es sich, diese Formen noch als besondere Arten festzuhalten. 11. Ommatodiscus spiralis, nov. spec. Fig. 60. Die Scheibe ist oval, von einer elliptischen Zentralkammer geht ein einfacher Spiralbalken aus, dessen 3 Umgéinge ziemlich gleich weit voneinander abstehen; die Spirale wird von zahl- reichen Radialbalken durchsetzt, welche von der Zentralkammer ihren Ursprung nehmen. Die Oberflache der Schale ist glatt, die Poren sind relativ gro8, im Durchschnitt doppelt so breit wie die Zwischenbalken, auf die Breite eines Umganges der Spirale geht im Durchschnitt eine Pore. Das Pylom befindet sich an dem spitzen Pole der ovalen Schale und ist von langen spitzen Stacheln umgeben. Durchmesser der Schale: 0,072 : 0,090. < » - Loren: ca. 0,007, 1) Ich gedenke auf diese Frage in einem spiteren Hefte dieser , Studien“ bei Gelegenheit der Besprechung der zusammengesetzten Poren, wie schon im Vorhergehenden bei Prunopyle antarctica er- wihnt wurde, zuriickzukommen. Weiteres iiber die oben besprochene Moglichkeit eines genetischen Zusammenhanges der betreffenden Formen siehe iibrigens im V. Abschnitt. Es sei hier noch erwahnt, dali ich bei der Benennung der einzelnen Ringbalken in derselben Weise wie bei den konzentrischen Gitterschalen der Sphaeroideen von innen (zentral) nach aufen und zwar so zihle, dafi ich den die Zentral- kammer begrenzenden Ring als 1, Ringbalken mitrechne, 112 Friedrich Dreyer, Durchmesser der Balken: ca. 0,004. . des Pyloms: 0,036. Liinge der Stacheln des Pyloms: ca. 0,036. Basalbreite der Stacheln des Pyloms: 0,008. Station 271, Boden. 12. Ommatodiscus ellipticus, nov. spec. Fig. 61. Die Scheibe ist regelmakig elliptisch; von einer grofen, dun- keln, kreisrunden Zentralkammer geht ein einfacher Spiralbalken aus, dessen 2 Umginge gleich weit voneinander abstehen, Ra- dialbalken sind nicht sichtbar. Die Oberfliche der Schale ist glatt, die Poren sind von ziemlich ansehnlicher Gréfe, rundlich, ungleich gro’, im Durchschnitt etwa doppelt so breit wie die Balken. Das Pylom ist von annihernd gleichmafig geformten Zahnen umgeben. Durchmesser der Schale: 0,122: 0,155. * », Poren: 0,004—0,008. » ,, DBalken: ca. 0,004. *) des Pyloms: 0,043. Lange der Zahne des Pyloms: 0,007. Basalbreite der Zaihne des Pyloms: 0,004. Station 268, Boden. 13. Ommatodiscus irregularis, nov. spec. Fig. 62. Die Schale ist unregelmafig elliptisch. Das Balkenwerk ist in Auflésung resp. Degeneration begriffen, man kann aber noch einen Spiralbalken mit ungefihr 3 Umgingen daraus erkennen; teste von Radialbalken sind nur sehr undeutlich zu sehen, nur von der Zentralkammer nach der Peripherie der Schale ziehen in der Richtung der Hauptachse 2 noch intakte Radialbalken, welche die Spiralbalken durchbrechen und so eine von letzteren freie Stralie zwischen sich fassen, jedoch auch sie sind nur sehr schwach sichtbar. Auch die Struktur der Schale tragt schon den Stempel der beginnenden spongiésen Degeneration an sich, die ganz unregelmifigen Poren sind 2—4mal breiter wie die Balken. Ganz spongids kann man die Schale noch nicht nennen, da man die spiralige Natur des Balkenwerks noch deutlich erkennen kann, und deshalb findet diese Form auch passenderweise hier ihren Platz, sie ist jedoch zugleich ein schénes Beispiel des unmerk- lichen Uberganges in indifferent spongiése Struktur; vergleiche Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 113 iibrigens hierzu das weiter unten bei den Spongopyliden gesagte. Das Pylom ist von kleinen, gleich groSen Zahnchen umrahmt. Durchmesser der Schale: 0,087 : 0,126. Me » Poren: 0,004—0,015. re ,, Balken: ca. 0,004. - des Pyloms: 0,043. Linge der Zihnchen desselben: 0,004. Dicke _,, " a 0,002. Station 271, Boden. Genus 2: Stomatodiscus, HAgCKEL. Definition. — Porodiscida without chambered arms and radial spines on the margin of the circular or elliptical disk, but with two large, opposite, marginal oscula, or openings sur- rounded by a coronet of spines. In der oben begriindeten Weise modifiziert lautet diese Diagnose : Ommatodisciden mit 2 randstindigen Pylomen, welche sich an beiden Polen der Hauptachse der runden oder elliptischen Scheibe gegentiberstehen. 1. Stomatodiscus amphistomus, HArcKeEn. Disk circular, with three concentric rings of equal breadth around the central chamber. Pores irregular, roundish, about two on the breadth of each ring. Surface of the lenticwar shell spiny. On two opposite points of the margin a large osculum, three to four times as broad as the central chamber, armed with a coronet of strong pyramidal spines of different length, the longest equal to the radius of the disk. Dimensions. — Diameter of the disk (with three rings) 0,12; breadth of each ring 0,016; pores 0,004. Habitat. — South Pacific, Station 302, depth 1450 fathoms. 2. Stomatodiscus osculatus, HAmcKEL (Report, Plate 48, Fig. 8). Disk elliptical, nearly twice as long as broad, with three con- centric rings around the elliptical central chamber, one piercing radial beam in the main axis, the other beams interrupted. Sur- face of the shell with scattered small thorns. Pores very irre- gular, roundish, partly aggregated in groups of four to eight smaller porules. On both poles of the main axis a large ellip- Bd, XXIII, N. F. XVI 8 114 Friedrich Dreyer, tical marginal osculum, about as large as the central chamber, armed with a coronet of short conical spines. Dimensions. — Length of the disk (with three rings) 0,18; breadth 0,1; pores 0,001 to 0,006. Habitat. — Western Tropical Pacific, Station 225, depth 4475 fathoms. Vergleiche zu dieser Art auch das bei Ommatodiscus bathy- bius gesagte. >? 3. Stomatodiscus spiralis, nov. spec. Fig. 63. Die Scheibe ist eine an beiden Polen durch zwei Pylome abgestutzte Ellipse. Von der kleinen kreisrunden Zentralkammer geht ein regelmifiger, typischer, einfacher Spiralbalken aus, der- selbe beschreibt etwas tiber 3 Umliufe, die gleich weit vonein- ander abstehen, ebenfalls von der Zentralkammer aus laufen zahlreiche, deutlich sichtbare Radialbalken nach der Peripherie der Scheibe. Die Poren sind unregelmafig rundlich, ungleich grof8, im Durchschnitt etwas breiter wie die Zwischenbalken, etwa 2 gehen auf die Breite eines Umganges der Spirale. Sowohl der Rand als auch die Oberfliche der Schale ist mit kleinen Zahn- chen besetzt, dieselben lassen den Rand der Scheibe gezackt er- scheinen, auf der Oberflache der Schale sind sie aber nur schwer erkennbar und konnten daher auch in der Abbildung nicht wieder- gegeben werden. Die Pylome sind von etwas verschiedener Grofe, ihr Rand ist mit den gleichen Zihnchen besetzt wie die ganze Schale. Durchmesser der Scheibe: 0,086 : 0,115. x » Poren: ca. 0,004. 5G 5, Balken: ca. 0,003. ” » Pylome: 0,022 u. 0,028. Station 225, Boden. Pylodiscida: Subfamilia III: Discopylida. Genus 2: Discopyle, HArcket (Report, Seite 572 und 573). Definition. — Pylodiscida with triple-shaped medullary shell and Pylodiscus-shaped cortical shell, with is surrounded by an equatorial chambered girdle. One peculiar osculum, surrounded by a corona of spines, on the margin of the disk. The genus Discopyle differs from the preceding genus Dis- cozonium in the development of a peculiar marginal osculum, and Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 115 bears therefore to it the same relation as in the Porodiscida Ommatodiscus does to Porodiscus. This peculiar osculum is also here surrounded by a corona of spines, ......... There are only two species of Discopyle observed, which represent perhaps better two different genera; in ohne species the disk is circular, in the other elliptical. In this latter the osculum lies on one pole of the main axis. 1. Discopyle osculata, HAEcKEL (Report, Plate 48, fig. 19). Disk circular, with spiny margin, three times as broad as the triangular, triopyle-shaped medullary shell. Three gates of the cortical shell kidney-shaped, on the inside with an interradial Spine, twice as broad as the three pentagonal arms. Chambered equatorial girdle with twenty-four subregular chambers, in the radius of one odd gate with a large marginal osculum, which is as broad as the medullary shell, and surrounded by a dense corona of twenty to thirty strong conical spines. Dimensions. — Diameter of the disk 0,15; of the cortical shell 0,1; of the medullary shell 0,05; of the marginal osculum 0,06. Habitat. — Central Pacific, Station 272, depth 2600 fathoms. 2. Discopyle elliptica, HaAEcKEL (Report, Plate 48, fig. 20). Disk elliptical, four-fifths as broad as long, with spiny margin, three times as broad as the triangular, triopyle-shaped medullary shell. Three gates of the cortical shell roundish, on the inside with an interradial spine, little broader than the quadrangular arms. Chambered equatorial girdle with twenty to thirty irregular chambers, on one pole of the main axis with a large marginal osculum, which is one-third as broad as the length of the main axis, and armed with a corona of twenty to thirty short conical spines. The osculum does not correspond to a certain radius. Dimensions. — Diameter of the disk 0,15; of the cortical shell 0,08; of the medullary shell 0,04; of the marginal osculum 0,05. Habitat. — Central Pacific, Station 267, depth 2700 fathoms. Ich komme nun zur Beschreibung der mit einem Pylom ver- sehenen Spongodisciden. Wahrend bisher aus dieser Gruppe der Radiolarien keine pylomatischen Formen bekannt waren‘), kann 1) Uber Sréun’s Spongotrochus craticulatus vergleiche Spongopyle craticulata und den 5. Abschnitt, g * 116 Friedrich Dreyer, ich im Folgenden deren 9 anfiihren. Dieselben Schwierigkeiten, welche fiir die systematische Behandlung der spongidsen Radiolarien iiberhaupt in Betracht kommen, machen sich natiirlich auch hier in vollem Mae geltend. Da wir das Spongidswerden als einen Degenerationsprozef aufzufassen haben, durch welchen die differen- zierte Struktur der oft so kompliziert gebauten Skelette verwischt und endlich ganz vernichtet wird, wahrend ein indifferentes Schwamm- gewebe an ihre Stelle tritt, haben wir in diesem Vorgange zugleich einen Faktor zu sehen, welcher die fiir die Artunterscheidung wichtigen Charaktere zerstért und infolgedessen der systematischen Behandlung grofe Schwierigkeiten macht. In bezug auf diese Schwierigkeiten sind wir bei den Sphaeroideen immer noch besser daran, denn hier lassen sich die spongiésen Formen noch auf die einzelnen Familien verteilen, da das Unterscheidungsmerkmal der letzteren, die Anzahl] und Verteilung der Radialstacheln, von der spongidsen Degeneration nicht beeinfluft wird. Anders liegen da- gegen die Verhaltnisse bei den Discoideen, denn hier unterscheiden sich die Familien voneinander durch die Struktur der scheiben- formigen Gitterschale und diese gerade wird durch die spongidse Struktur vernichtet. Den vollkommen spongidsen Discoideen, nach Ausschluf der Formen, welche im Zentrum noch einen Rest der urspriinglichen Struktur erkennen lassen, kann man z. B. nicht mit Sicherheit ansehen, ob sie von Phacodisciden, Coccodisciden oder Porodisciden abstammen und dieselben Schwierigkeiten treten uns bei den pylomatischen Spongodisciden entgegen, nur werden sie hier noch durch den Umstand vergrofert, dafi die Pylombildung ebenso wie das Spongidswerden der Schalenstruktur eine Erschei- nung ist, welche unabhangig in ganz derselben Weise an den ver- schiedensten Stellen des Systems auftreten kann. Es ist uns da- her in den meisten Fallen unméglich zu erkennen, ob bei einen bestimmten Spongopylide die spongiése Degeneration erst eintrat, nachdem das Pylom bereits existierte, oder ob umgekehrt die Bildung des Pyloms sich erst bei der typisch spongids gewordenen Form einstellte, kurz, wir kénnen z. B. in der Regel nicht angeben, ob wir es mit einer spongidsen Ommatodiscide oder pylomatischen Spon- godiscide zu thun haben. Mit Recht erklart Hamcken die aus einem regellosen Geflecht von Kieselbalken bestehende rauhe Oberflache der Spongodisciden fiir das wichtigste Erkennungszeichen letzterer, fiir den wesentlichsten Differentialcharakter, welcher sie besonders von den Porodisciden unterscheidet, deren Schale von einer einheit- lichen Siebplatte begrenzt ist. Wenn ich daher im folgenden zu Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 117 der Gattung Spongopyle trotzdem einige Formen stelle, deren Skelett durch eine mehr oder weniger gleichmifige einheitliche Siebplatte nach auBen abgeschlossen erscheint, so scheine ich mich in einem gewissen Gegensatz zu Hagcket zu befinden, dies ist aber nur scheinbar der Fall. Hier will ich meine Ansicht tiber diesen Punkt nur kurz mitteilen, die nahere Ausfiihrung und Be- sriindung derselben verspare ich mir fiir den 5. Abschnitt. Ab- gesehen von ihrer Oberflachenbeschaffenheit stimmen die in Rede stehenden Formen vollkommen mit den Spongodisciden tiberein: das Innere der Schale erscheint wie bei diesen dunkel, in der Regel nach der Mitte zu an Dunkelheit zunehmend, und irgend welche Anzeichen einer spezifischen Struktur, wie Ring-, Spiral- oder Radialbalken fehlen giinzlich. Es giebt zwar auch Porodisciden, deren innere Schalenbeschaffenheit nur sehr undeutlich zu sehen ist, nach etwas genauerer Beobachtung laft sie sich aber doch stets unzweifelhaft feststellen, es ist demnach schon eine auffallende Thatsache, daf ein so eigentiimlicher Befund sich gerade nur bei pylomatischen Formen konstatieren lift. AuSerdem kann man aber auch in den meisten Fallen, und dies ist das Wichtigste, durch den ‘uBeren glatten Abschluf der Schale das spongidse Geflecht des Inneren mehr oder weniger deutlich hindurchsehen, wie sich auch bei den folgenden Arten ein allmahlicher Ubergang von ganz rauher spongidser Oberflache bis zu vollstaéndig einheitlichem glat- ten aufSeren Abschlu8 konstatieren laSt. (Vergl. Fig. 64—69). Durch diese Befunde und Erwagungen, welche ich in den nachsten Abschnitten an passender Stelle um einige wichtige Facta erganzen und naher besprechen werde, bin ich zu der Uberzeugung gekommen, daf die fraglichen Formen in ihrem Inneren echt spongiés sind und den glatten Abschlu8 nach au8en erst sekun- dar als einen mit der Bildung eines Pylom in Korre- lation stehenden morphologischen Charakter erhalten haben. In analoger Weise, wie es bei den Ommatodisciden geschehen ist, habe ich fiir die pylomatischen Spongodisciden die neue Sub- familie der Spongopyliden begriindet und die von mir gefundenen 8 Arten in einem Genus, Spongopyle, vereinigt. Sollten durch spitere Untersuchungen Spongopyliden mit 2 gegenstandigen Pylomen bekannt werden, so wiirden diese dann passenderweise in einer 2. Gattung unterzubringen sein. Die Gattung Spongopyle zerfallt in 2 Subgenera, die Formen mit annahernd kreisrunder Scheibe stehen in dem Subgenus Spongopylarium denen mit ovaler oder elliptischer Schale des Subgenns Spongopylidium gegeniiber. 118 Friedrich Dreyer, Spongodiscida: Subfamilia IV: Spongopylida, subfam. nov. Definition: Mit Pylomen versehene Spongodisciden. (Einziges) Genus 1: Spongopyle, nov. gen. Definition: Spongodisciden mit einem Pylom. Subgenus 1: Spongopylarium, noy. subgen. Definition: Scheibe annihernd kreisrund. 1. Spongopyle circularis, nov. spec. Fig. 64. Die ziemlich grofe, kreisrunde Scheibe hat eine scharfe, ziem- lich regelmibige, nur hie und da etwas wellige Kontur und ist nach aussen durch eine Porenplatte mit glatter Oberflaiche abge- schlossen. Die Scheibe ist bikonvex und erscheint daher nach dem dickeren Zentrum zu dunkler als nach dem diinneren Rande. Die Poren sind ungleich grof8, im Durchschnitt so breit wie ihre Zwischenbalken und von ganz unregelmifiger Form, durch sie hindurch sieht man an einigen Stellen das spongidse Balkenwerk des Inneren. Das Pylom, deutlich sichtbar, ist von ganz un- regelmabigen Zackenbildungen und Ausfranzungen der Schale um- geben. Durchmesser der Schale: 0,216. -s » Poren: 0,004—0,007. Ee » Balken: 0,004—0,007. . des Pyloms: 0,072. Station 271, Boden. 2. Spongopyle osculosa, nov. spec. Fig. 99 und 100. Die Schale ist linsenformig-bikonvex, das dunklere Zentrum nimmt ca. 1/,—1/, des Durchmessers der ganzen Scheibe ein, geht jedoch unmerklich in die helleren Randpartieen derselben iiber. Die Form der Schale schwankt in unmerklichen Ubergangen zwischen kreisrund und elliptisch, bleibt jedoch stets der Kreis- form nahe, ohne eine typisch langgestreckte Gestalt zu bekommen. Der Rand der innen vollkommen spongidsen Scheibe ist etwas wellig, aber glatt und scharf konturiert (vergl. den 5. Abschnitt) , auch die Oberflache der Scheibe zeigt einen glatten Abschluf. Radialbalken sind nur in geringen Spuren vorhanden, Randstacheln fehlen vollstindig. Das Pylom, in der Griéfe und dem Grade der Ausbildung ziemlich schwankend, ist ohne scharfe Kon- tur und im Gegensatze zum Scheibenrand, unmittelbar von dem Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten tiberhaupt. 119 spongidsen Balkenwerk begrenzt, es ist mit diinnen Stacheln be- setzt, auch lassen sich in einigen Fallen als Fortsetzung letzterer eine Strecke weit (héchstens von der Linge des halben Radius der Scheibe) schwach sichtbare Radialbalken verfolgen. Durchmesser der Schale: 0,210 : 0,238. ‘. des Pyloms: 0,061. Lange der Pylomstacheln durchschnittlich : 0,036. Basalbreite der Pylomstacheln: 0,004. Station 157, Boden, haufig; Station 244, 271 und auch noch in den Bodenproben anderer Stationen vereinzelt beobachtet. 3. Spongopyle setosa, noy. spec. Fig. 97 u. 98. Die Scheibe ist kreisrund, linsenférmig -bikonvex, infolge der gréferen Dicke erscheimen die zentralen Partieen dunkler, dieses dunkle Zentrum, das tibrigens unmerklich in den helleren Rand der Scheibe iibergeht, nimmt den dritten Teil bis die Halfte der letzteren ein. Der Rand der Scheibe ist mit zahlreichen (ca. 100) kleinen, zarten Stacheln dicht besetzt, dieselben setzen sich als diinne, durch das dichte Schwammwerk der Schale hindurch zu- weilen nur sehr schwach sichtbare Radialbalken bis an die Grenze des dunklen Schalenzentrums fort. Eben solche kleine Stacheln lassen sich auch auf der Scheibenflache, wenn auch weniger deutlich, wahrnehmen. Das Pylom, von variabler, jedoch stets mafiger Grife (das des abgebildeten Exemplars ist das gré8te, was mir zur Beob- achtung kam), ist von den Ersteren Stacheln wie der Rand der Schale besetzt, dieselben erreichen jedoch bei manchen Individuen (wie auf der Abbildung) eine gréfere Lange, bei vielen sind sie aber durch nichts von den Ersteren unterschieden. Das Pylom hat keinen scharfen Rand, sondern ist von dem unregelmafigen Schwamm- werk der Schale begrenzt, welchem hier ein einheitlicher Abschluf wie am Rande der Scheibe fehlt. Weiteres tiber diese und die vorhergehenden in mehrfacher Beziehung sehr interessanten Arten siehe im 5, Abschnitt und in diesem Abschnitte bei Stylotrochus antarcticus nov. spec. Durchmesser der Scheibe durchschnittlich: 0,392. Lange der Stacheln des Scheibenrandes: 0,014—0,036. Basalbreite der Stacheln des Scheibenrandes: 0,004. Lange der Pylomstacheln durchschnittlich: 0,025. Durchmesser des Pyloms ” : 0,060. Station 157, Boden, haufig. 120 Friedrich Dreyer, 4. Spongopyle craticulata, Dreyer. ? Spongodiscus aculeatus, Enrenperc, 1854, Monatsber. der k. preuS. Akad. d. Wiss. Berlin, p. 246. Spongotrochus craticulatus, Sr6Hr, 1880, loc. cit. p. 118, Taf. VI, Fig. 12. Stylotrochus craticulatus, Harckren, Report, p. 583 (partim). Die typisch spongidse Scheibe ist kreisrund, linsenformig- bikonvex, das Zentrum erscheint wegen seiner gréferen Dicke dunkler als die tibrige Scheibe, der Durchmesser desselben betragt etwa den 6. Teil dessen der ganzen Scheibe. Der Scheibenrand ist mit 16—-20 kleinen Stacheln besetzt, dieselben sind 2—4mal langer als der Durchmesser der Maschen des Schwammwerkes der Schale und erscheinen als freie Verlangerungen von Radialbalken, welche von dem dunklen Zentrum der Scheibe nach deren Pe- ripherie ausstrahlen. Der Scheibenrand ist durch einen umlaufenden Balken abgeschlossen, welcher nur an einer Stelle durch das Pylom unterbrochen ist. Letzteres, etwa von demselben Durchmesser wie das dunkle Zentrum der Scheibe (nach Sr6nr’s Abbildung), ist unmittelbar von dem spongiésen Balkengeflecht der Schale um- geben. Durchmesser der Scheibe: 0,2. " des dunkleren Zentrums: 0,033. Bt der Maschen: ca. 0,003—0,005. Linge der Randstacheln: 0,003—0,013. Basalbreite der Randstacheln: 0,001 —0,003. Durchmesser des Pyloms (nach vergleichender Schaitzung nach der Srénr’schen Abbildung): 0,040. Grotte auf Sicilien (STénr). Unter dem Namen Spongotrochus craticulatus beschrieb Sione eine Spongodiscide mit einem Pylom, wagte aber nicht, das letztere als Charakteristikum einer héheren Systemgruppe zu verwenden, wie er es bei seinen Ommatodisciden gethan hatte, iiberhaupt driickt er sich tiber dasselbe sehr mit Reserve aus: ,,An der Pe- ripherie ist die Schwammschale durch einen umlaufenden Balken geschlossen, und nur an einer Stelle ist dies nicht der Fall, und bilden dort die Kieselbalken des Schwammgeriistes kleine Ziick- chen, so dafi es wie eine Miindungséfinung aussieht.““ Es mochte vielleicht auch der Umstand fiir SréHr nicht sehr vertrauen- erweckend sein, da8, wihrend er 4 typische Ommatodisciden be- schreiben konnte, er hier nur eine Form fand und diese sich auch Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 12] noch, wie er bemerkt, durch ihre Seltenheit auszeichnete. HanckeL beschrieb dann in seinem Report unter dem Namen Stylotrochus craticulatus eine Form, welche mit dem Srénre’schen Spongo- trochus craticulatus tibereinstimmte, nur kein Pylom besa. Da Harcker dieselbe in verschiedenén Stationen (266, 267, 268 Ober- fliche) und in dem Barbadosgestein fand, aber bei keinem Exemplar ein Pylom, wie er ein solches auch bei anderen Spongodisciden- arten nicht konstatieren konnte, halt er das von Sr6mr beschriebene Pylom fiir pathologisch, er sagt: ,,The interruption of the disk- margin on one point of its circumference, figured by Sr6nr as osculum or ,,Miindungs - Offnung“, is probably an accidental ab- normity; I found it not in other specimens“. — Anders liegen jedoch die Verhaltnisse jetzt, nachdem wir die Bildung eines Py- loms als eine Erscheinung kennen gelernt haben, welche nicht nur bei den Porodisciden, sondern unabhiangig bei den verschie- densten Gruppen der Radiolarien auftreten kann, ja es ist sogar héchst wahrscheinlich, wie ich im V. Abschnitte zeigen werde, dal manche Formen bald ein Pylom besitzen kénnen, bald nicht; auferdem mu8 noch die Méglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit in Be- tracht gezogen werden, daf durch spongiése Degeneration zwei verschiedene Arten einander so ahnlich werden kénnen, dafS sie uns als eine Art erscheinen, trotzdem kénnen aber beide in ihren Fahigkeiten, die sich unserer Beobachtung natiir- lich entziehen, verschieden beanlagt sein, so dafi z. B. eine Form zur Bildung eines Pyloms mehr pradisponiert ist, wie die ihr durch das Spongiéswerden zum Verwechseln dhnlich gewordene, aber doch genetisch von ihr verschiedene Art. Hierzu kommt noch, daf die in Rede stehende pylomatische Form Srénr’s nur fossil bekannt ist, wihrend der Harcker’sche Stylotrochus craticulatus hauptsidchlich recent und somit durch lange Zeitriume von jener getrennt ist, auSerdem kommt er zwar auch in dem Barbados- gestein vor, ist aber dann doch raumlich so weit von der fossilen Form Siciliens verschieden, da8 eine Differenz, welche auf dem Mangel oder Vorhandensein eines Pyloms beruht, sich um so eher begreifen lat, als ich einige im V. Abschnitt naher zu besprechende Falle verzeichnen kann, daf sogar in derselben Station iden- tische Formen sowohl mit als auch ohne Pylom nebeneinander vorkommen. Wie ich es auch dort gethan habe, so trenne ich auch hier die pylomatische Form von der entsprechenden ohne Pylom als besondere Species ab, wonach die yon Sréur beschriebene und abgebildete Form in meiner Gattung 122 Friedrich Dreyer, Spongopyle ihren Platz findet, wahrend die von HarcKet be- schriebene Form an ihrem alten Platze verbleibt. Weiteres iiber diesen Punkt siehe tibrigens im V. Abschnitt. Subgenus 2: Spongopylidium, noy. subgen. Definition: Scheibe ausgeprigt elliptisch resp. oval. 5. Spongopyle ovata, nov. spec. Fig. 65. Die Scheibe ist eifoérmig, das Zentrum ist wegen seiner gréferen Dicke dunkler als der Rand, geht jedoch unmerklich in die diinneren und infolgedessen helleren Randpartieen iiber. Der Rand der Scheibe ist scharf konturiert und die Oberfliche derselben wird von einer einheitlichen Siebplatte gebildet, die Poren der letzteren sind rundlich, von geringer Gréfendifferenz und im Durchschnitt ebenso breit wie die Zwischenbalken. Das Pylom nimmt den spitzen Pol der ovalen Schale ein und ist von langen spitzen Stacheln umrahmt. Durchmesser der Scheibe: 0,144 : 0,180. “ » Poren: ca. 0,004. » Dalken: ca. 0,005. “ des Pyloms: 0,054. Linge der Stacheln desselben: ca. 0,022. Basalbreite der Stacheln desselben: ca. 0,006. Station 268, Boden. 6. Spongopyle elliptica, nov. spec. Fig. 66. Die bikonvexe Scheibe ist elliptisch und scharf konturiert, das Zentrum erscheint wegen seiner gréferen Dicke dunkler, geht aber unmerklich in die helleren peripheren Partieen der Schale iiber. An dem einen Pole der elliptischen Scheibe sitzt das kleine Pylom, dasselbe ist von kurzen Zahnen umrahmt, die sich jedoch nicht deutlich als selbstéindige Gebilde von der iibrigen Scheibe trennen lassen. Die Scheibe ist nach aufen durch eine ziemlich kontinuierliche Siebplatte abgeschlossen, die Poren derselben sind unregelmafig rundlich und von ungleicher GréBe, im Durchschnitt so breit oder etwas breiter wie die Zwischenbalken. In derselben Station fanden sich jedoch auch Exemplare, welche in der duSeren Gestalt mit vorliegender Art vollkommen itibereinstimm- ten und sich von derselben nur durch eine typisch spongiése Oberflache auszeichneten, auferdem waren die Zahne des Py- loms etwas schmiiler. ~~ Pylombildungen bei Radiolarion und Protisten iiberhaupt. 12: Durchmesser der Scheibe: 0,112: 0,151. , Poren: 0,004—0,007. A » Balken: ca. 0,004. i des Pyloms: 0,032. Station 271, Boden. 7. Spongopyle variabilis, nov. spec. Fig. 67. Die linsenférmig-bikonvexe Schale ist eine Ellipse, deren einer Pol durch ein groBes Pylom abgestutzt ist. Die Oberfliche der Scheibe wird von einer einheitlichen Siebplatte gebildet, die Poren derselben sind klein, rundlich, schmaler wie die Zwischenbalken und dringen am Rande der Scheibe schief in die Siebplatte cin. Das grofe Pylom ist von unregelmifigen Auszackungen der Schale umgeben, auch ist die Struktur der Siebplatte in der Umgebung desselben unregelmikig. Dieselbe Art und Exemplare mit ge- ringen Abweichungen in der Form der Schale und der Groéfe des Pyloms fanden sich in verschiedenen Stationen. Durchmesser der Scheibe: 0,140 : 0,154. 33 , Poren: ca. 0,004. ” , Balken: ca. 0,005. 3 des Pyloms: 0,057. Station 225, 265, Boden. 8. Spongopyle Stbhrii, nov. spec. Fig. 68. Die bikonvexe Schale ist annahernd elliptisch. Wie bei den vorhergehenden Arten liegen die an der Oberflache befindlichen Poren und Balken in einer Ebene zu einer Siebplatte vereinigt, sind jedoch so unregelmafig, daf sie dem spongiésen Habitus noch sehr nahe stehen, die Poren sind etwa doppelt so breit wie die Balken. Das ziemlich ansehnliche Pylom zeichnet sich durch keine besonderen Randgebilde aus, sondern ist nur von der unregel- mafigen Siebplatte begrenzt. Durchmesser der Schale: 0,151 : 0,176. + » Poren: ca. 0,005. ” » Balken: ca. 0,003. 5 des Pyloms: 0,072. Station 271, Boden. 9. Spongopyle aspera, nov. spec. Fig. 69. Die scheibenformige Schale ist eine etwas unregelmiafige Ellipse; sie ist, auch ihre Oberflache, typisch spongiés, 124 Friedrich Dreyer, aus cinem regellosen Flechtwerk von diinnen Kieselbalken zusammen- gesetzt. Das Pylom ist von zahlreichen kleinen Stacheln umgeben, in Station 271 fand sich dieselbe Form, nur mit weniger und etwas langeren Pylomstacheln. Durchmesser der Schale: 0,086: 0,108. Dicke der Balken: ca. 0,002. Durchmesser des Pyloms: 0,036. Station 225, 271, Boden. Lareoidea: Familia X: Lareopylida, nov. fam. Definition: Larcoideen mit einem oder zwei an den Polen der Hauptachse der Schale gelegenen Pylomen. (Einziges) Genus 1: Larcopyle, nov. gen. Definition: Larcopyliden mit einem Pylom. 1. Larcopyle Biitschlii, nov. spec. Fig. 70. Der Gesamtumrif der linsenformig plattgedriickten Schale ist oval, indem der orale Pol etwas, wenn auch sehr unbedeutend, breiter ist, wie der aborale. Im Zentrum des Skelettes befindet sich deutlich sichtbar eine trizonale, Larnacilla-formige Markschale, wihrend das Skelett nach auSen von einem einheitlichen Schalen- mantel abgeschlossen ist. Derselbe hat eine glatte Oberflaiche und kleine, unregelmafig -polygonale bis rundliche Maschen von un- gleicher GréSe und etwa doppelt so breit wie die Zwischenbalken, zuweilen auch noch breiter. Zwischen der Larnacilla-formigen Markschale und dem auferen Schalenmantel befindet sich ein Ge- riist von Kieselbalken, dessen Struktur naibere Beziehungen zu dem Skelett der Litheliden und Phorticiden erkennen laft, das Nahere siehe auf der Abbildung. Die Kieselbalken dieses inneren Geriistes sind starker, wie die des auferen Schalenmantels. Das Pylom ist relativ klein, etwa so breit wie die zentrale Markschale und von kleinen Zahnchen umrahmt. Die das Skelett dieser Form zusammen- setzenden Kieselbalken sind diinn und macht die ganze Schale iiberhaupt einen sehr zarten, durchsichtigen Kindruck und ist ihre feinere Struktur und der Verlauf der Kieselbalken daher im all- gvemeinen ziemlich schwer erkennbar. Durchmesser der Schale: 0,137 : 0,194. ui des Pyloms: 0,036. i der Poren d. auf. Schalenmantels: 0,004—0,007. Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten wberhaupt. 125 Stiirke der Balken d. auferen Schalenmantels: 0,002—0,004. Hs - »» imneren Geriistes: 0,004—0,007. Linge der Pylomstacheln: bis 0,025. Basalbreite der Pylomstacheln: 0,004. Station 232, Boden; 266, Oberfliche; 271, Boden. Da sich die vorstehende pylomatische Larcoidee nicht mit Sicherheit in einer bestimmten Larcoideenfamilie unterbringen lief, habe ich fiir dieselbe eine neue Familie begriindet, welche sich den bereits vorhandenen 9 Familien der Larcoideen als 10, anreiht. Alle spiter noch aufzufindenden pylomatischen Larcoideen wiirden also der Einfachheit halber am besten siimtlich ebenfalls in dieser Familie unterzubringen sein, gleichgiiltig, ob sie sich etwa dem Bau ihrer Schale nach einer bestimmten, von den 9 schon be- kannten Larcoideenfamilien unzweifelhaft anschléssen, oder nicht. Wahrend die Gattung Larcopyle fiir die Formen mit eine m Pylom bestimmt ist, wiirden sich etwa spiater noch findende, mit zwei polstiindigen Pylomen verschene Arten passenderweise in einer 2. Gattung unterbringen lassen, ftir welche ich den Namen Sto- matolarcus vorschlagen wiirde. Dies Genus Stomatclarcus ver- hielte sich dann zu Larcopyle wie die Gattung Stomatosphacra zu Sphaeropyle (resp. Prunopyle). System der pylomatischen Spumellarien. Classis: Radiolaria, Haeckel. — Legio I: Spumellaria, Haeckel. — Ordo Il: Sphaerellaria, Haeckel. — Subordo I: Sphaeroidea, Haeckel. Familia VII: Sphaeropylida, fam. nov. Subfamilia I: Monostomida, subfam. nov. Genus I: Sphaeropyle, nov. gen. 1. Sphaeropyle Haeckelii, nov. spec. 2. § Langii, nov. spec. 3. cm Weissenbornii, nov. spec. 4. 33 heteropora, noy. spec, 5: ‘ Kiikenthalii, nov. spec. 6. ¥ mespilus, noy. spec. ls 3 ovulum, noy. spec. 8, if} Walteri, noy. spec, Friedrich Dreyer, Genus II: Prunopyle, nov. gen. Prunopyle pyriformis, nov. spec. prunoides, nov. spec. Haackei, noy. spec. Waltheri, nov. spec. Burbachii, nov. spec. petrosa, noy. spec. craticulata, nov. spec. Semoni, noy. spec. solida, noy. spec. monocyrtis, nov. spec. antaretica, nov. spac. Subfamilia Il: Amphistomida, subfam. ite 2. Genus I: Stomatosphaera, nov. gen. ? Stomatosphaera dinoceras, noy. spec. amphistoma, noy. spec. Subordo III: Discoidea, Haeckel. Familia II: Phacodiscida, Haeckel. nov. Subfamilia IV: Phacopylida, subfam. nov. i Genus I: Phacopyle, noy. gen. Phacopyle stomatopora, noy. spec. Familia IV: Porodiscida, Haeckel. Subfamilia III: Ommatodiscida, STdnr. L 2. 3. 4 Genus I: Ommatodiscus, STOHR. Subgenus I: Ommatodiscinus, HAECKEL. Ommatodiscus decipiens, Sréur. Stohrii, Harcket. circularis HAgcKEL. Murrayi, nov. spec. Subgenus Il: Ommatodisculus, HAEcKEL. Ommatodiscus Haeckelii, Stor. Jaevigatus, SréHr. fragilis, Srdur. amphiacanthus, nov. spec. variabilis, nov. spec. bathybius, noy. spec. spiralis, nov. spec. ellipticus, noy. spec. irregularis, noy. spec, Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 127 Genus IJ: Stomatodiscus, HancKet, Stomatodiscus amphistomus, Haxcxst. osculatus, HarcKeEL. spiralis, noy. spec. Lys 9 —e ” 2 vo. ” Familia V: Pylodiscida, Haeckel. Subfamilia HI: Discopylida, Harcket. Genus II: Discopyle, HAmcKEL. 1. Discopyle osculata, Haxrcxet. elliptica, HarcxeEt. ” Familia VI: Spongodiscida, Haeckel. Subfamilia IV: Spongopylida, subfam. nov. Genus I: Spongopyle, nov. gen. Subgenus I: Spongopylarium, nov. subgen. 1. Spongopyle circularis, nov. spec. osculosa, nov. spec. setosa, nov. spec. craticulata, Dreyer. moe bo Subgenus IL: Spongopylidium, nov. subgen. 5. Spongopyle ovata, noy. spec. 6. - elliptica, nov. spec. 1. P variabilis, noy. spec. 8. Stohrii, nov. spec. 9. aspera, nov. spec. Subordo IV: Lareoidea, Haeckel. Familia X: Larcopylida, fam. nov. Genus I: Larcopyle, nov. gen. 1. Larcopyle Biitschlii, noy. spec. Im Folgenden lasse ich noch die Beschreibung einer Reihe von neuen Formen folgen, welche zwar nicht zu den pylomatischen Spumellarien gehéren, aber fiir die Pylombildung im allgemeinen von Interesse sind. An dieser Stelle gebe ich nur die einfache Diagnose der Arten, wahrend die Bedeutung derselben fiir unser Thema in den folgenden Abschnitten zu erértern sein wird, 128 Friedrich Dreyer, 1. Coronosphaera amphistoma, nov. spec. Fig. 86. Subordo: Sphaeroidea, Harcken. — Familia: Collosphaerida, J. MULier. — Genus: Coronosphaera, HAECKEL. Die Schale ist kugelrund, wenn man von beiden sich an den 2 Polen gegeniiberstehenden Tuben absieht, durch deren Aufsatz die Form an beiden Enden zugespitzt erscheint. Die Schalen- oberflache ist glatt, die Poren sind rundlich, verschieden grof und in verschiedenen Abstanden voneinander, die Zwischenbalken sind 1/,—2mal so breit wie die Poren, auch finden sich unter letzteren verschiedene Anniherungs- und Verschmelzungsstadien. Die Schale ist diinn, doch ist ihre Dicke auf dem optischen Querschnitt noch gut zu unterscheiden. Die Tuben sind stets in der Zweizahl vorhanden und stehen sich an beiden Polen der Kugel- schale gegentiber, sie sind cylindrisch, ziemlich kurz, un- gefahr von derselben Héhe wie ihr Durchmesser, die Poren der Schale erstrecken sich auf die Wande der Tuben und der Rand der letzteren ist mit unregelmafigen Zahnen besetzt. Die Lange der Tuben ist tibrigens individuell verschieden, oft sind sie etwas linger und diinner, bis doppelt so lang als breit. Durchmesser der Schale: 0,119. Dicke der Schale: 0,004. Durchmesser der Poren: ca. 0,007. - » Balken: 0,002—0,009. Bi » Luben: 0,029. Hohe der Tuben: 0,029. Station 268, 270, 271, 272 Boden; tiberhaupt sehr haufig in den pazifischen Stationen. 2. Haliomma Darwinii, nov. spec. Subordo: Sphaeroidea, HagckEL. — Familia: Astrosphaerida, Harcket. — Genus: Haliomma, EnrENBERG. — Subgenus: Haliommantha, HAECKEL. Der Durchmesser der auferen Schale ist doppelt so grof wie der der inneren. Die Poren der 1. Schale sind regelmafig hexa- gonal bis rundlich, ca. 3mal so breit wie die Balken, die Schalen- oberfliche ist glatt. Die Poren der 2. Schale sind annahernd gleichmaifig rundlich, ca. 3mal so breit wie die Balken und von hexagonalen Leistenwallen umgeben. Beide Schalen sind von mitt- lerer Dicke und durch zahlreiche Radialbalken miteinander ver- bunden. Letztere setzen sich nach aufen in kleine Radialstacheln Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 129 fort, welche etwa doppelt so lang sind wie die Poren der auferen Schale breit und in grofer Anzahl die Oberflache der Gitterkugel besetzen. Durchmesser der 1. Schale: 0,126. Qesriphhes 0,230. Poren der 1. Schale: 0,008. Balken der 1. Schale: 0,003. Poren der 2. Schale: 0,011—0,018. 3 ,, Balken der 2. Schale: 0,004—0,006. Lange der Radialstacheln: 0,036. Basalbreite der Radialstacheln: 0,007. Station 271, Boden. 9° 3. Ellipsoxiphus solidus, nov. spec. Fig. 20. Subordo: Prunoidea, HArckeL. — Familia: Ellipsida, HAECKEL. — Genus: Ellipsoxiphus, Dunrkowsk1. — Subgenus: Ellipso- xiphilla, HAECKEL. Die einfache Schale ist von betrichtlicher Dicke und hat eine glatte Oberfliche. Die Poren sind gro, rundlich, von ungleicher Grose, im Durehschnitt etwas breiter wie die Balken, hie und da untereinander verschmolzen. Die beiden Polstacheln befinden sich in sehr rudimentirem Zustand, sie sind als selbstiindige Gebilde nicht mehr von der Schale zu trennen, sondern erscheinen, in sie einbezogen, als polare Zuspitzungen derselben. Durchmesser der Schale: 0,123:0,198 (inkl. Stachelspitzen). Mittlere Dicke der Schale: 0,014. Durchmesser des inneren kugelrunden Schalenlumens: 0,108. cs der Poren: ca. 0,014. Le » Balken: ca. 0,008. Station 271, Boden. 4. Xiphatractus Stahlii, nov. spec. Fig. 17. Subordo: Prunoidea, Harcken. — Familia: Druppulida, HAecKet. — Genus: Xiphatractus, Harcken, — Subgenus: Xipha- tractona, HAECKEL. Die Form setzt sich zusammen aus 3 konzentrischen Schalen, welche sich in ungefahr gleichen Abstinden voneinander befinden. Die erste Schale ist, so viel sich aus dem Schattenrif sehen last, kugelrund, die beiden anderen elliptisch. Die 2 inneren Schalen und die Radialbalken kann man nur ziemlich schwach als Schatten- rif sehen, die Radialbalken scheinen ziemlich dick zu sein. Die Bd, XXII, N. F. XVI, 9 130 Friedrich Dreyer, 3. Schale ist dick, auf der Oberfliiche glatt, die Poren sind an- nihernd kreisrund, von nicht ganz gleicher Gréfe und in ungleichen Abstinden voneinander, einige sind in gegenseitiger Annaherung und Verschmelzung begriffen, im Durchschnitt sind sie etwa doppelt so breit wie die Balken. Ein Stachel ist nur noch in rudimentiirem Zustand als kurzer spitzer Hicker der Schale vorhanden, der andere ist so lang wie die halbe Hauptachse der Schale, macht aber auch den Eindruck, als ob er in Riickbildung (resp. Auf- lésung) begriffen ware (breite Basis, diinnes Endstiick, etwas ge- schrumpfte Form). Durchmesser der 1. Schale: 0,025. Z pee ES OLOG SEOOS0; b SS ee ST SOU SEDE): Dicke der Radialbalken: ca. 0,006. 3 » 8 Schale: 0,011. Breite der Poren der 3. Schale: ca. 0,008. a ,, Balken der 3. Schale: ca. 0,005. Lange der Stacheln: 0,022 : 0,065. Basalbreite beider Stacheln: 0,043. Station 268, Boden. 5. Xiphatractus umbilicatus, nov. spec. Fig. 18. Subordo: Prunoidea, HarckeL. — Familia: Druppulida, Hance. — Genus: Xiphatractus, HArcKEL. — Subgenus; Xipha- tractona, HAECKEL. Die 3 konzentrischen Schalen sind durch zahlreiche Radial- balken untereinander verbunden und befinden sich in gleichen Ab- stinden voneinander; die in der Hauptachse der Schale legenden Radialbalken sind nicht durch besondere Stirke ausgezeichnet. Die 2 inneren Schalen und die Radialbalken sind nur als Schatten- rig, jedoch deutlich sichtbar. Wahrend sich die beiden inneren Schalen mehr der Kugelgestalt nahern, ist die aiufere Schale oval, sie ist dickwandig und hat eine glatte Oberflache, ihre Poren sind rundlich, ungleich grof und ungleich weit voneinander entfernt, im Durehschnitt iiber doppelt so breit wie die Zwischenbalken. Der Stachel am einen Pole der Schale hat sich in einige (8—4) kiirzere, ungleieh grofe Stacheln aufgelist, welche jedoch sich dicht aneinander anschlieSen und noch deutlich ihren Ursprung yon einem einheitlichen Polstachel erkennen lassen, ohne schon eine Offmung zwischen sich zu fassen; als eine typische Pylom- bildung kann das Gebilde daher noch nicht angesprochen werden, es Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten itberhaupt. 131 reprasentiert jedoch, wie die ganze Formitiberhaupt, eine interessante Zwischenstufe. Der Stachel am ent- segengesetzten, etwas stumpferen Pole der Schale ist schon fast ganz verschwunden, nur ein Rudiment ist noch vorhanden in Gestalt eines abgerundeten Buckels, welcher nabelartig in die Schale ein- gesenkt ist. ‘ Durchmesser der 1. Schale: 0,029. Durchschnittlicher Durchmesser der 2. Schale: 0,061. Durchmesser der 3. Schale: 6,126: 0,162, Dicke der 3. Schale: 0,017. Breite der Poren der 3. Schale: ca. 0,017. a , Balken der 3. Schale: ca. 0,007. Station 271, Boden. 6. Spongotrochus antarcticus, nov. spec. Subordo: Discoidea, HarcKEL. — Familia: Spongodiscida, HAECKEL. — Genus: Spongotrochus, Harckren. — Subgenus: Spongo- trochiscus, HAECKEL. Die Scheibe ist kreisrund, linsenformig-bikonvex , infolge der erékeren Dicke erscheinen die zentralen Partieen dunkler, dieses dunkle Zentrum, das iibrigens unmerklich in den helleren Rand der Scheibe iibergeht, nimmt den 3. Teil bis die Halfte der letz- teren ein. Der Rand der Scheibe ist mit zahlreichen (ca. 100) kleinen zarten Stacheln dicht besetzt, dieselben setzen sich als diinne, durch das dichte Schwammwerk der Schale hindurch zu- weilen nur sehr schwach sichtbare Radialbalken bis an die Grenze des dunklen Schalenzentrums fort. Mit den gleichen Stacheln wie der Scheibenrand ist auch die ganze Oberfliiche der Scheibe be- setzt, dieselben sind hier nur weniger deutlich sichtbar wie am Rande. Bis auf den Mangel eines Pyloms stimmt diese Art vollkommen mit Spongopyle setosa, nov. spec. tiberein. Weiteres hieriiber siehe im 5. Abschnitt. Durchschnittlicher Durchmesser der Scheibe: 0,392. Lange der Stacheln: 0,014—0,036. Basalbreite der Stachein: 0,004. Station 157, Boden, hiaufig. g * 132 Friedrich Dreyer; 7. Archicorys porostoma, nov. spec. Fig. 77. Legio: Nassellaria, EHRENBERG. — Ordo: Cyrtellaria, HAncKEL. — Subordo: Cyrtoidea, Harckren. — Sectio: Monocyrtida, Haxscken. — Familia: Cyrtocalpida, HAECKEL. — Subfamilia: Archicorida, HamckreL. — Genus: Archicorys, HAECKEL. Die kleine Schale ist eiférmig und von mittlerer Dicke. An dem spitzen Pole derselben sitzt der kurze, 3kantige Apikal- stachel, die am gegeniiberliegenden Pole befindliche Miindung der Schale ist geschlossen bis auf eine Pore, welche sich durch kaum die doppelte Gréfe vor den iibrigen Poren der Schale auszeichnet. Letztere sind rundlich, von ungleicher GréSe, im Durchschnitt so breit wie die Balken, auferdem sind sie von mafig hohen Leisten- willen umgeben. Mit demselben Recht, mit dem ich diese Form in die Gattung Archicorys stelle, kénnte ich sie auch der Gattung Halicapsa zuweisen, je nachdem ich die eine, in der Hauptachse liegende grofe Pore als verkleinerte Mindungséfinung ansehe oder annehme, letztere sei geschlossen und nur eine Pore der Verschluf- platte zeichne sich durch besondere Gréfe aus. Ich habe mich fiir ersteres entschieden, besonders weil die Miindungspore in der Einzahl vorhanden ist und genau in der Hauptachse dem Apikalhorn gegeniiberliegt und sich infolgedessen als einheitliche, wenn auch bereits sehr verkleinerte Schalen- miindung deuten labt, im Gegensatz zu Halicapsa prunoides (HAECKEL, Report 8. 1190), wo sich vier Poren durch bnsondere Gréfe auszeichnen. Weiteres hieriiber siehe in den niichsten Ab- schnitten. Durchmesser der Schale: 0,079: 0,094. Dicke der Schale: 0,006. Breite der Poren: ca. 0,005. = » Balken: ca. 0,004. Lange des Apikalstachels: 0,018. Basalbreite des Apikalstachels: 0,014. Durchmesser der Pylompore: 0,011. Station 225, Boden. Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt, 133 III. Abschnitt. Vergleichende Anatomie und Entwicklung der Pylom- bildungen bei Radiolarien uberhaupt, Der Sarkodekérper der Radiolarien zerfallt nach HArcKker in folgende Hauptteile: der Zellkern und ein Teil des Protoplasma werden von der chitinigen Zentralkapsel umschlossen und bilden zusammen einen Komplex, welcher als Intrakapsulum den auBfer- halb der Zentralkapsel befindlichen Partieen oder dem Extracapsulum gegeniibergestellt werden kann. Die Zentralkapsel wird nach aufen unmittelbar umschlossen von einer kontinuierlichen Protoplasma- lage, der Sarcomatrix oder dem Pseudopodienmutterboden, mit letzterem und daher auch mit dem Extracapsulum tiberhaupt steht das Intrakapsulum in Kommunikation durch Offnungen der Zentralkapsel, welche in einer fiir die 4 Legionen der Radiolarien- klasse charakteristischen Art und Weise entsprechend gestaltet und angeordnet sind. Uber der Sarcomatrix lagert ein in den meisten Fallen machtig entwickelter Gallertkérper, das Kalymma. Von dem Pseudopodienmutterboden gehen, wie schon sein Name sagt, die Pseudopodien in radiirer Richtung aus. Zunachst durch- bohren sie das Kalymma und strahlen dann von der Oberfliche desselben frei in das Meerwasser aus und werden auf diese Weise naturgemaf} in einen intra- und einen extrakalymmaren Teil zer- legt. Die Oberflaiche des Kalymma wird von einem Netz von Sarkodestringen umsponnen, welche, tangential verlaufend, dic Basen der radialen extrakalymmaren Pseudopodien oder der Pseudo- podien im engeren Sinne untereinander verbinden. Der Komplex der intrakalymmar verlaufenden Teile der Pseudopodien wird Sarko- plegma, das das Kalymma an der Oberfliche umspinnende Sarkode- netz Sarkodictyum genannt. Man kann daher an dem Weichkérper eines Radiolars zwei Teile unterscheiden, nimlich erstens eine zentrale kompakte Sar- kodemasse, bestehend aus Intrakapsulum und Sarkomatrix, und zweitens einen peripheren Komplex von Sarkodestrangen, welcher sich aus Sarkoplegma, Sarkodictyum und Pseudopodien zusammen- setzt. Die Strange dieses peripheren Sarkodegeflechtes verteilen sich auf 2 verschiedene, einander entgegengesetzte Verlaufsrich- tungen: wahrend die Pseudopodien, sowohl in ihrem intra- als 154 Friedrich Dreyer, auch in ihrem extrakalymmaren Teile, von dem kompakten Sarkode- zentrum aus in radialer Richtung peripher ausstrahlen, umspinnt das Sarkodictyum tangential die Oberflache des Kalymma. In der- selben Weise lassen sich auch diese beiden Verlaufsrichtungen an den Kieselbalken des Skelettes unterscheiden, denn wahrend die Maschen der Gitterschale tangential dem Weichkérper auf- liegen, zeigen die Radialstacheln, wie schon ihr Name sagt, einen radialen Verlauf. Diese Ubercinstimmung in Weichkérper und Skelett ist nichts weniger als wunderbar, ja sogar selbstverstand- lich, da ja die einzelnen Skelettpartieen in entsprechenden Teilen des Weichkérpers ausgeschieden werden; trotzdem kann dies Ver- halten aber nicht oft genug hervorgehoben werden, da es uns zeigt, da8 wir, natirlich nur bis zu einer gewissen Grenze, berech- tigt sind, aus der Morphologie des Skelettes Schliisse zu ziehen auf die Morphologie und Physiologie des Weichkérpers, was des- halb von ganz besonderem Werte ist, da Radiolarienskelette wegen ihrer Erhaltungsfahigkeit in grofer Menge der Beobachtung zu- ginglich sind, wihrend die héchst subtilen Weichkérper aus begreif- lichen Griinden bis jetzt in verhaltnismaBig sehr geringer Zahl beschrieben werden konnten. Als Stammform aller Radiolarien haben wir uns eine der Actissa ahnliche Form vorzustellen: einen Rhizopoden mit allen soeben namhaft gemachten, ftir die Klasse der Radiolarien charak- teristischen Bestandteilen und kugeliger, vollkommen homaxoner Grundform, ein Skelett wiirde dieser Stammform, ebenso wie Actissa, noch abgehen. Die Differenzierungen, welche die ungeheure Formen- mannigfaltigkeit erzeugt haben, durch welche sich die Klasse der Radiolarien in so hervorragender Weise auszeichnet, sind, dem Resultate entsprechend, ebenfalls an Zahl sehr bedeutend. Einen dieser Differenzierungsvorginge haben wir in der Pylombildung und den mit derselben verwandten Erscheinungen vor uns, welche den Gegenstand dieser Arbeit bilden und in diesem Abschnitte eine vergleichende Betrachtung finden sollen. Pylombildungen kénnen sowohl in den verschiedensten Gruppen des Systems unabhangig voneinander auftreten, als auch sich aus sehr verschiedenen gegebenen Teilen des Radiolarienskelettes entwickeln. Aber trotz dieses in zweitacher Beziehung verschiedenen Ursprungs der in Rede stehen- den Bildungen, wonach wir dieselben in einer grofen Anzahl von Fallen als analog, nicht aber als homolog ansehen miissen, werden dieselben einander oft so ahnlich, daf man nur sehr schwer, in manchen Fallen gar nicht, entscheiden kann, ob sie sich aus den- Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 135 selben oder vielleicht voneinander total verschiedenen Bildungen des Skelettes entwickelt haben oder ob sie einander homolog sind oder nicht. Zum allergréften Teile wird diese hochgradige Kon- vergenz der genetisch voneinander verschiedenen Bildungen erzeugt durch Korrelationserscheinungen, welche, in gleicher Weise bei Pylombildungen der verschiedensten Herkunft auftretend, eine grofe morphologische Ann&herung derselben zu einander bewirken. Der primitive homaxone Radiolarienkérper entsendet nach allen Seiten in radialer Richtung itberall gleichmafig verteilte Pseudopodien, wahrend seine Oberfliche in gleichformiger Weise von Sarkodyctium umsponnen wird. In allen Teilen des Kérpers halten tangential und radial verlaufende Protoplasmabahnen die Wage, woraus die charakteristische homaxone Grundform resul- tiert, welche sich natiirlich auch auf die eventuell vorhandenen Skelettteile tibertragt: die kugelrunde Zentralkapsel ist mit gleich grofen und in gleichen Abstiinden voneinander befindlichen Poren bedeckt, wahrend die tangential verlaufenden Kieselbalken des Skelettes eine ebenfalls kugelige Gitterschale mit regelmifig hexa- gonalen Maschen bilden, von welcher in radialer Richtung von jedem Knotenpunkte der Balken die Radialstacheln ausstrahlen !). Wenn sich nun an einer Stelle dieradialen Sarkodestrange ganz besonders stark ausbilden bei gleichzeitiger Riickbildung der tangentialen und sich dieses Ver- haltnis in entsprechender Weise auf das Skelett iibertraigt, so haben wir eine Pylombildung vor uns. Dasselbe was fiir das Skelett das Pylom, ist fiir die Zentral- kapsel das Osculum. Uber diese an der Zentralkapsel auftreten- den Oscula ist relativ wenig zu bemerken. Daf bei Formen, an deren Skeletten typische Pylome auftreten, sich auch Oscula an deren Zentralkapsel finden, ist schon aus Griinden der Korrelation wahrscheinlich. Die Poren der Zentralkapsel ermdglichen die Kommunikation zwischen Intrakapsulum und Extrakapsulum, wenn sich nun an einer Stelle die radialen Protoplasmabahnen abnorm verstarken, wahrend dieselben in den iibrigen Teilen des Zell- kérpers zuriicktreten, wird auch die in diesem Radius liegende Stelle der Zentralkapsel fiir die Passage der Protoplasma- strémungen besonders beansprucht sein, es werden sich die Off- nungen der Zentralkapsel hauptsiichlich oder sogar ganz auf diese 1) Diese Auttassung des primiiren Spumellarienskelettes werde ich im nichsten Hefte dieser ,,Studien“ motivieren und niher ausfiihren, 136 Friedrich Dreyer, Stelle konzentrieren und ein Osculum entstehen. So verhalt es sich deun auch, wahrend jedoch die Pylombildungen der Kiesel- skelette eine grofe Mannigfaltigkeit zeigen, sind die Oscula der Zentralkapsel nur in 2 Formen vertreten, oder vielmehr bis jetzt nur in 2 Formen beobachtet worden, welche, obgleich sie fiir 2 ganze Radiolarienklassen charakteristisch sind, sich doch im wesentlichen gleich bleiben, ohne nennenswerte Veranderungen zu zeigen. Wahrend die eine Form der Oscula der Zentralkapsel aller Nassellarien eigen ist, findet sich die andere bei allen Phao- darien. Die Zentralkapsel der Nassellarien ist meist langgestreckt monaxon, an ihrem einen Pole befindet sich eine kreisrunde ab- geflachte Stelle, welche von zahlreichen Poren durchbrochen ist, wahrend dieselben an den tibrigen Teilen der Zentralkapsel voll- stiindig fehlen. Diesem, eine Osculuméffnung eigentlich nur ver- tretenden Porenfelde, der Porochora, sitzt ein kegelférmiges Ge- bilde, der Podoconus, auf. Dieser mit seiner Spitze in das Lumen der Zentralkapsel hineinragende Kegel wird gebildet von soge- nannten Myophanfibrillen, welche, von der Porochora ausgehend, an der Spitze des Kegels in einem Punkte konvergieren. Die physiologische Bedeutung dieses Gebildes ist noch vollkommen un- bekannt. Auch die Zentralkapsel der Phaodarien ist an ihrem oralen Pole durch ein sich yon der tibrigen Kapselwand unterscheidendes kreisrundes Feld, die Astropyle, ausgezeichnet. Dasselbe ist radiar gerippt und im Zentrum, wo sich die Rippen treffen, befindet sich die Osculuméffnung, welche in ein mehr oder weniger langes Rohr, die Proboscis, ausgezogen ist. Bei den meisten Phaodarien be- finden sich am aboralen Pole der Zentralkapsel noch einige, meist zwei, in charakteristischer Weise angeordnete kleine Neben6ffnungen, welche im Gegensatze zur Astropyle Parapylen genannt werden, auch sie sind in réhrenformige Fortsatze ausgezogen. Das Osculum der Nassellarienzentralkapsel hat man _ sich wahrscheinlich einfach so entstanden zu denken, da8 die Poren des gréften Teiles der Kapselwand riickgebildet wurden und sich nur an einem Pole, der Porochora, erhielten. Uber die phylogene- tische Entstehung und physiologische Bedeutung der eigentiim- lichen Form der Astropyle diirfte sich jedoch heute noch nichts Sicheres entscheiden lassen. Sind die Pylombildungen des Skelettes noch wenig entwickelt oder zu mehreren in inkonstanter Zahl und Lage iiber die Gitter- Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 137 schale verstreut, wie z. B. die der Collosphaeriden (Fig. 8), so scheint die Zentralkapsel keine entsprechenden osculosen Differen- zierungen zu zeigen. Es ist dies auch leicht verstandlich, denn es ist natiirlich, dafi ein typisches, in der Einzah] vorhandenes Pylom, unter dessen Einfluf meist die ganze Gitterschale einen monaxonen Bau annimmt, auf einen stirkeren, durch lange Vererbung ge- kraftigten radialen Sarkodestrom schliefen aft, als die in der Mehrzahl yorhandenen und unregelmafig iiber die Schale ver- streuten kleineren Pylombildungen, und daf sich daher auch in ersterem Falle an der Zentralkapsel ein Osculum ausgebildet hat, in letzterem nicht. Die pylomatischen Spumellarien dagegen be- sitzen nun ein Pylom, welches z. B. dem der Nassellarien an Aus- bildung oft durchaus nicht nachsteht und daher auch eine umge- bildete Zentralkapsel vermuten liesse; leider ist aber von diesen Tormen noch kein Weichkérper zur Beobachtung gekommen, und es bleibt somit noch der Zukunft tiberlasseu, diese interessante Frage zu loésen. Wenden wir uns nun zur Betrachtung der Pylombildungen und verwandter Erscheinungen, welche am eigentlichen Radiolarien- skelette auftreten, so haben wir zunachst zwischen 2 Haupt- eruppen dieser Gebilde, den primaren und sekundareu Pylombil- dungen zu unterscheiden. ‘Tritt eine lokale einseitige Verstarkung der radialen Protoplasmabahnen am Weichkérper auf, welcher noch kein Skelett besitzt, so bildet sich ein solches, sobald es in der phyletischen Entwicklnng auftritt, von Anfang an gleich monaxon und pylomatisch aus, indem es der im Weichkérper schon vor- handenen Priadisposition zur Pylombildung folgt. Pylome, welche in dieser Weise phylogenetisch abzuleiten sind, welche vom Augenblickeder Entstehung eines zusammenhangen- den Skelettes an schon vorhanden waren, sind als primare zu bezeichnen. Sekundare Pylombildungen dagegen sind solche, welche an dem bereits vollstandig und oft schon sehr hoch ausgebildeten Skelette erst nachtraglich entstanden sind, indem sie sich aus bestimmten Bestandtheilen desselben entwickelten. Waihrend bei der primaren Pylom- bildung die Anlage zu einem Pylom der Bildung einer zusammenhangenden Schale vorausgeht, folgt die Entstehung der sekundaren Pylome der Skelett- bildung nach. — Im folgenden werde ich zuerst die sekun- daren, dann die primaren Pylombildungen behandeln. 138 Friedrich Dreyer, A. Sekundire Pylombildungen. Sekundare Pylombildungen und verwandte Erscheinungen finden sich in grofer Mannigfaltigkeit in den verschiedensten Gruppen des ungeheuren Radiolariensystems und zwar kommen sie in allen 4 Legionen vor. Man kénnte dieselben daher nach den einzelnen Gruppen des Systems, in denen sie auftreten, ein- teilen, zweckmafiger und naturgemifer erscheint es mir aber, ihre Herkunft als Einteilungsprinzip zu wahlen, und immer diejenigen sekundaren Pylombildungen zusammenzufassen, welche sich auf gleiche Weise angelegt oder sich aus den gleichen Skelettteilen entwickelt haben. 1. Die Schalenpore als pylogene Bildung (Fig. 1—15). Das urspriinglichste Verhalten zeigen uns die Gitterschalen mit reguléren hexagonalen Maschen, es kommt dieser Befund je- doch im Verhaltnis nicht mehr sehr haufig vor. In der Mehr- zahl der Falle werden die Maschen entweder unregelmafig poly- gonal oder, indem sie sich abrunden, kreisrund bis unregelmafig rundlich. Sind einmal die Poren einer Schale von ungleicher Gréfe, so ist bereits der Weg zu einer Art der Pylomentstehung angebahnt. Es brauchen sich blof einige oder eine Pore durch ganz besondere Gréfe auszuzeichnen, so werden sich auch bald fiir Pylombildungen charakteristische Korrelationserscheinungen geltend machen, und wir haben eine aus einer Pore entstandene Pylombildung vor uns. Gleich in der Familie der Collosphaerida treffen wir diese Form der Pylombildung am verbreitetsten und in allen Ubergingen yon den einfachsten Anfaingen bis zu relativ hoher Ausbildung an. Die Zahl und Verteilung der Pylombildungen an den zu vielen zu einer Kolonie vereinigten Gitterkugeln ist verschieden, oft selbst bei Individuen ein und derselben Kolonie. Die Umbildung einer Pore zu einer Pylombildung beginnt bei den Collosphaeriden da- mit, daS sich die Pore vergréfert und an ihrem Rande sich die Schalenwand!) in Form von ein oder mehreren fingerformigen Zipfeln erhebt (Fig. 1 u. 2). Wenn wir uns vorstellen, ein radialer Zug wirke auf diese Zipfel des Randes der Pylombildung ein, so wiirde sich die Schalenwand an der ganzen Peripherie derselben 1) Nicht zu verwechseln mit Radialstacheln, Naheres hiertiber im naichsten Hefte dieser ,,Studien“. Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 139 allmihlich erheben und sie, zu einem kurzen Sipho ausgezogen, einfassen. Entweder dehnen sich die Poren der Schale mit auf die Wand dieses Sipho aus oder dieselbe bleibt solid (Fig. 3 u. 4). Diese Siphonen kénnen sich nun weiter entwickeln, indem sie sich bedeutend verliingern, einige sind, ahnlich den Serpularéhren, wurmartig gewunden (Fig. 6), einige an ihrem Ende tubenférmig (HAEcKEL, Report, Plate 6, Fig. 5), einige in der Mitte flaschen- formig ausgebaucht (Harcker, Report, Plate 6, fig. 5), andere zeigen sogar dendritische Verzweigung (Fig. 5); zuweilen sind die Réhren auch nach innen in das Lumen der Schale eingestiilpt (Fig. 7). Die Zipfel am Rande der Siphonen sind in einigen Fallen wahrscheinlich riickgebildet, andererseits kann sich aber auch der Rand einer Pore als ein gleichmafiger kontinuierlicher Wall erheben und zu einem Rohre ausziehen, ohne daf die Bil- dung von einem Zipfel ihren Ausgang nimmt (HaArcker, Report, Plate 6, fig. 3, 4, 7, 8, 10). Bei einigen Formen finden sich ausschlieflich in Siphonen ausgezogene Pylombildungen (HArcKEL, Report, Plate 6, fig. 9, 10), wabrend gewoéhnliche Schalenporen daneben fehlen; ob in diesen Fallen sich simtliche Poren zu Pylombildungen umgewandelt haben, oder ob die restierenden Poren erst nachtraglich riickgebildet worden sind, laft sich nicht gut entscheiden. Die Form der Zentralkapsel scheint durch die Py- lombildungen nicht alteriert zu werden, sondern ihre kugelférmige Gestalt beizubehalten, es ist dies durch die Veranderlichkeit der Zahl und Lage der Siphonen erklirlich, welche einen durch Ge- nerationen fortgesetzten nachhaltigen lokalen Einfluf auf die Zen- tralkapsel, welcher zu erblicher phyletischer Abanderung notig wire, verhindert; trotzdem ist aber eine einseitig verstirkte radiale Protoplasmastrémung yon der Zentralkapsel nach den Roéhren zu deutlich sichtbar (Fig. 8). Bei Prunoideen kommen aus Schalenporen entstandene Pylom- bildungen vereinzelt vor. Dieselben sind an einer Schale zu vielen und in unregelmaSiger Anordnung vorhanden. Sie zeichnen sich vor den iibrigen Poren der Schale nicht durch besondere Grofe aus, sondern dadurch, daf sie in Form von kurzen Siphonen iiber die benachbarten Stellen der Schalenoberflache emporragen (Fig. 9). Bei Phacodisciden kommt bei der von mir als neue Art be- schriebenen Phacopyle stomatopora (Fig. 10) ein Pylom vor, welches sich sofort seinem ganzen Aussehen nach als abnorm vergréferte Pore erkennen last. Dasselbe hat einen glatten Rand und ist 140 Friedrich Dreyer, durch keinerlei Korrelationsgebilde ausgezeichnet. Es macht diese Art in gewisser Beziehung zwar einen etwas pathologischen Kin- druck, wenn dies aber selbst fiir das Pylom zutrafe, so thate es der theoretischen Bedeutung doch keinen Abbruch, da es im Prinzip gleich ist, ob sich ein bestimmter Entwicklungsvorgang im Laufe vieler Generationen oder wihrend des Lebens eines In- dividuums abgespielt hat. Es wiirde im Gegenteil das Faktum sehr interessant sein, da8 sich eine teratologische Bildung in der- selben Weise entwickelt, wie wir uns die phylogenetische Ent- stehung eines gleichen Gebildes normaler Natur zu deuten haben. Die Siphonen, welche sich bei vielen Botryodeen vorfinden, zeigen genau denselben Habitus wie die der Collosphaeriden, teils sind sie solid (Fig. 12), teils ist ihre Wand mit Poren versehen (Fig. 11), oft findet sich auch eine zipfelférmige Verlaingerung des Siphorandes (Fig. 11), ahnlich wie bei vielen Collosphaeriden. Aus dieser Ubereinstimmung mit den entsprechenden Gebilden der Collosphaeriden méchte ich auch einen gleichen Ursprung beider annehmen und die Botryodeensiphonen mithin ebenfalls als aus Poren hervorgegangen ansehen. Ich gebe jedoch diese Erklairung nur mit einer gewissen Reserve, da hier eine entsprechende kon- tinuierliche Entwicklungsreihe, wie sie sich bei den Collosphaeriden konstatieren lie, nicht erhalten zu sein scheint und bei den Radiolarien, wie man gerade bei dem Studium der Pylombildungen deutlich sieht, die Konvergenz einen oft kaum zu tiberschatzenden Einfluf ausiibt. Die Pylome der Castanelliden reprasentieren in typischer Weise sekundare, aus Poren entstandene Pylombildungen. Wir begegnen hier Formen, deren Pylome gleich auf den ersten Blick als ver- gréfkerte Poren imponieren; in der Form stimmen sie mit den Poren der Schale vollkommen iiberein, sind letztere rund, so ist dies auch bei dem Pylom der Fall (HarcKxer, Report, Plate 113, fig. 3), sind sie unregelmafig rundlich oder polygonal, so ist es auch das Pylom (Fig. 13), nur durch ihre betrachtlichere Grife sind sie vor den Poren der Schale ausgezeichnet, wahrend ihnen Randverzierungen noch abgehen. Bei anderen Castanelliden da- gegen sind die Pylome schon zu héherer Ausbildung gelangt, sie haben hier eine konstante regelmaiSige Form und sind durch charakteristische Randverzierungen ausgezeichnet. In einem Falle (HAECKEL, Report, Plate 113, fig. 7) ist das Pylom auSer durch seine bedeutendere Gréfe und unregelmafig elliptische Form von den Poren der Schale nur durch einen niedrigen kragenformigen Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 141 Ringwall unterschieden und steht daher den soeben erwahnten primitivsten Pylomen noch sehr nahe. Sehr hoch ausgebildet ist aber z. B. das Pylom von Castanissa Challengeri (Fig. 14), es ist kreisrund, von sehr bedeutender Gréfe (*/, so breit wie der Durch- messer der ganzen Schale) und von einer ansehnlichen Stachel- krone umrahmt. SchlieSlich diirften unter diese Klasse der Pylombildungen noch zu rechnen sein die bei manchen Circoporiden vorkommenden Pylome. Es sind hier die an den Basen der Radialstacheln be- findlichen Porenkranze die einzigen Offnungen, die sich an der sonst soliden Schale vorfinden, man kann daher schon a priori schliefen, dal, wenn sich bei diesen Phiodarien Pylome ausbilden, sie mit ihrer Entwicklung an diese Poren ankniipfen miissen. Dieses ist denn auch der Fall, es wird jedoch in dieser Phaiodarienfamilie dasselbe Resultat auf 2 prinzipiell voneinander verschiedenen Wegen erreicht. In der Abteilung der Circoporiden entsteht das Pylom in der Regel nach Weefall des zentralen Stachels aus einem ganzen Porenkranz, es ist dies ein Typus der Pylom- bildung, welcher weiter unten seine Behandlung finden wird. Die zweite Art der Pylombildung der Circoporiden, welche sich besonders in der Abteilung der Haeckeliniden findet, kniipft an einzelne Poren des Porenkranzes der Radialstacheln an, und wird daher passenderweise hier geschildert. Als Beispicl mége die von HaEcKkeL beschriebene und abgebildete Haeckeliana goetheana dienen (Fig. 15). Es liegt hier das Pylom zwischen 2 Radial- stacheln und den dazu gehérigen Porenkranzen und ist entstanden zu denken durch Verschmelzung von 2 einander gegentiberliegenden Poren der letzteren. Es fiillt dies bei der Betrachtung der Ab- bildung sofort in die Augen; wihrend die Porenkranze dieser Form sich in der Regel aus 5 Poren zusammensetzen, besitzen beide an der Bildung des Pyloms beteiligten Porenkranze deren nur 4, der Ort jedoch, an welchem normalerweise die 5. Pore stehen wiirde, wird bei beiden Porenkranzen von einem Teile des Pylomrandes eingenommen, welcher unmittelbar bis dicht an die Basis der beiden Radialstacheln heranreicht. Das aus der Verschmelzung der beiden Poren entstandene Pylom hat sich noch bedeutend ver- gréBert und regelmakig kreisrund ausgebildet. Auch die radialen Randgebilde des Pyloms sind auf bereits an den Porenkrinzen vor- handene Bildungen zuriickzufiihren. Die das Pylom umgebende kontinuierliche Stachelkrone ist entstanden durch Verschmelzung der kleinen Stacheln, welche sich verstreut am Rande der Kranz- 142 Friedrich Dreyer, poren finden; die beiden zentralen Radialstacheln der beiden an der Bildung des Pyloms beteiligten Porenkriinze haben sich im Verhaltnis zu den tibrigen langen schlanken Radialstacheln (auf der Abbildung sind letztere bedeutend gestutzt) der Schale be- trachtlich verkleinert und in kurze konische Spitzen umgewandelt, es steht diese Riickbildung in Korrelation mit der Verminderung des durch die Porenkraénze hindurchgehenden radialen Sarkode- stromes, der nun, besonders an diesem Teile der Schale, statt dessen der Hauptsache nach seinen Weg durch das Pylom nimmt. Die beiden verkleinerten Radialstacheln bleiben auch weiterhin bestehen und partizipieren an der fiir einen grofen Teil der Pylome tiberhaupt charakteristischen Randbestachelung. 2. Ein Radialstachel als pylogene Bildung (Fig. 16—30). Aus einem Radialstachel entwickelt sich ein Pylom bei den- jenigen Spumellarien, welchen 2 sich an der Gitterschale gerade gegentiberstehende Polstacheln eigen sind, es waren dies also be- sonders die Familien der Stylosphaeriden, Ellipsiden und Druppu- liden. Es findet sich diese Art der Pylombildung wahrscheinlich deshalb in diesen Familien, weil hier die beiden noch vorhandenen Radialpolstacheln so stark ausgebildet sind, dai ein einziger im stande ist, als Ausgangspunkt fiir die Entwicklung eines Pyloms zu dienen; die beiden meist machtig entwickelten Stacheln lassen bereits auf eine verstarkte, einseitig an beiden Polen stattgehabte radiale Protoplasmastrémung schliefen, in der sie ausgeschieden wurden; da dies aber auch die Ursache der Pylombildung ist, ist es begreiflich, wie die Entwicklung eines solchen von einem Pol- stachel ausgehen kann. Wenn sich der radiale Sarkodestrom noch mehr verstérkt, wird fiir ihn eine freie Passage notig, der be- treffende Polstachel wird kirzer und lést sich in mehrere kleinere Stacheln auf, welche nach den Seiten auseinanderweichen und als Randstacheln das neu gebildete Pylom umstehen; zugleich ver- schwindet dann in der Regel der Stachel am gegeniiberliegenden Pole der Schale. In Figur 16, 17 und 20 haben wir Formen vor uns, bei denen die Stacheln in Riickbildung begriffen, jedoch noch beide vorhanden sind, in Figur 20 sind beide von gleicher Kiirze und sind schon so in die dicke Schale eingezogen, daf sie nur noch als polare Zuspitzungen derselben erscheinen; in den Figuren 16 und 17 ist ein Stachel bis auf eine kurze Zuspitzung der Schale verschwunden, wahrend der andere noch erhalten ist, - dieser Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 143 ist jedoch ebenfalls auf dem Wege der Riickbildung resp. Umwand- lung, was man aus seiner unregelmafigen, einen geschrumpften Eindruck machenden Form schliefen kann. Dieser letztere, auf der Abbildung untere, Stachel ist wahrscheinlich auf dem Wege zur Pylombildung, wihrend der ihm gegeniiberliegende, obere, im vollstiindigen Verschwinden begriffen ist. In Figur 21 ist von dem am spiteren aboralen Pole befindlichen Stachel nur noch ein kleines Spitzchen iibrig, welches sich kaum durch seine Gréfe von den die ganze Schale bedeckenden Héckern unterscheidet, in Figur 22 ist er vollstiindig verschwunden. In Figur 18 und 24 beginnt sich bereits der andere Polstachel in mehrere aufzulésen, die Teilstiicke haben eine gemeinsame Basis und zeigen, eng aneinander ange- schlossen, dieselbe Verlaufsrichtung, was ihren gemeinsamen Ur- sprung aus einem Stachel deutlich erkennen Jaft. Als ein eigent- liches Pylom kann man jedech dies Stachelbiindel noch nicht an- sehen, da die einzelnen Stacheln noch so dicht beisammen stehen, da’ zwischen ihnen unmoglich schon eine Offnung vorhanden sein kann. Bei Figur 24 ist der am spa&teren aboralen Pole der Schale befindliche Stachel noch erhalten, wahrend er bei Figur 18 schon vollstandig in die Schalenwand einbezogen erscheint, nur noch ein nabelférmiger Buckel, welcher in einer Einsenkung der Schale sitzt, ist als letzter Rest vorhanden. Wie aus den Abbildungen ersicht- lich, ist die Riickbildung des aboralen Stachels eine verschieden schnelle, bei Formen mit einem fertig ausgebildeten Pylom habe ich jedoch nie mehr ein deutliches Stachelrudiment gefunden. Bereits richtig ausgebildet ist das Pylom bei Figur 19 und 23, in beiden Fallen steht es jedoch noch auf einer ziemlich primitiven Stufe der Entwicklung; das Pylom von Figur 23 kann man sich leicht aus dem Stachel von Figur 22 hervorgegangen denken, und das- jenige auf Fig. 19 steht dem in Auflésung begriffenen Stachel von Fig. 18 noch sehr nahe, wie tberhaupt letztere Form eine hiéchst interessante Zwischenstufe reprisentiert. Die Pylome der auf Figur 25—30 dargestellten neuen Arten lassen sich ebenfalls unge- zwungen auf einen Radialstachel zuriickfiihren: dieselben sind rund und klein, nicht breiter wie die Basis eines durchschnittlichen Polstachels, und durchbohren scharf umschrieben die meist dicke Schale, letztere nimmt sogar an Dicke in der Umgebung des Pyloms oft noch zu, wie es an der Basis eines Polstachels zu geschehen pflegt. Zuweilen sind die Randstacheln des Pyloms riickgebildet und letz- teres besitzt dann einen mehr oder weniger glatten Rand (Fig. 28 bis 30), sind Randstacheln vorhanden, so stehen sie zu einem 144 Friedrich Dreyer, dichten Biindel vereinigt, und zeigen, indem sie meist distalwarts konvergieren, einen iibereinstimmenden Verlauf, kurz, sie machen den Eindruck eines einheitlichen Ganzen und lassen “sich leicht als Teilprodukte von einem Polstachel herleiten. In Stomato- sphaera amphistoma haben wir endlich eine Form vor uns, bei der wahrscheinlich beide Polstacheln in Pylome verwandelt sind. 3. Ein Stachelbischel als pylogene Bildung (Fig. 31— 38). Neben einzelnen Polstacheln kommen in den Abteilungen der Stylosphaeriden und Prunoideen auch ganze Stachelbiischel vor, dieselben nehmen einen oder beide Pole der Schale ein und in der Regel nehmen die sie konstituierenden Stacheln von den Seiten her nach der Mitte der Gruppe an Linge zu. Es ist hier eben- falls eine verstirkte radiale Sarkodestrémung an beiden Polen der Schale anzunehmen, wahrend dieselbe jedoch im vorhergehenden Falle nur von verhaltnismaifig geringer Dicke war und sich daher auch nur in einem verstirkten Radialstachel am Skelette ver- kérperte, nimmt sie hier jedenfalls den ganzen Pol der Schale ein!). Sobald nun in diesem Falle eine noch weitere Verstirkung der radialen Sarkodebahnen an den Polen der Schale freien Durchtritt in Form eines Pyloms nétig macht, ist es nicht notwendig, daf, wie beim vorigen Typus, ein Stachel aus- einanderweicht, sondern es fallt einfach der zentrale Teil der Stachelgruppe samt der ihn tragenden Partie der Gitterschale weg, wahrend die seitlichen Stacheln des Biischels als Randstacheln des Pyloms bestehen bleiben kénnen. Bei Prunoideen, bei welchen die langgestreckte Schale an beiden Polen in der Regel in eine ge- gitterte Roéhre ausgezogen ist, kommen bei einigen Formen an Stelle der letzteren Stachelbiischel vor, wie aus Figur 31 ersicht- lich ist. Diese Stachelbiischel kann man sich als Vorlaufer abn- licher polarer Pylombildungen entsprechender Formen vorstellen, 1) Auf die Ahnlichkeit und miégliche Verwandtschaft einer Stachelgruppe mit einem mit Randbestachelung versehenen Pylom weist schon Harcket bei Besprechung seiner pylomatischen Discoideen hin: ,,These oscula may be compared with the similar polar forma- tions in some Ellipsida (Lithomespilus)“ (Report, pag. 407) und: ,,Per- haps this osculum is comparable to the peculiar coronet of spines which is developed on one pole of the shell axis in some Ellipsida (Lithomespilus, Lithapium)“ (Report, pag. 500). Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 145 wie z. B. die des in Figur 32 abgebildeten Peripanicium amphi- corona. Man kénnte die Pylombildungen der letztgenannten Art zwar auch als kurze Tuben auflassen, selbst wenn aber diese Auf- fassung als die richtige bewiesen wiire, thate dies nichts zur Sache, es wiirde uns im Gegenteil wieder einmal die ofter konstatierbare interessante Thatsache vor Augen fiihren, da’ auf verstarkten radialen Protoplasmabahnen beruhende Skelettbildungen nicht nur an verschiedenen Stellen des Systems, oft sogar bei nachstver- wandten Arten, selbstindig auftreten, sondern auch fireinander vikariierend eintreten kénnen. Wie oben schon erwihnt, kommen bei vielen Stylosphaeriden und Prunoideen anstatt eines oder beider Polstacheln Stachelbiischel vor, ebenso wie in dem eben be- sprochenen Falle statt der Tuben, die wir weiter unten auch als einen Typus der Pylombildung kennen lernen werden. Auch bei diesen Formen haben sich aus einem Stachelbiischel Pylome ent- wickelt, wie aus einer Reihe von mir gefundener neuer Formen hervorgeht. Da der in Rede stehende Typus der Pylombildung mit dem vorhergehenden viel Ahnlichkeit besitzt (denn abgesehen davon, daf Stachelbiischel in denselben Gruppen des Systems wie die Polstacheln statt dieser, entweder nur an einem (Fig. 33), oder an beiden Polen der Schale vorkommen, ist ein Stachelbiischel oft kaum von einem aufgelésten Polstachel zu unterscheiden), ist es auch oft kaum oder gar nicht zu entscheiden, ob als Vorliufer eines Pyloms ein Polstachel oder ein ganzes Stachelbiischel zu be- trachten ist. Wahrscheinlich sind die aus einem Polstachel ent- standenen Pylome kleiner, scharfer umschrieben und besitzen eine weniger stark ausgebildete radiale Randbekleidung, wahrend die aus einem Stachelbiischel hervorgegangenen von betrachtlicherer Breite sind, zuweilen den ganzen Pol der Schale einnehmen (Fig. 34, 38), sich seitlich nicht scharf yon den benachbarten Schalen- partieen abgrenzen lassen und sich durch eine oft machtig entwickelte und zuweilen eigentiimlich umgestaltete Randbestachelung aus- zeichnen. Das Pylom von Figur 34 besitzt, von der Seite gesehen, noch auffallende Ahnlichkeit mit einem Stachelbiischel und aft sich deutlich als aus einem solchen hervorgegangen erkennen. Die Randbekleidung des Pyloms auf Figur 35 ist in eigentiimlicher Weise umgebildet, es spannt sich namlich zwischen 4 an den 4 Ecken eines Rechtecks stehenden Randstacheln von miabiger Grose eine diinne durchsichtige Kieselmembran aus, welche das Pylom wie eine Kraterwand umgiebt. Der orale Pol von Pruno- pyle petrosa auf Figur 38 wird yon unregelmibig und bizarr ge- _ Bd, XXIU. N, F, XVI. 10 146 Friedrich Dreyer, formten, michtig entwickelten felsartigen Bildungen eingenommen. Bei Figur 26, 37, 39 und 40 ist die Randbestachelung des Pyloms weniger stark ausgebildet, bei Figur 37 fallt dic Randbestachelung eigentlich ganz weg und statt dessen ist das Pylom von unregel- mifigen, lappenformigen Ausfranzungen der Gitterschale umgeben. Bei den auf Fig. 39 und 40 abgebildeten Formen diirfte es wohl un- sicher sein, ob ihre Pylome von einem Stachelbiischel oder einem einzelnen Polstachel abzuleiten sind, wie diese Entscheidung sich iiberhaupt in den allermeisten Fallen nicht mit absoluter Bestimmt- heit treffen last. 4. Kin Porenkranz mit zentralem Radialstachel als pylogene Bildung (Fig. 41—5l). Im vorhergehenden haben wir bereits die Poren der Gitter- schale und den Radialstachel als Vorliufer vieler Pylombildungen kennen gelernt. Es kommen nun auch Kombinationen dieser bei- den Bildungen vor, welche sich ebenfalls in Pylome umwandeln kénnen, dieselben bestehen im allgemeinen in einem Radialstachel, dessen Basis von einem Kranze von Poren umgeben ist. Durch letzteren nimmt der verstiirkte radiale Sarkodestrom seinen Weg, in welchem sich der zentrale Radialstachel ausgeschieden hat. Zunaichst begegnen wir derartigen Gebilden in der Familie der Collosphaeriden. Es mul hier jedoch noch vorausgeschickt werden, daf, wenn auver den Kranzporen in der Schale noch andere Poren vorkommen, wie es natiirlich besonders bei den typischen Gitter- schalen der Spumellarien und somit auch der Collosphaeriden der Fall ist, sich die Kranzporen natiirlich durch besondere Grofe vor den iibrigen Poren der Schale auszeichnen miissen. Eigentlich ist dies ja selbstverstindlich, da man sonst jeden Radialstachel mit den ihn an der Basis umgebenden Poren fiir ein in Rede stehen- des Gebilde ansehen miifte. Es hat sich letzteres erst aus einem einfachen Radialstachel und den demselben anliegenden Poren hervorgebildet durch Vergréferung der Poren, wie es fiir die ver- stirkten radialen Protoplasmabahnen notwendig war. Bei Collo- sphaeriden sind Porenkranze mit zentralem Stachel tiber die ganze Schalenoberflache verstreut. Sie erheben sich meist, jedenfalls dem Sarkodestrom folgend, mehr oder weniger iiber die Oberfliiche der Schale, oft so (Fig. 41), da’ der Radialstachel von den Zwischen- balken der grofen Basalporen wie von Stelzen getragen erscheint. Diese Bildungen gehen zuweilen unmerklich in einfache Ausstiil- pungen der Gitterschale iiber, die wir weiter unten auch als den Pylombildungen verwandte Erscheinungen anfiihren werden; wenn Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 147 der zentrale Radialstachel riickgebildet wird und seine Basalporen sich nicht durch besondere Gréfe vor den iibrigen Poren der Gitterschale auszeichnen, haben wir eine Bildung vor uns, welche von einer solchen einfachen Schalenausstiilpung durch nichts unter- schieden ist. Andererseits kann sich eine der Basalporen auf Kosten der anderen so vergréfern, so dal sie allein zu einer Py- lombildung wird, ahnlich wie das oben geschilderte Pylom der Haeckeliniden (Fig. 15), es geht dann unmittelbar iiber in die oben besprochenen, bei den Collosphaeriden allgemein verbreiteten, aus Poren der Schale hervorgegangenen Pylombildungen (Fig. 1). Uber- gangsbildungen dieser Art zwischen Schalenausstiilpung, pyloma- tisch erweiterter Pore und Porenkranz mit Radialstachel sind z. b. an der in Fig. 42 abgebildeten Kopie der von HAarcKen be- schriebenen Acrosphaera collina vertreten. Zu eigentlichen ein- heitlichen Miindungséffnungen bilden sich die Porenkriinze bei den Spumellarien jedoch nicht um, sondern die Zwischenbalken der Kranzporen und der Radialstachel bleiben stets erhalten. Bei den Acanthophracten oder den mit einer zusammenhingen- den Gitterschale versehenen Acantharien zeichnen sich die 2 resp. 4 an den Basen der Radialstacheln befindlichen Poren der Gitter- schale vor den iibrigen Poren in der Regel durch besondere Grose und regelmibige Form und Anordnung aus. HarcKket unterscheidet sie daher auch als Aspinalporen von den kleineren und unregel- miifig verteilten Coronalporen (Fig. 43). Bei der auf Fig. 44 ab- gebildeten Art sind die zwischen den Aspinalporen Dbefindlichen Radialstacheln sogar von der Oberfliche der Schale verschwunden und stehen nur noch mit der inneren Schalenfliiche in Verbindung. Noch weiter geht dieser Proze8 des Zuriickziehens der Stacheln nach innen in der in vieler Beziehung merkwiirdigen Familie der Sphaerocapsiden vor sich. Dieselben besitzen auSer den 20 Radial- stacheln eine vollstindige Kugelschale, welche nach HAECKEL aus zahllosen kleinen Acanthinplittchen besteht, deren jedes von einem feinen Porus durchbohrt wird. Eigentliche grofe Schalenporen befinden sich nur da, wo die Stacheln die Schale durchbrechen, indem jeder Radialstachel durch eine solche Perspinalpore seinen Weg nimmt. Diese abweichende Beschaffenheit der Schale erklart sich nach Harcken zum Teil dadurch, daf dieselbe nicht, wie bei allen anderen Akanthophrakten, durch tangentiale Apophysenbildung yon den Stacheln aus gebildet wird, sondern sich unabhingig von den Radialstacheln anlegt. Wiihrend nun bei dem Genus Astro- capsa die Stacheln noch iiber die Schalenoberfliche emporragen (Report, Plate 133, fig. 9—10), stehen sie bei Sphacrocapsa mit 10* 148 Friedrich Dreyer, derselben zwar noch in Verbindung, gehen jedoch nicht mehr als freie Radialstacheln iiber ihre Oberfliche hinaus (Fig. 45), noch weiter geht dieser Riickbildungsprozef bei Porocapsa, wo die Stacheln kiirzer sind als der Radius der Schale und daher mit letzterer gar nicht mehr in Verbindung stehen. Das Lumen jeder Perspinalpore, die man nun auch als einheitliche Pylombildung ansehen kann, ist jetzt frei und gestattet dem Sarkodestrom un- gehinderten Austritt. Bei Cannocapsa, die sonst mit Porocapsa iibereinstimmt, sind die Perspinalporen noch dadurch differenziert, dali sich iiber jeder ein langer solider Tubus erhebt (Fig. 46). Vollendet ist endlich die Riickbildung der Stacheln bei Cenocapsa, wo dieselben auch im Zentrum verschwunden sind, wir haben hier, wie schon der Name der Gattung sagt, eine leere Kugel vor uns, deren Acanthariennatur man nur noch an den 20 nach dem Mi.ier’schen Gesetz angeordneten, ehemaligen Perspinal-, jetzt Pylomporen erkennt. Bei den Diploconiden und verwandten Formen finden sich Bildungen, welche mit einem Radialstachel und basalen Poren zwar nicht direkt zu vergleichen sind, jedoch eime gewisse Analogie nicht verkennen lassen. Bei Diploconus (Fig. 47) sind von den 4 Aquatorialstacheln 2 einander gegeniiberstehende in der sogenannten hydrotomischen Achse liegende stark hypertrophisch entwickelt und von 2 kegelférmigen Scheiden umgeben. So be- kommt die Schale eine sanduhrférmige, typisch monaxone Gestalt, die Pseudopodien strahlen in 2 Biindeln jederseits aus einer Kegel- scheide aus, in der Mitte jedes dieser Pseudopodienbiindel befindet sich der stark ausgebildete hydrotomische Stachel. Wie leicht ein- zusehen, ist dies im Prinzip derselbe Befund wie bei einem Radial- stachel mit basalen Poren, hier wie dort befindet sich ein Radial- stachel in der Mitte eines verstarkten radialen Sarkodestromes, der yon seiner Basis ausgeht und dem gegenitiber die tbrigen radialen Protoplasmabahnen des Radiolarienkérpers mehr oder weniger in den Hintergrund treten. Zu einem typischen, in der Einzahl vorhandenen Pylom ent- wickelt sich aber ein Porenkranz mit zentralem Radialstachel ganz besonders in der Phaodarienfamilie der Circoporiden. Die Schale dieser Phaodarien besitzt eine eigentiimliche Ciimentstruktur (siche HAkcKEL, Report), und, wie schon erwaihnt wurde, sind die Poren- kranze die einzigen Offnungen nach aufen. Es ist daher natiir- lich, da’, sobald sich ein Pylom ausbildet, infolge der Disposition hierzu, welche in der osculosen Phiiodarienzentralkapsel bereits yorliegt, seine Bildung von diesen Porenkranzen ausgeht. Wie Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 149 schon friiher erwihnt wurde, geschieht dies auf zweierlei Weise, einerseits entsteht beiden Haeckeliniden das Pylom aus ein- zelnen Poren des Porenkranzes, dies wurde schon beim ersten Typus der Pylombildung besprochen, andererseits wandelt sich bei der anderen Abteilung der Circoporiden, den Circogoniden, ein ganzer Porenkranz in ein Pylom um, und zwar da- durch, dafi der zentrale Stachel einfach weegfallt, und so die ein- zelnen Poren in der Mitte zu einer einheitlichen Pyloméffnung con- fluieren. Rudimente der Zwischenbalken der Poren, welche friiher den Radialstachel trugen, bleiben meist erhalten und bewirken, indem sie iiber den Rand des Pyloms hinwegragen, ein meist regelmifiges sternformiges Aussehen desselben (Fig. 49, 50). In Fig. 48 sehen wir ein solches Pylom von Circostephanus coronarius. Es ist hier deutlich die Ubereinstimmung in der Stellung mit den Radial- stacheln zu sehen, es macht ganz den Eindruck eimes Poren- stranges, dem der zentrale Radialstachel fehlt und seine dies- beziigliche phylogenetische Ableitung ist ziemlich plausibel. Wah- rend bei den Haeckeliniden die Stacheln mit ihren zugehérigen Porenkrainzen ohne bestimmte Anordnung gleichmabig iiber die Schale verstreut sind, sind sie bei den Circo- eoniden in bestimmter und fiir die einzelnen Gat- tungen charakteristischer Art und Weise angeord- net, und zwar so, da, wenn man sich ihre Basen durch gerade Linien verbunden denkt, ein regulires oder subregulires endo- sphaerisches Polyheder resultiert. Entweder ist die thatsachliche Form der Schale noch kugelf6rmig (Fig. 49), oder die regular ver- teilten Stacheln haben dieselbe bereits so beeinflu’t, da ein wirk- liches Polyheder entstanden ist, von dessen Ecken die Stacheln ausstrahlen (Fig. 48, 50). Bei der auf Fig. 48 abgebildeten Form vertritt das Pylom einen fehlenden Stachel, indem es an der be- treffenden Ecke des Pyloheders steht, seine Deutung macht daher keinerlei Schwierigkeiten. Anders verhalt es sich jedoch bei der Mehrzahl der Circogoniden, hier ist jede Ecke des Polyheders mit einem Stachel ausgeriistet, wihrend das Pylom in der Mitte einer Polyhederfliche postiert ist. Hier scheint es, als ob das Pylom eine Bildung sui generis wire und, da es nicht an der Stelle eines Stachels steht, auch nicht auf den Porenkranz eines solchen zu- riickfiihrbar sei. Wahrscheinlich hatte sich jedoch das Pylom be- reits ausgebildet, als die regelmiSige Anordnung der Radialstacheln noch nicht Platz gegriffen hatte, also bei Formen, welche wir heute zu den Haeckeliniden rechnen wiirden, erst spiter entwickelten 150 Friedrich Dreyer, sich aus dieser Stammgruppe divergent die einzelnen Gattungen der Circogoniden mit bestimmter charakteristischer Zahl und Grup- pierung der Radialstacheln, zunachst mit runder Schale (Fig. 49), erst spater bildete sich aus dieser unter dem Einflusse der Stacheln eine Polyhederform hervor (Fig. 48, 50). Bei diesem Entwicklungs- gange kam nun wahrscheinlich bei einigen Formen das Pylom an die Stelle eines Radialstachels, namlich an eine Ecke des Poly- heders zu stehen (Fig. 48), bei anderen hingegen, unabhingig von Zahl und Anordnung der Stacheln, in die Mitte einer Polyheder- flache (Fig. 49, 50). Die Familie der Tuscaroriden, diese héchst interessanten Tiefseephdodarien, stimmen mit den Circoporiden so- wohl in der ckarakteristischen Caimentstruktur der Schale als auch durch den Besitz von hier oft sehr langen Stacheln mit ba- salen Porenkranzen tiberein, sie unterscheiden sich yon den Circo- poriden nur durch den typisch monaxonen Bau ihrer Schale. Es ist daher wohl berechtigt, dieselben mit HaArmcken phylogenetisch von den Circoporiden abzuleiten, sie als Circoporiden aufzufassen, deren Schale durch den anhaltenden Einfluf’ des Pyloms, vielleicht im Zusammenhang mit dem Aufenthalt in den gréften Meerestiefen, sich vollstandig monaxon umgestaltet hat. Es wiirde sich nur fragen, ob wir das Pylom der Tuscaroriden von dem aus einer Pore des Porenkranzes entstandenen Pylom der Haeckeliniden oder dem Pylom der Circogoniden abzuleiten hatten. Es ist dies wegen der grofen Umwandlung, welche das Pylom wie das Skelett der Tuscaroriden iiberhaupt jedenfalls erlitten hat, schwer zu ent- scheiden und beide Auffassungen liefen sich verteidigen. Man kénnte sich z. B. vorstellen, dafs’ das Pylom der auf Fig. 51 ab- gebildeten Tuscarora Wyvillei durch Verschmelzung von je 1 Pore aus jedem der 3 es umstehenden Porenkranzen der 3 adoralen Stacheln entstanden sei. Mir kommt es jedoch natiirlicher vor, die Tuscaroriden von Circogoniden ahnlichen Formen abzuleiten und demnach ihr Pylom einem ganzen Porenkranze gleichzusetzen. Die auf Fig. 51 abgebildete Tuscaroride wiirde dann z. B. von einer Circoporide mit 6 an den 6 Ecken eines reguléren Oktaheders stehenden Stacheln abzuleiten sein (Peport, Plate 117, fig. 5), das Pylom stand auf der Mitte einer Oktohederflache zwischen 3 Stacheln ungefahr so wie das der Fig. 49 oder 50. Indem nun ein monaxoner Bau der Schale sich geltend macht, geht ihre friihere polyaxone Form ver- loren und auch die Stacheln gruppieren sich symmetrisch zur Haupt- achse, die 3 auch schon friiher dem Pylom benachbarten Stacheln riicken als Randbestachelung an den Rand desselben, die 3 anderen Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 151 Stacheln dagegen nehinen am aboralen Pole cine entsprechende Stellune ein. Diese, mit der infolge eines Pyloms entstandenen monaxonen Form der Schale als Korrelationserscheinung zusammen- hingende polare Anordnung der radialen Stachelgebilde, wie sie in cntsprechender oder ahnlicher Form auch bei anderen Protisten vorkommt, soll im néachsten Abschnitt niéher besprochen werden, 5. Das Pylom entsteht durch Degeneration eines Theiles der Gitterschale. Am einfachsten wird entschieden den lokal hypertrophisch entwickelten radialen Protoplasmabahnen dadurch freie Passage gemacht, dafi die in dem betreffenden Radius liegende Partie des tangential verlaufenden Gitterwerkes einem einfachen Auflésungs- und Riickbildungsprozesse unterliegt: die Gittermaschen werden unregelmaBiger und gréfer, die Zwischenbalken im Verhaltnis diimner bis zum vollsténdigen Schwund des betreffenden Stiickes der Gitterschale, sekundaér kann sich dann noch eine Rand- bestachelung des Pyloms ausbilden. Von besonderem Werte fiir das Verstindnis dieser Art der Pylombildung ist die oben unter dem Namen Sphaeropyle heteropora von mir beschriebene und auf Figur 52 abgebildete neue Art. Bei derselben ist ein annahernd kreisrundes Feld, welches etwa die Halfte der nach oben gekehrten Hemisphare der auSeren Gitterschale einnimmt, durch auffallend grofe, unregelmabig geformte Gittermaschen ausgezeichnet. Ts setzt sich diese Partie ziemlich scharf gegen die tbrigen Teile der Gitterschale ab, welche Poren besitzt, die etwa von gleicher Gréfe und gegenseitiger Entfernung voneinander, rundlich und dem Flicheninhalte nach im Durchschnitte etwa 10mal kleiner sind wie die Maschen des Pylomfeldes, letzteres ist auSerdem von kurzen gedrungenen Radialstacheln umrahmt. Dieses runde Feld der iiuBeren Schale ist nun jedenfalls als ein in Bildung begriffenes Pylom aufzufassen. Die Gitterschale ist bereits in Auflésung be- griffen, die Maschen sind ganz unregelmakig, ungeheuer vergrofert und infolgedessen auf eine geringere Zahl beschrankt, daher ist das betreffende Gewebestiick luftiger und fiir ein verstirktes Pseudopodienbiindel durchlassiger geworden, eine Randbestachelung hat sich auch schon ausgebildet. Es kann diese Stelle bereits als, wenngleich noch unfertiges, Pylom angesehen werden, das schon sehr geschwichte und verdiinnte Gitterwerk braucht nur noch ganz zu schwinden und das Pylom ist fertig ausgebildet. Nach diesem ‘l'ypus sind wahrscheinlich die Mehrzahl der typischen, 152 Friedrich Dreyer, meist in der Einzahl vorhandenen Pylome der Spumellarien ge- bildet: die Pylome einiger von mir gefundener Sphaeropyliden, durch Auflésung einer Stelle des Scheibenrandes wahrscheinlich die Pylome der meisten, wenn nicht aller pylomatischen Discoideen und Larcoideen (Fig. 53—70). Endlich mégen hier noch 2 Bildungen des Skelettes Erwah- nung finden, welche, soweit wenigstens das jetzige Beobachtungs- material reicht, sich zwar nirgends zu typischen Pylomen weiter- entwickelt haben, jedoch mit den im vorhergehenden besprochenen Erscheinungen verwandt sind, da auch sie jedenfalls einer ein- seitig verstirkten radialen Protoplasmastrémung ihre Entstehung verdanken. Es sind dies 6. Ausstilpungen der Gitterschale und 7. von der Gitterschale gebildete Siphonen (Fig. 71—74). Einfache Ausstiilpungen der Gitterschale finden sich in ver- schiedenem Grade der Ausbildung bei Sphaeroideen (Figur 71, auferdem siehe Report, Plate 8, fig. 10 — Plate 12, fig. 3 u.4 — Plate 28, fig. 2), Prunoideen (Fig. 74) und Cyrtoideen (Report, Plate 61, fig. 13 und 14). Mit den Schalenausstiilpungen haingen genetisch eng zusammen die bei vielen Prunoideen vorkommenden polaren Réhrenbildungen. Figur 73 zeigt eine solche, noch in Entwicklung begriffene Pru- noideenschale, bei der die Rohren noch nicht ausgebildet sind. Die ‘iufere Schale ist an beiden Polen offen und sieht dieses Ent- wickelungsstadium daher auffallend einer Stomatosphaera ahnlich. Tuben entstehen erst allmahlich dadurch, dafi am Rande dieser provisorischen Pylome die Gitterschale als Réhrenwand weiter- wichst (Fig. 72, auferdem siehe Report, Plate 39, fig. 6, 8, 10, 16, 18, 19). Wenn die Tuben eine gewisse Lange erreicht haben, schliefen sie sich meist (wenn nicht immer?) an ihrem distalen Ende. Die Lange der Tuben hangt jedenfalls ab von der Inten- sitat der von ihnen umschlossenen radialen Sarkodestrémung, je eher dieselbe erlahmt, desto friiher schlief&t sich der Tubus an seinem Ende. Schalenausstiilpungen und Roéhrenbildungen gehen unmerklich ineinander iiber und es 1laft sich nur ein gradueller, kein prinzipieller Unterschied zwischen beiden konstatieren, beides sind von einer entsprechenden Stromrichtung des Protoplasmas ver- anlafte, radiale Auswachsungen der Gitterschale, die friiher oder spiter ihren Abschlu8 erfahren. Findet dieser Verschlu8 unmittel- bar nach der Anlage statt, so haben wir eine Schalenausstiilpung, Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten tiberhaupt. 153 welche sich durch ihre mehr konische Form von der je nach der Linge mehr oder weniger zylindrischen der Siphonen unterscheidet. Wie unméglich es ist, eine scharfe Grenze zwischen Ausstiilpungen der Schale und Siphonen zu ziehen, geht aus Figur 74 hervor, bei welcher sich die polaren Réhrenaufsatze kaum von den seit- lichen Schalenausstiilpungen unterscheiden lassen. Schlieflich méchte ich nur noch erwahnen, da, wie es sich schon von vornherein denken lat, viele Pylome ihre Herkunft car nicht oder nur vermutungsweise erkennen lassen. Abgesehen yon sekundaren Randgebilden und anderen Korrelationserscheinungen ist es ja ganz natiirlich, da’ Gebilde, welche demselben Zwecke dienen, einander durch Konvergenz immer ahnlicher werden. Es ist daher haufig unméglich, ein Pylom einer der soeben be- sprochenen Typen der Pylombildung mit Sicherheit zuzuweisen ; auch bei manchen Pylomen, die ich oben bestimmten Bildungs- typen zuerteilt habe, geschah dies nur vermutungweise, wie man nicht nur hier, sondern tiberhaupt in noch vielen anderen Fallen cenétigt ist, eine Bildung ihrem allgemeinen Aussehen nach, mehr nach dem Gefiihl zu beurteilen, ohne daf einem oft bestimmte Merkmale zur Verfiigung stehen, welche der Sache erst Sicherheit geben kénnen. Fiir die Hauptsache halte ich es nur, wie ich glaube, eine gewisse Gesetzmafigkeit in der Bildung der Pylome und verwandter Erscheinungen nachgewiesen und dieselben nach der verschiedenen Art ihrer Entstehung und ihres Auftretens geord- net zu haben, so dai auf dieser Grundlage eine verglei- chende Zusammenfassung moglich ist. Daf viele Pylom- bildungen der verschiedenen Bildungstypen einander so ahnlich werden kénnen, daf’ man ihre Herkunft nicht mehr sicher feststellen kann, ist, wie schon bemerkt, sehr natiirlich. In den Figuren 75 und 76 gebe ich die Abbildungen von 2 interessanten neuen For- men, bei welchen ich iiber die Ableitung ihrer Pylome keine Ver- mutung auszusprechen wagte und sie daher auch in keiner der vorstehenden Abschnitte definitiv unterbringen konnte, Bb. Primire Pylombildungen. Was ich unter primiren Pylombildungen im Gegensatz zu sekundaren verstehe, habe ich oben schon gesagt und brauche ich dasselbe daher wohl hier nicht zu wiederholen. Da die erste An- lage resp. Bedingung jeder Pylombildung, niimlich eine einseitig 154. Friedrich Dreyer, verstarkte radiale Sarkodestrémung, wie oben erwahnt, bei den primaren Pylomen der Bildung einer zusammenhangenden Gitterschale phyletisch voranging und daher das Pylom (we- nigstens in der Anlage) gleich bei der ersten Bildung des Skelettes entstand, kénnen wir von einer phylogene- tischen Entwicklung der primiren Pylome eigentlich gar nicht reden, da sie eben so alt sind wie das zusammenhingende Skelett selbst. Daher versteht es sich auch, daf wir nicht die primaren Pylombildungen, wie die sekundiiren, in verschiedene Bildungs- typen einteilen kénnen. Die primaren Pylombildungen sind auf die beiden Legionen der Nassellarien und Phiodarien beschrankt, die beiden von den 4 grofen Radiolarienabteilungen, deren Zentralkapsel, wahrschein- lich durchgingig, auch ein Osculum besitzt und welche auch des- halb von HArcKeL als Osculosa den beiden anderen Legionen, den Spumellarien und Acantharien, oder Porulosa gegeniibergestellt worden sind. Nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse kénnen wir die Pylome aller Nassellarien und die der Phaodorien- familien der Challengeriden (Fig. 93), Medusettiden, Conchariden, Coelodendriden und Coelographiden als primaire bezeichnen. Die Skelette der Nassellarien sind jedenfalls urspriinglich alle monaxon (resp. endipleur oder bilateral symmetrisch, hiertiber siehe das nachste Heft dieser Studien) gebaut, ein Pylom kann natiirlich erst dann an dem einen Pole der Hauptachse deutlich hervortreten, sobald eine zusammenhiingende Gitterschale gebildet wird. Nach dem Fehlen oder Vorhandensein einer solchen Gitterschale theilt Hamcken die Nassellarien ein in Plectellarien und Cyrtel- larien, letztere besitzen eine zusammenhingende Schale, erstere nicht. Von den Plectellarien besitzen die Nassoideen als primi- tivste Nassallarien iiberhaupt noch keine Skeletteile, jedoch haben sie bereits eine typisch monaxone Grundform, in der einen Halfte der Hauptachse befindet sich das Osculum der Zentralkapsel und von hier ausstrahlend das Hauptpseudopodienbiindel. Die beiden anderen Gruppen der Plectellarien, die Plectoideen und Stephoi- deen, besitzen zwar bereits ein zusammenhangendes Skelett, das- selbe besteht jedoch nur aus einem losen Geriist von Kieselbalken und entbehrt noch eines einheitlichen Abschlusses nach aufen. Dieser findet sich erst in Form einer Gitterschale in den 5 Abteilungen der Cyrtellarien, bei den Spyroideen, Cyrtoideen und Botryodeen, und hier ist auch, urspriinglich wenigstens, fast iiberall ein priméres Pylom vorhanden. In vielen Fallen jedoch geht das Pylom sekundar Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 155 wieder verloren, fast immer ist aber die sekundire Natur der Abwesenheit desselben deutlich zu erkennen. Das Verschwinden eines Pyloms beruht jedenfalls auf der Abnahme der dasselbe passierenden Protoplasmastrémung. Dieselbe hat hier wahrschein- lich wihrend des phylogenetischen Riickbildungsprozesses ebenso allmahlich abgenommen, wie sie bei der Entstehung der sekun- daren Pylombildungen allméihlich zugenommen hat, und es wird daher das sehr interessante Faktum begreiflich, da’ bei der Riickbildung der primiren Pylome der Nassellarien dieselben Bildungen am Skelett auftreten, welche wir als Ausgangspunkt der verschiedenen Typen der se- kundairen Pylombildungen kennen gelernt haben. Die Ursache ist in beiden Fallen dieselbe, naimlich eine verstarkte radiale Sarkodestrémung, welche jedoch in dem einen Falle noch, in dem anderen Falle schon zu schwach ist, um ein typisches Pylom hervorzubringen: da die Ursache dieselbe ist, werden auch die Wirkungen ahnliche sein: dieselben Wege, welche bei der Bildung der sekundiaren Pylome eingeschlagen wurden, gelten in umgekehrter Richtung fiir die Riickbildung der prima@ren. Ich werde fiir jeden Riickbildungstypus des Nassellarienpyloms eine Abbildung als Beispiel geben (Fig. 77—84), im iibrigen ver- weise ich auf die zitierten Figuren in Harcxen’s Report. 1. Als Rudiment des Pyloms figuriert eine srofe Pore. Figur 77. (AuSerdem Report, Pl. 61, fig. 10 u. 11. — PI. 77, fig. 2 u. 8.) 2. An Stelle des Pyloms steht ein dem Apikal- stachel gegeniiberliegender Polstachel. Figur 78. (AuBerdem Report, Pl. 66, fig. 10. -- Pl. 68, Ue Os Ll, 1, —— ble won 18. 10.) 3. An Stelle des Pyloms steht ein Stachelbischel. Figur 79. (Au8erdem Report, Pl. 76, fig. 6, 7, 8. — Pl. 78, fig. 14. — Pl. 87, fig. 9 u. 10.) 4. Ein Radialstachel mit basalem Porenkranz scheint in typischer regelmaibiger Ausbildung an Stelle des Pyloms nicht vorzukommen, obgleich es an Anklangen an derartige Bil- 156 Friedrich Dreyer, dungen nicht fehlt, indem die Poren, welche an der Basis des an Stelle eines Pyloms stehenden Polstachels oder einer Stachelgruppe sich befinden, sich vor den tibrigen Poren der Schale durch be- sondere Gréfe auszeichnen (z. B. Rep., Pl. 76, fig. 10). 5. Das den oralen Pol abschliehende Gewebe ist unregelmaifig und hat noch viel grékere Maschen wie die tibrige Gitterschale, ahnlich wie es als Anlage des sekundiren Pyloms bei Sphaeropyle heteropora (Fig. 52) der Fall ist, wihrend die Randbestachelung bereits verloren gegangen ist. Figur 80. Andererseits giebt es Cyrtoideen, deren Verschlufstelle des Pyloms sich von den tbrigen Teilen der Gitterschale nicht mehr unterscheidet, wahrend die Randbestachelung noch vollkommen erhalten ist (Report, Pl. 57, fig. 6 u. 7). Es sind daher hier die bei Sphaeropyle heteropora zusammen auftretenden Charaktere, in Auflésung begriffenes Gewebe und Randbestachelung, getrennt bei verschiedenen Formen vor- handen, bei einigen hat sich diese, bei anderen jene Bildung langer erhalten. 6. An Stelle des Pyloms treten kurze Aus- stilpungen der Schale. a) Die Gitterschale findet an ihrem oralen Pol einen zu- gespitzten, konischen Abschluf!, welcher den Eindruck einer Aus- stiilpung der Gitterschale macht. (Report, Pl. 67, fig. 1, 2, 4, 5, 6, 7,8, 9. — Pl. 68, fig. 13.,—, Pl..70, fig. 12. — Pl. 78, nea Dodie, 0, 1s) b) Die 3 typischen Basal- resp. Randstacheln des Pyloms der Cyrtoideen werden durch entsprechende Ausstiilpungen der Schale ersetzt, wihrend der orale Pol der Schale einen glatten Abschluf findet. Figur 81. (AuSerdem Report, Pl. 67, fig. 2, 11, 12, 14, 15.) Einen interessanten Ubergang zwischen Stachel und Schalen- ausstiilpung zeigen die entsprechenden Gebilde von Lithornithium fringilla (Report, Pl. 67, fig. 2), wahrend sich die Schale allmahlich unter dem Stachel emporwélbt, bildet sich letzterer successive zuriick, bei Lithochytris Lucerna (Report, Pl. 67, Fig. 14) ist er schon fast ganz geschwunden. - ond 7. An Stelle des Pyloms treten lange, gegitterte Rohren. Ebenso wie bei den sekundiren Pylombildungen lat sich auch hier keine scharfe Grenze ziehen zwischen Schalenausstiilpungen Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 157 und Siphonen. Letztere gehen aus ersteren hervor durch griferes Lingenwachstum und spater resp. nie eintretenden distalen Ver- schluf8, wodurch an Stelle der konischen eine cylindrische Form tritt. Aus beiden der eben erwihnten Arten der Schalenaus- stiilpungen, sowohl den die 3 Randstacheln vertretenden als auch der einzigen polaren, an der Stelle des riickgebildeten Pyloms stehenden, sind bei verschiedenen Arten Siphonen hervorgegangen: a) An der Stelle des riickgebildeten Pyloms befindet sich eine gegitterte Réhre, welche gewohnlich an ihrem Ende offen bleibt, oder mit anderen Worten, das Pylom ist in einen Sipho ausge- zogen. Figur 82. (Auferdem Report, Pl. 68, fig. 5 u. 6. — Play lS: hier 1Oaskds 12; .16.) b) Die 3 Randstacheln des Pyloms werden durch cylindrische gegitterte Réhren ersetzt, welche, an ihrem distalen Ende, spitz auslaufend, geschlossen sind. (Report, Pl. 57, fig. 13.) Endlich findet bei vielen Formen die Schale am aboralen Pole einen vollstindigen regelmébigen Abschluf, ohne daf noch Bil- dungen, welche auf eine staérkere Sarkodestrémung am oralen Pol hindeuteten, erhalten waren. In einer Anzahl von Fallen ist der Apikalstachel und das basale Tripodium noch vorhanden, bei an- deren Formen fehlt ersteres oder letzteres (Fig. 83), bei einigen endlich fehlen alle radialen Anhange und man kann dann nur aus der monaxonen Grundform, den transversalen Kinschniirungen ete.!) auf die Nassellariennatur dieser Formen und ein friiher vorhan- denes Pylom schliefen (Figur 84 u. 102). Aufer bei Cyrtoideen kommt ein vollstiindiger Verschlufi des Pyloms auch bei Spyroideen und Botryodeen haufig vor. (Vergleiche hierzu die zahlreichen abge- bildeten Fille in Harcket’s Report.) Riickbildungen der primaren Pylome scheinen bei Phaeodarien nicht vorzukommen. Fassen wir zum Schluss noch die durch die vergleichend- anatomischen Untersuchungen dieses Kapitels erlangten Resultate zusammen. Liner der vielen Differenzierungsprozesse, welche die Komplikation des urspriinglich einfachen, homaxonen Radiolarien- kérpers bewirken, ist die Pylombildung. Dieselbe wird bedingt durch eine einseitige lokale Hypertrophie der radialen Sarkode- strange, wodurch sich die in dem betreffenden Radius liegende Stelle im Skelette in charakteristischer Weise zu einem Pylom ent- wickelt. Es kann eine solche lokale Verstirkung der radialen 1) Genaueres hieriiber siehe im VI Abschnitt, 158 Friedrich Dreyer, Sarkodebahnen in der phylogenetischen Entwicklung entweder der Bildung eines zusammenhingenden Skelettes voraus ge- gangen sein, so dal sich letzteres gleich bei seiner Entstehung, an die vorhandene Organisation des Weichkérpers ankniipfend, pylomatisch ausbildete, oder es kénnen Pylome am fertigen Skelett der verschiedensten Formen erst nachtraglich ent- stehen. Im ersteren Falle sprechen wir von primaren, in letzterem von sekundaren Pylombildungen, wahrend die primaren Pylome (wenigstens in der Anlage) phylogenetisch eleichzeitig mit dem Skelett tiberhaupt entstanden sind, diesem eleichalterig sind, sind die sekundéaren Pylombildungen erst nachtraglich an dem bereits fertig ausgebildeten Skelett ent- standen und somit jiingeren Ursprungs wie dieses selbst. Die sekundiren Pylome treten in den verschiedensten Gruppen des Systems unabhingig voneinander auf, und kénnen sich, wie oben gezeigt wurde, aus verschiedener Anlage auf die verschiedenste Art und Weise entwickeln und dennoch werden die sekundéren wie auch die primiren Pylome einander durch hochgradige Kon- vergenz so abnlich, daf es in vielen Fallen zweifelhaft, ja unmég~ lich ist, sie einem bestimmten Typus der Pylombildung zuzuweisen. Dies erklart sich einfach dadurch, daf allen Pylombildungen die- selbe Ursache zu Grunde liegt, namlich eine einseitige Verstirkung der radialen Sarkodestrange, letzteren einen freien Durchgang zu verschatien ist der gemeinsame Zweck simtlicher Pylome. Dies wird in natiirlicher Weise erreicht durch eine Offnung (Pylom) in dem den Sarkodekérper umgebenden tangential verlaufenden Gitter- werk, welche sich durch besondere Gréfe vor den iibrigen Poren der Schale auszeichnet, ebenso wie die durchtretenden hyper- trophisch entwickelten radialen Sarkodestriinge vor den tbrigen Pseudopodien. Andererseits werden die stark ausgebildeten radialen Sarkodestriinge die Entstehung von entsprechenden radialen Itand- gebilden des Pyloms bewirken, welche thatsiichlich sich auch fast stets konstatieren lassen. Es ist daher die iibereinstimmende Bau- art der Pylome leicht begreiflich, da sie sich auf ein und dieselbe Bildungsursache zuriickfiihren laBt. Wie schon gesagt, ist diese gemeinsame Bauart der Pylome charakterisiert 1. durch eine sich durch besondere Gréfe auszeichnende Offnung und 2. meist durch radiale Randgebilde der letzteren. So verschieden nun aber auch (die phylogenetische Entstehung der im ausgebildeten Zustande einander meist so ihnlichen Pylome ist, li%t sich dennoch auch hier eine gewisse Ubereinstimmung erkennen, indem die Pylom- Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 159 bildung an morphologische Befunde des Skelettes ankniipft, welche bereits auf eine verstirkte radiale Protoplasmaentwicklung schliefen lassen und hierin eine gegenscitige Verwandtschaft zeigen. Sobald die letztere eine weitere Steigerung erfahrt, bilden sich die ersteren in bestimmter Art und Weise zu Pylomen um. Die primiéren Pylome kommen hier natiirlich nicht in Betracht, da sie, mit der Gitterschale zu gleicher Zeit entstanden, nicht aus einem Teile der- selben hervorgegangen sein kémnen, wie ihnen daher eine Entwicklung cigentlich ganz abgeht. Am unvyermitteltsten treten die durch Auf- lésung eines Teiles der Schale entstehenden Pylome auf, ohne sich von einer vorausgehenden Bildung herzuleiten. Dal sich aus einer Pore der Gitterschale ein Pylom entwickeln kann, ist sehr natiir- lich, so wie so schon dem Durchtritte der Pseudopodien dienend, wird mit einer lokalen Verstirkung der letzteren auch eine ent- sprechende Erweiterung der Pore Hand in Hand gehen, sowie in den meisten Fallen die Entstehung von radialen Randgebilden. Wird der sonst einen Polstachel ausscheidende radiale Protoplasma- strang noch machtiger, so wird fiir ihn eine freie Passage nditig, es list sich daher der Polstachel in mehrere Stacheln auf, welche auseinanderriicken und als Randbestachelung das Pylom umgeben. Wahrend sich in diesem Falle die Protoplasmastrémung sozusagen durch den Stachel hindurch Bahn bricht, ihn von innen nach aufen auseinanderdringt, ist das Umgekehrte der Fall bei der Entstehung eines Pylomes aus einem Radialstachel mit basalem Porenkranz. Hier ist fiir die radiale Sarkodestrémung in den grofen Basal- poren bereits ein freier Durchtritt angebahnt, und wird dann ein Pylom nétig, so konfluiert der Porenkranz zu einer einheitlichen Offnung, wodurch natiirlich der Weefall des zentralen Radialstachels, dem nun die Verbindung mit der Schale genommen ist, bedingt wird. Derselbe wird hier, im Gegensatz zum vorigen Bildungs- typus, von aufen nach innen verdringt, er verschwindet spurlos, und eine eventuelle Randbestachelung muf sich erst sekundiér yon neuem bilden. Sehr einfach gestaltet sich die Bildung eines Pyloms aus einem polaren Stachelbiischel, es brauchen hier nur die zentralen Stacheln nebst dem sie tragenden Teile der Gitterschale wegzu- fallen, so ist das Pylom fertig, als dessen Randbestachelung die peripheren Stacheln der Gruppe gleich stehen bleiben. Es ist dies somit als eine Kombination anzusehen von der Pylombildung aus einem Polstachel und durch Wegfall eines Teiles der Gitter- schale. Entwickelt sich endlich durch Ausstiilpung der Gitter- schale resp. aus einer gegitterten Réhre ein Pylom, so erscheint 160 Friedrich Dreyer, dasselbe als ein Sipho, dessen radiale Wandbekleidung von dem nach aufen gedringten Teile der Gitterschale gebildet wird. Der Einfachheit der Darstellung halber habe ich in diesem Kxapitel die verschiedenen Entwicklungsstufen der Pylome nicht durch besondere Benennung scharf auseinandergehalten, da zwischen ihnen kein prinzipieller, sondern nur ein gradueller Unterschied besteht. Es schien mir vorteilhaft, einen solchen Unterschied in einem Abschnitt zu vernachlassigen, in welchem ich eine ver- gleichend anatomische und entwicklungsgeschichtliche Behandlung aller dieser verwandten Bildungen geben wollte, um den genetischen Zusammenhang derselben besser hervortreten zu lassen und die Ubersichtlichkeit der Darstellung nicht zu erschweren. Trotzdem méchte ich aber aus praktischen Griinden eine Trennung in fol- gende 3 Entwicklungsstufen der Pylombildungen vorschlagen: I. Pylogene Bildungen sind diejenigen Formdifferenzie- rungen des Skelettes, welche wir oben als Vorlaufer von Pylombil- dungen kennen gelernt haben, wie die Pore, der Polstachel, das polare Stachelbiischel, der Radialstachel mit basalem Porenkranz und die Schalenausstiilpung. Es sind dies Formverhaltnisse, welche bereits auf eine lokale Verstirkung radialer Protoplasmastringe schliefen lassen; Pylombildungen kann man sie noch nicht nennen, da sie noch durch keine einheitliche Miindungséftnung verdrangt sind, sie sind jedoch zur Verwandlung in eine Pylombildung pridisponiert. Dieselbe geht thatsichlich vor sich, sobald wihrend der phylo- genetischen Entwicklung eine entsprechende Verstairkung der ra- dialen Sarkodestrange eintritt. Il. Pyloid. Mit diesem Namen miéchte ich diejenigen mor- phologischen Befunde des Skelettes bezeichnen, welche zwar schon durch eine einheitliche Miindungséffnung, in der Regel auch mit radialen Randgebilden versehen, charakterisiert sind, die jedoch in der Mehrzahl, in mehr oder weniger konstanter Zahl und An- ordnung, tiber das Skelett verstreut sind, ohne auf die Gesamtform desselben, wie wahrscheinlich auch des Weichkérpers, einen nach- haltigen Kinfluf auszuiiben. Hierher gehéren besonders die aus einer Pore entstandenen Pylombildungen der Collosphaerida, Pru- noidea, Botryodea und die durch Schwund der Acanthinstacheln gebildeten Offnungen der Sphaerocapsida. Il. Pylom. Unter diesem Namen méchte ich endlich die- jenigen Pylombildungen verstanden haben, welche in der Einzahl vorhanden sind und sich in der Regel durch betrachtlichere Grobe und typischere Ausbildung yor den Pyloiden auszeichnen. Sie Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten tiberhaupt. 161 iiben einen solchen Einfluf’ auf die Gesamtform der Schale’) wie des ganzen Weichkérpers aus, dal sie an derselben eine Haupt- achse mehr oder weniger deutlich hervortreten lassen, an deren einem Pole sich das Pylom befindet, eventuell kann sich auch der gegentiberliegende Pol der Schale zu einem Pylom umbilden. Hier- her gehéren simtliche primare Pylombildungen, sowie die sekun- diren von Sphaeropyle, Prunopyle, Stomatosphaera, Phacopyle, Ommatodiscus , Stomatodiscus, Discopyle, Spongopyle, Larcopyle und diejenigen der Castanellida, Circoporida und Tuscarorida, auch kénnte man noch hierher rechnen die entsprechenden Bildungen der Diploconida. Die pylogeneu Bildungen des Skelettes sind, wie schon ihr Name sagt, die eventuellen Anlagen, aus denen sich wahrend der phylogenetischen Entwickelung Pylombildungen entwickeln kénnen, sowie auch die bereits fertigen sekundiren Pylombildungen auf sie zuriickzufiihren sind. Die Pylombildungen zerfallen wieder in Py- loide und Pylome, wahrend die ersteren nur ein Durchgangsstadium bezeichnen, auch so wie so nur in geringer Zahl vertreten sind, reprasentieren letztere den Héhepunkt der Ausbildung, wie sie sich auch in den verschiedensten Abteilungen des Systems in groéfter Verbreitung nachweisen lassen. Auch bezieht sich der systema- tische Teil dieser Arbeit unter Ausschlu8 der Pyloide nur auf die Pylome der Spumellarien. Dasselbe, was fiir das Skelett das Pylom, ist fiir die Zentral- kapsel das Osculum: Soweit das jetzige Beobachtungsmaterial reicht, kommt dasselbe in 2 sich im wesentlichen gleichbleibenden Formen yor, namlich in der der Nassellarienzentralkapsel eigenen Porochora und der Astropyle der Phaeodarien. Bei allen pylomatischen Ra- diolarien, von welchen bisher auBer dem Skelett auch der Weich- kérper zur Beobachtung kam, lief sich konstatieren, dai dem Py- lom stets ein in demselben Radius liegendes Osculum der Zentral- kapsel entsprach, es beschranken sich jedoch diese thatsachlich beobachteten Falle eben nur auf die beiden Legionen der Nassel- larien und Phaeodarien, wihrend yon den pylomatischen Spumel- larien bis jetzt leider noch keine Formen mit erhaltener Zentral- kapsel beobachtet werden konnten. Da die meisten der Letzteren ein Pylom besitzen, welches an typischer Ausbildung nichts zu wiinschen iibrig ]a&t und dem der Nassellarien und Phaeodarien kaum nachsteht, kann man auch mit einem gewissen Rechte auf eine entsprechende 1) Vergleiche hieriiber den niichsten Abschnitt. Bd, XXIII. N, F, XVI. 11 162 Friedrich Dreyer, osculose Differenzierung der Zentralkapsel schliefen und diirfte jedenfalls mit Erwartung den zukiinftigen Forschungsresultaten iiber diesen Punkt entgegensehen. Ebensowenig wie wir tiber die Struktur der Zentralkapsel der pylomatischen Spumellarien unter- richtet sind, wissen wir tiber die Beschaffenheit ihres Weichkorpers. Kiner radialen Verstirkung der Sarkode verdanken sowohl die Oscula der Zentralkapsel, als auch die Pylombildungen ihre Ent- stehung, solche Verstirkungen der Sarkodestringe sind jedoch in zweierlei Form bekannt, naimlich erstens als ein Biischel von langen Pseudopodien, wie z. B. bei Nassellarien, Phaeodarien, Collosphae- riden, Diploconiden und zweitens als einheitliches Sarkodeflagellum, wie es bei verschiedenen Discoideen beobachtet worden ist. Es wiirde sich also fragen, welche von diesen beiden Erscheinungs- weisen der radialen Hypertrophie der Sarkode den pylomatischen Spumellarien zukiime, wie auch HAEcKEL auf diese doppelte Még- keit hinweist (Report, p. 572), indem er sagt: ,,This peculiar oscu- lui Als2p08:3 serves probably for the exit or outlet of a bunch of pseudopodia or a ,,sarcode-flagellum“. Ich mu gestehen, daf mir ein Pseudopodienbiindel fiir die Mehrzahl der Pylombildungen als das Plausibelste erscheint, wegen der definitiven Entscheidung leider auch dieser Frage miissen wir aber an die Forschungen der Zukunft appellieren. Diese Frage ist jedoch nicht gerade von prin- zipieller Bedeutung, da nach den Untersuchungen Herrwie’s (,,Der Organismus der Radiolarien“) auch diese sogenannte Sarkodegeifel als ein verschmolzenes Biindel von Pseudopodien aufzufassen ist. Viel- leicht tritt aus den engeren Pyloméffnungen eine Sarkodegeifel, aus den weiteren ein Biindel von getrennten Pseudopodien hervor ? Bei Pyloiden scheinen osculose Differenzierungen der Zentral- kapsel nicht vorzukommen. Ein bemerkenswertes Verhalten zeigt die Phaeodarienordnung der Phaeosphaeria. Wahrend hier, wie bei allen Phaecodarien, der Zentralkapsel eine typische Astropyle eigen ist, zeigt die Gitter- schale des Skelettes bei homaxoner Ausbildung eine vollkommene Kugelform bei vollstandigem Fehlen jeder Pylombildung. Es er- klart sich dies Verhalten jedenfalls dadurch, dafi der das Osculum der Zentralkapsel bedingende radiale Sarkodestrom nicht kraftig genug ist, um auf die vom Zentrum weit abstehende Gitterschale einen EinfluS auszuiiben. Wahrend die Familien der Orosphae- rida, Sagosphaerida und Aulosphaerida nur eine solche grofe kugelige Gitterschale besitzen, reprasentiert das Skelett der Canno- sphaerida eine interessante Zwischenstufe zwischen homaxoner und Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 163 monaxon-pylomatischer Bauart. Mit den 3 eben genannten Familien der Phacosphaeria stimmt es tiberein in einer auferen grofen, ein Pylom entbehrenden, homaxonen Kugelschale, es unterscheidet sich jedoch von denselben und nahert sich in dieser Beziehung mehr den typisch pylomatischen Phaeogromia durch den Besitz einer kleinen, die Zentralkapsel eng umschliefenden, cyrtoiden, also pylomatischen Zentralschale, welche durch zahlreiche Radialbalken mit der grofen auferen Gitterkugel zusammenhiingt. Ob das Fehlen eines Pyloms bei der Kugelschale der Phaeosphaeria primarer Natur ist oder erst sekundér durch Verlust der pylomatischen Ausbildung ent- standen, was vielleicht der eben erwaihnte Befund bei den Canno- sphaerida vermuten liefe, ist bei dem heutigen Stande unserer Kenntnisse noch nicht endgiiltig zu entscheiden, zumal da diese Frage in engstem Zusammenhang steht mit dem héchst schwierigen Problem des phylogenetischen Zusammenhanges der einzelnen Phaeo- darienfamilien, zu dessen Lésung noch ausgedehnte weitere Unter- suchungen abgewartet werden miissen. Um Mifverstindnissen vorzubeugen, méchte ich noch Folgen- des bemerken. In diesem und den folgenden Abschnitten ist wieder- holt von Umbildungen von Skeletteilen oder des ganzen Skelettes resp. der ganzen Schale die Rede. So wurde z. B. in diesem Abschnitt aus- einandergesetzt, dafS man sich viele Pylome aus einem Polstachel der Stylosphaeriden resp. Prunoideen entstanden zu denken hat dadurch, daf sich der betreffende grofe Stachel in mehrere kleinere auflést, welche auseinanderrtickend das Pylom zwischen sich fassen, wih- rend der gegentiberliegende Polstachel ganz verschwindet. Oder im nachsten Abschnitt wird gezeigt, wie durch den Einfluf’ eines Pyloms die Schale zur Differenzierung ihrer promorphologischen Achsen hinneigt, indem z. B. eine homaxone Schale eine monaxone, amphitekte oder sogar eudipleure Grundform annehmen kann. Da die Skelette der Radiolarien gré8tenteils kieseliger Natur sind, so sind Forminderungen, welche auf Biegung oder Streckung der voll- kommen starren Kieselbalken beruhen miiften, als vollkommen aus- geschlossen zu betrachten, dasselbe gilt natiirlich auch fiir die Kalkschalen der Thalamophoren. Eine andere Moéglichkeit der Formiinderung der Rhizopodenskelette wiirde auf der Auflésung resp. Beseitigung gewisser Partieen der Skelettsubstanz beruhen. Es miiSte der lebende Weichkérper die Fahigkeit haben, je nach Belieben an gewissen Steilen Skelettsubstanz aufzulésen, um sie vielleicht wieder an einer anderen Stelle auszuscheiden. Wahrend dies bei dem gegen chemische Agentien (und solche kamen ja hier 11+ 164 Friedrich Dreyer, nur in betracht, da eine mechanische Zerstérung von seiten des Weichkérpers nattirlich vollkommen ausgeschlossen ist) éuferst widerstandsfahigen Kieselskelett der Radiolarien kaum méglich erscheint, ware es vielleicht schon eher denkbar, da derartige Prozesse sich an den Kalkschalen der Thalamophoren abspielten, vielleicht bewirkt durch lokale Sadureproduktion des Weichkérpers, jedoch auch dies erscheint mir sehr unwahrscheinlich. Da wir aber tiber die mikrochemischen Vorginge im lebenden K6rper so gut wie noch nichts wissen, ist es noch nicht an der Zeit, in dieser Frage ein entscheidendes Urteil abzugeben und miissen wir die Lésung dieses fiir die vergleichende Anatomie und Entwicke- lungsgeschichte der Rhizopodenskelette im hohen Grade wichtige Probleme der Zukunft iiberlassen. Jedenfalls kénnen wir aber, wenngleich die Existenz derartiger Vorgainge nicht aufer allem Bereich der Méglichkeit liegt, mit ihnen nicht rechnen, so lange sie nicht durch genaue diesbeziigliche Untersuchungen nachgewiesen sind. Die dritte Méglichkeit ist endlich die, dafi die Formen des Skelettes eine Verainderung durch appositionelles Wachstum erfahren. Dieses ist der einzige Modus der Formwandelung des Skelettes, welcher keinem Zweifel unterliegt, denn es ist natiirlich, da% durch den Ansatz von neuen Kammern resp. konzentrischen Schalen oder Ringen, durch die Neubildung von Radialanhangen der verschieden- sten Art oder durch totale oder lokale Verdickung der Schale etc. zugleich die Formenyerhaltnisse eine Veranderung erfahren. Dies geschieht jedoch alles, ohne das bereits vorhandene Skelett nur im geringsten zu alterieren, wie es bei den beiden ersteren Eventuali- taten nétig ware. Auf der unverdnderten Grundlage des bereits gebildeten Skelettes werden durch appositionelles Wachstum neue Teilchen angelagert, wodurch das Skelett in entsprechender Weise weiter wichst resp. sich weiterentwickelt. Nur auf diese Art und Weise ist an einer bereits vorhandenen Schale oder einem Skelett eine Veranderung wihrend des individuellen Lebens des einzelnen Rhizopoden mit Sicherheit anzunehmen und alle tbrigen nicht auf einfaches, auf Apposition beruhendes Wachstum zuriickfiihrbaren Entwicklungserscheinungen resp. Veranderungen hat man sich als wihrend der phylogenetischen Ent- wicklung zustande gekommen zu denken'). Es ist dies meiner 1) Hiermit soll natiirlich nicht gesagt sein, da® nicht auch viele durch appositionelles Wachstum erklirbare Formenverhaltnisse wah- rend der phylogenetischen Entwicklung entstanden sein konnten. Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten tiberhaupt. 165 Ansicht nach die bei dem heutigen Stande unserer Kenntnisse einzig berechtigte Auffassung, der entsprechend ich auch diesbe- aziigliche Auseinandersetzungen in vorliegender Abhandlung ver- standen wissen méchte, wo ich schlechthin von Entwicklung oder Umwandlung rede, ohne immer besonders die Worte ,,ontogenetisch“ oder ,,phylogenetisch*s hinzuzusetzen. IV. Abschnitt. Ueber den Einflufs des Pyloms auf die Gestaltung der ganzen Schale bei Protisten im Allgemeinen. Im vorhergehenden Abschnitt wurde verschiedene Male darauf hingewiesen, wie Pylome, die sowohl in den verschiedensten Gruppen des Systems unabhangig voneinander auftreten, als auch aus, schein- bar wenigstens, sehr differenten Bestandteilen des Radiolarienskelettes sich entwickeln kénnen, einander doch oft so ahnlich werden, dafi man zuweilen nicht imstande ist, denselben ihren wie gesagt oft in doppelter Beziehung verschiedenen Ursprung anzusehen. Dies er- klart sich einfach dadurch, daf alle dieselbe Entstehungsursache haben und demselben Zwecke dienen; alle Pylome verdanken einer einseitig verstarkten radialen Sarkodestrémung ihren Ursprung und dienen alle dazu, letzterer einen bequemen Ausweg aus dem Inneren der Schale nach aufen zu verschaffen. In derselben Weise, wie die einzelnen Pylome die Tendenz einer gegenseitigen morphologischen Anniherung zeigen, bewirkt auch das Pylom eine Konvergenz im Habitus der ganzen Schale, welche be- dingt wird durch mit der Pylombildung in Korrelation stehende, tiberall in gleicher oder doch in ahnlicher Weise auftretende Ge- bilde und Formdifferenzierungen der ganzen Schale. Diese mit der Ausbildung eines Pyloms in Korrelation stehenden morpho- logischen Befunde der Schale lassen sich jedoch nicht nur bei Radiolarien konstatieren, sondern finden sich in den verschieden- sten Abteilungen der Rhizopoden iiberhaupt, woraus deutlich her- vorgeht, daf wir es nicht etwa mit einer, einer einzelnen Protisten- gruppe charakteristischen Bildung zu thun haben, die zum Pylom in keiner niheren Beziehung steht, sondern mit Formverhaltnissen, die, mit der Pylombildung in engstem Konnex stehend, nur bei 166 Friedrich Dreyer, Formen auftreten, denen auch ein Pylom eigen ist, mit einem Worte als Korrelationserscheinungen der Pylombildung aufzufassen sind. Die yerwandtschaftlichen Beziehungen der betreffenden Orga- nismen spielen hierbei nicht die geringste Rolle, ja selbst ganz verschiedenes Schalenmaterial ordnet sich denselben Formbildungs- gesetzen unter, und es ist z. B. in bezug auf diese Korrelations- bildungen ziemlich gleichgiiltig, ob wir es mit chitinigen, aggluti- nierenden, kalkschaligen oder kieselschaligen Rhizopoden zu thun haben. Es ist dies schon deshalb sehr interessant, als wir bei der Betrachtung dieser morphologischen Befunde uns nicht nur auf die Radiolarien zu beschranken brauchen, sondern einen Ge- samtiiberblick gewinnen tiber die diesbeziiglichen Verhaltnisse der schalentragenden Rhizopoden tiberhaupt. Wie im vorigen Abschnitt schon kurz erwihnt wurde, tiben nur die eigentlichen Pylome einen Einfluf’ auf den Habitus der ganzen Schale aus, wahrend dies bei den Pyloiden nicht der Fall ist. Dies erscheint auch sehr natiirlich, denn es ist einleuchtend, daf die in der Mehrzahl und oft gar nicht einmal in konstanter An- ordnung vorhandenen Pyloide nicht im stande sind, auf die Form der Schale einen nachhaltigen Einflu’ auszuiiben, wie dies bei einem einheitlichen grofen Pylom, durch welches der ganze radiire Hauptstrom der Sarkode seinen Weg nimmt, der Fall ist. Ebenso wie hier durch die Konzentrierung der radialen Protoplasmabahnen auf einen Punkt der Weichkérper ein monaxones Geprage erhalt, bildet sich auch an dem Skelett eine Hauptachse aus, an deren einem Pole sich das Pylom befindet, und ebenso wie die radiar verlaufenden Pseudopodien nicht mehr allseitig gleichmabig ausstrahlen, sondern in der Richtung einer Achse durch das Pylom ihren Weg nehmen, sind auch die radialen Anhange des Skelettes nach der Hauptachse orientiert. Was zunaichst den ersteren Punkt anbetrifft, so ist die Ten- denz der mit einem Pylom versehenen Rhizopodenschalen, sich in die Lange zu strecken, eine bekannte Erschemung, die wir bei den SiiSwasserrhizopoden, Thalamophoren und Radiolarien in gréfter Verbreitung antreffen. Durchweg scheint jedoch das Pylom eine Langsstreckung der Schale bei den Radiolarien nicht zu be- wirken und merkwiirdigerweise finden sich oft runde und lang- gestreckte Formen in nahe verwandten Gruppen nebeneinander, wobei nur an die Sphaeropyliden, Ommatodisciden, Spongodisciden und Circoporiden resp. Tuscaroriden erinnert zu werden braucht, auch die Cannosphaeriden und Castanelliden sind in bezug auf ihre Grund- Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 167 form durch das Pylom nicht beeinfluft. Diese Ausnahmen kann man sich entweder erklaren durch die ungeniigende Stiirke der das Pylom durchstrémenden Sarkode, oder dadurch, daf bei den be- treffenden Formen das Pylom wihrend der phylogenetischen Ent- wicklung sich erst relativ spat entwickelt hatte, so da’ ihm die zur Umformung der ganzen Schale nétige Zeit noch fehlte. Alles in allem genommen sind dies jedoch nur Ausnahmen und die Regel ist die Ausbildung einer verlingerten, durch das Pylom gehenden Hauptachse, wodurch sich die urspriinglich homaxonen Formen in monaxone, die scheibenformigen in amphitekte ver- wandeln ; bei Schalen mit primiren Pylomen ist natiirlich eine solche Umwandlung nicht erst nétig, da sich hier ebenso wie das Pylom so auch eine entsprechende Grundform gleich von der ersten phylogenetischen Entstehung des Skelettes an mit diesem zugleich ausbildet. Hand in Hand mit der Streckung der Schale in der Richtung einer Hauptachse geht, wie schon bemerkt, auch eine entspre- chende Orientierung der radialen Skelettelemente. Wenn solche radialen Skeletteile iberhaupt vorhanden sind, so geben sie in diesem Falle ihre urspriinglich streng radiare Richtung auf, um sich in ihrem Verlaufe mehr der Richtung der Hauptachse anzuschliefen. Wenn man sich eine derartige Form durch eine zur Hauptachse senkrechte Ebene halbiert denkt, so sind die Stachelspitzen jeder Halfte nach dem zu derselben ge- hérigen Pole der Hauptachse gerichtet, die der oralen Halfte nach dem oralen und die der aboralen nach dem aboralen Pole, so daf die Stacheln beider Schalenhalften eine divergente Richtung zeigen. Meist fallen aber die Stacheln der mittleren Schalenpartie ganz weg und nur an den beiden Polen der Schale kommen solche zur Entwicklung. Am oralen Pole treffen wir die schon im vorigen Ab- schnitt mehrfach erwahnte Randbestachelung des Pyloms an, statt der langen Stacheln findet sich auch haufig nur ein gezackter Rand, derartige Bildungen kommen z. B. vor bei Difflugia, Eu- glypha, Circoporiden, Tuscaroriden, Medusettiden, Castanelliden und in gréfiter Verbreitung bei den Nassellarien, auferdem vergl. Fig. 14, 15, 19, 23, 25, 26, 27, 32, 34, 36, 37, 39, 40, 47, 48, 51—57, 60, 61, 62, 65, 66, 67, 69, 70, 75, 76, 85, 86, 91, 92, 97— 100, 103. Aufer den Stacheln resp. Zacken kommen als Rand- bekleidung des Pyloms noch die verschiedenartigst gestalteten Radialanhinge vor, die alle zu beschreiben hier zu weit fiihren wirde, hauptsichlich in Betracht kommen hierbei die Radiolarien- 168 Friedrich Dreyer, abteilungen der Nassellarien, Challengeriden und Medusettiden (vergl. HAkcKEL’s Report, auferdem Fig. 38, 93). Statt von vielen einzelnen Radialstacheln wird das Pylom in vielen Fallen von einer einheitlichen Réhre umgeben, wie dies, abgesehen von den Pyloiden vieler Collosphaeriden, Prunoideen und Sphaerocapsiden (Fig. 3, 4, 5, 6, 8, 9, 46), besonders bei den Pylomen von Mikro- gromia, Amphitrema, Lagena, vielen polythalamen Thalamophoren, einigen Nassellarien und vielen Challengeriden und Tuscaroriden der Fall ist (Fig. 82). Manche dieser Réhren sind jedenfalls durch Verschmelzung der Randstacheln entstanden und lassen sich auch verschiedene derartige Zwischenstadien konstatieren (Fig. 35), andere aus einer radialen Erhebung der Schalenwand. Die Lange der Rohren ist sehr verschieden und giebt es alle Stadien zwischen einem niedrigen, das Pylom umgebenden Ringwall und langen Tuben. Eine eigentiimliche Erscheinung, deren Grund bei dem heutigen Stande unserer Kenntnisse noch vollkommen unklar ist, ist die Ein- stiilpung der Pylomréhre in das Innere der Schale, wie es bei den verschiedenartigsten Rhizopoden in ganz analoger Weise wiederkehrt. So haben eine solche Einstiilpung in mehr oder weniger typischer Form aufzuweisen die Pyloide einiger Collosphaeriden (Fig. 7) und die Pylome von Difflugia, Ditrema, Lagena (Entosolenia), Challengeria (Subfamilie d. Pharyngellida). Der aborale Pol der Rhizopodenschalen ist ebenfalls in den meisten Fallen durch Bestachelung ausgezeichnet. Entweder ist nur ein Apikalstachel vorhanden oder ein ganzes Stachelbiischel, dessen Stacheln von den Seiten nach der Mitte der Gruppe zu an Grife zunehmen, oder es sind endlig eine geringe Anzahl (2—4) von Stacheln symmetrisch am aboralen Schalenpole ver- teilt. Derartigen Befunden begegnen wir z. B. bei Quadrula, Difflu- gia (Fig. 88), Euglypha, Campascus, Lagena und bei denjenigen polythalamen Thalamophoren, deren Kammerreihe in derselben Richtung fortwichst und deren Pylom infolgedessen zur ganzen Schale immer gleich orientiert bleibt. Bei den Thalamophoren, deren Kammerreihe in einer Spirallinie fortwichst, wandert das Pylom wahrend des Wachstums der Schale um dieselbe herum und mit seiner Lageverinderung geht dann natiirlich auch eine stetige Verschiebung des aboralen Poles Hand in Hand. Infolgedessen ist auch kein Teil der Schale vorhanden, den man dauernd als aboralen Pol bezeichnen und an dem sich die charakteristischen Apikalstacheln bilden kénnten. Um so bemerkenswerter sind des- halb einige Ausnahmen, wie z. B. die auf Figur 85 abgebildete Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 169 Anomalina polymorpha, Costa. Es besitzt diese Thalamophore trotz ihres spiralen Wachstums doch eine fast typisch einachsige Form, an deren einem Pole sich das etwas réhrenformig ausge- zogene Pylom und dem gegentiberliegenden aboralen Pol ein typischer Apikalhécker befindet. Es la8t sich diese Erscheinung nur dadurch erkliiren, das die Schale erst nach beendigtem Wachstum diesen charakteristischen Habitus angenommen hat und ist zugleich ein Zeugnis fiir die Beharrlichkeit, mit der die betreffenden Bildungsgesetze sich selbst unter diesen erschwerenden Umstanden geltend zu machen suchen. Bei Radiolarien kommen Apikalstacheln in weitester Verbreitung vor bei Nassellarien '), dann bei pylomatischen Spumellarien, Challengeriden, Medusettiden und Tuscaroriden (Fig. 51, 57, 75, 77, 80—83, 93, 101; vergl. auch Fig. 10). Die aboralen Stacheln der letzteren zeigen noch eine andere bemerkenswerte Eigentiimlichkeit. Nach den Unter- suchungen von HarcKket scheinen niimlich die hohlen Stacheln des aboralen Schalenpoles der Tuscaroriden in Zahl und Anord- nung den Parapylen der Zentralkapsel zu entsprechen, so daf in demselben Radius einer Parapyle oder Nebenéffnung (im Gegen- satz zur Hauptéfinung oder Astropyle am oralen Pole) der Zentral- kapsel auch ein Apikalstachel der Schale zu liegen kommt. HArcKEL sagt hieriiber (Report, Seite 1705): ,,The number of the parapylae or accessory openings seems to be variable in this family, and to correspond to the number of radial feet which arise from the shell. Therefore Tuscaridium possesses only one parapyle, which is diametrically opposite to the mouth, lies on the aboral pole of the capsule, and is directed towards the single caudal tube. Tuscarora seems to have three parapylae, corresponding to the three radial feet, and Tuscarusa probably has four parapylae, 1) Der Apikalstachel und die meist in der Dreizah] oder einem Mul- tiplum von 3 vorhandenen adoralen Stacheln der Nassellarien, spe- ziell der Cyrtoideen sind jedoch nicht in erster Linie durch Korre- lation zum Pylom entstandene analo ge Bildungen, sondern innerhalb aller Nassellarien homolog und auf die urspringlichste phylogenetische Anlage des Nassellarienskelettes zuriickzufiihren. Obgleich sie jedoch unabhingig von den mit dem Pylom in Korrelation stehenden Bildungsgesetzen entstanden sind, wird ihre Erhaltung und Fortbildung doch von den letzteren unterstutzt, wo- durch sich ihr konstantes Auftreten wohl zum gréften Teil erklart. Ich werde auf diesen wichtigen Punkt demniichst in diesen ,,Studien“ bei Gelegenheit der Besprechung der Phylogenie der Nassellarien noch ausfiihrlich zuriickzukommen haben. 170 Friedrich Dreyer, directed towards its four radial feet; in the latter genus, however, the capsule was not observed (the shell being empty); and in the other Tuscarorida this important and difficult anatomical question must be solved by further accurate examinations.‘ — Dasselbe Verhaltnis zwischen den Parapylen und den Radialstacheln mit basalem Porenkranz besteht auch bei den Circoporiden, was um so plausibler erscheint, als die Tuscaroriden, wie schon im vorigen Abschnitt bemerkt wurde (vergl. iibrigens das dort gesagte), phylo- genetisch mit grofer Wahrscheinlichkeit von den Circoporiden abzu- leiten sind. Der Hauptunterschied zwischen beiden Familien ist besonders der, daf die Grundform der Tuscaroridenschale eine typisch monaxone ist, wahrend das Pylom der Circoporiden noch keinen nach- haltigen Einfluf auf die Form der noch rein monaxonen resp. poly- axonen Schale ausgeiibt hat, so daf natiirlich auch die Radialstacheln noch gleichmafig, ohne eine Spur von polarer Anordnung zu zeigen, auf der Schalenoberfliche verteilt sind. HArcKeEt sagt iiber die Be- ziehung der Parapylen der Zentralkapsel zu den hohlen Radial- stacheln mit basalem Porenkranz (Report, 8. 1693) der Circopo- riden folgendes: ,,The number of the parapylae, or the accessory openings of the capsule; which in the majority of Phaeodaria is two, seems to be usually increased in the Circoporida. In Circo- porus the capsule seems to possess six and in Circospathis nine secondary openings, and therefore there is some probability that each circle of pores on the base of a radial spine corresponds to a secondary opening of the capsule.‘ — Dies Verhaltnis zwischen Parapylen und Radial- resp. Apikalstacheln zeigt uns wieder recht deutlich dew engen Zusammenhang zwischen Ausstr6 - mungsoéffnungen fiir die Sarkode und stark ausgbildeten radialen Skeletteilen; beide haben in einer lokalen Verstirkung der radialen Protoplasmabahnen ihre gemeinsame Bildungsursache. So sahen wir im vorigen Abschnitt, wie wahrend der phylogenetischen Entwicklung aus einem starken Polstachel oder Stachelbiischel ein Pylom entstehen kann. Wahrend wir jedoch dort beide verwandten Bildungen z eit - lich aufeinander folgen sahen, haben wir sie hier bei dem- selben Individuum raumlich nebeneinander, indem jede Parapyle (welche fiir die Zentralkapsel dasselbe bedeutet, wie die Pyloide fiir das Skelett) in demselben Radius mit emem Radial- stachel mit basalem Porenkranz (einer pylogenen Bildung) liegt. Unter diesen Umstinden erscheint es auch leicht verstind- lich, da sich an dem so haufig durch Stachelbildungen ausge- oO Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 171 zeichneten aboralen Pole der pylomatischen Protistenschalen eben- falls ein Pylom ausbildet, ebenso wie auf den Polstachel oder ein Stachelbiischel vieler Spumellarien wihrend der phylogenetischen Entwicklung ein Pylom folgen kann. Solche Schalen, bei denen sich an jedem der beiden Pole der Hauptachse ein Pylom befindet, treffen wir bei Diplophrys, Ditrema, Amphitrema, Lagena, Sto- matosphaera, Stomatodiscus (Fig. 30,63, 76); auch kann man Diplo- conus (Fig. 47) mit seinem monaxonen Skelett, aus dessen beiden Polen die Sarkode hauptsiichlich ausstrahlt, hierher rechnen. Die Kugel- schalen der Collosphaeriden sind, wie im vorigen Abschnitt gezeigt wurde, in der Regel nur mit aus erweiterten Schalenporen entstan- denen Pyloiden von yariabler Zahl und Anordnung bedeckt. Kine Aus- nahme hiervon macht aber die von mir aufgefundene Coronosphaera amphistoma (Fig. 86), deren Schale bei einer typisch monaxonen Grundform konstant nur 2 Pylombildungen aufweist, welche sich an den beiden Polen der Hauptachse gegeniiberstehen. Daf es sich hier nicht um einen Zufall handelt, geht daraus hervor, daf ich dieselbe Form sehr haufig in den Bodenproben der verschieden- sten zentralpazifischen Beobachtungsstationen des Challenger fand. Bei der konstanten Lage der Pylombildungen dieser Form an den beiden Polen einer Achse und ihrem Einfluf§ auf die Gestalt der Schale sind sie nicht mehr, wie es bei den entsprechenden Bil- dungen der bisher bekannten Collosphaeriden der Fall war, Py- loide, sondern echte Pylome, und reihen sich so den doppelten Pylomen der eben genannten Rhizopodenschalen an. Da es Formen mit 2 Pylomen giebt, welche mit cinmiindigen Arten im tibrigen vollkommen iibereinstimmen, liegt der Gedanke nahe, daf das zweite Pylom bei derselben Art bald vorhanden sein kann, bald nicht. Der monaxonen Form der Schale entsprechend ist natiir- lich auch die Stromrichtung des Weichk6érpers eine einachsige und, wie sich schon aus der oft stark entwickelten apikalen Bestachelung schliefen laft, nachst dem oralen Pole am aboralen am starksten. Die Disposition ist also bereits vorhanden und es wiirde nur eine individuell noch etwas starkere Sarkodestrémung am aboralen Pole nétig sein, um auch an dieser Stelle als Durchtrittsstelle fiir dieselbe ein Pylom zu erzeugen. Es lassen sich tiber diesen Punkt jedoch bis jetzt nur Vermutungen aussprechen, wahrend fiir seine defi- nitive Aufklarung noch weitere Beobachtungsresultate abzuwarten sind. Diesbeziigliches tiber das 2. Pylom von Stomatodiscus oscu- latus siehe iibrigens im nachsten Abschnitt, hier mége es geniigen, einige Auseinandersetzungen Burscaii’s tiber diesen Punkt anzu- 172 Friedrich Dreyer, fiihren (Bronn’s Klassen und Ordnungen des Tierreichs, 1. Band, Protozoa, Seite 36 u. 37): ,,Die einachsigen und gleichpoligen be- schalten Rhizopoden werden nach dem Vorschlage von Hertwic und Lesser gewohnlich als besondere Gruppe der Amphistomata unter den Imperforaten aufgefiihrt. Es sind dies SiifSwasserformen mit ellipsoidischer, mehr oder weniger langgestreckter, entweder chitinéser (Diplophrys und Ditrema) oder sandiger Schale (Amphi- trema), welche an beiden Polen mit ziemlich weiter Mtindung zum Austritt der Pseudopodien versehen ist. So natiirlich eine solche Gruppe der doppelmiindigen Formen unter den itbrigen ein- kammerigen Imperforaten auch auf den ersten Blick erscheint, so kann doch wohl, wegen des interessanten Verhaltens gewisser ein- kammeriger und einmiindiger perforierter Formen der Gattung Lagena, die scharfe Scheidung solcher doppelmiindiger Formen von den einmiindigen kaum streng durchgefiihrt werden. Bei dieser kalkschaligen, sehr artenreichen Gattung treten namlich neben typischen einmiindigen Formen auch eine kleine Anzahl doppelmiindiger auf, die in ihren Gestaltsverhaltnissen sich innigst an die erwahnten Amphistomen anschliefen, in ihrem tibrigen Ver- halten jedoch so nahe mit den einmiindigen Lagenen tiberein- stimmen, da8 eine generische Trennung von diesen nicht wohl ge- rechtfertigt erscheint (vergl. Lagena distoma P. u. J., Lyelli Segu. und gracillima Segu.).“ Weiter sagt Buscar (loc. cit. pag. 40), nachdem vorher von sandschaligen, monothalamen, marinen Rhi- zopoden, wie Pelosina, Webbina, Haliphysema, Hyperammina, Ja- cullela, Botellina, Rhabdopleura etc. die Rede war: ,,Bei einer Reihe sich hier anschlieSender Sandschalen tritt eine Miindungs- bildung auch am anderen Pol der Schale auf, so da dieselben hierdurch den amphistomen Charakter annehmen, womit jedoch ebensowenig wie bei Lagena eine scharfere Abgrenzung derselben von den monostomen Formen angezeigt scheint. Die Gestalt wird in diesem Falle bei langgestreckten Schalen etwa eine spindel- férmige mit etwas verdickter Mittelregion (Marsipella) oder die beiden Miindungen liegen auf réhrenférmigen Verlangerungen einer mehr kugeligen oder scheibenfoérmigen Schale (Rhabdammina zum Teil).“ Nach einer Beobachtung von Carter treten aus dem Hinter- ende der Schale der Difflugien zwischen den Schalenpartikeln Pseudo- podien aus, dasselbe berichtet Enrz von seiner Pleurophrys Helix und der Pleurophrys sphaerica (Birscu, |. c. p.31). Diese Beobachtungen sind von hohem Interesse, da sie uns die Tendenz der radialen Pseudo- Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 173 podien, naichst dem oralen auch am aboralen Pole aufzutreten, ad oculos demonstrieren, auferdem kénnen wir dieses Verhalten als eine embryonale Vorstufe der im vorstehenden besprochenen Bil- dungen, durch welche sich der apikale Schalenpol der pylomatischen Rhizopoden auszuzeichnen pflegt, ansprechen. Denken wir uns die individuelle Entwicklung dieser Formen weiter fortschreiten, so kann entweder innerhalb jedes dieser aboralen Pseudopodien ein Apikalstachel ausgeschieden werden oder alle Pseudopodien des aboralen Poles, konfluicren um durch ein zweites, dem ersten entgegengesetztes Pylom auszutreten. Auerdem erscheint es mir sehr wahrscheinlich, da bei vielen pylomatischen Rhizo- poden, deren Schalen keine morphologischen Auszeichnungen am apikalen Pole aufzuweisen haben, doch der W eichkérper solche Pseudopodien niachst dem oralen Pole am aboralen am meisten aussendet. Dieselben brauchen ja trotzdem nicht immer geeignet zu sein, auf die Formation des Skelettes einen nachhaltigen Einflu£ auszuiiben, wozu vielleicht ohnehin in sehr vielen Fallen eine lingere phylogenetische Entwicklungszeit ndtig ist. Wenn wir das Vorstehende kurz zusammenfassen, so kénnen wir sagen, daf sich der Einflu8 eines Pyloms auf die Rhizopoden- schale in der Weise auSert, daf sich die letztere in der Richtung einer Hauptachse in die Lange streckt. In der Richtung dieser Hauptachse orientieren sich dann auch, sehr wenige Ausnahmen abgerechnet, die radialen Skeletteile, wenn anders solche iiberhaupt vorhanden sind; in der Regel findet sogar eine Beschrankung der- selben auf die beiden Pole der Hauptachse statt, auf den oralen als Randbekleidung des Pyloms und auf den aboralen als mehr oder weniger regelmafig angeordnete Apikalstacheln, auferdem kann sich in einigen Fallen auch an dem urspriinglich aboralen Schalenpole ein Pylom ausbilden. Alle diese Differenzierungs- erscheinungen der Schale, die Bildung des Pyloms selber mit ein- gerechnet, haben ihren Grund in der monaxonen Umgestaltung des Weichkérpers, fiir die monaxone Gesamtform der Schale ist dies einleuchtend, und da mit der einachsigen Stromrichtung der Sarkode auch deren formative Thatigkeit lokalisiert ist, ist auch die Bevorzugung beider Schalenpole in bezug auf morphologische Differenzierungen und Neubildungen leicht verstindlich. Im Gegen- satze hierzu sind die mittleren Regionen der Schale morphologisch indifferent und meist ohne oder doch nur mit schwiicher ausge- bildeten Radialanhangen versehen. Hieraus erklart sich auch z. B. der meist glatte Rand der pylomatischen Discoideen, z. B. der Ommato- 174 Friedrich Dreyer, discida (verg]l. das tiber diese Subfamilie im systematischen Ab- schnitt gesagte) und das Vorhandensein von 3 Stacheln am aboralen Pol bei Ommatodiscus amphiacanthus nov. spec. (Fig. 57) ete. Auch der auBere glatte Abschluf vieler Spongodiscidenskelette gehért hierher, es wird tbrigens speziell diese Erscheinung im nichsten Kapitel noch ausfiihrlicher erértert werden. Verschiedene Rhizopodenschalen bleiben bei der Ausbildung einer oralen-aboralen Hauptachse nicht stehen, sondern es tritt bei denselben auch eine Differenzierung der Kreuzachsen ein, welche sich in einer Abplattung der Schale parallel zur Haupt- achse dokumentiert. Es entsteht hierdurch eine amphitekte Py- ramide mit einer langen und einer kurzen Kreuzachse, dieselbe Grundform, welche z. B. dem Koérper der Ctenophoren eigen ist. Diese seitliche Abplattung kommt in allen Ubergiingen von den ersten undeutlichen Anfaingen bis zu typischer Ausbildung vor, wo- durch der Querschnitt der Schale eine elliptische Form annimmt. Zuweilen sind diese linsenférmig plattgedriickten Schalen an ihrem Rande sogar mit einem scharfen Kiel versehen. Sind Apikal- oder sonstige Stacheln der Schale vorhanden, so sind dieselben meist auch in der Richtung der langen Kreuzachse am starksten aus- gebildet oder sogar nur auf den Rand der scheibenformigen Schale beschrankt, ebenso wie, wie wir im vorhergehenden sahen, sich die Stacheln zuniachst nach der Hauptachse orientieren; die Ra- dialstacheln scheinen demnach iiberhaupt die Tendenz zu haben, in ihrer Anordnung und Richtung der Differenzierung der Schalen- achsen zu folgen. Auferdem ist oft das Pylom in der Richtung der langen Kreuzachse linglich ausgezogen. Eine solche seitliche Abplattung der Schale von mehr oder minder typischer Form kommt vor bei Hyalosphenia, Quadrula, Difflugia, Euglypha, Gro- mia, Lagena (Fissurina Rss.), Lingulina, sehr verbreitet ist die seitliche Abplattung bei den polythalamen Thalamophoren, bei den spiral aufgerollten senkrecht zur Achse der Spirale, wahrscheinlich wohl iiberhaupt durch die Aufrollung der Kammerreihe in einer Windungsrichtung bedingt. Unter den Radiolarien sind endlich die Angehérigen der Phaodarienfamilie der Challengerida fast durchgehends seitlich komprimiert. Hierher gehéren aber natiirlich nicht diejenigen Radiolarienschalen, welche schon vor der Aus- bildung eines Pyloms linsenférmig plattgedriickt waren, wie die pylomatischen Discoideen und Larcoideen, denn hier ist die be- treffende Achsendifferenzierung unabhangig von der Pylom- bildung und vor dieser eingetreten, und das Pylom hat sich Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 175 erst nachtraglich am Rande der linsenformigen resp. lentelliptischen Schale ausgebildet. Eine interessante hierher gehérige Form ist jedoch Prunopyle petrosa nov. spec. (Fig. 38), bei welcher die Abplattung jedenfalls erst sekundar, infolge der Pylombildung entstanden und die nicht etwa als pylomatische Cenodiscide oder gar Larcoidee zu betrachten ist, gegen welche Ableitung ihr ganzer Habitus sprechen wiirde, der sich im Gegenteil eng an einige der von mir beschriebenen Spezies der Gattung Pru- nopyle anschlieft. Analog den eben besprochenen Befunden bei Protistenschalen ist die Differenzierung der Kreuzachsen der Zentralkapsel vieler Phaodarien, welche sich in dem Vor- handensein von 2 Parapylen oder Nebendffnungen (im Gegensatz zu der Hauptéffnung, dem Osculum oder der Astropyle), welche am aboralen Pole einander gegeniiberstehen, ausspricht. Eine. der beiden Kreuzachsen wiirde in der Ebene der beiden Parapylen, die andere zu dieser senkrecht verlaufen. 2 solche aborale Parapylen sind nach den bisherigen Untersuchungen Harckew’s besonders charakteristisch fiir die Zentralkapsel der Cannorhaphida, Aulacan- thida, Orosphaerida, Sagosphaerida, Aulosphaerida, Concharida, Coelodendrida, Coelographida, also fiir die Mehrzahl der Phio- darienfamilien; ob hiermit eine thatsachliche seitliche Kompression der Zentralkapsel Hand in Hand geht, ist noch nicht sicher er- wiesen und bedarf noch einer niheren Untersuchung. Eine weitere Differenzierung der pylomatischen Rhizopoden- schalen besteht in der bilateralen (eudipleuren) Ausbildung ihrer Grundform. Die erste Andeutung dieser Formwandlung besteht in der einseitigen Verlagerung des auf der Unterseite der Schale befindlichen Pyloms nach vorne oder in einer Biegung des das Pylom tragenden réhrenformigen Halses, wozu sich dann eine mehr oder weniger typische bilaterale Ausbildung der Gesamtform der Schale hinzugesellt. Derartigen Befunden begegnen wir bei Dif- flugia (Fig. 89), Trinema, Cyphoderia, Campascus (Fig. 87), Lieber- kiihnia, Mikrogromia, Platoum, Plectophrys, Lecythium, auch kann die Biegung der Kammerreihe einiger polythalamer Perforaten, z. B. von Dentalina, in diesem Sinne aufgefa8t werden. Neben vielen der eben namhaft gemachten Siifiwasserrhizopoden mit mehr oder weniger ausgeprigter bilateraler Symmetrie kommen Iormen vor, die mit diesen vollkommen tibereinstimmen, und sich von den- selben nur durch den Mangel der Symmetrie, d. h. durch eine rein monaxone oder amphitekte Grundform unterscheiden. Es liegt daher die Frage nahe, ob in diesen Fallen die bilaterale Schalen- 176 Friedrich Dreyer, form als konstantes Merkmal zu betrachten ist. Birscuni sagt hiertiber (loc. cit. pag. 38) nach einigen Vorbemerkungen: ,,Es geht aus dieser Betrachtung hervor, daf eine Hinneigung zu bila- teraler Schalengestaltung unter den erwihnten SiiSwasserformen sehr verbreitet ist, und ihr gelegentliches Auftreten nicht einmal immer zur Charakteristik bestimmter Genera geeignet erscheint.“ Es scheint denn auch in der That bei vielen SiiSwasserrhizopoden die bilaterale Schalenformation noch im Flusse und vielleicht von den jeweiligen Lebensumstinden, in denen das Individuum sich befindet, abhaéngig zu sein, wihrend sie bei anderen Formen schon konstant geworden und zur ausschlieflichen Herrschaft gelangt ist. Als eine solche individuelle (sog. ,,pathologische)‘ Eigentiimlichkeit bin ich geneigt, auch die bilaterale Form von Phacopyle stomatopora nov. spec. (Fig. 10) aufzufassen, und ebenso eine in verschiedener Ausbildung einigemale gefundene Varietit der Gattung Spongo- pyle, wahrscheinlich der Spezies Spongopyle circularis nov. spec. (Fig. 64) zugehérig mit ebenfalls deutlich eudipleurer Schalen- form (Fig. 91)*). Ebenso wie die im vorhergehenden besprochenen Formdiffe- renzierungen der Schale, so wird auch die eudipleure Gestalt scharfer hervorgehoben, zum Teil sogar bedingt durch die Orien- tierung der am oralen resp. aboralen Pole befindlichen radialen An- hange. Wo solche vorhanden sind, ist dies bereits bei den eben erwihnten Siifwasserrhizopoden der Fall, in der typischsten Aus- bildung begegnen wir jedoch solchen Befunden bei einer} sehr grofen Zahl von Challengeriden (Fig. 93), bei vielen Medusettiden und auch bei Tuscaroriden kommt derartiges, wenn auch nur ver- einzelt und andeutungsweise vor. Bei den Tuscaroriden beruht dies auf der Bildung des Pyloms, von der HArcKket (Report, pag. 1705, Plate 100, fig. 8) sagt: ,,the mouth is here prolonged into a cylindrical, spinulate proboscis, which is curved towards the ventral face of the shell‘ ”). 1) Zugleich mége hier noch eine andere Varietit, jedenfalls der- selben Spezies, Erwihnung finden, bei welcher der orale Schalenpol ab- gestutzt und die Hauptachse der Schale etwas verkiirzt ist (Fig. 92). Beide Varietiten besitzen ein sehr grofes Pylom. 2) Auch eine groBe Zahl von Cyrtoideen besitzt eine mehr oder weniger ausgeprigte eudipleure Grundform, welche sich in der Rich- tung und Verteilung von Apikalstachel und basalem Tripodium kund- giebt. Es ist dies jedoch kein sekundires Resultat der Anpassung, sondern wie die Existenz von Apikalstachel und basalem Tripo- Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 177 Unmittelbar aus der bilateralen Symmetric der Schale hat sich deren spirale Aufrollung entwickelt, es schlieft dieser spirale Bau der Schale eng an die einfach eudipleure Grundform an und ist eigentlich nur als die durch Wachstum herbeigefiihrte Fort- fiihrung dieses Formtypus aufzufassen. Wahrend bei den Radio- larienskeletten die spiralige Entwicklung urspriinglich wenigstens vollkommen vermift wird'), kommt sie, wie bekannt, in desto eréBerer Verbreitung den Thalamophoren zu. Am lehrreichsten fiir das Verstindnis der Entstehung des spiralen Schalenbaues sind die Difflugien, indem sich hier die Umwandlung der Grund- form der Schale an den verschiedensten Ubergangen in derselben Gattung beobachten laBt. Viele Difflugien, wie z. B. die auf Fig. 88 dargestellte Difflugia corona, sind noch typisch monaxon gebaut, das igre liegt auf der Mitte der Unterseite der Schale und die dium iiberhaupt, auf die allererste phylogenetische Anlage des Nassel- larienskelettes zuriickzufiihren und yon dieser durch Vererbung auf die betreffenden hédher entwickelten Skelette iibertragen zu denken. Da- mit ist natiirlich nicht ausgeschlossen, daB die Erhaltung dieser vererbten Bildungen durch Anpassung noch nachtraglich unter- stiitzt werden kann, wihrend andererseits das Fehlen derselben Befunde bei anderen Formen wahrscheinlich durch die Ungunst der iiuBeren Bedingungen zu erkliiren ist (vgl. die Anm. auf S. 169). Es moge geniigen, dies hier nur kurz angedeutet zu haben, wihrend eine ausfiihrliche Erérterung dieser Verhiiltnisse im nichsten Hefte dieser , »studien“ demnachst folgen wird. 1) Ein ayeheitand typisch spirales Wachstum der Schale kommt zwar auch bei Radiolarien in ziemlicher Verbreitung bei Discoideen und Larcoideen vor. Es haben jedoch diese Befunde bei genauerer Betrachtung mit dem typischen spiralen Bau, wie wir ihm bei Thalamophorenschalen begegnen, nichts zu thun, sondern sind eine Erscheinung vollkommen sekundirer Natur, welche unabhingig bei den verschiedensten Formen auftreten kann und auf einer Verschiebung der urspriinglich konzentrisch gelagerten Schalenteile, besonders unter dem Einfluss der Radialbalken, beruht. Ich werde auf diesen Gegen- stand in diesen ,,Studien“ an passender Stelle noch niher einzugehen haben, hier mége diese Andeutung geniigen und die Anfiihrung fol- gender Stelle aus Haxcxet’s Report (pag. 403): ,,.RicHarp Hertwie, 1879, in his excellent work ,,Der Organismus der Radiolarien“ (p. 57—68), gave a detailed description of the skeleton of some Discoidea, and arrived at the conclusion that this whole family had a spirally constructed skeleton, and should therefore be derived from the Lithelida. But this conclusion is certainly erroneous, and in my opinion the whole explanation of that spiral structure, and of its signification in the development of the Discoidea, is the weakest part of that otherwise very important work. Bd, XXIII, N, F. XVI. 12 178 Friedrich Dreyer, orale-aborale Hauptachse verbindet es mit dem senkrecht dariiber- liegenden apikalen Pole. Von solchen Formen aus 1aft sich nun eine kontinuierliche Reihe von Ubergingen verfolgen, bei denen allmahlich eine exzentrische Verlagerung des Pyloms nach vorne erfolgt, der sich dann die ganze Schale anschlieBt und eine bila- teral-symmetrische Grundform annimmt (Fig. 89). Von solchen eudipleuren Difflugien ist dann nur noch ein Schritt zur Difflugia spiralis (Fig. 90) mit bereits deutlich, wenn auch noch nicht stark entwickeltem, spiralem Schalenbau. Diese Difflugia spiralis und die Pleurophrys Helix Enrz sind die einzigen spiralig gebauten SiiSwasserrhizopoden, deren Spirale jedoch nie*/, Umgang iiber- schreitet. Es sind die ersten Anfainge des spiraligen Schalen- wachstums, welche als wichtige Ubergangsformen uns den Weg zeigen von den eudipleuren Schalen zu den typisch spiral gewun- denen der marinen Thalamophoren mit oft auferordentlich grofer Zahl der Windungen, wie sie bekanntermafen sowohl bei mono- thalamen und polythalamen, als auch bei perforaten, imperforaten und agglutinierenden Thalamophoren in gréSter Verbreitung vor- kommen. Jedoch auch die marinen spiralen Thalamophoren legen ihre Schale in einer Form an, welche der der Difflugia spiralis vollkommen entspricht und als dem biogenetischen Grundgesetz folgende Wiederholung einer derartigen Stammform zu betrachten ist. Es ist dies die kugelige Embryonalkammer, von der aus sich dann wahrend des Weiterwachstums der Schale die spiraligen Schalenumgainge resp. Kammerreihen anlegen. Auch BiTscHLtr vertritt diese Auffassung, indem er sagt (loc. cit. pag. 45): ,,Ihre innigen Beziehungen und ihre urspriingliche Herleitung von mono- thalamen Formen verraten jedoch die polythalamen, spiralig auf- gerollten Schalenbildungen auch noch dadurch, da sie ihr Wachs- tum stets mit einer kugeligen oder eif6rmigen Anfangskammer be- ginnen, die monaxon gebildet ist und durch diesen Bau verrath, dafi auch diese Formen sich urspriinglich von gestreckten, mona- xonen Gestalten herleiten, die erst spaterhin zu einem spiralen Wachstum iibergingen.“ Wir haben im vorstehenden die Formwandlungen, welche die Rhi- zopodenschale auf Anlaf der Pylombildung direkt oder indirekt er- fahrt, kennen gelernt und es bleibt uns jetzt noch die Betrachtung einer anderen Reihe von Erscheinungen tibrig. Nicht nur die Form der Schale, sondern auch die Art und Weise ihres Wachstums wird von der Pylombildung, wenn auch nicht ausschlieBlich, so doch in hohem Grade bestimmt. Nach dem Vorhandensein oder Fehlen eines Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten tiberhaupt. 179 wihrend des gréliten Teiles des individuellen Lebens andauernden Weiterwachsens kann man die Rhizopodenschalen zunachst in 2 groke Gruppen trennen. Wahrend die Entwicklung des Skelettes der einen Gruppe mit der Bildung einer einfachen Schale seinen Abschlu8 erreicht, wichst dasjenige der tibrigen Rhizopoden weiter, indem es an die erste einfache Schale entweder konzentrisch neue Schalen oder Schalenteile, oder terminal nach einer Rich- tung hin successive eine Reihe von neuen Kammern ansetzt *). I. Die Rhizopodenschalen ohne sekundares Wachs- tum kann man wieder in 2 Unterabteiluugen scheiden, erstens in solche, von denen die Pseudopodien allerseits gleich- maifig ausstrahlen und die infolgedessen meist auch gleich- mafig perforiert sind und solche, bei denen alle oder der Hauptteil der radialen Protoplasmastréme aus einer (oder 2 polstindigen) Hauptéffnung, dem Pylom, austritt. 1) Nach neueren Untersuchungen von M. Verworn (Biologische Protisten-Studien, Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. XLVI, pag. 455—470 u. Tafel XXXII) wird dieser Unterschied auch vom physiologischen Standpunkte aus gemacht. Der Verf. machte die Beobachtung, daf kiinstliche Verletzungen der Schale eines einkammerigen Rhizo- poden, der Difflugia urceolata Carter von seiten des Weichkorpers, dessen Lebensfunktionen itibrigens durch derartige Eingriffe nicht ge- stort zu werden scheinen, keine Ausbesserung erfahren, mag nun ein kleiner Teil der Schale herausgenommen oder die ganze Schale ab- priparirt sein. Anders verhiilt sich dies bei mehrkammerigen Rhizopoden, welche, wie Polystomella crispa und, nach Beobachtungen Carpenter's, Orbitolites tenuissima und O. complanata, jede Verletzung der Schale noch nachtraglich ausbessern und selbst Teilstiicke eines Individuums, sofern dieselben nur einen Kern enthalten, aus- bessern, ja sogar zuweilen zu Formen mit ganzen Schalen regenerieren. Dies entgegengesetzte Verhalten der einkammerigen und mehrkamme- rigen Rhizopoden erklirt der Verf. durch die Annahme, da mit der Beendigung des Schalenwachstums auch die Fihigkeit des Weich- kérpers, Schalenmaterial zu sezernieren, iiberhaupt aufhért. Bei der Difflugia, welche ihr Gehiiuse gleich nach der Teilung in seiner de- finitiven Form bildet, ohne es spiiter durch Wachstum noch zu ver- eroBern, ist daher auch eine nachtriigliche Ausbesserung des Gehiuses, welches auf Anlagerung neuen Materials beruhen wiirde, ausgeschlossen, wihrend dies bei den polythalamen Rhizopoden, deren Schalen sich eines andauernden sekundiren Wachstums erfreuen, so lange méglich ist, wie das letztere fortdauert. Es ist jedoch wiinschenswert, dal, wie der Verf. auch selbst hervyorhebt, die Allgemeingiiltigkeit dieses Gesetzes fiir alle Rhizopoden durch eine grofere Anzahl von Versuchen, besonders auch bei Radiolarien, noch nachgewiesen wird, 12* 180 Friedrich Dreyer, Ia. In die erste Kategorie gehéren einige Thalamophoren, wie Microcometes, Orbulina, Orbulinella (Fig. 95), Psammosphaera, Sorosphaera, Stortosphaera (bei den letzteren, agglutinierenden Formen, brechen die Pseudopodien meist direkt zwischen den Schalenpartikeln hindurch, ohne einer besonderen Perforation zu bediirfen) und neben Clathrulina eine groBe Zabl von Radiolarien: die einschaligen Sphaeroidea, die Cenodiscida, Ellipsida, Cenolar- cida; die Akanthophrakten (exkl. die Phractopeltida) und die Oro- sphaerida, Sagosphaerida und Aulosphaerida. Ib. Zu der zweiten Gruppe der einschaligen Rhizopoden- schalen, namlich den pylomatischen Formen, gehéren zu- nachst die mouothalamen Thalamophoren (die wenigen in der ersten Kategorie genannten Gattungen abgerechnet)!) und von Ra- diolarien die einschaligen Sphaeropylidenspezies, die Spyroidea, einige Monocyrtida und die Castanellida, Circoporida, Tuscarorida, Challengerida und Medusettida. Il. Die Rhizopodenschalen mit sekundarem, langer oder kiirzer anhaltendem Wachstum sind phylogenetisch aus I her- vorgegangen zu denken, und zwar kann man auch sie in 2 Gruppen sondern, welche durch zwei prinzipiell voneinander verschiedene Wachstumstypen charakterisiert sind. Diese Wachstumstypen ent- sprechen auch in morphologischer Beziehung den beiden Formtypen von I und sind im allgemeinen als direkte, durch Wachstum bedingte Fortsetzung derselben zu betrachten. Ila. Konzentrischer Wachstumstypus. Derselbe ist als Fortentwickelung von Ia anzusehen und fast ausnahmslos aus diesem Formtypus hervorgegangen zu denken. Wahrend das kon- zentrische Wachstum bei Thalamophoren nicht vorkommt, findet es sich um so haufiger bei Radiolarien. Vollkommen beherrscht es die schalentragenden Spumellarien, welche séimtlich, die unter Ia genannten einschaligen abgerechnet, nach diesem Wachstumstypus ihre Schale vergréfern, auerdem findet es sich bei den Phracto- peltida. Dieses Wachstum geht entweder allseitig gleichmafig vor sich, indem die erste, meist homaxone Gitterkugel successive von immer gréfer werdenden konzentrischen Gitterschalen nach aufen umschlossen wird, welche durch Radialstabe untereinander in Verbindung stehen (die Sphaeroideen, viele Prunoideen, die 1) Cornuspira, Spirillina und dhnliche Formen zeigen wie be- kannt trotz ihrer Kinkammerigkeit ein lange andauerndes sekundires Wachstum der Schale. Auch sie sind daher hier abzurechnen und dem terminalen Wachstumstypus (IIb) zuzuweisen., Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten tiberhaupt. 181 Phacodisciden und die Phractopeltiden), oder es kommen nur Teile der Gitterkugeln zur Ausbildung: gegitterte Ringe, wenn das Wachs- tum nur in einer Ebene stattfindet (Discoidea) und beiden Schalen- polen aufsitzende kuppelf6rmige Kugelsegmente bei Beschrinkung des Wachstums auf die Richtung einer Achse (viele Prunoidea), Darin stimmen jedoch alle diese Befunde tiberein, daf sie durch ein inmehrals einer Richtung stattgehabtes Wachstum ent- standen und in letzter Linie auf ein System von konzentri- schen, gleichmifig perforierten Kugeln zuriickzufihren sind. IIb. Beim terminalen Wachstumstypus_ umbhiillen sich im Gegensatz hierzu die verschiedenen Schalen nicht gegen- seitig, sondern das Wachstum der betreffenden Formen, an pylo- matische monothalame Schalen (Ib) ankniipfend, findet nur in einer Richtung statt. Es kommt dies daher, daf durch die einseitige Stromrichtung der Sarkode auch deren Bildungsrichtung bestimmt ist, in der sich eine Reihe von Schalen bildet, welche durch Anbau neuer Kammern an ihrem Ende weiterwachst. Jedes Glied einer solchen Kette, welche gestreckt, gebogen oder in mancherlei Weise aufgerollt sein kann, entspricht daher einer kon- zentrischen Anwachskugel des vorigen Wachstumstypus. Hierher gehéren alle polythalamen Thalamophoren, die Botryodeen und die mehrgliedrigen Cyrtoideen. Da wir die unter Ia und b charakterisierten Formtypen als Vorstufe und Ausgangspunkt der eben besprochenen Wachstums- typen kennen gelernt haben, drangt sich uns nunmehr die Frage auf, welcher von diesen beiden Formtypen nun wieder der ur- spriinglichste ist. Die anatomischen Befunde lehren uns jedoch, daf eine eindeutige allgemeingiiltige Antwort, wie sie diese Frage verlangen wiirde, iberhaupt nicht zu geben ist, son- dern im Gegenteil mit dem Thatsachenbestand in Widerspruch stehen wiirde. Nach dem Beobachtungsmaterial , welches bei dem heu- tigen Stande unserer Kenntnisse cine diesbeztigliche annahernd sichere Beurteilung iiberhaupt zulaBt, ist jeder der beiden Form- typen in einer Anzahl von Fallen der urspringliche, wahrend andererseits ein Formtypus erst sekundar aus dem anderen hervorgehen kann. Untersuchen wir zunachst den Formtypus Ib der einschaligen pylomatischen Rhizopodenskelette in seinen verschiedenen Er- scheinungsweisen auf seine urspriingliche oder sekundire Natur, so bleibt uns hier nur noch iibrig, auf die Thalamophoren ecinzu- gehen, da wir diese Frage in bezug auf die Radiolarienskelette schon im vorigen Abschnitt, bei der Unterscheidung zwischen pri- 182 Friedrich Dreyer, maren und sekundaren Pylomen, ausfiihrlich erértert haben. Bei weitem die Mehrzahl der Thalamophorenschalen ist typisch pylo- matisch gebaut und wie oben erwihnt wurde, lassen sich auch die kompliziertesten Schalenbildungen auf eine mit Pylom ver- sehene einkammerige und monaxone Schale zuriickfiihren, nur die wenigen unter la genannten Gattungen machen eine Ausnahme, indem aus ihrer kugeligen Schale die Pseudopodien gleichmafig ausstrahlen. Es giebt nur 2 Méglichkeiten, entweder nimmt man an, dafi sich die monaxonen Schalen erst aus letzteren entwickelt haben, daf also das Thalamophorenpylom in letzter Linie sekundar ist, oder man erkennt den wenigen homoxonen Schalen keinen ge- netischen Zusammenhang mit den monaxonen zu und erklart das Pylom der letzteren fiir primar. Fiir die Berechtigung beider Auffassungen lassen sich Griinde anfiihren. Die erstere Annahme wird dadurch gestiitzt, dafi einige der oben angefiihrten homaxonen monothalamen Rhizopoden zur monaxonen pylomatischen Ausbildung hinneigen. Die hier in Betracht kommenden Gattungen sind Microcometes, Orbulina und die aggluti- nierende Thurammina. Birscuur (loc. cit. pag. 35 u. 36) sagt iiber das Verhalten derselben: ,,Die Gattung Microcometes besitzt eine kugelige, chitindse Schale von sehr unbedeutender Grose, die von 1—5 kreisférmigen, ziemlich engen Porenéffnungen zum Durch- tritt der Pseudopodien durchbrochen wird. Die Variabilitat in der Zahl der Porenéffnungen bei dieser, wohl unzweifelhaft als ho- maxon zu bezeichnenden Form verrat innige Beziehungen zu den monaxon gebauten Schalen, und wenn es nicht ein zu unsicheres Unternehmen ware, einen natiirlichen Stammbaum der Rhizopoden entwerfen zu wollen, so dirfte eine solche Gestalt wohl als Aus- gangspunkt der beschalten Rhizopoden iiberhaupt aufgestellt werden.“ — ,Obgleich nun hier (bei Orbulina) eine rein homaxone Form vorzuliegen scheint, so bietet dieselbe doch ebenfalls wieder innige Beziehungen zur monaxonen Gestaltung dar, indem sich nicht selten eine einfache weitere Schalenéffnung finden soll, die durch besondere Erweiterung eines der Porenkandle entstanden gedacht werden darf und wodurch dann der erste Schritt zur monaxonen Gestaltung geschehen ist.“ — ,,.... wogegen Thurammina sich noch am nachsten an Orbulina anschlieft, indem die gewéhnlich spharische Schale eine gréfere Zahl auf vorspringenden Tuberkeln gelegener Porenéffnungen zeigt, denen sich jedoch sehr gewohnlich noch eine von einem kurzen rohrenformigen Hals getragene Haupt- éffnung zugesellt, so daf also auch bei dieser sandschaligen Form Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 183 die gleiche Hinneigung zur Monaxonie auftritt, die wir schon bei Orbulina bemerkten.“ — e Halt man dagegen das Pylom der Thalamophoren fiir primir, so kénnte man sich die erste Anlage der Schale derselben etwa so denken, daf die dorsale Seite einer auf einem Substrat hinkriechenden Amébe eine Schutzhiille ausscheidet. Dieselbe wiirde eine mo- naxone Schale mit weiter basaler Offnung darstellen, etwa wie das auf Figur 96 dargestellte Cochliopodium. Durch Verengerung des Pyloms und Verlingerung der Hauptachse konnten dann hier- aus Formen, wie z. B. Gromia oder Lagena, hervorgehen. Bei den Radiolarien lief’ sich die Frage nach der primaren oder sekundéren Natur der pylomatischen Ausbildung der Schalen in den meisten Fallen mit annihernder Sicherheit beantworten wegen der gréferen Zahl der zur Verfiigung stehenden morpholo- gischen Charakteristika der einzelnen Formen, anders ist dies je- doch bei den Thalamophoren, deren Schalen nur einen so geringen Grad der Differenzierung aufweisen, dafi der feste Anhalt zu ihrer Vergleichung, wenigstens bei den hier nur in Betracht kommenden monothalamen Formen, nur sehr gering ist. Es ist daher eine sichere Antwort auf die vorliegende Frage heutzutage nicht zu geben, jedoch scheint mir so viel héchst wahrscheinlich, daf die monothalamen pylomatischen Formen polyphyletischen Ursprungs sind und zum Teil ein primares Pylom besitzen, zum Teil jedoch aus homaxonen Formen mit allseitig gleicher Perforierung, ahnlich den noch heute lebenden unter la genannten, erst sekundar entstanden sind. Wahrend, wie wir im vorhergehenden, besonders bei Radio- larien, gesehen haben, der pylomatische Formtypus haufig aus dem Formtypus [a erst sekundar hervorgeht, ist das Umgekehrte sel- tener der Fall. Dies ist auch ziemlich erklarlich, denn la gegen- iiber ist Ib schon ein differenzierterer Zustand und der Regel nach bilden sich indifferentere Formen zu differenzierteren um, weniger haufig umgekehrt. Wir haben demnach in den meisten eleichmafig perforierten, kugeligen Schalen ein urspriingliches Verhalten zu erblicken, zuweilen kommt es aber. auch vor, daf sich dieser Formtypus erst sekundér aus dem monaxon-pyloma- tischen, jedenfalls infolge der Riickbildung der das Pylom bedin- genden axialen Haupt-Sarkodestrémung, ableitet, wie dies haupt- sichlich bei vielen Spyroidea der Fall ist, auferdem machen es mir einige Beobachtungen wahrscheinlich, dafi das Pylom mancher Sphaeropyliden wieder schwinden kann, so daf nur eine prunoide Form der Schale als Zeichen einer friheren pylomatischen Aus- bildung zuriickbleibt, 184 Friedrich Dreyer, Die beiden Wachstumstypen sind aus den beiden Formtypen hervorgegangen und zwar, wie schon gesagt, der konzentrische Wachstumstypus Ila aus dem Formtypus Ia und der terminale Wachstumstypus IJ b aus dem monaxon pylomatischen Formtypus Ib. Diese Regel erleidet nur eine Ausnahme in dem Bau der Schale der Phaeodarienfamilie der Cannosphaeriden. Das Skelett der Cannosphaeriden besteht aus einer kleinen, monaxon-pyloma- tischen Zentralschale und einer groffen, weitmaschigen, vollkommen homaxonen, kugelrunden, peripheren Gitterkugel, welche durch lange Radialstaibe mit ersterer in Verbindung steht. Es hat sich hier also eine pylomatische Schale unter Aufgabe der monaxonen Bauart durch konzentrisches Wachstum vergréfert, was sich, wie schon im yvorigen Abschnitt bemerkt wurde, wahrscheinlich dadurch erklart, da der durch das Pylom gehende radiale Sarkodestrom nicht stark genug ist, auf das Weiterwachstum des Skelettes und die Bildung der weit abstehenden peripheren Schale einen nach- haltigen Einflu8 auszuiiben. Niemals kommt es jedoch vor, dak ein Wachs- tumstypus in den anderen tibergeht, resp. mit ihm zu- gleich bei derselben Form auftritt, Skelette, welche ein- mal dem konzentrischen Wachstum folgen, gehen nie nachtraglich noch zu dem terminalen Wachs- tumstypus tiber, und umgekehrt. Dies ist recht deutlich aus dem Beispiel der pylomatischen Spumellarien ersichtlich. Als Spumellarien wachsen ihre Schalen konzentrisch und obgleich sich bei ihnen sekundér ein oft sehr ausgeprigtes Pylom anlegt, welches in vielen Fallen die Form des Skelettes in der Richtung einer Hauptachse verindert, vermag dasselbe trotzdem nicht das Wachstum der Schale in ein terminales umzuwandeln, im Gegen- teil wichst dieselbe nach wie vor konzentrisch durch Anlagerung neuer peripherer Schalen resp. Ringe. Wahrend in der Regel der Wachstumstypus einer Rhizopoden- schale scharf ausgepragt erscheint, ist er in einigen Ausnahme- fallen verwischt und undeutlich geworden. So wird das konzen- trische Wachstum vieler Spumellarien unkenntlich gemacht durch die spongidse Degeneration des Skelettes, durch welche das regel- makige System von Radialbalken und konzentrischen Gitterkugeln oder Ringen in ein regelloses schwammiges Geflecht von Kiesel- balken verwandelt wird. — Das urspriinglich terminale Wachs- tum vieler sogenannter Monocyrtiden wir dadurch verwischt, daf die transversale Einschniirung zwischen Cephalis und thorakalem Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 185 Glied schwindet und die erstere in das letztere meist vollstiindig einbezogen wird, so daf die urspriinglich zweigliedrige Schale nun eingliedrig erscheint und sich oft zum Verwechseln vielen Sphae- ropyliden nihert (Fig. 77, 101, 102), auSierdem kann durch den Ver- schluf des Pyloms das Skelett sogar einen prunoiden Habitus annehmen (Fig. 83,84). Diese bei derartigen Formen stattfindende Konvergenz zwischen Nassellarien und Spumellarien ist oft so grof, dai sie der systematischen Unterscheidung uniiberwindliche Hindernisse in den Weg legt, trotzdem haben wir aber meist auch bei diesen zweifelhaften Formen noch Anhaltspunkte zur Erkennung eines ehemaligen terminalen Wachstums in dem Bau der Schale, worautf wir im VI. Abschnitt noch zuriickzukommen haben werden. Werfen wir zum Schlusse noch einen Blick auf den Kausal- zusammenhang der in diesem Abschnitt besprochenen, mit der Pylombildung in engerem oder weiterem Konnex stehenden Er- scheinungen, so mag wohl dieser Versuch von einigen fiir ver- friiht gehalten werden. So problematisch, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag, ist aber die Atiologie dieser Verhiiltnisse doch nicht. Vieles ist natiirlich noch unsicher und manche Liicken sind noch durch ausgedehnte Beobachtungsresultate auszufiillen, trotzdem ist es aber auch heute schon méglich, durch kritische Vergleichung der vorhandenen Daten interessante allgemeine Er- gebnisse zu erhalten. Als Ausgangspunkt aller zusammenhingen- den Rhizopodenschalen (im Gegensatz zu den ohne Zusammenhang in dem Weichkérper verteilten Spikulumbildungen) sind natur- gemif die einschaligen (vulgo emkammerigen) zu betrachten. Die- selben zerfallen, wie wir sahen, in 2 Formtypen, den gleichmafig perforierten (Ia) und den pylomatisch-monaxonen (Ib); es wiirde sich also zuniichst fragen, welche Ursachen der Ausbildung dieser | beiden Schalenformen zu Grunde liegen. Diese Ursachen liegen nun héchst wahrscheinlich in den Lebensverhaltnissen der be- treffenden Formen, speziell in ihrem statischen resp. lokomotorischen Verhalten. Rhizopoden mit gleichmifig perforierter Schale und gleichmafig nach allen Seiten ausstrahlenden Pseudopodien werden sich auch ihrer Lage im Raume gegentiber indifferent verhalten, es giebt fiir sie kein oben und unten und jedenfalls leben sie im Wasser schwebend und durch Rotation ihre Lage beliebig wech- selnd. Anders verhalt es sich mit den Rhizopoden des pyloma- tischen Formtypus, welche eine orale-aborale Hauptachse besitzen. Die Ausbildung dieser Hauptachse mit dem Pylom an einem Pole ist jedenfalls zuriickzufiihren auf die Gewohnheit (sit venia verbo) 186 Friedrich Dreyer, der betrefienden Protisten, eine einachsig bestimmte Orientierung im Raume anzunehmen und zwar mit senkrecht stehender Haupt- achse, im Prinzip gleichgiiltig ist hierbei, ob der Organismus frei im Wasser schwebt oder auf einem festen Substrat kriecht ; fiir die Mehrzahl der Protisten, besonders Radiolarien, ist dies noch nicht aufgeklart, wahrscheinlich ist die Lebensweise bei verschie- denen Formen verschieden, dasselbe gilt wahrscheinlich von der Frage, ob bei frei schwimmender Lebensweise das Pylom nach oben oder unten gekehrt ist, jedoch auch dies ist fiir die Aus- bildung der allgemeinen Grundform jedenfalls sehr unwesentlich, wenn nicht gleichgiiltig. Die Ausbildung einer bestimmt orien- tierten Achse hat zunichst eine entsprechende Anordnung der Sarkode zur Folge, welche nun nicht mehr allseitig gleichmahig ausstrahlt, sondern unter Vernachlassigung der iibrigen Teile des Weichkorpers sich an dem einen Pole zu einem Hauptstrom ver- einigt, welcher die Richtung der Hauptachse teilt. Nachstdem ist die Sarkodestrémung am gegeniiberliegenden Pole am_ starksten, oft sogar der anderen gleich. Durch diese einachsige Verteilung der Sarkode erklaren sich alle morphologischen Eigentiimlichkeiten der Schalen dieses Formtypus: die monaxone Grundform, die Py- lombildung, die oralen und aboralen Radialanhinge etc. Die eu- dipleure Grundform vieler pylomatischer Rhizopoden ist ebenfalls auf statische Momente zuriickzufiihren und zwar auf die Bewegung in einer bestimmten horizontalen Richtung, wobei es auch im all- gemeinen gleichgiiltig ist, ob dies ein freies Schwimmen oder ein Kriechen auf einer festen Unterlage ist. Gehen wir nun zur Betrachtung der Wachstumstypen und des allgemeinen Habitus der Rhizopodenskelette iiber, so fallt uns so- fort der in vieler Beziehung auffallende Unterschied zwischen Thalamophorenschalen und Radiolarienskeletten in die Augen. Der Hauptgrund dieser mancherlei Differenzen liegt jedenfalls in der Ver- schiedenheit des Baumaterials!) der Thalamophorenschalen einerseits und der Radiolarienskelette andererseits. Die Thalamophorenschalen bestehen teils aus Chitin, zum gréften Teil aus kohlensaurem Kalk, zum Teil sind sie aus Fremdkorpern agglutiniert. Alle drei Mate- 1) Es ist dies um so bemerkenswerter, als die mit dem Pylom in Korrelation stehenden, den pylomatischen Formtypus charakteri- sierenden Erscheinungen (Lingsstreckung der Schale, orale-aborale Differenzierungen, Differenzierung der Kreuzachsen der Schale etc.), wie wir sahen, unabhingig von der Differenz des Materials bei allen Protistenschalen in gleicher Weise auftreten. Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 187 rialien gehen jedoch bei nachst verwandten Formen unmerklich in- einander iiber und haben das Gemeinsame, daf ihre Haltbarkeit eine viel geringere ist, wie die der Kieselsiure, aus der die Ra- diolarienskelette bestehen. Die Folgen hiervon machen sich schon im gesamten Habitus der Thalamophoren und Radiolarien geltend. Die Schalen der ersteren sind massig und plump im Gegensatz zu den elegant und luftig gebauten Radiolarienskeletten. Die aus relativ weichem Material bestehenden Thalamophorenschalen miissen eben dick und kompakt gebaut sein, um den nétigen Grad yon Haltbarkeit zu besitzen, wihrend die aus festen Kieselbalken kon- struierten Skelette der Radiolarien viel leichter gebaut sein kénnen, ohne den nétigen Grad von Resistenz zu verlieren. Auch ist bei den elegant ausgefiihrten Radiolarienskeletten eine viel groéfere Formendifferenzierung méglich wie bei den vergleichsweise plumpen Thalamophoren. Es ist etwa derselbe Unterschied wie zwischen Holz und Eisen, denn ein aus Eisenstaében errichtetes Gebaude oder sonstige Konstruktion gestattet eine viel leichtere, luftigere Bauart und viel mehr Kombinationen in der Zusammenfiigung der einzelnen Stibe zu verschiedenartigen Formen, wie ein hélzernes oder steinernes, welches dieselbe Festigkeit haben soll. Aus dieser Verschiedenheit des Materials erklart sich auch das vollkommene Fehlen des konzentrischen Wachstumstypus bei Thalamophoren bei ausschlieflich terminalem Wachstum, wahrend der konzentrische Wachstumstypus bei den Radiolarien neben dem terminalen in grékter Vollendung und Verbreitung vorkommt. Die Schalen eines konzentrischen Skelettsystems miissen allseitig durchbrochen und méglichst leicht gebaut sein, um einen ungehinderten Verkehr der Sarkode zwischen den einzelnen Schalenintervallen zn erméglichen, auferdem miissen die das Ganze zusammenhaltenden Radialstabe bei nicht allzu grofer Dicke die noétige Festigkeit besitzen, kurz alles Anforderungen, welchen ein aus Kalk, Sand oder Chitin be- stehendes Skelett nicht oder doch in nur héchst unvollkommener Weise nachkommen kénnte. Eine merkwiirdige Ausnahme macht die auf Fig. 94 dargestellte Thurammina papillata Brapy, deren agglu- tinierte Schale sich aus 2 konzentrischen, durch einige Radialbalken verbundenen Kugeln zusammensetzt. Es ist dieses ein Anlauf einer Thalamophore zu konzentrischem Wachstum, aber anch nicht mehr, wie aus der unyollkommenen Ausfiihrung und dem ganz vereinzelten Vorkommen zur Geniige hervorgeht. Jedoch auch der terminale Wachstumstypus an sich hat einen grofen Nachteil, nimlich den, daf eine durch ihn entstandene lang 188 Friedrich Dreyer, gestreckte Reihe von Kammern sowohl fiir die Lokomotion sehr hinderlich als auch sehr zerbrechlich ist, wogegen die konzentrisch gewachsenen Radiolarienskelette einheitliche, nach aufen abge- rundete Systeme bilden, welche von aufen kommenden Eingriffen mechanischer Art bei einer moéglichst geringen Anzahl von An- griftspunkten die gréftméglichste Festigkeit entgegensetzen. Diese Vorteile der konzentrisch gewachsenen Skelette vereinigen die Thalamophoren mit dem terminalen Wachstum dadurch, daf sie ihre oft sehr langen Kammerreihen zu einer Spirale einrollen, wo- durch trotz des terminalen Wachstums ein einheitliches, festge- fiigtes Gehiuse zustande kommt. Noch gesteigert wird diese Ab- rundung der Schalen nach auSen dadurch, daf die jiingeren Kammern die alteren umwachsen'), wie es besonders bei den Milioliden in grofer Verbreitung vorkommt, in welcher Familie sich eine successive Steigerung dieses gegenseitigen Umfassens der Kammern bei Quinqueloculina und Triloculina konstatieren la8t, bis dieser Prozef bei Biloculina und Uniloculina den héchsten Grad der Ausbildung erreicht. Bei Uniloculina soll nur die jiingste Kammer nach aufen frei zu Tage liegen, wahrend alle ibrigen Kammern im Innern derselben von ihr eingeschlossen liegen. Es ist hier also auf einem ganz anderen Wege derselbe mechanische Vorteil erreicht, welcher dem System der einander umschliefenden konzentrischen Kugelschalen der Radiolarien eigen ist. Auch das sogenannte cyklische Wachstum von Orbiculina, Orbitolites, Hete- rostegina, Cycloclypeus und Orbitoides ist nichts anderes als ein Umgreifungsprozei. Nur geschieht hier die Umgreifung und das Wachstum der Kammern in einer Ebene, so daf die betreffenden Formen mehr den konzentrischen Ringsystemen der Discoideen entsprechen, die eben genannten Milioliden, Biloculina und Uni- 1) In derselben Weise, wie sich bei vielen Radiolarien (Discoi- deen und Larcoideen) secundir ein spiraler Schalenbau ausgebildet hat (vergl. d. Anmerk. auf 8. 177), ist bei den genannten Thalamophoren durch den Prozess der Umgreifung umgekehrt ein konzentrischer Bau der Schale entstanden. Fs sind dies jedoch nur scheinbare Ausnahmen, welche sekundiren Umbildungsprozessen von nur oberflichlicher Natur ihre Entstehung verdanken. Bei tiefergehender vergleichender Unter- suchung der betreffenden Formen stellt es sich unzweifelhaft heraus, daB gleichwohl die spiralen Radiolarien dem konzentrischen Wachs- tumstypus angehéren wie andererseits die durch Umgreifung konzen- trisch gewordenen Thalamophoren dem terminalen. Beide Fille sind jedoch interessante Seitenstiicke welche uns die auf Analogiebilduug beruhende unter Umstiinden hochgradige Konvergenz deutlich vor Augen fihren. Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten tiberhaupt. 189 loculina dagegen den konzentrischen Kugelsyste men der Sphae- roideen'). Von héchstem Interesse ist endlich noch der Umstand, daf ,in gleicher Weise, wie fiir die ahnlich spiral aufgerollten Schalen der Cephalopoden und Gastropoden eine mathematisch gesetzmafige Bildung der Spiralitét hauptsichlich durch NAuMANN nachgewiesen wurde, in neuerer Zeit das Gleiche auch fiir die entsprechenden Rhizopodenschalen durch v. MOLLER (,,Die spiral- gewundenen Foraminiferen des russischen Kohlenkalks.“‘ Mén). Acad. imp. St. Petersbourg. 7 s. T. XXV. 1878) bestatigt werden konnte. Es hat sich ergeben, da eine sehr auffallende Uberein- stimmung der spiral gewundenen Rhizopoden- und Cephalopoden- schalen existiert’S (BUrscutt, loc. cit. pag. 41). Es geht hieraus hervor, daf diese Ubereinstimmung auf Analogie beruht und dem Umstande ihren Ursprung verdankt, daf sowohl die Schalen der Gastropoden und Cephalopoden als auch die der Thalamophoren nach den gleichen Prinzipien der Statik nnd Mecha- nik gebaut sind, so dal ihnen unter Beriicksichtigung aller Neben- umstinde das gréS’tmégliche Ma& von Festigkeit zu- kommt. Wir haben hier ein interessantes Seitenstiick zu der schon langer bekannten ebenfalls, streng noch mechanischen Zweckmibig- keitsprinzipien gebildeten Struktur der Knochenspongiosa vor uns. Dazu will ich noch schlieSlich bemerken, da die Verlaufsrichtung und Verteilung der das Radiolarienskelett zusammensetzenden Kiesel- balken jedenfalls auch zu einem grofen Teil nach statischen resp. mechanischen Zweckmabigkeitsprinzipien bestimmt und durch solche erklarbar ist. Aus einer Reihe von Beobachtungen scheint mir 1) Da’ die mehrgliedrigen terminal wachsenden Cyrtoideen nicht spiral aufgerollt sind, sondern eine gestreckte Gestalt besitzen, erkliirt sich jedenfalls erstens daraus, dai die Gliederzahl derselben im Durch- schnitt viel geringer ist, wie die Zahl der Kammern der meisten Thalamophoren und dai zweitens die relativ grove Festigkeit der Kieselsiure dem kohlensauren Kalk gegeniiber eine solche Befestigung des Skelettes einfach iiberfliissig macht. Auferdem sind auch manche Thalamophoren- und Molluskenschalen gestreckt oder erst nachtriiglich aus dem eingerollten in den gestreckten Zustand iibergegangen. Es mogen hier jedenfalls noch allerlei Nebenumstiinde als causae efficientes dieser anscheinend abweichenden Befunde in Betracht kommen, die sich bis jetzt der Beobachtung noch entzogen haben, das ist jedoch natiirlich kein Grund, die, wie aus obigem wohl hervorgeht, wohl be- grindete Annahme zu bezweifeln, dai die bei weitem vorherrschende spiralige Aufrollung in ganz bestimmter Art und Weise bei Mollusken und Thalamophoren statische und mechanische Zweckmabigkeitsprin- zipien als hauptsiichlichste Ursache hat. 190 Friedrich Dreyer, dies schon jetzt deutlich hervorzugehen und werde ich wahrschein- lich spiter auf dieses interessante Problem noch ausfiihrlicher in diesen ,,Studien“ zuriickkommen. V. Abschnitt. Uber die Konstanz des Pyloms bei derselben Spezies und seine ontogenetische Entwicklung bei Radiolarien. Eine abgerundete erschépfende Behandlung der Frage nach der individuellen Entwicklung des Pyloms und der Konstanz seines Auftretens bei derselben Radiolarienspezies soll und kann hier nicht gegeben werden, denn die Losung dieser Probleme liegt noch im weiten Felde und bedarf noch ausgedehnter Forschungen. Ich werde mich damit begniigen, in diesem Kapitel nur einige Beob- achtungsresultate anzufiihren, welche einiges Licht auf die eben genannten Fragen werfen. Zunachst interessiert uns hier die im 2. Abschnitt beschriebene und auf Figur 100 abgebildete Spongopyle osculosa nov. spec. Dieselbe fand ich ziemlich hiufig in den Bodenproben der tiber- haupt in vieler Beziehung merkwiirdigen Beobachtungsstation Nr. 157 des Challenger. Neben der ausgewachsenen Form kommen nun in ungefahr derselben Haufigkeit auch noch unfertige Jugendstadien vor (Fig. 99). Dieselben sind noch nicht ganz so grob, wie die Scheibe der ausgewachsenen Art und an der Ober- flaiche sind noch die freien Endigungen der Balken des spongidsen Geflechts sichtbar, welche noch im Weiterwachsen begriffen sind, so da sich noch kein zusammenhingender auferer Abschluf gebildet hat. Auf diesem Stadium ist das Pylom durch noch nichts anderes angedeu- tet, als durch eine Gruppe radial verlaufender Balken, welche etwas, ca. 0,025 mm, iiber die seitlich davon gelegenen Partieen des Rand- gewebes emporragen und sich nach innen, wenn auch meist un- deutlich, noch eine Strecke weit (héchstens die Halfte des Radius der Scheibe) als Radialbalken fortsetzen; diese sich von dem spon- gidsen Gewebe der Scheibe mehr oder weniger scharf abhebenden Radialbalken sind gleichsam anzusehen als der versteinerte Aus- druck der wihrend des Lebens vorhandenen verstirkten radialen Sarkodestrémung des Pyloms. Die Umwandluug dieser Jugendform in die ausgebildete Spongopyle osculosa beruht nun darauf, dali nach Beendigung des Wachstums der Kieselbalkchen die spon- giése Scheibe einen ‘uferen mehr glatten Abschluf erhalt. Be- sonders deutlich ist dies an dem Rande der Schale sichtbar, Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 191 welcher nunmehr einen scharfen Abschluf’ erhalt, indem er von einem kontinuierlichen dickeren Ringbalken gebildet wird; der Letztere zeigt nur eine Unterbrechung an der Stelle des Pyloms, dessen Radialbalkengruppe als eine Art Randbestachelung aus dem gegen den einheitlichen 4uferen Schalenmantel etwas zuriicktretenden Schwammegewebe des Schaleninneren hervortritt. Bemerkenswerth ist bei diesem Entwicklungsgang der schlieflich erfolgende aufere glatte Abschluf8 der spongiésen Scheibe. Dieser Befund ist jedenfalls so zu erklaren, dafi die Sarkode vorzugsweise, vielleicht auch ausschliess- lich ihren Weg durch das Pylom nimmt, so da sich ohne den ‘Verkehr des Weichkérpers mit der Aufenwelt zu stéren, an den tbrigen Stellen der Scheibe ein dichterer Abschluf bilden kann, welcher seinerseits durch Festigung der Schale und Schutz nach auben niitzlich ist. Bei Spongopyle osculosa ist dieser glatte Ab- schlufi nach aufen tibrigens noch nicht so stark ausgepragt, einen hohen Grad der Ausbildung erreicht er aber z. B. bei Spongopyle circularis, ovata, elliptica und variabilis (Fig. 64— 67), bei welchen Formen das innerliche spongiédse Geflecht durch eine dicke einheitliche Siebplatte nach aufen abgeschlossen erscheint. Nachdem wir jedoch dies Verhalten als eine sekundare, mit der Pylombildung in Korrelation stehende Erscheinung erkannt haben, welche an der spongidsen Natur der betreffenden Formen im Prinzip nichts andert, wird auch die im 2. Abschnitt vollzogene Einreihung dieser Arten in die Famile der Spongodiscida (speziell in die neue Subfamilie der Spongopylida) gerechtfertigt erscheinen. — Eine weniger dichte glatte Oberfliche haben neben Spongopyle osculosa, Spongopyle setosa, craticulata und Stéhrii (Fig. 100, 97, 98, 68) und bilden so den Ubergang zu der noch typisch auch an der Ober- fliche rauhen und spongidsen Spongopyle aspera (Fig. 69). Es sei tibrigens noch erwahnt, daf auch Sréur bei seinem Spongo- trochus craticulatus (meiner Spongopyle craticulata) einen die Scheibenperipherie abschliefenden einheitlichen Ringbalken deutlich abgebildet und richtig erkannt hat, indem er bei seiner Beschrei- bung dieser Art sagt (loc. cit. pag. 118 u. Taf. VI (XXII), Fig. 12): »An der Peripherie ist die Schwammschale durch einen umlaufen- den Balken geschlossen, und nur an einer Stelle ist dieses nicht der Fall, und bilden dort die Kieselbalken des Schwammgeriistes kleine Zackchen, so daf es wie eine Miindungséffmung aussieht.‘ Ebenfalls in den Bodenproben von Station 157 fand ich die beiden neuen Arten Spongotrochus antarcticus und Spongopyle setosa (Fig. 98) sehr haufig. Beide stimmen in den Gréfen- und Struktur- yerhaltnissen der Scheibe (siehe die Diagnosen) vollstandig iiberein 192 Friedrich Dreyer, und unterscheiden sich nur voneinander durch das Vorhandensein resp. Fehlen eines Pyloms. Aber auch in dieser Beziehung ist durchaus keine scharfe Grenze vorhanden, denn neben den beiden eben genannten Arten als Grenzformen kommen in denselben Proben sehr zahlreiche Zwischenformon vor, welche einen unmerklichen Ubergang vermitteln von der ersten kaum bemerkbaren Anlage eines Pyloms bis zu dessen typischer Ausbildung. Eine solche Zwischenform, bei welcher erst die unvollkommene Anlage eines Pyloms sichtbar ist, ist auf Figur 97 dargestellt. Die Peripherie der Scheibe zeigt an einer Stelle eine kleine Einkerbung und von dieser aus fiihrt bis etwa an den Anfang des dunklen Zentrums der Scheibe eine helle Radialstrafe, welche von etwas starker aus- gebildeten Radialbalken resp. -stacheln eingeschlossen ist. Bei der typischen Spongopyle setosa (Fig. 98) hat sich die kleine Einbuchtung der Peripherie zu einem deutlich unterscheidbaren Pylom vergrofert, auch die helle Radialstrafe ist breiter geworden und die Stacheln am Rande des Pyloms sind meist, wenn auch nicht immer, etwa doppelt so lang wie die kleinen Stacheln des Scheibenrandes. Die helle RadialstraBe ist entstanden zu denken durch den die Bildung des Pyloms bedingenden radialen Sarkodestrom, der der betretien- den Stelle der spongiésen Scheibe sein bestimmtes Geprage auf- driickt, indem er die in seinem Bereich liegenden radial ver- laufenden Kieselbalken (die sich nach aufen in die Randbestachelung des Pyloms fortsetzen) verstérkt, wihrend im Interesse der freien Passage das dazwischen liegende spongidse Geflecht nicht zur Entwicklung gelangt, welch letzterem Umstande die betreffende Partie ihr helles Aussehen verdankt. Wahrend wir bei Spongo- pyle osculosa aus der Vergleichung von Jugendstadien mit der ausgewachsenen Schale die individuelle Entwicklung oder Ontogenie der ganzen Form und speziell auch des Pyloms entnehmen konnten, sind wir in diesem Falle zu demselben Ziele auf einem etwas anderen Wege gekommen. Unter den hier in betracht kommenden Formen finden sich allem Anschein nach keine Jugendstadien, sondern sie sind aufzufassen als Variationen in Wahrheit ein und derselben Form, bei manchen Individuen zeigt sich keine Spur einer Pylombildung (Spongotrochus antarcticus nov. spec.), bei anderen ist eine solche, wenn auch in un- vollkommenem Zustand, bemerkbar (Fig. 97), wahrend bei wieder ande- ren ein wohl ausgebildetes Pylom vorhanden ist (Spongopyle setosa Fig. 98). Aus der vergleichenden Anatomie dieser Varietaten kénnen wir uns diephylogenetische Entwicklung des ausgebil- Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 193 deten Pyloms ableiten. Es ist dies ein héchst interessantes Beispiel einer noch in der Jetztzeit vor sich gehenden Entstehung neuer Arten; die beiden Endformen der zusammenhangenden Formenreihe sind schon so verschieden, daf wir sie aus Zweckmabigkeitsgriinden als 2 verschiedene Arten (Spongotrochus antarcticus und Spongopyle setosa), die sogar verschiedenen Gattungen angehéren, beschreiben; denken wir uns durch die allmahliche andauernde Kinwirkung der Auslese die vermittelnden Varietaiten ausgestorben, so ist diese Trennung thatsichlich vollzogen. — Im Anschlusse hieran méchte ich noch erwahnen, daf ich hin und wieder auch bei einigen an- deren Spongodisciden (besonders Spongo- resp. Stylotrochusarten) helle mehr oder weniger deutlich unterscheidbare Radialstrafen bemerkt habe, welche auf eine beginnende pylomatische Differen- zierung hinwéisen. Wenn die im I. Abschnitt bei der Beschreibung von Omma- todiscus variabilis nov. spec. (Fig. 58) und Ommatodiscus bathy- bius nov. spec. (Fig. 59) aufgestellte und niher begriindete Ver- mutung richtig ist, daf die bei O. variabilis erwaihnten kleinen Jugendformen, O. variabilis selbst und O. bathybius ontogenetische Entwicklungsstadien ein und derselben Form sind und daf aufer- dem Stomatodiscus osculatus HarckeL genetisch mit O. bathybius zusammenhanegt, so hatten wir auch hier ein interessantes Beispiel der Zusammengehorigkeit einer Reihe von Formen, welche aufer- dem auch alle in den Bodenproben derselben Station (225, die tiefste vom Challenger gefundene Stelle, 4475 Faden tief!) ge- funden wurden. Die kleinen Jugendformen, O. variabilis und O. bathybius wiirden sich dann als individuelle Entwick- lungsstadien zueinander verhalten, wie die oben besprochene Jugendform von Spongopyle osculosa zur ausgewachsenen Art, wihrend Ommatodiscus bathybius und Stomatodiscus osculatus als Varietaten in derselben Beziehung zueinander stiinden, wie Spongotrochus antarcticus zu Spongopyle setosa. Dieser letztere Vergleich bezieht sich dann, indem wir von dem einen, beiden Formen gemeinsamen Pylom absehen, auf den aboralen Pol der Schale, welcher bei Ommatodiscus bathybius eines Pyloms ent- behrt, wihrend sich ein solches bei Stomatodiscus osculatus auch an dieser Stelle ausgebildet hat. Das méglicherweise gelegent- liche und inkonstante Auftreten eines zweiten Pyloms erscheint uns auch jetzt begreiflicher, nachdem wir im vorhergehenden Ab- schnitt sahen, daf der aborale Pol bereits pylomatisch ausgebil- deter Rhizopodenschalen hierzu besonders pridisponiert ist. Das Bd, XXIII, N. F, XVI, 13 194 Friedrich Dreyer, Vorhandensein oder Fehlen eines solchen zweiten gegenstindigen Pyloms hingt vielleicht nur von der Starke der in der Richtung der Hauptachse stattfindenden radialen Sarkodestré6mung ab, wo- durch unter Umstiinden 2 Ausstrémungséffnungen noétig werden kénnen, und daf dieser Grad der Starke individuellen Schwan- kungen unterworfen sein kann, ist sehr leicht denkbar. Die beiden im 2. Abschnitt beschriebenen neuen Arten Sphae- ropyle Haeckelii (Fig. 53) und Haliomma Darwinii stimmen in héchst auffallender Weise in allen Gréfen und Strukturverhalt- nissen des Skelettes iiberein (vergl. die Diagnosen). Haliomma Darwinii unterscheidet sich von Sphaeropyle Haeckelii nur be- sonders dadurch, da8 es keine Spur eines Pyloms besitzt, waihrend der AufSeren Schale von Sphaeropyle Haeckelii ein solches von an- sehnlicher Gréfe zukommt. Die Méglichkeit, dai bei ersterer Form das Pylom vielleicht gerade auf der von dem Beschauer abgewendeten Hemisphire lag und sich so der Beobachtung entziehen konnte, ist nicht vorhanden, da das Skelett so durchsichtig war, da’ man bei tiefer Einstellung des Tubus auch die untere Halfte der auSern Gitterschale genau beobachten konnte, ohne jedoch ein daselbst etwa vorhandenes Pylom zu bemerken, sondern statt dessen die aller- orts gleichartig gebaute und geschlossene Gitterkugel. Von keiner prinzipiellen Bedeutung ist der Umstand, daf Haliomma Darwinii zahlreiche, tiber die ganze Schalenoberflaiche verbreitete kleine Radialstacheln besitzt, waihrend dieselben bei Sphaeropyle Haeckelii fehlen, da es sehr wohl méglich ist, da’ sie bei dem mir vor- liegenden Exemplar sich noch nicht entwickelt hatten. Auferdem stimmt jedoch dieser Befund auch tiberein mit den im vorher- gehenden und diesem Abschnitt erwahnten Erscheinungen, wie dem meist der Radialstacheln entbehrenden Rand der Ommatodisciden und Discopyliden, dem auferen glatten Abschluf vieler Spongo- disciden etc. und lat sich dann auch sehr befriedigend auf die- selbe Art und Weise erkliren: Mit der Bildung eines Pyloms nimmt auch die radiale Sarkodestrémung der Hauptsache nach ihren Weg durch das letztere; bei der Form ohne Pylom (Hali- omma Darwinii) ist sie in Form von zahlreichen Pseudopodien tiber die ganze Schalenoberflache verteilt und in den letzteren kénnen sich dann auch die bei dieser Form vorhandenen Radialstacheln ausscheiden, anders ist dies bei der Bildung eines Pyloms (Sphae- ropyle Haeckelii), wo die Pseudopodien nicht mehr gleichmafig iiber die ganze Gitterschale verstreut sind, sondern zum groéften Teil ihren Weg gemeinschaftlich durch das Pylom nehmen; in Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 195 diesem Falle kommen dann auch die den radialen Pseudopodien entsprechenden und von diesen bedingten Radialstacheln nicht mehr zur Entwicklung. Alle diese Umstiinde machen es wahr- scheinlich, dafi die beiden betreffenden ,,Arten“ genetisch zusammen- gehéren und Sphaeropyle Haeckelii aufzufassen ist als ein Hali- omma Darwinii, bei dem ein Pylom zur Entwicklung gekommen ist. Merkwiirdig hierbei ist noch, daf ich beide Formen nicht nur in der Bodenprobe derselben Station (271), sondern auch auf dem- selben Objekttraiger unter demselben Deckglas dicht nebeneinander liegend vorfand, was besonders ihre gegenseitige Vergleichung be- deutend erleichterte. Uber Phacopyle stomatopora (Fig. 10) vergleiche das im 3. Ab- schnitt (unter ,,1) Die Schalenpore als pylogene Bildung’) Gesagte. In bezug auf die Frage nach der Konstanz des Vorkommens eines Pyloms bei derselben Radiolarienform machen es die vor- stehend mitgeteilten Beobachtungen wahrscheinlich, da’ einige Formen bald pylomatisch ausgebildet sein kénnen, bald nicht, bei denselben ist demnach der Prozef der Pylombildung noch jetzt im Iluf. Hieraus geht natiirlich nicht hervor, daf alle Pylombildungen unbestaéndiger Natur sind, vielmehr scheint sich bei der Mehrzahl der pylomatischen Radiolarien dieser Prozef der Formbildung bereits konsolidiert zu haben. Dies geht schon daraus hervor, dafi zu der groBen Mehrzahl der pylomati- scken Radiolarien entsprechende Formen ohne Pylom nicht nach- geewiesen sind und aus dem unverinderten gleichzeitigen Vorkom- men vieler Formen in den verschiedensten Stationen oder in fos- silem und zugleich rezentem Zustande. Ganz besonders laft sich aber die in grofer Verbreitung auftretende Lingsstreckung der ganzen Schale in der Richtung der oralen-aboralen Haupt- achse meiner Ansicht nach befriedigend nur erklaren als das Re- sultat eines bereits lange andauernden konstanten Ein- flusses eines Pyloms. Hiermit stimmt auch die Thatsache iiberein, daf bei den Formen, bei welchen nach obigem das Vor- handensein eines Pyloms noch zu variieren scheint (Spongotrochus antarcticus: Spongopyle setosa und Haliomma Darwinii: Sphaero- pyle Haeckelii) eine derartige Lingsstreckung der Schale auch noch nicht eingetreten ist. 196 Friedrich Dreyer, VI. Abschnitt. Einige systematische Fragen im Lichte der im vor- stehenden gewonnenen vergleichend-anatomischen resp. entwicklungsgeschichtlichen Ergebnisse. Es wurde schon wiederholt darauf hingewiesen, daf die Pylom- bildung in die Kategorie von Bildungen gehért, welche unabhangig voneinander in analoger Weise in den verschiedensten Abteilungen des Systems auftreten. Diese Analogie geht jedoch noch weiter, denn jedenfalls stehen auch die meisten Spezies dieser enger begrenzten Gruppen von pylomatischen Radiolarien in keinem gegenseitigen genetischen Zusammenhang. ‘So wire es z. B. ver- kehrt, wenn man annehmen wollte, da’ die pylomatischen Poro- disciden, welche in der Subfamilie der Ommatodisciden zusammen- gefafit sind, alle von einer pylomatischen Porodiscide abstammten, welch letztere sich dann ihrerseits aus einer bestimmten Poro- discide durch die Ausbildung eines Pyloms entwickelt haben wiir- den. Ein solcher einheitlicher phylogenetischer Ursprung der Arten innerhalb der von uns unterschiedenen systematischen Gruppen der pylomatischen Spumellarien existiert jedenfalls nicht, vielmehr haben sich die einzelnen Arten beispielsweise der Ommatodisciden aus ebensovielen Porodiscidenformen vollig unabhingig voneinander durch den Erwerb eines Pyloms entwickelt'), was schon aus dem zum Teil ganz verschiedenen Bau ihrer Schalen hervorgeht. Das ihnen Gemeinsame ist nur das Pylom und da dasselbe ein aus- gepragtes leicht erkennbares morphologisches Charakteristikum ab- giebt, so haben wir es aus Zweckmafigkeitsgriinden als Merkmal der betreffenden Gruppen des Systems verwandt. Um unser ein- mal gewahltes Beispiel beizubehalten, verhalten sich also die Om- matodisciden in genetischer Beziehung zu den Porodisciden ebenso, wie die Trematoden zu den Turbellarien, es sind Formen, welche obgleich aus verschiedenen Arten der Stammgruppe hervorgegangen, einander durch Konvergenz so ahnlich geworden sind, dafi aus Zweck- 1) Dies gilt der Natur der Sache nach natirlich nur fir die sekundiaren Pylome, die primiren Pylome sind innerhalb derselben Formengruppe (z. B. der Nassellarien) selbstverstindlich simtlich unter- einander homolog. Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 197 mivigkeitsgriinden ihre systematische Zusammenfassung ge- raten erscheint.. Wie es meistens der Fall ist, so ist eben auch die Gruppierung der pylomatischen Spumellarien ein Kompromif zwischen natiirlichem und kiinstlichem System. Natiirlich ist die Ver- einigung der Sphaeropyliden mit den Sphaeroideen, der Phaco- pyliden mit den Phacodisciden, der Ommatodisciden mit den Poro- disciden, von Discopyle mit den Pylodisciden, der Spongopyliden mit den Spongodisciden, der Larcopyliden mit den Larcoideen ; kiinstlich dagegen ist die Vereinigung der einzelnen Arten zu den eben aufgefiihrten Gruppen der pylomatischen Spumellarien. Wenn ich eben sagte, die Vereinigung der Sphaeropyliden mit den Sphaeroideen sei eine natiirliche, so bedarf dies noch einer gewissen Einschrankung. Wie im 3. Abschnitt gezeigt wurde, kann aus einem Polstachel oder einem Stachelbiischel sowohl bei Sphaeroideen, als auch bei Prunoideen sich ein Pylom entwickeln, auf den ersten Blick kénnte es also gerechtfertigt er- scheinen, die kugeligen Sphaeropyliden, die Gattung Sphaeropyle, den Sphaeroideen, die monaxon langgestreckten dagegen, niimlich die Gattung Prunopyle, den Prunoideen zuzuerteilen. Fir einen Teil der Prunopylearten wiirde dies ganz richtig sein, denn viele stammen jedenfalls von Prunoideen ab und haben von diesen ihre langgestreckte monaxone Gestalt geerbt, sind pylomatische Prunoideen, andere sind jedoch héchstwahr- scheinlich pylomatische Sphaeroideen, bei denen sich die monaxone Grundform erst durch den Einfluf des Pyloms sekundaér entwickelt hat; dieselben beiden Méglichkeiten liegen natiirlich auch bei den Arten der Gattung Stomatosphaera vor. Da es natiirlich nicht méglich ist, einer Prunopyle resp. Stomatosphaera ihre diesbeziigliche Abstammung und damit die Ursache der monaxonen Grundform der Schale mit Sicherheit an- zusehen, ist es das beste, die Gattungen Prunopyle und Stomato- sphaera ginzlich bei den Sphaeropyliden und somit Sphaeroideen unterzubringen, des Kiinstlichen dieser Gruppierung muf man sich natiirlich, wie in allen derartigen Fallen, stets bewuft bleiben. Im vorigen Abschnitt wurde gezeigt, daf der aufere glatte, siebplattenartige Abschlu8 vieler Spongopyliden eine sekundare, mit der Pylombildung in Korrelation stehende Erscheinung ist und an der urspriinglichen inneren spongidsen Beschaffenheit der Schalen nichts andert. Es ist daher die Zuerteilung solcher Formen zu den Spongopyliden und somit Spongodisciden vollkommen gerecht- fertigt, nur ist auch in dieser Beziehung Vorsicht nétig, da auch 198 Friedrich Dreyer, viele Ommatodisciden in ihrem Inneren so gleichmafig dunkel sind, dafi es den Anschein hat, als waren sie spongids. Bei scharfer lingerer Beobachtung, die in solchen zweifelhaften Fallen absolut notwendig ist, lift sich jedoch meist entscheiden, ob eine bestimmte Porodiscidenstruktur vorhanden oder das Schaleninnere von spon- gidsem Geflecht ausgefiillt ist. In vielen Fallen besteht cine durch Konvergenz bewirkte auffallende Aehnlichkeit zwischen Sphaeropyliden, besonders der Gattung Prunopyle und vielen Nassellarien, so daf der systema- tischen Unterscheidung hieraus oft grofe Schwierigkeiten erwachsen. Da, wie wir im 4. Abschnitt sahen, ein Wachstumstypus nie in den anderen iibergeht resp. bei derselben Form nie mit demselben zugleich vorkommt, und andererseits bei den Spumellarien sich ausschlieflich der konzentrische, bei den Nassellarien dagegen nur der terminale Wachstumstypus findet, so ist eine Entscheidung, ob wir es mit einer pylomatischen Spumellarie oder einer Nassel- larie zu thun haben, bei allen den Formen mit vollkommener Sicherheit leicht zu treffen, bei welchen ein Wachstumstypus be- stimmt ausgeprigt ist. Umschliefen sich zwei oder mehrere Schalen konzentrisch, so haben wir zweifellos eine pylomatische Spumellarie resp. eine Sphaeropylide vor uns, eine Nassellarie resp. Cyrtoidee dagegen, wenn das Skelett aus 2 oder mehreren aneinandergereihten Gliedern oder Kammern besteht. Anders liegen die Verhaltnisse jedoch, wenn dies sichere Unterscheidungs- merkmal nicht vorhanden und ein bestimmter Wachstumstypus nicht ausgepragt ist. Dies ist der Fall bei den einschaligen Sphaero- pyliden und denjenigen Cyrtoideen!), welche entweder niemals ein terminales Wachstum besessen oder dieses erst sekundar ver- loren haben, also Formen, die eine einfache Schale besitzen, welche nicht aus einer Reihe von durch deutliche Transversalstrikturen voneinander abgegrenzten Gliedern besteht und die HAECKEL wegen dieses Verhaltens im Gegensatz zu den mehrgliedrigen Cyrtoideen in der Sektion der Monocyrtida zusammengefaft hat. Aber auch zur Unterscheidung derartiger Formen stehen uns noch eine Reihe yon morphologischen Merkmalen zur Verfiigung, durch deren An- wesenheit wir mit ziemlicher Sicherheit die Nassellarien- 1) Die einkammerigen Spyroideen sind immer sofort als Nassel- larien erkennbar, da bei ihnen stets das primitive Cortinarskelett (Apikalstachel, basales Tripodium, Sagittalring und die von dem Ein- fiuf des letzteren herriihrende sagittale Kinschniirung) oder doch Teile desselben erhalten sind. Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 199 natur solcher fraglichen Radiolarienschalen erkennen kénnen. Diese Charakteristika sind folgende: 1) Das basale Tripodium sowie mit demselben zusammen- hangende Befunde, wie 3 laterale, in der Schalenwand_ befindliche Rippen oder 3 laterale Fliigel und jeder triradiale Bau der Schale iiherhaupt, mag sich derselbe nun in Dreiseitigkeit der Schale oder der Dreilappung des Pylomrandes aussprechen. Figur 103. (Rep. pl. 51, fig. 1, 6. — pl. 52, fig. 23. — pl. 98, fig. 8. — pl. 53, fig. 1, 2.) 2) Das zuweilen in der Spitze der Schale noch befindliche Collarseptum, welches urspriinglich die nun duferlich wenigstens mit dem abdominalen Gliede verschmolzene und degenerierte Ce- phalis von dem letzteren abtrennte. (Rep. pl.57, fig. 5. — pl. 62, fig. 1.) 3) Noch vorhandene Reste des primitiven Cortinarskelettes, wie z. B. der zuweilen vorhandene zentrale Achsenstab (Columella HaAecKeEL) im Inneren der Schale. (Rep. pl. 97, fig.4. — pl. 98, fig. 2.) 4) Ein in der Richtung der Hauptachse mehr oder weniger plétzlich wechselnder Querdurchmesser der Schale, wodurch die aufere Kontur derselben nicht mehr gleichmafig elliptisch oder oval, sondern geschweift erscheint. Figur 102. (Rep. pl. 77, fig. 2.) 5) Die regelmaBige Anordnung der Poren in Langs- oder Spirallinien. Figur 84, 102. Dies und 6) Die regelmafige Anordnung der Poren in die Schale quer umgebenden Ringen (Figur 102. — Rep. pl. 79, fig. 1) sind Be- funde, welche als die letzten Reste eines verwischten terminalen Wachstums der Schale anzusprechen sind, ebenso wie die unter 4) genannte Gesamtform derselben. 7) Die in der Richtung der Hauptachse wechselnde Struktur der Schale. Die hierdurch entstehenden, besonders in der An- ordnung und Groéfe der Poren differenten Abschnitte sind aufzu- fassen als urspriinglich voneinander scharf abgesetzte Glieder der Schale, zwischen denen die Transversalstrikturen geschwunden sind. So kommt es haufig yor, daf der aborale Pol sich durch auffallend kleine Poren von den iibrigen Teilen der Schale unterscheidet. Diese Stelle ist dann als letzter Rest der in Riickbildung begriffenen Cephalis aufzufassen!). (Rep. pl. 62, fig. 6. — pl. 98, fig. 8.) 1) Ein aboraler Stachel kann bei im iibrigen zweifelhaften Formen drei mégliche Bildungsursachen haben. Erstens kann er in Korrela- tion zum Pylom als aborale Bestachelung einer Sphaeropylide sekun- diir entstanden sein. Zweitens kann er der Polstachel einer ehe- maligen Stylosphaeride oder Prunoidee sein, deren entgegengesetzter Stachel resp. Stachelbiischel sich in ein Pylom yerwandelt hat, und 200 Friedrich Dreyer, Formen, welche mit einem oder mehreren dieser Merkmale be- haftet sind, sind mit Sicherheit den Nassellarien resp. Cyrtoideen zuzuweisen. Die noch restierenden zweifelhaften Arten lassen sich jedoch ebenfalls mit ziemlicher Sicherheit entweder als Sphaero- pyliden oder als Monocyrtiden erkennen. Man sieht dies bei einiger Ubung aus ihrem ganzen Habitus, ohne bestimmt definierbare ein- zelne Merkmale angeben zu kénnen. Bei einem kleinen Teil von Formen, welche sich durch einen sehr indifferenten Charakter aus- zeichnen, la8t uns jedoch auch diese Beurteilungsmethode im Stich, und mui zur definitiven, sicheren Entscheidung ihrer verwandtschaft- lichen Stellung die Untersuchung ihres Weichkérpers abgewartet wer- den. (Fig. 22, 23, 25, 83, 101. HarcKket, Report, Plate 53, fig. 5, 6.) Im Laufe unserer Untersuchung haben wir gesehen, da das Pylom sowohl unabhingig bei den verschiedensten Radiolarien- abteilungen, ja sogar Arten auftritt, als es sich auch von verschie- denen Ausgangspunkten aus sekundar am Skelett entwickeln oder primar zugleich mit letzterem sich ausbilden kann. Trotz dieses in vielfacher Weise verschiedenen Ursprungs werden die Pylome einander doch meist zum verwechseln ahnlich, aber nicht nur die verschiedenen Pylome zeigen eine hochgradige Konvergenz, sondern auch die ganzen Schalen nehmen unter dem Einfluf der Pylom- bildung iibereinstimmende Formen an, indem sich bei ihnen die gleichen mit dem Pylom in Korrelation stehenden Erscheinungen geltend machen. Wir haben also in den Pylomen Bildungen kennen gelernt, bei welchen die Analogie eine auferordentlich grofe Rolle spielt. In der jetzigen, durch DARWIN inaugurierten Epoche bio- logischer Forschung lauft der gréfite Teil der Untersuchungen in letzter Linie darauf hinaus, den natiirlichen verwandtschaftlichen Zusammenhang der Organismen und ihrer einzelnen Teile zu er- griinden, und dies geschieht meiner Ansicht nach mit vollem Recht. Wie mir scheint, wird hierbei nur sehr haufig die Bedeutung der Homologie im Verhaltnis zur Analogie bedeutend tiberschatzt und oft werden in ziemlich leichtsinniger Weise Bildungen, welche untereinander morphologisch im ganzen iibereinstimmen, fiir homolog erklart und als Anhaltspunkte fiir die Phylogenie verwendet, deren analoge Natur aus einer genaueren Untersuchung hervorgeht. Man strebt haufig darnach, méglichst schnell einen Stammbaum zu drittens endlich der von dem primiren Cortinarskelett ererbte Apikal- stachel einer Cyrtoidee. Es leuchtet daher ein, daf er nicht als einziger Anhaltspunkt zur Erkennung der Nassellariennatur einer zweifelhaften Form dienen kann. (Vergl. Fig, 22, 83,101. Rep. pl. 53. fig. 5, 6.) Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 201 konstruieren und betrachtet ohne viel Kritik alle iibereinstimmen- den Bildungen fiir homolog. Die Analogie wird als listiger, die phylogenetischen Untersuchungen hindernder Faktor betrachtet und mehr oder weniger vernachlassigt. Gerade in dieser Beziehung kénnen wir aus unseren Betrachtungen tiber die Pylombildungen viel lernen, welche uns in einem eklatanten Beispiel die unter Umstanden hohe Bedeutung der Analogie klar vor die Augen fiihren. Wir werden durch sie zu der nétigen Vorsicht in der Beurteilung anscheinend homologer Bildungen ermahnt und daran erinnert, da’ zur allmahlichen Ergriindung des natiirlichen Systems die sorgfaltige kritische Scheidung von angepaften und erworbenen Eigenschaften, Analogie und Homologie, Cenogenie und Palingenie das erste Erfordernis ist. Selbst wenn man die analogen Bildungen als lastiges Hindernis der phylogenetischen Forschung betrachtet, darf man sie doch nicht vernachlassigen, im Gegenteil mu man sie auch dann méglichst griindlich zu erkennen suchen, um sie um so sicherer von den homologen Bildungen aus- und unterscheiden zu kénnen, nach dem Prinzip, daf die genaue Kennt- nis eines Feindes eines der besten Mittel zu seiner Bekimpfung ist. Es wiirde jedoch sehr einseitig sein, wenn man der Erforschung der analogen Erscheinungen nur einen derartigen negativen Wert zuerkennen wollte. Im Gegenteil verdienen die analogen Bildungen auch als solche volle Beachtung. Die homologen Bildungen sind zunachst durch den Organismus selber bedingt und auf dieselbe, im Innern des Organismus liegende Vererbungs- ursache zurickzufiihren, die Ubereinstimmung der untereinander analogen Bildungen beruht dagegen darauf, da8 sie den gleichen in der Aufenwelt liegenden Bildungsursachen ihren Ursprung verdanken. Wahrend wir durch die Erforschung der ersteren den inneren genetischen Zusammenhang der Organismen erkennen, erhalten wir durch eine eingehende Untersuchung der letzteren einen Einblick in die héchst inter- essanten Wechselbeziehungen zwischen Organismus und Aufenwelt. Letzteres ist jedenfalls ebenso lohnend wie ersteres, wobei nur, von der Pylombildung ganz abgesehen, bei- spielsweise an die fiir unsere Objekte naher in betracht kommenden Verhaltnisse der Biokrystallisation, der mechanischen und statischen Zweckmabigkeit der Hartgebilde etc. erinnert zu werden braucht. Durch eine solche gleichmafige und griindliche Untersuchung der homologen sowohl als auch der analogen Erscheinungen la8t sich jedenfalls auch 202 Friedrich Dreyer, allmahlich Licht verbreiten tiber die verwickelten Beziehungen in dem ungeheuren Formenlabyrinth unserer Rhizopoden. In diesem Sinne habe ich vorstehende Untersuchungen angestellt und so méchte ich sowohl dieses als auch die folgenden Hefte meiner Radiolarienstudien aufgefaft wissen. Dieselben werden ihren Zweck erreicht haben, wenn sie auf diese Weise zum Verstandnis der ebenso in- teressanten als verwickelten Formenverhaltnisse der Rhizopoden und deren bewirkende Ursachen beitragen. VII. Abschnitt. Verzeichnis der benutzten Litteratur. 1) Fr. Brocumann, Die mikroskopische Tierwelt des SiiBwassers. Braunschweig 1886. 2) H. B. Brapy, Report on the scientific results of the voyage of H. M. 8. Challenger. — Zoology, vol. IX, Foraminifera. London 1884. 3) O. Biscuit, Protozoa (Brony’s Klassen und Ordnungen des Tierreichs, I. Band. Leipzig 1880 ff.). 4) E. Harcxen, Report on the scientific results of the voyage of H. M. S. Challenger. — Zoology, vol. XVIII, Radiolaria. London 1887. 5) E. Hascxen, Grundrif& einer allgemeinen Naturgeschichte der Radiolarien. (Die Radiolarien, Rhizopoda radiaria. Eine Mono- graphie. I. Teil.) Berlin 1887. 6) R. Herrwie, Der Organismus der Radiolarien. Jenaische Denkschriften, Bd. II, 1879... Taf. VI—XVI, pag. 129—277. 7) J. Lemy, Fresh-water Rhizopods of North America. Wa- shington 1879. 8) E. Sréur, Die Radiolarienfauna der Tripoli von Grotte, Provinz Girgenti in Sizilien. Polaeontographica, 8S. 69—124, Taf. XVII—XXIIT. Kassel 1880. 9) M. Verworn, Biologische Protistenstudien. Zeitschr. f. w. Zoolog.,, XLVI. 4. Leipzig 1888. Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 203 VIII. Abschnitt. Erlauterung der Abbildungen. AuBer den von mir gefundenen neuen Formen habe ich auf den vorliegenden 6 Tafeln noch eine Anzahl von Kopieen nach an- deren Autoren, naturgemif hauptsichlich aus HarncKen’s Challenger- Report, wiedergegeben. Es geschah dies, um an der Hand der all- gemeinen Abschnitte dieser Abhandlung einen direkten Vergleich méglich zu machen und dem Leser das héchst beschwerliche immer- wihrende Zuriickgehen auf zitierte Abbildungen resp. Litteratur zu ersparen. Naturgemaif habe ich mich auf die allerwichtigsten Formen beschrinken miissen und mub in Bezug auf ausgedehntere verglei- chende Studien die hier behandelten Verhiltnisse auf die betreffende Litteratur, besonders die gréferen Tafelwerke von EHRENBERG, Lemy, Brapy, Herrwie etc. und natiirlich hauptsichlich auf die Haxrcker’schen Radiolarienmonographieen verweisen. Meine Originale habe ich mit der Camera lucida gezeichnet. Zu meinen Unter- suchungen bediente ich mich durchgehends eines guten Zetss’schen Mikroskops, hauptsichlich brauchte ich die Objektive A und D und die Okulare 2, 3 und 4. Die von anderen Autoren entlehnten Figuren sind in demselben Mafstabe wiedergegeben, die Originale zum Teil je nach Bediirfnis verklemert. Die Messungen sind mit dem Okularmikrometer vorgenommen. Die Lithographie ist in ganz vorziiglicher Weise von Herrn Adolf GiurscH ausgefiihrt worden und zwar in ganz derselben Manier wie die Tafeln zu Harcxke.’s Atlas der Challenger-Radiolarien. Tafel VI. Fig. 1—15. Entwicklung von Pylombildungen aus einer Schalenpore. Fig. 1. Odontosphaera cyrtodon, Harcken. Report, pl. 5, fig. 6. Vergr. 300. Die Hialfte der Kugelschale. Dieselbe zeigt einige noch sehr primitive Pyloide, welche sich von den iibrigen Poren der Schale nur durch betrachtlichere Gréfe und durch emen randstindigen Schalenzipfel auszeichnen. Fig. 2. Choenicosphaera flammabunda, Hancxen. Report, pl. 8, fig. 5. Vergr. 300. Die Halfte der Kugelschale. Der kreisférmige Schatten im Innern deutet die Lage der Zen- tralkapsel an. Die Pyloide, welche sich durch bedeutendere GréBe vor den iibrigen Poren der Schale auszeichnen, sind von emer Anzahl ganz unregelmifiger, fingerformiger Schalenzipfel umgeben, welche am Grunde zu einem niedrigen, das Pyloid einschlieBenden Wall konfluieren. Fig. 3. Mazosphaera hippotis, Haxcxen. Report, pl. 5, fig. 8. Vergr. 400. Ein Teil der Kugelschale. Die Pyloide dieser Fig. 4. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10. Friedrich Dreyer, Form sind in kurze Roéhren ausgezogen. Dieselben haben eine solide Wand und laufen in einen langen Zipfel aus. Otosphaera auriculata, Hancxen. Report, pl. 7, fig. 5. Vergr. 300. Das bei dem vorliegenden Individuum in der Einzahl vorhandene Pyloid ist in eine kurze Réhre ausge- zogen, welche sich distalwarts in einen langen Zipfel fort- setzt. Im Gegensatz zur vorhergehenden Form erstrecken sich hier die Poren der Schale mit auf die Wand der Rohre. Caminosphaera dendrophora, Harcxrn. Report, pl. 7, fig. 1. Vergr. 300. Die Pyloide dieser Form haben die Gestalt von langen, dendritisch verzweigten Réhren mit solider Wandung. Jeder Ast endigt mit einer weit gedffneten Tube mit unregelmafig ausgefranztem Rande. Solenosphaera serpentina, Harcxen. Report, pl. 7, fig. 7. Vergr. 300. Die Halfte der Kugelschale mit einem Pyloid von der Form eines langen, gewundenen, einer Serpularéhre ahnlichen Tubus. Die Wand desselben ist, im Gegensatz zur vorhergehenden Form, von Poren durchbohrt. Pharyngosphaera stomodaea, Harcxen. Report, pl. 5, fig. 10. Vergr. 400. Die Halfte der Schale. Die Letztere setzt sich aus polygonalen Feldern zusammen. In der Mitte eines jeden Feldes befindet sich ein Pyloid, dasselbe hat die Form einer kurzen Roéhre mit solider Wandung, welche nach innen in das Lumen der Schale eingestiilpt ist. Siphonosphaera socialis, Harncken. Report, pl. 6, fig. 1. Vergr. 500. Ein einzelnes Individuum der Kolonie, mit Weichkorper, lebend, im optischen Querschnitt dargestellt. Die auf der Kugelschale unregelmafig verteilten Pyloide sind hurze Roéhren mit solider Wand und gleichmaBigem Rande. In der Mitte der Schale liegt die Zentralkapsel, welche zahlreiche kleine Nuclei und eine grofe zentrale Olkugel umschlie8t. Nach augen hin wird die Zentral- kapsel von dem Pseudopodienmutterboden oder der Sarko- matrix umgeben. Die von hier ausgehende radiale Sarkode- stro6mung ist nicht iiberall gleichmaBig ausgebildet, sondern beschrankt sich der Hauptsache noch auf die Radien der Pyloide, durch welche sie in Form yon dichten Pseudo- podienbiindeln austritt. Artiscus nodosus, Hancxen. Report, pl. 39, fig. 9. Vergr. 400. Eine Anzahl unregelmifig verteilter Poren ragen, zi Pyloiden umgewandelt, in Form von kurzen Tuben iiber die Schalenoberfliche empor, ohne jedoch die gewéhnlichen Poren an Gréfe wesentlich zu iibertreffen. Phacopyle stomatopora, nov. spec., nov. gen. Vergr. 214. Das Pylom imponiert deutlich als vergréBerte Pore, die ihm direkt anliegenden Poren der Schale sind durch die Aus- dehnung desselben verkleinert und zusammengedrangt. Wahrend das Pylom sonst meist an einem spitzen Pole der Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 205 Bio, 11. Fig. 12. Fig. 14. Fig. 16. Fig. 17. Schale liegt, befindet es sich hier an einer langen Seite der scheibenférmigen Schale. Bemerkenswert ist bei der vorlegenden Form noch die eudipleure resp. bilateral-sym- metrische Gestalt und die Héckerbildung am aboralen Pole. Phormobotrys pentathalamia, Harcken. Report, pl. 96, fig. 27. Vergr. 400. Diese Form zeigt ein rohrenformiges Pyloid. Die Wand des Tubus ist mit Poren besetzt und sein distaler Rand ist in einen Zipfel ausgezogen. Der Habitus dieses Pyloids ist vollkommen iibereinstimmend mit dem der entsprechenden Bildungen vieler Collosphae- riden, also etwa Fig. 4 zu vergleichen. Lithobotrys orchidea, Harcxen. Report, pl. 96, fig. 17. Vergr. 500. Die 5 regelmabig verteilten Pyloidréhren (eine davon auf der Riickseite der Schale, durch dieselbe hin- durch schwach sichtbar) haben im Gegensatz zur vorher- gehenden Art eine solide Wand und sind daher ein Seiten- stiick zu den solidwandigen Pyloidréhren der Collosphaeriden. Castanidium Moseleyi, Hancken. Report, pl. 113, fig. 2. Vergr. 80. Ein Teil der Kugelschale mit dem durch Er- weiterung elmer Pore entstandenen Pylom. Das Letztere steht noch auf einem sehr primitiven Entwicklungsstadium und ist durch weiter nichts als seine GréBe von den Poren der Schale unterschieden. Die Stacheln dieser Form, der Raumersparnis halber abgebrochen gezeichnet, sind in na- tura 3—4 mal langer. Castanissa Challengeri, Hancxen. Report, pl. 113, fig. 1. Vergr. 100. Ein Teil der Kugelschale mit dem Pylom. Dasselbe ist im Vergleich mit dem der vorhergehenden Castanellide schon sehr hoch ausgebildet; es ist von be- trachtlicher GréBe, regelmiBig kreisrund und von einer an- sehnlichen Stachelkrone umrahmt. Haeckeliana goetheana, Hanckren. Report, pl. 114, fig. 3. Vergr. 300. Ein Segment der Kugelschale mit dem von einer Stachelkrone umrahmten Pylom. Dasselbe ist ent- standen aus dem Verschmelzungsprodukt von je einer Pore der 2 ihm anlegenden Porenkrinze. . 16—30. Entwicklung eines Pyloms aus einem Radialstachel. Druppatractus xiphias, Haxrcken. Originalzeichnung. Vergr. 214. Beide Polstacheln dieser Form tragen bereits Anzeichen eimes Degenerations- resp. Umwandlungspro- zesses an sich, Xiphatractus Stahlii, nov. spec. Vergr. 170. Der eine Polstachel (am spateren aboralen Pole) ist bis auf eine ko- nische Spitze riickgebildet wahrend der andere (am spiteren oralen Pole befindliche) eine unregelmafige geschrumpfte Gestalt besitzt und allem Anschein nach auf dem Wege der Umwandlung in ein Pylom begriffen ist. 206 Fig. Fig. Fig. Fig. ig. 23. Fig. Fig. Fig. 19. 20. 21. Friedrich Dreyer, Xiphatractus umbilicatus, noy. spec. Vergr. 218. Der am spiater aboralen Pole befindliche Stachel ist bis auf emen Buckel riickgebildet, welcher nabelférmig in die Wand der Schale ein- gesenkt ist. Der andere Polstachel ist bereits in Auflésung und im Auseinanderweichen seiner Teile begriffen, eine Py- loméffnung fassen dieselben jedoch noch cnicht zwischen sich. Es ist diese Art eine sehr interessante Ubergangsform. Tafel VII. Prunopyle pyriformis, noy. spec., nov. gen. Vergr.170. Diese Form ist bereits typisch pylomatisch, schlieBt sich jedoch noch sehr eng an die vorhergehende an und das Pylom 1laSt seinen Ursprung aus einem Polstachel noch deutlich erkennen. Ellipsoxiphus solidus, nov. spec. Vergr. 220. Beide Pol- stacheln sind bis auf polare Zuspitzungen der Schale in die- selbe einbezogen. Lithapium pyriforme, Haxrcxen. Report, pl. 14, fig. 9. Vergr. 300, Der aborale Polstachel ist nur noch in Ge- stalt einer kleinen Spitze vorhanden, wihrend der am spater oralen Pole noch ungeteilt ist. Lithapium halicapsa, Harcxen. Report, pl. 14, fig. 8. Vergr. 300. Am aboralen Pole ist der Stachel vollstandig verschwunden, am spiter oralen Pol dagegen noch unge- teilt vorhanden. Prunopyle monocyrtis, nov. spec., noy. gen. Vergr. 230. Pylomatische Form, welche sich unmittelbar an die vor- hergehende Art anschlieBt. Es zeigt diese Art eine auf- fallende Konvergenz mit manchen Monocyrtiden. Xiphostylus alauda, Haxcxen. Report, pl. 14, fig. 15. Vergr. 400. Der aborale Stachel ist noch vorhanden, wihrend der orale schon in Auflésung begriffen ist. Prunopyle prunoides, nov. spec., nov. gen. Vergr. 220. Diese und die folgenden 5 Formen haben samtlich Pylome, welche von einem Polstachel abzuleiten sind. Prunopyle Haackei, noy. spec., nov. gen. Vergr. 160. Sphaeropyle Kiikenthaliu, nov. spec., nov. gen. Vergr. 214. Die auBere Schale ist aufgebrochen gezeichnet, um die bei tieferer Tubuseinstellung sichtbare Struktur der imneren Schale besser wiedergeben zu konnen. Sphaeropyle Walteri, nov. spec., nov. gen. Vergr. 290. Prunopyle solida, nov. spec., nov. gen. Vergr. 154. Stomatosphaera amphistoma, nov. spec.,nov. gen. Vergr. 214. Hoéchstwahrscheinlich hat man sich diese Form so entstanden zu denken, da sich beide Polstacheln in Pylome umge- wandelt haben. Fig. 31— 38. Entwicklung eines Pyloms aus einem Fig. 31. Stachelbiischel. Cyphinus amphilophus, Harcken. Report, pl. 39, fig. 14. Vergr. 300. Prunoidee mit starken polaren Stachelbiischeln, Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt, 207 Fig. 32. Fig. 36. Fig. 37. Fig. 38. Peripanicium amphicorona, Hanckyn. Report, pl. 40, fig. 8. Verer. 300. Ahnliche Form wie die vorhergehende, jedoch statt der polaren Stachelbiische] mit Pylombildungen. Lithomespilus phloginus, Harcxen. Report, pl. 14, fig. 16. Vergr. 600. Am aboralen Pol befindet sich ein Stachel, wihrend der Pol, an welchem sich spiter eventuell ein Pylom ausbildet, ein starkes Stachelbiischel tragt. Prunopyle Burbachii, nov. spec., nov. gen. Vergr. 214. Die Pylome dieser und der folgenden 4 Formen leiten sich wahrscheinlich von polaren Stachelbiischeln her. Prunopyle craticulata, nov. spec., nov. gen. Vergr. 160. Das Pylom ist von einer diinnen Kiesellamelle umrahmt, welche sich zwischen 4 Randstacheln ausspannt. Tafel VIII. Prunopyle Waltheri, nov. spec., nov. gen. Vergr. 160. Prunopyle Semoni, nov. spec., nov. gen. Vergr. 160. Prunopyle petrosa, nov. spec., nov. gen. Verg. 160. Diese Form ist durch die grofe Dicke der Schale und die am Pylom befindlichen, aufSerordentlich michtig entwickelten, bizarren Felsbildungen ausgezeichnet. Auferdem ist noch besonders bemerkenswert die flachgedriickte Form der Schale. Fig. 39. Sphaeropyle mespilus, nov. spec., nov. gen. Vergr. 435 Fig. 40. Es sprechen gleich viel Griinde dafiir, das Pylom dieser und. der folgenden Form aus einem Stachelbiischel oder aus einem Polstachel abzuleiten. Es mu diese Frage daher hier vollkommen unentschieden gelassen werden, wie ja auch die diesbeziigliche Entscheidung bei manchen der im vorstehenden aufgefiihrten Formen mehr oder weniger unsicher ist. Sphaeropyle ovulum, noy. spec., nov. gen. Vergr. 435. Fig. 41—51, Ein Radialstachel mit basalem Poren- Fig. 41. Fig. 42. Fig. 43. kranz als pylogene Bildung. Acrosphaera inflata, Harcxen. Report, pl. 5, fig. 7. Vergr. 300. Schale einer Collosphaeride, bedeckt mit Ra- dialstacheln, welche an ihrer Basis von vergréferten Schalenporen umgeben sind. Acrosphaera collina, Harcxen. Report, pl. 8, fig. 2. Vergr. 300. Ein Teil der Kugelschale mit Pylombildungen, welche schwankende Zwischenformen repriasentieren zwischen Schalenausstilpung, durch Erweiterung einer Pore ent- standenem Pyloid und Radialstachel mit basalem Porenkranz. Dorataspis micropora, Harcken. Report, pl. 138, fig. 3. Vergr. 300. Skelett einer Acantharie, um die grofen, an 208 Fig. 44. Ee oe pis Fig. 47. Fig. 48. Fig. 49. Fig. 50. Friedrich Dreyer, der Basis der Radialstacheln liegenden Poren (Aspinalporen, Harcket) im Gegensatz zu den kleimen iibrigen Poren der Schale (Coronalporen, Hanckren) zu zeigen.” Coscinaspis parmipora, Hascken. Report, pl. 137, fig. 9. Vergr. 400. Die Hialfte der Schale einer Acantharie, bei welcher die Radialstacheln in Riickbildung begriffen sind. Dieselben sind ebenso lang wie der Radius der Kugelschale und reichen gerade noch an die Wand derselben heran. Hier befinden sich neben dem distalen Ende eines jeden Stachels je 2 groBe Aspinalporen. Sphaerocapsa cruciata, Hascken. Report, pl. 135, fig. 6. Vergr. 150. Die Halfte eimer Acantharienschale (Sphiro- capside), bei welcher die Radialbalken ebenfalls nur noch gerade bis an die Kugelschale heranreichen. Cannocapsa stethoscopium, Harcken. Report, pl. 133, fig. 8. Vergr. 300. Die Halfte der Kugelschale einer Sphaerocapside. Bei derselben sind die Radialbalken noch weiter riickgebildet wie bei der vorhergehenden Form. Sie sind kiirzer wie der Radius der Schale und aus derselben zuriickgezogen. Hierdurch sind in der Kugelschale an den friiheren Durchschnittsstellen der Radialbalken einheitliche Pyloide entstanden. Bei der vorliegenden Art sind die Letzteren noch durch merkwiirdige Réhrenaufsatze ausge- zeichnet. Diplocolpus cristatus, Hancxen. Report, pl. 140, fig. 6. Vergr. 400. Acantharie (Diploconide) mit 2 polstandigen, einem Porenkranz mit zentralem Radialstachel analogen Pylombildungen. Circostephanus coronarius, Harcken. Report, pl. 116. fig. 3. Vergr. 150. Segment der polyhedrischen Schale einer Circoporide (Phiodarie). An einer Polyhederecke be- findet sich anstatt eies Porenkranzes mit zentralem Ra- dialstachel das aus einem solchen hervorgegangene Pylom. Circospathis furcata, Hancxren. Report, pl. 115, fig. 4. Vergr. 100. Die kugelrunde Schale einer Circoporide (Phaeodarie) mit dem aus einem der Radialstacheln mit basalem Porenkranze hervorgegangenen Pylom. Die Ra- dialstacheln dieser Form sind alle gleich gebaut, der Raum- ersparnis halber ist nur einer ausgezeichnet. Von den sichtbaren 6 iibrigen Stacheln sind 4 nur teilweise darge- stellt und 2 gleich an der Basis abgebrochen gezeichnet. Tafel IX. Circogonia icosahedra, Haxcxen. Report, pl. 117, fig. 1. Vergr. 80. Die polyhedrische (icosahedrische) Schale einer Circoporide. An jeder Ecke des Icosaheders befindet sich ein Radialstachel mit basalem Porenkranz, in der Mitte eimes Feldes der Schale das aus einem solchen entstandene Fig. -51. Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 209 Pylom. Die Stacheln sind der Raumersparnis wegen abge- brochen gezeichnet, in natura sind sie gut noch einmal so lang und tragen an ihrem distalen Ende ein Biischel von 6 Stachelspitzen. Tuscarora Wyvillei, Harcxen. Report, pl. 100, fig. 3. Vergr. 30. Die Schale einer mit 6 Stacheln versehenen Tuscaroride (Phiodarie), die Stacheln sind in Wirklichkeit sehr lang, auf der Abbildung ist nur ein Teil derselben dargestellt. Die vorliegende Form hat man sich hervor- gegangen zu denken aus einer 6stacheligen Circoporide. Durch den EinfluB des Pyloms hat die Schale eine ausge- pragt monaxone (ovale) Form angenommen und auch die Ra- dialstacheln haben sich symmetrisch zur Hauptachse orientiert. Sie haben eine circumpolare Stellung eingenommen und zwar umstehen 3 derselben das Pylom, 3 den aboralen Pol. ‘Fig. 52—70. Das Pylom. entsteht durch Auflésung eines Teiles der Gitterschale. Fig. 52. Sphaeropyle heteropora, nov. spec., nov. gen. Vergr. 214. Fig. Etwa in der Mitte der dem Beschauer zugekehrten, sicht- baren Hemisphire der auBeren Gitterkugel dieser Form be- findet sich ein noch in Bildung begriffenes Pylom. Der betreffende Teil der Gitterschale ist in Auflésung begriffen, auch hat sich schon ein Kranz von verstarkten Randstacheln ausgebildet. Die letzteren erscheinen, weil sie nach oben gerichtet sind, natiirlich bedeutend optisch verkiirzt. Sphaeropyle Haeckelii, nov. spec., nov. gen. Vergr. 152. Das Pylom dieser und der folgenden 17 Formen (Fig. 70 incl.) hat man sich durch Auflésung eines Teiles der Schale entstanden zu denken. Sphaeropyle Langii, nov. spec., nov. gen. Vergr. 218. Die 3. und 4. Schale sind aufgebrochen gezeichnet. Sphaeropyle Weissenbornii, nov. spec., nov. gen. Vergr. 115. Die 3. Schale ist aufgebrochen gezeichnet. Ommatodiscus Murrayi, noy. spec. Vergr. 435. Ommatodiscus amphiacanthus, nov. spec. Vergr. 320. Bei dieser Form ist die aborale Bestachelung besonders be- merkenswert. Ommatodiseus variabilis, nov. spec. Vergr. 435. Ommatodiscus bathybius, nov. spec. Vergr. 320. Ommatodiscus spiralis, nov. spec. Vergr. 435. Ommatodiscus ellipticus, nov. spec. Vergr. 218. Ommatodiscus irregularis, nov. spec. Vergr. 290. Tafel X. Stomatodiseus spiralis, nov. spec. Vergr. 290. Mit 2 einander gegeniiberliegenden, polstandigen Pylomen. Fig. 64. Spongopyle circularis, nov. spec., nov. gen. Vergr. 160. Diese sowohl als auch die 3 folgenden Formen smd inners Bd, XXII, N, F. XVL 14 210 Fig. 65. Fig. 66. Fig. 67. Fig. 68. 5 Fig. 69. Friedrich Dreyer, lich spongiés. Erst sekundar hat sich, in Korrelation zur Pylombildung, nach auBen ein vollstaindig glatter Abschlu8 in Form eimer einheitlichen, mit relativ kleinen Poren versehenen Siebplatte, ausgebildet. Spongopyle ovata, noy. spec., nov. gen. Vergr. 160. Spongopyle elliptica, nov. spec., nov. gen. Vergr. 218. Spongopyle variabilis, nov. spec., noy. gen. Vergr. 160. Spongopyle Stéhrii, nov. spec., nov. gen. Vergr. 230. Der auBere Abschlu8 der vorliegenden Form ist noch nicht so gleichmaBig wie bei den vorhergehenden 4 Arten und steht dem spongiésen Habitus noch ziemlich nahe, auch ist er noch nicht so dicht und laBt daher das spongidse Balken- geflecht des Innern noch sehr deutlich hindurchsehen. Es nimmt daher diese Form eine interessante Mittelstellung ein zwischen den 4 vorhergehenden Arten und der folgenden, auch nach auSen vollstandig spongidsen Spongopyle aspera. Spongopyle aspera, nov. spec., nov. gen. Vergr. 435. Diese Form ist durchweg, auch an der Oberfliche, typisch spongiés und besteht aus einem regellosen Geflecht von diimnen Kieselbalken. Larcopyle Biitschlii, nov. spec., nov. gen. Vergr. 435. Um den sehr komplizierten Bau der vorliegenden Form deutlich zur Darstellung bringen zu kénnen, ist der auBere kleimmaschige Schalenmantel auf der Vorderseite fast ganz (bis auf ein kleines Stiick rechts vom Pylom) und auf der Hinterseite in der Mitte aufgebrochen gezeichnet. Ebenso sind von dem inneren, groben, spiraligen Balkengeriist die vordersten Partieen entfernt, um die zentrale, Larnacilla- formige Markschale zu zeigen. Fig. 71—74. Schalenausstiilpungen und Siphonen als Fig. 71. Fig. 72. Fig. 73. Fig. 74. pylogene Bildungen. Conosphaera orthoconus, Harcxen. Report, pl. 12, fig. 2. Vergr. 200. Die Halfte der Kugelschale, um die zahlreichen dieselbe bedeckenden Ausstiilpungen der Schale zu zeigen. Pipetta tuba, Hancxen. Report, pl. 39, fig. 7. Vergr. 300. Die Halfte der kugeligen Schale mit einem der beiden polaren Réhrenaufsiatze. Jugendstadium einer ahnlichen Prunoidee wie die vorher- gehende, bei welcher jedoch die beiden Tuben an den Polen noch nicht zur Entwicklung gekommen sind. Dasselbe ist ganz analog gebaut einer an beiden Polen mit einem Pylom versehenen Sphaeroidee (Stomatosphaera) und einer solchen zum Verwechseln ahnlich. — Vergr. 152. Cannartidium mastophorum, Hacker. Report, pl. 39, fig. 17. Vergr. 150. Prunoidee mit seitlichen Ausstiil- pungen der Schale, bei welcher die polaren Aufsatze eine schwankende Mittelstellung einnehmen zwischen Siphonen und Schalenausstiilpungen. Pig)’ 75: Hig 76. Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 211 Prunopyle antarctica, nov. spec., nov. gen. Vergr. 218. Die kleinen Poren der auferen (4.) Schale liegen in Gruppen beisammen, welche mit den groBen Poren der unmittelbar darunter liegenden 3. Schale korrespondieren. Der aborale Pol ist durch ein dichtes Nest von Stacheln ausgezeichnet. Bei dieser und der folgenden Form bieten sich keine An- haltspunkte, um die Art der Entstehung ihrer Pylome mit einiger Sicherheit beurteilen zu kénnen. Stomatosphaera dinoceras, nov. spec., nov. gen. Vergr. 115. Die Stacheln in der Umgebung der beiden Pylome (beson- ders des gréBeren unteren) sind durch riesige Dimensionen ausgezeichnet. Die vorliegende Art ist iiberhaupt von ziem- lich ansehnlicher GréBe und nur der Raumersparnis halber in klemem Mafstabe wiedergegeben. Fig. 77—84. Verschiedene Typen der Riickbildung Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Li & 79. 80. 81. 82. 83. 84. des primaren Pyloms der Nassellarien. Archicorys porostoma, noy. spec. Vergr. 290. Das Pylom ist bis auf eine Pore reduziert, welche sich durch ihre GréBe nur wenig von den gewoéhnlichen Poren der Schale unter- scheidet. Artocapsa fusiformis, Harcxen. Report, pl. 76, fig. 5. Vergr. 400. Das Pylom ist zu einem Polstachel riickge- bildet. Tiarospyris amphora, Harcxen. Report, pl. 87, fig. 8. Vergr. 400. An die Stelle des Pyloms ist ein dichtes Stachel- biischel getreten. Tafel XI. Theocapsa Lamarckii, Haxcxen. Report, pl. 66, fig. 16. Vergr. 400. Die Stelle des friiheren Pyloms ist durch ein Gitterwerk verschlossen, welches aber noch viel gréBere Poren besitzt wie die iibrige Schalenwand. Kin Seitenstiick zu Sphaeropyle heteropora (Fig. 52), jedoch ist hier der Entwicklungsgang gerade umgekehrt. Lithochytris galeata, Hancxren. Report, pl. 67, fig. 16. Vergr. 400. Das Pylom ist vollstandig geschlossen, an die Stelle der 3 Basalstrahlen sind 3 Schalenausstiilpungen ge- treten. Theosyringium tibia, Harcxen. Report, pl. 68, fig. 4. Vergr. 300. Das Pylom ist zu einem langen Sipho riick- gebildet. Halicapsa triglochin, Harcxen. Report, pl. 53, fig. 3. Vergr. 200. Das Pylom dieser Form ist spurlos verschwunden und die Schale findet an dem frither oralen Pole einen gleichmiBigen runden AbschluB. Tricolocapsa Decandollei, Harcxen. Report, pl. 66, tig. 4. Vergr. 300. Nicht nur das Pylom, sondern auch Apikal- 14* 212 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 86. 87. 88. 89. 90. 9 93. 94. —_ Friedrich Dreyer, und Basalstrahlen (resp. -stacheln) sind spurlos verschwun- den. Die Poren sind regelmaBig spiralig angeordnet. Anomalina polymorpha, Costa. Brapy, Report, pl. 97, fig. 3. Vergr. 35—45. Eine Thalamophore, bei welcher trotz des spiralen Wachstums der Schale ein bestimmter aboraler Pol durch einen dem Pylom genau _ gegeniiber- legenden apikalen Hicker markiert ist. Coronosphaera amphistoma, nov. spec. Vergr. 214. Wah- rend bei den meisten Collosphaeriden die Pylombildungen in variabler Anzahl und regelloser Verteilung vorhanden sind und demnach noch auf der Stufe der Pyloide stehen, sind bei dieser Art konstant 2 Pylombildungen vorhanden, welche sich an den beiden Polen der Schale gegeniiber- stehen. Dieselben sind demnach hier nicht mehr als Pyloide, sondern als Pylome anzusprechen. Campascus cornutus, Lemy, Fresh-water Rhizopods, pl. 34, fig. 21. Vergr. 250. Agglutinierender Rhizopode von eudi- pleurer (bilateral-symmetrischer) Grundform. Difflugia corona, Wau. Buocumann, Mikroskopische Tier- welt des SiiBwassers, Taf. 1, Fig. 23. Vergr. 100. Difflugia- art von typisch monaxoner Grundform. Der aborale resp. apikale Pol der Schale ist von 4 regelmaBig verteilten Hérnern umstellt. Difflugia marsupiformis, Watu. Birrscuii, Protozoa, Taf. 3, Fig. 2. Difflugiaart von eudipleurer (bilateral-symmetrischer) Grundform. Difflugia (Lecqueureusia) spiralis, Lect. Birscui1, Pro- tozoa, Taf. 3, Fig. 9. Difflugiaart mit beginnendem spiralen Wachstum der Schale. Varietaét, wahrscheinlich von Spongopyle circularis, mit sehr groBem Pylom und von eudipleurer (bilateral -sym- metrischer) Grundform. In der Struktur der Schale stimmt diese und die folgende Form vollstandig mit Spongopyle circularis iiberein, deshalb und weil bei beiden Formen nur die Gesamtform der Schale bemerkenswert ist, ist bei beiden nur der aufere Umrif der Schale dargestellt. Varietat von Spongopyle circularis mit groBem Pylom und verkiirzter Hauptachse. In die Konturen von Fig. 91 eingezeichnet. Challengeron Buchanani, Harcxen. Report, pl. 99, fig. 12. Vergr. 300. Challengeride mit stark entwickeltem Stachel- biischel am aboralen Pol und einem einseitig vorhandenen Randgebilde am Pylom, wodurch die Schale ein bilaterales Geprage erhialt. Thurammina papillata, Brady, Report, pl. 36, fig. 12. Vergr. 50. Eine agglutinierende Thalamophore mit kon- zentrischem Wachstum der Schale. Die auBere (Rinden-) Pylombildungen bei Radiolarien und Protisten iiberhaupt. 213 Schale ist aufgebrochen und zeigt in ihrem Innern eine zentrale Markschale (primordial chamber, Brapy), welche durch einige Radialbalken mit der ersteren in Verbindung steht. Fig. 95. Orbulinella smaragdea, Enrz. Birscuui, Protozoa, Taf. 4, Fig. 4. Die Schale dieses Rhizopoden besitzt kein Pylom, sondern ist von einer groBen Anzahl gleich groBer, gleich- maBig verteilter Poren durchbohrt, durch welche die Pseudo- podien allseitig ausstrahlen. In der Mitte der Schale ist der Zellkern sichtbar. Fig. 96. Cochliopodium bilimbosum, Lerpy, Fresh-water Rhizopods, pl. 32, fig. 5. Die dorsale Seite dieses Rhizopoden ist von einer glockenférmigen Schale bedeckt. Letztere ist nach unten weit geédffnet und strahlen von hier die Pseudopodien aus. An der dorsalen Seite, dicht unter der Schale, legt der groBe Zellkern. Fig. 97. Spongopyle setosa, nov. spec., nov. gen. Vergr. 115. In- dividuum, welches nur eine ganz schwache Anlage eines Pyloms besitzt und eine Zwischenform reprasentiert zwischen dem vollstindig pylomlosen Spongotrochus antarcticus und der typischen Spongopyle setosa. Die Anlage des Pyloms besteht in einer kleinen Einkerbung der Schale. Von dieser aus fithren nach dem dunkleren Zentrum der Scheibe einige stirkere Radialbalken, welche eine hellere RadialstraBe zwischen sich fassen. Diese Radialbalken setzen sich distal- warts in die Randstacheln des Pyloms fort. Die letzteren zeichnen sich in manchen Fallen, wie bei dem abgebil- deten Individuum, vor den iibrigen Stacheln der Scheibe durch gréBere Lange aus, oft sind sie aber auch von den- selben durch nichts unterschieden, so daB sich dann die Pylomanlage nur in der hellen RadialstraBe und der kleinen Randeinkerbung zu erkennen giebt. Fig. 98. Spongopyle setosa, nov. spec., nov. gen. Vergr. 115. Orales Segment eines Individuums mit einem typisch aus- gebildeten, sehr groBen Pylom. Im iitbrigen stimmt diese ; Form mit der vorhergehenden iiberein. Fig. 99. Spongopyle osculosa, nov. spec., nov. gen. Vergr. 152. Jugendstadium, bei welchem sich der auBere glatte sieb- plattenartige AbschluB noch nicht gebildet hat. Fig. 100. Spongopyle osculosa, nov. spec., nov. gen. Vergr. 152. Ausgewachsenes Individuum, bei welchem sich der aufBere glatte SiebplattenabschluB gebildet hat. Das bei der Jugend- form an der Stelle des Pyloms hervortretende Biindel von Radialbalken ist hier zur Halfte seiner Linge von dem glatten Schalenmantel eingeschlossen und so mit in die Scheibe einbezogen worden, es markiert sich hier als eine helle RadialstraBe, welche jedoch kiirzer und unscheinbarer ist wie bei Spongopyle setosa, oft ist sie sogar ganz un- sichtbar. Die distalen Enden des Radialbalkenbiindels sehen 214 Fr. Dreyer, Pylombildungen bei Radiolarien u. Protisten, als Randbestachelung aus der in dem einheitlichen Schalen- mantel befindlichen Pyloméffnung hervor. Fig. 101. Archicorys microstoma, Harcken. Report, pl. 51, fig. 12. Vergr. 400. Fig. 102. Cyrtophormis tabulata, Hazcxen. Report, pl. 79, fig. 2. Vergr. 400. Die Poren dieser Cyrtoidee sind in regel- maBigen Langs- und Querreihen angeordnet, sowohl der Apikal- und die Basalstrahlen, als auch die Lingsgliederung der Schale sind vollstandig riickgebildet. Fig. 103. Tripterocalpis ogmoptera, Haxecxen. Report, pl. 51, fig. 3. Vergr. 300. Einer der 3 Basalstacheln befindet sich auf der hinteren Seite der Schale. Corrigenda. Seite 119, Zeile 7 von unten statt ,Stylotrochus* lies ,Spongo- trochus“. Seite 157, Zeile 16 von oben statt ,aboralen“ lies ,oralen“. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohlo) in Jena, — 509 Die Erscheinungen der Vererbung bei einem Kreuzungsprodukte zweier Varietaten von Hordeum sativum. Von G. Liebscher, Professor der Landwirtschaft a. d. Univ. Jena. Im Jahre 1885 gelang es dem um die Erforschung der Be- fruchtungsverhiltnisse unserer Getreidearten so hochverdienten Herrn Amtsrat W. Rmmpau in Schlanstedt einige kastrierte Ahren von Hordeum Steudelii Kcke. mit Pollen von Hordeum trifurcatum Scut. zu befruchten und im folgenden Jahre eine gréSere Anzahl Ahren des Kreuzungsproduktes zu erhalten. Er hatte die Gitite, mich durch Zusendung einiger derselben zu grossem Danke zu verpflichten, so dafi ich bei dem Nachbau derselben die folgenden Beobachtungen machen konnte. Auch Wirrmack erhielt einige Ahren des Bastardes und ver- éffentlichte eine Beschreibung und Abbildungen derselben in der Deutschen landwirtschaftlichen Presse, Jahrgang 1887, No. 25, wobei er ihnen den Namen Hordeum vulgare Rimpaui (Wirrmack) gab. Hier sei nur kurz auf die hauptsichlichsten Kigentiimlich- keiten der Eltern und des Bastardes hingewiesen. H. Steudelii Q UH. trifurcatum Bastard cranes 2-zeilige G. 4-zeilige G., also 2-zeilige G. apeemenies \ mit verkiimmerten mit fruchtbaren mit entwickelten, aber unfrueht- . Fj | Seiteniihrchen Seiteniihrchen baren Seiteniihrchen Begrannung: Grannen G. Léffel-G. mit Léffel-G. mit gestielten sitzenden Loffeln Léffeln Farbe: schwarz weils Spelzen der Hauptiihrchen schwarz “n », Seitenaéhrchen weils, Loffel schwarz und weils Beschalung: Korner mit den Korner nackt K6rner halbnackt, d. h. nur Spelzen ver- stellenweis mit den Spelzen wachsen verwachsen Bd, XXII. N, F, XVI, pis) 216 G. Liebscher, Die Eltern sind also méglichst verschiedenartig und trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, zeigt der Bastard nicht nur eine auffallende Gleichartigkeit aller Ahren, sondern auch in so vor- ziiglicher Weise das Mittel zwischen den Eigenschaften der Eltern, wie dies nur tiberhaupt denkbar ist. 1887 siete ich die Korner von drei meiner Ahren auf einem kleinen Beete des landwirtschaftlichen Gartens aus und erhielt, trotzdem nur reichlich die Halfte der Kérner aufgingen, doch 56 Pflanzen, die sowohl in ihren physiologischen Eigenschaften, z. B. in der Zeit des Schossens der Bliite und der Reife, als auch in ihren morphologischen Verhaltnissen ein auferordentlich verschieden- artiges Verhalten aufwiesen. So reiften beispielsweise einzelne Pflanzen schon zu Anfang August, wihrend eine zu Anfang Ok- tober in einen Topf verpflanzt werden muSte und Anfangs No- vember endlich einige Ahren reifen lieS. Ebenso bedeutend waren die Formverschiedenheiten, denn es waren nahezu alle Kombinationen der elterlichen Eigenschaften vertreten. Herr Amtsrat Rmpau hatte die typischsten Formen aus der von ihm in gleicher Weise erhaltenen Nachzucht auf der diesjihrigen Ausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft in Breslau zur Ansicht ausgestellt und riefen dieselben allgemeines Interesse wach, es waren folgende 16 Formen: Loffelgerste Grannengerste ‘ —— . schwarz weils schwarz weils 2-zeilig 4-zeilig 2-zeilig 4-zeilig 2-zeilig A4-zeilig 2-zeilig 4-zeilig SS ao, — —— es ee eens) acne’ — a o o o o o = o 5 r=) 3 5 2 2 watoeeh eyueibieihe oe oBofl Bonieg elaorieae o ° ic) ° ic} ° oO ic) ic) ic) re) oO ° ° ° ic Ss Ue Pa pr: my ea So Se Bal ae far lat eis > co ~ oe i=) er =} ct =) rs i) co ~ ct i) ion = = = = = = = = 45, 92 3. 4 bat £6 7 9 W400!) A012 Wows Ta) telovemt6 Ich erhielt infolge der geringeren benutzten Saatgutmenge auf meinem Beete nicht alle diese Typen, aber doch die meisten der- selben und daneben noch manche Abnormititen und Ubergangsformen, so da8 ich im stande war, von 19 verschiedenartigen Formen je eine Ahre zum Vergleiche aufzubewahren und eine oder zwei andere méglichst gleichartige im Garten der Lehranstalt fiir Land- wirte zu Jena auf ein und demselben Beete, aber doch die Kérner jeder Ahre getrennt, auszusien. Zur Zeit der Saat war wegen un- giinstiger Witterung der zihe Thonboden des Gartens nicht so normal zurecht zu machen, als es wiinschenswert schien, und mag hierauf und vielleicht auch auf Keimungsunfahigkeit vieler Samen Vererbung bei Kreuzungsprodukt. v. Hordeum sativum. 217 ein liickenhafter Stand zuriickzufiihren sein, der die Starke des Schossens natiirlich beeinfluBte. Jedenfails kann ich deshalb auf die beobachteten Verschiedenheiten in der zeitlicheu Entwicklung und in der Ergiebigkeit der einzelnen Formen keinen Wert legen und beschranke mich darauf, im Nachfolgenden aus den diesjahrigen Beobachtungen nur dasjenige mitzuteilen, was, wie ich glaube, ein allgemeines Interesse besitzt. Wie sich die Variation bei jeder einzelnen meiner 19 Typen der 2. Generation gestaltet hat, tiber- gche ich deshalb mit der Bemerkung, da8 nur einzelne sich darauf beschrankten, 2 oder 3 ahnliche Formen zu liefern, daf dagegen die Mehrzahl 4 —12 verschiedene Formen gab. Wichtiger ist die Variation an den einzelnen Teilen der Ahren, sowie im Habitus derselben. Die Spindel In der ersten, von Rimpau gezogenen, Bastard-Generation war die Spindel von der fiir die Elterformen charakteristischen und bei beiden ungefahr gleichen Briichigkeit resp. Zahigkeit, die nicht geringer ist als bei den bekannteren Formen der Saatgerste. 1887 fielen mir jedoch einige Ahren, namentlich yon der schwarzen, 2-zeiligen bespelzten Léoffelgerste durch die gréfSere Briichigkeit der Spindel auf. Die Nachzucht einer solchen Ahre brachte in diesem Jahre (1888) im ganzen 65 Ahren, von denen 54 diese Eigenschaft geerbt hatten. Daneben fanden sich aber auch in der Nach- zucht anderer Formen vereinzelte oder gréfere Mengen von Ahren, die schon bei ganz geringem Drucke an ein Korn in derselben Weise auseinanderbrechen, wie der Spelz oder wie die in Asien wild wachsende Gerste, H. spontaneum (Kocu). Wie bei diesen sitzen dagegen die Scheinfriichte ziemlich fest an ihrem Spindel- gliede, so daf beim Ausreiben der Ahren nur Veesen, nicht aber einzelne Korner zu erhalten sind. Etwas derartiges findet sich weder bei den Elterpflanzen noch bei einer anderen Kulturform der Gerste und muf wohl als Riick- schlag auf eine Stammform mit briichiger Spindel, als atavistische Erscheinung, gedeutet werden. Die Verschiedenheiten in dem Aussehen der Grannen waren nur unbedeutend, jedoch erinnert manche Granne durch ihre Stiirke an H. spontaneum, im allgemeinen sind die Grannen sehr lang entwickelt. 15* 218 G. Liebscher, Variationen in der Gestalt der Léffel. Die Léffel des als Vaterpflanze verwendeten Hordeum trifurca- tum beschreibt K6rnicke (Arten und Varietiten des Getreides, p. 170), wie folgt. ,,Die auferen Spelzen mit rinnenférmig - ka- puzenartig erweiterter, aufrechter oder etwas nach aufSen zuriick- gekriimmter Spitze, ohne eigentliche Grannen, aber mit einwirts gebogenem, schmalem, krautigem Aufsatz; die Kapuze an beiden Seiten ihrer Basis mit einem dreiseitigen, flachen, spitzen oder zu- gespitzten, derben oder bis 2 cm grannenartig verlingerten Lappen .. .“ Bei unseren Kreuzungsprodukten aiaei sich dieser Beschrei- bung entsprechende Ahren von weifer, schwarzer oder Mischfarbe, und auch zahlreiche Ahren mit dunkeln Spelzen und _hellbriun- lichen, gelben oder weifen Léffeln, und alles dies sowohl in zwei- zeiliger oder in vierzeiliger Form und mit nackten oder mit be- schalten Friichten. Auger diesen normalen, sitzenden Léffeln kommen aber auch viele mehr oder weniger (bis zu 2'/, cm) lang gestielte Léffel vor, und erscheint es durchgehends als Regel, daf die 2-zeiligen Formen die Neigung zur Entwicklung langer Léffelstiele stirker ausge- pragt zeigen als die 4-zeiligen, deren Loffelstiele nur wenig iiber 1 cm lang werden. Fast niemals bei sitzenden, selten bei relativ kurzgestielten, sehr haufig bei langgestielten Loffeln, fanden sich mehr oder weniger eutwickelte Bliiten in den Kapuzen, von denen sich eine sogar zu einem kleinen nackten Korne entwickelte. Bei den relativ langgestielten Loffeln ist auSerdem nicht selten die Spitze der Kapuze mit einer haarférmigen, feinen, geschlingelten Granne versehen, wie K6rnicke dieselbe bei H. Horsfordianum WirrmAck erwahnt. Man kénnte hierin viel- leicht einen Ubergang zur Grannenbildung erblicken, der aber auch unverkennbar in einer anderen Form auftritt. Diese ist da- durch charakterisiert, da die Kapuzen und ihre seitlichen Aus- laufer bei langgestielter Loffelgerste zu feinen, oft pfeilformigen Spitzen reduziert werden und an einzelnen Ahrchen schlieflich ganz verschwinden, so dafi diese dann eine relativ kurze, dicke Granne statt des gestielten Loffels tragen. Bemerkenswert er- scheint es mir, daf bis jetzt alle derartigen Mittelformen zwischen Grannen- und Léffel-Gerste immer deutlich den Habitus der letzteren aufweisen. -— Vererbung bei Kreuzungsprodukt. v. Hordeum sativum. 219 Vererbungstreue der Léffel und Grannen. An dieser Stelle sei erwahnt, daf tiberall in der 3. Generation, die aus Léoffelg.-Saatgut abstammte, vereinzelte Pflanzen mit Grannen gefunden wurden, daf aber da wo Granneng. ausge- siiet war, bei mir gar keine Léoffelgerste, bei Herrn Amtsrat Rimpavu nur eine oder zwei Pflanzen mit Léffeln unter Tausenden begrannter Pflanzen zu finden waren. Man darf deshalb woil sagen: es zeigen sich an Loffelgersten- Ahren Riickschlage auf die begrannte Form, nicht aber umgekehrt, die Grannengerste muf deshalb die altere von beiden Formen sein. Ubergange in der Farbe. zeigen sich bei allen Formen unserer Bastarde, und zwar in der Weise, dal die Grannen resp. Loéffel hiufiger und intensiver hell werden als die Spelzen, so daf nicht nur alle Farbenténe von blauschwarz und braunschwarz bis zu gelblichweiS vorkommen, sondern daf noch haufiger die Ahre bunt ist, indem die Spelzen dunkel, die Grannen oder Léffel hell sind. Die erste Bastard-Generation war, wie erwaihnt, ausgezeichnet durch schwarze Mittelahrchen mit bunten Loffeln und weife un- fruchtbare Seitenihrchen. Diese Art der Farbung war in der 2. Generation nicht zu beobachten, ist aber jetzt in der 3. wieder- um vereinzelt aufgetreten, wenn auch nicht mit dem reinen Weif der 1. Generation. Vererbung der Farben von der 2. auf die 3. Generation. Die von weifer Aussaat gezogenen Ahren sind simmtlich weif. Die von schwarzer Aussaat gezogenen Ahren sind in 2 Fallen wieder simmtlich schwarz, sonst ist aber daraus ein Gemisch von schwarzer, weifier und bunter Gerste hervorgegangen. Schliisse auf ein gréferes Alter der weifen Farbung sind hieraus aber noch nicht zu ziehen, denn es kann nicht mit Sicherheit behauptet werden, daf die Aussaat in allen Fallen wirklich aus rein schwarzen Ahren bestanden hatte, die keine hellen Stellen besafen. Den Anschein hat allerdings die diesjihrige Ernte erweckt, als habe die weile Farbe eine gréfere Konstanz oder Vererbungskraft als die schwarze. 220 G. Liebscher, Zwei- und Viel-Zeiligkeit. Vererbung derselben. Von zweizeiliger Aussaat wurden geerntet: von weifen Ahren 404 zweizeilige, 50 vierzeilige von schwarzen ,, 747 be 221 - Sa. 1151 zweizeilige, 271 vierzeilige. Von vierzeiliger Aussaat wurden geerntet: von weifen Ahren — zweizeilige, 176 vierzeilige von schwarzen ,, — A 567 Rs Sa. — zweizeilige, 743 vierzeilige. Aus diesen Zahlen zeigt sich wohl unzweideutig eine gréfere Konstanz der vierzeiligen gegentiber der zweizeiligen Form. Ubergiinge von Zwei- in Vierzeiligkeit. Diese sind ziemlich haufig vorgekommen in der Weise, wie KOrnicKe die Formen schildert, aus denen er seine Varietit H. transiens herausgeziichtet hat. Es finden sich also an zwei- zeiligen Ahren, sowohl vom Typus H. deficiens Sreup. als auch bei solchen, die Seitenahrchen mit mannlichen Bliiten tragen, ver- einzelte fruchtbare Seitenahrchen, ohne daS die Ahre dadurch im geringsten das Aussehen von H. distichon verlére. Ebensowenig als irgend ein friiherer Beobachter konnte ich aber eine Ahre entdecken, welche durch Defekt aus einer vierzeiligen sich in eine zweizeilige zu verwandeln schien. Das vereinzelte Auftreten frucht- barer Seitenahrchen an zweizeiligen Ahren, die Inkonstanz der Zweizeiligkeit bei der Vererbung im Gegensatze zu der Konstanz, mit welcher die} Vierzeiligkeit jetzt schon vererbt wurde, laft wohl keine andere Deutung zu als die, dafi H. polystichon die Altere und H. distichon die jingere Form von H. sativum sei. Formen der zweizeiligen Gerste. Es waren zunachst die Hauptgruppen zu unterscheiden, welche Voss (Systematik der Saatgerste, in Journal f. Landwirtschaft, 33, p. 271) aufstellt und die sich durch das Vorhandensein unfrucht- barer Seiteniihrchen mit mannlichen Bliiten und andererseits durch die Verkiimmerung derselben resp. ihre Geschlechtslosigkeit leicht Vererbung bei Kreuzungsprodukt. vy. Hordeum sativum. 221 unterscheiden lassen‘). Innerhalb jeder dieser beiden Gruppen fanden sich Ahren mit Grannen und solche mit Léffeln. Jede der so gebildeten 4 Abteilungen lat sich wiederum in schwarze und weife und diese wiederum in nackte und beschalte Formen zer- teilen. Da bei allen diesen Gruppen zur Reifezeit aufrechtstehende und nickende resp. dichte und lockere Ahren und bei den Liffel- gersten eine Verschiedenheit in bezug auf die Linge der Léffel- stiele mehr oder weniger gut zu erkennen war, so wurden aus jeder der 8 Gruppen von Grannengersten, fiir die kiinftige Aus- saat und Konstanzierung, einige méglichst typische nickende resp. aufrechte Ahren und aus jeder der 8 zweizeiligen Loffelgersten ein Muster mit méglichst sitzenden und eines mit moéglichst lang- gestielten Loéffeln ausgesucht. Unter den Grannengersten fanden sich auferdem einige, die durch starkes Spreizen der Grannen und durch deutlich pyrami- dale Form der Ahren an H. zeocrithon L. erinnern. Es soll des- halb versucht werden, auch diese Form konstant zu machen und in Zukunft typischer auszuwahlen. Auf noch andere geringfiigigere Unterschiede wie Linge und Breite der Ahren oder Korner, Farbe der nackten Friichte, Breite der Klappen, einzugehen hielt ich derzeit nicht fiir zweckmiafig, ob- wohl auch darin einige Unterschiede herauszufinden sein diirften. Formen der mehrzeiligen Gerste. Die Unterschiede: schwarz und weil, mit Grannen und Léffeln, beschalt und nackt sind auch bei H. polystichon zur Bildung von 8 Gruppen benutzt worden. Da saimtliche Ahren aber dem vierzeiligen Typus (H. vul- gare L.) angehéren, so konnte nicht, wie es sonst am nachsten gelegen hatte, weiter nach Vier- und Sechs-Zeiligkeit eingeteilt werden. Bei drei von den vier Gruppen der vierzeiligen Grannen- gerste stark, bei der 4ten weniger gut ausgepragt, bestand aber ein auffalliger Unterschied zwischen der Hauptmasse lockerer, langer und einer Minoritiit von kurzen, dichten, stark spreizenden Ahren, so daf sich hierdurch eine weitere Teilung analog der bei den zweizeiligen Grannengersten vorgenommenen von selbst aufdrangte. 1) Natiirlich sind auch eine ganze Anzahl solcher Ahren ge- erntet worden, die beide Gruppen-Charaktere in sich vereinigen. 222 G. Liebscher, Die vier Formen vierzeiliger Léffelgerste wurden auch wieder eine jede nach sitzenden und gestielten Léffeln in zwei Unterabteilungen eingereiht. Nur einige wenige Ahren vierzeiliger Léffelgerste deuten die Merkmale von H. hexastichon an, es soll versucht werden, diese noch typischer zu gestalten. Ob dies gelingen wird, bleibt frei- lich fraglich. Abnormititen. Auger diesen als normale zu bezeichnenden Formen und den als Ubergange von einer zu der anderen Form anzusehenden Ab- weichungen, welche oben Erwihnung fanden, traten auch in diesem Jahre wieder einige Abnormititen auf. Namentlich verdient als solche Erwahnung die vereinzelt vorgekommene Zweiblitigkeit der Ahrchen. Diese Erscheinung fand sich aber in der vorjahrigen 2. Generation haufiger als jetzt. Ihr Wesen ist durch den Namen | ja schon so gut wie erklart; es treten, meist an der unteren Halfte der Ahre, Zwillingskérner auf, die leicht an einer oben oft ge- spaltenen Granne mit 2 Kielen zu erkennen sind, und nicht selten findet man dann hodher herauf an der Ahre, da einzelne Mittel- ahrchen sich verdoppelt haben, so daf die Ahre auf den ersten fliichtigen Blick als ein Mittelding zwischen zwei- und vierzeiliger Form erscheint. Korner aus zwei solchen Ahren voriger Ernte haben in diesem Jahre, nach mangelhaftem Aufgange, hervorge- bracht: a) 36 fast ausnahmslos taube vierzeilige, 27 normale, vorziiglich schwere und grofe zweizeilige und 3 Ahren mit je einem Zwillingskorne. b) 96 zum Teil sehr kraftige zweizeilige und 5 Ahren mit vereinzelten fruchtbaren Seitenahrchen. Die Aussicht, diese Ab- normitat konstant zu machen, scheint hiernach nur gering zu sein. Die duBerst mangelhafte Vererbung dieser Abnormitat lait wohl kaum die Ansicht zu, daf wir es in ihr mit einem Riick- schlage zu thun haben, wie Nowacki (Getreidebau, p. 280) an- nimmt, der diese Erscheinung 1885 auf einem Felde, wahrschein- lich als Folge einer natiirlichen Kreuzung zwischen gewoéhnlicher zwei- und vierzeiliger Gerste, auffand. Dann wurden im vorigen Jahre eine und in diesem Jahre finf Ahren beobachtet, die eine gréfSere Anzahl Ahrchen auf jedem der oberen Spindelabsitze zeigten, eine Erscheinung, welche auch HocustTerrer und Kornicke schon ahnlich beobachteten. Vererbung bei Kreuzungsprodukt. v. Hordeum sativum, 223 Ich fand dieselbe in folgender Weise entwickelt: Die Ahre ist bis in die Mitte der Spindel herauf normal zweizeilig, dann finden sich einander gegeniiberstehend auf einem Spindelabsatze zwei sonst normale Gruppen 4 3 Ahrchen. Der nichsthéhere Absatz zeigt dasselbe oder eine nochmalige Ver- doppelung, so daf rund um die Spindel herum in gleicher Hohe 4 Gruppen 4 3 Ahrchen stehen, die dann fast simtlich taub ge- blieben sind. An noch hdheren Spindelabsitzen fand sich dann ein solches Spelzen- und Klappen-Gewirr, daf eine Zahlung un- moglich wurde. Auch diese Ahren diirften wohl nach den Erfahrungen von KOrNICKE, der dieselbe Erscheinung schon einmal studierte, nur voriibergehend ohne Vererbungsfihigkeit auftretende Monstrositaten vorstellen. Riickblick. Aus dem Gesagten geht hervor, daf es méglich ist, aus den Kreuzungsprodukten einer vierzeiligen mit einer zweizeiligen Gerste ein liickenloses System aller denkbaren Formen der zwei- und vierzeiligen Saatgerste zu entwickeln und halte ich es z. Z. auch nicht fiir ausgeschlossen, daf auch die sechszeilige Gerste daraus hervorgehen kann, und dann miifte mandarin einen Wahrscheinlich- keitsbeweis fiir die Ansicht erblicken, daf alle Formen der Saatgerste derselben Species angehéren. Auch fiir die Frage nach der Ab- stammung der Saatgerste scheinen mir manche der mitgeteilten Erscheinungen nicht unwichtig, trotzdem natiirlich eine weitere Be- stitigung der diesjihrigen Resultate in der Folge noch abgewartet werden mu, bevor man die nachfolgenden Schliisse als bewiesen ansehen darf. Es deutet a) die Unsicherheit in der Vererbung der Léffel gegeniiber der sicheren Vererbung der Grannen, ebenso wie das Auftreten yon einzelnen Grannen an Léffelgersten, wihrend nie ein Auftreten von einzelnen Léffeln an Grannengerste zu beobachten war, darauf hin, dafS die Grannengerste die altere Form ist. b) Mit weniger Sicherheit deutet das Verhalten der weifen und der, schwarzen Farbe darauf, dafi die letztere eine spater er- worbene Kigentiimlichkeit der Gerste sei. c) Die zahlreichen Riickschlige aus der zweizeiligen in die vier- zeilige Form und das Aussehen der selteneren Mittelformen, gegen- tiber der absolut sicheren Vererbung der Vierzeiligkeit, deuten darauf hin, daf die vierzeilige Form alter ist als die zweizeilige, 224 G. Liebscher, d) Die merkwiirdige, sofort erbliche Erscheinung einer grofen Briichigkeit der Spindel 148t darauf schlieSen, daf die urspriing- liche Stammform der Saatgerste diese Eigenschaft ebenfalls gehabt haben muB. e) Die Thatsache, da8 nur die Anfiange der fiir sechszeilige und fiir Pfauengerste typischen Formen und auch diese nur in ganz vereinzelten Ahren da sind, wahrend doch die unter d er- wahnten Riickschlige auf eine Stammform der Saatgerste viel hiufiger und pragnanter auftraten, deutet darauf hin, daf die vierzeilige Gerste alter als die sechszeilige, und daf die Pfauen- gerste aus der gewohnlichen zweizeiligen hervorgegangen ist. Wenn diese letzten Schliisse richtig sind, so ist bei einer Kreuzung zwischen Pfauengerste und sechszeiliger Gerste ein deutlicher Riickschlag auf die vierzeilige zu erwarten. Zum Schlusse fiige ich noch ein Verzeichnis der Gerste- Variationen bei, welche aus unseren Bastarden 3. Generation aus- gewahlt wurden, um zu versuchen, wie sich dieselben verhalten, bis sie zu konstanten Sorten geworden sind. I, Grannengerste. A) WeifB. a) Mit verkiimmerten Seitenaéhrchen: 1 nackt, nickend, 2 ot van eCi bs 3 beschalt, nickend, 4 S aufrecht ; b) mit unfruchtbaren Seitenahrchen: 5 nackt, nickend, 6), 4s, aufrecht; 7 beschalt, nickend, 8 . aufrecht ; c) mit fruchtbaren Seitenihrchen (vierzeilige Gerste): 9 nackt, locker, 10 ,, — dicht, 11 beschalt, locker, 12 s dicht. B) Schwarz. No. 183—24 genau entsprechend A No. 1—12. Vererbung bei Kreuzungsprodukt. y. Hordeum sativum. 225 Il. Léffelgerste. A) WeiB. a) Mit verkiimmerten Seitenihrchen: 25 nackt, sitzende Léffel, 26 , gestielte ,, 27 beschalt, sitzende Léffel, 28 a4 gestielte _,, b) mit unfruchtbaren Seitenahrchen: 29 nackt, sitzende Léffel, 30 , gestielte _,, 31 beschalt, sitzende Loffel, 32 s gestielte ,, c) mit fruchtbaren Seitenihrchen (vierzeilig) : 33 nackt, sitzende Léftel, 34 4, gestielte ,, 35 beschalt, sitzende Léffel, 36 BI gestielte _,, B) Schwarz. No. 37—48 genau entsprechend den No. 25—36. _ _Hierzu kommen noch vorlaufige Versuche mit Farben- und Form- Ubergingen, bei deren Anbau es mir einstweilen nur darauf ankommt, mehr Beobachtungsmaterial zu erhalten, als ich bis jetzt besitze. Das Verhalten der Kreuzungsprodukte und die Theorie der Vererbung. Die Variationen, welche wir an unseren Gersten-Bastarden sehen, regen unwillkiirlich dazu an, mit ihrer Hilfe die Ansichten zu priifen, welche WrismaNN namentlich in seinen Schriften tiber die Bedeutung der sexuellen Fortpflanzung fiir die Selektionstheorie (Jena 1886) und iiber die Kontinuitat des Keimplasmas (Jena 1885) verofientlicht hat. In diesen Schriften fiihrt W. den Gedanken aus, dafi die Ver- erbungsubstanz der Keimzellen eines Individuums, das Keimplasma desselben, nicht aus dessen Kérper, sondern direkt aus der elter- lichen Keimzelle hervorgehe. Als Teil des elterlichen Keim- plasmas miifte es also dieselbe Molekularstruktur besitzen und deshalb unter bestimmten Entwicklungsbedingungen dasselbe End- produkt liefern. Kinfliisse, die vom Korper aus auf das Keimplasma wirken, kénnen seiner Meinung nach nur ungemein gering sein 226 G. Liebscher, und wahrscheinlich die Anordnung der Molekularsubstanz des- selben tiberhaupt nicht veriindern. Hiernach wiirde man also bei einer monogonen Fortpflanzung etwa durch Teilung, bei partheno- genetischer oder bei hermaphroditischer Fortpflanzung erwarten miissen, dafs die Nachkommen aufs vollkommenste ihren Erzeugern gleichen, wenigstens in den wichtigsten Merkmalen. Die auf Ver- mischung des Keimplasmas zweier verschiedener Individuen be- ruhende amphigone Fortpflanzung muf aber im Gegensatze hierzu eine neue Gruppierung der Teilchen des Keimplasmas, also eine neue Kombination der individuellen Charaktere zur Folge haben. Vie Verschiedenheiten miissen sich sogarim Laufe der Generationen steigern, nicht im Sinne gréferer Unterschiede, wohl aber in dem immer neuer Kombinationen der individuellen Charaktere“, wenn die amphigone Fortpflanzung die Regel bildet. Weiter sagt er dariiber z. B.: ,,In dieser Vermischung sehe ich deshalb die Ur- sache der erblichen individuellen Charaktere und in der Her- stellung dieser Charaktere die Aufgabe der amphigonen Fort- pflanzung. Sie hat das Material an individuellen Unterschieden zu schaffen, mittelst dessen Selektion neue Arten hervorbringt.“ Das Verhalten unserer wichtigsten Getreidearten bei der Fort- pflanzung und Bildung neuer Formen scheint mir in vielen Punkten derartige Ansichten zu bestétigen, in manchen Einzelheiten aber doch einige Modifikationen der yon WEISMANN vertretenen An- schauungen zu fordern. Bei unseren Gersten-Bastarden hat sich eine Erscheinung wiederholt, die schon haufig und, wie ich glaube, von allen ge- macht ist, die sich bisher nicht blo& mit dem Sammeln schein- barer Zwischenformen, sondern mit der kiinstlichen Bastardierung von Pflanzen oder Tieren beschaftigt haben’). Der Thatbestand derselben ist kurz der folgende: Es werden zwei verschiedene Formen gepaart und es gehen Bastarde daraus hervor, die sich durch hohes Maf von Ausgeglichenheit auszeichnen und eine Mittelform darstellen. Bei ihrer Fortzucht dagegen zeigt sich, 1) Daf z. B. bei Mischlingen von Weizensorten, die bis auf ein einzelnes Merkmal einander gleichen, so gut wie keine Variation, sondern nur Riickschlige in die viterliche oder miitterliche Form auftreten, und daf bei Kreuzungen von Phaseolus multiflorus L. statt der Mischformen nur schon bekannte andere Sorten aufer den elter- lichen auftreten, das sind Thatsachen, die ebensowenig an der Deutung der Verhiltnisse etwas indern, wie dies die Verschiedenheit im Verhalten der Bastarde 1. Generation bei einzelnen Maissorten (cf. Kérnickr, Arten und Yarietiiten des Getreides, p. 344 ff.) thut. Vererbung bei Kreuzungsprodukt, vy. Hordeum sativum. 227 daf sie eine iiberaus geringe Vererbungskraft besitzen. Ihre Nach- kommen zeigen alle erdenklichen Kombinationen der elterlichen Eigenschaften und sogar Riickschlige auf vermutliche Stamm- formen, welche vielleicht Hunderte oder Tausende von Generationen hindurch durch die Reinzucht véllig ausgemerzt zu sein schienen. Auch die vorstehend beschriebenen Bastarde sind hierdurch ausge- zeichnet, trotzdem sie, nach der einen 1885 kiinstlich vorgenom- menen amphigonen Fortpflanzung, durch Selbstbefruchtung drei Generationen hindurch ihre Friichte erzeugten. Daf das Keimplasma der zur Kreuzung benutzten Elternpflanzen und mit ihm alle Eigenschaften nicht nur dieser, sondern auch friiherer Vorfahren derselben in jedem der jetzt eingesammelten Samen- kérner enthalten sind, dies unterliegt mir keinem Zweifel. Fir sicher ausgemacht mu8 ich es aber auch ansehen, daf in den letzten Generationen, trotz der Fortpflanzung auf hermaphrodi- tischem Wege, so ziemlich ein jedes der ca. 100 Samenkérner, welche als durchschnittliche Nachkommenschaft eines zur Pflanze entwickelten Samenkornes friiherer Generation anzusprechen sind, eine andere Struktur des Keimplasmas ererbt hat. Wollte man dies bestreiten, so bleibt nur die Annahme iibrig, daf die aufer- lich sichtbaren Kennzeichen der Individuen kein Ausdruck fiir eine Verschiedenheit in der Struktur ihres Keimplasmas seien, und das geht natiirlich nicht. Ich glaube, die vorliegenden Erscheinungen sind nur zu ver- stehen unter der Annahme, daf die erblichen Eigenschaften oder ihre Anlagen auf die Nachkommenschaft mit der Substanz des Keim- plasmas iibergehen, daf hiervon aber unabhangig ist die Struktur desselben. Die letztere bedingt nicht die Eigenschaften selbst, sondern nur ihr Manifest- oder Latentsein resp. den Grad ihrer Ausbildung. Inwieweit uns eine solche Auffassung wieder den Anschau- ungen NAGgetrs niaher bringen und uns zu Reflexionen tiber die molekulare und micellare Struktur des Keimplasmas veranlassen muf oder nicht, das ist eine Frage, die wohl nahe liegt, die uns jetzt aber nicht beschaftigen soll. Die Paarung zweier verschiedenartiger Individuen wiirde dann aber nicht nur eine neue Kombination individueller Eigenschaften, also das Entstehen einer neuen eigenartigen Form, sondern damit Hand in Hand gehend eine Lockerung der Struktur des Keim- plasmas bewirken. Die Folge der letzteren Wirkung wiirde dann aber in einer Abschwiichung der Vererbungstreue des Zeugungs- 228 G. Liebscher, produktes oder in der Erzeugung einer Neigung zur individuellen Variation in dessen Nachkommenschaft zu suchen sein. Bei der Zucht von Haustieren, wie bei der von Kultur- pflanzen laf%t sich leicht beobachten, dafi diese Lockerung der Keimplasma-Struktur um so geringer wird, je homogener wir paaren; ohne daf man aber im stande ware, dieselbe ganz zum Verschwinden zu bringen, denn ganz gleich in allen Kigenschaften kénnen die zu paarenden Individuen eben niemals sein. Dies erscheint mir auch als der richtige Kern der in den letzten Jahr- zehnten so viel geschmaéhten Konstanz-Theorie von Justmus- MENTZEL- WECKHERLIN 2u Sein, welche behaupteten, die Vererbungs- treue eines Zuchttieres sei um so gréfer, je langere Generations- reihen hindurch seine Vorfahren in reiner Rasse (also in méglichst homogener Paarung) geztichtet seien. Die Anhanger dieser Lehre gingen nur darin zu weit, dafi sie, befangen in den alten An- schauungen von der Unveranderlichkeit der Arten, nicht sehen wollten, da8 die Konstanzierung oder Konsolidierung eines Zucht- typus sich nicht bis zur Unverdnderlichkeit, sondern gliicklicher- weise nur bis zu einem Optimum steigern aft, welches auch dem Besitzer einer alten rein geziichteten Rasse die volle Entfaltung seines Talentes in der Auswahl der miteinander zu paarenden Tiere gestattet, weil auch er keine 2 Tiere in der Herde hat, die einander vollig gleich waren. Wie nun aber 2 Individuen gleicher Rasse verschieden sein kénnen in der Struktur ihres Keimplasmas, so werden sie sich offenbar auch in der Stabilitét dieser Struktur unterscheiden kénnen, so dafi unter Umstiinden die Eigenschaften des einen der beiden Erzeuger in der Nachzucht deutlicher zum Ausdruck kommen kénnen als die des anderen. Dies ist der einfache Kern der Individualpotenzlehre, welche in der ihr von SETTEGAST ge- gebenen und von vielen Biologen adoptierten Form sicherlich ebenso weit iiber das Ziel hinausschieSt als friher die Konstanz- Theorie. Diese Gedanken fiir die Kreise der Ziichter noch weiter auszufiihren, werde ich an anderer Stelle versuchen. Nach dem Gesagten erblicke ich also in dem Verhalten un- serer Gersten-Bastarde in der Hauptsache eine Bestitigung der Ansicht WEISMANN’s, nach welcher die amphigone Fortpflanzung das Auftreten individueller Unterschiede erméglicht. Ich sehe dies aber als eine Doppelwirkung an, indem einmal durch die amphigone Fortpflanzung eine neue Gruppierung der Teilchen des Keimplasmas bedingt wird, und indem zweitens die Struktur des- Vererbung bei Kreuzungsprodukt. v. Hordeum sativum. 229 selben eine Lockerung erfihrt, infolge deren auch noch in folgen- den Generationen eine Variabilitét der Nachkommen auftritt, die um so bedeutender ist, je entfernter der Verwandtschaftsgrad der Eltern war. Die Lehre von der Kontinuitit des Keimplasmas wiirde bei dieser Auffassung der Dinge nicht die Annahme ausschliefen diirfen, da ein Individuum eine (bei der normalen nahezu homo- genen Paarung allerdings nicht bedeutend) von der seinigen ab- weichende Eigenschaftsgruppierung vererben kénne. Diese Art der Variabilitiét wiirde allerdings dann eo ipso nicht im stande sein, etwas wirklich Neues zu schaffen, dies wiirde vielmehr die Funktion einer davon unabhingigen spontanen Varia- tion sein. An Getreidearten kann man eine solche bei einiger Aufmerksamkeit nicht selten beobachten, und behaupten manche Saat- gutziichter, mit ihrer Hilfe leichter Erfolge in der Verbesserung der Kulturpflanzen zu erzielen als durch die Kreuzung, weil die spontan auftretenden Neubildungen meist sofort eine konstante Vererbung besitzen. Auferdem ist es nicht unwahrscheinlich, daf Formen, die durch heterogene Paarung eine intensive Lockerung der LHigen- schaftsgruppierung erfahren haben, in hoherem Maafe zum Hervor- bringen solcher spontanen Neubildungen befahigt sind als die Pro- dukte einer homogenen Paarung. Hieriiber liegen aber wohl z. Z. noch zu wenig Beobachtungen vor, als dafs’ man viel mit dieser Annahme rechnen diirfte*). Andere Erscheinungen, welche bei der Kultur der Getreide- arten auftreten, berechtigen zu der Annahme, daf man wegen der bedeutenden Variation der Bastarde den Wert der durch die am- phigone Fortpflanzung eintretenden Variabilitat leicht zu tber- schitzen geneigt sein kénnte, und fiige ich deshalb noch einige Bemerkungen iiber thatsichlich vorhandene Getreide - Varietiten hier an. Uber die Bestiubungs-Verhiltnisse unserer wichtigsten Ge- treidearten sind wir durch mancherlei gute Arbeiten sicher genug orientiert, um sagen zu kiénnen, daf der Roggen derart auf Fremd- bestiiubung angewiesen ist, daf selbst verschiedene Ahren einer und 1) KénntcKe sowie Rimpav beobachteten dergleichen, und auch die an unseren Bastarden aufgetretene Vervielfiiltigung der Ahrchen und die Zwillingsbliiten gehéren vielleicht hierher. Ihre geringe Vererbung kénnte dann auf die den Bastarden als solchen noch innewohnende Unbestindigkeit gedeutet werden (°). 230 G.j;Liebscher, derselben Pflanze sich gegenseitig nur héchst unvollkommen zu befruchten vermégen. Auch der Mais ist auf Fremdbestéubung angewiesen, wenn auch vielleicht nicht in demselben Mafe als der Roggen. Fast unméglich ist dagegen die Fremdbestiubung bei der Gerste (manche Sorten derselben 6ffnen sogar die Spelzen beim Bliihen niemals), und nur ganz ausnahmsweise kann dieselbe bei Weizen und Hafer vorkommen. Bei Roggen und Mais sollte man hiernach, ausgehend von den Ansichten Werrsmann’s, die Bildung eines viel gréferen Formenreichtums erwarten als bei Weizen, Hafer und Gerste. In der That finden wir auch eine sehr grofe Anzahl wohl charakte- risierter Formen bei dem Mais, der sich den verschiedensten Ve- getationsbedingungen warmerer und heifer Erdstriche anzupassen vermocht hat und neben der Gerste das gréBte Verbreitungsgebiet von allen Kulturgewachsen besitzt. Die in unbekannter Zeit, vielleicht durch Anpassung an Stand- ortsverschiedenheiten und spatere gelegentliche Kreuzungen‘), ent- standenen Sorten sind aber nur rein zu halten durch vollstandige lokale Trennung, wie dieselbe eben nur mit Hilfe des iiberaus weiten Verbreitungsbezirkes méglich ist. In einem engeren Reviere verschiedenartige Maissorten beim Anbau im grofen konstant zu halten, erscheint dagegen auf die Dauer kaum méglich. Der Roggen hat ein viel enger begrenztes Verbreitungsgebiet, in welchem die klimatischen Unterschiede nicht so stark sind als bei dem Mais. Vielleicht hangt es hiermit zusammen, daf durch Anpassung an lokale Verhaltnisse nur relativ geringe Unterschiede der einzelnen Sorten aufkommen konnten, die aber trotzdem fiir den Anbau ihre Wichtigkeit haben. Beim Verpflanzen in andere Gegenden verlieren sich aber die Eigentiimlichkeiten der verschie- denen Roggensorten unter dem Wechsel der Vegetationsbedingungen und dem Einflusse der bei der Fremdbestaéubung unvermeidlichen Vermischung mit den heimischen Sorten in dem MaBe, dafi schon nach wenigen Jahren kaum noch von einer Sortenverschiedenheit geredet werden kann. 1) Z. B. der durch seine ganz ungewodhnliche Wachstumsweise (schon yor der Bliite neigten sich regelmibig die Halme aller Pflanzen in weitem Bogen zur Erde) ausgezeichnete schwarze Zuckermais, welcher in Poppelsdorf, wie Kérnicxe (K. und Werner, Handbuch des Getreidebaues, I, p. 344) glaubt, durch spontane Bastardierung entstand, Vererbung bei Kreuzungsprodukt. v. Hordeum sativum. 231 Ganz anders liegen die Dinge bei Gerste, Hafer und Weizen, welche eine grofe Zahl typisch verschiedener Varietaten aufweisen, deren morphologische Unterschiede unter verschiedenen Standorts- verhaltnissen sich unveraindert erhalten, mégen die heimischen Sorten auch aussehen, wie sie wollen. Vielfach wird freilich betreffs des Weizens behauptet, dafi die Starke der Begrannung und Behaarung, sowie die dunkle Farbe der Spelzen in unserem Kontinentalklima allmahlich verschwinde, doch bestreiten dies so sorgfaltige Beobachter, wie z. Bb. KORNICKE, auf das bestimmteste. Man mu8 daher wohl die erstere Annahme auf zufillige Verunreinigung der den Winter Deutschlands weniger cut ertragenden englischen mit den winterfesten und dadurch re- lativ stirker sich vermehrenden einheimischen Sorten zuriickfihren. Selbst so rein physiologische Eigenschaften, wie die relative Ertrags- fahigkeit oder die Neigung, Samen zu bilden, die relativ reich oder arm an Stickstoff sind, vererben sich unter dem Wechsel von Boden und Klima bei den genannten Getreidearten mit grofer Sicherheit. Im Hinblick auf diese Thatsachen wird man sich, wie ich glaube, kaum der Ansicht verschliefen kénnen, dali die Erzeugung von Formverschiedenheiten durch die amphigone Fortpflanzung fiir die Bildung neuer Typen, direkt unméglich die Bedeutung haben kann, welche WEISMANN derselben zuschreibt. Werden ihr nicht durch Einrichtungen, wie der Vorgang des Bliihens bei Weizen, Gerste und Hafer, bestimmte schwer zu tiberschreitende Schranken gezogen, so fiihrt sie nur zur Verwischung, nicht zur Ausbildung und Verbreitung entstandener Variationen. Im Prinzipe ahnlich diirfte das Verhaltnis aber auch bei anderen Pflanzen- und Tier- formen sich gestalten, wenigstens kann man auch an der Aus- bildung der meisten Kulturrassen unserer Haustiere nachWeisen, daf sich ihre Begriinder, neben sorgfaltigster Auswahl der zu paarenden Tiere, nacheinander zweier verschiedener Verfahren be- dienten, um die Tiere nach Wunsch zu gestalten. Das Erste war die Kreuzung oder heterogene Paarung zur Hervorrufung starkerer Variation, und darauf folgte als Zweites die Konstanzierung der Eigenschaften in der Nachzucht jener Kreuzungsprodukte durch méglichst homogene Paarung, wobei meist sogar die Paarung der nachsten Blutsverwandten eine wichtige Rolle spielte. Ich glaube, daf auch diese Thatsachen dafiir sprechen, dal wir uns nicht mit der Auffassung, welche WEISMANN von dem Zwecke und der Bedeutung der amphigonen Fortpflanzung ver- offentlicht hat, begniigen diirfen. Bd. XXII, N. F. XVI, 16 232 G. Liebscher, Vererb. b. Kreuzungsprod. v. Hord. sat. Dieselbe bewirkt allerdings eine Variation, es geschieht dies aber nicht nur durch Neugruppierung der Teilchen des Keim- plasmas in dem Zeugungsprodukte, sondern namentlich durch Lockerung der Anordnung dieser Teilchen des Keimplasmas. Je geringer die Verschiedenheit der Eltern war, desto mehr tritt diese Wirkung der amphigonen Fortpflanzung zuriick, desto mehr geht sie tiber in die den Veranderungen abholde, die einmal vor- handene Struktur des Keimplasmas konservierende Wirkungsweise der monogonen Fortpflanzung. Die heterogene Paarung ist deshalb fiir die Natur wie fiir den Ziichter das wichtigste Mittel, um die Kontinuitaét in der Struktur des Keimplasmas zu unterbrechen und dadurch zur Variation anzuregen, wahrend in der homogenen Paarung und noch mehr in der monogonen Fortpflanzung, das Mittel zur Konsolidierung, zur Verbreitung und weiteren Entwickelung der neuen Formen zu erblicken ist. Sollte es etwa gelingen, durch sorgfiltig beobachtete Bastardierungen und ihre Wirkungen nach- zuweisen, da die Kreuzungsprodukte wahrend der Periode ihrer stirksten Variabilitat sich in héherem Mafe als die Produkte ho- mogener Paarung durch dufere Verhaltnisse beeinflussen lassen, dann wiirden die meisten Schwierigkeiten beseitigt sein, welche sich jetzt noch dem Verstehen des Vorganges der Speciesbildung ent- gegenstellen. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden von Dr. Otto Hamann, Dozent an der Universitit, Assistent am zool. Institut in G6ttingen. Hierzu Tafel XII—XXIII. Einleitung. Mit der Anatomie und Histologie der Ophiuren und Crinoiden schlieBe ich zunachst diese Beitrige ab. Bei der Beurteilung der Resultate bitte ich immer vor Augen zu haben, dafi das Material — und dies gilt besonders von den Crinoiden — wochenlang ent- kalkt werden mufite, so da feinere Details nicht beschrieben werden konnten. Zudem waren die Tiere teilweise vor mehreren Jahren konserviert, und zwar fast ausschlieBlich in Alkohol. Von der Station zu Neapel bezog ich folgende Arten: Ophio- glypha lacertosa; Amphiura virens und squamata; Ophioderma longicauda; Ophiothrix fragilis; Ophiomyxa pentagona. Simtliche Arten waren vorziiglich erhalten und von Herrn SALVATORE LO Branco nach verschiedenen Methoden konserviert. Sie wurden in !/, °/, Chromsaure entkalkt. i Zu besonderem Danke bin ich Herrn Prof. Mésrus verpflichtet, durch dessen Gite ich in kurzer Zeit grofe Mengen der Ophio- glypha albida erhielt. Da es mir vergénnt war, im Kieler zoolog. Institut in den Sommerferien 1884 arbeiten zu kénnen, konnte ich sofort den Erfolg der Konservierung durch das Mikrotom kon- trollieren. Im Sommer 1886 sammelte ich von neuem in Kiel Material, welches mit Sublimat, Pikrinschwefelsiure, Alkohol und 1/, °/, Chromsiure konserviert wurde. Alle iibrigen Methoden lief ich bei Seite, nur Osmiumsiure wurde ab und zu angewendet. Da die Ophiuren der Ostsee bedeutend weniger Kalk enthalten 16* 234 Dr. Otto Hamann, als die der Nordsee, benutzte ich Ophioglypha albida spater aus- schlieflich zur Untersuchung. Eine ausgezeichnete Sammlung von Crinoiden verdanke ich der Giite von P. H. CarpenrEer, welchem ich nicht genug meine Dankbarkeit versichern kann. Vor allem habe ich Antedon Eschrichtii benutzen kénnen, da der Zustand der Tiere ein sehr guter war, wahrend andere Arten weniger sich zu feinerer Untersuchung eig- neten. Ich erhielt folgende Arten zugesendet: Antedon Eschrichtii, carinata, Magellanica, antarctica; Actinometra parvicirra, paucicirra, nobilis, valida; Pentacrinus decorus, W. Thomsoni. Nur einen Teil meiner Resultate tiber die Crinoiden kann ich hier niederlegen, hoffe aber bei Gelegenheit in Anschluf an andere Arbeiten dieselben veréffentlichen zu kénnen. Gottingen, 8. August 1888. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 235 Kapitel 1. Das Nervensystem. Die Untersuchungen der Physiologen!) tiber die Bewegungen der Ophiuren haben so merkwiirdige Resultate zu Tage gefoérdert, welche sogar eine gewisse Intelligenz dieser Tiere annehmen lassen, daf{’ man von vornherein auf ein hoch organisiertes Nervensystem zu schliefen berechtigt war. Einen kleinen Teil der Ergebnisse, zu welchen ich nun bei der Untersuchung dieses Organsystems gelangt war, habe ich bereits friher?) in Kirze mitgeteilt. Es giebt wohl kaum eine andere Gruppe von niederen Wesen, welche mit den Ophiuren hinsichtlich der Entwicklung des peri- pheren Nervensystems einen Vergleich bestehen kénnten, und unter den Echinodermen selbst nehmen sie mit den Crinoiden die erste Stufe ein; sie sind die am héchst entwickeltsten Formen, wenn man gegen den Satz nichts einzuwenden hat, daf je héher das Nerven- system entwickelt erscheint, auf einer desto héheren Stufe das Tier steht. Die Betrachtung des Nervensystems beginne ich mit einer Schilderung des grob anatomischen Verhaltens, um dann sofort auf die feineren Verhaltnisse einzugehen, soweit diese bei der Kleinheit und Einfachheit der Nervenfasern u. s. w. sich jetzt eruieren lassen. 1) Preyer, Uber die Bewegungen der Seesterne, eine vergleichend physiologische Untersuchung, in: Mitteil. d. zool. Stat. zu Neapel, 1886, Bd. 7, sep. b. Friedlander, Berlin. 2) Hamann, Vorliufige Mitteilungen zur Morphologie der Ophiuren, 1—4, in: Nachrichten von der kénigl. Gesellschaft d. Wissenschaften u. der Georg-Augusts-Universitat zu Gottingen, 1887, No. 14. (Sitzung am 2. Juli.) 236 Dr. Otto Hamann, 1. Allgemeine Anordnung. Das Zentral-Nervensystem einer Ophiure setzt sich zusammen aus fiinf Radial-Nervenstiémmen in den Armen, welche, in der Scheibe angekommen, sich dichotomisch teilen und indem immer je zwei Aste mit einander verschmelzen, den Gehirnring bilden, welcher somit eine Kommissur zwischen den radiiren Stéimmen darstellt. Wom Gehirn strahlen Nervenziige aus in die Darm- wandung und zu den die Mundéffnung umgebenden Fiifchen u. s. w., wahrend aus den radiaren Staémmen simtliche Nerven zu den FiiSchen der Arme (Strahlen), zur Muskulatur derselben u. s. w. sich abzweigen. Was die Lagerung des zentralen Nervensystems betrifft, so liegen der Nervenring wie die fiinf Radial-Nervenstimme in Kanadlen, und zwar in Schizocoelraumen (vergl. das Kapitel iiber die blutfiihrenden Raiume), in welchen die Nervenstamme selbst suspendiert sind. 2. Die gegliederten radiiiren Nervenstimme. Wir treffen bei den Ophiuren so typisch gegliederte Nervenketten an, wie sie uns beispielsweise die Gliedertiere, speziell die Anneliden zeigen. Der erste, welcher den gegliederten Bau erkannt und be- schrieben hat, ist SimrotH!) gewesen. Es war Ophiactis viridis, welche ihm zur Untersuchung vorlag. Merkwiirdigerweise be- streitet Lupwia die Angaben dieses Forschers, er hat niemals etwas derartiges beobachten kénnen. Ich glaube dies auf Rechnung des Materials setzen zu miissen, da die Gliederung der radiaren Nerven nicht nur bei der genannten Art, sondern bei allen von mir untersuchten Formen nicht deutlicher ausgepragt sein kann, als sie es in der That ist. Daf die Gliederung des Nerven eine noch viel gré8ere ist, als Srmroru vermutet hat, werde ich sogleich zeigen, indem ich der Reihe nach die aus ihm entspringenden paarigen Nervenziige beschreiben werde. Auch hier sehen wir eine Sonderung in Ganglien und sie verbindende Nervenziige eingetreten. Der radiare Nervenstamm kann mit einem Bande verglichen 1) Stwrorn, Anatomie und Schizogonie y. Ophiactis virens, in: Z. f. wiss. Zool., Bd. 27, 1876. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 237 werden, welcher, wie durch Simrotu, Treuscner, Lupwia u. a, bekannt ist, iiber den Ventralplatten der Arme gelegen, von der Spitze derselben an bis zum Schlund in gerader Linie verliuft. Er liegt, wie die Figuren 1—9 auf Taf. XII, welche Querschnitts- bilder durch einen Arm wiedergeben, erkennen lassen, in einem Hohlraum, einem Lingskanal, und trennt diesen durch seine Lage in zwei Halften. Die Figuren 2—9 sind einer Serie von auf- einander folgenden Schnitten entlehnt, welche die Gestalt des Nervenstammes innerhalb eines Armgliedes erkennen lassen. Man sieht, wie die Gestalt des Nervenstammes eine sehr wechselnde ist. Vergleicht man hierzu noch ein Langsschnittbild durch einen Arm, wie es die Figuren 1 und 2 auf Tafel XIII zeigen, so wird die Lage des Nerven in seinem Liingskanal Sch noch klarer. Die letztgenannten Figuren geben zugleich ein deutliches Bild von der Gliederung des Nervenstammes. Wir sehen, wie ganglio- nare Anschwellungen abwechseln mit Stellen, wo nur eine einzige Zellschicht die exzentrische Peripherie des Nerven bedeckt, und wie gerade hier — der Mitte eines Wirbels entsprechend — Nerven- ziige in bogenformiger Anordnung in den zentral gelegenen Wirbel eintreten und zur Zwischenwirbel-Muskulatur zu ziehen (mit Nm in der Figur 1 bezeichnet). Haben wir uns jetzt tiber den gréberen Bau orientiert, so will ich zunichst den feineren Bau der Nervenstimme schildern, um hieran die in bestimmten Zwischenraumen abtretenden Nerven- zige, ihre Lagerung und Bau anzuschliefen und dann den zen- tralen in der Scheibe gelegenen Nervenring in gleicher Weise be- sprechen. Untersucht man den Nervenstamm auf Lingsschnitten, so zeigt sich, dal} derselbe aus feinsten parallel zueinander verlaufen- den Fibrillen besteht, wie sie in gleicher Weise auch bei den iibrigen Echinodermen-Gruppen beschrieben wurden. Diese feinsten, kaum mefbaren Fibrillen nehmen Farbstoffe wenig oder gar nicht auf, braiunen sich aber, mit Osmiumsiure behandelt, und treten dann deutlich hervor in einer Weise, wie es Figur 6 auf Taf. XIII zur Darstellung bringt. Auf der unteren Flache, das heift der ven- tralen oder besser oralen, sind Zellen aufgelagert — nicht Kerne — wie bisher angegeben wurde. Ehe ich aber zur naheren Be- trachtung dieser Zellen iibergehe, muf ich hervorheben, daf auf der dorsalen Flache sich ebenfalls Zellen vorfinden, welche aber von der eigentlichen Nervenmasse durch eine diinne hyaline Mem- bran getrennt sind, welche im ganzen Verlaufe dus Nervenstammes sich findet, in gleicher Weise wie im Gehirnring. 238 Dr. Otto Hamann, Auf der hyalinen Membran liegen diese Zellen aber nicht unmittelbar auf, sondern es lassen sich zwischen derselben und den Zellen feinste Fasern erkennen, welche in gleicher Rich- tung wie die Nervenfibrillen verlaufen. Der Beweis, dai diese Fasern echte Nervenfibrillen und daf die aufliegenden Zellen echte Ganglienzellen sind, soll sofort von mir er- bracht werden. Jene schon vorhin erwaihnten bogenférmig in die zentralen Wirbel aufstrahlenden Nervenziige (vergl. Fig. 1 auf Taf. XIII) ent- springen namlich nicht aus der jenseits der hyalinen Membran gelegenen Nervenfasermasse nf 1, sondern sie werden von diesen oberflaichlich peripher verlaufenden Nervenfibrillen gebildet, wie ein Langsschnittbild zeigt. In Fig. 6 auf Taf. XIII ist die hyaline Membran mit AJ bezeichnet, die periphere Nervenfasermasse mit nf?, die grofen ihr aufliegenden Ganglienzellen mit gz?. Ich habe hunderte von Schnitten mit diesen Nervenziigen in ihrem Ursprung untersucht und nie bei ihrer Bildung eine Beteiligung der ventral gelegenen, durch die Membran getrennten Nerven- fibrillen gesehen. Weiter aber kann man beobachten, wie bei dem Ursprung seitlicher Nervenziige sich ebenfalls Fibrillen der peripher gelegenen Fibrillenmasse beteiligen, wie Fig. 5 auf Taf. XIII er- kennen 1aft. Lance!) hat zuerst auf diese Zellen der dorsalen Flache aufmerksam gemacht. Auch fand er die Fasern auf. Diese Zellen und Fasern sind nach ihm die einzigen nervésen Elemente und das eigentliche Nervenband ist fiir ihn kein zum Nervensystem gehériger Bestandteil! Diese irrige Annahme hat Lupwie ”) be- kampft. Fiir ihn ist das Nervenband allein nervéser Natur, die Zellen und Fasern, welche peripher der dorsalen Flache des Nervenbandes aufgelagert sind, haben nichts mit Ganglienzellen zu thun. Daf nun aber thatsichlich sowohl das Nervenband als seine ihm aufgelagerten Elemente dem Nervensystem zuzuzahlen sind, das werde ich noch im Einzelnen zu beweisen haben. Ein Blick aber auf die Figuren 1, 4, 6 auf Taf. XIII diirfte schon von der Wahrheit meiner Annahme tberzeugen. Dieselbe Zusammensetzung, wie der radiare Nerv sie zeigt, 1) Lanez, Morphol. Studien an Echinodermen. 2) Lupwic, Neue Beitriige zur Anatomie der Ophiuren, in: Zeitschr, f. wiss. Zool., Bd. 34, 1880, pag. 333. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 239 treffen wir beim Gehirnring wieder an, es besteht somit eine Kon- tinuitait saimtlicher nervésen Elemente. Der feinere Bau des Nervenstammes ist an den Stellen am einfachsten, an welchen keine Ganglien liegen, das heiBt zwischen je zwei Wirbeln, also im Bereich der Intervertebral- muskeln (vergl. Fig. 1, Taf. XIID). Figur 1, 2, 3 und 4 auf Taf. XII zeigen Querschnitte durch diesen Teil eines Armes. Die Nerven- fasermassen sind quer durchschnitten und treten dann in Gestalt einer feinkérnigen Masse auf. Zwischen je zwei Wirbeln liegt dem Nervenstamm oralwarts nur eine Schicht von Zellen auf, wie der stark vergréferte Quer- schnitt Fig. 10 auf Taf. XIII erkennen aft. Auf der dorsalen oder apicalen Seite treten die querdurchschnittenen, in geringer Anzahl vorhandenen (dorsalen) Nervenfibrillen auf und ihnen aufgelagert Zellen, Ganglienzellen gz?. In der Mittellinie des Nervenstammes verlaiuft das radiire Blutgefa’, welche auf Taf. XII in allen Figuren zu sehen ist und in Fig. 10 auf Taf. XIII starker vergréfert wieder- gegeben ist (02). Eine bisher den Beobachtern entgangene Erscheinung ist fol- gende. Vom Blutgefai% b/ aus ziehen, die Nervenfasermasse nf} senkrecht durchsetzend, grobe Strange bis zu den ventral-peripher gelagerten Zellen. Welcher Natur sind diese Strange? Nervdser Natur sind sie nicht, da sie sich mit neutraler Karminlésung in anderer Weise als die Nervenfibrillen farben und mit Osmiumsaure behandelt einen anderen Ton annehmen als die echten Nervenfasern. Da nun aber diese Fortsitze nur in der Mittellinie des Nerven- stammes sich an dieser Stelle finden, so kénnte man daran denken, sie als feinste Blutcapillaren in Anspruch zu nehmen. So oft und so viele Praparate ich aber auch untersucht habe, immer erhielt ich die Uberzeugung, daf diese Fortsatze an der hyalinen dor- salen Membran sich anheften und solide Gebilde seien. Weiter aber ist noch folgendes in Betracht zu ziehen. Diese Fortsatze lassen sich, wie auch die Figuren 10 und 11 auf Taf. XIII zeigen, bis zu dem ventral-peripheren Zellbelag verfolgen, ja hangen mit diesem zusammen. Da es nicht angeht, bei der Klein- und Feinheit des Ner- venstammes Mazerationspraparate anzufertigen, welche sichere Resultate bieten kénnten, brachte ich Querschnitte in Glycerin und isolierte durch Klopfen auf das Deckglas die einzelnen Elemente des Nerven. Fig. 12 auf Taf. XIII zeigt zwei Zellen, welche in direktem Zusammenhang mit je einem Fortsatz stehen 240 Dr. Otto Hamann, und ich nenne diese Zellen Stiitzzellen. Sie sind dazu da, sowohl den Nervenfibrillen selbst als auch dem Blutgefafe eine feste Stiitze zu geben. Nebenher will ich erwahnen, daf ich auf mit Chromsaure ge- harteten und mit Werrqgert’scher Nerven- Farbung behandelten Schnitten diese Fortsitze oft spiralig aufgerollt vorfand, so daf es gerechtfertigt scheint, ihnen eine gewisse Elastizitat zuzuschreiben. Alle Zellen, welche nicht solche Fortsatze ausgeschieden haben, nehme ich als Ganglienzellen in Anspruch. Es besteht somit der ventral-periphere Zellbelag zwischen je zwei Wirbeln aus einer Schicht von teils Ganglien-, teils Stiitzzellen. Diese Zellen selbst bespreche ich weiter unten im Zusammenhang ebenso wie die dorsal-peripher gelagerten. Untersuchen wir den Radiar-Nervenstamm da, wo ein Fii%chen- paar liegt und sich aus ihm Nervenziige zu diesen abzweigen, so sehen wir, daf} der ventral-periphere Zellbelag noch immer ein- schichtig ist und selbst jenseits des FiiSchens (Fig. 3 auf Taf. XII) diesen Bau beibehalt. Je weiter wir aber jetzt die folgenden Schnitte durchmustern, desto verandert sind die Bilder, die sich uns jetzt bieten: Wir treffen einen ventral-peripheren mehrschich- tigen Zellbelag an, der ziemlich unvermittelt auftritt und die Mitte des Wirbels einnimmt (vergl. Fig. 1 und 2 auf Taf. XIII und Fig. 6 ebenda). Zu gleicher Zeit ist die allgemeine Gestalt des Nerven, wie sie der Querschnitt zeigt, verandert (Fig. 5 auf Taf. XII). In gleicher Weise finden wir nun auch den dorsal-peripheren Zellbelag verdickt, wie dieselben Figuren zeigen, besonders aber Fig. 5 und 6 auf Taf. XIII. Der ventral-periphere Zellbelag und seine Ganglien. Wir haben denselben bereits betrachtet, soweit er einschichtig erschien und im Bereich der jedesmaligen Intervertebralmuskeln gelegen war. Im Bereich der Wirbel sehen wir denselben mehr- schichtig und ist der Ubergang zwischen den einschichtigen und mehrschichtigen Zellenlagen, wie schon erwahnt, ein meist sehr unvermittelter, wie Fig. 6 auf Taf. XIII tiberzeugen kann. Der mehrschichtige Zellbelag kann, da er sich aus Ganglien- zellen zusammensetzt, als die ventral-peripheren Ganglien der radiairen Nervenstiimme zusammengefalit werden. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 241 Bei schlechter Konservierung sieht man auf Quer- wie Lings- schnitten nur Kerne, und es scheint, als bestaénden diese Ganglien- knoten nicht aus Zellen. Gut konserviertes Material zeigt aber; daf Zellgrenzen vorhanden sind und dal die Ganglienzellen einen hellen Leib besitzen, waihrend tingierbare Substanz oft nur im nachsten Bereich des Kernes liegt. Die Ganglienzellen besitzen einen kugligen Kern, welcher 0,003—0,004 mm im Durchmesser mift und ein Netzwerk sehr deutlich zeigt. Die Zellsubstanz ist sehr hell und nur im nachsten Bereich des Kernes findet sich eine geringe Menge feinkérniger tingierbarer Substanz und nur in seltenen Fallen farbte sich der Ganglien- zellenleib vollkommen (vergl. Fig. 5 auf Taf. XV). Der Leib selbst erscheint auf Klopfpraparaten stachlig oder sternférmig, die Fort- sitze sind stets abgerissen. Immerhin lat sich soviel feststellen, daf die Ganglienzellen multipolar sind. Stiitzzellen kommen in diesen Ganglienknoten nicht vor; sie treten an der Grenze derselben auf, da, wo das Ganglion ab- geflacht ist und in den einschichtigen Zellbelag tibergeht, welcher im Bereich der Intervertebralmuskeln liegt. Der dorsal-periphere Zellbelag und seine Nerven- fasern und Ganglien. Daf die Zellen, welche dem radiairen Nervenstamm auf seiner dorsalen (apicalen) Flache aufgelagert liegen, Ganglienzellen sind, habe ich bereits betont. Wir tretfen diese Zellen ebenfalls wie die ventralen in bestimmte Territorien eingeteilt, Ganglien bildend. Zwischen den Ganglien verlaufen die Nervenfasern, von nur wenigen Zellen bedeckt. Die Ganglien sind denen der ventralen Flache parallel gelagert, also im Zentrum des Wirbels, wihrend die Zwischenwirbelpartie frei von ihnen ist. Die Ganglien sind paarig angeordnet, wie Querschnittbilder Fig. 4, 5, 6 auf Taf. XII, erkennen lassen, Das hat seinen Grund darin, dass die Blut- lakune in der Mittellinie des Nervenstammes (parallel zu diesem) verlauft und so nur rechts und links von ihr Platz fiir die Nerven- fasern mit ihrem Zellbelag ist. Die Ganglien bestehen aus héchstens zwei bis drei Lagen von Zellen, welche da, wo der Intervertebralnerv entspringt (Fig. 6, Taf. XIII), diesen ein Stiick begleiten. Die Nervenfasern sind, wie Liangsschnitte zeigen, von gleicher Beschaffenheit, Feinheit und Zartheit wie die ventral liegenden. Die Ganglienzellen besitzen einen grofen Leib, der 242 Dr. Otto Hamann, glasig hell erscheint und sich deutlich abhebt, so dass man an eine Membran denken kénnte, welche ihn umhiillte. Eine solche ist aber nicht vorhanden. Vom kugligen Kern aus sieht man oft sehr deut- lich feinkérnige Strange durch die helle Zellsubstanz sich erstrecken, ebenso wie um den Kern eine feingranulierte farbbare Masse ange- hauft liegt. Da8 diese Zellen feine Fortsatze besitzen, la8t sich schwer erkennen, immerhin ist es mir mehrere Male gelungen, ihre sternférmige oder spindelige Gestalt zur Anschauung zu bringen. Die Gréfe dieser Zellen betragt ungefaihr 0,01 mm, die ihres Kernes 0,004 mm. Wahrend wir so die Ganglienzellen als peripher gelagert er- kannt haben, ist noch hervorzuheben, daf, allerdings sehr selten, hier und da regellos Ganglienzellen zwischen der Hauptmasse der Nervenfibrillen angetroffen werden. Sie unterscheiden sich insofern von den iibrigen, als man solche mit ovalem Kern antrifft. Diese diirften wohl bipolaren Zellen angehéren. Zwischen den beiden Ganglien besteht eine Verbindung, welche schon LANGE gesehen und abgebildet hat. Diese Kommissur erstreckt sich als aus Nervenfibrillen bestehend quer tiber die Blutlakune, und zwar liegt sie da, wo die Intervertebralnerven entspringen, wie derselbe Autor richtig beobachtet hat. 3. Die vom radiiren Nervenstamm entspringenden Nerven- ziige, ihr Verlauf und ihre Ganglien. Um die in regelmafigen:Abstinden vom radiaren Nerven- stamm austretenden Nervenziige zur Anschauung zu bringen und ihr Verhalten in ihren Verzweigungen darzulegen, habe ich auf Tafel XII eine Reihe von aufeinanderfolgenden Bildern gegeben, die samtlich mit der Camera gezeichnet worden sind. Den einzelnen Nerven habe ich ebenso wie den in ihrem Ver- lauf vorkommenden Ganglien besondere Namen gegeben, um da- mit die Regelmafigkeit ihres Vorkommens anzudeuten. Nervi laterales primi. Unter dieser Bezeichnung fasse ich die paarigen Nervenziige zusammen, welche da austreten, wo die Fiifchen gelagert sind, also im Bereich der Zwischenwirbel- muskeln (vergl. Fig. 2, Taf. XII). Das nach einer starkeren Vergréferung in Fig. 1 auf Taf. XV gezeichnete Bild giebt die Art und Weise dieses Austrittes des ersten Lateralnerven wieder. Es formieren sich aus der zentralen Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 243 Nervenmasse, die quer durchschnitten ist, an den Seitenenden Nervenfibrillen zu einem Biindel und ziehen, ventralwarts von Ganglienzellen aus dem ventral -peripheren Zellenbelag begleitet, bis zum Fiifchen. Weiter beteiligen sich aber bei der Bildung dieses Nerven Fibrillen des dorsal-peripheren Belages, wie sich auf Schnittserien leicht verfolgen laBt. An dem FifSchen angekommen, umgreifen sie dasselbe, indem es zur Bildung eines Ganglions kommt, welches ich als Ganglion pedale zu bezeichnen vor- schlage. Dieses Ganglion liegt in der Bindesubstanz, in welche der Lateralnery — nach seinem kurzen Verlauf im radiadren Schizocoelkanal — eingetreten ist. Ein Querschnitt durch das Ganglion zeigt, daf seine Fasern zirkular verlaufen. Die Ganglienzellen, welche peripher liegen, lassen dieselbe Gestalt wie die in den Nervenstaémmen erkennen. Nur hier und da sieht man eine Zelle zwischen den Nervenfasern gelagert. Von diesem Ganglion pedale entspringen ver- schiedene Nerven. Zunachst erwaihne ich einen Nervenzug, welcher ventralwarts sich wendet und der Wandung des Schizocoel- kanals eng anliegend verlauft. 1) Der Nervus ventralis. Beide Nerv. ventrales, der der rechten und der der linken Seite, treffen sich in der Medianlinie der Ventralseite und hier kommt es zur Bildung eines Ganglions, des Ganglion ventrale (Fig. 1, Taf. XII G.v.). Dieses Ganglion mit seinen grofen Zellen kann in zwei Teile zerfallen, gew6hnlich aber zeigt sich eine gemeinsame Masse. Fig. 8 auf Taf. XIII zeigt dasselbe starker vergréSert. Die Zellen sind anscheinend unipolar und aft sich nur ein Fortsatz, welcher ventralwarts gewendet ist, erkennen. Die Ganglienzellen farben sich mit neutraler Karmin- lésung rosa, ihre Gréfe kann mit 0,007 mm, die ihres kugligen Kernes mit 0,005 angegeben werden. Von diesem Ganglion ventrale strahlen Nervenziige von geringem Durchmesser (0,004 bis 0,003 mm) ventralwarts, um nach mehrfachen Verzweigungen, die verkalkte Bindesubstanz durchsetzend, im Epithel der Ventral- flache zu enden (Fig. 2, Taf. XII und Fig. 5, Taf. XIV). In welcher Weise dies geschieht, weiter unten. Vom Ganglion pedale nehmen aber aufer je einem Ventral- nerven noch folgende Nerven ihren Ursprung: 2) Ein Nervus pedalis, welcher in das Fiifchen eintritt und in spater zu beschreibender Weise bis zur Spitze desselben 244 Dr. Otto Hamann, verfolgt werden kann. Er besteht aus einem Biindel Nerven- fasern, denen Ganglienzellen meist peripher aufgelagert sind und ist auf dem Querschnitt rundlich bis eiférmig. Weiter nimmt 3) em Nervus apicalis aus dem pedalen Ganglion — und zwar aus dem der Dorsalseite zugekehrten Flaiche — seinen Ur- sprung und zieht immer dem Coelomepithel angelagert nach der Riickenflache, um sich hier in verschiedene Nervenziige aufzu- lésen, die ihrerseits zum Riickenepithel ziehen, wie Fig. 2 und 1 auf Taf. XII zeigen. Zur Bildung eines Ganglions wie auf der Ventralseite kommt es nicht, da die beiderseitigen Nervenziige nicht zusammentreffen und verschmelzen. Weiter nehmen ihren Ursprung 4) ein Nervus musculor. intervertebralium, welcher in den Wirbel eintritt und sich hier verzweigt, teilweise aber in einem Ganglion, dem Ganglion intervertebrale zu enden scheint, von welchem aus weitere Nervenziige austreten und die Intervertebralmuskeln versorgen. Da aber mit diesem Ganglion noch die Nervenfasern des Nervus musculor. intervertebral. zusammen- hingen, so komme ich bei Besprechung des letzteren nochmals auf dasselbe. 5) Als Nervi laterales II bezeichne ich Nervenziige, welche teils vom Pedalganglion, teils aber unmittelbar hinter demselben aus dem Nervenstamm austreten, wie Fig. 4 Taf. XII lehrt. Der Austritt dieser Nerven ist in Fig. 6 Taf. XIV in ihrer weiteren Ver- zweigung sehr gut zu sehen. Unmittelbar nach ihrem Ursprung teilt sich die Nervenmasse in eine Anzahl von baumférmig aus- strahlender Nervenztige, welche teils in der verkalkten Binde- substanz nach dem Riicken, teils nach der Seite, teils nach der Ventralseite ziehen. Ihr Ziel ist das Korperepithel. Einzelne Ziige treten auch in den Wirbel selbst ein und lassen sich hier verfolgen bis zum Epithel der radiiiren Wassergefiffe, zu deren Muskulatur (s. unten) sie herantreten. Hervorzuheben ist, dali bei der Bildung der Nervi laterales IL sich Nervenfasern und Zellen des dorsal-peripheren Belages be- teiligen. An der Stelle, an welcher diese Nerven entspringen, ist der ventrale Belag des Nervenstammes bereits stark verdickt, man er- kennt 2—3 Lagen von Ganglienzellen, das heiSt, wir sind bereits im Bereich des Wirbels und eines vertebralen Ganglions des Nervenstammes. Die nachsten Schnitte, Fig. 5 und 6 auf Taf. XII zeigen dies deutlich. Auf diesen Schnitten sehen wir iiberall noch Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 245 die Verzweigungen unserer Nerven, wie sie in baumférmiger Verastelung zum Ko6rperepithel streben. Im Zentrum der verte- bralen Ganglien erhebt sich ein Nervenpaar, die Nervi mus- culorum intervertebralium I (Fig. 5, Taf. XII). Sie laufen parallel zu einander dorsalwarts und treten in den Wirbel ein. Auf den folgenden Schnitten trifit man sie in Gestalt zweier annaihernd kuglicher Gebilde an, indem sie querdurch- schnitten sind und in einem Bogen verlaufen, den folgenden Intervertebralmuskeln zustrebend. Ihr Verlauf ist auf einem Langschnitt durch den Arm (Fig. 1, Taf. XIII) am besten zu er- kennen. Sie enden, wenigstens der gré$te Teil ihrer Fasern, im Ganglion intervertebrale, durch welches eine Verbindung mit dem Nery. muscul. interv. II hergestellt wird, denn auf Fig. 9 folgt fast unmittelbar Fig. 1 (Taf. XID), also ein Querschnitt unmittelbar vor dem Ursprung der Fiifchen gefiihrt. Diese Nervi muscul. intervertebr. I entspringen nicht aus der zevtralen Nervenfasermasse, sondern aus dem dorsal-peripheren Belag, und zwar ist hier dieser Belag ungemein verdickt, er bildet ein Ganglion (Fig. 5, Taf. XII und Fig. 1, Taf. XIII). Wie sich im einzelnen dieser Ursprung gestaltet, zeigt ein Langsschnitt durch den Nervenstamm. In Fig. 6, Taf. XIII ist der dorsale Zellbelag mit nf? bezeichnet, der Nerv mit Nmi I. An seiner Basis sehen wir die grofblasigen Ganglienzellen angehauft, wihrend der Nervenzug selbst durch den Schizocoel-Langskanal hindurchsetzt und in die verkalkte Bindesubstanz eintritt. Der Durchmesser dieses Nerven- zuges betragt an allen Stellen 0,008 mm; die Breite des radiaéren Nervenstammes an der Stelle des Ursprunges 0,17 mm; die Héhe 0,05 mm; die Hohe des ventral-peripheren Ganglions 0,02 mm. Als weitere vom radiaren Nervenstamm selbst sich ab- zweigende Nerven fiihre ich auf: Nervus lateralis III, rechts und links je einer (Fig. 7, Taf. XII). Es sind die schwachsten der Lateralnerven. Ihre Ver- zweigung beginnt bald nach ihrem Eintritt in die seitlichen Kérper- teile und strahlen sie sich mehr und mehr veristelnd bis zu der Haut, dem Kérperepithel. Einzelne der Aeste nehmen ihren Weg zum Epithel der ventralen Seite. Kurz nach dem Austritt dieser Nerven, welcher noch im Bereich eines Ganglions des ventralen Zellbelages geschieht, tritt der Nervenstamm in den Bereich der Intervertebralmuskeln ein. Uber den Verlauf der zum Epithel ziehenden Nerveniste ist noch einiges hinzuzufiigen. Betrachtet man Fig. 1 auf Taf. XIII, so 246 Dr. Otto Hamann, sieht man, wie das Epithel der Ventralseite vor allem versorgt wird durch die Nerven, welche vom Ganglion ventrale ausgehen, und dafS der zwischen je zwei Ganglien liegende Teil der Ventralseite besonders nervéser Natur ist. Zwischen diesen beiden hauptsachlich mit Nervenendigungen versehenen Stellen sind nur im geringeren Mafe solche vorhanden. Von welchen Nervenziigen diese herriihren, ist bereits besprochen. Weiter ist aus Fig. 2 auf Taf. XIII der eigentiimliche Verlauf der Nervi apicales ersichtlich, welche nach der dorsalen Medianlinie des Armes zu streben und fortwahrend Aste zum Hautepithel entsenden. Diese besonders nervésen Stellen der Riickenhaut entsprechen in ihrer Lage denen der ventralen Seite, sie liegen ebenfalls zwischen je zwei Wirbeln und lassen sich am lebenden Tiere als die besonders prominierenden Stellen der Riicken- wie Bauchflaiche bezeichnen. Zu diesen Nerven kommen noch zehn Nerveniste hinzu, welche Lupwia1) aufgefunden hat und welche zu den Bursae fiihren, die Nervi bursarum. Sie entspringen aus dem Ganglion pedale des zweiten MundfiiSchenpaares. Von den soeben beschriebenen Nerven war bekannt ein sog. Fiichennerv, wie er von den Autoren genannt wird und durch TrEUSCHER ?) war der Nerv. intervertebralis I abgebildet worden. Uber seinen Ursprung aber erfahren wir nichts genaueres. LupwiG *) hat dann den Verlauf dieses Nerven geschildert. Nicht tiberein- stimmen kann ich mit ibm, wenn er die Nerven zu den Mund- fiikchenpaaren vom radiaren Nervenstamm herleitet. Sie ent- springen unstreitig vom Gehirnring und habe ich sie bei Be- sprechung desselben zu beschreiben. Der ventrale periphere Zellbelag wird in ganzer Ausdehnung von einer hyalinen, sich nicht farbenden Membran gegen den Schizocoelkanal abgegrenzt; diese ist in Fig. 6 auf Taf. XIV mit M. bezeichnet. Bei Besprechung der Schizocoelraume komme ich nochmals auf dieselbe. 1) Lupwie, Neue Beitriige zur Anatomie der Ophiuren, in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 34, 1880. 2) TruscuEr, Jenaische Zeitschrift, Bd. 10. 3) Lupwie, Morpholog. Stud. an Echinod., in: Zeitschr. f. wiss- Zool., Bd. 31, 1878. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 247 4, Der Gehirnring. Der Gehirnring liegt nicht mit den radiaren Nervenstammen in einer Ebene, sondern héher als diese und steigen die letzteren, ehe sie denselben bilden, aufwirts, wie Fig. 3 auf Taf. XIII zeigt. Dieser Lingsschnitt durch das ganze Tier zeigt am besten den Verlauf des Gehirns unmittelbar in der Nahe des Schlundes. Er wird da, wo die fiinf Mundfiifchen liegen, nur von einer geringen Menge verkalkter Bindesubstanz iiberdeckt, wie Fig. 1, Taf. XIII zeigt. Der Gehirnring liegt wie die radiiren Staémme in einem Hohl- raum, einem zirkulir verlaufenden Schizocoel-Ringkanal. Er ist nicht im Zentrum desselben quer aufgehangen, sondern liegt meist so, dafi der Kanal als einlumig erscheint, und oralwarts direkt an die Bindesubstanz zu stoBen scheint (Fig. 1, Taf. XIV). Querschnitte durch den Gehirnring zeigen, daf der ventrale Zellbelag in zwei Anhiufungen oder Ganglien getrennt ist. Kin solches Bild giebt der Gehirnring unmittelbar nach dem Eintritt eines Nervenstammes (Fig. 4, Taf. XIV). Dabei ist der dorsale Zellbelag mit seinen groSblasigen Zellen und seinen Nervenfasern, welche ebenfalls zirkular verlaufen, sehr gut zu beobachten. Ein Querschnitt an der Stelle, wo eins der fiinf Mundfifchen entspringt (Fig. 1 auf Taf. XIV), zeigt beide Ganglien in ungleicher Gestalt. Das dem Darme zugekehrte ist gut ausgebildet, wahrend das zweite weniger hervortritt, dafiir aber viele Ganglienzellen im Innern der konzentrisch verlaufenden Nervenfasermasse liegen. Fig. 2, Taf. XV zeigt hingegen wiederum beide Anhaufungen von Zellen deutlich hervortretend. Feinerer Bau. Wéahrend in den radidren Nervenstéammen die Zellen mit ihren kugeligen Kernen keine besondere Ditferenz im Bau zeigten, kénnen wir im Gehirnring zwei verschiedene Formen von Zellen unterscheiden, welche man wohl beide als Ganglienzellen zu deuten haben wird, da Stiitzfasern von keiner Zelle ausgeschieden sind. Sie fehlen im Gehirnring vollstindig. Beide Zellformen unterscheiden sich zunichst durch ihre Grofe. Die einen sind peripher gelagert, von kleinerer Gestalt und besitzen einen kugligen Kern, welcher sich tief dunkel farbt. Die zweite Zellform zeichnet sich durch ihren grofen Leib aus, dessen feinkérnige Substanz mafig den Farbstoff aufnimmt, und durch einen grofen Kern, von ebenfalls kugliger Gestalt. Bd, XXIII, N, F, XVI. 17 248 Dr. Otto Hamann, Dieser Zellkern farbt sich nur wenig und sind so diese Zellen leicht von den iibrigen zu unterscheiden. Dabei liegen sie mehr zentral, umhillt von den kleineren Zellen (Fig. 4, Taf. XIV). Die Zellgrenzen der kleineren Zellen sind sehr schwer zu er- kennen und kann ich iiber ihre Form wenig aussagen. Der Kern mift 0,003 mm. Die grofen Ganglienzellen, wie sie Fig. 5 auf Taf. XV zeigt, besitzen eine ovale Gestalt und lassen einen oder mehrere Fort- sitze, welche der Nervenfasermasse zugekehrt sind, erkennen. Ihre Groéfe variiert zwischen 0,007 mm und 0,01 mm. Ihr Kern mift 0,004 mm. Beide Kernformen zeigen ein Kernnetz sehr deutlich erhalten. Die Ganglienzellen des dorsalen Belages zeigen dieselben For- men wie in den radiaren Nervenstimmen. Sie sind an einzelnen Stellen angehauft, ohne dafi aber eine besondere Regel sich auf- stellen lieBe (Fig. 2 auf Taf. XIV). Diese beiden Zellformen, welche schon im letzten Abschnitt des Nervenstammes hervortreten, sind bisher noch nicht beobachtet worden. Es unterscheidet sich somit der Gehirnring vom Nerven- stamm ganz wesentlich im Bau (ausgenommen Ophiothrix fragilis). 5. Die vom Gehirnring austretenden Nervenziige. Vom Gehirnring treten eine ganze Reihe gréStenteils bisher unbekannter Nervenziige aus, so zunachst zehn Nervenzitige zu den zehn oberen MundfiiSchen; zwischen diesen gelegen fiinf Nervenziige zu den inneren adoralen Muskeln (Muse. interrad. adoral. intern.) und zu den duferen (Muse. interrad. adoral. extern.), Auferdem treten zehn Nervenziige vom Gehirnring aus in die Wandung des Schlundes ein (Fig. 2, Taf. XIV). Es ver- laufen diese Nervenziige der Bindesubstanzschicht des Darmes auf- liegend zwischen den basalen Fortsaétzen der Schlundepithelzellen. Verfolgen wir den Austritt der Nervenziige, welche zu den Muscul. interrad. ziehen, so sehen wir, wie der grofte Teil ihrer Nervenfasern aus der zentralen Masse des Gehirnringes austreten und wie Ganglienzellen ihnen peripher aufliegen. Es kommt zur Bildung eines Ganglions, das heift einer Anhéufung von Ganglien- zellen nicht weit nach dem Ursprung des Nerven, wie Fig. 2 auf Taf. XV zeigt, und hierauf tritt eine Gabelung ein, indem die ein- zelnen Ziige zu den inneren Interradialmuskeln ziehen und diese Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 249 geradezu umspinnen (n? und n? in Fig. 2). Diesen Nervenzug will ich als Nerv. muscul. interrad. intern. bezeichnen im Gegensatz zu einem zweiten, dem Nerv. muscul. interrad. extern., welcher sich direkt zu den iuferen Muskeln (Mie in Fig. 2) wendet und diese umspinnt. Auch hier kommt es zur Bildung eines Ganglions. Beim Ursprung des letzten Nerven beteiligen sich unstreitig auch Fasern und Zellen des dorsalen Belages neben solchen der zentralen Nervenmasse. Geschichtliches. Der Bau des Gehirnringes mit seinen zweierlei Ganglienzellen war bisher unbekannt, denn auch der letzte!) Untersucher der Ophiuren lief die ferneren Verhaltnisse absichtlich unberiicksichtigt. Korner halt den dorso-peripheren Zellbelag fiir bindegewe- biger Natur, sowohl im Gehirnring wie in den radiadren Nerven- stammen. Ich glaube aber, daf er, sobald gezeigt worden ist, da8 die dorsalen Intervertebral-Nerven ihren Ursprung allein aus diesem Zellbelag mit seinen Fasern nehmen, nicht anstehen wird, seine Ansicht fallen zu lassen und mir beizupflichten. Uber die Arbeit von APOsTOLIDES ”), soweit sie das Nerven- system anlangt, habe ich folgendes zu bemerken. Seine Angaben stehen mit denen samtlicher tibriger Forscher in Widerspruch, wie KorHLeR schon hervorhebt. Auf seine Resultate einzugehen ver- lohnt nicht der Miihe, da Figuren wie Fig. 4 auf Taf. X nur ge- wonnen werden kénnen, wenn man nicht gut konserviertes Material vor sich hat. Ob das, was uns in Abbildungen gezeigt wird, iiberhaupt das Nervensystem darstellt, ist mir tiberdies noch sehr fraglich. 6. Die Hautnerven und die Nervendigungen. Der Ursprung der zur Haut ziehenden Nervenziige ist bereits geschildert worden, so daf ich nur hier die Verzweigungen in der verkalkten Bindesubstanz bespreche. Ein Blick auf das Querschnittsbild Fig. 6 auf Taf. XIV zeigt, in welcher Weise die bisher noch unbeschrieben gebliebenen Nerven sich verasteln und zur Haut strahlen. 1) Koruter, Appareil circulatoire des Ophiures, in: Annal. d. scienc. natur., 7. Sér., Bd. 2, 1887. 2) Avostotipis, Anatomie et Développement des Ophiures, in: Arch, Zool. expér., T. 10, 1882. ie 250 Dr. Otto Hamann, Die einzelnen Nervenbiindel von feinsten eng miteinander ver- bundenen Nervenfasern verlaufen in der Bindesubstanz, welche unverkalkt geblieben ist und in den Liicken und Hohlréiumen der Kalkplatten liegt. Alle die hellen Stellen in der Figur werden von dem Kalkskelett eingenommen, welches durch Saurebehandlung entfernt worden ist. Man hat sich die unverkalkte Bindesubstanz als ein Maschennetz vorzustellen, in welchem die Maschen von dem Kalkskelett eingenommen, die Faden aber die restierende Bindesubstanz vorstellen. In letzterer eben verlaufen die Nerven- zlige. Der Durchmesser derselben, annihernd kreisrund, schwankt zwischen 0,01 und 0,004 mm. Grofe Ganglienzellen, welche die fixen Bindesubstanzzellen an Gréfe des Kernes iiberragen, legen ihnen peripher aufgelagert und da, wo eine Teilung eines Nerven eintritt, gewohnlich in gréferer Anzahl. Es lassen sich alle Nerven- ziige bis zum Kérperepithel verfolgen; hier enden sie in eigen- tiimlicher Weise. Das Kérperepithel, die Epidermis besteht mit Ausnahme weniger getrennt zu besprechender Stellen aus einer Schicht von Zellen, welche annahernd kubisch geformt sind. Am erwachsenen Tiere sind die Zellgrenzen nicht mehr wahrnehmbar und die Zell- kerne von kugliger Gestalt lagern in einer feinkérnigen Substanz. Ja es kann sogar vorkommen, daf die Epidermis von der Cutis, der verkalkten Bindesubstanzschicht kaum zu trennen ist, weil eine Basalmembran fehlt. An gut konservierten Tieren ist ein einschichtiges Epithel stets zu unterscheiden. Erkennt man ein solches nicht, so ist das Material nicht in zur Untersuchung dienlichem Zustande. Eine Cuticula, welche je nach der Konservierungsfliissigkeit bald stark, bald in geringerem Mafe hervortritt, tiberzieht das Epithel und fehlt nur an wenigen Stellen. Ihre Dicke betragt 0,002 mm; die Hohe des Epithels 0,005 mm. An denjenigen Orten nun, wo ein Nervenzug in senkrechter Richtung zum Epithel tritt, ist derselbe verdickt. Der Nervenzug endet, indem er sich trichterférmig ausbreitet und Fasern nach den verschiedenen Richtungen im Umkreis der Zellenanhaufung ausstrahlen, waihrend ein Teil in den Epithelzellen zu enden scheint. In welcher Weise die Endigung vor sich geht, ist bei der Klein- heit des Objektes nicht zu erkennen und Mazerationspraparate lieSen mich yollstandig im Stich. Da ich nun aber in den FiSchen und an anderen Stellen des Kérpers bessere Resultate erhalten Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 251 habe, so kann man vielleicht mit Recht schlieBen, daf die allgemein und am 6ftersten vorkommende Nervenendigung nicht verschieden sein mége von der an speziellen Stellen sich findenden. Am Eingange und im Innern der Geschlechtstaschen (Bursae) ist das K6rperepithel stark verdickt. Hier stehen Wimperzellen oft in Trupps angeordnet, welche durch ihre sich tief dunkel firbenden Zellkerne hervortreten, da die Kerne der gewoéhnlichen Epithelzellen mit neutraler Karminlésung sich nur hellrosa farben. Diese Zellen haben eine zylindrische Gestalt und verjiingen sich basalwirts in feine Fortsaétze. Fig. 7 auf Taf. XIV giebt eine Nervenendigung im Wimperepithel einer Bursa wieder. Die schénsten Nervenendigungen kann man aber an den Fii- chen von Ophiothrix fragilis sehen. 7. Die Sinnesknospen der Fiifschen von Ophiothrix fragilis. Die Fiikchen dieser Art sind, wie man schon bei schwacher Lupenvergréferung erkennt, tber und tiber bedeckt mit Hervor- ragungen, welche sich kegelférmig von der Spitze desselben bis zur Basis erheben. Die FiiSchen sind am Spiritusmaterial weil-gelblich gefarbt 5 in ihren Enden ist Pigment von nicht mehr bestimmbarer Farbe angehauft. Wie man an vollstandig ausgestreckten FiSchen sieht, stehen die Sinnesknospen in Reihen angeordnet, welche sich in bestimmten Zwischenriumen folgen. Geht der Querschnitt mitten durch eine solche Reihe, so bekommt man alle diese Sinnesorgane quer durch- schnitten. Dies ist natiirlich selten der Fall, da die Fifchen immer mehr oder minder gekriimmt sind. Fig. 3 auf Taf. XV giebt einen Querschnitt durch ein Fifchen lediglich zur Orientierung der einzelnen Schichten wieder. Zwischen den Sinnesknospen be- steht die Haut aus einschichtigem Epithelbelag. Unterhalb des Epithels folgt die Bindesubstanzschicht, in welcher die Knospen mit ihrem inneren Teile liegen. Tine hyaline elastische Membran grenzt diese Schicht ab gegen die Liangsmuskelschicht und das den zentralen Hohlraum auskleidende Epithel. In jedem Fiif%chen verlauft ein Nervenzug, von der Basis bis zur Spitze in einer geraden Linie, in der Bindesubstanzschicht der elastischen Membran gelagert (N in Fig. 3, Taf. XV). Dieser Nervenzug, welcher in Fig. 4 auf Taf. XV_ vergroéfert dargestellt ist, besteht aus feinsten, parallel zur Fufaxe verlaufenden 252 Dr. Otto Hamann, Fasern und einem peripheren Ganglienzellenbelag. Auch zwischen den Fasern kénnen Zellen vorkommen. Zwei Sinnesknospen zeigt dieselbe Figur 4 der Lange nach durchschnitten. Ihre Gestalt kann wohl mit der eines Kegels ver- glichen werden. Die Spitze, welche kuglig aufgetrieben ist, lift noch an den Spirituspraparaten feine, offenbar meist abgebrochene Stabchen erkennen, Sinnesborsten, wie wohl mit Recht zu sagen ist. Der vordere Abschnitt dieser Knospen zeigt eine Lingsstreifung, welche auf die Gestalt der Zellen, die die Knospe zusammen- setzen, ein Licht zu werfen geeignet ist. Die grofe Menge der Zellkerne, welche in mehreren Reihen iibereinander gelagert, den basalen Teil der Sinnesknospe ausfiillen, gehéren zu fadenférmigen Zellkérpern, welche in einer kaum hervortretenden Anschwellung den ovalen Kern tragen. Basalwarts setzen sich diese Zellen in feinste Fasern fort, Nervenfibrillen, welche in Gestalt eines Nervenbiindels an der Basis austreten und nach dem Zentrum des FiiBchens zustreben (kn Fig. 4). Die Sinnesknospen liegen in Reihen angeordnet, wie ich schon hervorhob. Entsprechend dieser Lage treten in jeder Reihe aus dem Hauptnerven, welcher zur Fufachse parallel lagert, rechts und links Nervenfibrillen aus, welche konzentrisch verlaufen. Zu diesen ziehen die einzelnen Nervenziige der Sinnesknospen, wie Fig. 3 und Fig. 4 auf Taf. XV zeigt. Der Ringnervenzug ist mit yn, der von einer Knospe kommende mit kn gekennzeichnet, der Hauptnerv mit hn. Die Linge dieser Knospen betriagt bis 0,1 mm, ihre gréfte Breite 0,05 mm, die Breite des ganzen Fii®chens im unteren Teile etwa 0,4 mm. Da die einzelnen Nervenziige keines- wegs leicht zu erkennen sind, so hat man verschiedene Methoden zu ihrem Nachweise anzuwenden, besonders gut zeigen Osmium- Pikrokarminpraparate dieselben. 8. Das Nervensystem von Ophiothrix fragilis. Viele der bei der vorigen Art nicht ganz deutlich hervor- tretenden Verhaltnisse lassen sich bei dieser gréferen Form besser erkennen. Die einzelnen vom radidren Nervenstamm entspringenden Nerven sind kompakter, gréfer und die Ganglienzellen sowohl im ventralen wie dorsalen Belag mit ihren Fasern in mancher Hin- sicht besser zu studieren. Der radiaére Nervenstamm zeigt wie bei der vorigen Art einen gegliederten Bau. Er zerfallt in Strecken mit ganglionaren Anatomie der Ophiuren und Crinoiden, 253 Anschwellungen und solche, wo nur ein einfacher einschichtiger Zellenbelag vorhanden ist. Der bilaterale Bau des Nervenstammes tritt bei dieser Gattung aber noch weit deutlicher hervor. Man kann im Bau der Ganglien eine sich an allen Stellen des Nerven- stammes gleichbleibende Anordnung in der Lagerung der Ganglien- zellen erkennen. Es sind diese nicht in einer gleichmafig starken Anhaufung vorhanden, wie es bei Ophiogl. alb. der Fall war (vergl. Fig. 5, Taf. XIII), sondern in Trupps gesondert, welche auf dem Querschnitt als Pyramiden in die zentrale Nervenfasermasse hineinragen (Fig. 6, Taf.XV), und zwar in der Weise, wie es die Fig. 6 zeigt. Jederseits von der Mittel- linie sind zwei Anhaufungen zu erkennen, welche in der Mitte des Ganglions am starksten hervortreten, an den Enden desselben nach und nach vyerstreichen. Eine solche Lagerung hat SimrotH !) bei Ophiactis virens beschrieben. Fiir mich lag be- sonders deshalb ein Grund vor, diese Angaben nachzupriifen, weil sie von LupwiG?) ebenso wie der radiire Bau tiberhaupt be- stritten worden sind. SimrorxH beschreibt fiinf solche Ansamm- lungen. Es herrscht also hiernach eine Verschiedenheit bei den verschiedenen Formen vor. In diesem ventralen Zellenbelag kann ich sehr deutlich eine periphere Schicht kleinerer Zellen von den grofen zentral gelagerten Ganglienzellen unterscheiden. Die kugligen Zellkerne der ersteren messen 0,003 mm, die der letzteren 0,006 mm. Der dorsale Zellenbelag und seine Fasern. Konnte ich schon bei den kleinen Ophiogl. alb. nachweisen, daf aus den Fasern derselben sich die Intervertebralnerven bilden, so ist der Beweis hierfiir bei dieser grofen Form noch deutlicher zu er- bringen. Fig. 7 auf Taf. XV zeigt, wie stark die Ansammlung dieser dorsal-peripheren Nervenfasern nf ist. Auch hier liegen die Ganglienzellen hauptsachlich peripher dem austretenden Nerven- zug auf. Stitzzellen treten in dem ventralen Zellenbelag da auf, wo die Nerven zur Bildung des Ganglion basale — an der Fub- basis gelegen — austreten. Der austretende Nervenzug ist ventral- warts von einer Schicht Stiitzzellen iiberlagert, wihrend dorsalwirts und zwischen seinen Fasern Ganglienzellen liegen. Das Ganglion 1) Stwrorn, Anat. u. Schizoz. d. Ophiactis virens, in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 27, 1887. 2) Lupwie, Neue Beitr. z. Anat. d. Ophiuren, in: Zeitschr. f. wiss, Zool., Bd, 34, 1880, 254 Dr. Otto Hamann, basale ist auf dem Querschnitt halbkreisférmig und besitzt eine periphere Schicht von Ganglienzellen, deren Kerne deutlich hervor- treten, wihrend ihre Grenzen wenig oder gar nicht zu erkennen sind. In jedem Ganglienknoten des ventralen Ganglienzellenbelages sind in der Mittellinie Stiitzfasern ausgespannt, wie Fig. 9 auf Taf. XV zeigt. Die peripheren Nervenziige besitzen im Verhaltnis zu denen der Ophiogl. alb. einen weit mifigeren Bau und _ ver- zweigen sich nicht in der dort geschilderten Weise. Wahrend bei letzterer Art die Nervenendigungen iiberall auf der Haut beobachtet wurden, so sind bei Ophiothrix dieselben auf die Stacheln zu liegen gekommen, welche auf der Schale als kurze gedrungene oder langere Gebilde stehen, und auf den Armen als lange, schwach bedornte, an den Enden abgestumpfte Organe in Trupps sitzen. Zu jedem dieser Stacheln zieht ein starker Nerven- zug. Vor seinem Eintritt in der verkalkten Bindesubstanz bildet derselbe ein Ganglion von ungemeiner Gréfe. Der Nerven- zug tritt in den Stachel ein und verlauft in dessen bindegewebiger Achse, Aste radienartig nach allen Seiten der Haut aussendend. Um den weiteren Verlauf dieser Nerven zuschildern, ist die Kenntnis des Baus der Stacheln nétig. Der Bau der Stacheln von Ophiothrix fragilis. Untersuchen wir die entkalkten Stacheln auf Langsschnitten, so erhalten wir folgendes Bild: Die Epidermis setzt sich an der Basis der Stacheln auf diese fort und ist iiberall deutlich getrennt von der Cutis. Die Binde- substanzschicht ist in der Weise angeordnet, daf sie als axialer Strang die Stacheln durchsetzt und gleichsam durch radienartig verlaufende Faden in ihrer Lage befestigt wird. Diese Faden oder Strange gehen unter rechten Winkeln vom axialen Stamm ab und treten in Verbindung mit der geringen Bindesubstanz- schicht, welche basal von der Haut liegt. Bei einem Stachel von 0,2 mm Durchmesser ist der axiale Nervenzug 0,01 mm dick. Das Ganglion, welches vor seinem Eintritte sich findet, hat eine Breite von 0,05 mm bei einer Lange von etwa 0,1 mm! Von der Flache betrachtet zeigt das Epithel des Stachels eine eigentiimliche Ansicht. Auer den gewohnlichen Epithel- zellen, deren mit Karmin hellrosa gefarbte Kerne hervortreten, Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 255 treten in eiférmige Gruppen gesonderte Zellen vor, deren Kerne sich tief dunkel farben. Diese Zellen sind die nervésen Endzellen. Zu ihnen treten feinste Nervenidste hinzu. In welcher Weise diese Endigung geschieht, habe ich bei der Kleinheit des Objekts nicht zu entratseln vermocht. Aber anzunehmen, daf die Endigung eine andere sei, als ich sie in den Sinnesknospen der Fiifchen be- schrieben habe, dazu liegt kein Grund vor (Fig. 10 und 11, Taf. X VII). Der Verlauf der von den radidren Nerven- stimmen sich abzweigenden Nervenaste. Die metamere Gliederung der Nervenstiimme habe ich bereits dargelegt und ich méchte in Kiirze den Verlauf eines Nervenastes geben. Im Be- reiche der Intervertebralmuskeln tritt aus dem Nervenstamm jederseits ein kraftiger Nervenast aus, welcher eine Hohe von 0,04 mm besitzt, wihrend der Nervenstamm nur 0,07 mm _ hoch ist (Fig. 1 auf Taf. XVI). An dieser Figur tritt der schwachen Ver- eréBerung wegen die Beteiligung der dorsalen Fasermasse bei der Bildung der Nerven nicht mit hervor. Um diese zu zeigen, habe ich in Fig. 9 auf Taf. XV einen Querschnitt durch den Nerven- stamm gegeben, da wo der zum Ganglion basale austretende Nerv entspringt. Auch sind auf dieser Figur die Stiitzfasern in der Mitte des Nerven zu sehen. Dieser Nerv. lateral. tritt in die verkalkte Bindesubstanz ein, um alsbald ein im spitzen Winkel der ventralen Mittellinie zu laufendes diinnes Nervenbiindel abzugeben. Die itibrige Masse liuft im Bogen in den Seitenwirbeln dem Coelomepithel nahe bis zum Riicken. Von Zeit zu Zeit tritt ein kraftiger Ast aus, um zu den Stacheln zu ziehen. Eine kurze Strecke nach dem Ursprung liegt das schon erwahnte Ganglion, g, g', g?, welches allen diesen Nerven ohne Ausnahme zukommt. Eine dichotomische Teilung dieser Nerven findet statt, wenn auch seltener; meist treten sie ohne weitere Verzweigung in den Stachel ein. Von einem so zier- lichen Ausstrahlen der Lateralnerven, wie ich es bei Ophiogl. albid. aufgefunden habe, ist hier also nicht die Rede. Ein in den Stachel eintretender Nervenzug mit seinem Ganglion ist in Fig. 11 auf Taf. XV wiedergegeben. Das Ganglion setzt sich zusammen aus peripher gelagerten, dunkelkernigen Zellen, welche eng aneinander gepreft liegen und simtlich multipolér sind, wie man an feinen Schnitten erkennt. Zwischen den Fasern selbst liegen bipolare Ganglienzellen, deren spindliger Zellkern deutlich hervortritt, wahrend die Zellsubstanz, welche den Kern umbiillt, fist ganz reduziert ist. Aufer diesen zwischen den Fasern gelegenen 256 Dr. Otto Hamann, Zellen — welche in allen vom radiaren Nervenstamm entspringenden Nervenasten sich finden — trifft man peripher gelagerte ebenfalls an, wie die gleiche Figur 11 zeigt. 9. Der Fiihler und das Ende des radiiiren Nervenstammes. (Ophiothrix fragilis.) Betrachtet man die Enden der Arme, so zeigen sich dieselben zugespitzt. An Spirituspraiparaten sind die Spitzen bei unserer Art weiflich. Die letzten Glieder jedes Armes tragen, wie bekannt ist, Haken neben ihren bedornten Stacheln. Diese Haken stehen paarweis angeordnet seitlich neben den Fiif%chen. Ihren Bau, ihre Muskulatur und Nerven schildere ich unten. An jedem Ende eines Armes liegt ein unpaarer Fihler auf der Ventralseite. Er wird tiberdacht und umhiillt von einer gewélbten Kalkplatte, wie das am besten Fig. 3 auf Taf. XVI veranschaulicht. Der Fiihler selbst ist weit hervorstreckbar. Er kann sich so stark verkiirzen, da8 er vollstandig von der Platte tiberdeckt wird. Diese liegt selbstverstandlich in der Bindesubstanz der Riickenwand und ist von einem Plattenepithel tiberzogen. Im Fiihler endet das radiiire WassergefaifS blind. Seine Wan- dung setzt sich aus denselben Schichten zusammen wie die der FiiBchen, nur ist dieselbe sehr diinn. Ein Langsschnitt durch das Armende zeigt den Verlauf des radiiren Nervenstammes und seinen Ubergang in den Fihler in Fig. 2 auf Taf. XVI. Zunachst fallt die ungemein stark ausgepragte Glie- derung des Nervenstammes auf. Weiter sind die Ganglien selbst im Vergleich zu ihren Verbindungsasten sehr verdickt, sie folgen sich in kiirzeren Zwischenraumen, da die Armglieder ver- kiirzt sind. Will man daher die Gliederung des Nervensystems demonstrieren, so eignen sich die Armenden hierzu vorziiglich. Was den feineren Bau anlangt, so sei bemerkt, da8 die Zellen des ventralen Zellenbelages, welche zwischen je zwei Ganglien liegen, Stiitzfasern ausgeschieden haben. Am Fihler bildet der Nervenstamm ein basales Ganglion, von dem aus ein Nervenzug in die Wandung desselben eintritt und in Epithelsinneszellen der Spitze endet. 10. Die beweglichen Haken von Ophiothrix fragilis. Am erwachsenen Tiere ist das Armende in der Lange von ungefaihr einem Centimeter yon Haken besetzt, wie sie Fig. 4 auf Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 257 Taf. XVI wiedergiebt. Uber diese Gebilde finde ich keine nihere Beschreibung vor. Daf sie, wie ich sogleich zeigen werde, be- weglich sind, ihre eigene Muskulatur haben, ist unbekannt. Mit diesem Nachweise aber fallen diese von den Systematikern schlecht- hin als Haken bezeichneten Organe zusammen mit jenen von Lupwic bei Trichaster elegans aufgefundenen Gebilden, welche er als einarmige Pedizellarien beschrieben hat. Diese einarmigen Pedizellarien treten sehr frihe an dem jungen Ophiothrix auf. In der mikroskopischen Sammlung des hiesigen Institutes befindet sich ein von KrrersTeIn in Bergen gefundenes Tier, welches kaum einen halben Centimeter mift. Dieses zeigt an samtlichen Armgliedern diese Organe von derselben Gestalt wie die unserer Art. Der bewegliche zweistachlige Haken ist 0,13 mm lang; wihrend an der erwachsenen Oph. frag. die Linge 0,16 mm be- tragt. Fig. 4 ist nach einem Langsschnitt durch einen halb ent- kalkten Haken entworfen. Das Epithel tberzieht denselben und ist zwischen den beiden gekriimmten Spitzen und unterhalb der kleineren verdickt. Die iibrige Masse besteht aus Bindesubstanz, in der die Haken ausgeschieden sind. Zwei Muskelgruppen, ein Beuger und ein Strecker inserieren am Haken und dem _ basalen Kalkstiick. Sie bestehen aus glatten Muskelfasern. Unterhalb des Epithels diesem anliegend verlauft ein Nerven- zug. Er entspringt aus einem Ganglion, einer peripheren An- sammlung von Ganglienzellen und tritt in den Haken ein, wie die Figur zeigt. Von ihm gehen Nervenfasern ab zur Muskulatur, sowie zu den verdickten Epithelpartiecen. 11. Der Bau der Fiifschen von Ophioglypha albida und die Nervenendigungen in denselben. Die Fii&chen dieser Art zeigen einen einfacheren Bau als die der Ophiothr. fragil. Wir finden jene Sinnesknospen gleichsam nur apgedeutet vor, indem es nur zu allerdings schwach ausge- bildeten papillenahnlichen Anhaiufungen der Epithelzellen kommt. Die um die Mundoffnung stehenden Fiifchen besitzen einen abweichenden Bau, was das Epithel anbetrifft. Im tibrigen wird ihre Wandung aus denselben Schichten gebildet. In jedes Fib- chen fiihrt ein Ast des radiiren Wassergefafes, um in dem konisch zugespitzten Endteil blind zu enden. Die Wandung selbst ist diinn (Fig. 1 auf Taf. XV) und setzt sich zusammen 1) aus dem 258 Dr. Otto Hamann, aiuBeren Kérperepithel, 2) einer sehr gering entwickelten Binde- substanzschicht, von welcher nach innen zu 38) eine elastische Membran aufliegt. Unterhalb derselben folgt 4) eine aus Lings- muskelfasern bestehende Muskelschicht, wahrend den Hohlraum selbst ein einschichtiges Epithel auskleidet. Das au8ere Kérperepithel besteht am _ vollstindig ausge- streckten Fiifchen bis auf bestimmte Stellen aus einer Schicht von ungefahr kubischen Zeilen, deren Grenzen gegeneinander aber sehr schwierig zu beobachten sind. Gegen die Spitze zu nimmt dieses Epithel stellenweise an Dicke zu, indem Zellenanhaufungen sich finden. An der Spitze selbst haben die an den Armen sitzenden FiiSchen ein auferst verdicktes Epithel. Es mif8t hier 0,01 mm gegen 0,004 mm an den basalen Stellen. Lange fadenférmige Zellen, welche den Kern in verschiedener Hohe tragen kénnen, setzen dasselbe hier zusammen. Basalwirts laufen diese Zellen in feinste Fasern aus, wie ich an allerdings nur mangelhaften Mazerations- priparaten mich tberzeugen konnte. Diese Fortsatze treten in die basal gelegene, an der Spitze stark verdickte Nervenfaserschicht ein. Diese Epithelsinneszellen, denn solche haben wir doch ohne Zweifel vor uns, trifft man nur am vorderen Ende des Fiifchens, wie Fig. 1 auf Taf. XV erkennen 1a8t. 12. Die Mundfiifschen. Die Mundfii£chen zeigen eine stirkere Entwicklung des Epithels. Ein Langsschnitt durch ein solches in Fig. 16 auf Taf. XVI zeigt die verschiedenen Schichten, welche die Wandung dieser konisch zugespitzten Fiifchen zusammensetzen. Auf das Epithel folgt eine Bindesubstanzschicht, welche nach der Lingsmuskulatur zu durch eine glasig helle Membran abgegrenzt ist, welche bei Kontraktion der Wandung in feinste Falten gelegt ist. Der Hohlraum, welcher die Achse erfiillt, endigt blind in der Spitze und wird von an- naihernd kubischen Wimperzellen ausgekleidet, waihrend améboide Zellen in seiner Flissigkeit flottieren. Ein Nervenzug, welcher auf dem Querschnitt in Fig. 7, Taf. XVI dargestellt ist, tritt in die Wandung ein und verlauft in der Epithelschicht. Er ist mit NV bezeichnet. Das Epithel besteht aus fadenférmigen Zellen, welche an der Spitze ihre gréfite Lange erreichen. Der Nervenzug bildet an der Basis dieser Zellen ein Nervenpolster, welches aus feinsten Nervenfibrillen besteht, zwischen denen kleinere Ganglienzellen hervortreten. An den Epithelzellen lassen sich auf Mazerations- Anatomie der Ophiuren und Crinoiden, 259 praparaten feinste basale Fortsitze erkennen, welche in die Nerven- schicht eintreten. Sie zeigen dasselbe Lichtbrechungsvermégen wie die Nervenfibrillen und unterscheiden sich auch in ihrem iibrigen Bau nicht von diesen, deshalb nehme ich diese Zellen als Epithelsinneszellen in Anspruch. 18. Die Keulen-Stacheln. (Ophiomastix annulosa M. u. TR.) Bei den Gattungen Astroschema Ltk. und Ophiocreas Lym., Ophiomastix u. a. finden sich auf den Armen neben den gewohn- lichen Stacheln solche von keulenférmiger Gestalt vor, welche die ersteren an Groéfe tiberragen. Sie stehen bei den genannten Gat- tungen auf der ventralen Seite, bei anderen auf der dorsalen. Unter den im Besitze des Géttinger Museums befindlichen Ophiuren zeigten eine grofe Anzahl diese Keulenstacheln aus- gezeichnet konserviert, so daf’ eine Untersuchung ihrer Gewebe moéglich war. Das abgerundete keulenformige Ende zeigte an samtlichen Exemplaren einen weifen Anflug, welcher, wie ich sofort zeigen werde, der Ausdruck des an der Spitze unmafig verdickten Epi- thels ist. Schabt man Fetzen dieses Epithels ab und untersucht es nach Farbung mit neutraler Karminlésung in Glycerin, so er- kennt man die 0,4 mm langen feinen Epithelzellen sehr deutlich, Wihrend basalwarts eine feine Fasermasse — Nervenfasern — angetroffen werden. Zerzupfungs- und Klopfpraparate lassen weiter stark gliin- zende Zellen hervortreten, Driisenzellen. Sie haben einen schlauch- formigen Bau (Fig. 14) und sind mit stark lichtbrechenden Kérn- chen angefiillt. Basalwarts verjiingt sich die Zelle und hier liegt der eiformige Kern, unterhalb dessen sich dieselbe in einen feinen Fortsatz verlangert, der oft kleine Varikositaten zeigt. Neben diesen Driisenzellen bildet die gréfere Masse des Epithels feinste ungemein lange haarfoérmige Zellen — Epithelsinneszellen. Solche Zellen sind in Fig. 14, Taf. XV wiedergegeben. Ihr Zellleib ist ungemein schmiachtig, ihr Kern liegt etwa zur halben Hohe der Zelle. Der basale Fortsatz ist auf guten Praiparaten weit in die basale Fasernschicht zu verfolgen. Er ist sehr zart und leicht abreifbar. In welcher Weise diese Zellen mit den Driisenzellen zusammen das Epithel bilden, zeigt dieselbe Figur. Was nun die basale Nervenfaserschicht anlangt, so ist dieselbe leicht von. 260 Dr. Otto Hamann, der unter ihr — zentralwirts — liegenden Bindegewebsschicht zu unterscheiden, da ihre Fasern einen giinzlich anderen Habitus als die Bindegewebsfasern haben. Zwischen den Nervenfasern ein- gestreut liegen Ganglienzellen, und zwar sowohl bi- wie multipolare. Der Kern der Ganglienzellen iibertrifft an Gréfe den der Epithel- zellen. An der Peripherie dieses Epithels ist eine Cuticula an allen (in Alkohol) konservierten Praparaten vorhanden. Ob aber nicht im Leben dieses Epithel mit Wimperhaaren und starren Sinneshaaren versehen ist, bleibt fraglich. Kapitel 2. Die Leibeshoéhle. (Enterocoel.) 1. Die Wimperstreifen der Riickenwand in Armen und Scheibe. Die Leibeshéhle stellt in der Scheibe einen grofen Raum dar, in welchem der Darm, die Bursae gelegen sind. Strange binde- gewebiger Natur durchziehen dieselbe und heften die in ihr ge- legenen Organe an die Kérperwand an. In den Armen sind die Fortsetzungen der Leibeshohle nur in Gestalt von engen Raumen vorhanden, da die Wirbel den gré8ten Teil derselben ausfiillen, wie die Querschnittsbilder auf der Tafel XII lehren. In keinerlei Zusammenhang stehen die Enterocoelraume mit den Schizocoelriumen, welche ich weiter unten zu schildern habe. Das Epithel, welches alle zum Enterocoel gehérigen Riume auskleidet, ist im allgemeinen aus wimpernden kubischen Zellen gebildet, welche einen Durchmesser von 0,005 mm haben (Fig. 13 auf Taf. XV). Diese Zellen kénnen an manchen Stellen sehr ab- geplattet sein, so daS die sonst kugligen Kerne eine eiférmige Gestalt zeigen. Eine besondere Gestalt zeigt das Enterocoelepithel in den Armen und zwar in der Mittellinie der Arme. Das die Leibeswand der Riickenfliche in der Mittellinie der Arme begrenzende Epithel ist verdickt und wird von Zellen ge- bildet, welche an Hoéhe die gewohnlichen Enterocoel-Epithelzellen Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 261 um das Doppelte tiberragen. Sie messen 0,01 mm. Die Lage dieser Zellen, welche von der Armspitze an bis zur Scheibe ein schmales Band, welches oft eingefaltet sein kann (Fig. 6, Taf. XII) bilden, zeigen die Figuren 1—9 auf der Tafel XII von Ophioglypha albida. Diese Zellen sind von cylindrischer Gestalt und zeichnen sich durch ihren spindligen Kern aus, welcher sich mit Farbstoffen ungemein stark tingirt. Diese Zellen, von denen Fig. 8 auf Taf. XV welche zeigt, tragen lange, kraftige Wimpern, deren Basalstiicke auf den Schnitten stets erhalten sind. Oft kann man auch die Wimpern noch erkennen. Diese Zellen ahneln, ja gleichen den Zellen, welche bestimmte Hohlraume des Wassergefiafsystems auskleiden. Man kann sie von den Zellen des Steinkanals kaum unterscheiden. Hier wie dort kommt ihnen die Funktion zu, eine starke Strémung zu erregen. In der Leibeshéhle sorgen sie fiir die Bewegung der Fliissigkeit derselben, in dem Steinkanal fiir den Ein- und Austritt der in den tibrigen Raiumen des Wassergefifisystems zirkulierenden Fliissig- keit. Diese in jedem Arm verlaufende Wimperzellenstreifen reichen bis in die Scheibe, hier gehen sie tiber in das gewoéhnliche Epithel. 2. Der Riickenporus. Bei Ophioglypha albida liegt excentrisch in der Riickenwand ein Porus, welcher diese durchbohrt und so eine direkte Kommuni- kation zwischen der Leibeshéhle und dem Seewasser herstellt. Dieser Riickenporus findet sich bei erwachsenen Tieren vor. Ich habe ihn auf zwei Schnittserien aufgefunden, merkwiirdigerweise aber auf anderen nicht wiedergesehen, welche allerdings nicht lickenlos waren. Ein Langsschnitt durch diesen Riickenporus giebt Fig. 14 auf Taf. XVI. Der Durchmesser betraigt 0,014 mm. Das Epithel, welches nach aufen in das Kérperepithel, nach innen in das Enterocoelepithel sich fortsetzt, besteht aus 0,006 mm langen Wimperzellen, deren lange spindliche Zellkerne fast die ganze Hohe der Zellen einnehmen. Es fragt sich nun, ob wir es hier mit einer den Ophiuren allgemein zukommenden Bildung zu thun haben, oder aber mit einer Bildung, welche sich aus der Jugendzeit erhalten hat. Hieriiber miissen wir weitere Untersuchungen abwarten; nur solche, welche in ausgedehnter Weise auf eine gréfere Anzahl von Formen sich erstrecken, kénnen Aufklarung in dieser Frage bringen, 262 Dr. Otto Hamann, 5. Die Septen und Aufhingebinder. Wie ich schon hervorhob, wird der Darm durch Aufhange- bander mit der Leibeswand verbunden (Fig. 3 auf Taf. XIII). Aber auch in den Armen trifft man solche Binder. Vom Wirbel aus zichen je zwei Strange zu den Seiten des dorsalenWimperepithels. Sie sind sehr oft abgerissen, aber auf gut erhaltenen Schnittpraparaten leicht zu erkennen. Fig. 6 auf Taf. XII zeigt dieselben. Sie bestehen hier, wie tiberall, aus einer auf Bindegewebsfibrillen sich zusammensetzenden Achse, welche peripher vom Leibeshéhlenepithel tiberzogen wird. Die Dicke dieser Strange ist oft sehr betrachtlich, so in der Scheibe, und man kann leicht die Fibrillen verfolgen, wie sie sich in der Cutis der K6rperwand einerseits, in der Bindesubstanz- schicht der Darmwandung andrerseits verzweigen. Kapitel 3. Das Wassergefalssystem. 1. Gefifsring und radiire Stiimme. Das Wassergefafisystem setzt sich wie bei allen Echinodermen zusammen aus den radiaren Wassergefafen und einem zirkularen perioralen Wassergefafring. Hierzu kommt der Steinkanal, welcher auf der Ventralflache nach aufen durch die Madreporenplatte miindet. Seit Simrota +) haben vor allem Lupwie?), APOsTOLIDES *) und KoEHLER*) dieses Organsystem untersucht, so da eine ganze Reihe von histologischen und anatomischen Details bekannt ge- worden ist. Im zentralen Teil wie in den peripheren Asten besteht die Wandung der GefaSe aus einer hyalinen, elastischen Membran, wie KoEHLER gefunden hat. Diese Membran zeigt oft eine feine Streifung, welche auf eine feine Faltung zuriickzufiihren ist, so- bald die kreisformigen gleich zu besprechenden Muskelfasern sich 1) Anat. u. Schizogonie d. Ophiact. vir., in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 27, 1876. 2) Neue Beitr. zur Anat. d. Ophiuren, ebenda, Bd. 34, 1880. 3) Anat. u. Devéloppem. d. Ophiur., in: Arch. Zool. expér. Ba. 10, 1881. 4) Appareil circulatoire d, Ophiur., in: Ann. Sc. nat. Zool. Bd. 2, 1887. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 263 kontrahiert haben. Diese Membran gleicht der in den FiiSchen bei Echiniden und Ophiuren (auch Asteriden) vorkommenden, deren Faltungen oft auf eine Ringsmuskularis gedeutet worden sind. Siimtliche GefiSe werden von einem Epithel ausgekleidet, welches in gut konserviertem Zustand aus kubischen Zellen sich zusammensetzt, welche eine Wimper tragen. Diese Zellen sind streng gegeneinander abgegrenzt, in derselben Weise wie die im Enterocoel. Ein kugliger Kern liegt in der fein granulierten Zell- substanz. Ihre Hohe betragt etwa 0,005 mm. Zwischen diesem Epithel und der elastischen Membran kommen an verschiedenen Stellen Muskelfasern vor, welche SimroTH *') zuerst gesehen hat. Im GefaSring habe ich bei Ophiogl. albida keine Muskelfasern gefunden, wihrend Lupwic ‘) eine solche als vorhanden, aber nur sehr schwach entwickelt beschreibt. Durch Lance und Siwerorn ist der Abgang der paarigen zu den Fii8chen ziehenden Wassergefafaste ausfiihrlich beschrieben worden. Ich fiige deshalb nur eine Figur hinzu, welche diese Ver- haltnisse, vor allem die Lagerung der Muskulatur naher erlautern soll. Fig. 9 auf Taf. XVI giebt das der Linge nach durchschnittene radiire Wassergefa8 wieder. Sein Durchmesser ist kreisrund und nur da, wo rechts und links Aste austreten, ist derselbe trichter- formig erweitert. Immer zwischen je zwei solchen Anschwellungen sind die zirkularen Ringmuskeln gelagert. Es sind breite (0,002 mm) bandformige, glatte, geschlossene Fasern, denen ein ovaler Kern peripher aufliegt. Aus der ampullenformigen Anschwellung treten die Aste aus, und an dieser Stelle findet sich der Ventilapparat, welcher bei Asteriden von JouRDAIN”), bei Ophiuren von Lupwic *) zuerst erkannt wurde. Es handelt sich um zwei taschenformige Raume, welche in den Hohlraum des Fii&chens hineinragen und zwischen sich nur eine schlitzformige Oeffnung frei lassen. Diese beiden Taschen haben folgenden Bau. Sie werden von der hyalinen Membran als Achse gebildet; auf beiden Seiten werden sie vom Epithel des WassergefaiSes iiberzogen. Eine Muskulatur, wie ich+) sie bei den Asteriden als Sphinkter beschrieben und abgebildet habe, fehlt. Wir miissen uns demnach ihre Wirkung 1) Neue Beitr. zur Anat. d. Ophiuren, ebenda, Bd. 34, 1888. 2) Jourparn, Comptes rendus, Bd. 65, 1866. 3) Neue Beitr., pag. 345. 4) Die Asteriden, Heft 2 d. Beitriige, Taf. VII, Fig .66. Bd, XXII, N. F, XVI, 18 264 Dr. Otto Hamanin, auf folgende Weise vorstellen. Durch die energische Zusammen- ziehung der Kreismuskeln des Wassergefafstammes wird die Flissig- keit in die Anschwellungen und aus ihnen in die Fii&chen zwischen den Ventilen hindurch getrieben. Diese geben nach, um, sobald der Druck aufhért, vermége der elastischen Membran, welche sie bildet, wieder den Verschluf herzustellen. Da’ derselbe nicht ein so fester sein kann als wie der durch einen Sphinkter erzeugte, ist natiirlich, aber bei diesen Tieren, welche die Fi&chen lediglich als Tastorgane, nicht mehr zum Festsaugen benutzen, auch nicht notig. Das radiare Wassergefaif} endet blind im Fiihler des Armes. Seine allgemeine Lage ist aus den Querschnittbildern durch einen Arm auf Taf. XII zu ersehen, die des Ringkanales aus Fig. 3 auf Taf. XIII WGR. 2. Der Steinkanal und die Madreporenplatte. Die Lagerung des Steinkanals und der Madreporenplatte, so- wie des eng mit ersterem verbundenen driisigen Organes kann unter zu Grundelegung von Fig. 2 auf Taf. XV in Kiirze folgender- mafen geschildert werden. Mit MW ist die Madreporenplatte — ein Mundschild — bezeichnet worden. In diese tritt der Stein- kanal St.-K., welcher nur eine Strecke in seinem Verlaufe der Lange nach durchnitten ist; sein Ursprung vom WassergefiSring ist durch punktirte Linien angegeben. Sobald der Steinkanal yom Wassergefafring WGR entsprungen ist, verlauft er im schwachen Bogen als gekriimmtes Rohr, von dem driisigen Organ Dr umgeben, und ist in einen Hohlraum ein- getreten, welchen ich als Homologon des schlauchformigen Kanales der Asteriden, und soweit er bei den tibrigen Gruppen vorkommt, auch dieses betrachte. Ich komme auf denselben weiter unten zu sprechen. (Kapitel: Das Schizocoel). Der Steinkanal ist ein innen glatter Cylinder von etwa 0,06 mm Durchmesser (Ophioglypha albida). Seine Wandung besteht aus einem Wimperepithel, dessen 0,013 mm hohe Zellen den von den iibrigen Echinodermen her bekannten Bau zeigen. Die cylindrischen Zellen (Fig. 12, Taf. XVI) besitzen ihrer Basis genihert einen spind- ligen, sich tief dunkel firbenden Kern. Die Wimpern sitzen mit komplizierten Fufstiicken auf den Zellen auf, wie sogar die Schnitt- praparate erkennen liefen. Weiter wird die Wandung von einer geringen Menge von Bindesubstanz, Fasern und sternformigen Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 265 Zellen umhiillt. Nach dem schlauchformigen Kanal zu liegt ein Endothel, abgeplattete Zellen, deren Grenzen nicht erkennbar sind. Der Steinkanal tritt aus diesem Schizocoelraum (schlauchf. Kanal) heraus und in das zur Madreporenplatte umgewandelte Mundschild ein. Vor seinem Eintritt — dies kann man nur auf Horizontalschnitten erkennen — macht er noch eine spiralige Windung, um sich dann in der Madreporenplatte in noch zu besprechender Weise zu verzweigen. Auf diese spiraligen Win- dungen des Steinkanales ist wohl zu achten, da man auf Vertical- schnitten oft Bilder erhalt, die einem vortauschen, daf eine Kom- munikation zwischen seinen Verzweigungen in der Madreporen- platte und dem schlauchférmigen Kanal vorlige, welche keinesfalls vorhanden ist. Der Steinkanal tritt direkt in die Madreporenplatte, ohne daf es zur Bildung einer sog. Ampulle kime, wie sie bei Asteriden beschrieben worden ist. Ich befinde mich hier im Gegensatz mit Lupwia*), welcher eine solche beschreibt und abbildet (von Ophiogl. alb.). Gerade bei dieser Art kann ich auf liickenlosen Serien verfolgen, wie der Steinkanal sich an den inneren Porus der Madreporenplatte ansetzt, vorher aber eine fast rechtwinklige Biegung macht. Es geht somit das Epithel des Steinkanales direkt iiber in das der Verzweigungen in der Madreporenplatte. Ebensowenig wie ich diesen Angaben Lupwia’s beistimmen kann, ist es mir unmdéglich, SumrotH’s Beobachtungen zu bestitigen, welcher einen direkten Zusammenhang zwischen dem Hohlraum den ich als schlauchférmigen Kanal bezeichnet habe, und dem Steinkanal annimmt. Uberdies hat der erstgenannte Forscher seine Angaben unter Vorbehalt einer spateren Untersuchung gegeben. Hochst eigentiimlich ist nun das Verhalten der sog. Poren- kanile der Madreporenplatte. Es erinnert an die bei den Spatangiden*) von mir geschilderten Thatsachen. Um die Ver- zweigungen der Porenkanale besser zu beschreiben, miissen wir einen Blick auf die Anzahl derselben werfen. Nach Lupwie@‘) soll die Madreporenplatte der Ophiuren fast immer nur einen Porus haben mit Ausnahme der Euryaliden, Amphiura Holbolli Livrx. und Ophiolepis imbricata M. u. Tr.; letztere haben nach LiirKen an den Randern mehrere Offnungen. Die iibrigen Fille sind von 1) Neue Beitriige, pag. 339. 2) SmrorH, a. a. O. 3) 3. Heft d. Beitriige. 4) Neue Beitrige, pag. 339. 18* 366 Dr. Otto Hamann, Lupwie!) zusammengestellt worden. Ophioglypha albida und einige andere Arten haben nach ihm nur einen Porus. Dem mul ich widersprechen. Gerade die genannte Art hat zwei Poren, welche auf Schnitten stets nachzuweisen sind. Ob sie bei duferer Be- trachtung erkennbar sind, ist eine andere Sache, doch darauf kommt es ja weniger an. Die beiden Poren liegen an den Seiten der Madreporenplatte, da wo dieselbe den Kingang in je eine Bursalspalte begrenzt. Fig. 8 auf Taf. XVI zeigt einen Liingsschnitt durch die Platte. Von jedem der einander entgegengesetzt liegenden Poren fiihrt ein Kanal in das Innere der Platte. Beide Kanale verschmelzen. Etwa im Zentrum derselben treibt der aus der Verschmelzung hervor- gegangene Kanal eine Anzahl von seitlichen, oft mehrfach ge- wundenen Asten, welche alle blind enden, wie Fig. 15 auf Taf. XVI zeigt. Eine Fortsetzung dieser Aste nimmt den Steinkanal auf. Das Epithel desselben geht unmittelbar iiber in das der Poren- kanale. Die Zellen haben eine Héhe von etwa 0,013 mm, wahrend die Kerne mehr rundlich als spindlig gestaltet sind, wie Fig. 11 auf Taf. XV zeigt. Die Polischen Blasen. Sie kommen bei Ophyegl. albida in der Vierzahl vor. In jedem Radius mit Ausnahme desjenigen, in welchem der Steinkanal liegt, findet sich je eine schlauchférmige blind geschlossene Blase vor. Sie sitzt mit einem diinnen, kurzen Stiel am Steinkanal (Fig. 3, Taf. XIIJ) und hat eine wohl entwickelte Muskulatur, wie Lupwia ?) bei unserer Art beschreibt. KOEHLER *) hat ihre Wandung ausfihrlich geschildert. Von aufSfen nach innen gerechnet findet man das wimpernde Coelomepithel, welches das Organ aufen iiberzieht, hierauf folgt eine Bindesubstanzschicht, eine Muskelschicht und eine elastische Membran, eine innere Muskel- - schicht und die innere Epithelschicht. Ich komme zu dem Resultat, dai dieselben Schichten, welche ich bei diesen Organen der tibrigen Echinodermengruppen fand, auch hier die Wand bilden. Das aufere Coelomepithel, eine gering entwickelte Bindesubstanzschicht, eine elastische Membran, auf diese folgt eine aus ringférmig verlaufenden 1) Neue Beitrige, pag. 338. 2) Neue Beitriige, pag. 342. 3) Recherches sur l’appareil circulatoire des Ophiures, pag. 113. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 267 Fasern gebildete Muscularis und das Innenepithel. Die Muskel- schicht setzt sich aus einer Lage glatter Fasern zusammen. Das Innenepithel ist das gleiche wie es im Wassergefif} vorkommt. Im Lumen kommen meist im Endteil Zellen vor, welche losgerissenen Kpithelzellen gleichen, auferdem oft am blinden Ende eine granu- lierte geronnene Substanz. Kapitel 4. Das Schizocoel. 1. Perihimalriume, Liingskanile der Nervenstimme. Bei Asteriden und Echiniden habe ich!) einen Teil der Hohl- raume im Korper dieser Tiere als Schizocoelbildungen nachge- wiesen, indem ich den Ursprang derselben als Liicken in der Bindesubstanz erkannte. Hierher gehérten vor allem die Liangs- kanile in den Armen der Asteriden, in welchen die Nervenstamme verlaufen, die entsprechenden Raume der Echiniden, das Hohlraum- system in der Dorsalwand der Seesterne, der schlauchférmige Kanal u. a. m. Alle diese Hohlriume sollten nach Lupwice Teile des Enterocoels sein und mit diesem in Verbindung stehen. Der letzte Forscher, welcher die Ophiuren untersucht hat, KoEHLEr ”), hat meinen Beobachtungen beigepflichtet und zugleich die ent- sprechenden Raume bei den Ophiuren als Schizocoelbildungen an- gesprochen im Gegensatz zu den friiheren Untersuchern. Zu den von Korner beschriebenen Riéiumen kann ich noch weitere hinzufiigen, so die in der Bursae und den Genitalréhren gelegenen. Folgende Zusammenstellung mag tiber simtliche Schi- zocoelbildungen eine Ubersicht geben. Der Nervenring liegt in einem circular verlaufenden Schizocoel- kanal, welcher fiinf Aste in die Arme sendet, in denen die fiinf Nervenstimme gelagert sind. Dieses Hohlraumsystem steht in Verbindung mit dem Kanal, welcher den Steinkanal St. und das drifige Organ Dr auf Taf. XV in Fig. 2 einschlieft. Dies ist der schlauchférmige Kanal Schi.K. Weiter kommen die Schizocoel- 1) Heft 2 u. 3 d. Beitrage. 2) Kornzter, L’appareil circulat. des Ophiures, 1887, in: Ann. Sc. Nat. Zool. 268 Dr. Otto Hamann, kanale in Betracht, welche teils in der Riickenwand, teils in der Ventralwand verlaufen und als ein Kanal sich darstellen, welcher die Genitalréhre und eine Blutlakune im Innern gelagert ent- halt. Das sind die Perihamalraume Lupwie’s, in welchen der dorso-ventrale Blutlakunenring liegt. Daf diese Schizocoelraume auch in die Wandung der Bursae eintreten, habe ich am anderen Ort1) bereits nachgewiesen und abgebildet. Die radiiren Perihimalraiume besitzen eine langlich ovale Gestalt auf dem Querschnitt. Jeder derselben wird durch den in ihm suspendierten Nervenstamm in zwei Halften getrennt, eine auffere und eine innere. Die letztere ist stets die kleinere (vergl. Fig. 6, Taf. XIV). In denselben hervorragend liegt die ra- diare Blutlakune BL, welche ihrerseits mit einem oder zwei feinen Strangen an der Wand des Perihimalraumes befestigt wird (vergl. Fig. 10, 11 auf Taf. XIIJ). Die Auskleidung dieser Raiume wird von abgeplatteten Bindesubstanzzellen gebildet, deren Kerne in dieselben prominieren (Fig. 6, Taf. XIV). Die Membran oder besser Cuticula, welche den ventralen Zellbelag (Ganglienzellen) des Nervenstammes iiberzieht, gehért diesem an und ist als Produkt seiner Zellen aufzufassen. Die gleiche Auskleidung besitzt der orale Perihimal- oder besser Schizocoelkanal. Ich bevorzuge den letzten Ausdruck, da ja die Blutlakune im Verhaltnis zum Nervenstamm so gering ent- wickelt ist, daf’ man eigentlich von Perineuralriumen sprechen mii8te. Der Bau des schlauchférmigen Kanals ist im all- gemeinen derselbe. Nur sehen wir, dai die Zellen, welche das driisige Organ iiberziehen, dicht gedrangt stehen und nicht ab- geplattet sind. Sie besitzen einen kugligen Kern. Die dorso- ventralen, den aboralen Blutlakunenring mit der Genitalréhre einschlieBenden Schizocoelraume besitzen nichts von dem bisher geschilderten Verhalten Abweichendes. Sie treten in die Wandung der Bursae ein, wie ich bei der Besprechung derselben schildern werde. Eine weitere Frage ist nun die: Stehen die Schizocoelriume im K6rper der Ophiuren samtlich miteinander in Verbindung. Findet sich ein ahnliches Verhalten, wie ich es bei den Asteriden beschrieben habe, wo dies thatsachlich der Fall war. Zunichst ist sicher, dal die radiiren ventralen Raume, welche 1) in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd, 46, 1887. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 269 die Nervenstimme und den Nervenring einschliefen, in Verbindung stehen mit dem schlauchformigen Kanal. Weiter aber gelang es mir, zwischen diesem und dem aboralen (dorso-ventralen) Peri- himalraume eine Kommunikation aufzufinden. Priifen wir Fig. 7 auf Taf. XVII niiher, so zeigt sich, da die Driise Dr und der Stein- kanal St.K vom schlauchférmigen Kanal (gelb) umhiillt werden und dafi dieser bis zu dem mit 2 bezeichneten Abschnitt des aboralen hier in der Ventralwand verlaufenden Blutlakunenringes reicht. Hier findet die Verbindung statt, wie aber nur auf Vertikal- schnitten, rechtwinklig zu dem Lakunenring und tangential zu ihm nachgewiesen werden kann. Eine kurze Strecke steht hier der schlauchformige Kanal mit dem ihm aufen anliegenden aboralen Schizocoelraum in offener Verbindung. Einen ringférmigen Sinus fand ich im Beginn der Schlund- wandung. In der verdickten Bindesubstanzschicht derselben trifft man einen grofen Hohlraum an, welcher durch enge Liicken, wie ich an Osmiumpraparaten feststellen konnte, mit dem oralen Schizocoelraum in Verbindung steht (Oph. albida). Ringférmig verlaufende Muskelfasern gleiten diesen die Mundéffnung um- spannenden Hohlraum aus und bilden so einen Sphinkter. Kapitel 5. Das Blutlakunensystem. Bevor ich auf die eigenen Beobachtungen, welche sowohl die Anatomie wie den feineren Bau betreffen, eingehe, schicke ich einige geschichtliche Notizen voraus. Wir schreiben jetzt den Ophiuren einen oralen Blutlakunen- ring und fiinf von diesem ausstrahlende Armlakunen zu. Die letzteren hat zuerst wohl TeuscHER!) gesehen, sie aber als zum Nervensystem zugehérig erachtet. Erst Smrorn?) hat diese radiaren Lakunen in ihrer Bedeutung erkannt, ebenso wie den oralen Blutlakunenring. Freilich ist hierbei zu betonen, daf er zum Blutgefafsystem noch mehrere Riume rechnete, so die Peri- 1) Teuscuer, R., Beitr. z. Anat. d. Ophiuridae, in: Jen. Zeitschr. f. Nat., Bd. 10, 1876. 2) Somorn, H., pag. 464 d. Anat. u. Schizog. d, Ophiact. vir., in: Zeitschr, f. wiss, Zool., Bd. 27, 1876, 270 Dr. Otto Hamann, himalkanile als seitliche Armgefafe beschrieb. Erst W. Lancs ') hat eine genaue Schilderung ihres Verlaufes gegeben, welche dann von Lupwic”) bestatigt und erweitert sind. Letzterem Forscher verdanken wir die strenge Scheidung zwischen den Perihimal- riumen und den eigentlichen Blutlakunen. Auf die Arbeit von APposToLipis *) einzugehen wird mir wohl erlassen werden. Eine Arbeit, welche, soweit ihre Resultate das BlutgefaBsystem angehen, unsere Erkenntnis auf ein antediluviani- sches Stadium zuriickschrauben will, zu besprechen, mufi jeder ab- lehnen, welcher seine Zeit besser anwenden kann. Der letzte Forscher, welchen ich zu nennen habe, ist KOEHLER *). Auf die Angaben dieses ausgezeichneten franzésischen Forschers komme ich im weiteren Verlaufe meiner Darstellung zu sprechen. Seine Abbildungen sind streng nach Praparaten gezeichnet und zeigen zum ersten Male diese Raume sowie die Perihimalraéume naturgetreu, nicht schematisch. Fassen wir unsere Kenntnis des Verlaufes der Blutlakunen zusammen, so haben wir 1) einen oralen (ventralen) Blutlakunenring und fiinf von ihm abgehende Aste in die Arme, sowie Lakunen, welche zum driisigen Organ und zu den Fiifichen ziehen; 2) einen dorso-ventralen Blutlakunenring von Lupwie aufgefunden, 3) eine Blutlakune zum Darm, tiber welche ich *) schon in einer vorlaufigen Mitteilung berichtet habe (vergl. Fig. 8 auf Taf. XVII). 1. Der -ventrale Blutlakunenring und seine radiaren Aste. Auf dem Querschnitt durch einen Arm treffen wir die Blut- lakune BL unmittelbar dem radiaren Nervenstamm aufliegend in der Mittellinie desselben, wie Fig. 6, Taf. XIV zeigt. Dieses ist das Bild, welches man von derselben am gewoéhnlichsten erhalt. Da, wo aber die FiiBchen auf der Ventralseite des Armes aus- treten, sehen wir nicht diesen kreisformigen Querschnitt, sondern 1) Laner, W., Beitr. z. Anat. u. Histiol. d. Asterien u. Ophiuren, in: Morph. Jahrbuch, Bd. 2, 1876. 2) Lupwie, pag. 347, Neue Beitrage, 1880. 8) Apostotipks, Anat, et Développem. des Ophiures, in: Arch. Zool. expér., Bd. 10, 1881. 4) Korntzer, Appar. circulat. des Ophiures, 1887, in: Ann. Sc. Nat. Zool. 5) Hamann, Die wandernd. Urkeimzellen u. ihre Reifungsstitt. b. d. Echinod., in, Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 47, 1887. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 271 es liegt dem quer durchschnittenen Nervenstamm ein breites Band auf. Das sind die rechts und links von der Blutlakune abgehenden, die FiiKchen versorgenden Lakunen (vergl. Fig. 2 auf Taf. XII und Fig. 11 auf Taf. XI. Diese seitlichen Lakunen besitzen ganz den- selben Bau wie der Hauptstamm. Sie enden in der Bindesubstanz- schicht des Fiifchens, in welcher sich, wenigstens im basalen Teile, die Blutfliissigkeit in Liicken derselben nachweisen 1aBt. Liegen die radiaren Armlakunen in der Mittellinie des Nerven- stammes, s0 dindert sich diese Lage, sobald die fiinf Lakunen zur Bildung des oralen Blutlakunenringes zusammentreten. Dieses liegt — vergl. den Querschnitt durch den Gehirnring Fig. 1, Taf. XIV — dem Gehirnring an einem Ende auf, und zwar dem der Leibeshéhle zugekehrten. Der feinere Bau dieser Blutlakunen ist sehr einfach. Sie stellen lange Réhren dar, welche nach der Spitze der Arme zu sich mehr und mehr verdiinnen, um endlich blind zu enden, und besteht ihre Wandung aus einer diinnen Membran, wie schon StmrotH angiebt. Dieser Membran liegen aufen ovale Zellkerne auf. Bei der Oberflachenbetrachtung einer radiéren Lakune — Fig. 9, Taf. XIII — treten diese Kerne in bestimmten Zwischen- raumen auf. Irgendwelche Zellsubstanz ist nicht vorhanden. Kine Behandlung mit Silber lief mich im Stich. Nichtsdestoweniger glaube ich sicher, daf sich hier Zellterritorien nachweisen lassen werden und diese Membran ein Endothel darstellt. Auf dem Quer- schnitt Fig. 10, Taf. XIII sind diese Zellkerne quer durchschnitten. Von der Blutlakune zur Wand des schizocoelen Perihimalraumes ziehen Strange, welche meist nur aus einer Zelle und deren Fort- siitzen bestehen (vergl. dieselbe Figur). Die Blutfliissigkeit stellt eine geronnene Masse dar, welche sich mit neutraler Karminlésung hellrosa farbt und daher leicht nachzuweisen ist. Zellen finden sich in ihr selten vor. Sie fallen dann durch ihren hellen Zellleib und den kugligen Kern in die Augen. Aus Fig. 1, Taf. XIV erhellt, da8 der orale Blutlakunenring eine in den Perihimalraum vorspringende, kreisformig verlaufende Rohre darstellt. So ist es bei Ophiogl. albida. Wie aus einer Ab- bildung Kornuer’s') hervorgeht, ist bei Ophioglypha texturata ein Lakunennetz vorhanden und liegt an einer anderen Stelle. Es 1) Korner, a. a. O., Taf, 8, Fig. 4 (Ann. des So. nat. 7. Sér., Ak 2). 272 Dr. Otto Hamann, wundert mich, daf zwischen zwei nahestehenden Gattungen ein solcher Unterschied bestehen soll. Nachpriifen konnte ich die An- gabe KOEHLER’S nicht. Da nun ein Ausliufer des driisigen Organes bis an diesen oralen Blutlakunenring reicht —- Fig. 2 auf Taf. XV BLR — so ist leicht ersichtlich, auf welche Weise die Blutfliissigkeit Zutritt zu demselben hat. Es la8t sich die Blutfliissigkeit in Liicken und Spalten dieses Endstranges des driisigen Organes nachweisen. Hierauf komme ich bei Besprechung dieses Organes. 2. Der (aborale) dorso-ventrale Blutlakunenring. Dieser Lakunenring wurde von Lupwie!) entdeckt und in seinen Beziehungen zu dem Genitalstrang genau geschildert. Kann ich diese seine Angaben bestitigen, so ist es mir weiter méglich, den Verlauf in den Bursae — iiberhaupt den feineren Bau — naher zu schildern. KoEHLER”) bestreitet das Vorhandensein dieses aboralen Lakunenringes vollstaindig; er hat ihn nie gesehen! Eine Er- klarung hierfiir kann ich nicht finden, denn in Wahrheit ist der- selbe wirklich nicht schwer aufzufinden — nur miissen Schnitt- serien von gut konserviertem Material zur Verfiigung stehen! Es verlauft dieser Lakunenring ebenfalls in einem Perihaimal- raum, welcher als Schizocoelraum aufgefa8t werden mu, wie ich bereits friiher *) ausgefiihrt habe. Da nun dieser Lakunenring, welcher die Bursae zu versorgen bestimmt ist — bei den Ophiuren wie bei Asteriden und Echi- niden giebt er Zweige zu den Geschlechtsorganen — und diese Bursae Einstiilpungen der ventralen Kérperwand sind, so muf er teils in der Rickenwand, teils in der Ventralwand verlaufen. Seinen eigentiimlich komplizierten Verlauf hat Lupwie‘*) geschil- dert. Da nur eine rein schematische Abbildung bisher vorliegt, so habe ich den Verlauf des Blutlakunenringes mit rot in Figur 7 auf Tafel XVII eingetragen. Er verléuft in den Radien, das heift wir treffen ihn da, wo die Arme abgehen, in der Dorsalwand an. 1) Neue Beitrige, pag. 351, Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 34, 1889. 2) Kornter, Recherh. sur appar. circulat. d. Ophiures, 1887. 3) Hamann, Mitteilungen der Kénigl. Gesellsch. d. Wissenschaft. und der Georgs-August-Universitat Gottingen, 31. Juli 1887. 4) Neve Beitrige, pag. 351, Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 34, 1880, Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 273 Er liegt nahe am Rande der Scheibe, unmittelbar iiber dem Ein- tritt der Arme in die Scheibe. Um nun zu den in der Ventral- wand gelegenen Bursae zu gelangen, tritt rechts und links ,,zwischen dem Radialschilde und dem dasselbe mit der Bursalspange ver- bindenden Adductormuskel* der jetzt in der dorsalen Scheibenwand verlaufende Abschnitt hindurch auf die aufere Bursalseite ein, giebt aber vorher eine blind endende Lakune b/? ab, welche auf der dem Arm zugewendeten Flache verlauft. Nach dem Verlauf in der Wandung der Bursae tritt der Blutlakunenring in die ven- trale Kérperwand, in das Peristom, ein, um bis zur nachsten Bursa zu ziehen. Diesen Abschnitt habe ich mit b/° bezeichnet (Fig. 7, Taf. XVII). Nun tritt er in die Bursalwand ein, steigt — nachdem er wieder eine blind endende Lakune abgegeben hat, in die Dorsal- wand empor. Somit ist der Verlauf des aboralen oder dorso-ventralen Blut- lakunenringes folgender: In den Radien verlaéuft ein Abschnitt in der dorsalen Scheidewand, um dann zur Ventralseite zu ziehen, in die Wand der Bursae einzutreten und zwischen je zwei benach- barten Bursae in der Peristomwandung zu verlaufen. Leugnet KoEHLER!) diesen Lakunenring ginzlich, so hat er doch die in der ventralen Wand, dem Peristom, zwischen je zwei Bursae verlaufenden Abschnitte derselben gesehen, sogar auf einer Abbildung nach einem Querschnitt abgebildet, erklart denselben aber bestehend aus Bindegewebsfasern und Muskelfasern. Ein Gefa8 hat er niemals wahrgenommen. In der Fig. 7 auf Taf. XVII wird der rot angegebene Lakunenring tiberall umgeben von dem mit gelb gekennzeichneten Perihimalkanal, welcher ihn allerwarts begleitet. Der feinere Bau. Auf einem Vertikalschnitt durch die Scheibe, welcher parallel zur Armachse verliuft, wird der Blut- lakunenring quer durchschnitten — Fig. 5 auf Taf. XVII. Er stellt sich als ein in seinen Perihimalkanal Sch hervorragendes Gebilde vor, welches mehrere Lumina zeigt. Seine Wandung ist sehr diinn, eine Membran mit aufliegenden Zellen, spindligen oder stern- formigen. Diese treten besonders da hervor, wo die Wandung etwas stirker entwickelt ist. Der Inhalt der Hohlraume bildet die geronnene Blutfliissigkeit — hier und da, aber ziemlich selten — Zellen enthaltend. Weiter birgt dieser Lakunenring in seiner Achse verlaufend eine mit grofkernigen Zellen angefiillte Rohre 1) KoruzEr, App. circ, d, Oph., pag. 1438, 274 Dr. Otto Hamann, — die Genitalréhre — welche unten besprochen werden soll. Der Perihimalraum wird von abgeplatteten Zellen oder Zellkernen ausgekleidet, deren zugehorige Zellenterritorien nicht nachweis- bar sind. In Fig. 3, Taf. XIII auf der Ubersichtsfigur ist der Blutlakunen- ring mit BLR, die Genitalréhre mit GR bezeichnet. 3. Die vom aboralen Blutlakunenring zum Darmtractus fiihrende Lakune. In einem Radius gelegen zweigt sich yon dem in der Dorsal- wand der Scheibe verlaufenden Abschnitt des Lakunenringes eine Lakune ab, tritt aus dem Perihimalraum heraus in die Leibeshéhle und heftet sich an die Wandung des Darmes an. Der Austritt dieser Darmlakune ist auf Figur 8, Taf. XVII wiedergegeben. Sie wird als in der Leibeshéhle gelegen tiberkleidet vom Enterocoelepithel, welches in das der Darmwandung iibergeht. Unterhalb derselben liegt eine diinne bindegewebige Wandung, hier und da Fasern erkennen lassend. Das Zentrum dieser Lakune ist mit Blutfliissigkeit prall angefillt. Am Darm angekommen geht die Enterocoelbekleidung, wie schon gesagt, in die des Darmes tiber; der bindegewebige Teil der Wan- dung setzt sich direkt fort in die gleiche Schicht des Darmes, waihrend die Blutfliissigkeit in Lticken und Spaltriumen der Binde- substanzschicht der Darmwandung in den benachbarten Teilen sich nachweisen laft. Kapitel 6. Die Genitalrohren und die Reifungsstatten der Keim- zellen auf den Genitaltaschen. 1. Die Bursae mit den Genitalsiickchen. Eine eigentiimliche Bildung hat uns Lupwiae') in den Bursal- spalten bei den Ophiuren kennen gelehrt. Wahrend die alteren Forscher annahmen, da die Geschlechtsprodukte in die Leibes- hohle entleert wiirden, und aus dieser durch die duB8erlich leicht 1) Loupwie, Morphologische Studien an Echinodermen, I. Bd. VIII. Beitrage zur Anatomie der Ophiuren. Leipzig, Engelmann, 1877—79, Zeitschr. f. w. Zool. Bd. XXXI, Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 275 erkennbaren Genitalspalten ins Freie gelangten, zeigte er zuerst, wie die Geschlechtsschlauche an eigenartigen Taschen, Einstiilpungen der ventralen Kérperwand, entstinden und wie ihre Produkte durch Offnungen in der Wandung dieser Taschen zunachst in deren grofen Hohlraum gelangten und von hier aus durch die Bursalspalten nach aufen. Betrachtet man eine Ophioglypha albida von der Bauchfliche, so treten die zehn Bursalspalten als schlitzformige, den Armbasen eng anliegende Offnungen auf. Diese letzteren fiihren in hohle Taschen, welche in der Zehnzahl neben den zentralen Armwirbeln sich in die Leibeshéhle hervorwélben und blind geschlossen sind. Sie sind nichts anderes, als Einstiilpungen der Kérperwand. Zerlegt man eine Ophioglypha in Vertikalschnitte, so kommt man schnell zu einer klaren Einsicht in diese Organe. Fig. 1, Taf. XVII zeigt uns einen Schnitt durch die Kérperscheibe. Nach rechts zu hat man sich den Arm gelegen zu denken. Die Bursa endet blind und tragt auf ihrer auferen Flache die prall mit Kiern gefiillten Genitalsacke. Die Bursalwand setzt sich aus einer Reihe von Schichten zu- sammen, welche in der Kérperwand in gleicher Reihenfolge ver- treten sind. Ihre innere Auskleidung ist eine direkte Fortsetzung der auferen Kérperepidermis. Sie setzt sich an einzelnen Stellen aus langen Wimperzellen zusammen, welche gruppenweise in Streifen angeordnet stehen. Sie dienen dazu, das Wasser in den Bursae in Bewegung zu erhalten, so daf fortwahrend eine Strémung in denselben erzeugt wird. Ein Grund mehr, in diesen Organen Respirationsorgane zu sehen. Besonders an den Genitalspalten sind diese Wimperstreifen zahlreich vorhanden. Ihre Zellen zeichnen sich durch die kleinen, sich stark farbenden Kerne aus. Auf dieses die Auskleidung der Genitaltaschen bildende Epithel folgt die Bindesubstanzschicht. Sie ist von nur sehr geringer Aus- dehnung. Kalkkérper finden sich in der Wandung der Genital- taschen nicht vor. Aufen iiberzieht das Enterocoelepithel die Wandung der Genitaltaschen. Es besteht aus kleinen kubischen Wimperzellen. Die Gestalt der Bursae hat Lupwia *) bereits ausfiihrlich be- schrieben. Danach haben wir einen diinnhautigen Sack vor uns, »welcher an den Randern der Bursalspalte beginnt, dorsalwarts in die Kérperhéhle sich erhebt und an seinem aboralen Bezirke sich 1) a. a. O., p. 273. 276 Dr. Otto Hamann, in einen Zipfel fortsetzt, welcher sich iiber den Rand des Magen- sackes auf dessen Dorsalseite hiniiberschlagt‘. Auf diesen Taschen sitzen birnformige Gebilde, welche, wie ich im Gegensatz zu Lupwia@ hervorheben muf, solid sind. Sie stehen nicht regellos zerstreut auf der Oberfliche der Genital- taschen, sondern sind in einer Reihe angeordnet. Ihre Stellung und Lagerung richtet sich ganz genau, wie ich weiter unten zeigen werde, nach dem Verlauf der Genitalréhren mit ihren Keimzellen. Nach diesem kurzen allgemeinen Uberblick wende ich mich zunichst dazu, die Genitalréhren in ihrem Bau und ihrem Ver- haltnis zu den Blutlakunen genauer zu schildern. 2. Der Verlauf der Genitalréhren und der dorso-ventralen Blutlakunen. Die im Folgenden zu beschreibenden Verhiltnisse lassen sich nur auf Vertikalschnitten, denen Horizontalschnitte erganzend zur Seite stehen miissen, erkepnen. Zu dieser Anfertigung von Schnitt- serien eignet sich Ophioglypha albida der Ostsee (Kiel) in vorziig- licher Weise, da sie nie einen gréferen Scheibendurchmesser als 1 cm besitzt und nur wenig Kalk enthalt. Die Gewebe bleiben nach der Entkalkung vorziiglich gut erhalten, mégen sie nun vor- her mit Osmiumsaure, Pikrinschwefel- oder Chromsaure konserviert worden sein. Die Genitalréhren sowohl als die sie umgebenden Blutlakunen verlaufen nur in gewifen Teilen des Riickens der Scheibe. Will man sie hier auffinden, so muf man Vertikalschnitte untersuchen, welche durch die Scheibe und parallel zur Armachse durch einen Arm gehen. In der Riickenwand der Scheibe, und zwar radial gelegen (radial liegen die in den fiinf Armachsen gelegenen Organe, inter- radial die zwischen je zwei Armen gelegenen), fallt der uns schon von der Beschreibung des aboralen Blutlakunenringes her bekannte Schizocoelkanal mit der Blutlakune in dem in das Lumen des letzteren hervorragenden Bindesubstanzstrange in das Auge. In diesem bindegewebigen Strang verliuft weiterhin ein stark hervortretende Zellen einschlieender Kanal, die Ge- nitalréhre. Seine Wandung ist eine Membran, die der Binde- substanz angehért. Im Innern dieser Rohre liegen 0,009 bis 0,04 mm groke Zellen, deren Zellsubstanz fast homogen erscheint, nur um den Kern eine Granulierung (oder Fadenwerk) zeigt. Der Kern Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 277 dieser Zellen mift 0,007 mm, ist also verhaltnismafig sehr grok. Er ist ein kugeliges Blaschen, das sich hell rosa tingiert und ein schénes dunkel gefirbtes Netzwerk zeigt. Diese Zellen sind die Urkeimzellen. Sie sind bald kugelig, bald oval, bald kann man stumpfe Fortsatze an ihnen unterscheiden. Je nach dem Zustand, in welchem diese Zellen von der Konservierungsfliissigkeit beim Fixieren getroffen wurden, sind sie erhalten geblieben. Im Leben bewegen sie sich améboid, wie man schon aus ihrer Lagerung erkennen kann. Sie liegen stets frei in der Genital- rohre. Der Verlauf der Genitalréhre ist natiirlich derselbe wie der des aboralen Blutlakunenringes, so daf ich nur auf die Beschreibung desselben zu verweisen brauche. Eine besondere Besprechung ver- dient er nur da, wo er jenseits der Adduktorenmuskeln (zwischen der Bursalspange und dem Radialschilde) aus der dorsalen Scheiben- wand heruntertritt und immer noch in der Blutlakune gelegen — begleitet vom Schizocoelkanal — in die Bursalwand eintritt. Sobald er in die Bindesubstanzschicht der Wandung eingetreten ist, gabelt er sich, indem ein Schizocoelkanal mit der ebenfalls gegabelten Genitalréhre in der zentralen Bursalwand, der andere auf der ventralen herablauft. Sie steigen beide vom Scheitel der Bursal- wand an in der letzteren herab bis zur Basis, um dann aus der- selben auszutreten. Ihren weiteren Verlauf schildere ich spiter. Verfolgen wir nun im einzelnen den Perihimalkanal! In Fig. 2 auf Taf. XVII ist ein Querschnitt durch die Bursalwand wiedergegeben. Der Perihamalkanal ist mit Sch gekennzeichnet. Er ist an manchen Stellen geschlossen, indem dann die Genital- rohre mit den sie umgebenden Blutlakunen sein Lumen voll aus- fiillen. Im allgemeinen ist er aber mit seiner endothelartigen Auskleidung leicht zu erkennen. Weiter ragt die Genitalréhre GR mit ihren grofen Urkeimzellen der Linge nach durchschnitten deutlich hervor. Die Blutlakunen, welche sie umgeben, sind sehr zusammengedriickt, so daf sie oftmals kaum zu erkennen sind. Die Entstehung der Genitalsackchen ist, wie man aus dem Bau des halb ausgebildeten Organes schliefen kann, folgende. Es finden im Verlauf der Genitalréhre Wucherungen der Urkeimzellen statt, welche sich knospenartig bilden und die iiber ihnen liegende Bursalwand, welche aus einer diinnen Binde- substanzschicht (bg in Fig. 2 auf Taf. XVII) und dem Célomepithel besteht, mit emporheben. Diese Knospen wachsen mehr und mehr heryor, indem die Urkeimzellen in sie einwandern und nun entweder 278 Dr. Otto Hamann, sich durch Wachstum in die Eizellen differenzieren, oder aber die Samenmutterzellen durch Teilung bilden. Bei mannlichen und weiblichen Ophiuren sind die Urkeimzellen von genau derselben Gréfe, demselben Bau und den gleichen EHigenschaften Reagentien gegentiber. Die weiblichen Genitalsackchen. Betrachtet man einen Schnitt durch ein weibliches Genitalsickchen zur Zeit, wo die Kier sich noch in den verschiedensten Gréfen finden, so sieht man ein vollstindig prall angefiilltes birnférmiges Sackchen, wel- ches mit dem zugespitzten stielformigen Ende der Aufenwand der Bursa aufsitzt. Die Wandung des Genitalsaickchens ist auferst diinn und besteht aus einem seine Oberfliiche tiberkleidenden Platten- epithel dem Célomepithel zugehérig und unterhalb desselben eine sehr gering entwickelte Bindesubstanzschicht, in welcher die Blut- fliissigkeit zirkuliert. Diese ist aber der Diinne der Wandung wegen bei unserer Art kaum erkennbar. Lakunen sind kaum vor- handen, wie aus der Fig. 3 auf Taf. XVII hervorgeht. Das Innere des Sackchens zeigt keinen Hohlraum, sondern ist vollgepfropft von Eizellen in allen Groéfen. Die gréferen liegen meist am kugelig abgerundeten Ende der Sackchen. Zwischen den LEizellen, von denen die gréSeren 0,07 mm, ihr Keimfleck 0,04 mm messen, liegen die Urkeimzellen noch unverindert wie in den Genital- rohren. Ihr Zellkern wird zum Keimblaschen der Eizellen. Die griéferen Eizellen lassen eine helle Membran erkennen, welche sie als homogenes Hautchen umhiillt. Diesen Eihiillen liegen Zellen an, welche abgeplattet sind und einen Kern von nur 0,003 mm Durchmesser zeigen, und wohl als Follikelzellen angesehen werden kénnen. Sie gehen aus den Urkeimzellen hervor, welche sich nicht zu Eizellen entwickelt haben. Um diese Zeit findet man oft Zellen im Zerfall begriffen, deren Zellsubstanz wohl als Nahr- material fiir die wachsenden Eizellen dient. Worauf es uns hier besonders ankommt, ist der Nachweis, dafi die Eizellen sich aus den Urkeimzellen entwickeln, und zwar in besonderen knospenartigen Anlagen, deren zentrale Masse von den wachsenden Ejzellen gebildet wird. Die Offnungen, welche von den Genitalsickchen durch die Bursalwand in den Hohlraum derselben fiihren, brechen erst spater durch, wenn die Eier ausgereift sind. Die Hodensackchen. In gleicher Weise wie die Ovarial- sickchen legen sich die Hodensackchen als solide Knospen an. Bei ihnen 1aft sich fast noch besser diese Entwicklung der Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 219 Urkeimzellen, hier zu Samenmutterzellen, verfolgen. In Fig. 4, Taf. XVII ist ein Liangsschnitt durch ein Hodensickchen wieder- gegeben. Dasselbe ist von birnformiger Gestalt. Es wird iiber- kleidet von dem Célomepithel (e?). Unter demselben liegt eine diinne Bindesubstanzschicht, in weleher wir uns die Ernahrungs- fliissigkeit, das Blut, in Lakunen zirkulierend zu denken haben. In dem Stadium der Entwicklung, in welchem die in Fig. 4 ab- gebildete Hodenanlage steht, ist das Lumen so stark erfiillt von Zellen, da8 die Wandung eng aneinander gepreft erscheint. Dazu kommt, dali selbst die die Genitalréhre in ihrem Verlaufe in der Bursalwand umgebende Blutlakune nur von sehr geringer Aus- dehnung und die Blutfliissigkeit kaum erkennbar ist. — An der Basis sieht man die Urkeimzellen in das Lumen des Hodensick- chens eindringen, und zwar in mehreren Schichten der Binde- substanzschicht aufliegen, wihrend nach innen kleinere, durch Teilung hervorgegangene Zellen liegen, die Samenmutterzellen, und das Zentrum von bereits reifen oder reifenden Spermazellen eingenommen wird. Diese sind an den langen Schwanzen und ihrem sich stark tingierenden kugeligen Kopfe leicht erkennbar. Jetzt sind bereits Offnungen zu erkennen, das heift aus den Hoden- siickchen fiihrt ein enger, von Zellen, welche im Leben wahrschein- lich wimpern, ausgekleideter Kanal durch die Bursawandung hin- durch und 6ffnet sich in den Hohlraum derselben. Durch aktive Bewegung gelangen die Spermazellen durch denselben nach aufen. Eine Muskulatur, welche etwa durch Kontraktionen die Entleerung der Genitalsickchen beschleunigen kénnte, findet sich bei unserer Art nicht in der Wandung vor, weder in der der mannlichen, noch in der der weiblichen Genitalsicke. Kapitel 7. Der Darmtraktus. (Ophioglypha albida.) Die Lage und die Gestalt des Darmtraktus aft sich aus der Fig. 3, Taf. XIII erkennen, welche einen Liangsschnitt durch die Scheibe und den Beginn eines Armes widergiebt. In den Darm fiihrt die grofe geraumige Mundéffnung, welche zugleich als After funktioniert. Das Korperepithel setzt sich an der Mundéffnung fort in das Wimperepithel des Darmes, welches seine gréfte Bd, XXIII, N, F, XVI. 19 280 Dr. Otto Hamania, Stirke an der dorsalen Wand erreicht. Hier sind die Darm- epithelzellen bis 0,1 mm hoch, wihrend sie an der ventralen Wand sehr niedrig, 0,01 mm hoch sind. Der Darm tragt in ganzer Ausdehnung Wimpern. In Fig. 9 auf Taf. XVII ist ein Stiick der Darmwandung wieder- gegeben. Die Epithelzellen haben eine cylindrische Gestalt, und der ovale Kern liegt in dem basalen Teile der Zelle, wie in Fig. 10 derselben Tafel an den isolierten Zellen erkennbar ist. Jeder Zelle sitzt eine Anzahl von Stabchen auf, wie sie FRENZEL*) bereits bei Ophioderma beschrieben hat. Diese Stab- chen fand ich auf meinen Schnittserien deutlich erhalten. Die mit Osmiumsaure behandelten und mit Pikrokarmin gefirbten Schnitte lieBen sogar teilweise noch die zarten Wimpern erkennen. Die Stibchen sitzen nicht direkt den Zellen auf, sondern mit Hilfe von Knoépfchen, welche wie eine Perlenschnur gelagert sind (Fig. 10 Kn). Die Wimpern stehen nicht dicht gedringt, sondern Liicken fanden sich zwischen den einzelnen Haaren. Unterhalb der Epithelzellen erkennt man Nervenfibrillen, welche besonders im Anfangsteil des Darmes deutlich wahrnehmbar sind. Besonders bei den gréferen Arten treten sie auf Schnitten gut hervor. Die Bindesubstanzschicht besitzt nur eine. sehr geringe Ent- wicklung. Nur an der Stelle, an welcher die Darmlakune an die Wandung herantritt, ist sie starker ausgebildet, und lat in Liicken die Blutfliissigkeit erkennen. Unterhalb dieser Bindesubstanzschicht liegt eine Muskelschicht, welche aus einer Lage glatter Muskelfasern sich zusammensetzt, welche ringformig verlaufen. Unterhalb derselben liegt das ein- schichtige, die AufSenflaiche des Darmes iiberziehende, aus ku- bischen Zellen bestehende Epithel, welches die Leibeshéhle aus- kleidet. Eigenartige Bildungen treten um die Mundéffnung auf. Die Lage derselben lift sich aus der auf Taf. XIII, Fig. 3 gegebenen Abbildung am besten erkennen. Zur weiteren Orientierung mégen die Figuren 21 und 22 auf Taf. XXIII dienen. Auf beiden sind Langsschnitte durch die Mundéffnung wiedergegeben, aber nur die eine Halfte des Munddarmes dargestellt. Mit WGR ist der Wassergefairing und mit GR der durchquerte Gehirnring be- 1) Frenzet, Zum feineren Bau des Wimperapparates, in Arch, f, mikr. Anat., Bd. 28, pag. 63, 1886. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 281 zeichnet, von welchem ein radiirer Nervenstamm sich abzweigt. In dem einen Falle ist nun die kreisrunde Mundofinung klein, indem der Munddarm oder vielmehr seine Wandung wie ein Ve- lum nach dem Zentrum der Ventralfliche der Scheibe hervorragt (Fig. 21); im anderen Falle ist die Mundéfinung weit klatfend, indem der Anfangsdarm nach oben zuriickgezogen ist (Fig. 22). Dies sind die beiden Extreme, welche man auf vertikalen Lings- schnitten durch die Scheibe zu Gesicht bekommt. In welcher Weise geschieht nun diese SchlieSung und Offung der Mund- Offnung ? Zunaichst steht mit derselben in Verbindung ein Hohlraum, und zwar ein Schizocoelraum in der Bindesubstanzschicht der Wandung des Anfangsdarmes. Dieser ist in beiden Figuren mit Sch bezeichnet. Der Schizocoelraum lauft ringformig um die Mundéffnung, ist aber keineswegs geschlossen, sondern steht — wie ich auf Osmiumpriiparate gestiitzt behaupten kann — durch kleine Liicken in der Bindesubstanzschicht mit dem Schizocoel- raum in Verbindung, in welchem der Gehirnring liegt. Diese Liicken sind schwer wahrnehmbar und meist geschlossen. Daf aber die Fliissigkeit beider Schizocoelriume in Verbindung steht, dariiber kann kein Zweifel sein. Die Innenwand dieses mit Sch in Fig. 21 und 22 bezeichneten Hohlraumes ist mit ringformig verlaufenden glatten Muskelfasern besetzt, welche eine Verengerung der Mundéffnung bewirken kénnen. Beobachtet ist dieser bei Oph. albida besonders deutliche Schizocoelraum bisher noch nicht worden, wohl aber ein zweiter kreisférmiger Kanal, zu dessen Schilderung ich gleich tibergehen will. TruscHEeR!) war der erste, welcher denselben als Lippen- hohlraum beschrieben hat. Lupwia?) hat ihn als inneren oralen Perihimalraum bezeichnet. Er soll homolog sein den gleichen Raumen eines Asteriden. Dem kann ich ebensowenig wie KOEHLER *) beistimmen, wie schon aus meiner Schilderung, die ich vom Nerven- ring gegeben habe, hervorgeht. Dieser Lippenhohlraum, der espace oral, wie ihn KOEHLER nennt, ist von kreisrunder Gestalt, das heibt es ist ein den Anfangsteil des Darmes umgrenzender Hohlraum, 1) Truscuer, Beitrige zur Anatomie der Echinodermen, in: Jen. Zeitschr. f. Naturwiss., Bd. 10, 1876. 2) Lupwic, Neue Beitriige zur Anatomie der Ophiuren, in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 34, 1880, 8) Korntrr, Recherches sur l’appareil circulatoire des Ophiures, in: Ann. Soc. Nat. Zool., Bd. 2, Sér. 7, 1887. 19°* 282 Dr. Otto Hamann, welcher dadurch entstanden ist, da eine Hiille den Anfangsdarm kreisfoérmig einhiillt. Diese Hiille oder dieser Mantel W in Fig. 21 und 22 inseriert einerseits an der Darmwandung, andererseits an der Innenflaiche des ventralen Integumentes in der Nahe des Wassergefabringes WGR. Unser Hohlraum, welcher ein Enterocoel- raum, also ein Teil der Leibeshéhle ist, ist in den Figuren mit 1 gekennzeichnet. Die Wandung dieses Mantels besteht aus einer axialen Bindesubstanzschicht und beiderseitig einem Epithel, welches mit dem Leibesepithel tibereinstimmt. Daf dieser ringformige Kanal geschlossen ist, giebt KOEHLER?) an. Nach Injektionen iiberzeugte er sich, daf die Fliissigkeit nach keiner Seite weiter drang. Vergleicht man nun aber die Fi- guren 21 und 22 miteinander, so sieht man im einen Fall den Hohlraum verengert, im anderen erweitert. Daf eine Fliissigkeit mit Zellen sich in ihm vorfindet, ist zudem selbst auf Schnitten leicht nachweisbar. Ich glaube nun eine Kommunikation desselben mit dem Wassergefaibring gefunden zu haben. Leider habe ich bisher nur diese Frage an Oph. albida priifen kénnen, hoffe aber die Resul- tate an gréferen Arten bald geben zu kénnen. Bei dieser Art fand ich, daf an fiinf Stellen, und zwar in den Radien vom Wassergefibring WGR Offnungen oder vielmehr kleine Kanalchen direkt in unsern Hohlraum fiihrten. Diese mini- malen Offnungen sind durch kreisrunde zirkulare Muskelfasern kenntlich, welche als Sphinkter wirken. Somit scheint — die Frage ist wegen der Kleinheit dieser Offnungen nicht leicht zu entscheiden — eine Verbindung der Fliissigkeit des Wassergefab- systems mit diesem Enterocoelraum vorhanden zu sein und es wird diese Fliissigkeit des Hohlraumes von Bedeutung sein bei der Offnung oder Schliekung des Mundes. Die Muskulatur ist in der Wandung des Munddarmes sehr gering entwickelt. Wenige in Abstiinden liegende, die Mundéffnung umkreisende Fasern treten auf, waihrend in der Wandung des Hohlraumes Liingsfasern kennt- lich sind. 1) Korutrr, Recherches sur l'appareil circulatoire des Ophiures, in: Ann. Soc. Nat. Zool., Bd. 2, Ser. 7, 1887. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 283 Das driisige Organ. In gleicher Weise wie Lupwie') bei den Asteriden von einem Herzen sprach, geschieht dies auch bei den Ophiuren. Die spaiteren Forscher haben gezeigt, daf die Funktion dieses Organes eine andere sein muf, sicher nicht die eines Herzens. Korner *) nennt dasselbe glande madréporique. Die Lage und die langgestreckte Gestalt dieses Organes neben dem Steinkanal, welchem es eng an- liegt, 1aBt Fig. 2, Taf. XV erkennen. An dem dem Blutlakunen- ring zugewendeten Ende kann die Blutfliissigkeit durch Liicken der Bindesubstanz eindringen. Uberzogen wird das Organ von einem Epithel, welches be- sonders durch seine kugligen, nicht abgeplatteten Zellkerne hervor- tritt. Es besteht aus Bindesubstanz, und zwar fand ich an in 1/,°/, Osmiumsiaure konservierten Tieren dieselbe maschig. Die Fibrillen umgrenzten teilweise Hohlraume, in denen eine geronnene Fliissigkeit und veriistelte Zellen lagen, teilweise waren solche Réume nicht vorhanden und die Ejibrillen schienen einen regellosen Verlauf zu nehmen. Wie dieses Organ, welches im Verhaltnis zu anderen Kchino- dermen recht gering entwickelt scheint, bei anderen Arten gebau- ist, miissen spitere Untersuchungen lehren. Solange iiber die Ent- wicklung aller dieser sog. driisigen Organe nichts bekannt ist, wird unsere Deutung derselben eine sehr unsichere bleiben. Immerhin ist das negative Resultat, daB wir ein Herz nicht in denselben zu — sehen haben, ein, wenn auch nur kleiner Fortschritt. Kapitel 8. Muskulatur und Bindesubstanz. Die Muskelfasern der Ophiuren sind besonders eingehend von ScHWALBE ®) untersucht worden. An der frischen Muskelfaser von Ophiotrix fragilis, welche einem Intervertebralmuskel entnommen wurde, erkannte er eine doppelte Schragstreifung, welche der kon- 1) Lupwie, Neue Beitriige zur Anatomie der Ophiuren, in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 34, 1880. 2) Koruter, Recherches sur |’appareil circulatoire des Ophiures, in: Ann. Soc. Nat. Zool., 7. Sér., Bd. 2, 1887. 3) Scuwatze, Uber den ferneren Bau der Muskelfasern wirbel- loser Tiere, in Arch. f. mikroskop. Anatomie, Bd. 5, 1869. 284 Dr. Otto Hamann, traktilen Substanz zukommt. Es handelt sich um Liniensystemey , welche nicht etwa quer um die Muskelfaser herum oder der Linge nach verlaufen und somit eine Quer- oder Lingsstreifung darstellen, sondern die vielmehr schrag von einer Seite der Faser zur andern hiniiberziehen. Es hat den Anschein, als ob zwei sich kreuzende Systeme von Spiralfasern um den Muskelcylinder herum- liefen.* Weiter beobachtete ScHWALBE ein deutliches Sarkolemm und einen Kern von elliptischer Gestalt zwischen Sarkolemm und Faser. Au8er bei Ophiuren wurde von ScHWALBE eine gleiche doppelte Schragstreifung bei Wiirmern (Arenicola) beobachtet. Seinen An- gaben ist in neuerer Zeit RonpE') entgegengetreten, welcher die- selbe nicht wiedergesehen hat. Somit wird es wohl entschuldbar, wenn ich bei der Darstellung meiner eigenen Untersuchungen, welche fast nur eine Bestitigung der ScHwALBe’schen enthalten, linger verweile. Die Schragstreifung ist sowohl an der frischen Muskelfaser, welche ohne jedes Reagens untersucht wird, erkennbar, als auch an alterem Spiritusmaterial. Sie zeigt sich an der kontrahierten Muskelfaser sehr deutlich wahrnehmbar, wahrend ich an der aus- gestreckten Faser umsonst nach ihr suchte, oder sie kaum aus- gepragt fand. Dies gilt besonders fiir das Alkoholmaterial. Die Starke derjenigen Muskelfasern, welche die doppelte Schrag- streifung zeigten, betragt 0,002 mm. Ein 0,01 mm langer, ovaler bis spindeliger Kern liegt im Zentrum der Muskelfaser, der kon- traktilen Substanz aufen auf und lat an seinen beiden Polen eine feinkérnige Masse, den Rest der Bildungszelle, erkennen. Das Sarkolemm ist sehr schwer wahrzunehmen, laft sich aber an der frischen Faser deutlich sehen, sobald diese so liegt, daf’ ihr Kern auf einer Seite aufliegt. Dann verfolgt man leicht, wie das Sarko- lemm sich tiber derselben erhebt, um der Muskelfaser an den tibrigen Teilen eng anzuliegen. Der Kern zeigte ein deutliches Fadenwerk, hier und da trat ein Nucleolus hervor. Den gleichen Bau dieser Intervertebral- muskeln fand ich bei Ophioderma longicauda und Ophiomyxa pentagona. Die Muskelfasern der ersten Art sind in Fig. 13 auf Tafel XVI dargestellt. 1) Roxpz, Die Muskulatur der Chaetopoden, in: Zoolog. Beitrige, herausgegeb. von Scunerper, Bd. 1, 1885. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 285 Es gelingt leicht, die einzelnen Muskelzellen der Linge nach in eine Anzahl von Fibrillen zu zerfasern. Auger den in Fig. 13 abgebildeten Muskelfasern trifft man solche, bei denen die beiden sich schneidenden Liniensysteme hell erscheinen, wihrend die quadratischen Felder zwischen ihnen dunkel und stark lichtbrechend. Die dunkeln Quadrate entsprechen nach ScuwaLse der anisotropen Substanz, die hellen Linien- systeme hingegen werden aus der isotropen gebildet. Die Muskulatur zeigt an den tibrigen K6rperstellen, so in der Riickenwand und im Darm diese Streifung nicht. An der frischen Faser lift sich bei Anwendung von Olimmersionssystemen eine schwache Langsstreifung erkennen. Dementsprechend tritt bei diesen glatten Muskelfasern leicht ein Zerfall in Fibrillen ein. An ihren Enden sind diese Fasern entweder spindlig zugespitzt oder aber pinselférmig gestaltet, wie Fig. 17 auf Taf. XVI zeigt. Jede Faser besitzt einen ovalen, langgestreckten Kern, welcher selten von etwas feingranulierter Substanz umgeben ist. Ein Sarkolemm ist an Spiritusmaterial schwer nachweisbar, aber vorhanden. Kiner besonderen Erwahnung bediirfen die Muskelfasern des Wassergefafsystemes. An den oben naher beschriebenen Stellen trifft man ringférmig verlaufende Fasern, welche einen geschlossenen Ring vorstellen und eine bei stirkster Vergréferung schwach wahrnehmbare Langsstreifung zeigen. Die Dicke dieser Fasern betragt 0,002 mm, ob ihnen ein Kern zukommt, kann ich nicht angeben, da die grofen Kerne der WassergefaSe einer Entscheidung im Wege standen und ich zwischen ihnen keine besonderen Kerne fand. Quergestreifte Muskelfasern, welche ich bei Echiniden be- schrieben habe, traf ich bei keiner Ophiure an. Die Bindesubstanz, welche den gréften Teil der Kérper- wandung bildet, zeigt uns die gleichen Verhiltnisse, wie wir sie bei den friiher geschilderten Echinodermen antrafen. In einer gallertigen Zwischensubstanz liegen Zellen, deren Fortsitze die- selbe nach den verschiedensten Richtungen durchsetzen. Meist gelingt es, die Fibrillen noch in Zusammenhang mit ihren Bildne- rinnen zu treffen. Dies ist an den Stellen vor allem der Fall, an welchen die Zwischensubstanz unverkalkt geblieben ist. Im iibrigen erhalt man, sobald der Kalk durch Chromsiure entfernt ist, die bekannten Bilder. Die Bindesubstanzschicht erscheint dann wie ein Netzwerk. In den hohlen Maschen lagerte die entfernte Kalk- 286 Dr. Otto Hamann, substanz. Dieser Kalk wird nicht als kompakte Masse abgeschieden, sondern bleibt nach allen Seiten netzartig von Kanalen durchzogen. Diese letzteren werden eben von der unverkalkten Bindesubstanz erfiillt. Fig. 9, Taf. XIV zeigt diese Masse und die Liicken. Die Bindesubstanzzellen von spindliger oder sternférmiger Gestalt liegen meist in den Knotenpunkten des Netzwerkes. In der Grund- substanz treten die Fibrillen deutlich hervor. An anderen Stellen freilich sucht man vergebens nach ihnen, dann erscheint es, als ware nur die hyaline Grundsubstanz vorhanden. Dies hangt meist von der Konservierung ab. Aufer Pigmentzellen mit baumférmig verastelten Fortsaitzen treten, wenn auch selten, kuglige améboide Zellen auf, welche eine feingranulierte Substanz besitzen, neben einem kugligen Kern. Sie sind 0,01 mm groB. Die Bindesubstanzschicht des Darmes ist bereits erwahnt worden. Sie bietet insofern Interesse, als in ihr in Liicken und Spalten Blutfliissigkeit nachweisbar ist, ohne dafi ein Endothel die- selben auskleidete. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 287 II. Teil. Die Crinoiden. Kapitel 1. Das Nervensystem. Einer vollkommen neuen Untersuchung bedarf das Nerven- system unserer Tiere. Hierbei ist vor allem einmal der histole- gische Nachweis zu bringen, daS man wirklich es mit Ganglien- zellen und Nervenfasern zu thun hat, was die Umhiillung des gekammerten Organes und die tibrigen hierher gehérigen Elemente angeht: Gehen wir auf Grund einer histologischen Analyse die simmtlichen Gewebe des Crinoidenkérpers durch, so wird sich wie bei den bisher von mir geschilderten Echinodermenklassen auch bei diesen Formen genau sagen lassen, was zum Nervensystem ge- hort. Die Gesichtspunkte, welche bisher geltend gemacht wurden, waren entweder rein morphologische (Lupwie@ u. a.) oder physio- logische (CARPENTER, MARSHALL u. a.). Nur ein Forscher, JicKELI1), macht eine Ausnahme, indem er in einer vor finf Jahren erschienenen yorlaufigen Mitteilung von rein histologischen Gesichtspunkten ausgeht. Leider ist eine ausfiihrliche Arbeit seinen interessanten Zeilen nicht gefolgt. Es war im Jahre 1865, dass W. B. CARPENTER?) die um sein sog. gekammertes Organ gelegene Nervenmasse als Nervensystem deutete. Damit war im Kelch das Nervenzentrum gegeben, von welchem aus in die Arme und die Pinnulae wie in die Cirrhen Nervenstringe strahlten. Diese Anschauung wurde von P. H. 1) Jicxetr, Vorlaufige Mitteilungen iiber den Bau der EKchino- dermen, in: Zool. Anzeig., 7. Jahrgang, No. 170, 1884. 2) W. B. Canrenrer, Researches on the structure, physiology and development of Antedon rosaceus, P. 1, in: Trans. Roy. Soc., London, V, 156. 288 Dr. Otto Hamann, CARPENTER !) zu der seinigen gemacht und in mehreren Arbeiten ausfiihrlich begriindet. Diese Deutungen haben von deutschen Forschern nur die Billigung von Semper?) erfahren, wahrend GREEFF *), TEUSCHER‘*) und vor allem LupwiG*) sie verwarfen. Der letztgenannte Forscher hielt diese von den Englandern als nervés angesehene Gewebemasse fiir eine ,,unverkalkt gebliebene skelettbildende Gewebslage“. Prrrier‘®) stellte sich auf Seite CARPENTER’S und ihm sind MarsHati7) und Cart Voer und YunG *) gefolgt, wihrend W. B. CARPENTER °) nochmals zu Gunsten seiner alten Auffassung neue Argumente ins Feld fiihrte. Neuer- dings hat itibrigens auch Lupwie seine Ansicht geandert, denn in der von ihm besorgten Neu-Bearbeitung der ,,Synopsis der Zoologie von Leunis‘* wird in der Einleitung zu den Crinoiden diesen aufer dem ambulacralen Nervensystem noch ein Zentralorgan im Riicken zuerkannt, welches als antiambulacrales bezeichnet wird. Betrachten wir die Resultate dieser verschiedenen genannten Ar- beiten unbefangen, so scheint mir schon aus ihnen unzweifelhaft her- vorzugehen, dafs die fragliche, das gekammerte Organ umhiillende Fasermasse, sowie die von ihr ausstrahlenden Verzweigungen nervéser Natur sind. Den ausfihrlichen histologischen Beweis denke ich hier zu liefern. Auer diesem Nervenzentrum hat JICKELI ein zweites beschrieben, welches um den Mund gelagert ist und Aste abgiebt, welche die Wassergefife begleiten. Das 1) P. H. Carpenter, Remarks on the anatomy of the armes of the Crinoids, in: Journ. of Anat. and Physiology., V. 10, 1877. — On some points in the anatomy of Pentacrinus and Rhizocrinus, ebenda, V. 12, und On the genus Actinometra, in: Transact. of the Linn. Soc., V. 2, 1879, u. Challenger-Crinoiden, P. 1, 1884. 2) C. Semerr, Kurze anatomische Bemerkungen tiber Comatula, in: Arbeit a. d. zool. Inst. Wiirzburg, 1. Bd., 1874. 3) Grerrr, Uber den Bau der Crinoideen, in: Marb. Sitzber., 1876. 4) Truscuer, Beitrige zur Anatomie der Echinodermen: 1. Coma- tula, in: Jen. Zeitschr., Bd. 10, 1876. 5) Lupwie, Morpholog. Studien an Echinodermen: Zur Anatomie der Crinoideen, in: Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, Bd. 28, 1877. 6) E. Perrier, Recherches sur l’anatomie et la régénération des bras de la Comatula rosacea, in: Arch. zool. expériment. T. 2, 1872. 7) A. M. Marswatt, On the nervous System of Antedon rosaceus, in: Quart. Journ. of mikr. 8c., Bd. 24, 1884. 8) C. Vocr und Yune, Lehrbuch d. prakt. vergl. Anatomie, Lief. 9 und 10, 1886. 9) W. B. Carprenver, On the nervous system of the Crinoidea, in; Proc. of the R. Soc,, No, 232, 1884. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 289 Vorhandensein dieses Teiles des Nervensystems haben Voar und Yuna bestritten. Sie haben es nicht zu Gesicht bekommen. Es ist jedoch vorhanden und werde ich seinen Bau, seine Verzweigungen ausfiihrlich schildern. Weiter ist vornehmlich von Lupwia und GREEFF ein Nervenring beschrieben worden, welcher um den Mund subepithelial gelagert ist, und von ihm auslaufende Nerven, die Ambulacralnerven. Genau histologisch untersucht sind diese Faser- ziige bisher nicht. Nicht einmal Zellen, sondern nur Kerne sind in dieser streifig scheinenden Gewebsmasse beschrieben worden. Zudem hat CARPENTER?) darauf aufmerksam gemacht, daf Am- bulacralnerven teilweise in den Armen von Actinometra ganzlich fehlen kénnen und diese doch nicht weniger reizbar sind. Er be- zeichnet den Lupwia’schen circumoralen Nervenring — dessen Vor- kommen JicKELI*) iibrigens schon bestreitet — und seine Zweige in die Arme als einen accessorischen Tei! des Nervensystems. Der- selben Ansicht ist auch MAarsHaLL‘), welcher die Subepithelial- nerven als wahrscheinlich nervéser Natur, aber von vollkommen untergeordneter Bedeutung bezeichnet. Dies ist in groben Umrissen der Stand der Frage nach dem Nervensystem der Crinoiden. Im folgenden habe ich Gelegenheit, im einzelnen auf die Arbeiten der genannten Forscher zuriick- zukommen. Eigene Untersuchungen. (1. Antedon rosacea.) Das Nervensystem der Crinoiden ist teils epithelial, teils mesodermal gelagert. Ich unterscheide den Teil des Nervensystems, welcher sein Zentralorgan in der um das gekammerte Organ liegenden Nerven- fasermasse besitzt, als das dorsale Nervensystem von einem zweiten gesonderten Teil, welcher sein Zentralorgan in einem pentagonalen in der Bindesubstanz gelegenen Nervenring oder Schlundring besitzt, als dem ventralen Nervensystem. Hierzu kommt der im Vergleich mit Asteriden u. a. rudimentire, in den Ambulacralfurchen epithelial (nicht subepithelial!) ge- legene Teil des Nervensystems, das Ambulacralnervensystem. 1) a. a. O., p. 565. 2) Proceed. of the R. Soc., No. 282, 1884, 3) JicKELt, a. o. O, 4) a. o. O. 290 Dr. Otto Hamann, Die Begriindung dieser Einteilung gebe ich ausfihrlich in der folgenden Darstellung. Was die Nervenfaserziige in der Wandung des Darmtraktus anlangt, so zweigen sich dieselben ab vom epithelial gelagerten Plexus, waihrend die Nerven in den Mesenterien und Baindern der Leibeshéhle mit dem ventralen Nervensystem in Verbindung stehen. 1. Das Zentralorgan des dorsalen (aboralen) Nervensystems. Als das Zentralorgan bezeichne ich den im Centrodorsale liegen- den Teil, von welchem aus die dorsalen Nervenstéamme in die Arme und die Nervenziige in die Cirrhen entspringen. Ich kniipfe bei der Beschreibung desselben an das tiber das sog. gekammerte Organ Gesagte an. Es setzt sich das Zentralorgan zusammen erstens aus einer Summe von kreisférmig verlaufenden Nervenfasern, welche das ge- kammerte Organ dorsalwarts tiberlagert. Auf dem Langsschnitt Fig. 1, Taf. XVIII ist dieser Teil mit ¢ bezeichnet. Von diesem Teil gehen die die CirrhengefaSe begleitenden Nervenfaserziige aus. In Figur 2 ist derselbe stirker vergréBert wiedergegeben. Nimmt man nun Querschnitte durch das gekammerte Organ zu Hilfe und mustert dieselben von der Dorsalseite beginnend, so erhalt man bald ein Bild, wie Fig. 4 wiedergiebt. Man sieht, wie an fiinf Stellen, den Ecken eines regulairen Fiinfeckes, Nervenstimme aus- treten und nach oben in die Hohe streben. Der Querschnitt Fig. 4 ist etwa in der Hohe von a—b in Fig. 1 gelegt. Auf einem der nachsten Querschnitte Fig. 5 ist zu sehen, wie eine Teilung jedes der anfangs einfachen Nervenstamme eingetreten ist: sie teilen sich dichotomisch. Die fiinf auferen Hohlraume sind, wie ich hier erinnere, fiinf Fortsetzungen der Leibeshohle, welche sich bei Anted. rosac. besonders tief herunter erstrecken. Kin weiterer Querschnitt Fig. 6 ist durch das obere Ende des gekammerten Organes gelegt (er wiirde der Richtung von c—d in Fig. 1 entsprechen). Aus ihm geht hervor, daf das gekammerte Organ auch an seiner Ventralseite von einer Nervenfasermasse umhillt wird in gleicher Weise wie an der dorsalen und den Seiten. Ventralwirts wird die Nervenmasse von der Rosette Car- PENTERS begrenzt, einem Kalkstiicke (R in Fig. 1 und 10, Taf. XVIII). Ein Querschnitt oberhalb des gekammerten Organes zeigt folgendes. Die auf tieferen Schnitten als dichotomich geteilte Nervenstamme beschriebenen Gebilde sind weiter auseinandergetreten, und indem Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 291 je zwei benachbarte convergieren (Fig. 7), tritt eine Verschmelzung derselben ein zu einem unpaaren kraftigen Nervenstamm (Fig. 8). Diese fiinf Nervenstiimme, welche hierdurch entstanden sind, sind die fiinf Armnerven. Kurz nach ihrer Bildung — im ersten Radiale — werden sie untereinander durch eine Kommissur ver- bunden, welche die Form eines Pentagons hat.. Ein Querschnitt durch diesen Teil ist in Fig. 1, Taf. XIX abgebildet. Will man auf Langsschnitten diese Kommissur antreffen, so miissen diese tangential zum gekammerten Organ gefiihrt werden. Einen solchen giebt die Fig. 10 auf Taf. XVIII wieder. Von dem Verlauf der fiinf Radialnerven sowie der soeben geschilderten Verhialtnissen giebt das untenstehende Diagramm ein Bild. in OT fl inl Die Nervenstimme treten durch das zweite Radiale hindurch um im dritten sich dichotomisch zu teilen und in die Arme als Armnervenstimme einzutreten. Unmittelbar nach ihrem Auseinanderweichen findet das merk- wirdige Chiasma nervorum brachial. statt, indem je ein Nerven- zug von einem Armnery zum anderen zieht. Beide kreuzen sich, und da wo die dem Kelche abgewendeten Ursprungsstellen der 292 Dr. Otto Hamann, beiden Nervenziige sind — tritt noch ein quer verlaufender Nerveni- zug hinzu, wie die Fig. 2 auf Taf. XX — nach einem Langsschnitt durch einen Arm entworfen — ausweist. Dieses ist der Bau des zentralen Teiles des Nervensystems. Das Diagramm, welches ich oben gegeben habe, stimmt tiber- ein mit dem von MarsHati!) gegebenen, ist nur weniger schema- tisch und genau nach der Querschnittserie konstruiert. Abweichend ist es von dem von Lupwia?) gegebenen, da bei Anted. rosac. die die Radialia durchziehenden Neryen nicht paarig sind, sondern eine gemeinsame Masse darstellen. Dies gilt tibrigens auch fiir die Gattung Actinometra. Der feinere Bau. Mit Recht konnte JickrLi sagen, daS der histologische Beweis fiir die nervése Natur dieser Fasermassen noch nicht erbracht sei, wenn auch seither einzelne Forscher multipolare Zellen gesehen haben. Irgendwelche Abbildungen, welche den Bau der Nervenfasern illustrieren kénnten, giebt es bis jetzt nicht. Dafi man nun diese die Wandung des gekammerten Organes bildenden Fasermassen nicht fiir bindegewebiger Natur halten kann, muf Jeder, welcher jemals Nerven und Bindegewebe eines Echino- dermen untersucht hat, sofort erkennen — wenn nicht etwa das Material in zu schlechtem Zustand sich befindet. Wahrend die Bindegewebsfasern sich durch ihren gréberen Bau und durch die ihnen eigentiimliche netzformige Anordnung auszeichnen, sind die Fibrillen des Zentralnervensystems éuferst fein; sie liegen eng eine an die andere geschmiegt, und verlaufen nie wirr durcheinander, sondern parallel. Mit neutraler Karmin- lésung behandelt fairbt sich ihre Masse hellrosa, wahrend die Ganglienzellen sich durch ihren dunkeln Leib hervorheben. Untersucht man die Nervenfibrillen in Glycerin, so fallt an ihnen auf, dafi ihre Substanz ein feinkérniges, oder fein granu- liertes Aussehen besitzt, und zugleich ein starkes Lichtbrechungs- vermégen besitzt. Die Dicke der Fasern bleibt sich im Allgemeinen gleich. Sie sind noch eben meSbar, ungeféhr 0,001 mm dick. Auer diesen Nervenfibrillen treten Zellen auf, welche sich schon durch ihren Habitus als Ganglienzellen erkennen lassen. Solche Zellen sind aus einem Mazerationspraparat in Fig. 3 Taf. XX 1) Marsnatt, Q. Journ. Mier. Sc. (2) Vol. 24. 2) Lupwie, Bd. 1 der Morpholog. Studien an Echinodermen, Taf. XV, Fig. 38. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden, 293 abgebildet. Es lassen sich leicht zwei durch keinerlei Uberginge verkniipfte Arten unterscheiden. Einmal kleine 0,003 mm grole bipolare Zellen, welche regellos zerstreut zwischen den Fasern liegen und zweitens gréfere Ganglienzellen, welche meist multi- polar sind. ' Die gréferen Zellen sind entweder spindlig und dann bipolar, oder aber ihre Gestalt ist eine sehr unregelmabige wie Fig. 3 auf Taf. XX zeigt. Ihre Gréfe ist schwer genau anzugeben, da ihr Leib oft sehr in die Lange gezogen sein kann. Sie schwankt zwischen 0,OO7—0,02 mm. Der blaschenfoérmige Kern ist oval und zeigt fast stets ein Kernkérperchen. Die Zellsubstanz farbt sich intensiv; sie erscheint an meinen teils mit '/, Chromsiure, teils mit Alkohol konservierten Praiparaten granuliert. Man trifft unsere grofen Ganglienzellen in bestimmter Lagerung an, wahrend die kleineren iiberall zer- streut in weit gréberer Anzahl auftreten. Der Faserverlauf im Zentralorgan. Da die Fasern- masse auf der dorsalen Fliche durch die grofe Menge der Cirrhusgefafie durchsetzt wird, so ist der Verlauf hier ein sehr unregelmafiger. Da jedes dieser Getafe von einem Mantel Nerven- fibrillen umhiillt und begleitet wird, und diese Fibrillen nicht nur aus der peripheren Schicht, sondern auch aus der mehr zentral gelagerten hervorgehen, so ist der Verlauf hier als ein nur im Allgemeinen konzentrischer anzusehen. An den Seiten treten die nach der Ventralseite hinaufsteigenden und das gekammerte Organ rings umhiillenden Stémme aus, zunachst fiinf, die sich aber als- bald gabeln (Fig. 4 u. 5, Taf. XVIIL). Hier haben wir eine zentrale den Kammern anliegende Nervenmasse, welche aus konzentrisch verlaufenden Fibrillen sich zusammensetzt, zu unterscheiden von den peripheren Fibrillen, welche sich zu den finf Nervenstimmen formieren. Die Fasern verlaufen in der Richtung dieser Stimme parallel zu einander. Die grofen Ganglienzellen sind besonders zahlreich in der Dorsalseite vertreten, da wo die Nervenfasern sich zu den Ziigen formieren, welche die Cirrhengefafe begleiten, und ebenso da wo sich diese genannten Hauptstiimme bilden. Der das gekammerte Organ direkt umhiillende Teil der Nervenfasern, in Fig. 5 mit ¢ bezeichnet, verlaiuft konzentrisch. Aus beiden Fi- guren erhellt die Lage der Ganglienzellen, welche als dunklere Partieen heryortreten. Die Fasern, welche die aéuferste Hiille um das gekammerte Organ bilden, verlaufen, in Fig. 6 mit ¢ bezeichnet, zum groften Teil konzentrisch, teilweise auch wirr durcheinander, 294 Dr. Otto Hamann, untermischt mit den groficn Ganglienzellen, welche hier am schénsten zu demonstrieren sind. Der Faserlauf wie er sich von Fig. 7 auf Taf. XVIII bei starkerer Vergréferung darstellt, ist in Fig. 7 auf Taf. XIX wiedergegeben, wihrend Fig. 9 zu Fig. 6 auf Taf. XVIII gehort. Aus letzterer Figur erhellt, wie beide Nervenstiimme, welche dichotomisch auseinander- weichen, um mit den benachbarten zu verschmelzen, vor ihrer Trennung nochmals eine Verbindung in den mit ¢ bezeichneten Faserziigen eingehen. Eine weitere ringfoérmige Verbindung zwischen den fiinf zu den Armen fiihrenden Hauptstimmen ist die im ersten Radiale gelegene, welche aus nur konzentrisch verlaufenden Nervenfibrillen sich zusammensetzt (vergl. den Holzschnitt auf p. 291 und Fig. 1 auf Taf. XIX). 2. Die fiinf dorsalen Hauptnervenstiimme und ihr Verlauf in den Armen. Die fiinf Hauptnervenstiémme sind wie bei ihrem Ursprung so im ganzen Verlauf solide Gebilde, welche keinerlei Héhlungen im Zentrum besitzen. Ich befinde mich in dieser Anschauung in Ubereinstimmung mit W. B. und P. H. Carpenter, sowie mit Lupwic. Sobald man gutes Material vor sich hat, scheint es mir ganz unméglich zu sein, zu einer gegenteiligen Meinung zu ge- langen. Man fertige noch so viele Querschnitte und Langsschnitte durch diese Nervenstimme an, immer mufS man erkennen, da nur Nervenfasern und Ganglienzellen sie zusammensetzen, aber kein Hohlraum oder etwa eine in ihm geronnene Fliissigkeit sich findet. Wenn man freilich die Abbildung betrachtet, welche Voer und Yune') geben, so ist es fiir Jeden, der nur einmal diese Nerven auf guten Praparaten gesehen hat, sofort klar, da vollstandig mazeriertes, also unbrauchbares Material diesen Forschern vor- gelegen haben muf. So sieht eben niemals ein Nerv aus. Was bei ihnen als granulierte Substanz beschrieben wird, — sie geben ein Querschnittsbild — ist nichts anderes als die quer durch- schnittene Nervenfibrillenmasse, wie man sich auf Langsschnitten und vor allem Zerzupfungspraparaten iiberzeugen kann. Ks ist ziemlich leicht die Nervenstiémme kurz nach ihrem Austritt aus dem Zentralorgan aus dem Knopf herauszupraparieren und nach- 1) Vocr und Yune, Lehrb. d. prakt. vergl. Anatomie. Lieferg, 9. 1886. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 295 triglich in Drittelalkohol oder anderen Fliissigkeiten und Glycerin zu untersuchen. Ein solches Praparat ist in Fig. 6 auf Taf. XX wiedergegeben. Die Angaben von Perrier sind, da Abbildungen bisher fehlen, und dieselben nur als vorlaufige Mitteilungen zu betrachten sind, nicht zu kontrollieren. Ich erwahne deshalb nur, dal derselbe ebenfalls wie Voa@r die Nervenstimme als hohle Réhren auffaft. Verfolgen wir die fiinf Hauptnervenstémme in ihrem Verlaufe durch das erste und zweite Radiale weiter! Ein Querschnitt durch einen Nervenstamm zeigt, dal derselbe annaihernd kreisformig ist. Peripher wird die Nervenfibrillenmasse von den grossen meist multipolaren Ganglienzellen iiberkleidet, wahrend solche Zellen in der zentralen Masse ebenfalls auftreten, ohne daf sich eine Ge- setzmikigkeit fiir ihre Lagerung feststellen lieBe. Die kleinen, meist bipolaren Zellen sind ebenfalls und zwar gleichmifig ver- teilt vorhanden. Fig. 11 auf Taf. XVIII ist einem Langsschnitt durch einen Hauptnervenstamm entnommen. Kurz nach dem Eintritt in das dritte Radiale beginnt sich der Hauptnervenstamm in die zwei Armnervenstimme gabelférmig zu teilen. Kurz nach dieser Teilung findet ein Austausch der Nervenfasern statt, hier liegt das Chiasma nervorum brachialium und die bogenformige Kommissur, wie ich beide Bildungen nenne. Beide sind schon den alteren Beobachtern bekannt und spiter von Lupwic u. a. geschildert worden. Eine genaue Abbildung existiert noch nicht und so diirfte die in Fig. 2 auf Taf. XX gegebene nicht unwill- kommen sein. Dieselbe ist einem tangentialen Langsschnitte durch das dritte Radiale entnommen worden. Vergleicht man den Holz- schnitt auf Seite 291, so wird man iiber die Lagerung dieser Bil- dungen sofort orientiert sein. Kurz nach der dichotomischen Teilung des Hauptstammes geht aus jedem Teilungsast ein Zweig von Nervenfibrillen unter spitzem Winkel ab zum entgegengesetzten. Beide lagern iiber- einander und treffen sich gerade in der Mitte unter fast rechtem Winkel. Die Fasern vermischen sich unterwegs nicht miteinander. Da nun, wo sie in die beiden Teilungsiste wieder eintreten, in Fig. 2 auf Taf. XX mit ¢ bezeichnet, liegt die bogenformige Kom- missur, welche aus parallelen Nervenfasern gebildet wird, welche die beiden Teilungsiste verbinden, bevor sie weiter divergierend in die Arme eintreten. Der Verlauf der Nervenfibrillen ist aus der Figur zu erkennen. GrofSe multipolare Ganglienzellen liegen besonders da, wo die Kommissur endet, wihrend im Chiasma Bd, XXIII, N. F, XVI, 20 296 Dr. Otto Hamanii, wenige auffallen. Im Ubrigen ist der Bau der gleiche wie an anderen Stellen der Nervenstimme. Betragt der Durchmesser des Hauptnervenstammes bei Anted. rosac. 0,2 mm, der der Teilungs- iiste (Armnerven) 0,1 mm, so messen die das Chiasma_ bildenden Strange nur 0,02 mm. Der Nervenast verliuft nun in der Dorsalseite des Armes. Aus Fig. 2 auf Taf. XXIII ist die Lage desselben zu erkennen. Es verlauft der Armnerv bis zur Spitze des Arms sich allmahlich verjiingend. Wahrend seines Verlaufes giebt er seitlich Aste ab, welche teils zu den Muskeln und dem Epithel, teils zu den Pinnulae ziehen. Der Entdecker derselben ist W. B. Carpenter. Er sah wie paarige Aste zwischen je zwei Kalkgliedern austreten. Die genauen Angaben verdanken wir aber erst P. H. CARPENTER. Seine Untersuchungen beziehen sich auf Actinometra (armata und nigra). Er fand, da8 die Armnerven im Zentrum eines Kalkgliedes — sowohl in den Armen wie in den Pinnulis — anschwellen und an dieser Stelle vier Zweige austreten. Da ich nur die Beobach- tungen CARPENTER’s bestitigen kann, so verweise ich auf das Querschnittsbild durch einen Armnerven, Fig. 13 auf Taf. XIX. An vier Stellen, welche sich gegeniiberliegen, gehen Nervenziige ab, welche sich aus feinsten Fibrillen, welche oft weit aus dem Inneren der Nervenfibrillenmasse des Armnerven ausgehen, zu- sammensetzen. Multipolare Ganglienzellen, wie ich oben”) be- schrieben habe, lagern zwischen den Fasern, wenn auch nicht in allzugrofer Anzahl. Diese vier Nervenziige sind nach Farbung mit neutraler ammoniakalischer Karminlésung sehr schén wahrzunehmen, da sie sich deutlich von der sie umbhiillenden Bindesubstanz absetzen. Was den feineren Bau des dorsalen Armnerven selbst noch anlangt, so sei betont, daf dorsalwarts die grofen mit Kérnchen versehenen Wanderzellen angehiuft liegen, welche eine periphere Decke des Nerven bilden. Oft erhalt man Bilder, auf welchen es aussieht, als ob der Nervenstamm durch eine Scheidewand getrennt sei in zwei Hialften. Diese Bildungen sind auf die Lagerungen von Ganglienzellen zuriickzufiihren. Die Deutung, welche Voa@r und 1) W. B. Carpenter, On the Structure, Physiology and Develop- ment of Antedon rosaceus, in: Proc. Soc. Roy., 1876. 2) P. H. Carprnvrr, Remarks on the Anatomy of the Arms of the Crinoids, in: Journ. of Anat. and Phys., V. 10, 1876, Part, 2, Venll7i876. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 297 Yuna ihnen geben, indem sie paarige GefaSe im Zentrum des Nervenastes vermuten, habe ich bereits oben beriihrt, da ich mit CARPENTER und MarsHaALi der Meinung bin, daf die Nerven solid sind, wie ein genaues Bild (Fig. 13) auch aufs unwiderleg- lichste zeigt. Die vier Nervenziige nehmen nun folgenden Weg. Die zwei ventralen ziehen bis zur Muskulatur, Aste abgebend, welche teils an das Epithel herantreten, wahrend die dorsalen sich dendritisch verzweigen und sich ebenfalls bis zum Epithel ver- folgen lassen. Weiter zweigen sich starke Nervendste zu den Pin- nulae ab, um in gleicher Weise, in derselben Lagerung wie in den Armen zu verlaufen. An dem Nervenast jeder Pinnula lassen sich mit gleicher Regelmafigkeit seitliche Verzweigungen konstatieren. Wie meine Figur zeigt, sind die Bildungen der austretenden Nervenziige bei Antedon rosacea die nimlichen wie bei hrs . SY ACAreSEY BEN ort DK Dorsalkanal; V&A Ventralkanal; GR Genitalrdhre; A mit Wimpersiickchen ver- sehener Abschnitt des Dorsalkanales; WG Wassergefils; N Nervenstamm. 2. Die Wimpersackchen. Unter diesem Namen be- schreibt Lupwie in der dorsalen Wand des Canalis dorsalis, wie er die Fortsetzung der Leibeshéhle in die Pinnulae nennt, sack- formige Ausstiilpungen, welche von einem Wimperepithel ausge- kleidet werden. Sie stehen gruppenweise in jedem Pinnulaglied. Von der Flache betrachtet, erkennt man die von einem gewulsteten Rande umgebenen kreisformigen Offnungen. Ich habe diese kugligen Hinstiilpungen bei A. rosac., A. Eschrichti und Pentacrinus decorus naher untersucht. Fig. 5 auf Taf. XXIII zeigt einen Schnitt durch das Wimpersackchen von A. Eschrichti. Eine strukturlose Membran trennt das Sackchen von der Bindesubstanz bg, wie Lupwic *) beschreibt. Im tibrigen kann ich seiner Schilderung nicht beipflichten. Das Epithel, welches bei dieser Art das Organ auskleidet, besteht aus hohen Zellen und im Grunde aus abgeplatteten Zellen, an denen ich keine Wimpern 1) Lupwie, Crinoiden, in: Morpholog. Stud. an Echinodermen, Pa. 1. 326 Dr. Otto Hamann, fand. Lupwiae bildet ab und beschreibt grofe blasige Zellen. Thatsachlich sind solche nicht vorhanden, es handelt sich vielmehr um solche niedrige Zellen, wie Fig. 5 zeigt. Im Umkreis der Offnung, sowie im oberen Teil des Siickchens ist das Epithel stark verdickt, wie die mit der Camera gezeichnete Figur zeigt. Die Zellen sind nicht von cylindrischer Gestalt und tragen nicht den Kern alle in einer Héhe wie Lupwia, abbildet, sondern sie sind mehr fadenférmig, und in einer Anschwellung, welche bald mehr der Basis, bald mehr der Peripherie genahert liegt, den ovalen Zellkern. Die langen Wimpern sitzen mit kurzen Fuf- stiicken auf den Zellen. In Figur 5 ist ein Wimpersickchen dargestellt, welches eine eroke Offnung besitzt. Es giebt aber solche, bei denen die Rander naiher aneinandergeriickt sind, und dann das Organ ein kugliges Aussehen erhalt. Am meisten zu einem abgeschlossenen Sackchen fand ich diese Organe bei Actinometra parvicirra entwickelt (Fig. 16, Taf. XXIII). Auch bei ihnen war der Bau ein gleicher. In der Tiefe niedrige, an den Seiten und der Miindung desto langere Wimperzellen. Die Sackchen sind 0,05 mm lang und 0,04 mm breit. Bei Pentacrinus decorus sind sie ebenfalls vorhanden und bilden wohl abgeschlossene Sackchen. Bei Antedon rosacea liegen sie ebenfalls in Trupps. Ihr Bau ist auch bei dieser Art derselbe, nur reichen die Wimperzellen tiefer hinab in die Grube, welche von wimperlosen, kubischen Zellen ausgekleidet ist. Am schénsten ausgebildet sind diese Or- gane bei Actinometra solaris. Sie liegen eng aneinanderge- schmiegt in Reihen, so da8 man auf einem Querschnitt durch eine Pinnula acht oder mehr der Lange nach durchschnitten antrifft. Es ist dann vom urspriinglich glatten Epithel des Darmkanales nichts mehr zu erblicken, indem Wimpersaickchen neben Wimper- sickchen seine Stelle einnehmen. Wir haben in diesen Wimpersiickchen wohl vor allem Organe zu sehen, welche einer Fortbewegung der Leibeshohlenflissigkeit dienen. Lupwic hat auf die Synaptiden hingewiesen, deren Wimper- trichter sich diesen Wimpersackchen an die Seite stellen lassen. Beide Gebilde erklart derselbe fiir homolog und spricht die Hoff- nung aus, daf man bei weiteren Untersuchungen auch bei anderen Echinodermen dieselben auffinden werde. Bisher ist dies nicht der Fall gewesen, und ich kann diesen Organen nur jene in der Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 327 Dorsalwand der Ophiurenarme verlaufende Wimperrinne an die Seite stellen. Dieselbe stellt eine wenig gebogene Rinne dar (vergl. die Abbildungen auf Tafel XII), welche von Wimperzellen ausge- kleidet wird, die sich durch ihre Gestalt, Kerne u. s. w. wenig von den Zellen der Wimpersickchen unterscheiden. Jedenfalls liegt kein Grund vor, diese Organe mit ahnlichen bei den Wiirmern befindlichen zu homologisieren oder abzuleiten. Solche Gebilde wie diese Wimperorgane werden sich unabhiangig voneinander in den verschiedensten Gruppen entwickelt haben. 3. Das sog. gekammerte Organ. Haben wir schon bei Betrachtung des Nervensystems eine grofe Mannigfaltigkeit in den Ansichten der einzelnen Forscher kennen gelernt, so ist diese bei der Frage nach dem Bau und der Funktion des sog. gekammerten Organes fast eine noch gréfere. Ich denke aber, gestiitzt auf die Untersuchung vieler Gattungen in vorziiglich konservierten Exemplaren, eine Einigung der ver- schiedenen Ansichten herbeifiihren zu kénnen. Den Bau dieses von Herustnger') als ,,herzartiges Organ‘ beschriebenen Teiles des Kelches kann man nur auf Langs- und Querschnitten untersuchen. Stellte dieser Forscher ebenso wie Jon. Misiuer dasselbe noch als einen einfachen Hohlraum dar, so waren eS GREEFF?) und W. B. CarPENTER*), welche zeigten, da dieser Hohlraum durch fiinf radiar gestellte, in der Achse sich vereinigende Septa in ebensoviel einzelne Kammern zerfiele. GREEFF nennt diesen gekammerten Hohlraum schlechtweg Herz. In der Achse desselben verlauft ein Strang (Achsenstrang) nach der gemeinsamen Darstellung Greerr’s und spater Lupwia’s *), und in diesem Lingskanile. Hoéchst merkwirdig ist nun die Ansicht Greerr’s tiber die Funktion dieser Hohlraume. Fir ihn sind sie ein Herz und er Jat nun Blutfliissigkeit durch je eine ventrale (also der Mundéffnung zugekehrte) Offnung in die Kammern 1) Hevustncrr, in: Mecxet’s Archiv 1876 und Zeitschr. f. organ. Physiol. 3. Bd. 2) Greerr, Uber den Bau und die Entwickelung der Echino- dermen, 4. u. 5. Mitteil., 1876, in: Sitzber. d. Gesellsch. z. Beford. d. gesammt. Naturw. z. Marburg. 3) W. B. Carrenter, On the structure, physiology and Devel- opment of Antedon roseus, in: Proceed. Roy. Soc. 1876. 4) Lupwie, Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 28, 1877. Bd, XXMI, N, F, XVI. 22 328 Dr. Otto Hamant, gelangen. Diese Offnungen hat CARPENTER’) ebenfalls beschrieben, gab ihnen aber eine andere Deutung, indem er ausfiihrte, dak durch diese Offnungen das sog. gekammerte Organ in Verbindung stehe mit der Leibeshéhle. Wie es sich hiermit verhalt, zeige ich unter Hinweis auf meine Abbildungen weiter unten. Nach Lupwie, welcher diese Offnungen wiederfand, sollen sich an dieselben Kaniile anschlieBen, welche neben dem Achsenstrang eine Strecke herlaufen und mit den Kanalen des letzteren identisch sein sollen. Die Kanale Lupwie’s habe ich iiberall wiedergefunden, sie setzen sich aber nicht fort in die Hohlraume des driisigen Organes. Der Achsenstrang (Lupwia) setzt sich nach Greerr, der ihn bald als dorso-ventralen Gefafstrang bezeichnet, bald als dicken driisenartigen Strang, bis zur Mundscheibe fort, indem er die Leibeshéhle in ganzer Ausdehnung durchzieht. In der Nahe der Mundscheibe lést er sich in ein Gefafnetz auf, Lupwia’s Dar- stellung ist im grofen Ganzen dieselbe. Sehr eigentiimlich wird der Ursprung der zu den Cirrhen fihrenden Gefafe geschildert, welche nach GrerFr?”) teils ,,nicht aus dem Herzen, sondern aus dem das Herz durchsetzenden und ihm das Blut zufiihrenden dorso-ventralen Gefaifstrang“ entspringen, teils aber aus dem Grunde des Herzens hervortreten sollen. Nach Lupwie gehen vom Achsenstrang die CirrhengefifSe ab, nachdem sie die Centrodorsalplatte durchsetzt haben. Der gleichen Meinung tiber den Ursprung der Cirrhengefife sind Voar und Yuna. Sie lassen die Gefaife von dem Achsenstrang, den sie als ,,Saule‘ bezeichnen, nach allen Seiten ausstrahlen, an ihrem Ursprung unter sich anastomosieren, dann die Nervenmasse (,,Nervenkuchen“ nach Voer u. Yune) durchsetzen und in die Cirrhen eintreten. An allen diesen Beobachtungen ist etwas Richtiges. Was aber die Autoren bisher als Gefafe bezeichneten, sind keine solchen, sondern solide Strange, welche in der Achse der Cirrhengefafe ihren Ver- lauf nehmen. Solche Strange oder Quersepten in derselben werden von TruscHER*?) und Lupwie*) erwéhnt, ohne daf der Ursprung derselben aufgeklirt worden wire. Zu einer klaren Erkenntnis 1) W. B. Carpenter, On the structure etc. 1876, in: Proc. Roy. Soe. 2) Gresrr, 5. Mitteilung, pag. 91. 3) Truscuer, Beitr. zur Anat. d. Echinod., 1. Comatula medi- terranea, in: Jen. Zeitschr. f. Nat., Bd. 10, 1876. 4) Lupwie, Beitr. z. Anat. d. Crinoiden, in: Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 28, 1877. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 329 dieser Verhiltnisse eignet sich besser als die gewohnlich unter- suchte Antedon rosacea unter anderen Actinometra pulchella. Ehe ich zur eigenen Darstellung tibergehe, will ich kurz daran erinnern, da die das gekammerte Organ umhiillende Gewebs- masse den zentralen Teil des dorsalen Nervensystems darstellt, wie ich in Anschluf vornehmlich an W. B. und P. H. Carpenter und MarsHaLyi in dem Kapitel tiber das Nervensystem geschildert habe. Das gekammerte Organ stellt einen im Knopf gelegenen Hohl- raum dar ( in Fig. 1 auf Taf. XVIID, welcher einen Durchmesser von ungefahr 0,5 mm besitzt. Dieser annaihernd kuglige Hohl- raum wird allseitig umhiillt von der Nervenfibrillenmasse, welche das Zentralorgan des dorsalen Nervensystems bildet. Der kuglige Hohlraum zerfallt weiter in einzelne Abteilungen, welche auf folgende Weise entstehen. In der Achse des Hohlraumes ist ein Strang aufgehangen, welcher die Fortsetzung des in dem Kelch gelagerten driisigen Organes ist. Dieser Strang, welchen ich in seiner Zusammen- setzung weiter unten schildere — in Fig. 1 auf Taf. XVIII (Langs- schnitt durch das gekammerte Organ) mit sé bezeichnet — wird in dem Hohlraum aufgehangen und an der Wandung befestigt durch fiinf radienartig ausstrahlende Bander. Auf diese Weise zerfallt das gekammerte Organ in fiinf Abteilungen, wie ein Quer- schnitt durch dasselbe lehrt (vergl. Fig. 5 auf Taf. XVIII, st = Axialstrang, 6 Aufhingebinder oder Scheidewande). Es stellt das gekammerte Organ nicht etwa, wie aus der bisherigen Darstellung hervorgehen kénnte, einen allseitig ge- schlossenen Hohlraum dar, sondern es gehen zunachst von dem- selben fiinf blind geschlossene réhrenfébrmige Hohl- raume ab, welche neben dem axialen Strang verlaufen, ihm eng angeschmiegt, um bald blind zu enden, wie ich mit groéfter Sicherheit aussprechen kann. Fig. 1 auf Taf. XVIII zeigt diese rohrenformigen Riume h — es sind zwei der Linge nach durch- schnitten — wihrend Fig. 6 und 7 zwei Querschnitte durch diesen Teil des Knopfes wiedergeben. Diese Fiinfteilung des gekammerten Organes erstreckt sich bis zur Basis desselben. Nur tritt hier eine weitere Bildung in Verbindung mit dem Ab- gang der Cirrhengefafe hinzu. Vergleicht man den Querschnitt durch den basalen Teil des gekammerten Organes, wie ihn von Ant. rosac. Fig. 3 auf Taf. X VIII wiedergiebt , so gewahrt man in seinem Innern eine sternformige 22% 330 Dr. Otto Hamann, Figur, deren Zentrum den Achsenstrang, und dessen fiinf Strahlen die Scheidewinde, welche im oberen Abschnitt die Fiinfkammer- teilung bewirken, darstellen. Auferdem ist zwischen je zwei Strahlen ein Band ausgespannt, welches die Befestigung mit der Wandung des gekammerten Organes herstellt. Es verbinden sich nimlich die fiinf Strahlen nicht mit der letzteren, sondern setzen sich in Gestalt abgeplatteter Bander in die Cirrhengefafe fort, welche also nur an fiinf Stellen aus dem gekammerten Organ ent- springen, um, wie Fig. 3 zeigt, sich sogleich in Aste, gewdhnlich in drei, zu teilen. Es entspringen die Cirrhengefafe somit in fiinf Radien, aber nicht in einer Reihe, sondern in mehreren‘, wie ein Langsschnitt durch das gekammerte Organ von Actinometra pulchella (Fig. 2 Taf. XVIII) zeigt. Cirrhengefaife nehmen auch ihren Ursprung im Zentrum der Basis. Das sind die das Centrodorsale durchziehenden und blind unterhalb des Epithels endenden Gefafe, welche zu rudimentaren Cirrhen gehéren wiirden. Der der bisherigen Beschreibung zu Grunde gelegte Quer- schnitt, Fig. 3, stammt fast unmittelbar von der Basis des Organes her. Querschnitte, welche mehr ventralwarts (oralwarts) gefihrt sind (also zwischen Fig. 3 und Fig. XV), zeigen kompliziertere Bil- dungen, indem namlich zwischen den fiinf Strahlen Verbindungs- briicken eingetreten sind, so dafi man auf dem Liingsschnitt Bilder, wie in Fig. 2 ein solches wiedergegeben ist, erhalt. Fassen wir zusammen, so ergiebt sich folgendes: Die CirrhengefaSe sind samt und sonders Fortsetzun- gen des gekammerten Organes. Das das GefaS- lumen derselben durchsetzende Langsband (vergl. den Querschnitt durch einen Cirrhus, Fig. 9, Taf. XIX) ist bindegewebiger Natur und eine Fortsetzung der finf unser Organ in finf Abteilungen trennenden Scheidewande. Diese zunachst fiir Actinometra pulchella und Antedon rosacea geltenden Resultate sind fiir Actin. paucicirra, A. parvicirra, Ant. Eschrichti in gleicher Geltung. Meine auf einer grofen Anzahl von Schnittserien beruhende Angabe, dafi die fiinf oralen Fortsetzungen des gekammerten Or- ganes blind enden, nachdem sie den Achsenstrang eine Strecke weit begleitet haben, steht mit den Angaben alterer Forscher in Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 331 Widerspruch. W. B. CARPENTER!) glaubt einen Zusammenhang dieser fiinf Kanale mit der Leibeshéhle konstatieren zu kénnen, eine Ansicht, welcher Lupwiac?) widerspricht, indem er meint kon- statieren zu kénnen, daf die fiinf — nach mir blind endenden Kanale (f in Fig. 1, Taf. XVIII) — sich mit den im axialen Strang befindlichen ,,Kanilen“ ,zur Bildung eines einzigen Organes zu- sammentreten“, welches er das ,,dorsale Organ“ nennt (driisiges Organ). Nach Greerr’s Darstellung sollen die Hohlraume des ge- kammerten Organes durch ventrale Ostien die Blutmasse aus seinem dorsoventralen GefaifSstrang empfangen. Daf sich zunichst diese Offmungen in fiinf Kanale fortsetzen, hat Grerr iibersehen Diese wurden erst von Lupwia beobachtet, der sie aber in der angegebenen Weise deutete. Mit Greerr *) stimme ich vollstaindig tiberein, wenn er Cirrhen- gefife aus dem gekammerten Organ entspringen lift. Seine Be- obachtungen bestitigend, fiihrte ich sie weiter, indem ich zeigte; daf die Scheidewainde in den Cirrhengefifen simtlich bis zum Achsenstrang sich verfolgen lassen und bindegewebiger Natur sind: Eine andere Meinung hat Lupwie vertreten. Nach ihm sollen die Cirrhengefife Fortsetzungen der Gefiffe des Achsenstranges sein. Er verneint also den Ursprung der Cirrhengefife vom ge- kammerten Organ und lat nur einzelne Gefafe aus diesem ent- springen. Der Widerstreit der Meinungen lat sich aber leicht erklaren, wenn man die Abbildungen vergleicht — denn dann zeigt es sich, da8 Lupwia (Fig. 1 auf Taf. XV seiner Crinoiden) wohl nicht sehr gut erhaltenes Material zur Beobachtung gehabt hat und diesem die Schuld beizumessen ist. Wenn GreerFF *) aber fiir die Cirrhengefife, welche das Centro- dorsale in der Mitte durchsetzen und unterhalb des Riickenepithels enden, einen besonderen Ursprung annimmt — sie sollen aus seinem dorso-ventralen Gefafstrange entspringen — so muf ich das vollstandig bestreiten. Aufer Greerr lassen die iibrigen Forscher die Cirrhusgefife 1) W. B, Carpenter, On the structure, physiology and development of Antedon rosaceus, in: Proc. Roy. Soc. Nr. 166, 1876, pag. 211, u. Nr. 169, 1876. 2) Lupwie, Morph. Studien, 1. Bd., pag. 68. 3) Grerrr, Uber den Bau der Crinoiden, in: Marburg. Sitzungse berichte, 1876, pag. 88—95. 332 Dr. Otto Hamann, wie Lupwia vom Achsenkanal entspringen, indem sie annehmen, da8 in diesen Kanale verlaufen. So auch Voce und Yuna, welche ihre Beschreibung auch durch Abbildungen — allerdings sehr mangelhafter Natur — zu belegen suchen. Die Hohlraume des gekammerten Organes sind von einem Epithel ausgekleidet, welches auch die fiinf Scheidewinde itiber- zieht, wie GREEFF!) u. a. beschrieben haben. Der gréfte Teil des Achsenstranges — dessen ausfiihrliche Beschreibung im Zu- sammenhang mit dem driisigen Organ folgt — besteht aus Binde- substanz, ebenso wie diese die Scheidewande zusammensetzt. Das Epithel, welches sich in die Cirrhengefiafe fortsetzt (Fig. 2, Taf. XVIID), besteht aus 0,005—0,004 mm hohen Zellen, welche dicht nebeneinander liegen und einen kontinuierlichen Belag herstellen. Ihre Kerne farben sich tief dunkel mit Karmin u. s. w. Wimpern habe ich an diesen Zellen nie wahrgenommen, ebenso wie sie sich sonst, wenn auch nur sehr wenig, von den mehr ab- geplatteten, den Coelombelag bildenden Zellen unterscheiden. Die Scheidewande, welche jedes Cirrhengefaf in zwei Hohl- raume trennt, sind wie die Scheidewinde des gekammerten Or- ganes, mit denen sie in Verbindung stehen, gebildet. Sie be- stehen aus einer diinnen, bindegewebigen Lamelle, welche auf beiden Seiten von einem Zellenbelag bedeckt wird. Muskelfasern, wie sie GREEFF!) glaubt gefunden zu haben, habe ich in den Scheide- wanden nicht beobachtet. 4. Ist das gekammerte Organ ein Enterocoelraum ? Zunachst betone ich nochmals, dafi unser zentraler Hohlraum nur mit den von ihm abgehenden CirrhengefaSen in Verbindung steht, keinesfalls aber mit dem Enterocoel der Leibeshohle. Ebensowenig kann ich zugeben, daf eine Verbindung der finf Raume mit dem driisigen Organ besteht, wie Lupwic und Car- PENTER”) annehmen. Es fragt sich nun, ob man berechtigt ist, das gekammerte 1) Guezrr, Uber das Herz der Crinoiden, in: Marburger Sitzungs- berichte, 1876. ~ 2) Carpenter, Report upon the Crinoidea collected during the voyage of Challenger, P. 1, in: Rep. Chall., ¥. 11, P. 32, 1884. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 333 Organ als einen nur beim erwachsenen Tier vom Enterocoel abge- schlossenen Teil anzusehen, wie etwa das Wassergefaifsystem fiir einen solchen zu gelten hat ‘). Das Epithel, welches die Hohlriume des gekammerten Organes auskleidet, hat viel Ahnlichkeit mit dem des Enterocoels, und es wiirde deshalb einer solchen Anschauung nichts im Wege stehen. Zudem kommt noch, daf nach einer vorlaufigen Mitteilung von Bury”) thatsichlich dieses gekammerte Organ nichts anderes als einen abgeschlossenen Teil der Leibeshéhle, des Enterocoels, darstellt. Kapitel 4. Schizocoelraume und Blutlakunensystem. Schizocoelraume, welche nicht echte Blutfliissigkeit, wie be- sonders die Darmlakunen, fiihren, sondern bei den bisher be- trachteten Gruppen als Raume sui generis aufzufassen waren, findet man bei den Crinoiden ebenfalls vor. Als solche Schizocoelraume fiihre ich auf die in den Tentakel- furchen verlaufenden, unterhalb des Nervenepithels gelegenen Hohlraume, welche sich um die Mundéffnung in Gestalt eines ringformigen Raumes, wenn auch sehr selten, erkennen lassen. In Fig. 10, Taf. XXI und Fig. 3, Taf. XXII ist dieser in der Ambulacralfurche verlaufende Hohlraum quer durchschnitten. Wir haben ihn als Homologon der Perihamal- (Asteriden) und Peri- neuralkanale (Echiniden, Ophiuren) zu betrachten, nicht aber als Blutlakune, denn es stehen diese Laingskanale nicht in Verbindung mit dem Blutlakunensystem. Wahrend weiter das letztere eine gerinnbare, leicht farbbare Fliissigkeit fiihrt, trifft man in den Schizocoelkanalen nur sehr selten eine geronnene Fliissigkeit. Meist ist ihr Inhalt vollstandig klar und wasserhell, wie der der Leibeshohle. Diese Kanale sind bereits friiher gesehen und als Blut- gefafe beschrieben worden. Lupwic *) nennt sie radiire Blutgefafe 1) Vergl. Vorl. Mitteilung. z. Morph. d. Echiniden, Nr. 8, pag. 4, in: Sitzungsberichte d. med.-nat. Ges., Jena 1886, Heft 2 und 3. 2) Bury, in: Proc. Roy. Soc., Bd. 43, 1887, 3) Crinoiden, Morpholog. Studien, Bd, 1, 1877. 304 Dr. Otto Hamann, (NervengefaS), und auch noch bei P. H. CARPENTER +) finden wir diese Hohlriume dem Blutlakunensystem zugezahlt. Voat und Yunc *) bestreiten nachdriicklich die Existenz eines solchen Gefaffes bei Anted. rosac. An einer anderen Stelle *) wird hervorgehoben, daf Liicken vorkommen, welche ein Nerven- gefal} vortaiuschen, und in Fig. 279 wird unser Hohlraum auch abgebildet. Es fragt sich nun: ist derselbe ein konstantes Gebilde, welches durch den Arm bis zu seiner Spitze sich verfolgen laft als ein- lumiger Kanal, oder aber, wie Voar meint, zu einem Liicken- system gehért. lLetzteres ist nun vollstindig zuriickzuweisen. Immer ist der Schizocoelkanal einlumig, wo er auftritt, oder aber er fehlt ganz. Daf} man aber nicht von einem Nervengefaf sprechen darf, darin stimme ich mit Voar und Yuna tiberein ‘*). Bei den verschiedenen Arten fand ich folgendes. Bei Anted. rosac. tritt der Schizocoel-Lingskanal in den Armen als konstantes Gebilde auf. Er kann an einzelnen Stellen geschlossen sein, dann wird dies aber durch die Kontraktion der Muskulatur des WassergefaBes in der Tentakelrinne bewirkt. Sobald namlich dieses Wassergefafi durch seine Quermuskeln eine Verengerung er- fahren hat, kann der Schizocoelraum verschwinden. Dann ist das Ambulacralepithel der Tentakelrinne nicht so bogenférmig ge- staltet wie in Fig. 10, Taf. XX, sondern seine Oberfliche bildet eine gerade Linie. Daf auferdem hierbei auch die Bewegung der Arme, ob dieselben mehr nach der Ventral- oder nach der Dorsal- seite gebogen sind, mit in Betracht kommt, ist leicht zu erkennen. Wahrend bei dieser Art der Langskanal als ovaler Hohlraum von geringer Gréfe auf dem Querschnitt auftritt, hat er bei Anted. Eschrichti einen Durchmesser von 0,1 mm. Auf dem Querschnitt durch den Arm ist der Hohlraum schlitzformig bis kreisrund, je nach der Kontraktion der Muskulatur des Wassergefifes. Der Schizocoelkanal zeigt bei dieser grofen Art ein Endothel aus abgeplatteten, 0,01 mm grofen Zellen, deren Kerne in 1) P. H. Carpenter, Challenger-Crinoiden, 1884. 2) Voer und Yune, Lehrbuch etc., pag. 545, 1886. 3) pag. 572. 4) Auch P. H. Canrrenter hat seine Meinung geindert, wie er mir persdnlich im April dieses Jahres mitteilte. Er ist geneigt, diesen Hohlraum als Schizocoelraum anzusehen, welcher mit den Blutgefafven nicht in Verbindung steht. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 335 das Lumen hervorragen. Damit ist bewiesen, daf es sich nicht um zufillige Liicken in der unterhalb des Nervenepithels liegenden Bindesubstanzschicht handelt, sondern um einen bleibenden Hohl- raum. Einen zweifelhaften Schizocoelkanal hat man in dem Genital- kanal zu sehen, welcher die Genitalréhre umschlieft. Dieser Kanal ist bei den iibrigen Echinodermen unzweifelhaft ein Schizocoelraum, und daf er es auch bei den Crinoiden ist, dafiir kénnte folgendes sprechen: Seine Auskleidung ist ein abgeplattetes Endothel, dessen Zellen an Gréfe und Aussehen den Bindesubstanzzellen gleichen. Teilweise kommt eine endotheliale Auskleidung tiberhaupt nicht zustande und ist schwach entwickelt. Jedenfalls sind diese Zellen aber streng zu unterscheiden von den Zellen, welche die Dorsal- kanile der Arme auskleiden. Gegen seine Natur als Schizocoel- raum spricht die Einmiindung der Porenkanale (s. oben) und die Kommunikation derselben mit den Hohlraumen der Leibeshohle. Ich gestehe, daf, solange nicht entwickelungsgeschichtlich seine Entstehung bekannt geworden ist, ein sicheres Urteil nicht méglich ist. Sollte sich aber herausstellen, dal es ein Schizocoelkanal ist, so stiinden dann bei den Crinoiden Enterocoel und Schizocoel in Zusammenhang und waren beim erwachsenen Tier nicht wohl zu unterscheiden. Das Blutlakunensystem ist sehr hoch entwickelt, indem man stets abgegrenzte Raume vorfindet, in welche die Blutfliissig- keit eingeschlossen ist. Es sind aber siamtliche Blutlakunen nichts anderes als Liicken und Spaltriume in der Bindesubstanz der Bander und Mesenterien der Leibeshéhle, welche untereinander in Verbindung stehen. Alle diese den Darmtraktus gleichsam um- spinnenden Lakunen besitzen den gleichen Bau. Da die einzelnen, die Leibeshéhle durchsetzenden Strange und Bander meist einen geringen Durchmesser besitzen, und die Liicken in der Bindesubstanz der- selben, in denen eben die Blutfliissigkeit sich bewegt, ungemein erweitert sein kénnen, so bleibt schlieSlich von dem Strang nichts weiter iibrig als eine diinne Hiille, welche die Lakune umhiillt. Ein Querschnitt durch eine Blutlakune (Fig. 16, Taf. XXII) zeigt nach aufen die Epithelschicht, die alle Organe, welche in der Leibeshéhle liegen, iiberzieht, das Coelomepithel. Nach innen von dieser trifit man auf eine bald sehr diinne, bald etwas starkere Bindesubstanzschicht, in welcher sogar Zellen mit Fasern auftreten kénnen. Ein eigentliches Endothel habe ich nicht gefunden. Man 336 Dr. Otto Hamann, kann diese Bindesubstanzschicht, deren Zellen bei A. Eschrichti hier und da eine abgeplattete Gestalt zeigen, als Endothel nicht in Anspruch nehmen, wie verschiedene gethan haben, da die Zellen niemals eine vollstindige Auskleidung des Lumens bilden. Ich finde die Blutlakunen bei Antedon gerade so wie bei Actinometra und Pentacrinus gebaut. Uber die Anordnung der Lakunen 1a8t sich folgendes aus- sagen: Um den Schlund lagern, denselben umgreifend, eine Masse yon Blutlakunen kleinster Art (Fig. 10, Taf. XIX). Dieses Netz- werk von Lakunen ist bei Anted. rosac. ebenso deutlich ausgebildet wie bei den Arten der Gattung Actinometra. Die geronnene, fein granulierte und selten mit Zellen versehene Blutflissigkeit tritt in dem Capillarnetze durch ihre hellrosa Farbung (nach Karmin- behandlung) schén hervor. Sie gleicht in ihren Reaktionen dem Blute der tibrigen Echinodermen. CARPENTER!) hat diesen Teil des Lakunensystems als labial plexus beschrieben. Bei Voa@r und Prerrier wird er als ,schwam- miges Gewebe mit verzweigten Geffen“ beschrieben. Eine be- sondere Art des Bindegewebes liegt aber hier nicht vor, welche einen solchen Namen rechtfertigen kénnte. Untersucht man den Verlauf der Lakunen auf Horizontal- schnitten durch den Kelch, so kann man noch eine Reihe von immer wiederkehrenden Lakunen feststellen. So findet man bei Anted. rosac., daf an gewissen Stellen kreisfoérmig verlaufende groBe Lakunen auftreten, so ungefihr oberhalb der Kelchmitte. Der Durchmesser einer solchen Lakune betragt 0,1 mm. Sie verlauft halbkreisférmig, das driisige Organ umfassend, zwischen diesem und der duferen Darmwindung. Weiter kann man im oberen Kelchteile gleichgrofe, zirkulér verlaufende Lakunen finden, welche stiirkere Aste nach allen Seiten in unregelmafiger Weise abgeben. Die Lakunen der Leibeshéhle stehen in Zusammenhang mit der Darmwandung. Dies geschieht in der Weise, daf die Strange und Bander der Leibeshéhle, in deren Hohlraumen die Blut- fliissigkeit verlauft, in die Wandung des Darmes iibergehen, indem sich ihre Bindesubstanzschicht in die der Darmwandung fortsetzt. Dasselbe ist fiir die epitheliale Bekleidung der Fall. Man kann — wenn auch selten — die Blutflissigkeit in der 1) P. H. Carpenter, Challenger-Crinoiden, P, 1, Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 337 Bindesubstanzschicht des Darmes, welche stets sehr gering ent- wickelt ist, nachweisen. Kine Fortsetzung der Lakunen der Leibeshéhle in die Arme ist nicht vorhanden. Die sogenannten Radialgefaife sind, wie ich bereits auseinandersetzte, nicht Blutlakunen und stehen mit diesen in keiner Verbindung. Ein Zusammenhang der Blutlakunen mit dem driisigen Organ ist insofern vorhanden, als die bindegewebige Wandung desselben sich in die der Strange und Bander fortsetzt, in denen die Blut- fliissigkeit zirkuliert. Somit kann ich nur einen Teil des von den friiheren Forschern beschriebenen Blutgefif{fsystems als solches gelten lassen, welches homolog ist den Darmlakunen der Asteriden, Echiniden und Holo- thurien. Es zeigt eine gleich hohe Entwickelung wie das der letzten Gruppe. Das gekammerte Organ hingegen zum Blutgefifisystem hinzu- zuzihlen, wie es GREEFF!) und Lupwia thaten, geht nicht an. Die Hohlraume, welche das sogenannte gekammerte Organ bilden, sind Teile der Leibeshéhle, und die typische Blutfliissigkeit findet sich niemals in denselben, sondern allein in den Lakunen, Liicken der Bindesubstanzschicht der die Leibeshéhle durchziehenden Strange und Septen. Ebensowenig diirfen wir mit Lupwia das driisige Organ (Dorsalorgan Lupwia’s) als Zentralorgan des ganzen Blutgefaf- systems auffassen, eine Ansicht, welcher tibrigens auch noch Car- PENTER?) und Voer und Yune@*) sich anschliefen. Auf die modifizierten Ansichten der letzteren Forscher sowie diejenigen von PerriEeR komme ich weiter unten zu sprechen. Der Zusammenhang zwischen Blut- und Wassergefiifssystem und der Leibeshéhle. Eine Ansicht, welche mit den Thatsachen in vollstem Wider- spruch steht, ist von Perrier‘) und Voar®) aufgestellt worden. Nach diesen Forschern stehen die Blutlakunen einerseits mit den Peritonealhéhlen (Enterocoel) und andererseits mit dem Wasser- 1) Uber den Bau der Crinoiden, in: Marburger Sitzber. 1876, 2) Challenger-Crinoiden. 3) Lehrb., p. 564 u. a. St. 4) Comptes rendus, 1884, Bd, 98. 5) a. 0. O., p. 561, p. 551. 338 Dr. Otto Hamann, gefafsystem in Verbindung, somit ist auch die Fliissigkeit, welche in diesen Systemen zirkuliert, kaum verschieden. Die Auf-- nahme von Meerwasser denken sie sich in folgender Weise: Durch die Kelchporen gelangt dasselbe in das Blutgefa8system, indem die Kelchporen in die Lakunen einmiinden (gegenteilige Angaben von Lupwic, CARPENTER und mir siehe oben). Nachdem nun, fahrt Voer fort, die Fliissigkeit iiberall da, wo das Gefafsystem ausgebildet ist, zirkuliert hat, wird sie durch die Hydrophorréhren (Steinkanale) aufgenommen, welche also in die Gefife miinden (s. oben), um in das Wassergefifsystem befordert zu werden. 50 wird zwischen dem umliegenden Meerwasser und dem inneren Wassergefaifisysteme eine Verbindung hergestellt, welche nicht, wie Lupwiae, P. H. CARPENTER u. a. behauptet haben, sozusagen direkt durch die Vermittelung der allgemeinen Kérper- oder Peritoneal- hohle allein hergestellt wird. Ganz im Widerspruche damit ge- schieht die Verbindung vermittelst des Gefaifisystems, das vom gekammerten und vom Dorsalorgane, vom Mesenterium und vom schwammigen Gewebe abhingt. Da dieses Gefifsystem mit der Peritonealhéhle in offener Verbindung steht, so erhalt diese letztere von jenem die Flissigkeit, welche sie erfiillt.‘ Es handelt sich hier nicht um Behauptungen, wie Vocr und YUNG meinen, sondern um die Thatsachen, welche jeder, der un- befangen und mit der Technik vertraut ist, sofort bestatigen muf'). Die Hohlraume der Leibeshéhle stehen in Verbindung mit dem Meerwasser durch die Kelchporen, diese miinden weder bei Antedon, noch Actinometra und Pentacrinus in das Blutlakunensystem, welches allein durch die mit dem Darm zusammenhingenden, die typische Blutfliissigkeit fiihrenden Hohlriume der Septen und Strange der Leibeshéhle reprisentiert wird, sondern in die Leibeshdhle. Das WassergefaSsystem steht in keinem Zusammenhang mit dem Blutgefafsystem. Die Steinkanale 6ffnen sich bei den drei Gattungen in die oberflachlichen Riume der Leibeshéhle. Das gekammerte Organ mit den Kanéalen, welche in die Cirrhen fiihren, sind als Teile der Leibeshéhle anzusehen, welche beim jungen Tier mit derselben noch in Kommunikation stehen, und haben mit den echten Lakunen nichts zu thun. Damit bestreite ich natiirlich nicht, daf die Fliissigkeit, welche in der Leibeshéhle der Crinoiden angetroffen wird, vielleicht als 1) P. H. Carpenter hat in seinen Challenger-Crinoiden einen Teil der Prrnrer’schen Angaben bereits zuriickgewiescn, p. 404, Note D—F. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 339 Ernahrungsfliissigkeit zu gelten hat und bei den Echinodermen die Blutfliissigkeit der Darmlakunen die Nahrungsstoffe vom Darm in erster Linie aufnimmt, eine Ansicht, welche fiir die Anneliden yon Wiren ') ausgesprochen worden ist. Kapitel 5. Das drisige Organ (Anted. rosac.) (Dorsalorgan). Der Achsenstrang, welcher das gekammerte Organ in seiner Achse durchsetzt, tritt ventralwirts aus demselben heraus und setzt sich als eine unregelmifig geformte Masse in Gestalt eines Stranges in die Leibeshéhle des Kelches fort. Diese Fortsetzung, welche von GREEFF als _ ,,ein sehr merkwiirdiger Driisenapparat* angesehen wurde, liegt nicht im Zentrum des Kelches, sondern seitlich und lat sich zwischen den Darmschlingen gelagert bis in die Nihe der Mundéffnung verfolgen. Der Strang endet, wie spiter zu beschreiben ist, blind. Ich werde nun im Folgenden eine genaue Darstellung des feineren Baues dieses Organes geben und seinen Zusammenhang mit Blutlakunen besprechen, um daran die Meinungen anzuschliefien, welche man bisher tiber die Funktion sowie den Bau dieses Organes, wie iiber sein Verhaltnis zum ge- kammerten Organ aufgestellt hat. Der Bau des Dorsalorganes in der Leibeshohle. Das Organ wird allseitig umhiillt von dem Coelomepithel, dessen Zellen bald kubisch, bald mehr abgeplattet sind. Macht man einen Querschnitt durch unser strangférmiges Organ ober- halb des gekammerten Organes, so erhalt man ein Bild, wie es Fig. 4 auf Taf. XX wiedergiebt. Eine Reihe von querdurch- schnittenen Schlauchen liegen in einer gemeinsamen Bindesubstanz, welch’ letztere vom Coelomepithel begrenzt wird. Je weiter nun die Querschnitte, welche man untersucht, der Ventralseite zu- liegen, desto mehr durchschnittene Schliuche trifft man an, bald der Quere, bald auch der Linge nach durchschnitten. Bis zur ungefahren Mitte des Organes nimmt die Zahl der Schlauche zu, und hat dasselbe somit seinen gréften Durchmesser, um dann an Umfang mehr und mehr abzunehmen. Hiangen nun alle diese 1) Wren, Beitrige zur Anatomie u. Histologie d. limivoren Anneliden, in: K. 8. V.-A. H., Bd. 23, Stockholm 1887, pag. 47, 340 Dr. Otto Hamann, Schlauche miteinander zusammen? Ks ist diese Frage nicht leicht zu entscheiden. Lingsschnitte zeigen, daf dieselben seitliche kurze, blind geschlossene Aste treiben und da der gréfere Teil der- selben der Lange nach verlauft. Einzelne Schlauche kénnen zusammen von der Hauptmasse austreten und so kann das urspriinglich einen Strang darstellende Organ in mehrere zerfallen. Dabei werden die einzelnen Aste ebenfalls yom Coelomepithel tiberzogen. Fig. 5 auf Taf. XX giebt einen Teil eines Quer- schnittes bei starkerer Vergréferung. Die einzelnen Schlauche werden von einem ungefahr 0,04 mm hohen Epithel ausgekleidet, welches aus cylindrischen Zellen sich zusammensetzt, welche dicht gedrangt stehen. Diese Zellen besitzen einen granulierten Inhalt und firben sich sehr stark. Der kreisrunde, blaischenfoérmige Kern liegt in der Basis der Zelle. Das Lumen der Schlauche ist bald weit, wie in der Figur, bald eng, und oft erfiillt mit einer geronnenen hellen Fliissigkeit. Die Bindesubstanz, in welcher alle diese Schliuche liegen, besteht aus der hellen Grundsubstanz, welche keinerlei Verkalkungen zeigt, und spindligen wie sternférmigen Zellen, deren Ausliufer wirr durcheinanderziehen. Wie ich schon hervorhob, nimmt der Umfang unseres Organes nach der Ventral- seite (Oralseite) zu ab und die letzten Schlaéuche enden blind. Es lassen sich nun in nachster Nahe dieses Organes Blutlakunen verfolgen, welche eng mit demselben zusammenhiangen, so am ventralen Ende. Daf jedoch die Blutfliissigkeit aus diesen Lakunen direkt in die Lumina der Schlauche eintraéte, davon kann nicht die Rede sein. Sie kann héchstens in der Bindesubstanz des Organes ihren Verlauf nehmen, doch habe ich sie auch hier nicht beobachten kénnen. Das dorsale Ende des drisigen Organes ist der Achsenstrang, welcher bei der Schilderung des gekammerten Organes erwaihnt wurde. Indem das driisige Organ mehr und mehr an Umfang ab- nimmt, verschmachtigt es sich zu einem diinnen Strange; in dieser Gestalt tritt es in das gekammerte Organ ein (Fig. 1, Taf. XVIII, von Actinometra pulchella dargestellt). Querschnitte durch diesen Endteil ergeben, daf’ die Zahl der Schlauche nur noch eine sehr geringe ist und nach der Dorsalseite zu sich noch vermindert (vergl. Fig. 4 u. 5, Taf. XVIII). Die Schliuche sind sehr eng und besitzen eine Epithelauskleidung, welche sich von derjenigen unter- scheidet, welche wir in den in der Leibeshéhle gelegenen Schlauchen kennen gelernt haben. Die Epithelzellen sind niedriger, beinahe abgeplattet oder kubisch wie Fig. 12 auf Taf. XX zeigt, Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 341 Es lat sich auf liickenlosen Schnittserien feststellen, da’ diese zuletzt in der Vier- oder Fiinfzahl vorhandenen engen Kanalchen blind enden — ein Resultat, welches mit dem von Lupwic u. a. gewonnenen in Gegensatz steht. Wie ich oben beschrieben habe, sind die Cirrhengefife nicht als Fortsetzungen dieser Kanalchen anzusehen, sondern entspringen samt und sonders aus dem gekammerten Organ. Wihrend nun aber Lupwic u. a. annehmen, dafi das letztere nichts anderes sei als fiinf periphere Kanalchen oder Schlauche des driisigen Organes, welche zum gekammerten Organ anschwellen, glaube ich mich iiberzeugt zu haben, dal sich diese Darstellung nicht halten la8t, wir vielmehr im gekammerten Organ einen Teil der Leibeshéhle vor uns haben. Fassen wir kurz zusammen, so stellt sich das driisige Organ dar als gleichsam in eine Kapsel von fasriger Bindesubstanz ein- gehiillt, welche im Innern die eigentliche, Substanz in Lappen trennt, indem dieselbe sich in das Innere der Driise zwischen die eigentliche Substanz derselben hineinerstreckt und so diese in Lappen und in Alveolen zerlegt. Die Driisenblaschen welche von der Geriistsubstanz umhiillt werden, sind kiirzere oder langere Réhren, bald flaschenférmig, bald keulenfoérmig und teil- weise verastelt. Einen Ausfiihrgang besitzt dieses Organ nicht (siehe unten). Die verschiedenen Ansichten, welche man iiber den Bau und die Funktion dieses Organes gehabt hat, sind in Kiirze folgende: GREEFF ') vermutete in ihm einen Driisenapparat, welchen er als dorsoventralen Gefifstrang beschreibt, und glaubte, daf das Blut desselben den Skeletteilen zur Ernihrung diente. Nach Lupwie ?) haben wir dieses Organ als Zentralorgan des Blutgefafisystems anzusehen. Der feinere Bau desselben war ihm jedoch unbekannt geblieben, erst Voar und Yuna*) und vorher Perrier haben ihn geschildert. Nach diesen Forschern setzt sich dasselbe zusammen aus Héhlungen oder kurz gewundenen Schlaéuchen, welche gegen die Achse des Organes gedffnet sein sollen. Grofe kérnige Zellen kleiden dieselben aus. ,,Die Eigenhaut‘, fahren sie fort, auf deren 1) Greerr, Uber das Herz der Crinoiden. 2) Lupwie, Morpholog. Studien an Echinodermen. Bd. 1. Crinoiden. 3) Voer und Yune, Lehrbuch der prakt. vergl. Anatomie, 9, Liefrg. 1886. 342 Dr. Otto Hamann, Innenflache die Zellen liegen, ist im Innern gefaltet und gerunzelt, und je nachdem die Rander der Falten sich beriihren oder ver- schmelzen, erhalt man den Anschein von Schlauchen oder nur von kiirzeren oder langeren Schlauchen.“ Da nun diese Schlauche strahlig in schiefer Richtung um die ,,leere Achse des Organes“ gestellt waren, so sihe man sie auf Schnitten bald als Kreise, bald als Schlaéuche. Das ganze Organ lassen sie von einer wasser- hellen Eigenhaut umgeben sein und dem Coelomepithel. Diesen Angaben gegeniiber kann ich die meinigen nur aufrecht halten. Dieses Organ weiter als einen Teil des Gefii%systemes anzusehen, wie es Voar und Yune thun, dafiir liegen meiner Ansicht nach keine Griinde vor, und ist auch Perrier ') einer anderen Meinung. Fiir die Crinoiden hat dieser Forscher nachgewiesen, da die Genitalréhren bei der jungen Comatula in Zusammenhang stehen mit dem driisigen Organ. Nach seinen Angaben reicht dasselbe beim jungen Tier bis in die Nahe des Mundes, wo es hakenférmig endet. In diesem Haken traf er groSkernige Zellen (Urkeimzellen), und von dieser Stelle aus wachsen in die sich entwickelnden Arme Knospen aus, welche die Anlage der Genitalréhren bilden. PeRRIER betrachtet nun das driisige Organ als den Stolo eines sterilen Individuums, welcher in den Pinnulae — den Geschlechts- tieren — reift. Kann ich mich nun der letzten Ansicht aus ent- wickelungsgeschichtlichen wie vergleichend -anatomischen Griinden nicht anschliefen, so habe ich schon friiher zu der Meinung, daf das driisige Organ der Asteriden (Echiniden) in Zusammenhang steht mit den Genitalréhren, Material beigebracht. Ich fand, da’ die letzteren mit Zellen — Urkeimzellen — erfiillt waren, welche ganz den Zellen glichen, welche im driisigen Organ sich finden, und daf die Genitalréhren in direktem Zusammenhang mit letz- terem stehen. Reifen bei den Crinoiden die Urkeimzellen in den Pinnulae, so geschieht dies bei den Asteriden in den Interradien, die Reifungsstaétten bezeichnet man bei ihnen als Geschlechts- organe. 1) Lehrb. d. prakt. vergl. Anat., 10. Lieferung, pag. 577, 1887, u. Sur le développement de l’appareil vasculaire et de l’appareil gé- nital des Comatules, in: Comptes rendus, T. 6, Nr. 7, 1885. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 343 Kapitel 6. Die Genitalréhren und die Reifungsstatten in den Pinnulae. 1. Die Genitalréhren und ihre Urkeimzellen. Bereits friiher 1) habe ich mich, wenn auch nur kurz, iiber die Genitalréhren der Crinoiden gediufert. Damals lag es mir vor allem daran, den Nachweis zu erbringen, daf allen Echinodermen- gruppen Genitalréhren zukommen, in denen sich Urkeimzellen finden, welche nur an bestimmten Orten derselben zu den Ei- und Samenzellen sich differenzieren. Bei allen Gruppen fand ich Kaniale, eben die Genitalréhren, welche in Bindegewebssepten liegen, in deren Liicken und Spalten die Blutfliissigkeit sich ausbreitet. Nachdem ich nun die Crinoiden nach den verschiedensten Richtungen untersucht habe, finde ich, dafi bei ihnen die Verhiilt- nisse etwas komplizierter liegen als bei den tibrigen Gruppen. Konnte ich bei diesen nachweisen, daf die Genitalréhren mit den Lakunen in einem Schizocoelraum lagern, so ist bei den Crinoiden, wenigstens den erwachsenen, der Nachweis mit Sicherheit nicht zu erbringen. Weiter kann ich nach Durchmusterung aller meiner Praparate auch nicht das Vorkommen von Blutfliissigkeit in der Umgebung der Genitalréhren behaupten. a) Lagerung der Genitalréhren in den Armen. Die Genitalréhren der Arme sind in ihrem Bau und Verlauf besonders von Lupwia?) eingehend geschildert worden. Zwischen den drei Fortsetzungen der Leibeshéhle in die Arme, welche in Figur 2 auf Taf. XI mit C (Dorsalkanal), C1 und C? (Ventralkanale) bezeichnet sind, liegt in der Mitte zwischen diesen dreien in der hier verdickten Scheidewand derselben ein Lings- hohlraum, der Genitalkanal, welcher eine Réhre vorstellt, und in diesem liegt der Genitalschlauch, welcher wiederum die Genital- rohre einschlieSt. In Fig. 9, Taf. XXIII, ist der Genitalkanal mit GK, der Genitalschlauch mit GS und die Genitalréhre mit GR bezeichnet. Den Hohlraum des Genitalschlauches hat Lupwia 1) Hamann, Die wandernden Urkeimzellen und ihre Reifungs- statten bei den Echinodermen, ein Beitrag zur Kenntnis des Baues der Geschlechtsorgane, in: Zeitschr. fiir wiss. Zool., Bd. 46, 1887. 2) Lupwie, Morpholog. Stud., Bd. 1. Crinoiden. Bd, XXIII, N. F, XVI, 23 344 Dr. Otto Hamann, als Blutgefaf beschrieben. Wie ich schon hervorhob, zirkuliert in demselben bei anderen Echinodermen thatsachlich Blutfltissig- keit. Bei den Crinoiden habe ich sie nie wahrgenommen, auch keinen Zusammenhang mit den Blutlakunen der Scheibe aufgefunden. Die Genitalréhre liegt nach Lupwie’s Beschreibung und Zeich- nung?) im Zentrum des Schlauches durch Muskelfiiden aufge- hangen. Ich habe weder bei Anted. Eschrichti noch rosac. diese Befestigung wahrgenommen. Die Genitalréhre lag der Wandung des Schlauches an (Fig. 8 und 9). Dies scheint das regelmafige Verhalten zu sein. Sie besteht nach Lupwia aus grofen Zellen, welche das Lumen bis zur Unkenntlichkeit verengen. Das sind die Urkeimzellen. Aus ihnen gehen in den Pinnulae Kier und Samenzellen hervor. Ich finde den Bau des Genitalschlauches komplizierter gebaut, als er von Lupwia geschildert ist. Zunichst ist die Epithel- schicht zu erwihnen, welche ihn rings umhiillt. Die Kerne dieser Zellen liegen dicht bei einander, so da es erscheint, als ob gar keine Zellsubstanz vorhanden ware (vergl. Fig. 9 ¢e1, Taf. XXIII). Die Wandung soll unterhalb dieser Epithelschicht nach Lupwia langsgefasert sein, und in Abstaénden Ringsmuskelfasern lagern. Diese letzteren mu8 ich in Abrede stellen, wihrend ich eine diinne Lage Bindesubstanz erkenne, der ein Epithel aufliegt, das den Hohlraum des Schlauches anskleidet, auch iiber die Genitalréhre sich erstreckt (Fig. 8 und Fig. 9, Taf. XXIII). Der Genitalschlauch selbst wird durch spindlige Zellen im Genitalkanal GK aufgehangen, wie dieselben Figuren zeigen. Die Zellen in den Genitalréhren sind améboid, gegenseitig sehr oft so dicht gedringt gelagert, daf ihre Grenzen unkenntlich geworden sind. Sie messen, wie Lupwia fiir Anted. Eschrichti angegeben hat, 0,08 mm. Ihr Plasma ist fein granuliert. Der kuglige, grofe Kern tritt sehr deutlich hervor. Auf die Beschreibung von Voar und Yune@ einzugehen, halte ich fiir tiberfliissig, da schon die Abbildungen zeigen, da das Material zu feinerer Untersuchung nicht tauglich war. b) Die Genitalréhren im Kelch. Bisher sind die Genitalréhren mit den Genitalschlauchen im Kelch unbeobachtet geblieben. Man hat sie in denselben zwar eintreten sehen, aber nicht weiter verfolgen kénnen. 1) Taf. XIII, Fig. 3 und 4. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 345 An geschlechtsreifen, erwachsenen Anted. rosac., welche in Alkohol konserviert, in Chromsiure entkalkt und mit neutraler Karminlésung gefarbt waren, gelang es mir leicht, die Genital- schlauche im Kelch zur Ansicht zu bekommen. Es verlaufen die fiinf Schliuche nach ihrem Eintritt in den Kelch nach wie vor in einem Hohlraum, welcher aber mit den tibrigen Raumen der Leibes- héhle in Verbindung steht, wie es (Fig. 14 auf Taf. XXII) schon bei seinem Verlauf in den Radialien der Fall ist. Die Genitalschliuche liegen zwischen dem ventralen Integu- ment und den Darmwindungen und treten zur Bildung eines un- regelmifigen Pentagons zusammen. Vertikalschnitte durch den Kelch lassen streckenweise Teile dieses annaihernd ringférmig ver- laufenden Genitalschlauches erkennen. Der Genitalschlauch hat einen geringeren Durchmesser als in den Armen, er mifit nur 0,02 mm, wihrend die Genitalréhre 0,01 mm dick ist. Diese letztere ist kreisrund auf dem Quer- schnitt, wie Fig. 7, Taf. XXIII zeigt. Der Bau des Schlauches ist sich gleich geblieben. Wir erkennen das Epithel, den inneren Zellenbelag, wenn auch weniger entwickelt, wieder und die grofen Urkeimzellen. Einen Lingsschnitt, tangential zum Geschlechts- pentagon, giebt Fig. 6 auf Taf. XXIII. Dieselben Spindelzellen wie in den Armen (Fig. 9) bewirken auch hier die Anheftung des Genitalschlauches in den ihn umgebenden Hohlraum. Die Genital- réhre selbst ist nur an zwei Stellen vom Schnitt getroffen worden. Somit vereinigen sich bei den Crinoiden ebenso, wie ich dies fiir die Asteriden und Echiniden nachgewiesen habe, die Genital- schlauche im Kelch, und es fragt sich nun, ob sie in Verbindung stehen mit dem Ende des driisigen Organes. Ich habe sie bis in die nichste Nahe desselben verfolgt; einen Ubergang etwa des einen Organes in das andere nicht beobachtet. Daf aber ein ge- wisser Zusammenhang mit diesem Organ von Perrier bei jugend- lichen Tieren beobachtet worden ist, darauf habe ich schon vorhin kurz aufmerksam gemacht. 2. Die Reifungsstitten der Urkeimzellen in den Pinnulae. Wie wir sahen, sind die Genitalréhren mit Zellen erfiillt, welche als Urkeimzellen zu bezeichnen’) sind und welche an 1) Hamann, Die wandernden Urkeimzellen und ihre Reifungs- stiitten bei den Echinodermen, in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 46, 1887, 23* 246 Dr. Otto Hamann, bestimmten Orten — bei den Crinoiden in Seitenanhingen der Arme, den Pinnulae — sich weiter differenzieren. Die Pinnulae rekapitulieren bekanntlich den Bau der Arme, indem sich Nerven, Wassergefaf, Leibeshéhle von den Armen aus in dieselben fortsetzen. Der Ubergang des Genitalschlauches mit der Genitalréhre in eine Pinnula laft sich aus Fig. 3, Taf. XXII leicht verfolgen. Der Schnitt hat den Arm durchquert, die Pinnula infolgedessen der Linge nach getroffen. Die Bezeichnungen in der Figur sind dieselben wie in Fig. 2 derselben Tafel. Mit G ist der Genitalschlauch mit Réhre bezeichnet, er setzt sich in die Pinnula fort und schwillt hier an, H. Dieser Buchstabe bezeichnet den Teil des Genitalschlauches, welcher die reifenden Urkeimzellen birgt. Der Genitalschlauch ist, wie Lupwia dies bereits ge- schildert und abgebildet hat, ungemein angeschwollen, und die reifenden Urkeimzellen haben die Genitalréhre ausgedehnt, welche jetzt dem Schlauche eng anliegt. Ihr Lumen ist entweder mit den reifenden Spermazellen oder den Eizellen erfiillt. Der Hohl- raum endlich, in welchem der Genitalschlauch liegt, kann von letzterem ganz ausgefiillt sein, so da8 er kaum noch erkennbar ist. Im einzelnen sind die Verhiltnisse aber verwickelter, als wie es bisher der Fall zu sein schien. Wie Taf. XXIII, Fig. 3 (Quer- schnitt durch eine Pinnula von A. Eschr.) zeigt, liegen die aus den Urkeimzellen sich bildenden Eizellen peripher, die reifen Hier aber im Zentrum. Nach Lupwie stellt nun das ganze Gebilde, dessen Wandung in der Figur mit GS bezeichnet ist, die Genital- réhre vor, welche sich (vergl. Fig. 9 GR, Genitalréhre) so unge- mein vergréfert hat, da’ sie den Hohlraum des Genitalschlauches verengt hat. Die Stadien, welche Lupwie (Taf. XIII, Fig. 10) und Voer (a. s. O., p. 575, Fig. 285) abbilden, zeigen uns die sich aus den Urkeimzellen differenzierenden Eizellen, der Wandung des Genital- schlauches anliegend. Sie werden von einem Follikelepithel um- hiillt, welches von den der Eizelle nichstgelegenen Zellen gebildet wird. Dieser Angabe kann ich nicht beipflichten. Ein Follikel- epithel, wie es den Holothurien zukommt, finde ich nicht bei den Crinoiden, da der Zelleniiberzug nur gelegentlich auftritt. In einem weiteren Stadium treffe ich bei A. rosac. im Genital- ’ schlauch tiberhaupt kein Lumen mehr an; er ist vollstandig solid geworden und wird von den grofen Eizellen, die anfangs noch ihr Keimblaschen zeigen, erfiillt; an der Peripherie lagern noch hier und da jiingere, kleine Eizellen, wahrend unentwickelte Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 247 Zellen, welche wohl aus den Urkeimzellen, die sich nicht weiter entwickelten, hervorgegangen sein mégen, zwischen ihnen liegen. Kin Aufenepithel, welches das ganze solide cylindrische Ge- bilde umhiillt, ist stets wahrnehmbar. Es besteht aus abgeplatteten Zellen. 5. Die Reifung der Eier von Anted. Eschrichti. Sobald die Eier ausgewachsen sind, geraten sie in den zentralen Hohlraum und fiillen diesen oft ganz aus. Fig. 3 auf Taf. XXIII zeigt solche reife Kier, welche bei A. Eschr. einen Durchmesser von 0,3 mm haben. Eine Dotterhaut hebt sich um dieselben durch dunklere Farbung ab. Priifen wir nun diese Eier weiter, so finden wir, da sie ihr Keimblaschen verloren haben, und daf an Stelle desselben ein 0,01 mm grofer, kugliger Eikern von homogenem Aussehen liegt (Fig. 4* ek). Weiter liegen der Ki- peripherie auf zwei Richtungskérperchen, welche sich mit Karmin dunkler farben als der EKikern. Das zweite Koérperchen besitzt eine ovale Gestalt und zeigt mehrere Chromatin- Kérnchen. Es sitzt der Peripherie mit seiner Langsachse senkrecht auf. Somit reifen die Kier vor ihrem Austritt aus der Pinnula, sind also sofort fahig, befruchtet zu werden. Die Angabe von Voet und Yune@?) ist damit zuriickzuweisen. Diese Forscher be- schreiben, dafi bei A. rosac. das Ei noch mit dem Keimblaschen versehen, also im unreifen Zustande austritt. Die Richtigkeit dieser Beobachtung wird schon durch die Mitteilung von JicKEt1 ”) in Frage gezogen, welcher beschreibt, daf geschlechtsreife In- dividuen, welche Eier und Samen austreten lassen, eine Kopu- lation ausfiihren, indem sie sich mit ihren Armen umschlingen. Es erfolgt also die Verschmelzung von Ei und Samenzelle un- mittelbar nach ihrer Entleerung, das Ei muf aber, um befruchtet zu werden, reif sein, d. h. die Richtungskérper gebildet haben. 4. Die Genitaléffnungen. Die Frage nach den Genitaléffnungen ist noch nicht gelést. TEUSCHER *), welchem wir die Kenntnis der mannlichen Offnungen verdanken, nimmt an, daf die weiblichen durch Ruptur der Wan- 1) Voer und Yune, a. o. O., pag. 574. 2) Jicketr, a. o. O. 3) Truscuer, Beitraége z. Anat. d. Crinoiden, in: Jen. Zeitschr., Bd. 10, 1876, 348 Dr. Otto Hamann, dung der Pinnula entstanden seien, eine Meinung, welcher sich Lupwic!) nicht anschlieSt, vielmehr diese Frage unentschieden laft. Nach Voar und Yune sollen die Kier vielleicht durch Dehiscenz austreten, doch driicken sie sich sehr vorsichtig aus. Aus diesen Angaben geht vor allem das Eine hervor, daf die weiblichen Offnungen immer erst nach dem Austritt der Eier be- obachtet wurden. Bis zu dieser Zeit trifit man keine Offnun- gen, wohl aber sind die Orte fiir dieselben vorge- bildet. Fig. 3, Taf. XXIII zeigt an zwei gegeniiberliegenden Stellen der Seitenwinde MHervorragungen der Pinnulawandung. Zugleich ist die Wandung an diesen kuppelférmig hervorgestiilpten Stellen sehr verdiinnt. Diese bei Oberflachenbetrachtung durch ihre Lage leicht er- kennbaren priformierten Ausfiihrginge lassen spiter die Kier aus- treten, sobald die Reifung simtlicher Eier vollendet ist. Dann erfolgt durch den Druck derselben die Offnung und Ruptur der verdiinnten Wand. Ich zweifle nicht, daf’ auch bei A. rosac. die- selbe Entstehung der Ausfiihrginge sich wird feststellen lassen. Die mannlichen Ausfiihrginge sind an den gleichen Stellen der Spermazellen produzierenden Pinnulae gelegen. Abbildungen derselben finden sich bei TEUscHER und Lupwie ?). Kapitel 7. Die Muskulatur und die Bindesubstanz. Es sind nur wenige Angaben vorhanden, welche sich mit dem Bau der Muskelfasern beschaftigen. Die alteren Forscher haben sich darauf beschrankt, die Anordnung und das Vorhandensein von Muskeln genau zu beschreiben, so vor allem Jon. MULLER und W. B. Carpenter ?). Lupwic bereicherte unsere Kenntnisse durch einige den feineren Baw beriihrende Beobachtungen, wahrend _ JICKELI in einer vorlaufigen Mitteilung sich tiber dieselben auferte. 1) Lupwre, Crinoiden, Morph. Studien, Bd. 1, pag. 38. 2) Lupwie, Taf. XVIII, Fig. 45, Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 28. 3) W. B. Carpenter giebt bereits im Jahre 1866 (Phil. Trans. Pl. 43, Fig. 4) eine gute Abbildung der Muskelfasern, indem er auch den langlich-ovalen, peripher gelagerten Kern gesehen hat. Dab seine Deutung zu jener Zeit eine andere sein mubte, als sie jetzt ist, ist selbstverstindlich. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden, 549 Immerhin stehen bisher genauere Untersuchungen und Abbildungen noch aus, so daf die folgenden Resultate eine Liicke auszufiillen imstande sind. Nach Lupwie') bildet die Muskelfaser ein schmales, langes Band, welches an den Enden unbedeutend verbreitert ist. Die einzelnen Fasern sind nicht verdstelt und haben die Linge des ganzen Muskelbiindels. An jeder Faser wird ein Kern beschrieben, welcher derselben aufen aufliegt. Eine feinere Struktur wurde an den Fasern nicht beobachtet. Weiter wurden von Lupwia die Faden, welche sich in den Wassergefaiffen quer ausspannen und deren Lumen durchsetzen, als Muskelfiiden angesprochen. Auf diese wie andere Angaben komme ich nochmals zu sprechen. Ich teile — nach Untersuchung der Muskulatur sowohl bei Antedon, Actinometra und Pentacrinus — dieselbe ein in drei verschiedene Gruppen. Ich unterscheide: 1) die Epithelmuskelzellen, welche nur im Wassergefafsystem auftreten ; 2) glatte, langsgestreifte Muskelfasern, welche denen der iibrigen Echinodermen gleichen und epithelialen Ursprungs sind; 3) kontraktile Spindelzellen, wie solche ausschlieSlich in den Cirrhen und sodann in den Armen als Antagonisten der unter 2 genannten Muskulatur auftreten. 1. Die Epithelmuskelzellen. In der Wandung der WassergefafBe — Ringkanal wie Ver- zweigungen — treten Muskelfasern auf, welche parallel zur Achse der Gefaife verlaufen, oder aber sich quer durch das Lumen aus- spannen. Diese letzteren Fasern wurden von Perrier?) zuerst beschrieben ; ihre Natur jedoch weder von ihm noch von TEUSCHER *), welcher sie spaiter schilderte, erkannt, bis Lupwia +‘) dieselben als Muskelfaiden besprach. Die Muskelfaiden der Wandung haaigeh wie ich zuerst mich bei Anted. rosac. tiberzeugte, noch zusammen mit den das Lumen 1) a. o. O., Crinoiden, pag. 40. 2) Recherches sur l’anatomie et la régénération des bras de la Comatula rosacea, in: Arch. zool. expér. et gén., Bd. 2, 18738. 3) Beitraige zur Anatomie der Echinodermen, 1. Comatula medi- terranea, in: Jen. Zeitschr. f. Naturw., Bd. 10, 1876. 4) Crinoiden, pag. 16, 350 Dr. Otto Hamann, des Wassergefaifisystems auskleidenden Epithelzellen. Tangential- schnitte durch die Wandung eines Gefafes, auf welchen man auch das Epithel mitsamt den Muskelfaden in der Flachenansicht er- halt, zeigen ein Bild, wie es in Fig. 12 auf Taf. XVIII wiedergegeben ist. Es hat zunachst den Anschein, als ob samtliche Epithel- zellen eine spindlige Gestalt besafen. In Wahrheit jedoch — da- yon tiberzeugt ein Querschnitt durch ein Wassergefafi, Fig. 10 auf Taf. XX — sind die Epithelzellen kubisch, und lassen sich die Grenzen der Zellen gegeneinander streckenweis deutlich feststellen. An der Basis hat der Zellleib jedoch in der Richtung der Achse des Wassergefafes eine Muskelfaser ausgeschieden, und auf diese Weise ist das Flachenbild in Fig. 12 zu erklaren. Die einzelnen Muskelfaden besitzen keine bedeutende Lange, wie an den quer das Lumen durchziehenden unschwer festzustellen ist. (Fig. 10, Hat.. XA.) Die Lange dieser queren Faden betragt bei Ant. rosac. 0,02—0,03 mm. Auch diese Muskelzellen machen einen spindligen Eindruck. In Wahrheit liegt aber die Muskelzelle seitlich, was aber bei der Kleinheit des Objekts wenig hervortritt. (Fig. 12, Taf. XVIII.) Denselben Bau der Muskelzellen fand ich besonders gut bei Ant. Eschrichti vor. Lupwia’s Beschreibung der quer aufgespannten Muskelfaden stimmt mit der meinigen vollkommen iiberein, nur seine Deutung ist eine andere. Er beschreibt, wie an jedem Muskelfaden ein Kern liegt, welcher ,,von der Seite gesehen tiber den sonst gerad~ linigen Kontur des Fadens merklich“ hervorspringt, glaubte aber, daf dieser ,,Kern“ auf einen diinnen Epitheliiberzug der Faden zu beziehen sei. Da ich nun auch die tibrigen Muskelzellen der Wandung als epitheliale erkannt habe, so ist eine andere Deutung wohl nicht mehr méglich. Man findet die queren Muskelfaden oder Muskelzellen in den verschiedensten Zustainden der Kontraktion. Sie kénnen an ein- zelnen Stellen so stark kontrahiert sein, daf ihre Lange kaum die Halfte der oben angegebenen Grose betragt. Dann ist das Gefaf dementsprechend verengt. Sowohl diese queren als auch die Muskelzellen in der Wandung sind an ihren Enden zuge- spitzt, wie Klopfpraparate von entkalktem Material erkennen lassen. 2. Die glatten lingsgestreiften Muskelfasern. Die Bewegung der einzelnen Armglieder geschieht in erster Reihe yon diesen an Spirituspraparaten braunlich erscheinenden Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 351 Fasern. Auf Querschnitten durch die Arme, welche zwischen je zwei Glieder gefiihrt sind, treten sie sofort in die Augen (Fig. 3 auf Taf. XXII, Schnitt durch einen Arm und eine Pinnula, JZ Mus- kulatur). Je zwei solcher Muskelmassen, welche als Ventral- muskeln der Arme bezeichnet werden kénnen, treten zwischen je zwei Armen auf. Ihre eigentiimliche Gestalt kann man am besten auf dorsoventralen Langsschnitten durch den Arm erkennen. Die einzelnen Muskelfasern farben sich mit Karmin tief dunkel und treten deutlich hervor, da die Bindesubstanz vollstindig un- eefarbt erscheint. Ihre Gestalt lift sich an Querschnitten durch die Arme bereits feststellen. Auf solchen sieht man, daf die ein- zelnen Fasern von bandférmiger Gestalt sind (Fig. 8, Taf. XXII) und in Gruppen angeordnet stehen. Es kann die Anzahl der Fasern, welche kreisférmig um ein Zentrum gelagert sind, eine sehr verschiedene sein. Bei Anted. Eschrichti ist die Zahl meist sehr grof. Zwischen den einzelnen Muskelfasergruppen erkennt man die Bindesubstanz, welche in ihrer glasig-hellen Grund- substanz nur hier und da Zellen erkennen laft. Auch der zen- trale Raum wird von letzterer erfiillt. Weiter lassen sich die Nervenfibrillen deutlich in der bindegewebigen Grundsubstanz in ihren Verzweigungen erkennen. Wie aus der Figur 8 hervorgeht, stoBen die Muskelfasern mit ihren Breitseiten eng aneinander, wahrend die zu ihnen zugehérigen Kerne meist nach innen gelagert sind. Zerzupft man einen Teil eines ventralen Armmuskels, so erhalt man die einzelnen Muskel- fasern leicht in Zusammenhang, wie Fig. 6 auf Taf. XXII wieder- giebt. Zerzupft man solche Fasern weiter, so zerfallen sie leicht in eine Anzahl feinerer, diinner Faserchen. Dieser Zerfall entspricht einer an der lebenden Muskelfaser schwach wahrnehmbaren Liangs- streifung. Die Bildungszelle der Muskelfaser ist bis auf den Zellkern verschwunden. Man iiberzeugt sich jedoch leicht, daf einer Faser nicht nur ein, sondern vielmehr mehrere Zellkerne zukommen, welche in annihernd gleichen Abstinden den Fasern aufen auf- liegen und eine langlich-ovale Gestalt haben (Fig. 6 6, Taf. XXII). Bei Anted. Eschrichti sind diese Kerne sehr grof (Fig. 8), wahrend sie bei Anted. rosac. schmachtiger und kleiner sind (Fig. 9, Taf. XXII). Die gré&te Starke der Muskelfasern betragt bei schwacher Kontraktion 0,05 mm, die Linge des Kernes 0,04 mm (Anted, rosac.). 352 Dr. Otto Hamann, 3. Die spindligen Muskelfasern. Als Antagonisten der ventralen Armmuskeln treten uns eigen- tiimliche Fasergruppen entgegen, welche mit den in den Cirrhen vorkommenden Fasern iibereinstimmen. Diese Fasern sind durch ihr Aussehen bereits in frischem Zustande von den soeben beschriebenen Muskelfasern zu unter- scheiden, da ihnen die diesen zukommende dunkle braunliche Farbe fehlt. Den Cirrhen, den beweglichen Ranken des Kelches, welche an ihren Spitzen gro$e, gekriimmte Haken tragen, kommt diese Art von Muskulatur allein zu. Die in Chromsdure entkalkten, mit neutraler Karminlésung gefarbten und dann geschnittenen Arme lassen diese dorsal ge- lagerten Muskelfasern, welche streng parallel zu einander verlaufen, als gefarbte Masse hervortreten. Sie sind einen Ton heller ge- farbt als die ventrale Muskulatur, aber von den eigentlichen Bindesubstanzfibrillen, welche sich gar nicht oder kaum merkbar tingieren, sofort zu unterscheiden. Haben wir aber iiberhaupt diese Fasergruppen als echte Muskelfibrillen zu bezeichnen und nicht als elastische Fasern ? Neuere Untersucher sprechen sie einfach als dorsale Muskelfasern an, wie Voar, ohne jedoch eine Begriindung zu geben oder aber den Bau zu schildern. Was mich dazu fiihrt, diese Fasern als muskulés in Anspruch zu nehmen, ist folgendes. Ihr Bau, den ich sofort zu beschreiben habe, stimmt ganz iiberein mit den in den Cirrhen auftretenden Fasern, und diese sind unzweifelhaft muskulés. Wir sehen, wie sich die Ranken mit Hilfe dieser Fasern bewegen, kriimmen und sich mit ihren scharfen Krallen an Gegenstainden festzuhalten im- stande sind. Auch an den Schnittpraparaten sehen wir die ver- schiedensten Kontraktionszustaénde vor uns. Jon. Miurr!) hat diese Fasern als Interarticularsubstanz bezeichnet, indem er den Cirrhen jede Muskulatur absprach, wie er auch die dorsalen Muskelgruppen der Arme nur als Gelenknahte auffaft. JICKELI hat in der schon mehrfach citierten vorliufigen Mit- teilung den Cirrhen Muskelfasern zugeschrieben und diese eben- falls als Spindelzellen geschildert. Seine weiteren Angaben aber iber Schragstreifung kann ich ohne Abbildungen nicht verstehen. 1) Jon. Mixer, in; Abhandl. d. Berl, Akad, 1841, Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 353 Isoliert man die dorsalen Muskeln, so erhalt man Fasern, wie sie Fig. 7 auf Taf XXII zeigt. Die Fasern sind bis 0,4 mm und dariiber lang und sind kontraktile Faserzellen. Die Zelle ist an zwei Polen spindlig ausgezogen und an den Enden pinselférmig zerfasert, was bei den braunen glatten Dorsalfasern nicht der Fall war. In den Cirrhen sind diese Faserzellen kleiner, wie Fig. 10 auf Taf. XXII erkennen laft, welche isolierte Cirrhen-Muskel- fasern von Anted. rosac. wiedergiebt. In Fig. 5 ist ein Querschnitt durch einen Cirrhus gezeichnet, welcher durch die Muskulatur — deren Lage auch aus dem Langsschnittbild in Fig. 4 sich erkennen la8t — hindurchgeht. AufSer den mit gw bezeichneten, der Lange nach verlaufenden Fasern finden sich an den Seiten schrag ver- laufende, deren Bau jedoch derselbe ist. Die einzelnen Faserzellen sind zumeist zu Biindeln vereinigt, wie Fig. 11, Taf. XXII zeigt. An ihren Enden strahlen sie wie die dorsalen Fasern der Arme pinselférmig aus. Bei Actinometra pulchella kénnen diese Muskelfasern in den Armen eine Lange von 0,5 mm, in den Cirrhen von 0,2 mm erreichen. Ob man die Fasern in den Syzygien — das sind die Naht- verbindungen, welche zwei Armglieder an Stelle der Muskulatur verbinden kénnen — ebenfalls fiir muskulés erklaéren will oder nicht, das hangt ginzlich vom Belieben ab. Eine strenge Grenze zwischen elastischer Faser und kontraktiler Spindelzelle kann ich nicht auffinden. Natiirlicher erscheint es mir aber, wenn man die Armnahte als nur aus elastischen!) Fasern bestehend ansieht, denen allerdings ein gleicher Bau zukommt wie den kontraktilen Faserzellen. 4. Die Bindesubstanz. An denjenigen Stellen, an welchen Kalkplatten sich in der Intercellularsubstanz entwickelt haben, erhalt man nach Ent- fernung derselben die Bilder, welche uns aus der Untersuchung der Ophiuren, Asteriden bekannt sind. Wir kénnen diese Modi- fikation der Bindesubstanz mit Harcken als Chlatralgewebe be- zeichnen. Es zeigt sich bei den Crinoiden in verschiedener Aus- bildung. Im einen Fall wird das Netzwerk von wenigen mit einander eng verbundenen Fibrillen gebildet, wobei dieselben als Fortsaitze von sternférmigen Zellen, welche in den Knotenpunkten des Maschenwerkes liegen, anzusehen sind. Im anderen Fall ist 1) Vergl. Jon. Mitizr, Uber den Bau des Pentacrinus caput medusae, Abhandl, d, Berl, Akad, 1841. 354 Dr. Otto Hamann, das Netzwerk sehr entwickelt, und die Liicken, in denen der Kalk abgelagert war, sind von geringer Ausdehnung. Dann lassen sich die Fibrillen in der unverkalkt gebliebenen Grundsubstanz leicht nachweisen, indem sie bald diese ganz verdecken, bald nur in geringer Menge vorhanden sind. Am besten laft sich der Zusammenhang der Fibrillen mit Zellen in der Wandung des Enddarmes nachweisen. In der gallert- artigen Grundsubstanz, welche mehr oder weniger fein granuliert erscheint, liegen spindlige und sternformige Zellen. Ihre Fortsatze strahlen nach den verschiedensten Seiten durch die Grundsubstanz und treten an einzelnen Punkten in Verbindung untereinander. So- bald die Fibrillen in einer Richtung parallel zu einander verlaufen, erhalt das Gewebe, wenn die Fibrillenmasse zunimmt, eine knorpel- aihnliche Konsistenz, wie teilweise die innere Schicht der Cutis dies erkennen 1aft. Améboide Plasmazellen sind bei allen Formen vorhanden und an einzelnen Punkten zahlreich angehauft. Bei Antedon Echrichti treffen wir in den Armen 0,01 mm grofe Zellen an, welche bald einen, bald mehrere Fortsatze zeigen, bald mehr kuglig gestaltet sind. Kin kreisrunder Kern von 0,002 mm Gréfe liegt in der gekérnten Zellsubstanz. Bei Anted. rosac. fairbt sich die Zellsubstanz nicht, sondern laft nur ein Netzwerk erkennen, in welchem der tief tingierte Kern liegt. Diese Angaben gelten fiir mit Alkohol kon- servierte und 14 Tage in Chromsiure von 1/,°/, entkalkte Tiere. In der Umgebung des dorsal gelagerten Teiles des mesodermalen Nervensystems treten sie zahlreich auf. Pigmentzellen , wie frei gelagertes Pigment in K6rnchen tritt in der Cutis wie an den verschiedensten anderen Stellen auf. An dieser Stelle will ich die ,,kugeligen Kérper“ oder Sacculi besprechen, jene Gebilde, iiber deren Wert wir noch immer im Unklaren sind. Sie finden sich nach W. B. Carpenter, und ich kann dies bestatigen, allein bei der Gattung Antedon vor. Neuer- dings haben Voar und Yuna die Meinung ausgesprochen, dah diese Gebilde parasitér seien, niedere Algen. Mir machen sie vielmehr den KEindruck, als handle es sich um ein amorphes Sekret. Dafiir spricht auch die verschiedene Gestaltung. Bald liegt eine Anzahl kugliger Ballen eng aneinander, von denen jeder wieder in kleinere Kugeln, oder ovale Kérperchen zerfallen kann. Entfernt man diese Exkretballen, so bleibt ein Hohlraum in der Bindesubstanz zuriick, welcher von einer Membran ausgekleidet Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 35D wird. Die Untersuchung am frischen Material kann allein die Funktion dieser Ballen erkennen lassen. Eine eigentiimliche Modifikation der Bindesubstanz finde ich bei Actinometra. CARPENTER?!) spricht von Hohlriumen in der Bindesubstanz der Pinnula. In Fig. 4, 8.113 und Fig. 5, 8. 121 bildet er dieselben ab. Es handelt sich nun nicht um leere Hohl- raume, sondern vielmehr um Zellenanhiufungen von eigentiimlicher Gestalt. Im Kelch von Actinometra pulchella treten auf der Riicken- seite wie an den Seiten der Arme, auch unterhalb des Epithels des After-Schornsteines Zellenklumpen auf, als helle, mehr oder weniger eiférmige Gebilde. Diese Zellen, welche zu etwa fiinf bis mehr zusammenliegen, trifft man unmittelbar unter dem Kérper- epithel, wie Fig. 14 auf Taf. XXIII zeigt. Die einzelne Zelle stellt eine Blase dar, welche eine diinne Membran besitzt, in welcher die Zellsubstanz eingeschlossen ist. Erfillt wird die Zelle von einer wasserklaren Fliissigkeit, welche nicht tingierbar ist. Ein kugliger Zellkern liegt mehr oder weniger zentral von wenig Plasma umgeben, welches sich in Gestalt von Pseudopodien nach der Wandung erstreckt und die Anheftung des Kernes besorgt. Kine isolierte Zelle aus einem Klopfpraiparat zeigt Fig. 18. Die Wandung erscheint an solchen isolierten Zellen oft stark gefaltet. Solche Zellhaufen, deren Bedeutung mir noch unklar ist, treten in der Wandung der Pinnulae bei simtlichen untersuchten Acti- nometra-Arten auf. Bei der Gattung Antedon habe ich vergeblich nach diesen Zellen gesucht, welche an die sogenannten chorda- aihnlichen Knorpelzellen der Coelenteraten erinnern. Vielleicht kommt ihnen eine ahnliche Funktion wie diesen Zellen, welche in der Achse der Tentakeln gelegen als Antagonisten der Lings- muskelfasern wirken, indem sie vornehmlich die Ausstreckung des Tentakels besorgen. Kapitel 8. Der Darmtraktus. Der Darmtraktus ist in seinem Verlaufe wie feineren Bau éfter geschildert worden, so daf ich nur da, wo ich neue Daten hinzuzufiigen habe, auf denselben niher eingehen werde. 1) P. HL. Carpenter, Challenger-Crinoiden P. 1. OS Ot Os Dr. Otto Hamann, Das Epithel, welches den Darmtraktus auskleidet, setzt sich an der Mundéffnung wie am After in das Koérperepithel fort. Es ist nicht im ganzen Verlauf des Darmes dasselbe, wie Voar und YunG meinen, sondern im Afterdarm ist der Bau ein anderer. Auf Langsschnitten durch die Mundéffnung sieht man, wie das Epithel der Wimperfurchen sich direkt in den Schlund fortsetzt. Es besteht aus 0,1 mm langen, haarformigen Zellen, deren Kerne bald peripher, bald mehr in der Mitte, oder in der Basis der Zellen gelegen sind. Eiférmige, 0,01 mm lange Becherdriisen, deren Inhalt ungefarbt bleibt, liegen peripher, wihrend eine Nervenfibrillenschicht an der Basis der Zellen verlauft, wie Fig. 11, Taf. XIX zeigt. Isoliert man Zellen dieses Schlundepithels, so sieht man, da die senkrecht die Nervenschicht durchsetzenden Fasern basale Fort- sitze derselben sind, welche bis daher im Gegensatz zu den tibrigen Zellen als Stiitzzellen anzusprechen sind. Die basalen Fortsatze der zweiten Zellform sind viel feiner, reiZen leicht ab und verhalten sich im iibrigen wie die Nervenfibrillen, zwischen denen sie sich verfolgen lassen. Unterhalb dieser Epithelschicht liegt eine kaum wahrnehmbare Lage von Bindesubstanz, und hierauf im Schlund eine gut ent- wickelte Ringsmuskelschicht und das denselben tiberziehende Coelom- epithel. Die Muskelschicht ist nur im Anfangsteil des Schlundes erkennbar, wo das Epithel wulstférmig in das Lumen hervorspringt. Die Nervenschicht nimmt, je tiefer man im Darme herabsteigt, an Ausdehnung ab und 1a8t sich im Enddarm mit Sicherheit nicht mehr nachweisen. Die Zellen des gesamten Darmtraktus, ausgenommen die After- rohre, flimmern. Eine Cuticula findet sich nicht, es sitzen aber die einzelnen Wimpern mit kurzen Fufstiicken den Zellen auf. Waren die Muskelfibrillen im Anfangsteil des Schlundes in mehreren Schichten zur Bildung eines kraftigen Sphinkter ange- ordnet, so trifft man sie in Form einer einzigen Lage im tibrigen Darm an. Bei Anted. rosacea ist sie schwer wahrnehmbar, bei den gréferen Arten gelingt dies jedoch leicht. Bei Actinometra pulchella u. a. ist der Darm aus denselben Schichten aufgebaut und zeigt in seinen verschiedenen Windungen keine Abweichungen. Eine besondere Erwahnung verdient der Endabschnitt, der After- darm, oder wie er genannt, die Afterréhre, welche schornsteinartig sich auf der Oberfliche des Kelches erhebt. Fig. 1, Taf. XXIII zeigt einen Lingsschnitt durch die After- rohre. Dieselbe stellt einen Cylinder dar, welcher in der ungefahren Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 357 Mitte bauchig erweitert ist. Die Wandung bietet einen abson- derlichen Anblick, indem sie durchbrochen erscheint. Es kommt aber dieses eigentiimliche Bild dadurch zustande, daf bei der Bildung der Afterréhre sich nicht nur der Darm, sondern auch die Kérperwandung beteiligt, indem dieselbe schornsteinartig emporgehoben den Darm in sich schliefSt. Am Ende des Gebildes geht die Wandung des letzteren tiber in die Kérperwand. Die Afterdarmwandung ist mit der Kérperwand durch in regelmabigen Abstinden abgehende bindegewebige Strange oder Septen verbunden. Diese haben saimtlich eine bestimmte Anordnung und Bau, und so kommt das Bild zustande, wie es von A. rosac. Fig. 1 wiedergiebt. Bei anderen Arten dieser Gattung wie bei Actinometra (pulchella) ist die Bildung eine gleiche, so daf das Folgende fiir alle Crinoiden Geltung hat. Die Afterwandung. Sie besteht aus denselben Schichten wie der tibrige Darm, nur sind dieselben anders entwickelt. Zu- nachst ist das Epithel nur in der unteren Halfte mit Wimpern versehen, wahrend diese im itibrigen Teil fehlen. Wahrend nun aber die Epithelschicht, welche den Afterdarm auskleidet, an Hohe abnimmt, je naher man der Afteréffnung kommt, desto gewaltiger nimmt die Bindesubstanzschicht zu. Die Epithelschicht unterscheidet sich im Endteil durch nichts von dem gewohnlichen Kérperepithel, in welches dasselbe auch an der Afteréffnung tibergeht. Die Zellen lassen sich schlecht von der Bindesubstanz trennen, wahrend dies bisher im tibrigen Darm moéglich war. Becherdriisen sind in reicher Menge vorhanden. Selbst wenn der Darm vollstaindig ausgestreckt ist, zeigt er in seiner Wandung Wiilste, welche als Lingswiilste von der Offnung an bis etwa zur Halfte des Enddarmes sich verfolgen lassen. Die Bindesubstanzschicht zeigt bei einem Durchmesser von 0,1 mm spindlige und sternférmige Zellen, die nach allen Seiten die Grund- substanz durchziehen. Verkalkungen finden sich in ihr bei Anted. rosac. nicht vor. Die Muskelschicht ist in Gestalt eines kraftigen Sphinkters entwickelt. Fig. 2 auf Taf. XXIII zeigt einen Langsschnitt durch die Darmwandung. Die einzelnen Strange, welche die Verbindung zwischen derselben und der Kérperwand herstellen, bestehen in ihrer Achse aus Bindesubstanz, welche sich einerseits mit der Cutis, andererseits mit der Schicht von Bindesubstanz zusammenhangt, welche nach aufen von der Ringmuskulatur in der Darmwandung lagert. 358 Dr. Otto Hamann, Die Kérperwandung, welche den Afterdarm wie eine Roéhre umgiebt, zeigt bei unserer Art keine Verkalkungen in ihrer Bindesubstanzschicht. Ihre Schichten gehen an der Afteréffnung in die der Darmwandung iiber. Nervenziige ziehen von dem mesodermalen oralen Nerven- system und zwar von den Seitennerven der Wassergefife aus und treten in die Bindesubstanzschicht der Afterréhre ein, um hier teils die Haut, teils die Muskulatur zu versorgen. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 309 Ii cei: Allgemeiner Teil. Kapitel 1. Kurze Zusammenfassung einzelner Resultate. 1. Ambulacral-Nervensystem. Allen Echinodermengruppen kommt ein Nervensystem zu, welches in Gestalt eines Gehirnringes und einer Anzahl (fiinf oder mehr) Nervenstémmen als ambulacrales Nervensystem bezeichnet wird. Es liegt dasselbe bei den Asteriden und Crinoiden dauernd in dem Ektoderm, wahrend bei Echiniden, Holothurien und Ophiuren seine Lagerung eine andere ist. Wir finden dasselbe in der Cutis, meist von besonderen Hohlriumen, Schizocoelriumen umgeben. Bei den Asteriden ist das Epithel, das in den Ambula- cralrinnen der Arme liegt, verdickt und setzt sich zusammen aus Sinneszellen (Epithelsinneszellen) und Epithelstiitzzellen. Zwischen den senkrechten basalen Fortsitzen dieser Zellen verlaufen — in den Armen longitudinal, um die Mundoffnung ringformig — die Nervenfibrillen mit ihren Ganglienzellen. In derselben Weise finden wir bei den Crinoiden in den Ten- takel- oder Ambulacralfurchen der Kelchoberflache, der Ventral- seite der Arme und der Pinnulae die Nervenfibrillenmasse im Ektoderm dauernd gelagert — wenigstens teilweise. Ein anderer Teil, darauf komme ich weiter unten, liegt mesodermal. Der Schlundring ist bei ibnen riickgebildet und verloren gegangen. Bei den Ophiuren, bei Holothurien und Echiniden ist der Bau der radiaren Nervenstémme und des Gehirnringes ein ‘hn- licher, indem, wie ich dies an verschiedenen Stellen ausgefiihrt habe, nicht nur die Nervenfibrillenmasse, sondern auch ein Teil des Epithels der Ambulacralfurchen mit derselben mesodermal zu liegen gekommen ist. Infolgedessen treffen wir Stiitzzellen auch in diesen Gruppen an, wihrend ein Teil des peripheren Zell- belages unstreitig als Ganglienzellen anzusehen ist. Es ist der Bd. XXII, N. F. XVI. 24 360 Dr. Otto Hamann, Versuch gemacht worden, die Stiitzfasern der Epithelzellen der Nervenstimme fiir Blutkapillaren') zu erkliren, eine Erklarung, die schon dadurch zuriickzuweisen ist, daf bei den Echiniden eine Blutlakune mit den Nerven nicht in Verbindung steht. Uberdies kénnen die Resultate von LANGE?) und mir nicht ignoriert werden, denn uns beiden ist es gelungen, die Fortsatze mit dem Zellkérper in Verbindung zu treffen, freilich nicht allein auf Schnittpraparaten, sondern bei der Untersuchung von Isolationspraparaten. Von grékter Wichtigkeit ist die Thatsache, daf die Ambula- cralnervenstimme der Ophiuren gegliedert sind und da’ sowohl im dorsalen wie ventralen Zellbelag Ganglien vorhanden sind. Die Regelmafigkeit im Abgange der Nervenziige, welche von den Nervenstiémmen austreten, wurde bei verschiedenen Gattungen beschrieben. Bei Asteriden und Ophiuren hat LANGE”) einen Zell- belag und Fibrillen auf der dorsalen Seite der Nervenstimme be- schrieben, welche er fiir die alleinigen Nerven ansieht. Lupwia hat diese Meinung zuriickgewiesen und ich hatte mich fiir die Asteriden angeschlossen. Bei der Untersuchung der Ophiuren hingegen bin ich, wie die Darstellung in diesem Hefte zeigt, zu anderen Resultaten gekommen. Eine wiederholte Priifung meiner Praparate, sowie Anfertigung neuer Schnittserien lehrt aufs un- widerleglichste, daf wie bei den Ophiuren so auch bei den Asteriden dieser dorsale Zellbelag mit seinen Fibrillen nervéser Natur ist. Bei den Holothurien treffen wir ja ebenfalls die gesamte Nervenfibrillenmasse in 2 Gruppen geteilt, indem eine Membran zwischen beiden liegt, wie ich in Fig. 18 und Fig. 19 auf Taf. II, Heft 1 dieser Beitrige abgebildet habe. Diese innere, zentral gelegene Fibrillenmasse entspricht den LANGEr’schen Nerven bei Asteriden und Ophiuren, nur findet sich dieselbe bei Synapta nur in den radiairen Nervenstimmen, nicht im Gehirnring. 2. Das ambulacrale und mesodermale Nervensystem der Crinoiden und sein Ursprung. Wahrend bei allen Echinodermengruppen sich ein Nerven- system findet, welches im allgemeinen aus einem Schlundring als Zentralorgan und davon ausstrahlenden Nervenstammen, den Ambula- 1) Sarastn, Ergebn. nat. Forsch., Ceylon H. 1, 1887, Wiesbaden. 2) Layag, in: Morphol. Jahrb. Bd. 2, 1876. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 361 cral- oder Radialnervenstiémmen sich zusammensetzt, tritt zu diesem Nervensystem bei den Crinoiden noch ein zweites Nervensystem mit einem besonderen Zentralorgan in der Riicken- oder aboralen und ein drittes in der oralen Kérperwand. Wahrend aber der dem Ambulacralnervensystem der iibrigen Echinodermen homologe Teil epithelial gelagert ist, liegt der letztere im Meso- derm. Er besteht in einem mesodermalen, pentagonalen Schlund- ring und von ihm ausstrahlenden Nervendsten, von denen je zwei allemal ein Wassergefaf rechts und links begleiten, so da8, da in der Ventralwand der Arme ein solches verlauft, in jedem Arm und jeder Pinnula je zwei Lingsnerveniste, welche parallel zur Arm- achse ziehen, zu liegen kommen. Von diesen drei Teilen, von denen jeder ein Zentralorgan besitzt — mit Ausnahme des epithelialen Teiles — stehen nur die mesodermal gelagerten in direktem Zusammenhang, wenngleich nicht in Abrede gestellt werden kann, daf beispielweise Nervenfasern eines ven- tralen epithelialen (ambulacralen) Nerven mit denen eines ventralen, mesodermalen in den Tentakeln in Verbindung treten kénnen. Es fragt sich nun, sind diese drei Teile gesondert entstanden oder aber ist dieser ihr jetziger Zustand als sekundar aufzufassen. Was nun den in der aboralen Kérperwand gelegenen Teil an- langt, welcher sein Zentralorgan in der um das gekammerte Organ gelegenen Nervenmasse betrifft, so besitzt dieser ein homologes Gebilde bei kemer anderen Echinodermengruppe. Wohl aber kann man sich vorstellen, wie er zur Ausbildung gekommen ist. Daf seine Lagerung im Mesoderm eine sekundire ist, setze ich voraus. Vielleicht entsteht er noch jetzt ontogenetisch im Ektoblast — wie das ambulacrale Nervensystem der Holothurien'). Phylo- genetisch leite ich ihn vom Ektoblast ab und weise auf die Asteriden”) hin, bei denen ich in der Riickenwand im Epithel Nervenztige nach allen Richtungen ziehend fand. Denken wir uns diese auch bei Echiniden noch epithelial gelagerten Nerven- ziige der Riickenwand in das Mesoderm treten und um das Ende des gekammerten Organes sich gruppieren, so haben wir das dor- sale Nervensystem eines Crinoiden zum mindesten als eine Bildung nachgewiesen, welche nicht ganz in der Luft steht, sondern be- stimmten Bildungen bei den tibrigen Echinodermen entspricht. Wie aber soll man sich das orale mesodermale Ner- vensystem mit dem pentagonalen Schlundring und den Lings- 1) Nach Srevenxa bei Synapta, vergl. Heft 1 dieser Beitriige. 2) Heft 2 dieser Beitriige. 24 * 362 Dr. Otto Hamann, nerven der Arme und Pinnulae, die simtlich im Bindegewebe liegen, entstanden denken ? Ich leite diesen Teil des Nervensystems ab vom ambulacralen Nervensystem der Crinoiden und finde einen Beleg dafiir darin, daf das letztere nur noch rudimentar sich im Epithel erhalten hat. Es fehlt dem ambulacralen Nervensystem, welches als Langs- nervenstimme in den Tentakel(Ambulacral-)rinnen der Arme und Pinnulae auftritt, ein Zentralorgan, das heiSt ein Schlund- ring, wie ich mit Jicker1 (und Voar) gegen Lupwic u. a. kon- statieren mu. Die ambulacralen Langsnervenstimme verlaufen gegen die Mundéffnung und ordnen sich nicht kreisformig um diese an, sondern steigen in der Wandung des Schlundes herab, indem sie sich in dieser ausbreiten und so eine gemeinsame Schicht bilden. Aber nicht nur das Zentralorgan ist verloren gegangen, auch die ihre Lagerung im Epithel beibehalten habenden ambulacralen Nervenstimme sind sehr gering entwickelt im Vergleich mit den homologen Nerven der tibrigen Echinodermen. Ich nehme deshalb an, daf der mesodermale pentagonale Schlundring aus dem Epithel — in welchem er vielleicht noch ontogenetisch entsteht — in das Mesoderm zu liegen gekommen ist und seine Verzweigungen in ahnlicher Weise entstanden sind, wie die eigentiimlichen, in bestimmten Intervallen aus den Am- bulacralnerven einer Ophiure austretenden Intervertebralnervendaste, welche ich im ersten Teile dieses Heftes geschildert habe. Wahrend die letzteren aber noch in Zusammenhang geblieben sind mit ihrer Ursprungsstitte, haben sie bei den Crinoiden diesen aufgegeben. Es ist demnach meiner Ansicht nach das von mir als das ventrale (orale) Nervensystem geschilderte Organ vom Ambulacralnerv her- zuleiten; fiir eine gesonderte Entstehung, welche a priori nicht unmoéglich wire, spricht aber nichts. Ebensowenig ist man ge- zwungen, eine solche fiir das dorsale System anzunehmen. Fiir eine solche Ableitung spricht noch weiter die Uberein- stimmung im Bau, welchen die drei Teile zeigen. In allen drei Teilen, in ihren Zentralorganen wie den peripheren Verzweigungen, sehen wir die gleichen Nervenfibrillen und Ganglienzellen , welche zu Biindeln angeordnet sich veriisteln, ohne dafi etwa die Fibrillen irgendwo sich zu héheren Einheiten wie Nervenfasern sonderten. Wahrend zwischen dem epithelialen, ambulacralen Nervensystem und den iibrigen Teilen ein direkter Zusammenhang nicht besteht, Anatomie der Ophiuren und Crinoiden, 363 so ist ein solches zwischen dem ventral und dorsal gelagerten vorhanden, wie ich oben schilderte. 3. Das periphere Nervensystem und die Sinnes- organe. Die Untersuchungen iiber das periphere Nervensystem werden iiber mehr Arten, als mir zur Verfiigung standen, ausgedehnt noch viele schéne Resultate ergeben. Bei den Asteriden habe ich in der Dorsalwand nach den verschiedenen Richtungen verlaufende, auf dem Querschnitt kreis- rund erscheinende Nervenziige gefunden, welche samtlich epithelial angeordnet waren. Ich habe solche bereits 18831) beschrieben und bin dann ausfiihrlich auf diese Nervenziige im ersten Heft zuriickgekommen. Ihre Ganglienzellen wie ihr Verlauf finden sich ebenda (Heft 1, pag. 9—11) geschildert. Als besondere Sinnes- epithelien wurden die Enden der Fiifchen der verschiedensten Arten gefunden. Epithelsinneszellen konnten nachgewiesen werden. Bei Holothurien, Ophiuren, Echiniden und Crinoiden ist der Zu- sammenhang der Nerven, welche ja ihre epitheliale Lagerung auf- gegeben haben, mit dem Epithel nur noch an besonderen Kérperstellen erhalten geblieben; an diesen Stellen aber sind ebenfalls Epithel- Sinneszellen nachweisbar *). Bei Synapta digitata traf ich tiberall in der Haut zerstreut Tastpapillen an, zu welchen Nervenztige von den Liangsstammen traten. Weiter konnte ich auf der Innenseite der Tentakeln eigen- artige Sinnesorgane, die ich als Sinnesknospen auffiihrte, nach- weisen *), Die Baur’schen Gehoérblaschen war ich nicht so gliicklich am lebenden Tier untersuchen zu kénnen. Ich hatte das mit Sauren konservierte Material vor mir und fand die Gehdérsteine nicht auf. Gliicklicher ist Smemon*+) gewesen, welcher dieselben in Neapel untersuchen konnte und sie als zweifellose Gehérorgane erkannte. Somit waren wir auch tiber diese Organe jetzt im klaren, deren Funktion so lange eine bestrittene war. 1) Diese in der Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. 39, 1883 erschienenen beiden Abhandlungen tragen denselben Titel wie diese Beitriige, enthalten aber teilweise Resultate, welche hier nicht wieder aufgenommen sind. Das Gleiche gilt von den Abbildungen. 2) Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 39, 1883. 3) Heft 1 dieser Beitrige. 4) Semon, Beitriige zur Naturgeschichte der Synaptiden des Mittelmeers, in: Mitteilung. d. zoolog. Stat. Neapel, Bd. 7, 1887. 364 Dr. Otto Hamann, Bei den Crinoiden fand ich ebenfalls Nervenendigungen im Epithel der Haut, wie auch die Sinnesknospen auf den Tentakeln als Sinnesorgane mit JicKELI!) erkannt wurden. Eine reiche Ausbeute von Nervenendigungen boten die Echi- niden, indem ich auf den Pedizellarien Sinnesorgane in verschiedener Bildung auffand. Am Fufe jedes Tentakels wurde ein Nervenring beschrieben, ebenso wie an der Basis der Spharidien. Bei den Ophiuren ist das periphere Nervensystem geradezu unerhért entwickelt, wie man schon aus den physiologischen Unter- suchungen von PREYER?) erwarten durfte. Besondere Sinnes- knospen konnten bei Ophiotrix beobachtet werden. Sie stehen auf den Tentakeln in grofer Anzahl. Die Nervenendigungen im Epithel gleichen den bei Crinoiden gefundenen. Als besondere Sinnesorgane miissen die Fiif%chen in allen Gruppen gelten. Besonders aber die Riickenfiikchen der Holo- thurien, beispielsweise von Holothuria Polii*), wo ich sie friiher beschrieben habe. Ebenso ist der Fiihler der Asteriden, den ich bei den Echi- niden wiederfand, als Sinnesorgan in Betracht zu ziehen. Augen- flecke fanden sich nur bei Seesternen vor, den Seeigeln mangeln sie, wie auch P. u. F. SaraAsin‘*) gefunden haben (siehe Anhang dieses Heft). 4. Das Nervensystem im Darmtraktus. Bei allen Gruppen fand ich ein Nervensystem im Darm vor, welches epithelial gelagert war. Nervenfibrillen und Ganglienzellen setzen dasselbe zusammen. Ein Zusammenhang mit dem Schlund- ring wurde in allen Fallen (Ausnahme Crinoiden) gefunden. Die Elemente, welche das Nervensystem bilden, sind die N erven- fibrillen und die Ganglienzellen. Die ersteren sind feinste Fibrillen, welche auf dem Querschnitt punktformig gestaltet sind. Sie laufen meist parallel zueinander. 1) Zoolog. Anzeiger, Jahrgang 7, 1884. 2) Preyer, Uber die Bewegungen der Seesterne, eine vergl. physiolog.-psycholog. Untersuchung, in: Mitteil. d. zool. Stat, Neapel, Bd. 7, 1. u. 2. Halfte. Auch separat, Berlin 1886. 3) Hamann, Abbildungen Taf. 20, Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 39, 1883, ebenda, Text pag. 309. 4) P. u. F. Sarasty, Die Augen und das Integument der Diade- matiden, in: Ergebn. naturw. Forschung, Ceylon, Bd. 1, 1887. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 365 Die Ganglienzellen sind hiillenlos und kommen in den ver- schiedensten Gréfen vor. Unipolare Zellen fand ich bei Crinoiden. Bi- und multipolare kamen allen fiinf Gruppen zu. Das Wassergefafsystem. In allen Gruppen besteht dasselbe aus einem Ringkanal und radidren Stimmen, sowie einem Zufiihrungskanal, dem Steinkanal und Madreporenplatte. Bei den Crinoiden ist die letztere zwar nicht vorhanden, aber wir haben Porenkanile, welche die Haut durchbrechen und allerdings nicht direkt in den Steinkanal fiihren, sondern in oberflachlich gelegene Hohlraume des Enterocoels miinden. Aus diesen Raumen nehmen die Steinkanale die Fliissigkeit auf, um sie in das Wassergefaf} zu fihren. Die Poren der Madreporenplatte sind stets offen. Muskeln zum Verschlufi desselben fehlen. Bei Asteriden, Echiniden und Ophiuren fiihren samtliche Porenkanale in den Steinkanal, nicht in benachbarte Riume. Nach einer kurzen Mitteilung von DurHam ') sollen Porenkanale in den schlauchférmigen Kanal sich éffnen. Ist letzterer nun ein Schizo- coelhohlraum , so wiirde dieser mit der AuSenwelt somit kommu- nizieren. Diese Angabe gilt fiir Cribrella ocellata. Welche Be- wandnis es mit dieser Beobachtung hat, werden hoffentlich bald neue Untersuchungen zeigen. Daf bei den Holothurien Steinkanal und Madreporenplatte in Ein- oder Mehrzahl zukommen, und daf diese denselben feineren Bau wie in den iibrigen Gruppen zeigen, habe ich ausfiihrlich dar- gelegt. Meist hat die Madreporenplatte den Steinkanal an seinem Anfangsteil umwachsen (vergl. Heft 1). Kin grofes Interesse bieten die Klappeneinrichtungen dieses Systems. Bei Asteriden waren sie schon langer bekannt. Bei Synapta digitata fand ich Semilunarklappen, wie ich dieselben nannte, am Eingange in die Tentakelkanale. Ihr Vorkommen wie ihre Funktion sind von Semon ”) bestitigt worden. Den Ophiuren wie den Crinoiden fehlen die Klappen. Sie werden durch quer ausgespannte Muskelfasern, welche das Lumen der GefaBe durchziehen, ersetzt. 1) Dursam, Madreporite of Cribrella ocellata, in: Proc. Roy. Soc., Bd. 43, 1888. 2) Semon, Beitriige zur Naturgeschichte der Synaptiden des Mittel- meeres, pag. 405, in: Mitt. Zool. Stat. Neapel, Bd. 7, 1887. 366 Dr. Otto Hamann, Die Geschlechtsroéhren. In einer besonderen Abhandlung 1) habe ich gezeigt, wie allen fiinf Echinodermengruppen Genitalréhren zukommen, in denen Urkeimzellen sich befinden, welche an bestimmten Stellen reifen. Diese Reifungsstitten sind die Geschlechtsorgane. Das Crinoiden, Ophiuren, Asteriden und Echiniden (Holo- thurien?) Gemeinschaftliche ist folgendes: In allenGruppen finden sich Kanile, die Genital- réhren, und zwar bei den Crinoiden in den Armen gelegen, bei Ophiuren teils in der Riickenwand, teils in den Wandungen der Bursae, bei Asteriden und Echiniden in der Dorsalwand der Scheibe. Diese Genitalréhren liegen in einem Bindegewebsseptum, in dessen Maschen in Liicken und Spalten die Blutlakunen lagern. Das Septum selbst hat stets seine Lagerung in Schizocoelraumen (Fig. 5 von einer Ophiure, Fig. 9 von einem Crinoiden, Fig. 15 von einem Asteriden, auf Taf. XX ebenda. Der Inhalt der Genitalréhren besteht in allen Gruppen aus ungefahr 0,008—0,01 mm grofen Zellen, den Urkeimzellen, welche améboid beweglich sind, und eine sich nur sehr wenig firbende Zellsubstanz besitzen. Der Kern, 0,005—0,007 mm grof, stellt sich als ein helles Blaschen dar, in welchem ein schén entwickeltes Netzwerk, welches sich mit Karmin meist sehr tief farbt, zu erkennen ist. Eine Verschiedenheit lift sich zwischen den einzelnen Echino- dermengruppen nur insofern konstatieren, als die Reifungsstatten dieser Urkeimzellen, oder, wie man auch sagen kann, die Reifungs- stiitten von Ei und Samenzelle an verschiedenen Orten im K6rper gelagert sein kénnen. ; Bei Crinoiden sahen wir die Urkeimzellen in den Pinnulis reifen, seitlichen Ausstiilpungen der Genitalréhren. Bei den Ophiuren aber treten unsere Zellen in die Wandungen der Bursae, Ein- stiilpungen der ventralen Kérperwand, und differenzieren sich hier zu Eiern und Spermazellen. Bei Asteriden und Echiniden endlich sehen wir Ausstiilpungen der Genitalréhren, welche zu den Geschlechtsschliuchen, spater grofen traubigen Organen, werden. Die letztgenannte Gruppe, die 1) Hamann, Die wandernden Urkeimzellen und ihre Reifungs- stiitten bei den Echinodermen, in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 46, 1887. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 367 Echiniden, denen sich vielleicht hierin noch die Holothurien an- schliefen, verlieren die Genitalréhren spiterhin und das erwachsene Tier besitzt keine Bildung, welche an sie erinnern kénnte. Die Muskulatur. Glatte wie quergestreifte Muskelfibrillen trafen wir an. Dazu kommen die eigentiimlich schrag gestreiften Fasern der Ophiuren. Epithelmuskelzellen konnte ich bei Holothurien, Asteriden und Crinoiden nachweisen. Es sind solche Zellen aufer bei den Coelen- teraten selten beschrieben worden. In neuester Zeit hat Ersic +) solche bei den Capitelliden, und zwar in der Darmwandung auf- gefunden. Die Muskulatur ist teils epithelialen, teils mesenchymatisen Ursprunges. Der ausgebildeten Muskelfaser kann man nicht mehr ihren Ursprung ansehen. Den glatten Fasern, welche stets eine Langsstreifung und dieser entsprechend einen Zerfall in feine Fibrillen zeigten, lag der Kern der Bildungszelle auBen auf, oft von nur wenig Plasma, dem Rest derselben, umgeben. Neben diesen Zellen kommen bei Crinoiden spindlige Muskelfasern vor, so in den Armen wie den Pinnulae und Cirrhen. Das dritisige Organ (sog. Herz). Zunichst ist das negative Resultat hervorzuheben, daf dieses Organ ein Zentralorgan des Blutlakunensystems nicht ist. Niemals sind Muskelfasern in der Wandung vorhanden. Uber die Funktion dieses Organes mit voller Sicherheit etwas anzugeben, ist zur Zeit unméglich. Es ist aber besser dies anzuer- kennen, als ihm die verschiedensten Funktionen zuzuschreiben, welche der rein subjektiven Meinung der Autoren entspringen. Das Einzige, was mit Bestimmtheit ausgesagt werden kann, ist, dafi das Organ einen driisigen Bau besitzt. Vornehmlich gilt dies fiir die Crinoiden. Von Bedeutung ist der Zusammenhang zwischen ihm und den Genitalréhren, welchen ich bei Asteriden beschrieben habe und welcher auch bei den Crinoiden nachweisbar ist. Die Schizocoelbildungen. Ein sehr ausgebildetes Hohlraumsystem kommt den Asteriden zu, welches sich in Gestalt von Liicken und Spalten in der Binde- substanz anlegte. Sowohl in der Riickenwand wie in der Bauch- 1) Erste, Die Capitelliden, in: Fauna u. Flora d. Golfes v. Neapel, 16, Monographie, 1887, Berlin. 368 Dr. Otto Hamann, wand finden wir dasselbe entwickelt, in letzterer in Gestalt von Lingskanalen in den Armen als Perihimalkanale. Bei den Ophiuren treffen wir diese Schizocoelraume ebenfalls an, wenn auch in ge- ringerer Ausdehnung, wie KOEHLER!) in ausgezeichneter Weise geschildert hat. Bei den Crinoiden sind als solche Raume die unter den Ambulacralnerven gelegenen Langskanale anzusehen. Der Zusammenhang dieser Raiume und ihr Verhalten zu den Blutlakunen ist in Heft 3 ausfiihrlich geschildert worden. Immer liegen die Blutlakunen der K6rperwand in solchen Schizocoelréumen eingeschlossen, so bei Asteriden, Echiniden und Ophiuren. Die Bindesubstanz. Neben den fixen spindligen oder sternférmigen Zellen, welche in der Intercellularsubstanz liegen, sind améboide Zellen vorhanden, welche ich als Plasmawanderzellen beschrieben habe. Ihre Be- wegungen in der Bindesubstanz sind ausfiihrlich bei den Holothurien (Heft 1) untersucht worden. Es lassen sich diese Zellen, welche oft eigenartige Einschliisse bergen, nicht deutlich von den in der Blutfliissigkeit vorkommenden Zellen unterscheiden. Uberginge sind zwischen beiden vorhanden, eine Thatsache, welche auch SEMON ”) bestatigt hat. Was die Fasern, welche die Grundsubstanz durchziehen, an- langt, so sind diese entweder simtlich noch nachweisbar in Zu- sammenhang mit den spindligen oder sternférmigen Zellen oder doch als Auslaufer derselben anzusehen, wie besonders die Be- obachtungen an jugendlichen Tieren lehren. Auf die verschiedenen Modifikationen dieses Gewebes, dessen Grundsubstanz ja verkalken kann, weise ich an dieser Stelle nur hin. Bei Schilderung der einzelnen Gruppen sind diese hinreichend erortert. Kapitel 2. Zur Stammesgeschichte. Mein anfinglicher Entschlu8, die Phylogenie der Echinodermen in umfassender Weise zu bearbeiten, ist im Laufe der Unter- 1) Koruter, Recherches sur l'appareil circulatoire des Ophiures, in: Ann. Sc. nat. zool., Bd. 7, 1887. 2) Semon, Beitr. z. Naturgesch. d. Synaptid. d. Mittelmeeres, in: Mitt. zool. Stat. Neapel, Bd. 7, 1887. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 369 suchungen ins Wanken gekommen. Mehr und mehr kam ich zu zu der Uberzeugung, da eine Darlegung der Stammesgeschichte nur zu sehr rein subjektiver Natur sein wiirde, und viele der ein- zelnen Thatsachen sich bald so, bald so verwerten lassen. Nur in einem Punkte bin ich jetzt noch gréSerer Uberzeugung, daf die Asteriden mit den Echiniden in Zusammenhang stehen und letztere von ersteren ableitbar sind. Ja, daf erst, wenn wir dieses thun, uns die Organisationsverhiltnisse der Echiniden vollstandig ver- stindlich werden. Die Holothurien sind mir noch immer Formen, welche riickgebildet sind und fiir deren Ursprung von den Kchi- niden aus Manches spricht, wahrend ich die Crinoiden fiir die héchst organisierten Formen und ebenso die Ophiuren fir eine Gruppe halte, welche mit den tbrigen in keiner naheren Be- ziehung stehen, als dal sie insgesamt von Vorfahren herzuleiten sind, welche den Enterocoel-Wiirmern verwandt, bereits ein Wasser- gefafsystem, eine Leibeshohle, ein ektodermales Nervensystem und bestimmte Kalkplatten besafen. Meine Ansicht tiber den Ursprung der Crinoiden und ihre Beziehungen zu den itibrigen Echinodermen habe ich bereits in Heft 3 dieser Beitrage dargelegt; dort sagte ich, nachdem ich auf die Unméglichkeit hingewiesen hatte, die Crinoiden als die Stamm- gruppe der Echinodermen anzusehen. Unser jetziger Standpunkt kann nur der sein, daf auf der einen Seite die Crinoiden stehen, auf der anderen die Asteriden, von denen aus ohne Zwang sich die Echiniden bearbeiten lassen, und endlich die Holothurien. Die Ophiuren stellte ich+) weiter in die Nahe der Crinoiden, und wies darauf hin, daf dieselben mit den Asteriden unméglich zu einer Gruppe vereinigt werden kénnten. Es ist unterdessen eine Abhandlung von Semon ”) erschienen, in welcher unsere Kenntnisse tiber die Entwickelung der Synapta in vielen Beziehungen bereichert worden sind. Ein zweiter Teil der Arbeit beschaftigt sich mit der Stammesgeschichte der KEchi- nodermen. Diesem Teil kann ich unméglich in allen Stiicken beistimmen, da die in ihm ausgesprochene Hypothese — so an- schaulich und klar sie auch hervorgetragen wird — sich nicht mit den Thatsachen vereinigen lait und ihr Autor gezwungen ist, 1) Vorliuf. Mitteilung zur Morpholog. d. Ophiuren, in: Nachricht. d, konigl. Gesellsch. d. Wissensch. u. d. Georg - Augustis - Universitit Gottingen, No. 14, 1887, Sitzg. 2. Juli. 2) Semon, die Entwicklg. d. Synapta digitata u. d. Stammesgesch. d. Echinodermen, in: Jen, Zeitschr. f. Naturw., Bd. 15, 1888. 370 Dr. Otto Hamann, beispielsweise die Berechtigung zur Homologisierung der Platten, zu bestreiten. Semon stellt in Erinnerung an die Gastraea eine hypothetische Pentactaea auf, welche als Stammform der Echinodermen gelten mul. Dieses Stadium wird durch die Pentactulalarve, in welcher er ,,einen allgemein wichtigen, unverfalschten Entwickelungszustand“ erblickt, von allen Echinodermen ontogenetisch rekapituliert. Diese Pentactulalarven zeigen an und fiir sich nichts, was man als cenogenetische Bildungen deuten kénnte. Dieses Pentactula- larvenstadium, folgt auf das ,,dipleure‘‘ Larvenstadium, indem dieses durch Ausbildung von fiinf Tentakeln, Primartentakeln benannt, die bilateral-symmetrische Gliederung mit der radidiren Gliederung zu vertauschen beginnt. Auf dieses Stadium konvergieren die abweichenden dipleuren Larven, um dann wieder divergente Ent- wickelungswege einzuschlagen. Die Pentactula wird definiert als ein Geschépf, dessen vorderer Kérperpol durch die Mundétmung bezeichnet wird, um welche fiinf Tentakel stehen. Diese sind fiinf Ausstiilpungen des WassergefaBringes, der den Schlund umkreist. Uberzogen werden sie von dem Sinnesepithel der auferen Haut. Es besitzt dieses Stadium weiter den primaren Steinkanal, welcher als Kanal vom Ringkanal aus durch die Kérperoberflache, den Riickenporus nach aufen miindet. Ein Nervenring mit finf Nerven zu den Primartentakeln ist vorhanden. Beide Teile liegen im Ektoderm, ihrem Ursprungsort. Durch den auf der Ventralseite der ehemaligen Larve liegenden After miindet der Darm nach aufen. Er liegt bald entfernt, bald nahe am Mund, oder gar am hinteren Kérperpol. Zwischen der Koérperwand und dem Darm liegt die Leibeshéhle, die aus paarigen Darmaussackungen entstan- den ist. Es fragt sich nun, ist eine Berechtigung vorhanden, eine Stammform — Pentactaea — anzunehmen, welche der Pentactula in den meisten Stiicken gleicht, und vorher: giebt es tiberhaupt ein solches Pentactulastadium in allen Gruppen, und wenn dies der Fall ist, ist dasselbe nicht cenogenetisch verandert ? Zunaichst hebe ich hervor, daf meiner Meinung nach unsere Kenntnisse iiber die Entwickelung der Echinodermen noch so ge- ringe sind, daf die Feststellung eines Pentactulastadiums und einer Pentactaea verfriiht erscheinen und daf eine solche Be- trachtung allzu schablonenhaft erscheint. Daf es einen grofen Teil der Schwierigkeiten iiberwinden heift, wenn man die Asteriden, Echiniden, Holothurien, Ophiuren und Crinoiden Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 371 siimtlich als divergente Aste aus einer konstruierten Urform her- leitet, leuchtet ein, nur verzichtet man dann darauf, die merk- wiirdigen Ubereinstimmungen zwischen einzelnen Gruppen, wie Asteriden, Echiniden und Holothurien, zu erkliren — oder man nimmt, wie es Semon thut, an, daf diese nur zufallige seien und leugnet die Homologieen ab. Giebt es iiberhaupt ein Pentactulastadium in allen Gruppen? Ich muf das verneinen — denn die Bildungen, welche fiir ein und dasselbe Stadium erklirt werden, sind verschiedene und zeigen unzweifelhaft Modifikationen. Um zu zeigen wie ein Echinide (G6rrr, BALFouR) aus der sogenannten Pentactula entsteht, mu sich diese zuriickbilden, sie mu ihre Tentakel samt den Nerven auf diesen wie die Wassergefae verlieren! Und nun sind nach Semon die spiteren fiinf Nerven- stimme, fiinf Wassergefia8e, fiinf Schizocoellaingskanale der Echiniden, Bildungen, welche nichts zu thun haben mit den gleichen finf (oder mehr) ambulacralen Nervenstimmen, fiinf Wassergefafen, fiinf Schizocoellangskanalen der Asteriden, Holothurien, Crinoiden und Ophiuren! Daf die Nervenstiimme in allen Gruppen so tiberein- stimmend gebaut sind, dal sie bei Echiniden ebenso in Schizocoel- riumen liegen wie bei den Ophiuren, alles dies miissen wir als Zufalligkeiten erklaren, gerade wie die Bildungen der Kalkplatten- systeme! Daf die Radiirnervenstimme mit einem Fihler enden, dem Fiihler der Asteriden an der Spitze der Arme, welcher die Intergenitalplatte der Echiniden durchbohrend sich hier wieder- findet, miissen dann ebenfalls reine Zufalligkeiten sein. Diese Ansicht, daf die radiiren Nervenstimme und Wasser- gefafe der Echiniden und Holothurien denen der Asteriden und Ophiuren nicht homolog und ginzlich anderer Natur seien, hat GOTTE!) zuerst ausgesprochen. Aber ebensowenig wie sich die in derselben Abhandlung verteidigte Ansicht von der entodermalen Entstehung des ambulacralen Nervensystems bewahrheitet hat *), ebensowenig kann diese auch von BALFrour®) bereits zuriickge- wiesene Anschauung, welche auf Mvi.urr’s und Krouns 4ltere, 1) Gorrr, Vergl. Entwickelungsgesch. der Comatula, in: Arch. f. mikr. Anat., Bd. 12, 1876. 2) Vergl. die Darstellung von Semon, welcher die ektodermale Entstehung nachweist. 8) Batrour, Handbuch der vergleichend. Embryologie, Bd. 1, 1880. 372 Dr. Otto Hamann, aber in manchen Punkten durchaus falsche Beobachtungen sich stiitzte, irgendwelche Geltung haben. Diejenigen fiinf Ausstiilpungen, welche um die Mundoffnung der sog. Pentactula gelegen sind und als Primartentakel bezeichnet werden, sind somit keineswegs gleichartige Bildungen. Auch liegt gar kein Grund vor, diese Larve als palingenetische aufzufassen Im Gegenteil zeigt, da’ diese Larvenform Riickbildungen durch- machen muS, um zum Echinid zu werden, daf cenogenetische Veranderungen ihren Bau bedingt haben miissen. Weiter sollen die Holothurien sich von den itibrigen Gruppen dadurch unter- scheiden, dafi ihre Kérperwassergefafe adradial, nicht radial liegen. Um zu diesem Resultat zu kommen, werden die primaren Aus- stiilpungen der Hydrocoelréhre — welche nicht zu den Wasser- gefaBen werden, den Primartentakeln der fbrigen, welche zu solchen werden, gleichgestellt. Als ob es auf den Zeitpunkt allein ankomme, in dem sich ein Organ anlegt. Wie oft ist dieser in der Ontogenie verschoben! Die Primartentakeln der Holothurien sind fiir mich noch immer sekundare Bildungen und nur die Aus- stiilpungen, welche zu den radidren Wassergefassen werden, sind homologe Bildungen. So steht sich hier Behauptung Behauptung gegeniiber. Auf der einen Seite das Bestreben, nach unseren geringen Kenntnissen ein Schema zurecht zu machen, auf der anderen das Gestandnis, dafi unsere jetzigen Kenntnisse tiber die Echinodermenentwickelung anerkanntermagen diirftige sind und die Forderung mit so weit gehenden Hypothesen — mit denen der Wissenschaft ganz und gar nicht gedient sein kann — zuriickzuhalten. Eins aber, meine ich, wird uns durch die Pentactulahypothese deutlich vor die Augen gefiihrt, uns zu hiiten bei Fragen nach der Verwandtschaft der Tiere allzuviel Gewicht auf die ent- wickelungsgeschichtlichen Thatsachen zu legen, vielmehr den ana- tomischen Bau der Tiere mehr zu beriicksichtigen. Ein Weg, welcher schlieSlich dazu fiihrt, die Homologien der fiinf radiaren Wassergefife, der radiiren Nervenstamme, der Echinodermen zu leugnen, kann doch unméglich der richtige sein! Wenn wir aber die Ubereinstimmung sehen, welche samt- liche Echinodermen beispielsweise in der Bildung der Genital - réhren zeigen, so wird man annehmen miissen, dass eine solche Bildung samt ihren Schizocoelraumen und Blutlakunen nur von einer Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 373 Urform vererbt sein kann, ebenso wie die Bildungen der Kalk- platten. Wer freilich annehmen will, da’ ein und dieselbe kom- plizierte Bildung so und so oftmals von neuem entsteht, mit dem ist nicht zu rechten. Was die Homologieen der Kalkplatten anlangt, so sind die bertihmten Untersuchungen Loveén’s und die nicht minder klaren und ausgezeichneten Resultate P. H. CArprenrer’s diejenigen, welche heutzutage in Geltung sind. Freilich hat Semon Recht, wenn er sagt, daf' die Frage noch gar keiner ernstlichen Dis- kussion unterzogen sei, ob echte Homologieen vorhanden seien. Das gelte als ausgemacht. Wer je sich mit diesen Bildungen be- schiftigt hat, fiir den gelten die Homologieen allerdings fiir aus- gemacht. Wird man einmal so weit sein, eine Grundform aufzustellen, von welcher aus einzelne Gruppen, wie Crinoiden, Ophiuren und Asteriden sich entwickelt haben kénnten, so diirfte dieser gewif bestimmte Kalkplatten als das erste zuerkannt werden miissen. Ob es je freilich gelingen wird, aus den embryologischen That- sachen sowie den vergleichend anatomischen einen vollen, halbwegs sicheren Einblick in die Entstehung dieser uralten Tiergruppe zu gewinnen, ist eine andere Frage. Anhaneg. 1. P. und F. Sarasry') haben bei einem neuen Diadema (Astropyga Freudenbergi) auf der Haut die schon friiher von Peters”) beschriebenen Flecke, welche sich sowohl in den Ambu- lacren wie Interambulacren bei Astropyga finden, als augenahnliche Organe erkannt. Die beiden Autoren schildern uns diese Organe als sehr hoch entwickelt und kommen dabei auf die Augenflecke der Seesterne zu sprechen, ohne jedoch die Litteratur genau zu kennen. Sie ziehen eine den Charakter einer gréSeren vorliufigen Mitteilung tragende Arbeit von mir heran, welche im Jahre 1883 (im September) erschienen war. In dieser Arbeit beschrieb ich 1) P. u. F. Sarastn, Die Augen und das Integument der Diade- matiden, in: Ergebnisse naturw. Forschungen auf Ceylon, Bd. 1, 1887, Wiesbaden. 2) Perens W., Uber die an der Kiiste von Mossambique be- obachteten Seeigel und insbesondere iiber die Gruppe der Diademen, Berlin 1855, 374 Dr. Otto Hamann, die Augenflecke kurz, um sie in einer spiter erschienenen grésseren Arbeit !), nachdem ich frisches Material wiederholt zur Unter- suchung benutzt hatte, ausfiihrlich zu schildern. Diese gréssere Abhandlung ist den Autoren vollstaéndig unbekannt geblieben. Wenn sie nun meinen, dass ich in den Augenflecken lichtbrechende Kérper leugne, so entspricht dies den Thatsachen nicht. Wie ich dazu kam, sie in der friiheren Arbeit nicht zu beschreiben, habe ich genau angegeben. Weiter habe ich noch folgendes zu bemerken. Der yon den beiden Verfassern beschriebene Nervenring an der Basis der Stachel ist bereits ein Jahr vorher entdeckt worden in zwei Mitteilungen von ProuHo ?) und mir*), welche ihnen eben- falls entgangen sind. Eine ausfiihrliche Darstellung dieses Nerven- ringes habe ich im dritten Heft dieser Beitrige’ gegeben. 2. Mit den KEchiniden beschaftigt sich eine Arbeit von Prouno*). Der Autor ist, was das Wassergefafsystem anlangt, teilweise zu abweichenden Resultaten gekommen, wenn auch in einigen Hauptfragen wie tiber den Bau und die Miindung des Steinkanales Ubereinstimmung herrscht. Niher eingehen kann ich auf diese Arbeit nicht, da dieselbe zu sehr zeigt, wie der Autor mit dem Stoff gerungen hat. Fiir eine Doktordissertation sind die Echiniden, die Echinodermen tiberhaupt, schlecht geeignet, wenn nicht schon eine laingere Bekanntschaft mit denselben vor- ausgegangen war, und diese scheint Herrn Prouno gemangelt zu haben. Wenn er an einer Stelle meint, dass nur Injektionen einen genauen Einblick in die Verhaltnisse der Gefiisse geben kénnen, so zeigt dies, wie wenig er mit den Geweben dieser Tiere vertraut sein muss. Lupwice hat bereits die auf Injektionen begriindeten Resultate zuriickgewiesen, und ich habe mich an mehreren Stellen gegen alle Gefafinjektionen ausgesprochen, weil man je nach dem Druck der Flissigkeit alle méglichen und unméglichen Wege in der Bindesubstanz weisen kann. Daf unsere Resultate, sobald Injektionen angewendet wurden, nicht tibereinstimmen kénnen, ist somit selbstverstandlich. 3. Bei der Bearbeitung der Echiniden war mir leider eine Ab- 1) Hamann, Beitr. z. Histologie d. Echinodermen. Heft 2: Die Asteriden, Jena 1885. 2) Provuo, Comptes rendus, pag. 102, 1886. 3) Hamann, Vorl. Mitteil. z. Morphol. d. Echiniden, in: Sitz.- Ber. d. Jen. Ges, f. Med. u. Natw., Jahrg. 1886, Nr. 27. 4) Provuo, Recherches sur le Dorocidaris et quelques autres Echinides de la Méditerranée, in: Arch. zool. exp. 1887. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. BYES) handlung von Nremrec!) unzuginglich, da der Recueil Suisse auf der hiesigen Bibliothek nicht mitgehalten wird. Durch die Giite des Herrn Professor Fou wurde ich aber in den Stand gesetzt, nachtraglich von dieser Arbeit Notiz nehmen zu kénnen. Nremrec hat Psammechinus miliaris, Sphaerechinus brevirostris und Bryssopsis lyrifera naher untersucht. Seine Resultate stimmen in vielen Punkten mit den meinigen tiberein. In der Darstellung der einzelnen Schichten, welche die Wandung der FiSchen zu- sammensetzen, stimmen wir tiberein. Jene der Lingsmuskelschicht auBen aufliegende Membran wird als couche elastique beschrieben, bei Bryssopsis hingegen als circulaére Fasern in Anspruch ge- nommen. Von dem Vorhandensein zirkularer Muskelfasern in der Scheibe von Spaerechinus habe ich mich nicht tiberzeugen k6énnen. Was die Nervenziige anlangt, so wurden sie bis in die Scheibe verfolgt. ,,Son plus grand renflement“* — sagt der Autor in bezug auf den Fiif{chennerv — se trouve dans le dernier plie du tube, mais je n’ai pas voir sa continuation dans le reste du disque.‘ Wie aus den Figuren aber hervorgeht, hat Nrzemrec mehr gesehen. So ist in Fig. 3 Taf. I die als fibres radiaires externes bezeichnete Schicht der eine zum Epithel ziehende Nervenzug (vergl. die Figuren Taf. X, dies. Beitrage, Heft 3), und hat diese Schicht mit dem Bindegewebe nichts zu thun. Mit der Deutung einzelner Teile der Bindesubstanz als muskulés kann ich mich nicht einverstanden er- kliren. Als echte Muskelfasern kann ich nur die Langsmuskeln ansehen, wahrend in der Bindesubstanzschicht ich jene Bindel, wie ich sie auf Taf. XXI, Fig. 3 u. 4 abgebildet habe, nur fir bindegewebiger Natur erklaren kann. 4, Nach Vollendung des Manuskriptes finde ich im Zoologischen Anzeiger Nr. 11, 25. Juni, Jahrgang 7, 1888 eine Mitteilung von JICKELI iiber das Nervensystem. In dieser wird der LANGr’sche Nerv der Asteriden als nervés in Anspruch genommen. Somit ist dieser Forscher, dessen Resultate tiber die Crinoiden, welche leider auch nur in kurzer Mitteilung bisher bekannt geworden sind, ich ‘mehrfach bestatigen konnte, zur gleichen Ansicht gekommen, wie ich bei Ophiuren und Asteriden, wie in diesem Hefte ausfiihrlich dargethan worden ist. 1) J. Niemrec, Recherches sur les ventouses dans le régne animal, in: Rec. Z. Suisse, Bd. 2, 1885. Bd. XXIII, N. F. XVI. 25 376 Dr. Otto Hamann, Wenn JicKkELI aber von einem vierten Nervensystem berichtet, welches in Gestalt von Nervenfibrillen und Ganglienzellen ,,im Grunde des Epithels“ des Darmes liegt und dies als eine neue Entdeckung schildert, so ist ihm wohl — wie Sarasin — diese Reihe von Abhandlungen entgangen. In Heft 2 pag. 14 ist ,,Das Nervensystem des Darmtraktus ausfiihrlich geschildert und ebenso schon vorher in einer vorlaéufigen Mitteilung in den Nachrichten von der k@énigl. Gesellsch. d. Wissenschaft. u. d. Georg-August- Universitat Goéttingen, 1884, Nr. 9. Auch habe ich Abbildungen dieser Darmnerven gegeben. Ebenso erwahnt dieser Autor mit keinem Wort, da’ ich bereits das epitheliale Nervensystem in der Riicken- haut beschrieben habe! Géttingen, Ende Juli 1888. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 3717 Tafel-Erklarungen '), In allen Figuren gelten: BL Blutlakune. nf, nf?, nf Nerven fibrillen. D Darm. P. B. Poursche Blase. BLA Blutlakunenring. Sch Schizocoelraum. GR Gehirnring. WGR Wassergefibring. G Ganglion. WG Wassergefas. gz, gz’ Ganglien. Tafel XII. Fig. 1 bis Fig. 9 Querschnitte durch einen Arm yon Ophioglypha albida. Die Schnitte sind aus einer Serie und folgen der Nummer nach aufeinander. Mit Rot sind der durchquerte radiire Ner- venstamm sowie simmtliche periphere Nervenstimme gekenn- zeichnet. Gp, Gp1, Gp? Ganglien. Fig. 1, 2, 5 und 4 sind Querschnitte durch die Intervertebralmuskeln; die Figuren 5—9 solche durch den Wirbel selbst. Tafel XIII. Fig. 1. Langsschnitt durch einen Teil eines Armes von Ophioglypha albida, um den gegliederten radiiren Nervenstamm mit den Wirbel-Muskelnerven zu zeigen. Sch Lingskanal, in welchem derselbe verlauft. Fig. 2. Liangsschnitt in der Medianlinie des Armes gefiihrt; das radiire WassergefiB ist der Linge nach durchschnitten. Ebendaher. Fig. 3. Etwas schematischer Vertikalschnitt durch Scheibe und einen Arm yon Ophiogl. alb. Fig. 4. Querschnitt durch den radiéren Nervenstamm, um den Ur- sprung der Seitenerven zu zeigen. D. oc. 3. Wetcert’sche Kupferoxydlésg. Ophiogl. alb. Fig. 5. Querschnitt durch den radiairen Nervenstamm, um den Ursprung der seitlichen Nervenziige N zu zeigen und die Beteiligung der mit wf? bezeichneten Nervenfibrillen. Ebendaher. Farbung n. Weicert. (Kupferoxydlés.) D. oc. 3. Fig. 6. Langsschnitt durch den radiiren Nervenstamm. nf! Nerven- fibrillen desselben; nf? die periphere Lage von Nervenfibrillen mit ihren Ganglienzellen gz?. Nim. Nervenzug zur Wirbel- muskulatur ebendaher. D. oc. 3. 1) Die grofsen Buchstaben bezeichnen die Objektive, die Zahlen die Okulare von Zeiss. Die Bilder sind bei eingezogenem Tubus simtlich mit der Camera entworfen. 25* 378 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Dr. Otto Hamann, Ganglienzellen aus dem dorsal-peripheren Belag des radiaren Arm-Nervenstammes. 1/,,. Oelimm. oc. 4. Ophiogl. alb. Schnitt durch das Ganglion ventrale. '/,, Oelimm. oc. 3. Pikrinschwefels. kons. neutral. Karm. gef. Ophiogl. albida. Oberflachenansicht der radidren Arm-Blutlakune von Ophiogl. albida. F. oc. 3. Querschnitt durch den radiaren Nervenstamm im Bereich der Intervertebralmuskeln, also zwischen zwei Wirbeln gefithrt. F. oc. 3. Ophiogl. alb. Querschnitt durch den radiiren Nervenstamm. Von der Blutlakune gehen rechts und links Zweige ab. F. oc. 3. Ophiogl. alb. Zwei Epithelstiitzzellen aus dem radidren Nervenstamm eben- daher. F. oc. 3. Ophiogl. albida. Tafel XIV. Querschnitt durch den Gehirnring. D. oc. 3. Ophiogl. alb. Querschnitt durch denselben und ein MundfiiBchen ebendaher. Querschnitt durch denselben, an der Stelle, wo ein radiirer Nervenstamm herantritt. D. 3. Ophiogl. alb. Querschnitt durch den Gehirnring, an einer anderen Stelle. D. 3. Ophiogl. alb. Nervenendigungen in der Haut von Ophiogl. alb. F. oe. 3. Querschnitt durch einen Arm von Ophiogl. alb., um die Ver- zweigung der Lateralnerven zu zeigen, welche vom radiaren Nervenstamm entspringen. Nervenendigung im Wimperepithel einer Bursa. Ophiogl. alb. F. oc. 3. Ganglienzellen aus dem ventralen Belag des Gehirnringes. F. oc. 3. Ophiogl. alb. Entkalkte Bindesubstanz ebendaher. D. oc. 3. Tafel XV. Liangsschnitt durch ein FiiBchen; der radiire Nervenstamm ist quer durchschnitten. N12. Nerv. lateralis primus, NV Nervenzug im Fiigchen. D. oc. 5. Ophiogl. alb. Langsschnitt durch die ventrale Kérperwand, um den Gehirn- ring, Steinkanal S-K, das driisige Organ Dr, die Madreporen- platte zu zeigen. D die Darmwandung. A. oc. 2. Ophiogl. alb. Querschnitt durch ein FiiBchen von Ophiothrix fragilis. A. oc. 3. Teil der in Fig. 3 abgebildeten FifSchenwandung von Ophio- thrix fragilis, die Sinnesorgane zeigend. hn durchquerter FiiBchennerv, kn Nervenzug zu den Knospen ziehend. F. oc. 3. Ganglienzellen von Ophioglyph. albida, aus dem durchquerten Gehirnring. F. oc. 3 Querschnitt durch den radiiren bilateralen Nervenstamm von Ophiothrix fragilis, die regelmaibige Anhiufung der Ganglien- zellen zeigend. A. oc. 3. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 7. . 14, Jpkd. ath. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. a79 Teil eines Querschnittes durch den radiiren Nervenstamm von Ophiothrix fragilis. Der Ursprung des einen der beiden Inter- vertebralnerven ist zu sehen. mf der dorsal-periphere Zellbelag mit seinen Nervenfibrillen. IF. oc. 3. Enterocoelepithel von der dorsalen Mittellinie. Ophiothr. fragil. F. oe. 1. Querschnitt durch den radiaren Nervenstamm ebendaher, die Bildung eines Seitennerven zeigend. F. oc. 3. Zellengruppen auf dem Stachel von Ophiothr. fragil. von der Flache gesehen. F. oc. 3. Nervenzug mit seinem Ganglion G zum Stachel von Ophiothr. fragil. F. oc. 3. Epithel des Porenganges der Madreporenplatte ebendaher. D. oo. 3. Enterocoelepithel von Ophiog]. albida. F. oc. 3. Tafel XVI. Langsschnitt durch den Arm von Ophiothrix fragilis, um die Verzweigungen des vom durchquerten radiiren Nervenstamm ausgehenden Latralnerven zu zeigen. A. oc. 2. g, g, g? die Ganglien. Ophiothr. fragil. Langsschnitt seitlich von der Medianlinie durch eine Armspitze derselben Art. /” Fiihler. Der gegliederte radiiire Nervenstamm tritt deutlich vor. Ebendaher. Flichenansicht des Fiihlers derselben Art. Lupenvergrésserung. Ebendaher. Langsschnitt durch einen beweglichen Haken von Ophiothr. fragil. D. oc. 1. Schnitt durch die Kérperhaut. ep Epithel, bg Cutis. Ophio- myxa pentagona. D. oc. 3. Flachenansicht eines beweglichen Hakens von Ophiothr. fragil. M der Beuger. Querschnitt durch ein MundfiiZchen von Ophiogl. alb. D. oc. 3. Langsschnitt durch die Madreporenplatte von Ophiogl. albid., um die zwei Poren zu zeigen, Hingang in die Bursa. Das der Linge nach durchschnittene, im Arm verlaufende ra- diire WassergefaB von Ophiogl. alb. F. oc. 3. Querschnitt durch das radiare WassergefiB des Armes, rechts und links die zu den FiiBchen fiihrenden WassergefaiBe. Ophiogl. alb... D., 0¢.»,3. Epithel aus dem Steinkanal von Ophiogl. alb. F. oc. 5. Os- miumprap. Querschnitt durch den Wassergefifring und den Anfangsteil des von diesem entspringenden Steinkanales. Ophiogl. alb. Isolirte Muskelfibrillen von Ophioderma longicauda. 1/,, Oelimm. Zeiss. Langsschnitt durch den Riickenporus von Ophiogl. alb. D. oc. 3. Schnitt durch die Madreporenplatte. Ophiogl. alb. Langsdurchnittenes MundfiiBchen derselben Art. D. oc. 2. ie, O70 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 2. Dr. Otto Hamann, Isolirte glatte Muskelfaser aus einem Intervertebralmuskel von Ophiogl. alb. F. oe. 3. Tafel XVII. Liangsschnitt durch eine Bursa Ophiogl. albida. I—H Leibes- hohle; Ov Ovarialsickchen; KW Korperwand; Uk Urkeim- zellen. D. oc. 2. Teil eines Schnittes durch die Wandung einer Bursa, um den Verlauf der Genitalréhre zu zeigen. H Hodensackanlage. Langsschnitt durch ein Ovarialsiickchen, Oph. alb. um die Urkeimzellen der Genitalréhre in ihrem Eindringen in dieselbe m zeigen. Sch == Schizocoelraum, PR — Perihimalraum; GR Genitalréhre. F. oc. 3. Langsschnitt durch ein Hodensickchen und einen Teil der Wandung der Bursa. e? Célomepithel. F. oc. 3. Querschnitt durch das Bindegewebsseptum, in welchem im Zentrum die Genitalréhre GR, peripher in Liicken der Binde- substanz die Blutfliissigkeit der dorsalen Blutlakune BI ver- verlauft. Chroms. entk. neutr. Karm. wie die vorhergeh. F. oc. 3. Urkeimzellen aus der Genitalréhre. F. oe. 4. Ansicht einer Ophiure von der Riickenfliche. Das Riickendach ist abgetragen. Diese Figur ist mit Benutzung einer Kouter- schen Figur entworfen. Blau ist das Wassergefafsystem, rot das Blutlakunensystem, welches in gelben Perihimal- oder Schizocoelraumen verlauft, gekennzeichnet. Zugleich deuten die gelben Linien den Verlauf der Genitalréhren an. Dr Driise. Der Verlauf der Blutlakunen sowie Genitalréhren ist bald in der ventralen Kérperwand (interradial) oder in der dorsalen Kérperwand (radial). Langsschnitt durch die dorsale Blutlakune, Genitalréhre GR, um die zum Darm durch die Leibeshéhle ziehende Blutlakune DBL 7m zeigen. F. oc. 3. Schnitt durch die Darmwand von Ophiogl. alb. F. oc. 3. . Isolierte Darmepithelzellen ebendaher. F. oc. 3 Tafel XVIII. Langsschnitt durch das sog. gekammerte Organ von Actino- metra pulchella. A die Kammern des Organes; st die Fort- setzung des driisigen Organes in dieselben; R die verkalkte Rosette; a—b, c—d deuten die Richtungen an, in welchen die Schnitte Fig. 4 und Fig. 5 gefiihrt sind. A. oc. 1. Langsschnitt durch den unteren Teil des gekammerten Organes derselben Art. s. Text. D. oc. 1. 3 bis Fig. 8. Querschnitte durch das gekammerte Organ. ChG die Cirrhen-GefaiBe. ¢, C das aborale Central-Nervensystem. Anted. rosac. A. oc. 1. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 9. 10. ae. aye . 15. bk 12. 13. Anatomie der Ophiuren und Crinoiden. 381 Teil des in Fig. 6 abgebildeten Querschnittes stiirker ver- gréBert, um die Ganglienzellen und Nervenfibrillen zu zeigen. D. oc. 1. Anted. rosac. Laingsschnitt durch das gekammerte Organ von Actinometra pulchella. A. oc. 1. (Tangentialschnitt.) Ganglienzellen mit Nervenfibrillen. (Chroms. entkalkt, Neutral. Karminlésg. 1/,, Oelimmers. oe. 3.) Isolierte Epithelmuskelfibrillen aus dem Wassergefifsystem von Anted. rosac. F. oe. 3. Ebenfalls, Oberflachenansicht. Tafel XIX. Hiner der folgenden Schnitte (auf Fig. 8 von Tafel VII folgend) oberhalb des gekammerten Organes. Der Achsenstrang in dem Anfangsteil der Leibeshéhle suspendiert. A. oc. 1. Lingsschnitt durch die Mundéffnung von Ant. ros. Ks ist nur die linke Hilfte wiedergegeben. Schl == Schlundwandung; T = Tentakel; Nr der durchquerte pentagonale Schlundring mit den von ihm sich abzweigenden Nervenziigen zum Ten- takel und der (ventralen, ovalen) Kérperwand, welcher wiederum einen Ast in die Leibeshéhle entsendet. WZ! und WT’ zwei Wimpertrichter. aqIVJqO]O yy dasunyqoeiqroyuy) | . aston bie OL here qIveyaq qoup qaveyaq WorAyos F jigs “Sup qsey “Jopuvrossne ‘qoeg ‘Suup > weyo jopuvrossne YOU youmyos ‘Srms07 “Uereny JORIS | _yerqnoy v3 Jopo youmyos | 1, « yor = ae] {Iu YOIT}JozURT é ‘Yorpy}}0ZU8T ; : Lopo STMIOJZI10Y un4S-yorunesqg uni3 unas BS oe puesarpieperu eyjoqui ° ASTOMZUO}IOEg arp :suon eke Stee slopuoseq uuBp yon. -lopstu UoyuN \yoorne yslenz ——— ee _____ EE ae Sud0s9UBd B[edastsu0T eplsing ByATY stjAjsorovur vyJoqni ‘*O LL LL LL Uber einige Pflanzenbastardierungen. 493 Hiernach zeigt sich, daf die Arten hauptsiachlich in folgenden Punkten sich von einander unterscheiden: im Wuchs, in der Farbe des Stengels, in der Form, Farbe und Behaarung der Teilblattchen, in der Art des Bliihens, ob mit oder ohne Unterbrechung in den aufeinanderfolgenden Blattachseln, in der Farbe des Kelches und endlich in der Farbe und im Glanz der Blumenkrone. Wir werden also besonders auf diese Charaktere bei Besprechung der Bastarde Riicksicht zu nehmen haben. Diese Bastarde wurden in 2 verschiedenen Jahren erzeugt ; im Herbst 1884 eine erste kleinere Abteilung mehr als ein Vor- versuch, im Herbst 1885 die hauptsachlichste Anzahl. Die erste Abteilung kam im Herbst 1886 in Bliite, die andere gréfere in den meisten Exemplaren im Herbst 1887. Alle diese Bastarde zeigten unverkennbar den Einfluf der beiden zur Bestéiubung be- nutzten Arten auf ihre Natur; kein einziger derselben glich genau weder dem Vater noch der Mutter, ebensowenig wie ein Bastard dem andern trotz der gleichartigen Erzeugung vollstindig gleich war. Diese und andere Dinge werden aber besser zusammenzu- fassen sein, wenn vorher die einzelnen Bastarde naher besprochen sind. Die giinstigen Resultate bei der Bastardierung riihrten wohl nicht zum kleinsten Teil daher, da die einzelnen Bliiten nicht unter Gazekasten oder Glasglocken gehalten wurden, sondern fast oanz freien Zutritt von Luft und Licht hatten. Die zum Experi- mente benutzten Pflanzen wurden namlich alle in einem kleinen Gewiichshause gezogen, in welchem durch feinmaschige Drahtfenster zwar die Luft, aber kein Insekt eindringen konnte. Den besten Beweis fiir die Richtigkeit der Bestiubungsresultate lieferte der Umstand, daf keine nur der Selbstbestaéubung itiberlassene Bliite je Frucht ansetzte. 4. Bastardierungen zwischen Oxalis rubella und Oxalis macrostylis. a. Oxalis rubella, mittelgrifflige Form, bestaubt mit O. macrostylis, langgrifflige Form. Die Bestéubungen schlugen immer an und’ in den durch sie erzeugten Kapseln bildeten sich 2—4 gute Samen aus, welche im Dezember 1885 reiften und aus denen eine Reihe von Bastarden gezogen wurde, welche bis zum Herbst 1888 alle in Bliite kamen und im Folgenden aufgefiihrt werden sollen. Da Oxalis rubella und macrostylis sich besonders durch die Form der Blatter, die Farbe des Kelches und der Blumenkrone 494. Dr. Friedrich Hildebrand, voneinander unterscheiden, so sollen nur diese Punkte in der Be- schreibung beriicksichtigt werden. In bezug auf die Reihenfolge, in welcher ich diese und die weiter zu besprechenden Bastarde auffiihren sollte, habe ich mir die Frage vorgelegt, nach welchem Prinzip ich dieselbe ein- richten sollte, ob ich die durch die Blatter einander ahnlichen oder die durch die Bliiten einander gleichenden aufeinanderfolgen lassen sollte, und was ich bei dieser Reihenfolge bei den Bliiten weiter hauptsichlich beriicksichtigen sollte, die Farbe des Kelches oder der Blumenkrone. Bald zeigte es sich aber, daf eine solche zeitraubende Zusammenstellung von gar keinem Werte sei, indem sie rein kiinstlich gewesen waren, da mit dem einen Charakter, wenn er bei 2 Bastarden sich gleich zeigte, nie andere Charaktere in der Ahnlichkeit ganz zusammenfielen. Da habe ich denn ein- fach die Bastarde in der Reihenfolge gelassen, wie ich sie bei meinen Notizen nach dem Aufbliihen derselben machte. Weiter ist noch vorauf zu schicken, daf bei allen diesen Beschreibungen die Ausdriicke schwierig zu finden sind und daf bei manchen Bezeichnungen der Leser sich fragen wird, wie die eine dem Wortlaut nach verschiedene in Wirklichkeit ein ver- schiedenes Verhalten bezeichne. Es liegt diese Unméglichkeit einer scharf vergleichenden Beschreibung aber in der Natur der Sache, da bei den Mittelformen die Ubergange nach den beiden Eltern hin so verschiedengradig sind, dafi sie gar nicht ausgedrickt werden kénnen. Dazu kommt auch noch, daf die Charaktere der Blatter schon insofern schwer beschrieben werden kénnen, als schon bei den reinen Arten an einer und derselben Pflanze die Blattform keine ganz gleichartige ist, was sich natiirlich auf die Bastarde in verschiedenem Grade vererbt. Bastard 1. mittelgrifflig. Blatter fast so breit wie die von O. rubella, aber schwacher ausgerandet. — Kelch braunrot berandet. — Blumenblatter an einem Rande violett, das iibrige rot wie bei O. macrostylis. 2. mittelgrifflig. B. wie bei O. rubella. — K. ganz. griin — Blb. dunkel- violettrot. 3. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgorandet a K. braunrot berandet. — Blb. hellviolettrosa, violettrosa, gréfer als die der beiden Eltern. Uber einige Pflanzenbastardierungen. 495 4, lange viftlig. B. so breit wie bei O. rubella, aber schwacher ausgerandet. — K. schwach braunrot berandet. — Blb. etwas heller rot als bei O. macrostylis. 5. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber schwacher ausgerandet. — K. ganz griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 6. langgriftlig. B. so wie bei O. rubella, aber schwacher ausgerandet. — K. nur ein Stiick des Randes rotbraun. — Blb. rot wie bei O. ma- crostylis. 7. mittelgrifflig. B. fast ganz gleich denen von O. rubella, aber weniger aus- gerandet, ihre Farbe nicht so freudig griin wie bei O. rubella, sondern diisterer, so wie bei O. macrostylis. — K. ganz griin. — Blb. violett wie bei O. rubella. Dieser Bastard war also fast ganz so beschaffen wie O. rubella, wich aber doch etwas in Form und Farbe der Blatter von dieser Art ab. 8. langegrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber schwacher ausge- randet. — Kelch ganz griin. — Blb. dunkler rot als bei O. ma- crostylis, etwas ins Violette spielend. 9. mittelgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. ganz griin. — Blb. dunkler violett als bei O. rubella. 10. langegrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. ganz griin. — Blb. heller rot als bei O. macrostylis. 11. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. im ganzen braunlich griin. — Blb. etwas heller rot als bei O. macrostylis. 12. langgrifflig. B. so breit wie bei O, rubella, aber am Ende abgerundet, — 496 Dr. Friedrich Hildebrand, K. hier und da am Rande mit kurzen braunroten Streifen. — Blb. -rot wie bei O. macrostylis, aber etwas ins Violette spielend. 13. mittelgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. griinlich. — Blb. rot wie bei O. macrostylis, aber etwas zu Violett neigend. 14. langgrifflig. B. kleiner und weniger ausgerandet als bei O. rubella. — K. braunlich griin. — Blb. violett wie bei O. rubella. 15. mittelgriffig. B. breiter als bei O. macrostylis, etwas mehr ausgerandet. — Kk. ziemlich stark braunrot berandet. — Blb. rot wie bei O. ma- crostylis. 16. mittelgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber fast gar nicht aus- gerandet. — K. ziemlich stark braunrot berandet. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 17. langerifflig. B. fast wie bei O. rubella. — K. etwas rot berandet. — Blb. heller rot als bei O. macrostylis, etwas ins Violette. 18. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. fast ganz griin. — Blb. wie bei O. macrostylis, etwas ins Violette spielend. 19. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. nur an einzelnen Bliiten braunrot berandet. — Blb. etwas heller rot als bei O. macrostylis. 20. langgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber fast gar nicht aus- gerandet. — K. ganz griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis, etwas ins Violette spielend. 21. mittelgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. ganz griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. Uber einige Pflanzenbastardierungen. 497 22. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber kaum ausgerandet. — K. rein griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 23. mittelgrifflig. B. ahnlich wie bei O. rubella. — K. schwach braunrot be- randet. — Blb. ahnlich wie bei O. macrostylis. 24. mittelgrifflig. B. abnlich wie bei O. rubella. — K. stark braunrot berandet. — Blb. ahnlich violett wie bei O. rubella, aber etwas rétlicher. Lassen wir die Zusammenfassung der Eigenschaften dieser Bastarde, bis wir sie mit denen der kurzgriffligen Form von O. rubella vereinen kénnen und stellen wir einstweilen nur dies fest, daf} unter ihnen nur die Formen der beiden Eltern vertreten waren, die langgrifflige in 14 Exemplaren, die mittelgrifflige in 10, und dafi kein Exemplar sich kurzgriftlig zeigte, was nach Analogie anderer Falle wohl eingetreten ware, wenn die beiden gekreuzten Pflanzen eine Art ausmachten. b. Oxalis rubella, kurzgrifflige Form, bestéubt mit O. ma- crostylis, langgrifflige Form. Auch hier schlugen fast alle Bestéubungen an, und die Kapseln enthielten 1—3, im Durchschnitt 2 gute Samen. Die aus diesen erzogenen Bastarde zeigten in den fiir die Vergleichung mit den beiden Eltern in Betracht kommenden Eigenschaften folgendes Ver- halten : Bastard 1. kurzgrifflig. Blatter etwas breiter als bei O. macrostylis und etwas mehr ausgerandet. — Kelch ganz griin. — Blumenblatter ahnlich wie bei O. macrostylis, aber heller und an der einen Seite mit violettem Anflug. 2. kurzgrifflig. B. breiter als bei O. macrostylis, mehr ausgerandet. — K. grin. — Blb. dunkler violett als bei O. rubella. 3. kurzgrifflig. B. nur wenig breiter als bei O. macrostylis. — K. griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis, aber mehr ins Violette. 4. kurzgrittlig. B, etwas breiter und mehr ausgerandet als bei O. macrostylis. — 498 Dr. Friedrich Hildebrand, K. ganz griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis, aber noch mehr ins Violette neigend als bei dem vorhergehenden Bastard 3. 5. kurzegrifflig. B. elliptisch, kaum ausgerandet. — K. ganz griin. — Blb. dunkler violett als bei O. rubella. 6. kurzgrifflig. B. breiter als bei O. macrostylis, kaum ausgerandet. — K. griin. — Blb. dunkler violett als bei O. rubella. Dieser Bastard erschien ganz gleich dem Bastard 5, doch unterschied er sich von diesem dadurch, dafi hier die Hochblatter entfernt vom Kelch standen, dort ihm ganz genidhert waren, ein Merkmal, welches sonst wegen seines Schwankens nicht in die Beschreibung der Bastarde mit aufgenommen wurde. 7. langgrifflig. B. fast gleich O. rubella, nicht ganz so breit. — K. mit kurzem braunrotem Rand. — Blb. violettrosa von dunkel zu hell ab- schattiert. 8. kurzgrifflig. B. breiter als bei O. macrostylis, kaum ausgerandet. — K. schwach braunrot berandet. — Blb. violett wie O. rubella. 9. langerifflig. B. breiter als bei O. macrostylis, elliptisch, kaum ausgerandet. — K. braunrot berandet. — Blb. hell violettrosa. 10. langgrifflig. B. breiter als bei O. macrostylis, mehr ausgerandet. — K. stark braunrot berandet. — Blb. rot, ahnlich O. macrostylis. 11. langgrifflig. B. fast wie bei O. rubella, aber nicht so keilformig. — K. schwach braunrot berandet. — Blb. rot wie O. macrostylis, an einer Seite mit violettem Streifen. 12. langgrifflig. B. ganz ahnlich denen von O. rubella. — K. griin. — Blb. etwas dunkler violett als bei O. rubella. Dieser Bastard kam also im Ansehen seiner Mutter, der O, rubella, sehr nahe. Uber einige Pflanzenbastardierungen. 499 13. kurzgriftlig. B. schmaler als bei O. rubella, mehr elliptisch. — K. braun- lich. — Blb. dunkler violett als O. rubella. 14. kurzgrifflig. B. wie bei O. macrostylis, gar nicht ausgerandet. — K. griin. — Blb. violett wie bei O. rubella. 15. kurzgrifflig. Bb. ganz wie bei O. macrostylis, wenig ausgerandet. — K, braunrot berandet. — Blb. ahnlich O. macrostylis, aber mehr ins Violette. 16. langgrifflig. B. wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. unter- brochen braunrot berandet. — Blb. dunkler violett als bei O. rubella. 17. kurzgriftlig. bB. noch schmaler als bei O. macrostylis. — K. griin. — Blb. violett wie bei O. rubella. 18. langgrifflig. B. ahnlich O. macrostylis, gar nicht ausgerandet. — K. fast ebenso braunrot berandet wie bei O. macrostylis. — Blb. rot, aihnlich wie bei O. macrostylis. — Dieser Bastard kam also seinem Vater, der O. macrostylis, sehr nahe. 19. kurzgrifflig. B. ahnlich O. macrostylis, aber mehr ausgerandet. — K. braunrot berandet. — Blb. etwas violetter rot als bei O. ma- crostylis. Uberschauen wir diese Bastarde in bezug auf die Langenver- haltnisse von Staubgeféfen und Griffeln, so sehen wir ebenso wie bei den vorher besprochenen Barstarden der mittelgriffligen Form von O. rubella, da’ nur die beiden elterlichen Formen er- zeugt wurden, die kurzgrifflige bei 12, die langgrittlige bei 7 Pflanzen erschien, aber niemals die dritte, die mittelgritflige sich zeigte. Betrachten wir nun zusammen die Bastarde, welche die mittel- grifflige und kurzgrifflige Form von O. rubella mit der langgriff- ligen von O. macrostylis gegeben haben, so zeigt sich fiir die in Frage kommenden Vergleichungspunkte folgendes: 500 Dr. Friedrich Hildebrand, Die Blatter gleichen in der Form fast nie einem der Eltern, sondern haben eine Mittelgestalt, bald zu O. rubella mehr neigend durch Breite und durch starke Ausrandung, bald zu O. macro- stylis durch elliptische, nach oben verschmialerte und am Ende kaum ausgerandete Form. Die Kelche sind entweder ganz griin, wie bei O. rubella, oder braunrot berandet wie bei O. macrostylis, oder zeigen zweierlei Mittelformen, haufiger in der Weise, daf der Rand schwach und unterbrochen braunrot ist, seltener durch braunlich griine Farbe der ganzen Kelchaufenseite. Die Farbe der Blumenblatter ist eine sehr wechselnde, teils ist sie ganz gleich derjenigen von O. rubella, teils der von O. macro- stylis, in einigen Fallen dunkler als diese; am haufigsten ist aber die Mischung beider Farben, wo das Rot von O. macrostylis entweder einen violetten Anflug hat oder das Violett von O. ru- bella ins Rotliche spielt. Besonders bemerkenswert sind einige Falle, z. B. bei Bastard 11, wo neben der reinen Farbe eines der beiden Eltern sich eine Mischung der Farben beider Eltern findet, wie wir dies schon ahnlich bei den Bastarden zwischen O. lasio- petala und O. articulata kennen gelernt haben. Oft ist eines dieser 4 Merkmale entweder der Mutter oder dem Vater ganz gleich, dann stimmen aber die beiden anderen nicht mit den anderen beiden Merkmalen der Stammpflanze iiber- ein. Es findet sich eine solche Abstufung in allen Merkmalen, daS keiner der Bastarde dem anderen vollstandig gleich ist. Schliefen wir hieran die anderen bei Umkehr der Eltern er- zogenen Bastarde: c. Oxalis macrostylis, langgrifflige Form, bestiubt mit O. rubella, mittelgrifflige Form. Diese Bestaéubungen waren von mehr Erfolg gekrént als die umgekehrten, denn wahrend dort sich im Durchschnitt nur 2 Samen in jeder Kapsel bildeten, so entwickelten sich hier in jeder Kapsel im Durchschnitt deren 4, indem die einzelnen Kapseln 3—7 Samen enthielten. Es lag dies wohl in dem allgemein ro- busteren Wuchs von O. macrostylis, vielleicht auch in der leich- teren Bestiubbarkeit der mittelgriffligen Form. Auf die Kigen- schaften der durch diese Bestéubungen erzeugten Simlinge hatte dieser reichere Samenertrag keinen weiteren Erfolg, indem die- selben sich, wie wir sehen werden, ganz ebenso verhielten, wie die umgekehrt erzeugten Bastarde. Uber einige Pflanzenbastardierungen. 501 Bastard 1. langgrifflig. Blattchen so breit wie bei O. rubella, aber schwacher aus- gerandet. — Kelch nur teilweise braunrot berandet. — Blumenblitter wie bei O. macrostylis, aber etwas ins Violette. 2. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber gar nicht ausgerandet. — Kk. griin, am Grunde manchmal mit kurzen braunroten Randchen. — Blb. violettrot, dunkler als bei O. rubella. 3. langgrifflig. B. so breit und lang wie bei O. rubella, aber schwicher aus- gerandet. — K. griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 4. mittelgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber fast gar nicht ausge- randet. — K. griin. — Blb. wie bei O. macrostylis, etwas ins Violette. 5. langerifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber kiirzer und schwiicher ausgerandet. — K. griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 6. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber schwiicher ausgerandet. — K. schwach rotbraun berandet. — Blb. etwas violetter rot als bei O. macrostylis. 7. mittelgrifflig. B. breiter als bei O. macrostylis, starker ausgerandet. — kK. griin. — Blb. dunkler violett als bei O. rubella. 8. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber schwicher ausgerandet. — K. mit feinen braunen Streifen. — Blb. rot wie bei O. ma- crostylis. 9. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber nur schwach ausgerandet. — K. mit feinen braunen Streifen. — Blb. rot wie bei O. ma- crostylis. 502 Dr. Friedrich Hildebrand, Diese beiden Bastarde erschienen nach den angegebenen Merkmalen ganz gleich, sie waren aber dadurch verschieden, dal bei 8 die Hochblatter entfernt vom Kelch standen, bei 9 ihm ge- nihert waren. 10. mittelgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. braiunlich griin durch braunrote Streifchen. — Blb. etwas heller rot und mehr ins Violette spielend als bei O. macrostylis. 11. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. braunlich grin. — Blb. dunkler violett als bei O. rubella. 12. mittelgrifflig. B. breiter als bei O. macrostylis, etwas mehr ausgerandet. — K. braunlich griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis, etwas mehr ins Violette. 13. mittelgrifflig. B. fast wie die von O. rubella. — K. braunlich grin, am Grunde mit kurzen braunroten Fleckchen des Randes. — Blb. violett wie bei O. rubella. 14. mittelgrifflig. B. fast so breit wie die von O. rubella, aber weniger aus- gerandet. — K. ganz grin. — Blb. violettrosa. 15. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber gar nicht ausgerandet. — K. ganz griin. — Blb. rot fast wie bei O. macrostylis. 16. mittelgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — Kk. ganz griin. — Blb. rot, fast so wie bei O. macrostylis. 17. langgrifflig. B. noch breiter als bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. ganz griin. — Blb. heller als bei O. macrostylis mit violettem Anfiug. 18. mittelgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet, — Uber einige Pflanzenbastardierungen. 503 K. ganz griin. — Blb. etwas violetter rot als bei O. macrostylis, mit schmalem, mehr violettem Rande an einer Seite. 19. mittelgrifflig. B. fast ganz wie bei O. rubella. — K. grin, nur am Grunde kurz braunrot berandet. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 20. langgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. ganz grin. — Blb. etwas violetter rot als bei O. macrostylis. 21. langerifflig. B. breiter als bei O. macrostylis, etwas mehr ausgerandet. — K. braunrot berandet. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 22. langerifflig. B. breiter als bei O. macrostylis, schwach ausgerandet. — K. entweder gar nicht oder nur zum Teil rotbraun berandet. — Blb. etwas violetter rot als bei O. macrostylis. 23. langgrifflig. B. breiter als bei O. macrostylis, mehr ausgerandet. — K. rotbraun berandet. — Blb. heller und etwas mehr zu Violett -als bei O. macrostylis. 24. mittelgrifflig. B. breiter als bei O. macrostylis, mehr ausgerandet, — K. gar nicht oder nur zur Halfte braunrot berandet. — Blb. heller und etwas mehr violettrot als bei O. macrostylis. 25. mittelgrifflig. B. nur wenig breiter' als bei macrostylis. — K. nicht ganz so stark braunrot berandet wie bei 0. macrostylis. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 26. langgrifflig. B. etwas breiter als bei O. macrostylis, wenig mehr ausge- randet. — K. mit kleinen braunroten Streifchen. — Blb. violett wie bei O. rubella. 27. mittelgrifflig. B. im Mittel zwischen O. rubella und O. macrostylis. — K. ganz griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. Bd, XXIII, N, F, XVI. 33 504 Dr. Friedrich Hildebrand, 28. langerifflig. B. fast ganz wie bei O. rubella. — K. ganz griin oder mit schwach braunrotem Rande. — Blb. dunkler und réotlicher violett als bei O. rubella. 29. langgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber nur ganz schwach ausgerandet. — K. ganz griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 30. mittelgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. griin mit braunroten Streifchen. — Blb. etwas rétlicher violett als bei O. rubella. 31. mittelgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. schwach braunrot berandet. — Blb. rot wie bei O. ma- crostylis. 32. langgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. braunrot berandet. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 33. mittelgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber langer und weniger ausgerandet. — K. griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 34. mittelgrifflig. B. wie bei O. rubella. — K. braunlich grin. — Blb. violett, etwas rotlicher als bei O. rubella. 35. mittelgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber kaum ausgerandet. — K. braunlich griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 36. mittelgrifflig. B. fast wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. braunlich griin. — Blb. violetter rot als bei O. macrostylis, be- sonders am kurzen Rande. 37. mittelgrifflig. B. ahnlich wie bei O. macrostylis. — K. schwach braunrot berandet. — Blb. dunkler violett als bei O. rubella. Uber einige Pflanzenbastardierungen. 505 38. mittelgrifflig. B. so breit wie bei B. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. braunlich griin. — Blb. heller und violetter rot als bei O. ma- crostylis. 39. mittelgrifflig. B. so breit wie bei O. rubella, aber kaum ausgerandet. — K. griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis. 40, mittelgrifflig. B. ahnlich O. macrostylis, aber mehr ausgerandet. — K. etwas braunrot berandet. — Blb. etwas violetter rot als bei O. macrostylis. Auch diese Bastarde zeigten nur die Formen der beiden Eltern, 18 waren langegrifflig, 22 mittelgrifflig, keiner kurzgrifflig. Kinen weiteren Gesamtiiberblick zu geben diirfte unnétig sein, da er sich besser mit den sogleich zu besprechenden Bastarden zu- sammentassen laBt. d. Oxalis macrostylis, langgrifflige Form, bestaubt mit O. rubella, kurzgrifflige Form. Auch diese Bestaubungen waren wie die vorher besprochenen sehr erfolgreich; es waren in den durch sie erzeugten Kapseln 1—6, sehr oft 6, im Durchschnitt 4 Samen enthalten. Die aus ihnen erzogenen 34 Bastarde verhielten sich so ungemein Ahnlich den vorher besprochenen durch Bestiubung der langgriffligen Form von O. macrostylis mit der mittelgriffligen von O. rubella erhaltenen, daf es iiberfliissig ist, auf sie naher einzugehen und die einzelnen aufzufiihren; nur dies muf angegeben werden, daf auch bei ihnen nur die beiden elterlichen Formen sich zeigten, namlich die langgrifflige in 18, die kurzgrifflige in 16 Exemplaren; die mittelgrifflige trat nicht auf. Blicken wir nun zuriick auf die zwischen Oxalis rubella und O. macrostylis erzeugten Bastarde, um einen Vergleich anzustellen zwischen denen, wo O. rubella die bestiubte Pflanze, also die Mutter war, und denen, wo sie den Pollen zur Bestaéubung lieferte, und ebenso O. macrostylis einmal der Vater, einmal die Mutter war, so sehen wir keinen Unterschied zwischen diesen beiden Reihen von Bastarden. Jede Reihe zeigt in sich allerlei Variationen, dieselben bewegen sich aber in beiden Reihen in gleichem Rahmen, so daf man von keinem Bastard nach seinem Ansehen sagen kann, welche Art er zum Vater, welche zur Mutter habe. 3 * 506 Dr. Friedrich Hildebrand, Bastardierungen zwischen Oxalis rubella und Oxalis hirta. Nach der im vorstehenden S. 492 gegebenen Tabelle unter- scheiden sich Oxalis rubella und O. hirta hauptsachlich in der Form und der Behaarung der Blattchen und in der Farbe der Blumen- krone, so daf nur diese 3 Dinge bei der Vergleichung der zwischen diesen beiden Arten erzeugten Bastarde mit ihren Eltern zu be- riicksichtigen sind. Wenig geeignet ist zu diesem Vergleich die Farbe des Kelches, sie soll also nicht in Betracht gezogen werden. e. Oxalis rubella, mittelgrifflige Form, bestéubt mit O. hirta, langgrifflige Form. Diese Bestaiubungen schlugen zwar meistenteils an, die da- durch erzeugten Friichte enthielten aber nur 1—2 Samen, im Durchschnitt nur 1, standen also namentlich im Gegensatz zu dem grofen Erfolge bei der Bestaéubung von O. macrostylis mit O. rubella. Bastard 1. mittelgrifflig. Blattchen nicht ausgerandet, etwas breiter als bei O. hirta, weniger stark behaart als bei O. hirta, aber mehr als bei O. rubella. Blumenblatter ahnlich wie bei O. hirta, dunkelviolett, Nagel unten blutrot. 2. mittelgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, schwacher ausgerandet, so wenig behaart wie bei O. rubella, also im ganzen ahnlich wie bei O. rubella. — Blb. etwas dunkler violett als O. hirta, blut- roter Nagel. 3. langgrifflig. B. nicht ganz so breit wie bei O. rubella, weniger ausgerandet, etwas mehr behaart. — Blb. wie bei O. hirta. 4, mittelgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, weniger behaart, schwach aus- gerandet. — Blb. ganz ahnlich wie bei O. hirta. 5. mittelgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, weniger ausgerandet, etwas stiirker behaart. — Blb. violett wie bei O. hirta, aber Nagel nicht blutrot. Uber einige Pflanzenbastardierungen. 5O7 6. langgrifflig. B. schmaler als bei O. rubella, weniger ausgerandet , etwas starker behaart. — Blb. heller violett als bei O. hirta, blutroter Nagel. 7. mittelgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, etwas ausgerandet, weniger behaart. — Blb. violett wie bei hirta aber Nagel nicht so stark blutrot. 8. langerifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet, ebenso schwach behaart. — Blb. violett wie bei hirta, Nagel blutrot. 9. langgrifflig. — B. so breit wie bei O. hirta, weniger behaart, etwas aus- gerandet. — Blb. etwas heller violett als bei O. hirta, blutroter Nagel heller. 10. langgrifflig. B. wenig breiter als bei O. hirta, weniger behaart, kaum aus- gerandet. — Blb. wie bei hirta. 11. langgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber schwacher ausge- randet, ebenso schwach behaart. — Blb. violett wie bei O. hirta, aber Nagel nicht blutrot. 12. langgrifflig. B. schmaler als bei O. rubella, nur schwach ausgerandet, so schwach behaart wie bei O. rubella. — K. braunlich. — Blb. heller violett als hirta, Nagel blutrot. 13. langgrifflig. B. schmaler als bei O. rubella, schwach ausgerandet, weniger behaart als bei O. hirta. — K. braunlich. — Blb. violett wie bei O. hirta, aber Nagel schwach blutrot. 14. langgrifflig. B. sehr ahnlich denen von O. rubella. — K. braun berandet. — Blb. etwas heller violett als bei hirta. — Nagel gelb. 508 Dr. Friedrich Hildebrand, Auch hier sehen wir, entsprechend den vorhergehenden Bastarden, dafi in denselben nur die Formen der beiden Eltern auftraten, namlich die langgrifflige bei 9, die mittelgrifflige bei 5 Bastarden, nirgends die dritte, die kurzgrifflige. f. Oxalis rubella, kurzgrifflige Form, bestaubt mit O. hirta, langgrifflige Form. Diese Bestaéubungen schlugen eigentiimlicherweise besser an als diejenigen, wo die mittelgrifflige Form von O. rubella mit der langgriffligen von O. hirta bestaéubt wurde, denn es bildeten sich hier in den Friichten 3—5, im Durchschnitt 4 Samen. Bastard 1. kurzgrifflig. Blattchen ganz wie bei O. hirta. — Kelch griin. — Blumen- blatter violett wie bei hirta, aber mit ganz gelbem Nagel. 2. kurzerifflig. Blatter sehr gedrangt, Blattchen etwas breiter als bei O. hirta, aber ausgerandet, fast so wenig behaart wie bei O. rubella. — K. braunlich. — Blb. wie bei O. hirta. 3. kurzgrifflig. B. fast ganz wie bei O. hirta. — K. braunlich. — Blb. violett wie bei O. rubella, aber blutroter Nagel. 4. kurzgrifflig. B. etwas breiter als bei O. hirta und etwas weniger behaart, schwach ausgerandet. — K. griin. — Blb. violett wie bei O. hirta, aber Nagel nur schwack blutrot. 5. langerifflig. B. breiter als bei O. hirta, kaum ausgerandet; kaum starker behaart als bei O. rubella. — K. griin. — Blb. violett wie bei O. hirta, aber Nagel gelb. 6. langgrifflig. B. sehr ahnlich wie bei O. hirta. — K. braunlich. — Bb. wie bei hirta. Dieser Bastard war zwar O. hirta sehr 4ahnlich, glich aber doch seinem Vater, besonders in den Blattern, nicht vollstandig. Uber einige Pflanzenbastardierungen. 509 7. langgrifflig. B. so breit wie bei O. hirta und ebenso behaart, aber ausge- randet. — K. braunlich. — Blb. violett wie bei O. hirta, aber Nagel nur schwach blutrot. 8. kurzgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, nicht ausgerandet, so schwach behaart wie bei O. rubella. — K. griin. — Blb. etwas dunkler violett als bei O. rubella, 9. langgrifflig. B. sehr ahnlich denen von O. hirta. — K. braunlieh. — Blb. etwas heller violett als bei O. hirta, stark blutroter Nagel. 10. langgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, weniger behaart, schwach ausge- randet. — K. braunlich. — Blb. heller violett als bei O. hirta, blutroter Nagel. 11. langgrifflig. B. ahnlich denen von QO. hirta, aber etwas schwacher be- haart. — K. griin. — Blb. hellviolett wie bei ©O. rubella, aber schwache Andeutung eines blutroten Nagels. 12. langgrifflig. B. fast ganz wie bei O. hirta. — K. braunlich. — Blb. etwas heller violett als bei O. hirta, schwacher blutroter Anflug am Nagel. 13. kurzgrifflig. B. ganz wie bei O. hirta. — K. braunlich. — Blb. violett zwischen O. rubella und O. hirta, gelber Nagel. 14. kurzgrifflig. B. etwas breiter als bei O. hirta, weniger stark behaart, schwach ausgerandet. — K. griin. — Blb. violett wie bei O. hirta, aber Nagel nur schwach blutrot. 15. langgrifflig. B. fast wie bei O. hirta. — K. braunlich. — Blb. violett wie bei O. hirta, aber Nagel nur schwach blutrot. 16. langgriftlig. B, so breit wie bei O, hirta, aber ganz schwach behaart, 510 Dr. Friedrich Hildebrand, nicht ausgerandet. — K. griin. — Blb. violett wie bei O. hirta, aber Nagel schwach blutrot. 12 B. fast wie bei O. hirta. — K. braunlich. — Blb. heller violett als bei O. hirta, schwach blutroter Nagel. 18. mittelgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, ausgerandet, so schwach behaart wie bei O. rubella. — K. griin. — Blb. wie bei O. rubella, Nagel gelb; kleinbliitig. Dieser Bastard ist insofern sehr bemerkenswert, als er nicht eine der beiden elterlichen Formen zeigte, sondern die dritte, in- dem er mittelgrifflig war; vielleicht stand mit dieser Abweichung die hervortretende Kleinheit seiner Bliiten in Verbindung. 19. kurzgrifflig. B. fast so wie bei O. hirta. — K. braunlich. — Blb. rétlicher violett als bei O. hirta, schwach blutroter Nagel. 20. langgrifflig. B. breiter und langer als bei O. hirta, nicht ausgerandet. — Kk. braunlich griin. — Blb. heller violett als bei O. hirta, schwach blutroter Nagel. 21. kurzgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber schwach ausgerandet. — K. braunlich. — Blb. heller violett als O. hirta, ganz schwach blutroter Nagel. 22. kurzgrifflig. 'B. langer als bei O. hirta, schwach ausgerandet. — K. braun- lich. — Blb. violett wie bei O. hirta, schwach blutroter Nagel. 23. kurzgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. griin. — Blb. violett wie bei O. rubella, gelber Nagel. 24. kurzgrifflig. B. schmaler als bei O. rubella und weniger ausgerandet. — K. braunlich. — Blb. violett wie bei O. hirta, dabei heller und dunkler gestreift und gefleckt. Uber einige Pflanzenbastardierungen. 5ll 25. kurzgrifflig. B. ahnlich wie bei O. hirta, aber breiter. — K. braunlich. — Blb. violett wie bei O. hirta, blutroter Nagel. 26. langgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, kaum ausgerandet. — K. griin. — Blb. rétlicher violett als bei O. hirta, gelber Nagel. 27. langgritflig. B. sehr ahnlich O. hirta. — K. braunlich. — Blb. violett wie bei O. rubella, aber blutroter Nagel. 28. langgrifflig. B. ahnlich wie bei O. hirta, aber mehr ausgerandet. — K. braunlich. — Blb. etwas heller violett als bei O. hirta, blutroter Nagel. 29. langgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, mehr ausgerandet. — K. stark braunlich. — Blb. violett wie bei O. rubella, gelber Nagel. 30. kurzgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, wenig ausgerandet. — K. stark braunlich. — Blb. heller violett als bei O. rubella, schwach blut- roter Nagel. 31. kurzgrifflig. B. etwas linger und breiter als bei O. hirta, wenig ausge- randet. — K. griin. — Blb. violett wie bei O. rubella, aber Nagel mit schwach blutrotem Anflug. ) 32. kurzgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, wenig ausgerandet. — K. griin. — Bhlb. etwas heller als bei O. hirta, blutroter Fleck des Nagels heller als bei O. hirta. 33. langgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, weniger ausgerandet. — K. griin. — Blb. etwas heller violett als bei O. hirta, blutroter Nagel. 34. kurzgrifflig. B. schmaler als bei O. rubella, weniger ausgerandet. — K. grin. — Blb, heller violett als bei O. hirta, Nagel gelb. 512 Dr. Friedrich Hildebrand, Bei diesen Bastarden trat insofern eine Ausnahme von den sonstigen Regeln auf, als der Bastard 18 mittelgrifflig war, also in ihm sich nicht eine der beiden elterlichen Formen, sondern die dritte ausgebildet hatte, von den anderen waren 15 langgrifflig, 17 kurzgrifflig. Fassen wir nun die Bastarde zusammen, welche sich nach der Bestaéubung von O. rubella, sowohl der mittelgriffligen als der kurzgriffligen Form, mit der langgriffligen Form von O. hirta bildeten, so sehen wir hier wieder ein buntes Gemisch von Eigen- schaften der beiden Eltern und keinen Bastard dem andern voll- standig gleich. Die Blatter zeigen bisweilen die Form und Behaarung derer von O. hirta, bisweilen auch die von O. rubella, aber héchst selten ganz vollstandig, meist treten Mittelstufen in Form und Behaarung auf, bald mehr zu O. hirta, bald mehr zu O. rubella neigend. Besonders ist die Verschiedenheit der Bliitenfarben gro’, welche nur selten ganz der von O. rubella gleichen. Das Violett ist oft eine Mittelbildung zwischen dem hellen von O. rubella und dem dunklen von O. hirta; besonders zeigt aber die Nagelfarbe ver- schiedene Abstufungen von dem dunkelblutroten Fleck der O. hirta zu dem reinen Gelb von O. rubella. In keinem Fall tritt — abgesehen von einem etwas helleren Violett als dem von O. rubella — eine Neigung dazu auf, eine auferhalb des Rahmens von QO. rubella und hirta liegende Bliitenfarbe, wie etwa das Rot von O. macrostylis zu bilden, ein Umstand, welcher fiir die Ent- scheidung, ob die vorliegenden Arten als solche zu betrachten seien, von Bedeutung sein diirfte. Gehen wir nun zu den Bastarden tiber, welche in einer zu der vorhergehenden umgekehrten Weise zwischen O. rubella und O. hirta erzeugt wurden. g. Oxalis hirta, langgrifilige Form, bestaubt mit O. rubella, mittelgrifflige Form. Diese Bestaubungen schlugen in der Weise gut an, daf sich Friichte mit 1—4, im Durchschnitt mit 3 Samen bildeten. Diese Erscheinung tritt in einen bemerkenswerten Gegensatz zu den umgekehrten Bestaubungen, wo die mittelgrifflige Form von O. rubella die bestiubte Pflanze war, und sich in den dadurch er-. zeugten Friichten nur ca. 1 Same bildete. Bastard 1. langgrifflig. Blattchen fast. gleich denen von O, rubella, etwas mehr be- Uber einige Pflanzenbastardierungen. 515 haart. — Kelch griin. — Blumenblatter violett wie bei O. hirta, aber Nagel nicht so blutrot. 2. mittelgrifflig. B. wenig breiter als bei O. hirta, schwach ausgerandet, sehr schwach behaart. — K. griin. — Blb. hell violett wie bei O. rubella, aber blutroter Nagel. 3. langgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber schwacher ausge- randet und schwicher behaart als bei O. hirta. — K. grin. — Blb. so hellviolett wie bei O. rubella, aber blutroter Nagel. 4, mittelgriftlig. B. wenig breiter als bei O. hirta, schwach ausgerandet, schwach behaart. — K. griin. — Blb. etwas heller violett als bei O. hirta, nur schwach blutroter Nagel. 5. langgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet und starker behaart. — K. braunlich. — Blb. heller violett als bei O. hirta, schwach blutroter Nagel. 6. langgrifflig. B. etwas breiter als bei O. hirta, schwach ausgerandet, fast so stark behaart wie bei O. hirta. — K. braunlich. — Blb. violett wie bei O. rubella, schwach blutroter Nagel. 7. mittelgrittlig. B. etwas breiter als bei O. hirta, schwach ausgerandet, weniger behaart als bei O. hirta. — K. braunlich, — Blb. wie bei O. hirta. 8. mittelgrifflig. B. so breit wie bei O. hirta, aber schwach ausgerandet und weniger behaart. — K. braunlich. — Blb. violett, ahnlich O. rubella, aber schwach blutroter Nagel. 9. langgrifilig. B. wenig breiter als bei O. hirta, schwach ausgerandet, etwas weniger behaart. — K. braunlich. — Blb. etwas heller violett als bei O. hirta, schwach blutroter Nagel. 10. mittelgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, kaum ausgerandet, so schwach 514 Dr. Friedrich Hildebrand, behaart wie bei O. rubella. — K. braunlich. — Blb. heller violett als bei O. hirta, schwach blutroter Nagel. 11. mittelgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, kaum ausgerandet, etwas schwacher behaart als bei O. hirta. — K. griin. — Blb. heller violett als bei O. hirta, blutroter Nagel, gro8blumig. 12. langgrifflig. B. fast gleich O. rubella, weniger ausgerandet. — K. griin. — Blb. wie bei O. hirta., 13. mittelgrifflig. B. schmaler als bei O. rubella, weniger ausgerandet. — K. griin. — Blb. wie bei O. rubella. 14. langgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, nicht ausgerandet. — K. griin. — Blb. violett wie bei O. hirta, aber Nagel gelb. 15. mittelgrifflig. B. breiter als bei O. hirta, schwiacher behaart. — K. braun- lich. — Blb. heller violett als bei O. hirta, grofer blutroter Nagel. 16. langgrifflig. B. fast so breit wie bei O. rubella und unbehaart, aber weniger ausgerandet. — K. braunlich. — Blb. dunkler violett als bei O. rubella, ganz schwach blutroter Nagel. 17. langgrifflig. B. fast so breit wie bei 0. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. griin. — Blb. heller violett als bei O. hirta, schwach blut- roter Nagel. 18. langgrifflig. B. fast so schmal und behaart wie bei O. hirta. — K. griin. — Blb. etwas dunkler violett als bei O. hirta, blutroter Nagel. 19. langgrifflig. B. fast wie bei O. rubella. — K. braunlich. — Blb. violett wie bei O. rubella, aber blutroter Nagel. 20. langgrifflig. B. fast wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. Uber einige Pfianzenbastardiecrungen. 515 braunlich. — Blb. etwas heller violett als bei O. hirta, schwach blutroter Nagel. 21. mittelgrifflig. B. fast wie bei O. rubella, aber weniger ausgerandet. — K. briunlich. — Blb. heller violett als bei O. hirta, blutroter Nagel. 22. langgrifflig. B. abnlich wie bei O. hirta. — K. braunlich. — Blb. heller violett als bei O. hirta, blutroter Nagel grof. Ohne auf die Einzelheiten einzugehen, ist festzustellen, dati diese Bastarde den umgekehrt erzeugten derartig ahnlich waren, dafi man beide Abteilungen nicht voneinander unterscheiden konnte. Wir brauchen nur das von jenen Bastarden gesagte nach- zulesen S. 512, und werden finden, da8 es in gleichem Mage auf die vorliegenden paft. Auch hier zeigen die Bastarde nur die beiden Formen der Eltern, die langgrifflige in 13, die mittelgrifflige in 9 Individuen. h. Oxalis hirta, langgrifflige Form, bestéiubt mit O. rubella, kurzgrifflige Form. Diese Bestéubungen schlugen noch viel besser an als jene mit der mittelgrifiligen Form von O. rubella, denn es bildeten sich in den Friichten 1—5 Samen, im Durchschnitt 3,5 in jeder Frucht aus, so dal} eine grofe Menge von Bastarden dieser Abteilung er- zogen werden konnte. Es kamen deren im ganzen 33 zur Bliite und zur naheren Untersuchung; aber auch hier scheint es ge- eignet, dieselben nicht im einzelnen nach ihren Eigenschaften auf- zufiihren, das wiirde zu weitlaufig sein und nichts Neues bringen, héchstens beweisen, daf das von den vorhergehenden Bastarden gesagte auch auf diese Anwendung findet. Auch hier zeigten sich nur die beiden elterlichen Formen, 18 Bastarde waren lang- grifflig, 15 kurzgrifflig; sie zeigten ganz dieselben Abweichungen voneinander, die ahnlichen Mittelformen zwischen ihren Eltern, wie die zwischen diesen in anderer Weise erzeugten Bastarde. Das Endergebnis der zwischen Oxalis rubella und O. hirta vorgenommenen Bastardierungen ist also dieses, da die beiden Ab- teilungen, wo in der einen ©. rubella die bestaubte Pflanze ist, in der anderen die bestéubende, sich vollstandig gleichen und ganz in denselben Grenzen variieren, welche fiir jene Arten als charakteristisch aufgefiihrt wurden, bald mehr der O. rubella, bald mehr der QO. hirta in den einzelnen Merkmalen ahneln oder gleichen. 516 Dr. Friedrich Hildebrand, 6. Bastardierungen zwischen Oxalis rubella und O. longisepala. Die Punkte, in welchen Oxalis rubella und longisepala sich hauptsachlich voneinander unterscheiden, und welche daher bei den von ihnen erzeugten Bastarden zu beriicksichtigen sein werden, sind nach dem Obigen folgende: Die Teilblattchen sind bei O. rubella herzformig, oben meist stark ausgerandet und ziemlich flach, bei O. longisepala hingegen lanzettlich, nicht ausgerandet, stark rinnig. Die Kelchblatter sind bei O. rubella ganz griin, wihrend sie bei O. longisepala unterbrochen braunrot berandet sind; endlich haben die Blitenblatter bei O. rubella eine hell- violette Farbe und einen gelben Nagel, wahrend bei longisepala dieselben leuchtend gelbrot sind und am Grunde des gelben Nagels, wie bei O. hirta, einen blutroten Fleck besitzen. Obgleich der Wuchs bei O. rubella im Anfang ein ansteigender ist, bei O. longisepala ein niederliegender, so laft sich dieses Merkmal bei den Bastarden doch nicht gut verwerten. i. Oxalis rubella, mittelgrifflige Form, bestaéubt mit O. longi- sepala, langgrifflige Form. Ungeachtet der ziemlich grofen Verschiedenheit der beiden Arten in blattern und Bliiten schlugen diese Bestaiubungen dennoch gut an; es bildeten sich in den durch sie erzeugten Friichten 1—4 Samen aus, im Durchschnitt 2, und die aus diesen erwachseneh Bastarde zeigten folgende Eigenschaften. Bastard 1. langgrifflig. Blattchen flach, fast so breit wie bei O. rubella, aber zuge- spitzt, kaum ausgerandet. — Kelch ganz griin. — Blumenblatter rot, abnlich denen von O. macrostylis, ein Mittelding zwischen O. rubella und O. longisepala; am gelben Nagel ganz schwacher blutroter Anflug. 2. langgriftlig. B. flach, fast so breit wie bei O. rubella, aber kiirzer und zugespitzt, kaum ausgerandet. — K. griin. — Blb. dunkelviolett, Nagel blutrot. 3. mittelgrifflig. B. fast flach, etwas schmaler als bei O. rubella, kaum aus- gerandet. — K. griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis, Nagel gelb. Uber einige Pflanzenbastardierungen. 517 4, langerifflig. B. fast flach, so breit wie bei O. rubella oder etwas schmaler, schwach ausgerandet. — K. etwas braunrot berandet. — Blb. rot wie bei O. macrostylis, aber stark blutroter Nagel. 5. mittelgrifflig. B. wie bei Bastard 4. — K. griin. — Blb. violett wie bei O. rubella, aber von der einen zur anderen Seite abschattiert, blut- roter Anflug am Nagel. 6. mittelgrifflig. B. flach, fast so breit wie bei O. rubella, aber nicht ausge- randet. — K. griin. — Blb. dunkelviolettrot von einer Seite zur anderen abschattiert, Nagel mit ganz schwach roétlichem Anflug. 7. mittelgrifflig. B. flach, fast se breit wie bei O. rubella, kiirzer zugespitzt, nicht ausgerandet. — K. griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis, gelber Nagel. 8. mittelgrifflig. B. flach, fast so breit und lang wie bei O. rubella, aber zu- gespitzt und nicht ausgerandet. K.griin. Blb. dunkelviolett, schwach blutroter Nagel. 9. mittelgrifflig. B. flach, schmaler als bei O. rubella und weniger ausgerandet. K. griin. Blb. rot wie bei O. macrostylis, aber schwach blutroter blutroter Nagel. 10. langgrifflig. B. flach, so breit und lang wie bei O. rubella, aber zugespitzt, kaum ausgerandet. — K. griin. — Blb. mehr violettrot als bei O. macrostylis, gelber Nagel. 11. mittelgrifflig. B. flach, fast so breit wie bei O. rubella, aber zugespitzt, nicht ausgerandet. — K. griin. — Blb. leuchtender rot als bei O. macrostylis, schwach blutroter Nagel. 12. langgrifflig. B. flach, fast so breit wie bei O. rubella, aber kiirzer. — K. griin. — Blb. leuchtend rot wie bei O. longisepala, aber gelber Nagel, 518 Dr. Friedrich Hildebrand, 13. langgrifflig. B. flach, fast so lang und breit wie bei O. rubella, etwas aus- gerandet. — K. griin. — Blb. violett wie bei O. rubella, aber Nagel mit schwachem blutroten Anflug. 14. mittelgrifflig. B. flach, fast so breit wie bei O. rubella, aber zugespitzt. — K. braunlich griin. — Blb. violettrot, Nagel blutrot. 15. langgrifflig. B. ahnlich denen von O. rubella, aber schwach ausgerandet. K. braunlich. — Blb. ahnlich denen von O. macrostylis, aber dunkler und violetter, Nagel rein gelb. 16. langgrifflig. B. ahnlich denen von O. rubella, flach aber schwacher ausge- randet. — K. griin. — Blb. wie bei O. macrostylis, aber schwach blutroter Nagel. 17. langgrifflig. B. ahnlich denen von O. rubella, aber schwach ausgerandet. — K. grin. — Blb. ahnlich wie bei O. macrostylis, Nagel ganz gelb. Von diesen Bastarden ist einstweilen nur dies zusammenzu- fassen, daf sie allein die Formen der beiden Eltern zeigten, 9 waren langgrifflig, 8 mittelgrifflig. k. Oxalis rubella, kurzgrifflige Form, bestaéubt mit O. longi- sepala, langgrifflige Form. Die meisten dieser Bestéubungen schlugen gut an und in den Friichten waren 3—4 Samen enthalten. Bastard 1. kurzgrifflig. Blattchen etwas rinnig, schmaler als bei O. rubella, kaum ausgerandet. — Kelch griin. — Blumenblatter blaulicher rot als bei O. longisepala, ahnlich O. macrostylis, aber blutroter Nagel. 2. langgrifflig. B. flach, schmaler als bei O. rubella, zugespitzt, kaum ausge- randet. — K. griin. — Blb. dunkelviolett, rétlicher als bei O. ru- bella, von besonderer Schénheit, Nagel mit rétlichem Anflug. 3. langgrifflig. B. ziemlich flach, schmaler als bei O. rubella, zugespitzt, nicht ausgerandet. — K. griin. — Blb. violettrot, Nagel schwach blutrot, Uber einige Pflanzenbastardierungen. 519 4, kurzgrifflig. B. fast wie bei O. longisepala, rinnig, schmal, kaum ausge- randet. — K. griin. — Blb. dunkler violett als bei O. rubella, mehr nach Rot, von einer Seite zur anderen abschattiert, Nagel gelb. 5. kurzgrifflig. B. etwas breiter als bei O. longisepala, weniger rinnig, kaum ausgerandet. — K. griin. — Blb. violettrot, Nagel gelb. 6. kurzgrifflig. B. etwas weniger rinnig als bei O. longisepala, nicht ausge- randet. — K. in dem mittleren Teil braunrot berandet. — Blb. leuchtend dunkelviolettrot, Nagel schwach blutrot. 7. langgrifflig. B. flach, fast so breit wie bei O. rubella, zugespitzt, kaum ausgerandet. — K. griin. — Blb. fast wie bei O. macrostylis, etwas violetter rot, Nagel schwach biutrot. 8. langerifflig. B. wie bei Bastard 7. — K. unterbrochen braunrot berandet. — Blb. rot, fast wie bei O. macrostylis, Nagel gelb. 9. langerifflig. B. etwas rinnig, breiter als bei O. longisepala, schwach aus- gerandet. — K. griin. — Blb. dunkelviolett. Nagel schwach blutrot. 10. langgrifflig. B. fast flach, etwas schmaler als bei O. rubella, zugespitzt, nicht ausgerandet. — K. griin. — Blb. dunkelviolett, Nagel gelb. 11. langgrifflig. B. flach, fast so breit, aber kiirzer als bei O. rubella, zuge- spitzt, nicht ausgerandet. — K. griin. — Blb. dunkelviolett nach rot hin, Nagel gelb. 12. langgrifflig. Blatter sehr gedrungen stehend, Blittchen flach, fast so breit wie bei ©. rubella, aber kiirzer, kaum ausgerandet, — K. griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis, Nagel gelb, Bd. XXII, N. F, XVI. 34 520 Dr. Friedrich Hildebrand, 13. kurzgrifflig. B. etwas rinnig, breiter als bei O. longisepala, kaum ausge- randet. — K. griin. — Blb. leuchtender rot als bei O. macrostylis, Nagel schwach blutrot. 14. kurzgrifflig. B. weniger rinnig als bei O. longisepala, etwas mehr ausge- randet und breiter. — K. braunlich. — Blb. rot wie bei O. ma- crostylis, aber in der Mitte etwas violetter, Nagel blutrot. 15. kurzgrifflig. B. weniger rinnig und breiter als bei O. longisepala, schwach ausgerandet. — K. griin. — Blb. etwas violetter rot als bei O. macrostylis, Nagel gelb. 16. langgrifflig. B. weniger rinnig als bei O. longisepala, gar nicht ausgerandet. — K. griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis, Nagel fast gelb. 17. langgrifflig. B. fast flach und so breit wie bei O. rubella, aber kaum aus- gerandet. — K. unterbrochen braunrot berandet. — Blb. von der einen, inneren, dunkleren Seite zur anderen, duferen, helleren ab- schattiert ! 18. langgrifflig. B. weniger rinnig als bei O. longisepala, linger und breiter, schmal ausgerandet. — K. griin. — Blb. fast so rot wie bei O. macrostylis, Nagel gelb. 19. langgrifflig. B. breiter und flacher als bei O. longisepala, kaum ausge- randet. — K. griin. — Blb. heller rot als bei O. macrostylis, Nagel gelb. Auch in dieser Abteilung von Bastarden gehorten alle der einen oder anderen elterlichen Form an, 12 waren langgrifflig, 7 kurzgrifflig, keiner mittelgrifflig. Fassen wir nun beide Reihen von Bastarden zusammen, welche durch Bestéubung der mittelgriffligen und kurzgriffligen Form von Oxalis rubella mit dem Pollen der langgriffligen Form von O. lon- gisepala erzeugt wurden, so sehen wir wieder Mittelstufen der ver- schiedensten Art und keine einzige Bildung, welche in ihrer Ganz- Uber einige Pflanzenbastardierungen. yal heit einem der beiden Eltern besonders nahe tritt, was bei den vorher besprochenen Bastarden doch mehrfach der Fall war und vielleicht damit im Zusammenhange steht, daf die hier gekreuzten Arten im ganzen sich mehr voneinander unterscheiden, als die vorhergehenden. Die Blattchen neigen sich durch breite Form und flache Aus- breitung mehr nach O. rubella hin, es kommen aber auch einzelne Bastarde mit rivnigen Blattchen vor; auch in der Breite der Blatt- chen sind die meisten der Bastarde mehr O. rubella ahnlich; die Ausrandung schwankt hingegen sehr in ihrer Starke. Die Kelchfarbe ist namentlich derjenigen von O. rubella gleich, nimlich ganz griin, und nur selten kommt braunrote Berandung vor. Die Bliitenfarbe zeigt hingegen wieder ein Vorwiegen von O. longisepala; das leuchtende Gelbrot dieser Art tritt zwar nie ganz rein auf, aber macht sich so weit geltend, daf ein Rot entsteht, welches demjenigen von O. macrostylis, wenn nicht ganz gleich, so doch sehr ahnlich ist; hiermit ist aber noch kein Grund gegeben, um diese beiden Spezies, die sonst so sehr verschieden sind, zu- sammen zu werfen. Besonders treten auch leuchtende violette Farben auf, welche dunkler sind als die von O. hirta. Meist sind die Farben auf den Blumenblattern gleichmaSig gemischt, doch finden sich einige Falle, wo eine Abschattierung von einem Rande zum andern statt hat. In der Farbung des Nagels der Blumen- blitter zeigt sich gleichfalls der Einflu8 von O. longisepala als iiberwiegend, indem nur wenige Falle vorkommen, wo dieser Nagel rein gelb ist, meistens hat er einen blutroten Fleck in verschieden starker Ausbildung. Diesen Bastarden wiiren nun jene gegeniiber zu stellen, welche sich etwa durch Bestéubung von O. longisepala mit O. rubella er- zeugen liefen; aber alle Bestiubungen zu dieser Erzeugung waren vergeblich, weder der Pollen der mittelgriffligen noch der kurz- eriffligen Form von Q. rubella hatte irgend einen Einfluf auf die Bliiten von O. longisepala, welche, ohne nur einen Anfang zur Fruchtbildung zu zeigen, ausnahmslos abfielen. Es ist dies ein bemerkenswerter Fall gegeniiber den anderen Oxalisbastadierungen innerhalb der Rubellagruppe, daS der Pollen der einen Art zur Befruchtung der anderen tauglich ist, aber die weiblichen Organe dieser yon dem Pollen jener nicht beeinfluft werden; doch steht dieser Fall nicht vereinzelt da, wie z. B. das Verhaltnis von Oxalis tetraphylla und O. latifolia, siche S. 470, zu einander zeigen. 34 * 522 Dr. Friedrich Hildebrand, 7. Bastardierungen zwischen Oxalis macrostylis und Oxalis canescens. Oxalis macrostylis und O. canescens unterscheiden sich nach der oben gegebenen Tabelle hauptsachlich in folgenden Punkten: QO. macrostylis hat einen griinen, O. canescens unten einen glanzend schwarzen Stengel; die Blattchen von O. macrostylis sind breiter als die von O. canescens; letztere haben auferdem gegentiber den ersteren zwar ein graugriines Ansehen, dieses Merkmal 1aft sich aber bei der Vergleichung der Bastarde mit ihren Eltern schwer anwenden, besonders schwer aber ausdriicken. Bei O. macrostylis findet ferner im Blihen eine Unterbrechung statt, bei O. canescens nicht, indem in der Achsel jedes der aufeinanderfolgenden Blatter eine Bliite steht. Weiter ist der griine Kelch bei O. macrostylis braunrot berandet, bei O. canescens ist er im ganzen_ braunlich griin. Namentlich ist aber die Bliitenfarbe verschieden, bei O. macrostylis ein mehr mattes Karminrot, bei O. canescens ein ganz helles Violett — heller als bei O. rubella — mit Seidenglanz. Der gréSere Umfang der Bliiten bei O. macrostylis gegeniiber O. canescens lat sich gleichfalls bei unseren Vergleichungen nicht gut verwerten. Zwischen den beiden Arten konnten die beiden Reihen von Bastarden erzeugt werden, wenn auch die Bestaubungen teilweise nur schlecht anschlugen. ], Oxalis macrostylis, langgrifflige Form, bestaubt mit O. cane- scens, mittelgrifflige Form. Die Mehrzahl dieser Bestaiubungen, naimlich 16, hatten im Herbst 1885 gar keinen Erfolg, nur nach vieren trat eine Frucht- bildung ein. In den einzelnen Friichten bildeten sich nur 2. 1.1.4 Samen aus. KEinen besseren Erfolg hatte der Vorversuch im Herbst 1884 gehabt, so daf ich doch mit den damals erzeugten Bastarden zusammen eine Reihe zur Vergleichung hatte. Bastard 1. langgrifflig. Stengel unten braunlich, Blattchen schmaler als bei O. macro- stylis, in Farbe ahnlich O. canescens; keine Blihunterbrechung; Kelch mit braunroten Strichen; Blumenblatter mehr violettrot als bei O. macrostylis, mit Seidenglanz. 2. mittelgrifflig. St. unten nur schwach braunlich, B. so breit wie bei O. ma- Uber einige Pflanzenbastardierungen. 523 crostylis, aber an Farbe ahnlich O. canescens. — BU. keine. — K. mit braunen Strichen. — Blb. heller rot als bei O. macrostylis, Seidenglanz. 3. mittelgrifflig. St. unten schwach braunlich. — B. fast so breit wie bei O. macrostylis, Farbe ahnlich O. canescens. — BU. in einer Blatt- achsel. — K. mit braunroten Streifchen. — Blb. rot mit violettem Anflug, Seidenglanz. 4, langerifflig. St. unten braunlich. — B. fast so breit und in Farbe wie bei O. macrostylis. — BU. keine. — Blb. rot, ganz dhnlich O. macrostylis; die Bliiten aber kleiner. 5. langegrifflig. St. unten braunlich, — B. so breit wie bei O. macrostylis, aber in Farbe mehr Ahnlich O. canescens. — BU. keine. — K. sehr schwach braunrot berandet. — Blb. rot, ahnlich O. macro- stylis, aber mit violettem Anflug. 6. mittelgrifflig. St. unten braéunlich. — B. so schmal wie bei O. canescens, aber in Farbe nicht ganz gleich. — BU. bisweilen in 1 Blatt- achsel. — K. schwach braunrot berandet. — Blb. rot wie bei O. macrostylis, etwas mehr ins Violette. 7. langgrifflig. St. braunlich. — B. fast so breit wie bei O. macrostylis, auch in Farbe ahnlich O. macrostylis. — BU. bisweilen in einer Blatt- achsel. — K. ganz schwach rotbraun berandet. — Blb. Ahnlich O. macrostylis, aber heller und mehr violett, dazu die Bliiten etwas kleiner. 8. langgrifflig. St. weit hinauf braiunlich. — B. fast so breit wie bei O. ma- crostylis, aber in Farbe mehr ahnlich O. canescens. — BU. keine. — K. wenig braunrot berandet. — Blb. heller rot als bei O. ma- crostylis, Seidenglanz. 9. langgrifflig. St. unten braiunlich. — B. etwas schmaler als bei O. macro- 524 Dr. Friedrich Hildebrand, stylis, in Farbe gleich dieser Art. — BU. keine. — K. ganz grin. — Blb. rot, ahnlich O. macrostylis. 10. langgrifflig. St. nur ganz unten braunlich. — B. in Form und Farbe 4hn- lich O. macrostylis. — BU. keine. — K. zum Teil braunrot_ be- randet. — Blb. heller rot als bei O. macrostylis. 11. langgrifflig. St. nur ganz unten braunlich. — B. ahnlich denen von O. macrostylis, aber dunkler griin. — BU. in 2 Blattachseln. — K. mit braunroten Streifchen. — Blb. violetter rot als bei O. macro- stylis. 12. langegrifflig. St. schwach braunlich. — B. ahnlich O. rubella, fast so stark ausgerandet. — BU. in 2 Blattachseln. — K. am Rande mit ganz kurzen braunroten Streifchen. — Blb. wenig heller als bei O. ma- crostylis, kaum Seidenglanz. 13. langgrifflig. St. fast griin. — B. ahnlich O. macrostylis, kaum ausgerandet. — BU. in 2 Blattachseln. — K. ganz griin. — Blb. violetter rot als bei O. macrostylis, kaum Seidenglanz. Auch in dieser Abteilung von Bastarden traten nur die beiden Formen der Eltern auf, 10 waren namlich langgrifflig, 3 mittel- grifflig, keiner kurzgrifflig, Sie neigten in ihren Eigenschaften bald mehr zu O. macrostylis, bald mehr zu O. canescens, im ganzen zeigte sich der Einfluf von O. canescens als mehr hervortretend. So war namentlich der Stengel niemals rein griin, sondern hatte immer mehr oder weniger ein braunliches Ansehen, wenigstens am unteren Teil, wenn er auch nicht das glanzende Schwarz von O. canescens erreichte; ebenso fand meist keine oder doch nur eine ganz geringe Blihunterbrechung statt. Die Blatter neigten in der Form mehr zu O. macrostylis, in der Farbe mehr zu O. canescens. Der Kelch hatte meist etwas braunliches an sich, war aber selten braunrot berandet wie bei O. macrostylis, oder im ganzen braunlich, wie bei O. canescens, sondern zeigte auf griinem Grunde braunliche Striche. Die Bliitenblatter neigten in Farbe mehr zu O. macrostylis und hatten in keinem- Falle das helle Violett von O. canescens, Uber einige Pflanzenbastardierungen. 525 wihrend wiederum der Seidenglanz von O. canescens in mehreren Fallen auftrat und den Bliiten dieser Bastarde ein sehr schénes Aussehen gab. m. Oxalis canescens, mittelgrifflige Form, bestaéubt mit O. ma- crostylis, langgrifflige Form. Diese Bestéubungen hatten einen ieee Erfolg als die so- eben besprochenen, in umgekehrter Weise vorgenommenen, wenn sie auch immerhin denen mancher anderer Verbindungen nach- standen. Wenn auch eine Reihe von Bestéiubungen ohne Frucht- ansatz blieb, so bildeten sich infolge anderer doch Friichte aus, welche 1—5, im Durchschnitt gegen 3 Samen trugen, d. h. im Durchschnitt in den erzeugten Friichten, nicht als Erfolg aller Bestaéubungen, wo als Durchschnittszahl der Samen nur 1, 3 her- auskam. Leider ging ein Teil der Samlinge verloren; doch ge- niigen die tibrigen einigermafen zu unsern Vergleichungen. Bastard 1. langgrifflig. Stengel nur ganz unten braunlich. — Blattchen fast so breit wie bei O. macrostylis, aber in Farbe ahnlich denen von O. canescens, dicht gedrangt; Bliihunterbrechung in 2 Blattachseln. Kelch ganz grin. Blumenblatter: zart rosa, von einer Seite zur andern ab- schattiert, mit Seidenglanz, sehr schén. 2. mittelgrifflig. St. nur unten braunlich. — B. fast so breit wie bei O. macro- stylis, aber in Farbe ahnlich O. canescens. — BU. in 1—2 Blatt- achseln. — K. unterbrochen braunrot berandet. — Blb. heller rot als bei O. macrostylis mit violettem Anflug, welcher an der einen Blattseite starker; Seidenglanz. 3. mittelgrifflig. St. unten schwach braunlich. — B. so breit wie bei O. macro- stylis, nicht ganz so freudig grin. — BU. in je 1 Blattachsel. — K. braunrot berandet. — Blb. hellrosa, an der einen Seite heller violetter Streifen. 4, mittelgrifflig. St. ganz unten schwarzlich. — B. so breit wie bei O. macro- stylis, so graugriin wie bei O. canescens. — BU. in je 1 Blattachsel. — K. braunrot gestreift. — Blb. heller rot als bei O. macrostylis, kein Seidenglanz, nur so grof wie bei O. canescens. Die Blatter dicht gedrangt. 526 Dr. Friedrich Hildebrand, 5. mittelgrifflig. St. unten braun. — B. so breit wie bei O. macrostylis, aber eraugriin. — BU. keine. — K. wenig braunrot berandet. — Blb. violettrosa, an der einen Halfte dunkler als an der anderen. 6. mittelgrifflig. St. unten schwach braunlich. — B. so breit wie bei O. macro- stylis, dunkler grin. — BU. keine. — K. in der Mitte braunrot berandet. — Blb. mehr violettrot als bei O. macrostylis. 7. mittelgrifflig. St. unten sehr schwach braunlich. — B. so breit wie bei O. macrostylis, fast so graugriin wie bei O. canescens. — BU. in 1—2 Blattachseln. — K. etwas braunrot berandet. — Blb. violettrosa, heller als bei O. macrostylis. 8. mittelgrifflig. St. von unten her ziemlich weit aufwarts braunlich. — B. etwas schmaler als bei O. macrostylis, dunkelgriin. — BU. in 3 Blattachseln. — K. mit braunen Streifchen berandet. — Blb. dunkler violettrot als bei O. canescens, gréfer, schwacher Seiden- glanz. Auffallender Weise traten hier meist nur Bastarde der mittel- griffligen Form auf, nimlich 7 und nur 1 langgriffliger, was aber wohl mit der geringen Anzahl der erzielten Bastarde zusammen- hangt; die dritte Form fand auch hier sich nie. In bezug auf ihre sonstigen Erscheinungen blieben diese Ba- starde in demselben Rahmen wie die vorher besprochenen der anderen Reihe, so daf man auch in diesen beiden Reihen von Bastarden nicht unterscheiden kann, wer Vater und wer Mutter gewesen sei. 8. Bastardierungen zwischen Oxalis hirta und Oxalis canescens. Nach der oben gegebenen Ubersicht unterscheiden sich Oxalis hirta und O. canescens hauptsachlich durch folgende Punkte: Bei QO. hirta ist der Stengel braunlich griin, bei O. canescens unten schwarz und glanzend. Die Teilblattchen sind bei O. canescens kiirzer und dunkler griin, ein Merkmal, welches jedoch schwierig bei der Unterscheidung der Bastarde anzuwenden ist. Dann findet Uber einige Pflanzenbastardierungen. 527 bei O. canescens keine Bliihunterbrechung statt, wie bei O. hirta. Vornehmlich sind aber die Blumenblitter bei O. hirta dunkel- violett und haben einen blutroten Fleck auf dem gelben Nagel, wihrend sie bei O. canescens ganz hellviolett sind und einen ganz rein gelben Nagel haben. Die kleinere Bliite von O. canescens ist auch charakteristisch gegentiber der gréferen von O. hirta. n. Oxalis hirta, langgrifflige Form, bestéubt mit O. canescens, kurzgrifflige Form. Diese Bestiubungen waren in den meisten Fallen erfolgreich und es bildeten sich in den sehr zahlreich erzeugten Friichten 1—4 Samen, im Durchschnitt 2 Samen in jeder Frucht aus, so dafi eine groke Menge von diesen Bastarden erzogen werden konnte, welche sich besonders durch die verschiedene Farbung der Bliiten auszeichneten. Bastard 1. langgrifflig. Stengel braunlich. — Blattchen in Farbe und Form fast gleich denen von QO. canescens. — Bliihunterbrechung in einer Blatt- achsel. — Blumenblatter etwas heller violett als bei O. hirta, schwach blutroter Nagel. 2. mittelgrifflig. St. dunkelbraun. — B. wenig langer als bei O. canescens und etwas freudiger griin. — BU. in 1 Blattachsel. — Blb. wie bei Bastard 1. 3. mittelgrifflig. St. kaum braunlich. — B. fast so lang wie bei O. hirta, aber nicht so hellgriin. — BU. in 1 Blattachsel. — Blb. ahnlich O. hirta, dunkelviolett mit blutrotem Nagel. 4. mittelgrifflig. St. dunkelbraun. — B. in Farbe und Form fast wie bei O. canescens. — BU. in 2 Blattachseln. — Blb. dunkler violett als bei O. hirta, Nagel schwach blutrot. 5. langgrifflig. St. schwach braunlich. — B. so lang wie bei O. canescens, nicht so dunkel. — BU. in 2 Blattachseln. — Blb. abnlich wie bei O. hirta, aber kleiner. 6. mittelgrifflig. St. braunlich. — B, fast ganz wie bei O. canescens, nicht 528 Dr. Friedrich Hildebrand, ganz so dunkel. — BU. in 2 Blattachseln. — Blb. wie bei O. hirta, aber kleiner. 7. mittelgrifflig. St. schwach braunlich. — B. so lang wie bei O. hirta, so dunkel wie bei O. canescens. — BU. in 1 Blattachsel. — Blb. heller violett als bei O. hirta, Nagel ganz gelb. 8. mittelgrifflig. St. braunlich. — B. so lang wie bei O. hirta, so dunkel wie bei O. canescens. — BU. in 2—3 Blattachseln. — Bliiten wie bei O. hirta. 9. kurzegrifflig. St. braunlich. — B. so klein und gefarbt wie bei O. canescens. — BU. in 4 Blattachseln. — Blb. violettrot, zur einen Halfte violetter als zur anderen, Nagel ? Dieser Bastard zeigt also eine der ganz wenigen Ausnahmen im Auftreten derjenigen Form, welcher keiner der beiden Eltern angehort. 10. langgrifflig. St. dunkelbraun. — B. so grof und gefairbt wie bei O. ca- nescens. — BU. in 1 Blattachsel. — Blb. wie bei O. hirta, aber kleiner. 11. langgrifflig. St. schwach braunlich. — B. fast so lang wie bei O. hirta, aber nicht so hellgriin. — BU. in 2 Blattachseln. — Blb. leuch- tend violettrot mit blutrotem Nagel. Kleinbliitig. 12. langegrifflig. St. kaum braunlich. — B. etwas langer als bei O. canescens, nicht ganz so dunkelgriin. — BU. in 2 Blattachseln. — Bib. violett wie bei O. hirta, aber von einem Rande zum anderen ab- schattiert. Nagel schwach blutrot. Kleinbliitig. 13. mittelgrifflig. St. dunkelbraun. — B. etwas linger und etwas heller als bei QO. canescens. — BU. in 2 Blattachseln. — Blb. heller violett als bei O. hirta, Nagel mit schwach rotlichem Anflug. Kleinbliitig. 14. mittelgrifflig. St. schwach braunlich, — B, fast so lang und ebenso grin Uber einige Pflanzenbastardierungen. 529 wie bei O. hirta. — BU. in 2 Blattachseln. — Blb. leuchtend dunkelviolett, schwach rotlicher Nagel; groSblumig. 15. mittelgrifflig. St. schwarzbraun. — B. langer als bei O. canescens, an Farbe wie ©. canescens. — BU. in 2—3 Blattachseln. — Blb. heller violett als bei O. hirta, ganz schwach blutroter Nagel; Seiden- glanz; Bliiten so grofs wie bei O. hirta. 16. langgrifflig. St. kaum braunlich. — B. so lang wie bei O. hirta, Farbe zwischen der beider Eltern. — BU. in 2 Blattachseln. — Bliiten wie bei O. hirta, aber etwas kleiner. 17. mittelgrifflig. St. dunkelbraun. — B. so lang wie bei O. hirta, so dunkel wie bei O. canescens. — BU. keine. — Blb. rein wei’! mit gelbem Nagel. 18. langgrifflig. St. schwarzbraun. — B. etwas langer und heller als bei 0. canescens. — BU. in 3 Blattachseln. — Pflanze schwach. — Blb. etwas heller violett als bei O. hirta; blutroter Nagel, schwacher Seidenglanz. 19. langgrifflig. St. schwach braunlich. — B. so lang wie bei O. hirta, aber etwas dunkler. — BU. mehrmals in 1 Blattachsel. — Blb. etwas heller violett als bei O. hirta; blutroter Nagel schwacher als bei O. hirta. Kleinbliitig. 20. langgrifflig. St. schwach braunlich. — B. fast so lang wie bei O. hirta, Farbe im Mittel zwischen beiden Eltern. —- BU. in 1 Blattachsel. — Bhb. heller violett als bei O. hirta, Nagel gelb; kleinbliitig. 21. mittelgrifflig. St. dunkelbraun. — B. fast ganz wie bei O. canescens. — BU. in 2 Blattachseln. — Blb. violett wie bei O. hirta, aber schwach blutroter Nagel. Kleinbliitig. 22. langegrifflig. St. braunlich, — B, fast so lang wie bei O. hirta, heller, — 530 Dr. Friedrich Hildebrand, BU. in 2 Blattachseln. — Blb. wie bei 0. hirta, aber Nagel nicht ganz so blutrot. 23. langgrifflig. St. dunkelbraun. — B. linger als bei O. canescens, Farbe wie bei O. canescens. — BU. in 5 Blattachseln. — Blb. heller violett als bei O. hirta, gelber Nagel, Seidenglanz. 24. langgrifflig. St. braunlich. — B. wenig langer als bei O. canescens, Farbe wie bei O. canescens. — BU. fraglich, da nur schwach bliihend. — Blb. viel heller violett als bei O. hirta, blutroter Nagel. 25. mittelgrifflig. St. unten schwarz, dann braunlich. — B. ahnlich wie bei O. hirta. — BU. in 2 Blattachseln. — Blb. heller violett als bei O. hirta mit schwach blutrotem Nagel; groSblumig. 26. langgrifflig. St. braunlich. — B. ahnlich wie bei O. hirta, aber weniger behaart. — BU. in 3—4 Blattachseln. — Blb. rétlicher violett als bei O. hirta, Nagel schwach blutrot. 27. kurzgrifflig. St. bréunlich. — B. so gro8 wie bei 0. canescens, aber heller. — BU. fraglich, da nur schwach bliihend. — Blb. leuchtend violett, mehr zu rot, blutroter Nagel. Dies also ein zweiter kurzgriffliger Bastard unter dieser von mittelgriffligen und langeriffligen Eltern abstammenden Abteilung. Da ein Irrtum in der Bestéiubungsweise ganz ausgeschlossen war und auch die sonstigen Merkmale der beiden Bastarde anzeigten, dafi sie von denselben Eltern wie die anderen dieser Abteilung abstammten, so miissen wir schon diese beiden Falle als Aus- nahmen von der Regel hinnehmen, da die Bastarde immer nur die Formen der beiden Eltern zeigen. Immerhin waren hier diese beiden Formen in iiberwiegender Anzahl vertreten, die langgrifflige in 13, die mittelgrifflige in 12 Bastarden. Im tibrigen zeigt sich in dieser Abteilung der Einfluf der beiden Eltern wieder in sehr verschiedenem Mae. Die Farbe der Stengel neigt mehr zu QO. canescens und ist oft sehr dunkelbraun. Ebenso neigt auch die Form und Farbe der Blattchen mehr zu Uber einige Pflanzenbastardierungen. a3l O. canescens und ist dieser manchmal fast ganz gleich. Hingegen zeigt sich in den meisten Fallen eine Unterbrechung im Bliihen, wenn auch nicht in ganz so vielen Blattachseln hintereinander wie bei O. hirta. Die Farben der Bliitenblatter sind namentlich bemerkenswert; dieselben zeigen zwar meist mehr oder weniger einen blutroten Nagel, als Zeichen der Abstammung von O. hirta, der obere Teil ist aber sehr verschieden gefarbt: auger dem dunklen Violett von O. hirta ein noch dunkleres, ebenso ein helleres, aber nie so hell wie bei O. canescens, hingegen in einem Falle ein yoll- standig reines Weif und merkwiirdigerweise ein leuchtendes Rot, dem von O. macrostylis ahnlich, welche Art auf keinen Fall hier bei der Erzeugung der Bastarde mitgewirkt hat. Der Seidenglanz von QO. canescens tritt nur selten oder so wenig hervor, dai er nicht charakteristisch genannt werden kann. Hingegen ist bei einer grofien Anzahl dieser Bastarde der Bliitenumfang ein bedeu- tend geringerer als der von QO. hirta und nahert sich fast dem yon QO. canescens an Kleinheit. o. Oxalis canescens, mittelgrifflige Form, bestaubt mit O. hirta, langgrifflige Form. Diese Bestéubungen schlugen zwar oft ziemlich gut an, so daf sich in den erzeugten Friichten 1—3, im Durchschnitt 2 Samen bildeten, aber es liefen sich aus denselben nicht viele Samlinge erziehen, was vielleicht daran liegt, dal O. canescens, welche hier die Mutter war, einen viel schwachlicheren Habitus hat als O. hirta. Bastard 1. mittelgrifflig. Stengel dunkelbraun. — Bliattchen fast so lang wie bei O. hirta, Farbe wie bei O. canescens. — BU. in 1—2 Blattachseln. — Blumenblatter heller violett als bei O. hirta, Nagel gelb. 2. mittelgrifflig. St. kaum braunlich. — B. so lang wie bei O. canescens, aber heller. — BU. in 1 Blattachsel. — Blb. heller violett als bei O. hirta, Nagel schwach blutrot. 3. mittelgrifflig. St. schwarzbraun. — B. schmaler als bei O. hirta. — BU. in 3—4 Blattachseln. — Blb. heller violett als bei O. hirta, blut- roter Nagel. 532 Dr. Friedrich Hildebrand, 4. langgrifflig. St. braunlich. — B. ahnlich O. canescens. — BU. in 1 Blatt- achsel. — Bliiten klein, Blb. so hellviolett wie bei O. canescens, von der Mitte aber nach beiden Randern hin dunkler violett, oder auch auf dem hellvioletten Grunde, dunkler violette Streifen. Die ganze Pflanze zwergartig. Diese geringe Anzahl von Bastarden zeigt nur die beiden elterlichen Formen, die langgrifflige in 1, die mittelgrifflige in 3 Exemplaren, welche im grofen und ganzen denen der vorigen Reihe iihnlich sind, abgesehen von der eigentiimlichen Bliitenfarbe des Bastardes 4. 9. Bastardierungen zwischen Oxalis canescens und O. fulgida. Mehrere sehr auffallende Merkmale sind es, vergl. S. 492, welche Oxalis canescens und O. fulgida voneinander unterschei- den lassen. Der Wuchs von O. canescens ist ein aufrechter, der von O. fulgida unten ein ganz niederliegender. — Der Stengel ist bei QO. canescens unten glinzend schwarz, bei O. fulgida tiberall rét- lich. Die Blattchen sind bei O. canescens viel kiirzer und dunkler griin als bei O. fulgida. — Bei O. canescens ist der Kelch im ganzen braunlich griin, bei O. fulgida am Rande und auf dem Riicken mit braunroten Streifchen versehen. Die kleine Bliite ist bei O. canescens hellviolett, bei fulgida die grofe leuchtend rot — eine ganze Reihe von Merkmalen, die nun in den Bastarden sich mischen. p- Oxalis canescens, mittelgrifflige Form, bestaubt mit O. ful- gida, langegrifflige Form. Die tiberwiegende Mehrzahi dieser Bestéiubungen hatte keinen Erfolg, doch wurden 6 Friichte erzielt, welche 5. 4. 2. 3. 2. 4 Samen enthielten. Die Durchschnittszahl der nach den gesamten Bestaiubungen erzielten Samen war nur 1 fir jede Bestéubung. Bastard 1. langgrifflig. Stengel niederliegend, in Farbe zwischen O. fulgida und O. canescens, brauner als QO. fulgida, heller als O. canescens. — Blattchen so breit und lang wie bei O. fulgida, aber fast so grau- griin wie bei 0. canescens. — Kelch braunrot gestrichelt. — Blu- menblatter dunkler violett als bei O. hirta, Uber einige Pflanzenbastardierungen. 539 2. mittelgrifflig. St. niederliegend, schwarzbraun. — B. wenig heller als bei O. canescens. — K. am Rande braunrot gestrichelt. — Blb. rosa zu violett neigend; kleinbliitig. 3. langgrifflig. St. aufrecht, briunlich. — B. wenig linger und heller als bei O. canescens. — K. briaunlich griin. — Blb. rosa zu violett nei- gend, Seidenglanz; kleinbliitig. 4. langerifflig. St. aufrecht, briunlich. — B. fast gleich O. fulgida. — K. braun gestrichelt. — Blb. rot, ahnlich O. fulgida, aber etwas ins Violette, Seidenglanz; Bliiten kleiner als bei O. fulgida. 5. mittelgrifflig. St. niederliegend, braunlich. — B. fast ganz wie bei O. ca- nescens, wenig heller. — K. griin. — Blb. rot, ahnlich O. fulgida, aber ins Violette, Bliiten gréfer als bei O. canescens. 6. mittelgrifflig. St. niederliegend, braunschwarz, zart. — B. schmaler und zarter als bei O. canescens, nicht so graugriin. — K. briunlich berandet. — Blb. rosa, kaum zu Violett neigend, Seidenglanz. Bliiten in Form von O. canescens, aber grésser. Dieser Bastard zeichnet sich namentlich durch seine von bei- den Eltern abweichende zarte Belaubung aus. 7. langegrifflig. St. niederliegend, braunschwarz, kraftig. — B. fast gréfer als bei O. fulgida, aber Farbe fast gleich O. canescens. — K. braunrot berandet. — Blb. rot, ahnlich O. fulgida, aber mehr violett; Bliiten ebenso gro’ wie bei O. fulgida. 8. langgrifflig. St. niederliegend, schwarzbraun. — B. langer als bei O. ca- nescens, nicht ganz so graugriin. — K. braun gestrichelt. — BIb. dunkel violettrot, Seidenglanz. Bliiten teils so grok, teils gré\er als bei O. canescens. 9. mittelgrifflig. St. niederliegend, briunlich. — B. etwas breiter als bei O, 534 Dr. Friedrich Hildebrand, canescens. — K. braunlich. — Blb. violett wie bei O. hirta, aber Nagel gelb. 10. mittelgrifflig. St. niederliegend, braéunlich. — B. ahnlich O. canescens, aber langer. — K. griin mit feinen braunen Streifen. — Blb. dunkler violett als O. canescens. 11. langgrifflig. St. niederliegend, dunkelbraun. — B. ahnlich O. canescens. — K. mit feinen braunen Strichen. — Blb. violettrot, von dunkler rotem, inneren Rande, zu hellerem, aduBeren, mehr violetten ab- schattiert! Bliiten klein. 12. langerifflig. St. niederliegend, schwach braunlich. — B. ahnlich O. canescens, aber breiter und langer. — K. braualich. — Blb. violettrot, Sei- denglanz. Es sind zwar diese Bastarde nicht sehr zahlreich, doch lakt sich immerhin einiges Allgemeine von ihnen zusammenfassen. Auch sie zeigen nur die beiden Formen ihrer Eltern, namlich die lang- grifflige in 7, die mittelgrifflige in 5 Exemplaren; die kurzgrifflige fehlt. In einigen Punkten zeigen sie Mittelbildungen zwischen ihren Kltern, in anderen nahern sie sich mehr dem einen oder dem anderen. In der meist dunkelbraunen Farbe des Stengels zeigt sich der vorwiegende Einflu8 von O. canescens, wahrend darin, daf} in den meisten Fallen die Stengel an ihrem unteren Teil niederliegend sind, die Ahnlichkeit mit O. fulgida hervortritt. Die Blatter zeigen in Form und Farbe meist Mittelstufen zwischen den beiden Eltern. Da diese beiden keine Bliihunterbrechung haben, so findet sich dieselbe auch bei den Bastarden nicht, was bei der Beschreibung dieser nicht niher angegeben wurde. Am Kelch tritt der Einflu8 von O. fulgida meist stark durch braun- rote Strichelung oder Berandung hervor. — Die Farbe der Blumenblatter ist entweder derjenigen von O. fulgida ahnlich, hat dann aber immer einen mehr violetten Anflug, in anderen Fallen ist sie ausgesprochen violett; in noch anderen rosa, als Kombination des hellen Violett von O. canescens und des leuchtenden Rot von O. fulgida. In den einen Fallen zeigt sich der Seidenglanz von O. canescens, in anderen nicht. Diese Bastarde haben in vielen Fallen einen von den meisten vor- her beschriebenen abweichenden, feineren Habitus, Uber einige Pflanzenbastardierungen. 535 q. Oxalis fulgida, langgrifflige Form, bestaubt mit O. canescens, mittelgrifilige Form. Diese Bestiéubungen wurden in grofer Anzahl vorgenommen, und weil sie immer ohne gewiinschtes Resultat blieben, sehr oft wiederholt, doch vergeblich; es gab zwar einzelne Ansitze zu Friichten, welche eine Zeitlang anschwollen, dann aber, ehe die Samen keimfahig waren, gelb wurden und verdarben. Endlich wurde ein Simling erzielt, welcher aber sehr schwach- lich war und im Herbst 1888 noch nicht zur Bliite kam; der Stengel war noch ganz unverzweigt, diinn und briunlich griin und die Teilblattchen waren bedeutend schmaler und kleiner als die von O. canescens. 10. Bastardierungen zwischen Oxalis canescens und O. longisepala. Diese beiden Arten unterscheiden sich vornehmlich durch folgende Merkmale voneinander: Bei O. canescens ist der Stengel aufrecht und unten schwarzbraun, bei O. longisepala unten nieder- liegend und freudig griin. Die Teilblattchen sind bei O. canescens graugriin und schwach rinnig, bei O. longisepala freudig griin und stark rinnig; bei O. canescens keine Bliihunterbrechung, welche bei O. longisepala eintritt. Der Kelch ist bei O. canescens braun- lich griin, bei O. longisepala freudig griin, mit unterbrochen braun- roter Berandung. Bei O. canescens sind die Bliiten klein, ihre Blatter hellviolett mit gelbem Nagel, bei O. longisepala die Bliiten grof, ihre Blatter leuchtend gelbrot mit blutrotem Nagel. Der Seidenglanz der Bliiten von O. canescens tritt bei O. longisepala zwar auch auf, aber nicht so auffillig, er ist zum Vergleich bei den Bastarden kaum zu benutzen. r. Oxalis canescens, mittelgrifflige Form, bestaubt mit O. longisepala, langgrifflige Form. Eine iiberwiegende Anzahl dieser Bestéiubungen war von keinem Erfolg, und nur wenige Friichte bildeten sich aus, welche 1—5 Samen enthielten. Die Durchschnittszahl der Samen nach allen Bestaiubungen war nur 1. Bastard 1. mittelgrifflig. Stengel niederliegend, schwach braiunlich. Blattchen fast wie bei O. canescens. Bliihunterbrechung in 2 Blattachseln. Kelch Ba, XXIII. N, F. XVI. 35 536 Dr. Friedrich Hildeb'rand, griin. Blumenblatter etwas violetter rot als bei O. macrostylis, gelber Nagel; kleinbliitig. 2. langgrifflig. St. aufstrebend, kaum braunlich. — B. wie bei canescens, nicht ganz so graugrin. -—- BU. in 2 Blattachseln. — K. griin. — Blb. etwas violetter rot als bei O. macrostylis, Nagel blutrot ; kleinbliitig. 3. mittelgrifflig. St. aufstrebend, kaum braunlich. — B. ahnlich O. canescens, aber nicht ganz so graugriin. — BU. keine! — K. griin. — Bhb. violetter rot als bei O. macrostylis, gelber Nagel. 4, mittelgrifflig. St. aufstrebend, kaum braunlich. — B. breiter als bei O. canescens, dunkelgriin, Blatter gedrungen stehend. — BU. in 3—4 Blattachseln. — K. griin. — Blb. violettrot, blutroter Nagel. 5. mittelgrifflig. St. niederliegend, braun. — B. ahnlich denen von O. longise- pala in Form, Farbe aber mehr zu O. canescens neigend. — BU. in 2 Blattachseln. — K. griin. — Blb. dunkel violettrot, blutroter Nagel, kleinbliitig. 6. langgrifflig. St. aufstrebend, schwach braunlich. — B. ahnlich O. canescens. — BU. in 2 Blattachseln. — K. griin. — Blb. rot wie bei O. macrostylis, Nagel gelb; kleinbliitig. 7. mittelgrifflig. St. aufstrebend, unten dunkelbraun. — B. ahnlich O. canes- cens, aber kleiner. — BU. in 4 Blattachseln. — K. griin. — Blb. violettrot, blutroter Nagel; Bliiten so grof wie bei O. longisepala. 8. mittelgrifilig. St. ganz niederliegend. — B. in Form wie bei O. longisepala, in Farbe wie bei O. canescens. — BU. nicht festzustellen, da die Pflanze einstweilen am Hauptzweige nur 2, an den Seitenzweigen je nur | Bliite hatte. — K. griin. — Blb. violettrot, Nagel blutrot. 9. mittelgrifilig. St. aufstrebend, braiunlich. — B. ahnlich denen von O. canes- Uber einige Pflanzenbastardierungen., 537 cens. — BU. in 3 Blattachseln. — K. griin. — Blb. dunkler rot als bei O. macrostylis, Nagel blutrot; kleinblumig. 10. langgrifflig. St. aufstrebend, braunlich. — B. ahnlich denen von O. canes- cens. — BU. in 4—5 Blattachseln. — K. grin. — Blb. dunkler rot als bei O. macrostylis, Nagel gelb. Auch diese Bastarde zeigen nur die Formen der beiden Eltern, die langgrifflige in 3, die mittelgrifflige in 7 Exemplaren. Die ganzen Pflanzen haben ein zwergartiges Ansehen, was durch ihren meist niedrig bleibenden Stengel und durch die dicht ge- drangt stehenden Blatter hervorgebracht wird. In der Farbe zeigt der Stengel fast immer den Einfluf von O. canescens, aber in sehr verschiedener Weise durch mehr oder weniger braunliche Farbung. Die Blattchen neigen in Form und Farbe mehr zu denen von O. canescens, denen sie manchmal fast ganz gleich sind. Hin- gegen haben die meisten Bastarde von O. longisepala das Bliihen mit Unterbrechungen geerbt. Die Kelchblatter sind dadurch eigen- tiimlich, da sie das freudige Griin von O. longisepala haben, aber ohne die braunrote Berandung, welche auch bei O. canescens fehlt. Besonders eigentiimlich ist die Farbe der Blumenblatter, waihrend diese bei O. canescens hellviolett, bei O. longisepala leuchtend gelbrot ist, so haben wir hier bisweilen eine Farbe, welche der von O. macrostylis sehr ahnlich ist, d. h. ein Karminrot, welches nicht zum Gelblichen neigt, sondern mehr zum Violetten. Diese Neigung zum Violetten tritt dann auch in einigen Bastarden noch starker hervor. Der blutrote Nagelgrund von O. longisepala ist manch- mal vorhanden, manchmal nicht. Im allgemeinen sind die Bliiten klein und nicht so ansehnlich wie bei den vorher beschriebenen Bastarden, was mit dem zwergartigen Wuchs der vorliegenden im Zusammenhange zu stehen scheint. s. O. Oxalis longisepala, langgrifflige Form, bestaéubt mit O. canescens, mittelgrifflige Form. Alle diese Bestéubungen, welche in grofer Anzahl vorge- nommen wurden, was bei der Langgriffligkeit der zu bestaéubenden Form sehr leicht war, blieben ohne jeden Erfolg, so daf also eine Erzeugung der zweiten Reihe von Bastarden zwischen O. canescens und longisepala nicht erreicht wurde. 36 * 538 Dr. Friedrich Hildebrand, Auch gegen die Pollen der anderen Arten zeigte sich O. longisepala vollstindig unempfanglich. Mit langgriffligen Formen anderer Arten, wie denen von O. macrostylis, hirta und fulgida, wurde sie natiirlich erst gar nicht bestaubt, hingegen mit der kurzgrifiligen und mittelgriffligen Form von O. rubella, was aber ganz ohne Erfolg blieb. Nach diesem Verhalten von O. longisepala kénnte man auf den Gedanken kommen, sie selbst fiir einen unfruchtbaren Bastard zu halten, sie zeigt aber doch so viele charakteristische Eigen- heiten im Wachstum, den Blattern und Bliiten, da’ dies kaum statthaft ist; auferdem ware sie als Bastard eine Ausnahme von den andern Bastarden der Rubellagruppe, welche alle fruchtbar sind. Wenden wir uns nun nach dieser Auffiihrung der Ergebnisse, welche die verschiedenen Bestaubungen zwischen Arten der Rubella- gruppe von Oxalis hatten, zu einem allgemeinen Uberblick tiber dieselben : Beriicksichtigen wir zuerst den Erfolg, welchen die ver- schiedenen Bestéiubungen innerhalb dieser Gruppen in bezug auf die Anzahl der durch dieselben erzeugten Samen hatte, so giebt uns die beifolgende Tabelle einen Uberblick hieriiber. Diese Tabelle ist der bequemen Ubersicht halber so eingerichtet, daf alle Be- stiiubungen, welche an einer und derselben Art ausgefiihrt wurden, zusammenstehen, so dafi nicht die beiden Kreuzungen, welche zwischen 2 Arten vorgenommen wurden, direkt aufeinander folgen ; man wird aber mit Leichtigkeit die in dieser Richtung zusammen- gehorigen Kreuzungen auffinden. Durchschnitt der Samenzahl Oxalis rubella, mittelgrifflig, nach jeder Bestiubung: best. mit O. rubella, kurzgrifflig . . . 1,92 » » ©. macrostylis, langgrifflig . 1,9 9 spec Os, Dirta, lamppmttlig, cme ook » », O. longisepala, langgriftlig . 1,68 O. rubella, kurzgrifflig, best. mit O. rubella, mittelgrifflig . . 1,8 » 5, QO. macrostylis, langgrifflig . 2 » » ©. hirta, langermilic..... . » » O. longisepala, langgrifflig. . 2,9 Uber einige Pflanzenbastardierungen. 539 Durchsehnitt der Samenzahl nach jeder Bestiéiubung : best. mit O. rubella, mittelgrifflig . . 3 mo ae WOeexubolla, kurzorifiise >. . 2: )'S.5 » O. canescens, mittelgrifflig . 0,4 Oxalis hirta, langgrifflig, ” O. canescens, mittelgrifflig, best. mit O. macrostylis, langgrifflig . 1,2 7. ee, Osahixta, langeriffliic . . .gi0i( 56 » 5» ©. longisepala, langgrifflig . 0,9 yy ~6O. dulpida, Jangprinnc . . . «(Of8 O. longisepala, langgrifflig, best. mit O. rubella, kurzgrifflig. . . 0 » », O. rubella, mittelgrifflig . . 0 » 4, ©. canescens, mittelgrifflig . 0 O. fulgida, langgrifflig, best. mit O. rubella, kurzggrifflig . . 0 » », ©. rubella, mittelgrifflig . . 0 » », O.canescens, mittelerifflig: fast 0. Aus dieser Ubersicht ergiebt sich eine ungemeine Verschieden- heit in bezug auf die Menge der erzeugten Samen im allgemeinen. Die gréSte Anzahl von Samen, namlich 4 nach jeder Bestaéubung, ergab die Bestiubung der langgriffligen Form von O. macrostylis mit der mittelgriffligen Form von O. rubella, wahrend die ge- ringste Anzahl bei der Bestiubung von O. macrostylis mit O. canescens, naimlich nur 0,4, und von O. canescens mit O. fulgida, nur 0,8, sich ergab. Nur in ganz vereinzelten Fallen kam es bei O. fulgida nach zahlreichen, nicht gezaihlten Bestaubungen dahin, daf sich Friichte mit schwichlichen Samen bildeten, und endlich blieben an der langgriffligen Form von O. longisepala alle sehr zahlreichen Bestaéubungen mit anderen Formen anderer Arten ohne jeden Erfolg. Wir sehen ferner, daf die Wechselbestaubungen zwischen 2 Arten durchaus von sehr verschiedenem Erfolge waren; so hatte die Bestaubung der langgriffligen Form von O. macrostylis mit der mittelgriffligen und kurzgriffligen Form von O. rubella einen Erfolg von durchschnittlich 4 und 3,5 Samen nach jeder Be- staubung, waihrend die umgekehrte Art der Bestéiubung, nimlich der genannten beiden Formen von ©. rubella mit der mittelgriff- ligen Form von O. macrostylis nur 2 Samen im Durchschnitt er- gab. Besonders auffallend war es aber, daf die Bestiéubung der 540 Dr. Friedrich Hildebrand, beiden Formen von O. rubella, und auch der mittelgriffligen von O. canescens mit der langgriffligen Form von O. canescens durch Erfolg gekrént war, wahrend O. longisepala mit jenen Arten be- stéubt nie Frucht ansetzte. Es sind dies weitere derartige Falle, von denen man schon mehrere kennt, wo man sich aufer Stande sieht, eine geniigende Erklarung dafiir zu geben, dafi die eine Art mit der anderen bastardiert werden kann, die letztere mit der ersteren aber nicht. Besonders hervorzuheben ist hier auch die Erscheinung, daf die Bastardierung zwischen verschiedenen Arten besseren Erfolg hat als die Bestiubung innerhalb einer und derselben Art. Von der Bestaiubung innerhalb der gleichen Form derselben Art ist hier natiirlich nicht die Rede, denn diese war in der Rubella- gruppe von Oxalis ausnahmslos ohne Erfolg; es ist hier nur die Sestiubung zwischen 2 Formen von Oxalis rubella, der mittel- eriffligen und kurzgriffligen, gemeint, welche von keinem grofen Erfolge gekrént war, naémlich durchschnittlich nur 1,3 und 1,9 Samen einbrachte, wahrend bei der Bestaubung yon O. macrostylis mit den genannten 2 Formen yon O. rubella deren 4 und 3,5 nach jeder Bestaubung erzeugt wurden. Erwahnt sei hier noch, daf ebensowenig wie die Wechsel- bestaéubung der gleichen Formen innerhalb derselben Spezies einen Erfolg hat, dieses auch der Fall ist, wenn gleiche Formen ver- schiedener Spezies miteinander bestaubt werden. So bestiubte ich z. B. die langgriffligen Formen von O. macrostylis, hirta und fulgida untereinander; die Bliiten fielen aber ebenso bald mit ihren Stielen ab, als wenn sie mit sich selbst bestaubt waren. Aus diesem Grunde war es denn auch nicht moglich, einzelne der zu den Experimenten benutzten Arten untereinander zu bastar- dieren, weil dieselben nur in den gleichen Formen lebend beschafft werden konnten. Was nun das Verhaltnis der Griffellinge zu den Staubgefafen in den Bastarden angeht, so laft sich dies nach folgender Zu- sammenstellung am besten iiberschauen, 1. bedeutet langgriftlig, m. mittelgrifilig, k. kurzgrifflig. , Uber einige Pflanzenbastardierungen. 541 Anzahl der Bastarde der verschiedenen Formen. IIe m. k. O. rubella m. best. mit O. macrostylis 1. 14 10 — O. rubella k. mit macrostylisl.. . . 7 — 12 O. macrostylis 1. mit rubella m.. . . 18 22 — O. macrostylis 1. mit rubella kk... . . 18 %— _ 16 QO. rubella m. mit hirtal.. . .. . 9 5 — Orubelue keemnuenitta ta se ae ee LO ky Le O. Hirta Ii'mit rubella*ms eo os 9 — O., hirta ij mit: rubella; bei cpus ge) of D8) eed O. rubella m. mit longisepalal.. . . 9 8 — O. rubella k. mit longisepalal. . . . 12 — 7 O. macrostylis 1. mit canescens m. . . 10 3; — O. canescens m. mit macrostylis l. . . 1 i O. hirta 1. mit canescens m. . . . . +13 £4412 = 2! O. canescens m. mit fulgidal. . . . 7 5 O. canescens m. mit longisepala l. . . 3 7 — 167 89 69 Es tritt hier ganz auffallend hervor, daf die Bastarde einer Bestéubungsreihe nur die beiden Formen zeigen, welchen die beiden Eltern angehéren, und daf die dritte unter ihnen fehlt. Nur 3 Ausnahmen finden sich von dieser Regel unter den 325 Bastarden, indem aus der Bastardierung der kurzgrifiligen Form von O. rubella mit der langgriffligen von O. hirta einer der Bastarde mittelgrifflig war, und aus der Bestaéubung der langgriffligen Form von O. hirta mit der mittelgriffligen von O. canescens neben 13 langgriffligen und 12 mittelgriffligen sich 2 kurzgrifflige Pflanzen ergaben. Auf der anderen Seite zeigte sich nach der Bestaubung der mittelgriffligen und kurzgriffligen Form von O. rubella mit- einander in den Simlingen auch die dritte Form, die langgrifflige. Wir kénnen dies wohl neben anderen Dingen als einen Beweis da- fiir ansehen, dafi die Oxalisarten, welche oben als solche ange- fiihrt worden und mit denen experimentiert wurde, wirklich ver- schiedene Spezies sind. Waren sie nur Yarietaten, so wiirde doch wahrscheinlich in ihren aus der Vereinigung von 2 Formen her- vorgangenen Nachkommen ebenso die dritte Form aufgetreten sein, wie nach de: Bestaéubung zweier Formen einer und derselben Art, namlich O. rubella. Auffallend ist nach obiger Ubersicht noch dies, daf die lang- grifflige Form unter den Bastarden so tiberwiegend auftritt, nam- lich in 167 Exemplaren, wahrend die mittelgrifflige sich nur in 542 Dr. Friedrich Hildebrand, 89, die kurzgrifflige in 69 Pflanzen zeigte; tiber die Griinde moéchte ich meine Vermutungen nicht weiter auseinander setzen. Gehen wir nun zur Besprechung der Unterschiede der Bastarde voneinander und von ihren Eltern tiber, so muf zuerst dies ge- sagt werden, daf’ manche Verschiedenheiten schwer genau mit Worten zu beschreiben sind, wenn sie auch leicht beim Vergleich der beiden betreffenden Pflanzen sich erkennen lassen. Ks soll diese Bemerkung eine Entschuldigung dafiir sein, wenn in der vorstehenden Beschreibung der Bastarde Ausdriicke fiir die Ver- gleichung gebraucht sind, welche man an und fir sich kaum als Verschiedenheiten im Wesen ansehen kann, wie z. B. kaum ausge- randet und schwach ausgerandet. Zwei Dinge fallen bei der Vergleichung sogleich in die Augen: einmal ist kein Bastard einem seiner Eltern ganz gleich, und zweitens sind alle Bastarde, welche in gleicher Weise erzeugt worden, untereinander mehr oder weniger verschieden. Unter der eroBen Menge der Bastarde gelang es nicht, 2 ganz gleiche auf- zufinden ; wenn sie in einem oder mehreren Merkmalen miteinander iibereinstimmten, so war doch ein anderes Merkmal zu finden, wo- durch sie sich voneinander unterschieden. Weiter waren auch hier wie in den vorherbesprochenen Bastardierungsfallen die beiden Reihen der zwischen 2 Arten er- zeugten Bastarde sich in der Weise gleich, daf sie in einem ganz gleichen Rahmen untereinander variierten. Es lief sich nicht unterscheiden, wer bei dem Entstehen des Bastardes der Vater, wer die Mutter, die bestaubende oder bestaubte Art gewesen. Das Wachstum im allgemeinen war bei den meisten Bastarden ein starkeres und iippigeres als bei den reinen Arten, namentlich kamen sie meist auch eher zum Bliihen, denn die meisten Bastarde bliihten schon im zweiten Jahre nach der Aussaat, wahrend die Samlinge von Oxalis rubella zum gréften Teil nach 2 Jahren noch nicht bliihreif waren. Auf der anderen Seite zeigten sich unter den Bastarden aber auch schwachere Formen, von kleinem, ge- drungenem Wuchs, als ihn die Eltern zeigten, so z. B. die durch Bestaéubung von O. canescens mit O. longisepala erzeugten. Die Mischung der elterlichen Charaktere in den Bastarden war nun eine ganz ungemein mannigfaltige, und man konnte schwer sagen, ob die einen mehr dem Vater oder mehr der Mutter abnelten; es kame dies ganz auf die Wertschatzung der einzelnen Charaktere an, denn wenn in einem Charakter der EinfluS der Uber einige Pflanzenbastardierungen. 5438 einen Art vorwiegend war, so war es in einem anderen wieder einer der anderen Art. Der Reichtum der Formen war ein unge- mein grofer und eben dadurch zu erklaren, dai es so viele Merk- male waren, durch welche die beiden gekreuzten Arten sich von- einander unterschieden, die sich nun in den Bastarden in der verschiedensten Weise kombinierten. Es ware ein nutzloses Be- miihen, eine Wahrscheinlichkeitsrechnung aufzustellen, wie viele verschiedene Bastarde sich zwischen den gegebenen Arten denken liefen, da ja die einzelnen Merkmale sich in ganz ungemein ver- schiedener Weise mischen lassen, gerade wie die Zahl 4 zusammen- gesetzt sein kann aus 2 und 2, 3 und 1, 21/, und 1"/,, 21/, und 15/, etc. etc. Gehen wir aber noch etwas naher darauf ein, wo und wie die Mischung der Charaktere in den vorliegenden Bastarden sich zeigt. Der Wuchs der Stengel ist bei den einen Arten ein, wenigstens im Anfange, niederliegender, bei den anderen ein aufstrebender, bei noch anderen ein gerade aufrechter, und es gab nun sowohl die verschiedensten Stufen zwischen beiden Extremen in den Bastarden tiberhaupt, als auch bei den einen derselben Abteilung die eine Art der Vererbung, bei den anderen die andere. Ebenso verhielt es sich mit der Farbe des Stengels, der namentlich bei O. canes- cens durch ein schwarzliches Aussehen sehr charakterisiert ist, welches sich nun bei den Bastarden, bei deren Bildung O. canescens mitgewirkt hatte, in dem verschiedensten Grade zeigte. Die Kombinationen der verschiedenen Formen, Behaarungen und Farbe der Blatter war ganz ungemein grof, und gerade hier wurde eine scharfe Vergleichung geradezu unméglich; auch ist dies vor allen Dingen hervorzuheben, daf an einem und demselben Bastard die Blatter, gerade so wie bei seinen Eltern, nicht ganz gleich waren, sondern sich in mancher Beziehung verschieden ver- hielten. In den Beschreibungen sind natiirlich immer nur die Kigenschaften angegeben, welche sich an der Mehrzahl der Blatter fanden. Besonders auffallig zeigt sich die Verschiedenheit der Arten in der Aufeinanderfolge der Bliiten, die bei den einen ununter- brochen ist, wahrend bei den anderen auf Blatter, in deren Achsel eine bliite steht, immer mehrere bliitenlose folgen, was der Kiirze halber als ,,Blihunterbrechung“ bezeichnet worden ist. Wenn nun einer der Eltern solche Bliihunterbrechung zeigte, so pflanzte sich diese auch immer, oder doch meist, auf den Bastard, bei 544 Dr. Friedrich Hildebrand, dessen Bildung jene Art mitgewirkt hatte, fort, doch nur in be- schranktem Mafe. Weiter zeigte sich in der Farbung des Kelches bei den Bastarden das verschiedenste Auftreten der elterlichen Charaktere. So trat in den Fallen, wo O. macrostylis, dessen Kelchblatter braunrot berandet sind, mitgewirkt hatte, diese Berandung in den Bastarden in sehr verschiedener Weise hervor, wenn der andere Elter des Bastardes sie nicht gehabt hatte. Sie zeigte sich entweder gerade so, wie bei O. macrostylis, oder nur in schwachen, manchmal auch unter- brochenen Randstreifen, oder nur an der Basis der Kelchblatter, in anderen Fallen war das Braunrot in feinen Strichen tiber die ganz griine Kelchaufenseite verteilt, oder hatte sich mit diesem Griin zu einem gleichmafigen Braunlichgriin vermischt; endlich zeigte sich der Kelch auch oft vollstandig griin. Ganz besondere Farbenspiele traten aber in den Bliitenblattern auf, Hier kam wirklich manchmal ganz rein die Farbe von einem der beiden Eltern zum Ausdruck, in anderen Fallen zeigte sich aber eine Vermengung der beiden Farben in sehr verschiedener Weise: einmal, und zwar meistens, als wirkliche Mischung, eine Durchdringung der beiden elterlichen Farben, wo bald die eine, bald die andere mehr die Oberhand hatte,so da die verschiedensten Schattierungen vorkamen; ein anderes Mal, und zwar seltener, kamen 2 Farben nebeneinander auf einer und derselben Blumen- blattspreite vor; z. B. ein violetter Streifen am Rande eines kar- minroten Blattes. Die Farbenmischung bewegte sich fast immer zwischen den beiden Eltern, ging aber auch bisweilen tber die- selben durch gréSere Dunkelheit oder Helligkeit hinaus. Nur in ganz seltenen Fallen zeigte sich eine von den elterlichen Farben oder deren Mischung ganz abweichende; so z. B. in den leuchtend roten Bastarden, welche von der dunkelviolettbliitigen O. hirta und der hellvioletten O. canescens entsprangen. Ganz ausnahms- weise trat das in der Rubellagruppe von Oxalis in keiner Art vorkommende reine Weifi auf, namlich bei einem Bastard, welcher aus der gleichen Bestaubung von O. hirta mit O. canescens ent- standen war. Auch die Kombinationen in der Farbung des Blumenblatt- nagels waren sehr verschieden, welcher bei den einen Arten bis auf eine kleine Stelle an der Basis rein gelb ist, bei anderen einen grofken blutroten Fleck zeigt. In den Bastarden war dieser Nagel entweder so gefairbt wie bei einem der beiden Eltern, oder es zeigten sich die verschiedensten Mittelstufen. Uber einige Pflanzenbastardierungen. 545 Dann waren auch wieder die beiden Dinge, Farbe der Blumen- blattspreite und Farbe des Nagels verschieden kombiniert, so daf manchmal die Bliitenblaitter in ihrer Ganzheit einem der beiden Eltern glichen, oder nur in einem der beiden Punkte von ihm abwichen, kurz eine ganz unglaubliche Mannigfaltigkeit, wozu auch noch der Seidenglanz der Bliiten von O. canescens sich verschieden geltend machte, ebenso die Kleinheit der Bliiten dieser Art. Noch einmal sei wiederholt, daf zwar einzelne Teile der Bastarde, wie z. B. die ganzen Bliiten, dem einen oder dem anderen der beiden Eltern vollstaéndig gleich erschienen, daf aber dann jedenfalls die vegetativen Teile hier Abweichungen zeigten, ent- weder dem anderen Elter glichen, oder eine Zwischenbildung zwischen beiden Eltern zeigten. Es kénnte bei manchem die Frage auftauchen, ob diese Bastarde bei ihrer grofen Verschiedenheit nicht etwa auch in sich, d. h. in den einzelnen Individuen eine Verschiedenheit der Organi- sation, sowohl in raéumlicher als in zeitlicher Beziehung zeigen mochten, d. h. in einem und demselben Exemplar die zugleich ge- bildeten Blatter und Bliiten verschieden sein, oder sich eine Ver- schiedenheit zwischen den Schéflingen und Bliiten verschiedener Vegetationsperioden zeigen. Auf den ersten Punkt, die Frage itiber die raumliche Verschiedenheit, ist zu bemerken, da’ diese zwar bei den Bastarden hier und da vorhanden war, sich aber nur in denselben Grenzen bewegte wie bei den Eltern, wie z. B. auch nicht alle Blatter ganz gleich geformt und behaart an einem In- dividuum sind, oder die Bliiten sich nicht in allen Punkten voll- standig gleichen. Die zweite Frage wurde dadurch erledigt, da8 an den Bastarden, welche im Herbst 1887 zuerst in Bliite beobachtet wurden, in ihrer neuen Vegetationsperiode zur Herbstzeit 1888, wo sie sich noch dazu durch Zwiebelbrut stark vermehrt hatten, sich in keiner Weise von dem eine Verschiedenheit an den einzelnen Exemplaren zeigte, was ich im Herbst 1887 iiber sie aufgeschrieben hatte. Was endlich die Fruchtbarkeit der vorliegenden Bastarde angeht, so wurden dariiber keine eingehenden Beobachtungen an- gestellt, nur soviel ergab sich nach den vorgenommenen Experi- menten als sicher, daf an allen die weiblichen Organe funktions- fahig waren, aber auch die mannlichen schienen es ebenfalls zu sein. Nahere Beobachtungen auf diesem Gebiet, sowie iiber die Beschaffenheit der durch solche Bestiiubungen der Bastarde unter- 546 Dr. Friedrich Hildebrand, einander, sowie mit ihren Eltern erzeugten Pflanzen sind noch anzustellen. Aus dem Umstande, daf die in der Rubellagruppe von Oxalis erzeugten Bastarde, wie so eben angefiihrt, aller Wahrscheinlichkeit nach alle unter sich fruchtbar sind, kénnte man versucht sein an- zunehmen, da sie in freier Natur leicht Bestand haben wiirden und so sich dauernde Mittelglieder zwischen den einzelnen Spezies in freier Natur finden. Hiergegen ist aber dies einzuwenden, daf im wilden Zustande der Arten, d. h. in ihrer Kapheimat, wohl immer die 3 Formen derselben Art zusammen vorkommen werden, und nun, wenn auch eine Bestéubung mit anderen benachbarten Arten durch Insekten erméglicht und bewirkt wird, doch der Pollen der eigenen Art den fremden in seiner Wirkung iiberfliigeln wird, wodurch also die Art rein sich fortpflanzen und die Bastar- dierung nicht eintreten wird. Anders verhalt sich die Sache bei unseren Kulturen, wo be- kanntermafen von der einen Spezies nur die eine Form, von der anderen die andere gezogen wird — O. rubella bildet die einzige Ausnahme — und nun der Bastardierung durch die Beihilfe der Insekten Thiir und Thor offen steht, wahrend die fruchtbringenden Bestaubungen innerhalb derselben Spezies ausgeschlossen sind. Infolge hiervon kénnen nun Bastarde entstehen, welche durch ihre Fruchtbarkeit untereinander den Eindruck machen, als ob sie Spezies seien; und wirklich scheinen Falle vorzuliegen, wenn auch in anderen Gruppen der Oxalisgattung, daf} man solche Bastarde fiir Spezies angesehen hat und noch ansieht. Diese Verhaltnisse der Bildung fruchtbarer Bastarde inner- halb der Rubellagruppe von Oxalis bei unseren Kulturen, welche Bildung aber schwerlich in der Kapheimat der Arten eintreten wird, liefern eine Mahnung dazu, daf man sich hiiten sollte, von den unter Kultur befindlichen Pflanzen Schliisse auf das Verhalten dieser in ihrem wilden Zustande in ihrer Heimat zu ziehen. Der- artige Umstiande sind in den letzten Zeiten oft sehr wenig beriick- sichtigt worden und haben wohl zu manchen Gedanken und Spe- kulationen iiber die Entstehung der Arten Veranlassung gegeben, welche sich bei Beobachtungen, und oft wiederholten Beobach- tungen in freier Natur als hinfallig erweisen wiirden. Fig. Uber einige Pflanzenbastardierungen. - 547 Erklarung der Abbildungen. Tafel XXV. Fig. 1—3 in natiirlicher Grofse. 1: Blatt von Cistus laurifolius. 2: Blatt von Cistus ladaniferus. 3: Blatt eines Bastardes zwischen diesen beiden Arten. Fig. 4 10 in verkleinertem Mafsstabe. . 4: Blatt von Chamaedorea Schiedeana. . 5: Blatt von Chamaedorea Ernesti Augusti. g. 6—10: Blatter von Bastarden zwischen diesen beiden Arten, siehe S. 451. Tafel XXVI. Fig. 1—15 bei 280facher Vergrofserung. 1—7: MHaarbildungen yon Abutilon Tonellianum: Fig. 1—4 vom Blattstiel, Fig. 5 vom Kelchgrund, Fig. 6 vom Frucht- knoten, Fig. 7 von der Basis eines Blumenblattes. . 8—12: Haare der Blatter von Cistus laurifolius: Fig. 8 u. 9 von der Oberseite, Fig 8 u. 8a von zwei verschiedenen Seiten aus gesehen; Fig. 10—12 von der Blattunterseite. . 183—15: Haare der Blitter von Cistus ladaniferus: Fig. 13 u. 14 von der Oberseite, Fig. 15 von der Unterseite. . 16—18 in natiirlicher Grofse: Fig. 16 Kelchblatt von Cistus ladaniferus, Fig. 17 Kelchblatt von einem Bastard zwischen Cistus ladaniferus und Cistus laurifolius. . 18: Kelchblatt von Cistus laurifolius. . 19 etwa 200fach vergréfsert, Haarbildung von einem Bastard zwischen Oxalis tetraphylla und O. latifolia, s. S. 472. 548 Fig. Dr. Fr. Hildebrand, Uber einige Pflanzenbastardierungen. 20. Mittelbildung zwischen einem drei- und einem vierziihligen Blatt von einem Bastard zwischen Oxalis tetraphylla und O. latifolia, natiirliche Gréfse. ig. 21. Blumenblitter von Bastarden zwischen Oxalis articulata und O. lasiopetala; die schattierten Stellen zeigen die violette Firbung an, die nicht schattierten die rosenrote. Frommann’sche Buchdruckerei(Hermann Pohle)in Jena. — 534 Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte pag. von Nematoxys ornatus Duj. Von Dr. von Linstow in G6ttingen. Hierzu Tafel XXVII. Ascaris brevicaudata Bufonis viridis RupoLpnt '). Oxyuris ornata DugArDIN ”). Ascaris commutata DrrsineG °). Oxyuris ornata Duj. Dresine *). Ascaris commutata MoLin °). ? Oxyuris ornata WALTER °). Oxyuris ornata WEINLAND ‘). Cosmocerca commutata und ornata Dirsine *). Nematoxys ornatus SCHNEIDER ”). 1) Entozoorum Synopsis, Berolini 1819, pag. 284. 2) Histoire des Helminthes, pag. 144—145, pl. V, Fig. G. 3) Systema helminthum II, Vindobonae 1851, pag. 152. 4) ibid. pag. 141—142. 5) Sitzungsber. d. k, Akad. d. Wissensch. Wien, XXXIII, 1855, 296—297. 6) Zeitschr. fiir wissenschaftl. Zoolog. VIII, Leipzig 1856, pag. 163—201, Taf. V—VI; IX, pag. 1—11, Taf, XIX. 7) Wiirttemb. naturw. Jahreshefte, Stuttgart 1859, XV, pag. 97—99, c. tab. 8) Revision d. Nematoden, Wien 1861, pag. 645—646. 9) Monographie der Nematoden, Berlin 1866, pag. 112—113, 203; Taf, AIT, Fig. 5, Taf. X VIL, Fig. 8. Bd, XXII, N, F, XVI 2 36 550 Dr. von Linstow, Nematoxys ornatus v. Linsrow ‘). Cosmocerca ornata vy. DRASCHE ”). Die Art lebt im Rectum von Rana temporaria, Rana esculenta, Bufo viridis und Bufo cinereus; WEINLAND fand sie einmal encystiert in der Leber von Bufo viridis. Man findet die Tiere der Schleimhaut des Rectums eng ange- schmiegt liegend, bringt man sie aber in Wasser, so bewegen sie sich hier mit schlingelnden Bewegungen auf das lebhafteste und zeigen damit, wie wenig wohl sie sich in diesem Medium fihlen; im Wasser bleiben sie 4—6 Tage am Leben und die Weibchen deponieren hier viele Kier mit véllig entwickelten, lebenden Em- bryonen oder freie Embryonen, sind also ovovivipar; die zarten, hyalinen Eibillen werden von den Embryonen sofort verlassen, und die Zahl der von einem Weibchen in 24 Stunden durch- schnittlich geborenen Embryonen betragt etwa 16. Die Eier. Die diinnhautigen Eier sind 0,12 mm lang und 0,88 mm breit; DuJARDIN giebt ihre Lange zu 0,09 mm an; iiber ihre Befruchtung und Entwicklung wird spater berichtet werden. Die Embryonalform (Fig. 1). Die lebhaft im Wasser sich bewegenden Embryonen sind 0,60 bis 0,63 mm lang und 0,029 mm breit; der deutlich erkennbare Oesophagus nimmt der Gesamtlinge ein und wird von 1 1 BB wt vorn nach hinten zu stets ein wenig breiter, ein Bulbus mit Ventil- zahnen am Ende ist nicht vorhanden; das Kopfende ist in keiner Weise ausgezeichnet, der Anus ist durch eine kleine Prominenz angedeutet, der Darm aber von dicht gedrangten, glanzenden Kiigelchen verdeckt; von einer Geschlechtsanlage bemerkt man nichts; das nach hinten verjiingte Schwanzende ist am Ende ab- gerundet; der Schwanz mift ~ “= a der Gesamtlainge. Die Larvenform. Wie die erwachsenen Weibchen bleiben auch die Embryonen 1) Archiv fiir Naturgesch. 1877, I, pag. 181, Taf. XII, Fig. 11. 2) Verhandl. d. zool.-botan. Gesellsch. Wien 1882, pag. 121—123, Taf. VI, Fig. 1—4. Zur Anatomie u. Entwicklungsgesch. vy. Nematoxys ornatus Duj. 551 im Wasser einige Tage am Leben, wachsen auch bis auf 0,72 mm Linge, um dann zu sterben; ebensowenig gelingt es, sie in reiner Erde weiter zur Entwicklung zu bringen, doch erreichte ich die Weiterentwicklung, als ich die im Rectum von Rana temporaria enthaltenen schwirzlichen Exkremente mitsamt einer Anzahl reifer Weibchen in ein Uhrglaschen legte und die Masse mit einem Rand von Erde umgab, das ganze mafig feucht hielt und mit einem Uhrglischen von derselben Gré®e zudeckte; atmospharische Luft ist nétig zur Entwicklung. Nach 24 Stunden schon sind die Tiere (Fig. 2 und 2a) 0,75 mm lang und 0,029 mm breit geworden; der Oesophagus nimmt der Schwanz + der ganzen Linge ein ; i 40° ; die den Darm verdeckenden Kiigelchen sind viel sparsamer eveworden, so dai der Darm deutlich sichtbar ist; am Kopfende bemerkt man 3 schwach entwickelte Lippen, der Oesophagus hat 2 Anschwellungen und in der hinteren sieht man Ventilzahne; die Anus-Offnung ist prominent, das Schwanzende wie bisher abge- rundet. Dal die Art bei der Entwicklung keinen Zwischenwirt aui- sucht, ist schon aus dieser Beobachtung wahrscheinlich, da keine cingekapselte Nematodenlarve einen rhabditis-artigen mit Ventil- zahnen versehenen Oesophagus-Bulbus hat. Im Darminhalt des Frosches finden sich haufig die Kier von Angiostomum nigroveno- sum, dem bekannten Lungenparasiten, die sich in demselben Me- dium sehr rasch entwickeln; die Embryonalform ist aber mit der von Nematoxys ornatus nicht zu verwechseln; sie ist 0,9 mm lang und 0,052 mm breit. Der Osophagus mift 1, der Schwanz ae i der ‘Tierlange; diese Form ist also viel breiter, der Schwanz ist weit kiirzer, man findet einen auffallenden, von parallelen Wan- dungen begrenzten Mundbecher und die Tiere sind schon nach 48 Stunden geschlechtsreif, so dal} unliebsame Tauschungen leicht zu vermeiden sind; die Embryonalform hat auferdem schon eine deutliche Geschlechtsanlage und das Schwanzende ist zugespitzt, der Darm zeigt ein geschlingeltes Lumen. Am 2. Tag betraigt bei Nematoxys ornatus die Lange 1,00 mm und die Breite 0,036 mm, Oesophaguslange 3, die des Schwanzes 7 ’ Am 3. Tage betragen die Mae 1,2 und fiir Oesophagus und Darm es res tii 66 (SP: 7B: 36 * 552 Dr. von Linstow, Die Lange ist am 4. Tage auf 1,27 mm, die Breite auf 0,054 1 1 oats 59 7,6" die Darmwand ist mit glinzenden Kiigelchen dicht durchsetzt, wahrend der ganze iibrige Kérper hyalin erscheint; das Schwanzende ist abgerundet, eine Geschlechtsanlage fehlt. Am 5. Tage betragt die Lange 1,33 und die Breite 0,048 mm; nunmehr hiutet sich die Larve (Fig. 3 und 5a); tiberall am ganzen Kérper bemerkt man einen doppelten Kontur der Cuticula und an Kopf- und Schwanzende sieht man deutlich, wie der Kérper von der abzustreifenden Haut umgeben ist; das unter derselben neugebildete Schwanzende ist nicht rundlich, sondern zugespitzt. Wahrend die Embryonalform ganz von stark lichtbrechenden Kiigel- chen verdunkelt war, sind diese bei den Larven ganzlich auf den Darm beschrankt, der von einem breiten, hyalinen Rande, den Muskeln und der Cuticula entsprechend, begrenzt ist, wie auch der Oesophagus- und Schwanzteil hyalin sind. Die Bewegungen der Larven sind kraftig und rasch hingleitend. Am 6. Tage betrigt die Liinge 1,42 und die Breite 0,042 mm, mm gewachsen; der Oesophagus mift der Schwanz die Oesophaguslange betragt die Schwanzlange +; die Hautung i 5,6” ist vollendet und das Tier ist gegen friiher durch das spitze Schwanz- ende unterschieden; die Ventilzihne des Oesophagus sind ver- schwunden. In der Mitte des Oesophagus treten 8 groSe, glanzende Kugeln auf, welche an der Stelle des spater sich entwickelnden Nervenringes liegen (Fig. 4a); als Kerne der Bildungszellen des- selben kénnen sie aber nicht angesehen werden, diese Zellen selbst sind auch nicht erkennbar, da sie sich nicht farben und chemisch Fetttropfen entsprechen, doch werden sie immerhin als Bildungs- material des Zentralnervensystems gelten kénnen; sie sind in Gruppen von je 2 nebeneinander angeordnet. Am 7. Tage betragt die Linge 1,52 mm, die Breite 0,040 mm; das Kopfende ist gerade abgestutzt; die 8 Kugeln sind sehr deut- lich und auffallend; mitunter liegen sie véllig symmetrisch, so dal in der Seitenlage die einen 4 die anderen vollig decken; die Ventil- zihne sind wieder sichtbar geworden. Die Linge ist am 8. Tage auf 1,55 mm, die Breite auf 0,042 mm gewachsen; der Oesophagus nimmt }, der Schwanz = der ’ Gesamtlinge ein; zwischen Darm und Muskelschicht tritt eine kérnige Lage auf (Fig. 4) und hinter der K6érpermitte wird die Zur Anatomie u. Entwicklungsgesch. y. Nematoxys ornatus Duj. 555 Geschlechtsanlage in Form einer hyalinen, spindelformigen Stelle an der Bauchseite des Darms deutlich; sie liegt so, da’ der durch sie gebildete vordere Kérperabschnitt sich zum hinteren verhalt wie 14:11. Am 9. Tag betrigt die Linge 1,57 und die Breite 0,042 mm; : : 1 Oesophagus und Schwanz messen 1, resp. 93° ’ Kine Gréfenzunahme findet von nun an nicht mehr statt. Doch zeigt sich insofern eine Verainderung, als mit dem 12. Tage die Zellen des Darmes deutlich werden (Fig. 4). Die Entwicklung der Larven ist demnach eine ungemein ra- pide; in 9 Tagen ist die Gréfe von 0,60 mm auf 1,57 mm ge- wachsen; der Oesophagusteil nimmt nicht in demselben Verhaltnis wie der Darmteil am Wachstum Teil, denn er verkleinert sich von i auf 4, und der Schwanzteil von 71 auf re 5 der ganzen Lange, wahrend auch die Breite nur von 0,029 auf 0,042 mm wachst. Eine Austrocknung, auch nur von einigen Sekunden, vertragen die Larven nicht. Die beiden Geschlechter kann man in den Larven nicht unter- scheiden, trotzdem ist sicher, daf die angegebenen Mae sich nur auf solche beziehen, aus denen sich Weibchen entwickeln, denn die kleinsten im Froschdarm gefundenen Mannchen waren nur 0,98 mm lang, die Weibchen dagegen 1,61 mm. Die Entwicklung. Ubertragt man ungehautete Larven in Frésche, so sterben sie hier bald; man findet sie zwar einige Tage nach der Fiitterung im Rectum lebend oder tot wieder, eine Entwicklung zur Ge- schlechtsreife aber findet nicht statt; anders, wenn man gehautete Larven tibertragt, deren Darmzellen bereits deutlich geworden sind. Am 5. Tage nach der Fiitterung ist das Mannchen i mm lang und 0,066 mm breit geworden; der Oesophagus mifit =— 3, - der Schwanz 563 die Breite hat also sehr erheblich zugenommen, die Linge kaum; an der Bauchseite findet man 2 Reihen von je 5 eigentiimlichen Apparaten, die aus einem Ringe bestehen, an denen sich nach der Schwanzseite zu 5—7 Kiigelchen zeigen, die zum Teil durch Stiele mit dem Ringe verbunden sind (Fig. 5 und 6); sie sind nicht paarweise geordnet, denn die eine Reihe faingt weiter 54 Dr. von Linstow, nach yorn an, die andere hért dichter vor der Kloake auf; in der Gegend der hinteren Halfte dieser Apparate bildet sich eine 0,13 mm lange Samenblase von linglicher Form. Es ist wohl unzweifelhaft, dafs Frésche und Kroéten viele Ge- legenheit haben, die in der feuchten Erde lebenden Larven mit ihrer Nahrung zu fressen, da man viel Erde, Sand und kleine Steinchen in Magen und Darm bei ihnen findet. Bald wachst die Linge des Mannchens auf 1,02 mm, die Breite auf 0,1 mm; Oesophagus und Darm sind ie resp. + der ? cvanzen Linge grol. Das Weibchen ist am 6. Tage nach der Fiitterung 1,61 mm lang und 0,084 mm breit; der Oesophagus mit deutlich und stark entwickeltem Bulbus am Ende hat Ventilzihne und mift - der gvanzen Lange, der zugespitzte Schwanz das ganze Tier ist 1 . 8,9’ hyalin und ungemein zart; die Genitalanlage ist 0,16 mm lang und ist das Tier nur durch seine Gréfe als Weibchen kenntlich ; die Kerne der Muskelzellen sind deutlich, ebenso die Darmzellen und die Analdriisen; von dem Exkretionsapparat ist nichts bemerk- bar; zu jeder Seite des Oesophagus an Stelle der friiher vorhan- denen glanzenden Kiigelchen liegen 4 grofe, hyaline, zarte, ge- kernte Zellen, offenbar die Bildungszellen des Zentralnervensystems. Einige Tage weiter ist das Weibchen auf die Lange von 1,82 mm gewachsen, waihrend die Breite 0,11 mm betragt; wie beim Mannchen beschrankt sich die Zunahme auch hier also fast nur auf ein Dickenwachstum; die relative Linge des Oesophagus betragt se die des Schwanzes 1; der Darm ist in seiner hinteren Halfte verschmalert; am Kopfende sind kleine Lippen sichtbar, der Oeso- phagus-Bulbus mit seinen Zahnen ist sehr entwickelt; die Ge- schlechtsanlage ist gréfer geworden; das ganze Tier ist sehr zart und zeigt im Innern plasmatische Fetttropfen; die Bewegungen sind langsam; aus der schlanken Larvenform ist eine spindel- formige geworden. Ist das Weibchen auf 3,4 mm Lange ge- wachsen, wobei die Breite 0,096 mm und die relative Linge des Oesophagus 1, die des Schwanzes +, betragt, so treten die Anlagen der Exkretionsgefafe an der Bauchseite des Anfangsteils des Darms als 2 flaschenformige Organe auf (Fig. 16), deren diinnes Ende nach hinten gerichtet ist; jetzt wird die hinter der Kérper- Zur Anatomie u. Entwicklungsgesch. vy. Nematoxys ornatus Duj. 555 mitte liegende Vulva sichtbar, die den vorderen Kérperabschnitt im Verhaltnis von 34:23 vom hinteren trennt; vom Uterus sieht man nur eine Andeutung. Nunmehr findet eine zweite Hautung statt, und auch in dieser Periode verschwinden die Ventilzahne des Oesophagus-Bulbus. Die Hautungen wird man auffassen miissen als Exfoliationen der oberflachlichen Ektodermbildungen, wie ja auch Oesophagus und Rectum Ektoderm-Einstiilpungen sind; nur die vordere Halfte des Oesophagus aber bis zum Nervenringe soll nach Hatiez vom Ektoderm abstammen, so dal} das Verschwinden der Ventilzihne im Oesophagus-Bulbus wahrend der beiden Hau- tungsperioden eine andere Erklarung finden mul. Die Exkretionséffnung persistiert nicht etwa aus der Em- bryonalzeit als Prostoma, der Liicke im Ektoderm im Sandalen- Stadium, sondern tritt spat auf, spater als die beschriebenen flaschenformigen Anlagen der Gefafe; zwischen Darm und Mus- kulatur gelegen werden sie als eine Mesodermbildung aufzufassen sein. Die geschlechtsreife Form. Beiden Geschlechtern gemeinsame Charaktere. Die Cuticula, aufen von einer unmeSbar feinen Schicht be- deckt, ist in Abstaénden von 0,0035 mm quergeringelt; ihre Dicke betragt 0,0066 mm; seitlich beginnt jederseits dicht hinter dem Kopfe bei einem 7,5 langen Weibchen in einer Entfernung von 0,1 mm vom Kopfende eine starke Seitenleiste von keilférmigem Querschnitt; die Héhe betragt 0,065 mm und die Breite an der Basis 0,046 mm; sie liegt zwischen die beiden Schichten der Cu- ticula eingeschaltet und ist durch eine von der Spitze ausgehende Linie geteilt, die sich kurz vor der Basis in 2 Aste teilt (Fig. 29 a). Der Innenflache der Cuticula legt sich eine 0,007 mm dicke Muskelschicht an, welche in der Riicken-, der Bauch- und den beiden Seitenlinien unterbrochen ist, so daf 4 Langsfelder ent- stehen (Fig. 29,¢); die Muskelzellen sind typisch fiir ScHNEIDER’s Meromyarier und bestehen aus grofen, rhombischen Zellen von durchschnittlich 1,1 mm Lange und 0,096 mm Breite; sie ent- halten einen 0,011 mm grofen, kugelférmigen Kern mit einem 0,0048 mm grofen Kernkérperchen; von der Flache gesehen er- scheinen sie lingsgestreift, eine Zeichnung, welche durch senkrecht auf die Innenflaiche der Cutis in der Langsrichtung verlaufende Leisten der kontraktilen Substanz entsteht; die Marksubstanz zeigt eine feine, netzformige, in allen Richtungen verlaufende Faserung. 556 Dr. von Linstow, Am Kopfende stehen 3 Lippen, eine obere Riickenlippe und 2 symmetrische nebeneinander an der Bauchseite (Fig. 17); sie sind durch einen fortlaufenden Chitinbogen, der in jeder Lippe eine Schlinge nach vorn hat, gestiitzt (Fig. 14 und 15), welcher zu federn scheint und eine zu weite Entfernung der Lippen vonein- ander zu hindern bestimmt sein wird; am Vorderende einer jeden Lippe steht eine grofe Papille und dahinter jederseits eine kleinere. Von der Scheitelflache betrachtet ist die Mundéfinung dreieckig und von einem schmalen Chitinsaum umgeben (Fig. 17). Die Ober- oder Riickenlippe zeigt auferdem einen hyalinen, rundlichen Auf- satz, dessen scharfe, doppelte Seitenkontouren wie Haken er- scheinen (Fig. 14 und 15). Der Oesophagus beginnt mit einer kurzen Strecke, die aus einem von einem Chitinrohr durchbohrten Muskelschlauch besteht ; dann wird das Chitinrohr plotzlich viel starker und geschlangelt; auf Durchschnitten erkennt man, daf das Lumen dreiseitig ist (Fig. 18) und die 3 Schenkel je in eine Rohre sich erweitern, welche auf Querschnitten wie eine blasige Erweiterung erscheint; 3 Muskelmassen legen sich an das Chitinrohr, die nicht fortlau- fende Strange bilden, sondern aus lauter iibereinander gelagerten Scheiben (Fig. 20) bestehen; die Raume, welche die 3 Muskel- massen zwischen sich lassen, werden durch 3 driisige Strange aus- gefiillt. Die Wirkung der Muskeln ist offenbar die, daf sie sich durch ihre Kontraktion bestreben, das Oesophaguslumen zu einem cylindrischen zu erweitern und auf diese Weise eine kraftige Saug- wirkung ausiiben. Am Ende schwillt der Oesophagus zu einem starken, kugelférmigen Bulbus mit Ventilzahnen an; dieselben be- stehen aus 3 dreieckigen Lamellen (Fig. 19), an die sich im rechten Winkel nach aufen an der Basis eine schmale Lamelle ansetzt, welche unten mehrere mit Muskeln in Verbindung stehende stabchenartige Fortsatze zeigen; die dreieckigen Lamellen sind um ihre Basallinie drehbar, und wenn die 3 Spitzen derselben sich an einander legen, so ist ein Abschluf hergestellt, der fiir das Saugwerk, wie der Oesophagus es darstellt, den abwechselnd sich éffnenden und schliefenden Ventilapparat abgiebt. Der Darm ist durch braune Kiigelchen mit hellerem oder dunklerem Kern (Fig. 26) braun gefarbt; er besteht aus einer zarten Hiillmembran und aus grofen, rundlichen, gekernten, in Langs- und Querreihen gruppierten Zellen. Das letzte Ende des Darms, bei einem 6,6 mm langen Weib- chen 0,16 mm grof, entbehrt der zelligen Wandungen (Fig. 32); Zur Anatomie u. Entwicklungsgesch. vy. Nematoxys ornatus Duj. 557 man kann es als Rectum bezeichnen, und an diesen Darmteil legen sich grofe, rundliche, ein- uud mehrkernige Zellen, wie sie aihnlich bei Ascaris und anderen Gattungen gefunden werden; an die Aufenwand des Rectums setzen sich Muskeln (Fig. 32,¢), welche die Wandungen voneinander entfernen, also ein Lumen herstellen und den Exkrementen den Durchgang erméglichen. In die kleine Mundhoéhle miinden zwei lange, links und rechts yom Oesophagus liegende Driisenschlaiuche (Fig. 21, a). Die Anordnnng der die Cuticula bedeckenden zahlreichen Papillen ist nach den Geschlechtern eine verschiedene; beiden Geschlechtern gemeinsam ist eine Papillenreihe, welche langs der ganzen Riicken- und der ganzen Bauchlinie hinzieht; die letztere hért beim Mannchen vor den Chitinapparaten auf; an Spiritus- praparaten sind diese Papillenreihen schwer oder gar nicht sicht- bar, sehr deutlich aber an lebenden Exemplaren, die genau auf der Seite liegen, wo man beide Reihen gleichzeitig durch die Pro- minenz erkennt; zwei Papillen stehen ferner in den Seitenlinien in der Héhe des Oesophagus-Bulbus. Die Abstande der Papillen in der Riicken- und Bauchlinie betragen bei erwachsenen Exem- plaren 0,0068—0,013—0,016 mm; schon 0,11 mm vom Kopfende entfernt beginnen sie. In der Bauchlinie, bald in der Héhe des Oesophagus-Bulbus, bald etwas vor, bald etwas hinter demselben, findet man ein kugel- formiges Organ mit einer queren, Jinearen Miindung nach aufen (Fig. 21,6), die Exkretionsgefafétinung, in welche von hinten her 2 starke, 0,01 mm breite und zwei diinnere von vorn her ein- miunden; die Miindung ist 0,82 mm breit bei einem 6,4 mm grofen Weibchen. Das Zentralnervensystem ist michtig entwickelt; zwei grofe, spindelférmige Ganglien (Fig. 20) liegen links und rechts von der hinteren Halfte des Oesophagus, die aus grofen, deutlichen Nerven- zellen zusammengesetzt sind; alle Zellen sind gekernt; bei Zupf- praparaten bekommt man das Organ mitunter in seiner ganzen Ausdehnung intakt zu Gesicht; vorn werden die beiden Ganglien durch eine ringformig den Oesophagus umgebende, 0,023 mm breite Kommissur verbunden; nach vorn gehen 2 Nervenstamme (Fig. 20) nach dem Kopfende, nach hinten zunachst 2 kurze an den Oeso- phagus, jedes Ganglion aber geht hinten in einen starken, 0,007 mm breiten Nerv iiber, der sich weit nach hinten verfolgen aft, ein 0,003 mm breiter verliert sich jederseits an dem Oesophagus- Bulbus (Fig. 21). 558 Dr. von Linstow, Das Mannchen. Das Mannchen tragt das Schwanzende hakenformig einge- kriimmt, was die Untersuchung sehr erschwert, wenn man bei derselben das ganze Tier von der Bauchflaiche her betrachten will; die GréBe betragt 1,44—2,39—3—4 mm; Die Breite 0,14— 0,19 —0,25 — 0,27 mm; der Oesophagus mift = = 23 = oa (bei dem 4 mm langen Exemplare) 4, der Gesamtlinge, der Schwanz 1 1 1 1 6. pl 3:5, ale spitze ist nadelartig fein ausgezogen; die groBen, 4 mm langen I’xemplare verdanke ich der Giite des Herrn Prof. Dr. v. MArEn- ZELLER, Welcher die grofe Freundlichkeit hatte, mir dieselben aus dem Wiener Hofmuseum zum Vergleiche zu schicken; es sind die Originalexemplare Dresina’s, Monin’s und vy. DRASCHE’s. Die Cirren sind sehr klein und zart und leicht zu iibersehen; sie sind stabchenformig und gleich lang und liegen in dem auf- fallenden Stiitzapparat, der von der Seite gesehen (Fig. 24) haken- formig erscheint; er ist 0,11 mm lang und 0,039 mm breit; an die Basis setzt sich ein Musculus protrusor und an die Spitze ein M. retractor; dieser Stiitzapparat ist es also, der bewegt wird und eigentlich als Cirrus funktioniert, denn er kann 0,026 mm weit aus der Kloake vorgesteckt werden (Fig. 23, a). Der Hoden beginnt mit einer Breite von 0,024 mm 0,78 mm vom Schwanzende entfernt und verlauft bis 1,56 mm vom Kopf- ende, wo er wieder nach hinten zuriickbiegt und nun zu der Samenblase anschwillt, die sich 0,8 mm vom Schwanzende zu dem Vas deferens verschmialert. Der Hoden ist 0,036 mm breit, wahrend die Samenblase einen Durchmesser von 0,075 mm hat. Sehr charakteristisch und merkwiirdig ist eine Anzahl von in 2 parallelen Langsreihen an der Bauchseite vor der Kloake stehenden Chitinapparaten, welche einen komplizierten Bau haben. Sie bestehen aus einem ventralen Ringe, um den sich radienformig aufen 20—22 Strahlen setzen, und dieser Strahlenkranz wird wiederum aufen von einem ahnlichen eingefaf{t; nach vorn und hinten wird der Ring von einer langlichen, mit Quereindriicken versehenen Zunge gestiitzt, und erkennt man im seitlichen Bilde, dafs diese beiden Zungen knieformig gegeneinander gebogen sind (Fig. 13); die Anzahl dieser Apparate variiert; an hiesigen derselben ; die AuBerste, 0,02 mm lange Schwanz- Zar Anatomie u. Entwicklungsgesch. y. Nematoxys ornatus Duj. 559 Exemplaren fand ich konstant die Zahl 10, an den Wiener Exem- plaren aber bis zu 16. Das Entstehen dieser Apparate habe ich in den Figg. 5—12 wiedergegeben; um den zuerst auftretenden Ring setzen sich im Kreise Kiigelchen, die dann durch Stiabchen mit dem Ringe verschmelzen; die beiden zungenformigen Stiitzen messen 0,062 mm; an hiesigen Exemplaren zahlt ich 5—11 Kiigelchen oder Stabchen, wahrend die Zeichnung mit 2 vollen Stabchenkreisen nach Wiener Exemplaren angefertigt sind, wie ich iiberhaupt, wahrend die Weibchen robuste, sich lebhaft bewegende Tiere waren, die Mannchen stets nur zart und hyalin gefunden habe; nur ihr Darm war braun gefarbt. Im seitlichen Bilde sieht man den inneren Strahlenkreis etwas tiber den auferen ins Freie ragen (Fig. 13), wahrend der Ring im Zentrum noch etwas weiter vorragt; ob ein aus dem Innern des Kérpers in das Zentrum hineintretender feiner Strang ein Nerv ist, muf ungewil bleiben. Ebenso unklar ist die Funktion dieser Organe; vielleicht sind sie Reizorgane fiir das Weibchen, bestimmt, bei der Copula eine Rolle zu spielen. Organe, welche den hier besprochenen ahnlich sind, besitzt nur noch Nematoxys longicauda, sonst keine mir bekannte Form aus dem grofen Kreise der Nematoden, d. h. der parasitischen ; bei den freilebenden finden wir ahnliche Bildungen bei dem im Meere lebenden Genus Eurystoma wieder, wo vor der mannlichen Kloake in der Bauchlinie hintereinander 2 solcher K6rper stehen. Auch hier sieht man einen Chitinring, welcher von 2 knieformig gegeneinander gebogenen Zungen gestiitzt wird, deren freies Ende also auch hier weiter von der Cuticularoberflaiche entfernt ist, als die mit dem Ringe verwachsene Basis, wo beide einen stumpfen Winkel miteinander bilden '). Die Seitenleiste hért etwa bei dem mittleren Chitinapparat auf. Am aufersten Schwanzende stehen jederseits 2 Papillen, ferner dicht hinter der Kloake jederseits 2 und 1 etwas dahinter an der Bauchflaiche (Fig. 23); etwas nach aufen von den Submediallinien 1) Eurystoma filiforme de Man, Mém. Soe. zoolog. de France, t. I, fase. I, Paris 1888, pag. 24—-28, pl. III, fig. 13 bd. Kurystoma (Enoplus) ornatum Eberth, Unters. iiber Nematoden, pag. 40—41, Taf. V, Fig. 5; = Eur. tenue Marion, Rech. zool. et anat. des Nématodes non parasites marins, pag. 20—21, pl. EK, fig. 1; = Kur. (Oncholaimus) assimile de Man, Contrib. a la connaiss, des Nématodes du golfe de Naples, pag. 8, pl. VII, fig. 5, 560 Dr. von Linstow, jederseits 16, davon 8 pra-, 8 postanal, und in den Scitenlinien je 6, 3 pra- und 3 postanal. Stark entwickelte, paraliele Muskeln gehen am Schwanzende (Fig. 23, f) jederseits von aufen und vorn nach innen und hinten; sie mit den Chitinapparaten in Verbindung zu denken, geht kaum an, da andere Nematoden, denen solche Apparate fehlen, die- selben Muskeln in starker Entwicklung zeigen, z. B. Dorylaimus stagnalis; sie werden die Bauchfliche bei der Copula abplatten. Die Spermatozoen sind kugelf6rmig, granuliert, mit glanzendem Kerne versehen, und messen 0,0066—0,0098 mm (Fig. 25). Das Weibchen. Das erwachsene Weibchen ist 6,44—6,6 mm lang und 0,42 bis 0,56 mm breit; der Oesophagus nimmt, ;4-— 4, der Schwanz fy— is der ganzen Linge ein. Die Seitenleisten reichen bis zur plotzlichen Verjiingung des Schwanzes tiber den After hinaus nach hinten und 0,1 mm nach vorn von dieser Stelle stehen an der Bauchseite hinter dem Anus 2 Papillen nebeneinander. In der Bauchlinie verlauft ein 0,02 mm breites Band in der Cuticula (Fig. 22) mit regelmafig den Grenzen der Hautringel parallelen Querleisten. Etwa an der Mitte des diinnen Schwanzendes bemerkt man 2 seitlich schrag nach hinten und aufen verlaufende Stammchen (Fig. 27), welche die Cuticula durchsetzen; ob es gestielte Papillen oder feine Kanile sind, konnte nicht mit Sicherheit bestimmt werden. Die Vulva (Fig. 51) ist ein 0,066 mm breiter Querspalt, der von einer elliptischen Chitinscheibe umgeben ist; sie liegt in der Bauchlinie etwas hinter der Kérpermitte, und zwar teilt sie den K6rper so, da’ sich der dadurch gebildete vordere Kérperabschnitt zu dem hinteren wie folgende Zahlen verhalt: 29:25; 17:14; 14:9; 15:14; 20:17; 11:8; stets liegt die Vulva also in der hinteren Kérperhalfte und bei jungen Weibchen sind die sie umgebenden Rander prominent. Die Geschlechtsréhre besteht aus Vagina, Uterus und Ovarium; zwischen die beiden letzteren ist ein Re- ceptaculum seminis eingelagert, das durch diinne Roéhren, Tuben, mit beiden in Verbindung steht. Die Vagina ist einfach, die iibrigen Organe aber sind doppelt vorhanden. Von der Vulva entspringt die Vagina als 0,048 mm breites ‘Rohr und verlauft yon hier eine kurze, nur 0,17 mm lange Strecke Zur Anatomie u. Entwicklungsgesch. v. Nematoxys ornatus Duj. 561 nach vorn, um dann nach dem Schwanzende gerichtet weiterzu- ziehen; die Linge der Vagina betragt 0,72 mm, und an das Ende inserieren sich die beiden Uteri; am Ende ist sie 0,12 mm breit. Die Ovarien beginnen als nur 0,024 mm breite Réhren (Fig. 28) und an dem dufersten Ende findet sich, ahnlich wie bei den Ovarien der Lepidopteren, auferhalb des eigentlichen Ovarial- schlauchs eine grofe Bildungszelle; in dem mittleren Teile des Ovariums liegen die Eikerne (Fig. 30, a) eng aneinander gepreft als polyedrische Kérper mit verhdaltnismafig grofem Kern, der hier etwa 0,008 mm mift, wihrend die Zelle einen Durchmesser von 0,016 mm hat; schlieflich schwillt das Ovarium zu_ einer Breite von 0,19 mm an und die in ihm enthaltenen Eizellen sind 0,084 mm grog, wihrend ihr kugelformiger Kern 0,023 mm mi8t. Das Rohr verengert sich nun zu einer 0,36 mm langen und 0,06 mm breiten Tuba, die nicht lediglich als Verbindung zwischen Ovarium und Receptaculum seminis dient; die durchpassierenden Kier miissen hier mit einem Sekret der Wandungszellen in Be- riihrung kommen, denn augenscheinliche Driisenzellen, schrag auf die Wandung gestellt, mit ovalen 0,007 mm grofen Kernen, ragen in das Lumen hinein (Fig. 30, D). Das nun folgende birnformige Receptaculum seminis (Fig. 30, c) ist 0,54 mm lang und 0,25 mm breit; das dickere Ende ist dem Ovarium zugewandt; es ist strotzend mit Spermatozoen gefillt und hat Raum fiir 6—8 Eier; meistens enthalt es 4; dieselben werden hier befruchtet und nach der Befruchtung tritt schon hier sofort die Ausscheidung einer Perivitellinschicht und die Dotterfurchung ein, die ungemein rasch verlauft, denn von 4 Eiern zeigte eins 4, 2 je 8 und eins 16 Furchungskugeln; ein Receptaculum liegt stets in der vorderen und eins in der hinteren Kérperhalfte, eins 1,5 mm yom Schwanz- und eins 2,7 mm vom Kopfende entfernt. Ohne deutliche Grenze geht das Receptaculum in die zweite Tuba tiber, die 0,42 mm lang und 0,048 mm breit ist; auch hier enthalt die Wandung gekernte Zellen (Fig. 30, d). Die Tuba erweitert sich zu dem 0,42 mm breiten Uterus; die hier und im Receptaculum liegenden Spermatozoen sind hyalin; sie zeigen keine Granula im Innern, sondern nur den glainzenden Kern. Im Morulastadium gelangen die Kier durch die Tuba in den Uterus hinein; zu einer Beobachtung der karyokinetischen Vorgiange, wie sie in letzter Zeit so viel an den Kiern von Ascaris megalocephala gemacht sind, wiiren die Eier dieser Art der un- 562 Dr. von Linstow, gemein schnellen Entwicklung wegen also die denkbar ungiinstigsten Objekte. Litteratur. Die Beschreibungen der Forscher, welche diese Art friiher bearbeitet haben, stimmen nicht in allen Punkten untereinander und mit meinen Befunden itiberein. Besonders variiert die Schilderung der Zahl und Anordnung der mannlichen Chitinapparate; Dresinc giebt bei seiner Ascaris commutata 2 x 7 an, v. DrascHe 5—7 Paare, Monin 2 & 7; auf- fallend ist, dal ein so genauer Beobachter wie Dusarpin sagt: quatre rangées, en quinconce a la face ventrale en arriére, (appendices cornés, formés de deux piéces articulés, terminés comme une portion de roue dentée’. Die Angabe scheint die Folge eines Beobachtungsfehlers zu sein; die Abbildung (I. ¢. pl. V, fig. G, 1) gleicht denen von Exemplaren, welche nicht ge- nau seitlich gelagert sind, sondern etwas mit der Bauchseite dem Beobachter zugewandt liegen, so dal} beide Reihen sichtbar werden ; meint nun der Untersucher, das Tier genau auf die Seite gelagert zu haben, so glaubt er 4 Lingsreihen der Apparate zu sehen; wenigstens habe ich bei meinen Untersuchungen genau solche Bilder gehabt, wie DusarpIN eins zeichnet. Wie die Warrer’schen Angaben zu erklaren sind, wei ich nicht; er findet eine vierfache Reihe von Chitinapparaten und in jeder Reihe 13—14 solcher Organe, davon 2—3 hinter der Kloake, also im ganzen 52—56, wahrend wir nur 10—16 fanden; bei beiden Geschlechtern soll die Schwanzspitze in 3 einen Dreizack bildende Spitzen auslaufen; die mannliche Geschlechtséffnung, bei den Nematoden doch stets mit dem Anus zu einer Kloake ver- einigt, soll vor dem After miinden, Angaben , die, neben anderen, ebenfalls augenscheinlich irrttimlichen Beobachtungen, bei der Be- nutzung der Arbeit zur Vorsicht mahnen. Die Tiere wurden in Triton alpestris, dem Wirt meines Nematoxys longicauda, gefunden, mit dem sie ebenfalls in keiner Weise itibereinstimmen. DuJAr- pin’s Angaben (I. c. pag. 138), da’ die Vulva vor der Korper- mitte, ,,partie du corps en avant la vulve a la partie posterieure = 3:4 ist unrichtig. Zur Anatomie u. Entwicklungsgesch. v. Nematoxys ornatus Duj. 565 Andere Arten desselben Genus. Das von ScHNEIDER aufgestellte Genus Nematoxys besteht aufBer der zweifelhaften WALTER’schen Form zur Zeit aus 4 Arten, N. ornatus, commutatus, longicauda und tenerrimus. Nematoxys commutatus CuLap. (? Rup.) Ascaris acuminata SCHRANK '). Ascaris (Heterapis) acuminata LeucKarrt ”). Ascaris commutata CLAPAREDE *). Nematoxys commutatus SCHNEIDER *). Dem Mannchen fehlen die auffallenden Chitinapparate und der Stiitzapparat der Cirren; letztere sind etwa 0,25 mm lang; das Weibchen unterscheidet sich von dem von N. ornatus dadurch, daf hier die Vulva vor der Kérpermitte liegt. Trotz der genauen Beschreibung DusArpin’s und CLAPAREDE’s verwirrt doch Dresinc die Synonymik so sehr, dafi er die Art mit Oxysoma brevicau- datum zusammenwirft und unter dem Namen Cosmocerca commutata (Revision der Nematoden, pag. 645—646) unter der Diagnose , plectanis longitudinaliter biserialibus utrinque 7” die Arbeit Cia- PAREDE’S zitiert, welche ganz klar das Mannchen von N. commu- tatus Ciap. ohne alle Chitinorgane (plectana) schildert. Die Art lebt im Darm von Bufo cinereus und Rana temporaria. Wie Recht Scunemer hatte, die beiden Arten ornatus und commutatus zu einem Genus zu vereinigen, sehen wir wu. a. an der gleichen Entwicklung beider. Uber den Entwicklungsmodus von ornatus war bisher nichts bekannt, tiber den von commutatus (= Ascaris — Heterakis acuminata) schreibt Leuckarr’), dal die Embryonalform im Freien zu einer sehr agilen, grofen Larve heranwachst, die durch die Anwesenheit einer Anzahl freier, fast linsenartig aussehender Fetttropfen neben dem Pharynx ausge- zeichnet ist, die aber nicht in die ausgebildete Form iibergefiihrt 1) Dusarnviy, |. c., pag. 227—228; Diestne, Systema helminthum Il, pag. 152—155 (e. p.); Scunemer, Berliner Monatsber. 1856, pag. 192. 2) Archiv fiir Heilkunde Il, Leipzig 1861, pag. 196—235; Die menschlichen Parasiten II, Leipzig u. Heidelberg 1876, pag. 1837—139. 3) Mém. Soc. de phys. et d’hist. natur., Geneve 1860, t. 15, pag. 44—47, pl. VII, fig. 1—10. 4) Monographie der Nematoden, Berlin 1866, pag. 113, Tab, XII, Fig. 2, Taf. XVII, Fig. 4; v. Liysrow, Archiv fiir Naturgesch., Berlin 1877, pag. 180—181, Taf. XII, Fig. 10. 5) lL, 564. Dr. von Linstow, werden konnte; auch hier vergréferte sich die Linge um das Doppelte, der Querdurchmesser aber nur sehr wenig, die Ahnlich- keit der Larvenentwicklung beider Arten ist also eine sehr grole. Nematoxys longicauda v. Linstow') lebt im Darm von Triton alpestris und cristatus; die Art ist mit N. ornatus nahe verwandt, die Chitinapparate am mannlichen Schwanzende haben aber eine ganz andere Form und die Ent- wicklung weicht von der von N. ornatus weit ab, denn die Larven wachsen in den Lungen der Tritonen heran, wo die mann- lichen Larven bereits die auferen Geschlechtscharaktere zeigen; vielleicht gehért WaALTER’s Oxyuris ornata aus ‘Triton hierher. Nematoxys tenerrimus v. Linsrow ”) ist eine sehr zarte, sehr langgestreckte Form aus dem Darm von Anguilla vulgaris; die Cirren haben grofe Ahnlichkeit mit denen von N. commutatus. Folgende kleine Tabelle wird die leichte Unterscheidung der 4 Arten erméglichen. Mannchen: 1. Schwanzende mit 2 Reihen von Chitinapparaten 2. 1. Schwanzende ohne Chitinapparate 3. 2. Schwanzende 4 der ganzen Lange; bei Triton. longicauda. 2. Schwanzende ;'; —;!, der ganzen Lange; bei Rana und Bufo. ornatus. 3. Koérper sehr gestreckt, Linge: Breite = 43:1, bei Fischen. tenerrimus. ®. Kérper dicker, Lange: Breite = 10—14:1, bei Reptilien und Amphibien. commutatus. Weibchen: 1. K6érper sehr gestreckt, 36:1 bei Fischen. tenerrimus, 1. Korper dicker, 10—14:1, bei Reptilien und Am- phibien 2. 2. Schwanzlinge +. longicauda, 2. Schwanzlinge ;'; — ys, 3. 3. Vulva vor der Kérpermitte, Schwanzlinge +— }, commutatus. 1) Zeitschrift fiir wissensch. Zoologie XLII, pag. 708—717, Taf. XXVIII. 2) Archiv fiir Naturgesch., Berlin 1878, pag. 233—234, Taf, VIII, Fig. 18 ab, Zur Anatomie u. Entwicklungsgesch. v. Nematoxys ornatus Duj. 565 3. Vulva hinter der Kérpermitte, Schwanzlinge gr is: ornatus. Die verwandte Form Oxysoma brevicaudatum unterscheidet sich leicht durch auffallend grofe, fast die halbe Kérperlinge ein- nehmende siibelférmige Cirren, in beiden Geschlechtern aber durch den + der K6rperlinge einnehmenden Oesophagus, der bei ‘ den Nematoxysarten viel kiirzer ist. Genus-Charaktere. Die dem von ScunemperR aufgestellten Genus Nematoxys an- gehérenden Minnchen sind schon begattungsfihig als sehr zarte und kleine Tiere; die Weibchen werden weit gréfer und kraftiger; die Muskeln gehéren zu Scunerper’s Meromyariern; der Mund ist dreilippig; der Oesophagus hat am Ende einen starken Bulbus mit Ventilzahnen; die Miannchen fihren 2 gleichlange Cirren, mitunter mit einem Stiitzapparat, beide Geschlechter haben auf der Cuticula zahlreiche Papillen; die Entwicklung geschieht ohne Zwischenwirt und die Larven wachsen entweder in mit anima- lischen Substanzen durchsetzter feuchter Erde (ornatus, commu- tatus) oder in der Lunge des Wohntiers heran (longicauda), bei tenerrimus vermutlich im Schlamm; die Arten leben im Darm, meistens im Rectum von Reptilien, Amphibien und Fischen; die weibliche Geschlechtsréhre ist bis auf die Vagina doppelt; beide Geschlechter haben starke Seitenleisten. Ed, XXIII, N. F, XVI. 37 566 Dr. von Linstow, Zur Anatomie u. Entwicklungsgesch. ete. Erklarung der Abbildungen. 1. Embryonalform. 2. Halbentwickelte Larve, 2 a deren Oesophagealteil, 3. Larve in Hautung, 3 a Kopfende. 4. Erwachsene Larve, g Geschlechtsanlage; 4a Mitte des Oesophagus. 5—12. Entwicklung der Chitinapparate am mannlichen Schwanz- ende. . 13. Ein Apparat in seitlicher Ansicht, stirker vergréfert. 14 u. 15. Kopfenden, 14 von der Bauch-, 15 von der Riickenlinie. . 16. Kopfende eines jungen Weibchens aus dem Froschdarm mit den Anlagen der Exkretionsgefife. . 17. Die 3 Lippen von der Scheitelfliche. . 18. Querschnitt durch den Oesophagus; a Muskeln, 4 Driisen- masse. . 19. Ventilziihne im Oesophagus-Bulbus. . 20. Teil des Oesophagus mit den Ganglien, der Ringkommissur und Nervenstiimmen. . 21. Vorderteil eines halberwachsenen Weibchens; a Driisen- schliuche, 4 Exeretionsdffnung, ec Ganglion. g. 22. Bauchlinie eines Weibchens. g. 28. Minnliches Schwanzende von der Bauchfliche; a Stiitz- apparat der Cirren (5); e Kloakendffnung, f Bursalmuskeln, g Driisenzellen. . 24, Miénnliches Kopulationsorgan; a Cirrus, 4 Stiitzapparat, e Muscul. protrusor; von der Seite. . 25. Spermatozoon. . 26. Kigelchen der Darmzellen. . 27. Mitte des weiblichen Schwanzendes. . 28. Anfang eines Ovariums; a. Bildungszelle. . 29. Querschnitt durch ein Weibchen; a Seitenleiste, 4 Darm, e Ovarium, d Cuticula, e kontraktile, / Marksubstanz. 30. Teil der weiblichen Geschlechtsréhre; a Ende des Ovariums, b erste Tuba, c Receptaculum seminis, d zweite Tuba, e Anfang des Uterus. ig. 31. Vulva. . 32. Rectum des Weibchens; a Darm, 4 Driisenzellen, c Mus- keln, d Anus, e Papillen. Die Cuticula der Wirbeltierepidermis. Von Gustav Wollf. Hierzu Tafel XXVIII. Wiewohl die Untersuchung der Frage, ob die oberflichliche Begrenzung der Epidermis durch eine Cuticula eine ausschlieflich wirbellosen Tieren zukommende Eigentiimlichkeit sei, oder ob cuticulare Bildungen auch bei Vertebraten sich vorfinden, im Laufe der letzten dreiZig Jahre von den verschiedensten Seiten lebhaft in Angriff genommen wurde, so hat diese Frage dennoch bis heute keine abschlieBende Beantwortung erfahren. Kin kurzer Uberblick iiber die wichtigsten diesen Gegenstand betreffenden Untersuchungen wird die Richtigkeit obiger Be- hauptung darlegen. Lreypig!) war der Erste, der das Vorkommen cuticularer Bildungen auf der Epidermis von Wirbeltieren behauptete. Ir vertrat die Ansicht, daf in den drei niedersten Wirbeltierklassen die Korperoberfliche ‘ihnlich wie bei Wirbellosen durch eine cuti- culare Schicht begrenzt wiirde. Lebhaften Widerspruch fanden die Leypia’schen Anschauungen von Seiten F. E. Scuunze’s?), der zwar das Vorhandensein einer 1) Leypte, Uber Organe eines sechsten Sinnes. Nov. act. acad. Leop. Carol. XXXIV. — Uber die ‘iufern Bedeckungen der Amphibien und Reptilien. Archiy f. mikr. Anat. IX. — Uber die allgemeinen Bedeckungen der Amphibien. Archiv f. mikr. Anat. XII. 2) F. E. Scnurze, Uber cuticulare Bildungen und Verhornung von Epithelzellen bei Wirbeltieren. Archiv f. mikr. Anat. V. — Epithel- und Driisenzellen, Arch. f. mikr. Anat. ITI. 37 * 568 Gustav Wolff, das Integument gleichmiifig iiberziehenden Cuticula bei den Fischen und den Amphibienlarven, sowie den Perennibranchiaten zugiebt, bei allen andern Wirbeltieren jedoch bestreitet. Fiir eine wirk- liche Cuticula halt Scuunzre den gestrichelten Saum, welcher bei Fischen (am schénsten bei Amphioxus und Petromyzon) und Amphibienlarven den peripheren Epidermiszellen auflagert, wahrend er die oberflaichlichste homogene Begrenzungsschicht der Epidermis bei ausgebildeten Amphibien und bei Reptilien, welche LrypiG fiir eine Cuticula erklart, als eine Lage verhornter Zellen betrachtet. Von den spater iiber diesen Gegenstand angestellten Unter- suchungen ist eine Arbeit von PrirzNEr ') die wichtigste. PrrrzNer, der seine Untersuchung auf die Amphibien, ja sogar auf eine Spezies, Salamandra maculosa beschrankt hat, kommt zu dem Resultate, da’ bei den Amphibien iiberhaupt keine echte Cuticula existiert, weder bei den Larven, noch bei den erwachsenen Tieren. Er nennt zwar den gestrichelten Saum, der den peripheren Epi- dermiszellen der Larve auflagert, einen ,,Cuticularsaum“, erklirt dieses Gebilde jedoch fiir ein Verhornungsprodukt *). Beztiglich des erwachsenen Tieres schlieSt Prrrzner sich im Wesentlichen der Auftassung Scnunze’s-an. Auch er ist der Ansicht, da die homogene Membran auf der Oberfliche der Epidermis eine Lage verhornter Zellen darstellt, was er insbesondere auch durch die von Ewaup und KiHner zu _ histologischen Zwecken empfohlene Methode der kiinstlichen Verdauung festzustellen suchte. Die PrirzNer’sche Auffassung unterscheidet sich demnach von der ScHuuze’s nur beziiglich der Verhaltnisse im Larvenzustande. Beziiglich der Entstehung und morphologischen Bedeutung des gestrichelten Saumes, den er fiir ein Verhornungsprodukt hilt, gelangt PrirzNeR zu einer von ihm nur angedeuteten Hypothese, auf die spaéter noch zuriickgekommen werden soll. Die Prirzner’sche Anschauung scheint fiir die Auffassung dieses Punktes entscheidend geworden zu sein; wenigstens schliefen sich die spater tiber diesen Gegenstand erschienenen Arbeiten *) seiner Darstellung im wesentlichen an. Allgemein scheint aller- dings die Prirzner’sche Beurteilung nicht angenommen zu sein, 1) W. Pritzner, die Epidermis der Amphibien. Morphol. Jahr- buch, Bd. 6. 2) Lo p. 484. 3) Z. B.: Jusrus Carriere, Die postembryonale Entwickelung von Siredon pisciformis, Archiv f. mikr. Anat. XXIV.; und Pauttcxtr, Uber die Haut des Axolotls, ebenda. Die Cuticula der Wirbeltierepidcrmis. 569 denn wenn z. B. die Darlegung dieses Gegenstandes!) in W1eDERs- HEIMS ,,Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbeltiere“ als die Zusammenfassung des zur Zeit als giiltig Angenommenen betrachtet werden soll, so beschrankt sich die Annahme der Prirzner’schen Resultate lediglich auf die beim erwachsenen Salamander gemachten Befunde, also auf diejenigen Punkte, in denen PrirzNER mit ScHuuLze itibereinstimmt, wahrend der mit dem abnlichen Gebilde der Fische als homolog?) betrachtete ge- strichelte Saum im Anschluf an Altere Auffassungen fiir eine porése Cuticula angesehen wird. Wahrend die Lreypra’schen Anschauungen beziiglich des Ver- haltens der Amphibien von ScuuLze und Prirzner bestritten wurden, fand seine Auffassung der Verhaltnisse bei den Reptilien von anderer Seite Widerspruch. CArTiER war es, der in seiner Arbeit *) tiber die Epidermis der Geckotiden dem der Epidermis auflagernden, von Leypia als Cuticula gedeuteten homogenen Saum diese Eigenschaft absprach und denselben fiir ein Verschmelzungs- produkt verhornter Zellen erklarte. Wenn Carrier aber auch eine eigentliche Cuticula leugnet, so beschreibt er doch eine Reihe von Bildungen, die er als cuticulare angesehen wissen will. In spater erschienenen Arbeiten*) itiber diesen Gegenstand nahert sich Cartier den Lreypia’schen Anschauungen wieder und sucht dieselben mit denen Scuunzn’s zu vereinigen, indem er sagt °), daf z. B. beim Hautiiberzug des Auges der sich hautenden Ringelnatter der oberflachlichste, zur Hautung bestimmte Teil der Haut aus einem Teile des rete Malpighii und aus einer ,,fein lamellésen Hornschicht bestehe, die ,,keine zelligen Elemente mehr erkennen la%t und nach aufen wahrscheinlich mit einer 1) WiepersHeIm, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbeltiere, p. 20. 2) Prirzner spricht sich tiber diese wichtige Frage, ob wir den gestrichelten Saum der Amphibienlarven mit dem entsprechenden Gebilde bei Fischen zu homologisieren haben, gar nicht aus, waihrend Scnuitze die Frage nur indirekt, aber allem Anschein nach in ver- neinendem Sinn beriihrt. Ich werde auf diesen Punkt noch zuriick- kommen. 3) Oskar Carrrer, Studien iiber den feineren Bau der Haut der Reptilien. Verhandlgn. d, Wiirzburger phys.-med. Gesellsch. N. F. TE Ba. 4) Oskar Cartier, Uber den feineren Bau der Haut bei den Reptilien. Arbeiten aus d. zool.-zoot. Inst. in Wiirzburg, Bd. I. 5) lc. p. 244. 570 Gustav Wolff, — auferst diinnen Cuticula verschmolzen ist‘. Aber auch fiir die iibrige K6érperoberflache') nimmt Carrizr eine Verschmelzung von verhornten Zellen mit cuticularen Bildungen an, welche da- durch zustande kommen soll, daf die von ihm aufgefundenen cuticularen Harchen, die kurz vor der Hautung entstehen und den Hiutungsprozef’ mechanisch einleiten sollen, noch bevor die alte Haut abgestreift wird, ,,zu einer homogenen, etwas gefarbten Membran von ziemlicher Dicke“ verschmelzen, so daf also ,,der aufere Teil der Epidermis weder blof verhornte Zellenlage (F. E. Scuuuze), noch blof Cuticula (Zellenausscheidungsprodukt), sondern eine zusammenhangende Bildung aus beiden Materien“ darstellt ?) Bei der Riesenschlange soll nach Cartier die Cuticula nicht in der Form von Borsten etc., sondern gleich in Gestalt eines diinnen Hautchens abgeschieden werden *). Damit hat sich CARTIER der Lrypia’schen Auffassung allerdings genihert, ja CARTIER, dem Leypic nach Erscheinen der ersten Cartier’schen Arbeit miindlich mitgeteilt hatte, daf er unter ,,Cuticula’ nicht, wie ScHuLzE, CARTIER, KeErBERT und auch spitere Forscher, z. B. Lworr +) annahmen, die aufere, homogen erscheinende Lage der Epidermis, sondern ,nur ein ganz diinnes auSeres Hautchen, welches Skulpturen tragt“, verstehe, erklart sich nun selbst mit den Lreypia’schen Ansichten im wesentlichen einverstanden. Energischeren Widerspruch findet Leypic von seiten KERBERYS, welcher sowohl das Vorhandensein einer Cuticula, als auch cuti- cularer Bildungen bestreitet’). Er nennt®) die oberste Horn- schicht der Epidermis, welche Leypic nach Krrperts Auffassung fiir eine Cuticula hielt, ,,Epitrichialschicht“, ,,weil sie vollstandig homolog ist mit derjenigen Schicht, welche von WELCKER Epi- trichium genannt wurde.“ Er definiert’) als_,,Epitrichialschicht“ »diejenige oberflachliche embryonale*) Schicht der Epidermis, 1) Lc p. 246. 2) lc p. 247 asl. «C5 Dasa 4) W. Lworr, Beitraige zur Histologie der Haut der Reptilien. Bulletins de la société impériale des Naturalistes de Moscou, 1884, No. 3. 5) C. Kerzert, Uber die Haut der Reptilien und andrer Wirbel- tiere. Archiv f. mikr. Anat. XIII. Gj ep. 211. 7) Lc p. 282. 8) Auf den Widerspruch, daf Kerperr einmal yon der Epitrichial- schicht erwachsener Reptilien spricht und sie dann als embryonale Die Cuticula der Wirbeltierepidermis. 571 welche entweder allmahlich und teilweise vor oder nach der Geburt des Tieres verloren geht (Saugetiere, Végel) oder welche mit der eigentlichen Hornschicht verwachst und im Zusammenhang mit dieser Hornschicht nach der Geburt bei der ersten Hiutung abgeworfen wird (Reptilien und Amphibien)“. Die Skulpturen auf der Oberfliche der Epitrichialschicht erklirt Kerserr fir »Erhebungen* von Zellen. Die Arbeit von Kerperr scheint in diesem Punkt wenig Be- achtung gefunden zu haben, wenigstens schliefen sich jspitere Arbeiten von Braun?) der Carrrer’schen Auffassung im wesent- lichen an. Insbesondere sucht Braun die Carrrer’schen An- schauungen den Einwiénden Kerserrs gegeniiber zu verteidigen. Auf den Einwand Krrperrs, dali, wenn cuticulare Bildungen bei Reptilien vorkiimen, diese doch schon im Embryonalleben ent- stehen miiften, was nach seinen Untersuchungen nicht der Fall sei, erwidert Braun”), dali bei Geckotiden die Ausscheidung cuti- cularer Bildungen erst bei der ersten Hautung erfolge, die iibrigens jedenfalls gleich nach Verlassen des Kies, wenn nicht schon inner- halb desselben eintrete. Indem ich nunmehr nach diesen historischen Mitteilungen zu meinen eigenen Untersuchungen mich wende, bemerke ich zuvor- derst, daf die yon mir angewendete Methode hauptsichlich darin bestand, méglichst diinne und ganz senkrechte Querschnitte her- zustellen und durch Behandlung derselben mit Kalilauge festzu- stellen, was als Lage verhornter Zellen, was als Cuticularablagerung anzusehen ist. Fertigt man durch die Epidermis des Amphioxus einen Quer- schnitt, so fallt zunaichst an der Peripherie der Epidermiszellen der bekannte gestrichelte Randsaum auf. Wie oben gezeigt, wird dieses Gebilde allgemein unter dem Namen ,,Cuticularsaum“ auf- gefiihrt. Aber dieser gestrichelte Saum ist nicht die oberflach- lichste Begrenzung der Epidermiszellen, denn iiber ihm liegt noch ein aufierst feiner zweiter Saum*), der bisher ganz iibersehen Schicht definiert, haben schon Garpiner (Beitrige zur Kenntnis des Kpitrichiums und der Bildung des Vogelschnabels. Archiv f. mikr. Anat. XXIV, p. 303) und Lworr (lI. c. p. 317) hingewiesen. 1) Bravy, Lacerta Lilfordi und Lacerta muralis. Arbeiten aus d. zool.-zoot. Inst. in Wiirzburg, Bd. IV, p. 20. — Zur Bedeutung der Cuticularborsten auf den Haftlappen der Geckotiden. Ebenda p. 231. 2) 1. e@ p. 236, 3) Figur 1. Die Gustav Wolff, wurde, der aber unzweifelhaft eine echte Cuticula darstellt. Da- mit sich die Cuticula optisch von dem darunterliegenden ge- strichelten Saum (den ich nunmehr die ,,Pseudocuticula‘ nennen will) mit geniigender Deutlichkeit abhebt, ist es einmal ndtig, daS der Schnitt sehr diinn und insbesondere genau senkrecht ge- fiihrt ist. Ferner ist die Beobachtung in Aufhellungsflissigkeiten vollig zu vermeiden. Canadabalsam und Damarlack machen die optische Unterscheidung der Cuticula unméglich, selbst Glycerin erschwert dieselbe ungemein. Scharf zu erkennen ist die Cuticula nur in Wasser oder Alkohol. Durch Behandlung mit Kalilauge ') quillt die Pseudocuticula ziemlich stark; die radidre Streifung wird dabei undeutlicher, die Cuticula aber bleibt véllig unver- andert. Bekanntlich unterscheidet sich die Epidermis der Amphioxus- larve von der des ausgebildeten Tieres durch ein Wimperkleid. Es ware interessant gewesen, diese Verhaltnisse, insbesondere die Beziehungen der Wimpern zum gestrichelten Saume zu studieren, leider fehlte mir jedoch das Material *). Das namliche Verhaltnis wie beim Amphioxus treffen wir, allerdings nicht mit gleicher Deutlichkeit, bei Petromyzonten. Nicht alle Fische bieten das gleiche Verhalten. Bei allen iibrigen von mir untersuchten Fischen (Cobitis, Cyprinus amarus, Anguilla fluviatilis) fehlt der gestrichelte Saum, wohl aber ist eine Cuticula vorhanden, die als ein diinner Saum die ganze Epidermis gleichmafig iiberzieht*). Schnitte durch die Epidermis der letztgenannten Fische werden in Kalilauge nicht wesentlich verandert. Die Epidermis der Amphibien bietet bekanntlich beim erwachsenen Tier einen wesentlich andern Charakter als bei der Larve. Aber auch bei der Larve sind beziiglich der Epi- dermis zwei Stadien scharf zu unterscheiden: das der flimmernden und das der nicht flimmernden Epidermis. Alle Amphibien scheinen im friihen Larvenleben Wimpern zu tragen*). Junge Batrachierlarven haben einen ziemlich stark 1) Ich verwendete in der Regel dreibigprozentige. 2) Ich verweise aber gleich hier auf die spiter zu besprechenden Verhialtnisse bei ganz jungen Amphibienlarven. 3) Figur 2. 4) Der Besitz eines Flimmerkleides darf also nicht, wie dies schon geschehen (WirpERsHEIM, Lehrbuch der vergl. Anat. d. Wirbel- Dic Cuticula der Wirbeltierepidermis. 573 entwickelten Wimperbesatz auf der Epidermis, doch sind des sehr stérenden Pigments wegen hier die Verhaltnisse schwer zu er- kenpen. Giinstigere Beobachtungsobjekte sind Tritonenlarven '), vor allem aber die Larve von Salamandra atra. Zur Untersuchung der Verhaltnisse schneidet man am besten einer jungen ?) Larve des letzgenannten Tieres ein Stiick des Schwanzes ab und bringt das frische Objekt unter das Mikroskop. Man sieht ein lebhaft flimmerndes Wimperepithel aus verhaltnismafig hohen Zellen ge- bildet *). Im Protoplasma dieser Zellen sind zwei Partien scharf zu unterscheiden: eine kérnige und eine homogene Partie. Die erstere erfiillt den unteren Teil der Zelle, waihrend der periphere Teil der Zelle, ungefihr das, was iiber dem Kern liegt, fast homogen erscheint. Uber diesem homogenen Teil der Zelle, welcher seiner Lage nach dem gestrichelten Saum Alterer Larven entspricht, lagert eine sehr deutliche Cuticula, die von den Wimpern durch- bohrt wird. So lange die Zellen in ganz normalem Zustande sich befanden, gelang es mir nicht, unterhalb der Cuticula etwas von den Wimperanfingen zu gewahren, wohl aber nachdem die Zelle durch das Wasser verindert war. Man kann namlich bei un- unterbrochener Beobachtung wahrnehmen, wie das Gewebe unter dem Einfluf des Wassers allmahlich quillt, und wie insbesondere der subcuticulare Saum der Epidermiszellen seine Ausdehnung nach und nach beinahe verdoppelt, und es gelingt leicht, die Wimpern durch den gequollenen Saum zu verfolgen. Man erhalt ein Bild, wie ich es in Figur 5 wiedergebe. An Kiemenzellen der Larve desselben Tieres beobachtete ich folgenden interessanten Vorgang. Ich konnte wahrnehmen, wie mit zunehmender Quellung die Fufstiicke der Wimpern sich kon- trahierten und zwar nach der Peripherie zu, so daf’, wenn man eine bestimmte Wimper immer im Auge behalt, man dieselbe nach einander die in Figur 6 gezeichneten Stellungen kann einnehmen sehen. Ein Querschnitt durch die Epidermis einer 4lteren Larve, die bereits die Wimpern verloren hat, zeigt uns im wesentlichen tiere p. 16) der Larve des Amphioxus als unterscheidendes Merkmal den iibrigen Wirbeltieren gegeniiber zugesprochen werden. 1) Tritonenlarven tragen nur einige Tage vor und nach dem Ausschliipfen Wimpern. 2) Ich that es mit einer Larve von 2 cm Linge. 3) Im Gegensatz zu Salamandra maculosa sind bei Salamandra atra die peripheren Epidermiszellen der Larve gar nicht abgeplattet. 574 Gustav Wolff, (abgesehen von der Mehrschichtigkeit des Epithels) dasselbe Ver- halten wie cin Schnitt durch die Epidermis des Amphioxus. Auch hier sehen wir einen gestrichelten Saum, aber er ist nur eine Pseudocuticula, denn iiber ihm liegt die echte Cuticula, die tibri- gens in den meisten Fallen noch deutlicher wahrzunehmen ist als bei Amphioxus und Petromyzon. Auch die Cuticula der Amphibienlarven wurde bisher iiber- sehen, vielleicht deshalb, weil gerade dasjenige Objekt, welches die Cuticula am schénsten zeigt, bisher tiberhaupt nicht naher histologisch untersucht worden ist. Bei der Larve von Salamandra maculosa ware mir die Cuticula wahrscheinlich auch entgangen, wenn ich sie nicht vorher bei der Larve von Salamandra atra ge- sehen hatte. Hier?) aber ist die Cuticula ungemein deutlich ent- wickelt und fast doppelt so breit als z. B. bei Salamandra macu- losa, wo sie tbrigens trotzdem zu sehen ist. Auch das chemische Verhalten der Epidermiszelle ist das- selbe wie bei Amphioxus: der gestrichelte Saum (die Pseudo- cuticula) wird durch Kalilauge zum Quellen gebracht, wahrend die Cuticula unverandert bleibt. Obwohl man in den meisten Fallen die Zellgrenzen in die Cuticula hinein verfolgen kann, so bildet dieselbe dennoch ein zusammenhangendes zartes Hautchen, dessen Isolierung bei der Larve von Salamandra atra leicht zu bewerkstelligen ist und zwar auf folgende Weise. Man laft einen senkrechten Querschnitt durch die Epidermis mehrere Tage lang in einer salzsaueren Lésung von Trypsin liegen. Es ist vorzuziehen, den Schnitt nicht unter dem Deckglas in Trypsin liegen zu lassen, sondern in einem Uhr- schalchen, damit das Trypsin besser auf das Gewebe wirken kann. Darauf bringt man den in Trypsin liegenden Schnitt unter das Mikroskop und laft Kalilauge durchflieSen. Nach einiger Zeit wird die Pseudocuticula aufgelést und die Cuticula dadurch isoliert. Nur die Epidermis der Perennibranchiaten behalt den Larvenzustand dauernd; bei den sich verwandelnden Amphibien ist die sich nie haiutende Cornea die einzige Stelle, wo die Ver- haltnisse mit denen der Larve tibereinstimmen. Die Cuticula kann eigentiimliche Fortsaétze in die Epidermis hinein erzeugen. Z. B. an der Cornea von Triton cristatus sendet 1) Figur 3. Die Cuticula der Wirbelticrepidermis. 575 die Cuticula immer zwischen zwei Zellen einen Zapfen'), welcher bis an die Grenze der Pseudocuticula geht. Ein Querschnitt durch die Epidermis eines durch Lungen atmenden Amphibiums bietet ein ganz andres Bild. Man sieht hier, wie es PrirzNer schildert *), ,,die Begrenzung der Epi- dermis nach aufen von einer homogenen, itberall gleich dicken, stark lichtbrechenden, bei Tinktionen meist ungefirbt bleibenden oder sich gleichmafig farbenden Membran gebildet, an der man keine Zusammensetzung aus einzelnen Formelementen mehr wahr- nehmen kann“. Uber dieser Schicht liegt, ahnlich wie bei der Larve, ein bisher iibersehener feiner Saum*), die echte Cuticula. Daf die vorhin erwihnte Membran, die Leynic fiir cine Cuticula gehalten zu haben scheint, ein zelliges Gebilde ist +), hat, schon PritzNER gezeigt. Dieselbe lift sich in der That mit Leichtigkeit in Zellen zerlegen. In der Regel sieht man sofort nach Zusatz von Kalilauge die Membran aufquellen, so daf Zellgrenzen und Kerne aufs deutlichste wahrzunehmen sind. Manchmal jedoch erfolgt auf die bloBe Einwirkung der Kalilauge hin noch keine Quellung, die dann aber in den allermeisten Fallen durch Zusatz von destilliertem Wasser leicht zu bewerkstelligen ist. Nur aus- nahmsweise ist es erforderlich, den Schnitt in Kalilauge langsam zu erwirmen, was am besten mittelst des heizbaren Objekttisches geschieht. Letzteres Verfahren fiihrt ausnahmslos zum Ziele und lift mit vélliger Sicherheit die urspriingliche epitheliale Zusammen- setzung der fraglichen Schicht erkennen. Die Cuticula aber ver- aindert sich in der Kalilauge gar nicht, jedoch ist es mir, aller- dings auferst selten, gelungen, durch mehrfaches Erwarmen in Kalilauge und Klopfen auf das Deckglas die Cuticula von der unter ihr liegenden Pseudocuticula teilweise abzuheben. Die Oberflache der Cuticula ist in den meisten Fallen glatt, d. h. der Oberflache der unter ihr liegenden Schicht entsprechend. Wo die Zellen der letzteren Erhebungen zeigen, da macht in der Regel die Cuticula diese Erhebungen mit, wie z. B. bei der Daumenschwiele der Batrachier. Ubrigens kann die Cuticula auch selbstindige Verdickungen zeigen, so daf Skulpturen entstehen kénnen, ahnlich denen, wie ich sie fiir Reptilien besprechen werde. 1) Figur 4. 2) 1. « p, 503. 3) Figur 7, 8, 9. 4) Man kann sie also ebenfalls eine Pseudocuticula nennen, 576 Gustav Wolff, Fertigt man z. B. durch den Hochzeitskamm eines Triton einen Querschnitt, so gewahrt man an der Peripherie eine Skulptur, hervorgebracht durch zahlreiche hervorstehende Zacken. Nach Behandlung des Schnittes mit heifer Kalilauge tiberzeugt man sich leicht, dafS diese Zacken der Cuticula angehéren '). Zu den Reptilien tibergehend beginne ich auch hier mit der Betrachtung von Embryonalstadien. Auf Figur 11 habe ich die Epidermis der Schuppenanlage eines Eidechsenembryonen ab- gebildet. Man sieht an der Peripherie die Kersert’sche Epitri- chialschicht und auf dieser eine zarte Cuticula, die nach der Peripherie zu vollig eben ist im Gegensatz zur gleich zu be- sprechenden Cuticula des erwachsenen Tieres. Auf dem Querschnitt durch die Schuppe der erwachsenen Kidechse fallt zunichst die kolossale Verhornung der Epidermis auf; die verhornten Schichten haben ihren Abschlu8 nach aufen durch eine zackige oder wellige Zeichnung. Diese Skulptur ist durch eine Cuticularbildung hervorgebracht. Will man sich hiervon iiberzeugen, so fertigt man am besten einen Querschnitt ?) durch ein Stiick einer auf dem Wege der Hautung abgeworfenen Schicht. Man erhalt alsdann ein Bild, wie ich es in Figur 12 wiedergebe. Wir sehen eine fast homogene aus mehreren tibereinander liegen- den Lagen bestehende Schicht, die nach der Peripherie zu eine zackige Zeichnung hat. Durch Zusatz von Kalilauge wird «das Bild kaum verandert. Erst nach einer sehr starken Erwarmung des Praparates gewinnt es ein Aussehen, wie es Figur 13 zeigt. Das Ganze ist jetzt sehr stark gequollen und in ein Gewebe von Zellen verwandelt, in welchen jedoch kein Kern mehr zu sehen ist. Jede einzelne Zelle enthalt in der Mitte zahlreiche Pigment- kérnchen. Auf den peripheren Zellen, die auffallenderweise pig- mentlos sind, sehen wir nun die duferst zarte Cuticula, welche die zackige Skulptur der Schuppenoberflache hervorbringt. Die Entdeckung der embryonalen Cuticula auf der Epitri- chialschicht der Reptilien legte mir die Vermutung nahe, es méchte sich vielleicht auf der Epitrichialschicht der héheren Wirbeltiere ebenfalls eine Cuticula auffinden lassen, die sich vielleicht auf den der Reptilienschuppe homologen Ge- bilden erhalten haben kénnte. Ich habe deshalb die Epitrichial- 1) Figur 10. 2) Figur 12. Die Cuticula der Wirbeltierepidermis. 57 schicht der Vigel und Siugetiere, insbesondere auch die An- lagen der Schuppen und Federn der Végel und der Haare daraufhin untersucht, bin jedoch zu einem negativen Resultate gelangt. Ich habe mich tiberzeugt, dai’ die Cuticula, wie ich sie auf der Epitrichialschicht des Eidechsenembryos fand, bei Végeln und Saugetieren nicht existiert. Obwohl hieraus schon mit ziem- licher Sicherheit zu entnehmen war, dali auch bei ausgebildeten Végeln und Siiugetieren eine Cuticula fehlen werde, so habe ich doch der Vollstandigkeit halber, und weil zwei Forscher!) die Méglichkeit des postembryonalen Auftretens einer Cuticula behauptet haben, die der Reptilienschuppe homologen Gebilde bei héheren Wirbeltieren untersucht. Querschnitte durch die Schuppe des Vogellaufes, durch die junge Feder, durch das Haar, insbesondere durch die oberflachlichste Schicht eines Stachels vom Stachel- schwein brachten mir die Gewifheit, da bei Végeln und Siuge- tieren keine Cuticulargebilde vorhanden sind. Wenn ich nunmehr zu einer allgemeinen Betrachtung und Beurteilung der hier mitgeteilten Beobachtungen iibergehe, so sei es mir gestattet, hierbei nicht, dem natiirlichen Systeme fol- gend, bei den niedersten Wirbeltieren anzufangen und yon da aus zu den hoheren tiberzugehen, sondern mit den Amphibien zu be- ginnen und von dieser Klasse aus abwirts zu den Fischen, auf- wiirts zu den Reptilien zu schreiten. Die Griinde dieser Anordnung werden sich, wie ich hofte, von selbst erklaren. Dali dasjenige Gebilde bei den erwachsenen Amphi- bien, welches friiher fiir eine Cuticula gehalten wurde, keine Cuticula, sondern eine Lage verhornter Zellen darstellt, haben SCHULZE und PrirzNEr zur Gentige dargelegt, so daf iiber die morphologische Bedeutung dieses Gebildes keinerlei Meinungsver- schiedenheit herrschen kann. Anders steht es mit dem gestrichel- ten Saum, der Pseudocuticula der Amphibienlarven. Dieses Gebilde wird, wie oben gezeigt, unter dem Namen ,,Cuticularsaum‘ aufgefiihrt, ohne daf man iiber das Wesen desselben einig ist- PrirzNer will durch die Verdauungsmethode nachgewiesen haben, da der fragliche Saum aus Hornsubstanz bestehe, es ist mir aber keineswegs klar, was die Verdauungsmethode hier helfen soll, die doch wohl héchstens zur Unterscheidung von Hornsubstanz und 1) Wie in der Einleitung gezeigt, glauben Cartier und Bravn, dai bei den Reptilien die Cuticula nach dem Embryonalleben auftrete, 578 Gustav Wolff, lebendem Protoplasma, nicht aber zur Unterscheidung von Horn- substanz und cuticularem Abscheidungsprodukte dienen kénnte, da sich cuticulare Bildungen in ihrem Verhalten dem Trypsin und Pepsin gegentiber nicht wesentlich von Hornsubstanz unterscheiden diirften'). Ja, ein Umstand sprache sogar direkt gegen Horn- substanz. Ewaup und Kine ”) haben die Kinwirkung des Tryp- sin auf die Cornea des Frosches untersucht und gefunden, daf die Corneazellen verschwinden bis auf ihre eigentiimlich ge- quollenen Kerne‘. Hiernach miifte also auch die Pseudocuticula verschwunden sein, was nicht der Fall sein kénnte, wenn dieselbe aus Hornsubstanz bestiinde. Gleichwohl darf vielleicht angenommen werden, dafi EwaLtp und Kiinne diesem Saume keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben; mir ist es wenigstens trotz mehrfacher Versuche, die ich sowohl an der Cornea erwachsener Amphibien als auch an der Epidermis von Larven angestellt habe, nicht gelungen, die Pseudocuticula durch Trypsin oder Pepsin allein zum Verschwinden zu bringen, sondern nur durch die oben ange- gebene Methode. Mit der Verdauungsmethode kann also wohl nicht bewiesen werden, dafi der fragliche Saum keine Cuticula ist; ein sicherer Beweis ist einzig die dariiberliegende echte Cuticula, und da dieser Beweis jetzt vorliegt, so diirfen nunmehr die durch die Verdauung gemachten Befunde *) als diagnostisch fir Horn- substanz angesehen werden. PrirzNER deutet eine von ihm aufgestellte Hypothese*) an iiber die morphologische Bedeutung des gestrichelten Hornsaumes, deren nihere Ausfiihrung er in einer, so viel ich weil, bis jetzt noch nicht erschienenen Arbeit verspricht. Er glaubt, dafi der Horn- saum ,,eine weitere Ausbildung, respektive eine Riickbildung eines friiher andersartigen Zustandes sei, indem aus einer physiologisch hoher stehenden friiheren Einrichtung ein blofes Schutzgebilde ge- worden“ ist, und zwar sieht er den gestrichelten Saum als eine Riickbildung eines friiheren Flimmerbesatzes an. 1) Chitin wenigstens wird nach Ewatp und Kiune ebensowenig verdaut als Hornsubstanz. Siehe: Ewatrp und Kiune, die Verdauung als histologische Methode. Verhandlungen d, naturh. Vereins zu Heidelberg. N. F. Bd. I, p. 455. 2) lc. p. 453. 3) Wenn wir namlich von der Ewatp-Kiinne’schen Beobachtung an Corneazellen des Frosches absehen. 4) 1. ep. 485: Die Cuticula der Wirbeltierepidermis. 579 Wie sich PrirzNer die Sache denkt, ist nicht klar ersichtlich. Er spricht von ,,kurzen steifen Harchen‘, die er auf den Epider- miszellen junger Larven beobachtet haben will. Ob diese ,,steifen Harchen“ als Wimpern aufgefafit werden, die bereits in einem Umbildungsprozef begriffen sind, ist nicht direkt gesagt, mul aber aus der ganzen Darstellung geschlossen werden. Ich muf gestehen, dai ich beim Anblick der peripheren Epi- dermiszellen der Salamanderlarve lebhaft an Wimperzellen erinnert wurde, wie ich sie friiher im Darm yon Bithynia tentaculata gesehen hatte, insbesondere erinnerte mich die Strichelung der Pseudocuticula an die Staébchenstruktur jener Wimperzellen. Ohne die Frage nech der Bedeutung der oft beschriebenen Stabchen- struktur bei derartigen Wimperzellen zu beriihren, ohne tiberhaupt auf die mehrfachen neueren Untersuchungen tiber den komplizierten Bau von Wimperzellen einzugehen, greife ich auf eine der Altesten, diesen Gegenstand beriihrenden Arbeiten zurtick und verweise ins- besondere auf Fig. 9 und 10 einer Arbeit von P. Marcnt?). Hier ist eine Wimperzelle gezeichnet, wie sie ganz ahnlich im Darm yon Bithynia tentaculata vorkommt. Und eine im wesentlichen ganz gleiche Zelle ist die von mir beobachtete periphere Epider- miszelle?) der jungen Larve von Salamandra atra. Genau wie auf der Zeichnung von Marcui haben wir auch hier eine Wimper- zelle, deren Wimpern weit in die Zelle hineinreichen und eine an der Peripherie der Zelle liegende schmale Cuticula durchbolhren. Der von mir beobachtete und beschriebene Vorgang*) an der. Kiemenzelle des schwarzen Salamanders diirfte vielleicht einiges Licht auf die Entstehung des gestrichelten Saumes werfen. Es scheint mir nicht unméglich, daf wie dort infolge der Quellung und dem dadurch bedingten Absterben der Zelle die resistentere Wimper sich kontrahiert, dieselbe bei eintretender Verhornung des subcuticularen Saumes sich ebenfalls zusammenzieht, aber nicht wie bei der Quellung nach der Peripherie, sondern nach abwiirts, dergestalt, dafi’ der vorher freibewegliche Teil der Wimper sich in die Zelle zuriickzieht *). 1) P. Marcut, Betrachtungen iiber Wimperepithel. Archiv f. mikr. Anat. II, Taf. XXIII, Fig. 9 u. 10. 2) Fig. 5. , 3) pag. 573. 4) Ich bezweifle, da diese Darstellung mit der Prirzner’schen Vorstellung, so wenig man auch iiber dieselbe wissen kann, iiberein- stimmt, denn die Fahigkeit der Kontraktion wird Prrvzner den ,,steifen Hirchen“ wohl kaum zugetraut haben. 580 Gustav Wolff, Obwohl die eingezogene Wimper schlieflich auch verhornen wird, so ist es doch durchaus nicht auffallend, wenn sich die durch die Verhornung verwandelte Wimper von dem durch den gleichen Prozef modifizierten Zellprotoplasma immer noch unter- scheiden wird. Wenn wir die Frage aufwerfen, ob der offenbar sehr rudimen- tiren Cuticula noch eine Funktion zuzuschreiben ist, so darf wohl als sicher angenommen werden, daf die urspriingliche Funktion, nimlich der Schutz des Integumentes vor duSeren Finfliissen, héchstens bei ganz jungen Larven der Cuticula zukommt. In den meisten Fallen wird die viel stirker entwickelte Hornschicht diese Funktion tibernehmen. Immerhin ist die Cuticula wohl nicht ohne physiologischen Kinfluf’, denn sie ist es offenbar, die den Hautungs- prozel bedingt. Die tber den peripheren Epidermiszellen lagernde feste Schicht schlieSt die Méglichkeit aus, die obersten Partien der Epidermis in kleinen Schiippchen abzustofen und macht da- durch die periodische Hautung ndétig '). Das Verhalten der Epidermis der Amphibienlarven ist die Wiederholung eines Zustandes, wie er bei den Fischen, wenigstens teilweise, dauernd besteht. Es kann wohl keinem ernstlichen Zweifel unterliegen, dafi der gestrichelte Saum, wie wir ihn z. B. auf der einschichtigen Epidermis des Amphioxus sehen, mit dem gestrichelten Saum der Amphibienlarven homolog ist. Es wire ein gar zu sonderbarer Zufall, wenn zwei so vdllig gleich aus- sehende, an der nimlichen Korperstelle sich findende Gebilde auf verschiedenem Wege entstanden waren. Und da die Amphibien ja tiberhaupt in so vielen Beziehungen einen fischaihnlichen Zu- stand durchmachen, so wire es widersinnig, das Auftreten des gestrichelten Saumes wahrend des Larvenlebens der Amphibien nicht fiir eine ontogenetische Wiederholung eines Zustandes anzu- sehen, wie er bei manchen Fischen sich dauernd erhalten hat. Ich hatte den Hinweis auf die Homologie der in Rede stehenden Ge- bilde iiberhaupt fiir iiberfliissig gehalten, wenn nicht von seiten eines hervorragenden Forschers eine gegenteilige Ansicht geaufert worden ware. Denn wenn F. E. Scuunze der Ansicht ist, dal bei den Fischen die senkrechte Streifung des Saumes durch Poren- kanile, bei den Amphibienlarven dagegen durch Stibchen hervor- 1) Dieser Gedanke wurde zuerst von Leypre ausgesprochen. Die Cuticula der Wirbeltierepidermis. 581 gebracht werde!), so kann er doch unméglich beide Gebilde fiir homolog halten. Ein eigentlicher Anhaltspunkt, die Pseudocuticula fiir porés zu halten, fehlte stets, und PrirzNer weist mit Recht darauf hin, daf} man in diesem Falle doch Fliissigkeit durch die Poren miilte austreten sehen. Mit dem hier gelieferten Nachweise, daf der betr. Saum iiberhaupt keine Cuticula ist, da vielmehr die echte Cuticula tiber diesem Saume liegt, fallt natiirlich jede Méglichkeit weg die Streifung als den Ausdruck von Poren anzusehen. F. E. Scoutze hat auch bei mehreren Knochenfischen auf den peripheren Epidermiszellen einen Grenzsaum mit senkrechter Streifung wahrgenommen. Mir stehen hier keine eigenen Unter- suchungen zu Gebote, ich bin daher nicht imstande, die betreffen- den Falle zu beurteilen. Die oben geschilderten Verhiltnisse bei den Reptilien lassen sich unschwer aus denen der Amphibien ableiten. Mit der vollkommen verinderten Ernihrungsweise des Embryos ist das Wimperepithel, das bei dem noch in der Eihiille liegenden Tri- tonenembryo znr Herbeistrudelung des sauerstoffreichen Wassers, bei dem im Nahrungsbrei liegenden Embryo von Salamandra atra zur Herbeistrudelung der Nahrstoffe dienen konnte, vdéllig iiber- fliissig geworden, und mit dem Wimperkleid fiel auch der Anlaf zur Entstehung des gestrichelten Saumes weg. Es ist daher leicht begreiflich, daf sich der gestrichelte Saum bei Reptilienembryonen nicht mehr findet. Kin Querschnitt durch die Epidermis des ausgebildeten Rep- tils kénnte den Eindruck machen, als ob die Cuticula blof ein Verschmelzungsprodukt cuticularer Stacheln oder Leisten sei. Diese Ansicht hegen Cartier und Braun, die in dem Auftreten dieser Cuticulargebilde die mechanische Einleitung des Hautungs- prozesses erblicken, eine Ansicht, die Braun durch eine angebliche Analogie mit dem Hiautungsproze8 des Flufkrebses stiitzen zu kénnen glaubt. Daf die Cuticula kein Verschmelzungsprodukt cuticularer Borsten, Leisten etc. ist, sondern daf letztere Gebilde sekundarer Natur sind, beweist die von mir gefundene villig skulp- turlose Cuticula des Reptilienembryos. Es ware auch gar nicht erklirlich gewesen, wie bei den Wirbeltieren tiberhaupt die Cuticula aufgetreten ist. Dieselbe kann doch nur aus Zustinden niederer ‘Tiere abgeleitet 2) l. e. p. 300, 301. Bd. XXIII, N, F, XVI, 38 582 Gustav Wolff, werden. Wollte man aber die Braun-Carrter’sche Auffassung gelten lassen, also annehmen, daf die Cuticula erst nach Ablauf des embryonalen Lebens auftrete und die Hautung einleite, so kénnte sie doch kaum als ein solches Erbstiick aufge- fait werden, man miifte sie als eine selbstandige Erwerbung be- trachten, die aber schwer zu erkliren ware. Denn das Zustande- kommen dieser Erwerbung kénnte man sich doch nur denken, wenn mit derselben ein Vorteil fiir das Tier verbunden ware. Ein solcher fehlt aber, denn die Hautung ist doch der Abschirfung gegeniiber kein Vorteil; sie ist nichts anderes, als eine notge- drungene Anpassung an eine vorhandene Cuticula?). Es lieBe sich ja denken, daf’ die neu sich bildende Cuticula den HautungsprozeB einleitet, aber diese Funktion ist dann nur eine sekundare, die das phylogenetische Zustandekommen der Cuticula niemals bewirken konnte. Die urspriingliche Funktion der Cuti- cula (Schutz des Integumentes gegen aufere Einfliisse) ist bei den Wirbeltieren offenbar verloren gegangen, bezw. von der viel mach- tigeren Hornschicht tibernommen worden, so da’ wir die Cuticula der Wirbeltiere als ein rudimentires Gebilde zu betrachten haben, das seine primare Funktion verloren und dafiir vielleicht eine sekundare iibernommen hat. Ob wirklich eine solche sekundare Funktion (Kinleitung des Hautungsprozesses) von der Cuticula voll- zogen wird, scheint mir iibrigens noch nicht einmal zweifellos fest- gestellt. Mag die Haiutung erleichtert werden, — der Anfang der- selben ist doch wohl das voéllige Absterben der oberen Schichten. Den Vergleich mit den Arthropoden halte ich daher nicht fir vollkommen zutreffend, da der HiautungsprozefS der Wirbeltiere und der der Arthropoden nicht in jeder Beziechung gleiche Vor- singe sind. Bei den Arthropoden ist er ein rein mechanischer Vorgang, indem nur eine Chitinlage abgestofen wird, bei den Wirbeltieren aber ist er ein wenigstens teilweise physiologischer Prozef, ein Absterben von Epidermiszellen. Wie dem aber auch sein mag, jedenfalls beweist das Vorhandensein der Cuticula beim Reptilien-Embryo, da% auch hier die Einleitung der Hautung nicht die primare Funktion der Cuticula sein kann, denn ware sie dies, so wiirde sie nicht da zuerst auftreten, wo sie gar keine Hautung einleiten kann. 1) Hier ist natiirlich nicht die wihrend der Hiutung neuent- stehende, sondern die alte, iiber der abzuwerfenden Schichte der Kpi- dermis lagernde Cuticula gemeint. Die Cuticula der Wirbelticrepidermis. 583 Zum Schluf meiner Arbeit erfiille ich noch die angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor R. Herr- wiG, fiir den Hinweis auf diesen Gegenstand und fiir das fordernde Interesse, das er meiner Untersuchung gewidmet hat, meinen wirmsten Dank auch an dieser Stelle auszusprechen. GroBen Dank schulde ich ferner Herrn Professor Niissiuy in Karlsruhe, der durch die mir giitigst erteilte Erlaubnis, waihrend der Ferien das dortige Institut zu benutzen, meine Untersuchung wesentlich unterstiitzte. Neuenheim bei Heidelberg, Marz 1889. 38* 584 Fig. Fig. Fig. Gustav Wolff, Die Cuticula der Wirbeltierepidermis. 2. ~I 12. Paligs Erklarung der Tafel XXVIII, . Zelle aus der Epidermis des Amphioxus. a) Cuticula. b) Pseudocuticula. Querschnitt durch die Epidermis von Anguilla fiuviatilis. a) Cuticula. Querschnitt durch die Epidermis einer ilteren Larve von Salamandra atra. a) und b) wie bei Fig. 1. . Querschnitt durch die Epidermis der Cornea yon Triton cristatus. a) Cuticula. a!) Fortsaitze der Cuticula. b) Pseudocuticula. . Epidermiszelle einer 2 cm langen Larye yon Salamandra atra in Quellung begriffen. a) Cuticula. . Zelle aus der Epidermis der Kieme einer Larve yon Sala- mandra atra. a) Cuticula. . Querschnitt durch die Epidermis von Triton marmoratus. a) Cuticula. b) Pseudocuticula. . Querschnitt durch die Epidermis von Triton igneus. a) und b) wie bei Fig. 7. . Querschnitt durch die Epidermis des Fufballens von Bufo americana. . Querschnitt durch die oberste Zellenlage der Epidermis des Hochzeitskammes von Triton taeniatus. a) Cuticula. . Querschnitt durch die Epidermis der Schuppenanlage eines Embryo’s von Lacerta vivipara. a) Cuticula. al) Stellen, wo die Cuticula sich gehoben hat. b) Epitrichialschicht. Querschnitt durch die abgeworfene Haut der erwachsenen Eidechse (Lacerta agilis). Dasselbe Objekt in Kalilauge gequollen. a) Cuticula. Die Figuren sind nach Harrnack Imm. 10 oder nach S8isert Imm, VII gezeichnet. Ein Fall von Neubildung der Scheibe in der Mitte eines abgebrochenen Seesternarmes. Dr. Richard Semon. Hierzu Tafel XXIX. Zu den zahlreichen Fallen ') von Scheibenneubildung an spontan abgeschniirten oder gewaltsam abgetrennten Seesternarmen fiige ich den Bericht eines neuen hinzu, der manches eigenartige darbietet. Es handelt sich um ein Exemplar von Ophiopsila aranea, das von Herrn SatvaTorE Lo Branco unter Schlamm und Detritus vom Gestade des Posilip bei Neapel aufgefunden und mir freund- lichst zu naherer Untersuchung iiberlassen worden ist. Das Objekt, das in Alkohol konserviert ist, steht zu meiner freien Verfiigung. Dennoch habe ich mich auf eine Untersuchung des unzerschnittenen, unentkalkten Tieres beschrankt. Um das nachzuweisen und aufzukliren, worauf es mir zunachst ankam, reicht diese Methode aus, oder, besser gesagt, man kann mit ihr bis zu einem gewissen Grade einen Wahrscheinlichkeitsbeweis liefern. Dariiber hinaus wird man aber, wie ich glaube, auch nicht durch Untersuchung der Weichteile gelangen. Dabei besteht der grofe Vorteil, daf das Objekt véllig intakt und ein wertyolles Material fiir den Fall bleibt, daf weitere Fragen sich an die hier 1) Eine Zusammenstellung dieser und dhnlicher Fille, die bis zum Jahre 1878 reicht, findet sich in: E. Harcxet, Die Kometen- form der Seesterne und der Generationswechsel der Echinodermen. Zeitschr. f, wissenschaftl. Zool., Bd. 30, Supplement, 1878, S, 424—445, 586 Dr. Richard Semon, besprochene kniipfen oder auch unabhangig von ihr auftauchen sollten. Indem ich somit das Objekt in unverandertem Zustande fiir etwaige spdtere Untersucher aufbewahre, habe ich gleichzeitig, was die aussere Form anlangt, den Fachgenossen das ganze Ma- terial zu eigener Priifung an die Hand gegeben, indem ich durch Herrn A. Giurscu auf Taf. XXIX, Fig. 1 und 2 vergréferte Abbil- dungen des Tieres in Riicken- und in Bauchansicht_herstellen lief, die eine vollkommene Portraittreue bis auf Zahl und Lage der kleinsten Stacheln besitzen. Mit bekannter Meisterschaft hat Herr Gitrscn die schwierige Aufgabe gelést, ein kompliziertes Objekt bei starker Lupenvergréferung bis in das kleinste Detail genau und naturgetreu wiederzugeben. Figur 3 und 4 stellt nor- male Exemplare von Ophiopsila aranea in Riicken- und Bauch- ansicht zur Vergleichung dar. Zunachst ist vorauszuschicken, daf kein Zweifel iiber die Bestimmung der Art als Ophiopsila aranea obwaltet. Ich habe zahlreiche Exemplare dieser Spezies in Neapel gesammelt. Die- selben variieren in ihrer Farbung, der Zeichnung der Arme, der Zeichnung der Riickenscheibe und der Schuppenbedeckung der Radialschilder in hohem Mage. Die Abweichungen sind aber durch alle denkbaren Ubergange verbunden. In der yon Lupwig umge- arbeiteten dritten Auflage der Synopsis von Leunis finde ich 5. 926, als charakteristisch fiir Ophiopsila aranea angegeben, daf von den 6 Mundpapillen sich 2 mit ihren Spitzen kreuzen. Bei den von mir in Neapel gesammelten Exemplaren kommt eine der- — artige Kreuzung vor, ist aber durchaus nicht Regel. Auch finden sich nicht selten nur 4 statt 6 Mundpapillen. Auch die fernere Angabe der Synopsis, dafi sich je 2 Fii{chenschuppen finden sollen, ist fiir meine Exemplare nicht charakteristisch. Meistens ist nur eine, seltener sind 2 Fii%chenschuppen vorhanden. Armstachel finde ich meistens nur bis zu je 6. Nur sehr selten ist ein siebenter Stachel angedeutet. Wir haben also wahrscheinlich in den von mir in Neapel gesammelten Exemplaren von Ophiopsila aranea gegeniiber der von der Synopsis charakterisierten Form eine wenig scharf ausgesprochene Varietaét vor uns. Wenden wir uns nun zur naheren Untersuchung unseres Ob- jekts, so erhalten wir bei Priifung des Gesamtbildes zunachst den allgemeinen Eindruck, als ob eine kleine Scheibe mit drei kleinen Armen in die Kontinuitét eines gréferen Armes einge- Neubildung der Scheibe in der Mitte eines Seesternarmes. 587 schaltet sei. Dieser Eindruck drangt sich jedem beim ersten Blick auf. Wir haben zu untersuchen, ob er durch eine sorgfaltige Priifung befestigt oder widerlegt wird. Bezeichnen wir des kiirzeren Ausdrucks wegen die Arme der Ophiure in der auf Taf. XXIX, Fig.1 und 2 vorgenommenen Weise mit den rémischen Ziffern I—V, so wiirden nach der zu priifenden Auffassung Arm III und V zusammen einen friiher einheitlichen Arm vorstellen, in dessen Kontinuitét die kleine, noch embryonale Scheibe mit den daraus hervorsprossenden jungen Armen I, II, IV eingeschoben wiire. Es ware aber auch noch folgende andere Erklarung des Pha- nomens moglich, daf einfach die Arme III und V in ihrem Wachstum den drei anderen Armen vorausgeeilt seien. Eine so bedeutende Gréfendifferenz wie die vorliegende liefe sich auf diesem Wege aber nur durch die Annahme entweder einer Ver- kiimmerung der drei kleineren oder eines tibermafig gesteigerten Wachstums der beiden gréferen Arme, also durch pathologische Vorginge erklaren. Wir hatten demnach zu untersuchen: 1) Sind die Arme I, II, IV gleichalterig mit den Armen III und V, oder sind sie jiinger als jene? 2) Wie verhalten sich die Arme III und V nach Ausbildung und Lage zur Scheibe und den anderen Armen? Was die erste Frage anlangt, so ist ein pathologisches Zu- riickbleiben im Wachstum bei den Armen I, II und IV, eine Ver- kiimmerung sehr unwahrscheinlich. Durch Vergleichung mit jungen normalen Ophiopsilen kann man sich iiberzeugen, daf die Arme nach Grose und Ausbildung genau zu der Scheibe passen, der sie ansitzen. Es miif’te also auch die Scheibe mit verkiimmert sein. Nun verhalten sich aber sowohl die Scheibe als auch die Arme selbst ganz wie die Scheibe und die Arme eines sehr jungen Tieres. Die Mundschilder, Madre- porenplatte, Armschilder, Papillen und Stacheln ebenso wie auch die FiiSchen zeigen durchaus normale, nur eben embryonale oder richtiger jugendliche Zustinde. Die Spitze aller drei Arme zeigt das Hervorknospen und die Abschniirung neuer Segmente in derselben Weise, wie wir sie an normalen Individuen und auch an der Spitze des grofen Armes III wahrnehmen. Nur der groke Arm V zeigt an seiner Spitze pathologische Verhaltnisse und Verkiimmerung des Wachstums, 588 Dr. Richard Semon, Zeigen somit die Arme in keinem ihrem Bestandteile anormale oder pathologische Verhaltnisse, so la8t sich aus dem Umstande, daf alle drei genau die gleiche Anzahl von Segmenten besitzen, nimlich 13 deutliche Abschnitte und auferdem eine Spitze, die ihrerseits schon wieder eine Gliederung in 3 Segmente erkennen aft — aus diesem Umstande aft sich folgern, da8 das Wachs- tum dieser drei Arme ein vollkommen normales gewesen ist, denn es ist doch mehr als unwahrscheinlich, daf eine Verkiimmerung oder Wachstumshemmung sich bei allen drei Armen so bis ins feinste Detail hinein gleichartig gediufert haben sollte. Wir sind vielmehr berechtigt, die drei Arme ebenso wie die Scheibe fiir normale aber jugendliche Entwicklungszustainde zu erklaren. Es bliebe nun noch die Méglichkeit, da’ anormale Wachs- tumsverhaltnisse, hypertrophisches Wachstum die abweichende Be- schaffenheit der Arme III und V veranlaft haben kénnten. Auch hier ist zunachst zu konstatieren, daf Schilder, Stacheln und Fiifchen dieser beiden Arme sich durchaus verhalten wie die entsprechenden Gebilde normaler und zwar alter Tiere. Die Spitzen beider Arme sind abgebrochen und haben sich regeneriert und zwar diejenige von Arm III in normaler, die von Arm V in anormaler Weise. Um es kurz zu sagen, ist das anormale Ende von Arm V die einzige pathologische Erscheinung, die sich an irgend einem Teile unseres Tieres bei scharfster Nachforschung entdecken lait. Ich komme darauf noch spater zuriick. Fassen: wir aber zunachst den Arm III ins Auge, so miiften wir anneh- men, daf er in derselben Zeit mehr als 25 Segmente nebst der Spitze entwickelt habe, in welcher die Arme J, IL und IV nur 13 viel kleinere Segmente nebst der Spitze bildeten. Mehr als 25 Segmente, denn Arm II ist, wie ohne weiteres ersichtlich, hinter dem 8. Segmente abgebrochen gewesen und hat von dieser Stelle ab noch 17 weitere Segmente regeneriert. Wir miiSten annehmen, dafi Arm III und wahrscheinlich auch V ein mehr als doppelt so intensives, im tibrigen ganz normales Dicken- und Langenwachstum besessen habe als die ebenfalls normal gebildeten, véllig gleichentwickelten drei anderen Arme. Dagegen spricht aber auch noch folgende Erwaigung: Wollten wir uns die Entstehung des uns vorliegenden Tieres in der ge- wohnlichen Weise erklaren und das Ungewoéhnliche an ihm allein auf intensiveres Wachstum der Arme III und V zuriickfiihren, so hatten wir auch diese Arme als Appendices, als Produkte der Scheibe aufzufassen, Die Scheibe enthalt den Darm und die Zen- Neubildung der Scheibe in der Mitte eines Seesternarmes. 589 tralstellen des Nerven- und Gefalisystems. Ein peripheres Wachsen der Arme unter gleichzeitigem Zuriickbleiben der ernahrenden Zentralstelle, der Scheibe, ist schwer vorzustellen. Wie stark aber die Scheibe unseres Tieres im Wachstum zuriickgeblieben sein miifite, wenn sie wirklich von vornherein die Tragerin der Arme III und V gewesen wire, das zeigt Fig. 4, auf der die Scheibe einer gewohnlichen Ophiopsila abgebildet ist, deren Arm- stirke den Armen III und V unseres Objekts entspricht. An der Scheibe unseres Tieres sind tibrigens auch von den Bursalspalten, die auf der Scheibe Fig. 4 so deutlich und grof hervortreten, nicht einmal Andeutungen wahrzunehmen. Alles dieses zusammengenommen macht meiner Ansicht nach die Erklarung des Phainomens durch Differenzen in der Intensitat des Wachstums zwar unwahrscheinlich, schlieft diese Erklarung aber keineswegs vollkommen aus. Bei anderen Tieren besitzen wir iiber die Gesetze des nor- malen und pathologisch vermehrten oder verminderten Wachstums nur geringe Erfahrungen. Die Pathologie des Menschen aber ver- fiigt tiber eine Summe von Kenntnissen in dieser Richtung, und dort sind in der That Falle bekannt, in welchen ein vdllig nor- males vermehrtes (oder vermindertes) Wachstum von peripheren Teilen bei gleichzeitig normalem Wachstum der zentralen Teile beobachtet worden ist (partieller Riesenwuchs, Acromegalie.) Aller- dings pflegen sich haufig bei genauer Untersuchung Anomalien der betreffenden Organe in Form oder besonders in Beteiligung der verschiedenen Gewebe bei der VergréSerung herauszustellen. Doch kommt auch vermehrtes Wachstum mit normaler Beteiligung aller Konstituenten des betreffenden Organs vor. In unserem Falle, der nach den bisherigen Erérterungen doch immer noch als ein zweifelhafter erscheinen méchte, besitzen wir aber in den Achsenverhaltnissen der verschiedenen Arme zuein- ander und zur Scheibe ein weiteres wichtiges Kriterium, das zu- sammengehalten mit den besprochenen Grofenverhaltnissen schwer in die Wagschale fallt. Bei normalen Seesternen und Schlangensternen bilden, sofern sie fiinfarmig sind, je zwei aneinanderstofende Arme_ einen Winkel von 72°, je zwei nicht aneinanderstoBende also einen Winkel von 144°. Dieses, kleine Schwankungen abgerechnet, sehr konstante Winkelverhaltnis ist in unserem Falle nun bedeutend verschoben, und diese Verschiebung kann schwerlich ungezwungen durch die 590 Dr. Richard Semon, Annahme von Differenzen in der Wachstumsintensitat, sie kann dagegen sehr plausibel durch die andere vorhin erérterte An- nahme erklart werden. Denn die Scheibe selbst ist ganz normal gebildet und keineswegs durch die starke Entwickelung der Arme III und V in einer Weise beeinflu&t, da’ aus ihr die Verschiebung der Armwinkel resultieren miifte. Betrachten wir zunichst unser Tier in der Riickenansicht (Fig. 1), so sehen wir ohne weiteres, daf die Wurzelsegmente — auf diese allein ist zu achten — von Arm III und V eine etwas geschweifte Linie, keineswegs einen Winkel von 144° miteinander bilden. Auch bildet Arm IV mit Arm II einen ganz anderen Winkel als mit Arm I. Einen genaueren Einblick erhalten wir aber erst durch Unter- suchung der Bauchansicht. Bei alteren Tieren namlich, wie sie auf Fig. 3 und Fig. 4 abgebildet sind, werden die Wurzelsegmente in Riickenansicht von der Scheibe verdeckt (vgl. Fig. 4); so er- scheinen Tauschungen iiber die Winkelstellung wie in Fig. 3; denn die Bauchansicht des dort abgebildeten Tieres lehrt, dal} auch bei ihm die Wurzelsegmente den gewohnlichen Winkel bilden. Bei dem monstrésen Objekte sind die Wurzelsegmente auch in der Riickenlage noch unbedeckt von der Scheibe. Einen ganz klaren Einblick gewahrt, wie gesagt, erst die Bauchansicht. Aus ihr geht hervor, daf der Achsenwinkel der Arme III und V sich der Geraden nahert. Normalerweise miifite die Achse des Wurzelsegments von Arm V das gegeniiberliegende, interradial gelegene Mundschild halbieren oder wenigstens treffen. Letzteres ist in unserem Falle dadurch gekennzeichnet, dafs er die Madreporenplatte tragt. Wir wir aber sehen, weicht diese Achse statt dessen stark gegen Arm III ab, so daf die Achsen beider Arme einen kaum merklichen Winkel bilden; ja fassen wir die Achsen beider Arme in ihrer Gesamtheit ins Auge, so wird die Einheitlichkeit des ganzen Gebildes noch deutlicher. Wir sehen unser Tier in einem merkwiirdigen Entwickelungs- zustand. KEinerseits ist die urspriingliche Gleichachsigkeit von Arm V und III noch deutlich wahrzunehmen. Andrerseits beginnt sich die fiir die Echinodermen charakteristische Stellung der Radien zu den Interradien auch zwischen alten Armen und den Teilen der neugebildeten Scheibe herauszubilden. Auf diese Weise liegt Arm III schon dem entsprechenden interradialen Mundschild genau gegeniiber. Andrerseits bringt Arm V es noch fertig, die Neubildung der Scheibe in der Mitte eines Seesternarmes. 591 Verlangerung seiner Achse annahernd in die Achse yon Arm III fallen zu lassen und zwar geschieht das durch schiefe Insertion erstgenannten Arms an der Scheibe. Diese Symmetriestérung hat auch noch andere, weniger scharf hervortretende im Gefolge. Die Scheibe normaler Tiere pflegt recht symmetrisch gebaut zu sein, Schwankungen von wenigen Winkelgraden abgerechnet, die selbstverstandlich sind, da wir es mit organischen Wesen, nicht mit Krystallen oder geometrischen Figuren zu thun haben. Man vergleiche dariiber Figur 4. Da die starke Asymmetrie speziell in der Form, wie sie hier vorliegt, durch die Annahme der Neu- bildung einer Scheibe in der Kontinuitét eines Arms sehr gut, durch vermehrtes Wachstum zweier Arme wenigstens in der vorliegenden Form gar nicht erklart wird, so denke ich, liegt weit- aus die gréSere Wahrscheinlichkeit auf Seiten der ersteren An- nahme, besonders wenn man die schon erérterten Grofenverhalt- nisse mit in Betracht zieht. Ich will nun kurz ausfiihren, wie ich mir den Vorgang in seinem Verlauf vorstelle, obwohl sich das Einzelne nur vermuten und kombinieren, nicht streng beweisen 1aft. Das Armstiick, das durch die Arme V und III reprasentiert wird, ist so aufzufassen, dafS Arm V die mehr zentral, Arm IIT die mehr peripher oder distal gelegenen Teile eines einzigen ab- gebrochenen Ophiuridenarms darstellt. Der Arm ware also an der Spitze von Arm V von dem Muttertier abgebrochen zu denken. Unter normalen Verhaltnissen wiirde sich nun direkt an der Bruchstelle eine neue Scheibe gebildet haben, wie dies bei vielen Seesternen schon haufig beobachtet ist. In unserem Falle ist dies aber unterblieben und zwar wahrscheinlich deshalb, weil an der Bruchstelle krankhafte, vielleicht septische Prozesse Platz griffen. An der Armspitze von Arm V lassen sich namlich noch jetzt Zeichen einer Erkrankung erkennen. Nach Bildung der Scheibe hat auch an jener Spitze eine Regeneration, eine Neubildung von Armeliedern begonnen. Jene Armglieder, 10 an der Zahl, zeigen sich indessen unverkennbar mifgebildet. Sie sind im Ver- haltnis zu ihrem Alter viel zu klein, haben anormale Form und entbehren vollkommen der Anlagen von Stacheln, FiiSchen und Fii&chenschuppen. Das kann man ohne weiteres durch Ver- gleichung mit den Armspitzen von I, Il und IV und der mit letzteren iibereinstimmenden Spitze von Arm III erkennen, 592 Dr. Richard Semon, Aus diesem Grunde der Erkrankung der Bruchstelle hat sich meiner Ansicht nach nicht an der Spitze von Arm V, sondern 10 Glieder weiter abwirts die Scheibe zwischen zwei Gliedern des abgebrochenen Arms regeneriert. Vielleicht wundert man sich zunichst dariiber, daf die Regeneration an einer so ungewéhn- lichen Stelle auftrat und nicht dann schon gleich am anderen, dem distalen Ende, wo der Arm zu dieser Zeit auch abgebrochen, seiner Spitze beraubt war, also am Ende yon Arm III. Die Ant- wort hierauf ist nicht schwer. Weil sich in diesem Fall die Nervenleitung in dem ganzen Arm hatte umkehren miissen. Der Nervenring der Scheibe ist bekanntlich bei allen Echinodermen das physiologische Zentralorgan. Die zentripetalen Fasern des Ambulacralnerven hatten zu zentrifugalen, die zentrifugalen zu zentripetalen werden miissen, wenn das Zentralorgan sich an dem distalen Ende, dem Ende von Arm III regeneriert hatte. Auch so wie der Fall uns vorliegt, hat eine Umkehrung der Leitung in dem 10-gliedrigen proximalen Anteil, der uns jetzt als Arm V ent- gegentritt, stattgefunden. Es diirfte dabei das nachstliegende sein, an eine vollkommene Neubildung der Leitung in dem betreffenden Armabschnitt zu denken. Bis jene sich vollzogen hatte, war die Nervenleitung in jenem Armstiick gestért oder ganz aufgehoben. Ks war deshalb natiirlich von entscheidendem Vorteil fiir das Tier, daf nicht der ganze Arm, sondern ein méglichst kleines Stiick jene gewaltige Umwalzung durchzumachen hatte. So ist es vom Standpunkt der gréften Zweckmafigkeit aus leicht, die Neubildung an jener Stelle zu erklaren, wennschon wir uns iiber die dabei thatigen Krafte und die physiologischen Ursachen selbst vollkommen im Dunkeln befinden. Die eben dargelegte Anschauung wird auch durch die oben besprochenen Symmetrieverhaltnisse bestatigt. Arm III verhalt sich genau wie ein Arm, der an seinem zentralen Ende eine Scheibe regeneriert hat, Arm V sitzt dieser Scheibe unsymmetrisch und schief als blofier Appendix an. Wabhrscheinlich ist gleichzeitig mit dem Abbrechen des Arm- stiicks auch dessen Spitze am Ende von Arm III abgebrochen. In der gleichen Zeit, wahrend derer sich im Verlauf des Armes die Scheibe mit ihren hervorsprossenden drei Armen regenerierte, hat sich auch die Spitze von Arm III regeneriert. Hier haben sich aufer der Spitzenknospe 17 Glieder neugebildet, bei den der Scheibe ansitzenden 3 jungen Armen nur 13. Diese Differenz er- klart sich leicht, wenn man bedenkt, dafi in letzterem Falle eben Neubildung der Scheibe in der Mitte eines Seesternarmes. 593 auch noch Material und Zeit zur Neubildung der Scheibe aufge- wendet werden mubfte. Besonders in der Riickenansicht tritt deutlich hervor, daf die vier ersten Segmente der Arme III und V gegen die von der Scheibe entfernteren etwas im Wachstum zuriickgeblieben sind und die Scheibe dorsalwiirts auf sie tiberzugreifen beginnt. LBeides, das Kleinerbleiben der der Scheibe benachbarten Armglieder und die Kinbettung der ersten drei bis vier in die Scheibe, entspricht voll- kommen den Verhialtnissen, wie sie uns bei normalen ilteren Tieren entgegentreten und wie sie auf Fig. 4 ersichtlich sind. Hiermit ist alles erschépft, was ich iiber diesen Fall zu sagen hatte. Man wird mich sogar vielleicht tadeln, daf ich so um- stindlich ein derartiges isoliertes Vorkommnis behandelt habe, aus dem allein sich keinesfalls weitere Schliisse ziehen lassen, ja dessen Erklarung selbst sich nicht tiber jeden Zweifel sicher stellen lift. Ich habe aber nur beabsichtigt, einen Baustein fiir spaitere Unter- suchungen zu liefern, die die Frage der Regeneration einmal von umfassendem Standpunkt behandeln werden. Daf hier noch Fragen von weittragender Bedeutung schlummern, liegt auf der Hand. Ich erinnere nur an die Umkehrung der Nervenleitung in dem Armstiick V. Auch ist die Regenerations- erscheinung bei einer Ophiuride weit merkwiirdiger als bei einer Asteride, da bei ersterer weder Darm noch Geschlechtsorgane in die Arme dringen, sondern auf die Scheibe beschrinkt bleiben. Unser Objekt hat also den Darm ganz aus sich selbst heraus ohne Ankniipfung an priexistierende Darmteile neubilden miissen. Unser Tier ist, wie ein Blick auf die unentwickelte Scheibe be- weist, die der Bursalspalten ermangelt, noch geschlechtlich unent- wickelt. Ks wiirde bei weiteren Untersuchungen ganz _be- sonders darauf zu achten sein, ob abgetrennte Ophiuridenarme, die weder Teile des Darms noch der Geschlechtsorgane in sich bergen, nicht nur die Scheibe regenerieren, sondern auch Geschlechts- produkte entwickeln kénnen. Die Entscheidung dieser Frage wiirde fir das Problem der Kontinuitit des Keimplasmas von Be- deutung sein. 594 Dr. Richard Semon, Neubildung d. Scheibe e. Seesternarms. Fig. Fig. 2 Erklarung der Abbildungen, Tafel XXIX, Das beschriebene, in Alkohol konseryierte Exemplar von Ophiopsila aranea in Riickenansicht bei 10-facher Ver- grofserung. Die rémischen Ziffern I—V dienen zur Kenn- zeichnuug der Arme. Dasselbe Tier in Bauchansicht bei 20-facher Vergréfserung. msch Mundschilder, von denen einer als Madreporenplatte mdp dient. seh Bauchschild des Armes, f Fiifschen, fs Fiifs- chenschuppe. Normales Exemplar von Ophiopsila aranea in Riickenansicht bei 95-facher Vergréfserung. Dieses Exemplar ist der Arm- dicke nach jiinger als die Arme I!I und V und ilter als die Arme I, II, 1V des in den vorigen Figuren abgebildeten Tieres. (An zwei Armen ist die Spitze abgebrochen.) Normales Exemplar von Ophiopsila aranea, das seiner Arm- dicke nach genau den Armen III und V des monstrésen Exemplars entspricht. Bauchansicht der Scheibe bei 20-facher Vergrofserung. Die Zeichnung ist nach einem getrockneten Exemplar ausgefiihrt, deshalb sind die Fiifschen f geschrumpft. mdp Madreporenplatte. dsp Bursalspalten. Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. Von Oswald Seeliger, Privatdozent an der Universitit Berlin. Hierzu Tafel XXX—XXXVII. Nach den bekannten Untersuchungen von Huxtey') und KowALevsky ”) verliuft die cyklische Entwicklung der Pyrosomen in folgender Weise: Aus dem befruchteten Ei geht nach meso- blastischer Furchung ein Keim hervor, der dem Dotter aufliegt und sich aus drei Keimblattern zusammensetzt: dem epithelialen Ektoderm und Entoderm und dem Mesenchym. Vom Ektoderm bilden sich die beiden Peribranchialréhren, welche die ganze Linge des Keimes durchziehen; vom Mesoderm die Perikardialréhre. Im vorderen Abschnitt tritt das ektodermale Nervensystem auf und bald darauf im hinteren ein zweites Nervenrohr, dessen Zuriick- fiihrung auf eines der Keimblatter KowALrEvsky nicht sicher ge- lungen ist. Diese einheitliche Bildung teilt sich in fiinf Abschnitte. Der vorderste wird zum Cyathozooid, welches weiterhin sowie der Dotter eine Riickbildung erfahrt, bevor es die ausgebildete Tuni- katenform erreicht hat. Die vier hinteren Abschnitte bilden sich zu vollkommenen Pyrosomen aus und stellen die vier ersten In- dividuen dar, aus welchen durch weitere Knospung der Stock her- vorgeht (Fig. 27, Taf. XXXII). Im Kloakenraum der alten Tiere gréferer Sticke findet man das in Riickbildung begriffene Cyathozooid von der jungen Kolonie von 4 Ascidiozooiden umgeben. Die primaren Leibeshéhlen der vier Individuen stehen noch untereinander in Verbindung, und ebenso kommunizieren die Kiemendarmhéhlen, indem ein Ento- dermrohr das hintere ventrale Ende der proximalen (dem Cyatho- zooid naher liegenden) Tiere mit dem dorsalen, dicht hinter dem Ganglion gelegenen der distalen in Verbindung setzt. In den 1) Huxtry, ,,On the Anatomy and Development of Pyrosoma*‘ Trans. Linn. Soc. of London, Vol. XXIII. 2) Kowatxvsxy, ,,Uber die Entwickelungsgeschichte der Pyro- soma‘, Arch. f. mikr. Anat., Bd. XI, 1875, 596 Oswald Seeliger, vorgeriickteren Stadien, welche nahe daran sind, das Muttertier zu verlassen, findet man bereits die Anlage des Stolo prolifer. Obwohl ich solche Stadien im Laufe des Monats April in Villafranca zahlreich aus alteren Stécken herauspraparierte, fand ich dennoch im pelagischen Auftrieb niemals die jiingsten bereits freigewordenen Kolonien von vier Individuen. Ich mufte mich daher damit begniigen, die Knospenbildung an Aalteren Kolonien zu untersuchen, und konservierte zu diesem Zwecke in Chromsiure und Alkohol absolut. hauptsaichlich Pyrosoma atlanticum, die sich an einigen Tagen ziemlich zahlreich an der Oberflaiche fanden. Pyrosoma gigas und elegans weisen, soviel ich beurteilen kann, die ganz gleichen Verhaltnisse auf. Spiter wurde mir das Material des Konigsberger Museums zur Verfiigung gestellt, und ich fand eine Anzahl von kleinen Ko- lonien, welche von Prof. Coun und Branpt in groferen Tiefen bei Neapel gefischt worden waren. An diesen konnte ich das erste Auftreten der ungeschlechtlichen Vermehrung und die Art und Weise der Stockbildung verfolgen und daher die Liicke aus- fiillen, die mir mein Material gelassen. Ich finde somit Caun’s ') Vermutung bestitigt, daf’ die jungen Kolonien von 4 Individuen nach dem Verlassen der Kloake des Muttertieres in die Tiefe sinken und dort mit der ungeschlechtlichen Vermehrung beginnen. Die alteren, aus zahlreicheren Individuen zusammengesetzten Stécke steigen allmahlich in hoéhere Wasserschichten empor. Freilich darf das nicht buchstablich so genommen werden, als ob aus- nahmslos in tieferen Schichten jiingere Stécke sich finden, son- dern es gilt dies nur im Allgemeinen. So wurde, um nur Eines zu erwaihnen, die junge, in Fig. 27, Taf. XXXII abgebildete Kolonie, welche den Beginn der Knospung zeigt, am 10./1. 87 in einer Tiefe von 300 Metern bei Capri gefischt, wahrend altere Stadien, auf welchen sich der Stolo eines jeden Ascidiozooids bereits in 3 Individuen zerfallen zeigt, gelegentlich in 800 oder gar 1300 Meter Tiefe gefunden wurden. In der nachfolgenden Darstellung meiner Beobachtungen will ich in der Weise verfahren, daf ich zuerst die Verhaltnisse schil- dere, wie sie bei der Knospung 4lterer Sticke anzutreffen sind, weil ich diese Frage bei reichlichem Materiale eingehend erdértern 1) Cun, ,,Die pelagische Tierwelt in gréfseren Meerestiefen und ihre Beziehungen zu der Oberflichenfauna.“ Bibliotheca zoologica Heft 1, 1888, p. 42. | Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 597 konnte. Sodann werde ich die Vorginge der ersten Knospung der vier ersten Ascidiozooide und das Wachstum der Kolonie selbst kurz beschreiben. Die Beschreibung der Knospung gebe ich in zwei Abschnitten, in deren erstem die Bildung des Stolo prolifer auseinandergesetzt ist, wahrend der zweite die Umbildung der einzelnen Stolosegmente zu Pyrosomen behandelt. Die Resultate meiner Untersuchung geben Veranlassung zu einer Anzahl Schliisse und Vergleichungen, welche ich teilweise bereits friiher veréffentlicht habe*), zum Teil noch zuriickhalten will, um sie mit den Ergebnissen, die ich iiber die ungeschlechtliche Vermehrung der Bryozoen gewonnen habe, im Zusammenhange demnichst vorbringen zu kénnen. Nur einige der unmittelbar sich aufdrangenden Erérterungen méchte ich hier schon zur Sprache bringen. I. Die Bildung des Stolo prolifer. les Untersucht man das hintere ventrale Ende einer jungen Pyrosoma aus elnem iilteren Stocke (Fig. 1, Individuum III; Fig. 2, Ind. IV), so findet man die Teile, welche sich am Aufbau der Knospen be- teiligen, deutlich gesondert. Es sind Derivate aller drei Keim- blatter des Mutterindividuums, welche in die Knospengeneration iibergehen. Erstlich das Ektoderm, welches an der betreffenden Stelle, an welcher spiter der Stolo sich hervorstiilpt (a in Fig. 1 u. 2), aus kleinen nahezu kubischen Zellen besteht, welche allseitig in die Plattenzellen des Hautepithels des Muttertieres tibergehen. Der Formunterschied dieser Zellen tritt spiter immer schirfer hervor. Zweitens nimmt das Entoderm des Muttertieres am Aufbau der Knospengeneration teil. In den eben angezogenen Abbildungen erkennt man, wie der Kiemendarm am hinteren Ende des Endo- styls sich in eine Réhre (d) auszieht, welche ventral vom Herzen verlauft und dicht bis an das ektodermale Hautepithel heranreicht. Ich will hier gleich bemerken, was durch die nachfolgende Be- schreibung spiater noch erhéhte Bedeutung gewinnen wird, dal dieses Entodermrohr oder Endostylfortsatz aus dem Verbindungs- 1) ,,Die Entstehung des Generationswechsels der Salpen“, Je- naische Zeitschr. f. Naturw., Bd. XXII N. F, XV. Bad, XXIII, N, F, XVI, 39 598 Oswald Seeligerx, gang hervorgeht, durch welchen die Darmlumina der einzelnen Individuen der jungen Kette mit einander kommunizierten, bevor die Sonderung eine vollstaéndige geworden war. In den Abbil- dungen wird man diese Stelle in den jiingeren Kettentieren un- schwer auffinden. Bei der Betrachtung von Querschnitten erhalt man leicht ein klares Bild tiber die histologischen Verhiltnisse dieses Entoderm- rohres. Auf Taf. XXXIV, Fig. 34—36, findet man drei Querschnitte durch die betreffende Stelle abgebildet. Der Endostylfortsatz er- weist sich in dorso-ventraler Richtung ziemlich stark komprimiert, sein Lumen gegen das distale Ende zu verjiingt. Wahrend im proximalen Abschnitt, dicht beim Endostyl, die seitlichen Zellen nur wenig hoher sind als die der medianen Wandungen, tritt im distalen der Unterschied immer schirfer hervor, indem daselbst die ventralen und dorsalen bei weitem kleiner und platter sind als die seitlichen, welche zylindrisch bleiben. Ubrigens finden sich unbedeutende histologische Unterschiede dieser Entodermregion bei verschiedenen Pyrosomen, wie denn auch die Form des Lumens auf dem Durchschnitte variiert und die schlitzformige Gestalt bald mehr, bald minder scharf ausgeprigt erscheint. Der dritte Bestandteil, welcher bei der Knospenbildung vom Muttertiere aus zur Verwendung gelangt, ist das Mesoderm. Schon bei schwacher Vergréferung erkennt man dorsal yom oben beschriebenen Entodermfortsatz einen in der Medianebene des Tieres liegenden Zellhaufen (ms, Fig. 1 u. 2). Bei starkerer Ver- groéferung (Fig. 3) zeigt sich derselbe aus ziemlich gleichartigen Zellen zusammengesetzt. Die Kerne sind grof, und haufig sieht man sie in Teilung begriffen. Oft kann man schon auf friihzei- tigem Stadium einzelne Zellen mit grofiem, blischenformigem Kern deutlich unterscheiden (Fig. 4), welche Eizellen darstellen. Die mesodermale Zellgruppe liegt im Elaoblast eingebettet, mit dem breiteren Basalteil, wie die Abbildungen auf Taf. XXX zeigen, dem verdickten Ektodermepithel genahert. Ich bezeichne sie als Keim - strang oder mesodermale Keimmasse. Kine genaue Einsicht tiber die Lage und den Bau dieses Keimstranges erhalt man erst auf Querschnitten, die senkrecht zum Endostyl gefiihrt worden sind. In Fig. 38 u. 39, die der nimlichen Serie angehéren, finden wir in den indifferenten Zellen die Eizelle eingebettet, welche durch den grofen, bliischenformigen Kern als solche zu erkennen ist und in der That, wie die weitere Entwicklung lehrt, zum Ei der zuerst aus dem distalen Stoloende Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 599 sich bildenden Knospe wird. Auch in Fig. 41 ist das Ei zu sehen, und gelegentlich finden sich innerhalb des Keimstranges mehrere eiiithnliche Zellen yor (Fig. 43). In solchen Fallen diirften aber nicht alle Zellen mit keimblaischenartigem Kern die Entwicklung bis zu befruchtungsfahigen Eiern vollenden, sondern ein Teil der- selben mul der Riickbildung verfallen, da ja eine jede Knospe nur ein Ei zur Ausbildung bringt. Von solchen Stadien werden wohl die abnormalen, aber haufig auftretenden Faille, herzuleiten sein, in welchen in fast ganz vollkommen ausgebildeten, jungen Tieren neben dem eigentlichen Ei noch eine zweite EKizelle an- zutreffen ist. Dieselben werden weiter unten noch besprochen werden. Aufer dieser ziemlich kompakten Mesodermgruppe finden sich in der primiren Leibeshéhle zwischen dem Elaoblast und dem Entodermfortsatz, diesem dicht anliegend, eine Anzahl von Mesen- chymzellen. Man sieht dieselben auf den Querschnitten Fig. 34—38. Diese Zellen entstammen, wie sich spaiter ergeben wird, der nam- lichen Anlage wie die eben beschriebene Keimmasse. Kinige Mesenchymzellen bilden an jeder Seite des Entoderm- fortsatzes schon in jiingeren Knospen einen Zellstrang (mz,), der auf dem Querschnitt gewohnlich ein bis drei Zellen zeigt. Auf geeigneten Lingsschnitten (Fig. 81) sieht man, daf dieser Zell- strang auf der rechten Seite proximal zu bis dicht an das Peri- kardium heranreicht; distal zu verbreitert er sich und geht in die mesodermale Zellgruppe iiber, welche inzwischen bis hierher gertickt ist. — Gelegentlich kénnen auch ganz alte Tiere sich zur nochmaligen Knospenbildung anschicken. In Fig. 7 ist die Knospungsregion eines solchen Individuums gezeichnet, welches auf einem jiingeren Stadium bereits einmal an der niimlichen Stelle einen Stolo pro- lifer getrieben hatte. Zwischen dem verdickten Ektoderm und Endostylfortsatz liegt eine mesodermale Zellgruppe eingeschoben, in welcher einzelne Eizellen zu erkennen sind. Untersucht man den Endostylfortsatz auf Querschnitten, so findet man zu seinen beiden Seiten aber nur am distalen Ende jederseits einen kurzen Zellstrang, welcher mit jener mesodermalen Zellgruppe zusammen- hingt. Somit ist die Ahnlichkeit dieser Knospenanlage mit der in jiingeren Tieren eine vollkommene. Die einzelnen Teile ent- stammen den proximalen Enden der gleichen Gebilde, die von der ersten Knospenanlage her am Endostylfortsatze liegen geblieben und nicht in die Bildung des ersten Stolo tibergegangen waren, 39* 600 Oswald Seeliger, Dies gilt bestimmt fiir Ektoderm, Entoderm und die grofe meso- dermale Zellgruppe; ob aber die beiden kurzen, seitlichen Striinge von den proximalen Enden der friiheren Peribranchialréhren oder von jener mesodermalen Zellmasse sich neuerdings ausgebildet haben, vermochte ich nicht mit Sicherheit zu entscheiden, obwohl mir das erstere fiir mehr als wahrscheinlich gilt. 2 Das folgende Stadium der Bildung des Stolo prolifer findet man in etwas ilteren Tieren, im Aufersten, distalen Individuum einer Kette, die sich bereits aus fiinf Knospen zusammensetzt (Fig. 5). In Fig. 6 ist die Knospungsregion bei starkerer Ver- gréfkerung abgebildet. Das verdickte Ektoderm ist buckelférmig vorgebuchtet, und in die so geschaffene Erweiterung der primiren Leibeshéhle ist die zusammenhingende Keimmasse bis zum Ento- dermfortsatz und bis vor denselben gewandert. Ein Langsschnitt durch dieses Stadium, der in Fig. 46, Taf. XXXIV abgebildet ist, zeigt innerhalb der Mesodermzellen die spitere Kizelle der altesten Knospe. An der inneren, der Leibeshéhle zugekehrten Seite haben sich die Mesodermzellen epithelartig angeordnet und erscheinen manchmal in unvollkommen gelungenen Schnitten von den andern weit abgehoben. Fiihrt man durch solche Stadien Querschnitte, so erhailt man Bilder, wie sie in den Figuren 41, 43 u. 44 gezeichnet sind. Wichtig sind die Veranderungen, die im Mesoderm vorgegangen sind, denn man findet jetzt zu jeder Seite des Entodermfortsatzes noch innerhalb des Muttertieres eine Réhre: die Peribranchial- réhre (0). Auf diesem Stadium begleiten die beiden Peribranchial- réhren den Entodermfortsatz auf einem guten Stiick seiner Liinge. Die rechte setzt sich nach vorn, gegen den Endostyl des Mutter- tieres zu, in jenen mesodermalen Zellstrang fort, dessen Bildung oben beschrieben wurde und der sich an das Perikardium dicht anlegt, so dafi der Schein erweckt werden kann, als ob die Peri- branchialréhre eine Ausstiilpung desselben sei. In Fig. 41 sieht man, wie Entodermrohr und Mesoderm der zukiinftigen Knospe allseitig vom Elioblast umschlossen in der primaren Leibeshéhle liegen. Die namlichen Verhiiltnisse findet man in Fig. 43, in welcher, wie bereits erwihnt wurde, im meso- dermalen Keimstrang mehrere Eizellen zu erkennen sind. Die beiden Peribranchialréhren entstammen dem Mesoderm. Inwieweit aber die friihzeitig sich loslisenden Mesenchymzellen, Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 601 die am Entodermfortsatze liegen und dort die beiden kurzen Strange bilden (vergl. Fig. 34—37 mz,), oder die am dufersten Ende des Entodermrohres gelegenen Zellen der Keimmasse durch Wuchern nach vorn zu zur Bildung der Peribranchialréhren bei- tragen, lat sich kaum scharf auseinander halten. Wenn man jedoch bedenkt, daf — wie aus Fig. 5 und den folgenden hervor- geht — der Keimstrang in kontinuierlicher Schicht sich zwischen das Ektoderm einerseits und den Endostylfortsatz und die beiden Mesenchymstrange andrerseits einschiebt und mit den auBersten distalen Enden dieser letzteren verbindet, so scheint die zweite Bildungsart von grofer Bedeutung zu sein. Zu einer gleichen Beurteilung der Verhaltnisse berechtigen auch Schnitte wie der in Fig. 44 abgebildete, der nahe dem dufersten Ende des Entodermfortsatzes gefiihrt wurde. — In ganz alten Tieren liegen die Verhiltnisse bei der Neu- knospung ganz ahnlich, wie der Langsschnitt in Fig. 47 B be- weist. Die Schnittrichtung ist zufallig eine derartige, daf erst in einem der folgenden Schnitte, Fig. 47 A, die zum Mesoderm ge- hérende Eizelle getroffen erscheint. 3. Im weiteren Verlaufe der Entwicklung erhebt sich die buckel- formige Hervorragung der Stoloanlage immer mehr zu einem zapfenartig hervorspringendem Gebilde (Fig. 8—12), Die Ektodermzellen dieser ganzen Partie sind yon den benachbarten Plattenzellen sehr verschieden. Sie sind kubisch und prismatisch, wie sich dies am deutlichsten auf Langsschnitten (Fig. 48) zeigt. Das Entodermrohr, das sich deutlich in den Endostyl fortsetzt, besitzt ein Lumen von fast kreuzfoérmigem Querschnitt (Fig. 49 u. 50), so dafi man an ihm vier Wande unterscheiden kann, die ich nach Analogie bei Salpen als himal, neural und lateral bezeichnen will. Alle erscheinen gegen das Lumen zu stark konvex gekriimmt. Auf diese Weise lassen sich in der primaren Leibeshéhle des jungen Stolo, der Stolohéhle, vier jedoch nur ganz unyollkommen gesonderte Raume unterscheiden, welche eben jenen Wanden entsprechen. Die die Stolohéhle erfiillenden Mesodermmassen des Keim- stranges haben wichtige Veriinderungen durchgemacht. In Fig. 9 sieht man die Keimmasse so weit vorgeschoben, da sich ein Teil bereits vor dem Entodermrohr befindet. In Fig. 10 liegt iiber 602 Oswald Seeliger, der oberen, vorhin als neural bezeichneten Wand des Entoderms mesodermales Keimmaterial, in welchem sich bereits ein feiner Spaltraum zeigt und das distal mit dem hamalen Teil des Keim- stranges breit verbunden ist. Diese verbindende Mesodermmasse umgiebt kappenférmig das auferste Ende des Entodermrohrs. Auf dem folgenden Stadium hat das neurale Mesoderm im Stolo die Gestalt einer Réhre angenommen (Fig. 11), welche ich als primares Nervenrohr bezeichnen will, und es besteht dann zwischen diesem und dem hamalen Mesoderm kein Zusammenhang mehr. In Fig. 12 endlich, in welcher sich der gesamte Stolo bereits umfangreicher zeigt, sind die distalen Enden des neuralen und haimalen Meso- dermstranges, des Nervenrohres und des Geschlechtsstranges, ziem- lich weit von einander entfernt, und es liegt dort ein verhaltnis- mafig umfangreicher Abschnitt der Stolohéhle, in welchem nur einzelne Mesenchymzellen angetroffen werden. Aus den Abbil- dungen auf Taf. XXXI erkennt man, daf der himale Strang beim jungen Stolo fast noch bis an das distale Ende heranreicht, bis wohin das Entoderm sich nicht mehr erstreckt (Fig. 12). Einen vollstandigen Einblick in den Bau solcher Entwicklungs- stadien gewinnt man erst auf Querschnitten, auf denen man an jeder der vier Wande des Entodermrohres einen gesonderten Ab- schnitt des Mesoderms erkennen kann. Zunichst die beiden Peribranchialréhren. Man sieht sie auf allen Figuren 49—55 als einschichtig, aus kubischen oder prismatischen Zellen zusammengesetzt, die ein deutliches, in seit- licher Richtung komprimiertes Lumen begrenzen. Sie begleiten das Entodermrohr in seiner ganzen Lange und endigen wie dieses in einiger Entfernung vom distalen Teil der ektodermalen Leibes- wand. An der hamalen Wand des Entoderms verlauft der Ge- schlechtsstrang, dessen Lage also der des urspriinglichen Keimstranges entspricht. In Fig. 53 zeigt ein Querschnitt die Kizelle, die spater in der altesten, distalen Knospe zur Reife ge- Jangt, umgeben von einem einschichtigen Follikelepithel, welches fraglos hervorgegangen ist aus den die in Ausbildung begriffene Kizelle umgebenden peripheren Zellen des Geschlechtsstranges, die man in Fig. 39 u. 41 bereits sah. Ich kann daher Fou') nicht beistimmen, der den Follikel der Pyrosomeneier aus der Eizelle 1) H. Fot, ,,Sur Yoeuf et ses enveloppes chez les Tuniciers.“ Recueil zoolog. Suisse. T. I, Nr. 1, 1883, Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 603 selbst entstehen lat. Wie wir gesehen haben, ist die Anlage des gesamten Geschlechtsstranges und in letzter Instanz des gesamten Mesoderms der Knospen von allem Anfange an eine mehrzellige. Die Zellen sind in reger Teilung begriffen; eine zentrale wird zum Ki, eine Anzahl peripherer zu Follikelzellen. Es vyollziehen sich somit auch hier bei der Eibildung der Pyrosomen die namlichen Vorginge wie bei andern Tunikaten. Uberall erscheinen Eizelle und Follikelzellen als urspriinglich gleich- wertige Elemente nebeneinander, die dann spiater eine verschiedene Differenzierung erfahren. Von einer Teilung der bereits histo- logisch charakterisierten Eizelle vor Ausstofung der Polzellen habe ich nichts bemerken kénnen. Es ist bekannt, da auch beziiglich der verschiedenen das Insektenei zusammensetzenden Elemente ahnliche kontroverse Auffassungen herrschten wie bei Tunikaten, die aber durch die neueren Untersuchungen bereits in gleichem Sinne entschieden oder doch wenigstens einer endgiiltigen Ent- scheidung nahe gebracht sind. Aus den Abbildungen auf Taf. XXXI ersieht man, daf der Ge- schlechtsstrang nicht nur die Stolohdhle erfiillt, sondern sich, in- dem er dem Ektoderm dicht anliegt, eine Strecke weit in das Muttertier hineinzieht entsprechend der urspriinglichen Lage des indifferenten Keimstranges. Von da aus erfolgt seine Regeneration, wenn der Stolo sich weiterhin streckt und neue Segmente unmittel- bar am Muttertiere gebildet werden. In Fig. 52, einem Schnitt, der etwas weiter distal zu gefiihrt wurde als Fig. 53, sieht man, daf vom Geschlechtsstrang sich Zellen loslésen und zu freien Mesenchymzellen der pri- miiren Leibeshéhle werden. Schon auf einem friiheren Stadium haben sich, wie ich oben erwahnte, von dem Keimstrange solche Zellen losgelést. Man sieht sie zum Teil in epithelartiger Anord- nung dem ektodermalen Hautepithel dicht angelagert (Fig. 52, 53), wo sie dann spater den Elaoblast und andere Organe der Pyro- some zu bilden bestimmt sind. In Fig. 51 ist das Mesenchym sehr umfangreich ausgebildet und verlauft von der kolossalen Ei- zelle an zu beiden Seiten neuralwiirts. Zwischen diesen dem Keimstrang und dem Geschlechtsstrang des Stolo entstammenden Zellen liegen einzelne, von diesen kaum zu unterscheidende, welche mit der Blutfliissigkeit vom Muttertiere aus in die Stolohéhle iibergefiihrt wurden. Diese wenigen Zellen werden spiter, wenn der segmentale Zerfall des Stolo yollstindig geworden ist, zu Blutkérperchen desjenigen Tieres, in welchem sie 604 Oswald Seeliger, sich gerade befanden, als die Blutzirkulation von der Mutter aus aufhérte. Das fiinfte Gebilde, welches vom Keimstrang aus entsteht, ist das neural verlaufende Nervenrohr. In Fig. 48 ist es im Langsschnitt, in den Figuren 51 u. 52 im Querschnitt getroffen. An der Stelle, an welcher spater der Stolo durch eine Einschnii- rung in zwei Knospen sich sondert, ist das primare Nervenrobr verdickt und mehrschichtig (Fig. 53). Hier entstehen spater durch seitliche Ausstiilpungen die beiden seitlichen Nervenréhren, welche das Entodermrohr umgreifen (Fig. 49 u. 50). Vergleicht man die Entwicklungsweise des Stolo von Pyrosoma mit der bei Salpen, so zeigt sich bis zu diesem Stadium eine voll- standige Ubereinstimmung. Wenn man die Querschnitte Fig. 51—53 mit denen eines entsprechenden Salpenstolo zusammenhalt, so fallt als der einzige Unterschied in die Augen, dafi bei jenen im Ge- schlechtsstrang immer nur eine, allerdings sehr grofie Eizelle getroffen erscheint, wahrend der letztere eine grofe Zahl zum Teil in Riickbildung begriffener Eier zeigt. Ektoderm und Entoderm des Stolo entstehen in gleicher Weise aus den namlichen Schichten des Muttertieres; ebenso bilden sich die beiden Peribranchial- rohren, Geschlechtsstrang und primares Nervenrohr aus einer in die Stolohéhle hineinriickenden Mesenchymmasse des Muttertieres, dem Keimstrang. Ich habe in einer friiheren Untersuchung!) ausfiihrlich be- schrieben wie bei gewissen Salpenembryonen die Knospenanlage als eine linksseitige, buckelformige Erhebung der drei Keimschichten auftritt. Bei den Pyrosomen erhebt sich der junge Stolozapfen genau in der Medianebene. Es erklart sich aber die asymme- trische Lagerung bei den Salpen aus dem Vorhandensein der michtigen Placenta, welche den gréften Teil der Ventralseite des jungen Embryos begrenzt und die Entwicklung eines medianen Organes unmdéglich macht. Das Entodermrohr des Stolo stellt sich in beiden Fallen als eine unmittelbare Fortsetzung des Endostyls dar, nimmt also in der Medianebene des Muttertieres seinen Ursprung. Fiir die Pyrosomen, bei denen der Endostyl die gesamte Lange des Kie- 1) ,,Die Knospung der Salpen“, Jenaische Zeitschr. f. Naturw., Bd. XIX. Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 605 mendarmes durchzieht, habe ich das oben genau beschrieben und betont, daf der Entodermfortsatz ventral vom Herzen an der auferen Perikardialwand verlauft und demnach zum Verschlusse der Herz- spalte nicht beitragt. Anders scheinen allerdings die Verhiltnisse in der Embryonalentwickelung des Cyathozooids zu liegen. Bei den Salpen, bei denen der Endostyl nur iiber eine mehr oder minder weite Strecke des ventralen Kiemendarmes verlauft, z. B. bei Salpa democratica, gestaltet sich der Zusammenhang des Entodermrohres des Stolo mit der Kiemendarmhéhle des Mutter- tieres etwas abweichend. Der Endostyl des jungen Embryos zieht _ sich nach hinten zu in eine ventral von der Wand des Kiemen- darmes verlaufende Réhre aus, deren blindgeschlossenes Hinter- ende aus der Medianebene nach links abweicht, um das Ento- dermrohr des Stolo zu bilden. Dieser Endostylfortsatz verlauft an der linken Seite des Herzens, welch letzteres aus der Median- ebene heraus nach rechts geriickt erscheint. Der weite dorsale Spalt der Herzhéhle, durch welchen diese mit der primaren Leibes- hohle in Verbindung steht, ist in diesen Stadien noch unver- schlossen und vom Endostylfortsatz betrachtlich entfernt. Wenn bei dem folgenden Gréfenwachstum des Embryos die Entfernung zwischen dem hinteren Endostylende und der Stolowurzel zuge- nommen hat, sind auch in dem Entodermfortsatz, der Endostyl der Amme und Entodermrohr des Stolo in Verbindung setzt, Ver- anderungen vor sich gegangen. Der vorderste, in den Endostyl iibergehende Abschnitt zeigt unmittelbar an diesem noch dessen verschiedene Zellformen mit Ausnahme natiirlich der beiderseits dorsal die Verbindung zwischen Kiemendarm und Endostylbasis vermittelnden Streifen. Es aft sich kaum etwas dagegen ein- wenden, wenn man diesen Teil des Entodermfortsatzes geradezu nach dem Endostyl zurechnet. Durch diese Region hat wohl LeuckKart‘!) Querschnitte erhalten, und fiir sie ist es auch ganz richtig, was allerdings fiir den gesamten Vorderabschnitt nicht stimmt, dafi namlich der Endostyl ein besonderes, ventral vom Kiemendarm verlaufendes Rohr darstelle. Nach hinten zu verschwindet sehr rasch die Verschiedenheit der Zellformen im Endostylfortsatze, und man findet gleichartige, fast kubische Zellen ein auf dem Querschnitt nahezu kreisformiges Lumen umgrenzend. Weiter nach hinten zu schwindet das Lumen, 1) R. Levcxarr, ,,Zoologische Untersuchungen, II. Heft, Salpen und Verwandte“. Giefsen 1854, 606 Oswald Seeliger, der Entodermfortsatz wird zu einem Zellstrang, der an einer Stelle sogar nur aus einer geldrollenartig angeordneten Zellreihe be- steht. Noch weiter nach hinten zu erscheint aber neuerdings das Lumen, um sich zu erweitern und in das Entodermrohr des Stolo iiberzugehen. Der Entodermfortsatz wird von zwei Blut- bahnen begleitet. Die eine kleinere verlauft dorsal, zwischen ihm und der ventralen Wand des Kiemendarmes; die andere gré8ere liegt ventral, zwischen ihm und dem ektodermalen Hautepithel, das hier sich bereits geschlossen hat, nachdem die Placenta gegen- itiber dem Embryo selbst zu einer unbedeutenden Masse geschwun- den erscheint. Uber die vollstandige Gleichwertigkeit der ektodermalen Hervorbuchtung, welche sowohl bei Salpen als Pyrosomen das Ektoderm des Stolo und den auferen Cellulosemantel und nur diese Gebilde allem aus sich hervorgehen aft, habe ich es nicht erst notig, mich auszusprechen. Beziiglich der ersten Mesodermanlage herrscht ebenfalls bei der ungeschlechtlichen Vermehrung der Salpen und Pyrosomen in allen wesentlichen Stiicken Ubereinstimmung. Bei den Salpen zeigen die in die Stolohéhle tibertretenden Mesenchymzellen der Solitarform eine durchaus gleichartige Beschatfenheit. Sie sind mafig grof, besitzen einen deutlichen Kern und zeichnen sich durch améboide Beweglichkeit aus. Toparo') glaubt, da’ bei Salpa pinnata nur eine Mesenchymzelle vom Embryo aus in die Stolohéhle hiniibertrete, um sich da rasch zu vermehren und’ diese sehr bald zu erfiillen. Diese Mesodermmassen gliedern sich, wie ich oben schon erwahnt habe, in die gleichen Strange und Rohren mit dazwischen liegenden freien Mesenchymzellen wie bei Pyro- somen Der Unterschied besteht nur darin, da, wenigstens in den von mir beobachteten Fallen, bei den letzteren bereits in- nerhalb der Mesodermgruppe des Muttertieres, die sich dazu an- schickt in den Stolo iiberzutreten, zum mindesten die Eizelle der zuerst auftretenden Knospe sich differenziert zeigt, wahrend dies bei den Salpen erst spiter erfolgt. Ubrigens scheinen bei diesen selbst beziiglich der Zeit des ersten Auftretens der Kier Verschie- denheiten obzuwalten. Solche Verschiedenheiten werden wir im letzten Kapitel dieser Abhandlung auch fiir Pyrosomen kennen lernen und zwar bei ein und derselben Art, je nachdem die Knospung in jungen oder alten Stécken erfolgt; und ich will hier 1) Topano, ,,Sopra lo svilluppo el’anatomia delle Salpe“, Roma 1875. Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 607 schon erwahnen, dafi in den vier ersten Ascidiozooiden des Stockes das Mesoderm sich ganz ahnlich wie bei Salpen verhalt, indem sich noch keine deutlichen Eizellen nachweisen lassen. Wie die Knospung bei den Dolioliden, welche anatomisch und auch phylogenetisch zwischen Pyrosomen und Salpen stehen, vor sich geht, werden weitere Untersuchungen klarzulegen haben. Ich halte es trotz der unter sich tibrigens abweichenden Angaben von GROBBEN ‘) und ULIAnIn?), denen zufolge die Knospung am rosettenformigen Organ des Doliolum in einer von Salpen und Pyrosomen verschiedenen Weise stattfinden soll, dennoch nicht fiir unwahrscheinlich, dafi die Anlage nach demselben Bildungs- typus erfolgt. Bei der Kleinheit des jungen Keimstockes ist hier eine Tauschung sehr leicht méglich. Nach Gropsen besteht die Anlage der Knospen am rosetten- formigen Organe aus neun Teilen: dem Ektoderm, zwei paarigen entodermalen Ausstiilpungen des Kiemendarmes, zwei Ausstiilpun- gen des Kloakenraumes, zwei Geschlechtslappen, einem unpaaren Mesodermstrang und aus der unpaarigen Nervenanlage. Uniantn konnte nur sechs Teile erkennen. Er _ beschreibt aufer dem Ektoderm ebenfalls zwei paarige Pharyngeal- und zwei Kloakalausstiilpungen, ferner einen unpaaren Mesodermhaufen. Diese Gebilde sollen sich aber weiterhin zum Teil zu andern Or- ganen der Knospen umwandeln als die sind, aus welchen sie im Muttertiere entstammten. Bemerkenswert ist die Angabe, daf die Entodermfortsatze zu den beiden Seiten des Herzens des Em- bryos resp. der Larve auftreten, dieses also zwischen sich ein- schlieBen. Was die Knospungsvorginge im Ascidienstamme anbe- langt, so habe ich schon bei friiherer Gelegenheit *) darauf hinge- wiesen, daf die verschiedenen Formen, unter welchen sie sich vollziehen, nur als Modifikationen eines urspriinglich gleichen Prozesses aufzufassen seien. Die Stelle, an welcher im Muttertiere die zur ungeschlechtlichen Vermehrung bestimmten Organe ihren Ursprung nehmen, ist iiberall die gleiche. Es sind Teilstiicke 1) GrosseEn, ,,Doliolum und sein Generationswechsel“. Arb. aus dem zool. Institut der Universitat Wien, T. IV, 1882, p. 70. 2) Urranin, ,,Die Arten der Gattung Doliolum im Golfe von Neapel“, Fauna und Flora des Golfes von Neapel, X. Monographie, Leipzig 1884. 3) ,Die Entwicklungsgeschichte der socialen Ascidien“, Jen, Zeitschr. fiir Naturw., Bd. XVIII, 1885. 608 Oswald Seeliger, aller drei Keimblatter, welche urspriinglich wohl tberall am hin- teren Ende des Endostyls in die Knospe tibertreten. Freilich er- scheint oft, namentlich bei den sozialen Ascidien, der Ort, an welchem die Knospe sich bildet, betrichtlich weit verschoben in die Enden der verzweigten Stolonen hinein. Aber auch in diesem Fall lagt sich das Entoderm als eine Ausstiilpung des hinteren Kiemendarmes am Hinterende des Endostyls nachweisen, deren Wandungen sich weiter distal zu dicht aneinanderlegen, um die entodermale Scheidewand in den Stolonen zu bilden. Dort, wo dann an diesen die Knospen sich bilden, verwandelt sich das entodermale Plattenepithel wiederum in ein kubisches und zylin- drisches und geht dann weiterhin die mannigfachsten histologischen Umbildungen ein. Denn es bildet Kiemendarm, Verdauungstraktus, darmumspinnende Driise und die Wande der Peribranchialraume. Somit besteht zweifellos in Bezug auf die Bildung der Ascidie aus der dreiblitterigen Knospenanlage ein wesentlicher Gegensatz zu Salpen und Pyrosomen, bei welchen das Entodermrohr des Stolo nur den Darmtraktus der Knospentiere mit seinen Anhangen hervorgehen lift, wiahrend die Peribranchialwinde aus dem mitt- leren Blatte entstehen. Aber auch abgesehen von dieser bedeu- tenderen Umbildungsfihigkeit des inneren Blattes der Knospen- anlage der Ascidien scheint noch ein zweiter Unterschied beziiglich der Lage des Entodermfortsatzes vorhanden zu sein. Bei den so- zialen Ascidien erscheint derselbe friihzeitig im Embryo zwischen dem Herzen und dem Darmtraktus, also dorsal von ersterem. Er spielt bei der Entstehung des Pulsationsorganes eine wichtige Rolle und verschlie8t den medianen, dorsalen Spalt der Herzhéhle. Van Br- NEDEN und Junin‘) haben ihn ,,Epicardium“ genannt. Ob aber wirklich bei allen Ascidien der in die Knospen tibergehende Ento- dermfortsatz gleiche Lage und Beziehung zum Herzen hat, ist noch keineswegs sicher gestellt. Wichtig und vielleicht am deut- lichsten zu erkennen ware es, wenn man daraufhin die frihzeitige Knospung von Didemnium, bei welchem Kowatrysky ”) die kleinen, dreiblatterigen, in Teilung begriffenen Knospenanlagen bereits vom Muttertiere gelist im Cellulosemantel vorfand, untersuchte oder auch die ungeschlechtliche Vermehrung der freischwimmenden 1) Van Benepen et Cu. Junin, ,,Recherches sur la Morphologie des Tuniciers“, Gand 1886. 2) Kowatevsky, ,,Uber die Knospung der Ascidien“, Arch, f. mikr, Anat., Bd. X, 1874. Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 609 Distaplialarven, deren erstes Auftreten Denna VALLE!) beob- achtete, ohne allerdings irgend welcher LBeziehungen der Ento- dermfortsitze zum Herzen Erwithnung zu thun. Ebenso fraglich scheint es mir, ob eine solche Beziehung bei der von GrArp *) als ,,palleal* bezeichneten Knospungsart der Botrylliden sich wird feststellen lassen, bei welcher, wie zuerst die Untersuchungen yon Kroun *) und Merscunikorr‘’) dargethan haben, die Knospen mehr oder minder seitlich, aber stets an der ventralen Fliache sich erheben. Wie bei den andern Tunikaten erscheint auch bei den Asci- dien das Mesoderm in Form einer Mesenchymzellmasse zwischen den beiden primiren Blaittern in der Stolohéhle. Gewoéhnlich, wie bei den sozialen Ascidien, zeigen diese Mesenchymzellen noch einen ganz indifferenten Charakter und gleichen den Bindegewebs- zellen und Blutzellen des Muttertieres vollstindig. Man kann geradezu beobachten, wie sie oft durch den Blutstrom der Mutter in die Stolonen hineingefiihrt werden. In anderen Fallen, wie bei Didemnium styliferum, lassen sich bereits in der ersten Knospen- anlage Eizellen im mittleren Blatte deutlich unterscheiden. Wir finden also innerhalb der Gruppe der Ascidien beziiglich der Zeit des Auftretens der weiblichen Geschlechtszellen ganz ahnliche Ver- schiedenheiten wie bei Pyrosomen und Salpen. Was die weiteren Schicksale des Mesenchyms im Stolo der Ascidien anbelangt, so sind nicht unerhebliche Verschiedenheiten gegeniiber den vorhin beschriebenen Vorgaingen bei Pyrosomen zu bemerken. Die wichtigste ist die bereits erwahnte geringere Be- teiligung dieses Blattes bei Ascidien am weiteren Aufbau der fer- tigen Form, indem die beiden Peribranchialwinde vom Entoderm geliefert werden. Ob nicht auch das Nervenrohr yon diesem aus sich bildet, ist nicht geniigend festgestellt. KOoWALEVSKY hat zwar 1) Detia Vatie, ,,Nuove contribuzioni alla Storia naturale delle Ascidie composte del Golfo di Napoli“. Atti dei Lincei Mem. Cl. sec, fis; Ser. “8; Vol. XX: 2) Grarp, ,,Recherches sur les Ascidies composées on Synascidies“, Arch. d. Zool. expér. T. I, 1872. 3) Kroun, ,,Uber die Fortpflanzungsverhiltnisse bei den Botrylli- den.“ — ,,Uber die friiheste Bildung der Botryllussticke“, Arch. f, Natg., 35. Jahrg. 1869. - 4) Metscunikorr, ,,Entwicklungsgeschichtliche Beitriige. Uber die Larven und Knospen yon Botryllus“. Bulletin de Acad. St. Petersb., T. XIII, 1869. 610 Oswald Seeliger, fiir Perophora’), Amaroecium und Didemnium eine entodermale Entstehung des Nervensystems behauptet: Mdéglicherweise liegt hier aber ein Irrtum vor, und der erste Ursprung ist doch in ahn- licher Weise wie bei Salpen. und Pyrosomen ein mesodermaler, eine Vermutung, die ich bereits bei friiherer Gelegenheit ausge- sprochen habe, ohne dariiber inzwischen durch Beobachtungen zur Entscheidung gelangt zu sein. Uberall aber entstehen aus den einwandernden Mesenchymzellen die Geschlechtsorgane der Knospe, Blut-, Bindegewebszellen, die Muskulatur, kurz alle Organe und Gewebe, welche zwischen dem auferen ektodermalen Hautschlauch und dem entodermalen Réhrensysteme bei der ausgebildeten Form anzutreffen sind. Noch ein weiterer und wie es scheint durchgreifender Unter- schied beziiglich der Entwicklungsvorginge im mittleren Blatte besteht darin, dafi den Knospen der Ascidien der Elaoblast fehlt ?), der bei Pyrosomen und Salpen umfangreich entwickelt erscheint und von SALENSKY *) als das Homologon des riickgebildeten Ruder- schwanzes der Larven angesehen wird. i Wie die auferordentliche Beteiligung des Mesoderms im Stolo der Pyrosomen und Salpen bei der Bildung der mannigfachsten Gewebe und Organe, die sonst aus andern Keimblattern entstehen, durch die Genese des Keimstranges eine natiirliche und volle Er- klirung findet, soll weiter unten noch auseinandergesetzt werden. Aus diesen Erérterungen geht mit vollster Deutlichkeit die auferordentliche Variabilitaét beziiglich der Entstehung der Knospen- anlage und ihrer Umbildung zur ausgebildeten Tunikatenform her- vor, eine Variabilitat, mit der sich die mehr oder minder ceno- genetischen Vorginge innerhalb der Embryonalentwickelung inso- fern kaum vergleichen lassen, weil in dieser, wie es doch scheint, die Entstehung der gleichen Organe stets aus den gleichen Keim- blattern erfolgt. Trotz der Verschiedenheiten in der Knospung der Tunikaten iiberhaupt zeigen aber dennoch einerseits alle Asci- 1) Kowatenxy, ,,Sur le bourgeonnement du Perophora Listeri“ (Trad. par A. Grarp), Rev. d. Sc, natur. Sépt. 1874. 2) Von Kowatevsky (lI. c.) wurde allerdings schon in den jungen dreiblitterigen Knospenanlagen yon Didemnium styliferum ein Haufen von Fettzellen beschrieben, der am Ende die Deutung als Elioblast erfaliren kénnte. Jedoch lafst sich aus den bisherigen Angaben kaum eine bestimmte Auffassung gewinnen. 3) Satensky, ,,Uber die embryonale Entwickelungsgeschichte der Salpen“, Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XXVII, 1876, Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 611 dien, andererseits die Pyrosomen und Salpen in allen wesentlichen Punkten Ubereinstimmung. Solche Gegensitze und andere Griimde haben mich schon friiher dazu veranlaSt, in den beiden grofen knospenbildenden Gruppen der Tunikaten ein phylogenetisch selb- stiindiges Auftreten der ungeschlechtlichen Vermehrung anzu- nehmen. Auf eine Vergleichung der Entwickelung der Organe in Em- bryonen und Knospen will ich hier nicht nochmals zu sprechen kom- men. Ich méchte nur bemerken, daf bei Pyrosomen ebenfalls eine Verschiedenheit beziiglich der Entstehung der Peribranchialriume besteht wie bei Ascidien. Denn nach KowaLevsky’s Untersuchun- gen entstehen sie in dem jungen Cyathozooid, freilich auch in den vier ersten Ascidiozooiden, ektodermal wie bei den Ascidien- larven. Wenn es sich darum handelt, aus der ontogenetischen Ent- wickelung auf Stammesverwandtschaften oder phylogenetische Vor- giinge zuriickzuschlieBen, so wird in erster Linie die Embryonal- entwickelung als mafgebend betrachtet werden miissen. Denn die Knospung zeigt als eine erst spit im Tunikatenstamm selbst auf- getretene Fortpflanzungsart gegeniiber den urspriinglichen Verhiilt- nissen so tiefgehende Veranderungen, dal Schluffolgerungen auf diese nicht ohne auferste Vorsicht und immer erst dann gezogen werden diirfen, wenn zuerst der namliche Bildungsvorgang in der Embryonalentwickelung zur Vergleichung herangezogen ist. — Ganz neuerdings ist eine umfangreiche Abhandlung iiber Pyro- soma von JoLieT!) erschienen, in welcher besonders eingehend die Vorginge bei der Knospung besprochen werden, nachdem von ihm bereits friiher einige Mitteilungen dariiber gemacht worden waren. Leider war es dem Autor nicht vergénnt, seine Untersuchungen zu Ende zu fiihren, und sein friiher Tod machte die Ausgabe seiner Aufzeichnungen durch fremde Hand nétig. So erklirt es sich, da dieselben nicht frei von Widerspriichen sind und den Mangel einer letzten Durcharbeitung deutlich verraten. Auch Jouiet behauptet gleich mir einen mesodermalen Ursprung aller 1) L. Jour, Etudes anatomiques et embryogéniques sur le Pyrosoma giganteum, Paris 1888. — Sur le bourgeonnement du Pyro- soma, Compt. rend. de lAcad. d. Scienc., 28. Febr. 1881. — Sur le développement du ganglion et du sac ,,cilié“ dans le bourgeon du Pyrosoma. Compt. rend. T’, 94, p. 988--991. — Observations sur la blastogénése et sur la génération alternante chez les Salpes et les Pyrosomes. Compt. rend. T. 96, p. 1676—1679, 612 Oswald Seeliger, zwischen den beiden Primirschichten in der Stolohéhle legenden Gebilde, scheint aber, wenigstens fiir Nervenrohr und Peribranchial- rohren, als Matrix den Elaoblast zu betrachten. II. Die Umbildung des Stolo prolifer zur Pyrosomenkette. Der zapfenfoérmige kurze Stolo, der auf dem zuletzt beschrie- benen Stadium noch ein ecinheitliches Gebilde darstellt, wachst weiterhin in die Linge und gliedert sich dabei in eine Anzahl Abschnitte. In den Figuren 13—19 sieht man, wie das distale Stiick des Stolo sich allmahlich abschniirt und zu einer jungen Pyrosome ausbildet, wihrend das proximale noch auf dem zuletzt beschriebenen Stadium verharrt. In Fig 20, Taf. III, beginnt auch dieses sich in zwei Abschnitte zu gliedern, und in Fig. 1 zeigt sich der Stolo bereits deutlich aus drei Individuen zusam- mengesetzt, von denen das distale das entwickeltste ist. Nach weiterer Gliederung des proximalen Stiickes besteht die Kette aus vier Individuen (Fig. 2) und fiiglich aus fiinf, deren Kiemendarm- héhlen und primaire Leibeshéhlen noch simtlich miteinander kom- munizieren. Dann erst lésen sich zuerst das distale und nachher die proximalen Individuen vollstindig ab (Fig. 5), um ein jedes spiter an der oben bezeichneten Stelle selbst wieder einen Stolo zu treiben. Somit stehen die einzelnen durch Knospung entstandenen In- dividuen des Stockes untereinander in keinem innigeren organi- schen Zusammenhange, ganz ahnlich wie dies bei den Kettensalpen der Fail ist. Sticke, die man nur kurze Zeit in Glasgefiiben auf- bewahrt hat, zeigen eine auffallende Lockerung des kolonialen Ver- bandes und zerfallen dann rasch in die einzelnen Individuen, an denen der Stolo prolifer hangt. Gleich den Salpen und Pyrosomen bestehen auch die meisten Ascidienstécke aus Einzelindividuen, die nur durch den gemein- samen fuSeren Cellulosemantel zusammengehalten werden. Nur wenige Formen, und es gehéren hierher in erster Linie die sozialen Ascidien, sind dadurch ausgezeichnet, dali die priméaren Leibes- héhlen der Individuen miteinander kommunizieren und sogar die Entodermblitter durch eine feine Lamelle, die die Stolonen durch- zieht, in Verbindung bleiben. Jedoch ist dieser anscheinend so wesentliche Gegensatz nicht durchgreifend, da die verschiedenen Individuen derselben Art sich verschieden verhalten kénnen. Ich habe friiher bei der Untersuchung der Knospung von Clayelina Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 613 gemeint, dali sich wihrend der Entwicklung dieser sozialen Ascidie zuerst das Knospenentoderm von der entodermalen Scheidewand des Stolo, dann die ganze Knospe selbst abschniire. Aber es scheint doch, daf ich damit nur ein ungewohnliches Verhaltnis beschrieben habe, und da normalerweise die Einzelindividuen des Stockes miteinander inniger verbunden bleiben. Ein Gleiches wie ich bei den Clavelinen in Triest hat LAnm.LEe!) in Roscoff beobachtet, und er schreibt: ,,Encore faut-il remarquer que, dans certains cas, les individus peuvent s’ isoler entiérement. C’est ainsi que année derniére, j’ai souvent rencontré a Roscoff des colonies de Clavelines 4 nombreux individus isolés par suite d'une atrophie des stolons, et alors la taille de ces blastozoides était plus grande quelle nest Whabitude.“ Es gilt somit die kategorisch gehaltene Behauptung von vAN BrenEpEN und Cu. Junin?) gegeniiber meinen Angaben ,,SEELIGER se trompe quand il dit que la vésicule interne se sépare trés-tot de la cloison stoloniale . ... Cette séparation ne se produit 4 aucun stade du développement“ nur bedingter- weise. Wenn man die Abbildungen Fig. 1 u. 2 betrachtet, so fiallt auf, worauf ich spater noch werde zuriickkommen miissen, dali die KGrperachsen der verschiedenen zu ein und demselben Stolo ge- hérenden Tiere keineswegs parallel laufen. Die Endostyle der beiden distalen Knospen der Kette z. B. stehen in Fig. 1 nahezu senkrecht zueinander, und in Fig. 2 liegen die Medianebenen der vier Tiere keineswegs mehr in derselben Ebene. Die Umbildung der einzelnen Segmente des Stolo zu einer vollstindigen Pyrosoma verlauft, wie schon Brooks *) betonen konnte, sehr ahnlich mit den Vorgingen in der Salpenentwicklung. Die durch primares Nervenrohr und Geschlechtsstrang be- stimmte Hauptebene des Stolo entspricht der Medianebene der ausgebildeten Tiere, die Neural-Himalachse eines jeden Stoloseg- mentes aber der spateren Lingsachse, und die Liaingsachse des Stolo und seiner einzelnen Segmente der spateren Dorso-Ventral- achse. Es rithrt dies daher, weil durch ungleichmifiges Wachs- tum der verschiedenen Regionen der Segmente eine derartige Ver- 1) Lanitte, Sur le systeme vasculaire colonial des Tuniciers. Compt. rend. de ]’Acad. d. Sc., 24. Januar 1887. 2) van Benepen et Cu. Juzin, Recherches sur la morphologie des Tuniciers, p. 307. 3) Brooxs, The anatomy and development of the Salpa-Chain., Stud. f. Biol. Lab., Vol. III, Baltimore 1886, Bd, XXIII. N, F, XVI, 40 614 Oswald Seeliger, schiebung ihrer Teile eintritt, da’ die Neuralwand des Entoderm- rohres fast ganz zum ventral verlaufenden Endostyl und das dar- iiberliegende primaire Nervenrohr zum dorsal gelegenen Ganglion und zur Flimmergrube wird. 1. Das Ektoderm. Das Ektoderm des Stolo hat fiir die weitere Entwicklung der einzelnen Segmente zu Pyrosomen die geringste Bedeutung. Seine wichtigste Aufgabe besteht in der Bildung des auferen Cellulose- mantels, die in der durch SempPeR!), Herrwic ?) und andere fiir alle Tunikaten festgestellten Art und Weise erfolgt. Der Mantel erreicht eine sehr bedeutende Machtigkeit und ist fiir alle Indi- viduen des Stockes gemeinsam nach Art der Synascidien. In den Abbildungen ist er nicht wiedergegeben, nur in Fig. 27 ist er eingezeichnet, wo er die junge, aus vier Individuen bestehende Kolonie umgiebt und ihr eine charakteristische Form verleiht, wie dies schon von Voer*) und Huxiey‘*) beobachtet wurde. Unter dem Mantel liegt das durchaus einschichtige ektoder- male Hautepithel, das wir auf dem vorhergehenden Stadium aus nahezu kubischen Zellen zusammengesetzt fanden. Die Zellen, deren grofe Kerne im netzformigen Plasma deutlich sichtbar bleiben (Fig. 123, Taf. XXX VII), flachen sich fast durchweg aufser- ordentlich ab in gleichem Mage, als die Gesamtflache bei der Gréfenzunahme des Tieres wachst, so daf fiiglich unter dem Mantel nur noch ein duSerst zartes Epithel bestehen bleibt (Fig. 101 u. 102). Die weiteren histologischen Details lagen nicht im Be- reiche meiner Untersuchung. Der Ektodermschlauch, der urspriinglich gegen das Mutter- tier und die Nachbarindividuen desselben Stolo sich 6ffnete, erhalt, wihrend diese Verbindungsstellen sich schlieSen, zwei neue Durch- brechungen: die Ingestions- und Egestionséffnung. Beide ent- stehen zunaichst durch grubenférmige Einstiilpungen des Ekto- derms (Fig. 100, 103), deren Boden mit der vorderen Kiemen- darmwand resp. auferen Kloakenwand verwachsen und nachher 1) Sempre, Uber die Entstehung der geschichteten Celluloseepi- dermis der Ascidien. Arb. a. d. zool. Inst. Wiirzburg, Vol. II, 1875. 2) Heerrwie, Untersuchungen iiber den Bau und die Entwicklung des Cellulosemantels der Tunikaten. Jen. Zeitschr. f. Naturw. T. VII, 1873. 3) C. Voer, Zoologische Briefe, Bd. I, p. 267, Fig. 281. 4) Hoxxey, 1. c. Taf. 31, Fig. 15. Yur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 615 obliterieren. Man findet in Fig. 104 den Beginn der Durch- brechung. Die Offnung, die nur auf zwei Schnitten der Serie zu sehen ist, ist noch sehr klein und liegt exzentrisch. Der Cellu- losemantel erstreckt sich eine ansehnliche Strecke namentlich in die Ingestionséffnung hinein (Fig. 101), weil auch die eingestiilpten Ektodermzellen sich an der Bildung des Mantels beteiligen. Vom Ektoderm aus bilden sich lange, réhrenformige Ausstiil- pungen, die Fortsetzungen der primiiren Leibeshéhle umschliefen und als Blutbahnen funktionieren. In Fig. 5, Taf. XXX, sieht man den Beginn einer solchen Bildung an der hinteren, dorsalen Seite des Tieres, wo sie stets paarweise entspringen. Spaiter wachsen die Ausstiilpungen bedeutend in die Linge und durchziehen als Mantelgefafe den der ganzen Kolonie gemeinsamen Mantel, wah- rend in ihnen Muskelfibrillen zur Ausbildung gelangen. Schon die vier ersten Ascidiozooide des jungen Pyrosomastockes besitzen an der eben bezeichneten Stelle zwei Gefiffe, welche bis an die Offnung der fiir den ganzen Stock gemeinsamen Kloake verlaufen, um dort mit verbreiterten Enden blind abzuschliefen (Fig. 33). Wenn bei auftretender ungeschlechtlicher Vermehrung an den Ascidiozooiden neue Individuen zwischen jenen und dem Kloaken- rande sich einschieben, durchziehen naturgemaf die acht altesten Blutbahnen als die langsten den ganzen Stock. 2. Das Entoderm. Das Entoderm gliedert sich sehr bald wie der Gesamtstolo in zwei Partien, eine proximale und eine distale. Wahrend die erstere zundchst ohne wesentliche Verainderung bestehen bleibt, entwickelt sich die letztere zu vollstiindig ausgebildetem Kiemen- darm und Verdauungstraktus der Pyrosome (Fig. 14—20). Dieser ProzeB wiederholt sich dann bei der folgenden Segmentierung des proximalen Stoloabschnittes (Fig. 21). Naturgemaf unterscheidet sich das erste, distale Entodermsegment von den folgenden da- durch, da es am distalen Ende blind geschlossen ist, wihrend diese an beiden Enden mit den Nachbarindividuen kommunizieren. Es geniigt daher, wenn ich die Entwicklungsvorginge am distalen Abschnitte beschreibe. Auf den Querschnitten findet man zunachst fast die gleichen Ver- hiltnisse wie auf dem vorhergehenden Stadium. In Fig. 54 Taf. XXXIV zeigt sich die neurale Wand, aus welcher spiter der Kndo- styl entsteht, durch die mediane, tiefer gewordene Furche schirfer in zwei Partien gesondert. In Fig. 56 Taf. XXXV sieht man ein 40 * 616 Oswald Seeliger, weiteres Stadium, und in Fig. 71 ist der mediane Streifen der neu- ralen Entodermwand, der den Endostyl bildet, durch zwei weitere laterale Furchen scharf abgegliedert. Wahrend weiterhin die Zellen dieses Streifens zum teil zu hohen Zylinderzellen, Driisen- und Flimmerzellen sich umbilden, wie sich das aus den friiheren Be- schreibungen iiber den Bau des Endostyls ergiebt und neuerdings von JOLIET!) dargestellt wurde, verwandeln sich die benachbarten allmihlich in ein Plattenepithel. Wie sich aus Fig. 19 ergiebt, ist nunmehr die neurale Ento- dermwand, soweit sie zum Endostyl geworden ist, die Bauch- wand der ersten Knospe und bildet mit der urspriinglichen Lings- achse des Stolo einen Winkel, wahrend sie anfanglich parallel zu dieser verlief. Dieser Winkel wird bei der weiteren Ausbildung der Knospe gréfer und betragt, wenn diese die vollstindige Pyro- somaform erlangt hat, 90°. In Fig. 1 u. 2 sieht man denn auch die Endostyle der altesten Individuen auf der Hauptachse des Stolo senkrecht stehen. In die Endostylregion geht aber nicht die ganze neurale Wand des Entodermrohres des Stolo iiber, sondern aus dem proximalen Teile entsteht die der Ingestionséffnung benachbarte, vordere Partie des Kiemendarmes. Dieselbe entbehrt der Kiemenspalten und stellt im ausgebildeten Zustand ein flaches Epithel dar, das sich aus dem kubischen des Jugendzustandes allmihlich geformt hat, indem auf einem Zwischenstadium die auferordentlich grofen, ziemlich dicht aneinander gelagerten Kerne in einer Weise zu sehen sind, wie es in Fig. 122 abgebildet ist. In unmittelbarer Nahe der Stelle, an welcher die ektodermale Kinsenkung der Ingestionséffnung in die urspriinglich in doppelter Zahl angelegten entodermalen Hervorwélbungen durchbricht, ent- stehen eine Anzahl von Fortsiatzen, die die Ingestionséffmung um- geben, bei allen Tunikaten fast allgemein verbreitet sind und, wie ich glaube, dem Entoderm des Stolo entstammen. Man sieht diese Fortsitze in Fig. 1 u. 5 in ziemlich vollstaéndig ausgebildeten Knospen und erkennt, dafS median an der ventralen Seite eine derselben als hakenfoérmig gekriimmtes Gebilde besonders umfang- reich hervortritt. Dieser Tentakel hat vor den anderen Zacken seine Entstehung genommen; bereits in Fig. 19 sieht man ihn auftreten. Die Fortsatze umschliefen Ausstiilpungen der priméaren Leibeshéhle und Blutbahnen, wodurch also unmittelbar an der 1) Jotter, 1. c. p. 50 u. folg. Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 617 Eintrittsstelle des Wassers in den Kiemendarm schon ein Gasaus- tausch eingeleitet wird. Sehr wichtige Veriinderungen betreffen die beiden lateralen Wiainde des Entodermrohres, welchen die Peribranchialréhren anliegen, und fiihren zur Entstehung der Kiemenspalten. Da aber die Peribranchialréhren an der Bildung beteiligt sind, sollen die Vorgiinge erst weiter unten zur Besprechung gelangen. Vor der Kiemenregion tritt an den Seitenwanden der Flimmer- bogen auf. Derselbe umkreist den vorderen Kiemendarm und miindet ventralwarts jederseits in eine Falte des Endostyls (Fig. 1, 2 u. 5). Auf den lateralen Lingsschnitten durch ein junges Tier (Fig. 103, Taf. XXXVII) sieht man den Flimmerbogen im Quer- schnitt getroffen. Bei stirkerer Vergréferung (Fig. 118) erkennt man ihn aus zylindrischen Zellen zusammengesetzt, welche gegen die Atemhéhle zu bewimpert sind und nach vorn und hinten sehr rasch in das Plattenepithel des Kiemendarmes tibergehen. Bei der Betrachtung von der Flache (Fig. 121) erweisen sich die Kerne stabformig und in Reihen zu 5—7 durch die Breite des Flimmer- bogens angeordnet. In alten Tieren findet man in der Median- ebene dorsal den Flimmerbogen sehr machtig entwickelt, nur durch einen kurzen flimmerlosen Streifen von der Kinmiindung der Flim- mergrube getrennt (Fig. 108). Sehr bedeutende Vorginge spielen sich an der hamalen Wand ab, an welcher friihzeitig (Fig. 13) der Verdauungstraktus sich ausstiilpt, wihrend der ganze iibrige Teil des primaren Ento- dermrohres in den Kiemendarm sich umwandelt. Wie die Vergleichung der Fig. 13 und 14 lehrt, beginnt die Bildung asymmetrisch, indem zunichst an der linken Seite eine taschenformige Ausstiilpung hervorwachst, die durch Vertiefung der betreffenden Rinne des Entodermrohres eutstanden ist. Spater (Fig. 17) zeigt sich auch auf der rechten Seite eine solche Aus- stiilpung; zwischen beiden liegt der Geschlechtsstrang. In Fig. 59 u. folg. findet man eine Reihe yon Schnitten durch ein solches Stadium abgebildet. Auf der proximalen, der jiingeren Knospe des Stolo zugekehrten Seite sicht man die beiden Taschen mit weiter Offnung mit dem Kiemendarm kommunizieren (Fig. 59). Weiter distalwarts naihern sich die oberen Réander betrichtlich (Fig. 60), bis sie endlich vollstindig aneinandergeprefit im Be- rifle zu verwachsen erscheinen (Fig. 61). Auf Schnitten noch weiter distalwirts sieht man auf der spiateren rechten Kérperseite des ausgebildeten Tieres die Tasche in eine sich verjiingende, 618 Oswald Seeliger, schwach nach links gekriimmte, blind geschlossene Rohre iiber- gehen (Fig. 62, 65). Diese blindsackformige Ausstiilpung an der Hamalwand des primaren Entodermrohres ist die Anlage zum ge- samten Verdauungstraktus. Sehr gut laft sich das Auftreten dieses letzteren am Kiemendarm in den vier ersten Ascidiozooiden beobachten. Man findet auf Taf. XXXVI, Fig. 89 einen Langsschnitt abgebildet, der deutlich zeigt, wie der Darmkanal aus einer distal zu gerichteten Ausstilpung entsteht. Auf dem folgenden Stadium fand ich bereits den Verdauungs- traktus in allen’ seinen Teilen angelegt. Man sieht, daf in Fig. 19 auf der rechten Seite der sehr umfangreiche Magen liegt, der durch das kurze Osophagusrohr mit dem Kiemendarm in Verbin- dung gesetzt wird. An das distale Magenende setzt sich, von diesem durch Ausstiilpung entstanden, ein hufeisenformig nach links und proximal zu gekriimmtes Rohr an, das sich distal zu verjiingt und blind endigt. Fiihrt man durch solche Stadien Schnitte, so findet man Ver- haltnisse, wie sie in Fig. 71 abgebildet sind. Der gesamte Ver- dauungstraktus stellt eine durchaus einschichtige, aus zylindrischen Zellen bestehende, gekriimmte Réohre dar. Magen und Enddarm besitzen ein Lumen, das senkrecht zur Medianebene des Tieres komprimiert ist. Eine Bewimperung fehlt auf diesem Stadium noch durchwegs. Den weiteren Verlauf der Entwicklung ersicht man aus Fig. 20, Indiv. III Fig. 1, Indiv. IV in Fig. 2, und Fig. 5. Bei Ver- gleichung dieser Abbildungen fallt auf, daf der Verdauungstraktus in verhaltnismafig geringerem Male wachst als der Kiemendarm. Die Sonderung in die einzelnen als Osophagus, Magen, Mittel- und Enddarm bezeichneten Abschnitte wird schirfer ; namentlich treten Osophagus und Magen deutlicher hervor. Schnitte zeigen die histo- logischen Details. In Fig. 72 sind Mittel- und Enddarm getroffen, und in Fig. 74 sieht man den Enddarm in seinem proximalen Teil aus Zylinderzellen zusammengesetzt. In Fig. 73 ist der proximale Teil des Magens und die rinnenformige Basis des in ihn einmiin- denden Osophagus gezeichnet. Der Enddarm ist lange Zeit blind geschlossen; erst spater 6ffnet er sich in die Kloake. Die After- offmung ist ziemlich weit, wenigstens vermag ich sie auf einer ganzen Reihe von Schnitten zu erkennen, auf welchen dann die nunmehr fast kubisch gewordenen Enddarmzellen rasch in das Plattenepithel der Kloake iibergehen (Fig. 109, Taf. XXXVI). Von der Ubergangsstelle zwischen Magen und Mitteldarm ent- Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 619 steht friihzeitig eine rdhrenformige Ausstilpung, deren distales Ende unter zahlreichen dichotomischen Verzweigungen gegen den Enddarm zu wachst und diesen umspinnt. Es ist dies die darm- umspinnende Driise. In Fig. 72 und 74 sind einige Aste der- selben auf Querschnitten getroffen. Im spateren Alter werden die Aste immer zahlreicher (Fig. 23), und fiiglich kann man auf einem Querschnitt durch den Enddarm gegen ein dutzend Driisengange zahlen. . Der iibrige Teil der urspriinglichen himalen Wand des Ento- dermrohres, der nicht zur Bildung des Verdauungstraktus ver- wertet wird, bildet die hintere Wand des Kiemendarmes. Wie die Querschnitte in Fig. 72 u. 73 lehren, stellt sie schon in jungen Tieren ein Plattenepithel dar; nur in der Medianebene findet sich ein Streifen von zylindrischen Flimmerzellen, der ventral in die bewimperte Endostylregion, dorsal in den Osophagus fithrt. Man sieht auf Taf. XXXVII, Fig. 125A ein Stiick desselben auf einem Langsschnitt durch die Osophagusregion getroffen. Uber ihm lagert ein Schleimstrang, der von den Driisenzellen des Endostyls herriihrt und sich in den Osophagus hinein erstreckt. In Fig. 125.B sind die Flimmerzellen dieser Zone bei starkerer Vergréferung zu sehen. Die Dorsalwand des Kiemendarmes bildet sich erst all- mahlich bei dem Fortschritt der Einschniirungen, durch welche der Stolo in die Segmente zerfallt, aus den proximalen Teilen aller vier Wande des Entodermrohres. In jungen Knospen ist diese Wand von nur sehr geringer Ausdehnung und zudem durchbrochen durch die weite Offnung, welche in die Kiemenhéhle der vorher- gehenden Knospe fiihrt. Nach und nach aber wird die Flache immer groéfer, indem die Knospe besonders in der auf der Haupt- achse des Stolo senkrechten Richtung wichst. Dann gewinnt auch die Dorsalseite eine zum Endostyl parallele Lage, wahrend sie anfanglich, wenigstens in ihrem vorderen Abschnitt, einen stumpfen, dann einen rechten Winkel mit jenem bildete. Die Kommuni- kation mit der jiingeren Knospe wird immer feiner und geht fiiglich ganz verloren. Der letzte Rest liegt auf der Riickenseite weit nach vorn, hinter dem Ganglion (Fig. 21), woraus hervorgeht, dafi} der gréfere Teil des Kiemendarmriickens aus der Haimalwand des Entodermrohres sich bildet. In der zuletzt angefiihrten Figur und ebenso in Fig. 1 u. 2 sieht man die Riickenwand nicht mehr glatt, sondern es erscheinen bereits drei zapfenférmige Fortsatze, die Riickenzapfen, die Fort- 620 Oswald Seeliger, siitze der primaren Leibeshéhle umschliefen, in welchen das Blut zirkuliert. Die Zahl der Riickenzapfen, deren wesentlichste Be- deutung darin liegt, dal sie die respiratorische Flache des Kic- mendarmes vergréfern, vermehrt sich rasch mit der Gréfenzu- nahme des ganzen Tieres. In Fig. 116, Tafel XXX VII sieht man auf einem Querschnitt den Beginn der Bildung eines solchen Organes, die sich als eine einfache Faltung des einschichtigen Epithels dar- stellt. Es eriibrigt mir nur noch itiber das urspriinglich distale Entodermende eines jeden Stolosegmentes einige Worte zu sagen. In der altesten Knospe des Stolo ist es blind geschlossen, in allen anderen bleibt es sehr lange offen und vermittelt, indem es sich réhrenformig auszieht, die Verbindung mit der Kiemendarm- héhle der nachst alteren Knospe an der vorhin bezeichneten Stelle ihrer Riickenseite. Von diesem Teile geht dann spater, wenn die Knospe sich abgeschniirt hat, in der eingangs beschriebenen Weise die Bildung des Entodermrohres fiir den neuen Stolo prolifer aus. Ich habe daher diesem Abschnitte besondere Aufmerksamkeit ge- schenkt und ihn auf zahlreichen Schnitten untersucht. Ich fand ihn stets als einschichtige Réhre und habe nie Auswanderung von Zellen gesehen, aus welchen sich spater etwa die Peribranchial- rohren bilden kénnten. In dieser Beziehung verweise ich auf Fig. 65, Taf. XXXV, welche einen Querschnitt durch die fragliche Stelle darstellt. An dieses Stadium reiht sich sofort dasjenige an, mit welchem ich die Beschreibung der Knospung oben begonnen habe. — Aus der eben gegebenen Darstellung geht hervor, daf die distale Region, aus welcher in jedem einzelnen Stolosegmente das | Entoderm der folgenden Knospengeneration entsteht, durchaus nicht auf einem histologisch indifferenten Stadium verharrt, son- dern vielfache Differenzierungen durchmacht, bis sich die Ento- dermknospung einleitet. Die Zellen dieser Region sind in lebhafter Teilung begriffen, wobei sie sich besonders neural und hamal be- deutend verkleinern und zum Teil zu flachen Elementen werden. Auf diese Weise vergréfert sich die Flache und wird zu einem rohrenformigen Gebilde: dem Endostylfortsatz, der in das Knos- penentoderm iibergeht. In diesem vollziehen sich dann die zahl- | reichen, oben beschriebenen Umwandlungen bis zur Ausbildung des gesamten Entodermtraktus der Pyrosoma. Bei den Salpen liegen die Vorginge ganz ahnlich beziiglich der Umbildungen des Endostylfortsatzes des Embryos und des Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 621 Entodermrohres des Stolo, mit dem Unterschiede natiirlich, daf nach dem Zerfall desselben in die Segmente bei den Kettensalpen, die sich ja nur geschlechtlich vermehren, die Neubildung eines Endostylfortsatzes und Entodermrohres unterbleibt. Am deutlichsten aber lassen sich die histologischen Verande- rungen in der entodermalen Knospungsregion bei sozialen Ascidien verfolgen. Bei seiner ersten Entstehung zeigt sich der Entoderm- fortsatz (Epicardium) der aus dem Ei entstandenen noch solitaren Form aus Zylinderzellen zusammengesetzt, die grofe Kerne be- sitzen (VAN BENEDEN et Cu. Junin 1. c. Taf. IX, Fig. 4c, 4d). Spater besteht er aus einem flachen, endlich aus einem duferst feinen Plattenepithel (Taf. X, Fig. le bis 1f), das sich weiterhin in die Stolonen als zarte Lamelle fortsetzt. Wo dann an den Stolonen die Knospen entstehen, verwandeln sich die Plattenzellen wiederum in kubische und zylindrische (Sitzber. d. k. Akad. d. Wissensch. T. 85. Wien 1882, Maiheft. Taf. II, Fig. 1—3), die weiterhin die mannigfachsten Formen bilden kénnen, wie sie im Kiemendarm, dem Verdauungstraktus, der darmumspinnenden Driise und den Wanden der Peribranchialriume angetroffen werden. Angesichts solcher Vorginge kann man der Thatsache, daf der Endostylfortsatz aus dem vorderen Darmabschnitt sich ent- wickelt, aus welchem bei den Ascidienembryonen weder Chorda noch Mesoblast sich bilden, fiir die auBerordentliche Umbildungs- fahigkeit des Entodermrohres in der Knospenanlage kaum eine erklirende Bedeutung beimessen, zumal ja gerade das Mesoderm der Knospen selbstaéndig aus der gleichen Schicht des Mutter- tieres sich bildet und fiir die Chorda tiberhaupt kein Homologon, wenigstens sicher bei den Ascidienknospen, vorhanden ist. Aus den Worten VAN BENEDEN’S und Cu. JuLin’s ') scheint hervorzu- gehen, daf sie aus der Stelle des Ursprungs des Entodermfort- satzes seine weitere Bedeutung fiir die Knospung erklart erachten, wenn sie sagen: ,,La formation d’un épicarde, qui se rattache si intimement, chez les Tuniciers, 4 la génese du péricarde et du cocur, a eu pour cet embranchement une autre conséquence, c'est de rendre possible la multiplication par bourgeonnement. [L’on sait, en effet, que la lame épicardique ou cloison stoloniale, simple prolongement de Vhypoblaste branchial, procédant de cette partic de lendoderme de la Gastrula qui n’engendre, ni chorde dorsale, ni mésoblaste, qui concentre en elle toutes les propriétés de len- 1) Van Beyepen et Cu. Junin, |. c. p. 415. 622 Oswald Seeliger, doderme primitif, est la condition de la polyzoicité de beaucoup de Tuniciers. Elle fournit aux bourgeons leur vésicule interne doi procedent tout au moins tous les organes hypoblastiques, qui dérivent de Vendoderme larvaire.* — Ich hoffe demnachst auf diese Fragen zuriickkommen zu kénnen. 3. Das Mesoderm. a) Die Peribranchialréhren. Die beiden Peribranchialréhren, die in jiingeren Stolonen noch die ganze Lange kontinuierlich durchziehen (vgl. Fig. 16), zerfallen bald in einzelne, den Knospen entsprechende Segmente (Fig. 18). Sie wachsen dann besonders nach der hamalen Stoloseite zu, wo ihre medianen Rander unterhalb des Darmkanals aneinander sto- fen und obliterieren (Fig. 19), um die Kloake zu bilden. Im gan- zen Vorderteile des Tieres bleiben die beiden Peribranchialréhren getrennt rechts und links liegen, wie sich das aus der Vergleichung der beiden Schnitte Fig. 103 und 114, Taf. XXXVII ergiebt. Gleich- zeitig erfolgt vom Ektoderm her an der der Ingestionséffnung gerade gegentiberliegenden K6rperstelle eine Einstiilpung, die dann als Egestionséffnung in den Kloakenraum durchbricht. Inwieweit die Ektodermzellen an der Begrenzung der Kloake teilnehmen, kann ich nicht angeben, glaube aber, dali dies, wenn tberhaupt, nur in sehr geringem Umfange der Fall ist. Schon zu einer Zeit, wenn die Peribranchialréhren noch als wenig umfangreiche, ganz getrennte Raume bestehen, sieht man den Beginn der Kiemenspaltenbildung. In Fig. 14 ist erst eine rundliche Spalte zu sehen; ihre Zahl wachst rasch, indem gleich- zeitig die bei ihrer Entstehung nahezu kreisférmigen Offnungen zu sehr langgestreckten Spalten werden, die auf der Endostylrichtung senkrecht stehen (Fig. 17 u. 19). Bekanntlich erstrecken sich im ausgebildeten Zustande die Spalten durch die gesamte Breite jeder Peribranchialseite (Fig. 1, 2 und 5). Den Beginn der ersten Kiemenspaltenbildung stellt der in Fig. 56 gezeichnete Querschnitt dar. Die aus Zylinderzellen be- stehende Entodermwand ist an der betreffenden Stelle mit der inneren Peribranchialwand, die sich gegen jene gestiilpt hat, verwachsen. In beiden Wanden ist bereits die Stelle erkennbar, an der sehr bald der Durchbruch erfolgen wird. In Fig. 57 ist ein Stadium durchschnitten, auf welchem auch die zweite Kiemen- spalte schon aufzutreten beginnt (ks, u. ks,). Aus einem weiteren Stadium stammen die Abbildungen Fig. 59 Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 623 u. fg. Man findet in Fig. 61 die beiden Peribranchialréhren mach- tig ausgedehnt, aber auf der hamalen Seite von der Medianebene noch ziemlich weit entfernt. In Fig. 60 ist jederseits eine zu voll- standigem Durchbruch gelangte Kiemenspalte getrotien. Die Schnitte Fig. 70 u. 71 zeigen, daf auf diesem Stadium die beiden Peribranchialréhren bereits zum unpaaren Kloakenraum median verschmolzen sind. Es ist nur die innere Wand der Peri- branchialraume und Kloake eingezeichnet. Die Schnittrichtung ist gerade so ausgefallen, dal jederseits nur zwei der zahlreicheren Kiemenspalten getroffen erscheinen. Die Figuren 72 u. 73 zeigen die Wande der Peribranchial- raume und Kloake zu einem feinen Plattenepithel umgebildet. Nur die Innenwand besitzt an den Stellen, an welchen sie sich an der Auskleidung der Kiemenspalten beteiligt und in das Entoderm iibergeht, flimmernde Zylinderzellen. Kurz bevor die Form feiner Plattenzellen erreicht wurde, fand man auf Flachen- schnitten (Fig. 124, Taf. XXX VII) schwach umgrenzte polygonale Zellen mit auferordentlich groBen, oft in Teilung begriffenen Kernen. Was die histologischen Verhaltnisse des ausgebildeten Kiemen- korbes anbelangt, so geben einige Schnitte leicht dariiber Auskunft. Man findet eine bemerkenswerte Ubereinstimmung mit den durch GROBBEN bei Doliolum bekannt gewordenen Thatsachen. Auf einem lateralen Langsschnitt durch ein Tier, der die Kiemenspalten und die dazwischen liegenden Blutbahnen der primaren Leibeshéhle im Querschnitt trifft, sieht man (Fig. 117, Taf. XXX VII) eine jede Blut- bahn von vier Wanden begrenzt. Die beiden nach der Kiemen- darmhoéhle resp. nach den Peribranchialriumen gelegenen haben Plattenepithel, die beiden anderen, die gleichzeitig die obere und untere Wand zweier benachbarter Kiemenspalten bilden, erschei- nen auf dem Querschnitt als sehr hohe Zylinderzellen mit in das Plasma eingesenkten Flimmern. Betrachtet man eine solche Wand von der Flache (Fig. 120), so findet man, daf die zugehérigen Kerne stets in Reihen zu ungefahr sechs oder sieben nebeneinander liegen und lange Stabchen darstellen, in welchen die chromatischen Elemente in Form einzelner Kérnchen in einer Lingsreihe angeordnet sind. Auf Langsschnitten durch die Blutbahnen des Kiemenkorbes (Fig. 119) erkennt man dann deutlich die einzelnen Zellen mit ihren Kernen, die dort, wo die Flimmern sitzen, eine Cuticula ausgeschieden haben. Die Kiemenspalten dehnen sich beim allgemeinen Wachstum der jungen Knospentiere immer mehr aus, An den beiden Winkeln jeder 24 Oswald Seeliger, Spalte, dorsal und ventral, liegt undifferenziertes Zellmaterial, das sich spiater zu den eben beschriebenen Zellformen umgestaltet. In alteren Knospen erfolgt die Neubildung von Kiemenspalten vorwiegend, wenn nicht ausschliefilich an dem hinteren, dem Ver- dauungstraktus nahe liegenden Ende des Kiemenkorbes. Fiihrt man durch diese Region Schnitte, so findet man dicht unter der eben entstandenen letzten Kiemenspalte (Fig. 88, Taf. XXX VII) in der inneren Wand des Peribranchialraumes eine verdickte, aus zylindri- schen Zellen bestehende Region. Es ist das die Stelle, an welcher das Langenwachstum der Wand erfolgt, wahrend das Entoderm am Winkel der hintersten Kiemenspalte wachstumsfahig bleibt. Der Bau des Kiemenkorbes erfahrt aber noch weitere Kom- plikationen. Gleichzeitig mit der Ausbildung der Kiemenspalten erheben sich im Kiemendarm Langsfalten, deren konvexe Seite gegen das Lumen gerichtet ist und welche die ganze Lange der Kiemen durchziehen. In den Figuren 114 u. 116 auf Taf. XXXVI, welche Querschnitte durch cine junge Knospe darstellen, sind die Langsfalten durchschnitten. Fig. 115 giebt den Schnitt durch ein etwas alteres Stadium wieder. Die ziemlich grofen Zellen des Rinnenbodens gehen rasch in die Plattenzellen des Kiemendarmes iiber, welche die innere Begrenzung der Blutbahnen zwischen je zwei Kiemenspalten bilden. Auf Schnitten, die durch die Kiemen- spalte selbst geftihrt sind, erscheinen die Lingsfalten natiirlich als geschlossene Rohren. b) Das Nervenrohr. An dem segmentalen Zerfall des Stolo nimmt auch das pri- mare Nervenrohr teil. Bevor die Trennung erfolgt, findet man bereits (Fig. 14) die proximale Partie erweitert. Bei dem starken Wachstum der Knospe in neuro-hamaler Richtung erscheint sehr bald das Nervenrohr geknickt (Fig. 15) und an seinem distalen Ende stark verjiingt. Die verdickte, proximale Partie hat das Wachstum des Entoderms in der Medianebene neural zu _ beein- trachtigt, so daf es lateralwiirts erfolgen mute. Daher lagert dieser Teil des primaren Nervenrohres, die primare Nervenblase, in einer Furche des Entoderms von dessen Divertikeln seitlich begrenzt (Fig. 16). Schon auf diesem Stadium bemerkt man an der proximalen Wand der Knospe, die spater den Riicken bildet, zu jeder Seite des Entodermrohres ein deutliches Zellrohr, welches an der hamalen Wand beim Geschlechtsstrang beginnt und neural in die primare Neryenblase fiihrt, Diese Gebilde sind durch Aus- Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 625 stiilpung von der Neryenblase aus entstanden, und ich deute Quer- schnitte wie die in Fig. 50, Taf. XXXIV und Fig. 68, Taf. XXXV abgebildeten als den Beginn dieser Bildung. Auf dem folgenden Stadium schwindet der distale verdiinnte Teil des primairen Nervenrohres, der iiber dem spiteren Endostyl verlief, indem er wahrscheinlich ganz in die Nervenblase einbe- zogen wird. Dann findet man (Fig. 17) eine ziemlich umfang- reiche Blase, von welcher hamal zu in einem sehr stumpfen Winkel zwei Réhren ausgehen, welche wie zwei Schenkel den entodermalen Verbindungsgang zwischen zwei benachbarten Knospen umgreifen (Fig. 18). An den hiimalen Enden vereinigen sie sich unterhalb des Entodermrohres, so dal also auf diesem Stadium das Nerven- system nach Art einer Ringkommissur als vollstandig geschlossene Réhre den entodermalen Verbindungsgang zur vorhergehenden Knospe umgiebt. Fiihrt man durch ein solches Stadium Schnitte, so zeigt sich die Nervenanlage durchaus einschichtig. In Fig. 66 ist die Ner- venblase, deren aufere, dem Ektoderm zugekehrte Wand etwas erdfere Zellen besitzt, in Fig. 67 sind die beiden lateralen Schenkel getroften. Noch einige Schnitte weiter hiimal zu findet sich die Verbindung zwischen diesen beiden. Auch in dieser zeichnen sich die Zellen des hiimalen, dem Ektoderm zugekehrten Bodens gegen- iiber den inneren durch bedeutendere Grobe aus (vgl. Fig. 89, Taf. XXXVI). Auf dem wesentlich gleichen Stand findet man das Nerven- system in Fig. 19, nur daf es neuralwirts nicht mehr bis an die iiuferste Stelle der Knospe reicht, sondern von dieser bereits ein Stiick entfernt liegt. Es riihrt dies daher, daf' von nun an die Nervenanlage verhiltnismafig viel schwiicher wachst als der tibrige Kérper. Ein ganz ahnliches Verhiltnis findet sich bei den Salpen- knospen, bei welchen in jungen Stadien die Nervenmasse einen be- trichtlichen Teil der gesamten Korpersubstanz betragt, in alten Tieren dagegen das Ganglion relativ so klein ist, da es von den ersten Beobachtern hat iibersehen werden kénnen. Der weitere Verlauf der Entwicklung charakterisiert sich durch die Bildung des definitiven Ganglions. Wéahrend die beiden seit- lichen Nervenréhren und ihre himale Verbindung immer diinner werden und ihr Lumen verlieren, beginnt die Neuralblase an ihrer ‘iuferen Wand, und wie ich glaube, an einer beschrankten ziem- lich weit nach vorn gelegenen Stelle!) in die primire Leibeshohle 1) Ein Abnliches behauptet auch Jour l. ¢ 626 Oswald Seeliger, hinein Zellen zu sprossen, welche weiterhin das definitive Ganglion bilden. Man sieht in Fig. 21, Individuum II, diesen Vorgang an einem Totalpraiparat, und in Fig. 20 findet man bereits die innere Wand der Nervenblase an der vordersten Stelle in den Kiemen- darm gedffnet. Auf dem in Fig. 110, Taf. XXXVII abgebildeten Querschnitt ist die Stelle getroffen, an welcher die Proliferation stattfindet. Bald dahinter, wo die neurale Blase sich in die beiden lateralen Aste zu gabeln beginnt (Fig. 111), ist das Ganglion scharf von dieser geschieden. Bald darauf findet man das Ganglion ganz getrennt der ur- spriinglichen Neuralblase aufliegend (Fig. 104 u. 112, Taf. XXX VII). Diese letztere gestaltet sich nunmehr zur Flimmergrube um, die in ihrer vordersten in den Kiemendarm gedffneten Region aus Zylinderzellen besteht (Fig. 108) und daselbst oft eingedrungene Fremdkérper zeigt. Der hintere Teil wird zu einer Réhre, deren hinteres, blind geschlossenes Ende nahezu in einem rechten Winkel gegen die Ektodermwand geknickt erscheint (Fig. 21). An der Kriimmungsstelle bemerkt man auf diesem Stadium bereits eine sackartige Erweiterung mit verdickter Wandung, welche das Ho- mologon der sogenannten Hypophysisdriise der Ascidien ist. Das Ganglion selbst stellt dann ein der Flimmergrube gegen- iiber ziemlich machtiges Organ dar, in welchem die auf dem vor- hergehenden Stadium noch durchaus gleichartigen Zellen sich in periphere Ganglienzellen und in zwei Partien zentral gelegener Punktsubstanz differenzieren. An der hinteren und ventralen Seite tritt Pigment auf, wodurch die Entwicklung des Sehorganes sich einleitet (Fig. 113, Taf. XXXVIIJ). Die beiden Lateralstrange haben sich mit dem hintersten Ende des Ganglions verbunden, das bis zum Ende der Flimmergrube reicht, in welches jene Strange urspriinglich ibergingen. Nunmehr stellen sie zwei dorsal verlaufende, machtige Nervenstringe dar, die an ihrem hinteren Ende je eine umfangreiche ganglidse An- schwellung besitzen. In Fig. 116 findet man einen Querschnitt abgebildet, auf welchem diese Nerven getroffen sind. Auf der linken Seite der Figur ist das hintere Ganglion bereits durch- schnitten. Einige Schnitte weiter nach hinten zu trifft man die himale Verbindung zwischen beiden Nervenstiimmen, welche eben- falls ihr Lumen bereits verloren hat und zu einem einfachen quer verlaufenden Strang geworden ist. Die definitive Ausbildung des Neryensystems und Auges am Ganglion hat mich nicht beschaftigt, und ich muf mich auf die Bemerkung beschrinken, daf die tibrigen Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 627 seitlichen Nerven im Gegensatze zu den beiden starken hinteren erst spiter vermutlich vom Ganglion aus entstehen. Zum Schlusse dieser Beschreibung mége noch die Bemerkung Raum finden, daf die gleichen Entwicklungsvorginge bei der Bildung der vier ersten Ascidiozooide stattfinden. Auf einem bestimmten Stadium bemerkt man auch bei diesen die beiden machtigen hin- teren Nervenréhren, die kommissurartig himal vom entodermalen Verbindungsgang mit einander verbunden sind und sich spater in die beiden ersten nach hinten zu verlaufenden Nerven umbilden (Fig. 31), welche durch ihre Machtigkeit autfallen. — Sonach zeigt die Entwicklung des zentralen Nervensystems in den Knospen der Pyrosomen eine vollstindige Ubereinstimmung mit den Vorgingen in der Salpenknospung. Auch bei dieser bilden sich Ganglion, Sinnesorgan und Flimmergrube aus der primaren Nervenréhre des Stolo, wenngleich ich freilich eine Andeutung der sogenannten Hypophysisdriise nicht habe finden kénnen, wenigstens auf den von mir untersuchten Stadien. Wie ich oben bereits er- wihnt habe, ist aus den bisher vorliegenden Angaben iiber die Knospung der Ascidien eine Ubereinstimmung beziiglich der Ent- stehung der gleichen Organe nicht zu entnehmen. Freilich erscheinen Beobachtungsfehler in dieser schwierig zu untersuchenden Frage nicht ausgeschlossen. Interessant ist die Ahnlichkeit der beschriebenen Entwicklungs- yorgainge mit den Prozessen, die sich in der Embryonalentwicke- lung abspielen, woriiber fiir Salpen die genauesten Angaben vor- liegen. Es ist anzunehmen, daf’ auch in den andern Tunikaten- gruppen Flimmergrube und Ganglion sich ahnlich bilden werden. In jungen Salpenembryonen nun finden wir ebenfalls die gemein- same Anlage fiir diese Organe in Form einer Zellblase, die aber im Gegensatze zur primiren Nervenréhre der Knospen aus dem Ektoderm sich herleitet. Der Vorderabschnitt dieser priméren Nervenblase éffnet sich in den Kiemendarm und wird zur Flim- mergrube; der hintere verwandelt sich in Ganglion und Sehorgan. Das Proliferieren des definitiven Ganglions aus der primiren Ner- venrébre in Pyrosomaknospen wird leicht als ein cenogenetischer Vorgang auf jenen zuriickgefiihrt werden kénnen. Fiir die Beurteilung der morphologischen Bedeutung der Flim- mergrube sind diese entwicklungsgeschichtlichen Thatsachen von allergréSter Bedeutung. Es liegt mir hier fern, auf diese in so iiberaus verschiedener Weise beantwortete Frage einzugehen, ohne neue Beobachtungen aus der Embryonalentwicklung der Ascidien 628 Oswald Seeliger, beibringen zu kénnen. Nur die Bemerkung mochte ich nicht unter- driicken, daf die Beobachtungen iiber Salpen und Pyrosomen der JuLry’schen Auffassung !), mit welcher sich seither wohl der gréfere Teil der Forscher befreundet hat, nicht giinstig erscheinen, eben- sowenig wie die bei der Beobachtung des lebenden Objektes ge- wonnenen Befunde, die neuerdings wieder von JOLIET?) vorge- bracht wurden, daf die Flimmerbewegung in diesem Organe gegen die sogenannte Hypophysisdriise und nicht gegen den Kiemendarm zu gerichtet erscheint. Freilich spricht dieses Verhalten nur gegen die physiologische Deutung des zuletzt genannten Organes als Driise, was aber nicht als wesentlich in Betracht kommen kann, wenn es sich nur darum handelt, die Homologie eines Organes festzustellen. Um so schwerwiegender fallen dann aber die entwick- lungsgeschichtlichen Vorgaénge ins Gewicht. Noch in einer andern Beziehung sind die Beobachtungen tiber die Umbildungen des primaren Nervenrohres in Pyrosomaknospen lehrreich: namlich in betreff der sog. Hypophysisdriise selbst. Gegentiber den grofen solitiren Ascidien zeigen sich hier aller- dings nur rudimentére Verhaltnisse; nichtsdestoweniger laft sich da deutlicher, als es bei andern Tunikaten geschehen ist, verfol- gen, wie sich dieses Organ yon der dem Kiemendarm zugekehrten Wand des primaren Nervenrohres resp. der Flimmergrube aus hildet, mit der es ein einheitliches Gebilde darstellt. Es wird zu . untersuchen sein, ob dies Verhalten nicht allgemein fiir Tunikaten giiltig sei. c) Die freien Mesodermzellen. Die in der Stolohéhle zwischen den bisher beschriebenen epi- thelialen Gebilden liegenden Mesenchymzellen haben fiir die wei- tere Entwicklung eine wichtige Bedeutung. Kin kleiner Teil dieser Zellen wird zu Blutzellen. Die- selben werden mit der Leibesfliissigkeit in den als Blutbahnen persistierenden Raiumen der primaren Leibeshéhle bewegt. Zwischen den Kiemenspalten sind die runden, mit deutlichem Kern ver- sehenen Blutzellen leicht nachzuweisen (Fig. 119, Taf. XXXVIJ). Andere Mesenchymzellen erscheinen bald fixiert als echte 1) Cu. Juni, Etude sur Vhypophyse des Ascidies et sur les organes qui l’avoisinent. Bullet. de l’Acad. r. de Belgique, 3™° sér. T. I, Nr. 2, 1881. — Recherches sur Vorganisation des Ascidies simples. Arch. de Biol., Vol. Il, 1881. 2) L. Jour, 1. ¢, p. 80 u. fg. Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 629 Bindegewebszellen und scheiden eine homogene Zwischen- substanz aus, welche in alten Tieren die primire Leibeshdéhle bis auf die Blutbahnen erfillt. Die Bildung von endothelartigen Auskleidungen der gréferen Blutbahnen in alteren Tieren habe ich nicht verfolgt; es ist aber immerhin méglich, daf sich eine solche wird konstatieren lassen, wenn auch freilich nur in beschrankterem Mage als bei anderen groferen Tunikaten. Bei den Salpen konnte ich die Entstehung von Endothelien direkt beobachten und habe friiher bereits eine ausfiihrliche Beschreibung gegeben: ,,Nur ein verhaltnismafig kleiner Teil (von Mesenchymzellen) vereinigt sich zur Bildung von Zell- blattern, die stets endothelartig ein feines Plattenepithel darstellen. Derartige Plattenepithele entstehen gleichzeitig an mehreren Stellen und verbinden sich spaterhin teilweise zu gréferen einheitlichen Zellflachen, weil ihrer Ausdehnung ganz bestimmte Bahnen vorge- schrieben sind, die das AufeinanderstoBen und Verschmelzen her- beifiihren miissen. Eine solche Bildung erfolgt einmal um den Darmtraktus und teilweise um den Hodengang, dann an gewissen Stellen als innere Begrenzung des inneren Cellulosemantels, als Auskleidung yon Blutbahnen und einzelnen Sinus der Leibeshéhle.“ Vie Bildung des Endothels der Blutbahnen erfolgt in ganz ahn- licher Weise (wie das darmumschlingende Endothel), nur scheinen mir die Zellen, wo sie iiberhaupt vorhanden sind, noch feiner zu sein. Am besten lift sich die Entstehung auf Querschnitten durch das Kiemenband erkennen (Fig. 19, Taf. X). Solche Bilder scheinen mir dann auch darauf hinzuweisen, dali die homogene Substanz- schicht, welche zwischen dem Endothel und der dauferen Wand des Kiemenbandes gelegen ist, von den Endothelzellen ausgeschie- den wurde, wahrend dieselben sich aus rundlichen und sternfér- migen Bindegewebszellen zu Elementen eines feinen Plattenepithels umwandelten. (,,Die Knospung der Salpen“, p. 83 u. 84.) In ganz ausgebildeten Tieren habe ich diese Verhaltnisse nicht untersucht, aber in einer soeben erschienenen Abhandlung von Toparo!) wird ausdriicklich ein zusammenhangendes Endothel der Blutbahnen bei Salpa Tilesii und S. bicaudata erwahnt. ,,Dird _ fin @ora che tutti i seni sanguigni, grandi e piccoli, di questi ani- mali, compresi anche quelli che formano le reti a strette maglie, 1) F. Toparo, Sull’ omologia della branchia delle Salpe con quella degli altri Tunicati. Rendiconti d. R. Accad. dei Lincei, Vol. LV, Fasc. 12, 2° Semest., 16. dic. 1888, p. 439, Bd, XXIII, N, F, XVL 4] 630 Oswald Seelige?, hanno una parete costituita da un semplice strato endoteliale di cellule piatte che nella sezione si presentano fusiformi.“ Es erscheint somit VAN BENEDEN’s und JuLin’s Vermutung, da den Tunikaten eine endothelartige Begrenzung der Blutbahnen fehle!), nicht bestitigt, und es sollte mich gar nicht Wunder nehmen, wenn bei manchen grofen, ganz ausgebildeten Formen auch innerhalb der Herzhéhle eine solche sich nachweisen liele. Dann miif£ten allerdings diese Autoren ihre Auffassung iiber den Mangel einer jeglichen genetischen Beziehung des Herzens der Vertebraten und Tunikaten, die ich iibrigens zum Teil aus andern Griinden vollstindig teile, etwas modifizieren. Scheint es doch ohnehin etwas auffallend, wenn sie bei dieser Auffassung die Be- hauptung aufstellen: ,,I] nous parait évident que le courant ventral des Tuniciers est homologue de la portion sous -intestinale de l’appareil circulatoire de l’Amphioxus et des Vertébrés, que le courant dorsal des Tuniciers est homologue de Tensemble des vaisseaux aortiques des Vertébrés et de l’Amphioxus* (1. c. p. 411), gleichzeitig aber die Blutbahnen einer epithelialen Begrenzung entbehren lassen. Eine Homologisierung von Héhlungen des Kér- pers hat aber doch wohl nur dann Sinn, wenn die volle Gleich- wertigkeit der sie umschliefenden Wandungen zugegeben wird, was VAN BENEDEN und JuLIN in diesem Falle fiir Tunikaten und Vertebraten kaum thun werden. An drei Stellen findet man die Mesenchymzellen in gréferer Zahl angehauft. Erstlich am Riicken (Fig. 1, 2 u. 5), wo sie von KEFERSTEIN und Enters?) als lianglicher Zellhaufen be- zeichnet und als ein embryonales Organ aufgefaSt worden sind. In Fig. 1, Ind. IJ, und Fig. 2, Ind. III, sieht man hamal vom entodermalen Verbindungsgang eine Zellgruppe liegen, welche die Anlage desselben darstellt. Spater dehnt sie sich neuralwarts zu aus neben den lateralen Nervenréhren, rechts und links vom Entodermrohr. Einige Zeit nach Schwund dieses letzteren sieht man noch immer im vorderen Abschnitt des Riickens die beiden Teile des dorsalen Mesenchymhaufens unverbunden (Fig. 116, 1) van Benepen et Junin, 1]. c. p. 409. ,,La seule différence que Von constate résulte de |’absence compléte, tout au moins chez cer- tains Tuniciers, peut-étre chez tous, d’un endothélium cardiaque. Mais cette différence perd beaucoup de son importance quand on se rappelle d’une part que tous les vaisseaux sont dépourvus, chez ces Tuniciers, de revétement endothélial ... .“ 2) Kerersrern und Enters, Zoologische Beitrige, Leipzig, 1861, Yur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 631 Taf. XXXVII). Unter den Zellen herrscht sehr reiche Vermehrung, und es scheint auch von dieser Region die Bildung der Blutzellen auszugehen. Man findet in Fig. 87, Taf. XXXVI, einige Teilungser- scheinungen abgebildet und erkennt da deutlich die zellige Natur der einzelnen Elemente, die mit Unrecht geleugnet wurde. In der Héhe des Flimmerbogens liegt jederseits in der pri- miiren Leibeshéhle eine Zellgruppe, welche KerersTEIN und EHLERS als linsenférmigen Kérnerhaufen bezeichnet haben und Huxtey ,,circular cellular patch, probably a renal organ“ nennt. In den Abbildungen auf Taf. XXX und auf dem Schnitt Fig. 103, Taf. XXXVII, erkennt man Form und Lage der betreffenden Zell- gruppe. Die einzelnen Zellen erscheinen bei alteren Tieren durch den gegenseitigen Druck ein wenig polygonal gestaltet. Sie be- sitzen einen deutlichen Kern und sparliches, in zartem Netzwerk verteiltes Plasma. Die Liickenriume sind mit Fettstoffen voll- stiindig erfiillt, die bei Alkoholbehandlung ausgezogen werden, so daf die Zellen in solchen Priparaten ein schaumiges Aussehen haben, wihrend sie in Osmiumpriparaten intensiv dunkel erhalten bleiben. Sehr ahnlich verhalt sich das Gewebe im Elaoblast. Dieser entsteht aus den Mesenchymzellen, welche sich friihzeitig im distalen Abschnitt eines jeden Stolosegmentes rechts und links dem Ektoderm dicht anlegen. Auf den Schnitten Fig. 75—78 sieht man die Elaoblastanlage getroffen. Auf so jungen Stadien fehlen noch die Fettablagerungen in den Zellen. Die beiden seit- lichen Teile wachsen neural und hamal gegen die Medianebene zu, in welcher sie sich vereinigen, so daf der Elaoblast als ein breiter Ring den distalen Darmabschnitt umgiebt (Fig. 18, Taf. XXXI, u. Fig. 64, Taf. XXXV). Lange Zeit erkennt man die mediane Naht. Auf der hamalen Seite findet die Verwachsung nur auf einer kleinen Stelle statt, denn auf der gréferen Strecke bleibt hier der Geschlechtsstrang der Knospe liegen, so dafi die Elaoblasthalften daselbst ziemlich weit voneinander entfernt sind (Fig. 78, 80 u. 81, Taf. XXXVI). In jungen, aber bereits ausgebildeten Tieren besitzt der Elio- blast eine verhaltnismafig sehr betrachtliche Ausdehnung. Wenn spiter die Bildung des Stolo prolifer beginnt, wird er kleiner, indem das aufgespeicherte Nahrmaterial diesem zu Gute kommt, und er- scheint endlich, wenn in alten Tieren der Stolo ganz ausgebildet ist, vollstindig geschwunden. Die Verwertung des Elaoblastmateriales beginnt, wenn die Isolierung der Knospen so weit vorgeschritten 41 % 632 Oswald Seeliger, ist, dafi’ die Ernahrung durch die Blutfliissigkeit vom Muttertiere aus unmdéglich geworden ist. Die Entwicklung der Muskulatur aus den Mesenchymzellen weist ‘einige interessante Verhaltnisse auf. Ich habe die Ent- stehung des Ringmuskels um die Ingestionséffnung und des Kloakenmuskels verfolgt. Um die ektodermale Einsenkung, an deren Basis die Ingestionséffmung zum Durchbruch gelangt, grup- pieren sich friihzeitig Mesenchymzellen zu einem kreisférmigen Zell- strang. Querschnitte durch denselben (Fig. 100, 104, Taf. XXX VII), lassen 5—7 Zellen erkennen, welche fiirs erste von den iibrigen Mesenchymzellen nicht verschieden sind, nur daf sie dichter an- einandergeprefit erscheinen und die Zellgrenzen, wenigstens bei den von mir angewendeten Konservierungsmethoden, nicht nach- weisbar sind. Kin noch jiingeres Stadium dieser Muskelanlage fand ich auf Schnitten durch junge Ascidiozooide, welche als Kette dem machtigen Cyathozooid anhaften und ungefahr dem von KowALEvVsky in Fig. 47 abgebildeten Stadium gleichen. In Fig. 92, Taf. XXXVI, findet man einen solchen Schnitt durch die eben gebildete Ingestionséffnung gezeichnet und sieht den Muskel auf der einen Seite nur zwei, auf der andern drei Zellen stark. An der Peripherie, von welcher sich die Kerne zuriickziehen, treten die Fibrillen auf und erlangen sehr bald eine bedeutende Starke. Sie sind bandartig (Fig. 102) und verlaufen in der Lingsrichtung des Ringmuskels, so daf ihre Kontraktionen die Ingestionséffinung schlieBen, waihrend deren Offnung durch die Elastizitat des auferen Mantels bewirkt wird. Auf einem Querschnitt durch den Muskel erkennt man (Fig. 101), daf die Fibrillenbander von verschiedener Breite sind und an der Peripherie radiar stehen. Die breitesten Fibrillen liegen gegen die Ingestionséffnung zugekehrt, die schmal- sten diesen gerade gegeniiber, dazwischen die iibrigen in konti- nuierlicher Grofenfolge. In der Mitte des Muskels findet man auf zahlreichen Schnitten noch die Kerne der friiheren Mesenchym- zellen neben accessorischen Einschliissen. Es geht aus dieser Darstellung hervor, da’ der Muskel um die Ingestionsdffnung rein mesenchymen Ursprungs ist, in seinem fertigen Bau aber die Charaktere traigt, welche die Briider HEerr- wic!) der Epithel- resp. Mesoblastmuskulatur zuschreiben. Unter 1) Herrwie, Die Célomtheorie, Versuch einer Erklirung des mittleren Keimblattes, Jena 1881. Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 633 den Ascidien ist es mir friiher') bei Clavelina nicht méglich ge- wesen, zwischen den Fibrillen der Langsmuskeln Kerne nachzu- weisen, und ich hatte darauf hin dieselben auch ihrem histolo- gischen Bau nach als Mesenchymmuskeln in Anspruch genommen. Inzwischen haben vAN BENEDEN und Jutry’) die Kerne aufge- funden, und danach scheint es, daf die histologische Beschaffen- heit der Muskeln iiberall die gleiche sei. Demnach bewahrheitet sich im Typus der Manteltiere die so tiberaus bestechende Herr- wia’sche Auffassung nicht, daf’ namlich der histologische Bau des ausgebildeten Muskels auf eine ganz bestimmte Genese schliefen lasse, und umgekehrt. Ganz ahnlich verhalt es sich mit den beiden Muskeln, welche an der auferen Wand der Peribranchialraume, dort wo diese in die Kloake iibergehen, liegen und von denen je einer rechts und links fast iiber den halben Umfang des Tieres sich erstreckt. Die beiden Muskeln liegen in gleicher Hohe (Fig. 103, Taf. XXX VII, ein Schnitt, welcher etwas schrag ausgefallen ist) und wirken ahnlich wie ein Ringmuskel, der in der Medianebene dorsal und ventral unterbrochen ist und demgemifs’ neue Insertionen gewonnen hat. In jungen Tieren stellt jede Muskelanlage einen Strang von Mesenchymzellen dar. Wie der Querschnitt Fig. 105 lehrt, sind seine Kerne starker farbbar als die benachbarten der auferen Peribranchialwand. Es schien mir das wichtig, weil ich a priori aus dem histologischen Charakter des fertigen Muskels eher einen epithelialen Ursprung vermutete. Auf einem folgenden Stadium, Fig. 106 (ein Schnitt, der den Muskel nicht ganz senkrecht traf, weshalb sein Querschnitt eine besonders langgestreckte, elliptische Form zeigt), erkennt man an der Peripherie des Zellstranges ein- zelne Fibrillen, und in jungen ganz ausgebildeten Tieren findet man dieselben bereits viel ansehnlicher geworden, wihrend die in der Mitte gelegenen Kerne kleiner sind als in jiingeren Stadien (Fig. 107). In ganz alten Tieren, namentlich von Pyrosoma gigan- teum, besitzen die Fibrillen eine auferordentliche Machtigkeit und erstrecken sich nahezu bis in das Zentrum des Gesamt- muskels hin. Aus dem Mesenchym nehmen endlich auch Herz und Peri- kardium ihren Ursprung. Das erste Auftreten dieses Organes 1) Die Entwicklungsgeschichte der socialen Ascidien. Jen. Zeitschr. f. Naturw., Bd. XVIII. 2) van Brenepen et Cu. Jutm, Recherches sur la morphologie des Tuniciers, Arch. de Biologie, Vol. VI, 1886. 634 Oswald Seeliger, konnte ich in sehr friihen Stadien bereits beobachten. Wenn der Stolo durch eine Einschniirung in zwei Segmente zu zerfallen be- ginnt (Fig. 14), erscheint am distalen Ende der rechten Peri- branchialréhre der Alteren Knospe hamalwarts ein kleiner Zell- haufen, der sich eine Strecke weit distal zu erstreckt. Beim ersten Auftreten fand ich ihn etwa aus zwanzig Zellen zusammengesetzt. In Fig. 75 u. 76, Taf. XXXVI, sind zwei Schnitte durch die Herz- anlage gezeichnet, aus welchen die vom Peribranchialraume unab- hangige Entstehung aus Mesenchymzellen des Stolo hervorgeht. Auf Schnitten, die noch weiter distal zu gefiihrt sind, findet man die Zellgruppe zwei und figlich nur eine Zelle breit, dem Ento- dermrohre anliegend, aber stets von demselben deutlich geson- dert, so daf ich eine entodermale Entstehung des Herzens, die ich bei Ascidien konstatiert und die bereits vAN BeENEDEN und JULIN und Maurice!) bestatigt haben, fiir ausgeschlossen halten muf. Jetzt tritt sehr bald im Zentrum des kleinen Haufens ein Lumen auf, um welches sofort, beim ersten Auftreten schon die Zellen in einem einschichtigen Epithel angeordnet erscheinen. Die Kerne dieser primaren Herzblase, die sich bereits vermehrt haben, sind etwas kleiner und starker farbbar als die der benachbarten Peribranchialréhre (Fig. 77). Wie sich aus der weiteren Ent- wicklung ergiebt, ist der aufgetretene Hohlraum die Perikardial- hohle. Auf einem fast gleichen Stadium findet man das primare Herzblaschen in den Figuren 62 u. 63 auf Taf. XXXV, in welchen das proximale Ende derselben durchschnitten ist, das sich zwischen Peribranchialraum und Darm einschiebt. Weiterhin streckt sich das Blaschen, das auf der rechten Seite des Kiemendarmes gelagert bleibt, betrachtlich in die Lange und gewinnt etwa birnférmige Gestalt (Fig. 21, Individuum IJ). In Fig. 78, Taf. XXXVI, ist ein Langsschnitt durch dieses Stadium abgebildet, aus welchem man erkennt, dafi die dem Darm noch immer mit konvexer Flache zugekehrte Wand aus gréferen Zellen besteht als die dauffere. Das distale Ende des rechten Peribran- chialraumes legt sich dicht an den proximalen Saum des primaren Herzblischens an (Fig. 79) und tiberdeckt es bereits an manchen Stellen. Auf diesem Stadium kénnte man leicht versucht sein, das Herzblaschen fiir einen abgeschniirten Teil des Peribranchial- raumes zu halten. 1) Mavrice, Etude monographique d’une espéce d’ascidie com- posée, Liége, 1888, p. 254. Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 635 Der Schnitt Fig. 80, der einem Stadium entstammt, das dem Individuum III in Fig. 2 nahezu gleicht, zeigt das Organ bereits bedeutend vergréfert und giebt eine deutliche Vorstellung iiber die dasselbe zusammensetzenden Zellformen. Der Schnitt hat die ganze Endfliche getroffen, in welcher die grofien Kerne auf- fallen. Das primaire Herzblaschen gelangt allmahlich bei der Ver- sroBerung des Kiemendarmes an die hintere Wand desselben und dorsal vom Endostylfortsatz, waihrend es anfanglich seitlich lag. Die dem Kiemendarm zugekehrte Wand beginnt sich jetzt gegen die entgegengesetzte einzustiilpen (Fig. 82). Dieser Prozef schreitet rasch vor, und sehr bald ist ein Doppelrohr gebildet, das der hinteren Kiemendarmwand dicht anliegt, in seiner Medianebene aber einen Spalt besitzt, an welchem déufere und innere Schicht ineinander iibergehen (Fig. 81 u. 83). Die aufere Schicht, die aus Plattenzellen besteht und welcher der Elaoblast dicht anliegt, ist das Perikardium; die innere, die nach Art eines echten Muskel- epithels Fibrillen bildet, ist der Herzschlauch. Schon in jungen Tieren sind die beiden Rander einander sehr genihert, jedoch nicht so dicht, daf nicht Blutkérperchen hindurchtreten kénnten. Dadurch aber, dafi das Herz der hinteren Kiemendarmwand dicht anliegt, wird durch diese der Austritt des Blutes verhindert. Nur an zwei Stellen, den Ostien, bleibt der Spalt unverschlossen, durch welche dann die Blutein- und Ausfuhr aus der Herzhéhle in die Liickenraume der primaren Leibeshéhle und umgekehrt erfolgen kann. Besondere Gefalie gehen, wenigstens in jiingeren Tieren, vom Herzen nicht aus, sondern das Blut zirkuliert in den Liickenrau- men, welche zwischen dem spirlichen Bindegewebe von der pri- miren Leibeshéhle noch iibrig geblieben sind. Im Kiemenkorbe sind allerdings auf die oben beschriebene Art und Weise durch Faltungen des Kiemendarmes und der inneren Peribranchialwand regelmafig verteilte Blutbahnen geschaffen, welche, wenigstens in iingeren Knospen, yon Epithel begrenzt sind. Spéater aller- dings scheinen diese weiten Bahnen durch ein zartes Bindegewebe yon homogener Zwischensubstanz und sparlichen Kernen an vielen Stellen eingeengt zu werden, so da auch da die Blutbahnen einer geschlossenen epithelialen Begrenzung entbehren. Die eben beschriebene Entwicklungsweise des Herzens in Pyro- somaknospen stimmt in allen wesentlichen Punkten mit den Vor- gingen iiberein, wie ich sie bei der Salpenknospung beobachtet 636 Oswald Seeliger, habe, mit dem einzigen Unterschiede, dafi sich da, wie ich glaubte, das primaire Herzblaschen von einer der beiden Peribranchialréhren (Seitenstrange) aus bildet. Auch zwischen Knospung und Embryonalentwicklung der Pyro- somen scheint Ubereinstimmung zu herrschen, da sich nach den Untersuchungen von KOWALEvSKY im Cyathozooid das Herz und Perikardium ebenfalls aus einem Mesenchymzellhaufen entwickeln sollen. Bemerkenswerte Unterschiede treten aber zu Tage, wenn wir die Vorginge aus der Entwicklung der Ascidien mit der der Pyro- somen und Salpen vergleichen. In Knospen und Embryonen der Ascidien entsteht das Herz entodermal, aber verschieden in den beiden Entwickelungsweisen. In den Embryonen sind es zwei solide entodermale Wuche- rungen, welche sich spater aushéhlen und zu einem unpaaren Raum, der ersten Anlage der Perikardialhohle, verschmelzen. Dazu kommt ein von vAN BENEDEN als Epikardium bezeichnetes Gebilde, welches in jiingeren Stadien die paarige Kommunikation der Peri- kardialhéhle mit der Kiemendarmhoéhle vermittelt, spater vom Herzen sich abtrennt und ein selbstindiges Organ darstellt, das zwischen diesem und dem Darmtraktus gelegen ist und den me- dianen Spalt der Herzhéhle, die Herzraphe, verschlieft. In den Kiemendarm miindet das Epikardium durch zwei Offnungen, nach ' hinten zu stellt es einen einheitlichen Raum dar, der sich rasch verjiingt, bis schlieSlich die Wandungen als zwei dicht aneinander- gepreBte Lamellen den hintersten Leibesabschnitt durchziehen. Ich habe dieses Organ auf jiingeren Stadien bei Clavelina be- schrieben und abgebildet (Die Entwicklung der socialen Ascidien, Jen. Zeitschr. f. Naturw., XVIII, Fig. 44, 45, 47, 56), konnte aber die Bedeutung desselben fiir die Knospung nicht erkennen, da ich, wie ich in meiner damaligen Arbeit ausdriicklich betonte, die aus dem Ei entstandene Solitairform niemals zur ungeschlecht- lichen Vermehrung sich anschicken sah. Dies haben aber vAN BENE- DEN und JULIN beobachtet, und sie geben an, daf aus diesem entodermalen Epikardium das Entodermrohr der Knospen sich bilde, da’ es also bei der ungeschlechtlichen Vermehrung dieselbe Rolle spiele wie der Endostyl- oder Entodermfortsatz der Pyrc- somen und Salpen. Jedoch zeigt sich hier ein bemerkenswerter Unterschied. Der Entodermfortsatz der Ascidien, das Epikardium, liegt namlich dorsal vom Herzen, zwischen diesem und dem Verdauungstraktus ; Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 637 der der Pyrosomen dagegen ventral vom Perikardium, zwischen diesem und der auferen ektodermalen Leibeswand. Bei Ascidien legt sich der Entodermfortsatz dicht an die dorsale Wand des Perikardiums an und verschlieft somit den auferst schmalen Spalt der Herzhéhle, an welchem die endothelartige Wand des Perikar- diums in das Muskelblatt der Herzwandung sich umschligt, um nur vorn und hinten an je einer Stelle den Ein- und Austritt des Blutes zu erméglichen. Bei den Pyrosomen wird dieser Spalt durch die hintere Wandung der Kiemendarmhohle selbst ver- schlossen, was sich aus der eben erwahnten Lagerung des Herzens und Endostylfortsatzes ergiebt. Es tritt somit bei den Pyrosomen die ausschliefliche Bedeutung dieses Gebildes als Entodermbildner fiir den Stolo scharf hervor. In den Ascidienknospen liegen, wie vAN BENEDEN und JULIN auseinandergesetzt haben, die Verhaltnisse beziiglich der Herz- bildung ganz anders als in Embryonen. Der Entodermfortsatz oder das Epikardium der solitiren aus dem Ei stammenden Form geht als eine aus zwei dicht aneinandergepreften Lamellen von Plattenzellen bestehende Scheidewand in die Stolonen hinein. An gewissen Stellen in diesen entstehen die Knospen, deren Entoderm von den Entodermlamellen des Stolo geliefert wird, die wiederum ein Lumen zwischen sich gewinnen und deren Plattenzellen dic mannigfachsten histologischen Umbildungen zu Zylinderzellen, ku- bischen Elementen u.s. w. erfahren. Aus dem aufersten distalen, in die Knospen iibertretenden Entoderm wird der Kiemendarm, der als besondere Ausstiilpung den Verdauungstraktus _ bildet. Aus dem proximalen, der die Verbindung zwischen Kiemendarm und Entodermlamellen im Stolo herstellt, entsteht das Herz. Und zwar ist die Perikardialhéhle ebenso wie in Embryonen ein von der Entodermhéhle abgeschniirter Teil, der sich nach hinten zu verjiingt und schlieSlich schwindet, weil Herz- und Perikardial- wand, die ihn begrenzen, zu zwei dicht aneinandergeprefiten La- mellen werden, um die Scheidewand zwischen den beiden Blut- bahnen in den Stolonen zu bilden. Die Herzhéhle dagegen ist, wie tiberall bei den Tunikaten, ein besonderer Raum der primaren Leibeshohle. Die bisherigen Angaben beziiglich der Bildung des Herzens in den Embryonen der iibrigen Tunikatenordnungen lassen sich an Genauigkeit mit denen iiber Ascidien nicht vergleichen, und so wird sich spater wohl iiberall Gleichheit der Vorgainge heraus- stellen. Es besteht also nur Verschiedenheit beziiglich der Herz- 638 Oswald Seeliger, bildung in Knospen und in Embryonen der Ascidien, dann aber allerdings auch in der Knospung der verschiedenen Tunikaten- gruppen, welche sich itiberhaupt durch eine bedeutende Variabilitat auszeichnet. Daf das Mesoderm in Pyrosoma- und Salpenknospen Herz und Perikardium bilden kann, die in der Embryonalentwickelung anderer Tunikaten, speziell der Ascidien, dem inneren Blatte ihre Entstehung verdanken, wird uns jetzt nicht mehr Wunder nehmen kénnen, nachdem wir gesehen haben, daf auch noch andere Organe in der ungeschlechtlichen Vermehrung diesem Blatte ent- stammen, obwohl sie sonst aus anderen Embryonalblattern ihren Ursprung nehmen. Es werden diese Thatsachen im nachsten Ka- pitel ihre befriedigende Erklairung finden. Fiir die verschiedene Genese jenes Organes aber bei Ascidienknospen einerseits, den Knospen von Pyrosoma und Salpen andrerseits gilt dies freilich nicht. Jedoch sind solche Befunde iiber Verschiedenheiten in der ungeschlechtlichen Vermehrung verschiedener Klassen eines Typus immerhin noch viel weniger auffallend als die neueren Angaben iiber die Entstehung des Selachierherzens, das allerdings mit dem der Tunikaten nicht homologisiert werden darf. Rickert!) hat neuerdings eine Anzahl Selachier daraufhin untersucht und gefun- den, daf} das Herzendothel sowohl entodermalen als mesodermalen Ursprungs sein kann; ja er nimmt sogar an, dal’ Zellen aus beiden Keimblattern zusammentreten kénnen, um, nachdem sich ihre histo- logischen Verschiedenheiten ausgeglichen haben, gemeinsam zur einheitlichen Bildung des Herzendothels beizutragen. d) Der Geschlechtsstrang. Der einem jeden Segmente zukommende Teil des Geschlechts- stranges ist fiir die ungeschlechtliche Vermehrung der Pyrosomen von eminenter Bedeutung, denn er lait sowohl den Zwitterapparat entstehen als auch das gesamte Mesoderm aller spateren Knospen, welche das Tier weiterhin noch hervorbringen kann. In Fig. 14—19, Taf. XXXI, erkennt man, wie der Geschlechts- strang, der anfanglich die ganze hamale Basis des Segmentes ein- genommen hat, an das distale Ende desselben riickt. Wahrend dieses Vorganges wachst die friiher bereits erkennbare Eizelle und 1) Ricxert, Uber die Entstehung der endothelialen Anlagen des Herzens und der ersten Gefafsstimme bei Selachier-Embryonen. Biolog. Centralblatt, Bd. VIII, 1888, Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 639 erscheint allseitig von den tibrigen indifferenten Zellen des Stranges umgeben. Rechts und links, neural und hamal vom Ei liegen diese nur in einer Schicht, proximal und distal aber sehr zahl- reich. Es bestitigt das auch der in Fig. 86, Taf. XXX VI, abgebildete Querschnitt durch das Ei des Geschlechtsstranges aus einem Sta- dium, das zwischen den in Fig. 17 u. 19, Taf. XX XI, abgebildeten in der Mitte steht. Schon friiher lésten sich an der Peripherie des Geschlechtsstranges einzelne Zellen los, um als freie Mesoderm- zellen die Héhlungen des Stolo zu durchwandern und zu Blut- und Bindegewebszellen zu werden. Es ergiebt sich das aus den schon oben angezogenen Schnitten Fig. 55 u. fg. Namentlich der proximal von der Eizelle gelegene Teil der indifferenten Zellen des Geschlechtsstranges ist in Auflésung begriffen, wie das Fig. 20 beweist, wenn man dieselbe mit jiingeren Stadien vergleicht. Ich nehme an, daf aus diesen Zellen der dorsale Mesenchymzellhaufen sich bildet, der sich dann freilich, wie wir oben gesehen haben, selbstaindig vergréfert, indem seine Zellen in reger Teilung be- eriffen sind. Von solchen Zellen leiten sich wohl auch die Zell- strange her, die zu beiden Seiten des Entodermfortsatzes gelegen sind und von denen der rechte bis dicht an das Perikardium hin reicht (Fig. 81, Taf. XXX VImz,). Ich habe bereits oben, bei Beginn der Besprechung der Knospung, dieser Mesenchymstrange Erwah- nung gethan. In dem distalen Teil des Geschlechtsstranges findet man oft schon frihzeitig neben den indifferenten Zellen solche, welche durch den grofen, blaschenformigen Kern sich als Eizellen zu erkennen geben (Fig. 22) und, wie die weitere Entwicklung lehrt, in der That zum Teil zu Eiern werden. Diese jungen Eizellen liegen dann stets im Zentrum des distalen Teils des Geschlechts- stranges. Auf einem folgenden Stadium (Fig. 24) erkennt man, daf der Geschlechtsstrang sich in zwei Teile geteilt hat, die durch eine lose Zellreihe noch miteinander in Verbindung stehen. Es halt nicht schwer, alle méglichen Zwischenstadien vom noch einheit- lichen Geschlechtsstrang bis zur voélligen Teilung aufzufinden. Da- durch ist der distale Abschnitt bis dicht an den Endostylfortsatz herangekommen, waihrend der proximale mit dem Ei an der alten Stelle geblieben ist. Ich habe durch solche Stadien Liingsschnitte angefertigt und einen derselben in Fig. 85, Taf. XXXVI, abgebildet, welcher den Vorgang des Zerfalls in die beiden Teile klar vor Augen fiihrt. Der proximale Abschnitt bleibt im Muttertiere zuriick 640 Oswald Seeliger, und bildet den Zwitterapparat, der distale wird zum Mesoderm des Stolo. Die Bildung des Geschlechtsapparates geht in der bereits durch Huxtey bekannt gewordenen Art und Weise vor sich, so daf ich nur einiges hinzuzufiigen habe. Wahrend die Eizelle be- deutend wachst, wobei sie stets von einem Follikel umgeben bleibt, beginnen die Zellen an einer proximal und links vom Ei gelegenen Stelle durch lebhafte Teilung sich rasch zu vermehren, so daf ein in die Leibeshéhle hineinragender Zellhaufen gebildet erscheint (Fig. 84). Dieser ist die Anlage des Hodens und riickt sehr bald zur Linken neben das Ovarium. Im jungen Hoden kann man bereits zwei Partien unterschei- den (Fig. 3): eine zentrale, aus ganz gleichartigen Zellen zusam- mengesetzte und eine periphere, die nach Art eines Follikels jene mehr oder minder dicht umhiillt. Von der peripheren Schicht bildet sich friihzeitig, wenn deren Zellen noch fast kubisch sind, der Samenleiter (Fig. 6 s/), und zwar von der der Eizelle zuge- kehrten Seite aus. Sein Lumen ist anfangs nur sehr fein (Fig. 45, Taf. XXXIV), wird aber spiater recht ansehnlich, nachdem sich der Kanal in die Kloake geéffnet hat. Der sich weiterhin miachtig vergréfernde Hoden treibt das ektodermale Hautepithel buckelférmig vor sich her (Fig. 10, Taf. XXXI), so daf er fiiglich (Fig. 15) in eine sackartige Ausstiil- pung zu liegen kommt. Dabei zerfallt die urspriinglich fast kuge- lige Anlage in eine Anzahl von Lappen, die aber samtlich von der zu einem zarten Plattenepithel gewordenen peripheren Schicht umhiillt werden und an der dufSeren Seite miteinander in Ver- bindung stehen, so daf der Samenleiter als gemeinsamer Ausfiih- rungsgang bestehen bleibt. Die Bildung der Spermatozoen aus den Zellen der urspriinglichen zentralen Partie der Hodenanlage erfolgt, soweit ich gesehen habe, in der gleichen Weise wie bei Salpen, so daf ich auf die friiheren Mitteilungen iiber diese ver- weisen kann. Die Veranderungen, die das Ei mit seinen peripheren Zellen bis zur Reife zu durchlaufen hat, sind nur unbedeutend. Die letzteren bilden sich zu einem durchaus einschichtigen Follikel um, dessen Zellen immer mehr zu Plattenzellen werden. Nach vorn zu, dort ungefahr, wo die nunmehr abgetrennte distale Partie des Geschlechtsstranges lag, erheben sich die peripheren Zellen friihzeitig schon, bevor sie den ausgepragten Charakter der Follikel- zellen tragen, zur Bildung des zuerst ganz kurzen Eileiters. Sein Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 641 vorderes Ende gelangt an die Kloakenwand (Fig. 42, Taf. XXXIV) und durchbricht dann dieselbe. Man erkennt aus der eben er- wahnten Abbildung, daf’ Ovarium und Hoden auf diesem Stadium median noch innig miteinander verbunden sind. Der Eileiter, der sich seiner Genese entsprechend in den Follikel fortsetzt, besitzt an seinem dem Ei zugekehrten Ende ein richterformig erweitertes Lumen (Fig. 10 u. 15, Taf. XXXII). Wie schon KowWALEysky beobachtete, findet man hier friihzeitig Sper- matozoen, die yon einem fremden Tiere herriihren miissen, weil zu dieser Zeit der eigene Hoden noch nicht reif geworden ist. Exzentrisch, diesem Ende geniihert liegt das Keimblischen des Kies. Noch muf ich auf ein nicht uninteressantes Verhiltnis auf- merksam machen, das man gelegentlich beobachten kann. Man begegnet nimlich des 6fteren zwei Eiern innerhalb desselben Follikels (Fig. 40, Taf. XXXIV). Ich glaube, daf spiter das eine da- yon, und zwar das dem Eileiter gegenitiberliegende, eine Riickbildung erfahrt. Denn ich habe niemals die Entwicklung von mehr als nur einem Ei zum Cyathozooid in einem Tiere gesehen. Auch noch auf weiter vorgeschrittenen Stadien sieht man gar nicht selten neben dem eigentlichen Ei ein zweites kleineres (Fig. 15, Taf. XXXI). Ich habe anfanglich gemeint, daf dieses letztere eben- falls entwicklungsfihig sei und in einer spateren Lebenszeit des Tieres befruchtet wiirde, wenn das andre Ei die Entwicklung be- endigt hatte. Jedoch konnte ich mich davon nicht iiberzeugen und muf es demnach fiir vollstandig richtig halten, dai jede Pyrosoma iiberhaupt nur ein einziges Ei zur Entwicklung bringt. Was fiiglich den distalen Teil des Geschlechtsstranges anbe- langt, so riickt dieser an die dorsale und hintere Seite des Endo- stylfortsatzes dicht heran und bildet den Keimstrang (ms in Fig. 1, Individuum III), den wir am KEingange dieser Darstellung als Ursprung fiir das gesamte Mesoderm des Stolo kennen gelernt haben. : Aus dieser Darstellung der Entwicklung des Geschlechts- stranges ergiebt sich mit vollster Sicherheit die Entstehung des Zwitterapparates eines Tieres und des Mesoderms seiner Knospen aus einer gemeinsamen Anlage. So findet auch die auferordent- liche histologische Umbildungsfahigkeit des Knospenmesoderms ihre Erklarung. Denn als einem Teil des urspriinglichen Ge- schlechtsapparates mu seinen Zellen die Fiihigkeit innewohnen, 642 Oswald Seeliger, einen vollstindigen Organismus und somit auch alle Gewebe aus sich hervorgehen zu lassen. Hier bei Pyrosomen und Salpen aufert sich diese Fahigkeit nur in beschrankterem Make in der Bildung des Nervensystems, des Herzens, der Peribranchialwande, der Muskulatur, des Binde- gewebes und des Elaoblastes. Es erklart sich aber weiter auch das gewif eigentiimliche Verhaltnis, das kein urspriingliches sein kann, daf naimlich eine jede Pyrosoma nur ein einziges Ki zur Entwicklung bringt, weil ja der tbrige Teil des urspriinglichen Geschlechtsapparates als Mesoderm in den Stolo tbergeht. Etwas anders liegen die Verhaltnisse bei den Salpen, die sich bekanntlich durch die typische Form des Generationswechsels aus- zeichnen, indem die aus dem befruchteten Ei entstandene Solitar- form als sogenannte Amme sich ausschlieflich ungeschlechtlich durch Knospung eines Stolo prolifer vermehrt, wahrend die durch ungeschlechtliche Zeugung entstandenen Kettensalpen als Zwitter- tiere sich nur geschlechtlich fortpflanzen und durch einen mehr oder minder tief gehenden Dimorphismus gegentiber den Ammen ausgezeichnet erscheinen. Phylogenetisch hat sich diese cyklische Entwicklung in der Weise eingeleitet, daf nicht nur, wie es bei Pyrosomen der Fall war, ein Teil, sondern der gesamte Ge- schlechtsapparat der Solitarform als Mesoderm in den Stolo pro- lifer tiberging, so daf diese anscheinend jeglicher Geschlechts- organe entbehrte, weil sie in ihrem Inneren keine Sexualzellen zur endgiiltigen Reife und Entwicklung bringen konnte. Da gegen- wiirtig wohl in den meisten Fallen, wenn nicht in allen, der Uber- tritt in die Stolohéhle auf einem histologisch noch fast indifferenten Stadium erfolgt, lief sich auch bei dem Studium der Salpen- knospung der Nachweis nicht fiihren, daf’ das Mesoderm des Stolo nichts weiter sei als der in ganz bestimmter Weise verwertete Geschlechtsapparat der urspriinglich noch ausschlieBlich geschlecht- lich sich fortpflanzenden Solitarform, und man muBte sich be- gniigen, ein indifferentes, embryonales Mesoderm zu konstatieren. Freilich erscheint es stets als nicht einwandsfrei, wenn man sich genétigt sieht, ein solch’ embryonales Material, das in einem tierischen Organismus zu verschiedenen weiteren Bildungen ver- wertbar bliebe, anzunehmen. Daf der Geschlechtsstrang des Stolo und der Geschlechts- apparat des Muttertieres gleichen Ursprungs sind, haben bereits Huxtey und Kowatevsky erkannt. Und als ob es fiir die andern Gebilde des Stolo noch weiterer Beweise als die bisher von mir Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 643 gegebenen bediirfte, fanden sich unter den iiberaus zahlreichen Praparaten, die ich untersuchte, eine Anzahl von MifSbildungen, welche eben durch die beschriebene Art der Stoloentwicklung ihre Erklirung finden. Ich verweise in dieser Beziehung zunachst auf Fig. 26, Taf. XXXII, welche einen jungen Stolo darstellt, in welchem inmitten des Nervenrohres eine deutliche Eizelle liegt. Dieselbe gleicht denjenigen im Geschlechtsstrang vollkommen, so dafs’ das Nerven- rohr, in welchem tibrigens kein Lumen nachweisbar ist, jenem ganz iihnlich erscheint. Ich brauche wohl nicht erst besonders zu be- tonen, dafi in diesem Falle etwa von Parasitismus ebensowenig die Rede sein kann wie von Verwechslung mit einer vorzeitig sich ent- wickelnden Ganglienzelle im primaren Nervenrohr, welch’ letzterer Fall tibrigens von vornherein noch viel auffallender wire, wenn man die oben gegebene Darstellung der spiten Entwicklung des definitiven Ganglions in Erwagung zieht. Wenn wir uns dagegen an die oben gegebene Beschreibung der Entstehung des Nervenrohres aus dem distalen Teil des Ge- schlechtsstranges des Muttertieres, aus dem Keimstrange fiir den Stolo, erinnern und an das gelegentliche friihzeitige Auftreten von mehreren Eizellen in demselben (vgl. Fig. 22 auf Taf. XXXII), so findet jene Mifbildung ihre yolle Erklarung. Ich habe auch junge Ketten im Alter der in Fig. 20 abge- bildeten gesehen, in welchen im Nervenrohr des proximalen Seg- mentes eine gréfere Anzahl von Eiern lagen, so daf ohne Kenntnis der Lagebeziehung dasselbe vom wirklichen Geschlechtsstrang kaum zu unterscheiden gewesen wire. Dann fand ich auch im distalen Tier auf der himalen Seite Eizellen (Fig. 25), welche sich ver- mutlich aus den freien Mesodermzellen, die ja dem Geschlechts- strange entstammen abnormerweise entwickelt hatten. Ill. Die Bildung des Pyrosomastockes. Der ausfiihrlichen Beschreibung, die ich iiber den fortgesetzten Knospungsvorgang in dlteren Stécken gegeben habe, méchte ich einige Bemerkungen iiber das erste Auftreten der Knospen an den vier ersten Ascidiozooiden des Stockes hinzufiigen. Meine diesbeziiglichen Beobachtungen sind, wie sich aus der Schwierigkeit der Beschaffung des Materials erklirt, nur unvollstindig. Die ungeschlechtliche Vermehrung beginnt bei den vier ersten 644 Oswald Seeliger, Ascidiozooiden sehr friihzeitig. Wenn noch das Cyathozooid an Masse die Ascidiozooide um ein Mehrfaches iibertrifft und vorn und hinten iiber diese hinausragt (etwa der KowALevsky’schen Figur 47 entsprechend), ist zu jeder Seite der Entodermfortsitze, durch welche die einzelnen Individuen miteinander zusammen- hangen, je ein kurzer Mesodermzellstrang auf geeigneten Schnitten anzutreffen. Auf dem Langsschnitt durch das auferste Individuum einer solchen Kette, der der rechten Kérperhalfte, aber in unmittel- barer Nahe der Medianebene, angehért, erkennt man (Fig. 90) an der Spitze des Entoderms einen mesodermalen Zellhaufen, der sich bis dicht zum Perikardium verfolgen laSt. Auf dem folgenden Medianschnitt ist er nicht mehr zu sehen, und das Entoderm reicht hier bis an das ektodermale Hautepithel heran (Fig. 91). Fiihrt man durch solche oder nur wenig weiter entwickelte Stadien Schnitte senkrecht auf den Endostylfortsatz, so findet man, ganz abnlich wie bei den spateren Knospengenerationen, jederseits bereits die Peribranchialréhre gebildet. In Fig. 95 (Taf. XXXVI) sind diese Verhiltnisse gezeichnet, die nach den friiheren Beschreibungen ohne weiteres verstiindlich sein miissen. Die Roéhren lassen sich nur auf wenigen Schnitten verfolgen und verlieren proximal zu sofort ihr Lumen. Man findet dann 2—3 dicht nebeneinander liegende Zellen auf dem Querschnitt (Fig. 96, rechts), die mit keinem Organe des Tieres im Zusammenhange stehen. Ich mul daher annehmen, daf diese Gebilde aus Mesen- chymzellen, wie sie tiberaus zahlreich die primare Leibeshoéhle durchsetzen, zusammengetreten sind. AuSerdem findet man um den Endostylfortsatz zahlreiche Mesenchymzellen, die aber iiberall einzeln oder zu Gruppen von zwei bis drei vereinigt erscheinen und teilweise mit Dotterplattchen, die dem in Riickbildung begriffenen Dotter des Cyathozooids ent- stammen, beladen sind. Von der Anlage des Nervenrohres der kommenden Knospen ist auf diesem Stadium noch nichts zu sehen. Fiihrt man daher Schnitte durch die dufersten Entodermfortsatze, die stets ein proximales Ascidiozooid mit dem nachfolgenden distalen derselben Kette verbinden, so findet man das Entoderm- rohr bis an das Ektoderm dicht heranreichend und nur hamal und neural davon einige Mesenchymzellen (Fig. 97). Das sieht man auch leicht an geeignet orientierten Totalpraparaten, an denen man dann bei Einstellung des Tubus auf weiter proximal zu ge- legene Regionen zunichst rechts und links vom Endostylfortsatz den Elaoblast dicht anliegend (Fig. 30, Taf. XXXIII), und dann Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 645 zwischen diesen eine kurze Strecke hindurch die Peribranchial- rohren wahrnehmen kann. In Fig. 31 und 32, Taf. XXXII, sieht man die Verbindungsginge zwischen den Ascidiozooiden bereits réhrenférmig in die Linge gezogen, und wenn spater bei vollstindiger Riickbildung des Cya- thozooids die endgiiltige Lagebeziehung der vier ersten Ascidio- zooide gewonnen ist (vgl. KowaLrysky, Figur 56), sind dieselben zu Rohren geworden, deren Entoderm das Lumen 4hnlich einer Scheidewand quer durchsetzt und deren Linge der Breite eines Tieres entspricht. Spiter erfolgt die Riickbildung dieser Réhren, die man aber lange Zeit an den Seiten und auferhalb der Ascidiozooide im iuferen Cellulosemantel der jungen Kolonie beobachten konnte. Gleichzeitig erheben sich jedoch an der hinteren ventralen Spitze aller vier Ascidiozooide, dort wo die Verbindungsréhre ausgeht, die Knospen, zu denen bereits in jiingeren Stadien das Material bereit lag. Wenn man namlich die duferste Spitze des jungen am distalen Ende der Kette gelegenen Ascidiozooids betrachtet (Fig. 28 u. 29, Taf. XXXIII), so sieht man, dafi dorsal vom Ento- dermfortsatze dem Ektoderm eine mesodermale Zellenmasse dicht anliegt. Das Gleiche kann man. auch auf den mittleren Individuen der Kette sehen (Fig. 32). Dieselbe spielt bei der weiteren Knospung die niimliche Rolle, wie der Keimstrang (ms, Taf. XXX), den wir bei der Beschreibung der spateren Knospengenerationen in alteren Kolonien kennen gelernt haben. Nur habe ich das Eine nicht ganz sicher feststellen kénnen, ob die Geschlechtsorgane der vier ersten Ascidiozooide wirklich aus den Zellen entstehen, die wenig zahlreich weiter dorsalwarts zu sehen sind. Jedenfalls aber bilden sie sich aus Mesenchymzellen, die in jiingeren Stadien mit Blut- und Bindegewebszellen identisch sind und erst durch die bestimmte Lage zur Ausbildung von Propaga- tionszellen geeignet werden. Von diesen Geschlechtsorganen der vier ersten Ascidiozooide leiten sich, wie wir kennen gelernt haben, die Fortpflanzungszellen aller folgenden Knospengenerationen im Stocke direkt ab, so da’ schon im Momente der Entstehung die junge Knospe die Anlage ihrer Fortpflanzungsorgane in Gestalt eines Mesenchymzellhaufens besitzt, der allerdings noch mannig- fache Verainderungen durchzumachen hat. Bei den Ascidienknospen entstehen die Geschlechtsorgane in ganz ihnlicher Weise aus Mesenchymzellen, die den Blut- und Bindegewebszellen yollkommen gleichen, Oft sind die Kizellen Bd, XXIII, N. F, XVI 42 646 Oswald Seeliger, bereits in ganz jungen Knospenanlagen zu unterscheiden, in denen die drei Keimblatter noch keine besonderen Organe zur Ent- wicklung gebracht haben (Didemnium), oft erst sehr spit, wenn die dreiblatterige Knospenanlage bereits ganz in die Tunikaten- form iibergefiihrt erscheint (Clavelina). Ich habe diese Ent- stehungsweise des Eierstockes schon vor Jahren beschrieben *), und es gereicht mir zu um so gréferer Genugthuung, da van Br- NEDEN und JULIN in dieser Frage zu gleichen Resultaten gelangt sind, als ein in der Entwicklungsgeschichte erfahrener Forscher seinerzeit meine Angaben in sehr bestimmter Weise zuriickgewiesen hatte, ohne eigene Beobachtungen vorzubringen. Bei den Ascidien teilt sich die einheitliche Anlage der Ge- schlechtsorgane in zwei Blischen, deren eines zum Hoden, deren anderes zum Ovarium wird. Auch bei Pyrosomen fanden wir einen ganz ahnlichen Vorgang, nur daf da die Hohlriume inner- halb der beiden Anlagen, mit Ausnahme natiirlich der sich erst spater bildenden Ei- und Samenleiter, in allerbeschrinktestem MaSe und im lebenden Objekte vielleicht gar nicht auftreten. In letzter Instanz leiten sich die den Genitalapparat bildenden Mesenchymzellen der Ascidien wie alle andern von den beiden seitlichen Mesoblaststreifen des Embryos, durch deren Auflésung sie entstanden sind, ab. Dies veranlaite vAN BENEDEN und JULIN zu der Annahme, daf die Héhlungen in den Geschlechtsorganen einen Teil der enterocélen Leibeshéhle der Tunikaten darstellen, welche mit der des Amphioxus und der hypothetischen Protochor- daten homolog sei. Man wird sich aus mehreren Griinden gegen eine solche Auffassung erkliren kénnen. Ich méchte nur darauf hinweisen, dafi man mit derselben Berechtigung, vom rein morpholo- gischen Standpunkte aus, dann auch die vom Endothel ausgeklei- deten Blut- und Lakunenriume, welche man allgemein und mit Recht der primiren Leibeshéhle zurechnet, einer sekundiren en- terocélen Leibeshéhle vergleichen mii8Ste, denn sie entstehen aus Mesenchymzellen, die denen, welche die Geschlechtsorgane bilden, in jeder Beziehung vollkommen gleichwertig sind. vAN BENEDEN und JuLIN stiitzen sich aber auch darauf, daf die Organe der Fortpflanzung insofern allen andern gegeniiber eine besondere Stellung beanspruchen, als sie durch das ganze Tierreich hindurch homolog sein und demgemaf auch, weil sie niemals wihrend der phylogenetischen Entwicklung hatten schwinden kénnen, nur Mo- 1) Zur Entwicklungsgeschichte der Ascidien, Wien, 1882, Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 647 difikationen untergeordneter Art, in ihren wesentlichen Teilen aber Ubereinstimmung darbieten miiSten. Es wird vielleicht mancher, der die betreffenden Abschnitte in dem angefiihrten Buche (p. 415 u. fg., p. 433 u. fg.) gelesen hat, an eine Auffassung erinnert worden sein, die VAN BENEDEN friiher vertreten hat, als er die gleiche Genese der miénnlichen und weiblichen Geschlechtsprodukte aus diesem oder jenem Keim- blatt durch das ganze Tierreich hindurch behauptete. Wenn man aber selbst mit jenen Autoren annimmt, dal die Geschlechtsprodukte der Vorfahrenform der Tunikaten in ahnlicher Weise wie gegenwartig bei manchen Anneliden in einer echten enterocélen Leibeshéhle gebildet wurden, so scheint mir daraus doch durchaus nicht die Notwendigkeit zu folgen, in den Héhlungen des jetzigenGeschlechtsapparates jene wiederzufinden. Gerade die ontogenetische Entwickelung zeigt ja, wie vAN BeNnepeNn und JULIN selbst annehmen und nachgewiesen haben, daf im Embryo zwar eine Héhlung auftritt, die mit einer enterocdlen Leibeshohle zu identifizieren ist, daB diese aber bei der Auflésung ihrer Wan- dungen verloren geht und daf ganz unabhangig von ihr erst viel spiter und bei den Knospen bildenden Ascidien tiberhaupt gar nicht mehr in dem aus dem Embryo stammenden Tiere, sondern nur in der Knospengeneration aus den Mesenchymzellen die Ge- schlechtsorgane entstehen. Der in diesen auftretende Hohlraum erscheint somit als eine Neubildung, welche unter jener Voraus- setzung entstanden ist, nachdem die Entleerung der Geschlechts- zellen in die sekundire Leibeshékle infolge ihrer Riickbildung un- moglich geworden war. Wie schon Kowa.evsky hervorhebt, ist es auffallend, daf die ersten Ascidiozooide des Viererstockes und auch die aller noch kleinen Stécke sich von sonst gleichentwickelten Individuen alter Kolonien dadurch unterscheiden, daf die Geschlechtsorgane und speziell die Kier noch nicht deutlich aufgetreten sind. Kine Ver- gleichung der Fig. 28 mit Fig. 1 u. 2 bestitigt das. In Fig. 28 besteht der Zwitterapparat aus einigen noch ganz indifferenten Zellen; in Individuum III, Fig. 1 sind Hoden und Ovarium bereits gesondert, das Ei vom Follikel umgeben. Wenn die jungen Knospen als buckelférmige Erhebungen an den vier Ascidiozooiden zu erkennen sind, besteht noch immer die Verbindung der Individuen zwischen ihren primiren Leibes- hohlen. In Fig. 93, Taf. XXXVI, ist ein Langsschnitt, in Fig. 94 ein Querschnitt durch die Knospenanlage abgebildet. Aus ersterem 42 * 648 Oswald Seeliger, ersieht man, dai die oben erwihnte mesodermale Zellgruppe, der Keimstrang, an die Spitze des Entodermfortsatzes geriickt ist und bereits auf die neurale Seite der Stoloanlage hinitibergegriffen hat. Auf dem Querschnitt, der etwas schrig ausgefallen ist, findet man links zwischen Endostylfortsatz und Elaoblast die Peribranchial- rohre, rechts deren hinterstes Ende in die Zellenmasse des Keim- stranges tibergehend. Auf einem solchen Stadium verlift die junge Kolonie das Muttertier durch die Kloake und sinkt in tiefere Wasserschichten, um erst spiter wieder, wenn sich inzwischen durch Knospung ihre Individuen vermehrt haben, emporzusteigen. Eine junge Kolonie von vier Individuen, deren jedes aber bereits einen Stolo prolifer entwickelt hat, findet man in Fig. 27, Taf. XXXII, abgebildet. Der Stolo zeigt sich bei naherer Unter- suchung ganz abnlich dem in Fig. 20 abgebildeten, mit dem Unter- schiede, daf} die Eizellen weder in der proximalen noch distalen Knospe so grof und deutlich sind wie in diesem. Auch der Ge- schlechtsapparat, der in dem zu Fig. 20 gehérenden Individuum entwickelter ist als in Fig. 15, erweist sich in den vier ersten Ascidiozooiden selbst dieses Stadiums noch als ein indifferenter Zellhaufen. Auf ihrer Riickenseite haben die Ascidiozooide ein jedes zwei rohrenformige Ausstiilpungen gebildet, welche als Blutbahnen den gemeinsamen auferen Cellulosemantel der jungen Kolonie durch- ziehen und an der gemeinsamen Kloake des Stockes mit ampullen- formig angeschwollenen Enden blind endigen (Fig. 33, Taf. XXXII1). Die Hauptachse der Kolonie, die durch die Mitte der gemeinsamen Kloake bestimmt wird, besitzt auf diesem Stadium eine Linge von 3 Millimeter. In etwas alteren Stécken, bei einer Liinge der Hauptachse von 3*/, Millim., fand ich die Individuen in zwei Kreisen angeordnet. An dem zugespitzten, geschlossenen Ende lagen vier grofe Indivi- duen, deren jedes einen der Spitze zugekehrten Stolo besaf, der sich eben anschickte, in vier Knospen zu zerfallen, wihrend die gemein- same Kloakenéffnung von acht nahezu ganz gleich ausgebildeten klei- neren Tieren umstellt wurde. An diesen Individuen erkennt man die Stoloanlage als zapfenartig vorspringendes Gebilde und an einigen pereits die Einschniirung, welche den Zerfall des Stolo in zwei Knospen einleitet. Ein jedes der vier grofen Individuen besitzt die oben erwihnten zwei Blutbahnen, die als lange Réhren bis zum entgegengesetzten offenen Ende des Stockes fiihren, woraus heryor- Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 649 geht, da’ es die vier ersten Ascidiozooide des Stockes sind, welche ihre Lage bewahrt haben, wihrend die zuerst von ihnen aus sich auf ihrer Bauchseite bildenden nach riickwarts hin gegen die ge- meinsame Kloakenéffhung zu gewandert sind, um sich zu jenem unteren Ring anzuordnen. Die acht Blutbahnen des Mantels oder Mantelgefike sieht man jetzt auch bereits ihrer ganzen Lange nach yon Muskelfibrillen durchzogen, welche wandstandig ange- ordnet sind. Uber ihre Entstehung habe ich keine Beobachtungen angestellt. Danach muf ich also annehmen, daf die vier Individuen, welche sich an der Spitze ganz alter Stécke von Pyrosoma atlan- ticum finden, ebenfalls mit den vier altesten Individuen, welche sich am Cyathozooid gebildet haben, identisch sind. Jonimr’) hatte daraus, daf die Knospen an der Bauchseite der Ascidio- zooide entstehen, geschlossen, daf dem nicht so sein kénne. Es ist aber eine solche Schlufweise keineswegs zwingend, weil ja spiter leicht eine Lageverainderung der Knospen eintreten kénnte und in der That auch stattfindet, wenigstens bestimmt auf den vorhin beschriebenen ersten Stadien. Was nun schlieSlich die Weiterbildung der Stoloanlage der vier ersten Ascidiozooide anbelangt, die wir vorhin im Begriffe fanden, in zwei Knospen zu zerfallen, so erfolgt dieselbe in gleicher Weise wie in Alteren Stécken, mit dem einzigen vorhin bereits be- tonten Unterschiede, daf die Geschlechtsorgane viel weniger ent- wickelt sind. Es bilden sich also ganz ahnliche Ketten wie die in Fig. 1 u. 2 abgebildeten. In Fig. 98 u. 99, Taf. XXXVI, sind zwei Querschnitte durch die proximale Knospe einer Kette von 5 Individuen gezeichnet. Man sieht, da der Stolo sich aus genau den gleichen Teilen zusammensetzt, die wir frither bereits kennen gelernt haben, daf aber im Geschlechtsstrang neben den indiffe- renten Zellen noch keine wohlausgebildete Eizelle sich vorfindet, wohl aber einige, welche sich von jenen unterscheiden und ver- mutlich spater zu weiblichen Geschlechtszellen in den Knospen ausbilden werden. 1) Jonrer, 1. c. p. 92 u. fg. 650 Oswald Seeliger, Tafelerklérung. Samtliche Figuren sind mit der Camera entworfen worden. Die Distanz des Spiegels vom Zeichentische betrug 20 Centimeter. Die Vergrofserungen, bei welchen gezeichnet wurde, finden sich in der Erklirung fiir jede Abbildung angegeben. Die vier ersten Tafeln sind nach Totalpriparaten gezeichnet, die vier folgenden stellen Ab- bildungen von Querschnitten dar. In den Tafeln XXXIV bis XXXVI sind die Organe und Gewebe, welche aus den drei verschiedenen Keimblattern der Stoloanlage hervorgehen, mit verschiedenen Farben- ténen gedeckt, und zwar das Ektoderm violett, rot das Mesoderm, blau das Entoderm. Allgemeine Buchstabenbezeichnung. a Ausstilpung des Ektoderms, welche zum Hautepithel der Knospen wird. #6 Die beiden Peribranchialréhren (= Seitenstringe des Salpenstolo). 64 Blutbahnen, Liickenraume der primiren Leibes- hdhle. c Geschlechtsstrang (= Eierstockstrang der Salpen.) em Aufserer Cellulosemantel. d Entodermausstiilpung des Kiemendarmes des Mutter- tieres (Endostylfortsatz), Entodermrohr der Knospen, entodermaler Verbindungsgang zwischen den einzelnen Ascidiozooiden derselben Kette. dm Dorsale Mesenchymzellengruppe (Exuters’ linglicher Zell- haufen). di Darmumspinnende Driise. e Egestionséffnung. eb Elio- blast. ec Ektodermales Hautepithel, Matrix des Cellulosemantels. ed Enddarm. e/ Eileiter. ex Entoderm. es Endostyl. /f Follikel des Eies. /b Flimmerbogen. fd Flimmerband auf der hinteren Wand des Kiemendarmes. fg Flimmergrube. (fr Fibrillen der Muskeln. g Ganglion. gz Zellen der vier ersten Ascidiozooide, aus welchen ihr Zwitterapparat entsteht. 4 Hoden. Ad Sogenannte Hypophysis- driise. Az Primiare Herzblase. hz, Herz. 7 Ingestionsdffnung. Ad Kie- mendarm. A/ Kloake des Einzeltieres. 4/, Gemeinsame Kloake des ganzen Stockes. As Kiemenspalte. /f Langsfalten des Kiemendarmes. th Primiére Leibeshéhle, Stolohéhle. /m Laterale Mesenchymzellen- gruppe (Euters’ linsenformiger Kérnerhaufen). m Magen. mb Muskel- binder an der Kloakenwand (Huxtey’s Atrialmuskel). md Mitteldarm. mg Mantelgefifs. mi Muskel an der Ingestionsdffnung. ms Meso- dermale Zellgruppe, welche in die Stolohthle iibergeht (HuxiEy’s ge- nerative Blastema), Keimstrang oder Keimmasse. ms, Mesodermale Zellgruppe, aus welcher der Geschlechtsapparat des Muttertieres und das gesamte Mesoderm ihrer Knospen (ms) hervorgehen. mz Mesen- chymzellen, Blutzellen und Bindegewebszellen. mz, Zellstrang von Mesenchymzellen zu den beiden Seiten des Endostylfortsatzes. Nucleus der Eizelle (Keimblischen). wr Primares Nervenrohr und Nerven- blase. mv Nerven, die beiden seitlichen yon der Nervenblase aus- Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 651 gehenden Nervenrohren. xv, Die himale Kommissur zwischen den beiden seitlichen Nervenrohren. o Ei. oc Auge, Pigment im Ganglion. oe Oesophagus. pb Peribranchialriume resp. deren Wandungen; die beiden seitlichen Teile nach Verschmelzung der beiden Peribranchial- rohren. pk Perikardium. rz Riickenzapfen. s/Samenleiter. sm Schleim- massen, die von den Schleimzellen des Endostyls ausgeschieden wur- den. st Stolo. ¢ Tentakel. Taf. XXX. Fig. 1. Eine Kette von drei Individuen (I, II, III), von links gesehen. Kin Teil des Endostyls des Muttertieres ist mitgezeichnet, um den Zusammenhang desselben mit der Kette zu zeigen. Alkoh. absol., Boraxkarmin. Vergr. Zeifs B, II. Fig. 2. Kette von vier Individuen. Im Altesten (IV) beginnt bereits wie auch in der vorhergehenden Abbildung die Knospung; das Mesoderm (ms) fiir die kommende Generation ist zur Sonderung gelangt. Alkoh. abs., Boraxkar., Zeifs A, II. Fig. 3. Die Knospungsregion des Individuums III einer Kette, die der in Fig. 1 abgebildeten gleicht, bei stiirkerer Vergréfserung. Alkoh. abs., Boraxkarmin, Zeifs C, II. Fig. 4. Die Knospungsregion eines fast gleich alten Individuums. Chrom-Osmiums., Boraxkar., B, II. Fig. 5. Altestes (V.) Individuum einer Kette von 5 Tieren. Alkoh. abs., Boraxkar., Zeifs A, IL, fast um die Halfte verkleinert. Fig. 6. Die Knospungsregion desselben Tieres stiirker vergrofsert. C, II. Fig. 7. Wiederbeginn der Knospung an einem ganz alten Tier, das auf einem friiheren Stadium bereits einen Stolo prolifer entwickelt hatte. Osmiums., Boraxkar., D, II. Fig. 8. Junger Stolo yon der linken Seite gesehen, etwas weiter entwickelt als der in Fig. 6 abgebildete. Alkoh. absol., Boraxkar- min, C, II. Tafel XXXTI. Die Vergrofserung betragt, wo nicht ausdriicklich das Gegenteil angegeben ist, **° (Zeifs Obj. C, Oc. II). Konserviert wurden die Tiere in Alkoh. absol., gefirbt in Boraxkarmin. Fig. 9. Junger Stolo, etwas falter als der vorhergehende, in gleicher Orientierung gezeichnet. Fig. 10. Stolo und Geschlechtsapparat einer .bereits ganz ent- wickelten jungen Pyrosoma. Die Entwicklung der Knospe ist etwas weiter vorgeschritten als in der vorhergehenden Abbildung. Hoden und Samenleiter, Ei und Eileiter sind im Muttertiere bereits gesondert. Fig. 11. Ein etwas weiter entwickelter Stolo. Osmiums., Zeifs D, I. Fig. 12. Das folgende Stadium, von rechts gesehen. Fig. 18. Ein junger Stolo prolifer, der sich in zwei Knospen (I und IT) zu teilen beginnt, yon rechts gesehen. 652 Oswald Seeliger, Fig. 14. Ein fast gleich altes Stadium von der linken Seite. Fig. 15. Geschlechtsapparat und Stolo prolifer einer ausgebil- deten Pyrosoma. Die Teilung des Stolo ist weiter vorgeschritten als in der vorhergehenden Abbildung, der Geschlechtsapparat weiter ent- wickelt als in Fig. 10. Fig. 16. Ein weiteres Stadium von der linken Seite; Entwick- lung der beiden seitlichen Nervenréhren mit himaler Kommissur, vom primiren Nervenrohr aus. Chroms., Karminessigs. Fig. 17. Kin folgendes Stadium von rechts gesehen. Knospe II bedeutend weiter entwickelt als in der vorhergehender Figur. Chroms., Karminessigsdure. Fig. 18. Ein gleiches Stadium von der Seite des Keimstranges aus gesehen. Chroms., Boraxkarmin. Fig. 19. Ein Stadium von zwei Knospen; die altere betriachtlich weiter entwickelt als in Fig. 17. Tafel XXXIT. Wo nicht ausdriicklich ein anderes angegeben ist, wurde in Alkoh. absol. konserviert, mit Boraxkarmin gefirbt und bei 145facher Ver- grofserung (Zeifs Obj. C, Ocul. IT) gezeichnet. Fig. 20. Eine etwas weiter entwickelte Kette von zwei Knospen als die in der vorhergehenden Figur abgebildete. Fig. 21. Eine Kette von drei Individuen; von dem Altesten ist nur der dorsale Teil eingezeichnet. Fig. 22. Die Region des Mittelindividuums eines dreiknospigen Stadiums, in welcher spiiter der Stolo prolifer zur Ausbildung gelangt. Chrom-Osmiums., Boraxkarmin, Zeifs, D, II. Fig. 23. Ein Stiick des Enddarmes mit darmumspinnender Driise, nach dem lebenden Objekte gezeichnet. Fig. 24. Die Knospungsregion eines etwas jiingeren Individuums als das in Fig. 1, Indiv. III, abgebildete. Der Keimstrang ftir den spateren Stolo erscheint durch einen in Aufliésung begriffenen Zell- strang mit dem Geschlechtsapparate des Muttertieres verbunden. Fig. 25. Dieselbe Region eines fast gleich alten Individuums. Abnormerweise liegt ventral vom Endostyl eine Mesodermzelle, die der Eizelle ganz gleicht. Auch im primaren Nervenrohr der proximalen Knospe derselben Kette finden sich einige Eizellen. Chrom-Osmiums., Boraxkarmin, B, II. Fig. 26. JungerStolo prolifer; bemerkenswerte Mifsbildung mit Eizelle im Nervenstrang. Chrom-Osmiums., Karminessigs. Fig. 27. Eine junge Kolonie aus den vier ersten Ascidiozooiden zusammengesetzt, deren jedes einen Stolo prolifer zu treiben beginnt, von der Endostylseite aus gesehen. Am 13. Januar 1887 aufserhalb Capri in einer Tiefe von 300 Meter gefangen. Sublimat, Bealkar- min. A mit abgeschraubter Frontlinse Ocul. II, um die Hialfte ver- kleinert. Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 653 Tafel XX XIII. Inwiefern nicht das Gegenteil bemerkt ist, wurde in Chromsiure (1/, °/)) konserviert, in Boraxkarmin gefirbt und bei 145facher Ver- grofserung (C, Il) gezeichnet. Fig. 28. Das dufserste, distale der vier ersten Ascidiozooide eines Entwicklungsstadiums, das etwas alter ist als das von Kowa- LEVsKY in seiner Fig. 50 (Arch. f. mikr. Anat. XI, Taf. XL) abge- bildete. Die junge Kolonie, in welcher das Cyathozooid noch nicht vollig riickgebildet war, wurde aus dem Kloakenraum eines alten Tieres herauspripariert. Vergr. B, II. Fig. 29. Die Knospungsregion des fufsersten Ascidiozooids auf einem jiingeren Stadium, das nur wenig weiter entwickelt ist als das von Kowatrvsky in Fig. 47 abgebildete. Fig. 30. Optischer Durehschnitt der Verbindung zwischen dem vorletzten und dufsersten Ascidiozooide derselben Kolonie. Fig. 31. Die Ganglionregion des zweiten Ascidiozooids und dessen Verbindung mit dem proximalen. Die Ascidiozooide sind ent- wickelter als die auf den vorhergehenden Figuren abgebildeten und entsprechen ungefahr den von Kowatrysky in Fig. 54 gezeichneten. Fig. 32. Die Knospungsregion desselben Tieres und dessen Zu- sammenhang mit dem dritten Ascidiozooide. Fig. 38. Die gemeinsame Kloakendffnung derselben Kolonie, welche in Fig. 27 abgebildet ist, mit den 8 Blutbahnen. Zeifs A, abgeschraubte Frontlinse Oc. Il, um die Halfte verkleinert. Tafel XXXIV. Fig. 34—36. Drei aufeinanderfolgende Querschnitte durch den Entodermfortsatz des altesten Individuums eines Stadiums von vier Knospen (Indiv. IV, Fig. 2 entsprechend). Fig. 34 nahe dem 4ufsersten Ende gelegen. Sublimat-Osmiums., Alaunkarmin. Vergr. *?*, Zeifs E, II. Fig. 37. Querschnitt durch den Entodermfortsatz der distalen Knospe eines Stolo von zwei Individuen. Alkoh. absol., Alaunkar. aso Dp, II. Ba Fig. 38—40. Querschnitte durch eine junge Pyrosoma auf einem Stadium, das zwischen den in Fig. 2, Indiv. IV, u. Fig. 5 abgebil- deten die Mitte hilt. Alkoh. abs., Pikrokarmin, E, IT. Fig. 38. Querschnitt durch das iiufserste Ende des Endostylfort- satzes und die mesodermale Zellgruppe, welche in den Stolo tibergeht. Fig. 39. Querschnitt durch die Eizelle innerhalb des Mesoderm- zellhaufens, drei Schnitte weiter distalwirts. Fig. 40. Querschnitt durch den jungen Geschlechtsapparat des- selben Tieres. Fig. 41—42. Querschnitte durch ein etwas weiter entwickeltes Stadium. Alkoh., abs., Pikrokarmin, FE, II. Fig. 41. Querschnitt durch die mesodermale Zellgruppe und den Endostylfortsatz, zu dessen Seiten die beiden Peribranchialriume bereits gebildet sind. 654 Oswald Seeliger, Fig. 42. Schnitt durch den Zwitterapparat desselben Tieres. Fig. 43—45. Querschnitte durch ein junges Tier mit Knospen- anlage, das dem in Fig. 5 abgebildeten nahezu gleicht. Alkoh. abs. Pikrokar., E, II. Fig. 43. Querschnitt durch den Entodermfortsatz dicht hinter dem Ende des Endostyls und durch die Mesodermgruppe. Fig. 44. Schnitt durch dieselbe Region, drei Schnitte weiter distal zu, nahe dem dufsersten Ende des Endostylfortsatzes. Fig. 45. Schnitt durch den Geschlechtsapparat desselben Tieres. Fig. 46. Langsschnitt durch eine gleich alte Stoloanlage. Alkoh. abs., Alaunkar., Vergr. D, II. Fig. 47. Liangsschnitt durch die zweite Stoloanlage eines ganz alten Tieres. Die beiden Schnitte A u. B liegen drei Schnitte aus- einander. Osmiums., Alaunkar., E, II. Fig. 48. Liangsschnitt durch einen jungen Stolo im Alter des in Fig. 11, Taf. II, abgebildeten. Osmiums., Alaunkar., E, IT. Fig. 49. Querschnitt durch einen jungen Stolo (entsprechend dem in Fig. 12, Taf. XX XI, gezeichneten) nahe dem proximalen Ende. Chroms., Karminessigs., D, II. Fig. 50. Querschnitt durch dieselbe Knospe, vier Schnitte weiter distalwirts. D, II. Fig. 51. Querschnitt durch einen jungen Stolo an einem ganz alten Tiere; entsprechend einem Stadium, dessen Liangsschnitt in Fig. 48 abgebildet ist. Osmiums., Alaunkar. Vergr. *4°, F, II. Fig. 52. Querschnitt durch einen jungen Stolo (ungefahr Fig. 11, Taf. IJ, entsprechend). Osmiums., Alaunkar., E, II. Fig. 53. Querschnitt durch denselben Stolo, zwei Schnitte weiter zur Wurzel zu. Fig. 54. Querschnitt durch einen Stolo, der in zwei Knospen zu zerfallen beginnt (etwas jiinger als Fig. 13). Der Schnitt wurde durch das proximale Ende der distalen Knospe gefiihrt. Alkoh., Pikrokar., D, IT. Fig. 55. Vier Schnitte weiter distalwarts als der vorhergehende. Tafel XXXV. Wenn nicht besonders das Gegenteil angegeben ist, so wurde in Alkoh. absol. konserviert, in Pikrokarmin gefarbt und bei 230facher Vergrofserung, Zeifs D, II, gezeichnet. Fig. 56. Querschnitt durch einen etwas weiter entwickelten Stolo, in welchem sich jederseits die erste Kiemenspalte (4s,) zu bilden beginnt. Fig. 57. Querschnitt durch ein weiteres Stadium, etwa dem in Fig. 15 abgebildeten entsprechend. Fig. 58. Schnitt aus derselben Serie; sechs Schnitte weiter distalwirts. Fig. 59—65. Schnitte aus einer Serie durch die distale Knospe eines Stadiums, das ein wenig weiter entwickelt ist als das in Fig. 17 abgebildete. Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 655 Fig. 59. Querschnitt durch den proximalen, himalen Teil des Entodermrohres, von welchem aus der Verdauungstraktus entsteht. Fig. 60. Drei Schnitte weiter distalwiirts durch dieselbe Region. Fig. 61. Drei weitere Schnitte distal zu. Fig. 62. Zwei weitere Schnitte distalwirts; nur die rechte Seite ist gezeichnet, auf der das Herz zwischen Darm und Peribranchial- raum auftritt. Fig. 63. Der folgende Schnitt. Fig. 64. Sechs Schnitte weiter distalwarts. Fig. 65. Drei weitere Schnitte nach dem distalen Ende zu. Fig. 66, 67. Laterale Lingsschnitte (parallel zum Endostyl) durch ein gleiches Stadium wie die vorhergehenden Abbildungen. Boraxkarmin. Fig. 66. Schnitt durch die Neuralblase des Nervensystems der distalen Knospe. Fig. 67. Sieben Schnitte weiter himal zu; die proximale Knospe und ihr Zusammenhang mit der distalen ist ebenfalls getroffen. Fig. 68. Querschnitt durch das primiire Nervenrohr an der Stelle, an welcher sich die beiden seitlichen Nervenréhren bilden. Das Stadium entspricht ungefahr dem in Fig. 13 abgebildeten. Chroms., Alaunkarmin, E, IL. Fig. 69—71. Querschnitte durch das iltere Individuum eines Stadiums von zwei Knospen, das ungefahr dem in Fig. 19 gezeich- neten entspricht. Fig. 69. Querschnitt durch dio Herzanlage. Fig. 70. Achtzehn Schnitte weiter proximal zu; durch die Region der Kloake gefihrt. Fig. 71. Der zwélfte Schnitt in proximaler Richtung von Fig. 69 aus; ungefihr die Mitte des Tieres ist getroffen. Jederseits sind nur zwei Kiemenspalten zu sehen, denn die iibrigen fallen aufserhalb dieser Schnittebene. Fig. 72. Die Region des Verdauungstraktus und der Kloake eines Individuums, das dem Altesten der in Fig. 2 abgebildeten Kette nahezu gleicht; aus einem Lingsschnitt, der parallel zum Endostyl gefihrt wurde. Chroms., Alaunkarmin, C, II. Fig. 73. Schnitt aus derselben Serie etwas weiter nach dem Riicken zu gefiihrt, wohin der Enddarm nicht mehr reicht. Die beiden Peribranchialriume median zum Kloakenraum verschmolzen. Dieselbe Vergréfserung. Fig. 74. Enddarm mit darmumspinnender Driise aus dem Fig. 72 folgenden Schnitt derselben Serie, KE, II. Tafel XXXVI. Fig. 75, 76. Querschnitte durch ein Stadium, das nahezu dem in Fig. 14 abgebildeten entspricht. Alkoh. absol., Alaunkarmin, KE, II. Fig. 75. Das vorderste Ende der Herzanlage und das distale der Peribranchialréhre sind getroffen. Fig. 76. Drei Schnitte distalwirts. 656 Oswald Seeliger, Fig. 77. Aus einem Querschnitt durch die zweite Knospe einer Kette von vier Individuen. Das Herz stellt ein dickwandiges Rohr mit feinem, spaltformigem Lumen dar; die Kerne farben sich starker als die der benachbarten Peribranchialrdhre. Alk. abs., Alaunkar- min, D, II. Fig. 78. Querschnitt durch die Herzregion aus einer etwas weiter entwickelten Knospe. Alkoh. absol., Boraxkarmin, D, II. Fig. 79. Querschnitt durch das dritte Individuum einer Kette von fiinf Knospen. Sublimat-Osmiums., Alaunkar., D, II. Fig. 80. Schnitt durch ein fast gleich altes Individuum einer aihnlichen Kette aus demselben Stock. Gleiche Behandlung wie das vorhergehende Priparat. Fig. 81. Aus einem parallel zum Endostyl gefiihrten Lings- schnitt durch eine junge Pyrosoma (etwas Alter als Indiv. IV in Fig. 2). Endostylfortsatz und Herz sind durchschnitten, Alkoh. absol., Pikrokarmin, D, II. Fig. 82. Schnitt durch die Region des Herzens eines etwas alteren ‘Indivaduans als das in Fig. 20 abgebildete. Die Schnitt- richtung ist nahezu parallel zum Endostyl. Chroms., Alaunkar., D, IT. Fig. 83. Querschnitt durch das Herz eines der vier ersten Ascidiozooide des Stockes (ungefahr Fig. 27 entsprechend). Osmiums., Alaunkarmin, D, II. (Zeichnung zu den vorhergehenden spiegelbild- lich verkehrt orientiert. Fig. 84. Querschnitt durch das dufserste Ende des Endostyl- fortsatzes und den Geschlechtsstrang der distalen Knospe eines Sta- diums, das ungefaéihr dem in Fig. 20 abgebildeten entspricht. Chroms., Karminessigsdure, D, IT. Fig. 85. Medianer Liingsschnitt durch das distale Ende eines Stadiums von drei Knospen (Fig. 1). Der Geschlechtsstrang teilt sich in zwei Partien, in den Keimstrang und in den Zwitterapparat. Alkoh. absol., Alaunkar., D, IL. Fig. 86. Querschnitt durch den Geschlechtsstrang aus der naim- lichen Serie, der die Figuren 66 u. 67 entnommen sind. D, II. Fig. 87. Gruppe aus dem dorsalen Mesenchymzellhaufen. Chroms., Alaunkarmin, Immers. K, II. Fig. 88. Schnitt durch die rechte hintere Partie des Kiemen- korbes eines Individuums, das Alter ist als das in Fig. 20 abgebildete (Fig. 37 u. Fig. 100 sind derselben Serie entnommen worden). ‘Chroms., Alaunkarmin, E, II. Fig. 89—92. Lingsschnitte durch das dufserste, distale Indivi- duum einer jungen Kolonie, in welcher das Cyathozooid noch sehr umfangreich, die vier ersten Ascidiozooide ihm gegeniiber klein er- scheinen; etwas jiinger als das von Kowatrvsky in Fig. 47 abgebildete Stadium. Osmiums., Alaunkarmin, D, II. Fig. 89. Schnitt durch die Anlage des Verdauungstraktus. Fig. 90. Schnitt durch den Endostylfortsatz ein wenig rechts von der Medianebene. Fig. 91. Schnitt durch den Endostylfortsatz in der Medianebene. Fig. 92. Schnitt durch die in Bildung begriffene Ingestionsoffnung. Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. 657 Fig. 98. Liingsschnitt durch die Stoloanlage eines der vier ersten Ascidiozooide eines jungen Stockes, in welchem das Cyathozooid ganz riickgebildet ist und der das Muttertier eben verlilst. Chroms., Borax- karmin, D, II. Fig. 94. Querschnitt durch dieselbe Region des benachbarten Individuums desselben Stockes. QD, II. Fig. 95. Querschnitt durch den Endostylfortsatz des aufsersten Ascidiozooides eines Stockes, der zwischen den yon KowaLrysky in Fig. 47 u. 50 abgebildeten in der Mitte steht. Chroms., Borax- karmin, H, II. Fig. 96. Querschnitt durch den Endostylfortsatz des zweiten Ascidiozooids derselben Kette. Fig. 97. Vier Schnitte weiter distal zu; Ubergang in das dritte Ascidiozooid. E, II. Fig. 98. Querschnitt durch die proximale Knospe einer Kette von finf Individuen an einem der vier ersten Ascidiozooide. Die ganze Kolonie mafs 41/, Millimeter und war in einer Tiefe yon 40 Metern gefischt worden. Sublimat-Osmiums., Alaunkar., E, IL. Fig. 99. Vier Schnitte weiter distalwirts aus derselben Serie. Tafel XXXVII. Fig. 100. Schnitt durch die Ingestionséffnung eines etwas ilteren Tieres als das in Fig. 20 abgebildete. Chroms., Alaunkarmin, D, II. Fig. 101. Querschnitt durch den Muskel der Ingestionséffnung eines ganz alten Tieres. Sublimat-Osmiums., Alaunkarmin, EK, II. Fig. 102. lLiangsschnitt durch denselben Muskel eines benach- barten Tieres desselben Stockes. KE, LI. Fig. 103. Seitlicher Lingsschnitt durch eine ausgebildete junge Knospe, etwa der dltesten in Fig. 1 entsprechend. Chrom-Osmiums., Alaunkarmin, A, ILI. Fig. 104. Medianer Lingsschnitt durch die Region der Ingestions- offnung und Flimmergrube eines Individuums, das dem in Fig. 20 abgebildeten entspricht. Alkoh. absol., Alaunkarmin, D, II. Fig. 105. Querschnitt durch die Anlage des Kloakenmuskels des dritten Individuums einer Kette yon fiinf Knospen. Sublimat-Osmiums., Alaunkarmin, F, LI. Fig. 106. Etwas schrig gefiihrter Querschnitt durch denselben Muskel auf einem etwas entwickelteren Stadium. An der Peripherie des Zellstranges sind einige Fibrillen aufgetreten. Chroms., Alaun- karmin, F, I. Fig. 107. Querschnitt durch den Kloakenmuskel eines ganz aus- gebildeten Tieres. Alkoh. absol., Boraxkarmin, F, II. Fig. 108. Lingsschnitt durch die Flimmergrube eines ganz alten Tieres. Osmiums., Alaunkar., EK, II. Fig. 109. Schnitt durch die Einmiindungsstelle des Enddarmes in die Kloake eines ganz ausgebildeten Tieres. Chroms., Alaunkar- min, E, IL. Fig. 110. Querschnitt durch den vyorderen Teil der primiren 658 Oswald Seeliger, Zur Entwickelungsgesch. d. Pyrosomen. Nervenblase mit in Bildung begriffenem Ganglion eines etwas jiingeren Individuums als III in Fig. 2. Sublimat-Osmiums., Alaunkarmin, E, II. Fig. 111. Schnitt aus derselben Serie etwas weiter nach hinten zu gefihrt. Fig. 112. Querschnitt durch Flimmergrube und Ganglion auf einem etwas vorgeriickteren Stadium. Chroms., Alaunkarmin, D, LI. Fig. 113. Querschnitt durch Ganglion, Flimmergrube wit sog. Hypophysisdriise eines ganz ausgebildeten Tieres. Alkoh. absol., Pikro- karmin, D, II. Fig. 114. Querschnitt durch ein etwas jiingeres Individuum als das in Fig. 1, Ind. III, abgebildete. Der Schnitt ist durch den hin- tersten Teil des Kiemendarmes gefiihrt. Chrom-Osmiums., Alaun- karmin, B, IL. Fig. 115. Schnitt durch die Kiemendarmwand eines ausgebildeten Tieres zwischen zwei Kiemenspalten gefihrt. Lingsfalten des Kiemen- darmes im Querschnitt getroffen. Alkoh. absol., Alaunkarmin, E, II. Fig. 116. Querschnitt durch die Riickenregion desselben Indi- viduums, dem die Abbildung 114 entnommen ist. Bildung der Riicken- zapfen. D, II. Fig. 117. Liingsschnitt durch die Kiemendarmwand eines alten Tieres. Der Schnitt ist zwischen zwei Lingsfalten gefiihrt worden, Chrom-Osmiums., Karminessigs., E, II. Fig. 118. Querschnitt durch den Flimmerbogen eines ausgebil- deten Tieres. Alkoh. absol., Boraxkarmin, E, II. Fig. 119. Die Blutbahn zwischen zwei benachbarten Kiemen- spalten eines alten Tieres. Alkoh. absol., Boraxkarmin, E, II. Fig. 120. Die Wand einer Kiemenspalte eines alten Tieres von der Blutbahn aus betrachtet. Alkoh. absol., Boraxkarmin, E, II. Fig. 121. Der ausgebildete Flimmerbogen von der Fliache ge- sehen, Alkoh. absol., Boraxkarmin, EK, II. Fig. 122. Entodermzellen des Kiemendarmes in der Nihe der Ingestionséffnung aus Schnitten durch das Alteste Individuum eines Stadiums von vier Knospen (Ind. LV, Fig. 2 entsprechend). Sublimat- Osmiums., Alaunkarmin, E, II. Fig. 123. Ektodermzellen desselben Tieres. Fig. 124. Zellen aus der iufseren Wand des Peribranchialraumes desselben Tieres. Fig. 125A. Medianer Lingsschnitt durch die Einmiindung des Oesophagus in den Kiemendarm eines ganz ausgebildeten Tieres. Alkoh. absol., Boraxkarmin, B, II. Fig. 125B. Zellen aus dem Flimmerbande des Kiemendarmes aus demselben Schnitt bei stirkerer Vergréfserung gezeichnet. E, II. Frommannsche Buchdruckerei (Hertiann Pohle) in Jena, — 580 JSenuische Zeitsciiti Bel AMM. J Riotz del tay Fischer ‘0 Jena Verlag von Gusta " Lith Ansty.G-CMillerin Jena Jenaische Zeitschrift, Ba XML Fig. 0" 500) Fig. 106 Gk O40 2 Ee Cr Pid © er Klotz del Verlag von Gustav Fischer in Jena Lith Anst v.G C Miller Jena Henausche Zeitscurift Bd. ANU. Jenaische Zeitsehryt Bd. AML. ‘ » ‘ \ Me Ea = z ’ ry bs ~ z = is it . ‘ . us - bs z i ‘ \ : en ™ a < = . , a : ~ % ™ 7 - c t} = = Uy i pseu eel Zeitschrift Ba XXM. _ | 4 ' ‘a {| / a [ | | | N | | AN WY | yh tom k PANY \ / hh VEEN VAAN W\arer se) lolareyyy 4 { Won ea POLL wag enr)y }osvisiamanes Q) unease as rages | Sf | eo Dd. SSS ee Toast 1 ie \ 1 ae | evenen ila Cavan ea yy ; ||| Nivaewven) {eden Pra T Ty tilien \ \ | too amane POP e teil \ 2) a Wie cy?” some Ps i vest iwaseefenunns SS ak MW MG/ i ~ he aa nad WRR EERE e Oo f f oat mt ie S BHinY | | Q ; P I HYPO ACTA EEE Fagen! : < re) > , S) Lente VOU AO eng ay aes aii » a Ste 55 i laf Vv | N.A.Cobbd del Verl.v.Gustav FischerJena. Lith Anstv.A Giltsch Jena Verl.y.Gustay Fischer Wena Jenaische Zeitschrift Bd XU. i c | Lith. Anstw.AGiltsch. Jena Jenatsche Zeitschrift Bd. XXM. Lith Ansty, A.Giltsch Jena. Verl.v.Gustay Fischer i Jena Dreyer del Fig. 19 20,23 Jenarsche Zeuschrift Ba XXM. aes Taf. VI. SRG WO o= oS diese: MOCKS = Lith Ansty A.Ciltsch Jena - ay Fischer iJena Verl.y. Gust Senaische Zeitschrift Bd XM. Taf i. VARA Va 2s 1 — fel. Fig 52-62 Yerl v. Gustav Fischer Jena Lith Ansty, A.Giltset, Jena st Jenaische Zeitschrift Bad XXM, Lith Anst v. A.Giltsch.Jena Verl.y.Gustay Fischer, Jena Dreyer del. Fig. 6 as Jenaische Zeitschrift Ba YM. . I Verly. Gustav Fischer Jena. Lith AnstwA.GiltschJena. _ ~ Vori v.Gustav Fister ens. a Tih Anat.v.A Gitsch, Jens. Hamann del, as is ‘ bee Zeitschrift Bd KUM ff i Verly. Gustav Fischer i Jena. Lith. Ansty. A.Giltset. Jena. Senat sche Zeitschrift Bd AMM. te) Lith. Anst-v. A.Giltsch Jena, Verlv.Gustay Fischer i Jena enaische Zeitschrift Ba. XMM. Toke @aQeoe® oo Wet heLY, Lit \ i Uren — ~Hadr Fl. fe < \ “ ' ay Verl v. Gustav Fisther i. Jeng Lith Ansty A Giltsch Jens Jenuische Zatsduift Ba. NAM Le -® wu" ‘a. Hn Te 4s =) pny WeldaeNne aS © SoC (SR 65560" 2 @eeeteecog Lith Ansty. A.Giltsch Jane. Hamann de a ; ada Verl.y. Gustay Fischer i. Jena. a a — hd eo 0 De cages ermal peme ee - , Le md S @ = “= a A A SE me i te te, ee it ' Jenaische Zeitschrift Bd AEM. ; Taf MUL Wet dt re AMP dE ed GaN \®. Le <3)", | on \ SU Was) Hamann deL =: = Sarkar CAA Verly.Gustay FischerJena. Lith Ansty. A.Giltsch, Jena JSenaische Letischirift Bd. (i saheiy ay PDP AOR ‘ . Lith. Anstv.4.Gillsch Jena. Very Gustav Fischer i Jena. 5 g : 2 : anchstggpinaielit RAGS PSS MLCT err Le / Fischer’. Jena. Verl.v Gustav & ff oO rwnnoenssvcsnnauinnninpgn annie “rn Wwe [PP TAA Hamann del. L oe ors Jnatsche Zeusdiryt Ba. XMM. ——————_— ah 4h 1) ie 6 4! ne {0 j i tages ———— iia Ly Hd) > Mi > Oe Md) "sg 90 LWA i al Aisin pe0t0' 74 96%,00 Hamann del Verl. v. Gustay FissheriJena. Lith. Ansty A.Giltsch. Jens. Aah ee i - + ~ & + . - ri mi > = I “ 2 ¥ \ *, F MS x } ' a p i, 4 , t / f ’ U i. : 7 ‘ . af ‘ . . : if - at 2 , nt , ‘ ' ~ { x 1 S & LithAnst.v. A GiltschJena VerLy.Gustay Fischer, Jeta lamann del 7) 1 = Hamann del. Verl. v. Gustav Fischer i Jena. ——— 4 a ne it i eet Munn Were Uy Veri. v. Gustav Fischer i Jena. LZ Hamann de}, Tat AAV Lith Anst.vG.C Miller Jena Verlag v. Gustav Fischer, Jena Bd NXM. a t, Lealschru C.Frommann del. Senaisthe Jenaische Leitsdutft, Ba SMU. Lak XN: \ x : \ 6 a . a \ ne ™~ / Y“ ae \ \ ~ SI Q N WW 2 I} \| 3 | y~ / F Hildebrand del Verlag von Tak SV. , naische Aeisual BA NXUL Lith Anst. v.G. C. Miller Jena. Verlag von Gustav Fischer in Jena. | Filéstrand dd Jenaische Zeschrfi Ba XXII. \ i (\s fA ETERS ST Ew soa FLOM \ y Fise Verly Gusta h, Jens. Lith Ansty A.filise her iJena Senaische Zeilschrthh, ba ANU. re / a b (Za on Gustav Fischer in Jena Wee Tal? NNVM. 6 Nt an e Miuller Jena YC A I Jenaische Zeitschrift Bd XXL VA ot Ay) " ‘\, § Rae See ALAN HapeeOh — SOLER OD 4) iar +} Wei sege) oy Ale 4 map bsp : Verlv.Gustay Fischer, Jena ’ me : - i . - ' i x ie ‘ id ae we s i ‘ , i s ‘ ‘3 iy ‘ ’ ra i c . ‘estes ‘ > ' _ Phe 1 + ¥ ’ “ ” c , oe ' a * ‘ ‘ t ' ‘ ‘ ' - ‘ ' ‘ . E é rf erslz27: Tith Ansty, &.CMiller Jena Jeti Verlag ven Gustav Fischer in ve eeliqer qez ua ~ aeebn--=-€5 ae Ganev” ch ThAnstv. &C.Milller, Jena lag vor. Gustav Fischer jn Jena Ver! ger gee = ae = fi ile re 4 ‘ May, ¢ —— Henne dm ia | | —— Seeliyer ge. LafhAnstv. G:C) Aller, Jane ; r >» + PITS Verlag vonGustav Fischer in Jena. : Lith Anstv.GC Miller, Jena Verlag vn Gustav Fischer i. Jena lith.Anstv.G C Miller Jena lamer “yi ae 929980 7 9 ig 2 ae a ees Tith Ant. G.G.Mfiller Tana, ‘erlag ven Gustav Fischer in Jena oa i on Gustav Fischer in Jena oe <---> Fig. UE. Hig M8. Fig Me — fb Fig, 122 rn Vig, Ua Le ey ere. iy. 121. Hig. 123: 5 | By, bb - qienit yiait ( au eo y wt fas flay wn Gustav Fischer in Jena Tith.Ansty G0 Mallen Jens OOPL. pe Mat, 50 elf, Jenaische Zeitschrift fiir NATURWISSENSCHAFT | herausgegeben von der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. Dreiundzwanzigster Band. Neue Folge, Sechszehnter Band. Erstes Heft. Mit 11 lithographischen Tafeln. Preis: 6 Mark. Jena, Verlag von Gustav Fischer 1888. Zusendungen an die Redaktion erbittet man durch die Verlagsbuchhandlung. Ausgegeben am 8. Dezember 1888. Neuer Verlag von Gustav Fischer in Jena. aa = Dr. Max Fiirbringer, o. 6. Professor der Anatomie und Director des anatomischen Jnstituts der Universitat Jena. Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vogel. Zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stitz- und Bewegungsorgane. Zwei Binde. Mit 30 Tafeln, — Preis: 125 Mark. Hieraus werden einzeln abgegeben: Allgemeiner Theil. Resultate und Reflexionen auf morphologischem Gebiete. Systematische Ergebnisse und Folgerungen. Mit 5 Tateln. — Preis: 75 Mark. und aus dem allgemeinen Theile, Cap. VI: Die grésseren Vogelabtheilungen und ihr gegenseitiger Verband. Versuch eines genealogischen Vogelsystems, Mit 5 Tafeln. — Preis: 7 Mark 50 Pf. Dr. C. Hasse, o. 6. Professor der Anatomie an der Universitit Breslau. Die Formen des menschlichen Korpers und die Formenanderungen bei der Athmung. I. Abtheilung. Text mit 3 Abbildungen und einem Atlas in Royalfolio von 10 Tafeln. Preis: 20 Mark. Soeben erschien: Dr. Berthold Hatschek, o. 6. Professor der Zoologie an der Deutschen Carl-Ferdinands-Universitit in Prag. Lehrbuch der Zoologie. Eine morphologische Uebersicht des Thierreiches zur Einfiihrung in das Studium dieser Wissenschaft. Erste Lieferung. Mit 155 Abbildungen im Text. Preis: 3 Mark. RB Die zweite Lieferung ist in Vorbereitung und wird binnen Kurzem erscheinen. Pi hha Vt, Klotz, J., Beitrag zur Entwicklungsgeschichte und Anatomie des Ge- schlechtsapparates von Lymnaeus. Mit Tafel I und Il... 1 Seite Cobb, N. A., Beitrige zur Anatomie und Ontogenie der Nematoden. WG) Patel De WV, foe eee Ss Peng hss tes) GER ef) «en ar Dreyer, Friedrich (Jena), Die Pylombildungen in vergleichend- anatomischer und entwicklungsgeschichtlicher Beziehung bei Protisten iiberhaupt, nebst System und Beschreibung neuer und der bis jetzt bekannten pylomatischen Spumellarien. Mit REE bore yet tac al ar tin Ss) ain 8 ees oa Oh) Ph Neuer Verlag von Gustav Fischer in Jena. Dr. August Schwartz, Ueber die Beziehungen zwischen Haemoglobin uid Protoplasma nebst Beobachtingen zur Frage vo Wechsel der roten Blatkorperchen in der Milz. Preis: 1 Mark 50 Pf. Dr. Richard Semon, Die Entwickelung der Synapta digitata und die Stammesgeschichte der Echinodermen. Mit 7 lithographischen Tafeln. — Preis: 9 Mark. e e Dr. Robert Wiedersheim, o. 6, Professor der Anatomie und Director des anatomischen und vergl. anatomischen Instituts der Universitat Freiburg i. Br, Grundriss der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere fiir Studirende bearbeitet. Zweite ganzlich wmgeardeitete und stark vermehrte Aufage, Mit 302 Holzschnitten. Preis broschiert 10 Mark, gebunden 11 Mark. Frommannseche Buchdruckerei (Hermana Pohle) in Jena, —s 500K Neuer Verlag von Gustav Fischer in Jena. Arnold Lang, ar Veber den Ents itr lestsi iene Lebenswei af i thie und uber den Ursprung der ungeschlechtlichen Fores iiehae durch Theilung und Knospung. Preis: 3 Mark. Soeben erschien: Arnold Lang, Dr. phil., Inhaber der Ritter-Professur fiir Phylog er Universitat Jena. Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. Zum Gebrauche Del vergleichend ahatomischen tnd zoologischen Vorlesmmgen. Neunte ganzlich umgearbeitete Auflage Eduard Oscar Schmidt’s Handbuch der vergleichenden Anatomie. Erste Abteilung. Mit 191 pee Smee Preis 5 Mark. Dr. A. B W. Schimper, nik an der Universitit Bon Rotanische Mitheungen alls den Tropen, Heft 2. Die epiphytische Vegetation Amerikas. Mit 4 Tafeln in Lichtdruck und 2 lithographischen Tafeln. Preis: 7 Mark 50 Pf. } or 6672 limtys 2, G7 | Jenaische Zeitschrift fiir NATURWISSENSCHAPFT | herausgegeben fj: von der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. Dreiundzwanzigster Band. Neue Folge, Sechszehnter Band. Zweites und drittes Heft. Mit 15 Tafeln und 2 Abbildungen im Texte. Preis: 12 Mark. Jena, | Verlag von Gustav Fischer | 1889. | os oi lal Zusendungen an die Redaktion erbittet man durch die Verlagsbuchhandlung. Ausgegeben am 1. April 1889. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Friedrich Dreyer. Die Pylombildungen in vergleichend-anatomischer und entwicklungsgeschichtlicher Beziehung bei Radiolarien und bei Protisten tiberhaupt, nebst - System und Beschreibung neuer und der bis jetzt bekannten pylomatischen Spumellarien. (Sonderabdruck aus der Jen. Zeitschrift ftir Naturwissenschaft. Bd. XXIIL) Mit 6 lithographischen Tafeln. Preis: 8 Mark. Dr. Otto Hamann, Dozent der Zoologie an der Universitit in Gottingen. Beitrage zur Histologie der Echinodermen. Heft 4 (Schluss-Heft). Anatomie u. Histologie der Ophiuren u. Crinoiden. _ Mit 12 Tafeln und 2 Holzschnitten. Preis: 14 Mark. Dr. Berthold Hatschek, o. 6. Professor der Zoologie an der deutschen Carl-Ferdinands-Universitaét in Prag. Lehrbuch der Zoologie. Eine morphologische Uebersicht des Thierreiches zur Einfiihrung in das Studium dieser Wissenschaft. Erste Lieferung. Mit 155 Abbildungen im Text. Preis: 3 Mark. §—@ie~ Die zweite Lieferung ist in Vorbereitung und wird binnen Kurzem erscheinen. Arnold Lang, Dr. phil., Inhaber der Ritter-Professur fiir Phylogenie an der Universitat Jena. Veber den Einfluss der festsitzenden Lebensweise auf die Thiere und tiber den Ursprung der ungeschlechtlichen Fortpflanzung durch Theilung und Knospung. Preis: 3 Mark. / Inhalt. Seite Liebscher, G., Die Krscheinungen der Vererbung bei einem Kreu- i zungsprodukte zweier Varietiiten von Hordeum sativum . . . . 216 Hamann, Otto, Anatomie der Ophiuren -und Crinoiden. Mit t- Tafel XII—XXINT. ww tz eee ee Sel Frommann, C., Beitrige zur Renata Ee? Lebensyorginge in tierischen Zellen. Mit Tafel XXIV... . . 3889 Hildebrand, Friedrich, Uber einige Pilannpdieatundiaragaer ints Tate UR ru Gee ca ke al ro RS ee ae ak Verlag von Gustav Fiseher in Jena. Dr. August Weismann, Professor in Freiburg i. Br. Ueber die Zahl der Richtungskérper und tiber ihre Bedeutung fur die Vererbung. 1887. 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Dr. Richard Semon, Die Entwicklung der Synapta digitata Stammesgeschichte der Echinodermen. Mit 7 lithographischen Tafeln. — Preis: 9 Mark. Eduard Strasburger, Histologische Beitrige. Heft HU. Ueber das Wachsthum vegetabilischer Zellhaute. Mit 4 lithographischen Tafeln. Preis 7 Mark. Friiher erschien: Heft I. Ueber Kern- und Zellitheilung im Pflanzenreiche nebst einem Anhang tber Befruchtung. Mit 3 lithographischen Tafeln. Preis 7 Mark. Hugo de Vries, ord. Professor der Botanik an der Universitat Amsterdam. Intracellulare Pangenesis. Preis: 4 Mark. } ; fiir 4) NATURWISSENSCHAFT herausgegeben von der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena, ees Dreiundzwanzigster Band. Neue Folge, Sechszehnter Band. Viertes Heft. Mit 11 lithographischen Tafeln. Preis: 6 Mark. Verlag von Gustav Fischer 1889. Le Zusendungen an die Redaktion erbittet man durch die Verlagsbuchhandlung. Ausgegeben am 20. Juli 1889. | | | | | ‘ Jena, Verlag von Gustav Fischer in Jena. Arnold Lang, Dr. phil., Inhaber der Ritter-Professur fiir Phylogenie an der Universitit Jena. Veber den Einfluss der fesisitzenden Lebensweise auf die Thiere und uber den Ursprung der ungeschlechtlichen Fortpflanzung durch Theilung und Knospung. Preis: 3 Mark. Dr. Berthold Hatschek, o. 6. Professor der Zoologie an der deutschen Carl-Ferdinands-Univers yt in Prag. Lehrbuch der Zoologie. Eine morphologische Uebersicht des Thierreichs zur Einfiihrung in das Studium dieser Wissenschaft. Erste Lieferung. Mit 155 Abbildungen im Text. Preis: 3 Mark. fae Die zweite Lieferung wird im Juli 1889 erscheinen. Eduard 7 Strasburger, 6. Professor der Botanik an der Universitiit Bonn, Histologische Beitrage. Heft H. Ueber das Wachsthum vegetabilischer Zellhaute. Mit 4 lithographischen Tafeln. Preis 7 Mark. Friiher erschien: Heft I. Ueber Kern- und Zelltheilung im Pflanzenreiche nebst einem Anhang iiber Befruchtung. Mit 3 lithographischen Tafeln. Preis 7 Mark. Hugo de Vries, ord. Professor der Botanik an der Universitat Aimsterdam. Intracellulare Pangenesis. Preis: 4 Mark. / Inhalt. Seite Linstow, yon, Zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte von Nematoxys ornatus Duj. Mit Tafel XXVII ..°. .... . 549 Wolff, Gustav, Die Cuticula der Wirbeltierepidermis. Mit Tafel 2) 0 1S Ae gamers 1S, SN aie 5 ame a eS Semon, Richard, Ein Fall von Neubildung der Scheibe in der Mitte eines abgebrochenen Seesternarmes. Mit Tafel XXIX. . . 585 Seeliger, Oswald, Zur Entwicklungsgeschichte der Pyrosomen. Mat Tarek a kee eV I a Peete). ee Co ge Gok ee ee Zu beziehen durch Vietor Dietz in Altenbure: Kepleri opera omnia. Edit. Ch. Frisch. (124 Mark) ermassigter Preis 82 Mark, Soeben ist erschienen und wird auf Verlangen gratis und franco ( zugesandt : Antiquarischer Katalog 60: @ Naturwissenschatften, Mathematik, Mechanik, Technologie, Land-, Forst- und Hauswirtschaft. Stuttgart, Calwerstrassé 29. R. Levi, Buchhandler und Antiquar. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Dr. G. H. 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