7 pt ON ro se er er HARVARD, UNIVERSITY. DIB RAR Y OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY. (1lo02, vl f KOSCEN: nas fe 1 { hlormber LY [900 —FUrrULCdy 19,190) 1, UY. aoe mene Bead vl a a “fs an . < Sar ey ‘| ae Jenaische Aeitschrift NATURWISSENSCHAFT medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena, Vierunddreissigster Band. Neve Folge, Siebenundzwanzigster Band. Mit 28 Tafeln und 197 Abbildungen im Texte. - Jena, Verlag von Gustav Fischer 1900 Uebersetzungsrecht vorbeh alten. 7 2, ae UAN 83 1901 Inhalt. Brocu, Leoronp, Schwimmblase, Knochenkapsel und Weser- scher Apparat von Nemachilus barbatulus GwUnruer. Hierzu Tafel I und II und 12 Figuren im Text Bossnarp, Herricn, Zur Kenntnis der Verbindungsweise der Skelettstiicke der Arme und Ranken von Antedon rosacea Linck (Comatula mediterranea Lam.). Hierzu Tafel IIT —VIII : Bods s spat SCHELLENBERG, Kaspar, Untareushaneen fiber ine Grotiuen: mark der Ungulaten. MHierzu Tafel IX—XII und 44 Figuren im Text a dee Furprincer, Max, Zur seule iden iinet Stats des Beat schulterapparates und der Schultermuskeln. Mit Tafel XIII—XVII, Fig. 103 —179, und 141 Figuren im Text Burcuarpt, Euern, Beitrage zur Kenntnis des Amphioxus lanceolatus, nebst einem ausfihrlichen Verzeichnis der bisher iiber Amphioxus verdffentlichten Arbeiten. Mit Tafel XVITI—XXVI ; Lowea, TaHropvor, Studien iiber das itso arene den ecenizon dorsatus (Erethizon dorsatum Cuvier), Hierzu Tafel XXVII und XXVIII . Seite 833 a nd nae a ct ii m ex: | oe eae Te ee en tlanat ooh it a r ~ Py pen : . ’ ae - aA , ; oy CUR Ty tee Tie bah OM Ve a age 0d ht) eee ' aitnk dit dhlGntav, ase Ube roost jel 3 i 3 ’ \ « ik atl wat he Wie ee eacle 4 Cory} vx Ta PEE PeT GEE (y 1) |) ATs an) a rylee@) Ww hes oie Wee aN) \ ~ N bo ar ie i ' ry VAP een J Aten j be a) be j Bey Meet ay: ct) Ne fA cota Cin sa tibtiingerta) a AD eet de a Se RET tae TURP OT 0 l wal ; Aah, e 2 og : : Dey a Pay: Ay iy Foray i Vi 24". ; 7 thy A q } Hun irene ee I iW TO Aa Gj t 4! i Ad i Y it i hi Tr " ¥, va e al Ty . hed hg nT ok eer ap a ant irl P TAS aie gis shan RMN aT i Pa x ee ACh aig ; a Peta ee tei uty i dsdenatd onl adh han, ede a acy vag Sa eeney a. : Vibes ms pan ah i ' 7 ; t ; | \ : ‘ 9 ood D | SEP 2” \“Jenaische Zeitschrift fiir NATURWISSENSCHAET herausgegeben von der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft gu Jena, Vierunddreissigster Band. Neue Folge, Siebenundzwanzigster Band. Erstes Heft. Mit 12 Tafeln und 56 Figuren im Text. Inhalt. BLocu, LEOPOLD, Schwimmblase, Knochenkapsel und Weber’scher Apparat von Nemachilus barbatulus Giinther. Hierzu Tafel I und II und 12 Figuren im Text. BOSSHARD, HEINRICH, Zur Kenntnis der Verbindungsweise der Skelett- stiicke der Arme und Ranken von Antedon rosacea Linck (Comatula mediterranea Lam.). Hierzu Tafel III—VIII. SCHELLENBERG, KASPAR, Untersuchungen iiber das Grosshirnmark der Ungulaten. Hierzu Tafel IX—XII und 44 Figuren im Text. Preis: 17 Mark. Jena, Verlag von Gustav Fischer. 1900. | Zusendungen an die Redaktion erbittet man durch die Verlagsbuchhandlung. Ausgegeben am 1. August 1900. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Pauna Arctica. Eine Zusammenstellung der arktischen Tierformen, mit beson- derer Beriicksichtigung des Spitzbergen-Gebietes auf Grund der Ergebnisse der Deutschen Expedition in das Nérdliche Eismeer im Jahre 1898. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgenossen herausgegeben von Dr. Fritz Rémer und Dr. Fritz Schaudinn in Breslau in Berlin, Erster Band. Erste Lieferung. Mit 7 Tafeln, 2 geograph. Karten und 12 Abbildungen im Text, 1900. Preis: 25 Mark. Inhaltsverzeichnis. Fritz Rémer und Fritz Schaudinn, Einleitung, Plan des Werkes und Reisebericht, — Franz Eilhard Schulze, Die Hexactinelliden. — Johannes Thiele, Proneomenia thulensis nov, spec. — Otto von Linstow, Die Nematoden. — Hubert Ludwig, Arktische und subarktische Holothurien, Fixirung, Farbung und Bau des Protoplasmas. Kritische Untersuchungen tiber Technik und Theorie in der neueren Zellforschung von Dr. Alfred Fischer, a. o. Professor der Botanik in Leipzig. Mit einer colorirten Tafel und 21 Abbildungen im Text. 1899. Preis: 11 Mark. Praxis und Theorie ler Zellen- und Befruchtungslebre von Dr. Valentin Hacker, a. 0. Professor i. Freiburg i. B. Mit:137-A-bbridungeen im dex 1899. Preis: brosch. 7 Mark, geb. 8 Mark. Soeben erschien: Der Gesang der Vogel, seine anatomischen und biologischen Grundlagen. Von Dr. Valentin Hicker, a. 0. Professor in Freiburg i. Br. Mit 13 Abbildungen im Text. 1900, Preis: 3 Mark. SEP 27 1900 Schwimmblase, Knochenkapsel und Weber’scher Apparat von Nemachilus barbatulus Giinther. Von Leopold Bloch. Hierzu Tafel I u. II und 12 Figuren im Text. 1. Vorrede. Im Jahre 1894 erschien in der Revue suisse de Zoologie eine Arbeit von Jaquet (40): Recherches sur ia vessie natatoire des Loches d’Europe!). Er kam durch seine Untersuchungen zu dem Schlusse, da diese Fische nicht zu den Physostomen zu rechnen seien, da alle 3 Species eine geschlossene Schwimmblase besitzen. Seither ist meines Wissens diese Ansicht nicht widerlegt worden. Allerdings steht mit derselben eine Anmerkung im Wider- spruch, die sich in WirprrsHEtIm’s (71) Lehrbuch d, vergl. Anat. von 1886, 8.471 findet. [Ich ziehe die Auflage von 1886 zum Vergleich heran, weil die neueren auf eine Riicksichtnahme der Cobitiden ') iiberhaupt verzichten.] Sie lautet: , Wie es scheint, finden sich bei Cobitis fossilis L. (Misgurnus foss. Lach.) ganz ahnliche Verhilt- nisse C. Hasse), wie bei den vier Physostomen - Familien: Siluroiden, Gymnotiden, Characiniden und Cypri- noiden, welche eine Knochenkette, den Wurser’schen Apparat, besitzen.“ Ich hielt in Anbetracht dieses Sachverhaltes es fiir wiinschenswert, diesen Widerspruch zu heben, d. h. zu entscheiden, ob die Cobitiden zu einer der vier mit dem Weser’schen Apparat versehenen Familien, also zu den Physostomen, coder aber zu den Physoclisten zu rechnen seien. LEimerseits schien mich die Er- wagung — da doch im allgemeinen fir die Zuteilung einer Gattung zu den Physostomen oder zu den Physoclisten das Vorhandensein oder das Fehlen eines Luftganges (Ductus pneumaticus) bestimmend ist — dahin zu fiithren, Jaquet’s Auffassung beizupflichten; anderer- seits verursachte in mir wiederum die folgende Anmerkung SacGe- MEHL’s (57) ernsthaftes Bedenken. Er schreibt S. 22: ,AuS8er den angegebenen vier Physostomenfamilien sind zur 1) Dahin gehéren Misgurnus fossilis Lactr., Cobitis taenia L., Nemachilus barbatulus GinrueEr. Bd, XXXIV. N. F. XXVII. 1 2 Leopold Bloch, Zeit keine anderen bekannt, die einen Wespr’schen Apparat besitzen und die sich durch die Existenz desselben als nahe Ver- wandte der ostariophysen !) Knochenfische charakterisieren wiirden“ (d. h. als nahe Verwandte der vier schon genannten Physostomen- familien). Weun also die Cobitiden die Weser’schen Knéchelchen besitzen und es nach SacemeEuL u. a. keine Physoclisten giebt, welche diesen Weser’schen Apparat aufweisen, so ist der Entscheid zu treffen, welches dieser zwei Merkmale, von denen das eine nur typisch ist fiir gewisse Physostomen, aber nie fiir Physoclisten, das andere fiir Physoclisten, Recht auf Beriicksichtigung hat. Nach dieser Ueberlegung hielt ich es fiir wahrscheinlich, daf Jaquet (40) kaum recht haben konnte, indem wohl das Fehlen eines offenen Ductus pneumaticus fiir den Fall, da die Cobitiden den Weser’schen Apparat iiberhaupt besitzen, nicht entscheidend sein diirfte fiir die Zuteilung derselben zu den Physoclisten, denn es ist allgemein bekannt, daf bei Riickbildungen — und mit modi- fizierten Schwimmblasen haben wir es bei diesen Cobitiden zu thun — ein hiautiger Gewebestrang, wie der Ductus pneumaticus einen darstellt, nicht immer konservativ bleiben kann. Und in der That fand diese Ueberlegung ihre Rechtfertigung bei der Durchsicht der Arbeit von Herzenstein (35, 8. 3—4), wo darauf hingewiesen wird, daf dem Baue der Schwimmblase im Gegensatz zu allen anderen Organisationsverhaltnissen schwerlich eine iiberwiegende Be- deutung zugeschrieben werden kann, und daf ein einziges Kennzeichen, welchem Organsystem es auch ent- nommen sein mége, niemals zur Begriindung einer mehr oder weniger natiirlichen Anordnung, weder in hoheren noch in den niedereu Hinheiten des Systems, dienen kann. Auch hat schon Drenarocue (13) 8. 189—190 her- vorgehoben, in wie gerimgem Zusammenhange die An- oder ginz- liche Abwesenheit der Schwimmblase mit der iibrigen Organi- sation steht, und speciell die Méglichkeit der An- oder Abwesenheit der Schwimmblase innerhalb einer Gattung hervorgehoben. Allerdings muf hier bemerkt werden, da keine Ostariophyseae bekannt geworden sind, die der Schwimmblase entbehren. Leicht liefen sich eine Menge von Beispielen anfiihren, wo bei der An- ordnung im System die Vernachlissigung einzelner (differenter) Merkmale durch tiefer greifende Uebereinstimmungen gerechtfertigt ware. Der Vollstandigkeit wegen sei hier noch erwihnt, daf es auch Cobitiden giebt, die einen offenen Ductus pneumaticus besitzen, z. B. Nemachilus Strauchii (SérpNsEN, 63). Schon beim Studium der einschligigen Litteratur wurde es mir zur Gewibheit, daf die Cobitiden Kuropas den Werser’schen Apparat besitzen und daf die Zugehérigkeit derselben zu den Physostomen, speciell den Cyprinoiden, eine schon langst ausgemachte Sache ist. Dennoch entschlof ich mich, eiige Verhaltnisse an den vorderen Wirbeln von 1) Von é6teorov, Knochelchen, und micn, Blase (Sechwimmblase). ) oLoyv, ) I> | Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 3 Nemachilus barb. genau zu _ studieren, weil ich mich iiberzeugen konnte, da’ eine genaue morphologische Beschreibung dieser Ver- haltnisse bei Nem. barb. (und wohl auch Cob. taen.) nirgends existiert (auch die Beschreibung durch Jaquet, 40, ist nicht ausge- nommen), dagegen wohl eine solche von Misgurnus fossilis durch Sorensen (63). Daf solch ein genaues Studium der vorderen Wirbel, mit denen die Knochenkapsel in Verbindung steht, abge- sehen von der Frage, welche sich auf die Wrsper’schen Knéchelchen bezieht, nicht iiberfliissig war, mag aus folgendem Beispiel ersehen werden. Die Schwimmblase von Nemachilus barbatulus ist namlich, wie wir spiater einlaflicher beschreiben werden, eingeschlossen in eine Knochenkapsel. Nach Weser (70), Groppen (29), Farro (16) steht letztere in Verbindung mit dem zweiten und dritten Wirbel, nach Sresonp (61) (bei der Gattung Cobitis tiberhaupt) mit dem ersten, nach VALENCIENNES (12) mit dem ersten, zweiten und dritten, nach RosenrHan (55) und Jaqurr (40) mit dem ersten und zweiten. Man kann nicht sagen, dai die Angaben der Forscher in diesem Punkte sich in grofer Uebereinstimmung befinden, doch war ich wenigstens sicher, die Schwimmblasenkapsel nicht an den Abdominal- wirbeln suchen zu miissen. Auch abgesehen von der Lésung dieser Frage, glaube ich im folgenden von friiheren Darstellungen einiges Abweichende beibringen zu kénnen. 2. Einleitung. Bei der Betrachtung der Kérperhaut von Nem. barb. unmittel- bar hinter dem oberen Rande des Kiemendeckels fallt bisweilen eine Stelle durch etwas dunklere Pigmentierung auf. Nachdem man die Kérperhaut weggehoben hat, gewahrt man, dal gerade hier die dorsalen (ldm Fig. 1) und die ventralen (lum Fig. 1) Halften der Seitenrumpfmuskulatur nicht zusammenstofen, sondern eine Oeffnung frei lassen (tcv), die oval und mit aufgeworfenen Randern (ev) versehen ist. In der Tiefe der Oeffnung vermag man eine glanzende Membran zn beobachten. Dies ist die Schwimmblase. Die aufgeworfenen Rander gehéren der schon erwahnten Knochenkapsel an, welche an der Wirbelsiule festgeheftet ist und die Schwimmblase beinahe ganzlich umschlieBt. Die vorerwahnte Oeffnung wurde von Hasse (33, 5. 595) ,,Introitus capsulae vesicae“ bezeichnet, was der lateral cutaneous area“ von Bripce und Happon (7, 8. 313) entspricht. Ueber einen Teil der Schwimmblase zieht 1* 4 Leopold Bloch, also bloB die Haut hinweg. — Wir wollen versuchen, die Knochenkapsel, welche komplizierter gebaut ist, als man sich es bei fliichtiger Betrachtung denken kénnte, genau zu_ studieren, um nachher dann der Schwimmblase selbst noch einige Aufmerk- samkeit zu schenken. Diese Knochenkapsel ist verhaltnismafig stark mit der Wirbelsiule verschmolzen, sodaf es uns nicht so- sleich gelingt, weder die Zahl der Wirbel zu bestimmen, welche bei deren Bildung in Mitleidenschaft gezogen wurden, daher jene auseinandergehenden Befunde, noch zu begreifen, auf welche Weise dies geschah. Es hat die Knochenkapsel von den Forschern die verschiedensten Deutungen erfahren, so daf wir diese, sowie auch andere Fragen, erst spater beantworten kénonen. Normaler Wirbel: Es wird am besten sein, wenn wir uns vorerst kurz in Kenntnis setzen vom Bau eines normalen Wirbels der Bartgrundel; denn die normalen Wirbel erhalten sich deutlich gesondert voneinander, jene, die mit der Schwimmblasen- kapsel verschmolzen sind, dagegen nicht immer. Nur die Kenntnis der Gestalt eines normalen Wirbels verhilft uns dazu, modifizierte Verhaltnisse leicht zu begreifen. Der normale Wirbelkérper hat ungefahr die Gestalt eines auf beiden Endflichen ausgehéblten Cylinders. Er ist bikonkav oder amphicél. Der zwischen zwei Wirbelkérpern liegende, doppelkegelférmige Raum ist von Chorda- gvewebe ausgefillt. Diese normalen Wirbelkérper tragen zwei Bogensysteme: das obere Bogensystem, welches das Riickenmark umhillt, und das untere, das im vorderen Teil des Kérpers seit- lich absteht. — Das obere Bogensystem besteht aus Knochen- bogen, die in korrespondierenden Paaren jederseits mit der Ober- seite der beziiglichen Wirbelkérper verschmolzen sind. Sie stofen iiber dem Riickenmark von beiden Seiten zusammen, verschmelzen dort miteinander und tragen einen Dornfortsatz, welcher fest mit ihnen verwachsen ist. Er bildet gleichsam das spitz ausge- zogene Ende der vereinigten oberen Bogen (Fig. 3 p.sp. IV). Die Bezeichnung Neurapophysen, Neuralbogen, wollen wir in dem tblichen Sinne fiir diese oberen Bogen beibehalten. Sie sind jedoch noch nicht erschépfend beschrieben worden, indem von ihrer gegenseitigen gelenkigen Verbindung, welche eine den Processus articulares der héheren Wirbeltiere analoge Bildung ist, noch nicht gesprochen wurde. Wir haben es an den normalen Wirbeln zu thun mit zwei Gruppen von Gelenkfortsitzen; die einen sind paarige Fortsatze der Neuralbogen (Fig. 2, zy.a V, zy.a IV), die anderen solche der Wirbelkérper (Fig. 2, 3, 4 zy.p IV, zy.p V, Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulusG. 5 zy.p VI). Es artikuliert nun jeweilen ein Fortsatz des Wirbel- kérpers mit dem Fortsatz des caudalwarts liegenden Neuralbogens. Die Fortsitze der Wirbelkérper sind bei den Wirbeln der Bart- erundel beinahe bis auf halbe Hohe getrennt von den Bogen, allein sie kénnen bei anderen Knochenfischen auch vollstiindig mit ihnen verschmelzen. Wir wollen mit Hayek (34, S. 241) und Dotto (14, S. 9) diese Gelenkfortsitze Zygapophysen nennen (Proc. fulcientes, ,,Laeneproces* SORENSEN, 63, S. 92; vergl. auch STANNIUS, 66, S. 115). — Das untere Bogensystem, soweit es fiir uns in Frage kommt, besteht pro Wirbel aus je 2 paarigen Stiicken. Auf jeder Seite des Wirbelkérpers ist ein konisch ab- gerundetes, kurzes Grundstiick, Basalstumpf, in einer Grube unbeweglich eingesenkt (Fig. 2,4 ba V). Mit diesen Grundstiicken sind nun die Rippen (Fig. 2 co VI), welche sich von vorn-oben, schrig nach unten-binten erstrecken, gelenkig verbunden. Es kommt bei ihnen nie zu einem ventralen Zusammenschluf’. Am erwachsenen Wirbel von Nem. barb. ist also gleich wie bei allen tibrigen Teleostiern nur ein Rippenpaar zu beobachten. Am primaren Skelett ist allerdings das gleichzeitige Vorkommen oberer und unterer Rippenpaare nachgewiesen worden (GOPPERT, 24). Indessen sind nur die unteren Rippen, ,,Pleuralbogen‘, bei den erwachsenen Tieren zur Entwickelung gelangt, und es hat schon GOrrE (25) klar erkannt, da8 nur die Selachier und Amphibien Skelettstiicke besitzen, die den fiir die Amnioten traditionellen Namen ,,Rippen‘“’ beanspruchen diirfen, daf da- gegen die unter gleichem Namen _ beschriebenen Gebilde der Ganoiden und Teleostier efwas von den Amniotenrippen Verschiedenes, ,,Pleuralbogen“ sind. Gleichwohl werden wir fiir die als abgegliederte Teile der primitiven Basal- stimpfe aufzufassenden Pleuralbogen den Namen Rippen gebrauchen, weil dem so tiblich ist. — Unter dem Aus- drucke ,Processus transversus” (Fig. 6 pt ID) (apophyse transverse — BEAUDELOT, 3, Querfortsatz — Auc. MULuerr, 46, TVAERTAP - SORENSEN, 63) wollen wir den Fortsatz des Wirbel- kérpers verstehen, welcher das mit dem Wirbelkérper verschmolzene Homologon des Basalstumpfes ist. Allerdings will es uns scheinen, daf, wenn man die vorher erwihnte Genese der Rippen in Betracht zieht, man nie im Stande ist zu behaupten, ein Proc. transv. ist ein echter, wenn tiberhaupt keine Rippe zur Aus- bildung gelangt ist. SORENSEN (63, S. 86): 6 Leopold Bloch, ,l'vaertappen paa 2 den Hvirvel er Ribbenets Grundstykke; det egentlige Ribbeen er efter mit Skjoen ikke kommet til Udvikling. Den er altsaa en aegte Processus transversus“. Der Querfortsatz auf dem 2. Wirbel ist das Grundstiick der Rippe; die eigentliche Rippe ist nach meinem Dafirhalten nicht zur Entwickelung gekommen. Er ist also ein echter Processus transversus." In einem Falle, wo die Rippe nicht zur Entwickelung ge- langt ist, wird es dem Forscher frei stehen, den Processus trans- versus gemif unserer Definition aufzufassen als echten Proc. transv. oder aber als Proc. transv. + nicht abgegliederte Rippe. Fir beide Auffassungsweisen wollen wir mit SORENSEN den Proc. transv. als echten bezeichnen im Gegensatz zu jenen falschen Wirbelquerfortsitzen, von denen wir mit Bestimmtheit wissen, daf sich an ihnen secundir hinzugetretene Teile befinden. Erster Wirbel: Suchen wir nun bei der Betrachtung des vordersten Wirbels zurecht zu kommen. Im Bereiche der Ab- teilung der Teleostier sind Umgestaltungen der ersten Wirbel sowie auch Verbindungen derselben mit Knochen des Craniums_ haufig, so dafi oft die verschiedenen bei den normalen Wirbeln namhaft gemachten Elemente hier nicht leicht oder nicht mehr zu erkennen sind. Die einlaBliche Priifung eines einzelnen Falles, wie wir einen vor uns haben, gestaltet sich zu einer umfassenden Aufgabe und wir diirfen darauf nicht verzichten, auf manche andere Or- ganisationsverhaltnisse einzugehen. Wenn man ferner in Betracht zieht, daf der Weperr’sche Apparat und die Knochenkapsel der Schwimmblase neben den primiiren Umgestaltungen, welche die ersten Wirbel der Teleostier im allgemeinen erfabren kénnen, als sekundare Einrichtungen aufzufassen sind, so wird ersichtlich, da’ die Deutung einzelner Skelettstiicke ohne Riicksichtnahme auf ent- wickelungsgeschichtliche Studien sehr schwer fallen wirde, und dies, obschon der Charakter des vorderen Teiles der Wirbelsaule bei den Cyprinoiden sich weniger von dem gewohnlichen Teleostier- typus entfernt als jener der tibrigen Ostariophyseae. — Als ersten Wirbel haben wir denjenigen anzusehen, welcher sich dem Os occipitale caudalwarts anschlieSt, denn: ,sedenfalls . . . ist im knéchernen Cranium der Teleostier nicht die occipitale Partie desselben als ein vertebraler Abschnitt zu betrachten.“ (GEGENBAUR, 20, 8. 30; bierher auch Huxtey, Frortep, 17. u. a.) Schwimmblase, Knochenkapsel ete. von Nemachilus barbatulusG. 7 Bei der Priifung des ersten Wirbelkérpers fallt uns zuniachst auf, daB er viel kiirzer ist als die folgenden (Fig. 4,5 Z). Bei sehr vielen Knochenfischen laft sich eine allmahliche Volumzunahme der Wirbelkérper bis zum dritten, vierten oder fiinften konstatieren, wo dann gewohnlich fiir den Rumpfteil des Riickgrates eine ziem- liche Gleichmafigkeit beginnt. Die ersten Wirbelkérper sind also hiufig den anderen gegeniiber kiirzer, zuweilen auch in den anderen Dimensionen geringer entfaltet als die folgenden. — Ferner haben wir gesehen, da’ die normalen Wirbelkérper der Bartgrundel amphicél sind. Hiervon macht der erste (Atlas) eine Aus- nahme. Er ist, wie schon bemerkt, kiirzer d. h. etwa halb so lang wie ein normaler Wirbel und opisthocél. Seine vordere schwach konvexe Fiche ist derart in den Conus des_,,Occipital- wirbels‘ eingesenkt (verg]. Srannius, 67, S. 10; GroBBEN, 20; SORENSEN, 63, u. a.), dal er gleichsam mit dem Os occipitale basilare ein Stiick bildet. Dieser Wirbelkérper tragt jederseits einen queren Fortsatz (A Fig. 2, 4, 5), welchen man als echten Proc. transy. I. aufzufassen geneigt ist, was nicht richtig ware. GROBBEN (29, S. 11): Der erste Wirbel hat einen schmalen Kérper, der vorn flach- konvex mit zwei sehr kraftigen Querfortsitzen versehen ist, die auch eine bedeutende Lange besitzen und sich an die Knochenblase anlegen.“ JAQUET (40) dagegen schreibt 5S. 438: »A son extrémité antérieure, on apercoit la premiére céte cervi- cale, laquelle sur presque toute son étendue est intimement me a la vessie osseuse. Ich habe mich tiberzeugt, dal} von einem Anlegen dieser queren Fortsatze I an die Knochenblase wohl gesprochen werden kann. nie aber davon, dafi dieselben, wie JaQuer will, innig mit der Knochenblase vereinigt sind. Es ist in Fig. 2, 4 und 5 I angedeutet, daf es bei etwelcher Vorsicht leicht gelingt, den ersten Wirbel samt dessen Fortsatzen zu isolieren, ohne nur im geringsten die caudalwarts gelegene Knochenkapsel zu verletzen. Nach Fig. 11 Jaquert’s allerdings scheint dies nicht méglich zu sein, was damit in Zusammenhang zu bringen ist, daf dieser Forscher in seinen Zeichnungen tiberhaupt sich zu viel kiinst- lerische Freiheiten erlaubte. — Daf wir unter diesen queren Fortsitzen (den ,,premiéres cotes cervicales JAQUET’S) nun_ nicht echte Proc. transy. I verstehen miissen, hat SORENSEN (62) 10 Jahre friiher S. 3 und 21 in seinen Lydorganer hos Fiske iiber- 8 Leopold Bloch, zeugend erwiesen. Er zeigte, da’ bei den Characiniden, Siluroiden (Ausnahme Clarias) und Gymnotiden ein vollstandig oder unvoll- stiindig verknéchertes Ligament!) von der Scapula (Cuvier) auf die Lateralseite des Os occipitale basilare zieht, da ferner bei den Cyprinoiden und Gadoiden dieses Ligament sich nicht mit dem Os occipitale verbindet, sondern mit dem Centrum des ersten Wirbels, in der Weise, dafi die Ossifikation ihren Anfang vom proximalen Ende des Ligamentes nimmt und sich auf einen kiirzeren oder langeren Teil des Ligamentes erstrecken kann. Ferner sagt SORENSEN (62) noch S. 3: ,»Hos Cyprinoiderne er det »Bei den Cyprinoiden ist es tildeels forbenet, idet dets in- (das Ligament) zum Teil ver- derste Ende optraeder som 1ste knéchert, indem dessen innerstes Hvirvels ,lvaertap.” Ende als Querfortsatz des ersten Wirbels auftritt." Bei (Cob.) Misgurnus foss. sind die Proc. transv. I + Liga- mentverknécherung kurz, bei Nem. barb. aufergewéhnlich lang. — Wie steht es nun mit dem oberen Bogensystem des ersten Wirbels ? Dasselbe ist auch nicht typisch ausgebildet, indem es Gliedstiicke zu dem schon oft genannten Weper’schen Apparat geliefert hat, woriiber wir nun im folgenden Abschnitt Naheres erfahren sollen. 3. Kritischer Ueberblick der alteren und neueren Be- funde die Kenntnisse der Weber’schen Kndéchelchen betreffend. A. Feststellung des Vorkommens derselben bei den ver- schiedenen Fischfamilien. Im Jahre 1820 veréffentlichte E. Werzerr (70) seine Arbeit iiber das Ohr der Wassertiere. Er beschrieb darin in mustergiltiger Weise die nach ihm benannte Knéchelchenkette (bei Cyprinus carpio, [Cob.| Misgurnus fossilis und Silurus glanis), welche bei diesen Fischen die Schwimmblase mit dem hautigen Gehérorgan verbindet. An diesem Weser’schen Apparat kann man 4 paarige Gliedstiicke unterscheiden, welche Wrsrr von vorn 1) Wohl der erste und einzige Forscher, der das Ligament vor SORENSEN noch erwahnt hat, ist C. Merrenuemer (45). Srannius (65) hat es Taf. XIII, Fig. 2f. fiir Priacanthus macrophthalmus (Percoid) gezeichnet, aber nichts speciell dariiber gesagt. Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulusG., 9 nach hinten einzeln mit dem Namen: Claustrum, Stapes, Incus und Malleus belegte. — Allein es muf gesagt werden, dal RosxEn- mHAL (55) schon 8 Jahre friiher in allerdings unvollstandiger Weise diese Knéchelchen (er bildet bei Cyprinus [abramis| brama nur 2 ab) erwahnt hat. — 1821 giebt ein Anonymus (1) +) in Oxen’s Isis eine Beschreibung der Weser’schen Knoéchelchen von Cyprinus brama, worin er dieselben nach ihrer Gestalt mit anderen als den tiblichen Namen belegt (1. Malleus = Ancora, Anker ; 2. Incus== Norma, Winkelstab; 3. Stapes==Trulla, Kelle; 4. Clau- strum == Pocillum, Becher). Die Benennungen Wesnr’s sind jedoch ziemlich allgemein adoptiert, so daf sie auch in vorliegender Arbeit beniitzt werden sollen. Auf die von Bringk und Happon (7) ein- gefiihrten Bezeichnungen soll a. a. O. (S. 12) hingewiesen werden. — 5 Jahre spater (1826) schildert Hmusinenr (36) ganz kurz neben einer Siluroidengattung den Weeer’schen Apparat bei einem Chara- ciniden. — BAr (2) scheint im Jahre 1835 der erste gewesen zu sein, der ihn bei einem Gymnotiden gefunden hat. — Erst 1843 wurde von Jon. MiLurr (47) festgestellt, da’ diese Knéchelchen nicht nur bei den Cyprinciden allgemein vorkommen -—— was schon aus Wesrr’s Arbeit hervorging — sondern auch bei den Siluroiden und bei der von ihm in dieser Abhandlung aufgestellten neuen Familie der Characiniden. — Endlich wurde im Jahre 1852 von Reinwarpt (53) das allgemeine Vorkommen des Weper’schen Appa- rates fiir die Familie der Gymnotiden festgestellt (das Claustrum hat er hier nirgends gefunden). Unsere Kenntnis, daf die 4 ostariophyseu Knochenfischfamilien : Siluroiden, Gymnotiden, Characiniden und Cyprinoiden (Cobitiden) den Wepur’schen Apparat besitzen, ist mithin der Arbeit derjenigen Forscher zu verdanken, welche vor der Mitte dieses Jahrhunderts schon gewirkt haben. B. Frage nach der Homologie des Weber’schen Apparates und Verschmelzung vorderer Wirbel. Weser betrachtete die nach ihm benannten Knéchelchen als Homologa der Saugetier-Gehérknichelchen. Infolgedessen hatte sich schon friihzeitig unter den Forschern nicht nur die Absicht geltend gemacht, diejenigen Fischfamilien kennen zu lernen, welche den Weprr’schen Apparat besitzen, sondern auch klar festzustellen, ob die Weper’schen Knéchelchen wirklich zu betrachten seien als homologe Gebilde za den Gehérknéchelchen der Saugetiere, ,,da besonders Grorrroy (22, 23) fortfuhr, dieselben in den Wirbel- tieren niederer Ordnung an ganz anderer Stelle zu suchen... .“ Anonymus (1) 8S. 273. In dieser Steitfrage bekannten sich zur 1) Es ist zweifellos Boranus gewesen, der unter diesem Namen jene Arbeit verfaSt hat. Im Jahre 1822 befindet sich in der Isis unter demselben Pseudonym eine Arbeit, die sicher von seiner Hand riihrt. 10 Leopold Bloch, Weser’schen Auffassung: Anonymus') 1821, Treviranus (68) 1821, Saaeman Munper (56)?) 1831, Bar (2) 1835, Brescurer (5) 1838; gegen dieselbe: Rosenrnan (55) 1816, 18393), Gnorrroy Sr. Hinarre (22, 23) 1824, Ownn*) 1846, Retssner (54) 1859 (ohne dag er die Aue. Mitier’sche Arbeit [46] kannte). Schon Gurorrroy Sr. Hmarre (22, 23) 1824 hatte angefangen, die Wesrr’schen Knéchelchen als umgebildete Teilstiicke der Wirbel zu betrachten, und wenn schon er bei seiner Deutung eine nur sehr wenig zuriickhaltende Meinung bekundete, —— hielt er doch die fraglichen Stiicke fiir Teile der oberen Bogen des ersten, aweiten und dritten Wirbels — so scheint es doch, als ob sejne Auffassung darauffolgenden Forschungen den Weg gewiesen hat. — Dieselbe Wirkung mag auch die Arbeit Mecxer’s (44) 1824 erzielt haben, denn im selben Jahre fiingt auch dieser Forscher an, Gliedstiicke des Weser’schen Apparates als Querfortsatze (kurze Rippen vergl. 8S. 250) aufzufassen, wobei er auch eine Ver- schmelzung des zweiten und dritten Wirbels der Karpfenwirbelsaule erwahnt. Er schreibt: ,,Die bei den Knorpelfischen sehr allgemeine Neigung der Wirbel des vorderen Teiles der Wirbelsiule, zu einem Knochen zu verschmelzen, offen- bart sich bei den Gritenfischen weit seltener. Kine Andeutung von dieser Bildung ist die Bildung des zweiten Halswirbels bei den Karpfen. Er ist betrachtlich gréfer als die tibrigen und auf jeder Seite mit zwei Querfortsitzen, einem hinteren lingeren, ab- steigenden, einem vorderen kiirzeren, aufsteigenden versehen.“ (Weitere Beispiele von Verschmelzungen ,,einer griferen Menge von Wirbeln“ werden [S. 231] von Siluroiden angefiihrt.) Wiewohl MrcxeL mit dem absteigenden Querfortsatz nur die Mallei gemeint haben kann, steht er doch noch auf dem Boden der Wesesr’schen Beurteilung, denn er schreibt 8. 234 ,.. . allerdings spricht die Lage und Verbindung derselben (der Were. Kn.) sehr fiir diese (Weper’s) Ansicht.“ Auf 8. 235 daselbst schreibt er: ,,Naher werde ich auf sie (die Wes. Kn.) in der Lehre vom Gehérorgan zuriickkommen ... .“ Allein es scheint mir, da’ das MrcKen’sche System nur bis 1833 fortgefiihrt wurde, d. h. das Werk scheint 1) Die von ihm eingefithrte Nomenklatur basiert also lediglich auf der von den Gehérknéchelchen der Siiugetiere verschiedenen Gestalt. 2) Und dies, obschon er festzustellen versucht, da die Knéchel- chen Weeser’s ein Zubehér der 2 ersten Wirbelkérper sind. 3) Es war mir nur die 2. unveriinderte Auflage der Ich- thyotom. Taf. vom Jahre 1839 zugiinglich, es soll aber nach S6- RENSEN schon die 1. Auflage, welche die Jahrzahl 1816 tragt, dieselbe Anmerkung tragen wie die 2., daf niimlich R. diese Knochen nicht fiir Gehérknochen halten méchte. Hs kann daher auch die 1. Auflage erst nach der Arbeit Werprr’s (1820) er- schienen sein. 4) R. Owen, Lectures on the comparative anatomy and _phy- siology of the Vertebrate animals, Pt. I, 1846, p. 210—11. Schwimmblase, Knochenkapsel ete. von Nemachilus barbatulusG. 11 nicht zum Abschluf gelangt und die Lehre vom Gehérorgan nie- mals begonnen worden zu sein. Endgiltig entschieden wurde nun diese Frage von Auc. MULLER (46) 1853, welcher die Weser’schen Knéchelchen bei ihrer Ent- wickelung an Cyprinen studierte. Einmal bestitigte er dabei fiir die Cyprinoiden tiberhaupt das sehr interessante Resultat Mucxet’s (44), da der Wirbel, welcher bei den ausgewachsenen Tieren der zweite zu sein scheint, in Wirklichkeit hervorge- gangen ist aus einer Zusammenschmelzung des zweiten und dritten Wirbels. Im ferneren wurde die Erkenntnis dieser Verschmelzung nun auch zum Schliissel fiir die richtige Deutung der einzelnen Gliedstiicke des Werser’schen Apparates, auf die gleich nachher eingegangen werden soll. Es méchten vielleicht vorher einige weitere Bemerkungen iiber die Verschmelzung vorderer Wirbel der Riickenmarksaule am Platze sein. Es ist klar, da’ wir bei Verschmelzungen zweier oder mehrerer Wirbel das Verschmelzungsprodukt — und wenn es auch am ausgewachsenen Tiere bei oberflachlicher Betrachtung eleiches Aussehen hat wie ein normaler Wirbel, welch letzteres thatsichlich vorkommen kann — autffassen miissen als einen falschen Wirbel (,,la grande vertébre“ Cuvier [12]; ,,complex vertebra‘ BripGe und Happon |7|) im Gegensatz zu den isoliert auftretenden oder wahren Wirbeln. — Thatsachlich ist bei den verschiedenen ostariophysen Familien gar nicht immer die Regel, dal blof der zweite und dritte wahre Wirbel zu einem einzigen falschen verschmilzt, diese Verschmelzungsart findet nur bei den Cyprinoiden statt, zwar doch so, daf bei einer medianen Spaltung der Wirbelsiule (durch eine Sage) die Grenze beider fraglichen Kérper zu sehen ist, zwischen welchen sich noch ein Raum bhe- findet, der von einem Rest der Chorda dorsalis angefiillt ist. Die Cobitiden (welche ja zu den Cyprinoiden zu rechnen sind) sind nach SORENSEN die einzigen, bei welchen die Kérper ihrer Wirbel vainzlich miteinander verschmelzen. Bei einem durch Maceration isolierten zweiten falschen Wirbel von Nem. barb. gelang es mir jedoch, mit Sicherheit eine Trennungslinie zwischen urspriinglich zweitem und drittem Wirbel wahrzunehmen. Auch an mikroskopischen Schnittpraparaten konnte ich zum Teil Verhaltnisse konstatieren, die auf eine Verschmelzung von zweitem und drittem wahren Wirbel hinweisen. — Bei den Siluroiden sind die Kérper der zweiten, dritten und vierten Wirbel verschmolzen, ohne im all- gemeinen auferlich irgend welche Grenze aufzuweisen (vergl. Wricut, 73, S. 250, SORENSEN, 63, 8S. 135). Ja es hat SORENSEN sogar bei einem Wels (Plecostomus) des tropischen Amerika nach- 12 Leopold Bloch, gewiesen, dafi dessen erster Wirbel ein Verschmelzungsprodukt von mindestens 4, aber eher 5 Wirbeln ist, welche, zusammenge- nommen, kaum so grofi sind, wie ein einziger normaler Wirbel. Um wieder auf die Untersuchungen Auc. Mtner’s zuriickzu- kommen, sei wiederholt, daf es ihm gelang, die Natur der Weserr’schen Knéchelchen richtig zu deuten, indem dieselben bei jungen Tieren noch erkennbare Gliedstiicke der vordersten Wirbel bildeten; damit war nun auch die Nicht-Homologie der Wrper’schen Knichelchen mit den Gehérknichelchen der Saéugetiere erwiesen. Avec. Miniter hat zwar diese zulaissige *SchluBfolgerung nicht ausdriicklich gemacht; allein es ist nicht anzunehmen, daf er die Arbeit von Retcuurt (52) 1837, welcher feststellte, da’ die Gehérknéchelchen der Saugetiere vom Visceralskelett ableitbar sind, nicht kannte. Auch Retcuertr hat sich allerdings (vergl. 8. 201 § 12) jeder weiteren diesbeziiglichen Folgerung enthalten. Heutzutage aber stimmen alle Autoren iiber- ein, dai diese Homologie nicht besteht. Diese Thatsache nament- lich veranlaite Bripce und Hapnpon (7) fiir die Weser’schen Knichelchen andere Namen einzufiihren. Sie schreiben (p. 310): »Instead of “Stapes” we propose the name “scaphium” in allusion to the invariably concavo-convex or spoon-shaped form of this ossicle. The “incus” may be renamed the “intercalarium”, from its constant intermediate position between the “stapes” and the “malleus”, when present. For “malleus” we would substitute “tripus” — a name suggested by the three characteristic processes which this ossicle invariably possesses. The fourth ossicle, called the “claustrum” by Wnueer, forms one of the series of auditory ossicles in the Cyprinoid fishes, but has no such physiological significance in the Siluroidae, although it is very generally present. As the name “claustrum” is open to none of the objections which can reasonably be urged against the retention of WerpEr’s nomen- clature of the three preceding ossicles, it may with advantage be retained.“ C. Deutung der Gliedstiicke des Weber’schen Apparates. Wir geben Auc. Mttuer’s Deutung der Werer’schen Knichel- chen und jene der Forscher, die nach ihm sich mit dieser Materie beschaftigt haben, der Kiirze und der Uebersicht wegen in Form einer Tabelle (s. S. 14 u. 15) 4). Den Forschern der zweiten Hilfte dieses Jahrhunderts blieb es also vorbehalten, fiir simtliche 4 ostariophysen Knochenfisch- familien im grofen Ganzen die richtige Deutung der Werser’schen Knéchelchen durchzufiihren. Abgesehen von den Angaben GrcEn- 1) Dabei empfiehlt es sich fiir den Leser, nach der Durchsicht der ersten Vertikalkolonne (Auc. Mtiumr) die weiteren Vergleiche mit Zuhilfenahme des darauf folgenden Textes vorzunehmen, Schwimmblase, Knochenkapsel ete. von Nemachilus barbatulusG. 13 pAuR’s und WixpERSHEIM’s, welche wohl kaum auf der Basis eigener Untersuchungen beruhen, ferner abgesehen von den Verschieden- heiten der Nomenklatur und endlich abgesehen von den sekundiren Umgestaltungen, die da und dort (vergl. die tabellarische Zu- sammenstellung nach Sorensen) Platz gegriffen haben mégen, findet sich — mit Ausnahme Sacemen.’s (57) in Bezug auf den Incus — eine imponierende Uebereinstimmung in der Interpretation der 3 hinteren Gliedstiicke des Apparates. Diese Thatsache veranlaft uns daher, zuerst auf Sacemenn’s unrichtige Interpretation zu sprechen zu kommen, um dann erst nachher die verschiedene Auf- fassung der Forscher beziiglich der Claustra niher zu wiirdigen, da wir ohnehin dort linger zu verweilen haben. Deutung der Incudes. Aus der Tabelle ist ersichtlich, wenn man von der Beriicksichtigung Guaunpaur’s 1879 (19) Umgang nimmt, daf fiinf Autoren vor SaGemenn unter sich iibereinstimmend eine von SaGeMEHL abweichende Interpretation beziiglich der In- cudes veroffentlichten. Von diesen fiinf Veréffentlichungen scheint SAGEMEHL (vergl. S. 55) nur jene von Wricur (73, 74) unbekannt geblieben zu sein. Allein dies gereicht ihm noch keineswegs zum Vorwurf. Man sollte nun aber meinen, daf ein Forscher hatte Bedenken empfinden sollen, wenn er anderer Meinung ist, als jene, die vor ihm unter sich iibereinstimmten und von denen drei, die ihm bekannt, auf entwicklungsgeschichtlichem Wege zu ihrem Resultate gelangt. Sacemrent hat nur an erwachsenen Tieren seine Untersuchungen angestellt. Alles, was er schreibt (S. 55) tiber diesen Gegenstand, ist folgendes: ,Die Rippe des zweiten Wirbels ist zam Incus umgestaltet, der an der Begrenzung des Riicken- markkanals niemals irgend welchen Anteil hat, und der somit auch kein oberer Bogen sein kann, als welcher er von vielen Autoren gedeutet wird.“ SaGempxunt war also unvorsichtig genug, sich nicht nur iiber die Resultate friiherer Forscher hinwegzu- setzen, sondern auch (wie gleich gezeigt wird) iiber deren Be- grindung. Hiatte er dies nicht gethan, so ware er schwerlich im Falle gewesen, die Ansicht anderer schlechtweg von der Hand zu weisen. Und was ist es nun also, das uns zwingt, jenen Forschern vor SAGEMEHL recht zu geben, wie es nach ihm namentlich S6- RENSEN (63 u. 64) gethan hat? — Erstens wissen wir, daf es leicht gelingt (wenn wir vorlaufig von einer Riicksichtnahme auf die Claustra absehen), an jungen Tieren, wie dies vor SAGEMEHL: Auc. Miter (46), Nuspaum (44), Grassr (28), Wrieur (73, 74), nach ihm Sérensen (63) gethan, die Gliedstiicke des Wersrr’schen Apparates noch in ihrem primaren Zusammenhang zu _ begreifen, d. h. in dem in Frage stehenden Falle erkennt man die Incudes als obere Bogen des zweiten (wahren) Wirbels. — Es kénnen zweitens die Incudes auch zweitellos deshalb keine Rippen des zweiten Wirbels sein, weil am primiren Skelett die Rippen als von den Basalstiimpfen abgegliederte Teile aufzufassen sind (GOpPERT [24] u. a.) also miifte bei jungen Tieren eine Lagebeziehung zwischen Incudes und Basalstiimpfen zu bemerken sein, woriiber 14 Leopold Bloch, | Miner | BeaupE- IGecen-| Nus- |... : c = | Sace- |BRIDGEU. Autoren A. LOT BAUR | BAUM |CRASSI WRIGHT |" irene | ADDON 1853 18684) | 1874 | 1881 | 1883 1884 1885 1893 : ; ~ Cypri- | . | ee 4\ Jeeomamna sa eieen ‘aon, Calne far Cypri- noiden, | Cypri- | Cypri- Cosine Gynrigniden, Gate é ae noiden |Cobitiden, noiden | noiden |, Siluroid: | Siluroiden, e Siluroiden Amiurus catus| Gymnotiden physeae , ~ wohl entw.- see pales vergl. nach | entw.-| entw.- |gesch.und) vergl. vergl. Une Pee. v\canatom.’ | Ans esch. | gesch.| vergl. | anatom. | anatom. art schichtl 8 & © oe = gaben | anatom. pAaees der Occi- Ent- ee oar 4 proces-} vom pital- Glanstra stehung | GoniuR- | 2? sus spi-|Schidel)Proc.spin. region des) Proc.spin. hae nicht be- Shi ck 5) S& nosus ab- I.°) |Craniums 1:2) obachtet re a if leitbar ange- ; i hoérend *) obere lob. Bogen = 8 ob. ob. ob. Bogen ob. Bogen|ob. Bogen Stapedes | Bogen”) |" ~~ S 2 & | Bogen | Bogen | * 8 Noe gies ge sEkre ASS ibs ara it ‘EL I. if Aide aie = ob. ob. job. Bogen) py: ee ob. Bogen ob. Bogen 4 & | Bogen | Bogen 1.7 Rippen job. Bogen ji AT. It. ong Le II. | (modifi- TL) T9) i ziert) i oR : Ca OP a5 r . 3 wis iS) : (Quer- uer- . : Mallei Rippen *) | Rippen ce Rippen |e visatz| fortsatz Rippen | Rippen il & If. o; EE 10 Iii. LI; TLE A Os sus- . : (uer- : penso- Rippen Rippen forneatZ Rippen rium ') EN, EV: IV. IV. 1) SOreNSEN nennt die zwei Knochen, welche sich bei den Cyprinoiden, Characiniden und Gymnotiden an der unteren Seite des 4. Wirbels_ be- finden (Proc. transv. IV), woran das vordere Ende der Schwimmblase be- festigt ist, ,,Os suspensorium“, 2) Nach Ava. Mtuuzr ,,Dorsalstrahlen“. 3) Nach Ave. Mtuier ,,Bauchstrahlen“. 4) Diesem Forscher war Mecksr’s und Auc. Mtuer’s Arbeit bekannt, so daf seine Resultate auf unabhingige Weise entstanden sind, 5) Von Braupevor ,,Os intercrurale“ genannt. 6) Genauer Proc. spin. I + intercalary cartilages, vergl. Kapitel: Deutung der Claustra, 8. 22 u. 24. 7) Der Entscheid erfolgte besonders aus der Betrachtung der hierher gehérigen Verhiiltnisse in der Familie der Siluroiden, speciell von Silurus glanis (Morph. Jahrb., Bd. X, S. 56). un- Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 15 +s GEGEN- | WIEDERS- |q SORENSED uL. | IDORIAK SORENSEN WILI aan HEIM SrIDo a 1890 und 1895 1898 1898 1898 A pa: <' ee Gn TAL een ae 2 me Cypri- : ngs - alle alle i Characi- |Cyprinoi- | 7.-).- Gymno- | ay): ; es noid: : / Cobitiden Le Siluroiden | Ostario- | Ostario- ; niden den tiden Res Sch ok cae Rhodeus oy pie? amarus entw.- fe hon ties nach ; gesch. | nach An- vergl. gesch.und! vergl. vergl. abe eee eas (v Angaben entw.- anatom. | vergl. | anatom. | anatom. INE ee Maher H.) (wohl gesch. | anatom. | r ; Mion Sede| BBA ee ew) ‘ fe aod Schlustiick | “se 4 BOO ‘ SchluBstiick Schlubstiick 29 pole) Proc.spin. T fehlt oft a 3p EN : fehlend o 8 20 8 = 2 2 alk we ae g, a AeA oe obere Bogen he S43 ob. Bogen I as | Sa8 I aa be : ae. =A LASSE SL ee q 36, : | @ 2 BH By ob. Bogen | i) ais II. + verknéchertes| nur verknéchertes Ligament ae er A Ligament ae 8s. g a) : 5 Te . SSSR ae ee) F ms Rippen Bei Clarias_u. Ple- nr Sis 5B Ill aE costomus Rippen = 5 aod ; Tl. + verkn, cae A Basal- Schwbl. + verkn. 6 g oF teil A) der Rippen ILL. eee Bei ae 2 a as Rippe +] +verknécherte Schwimmblase |<" ee ae % Fe "ay verknoch.| + verknéchertes Ligament |Rippen OL +] 4 gc Schwblase Basalteil ge dr| 48 Bo B Rippen verkn. as = a verkn. Schwbl. 4+ verkn, (a) ne Ligament Ligament Teilt: diese Basalteil '') oder Rippen IV. + Funktion mit! I verknécherte Schwimmblase anderen Knochen 8) SaGement stiitzt sich zwar auf Befunde an Characiniden (vergl. Morph. Jahrb., Bd. X, 8. 55). Er hat jedoch jedenfalls diese Interpre- tation verallgemeinern wollen fiir die 4 Ostariophysenfamilien, sonst wiirde er nicht die Deutung von Forschern, welche ihre Resultate gar nicht beim Studium der Characiniden erlangten, als irrig hingestellt haben. 9) ,,With the possible exception of the claustra no distinct or ossi- fied intercalary elements are ever present.“ Proc. of the Roy. Soc., Vola XLVE, 1890, 1p. 811. 10) Die Autoren fassen p. 261 den ,,horizontal process“ am_ ,,Inter- ealarium“ (Incus Wep.), wenn er vorhanden, als ,the modified transverse process of the second vertebra“ auf. Daf dem nicht so ist, hat SORENSEN schon in seiner zweiten Arbeit S. 101—102 iiberzeugend nachgewiesen. (Siehe auch dessen dritte Arbeit 8. 112—113.) 11) Oder Processus transversus. 16 Leopold Bloch, uns von keinem Forscher eine Mitteilung vorliegt. Ferner besitzt der zweite Wirbel (selbst bei den Characiniden, die Sacummnn ge- priift) einen echten Processus transversus. Allein wenn an einem Wirbelkérper ein Proc. transv. vorhanden ist, dann ist die Rippe an diesem und nicht am Wirbelkérper befestigt. (Dies hat SORENSEN (63), vom Fétus Galeichthys feliceps Cuv. et Van. aus- gehend, 8. 101, 102 bewiesen; vergl. auch die dritte Arbeit S. 112, 113.) Es war dies schon BraupgEtnot’s (3) leitender Gesichtspunkt bei der Deutung der Incudes gewesen. Er schreibt p. 333: ,. . . le disque simple qui, chez la Carpe représente les corps de la seconde et de la troisieme vertébre réunis, se trouve ici (bei der Nase) formé de deux segments parfaitement distincts et séparés par une cavité articulaire. Au segment antérieur s’attachent deux apophyses transverses comme chez la Carpe et les deux enclumes (Incudes Wes.); sur le segment postérieur s’articulent les deux marteaux et les deux branches élargies de lare supérieur. De cette fagon chaque disque vertébral ne supportant plus que deux paires d’appendices, se trouve ramené au type normal Beano het weiter unten ,Les enclumes sont les branches de Vare supérieur de la seconde vertebre, dont l’arc inférieur est représenté par deux longues apophyses transverses soudées au corps vertébral.“ Ueber die Verhialtnisse bei Catostomus (Cyprinoid) der auch von Wricut (73) untersucht wurde schreibt derselbe BraupELot p. 334: Chez les Catostomes, les branches de l’are supérieur de la seconde vertébre (enclumes) offrent une parti- cularité que je ne puis omettre de signaler. Chacune de ces piéces est devenue tout a fait rudimentaire, la tige au moyen de laquelle elle doit s’articuler normalement avec le corps vertébral a disparu et Vosselet se trouve représenté par un simple nodule osseux en- chassé vers le milieu du tendon, qui s’étend de l’extrémité an- térieure du marteau au sommet de létrier. Cette position isolée d’un rudiment d’arc de verteébre, en dehors de la colonne vertébrale, est du plus haut intérét. Elle nous montre combien le principe des connexions exige de prudence dans ses applcations, et combien, dans certains cas il serait dangereux de se laisser guider par ce principe seule, sans tenir compte en méme temps des regles de la morphologie.“ — An dritter Stelle kann angefiihrt werden, da Cyprinoiden, Chara- ciniden und Gymnotiden als Reste des unteren Bogensystems am zweiten Wirbel echte Processus transversi tragen. Was giebt es iiberhaupt Natiirlicheres, als anzunehmen, daf die Incudes die Stelle der fehlenden oberen Bogen des zweiten Wirbels einnehmen? Leicht liefen sich iibrigens noch mehr Griinde fir unsere Auffassung anfiihren. Die obigen drei mégen indessen genugen. Deutung der Claustra. Da es mir durch das Studium der Litteratur klar wurde, da8 gerade heute noch nicht Zuver- lassigkeit bei der Interpretation der Claustra angenommen werden Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 17 kann, so habe ich mich entschlossen, bei der Wichtigkeit des Gegenstandes, die Griinde dieser meiner Ansicht eingehend darzu- legen. Wer sich nicht speciell fiir dieselben interessiert, auf den werden sie ermiidend einwirken und man wird gut daran thun auf S. 28 weiter zu lesen. Es gentige zu wissen, daf die Claustra mit der unserigen fiinf verschiedene Deutungen erfahren haben, von denen, wie mir scheinen will, nur eine bis jetzt mit Sicher- heit als unrichtig erkannt wurde. Aus diesem Grunde belegen wir die Claustra mit dem Namen SchluSstiicke I, weil sie ver- mutlich denselben Ursprung haben, wie jene von ihren zugehérigen Neuralbogen gesonderten Knochenstiicke (Schlufstiicke), welche caudalwirts von ihnen gelegen sind und die den Riickenmarks- kanal bei den Ostariophyseae tiber den ersten 3 oder 4 Wirbeln oberseits abschlieBen (vergl. Fig. 4 el, sl IZ, si II). Und nun zur Beleuchtung der verschiedenen Interpretationen. — Von Ava. Miurr (46), der ja die Claustra bei jungen Tieren nicht wahrgenommen hat, kénnen wir absehen. — Auch jene Forscher Grasst (28) und Sacempxn (57), die schon von SdRENSEN (63) S. 87—89 in jeder Hinsicht widerlegt wurden, sollen uns hier nur kurz beschaftigen. Grasst schrieb nimlich 8. 461 (vergl. auch Tabelle): ,,.Das Claustrum scheint mir vom Schiadel ableitbar“, und dies ohne jede weitere Beweisfiihrung. Sacemenu griindete seine Auffassung, da8 die Claustra der Occipitalregion des Craniums angehéren, auf Verhialtnisse, die sich auf den Austritt der Spinal- nerven beziehen. Doch Sé6rensen wies ihm nicht nur nach, dab er falsche Schliisse zog, sondern er fand auch gleich Srannivs'), dab bei ein und derselben Art der erste Spinalnerv bald aus dem Os occipitale austreten kann, bald zwischen Cranium und erstem Wirbel und daf mithin es gefaihrlich sein kann, einseitiges Gewicht auf den Nervenaustritt zu legen, wie dies Sacumunut that. Die Deutungen von Grasst und Sacement sind also in der Folge entschieden nicht mehr zu_ beriicksichtigen. — Ferner muff gesagt werden, daf in Bezug auf die Interpretation der Incudes die Ansichten von Bravupexor (3), Nuspaum (49), auch von Grasst (28) in Bezug auf die Schlufstiicke, Wrient (73), Bripcr und Happon (7) und Sipo- RIAK (60) zwar teilweise unter sich auch nicht ibereinstimmend, von derjenigen S6RENsEN’s abweichen. Inwieweit, das werden wir bald sehen. Doch will es uns scheinen, daf die eben ge- nannten Forscher, die ja selbstindige Untersuchungen anstellten, nicht ohne weiteres des Anspruches bar zu betrachten sind, die Claustra richtig interpretiert zu haben. — Um letztere Be- hauptung zu stiitzen, muf ich mir schon erlauben etwas eingehender 1) Ueber das peripherische Nervensystem des Dorsch, Gadus calarias. Miuuer’s Arch f. Anat. u. Physiol., 1842, 8. 328. Bd XXXIV, N. F. XXVIL 2 ol 18 Leopold Bloch, auf Fragen zu sprechen zu kommen, die auf den ersten Blick als nicht zur Sache gehérig erscheinen méchten. Wir haben bei der Besprechung des normalen Wirbels (vergl. 8. 4) von Nem. barb. erfahren, daS der Dornfortsatz gleichsam das spitz ausgezogene Ende der vereinigten oberen Bogen bildet. Bei jener Gelegenheit wurde absichtlich nicht auf den Bildungsmodus der Dornfortsatze im alleemeinen hingewiesen. Wir wollen dies hier nachholen, da gerade dies vermutlich dazu berufen ist, auf die Interpretation der Claustra bestimmend einzuwirken. — Nicht bei allen Wirbeltieren sind die oberen Bogen fest mit den Dornfortsitzen verwachsen. Bei niedrigen Formen, z. B. beim Stére (Acipenser) kommt es vor, daf zeitlebens zwischen die dorsalwarts sich nicht beriihrenden oberen Bogen getrennte Stiicke gelagert sind. Gérrn (25, Bd. 15, S. 446) hat von keinen anderen einfachen unpaaren Staiben, welche iiber dem Neuralkanal des Stéres liegen sollten, gesprochen, da- gegen hat er bei jener Gelegenheit hervorgehoben, daf diese unpaaren Stibe den Namen Dornfortsitze nicht verdienen, da sie eine andere Bildungsweise besitzen als die Dornfortsitze der Teleostier. Es kénnen dieselben mithin kaum etwas anderes sein, als die ,Ossa imparia“ SdrensEn’s (63), von denen dieser letztere annimmt, daf sie den Schlufstiicken der Ostariophyseae homolog sind, wenn er S. 90 schreibt : »»olutstykker“ har jeg kaldt disse Knogler, som afslutte Ryg- marvskanalen foroven. Med Villie har jeg givet dem dette in- differente Navn, fordi jeg ikke gjerne vilde opfore nogen egent- lig Homologisering mellem dem og den ene eller den anden Slags af de hos lavere Fiske (Holocephaler, Plagiostomer, Aci- penser) forekommende discrete Stykker af Hvirvelbuerne — de saakaldte Ossa intercruralia og Ossa imparia, da Opfattelsen af disse vistnok endnu lader endeel tilbage at onske. Naermest forekomme de mig at svare til Ossa imparia hos Acipenser.“ Ueber denselben Gegenstand Leuciscus rutilus L. (Cyprinoid, »»ochlufstiicke“ habe ich diese Knéchelchen genannt, welche den Riickenmarkskanal oben ab- schliefen. Mit Absicht habe ich ihnen diesen indifferenten Namen gegeben, weil ich nicht gerne eine eigentliche Homologisierung zwischen ihnen und der einen oder anderen Art von den bei niederen Fischen (Holocephalen Plagiostomen, Acipenser) vor- kommenden diskreten Stiicken der Wirbelbogen — den sogen. Ossa intercruralia und Ossa im- paria auffiihren wollte, da die Auffassung dieser noch gewil teilweise zu wiinschen ibrig lagt. Zunachst scheinen sie mir den Ossa imparia des Acipenser zu ent- sprechen.‘ laut Befunden an einem jungen vergl. die nebenstehende Copie der SérEnseEn’schen Fig. 1.; Bezeichnungen unwesentlich abgeiindert, wodurch sie mit unseren ,allgemeinen Bezeichnungen“ iiberein- stimmen) schreibt Sérmnsen S. 89: Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 19 »At Knoglen cli Fig. 1 er ,Claustrum“, anseer jeg for utvivlsomt, da den har den samme Stilling til stapes“ som hos de voksne Dyr. Men det er til- lige ojensynligt, at Knoglen cl, der ligger i Flugt med slII, og Shes ter» lat samme Natur som disse, med andre Ord: at'*,,Clau- strum“ er 1ste Hyirvels —_,,Slut- stykke“.“ Biovale »Dak das Knichelchen cl in Fig. 1 das Claustrum ist, sehe ich fiir unzweifelhaft an, da es die gleiche Stel- lung zum_ ,Sta- pes“ wie bei den erwachsenen Tie- ren hat, aber das ist zugleich au- genscheinlich, dai das Kniéchelchen cl, welches in der- selben Flucht mit SELLE: und > sir liegt, von gleicher Natur ist wie diese; mit ande- ren Worten: daf das Claustrum das Schlufstiick des ersten Wirbels ist.“ Es ist namentlich auch nétig, daf{ man die folgende Aeuferung Sodrensen’s (lc. 8. 90) im Auge behalt: ,Om ,,Slutstykkerne“ i det Hele taget fra Begyndelsen ere parviis optraedende Knogler, some senere smelte sammen, eller om de oprin- deligt ere uparrede, er mig ube- kjendt; men at ,,Claustrum‘ hos de voksne optraeder som parret, er ialtfald et senere ,,Forhold* ; thi paa dette Trin var det upar- ret.“ »Ob die SchlufSstiicke im Ganzen genommen von Anfang an paarweise auftretende Knéchelchen sind, welche spiater ver- schmelzen, oder ob sieur- spriinglich unpaar sind, ist mir unbekannt; aber daf das ,Claustrum“ bei den Erwachsenen paarig auftritt, ist in allen Fallen ein sekundires Verhaltnis; denn auf dieser Stufe (Fig. 1) war es unpaar.“ Da die Claustra nach Sérensmn hervorgegangen sind aus einem unpaaren Schlufstiick, so versuchen wir in der Folge, wenn wir von den Schlufstiicken im allgemeinen sprechen, zugleich die Claustra (paariges Schlufstiick I) zu interpretieren. Daf die Claustra der Siluroiden homolog sind mit denen der Characiniden und Cyprinoiden, hat nicht nur Sérensen (8. 88) zugegeben, sondern es hat dies schon SaGumMpHt angenommen. Auch die anderen in Frage kommenden Forscher diirften, selbst wenn dies nicht ausdriicklich gesagt wird, dieselbe Ansicht gehabt haben. Infolgedessen kénnen wir uns schon berechtigt sehen, die Befunde iiber Schlufstiicke bei den Ostariophyseae zu verall- gemeinern. Und wenn es nun gelingen sollte, den Wahrschein- 20 Leopold Bloch, lichkeitsbeweis zu erbringen, dafS die Schlufstiicke allge- mein bei den Ostariophyseae kaum aufzufassen sind als Homologa der Ossa imparia, so dirften wohl auch die Claustra nicht mehr aufgefa&t werden als solche, da sie, wie wir jetzt ja wissen, das paarig gewordene Schlufstiick I sind. — Wir haben es, wenn wir von der Betrach- tung unserer tabellarischen Zusammenstellung absehen, bis jetzt nur mit der einen unwiderlegten Deutung der Claustra zu thun gehabt, mit der von SdrEnsEN, welcher Forscher sagt: die Claustra scheinen ihm den Ossa imparia des Acipenser zu entsprechen. Drei Jahre spiiter, 1893, erschien die sehr ausgedehnte dritte Pu- blikation v. Bripce und Happon (8). Diese Forscher ignorierten die Interpretation der SchluBstiicke durch SdérpnsEN, indem sie auf S. 260 in ihrer Tabelle einfach den S6rensen’schen Ausdruck ,iste Hvirvels Slutstykke“ durch ,Neuralspine I.“ ersetzen, ohne daf sie bei jener Gelegenheit der Auffassung von S0RENSEN ent- gegentraten, oder ihre eigene Ansicht von 1890 (vergl. Tabelle S. 15, Fufnote 9) verfochten, welche sich in Uebereinstimmung zu befinden scheint mit der Auffassung von Wricut, wie spiater ge- zeigt werden soll. Einem solchen unmotivierten Ersetzen eines Ausdruckes durch einen anderen, welcher gar nicht denselben Begriff darstellt, trat SOrpnspN in seiner dritten Arbeit (8. 110) mit Recht. entgegen, indem er schrieb: ,As to the ,,claustrum“ on the contrary, T have been careful not to call it a neuralspine, and I have shown that atthe first 3 or 4 vertebrae in the Ostariophyseae (in other Physostomi only at the first vertebra) there exists a separate ossicle, which sometimes forms part, sometimes not, of the spinal canal, and which as far as I can judge is homologous with the ossa imparia in the Acipenser.“ — Bei aufmerksamer Priifung dieser Erwide- rung SéreNnsEN’s gegen Bripce und Happon ergiebt sich folgendes: SORENSEN verwahrt sich gegen die Auslegung von BripGk und Happon, wonach die Claustra aufgefaft werden sollen als Neural- spine I. Infolgedessen kann man nicht umhin, auch anzunehmen, da SérenspN den normalen Processus spinosus der Ostariophyseae als nicht homolog betrachtet wissen wollte zu den Ossa imparia des Stéres. Mit anderen Worten: es geht aus seiner Darlegung hervor, daf die normalen Processus spinosi der Ostariophyseae nicht homolog sind zu den Ossa imparia, wohl aber die Schlu&stiicke. Kénnen wir aber mit gutem Gewissen behaup- ten, da’ die Schlugstiicke sich nicht auf dieselbe Weise bilden wie die normalen Dornfortsatze? Es ist mir kein Forscher be- kannt, welcher speciell auf diesen entscheidenden Punkt Gewicht legte und es hat auch kein mir bekannter Forscher (es ware denn Grasst, welcher sich auf entwickelungsgeschichtlichem Forschungs- wege mit der Bildung der Dornfortsitze oder der Schlufstiicke be- faite) absolut entscheidende Thatsachen vorgebracht, kraft derer wir uns zur SOreNsEN’schen Aufassung hinneigen kénnten. Doch priifen wir nun einmal das, was uns ferner iiber die Schluistiicke und die Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulusG. 21 Claustra der vorderen Ostariophyseenwirbel bekannt ist. Braupunor (3, p. 833) schreibt: ,,Les claustrum ne sont autre chose qu’un os intercrural partagé en deux, et dont les moitiés, trés-rudimentaires, sont restées séparées sur la ligne médiane; cette détermination s’apuie sur ce fait, que les arcs supérieurs de la seconde et de la troisiéme vertebre se trouvent également complétés par une piéce intercrurale, et sur cet autre que chez le Silurus glanis les claustrum sont constitués par deux lames triangulaires allongées, dont les sommets viennent se mettre en contact sur la ligne meédiane 4). SORENSEN nennt ohne weiteres 8S, 74 das ,Os intercrurale“ BraupE- Lor’s ,oberes Schlufstiick.« Es ist mir unbekannt, ob in dem ,Os intercrurale“ zu Braupenor’s Zeit ein Homologon zu einem Os impar des Acipenser gesehen wurde. Allein es muf darauf hinge- wiesen werden, daf Bravuprnor nicht absolut mafgebend sein kann bei der Interpretation dieser Schlufstiicke, da er vergleichend- anatomisch und nicht entwickelungsgeschichtlich, welch letztere Untersuchungsart wohl allein ausschlaggebend sein diirfte, arbeitete. Auch Bringer und Happon (7) haben sehr richtig erkannt, daf die Natur der Weser’schen Kniéchelchen sich nicht sicher erkennen ]aft an erwachsenen Tieren, wenn sie 8. 240 schreiben: “As tar as this family (die Siluroiden) is concerned comparative anatomy is of but little use in the discussion of this question and embryology is the only line of investigation which offers any prospect of a satisfactory and final solution of the problem.“ Somit kénnen wir behaupten: Brauprnor liefert der Sérunsun’schen Auffassung kein entscheidendes Argument. — Nuvspaum (49) schreibt 8. 556: » - +. die oberen Bogen dieses (des ersten) Wirbels sind in Stapes und sein Processus spinosus in Claustrum umgewandelt. . seine (des zweiten Wirbels) oberen Bogen stellen die paarigen Gehorknéchelchen (Incudes) vor, von welchen der Processus Splnosus ganz getrennt ist. Der dritte Wirbel hat normal entwickelte obere Bogen und Processus spinosus,.... . «Diese Resultate erlangte Nuspaum beim Studium von jungen Cyprinoiden. Es ist infolgedessen kaum anzunehmen, da er je an eine Homo- logie der Schlufstiicke (Dornfortsiitze) mit den Ossa imparia des Stéres dachte?). Bis jetzt kennen wir also zwei unwiderlegte Interpretationen der Claustra. Nach Sdrensen sind letztere Homo- loga zu den Ossa imparia, nach Nusspaum der umgewandelte Proc. spin. I. Es folgt noch eine dritte Deutung. — Wrienr (73): Wahrend Sorensen die Intercruralknochen (BraupELor’s), d. h. seine Schlufstiicke als Homologa der Ossa imparia betrachtet, so deutet sie dieser, wenn anders ich ihn richtig verstanden habe, als Dorn- 1) SdérENsEN zeigte, da letzteres bei Silurus nicht der Fall ist. 2) Es fehlt mir bedauerlicherweise die Kenntnis der aus- fiihrlichen Arbeit itiber den namlichen Gegenstand, welche in polnischer Sprache, die ich leider nicht verstehe, in der Zeitschrift »Kosmos“, Lemberg 1883, erschienen ist. 22 Leopold Bloch, fortsitze, mit denen noch knorpelige Reste verschmolzen sind, die homolog waren zu den Interkalarbogen der Selachier: denn er schreibt p. 248: “The spinous processes of several of the anterior vertebrae in the Cyprinoids are set on ‘intercrurally’: they are in part formed of elements comparable to the intercalary cartilages described by Goerrrs (25) in the Pike“ (Hecht) (vergl. auch Monographie iiber Amiurus). Zu erwahnen ist an dieser Stelle noch, daf vermutlich Bringe und Happon, denen die Arbeit von Wriaur schon 1890 (6) bekannt war, durch letzteren beeinfluft, sich auf die Weise fuferten, wie es in Anmerkung 9 unserer tabellarischen Zusammenstellung S. 15 zu finden ist. Und Gérre (25 Bd. 16, 8 128—29): ,Ich sah dort namlich bei 3 ctm langen Hechtchen 2 langliche Knorpel- stiicke liegen, welche in der Medianebene zwischen dem Liings- bande und dem Riickenmarkskanal sich beriihrten, seitlich aber sich abwarts bogen und an der Innenseite der Wirbelbogen endeten, ohne noch mit ihnen verwachsen zu sein.... Wir haben also in diesen paarigen, von oben etwas hinabziehenden und mit den eigentlichen Wirbelbégen wenigstens andeutungsweise alternierenden Knorpelstiicken, welche sich unter dem Langsbande vereinigen, Homologa der Interkalarbégen der Selachier anzu- erkennen ....“ An der Behauptung Wricur’s ist kaum mit all ihren Konsequenzen festzuhalten, denn es will mir scheinen, daf dieser Forscher absolut keine Beweise fiir sie vorbringt. Er sagt. uns sonst nirgends etwas, daf getrennte paarige Knorpelstiicke mit einem Dornfortsatze verschmelzen, obschon er am jungen Amiurus Beobachtungen anstellte. Und wenn er auch dies wirklich gesagt hatte, so wiirde er noch nicht bewiesen haben, daf jene paarigen Knorpelstiicke (G6rre) Homologa zu den Interkalarbogen der Selachier sind. In der That gelingt es uns, die fraglichen Knorpel- stiicke anders zu interpretieren, Sie sollen uns vorlaufig ausschlief- lich beschaftigen. Diese fraglichen Knorpelstiicke haben auger Gérrp und Wrieut auch noch Srannivs (67, lic. 8. 25—26), Grasstr (28, S. 462—63) und ScunExt (58, 8. 19—20) zu schaffen gegeben, haben aber eine andere Deutung erfahren. Scuepr’s sehr wahr- scheinlich richtige Auffassung ') ist folgende: ,Oberhalb des Riicken- marks, zwischen ihm und dem Ligamentum longitudinale superius ent- steht ungefihr zu der Zeit, wenn das obere Ende der Neurapophyse die Hiéhe des Markes erreicht hat, jederseits an der Innenwand des Bogenknorpels, von demselben unabhingig, aber in seiner nichsten Nahe, ein kleines Knorpelstiick, welches sich als Decke auf die Dura mater auflegt. Bei Forellen von 26 mm Lange liegen diese Knorpelstiicke nahe an dem Bogen, fast in ihn itibergehend, nur durch das Perichondrium von ihm getrennt (Fig. 12 Br). Sie lassen dorsal vom Riickenmark in der Medianlinie einen breiten 1) Sie ist bis jetzt, soweit ich es beurteilen kann, nicht wider- legt worden, Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 23 Spalt zwischen sich, welcher von Bindegewebe ausgefiillt ist. Ueber letzterem liegt das dorsale Liangsband. Bei gréferen Tieren (Salmoniden) von 27—80 cm Linge sind beide Knorpel- stiicke1) einander mehr entgegengewachsen; dadurch ist der Spaltraum zwischen ihnen verengert worden, doch persistiert er, selbst nach ihrer Verknécherung; seitlich reichen sie ungefihr um ein Drittel der Hihe des Markes abwirts, immer dicht parallel 5 TAC: Fig. 2. Kopie SCHEEL’s, Fig. 12, Taf. 2. U.Fl Trager der Riicken- flossenstrahlen, Z/.s Ligament. longi- tudinale superius, Sr Verbindungs- briicke der oberen Bogen, zwischen dorsalem Liingsband und Riickenmark, O.B oberer Bogen, M Riickenmark, Ch Chorda. Fig. 2. an der Innenseite der Bogenschenkel anliegend. Gorre fand jene Knorpelstiicke beim Hecht. Aus dem Umstand, ,,,daf sie nicht genau in derselben Querebene wie die eigentlichen Wirbelbogen, sondern mit einem Abschnitt vor demselben lagen, so da sie von vorn her zwischen diese eingeschoben und mit ihnen andeutungs- weise zu alternieren erschienen““, folgerte er, ,,,,da man in ihnen Homologa der Interkalarbogen der Selachier anzuerkennen hat.“ “ Grasst (27 und 28) beschreibt die betreffenden Gebilde bei Salmo- niden und halt sie fiir Homologa der Dornfortsitze. Diese Auf- fassung scheint mir eben so unrichtig zu sein, wie die von GOrts, und ich finde durch meine Priaparate die Ansicht von Stannius (67) bestitigt, dai die Verbindungsbriicke, die durch jene Knorpelstiicke tiber dem Riickenmark gebildet wird, den eigentlichen dorsalen Ab- schluf{ der Neurapophysen darstellt. Bei vielen Teleostiern (Anguilla, Conger, Silurus, Esox, Clupea und andern) bilden niamlich die oberen Bogen, indem sie zwischen dem Nervenrohr und dem dor- salen Lingsband durch eine Querbriicke verbunden sind, einen doppelten Kanal, je einen fiir das Riickenmark und fiir das Lings- band. Diese quere Verbindungsbriicke der oberen Bogen iiber der Medulla ist auch bei den Salmoniden angedeutet, nimlich in den beschriehenen kleinen Knorpeln, nur daf sie hier nicht zu solcher Ausbildung gelangt, wie bei den anderen erwahnten Knochenfischen. Sie muf den urspriinglich dorsalen Verschlu8 iiber dem Riickenmark gebildet haben, das wird durch die Untersuchung 1) Vergl. auch Gérrn, Lage der Knorpelstiicke. 24 Leopold Bloch, jiingerer Forellenstadien wahrscheinlich gemacht.“ — Daf nun die Schlufstiicke (Intercruralknochen) nicht ausschliefSlich aus von Wriaur offenbar falschlich bezeichneten Homologa der Inter- kalarbogen der Selachier sich bildeten, sondern zugleich auch aus normalen Dornfortsatzen, diese Annahme steht einer- seits nicht im Widerspruch mit obigem Citat Wricut’s, andererseits hat er dies auch auf 8. 249 selbst zugegeben, wenn er schreibt: As decribed above the neural arches (I.) “are converted into the Stapedes, and the spinous process into the Claustra.“ Wenn es uns gelungen ist, Wricut beztiglich der Interpretation der “intercalary cartilages“, die er konsequenterweise auf sich genommen hat, ziemlich sicher zu widerlegen, so diirfte aus dem Vorhergegangenen, um zu resumieren, anzunehmen sein, daf keine Teile an den Intercruralknochen (SchluS8sticken) als homologe Reste der Intercruralbogen der Sela- chier zu erkennen sind und ferner, dass Wrinet nie an eine Homologisierung der Intercruralknochen mit den Ossa imparia des Acipenser (Sérpnsen) dachte. — Steht es nun aber eben so sicher fest, daf jene Knorpelstiicke nun tiberhaupt gar keine Beziehung zu den Schlufstiicken erlangt haben? Finden wir irgendwo eine Angabe, wie sich die unpaaren knorphgen Schlufstiicke bilden? Keineswegs. Soviel ich sehen kann, giebt uns aufer Wricut, weder Grassi, Sconret (welch’ letzteren diese Frage von nebensichlicher Bedeutung war) noch auch S6RENSEN irgendwelchen Aufschluf. Sdrmnsen hat ja sogar ausdriicklich hervorgehoben (vergl. das Citat S. 19 dieser Abhandlung), daf es ihm nicht bekannt sei, ob die Schlu&stiicke von Anfang an paarweis auftretende Knéchelchen seien, die spater verschmelzen, oder ob sie urspringlich un- paar seien. Ueberall, wo wir uns auch hinwenden, werden wir tiber die Natur der schon fertig gebildeten Schlufstiicke unter- richtet, aber nirgends, wie sie sich anlegten. Hier ist somit eine Liicke und der Knoten der Frage. Stellen wir alles zusammen, was iiber die schon gebildeten Schlufstiicke bei jungen Tieren be- kannt und vergleichen wir dies mit Befunden von ScuEeL, so wird diesen Schlufstiicken einiges von ihrem Ratselhaften benommen, und wir miissen dann bei einer Interpretation kaum mehr Zuflucht nehmen, weder zu den weithergeholten Interkalarbogen der Selachier (Wricut, GOérrr), noch zu den Ossa imparia des Acipenser (S6- RENSEN). — Wricut fand, daf (die SchluS8sticke) ,the spinous processus of several of the anterior vertebrae“ teilweise aus Ele- menten gebildet seien, die zu vergleichen sind mit den von G6rTTE beim Hecht beschriebenen ,intercalary cartilages“, was in Zweifel zu ziehen wir keine Ursache haben, von denen wir jetzt zufolge Scuren jedoch annehmen miissen, daf sie iiber dem Riickenmark den eigentlichen urspriinglichen dorsalen Abschlu8 der Neurapophysen darstellen. — Ferner findet Grassi (28) 8. 463: , Auch die beiden Stiicke (Schlufstiicke II und IIT 4), 1) Vergl. Tabelle. Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 25 welche das Riickenmark der ersten Wirbel bedecken, entwickeln sich bei den Cyprinoiden knorplig; das vorderste dieser Knorpel- stiicke verliert sich in dem vordersten Ende des Ligamentum ver- tebrale superius, das zweite bedeckt das Ligamentum selbst. Wegen dieser Lagerung kann man die besprochenen Stiicke nicht mit den anderen oben beschriebenen (der Salmoniden) vergleichen.“ Dieser Forscher wiirde also nicht anstehen, diese Knorpelstiicke (Schlu8- stiicke) mit jenen zwischen dem Mark und dem Liga- mentum longitudinale superius bei den Salmoniden beschriebenen zu vergleichen, wenn nicht die verschiedene Lagerung ihn davon abhalten wiirde. Wir wissen schon von frither her (S. 6), daf im Bereich der vorderen Wirbel Umgestaltungen keine Seltenheit sind, diese Bedenken infolgedessen nicht zu sehr in die Wage fallen diirfen. Betrachten wir aber die Schlufstiicke von jenem Standpunkte, wie Grassi es fast selbst gethan hatte (d. h. vergleichen wir die Schlufstiicke mit den bei den Salmoniden vorkommenden Knorpelstiicken), so findet man in Erinnerung an Scuns.’s Citat (S. 22), dai die Schlufstiicke bei den Cyprinoiden nichts anderes darstellen kénnen, als den eigentlichen dorsalen Ab- schlu8 der Neurapophysen itiber dem Riickenmark. Und warum kénnen die diskreten Schlufstiicke in keinem Falle aus- schlieSlich umgebildete Dornfortsitze eines normalen Wirbels sein? Einfach deshalb, weil die normalen Dornfortsiatze, obschon sie diskret, sofort knéchern auftreten: nicht so die Schlubstiicke. — Scuren (l.c. S. 16) schildert in trefflicher Weise die Bildung der Dornfortsitze beim Cyprinoiden Rhodeus. Wir wollen einiges hiervon hier wiedergeben: ,Bei Rhodeus von 8 mm Lange reicht der Knorpel des oberen Bogens im 5. und 6. Wirbel etwa bis zu ah Hohe des Riickenmarkes; der obere seitliche und dor- sale Verschluf iiber letzterem wird durch fibrillares Bindegewebe bewirkt, welches in das Perichondrium der Neurapophysen iiber- geht.f 2. ~Be Rhedeus vonglO mm. Lange... .-:4 Hier sind innerhalb jener Bindegewebsstrange, welche bei 8 mm langen Tieren die oberen Teile der Neurapophysen bildeten, sehr diinne Knochenspangen gebildet, deren untere Enden hutartig auf dem oberen Abschnitt der Bogen ruhen .... Bei Rhodeus von 14—16 mm Linge .... Die Knochenspangen, welche ihren oberen Abschluf bildeten, sind starker geworden, nach unten ge- wachsen und umgeben den knorpeligen Teil wie ein Mantel .... In den folgenden Wirbelbezirken werden die Bogen immer kiirzer, der Bogen des 13. und 14. Wirbels entwickelt nur noch wenige Knorpelzellen in seiner Basis. Vom 15. Wirbel an sind die Neurapo- physen direkt kniéchern gebildet. Sie werden also nur im Vorder- und Mittelrumpf knorplig priaformiert und der Knorpel nimmt von vorn nach hinten zu an Menge ab.“ Hs ist bezeichnend, daf Scueet erklart: der Knorpel nimmt von vorn nach hinten zu an Menge ab“; und 8. 22—23 ,abgesehen von den vier ersten Wirbeln ist in den beiden folgenden am meisten Knorpel aus- gebildet“. Jener dorsale urspriingliche Abschluf, welcher bei den 26 Leopold Bloch, Salmoniden im Vorder- und Mittelrumpf unabhingig von den Schenkeln der knorpligen Neurapophysen iiber der Medulla und unter dem Ligamentum longitudinale superius entsteht, vermag sich bei den Cyprinoiden mit Ausnahme der vorderen 3 Wirbel deshalb nicht mehr zu bilden, weil die Dornfortsitze, welche auch die phyletisch jiingere Bildung darstellen (ScuEEL 8. 21), sich so- fort knéchern anlegen und die knorplig vorgebildeten Neurapo- physen véllig einhiillen, noch ehe sie Zeit gefunden, die Bildung der diskreten Knorpelstiicke (,,intercalary cartilages“ Wricut), wie sie bei den Salmoniden zu finden sind, von statten gehen zu lassen. Im Bezirke der vorderen 3 Wirbel hat sich wohl die phyletisch altere Bildung, d. h. die Bildung des urspiinglichen dorsalen Abschlusses des Riickenmarkrohres, noch erhalten, in der Form jener diskreten oberen Schlufstiicke, die in Uebereinstimmung mit allen bekannten Autoren sich knorplig anlegen, jener Schlufstiicke. die SérmnsmN als Homologa der Ossa imparia betrachtete. — Es ist mir zwar nicht bekannt, ob je speciell bei den Cyprinoiden (Grassi!?) Gymnotiden und Characiniden jene phyletisch altere quere ,, Verbindungsbriicke“ (die urspriinglich diskreten Knorpelstiickchen) erwahnt oder ge- schildert wurde, allein fiir die verwandte Ostariophyseen - Familie der Siluroiden wissen wir dies (vergl. Citat Scuernn’s 8. 23 dieser Abhandlung). Die Zusammengehorigkeit der 4 Ostario- physeen-Familien wird heutzutage niemand mehr bezweifeln wollen, so daf also auch wenigstens an den vordersten 3 Wirbeln jener Fische, die den iibrigen 3 Ostariophyseen - Familien angehéren, das Vorhandensein des Homologons zu der_,, Verbindungsbriicke“ sehr wahrscheinlich sein wird. Mit andern Worten: im Bereich der vordersten Wirbel kann héchst wahrscheinlich die phyletisch altere Bildung sich noch unbeeinfluf’t von der phyletisch jiingeren entwickeln. Hier diirften also wohl bei allen Ostariophyseae jene »intercalary cartilages‘ Wricut’s, d. h. die diskreten paarigen Knorpelstiicke Scurst’s zu finden sein. Da diese knorplig prafor- miert sind, die normalen Dornfortsitze, wie wir jetzt nach ScHEEL wissen, aber sofort knéchern auftreten, so wird folgende Vermutung iiber die wahre Natur der Schlufstiicke nicht unméglich sein: Kurz nach der Entstehung der diskreten Knorpelstiicke (SCHEEL’s), ,,the intercalary cartilages“ (WricHT’s) mégen diese in der Medianebene zusammenschmelzen, dagegen ihren Zusammen- hang mit den eigentlichen Neuralbogen nie gewinnen (Ossa im- paria SOreNSEN’s). Auf diese héchst einfache Weise mag wohl die Bildung der diskreten oberen Schlufstiicke vor sich gehen. Ob alle ausschlieBlich knorplige Priéformation aufweisen, erscheint mehr als fraglich. Jedenfalls thun dies eher die vorderen; denn es ist sehr bezeichnend, dali das vorderste unpaare SchluSstiick I (wenn es diskret), soviel mir bekannt, niemals Reste einer Spina zeigt, dagegen (so auch bei Nem. barb. u. a.) noch das Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 27 hinterste. Vermutlich deshalb, weil das hinterste bei seiner Ent- stehung schon durch die phyletisch jiingere Bildung noch beein- flu’t wurde, Daf diese ihrerseits zum mindesten etwelchen An- teil nimmt an der Bildung des hintersten Schlufstiickes, diese Annahme mag damit begriindet werden, daf das Schlufstiick II z. B. auch bei Nem. barb. u. a, eine so gewaltige Spina besitzt. Wir wissen ja wenigstens von einem Angehorigen der Ostario- physeae, dafi der Proc. spin. des normalen Neuralbogens aus- schlieflich die phyletisch jiingere Bildung repriisentiert. Ob nicht auch vielleicht bei Nem. barb. in der gewaltigen Spina des Schluf- stiickes III (Fig. 2 s/ III) die eigentlichen Reste der Dornfort- sitze I, If und If zu suchen sind, kann natiirlich hier nicht entschieden werden. — Da wir uns berechtigt glauben, voraus- setzen zu diirfen, da8 die Schlufstiicke im allgemeinen keine reinen Dornfortsatze sind, — sonst kénnte ihre Anlage (wenigstens wie es teilweise sicher der Fall ist) keine knorplige sein — noch auch im allgemeinen reine Derivate der Knorpelstiickchen Scueet’s, sowohl riick- sichtlich Wrieut’s Schilderung (vergl. S. 22 und 24 dieser Ab- handlung), also auch in Hinblick darauf, da SchluBstiick III eine gewaltige Spina besitzt bei Nem. barb. und vielen anderen, die auf eine Anteilnahme der phyletisch jiingeren Dornfortsatzbildung schliefen lat, so wird es angezeigt sein, vorliufig an der darge- legten Autfassung tiber die SchluBstiicke festzuhalten, auch wenn wir mit den neuesten Angaben nicht iibereinstimmen und zwar einfach deshalb, weil kein Forscher, so viel uns bekannt, auf den Vergleich zwischen SchluSstiick und Dornfortsatzbildung bei ein und demselben ostariophysen Tiere eingetreten ist. Leider hat auch SCHEEL (1.c. 5. 16), dem allerdings diese Fragen von neben- sichlicher Bedeutung waren, kein Licht verbreitet, denn er schreibt nur: , Wie bei den iibrigen Cyprinoiden, treten auch bei Rhodeus die 4 ersten Wirbel vermittelst ihrer oberen Bogen und Dornfort- sitze resp. ihrer Rippen zum Gehérorgan in Beziehung und ver- binden dieses mit dem Vorderende der Schwimmblase. Genannte Wirbelbestandteile werden zu diesem Zwecke modifiziert (WrEBER- scher Apparat); sie verlieren ihre funktionelle Bedeutung und bleiben deswegen hier unberiicksichtigt.“ Wir neigen, wie schon angedeutet, zu der Auffassung hin, daf bei ein und demselben Tier kein Schlufstiick sich bei der Bildung gleich verhailt wie das andere, was zugleich auch die 28 Leopold Bloch, verschiedene Form erklirt. Jedenfalls scheint aber festzustehen, dafi es vor der Hand gewagt ist, die ein oder andere Weise der bestehenden Homologisierungsversuche der Schlufstiicke zu billigen, und wenn es auch uns nicht gelingen konnte, ohne entwickelungs- geschichtliche Studien die Schlufstiicke mit Sicherheit zu inter- pretieren — weshalb wir diesen indifferenten Namen Schlu8- stiicke beibehalten — so haben diese ziemlich weitlaufigen Auseinandersetzungen ihren Zweck doch erreicht, wenn sie zu erneuter Priifung Anlafi bieten, damit auch die vordersten Glieder in der paarigen Wrper’schen Knochenkette — die Claustra — richtig interpretiert sind. Nach unserem Dafiirhalten allerdings sind die Claustra wohl ausschlieBlich Derivate jener Knorpelstticke, wie sie von Scueet fiir die Salmo- niden (vergl. S. 22 dieser Abhandlung) beschrieben wurden. Nachdem ich dieses Kapitel eben vollendet hatte, gelangte ich in den Besitz der Arbeit von Srportaxk (60). Auch dieser Forscher (S. 94) fat die Claustra, speciell auf Grund von Untersuchungen an Rhodeus amarus (unser zweigeteiltes Schlufstiick J) auf als Processus spinosus. Auf 8. 98 dufert er sich: Ueber die ana- tomischen Verhiltnisse, die bei einem ganz erwachsenen Bitterling existieren, und tiber den Bau und die Entwickelungsgeschichte der Knéchelchen, die sich viel spiater aus der die hinteren Aussack- ungen umhiillenden skelettogenen Schicht differenzieren und den Zusammenhang mit der Schwimmblase bedingen, hoffe ich in einem anderen Aufsatze Naheres mitteilen zu kénnen.“ Es ist zu wiinschen, dafi in dieser angekiindigten Arbeit, Srportax’s Auffassung der Claustra, mit der wir vorlaufig aus den schon angefiihrten Griinden noch keineswegs iibereinstimmen miéchten, durch die nétigen Belege gestiitzt wird. Wir wollen nun die 4. Morphologische Betrachtung der vorderen Wirbelelemente an Hand der Figuren weiterfiihren. In der Reihenfolge der Be- schreibung ersterer, beziehungweise deren Abkémmlingen, kénnen uns 4 verschiedene Gesichtspunkte leiten. Entweder versuchen wir, wie wir zu Anfang vorzugehen beabsichtigten — ehe wir uns mit dem kritischen Ueberblick betreffend die Kenntnisse des Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 29 Wes. Apparates zu beschaftigen hatten — successive von vorn nach hinten Wirbel nach Wirbel zu analysieren, bis wir wieder auf einen normalen stofen; oder wir betrachten die Wirbel- elemente, d. h. deren Abkémmlinge, nach ihrer jeweils einheitlichen Funktion, oder wir schildern das, was uns die Betrachtung der Wirbelséiule an ihrem vordersten Abschnitt von verschiedenen Seiten offenbart; oder endlich wir besprechen vergleichsweise die als homolog zu betrachtenden Elemente der vordersten Wirbel nacheinander serienweise durch. — Wir schlagen vorerst den zuletzt angedeuteten Weg ein, werden indessen bei unserer mor- phologischen Beschreibung zugleich auch die funktionelle Be- deutung der einzelnen Knochenstiicke einheitlich ins Auge fassen. A. Wirbelkoérper. Ueber dieselben aft sich nicht viel sagen, denn wir haben schon friiher den ersten beschrieben, und wiederum der finfte (wahre) Kérper gehért einem normalen Wirbel an. Wir miissen uns mithin iiberhaupt nur noch beschaftigen mit der Beschreibung des oberen, nicht typisch ausgebildeten Bogensystems I, dem zweiten falschen (hervorgegangen aus der Verschmelzung, d. h. Synostose des wahren zweiten und dritten Wirbels) und mit dem (wahren) vierten Wirbel. Wirbelkérper IH. Obschon falsch, ist derselbe trotzdem nur ungefihr ?/, so lang wie der Kérper des (wahren) vierten Wirbels (Fig. 5 IZ), welcher normale Gréfe besitzt. Bei einem Exemplar gelang es mir, makroskopisch genau eine Linie als Grenze zwischen urspriinglich zweitem und drittem (wahrem) Wirbel festzustellen (Fig. 8 *). Man kann daraus ersehen, dal der Kérper Il sehr klein ist. Zwischen den beiden verschmolze- nen Wirbelkérpern ist kein Rest der Chorda, welche intervertebral sonst wohl zu finden ist, tibrig geblieben, wie ich mich an mikro- skopischen Langsschnittpraiparaten iiberzeugen konnte. Die Kérper II und III sind also innig miteinander verschmolzen, indem auch bei mikroskopischer Betrachtung nur noch eine Linie, welche urspriinglich zweiten und dritten (wahren) Wirbel trennt, wahrzu- nehmen ist, d. h. die gleiche Linie, welche wir an einem Exemplar schon makroskopisch festzustellen imstande waren. — Oberseits, jedoch getrennt voneinander, befinden sich eher hinter der geo- metrischen Mitte des zweiten Wirbelkérpers 2 seichte Gruben, 30 Leopold Bloch, in welchen die Basalteile der Neuralbogen III (Fig. 8 A JIZ) ein- gesenkt sind. Wirbelkérper IV. Entspricht einem normalen Wirbel- kérper insofern nicht, als dessen zugehérige Bogen nicht mit ihm untrennbar verschmolzen sind. Wirbelbogen V gehért einem normalen Wirbel an, ent- spricht also der Schilderung, die wir friiher gegeben haben. B. Oberes Bogensystem. Schlu8stiticke. Beziiglich der Auffassung und Nomen- klatur derselben verweise ich auf den kritischen Ueberblick, be- treffend die Kenntnisse der Wes. Knéchelchen (8. 16, Deutung der Claustra). Schlu&sttick I von Nem. barb. ist, wie bei allen Ostario- physeen-Familien, wo es als diskretes Knéchelchen vorkommt, paarig und, wie wir bereits wissen, repriisentieren diese paarigen Stiicke die Claustra (Figg. 2, 4, 6, 7, 8, 9, 10: cl) des WEBER- schen Apparates. Diese, die ursprtinglich dorsalwarts vom Neural- rohr gelegen sind, gleich wie die tibrigen unpaaren Schlufstiicke noch beim Erwachsenen, haben sich seit- und ventralwirts des Neuralrohres gegen den Wirbelkérper hin verlagert, jedoch so, dafi bei Nem. barb., der héchste Punkt des Stiickes links itiber dem Neuralrohr, denjenigen des Stiickes rechts gerade noch be- riihrt (Fig. 4 cl). Dieser Umstand verhindert, daf Schlufstiick II und III (Fig. 2, 4: st ZZ. und sl IIL.) sich cranialwarts tiber die Héhe der obersten Punkte der Claustra verschieben. (Die Beschreibung der Form samtlicher |paariger] Gliedstiicke des Weper’schen Apparates von Nem. barb. erfolgt zusammen- hangend im Kapitel: Morphologie des Wes. Apparates.) Schlu&Sstick II (Figg. 2, 4, 8, 9, sl IZ) ist gleich wie SchluSstiick III unpaar und liegt als diskretes Knochenblattcken tiber dem Neuralkanal. Von oben gesehen, hat es eine abge- rundet trapezoedrische Form (Fig. 4). Der vordere Rand des Schlufstiickes II reicht kaum bis an das erste Drittel des zweiten (falschen) Wirbelkérpers hinan. Schlu&-stiick III (Figg. 2, 3, 4, 5, 6, 7 st ITZ) schlieft sich direkt caudalwarts (iiber dem Neuralrohr) an das Schluf- stiick II an. Es besteht aus zwei miteinander einheitlich ver- bundenen Teilen. Aus einer basalen, schwach gewélbten, oblongen Platte, die das Neuralrohr bedeckt und an ihrem vorderen Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 31 Ende an die Hinterkanten des Schlufstiickes II direkt anschlieft, und aus einer in der Medianebene gelegenen ,,Spina‘‘, welche cranialwirts bis iiber die Hohe des ersten Wirbels hinausreicht (Figg. 4, 5). An seinen hinteren Randern grenzt Schlufstiick I an die Neuralbogen IV gerade dort, wo sie sich in einen normal geformten Processus spinosus fortsetzen. Die Neuralbogen der normalen Wirbel sind bei Nem. barb., wie wir wissen, mit ihren korrespondierenden K6rpern un- trennbar verschmolzen; nicht so die Bogen der vorderen Wirbel. Neuralbogen I. (Figg. 2, 4, 6, 7, 8, 9 st) sind nicht typisch entwickelt; sie bilden die Stapedes des WrseEr’schen Apparates und stehen mit ihrem Wirbelkérper in gar keinem Zu- sammenhange mehr, denn sie haben sich nach riickwarts verlagert, sitzen am vorderen oberen Rande des zweiten (falschen) Wirbel- kérpers auf und bleiben vollstindig beweglich. (Formschilderung: Morphologie des Wrs. Apparates). Neuralbogen II (Figg. 8, 9, 10 2) sind bei Nem. barb. zu finden als Rudimente. Ueber ihre Beziehung zum Wes. Apparat bei den Ostariophyseae im allgemeinen vergl. Kapitel: Deutung der Incudes (S. 13 dieser Abhandlung) und Morphologie des Wes. Apparates. Die Neuralbogen III (A III. Fig. 8) bleiben diskret, d. h. sie verschmelzen mit dem zweiten (falschen) Wirbelkérper nicht. Die unteren Enden derselben sind ungefahr beiderseits der Wirbelkérpermitte als kurze dicke Pflécke in konische Vertiefungen des Koérpers eingesenkt. Man kann genau eine Naht zwischen (falschem) Koérper II und nicht weggetrenntem Neuralbogen III beobachten. Die seichten Gruben der Wirbelkérper, in denen die Basalpartien der Bogen eingesenkt waren, werden sichtbar, wenn man die Bogen HI vom Ko6rper trennt, was relativ leicht gelingt. Die normale Form der Neuralbogen III kann beim er- wachsenen Tier, abgesehen davon, dafi sie keinen normal ent- wickelten Processus spinosus besitzen, nicht mehr wahrgenommen werden, da diese durch eine Sehnenverknécherung (Aponeurose, Figg. 2, 4, 5, 6, 7, 8 a), von der spater noch die Rede sein soll, beeinflugt wurde. Nur soviel sei hier erwihnt, da’ ein Teil der Aponeurose in Fig. 8 @ weggebrochen gezeichnet wurde, so dab der basale Teil des rechten Neuralbogens II (A IJ7) zu Gesicht kommt. Den oberen Endflachen der Neuralbogen III, die durch die Aponeurosen yerbreitert sind, lagert sich die vordere Halfte des seitlichen Randes von Schlufstiick II an (Figg. 2, 4). Mit 32 Leopold Bloch, der Knochenkapsel stehen die Neuralbogen in keinem Zusammen- hang. Neuralbogen IV sind bei den normalen Cyprinoiden auf die gleiche Weise diskret entwickelt wie die Neuralbogen IIL. Nach Groppen (29) sind sie bei Nem. barb. (S. 12) untrenn- bar mit dem Kérper verbunden. Das Gegenteil diirfte wohl richtig sein. Durch starke Maceration sind sie relativ leicht vom Kérper trennbar, was bei den Neuralbogen normaler Wirbel nie gelingt. Also auch die Neuralbogen IV sind bei Nem. barb. oberseits des zugehérigen Koérpers in dort befindliche Gruben eingesenkt. Sie tragen, wie schon friiher bemerkt, einen normal entwickelten Dornfortsatz. Auferdem kann man an denselben noch zwei accessorische Knochenfortsaitze (Figg. 3, 4, 6 af) be- obachten, wie sie an den normalen Neuralbogen nicht zu finden sind. Dergleichen Gebilde wurden schon von Srannius (67, 8. 27) erwihnt. Sie scheinen der Muskulatur als Anheftungspunkte zu dienen. Es ist noch zu bemerken, daf die Neuralbogen IV in keiner Weise Beziehungen erlangt haben zu der Knochenkapsel, was uns namentlich Fig. 3 sehr schén zeigt, wo dieselben sich von der Knochenkapsel deutlich abgesetzt erweisen. Neuralbogen V. Da diese einem normalen Wirbel ange- héren, so wissen wir von ihnen, daf sie mit dem Wirbelkérper verschmolzen sind. Bei den normalen Cyprinoiden, d. h. jenen mit unmodifizierter Schwimmblase, findet dies sonst am fiinften Wirbel nicht statt. Riicksichtlich der Verbindung der vorderen Neuralbogen mit den Wirbelkérpern lat sich zusammenfassend folgendes anfiihren: Die Bogen I und II, die nicht typisch ausgebildet sind, haben ihre Beziehung zu den Wirbelkérpern géinzlich aufgegeben; bei den Bogen III und IV besteht eine gelockerte Verbindung und erst bei den Bogen V und den nachfolgenden findet sich eine Verschmelzung mit den Korpern. C. Unteres Bogensystem. Wihrend fiir das obere Bogensystem konstatiert wurde, daf die normalerweise innige Verbindung der Wirbelelemente unter sich und zu den Wirbelkérpern im Bereich der vordersten Wirbel gelockert erscheint, so kénnen wir in Bezug auf das untere Bogensystem (mit Ausnahme der Mallei) gerade das Gegenteil behaupten. Alle diese Zustande scheinen lediglich auf den Wechsel funktioneller Bedeutung zuriickfiihrbar zu sein. Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 33 Unteres Bogensystem I= Proc. transversus + Ligament- verknécherung (Figg. 2, 4, 5 A), was falschlich von Jaquet (40) »premiére cote cervicale“ bezeichnet wurde. Unteres Bogensystem II (Figg. 2, 4, 6 pt ID) wird bei den Cyprinoiden reprasentiert durch grofe Processus trans- versi. Die entsprechenden Gebilde bei Nem. barb. haben mit der Schwimmblasenkapsel (vergl. Kapitel iiber dieselbe S. 43), die zum gréferen Teil eine Verknécherung der Schwimmblasen- haut, d. h. der Serosa, darstellt, eine innige Verschmelzung erlangt, zwar doch so, daf’ deren Form noch zu erkennen ist. Unteres Bogensystem III. Die Basalpartien der Rippen II. verschmelzen beiderseits unkenntlich mit dem zweiten (falschen) Wirbelkérper, so daf sie nicht mehr zur erkennen sind. Die eigentlichen Rippen III, die Mallei des Weser’schen Apparates, sitzen ihrer Basalpartie beweglich auf (Fig. 7, 8, 9, 10 m). Formerklirung siehe Kapitel: Morphologie des Wes. Apparates. Unteres Bogensystem IV (Fig. 7 péIV) ist bei den normalen Cyprinoiden ein typisches ,,Os suspensorium“ (vergl. Anmerkg. 1 der tabellarischen Zusammenstellung tiber die Inter- pretation d. Wes. Kn.). Bei Nem. barb. ist es mit dem Ké6rper des vierten (wahren) Wirbels starr verbunden; aber es_befindet sich im Gegensatz zum Proc. transv. II eine feine Linie, welche den Kérper vom Proc. transv. abgrenzt. Sie ist nur (aber deut- lich) bei auferster Sorgfalt der Beobachtung zu erkennen. (In den Figuren nicht sichtbar!) Diese Proc. transv. IV sind mittelst dicker, zugespitzter Fortsitze jederseits in Gruben des Wirbel- kérpers IV eingesenkt. Da im iibrigen diese Proc. transv. IV gleich wie jene des zweiten Wirbels mit der Knochenkapsel ver- schmolzen sind, so wird es von Vorteil sein, tiber den Zusammen- hang von Proc. transv. II und IV mit der Knochenkapsel erst bei Betrachtung letzterer das Nahere zu erfahren. Wir sehen, daf die Derivate des unteren Bogensystems simtlicher vier vorderer, modifizierter Wirbel im wesentlichen (die Mallei, die ,,Hauptstiicke des Wes. Apparates‘‘ SAGEMEHL’S nicht ausgenommen) Stiitzpunkte der Teile, mit denen sie ver- bunden sind, zu bieten haben, und daf speciell das untere Bogensystem II, III und IV mit der Schwimmblase Beziehung erlangt hat. Bd, XXXIV. N. F. XXVIL 3 34 Leopold Bloch, D. Morphologie des Weber’schen Apparates. Die erste Notiz, die ich ttber den Wrs. Apparat von Nem. barb. finden konnte, riihrt von Rosenruan (55) 1816 (vergl. S. 10 Anm. 3) her. Seine Angaben sind gewif den Thatsachen wenig entsprechend. Er schreibt in seiner Erklarung zu Taf. 10 folgendes: ,,Das sibel- formige Knochenstiick (Malleus Wns.) fehlt, doch ist das gestielte Becherchen!) (Stapes Wes.) vorhanden, welches hier unmittelbar mit der inneren, die knécherne Blase auskleidenden Haut zu- sammenhingt.“ Wie schon friiher gesagt wurde (8S. 9), hat Rosun- THAL auch bei Cyprinus nur 2 Knéchelchen abgebildet, und wir wissen doch, daf dort 4 vorhanden sind. — Webesr (70) 1820, der eigentliche Entdecker des nach ihm benannten Apparates, driickt sich 8. 67, wortlich iibersetzt, foloendermafen aus: ,,Die drei vor- deren Wirbel von Nem. barb. sind gegen das Gehérorgan hin aus- gezeichnet mit einem Apparat von gleicher Gestalt wie bei Cob. (Misgurnus) fossilis.“ Daf auch diese Auffassung nicht ganz richtig ist, wird die nachherige Beschreibung des Apparates erweisen. Ob Weser bei Nem. barb. denselben itberhaupt genau untersuchte, kann nicht sicher entschieden werden, doch hat er keine Ab- bildungen davon gegeben und auger dem oben Citierten nichts weiter davon erwihnt. — Vanencrennes (12) 1846 (Cuv. et Vat.) hat wahrscheinlich dasselbe Knéchelchen (Malleus) gesehen, wie RosentHaL: ,,. . . lenveloppe osseuse de la vessie aérienne“, schreibt er (p. 19), ,est une sorte d’hypertrophie des lames verti- cales de la carpe. LHlles cachent un trés-petit style osseux, long tout au plus d’une demi-ligne, qui est l’os de Wuezser.“ — GropBEeNn (29) 1875, dem die Schilderung des Wersur’schen Appa- rates von untergeordneter Wichtigkeit war, hat in seiner Arbeit von oberen (Neural-)Bogen I gesprochen, nichts aber gezeichnet oder gesagt, daf sie durch 2 paarige diskrete Knochenstiickchen (Claustra und Stapedes Wes.) reprasentiert sind. Ferner sagt er von Cob. (Misgurnus) fossilis, der die gleichen Verhiltnisse auf- weise wie Nem. barb. (S. 11): ,,Der zweite (unser falscher) Wirbel besitzt einen Kérper von normaler Gréfe mit doppelten Conis, an den sich trennbar die Neurapophysen und Neurospina anfiigen.“ Dies ist zweifellos ein Irrtum (Groppen kannte die Verschmelzung des zweiten und dritten Wirbels bis fast zur Unkenntlichkeit noch nicht und faft unseren zweiten (falschen) Wirbel als normalen auf). Er hat jedenfalls unser Schlufstiick II oder aber die Aponeurose als Neuralbogen IL und Schlufstiick III als Neurospina bezeichnet. Dies sind alle Angaben, die ich tiber den Weser’schen Apparat von Nem. barb. finden konnte. Es war mir nicht még- 1) RosmnrHan hat aus nachher erklarlicher Ursache im Malleus ein becherférmiges Knéchelchen erblickt, was nicht richtig ist. Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 35 lich, eine vollstandige Abbildung oder richtige Schilderung des- selben kennen zu lernen. Wie wir aus dem Vorhergegangenen ersehen kénnen, decken sich die Beschreibungen keineswegs; allein es ist nicht ganz unbegreiflich, wenn den Forschern die Kennt- nis vom genauen Bau des Wes. Apparates hier verborgen blieb, denn die Gesamtlainge desselben betragt kaum mehr als 1 mm, und von diesem paarigen Apparat ist nur die cranialwirts ge- legene Partie sichtbar, indem die caudale von jenen zwei diinnen Knochenplattchen tiberdeckt ist, welche, wie friiher erwahnt, mit den Neuralbégen III verschmolzen sind und die wir als Apo- neurosen aufzufassen haben (Figg. 2, 4, 6, 7, 8 a). Es wird jetzt an der Zeit sein, auch hiertiber noch Naheres zu erfahren. Bei den tbrigen Cyprinoiden besteht nimlich eine Aponeurose, welche sich im Umkreise der grofen Oeffnung des Os occipitale laterale tiber die WrBer’schen Knéchelchen ausbreitet. Bei Nem. barb. ist die Aponeurose caudalwarts befestigt an Bogen und Schlufstiick III, an der dorsalen Wandung der Knochenkapsel (genau deren vorderem Drittel) + Proc. transversus II. Der knécherne Teil dieser Aponeurose findet hinter dem ersten Wirbel seine craniale Grenze (Fig. 4), so da8 bei Macerationspraparaten noch Claustra und Stapedes blo8 liegen. Mit ihrem unverknécherten Teile ist sie mit dem Occ. laterale verschmolzen. Erst nachdem man z. B. die Lamelle rechts, den Proc. transv. IJ + Knochen- kapsel weggebrochen hat, wird der Neuralbogen III und die rechte Halfte des Wrprr’schen Apparates in seiner ganzen Aus- dehnung sichtbar (Fig. 8). Die Claustra sind relativ grof und zerfallen in zwei Teile, von denen in der Seitenansicht (Figg. 2, 7 u. 8 cl) nur der obere, ein wenig schraig hinter dem Stapes gelegene sichtbar ist. An ihrem oberen hinteren Rande stofen die Claustra an das unpaare Schlufstiick If, ohne mit ihm verschmolzen zu sein. Die unteren Partien derselben liegen innerhalb der muschelig geformten Raume der Stapedes (vergl. Fig. 9, Vorderansicht) und umschliefen die Atria sinus imparis (WEBER). Die Stapedes haben die Form muscheliger Schalen (,,concha‘ Weper) (Figg. 9, 10). Eigentlich sollten sie, wie dies bei den normalen Cyprinoiden der Fall ist, je zwei Fortsatze tragen, welche schon von Weser fiir Cyprinus carpio ausfiihrlich und richtig beschrieben wurden (vergl. dessen Fig. 9,10). Es besteht je ein unterer, welcher in ein Loch der oberen Seite des ersten Wirbels eingelagert ist, und ein oberer Fortsatz, der sich an 36 Leopold Bloch, den Neuralbogen III anlehnt. Diese beiden Fortsatze erméglichen es dort, dafi sich der Stapes um sie wie um eine Achse drehen kann. Es ergiebt sich auch aus dieser Schilderung ohne weiteres die Lage der Stapedes bei den normalen Cyprinoiden. Bei Nem. barb. stehen die Stapedes indessen in gar keinem Konnex mehr mit dem Kérper des ersten Wirbels, was davon herriihrt, dal nicht nur die beiden Fortsaétze verschwunden sind, sondern auch, daf die Stapedes sich bis hinter den vorderen oberen Rand des zweiten (falschen) Wirbels verlagert haben (Figg. 4, 8). Ihre stark konkave Seite wenden sie proximal — sie nehmen ja die unteren Teile der Claustra auf — ihre konvexe distalwirts. Am unteren hinteren Ende dieser konvexen Aufenseite triagt jeder Stapes ein kleines Knépfchen, welches zur Befestigung eines Ligamentes (A Figg. 8, 9, 10) dient, das bei den Ostariophyseae ganz allgemein jederseits zwischen den Neuralbégen I, II (Stapedes, Incudes) und den Rippen III (Mallei) [oder bei den Characiniden ihren Basalpartien: SORENSEN 63], ausgespannt, und das sehr widerstandsfaihig und elastisch ist. An jenen Stellen, wo das Ligament an die genannten Knéchelchen grenzt, ist es selbst verknoéchert, so daf eine innige Verschmelzung zwischen dem Ligament und den typischen Skeletteilen zustande kommt, was natiirlich nicht ohne Einflu8 sein kann auf funktionelle Eigen- schaften. Allein auch noch in anderer Hinsicht hat dieses Liga- ment Bedeutung erlangt. Durch dessen Verknécherung in der Nahe der Skeletteile ist letzterer mehr oder minder typische Form in Mitleidenschaft gezogen worden, wodurch ein ganz eigen- artiges Geprige zustande kommen kann. Vor allem sind es die Incudes (Figg. 8, 9, 10 2), welche durch ihre Formvariationen unser Interesse beanspruchen. Schon von AuG. Miuuer (46, 1. c. 8. 288) wurde die Thatsache fest- gestellt, da die Incudes (Neuralbégen II) bei ihrer Entstehung, anstatt sich normalerweise flichenhaft zu entwickeln, horizontale Fortsatze lateralwarts treiben. Bei der Mehrzahl der Cyprinoiden, wo die Incudes ihre erheblichste Gréfe erreichen, sind deren Horizontalfortsaitze eingelagert in die breiten Ligamente zwischen Stapedes und Mallei, so daf} dadurch Verknécherungen in den Ligamenten zustande kommen, welche als adhiirierende Teilstiicke der Incudes betrachtet werden miissen, die aber selbst gréSer sind als die medianen Knochenpartien, welche mit dem zweiten (falschen) Wirbelkérper noch in Zusammenhang stehen und die als eigentliche Neuralbégen II aufgefaft werden miissen, indem Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulusG. 37 letztere noch an der Begrenzung des Neuralkanales teilnehmen. Allein wir wissen schon von frither her (BEAUDELOT, 3), daB bei der Gattung Catostomus keine Teile der Incudes mehr an der Begrenzung des Neuralkanales partizipieren, und daf die Incudes dort tiberhaupt nur noch durch einfache knécherne Knépfchen in den Ligamenten dargestellt werden. Daf man wirklich in diesen Knoépfchen die Rudimente der Neuralbégen II zu erblicken hat, geht aus den entwickelungsgeschichtlichen Studien von M. RAmMsAy Wricut (74) [Amiurus] und SORENSEN (63) |Galeichthys] unzwei- deutig hervor, indem die median urspriinglich angelegten Teile der Incudes, welche die eigentlichen Neuralbégen II reprisentieren, erst bei der nachfolgenden Entwickelung vollstandig resorbiert werden, so daf} nur noch jene Knépfchen im Ligament iibrig ge- blieben sind. Das, was wir somit bei Catostomus als Incudes be- zeichneten, ist, streng genommen, also nicht ganz homolog mit dem gleich genannten Knéchelchen der Cyprinoiden. Diesen Grad der Reduktion der Incudes hat nun nicht nur allein die Siluroidengattung Catostomus (BEAUDELOT’s), Amiurus (WRIGHT’s) und Galeichthys (SGRENSEN’s) erreicht, sondern nach SORENSEN (vergl. tabellarische Uebersicht tiber die Interpret. d. Wes. Kn.) auch Gymnotiden, Siluroiden und (SORENSEN untersuchte Cob. {Misgurnus] fossilis und Nemachilus Strauchii Kessu.) Co bitiden. Was nun diese Letzteren anbetrifit, so mul fiir Nem. barb. keine Ausnahme gemacht werden. Jedoch giebt es wohl Fische, bei denen die Incudes den letzten Grad der Reduktion aufweisen, weil in dem Ligament, welches den Stapes mit dem Malleus ver- bindet, nicht einmal mehr eine Verknécherung, d. h. der Rest des Neuralbogens II zu finden ist!). Eine funktionelle Wichtigkeit scheint also die Anwesenheit des knéchernen Knoépfchens nicht zu besitzen. Die Mallei besitzen proximale Wurzelenden, welche zu beiden Seiten des zweiten (falschen) Wirbelkérpers (dessen hinteren Ab- schnittes, also des dritten [wahren] Wirbels) artikulieren. Die Artikulationsflachen der Mallei liegen in Gruben, welch letztere, wie in Tig. 8 angedeutet, umsdumt sind von schmalen, niedrigen 1) Ein solcher Fall wurde schon von BinHarz 1857 (S. 9) bei Malapterurus electricus konstatiert. 1859 erwihnte Retssnur (S. 432 und Taf. XII, Fig. 6) fiir die Siluroiden Rinelepis und Synodontis korrespondierende Verhaltnisse. Ebenso 1890 Sorensen fiir die Siluroidengattung Plecostomus (vergl. seine Taf. III, Fig. 34). 38 Leopold Bloch, Knochenleisten (/), die den Zweck haben, ein Vorwartsgleiten der Mallei zu vermeiden. Die distalen Enden sind relativ dick und abgestumpft. An diese abgeschnittenen Enden heftet sich die Schwimmblase. Betrachtet man das distale Ende des Malleus rechts (wie in Fig. 7 angedeutet ist) bei hoher Einstellung der Lupe von der Seite, so sieht man in der That nichts anderes als einen Stiel, der an seinem distalen Ende verbreitert erscheint, wodurch wirklich die Vorstellung erweckt wird, als hitte man es zu thun mit einem ,,gestielten Becherchen“ (ROSENTHAL, 55). — Der Fortsatz am distalen Ende des Malleus fehlt (nach Aue. Muuuer, 46, 8. 288 und Fig. 7, Taf. VIII) urspriinglich voll- stindig. Wir haben in ihm den verknécherten Teil des Liga- mentes zu betrachten, von welchem Ligament wir oben sagten, da es die typische Gestalt der Skeletteile modifiziere. Wer je jene Wesper’sche Beschreibung der Mallei von Cob. (Misgurnus) fossilis gelesen hat, wird zugeben miissen, da riicksichtlich ihrer Gestalt bei Misgurnus und Nemachilus von Gleichheit der Mallei, wie Weser will, nicht die Rede sein kann. 5. Morphologie von Schwimmblase und Knochenkapsel. Schwimmblase und Knochenkapsel gelangten friiher zur Beobachtung als der WrpeEr’sche Apparat, wie dies auch bei ihrer relativ bedeutenderen Gréfe zu erwarten ist. Daf an der Bildung der Knochenkapsel urspringlich typische Skeletteile partizipiert haben, geht schon aus dem friiher Gesagten hervor. Es erwéichst uns nun noch der Entscheid der Frage, ob sich auch noch andere Elemente bei deren Bildung beteiligt haben. Gelegentlich der Besprechung der Wirbelelemente machten wir schon jene Skelett- teile, die in Frage kommen, namhaft. Es sind dieselben, welche friihere Forscher im Auge hatten, die jedoch aus verzeihlicher Unkenntnis der Verschmelzung von zweitem und drittem Wirbel falsch interpretiert wurden. Schon Jon. Gorrn. Scunerper (Lipsiae) 1789, der Entdecker dieser Knochenhiillen, faite letztere auf als blasenformig aufgetriebene Querfortsitze. Ebenso Wessr (70) 1820 (der Entdecker des nach ihm benannten Apparates), Mrcxrnn (44) 1824 (System, 8. 233), RatHKE (51) 1826 (8. 103), Vatencrennes (12) 1846 (in Cuv. et Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 39 Vau., Bd. 18, 8. 18, 39), C. Bronx (9) 1847 (S. 160), E. Reissner (54) 1859 (8S. 430—-431), Hasse (33) 1873 (S. 595). — Indessen wurde auch schon friithzeitig, d. h. von Scnunrzn (59) 1818 (S. 369) eine andere Ansicht geiufert, dafi namlich die knéchernen Kapseln nicht zur Wirbelsiiule gehéren, sondern zu dem Organ, welches sie um- schlefen, d. h. zur Schwimmblase. In ahnlichem Sinne dufert sich auch Huscuxe (38, 8. 36). Doch wurde diese Ansicht zu jener Zeit noch nicht acceptiert, vergl. z. B. Wacner (69) 1834—35, der sich auf S. 280 folgendermafen aufert: Bei Cobitis (Misgurn.) fossilis wird sie (d. h. die Schwimmblase) ganz von den Quer- fortsatzen des dritten Halswirbels eingeschlossen, welche in eine Knochenblase verwandelt sind; falschlich glaubte man sonst die Hiute der Blase selbst seyen verknéchert.“ Es diirfte wohl Lrypre (42) 1853 der erste gewesen sein, welcher zeigte, da’ die Knochenhille auf Grund mikro- skopischer Untersuchungen als verknicherte aiufere Bindegewebsschicht der Schwimmblase, die mit den Querfortsatzen verwachsen ist, aufgefakt werden mus. — Da’ die bindegewebige Membran der Schwimmblase verkniéchern kann wie irgend ein anderes Bindegewebe, ist nichts Auferordent- liches; aber wo nun die Verknécherung so ziemlich den _ iiber- wiegenden Teil der Schwimmblasenoberflache einnimmt, in der Weise, daf auch noch zweifelsohne wirkliche Skelettstiicke adhirierende Bestandteile der Verknécherung bilden, da reicht auch fiir uns die makroskopische Betrachtung nicht mehr aus, und wir sind ge- zwengen, histologische Studien aufzunehmen, wenn wir iiber den Bildungsvorgang der Knochenkapsel ins Klare kommen wollen; denn es ist in der That schwer zu konstatieren, was von der Ver- knécherung der Schwimmblase herriihrt und was von den urspriing- lichen Skeletteilen, sowie es sich um eine Verschmelzung beider handelt. Wir haben also namentlich jene Forscher zu_ beriick- sichtigen, welche der Lésung dieser Fragen auf Grund _histo- logischer Studien naiher zn kommen suchten. Da sind anfer Lurnie vor allem zu nennen Prof. GrosseEn (29) 1875, gegenwartig in Wien (durch dessen Giite ich in den Besitz der diesbeziiglichen Ab- handlung gelangte), R. Wrieur (74, 75) 1884 und 1886 und der schon so oft citierte danische Forscher Sérmnspn (63, 64) 1884 und 1890, dessen Arbeiten tiberhaupt wirklich eine solche Fille kor- rekter und neuer Gesichtspunkte bieten, daf man staunen muf iiber den Scharfsinn und Fleif, den dieser Forscher entwickelt. Und es ist nur zu bedauern, dai dessen Forschungsresultate gerade heute noch nicht von den modernen deutschen Zoologen in gebiihrender Weise beriicksichtigt wurden, was wohl in Zusammenhang zu bringen ist mit der Schwierigkeit des Umstandes, die dianische Sprache zu interpretieren. — Wir wollen auf die niheren histo- logischen Details an dieser Stelle noch nicht eintreten, sondern uns vorerst mit der Beschreibung der Gestalt von Schwimmblase und Knochenkapsel beschiftigen und auch noch vorher mit der Lisung des Problems, wie eine solch ungemein eigenartige Form der Schwimmblase (bezw. der Knochenkapsel) zustande kommen konnte. 40 Leopold Bloch, Die Schwimmblase erweckt namentlich bei der Prifung von der ventralen Seite den Eindruck eines paarigen Organes, denn sie setzt sich zusammen aus 2 blaischenférmigen Sackchen, von denen jedes je auf einer Seite der Wirbelsiule gelegen und so- zusagen vollstindig in die Knochenkapsel eingeschlossen ist (Figg. 3, 4, 5, 6). Unter dem zweiten (falschen) Wirbel sind die Kapsel- halften durch eine zerkliiftete Knochenlamelle (Fig. 5 knl) ver- bunden. Ferner kommunizieren beide miteinander durch einen engen knéchernen Kanal, der unter dem vierten (wahren) Wirbel liegt (Figg. 3, 4, 5, 6, 7 ck). Dieser steht mit dem vierten (wahren) Wirbelkérper in keiner Verbindung. Wie schon oben angedeutet, giebt die knécherne Umhiillung die Form ihrer ein- und allseitiggeschlossenen Schwimmblase wieder, sodaf also auch der quere knécherne Verbindungskanal im Innern durch einen membranésen ausgekleidet ist. Der Querdurchmesser der Knochen- kapsel erreicht eine Linge von 6—7 mm, d. h. es ist dies die Breitendimension des Schiidels in der Occipitalregion; der Lings- durchmesser ist nur 4 mm, so daf das ganze Organ eine Knochen- masse darstellt, die in die Breite ausgezogen ist. Es sei hier noch ausdriicklich hervorgehoben, da, wenn man sich hinreichend Zeit gonnt, trotz der Kleinheit bei einiger Uebung die Morphologie der gesamten Organisationsverhaltnisse zur Beobachtung gebracht werden kann. Die Knochenkapsel besitzt zwei paarige Oeffnungen und eine vergleichend-anatomisch auferst wichtige unpaare. Die eine paarige Oeffnung, die laterale, haben wir schon zu Anfang unserer Abhandlung kennen gelernt, den Introitus capsulae vesicae (Hasse) (Figg. 1, 2, 3, 4, 6 i.cv.), die, oval mit aufge- worfenen Randern, unmittelbar unter der auSeren Koérperhaut liegt und eine Gesamtlinge von 2'/,—3 mm besitzt. Dieser Introitus capsulae vesicae hat im ferneren noch die Kigentiimlichkeit, durch eine sehr schmale Scheidewand oder, besser gesagt, Saule (Fig. 2) in zwei ungleich groBe Abschnitte getrennt zu werden. — Die zweiten paarigen, medianwarts gelegenen, umgekehrt herz- formigen Oeffnungen der Kapsel von ca. 1 mm Linge legen zu beiden Seiten der Kérper II (falsch) und IV (Fig. 7, Kapsel auf- gebrochen, von der Seite gesehen) und erméglichen eine Beziehung zwischen Schwimmblase und endolymphatischem Apparate ver- mittelst der WEBER’schen Knéchelchen. Die distalen verbreiterten Enden der Mallei sind an diesen, durch die Schwimmblasenhaute verschlossenen Oeffnungen direkt an die Schwimmblase festgeheftet. Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulusG. 41 Die Oeffnungen lassen in der Tiefe, wenn die Schwimmblase weg- maceriert ist, bei genauer Betrachtung aufer dem Malleus noch den Kérper II (falsch) und IV erkennen. — Nun kame die fiinfte namhaft zu machende kreisrunde unpaare Oeffnung. Diese kann an der Oberfliche des oben erwihnten Querkanales (Fig. 5 2s) gefunden werden, was indessen an Macerationspraparaten schwer halt, und dies einfach aus dem Grunde, weil (wie Fig. 5 nament- lich zeigt) dieser knécherne quere Verbindungskanal aufer dieser vergleichend-anatomisch wichtigen, von ca. '/, mm Durchmesser, noch eine Menge anderer Oeffnungen von derselben Gré8e besitzt. Uns soll jedoch speciell diese fiinfte unpaare Oeffnung noch weiter beschaftigen, denn sie bietet die Handhabe zur Erklarung der Form und zur Homologisierung der Nemachilus-Schwimmblase mit denen normaler Cyprinoiden. Und letztere Fragen wollen wir nun behandeln. Da zweifellos primiér an der Gestalt der Knochenkapsel nicht die Skeletteile der Wirbelsiule schuld sind, sondern die ganzliche Umegestaltung des Baues der unverknécherten Schwimmblase, so miissen wir die letztere und auch die Gestalt der knéchernen Umhiillung in natiirlicher Weise zuriickfiihren kénnen auf jenen Schwimmblasentypus, welcher betrachtet werden muf als die Ausgangsform, d. i. eine Schwimmblase der Vorfahren der Cobitiden, welche unbestreitbar eine entsprechende Gestalt gehabt haben muf wie jene, die wir noch heutzutage in der Regel bei den normalen Cyprinoiden finden. Als Grund der teil- weisen Reduktion der Cobitidenschwimmblase miissen wir die Lebensweise der Cobitiden verantwortlich machen. — Die ,normale Cyprinoidenschwimmblase“ besteht bei den meisten Cy- prinoiden (SAGEMEHL, 57, S. 11—12; Cornina, 11) aus zwei hintereinanderliegenden Abschnitten, welche unter sich durch einen engen, kurzen Gang (Isthmus) miteinander kommunizieren. Der vordere Abschnitt ist sackformig; vom hinteren birnformigen zweigt sich der schon friiher erwahnte offene Ductus pneumaticus (Luftgang) ab und zwar von der unteren vorderen Flache (vergl. schematische Textfigur 11, 8. 47 dieser Abhandlung). Oder mit anderen Worten: bei den Cyprinoiden ist der hintere Schwimmblasen- abschnitt als eine unmittelbare Fortsetzung oder Erweiterung des ~Ductus pneum., d. h. als wahre Schwimmblase aufzufassen, waihrend der vordere Sack ein Diverticulum (Abschniirung) des hinteren ist (SORENSEN, 64, S. 521). — In Bezug auf die Anheftungsweise des Diverticulums und die Form der Ossa_sus- pensoria vesicae natatoriae (Proc. transv. IV) sei bemerkt, da 42 Leopold Bloch, letztere bei den Cyprinoiden durch kurze, dicke, zugespitzte Fortsatze in Gruben beiderseits des (wahren) vierten Wirbelkérpers eingesenkt sind. Die Ossa suspens. besitzen zwei Teile: einen aiuferen, welcher sich aufen um den Malleus legt und bei den Cyprinoiden zu einem rippenihnlichen Fortsatz verlingert ist, und einen inneren, welcher die Form einer Platte hat‘), die meist mit jener der anderen Seite in der Medianlinie unterhalb des Wirbels zusammenstoft, wodurch sich zwischen den Platten und dem Wirbelkérper ein Kanal bildet, in dem Aorta und Nieren liegen. Die inneren Platten, deren Stellung verschieden sein kann, sind als Verknécherungen der auferen Schwimmblasen- membran aufzufassen (SORENSEN u. a.), in diesem Falle speciell der Haute des Diverticulums, denn nur die obere, vordere Wandung des Letzteren ist mit den Befestigungsplatten verschmolzen. — Bei den meisten Cobitidenschwimmblasen ist der hintere Sack, d. h. das Homologon der wahren Cyprinoidenschwimmblase, reduziert, selbst oft so sehr, da’ man makroskopisch nichts mehr von ihm nachweisen kann. Dessen vollstiindige Reduktion scheint in der That gerade bei Nem. barb. eingetreten zu sein, denn man kann makroskopisch keinen hinteren Schwimmblasenabschnitt ent- decken, und es ist das, was wir bei Nem. barb. als Schwimmblase bezeichnen, nur der dem Diverticulum der normalen Cyprinoiden- schwimmblase homologe Teil. Dal dem so ist, werden wir spater (vergl. Histologie von Schwimmblase und Knochenkapsel) an der Hand histologischer Praparate, durch die Anwesenheit eines Ru- dimentes des hinteren Schwimmblasenabschnittes zu konstatieren fahig sein. Auf welche Weise erlangte indessen dieses bei den normalen Cyprinoiden sackférmige Diverticulum eine Form, die den Eindruck erweckt, als ob man es mit einem paarigen Organ zu thun hatte? Wir wissen jetzt, da’ bei den normalen Cyprinoiden das Schwimmblasendiverticulum mit seiner vorderen oberen Seite an die Ossa suspensoria (Proc. transv. IV) angeheftet ist. Bei den Siluroiden ist die Schwimmblase nicht nur an die Proc. transv. IV festgeheftet, sondern es teilen letztere diese Funktion mit denen nachfolgender Wirbel. Und es kann absolut nicht als unbegreiflich erachtet werden, wenn die Proc. transv. IV von Nem. barb. diese Funktion mit den Proc. transv. II teilen. sei den normalen Cyprinoiden ist der Proc. transy. II bedeutend ero und gerade abstehend. Er steht jedoch mit der Schwimm- 1) Wueer, Fig. 5; Hassr, Fig. 2, Taf. XXVITI. Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulusG. 43 blase in gar keinem Zusammenhang; anders nun eben der Proc. transv. If von Nem. barb. Dessen Schwimmblase (speciell das Diverticulum) wurde nach vorwirts geschoben, allein da sie an die Proc. transy. IV schon festgeheftet war, so fand sie bei der Pressung von hinten nach vorn an denselben einen Widerstand. Dieser auferte sich auf die Schwimmblase blof8’ im Umkreise der Anheftungsstellen, nicht aber auf die mehr lateralwarts gelegenen Partien. Diese vermochten sich ungehemmt nach vorwiirts zu be- wegen, bis sie mit den seitlich abstehenden Proc. transv. If zu- Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 3—5. Schematische Darstellung der Umbildung einer normalen Cyprinoidenschwimmblasenform bis zur modifizier- ten von Nem. barb. (Ventralansicht). Os suspensorium unsichtbar; Ductus pneum. nicht eingezeichnet; * = Punctum fixum, sammenstiefen. Das friiher offenbar sackformige Diverticulum (die jetzige Nemachilus-Schwimmblase) hat bei der gleichzeitigen Reduktion des hinteren Abschnittes, d. h. der wahren Schwimm- blase eine sekundire Paarigkeit erlangt, indem auf die oben an- gedeutete Weise eine mittlere Einbuchtung entstand, die sich bei Nem. barb. zu einem relativ engen Querkanal verschmialerte. Erst nachdem die Schwimmblase (genau gesagt das Diverticulum) ihre definitive Form erlangt hatte, muf sich die Kinkapselung vollzogen 44 Leopold Bloch, haben. Und jetzt wissen wir auch, welche vergleichend-anatomisch wichtige Bewandtnis jene fiinfte unpaare Oeffnung (is Fig. 5) der Knochenkapsel hat. Der Rand dieser Oeffnung umgrenzt den Isthmus, d. h. dessen Homologon, in dessen Nahe wir also ein eventuell vorkommendes Rudiment des hinteren Schwimmblasen- abschnittes (die wahre Cyprinoidenschwimmblase) zu suchen hitten und von wo auch der atrophierte Ductus pneum. sich abzweigen sollte. Eine nicht zu unterschatzende Thatsache, die der Er- wihnung wert ist, bildet ein Befund (von SORENSEN, 63) an Nem. Strauchii. Ich meine das schon friiher erwihnte Vorhandensein eines offenen Duct. pneum. an einer Form, welche ungefahr als Typus 2 unserer schematischen Darstellung der Umbildung einer normalen Cyprinoidenschwimmblase gelten kann, was den hinteren Abschnitt, d. h. die reduzierte (wahre) Schwimmblase anbetrifft. Dort ist der ,,I[sthmus‘S in einen feinen langen Kanal umgewandelt, und der Duct. pneum. miindet in die schon reduzierte hintere Abteilung in der Weise, da8 letztere sich hier noch als direkte Fortsetzung des Luftganges, d. h. als wahre Schwimmblase zeigt. Wie Nem. Strauchii in Bezug auf letztere als Zwischenform zwischen der normalen Cyprinoiden- schwimmblase und derjenigen von Nem. barb. gelten kann, so zeigt sich auch die Schwimmblase von Nem. Strauchii als ver- mittelnde Form in Bezug auf den Duct. pneum., indem dieser noch offen ist, derjenige von Nem. barb. dagegen nicht mehr (vergl. Histologie). — Die eigenartige Form der Schwimmblase von Nem. barb. ist, um zu rekapitulieren, im wesentlichen auf zwei Momente zurtickzuftihren: erstens auf die Reduktion der Schwimmblase, namentlich des dem hinteren Abschnitt der Cyprinoidenschwimmblase homologen Teiles, und zweitens auf die Anheftung des dem Diverticulum der normalen Cyprinoidenschwimmblase homologen Teiles nicht nur an den Proc. transv. IV (Ossa susp.), sondern auch zu- gleich an den Proce. transv. II. Nachdem wir die Bildungsweise der Schwimmblasenform von Nem. barb. erklairt haben, kehren wir wieder zuriick zu der Beschreibung der Knochenkapsel. Was die mit ihr verschmolzenen Wirbelelemente betrifft, nimlich Proc. transy. IL und IV, so labt sich fir die Processus .ttransversi II (Figg. 2, 4, 6 pt IZ) einmal sagen, daf sie das Aussehen von Querfortsitzen beinahe ganzlich verloren haben, indem sie fast auf ihrer ganzen Aus- dehnung mit der Knochenkapsel verschmolzen sind. Nur ihre Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 45 distalen Enden, die ein wenig caudalwirts umgebogen sind, sind frei und iiberlagern die dorsale Kapselwandung'‘) (Fig. 2, 4, 6). Ihre Umrisse als Proc. transv. sind am besten von vorn betrachtet wahrzunehmen (Fig. 6.) — Was die Form der Processus trans- versi IV (Ossa suspens.) anbelangt, so haben sie ihre fiir die Cyprinoiden beschriebene typische Form giinzlich verloren. Wohl sind sie noch, gleich wie die Basalstiimpfe der Rippen diskret entwickelt sind, nicht nahtlos verschmolzen mit dem Korper IV, allein mit der Knochenkapsel sind sie so innig verbunden, daf bei der Betrachtung derselben von aufen und von innen die Form derselben unkenntlich ist. Eine Naht im Innern (Fig. 7) laSt wohl vermuten, da’ hier ein fremder Teil mit der Knochenkapsel ver- schmolzen ist. An jener von Misgurnus (Cob.) fossilis findet sich jederseits vorn auf der Unterseite der Kapsel ein ,,Apex processus iransversi vertebrae tertiae“ [WrBER| (sive quartae, weil ja der zweite ein falscher ist), welcher auch von GROBBEN (29), SORENSEN (63), JAquET (40), Jacoss (39), und anderen gesehen wurde. Kin solcher findet sich bei Nem. barb. absolut nicht. Dies nur zur Berichtigung der gegenteiligen Annahme von Prof. GroppBen. Bei der Betrachtung der Knochenkapsel von au8en gewahrt man auf einem grofen Teil ihrer Ausdehnung von freiem Auge schon, da8 sie gleichsam siebférmig durchstochen ist. Die meist rundlichen Liicken nehmen nach hinten an Grofe zu, so daf diese knécherne Umhiillung bei der Betrachtung von der caudalen Seite (Fig 3) dicht von Liticken besetzt ist, die eine relativ betrichtliche GréBe erreichen und dort auch oft lang- gestreckt, herzfirmig, ellipsoidisch etc. sein kénnen. Auf der nimlichen Seite der Knochenkapsel gewahrt man als Fortsetzung der groBen lateralen Oeffnung (des Introitus caps. ves., Fig. 3 g/l) eine Linie, welche die dorsale Kapselwandung, d.h. die Decke der paarigen Kapsel und des Querkanales vom Boden trennt. Letzterer ist, namentlich von der Seite betrachtet (Fig. 2), starker konvex als die Decke. Die Trennungslinie kann so sehr ausge- pragt sein, daf sie gestattet, durch Spalten, die sie da und dort aufweist, ins Innere der Kapsel zu blicken. Auer dieser Linie, welche wir als Querlinie bezeichnen wollen, findet man auf 1) Ob die distalen Enden als urspriingliche Rippenenden zu deuten sind, ist man am erwachsenen Tier nicht zu entscheiden imstande. Bei Gymnotiden soll das untere Bogensystem II, das resprasentiert wird durch Pr. tr., noch kleine Rippen tragen. 46 Leopold Bloch, der auferen und inneren Oberfliche der Kapsel noch 2 weitere Linienpaare. Das eine Paar (Fig. 4 olp) befindet sich im vorderen Drittel der Kapseldecke, das andere im vorderen Drittel des Kapselbodens (Fig. 5 uly) Diese Trennungslinien, welche auf- fallende Aehnlichkeit mit den Suturen des Craniums_besitzen, weisen darauf hin, dal’ die Verknécherung der Kapsel nicht im Bereich ihrer ganzen Oberfliche gleichzeitig stattgefunden haben kann. Auch die verschiedene Dicke der Kapselwandung bestarkt diese Ansicht. Die Ossifikation wird wohl von jenen Stellen aus- gegangen sein, wo die in Frage kommenden noch unverknécherten Haute der Schwimmblase sich an die mit der Knochenkapsel verschmolzenen Wirbelelemente festgeheftet haben. 6. Histologie von Schwimmblase und Knochenkapsel. Khe wir auf das eigentliche Thema eintreten, wird es am Platze sein, einige allgemeine Gesichtspunkte vorauszu- schicken. — Wir wis- Frocessus spinosus. gen, da die Schwimm- Neuralrohr blase aufzufassen ist Meurcdlboge Bi cpyps dvtorae als Ausstiilpung des asals ti £ Dee. se edt Darmrohres, ferner dak ane ase. sie stets retroperito- Pl pp. neal, dorsalwarts im PLA, Leibesraum liegt zwi- SS - Aorta und Urogenital- SE huyype apparat) und Darm- ¢_|+— PA kanal. (WIEDERSH., 71, S. 316); ferner ist be- kannt geworden (S6- RENSEN, 63, 8S. 107), daf die Schwimmblase umgeben ist von einer Fig. 6. (Figurenerklirung s. S. 47.) serdsen Bekleidung, der Pleura. Diese besteht aus zwei Bliittern, von denen das innere (viscerale) sich genau an die Schwimmblase anlegt, wiihrend das iuSere (pari- a ale schen Wirbelsiule (resp. Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 47 etale) Blatt.die Wandung des Raumes, worin die Schwimmblase liegt, bekleidet und auf seiner ventralen Flache mit der Riicken- flache des eigentlichen parietalen Blattes des Peritoneums ginzlich verschmolzen ist. (Die Verhiltnisse sind z. B. beim Barsch, der Forelle etc. besser zu eruieren als bei den Cyprinoiden.) Wir kénnen die in den unten schematisch gehaltenen Figuren darge- stellte retroperitoneale Verlagerung der Schwimmblase bei deren Entwickelung als die augenscheinlich richtige annehmen ‘), Fig. 7—12. D. Darm; v. Vesica nat. (wahre Schwimmblase); D7. Di- verticulum der v.; d, p. Ductus pneumaticus; A. Ampulle des d. p.; P. Peritoneum; Ph, Peritonealhéhle; Pl.v. viscerales Blatt der Pleura; Pi.h. Pleurahéhle; Pl.p. parietales Blatt der Pleura. 1) Es ist mir leider nicht gelungen, eine einschligige Arbeit kennen zu lernen, welche die oben angenommene Genese in Bezug auf die Pleuralverhaltnisse bekriftigt hatte. Ich behalte mir vor, in einer spateren Arbeit auf eine sichere Bestitigung aller im histologischen Kapitel aufgestellten Gesichtspunkte, sowie auch auf den Versuch einer zweifellos richtigen Interpretation der Claustra zuriickzukommen, 48 Leopold Bloch, Nun ist die Knochenkapsel, streng genommen, nicht aufzufassen als eine Verknécherung von bindegewebigen Schwimmblasen- membranen, wie wir uns friiher einfachheitshalber ausdriickten, sondern als eine Verknécherung der Pleura und sehr wahrscheinlich blofS deren parietalem Blatte. — Die Schnitte durch Knochenkapsel und Schwimmblase, welche normal zur Liingsachse des Korpers gefiihrt wurden, ergeben uns, von aufen nach innen verfolgt, Strukturverhaltnisse, die sich im wesentlichen mit den von anderen Forschern fiir Nem. barb. beschriebenen decken. Die bei Lupenbetrachtung wie siebférmig durchstochene Knochenkapsel stellt sich im Schnitte folgendermafen dar. Die Locher der Knochenkapsel (Taf. 15, Fig. 11 Z) sind von Bindegewebe ausgefillt. Die Kapselmasse selbst erscheint im Schnitt als durch die Kapsellécher getrennte Knochenbalken (itn. b.). Das Binde- gewebe der Liicken tiberzieht auch die Balken. Daf die Knochen- kapsel das verknécherte Bindegewebe ist, davon kann man sich, wie GROBBEN (8. 5) sehr schén gezeigt hat (und was ich bestiatigen kann), insofern tiberzeugen, als sich namentlich an Flachenschnitt- priparaten alle Uebergange von der einfachen Bindegewebszelle bis zum Knochenkoérperchen auffinden lassen. Auf diese ver- knécherte Bindegewebsschicht folgen nach innen zwei weitere bindegewebige Haute, von denen die auBere (Ze) weif und atlas- glanzend, die innere (72) blaulichweifi ist. — Die iuBere Haut (Tunica externa) besteht wiederum aus zwei ungefahr gleichmachtigen Schichten, einer dem Schwimmblasenlumen abgekehrten auferen, welche aus normal zur K6rperachse verlaufenden stra ffen, bisweilen geknickten Bindegewebsfasern besteht, welche Schicht wohl dem visceralen Blatte der Pleura entsprechen diirfte, und einer ihr eng anliegenden inneren, deren starre Fasern im grofen ganzen eher in der Richtung zur Koérperachse verlaufen. Diese einzelnen Schichten sind umzogen von Membranen, die aus kern- losen, breiten Fasern bestehen, was namentlich an Schnittenden, sehr gut zu beobachten ist (GropBEN, 5. 5 ibid.). Flachenpra- parate dieser beiden Schichten ergeben sich kreuzende Faserziige. Bei hoher Einstellung des Tubus gewahrt man Fasern, die an- nihernd parallel verlaufen, bei tiefer Kinstellung ebensolche parallel verlaufende Fasern, deren Richtung jene, die bei hoher Einstellung zu Gesichte kamen, ungefihr rechtwinklig kreuzen. — Die innere bliulichweife Haut (Tunica interna Z%) besteht aus lockigem Bindegewebe. Dasselbe unterscheidet sich von gewdéhnlichem, Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 49 fibrillarem auf keine Weise. In diesem konnte ich sparlich Blut- gefiiBe (Gr) konstatiren. Die Fasern liegen in normalem Zustande dicht beisammen, und man ist imstande, eine grofe Anzahl dinner Faserkerne (#%) zu beobachten. Daf diese innere bliulichweibe Haut ihrerseits ebenfalls aus zwei sich rechtwinklig kreuzenden Schichten besteht, konnte ich nicht feststellen. Wohl giebt uns Jacoss (39), Taf. IX. Fig. 7 fiir Cob. (Misgurn.) fossilis in Bezug auf diese innere Haut ein Bild, das zu einer solchen Vermutung fiir Nem. barb. fiihren kénnte, allein es ist Grund zu der Annahme vorhanden, daf Jacops bei der Herstellung von Flichenpraparaten die innere Haut mit der Tunica externa verwechselte, denn es pawt nicht nur seine Abbildung, sondern auch seine tibrige Be- schreibung (S. 402/3) nicht fiir diese, dagegen wohl fiir jene, wenn man die Befunde an Cob. (Misg.) fossilis auf Nem. barb. tibertrigt. Auch stehen die hierauf beziiglichen Angaben JAcoss’ an Cob. (M.) fossilis in Widerspruch mit jenen von GropBEN, welch letzterer fiir die Tunica externa auch bei Misg. (Cob) foss. 2 Schichten feststellt, nicht aber fiir die innere Schwimmblasenhaut. — Der Binnenraum der Schwimmblase von Nem. barb. ist mit einer diinnen Lage einfachen Plattenepithels ausgekleidet (Hp), welches yon JAcoBs (39), GROBBEN (29) ebenfalls konstatiert wurde, nicht aber von JAQuET. — Ueber den Ductus pneumaticus und das Rudiment der hinteren reducirten wahren Cyprinoiden- schwimmblase schreibt Jaquet p. 440, der einzige mir be- kannte Forscher, der, Nem. barb. betreffend, hieriiber auf Grund mikroskopischer Schnittpraiparate sich aufert: Du sommet du canal de réunion des deux cavités des vessies membraneuses se détache un cordon plein se dirigeant en arriére; il sort par une fente du pont osseux pour se rendre 4 un organe sphérique, la vésicule qui ne mesure qu'un cinquieme de millimétre. Elle est donc a l’extérieur de la vessie noyée dans du tissu con- jonctif lache renferment de nombreux yaisseaux sanguins. Les parois de la vésicule sont trés épaisses, formées de deux strates fibreux concentriques nettement distincts; Vintérieur forme une petite cavité close de toute part. A la face ventrale de la vésicule est suspendue une tige creuse qui descend sur la face dorsale du tube digestif et se soude 4 ses parois. Le canal interne s’oblitére aux deux extrémités de cette tige, de sorte qu’elle n’entre en communication ni avec |’ intérieur de la vésicule, ni avec 1 ’intérieur du tube digestif.“ Um die Angaben Jaquet’s bestitigen zu kénnen, fertigte ich mir Lingsschnitte an, welche den ,,Querkanal‘ (ck Fig. 5) quer durch- schnitten. Nun muf ich allerdings gestehen, daf meine Priparate Bd, XXXIV. N. F. XXVIL. 4 5O Leopold Bloch, nicht, wie gewiinscht, tadellos waren (was mit der Schwierigkeit des Entkalkens in Zusammenhang zu bringen ist), aus welchem Grunde ich auf eine Abbildung dieser Verhialtnisse verzichtete. Auf alle Fiille konnte ich aber konstatieren, dafi der Ductus pneumaticus nicht auf dem geraden, kiirzesten Wege zum ,,Querkanal“ zieht, sondern vorerst, wie JAQuET richtig angiebt!, sich caudalwarts wendet, um sich zu einem blaschenformigen Gebilde (Homologon der wahren Cyprinoidenschwimmblase) zu begeben. Erst von diesem aus zieht ein, wie mir scheint, solider Strang zum ,Querkanal“ der Schwimmblase. Der Ductus pneumaticus, welcher sich bei den normalen Cyprinoiden als wegsamer Kanal hinter dem Isth- mus einfach zum hinteren Schwimmblasensack erweitert, miindet, auch wenn er zu einem soliden bindegewebigen Strang obliterirt ist, bei den Cobitiden nicht etwa direkt in das Diverticulum, sondern in das Rudiment der wahren Schwimmblase (Nem. barb.) oder in den Isthmus |[bezw. dessen Homologon (vergl.; Ja- QuET (40), Fig. 6: Misgurnus fossilis; SORENSEN (64), 8. 121: Nem. Strauchii Kessi]. Es ist im Vorhergegangenen ferner festgestellt worden, dal’, was bei den Cobitiden am hiufigsten der Fall (vergl. Dr. Herzenstrein), daf naimlich der vordere Schwimmblasensack (Diverticulum) eingekapselt, der hintere (die wahre Schwimmblase) rudimentar, auch fiir Nem. barb. giltig ist. 7. Zusammenfassung. 1) Der erste Wirbelkérper tragt jederseits einen queren Fortsatz, Processus transversus + ver- knéchertes Ligament, welcher entgegen JAQuET’s (40) An- gaben also keine Rippe und auch nicht mit der Knochenkapsel vereinigt ist. 2) Dafi der zweite (falsche) Wirbel hervorgegangen ist aus der Verschmelzung des (wahren) zweiten und dritten Wirbels, konnte bei einem Praparat schon bei Lupen- vergréferung mit Sicherheit festgestellt werden. 3) Die Knochenkapsel, in welcher die Schwimmblase ein- geschlossen ist, steht in Verbindung mit dem zweiten (falschen) und vierten (wahren) Wirbel. Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 51 4) Die Knochenkapsel besitzt fiinf Oeffnungen; zwei laterale (icv Figg. 1, 2, 3, 4 und 6), zwei mediane (Fig. 7, Taf. 15) und eine unpaare (is Fig. 5), welche auf dem knéchernen Querkanal (ck Figg. 3, 4, 5, 6, 7) gelegen ist. 5) Der Rand der fiinften unpaaren Oeffnung umerenzt das Homologon des Isthmus (Isthmus gleich Kommuni- kationsgang zwischen Diverticulum und wahrer Schwimmblase [vergl. auch 8. 41 ff.]). 6) Es entspricht also die in die Knochenkapsel eingeschlossene Blase nicht einer wahren Schwimmblase, sondern nur dem dem paarig gewordenen Diverticulum der normalen Cyprinoidenschwimmblase homologen Teile (vergl. Textfiguren 8. 43 und 47). 7) Bei den Cobitiden ist der hintere Sack, d.h. das Homologon der wahren Cyprinoidenschwimmblase reduziert, selbst oft so sehr (Nem. barb.), da8 man makro- skopisch nichts von ihm nacbweisen kann (Textfiguren S. 43 und 47). 8) An mikroskopischen Schnittpraparaten ist ein Ru- diment des der wahren Cyprinoidenschwimmblase homologen Teiles zu finden in der Nahe der finften unpaaren Oetinung der Knochenkapsel. 9) Die eigenartige Form der Schwimmblase von Nem. barb. ist wesentlich auf zwei Momente zuriickfiihrbar: erstens auf die Reduktion der Schwimmblase, namentlich des dem _ hinteren Abschnitt der Cyprinoidenschwimmblase homologen Teiles, und zweitens auf die Anheftung des dem Diverticulum der normalen Cyprinoidenschwimmblase homologen Teiles nicht nur an den Proc. transv. IV (Ossa suspensoria: SORENSEN), sondern auch zu- gleich an den Proc. transy. II. 10) Die Knochenkapsel ist aufzufassen als eine Ver- knécherung der Pleura und sehr wahrscheinlich blo& deren parietalen Blattes (vergl. Figg. S. 47 und Fig. 11). 11) Die aukere, der (Innenflache der) Knochenkapsel an- liegende Schwimmblasenhaut (Tunica externa) besteht aus zwei ungefahr gleich machtigen Schichten, die sich aus straffen, bis- weilen geknickten Bindegewebsfasern zusammensetzen: einer auBeren, welche wohl dem visceralen Blatte der Pleura entsprechen diirfte, und einer ihr eng anliegenden inneren (Fig. 11). 12) Die innere, bliulichweife Haut (Tunica interna) be- steht aus lockigem Bindegewebe. Der Binnenraum der Schwimm- 4% 52 Leopold Bloch, blase von Nem. barb. ist mit einer diinnen Lage einfachen Plat - tenepithels ausgekleidet. 15) Die Cobitiden sind entgegen den irrtiimlichen An- gaben JAQUET’S, die, soweit ich es beurteilen kann, nie widerleet wurden, echte Physostomen. 14) Als Angehérige der ostariophysen Physostomenfamilie : der Cyprinoiden, sind die Cobitiden und auch Nem. barb. im Besitze eines Wes. Apparates. 15) Nach unserem Dafiirhalten sind die Claustra des Wes. Apparates aufzufassen weder als umgewandelte Processus spinosi (NusBaum, 49; SrporrAK, 60), noch als Proc. spin., mit denen knorplige Reste verschmolzen sind, die homolog zu den Intercalarbégen der Selachier (Wricut, 73, BripGe und Happon 6), noch als Homologa der Ossa imparia des Acipenser (SORENSEN, 63), sondern als Derivate homologer Knorpelstiicke, wie sie von SCHEEL (58) bei den Salmoniden beschrieben und auch interpretiert wurden (vergl. $8. 22—23 dieser Abhandlung). 16) Bei Nem. barb. sind die Incudes des Wes. Apparates gleich wie bei den iibrigen bis jetzt daraufhin untersuchten Co- bitiden verknécherte Knépfchen in den Ligamenten, die von den Stapedes (WxB.) zu den Mallei ziehen. 17) Die Mallei des Wes. Apparates besitzen eine Form, welche mit der Malleusform von Misgurnus (Cob.) fossilis nicht iibereinstimmt. Technisches. Fang. Die Grundel lebt im allgemeinen isoliert und scheint vorzugsweise waihrend der Nacht auf Raub auszugehen. Wahrend des Tages halt sie sich gern unter einem Steine verborgen auf. Hebt man einen solchen behutsam hinweg, so bleibt sie gewoéhn- lich unbeweglich liegen. Man fangt dann diesen kleinen Fisch, indem man sachte ein kleines Handnetz (,,Feumer“) dicht vor den Kopf plaziert und mit einem diinnen Stab das Tier am hinteren K6rperteil beriihrt, worauf es, dessen Bewegungen sich ruckweise vol]ziehen, in der Regel in das Netzchen hineinschieSt. — Die Maceration von Alkoholpraparaten (!) wurde mit Eau de Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulusG. 53 Javelle vorgenommen. — Behufs Herstellung histologischer Praiparate wurden Kopf- und Brustregion des Tieres fixiert und entkalkt in MU uier’scher Fliissigkeit. Allein ehe ich die Stiicke in diese legte, wurde die Koérperhaut tiber der seitlichen hautigen Zone wegprapariert, mit einer feinen Lanzettnadel die Schwimm- blasenhaut durchstochen und mit einer diinnen Kapillare Fixie- rungsfitissigkeit in das Lumen der Schwimmblase hineingeblasen, die Erhaltung des inneren Epithelbelages bezweckend. — F ar be- mittel: BOumeEr’s, DELAFIELD’s Himatoxylin, Boraxkarmin, HAn- SEN’s (31) Bindegewebsfarbemethode. —- Wenn man den ganzen Kopf schneiden will, so empfiehlt es sich, die Augen auszustechen, indem das Corpus vitr. glashart, infoleedessen zum Schneiden un- geeignet wird. — Zur Einbettung bediente ich mich der ge- wohnlichen Paraffineinbettungsmethode. Nachtrag. Nachdem die vorgedruckte Arbeit bereits vollendet war, ge- langte ich in den Besitz des im Anat. Anzeiger No. 9 vom 29. Juli 1899 erschienenen Aufsatzes der Herren Prof. Dr. Jézer Nuspaum und stud. phil. Szymon Srportak: Das anatomische Verhiltnis zwischen dem Gehérorgane und der Schwimmblase bei dem Schleimbeifer (Cobitis fossilis). Die Darlegungen der beiden Autoren bilden eine wertvolle Erganzung der vorziiglichen Arbeiten SGRENSEN’s (63), indessen in Bezug auf folgende Punkte sehen wir uns veranlaft, den Herren Verfassern zu antworten: 1) Sie schreiben auf S. 211: »Die Cobitiden waren aber. so viel uns bekannt ist, seit Hasse (33) von Niemandem untersucht worden. OC. GrGENBAUR (vergl. Anat. der Wirbeltiere, 1898) fiithrt in seinem Lehrbuche von 1898 nur die Siluroiden, Gymnotiden, Characiniden und Cyprinoiden an als Fischfamilien, bei welchen die Werser’schen Verbindungs- knéchelchen vorhanden sind, die Cobitiden erwihnt er gar nicht; dasselbe finden wir bei WrepersHeim (Grundrif d. vergl. Anat. der Wirbelt. 1898).“ Nun haben aber — aufer Jacoss (39), und Jaquet (40), welche die Schwimmblase von Cobitiden einer niheren anatomischen Untersuchung unterworfen haben, ohne allerdings mit einem Worte zu erwihnen, da’ sie mit den WEeBER’schen Knéchelchen verbunden 54 Leopold Bloch, sind — die Cobitiden, wie bekannt, noch folgende Forscher unter- sucht: GRoBBEN (29), 1875 und SORENSEN (63), 1890. Namentlich die Ausfiihrungen des Letztgenannten diirfen aber nicht aufer acht gelassen werden. Uns will es ferner scheinen, da8 der Vorwurf der Autoren, den sie gegen GEGENBAUR und WIEDERS- HEIM erheben, die Cobitiden nicht erwahnt zu haben als solche, die den Wes. Apparat besitzen, nicht gerechtfertigt ist, indem es heute viele Forscher giebt, die die Cobitiden als anormale Cyprinoiden betrachten. 2) Auf eben derselben Seite schreiben die Autoren: »Die in der dorsoventralen Richtung abgeplatteten Rippen (r Fig. 4) des ersten Wirbels sind stark nach oben gekriimmt und mit ihren freien dorsalen Randern mit dem Processus spinosus des ersten Wirbels, d. i. dem Claustrum (Wexser)!) vermittelst einer bindegewebigen Membran (lig. Fig. 4) verbunden.“ Nun wissen wir aber, vergl. das auf 8. 7—8 dieser Abhand- lung Bemerkte, daf die Rippe I bei Cobitiden und Cyprinoiden gar nicht zur Ausbildung gelangt ist, sondern daf das verknécherte Ligament, welches das Centrum des ersten Wirbels mit der Scapula (CUVIER) verbindet an dessen Stelle getreten ist. Das, was die Herren Autoren unter in ,,dorsoventraler Richtung abgeplatteter Rippe des ersten Wirbels“ verstehen, ist offenbar nichts anderes als der Teil der Aponeurose, welcher sich im Umkreis des grofen Loches des Os occipitale tiber die Wes. Knéchelchen hin erstreckt, welcher mit dem Ko6rper des ersten Wirbels verschmolzen ist, jener Aponeurose, welche auch bei den normalen Cyprinoiden zu finden ist. [Vergl. auch das von SORENSEN (63) S. 120/121 hier- iiber Gesagte.] Uebrigens ist auch aus Fig. 4 (der Arbeit von Herrn Prof. Nuss. und Sip.) ersichtlich, da das, was von den Autoren als ,,(lig.): eine bandférmige Verbindung zwischen der Rippe (7) und Claustrum“ bezeichnet wird, nichts anderes ist als der noch nicht oder nicht verknécherte Abschnitt der Sehnenverknécherung (yr der Fig. 4), welche mit dem Kérper des ersten Wirbels ver- schmolzen ist. 3) Weiter unten auf S. 212 schreiben die Autoren: »Der Bogen?) (a2 Fig. 4) samt dem Dornfortsatze des zweiten Wirbels ist stark nach vorn verschoben, reicht bis zum Hinterhauptsbeine und liegt oben den beiden Claustra an.“ 1) Vergl. das unter Kapitel: Deutg. d. Claustra 8. 16 in unserer Abhandlung Gesagte | 2) Im Original nicht in Sperrdruck. Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulusG. 55 Ks ist dieses Skelettstiick unserem unpaaren Schlufstiick (si IZ) des zweiten Wirbels zu parallelisieren. Wir méchten auch jetzt noch an unserer Auffassung (vergl. S. 16—28) festhalten, indem der Arcus II bei den Cobitiden gar nicht oder jedenfalls nur voriibergehend zur Ausbildung gelangt ist und an eine Ver- schmelzung von Bogen II und Proc. spin. II in dem Sinne, wie die Autoren anzunehmen scheinen, doch wohl nicht zu denken ist. (Vergl. auch das unter 5 des Nachtrages Gesagte.) 4) Und §. 213: »Die Rippen des zweiten Wirbels sind sehr gro8 und in ein Paar fliigelformige Fortsitze umgestaltet, welche lings des gemein- schaftlichen Kérpers des 2. und 3. Wirbels verlaufen und mit ihren Caudalenden weit tiber die hintere Grenze dieser Wirbel ausragen. Jede dieser Rippen besteht aus 2 Platten), von welchen die obere vom Bogen!), die untere vom Kérper (r Fig. 5) den Ur- sprung nimmt, wobei sie distal miteinander vereinigt sind und eine groke Rippenhédhle jederseits umschliefen. Die obere Platte ist besonders in ihrem hinteren Teile!) mit zahlreichen gréBeren und kleineren rundlichen Oeffnungen versehen, die durch eine bindegewebige Membran (!) verschlossen sind.“ Augenscheinlich entspricht die untere Platte der Rippe II, dem, was wir bei Nem. barb. als Proc. transy. II, bezeichneten ; allein was die Autoren als ,obere Platte der Rippe II‘ ansehen, diirfte nichts anderes sein als ein Teilstiick der oben genannten Aponeurose, nimlich derjenige Teil, welcher mit dem dritten Wirbelbogen verschmilzt. Nach S6rensen (63) 8. 121 ist zu konstatieren : »den forbenede Aponeurose »Die verknécherte Aponeu- falder i lige saa mange, ved smalle rose zerfallt in gleich viele, Striber uforbenet Bindevaey ad- durch schmale Streifen unver- skilte, Sykker, som der er faste knécherten Bindegewebes ge- typiske Skeletstykker under den“ schiedene Stiicke, als sich feste typische Skelettstiicke unter ihr befinden.“ 5) Ueber das im Ligamentum ossiculorum Weber. vorkommende knécherne Knépfchen aufern sich die Herren Prof. Nussaum und StporiAk folgendermafen : »Diese kleine Verknécherung ist von Wrsrer und Hasse als ein selbstandiger, dem ,Incus“ der Cyprinoiden entsprechender Knochen gedeutet worden, was aber nach unserer Meinung unbe- grindet ist. Beim Karpfen tragt der ,Incus“ zur Begrenzung der 1) Im Original nicht in Sperrdruck. 56 Leopold Bloch, Riickenmarkshéhle bei und verbindet sich gelenkig mit dem 2. Wirbelkérper.“ Wie schon friiher bemerkt, sind nach unserem Dafiirhalten diese knéchernen Knoépfchen, streng genommen, nicht die Homo- loga der Incudes normaler Cyprinoiden, jedoch sind sie als ein- zig tibrig bleibende Reste der in embryonaler Lebenszeit ent- wickelten oberen Bogen des 2. Wirbels, bezw. als deren Fortsatze zu betrachten. (Vergl. das unter S. 36—37 dieser Abhandlung Gesagte.) 6) Auf 8. 214 finden wir folgenden Passus: »Der 4. Wirbel besitzt ebenfalls aus je 2 Platten zusammen- gesetzte Rippen. Die obere Platte nimmt aus dem Bogen, die untere aus dem Korper ihren Ursprung, und beide umschliefen eben- falls eine geraumige Rippenhéhle, die mit den Rippenhdhlen der vorderen Wirbel in offener Communication steht und wie diese letzteren eine lymphatische, zihe, homogene Fliissigkeit enthilt.“ Da sich meine Untersuchungen in eingehender Weise nur auf Nem. barb. erstreckten, und dort in dieser Hinsicht modifizierte Befunde vorliegen, so mu ich den Auseinandersetzungen der Herren Autoren unter Zuhilfenahme der SORENSEN’schen Arbeit ent-. gegnen. SORENSEN halt die ,,obere Platte der Rippe des 4. Wirbels‘ (Nuss. und Sip.) als das hinterste Stiick der Aponeurose (8. 121), ee dae ,som smelter sammen ...., Welches mit dem med den forreste Deel af 4de Hvirvels Bue og derfra straekker sig ned paa Os suspensorium, . Und auf 8S. 120: »Det paa denne Maade af- graendsede Rum, som saaledes indeslutter de Weberske Knogler, staaer gjennem den omtalte store Aabning i Occipitale laterale i Forbindelse med Craniets Huul- hed og er fyldt med det samme Vaev (Perilymfe) som denne.“ 7) Es scheint fast, daB die vordersten Teil des 4. Wirbel- bogens verschmilzt und von diesem sich nach unten auf das Os sus- pensorium (Proc. transv. IV) er- Streckt, << 4.5" »Der auf diese Weise ab- gegrenzte Raum, welcher so die Wes. Kn. einschlieft, steht durch die erwihnte grofe Oeffnung im os occipitale in Verbindung mit der Héhlung des Cranium und ist erfillt mit der gleichen Flissigkeit (Perilymphe) wie diese. “ Autoren die Knochenkapsel als ausschlieBliches Gebilde der Rippen und Wirbelkérper betrachten, wenn sie auf S. 215 sich aufern, wie folet: Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G, 57 »Die Knochenkapsel ist also zugleich ein Product der Rippen und teilweise des Kérpers des 4. Wirbels, worauf weder WesEr, noch Hasse und neulich Jacogs, welche eine genaue Beschreibung der Form und des Baues der Kapsel lieferten, die Aufmerksamkeit gelenkt haben.“ Es diirfte indessen unter Beriicksichtigung der Arbeiten Lry- pia’s (42), GRroBBeN’s (29), Wricut’s (74, 75), SGRENSEN’s (63) und unserer Kapitel: Morphol. und Histol. d. Knochenkapsel als feststehend betrachtet werden, daf auch die verknéchernden ,schwimmblasenhaute (Pleura) am Aufbau der Kapsel sich be- teiligten. 8) Die Vermutung, die wir auf S. 49 unserer Abhandlung ausgesprochen haben, da Jacosps bei der Schilderung der Schwimmblasenhiute die innere mit der auBeren verwechselte, hat sich durch die Beschreibung, welche die Herren Prof. Nuspaum und Srportak auf 8. 222 lieferten, voll und ganz bestatigt. 58 Leopold Bloch, Verzeichnis der angefiihrten Werke. 1) Anonymus, Wes. Apparat von Cyprinus brama. Oxsn’s Isis, Jahrg, 1821, Heft 3, Taf. 4, S. 272—277. 2) Bawr, K. E., Untersuchungen iiber die Entwickelungsgeschichte der Fische, nebst einem Anhang iiber die Schwimmblase, Leipzig 1835. 3) Braupenot, M, E., De la détermination des piéces osseuses qui se trouvent en rapport avec les premiéres vertebres chez les Cyprins les Loches et les Silures, in: Comptes rendus de l’Acad. d. Sc. Paris, 1868, T. LXVI, p. 330—334. 4) Birwarz, Dr. Tu., Das elektrische Organ des Zitterwelses. Anatomisch beschrieben, Leipzig 1857, 8. 9. 5) Brescuer, Recherches anatomiques et physiologiques sur lorgane de Vouie des poissons, Paris 1838. 6) Briver, T. W., und Happon, A. C., Contributions to the Ana- tomy of Fishes. I. The Air-bladder and Weberian Ossicles in the Siluridae, in: Proceedings of the Royal Soc. of London, Vol XLVI, 1890; p.309: 7) — — Contributions to the Anatomy of Fishes. II. The Air- bladder and Weberian Ossicles in the Siluroid Fishes. Proc. of the Roy. Soc. of London, Vol. LIJ, 1892, p. 139. 8) — — Contributions to the Anatomy of Fishes. The Air-bladder and Weberian Ossicles in the Siluroid Fishes. Phil. Trans., Vol. CLXXXIV. 9) Brinn, C., Die Skelettlehre der Fische, Wien 1847, 8. 160. 10) Carus, C. G., Lehrbuch der Zootomie, Leipzig 1834, Bd. II, S. 582. 11) Cornine, H. K., Beitrage zur Kenntnis der Wundernetzbildungen in den Schwimmblasen der Teleostier. Morph. Jahrb., Bd. XIV, 1888. 12) Cuvirr et Vatencrennes, Histoire naturelle des poissons de la France. Paris 1846, Vol. XVIII, p. 14, 46, Pl. 520. Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 59 13) Detarocue, J., Observations sur la vessie aérienne des poissons. Ann. du Mus; d’Hist., I: XIV, Paris: 1809: 14) Doxxo, Lovurs, Sur la morphologie de la colonne vertébrale. Bulletin Sci. de la France et de la Belgique, Extrait du Tome XXIV. 15) Durossn, M., Recherches sur les bruits et les sons expressifs que font entendre les poissons d’Europe. Ann. d. Sc. nat., Ser. 5, T. XIX, Paris 1874, Article No. 5, p. 19. 16) Fario, V., Faune des Vertébrés de la Suisse. II. Partie. Pois- sons. Genéve et Bale 1890. 17) Frorrpr, Auc., Bemerkungen zur Frage nach der Wirbeltheorie des Kopfskelettes. Anat. Anzeiger, Jahrg. 2, 1887, No. 27, S. 815. 18) Gavurr, E., Die Entwickelung der Wirbelsiule. Zusammen- fassende Uebersicht. Zool. Centralbl., Jahrg. 3 u. 4, 8. 333, 533, 849, 889. 19) Gecenpavr, C., Grundrif der vergl. Anatomie, 1. Aufl. 1874, S. 560. 20) — Ueber die Occipitalregion und ihre benachbarten Wirbel der Fische. Festschrift zu A. v. Kouuiker’s 70. Geburtstag. Leipzig 1887. 1) — Vergleichende Anatomie, Leipzig 1898. 22) Grorrroy-St. Himarre, Sur une chaine d’osselets découverts chez quelques poissons osseux, et annoncés comme les ana- logues des osselets de Joreille. Bull. d. Sci. par la Soe. philom. de Paris, 1824, p. 100. 23) — Observations sur les prétendus osselets de louie trouvés par Ernest Henri Weser. Ann. d. Sc. nat, T. I, 1824, p. 436. 24) Goppnrt, E., Untersuchungen zur Morphologie der Fischrippen. Morph. Jahrb. von Grcrnpaur, Bd. XXIII. 25) Gorrr, A., Beitrige zur vergl. Morphologie des Skelettsystems der Wirbeltiere. II. Die Wirbelsiule und ihre Anhange, in: Scuuuze’s Mikr. Anatomie, Bd. XV u. XVI, Bonn 1874 a. S79: 26) Gourret, E., Du role de la vessie nat. Ann. d. Sci. nat,, T. VI, Sér. 5, Paris 1866. 27) Grassi, B., Lo sviluppo della colonna vertebrale ne’ pesci ossei. Atti della R. Accademia dei Lincei, 1882—-1883. 28) — Beitrage zur niheren Kenntnis der Entwickelung der Wirbel- saule der Teleostier. Morph. Jahrb. von Grcens., Bd. VIII, Leipzig 1883. 29) Groppen, Cart, Ueber die Schwimmblase und die ersten Wirbel der Cobitiden. Wiss. Mitt. a. d. Akad. Ver. d. Naturh. in Wien, Heft 3, 1875, p. 1—15. bo 60 Leopold Bloch, 30) Ginrner, A., An introduction of the study of Fishes. Edin- burgh 1880. 31) Hansen, Fr. C. C., Eine zuverlissige Bindegewebsfarbung. Anat. Anz, 1898, No. 9; 8, 151. 32) Hasse, C., Beobachtungen iiber die Schwimmblase der Fische, in: Anatomische Studien, Bd. I, 1873, S. 583, Taf. X XVII, XXVIII. 33) — Das Gehérorgan der Fische, in: Anat. Studien, Bd. I, Leipzig 1873. Mit Taf. XIX—XXII. 34) Hayrx, Gust. v., Handbuch der Zoologie, Bd. III, Wien 1885. 35) Herzenstern, Dr., in: Wissensch. Resultate der von N. M. PrzEWALSKI nach Centralasien unternommenen Reisen, Zoo- logie, Bd. ITI, Abt. II, Fasc. 1, St. Petersburg 1888, folio. 36) Heusincer, J. C. C. F., Bemerkungen iiber das Geh.-Werkzeug bei Mormyrus, Cyprinoides, Gastroblecus compressus und Pime- lodus synodontis. Mzcxer’s Arch. fiir Anat. u. Phys., 1826, 8. 324. 37) Hirner, G., Zur physikalischen Chemie der Schwimmblasengase. Arch. f. Physiol., Leipzig 1892, 8. 54. 38) Huscuxr, De organorum respiratoriorum in animalium serie metamorphosi et de vesica natatoria piscium, Jenae 1818, p-. 36. 39) Jacoss, Curistran, Ueber die Schwimmblase der Fische, Tii- binger zool. Arbeiten, Bd. III, No. 2, Leipzig 1898, Verlag von W. Engelmann. 40) Jaquer, M., Recherches sur la vessie natatoire des Loches d’Europe. Rey. suisse de Zool., Genéve 1894. 41) Kennex, J., Lehrbuch der Zoologie, Stuttgart 1893. 42) Lnypie, F., Einige histol. Beobachtungen iiber d. Schlamm- peitzger (Cob. foss.). Jon. Mttuzr’s Arch. f. Anat. u. Phys., 1853, S. 3. 43) — Histologie des Menschen und der Tiere, Frankfurt 1857, 5. 378. 44) Mxcxen, J. F., System der vergl. Anat. 2. Teil, 1. Abt, Halle 1824, S. 230, 234. 45) Merrennemer, C., Disquisitiones anatomico-comparativae de membro piscium pectorali, Berolini 1847. 46) Miuier, Ava., Beobachtungen zur verg]. Anat. der Wirbelsiule. Jou. Mtuier’s Arch. f. Anat. u. Phys., 1853, S. 287. 47) Miurer, Jon., Untersuchungen iiber die Eingeweide der Fische- Abh. d. K. Akad. d. Wiss., Berlin 1843, S. 109. 48) — Ueber den Bau und die Grenzen der Ganoiden. Abh. d. Berliner Akad. d. Wiss., 1844, S. 178. 49) Nuszaum, Zool. Anz., 1881, S. 552. Schwimmblase, Knochenkapsel ete. von Nemachilus barbatulus G. 61 50) Raruxs, M., Beitrige zur Geschichte der Tierwelt. Neueste Schr. d. Nat. Ges. Danzig, 1820. 51) — Bemerkungen iiber die Schwimmblase einiger Fische. Neueste Schr. d. Nat. Ges. Danzig, 1826. 52) Retcuert, C., Ueber den Visceralbogen der Wirbeltiere im all- gemeinen und deren Metamorphosen bei den Viégeln und Sauge- tieren. Jon. Mtuuer’s Arch. f. Anat. u. Phys., 1837. 53) Retnnarpt, J.. Om Svémmeblaeren hos Familien Gymnotini. Vidsk. Meddel. f. d. naturhist. For. Kjébenhayn, 1852, p. 135. 54) Retssnur, E., Ueber die Schwimmblase und den Gehérapparat einiger Siluroiden. Arch. f. Anat. u. Phys., 1859, S. 421. 55) Rospenruat, Fr., Ichthyotom. Taf. Berlin 1839, 2. Aufl. (Taf. 10). 56) Saacman, Muuper, I Bijdragen tot de natuurkundige weten- schappen verzamelt door H. C. van Haru, M. Vrorm en G. J. Muutprr, Amsterdam 1831. 57) Sacempun, M., Beitrage zur vergl. Anatomie d. Fische. Morph. Jahrb., Bd. X, 1895. 58) Scuezt, Dr. C., Beitrage z. Entwickelungsgesch. d. Teleostier- wirbelsiule. Morph. Jahrb. v. Gecrns., Bd. XX, 1895. 59) Scuutrzn, C. A. §., Ueber d. ersten Spuren des Knochensystems und die Entwickelung der Wirbelsiule in den Tieren. Mucxkst’s Arch. f. Physiol. Bd. IV, 1818, 8S. 329. 60) Stportaxk, Szymon, Beitrag zur Entwickelungsgeschichte des endolymphatischen Apparates der Fische. Anat. Anz. Bd. XV, No. 7, Jena 1898, 8. 93. 61) Sresoxp, Th., Die Siikwasserfische von Mitteleuropa, Leipzig 1863. 62) SdreNsEN, Witi., Om Lydorganer hos Fiske. En physiologisk og comparativ-anatomisk Unterségelse, Kjébenhavn 1884. 63) — Om Forbeninger i Svommeblaren, Pleura og aortas Vig Sammensmeltning deraf med Hvirvelséjlen sarlig hos Siluroiderne, samt de saakaldte Weberske Knoglers morfologi. Vid. Selsk. Skrifter Kjébenhavn (6) Bd. VI, 1890. — Are the extrinsic muscles of the aire-bladder in some Siluroidae and the ,,elastic spring“ apparatus of others, subordi- nate to the voluntary production of sounds? What is, accord- ing to our present knowledge the function of the Weberian ossicles? A contribution to the biology of fishes. Journ. of Anat. und Phys., 1895, Vol. X XIX. 65) Srannius, H., Zootomische Bemerkungen. Arch. f. Anat. und Phys., 1849, p. 397. 66) — Das peripherische Nervensystem der Fische, anatomisch und physiologisch untersucht, Rostock 1849. 67) — Handbuch d. Anat. der Wirbeltiere, Berlin 1854. 68) TrevirANnus, Gottinger gelehrte Anzeigen, 1821. 69) Wacner, R, Lehrbuch d. vergl. Anatomie, Leipzig 1834—35. 64 ’ 62 Leopold Bloch, 70) Weser, E. H., De aure animalium aquatilium, Lipsiae 1820. 71) Wirprrsnem, Ros., Lehrb. d. verg]. Anatomie, Jena 1886, 2. Aufl. 72) — GrundriB d. vergl. Anat., Jena 1898, 73) Wricutr, R. Ramsay, The relationsship between the air-bladder and auditory organ in Amiurus, Zool. Anz, Bd. VII, 1884, p. 248. 74) — Monography of Amiurus catus, R. Ramsay Wricut, J. Puayrarr, Mc Morricu, A. B. Macaruum and T. Mc Kenzie. Proc. of the Canadian Institute, Vol. II, Toronto 1884, p. 251. 75) — On the skull and auditory organ of the Siluroid Hyp- ophthalmus. Mém. et Compt. rend. d. 1. Soc. Roy. du Canada, T. III, 1886, Sect. IV, p. 107. Schwimmblase, Knochenkapsel etc. von Nemachilus barbatulus G. 63 Figurenerklirungen. Allgemeine Bezeichnungen, /\ verknéchertes Ligament zw. Centrum des ersten Wirbels (bezw. Proc. transyv.) und der Scapula (Cuv.) A Ligamentum der Werser’schen Knéchelchen (Interossicular- ligament). A III, IV Arcus vertebrarum tertiae et quartae. I, 11, 1V,.. Kérper des ersten, zweiten (falschen), vierten .. . Wirbels. a Aponeurose (Sehnenverknécherung). ck Kommunikationskanal der beiden Kapselhialften. cl Claustrum (WEBER). co Rippe. a Incus (WEBER). icv Introitus capsulae vesicae (Hassn) = lateral cutaneous area (BripGe and Happon). m Malleus (WEBER). os Os suspensorium (SORENSEN). p-sp. Proc. spinosus. pt Proc. transversus sl II, sl III SchluBstiick des zweiten, des dritten Wirbels. st Stapes (WEBER). zy.a ZLygapophysen der Neuralbégen. ZY-p- <5 ‘ » Wirbelkorper. Fig. 1. Kopf und Brustregion, welche die unter der Kérper- haut gelegene doppelte Oeffnung der Schwimmblasenkapsel zeigt (nach Fario unwesentlich abgeaindert). /dm latero-dorsale Muskulatur ; lum latero-ventrale Muskulatur; cv aufgeworfene Rander der Knochen- kapsel, die seitliche Kapseléffnung begrenzend. Fig. 2. Knochenkapsel, erster, fiinfter und sechster Wirbel isoliert; von der rechten Seite gezeichnet. Fig. 3. Knochenkapsel, von der caudalen Seite gezeichnet. af accessorische Knochenfortsatze der Neuralbégen IV, qi Querlinie. Fig. 4. Knochenkapsel, von der dorsalen Seite gezeichnet. af access. Knochenfortsatze d. A. IV; olp. oberes Linienpaar, 64 Leopold Bloch, Fig. 5. Knochenkapsel, von der ventralen Seite gez.; knl. die Kapselhalften verbindende Knochenlamelle (unter IZ), is fiinfte un- paare Oeffnung der Knochenkapsel, ulp. unteres Linienpaar. Fig. 6. Knochenkapsel, von der cranialen Seite betrachtet, af (vergl. Fig. 3) Fig. 7. Kmnochenkapsel, von der rechten Seite gezeichnet, auf- gebrochen (halbschematisch). In der Tiefe gewahrt man die median eelegene rechte Oeffnung der Knochenkapsel, ferner II. und IV. und den Malleus rechts. Fig. 8. Zweiter falscher Wirbel, von der Knochenkapsel be- freit, Ansicht von rechts, rechte Halfte des Wrperr’schen App. in natiirl. Lage gezeichnet. Aponeurose (a) beinahe vollstiindig weg- gebrochen, wodurch A JIJ zu Gesichte kommt, / Knochenleiste II. Fig. 9. Wee. Apparat von der cranialen Seite aus gezeichnet, cl rechts weggelassen, wodurch der schalenférmige Teil des Stapes rechts sichtbar wird. Fig. 10. Wes. Apparat, von oben gesehen; cl rechts weggelassen. Fig. 11. Querschnitt durch Schwimmblase und Knochenkapsel von Nem. barb. (300 X). ZL == Liicken, Kn.b Knochenbalken, Te Tunica externa, 77 Tunica interna, Hp Epithel, ’% Faserkerne, B ° Bindegewebe, Bs straffes Bindegewebe, Gf Gefab. Zur Kenntnis der Verbindungsweise der Skeilettstiicke der Arme und Ranken von Antedon rosacea Linck (Comatula mediterranea Lam.). Von Heinrich Bosshard. Hierzu Tafel III—VIII. I. Allgemeine Organisation. Die Comatulidae, zu denen Antedon rosacea gehort, sind die einzige Crinoideenfamilie, deren Vertreter nur auf einem gewissen Jugendstadium mit einem Stiele auf dem Meeresboden befestigt sind, im geschlechtsreifen Zustande aber durch rudernde Bewegungen ihrer Arme sich frei schwimmend fortzubewegen vermégen. Antedon gehért der marinen Kiistenfauna an und ist z. B. im Golfe von Neapel, woher das von uns untersuchte Material stammt, sehr ver- breitet. Der ‘uferlich radiér symmetrische Kérper besteht aus einem centralen Becher oder Kelche und den von ihm ausstrahlenden 5 Armpaaren und ihren Verzweigungen, den Fiederchen oder Pinnulae. Der von Kalkplatten gebildete Becher tritt hinsichtlich seiner GréSe gegeniiber den Armen stark zuriick. Sein Durch- messer schwankt zwischen 1,2 und 1,5 cm, wahrend die Arme eine Lange von ca. 10 cm erreichen kénnen. Er birgt die EKin- geweidemasse des Tieres; ihre Fortsetzungen finden wir in den Weichteilen der Arme und Pinnulae wieder. Den Grund des Bechers bildet die Centrodorsalplatte, deren Randpartie dicht mit gegliederten Anhingen, den Cirren oder Ranken, besetzt ist, die den Stengelgebilden der festsitzenden Crinoidea homolog sind (vergl. Taf. III, Fig. 1). Die Mitte der Centrodorsalplatte stellt das eine Ende der Hauptachse des Tieres, den apicalen, aboralen oder dorsalen Pol dar. Das andere Ende der Hauptachse, der ventrale oder orale Pol, liegt in der Mundéfinung, die nahezu central die hautige Kelchscheibe durchbricht. Wabhrend der kurzen Zeit, da die Larve von Antedon, als sogen. Pentacrinusstadium, eine sefShafte Lebens- weise fiihrt, ist sie mit ihrem aboralen Pol an einem Stiele be- Bd, XXXIV. N. F. XXVIL. 5 66 Heinrich Bofhard, festigt und wendet ihre Mundéffnung nach oben. Der orale Pol ist auch nach erfolgter Losléisung vom Stiele nach oben gerichtet, und es kann daher die orale Seite auch als Oberseite, die aborale dagegen als Unterseite bezeichnet werden. Wahrend die Mundéfinung in der hautigen Kelchdecke eine fast centrale Lage hat, erhebt sich die Afterréhre excentrisch in einem Interradius derselben. Vom Munde aus verlaufen in der Richtung der 5 Hauptradien als rinnenférmige Vertiefungen an der Kelchdecke die 5 Nahrungsfurchen (Taf. VI, Nf. Fig. 15), um nachher auf die Arme und Pinnulae iiberzutreten. Die gabelartige Teilung eines jeden der 5 Arme bedingt auch eine Zweiteilung einer jeden Nahrungsrinne in der Nihe des Scheibenrandes. Zur Aufnahme dieser rinnenartigen Vertiefungen des Integumentes sind die einzelnen Kalksegmente, welche das Skelett der Arme bilden, auf ihrer oralen Seite ebenfalls gefurcht; auf diese Weise kommen die Ambulacralfurchen der Arme zustande (vergl. Taf. IV, Fig. 8). In den Skelettstiicken der Pinnulae ist auf der oralen Seite eben- falls eine Furche aufgespart, um die Integumentrinne aufzu- nehmen. Die oralen Pinnulae — als solche bezeichnen wir die ersten ‘fuferen Fiederchen jedes Armpaares (Taf. I, Fig. 1 u. 2 Po) — besitzen dagegen weder eine Ambulacralfurche noch eine Integumentrinne. Sie stehen auch in keinerlei Beziehung zu dem Geschlechtsapparate wie die iibrigen Armfiederchen, die als Bildungsstatten der Geschlechtsprodukte die letzten Verzweigungen desselben darstellen. Die Annahme Perrter’s, daf diesen oralen Pinnulae die Funktionen von Tastorganen zukommen, ist wohl durchaus berechtigt. Man sieht sie nimlich bei Beriihrung der Kelchdecke mit einer Nadelspitze sich energisch gegen die Mund- dtthung hin zusammenneigen. Um einen Einblick in die allgemeinen Organisationsverhaltnisse von Antedon zu gewinnen, ist es wohl zweckmiafig, von einem Querschnitte durch einen Arm auszugehen, wie er beispielsweise in Taf. VI, Fig. 15 u. 16 dargestellt ist. (Vergl. auch die Erklarungen zu obigen Figuren.) Der Querschnitt ist so gezeichnet, daf die orale Seite des Armes nach oben, die aborale dagegen nach unten gerichtet ist. Der orale Teil der Arme wird von Weichteilen occupiert, die mit den entsprechenden Weichteilen des Kelches im Zusammenhange stehen. Auf der aboralen oder unteren Seite der Arme dagegen dominiert der Kalk, er steht an der Ursprungs- stelle der Arme mit den Kalkpartien des Kelches in Verbindung. Auf dem Armquerschnitte treffen wir, von der Oralseite zur Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 67 Apicalseite fortschreitend, die Weich- und Hartteile in folgender Anordnung : a) die in die Ambulacralfurche der Skelettstiicke eingesenkte, vom Integumente gebildete Nahrungsfurche (N/) mit ihrer epi- thelialen Auskleidung und den ihre seitlichen Wande begleitenden Tentakeln (7); b) in der Tiefe des Epithels den radiiiren Strang des ober- flichlichen oralen Nervensystems (Rn); c) unter dem Epithel einen nicht auf allen Schnitten sicht- baren Kanal, der von den einen Autoren als radiares Blutgefal (LupwiG), von den anderen als Schizocél-Lingskanal (HAMANN), oder als Gewebeliicke (Voar und YunG) bezeichnet wird. Wieder andere (wie z. B. Perrier), fiihren ihn in ihren Darstellungen der Armquerschnitte gar nicht auf; d) den Radialkanal des Wassergefifsystems (Rh); e) die 3 radiiren Sinusse des Armcéloms, von denen der dorsale (Ds) durch den Genitalsinus (Gs) von den beiden ventral gelegenen (Vs) getrennt ist; f) den Genitalkanal mit der Genitalrhachis (Gs und Gr); e) das Paar der ventralen Muskeln (JZ); h) den Strang des aboralen oder apicalen Nervensystems (Sav); i) die dorsale, den ventralen Muskeln der Armgelenke anta- gonistisch entgegenwirkende Fasermasse (Df) oder den Kalkkérper des Armgliedes (Kgs). In der Bezeichnung dieser auf dem Querschnitte zu Tage tretenden Gebilde haben wir uns an die von A. Lane (14, S. 1004) vorgeschlagene Terminologie gehalten. Wie friiher schon hervorgehoben worden ist, gehen die Nahrungsfurchen der Arme an der Birfurkationsstelle der letzteren in die zum Munde bhin- ziehenden 5 Hauptfurchen der Scheibe tiber. Den Nahrungs- furchen schliefen sich in ihrem Verlaufe die Kanile des Wasser- gefafsystems aufs engste an. Die Radialkanale der Pinnulae, der Arme und der Scheibe vereinigen sich in einem Centralkanal, der ringartig die Mundéffnung umgiebt. Die letzten Verastelungen des WassergefaSsystems sind die Tentakelkanale (7k). Sie ent- springen als seitliche Abzweigungen alternierend den Radialkanalen. An den seitlichen Randern der Nahrungsfurchen erheben sich die Tentakeln (7), von denen je 3 zu einer Gruppe vereinigt sind. Jede dieser Triaden steht durch einen Tentakelkanal mit einem Radialgefaifke in Verbindung. Die Tentakeln sind der lokomoto- 5* 68 Heinrich Bofhard, rischen Funktion vollig entfremdet, sie vermitteln hauptsichlich die Respiration und Nahrungszufuhr. Die Frage nach dem Ver- halten derjenigen Organe, denen die Zuleitung des Meerwassers in das Ambulacralsystem obliegt, kann noch nicht als definitiv ent- schieden betrachtet werden, da die Ansichten der Forscher nicht in allen Punkten miteinander tibereinstimmen. Lupwia (15) be- trachtet die Schlauche, die dem Ringkanal des Ambulacralsystems anhangen und nach seiner Darstellung frei in die Leibeshéhle miinden, als Gebilde, die den Steinkanilen der iibrigen Echino- dermen als morphologisch gleichwertig zu setzen sind, und homologi- siert fernerhin die die Kelchdecke durchsetzenden Kelchporen mit den Madreporenéffnungen der anderen Echinodermen. Nach seiner Ansicht ist also das Wassergefafsystem der Crinoidea in der fiir alle Echinodermen typischen Weise ausgebildet. PrrrieR (20) unterscheidet periphere Kelchporen (entonnoirs périphériques), welche das Meerwasser in das Innere der Arme leiten, und centrale Kelchporen (entonnoirs centraux), die das Wasser einem ganz be- stimmten Koérperbezirke zufiihren und nicht einfach an irgend einer beliebigen Stelle die Verbindung der Aufenwelt mit der allgemeinen Leibeshéhle vermitteln. Ueber die Beziehungeu zwischen den Kelchporen und den Steinkanalen aufert er sich (I. c., S. 256) folgendermafen: ,,En somme chez les Comatules adultes les tubes hydrophores puisent dans la cavité générale Peau qui remplit le canal tentaculaire et ses dépendances; mais cette eau n’arrive que de seconde main, en quelque sorte, aux tubes hydrophores. Chez Vanimal adulte, contrairement a ce qui a lieu chez les jeunes, on ne peut donc réclamer ancun rapport particulier, fonctionnel ou autre, entre les tubes hydrophores et les entonnoirs vibratiles.“ Eine direkte Beziehung zwischen den Steinkanaélen und den Kelch- poren, namentlich auch in Bezug auf ihre Zahl, wiirde demnach nach der Ansicht des franzésischen Zoologen nur auf gewissen Jugendstadien zu konstatieren sein. Wie die Kanale des Ambulacralsystems, so folgen nun auch die Radiarstrange des oberflachlichen oralen Nervensystems (fn) dem Verlaufe der Nahrungsfurchen, mit deren Epithelzellen ihre Elemente in innige Beziehung treten. Das Centrum dieses ober- fliichlichen oralen Nervensystems, dessen Verbreitungsbezirk die oberflachlichen Partien des K6érpers, die aborale Seite ausgenommen, und der Darmkanal und seine Anhangsgebilde darstellen, liegt in einem den Mund umgebenden, ringférmigen Strange. Ohne auf Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 69 die Meinungsverschiedenheiten naher einzutreten, die sich tiber die Natur des Radiarstranges erhoben haben, wollen wir doch kurz darauf hinweisen, dafi Lupwia (I. ¢.) zuerst denselben als Nerven in Anspruch genommen hat. Die auf dem Querschnitt durch einen Arm als Radiarsinusse des Armcéloms bezeichneten Hohlraume stehen mit der Leibeshéhle des Kelches, bezw. mit den verschiedenen Abteilungen derselben in Verbindung. Die beiden ventralen oder subtentaculiren Kanale (Vs) sind durch ein vertikales (Vsp) Septum von einander getrennt und miinden in den axialen Teil des Kelchcéloms. Der Dorsal- kanal ist durch ein horizontales Septum (Hsp) und den Genital- kanal (Gs) von den Ventralkanalen geschieden und kommuniziert mit der Periintestinalhdhle des Kelches. Die allgemeine Leibes- hohle des Kelches zerfallt namlich in einen centralen Teil, der den Darmkanal enthalt und als Periintestinalhéhle bezeichnet wird, und in einen peripheren Abschnitt, fiir den die Bezeichnung peri- phere oder subtegumentare Hohle eingefiihrt worden ist (LANG, 1. ¢.). In der Periintestinalhéhle lassen sich wiederum zwei konzentrisch angeordnete Abschnitte unterscheiden: ein axialer Teil, der den Genitalstolo enthalt und mit dem im Grunde des Bechers gelegenen »gekammerten Organ“ und durch letzteres auch mit den Kanilen der Ranken in Beziehung steht, und ein peripherer auBerer Teil, der den spiralig gewundenen Darm enthalt. Der Genitalstrang (Gr) liegt auf dem Armquerschnitte zwischen den ventralen Kanalen und dem Dorsalkanal in einem besonderen Sinus, der in Bindegewebsmassen eingebettet ist. Jou. MULLER (18) hat ibn als Nervenstrang betrachtet. Seine wahre Natur ist dann von W. B. CARPENTER erkannt worden. Der Genitalstrang der Arme folgt in seinem Verlaufe der Nahrungsfurche, er verastelt sieh wie diese, und seine Zweige treten in die Fiederchen ein, wo, wie friiher schon erwahnt wurde, die Geschlechtszellen gebildet werden. Die Genitalstrange lassen sich auch in der Kelchdecke bis in die Nahe des Mundes verfolgen, ohne daf sich jedoch ein direkter Zusammenhang mit dem Axialorgane nachweisen laft, wie dies fiir die tibrigen Echinodermen mit Ausnahme der Holothurioidea der Fall ist. Aus diesem Grunde sind wohl dem Axialorgane der Crinoidea die verschiedenartigsten Funktionen zugeschrieben worden. Daf es auch mit einer stattlichen Reihe von Benennungen bedacht worden ist, diirfte nicht tiberraschen. 70 Heinrich Boghard, Das aborale oder apicale Nervensystem, dessen radiarer Strang (San) auf dem Armquerschnitte ebenfalls getroffen wird, ist bei den Crinoidea iiberhaupt in hohem Grade ausgebildet. Trotzdem ist seine wahre Natur und Bedeutung verhaltnismafig erst spat fest- gestellt worden. Jou. Miuvuer hielt merkwirdigerweise den api- calen Armnerven fiir einen Kanal und bezeichnet ihn als Central- kanal. Lupwie (1. c.) fiihrt ihn als radiire Fasermasse auf, und auch PERRIER (21) stellt seine nervése Natur noch entschieden in Abrede, obwohl W. B. CARPENTER schon 1866 den Strang als Nerven aufgefaBt hatte. Nachdem er die von W. B. CARPENTER zu Gunsten seiner Auffassung des Stranges als Teil des Nervensystems ins Feld gefiihrten Argumente allseitig gepriift und erwogen, kommt Lupwie (1. c. 8. 335) zu folgendem Schlusse: ,,Bei dieser Lage der Sache vermag ich CARPENTER’s Ansicht, daf die Faserstrange Nerven seien und folglich den Crinoideen im Gegensatz zu den iibrigen Echinodermen aufSer dem ambulacralen noch ein anti- ambulacrales Nervensystem zukomme, nicht zu teilen, sondern halte zunichst fest an der anderen vorhin geduferten Auffassung der Faserstrange‘, und fiigt (1. c. S. 340) hinzu: ,,Die Faserstrange sind zu betrachten als unverkalkt gebliebene Teile der binde- gewebigen Grundlage der Kalkglieder, deren Aufgabe es ist, aus dem BlutgefaBsystem, genauer aus den 5 Kammern, die ernaihrende Fliissigkeit aufzunehmen und den Arm- und Pinnulagliedern zu- zufiihren.“ Es blieb dann SEMPER (24) und P. H. Carpenter, (5, 6), MARSHALL (16) und Jickert (11) vorbehalten, die Auffassung W. B. CARPENTER’S hinsichtlich des Apicalstranges histologisch und experimentell zu bestitigen. Die Apicalstringe der Arme und Pinnulae verlaufen in den Axialstrangen (Aa u. Ar), die fiir sie in den Skelettstiicken aufgespart sind, in jedem der letzteren ein dorsales und ein ventrales Paar Aeste abgebend. Bevor sich die Strange eines jeden Armpaares im Costale primum zu einem primaren Strange vereinigen, kommt es zur Bildung eines kom- plizierten Chiasmas im Bereich des Costale secundum (C, Fig. 1). Dann ziehen die primaren Strange konvergierend zum Grunde des Kelches hin, um daselbst in die nervése Hiille einzutreten, die die Wandung des ,gekammerten Organs“ bildet und als Centrum des aboralen Nervensystems zu betrachten ist. Im Axialkanal der Kalksegmente der Ranken (Fig. 9, 11 u. 12 Av) verlaiuft eine Rohre, die mit dem Hohlraumsystem des gekammerten Organs kommuniziert und deren Wandung von der Fortsetzung der nervésen Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 7] Hiille desselben gebildet wird. Die Rankenkanile besitzen dem- nach Nervenscheiden als Wainde. Der Vollstaéndigkeit halber wollen wir hier noch das dritte Nervensystem der Crinoidea erwihnen. Dasselbe ist auf der oralen Seite der Kelchscheibe und der Arme entwickelt. Es hat eine subepitheliale Lage und setzt sich aus einem Schlundring und 5 Paaren von Armnerven zusammen, die zwischen den Ventralkanilen und dem Subtentaculirkanal (/h) verlaufen und mit den ventralen Verzweigungen des apicalen Stranges in Beziehung treten. Lanq@ spricht (1. ¢.) die Ansicht aus, dieses dritte Nervensystem der Crinoidea sei als ein Homo- logon zum tiefliegenden oralen System der iibrigen Echinodermen zu betrachten. Es folgt auf dem Armquerschnitte das Paar der ventralen Muskeln (J), und unter denselben die Masse der Dorsalfasern (Df), die auf der Dorsalseite der Arme die Artikulationsflachen zweier Kalkglieder miteinander verbindet. Nach der tibereinstimmenden Ansicht aller Forscher, die sich mit der Organisation von Antedon befaSt haben, wird die Ver- bindung zweier aufeinander folgenden Skelettstiicke auf der oralen oder ventralen Seite der Arme durch echte Muskeln (7) bewerk- stelligt. Hinsichtlich der Natur der Fasern aber, die auf der Dorsalseite der Arme den echten ventralen Muskeln antagonistisch entgegenwirken, gehen die Meinungen der Zoologen so sehr aus- einander, dafi eine neue Priifung dieser Frage gerechtfertigt er- scheint. Wahrend nimlich die alteren Forscher das Beugen der Arme nach unten, d. h. gegen den Apex des Kelches hin, der Wirkung der elastischen Interartikularsubstanz (Df) zuschreiben und gleichzeitig den Ranken die Fahigkeit, willkiirlich sich zu be- wegen, absprechen, betrachten neuere Zoologen die Dorsalfasern der Arme und die Fasern in den Gelenken der Ranken (Taf. VII, Fig. 24 Ff) unbedenklich als Muskeln. Nach diesen orientierenden Be- merkungen tiber die allgemeine Organisation von Antedon und die Stellung der Echinodermenforschung zur Frage der Verbindungs- weise der Skelettstiicke der Arme und Ranken wenden wir uns den von uns angestellten Untersuchungen und ihren Resultaten zu. Untersucht wurde das Skelett der Arme und Ranken und teilweise auch dasjenige des Kelches, namentlich in Bezug auf die Artikulationsverhaltnisse, sowie die Verbindungsweise der Skelett- stiicke durch die verschiedenen Fasermassen. Zunachst mégen einige Angaben iiber die technischen Mittel und Wege, die der Arbeit zu Grunde liegen, Platz finden. 12 Heinrich BoSghard, Ii. Technik. Ein 5-monatlicher Aufenthalt an der zoologischen Station in Neapel setzte uns in den Stand, Beobachtungen an _ einer eroBben Zahl lebender Individuen anzustellen und nicht unwesent- liche Erfahrungen tiber zweckmaige Konservierung und Ent- kalkung des Untersuchungsmateriales zu sammeln. Der hoch- verehrten Anstaltsleitung, deren iiberaus liebenswiirdiges Ent- gegenkommen uns diesen liingeren Aufenthalt an der Station er- mobelichte, sei an dieser Stelle aufrichtigster Dank gesagt. Die Entfernung des die Weichteile des Tieres durchsetzenden Kalk- skelettes erwies sich als besonders schwierig und in hohem Grade zeitraubend. Gelingt es aber nicht, die Kalkmasse bis auf ihre letzten Spuren zu entfernen, ohne durch die angewendeten Re- agenzien die Gewebe allzusehr in Mitleidenschaft zu ziehen, so ist die Herstellung brauchbarer Mikrotomschnitte eine Unmoglichkeit. Soweit méglich, wurde das Material nicht blo& an Schnitten und Zuptpraparaten, sondern auch in toto und zwar vor und nach er- folgter Entkalkung und Farbung mit der Lupe untersucht. Als Fixierungsmittel haben sich konzentrierte wisserige Sublimatlésung und Kalium bichromicum (4-proz.) sehr gut bewéahrt. Fiir die Herstellung der Skelettpraiparate wurde eine ca. 25-proz. Liésung von Kalium causticum und zur Entkalkung konzentrierte Salpeter- siure mit Erfolg angewendet. Die Fixierung mit Kal. bichromic. erwies sich nach zwei Richtungen hin als vorteilhaft: einmal wurden die Weichteile, namentlich die Dorsalfasern, sehr gut fixiert, und andererseits wurde gleichzeitig noch ein betrachtlicher Teil der Kalkmasse aufgelést. Die Anwendung dieses Fixatives machte allerdings ein langes (mindestens 24-stiindiges) Auswaschen in fliekendem Wasser nétig. Die zu entkalkenden Ranken und Arm- stiicke wurden in relativ grofe Mengen Alkohols von 70 Proz. ge- legt, dem nur wenige Tropfen konzentrierter Salpeterséure auf einmal zugesetzt wurden. Hiéufige Erneuerung der Entkalkungs- fliissigkeit mit jeweiligem Zusatz von nur wenigen 'Tropfen Sal- petersiure und wochen-, ja selbst monatelanges Ausdehnen der Entkalkungsprozedur anf dasselbe Objekt erméglichten allein die schen Mikrotome in verschiedenen Dicken angefertigt und nach Herstellung gentigend diinner und tiberhaupt brauchbarer Schnitt- priparate. Als Einbettungsmasse wurde stets Paraffin angewendet. Samtliche Schnitte und Schnittserien sind mit einem ZIMMERMANN- Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 73 schen Mikrotome in verschiedenen Dicken angefertigt und nach der Kapillarattraktionsmethode auf dem Objekttrager befestigt worden. Diese Methode, die Schnitte aufzuheften, liefert bei richtiger Handhabung sehr zuverlassige Resultate und gestattet eleichzeitig ein rasches Arbeiten. Die Objekttrager mit den auf- gezogenen Schnitten sollten mindestens eine Woche an einem trockenen, mafig warmen Orte aufbewahrt werden, bevor sie einer weiteren Behandlung unterworfen werden, sonst riskiert man, da beim Farben der Schnitte besonders in wisserigen Farbstofflésungen und nachherigen Auswaschen in Wasser einzelne Schnitte, oder wenigstens Teile von solchen, sich ablésen und verloren gehen. Stiick- und Schnittfarbung sind nebeneinander zur Anwendung ge- kommen; doch muf der Schnittfarbung entschieden der Vorzug gegeben werden, da sie auch bei nicht allzu reichlichem Material zablreichere und damit auch mannigfaltigere Tinktionen gestattet und eine bestindige Kontrolle der Farbstoffwirkung erméglicht. Den einfachen Farbungen reihten sich Doppel- und Mehrfach- farbungen an, tiber deren Resultate spaiter berichtet werden soll. Hil. Das Skelett im allgemeinen. Das Kalkskelett, das im Integumente der Echinodermen zur Ausbildung gelangt, ist fiir den ganzen Stamm ebenso charak- teristisch wie der strahlige Bau des Korpers oder das Wasser- eefaBsystem, und ist auch von ganz eigenartiger mikroskopischer Struktur. Das Gefiige dieser Skelettbildungen ist nicht kompakt, sondern maschenartig oder schwammig. Die Kalkmasse_ bildet stets die Balken des Gitterwerkes, wahrend die Maschen von Gewebemassen ausgefiillt werden. Die Thatsache, dal gewisse Platten in den Skeletten aller Echinodermenabteilungen wieder- kehren, berechtigt wohl dazu, sie als homologe Bildungen und als Bestandteile eines urspriinglichen hypothetischen Echinodermen- skelettes zu betrachten. Das letztere setzt sich nach A. LANG (1. c.) zusammen aus den Platten des oralen und aboralen Systems. Das orale System besteht aus 5 Platten, die, kranzartig und interradial gestellt, den Mundpol umgeben. Das aborale System gelangt im Umkreis des aboralen Poles zur Ausbildung und nimmt bei den Crinoidea einen hervorragenden Anteil an dem Aufbau des die Eingeweidemasse enthaltenden centralen Bechers. Der aborale Pol wird von der Centralplatte occupiert. Um sie herum 74 Heinrich Bofhard, legt sich bei den Crinoidea mit dicyklischer Basis zunachst der Kranz der 5 radial gestellten Infrabasalia, an welche sich nach aufen hin die 5 interradial angeordneten Basalplatten anlegen. An die Basalia schliefen sich die 5 Radialplatten (R Fig. 3), die den Abschlu8 des aboralen Systems gegen das perisomatische Skelett hin bilden. Bei den Crinoidea mit monocyklischer Basis unterbleibt die Bildung der Infrabasalia. Diesem durchaus hypo- thetischen Echinodermenskelette kommt dasjenige der Larve von Antedon in ihrem Pentacrinusstadium am nachsten. So fehlen der erwachsenen Antedon die Oralplatten, wiahrend sie auf ge- wissen Jugendstadien deutlich entwickelt sind. Auch die Central- platte verschwindet spater als selbstaindige Skelettplatte, indem sie bei der Loslésung der Antedonlarve von ihrem Stiele mit dem obersten, rankentragenden Stengelgliede und den Infrabasalia zur Centrodorsalplatte (Zd Fig. 1) verschmilzt. A. Das Skelett des Kelches. Am Aufbau des Kelchskelettes der erwachsenen Antedon be- teiligen sich neben den bereits erwahnten Platten des aboralen Systems auch noch zwei perisomatische Skelettstiicke. Es sind dies die auf die Radialia (R) des Kelches folgenden zwei Arm- stiicke. Man hat sie friiher als Radiale Il und Radiale LUI be- zeichnet, wir wollen sie nach dem Vorschlage Lana’s (I. ¢.) fixierte Costalia oder Costale I und Costale Il nennen. Vergl. die Erklarun- gen zu Taf. III, Fig. 1, 2 und Taf. IV, Fig. 4. Wird nach Entfernung des Eingeweidesackes der Kelch mit den ersten Armsegmenten mit einer Aetzkalilésung behandelt, so erliegt die ventrale Mus- kulatur in den Gelenken zuerst der Einwirkung des Reagens, wihrend die Armstiicke auf ihrer Dorsalseite durch die dem Aetzkali gegeniiber viel resistentere Fasermasse noch langere Zeit im Zusammenhange bleiben. SchliefSlich lést sich auch die Ver- bindung zwischen den Radialia und Costalia, und es bleibt vom Kelch eine Skelettmasse tibrig, in der Centrodorsalplatte (Zd), Basalia und Radialia (#) vereinigt sind und die von W. B. Car- PENTER (3) als ,,Pentagonal Base of the Calyx“ bezeichnet wird. Die dorsale Seite der pentagonalen Basis (Fig. 1) wird von der Centrodorsalplatte (Zd), ihre obere oder orale Seite von den oralen Flachen der 5 Radialia (&) gebildet (Fig. 3). An den 5 Seitenlinien des Pentagons artikulieren die Costalia I. Basalia Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 75 und Infrabasalia sind in der Skelettmasse der pentagonalen Basis eingeschlossen und dem Auge nicht sichtbar. Die Centrodorsal- platte ist auf ihrer dorsalen Seite konvex gekriimmt, ihre Rand- partie ist dicht mit Ranken besetzt, die in 2—3 tibereinander liegenden Reihen angeordnet sind. Nur der centrale Teil bleibt frei von Ranken. Da, wo eine Ranke am Centrodorsale befestigt ist, zeigt letzteres eine pfannenartige Vertiefung zur Aufnahme der proximalen Artikulationsfliche des ersten Cirrensegmentes (vergl. Fig. 1 u. 9). Da zwischen den die pentagonale Basis zu- sammensetzenden Skelettstiicken eine gelenkige Verbindung nicht besteht, verzichten wir hier auf eine detaillierte Beschreibung der- selben und verweisen auf die héchst zuverlissigen Angaben und Darstellungen W. B. CARPENTER’s (I. ©.). Die 5 Radialia (f), deren orale Flichen in der ventralen Ansicht der pentagonalen Basis (Fig. 5) dargestellt sind, haben die Form eines regularen Dreieckes. Die Spitzen der 5 Dreiecke sind dem Centrum des Pentagons zugekehrt, ihre leicht konvexen Grundlinien bilden die 5 Seiten des letzteren. Die aufere oder distale Flache eines Radiale artikuliert mit der proximalen Flache eines Costale I und zeigt folgende Gliederung (Fig. 3 u. 5): In jedem Radiale verliuft von dem einen Eckpunkte der distalen Flache zum anderen in gerader Linie eine vorspringende Leiste (Articular Ridge W. B. CarpENTER’s) und teilt somit die ganze Artikulationsflache in zwei ungleich groBe Partien. Der dorsal von der Querleiste liegende Teil ist wie ein Kreissegment konturiert und namentlich gegen die Mitte hin ziemlich stark vertieft. Die ventrale Partie der Flache ist bedeutend gréfer und wird von einer vertikal gestellten Leiste halbiert. Jede Hilfte zeigt zwei ungleich tiefe Gruben zur Aufnahme der Fasermassen, welche die Verbindung zwischen Radiale und Costale I vermitteln. Die distale Flache der Radialia weist also eine horizontale und eine vertikal gestellte, vorspringende Leiste auf, dorsal von der Querleiste eine unpaarige Gelenkgrube, ventral von der Querleiste und zu beiden Seiten der Vertikalleiste 2 paarige ungleiche Artikulationsfelder. Vergl. Taf. IV, Fig. 3 und 5 und die dazu gehérenden Erklirungen. Die der distalen Flache der Radialia zugewendete proximale Flache der Costalia I ist genau von derselben Konfiguration, so daf wir hier auf ihre Beschreibung verzichten kénnen. Nach W. B. Car- PENTER dient die unpaare dorsale Gelenkgrube zur Aufnahme der »Ulastic Ligaments“ (Df), die mittlere, unmittelbar an die Quer- leiste stoSende Grube nimmt die ,,Interarticular Ligaments“ (Lf) 76 Heinrich BoShard, auf, und in der oberen, ventralen Vertiefung verlaufen von einer Flache zur anderen die ,,Flexor Muscles‘, d. h. die echten ven- tralen Muskeln aller Autoren (JZ). Wir sind in der Lage, die Angaben CArpPEeNTER’s tiber die Beschaffenheit der Artikulations- flichen der Radialia zu bestatigen. Der Axialkanal, in welchem der Strang des apicalen Nervensystems (San) verlauft, dffnet sich in der distalen F'lache der Radialia an der Kreuzungsstelle zwischen der vertikalen und der horizontalen Kalkleiste (Aa). Auf der Innenseite der Radialia ist seine Miindung doppelt. An die Radialia schliefen sich die Costalia I, deren distale Flachen mit den proxi- malen Flachen der Costalia II artikulieren. Die beiden Gelenk- flachen der Costalia I sind nahezu parallel, so da8 auch der innere und auere Rand des Segmentes gleich lang erscheinen. Vere]. Taf. III Fig. 1. Die distale Flache des Costale I ist, wie Fig. 6 zeigt, wesentlich verschieden von seiner proximalen Flache, welche, wie bereits hervorgehoben worden ist, mit der ihr gegeniiber- stehenden Fliche des Radiale iiberecinstimmt. Die nahezu elliptische Flache wird durch eine Vertikalleiste in ein linkes und rechtes Feld abgeteilt. Beide Felder sind grubenartig vertieft und mit vorspringenden Réndern eingefaft. Ungefihr in der Mitte der Vertikalleiste befindet sich die Oeffnung des Axialkanales (Aq). Gegentiber der proximalen Fliche des Costale I ist also seine distale Fliche von auffallend einfacher Gestalt. Die zwei einzigen seitlichen Gelenkgruben sind nach W. B. CARPENTER nur zur Auf- nahme von ,,interarticular ligaments“ aufgespart, und es wiirden diesem Gelenke zwischen Costale I und Costale II demnach ,,elastic ligaments“ und echte Muskeln fehlen, (,n0 muscular bands being here interposed“, J. c. S. 715). Auch Jon. Minuer (1. c. S. 206) sagt in Bezug auf dieses Gelenk: ,,Aber das Gelenk zwischen dem 2. und 3. Gliede (gemeint sind C, und C,) hat bei Alecto euro- paea keine Muskeln, dies ist das Gelenk, welches nur Seiten- bewegungen oder seitliches Hin- und Herwiegen des 3. Radiale (Costale II) zulaBt. Dem Gelenk zwischen dem 2. und 3. Radiale fehlt also die Muskelbewegung.“ Das Costale II hat, vom ab- oralen Pole von Antedon aus gesehen (Fig. 1), nahezu die Form eines Dreieckes mit distal gerichteter Spitze. Es hat 3 Gelenk- flichen, von denen die proximale mit dem Costale I artikuliert, und 2 distale, von denen jede mit einem Brachiale I (Fig. 1) gelenkig verbunden ist. Die proximale Flache verhilt sich analog wie die distale Flache des Costale I, wéihrend die 2 distalen I'lachen kompliziertere Gebilde sind (vergl. Fig. 7). Sie sind von- Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 177 einander getrennt durch eine Leiste, die vertikal von der ventralen zur dorsalen Mitte des Segmentes verliuft. In jeder Flache ist wieder eine Querleiste vorhanden, die aber nicht horizontal ge- richtet ist, sondern vom dorsalen oder unteren Ende der Mittel- leiste unter einem Winkel von ca. 30° schrag nach oben und aufen zieht. Jede Flache zeigt wiederum eine dorsal von der Querleiste liegende unpaarige Grube, und ventral von derselben 2 paarige Vertiefungen, wie wir sie in der distalen Flache der Radialia kennen gelernt haben. Im Costale II erfahrt der Axialkanal eine dichotomische Teilung, daher ist auch jede der beiden Flachen mit einer Oefinung desselben versehen (Aa Fig. 7). Das Gelenk zwischen Costale Il und Brachiale I erméglicht also eine Drehung um eine von unten und innen schrag nach oben und aufen gerichtete Achse. B. Das Skelett der Arme. Jeder der 10 Arme besteht aus einer gréferen Zahl an- einander gefiigter Kalksegmente, deren Durchmesser mit der Ent- fernung von der Ursprungsstelle des Armes abnimmt. Die Zahl dieser einen Arm zusammensetzenden Kalkglieder lat sich nicht wohl genau angeben, da komplette, ganz unversehrte Arme nicht allzu haufig zur Verfiigung stehen. In den meisten Fiillen hat man es mit unvollstindigen Gebilden zu thun, deren letzte Seg- mente abgefallen oder noch nicht ausgebildet sind. W. B. Car- PENTER giebt fiir einen Arm von 4” Linge 140 Segmente an. Alle Segmente haben auf ihrer ventralen Seite die schon friiher erwihnte, als Ambulacralfurche bezeichnete, rinnenférmige Ver- tiefung; in der Richtung ihrer Liingsachse sind sie vom Axialkanal durchbohrt, ihre proximalen und distalen Flaichen sind, wenn wir von den Syzygien (Sg Fig. 1 u. 2) absehen, zu Gelenkfacetten ausgebildet und zeigen die zur Aufnahme der Muskeln, Dorsal- fasern und Ligamente notwendigen Vertiefungen. Die Artikulations- flichen des einzelnen Segmentes stehen nicht vertikal, sondern schief zur Langsachse des Gliedes (Fig. 1). Sie sind daher auch nicht parallel, sondern konvergieren abwechselnd nach der Innen- und Aufenseite des Armes hin (Fig. 2). Jedes Segment hat daher auch einen kiirzeren und einen langeren Seitenrand. Die Segmente sind im Arme derart angeordnet, dafi z. b. der kiirzere Seiten- bezw. Innenrand des ersten mit dem langeren Seiten- bezw. Innen- 78 Heinrich BoShard, rand des nichsten, der liingere Seiten- bezw. AuSenrand des ersten mit dem kiirzeren Seiten- bezw. AuBenrand des folgenden zu- sammenstéft. Nur die Flichen, die eine Syzygie bilden, stehen vertikal zur Liingsachse des Armes und sind untereinander parallel (Fig. 2). Was die Verbindungsweise der Armglieder untereinander be- trifft, so kommen neben den Gelenken noch die schon mehrfach erwihnten Syzygien vor. Gelenke und Syzygien wechseln in gesetz- inibiger Weise mitemander ab (Fig. 2 u. Erklarung). Der Aus- druck ,,Syzygie“ wird nicht von allen Autoren in demselben Sinne angewendet. Es mag hier am Platze sein, diese Thatsache an einigen deispielen zu illustrieren. Jon. MULLER giebt (1. c. 8. 215) folgende Definition der Syzygie: ,,Unter Syzygie verstehe ich die unbewegliche - Nahtverbindung zweier Glieder. In diesem Falle fehlen an dieser Stelle sowohl die Muskeln als die elastische Interartikularsubstanz. Die Verbindungsflichen dieser Glieder sind radiiert.‘‘ Daraus geht klar hervor, daf der Ausdruck ,,Syzygie“ fiir MULLER nur den Modus einer Verbindung zwischen zwei Segmenten und zwar eine unbewegliche Verbindung angiebt und daher im Gegensatze zu ,,Gelenk’S zu verstehen ist. Wie aus verschiedenen Stellen seiner Arbeiten ,,Ueber den Bau des Pentacrinus Caput Medusae‘ und ,,Ueber die Gattung Comatula und ihre Arten‘S hervorgeht, halt sich MULuer selbst nicht immer streng an seine Definition in der Anwendung des Wortes ,,Syzygie“. Noch weniger konsequent scheint P. H. CARPENTER in der Verwendung des Wortes zu sein, wie die von BATHER (2) citierten Stellen aus seinen Arbeiten dar- thun. Lane (I. c. 5S. 964) unterscheidet, die altere Ansicht tiber die Verbindungsweise der Skelettstiicke vortragend, zwischen Suturen oder Synostosen, Syzygien und Muskelgelenken. Der Begriff ,,Sultur“, wie er hier angewendet wird, wiirde sich zum Teil mit der von JoH. MULLER fiir Syzygie gegebenen Definition decken, da fiir beide Unbeweglichkeit der Verbindung und Mangel jeglicher Faserverbindung (bei MULLER’s Definition wenigstens der elastischen Faserverbindung) zwischen den Skelettstiicken als wesent- lich charakteristisch hervorgehoben wird. Mit dieser Erklarung Lana’s steht der folgende Passus (1. c. 8. 1006) nicht im Ein- klang: ,,Wo zwei Skelettstiicke durch eine Sutur vereinigt sind, wird diese Sutur durch dicht gedrangte, parallel verlaufende Fasern gebildet, welche das Grundgewebe des einen Stiickes mit demjenigen des anderen verbinden.‘‘ Nach der citierten Auffassung wiirden in den Syzygien elastische Fasermassen die Skelettstiicke Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 79 verbinden und eine wenigstens passive Beweglichkeit der letzteren erméglichen. Als Syzygien miiften nach derselben Ansicht be- trachtet werden die Verbindungen der Stiel- und Rankenglieder, ferner die Verbindungen zwischen Costale I und HU, Brachiale I und II, wo ja die echten, ventralen Muskeln ebenfalls fehlen und eleichzeitig auch die von Jon. MULLER, W. B. CARPENTER etc. als Syzygien bezeichneten Verbindungen zwischen Brachiale III und IV, Brachiale IX und X etc. Diese letzteren Verbindungsweisen diirfen aber mit den Ranken- und Stielgelenken nicht identifiziert werden. Angesichts dieser verschiedenen Anwendungen des Begriffes »oyzygie’ ist es wohl gerechtfertigt, den Vorschligen BatrHeEr’s zu folgen und den Ausdruck ,,Syzygie“ nur in seiner urspriing- lichen, von Jou. MULLER vorgeschlagenen Bedeutung anzuwenden, d. h. fir die unbewegliche, durch Fasermassen vermittelte Ver- bindung zweier Skelettstiicke. Demgemaf kommen Syzygien vor (Fig. 2): zwischen Br. 3 und 4, 9 und 10, 14 und 15, 18 und 19, 22 und 23, 26 und 27, 30 und 31, 34 und 35, 38 und 39, 42 und 43, 46 und 47 u.s.f. In den Endpartien kann dieses gesetz- miifige Auftreten der Syzygien gelegentlich eine Storung erfahren; doch haben wir nur einen einzigen derartigen Fall konstatieren kénnen. Konstant ist auch die Verteilung der Pinnulae auf die Arm- glieder (Fig. 2). Von den beiden Kalkgliedern, die durch eine Syzygie miteinander verbunden sind, traigt das proximale, d. h. das sogen. ,,hypozygale“ niemals eine Pinnula, wohl aber das distale oder ,,epizygale“ Glied. Bei der Anordnung der Pinnulae kommen demnach die zwei durch eine Syzygie verbundenen Kalk- stiicke stets nur als eine Einheit in Betracht. AeuBere Fiederchen finden sich z. B. an folgenden Brachialia: 2, 5, 7, 10, 12, 15, 17, 20, 23, 25, 28, 31, 33, 36 u. s. f. Innere Pinnulae tragen die Brachialiaw4.°6, 8.1) 13i 1G; b9e21, 24275-2932, 3d5imu. sf Wenn wir das erste Brachiale vom aboralen Pol aus betrachten (Fig. 1), so fallt in erster Linie der betrichtliche Langenunter- schied auf, der zwischen seinem inneren und Auferen Seitenrande besteht. Seine proximale Flache stimmt in ihrer Konfiguration tiberein mit der ihr zugewendeten distalen Fliche des Costale II. Hingegen ist seine distale Fliiche wesentlich verschieden gestaltet. Sie ist nach demselben Typus gebaut, wie die distale Fliche des Costale I, d. h. das ganze Artikulationsfeld ist durch eine verti- kale oder dorso-ventral verlaufende Leiste in zwei seitliche Ver- tiefungen abgeteilt, die nach CARPENTER nur Interartikularligamente, 80 Heinrich BoShard, aber keine Muskeln aufnehmen kénnen (,,the distal face is formed on the plan of that of the second Radial; being simply divided by a vertical ridge into two lateral fossae, in which are lodged inter- articular ligaments, but no muscles‘, |. c. 8. 720). PERRIER er- wihnt das Fehlen von ,,muscles réfringents“* im Gelenk zwischen Costale I und II, unterlaft es aber, darauf hinzuweisen, dafi die- selben Verhiltnisse auch fiir die Gelenkverbindung zwischen Brachiale I und Brachiale II bestehen. Diesen beiden Gelenken kommt gegentiber allen anderen Armgelenken demnach eine Ausnahmestellung zu. Diese letztere bezieht sich sowohl auf die Gestaltung der miteinander artikulierenden Fliichen, als auch auf die Art der Faserverbindung zwischen den beiden Skelett- stiicken. Die Dorsalansicht des Brachiale II (Fig. 1) hat insofern einige Aehnlichkeit mit derjenigen des Brachiale I, als auch hier der innere Seitenrand gegentiber dem aéuferen betrachtlich kiirzer erscheint. Seine proximale Flache entspricht der distalen des vorausgehenden Segmentes und weist wieder die dorso- ventral verlaufende Leiste und die seitlich von ihr gelegenen zwei Vertiefungen auf. Die distale Fliche ist im ganzen éhn- lich der proximalen Flache des Brachiale I, das Auftreten der ersten Pinnula verleiht ihr allerdings ein etwas verdandertes Aussehen. Im Gegensatz zu Brachiale I und If hat nun Brachiale II einen lingeren Innenrand, so daf die erheblich schiefe Richtung seiner proximalen Flache wiederum kompensiert und eine zur Langsachse vertikale Richtung seiner distalen Fliche erméglicht wird. Seine distale Flache bildet mit der proximalen Flache des Brachiale IV die erste Syzygie (Taf. II, Fig. 1, 2 und Taf. IV, Fig. 8). Es ist friiher schon hervorgehoben worden, daB diese unbeweglichen Skelettverbindungen niemals_ schief, sondern stets vertikal zur Langsachse verlaufen. Daf’ die proximale Flaiche im wesentlichen mit der distalen Flache des Brachiale II, mit der sie artikuliert, iibereinstimmen muf, ist einleuchtend; nur fehlt ihr eine Ansatzstelle fiir eine Pinnula, da sie ja einem ,,hypozygalen“ Gliede angebért. Eine ganz andere Formation weist nun die distale Fliiche des Brachiale HI auf (Fig. 8). Von der Oeffnung des Axialkanales (Aq) strahlen radienartig Kalkleisten, welche gegen die proximale Fliche des Brachiale [V vorspringen, zum aboralen Rande und zu den Seitenrandern der Fliiche aus. Diesen vorspringenden Leisten ent- Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 81 sprechen analoge Gebilde an der proximalen Fliche des vierten Brachiale. Zwischen je zwei Leisten liegt eine Vertiefung. Da eine Vertiefung in der Flache des Brachiale III mit einer analogen Bildung in der Flaiche des Brachiale IV korrespondiert, so ent- stehen auf diese Weise Kanile, die von den Oeffnungen des Axial- kanales radienartig sich zur Peripherie der Flachen begeben und mit ihren Miindungen an der aboralen und seitlichen Oberfliche der verbundenen Segmente zu Tage treten. Mit Recht hebt W. B. CARPENTER (1. ¢c. 8. 721) hervor, da’ zwei durch eine Syzygie verbundene Skelettstiicke sich erst unter der Einwirkung kochender Lésungen von Kal. caust. trennen. Ihr gegenseitiger Zusammenhang ist demnach ein sehr fester. Seine weitere Bemerkung ‘No liga- mentous substance is interposed between them; but an examination of decalcified specimens shows that the canals are occupied by radial extensions of the ordinary sarcodic basis-substance” diirfte dagegen weniger einwandfrei sein, wie aus den Ausfiihrungen S. 101 ff. hervorgeht. Das Brachiale IV hat einen langeren Innen- und einen kiirzeren Aufenrand und tragt, wie Fig. 2 zeigt, die erste Innere Pinnula. Seine distale, dem Brachiale V zugewendete Flache weist die nimliche Konfiguration auf wie die proximale Flache des Brachiale III, nur daf sie durch die Ansatzstelle der ersten inneren Pinnula ausgezeichnet ist. Am Brachiale V ist der Liangenunterschied zwischen Innen- und Aufenrand sehr gering, so dafS seine beiden Artikulationsflichen nahezu parallel laufen. Letztere weisen im tibrigen keine besonderen Merkmale auf, sondern zeigen die typische Gliederung. Fir die Brachialia der nun folgenden Armpartien ist charakteristisch in erster Linie die allmaihliche Abnahme ihres Querdurchmessers ohne entsprechende Reduktion ihrer Linge, ferner das Auftreten der Syzygien in gleichen Zwischenriumen und die regelmafige Verteilung der Fiederchen. C. Das Skelett der Ranken. Forses und W. B. CARPENTER weisen darauf hin, da die Zahl der Ranken bei verschiedenen Individuen keineswegs konstant und ihre Form auch nicht einheitlich sei. Wir sind im Falle, diese Angaben bestitigen zu kénnen. Die vdllig entwickelte Dorsal- cirre besteht nach W. B. CarPenrer in der tiberwiegenden Zahl der Fille aus 15 Kalksegmenten. Jede einzelne Cirre ist als Bd, XXXIV. N. F. XXVIL. 6 82 Heinrich BoShard, Ganzes im wesentlichen gekriimmt wie die Endklaue ihres letzten Segmentes, d. h. die Konvexitét der Ranke ist ventral oder nach oben gerichtet, wihrend ihre Konkavitét der Spitze des Kelches zugekehrt ist, also nach unten schaut. In den Endpartien ist iiberdies die Kriimmung stirker als im Basalteile und in der Mitte (Fig. 14). Die drei Basalsegmente einer Ranke sind gegentiber den folgenden Stiicken in ihrer Lingsachse stark verktirzt (Fig. 13). Sie stellen cylindrische Scheiben dar, deren Lingendurchmesser gegentiber dem Querdurchmesser bedeutend zuriicktritt. Mit dem 4, Segmente nimmt die Linge der Glieder zu, wiahrend gleichzeitig der Querdurchmesser eine Reduktion erfahrt. Das 8. Segment ist so ziemlich das lingste, wahrend das 7. den kleinsten Querdurch- messer hat. Die Segmente 9, 10, 11 und 12 sind nahezu gleich lang. Der obere oder orale Rand der einzelnen Segmente bildet, wenn wir 1—5 ausnehmen, nahezu eine gerade Linie, der aborale Rand ist dagegen deutlich konkav. Das letzte Glied einer Ranke triigt stets eine Klaue und an der Basis der letzteren auf ihrer aboralen Seite einen kurzen und spitzen Fortsatz (vergl. Taf. V, Fig. 14). Samtliche Glieder sind in der Richtung ihrer Langs- achse von dem Axialkanal durchzogen, der von Jon. MULLER als Nahrungskanal bezeichnet worden ist (vergl. Allgem. Organ. 8. 71 und Taf. V, Fig. 9, 10, 11, 12,13, 14).--In den-4:ersten Segmenten folgt der Axialkanal in seinem Verlaufe genau der Langs- achse jedes einzelnen Gliedes, um sich dann spater mehr und mehr dem oralen Rande der Ranke zu nihern. Wir werden sehen, daS auch der Gelenkwulst der Artikulationsflichen in den mitt- leren und letzten Gliedern eine aihnliche Verlagerung erfahrt. Die pfannenartigen Vertiefungen, in welche das 1. Glied jeder Ranke eingelenkt ist, sind in 2—3 Reihen am Rande der Centro- dorsalplatte angeordnet. In ihrer Kontur nihern sie sich meist einem reguléren Fiinfecke, doch sind Abweichungen von dieser typischen Form keine Seltenheiten (vergl. Taf. III Fig. 1). Durch die Gelenkgrube hindurch zieht sich in der Richtung einer Diago- nale der Gelenkwulst, welcher der proximalen Artikulationsflache des 1. Basalsegmentes der Ranke gegentibersteht. In der Mitte ist er von der elliptischen Oeffnung des Axialkanals durchbrochen und nimmt nach beiden Seiten hin bei gleichzeitiger Verjiingung auch an Hohe ab. Das 1. Rankenglied ist das kiirzeste und hat Cylinderform. Dem Centrodorsale wendet es seine proximale, dem 2. Rankengliede seine distale Flache zu. Beide Flichen sind Gelenkfacetten, aber yon verschiedener Beschaffenheit. Wéahrend Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 83 die distale Flaiche von dem oben schon erwahnten queren Gelenk- wulste durchzogen ist und dorsal und ventral von demselben er- hebliche Vertiefungeu zur Aufnahme der die Glieder verbindenden Fasermassen aufweist, zeigt die proximale Flache viel weniger prignante Erhebungen und Vertiefungen. Das 2. Rankenglied unterscheidet sich vom ersten nur durch seine etwas gréfere Linge, ebenso verhalt sich auch das 3. Glied gegeniiber dem zweiten (vergl. Taf. V, Fig. 11, 12 und 13). Jon. MULLER iuBert sich folgender- ma8en tiber die Gelenkfliichen der Cirrenglieder (1. c¢. 8. 191 u. 192): »Die Gelenkfacetten der Cirrenglieder, wodurch sie unter sich in Verbindung stehen, beschreibt Mrtuer (17) also: ,,,,Sie sind von einem erhabenen Saume umgeben. Das Innere ist ausgehoéhlt in 2 runde Vertiefungen von ungleicher GréSe. Beide Vertiefungen sind getrennt durch einen queren Riff, der in der Mitte von dem Nahrungskanal durchbohrt ist.‘‘‘‘ Ich finde die Gelenkfliiche der unteren deprimierten Glieder von einem queren Riffe durchzogen, worin die Centraléffnung. Weiterhin verandert sich die Gelenk- fliche, so dali sie sich der von MiiLerR bezeichneten Form niihert. Ich sehe immer einen kleinen erhabenen Kreis in der konkaven Gelenkflache, dieser Kreis liegt zwischen dem Rande und der Centraléffnung, oder richtiger, der kreisférmige Wulst geht durch die Centraléffnung durch. Der Raum innerhalb des kleinen Wulstes ist wieder vertieft. Der Raum zwischen 2 Gliedern wird von der Interartikularsubstanz eingenommen. Durch den Wulst, den sie dem ahnlichen Wulste des nachsten Gliedes zuwenden, sind sie in den Stand gesetzt, sich aufeinander zu wiegen.‘‘ Diese Darstellung der Artikulationsflachen durch MILLER und Jon. MULLER befriedigt insofern nicht, als beide Autoren im ungewissen lassen, ob ihre Angaben sich allgemein auf die Facetten aller Segmente oder nur einzelner derselben beziehen. Im weiteren ist auch der Unter- schied nicht erwihnt, der thatsachlich zwischen der proximalen und distalen Fliche eines und desselben Gliedes besteht (vergl. Taf. V, Fig. 11, 12 u. 13). W. B. Carpenter giebt Plate XXXIII in Fig. 8a die Artikulationsfliche eines Basalgliedes und in 8b diejenige eines Segmentes aus der mittleren Region einer Ranke wieder, ohne anzugeben, ob seine Darstellungen sich auf die proxi- male oder distale Flaiche des betreffenden Segmentes beziehen. Es ist wohl der Schluf berechtigt, da’ die genannten Autoren die Unterschiede in der Konfiguration der beiden Flichen entweder iibersehen oder dann als zu geringfiigig betrachtet haben, um sie durch Zeichnung besonders hervorzuheben, 6 * 84 Heinrich BoShard, Der in Fig. 11 dargestellte, elliptische Gelenkwulst kehrt, wie Fig. 13 zeigt, in der distalen Artikulationsfliche aller Basal- segmente wieder. Die proximalen Gelenkflachen der letzteren sind, wie Fig. 12 zeigt, ebenfalls stark konkay und zeigen in ihrer Vertiefung auch einen elliptischen Querwulst, der aber in seiner mittleren, die Centraléffnung umgebenden Partie so vertieft ist, daf seine Grube den konvexen Wulst der distalen Flache des vorausgehenden Segmentes aufnehmen kann. Die Beschaffenheit der Artikulationsflaichen erméglicht eine wiegende Bewegung der Segmente in dorso-ventraler Richtung. Die Gelenkgruben, die dorsal und ventral vom Gelenkwulste zur Aufnahme der ver- bindenden Fasermasse aufgespart sind, sind vollstandig gleich, folglich ist auch die Exkursionsfihigkeit eines solchen Gelenkes in dorsaler und ventraler Richtung dieselbe. Wie schon an anderer Stelle hervorgehoben worden ist, sind in der Mittel- und Endregion der Ranke die Segmente von anderer Form als in dem Basalteil; auch die Artikulationsverhaltnisse zwischen den einzelnen Gliedern erfahren dort eine nicht geringe Modifikation. Die Segmente werden linger, gleichzeitig wird ihre dem aboralen Pole zugekehrte seitliche Randlinie gegentiber der ventralen Randlinie erheblich verktirzt, so da’ die beiden Artiku- lationsflichen eines Segmentes nicht mehr parallel sind, sondern in aboraler Richtung konvergieren, wahrend zwei einander zu- gekehrte Gelenkflichen in derselben Richtung divergieren. Von der Seitenfliche gesehen, prasentieren sich in diesen Regionen die Segmente als Trapeze, deren kiirzere Parallelseite aboral gerichtet ist. Die Gelenkwiilste und mit ihnen auch der Axialkanal erfabren eine deutliche Verschiebung nach oben, wo- durch eine Ungleichheit der Gelenkgruben und eine verschiedene Lange der sie erfiillenden Fasern bedingt ist (Taf. VIII, Fig. 24). Durch diese Einrichtung wird die Exkursionsfihigkeit der Gelenke auf der dorsalen Seite erheblich vergréfert und damit auch die Fafkraft der Ranke und namentlich ihrer Endklaue wesentlich erhoht. IV. Histologische Untersuchung. Die Frage nach der histologischen Natur der Dorsalfasern in den Armgelenken und der Fasermasse in den Rankengelenken ist seit dem Erscheinen von Jon. MiLier’s grundlegender Arbeit Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 85) eifrig diskutiert worden. Dieser Autor spricht sich hinsichtlich der Rankenfasern (1. c. 8. 186) folgendermafen aus: ,,Die Stengel- gebilde der Pentacrinen sind ohne alle Muskeln, sowohl die Glieder der Saule als die Cirren oder Ranken. Dasselbe gilt von den Dorsalcirren der Comatulen. Die Ranken sind bei den Comatulen sowohl als bei den Pentacrinen nicht einmal an ihren Befestigungs- stellen mit Muskeln versehen.‘‘ Von der Artikulation der Arm- glieder sprechend, aufert er sich (1. c. 8. 214) wie folgt: ,,Die Riffe der Glieder sind untereinander durch ein unelastisches Band verbunden, der ganze tibrige Teil der Artikulationsflichen wird aber von der schon beim Stengel beschriebenen elastischen Inter- artikularsubstanz eingenommen, die man nach Ausziehen der Kalk- erde als ein dickes elastisches Kissen zwischen den Gliedern er- halt, ihre Oberflachen sind nicht krausevartig gefaltet, wie es am Stengel der Fall ist. Sie hat sonst durchaus denselben Bau wie am Stengel und an den Cirren. Durch diese Art von Verbindung ist ein Wiegen der Glieder in abwechselnd schiefen Richtungen auf den Riffen médglich, wobei die elastische Substanz an der einen Seite zusammengedriickt, an der anderen ausgedehnt wird. Da nun bei Pentacrinen und Comatulen die Muskeln nur an dem ventralen Teile der Artikulationsflichen oder zwischen den ventralen Fortsitzen der Glieder liegen, so ergiebt sich hieraus, dafi diese Tiere durch Muskelkraft nur die Beugung der Arme bewirken kénnen, und daf die Streckung derselben der elastischen Interartikularsubstanz anvertraut ist, welche sogleich wirkt, sobald ihre Zusammendriickung aufbort.“ W. B. CARPENTER sagt (I. ¢. S. 703 ff.): “From the position and action of the ligaments connect- ing the pieces of the skeleton of Antedon, I think it is clear that some of them are simply interarticular, having for their function to tie these pieces together, but allowing a certain free- dom of movement between them; whilst others are decidedly elastic, their action being to antagonize muscles, as in many other well-known cases among Vertebrate and Invertebrate animals” und (Il. c. S. 709) “Between the segments (der Dorsalcirren) is interposed a ligamentous (not muscular) substance; this is seen in the basal joints to be as thick on the oral side as it is on the aboral; but as we advance towards the middle of the cirrhus, the thickness of the interarticular substance is seen to be much greater on the aboral side, the form of the segments being so modified as to admit considerable flexure in that direction, whereby the prehensile power of the claw is much increased.” 86 Heinrich Bofghard, Nach der Angabe Jos. MtLuer’s soll MILuer (1. c.) von Muskeln im Stengel von Pentacrinus sprechen, bemerkt aber dazu (I. ¢. S. 187): ,,Wenn Mi~uer in seinen Crinoiden von Muskeln spricht, so darf man sich darunter nichts anderes als weiche Teile tber- haupt vorstellen, denn in diesem Sinne braucht er den Ausdruck auch sonst sehr oft.“ Wir haben von MiLuEr’s Arbeit keine Ein- sicht nehmen kénnen und daher darauf verzichten miissen, die Angabe Jou. Miver’s auf ihre Richtigkeit zu priifen. Unter den alteren Autoren haben Heustrncer (10) und Leuckarr darauf hingewiesen, daf die Comatulen die Cirren zum Kriechen bentitzen kénnen, und THompson (25) erwdhnt die Fahigkeit der noch ge- stielten jungen Comatulen, ihren Stengel in jeder Richtung biegen und sogar spiralférmig zusammenzuziehen. Unter den neueren Autoren teilt Lupwie (1. ¢.) auch noch den Standpunkt Jon. MiLver’s in Bezug auf die Ranken, ohne jedoch seine Ansicht auf eigene Beobachtungen und Untersuchungen zu stiitzen. JickeEi (1. c.) schreibt den Cirren die Fahigkeit zu, sich aktiv zu bewegen, und betrachtet die Fasern der Ranken- gelenke und die Dorsalfasern der Armgelenke als Muskeln, die sich von den echten ventralen Muskeln wesentlich nur durch den Mangel jeglicher Schrigstreifung unterscheiden. Ihm schlieft sich HAMANN an, der die in Frage stehende Gewebemasse als ,,spindlige Muskelfasern bezeichnet. Er aufert sich dariiber wie folgt (9): »Als Antagonisten der Armmuskeln treten uns _ eigentiimliche Fasergruppen entgegen, welche mit den in den Cirren vorkommen- den Fasern iibereinstimmen. Den Cirren, den beweglichen Ranken des Kelches, welche an ihrer Spitze groSe, gekriimmte Haken tragen, kommt diese Art von Muskulatur allein zu. Was mich dazu fiihrt, diese Fasern als muskulés in Anspruch zu nehmen, ist folgendes: Ihr Bau stimmt ganz tiberein mit den in den Cirren auftretenden Fasern, und diese sind unzweifelhaft muskulés.“ Daf Voar und Yuna von der muskulésen Natur dieser Fasern vollends iiberzeugt sind, geht daraus hervor, daf sie (26, 8S. 534) die Cirrengelenke einfach als Muskelgelenke bezeichnen und bei der Darstellung einer Syzygie (1. c. 8. 567) von einem muskulésen oder elastischen Fasergewebe sprechen, welches die strahlenférmig angeordneten, die Héhlung der Syzygie durchsetzenden Kanale bilden soll. Auf §S. 568 wird dieses Gewebe nicht mehr als muskulés oder elastisch bezeichnet, sondern es heift dort: Die sehr feinen Fasern dieses elastischen Gewebes fiarben sich intensiv durch Pikrokarmin.“’ Auch aus 1]. ¢. 8. 530 scheint mit Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 87 Sicherheit geschlossen werden zu diirfen, da diese Autoren jede Faserverbindung zwischen 2 Skelettstiicken als muskulés betrachten. Auffallend ist auch, daf sie des ganz verschiedenen Farbentones nicht erwahnen, den echte Muskeln, Dorsalfasern und Syzygial- fasern bei der Farbung mit Pikrokarmin annehmen. Perrier (1. c. 3™ série t. 1, 8S. 187) auBert sich in Bezug auf diese Frage wie folgt: ,,I] est incontestable que le tissu fibreux inter- calé entre les régions calcifiées des bras prend deux formes bien différentes; mais pourquoi appelle-t-on ligamenteux le tissu qui se colore peu, et musculaire celui qui se colore fortement sous l’action de Péosine ou du carmin?“ und (1. ¢. 8. 189) ,,En raison des plus faibles dimensions des bandelettes protoplasmatiques qui les consti- tuent, nous appellerons les muscles dorsaux des bras et les muscles analogues des cirrhes et de la tige muscles fibrillaires ou encore muscles hyalins; les muscles du coté ventral peuvent étre désignés sous le nom de muscles fibreux ou sous celui de muscles réfringents, qui fait allusion ala grande réfringence de leurs fibres.“ In ,,Etudes morphologiques sur les Echinodermes“ bemerkt CuEnot (7) 8. 338: ,Chez les Crinoides seulement, le tissu mus- culaire présente des caracteres vraiment inexplicables; voici les faits : les articles calcaires des bras et des pinnules sont unis du cdété de la rainure ambulacraire par une paire de muscles, parfaitement caracté- risés, en tout semblables aux muscles des autres Echinodermes (mus- cles réfringents de M. Perrier); du coté opposé, par une masse unique de tissu fibrillaire spécial (spindlige Muskelfasern @HAMANN, muscles hyalins de M. Perrier), compléetement différent d’aspect, que Ja plupart des auteurs, sauf JickeL1, HAMANN et PERRIER, ont considéré comme ligamenteux. Dans les cirrhes et la tige, il n’ya plus du tout de muscles réfringents, les articles sont simple- ment unis par des paquets de ce tissu fibrillaire. Les seules rai- sons qui puissent faire considérer ce tissu fibrillaire comme mus- culaire sont des raisons physiologiques. .... Mais, si au point de vue physiologique comme JICKELI l’a bien prouvé, et comme M. Perrrer le fait remarquer avec raison, on est bien forcé Wadmettre que ce tissu agit comme un tissu musculaire, il faut avouer quil y a d’énormes différences histologiques.“ Nach der alteren Ansicht wiirden demnach in den Gelenk- verbindungen der Arme 3 differente Fasermassen vorkommen; nach der Ansicht der neueren Untersucher wiirde die Verbindung zweier Skelettstiicke der Arme durch ventrale und dorsale Muskeln be- 88 Heinrich Bofghard, werkstelligt und eine besondere, nur ligamentiése Fasermasse nicht vorhanden sein. Schon bei einer makroskopischen Untersuchung der in Frage stehenden Gewebemassen fallt ihre verschiedene Farbe sofort auf. Die echten ventralen Muskeln sind stets gelb oder braun; wahrend die Dorsalfasern dem Auge weif und gliinzend erscheinen. Sind nach lingerem Verweilen der Armstiicke in verdiinnter Aetzkali- lésung die ventralen Muskeln verschwunden, so wird in der Tiefe der Gelenke eine Fasermasse sichtbar, die im auffallenden Lichte eine bliuliche Farbung mit deutlichem Perlmutterglanze aufweist. Diese Fasermasse tritt namentlich deutlich zu Tage im Gelenk zwischen den Radialia und Costalia I, sodann wieder zwischen Costalia II und Brachialia I und zwischen Brachialia II und Brachialia III, wihrend sie zwischen Costalia I und Costalia II und dann wieder zwischen Brachialia I und Brachialia II fehlt (vergl. Fig. 4). Diese Fasermasse fehlt demnach in allen den- jenigen Gelenken, deren Drehachse eine dorso-ventrale Richtung hat und diirfte den CARPENTER’schen ,,Interarticular Ligaments‘ und dem ,,unelastischen Bande“ Jon. MULuer’s identisch sein. Ihrer grofen Resistenz gegentiber der Aetzkalilisung ist es wohl zuzuschreiben, dafi die Skelettstiicke auch trotz langerer Ein- wirkung dieses Reagens noch im Zusammenhange bleiben. Das Resultat unserer makroskopischen Priifung wiirde demnach eine Bestitigung der Angaben W. B. Carpenrer’s hinsichtlich der 3 Gelenkgruben und der sie occupierenden 3 differenten Faser- massen in den Gelenkverbindungen zwischen Radiale und Costale I, Costale II und Brachiale I, und Brachiale II und Brachiale III sein. Wir werden sehen, daf auch die mikroskopische Unter- suchung zu denselben Ergebnissen fiihrt. Durch zahlreiche Farbungsversuche haben wir das Verhalten der in Frage stehenden Gewebemassen gegentiber den in der Mikrotechnik gebrauchlichen Tinktionsmitteln festzustellen gesucht. Um méglichst viele Variationen in den Farbungen zu erzielen, wurde die Stiickfarbung bald aufgegeben und durch die Schnitt- farbung ersetzt. Den einfachen Farbungen mit Himalaun, Hima- toxylin, Karmin, Goldchlorid-Ameisensiure und Eisenhamatoxylin (n. M. HemENHATN) reihten sich nachstehende Doppelfarbungen an: 1) Pikrokarmin, 2) Haimatoxylin und Eosin, 3) * ) Orange; i 55 aurefuchsin, D5) R » Pikrinsiure. Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 89 Ferner wurden zahlreiche Schnitte nach den Angaben CuEnot’s (1. c. 8. 316 und 317) gefarbt. Die Ergebnisse, zu denen uns diese Methode der Farbung fiihrte, waren teilweise gut, schienen uns aber doch noch zu wenig tiberzeugungskraftig zu sein, um darauf ein abschlieSendes Urteil zu bilden. Dasselbe gilt auch zum Teil in Bezug auf die Resultate der Anwendung des Enruicu-Bronpi- schen Farbengemisches. Bei Anwendung einer einzigen Farbe zeigen ventrale Muskeln und Dorsalfasern ein verschiedenes Ver- halten hinsichtlich der Intensitét der Farbung, die sie erlangen. Die verschiedenen Himatoxyline (ausgenommen das nach APATHY) fiirben beispielsweise die ventralen oder echten Muskelfasern nur schwach blau, wiahrend gleichzeitig Dorsalfasern und Syzygialfasern sehr intensiv dunkelblau erscheinen. HerrtDENHAIN’s Eisenhima- toxylin farbt die echten Muskeln tief schwarz, wahrend Dorsal- fasern und Bindegewebe mit Ausnahme der rundlichen Kerne, die ebenfalls schwarz sind, gar nicht gefarbt werden. APATHy’s Hiima- toxylin tingiert die Muskelfasern dunkelbraun, Dorsalfasern, Syzygialfasern und Bindegewebe nehmen dagegen nur eine duferst schwache Firbung an. Bei Anwendung von Goldchlorid-Ameisen- siiure erscheinen die Muskeln dem Auge in einem Farbentone, der demjenigen der reifen Kirschen sehr nahe steht, Dorsal- und Syzygialfasern erscheinen schwarz, der Axialstrang des apicalen Nervensystems hell rotbraun. Auf Schnitten, die mit Pikrokarmin (n. RANVIER) behandelt worden sind, erhalt die ventrale Muskulatur einen fleischfarbenen Ton, wihrend die Dorsalfasern eine schéne rosarote Farbung annehmen. Voar und Yune@, die ihre Prapa- rate ebenfalls mit Pikrokarmin behandelt haben, erwahnen auf- fallenderweise die verschiedenen Fairbungen nicht, welche Muskeln und Dorsalfasern durch Pikrokarmin erhalten. Wird mit Ham- alaun oder BOuMeER’schem Haimatoxylin vorgefarbt und nachher mit Saiurefuchsin nachgefarbt, so tingiert das Himatoxylin die Dorsal- fasern tief dunkelblau, die ventrale Muskulatur dagegen erscheint schén rot. Werden Hamatoxylin- und Orangefirbung kombiniert, so nimmt die Dorsalfasermasse die Farbe des Hiimatoxylins, die Muskulatur diejenige des Orange an. Perrier (1. c. 8. 186) erwahnt das verschiedene Verhalten der Muskel- und Dorsalfasern zum Eosin wie folgt: ,,Entre la 1% et la 2° radiales (Radiale und Costale J), le tissu calcifére est remplacé par un tissu avec lequel sa substance fondamentale est également en continuité absolue; que l’on peut, a premiére vue, considérer comme résultant d’une simple différen- ciation de cette substance; mais ici la différenciation est beaucoup 90 Heinrich BoShard, plus avancée que celle de la substance constituant la suture des premicres radiales entre elles. Les maticres colorantes accusent, en effet, deux couches bien nettes dans ce nouveau tissu. La couche inférieure correspondant a la moitié inférieure (dorsal) de la surface d’articulation, entre les deux radiales (Radiale und Costale I) se colore faiblement par l’éosine, fortement au contraire, et en violet, sous laction combinée du bleu de méthyléne et du picro-carminate d@’ammoniaque. ... La couche supérieure (ventral), beaucoup plus nettement arrétée que linférieure dans son contour, se distingue encore de cette derniére parce qu’elle se colore trés énergiquement sous laction de l’éosine, faiblement au contraire et en bleu sous l’action combinée du bleu de méthyléne et du picro-carminate @ammoniaque.“ Wir haben Eosin- und Haima- toxylinfarbung kombiniert und gefunden, daf die Dorsalfasern die blaue Farbe des Hamatoxylins, die Muskeln dagegen die Farbe des Eosins annehmen. Die letzten Fiarbeversuche wurden mit der vAN Grrson’schen Methode angestellt und lieferten die brauchbarsten Resultate. Die Differenzierungen, die wir mit dieser Methode in den Schnitten erzielten, sind so pragnant, daf wir nicht umhin kénnen, einzelne Schnitte bezw. ihre Tinktionen in den Figuren 15, 16, 17 u. 18 Taf. VI u. VIL wiederzugeben. Die Schnitte wurden zunachst in ziemlich stark verdiinntem Boumer’schen Hamatoxylin vorgefarbt und sorefiltig in Brunnenwasser und hernach in Aqua dest. aus- gewaschen. Dann wurden sie fiir 1 Minute in das Gemisch von gesattigter, wafriger Pikrinsiurelésung und Siurefuchsin gebracht und wiederum wihrend 1 Minute in Aqua dest. ausgewaschen. Dann erfolgte allmahliche Hartung durch 2—3 Minuten langes Ver- weilen in 35-proz., 70-proz., 95-proz. und absolutem Alkohol, rasches Abspiilen in Xylol und Einschlu8 in Kanadabalsam. Es ist fiir das gute Gelingen dieser Farbungen sehr wichtig, daf die ganze Farbungs- und Hartungsprozedur zeitlich auf ein Minimum eingeschrinkt wird. Ebenso sehr fallt ins Gewicht das Mengen- verhaltnis, in dem Pikrinsdiure und Saurefuchsin miteinander ver- mischt werden. Das richtige Mischungsverhaltnis kann nur durch zahlreiche Proben eruiert werden. Wir setzten der Pikrinséure das Siurefuchsin tropfenweise zu, bis die Mischung etwa die Farbe eines helleren Rotweines aufwies. Wie die Figuren 15 und 16, welche Armquerschnitte dar- stellen und die Figuren 17 und 18, welche einen Langsschnitt durch einen Arm darstellen, zeigen, nehmen die echten oder ven- Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 91 tralen Muskeln den Farbenton der Pikrinsiure an. Alle anderen Partien der betreffenden Priparate werden von der Pikrinsiure in keiner Weise gefirbt. Die dorsale Fasermasse erscheint da- gegen auf dem Armquer- und Lingsschnitt intensiv violett ge- firbt, ebenso die Grundsubstanz des Kalkkérpers (Fig. 16) und — was ganz besonders stark ins Gewicht fallt — auch die Faser- masse in den Syzygien, d. h. in den unbeweglichen Verbindungen zweier aufeinander folgenden Kalksegmente. Aber auch die Faser- masse, welche das CArPENTER’sche Interartikularligament_ bildet, nimmt, wie Fig. 18 zeigt, eine spezifische Fairbung an. Thr Farben- ton geht ins Dunkelviolette und hebt sich aufs schirfste von der Farbung der Muskeln und Dorsalfasern ab. Fassen wir die durch die zahlreichen Fiarbeversuche gewonnenen Resultate zusammen, so ergiebt sich kurz Folgendes: Ventrale Muskeln und Dorsal- fasern verhalten sich den Farbstoffen gegeniiber in allen von uns beobachteten Fallen verschieden, wahrend Dorsal-Syzygialfasern und Bindegewebe in Bezug auf Firbung in ihrem Verhalten eine deutliche Uebereinstimmung an den Tag legen. Auf diese wichtige Thatsache hat bereits Cufnot in aller Kiirze hingewiesen; doch griindet sich sein Hinweis wohl blof auf die Resultate der Farbung, (lie er mit seinem Dreifarbengemisch gewonnen hat. Halten wir mit diesen Befunden die Thatsache zusammen, dal Dorsal-, Syzy- gial- und ligamentése Fasern der Aetzkalilésung wochenlang erfolg- reich zu widerstehen vermégen, so diirfte kein Zweifel mehr dariiber bestehen, dafi zwischen den beiden in Frage stehenden Fasermassen thatsachlich ganz enorme histologische Unterschiede existieren und der 8. 87 citierte Ausspruch CUENOT’s seine volle Berechtigung hat. a) Die organische Grundsubstanz der Kalkkorper. Die Kalkgrundsubstanz zeigt auf Langsschnitten, die durch Arme und Ranken gefiihrt werden, dieselben Strukturverhaltnisse (Fig. 23). Sie ist von zahlreichen Hohlriumen durchsetzt, die vor der Entkalkung mit Bestandteilen des Skelettes ausgefiillt waren. Diese Hohlriume sind meist kreisf6rmig oder elliptisch und stets scharf umrandet. Die Grundsubstanz selbst firbt sich nur schwach, sie ist nicht homogen, sondern es wechseln dunklere und hellere Stellen miteinander ab. Oft treten diese dunkler ge- farbten Stellen als sehr feine Punkte auf und verleihen dann der 92 Heinrich BoShard, Grundsubstanz selbst ein etwas kérniges Aussehen. Zahlreiche kugelige Kérperchen sind gruppenweise in die letztere eingebettet, doch lat sich hinsichtlich der Zahl und der Anordnung dieser Kérperchen eine Regelmahigkeit oder Gesetzmabigkeit keineswegs erkennen. Nur in dem Bereiche der Gelenkflachen, wo die schon erwahnten Hohlraume kleiner werden, nimmt die Zahl der Koérper- chen zu. Die Kérperchen sind meist von kugeliger oder ellip- tischer Form, stark tingiert und lassen keinerlei feinere Struktur- verhaltnisse oder Auslaufer erkennen. Offenbar sind diese kugeligen Kérperchen nichts anderes als die Kerne der in der Cutis liegenden Bindegewebszellen. Dieser kurzen Darstellung der Kalkgrund- substanz haben wir Fig. 23 Taf. VIII zu Grunde gelegt und ver- weisen auf die diesbeziiglichen Erklarungen. Fir die Angaben Perrier’s (1. c. 8. 184): ,,La forme générale des corpuscules colorés est arrondie, mais ils présentent toujours sur leur pourtour au moins deux prolongements et sont par conséquent fusiformes ou étoilés etc.“ haben wir in unseren Praiparaten eine Bestaitigung nicht finden kénnen. b) Die ventrale Muskulatur. Die ventrale Muskulatur, deren Verhalten zu den verschieden- artigen Tinktionsmitteln wir bereits kennen gelernt haben, bietet einer genaueren histologischen Untersuchung weit weniger Schwierig- keiten dar als die dorsalen Fasern. Sie ist auch mehrfach genauer studiert worden und ihre feineren Strukturverhaltnisse diirften im allgemeinen als hinreichend bekannt betrachtet werden. Wenn wir hier trotzdem noch etwas eingehender auf ihre Beschreibung eintreten, so geschieht dies wesentlich, um eine Beobachtung, die wir an unseren Praparaten gemacht haben, erganzend anzufiigen. Jon. Miuuer giebt (1. c. Taf. IV Fig. 9) eine Abbildung der Muskelfasern von Pentacrinus Caput Medusae bei 450-facher Ver- eréferung. Er stellt die Fasern als bandartige Gebilde mit parallel verlaufenden Randern dar. Von Kernen und Sarkolemm ist in seiner Abbildung nichts zu sehen. Vergebens haben wir im Texte seiner Arbeit nach einer detaillierten Beschreibung dieser Muskel- fasern gesucht, wahrend der Interartikularsubstanz in ausfihrlicher Weise gedacht ist. Eine gute Abbildung der Muskelfasern giebt W. B. Carpenter (]. c. Taf. XLIII Fig. 4 und 4a). Die den einzelnen Fasern angehérenden Kerne, deren Gestalt richtig wieder- Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 93 gegeben ist, bezeichnet er in der betreffenden Tafelerklarung als »nuclear ?; corpuscles“, deren histologischer Wert ihm nicht recht klar sei. Ferner erwihnt er als auffillig den Mangel jeglicher Querstreifung und die Unmédglichkeit, die Faser in feinere Ele- mente aufzulésen. SCHWALBE (22) hat zum ersten Male die Muskelfasern der Echinodermen einer genauen Untersuchung unter- zogen und bei Ophiuren eine doppelte Schriagstreifung beobachtet, die er ausfiihrlich beschreibt und in Figuren veranschaulicht. Wir werden auf seine Ausfiihrungen noch zuriickzukommen haben. Lupwie bestitigt im allgemeinen die Angaben CARPENTER’s und ergiinzt sie in Bezug auf die Kerne und die Biindelbildung. Hin- sichtlich der von ScHWALBE bei Ophiuren erwahnten Schriig- streifung dufert er sich (1. c. 8S. 294) wie folgt: ,,Vergeblich habe ich mich bemiiht, in den Muskelfasern eine feinere Struktur, Quer- streifung oder die von ScHWALBE bei Ophiuren beschriebene Schrigstreifung, aufzufinden.“ JickeLt (11) erwihnt eine Schrig- streifung, die er an den Muskelfasern von Antedon gesehen haben will, unterlaBt es aber, dieselbe genauer zu beschreiben und an einer Figur zu verdeutlichen, so dafi seine Angaben tiber diesen Punkt unverstiindlich sind. Es ist wohl anzunehmen, daf ihm die SCHWALBE’sche Arbeit nicht bekannt war. Die von SCHWALBE be- obachtete doppelte Schrigstreifung fand Hamann an Praparaten von Intervertebralmuskeln von Ophioderma longicauda und Ophio- myxa pentagona wieder, an den Fasern der ventralen Armmuskeln von Antedon nahm er stets nur eine Liingsstreifung wahr. PERRIER (20, 3™° série t. 1 5. 194) bemerkt, die Strukturverhaltnisse der Muskelfaser von Antedon darstellend: ,,La substance des fibres musculaires réfringentes est absolument homogéne ou légérement striée longitudinalement; on n’y observe pas de stries transver- sales.“ Wie wir uns an frischen Zupfpriparaten und Lingsschnitt- praparaten tiberzeugen konnten, giebt es in den ventralen Arm- muskeln von Antedon glatte Fasern, Fasern mit deutlicher Langs- streifung und Fasern mit doppelter Schragstreifung, ja es kommen sozusagen alle Uebergiinge von der glatten Faser bis zur einfach und doppeltschraggestreiften Faser innerhalb desselben Muskel- biindels vor. Die Ergebnisse unserer eigenen Beobachtung wiirden demnach berechtigen, die Angaben ScHwaLser’s und HAMANN’s tiber doppelte Schriagstreifung der Ophiurenmuskeln auch auf die Muskeln von Antedon auszudehnen. Sie zeigen ferner, da’ die erwihnte, in ihrer Kiirze unverstindliche Mitteilung Jickeri’s 94 Heinrich Bofghard, immerhin auf einer wirklichen Beobachtung beruhte. Im weiteren decken sich unsere Befunde fast vollstindig mit den Resultaten, zu denen WaAckwitz (27), BatLowirz (1), ENGELMANN (8) und Knouu (12 u. 13) in ihren Untersuchungen tiber doppelt schrig- gestreifte Muskelfasern der Mollusken gelangt sind. Wiihrend nach den iibereinstimmenden Angaben aller derer, die sich mit der Histologie von Antedon befaSt haben, die dor- salen Fasern in den Armgelenken mit der organischen Grund- substanz der Skeletteile in ununterbrochenem Zusammenhange stehen, sind die Fasern der ventralen Muskeln an ihren beiden Enden scharf abgegrenzt. Die einzelne Faser ist bandartig ver- breitert, so daf ihr Querschnitt eine rechteckige Figur dar- stellt. Seitlich liegt ihr ein langlicher, elliptischer Kern auf, der hiufig von einer etwas helleren kérnigen Zone umgeben ist und iiber den das nicht immer leicht wahrnehmbare Sarkolemm hinwegzieht. Oft ist das letztere gerade im Bereiche des oder der Kerne etwas abgehoben, wihrend es im itibrigen Teile der Faser sich enge an die kontraktile Substanz der letzteren an- schmiegt. Was nun die erwihnte doppelte Schrigstreifung an- betrifft, so ist ihre genauere Untersuchung, bezw. die Feststellung der ihr zu Grunde liegenden Strukturverhaltnisse mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Oft halt es schwer, sie iberhaupt nur zu sehen, daher ist es versténdlich, daf ihre Existenz so manchem Beobachter entgangen ist. Je nach der Firbung, Einstellung und Vergréferung erhalt man verschiedenartige Bilder, so da Tausch- ungen nicht leicht zu vermeiden sind. Unsere Untersuchungen, zu denen wir durch die ScHwALBE’sche Arbeit und den citierten Lupwia’schen Hinweis auf dieselbe veranla8t wurden, erstreckten sich auf frische, ungefirbte Zupfpraiparate und auf Langsschnitt- priparate der ventralen Armmuskeln, die mit verschiedenen Tinktionsmitteln gefirbt waren. Zur Anwendung kamen: ReicHerRT Objektiv 8a und Kompensationsokular 4, Zeiss homo- cene Immersion 3,0 und 2,0 und Kompensationsokular 6, 8 und 12. Am giinstigsten erwiesen sich fiir die Feststellung dieser feinen Strukturen Lingsschnitte, die mit Haimatoxylin vorgefarbt und in Enriicu-Bronpr’schem Gemische nachgefairbt waren. Diese kriftige Farbung erlaubte noch die erfolgreiche Anwendung sehr starker Vergré8erungen bei der Untersuchung. Nach einem solchen Priparate ist Figur 19 gezeichnet, die, mit Apsn’schem Zeichen- apparate angefertigt, die Verhaltnisse genau wiedergiebt, wie sie sich bei Beobachtung mit Zeiss homog. Immers. 2,0, Kompen- Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 95 sationsokular 8, Vergréferung 1000 darbieten. Wenn ScHWALBE bemerkt, im Sarkolemm kénne die Streifung nicht liegen, da das- selbe gerade an den Stellen der deutlichsten Streifung weit ab- gehoben sei, sondern sie miisse auf ein Strukturverhiltnis der kontraktilen Substanz selbst zuriickgefiihrt werden, so kénnen wir ihm nur beipflichten. Es mag hier auch noch erwihnt werden, da8 die seitliche Randlinie der Fasern nicht gebrochen verlauft, wie dies doch der Fall sein miifte, wenn die Streifung auf einer Faltungserscheinung im Sarkolemm beruhte. Seine weiteren Aus- fiihrungen stehen hingegen mit unseren Befunden nicht mehr im Einklang. Wahrend er zwei sich kreuzende helle Liniensysteme ab- bildet, welche der isotropen Substanz entsprechen und dunkle quadratische Felder, der anisotropen Substanz entsprechend, ein- schlieBen sollen, sehen wir in unseren Priparaten umgekehrt dunkle Linien schrig von der einen Seite zur anderen hiniiber- ziehen und helle Felder umrahmen. Unsere Abbildung steht also hinsichtlich der Verteilung der dunkeln und hellen Stellen in der Muskelfaser im schrofisten Gegensatze zu den Darstellungen ScHWALBE’s und HAmann’s. Bei Beobachtung weniger giinstig gefirbter Priiparate und Anwendung schwicherer VergréSerungen erhielten wir allerdings auch Bilder, die denen der genannten Autoren vollig entsprachen. Das in Figur 19 dargestellte Bild zeigt zwei sich kreuzende Systeme dunkler Streifen, die nicht in derselben Ebene gelegen sind, so daf nicht beide gleichzeitig mit derselben Deutlichkeit zu Tage treten. Bei wechselnder Einstellung wird daher bald das eine und bald das andere der beiden Liniensysteme deutlicher gesehen. Die helle Substanz bildet rhombische oder rechteckige, von den dunkeln Streifen eingefafte Felder. Nach unserer Ueber- zeugung bilden die stirker lichtbrechenden Teilchen der Faser einen ununterbrochenen Faden, der in der Form einer Spirale die Faser in der Richtung ihrer Achse umgiebt. Die Faser selbst ist im Bereiche ihrer Streifung nicht abgeflacht, sondern ziemlich gewolbt, so da’ ihr Querschnitt eine Ellipse ergiebt. Ob die beiden dunklen Liniensysteme einer einzigen Spirale angehdéren, deren dem Beobachter zugekehrte und abgewendete Halften sich kreuzen, wie BALLOWwITz und Wackwirz glauben annehmen zu miissen, oder ob die Ansicht, die ENGELMANN und KNOLL ver- treten, richtig ist, dahingehend, es handle sich um Anordnung der anisotropen Substanz in 2 verschiedenen Spiralen, vermégen wir vorlaufig noch nicht zu entscheiden, Ebenso unentschieden miissen 96 Heinrich BoShard, wir die Frage lassen, ob und wie weit diese doppelte Schrig- streifung sich auf einen Kontraktionsvorgang zuriickfihren 1]a8t. Der Umstand, daf} doppelt schraggestreifte Fasern mit glatten und lingsgestreiften Fasern gemischt vorkommen und durch ihren elliptischen Querschnitt von den letztgenannten sich unterscheiden, wiirde allerdings zu Gunsten derjenigen Ansicht sprechen, die in der doppelten Schriigstreifung den Ausdruck eines Kontraktions- zustandes erblickt. Knoiu dufert sich iiber diese Frage (1. c.) wie folgt: ,,Wenn ich den Unterschied des SchlieSmuskels von Lima inflata im verkiirzten und gedehnten Zustande mit Schlag- worten kennzeichnen sollte, mii%te ich den Muskel im ersten Falle als quergestreift, im letzteren als doppelt schriggestreift bezeichnen.“ Kine ausgesprochene Querstreifung haben wir bei Antedon aller- dings nie beobachten kénnen. c) Die Dorsalfasern. Die Ergebnisse unserer zahlreichen Farbungsversuche zeigten, daf ventrale Muskeln und Dorsalfasern den Farbstoffen gegeniiber sich wesentlich verschieden verhielten und daf die Dorsalfasern die Farbenténe der Bindesubstanzen annahmen. Wir verweisen hier in Bezug auf diesen Punkt auf friiher Gesagtes und auf die diesbe- ziiglichen Figuren 17,18 Von einigen Beobachtern, wie J. MULLER, Perrier, W. B. Carpenter, Cutnot, ist nachdriicklich der un- unterbrochene Zusammenhang der Dorsalfasern mit dem organischen Grundgewebe der Kalksegmente hervorgehoben worden. Eine der- artige Kontinuitaét ist in der That vorhanden und auch in unsern Priparaten aufs deutlichste ausgesprochen (vergl. Fig. 20). Durch dieselbe ist ein weiterer, nicht unwesentlicher Unterschied zwischen dieser Fasermasse und den ventralen Muskeln konstatiert, die, wie anderen Orts bemerkt worden ist, gegentiber der Kalkgrundsubstanz scharf abgegrenzt sind. Wahrend die Fasern der ventralen Muskeln im allgemeinen geradlinig verlaufen und nur ausnahmsweise kleinere Kriimmungen aufweisen, verfolgen die Dorsalfasern fast stets eine geschlingelte Richtung, in vielen Fallen zeigt die gesamte Faser- masse in ihrem mittleren Teile eine scharfe Kriimmung, deren Konkavitét dem Axialstrange zugekehrt ist, wahrend ihre Kon- vexitat sich nach dem aboralen Rande des Armes hinwendet. Der wellige Verlauf und der Umstand, da den Konkavititen einer Faser die Konvexititen der benachbarten Faser entsprechen, be- Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 97 dingen das Zustandekommen von Hohlriumen, die wie von Schleifen eingefaft erscheinen und zahlreichen Anastomosen inner- halb der gesamten Masse. In den Liicken zwischen den ein- zelnen Fasern bemerkt man ziemlich hiiufig rundliche, dunkel ge- firbte Kerne, die mit den friiher erwahnten, in das Maschenwerk der Kalkgrundsubstanz eingestreuten nach unserem Dafirhalten vollig identisch sind. Untersucht man eine etwas lockere Stelle im Faserwerk mit starken Vergréferungen, z. B. Zeiss hom. Immers. 2,0, Okular 8, so sieht man um diese Kerne herum eine allerdings nur sehr schwach tingierte Plasmamasse, deren Kontur genau _ festzustellen, uns nicht gelungen ist. Aber daf& es sich hier nicht, wie PErrrer behauptet, um blofe Kerne handelt, sondern um vollstandige Zellen, ist unsere durch viele Untersuchungen bekriftigte Ueberzeugung. Die Figuren 26 und 20, auf deren Erklarung wir hier verweisen, geben diese unsere Befunde wieder. Wir kénnen uns nicht entschlieSen, der Dar- stellung Prrrrer’s zu folgen, der in diesen Gebilden. nervése Elemente erblickt und aus dieser keineswegs einwandfreien An- nahme die Berechtigung ableitet, die Dorsalfasern als echte Muskeln in Anspruch zu nehmen. Wir lassen hier die diesbeziigliche Stelle aus der Arbeit Prrrier’s folgen: ,,Seuls les muscles hyalins nous ont paru richement innervés; la dénomination de ligament sous laquelle ils sont habituellement décrits est donc inexacte. Ce nom conviendrait beaucoup mieux aux muscles réfringents, les prétendus muscles des auteurs, dont les fibres se développent aux dépens de cellules spéciales et gardent chacune un noyau.“ Unsere An- nahme geht dahin, diese Zellen mit den Bindesubstanzzellen der Kalkgrundsubstanz zu identifizieren. In der Nahe des Axialstranges sind die Fasern langer und zeigen eine viel dichtere Anordnung als in der aboralen Rand- partie, wo sie nach aufen allmahlich kiirzer werden, wahrend gleichzeitig die zwischen ihnen liegenden Hohlraume gréfer werden, wodurch das ganze Faserwerk ein lockereres Gefiige erhalt. Figur 20 endlich diirfte tiber die Herkunft der Dorsalfasern AufschluS zu geben geeignet sein. Sie stellt ein Stiick des Grenz- bezirkes zwischen der Kalkgrundsubstanz und der Fasermasse dar. Die einzelnen Fasern entstehen durch Vereinigung von Fibrillen, die die Rander der Hohlriume bilden, zwischen denen sich die Intercellularsubstanz ausbreitet, um dann im Bereiche der eigent- lichen Fasern ganzlich zu verschwinden. Die die Fasern zu- Bd, XXXIV, N. F. XXVII- 7 98 Heinrich BofShard, sammensetzenden Fibrillen erscheinen also hier als Fortsetzungen, bezw. Differenzierungen der Grundsubstanz der Kalkkérper. Gegen die Mitte der ganzen Fasermasse hin werden die einzelnen Fasern stiirker, weil die Zahl der zu ihrer Bildung zusammentretenden Fibrillen zunimmt. So ist es auch begreiflich, dal’ manche Autoren die Dorsalfasern mit pinselférmig ausstrahlenden Enden dargestellt haben. An dieser Stelle mag auch noch ein Hinweis auf die Dar- stellung Platz finden, die Jon. MULLER in seiner schon mehrfach erwihnten Abhandlung (18) tiber die elastische Interartikular- substanz des Stengels und der Ranken von Pentacrinus caput Medusae gegeben hat. Das mikroskopische Bild, auf Grund dessen er die feinere Struktur der elastischen Interartikularsubstanz dar- stellte, muf in der Hauptsache mit Fig. 20 unserer Arbeit tibereingestimmt haben. Ein Vergleich des nachfolgenden Passus der MULLER’schen Abhandlung mit unserer Fig. 20 wird die Richtig- keit unserer eben ausgesprochenen Behauptung darthun. Jon. Muuer, (I. c. S. 195) sagt: ,,Untersucht man senkrechte Durch- schnitte (vertikale Langsschnitte) dieser Substanz unter dem Mikro- skop, so sieht man alsobald, dafi dieselbe aus lauter senkrecht stehenden Fasersiiulchen besteht, die durch Reihen bogenférmiger Schlingen einfacher Fasern verbunden sind. Dies wird sehr deut- lich, wenn man die senkrechten Faserbiindel von einander zieht. Sobald der Zug nachlalit, nahern sich die Saulchen einander wieder und dies geschieht durch bogenformige Schlingen, welche mit den regelmabigsten Arkaden in ganz gleichen Abstinden aus einem Fasersiulchen in das andere tibergehen. Jede Arkade wird nur aus einer einzigen glatten primitiven F'aser von ungemeiner Fein- heit gebildet, deren Schenkel sich in die Faserséulchen verlieren. Merkwiirdig ist ferner, dali die Arkaden in der oberen (distalen) und unteren (proximalen) Halfte der Dicke der Interartikular- substanz entgegengesetzt sind, die oberen Arkaden sind nach oben, die unteren nach unten konvex. Das Verhalten der Bogenschenkel in den senkrechten Fasersiulchen laft sich nicht direkt aufklaren ; denn der Versuch, die Fasersiulchen selbst in Beziehung auf ihren Zusammenhang mit den Bogen zu zergliedern, mifilingt. Beim Zerlegen der Fasersiulchen tiberzeugt man sich nur, daf diese Saulchen nichts anderes sind als die Biindel aller Fasern, welche in den Arkaden sich entwickeln. Bei der weiter versuchten Isolierung der Fasern in den Saiulchen verschieben sich die Arkaden, und die so wunderbar regelmiige Figur wird verwirrt und unentwirrbar.* Endlich miissen wir hier noch derjenigen zelligen Elemente Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 99 gedenken, die sich in denjenigen Partien der Kalkgrundsubstanz vorfinden, die unmittelbar an die Dorsalfasermasse der Arme an- erenzen und hier wegen ihres haufigen Auftretens den Ursprung der einzelnen Fasern verdecken, bezw. seine Feststellung ganz er- heblich erschweren. Diese Zellen finden sich tibrigens auch in den Partien der Kalkgrundsubstanz, die den Fasern der Syzygien und der Rankengelenke benachbart sind; dagegen haben wir sie auf der Héhe der echten ventralen Muskeln nie nachweisen kénnen. Die einen dieser Zellen — sie sind in Fig. 22 dargestellt — sind meist von ovoider Gestalt und scharf konturiert. Das Plasma ist fast immer nur schwach gefairbt und verraét eine kérnige Be- schaffenheit. Sehr charakteristisch ist fiir diese Zellen die Lage des elliptischen, stark tingierten Kernes. Er befindet sich immer in einer hellen Zone in unmittelbarer Nahe des Zellrandes, in den meisten Fallen am spitzen Pole der Zelle selbst. Diese Zellen zeigen keine Spur von Fortsatzbildungen und stehen auch mit den Fasern resp. ihrem Ursprung nach unserer Ueberzeugnng in keinem Zusammenhang. Neben diesen Elementen, tiber deren Natur und Bedeutung wir uns ein abschlieSfendes Urteil noch nicht haben bilden kénnen, giebt es noch Zellen, die man wegen ihrer charakteristischen Gestalt als birnformig bezeichnen kénnte. An diesen Zellen lief sich stets ein Fortsatz nachweisen und ein Stiick weit in die Fasermasse hineinverfolgen. Zellplasma und Fortsatz sind sehr fein gekérnelt und nur schwach gefiarbt. Der ebenfalls elliptische Kern liegt auch in einer hellen Plasmazone dem vorderen, seitlichen Rande der Zellen angeschmiegt. PERRIER nennt diese in den Randzonen der Fasermasse auftretenden zelligen Elemente »gros éléments fortement colerés par l’éosine et le carmin“ und erblickt in ihnen Gebilde nervéser Natur, die mit Nervencentren in Verbindung stehen sollen. Wir halten diese von PERRIER ver- tretene Ansicht vorliufig noch als nicht gentigend begriindet, unsere Priparate vermégen uns nimlich nicht diejenigen Auf- schliisse zu geben, die berechtigen wiirden, uns den Schluifolge- rungen des franzésischen Autors anzuschliellen. Wir enthalten uns daher mit Cunnor jeder bestimmten Meinungsiuserung tiber die erwihnten Gebilde und begniigen uns vorlaufig damit, ihre Existenz bei Antedon zu konstatieren. Die Resultate, zu denen uns unsere Untersuchungen tiber die Dorsalfasern von Antedon gefiihrt haben, nétigen uns, uns der von den alteren Forschern vertretenen Ansicht anzuschlielien, d. h. 100 Heinrich Boghard, die Dorsalfasermasse nicht als Muskeln im Sinne der ventralen Muskeln, sondern etwa als elastische Fasermasse aufzufassen. d) Die ligamentése Fasermasse. Auf Armlingsschnitten, die den Axialstrang des apicalen Nervensystems treffen, beobachtet man zwischen der ventralen Muskulatur und der Masse der Dorsalfasern eine 3. Fasergattung, die von Jon. MULLER als ,,Interartikularsubstanz“, von W. B. Car- PENTER als ,,Interarticular Ligament‘* bezeichnet, von den neueren Untersuchern aber nicht besonders hervorgehoben und beschrieben worden ist. Diese Fasermasse hebt sich durch ihr dichtes Ge- fiige und die spezifische Farbung, die sie erlangt, scharf von den benachbarten Gewebepartien ab (vergl. Fig. 18). Bei Anwendung des nach vAN Girson hergestellten Farbengemisches erhalten diese Fasern einen dunkelvioletten, fast blauen Ton, wahrend, wie Fig. 18 zeigt, die ventralen Muskeln bréunlich und die Dorsalfasern rétlich erscheinen. Bei starker Vergréferung (1000) untersucht, weist sie auch in ihrer feineren Struktur nicht unwesentliche Unterschiede gegentiber der Dorsalfasermasse auf. Vergl. Fig. 21 und die dazu gehérige Erklirung. Die einzelnen Fasern sind viel dinner und bedeutend kiirzer als die Dorsalfasern. Sie sind ferner in eine Grundsubstanz eingebettet, die bekanntlich zwischen den letzteren fehlt. Neben starkeren Fasern liegen noch zahlreiche schwache Faserchen in der Grundsubstanz, so dal das Priparat als ganzes ein filzartiges Aussehen bekommt. Zwischen den stairkeren Fasern sieht man dieselben rundlichen Kerne, die sich auch in der Dorsal- fasermasse vorfinden; nur gelingt es hier nicht, den dazu gehoérigen Zellenleib nachzuweisen. Was die Beziehungen dieser Fasermasse zur organischen Grundsubstanz der Kalkkérper anbetrifft, so scheinen sie ebenfalls sehr enge zu sein; den gegenseitigen Zu- sammenhang genauer festzustellen, gelang uns nicht, weil das Ge- fiige des Faserwerkes gerade an den Ursprungsstellen sehr dicht ist. Die Fasermasse als Ganzes macht den Eindruck, als wiirde sie an ihren beiden, den Gelenkfliichen zugekehrten Enden in einer zur Langsachse der Arme senkrechten Richtung mehr oder weniger stark gepreft sein. Auffallend ist auch die Thatsache, dal die Langsschnitte im Bereiche dieser Fasermasse fast immer Risse bekommen, gelegentlich fallt sogar die gesamte Masse aus dem Schnitte heraus. Offenbar sind die Grenzzonen hier stark ver- Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 101 kalkt, und héchst wahrscheinlich setzt sich der Prozef der Kalk- ausscheidung auch noch im Bereiche der Fasermasse selbst fort. JoH. MULLER und W. B. CARPENTER haben dieser Fasermasse die Bedeutung eines blofen Ligamentes zugeschrieben. Wir unserer- seits méchten ihr, wie der dorsalen Fasermasse, auch noch elastische Kigenschaften zuerkennen. Zu dieser Annahme veranla8t uns in erster Linie die Lage, die sie zwischen den artikulierenden Flachen einnimmt. Ihre Fasern liegen namlich nicht, wie W. CARPENTER angiebt und in Fig. 6 Taf. XLIII |. c. darstellt, ausschlieflich ventral vom Axialkanal, d. h. auf gleicher Seite mit den ventralen Muskeln, sondern, wie unsere Liangsschnitte unzweifelhaft darthun, in ihrer Hauptmasse dorsal vom Axialstrang, bezw. zwischen ihm und den Dorsalfasern. Wiirden ihr nun elastische Eigenschaften vollstindig abgehen, so wiirde sie die Kontraktionswirkung der ventralen Muskulatur sowohl als auch die Elasticitaétswirkung der Dorsalfasern nicht unwesentlich beeintrachtigen. Besitzt sie aber Elasticitat, was nach ihrer histologischen Struktur keineswegs aus- geschlossen ist, so summiert sich die Elasticitaétswirkung stets mit derjenigen der Dorsalfasern, indem bei der Kontraktion der ven- tralen Muskeln der dorsal vom Axialstrang gelegene Teil ihrer Fasern mit den Dorsalfasern durch Zugwirkung gedehnt, der ven- tral gelegene Teil ihrer Fasern gleichzeitig zusammengepreft wird. Hort die Wirkung der Muskelkontraktion auf, so ziehen sich alle dorsal vom Axialstrang gelegenen Fasern zusammen und zwar in dem Mae, wie sie durch die Muskelwirkung gedehnt wurden, wahrend die ventral vom Axialstrang gelegene Faserpartie aus dem Zustande der Pressung in denjenigen der Dehnung iibergeht, der Muskelkontraktion demnach ebenfalls antagonistisch entgegen- wirkt. So lassen sich nach unserem Dafiirhalten die apicalwarts warts erfolgenden Armbewegungen von Antedon durch bDlofe Elasticitatswirkung der mittleren und dorsalen Fasermassen hin- reichend erklaren, ohne dali man gendtigt ist, den in Frage stehenden Fasermassen den Charakter echter Muskeln zuzuschreiben und sich dadurch mit den histologischen Befunden und Thatsachen in schroffsten Gegensatz zu stellen. e) Die Fasermasse in den Syzygien. Zwischen den Fasern, die in den Syzygien die organische Verbindung zwischen 2 Skelettstiicken herstellen und den Dorsal- fasern der Armgelenke vermégen wir einen wesentlichen Unter- 102 Heinrich Bofkhard, schied nicht herauszufinden. Die beiden Fasermassen sind nur in der Lange der einzelnen Fasern verschieden. Auf ihr tiberein- stimmendes Verhalten gegeniiber Farbstoffen ist friiher schon hin- gewiesen worden. Auch in den Syzygien bilden die Fasern an ihren Ursprungsstellen jene Schleifen, wie wir sie als Kinfassungen von Hohlraiumen friiher schon kennen gelernt haben. Jene S. 99 er- wihnten und in Fig. 22 dargestellten Zellen finden sich in den an die Syzygialfasern grenzenden Zonen der Kalkgrundsubstanz wieder, Wollte man also, dem Beispiele der neueren lorscher folgend, die Dorsalfasern als muskulése Elemente auffassen, so miilite man diese Auffassung notwendigerweise auch auf die Syzygialfasern ausdehnen und die Definition der Syzygie als einer unbeweglichen Nahtverbindung vollends preisgeben. HAMANN spricht sich (1. c. S. 127) tiber diesen Punkt folgendermafen aus: ,,Ob man die Fasern in den Syzygien — das sind die Nahtverbindungen, welche 2 Armglieder an Stelle der Muskulatur verbinden kénnen — ebenfalls fiir muskulés erkliren will oder nicht, das hangt ganzlich vom Belieben ab. Eine strenge Grenze zwischen elastischer Faser und kontraktiler Faserzelle kann ich nicht auffinden. Natiirlich erscheint es mir aber, wenn man die Armnahte als nur aus elastischen Fasern bestehend an- sieht, denen allerdings ein gleicher Bau zukommt wie den kon- traktilen Faserzellen.“‘ Diese vollkommene Uebereinstimmung, welche hinsichtlich der feineren Strukturverhaltnisse zwischen Syzygial- und Dorsalfasern thatsachlich besteht, ist fiir uns ein Grund mehr, die letzteren nicht als Muskeln zu betrachten und der alteren Auffassung den Vorzug zu geben. f) Die Fasern in den Rankengelenken. Die Fasern, welche 2 Cirrensegmente miteinander verbinden, sind von jeher als mit den Dorsalfasern in jeder Beziehung iiber- elnstimmend dargestellt worden. Da unsere Praparate und Unter- suchungen nur eine Bestatigung dieser Auffassung ergeben haben, so kénnen wir hier unter Hinweis auf die Ausfiihrungen iiber die Dorsalfasern auf eine Beschreibung der Rankenfasern verzichten. Vom histologischen Standpunkte aus kénnen daher diese Faser- massen ebensowenig als echte Muskeln in Anspruch genommen werden wie Dorsal- und Syzygialfasern. Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 103 V. Schlufbemerkung. Die vorstehenden Untersuchungen haben ergeben, daf zwischen den ventralen Armmuskeln von Antedon einerseits und den Dorsal- und Rankenfasern andererseits in Bezug auf ihre feinere Struktur, ihr Verhalten gegeniiber den Farbstoffen und chemischen Reagenzien so weitgehende, wichtige Unterschiede bestehen, da’ es vom histo- logischen Gesichtspunkte aus durchaus unstatthaft ist, Dorsal- und Rankenfasern als Elemente des Muskelgewebes aufzufassen. Wie verhalten sich nun diese Befunde der mikroskopischen Unter- suchung mit den physiologischen Thatsachen? Halt man an dem durch die histologischen Befunde gewonnenen Standpunkte auch bei der Beurteilung der physiologischen Erscheinungen fest, so kann nur die nach oben, d. h. oralwirts erfolgende Kriimmung der Arme als Folge von Muskelkontraktionen betrachtet werden. Das Strecken und Kriimmen der Arme gegen den Apex des Kelches hin, wie man es besonders schén beim Schwimmen der Tiere beobachten kann, darf dagegen, wie a. a. O. bereits angefiihrt worden ist, nur auf Elasticitatswirkung der ligamentésen und dor- salen Fasern zuriickgefiihrt werden. Daf die Elasticitat der in Frage stehenden Fasermassen vollkommen ausreicht, um die apical- wirts erfolgenden Armbewegungen der Tiere zu erkliren, scheint uns aufer Zweifel zu sein, giebt es ja doch unter den Lamelli- branchiern Formen, wie Pecten, die durch abwechselndes Oeffnen und Schliefen ihrer Schalenhalften ebenso elegant im Wasser schwimmen wie Antedon, und doch ist unseres Wissens das Oeffnen der Schale auch nur auf die elastische Wirkung des SchloSbandes und nicht auf Muskelkontraktion zuriickzufiihren. Da’ bei der Abwartsbewegung der Arme ihre eigene Schwere fordernd ein- wirkt, ist einleuchtend. Zur Stiitze der von uns vertretenen ilteren Ansicht diirfte auch die nachfolgende, mehrfach beobachtete That- sache beitragen. Bei Reizung des Apicalstranges abgeschnittener Arme, die, beiléufig bemerkt, ihre Lebensfaihigkeit oft erst nach 10—14 Tagen einbiifen, konstatierten wir als erste Reaktions- erscheinung stets ein Einrollen des Armes in oraler Richtung und darauf ein Strecken. Niemals aber sahen wir auf einen Reiz hin die Arme sich apicalwarts beugen und einrollen und nachher sich ventralwarts strecken, was doch wohl ebenso gut der Fall sein miiSte, wenn den ventralen Muskeln als Antagonisten auch Muskeln von derselben histologischen und physiologischen Natur gegeniiber- 104 Heinrich BoBhard, stehen wiirden. Gegen diese altere Ansicht ist auch der Kinwand erhoben worden, dali die Tiere mit weit ausgebreiteter Armkrone absterben miften, wenn die Antagonisten keine echten Muskeln, sondern nur elastische Ligamente darstellten, indem ja die er- schlatienden Muskeln nicht mehr imstande waren, die Elasticitats- wirkung der Bandmassen zu kompensieren. Nun zeige die Er- fahrung, dal Antedon stets mit geschlossener Armkrone absterbe (Lana |. c¢.). Demgegeniiber ist zu bemerken, da bei Ueber- fiihrung der Tiere in Mischungen von Meer- und Siifwasser in zahlreichen Fallen ein Absterben nicht nur mit flach ausgebreiteter Armkrone, sondern sogar mit vollstindig gegen den Kelch zuriick- geschlagenen Tentakeln beobachtet werden konnte. Auch PERRIER hat die namliche Beobachtung gemacht, wenn er die Tiere lebend in Alkohol tauchte. Auffallig ist nun, daf derselbe Autor die beiden total verschiedenen Absterbeerscheinungen dazu benutzt, um die muskulése Natur der Antagonisten nachzuweisen. Lassen wir ihm in Bezug auf diesen Punkt selbst das Wort. Er sagt (1. c. S. 187): ,,Lorsque Panimal meurt, les muscles se relachant et ne contrebalangant plus les effets de Vélasticité des ligaments, il (Vanimal) devrait mourir les bras largement étendus. Or, il nen est rien“ und weiterhin ,quand on plonge brusquement une Comatule dans l’alcool, elle rabat volontairement tous ses bras du coté dorsal et meurt dans cette attitude; ce mouvement ne peut guére s’expliquer que par une contraction des prétendus ligaments, qui doivent, des lors, étre considérés comme des muscles.“* Im ersten Falle wiirde also die muskulése Natur der Antagonisten die Ursache der Absterbens mit eingerollter Arm- krone sein, im zweiten Falle wiirde dieselbe Eigenschaft der An- tagonisten geeignet sein, das Absterben mit entfalteter Armkrone zu erkliren. Wir vermégen in den angefiihrten Thatsachen keine Stiitze fiir die neuere Ansicht zu erblicken. Sie zeigen vorlaufig nur, da’ das Verhalten der Armkrone bezw. der Muskeln und der Antagonisten beim Absterben bedingt ist durch die jeweilige Todes- ursache. ‘Tritt der Tod unter normalen Bedingungen ein, so er- halt sich die ventrale echte Muskulatur im Zustande der Kon- traktion, sie erschlafft und erhalt sich in diesem Zustande, sobald der Tod plétzlich und in Folge einer Vergiftung herbeigefiihrt wird. Nimmt man, wie die neueren Zoologen es thun, die Dorsal- fasern als echte Muskeln in Anspruch, so wird man dasselbe auch gegentiber den Fasern in den Gelenken zwischen Costale I und Costale II und Brachiale I und Brachiale Il thun miissen. Man Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 105 wird auch genétigt sein, diesen Fasermassen dieselben physio- logischen Leistungen zuzuschreiben wie ihren Antagonisten in den iibrigen Armgelenken. Man wird ferner nicht leicht eine be- friedigende Antwort auf die Frage finden, warum gerade in jenen 2 Gelenken nur Muskeln der einen Art zur Ausbildung gelangen, wihrend in allen anderen Armgelenken beiderlei Muskeln vor- kommen. Ebenso unverstandlich wiirde die Thatsache sein, dal bei physiologisch gleichen Leistungen an einem und demselben Tiere Muskeln vorkommen, die in Bezug auf ihre histologische Beschaffenheit und ihr chemisches Verhalten ganz enorme Unter- schiede aufweisen. Der Umstand, daf in den vorhin genannten Gelenken echte Muskeln fehlen, scheint uns zu beweisen, daf die vermeintlichen Muskeln der neueren Zoologen auch hinsichtlich ihrer physiologischen Leistungen von ihren Antagonisten differieren. Jene Gelenke gestatten wegen der vertikalen Richtung ihrer Achse nur eine Drehung in horizontaler Richtung von zudem sehr ge- ringem Ausmaf. Ein passiv erfolgendes seitliches Hin- und Her- bewegen der Arme in diesen Gelenken, wie JoH. MULLER es an- nimmt, reicht jedoch fiir die Bediirfnisse des Tieres hinsichtlich der Beweglichkeit seiner Arme vollstindig aus. Da wo also aktive energische Bewegung nicht gefordert wird, fehlen die echten ven- tralen Muskeln. Nach unserer Ueberzeugung hat also die von den alteren Zoologen vertretene Auffassung gegeniiber der neueren Ansicht entschieden die gréfere Berechtigung, wenn sie auch nicht auf alle sich aufdrangenden Fragen eine véllig befriedigende Auf- klirung zu bieten vermag. So steht sie im Widerspruch mit der Beweglichkeit der Ranken. Was nimlich die Fahigkeit der letzteren anbetrifit, aktive Bewegungen auszufiihren, so wird dieselbe, wie eingangs dieser Arbeit bemerkt worden ist, von den Alteren Autoren entschieden in Abrede gestellt, von den neueren Unter- suchern, wie JICKELI, HAMANN, PERRIER und CuENoT dagegen ebenso entschieden bejaht. Zahlreiche Beobachtungen, die wir in Neapel an lebenden Tieren zu machen die Gelegenheit hatten, brachten uns zu der festen Ueberzeugung, daf} die Ranken in der That aktiv bewegliche Gebilde sind. Ihre Bewegungen erfolgen aber, wie iibrigens Cugnor schon bemerkt, auferordentlich lang- sam und unterscheiden sich in dieser Beziehung in weitgehender Weise von denjenigen der Arme. Fiir diese Thatsache eine ein- wandsfreie Erklarung zu geben, ist fiir uns eine Sache der Un- moglichkeit. 106 1) 2) a 3) 8) 9 Sa 10) 11) 12) 13) Heinrich Bofghard, Litteraturverzeichnis. Baxiowirz, E., Ueber den feineren Bau der Muskelsubstanzen. Scuutrze’s Archiv, Bd. XXXIX. Batuer, F. A., The Term ,Syzygy“ in the Description of Crinoids. Zool. Anzeiger, Bd. XIX, 1896, No. 495 u. 501, Leipzig 1896. Carpenter, W. B., Researches on the structure, physiology and development of Antedon rosaceus. Philos. Transactions, Vol. 156, Part II, 1866. —, On the nervous system of Crinoidea. Proceed. Roy. Soc. 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L’institut, 1835. 26) Voer und Yune, Lehrbuch der prakt. vergleich. Anatomie, Bd. J, Braunschweig 1888. 27) Wackwirz, Juu., Beitrage zur Histologie der Molluskenmuskula- tur, speziell der Heteropoden und Pteropoden. Zool. Beitrage, Bd. III, Heft 3, Breslau 1892. 108 Heinrich BoShard, Figurenerklirung. Bedeutung der Buchstabenbezeichnungen der Figuren. Aa Oeffnung des Axialkanales der Armglieder. r a i “ » Rankenglieder. Br,, Br., Br,, Br, 1. 2. 3. und 4. Brachialglied. z Bindesubstanzzellen. C, Costale primum. Opes secundum. Df Dorsalfasermasse. Dfg Gelenkgrube zur Aufnahme der dorsalen Fasern. Ds Dorsaler Sinus des Armcéloms. Gs Genitalsinus. Gr Genitalrhachis. Hsp Horizontales Septum. Kgs Kalkgrundsubstanz. Lf Ligamentise Fasermasse. Lfg Gelenkvertiefung zur Aufnahme der ligamentésen Fasermasse. | M Muskulatur. Mg Grubenférmige Vertiefung in den Gelenkflachen zur Aufnahme der ventralen Muskeln. Nf Nakrungsfurche der Arme. P Pinnula. Po Orale Pinnula. R Radiale. Rk Radiarkanal des Wassergefafsystems. Rf Fasermasse der Rankengelenke. Rn Radiiirer Nerv des oberflachlichen oralen Systems. S Sacculi. San Strang des apicalen Nervensystems. Sg Syzygie. Sgf Fasern der Syzygie. T Tentakel. Tk Tentakelkanal. Vs Ventraler Sinus des Armcéloms, Vsp Vertikales Septum. Zd Centrodorsalplatte, Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 109 Tafel, LEE Fig. 1. Dorsalansicht des Kelches und der ersten Armglieder von Antedon rosacea nach Entfernung der Ranken. Die Ansatz- stellen der letzteren im Centrodorsale sind zum Teil eingezeichnet. Vergréferung ca. 18. Fig. 2. Schematische Darstellung der Verteilung der Syzygien und Pinnulae in den Anfangsteilen eines Armpaares. Die durch eine Syzygie verbundenen Skelettstiicke sind durch einen grauen Ton heryorgehoben. Tafel FV, Fig. 3. Ventralansicht der pentagonalen Basis des Kelches mit den ventralen Flachen der Radialia. VergréfSerung ca. 15. Fig. 4. Ventralansicht der pentagonalen Basis des Kelches, der Radialia, Costalia I und If und der Brachialia I. Diese Figur zeigt ferner die grofen, fir die ventrale Muskulatur aufgesparten Gelenkgruben, sowie in der Tiefe gegen den Axialkanal hin die Konturen der von der ligamentésen Fasermasse, die ebenfalls ein- getragen ist, occupierten Vertiefungen. Gezeichnet nach einem langere Zeit mit Aetzkalilauge behandelten Praparate. Die Muskeln sind der Einwirkung des Reagens lingst erlegen, wihrend die iibrigen Fasermassen sich fast intakt erhalten haben. Fig. 5. Distale Flache eines Radiale, mit der proximalen Flache des Costale I artikulierend, zeigt die Oeffnung des Axial- kanals (Aa), die vertikale und die horizontale Gelenkleiste, die grubenartigen Vertiefungen zur Aufnahme der ventralen Muskeln (Mg), der ligamentésen (fg) und der dorsalen Fasermasse (Df). Vergréferung ca. 15. Fig. 6. Distale Flache eines Costale I, mit der proximalen Flache eines Costale II gelenkig verbunden, zeigt wieder die Oeff- nung des Axialkanales (Aq) in der vertikalen Gelenkleiste und jeder- seits eine grubenartige Vertiefung fiir die verbindenden Faser- massen (Lfg). Diese Gelenkverbindung hat keine echten Muskeln. Vergréferung ca. 15. Fig. 7. Distale Flache eines Costale I, mit den proximalen Flachen der beiden Brachialia I artikulierend, zeigt die vertikal gerichtete Hauptleiste, die beiden schief von unten und innen nach auBen und oben verlaufenden Querleisten, die zwei von der Mitte der Ventralseite schief nach unten gerichteten Leisten, die doppelte Miindung des Axialkanals (Aa) und 10 Vertiefungen zur Aufnahme von Muskeln (Mg), ligamentésen (Zfg) und dorsalen Fasern (Df). Die distale Fliche eines Costale II ist doppelt, da sie mit der proximalen F'liche eines jeden der beiden Brachialia I des Armpaares gelenkig verbunden ist. Fig. 8. Ansicht einer Flache, die mit der ihr zugekehrten Flache des benachbarten Armgliedes eine Syzygie bildet. Von der 110 Heinrich Bofghard, Oeffnung des Axialkanals strahlen radienartig vorspringende Leisten gegen die Peripherie des Gliedes aus. Auf der ventralen Seite ist die Vertiefung der Ambulacralfurche sichtbar. Paiel, V- Fig. 9. Darstellung einer pfannenartigen Vertiefung im Centro- dorsale zur Vermittelung der Artikulation mit der proximalen Flache des 1. Basalgliedes einer Ranke. Quer durch die Vertiefung hin- durch geht ein elliptisch konturierter Wulst, der in seiner Mitte die Oeffnung des Axialkanales der Ranke (Av), umgeben von einer seichten Vertiefung, zeigt. Die Figur ist stark vergréfert. Fig. 10. Seitenansicht eines Basalgliedes einer Ranke. Fig. 11. Dasselbe von seiner distalen Fliche gesehen, zeigt den vorspringenden Wulst mit der Oeffnung des Axialkanals (Ar). Fig. 12. Dasselbe von seiner proximalen Fliche gesehen, zeigt den Gelenkwulst, aber mit einer Vertiefung, in deren Mitte sich der Axialkanal (Ar) 6ffnet. Fig. 13 stellt die Basalglieder einer Ranke, von der Seite ge- sehen, dar. Der Gelenkwulst der distalen Flachen erscheint als zapfenformiger Vorsprung. Der Axialkanal, der hier noch streng der Achse eines jeden Ghedes folgt, schimmert durch. Fig. 14. Seitenansicht der beiden Endglieder einer Ranke. Das letzte Glied zeigt die scharf zugespitzte, aboralwarts gekriimmte Klaue und ihr gegeniiber den ebenfalls dorsal gerichteten, dorn- artigen Fortsatz. Auch hier ist der durchschimmernde Axialkanal in seiner Kontur angedeutet. Tafel VL Fig. 15. Querschnitt durch einen entkalkten Arm, so gefiihrt, dafi die Dorsalfasermasse getroffen ist. Gezeichnet mit Camera, Reicuert Obj. 4b und Okular 3. Die Zeichnung giebt genau die Farbenténe wieder, die das Praparat durch Anwendung der 8. 90 beschriebenen v. Greson’schen Farbemethode erlangt hat. Fig. 16. Querschnitt durch einen entkalkten Arm, so gefiihrt, da’ die Kalkgrundsubstanz quer getroffen ist. Die Farbenténe der Zeichnung entsprechen wiederum denen des nach vy. Girson’scher Methode gefarbten Priparates. Tafel VII. Fig. 17. Liangsschnitt durch ein entkalktes Armstiick, ge- zeichnet mit Camera, Retcuert, Obj. 4b, Okular 3. Die Farbentéine der Zeichnung entsprechen den Farben des nach vy. Grmson’scher Methode gefirbten Praparates. Kgs Kalkgrundsubstanz, Df Dorsal- fasern, M Ventrale Muskulatur, Sgf Fasermasse einer Syzygie, Bg unverkalkte Bindesubstanz. Verbindungsweise der Arm- u. Rankenglieder von Ant. ros. 111 Fig. 18. Armlangsschnitt, gezeichnet mit Camera, RueicHyrt Obj. 4b, Okular 3. Der radiare Strang des aboralen Nervensystems (San) ist in seiner ganzen Linge getroffen, ebenso ist die ligamen- tise Fasermasse (Lf) in ihrer Langsrichtung geschnitten und sticht durch ihre intensivere Farbung von den Dorsalfasern (Df) ab. Die Farbenténe entsprechen wiederum den Farben des nach v. Grmson- scher Methode gefiirbten Praparates. Das Priiparat zeigt auch 2 Syzygien, bezw. ihre Fasermasse (Sgf). Die Figur soll nur die durch die Farbung erhaltenen Differenzierungen der verschiedenen Gewebepartien darstellen. Daher fehlt iiberall die Ausfiihrung der Details. Tete laser re Fig. 19. Stiicke von 2 Muskelfasern aus einem ventralen Muskelbiindel mit doppelter Schrigstreifung. Gezeichnet mit Camera, Zeiss, homog. Immersion 2,0, Okular 8. Vergréferung 1000. Das Praiparat ist mit Himatoxylin nach Boéumer vorgefarbt und mit Enruicu-Bronpischem Farbengemische nachgefarbt. Fig. 20. Stiick aus der dorsalen Fasermasse und dem an- grenzenden Bezirke der Kalkgrundsubstanz, zur Darstellung der engen Beziehungen, die zwischen den beiden Massen bestehen. Die Figur zeigt auch den Ursprung der Fasern, ihre Beziehungen zu einander, die Hohlriume, die sie nach Art von Schleifen einfassen, die zwischen ihnen liegenden Zellen mit den rundlichen Kernen. In der Kalkgrundsubstauz treten dieselben Zellformen vermischt mit anderen rundlichen, fortsatzlosen, in ihrem Wesen noch dunklen Zellen, wie sie sich (vergl. Fig. 22) auch in der Nahe der Ranken- fasermassen vorfinden, auf. Die rundlichen Hohlraume in der Kalk- grundsubstanz sind vor der Entkalkung mit Kalk ausgefillt ge- wesen. Gezeichnet mit Camera, Zniss, homog. Immersion 2,0, Okular 6. VergréfSerung 750. Fig. 21. Stiick aus der ligamentésen Fasermasse. Die ein- zelnen Fasern sind viel kiirzer als die Dorsalfasern und liegen in einer Grundsubstanz, die im Bereiche der letzteren fehlt. Die Faser- masse hat bei starker Vergréferung ein filziges Aussehen. Die zu den rundlichen Kernen gehérenden Zellkérper sind nicht sichtbar. Die Fasermasse erhalt durch Farbung mit dem y. Grmson’schen Gemisch einen dunkelvioletten Ton, wahrend die Dorsalfasern rétlich- violett gefarbt sind. Gezeichnet mit Camera, Zrtss, homog. Immers. 2,0, Okular 6. Vergréferung 750. Fig 22. Zellen, die sich in denjenigen Bezirken der Kalk- grundsubstanz vorfinden, die unmittelbar an Dorsal-, Ligament- und Syzygialfassermassen grenzen. Offenbar sind diese Zellen identisch mit den Prrrimr’schen ,masses ganglionnaires*. Gezeichnet nach einem mit Himatoxylin und Eosin gefirbten Rankenlangsschnittpraparate mit Camera, Zeiss, homog. Immers. 2,0, und Okular 8. Vergréferung 1000, 112 BoShard, Verbindungsw. d. Arm- u. Rankenglieder v. Ant. ros. Fig. 23. Stiick der Kalkgrundsubstanz einer Ranke. Nach einem mit Himatoxylin und Pikrinsiure gefarbten Langsschnitt- priparate gezeichnet mit Camera, Reicnert, Obj. 8a und Okular 3, Fig. 24. Rankengelenk, nach einem entkalkten, mit Pikro- karmin gefairbten Totalpraparat gezeichnet. Camera, Zuniss 8,0, Okular 2. Der Axialkanal ist gegen den ventralen Rand der Ranke hin verschoben. Die dorsal yon ihm liegende Fassermasse ist michtiger als die ventrale, und ihre Fasern sind bedeutend linger. Fig. 25. Tangentialer Langsschnitt durch die Fasermasse eines Rankengelenkes und die Kalkgrundsubstanz der verbundenen Glieder. Gezeichnet mit Camera, RetcHert, Obj. 4b und Okular 3. Fig. 26. Zellen, die zwischen den Biindeln der Rankenfasern liegen, von Prerrisr als blofe Kerne aufgefaft und bezeichnet. Nach einem Lingsschnittpraparate gezeichnet mit Camera, Zuiss, homog. Immers. 2,0 und Okular 6. Vergréferung 750. Untersuchungen iiber das Grosshirnmark der Ungulaten. Von Kaspar Schellenberg aus Ziirich. Hierzu Tafel IX—XII und 44 Figuren im Text. Kinleitung. Das Centralnervensystem der Vertebraten ist im Verlaufe der letzten Jahre in vergleichend-anatomischer Beziehung von zahl- reichen Autoren eingehend studiert worden. Unter den Vertretern der niederen Tiere hat das Gehirn der Fische, Amphibien und Reptilien zahlreiche, unter den Choriaten haben einzelne Vertreter der Edentaten, der Cetaceen, der Rodentier, Insectivoren und Carnivoren mehr als einen Bearbeiter gefunden. Auch das Gehirn der Monotremen und Marsupialier ist neuerdings untersucht worden, desgleichen haben mehrere Forscher das Centralnervensystem der Primaten eingehend studiert. Vor allem ist das Gehirn des Menschen sowohl nach Formverhaltnissen wie mit Riicksicht auf die Histologie und unter Anwendung der vergleichend-anatomischen Methode bearbeitet worden. Was dagegen die wichtige Ordnung der Ungulaten anbetrifft, so finden sich in der bisherigen Litte- ratur nur vereinzelte und im ganzen wenig in die Details dringende Arbeiten. Noch von keiner Seite hat diese wichtige, systematisch wohl begrenzte Tiergruppe beziiglich Form und Architektonik des Grofhirns in zusammenhangender Weise und mit modernen Unter- suchungsmethoden eine Bearbeitung erfahren. So habe ich mir die Aufgabe gestellt, das Grofhirn der Un- gulaten an der Hand eines gréferen Materials sowohl hinsichtlich der Oberflachenverhaltnisse und der makroskopischen Beziehungen der Rinde zum Grofhirnmark als hinsichtlich der mikroskopischen Ver- haltnisse zu studieren. Letzteres geschah unter Anfertigung von liickenlosen Schnittserien durch das ganze Organ eines jeden Hauptvertreters dieser Tierordnung (Ziege, Schaf, Rind, Pferd, Bd, XXXIV. N. F. XXVII 8 114 Kaspar Schellenberg, Schwein). Ueberdies untersuchte ich 5 Ziegengehirne, die neu- geboren an der Hirnoberflaiche operiert wurden, und eines mit Enukleation eines Augapfels. Endlich unterwarf ich mehrere im hirnanatomischen Laboratorium aufbewahrte Schnittserien von operierten Katzen- und Hundegehirnen einer eingehenden Revision und verglich ich diese Priparate mit den von mir verfertigten. Bei der Bearbeitung dieses Gehirnmaterials ging ich von den bekannten, bei Carnivoren und beim Menschen festgestellten Ver- haltnissen aus und war bemiiht, die einzelnen Windungsgruppen bei den Ungulaten nach ihrer phylogenetischen Entwickelung so- wie in Bezug auf ihre Homologie einer sorgfaltigen Betrachtung zu unterziehen. Im ferneren unterwarf ich den Markkoérper einer griindlichen vergleichend-anatomischen Untersuchung, da sich bis jetzt niemand fiir diese Frage verbreitet hat. Im Anschlusse hieran versuchte ich auch die Faserverhaltnisse der tibrigen Hirnteile und die Ge- staltung der grauen Substanz hinsichtlich der bekannteren Regionen und Bahnen zu eruieren. Nachstehende Arbeit wurde im hirnanatomischen Laboratorium hiesiger Universitét unter Leitung von Herrn Prof. Dr. C. v. Mona- Kow ausgefiihrt. An dieser Stelle ist es mir angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer fiir seine Bemiihungen und _ sein reiches Interesse an dieser Arbeit den herzlichsten Dank auszu- sprechen. Material und Technik. Die Beschaffung eines guten und frischen Untersuchungs- materiales war schwierig, nichtsdestoweniger gelangte ich im Ver- laufe der letzten Jahre in den Besitz einer Anzahl zur Unter- suchung geeigneter Objekte, teils aus meiner eigenen Praxis, teils aus dem anatomischen Institute der hiesigen Tierarzneischale. Ich bin dem Vorstande des Institutes, Herrn Prof. Dr. P. Marvin, fir dic Ueberlassung von Gehirnen zu bestem Danke verpflichtet. Die Gehirne wurden zuerst mit Riicksicht auf dic Oberflachen- vestaltung studiert. Zu diesem Zwecke ging eine Hartung frischen Materiales in 10-proz. Formol, in chromsauren Salzen und in ab- solutem Alkohol voraus. Fiir makreskopische Untersuchung ist Be- handlung der Stiicke in Formol sehr zu empfehlen, einmal wegen der Kigenschaft dieses Mittels, dem Gewebe eine héhere Elasticitat Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 115 zu verleihen, und sodann wegen der Fahigkeit, rasch in die Tiefe des Organs einzudringen. Hierauf wurden die Gehirne in frontaler Richtung in Scheiben von 1—5 mm Dicke zerlegt. Es geschah dies mit Hilfe des GuppeN’schen Mikrotoms. Nachher schritt ich zur Anfertigung von fortlaufenden Schnittserien durch normale und durch experi- mentelle Eingriffe vorbereitete Objekte. Die Hartung in Chrom- salzen erforderte meist eine Zeitdauer von 2—3 Monaten; nach- her wurden die Gehirne fiir kurze Zeit in fliefSendes Wasser gelegt, eingebettet und mittelst des GuppEN’schen Mikrotoms unter Wasser geschnitten. Die Mehrzahl der Schnitte wurde in wasseriger Karminlésung gefirbt*'). Einige Schnitte habe ich indessen auch nach PAL mit Karminnachfarbung tingiert. Die fiir feinere histo- logische Priifung bestimmten Hirnteile wurden mittelst der NIssL- schen Methode behandelt. Die Farbung in Karmin geschieht in der von alteren Autoren empfohlenen Weise, wobei besonders Ge- wicht darauf zu legen ist, daf die Schnitte vor der Karminfarbung mit Alkohol nicht in Bertihrung kommen. Um ganz gute Farbung zu erhalten, mu8 jede Ueberhartung vermieden werden, es empfiehlt sich auch, diinne Schnitte 1—3 Tage vor der Farbung in ge- wohnlichem Wasser liegen zu lassen. Im weiteren wurden die Gehirne der zur Untersuchung ge- langten Tiere in toto in chromsauren Salzen gehartet, hierauf in Scheiben von 3—5 cm Dicke zerlegt und diese in Celloidin ein- gebettet. Die nach Wericert und Pat gefirbten Schnittserien wurden mittelst des Schlittenmikrotoms geschnitten nach der tiblichen Vor- und Nachbehandlung. Es wurde besonderes Ge- wicht darauf verlegt, die dicken Scheiben mit Celloidin vollstandig zu durchtranken. Vor dem Schneiden wurden die Scheiben auf ein besonders angefertigtes Objekttischchen aufgeklebt. Um jede 1) Ich habe alle Veranlassung, mit den Resultaten der Karmin- methode, welche ich allen anderen neueren Methoden vorziehe, zu- frieden zu sein, indem dieselbe die Farbung der Fasern wie der zelligen Elemente in hiibschen Uebersichtsbildern zur Darstellung bringt. Auch zur Farbung von Praparaten mit experimentell erzeugten sekundiren Degenerationen ist diese Methode nach meinen Er- fahrungen, wofiir auch die Praparate im hiesigen Laboratorium sprechen, anderen elektiven Methoden bei weitem vorzuziehen, weil die sekundir entarteten Abschnitte grauer Substanz in veranderter Farbe und Schirfe mit allen ihren histologischen Details zum Vor- schein kommen. ge 116 Kaspar Schellenberg, Aenderung der Schnittrichtung zu vermeiden und eine vollstandig eleichmakige Schnittserie zu erhalten, wurde das Schneiden des Blockes gewohnlich in einer Sitzung beendigt. Die der Reihe nach aufeinander gelegten und auf Klosettpapier aufgezogenen Schnitte lieS ich noch einige Tage in einer schwachen Lésung von Kal. bichromic. liegen, bis ich eine Weiterbehandlung derselben vor- nahm. Die Markscheidenfarbungen geschahen sowohl nach WEIGERT und Pau als auch nach Wouters. Bei der Darstellung der Mark- fasern der Rinde war die WourTERs’sche Methode den anderen ent- schieden tiberlegen. Versuchsweise fanden auch die Osmiummethode nach HELLER und die MALLory’sche Himatoxylinfirbung Anwendung. Metall- impragnationen habe ich nicht angewendet. Fiir die Wiedergabe der feineren Form- und Strukturverhalt- nisse der Ganglienzellen leistete die Nissi’sche Methylenblau- methode ausgezeichnete Dienste. Die verschiedensten Hirnteile von simtlichen zur Untersuchung gezogenen Tieren wurden nach dieser Methode studiert. Von der Beniitzung der Marcurschen Methode habe ich bei den operierten Tieren Umgang genommen, weil bei dieser Methode nur die Entartung der Fasern zur Darstellung gebracht wird, nicht aber diejenige der grauen Substanz, ich aber vor allem gerade die sekundaire Degeneration der letzteren zu studieren beabsich- tigte. Zudem hatten die Tiere nach der Operation zu lange ge- lebt, auch waren sie zu jung operiert worden, als daf die ge- nannte Methode mit genitigendem Erfolg hatte angewendet werden kénnen. Die Zeichnungen wurden mit Hilfe des Pantographen ent- worfen, einem einfachen Apparat, der sich hauptsachlich zur Wieder- gabe der gréberen Formverhiltnisse der makroskopischen Serien fiir diese Zwecke sehr praktisch erwiesen hat. Schemata habe ich nur entworfen, um die Oberfliche der Hemispharen tibersicht- lich wiederzugeben, im tibrigen aber absichtlich gemieden und mich an die Art und Weise der Reproduktion gehalten, wie sie im Werke von D&rJERINE (11) durchgefiihrt wurde. Die Figuren sind, wo nichts anderes bemerkt ist, in natiirlicher Gréfe wiedergegeben, auch habe ich mich daher auf die zum Verstandnis der von mir im Texte behandelten anatomischen Verhaltnisse unbedingt nétigen Details im Bilde beschrankt. Die Ergebnisse meiner Arbeit lege ich in nachbezeichneten zwei Hauptabschnitten nieder: Untersuchungen tiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 117 I. Morphologie der GroShirnoberfliche und des GrofShirnmarkes im Allgemeinen. II. Aufbau und Beziehungen des GrofShirnmarkes zur Hirn- rinde und zu den infracorticalen Regionen. I Phew: Morphologie der Grofshirnoberflache und des Grofshirn- markes im Allgemeinen. Die Oberflache des GroShirnes der Ungulaten zeigt bekannt- lich gyrencephalen Typus. Die Furchen und Windungen verraten hier eine Form und Anwendung, die selbst von denen nahe- stehender Tierordnungen, z. B. der Carnivoren, wesentlich ver- schieden ist. Historisehes. Auf den eigenartigen Bau der Gehirnoberfliche der Ungulaten hatte bereits Cuvier (8) hingewiesen, der das beziigliche Verhalten bei mehreren Ordnungen studiert hatte. Eingehendere vergleichend-anatomische Untersuchung iiber die Grofhirnoberflaiche verdanken wir zunichst Owen (57, 58). Dieser ging von dem durch seine einfachen und regelmafigen Furchen aus- gezeichneten Felidengehirn aus und priifte hierauf die Oberflachen- verhialtnisse nahestehender Tierordnungen. Als erster benannte er die Windungen und Furchen (deren er 45 unterschied). Er teilte die Furchen und Windungen in primaire und sekundire ein. Zur Aufklarung der furchenreichen Gehirne der Ungulaten ging er in vergleichend-anatomisch richtiger Weise von den einfachsten Ver- hiltnissen, wie sie bei Tragulus und Hyrax bestehen, aus. In noch umfassenderer und ausfihrlicherer Weise behandelte Levuret (41) die Windungen der Hauptvertreter der Saugetiere. Er klassifizierte nach der Windungsanordnung (Aufstellung von 14 Gruppen) wie Owen und fiigte seinen Untersuchungen zahlreiche, sehr anschauliche Figuren bei. Seine Bilder sind von spiteren Autoren wiederholt beniitzt und zur Vergleichung herangezogen worden. Den Grundtypus erkannte Leurer in jenem System von parallel verlaufenden longitudinalen Windungen, wie sie beim Fuchse am ausgeprigtesten vorhanden sind. Den Furchen maf er keine Bedeutung zu, er lie sie in seinen Beschreibungen ganz aufer acht. Die Ruminantier und Herbivoren fafte Laurer zu einer besonderen 118 Kaspar Schellenberg, (9.) Gruppe zusammen, auch das Schweinegehirn brachte er in einer eigenen (10.) Gruppe unter. Spiaiteren Untersuchern erschien die Leurnr’sche Einteilung zu umstaindlich, willkiirlich und nach zu wenig charakteristischen Merk- malen geordnet. Man suchte zu vereinfachen. So kam Dargsre (10) dazu, nur noch 4 Windungstypen aufzustellen. Die Ruminantier wies er neben den Pachydermen dem 3. Windungstypus zu. Aehn- lich wie Lruretr (41), an dessen Beschreibung er sich anlehnte, ging DarestE (10) von 3 parallelen Windungsziigen aus, von denen der an der Mantelspalte gelegene und der nach aufen davon liegende occipitalwirts sich erweitern und gabeln, der Aufkerste dagegen von den quergestellten Furchen, namentlich der Fissura Sylvi, unter- brochen wird. Auf dem nimlichen Wege der Vergleichung der Windungen kamen auch Lussana und Lemorenk (42) zur Aufstellung von neuen Typen, wobei sie tiber die Schranken der natiirlichen Ordnung hinaus- gingen. So kam beispielsweise das Pferd in einen eigenen Typus (,,tipo equino“), das Schwein mit dem Hippopotamus und Rhinoceros zusammen in den ,tipo suino“, die iibrigen Ungulaten wurden in den ,,tipo pecorino“ in toto untergebracht. Abgesehen davon, dab sie in ihren Schematen die Oberflachenverhialtnisse ganz entstellt wiedergaben, entspricht auch ihre Auffassung beziiglich der Wichtig- keit des Gehirnwinkels und der Ableitung der Windungen aus einer Stammwindung nicht den thatsachlichen Verhiltnissen. Kine ganz neue Wandlung in der Lehre und in der Auffassung der Oberflichenverhailtnisse verdanken wir Panscu (59). Diesem Forscher gebiihrt das Verdienst, die Bedeutung der Furchen in ihr Recht eingesetzt zu haben, welche er nach der Tiefe des EHin- schnoidens. nach ihrer Konstanz und Liinge als Haupt- und Neben- furchen unterschied. Gestiitzt auf die von Panscn aufgestellten neuen Gesichtspunkte, nahm dann Krune (37) eine nach den Familien der Ungulaten ge- ordnete Trennung der Furchen in 10 Hauptfurchen an, welche allen Vertretern der Ordnung der Ungulaten zukommen. Die vielen Nebenfurchen sind nach ihm zum Teil der Gattung, zum Teil der Art eigen. Als solche Hauptfurchen, die auch in der ontogenetischen Entwickelung sich zuerst zeigen und die keine verginglichen Vor- laufer in der Entwickelung aufweisen, bezeichnete Krure die Fis- sura Sylvii, splenialis, suprasylvia, coronalis, praesylvia, lateralis, diagonalis, rostralis, postica und genualis. Grenzfurchen nannte er die Fissura rhinalis und hippocampi. Seinen Besprechungen der 10 Ungulatenfamilien fiigte Krure recht tibersichtliche, zum Teil von anderen Autoren entlehnte Bilder von Hemisphiiren an. Von Krusee wurde ebenfalls die Reihenfolge der Entwickelung der Furchen beim Schafe, Rinde und Schweine studiert. Ihm kommt auch das Verdienst zu, auf die Verwandtschaft der Hauptfurchen der Ungulaten und der Carnivoren zuerst die Aufmerksamkeit ge- lenkt zu haben, wobei er die Homologie der Fissura coronalis beim Hund und Schaf und auch diejenige der iibrigen Hauptfurchen bei Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 119 Carnivoren und Ungulaten nicht nur auf anatomischem Wege be- griindete, sondern hier auch auf die experimentellen Resultate von Hirzie (80) und Marcaccr (45), die erregbaren Rindenstellen be- treffend, Riicksicht nahm. Krura konnte durch eigene Versuche die Angaben von Marcaccr beziiglich der erregbaren Zone _ be- statigen. Die hauptsichlich bei kleinen Tieren beobachtete Neigung der Furchen, sich medialwarts von der dem Sulcus longitudinalis zugekehrten Seite auf die Konvexitét der Hemisphiare zu verlagern, bezeichnete Kruxre als Supination, den umgekehrten Verlagerungs- prozef (Pronation) auf die dem Lingsspalt zugekehrte Seite konnte er bei grofen Tieren wahrnehmen. Wahrend die friiheren Forscher mit Ausnahme von Kruse die Oberfliche lediglich vom morphologischen Standpunkte betrachteten, eréffnete Muynerr (50, 51, 52) neue Gesichtspunkte in der Be- trachtung der GrofShirnoberflache, indem er diese in Beziehung zu den Hirnfunktionen brachte und zwar in dem Sinne, daf die Furchen als natiirliche Grenzen fiir eine bestimmte Zahl grofer Gruppierungen bestimmter Funktionen anzusehen wiren. Er verglich als erster die verschiedene Griéfe der Stirnhirnentwickelung bei Carnivoren und wies darauf hin, dal eine Verletzung oder Abtragung dieses Hirnteiles keine Motilitaétsstérungen zu Folge habe. Fir die Ent- wickelung des Stirnlappens hielt er die Gréfe des Linsenkernes, die davon abhangige Ausdehnung der Insel und die Hoihe des Scheitellappens von grundlegender Bedeutung. Am Zweihufergehirn fand er die Bogenfurchen mehr gestreckt, daher zeige sich keine Hohlung in der Konkavitiit der ersten Bogenwindung, deshalb liege die Insel frei ausgestreckt zu Tage, deshalb sei auch eine stirkere Frontalentwickelung vorhanden. Den Schlifelappen betrachtete Meynerr unter die Hinterhauptsgegend geschoben und in 2 Win- dungen zerfallend. Den quergestellten hinteren Ast der Fissura coronalis des Schafes erklirte er der Fissura centralis der Primaten homolog. Einen weiteren Schritt vorwarts in dem Verstindnis der Grob- hirnoberflache brachten uns die Reiz- und Abtragungsversuche, die Munk (56) an Aifen, Hunden und auch am Pferde vornahm. Bei diesem letzteren Tiere konnte er durch Exstirpation am Hinterhaupts- lappen Erscheinungen von Seelenblindheit, durch solche am Scheitel- lappen Bewegungsstérungen am Vorderbein der gegeniiberliegenden Seite hervorrufen. Der nihere Ort der Reizung bezw. der Abtragung an der Hirnoberfliche wurde yon diesem Forscher, beim Pferde wenigstens, nicht genauer angegeben. Aehnlich wie Hirzig (30) beim Hunde und Marcaccr (45) beim Schafe, so hatte Arnorne (2) auch beim Pferde einzelne erregbare Punkte bestimmt. Er schlug vor, den vordersten, nicht erregbaren Bezirk am Stirnende als lobe orbitaire‘ von einem hinteren, erregbaren ,,lobe fronto-pariétale, occipitale und temporale“ abzu- grenzen. Wahrend die obengenannten Untersucher bemiiht waren, an der Oberflache die Oertlichkeiten nach den Funktionen abzugrenzen, 120 Kaspar Schellenberg, so suchte GuppEN (27) in seinen zahlreichen Arbeiten die Grofhirn- oberflache mit Riicksicht auf ihre Verbindungen mit dem Stabkranz und den anderen Fasermassen zu erforschen. Seine Untersuchungen bilden fiir die Anatomie der GroShirnoberfliche eine neue frucht- bare Phase. Durch seine Atrophiemethode stellte dieser Forscher bekanntlich bei dem Hunde als erster das Ursprungsgebiet der Pyramidenbahn im groben fest. Die betreffende Rindenzone fallt nach ihm so ziemlich mit dem motorischen Rindenfeld von Hrrzie zusammen. LEinseitige Abtragung dieser Hirnpartie, d. h. des Gyrus sigmoideus und des Gyrus coronarius beim neugeborenen Tiere hat vollstandige Vernichtung der gleichseitigen Pyramidenbahn zur Folge, wahrend Abtragung der weiter occipitalwarts legenden Windungen auf die Entwickelung der Pyramiden ohne Kinfluf bleibt. Mittelst derselben Methode der Operation am neugeborenen Tier gelang es auch v. Monaxow (53, 54, 55), ttberaus wichtige Er- gebnisse iiber die Abhangigkeitsverhaltnisse der verschiedenen Stab- kranzteile, der Kerne des Sehhiigels und mancher tieferer Hirnteile von der Grofhirnoberfliche bei Kaninchen, Katze und Hund festzu- stellen und die beziiglichen Faserverbindungen zu erschliefen. Ich werde in der Folge noch mehrmals auf diese grundlegenden For- schungen zuriickkommen. Seit Mmynerr (51) ging unter den neueren Forschern das Be- streben darauf hin, die naihere Homologie der Furchen und Win- dungen bei den Primaten einerseits, bei den Carnivoren und bei den Ungulaten andererseits zu finden. Dahinzielende Versuche finden sich in den Arbeiten von Friescu (22) und Famiuaianr (19), welche die Furchen des Carnivorengehirnes mit denen des Primatengehirnes verglichen. In eingehenderer Weise als die genannten Autoren suchten Tencuint und Nzearini (70) die homologen Windungen beim Menschen, beim Pferd und beim Rind zu ermitteln. Sie gingen dabei von der Gefaiverteilung in der Hirnoberfliche aus, doch beriicksichtigten sie auch die ontogenetische Reihenfolge des Auftretens der Windungen und Furchen. Gleich wie Broca (6) nahmen sie an, daf das Frontal- hirn bei Pferd und Rind gegeniiber dem des Menschen eine sehr dirftige Entwickelung zeige. Die besonders gute Ausbildung der Parietalregion hielten sie fiir das Pferd und das Rind charakteristisch, den Occipitallappen betrachteten sie als rudimentir entwickelt und magen ihm nur geringe Bodeutung zu. Die Fissura calcarina des Menschen verlegten sie auf die mediale Seite des Pferdegehirnes in eine unbedeutende Furche am Uebergange des Lobus pyriformis in den Gyrus fornicatus. Manche dieser Deutungen sind meines Er- achtens als ziemlich willkiirliche zu bezeichnen, ganz besonders aber die, daf die prasylvische und Coronarfurche des Pferdes und Rindes der Centralfurche des Menschen entspreche. Uebrigens geben die beiden Autoren selber zu, da ihre Homologisierungsbestrebungen nicht sehr gliickliche waren. Zu ahnlichen gezwungenen Schliissen kamen 'Tpncuint und Nearint bei der Vergleichung der Windungen der genannten Tiere. Nichtsdestoweniger verleihen der Abhandlung Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 121 der beiden Autoren die naturgetreue Wiedergabe einzelner er- eles und fétaler Gehirne sowie die Uebersicht der arteriellen Sefakverteilung einen hohen Wert. “Im Anschlusse an die Untersuchungen bei den Waltieren ver- suchtén KixkenrHan und ZreHEN (38) bei einer Reihe von Siugetier- ordnungéx. die Homologien der GroShirnfurchen wiederzugeben. Nur die entwickelungsgeschichtliche und rein morpbologische Betrach- tungsweise leitete sie bei der Aufstellung ihrer Schliisse. Grofen Wert raumten sie den Variationsméglichkeiten der Fissuren ein, die sie nach den vier folgenden yon ihnen aufgestellten Variations- gesetzen ordneten: 1) daf eine Furche in ihrem Verlaufe ein- oder mehrfach unterbrochen sein kann; 2) dali eine Furche von einer oder mehreren Parallelfurchen oft begleitet wird, so daf die Unter- scheidung schwer halt; 3) daf jede Furche sich verliingern kann unter Beeinflussung benachbarter Furchen; 4) daf Nebeniiste im alleemeinen fiir die Konfiguration der Hirnoberflaiche gleichgiltig sind. Jede Fissur vergleichen sie innerhalb der betreffenden Ord- nung und mit denen nahestehender Ordnungen. Besonders beachtens- wert bleibt die Schilderung der Fissura Sylvii und der Fissura cru- ciata, welch letztere sie als der Fissura centralis der Primaten homolog annahmen. Ihre Studien bilden einen wertvollen Beitrag zur vergleichenden Anatomie der Oberfliche gyrencephaler Siuger. Thre Untersuchungen haben sie auf den Markkérper des Grofhirnes und die tieferen Teile, namentlich auf den Faserverlauf nicht aus- gedehnt, was diese Autoren mit Recht als eine Liicke ansehen. Von ZibHEN (75, 76) stammen weitere wertvolle Beitrige und Untersuchungen iiber die Furchenverhiltnisse bei den Carnivoren, den Marsupialiern und den Monotremen. Auch Jencersma (32) beschrieb den Bau des Siiugergehirnes. Er fand bei den Ruminantiern und Solidungula infolge des griferen Kérpergewichtes eine kompliziertere Entwickelung der Furchen und Windungen. Tourner’s (71) Arbeit brachte eine einheitlichere Anschauung iiber die Oberflachengestaltung der Hemisphiare. Er unterscheidet sagittale, coronale und bogenférmig verlaufende Fissuren; als Grund- typus fiir das Ungulatengehirn stellte er 3 longitudinale Windungs- ziige auf, die sich wiederum in Unterabteilungen zerlegen lassen, wie z. B. die Randwindung beim Pferd und Rind. Zu einer anderen Betrachtungsweise der Bildung der Windungen kam Parker (60), welcher den Versuch gewagt hat, auf gleichsam mathematischem Wege eine Erklirung der Entstehung der Win- dungen zu geben, und der es versuchte, auf diesem Gesichtspunkte fuBend, die Homologie der Faltung aufzuklaren. Er fand die Furchen und Windungen als einfache Wiederholungen, die bei Carnivoren und Ungulaten vollstindig identisch sind. Darauf bauend, stellte er eine Entwickelungsreihe, mit dem Peccary (Dicotyles torquatus), bei welchem Tier sich auf der lateralen Oberflache nur eine Fissur findet, beginnend, auf. Diesem einfachsten Typus folgt das Gehirn des Schafes und des Tapirs mit 2, das der Giraffe und des Lama 122 Kaspar Schellenberg, mit 3 Fissuren. Das Pferd mit den 4—5 Fissuren stellte den letzten Typus dar. Die beziiglichen Furchen stellte Parksr der einen Furche des Peccary gleich. Neuere Forscher haben zur Erklarung der Furchenbildung wie Parkpr zu eigenen Theorien ihre Zuflucht genommen. Ich nenne Reicuert (61) und Serrz 66), die von den Gefafen ausgingen, Mry- nERT (50), ScuwauBe (65) und Meyer (49), die den Einfluf der Schadel- kapselals bestimmend annahmen, im weiteren Wunpt (74), KOLLIKER (34). Srrasser (69), Marvin (46), JerGersma (33), Ecker (15) und Scunopr- HAGEN (64), welche simtlich die Ursache im Gehirn selbst suchten. Krfreulicherweise liefern die Ergebnisse der pathologisch-anatomischen Forschungsrichtung, vor allem die Falle von Makro- und Mikrogyrie zweifellos Beweismomente fiir die letztere Annahme, daf die Ur- sachen der Rindenfaltung ausschlieflich im Organ selbst zu suchen sind. Die heute allgemein giltige Auffassung der Oberfliche beim Carnivoren- und Ungulatengehirn hat die von Lrurer (41) auf- gestellte Einteilung zur Grundlage. Durch Laneaury’s (389) und ELensercer’s (18) Untersuchungen hat dieses Einteilungsprinzip fiir die Furchen neue Unterstiitzung gefunden. Enunnpercer (18) gelang es, die Verwandtschaft des Hundegehirns mit demjenigen der Ungulaten festzustellen. In der Anordnung der Furchen beim Schweine fand er den vermittelnden Uebergang zwischen Hund und Wiederkiuer. In seiner Darstellung beriicksichtigte er tbrigens nur die oberflichlich legenden Furchen, was sich aus seinen schematischen Zeichnungen ergiebt, auch laft er das relativ ein- fache Schaf- und Ziegengehirn unbesprochen. Eine kurze, skizzenhafte Schilderung des Pferdegehirnes haben auch Lreer und Lanzmuorri (40) geliefert; sie enthalt indessen keine neuen Gesichtspunkte. Die Oberflichengestalt der Hemisphire wird selbstverstandlich auch in simtlichen Lehrbiichern der Veterinar- anatomie, im allgemeinen indessen nur kurz und schematisch be- handelt. In den neueren ausfiihrlichen Handbiichern, wie in dem von Franck-Martin (23) und Cuavveau (7), finden sich die Oberflachen- verhailtnisse von samtlichen Haustieren geschildert; in dem Hand- buch von Mac Fapyan (43) werden nur die Verhaltnisse beim Pferd beriicksichtigt. Als Ausgangspunkt ihrer Darstellungen wihlen fast alle diese Autoren den einfachen Typus der Bogenwindungen beim Hunde. Die Gyri der itibrigen Haustiere werden in summarischer Weise mit Zugrundelegung der Oberflaiche des Hundes abgehandelt. Das Dexuer’sche Lehrbuch (12) halt sich an die Ausfiihrungen von ELLENBERGER und Krurc, was die Furchen anbetrifft, es enthalt daneben aber auch wertvolle eigene Untersuchungen des Verfassers am Pferde. Das neuerdings erschienene ausfiihrliche Buch von Frarav- Jacopsoun (20), das den Gegenstand in weit ausfiihrlicherer Weise als die. ibrigen Lehrbiicher der Anatomie behandelt und so ziem- lich das ganze zu Tage geférderte Material beriicksichtigt und zu- sammenfaft, enthalt neue Ergebnisse beziiglich der feineren Ge- staltung der Hirnoberfliche der Ungulaten nicht. Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 123 Specieller Teil. Furchen und Windungen bei den Ungulaten. Allgemeine Bemerkungen. In den Furchen und Win- dungen der verschiedenen Vertreter der Ungulaten lassen sich verwandte Merkmale erkennen, und doch zeigt wiederum jede Art in der Anordnung ihrer Oberfliche ihre besonderen Eigentiimlich- keiten. Im allgemeinen kann man sagen, dafi die Anlage der Furchen den beziiglichen Verhiltnissen bei den Carnivoren, speciell bei den Caniden und Feliden nahesteht. Die Differenzen im Auf- bau der Grofhirnoberflaiche sind innerhalb der einzelnen Vertreter der Ungulaten bisweilen recht in die Augen fallende, der Grund- typus lat sich indessen bei allen leicht erkennen. Es ist nicht iiberfliissig, zu bemerken, dafi selbst innerhalb der namlichen Art, ja mitunter sogar beim namlichen Individuum mehr oder weniger bemerkenswerte Modifikationen in der Windungsanlage sich vor- finden. Es stellen sich daher der vergleichenden Untersuchung gerade bei den Huftieren und namentlich bei den gréferen Ver- tretern unter diesen, bei denen der Furchenreichtum wachst, er- hebliche Schwierigkeiten entgegen. Jedenfalls ist da ein Studium, bei welchem nur die oberflachlich zu Tage tretenden Furchen be- riicksichtigt werden, fiir eine griindliche Orientierung unzureichend, und sind Schliisse, die lediglich diese Betrachtungsweise zur Grund- lage haben, irreleitend. Um nicht auf Abwege zu geraten, mul sich der Untersuchende zuerst tiber das, was unter ciner Furche zu verstehen ist, Rechen- schaft ablegen. Als Furche bezeichnet man gewohnlich jeden Kin- schnitt oder jede Einstiilpung der Oberfliche des Hirnmantels. Nun werden gewohnlich nur die bis an die Konvexitaét reichenden Spalten bei der Darstellung zu Rate gezogen, wihrend die viel- fachen Seiteneinstiilpungen und Taschen der Hauptfurchen, welche bisweilen in auSerordentlich komplizierter Weise sich in die Tiefe des Hirnmantels einsenken, von der Verwertung ausgeschlossen werden. Durch diese verschiedenen Einstiilpungen der Rinde, durch die mannigfaltigen gréfSeren und kleineren Furchen werden aber einzelne Windungen und Windungskomplexe mit ihren Markzungen abgegrenzt, und bei diesen letzteren driingt sich die tiberaus wichtige Frage ihrer Beziehungen zum Markkorper des GroShirnes und zu 124 Kaspar Schellenberg, weiteren Verbindungsstitten in den Vordergrund, mit anderen Worten: neben dem Gesichtspunkt, welcher lediglich die auSeren Formverhaltnisse beriicksichtigt, verdient der anatomisch-architek- tonische eine besondere Wiirdigung. Es ist dem alten, auf den Verlauf der oberflichlichen Furchen sich stiitzenden Einteilungs- prinzip bei der Orientierung auf der Grofhirnoberflache ein neues architektonisch-physiologisches Einteilungsprinzip, wel- ches die Projektionsverhaltnisse des Markkérpers (Stabkranz, Asso- ciationsbiindel etc.) zur Grundlage hat, gegeniiberzustellen. Bei diesem lJetzteren Prinzip waren unter anderem die Projektions- felder der Kerne des Sehhiigels, der verschiedenen Hauben- abschnitte, die Kinstrahlungsbezirke des Pedunculus cerebri, ferner aber auch die Ursprungs- und Endigungsfelder der wichtigsten langen Associations- und Kommissurenbiindel zu Grunde zu legen. Jedenfalls wire ein Bestreben darauf zu richten, beide Kinteilungs- und Abgrenzungsgrundprinzipe miteinander in richtigen Einklang zu bringen. Von letzterem Ziele sind wir allerdings noch ziemlich weit entfernt, und zur Erreichung eines solchen ist eine umfassende Arbeit in reiner, oberflichentopographischer Beziehung unbedingt erforderlich. Bis auf weiteres, d. h. bis die Absteckung der Rindenfelder nach architektonisch-physiologischen oder nach histo- logischen Momenten weiter gediehen ist, wird auch jede Einteilungs- art fiir sich weiter ausgebaut werden miissen. Indem ich mich der im Vorstehenden angedeuteten Vorarbeit beztiglich einer méglichst erschépfenden Darstellung der Ober- flichentopographie bei Ungulaten unterziehe, méchte ich meine Betrachtung eréffnen mit der Behandlung der Vorfrage, ob Furchen mit aéhnlicher anatomischer Lage bei verschiedenen Tieren als einander homolog zu betrachten sind. Gerade bei dieser Frage wird die Bedeutung der physiologischen und faseranatomischen Gesichtspunkte evident. Ob eine Windungspartie mit einer gleich- artig gelegenen einer anderen Tierspecies identisch ist, kann erst durch das physiologische und anatomische Experiment, event. durch eine feinere histologische Untersuchung der Rinde entschieden werden, und erst wenn die betreffende Partie die Proben in letzt- genannter Beziehung mit Erfolg bestanden hat, wird man mit Sicherheit von ihrer Homologie reden kénnen?). Jedenfalls ist es meines Erachtens unrichtig, lediglich aus der Reihenfolge ihres Auftretens, aus der Verlaufsrichtung, Oberflichenzeichnung oder 1) Vergleiche auch ZinHen (77). Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 125 gar aus den GefaiSbezirken Verwandtschaften von Oberflachen- bezirken anzunehmen. Durch physiologische und _ vergleichend- anatomische Untersuchungen ist fiir einzelne Grofhirnabschnitte wahrscheinlich geworden, daf gleich gelagerte Rindenabschnitte verwandte Verbindungsarten, z. B. des Stabkranzes, besitzen. So wissen wir beispielsweise, daf fast bei allen bis jetzt zur Unter- suchung gekommenen Saugetieren der Hinterhauptlappen, mag er oberflichlich gefaltet sein wie immer, die Sehstrahlungen in sich birgt und die Sehsphare in sich schlieSt. Wir sind indessen noch weit davon entfernt, selbst bei den am besten studierten Saugern (Katze, Hund, Affe, Mensch) im einzelnen zu wissen, wie sich die feineren Komponenten der zahlreichen Stabkranz- und Associations- biindel auf die verschiedenen Windungssegmente und Furchenthialer projizieren. Es fehlt uns daher fiir viele Oberflachenabschnitte, d. h. fiir die dort angelegten Furchen und Windungen noch jeder feinere Anhaltspunkt fiir eine Homologie bei Katze, Hund, Affe und Mensch. Fiir die Ungulaten fehlt uns eine Windungshomologie mit Bezug auf die soeben genannten bestuntersuchten Vertreter der Saugetierreihe einerseits, als andererseits mit Bezug auf die einzelInen Arten der Ungulaten selbst nahezu vollstandig. Die Bezeichnungen der Furchen und Windungen der Ungulaten- hemisphare sind, wie bereits friiher schon angedeutet worden, vom Hundegehirn heriibergenommene. Hier hat sich die von LANGLEY (39) eingefiihrte Nomenklatur allgemein eingebiirgert. So wurden die Bezeichnungen Laneury’s fiir die Furchen von ELLENBERGER (18) und anderen Autoren ohne weiteres auf die entsprechenden Fissuren des Pferdes tibertragen. Dal dabei manche willkiirliche Uebertragungen mit untergelaufen sind, ist selbst- verstindlich, wenn man tiberlegt, dafi jenen Forschern bei ihren Priifungen nur die oberflaichlich liegenden Furchen zur Grundlage gedient haben, und dal’ von ihnen andere Anhaltspunkte mehr faseranatomischer Natur aufler Betrachtung gelassen wurden. Bei der Darstellung der topographischen Verhaltnisse bediente ich mich, soweit méglich, der naimlichen Bezeichnungen, wie sie von KLLENBERGER (18) und anderen bei den Ungulaten angewendet wurden, d. h. der von LANGLEY (30) und Kruxe (37) aufgestellten, soweit wenigstens ihre Homologie nicht zweifelhafter Natur war. Aufgerdem aber konnte ich nicht umhin, neue Bezeichnungen ein- zufiihren, wobei ich, um nichts zu prajudizieren, mich meist der Zahlen und Buchstaben bediente. Fiir die vergleichende Darstellung der verschiedenen Bezirke 126 Kaspar Schellenberg, der Oberfliche schien es mir empfehlenswert, die vom Menschen heriibergenommene Abgrenzung nach Lappen auch am Ungulaten- erofhirn vorzunchmen. Eine solche grobe Abtrennung an der Oberfliche 148t sich nicht in der naimlichen Weise wie bei den Primaten durchfiihren; es miissen daher zur Vornahme der Tier- ordnung entsprechende Grenzen angenommen werden. Vorlaufig bemerke ich, daf ich das Gebiet vor der Fissura cruciata und dem Balkenknie wie beim Hunde als Frontallappen bezeichne. Das Gebiet zwischen der Fissura suprasylvia und F. rhinalis posterior occipitalwarts von der F. Sylvii trenne ich als Temporallappen ab; die Region hinter der Fiss. cruciata bis zum Balkenwulste, zwischen der F. suprasylvia und der F. callosomarginalis, bezeichne ich als Parietallappen; das Gebiet hinter dem Balkenwulste, das sich vom Parietallappen durch keine natiirlich gezogene Linie abhebt, grenze ich als Occipitallappen ab. Das tibrige Gebiet wird vom Riech- und Sichellappen eingenommen. Ks wird von Interesse sein, wenn ich meinen Studien Angaben iiber das Hirngewicht der untersuchten Vertreter der Ungulaten vorausschicke. CHAUVEAU (7) und ROGNER (62), besonders aber Dusors (14) und Max Weper (73) haben an einem gréferen Material Waigungen vorgenommen. Ihren Ergebnissen ist zu ent- nehmen, daf auch bei den Ungulaten das Hirngewicht nicht pro- portional dem Ké6rpergewicht zunimmt, und dal die Rasse be- stimmend einwirkt. Es betrigt im Mittel das Hirngewicht: Gramm Proz. des Kérpergewicht. Pierda the ivtl at 650 0,12 Rams ae ee 480 0,096 Och wel; rsp ait id 120 O,1 PGE scat cit alate 130 0,17 PNOFC ve | od) Se 130 0,26 Da die Bezeichnungen der Windungen und Furchen der Ober- fliche des Ungulatengehirnes vom Hunde entnommen sind, wird es empfehlenswert sein, an dieser Stelle eine kurze Schilderung der Windungsverhaltnisse des Hundes zu geben. Die relativ einfache GroShirnoberflache des Hundes stellt einen besonderen, héher entwickelten Typus dar, zu dessen Aufstellung nach TurNER (71) die 4 konzentrisch angelegten Windungen bei Mustela furo als Ausgangspunkt gedient haben mégen. Das Canidengehirn la8t indessen 5 solcher parallel und longitudinal verlaufender Windungen erkennen, welche in ihrem Verlaut gewisse Modifikationen erfahren. Untersuchungen iiber das GroBhirnmark der Ungulaten. 127 Das Riechhirn (Rhinencephalon) trennt sich vom Mantel durch die Fissura rhinalis ab. An der Uebergangsstelle des Tractus olfactorius in den Lobus pyriformis, dort, wo die Sylvische Furche abgeht, zeigt sich eine winkelige Knickung der Fiss. rhinalis, welche Veranlassung giebt zur Bildung eines vorderen und eines hinteren Astes (Fig. 1). Um die leicht hakenférmige, eigentliche Sylvische Furche, welche als aufsteigender Ast imponiert, ziehen die bekannten 3 Haupt- oder Bogenfurchen: die Fiss. ectosylvia, supra- sylvia uud lateralis (Fig. 1). Eine im ahnlichen Sinne an- gelegte Bogenfurche an der medialen Seite der Mantelkante ist die Fiss. callosomarginalis (Fig. 2 cm). Fig. 1. Hund. Laterale Fig. 2. Hund. Mediale Ansicht. Schema. Ansicht. Schema. Die einzige rein transversal zu diesen Furchen verlaufende ist die Fiss. cruciata, welche, im vorderen Drittel der Kon- vexitait von der Fiss. callosomarginalis abzweigend, in den Gyrus sigmoideus einschneidet, indem sie tiber die Mantelkante an die Oberfliche tritt. Der an der medialen Seite gelegene Teil bildet bereits einen Hauptbestandteil der Fiss. callosomarginalis (Fig. 1, Znen): Ktwa 1 cm vor der Abzweigung der Sylvischen Furche aus der Fiss. rhinalis, die vorderen Schenkel der Bogenfurchen um- ereifend, findet sich die Fiss. praesylvia in einem vor der Fiss. cruciata schrag aufwarts ziehenden Bogen. Durch die Fiss. rhinalis, Sylvii und ectosylvia wird die erste Bogenwindung, der Gyrus sylvius, abgeschniirt (Fig. 1 S). Der vordere Schenkel dieser Windung steht mit der zweiten oder 128 Kaspar Schellenberg, oder ektosylvischen Windung in Kommunikation; er bildet den vom Parietalteil gelieferten Opercularlappen, welcher von der vorderen Seite her die Insel bedeckt. Die hinter der Sylvischen Furche gelegene Abteilung der Sylvischen Windung bildet den temporalen Anteil des Opercularlappens und geht wie im vorderen Schenkel ebenfalls in den Gyrus ectosylvius (hinteren Schenkel) iiber. Dieser hintere Abschnitt der ektusylvischen Windung ist besonders tiber der Spitze der Fiss. Sylvii recht schmal. Die ge- nannte Windung ist an ihrem Uebergang zur ersten und dritten Bogenwindung besonders machtig angelegt (Fig. 1 ES). Die dritte Bogenwindung (Gyrus suprasylvius) hat medial die Fiss. lateralis, lateral die Fiss. suprasylvia zur Grenzlinie. Occipitalwarts nimmt diese Windung an Machtigkeit und Breite zu und spaltet sich hier, eingeschnitten durch die Fiss. ectolateralis, in 2 kleinere (obere und untere suprasylvische). Demgegeniiber bleibt der vordere, als Gyrus coronarius bezeichnete Ab- schnitt schmal. Er umzieht in einem nach aufen konvexen Bogen den vorderen Teil der vierten Bogenwindung, den Gyrus sigmoideus. Auf die Verbreiterung des occipitalen Abschnittes der supra- sylvischen Windung hat besonders Mann (44) hingewiesen, der in diese Partie die Vertretung des Gesichtssinnes verlegt. Occipital- warts biegt dieser breite Abschnitt rechtwinklig nach dem Tem- poralpol, um schlieflich in den Gyrus ectosylvius und marginalis iiberzugehen. Die vierte Bogenwindung (Fig. 1, 2 M IV) [Gyrus marginalis, Gyr. entolateralis + suprasplenialis von LaNne@Lry] umfafit das Gebiet der Mantelkante, reicht medialwarts bis an die Fiss. callosomarginalis resp. bis zum Gyrus fornicatus und erstreckt sich lateralwarts bis zur Fiss. lateralis resp. bis zum Gyrus supra- sylvius (Fig. 1, 2). Im frontalen Drittel schlieft sie das Gebiet des Gyrus sigmoideus (Fig. 1, 2 ¥) in sich, dessen Faltung die Fiss. cruciata darstellt. Der am meisten frontal liegende Ab- schnitt spitzt sich konisch zu und bildet das Frontalende bezw. den Gyrus prorae (Fig. 1, 2 Pr). Das occipitale Ende des Gyrus marginalis stellt die Occipitalspitze der Hemisphare dar, die weitere, der Basis zugekehrte Fortsetzung legt sich den Klein- hirnhemisphiren an und vereinigt sich nach abwarts mit dem Gyrus suprasylvius. Der am meisten medial gelegene Gyrus fornicatus stellt eine Windung dar (Fig. 2 F'), welche zwischen dem Balken und der Fiss. callosomarginalis verliuft. Der Gyrus fornicatus umzieht Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 129 das Splenium und geht ununterbrochen auf den Gyrus hippo- campi tiber, mit anderen Worten: es wird der unterhalb des Splenium liegende Abschnitt dieser gemeinsamen Windung als Gyrus hippocampi bezeichnet (Fig. 2 H). Im frontalen Schenkel liefert der Gyrus fornicatus eine Windungsbriicke zum Gyrus sigmoideus anterior. Die genannte Windung biegt schlieSlich nach vorn um das Rostrum nach abwarts und vereinigt sich mit dem vorderen Teile des Gyrus prorae (Fig. 2 fF’). Bei der Katze erscheinen die Bogenwindungen gedrungener als beim Hunde, auch ist hier das vordere Drittel der Hemisphare verkiirzt. Die Fiss. cruciata ist dem Frontalende somit naher gelagert. Famirant (19) schatzte die Strecke zwischen der Fiss. cruciata und der Frontalspitze beim Hunde 18—27 Proz. der Hemispharenlinge, wahrend diese Entfernung bei der Katze blo’ 10—18 Proz. betragt. Im tibrigen finden sich zwischen beiden Tier- arten starker ausgesprochene Differenzen nicht vor, die fiir die vor- liegende Untersuchung von grundlegender Bedeutung sein kénnten. GroShirnoberflache bei den Ungulaten. Bei der Schilderung der Grofhirnoberfliche der Ungulaten méchte ich von den Verhaltnissen bei einem Vertreter der Cavicornier, welche dem Hunde in vielen Beziehungen nahestehen, der Ziege, aus- gehen. Bei diesem Tier fallt im allgemeinen sofort auf bei Betrachtung der GroShirnoberflache, daf die Furchen und Windungen weniger winklig geknickt, sondern mehr gestreckt sich prasentieren (Fig. 3 bis 5). Infolge dieser Streckung tritt das Gebiet der Insel, die beim Hunde verborgen liegt, frei hervor. Es zeigt sich hier zum ersten- mal eine Gabelung der Sylvischen Furche in 2 Aeste, nam- lich in den Ramus anterior und posterior (Fig. 4 sa, sp). Der hintere Ast ist nur kurz und geknickt, auch vereinigt er sich mit der Fiss. rhinalis posterior. Der vordere Ast bleibt lang aus- gestreckt gegen das Frontalende hin und kriimmt sich in einem nach vorn konvexen Bogen, indem er sich schlieflich gabel- formig teilt. In der Nahe der Frontalspitze zieht die Fiss. praesylvia, welche mitunter aus dem vorderen Aste der Fiss. Sylvii, mitunter aus der Fiss. rhinalis hervorgeht und die nach vorn und oben zwischen den beiden vorderen Endasten der weiter unten zu be- sprechenden Fiss. coronalis sich verliert (Fig. 3, 4 ps). Wahrend beim Hunde die ektosylvische Furche un- unterbrochen bogenférmig durch die ganze Lange der Hirn- Bd, XXXIV. N. F. XXVU. 9 130 Kaspar Schellenberg, oberflache zieht, finden wir bei der Ziege eine Unterbrechung dieser Furche im mittleren Abschnitt (Fig. 3, 4). Die Trennungs- briicke wird durch die Sylvische Windung gebildet, in welche der aufsteigende Ast der Sylvischen Furche einschneidet. Dadurch entstehen zwei fiir sich verlaufende Furchenschenkel, namlich die Fiss. ectosylvia anterior und posterior (Fig. 3, 4 esa, p). = = jo QI I 1g, dvs Fig. 4. Ziege. Schema. Der vordere Teil dieser Furche zieht dem vorderen Aste der Sylvischen Furche nahezu parallel, er steigt schief von oben nach ab- warts und gabelt sich an seinem vorderen Ende in eine schief gestellte Furche, die mit dem _ besonderen Namen der Fiss. diago- nalis von vielen Autoren belegt wurde (Fig. 4 esa). Hiiufig sind Verbindungsiste mit dem Ramus anterior fiss. Sylvii vorhanden. Der hintere Schenkel der ekto- sylvischen Furche (Fiss. ecto- sylvia posterior ; Fiss. postica von KruEG) ist reich an Seitenzweigen, welche die ganze iibrige Temporal- gegend quer und lings durchfur- chen (Hig: | 3,,.4 esp). Als die Haupt- furche des Fron- talteils ist bei der Ziege wie bei den Ungulaten itiber- haupt zweifellos die Fiss. coro- nalis (Fig. 3,4 cor) zu betrach- — Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 151 ten. Dieselbe trennt die marginale Partie des Frontalteils scharf ab und ist von einer bemerkenswerten Tiefe. In der Mitte ihres Verlaufes giebt sie medialwiirts einen bedeutenden Seitenast ab. Thr frontaler Abschnitt teilt sich gabelf6rmig und faft die Fiss. praesylvia zwischen sich. Der hintere Abschnitt biegt haken- formig um, indem er den Gyrus sigmoideus abgrenzt. Der hin- terste Abschnitt durchschneidet die marginale Windung vollstandig und geht an die mediale Seite des Hirnmantels tiber. Diesen letzteren sehr charakteristischen quer verlaufenden Furchen- abschnitt bezeichne ich als die Fiss. trans- versa. (Fig. 3—5 #7) (Biigel a Kruse, 37). An der Umbiegungsstelle des hinteren Schenkels der Fiss. coronalis findet sich noch ein lateral- warts abgehendes Aest- chen, welches bisweilen mit dem Querast der suprasylvischen Furche eine Anastomose bildet Fig. 5. (Fig. 3, 4). In den meisten Fallen umgreift der mediale Querast der End- gabelung der suprasylvischen Furche die von mir als Fiss. trans- versa bezeichnete Partie der Fiss. coronalis. Die supra- sylvische Furche zieht namlich in schwach gewundenem Bogen um die Spitze der Fiss. Sylvii und endigt als tiberaus machtige Spalte, nachdem sie sich in occipito-temporaler Richtung mehrfach geteilt, von der occipitalwarts aufsteigenden Fiss. rhi- nalis durch eine Windungsbriicke getrennt (Fig. 3, 4 ss). Das mehr occipital gelegene Areal zwischen Fiss. suprasylvia und der Mantelkante enthalt die Fiss. lateralis (Fig. 3, 4 /), die ca. 11/, cm hinter der Fiss. transversa die Mantelkante leicht einschneidet und schrag lateral- und occipitalwarts zicht, um in der Nahe des Occipitalpols zu endigen. Zwischen dieser Fiss. lateralis und der Fiss. suprasylvia finden sich unterbrochene und wenig regelmabige Furchenstiicke, die in toto als Fiss. ecto- lateralis zusammengefaft werden kénnen (Fig. 3, 4e/). Als Seitenstiicke hierzu sind ganz ahnliche Furchensegmente zwischen der Fiss. lateralis und der Mantelkante zu beobachten, welche als O* 132 Kaspar Schellenberg, Teilstiicke einer Fiss. entolateralis aufgefakt werden diirfen (Fig. 3 enl). Auf der medialen Seite zieht wie beim Hunde die Fiss. callosomarginalis (Fig. 5 cm), gré8tenteils dem Balken parallel verlaufend, dahin. Sie umgreift das Splenium und endigt zwischen der Fiss. hippocampi und rhinalis posterior. Die Fiss. cruciata ist ganz eigenartig gebildet. Sie stellt ein die Mantelkante nur verhaltnismaBig knapp einschneidendes Stiick dar, welches mit der Fiss. callosomarginalis in direkter Kontinuitat steht (Fig. 3—5 er). Im Frontalteil findet sich eine tiefe und mehrfach Seiten- zweige abgebende Furche, welche von den Autoren als Fiss. genualis bezeichnet wird. Ich méchte diese Furche, auch wenn sie durch eine Windungsbriicke von der Fiss. callosomarginalis getrennt wird, zu dieser rechnen und sie als vorderes frontales Segment der Fiss. callosomarginalis bezeichnen. Die Breite der trennenden Windungsbriicke betragt etwa 1 cm. Den nach vorn und abwarts abbiegenden Schenkel des genannten Abschnittes bezeichnet Kruea als Fiss. rostralis. Zwischen der Fiss. callosomarginalis und dem Balken liegen sowohl am Rostrum wie am Splenium getrennte kurze Furchen- stiicke, welche als Fiss. entogenualis und entosplenialis zu bezeichnen sind (Fig. 5 eg, espl). Die Windungen der Ziege sind wohl ausgebildet und in ihrer Art charakteristisch. Dem Tractus olfactorius liegt seitlich die offene Insel an, diese zieht frontalwarts und geht mit den Windungen, die ich als zweite und dritte Frontalwindung bezeichnen méchte 4), eine Verbindung ein. Die Sylvische Windung (dritte Stirnwindung, F’,) erweist sich im Frontalteil als recht betrachtlich (Fig. 4). Sowohl in ihrem dem Ramus ascendens fiss. Sylvii anliegenden Anteil als auch in dem am Frontalende liegenden Stiick verbindet sie sich mit der zweiten Frontalwindung. Die zweite Frontal- windung trennt sich vom Gyrus sylvius, d. h. als von der dritten Frontalwindung ab. An dieser Stelle geht die zweite Frontal- windung durch das Verbindungsstiick, das bei allen Ungulaten in 1) Die bisherige Bezeichnungsweise verlasse ich und iibertrage die beim Menschen iibliche auf die Ziege, da mir die Verhaltnisse bei diesem Tier noch am meisten Verwandtschaft mit denen beim Menschen zu haben scheinen. Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 133 eigenartiger Weise sich abgrenzt und welches ich mit w bezeichne, eine Anastomose mit dem Gyrus suprasylyius ein. Die zweite Frontalwindung (/’,, Gyr. coronarius ++ ectosylvius anterior), Fig. 3, 4) zieht als breite Windung zum Frontalpol, wo sie mit der ersten und dritten Frontalwindung Verbindungen austauscht. Sie ist seitlich begrenzt durch die Fiss. coronalis und ectosylvia anterior. Die erste Frontalwindung (/,, Gyr. prorae der Au- toren) ist bei der Ziege von einer auferordentlichen Michtigkeit und erinnert an die beziiglichen Verhaltnisse beim Menschen. Sie ist vom Gyrus sigmoideus nicht scharf geschieden, nur durch den Seitenast ( teilweise getrennt. Sie steht mit dem Gyrus fornicatus in Verbindung (Windungsbriicke zwischen Hauptteil des Sulcus callosomarginalis und dem vorderen Abschnitte). Sie nimmt die Mantelkante bis zur Frontalspitze ein, biegt da nach unten um, anastomosiert hier mit der zweiten Frontalwindung, mit der verlingerten Insel sowie mit dem Riechfeld (Fig. 3—5 F',). Die Fiss. transversa grenzt nach vorn den Gyrus supra- sylvius ab, wodurch eine quergestellte, zusammengesetzte (gréBten- teils aus dem Gyr. suprasylvius, kleinerenteils aus der Marginal- windung bestehende) Windung gebildet wird. Die von mir mit w bezeichnete hufeisenformige, zwischen der Fiss. transversa und der medialen Abzweigung der suprasylvischen Furche gelegene Windung kommuniziert mit der zweiten Stirnwindung, an der Mantelkante laft sich die genannte w-Windung zum Gyrus suprasylvius verfolgen. Als breitester Windungszug erstreckt sich der Gyrus suprasylvius (Fig. 3, 4SS) schrag occipitalwarts, durch die Stiicke der Fiss. ectolateralis durchfurcht, und verbindet sich schlieSlich in der Nahe des Occipitalpoles lateralwirts mit dem Gyrus ectosylvius, medialwirts mit dem Gyrus marginalis. Der Gyrus marginalis wird lateral durch die Fiss. la- teralis begrenzt. Er ist im vorderen Abschnitt schmiler als im occipitalen und zeigt eine Kommunikation mit dem Gyrus suprasylvius. Am Occipitalpol geht er schlieBlich basalwarts in den Lobus pyriformis tiber (Fig. 3—5 J). Die Windungen des Temporalteiles gehen bei der Ziege hinter der Spitze der Sylvischen Furche aus einer gemeinsamen Windung hervor, durch die Fiss. ectosylvia wird naimlich erst ein Gyrus sylvius (Gyr. compositus LANGLEY, 39) und ein Gyrus ecto- sylvius abgetrennt (Fig. 3, 4 S, ES). An der Medialseite bleibt der Gyrus fornicatus in seinem — 134 Kaspar Schellenberg, Mittelstiick wohl abgegrenzt, in seinem hinteren Schenkel geht er in den Gyrus hippocampi tiber, uachdem eine Partie desselben hier durch die entospleniale Furche abgeschieden und als_ be- sondere Windung sich abgelést hat. In seinem frontalen Ab- schnitt giebt der Gyrus fornicatus jene friiher schon erwahnte Windungsbriicke zum Gyrus sigmoideus ab, die auch noch mit der ersten Frontalwindung im Zusammenhange steht. Vor dem Rostrum wird er durch die Fiss. entogenualis in zwei Neben- windungen getrennt, in seinem der Basis zugekehrten Ende kom- muniziert er zum Teil mit der Substantia perforata anterior und teilweise noch mit dem Septum sowie mit der ersten Frontal- windung (Fig. 5 7’). Wenn wir die Haupteigentiimlichkeiten, welche dem Ziegen- gehirne zukommen, kurz zusammenfassen, so ist vor allem hervor- zuheben die freiliegende Insel, die gestreckt verlaufen- den Frontalwindungen (deutliche Bildung von 3 Frontal- windungen ahnlich wie beim Menschen), ferner ein spirlich ent- wickelter, aber doch an die Konvexitit tretender Gyrus sig- moideus, und endlich eine Uebergangswindung zwischen zweiter Frontalwindung und dem Gyrus suprasylvius (w- Windung). Die Oberflichengestaltung der Grofbirnhemispharen beim Schafe erfahrt gegentiber der Ziege einige Abiinderungen (Fig. 6—8). Einmal ist die geringere Ausbildung der frontalen Windungs- ziige auffillig, hauptsachlich betrifft das die erste Frontalwindung, welche im Vergleich zur Ziege eine leichte Depression und Ver- kleinerung erfahrt. So steigt beim Schaf die zweite Frontalwindung héher empor als die erste, auch fallt es auf, daf beim Schafe die Kiss. transversa viel ktirzer ist. Die Fiss. cruciata ist zwar als deutliche, auf die Konvexitit sich erstreckende Furche sichtbar (Fig. 6—8 er), doch ist sie kiirzer, auch ist der Gyrus sigmoideus auffallend kleiner als bei der Ziege (Fig. 6—8 3). Wenn auch in geringerem Grade als beim letzteren Tiere ist die Fiss. transversa immerhin noch ziemlich ansehnlich entwickelt. Die Windung w') dagegen ist besser entwickelt als bei der Ziege (Fig. 6, 7 w). Die Fiss. suprasylvia hat beim Schaf im ganzen einen mehr gebogenen Verlauf als bei der Ziege. Der Gyrus sylvius und ectosylvius sind beim Schafe deutlich kleiner als bei der Ziege. 1) Vergl. 8. 133. Untersuchungen iiber das GroShirnmark der Ungulaten. 135 Der Gyrus suprasylvius nimmt, indem er die erste Frontal- windung etwas tiberwélbt und dadurch die Fiss. transversa und cruciata zuriickdringt, die Gestalt eines S an. Er erscheint in seiner Liinge verkiirzt, in der Breite jedoch michtiger als bei Fig. 6. Fig. 6—S. Schaf, schematisch. der Ziege. In seinem hinteren Verlaufe verbindet er sich abnlich wie bei der Ziege mit dem Gyrus marginalis und ectosylvius. Der hintere Abschnitt der occipitalen Windungen kommt hier, wie Mrynert (52) richtig erwihnte, direkt hinter die temporalen Windungen zu liegen. Dagegen war es mir nicht mdglich, die Kommunikation der Fiss. suprasylvia mit der Fiss. ectosylvia anterior zu bestitigen. Wenn wir nun zu den Oberflachenverhiltnissen beim Rinder- gehirn iibergehen, so zeigt dieses gegeniiber dem der kleinen Wieder- kauer bereits bemerkenswerte Verschiedenheiten (Fig. 9—11). Schon der Tractus olfactorius unterscheidet sich von dem des Schafes und der Ziege dadurch, dali er ebenso wie der Lobus pyriformis deutliche, wenn auch nicht tiefe Lingsfurchen zeigt. 136 Kaspar Schellenberg, Ferner ist hervorzuheben, daf beim Rinde die Insel in noch gréBerem Umfange als bei den schon erwahnten Tieren frei Fie. 10. Fig. 9—11. Rind. Schema. zwischen den Schen- keln der Fiss. Sylvii zu Tage liegt (Fig. 10 J7). Die beiden Schenkel, d. h. der Ramus anterior und posterior der Fiss. Sylvii kommunizie- ren nicht mit der Fiss. rhinalis, wie dies namentlich bei der Ziege der Fall ist, doch vereinigen sie sich zu einem deutlichen aufstei- genden Aste, welcher wesentlich kiirzer ist als bei den vor- erwahnten ‘Tieren. Das Gebiet der Insel ist von kleinen Untersuchungen tiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 137 Querfurchen, die auf der schematischen Abbildung weggelassen sind, durchsetzt. Im weiteren ist beim Rinde hervorzuheben, daf hier eine oréRere Anzahl kleiner Nebenfurchen sich vorfindet als beim Schaf und der Ziege, was die Auffindung der typischen Haupt- furchen wesentlich erschwert. Ich mache hier nur auf die Menge der Nebenaste im Bereich der Fiss. ectosylvia anterior und posterior aufmerksam (Fig. 9, 10 esa, esp.). Die 3 Frontalwindungen lassen sich auch beim Rinde sehr deutlich und durch die niimlichen Furchen wie bei der Ziege abgrenzen. Wie beim Schafe, so findet sich auch beim Rinde die erste Frontalwindung diirftig entwickelt, machtig ist dagegen die zweite und dritte Frontalwindung ausgebildet. Beziiglich der Breite ergiebt sich ein Gréfenverhaltnis der ersten zur zweiten und dritten Frontalwindung wie 1 : 2: 3. Im tempo- ralen Gebiete erreicht die Sylvische Windung eine aulerordent- liche Machtig- keit, sie wird hier durch die strahlenartig veristelten Nebenfurchen der Fiss. ecto- sylvia poste- rior unvoll- kommen ge- Fig. 11. trennt. Die Fiss. suprasylvia giebt hinter der Fiss. transversa einen Querast ab, der ganz nahe an diese heranriickt und in diese oft iiberzugehen scheint. In der Parietalgegend geht die supra- sylvische Furche schrig nach hinten, indem sie wahrend ihres Verlaufs zahlreiche Nebenistchen sowohl in medialer als in lateraler Richtung abgiebt. Die Uebergangswindung w ist auch beim Rinde stattlich ent- wickelt und bildet einen eigentlichen Haken. Der vordere Win- dungswulst des Gyrus suprasylvius ist hinter der Fiss. transversa 138 Kaspar Schellenberg, verhaltnismabig schmaler als beim Schaf und bei der Ziege, weil die Fiss. lateralis von der Fiss. transversa durch eine schmale Windungsbriicke getrennt ist. Der Gyrus marginalis ist wesentlich breiter und mach- tiger als bei den kleineren Wiederkiuern, auch wenn man alle Gréfenverhaltnisse beriicksichtigt. Er steht zum Gyrus supra- sylvius im Verhiltnis wie 2: 2,5. An der medialen Flaiche zieht die sehr tiefe Fiss. calloso- marginalis in machtigem Bogen, indem sie weit hinter dem Splenium, d. h. tiber dem Gyrus hippocampi beginnt und kon- zentrisch zum Balken nach vorn geht. Sie biegt in einem gréferen Bogen um das Rostrum herum und hort erst kurz vor dem Beginn der Area perforata anterior auf. Die auffallend diirftig an der Konvexitét entwickelte Fiss. cruciata zweigt wie bei der Ziege von der Fiss. callosomarginalis und zwar am Beginne des vorderen Drittels von dieser ab. Sie ist an der medialen Hemispharenseite zur Mantelkante fast senk- recht gestellt und schneidet die erste Frontalwindung, wie bereits angedeutet, nur wenig ein. Man kann daher beim Rinde von einem eigentlichen Gyrus sigmoideus, wie er bei der Ziege sich vorfindet und auch beim Schafe noch zu erkennen ist, nicht reden, mit anderen Worten: die von dem aufsteigenden Stiicke der Fiss. cruciata eingeschnittene Windungspartie ist nichts anderes als die erste Frontalwindung (Fig. 9-—11 3). Schon an dieser Stelle méchte ich davor warnen, die Fiss. transversa mit der Fiss. cruciata der Carnivoren zu identifizieren, wie es fast von allen Autoren und erst jiingst wieder von ELLENBERGER geschehen ist‘). GrEGENBAUR (26) geht sogar so weit, den Ungulaten tiberhaupt eine Kreuzfurche abzusprechen, eine Behauptung, die der Wirklichkeit nicht entspricht. Krura (37) bekimpft dagegen die Homologie der Fiss. transversa (Biigel a) der Cavicornier mit dem Sulcus cruciatus der Caniden, lat jedoch in seinen Figuren die von mir als Fiss. cruciata bezeichnete Furche ?) unbezeichnet. 1) Auch Marrrn (23), weicher die ELLENBERGER’schen Figuren (18) reproduziert, begeht den niamlichen Fehler, nur in seinen eigenen Figuren 116 If und III, welche fétale Rindergehirne darstellen, ist die Fiss. cruciata richtig abgebildet, jedoch nicht bezeichnet. 2) Auf die Frage der Homologie der Fiss. cruciata, welche durch morphologische Betrachtungen allein nicht entschieden werden kann, werde ich in einer spateren Arbeit noch zuriickkommen und Untersuchungen tiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 139 Der gut abgegrenzte Gyrus fornicatus wird sekundar in der Nahe des Rostrum und des Splenium durch eine Furche ein- geschnitten, die weder typisch noch konstant anzutreffen ist, nam- lich durch den Sulcus entogenualis und entosplenialis. Beim Schweine finden sich an der Grofhirnoberfliche wichtige Kigentiimlichkeiten vor (Fig. 12—14). Fig. 12—14. Schwein. Schema. Fig. 14. Eine freiliegende Insel, wie bei der Ziege und auch beim Rinde, ist beim Schweine nicht nachweisbar. Es ist hier daher auch ein vorderer und ein hinterer Ast der Fiss. Sylvii nicht vorhanden, d. h. er fallt mit der Fiss. rhinalis zusammen. Dafiir ist aber der Ramus acuminis sehr lang hakenférmig ausgezogen und liegt meine Auffassung durch Versuchsresultate begriinden. Schon hier erwihne ich, daf der Bau der Rinde des Gyrus sigmoi- deus ein besonderer, dem der Carnivoren homologer ist, und daS aus den Riesenpyramidenzellen des Gyrus sigmoideus dieselben Stabkranzanteile wie bei den Carnivoren hervorgehen. 140 Kaspar Schellenberg, ziemlich weit zuriick. Infolgedessen erscheint das Frontalhirn stark verlingert gegentiber den friiher behandelten Tieren und mehr spitz ausgezogen (Fig. 12, 13 s). Die Fiss. praesylvia, welche bei der Ziege und beim Rinde weiter zurtickliegt, ist hier nach vorn geriickt. Die 3 Frontal- windungen lassen sich noch leichter auseinanderhalten wie bei der Ziege und beim Rinde (Fig. 12 F,, F,, F's). Die Fiss. suprasylvia schlieBt vorn T-formig ab und giebt etwa in ihrer Mitte einen starken lateral- und basalwiarts ziehenden Ast ¢ ab, letzterer bildet die obere Grenze der dritten Frontal- windung. Die T-formige Gabelung auf der Scheitelhéhe schneidet mit dem Aste 0 in die zweite Frontalwindung ein, der medial abgehende Ast y verliuft der Fiss. transversa leicht parallel, schneidet die Mantelkante durch und steht mit der Fiss. calloso- marginalis in Kommunikation. Die zweite Frontalwindung bildet beim Schweine die ausgedehnteste Windung des Frontalhirnes. Ihr hinterster Ab- schnitt drangt sich zwischen die beiden Schenkel 0 und « der Fiss. suprasylvia; er wird durch eine ca. 1'/, cm lange typische Furche 7 in 2 Abschnitte geteilt. Diese Furche 7 wurde schon von Lreurer (41) beschrieben und von Kruna (37) bestatigt mit der Bemerkung, da’ sie fiir die Suilliden nicht charakteristisch sei. Der mediale Windungszug der zweiten Frontalwindung wird medial von der Fiss. coronalis und lateral-occipital von dem T-formigen Ende y + 0 der Fiss. suprasylvia abgegrenzt. Die Fiss. transversa ist hier zwar erhalten, bildet aber nichts anderes als den hinteren, medial verlaufenden Schenkel der Fiss. coronalis, so daf diese Furche nicht so charakteristisch auftritt wie bei der Ziege. Kine besondere w-Windung ist mit Riicksicht auf die nur andeutungsweise vorhandene Fiss. transversa beim Schweine kaum festzuhalten. Die Fiss. coronalis endigt in parietaler Richtung bisweilen T-formig und giebt dann Veranlassung zur Bildung einer aihnlichen Fiss. transversa wie beim Rinde und Schafe. Bei ein- zelnen Tieren fehlt indessen der laterale Fortsatz des I, und es findet sich dann nur eine ganz modifizierte Fiss. transversa. Dem- entsprechend gelangt eine deutliche w-Windung nicht zur Aus- bildung. Der vordere Schenkel der ektosylvischen Furche und ebenso auch der vordere Schenkel der Fiss. coronalis ist bisweilen kurz, 9 es kommunizieren dann die 3 Frontalwindungen am Frontalende Untersuchungen iiber das Groghirnmark der Ungulaten. 141 in gréSerem Umfange als bei den friiher beschriebenen Ungulaten. Die Fiss. coronalis ist beim Schweine tiberhaupt sehr einfach an- gelegt, wenn auch tief und arm an Seitendsten. Wenn man das Schweinegehirn mit dem Gehirn des Rindes vergleicht, dann lift sich die Fiss. transversa trotz ihrer Modi- fikation ganz leicht identifizieren. Was nun die Fiss. cruciata anbetrifit, so findet sich eine den Verhaltnissen beim Rinde ent- sprechende, die Mantelkante einschneidende und parallel zur Fiss. transversa liegende Furche nicht oder héchstens andeutungsweise an der Konvexitaét noch vor. Sie ist kaum 3 mm lang und sehr seicht. Die cigentliche Fiss. cruciata liegt beim Schweine an der medialen Hirnoberflaiche, wo sie, wie beim Rinde, als eine Seiten- furche der Fiss. callosomarginalis abzweigt. Diese Seitenfurche ist indessen, wie schon gesagt, kurz und wenig tief. Sicher ist, daf der von manchen Autoren als Fiss. cruciata gedeutete, mediale Zweig y ber suprasylvischen Furche mit dem Sulcus cruciatus des Hundes nichts zu thun hat‘). Die erste Frontalwindung beginnt an der Stelle, wo der mediale Schenkel der Fiss. transversa tiber die Mantelkante ereift. Der am meisten occipital liegende Abschnitt der ersten Frontalwindung erscheint auffallend schmal, die dem Gyrus sig- moideus entsprechenden Rindenteile miissen demnach zum grofen Teil an der medialen Flache gesucht werden (Fig. 14 ¥). An der Frontalspitze wird die erste Frontalwindung durch die iss. prae- sylvia in zwei kleinere Windungen geteilt; ihr lateraler Abschnitt geht in die zweite Frontalwindung tiber, wahrend der mediale die eigentliche Frontalspitze darstellt und keulenartig endigt, indem er durch den unten anliegenden Bulbus olfactorius nach oben ge- driickt erscheint. An der medialen Hemispharenflache sieht man einen Uebergang der ersten Frontalwindung in den Gyrus forni- catus. Mit ihrem vordersten Teile geht diese Windung, ohne durch Furchen unterbrochen zu werden, in die Area perforata anterior iiber. Die Fiss. suprasylvia liuft in einem nach unten offenen Bogen bis hinter den Temporalpol. Die Fiss. ectosylvia posterior zieht dem aufsteigenden Aste der Fiss. Sylvii parallel und endigt basal- warts T-formig. Infolgedessen liegt der Gyrus ectosylvius beim 1) Anronint (1), der mir seine Arbeit jiingst iibermittelte, halt den Zweig y fiir den richtigen Sulcus cruciatus. 142 Kaspar Schellenberg, Schweine hinter und parallel dem Gyrus sylvius und ganz ahnlich wie beim Hunde (Fig. 13 HS). Der Gyrus suprasylvius ist deutlich abgegrenzt und labt sich, indem er nach hinten an Breite zunimmt, mit einer Pyramide vergleichen. Er beginnt sofort hinter dem Aste y der supra- sylvischen Furche und verliuft ahnlich wie bei den friiher ge- schilderten Tieren. Die Fiss. lateralis liegt dem Sulcus longitudinalis auffallend nahe, nichtsdestoweniger findet sich zwischen beiden, zumal im occipitalen Abschnitt, eine Zwischenfurche, die Fiss. entolateralis. Infolgedessen fallen beim Schweine, namentlich gegeniiber Schaf und Ziege und in ganz abhnlicher Weise wie beim Rinde, die schmalen und longitudinal verlaufenden Windungsabschnitte der marginalen Windungsgruppe auf (Fig. 12 MW). Der Gyrus marginalis reicht bis zum vorderen T-férmigen Aste y der Fiss. suprasylvia (Biigel a Krusra’s), der bis auf die Fiss. calloso- marginalis einschneidet. Er erhalt jedoch nur eine Breite von 1/,—1/, des Gyr. suprasylvius. Die Fiss. callosomarginalis erscheint beim Schweine nach meinen Beobachtungen auffallend kurz. Sie beginnt wie bei anderen Tieren in der Mitte der Occipitalgegend, verlauft ein Stiick weit parallel zum Splenium bis in die Mitte des Balkens, erstreckt sich von hier unter S-formiger Biegung nach oben, nach- dem sie in ihrem vorderen Drittel den Ast der Fiss. cruciata ab- gegeben hat. Im _ frontalen Abschnitt laft sich ein deutlicher Schenkel einer Fiss. callosomarginalis tiber das Balkenknie hinaus nicht beobachten, es miifte denn sein, da’ die von mir als Fiss. entogenualis bezeichnete Furche ein abgetrenntes Segment der Fiss. callosomarginalis ware. Jedenfalls ist zwischen der letzt- genannten Furche und der Fiss. entogenualis ein breites Win- dungsgebiet vorhanden, auch liegt die Fiss. entogenualis dem Balkenkérper naher als die Fiss. callosomarginalis bei anderen Tieren. Wie das Gehirn des Schweines, verrat auch die Grofhirn- oberfliche des Pferdes eine besondere Eigenart (Fig. 15—17). Die Windungen und Furchen des Pferdes sind viel kompli- zierter. als diejenigen des Schweines und auch des Rindes und erinnern, was den Reichtum der Windungen anbelangt, an die- jenigen des Menschen. Eine Menge von Nebenfurchen, welche senkrecht in die Windungen einschneiden, lassen auf den ersten Blick eine genauere Anordnung an dem Aufbau der Furchen und Untersuchungen tiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 143 Windungen vermissen. Alles scheint hier regellos ineinander iiber- zugehen. Selbst die Blutgefife der Oberfliche bilden bemerkens- werte, wenn auch nur oberflachliche Einschnitte in die Windungen und tauschen Furchen vor. Diese Komplikationen mégen daher einen Grund bilden, weshalb jeder tiber das Pferdegehirn arbeitende Autor andere Schilderungen von Windungsanlagen gegeben hat und die Furchen in verschiedener Weise einteilt. Eine klare Gruppierung der Windungen versuchten in der That nur wenige Forscher zu geben. DrEXxLeER (12), der neuestens die Oberflache beschrieb, erklairte, daB ein Vergleich mit dem Hundegehirn be- ziiglich Homologie der Furchen auf erhebliche Schwierigkeiten stoBe und sich nur gezwungen durchfiihren lasse. Fig. 15-17. Pferd. Halbe GréBe, schematisch. Big. 17s Das Riechhirn ist beim Pferde autfallend stark entwickelt. Der Tractus olfactorius und der Lobus pyriformis zeigen, wie beim Rinde, 2—3 seichte Langsfurchen. Die Fiss. rhinalis grenzt tiberall deutlich ab, sie erstreckt sich bis auf die dem Kleinhirn anliegende Seite der Hemisphare, 144 Kaspar Schellenberg, Die Fiss. Sylvii giebt, wie beim Rinde, einen Ramus anterior und posterior ab, iar Ramus acuminis ist kurz. Der Ramus anterior anastomosiert mit der Fiss. ectosylvia anterior (Fig. 16 sa). Die Fiss. praesylvia geht aus dem mittleren Abschnitt der Kiss. rhinalis anterior hervor, sie steigt von da im Bogen empor und geht ohne Unterbrechung in die Fiss. coronalis iiber. Bei anderen Tieren besteht an dieser Stelle eine Windungsbriicke (Fig. 15, 16 ps). Parallel mit der Fiss. praesylvia und frontal von dieser findet sich eine nicht sehr tiefe, ebenfalls im Bogen emporsteigende Furche, nimlich die Fiss. praesylvia anterior. Sie zieht bis zur Mantelkante und schneidet diese ein, um dort zu endigen (Tiss. intraorbitalis Brapuey, 5) [Fig. 15, 16 psa). Die Fiss. ectosylvia ist ziemlich kurz, giebt einige Seiten- zweige ab sowohl nach vorn als nach hinten. Ihr vorderer, quer- gestellter Schenkel wird von KrurcG (37) und spateren Autoren als Fiss. diagonalis bezeichnet. Die Fiss. ectosylvia anterior bildet mit dem Ramus anterior der Sylvischen Furche eine an der Oberflache ununterbrochene Furche, hier und da findet sich zwischen beiden eine schmale Windungsbriicke, bisweilen liegt dieselbe unter der Oberfliche. Der vordere hakenférmige Schenkel der Fiss. ectosylvia (Fiss. diagonalis) verastelt sich reichlich. Er bildet im Gegensatz zum Schafe und der Ziege eine in ihrem ganzen Langs- verlaufe und speciell auch tiber der Spitze der Fiss. Sylvii un- unterbrochene Furche und hangt so mehr in geradem Zuge mit der Fiss. ectosylvia posterior zusammen. Im Temporalteil ver- aistelt sie sich reichlich und anastomosiert mit einzelnen Zweigen mit der Fiss. suprasylvia und der Fiss. rhinalis posterior. . Von besonderem Interesse ist beim Pferde die Anlage der Fiss. coronalis und der Fiss. transversa. Jene Furche zieht schrag lateral-frontal zur Fiss. praesylvia (vergl. oben) und zeichnet sich durch besondere Tiefe aus. Der mediale Ast der iss. transversa, welche tibrigens im ganzen etwas schmialer ist als bei der Ziege und beim Rinde, liegt ganz in der Mantelkante, waihrend der laterale Ast in den Querast der suprasylvischen Furche gewéhnlich tibergeht. In manchen Fallen riicken die beiden letztgenannten Furchensegmente nur nahe zusammen. Letzteres wird iibrigens 6fters auch bei den kleinen Wiederkiuern und auch beim Rinde beobachtet. Mit Bezug auf das Verhalten des lateralen Astes der Fiss. transversa zum Querast der Fiss. suprasylvia finden sich in der Litteratur sehr verschiedene Angaben. Die Ver- Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 145 mutung Krura’s (37), daf eine Anastomose zwischen den beiden genannten Furchenabschnitten nur fiir die Artiodactylier und fiir diese auch nur zum Teil Geltung habe, halte ich nicht fir richtig, ebensowenig wie die, dal} bei den Perissodactyliern die Fiss. transversa der Fiss. cruciata der Caniden homolog sei, eine Annahme, fiir die sich auch ELLENBERGER (18) erklart hat. Gegen die Krus@’sche Auffassung (37) spricht die ver- gleichende Betrachtung der verschiedenen Reprisentanten der Ungulaten, insbesondere, wie schon bereits hervorgehoben, die iiberaus klaren bezitiglichen Verhaltnisse bei der Ziege und beim Schaf sowie die Ergebnisse der experimentellen Eingriffe, welche spater zur Sprache gebracht werden. Aus der Anlage der Fiss. transversa laBt sich kein Unterscheidungsmerkmal zwischen Artio- und Perissodactyliern aufstellen. Selbst die Tapiriden besitzen immer noch diese charakteristische Uebergangswindung zwischen dem medialen Ast der Fiss. transversa und dem vorderen Quer- ast der suprasylvischen Furche wie das Pferd und das Rind. DEXLER bezeichnete in seinem neuesten Buche (12) beim Pferde dieselbe Fissura transversa ibnlich wie ELLENBERGER zwar als die Fiss. cruciata, es entgeht ihm aber ganz, daf diese Furche (seine F. cruciata und meine Fiss. transversa) mit der Fiss. coro- nalis in Kommunikation steht (Fig. 25 der Dex er’schen Arbeit). Dieser Autor laft im Gegensatz zu anderen Autoren zwischen der Fiss. transversa und dem vorderen Querast der Fiss. suprasylvia eine Windungsbriicke bestehen. Nach Braptey (5) kommuniziert die Fiss. coronalis nach hinten mit der Fiss. lateralis (Fiss. suprasylvia mihi). Den me- dialen Ast der Fiss. transversa halt auch dieser Autor der Fiss. cruciata der Caniden homolog. Die Fiss. suprasylvia verlaiuft ganz ahnlich wie beim Schwein schrig lateral occipitalwarts, sie ist auch im Verhialtnis michtiger als bei dem genannten Tier und endigt sowohl im Occipitalteil wie auf der Scheitelhdhe T-formig (letztere Quer- furche wurde oben beriicksichtigt). Letztere Quergabelung um- greift haufig den lateralen Ast der Fiss. transversa und grenzt auf diese Art die Windung w ab. Diese Windung ist beim Pferd auffallend schmal und mehr langgestreckt. Die Fiss. lateralis nebst ihrem medialen und lateralen Parallelaste (Fiss. entolateralis und ectolateralis) schneidet ziem- lich tief in den Mantel ein und verliuft der Mantelkante bis zum Occipitalrande parallel. Durch diese Furche ebenso wie durch die Bd. XXXIV. N. F. XXVIL. 10 146 Kaspar Schellenberg, bisweilen mehrfach segmentierte Fiss. ectolateralis und ento- lateralis wird eine kleine Reihe von schmalen longitudinal, ein- ander parallel verlaufenden Windungen gleichen Namens_ nebst Zwischenwindungen abgegrenzt, die sich in abnlicher Weise nur beim Rind vorfinden, nur sind beim letzteren die Windungsriicken entschieden breiter. Doch ist das gesamte Windungsareal vom Sulcus longitudinalis bis zur suprasylvischen Furche beim Pferde wesentlich breiter, zumal im occipitalen Teile, als beim Rinde. An der medialen Seite zieht die Fiss. callosomarginalis ununterbrochen in grofem Bogen vom occipitalen bis zum Frontal- ende ganz ahnlich wie beim Rinde. Brnepicre Maurice (4) halt diese Furche beim Pferdegehirn fiir die machtigste in der ganzen Sdiugetierreihe. Auch eine Fiss. entogenualis und entosplenialis sowie nach aussen von der Fiss. callosomarginalis gelegene Furchen- segmente (Fiss. ectogenualis und ectosplenialis) lassen sich beim Pferd deutlich nachweisen. Alle diese Furchenabschnitte sind ziemlich seicht, sie verlaufen der Fiss. callosomarginalis parallel und sind tiber der Mitte des Balkens unterbrochen (Fig. 17). Ks ist schon in Vorstehendem hervorgehoben worden, daf die Fiss. transversa der Fiss. cruciata der Caniden nicht entsprechen kann. Die dieser letzteren homologe Furche, d. h. die eigentliche Centralfurche (Mensch) ist zu verlegen in den kurzen, den marginalen Rand durchschneidenden Sulcus (Fig. 17 er), welcher aus dem Frontalschenkel der Fiss. callosomarginalis schraig aufwairts seinen Ursprung nimmt und emporsteigt. Bei der Betrachtung der Mantelkante von der Oberflache aus, ohne die beiden Hemi- spharen im Sulcus longitudinalis auseinanderzudrangen, laft sich von dieser Furche nur selten etwas erkennen. Die Verhaltnisse liegen hier somit genau so wie beim Schwein (bei der Ziege, beim Schaf und teilweise auch noch beim Rind geht die beziigliche Furche, wie schon friiher erwahnt, ziemlich weit an die Oberfliche und giebt Veranlassung zur Bildung einer dem Gyrus sigmoideus der Carnivoren durchaus gleichartigen Windung). Da somit beim Pferd der Sulcus cruciatus die Mantelkante gewéhnlich nicht er- reicht, wird selbstverstandlich auch die erste Frontalwindung im hinteren Abschnitt gestreckt bleiben. Es entsteht deshalb an der betreffenden Stelle keine an den Gyrus sigmoideus erinnernde Bildung (Fig. 15 F,, 3). Nichtsdestoweniger ist die erste Frontalwindung beim Pferde ziemlich miachtig ausgebildet, zumal im frontalsten Teil. Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 147 Hier iibertrifft sie die anderen Stirnwindungen nicht ganz um das Doppelte; es verhilt sich demnach die erste zur zweiten und dritten Stirnwindung wie 3: 2:1 in ihrer breite. Im weiteren ist zu bemerken, dass die erste Frontalwindung im vorderen Abschnitt durch die Fiss. praesylvia anterior in zwei Windungshalften ge- trennt wird, nimlich in den lateralen Hauptabschnitt und den medialen Nebenabschnitt. An den medialen Nebenabschnitt schlieBt sich basalwirts der michtige Bulbus und Tractus olfactorius an. Letzterer geht wie bei den anderen Tieren in die Substantia perforata anterior (Tuberculum olfactorium) und auf den Lobus pyriformis tiber, wo er sich verliert. Die zweite Frontalwindung anastomosiert mit dem Gyrus ectosylvius durch eine schmale Windungsbriicke und ebenso auch mit der w-Windung. Der vordere lateral und basal ziehende Schenkel der zweiten Frontalwindung geht ohne scharfe Grenze in den vorderen freiliegenden Teil der Insel tiber. Die dritte Stirnwindung liegt vom Frontalende ziemlich weit entfernt zuriick; sie wird wie gewéhnlich nach hinten und unten von dem aufsteigenden und dem vorderen Aste der Fiss. sylvii, in frontaler Richtung und nach oben von der Fiss. ecto- sylvia bezw. von ihrem vorderen Querast abgegrenzt. Zusammen mit dem hinter dem Ramus ascendens fiss. sylvii liegenden Gyrus bildet sie den Gyrus sylvius der Autoren. Die grofe Breite des Gyrus suprasylvius gegeniiber dem Gyrus marginalis ist bereits bei der Besprechung der beziig- lichen Furchen erwaihnt worden. Dieser Gyrus ist gewdéhnlich etwa 4mal so breit wie die beim Pferd auffallend schmale mar- ginale Windung. Entsprechend der Machtigkeit der Fiss. callosomarginalis ist auch der Gyrus fornicatus, welcher in ahnlicher Weise, wie dies bei den friiheren Tieren hervorgehoben wurde, von der Area perforata anterior emporsteigt, den Balken begleitet und in den Gyrus hippocampi tibergeht. Ueber die Verwandtschaft zwischen dem Carnivoren- und dem Ungulatengehirn. Nachdem ich in Ktirze die Oberflichenverhaltnisse einiger Hauptvertreter der Ungulatenreihe unter Betonung der verwandten und der unterscheidenden Merkmale zur Darstellung gebracht habe, wird es nun angemessen sein, das GroShirn desjenigen Ver- LO= 148 Kaspar Schellenberg, treters der Ungulatenreihe, welches meines Erachtens beziiglich der GroShirnoberflache und speciell des Gyrus sigmoideus dem Carnivorengehirn am nachsten stehen diirfte, namlich der Ziege, niher zu studieren und zwar unter engerer Vergleichung mit dem Hundegehirn. Dieser Vergleich soll nicht nur auf die morphologischen Ver- haltnisse der Windungen sich beziehen, sondern auch auf den Aufbau des Grofhirnmarkes und die anatomischen Beziehungen des Markkérpers zu den centralen Ganglien ausgedehnt werden. Obwohl die Bezeichnung der Windungen und Furchen bei den Ungulaten nach denen beim Hunde vorgenommen wurden, so halte ich doch eine Vergleichung des GroShirns des Hundes und der Ziege lediglich auf Grundlage der auSeren Gestaltung in Bezug auf die Homologie fiir unzureichend; meines Erachtens muf die Vergleichung, wenn sie fruchtbar sein soll, von einer viel breiteren Grundlage ausgehend sein und den inneren Aufbau sowie Form und Grée der Ganglien in weitgehender Weise mitberiicksichtigen. Bei einfacher vergleichender Betrachtung der GrofShirnober- flache von Vertretern weit auseinanderstehender Arten lassen sich weder an reifen noch an unentwickelten Gehirnen wirklich bin- dende Homologieen von Windungen und Furchen auffinden. Wie weit man unter Anwendung dieser ausschlieflich rein ana- tomischen Methode kommt, ersieht man am besten an den ge- scheiterten Bemtihungen alter Autoren eine der Centralfurche des Menschen homologe Furche in der Saugetierreihe festzustellen. Die Homologie wurde hier erst durch das Experiment festgestellt Die Bemiihungen von TENcHINI und Nearint (70), welche das Gehirn des Pferdes und des Rindes mit demjenigen des Menschen in den Einzelheiten vergleichen und Homologien erkennen wollten, haben den Wert von Vermutungen. Man darf bei der Aufstellung von Homologien iiberhaupt nicht vergessen, daf solche nur bis zu einer bestimmten Stufe sich ziehen lassen, denn wie die feinere motorische Funktion in der Saugetierreihe auferordentlich mannigfaltig gestaltet ist, so sind auch die ihr zur Grundlage dienenden nervésen Apparate oft grundsitzlich ganz verschieden angelegt. Die Art der Re- prasentation der kombinierten Bewegungen in der Rinde z. B. ist sowohl mit Riicksicht auf den Modus der Lokalisation an der Oberfliche als auch der Ausgestaltung beim Pferd und Hund eine ganz verschiedene. Eine solche Parallele ist mit Riicksicht auf die zuletzt er- Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 149 wihnten gewif nicht unwichtigen Punkte meines Wissens_ bisher noch nicht aufgestellt worden, ja der Aufbau des Markes (Centrum ovale, Markzungen, Balken, Fornix etc.) ist wenigstens bei der Ziege tiberhaupt nicht niher studiert worden. Schon aus diesem Grunde halte ich eine genaue Schilderung der beziiglichen grob anatomischen Verhiltnisse fiir dringend geboten. Der in den meisten anatomischen Lehrbiichern vertretenen Ansicht, daf' das Schwein beziiglich Anordnungen der Furchen und Windungen dem Hunde am nachsten stehe, muf ich auf Grund meiner Untersuchungen entgegentreten und méchte mich eher der Ansicht zuneigen, daS, ahnlich wie es bereits von KruEG ausgesprochen wurde, die Cavicornier den Caniden in der Win- dungsanlage wesentlich naher kommen. Geeigneter zum Vergleich mit dem Carnivorengehirn als die Cavicornier waren vielleicht die Traguliden und die Elaphier, allein es war mir nicht méglich, mich in Besitz solcher Gehirne zu bringen; tibrigens gewann ich bei der Durchmusterung der Litteratur tiber das Gehirn letztgenannter Tiere den Eindruck, dafi grundsitzliche Verschiedenheiten im Aufbau der Grofhirn- oberflache zwischen diesen Tieren und der Ziege nicht vorhanden sind. Deshalb habe ich mich der Aufgabe unterzogen, versuchsweise das Gehirn der Ziege und des Hundes auf ihre Verwandtschaft hin zu priifen. Eine wesentliche Differenz im Gehirpbau der Ziege und des Hundes besteht in der Bildung des Frontalhirns. Es dehnt sich dasselbe bei der Ziege unter Auswachsen mehrerer reich- gefalteter Gyri in frontaler und lateraler Richtung, wihrend es beim Hunde einen bescheidenen Umfang verrit und nach abwarts umgebogen erscheint. Das Frontalende des Hundes, welches das ganze Frontalhirn enthilt, besteht eigentlich aus einer einzigen spitz ausgezogenen Windung, dem Gyrus prorae (lobus orbitalis LANGLEY), welche seitlich wenig tiefe unregelmafige Kinkerbungen zeigt. Die Frontalwindungen sind somit beim Hunde nur eben angedeutet. Basal liegt dem Frontalende der Bulbus und Tractus olfac- torius an. Der an Bulbus und Tractus medial anschliefende Windungsteil ist der Gyrus rectus. Anders bei der Ziege. Da findet sich auBer dem Gyrus fron- talis primus (Gyr. prorae) seitlich ein weiterer Windungskomplex an- gelagert, nimlich die zweite und dritte Stirnwindung (Fig. 18, F’, 7’). 150 Kaspar Schellenberg, Die Fiss. coronalis schneidet zwischen erster und zweiter Frontal- windung von oben her ein, indem sie auffallend tief in den Mark- mantel sich einsenkt. Der Bulbus und Tractus olfactorius legt sich nicht wie beim Hunde dem Gyrus rectus lateral, sondern rein basal an. Besser noch als bei Betrachtung der Oberflaiche la8t sich die Gesamtdifferenz zwischen beiden Tieren an den Querschnitten aus den entsprechend liegenden Ebenen erkennen. Beim Hunde (Fig. 19) sind im Frontalende 3 Markzungen vorhanden: 1) eine aufwarts gerichtete, welche dem oberen Ab- schnitt (Gyr. prorae) des Frontalendes angehért ; 2) das zum Gyrus rectus gehérende, abwiirts spitz abschlie{ende Markfeld und 3) ein seitlicher, auf dem Querschnitt hackenformiger Fortsatz, welcher von dem vereinten Markfelde lateralwarts abzweigt (Fig. 19). Fig. 18. Ziege. Fig. 19. Hund. Dieselben Markiste lassen sich auch bei der Ziege auffinden. Aber welch ein Unterschied in ihrer Gesamtanlage im Vergleich zu den iiberaus einfachen Verhiiltnissen beim Hunde. Zunichst ist hervorzuheben, da’ die Markzunge, welche die erste Frontalwindung und den Gyrus rectus der Lange nach durch- setzt, ebenso wie die betreffenden Windungen auffallend schmal sind bei der Ziege, jedenfalls schméler als beim Hund. Dann aber erscheint der laterale, in die 2. und 3. Stirnwindung sich er- streckende Markfortsatz wesentlich machtiger als beim Hunde und ganz lang gedehnt, auch giebt er zu den einzelnen frontalen Neben- windungen je kleine Markzungen ab (Fig. 18). Wahrend also beim Hunde die Hauptmarkmasse von der einzigen Frontalwindung eingeschlossen wird, scheint bei der Ziege der gréfere Abschnitt der 2. und 5. Frontalwindung anzugehéren. Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 151 Die eigenartige Ausbildung des Frontalendes des Hundes wird zum Teil bedingt durch das Zuriickliegen und das tiefe Ein- schneiden der Fiss. pracsylvia (Fiss. orbitalis LANGLEY). Letztere Furche liegt nimlich bei der Ziege fast ganz am Frontalende. Sie schiebt sich da zwischen die vorderen Endiste der Fiss. coronalis ein. Die seitliche Anlagerung neuer Windungen an die erste Frontalwindung erfolgt beim Hunde hinter der Fiss. praesylvia, wo ein deutlicher Uebergang zwischen der Rinde des Frontalendes und dem Gyrus ectosylvius anterior, tibrigens ganz ahnlich wie bei der Ziege, bei dieser nur viel weiter vorn, vorhanden ist. An den Gyrus sigmoideus schliefen sich bei der Ziege wie beim Hunde die 3 Bogenwindungen an. Dieser Anschluf erfolgt indessen bei der Ziege in einer ganz anderen Weise als wie beim Hunde. Beim letzteren Tiere imponiert auf dem Frontalschnitt der breite Windungsriicken des Gyrus sigmoideus (Fig. 20 3). An diesen schlieft sich der wesentlich diirftigere Gyrus coronarius an, welcher von der prasylvischen Furche abgeschlossen wird. Die Fiss. coronalis schneidet beim Hunde viel weniger tief in den Markmantel ein als wie dies bei der Ziege der Fall ist. Auch ist hervorzuheben, daf die Bogen- windungen beim Hund sich erst beim Gyrus sigmoideus anschliefen, wihrend dies bei der Ziege nicht JV zutrifft. Beim Hunde stiilpt die Fig. 20. Hund. Fiss. praesylvia einen Rindenfort- satz ziemlich tief in den Gyrus sigmoideus ein. Bei der Ziege liegt diese Furche weiter basalwarts und ist ganz unansehnlich. Der Gyrus coronarius und ectosylvius haben beim Hunde somit eine gewisse Verwandtschaft mit der 2. und 3. Stirnwindung bei der Ziege aufzuweisen und zwar mit Riicksicht auf ihre Abgrenzung durch die Fiss. coronalis und ectosylvia. Die Art und Weise der makroskopischen Vereinigung des Tractus olfactorius mit dem Gyrus rectus und die Art des Ueber- ganges beider in die Substantia perforata anterior ist bei beiden Tieren eine ganz ihnliche. Das Prinzip des Markaufbaues bei der Ziege andert sich im 152 Kaspar Schellenberg, Frontallappen in weiter nach hinten gelegenen Ebenen, zumal in denen der Gyrus sigmoideus in die Schnittflaiche tritt. So sehen wir in der durch den Gyrus sigmoideus gelegten Ebene bei der Ziege an der Medianspalte eine schmale, relativ reich gefaltete Windungsgruppe, welche dem Gyrus sigmoideus entspricht (Fig. 21 %.p). Die Markziige dieser Windung sind ebenso wie diejenigen des vordersten Abschnittes der ersten Frontalwindung diirftig, aber entsprechend der reichen Rindenfaltung mehrfach veristelt. Die auffallend tiefe Fiss. coronalis trennt den genannten Windungsbezirk scharf vom tibrigen Mantel ab. Kinen wesentlich gréf8eren Win- dungsabschnitt stellt die sich an den Gyrus sigmoideus anschlieBende Mantelpartie dar, welcher durch schmale Furchen getrennt von oben nach unten die 2. und 3. Frontal- windung und noch mehr basalwarts die Insel, letztere durch die Fiss. Sylvii anterior abgegrenzt, folgt. Die Hauptmarkmasse findet sich ganz a&hnlich wie in vorderen Ebenen in der 2. und 3. Frontal- windung (Fig. 21). Selbstverstandlich ist die Zahl der vom ge- meinschaftlichen Markfeld der 2. und 5. Frontalwindung abgehen- den Markzungen entsprechend der reichen Faltung daselbst eine ziemlich betrachtliche. Beim Hunde fallt das Schwergewicht des Markes in den Gyrus sigmoideus, wiihrend die viel diirftiger entwickelten von der Kiss. coronalis abgetrennten, lateral und basal liegenden Win- dungen (Gyr. coronarius, suprasylvius, ectosylvius) nur im Besitze wesentlich kleinerer Markfelder sind. Immerhin ist zu bemerken, daf& bei der Ziege wie beim Hund, bei jener allerdings in ge- ringerem Grade, der medial einschneidende Fortsatz der Fiss. cruciata ziemlich tief in den Hirnmantel sich einsenkt und so die mediale Rinde des Gyrus sigmoideus einstiilpt. . Im weiteren ist zu sagen, daf beim Hunde der Balken sowie das Vorderende des Streifenhiigels und des Vorderhorns des Seiten- ventrikels von der Frontalspitze viel weniger weit entfernt ist als wie bei der Ziege. Diese Thatsache bildet eine der Hauptver- schiedenheiten in der Anlage des Frontalhirns. Wiahrend die Entfernung vom Balkenknie bis zum Frontalende bei der Ziege im Fig. 21. Ziege. Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 153 Durchschnitt etwa 3 cm betriagt, ist sie beim Hunde nur etwa 14—20 mm je nach Rasse und je nach Gréfe des Tieres. Die von mir mit w bezeichnete Windungsbriicke des Gyrus coronarius zum Gyrus suprasylvius, welche durch den lateralen Ast der Fiss. transversa und den vorderen Querast der Fiss. supra- sylvia abgegrenzt ist, gelangt beim Hunde zu deutlich stirkerer Entwickelung als wie bei der Ziege (Fig. 21). Beziiglich der Frontalwindungen ist noch zu erwahnen, dal sie selbstverstiindlich und schon mit Riicksicht auf die bedeutende Distanz zwischen dem Frontalende und dem Balkenknie einen wesentlich gréferen Raum und Ausdehnung einnehmen wie beim Hunde, und dafi bei der Ziege vor allen Dingen die 3. Stirn- windung als stattliche und mit bedeutendem Markfeld versehene Windung in Betracht kommt, ein Gyrus, welcher beim Hunde just als eine kleine Erhabenheit der Grofhirnoberflache sich wahr- nehmen aft. Diese Windung liegt beim Hunde ziemlich weit zurtick (Gyr. sylvius). Bessere Uebereinstimmungen im Bau des Grofhirns der beiden Tiere finden sich in den Windungen des Parietal- und Occipitalteiles. Es ist da nicht ohne Interesse, bei der Vergleichung auch noch die beziiglichen Verhiiltnisse bei der Katze heranzuziehen. Der Balken und Fornix verhalten sich nach GréfSe und Aus-' dehnung in ahnlicher Weise. Was die Markfelder der verschiedenen Windungen des Parietal- teiles anbelangt, so kann man im allgemeinen sagen, daf beim Hunde die Markzungen kiirzer sind, von einander unabhangiger verlaufen und daf sie sich radiaér in das Centrum ovale bezw. in die innere Kapsel ergieBen. Bei der Katze liegen die Verhalt- nisse ganz ahnlich (Fig. 24). Bei der Ziege sind die Markfelder entsprechend der griferen Dicke der Hemisphirenwand und entsprechend reicheren Ein- stiilpung der Rinde wesentlich linger, auch etwas steiler, dafiir aber schmiler als wie beim Hunde. Auch sieht man, da einige mehreren Windungen angehérende Markzungen, bevor sie in das Centrum ovale oder innere Kapsel tibergehen, noch ein gemein- sames Markfeld passieren (lig. 26). Was die Differenzen der einzelnen Windungen anbetrifft, so ist hervorzuheben, daf der Gyrus fornicatus der Ziege wesentlich miichtiger entwickelt ist als beim Hund und bei der Katze. Beziiglich des Gyrus marginalis ist zu sagen, daf er beim 154 Kaspar Schellenberg, Hund und bei der Katze durch die Fiss. lateralis vom Gyrus suprasylvius ziemlich scharf abgegrenzt ist. Bei der Ziege ist die Trennung beider Gyri in den mehr nach vorn gelegenen Ebenen eine ziemlich oberflichliche, dementsprechend bildet auch der Gyrus suprasylvius in diesen Ebenen ein kleines Anhangsel mit einem bescheidenen Markanteil an der marginalen Windung. In den mehr nach hinten gelegenen Ebenen werden die Verhaltnisse bei der Ziege tibrigens ganz éhnlich wie beim Hund und der Katze. Die suprasylvische Furche ist zwar bei der Ziege wesentlich tiefer als wie beim Hunde und bei der Katze, sie ist indessen auch bei den letztgenannten Tieren durchaus nicht nur oberflachlich gebildet. wo ten hh} p Ui 4 G Fig. 24. Katze. Fig. 25. Hund. Was die Grenze des Sehhiigels anbelangt, so ist zu betonen, dafi beim Hunde die erste Ebene des Sehhiigels in die ersten Frontalebenen der Insel fallt, bei der Ziege dagegen riickt die vorderste Partie des Sehhiigels verhaltnismafig mehr nach hinten, d. h. in die nimliche Ebene, in welcher der Ramus ascendens der Kiss. Sylvii in der Hauptsache in die Schnittflache fallt (Fig. 23). Der allererste Anfang der Insel fallt bei Katze und Hund in dieselbe Schnittebene wie die vordere Kommissur (Fig. 22, 24). Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 155 Eine noch gréf8ere Uebereinstimmung in der Anlage der Win- dungen und Markzungen zeigt sich in der parieto-occipitalen Re- gion aller drei zum Vergleich herangezogenen ‘Tiere. Bei der Katze ist der Gyrus fornicatus klein und zusammen- gedriickt, besser ist er schon beim Hunde entwickelt und am ausgeprigtesten zeigt er sich bei der Ziege, wo er langgestreckt erscheint (Fig. 29 /’). Der Gyrus marginalis grenzt sich bei allen oben erwahnten Tieren gut ab, bei der Ziege ist er lang ausgezogen, aber schmal (Fig. 29 1). Den breitesten Windungsriicken hat bei der Ziege der Gyrus suprasylvius, derselbe erfaihrt aber ebenso wie beim Hunde in der Regel eine sekundare Zweiteilung (Fig. 26). Fig. 27. Katze. Fig. 28. Hund. Fig. 29. Ziege. Das temporale Windungsgebiet wird bei diesen Tieren durch 2 Windungen, den Gyrus ectosylvius und sylvius, dargestellt. Den Windungen entsprechend gestalten sich auch die denselben zu- gehérigen Markzungen (Fig. 24—29). Die Markmasse des Centrum 156 Kaspar Schellenberg, ovale bildet hier wie bei allen Saugetieren ein Dach des Seiten- ventrikels. In den Ebenen des Uebergangs des Seitenventrikels in das Unterhorn sieht man bei allen Vergleichstieren, daf die Rinde des Lobus pyriformis allmahlich in diejenige des Uncus und des Gyrus hippocampi tibergeht. Die Fascia dentata und die Fimbria schliefen sich direkt an den Gyrus hippocampi an. Die Ammons- windung zieht in einem nach hinten konvexen Bogen frontalwirts bis zum vordersten Ende des Sehhtigels, welchen sie dachférmig bedeckt. Auf den Querschnitten (Fig. 26, 27) erscheinen Fascia dentata und Gyrus hippocampi ventral vom Balken quergetroften. Wenn wir am Querschnitte die Gegend des Occipitalteils priifen, so ergeben sich in der Anlage der Windungen keine wesentlicheren Differenzen. Vergleichung der Hemispharen der verschiedenen Ungulaten. Nachdem ich in Kiirze vorstehend auf das Wesentlichste mit Riicksicht auf Verwandtschaft mit dem Carnivorengehirn ein- getreten bin, sollen nun die wichtigsten Punkte mit Bezug auf gemeinsame und differente Merkmale bei den Ungulaten unter einander besprochen werden. Im Frontalteil des Schafes ergeben sich gegentiber der Ziege keine wesentlichen Unterschiede aufer den friiher er- wahnten (Fig. 30). Fig. 30. Schaf. Fig. 31. Rind. Beim Rinde bleibt infolge geringerer Entwickelung die erste Frontalwindung betrichtlich gegen die tiberliegende 2. Frontal- windung zuriick und zusammengedringt. Eine sehr tiefe Fiss. coronalis trennt beide Windungen (lig. 31). Untersuchungen tiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 157 Die Gyri am Frontalende des Schweines sind schmal und langgestreckt, iihnlich wie bei der Ziege; sie stehen im eigent- lichen Gegensatze zu denen des Rindes. Der Tractus olfactorius erreicht besondere GréBe und zeichnet sich beim Schweine noch dadurch aus, da er im vorderen Teile die Fiss. praesylvia noch iiberragt (Fig. 32). Der Stirnteil des Pferdes_ besitzt besondere Eigentiimlichkeiten. Vor allem faillt hier die massige Entwickelung der Stirnwindungen auf. Dieses Verhalten erinnert in geringerem Grade an die Frontalwindungen des Rindes. Die 1. Stirnwindung hat wie beim Rinde Neigung zum Kinsinken (Fig. 33). Was die Markverhaltnisse anbelangt, so besitzt vor allen untersuchten Tieren das Pferd in den Stirnwindungen die gréSten Markansammlungen. Lange schmale Markzungen, wie sie bei der Ziege, dem Schafe, dem Schweine und in geringerem Grade auch noch bei dem Fig. 32. Schwein. fi . ANN « be, ha \ q Fig. 33. Pferd. Rinde anzutreften sind, fehlen beim Pferde ganzlich. Entsprechend der Dicke der Windungen sind auch die Markfortsitze starker, weniger spitz ausgezogen an ihren Enden. Die dicken Mark- zungen treten zu einem einheitlichen grofen Markfelde vor dem Beginn des Seitenventrikels im Frontalhirn zusammen Ein ahn- liches Markfeld fehlt den iibrigen Vergleichstieren in dieser Aus- dehnung. 158 Kaspar Schellenberg, Auf der Héhe der Fiss. cruciata beginnt schon beim Schafe die 1. Frontalwindung gegeniiber derjenigen der Ziege etwas kleiner zu werden (Fig. 34). Diese Verkleinerung wird beim Pferde und Rinde, besonders aber beim Schweine am ausgeprag- testen. Wie friiher schon bertihrt, geht mit dieser Verkleinerung Fig. 34. Schaf. Fig.35. Schw ein. der 1. Frontalwindung eine Verkiimmerung der Fiss. cruciata Hand in Hand, so daf die noch beim Schafe und der Ziege deut- liche, tiber die Mantelkante tibergreifende Viss. cruciata beim Pferde, . Ar j ( Fig. 36. Pferd. beim Rinde und beim Schweine vollends auf die mediale Lippe der 1. Frontalwindung zuriickgedriingt wird. Diesem Vorgange ent- sprechend verhalt sich das Mark. Schaf und Ziege schliefen in diesem Teile der 1. Frontalwindung erheblich gréfere Markzungen Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 159 ein als das Rind oder das Schwein. So stellt die Markzunge an der Fiss. cruciata des Schweines und des Rindes eine diinnere Lamelle dar, auch beim Pferde erreicht dieselbe durchaus keine auBergewohnliche Starke (Fig. 56). Die 2. und 3. Stirnwindung weist bei allen Vergleichstieren dieselbe grofe Ausdehnung auf, besonders entwickelt sind beide Stirnwindungen beim Pferde, bei welchem Tiere sie noch in Unter- abteilungen zerfallen. Ihnen kommt bei diesem Tiere ein sehr starkes gemeinsames Markfeld zu, das sich in ahnlicher Ausdehnung bei keinem der untersuchten Tiere wiederfindet (Fig. 36). Der Beginn des Balkens, des Seitenventrikels und des Streifen- hiigels fallen bei allen diesen Tieren so ziemlich in dieselbe Ebene. Im allgemeinen herrscht auch in der Parietalregion beim Pferde entsprechend den gréSeren und breiteren Windungen eine erdfere Ausdehnung in den Markfortsatzen vor. Die Enden dieser Markleisten sind mehr lappig und ziehen sich nicht wie bei den iibrigen Vergleichstieren in spitze Fortsatze aus. Auch zeichnet sich das Centrum ovale und die innere Kapsel beim Pferde durch auBergewohnliche Starke in hinteren parietalen Ebenen aus. Beim Schafe, der Ziege und beim Schweine sind besonders die der Mantelspalte nahe gelegenen Windungen und die zugehérenden Markfortsaitze lang und schmal (Fig. 37, 26, 38). Fig. 38. Schwein. Die Insel fallt bei allen Vergleichstieren mit der vorderen Kommissur zusammen (Fig. 37, 38, 39). Der Beginn des Sehhiigels stimmt mit der bereits bei der Ziege beschriebenen Ebene iiberein. Septum und Fornixsiule liegen entsprechend wie bei der Liege. Die Ammonswindung bedeckt, wie schon friiher bei der Ziege gesagt wurde, den Sehhiigel von oben und reicht bis wenig itiber 160 Kaspar Schellenberg, seine Mitte nach vorn. Um auf die GréSenunterschiede der einzelnen Windungen tiberzugehen, muf hier wiederum auf die relativ. geringe Ausdehnung des Gyrus fornicatus beim Pferde Fig. 39. Rind. und beim Rinde gegentiber der Ziege, dem Schafe und dem Schweine verwiesen werden. Beim Pferde ist zudem der Gyrus Fig. 40. Pferd. marginalis relativ am kleinsten, wihrenddem diese Windung beim Schafe, beim Schweine und der Ziege eine Mittelstellung einnimmt. Am umfangreichsten ist die Randwindung unbestritten beim Rinde Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 161 (Fig. 43). Bei diesem Tiere bleibt jedoch der Gyrus suprasylvius an Breite zuriick und kommt der nimlichen Windung beim Pferde an Umfang bei weitem nicht gleich. Es gehért deshalb auch beim Pferde, dem Schafe, der Ziege und bei dem Schweine der gréfBere Markanteil nicht der marginalen Windung, wie dies beim Rinde der Fall ist, sondern der suprasylvischen Windung an (Fig. 44, Al, 26, 42). Fig. 41. Schaf. Fig. 42. Schwein. In den temporalen Windungen kann ein gréfSerer Unterschied nicht herausgefunden werden, auch erreicht der Lobus pyriformis bei allen Vergleichstieren den ihrer Gré8e entsprechenden Umfang. Fig. 43. Rind. Nahe der Occipitalspitze treten bei allen Vergleichstieren gegen die Medianspalte hin mehr langgestreckte Markleisten und Windungsziige auf, wihrend die mehr lateralen Windungen breitere Riicken mit gréferen Markmassen aufweisen. Bd. XXXVI, N. F. XXXVI. ial 1g2r Kaspar Schellenberg, Auf die Gréfe der Markansammlung am Uebergange des Seitenventrikels in das Unterhorn muf noch besonders aufmerksam gemacht werden. Dieses Markfeld erreicht hauptsichlich beim Pferde den gré8ten Umfang und nimmt bei allen Vergleichs- tieren besondere, schon makroskcpisch erkennbare Schichtung an (Fig. 41—44). a mz, ne ai q Hi \\ ; Muh i ouetiit : WAL Vf Fig. 44. Pferd. Um itiber die Mengenverhaltnisse des Markes und der Rinde des Ungulatengehirnes einigermaSen orientiert zu sein, habe ich nach dem Vorschlage von DANILEWSKY (9) und His (29) Untersuchungen angestellt. Obwohl ich mit einigen Bedenken solchen Berechnungen eegentiberstand, erschien es mir wissenswert, gegentiber den Resul- taten beim Menschen einige Anhaltspunkte iiber das gegenseitige Verhaltnis der weiSen zur grauen Substanz im Grofhirn der Un- gulaten zu besitzen. Genau genommen ist es wohl niemals még- lich, einen richtigen Aufschluf tiber die gegenseitigen Gréfenver- haltnisse zu erlangen, weil ja eine Abgrenzung zwischen grauer und weifer Substanz sowohl nach der Rinde wie nach den tieferen Teilen hin auf so rohe Weise eine Menge von Fehlerquellen in sich schlieBt. So erhielt ich Zahlen, die einmal nach der untersuchten Tier- art und sodann nach der topographischen Lage der untersuchten Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 163 Stelle variierten. Im Frontalteil konnte ich ein enges Verhialtnis, das mehr dem des Menschen nahe stand, also ein Verhiltnis von Mark zu Rinde wie 2:3 ergab, finden. Insbesondere kam der Frontalteil des Pferdes dem des Menschen am nichsten. In anderen Hemisphirenabschnitten fiihrten die quantitativen Be- stimmungen zu entgegengesetzten Resultaten, in denen die Rinde um das Doppelte und noch mehr das Mark itibertraf. .- Tex]. Beziehungen des Grofshirnmarkes zur Hirnrinde und zu den infracorticalen Regionen. Im Anschluf an die im ersten Teil behandelte Schilderung der GrofShirnoberfliche und des Markkérpers bei den Ungulaten sollen nunmehr die feineren Beziehungen zwischen den Faser- massen und der Hirnrinde sowie den infracorticalen grauen Re- gionen zur Darstellung gelangen. Zur Illustration des Gesagten sollen auch hier die im vorher- gehenden Abschnitte reproduzierten Figuren von Frontalschnitten der verschiedenen Gehirne dienen, auf welche jeweilen im Texte verwiesen wird. Die centralen Markmassen, d. h. das Centrum ovale und die Markzungen in den Windungen setzen sich aus Markfasern sehr verschiedenen Kalibers zusammen, die an Pau-Praparaten in ihren verschiedenen Schnittrichtungen sehr deutlich sichtbar sind. Die Dicke der Markscheiden von gleichartigen Biindeln ist bei den verschiedenen Reprasentanten der Ungulaten ungefaihr die nam- liche, dagegen variiert sie bei dem einzelnen Tiere je nach ana- tomischer Bedeutung und auch innerhalb gleichartiger Verbin- dungen in ziemlich betrachtlicher Weise, d. h. zwischen 1—5 wu. So sind in der Zonalschicht der Rinde bisweilen Fasern zu finden, die denen des Stabkranzes zum mindesten im Kaliber gleichkommen, ja sie oft noch iibertreffen. Bei neugeborenen Tieren hat bekanntlich der Markkérper noch nicht dieselbe Beschaffenheit wie bei alteren Tieren; er ist kleiner und es finden sich hier die markhaltigen Fasern nur in 11% 164 Kaspar Schellenberg, beschrankter Anzahl] vor, auch sind sie auffallend diinn. Die marklosen Fasern tiberwiegen hier ahnlich, wie es beim Menschen der Fall ist und ahnlich, wie es DOLLKEN (13) bei jungen Katzchen beobachtet hat. Die Markentwickelung erfolgt, wie ich mich beim Studium der beziiglichen Verhaltnisse an jungen Ziegen tiberzeugt habe, successive und ahnlich, wie es D6LLKEN (13) bei der Katze festgestellt hat in einer Reihenfolge, die wohl gréftenteils durch die physiologische Bedeutung der Bahnen fiir das junge Tier bestimmt wird. Das UngulatengroShirn ist, wenigstens an der Konvexitat, charakterisiert durch lange Windungen mit schmalen Kammen und daher auch durch lang ausgezogene dtinne Markziige und durch auffallend tiefe Furchen. Dem gegeniiber sind die ent- sprechenden Windungen beim Hunde und vollends beim Affen und Menschen mehr breit, wulstig, dafiir aber niedriger; die Mark- zungen sind breiter und kiirzer, die Markleisten der Windungen sind dicker und faserreicher als bei den Ungulaten, bei welchen iiberhaupt in der Mitte der Konvexitét das Grofhirnmark eine nur bescheidene Entwickelung zeigt. Eine Sonderung der Fasermassen im Centrum ovale und in den Markzungen nach ihrer Herkunft ist bei einer noch so minu- tidsen Durchmusterung der Schnittreihen selbstverstandlich nur im Groben moglich. Eine fliichtige Betrachtung der nach Pat gefarbten Schnitte lehrt indessen, daf bei den Ungulaten nicht minder wie bei den iibrigen Saugern die Associationsfasern (kirzere und langere) sowohl iiber die Kommissurenfasern als vollends tiber die Projektionsfasern stark dominieren. Die kiirzeren Associations- fasern scheinen im Centralgebiet weniger reich angelegt zu sein wie beim Hunde, Affen und Menschen. Ihr Mangel bedingt gewil zum Teil die friiher beriihrten Eigentiimlichkeiten im centralen Windungsgebiet der Ungulaten. Bei simtlichen von mir untersuchten Ungulaten sind dagegen die streckenweise als geschlossene Biindel verlaufenden langen Associationsfasern stattlich angelegt und lassen sich anatomisch ziemlich gut abgrenzen. Ich nenne hier z. B. die 3 Hauptstrata des occipitalen Markes, den Fasciculus cinguli und subcallosus. Von den Kommissuren zeigt sowohl der Balken, die vordere Kommissur als auch die Commissura hippocampi eine sehr be- achtenswerte Ausdehnung, die derjenigen der Carnivoren keines- wegs nachsteht. Der Balken ist bei der Ziege und beim Pferde, schon nach gréberer Schatzung zu urteilen, relativ weit machtiger Untersuchungen iiber das GroShirnmark der Ungulaten. 165 entwickelt, zumal im Knie, als derjenige der Katze und des Hundes, ja sogar des Affen, doch erreicht er die Ausdehnung des mensch- lichen bei weitem nicht. Was die Projektionsfasern anbetrifft, so lassen sie sich aus der Masse der Stabkranzfasern und der inneren Kapsel, ferner aus dem Umfang des Pedunculus und der Pyramide am _ besten ermessen. Auch die Fornixbiindel dtirfen zum Vergleich heran- gezogen werden, doch ist die Zahl der hier verlaufenden Projek- tionsfasern eine geringe. Der Stabkranz erreicht bei den hoher entwickelten Ungulaten (Ziege, Pferd) relativ einen mindestens ebenso bedeutenden Um- fang wie bei Katze und Hund und es scheint namentlich der vor- dere, frontale Abschnitt besonders machtig entwickelt zu sein, in diesem Teile machtiger als bei den Carnivoren. Die innere Kapsel verrat demnach bei den Ungulaten, ins- besondere in ihrem lenticulo-striaren Anteil, einen sehr bemerkens- werten Umfang. Auch der Sehhiigel, der bei allen héheren Siugern in seiner Entwickelung mit derjenigen des Grofhirnmantels ziemlich Schritt halt (ForEL 24), zeigt bei den Ungulaten im vorderen Abschnitt eine gréfere Ausdehnung als bei den Carnivoren. Der Pedunculus cerebri ist bei beiden Tierordnungen ver- haltnismaBig gleich entwickelt, doch nimmt er bei den Ungulaten nach abwarts rasch ab, in dem die beziiglichen Faseranteile sich teils in der Substantia nigra, teils aber in der Briicke fast vollig erschépfen. Der Pyramidenanteil ist selbst bei der Ziege und vollends beim Rinde, Schafe, Schweine und beim Pferde autfallend schmal; er zeigt bei der Ziege z. B. kaum den absoluten Umfang der Pyramide eines Kaninchens. Es wird am besten sein, die Beteiligung der verschiedenen Markbiindel an der Bildung des Grofhirnmarkes und ihre zu den iibrigen Hirnteilen verlaufenden Abschnitte an einer Tierart naher zu beleuchten. Ich wahle hierzu das Pferd und ziehe die tbrigen Vergleichstiere, sofern ihnen besondere Verhiltnisse zu- kommen, zur Vergleichung heran. Das Mark des GroBhirnes des Pferdes. Allgemeines, Die Art der Ausbreitung des Markes im GroShirn des Pferdes und speziell die quantitative Verteilung desselben auf die einzelnen 166 Kaspar Schellenberg, Abschnitte des GroShirnes bietet auferordentlich viel Interessantes dar und namentlich wenn man die beziiglichen Verhiltnisse mit denen des menschlichen Gehirnes vergleicht. Studiert man eine ununterbrochene Frontalschnittreihe des Pferdes vom Frontalende aus in occipitaler Richtung, dann gestalten sich die Verhiltnisse folgendermafen : Die Markmasse des Frontallappens, d. h. derjenigen Partie beim Pferde, welche vom Frontalpol bis zur vordersten Ebene des Balkens sich erstreckt, ist beim Pferde aufSerordentlich reich entwickelt. Sie steht der des menschlichen Gehirnes durchaus nicht sehr weit nach. Bei wiederholten Messungen zeigt sich, da’ beim Pferde die Entfernung vom Frontalpol bis zum ersten Beginn des Balkens etwa 4 cm betrigt und somit eher etwas gréBer ist als beim Menschen. Dafiir ist allerdings der Balken beim Menschen wesentlich linger und volumindéser. Auch in der Breite der Hemisphire ist das Centrum ovale in fast allen Querschnitten auffallend ausgedehnt. Es erreicht das Feld des Centrum ovale in einer Entfernung von ca. 32 mm vom Frontalpol da und dort eine Dicke bis zu 3 cm, wahrend die Dicke der Hemisphare 45 mm betragt. Beim Menschen mit die Breite des Markes auf gleicher Héhe 4—4,5 cm, die Dicke der Hemisphare 5,5 cm. Die gré’te Hohe des Centrum ovale betragt in dieser Entfernung vom Frontalpol beim Pferde 4,8 cm, die ge- samte Héhe des Frontallappens 6,5 cm einschlieflich des Riech- lappens, beim Menschen erreicht das Mark des Centrum ovale eine Héhe von 5,3 cm, die Hemisphire eine Héhe von 7—7,5 cm. Von dieser Ebene (3,2 cm vom Frontalpol entfernt) an gegen den Frontalpol zu nimmt die Markmasse beim Pferde ebenso wie beim Menschen successive ab, vielleicht etwas rascher als bei diesem und es fallen in die Schnittflache die tiberaus tiefen und an Seitentaschen reichen Hauptfurchen (Fiss. coronalis, praesylvia), wodurch das Centrum ovale mehrfach in Sonderabteilungen zer- fallt, resp. in die Markzungen der vordersten Frontalwindungen iibergeht. Auch in diesen Ebenen ist die Markanhiufung eine sehr bemerkenswerte (Fig. 33). Von 3,5 cm hinter der Frontalspitze an sondert sich inner- halb des Centrum ovale centralwirts die erste Andeutung paralleler, gleiche Richtung (longitudinale) einnehmender Faserstriinge: es ist dies der Beginn des frontalen Abschnittes des Stabkranzes (Fig. 45). Von diesen Ebenen an und bis zu den Ebenen des Balken- Untersuchungen tiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 167 knies findet sich im Centrum ovale eine auferordentlich reiche Markfiille. Es bezieht sich diese insbesondere auf das dorsale Gebiet der Konvexitit, wihrend schon hier und im Gegensatz zu den Verhaltnissen beim Menschen die basale Partie, abgesehen des beim Pferde aufSerordentlich miachtig entwickelten Lobus olfactorius und Gyrus rectus, der Markkérper ebenso wie die Windungen (untere basale Halfte der 2. und 3. Stirnwindung) wesentlich markarmer sind als beim Menschen. Von den vorderen Ebenen des Balkens (Balkenknie) an er- fahrt der Markkérper des GroShirnes entsprechend der Eigen- tiimlichkeit der Oberflichenfaltung in der parietalen Gegend eine sehr bemerkenswerte Modifikation, die mit geringen Schwankungen bis zu den Querschnittsebenen durch die Gegend des Ueberganges des Seitenventrikels in das Unterhorn ziemlich gleichmafig sich erstreckt. Mit dem Beginn der schon friiher eingehend geschilderten langgestreckten und schmalen Windungen der Konvexitat (welche fiir die Ungulaten typisch sind), nimmt die Ausdehnung des eigent- lichen Centrum ovale ziemlich rasch ab. Der Markkoérper wird beinahe erschépft durch die Markzungen der langen Windungen einerseits, durch Stabkranz- und Balkenfaserung andererseits der- art, daf die Markfelder, abgesellen der Markzungen und der ge- nannten Markabschnitte nur einen sehr bescheidenen Raum ein- nehmen (Fig. 41, 44). Was im Weiteren und namentlich bei Vergleichung der ent- sprechenden Querschnitte des menschlichen Gehirnes auffallt, das sind die der auferordentlich diirftig entwickelten basalen Windungs- masse (Insel, Operculum, Lobus pyriformis, Schlifenwindungen) entsprechenden markfaserarmen und schmachtigen Markzungen der genannten Windungen (Fig. 45). Von den Ebenen des Balkenspleniums (Uebergangsebenen des Seitenventrikels ins Unterhorn) nimmt die Markmasse des Grol- hirnes im allgemeinen an Umfang zudem etwas zu bis kurz vor der Occipitalspitze, um bald nachher von neuem rasch abzunehmen. Dieser Zunahme ist diejenige im Parietallappen des menschlichen Gehirnes wohl an die Seite zu stellen. In den genannten Ebenen (Ebene des iuferen Kniehéckers und des vorderen Zweihiigels) findet sich abermals, abgesehen von den Markzungen der Win- dungen, ein kleines Centrum ovale, das jedoch im Gegensatz zu dem Centrum ovale im Frontalmark dem menschlichen in ent- sprechenden Ebenen nachsteht. Insbesondere fallt die Schmalheit 168 Kaspar Schellenberg, des allgemeinen Markfeldes im Gebiet des Operculum, aber auch in dem der medialen Windungen, vollends jedoch im Schlafelappen auf. Der Schlafelappen des Pferdes betrigt kaum die Hiilfte des menschlichen. Dieser Reduktion des Markmantels steht gegeniiber die aufer- ordentliche Machtigkeit der weiter unten genauer zu besprechenden sagittalen Strahlungen des Hinterhauptslappens und teilweise auch des Balkens. Occipitalwirts nimmt der Markmantel successive und rascher ab als beim Menschen und beansprucht in der Nahe der Occipital- spitze im Vergleich zu den reichen Windungen einen auferordent- lich diirftigen Raum. I. Das Mark des Frontalteiles. 1. Das Mark des Lobus olfactorius. Der Lobus olfactorius zeigt bei seiner Vereinigung mit dem Gyrus rectus zwei Hauptfaserschichten, die ich in gleicher Weise, wie es KOLLIKER (34) beim Kaninchen gethan hat, in eine ober- flachliche, an der lateralen und ventralen Seite des Lobus olfac- torius liegende Markschicht und in eine centrale Schicht des Riechmarkes, die lateral und ventral dem Ventrikel des Lobus olfactorius sich vorfindet, einteile. Die Vereinigung des Lobus olfactorius fiihrt zu engeren Be- ziehungen des frontalen Markes mit dem oberflachlichen und cen- tralen Riechmark. Das periphere, oberflachliche Riechmark stellt.die eigentlichen Fasern des Tractus olfactorius dar; es ist ein Biindel starker Fasern, die an der lateralen Oberflache des Tractus olfactorius sich bis in die untere Lippe an der Fissura rhinalis erstrecken, medial in kleinen Fascikeln sich in caudaler Richtung iiber die Rinde am Streifenhiigelkopfe ausbreiten. Das ganze Biindel zieht in sagittaler Richtung bis zur Rinde des Lobus pyriformis. Es kann dieses Biindel des Tractus olfactorius schon makroskopisch verfolgt werden (Fig. 45). Vor dem Tuberculum olfactorium teilen sich die Fasern des Tractus olfactorius in einen lateralen und in einen medialen Ast. Die umfangreichere laterale Tractuswurzel enthalt die grofe Mehr- zahl der Tractusfasern. Untersuchungen tiber das GroShirnmark der Ungulaten. 169 Die mediale kleinere Wurzel biegt um die Rinde an der inneren Mantelkante nach einwirts und riickwarts um und verliert sich ahnlich, wie das bei den Carnivoren bekannt ist, an der Rinde der medialen Wandung bis gegen das Septum hin. Beide Tractusschenkel schliefen das Tuberculum olfactorium zwischen sich, eine flache, grauweife Erhabenheit, die sich von der riickliegenden Area perforata nicht deutlich abgrenzt. DEXLER (12) trennte beim Pferde noch eine mittlere Tractuswurzel ab, welche sich zum Tuberculum olfactorium erstrecken sollte; ich méchte diese Faserung unbedeutenden Umfanges der lateralen Wurzel zuteilen. Ein gesonderter Fascikel geht auch beim Schweine, bei welchem Tiere die Riechfaserung eine aufergewohn- liche Starke erreicht, in das Tuberculum olfactorium nicht tiber (Fig. 48). Bei diesem Tiere ist auch das Tuberculum olfactorium wenig mehr entwickelt als bei den iibrigen Ungulaten, jedenfalls aber bedeutend weniger als beim Maulwurfe, bei Monotremen oder bei Marsupialiern. Auch GANSER (25) hebt die geringe Anzahl der zum Tuber- culum olfactorium ziehenden Tractusfasern beim Schweine hervor und ZIEHEN (76) fabt diese wenigen Fasern zu einer besonderen Radix tubercularis olfactoria zusammen. Diesen oberflachlich liegenden Fasern des Tractus olfactorius stehen die tief gelegenen des centralen Riechmarkes gegeniiber. Dieses letztere setzt sich teils aus starken Biindeln, teils aus feineren Fascikelchen zusammen, die bis in den Bulbus olfactorius hinein zu verfolgen sind. Nach riickwirts teilt sich das centrale Mark in zwei Lager; das mehr lateral liegende umfangreichere erhalt bestindig einen neuen Faserzuzug von der Rinde des Lobus olfactorius und zwar von jener Stelle, welche von der lateralen Tractuswurzel bedeckt ist (Fig. 48). Dieses Faserbiindel greift mehrfach in das Gebiet der basalsten Stabkranzfasermassen tiber und steht auch in hinteren Ebenen mit der auferen Kapsel in Zusammenhang. Das mediale Biindel wendet sich in der Richtung gegen das Cingulum, an dessen Bildung es sich beteiligt; es um- faBt den basalen und medialen Abschnitt des Streifenhiigelkopfes und die Vorderhornspitze und steigt in der medialen Hemispharen- wand empor (Fig. 45, 48). Ein anderer Teil des medialen Biindels zieht nach riickwarts an der Rinde der Area bis in die Gegend des Chiasma opticum und mischt sich hier mit Fornix- fasern. Eine direkte Verbindung mit dem Sehhiigel oder dem Ammonshorne habe ich nirgends finden kénnen. 170 Kaspar Schellenberg, Die Endigung der Tractusfasern geschieht somit: 1) am Tu- berculum olfactorium, an der Area perforata und am Lobus pyri- formis; 2) an der medialen und basalen Partie der Hemispharen- wand bis zum Septum hin. In beiden Endigungsbezirken riicken die Tractusfasern bis zur Pyramidenschicht vor und umfassen die dort oft zu Gruppen ge- stellten Pyramidenzellen. Wahrscheinlich splittern sie sich in ein dichtes Filzwerk auf, wenigstens ist dort eine reichliche Anhaéufung erauer Substanz zu beobachten. Die Verhaltnisse liegen hier ganz iihnlich wie sie GANSER (25) fiir die Rinde am Streifenhiigel kopf beim Maulwurfe beschrieben hat. Allem Anscheine nach gehen aus der lateralen Abteilung des centralen Riechmarkes starke Faserbiindel zur vorderen Kommissur ab. Auch vom centralen Riechmark her fliefen zu der Pyramiden- schicht des Lobus olfactorius massenhaft Fasern zu, welche die Zellenhaufen umfassen. 29, Die Associationsfaserung 1m Frontalteil: Die bemerkenswertesten Eigenbestandteile des Lobus_ olfac- torius wurden im vorigen Abschnitte erértert. Wenn wir uns nun zu einem neuen Bestandteil wenden, so sind in erster Linie die Associationsfasern zu beriicksichtigen, welche teils aus der ersten, teils aus den anderen zwei Frontalwindungen hervorgehen (Fig. 45). Es sind namentlich die die einzelnen benachbarten Windungen verbindenden Fibrae propriae in stattlicher Anzahl vorhanden und verlaufen in zierlichen parallelen Ziigen. Eine starkere An- sammlung von solchen associativen Fibrae propriae findet sich in der Tiefe des Sulcus rhinalis anterior vor. Es sei auch an dieser Stelle erwaihnt, daf die Zonalfaser- schicht der Rinde der ersten Frontalwindung allmahlich in die Oberflache des Lobus olfactorius tibergeht und an letzterem Orte mit den Fasern des Tractus olfactorius lateralis zusammenflieBt (Fig. 45). Wie weit Associationsfasern in den Fuss des Stabkranzes iibergreifen, lift sich bei Betrachtung der Querschnitte nicht mit Sicherheit eruieren. Nach dem Umfange des Querschnittes der vorderen Partie der inneren Kapsel zu urteilen, ist die Zahl der langen Associationsfasern, welche noch Bestandteil des frontalen Stabkranzabschnittes bilden, jedenfalls keine sehr bedeutende. Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 171 3. Der frontale Stabkranz. Der Hauptbestandteil des Markkérpers im basalen Abschnitt des Frontalteiles wird durch ein miachtiges Querschnittsfeld ge- bildet, welches etwa zwei Dritteile der Héhe des Markes ein- nimmt und das der Hauptsache nach den frontalen Stabkranz in sich birgt (Fig. 45). Schon bei der Durchmusterung der Frontalschnittreihe lakt sich erkennen, daf aus simtlichen Windungen des Frontallappens und zwar hauptsiachlich aus den dem Frontalende naher gelegenen Gyri Radiirfasern in dieses Feld einstr6men und zwar auf dem kiirzesten Wege und in einfacher Reihenfolge. Der griéSte Teil dieses Faserquerschnittes, welcher in den Ebenen des Streifen- hiigelkopfes als frontaler Stabkranz bezeichnet werden darf, zieht direkt in die innere Kapsel iiber und wendet sich dem unteren Thalamusstiel zu. Die mehr medial gelegenen Abschnitte dieses Feldes scheinen teils in das Cingulum, teils in die Balkenfaserung tiberzugehen, wihrend die lateralen Bestandteile teilweise wenigstens Faser- anteile zum Fasciculus longitudinalis superior liefern. Eine scharfe anatomische Scheidung ist selbstverstiindlich ebensowenig wie beim Menschen modglich. Es ergiebt sich bei der Betrachtung der Frontalschnitte zur Evidenz, da8 der angedeutete frontale Stabkranzanteil beim Pferde besonders machtig entwickelt ist, mithin der reichen Rindenfaltung im Frontalhirn dieses Tieres Schritt hilt (Fig. 45). Im allgemeinen laft sich erwihnen, dali die Radiirfasern aus dem untersten Teil der 1. Frontalwindung und dem vorderen Teil der Insel sehr sparlich entwickelt sind. If. Das Mark des Parietalteils. 1. Der Stabkranz des Parietallappens‘). Der Stabkranz des Pferdes ist verhialtnismafbig recht aus- eedehnt. Der frontale Stabkranzanteil, der in Vorstehendem aus- fiihrlicher behandelt wurde, erreicht ebenso wie der vordere Ab- 1) Unter Parietallappen verstehe ich hier die Windungsgebiete, welche mit den Frontalschnittebenen des Balkens zusammenfallen. 172 Kaspar Schellenberg, schnitt der inneren Kapsel einen weit gréSeren Umfang als wie der des Menschen. Der Stabkranz des Parietallappens entspricht so ziemlich der Grife des Sehhiigels. Es ist daher beim Pferde nicht nennens- wert kleiner als beim Menschen. Wie bei diesem, so fallt auch beim Pferde, bei letzterem vielleicht noch in héherem Grade, die Einstrahlung des Stabkranzes in Masse in den Sehhiigel auf (Fig. 46). Die den verschiedenen Sebhiigelabschnitten ent- sprechenden Stabkranzanteile verlaufen ziemlich separiert ihrem Bestimmungsort entgegen. Die iibrige Masse des Stabkranzes (kleinerer Teil) senkt sich in den Pedunculus cerebri ahnlich wie beim Menschen, auch wird ihnlich wie beim Menschen die innere Kapsel durch Fasern der Linsenkernschlinge vom Pedunculus cerebri getrennt. In den Ebenen des Corpus Luysii ist der Pedunculus cerebri an Faser- zahl nahezu vollstindig und nicht wesentlich dinner als beim Menschen. Nach meinen Messungen betragt hier die Breite des Pedunculus 21 mm und seine Dicke 5 mm. Auf die weiteren Schicksale und Verainderungen in seinen Faserbestandteilen in caudaler Richtung werde ich spater eintreten. Kin kleiner Bruchteil der inneren Kapsel, die in diesen Ebenen durch die nimlichen Gebilde wie beim Menschen abgegrenzt wird, senkt sich in die Regio subthalamica und in den Markmantel des roten Kerns ein. In zierlicher Weise préasentiert sich die FEinstrahlung des hintersten Abschnittes der inneren Kapsel in das Pulvinar. Hier laBt sich der Uebergang der Stabkranzfasern in die genannte Seh- hiigelpartie auBerordentlich deutlich und besser als beim Menschen wahrnehmen. Von den Ebenen des Ueberganges des Seitenventrikels in das Unterhorn (Ebenen des Corpus geniculatum externum) an gliedert sich die Masse des Stabkranzes, die aus den occipitalen Win- dungen hervorgeht, resp. in dieselben zieht, in scharferer Weise ab. Die beziiglichen Biindel (laterales Mark des Corpus genicu- latum externum) erscheinen an Frontalschnitten quergetroffen. Der Hauptsache nach handelt es sich hier um das sagittale Occi- pitalmark, welches auch beim Pferde in drei Segmente grob ana- tomisch sich abgrenzt (Fasciculus longitudinalis inferior oder das Stratum sagittale ext., die eigentliche Sehstrahlung oder das Stratum sagittale internum und die sog. Balkentapete). Der Ge- samtquerschnitt des sagittalen Markes erreicht beim Pferde ab- Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 173 solut ungefahr dieselbe Dicke wie beim Menschen, namlich an der breitesten Stelle 10 mm, indessen ist er beim Pferde weniger hoch. Auch vermift man beim Pferde die Kriimmung oder Um- biegung dieses Faserzuges in basaler Richtung, wie sie beim Menschen zu beobachten ist und bei diesem dadurch hervor- gebracht wird, daf die Strahlung sich der gebogenen Hinterhorn- wand anschmiegt. Beim Pferde ist das Hinterhorn nur eben an- gedeutet. Was die Ausdehnung der einzelnen Felder anbelangt, so scheint das Stratum sagittale externum relativ gleichgrof zu sein wie beim Menschen, wahrend das Stratum sagittale internum und die Balkentapete auch relativ die GréSe der menschlichen nicht erreichen (Fig. 47). Die Fasern des ganzen sagittalen Markes im mittleren Stratum, d. h. die eigentlichen Sehstrahlungen wenden sich vor allem auf dem kiirzesten Wege den occipitalen Windungen (be- sonders den medialen) zu. Beziiglich der occipitalen und parietalen Windungen ist her- vorzuheben, daf der Gyrus suprasylvius und ectosylvius be- sonders reich an Mark sind, auch in der dem Operculum des Menschen an die Seite zu stellenden Sylvischen Windung 1lagt sich (auch abgesehen von eigentlichen und bisweilen gabelférmig geteilten Markzungen dieser Windung) ein noch ziemlich breites, als ein Centrum ovale anzusprechendes und vom Stabkranz sich sonderndes Markgebiet erkennen. Diesen Windungsgruppen gegeniiber, welche die Hauptmasse in der Parietalgegend darstellen, erscheinen der Gyrus fornicatus und der Gyrus marginalis diinner und ihr Markgebiet zeigt auf dem Frontalschnitt eine geweihartige Form, d. h. es finden sich da schmale lange Markzungen mit mehreren gabelférmigen, in die Nebenwindungen eintretenden Teilungen (Fig. 46, 47). In der letztgenannten Windung ist nach meiner Schatzung vor allem die Zahl der Associationsfasern mittlerer Lange, welche benachbarte Windungen miteinander verkniipfen, eine auferordentlich geringe. Man sieht hier an Frontalschnitten fast ausschlieBlich radiar gegen den Stabkranz zu verlaufende Fasern, im Gegensatz zu den Verhiltnissen im Frontallappen, wo gerade die 1. Stirnwindung und andere dem Sulcus longitudinalis zuge- kehrte Windungen sehr breite Markzungen besitzen (Fig. 45). Nur von der Inselwindung, dem umgebogenen Teil der 1. Frontal- windung und dem Lobus pyriformis ist hervorzuheben, da sie 174 Kaspar Schellenberg, ahnlich wie beim Menschen und wie es Voer (72) auch bei den Carnivoren und den Affen gefunden hat, sehr arm an Fasern sind. Im Gegensatz zum Frontallappen, wo an einzelnen Stellen ein Abgang von radiairen Fasern nur auf kurze abgebrochene Strecke oder gar nicht beobachtet werden kann, sind im Gebiete des Parietalhirns Windungen, welche eine reichliche Anordnung von radiaren, gegen den Stabkranz zu verlaufenden Biindeln ver- missen lassen (Projektions- und lange, gegen das Centrum ovale verlaufende Associations- sowie Balkenfasern), nicht vorhanden. III. Das Mark des Occipitallappens. Das Mark des Occipitalteils verraét beim Pferde eine relativ geroBere Ausdehnung als wie beim Menschen (Fig. 47). So sieht man in einer Entfernung von 116 mm von der Frontalspitze, abgesehen des hier ganz central gelegenen und ziemlich machtigen, auf dem Querschnitt ca. 16 mm hohen und 12 mm breiten sagittalen Markes, noch durchwegs konzentrisch mit diesem ein 6—8 mm (Entfernung zwischen dem _lateralen Rande des sagittalen Markes und den Windungsthalern der Nach- barschaft) breites Feld des Centrum ovale, welches sich occipital- warts nur allmahlich erschépft, aber noch bis zu einer Entfernung von 124 mm von der Frontalspitze durch seine relativ reiche Ausdehnung imponirt. Erst 126 mm von der Frontalspitze, d. h. erst etwa 12 mm von der Occipitalspitze, verschwindet das Centrum ovale des Occipitallappens von der Bildflache. Was den Reichtum der Fasern in den einzelnen Markzungen anbetrifft, so prasentieren sich die lateral gelegenen occipitalen Windungen einschlieSlich der basalen Windungsgruppen (Gyr. sylvius) als bei weitem die markreichsten. Demgegeniiber sind die an der medialen Seite der Konvexitét gelegenen Windungen wiederum an Nebenwindungen reich und enthalten ahnlich wie die medialen Windungen des Parietallappens lange und schmale, sich bisweilen gabelférmig teilende Markzungen (Fig. 47). Soweit man bei bloBer anatomischer Durchmusterung der Schnittreihe entscheiden kann, finden sich auch in saémtlichen Windungen des Occipitallappens, wenn auch in ungleicher Weise, gegen den Stabkranz zu verlaufende radiire Bindel. Auf den Querschnitten 15—20 mm von der Occipitalspitze nach vorn ver- teilt sich der Markkérper in den hier massenhaft noch durch Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 175 Seitentaschen der Furchen durchbrochenen Schnittebenen wie ein kompliziertes Ast- oder Geweihwerk, d. h. er besteht aus lauter in der Dicke auferordentlich wechselnden, gegen die Windungs- kuppe zu sich verschmilernden Markzungen, die sich selbstver- stindlich aus in verschiedener Richtung durchtrennten Fasern, namentlich aber aus schrag getroffenen Fasern zusammensetzen. IV. Der Balken. Der Balken setzt sich bei den Ungulaten wie beim Menschen aus dem Knie mit dem Schnabel, aus dem Koérper und aus dem Wulst zusammen. Die Gesamtlange des Balkens betraigt beim Pferde 65 mm; er erreicht im Knie eine maximale Dicke von 5 mm, im Korper eine solche von 3 mm und am Wulst eine solche von 4,5 mm. Um den Balken in seiner feineren Gestaltung klar zu_ iiber- sehen, ist es empfehlenswert, ihn an einer Frontalschnittserie zu studieren. Wenn wir durch die vordere Ebene des Streifenhiigelkopfes einen Querschnitt anlegen, da wo der Balken in seiner Masse im Knie getroffen wird, dann sieht man die dorsale Halfte der Bal- kenfaserung in derben Ziigen in die beiden Hemisphiren aus- strahlen und den Stabkranz, beziehungsweise das Centrum ovale durchbrechen, um sich auf diese Weise den Endzielen in den verschiedenen Windungen der Konvexitaét zu nahern (Fig. 48, 52). Der ventrale Abschnitt, das Rostrum, sendet basalwirts je einen starken Fortsatz, welcher sich in die basalen medialen Win- dungen nach vorn und riickwarts ergiebt. Der dorsale Abschnitt der Balkenfasern zieht in leicht dorsal- konkavem Bogen tiber die Mantelspalte hin, er grenzt Vorderhorn des Seitenventrikels und Fasciculus subcallosus nach unten ab. Die Rostrumfaserung liegt dagegen medial unter dem Ependym des Vorderhorns. Die Verlaufsrichtung der Fasern in beiden Abschnitten des Balkenkniees ist eine verschiedenartige. Die Fasern durchflechten sich in ziemlich groben Fascikeln und auf den verschiedenen Héhen in ungleicher Weise, so dafi man fortwihrend schrag und langs- getrofienen im Rostrum auch quergetroffenen Biindeln begegnet. — Eine genaue Verfolgung der Balkenfasern in die Markzungen der Windungen ist auf anatomischem Wege _ selbstverstindlich 176 Kaspar Schellenberg, nicht méglich. Aus dem Faserreichtum und der Faserrichtung in den Markzungen laBt sich aber schlieSen, da Balkenfasern auch in sie reichlich eintreten. An dieser Stelle sei auch daran erinnert, daf ein Teil der zwischen Rostrum und medialer Rinde verlaufenden feinen Fasern nach vorn ziehen, den Balken umgreifen, um teils in den Faser- zug der als Stria longitudinalis bezeichnet wird, teils in das Cingulum tiberzugehen (Pedunculus corporis callosi) (Fig. 45). Die Strahlung des Rostrums wird auf Frontalschnitten nach riickwarts successive schmaler, sie trennt sich schlieSlich vom Balkenkorper, resp. wird hier durch das beginnende Septum pellu- cidum abgedrangt, um sich etwa in der Schnittebene der vorderen Kommissur ganzlich zu verlieren, indem die beziiglichen Fasern in die mediale Rinde der Basis eindringen. Der vom Balkenknie aus gegen den Frontallappen zustrebende kompakte Markfortsatz, der Forceps anterior, welcher der Vorderhornspalte anliegt und von der medialen basalen Rinde des Frontallappens durch eine schmale Markwand aus Associations- fasern bestehend getrennt wird, verlauft in gerader Richtung bis gegen die Frontalspitze hin, um sich allmahlich strahlenartig gegen die verschiedenen Frontalwindungen, insbesondere in die medialen zu ergiefen. Dementsprechend wird der beziigliche Querschnitt frontalwarts successive kleiner, wahrend die dazwischenliegende Markwand an Ausdehnung langsam zunimmt. Ein kleinerer, mehr lateral gelegener Fortsatz des Balken- kniees wendet sich zunachst dorsal von der Vorderhornspitze und zwar oberhalb eines Faserquerschnittes, welcher scheinbar die anatomische Fortsetzung des Fasciculus subcallosus darstellt, um allmahlich mehr lateralwarts sich zu wenden und sich strahlen- formig in den lateralen und dorsalen Windungen des Frontallappens aufzulésen. Dieser Abschnitt mischt sich zweifellos mit der Masse der Stabkranzfaserung, von der er bald nach seinem Abgang ana- tomisch nicht mehr gesondert werden kann (Fig. 45). Ob der die anatomische Fortsetzung des Fasciculus sub- callosus bildende, frontalwarts ein Stiick weit an Umfang zu- nehmende Faserfortsatz auch noch Balkenfasern in sich aufnimmt, ]aBt sich anatomisch nicht entscheiden; sicher ist indessen, dal an der ca. 3 cm von der Frontalspitze entfernt liegenden Frontal- schnittebene im Gebiet des Frontalmarkes und im Centrum ovale ein miachtiges Faserquerschnittfeld sich abgrenzen laft, in dem mit Riicksicht auf die verschiedene Schnittrichtung anatomisch Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 177 drei Strata unterschieden werden kénnen: ein mediales, ein inneres und ein laterales, und daf das mediale fast ausschlieflich aus Balkenfasern (frontaler Balkenforceps), das mittlere und das laterale zum kleineren Teil aus Balkenfasern, zum gréBeren Teil aus dem Stabkranz und dem Fasciculus subcallosus zugehérenden Fasern sich zusammensetzt. Bis zu einer Entfernung von 2 cm von der Frontalspitze la8t sich das soeben geschilderte centrale gemischte Querschnittsfeld (sagittales Frontalmark) noch einiger- mafien scharf von der tibrigen Markmasse abgrenzen, eine Schei- -dung in besondere Strata ist aber hier bei dem Faserwirrwarr nicht mehr moéglich. Die Grenzen verstreichen sich wahrscheinlich deshalb, weil die Fasern des Fasciculus subcallosus sich hier in losen Ziigen zerstreuen und zwischen die anderen langen Fasern des Frontalmarkes hineindringen. Die anatomischen Verhiiltnisse im Frontalmark liegen somit beim Pferde ahnlich wie beim Men- schen, bei dem ebenfalls drei Strata des centralen Markes im Frontallappen sich vorfinden und bei dem die Fortsetzung und Aufsplitterung des Fasciculus subcallosus frontalwarts in gleicher Weise vor sich geht. Nur der mediale Forceps ist beim Menschen wesentlich miachtiger als beim Pferde, wahrend das innere und das laterale Stratum einen kleineren Querschnitt zeigen, die somit den Umfang wie beim Pferde nicht erreichen. Die im Bereich des Parietallappens liegenden Querschnitte des Balkenkérpers zeigen fast durchweg eine ungefahr gleiche Dicke, erst gegen das Splenium hin tritt eine Abnahme = ein (Fig. 46). Die Art der Faserdurchflechtung des Balkens in der Mantel- spalte und innerhalb des Centrum ovale ist so ziemlich auf allen Schnitten eine ganz ahnliche. Man sieht durchweg grébere und feinere Fascikel des Balkenkérpers sich durchflechten, nur selten und mehr in occipitalwarts gelegenen Ebenen zeigt sich eine An- lage von parallelen Fasern. Die Verbreitung der Fasern im Cen- trum ovale verrat oft eine zierliche Divergenz, so daf die beziig- lichen Biindel noch stiickweise gegen die lateralen und medialen Windungen verfolgt werden kénnen. Es sei noch hervorgehoben, daf der gesamte Balkenkérper, zumal in der naichsten Umgebung der Mantelspalte, durch mehr- fach zerkliiftete, longitudinal ziehende Fascikel durchbrochen wird, die bis in die Ebenen der Commissura hippocampi verfolgt werden kénnen, wo sie an Zahl eher noch zunehmen. Es handelt sich da um Faserbiindel, welche dem Fornix dorsalis angehéren. Bd, XXXIV. N. F. XXVIU. 12 178 Kaspar Schellenberg, Vom Ende des Balkenkniees ab senkt sich je ein weniger machtiger Fortsatz als der frontale Balkenforceps, der Forceps posterior, in den medialen Markkorper. Er spaltet sich, nach- dem er die Rinde des Gyrus fornicatus durchbohrt hat, in zwei Anteile (Fig. 47), von denen der miachtigere dorsale sich lateral und dorsal vom Seitenventrikel schlagt, um sich teils den Win- dungen der Konvexitat, teils der Occipitalspitze zuzuwenden und sich dann im Bereich des Querschnittes des sagittalen Occipital- markes zu verlieren, bezw. mit dessen Fasern zu mischen. In welchem der drei Strata des Occipitalmarkes die Balkenfasern am - reichlichsten vertreten sind, ]aBt sich nur annahernd schitzen, wahrscheinlich senken sich nur wenige in das Stratum sagittale internum. Zur Balkentapete habe ich vom Forceps posterior aus entgegen der Annahme Drexuer’s (12) keine Fasern ziehen sehen. Der andere Teil zweigt medial und basalwarts ab und giebt unterwegs eine Reihe von Biindeln an die mediale Rinde ab, wahrend die Grofzahl, dem zuerst erwahnten Anteile an Faser- zahl nachstehend, sich in occipitaler Richtung dem Seitenventrikel medial anliegend als isoliertes Biindel successive unter Abgabe von Fasern an die medialen Windungen erschopft. An den Balkenwulst legen sich ventral die Fasern der Com- missura hippocampi an. V. Das Septum. Unter Septum pellucidum beim Menschen versteht man die dem Vorderhorn des Seitenventrikels zugekehrte mediale Hemi- spharenwand und speziell die lediglich aus weifer Substanz be- stehende Fortsetzung der Rinde, welche sich nach oben dem Balken anlegt. Das Septum pellucidum erfahrt hinsichtlich seiner Ausgestal- tung in der Saugetierreihe abwirts eine Reihe von Modifikationen. Wahrend wir beim Menschen zwei durch einen Ventrikelraum (VerGA’scher V.) geschiedene Markplatten finden, die nur in den vordersten Ebenen basalwarts in Zusammenhang mit der Rinde treten, um in occipitaler Richtung basalwarts an die centrale graue Substanz Anschlu8 zu finden, die ferner in den Ebenen der Einstrahlung der Fornixsiéule ins Tuber cinereum sich stark ver- kiirzen, d. h. vor den Schenkeln des Fornix, zwischen diesen und dem Balken in stark reduziertem Umfange weiter verlaufen, um Untersuchungen tiber das GrobBhirnmark der Ungulaten. 179 in den vorderen Ebenen des Sehhiigels allmahlich zu verschwinden, resp. in den Balken tiberzugehen, stellt das Septum pellucidum bei den Nagern ein Stiick wirklicher Hemisphaérenwand mit Rinde dar und finden sich hier die Markfasern gegentiber der grauen Substanz in einer betrachtlichen Minderzahl. Die graue Substanz des Septums reicht dort bis zum Balken und ein Ventrikel zwischen den beiden Septumblattern laBt sich nirgends konstatieren. Das Ungulatengehirn zeigt beztiglich der Bildung des Septums Verhaltnisse, die zwischen denen des Menschen und denen der Nager liegen. Das Septum pellucidum beim Pferde nimmt seinen Anfang an der occipitalwarts konkaven Kriimmung des Balken- rostrums. In den vordersten Ebenen sieht man nur eine sehr schmale Markwand des Septums, in welcher ein Ventrikel nicht nachweisbar ist. Eine genauere Scheidung seiner Fasern vom Rostrum ist anatomisch nicht gut médglich. Auch beim Pferde sieht ‘man wie beim Menschen einen successiven Uebergang der Septumfasern in die mediale Hemisphirenwand, so da das Septum und die Rinde die mediale Wand an der Vorderhornspalte dar- stellen. Nur ein kurzes Stiick des Septums besteht lediglich aus Markfasern, der gré8te Teil setzt sich ahnlich wie bei den Nagern aus der Rinde der medialen Hemisphirenwand zusammen. Mit dieser letzteren tritt das Septum in engere Beziehungen, um sich dann vor den Fornixschenkeln und mit diesen nach oben und occipital- warts gegen den Balken hin fortzusetzen und sich nach Bildung einer diinnen, kurzen, Jongitudinal gestellten Scheidewand zwischen Fimbria und Balken allmahlich in diesem zu erschépfen. Der verdiinnte, lediglich aus weifer Substanz bestehende Abschnitt des Septums besitzt beim Pferde im Maximum eine Dicke von 3 mm (beide Wande) am geharteten Gehirn. Bei der Ziege und beim Schafe ist die doppelseitige Wand selbstverstandlich wesentlich diinner und betragt ca. 0,8 mm (Fig. 50, 53). Das Septum pellucidum stellt in seinem Markabschnitt Faser- verbindungen dar, die aus recht verschiedenen Komponenten be- stehen und unter denen die Bestandteile des Fornix den Haupt- bestandteil ausmachen. Wie bereits friiher bemerkt, sieht man in jeder Halfte der medialen Hemispharenwand basalwirts die Rinde teils durch- querende, teils in derselben sich zerstreuende Biindel, die auf Frontalschnitten meist der Linge nach getroffen werden. Manche derselben endigen in der Rinde an der Basis (Olfactoriusrinde) 12% 180 Kaspar Schellenberg, und im centralen Hohlengrau der Umgebung des Chiasma opticum oder nehmen von dort ihren Ursprung (Pedunculus septi pellucidi). Auch K6LiLIkER (34) konnte beim Kaninchen diese Biindel bis zum Lobus olfactorius hin verfolgen. Die zahlreichen Ganglien- zellenhaufen, welche im verdickten Septum und im Tuberculum olfactorium sowie in der Area perforata vorhanden sind, werden auch bei Ungulaten von diesen Biindeln férmlich umsponnen. Dab auch Fasern des Septums noch weiter nach riickwairts bis zur Amygdala, zum Temporallappen oder gar zum Thalamus ziehen, wie HoneGGer (31) und E. Smirx (67) annahmen, kann ich nach meinen Untersuchungen bei Ungulaten nicht bestitigen. Ebenso- wenig war ich imstande, eine Verbindung der Septumfaserung zur Spitze des Gyrus hippocampi zu finden. Meine Befunde bei den Ungulaten schlieBen sich beziiglich der basalen Endigung der Septumfaserung (vorderes Ringbiindel von ZieHEN [76] und Fasci- culus praecommissuralis von E. Smira [67], Pedunculus septi) vollstandig an diejenigen von K6nLuinikeEr (34, 35) (Katze, Kanin- chen, Maus) und ZieHEN (76) (Monotremen und Marsupialier) an. Nach oben verbreiten sich die Septumfasern an den Seiten- teilen, dringen zwischen die Balkenfasern ein und durchqueren diese. Die bis zum Balkenknie sich erstreckenden Fasern ent- sprechen dem nasalen Gewolbeschenkel, den Martin (47) bei der Katze beschrieben hat. Ein kleinerer Faseranteil des Septums durchsetzt den Balken in der Medianlinie; ein gréferer Anteil schiebt sich, wie ich mich mit aller Deutlichkeit iiberzeugt habe, gegen die Basis des Gyrus fornicatus hin, indem er durch die Balkenfasern sich schrag nach oben Bahn bricht. Die zuerst er- wahnten Faserbiindel schlieBen sich den Striae longitudinales an, die letzteren lateralen verlieren sich im Marke des Gyrus forni- catus und gegen das Cingulum hin. Aus der Richtung der Fasern im Frontalschnitt lift sich der Verlauf der den Balken perforierenden und der iibrigen Septum- fasern annahernd erkennen. Im vorderen Abschnitte des Septums ziehen die Biindel mehr senkrecht zum Balken, wahrend die mehr occipital gelegenen Abschnitte einen mehr der sagittalen Richtung sich nahernden Verlauf annehmen und sich der Faserung des Fornix dorsalis auflagern. Ich habe in keinem Falle eine Kreuzung der Septumfasern erkennen kénnen. Wenn sich der eigentlichen Septumfaserung gekreuzte Fasern beimischen, so gehéren diese dem Fornix an. A. Meyer (48) bringt in seiner Arbeit p. 477 die Bemerkung, Untersuchungen tiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 181 daf die graue Substanz des Septums nicht den Charakter der Rinde aufweise. Demgegentiber méchte ich hervorheben, daf die graue Substanz des Septums den Charakter der Rinde der medialen Hemisphirenwand bei Huftieren ganz ausgesprochen zeigt (Schichten pyramidenformiger Zellen verschiedenen Umfangs). Aber auch fiir das Kaninchen und die Katze liegen die naimlichen Verhiltnisse vor wie bei den Ungulaten. Von einem Bau, wie er in den centralen Ganglien vorhanden ist, kann bei dem Rindeniiberzug der Septumwand nirgends die Rede sein, doch ist einzuraéumen, dali die Rinde des Septums successive in die Area perforata tibergeht. Auch DEXxLEr (12) betrachtete die graue Substanz des Septums, die er als besonderen Nucleus septi pellucidi zusammenfabte, als eine vom Kopfe des Streifenhiigels abgespaltene Partie. Daf es sich jedoch hier um eine richtige Hirnrinde handelt, ist oben be- reits hervorgehoben worden. Mit Bestimmtheit konnte ich mich davon iiberzeugen, daf zerstreute, sowohl dem Septum als der Fornixformation entstam- mende Biindel da und dort in die Balkenfaserung sich er- gieBen, resp. den Balken mit aufbauen helfen. Diese wurden von HonreGGER (31) und spiter auch von A. MEYER (48) bestritten, meiner Ansicht nach aber mit Unrecht. In dieser Frage muf ich mich auf die Seite von GANSER (25) und KOLLIKER stellen, die den meinigen ahnliche Beobachtungen am Maulwurf (GANSER) und an Kaninchen, Katzen und am Menschen (KO6LLIKER) mitgeteilt haben. Auch Brevor (3) beobachtete bei Affen, dafi die Septum- fasern den Balken durchbrechen. Wohin die aus dem Septum kommenden und den Balken perforierenden Fasern ziehen, la8t sich auf anatomischem Wege selbstverstindlich mit Bestimmtheit nicht feststellen, wohl aber lat sich ein Uebergang solcher Fascikel bei allen untersuchten Ungulaten und zumal an Pat-Priparaten mit aller gewiinschten Sicherheit erkennen. Ich halte bestimmt dafiir, daB die beziig- lichen Biindel sowohl zur Stria longitudinalis ziehen, als auch in noch gréferer Zahl im Gyrus fornicatus sich zerstreuen (Anteile des Fornix dorsalis). Die Angabe K6LLIKER’s (35), daf die in der Medianlinie des Balkens perforierenden Biindel ausschlieBlich zur Fornixsaule ziehen, die lateralen dagegen, d. h. die zum Gyrus fornicatus abzweigen- den, ausschlieSlich zur Septumfaserung (Riechstrahlung ZucKkeEr- KANDL’s) gehoren, trifft fiir die Ungulaten nicht zu. Woher diese 182 Kaspar Schellenberg, lateralen Fibrae perforantes kommen, dariiber giebt KOLLIKER nur Vermutungen an. Neben den zum Fornix dorsalis (F. superior KO6LLIKER’s) gehérenden Fasern, welche die Gro8zahl der Septum- fasern in sich schlieSt, entstammt eine geringere Zahl aus dem Fornix ventralis (inferior K6LLIKER’s). Daneben handelt es sich meines Erachtens wie in anderen anatomisch geschlossenen und scheinbar einheitlichen Faserziigen noch um wechselnde und ver- schiedenartige Bestandteile, deren weitere Zusammensetzung auf rein anatomischem Wege nicht erschlossen werden kann. Aus der Arbeit von F. RurisHauser (63) (sekundare Degene- ration nach doppelseitiger Abtragung des Frontalendes und der basalen Abschnitte) geht hervor, da’ das Septum pellucidum des Affen von dem basalen Rindengebiet des Frontallappens abhangig ist und da die beziiglichen Biindel, welche den Schnabel des Balkens durchbohren, zur Stria longitudinalis ziehen und mit dem Gyrus fornicatus in Verbindung treten. Im weiteren ergiebt sich aus dieser Arbeit, daf der Gyrus fornicatus und die Stria longitu- dinalis eine Ursprungsstelle des Fornix dorsalis darstellen. Eine noch feinere Analyse der Septumfaserung la8t sich indessen aus dem Versuche von RUTISHAUSER nicht ableiten. Daf die Septumfasern thatsichlich mit ihrem Rindentiberzug in engem Zusammenhang stehen und somit Projektionsfasern ent- halten, geht aus einem Versuchsergebnisse v. Monakow’s (55) mit Bestimmtheit hervor. v. Monakow fand namlich bei einem einer Hemisphaire beraubten Hunde im Anschluf an die Verletzung der basalen Partie die gleichseitige mediale, das Septum noch ent- haltende Hemisphirenwand teilweise und die Septumfasern selbst atrophisch. Es ist dies ein Befund, welcher dem RuTISHAUSER- schen ganz an die Seite zu stellen ist. VI. Der Fornix. Wie bereits friiher hervorgehoben wurde, zeigt das Ammons- horn bei den Ungulaten einen ganz ahnlichen Bau wie bei den Carnivoren. Es stiilpt sich die hintere Partie des Sehhiigels um- fassend in den Seitenventrikel hinein und es erstreckt sich die dem Sehhiigel dorsal anliegende Partie ungefahr bis zu den vorderen Ebenen des Sehhiigels (ventraler Hippocampusbogen), (Fig. 46, 54), indem sie sich von der Mitte des Sehhtigels an langsam erschépft, resp. um das Balkensplenium herum auf die Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 183 Oberfliche des Balkens sich umschligt (dorsaler Hippocampus- bogen). Der dorsale und der unter dem Balken liegende umge- knickte Teil der Ammonsfalte sind jedoch bei Ungulaten stark reduziert infolge der bedeutenden Entwickelung des Balkens gegentiber der gleichen Bildung bei Marsupialiern. Die dem Sehhiigel zugekehrte Rinde des Ammonshorns der einen Hemisphire geht mit einer breiten Platte ohne Unter- brechung in die Rinde der anderen Hemisphare iiber. Es ist dieser basale Rindeniibergang (Uebergangswindung der Fascia dentata) dem dorsal vom Balken gelegenen, wo die Rinde eines Gyrus fornicatus in diejenige des anderen tibergeht, an die Seite zu stellen (Fig. 46, 54). i Aus dem Ammonshorn und zwar sowohl aus dem Alveus als im kleineren Umfange aus dem Subiculum laft sich ein nach vorn stetig wachsender die Ammonshornrinde begleitender Faserzug verfolgen. Es ist das die basale Wurzel der Fimbria, welche von dem in den Seitenventrikel eingestiilpten Teil des Ammonshorns fortwaihrend neuen Faserzuzug erhalt und das hinterste Ende des Fornix ventralis darstellt (Fig. 46, 51, 54). In den Ebenen durch die hinteren Abschnitte des duberen Kniehéckers sieht man bereits ventral vom Balkensplenium und von diesem anatomisch schwer zu trennen eine michtige Faser- kommissur, welche die beiden Ammonshérner miteinander ver- bindet. Diese Ammonshornkommissur, Commissura hippocampi (Psalterium dorsale), welche nur unscharf von den lokal hinzu- tretenden Fasern der Fimbria zu sondern ist, nimmt ihren Ur- sprung, soweit man tibersehen kann, gréBtenteils aus dem Alveus. Einige Millimeter weiter nach vorn zeigt sich eine scharfere Sonderung der Kommissur von dem Anteil des Fornix dorsalis (Fornix longus von FoREL), welcher zwischen Balken und Kom- missur gelagert eine longitudinale Richtung einschlagt, wahrend die Kommissurenfasern, die nach vorn an Zahl stetig abnehmen, quer zur anderen Seite verlaufen (Fig. 46, 51, 54). Wahrend nun die Commissura hippocampi etwas mehr fron- talwairts sich allmahlich erschépft, zieht die Masse des Fornix dorsalis frontalwarts, stetig wachsend, aber ventralwarts noch von der Ammonsrinde und dorsal vom Balken umschlossen, bis sie sich in den Ebenen des Corpus Luysii (Frontalschnitte) mit dem von der Basis des Ammonshorns herkommenden Anteil der Fimbria vereinigt. Der von der basalen Partie des Ammonshorns herkommende 184 Kaspar Schellenberg, Teil der Fimbria legt sich der in den Seitenventrikel eingestiilpten Partie lateral an und findet sich somit im Winkel zwischen dem Schweif des Nucleus caudatus und dem Fasciculus subcallosus der Hemisphire anliegend. In den vordersten Frontalebenen des Ammonshorns liegt der ganze Querschnitt der Fimbria nebst dem Fornix dorsalis vereinigt da, immerhin Jat sicht letzterer als ein unpaariges, in der Medianlinie und oft nur durch ein kurzes Sep- tum vom Balken getrennt liegendes Biindel rein quergeschnittener Fasern ziemlich scharf von der Umgebung abgrenzen. Der seitlich vom Fornix dorsalis liegende Fimbriaanteil bildet einen leichten Haken (Fig. 49), auch sieht man auf einer Reihe weiter nach vorn liegender Schnittebenen deutlich eine Kreuzung von der einen Seite zur anderen und ventral vom Fornix dorsalis ver- laufen. Es werden demnach die am meisten medial gelegenen Fasern der Fimbria der Linge nach getroffen (Psalterium ventrale) (Fig. 49). In den vordersten Ebenen des Sehhiigels vereinigen sich die beiden basalen Anteile der Fimbria zu einer im Querschnitt lang- lich-ovalen, beim Pferde ca. 15 mm breiten und etwa 3 mm dicken Markplatte. Der Fornix dorsalis, welcher als unpaariger runder Querschnitt ventral vom Balken liegt, strebt in dieser Richtung frontalwarts, wird jedoch bald von dem nach rickwarts sich vorschiebenden Septum vom Balken abgedraingt. Die Fasern des Fornix dorsalis durchbrechen in verschiedenen Hoéhen den Balken bis zum Wulste hin, indem sie je in die linke und rechte Balkenhilfte mit feinen Fascikeln eindringen. Es nimmt somit der Fornix dorsalis, wie friiher schon angedeutet wurde, aus dem oberen tiber dem Balken umgeschlagenen Hippocampusbogen und aus der dem Balkensplenium zugekehrten Rinde des Ammonshorns seinen Ursprung. Auf diesem vergleichend anatomisch durchaus richtigen Ge- sichtspunkte iiber den Ursprung der Fornixfaserung aus dem Hippocampusbogen basiert auch die von E. SmirH (67) aufgestellte Einteilung des Fornixsystems, die ich als fiir die Ungulaten durch- aus zutreffend acceptieren méchte. Sie fallt im wesentlichen mit der von K6LLIKER (34) aufgestellten Einteilung zusammen. Ks enthalt demnach der Fornix ventralis gekreuzte und ungekreuzte Fasern, die bei der Balkenentwickelung nicht beriihrt werden und aus dem hinteren Hippocampusbogen stammen (Fimbria), wahrend die Fasern des Fornix dorsalis, die ungekreuzt sind, durch die Untersuchungen itiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 185 Balkenentwickelung in ihrem Verlaufe gestért werden, d. h. den Balken perforieren miissen. Vor der Abzweigung der Fimbria in die Fornixschenkel findet die Kreuzung der Fasern des Fornix ventralis statt. Bekanntlich hat GuppEN (28) dieses gekreuzte Biindel beim Ka- ninchen experimentell abgegrenzt. Bei den Ungulaten ist die Zahl der die Medianlinie tiberschreitenden, sich kreuzenden Fasern ver- haltnismafig sehr machtig und auf eine grofe Reihe von Schnitten verteilt; es besteht also eine langgezogene Kreuzung, wie das bereits von ZieHEN mit Recht hervorgehoben wurde. Die Kreu- zung beginnt bei den Ungulaten unmittelbar vor dem Ammonshorn und erst nach Vollendung der Commissura hippocampi. Die mehr medial gelegenen Biindel der Fimbria kreuzen sich zuerst, die darauf folgenden in mehr frontalgelegenen Kbenen und die am meisten lateralzichenden sind héchst wahrscheinlich die Bestand- teile des oberen gekreuzten Fornixbiindels von GuppEN, welche am meisten frontal vor dem Uebergang in die Fornixschenkel kreuzen. Somit erstreckt sich die Kreuzung der Fimbria wesent- lich weiter als die kleine Kommissur der Ammonshérner, welch letztere in der Saiugetierreihe aufwarts bestandig an Faserreichtum zuriickgeht. Auf Frontalschnitten ist beim Pferde nirgends die Kreuzung neben der Kommissur zu treffen, wie das beim Kaninchen der Fall ist. Endlich sei noch einmal hervorgehoben, daf die hintere Partie des Balkenspleniums bei den Ungulaten wie bei anderen Saugern nicht nur Balken-, d. h. Mantelfasern, sondern auch in sehr reicher Menge Ammonshornfasern enthalt und zwar sowohl solche, die der Commissura hippocampi angehéren, als auch Anteile, die vom Fornix dorsalis zum oberen Hippocampusbogen ziehen. Neuere Autoren (SmitH [67], Zienen [76]) nehmen an, dal die Commissura superior der Monotremen und Marsupialier teils dem Balken, teils der Commissura hippocampi der héheren Saiuger entspreche. In der That gehen beide Anteile am Splenium in einander iiber und es verlaiuft auch bei den Ungulaten die Com- missura hippocampi ventral an das Splenium anschliefSend in einer Weise, daS eine anatomische Scheidung zwischen ihr und dem Balkensplenium unméglich ist. Die Ausdehnung der Commissura hippocampi betragt in frontaler Richtung beim Pferde 15 mm, bei den anderen Ungulaten ist sie entsprechend kleiner, am_ kiir- zesten beim Schweine (8 mm). Der Annahme Honeccer’s (31), dal das Tapetum Fasern 186 Kaspar Schellenberg, aus dem Fornix dorsalis in sich aufnehme, kann ich nicht bei- stimmen, ebensowenig wie derjenigen Annahme desselben Forschers, daf der Fornix dorsalis in irgendwie nachweisbarer Weise an der Bildung des Fasciculus subcallosus beteiligt sei. Ich habe auf diese Punkte hin wiederholt die Praiparate mit aller Sorgfalt durchgesehen und eine anatomische Grundlage fiir diese Annahme nicht finden kénnen. Uebrigens stehen der HonEeGGEr’schen An- nahme auch meine spéiter mitzuteilenden experimentellen Befunde entgegen. Die Masse der Fimbriafasern wendet sich immer noch nicht scharf paarig tiber dem vordersten Abschnitte des Sehhiigels wie bei allen héheren Saéugern basalwarts; sie giebt auf dieser Wan- derung eine Menge von Fasern ans Septum und an die mediale Hemisphaérenwand ab. Hervorzuheben ist besonders, dafi sich die anschlieSenden Fornixschenkel bei den Huftieren infolge der fron- talen Entwickelung des Ammonshorns, das sich ja unter dem Balken bis auf die Mitte des Sehhiigels nach vorn schiebt, gegen- tiber den gleichen Gebilden beim Menschen auferst verkiirzt haben. Sie durchschneiden kurz vor dem Eintritt der vorderen Kommissur die mediale Hemisphirenwand der Lange nach, schei- den sich da links und rechts je in ein getrenntes Biindel, welches in die eigentliche Fornixsaule fortsetzt. Die Fornixséulen biegen nach riickwarts um und verlaufen hinter der vorderen Kommissur gegen das centrale Héhlengrau und das Tuber cinereum (Fig. 53, 49). Ueber die weiteren Schicksale der gekreuzten und unge- kreuzten Biindel der Fornixsiule (Fasciculus postcommissuralis von SmitH, Fasciculus anularis posterior von ZIEHEN) kann ich hier nicht naher eintreten, nur soviel sei hervorgehoben, dal der Gesamtfaserquerschnitt der absteigenden oder Tuber cinereum- Wurzel successive occipitalwarts gegen das Corpus mamillare zu sich erschépft und in den vordersten Ebenen des Sebhhiigels beim Pferde ungefahr die Ausdehnung der menschlichen Fornixsaule an- nimmt. Bei den iibrigen Ungulaten ist sie entsprechend kleiner. Von Honeaaer (31) ist die Behauptung aufgestellt worden, da8 von der Fornixsiule an die Taenia thalami bei Ungulaten ein Faserbiindel abgehe. Auch fiir diese Annahme konnte ich be- stimmte anatomische Anhaltspunkte bei den Ungulaten nicht ge- winnen. Ich halte dafiir, da’ sich HONEGGER einige Verwechs- lungen zu schulden kommen lief. Sicher ist, daf der von HonrEGGER angenommene Uebergang beim Menschen wenigstens nicht besteht. An einem Falle von totaler Vernichtung einer Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 187 Fornixsiule und der gleichseitigen Fimbria konnte ich namlich an jener bereits von v. MonaAkow anderen Orts (54) mitgeteilten Schnittreihe mich tiberzeugen, daf die Zahl der Fasern der Taenia thalami wie auch der untere Sehhiigelstiel auf der Seite der feh- lenden Fimbria ebenso grof war wie auf der gesunden Seite. Ebensowenig stehen auch die Fasern der Stria terminalis mit denen der Fornixsiule in Verbindung. VII. Striae longitudinales. Unter dem Lancrsi’schen Streifen oder den Striae longitudi- nales (Gyrus supracallosus ZUCKERKANDL’S, Taenia tecta, Indusium griseum) versteht man einen sagittal verlaufenden Zug feiner Fasern, welcher tiber der Medianlinie des Balkens einherzieht und noch von einer diinnen Schicht Rindensubstanz bedeckt ist, die in der Tiefe der Fissura corporis callosi lateralis mit der Rinde des Gyrus fornicatus zusammenhangt. Der Anfang dieses Biindels, welches zwischen den seitlichen paarigen Teilen (Striae laterales) einen mittleren unpaaren (Stria medialis) einschlieSt (Fig. 46, 52), kann schon in den vordersten Teilen des Balkens, wo es ventral um das Knie umbiegt und gegen die frontale me- diale Hemisphaérenwand ausstrahlt, erkannt werden. Es hat alle Wahrscheinlichkeit, dafi dieses um das Balkenknie umbiegende Striabiindel (Pedunculus corporis callosi, Fasciculus marginalis E. Smira (67), das der medialen Abteilung des Forceps anterior aufliegt, mit dem centralen Riechmarke in Verbindung steht (Fig. 48). Auch mischen sich die in gleicher Weise umbiegenden Cin- gulumfasern mit denen der Stria, so daf sie beide in ihrem Ver- laufe gegen die basale Olfactoriusrinde hin auch beziiglich ihres Ursprunges nicht zu trennen sind. K6LLIkER (35) hat bereits die Ansicht ausgesprochen, daf Cingulum und Striae longitudinales als zusammengehorige Biindel zu betrachten seien und das Cin- gulum selbst nur als ein einfacher Ableger der Striae anzusehen wire, der im Gyrus fornicatus eingeschlossen ist. Es erscheint mir diese Auffassung fiir die Verhaltnisse der Ungulaten durch- aus zutreffend. Was die Bogenfasern der Striae, welche von der Oberflache des Balkens her das Balkenknie nach vorn und unten umziehen, anbetrifft, so bilden diese im ferneren bei Ungulaten noch einen betrachtlichen Anteil, der sich von vorn her der Septumfaserung 188 Kaspar Schellenberg, anschliefSt und mit dieser in ununterbrochener Reihe an der me- dialen Hemispharenrinde endigt, sowie nach riickwarts sich bis zur Area perforata erstreckt. Es kreuzen somit diese Bogenfasern der Striae mit denen des Septums unter spitzem Winkel und bei den Ungulaten in gleicher Weise, wie es KOLEIKER (35) bei der Katze beobachtet hat. Occipitalwarts ist die Stria stets in gleicher Weise dem Balken aufgelagert und mit diesem bis zum Splenium zu verfolgen, wo sie sich der Fascia dentata zuwendet und in diese umbiegt. Wihrend ihres Verlaufes wachst sie von vorn nach hinten be- stiindig. Gegeniiber Honracer (31), der die laterale Stria aus dem Subiculum cornu Ammonis hervorgehen lief, mu ich hier auf die Untersuchungen von K6LLIKER (34, 35) (Kaninchen, Katze) sowie auf meine Ergebnisse, die beziiglich des Ueberganges des Sub- iculums iibereinstimmen, zuriickgreifen und am Uebergang des Subiculums auf den Gyrus fornicatus unbedingt festhalten. Auch sprechen fiir unsere Ansicht die phylogenetische (Smrrn [68], ZIEHEN [76]) und die ontogenetische Entwickelung (Martin [47]). Die Striae erreichen im lateralen Abschnitt und in mehr hinteren Ebenen beim Pferde eine Héhe von 1—2 mm, bei den kleineren Ungulaten nur 0,6—0,8 mm. Die Stria medialis ist be- deutend diinner und betragt in der Dicke nur 0,1—0,2 mm. Beziiglich der Rinde der dorsalen und medialen Hemispharen- wand ist hervorzuheben, dafi sie im Gegensatz zu den Verhilt- nissen beim Menschen bei den Ungulaten in der Medianlinie des Balkens eine Unterbrechung nicht erfaihrt, so da der Boden des Sulcus longitudinalis von den ersten Ebenen des vereinigten Spleniums mit der Hippocampuskommissur an bis zu den Ebenen der absteigenden Fornixsiule von einer Rindenschicht ausgekleidet ist, die von einem Gyrus fornicatus zum anderen tibergeht. Diese Rindenschicht nimmt mit den Fasern der Striae von vorn nach hinten an Dicke zu. Bein Menschen ist sie auSerordentlich diinn (Indusium griseum). Bei den Ungulaten nimmt sie gegen das jalkenknie hin ab und verschwindet beinahe vollstindig, so daf nur noch eine einheitliche Markfaserlage den vordersten Teilen des Balkens aufgelagert ist (ig. 52). Die Fasern der Striae longitudinales sind sehr fein, ihre Richtung ist bei der GroSzahl keine rein sagittale, insbesondere iiberwiegen in der medialen Stria die schief und senkrecht zum Balken verlaufenden Fasern. Es stehen diese senkrechten Biindel Untersuchungen tiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 189 wahrscheinlich mit den Fibrae perforantes des Fornix dorsalis in Verbindung. Der Faserreichtum der lateralen Stria ist ein be- deutend gréferer als in der medialen Abteilung, auch prasentiert sich die graue Rinde der lateralen Stria mit einem oberen und einem unteren, dem Balken aufliegenden Markbelag als eine kleine langsziehende Windung, deren oberer Markbelag an die Zonal- schicht des Gyrus fornicatus anschlieft, waihrenddem der untere zu dem direkt anliegenden Cingulum Fasern austauscht. Eine Faserverbindung zum Fasciculus longitudinalis superior habe ich nicht gesehen. VIII. Die langen Associationsbiindel. Als Fasciculus subcallosus (Murarorr) (Fig. 46—54) (Fasciculus occipito-frontalis von ForEL und ONurrowicz)_ be- zeichnet man in neuerer Zeit einen longitudinal verlaufenden, zwischen dem Streifenhiigelkopf und dem Balken legenden und teilweise die laterale Wand des Seitenventrikels bildenden Faser- zug, der sich aus der Balkentapete langsam herausditferenziert und bis in den Stabkranz des Frontallappens zu verfolgen ist. Hier pflegt er sich in den Markmassen des Centrum ovale auf- zulésen. Bei allen untersuchten Ungulaten prasentiert sich der Faser- zug als ein von der inneren Kapsel und von den umgebenden Biindeln anatomisch scharf abgegrenzter Faserstrang. Beziiglich der Dicke steht er zwar dem Fasciculus longitudinalis inferior bedeutend nach, hinsichtlich seiner Linge tiberragt er ihn bei weitem. Er lat sich frontalwarts, durch Fasern verstirkt, den Streifenhiigel dorsal begleitend, bis zum Beginn des Ventriculus olfactorius verfolgen, d. h. beim Pferde bis zu einer Entfernung von 3 cm von der Frontalspitze. Der Querschnitt sondert sich von dieser Ebene an immer scharfer von der Umgebung ab, wird auch gleichzeitig etwas kleiner. Er erreicht in den Ebenen des Uebergangs des Vorderhorns in den Ventriculus olfactorius beim Pferde einen Umfang von 4 mm Dicke und 4 cm Hohe. Diese Ausdehnung nimmt von den Ebenen des Septums an rasch ab, er behalt dann dieselbe Dicke bis zum Uebergang in die Balken- tapete, d. h. bis zur Uebergangsebene des Seitenventrikels ins Unterhorn. Hier prasentiert er sich als sogen. Balkentapete, ein die ganze laterale Wand des Seitenventrikels auskleidender Quer- 190 Kaspar Schellenberg, schnitt, der basalwarts in ein schmales Band quergetroffener, die Wand des Unterhornes bedeckender Faserbiindel iibergeht. Hier ist tiberhaupt eine deutliche Trennung zwischen Tapete und Fas- ciculus subcallosus nicht mehr moéglich; es lat sich hier leicht iibersehen, daf der als Tapete bezeichnete Abschnitt nur das ins Unterhorn umbiegende hintere Teilstiick des Fasciculus subcallosus darstellt (Fig. 47). Was die Faserbestandteile des F. subcallosus, welcher dem menschlichen viel machtigeren Fasciculus occipito-frontalis ent- spricht, anbetrifft, so scheinen diese durchaus nicht einheitlich zu- sammengesetzt zu sein. Zu einem gewissen Grundbestand von echten langen, vom Occipital- bis zum Frontallappen ziehenden Associationsfasern tritt zweifellos ein fortwihrender Zu- und Abfluf associativer Biindel aus der Umgebung hinzu, die insbesondere von den lateralen Windungen her den Stabkranz durchbrechen und auch in den Streifenhiigel sich einsenken. Zur Balkenstrahlung bestehen keine auffalligen Faserbeziehungen. Die den F. subcallosus begleitende Substantia gelatinosa cen- tralis ist bei den Ungulaten weniger umfangreich als beim Men- schen; sie liegt zwischen die Faserfascikel eingestreut und zeigt eine wechselnde Machtigkeit. Sie begleitet das Biindel in seiner ganzen Lange des Verlaufs. Abgesehen vom F. subcallosus, welcher die Hauptverbindung zwischen dem Occipital- und Frontallappen darstellt, finden sich bei Ungulaten noch zwei lange, sagittal verlaufende Associations- biindel in der medialen Hemisphirenwand der Konvexitat, namlich das Cingulum und ein noch unbenanntes Biindel von Fasern, welche die marginale Windung durchziehen. Das Cingulum ist als ein sagittales Biindel ziemlich gut bei allen Ungulaten abzugrenzen. Seine Fasern ziehen im Marke an der Basis des Gyrus fornicatus, durchbrechen die Querbiindel des Gyrus und sind von den Ebenen des Balkenwulstes an bis iiber das Balkenknie hinaus gegen die mediale Rinde am Gyrus rectus und Lobus olfactorius hin zu verfolgen. Ueberdies giebt das Cingulum zur Rinde des Gyrus fornicatus und an die Stria lateralis Fasern ab, auch sendet es in seiner ganzen Linge, wie friiher schon erwihnt, Fascikel, welche den Balken durchbrechen, zum Fornix dorsalis und zur Septumfaserung (Fig. 46, 51—54). Auch dieses, wie man sieht, aus ziemlich verschiedenen Kom- ponenten sich zusammensetzende Associationsbiindel behalt inner- halb des ihm zugewiesenen dreieckigen Querschnittareals von hinten Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 191 nach vorn so ziemlich denselben Umfang bei. Wahrend die Fasern des F. subcallosus ein feines Kaliber zeigen, fallt die relative Derbheit der Fasern des Cingulums auf. In occipitaler Richtung biegen seine Fasern hinter dem Balken- wulste basalwarts und dringen gegen die mediale Rinde in der Richtung des Ueberganges des Gyrus fornicatus auf den Gyrus hippocampi vor (Fig. 47). Das marginale Langsbiindel, wie ich es benennen will, stellt keinen scharf begrenzten Strang dar, sondern setzt sich mehr aus zahlreichen zerstreut liegenden sagittalen Biindelchen zusammen. Ueber ihren Ursprung und ihr Ende 1Jaft sich bei der Durchmusterung der Querschnittserien wenig Sicheres sagen, doch unterliegt es keinem Zweifel, da’ es sich auch hier teilweise wenigstens um ziemlich lange Associationsbiindel handelt, die, im Gyrus marginalis gelegen, bis in die vordersten (erste Stirn- windung) Abschnitte des Frontallappens vordringen, wofiir spiater zu besprechende experimentelle Eingriffe bei der Ziege beweis- kraftig erscheinen. Es handelt sich da offenbar um die namlichen sagittalen Fasern, welche v. Monakow (54) im Gyrus marginalis der Katze beschrieben hat, die ebenfalls in diinnen Fascikein die Fasermasse des Gyrus marginalis durchbrechen und nach Abtragung des Occipitallappens bis ins Frontalhirn, resp. bis in den Gyrus sig- moideus in toto atrophieren. Ein eigentlicher Fasciculus arcuatus ist bei den Un- gulaten nicht nachweisbar. An der der Gegend des F. arcuatus des Menschen entsprechenden Partie (Sylvische Windung, Insel) finden sich eine ganze Reihe von sagittal verlaufenden Biindeln vor, dieselben lassen sich aber von den Fasern der auferen Kapsel und dem Stabkranz als gesondertes Faserbiindel nicht abtrennen. Ganz abnlich verhalt es sich mit dem Fasciculus unci- natus, der bei der Besprechung der aufSeren Kapsel noch kurz beriihrt werden soll. Wenn ein F. uncinatus besteht, so ist er jedenfalls bei den Ungulaten auferordentlich diirftig entwickelt. Der laterale Teil des Balkens wird allem Anschein nach von sagittal verlaufenden Faserbiindeln durchbrochen, die fascikelweise angeordnet sind und die méglicherweise nicht alle zur Stabkranz- faserung gehéren. Bei der Betrachtung der Schnitte drangt sich die Annahme auf, da’ auch hier Fasern in ganz ahnlicher Weise wie im Fasc. subcallosus in frontaler Richtung ziehen, bezw. dal vom F. subcallosus abgesprengte Biindel den Weg zwischen Cin- 192 Kaspar Schellenberg, gulum und Stabkranzfaserung nehmen. Als Fasciculus lon- gitudinalis superior wire am besten die Gesamtheit aller sagittal zum Frontallappen verlaufender Fasern zu bezeichnen, d. h. die kurz erwihnten Fasern, das Cingulum, der Fascic. sub- callosus und das marginale Lingsbiindel. Wie viele von diesen Biindeln schlieSlich noch Fasern zum Querschnitt der Balkentapete abgeben, laft sich nur ganz oberflachlich schaitzen, jedenfalls wird es nur von einem kleinen Bruchteil zutreffen. Fasciculus longitudinalis inferior. Verfolgt man eine Frontalschnittreihe vom Occipitalende in frontaler Richtung, so findet man im Centrum ovale, ja schon etwa 2 cm vom Occipitalpol entfernt ein ziemlich umfangreiches Feld sagittal verlaufender Fasern ganz aihnlich wie beim Menschen, das sich successive teils nach seiner naiheren Verlaufsrichtung, teils nach dem Faserkaliber und der Dichtigkeit der Fascikel in besondere Strata abgrenzen lat. Beim Auftreten der Sub- stantia gelatinosa centralis, welche bei den Ungulaten dem Hinter- horn beim Menschen 6rtlich entspricht, sieht man ganz deutlich drei sagittale Strata konzentrisch angeordnet, von denen das in- nerste (am meisten medial gelegene) zweifellos die Fortsetzung der Balkentapete darstellt und in den F. subcallosus nach vorn zu verfolgen ist. Das diesem lateral anliegende Stratum, die eigentliche Sehstrahlung oder das Stratum sagittale internum, das beim Pferde schon auf dieser Héhe dem entsprechenden Abschnitt des Menschen gleichkommt und sich im allgemeinen aus ziemlich zarten, etwas weit auseinanderliegenden Fascikelu zusammensetzt, wurde schon frither besprochen. Als laterale machtige Querschnittswand liegt der Sehstrahlung im engeren Sinne der F. longitudinalis inferior oder das Stratum sagittale externum auf, das schon hier, vollends aber in nach vorn gelegenen Ebenen, die vorhin erwahnten anderen sagittalen Strata in seinem Querschnitt iibertrifft. Zudem ist dieses Biindel aus Fascikeln derberen Kalibers zusammengesetzt!), die zu einander viel dichter liegen, so daf das beziigliche sichelfo6rmige Quer- schnittsfeld sich von der Umgebung ganz scharf abhebt. Mit dem diesem Feld lateral anliegenden Markkérper (dem Centrum ovale 1) Dies trifft auch fiir den Menschen zu. Vergl. Monaxow in Archiv fir Psychiatrie, Bd. 31. DEG 31 1900 Untersuchungen tiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 193 gehirend) scheint der Fasc. longitudinalis inferior in Faseraus- tausch zu stehen, obgleich beide eine Verschiedenheit in der Ver- laufsrichtung ihrer Fasern aufweisen. Immerhin mul hervor- gehoben werden, daf von den basalen Windungen fortgesetzt Fas- cikel in dieses Querschnittsfeld (Fasc. long. inf.) und dariiber hinaus in das Stratum sagittale internum tibergehen. Der Fasc. longitud. inferior wichst ebenso wie das Stratum sagittale internum von hinten nach vorn gegen die innere Kapsel zu successive und iiberfliigelt in ausgesprochener Weise die eigent- liche Sehstrahlung an Umfang. Es unterliegt daher keinem Zweifel, dafi zu dem urspriinglichen Faserkontingent, auch wenn es auf weite Strecken sich gleichbleibt, aus den umgebenden Windungen fortgesetzt und zwar weiter nach vorn (kurz vor den Ebenen des Ueberganges des Seitenventrikels in das Unterhorn) aus dem Mark der anliegenden Windungen Faserzuflu8 stattfindet. Ich habe den Eindruck gewonnen, daf sowohl zum Balken ziehende als Projektionsfasern und gelegentlich auch makig lange Asso- ciationsfasern an der Bildung des F. longitudinalis inferior mit beteiligt sind (Fig. 47). Bald nach dem Eintritt des Sehhtigels und der _ hinteren inneren Kapsel in die Schnittebene verliert sich die obere Etage des gesamten sagittalen Faserzuges, indem die beziiglichen Biindel sich teilweise wenigstens im hinteren Abschnitt des Sehhiigels, so- wie im Corpus geniculatum externum auflésen. Ein Bestandteil des F. longitudinalis inferior scheint sich ebenfalls in die hintere Partie der inneren Kapsel zu senken. Er wird wohl, wie das beim Hunde und bei der Katze durch v. Monakow experimentell nach- gewiesen wurde, als Stiel des inneren Kniehéckers mit letzterem in engere Verbindung treten. Die beziiglichen Fascikel lassen sich im Groben auch beim Pferde in die genannten Sehhiigel- abschnitte verfolgen. Die ventrale Lage des F. longitudinalis inferior ]a8t sich in- dessen ebenso wie beim Menschen noch weiter frontal beobachten und zwar in der Richtung gegen den Lobus pyriformis und das temporale Operculum hin. Hier wendet sich ein Teil in die innere Kapsel, um sich im Sehhiigel aufzulésen. Ueber die letzten Aus- laufer des 4uferen Kniehéckers hinaus la8t sich nur wenig mehr von diesem Biindel entdecken. Der geschilderte Verlauf und die Resultate der Experimente v. Monaxow’s (54) bei der Katze und beim Hunde, sowie ein beziiglicher experimenteller Versuch von mir bei der Ziege machen Bd. XXXIV. N. F. XXVIII, 13 194 Kaspar Schellenberg, es sehr wahrscheinlich, dafi auch bei den Ungulaten ein nicht unbetrachtlicher Bruchteil der sagittal verlaufenden Fasern des F. longitudinalis inferior teils eine Verbindung zwischen dem Occipitallappen, dem lLobus pyriformis und den Opercular- windungen darstellt, teils aber als Stiel des bei Ungulaten keines- wegs unbedeutenden Corpus geniculatum internum anzusehen ist. Das als Fascic. longitudinalis inferior bezeichnete Faserfeld in Fig. 27 des Dexuer’schen Buches (12) entspricht beim Pferde nicht diesem Faserzuge, ebenso sind die Bezeichnungen in Fig. 24 (III und IV) entsprechend abzuandern. IX. Vordere Kommissur. Die vordere Kommissur ist bei den untersuchten Ungulaten recht stattlich entwickelt, wenn sie schon nicht den Umfang dieses Gebildes bei niederen Saéugern, z. B. Marsupialiern oder Nagern relativ erreicht. Ihr Querschnitt auf dem Sagittalschnitt betragt beim Pferde und Rinde 3,5 mm, beim Schafe und der Ziege 1,5 mm, beim Schweine 2 mm. Sie ist also beim Pferde michtiger als beim Menschen (Fig. 50, 53). Die vordere Kommissur liegt wie bei allen Saugern frontai von den ins Tuber cinereum sich einsenkenden absteigenden Fornixsiulen. Auch bei den Ungulaten lift sie einen Riech- (Pars olfactoria sive anterior) und einen Schlifenanteil (Pars temporalis s. posterior) abgrenzen. Der Riechanteil ist ent- sprechend der starken Entwickelung des Lobus olfactorius (Makros- matiker) wesentlich miichtiger als der Schlafenanteil. Beziiglich der Faserbestandteile und zuniichst des Riech- anteils ist hervorzuheben, daf aus dem centralen Riechmarke Faserbiindel zum Riechanteil der vorderen Kommissur abgehen. Von der medialen Vereinigungsstelle an sieht man zunachst in frontaler und basaler Richtung je einen Arm der vorderen Kom- missur ventral vom Streifenhtigelkopf sich einsenken. Der ge- meinsame Arm erfahrt eine gabelf6rmige Teilung in der Weise, daf ein lateral ziehender Abschnitt den Querschnitt der inneren Kapsel im unteren Drittel durchbricht und occipitalwarts umbiegt, um sodann in der déuferen Kapsel nach riickwarts zu ziehen und sich an den temporalen Windungen und am Lobus_ pyriformis zu erschépfen. Es ist dies die verhaltnismifig wenig umfang- reiche Pars temporalis, derjenige Teil, der beim Menschen viel Untersuchungen tiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 195 michtiger angelegt ist. Er findet sich lateral und dorsal von der Pars olfactoria und zeichnet sich durch Fasern geringeren Kalibers aus, die in Pat-Priaparaten heller erscheinen. Zu diesen beiden Anteilen der vorderen Kommissur kommt noch ein neuer Faserbestandteil hinzu, naimlich ein kleines Bindel, das dazu dient, die beiden Striae terminales miteinander in Kom- munikation zu bringen. Die beziiglichen Fasern biegen von der in gleicher Richtung wie die Fornixsiulen zur Hirnbasis ziehenden Stria terminalis rechtwinklig zur vorderen Kommissur ab und legen sich, indem sie zur anderen Hemisphire tibergehen, der Pars temporalis dorsal an. Dieses Biindel wurde friiher schon von HonraGcer (31) beim Schweine beschrieben; ich habe dasselbe bei allen Vergleichstieren wiederfinden kénnen. X. Aeufere Kapsel. Sie erscheint als eine Faserwand, welche dem Linsenkern seitlich anliegt und dessen lateraler Flache entsprechend sichel- formig gebogen ist (Fig. 49, 50, 53). Ihren gréften Faserzuwachs erhalt sie in vorderen Ebenen aus dem Lobus olfactorius und aus der Area perforata, teilweise auch aus dem Inselgebiet. In der Gegend der Insel schmiegt sich der déuferen Kapsel lateral die Vormauer an; in der Parietal- gegend erstreckt sich die auGere Kapsel, die nach oben mit der inneren Kapsel in Verbindung steht, bis in den Lobus pyriformis. Ihre Bestandteile sind in hinteren Ebenen recht verschiedene. Einmal enthalt sie longitudinal verlaufende Biindel, welche zum Teil der Pars temporalis der vorderen Kommissur angehéren, zum anderen Teil aber einem Fasciculus uncinatus des Menschen ent- sprechen, d. h. Faserziige, die den Lobus pyriformis mit parietalen Windungen verbinden. Recht ansehnlich sind die Stabkranzanteile, welche zur inneren Kapsel ziehen, wobei sie hiufig den Linsen- kern durchbrechen. Ebenfalls sind in der auferen Kapsel Anteile der Striatumfaserung enthalten. XI. Stria terminalis. Als Stria terminalis (Stria cornea, ‘Taenia semicircularis) be- nennt man bei héheren Saugern eine zwischen dem Sehhiigel und dem Streifenhiigel dahinziehende wenig erhabene Leiste, die sich 13% 196 Kaspar Schellenberg, aus dem Ependym, Substantia gelatinosa und einem diinnen Biindel Fasern zusammensetzt, welches aus der grauen Substanz vor dem Tuber cinereum hervorgeht, dem Streifenhiigel folgt und basal- warts umbiegt, um in der Gegend des Uncus zu verschwinden. Auch dieses vielfach studierte Gebilde setzt sich zweifellos aus sehr verschiedenen Faserbestandteilen zusammen. Der Haupt- anteil zieht auf der Héhe der vorderen Kommissur frontal vom unteren Sehhiigelstiel und der Fornixsiule basalwarts und zerstreut sich in einem Zellenhaufen (Riechrinde), welcher dem Tuber cine- reum frontal anliegt (Basalkern von GANSER und KOLLIKER). Kin Uebergang einzelner Fasern der Stria in die Fornixsiule findet nach meinen Untersuchungen nicht statt; was als Abzweigung der Fornixséule in diesen Ebenen imponiert, sind Fasern der Taenia thalami und Fornixbiindel, die im centralen Grau endigen und mit den Fasern der Stria terminalis nichts zu thun haben. Die Taenia thalami liegt der Stria allerdings in ihren vordersten Ebenen medial an, trennt sich jedoch von dieser, sobald der Seh- hiigel erreicht wird (Fig. 53, 46, 49, 51). Die Stria terminalis folgt dann dem Schweife des Nucleus caudatus medial, biegt mit diesem ins Unterhorn um und fasert sich am Mandelkern bis zum Uncus hin auf. In die innere Kapsel treten bestimmt keine Fasern ein. Das ganze Biindel er- scheint im Pau-Priparate in hellem Ton und besitzt sehr diinne Fasern. HoneGGer (31) hat bei der Maus und dem Kaninchen in den Thalamus eindringende Striafasern beschrieben. Bei den Ungu- laten konnte ich eine solche Verbindung nicht beobachten. Ebenso habe ich jene derberen Fasern, wie sie sich in den oberflichlichen Schichten des Thalamus vorfinden, in den eigentlichen Striabiindeln nicht entdecken kénnen, vielmehr mu ich betonen, daf simtliche Fasern der Stria bei den Ungulaten sich, wie schon oben bemerkt, durch ein diinnes, ziemlich gleiches Kaliber auszeichnen. Ebensowenig gelang es mir, bei den Ungulaten im Nucleus amygdalae die drei von Honeaaerr geschilderten Ganglienmassen abzugrenzen (Nuclei lenticulares von KO6LLIKER) und dement- sprechend drei gesonderte Endbiischel der Stria terminalis zu entdecken. Vielmehr zerstreuen sich die Fasern der Stria suc- cessive und in unregelmafiger Weise in der gesamten basalen Ganglienmasse. Sicher kénnen auch Striabiindel bis zum Uncus ‘hin verfolgt werden, die dort angekommenen Fasern biegen so- dann nach aufen zur Rinde des Lobus pyriformis um. Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 197 XII. Das Vorderhirnganglion und seine Faserung. Das Stammganglion des Grofhirns (Corpus striatum) setzt sich bei den Ungulaten wie bei den iibrigen héheren Séugern aus dem geschwinzten Kern (Nucleus caudatus), dem Linsenkern (Nu- cleus lentiformis), dem Mandelkern (Nucleus amygdalae) und der Vormauer (Claustrum) zusammen. Man kann alle diese Abtei- lungen insgesamt mit Meynertr als das Vorderhirnganglion be- zeichnen. Bei allen Huftieren finden sich durchweg zwischen den ein- zelnen genannten Ganglien graue Anastomosen, so daf ihre ana- tomische Trennung nur eine kinstliche ist. Beriicksichtigt man im weiteren, daf diese vier Ganglien, wie GUDDEN und seine Schiiler nachgewiesen haben, nach Abtragung einer GroShirnhemi- sphare beim neugeborenen Tier kaum nennenswert in ihrer Ent- wickelung beeintrachtigt werden und dies im Gegensatz zu den Kernen des Sehhiigels und anderen tieferliegenden infrakortikalen Gebilden, so ist man auch noch mit Ricksicht auf die phylogene- tische Entwickelung vollends berechtigt, sie als eine gemeinsame unter sich verwandte graue Masse zu betrachten, die ja auch nach den erwabnten operativen Eingriffen ihrer anatomischen Grenzen beraubt wird (durch Massenausfall der sie durchsetzenden Faser- ziige z. B. der inneren Kapsel). Bei den Ungulaten bildet das Corpus striatum ein ziemlich umfangreiches Gebilde von retortenformiger Gestalt, das mit dem- jenigen des Menschen viel Verwandtes zeigt. Der Kopfteil des geschwanzten Kerns ist frontal bis zum Uebergang des Vorder- horns in den Ventriculus olfactorius zu verfolgen (Fig. 45); sein gréhter Durchmesser findet sich in der Frontalebene des Balken- knies, wo von lateralwarts her eine Durchbrechung durch Fascikel der inneren Kapsel anhebt, eine Durchbrechung, die occipitalwarts rasch zunimmt. Der ziemlich scharf abgegrenzte Durchtritt der nunmehr geschlossen verlaufenden Partie der zum vorderen Schenkel der inneren Kapsel gehérenden Fasern giebt Veranlassung zur Scheidung des Streifenhiigelkopfes in zwei Abschnitte, einen me- dialen Teil (Nucleus caudatus) und einen lateralen Teil (Nucleus lentiformis), die stellenweise durch graue, die innere Kapsel quer durchsetzende Briicken mit einander verbunden sind. Der mediale Abschnitt nimmt kaudalwaérts an Volumen sa- cessive ab und geht allmahlich in den Schweif des Hee Kerns tiber. Dieser Uebergang erfolgt jedoch mehr stufenweise 198 Kaspar Schellenberg, als beim Menschen. In denjenigen Ebenen, in denen der Streifen- hiigelschweif an Umfang bedeutend abnimmt (Ebenen des vorderen Drittels des Sehhiigels und des Corpus mamillare), schlieSt sich an den lateralen Abschnitt, das Putamen des Linsenkerns, eine umfangreichere Masse grauer Substanz an, welche von Faser- fascikeln in unregelmabiger Weise durchbrochen wird, es ist dies die mediale Partie des Linsenkerns (Globus pallidus), in welcher deutliche Laminae medullares, wie man sie beim Menschen, aber auch teilweise bei den Carnivoren antrifft, sich nicht erkennen lassen und somit auch Abgrenzungen von besonderen Linsenkern- gliedern nicht vorzunehmen sind (Fig. 53). Der ganze Linsenkern erreicht beim Pferde etwa den dritten Teil der GréBe dieses Gebildes beim Menschen. In caudaler Richtung geht der Linsenkern allmahlich da und dort, von diinnen Markwinden unterbrochen, in den Mandelkern iiber und erstreckt sich somit in den Lobus pyriformis hinein. Als Mandelkern bezeichne ich die dem Linsenkern basal anliegende, faserarme Zellenmasse, die der Rinde des Lobus pyriformis medial anliegt. In diesen Ebenen findet sich auch der Anschluf des Linsenkerns und des Mandelkerns an die Vormauer, welche namentlich mit ihrem basalen Abschnitt in den Mandelkern tiber- ereift. Die Vormauer stellt bei Ungulaten eine verhaltnismafig dicke (3—4 mm beim Pferde), lateral von der inneren, medial von der ziemlich scharf ausgesprochenen auferen Kapsel begrenzte Wand grauer Substanz dar, welche mit der Insel in die Schnittflache fallt, nach hinten rasch an Umfang zunimmt, dann wieder mit dem Auftreten des Lobus pyriformis wesentlich diinner wird und in der friiher erérterten Weise mit dem Mandelkern eine gemein- same, nur durch wenige Biindel der auferen Kapsel getrennte graue Masse bildet (Fig. 46, 53). Das Mark der Insel scheidet die Ganglienmasse des Claustrums von der Inselrinde. HonrEaGerr (31) gegeniiber, der das Claustrum der Huftiere nach der Gréfe dem der Maus anreihte, muf ich hervorheben, dafi die Vormauer bei den Ungulaten von der Insel- rinde deutlich durch Markfasern getrennt ist. Ein Zusammen- flieken der grauen Substanz der Vormauer und der Inselrinde ist bei Ungulaten nirgends nachweisbar, jedenfalls lat sich die in beiden Gebilden ganz verschieden angelegte graue Substanz (Zellenform und Anordnung) tiberall scharf sondern, Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 199 Sowohl aus der Gegend des Nucleus caudatus als vom Nu- cleus lentiformis her ziehen ahnlich wie bei den Carnivoren und beim Menschen ziemlich betrichtliche Faserbiindel medialwirts. Sie durchbrechen in losen Ziigen die innere Kapsel und senken sich in die Regio subthalamica ein, um sich im centralen Grau des Sehhiigels pinself6rmig zu erschépfen. Es ist dies die Lin - senkernschlinge. Manche dieser Biindel legen sich dem Tractus opticus ziemlich scharf an, ja einzelne begleiten denselben ein Stiick weit nach vorn. Die Durchtrittsstelle der Linsenkern- schlinge in der inneren Kapsel kann wie beim Menschen als die Grenze zwischen dem Pedunculus cerebri und der eigentlichen inneren Kapsel betrachtet werden (Fig. 46). Ein anderer Anteil zieht um das Vorderende des Hirnschen- kels herum und ergieft sich von der ventralen Seite her in den Sehhiigel, ohne die innere Kapsel zu durchbrechen (Hirnschenkel- schlinge). Sowohl der Linsenkern wie der geschwanzte Kern, der Mandel- kern und wahrscheinlich auch die Vormauer giebt Faseranteile zur Linsenkernschlinge ab. Auer den den Streifenhtigelkopf langsdurchziehenden Biindeln finden sich tiberall mehr oder weniger starke, quer durch die innere Kapsel verlaufende Faserbiindel, welche moglicherweise Verbindungen zwischen den einzelnen Stria- tumabteilungen darstellen. KOWALEWSKY (36) beschrieb beim Schweine Fasern, die aus dem Stabkranz in den Linsenkern treten, ihn durchsetzen und in den Pedunculus cerebri tibergehen. Derartige aberrierende Biinde der inneren Kapsel kann ich auch bei den tibrigen Huftieren fin- den; sie trennen sich meistens vom oberen Teile der auferen Kapsel ab und durchziehen den oberen Teil des Linsenkerns. Die Linsenkernschlingen entsprechen dem basalen Vorderhirn- biindel Eprnaer’s (17) (Radiatio strio-thalamica). Alle unter- suchten Huftiere besitzen eine starke Strahlung des Vorderhirn- ganglions zum Sehhiigel, die jedoch im Vergleiche zur corticalen Strahlung zum Thalamus nur eine auferst diirftige genannt wer- den kann. Epincer (17) schrieb der Linsenkernschlinge ein feines Faserkaliber zu, das er mit der Kiirze des Verlaufes in Beziehung bringt. Bei den Ungulaten zeigen jedoch die Fasern der Linsen- kernschlinge trotz ihres kurzen Verlaufes ein bemerkenswertes Kaliber, welches dasjenige der kurzen Associationsfasern der Hirn- rinde und vollends dasjenige der Pyramidenfasern noch tbertrifft. 900 Kaspar Schellenberg, XII. Das GroBhirnmark der tibrigen Vergleichstiere. Gehe ich bei der vergleichenden Betrachtung zunachst von der allgemeinen Anlage des Markkorpers aus, dann fallt es auf, da die kleinen Wiederkiuer und das Schwein beziiglich des Centrum ovale viel primitivere Verhaltnisse darbieten als das Pferd. Wenn man als Centrum ovale diejenige centrale Mark- masse bezeichnet, die auSer dem Bereich der in die Windungen sich erstreckenden Markzungen liegt, so kann man sagen, da8 die Ziege und das Schaf nur an wenigen Schnittebenen aus dem Frontallappen und an einzelnen des Occipitallappens ein einiger- mafen deutliches Centrum ovale. erkennen lassen. Das kleine Centrum ovale der Ziege ist etwas miachtiger als das des Schafes und vorziiglich des Schweines. Im iibrigen, namentlich innerhalb des bei Ziege und Schaf verhaltnismaflg sehr machtigen Frontallappens, setzt sich der Markkérper fast ausschlieBlich aus weit verzweigten und ziemlich dicken Markzungen, welche in die zahlreichen Haupt- und Neben- windungen geweihartig ausstrahlen, zusammen. In dieser Be- ziehung gleicht der Frontallappen der kleinen Wiederkiuer dem der Carnivoren, wenn er auch beziiglich des Umfanges der Win- dungen, der feineren Ausgestaltung derselben von ihnen, und zwar zu seinen Gunsten, differiert. Aber auch beim Rinde ist das Centrum ovale bei weitem schwicher entwickelt als beim Pferde, wie denn auch der Frontal- lappen bei diesem Tier viel weniger voluminés ist als beim Pferde. Immerhin lat sich beim Rinde an einzelnen Schnitten (z. B. in den vorderen Ebenen des Streifenhiigels) ein kleines Centrum ovale von relativ gleichem Umfange wie bei Ziege und Schaf ab- grenzen, desgleichen auch in den Ebenen des Hinterhauptslappens, welche sich direkt an das Ammonshorn anschlieBen. Aber auch hier an dieser Stelle halt das Centrum ovale den Vergleich mit dem des Pferdes nicht im entferntesten aus. Die Markzungen sind beim Rinde breiter und derber und auch entsprechend der eroken Tiefe einzelner Furchen (Fiss. coronalis, ectosylvia) be- deutend langer als bei Ziege und Schaf. Hand in Hand mit der wesentlich geringeren Entwickelung des Stirnhirns geht auch beim Rinde eine Reduktion der frontalen Sehhiigelstrahlung gegeniiber der des Pferdes einher. Der genannte vordere Sehhiigelstiel oder vordere Schenkel der inneren Kapsel Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 201 ist also beim Pferde viel voluminéser als beim Rinde. Bei der Ziege und dem Schafe ist dieses Gebilde relativ umfang- reicher als beim Rinde, immerhin aber noch deutlich kleiner als beim Pferde. Zur iibersichtlichen Vergleichung der Gréfenver- hiltnisse des vorderen und des hinteren Schenkels der inneren Kapsel lasse ich hier eine Zusammenstellung der Masse folgen. Es betragt in Millimetern die innere Kapsel: Vorderer Schenkel Hinterer Schenkel Linge _ Breite Lange _ Breite Pferd 14 7 26 1: Rind 10 5 20 8 Ziege 9,5 as 17 6,5 Schwein 8 3, 13 5 Die verhaltnismakig nicht unansehnliche Fasermasse im I’rontal- lappen des Schweines ist wohl mit der tiberaus machtigen Aus- bildung der Olfactoriusfaserung in Verbindung zu bringen (Fig. 48). Der lenticulo-optische Teil (hinterer) der inneren Kapsel zeichnet sich bei allen Ungulaten durch Faserreichtum aus, bei der Ziege und beim Pferde ist die Zahl der Fasern hier wohl am gréften. Immerhin halt sich dieser Abschnitt der inneren Kapsel ungefahr in den namlichen Schranken wie bei den Carnivoren. Der retrolenticulire Teil der inneren Kapsel sowie die sagittalen Strahlungen des Occipitalmarkes iiberragen dagegen bei den Ungulaten die entsprechenden Teile der Carnivoren in ziem- lich betrachtlicher Weise. Ich habe beziiglich der sagittalen Mark- strahlungen genauere Messungen angestellt, die ich hier tabellarisch wiedergeben will. In den Frontalebenen des Uebergangs des Unterhorns in den Seitenventrikel zeigen die drei Strata nebst dem zugehérigen Abschnitt des Centrum ovale in der Dicke folgende Werte in mm: Fasc. Strat. Strat. ; subcallosus sagitt. int. sagitt. ext. Centrum ‘ovale Pferd 3,0 2,5 2,6 2.0 Rind 18 1,2 15 1,5 Schwein 10 0,6 0,8 0,6 Schaf 1,0 0,8 1,3 1,5 Ziege 1,0 1,0 1,5 15 Unter Beriicksichtigung der Gréfenverhaltnisse wiirde nach dieser Tabelle das Pferd die machtigsten sagittalen Strahlungen und auch das gréfte Centrum ovale im Occipitalmark besitzen. Ihm folgt die Ziege, dann das Schaf, das Rind und endlich das 202 Kaspar Schellenberg, Schwein. Bemerkenswert ist, dai die Ausdehnung des ge- samten Markes im Occipitallappen bei der Ziege relativ am machtigsten ist, was mdoglicherweise mit der taglichen Erfahrung, daf die Ziege ein auSerordentlich fein ent- wickeltes Gesicht hat, in Zusammenhang zu bringen ist. Beim Rinde und Schweine ist das fiir die Leitung des Gesichtssinnes hauptsachlich in Betracht kommende Stratum sagittale internum beim Schweine absolut, beim Rinde relativ, auch wenn man die Langenverhaltnisse in Betracht zieht, wesentlich schmiler als bei der Ziege, deren eigentliche Sehstrahlung unter Beriicksichtigung der geringen Koérpergréfe dieses Tieres gegentiber derjenigen des Pferdes wohl die miachtigste Ausdehnung unter den Ungulaten hat. Auch beziiglich des Balkens bestehen bei den einzelnen Vertretern der Ungulaten betrachtliche Schwankungen in Aus- dehnung und Faserreichtum. Dicke des Balkens in mm: Lange des Lange der am Knie Mitte am Wulst Balcones Hemisphare Pferd 5 3 4,5 65 130 Rind 4. 2 3 46 100 Schwein 3 1 3 30 65 Schaf 3,5 1 3 34 75 Ziege 5 2 4 38 75 Relativ fallt die Lange des Balkens bei der Ziege auf. Auch beztiglich der Dicke und des Faserreichtums im Knie, in der Mitte und im Wulst zeigt die Ziege teilweise sogar absolut tiber- aus reiche Entwickelung. Beim Rinde und beim Schafe sind die Balkenfasern bei weitem nicht so machtig entwickelt wie bei der Ziege und beim Pferde. Es ist hervorzuheben, da’ die Ziege, welche ein michtiges Frontalhirn, aber nur ein relativ kleines Centrum ovale besitzt, durch einen besonderen Faser- reichtum des Balkenkniees und auch des Spleniums ausgezeichnet ist und trotz ihrer geringen Gréfe in dieser Beziehung auch absolut dem Pferde kaum nachsteht. Es _ ist nicht ohne Interesse, dabei hervorzuheben, daf das beziiglich des Hirnbaues der Ziege an die Seite zu stellende Schaf hinsicht- lich der Balkenentwickelung ganz bedeutend un- giinstigere Verhaltnisse darbietet als die Ziege. Ob hiermit nicht die Differenz dieser beiden Tiere in psychischer Beziehung in Verbindung zu bringen ist? Beziiglich der tibrigen Anteile des Balkens ist nichts Be- sonderes hervorzuheben. Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 203 Zum Septum rechnet man gewohnlich nicht nur die mark- haltige verdiinnte Scheidewand, sondern auch das basalwarts an diese anschliefende Stiick medialer Rindenwand. HONEGGER (31) unterschied bei den Ungulaten zwei ‘T'ypen der Septumbildung, zunichst einen solchen mit verdtinnten Septumblattern, denen sich lateralwairts etwas Rinde anschlieSt und einen anderen Typus, bei dem die Septumwand ohne Rinden- bekleidung verbleibt. Nach meinen Erfahrungen ist eine solche Trennung undurchfiihrbar. Ich fand den ersten Typus von HoneGGerR bei allen Vertretern, dagegen bestehen beziiglich der Masse des rindenlosen Teils ziemliche Schwankungen. So ist beim Schweine ahnlich wie bei den Nagern der mit Rinde be- deckte Abschnitt sehr betrachtlich, der rindenlose sehr klein, wihrend beim Rinde gerade umgekehrte Verhaltnisse bestehen. Pferd, Schaf und Ziege stehen hier in der Mitte. Die Septumfaserung des Rindes ist bisher am eingehendsten von Honreccer (31) untersucht worden, welcher die Haupt- bestandteiie derselben im Fornix longus und in den gekreuzten Fasern der Fimbria erblickt. Damit stimmen auch meine Befunde iiberein, dagegen nicht beziiglich der Annahme von HONEGGER (31), daf die Septumfasern im Sehhiigel und im auferen Kniehécker endigen. Beziiglich der Stria longitudinalis ist noch zu_be- merken, dafi dieselbe beim Pferde, Rinde und der Ziege stark ent- wickelt ist, beim Schafe und Schweine in geringerem Grade. Im Fornixsystem sind bei den einzelnen Vertretern der Ungulaten keine nennenswerten Unterschiede zu_ konstatieren. Ich kann den Befund von E. Smiru (68) fiir das Rind bestitigen, dafi der Durchtritt der Fibrae perforantes durch den Balken in besonders iibersichtlicher Weise stattfindet. XIV. Das Mark der Grofhirnrinde. Im Anschlu8 an die Darstellung der morphologischen Ver- haltnisse sowie an die Faserverhaltnisse im Grofhirnmark der Ungulaten sei es mir gestattet, tiber den feineren Aufbau und die Anlage der Markfaserung in der GrofShirnrinde meine Beob- achtungen mitzuteilen. Die Fasern, welche in den Markzungen der Windungen empor- steigen, senden garbenartig ausstrahlende Anteile an die Seiten- 204 Kaspar Schellenberg, lippen und an die Kamme der Gyri, welche sich in der Rinde, beziiglich des Ortes ihrer Endigung schwankend, verlieren. Nicht alle Abschnitte der Windungen werden in gleicher Weise von den Faserbiindeln bevorzugt. Der Windungskamm nebst den diesem zunichst liegenden Lippenteilen empfangen verhaltnismaBig viel mehr solcher Strahlenbiindel als die dem Windungsthal zuge- kehrten Rindenabschnitte. Diese Strahlenbiindel oder Mark- strahlen (K6LLIKER [34]), welche aus einer gréferen oder kleineren Anzahl aneinandergefiigter, geschlossen verlaufender, fiir sich abgegrenzter Einzelfasern bestehen, variieren in ihrer Grofe nach der Machtigkeit der Markzungen, welche die betreffende Windung versorgen. Es ist demnach auch die Zahl der in die Rinde einstrahlenden Fasermassen eine ziemlich verschiedene, wie denn auch bereits friiher hervorgehoben, die Markzungen beziig- lich ihres Umfanges stark variieren. Dementsprechend nimmt der Faserreichtum in den Einzelmarkstrahlen vom Kamme der Windung nach dem Thal successive ab, wie das bereits auch von KOLLIKER beim Menschen hervorgehoben wurde. In den Thalern senken sich nur vereinzelte Fasern in die Rinde ein, wahrend ich in den Markstrahlen je nach Lage bis zu 30 Einzelfasern auf dem Querschnitt zihlen konnte. Der Reichtum der sich in der Rinde aufsplitternden Fasern und die Feinheit dieser Aufsplitterung schwankt je nach Windung in ziemlich betrachtlichem Umfange. Bei allen Ungulaten sind die Strahlenbiischel, die von der Markzunge abzweigen, im Gyrus fornicatus, marginalis und suprasylvius viel reicher angelegt als in den der Basis zugekehrten Windungen. Sehr diirftig sind die corticalen Markstrahlen in der der Syivi’schen Windung, der Insel und dem Lobus pyriformis. Diese an Radiarfasern so armen Windungsabschnitte wren den ebenfalls an Projektionsfasern armen Windungen des Menschen, welche FLecnsia (21) zu den Associationscentren zihlt, an die Seite zu stellen und wiirden den beziiglichen Feldern, die Voar (72) bei Carnivoren und bei Affen gefunden hat, entsprechen. Der Gyrus sigmoideus und die erste Frontalwindung stehen beziiglich der Radiarfasern zwischen den zuerst genannten Windungen und den an Radiarfasern ganz armen in der Mitte, waihrenddem in der zweiten und gar in der dritten Stirnwindung der Faserreichtum wieder zurtickgeht. Die Bestandteile der Markstrahlen sind allem Anscheine nach nicht einheitlicher Natur; es kommen hier sowohl Associations- wie Kommissuren- und Projektionsfasersysteme in Betracht und Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 205 es ist der Anteil jeder dieser Faserarten auf anatomischem Wege nicht genauer auszuscheiden. Jedenfalls ist die Zahl der Projek- tionsfasern auch bei den Ungulaten eine ganz wesentlich geringere als der tibrigen langen Faserziige, sie wird aber, wie aus den experimentellen Befunden zu entnehmen ist, in den verschiedenen Windungen ebenso eine recht schwankende sein wie in den ver- schiedenen Abschnitten der einzelnen Windung. Jedenfalls muf man sich hiiten, die Radiirfasern mit Projektionsfasern zu _ ver- wechseln und mit diesen zu identifizieren, auch an solchen Stellen, wo die Verhiiltnisse relativ einfach zu liegen scheinen und in Masse parallel verlaufende Faserziige bis ins Centrum ovale sich verfolgen lassen. Das Kaliber der einzelnen Fasern der Markstrahlen ist eben- falls ein auSerordentlich mannigfaltiges, die diinnsten Fasern be- tragen kaum ein Sechsteil des Durchmessers der dicksten. Die dicken und die feinen Fasern verlaufen meist innig gemischt; sowohl feinste als dickste Fasern lassen sich in allen Abteilungen der Rinde wiederfinden. Die Markumhiillung der einzelnen Fasern schwindet gewohn- lich erst, kurz bevor sich die Fasern in ihre einzelnen Fibrillen, resp. feineren Veristelungen auflésen oder bevor der Achsen- cylinder in die ihm zugehérige Ganglienzelle eindringt. Dement- sprechend ist an Pau-Praparaten die Endigung der einzelnen Fasern auf dem Schnitt eine unvermittelte, d. h. die Markfaser bricht plétzlich ab. Zu dem System der Radiirfasern, d. h. der Markstrahlen, kommt in der Rinde der Ungulaten ganz 4bhnlich wie bei dem Menschen eine ganze Reihe von Systemen quer, also zur Rinde parallel verlaufender und fiir sich abgegrenzter Faserschichten. Ks ist diesdasSystem der tangentialen Faserstreifen. Bei allen zur Untersuchung gekommenen Tieren prasentieren sich die tangentialen Fasersysteme an Palpriiparaten als mit un- bewafinetem Auge schon wahrzunehmende Gebilde. Wenn schon die Fasern schichtenweise sich prisentieren, so ist die Abtrennung in besondere Schichten oder Streifen bei den Ungulaten eine kiinst- liche, indem man zwischen den Schichten eine ganze Reihe von Querfasern antrifft; immerhin lassen sich wie beim Menschen 2—3 Schichten annehmen. Die an der Oberflaiche der Rinde unter dem Ependym liegende Schicht ist die Zonalfaserschicht. Zwei weitere Bander liegen zwischen dieser Zonalfaserschicht und der Markzunge: der 206 Kaspar Schellenberg, aiufere oder Vicqg pb’Azyr’sche oder der GrEmmMArrsche Streif und der innere oder Baillarger’sche oder Remax’sche Streif, beide zusammen bilden die Schicht der mittleren Tangentialfasern von KOLLIKER. Die Tangentialfasern sind bei den Ungulaten am ausgeprig- testen in der hinteren Halfte des Gyrus fornicatus (vergl. Fig. 55 bei der Ziege). Auch im Gyrus marginalis und suprasylvius finden sich diese Faserquerbander in ziemlich reicher Menge. In der Rinde dieser letzteren Windungen riicken die zwei mittleren (auBerer und innerer) Querstreifen zusammen und sind nicht bis zur Rinde des Windungsthales zu verfolgen. Sie brechen also gegen das Windungsthal hin ab und fehlen am Uebergange voll- stindig. In den temporalen Windungen (Gyrus ectosylvius, sylvius) findet sich deutlich eigentlich nur die Zonalschicht ausgesprochen, wiihrend die die Rinde in tieferen Schichten durchsetzenden Fasern zu einer besonderen Schicht sich nicht vereinigen lassen. Hier ist also ein eigentlicher auSerer (mittlerer) Streifen nicht abzu- erenzen. In der Rinde des Lobus pyriformis konnte ich bei den von mir untersuchten Tieren Tangentialfasern tiberhaupt nicht nachweisen, wenigstens nicht auf den Querschnitten. Die Zonal- schicht wird hier wohl durch die machtige Strahlung des Tractus olfactorius lateralis ersetzt. In der Rinde der frontalen Windungen laft sich die Zonal- schicht in zwei Lagen trennen (ein Seitenstiick zur KarEs-BEcH- TEREW’schen Schicht beim Menschen). Hier sieht man auch die Zonalschicht in die Windungsthailer umbiegen und somit in die- jenigen der anliegenden Windung tibergehen, was beim mittleren Streifen nicht beobachtet werden kann. Neben der doppelt an- velegten Zonalschicht findet sich in der Frontalrinde auch ein wittlerer Querstreifen, der sich nicht weiter teilen laBt. Im Gyrus sigmoidens des Schafes und der Ziege, weniger beim Pferde und Rinde, findet sich eine schén ausgesprochene Zonalschicht und ein mnittlerer Streif, die beide gegen die Rinde der Frontalwindungen zu an Intensitaét abnehmen. In der dritten Stirnwindung und der Insel schrumpfen sie bis auf eine ganz diinne Zonalschicht zu- sammen. Eine ganz ahnliche allma&hliche Erschépfung der Tan- ventialfasern von der ersten Stirnwindung lateralwairts gegen die Insel zu findet sich auch beim Schweine, Rinde und Pferde. Die Machtigkeit der Streifen variiert je nach dem Tiere in ganz betrichtlicher Weise. So betraigt die Breite der Zonalschicht am Gyrus fornicatus des Pferdes 0,42, des Rindes 0,32, des Schweines 0,28, des Schafes 0,3 und der Ziege 0,31 mm. i ial Untersuchungen iiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 207 Zur Orientierung iiber den Faserreichtum, den Umfang und die Lage der Tangentialfaserschichten lasse ich eine Zahlentabelle folgen, die sich auf den Gyrus fornicatus der Ziege bezieht. Es pen in mm: 2] aga lee Saleen SE 5/85/23 Gu | SH] 8H /.87 athe a Breite des Ependyms. . . . . . «10,015|0,015/0015|0,015 Breite der Zonalschicht . . . . .| 0,315] 0,445] 0,445] 0,750 auBere dichte Lage. . . . . « ||0,090} 0,045} 0,045} 0,150 innere lockere Lage derselben. . |0,225} 0,890) 0,390} 0,600 Entfernung des mittleren Streifs von der Oberfliche. . . 0,72 10,45 |0,42 | — Breite des (mittleren) auSeren| bie Lis - Kitson Bb ee lO Osos Oa Si tent Entfernung zwischen (mittlerem) iuberem | und. innerem Sireif. .. ._. . . .. -{0,87 10,35 |029 | — Breite des inneren Streifs . . .|/0,22 |0,19 |0,28 | fehlt Entfernung vom inneren Streif bis zur | Markzunge . snl fe ot ER e oa! mor 2 SOS Os doteh Or oi hii PR dee ds wi amide stone wsinblies ne . ||2,24 |1,50 | 1,62 | 1,50 Die Zonalfaserschicht liegt direkt unter dem Ependym; sie besteht aus Fasern sehr verschiedenen Kalibers, die netzartig nach allen Richtungen sich zerstreuen, mit anderen Worten: es finden sich da sowohl quer als der Lange nach durchschnittene nnd meistens kiirzere Fasern. Am dichtesten ist dieses Netzwerk unmittelbar unter der Pia, nach abwarts liegen sie lockerer und zerfallen in ein unregelmibig gelagertes Faserwerk von feinerem und gréberem Kaliber. Mit Sicherheit konnte ich die Biindel der Markstrahlen bis in die Zonalschicht nicht verfolgen. Ich halte die iibliche Annahme, daf diese Schicht sich vorwiegend aus kiir- zeren Associationsfasern zusammensetze, fiir eine richtige und_ fiir das Ungulatengehirn zutreffende. Der mittlere Streifen (Vicq p’Azyr’sche) dagegen wird von den Markstrahlen erreicht und sogar durchsetzt. Er enthalt kiirzere, parallel zur Oberfliiche ziehende Fasern von variabler Breite neben Bestandteilen von Markstrahlen. Am Gyrus fornicatus und mar- ginalis ist er am stirksten entwickelt und zeigt hier eine Doppel- anlage in Form eines inneren Streifens. An der medialen Lippe ist er etwas stirker entwickelt als auf der Kuppe oder der late- ralen Lippe. Beide Streifen verlieren sich im Thale. Der innere 208 Kaspar Schellenberg, Streifen ist am deutlichsten an den Seitenlippen, er liegt voll- stindig zwischen den dicken Markstrahlen, deren Fasern er in rechtem Winkel kreuzt. Er ist lockerer angelegt wie der Aufere Streifen und enthalt die namliche Faserzusammensetzung wie dieser. Bei allen Ungulaten verliert sich in den Thalern zwischen den Windungen die tangentiale Streifung bis auf die Zonalschicht, haufig auch diese noch. Dafiir tritt hier ein System bogenférmig verlaufender Associationsfasern auf, die teils in der Rinde, teils im Marke selbst verlaufen: die Fibrae arcuatae (ARNOLD), U-Fa- sern (MEYNERT) oder inneren Tangentialfasern (KO6LLIKER). Sie vertreten hier die mittleren Querstreifen, indem sie oft die ganze Rinde des Thales konzentrisch durchziehen oder ins Mark eintauchen um an den Seitenlippen wieder in die Rinde herauszutreten. Sie erfiillen oft das ganze Windungsthal und sind in ihrer Dicke wie die tbrigen Tangentialfasern sehr variierend. Am Uebergange des Gyrus fornicatus auf den Gyrus hippo- campi, also an jener Rindenpartie, welche dem vorderen Zweihiigel aufliegt, bestehen oft vier tangentiale Streifen neben einem dufberst dichten Faserfilzwerk. Mit dieser reichen Menge von Markstrahlen und Tangential- fasern ist die Reihe der Rindenfasern nicht erschépft. Es lassen sich mit EpInGer (16) ahnlich wie beim Menschen innerhalb der Markstrahlung noch zwei Flechtwerke unterscheiden, nimlich das superradiare zwischen Zonalfaserschicht und mittlerem Streifen und das interradiare, welches letztere zwischen den mittleren Streifen und den Markkegel zu liegen kommt. Ks ist nicht méglich, bei der Betrachtung der Schnittpriparate die Be- ziehungen der beiden Flechtwerke unter einander und zu den Streifen zu ermitteln. Wahrscheinlich mischen sich hier Kigen- fasern der Rinde mit den aus den Markzungen hinzutretenden in inniger Weise ebenso wie mit der tangentialen Faserung. Die der Mantelspalte naiher liegenden Windungsziige zeigen im allgemeinen dichtere Filzwerke als die lateralen. Besonders reich entwickelt sind sie im Gyrus fornicatus. Indem sich an diesem Orte meine Untersuchungen iiber das Grofhirnmark bei Ungulaten abschlieSe, méchte ich noch erwahnen, dal die Ergebnisse der experimentellen Untersuchung, die ich im Vorstehenden schon hie und da gestreift, in einem spiter zu ver- Offentlichenden dritten Teile, der bereits abgeschlossen ist, zum Teil als Bestitigung, anderenteils als Erginzung der in vorstehenden Untersuchungen gewonnenen Resultate zusammengefaSt wurden. 1) 4) 5) 6) 7) Untersuchungen tiber das Grofhirnmark der Ungulaten. 209 Litteraturverzeiehnis. Anronint, Arr., La corteccia cerebrale nei mammiferi domestici. Seconda nota preventiva: Suini. Monitore zoologico ital., Volt ID 1892: Aruoinc, M. S., Determination des points excitables du manteau de lhemisphére des animaux solipédes. Associat. frang. pour Vavancement des Sciences, 1878. 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Figuren 18—44: Frontale Querschnitte der Gehirne. Erklarung im Text; Buchstaben fiir Figuren 1—44 auf Seite 213. Figuren 45—55: Frontale Querschnitte : Fig. 45: Pferd, Frontallappen, Vergr. 2. Fig. 46: Pferd, Parietallappen, Vergr. 2. Fig 47: Pferd, Occipitallappen, Vergr. 2. Fig. 48: Schwein, Frontallappen, Vergr. 2!/,. Fig. 49: Schwein, Parietallappen, Vergr. 2'/,. Fig. 50: Schaf, Parietallappen, normale Grobe. Fig. 51: Schaf, hinterer Parietallappen, Vergr. 21/9. Fig. 52: Ziege, Balkenknie, Vergr. 21/,. Fig. 53: Ziege, Septum, Vergr. 21/,. Fig. 54: Ziege, hinterer Parietallappen, Vergr. 21/,. Fig. 55: Ziege, 6-jahrig. Gyrus fornicatus, Vergr. ca. 50. Erklarung zu Fig. 45—55 im Text, Furchen- und Windungs- bezeichnungen auf 8. 213. Bezeichnungen fiir die Textfiguren und Tafeln. Furchen: Windungen: cel, EK. corp: callosr lat. A Area olfactoria (per- em. F. callosomarginalis. forata). cor. EF. coronalis. ES Gyr. ectosylvius. cruc. cr. F. cruciata. F G. fornicatus. el. F. ectolateralis. F.,,-G. trontalis I eg. F. entogenualis. F’,a G. frontalis I ant. enl, F. entolateralis. F, G. frontalis I. esa. F. ectosylvia ant. I’, G. frontalis IIT. esp. FE. ectosylvia post. Fd G. dentatus (Fascia espl. F. entosplenialis. dentata). h. F. hippocampi. H G. hippocampi. I. F. lateralis. I G. insulae (Insel). ps. F. praesylvia. M G. marginalis. 214 Schellenberg, Untersuch. iib. d. Grofhirnmark d. Ungulaten. Furchen: Windungen: psa. F. praesylvia ant. W Uebergangswindung zwi- — rh. a. p. F. rhinalis ant., post. schen #’, und SS. s. F. sylvii, ram. acum. Olf. Bulb. u. Lobus olfactor. sa. F. sylvii ram. ant. P Lob. pyriformis. sp. F. sylvii ram. post. Pr Gyr. prorae. ss. F. suprasylvia. R Gyr. rectus. tr. F. transversa. S G. sylvius. +,a.,p. G. sigmoideus anterior u. post. SI. Stria longitudinalis. ‘SG. suprasylvius. U Nucus. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 2065 Verlag von Gustav Fischer in Jena. Lehrbuch der Zoologie. Von Dr. Richard Hertwig, o. 6. Prof. d. Zoologie u, vergl. Anatomie a. d. Univ. Miinchen Ss e Fiinfte umgearbeitete Auflage Mit 570 Abbildungen im Text. 1900. Preis: 11 Mark 50 Pf., geb. 13 Mark 50 Pf Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen. Von Dr. J. Kollmann, o. 6. Professor der Anatomie in Basel Mit 386 Abbildungen im Text t. brosch. 15 Mark, geb. 17 Mark 1898. Preis: Leitfaden fiir das Zoologische Praktikum. Von Dr. Willy Kiikenthal, Professor in Breslau, Mit 172 Abbildungen im Text. 1898. Preis: brosch. 6 Mark, geb. 7 Mark. Die Kulturgewachse der deutschen. Kolonien He ihre Erzeugnisse. Fiir Studierende und Lehrer der Naturwissenschaften, Plantagenbesitzer, Kaufleute und alle Freunde kolonialer Bestrebungen nach dem gegenwdartigen Stande unserer Kennitnisse bearbeitet von Prof. Dr. R. Sadebeck Direktor des Botanischen Museums und des botanischen Laboratoriums fiir Warenkunde zu Hamburg. Mit 127 Abbildungen im Text eleg. Pbindca 11 Mark. Preis: brosch. 10 Mark, Pflanzen-Geographie auf physiologischer Grundlage Von Dr. A. F. W. Schimper, a. o, Professor an der Universitat Bonn. Mit 502 als Tafeln oder in den Text gedruckten Abbildungen in Autotypie 5 Tafeln in Lichtdruck und 4 geograph. Karten. Preis: brosch. 27 Mark, elegant in Halbfranz gebunden 30 Mark. 1898. Arbeiten aus dem DOQLOGISCHEN - VERGLEICHEND - ANATOMISCHEN UND AUS DEM HIRNANATOMISCHEN INSTITUT in Zurich: III. Heft. BLOCH, LEOPOLD, Schwimmblase, Knochenkapsel und Weber’scher Apparat von Nemachilus barbatulus Giinther. — BOSSHARD, HEINRICH, Zur Kenntnis der Verbindungsweise der Skelettstiicke der Arme und Ranken von Antedon rosacea Linck (Comatula mediterranea Lam.) — SCHELLENBERG, KASPAR, Untersuchungen iiber das Grosshirnmark der Ungulaten. Jena, Verlag. von Gustav Fischer. 1900. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 2065 08 on | herausgegeben von der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. Vierunddreissigster Band. Neue Folge, Siebenundzwanzigster Band. Zweites und drittes Heft. Mit 5 Tafeln (Fig. 103—179) und 141 Figuren im Text. Inhalt. FURBRINGER, Max, Zur vergleichenden Anatomie des Brustschulterappa- rates und der Schultermuskeln. Mit Tafel XIJI—XVII, Fig. 103—179, und 141 Figuren im Text. Preis: 20 Mark. Jena, Verlag von Gustav Fischer. *1900. Jenaische Zeitschrift NATURWISSENSCHAFT | Zusendungen an die Redaktion erbittet man durch die Verlagsbuchhandlung. Ausgegeben am 3. September 1900. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vogel. Zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stiitz- und Bewegungsorgane. Von Dr. Max Fiirbringer, o. 6. Professor d. Anatdniie ‘y,) Direktor d. anatomischen Instituts d. Universitat Jena. Zwei Bande. Mit 30 Tafeln. Preis: 125 Mark. Hieraus werden einzeln abgegeben: Allgemeiner Theil. Resultate und Reflexionen auf morphologischem Gebiete. Systematische Ergebnisse und Folgerungen. Mit 5 Tafeln. Preis: 75 Mark, und aus dem allgemeinen Theile, Kap. VI: Die grosseren Vogelab- theilungen und ihr gegenseitiger Verband. Versuch eines genealogischen Vogelsystems. Mit 5 Tafeln. Preis: 7 Mark 50 Pf Untersuchungen tiber die Spermatogenese von Paludina vivipara. Von Professor Dr. Leopold Auerbach Mit 2 Tafeln. Abdruck aus der ,,Jenaischen Zeitschrift fiir Naturwissenschaft*, Bd. XXX. N,. F. XXIII. 1896. Preis: 6 Mark. Das elektrische Organ des afrikanischen Zitterwelses (Malopterurus electricus Lacépede). Anatomisch untersucht Dr. Emil Ballowitz, : a. 0. Professor der Anatomie an der Universitat Greifswald. Mit 7 Jithographischen Tafeln und 3 Holzschnitten im Text. 1899. Preis: 24 Mark. Untersuchungen iiber den Bau der Brachiopoden. Zweiter Teil. Die Anatomie von Discinisca Lamellosa (Broderip) und Lingula Anatina Bruguiere. Von Dr. Friedrich Blochmann, Professor an der Universitit Tiibingen. Mit einem Atlas von 12 lithographischen Tafeln und 14 Abbildungen im Text, 1900. Preis: 30 Mark. Preis fiir das vollstiindige Werk: 55 Mark. JAN 25 1901 Zur vergleichenden Anatomie des Brustschulterapparates und der Schultermuskeln. Von Max Firbringer. IV. Teil. Mit Tafel XIII—XVII, Fig. 103—179, und 141 Figuren im Text. Dieser Teil bildet die Fortsetzung meiner vor vielen Jahren veroffentlichten Untersuchungen, welche unter dem Titel: ,,Zur vergleichenden Anatomie der Schultermuskeln“ 1873 und 1874 in der Jenaischen Zeitschrift (Bd. VII, 8. 237-320, und Bd. VIII, S. 175—280) und 1875 im Morphologischen Jahrbuche (Bd. 1, S. 636—816), sowie unter dem Titel:. ,,Zur Lehre von den Um- bildungen der Nervenplexus“ 1879 im Morphologischen Jahrbuche (Bd. V, 8. 324—394) erschienen sind. Arbeiten anderer Art hatten mich lange Zeit diesem Unter- suchungsgebiete entfiihrt und nicht dazu kommen lassen, die bereits vor 27 Jahren ausgefiihrten Untersuchungen tiber die Schulter- muskeln der Wirbeltiere abzurunden und zu veréffentlichen. Wenn ich jetzt dieses Versiumnis wieder gut zu machen suche, so weil ich wohl, dafi es sehr spat ist, aber ich glaube nicht, daf es zu spat ist. Die Litteratur der letzten Decennien hat mir gezeigt, daf die meisten hierher beziiglichen Fragen noch nicht beantwortet oder gar abgethan sind. In der inzwischen verflossenen Zeit hat sich selbstverstindlich die ganze vorliegende Aufgabe mit allen mit ihr verbundenen Fragen vertieft und erweitert, und es will mir scheinen, daf der vertieften Betrachtung auf diesem Gebiete Bd, XXXIV, NF. XXVII 15 216 Max Firbringer, noch eine weite, an Problemen und hoffentlich auch erfreulichen Lisungen reiche Zukunft vorbehalten ist. Der vorliegende IV. Teil soll Nachtrage zu Kap. IV. Saurier und Crocodile (Morph. Jahrb., Bd. I, 1875, 8. 636—816) bringen und in diesen einmal die seitdem erschienenen beziiglichen Arbeiten anderer Autoren besprechen, dann aber namentlich die hierher gehérenden Gebilde auf Grund neuer eigener Untersuchungen an Lacertiliern, Rhynchocephaliern und Crocodiliern behandeln. Hierbei wurde zugleich Gelegenheit genommen, eine zusammen- fassende Darstellung des Brustschulterapparates und Humerus aller ausgestorbenen und lebenden Reptilienordnungen zu geben. Den Schlu8 der vorliegenden Abhandlung bildet die genealogische Verwertung der erhaltenen Befunde, wobei diese als Ausgang dienen, aber selbstverstaéndlich nur einen Teilfaktor fiir die syste- matischen und genealogischen Schliisse betreffend die Stellung der Sauropsiden und ihrer Unterabteilungen ausmachen. Die folgenden, die Végel und Saugetiere behandelnden Kapitel sollen sich schnell anschlieBen. Das Schlufkapitel des Ganzen wird die Zusammenfassung der erhaltenen Resultate sowohl nach der morphologischen als genealogischen Seite hin enthalten. In demselben sollen auch die verschiedenen seit meinen letzten be- ziiglichen zusammenfassenden Darstellungen von 1879 und 1888 erschienenen Abhandlungen tiber die gegenseitigen Beziehungen von Knochen, Muskel und Nerv, sowie iiber die mit der Theorie der Wanderung der Extremitaiten und den metamerischen Um- bildungen der Knochen, Muskeln und Nerven zusammenhingenden Fragen und die ihr entgegenstehenden Anschauungen besprochen und schlieSlich die Homodynamie der Extremititen (Vergleichung der vorderen und hinteren Extremitiét, Extremitatentheorie) im Zusammenhange behandelt werden. Vergleich, Anatomie des Brustschulterapparates ete. 217 Nachtriige zu Kapitel IV. Neuere Litteratur und neue eigene Untersuchungen, betreffend die Lacertilier, Rhynchocephalier und Crocodilier, sowie die anderen Reptilien. Suey Schultergirtel, Brustbein und Humerus’). Litteratur ”). Cuvier, G., Recherches sur les ossemens fossiles des quadrupédes ete. 4, éd., X, Paris 1836. 1) Der eigenen Untersuchung stand, im Vergleiche zu dem betrachtlichen Umfange des hier behandelten Gebietes, nur ein relativ beschranktes Material (Skelette und Spiritusexemplare recenter, Gipsabgiisse fossiler Tiere) zur Verfiigung. Die hauptsichlichsten Grundlagen fiir die folgende zusammenfassende Darstellung bilden die in der Litteratur niedergelegeten Abbildungen und Beschrei- bungen anderer Autoren, fiir deren jedesmalige Richtigkeit ich selbstverstandlich nicht einstehen kann. Wo ich nachuntersuchen konnte, ist es geschehen; in den weitaus meisten Fallen mu8te ich mich mit den von Anderen gegebenen Materialien begniigen, habe dabei aber nach Méglichkeit nach einer kritischen Verwertung der- selben gestrebt. — Bei den Beschreibungen in diesem, wie in den vorhergehenden und den folgenden Abschnitten habe ich mich, um den schweren Ballast doppelter Namen zu vermeiden, in der Regel auf die Wiedergabe der Gattungsnamen be- schrankt. Der die Verzeichnisse der untersuchten Tiere und die sonst angefiihrten Litteratur-Quellen zu Rate ziehende Leser wird schnell und leicht sehen, welche Species dieser Genera der Dar- stellung zu Grunde lagen. Selbstverstandlich liegt mir nichts ferner, als mit der bloBen Anfiihrung der Gat- tungsnamen behaupten zu wollen, da8 alle Species einer Gattung so groge Uebereinstimmungen in ihrem Bau darbieten, da8 es gleichgiltigist, welche Arten von ihnen untersucht werden. Infriheren Veréffent- lichungen und in der vorliegenden habe ich zu wie- derholten Malen dargethan, da’ nicht allein még- lichst viele Arten einer Gattung, sondern auch moég- lichst viele Individuen einer Species untersucht werden sollten. 2) Auferdem verweise ich noch auf die 1874 und 1875 (Zur vergleichenden Anatomie der Schultermuskeln, II. und IIT. Teil) angegebene Litteratur, von der alles Speciellere hier nicht wieder- gegeben wurde. 15* 218 Max Firbringer, Drstonacuames, E., Mémoire sur le Poecilopleuron Bucklandii, grand Saurien fossile, intermédiaire entre les Crocodiles et les Lézards; découvert dans les carriéres de la Maladrerie prés Caen. Mém. Soc. Linn., VI, 112 pp. Caen 1837 (Megalosaurus.) Meyer, H., v., Zur Fauna der Vorwelt. II. Die Saurier des Muschel- kalkes. Frankfurt a/M. 1847—52. Ratuke, H., Ueber die Entwickelung der Schildkréten. Braun- schweig 1848. — Ueber den Bau und die Entwickelung des Brustbeines der Saurier. Programm. Kénigsberg 1850. 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(Enthaélt auf Grund bekannter Thatsachen eine speciellere Ver- gleichung des Brustschulterapparates von Uromastix und Ornitho- rhynchus und kommt zu dem wunderlichen Schlusse, daf die Uebereinstimmung der Knochen beider Schultergiirtel eine so vollkommene sei, ,,dai selbst ein erfahrener Zoologe den Schultergiirtel eines Ornithorhynchus, aus dem Skelette heraus- genommen, fiir den Schultergiirtel einer Eidechse, nicht fiir jenen eines Siiugetieres halten kénnte“. In Wirklichkeit wird das auch einem recht unerfahrenen Zoologen nicht passieren.) Wituston, 8S. W., Some Additional Characters of the Mosasaurs. Kansas Univ. Quart., VIII, A, p. 39—41. Lawrence 1899. Auf die trefflichen, genauen Beschreibungen Sigepenrock’s sei besonders hingewiesen. Die folgende Darstellung enthalt eine zusammenfassende Be- handlung des fiir die Schultermuskulatur in erster Linie in Be- tracht kommenden Brustschulterapparates und des Humerus und kniipft an meine alteren Beschreibungen von 1874 und 1875 an. Hierbei lag es nahe, den zu beschreibenden Stoff nicht auf die lebenden Reptilien zu beschriinken, sondern auch auf die aus- gestorbenen Vertreter derselben auszudehnen. Um die Gleichartigkeit der Behandlung mit den folgenden Abschnitten (§ 14 und § 15) tiber die Nerven und Muskeln der Lacertilier, Rhynchocephalier und Crocodilier zu wahren, also 230 Max Firbringer, lediglich aus praktischen Griinden, wurden auch hier bei der Be- schreibung des Skelettes die noch lebende Vertreter aufweisenden Ordnungen (unter anhangsweiser Zufiigung ihrer fossilen Repra- sentanten) zuerst behandelt, und daran erst — somit ohne Riick- sicht auf die systematische Folge — die fossilen Reptilienordnungen *) nebst den Cheloniern (deren Nerven und Muskeln bereits 1874 Bearbeitung fanden und hier nicht wieder behandelt werden) an- geschlossen?). Die Darstellung macht damit dem Systematiker einen sozusagen unwissenschaftlichen Eindruck *); die am Schlusse 1) Bei den fossilen Ordnungen wurden, um den mit der Pala- ontologie der Reptilien nicht Vertrauten eine erste Orientierung zu geben, einige einleitende Worte iiber Alter und Einteilung der betreffenden Vertreter gegeben; die palaéontologisch Geschulten bitte ich diese fiir sie tiberfliissigen Mitteilungen freundlich zu entschul- digen. Die Darstellung beriihrt iibrigens auch betreffend den Brustschulterapparat und den Humerus nur die Hauptpunkte, und die Eingangs citierte Litteratur ist weit davon entfernt, vollstandig za sein. 2) Die auch rudimentirer Brustschulter-Elemente entbehrenden Ophidier fallen selbstverstandlich auferhalb der Behandlung. 3) Den gleichen systematisch unwissenschaftlichen Hindruck gewahrt auch die Folge in der Behandlung der beziiglichen Skelett- teile bei den lebenden Reptilien (exkl. Chelonier), indem dieselben, um nicht zu viel ungleichwertige Unterabteilungen in die Dar- stellung einzufiihren, einfach in 5 aufeinander folgende Abschnitte — Kionokrane Lacertilia, Amphisbaenia, Chamaeleontia, Rhyncho- cephalia, Crocodilia — geghedert wurde. Es versteht sich auch fiir mich, daB die drei ersten Vertreter der Lacertilier einander niher stehen als den Rhynchocephahern und den Crocodiliern und dal eine weite Kluft die Crocodilier von den Rhynchocephaliern und Lacertiliern trennt. Beziiglich der Dreiteilung der lebenden Lacertilier in die Kionokrania, Amphisbaenia und Chamaeleontia folge ich noch den ialteren taxonomischen Anschauungen (nament- lich Srannius 1856) und unterscheide mich damit z. B. von der von Bovuiencrer (1884—87) vorgetragenen und von den meisten neueren Herpetologen angenommenen Einteilung, wonach die Cha- maeleontia (Rhiptoglossa) als besondere Subordo den Lacertilia vera gegentibergestellt, die Amphisbaenia aber als blofe in der niichsten Nahe der Tejidae stehende Familie (Amphisbaenidae) den Lacertilia vera eingereiht werden. Die Griinde fiir meinen Konservativismus liegen hauptsaichlich in meiner Ueberzeugung von der fiir die La- certilier nicht unerheblichen differential-diagnostischen Bedeutung der Columella, welche durch die neueren beziiglichen Untersuchungen bei Anniella und Chamaeleo (vergl. Dotto 1884, Corr 1887, Baur 1889 und 1894) nur verstirkt wurde — iiber Dibamus scheinen mir die Akten noch nicht geschlossen zu sein —, sowie in dem sin- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 231 dieses ganzen IV. Teiles, also nach Behandlung der Skelettteile, Nerven und Muskeln zu gebende Zusammenfassung soll namentlich auch systematischen Prinzipien dienen und die genealogischen Be- ziehungen der behandelten Reptilien zu erértern suchen. A. Kionokrane Lacertilia. Alle neueren Untersuchungen iiber Schultergiirtel, Brustbein und Humerus ergeben die wesentliche Uebereinstimmung dieser Gebilde bei den kionokranen Lacertiliern und schliefen somit ohne weiteres an meine friiheren Veréffentlichungen (1875) an. Allenthalben bei guter Ausbildung setzt sich der Schult er- giirtel aus dem primaren, aus Scapula und Coracoid bestehenden, und aus dem sekundaren, durch die Clavicula reprasentierten An- teile zusammen; ersterer steht zu dem primaren Brustbein, Ster- num, letzterer zu dem sekundaren, Episternum, in direkter Be- ziehung ?). Durch Riickbildung?) vereinfacht sich der Apparat, indem das gularen Verhalten der Lunge der Amphisbaenia gegeniiber dem amphisbaenen -ahnlichen Tejiden Ophiognomon (cf. Butter, Proc. Zool. Soc., 1895). Ich glaube, daf noch eingehende und ausgebreitete anatomische Untersuchungen an Amphisbaenoiden (namentlich Chiro- tiden) und Tejiden (namentlich Proctoporus, Scolecosaurus, Cophias und Ophiognomon), sowie auch den (iibrigens eine ganz andere Richtung einschlagenden) Dibamiden nétig sind, um diese Frage definitiv zu entscheiden. Solche Untersuchungen auszufihren, fehlte mir leider das nétige in Betracht kommende Material. 1) Diese bekanntlich von GrcGenpaur (1865) eingefiihrte und tief und ausfiihrlich begriindete Unterscheidung in einen primiaren, enchondral verknéchernden, und einen sekundiren, als Deckknochen ossifizierenden, Teil des Brustschulterapparates ist, soweit insbesondere die Clavicula in Betracht kommt, namentlich von Gorrs (1877) und WIEDERSHEIM (1892) angegriffen, von GeGENBAUR (1898) aber wirksam verteidigt worden. Sapnatirer (1897) hat selbst die enchondrale Natur des Episternums behauptet und ist zu Ansichten gekommen, die weiter unten (sub Rhynchocephalia) rekapituliert werden sollen. Perrin (1897) vertritt im wesentlichen die gleichen Anschauungen wie GrcenBAuR. Auch ich folge (wie schon friiher) auf Grund neuer eigener Untersuchungen GEGENBAUR. 2) Ueber den Riickbildungsprozef der Extremititen und des Extremititengiirtels verdanken wir Copr (1892, A) eine wesentliche Bereicherung unserer Kenntnisse, indem dessen Untersuchung an einem viel umfanglicheren Material als meine altere (1870) angestellt Bd, XXXIV. N. F. XXVIL 16 232 Max Firbringer, Episternum unter successiver Reduktion ganz schwindet (Pygopus lepidopus, Ophisaurus, Dopasia gracilis, Anguis fragilis [ausnahms- weise], Anelytropsis papillosus, Feylinia currori), das Sternum den Verband mit den Rippen verliert (Ophisaurus, Pseudopus, Dopasia, Anguis) und unter allmahlicher Verkleinerung auch ganz verkiimmert (Anelytropsis, Feylinia), und indem endlich auch der primare oder sckundare Schultergtirtel véllig reduziert wird; in einzelnen Fallen persistieren noch Reste des primaren Schultergiirtels allein (Acontias, Typhlosaurus)+) oder des sekundaren allein (Feylinia)?) oder der ist. Auch Sauvace (1878) und SuHurexpr (1882) machen Mitteilungen, ersterer (ohne Kenntnis der meisten vorausgegangenen Arbeiten) iiber Ophisaurus apus, letzterer iiber Ophisaurus ventralis. — Nach Corr’s Arbeiten, die ich durch die Angaben in BovuLuncnr’s Cata- logue of Lizards und die seitdem erschienene Litteratur vervoll- standige, findet sich 1) ganzliche Riickbildung der freien vorderen Extremitat bei Zonuridae: Chamaesaura (Mancus) macrolepis. — Pygopodidae (alle Gattungen). — Anguidae: Ophisaurus (alle Arten inkl. die unter den Genusnamen Pseudopus und Dopasia an- gefiihrten); Ophiodes (alle Arten); Anguis (fragilis). — Anmniellidae (Gattung Anniella mit allen Arten). — Scincidae: Ollochirus (Cops); Lygosoma bipes, L. (Soridia) praepeditum, L. (Ophioscincus) ophio- scincus; Ophiomorus (einige Arten, z. B. punctatissimus, latastei) ; Scelotes (gewisse Arten, z. B. Sc. bipes, Sc. (Podoclonium) guentheri, ferner die auch mit dem Gattungsnamen Herpetosaura bezeichneten Sc. inornatus, arenicola, bicolor etc.); Herpetoseps (anguinus); Sepsina (Dumerilia) bayonii u. A.; Melanoseps (ater); Sepophis (punctatus) ; Acontias [die meisten Arten incl. die mit Pseudacontias (madagasca- riensis), Paracontias (brochii) und Grandidierna (rubrocaudata) be- zeichneten|; Typhlacontias (punctatissimus); Ophiopsiseps (nasutus). — Anelytropidae (alle Gattungen und Arten: Anelytropsis, Feylinia, Typhlosaurus, Voeltzkowia). — Dibamidae: Dibamus (alle Arten). — 2) ganzliche Unterdriickung der vorderen Extremitat und des Brustschulterapparates bei gewissen Arten von Acontias, bei Anelytropsis, Dibamus und Anniella, vermutlich auch noch bei anderen Scincidae und noch nicht untersuchten Anelytropidae. (Ueber die Verhaltnisse bei den Amphisbaenoiden s. bei diesen.) 1) Bei Acontias und Typhlosaurus auf Grund meiner 1870 ge- machten Mitteilungen (vergl. Die Knochen und Muskeln der Extre- mitaten bei den schlangenihnlichen Sauriern, Leipzig 1870, 8S. 15 f.). Die dort geauferte Annahme von der méglichen Existenz clavicularer Elemente in dem Schultergiirtelrudiment von Acontias niger méchte ich jetzt fallen lassen. Immerhin empfiehlt sich Nachuntersuchung an anderen Exemplaren. 2) So bei Feylinia nach Corn. Danach — wenn Copr’s Deutung richtig ist — scheint es, daf die Reduktion des Schultergiirtels bei den Acontiidae und Anelytropidae zu sehr verschiedenen Ausgingen kommt. Vergleich. Anatomie des Brustschuiterapparates etc. 233 ganze Schultergtirtel verschwindet spurlos (Acontias indiy., Anely- tropsis, Dibamus, Anniella). Der primare Schultergitirtel‘) reprasentiert ein winkelig gebogenes Skelettstiick aus knorpeliger Grundlage, dessen lateraler Schenkel, die Scapula, an der Seitenwand des Kérpers aufsteigt und dorsal frei ausliuft, waihrend der ventrale Schenkel, das Coracoid, in seinem hinteren Bereiche mit dem Sternum artikuliert und mit seinem medialen Rande sich bei guter Ausbildung unter Ueberschreitung der Mittellinie tiber den Rand des Coracoids der Gegenseite schiebt?), Die winkelige Verbindungsstelle von Scapula und Coracoid wird in der Jugend durch Synchondrose, im Alter durch Synostose gebildet; an ihrem distalen Rande liegt die Ge - lenkhoéhle fiir den Humerus *). Die Scapula‘) besteht aus dem ventralen schmaleren und meist auch kiirzeren Abschnitte, der mit dem Coracoid in der ‘angegebenen Weise verschmolzen ist und verknéchert, der Scapula s. str. (Infrascapulare), und dem dorsalen, breiteren und gréferen Teile, der knorpelig bleibt oder nur verkalkt, dem Suprascapu- lare®): beide bilden ein Continuum ®), Der vordere Rand resp. 1) Seapulo-coracoideum: Go6rrn u. a. A. — Osso scapolare: ORLANDI. 2) Ueber diese von Alters bekannte gegenseitige Deckung der Coracoide machen Horrmann (1879) und Srepenrock (1894, 1895) Mitteilungen; ersterer hielt sie fiir eine Kigentiimlichkeit des von ihm untersuchten Goniocephalus dilophus, was von Sirpenrock durch Untersuchung zahlreicher anderer, ahnlich sich verhaltender Lacer- tilier widerlegt wurde. Bei schwiicherer Ausbildung oder Reduktion des Coracoids entfernen sich die beiden Coracoide voneinander; bei Acontias niger scheint Verschmelzung beider einzutreten. So- mit abnlich wechselnde Verhaltnisse wie bei den Batrachiern. 3) Cavitas glenoidalis, Fovea articularis, Gelenkhéhle der Au- toren. Bei den Arten mit véllig riickgebildeter vorderer Extremitat schwindet sie; bei Pseudopus fand ich (1870) individuell noch das letzte Rudiment des Humerus syndesmotisch (ohne Ausbildung einer Gelenkhéhle) an der entsprechenden Stelle angeheftet. 4) Scapula, Scapola, Scapulum, Omoplate der Autoren. — Por- zione verticale e dorsale dell’ osso scapolare: ORLANDI. 5) Episcapulum: Sapatrer. — Soprascapola: Ficaupi. — Supra- scapulare: Srepenrock. — Porzione dorsale dell’ osso scapolare: ORLANDI. 6) Eimige Messungen ergeben mir hinsichtlich des gegenseitigen Lange-Verhaltnisses (dorso-ventrale Ausdehnung) der Scapula s. str. und des Suprascapulare: 1:2 bei Phrynosoma; 2:3 bei Hemi- dactylus; 3:4 bei Gecko, Varanus; 4:5 bei Lacerta; 1:1 bei alts 234 Max Firbringer, Vordersaum der Aufenflache der Scapula tragt bald an der Grenze von Infrascapulare und Suprascapulare, bald an ersterem oder an letzterem einen kleinen, fiir die Aufnahme der Clavicula bestimmten Processus clavicularis s. Acromion'). Membranés ver- schlossene Fensterbildungen im vorderen Bereiche der Scapula (Fenestra scapularis)”) oder an der Grenze der Scapula und des Coracoids (Fenestra coraco-scapularis) *) finden sich nicht selten; letzteres ist die haufiger vorkommende Bildung. Mitunter wird Ameiva; 3:2 bei Calotes, Uroplates. Die Breite- Dimensionen (sagittale Dimensionen) dieser Teile kénnen in Wirbellaingen als Einheiten folgendermagen ausgedriickt werden: geringste Breite der Scapula s, str.: 11/, bei Varanus; 1 bei Ameiva, Phryno- soma, Calotes; */; bei Lacerta; 3/, bei Gecko, Hemidactylus, Uro- plates; gré8te Breite des Suprascapulare: 31/, bei Va- ranus; 3'/, bei Gecko, Hemidactylus; 31/, bei Lacerta; 3 bei Ca- lotes, Uroplates; 2?/, bei Ameiva, Uroplates; 1°/, bei Phrynosoma. — Uroplates wies im ganzen die schlankeste und am _ weitesten verknécherte Scapula auf und nahert sich damit unter allen wahren (kionokranen) Lacertiliern am meisten den Chamaeleontiden. 1) Bei den Saugetieren ist die betreffende Bildung viel héher ausgebildet und namentlich auch in ihrer Lage fixiert, weshalb eine specielle Homologie zwischen dem Acromion der Saugetiere und Lacertilier von GEGENBAUR (1865) nicht angenommen wurde; daf es sich aber um gleichartige Bildungen handelt, ist zweifellos und wird auch durch Annahme der betreffenden Bezeichnung fiir die Lacertilier neuerdings (1898) durch Grerenspaur dokumentiert.- Sa- BATIER nennt dasselbe Acromion scapulaire. Srepenrock, der das Gebilde bald als acromion-ahnlichen Fortsatz, bald als Acromion bezeichnet, macht eingehendere Mitteilungen iiber sein wechselndes Verhalten bei vielen Lacertiliern (1893, 1894, 1894) und hebt bei den Scincidae namentlich auch die Lage an der Aufenflache und in einiger Entfernung von dem vorderen Rande der Scapula hervor (1895, A); ich kann seine Angaben bestitigen. 2) GeGENBAUR’S Fenster No. 4. — Scapular Fenestra, Scapular- fenster: Parker, SIEBENROCK. 3) GreenBaur’s Fenster No. 3, wodurch zugleich die gréfere Haufigkeit gegeniiber dem dorsal von ihm gelegenen Fenster No. 4 ausgedriickt wird. — Foramen crico-coracoidien: Gmrvars. — Coraco- scapular Fenestra: Parker. — Die beide Fenster scheidende resp. das untere dorsal begrenzende Skelettspange (Trabecula) wird von ParKER als Mesoscapula hervorgehoben ; SaBariur bezeichnet sie als Préscapulum, Ficansr als Apofisi o processo mesoscapolare, Copx als Proscapular process, Sirpenrock als Processus anterior scapulae. — Mir scheinen die Bezeichnungen Mesoscapula und Préscapulum die Bedeutung des fraglichen Gebildes weit zu iiberschatzen; von Fort- satzbildungen méchte ich aber auch nicht sprechen, da es sich hier offenbar nur um Aussparangen infolge der sekundiren Fenster- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 235 die sie vorn verschlieBende Skelettspange') sehr fein und _ bildet sich selbst zum Bande um’); dann kann man von Incisurae ob- turatae oder Semifenestrae an Stelle der Fenster sprechen. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 1. Brustschulterapparat von Iguana tuberculata juv. 3. Cl Cla- vicula. Co Rippe. Cr Coracoid. st Episternum. F.spe Foramen supra- coracoideum. Pst Prosternum. Sc Scapula. SS Suprascapulare. Xst Meta- sternum (Xiphisternum). Z Fenestra coracoidea anterior. 2 Fen. cor. post. & Fen. coraco-scapul. 4 Fen. scap. (Nach W. K. PARKER.) Fig. 2. Brustschulterapparat von Hemidactylus sp. juv. }. Zer Epi- coracoid. #F.gl Fossa glenoidalis humeri. 4 Incisura obturata (Semifenestra) scapularis. Uebrige Bezeichnungen s. Fig. 1. (Nach W. K. PARKER.) Das Coracoid®*) bildet eine breite horizontale Platte, welche in ihrem an die Scapula grenzenden lateralen Abschnitte ver- bildung, also um Trabekeln, handelt. — Ueber die Existenz der beiden Fenster verdanken wir StmpEnrock (1894, 1895) genaue Mit- teilungen; dieselben wechseln selbst bei nahen Verwandten erheblich. — Sie dienen mit ihren Umrahmungen bald dem M. scapulo- humeralis anterior, bald diesem Muskel und dem dorsalen Teile des M. supracoracoideus als Ursprungsstellen. 1) Von Parker und Gérre als Praescapula, Praescapular belt, Praescapulare benannt. Auch dieser Bezeichnung méchte ich aus dem in vorhergehender Anmerkung angegebenen Grunde nicht das Wort reden. Hinsichtlich des wechselnden Verhaltens verweise ich gleichfalls auf Srtepenroce’s Mitteilungen, aus denen auch das Ent- sprechende iiber das gewebliche Verhalten dieser Spange zu er- schliefen ist. 2) Genaueres dariiber s. u. a. bei Gorrr (1877). 3) Coracoid, Coracoide, Osso coracoideo der Autoren. — Porzione ventrale dell’ osso scapolare: Ortanpi. — Die alte Deutung als Cla- vicula scheint allgemein verlassen zu sein; das Bilderwerk von Briun, der nach Srpsenrocr’s Mitteilung den knorpeligen Teil als Chondro-claviculare bezeichnet, stand mir nicht zur Hand. Ueber die Richtigkeit der Deutung als Coracoid braucht nicht mehr dis- putiert zu werden. 236 Max Firbringer, knéchert, in ihrem medialen und vorderen (kranialen) Bereiche aber in wechselnder Ausdehnung knorpelig bleibt'). Mit ihrem hinteren medialen Rande greift sie in den Sulcus coracoideus des Sternums ein und ist durch Vermittelung eines schlaffen Kapsel- bandes gelenkig mit ihm verbunden; medial steht sie zu dem Coracoid der Gegenseite in den bereits angegebenen Bezichungen ; vorn ragt sie frei vor, wobei sie meist von der Clavicula bedeckt wird, ohne aber mit derselben in Beriihrung zu kommen. Selten (Helodermidae) ?) bildet sie eine — abgesehen von dem noch zu Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 3. Brustschulterapparat von Heloderma suspectum. ?. Bezeich- nungen s. vorhergehende Figuren. (Nach SHUFELDT.) , Fig. 4. Brustschulterapparat von Gerrhonotus imbricatus. (Nach SIEBEN- ROCK.) Fig. 5. Brustschulterapparat yon Varanus bengalensis. %. 3 Incisura obturata (Semifenestra) coraco-scapularis. Uebrige Bezeichnungen s. vorher- gehende Figuren. (Nach W. K. PARKER.) erwihnenden Foramen supracoracoideum — _ undurchbrochene Platte; in allen tibrigen Fallen guter Ausbildung ist sie von einem meist grofen, mit Membran gefiillten Fenster (Fenestra coracoidea 1) Der knorpelige resp. knorpelig gebliebene Abschnitt wird auch von verschiedenen neueren Autoren nach dem Ursprunge Cuvier’s als Epicoracoide, Epicoracoideo, Epicoracoid (GorrTs, SABATIER, Ficauei, SIEBENROCK), von Brinn als Chondro-claviculare bezeichnet. Srepenrock stellt ihn dem knéchernen Coracoid gegen- iiber zu sehr in Gegensatz; beide bilden ebenso wie Scapula s. str. und Suprascapulare ein einheitliches Skelettstiick. 2) Hinsichtlich dieses bemerkenswerten, an die Chamaeleontiden erinnernden Verhaltens des primiaren .Schultergiirtels von Heloderma verweise ich des niheren auf Suurenpr und Corr. Selbstverstind- lich begriindet dieses Verhalten keine besondere systematische Stel- lung der Helodermidae jenseits der iibrigen kionokranen Lacertilier (vergl. auch BouLENnGEr). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 237 principalis s. anterior) 1) durchbrochen, zu dem nicht selten noch ein zweites, caudalwarts dahinter gelegenes (Fenestra coracoidea posterior) *) hinzukommen kann. Das ersterwihnte Fenster, das bei vielen Lacertiliern das einzig vorkommende im primaren Schultergiirtel ist, tritt, wie GEGENBAUR hervorgehoben hat, vor allen anderen Fensterbildungen in Scapula und Coracoid als Hauptfenster in den Vordergrund und lat sich auch mit den Fensterbildungen bei anderen Reptilien und den Amphibien ver- gleichen, wahrend die iibrigen Fenster (No. 2, 3 und 4) specielle und sehr wechselnde Differenzierungen (Nebenfenster) innerhalb der kionokranen Lacertilier bilden. Angesichts dieser fundamen- w Fst m ir Cc Cl Se SS < Pst WANN Col Co.4 Xst Fig. 6. Fig. 7. Fig. 6. Brustschulterapparat von Zonosaurus ornatus. (Nach SIEBEN- ROCK.) Fig. 7. Brustschulterapparat von Iguana tuberculata. 4. (Nach W. K. PARKER.) 1) Primares Fenster, Hauptfenster, Fenster No. 1: GrarHpaur. — Upper coracoid fenestra: Parker. Sriepenrock gebraucht beide Bezeichnungen. Nach Gorre entstehen alle Fenster erst sekundiar wahrend der ontogenetischen Entwickelung. — Das Hauptfenster dient mit seiner Umrahmung dem M. supracoracoideus als Ursprungs- stelle. 2) Sekundiares Fenster, Fenster No. 2: Grcensaur. — Lower coracoid fenestra: Parker. — Nebenfenster: Srepenrock (der auch die anderen Benennungen wiedergiebt). — In der Haufigkeit seines Vorkommens rangiert dieses Fenster etwa mit dem coraco-scapularen Fenster. Von der es auskleidenden Membran und der Umrahmung des Fensters entspringt der proximale Kopf des M. biceps brachii. 238 Max Firbringer, talen und weitgehenden Bedeutung +) reprasentieren auch die es umgrenzenden Skeletteile wichtige Strecken des Coracoids?): die vor (kranial) ihm liegende Spange ist das Procoracoid %), die medial davon befindliche das Epicoracoid®‘), der hinter (caudal) und lateral von ihm gelegene Hauptteil des Coracoids das Cora- coid s. str.°). Von viel geringerer Wichtigkeit ist bei der Aus- bildung von zwei coracoidalen Fenstern die zwischen diesen beiden gelegene Spange °). Bei Reduktion des Coracoids wird die procoraco- idale und epicoracoidale Spange schmaler und schmiler, erstere kann sich auch ligamentés zuriickbilden, in welchem Falle das Haupt- fenster zur Incisur’) sich umwandelt; weiterhin bei noch héheren Graden der Verkiimmerung kann auch die coracoidale und scapulare Fensterbildungen resp. Incisuren trennende Spange in Wegfall kommen, wodurch eine gemeinsame coraco-scapulare Incisur ent- 1) G6érrr und, ihm folgend, Horrmann und WiepursHerm halten im Gegensatz zu GrGENBAUR dieses Hauptfenster den iibrigen Fensterbildungen im primiaren Schultergiirtel fiir gleichwertig und vermégen darum auch, namentlich im Hinblick auf die fensterlosen Coracoide von Chamaeleo und Sphenodon, die fundamentale Bedeu- tung desselben und der es umschliefenden drei Strecken des Cora- coides nicht anzuerkennen. Prrrin unterscheidet dieselben sehr wohl. 2) Es handelt sich somit, worauf einiges Gewicht zu legen ist, nicht um drei durch separate Verknicherungen gesonderte Teile, sondern blof um verschiedene Regionen des Coracoids s. lat., und damit ist ein gewisser Unterschied gegeniiber den Bildungen der Saiugetiere und einzelner anderen Reptilienabteilungen (Anomodontia, Plesiosauria) gegeben, bei denen das Coracoid mit zwei lange ge- trennt bleibenden Centren ossifiziert. Howes (1893) unterscheidet danach auch die meisten Sauropsiden (und Amphibien) als unicora- coidale Tiere von den zuvor genannten Reptilien und Mammalia, auf die er den Terminus bicoracoidal anwendet. 3) Précoracoide, Praecoracoid: Sauvacn, SHurELDT. — Précora- coide et Epiprécoracoide: Sasarizr. — Apofisi 0 processo precora- coideo: Ficansi. — Procoracoid: Gérrr, Cope. 4) Epicoracoide, Epicoracoid, Epicoracoideum : SAuvAGE, SHUFELDT, SIHBENROCK. 5) Coracoid s. str. der Autoren. — Coracoide et Epicoracoide: SABATIER. 6) Mesocoracoid, Mésocoracoide, Mesocoracoideo: Parker, GOTTE, Sapatrer, Ficaupr. — Wegen der Unbestindigkeit des hinteren Coracoidfensters kann ich dieser Spange nicht die Bedeutung bei- messen, die mit der erwihnten Bezeichnung (als integrierender Teil des Coracoids) ausgedriickt wird, 7) Emargination: Cop. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 239 steht (Anguis, GOTTs); endlich bei noch weiterer Reduktion fehlt jede prozonale Incisur, indem nur ein schmales Rudiment des Coracoids s. str., das lateral in das scapulare Rudiment auslauft, iibrig bleibt. — Zwischen dem Hauptfenster und der Gelenkhéhle Fig. 8. Brustschulterapparat von Phrynosoma cornutum. 3. 1 + F. spe Fenestra coracoidea anterior, durch das zugleich der N. supracoracoideus tritt. Uebrige Bezeichnungen s. vorhergehende Figuren. (Nach der Natur.) fiir den Humerus wird das Coracoid von dem Foramen supra- coracoideum') durchbohrt, welches dem Durchtritte des Ner- vus supracoracoideus und der gleichnamigen Gefaife dient. Es liegt immer im Bereiche des Coracoids s. lat. und kann in einzelnen Fallen in den Rand des Hauptfensters treten; bei starker redu- ziertem Brustgiirtel tritt der Nerv, wenn noch vorhanden, vor (kranial von) dem coracoidalen Rudimente nach aufen '), Der sekundare Schultergiirtel wird durch die als Deckknochen ossifizierende Clavicula?) reprasentiert, eine den vorderen (kranialen) Rand des Schulterapparates einnehmende quere Knochenspange oder Knochenplatte, welche zwischen dem Anfange des Episternums und dem Proce. clavicularis (Acromion) der Scapula erstreckt ist und dementsprechend auch eine ahnliche winkelige Biegung wie der primire Schultergtirtel zeigt. Beziiglich ihrer Verbindung mit dem Episternum *) habe ich meinen Mitteilungen von 1875 kaum etwas zuzufiigen: ist das 1) Trou coracoidien: Sauvage. — Nervenloch: Srepenrock. — SIEBENROCK macht genauere Mitteilung iiber sein Vorkommen und findet auch bei Scincus (entgegen GrcEnBaur’s Alterer Angabe), da8 es sich nicht an der Grenze von Coracoid und Scapula finde. — Insbesondere bei den mir vorliegenden Exemplaren von Phrynosoma und Uroplates fallt es in den Bereich des bei letzterem recht kleinen coracoidalen Fensters. Auch Siesenrocx bildet fiir Uro- plates kein separates Foramen supracoracoideum ab. 2) Clavicula, Clavicule, Clavicola der Autoren. — Dermo-clavi- culare: Brisa. 3) Hinsichtlich des selbst innerhalb engerer Familienverbinde recht wechselnden Details verweise ich namentlich auf Stmpenrock (1893—95). 240 Max Firbringer, Episternum T-férmig, so sind die beiden Clavikeln in gréferer Aus- dehnung mit dessen Querschenkeln vereinigt; ist es kreuzformig, so findet sich die konstante direkte Verbindungsstelle an der Spitze des Liingsschenkels, wozu mitunter noch ein direkter Verband mit den Enden der queren Schenkel kommen kann, wihrend sich zwischen den voneinander entfernteren Strecken der Clavicula und der epister- nalen Querschenkel eine mabig entwickelte Membrana episterno- clavicularis erstreckt; wird das Episternum nur durch einen Lingsstab reprasentiert, so liegt die Clavicula blof dem Anfange desselben an. Bei weiterer Riickbildung des Episternums lést Fig. 10. Fig. 11. Fig. 9. Brustschulterapparat von Gerrhonotus imbricatus. (Nach SIEBEN- ROCK.) Fig. 10. Clavicula, Sternum und Episternum yon Zonurus cordylus. 4. (Nach der Natur.) Fig. 11. Brustschulterapparat von Heloderma suspectum. 3. (Nach SHUFELDT.) sich der Verband mit der Clavicula; das episternale, meist nur noch im sternalen Bereiche erbaltene Rudiment liegt dann in mehr oder minder grofer Entfernung von der Clavicula!). Bei ganz- lichem Schwunde des priméren Schultergiirtels und der Brustbein- bildungen legen sich die medialen Enden der beiden Clavikeln an die von den vereinigten Sternocostalien der ersten Thorakalrippe eebildete Spitze an (Keylinia, Cope) ?); haufiger schwinden die 1) Diese Liésung und Riickbildung konnte von Gort bei An- guis auch ontogenetisch nachgewiesen werden. 2) Diese Angabe Copn’s von der Persistenz der Clavicula bei ginzlich geschwundenem primaren Schultergiirtel ist sehr auffallend. Der beziigliche Befund bei Feylinia wiirde eine Ausnahme von dem Verhalten aller anderen Tetrapoden (Amphibien, Sauropsiden und Mammalia) darbieten. Erneute Untersuchungen sind sehr erwiinscht. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 241 Clavikeln noch vor dem primaren Schultergiirtel oder mit diesem zugleich (Acontias, Anelytropsis, cf. Corr). In allen diesen Fallen ist das gegenseitige Verhalten der rechten und linken Clavicula ein wechselndes; zwischen den Extremen einer ausgedehnteren Verbindung beider miteinander und einer mabigen Entfernung voneinander finden sich alle Ueberginge. Der Verband mit der Scapula erfolgt an der bei dieser an- gegebenen Stelle (Acromion) und kann bald an der Scapula s. str., bald am Suprascapulare, bald an der Grenze beider stattfinden ; diese Stelle liegt meist am Vorderende der Scapula s. lat., bei zahlreichen Lacertiliern (namentlich Scincidae) aber auch an der AuSenflaiche. SS Ss Fig. 12. Fig. 12. Clavicula, Sternum und Episternum von Agama atra. (Nach SIEBENROCK.) Fig. 13. Brustschulterapparat von Varanus bengalensis. 2. Vergl. Fig. 5. (Nach W. K. PARKER.) Die Gestalt der bei guter Ausbildung des Schultergiirtels winklig gebogenen, bei weiter gegangener Riickbildung desselben aber weniger gekriimmten Clavicula ist einem grofen, insbesondere von Cope und BouLeNGER systematisch verwerteten Wechsel unter- worfen: 1) einen diinnen und auf dem Querschnitte rundlichen Stab bildet sie bei den Uroplatidae, Zonuridae, Anguidae, Pygo- podidae, Helodermatidae, Xenosauridae, meisten Iguanidae, meisten Agamidae, Varanidae, denen Feylinia, sowie vereinzelte aberrante Geckonidae, Scincidae, Lacertidae und Tejidae (bei denen sich wohl sekundar die schlankere Form aus der breiteren bildete) angereiht werden kénnen; 2) wiahrend die laterale Halfte in der Regel schmal bleibt, ist die mediale Halfte verbreitert, zuniichst im maifigem Grade (einzelne Vertreter der Familien der Gecko- 242 Max Firbringer, nidae, Scincidae, Zonuridae, Anguidae, Iguanidae'), Agamidae) oder in ausgedehnterer Weise zu einer breiteren Platte, die meist von einem mehr oder minder ansehnlichen querovalen Fenster durchbrochen ist (iiberwiegende Mehrzahl der Geckonidae, Scincidae, Eublepharidae, Gerrhosauridae, Lacertidae, Tejidae, Xantusiidae ”); Fig. 14. Clavicula und Episternum von Laemanctus longipes. §. (Nach W. K. PARKER.) Fig. 15. Brustschulterapparat von Tiliqua nigrolutea. %. (Frei nach W. K. PARKER.) Fig. 16. Clavicula und Episternum von Mabuia multifasciata. (Nach STEBENROCKE.) Fig. 17. Brustschulterapparat von Hemidactylus sp. juv. 7. (Nach W. K. PARKER.) Fig. 18. Clavicula und Episternum von Trachysaurus rugosus. }. (Nach W. K. eee 1) Bei Laemanctus selbst mit kleinem Fenster (PARKER 1868). 2) Bei Mabuia findet Stepenrock (1895) 2 hintereinander ge- legene Fenster; Ortanpr bildet bei Macroscincus hinter dem grofen Fenster noch 2 ganz kleine Oeffnungen ab. Der das Fenster hinten begrenzende Knochenrand kann (vergl. Simpenrock, sowie Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 243 bei Cophias, Tiliqua und Trachysaurus, wo die medial (bei Trachy- saurus in hohem Grade) verbreiterte Clavicula die gréfte Massig- keit erreicht, fehlt in der Regel die Fensterbildung '). Mit dieser Ausbildung verbindet sich eine verschiedenartige Konturierung des hinteren (caudalen) Randes der clavicularen Platte; von den hier zur Beobachtung kommenden Einschnitten, Zacken und Vorspriingen ist derjenige an der Verbindungsstelle Fig. 19. Fig. 19. Brustschulterapparat von Zonosaurus ornatus. (Nach SIEBEN~- ROCK.) Fig. 20. Brustschulterapparat von Lacerta simonyi. (Nach SIEBEN- ROCK.) mit dem lateralen Schenkel des kreuzformigen Episternums hervor- zuheben”). Ein geradliniger Verlauf der Clavicula ist hierbei nicht der gewohnliche; haufiger besitzt dieselbe (abgesehen von eigene Beobachtung) bei mehreren, von Smmpenrock mit Namen auf- gefiihrten Lacertidae durch Ligament vertreten sein: dann resultiert — am macerierten resp. seiner Membranen beraubten Skelette — auch im medialen Bereiche eine schmale, nur durch den vorderen Fensterrand gebildete Clavicula. Auch bei einzelnen Iguanidae (Laemanctus, Basiliscus) wird eine Perforation des verbreiterten medialen Teiles der Clavicula angegeben (BouLENGER). 1) Das von Parker untersuchte und abgebildete Exemplar von Trachysaurus zeigt ein kleines Fenster; Werrser, Gueensaur, ich, Corr, Srepenrock vermiften es. Offenbar handelt es sich bei diesem Scinciden um einen sekundaren Verschluf. 2) Srepenrock macht iiber diese Verhaltnisse genauere Mit- teilungen. Auch Sauvace (1878) bildet die am hinteren Rande sehr zackige Clavicula von Gongylus ab. 244 Max Firbringer, der oben angegebenen winkligen Biegung) eine mehr oder minder ausgesprochene S-formige Kriimmung. Bei Riickbildung des Schultergiirtels wird die Clavicula durch- weg diinner, schmaler und mehr geradlinig. Das primare Brustbein, Sternum!), ist einesteils Tra- ger des Coracoids und des Episternums, wie es anderenteils im gut ausgebildeten Zustande von Rippen getragen wird, entsteht durch die Verschmelzung der ventralen verbreiterten Rippenenden und bleibt wie diese in der Regel knorpelig; nicht selten kann der Knorpel verkalken. Es besteht aus einer vorderen breiteren, un- paaren, rhomboidalen Platte, an welche sich hinten ein schmalerer Teil in Gestalt rippenartiger Fortsatze oder eines unpaaren Stabes anschlieBt; der vordere Teil reprasentiert das Sternum s. str. (Prosternum), der hintere das Xiphisternum (Metasternum). Die rhomboidale, meist in maBigem Grade nach aufen ge- wolbte?) Platte des Sternum s. str. (Prosternum)?) ist der altere, d. h. friiher aus den Rippen hervorgegangene Hauptteil des Sternums; ihre beiden vorderen Rander tragen die Gelenk- flachen fiir die Coracoide, Sulci articulares coracoidei (mit einem Labium externum und internum), ihre beiden hinteren Rander verbinden sich mit einer wechselnden Zahl von Rippen- knorpeln (Sternocostalien)*), meist 3 bei gut ausgebildeten Brust- beinen °); zwischen den vorderen und hinteren Randern findet sich 1) Sternum der Autoren, Plaque sternale: Gervais. 2) Bei Uroplates ist der Anfang starker nach aufen gewélbt. 53) Portion rhomboidale: Saparinr. — Sterno: Frcaupr. — Prae- sternum: PARKER, SIEBENROCK. — GEGENBAUR (1898), wenn ich ihn recht verstehe, citiert Parker als Gewahrsmann fiir die Bezeichnung Mesosternum, die er selbst gebraucht. 4) Rippenknorpel, Cartilagines costarum der Autoren. — Sterno- costalleisten: Srannius. — Gastropleuralia: Brinn. 5) Die Dreizahl der mit dem gut entwickelten Praesternum verbundenen Rippen ist das weitaus haufigste Vorkommnis und wird auch von SirsenRocK als Regel angegeben. Manche anders lautende Angaben lassen sich daraus erklaren, da’ die letzte prosternale oder die erste xiphisternale Rippe gerade an der Grenze beider Brustbeine sich einlenkt und dann von den Autoren bald dem vor- deren, bald dem hinteren zugeteilt wird. Eine wohl nicht zu _ be- zweifelnde Vierzahl mit dem Prosternum verbundener Rippen wird bei Phyllodactylus, Grammatophora, Agama, Liolepis, Uromastix, Laemanctus, [guana, Dipsosaurus, Crotaphytus und Oplurus, eine Zweizahl (zum Teil wohl individuell) bei Sitana, Lyriocephalus, Calotes, Anolis, Phrynosoma, Mancus, Psammosaurus, Varanus, Mo- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 245 die laterale Ecke, die bei verschiedenen kionokranen Lacertiliern in einen mehr oder minder ansehnlichen Processus lateralis aus- gezogen sein kann‘). Der Medianlinie der Aufenfliche des Pro- sternum ist das Episternum in wechselnder Ausdehnung aufgelagert und eingewachsen. Eine mediane, hinten an das Episternum an- schlieBende Erhebung der aiuSeren Prosternalflache, also die erste Andeutung einer Crista sterni, fand Stepenrock bei einzelnen Agamiden (Moloch, Lyriocephalus). Der hintere und jiingere Teil des primairen Brustbeines, das Xiphisternum (Metasternum)?), befindet sich, wie auch nitor und Chalcides angegeben oder abgebildet; danach sind also namentlich innerhalb der Agamidae und [guanidae die Differenzen erhebliche. Noch weniger Rippen finden sich bei den in Riick- bildung befindlichen Brustbeimen (s. unten). — Die erste Ster- nalrippe gehért in der Regel dem 9. Wirbel an; bei den Vara- nidae, aber nicht ausnahmslos (s. v. JHERING), sowie vereinzelt und wohl individuell auch bei den anderen Lacertiliern (Agama stellio, v. JHERING) ist sie wie bei den Crocodilen erst mit dem 10. Wirbel verbunden. Anders lautende Angaben beziiglich gut entwickelter Brustschulterapparate (z. B. die von Werser) beruhen wohl auf Ivrtum. — Mit Riickbildung des Brustbeines und Schultergiirtels scheint sich eine kranialwarts gehende Vorwanderung desselben um 1—2 Metameren zu verbinden; doch ist die genauere Bestimmung hier mit Schwierigkeit verbunden, weil in diesen Fallen die Verbindung des Sternums mit Rippen in der Regel aufgegeben ist. Daher schwanken auch hier die Angaben auferordentlich; irrig sind jeden- falls diejenigen, welche als Cervicalwirbel nur diejenigen auffassen, welche keine beweglichen Rippen tragen (da bekanntlich bei den gut ausgebildeten Lacertiliern eine ganze Anzahl hinterer Hals- wirbel, meist 5, mit beweglichen Rippen verbunden sind), oder welche alle mit Hamapophysen versehenen vorderen Wirbel zum Cervicalgebiete rechnen (vergl. hieriiber die gute Kritik von SIEBEN- rock, 1895, S. 18). Die richtige Bestimmung kénnte einmal an der Hand der Ontogenese, falls sie nicht versagt, gegeben werden (bei Anguis-Embryonen z. B. konnte G6rrr noch einen Verband des Sternums mit einer [der ersten} Rippe nachweisen), dann auch durch die genauere Vergleichung der Plexus brachiales, insbesondere den Verlauf der prozonalen und postzonalen Zweige derselben gegeben werden. Das ist im Detail noch ein Desiderat fiir zukiinftige Spe- cialarbeiten. Auf Grund der Untersuchung des Plexus von Pseudopus und Anguis bin ich geneigt, hier eine Verminderung des Brustschulterapparates um 1—2 Wirbel anzunehmen. 1) Vergl. Stesenrock, 1895 B. p. 1164. 2) Xiphisternum, Xiphosternum, Xiphisternale, Xifisterno der meisten Autoren. — Os hyposternale s. Processus ensiformis: 246 Max Firbringer, GEGENBAUR ,hervorhebt, gegeniiber den ihn produzierenden Rippen noch in statu nascendi, man kann seine allmahliche Ausbildung und Abgliederung von diesen durch die Vergleichung der verschiedenen Lacertilier successive verfolgen'). Bald verbindet sich nur ein Paar hinterer Rippenknorpel mit dem hinteren Ende des Pro- sternum (Kublepharis, Uroplates, Heloderma, Phrynosoma, ver- Fig. 21. Fig. 22. Fig. 21. Brustschulterapparat von Lacerta simonyi. (Nach SIEBEN- ROCK.) Fig. 22. Brustschulterapparat von Zonosaurus ornatus. (Nach SIEBEN- ROCK.) schiedene Agamidae, Psammosaurus, Varanus), bald sind es die durch die Verbindung zweier Rippenknorpel gebildeten paarigen Spangen (Mehrzahl der kionokranen Saurier), welche sich ihm an- fiigen. Diese paarigen Spangen liegen zumeist in mafiger Ent- fernung neben einander, kénnen sich aber betrachtlich vonein- ander entfernen [Stenodactylus, verschiedene Agamidae?) und WerBER. — Common haemapophysis or ,,xiphoid rood“: Corr. — Metasternum: Grarnnpaur. — Parker findet in dem Xiphosternum vieler Lacertilier auch ein Mesosternum, was ich fiir eine unnétige und auch nicht berechtigte Specialisierung halte. Ich ziehe als Synonym zum Xiphisternum die Bezeichnung Metasternum vor, die ParkEr auch — aber an anderer Stelle und mit anderem Sinne — gebraucht (vergl. auch GrGENBAUR). 1) Die folgende genetische Zusammenstellung beruht nur zum kleineren Teile auf eigenen Beobachtungen. In der Hauptsache wurden dazu die zahlreichen Einzelmitteilungen von Corr und SreBpnrock benutzt. 2) Bei Amphibolurus, Stellio, Agama, Moloch, Phrynocephalus (vergl. auch Parker und SrpBENROCK). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 247 Iguanidae !)|, in welchem Falle man nicht von einer hinteren Spitze, sondern von einem hinteren Querrande zu sprechen hat, oder in intime Nachbarschaft und selbst Beriihrung miteinander treten [unter anderen Platydactylus, verschiedene Agamidae?), sowie Psammo- saurus und Varanus|. Damit leitet sich die partielle oder totale Verschmelzung beider Spangen ein, welche zur Ausbildung eines unpaaren, oft von Fenstern durchbrochenen, meist 2 Rippen tra- genden Metasternum von der Form eines Stabes oder einer schmalen Platte fiihrt, die bald in geringerer, bald in gréSerer Selbstandig- keit gegentiber dem Prosternum und den mit ihr verbundenen Sterno- costalien auftreten kann (so bei zahlreichen Scincidae, Zonosaurus, Ophiognomon). Xiphosternale Bildungen anderer Art kommen durch Abgliederung der Sternocostalien oder Teilstiicke derselben von den zugehérigen Rippen und weitere Ausbildung derselben zur Entstehung; dieselben reprisentieren frei auslaufende paarige Stabe, welche dem hinteren Ende des Prosternum angegliedert sind (namentlich bei vielen Agamidae, gewissen Iguanidae, Zon- urus)*); in diesen Fallen sind eigentliche wahre Rippen nicht mit dem Metasternum verbunden. Das gesamte Sternum steht sonach im normal ausgebildeten Zustande bei der tberwiegenden Mehrzahl der Lacertilier mit 5, mitunter aber auch mit 6 (Phyllodactylus, Macroscincus, Gongylus, einige Iguanidae und Agamidae) oder mit 4 (Kublepharis, Uroplates, Zonurus, Heloderma, Phrynosoma, die meisten Agamidae, Varanus indiv.) oder nur mit 3 Rippen (Phrynosoma indiv., zahlreiche Agamidae, Psammosaurus, Varanus indiv.) in Verband‘). 1) Bei Sceloporus, Crotaphytus, Phymatura, und besonders weit entfernt bei Sauromalus und Phrynosoma (Cops). 2) Bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Calotes (Sresrnrocx), 3) Agamidae: Draco (Raruxr, Sresenrock), Lyriocephalus (R.), Lophyrus (R.), Histiurus (R.), Grammatophora (R.), Agama stellio (PARKER), Ag. mutabilis und colonorum (R.), Ag. pallida (S.), Moloch (R.), Phrynocephalus (R., 8.), Liolepis (S.), Uromastix (R., S.). Iguanidae: Basiliscus (R.), Phrynosoma (R., eig. Unters.); — Zonurus (R.). — Bei Phrynosoma reprasentieren diese Stabe das kraftig weiter entwickelte rechte und linke sternale Glied des 3. Sternocostale, das sich von dem costalen Gliede abgelést hat; letzteres zeigt eine ungleich schwachere Ausbildung und lauft fein und spitz aus (eig. Unters.). 4) Diese vornehmlich nach Parkur, Cope und Simpenrock zu- sammengestellte Uebersicht ist weit davon entfernt, vollstandig zu sein. Hinsichtlich des Details verweise ich auf die genannten Autoren. Bd, XXXIV, N. F, XXVI. 17 248 Max Firbringer, Fensterbildungen ') sind weder im Prosternum (Mesosternum) noch im Metasternum eine Seltenheit. Im ersteren treten sie hiufiger auf, und zwar in der Regel als unpaares, hinter der caudalen Spitze des Episternum gelegenes Fenster von langovaler oder herzformiger Gestalt und wechselnder Gréfe (bei zahlreichen Scincidae, Gerrhosaurus, vielen Lacertidae, Iguanidae), minder hiufig als paarige, teilweise auch durch den hinteren Schenkel des Episternum geschiedene Oeffnungen (bei Lacerta muralis var. coerulea, den meisten Agamidae)”). Im Metasternum wurden sie 2 7) 1 + F. spe i Fig. 23. Fig. 24. Fig. 23. Brustschulterapparat von Phrynosoma cornutum. 2. Vergl. Fig. 8. (Nach der Natur.) Fig. 24. Clavicula, Sternum und Episternum von Agama stellio. (Nach SIEBENROCK.) namentlich bei den Scincidae, bald in bedeutenderer (Mabuia, Able- pharus), bald in geringerer Gréfe (Zonosaurus, sowie Chalcides, Trachysaurus, Macroscincus, Cyclodus) gefunden. In der Jugend sind sie in der Regel gréfer als im Alter; nach verschiedenen Beobachtungen namentlich am Metasternum diirfte ihre Entstehung zu der Verwachsung der einstmals paarigen Halften des Brust- beins im Konnexe stehen (RATHKE, GOTTE). Bei der Riickbildung des Brustschulterapparates verkiirzt sich das Sternum von hinten her, so da8 zuerst das Xiphisternum (Metasternum), danach der hintere Bereich des Prosternum in Weefall kommt; damit koincidiert der Verlust des Verbandes mit den Rippen, der auch von hinten nach vorn fortschreitet. So vermindert sich die Zahl der wahren Sternalrippen auf 3 (Chamae- 1) Fontanellen: Werrser, Corr. — Orifice elliptique: SaBarrer. — Fenster: SrEBENROCK. 2) Auch 2 hintereinander liegende (Ablepharus, Simpenrock) resp. 3 Fenster (gewisse Agamidae, Srepenrock) werden ange- geben. MHinsichtlich weiterer Angaben ist namentlich SreBENROcK zu vergleichen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 249 saura (Mancus) macrolepis, Chaicides c¢. p.), 2 (Ophiodes, Ophio- gnomon (Propus) vermiforme, Acontias, Evesia) und 1 (Pygopus), bis endlich das sehr verkiirzte Sternum sich giinzlich von den Rippen loslést und frei in der Bauchmuskulatur liegt [Ophi- saurus incl. Dopasia, Anguis‘)]. SchlieSlich kann jede Spur des Sternums verschwinden (Acontias e. p., Anelytropidae, Dibamus, Anniella). Die auf die Sternalrippen folgenden abdominalen oder metasternalen Rippen zeigen ein wechselndes Verhalten: entweder enden sie frei, in verschiedener Entfernung von der ventralen Mittellinie, oder sie sind nur ligamentés miteinander verbunden, oder sie treten beiderseits in geringerer oder gréferer Anzahl mit ihren verlaingerten terminalen Knorpeln (Abdomini- costalien) in der Mittellinie in mehr oder minder intimen Zu- sammenhapg und bilden so quer, meist winklig oder bogen- formig nach vorn gebogene Knorpelspangen, die auch verkalken kénnen *), meist den Zusammenhang mit ihren Rippen beibehalten, nicht selten aber auch sich von ihnen abgliedern und damit eine gewisse Selbstindigkeit gewinnen*). Solche knorpelige Verbin- dungen der ventralen Rippenstiicke sind namentlich bei Geckonidae, Scincidae, Anelytropidae, Iguanidae, Uroplatidae und Chamaeleon- tidae beobachtet worden. Bei den Geckonidae und der Mehrzahl der hierher gehérigen Scincidae und Iguanidae ist ihre Zahl gering (1—3); sie kann aber bei Uroplates, einzelnen Scincidae (Able- pharus, Chalcides, Acontias), den Anelytropidae, gewissen Iguanidae aus der Anolis- und Polychrus-Gruppe und den Chamaeleontidae 1) Bei Embryonen von Anguis fand Gérrr noch den Verband mit einer (der 1.) Rippe, der sich wahrend der weiteren Entwicke- lung unter Riickbildung des beziiglichen Sternocostale liste. 2) Auch ossifizierte und zum Teil selbstiindige Abdominalrippen werden angegeben, was selbst an rudimentiire Parasternalia denken laft. Ich habe iiber diese Vorkommnisse keine eigene Erfahrung und halte weitere genauere Untersuchungen iiber die Art dieser behaupteten Ossifikation zur Entscheidung dieser Frage fiir not- wendig. Was ich auf diesem Gebiete bei Lacertiliern beobachtete, steht zu Rippen, aber nicht zu einem Parasternum in niherer Be- ziehung. 3) Beides, mit den Rippen noch verbundene und von ihnen abgegliederte Abdominicostalia, kann sich an demselben Tiere zu- sammen vorfinden. bys 250 Max Firbringer, auf 4—27 steigen'). Sehr tiberraschend ist in diesem Stiicke die Aehnlichkeit zwischen Uroplates und den Chamaeleontidae. Das sekundare Brustbein, das Episternum?), bildet in gut entwickeltem Zustande ein meist T- oder kreuzférmiges unpaares Knochenstiick, weleches im Zusammenhange resp. in der direkten Nachbarschaft der Clavicuila®) wie diese als Deckknochen entsteht und mit seinem hinteren Abschnitte der Aufenflache des Sternum in wechselnder Ausdehnung median angewachsen ist. Infolge seiner charakteristischen wechselnden Gestalt ist es auch zu klassifikatorischen Zwecken verwendet worden (BouLENGER, Fig. 25. Fig, 26. Fig. 25. Clavicula, Sternum und Episternum von Agama atra. (Nach SITEBENROCKE.) Fig. 26. Brustschulterapparat von Varanus bengalensis. °. Vergl. Fig. 5. (Nach W. K. PARKER.) 1) Uroplates fimbriatus hat 14, wovon die 4 letzten sich von den Rippen abgelést haben, Ablepharus pannonicus 4, Chalcides mionecton 5, Ch. tridactylus 9, Acontias plumbeus (niger) 23, Ac. meleagris 27, Feylinia currori 7, Typhlosaurus aurantiacus 25, Anolis- Gruppe 4—5, Polychrus-Gruppe 7—10, Chamaeleo vulgaris 8, Brookesia superciliaris 6 (vergl. auch Srannius, Corn, SrEBENROCK). 2) Interclavicula, Interclavicle: Sauvage, SHUFELDT, Corr. — Episternum ou interclaviculaire, Episterno o interclavicola: SaBaTipr, Ficausi. — Episternale, Episternum, Episterno: Bri, SrmBENROCK, ORLANDI. 3) Am ersten Anfange der Ontogenese, noch vor der Ver- kalkung hingen die Anlagen von Clavicula und Episternum zu- sammen, wie das ja in so friihen Entwickelungszustanden auch anderswo in der Regel der Fall ist. Danach tritt die Sonderung ein. Die vergleichende Anatomie lehrt, daf beide Gebilde phylo- genetisch gesondert und selbstiindig auftreten. WrepErsini betont nur die selbstiindige ontogenetische Anlage der im Anfang noch paarigen Episterna gegeniiber den Claviculae. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 251 Corr). Ein T- oder ankerférmiges Episternum kommt im allge- meinen den Agamidae, Iguanidae (inkl. Anolidae) und Vara- nidae zu; ein kreuzférmiges oder annihernd kreuzformiges findet sich bei der tberwiegenden Mehrzahl der tibrigen kionokranen Lacertilier, speciell den Scincidae, Gerrhosauridae, Lacertidae, Tejidae, Xantusiidae‘), Zonuridae, Anguidae, Xenosauridae ‘), sowie gewissen Geckonidae, wobei beide Formen im Detail einen grofen Wechsel hinsichtlich der Linge und Breite der Langs- und Quer- schenkel aufweisen?). Bei grofer Verkiirzung des vorderen Langs- Fig. 29. Fig. 28. Fig. 27. Clavicula und Episternum von Mabuia multifasciata. (Nach SIEBENROCK.) Fig. 28. Brustschulterapparat von Tiliqua nigrolutea. §. (Frei nach 6 W. K. PARKER.) Fig. 29. Clavicula und Episternum von Trachysaurus rugosus. 2. (Nach W. P. PARKER.) schenkels kann sich die Kreuzform der T-Form néihern (gewisse Geckonidae, einzelne Lacertidae, namentlich aber Anguidae und Zonuridae) und umgekehrt finden sich auch bei den Familien mit gemeinhin T-formigen Episterna Ueberginge zur Kreuzform (einzelne Iguanidae und Agamidae). Plumpere Gestalten mit kiirzeren und breiteren Schenkeln bieten gewisse Scincidae und 1) Bei den Xenosauridae und Xantusiidae giebt Corr (1892) ein kreuzférmiges, BouLtnnenr (1885) ein T-formiges Episternum an. Ich hatte keine Gelegenheit, Vertreter derselben zu unter- suchen. 2) Hinsichtlich dieses Wechsels in der Gestalt und den Dimen- sionen der Teile verweise ich namentlich auf die Beschreibungen und Abbildungen von Ratuxr, GreGenpaur, Parker, Bouncer, Corr und SreBEenrock. 252 Max Firbringer viele Agamidae, gracilere Gebilde mit lingeren und schlankeren Schenkeln zahlreiche Lacertidae und die Varanidae dar. Daneben finden sich namentlich unter den Geckonidae, Iguanidae und Aga- midae intermediaére und aberrante Formen vor, die nicht immer leicht der T-Form oder Kreuzgestalt cingereiht werden kénnen; dies ist z. B. der Fall bei gewissen Geckonidae, wo subrhomboidale Pst Fig. 30. Higa3l. Fig. 30. Brustschulterapparat von Hemidactylus sp. juv. 7. (Nach W. K. PARKER.) Fig. 31. Clavicula, Sternum und Episternum von Zonurus cordylus. +. (Nach der Natur.) Formen vorwiegen, bei zahlreichen Agamidae und Iguanidae, welche einen ungemeinen Wechsel der verschiedenartigsten Umbildungen, Riickbildnngen und Zusammendringungen der T-Gestalt aufweisen (bei Phrynosoma ist in Korrelation zur Verktirzung des ganzen Kérpers der hintere Langsschenkel des Episternum sehr verkiirzt oder kann selbst fehlen). Stabférmig, d. h. nur aus dem Langs- schenkel bestehend, ist das Episternum bei Heloderma (sowie bei den mehr riickgebildeten Brustschulterapparaten von Ophiognomon |Propus| vermiforme und Acontias [Evesia] monodactylus)!). Uro- plates zeigt bei sonst gut entwickeltem Brustschultergiirtel ein sehr reduziertes Episternum, welches in Gestalt einer kleinen, sub- rhomboidalen Platte der vorderen Spitze des Sternum fest ange- wachsen ist. — Ungemeine Verschiedenheiten weist ferner die Aus- dehnung der episterno-sternalen Synchondrostose auf: zwischen einer kurzen, auf den vorderen Bereich des Sternum beschrainkten 1) Bountencer (1891) reiht Lophura hier noch an; das ist ein individueller Befund; Sispenrock und ich fanden kurze Seiteniste. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 253 Vereinigung (so bei gewissen Geckonidae, einzelnen Scincidae, Uro- plates, vielen Agamidae) und einer Verbindung in dem gréferen Teil resp. beinahe der ganzen Linge des Sternum (mehrere Tejidae, Agamidae und Varanidae) finden sich alle Zwischengrade ‘) ; zwischen den Seitenschenkeln des Episternum und dem coraco- Fig. 32. Clavicula, Sternum und Episternum von Goniocephalus kuhli. (Nach SIEBENROCK.) Fig. 33. Clavicula, Sternum und Episternum von Lyriocephalus scutatus. (Nach SIEBENROCK.) Fig. 34. Clavicula, Sternum und Episternum yon Liolepis bellii. (Nach SIEBENROCK.) Fig. 35. Clavicula, Sternum und Episternum von Moloch horridus. (Nach SrEBENROCE.) Fig. 36. Clavicula, Sternum und Episternum von Agama stellio. (Nach SIEBENROCK.) idalen Seitenrande des Sternum ist meist eine diinne Membrana sterno-episternalis erstreckt, die in einem gewissen Konnex zu der Ursprungsaponeurose des M. sterno - episterno - cleido - mastoideus 1) Auch hier sei namentlich auf Raraxer, Parker und Siespen- ROCK verwiesen. 254 Max Firbringer, steht (s. unten bei diesem Muskel). — Eine Fensterbildung im Episternum, ungefihr in der Mitte desselben, bildet Parker bei Hemidactylus ab. See = ree Spy Esp = \\ \ U, Ly ae Me SF = WOE ree x age tt 7 | ) <4 Cll «SS Fig. 37. Brustschulterapparat 2 \ es von Phrynosoma cornutum. 2. i_ Biss » Wy } \Cr 4 Peres nay Wi \. Bese (Nach der Natur.) Bei Reduktion des Brustschulterapparates tritt das Epi- sternum zuerst in Riickbildung. Dieselbe vollzieht sich meistens unter Verminderung der Liangendimension, und zwar haufiger mm SS Es CNS an {f \\ i} “CrCl jScass: 1+ Ff. spe \\ Wy \ Est Y . rae Pst AX Ff. spe oy Co. 4 aS S Fig. 38. Fig. 39. Fig. 38. Brustschulterapparat von Heloderma suspectum. #. (Nach SHUFELDT.) Fig. 39. Brustschulterapparat und erste Bauchrippen von Uroplates fim- briatus. 3. (Teils nach SIEBENROCK, teils nach der Natur.) (Ophisaurus apus und ventralis, Anguis) unter Schwund des vorderen Teiles‘!), wodurch die Lésung von der Clavicula herbei- eefiihrt wird, seltener (Ophiodes) unter Ablésung des _hinteren Abschnittes vom Sternum; im ersteren Falle bildet das Episternum ein kurz T-formiges bis queres resp. ein noch mehr zusammen- 1) Diese Riickbildung des vorderen Schenkels und die Liésung des Episternums wie der Clavicula hat Gérrr auch ontogenetisch bei Anguis nachgewiesen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 25D gezogenes Knochenplattchen, welches dem vorderen Teil des Sternumn fest auflagert, im letzteren ein der Clavicula angelagertes T-formiges Stiick, welches mit seinem hinteren Ende nicht mehr das Sternum erreicht. In anderer Weise, unter Verkiimmerung der Querschenkel, verlauft die Reduktion bei Ophiognomon (Propus) und Acontias (Evesia); hier persistiert, wie bereits angegeben, ein kurzes medianes Stabchen, welches sich zwischen Clavicula und Sternum ausspannt. Bei Pygopus, Ophisaurus (Dopasia) gracilis, wie es scheint, auch individuell bei Anguis (Corr) ist das Episternum bei sonst noch leidlich persistierendem Brustschulter- giirtel véllig geschwunden. Dieselbe ginzliche Reduktion findet sich bei Acontias und Typhlosaurus, wo nur noch ein rudimen- tiirer primirer Schultergiirtel, bei Feylinia, wo allein ein Rudi- ment der Clavicula angegeben wird; bei Acontias (ind.) und Anelytropsis ist mit dem Episternum auch der gesamte Brust- schultergiirtel in Wegfall gekommen 4). Parasternale Gebilde (s. bei Rhynchocephalia p. 280f.) gehen allen bisher bekannt gewordenen Lacertiliern ab (vergl. auch p. 249 Anm. 2). Ob gewisse Hautverknécherungen in der entsprechenden Gegend bei Scincidae z. B: primordiale Stadien derselben vor- stellen’), erscheint sehr zweifelhaft; ich méchte eher sekundire, spaiter entstandene Bildungen darin erblicken. Der Humerus®) der kionokranen Lacertilier laft in seinen meist sehr entwickelten Fortsatzbildungen die grofe Rolle erkennen, welche er als Ursprungs- und Endpunkt fiir kraftige Muskelmassen bildet; dementsprechend ist er im proximalen und distalen Be- reiche meist erheblich starker und breiter als in der Mitte; distal wirkt auch die ausgedehnte Artikulation mit den beiden Vorder- armknochen sehr verbreiternd. Seine relativen Dimensionen sind tibrigens einem grofen Wechsel unterworfen, indem in extremen Fallen die Linge die gréfte Breite einerseits nicht ganz um das 3-fache (Varanus), andererseits nahezu um das 7-fache (Calotes) tibertreffen kann. Zwischen diesen Extremen finden sich alle még- lichen Zwischenstufen, wobei erdlebende und gréfere Lacertilier einen relativ kiirzeren und massigeren, baumlebende und kleinere 1) Hinsichtlich aller dieser Verhaltnisse sind meine Alteren Darstellungen (1870), sowie diejenigen Copn’s (1892 A) zu ver- gleichen. 2) Dieser Auffassung ist Hancken (1895, p. 346) zugeneict. 3) Humerus, Humérus, Omero der Autoren. 256 Max Firbringer, einen schlankeren Humerus aufweisen. Die Mehrzahl der Lacer- tilier hat einen 3—3*/, mal lJangeren als breiteren Humerus; unter den schlanken Formen kann auch Uroplates mit einer etwa 5mal die Breite tbertretienden Humeruslinge hervorgehoben werden. Der proximale Teil des Humerus (proximale Epiphyse) beginnt mit dem tiberknorpelten Caput humeri'), welches mit ellipsoidischer Gelenkfliiche in die Pfanne des primaren Schulter- giirtels einlenkt und mit dieser unter Vermittelung eines schlaffen, aber partiell verstirkten Kapselbandes das freie Schultergelenk bildet. Daran schliefen die beiden fiir die Insertion der meisten Schultermuskeln bestimmten Processus an, der sehr ansehnliche, ventralwarts vorragende und in der Regel tiber das proximale Drittel des Humerus ausgedehnte Processus lateralis?), der mit einem wenig entwickelten Tuberculum laterale beginnt, da- Fig. 40. Linker Humerus von Varanus niloticus. Ventralansicht. 2. C.7 Condylus radialis. C.w Cond. ulnaris. Ca.n.7 Canalis nervi radialis (ectepicondyloideus). Cp Caput humeri. £c.r Epicondylus radialis. Ze. w Epi- cond. ulnaris. #.bé Fossa bicipitalis. Pr. Processus lateralis. Pr.m Proc. medialis. (Nach der Natur.) nach an Hohe bis zu seiner Mitte zunimmt und distal in den Schaft des Humerus ausliuft, und der kiirzere Processus medialis*), der gleich hinter dem Caput sich in seiner gréften Hoéhe erhebt (Tuberculum mediale) und schon am Anfang des zweiten Sechstels des Humerus endet. Beide Processus markieren eine flache Stelle an der humeralen Ventralflache (Iossa inter- 1) Testa: Frcausr. — Head of the Humerus: Suureipt, Corr. — Caput humeri (Condylus articularis): SrmBEnRock. 2) Tubérosité externe, Tuberosité latérale externe: SABaTiER. — Radial tuberosity: pz Vis. — Trochitere: Ficaus1. — Bony crest to the radial side: Saurrtpr. — Condylus lateralis: SresBenrocx. Eine namentlich bei Agama gut ausgeprigte starke Leiste an seiner lateralen (dorsalen) Flaiche beschreibt Srmpenrock als Condylus III. 3) Tubérosité interne: Sapariter. — Ulnar tuberosity: pe Vis. -—— Condylus medialis: SrmBENRocK. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 257 tubercularis s. bicipitalis), welche den Mm. biceps und coraco- brachialis als Unterlage dient; dorsal findet sich zwischen ihnen die nicht immer gut ausgepragte Linea m. latissimi dorsi‘) fiir die Insertion des genannten Muskels. Das Mittelstiick (Schaft, Diaphyse) des Humerus?) ist verschméalert und besitzt einen an- nihernd rundlichen Querschnitt. Im distalen Bereiche verbreitert sich der Humerus wieder und endet mit den beiden ftir Ulna und Radius bestimmten Gelenkhéckern, dem gréferen Condylus (Trochlea) ulnaris s. medialis*) und dem kleineren Con- dylus radialis s. lateralis‘), tiber denen der Humerus namentlich durch eine an der Ventralfliche ausgeprigte Ver- tiefung (fiir die proximalen Vorragungen der Vorderarmknochen), die Fossa supratrochlearis ventralis °), verdiinnt ist. Am lateralen Rande erhebt sich der Humerus hier zu dem Epicondylus radialis s. lateralis), der sehr haufig in Gestalt ciner langeren Crista proximalwarts in den Schaft ausliuft (Crista late- ralis) und dem kiirzeren aber héheren Epicondylus ulnaris s. medialis’). Oberhalb des Epicondylus (Crista) radialis resp. im proximalen Bereiche desselben wird der Humerus der meisten kionokranen Lacertilier mit wohlentwickelten Extremitaten von einem schragen Kanale fiir den Nervus radialis und die ent- sprechend verlaufenden Gefafe, dem Canalis nervi radialis s. ectepicondyloideus'), durchsetzt. 1) Short ridge on the posterior external surface: pE Vis. — Rauhe Leiste fiir den M. latissimus dorsi: Siesenrock (bei manchen Lacertiliern als separater Knochensplitter ossifizierend). 2) Shaft: Corr. — Mittelstiick: SreBenrock. 3) Troclea, Trochlea: Ficatp1, Stzpenrock. — Ulnar tubercle: Suuretpt. — Median roller: Cops. 4) Condilo: Frcarpr. — Radial tubercle: SHureipr. — External rib: Copr. — Capitulum: Sresenrock. 5) Die Fossa supratrochlearis ist oberhalb der Trochlea ulnaris besser ausgeprigt als oberhalb des Condylus radialis, weshalb Siepenrock, nachdem er zuerst (1894) von einer Fossa supra- trochlearis anterior und F. supracapitata anterior gesprochen, spiter (1895) nur die erstere erwahnt. 6) Ridge above the radial tubercle: Suurenpr. — External epicondyle: Copn. — Condylus externus: Wrepersunm. — Epicon- dylus lateralis: Sresenrock (mit starker zum Mittelstiick des Humerus ziehender Crista). 7) Inner condyle, internal epicondyle: pr Vis, Copr. — Con- dylus internus: Wrepersuem. — Epicondylus medialis: Srmpenrock. 8) Bekanntlich schon von H. von Meyer (Die Saurier des Muschelkalkes, Frankfurt a/M, 1847—1855, p. 52, 53) nachge- 258 Max Firbringer, Bei den Sauriern mit verkiimmerten Gliedmafen zeigt der Humerus alle méglichen Grade von Riickbildung, die sich nament- lich in der Reduktion seiner Muskelfortsitze und Dimensionen aussprechen und schliefSlich zu seinem vollkommenen Schwunde fiihren. Eine ausfiihrliche, meine friiheren beziiglichen Mitteilungen (1870) wesentlich erginzende Zusammenstellung dieser Verhalt- nisse giebt Cope (1892 B). Abgesehen von den zahlreichen Formen der Diploglossa und Leptoglossa, deren vordere Extremi- tiiten nur im distalen Bereiche (Hand) integrierende Defekte in ihren Komponenten aufweisen, deren Humerus aber nur verkleinert und vereinfacht ist, beginnt die weiter vorschreitende Verkiimme- rung desselben mit der hochgradigen Degeneration des Vorder- armes (Ophiognomon) und fiihrt zu seiner (des Humerus) voll- kommenen Reduktion bei den Pygopodidae, Mancus, der Mehrzahl der Anguidae, vielen Scincidae (inkl. Acontias), Dibamus und den Anelytropidae. Arten, die in der Regel keinen Humerus mehr besitzen, kénnen individuell noch minimale Rudimente des- selben auch im erwachsenen Zustande aufweisen (Pseudopus, DumeErIL ct Brsron, Firsrincer). Bei jungen Embryonen von Anguis beschreibt Born (1883) eine bald wieder verschwindende rudimentiire frei hervorragende vordere Extremitat. B. Amphisbaenia‘). (Vergl. Taf. XII, Fig. 103—112.) Ueber diese nahe verwandten Tiere liegen neuecre Veréffentlich- ungen von SMALIAN (1885: Amphisbaena fuliginosa, Blanus cinereus, wiesen und von verschiedenen Autoren bestitigt. —- Canal ectépi- condylien: Dorio. — Canalis nervi radialis s. supracondyloideus lateralis s. ectepicondyloideus: Firprincer. — Canalis ectepicon- dyloideus: Baur, WiepErsHemm, Srepenrock (1895). — Hierher ge- hért wahrscheinlich auch Suuretpt’s Incompleted Foramen at the middle of the radial ridge. Simspenrock (1894) erinnert das Loch an die Bildung bei den Saugetieren (die in Wirklichkeit einen Canalis nervi mediani s. entepicondyloideus darstellt); 1895 giebt er die richtige Deutung und Benennung. — Ich habe diesen Kanal bei keinem der von mir untersuchten kionokranen Lacertilier mit wohl entwickelten Extremititen vermift; mitunter war er nicht leicht zu finden. Dotto (1884) fiihrt mehrere Genera aus den Familien der Scincidae, Tejidae, Iguanidae und Agamidae an, bei denen er den Kanal nicht sah. 1) Die Anniellidae (Aniellidae), fiir die Cope bekanntlich 1887 eine besondere Unterordnung (Anguisauri Corr) in der nichsten Nahe Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 259 Anops kingii, Trogonophis wiegmanni) und Cope (1892: Chirotes canaliculatus, Amphisbaena occidentalis, Rhineura floridana) vor. Ich konnte Blanus cinereus Vanp., Bl. strauchii Bepr., Amphis- baena alba L. (2 Ex.), A. fuliginosa L., Anops kingii BEtt, Monopeltis sphenorhynchus Prrers, Rhineura floridana Batrp, Lepidosternon microcephalum Waau., L. phocaena D. et B. und Trogonophis wiegmanni Kaup (2 Ex.) auf ihre Skelettelemente untersuchen, von denen ich einen grofen Teil der Giite der Herren Geheimrat Prof. Kk. Mépius und Prof. G. TornierR ver- danke. Chirotes zu erlangen, eliickte mir leider trotz vieler aufgewendeten Miihe nicht. Der Brustschulterapparat des von CopE untersuchten Exemplares von Chirotes!), als Vertreter der Chirotinae, zeigt in der Hauptsache das- selbe Verhalten wie die friiher von J. Mier, DuméR. et Brsron und PARKER be- schriebenen Tiere; im De- tail weichen dieselben, von denen das Parker’sche das \ jiingste zu sein scheint, et- Fig. 41. Brustschulterapparat von ; PPS J mn is crise was voneinander ab. Chirotes canaliculatus. 7, Or Coracoid. eS F.gl Fossa glenoidalis pro humero. Psé Pro- Der primaire Schul- sternum. se Scapula, SS Suprascapulare. tergtirtel, der in der Xs¢ Metasternum (Xiphisternum). der Amphisbaenia (Opheosauri Corn) gebildet, und die er 1892 als sehr distinkte Familie zu den Amphisbaenia gestellt hatte, be- sitzen nach Baur’s Nachweis (The Relationship of the Lacertilian Genus Anniella Gray. Proc. U. 8. Nat. Museum, XVII, p. 345 f. Washington 1894) eine Columella und bilden eine degenerierte Familie, die zu den Anguidae in demselben Verwandtschaftsverhaltnis steht wie Acontias zu den Scincidae. Das entspricht im wesentlichen dem systematischen Platze, den ihnen BoutuncEr (Catal. of Lizards, II, 1884) neben den Anguidae anweist. 1) Corr’s Beschreibung enthalt zwei sinnstérende Druckfehler, indem das Suprascapulare als Supraclavicle, die Scapula als Clavicle angefiihrt ist. 260 Max Firbringer, Jugend Scapula und Coracoid noch separat besitzt (PARKER’s Abbil- dung), bildet im ausgewachsenen Zustande ein einheitliches Knochen- stiick, dessen scapularer Anteil aus der recht schmalen Scapula und dem etwas breiteren verkalkten (oder verknécherten?) Supra- scapulare besteht, wahrend das Coracoid den in der sagittalen Dimension breitesten (in der transversalen kiirzesten) Abschnitt darstellt, und nahezu mit seinem ganzen medialen Rande mit dem Sternum artikuliert'). Fensterbildungen und Foramen supra- coracoideum werden nicht angegeben. Die Gelenkhéhle fiir den Humerus wird in der iiblichen Weise von Scapula und Coracoid eebildet, befindet sich daher entsprechend der transversalen Schmal- heit des Coracoids in sehr medialer Lage. Das primare Brustbein, Sternum, entbehrt der Ver- bindung mit Rippen und besteht aus einem nicht unansehnlichen pentagonalen verkalkten (oder knéchernen?) Prosternum, das vorn mit querem Rande abschlieSt, mit seinen langen antero-lateralen Seiten die Coracoide trigt, und mit oder ohne Fensterbildung ist, sowie einem daran anschliefSenden langen und schmalen Xiphi- sternum, das, wie es nach der Abbildung scheint, aus zwei dicht cinander angeschlossenen Stiben besteht, in seinen vorderen ?/, verkalkt (oder verknéchert?) und seinem hinteren 1/, knorpelig ist und hier in zwei kurze Lappen ausliuft °). Die sekundéren Bestandteile des Schultergiirtels (Clavicula) und Brustbeins (Episternum) fehlen. Der Humerus der kleinen vierzehigen vorderen Extremitat *) besteht aus einem ziemlich kurzen und schwachen etwas gebogenem Knochen, dem besser entwickelte Muskelfortsitze abgehen und der proximal mit dem Coraco-scapulare, distal mit Radius und Ulna artikuliert. Hinsichtlich der Existenz der Schultergirtel-Rudi- 1) Corr spricht ihm deshalb auch einen procoracoidalen Anteil ab. Ich méchte wegen seiner betrachtlichen sagittalen Ausdehnung ihm denselben zuerkennen, somit annehmen, dass es, ahnlich wie das undurchbrochene Coracoid s. lat. von Heloderma, die Elemente von Coracoid s. str., Procoracoid und Epicoracoid enthilt. 2) Das Xiphisternum des jungen von Parxker untersuchten Exemplares ist knorpelig und deutlich aus paarigen Stiiben (Sterno- costalien) zusammengesetzt, die vorn (Mesosternum ParkErR) einander dicht anliegen, hinten (Xiphisternum Parker) in ziemlich langer Strecke auseinanderweichen. 3) Corr (1894) fihrt bekanntlich auch dreizehige Vertreter (Hemichirotes Corn) an und unterscheidet die drei Genera Bipes, Euchirotes und Hemichirotes der Chirotidae. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 261 mente der Amphisbaeninae (Amphisbaena, Blanus, Anops, Rhineura) und Trogonophinae (Trogonophis) gehen die An- gaben auseinander. Wihrend Corr dieselben bei allen ihm zur Verfiigung stehenden Tieren vermifte (bei Amphisbaena wohl wegen mangelhafter, nicht selbst vorgenommener Priparation), findet SMALIAN — in teilweiser. Uebereinstimmung mit RATHKE’s und meinen fritheren Angaben (1854 und 1870) — bei Amphis- baena und Blanus sehr kleine, walzenférmige, bei Trogonophis ein wenig gré8ere, hakenférmige Knochenstiickchen als letzte Reste des primaren Schultergiirtels; bei Anops vermifte er sie. Sternale Rudimente wurden bisher von keinem Untersucher gefunden. Meine neueren Untersuchungen ergaben mir die geringste Verkiimmerung des Brustschultergiirtels bei Trogonophis, daraut folgt Blanus, dann Amphisbaena, wahrend ich bei Anops, Lepido- sternon, Monopeltis und Rhineura keine Rudimente mehr fand. Bei Trogonophis wiegmanni (Exemplar von 17,8 cm Linge, Fig. 106 und 112) findet sich ein rechter und linker Schultergiirtel, die an ihrem medialen Bereiche mit einem unpaaren Sternum verbunden sind. Der primare Schultergirtel, Scapulo-coracoid (SeCr), bildet einen langen und schlanken, etwas gekriimmten, in ascendenter (caudo-dorsal nach rostro-ventral) Richtung in die Muskulatur eingebetteten Knochenstab, der seine konvexe Seite nach vorn und aufen wendet und an seinen beiden Enden in kurze Knorpelstiicke tibergeht; der vordere mediale und ventrale Knorpel (C7’) ist ein wenig breiter als der hintere laterale und dorsale (Sc’). Eine Sonderung des knéchernen Stabes in ein medio-ventrales Coracoid und eine latero-dorsale Scapula ist nicht vorhanden; die beiden Knorpel entsprechen den Knorpelteilen von Coracoid und Scapula (Suprascapulare). Das primaire Brust- bein, Sternum (S?), bildet eine quere ventral gelegene einheit- liche Knorpelspange von doppelter Kriimmung, indem ihr mittlerer Abschnitt stark konvex nach hinten gekriimmt ist, wahrend die kiirzeren seitlichen Abschnitte von der vordersten Vorragung des Sternums aus in einem stumpfen bis rechten Winkel schriig nach hinten abweichen; diese seitlichen Teile sind jederseits syndesmo- tisch (durch ein Lig. sterno-coracoideum, Z. stc.) mit den Coracoiden verbunden, ohne daf Andeutungen von Gelenken vorliegen. Be- ziehungen des Sternums zu den Rippen fehlen'). Sekundare 1) Vermutlich ist aber das Sternum durch die ventrale Ver- bindung eines Rippenpaares urspriinglich entstanden. Fraglich er- scheint, ob sich dies noch ontogenetisch nachweisen laft. 262 Max Firbringer, Skelettteile (Clavicula, Episternum) sind nicht vorhanden. Die Linge des primiren Schultergiirtels wurde zu 4,4 mm, seine kleinste Breite’) zu 0,25 mm, seine grifte Breite zu 0,36 mm ge- messen. Die transversale Ausdehnung (quere Linge) des Sternums betrug 3,3 mm, seine sagittale Dimension (Breite oder Dicke) 0,36 mm. Die medialen Enden der beiden Schultergiirtel sind 2,1 mm voneinander entfernt. Aehnliche Dimensionen zeigt ein zweites etwas kleineres Exemplar von 17,0 cm Lange. Blanus schlieBt sich Trogonophis in der etwas weiter fort- geschrittenen Riickbildung seines Brustschulterapparates an ?), und zwar zeigte das untersuchte Exemplar von Blanus cinereus (von 16,2 cm Kérperlinge) einen etwas minderen Reduktionsgrad als das von Blanus strauchii (von 17,2 cm Lange). Diese mehr vor- geschrittene Reduktion von Blanus zeigt sich in dem Brustbein und den Dimensionen des Schultergiirtels, nicht aber in dessen Form, die in mancher Hinsicht die Konfiguration des Schulter- giirtels der typischen Lacertilier noch besser bewahrt hat als Trogo- nophis. Bei Blanus cinereus (Fig. 105 und 111) reprasen- tieren die beiden primaren Schultergiirtel, Scapulo-coracoide (Se Cr), kiirzere und quer (transversal-ascendent) gestellte Skelet- teile von komplizierter Kriimmung, welche recht weit voneinander und von den sternalen Rudimenten entfernt sind. Sie bestehen aus einem mittleren Knochenstiick, das in einen kiirzeren medio- ventralen (Cr’) und einen langeren latero-dorsalen Knorpelabschnitt (Sc) tibergeht; letzterer erinnert in seiner Form sehr an ein schlankes, iibrigens leidlich gut ausgebildetes Suprascapulare der Lacertilier. Eine Scheidung des knéchernen Abschnittes, der etwa ?/, der Gesamtlinge des Schultergiirtels betragt, in einen coracoidalen und scapularen Anteil ist unméglich. An Stelle des Sternum finden sich paarige, sehr kleine, auferst diinne querovale Knorpel- plittchen (S¢), die ziemlich weit voneinander entfernt sind, wenn- eleich sie sich der ventralen Mittellinie mehr nahern als die coracoidalen Enden des Schultergiirtels; das linke sternale Rudi- 1) Annihernd in der Mitte der Linge. Auch fiir die folgenden Messungen bezieht sich die angegebene kleinste Breite (Dicke) auf intermediare Abschnitte der betreffenden Skelettteile, nicht aber auf deren verjiingte Enden. 2) Smanran findet die Rudimente von Blanus (8. 194, Fig. 19 —21) in Uebereinstimmung mit denen von Amphisbaena. Falls das untersuchte Tier richtig bestimmt war, so vermute ich, dai die Knorpelteile tibersehen wurden. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 265 ment war bei dem untersuchten Exemplare etwas gréfer als das rechte. Ein schleierartiger Faserzug (1. ste.) giebt eine Andeutung des Lig. sterno-coracoideum von Trogonophis. Sekundare Skelet- teile fehlen. Die Lange des Schultergiirtels wurde zu 2,1 mm, seine kleinste Breite zu 0,18 mm, seine gréfte Breite (Supra- scapulare) zu 0,72 mm gemessen. Die Breite des linken sternalen Rudimentes betrug 0,23, des rechten 0,18 mm. Die Entfernung der medialen Schultergiirtelenden voneinander wurde zu 2,1 mm, die der beiden sternalen Plattchen zu 1.2 mm bestimmt. Bei Blanus strauchii (Fig. 104 und 110) zeigen die ein wenig kiirzeren Rudimente des Schultergtirtels (SeCr) eine ahnliche Gestalt und Lage wie bei Blanus cinereus; doch tritt der knécherne Teil mehr gegen die knorpeligen Abschnitte (Sc’, Cr’) zuriick, indem er im Mittel nur 1/, der Gesamtlinge des Schultergiirtels betrigt '). Auch ist die Form des Suprascapulare (Sc’) nicht so ausgeprigt wie bei der verwandten Art. Die hier gleich grofen Rudimente des Sternum (S¢) entsprechen denen von Bl. cinereus. Das Gleiche gilt fiir die Andeutung des Lig. sterno-coracoideum (LL. séc.). Die Lange des Schultergiirtels betragt 1,8 mm, seine kleinste und erékte Breite 0,17 mm und 0,7 mm, die Breite der sternalen Rudimente 0,2 mm. Die gegenseitige Entfernung der Schulter- giirtel wurde zu 1,92 mm, die der beiden Brustbeinrudimente zu 1 mm gemessen. Auf Grund dieses Befundes besteht namentlich im Quale der Konfiguration des Brustschulterapparates eine nahe Verwandtschaft zwischen Trogonophis und Blanus. Erheblich weichen die Rudimente von Amphisbaena ab. Sie bestehen in recht kurzen und diinnen, annaihernd walzen- formigen oder besser keulenférmigen, latero-dorsal etwas verdickten und mitunter in der Mitte etwas eingeschniirten Knochenstiabchen, welche, weit voneinander entfernt, in transversaler Lage tief in die Muskulatur eingebettet sind und an ihrem medialen und lateralen Ende mit deren Myokommata (Inscriptiones tendineae (MC) zusammenhangen. Dieselben reprisentieren ein weiter vor- geschrittenes Riickbildungsstadium des primaren Schulter- 1) Linkerseits war der Knochenteil ein wenig linger als rechter- seits. Ob die geringere Entwickelung des knéchernen Abschnittes bei dem untersuchten Exemplar von Blanus strauchii gegeniiber Bl. cinereus eine specifische Differenz bedeutet, oder ob nur yer- schieden alte Tiere zur Beobachtung vorlagen, ist an mehr Material zu entscheiden. Bd, XXXIV, N. F. XXVIL. 18 264 Max Firbringer, eiirtels (SceCr), an dem der coracoidale Anteil ebensowenig wie bei Trogonophis und Blanus von dem scapularen zu sondern ist. Knorpelteile fehlen ganz oder sind, wenn vorhanden, ganz minimal. Sternale Rudimente wurden vergeblich gesucht !); sekun- dire Brustschulterelemente fehlen gleichfalls. Bei Amphisbaena fuliginosa (Exemplar von 31,5 cm Linge, Fig. 109) wurde die Liinge des Rudimentes zu 1,5 mm, seine geringste Dicke zu 0,15 mm, seine gréf’te Dicke zu 0,23 mm gemessen. Bei 2 Exemplaren von Amphisbaena alba von 52,4 cm (Fig. 103 und 108) und 60,5 cm Lange (Fig. 107) betrugen die entsprechenden Dimensionen: Linge 1,6 mm (linkerseits) und 1,5 mm (rechterseits) resp. 3,2 mm’), geringste Dicke 0,3 mm resp. 0,4 mm, gré’te Dicke 0,45 mm resp. 0,58 mm. Ich fiige noch, in Centimeter und Milli- meter umgerechnet, 2 Messungen von RATHKE (1853) hinzu. Der- selbe fand bei einer Amphisbaena fuliginosa von 35,3 cm Ké6rper- linge ein Rudiment von ,,wenig mehr als“ 2,2 mm, bei einer A. alba von 48,4 cm Lange ein Rudiment von 2,2 mm. Die absoluten und relativen Lingen der gefundenen Rudi- mente des primiaren Schultergtirtels (Coracoid -+- Scapula), letztere auf eine Kérperlange von 100 bezogen, verhalten sich danach, wie die Tabelle auf p. 265 zeigt. Bei den anderen untersuchten Amphisbaeniden Lepido- sternon, Anops, Monopeltis und Rhineura, finde ich, wie schon SMALIAN bei Anops kingii erwahnt, die Stelle, wo die Schultergtirtelrudimente liegen wiirden, durch eine deutliche Inscriptio tendinea (sehnige Verwachsungsstelle der Muskulatur) *) markiert, von ihnen selbst aber keine Spur‘). Bei Lepidosternon 1) In meiner Erstlingsarbeit von 1870 habe ich bei Amphis- baena fuliginosa eine rechts und links von der ventralen Mittellinie befindhiche breite Inscriptio tendinea beschrieben und auf Grund ihrer Gestalt als Sternalaponeurose mit dem Sternum von Chirotes verglichen. Dieser Vergleich ist nicht haltbar, da mit dem Auf- héren des Knorpelgewebes auch der Begriff des Sternum ver- schwindet. Auch jetzt fand ich bei Amphisbaena fuliginosa und alba diese breite Inscriptio, aber auch bei mikroskopischer Durch- musterung derselben keine Knorpelelemente. 2) Also eime erhebliche individuelle Schwankung. 3) Muskellose Linie SMALIAN. 4) Ravruxe fand bei einem 56,2 cm langen Exemplar von Lepidosternon microcephalum sehr kleine, nicht véllig 2,2 mm (somit 0,39 Prozent der Kérperlinge betragende) lange, bohnenférmige knécherne Rudimente des Schultergiirtels, wihrend ich dieselben bei meinen friiheren und jetzigen Untersuchungen stets vermifte. Ent- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 265 Absolute |Absolute Liange|Relative Lange Linge des} des Schulter- | des Schulter- Tieres giirtels girtels in Proz. in mm in mm der Kirperlinge Trogonophis wiegmanni 18 44 2,47 Proz. (F pr.) Blanus cinereus (F sr.) 16,2 2,1 lige eye strauchii (Fsr.) Ist | 1,8 lb 607 ie Amphisbaena fuliginosa 35,3 wenig mehr als\wenig mehr als (RATHKE) | 2,2 0,62 Proz. A. alba (F sr.) 60,5 3,2 3 Olbavrmes A. fuliginosa (Fr.) 31,5 1.5 O48. 4 A. alba (RatHKe) 48,4 2,2 0,45... 5 A. alba (Fsr.) 52,4 1,55 1) OO bs microcephalum und L. phocaena, wie bei Anops kingii ist diese bindegewebige Stelle sehr gut ausgepriigt und von einiger Breite, bei Monopeltis sphenorhynchus (verletztes Exemplar) und Rhineura floridana dagegen minder deutlich, doch auch ohne Miihe nach- weisbar. Bei allen von mir untersuchten Amphisbaeniden findet sich die Stelle des Schultergiirtelrudimentes oder der eben erwihnten Inscriptio tendinea im Niveau des 3. oder 4. Wirbels. C. Chamaeleontia (Rhiptoglossa). Unsere Kenntnis des Brustschultergiirtels und des Humerus des Chamaeleontia (Rhiptoglossa) hat durch die genaue Unter- weder liegt hier eine weitgehende individuelle Variierung oder eine falsche Bestimmung des untersuchten Tieres vor, woran angesichts der sehr grofen von RatHKE angegebenen Kérperdimension, die gemeinhin Lepidosternon microcephalum nicht erreicht, wenigstens zu denken ist. — Bei den mir vorliegenden Exemplaren von Lepido- sternon, Anops, Monopeltis und Rhineura geschah iibrigens die Untersuchung mit Riicksicht auf die gebotene Schonung der Tiere am ganzen Kérper bei mifiger (14-facher) Lupenvergréferung, nicht aber bei mikroskopischer Behandlung der betreffenden ausge- schnittenen Kérperstellen. Ich halte es fiir méglich, daS die ge- nauere mikroskopische Untersuchung die eventuelle Existenz von kleinen Skeletrudimenten ergeben mag. 1) Mittelzahl aus 1,6 mm (linkerseits) und 1,5 mm (rechterseits). 18* 266 Max Firbringer, suchung von Brookesia durch StepenrocKk (1893) eine Bereiche- rung erfahren; auch Copr (1892) verdanken wir eine gelegentliche Bemerkung. Brookesia besitzt wie Chamaeleo und Lophosaura lediglich einen primiéren Schultergtirtel und ein primiares Brustbein, wah- rend die sekundairen Bestandteile derselben (Clavicula, Episternum) ithnlich wie bei Chirotes — in vollkommene Reduktion ge- treten sind. Der primare Schultergiirtel besteht aus den in der Jugend synchondrotisch, im ausgewachsenen Zustande synostotisch verbundenen scapularen und coracoidalen Anteilen. Die knécherne, des Acromions entbehrende Scapula ist recht schlank und geht dorsal in das breitere, knorpelige Suprascapulare tiber, das aber nicht die Dimensionen wie bei den typischen kionokranen Lacer- tiliern erreicht!). Das Coracoid stellt eine die Scapula etwas an Breite iibertreffende Knochenplatte dar, hat einen schmalen medialen Knorpelsaum und artikuliert mit der ganzen Linge desselben mit dem Sternum. Hier besteht das Coracoid in der Hauptsache aus dem Coracoid s. str.; procoracoidale Elemente sind gréStenteils (wenn nicht ganz) unterdriickt. Fensterbildungen evehen dem Schultergiirtel ab; ein Foramen supracoracoideum durchbohrt das Coracoid in mehr lateraler Lage als bei den anderen Lacertiliern, kann selbst der Grenze von Coracoid und Scapula nahekommen. Die Gelenkhéhle fiir den Humerus liegt an der iiblichen Stelle; ihr gegeniiber findet sich am vorderen Rande des Schultergiirtels eine Prominentia coraco - scapularis, welche, weil von beiden Anteilen desselben (Coracoid und Scapula) gebildet, und nach sonstigem Verhalten (Mangel der Clavicula) einem Acromion nicht verglichen werden darf. Von allen Bil- dungen bei den kionokranen Lacertiliern steht der primire Schultergiirtel von Uroplates dem der Chamaeleontiden relativ am nichsten. 1) Ich finde bei Chamaeleo und Brookesia das gegenseitige Lingeverhiltnis von Scapula s. str. und Suprascapulare wie 3:1; die geringste Breite (sagittale Dimension) der Scapula s. str. betrug bei Brookesia ?/,, bei Chamaeleo 1/, Wirbellinge, die griiite Breite des Suprascapulare bei Brookesia 11/,, bei Chamaeleo 1'/, Wirbel- linge. Chamaeleo zeigt somit die grifte Schlankheit; da’ Uro- plates sich in dieser Hinsicht den Chamaeleontiden annihert, wenn- gleich sie noch lange nicht erreicht, geht aus den oben (p. 233 f,. Anm. 6) mitgeteilten Magen hervor. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 267 Das primare Brustbein, Sternum, bildet bei Brookesia eine in seinem vorderen Teile, Prosternum, einheitliche, ziemlich stark nach aufen gewodlbte rhomboidale Knorpelplatte'), welche mit ihren antero-late- ralen Randern die Co- racoide in den Sulci coracoidei aufnimmt und mit ihren anschlie- Senden lateralen Seiten mit 2 Paar Rippen ver- bunden ist; der hintere Teil befindet sich noch in statu nascendi und wird durch die Sterno- costalien des 3. Rip- penpaares —reprasen- tiert, welche sich dem hinteren Ende des Pro- - sternum anfiigen. Bei Chamaeleo und Lo- phosaura haben sich diese Rippenpaare in der Kinzahl (3. Rippen- paar) oder Zweizahl (3. und 4. Rippenpaar) zur Bildung eines unpaari- gen Xiphisternum ver- einigt, das dieselben selbst etwas nach hin- ten tiberragt. Zugleich ist durch einen wahr- scheinlich sekundaren Abgliederungs- und Verschmelzungsprozef bei der Mehrzahl der Exemplare dem Pro- sternum der hintere F.spe Se SS ~ Pst Co.1 Fig. 42. Brustschulterapparat und erste Bauchrippen von Brookesia superciliaris. +. (Teils nach SIEBENROCK, teils nach der Natur.) Fig. 43. Brustschulterapparat und_ erste Bauchrippen von Uroplates fimbriatus. 3. (Teils nach SrEBENROCK, teils nach der Natur.) 1) Diese starke Wélbung des ganzen Sternums bietet sich als eine hohere und weitere Aushildung des bei Uroplates nur am vorderen Ende begonnenen Wéolbungsprozesses dar (cfr. Anm. 2 auf S. 244). 268 Max Firbringer, (die 2. Rippe tragende) Abschnitt abgegliedert worden, so dafi nun das Prosternum (Prosternum vermindert um seinen hinteren Ab- schnitt) von Chamaeleo und Lophosaura mit nur 1 Rippe, das Xiphisternum (Xiphisternum vermehrt uw den hinteren Abschnitt des Prosternum) mit 2 (Chamaeleo) bis 3 Rippen (Lophosaura) ver- bunden ist'). Die Gesamtzahl der mit dem Sternum verbundenen Rippen ist sonach 3 (Brookesia, Chamaeleo) bis 4 (Lophosaura) ”). Auf das Sternum folgt bei den Chamaeleontia eine Anzahl (8 bei Chamacleo, 6 bei Brookesia) querer resp. winkelig oder bogenfoérmig nach vorn vorspringender Knorpelspangen, welche den M. rectus abdominis quer durchsetzen und aus der Verbindung oder Verschmelzung der rechten und linken Rippenknorpel der den Sternalrippen folgenden Rippen hervorgegangen sind. Sie gleichen in allen wesentlichen Kigenschaften den entsprechenden Knorpel- bogen der kionokranen Lacertilier (vergl. S. 249, 250). Auf die groBe Achnlichkeit zwischen Uroplates und den Chamaeleontidae wurde schon dort aufmerksam gemacht. Sekundare Bestandteile (Clavicula, Episternum, Para- sternum) konnten bisher nicht an dem Brustschultergiirtel der Chamaeleontia aufgefunden werden und sind wahrscheinlich seit langem verkiimmert*). Auch hier sei auf das sehr reduzierte Episternum des kionokranen Uroplates hingewiesen. 1) Diese EHrklarung ist nur ein Versuch, den ich mit allem Vorbehalte gebe und der an der Hand der Untersuchung erst noch zu priifen ist. Gerade hier besteht noch viel Dunkel — auch hin- sichtlich des hinteren, die 3. Rippe tiberragenden, vielleicht einer (spiter riickgebildeten) 4. Rippe entstammenden Teiles des Xiphi- sternum von Chamaeleo — und Widerspruch in den Angaben der Autoren (vergl. Raraxe und Parker). Eigentiimlich ist die Be- obachtung Parxsr’s, der bei einem Exemplar von Chamaeleo vulgaris an der linken Seite des Prosternum vor der gewoéhnlichen ersten, dem 6. Wirbel angehérenden Sternalrippe noch ein Sternocostale fand, das aber nicht mit der Rippe des 5. Wirbels, sondern mit Ueberspringung derselben mit derjenigen des 4. Wirbels verbunden war wahrscheinlich ein sekundirer, abnormer Befund. 2) Die erste Sternalrippe der Chamaeleontiden gehért dem 6. Wirbel an. Der Brustschulterapparat derselben befindet sich somit in einer erheblich kranialeren Lage als derjenige der typischen kionokranen Lacertilier mit wohl entwickelten Extremititen. Bei Riickbildung desselben tritt auch hier eine Vorwiartsbewegung nach dem Kopfe zu ein (s. sub Nervensystem). 3) Srepenrock (1893, p. 707) wirft die Frage auf, ob eventuell das Sternum und Scapula verbindende Ligament als Clavicula zu Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 269 Der Humerus der Chamaeleontia entspricht im ganzen demjenigen der typischen kionokranen Saurier und unterscheidet sich nicht wesentlich von ihm durch etwas gréfere Schlankheit und geringere Ausbildung der Muskelfortsaétze im proximalen und distalen Bereiche; namentlich der sonst recht kraftig entwickelte Epicondylus medialis tritt sehr zuriick oder fehlt beinahe (Corr). Seine Linge tibertrifft die gré%te Breite annihernd d5mal (Chamaeleo) bis 7mal (Brookesia). Calotes und Verwandte sowie Uroplates unter den kionokranen Lacertiliern kommen ihm in dieser Hinsicht am nachsten. Kin Canalis n. radialis wurde vermibt. Anhang zu den Lacertilia. Dolichosauria. Mosasauria. Telerpetidae. Die kionokranen Lacertilia, Amphisbaenia und Chamaeleontia, werden bekanntlich von den meisten Autoren mit den Ophidia zu der héheren Abteilung (Ordo resp. Legio) der Squamata (Strepto- stylica, Lepidosauria, Pholidota) vereinigt. Zu diesen werden noch zwei fossile kionokrane Abteilungen aus der Kreide, die Dolicho- sauria und die Mosasauria (Pythonomorpha), gestellt, wobei die einen (CUviIER, OWEN, BAuR, MrERRIAM u. A.) einer Ein- reihung derselben in die Lacertilier (in der Nahe der Varanidae) das Wort reden, die anderen (Core, ZrvreL, BOULENGER, HAECKEL u. A.) fiir eine selbstandige Stellung zwischen Lacertiliern und Ophidiern eintreten. Beide Abteilungen haben einen verlingerten schlangenahn- lichen Kérper mit verkleinerten Extremititen und zeigen eine An- passung an das Wasserleben, die bei den Dolichosauriern noch in den Anfangsstadien sich befindet'), bei den Mosasauriern in héherem Grade und unter Ausbildung von flossenartigen und durch Phalangenvermehrung (Hyperphalangie) gekennzeichneten Extremi- taten sich entwickelt hat. Die Dolichosaurier beginnen mit ziem- betrachten sei. Dieselbe ist zu verneinen. Dieses, iibrigens ganz kraftige Band geht vom Sternum an den Vorderrand der hervor- ragenden Verbindungsstelle von Coracoid und Scapula, also an eine ganz andere, viel ventralere Stelle als die Clavicula normalerweise (Acromion), Auch fehlt ein Acromion. Das Band ersetzt die Clavi- cula zum Teil funktionell, nicht aber morphologisch. 1) Die altesten Vertreter derselben, die Aigialosauridae, méigen noch erdlebende Lacertilier gewesen sein (GorJANOVIC-KRAMBERGER). 270 Max Firbringer, lich kurzhalsigen Formen, Aigialosauridae, in der unteren Kreide und erheben sich in der oberen zu den langhalsigen Dolicho- sauridae; die Mosasaurier waren von mafiger Lange des Halses und lebten in der oberen Kreide '). Dolichosauria. Der Brustschulterapparat der Dolichosaurier ist noch un- vollstindig bekannt; die meiste Aufklirung bietet KoRNHUBER’sS Fund, Carsosaurus, dar ”). Der primaire Schultergiirtel weist eine recht mafig entwickelte knécherne Scapula auf, die, wie es scheint, mit dem breiteren knéchernen Coracoid®) synostotisch verbunden ist; letzteres hat ein gut entwickeltes Foramen supracoracoideum und am medialen convexen Rande 2 Incisuren, die unter Vergleichung mit dem Brustgtirtel von Varanus zu dem Hauptfenster und dem hinteren coracoidalen Fenster erginzt werden kénnen. Beziiglich der Aus- dehnung der knorpeligen Teile von Scapula und Coracoid fehlt jede Andeutung. Der sekundare Schultergiirtel, die Clavicula, bildet ein diinnes und schlankes Knochen- stiibchen, welches dem lateralen Schenkel des Episternum vorn aufliegt und sich nach der Gegend der Scapula erstreckt. Fig. 44. Clavicula und Das primaire Brustbein, Sternum, Episternum von Carsosau- weil knorpelig, ist nicht mehr erhalten; rus marchesettii. 3. (Nach pach der Lage der noch vorhandenen 5 ving ca erga Sternocostalien auf KoORNHUBER’s Tafeln scheint es von bedeutender Grofe gewesen zu sein. Das sekun- dire Brustbein, Episternum, reprasentiert einen schlanken, 1) Die Halswirbelzahlen sind (auf Grund der Revisionen von Dotto und Bovunencer): Aigialosauridae 9-—10, Dolichosauridae 15—17, Mosasauria 9—10. Unter den lebenden Lacertiliern bieten, als regelmifiges Vorkommen, die Varanidae 9 Halswirbel dar. 2) Kornuuser ist geneigt, Carsosaurus als besonderes Genus neben Varanus den Varanidae zuzuzihlen. Mit Dotto stelle ich ihn zu den Aigialosauridae. 3) Die oben gegebene Determination weicht etwas von der- jenigen Kornuuser’s ab. Ich bin nach genauer Ansicht des Licht- druckes geneigt, die virtuelle Grenze von Scapula und Coracoid namentlich vorn mehr scapularwirts zu verlegen und die dort von Kornuuper angegebene Sutur als Bruchstelle aufzufassen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 271 T-formigen Knochen, der in seiner Form zwischen derjenigen der Iguaniden und Varaniden steht. Parasternale Gebilde fehlen wie bei den Lacertiliern durchaus. Der Humerus der Dolichosaurier (Pontosaurus, Carsosaurus) ist im Vergleich zu dem der typischen Lacertilier etwas zuriick- gebildet und verktirzt, doch tiberwiegt die Langendimension noch in erheblichem Mae tiber die Breite (ca. 3:1). Mosasauria (Pythonomorpha),. Bei den Mosasauriern zeigt der primaire Schultergiirtel eine auffallend breite knécherne Scapula und ein ansehniiches, noch breiteres knéchernes Coracoid, das von einem Foramen supra- Fig. 45. Brustschulterapparat von Varanus bengalensis juv. 2%. (Frei nach W. K. PARKER.) Fig. 46. Knoécherne Teile des Brustschulter- apparates von Clidastes dispar. (Frei nach MARSH; Stellung des Schultergiirtels verdndert.) | Fig. 47. Knécherne Teile des Schultergiirtels XU von Clidastes westii. 5. (Nach WILLISTON.) Gemeinsame Bezeichnungen: Cr Coracoid. F. co Facies articularis costae. /.gl Fossa glenoidalis pro humero. F.spe Foramen supracoracoideum, Pst Pro- Fig. 47. sternum. Se Scapula. 1 Teil der Fenestra coraco- idea anterior. 3 Teil der Incisura coraco-scapularis. Cr : F.spe F. gl coracoideum durchbohrt ist und an seinem medialen Rande bald einen Einschnitt zeigt (Plioplatecarpus, gewisse Arten von Plate- carpus und Clidastes), bald ganzrandig ist (Hainosaurus, Tylo- saurus, gewisse Arten von Platecarpus [Holosaurus| und Clidastes, 272 Max Firbringer, Baptosaurus) '). Ueber die Knorpelteile des primairen Schulter- giirtels wissen wir nichts, doch sind dieselben vermutlich wie bei den Lacertiliern (Varanidae) sehr ausgedehnt gewesen ?); auch kann der Einschnitt ohne Bedenken zum Hauptfenster des Coracoids erginzt werden, das bei Plioplatecarpus ahnlich wie bei den Varanidae ziemlich ansehnlich ist, bei einigen Arten von Plate- carpus und Clidastes sich verschmalert hat und bei den anderen oben erwahnten Mosasauriern geschlossen ist. Ftir diesen succes- siven Schlu8 der Fenster zeigen auch die Lacertilier Parallelen, namentlich die den Varanidae*) nicht ganz fern stehenden Helo- dermidae weisen ein solides Coracoid auf. Die Existenz eines sekundaren Schultergiirtels in Gestalt einer kleinen und schlanken Clavicula wird von Baur (1890) an- eegeben. Andere Untersucher auf diesem Gebiete fanden sie noch nicht, doch lat die Beschaffenheit des von WILLIsTon (1899) be- schriebenen Episternums (ovale Gelenkfacetten am vorderen Ende) auf deren Existenz schliefen. Das primaire Brustbein, Sternum, bildet bei Clidastes dispar (Marsu 1880) eine ganz ansehnliche, mafig breite, aber lange, schwach nach aufen gewolbte verknécherte Platte, welche vorn die beiden einander genaherten Sulci coracoidei, an ihren langen, nach hinten etwas konvergierenden Seitenrindern 5 Gelenkfacetten fiir die Sternocostalia trigt. Ganz abweichend davon findet WILLIsTon (1898, 1899) bei Platecarpus coryphaeus ein breit- halbmond- formiges, gut ossifiziertes Sternum mit hinterem konkaven Rande, dessen coracoidale Gelenkfurchen weit voneinander entfernt sind‘). Angesichts dieser fundamentalen Differenzen der beiden nahe ver- wandten Gattungen und der grofen Abweichungen von dem Lacer- tilier-Typus sind weitere aufklirende Funde sehr erwiinscht. 1) Das wechselnde Vorkommen der Incisur wurde von Marsu (1872) und Merriam (1894) als generisches Merkmal aufgefaft, von Wiuuiston und Cas (1898) an der Hand eines umfangreichen Ma- teriales héchstens als Differentialcharakter der Species erkannt. 2) Auch Wituiston (1897) erginzt ein sehr ansehnliches Supra- scapulare. 3) Bekanntlich zeigen die Varanidae (ebenso wie Carsosaurus nach meiner Deutung) 2 coracoidale Fenster, von denen aber das hintere in wechselnder Weise den Verschluf vorbereitet; bei den bekannten Mosasauriern ist dasselbe stets geschlossen und nur noch das Hauptfenster bei gewissen Vertretern offen. 4) Wiuutston erblickt in der Verknécherung des beobachteten Sternum an Stelle der gewéhnlichen Knorpelverkalkung einen in- dividuellen resp. pathologischen Befund. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 273 Das sekundire Brustbein, Episternum, reprisentiert einen knéchernen Lingsstab, der vorn ein wenig geteilt ist resp. in zwei kurze seitliche Zipfel ausgeht (BAUR 1890, Dono 1892); Wiuuiston (1898, 1899) beschreibt ein breites und diinnes, spatel- formiges Episternum, das an seinem vorderen abgestutzten Ende zwei ovale Gelenkflichen tragt. In dieser Hinsicht niihert sich das Episternum der Mosasaurier, falls keine Liisionen vorliegen, mehr demjenigen gewisser Iguanidae und der Helodermatidae als dem der Varanidae. Parasternale Elemente fehlen den Mosasauriern wie den Do- lichosauriern und anderen Lacertiliern. Pim Fig. 48. Linker Humerus yon Cli- dastes westii, Ventralansicht. 1. C.r Con- Pl dylus radialis. C.«w Cond. ulnaris. Ze.r Kpicondylus radialis. £e.w Epicond. ul- fey 4 PA naris. P./ Processus lateralis. P.m Proc. mm Ki 2 ay ee medialis. (Nach WILLISTON.) Ci = = Cir Der Humerus der Mosasaurier zeigt die typische Form des Elementes einer zur Flosse umgestalteten Extremitét. Er ist kurz, breit, flach. und seine Liingendimension iibertrifft dic der Breite nur wenig oder gar nicht. Dabei besitzt er ansehnliche Vor- spriinge, von denen namentlich der Processus lateralis, sowie die beiden Epicondylen, deren medialer am kraftigsten entwickelt ist, hervortreten. Dadurch ist sein Mittelstiick gegentiber den breiteren Enden mehr oder minder betrichtlich eingeengt. Die Aehnlichkeit der erwahnten Skeletteile der Dolichosaurier und Mosasaurier mit denen der kionokranen Lacertilier ist er- sichtlich. Ueber meine Ansicht betretfend die speciellere syste- matische Stellung dieser beiden Abteilungen werde ich mich am Schlusse dieser Arbeit iufern. Telerpetidae. Ich reihe hier noch die sehr unvollstindig bekannten Gat- tungen Saurosternon aus der Karrooformation (untere Trias) und Telerpeton aus dem Elgin-Sandstein (obere Trias) an. Huxtry hat Telerpeton 1866 mit groBer Bestimmtheit als kionokranen Lacertilier gekennzeichnet, 1873 aber ohne Angabe von Griinden den Homoeosauria eingefiigt. LypekKrr (1888) verbindet Sauro- 274 Max Fiirbringer, sternon und Telerpeton zur Familie Telerpetidae und _ vereinigt dieselbe mit seinen Familien Homoecosauridae (= Homoeosauridae und Sauranodontidae) und Pleurosauridae (= Acrosauria) zt der Subordo Homoeosauria, wihrend sie Zirren (1889) zu den Proterosauridae stellt. Beide Autoren reihen sie also, im Einzelnen iiber ihre speciellere Stellung recht differierend, den Rhyncho- cephalia ein. Von Saurosternon sind meines Wissens keine Fragmente des Brustschulterapparates bekannt, von Telerpeton hat dagegen Huxtey (1866) ein Exemplar beschrieben und teilweise abgebildet, das einen leidlich gut erhaltenen Schidel, Wirbelséule mit Rippen und bemerkenswerte Teile des Schultergiirtels, Beckens, der vor- deren und namentlich der hinteren Extremitat aufweist. Hux Ley kommt dabei, wie schon erwahnt, zu dem Ergebnis, Telerpeton zu den Lacertiliern, und zwar auf Grund der amphicélen Wirbel zu den primitiveren Formen derselben zu rechnen. Ich kann ihm in der Diagnose von 1866 nur beistimmen, wiihrend ich die genauere Begriindung der spiter (1873) behaup- teten Zugehoérigkeit zu den Homoeosauriern vergeblich suche. Der abgebildete Schidel erinnert nach Verhalten des Schlafen- bogens (der ventrale fehlt) und des Quadratums weit mehr an einen Lacertilier als an einen Rhynchocephalen; das akrodonte Gebif nétigt nicht zu der Einreihung in die Rhynchocephalen, denn auch die Agamidae besitzen ein solches; der Tarsus mit seinem grofen proximalen und seinen drei‘) distalen Tarsalia fallt eleichfalls in den Rahmen der Lacertilier (nach GEGENBAUR’S Nachweisen 1864 besitzen die Geckonidae 3 distale Tarsalia) ; endlich fiir das eigentiimliche Verhalten der 5. Zehe mit ihren 2 Phalangen bieten nicht die Rhynchocephalen, wohl aber die Lacertilier, und zwar die Agamidae, Aehnliches dar: durch SreBEN- rock (1895) wissen wir, daf anstatt der iiblichen Vierzahl der Phalangen dieser 5. Zehe bei gewissen Vertretern derselben auch nur 3 (Lyriocephalus) oder 2 (Moloch) vorkommen, oder dal diese 5. Zehe gainzlich reduziert sein kann (Sitana). Der Brustschulterapparat von Telerpeton ist unvoll- stindig bekannt. Die knécherne Scapula reprasentiert einen 1) Im Text werden ausdriicklich 3 distale Tarsalia angegeben, auf der beigegebenen Textfigur aber 4 abgebildet. Aber auch die Vierzahl dieser Tarsalia wiirde nach Graensaur’s Untersuchung der Jugendzustande von Lacerta keine Schwierigkeit gegen eine Ein- reihung in die Lacertilier bilden. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 275 langen, diinnen und ziemlich schmalen Knochen, der an seinem ventralen, dem Coracoid wohl durch Sutur verbundenen Ende ver- breitert und verdickt ist und hier einen rostralen Vorsprung zeigt, der mit dem Schaft der Scapula eine Incisura (Semifenestra) scapularis, vielleicht auch ein scapulares Fenster umschlof. Das Coracoid bildet eine nach ihrer sagittalen und namentlich trans- Fig. 49. Schultergiirtel von Tel- erpeton elginense. +. Cr Coracoid. Se Sca- pula. 7 Fenestra coracoidea (anterior). (Nach HUXLEY.) versalen Dimension sehr ansehnliche Platte, beteiligt sich mit der Scapula in der tiblichen Weise an der Bildung der Gelenk- fliche fiir den Humerus und scheint, nach der von HuxLey ge- gebenen Restauration, mit einem ansehnlichen Fenster (coracoidales Hauptfenster) versehen gewesen zu sein. Dasselbe erinnert etwas an die tiefe Incisur der parasuchen Crocodile (Phytosaurus). Eine Clavicula war vorhanden, doch giebt Huxtry keine genauere Beschreibung derselben. Brustbeinbildungen, Sternum und Episternum, sind bisher nicht bekannt geworden; dai sie vorhanden waren, unterliegt wohl keinem Zweifel. Auch von sog. Bauchrippen (Parasternum) erwihnt Huxiry nichts; nach ZirreL scheinen sie zu fehlen. Der Humerus war nicht langer als die knécherne Scapula, proximal und distal verbreitert und verdickt, mit ansehnlichem Proc. lateralis versehen, in der Mitte eingeengt. Nervenkaniile werden nicht angegeben. Alle diese Angaben gewiihren nicht genug Anhalt, um Tel- erpeton mit Sicherheit unter den besser bekannten Reptilien unter- zubringen. Doch weist das, was bisher vom Brustschulterapparat bekannt geworden ist, mehr auf die Lacertilier als auf die Rhyn- chocephalier hin. Vorliufig, bis nicht genauere Beschreibungen der bisher be- kannten Funde oder bis nicht neue modifizierende Funde vorliegen, bin ich geneigt, Telerpeton als Vertreter einer besonderen Familie in der Nihe der Geckonidae und Agamidae den kionokranen Lacertiliern einzureiien. Ueber die systematische Stellung von Saurosternon dufere ich mich nicht, da mir die bisher davon be- 276 Max Fiirbringer, kannten Fragmente noch weniger zu geniigen scheinen, um seine verwandtschaftlichen Beziehungen zu anderen Reptilien zu be- stimmen. Endlich fiihre ich noch gewisse als Reptilien erkannte Micro- saurier, Hylonomus und Petrobates, an. Dieselben kénnen zu den Lacertiliern oder zu den Rhynchocephaliern gehéren; ich werde das, was man von ihrem Brustschulterapparat weil, bei den letzteren besprechen. D. Rhynchocephalia '). (Vergl. Taf. XVI und XVII, Fig. 168 und 178.) Der Brustschulterapparat des noch lebenden Vertreters der Rhynchocephalia, Sphenodon (Hatteria)?), schlie&t sich in der guten Ausbildung primérer und sekundarer Skeletteile dem der typischen kionokranen Lacertilier niher an als denjenigen der Chirotiden und Chamaeleontiden, welche der sekundaren Bestand- teile entbehren. Der Humerus weicht dagegen in einem Punkte (Anwesenheit eines Foramen nervi mediani) erheblich von den Humeri aller Lacertilier und der meisten Reptilien iiberhaupt ab. Dazu kommt noch die Existenz eines Parasternum, welches Sphen- odon mit den Crocodilen, Cheloniern (die es in umgewandelter Form besitzen), mehreren anderen ausgestorbenen Reptilien-Ordnungen und Archaeopteryx teilt, welches aber den Lacertiliern abgeht. 1) Ueber die systematische Stellung yon Sphenodon sind bis auf den heutigen Tag die Ansichten sehr geteilt. Zwischen den- jenigen, welche dieses Reptil mit seinen Verwandten als den Re- praisentanten einer besonderen, sehr viel eigentiimliche und ur- spriingliche Ziige aufweisenden Ordnung der Reptilien resp. als den primitivsten lebenden Sauropsiden auffassen, und denen, welche es als einen zu den Agamidae gehérigen oder wenigstens dieser Fa- milie nahestehenden Lacertilier betrachten, finden sich alle még- lichen vermittelnden Anschauungen vertreten. Dariiber wird am Schlusse dieser Abhandluug noch des weiteren zu sprechen sein. 2) Nach Baur’s historischer Darlegung (Zoologischer Anzeiger, X, 8S. 120f. Leipzig 1887) hat der Name Sphenodon (1831) den Vorzug vor der Bezeichnung Hatteria (1842); auch BounEncER (1879), Gucenpaur u. a. gebrauchen ihn. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 277 Der primaire Schultergitirtel') wird wie bei den Lacer- tiliern von Scapula und Coracoid gebildet, welche, ungefaéhr im rechten Winkel sich treffend, in der Jugend synchondrotisch, im ausgewachsenen Zustande synostotisch verbunden sind und hier am distalen Rande die Gelenkhéhle fiir den Humerus (CGI, F’. gl) *) tragen. Die Scapula (Sc)*) besteht aus der schmaleren kné- chernen Scapula s. str. (Sec, Infrascapulare), welche dorsalwarts in das etwas kiirzere, aber erheblich breitere Suprascapulare (SS) ausliuft, welches noch knorpelig geblieben ist*). An dem Vorder- F. gl Se SS Cl Cr Est St Fig. 50. Brustschulterapparat von-Sphenodon punctatus. 4. CZ Clavi- cula. Cr Coracoid. Fst Episternum. F.g/ Fossa glenoidalis pro humero. F. spe Foramen supracoracoideum. Se Scapula. SS Suprascapulare. S¢ Sternum (Pro- sternum). & Incisura coraco-scapularis. (Nach der Natur.) rand der knéchernen Scapula, etwa.in der Mitte seiner Liinge, be- findet sich der Processus clavicularis (Acromion)*®), mit dem das laterale Ende der Clavicula verbunden ist. In dieser ausgedehnten Verknécherung der Scapula s. str. und Lage des Acromion spricht sich ein den hoheren Lacertiliern ‘aquivalentes Kntwicke- lungsstadium aus. Fensterbildungen fehlen der Scapula wie dem 1) Scapulo-Coracoid: Osawa. 2) Cavitas glenoidalis: Osawa. 3) Scapula der Autoren. 4) Ich finde das gegenseitige Liingenverhiltnis von Scapula 8. str. zu Suprascapulare wie 2:3; die geringste Breite der Scapula s. str. betragt 11/,, die gréfte Breite des Suprascapulare 4?/, Wirbel- einheiten — somit Dimensionen, welche diejenigen bei den Lacer- tiliern nicht unerheblich iibertreffen. 5) Acromial tuberosity, Tuberositas acromialis: Ginrumr, Osawa. — Osawa bezeichnet auch den coracoidalwirts gleich daran anschliekenden Einschnitt als Incisura scapulae. 278 Max Firbringer, Coracoid, doch findet sich gerade an der Verbindungsstelle beider ein mit Membran ausgefiillter Einschnitt, Incisura obturata coraco- scapularis, welcher der Semifenestra scapulo-coracoidea der kiono- kranen Lacertilier verglichen werden kann. Das Coracoid (Cr) 1) stellt eine solide Platte dar, die in der sagittalen Dimension be- trichtlich langer, in der transversalen etwas kiirzer als die Scapula ist. Der der Scapula und der Gelenkhoéhle fiir den Humerus be- nachbarte caudo-laterale Abschnitt ist verknéchert, der mediale und vordere in ziemlich grofBer Ausdehnung noch knorpelig. Mit seinem medialen Rande ist das Coracoid in ansehnlicher Linge in den Sulcus coracoideus des Sternum eingefiigt, der vordere Teil ragt frei tiber das Sternum vor und tritt mit seinem medialen, dorsal hinter dem freien Teile des Episternum gelegenen Saume etwas iiber die Mittellinie, wobei das rechte Coracoid ventral unter das linke zu liegen kommt. Hierdurch unterscheidet es sich nicht unwesentlich von dem Coracoid von Chamaeleo und nihert sich mehr dem der kionokranen Lacertilier, insbesondere dem von Heloderma, enthalt somit bei mangelnder Fensterbildung coracoidale, epicoracoidale und procoracoidale Elemente in sich. An der iiblichen Stelle wird es von dem Foramen supracoracoideum fiir den Nervus supracoracoideus?) und die gleichnamigen Gefafe durchbohrt. Der hintere, von dem Schultergelenke nach dem Sternalgelenke verlaufende Rand ist konkav, mitunter besonders tief eingeschnitten. Der sekundare Schultergiirtel, die Clavicula (Cl) *), ist von miifiger Linge und Breite und reprasentiert, &hnlich der Clavicula der Iguanidae und gewisser Agamidae, einen mafhig ge- bogenen, schlanken Knochen, welcher in seiner medialen Hilfte der rostralen Fliche des Seitenschenkel des T-férmigen Episternum je nach dem Alter durch ziemlich straffe Syndesmose oder durch 1) Coracoid der Autoren. 2) Foramen supracoracoideum: Osawa. 3) Clavicula der Autoren. — Sapatier (1897) behauptet, dal die Clavicula der héheren Vertebraten ein knorpelig priformierter Knochen (Os de cartilage) sei und dafi sie ein von dem Vertebro- costale abgelistes und mit dem prathorakalen Segment des Ster- num, der Interclavicula, verbundenes prithorakales Sternocostale reprasentiere. Ich brauche nicht auseinanderzusetzen, daf diese Behauptung und Deutung von Clavicula und Episternum (Inter- clavicule) fiir mich gianzlich unannehmbar ist. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 279 Sutur verbunden ist'). Die medialen Enden der rechten und linken Clavicula sind hierbei etwa um die Breite des Liingsschenkels des Episternum voneinander entfernt oder ein wenig mehr ge- nahert. Das Alter scheint hierbei keine Rolle zu spielen. Lateral hangt die Clavicula mit dem von der knéchernen Scapula gebil- deten Acromion beweglich syndesmotisch zusammen; diese Stelle liegt ungefahr in der Mitte der scapularen Vorderrandes, also etwas ventraler als bei den kionokranen Lacertiliern. Das primare Brustbein, Sternum (S#)”), bildet eine ebene, rhomboidale bis pentagonale Knorpelplatte, deren beide antero-laterale Rander die Sulci coracoidei*) mit auferem und innerem Labium fiir die Coracoide tragen, wahrend die disto- lateralen Seiten sich mit 3—4 Paar Sternocostalien (Co. th. I—IV) verbinden‘); da die Insertionen des letzten Rippenpaares seitlich weit auseinanderweichen, findet sich, wie bei einigen Iguanidae und Agamidae (p. 247), an Stelle der hinteren Spitze ein ziemlich breiter querer hinterer Rand, der meist in der Mittellinie etwas konkav eingebuchtet ist resp. mit zwei seitlichen Konvexititen endet. Es stellt somit lediglich ein Prosternum (Mesosternum) dar; das Bildungsmaterial fiir das Xiphisternum liegt in dem letzten Sternocostale, ist also noch nicht so weit differenziert, dafi man von dieser Sternalbildung sprechen kénnte. Das sekundaére Brustbein, Episternum (ES?)°), 1) Die Grenzen zwischen den Claviculae und dem Episternum werden von GinrHER, aber nicht von Osawa abgebildet; Osawa spricht jedoch von einer ,,Artikulationsflache* des Episternum fiir die Clavicula. Ich finde hier nichts einem Gelenk Vergleichbares. — Auf Crepner’s Abbildung sind die medialen Enden beider Cla- viculae ziemlich weit voneinander entfernt, auf derjenigen von Smeets beriihren sie sich beinahe in der Mittellinie. Prrriy findet sie fest mit dem Episternum verbunden (soudée) und erblickt darin ein primitives Verhalten, das bei den Lacertiliern einer freieren Verbindung (,,se détache successivement“) Platz gemacht habe. 2) Sternum der Autoren. 3) Grooves for the reception of the coracoid: GinrHEer. — Suleus coracoideus: Osawa. 4) Incisurae costales: Osawa. — Die 1. Sternalrippe gehért wie bei den meisten kionokranen Lacertiliern dem 9. Wirbel an. Hiufiger verbinden sich nur 3 Sternalrippen mit dem Brustbein; doch wurden von mir auch 4 beobachtet (so in dem auf den Tafeln abgebildeten Exemplare). 5) Episternum: GecEnpaur, Crepner, ZitTen, GUNTHER, Osawa. — Interclavicle: Smpers, Savatier, BouLENGER, meiste Palaiontologen. Bd. XXXIV. N. F. XXVIL, 19" 980 Max Firbringer, bildet einen T-férmigen Knochen, dessen vordere Querschenkel in der bereits angegebenen Weise mit den medialen Hilften der Clavikeln verbunden sind, wiahrend der Langsschenkel in seinem rostralen Drittel frei tiber das Sternum vorragt, in seinen cau- dalen 2 Dritteln mit dessen Mittellinie (im Bereiche der vorderen 2/. desselben) verwachsen ist'); zwischen dem Hinterrande der episternalen Querschenkel und dem vorderen Sternalrande er- streckt sich ahnlich wie bei den Lacertiliern eine diimne Membrana sterno-episternalis (JZ. stest). Direkt auf das Sternum folgt, den hintersten Saum desselben ventral etwas tiberlagernd?) und mit ihm durch Band _ver- bunden, der Komplex jener queren Knochenspangen, welche sich bis zum Bereich des Beckens erstrecken und von GEGENBAUR als Parasternum (PS?)*) zusammengefaft werden. Sie kommen in der Zahl von 20—26, meist 24, also in der doppelten Anzahl wie die Wirbel und Rippen der entsprechenden Kérperregion (je 2 parasternale Metameren auf 1 Rumpfmetamer) vor, bestehen jede (mit Ausnahme der ersten) aus einem mittleren unpaaren Schenkel, dem sich seitlich paarige Stiicke, ein rechtes und ein 1) In der von GtnrnEer gegebenen Abbildung ist das Epi- sternum reichlich mit den vorderen */, des Sternum verwachsen, wiihrend Osawa es von der vorderen Ecke des Brustbeins nach vorn gehen lat. Letztere Angabe beruht wahrscheinlich auf eimem Irrtum. 2) Bereits von BoutEnerr (1889) hervorgehoben und leicht zu bestatigen. 3) Abdominal ribs, Bauchrippen: Ginrner, Knox, Newman, WiepEersHEm. — Plastron (Sternum abdominal): Donto. — Ver- knécherte Inscriptiones tendineae der Bauchmuskeln: v. Ammon, WirpersHeim. — Plastron: Boutpncur. — Abdominalskelet: ANDREAE. — Abdominal ossicles: Baur (1896). — Gastralia: Baur (1897). — Parasternum: GrGENBAUR (1898). — Ventrale Abdominalrippen: Osawa (1898). — Gonruer und Newman faften diese parasternalen Gebilde als endoskeletale auf und verglichen sie den verbundenen Sternocostalien der Lacertilier, wihrend Knox, Roiurstron, Bou- LENGER, Baur, Gr@pnpaur und die Mehrzahl der Palaontologen ihre wahre Natur als rein dermale Ossifikationen und ihre prinzi- pielle Verschiedenheit von den knorpelig praformierten Rippen richtig erkannten. Im Gegensatz zu dieser gewonnenen Erkenntnis homologisiert sie Sanarrer (1897) wieder mit der Interépineux ventraux und faft sie als Homodyname der Arcs pubiens und des Sternum auf; diese Anschauungen Saparinr’s sind fiir mich ebenso unannehmbar wie seine Deutungen der Clavicula und des Episternum (vergl. S. 278, Anm. 3). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 281 linkes, anfiigen, und tragen alle Merkmale von dermalen Deck- knochen an sich. Sie sind abwechselnd, eine um die andere (d. h. die 1., 3., 5. bis 17., 19. und 21.), mit den ventralen Enden von 11 verkalkten Rippenknorpeln (deren erster sofort auf die letzte sternale Rippe folgt) verbunden, und zwar derart, daf diese mit seitlichen Schaufeln versehenen und den Sternocostalien ent- sprechenden Rippenknorpel ziemlich lateral an die lateralen Enden der Mittelstiicke und die daneben befindlichen Stellen der Seitenstiicke sich anheften. Die dazwischen gelegenen para- sternalen Spangen (d. h. die 2., 4. bis 18. und 20.), sowie die 3 letzten (die 22. bis 24.) entbehren des costalen Verbandes. Im tbrigen sind sie von aufen her in den Musculus rectus abdominis, den sie oberflachlich durchsetzen und segmentieren, eingebettet und mit den Mm. pectoralis, obliquus abdominis ex- ternus superficialis und profundus verbunden'). Alle diese Zu- sammenhinge mit der Muskulatur sind héchst wahrscheinlich erst sekundaér erworben. Die parasternalen Elemente reihen sich so- mit in gewisser Weise, auch in ihrer Zusammensetzung aus einem mittleren unpaaren und seitlichen paarigen Staben, den episternalen und claviculiren Gebilden genetisch an, wobei ich indessen einer specielleren Homodynamie beider noch mit Vorsicht gegeniiber- stehe. Parasternale Gebilde gehen samtlichen sicher erkannten Lacertiliern (inkl. Amphisbaenia, Chamaeleontia, Dolichosauria und Mosasauria, sowie den Ophidia) ab — denn die bei diesen von verschiedenen anderen Autoren damit verglichenen Gebilde sind Produktionen der echten Rippenknorpel — finden sich aber, in sehr wechselnder Ausbildung, noch bei den Ordnungen der Ichthyosauria, Chelonia, Sauropterygia, Crocodilia, Dinosauria, Patagiosauria (Pterosauria) und Saurura (Archaeopteryx) ”). Der Humerus (H)*) von Sphenodon zeigt im grofen und ganzen ahnliche Verhaltnisse wie bei den mit kraftiger Muskulatur versehenen kionokranen Lacertiliern; doch ist sein proximales und distales Ende breiter entwickelt als bei diesen, wodurch seine Lange nur das 21/,-fache seiner gréften Breite bildet. Der proxi- 1) Vergl. hieriiber Maurer (1896, S. 193 f.), dessen Angaben ich durchaus bestitigen kann. 2) Siehe Guannsaur (1898, S. 307) und die betreffende palionto- logische Litteratur. Auch die folgenden Darstellungen der beziig- lichen Skeletteile der fossilen Reptilien werden sich wiederholt mit ihnen beschiftigen. 3) Humerus, Omero der Autoren. 19% 989 Max Firbringer, male Teil beginnt mit dem lang-ellipsoidischen Caput humeri (CH, Cp)*), welches mit der coraco-scapularen Pfanne artikuliert, und triigt an der Aufenseite den langen und miichtig ventralwarts vorragenden Processus lateralis (PL, Pr.!)?), sowie an der Innenseite den kiirzeren, aber auch gut entwickelten Processus medialis (PM, Pr.m)*); beider Anfange kann man wie bei den Tim. ld Ca.n.m x z Ca.n.7r KHeu Ee.r Cou od EHeu Fig. 52. Fig. 51. Linker Humerus von Sphenodon punctatus. Ventralansicht. +. (Nach der Natur.) Fig. 52. Linker Humerus von Sphenodon punctatus. Lateralansicht. +. (Nach der Natur.) Gemeinschaftliche Bezeichnungen: C.r Condylus radialis. C.w Cond. ul- naris. Oa.n.r Canalis nervi radialis (ectepicondyloideus). Ca.n.m Canalis n. mediani (entepicondyloideus). Cp Caput humeri. Ze.r Epicondylus radialis. Ec.u Epicond. ulnaris. 2m./d Eminentia (Linea) m. latissimi dorsi. F. bi Fossa bicipitalis. Pr.J Processus lateralis. Pr.m Proc. medialis. Lacertiliern als Tubercula (laterale und mediale) bezeichnen. Zwischen beiden Processus findet sich ventral die Fossa inter- tubercularis s. bicipitalis+); dorsal ist die Eminentia (Linea) m. latissimi dorsi ziemlich gut entwickelt. Das Mittelstick (Schaft)°) ist verengt und von rundlichem Querschnitte. Im distalen Bereiche verbreitert sich der Humerus wieder und zwar noch mehr als im proximalen. Am Ende trigt er die Gelenkvor- spriinge fiir Ulna und Radius, Condylus (Trochlea) ulnaris®) 1) Kopf, Téte: Bayer, Dotto. 2) Processus lateralis s. Tuberculum majus: Bayer, Osawa. — Créte delto-pectorale: Doo. 3) Processus medialis s. Tuberculum minus: Bayrr, Osawa. 4) Fossa intertubercularis: Osawa. 5) Schaft: Bayer, Osawa. — Mittelstiick: Crepnemr. 6) Condylus ulnmaris: Bayer. — Entocondyle: Dotto, — Trochlea: Osawa. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 283 und Condylus radialis'), tiber denen sich ventral die Fossa supratrochlearis ventralis”) findet. Auf beiden Seiten erheben sich in dieser Gegend, die grofe Verbreiterung des Humerus hier be- dingend, die beiden Muskelfortsitze, Epicondylus ulnaris s. medialis (ZU, Ee.u)*) und Epicondylus radialis s. late- ralis (ZR, Ec.r)*). Proximal von ihnen resp. in ihrem proximalen Bereiche wird der Humerus von 2 schragen Kaniilen durchbobrt, dem Canalis n. radialis s. ectepicondyloideus (CanR, Ca.n.r)°), welcher dem Durchtritt des Nervus radialis und der mit ihm verlaufenden Kanale dient und dem gleichnamigen Kanal der Lacertilier und vieler anderer Reptilien homolog ist, und dem Canalis n. mediani s. entepicondyloideus (Can, Ca.n.m)"), welcher fiir den Nervus medianus und die Brachialgefabe bestimmt ist, den Lacertiliern und meisten Reptilien abgeht, aber dem Kanale der theromorphen Reptilien sowie der Mammalia zu vergleichen ist. Durch die gleichzeitige Koésistenz dieser beiden Kanale stellt sich Sphenodon nicht allein allen lebenden Reptilien, sondern selbst allen lebenden Amnioten gegentiber und teilt nur mit einigen anderen fossilen Rhynchocephaliern, sowie den thero- morphen Deuterosaurus (Brithopus), Gomphognathus und anderen von H. y. Meyer nicht niher bezeichneten Resten aus dem Perm, sowie den Nothosauriern diese Eigentiimlichkeit ’). - 1) Condylus radialis: Bayer. — Ectocondyle: Dotto. — Emi- nentia capitata: Osawa. 2) Vertiefung: Bayer. — Fossa supracondyloidea: CrepNer. — Fossa cubitalis anterior: Osawa. 3) Entépicondyle: Dortuo. — Condylus internus: WrepERSHEIM, — Epicondylus ulnaris: Osawa. 4) Ectépicondyle: Dotto. — Radial condyle: Brooxs. — Con- dylus externus: Wirprersuerm. — Epicondylus radialis: Osawa. 5) Oeffnung o’: Bayur. — Canalis ectepicondyloideus: Doxuo, Baur, WrepersHem, Osawa. — Canalis n. radialis s. supracondylo- ideus lateralis s. ectepicondyloideus: Firsrincer. — Foramen ect- epicondyloideum: Baur. 6) Oeffnung 0: Bayrnr. — Canalis entepicondyloideus: Doxno, Baur, WieprrsHem, Osawa. — Canalis n. mediani s. supracondylo- ideus medialis s. entepicondyloideus: Firsrincrer. — Foramen ect- epicondyloideum: Crepner. — Foramen entepicondyloideum: Baur. 7) Die Koéxistenz der beiden Kaniile von Sphenodon hat zuerst Bayer (19. VI. 1884) gefunden und abgebildet, aber nicht naher pracisiert. Die genauere Kenntnis von ihrer Bedeutung verdanken wir Donno (24. VIL 1884, Dezember 1884), dem dann die Ver- 284 Max Firbringer, Anhang: Fossile Rhynchocephalia, Acrosauria, Microsauria. Sphenodon ist der letzte tiberlebende Reprasentant der alten Ordnung der Rhynchocephalia, deren Reste schon in den jiingeren paliozoischen Schichten (Perm) und namentlich in den mesozoischen Lagen gefunden werden; gewisse Vertreter dieser Ordnung gehéren somit zu den altesten bisher gefundenen Reptilien. HArcKEL nannte sie, um damit ihre primitive, Ausgang gebende Stellung zu bezeichnen, Tocosauria. Ueber den Umfang, die Grenzen und die Einteilung ist noch nicht einmal in den Grundziigen Einheit erzielt; die einen Unter- sucher reihen ihnen Formen ein, welche die anderen bei anderen Ordnungen unterbringen. Das erklart sich zum Teil aus der éffentlichungen von mir, Baur, Crepner u. A. folgten. — Ruan (Beitrage zur Gefiflehre des Menschen, Morph. Jahrb, IX, 1884, S. 341) hilt dafiir, da’ der Canalis supracondyloideus (Canalis n. mediani) der Saéugetiere bei Reptilien, sehr wahrscheinlich durch die Muskulatur, angebahnt und ausgebildet worden sei. Wuirpmrs- HEIM (1892, S. 240), dem spiiter Osawa (1898) zustimmt, ist da- gegen der Ueberzeugung, ,daf jene Kanile eine viel langere Stammesgeschichte hinter sich haben, und daf ihr Ursprung in der polymeren, auf die Konkrescenz von Radien zuriickzufiihrenden Anlage des Basale beruht, wie wir eine solche bei der Selachier- bezw. der Ganoiden-Flosse konstatieren konnten*. Ich kann WiepeErs- nEIM nicht beistimmen, einmal weil jener vermeintliche Nachweis einer Konkrescenz von Radien in den genannten Flossen auf einem Beobachtungsfehler beruht, dann weil die Nerven in der dem freien Chiropterygium entsprechenden Region des Ichthyopterygiums meist ihre ventrale und dorsale Lage wahren und, wenn sie doch in ihrem weiteren Verlaufe auf die Gegenseite der Extremitit iibergreifen, memals zwischen deren Radien dahin gelangen. Diese Kanile am Humerus der Amnioten sind — und darin begegnet sich meine Anschauung viel mehr mit der Rueu’s — erst zu einer Zeit ent- standen zu denken, wo der Humerus sich im Chiropterygium bereits zu seiner typischen Ausbildung erhoben hatte, und zwar dadurch, daf die am lateralen und medialen Rande des Humerus in Spiral- touren verlaufenden Nn. radialis (resp. brachialis superior) und medianus (resp. brachialis inferior) yon dem sie umgebenden und zunchmenden Skeletgewebe umrandet und _ schlieflich umwachsen wurden, wodurch es sucessive zur Bildung von Rinnen und Kanilen fiir diese Nerven und die mit ihnen verlaufenden Gefafe kam. Um- gekehrt konnten sich die einmal gebildeten Kaniale unter Rarefizierung der sie umgebenden Skelettteile wieder in Rinnen umwandeln und auch diese schlieflich ganz verschwinden, wie das sehr haufig zu beobachten oder zu erschliefen ist. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 285 Mangelhaftigkeit des bisher verfiigbaren Materiales; doch sind dabei auch verschiedene Anschauungen der einzelnen Bearbeiter mafSeebend. Um die Kenntnis und Einteilung derselben haben sich namentlich H. v. Meyer, Huxtry, Dono, SEeLey, Baur, CREDNER und BouLenGer verdient gemacht; die Kenntnis von Palaeohatteria und Kadaliosaurus verdanken wir CrepNER. Die iiltesten amphicélen Formen werden als Subordo Proterosauria (Protorosauria) !) mit den Haupttypen der Palaeohatteriidae (Palaeo- hatteria) aus dem unteren Rotliegenden und den Proterosauridae (Proterosaurus, Aphelosaurus u. a.) aus dem Zechstein zusammen- gefalt; zwischen beide Familien stellen sich, falls sie iiberhaupt hierher und nicht zu den Lacertiliern gehdren, wohl die leider noch unvollkommen bekannten Kadaliosauridae (Kadaliosaurus) 2) aus dem unteren Rotliegenden; als letzte Auslauter der Protero- sauria werden, ohne dal bisher verbindende Formen aus den Zwischenschichten bekannt geworden sind *), die spaten Champso- sauridae (Champsosaurus) aus der oberen Kreide und dem unteren Eociin angesehen. Die naiheren Verwandten von Sphenodon bilden die Subordo Rhynchocephalia s. str. (Rhynchocephalia vera); sie sind erst aus den mesozoischen Schichten bekannt und verteilen sich in die vier Familien Hatteriidae (Sphenodon) aus der Jetztzeit, Homoeosauridae (Homoeosaurus und Verwandte) ‘) aus dem oberen Jura, Rhynchosauridae (Rhynchosaurus, Hyperoda- pedon) aus der oberen Trias (Keuper) und Sauranodontidae (Sauranodon s. Sapheosaurus) aus dem oberen Jura®); die drei ersten Familien haben amphicéle, die letzte procéle Vertreter. 1) Die Proganosauria Baur’s, welche aufer Proterosaurus noch Mesosaurus und Stereosternum umfaften, sind auf Grund der in- zwischen gewonnenen genaueren Kenntnis aufzulésen; die Mesosauria gehéren an andere Stelle (s. unten), 2) An dem einzigen, iibrigens vortrefflich erhaltenen Skelet von Kadaliosaurus fehlt Kopf und Brustschulterapparat. 3) Von den Mesosauria aus dem oberen Perm und der unteren Trias ist abgesehen. 4) Exklusive Pleurosaurus und Acrosaurus, die wohl aus den Homoeosauridae zu entfernen sind und eine besondere Abteilung (Acrosauria BouLenGcEr) bilden. 5) Es liegt auf der Hand, dafi die bisherigen Fundstatten der verschiedenen Familien der Rhynchocephalia ganz unvollkommene und liickenhafte sind. Von den Hatteriidae z. B., die gewif schon in palaiontologischer Zeit lebten, ist nur der recente Sphenodon bekannt. 286 Max Firbringer, Die zumeist den Rhynchocephalia, speciell den Homoeosauridae zugerechneten Gattungen Pleurosaurus und Acrosaurus aus dem oberen Jura, die aber schon H. v. Meyer als selbstaindige Ab- teilung Acrosauria hervorhob, wurden neuerdings von BOULENGER auf Grund ihres einfachen lacertilierartigen Schlafenbogens zwischen Rhynchocephalia und Squamata gestellt und zur Ordnung Acro- sauria erhoben. Ferner sind die triassischen Gattungen Telerpeton und Sauro- sternon, von LypeKKeR zur Familie Telerpetidae vereinigt, von den neueren Paliontologen, speciell von LypEKKER und ZirteL, den Rhynchocephalia eingereiht worden. Ich habe die- selben bereits bei den Lacertilia behandelt, wobei mir die von Hux.Ley gegebene Beschreibung (1866) als Grundlage diente‘). Endlich sei noch auf gewisse Vertreter der den Stegocephalen eingereihten karbonischen und permischen Microsauria, speciell auf die von CREDNER genauer untersuchten Hylonomus und Petrobates aus dem unteren Rothliegenden hingewiesen, die Baur (1897) an der Hand der Crepner’schen Abbildungen auf Grund der Beteiligung von 2 Wirbeln an ihrer Sacralbildung als primitive Reptilien ansprach. Hylonomus zeigt in der Anordnung seines Parasternums mehr stegocephale, Petrobates dagegen mehr rhynchocephale Eigenschaften. Diese alten und kleinen Formen, bei denen man zweifelhaft sein kann, ob sie zu den Lacertiliern oder Rhynchocephaliern zu rechnen seien, bei denen selbst die Zugchérigkeit zu den Reptilien mir noch nicht endgiltig entschieden zu sein scheint, lassen, wie schon CREDNER andeutet, auf Grund ihrer Konfiguration auf noch primitivere und mehr generalisierte Vorgiinger aus dem Karbon, moéglicherweise aus noch iilteren palaozoischen Schichten mit ter- restrer Formation schlieBen, die zum ersten Male eine reptilien- artige Existenz erméglichten und die Frage der Abstammung der Reptilien lésen diirften. Hier liegt eine grofe Zukunft fiir die Forschung, die gerade in diesem Punkte nicht hoff- nungslos aussieht. Die Kenntnis des Brustschulterapparates und des Humerus der Rhynchocephalier lait bei den alteren, noch viel 1) In der Anatomie der Wirbeltiere (1873) fiigt er sie ohne Angabe von Griinden den Homoeosauria ein. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 287 Knorpel im Skelett darbietenden Vertretern manches zu wiinschen iibrig. Immerhin verfiigen wir bei einzelnen Formen, namentlich betreffs des sekundiren Deckknochenapparates, iiber relativ recht eute Grundlagen. Proterosauria (Protorosauria). Palaeohatteria. Ueber die Proterosauria sind wir dank CREDNER’s vortrefflicher Darstellung der knéchernen Ueberbleibsel von Palaecohatteria gut unterrichtet; von den Knorpelteilen ist nichts mehr erhalten. Vom primaren Schultergiirtel existiert ein ganz ansehnlicher, ziemlich langer, vorn diinner und hinten dicker Knochenkern, die Scapula, und eine kleinere, diinne und runde Platte, das Coracoid; beide scheinen durch ausgedehnten Knorpel verbunden Wits Ca. 2.170 Ee.r Ee.u Fig. 53. Brustschulterapparat von Palaeohatteria longicaudata. !. Ca.n.m Canalis nervi mediani. Cl Clavicula. Cr Knochenkern des Coracoids. Ee. 7 Epicondylus radialis. “ce. Epicond. ulnaris. “st Episternum. Pr.J Processus lateralis humeri. Se Knochenkern der Scapula. (Nach CrEDNER; Humeri wohl verdreht.) eewesen zu sein, ein recht primitiver, embryonalen Zustinden der Iebenden Amphibien und Reptilien gleichzustellender Befund. Ueber die Gestaltung der sonstigen Knorpelteile (Suprascapulare, Epicoracoid, Procoracoid) lat sich nichts aussagen. Der sekunddre Schultergtirtel, die Clavicula, ist als reiner, keine Knorpelteile enthaltender Deckknochen in seiner ganzen Ausdehnung wohl er- halten und stellt eine sichel- oder bumerangartig gebogene Platte dar, die héchstwahrscheinlich mit ihrem breiteren medialen Ende mit dem Episternum, mit ihrem schmileren dorso-lateralen Ab- schnitte mit der Scapula resp. dem Suprascapulare verbunden war. Durch ihre mit Ausnahme des schmileren scapularen Endes breitere Form unterscheidet sie sich von der Clavicula von Sphenodon und 288 Max Fiirbringer, nihert sich mehr den primitiven Verhaltnissen bei den Stego- cephalen; hervorzuheben ist, daf die breiteste Stelle wie bei zahl- reichen Lacertiliern dem medialen Teile entspricht. Das primitive Brustbein, Sternum, weil knorpelig, ist unbekannt; doch macht die Form des Episternum und der Ver- eleich mit Sphenodon wahrscheinlich, daf es eine ansehnliche Platte, vermutlich von rhombischer Form, darstellte. Das sekun- dare Brustbein Episternum'), reprasentiert den weitaus an- sehnlichsten Teil des Brustschulterapparates und stellt eine lange spatelformige Platte vor, die vorn rhomboidal verbreitert und quer verdickt ist, und nach hinten in einen schmaleren, wahrscheinlich mit dem Sternum verbundenen Stiel auslaéuft. An der vorderen rhomboidalen Verbreiterung kann man einen centralen verdickten Teil in Gestalt eines kurzschenkeligen Kreuzes unterscheiden. Das Parasternum besteht aus zahlreichen Metameren, von denen abweichend von Sphenodon (wo sich je zwei auf ein Rumpf- metamer fanden) drei auf eine Rippe (Rumpfmetamer) kommen. Noch gréfer ist die Abweichung hinsichtlich der queren Gliederung jedes parasternalen Metamers. Wahrend dasselbe bei Sphenodon nur aus drei langeren (einem mittleren und paarigen seitlichen) Stiben bestand, verbinden sich bei Palaeohatteria zahlreiche kiirzere, spindelférmige, schmal schuppenartige Knochenstabchen als Glieder angereiht mit einander und lateral durch Mittel feiner Knochenfaidchen mit den Rippenenden (je 3 mit einer Rippe). In dieser grofen Zahl begegnen uns an Stegocephalen erinnernde Verhaltnisse; doch sind bei diesen die Knochenstibchen meistens durch breitere Knocheuschuppen vertreten. Der Humerus, dessen proximales und distales Knorpelende nicht erhalten ist, zeigt eine ziemlich gute Entwickelung, besitzt einen gut ausgepriigten Proc. lateralis, sowie, nach seiner distalen Verbreiterung zu schliefen, auch gut ausgebildete Epicondylen 1) Episternum: Crepner u. A., Interclavicula vieler Palionto- logen. — Koxen (1893) scheint die Bezeichnung Interclavicula in jeder Beziehung vorzuziehen, da diese Platte weder mit der Sterna- lisierung der Rippen noch des Schultergiirtels (Omosternum) etwas zu thun hat. Ich kann ihm nicht beistimmen; einmal hat die Be- zeichnung Episternum die Prioritit vor dem englischen Terminus Interclavicle und in GxrGEnBAuR einen recht guten Gewihrsmann, dann aber halte ich auch das Episternum fiir ein fiir die Genese des Sternums recht wichtiges Element (dariitber spater in der Zusammenfassung). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 289 und proximal vom Epicondylus medialis einen Canalis nervi me- diani (entepicondyloideus). Das Verhiiltnis seiner Lange zur gréften Breite mag etwa Sphenodon entsprochen haben. Kadaliosaurus. Von Kadialiosurus ist bisher nur das Parasternum und der Humerus bekannt geworden, ersteres in wundervoler Erhaltung. Das Parasternum nimmt in grofer Ausdehnung etwa in der Lange von 14 Rumpfmetameren die Bauchflache zwischen Brustschulter- und Beckengiirtel ein und setzt sich aus sehr zahl- reichen Knochenstaben zusammen, die sich in etwa 80 para- sternalen Metameren, von denen somit 5 bis 6 (also die doppelte Anzahl wie bei Palaeohatteria und die 3fache wie bei Sphenodon) auf je 1 Rippe (Rumpfmetamer) kommen, verteilt. Jedes para- sternale Metamer besteht ahnlich wie bei Sphenodon aus einem rechten und linken schraggestellten Schenkel, die sich in der ventralen Mittellinie treffen; aber in wesentlicher Differenz zu dem lebenden Rhynchocephalier und in gréferer Uebereinstimmung mit Palaeohatteria sind es héchst zahlreiche Glieder, welche in Gestalt kurzer und schmaler, eigentiimlich miteinander verbundener Knochenstébchen (ein kleines unpaares Medianstiick, rechts und links von paarigen Medianstiicken begrenzt wird, sowie bei guter Ausbildung 5 bis 6 seitliche Stiicke, alle nach CREDNER’s Nomen- klatur) die Schenkel zusammensetzen und ebenfalls wie bei Palaeo- hatteria, aber in vermehrter Anzahl, durch lateral an sie an- schlieBende feine, auch aus Gliedern aufgereihte Knochenfadchen (Verbindungsstiicke CREDNER’s) mit den Rippenenden (je 5 bis 6 auf 1 Rippe) sich verbinden. Im hinteren Bereiche des Bauches sind die parasternalen Metameren minder entwickelt resp. zum Teil redu- ziert; hier fehlen die Medianstiicke, die seitlichen Stiicke sind in der Zahl vermindert (je 2 bis 3 auf jeder Seite), auch die Ver- bindungsstiicke kénnen fehlen (letztes parasternales Metamer). Der ganze parasternale Apparat setzt sich somit aus etwa 1000 feinen Elementarteilen zusammen. Der Vergleich mit Sphenodon ergiebt mit Wahrscheinlichkeit, daf der unpaare mittlere Sckenkel jedes parasternalen Metamers aus der Vereinigung der 3 Medianstiicke von Kadaliosaurus, die paarigen seitlichen Stibe desselben aus der Verschmelzung der zahlreichen seitlichen Stiicke des per- mischen Reptils hervorgegangen sind oder ihnen wenigstens ver- glichen werden kénnen. 290 Max Firbringer, Der Humerus von Kadaliosaurus kommt im_ wesentlichen Verhalten mit dem der Lacertilier und der beiden besprochenen Rhynchocephalier (Sphenodon und Palaeohatteria) tiberein, ist aber erheblich schlanker als der rhynchocephale Humerus, indem seine Lange mehr als das 3-fache seiner gréften Breite betrigt. Insofern steht er dem Humerus der Lacertilier naher. Auch findet sich wie bei diesen und abweichend von Sphenodon und Palaeohatteria am distalen Ende nur ein Canalis n. radialis (entepi- condyloideus). Proterosaurus (Protorosaurus). Bei Proterosaurus ist die Ossifikation des primaren Schulter- giirtels erheblich weiter vorgeschritten. Leider gestattet, wie viele Exemplare von Proterosaurus und in H. von Mrysr’s ausge- zeichneter Monographie (1856) auch abgebildet sind, die Erhaltung gerade des Brustschulterapparates keine sicheren Schliisse tiber die Gestalt der ihn zusammensetzenden Teile. Die Scapula scheint aus einem ziemlich schmalen Schafte und einem betrachtlich ver- breiterten und verdickten ventralen Ende zu bestehen, das sich mit dem Coracoid verbindet und mit ihm die Gelenkhohle fiir den Humerus bildet. Das Coracoid reprasentiert eine ansehnliche, namentlich in der sagittalen Dimension ausgedehnte und mit einem Kinschnitt!) versehene Knochenplatte. Ueber die eventuellen Knorpelteile des primaren Schultergiirtels la8t sich nichts aussagen. Der sekundire Schultergiirtel, die Clavicula, lat sich von der Clavicula von Palaeohatteria ableiten; sie scheint nur am epister- nalen Ende verbreitert, tibrigens aber in ihrer gréferen Aus- dehnung ziemlich schlank gewesen zu sein. Das primare Brustbein, Sternum, ist, weil aus Knorpel be- stehend, nicht mehr erhalten. Das sekundare Brustbein, Epister- num, schlieft gleichfalls an dasjenige von Palaeohatteria an; es ist aber schlanker und am vorderen rhomboidalen Ende mehr ver- kiirzt und in die Breite gezogen, wodurch es den Uebergang zu den T-formigen Episterna anbahnt. Beide sekundéire Knochen 1) An welchem Rande des Coracoids dieser Einschnitt lhegt, ist nicht aufgeklart. Zrrren verlegt ihn an den Vorderrand, nach H. v. Meyer’s Abbildung und Erklarung des Miinster’schen Exem- plares scheint er dem Hinterrand anzugehéren und damit eine pragnantere Ausbildung der schon bei Sphenodon angegebenen erofen Konkavitiit dieses Hinterrandes darzubieten. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 291 (Clavicula und Episternum) bieten damit eine gréfere Anniherung an die Formen von Sphenodon und gewissen Lacertiliern (einige Agamidae und Iguanidae mit medial verbreiterten Clavikeln und Uebergiingen von rhombischen zu T-formigen Episternen) dar. Das Parasternum wird von zahlreichen Metameren ge- bildet, deren je 3 (also wie bei Palaeohatteria) auf 1 Rumpf- metamer (Rippe) kommen. Jedes parasternale Metamer setzt sich aus zahlreichen kurzen und spindelférmigen (nach CREDNER spitz- haferkornahnlichen) Knochenstaébchen zusammen, von denen die am meisten lateralen durch fadenformige knécherne Verbindungs- stiicke mit den Rippenenden verbunden waren. Unpaare Mittel- stiicke scheinen riickgebildet gewesen zu sein. Fig. 54. Fig. 55. Fig. 54. Clavicula und Episternum von Proterosaurus spenerl. j}. (Nach CREDNER.) Fig. 55. Linker Humerus von Proterosaurus speneri (verletzt). Ventral- ansicht. 3. (Nach H. v. MEYER.) Der Humerus bildet einen robusten Knochen, der proximal und distal verbreitert, in der Mitte mehr eingeengt ist. Die Linge iibertrifit die gréBte Breite etwa 2°/, mal. Proximal sind Proc. lateralis und medialis, namentlich der erstere, distal die beiden Epicondylen (radialis und ulnaris) gut entwickelt. H. von Meyer leugnet die Existenz von Nervenkanilen. CrepNer und BoULENGER geben einen Canalis n. radialis (ectepicondyloideus), Baur und ZITTEL einen Canalis n. mediani (entepicondyloideus) an. Champsosaurus. Der an das Wasserleben angepafte und vielleicht den letzten seitlichen Ausliufer der Proterosauria bildende Champsosaurus 292 Max Firbringer, (Simoedosaurus) zeigt eine noch erheblich héhere Entwickelung seines Brustschulterapparates. Die Knochenteile von Scapula und Coracoid sind recht ansehnlich, erstere mit einem kleinen vorderen Ausschnitt versehen'), letzteres von gestreckter Form und ohne Foramen supracoracoideum. Die Clavicula_ ist spangenformig mit Verbreiterung in ihrer Mitte (nicht am medialen Ende). Vom Sternum ist nichts mehr erhalten; das Episternum ist T-formig. Dem Parasternum scheinen, aihnlich wie bei Proterosaurus, die mittleren Stiicke zu fehlen, so daB8 es nur aus der paarigen Reihe seitlicher Stabe besteht. Fig. 56. Fig. 57. 5 Fig. 56. Clavieula und Episternum von Champsosaurus. $. (Nach DoLLo.) 2 Fig. 57. Linker Humerus von Champsosaurus. Dorsalansicht. 3. Ca.n.r Canalis nervi radialis (ectepicondyloideus). Cp Caput humeri. Zc. 7 Epicon- dylus radialis. Zc. Epicond. ulnaris. Pr.m Proc. medialis. (Nach DoLwo.) Der Humerus zeigt, entsprechend der Anpassung an das Wasserleben, eine gewisse Abflachung und eine relativ geringe Entwickelung seiner Fortsaitze; auch bietet die Anordnung seiner proximalen und distalen Muskelfortsitze eine gewisse Verlagerung dar. Seine Linge betrigt etwa das 2°/,-fache seiner gréften Breite. Ein Canalis resp. Sulcus n. radialis (ectepicondyloideus) ist vorhanden. 1) Dieser Ausschnitt, Fossette scapulaire Douo’s, erinnert an die Verhiltnisse von Sphenodon und gewissen Lacertiliern. An dieser Stelle fand sich vermutlich eine von Scapula und Coracoid gebildete Incisura obturata s. Semifenestra coraco-scapularis. Das Auffallende des Mangels eines Foramen supracoracoideum hebt Douuo hervor. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 293 Alles dies, namentlich das Verhalten von Coracoid und Para- sternum, zeigt eine Specialisierung der betreffenden Teile, welche Champsosaurus betriachtlich tiber Proterosaurus, selbst iiber den lebenden Sphenodon erhebt. Rhynchocephalia s. str. Sphenodon wurde schon oben (p. 276—283) behandelt. Homoeosaurus gleicht in allen wesentlichen Verhaltnissen seines Brustschalterapparates Sphenodon. Der Knochenteil des Coracoids ist noch kleiner als bei diesem und durch Naht mit der Scapula verbunden. Episternum und Parasternum sind gleichfalls in entsprechender Form, das Parasternum mit drei- gliedrigen Metameren, und je 2 parasternale Metameren auf 1 Rumpfmetamer kommend, vorhanden. Ueber die Nervenkanile des Humerus gehen die Angaben auseinander: H. v. MryEr, v. Ammon und Baur schreiben ihm einen Canalis n. radialis (ectepicondyloideus)'), ZirreL und BouLENGER einen Canalis 0. mediani (entepicondyloideus) zu; méglicherweise besa’ er beide Kanale gleichzeitig (BAuR) und vielleicht individuell in verschiedener Weise entwickelt. In der Hauptsache mit ahnlichen Bildungen schliefen sich die Rhynchosauridae und Sauranodontidae an, so dafi auf das Detail der Darstellung des Brustschulterapparates verzichtet werden kann. Dem Parasternum der Rhynchosauridae werden (ahnlich Kadaliosaurus) je 5—6, dem der Sauranodontidae (iiberein- stimmend mit Sphenodon und Homoeosaurus) je 2 Metameren auf 1 Rumpfmetamer zugeschrieben. Von dem Humerus beider Familien wird ein Canalis n. radialis (ectepicondyloideus) angegeben. Die grofe Variabilitat in den Angaben iiber die Verteilung der Nervenkanaile des Humerus bei den verschiedenen Vertretern der Ordo Rhynchocephalia 1aé8t noch umfassendere Untersuchungen iiber diese Kaniale als sehr wiinschenswert erscheinen, namentlich mit Ricksicht auf die Beantwortung der Frage, ob denselben die héhere systematische Bedeutung, welche ihnen von verschiedenen Autoren (namentlich Dotto und Baur) zugeschrieben wird, bei- zulegen sei oder nicht. Die bisher bekannten Verhaltnisse bei 1) Auf den Abbildungen von H. v. Meyer und v. Ammon finde ich einen Kanal, der nur als Canalis n. radialis gedeutet werden kann. 294 Max Fiirbringer, den Rhynchocephaliern lassen in ihnen ein mehr untergeordnetes Differentialmerkmal erblicken. Acrosauria. Die gleich den Champsosauridae an das Wasserleben ange- pagten und zugleich durch eine schlangenihnliche Verlangerung ihres Kérpers und eine Verkleinerung ihrer Extremitaten gekenn- zeichneten Acrosauria (Acrosauria H. v. Meyer; Fam. Pleuro- sauridae LyDEKKER; von ZirrEL ohne besondere Abgrenzung den Sphenodontidae eingereiht; Fam. Acrosauridae ANDREAE und Dames; Ordo Acrosauria BOULENGER 1895) besitzen entsprechend der Riickbildung ihrer Gliedmafen einen relativ kleinen primaren Schultergiirtel, dessen Teile, Scapula und Coracoid, durch Naht resp. Synchondrose (junges Exemplar von Dames) getrennt sind und in ihren knéchernen Ueberbleibseln ebenso gut an Sphen- odon wie an Lacertilier erinnern'); die Scapula entbehrt des Acro- mions, das méglicherweise wie bei Lacertiliern im Knorpelbereiche (Suprascapulare) lag oder in Korrelation zur Riickbildung der Clavicula reduziert war. Die Clavicula ist sehr klein und yy F. gl Se eae Fig. 58. Fig. 59. Fig. 60. Fig. 58. Knochenteile des Coracoids und der Scapula von Pleurosaurus minor. 3. (Frei nach DAMES; gegenseitige Lage von Cr und Sc verindert.) Fig. 59. Clavicula und Episternum von Pleurosaurus goldfussi. 4. (Nach DAMES.) Fig. 60. Linker Humerus von Pleurosaurus minor. Ventralansicht. 4. (Nach DAMES.) 1) Dames (1896) giebt davon eine Abbildung nach der Platte des Berliner Exemplares, in welcher beide Knochen gegenseitig ver- lagert sind, und verwechselt in der Beschreibung die Riinder des Coracoids. Die von ihm daraufhin hervorgehobene Eigentiimlich- keit des hinteren Randes (Konvexitiit!) des pleurosauren Coracoids besteht in Wirklichkeit nicht. Pril Ca.n.m iF Ca.n.7 1] | Kew Ee. r Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 295 schlank und befindet sich, falls bei dem Haarlemer Exemplar ein intakter Knochen vorliegt, in weit vorgeschrittener Riickbildung. Das Sternum ist nicht erhalten, das Episternum im Vergleich zu der Clavicula ansehnlich, T-férmig und mit ebenso langen Querschenkeln wie der Langsschenkel. Darin liegt ein Mifverhaltnis zur Ausbildung der Clavicula, das hoffentlich durch weitere Funde von Clavikeln erwiinschte Aufklirang findet. DAmgEs weist mit Recht auf mehrfache Aehnlichkeiten sowohl mit Sphen- odon wie mit Ichthyosauriern hin. Die Existenz eines zarten Parasternum wird von H. v. Meyer, BOULENGER und namentlich ANDREAE (1893) bezeugt. Es setzt sich aus parasternalen Metameren zusammen, von denen wie bei Sphenodon wohl je 2 auf 1 Rumpfmetamer kommen und von denen jedes ebenfalls wie bei Sphenodon und den Rhyncho- cephalia vera aus einem winkeligen Mittelstiick und einem rechten und linken Seitenstiick zusammengesetzt ist. Der ziemlich kleine (und bei dem wohl jugendlichen EKxem- plar von Dames unvollkommen verknécherte) Humerus besitzt wie Sphenodon beide Nervenkanile; der Canalis n. mediani ist erdfer als der fiir den N. radialis bestimmte. Reptilische Microsauria. Unter den zumeist zu den Stegocephalen gerechneten Micro- sauria hat Baur die Gattungen Hylonomus und Petrobates auf Grund der Bildung ihres Sacrums fiir primitive Reptilien erklirt. Der Brustschulterapparat und Humerus dieser Tiere ist uns, namentlich dank CreEpNER’s Forschungen, recht gut bekannt geworden. Von dem primaren Schultergiirtel liegen die Knochenkerne von Scapula und Coracoid vor'), die mancherlei Ueberein- stimmungen mit denen von Palaeohatteria darbieten. Der langere, hinten (caudal) verdickte und vorn (rostral) zugescharfte diirfte 1) Crepner (1890) ist geneigt, simtliche Knochenkerne (die er vermutlich vor endgiltiger Redaktion des Textes auf den Tafeln durchweg als Scapulae bezeichnete) als Coracoide anzusprechen, so dag, wenn ich ihn recht verstehe, Hylonomus und Petrobates ver- knécherte Scapulae iiberhaupt abgehen wiirden. Ich glaube aber, da8 die Crepner’schen Abbildungen uns das Recht geben, zwischen scapularen und coracoidalen Knochenkernen bei diesen Tieren zu unterscheiden. Bd, XXXIV. N. F. XXVIL. 20 296 Max Firbrin ger, als Scapula, der kiirzere rundliche resp. halbrunde als Coracoid anzusprechen sein. Die Knorpelpartien waren gewif sehr ausge- dehnt. Alles deutet auf Mangel an Fensterbildungen hin. Der sekundire Schultergiirtel, die Clavicula, ist als reiner Deck- knochen in toto erhalten und reprisentiert einen kraftigen, winkelig gebogenen Knochen, der in allen wesentlichen Eigenschaften dem von Palaeohatteria gleicht und auch im medialen Bereiche etwas breiter als im lateralen ist. Eine etwas grifere Schlankheit und Zuschirfung auch am medialen Ende kennzeichnet die Clavicula der beiden Microsaurier gegeniiber der von Palaeohatteria. Von dem primaren Brustbein, Sternum, zweifellos einem rein knorpeligen Gebilde, ist nichts mehr erhalten. Um so mehr dominiert das sekundire Brustbein, Episternum, in Gestalt eines langen unpaaren Knochens, der vorn mit breiter rhombischer Platte beginnt und hinten in einen langen, stielférmigen Fortsatz ausgezogen ist. Im Vergleich mit Palaeohatteria ist die vordere Platte etwas quer verbreitert. Fig. 61. Fig. 62. Fig. 63. Fig. 61. Episternum von Palaeohatteria longicaudata. 4. (Nach CREDNER.) Fig. 62. Episternum von Petrobates truncatus. 3. (Nach CREDNER.) Fig. 63. Episternum von Hylonomus geinitzi. 4. (Nach CREDNER.) Das Parasternum besteht bei Hylonomus aus aahl- reichen schriigen, sich etwas deckenden Schuppenreihen, welche vorn in der Mittellinie im stumpfen Winkel sich treffen und von denen je 2 auf 1 Rumpfmetamer kommen. Jede Schuppenreihe (para- sternales Metamer) besteht aus vielen breiten, querovalen Schuppen, die sich auch in der Quere dachziegelf6rmig decken und von ihrem leistenférmig verdickten Hinterrande aus nach vorn verdiinnen. Dieses Parasternum gleicht in der allgemeinen Anordnung dem der Rhynchocephalier, weicht aber in der speciellen Form seiner Komponenten von diesen Reptilien ab und zeigt mehr Ueberein- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 297 stimmungen mit den aus breiten Dermalschuppen zusammen- gesetzten Parasterna der meisten Stegocephalen!). Bei Petro- bates setzen sich die parasternalen Metameren, von denen ebenfalls je 2 auf 1 Rumpfmetamer kommen, jederseits aus Schragreihen von 5—6 schmalen, spindelférmig zugespitzten Stabchen zusammen *), die somit mancherlei Uebereinstimmung mit denen der Protero- sauria darbieten; mittlere unpaare Glieder fehlen ebenso wie bei Proterosaurus und dem hinteren Abschnitte des Parasternum von Kadaliosaurus, vermutlich infolge von Riickbildung. Petrobates nimmt somit in der Bildung seines Parasternum eine hoéhere Stufe als Hylonomus ein *). Der Humerus zeigt die tiblichen Verbreiterungen des proxi- malen und distalen, die Gelenke tragenden und vorwiegend mit der Muskulatur verbundenen Endes, wahrend das Mittelstiick ein- geengt ist. Bei Hylonomus ist er ziemlich schlank und etwa 3mal so Jang wie seine gréfte Breite, bei Petrobates dagegen kiirzer und stiimmiger, indem hier die Lange die gréSte Breite nur reichlich um das Doppelte tibertrifft. Nervenkanaile werden nicht angegeben, fiir Hylonomus von CreEDNER direkt abgeleugnet ; an dem breiteren Humerus von Petrobates ist die Existenz beider oder wenigstens eines derselben sehr méglich. E. Crocodilia. Ueber den Brustschultergiirtel und den Humerus der lebenden Crocodilier (Emydosaurier) sind seit meinen friiheren Mitteilungen (1875) keine Untersuchungen von Umfang gemacht worden. Ich kann daher auf meine damalige Darstellung verweisen, der ich 1) Ausdriicklich sei hervorgehoben, daf bei Stegocephalen auch Parasterna mit schmalen, stabchenformigen Gliedern (ahnlich denen der Rhynchocephalen) vorkommen. 2) Dieselben sind ahnlich denen von Archegosaurus an der Innenseite konkav ausgehéhlt. Die Vermutung Crepner’s (1890, S. 255), daf sie hier im Inneren knorpelig blieben, kann ich nicht teilen. Angesichts der rein dermalen Natur dieser Deckknochen- gebilde kann es sich nur um eine bindegewebige Fiillung der Konkavititen handeln. 3) Crepner fiihrt auch an (1890, S. 257), da’ Hylonomus mehr zu den Stegocephalen neigt, Petrobates sich mehr den Rhyncho- cephaliern niihert. 20* 298 Max Firbringer, nur einiges, damals minder bedeutsam Erscheinendes oder seitdem von den Autoren Gefundenes zufiige. Der primare Schultergiirtel besteht, wie damals des eenaueren beschrieben worden, aus einer Scapula und einem Coracoid, die in ihrer Verlingerung, ihrer rostralwirts gehen- —y SS F. gl Em. seer F’. spe Cr Fig. 64. Fig. 64. Linker primiirer Schultergiirtel von Crocodilus americanus. Lateralansicht; Coracoid in die gleiche Ebene projiziert. +. (Nach der Natur.) Fig. 65. Brustschulterapparat von Caiman sclerops. 4. (Zum Teil nach Brin, zum Teil nach der Natur.) Gemeinsame Bezeichnungen: Co Sternalrippe. Cr Coracoid. 2m. secr Emi- nentia scapulo-coracoidea. “st Episternum. F. gl Fossa glenoidalis pro humero. F. spe Foramen supracoracoideum. Pst Prosternum. Se Scapula. SS Supra- scapulare. Xs¢t Metasternum (Xiphisternum). den Richtung und ihrer vorn befindlichen synchondrotischen resp. symphytischen Verbindung bereits eine gewisse Parallele zu dem bei den carinaten Végeln viel weiter ausgebildeten Verhalten der beiden Knochen zeigen [GEGENBAUR, FURBRINGER, SABATIER !)]. Die Scapula zeigt im ventralen Bereiche ihres vorderen Randes 1) Sasatipr benennt die Vorragung der coraco-scapularen Ver- bindungsstelle Eminence scapulo-coracoidienne, eine Bezeichnung, die ich gern iibernehme. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 299 eine Leiste (Spina scapulae s. Crista deltoidea), welche dem M. del- toides inferior als Ursprungsstelle dient. An dem soliden, nicht durchbrochenen Coracoid lief sich als Rudiment des bei den Lacertiliern bestehenden Procoracoids ein geringfiigiger Proc. procoracoideus!) nachweisen; das Foramen supracoracoideum 2) ist entsprechend der Verlangerung und Richtungsiinderung des Coracoids nach vorn geriickt. Der sekundare Brustgitirtel, die Clavicula, fehlt den lebenden Crocodilen *). Das primare Brustbein, Sternum, besteht aus dem vorderen breiten Prosternum (Mesosternum)*) und dem _hin- teren schmiileren und langeren Xiphisternum (Metasternum) °), beide aus Knorpel, die bald direkt zusammenhingen, bald von- einander abgegliedert sind. Das erstere trigt die Coracoide und das Episternum und artikuliert meist mit 2 Sternocostalien; das 1) Den Anschauungen Goérre’s und WirpEeRsHEIM’s, wonach in der Coracoidplatte selbst das Procoracoid der kionokranen Lacer- tilier enthalten sei, kann ich nicht beistimmen; das procoracoidale Rudiment, wenn noch vorhanden, markiert sich, wie GuaENBAUR mit Recht betont, als kleiner Fortsatz dieser Platte. Vergl. auch Anm. 3. 2) Gefafloch: Briuu. 3) Daf die Clavicula erst infolge sekundarer Riickbildung bei den lebenden Crocodilia (und iiberhaupt den Eusuchia) in Wegfall gekommen ist, darf billigerweise angenommen werden und wird auch durch ihr Vorkommen bei den Parasuchia und Pseudosuchia (s. unten) bestatigt. — Horrmann ist der Ansicht, daf der vordere verdickte Rand der Membrana episterno-coracoidea als Rudiment einer Clavicula anzusprechen sei; darin kann ich ihm nicht folgen. — Wiepersuem findet bei Embryonen von Crocodilus porosus (biporcatus) an der entsprechenden Stelle einen prochondralen, ,,an ein Procoracoid erinnernden“* Vorsprung der Scapula, der sich weiterhin von derselben abgliedere und nicht in Knorpel, sondern in das sonst den clavicularen Anlagen zukommende dichtzellige Gewebe umwandle, spiter aber ganz verschwinde; dies sei die Anlage der Clavicula des Crocodils. Diese Beobachtung verdient Beachtung, fordert aber zugleich zu weiteren Untersuchungen auf; GEGENBAUR (1898) erblickt in dem von WiepERsHEIM beschriebenen embryonalen Gebilde eher eine abortive Anlage des Procoracoids, welcher Deutung ich zustimme. 4) Vorderstiick, vordere Rhomboidalplatte: Brinn. — Prae- sternum: Parker. — Mesosternum: GEGENBAUR (1898). 5) Hinteres Knorpelblatt, Xiphoidealplatte: Briiut. — Meso- sternum und Xiphisternum: Parker (wobei dieser Autor den un- paaren ‘Teil als Mesosternum, den paarigen als Xiphisternum an- spricht). — Metasternum: GucENnBAuR (1898). ( 300 Max Firbringer, letztere ist mit 4—7 Sternocostalien verbunden ') und lauft hinten in schmale, paarige und weit divergierende Schenkel aus, zu denen (bei Alligator) noch ein kiirzerer unpaarer Fortsatz kommt, der auch ein kleines Fenster haben kann ”). Das sekundéire Brustbein, Episternum®*), existiert in der Gestalt eines Lingsstabes, der hinten, wo er dem Pro- sternum (vordere ”/, bis ganze Linge desselben) aufgewachsen ist, eine etwas gréfere Breite zeigt also vorn, wo er dasselbe iiberragt und bald stumpf, bald spitz frei auslauft. In einiger Entfernung hinter dem Sternum findet sich ein Parasternum‘), das — im Gegensatz zu Sphenodon — aus einer beschrankteren Zahl (7—8) voneinander weiter entfernter und den Rippenzahlen (Rumpfmetameren) entsprechender Meta- meren besteht, von denen jedes aus medialen und lateralen paarigen schlanken Knochenstiben zusammengesetzt ist. Darin zeigt sich im Vergleich mit Sphenodon eine Reduktion, einmal in der ge- samten Ausdehnung des Parasternum, die bei den Crocodiliern geringer ist, dann in der Folge dieser Metameren, die bei Sphen- odon in doppelter, hier aber nur in einfacher Zahl auf die (echten) Bauchrippen kommen, endlich in der queren Gliederung jedes Metamers, das bei Sphenodon aus einem unpaaren medianen und einem Paar seitlicher Stabe, bei den Crocodiliern aber aus paarigen medialen und lateralen Stiicken besteht, von denen die 1) Raraxe giebt als Gesamtzahl aller mit dem Sternum ver- bundenen Rippen bei mehreren Arten von Alligator, sowie bei Crocodilus niloticus (vulgaris) und Cr. americanus (acutus) 7 an, was ich bestiatigen kann, bei Crocodilus porosus (biporcatus) 8, bei Tomistoma (Gavialis) schlegeli 9. Britut bildet bei Alligator mississippiensis (lucius) und Crocodilus sp. 8 Sternalrippen ab. Parker findet bei Crocodilus niloticus (vulgaris) nur 6 mit dem Sternum wirklich verbundene Rippen, wahrend die 7. nur beinahe mit ihm in Kontakt kommt. Also mannigfache Variierungen. — Die erste Sternalrippe gehért bei den Crocodilen dem 10. Wirbel an. 2) Diese Angaben beruhen auf der Untersuchung eines an Zahl sehr geringen Materiales und diirften noch manche Modi- fikationen erfahren. 3) Interclavicle, Interclavicula der meisten Autoren. — Clavi- culares Sternum: Horrmann (1879). 4) Costae abdominales, Abdominal ribs, Abdominalrippen der Autoren. —- Abdominal ossicles, Gastralia: Baur (1896, 1897, vergl. auch §. 280 Anm. 3). — Parasternum: GrcGENBAUR. — Beziiglich SapatiEr’s Deutung verweise ich gleichfalls auf S. 280, Anm. 3. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 301 paarigen medialen wahrscheinlich, ahnlich f- wie bei Proterosaurus und zum Teil Kadalio- AAW / ‘ Pr.m des erwachsenen) nach der Mittellinie zu verlingert haben, dabei aber noch in einigem Abstande von ihr und dem inzwischen ent- wickelten knéchernen Proc. epicoracoideus sich befinden und dab sie endlich beim erwachsenen Tiere miteinander und den Proc. epicoracoidei in den bereits oben angegebenen Verband treten (entwickelte Elasmosaurier-Stufe). Fig. 92. Fig. 93. Fig. 91—93. Entwickelungsstadien des Brustschulterapparates von Crypto- clidus oxoniensis. Dorsalansichten. ;';. (Frei nach ANDREWS.) Fig. 91 erstes, Fig. 92 zweites, Fig. 93 ausgebildetes Stadium. Das den vorderen Schenkeln (c), mégen sie nun zusammen- treten oder nicht, rostro-dorsal aufgelagerte Mittelstiick (Mittel- stiicke (m) verhalt sich wechselnd: bald stellt es ein einheitliches Stiick dar, bald besteht es aus symmetrischen Hiilften, bald aus 3 Stiicken (einem mittleren und 2 seitlichem, welche dem mittleren durch Sutur verbunden sind oder nur anlagern). Auch voll- kommener Mangel wird angegeben; doch ist wahrscheinlicher, dah 2 330 Max Firbringer, es sich bei dem fossilen Objekte dann nur abgelést hatte und ver- loren gegangen war. Wahrend hinsichtlich der Deutung der Scapula und des Cora- coides gerade so wie bei den Nothosauriern keine gréferen Dif- ferenzen existieren, gehen die Anschauungen tiber die Homologie der vorderen Schenkel (c) und des Mittelstiickes resp. der Mittel- stiicke (m) erheblicher auseinander. Die Mittelstiicke (m) sind bald mit dem Omosternum (Omosternalia) [HuLKE, LyDEKKER| bald mit dem Episternum (Interclavicula) und den Claviculae (OwEN, HuxeEy, ZitTeL, KOKEN, SEELEY, ANDREWS, BOULENGER) homologisiert worden; die vorderen Schenkel (c) deutete man als Teile der Scapula (Acromialfortsaitze, anterior ventral Rami of the Scapula) [SEELEY, Baur, Koken, ANDREWS, BOULENGER], als ventrale Fortsitze der Scapula (Praecoracoid) [D6pERLEIN], als Praecoracoide (HuLKE, LypEKKER), als Procoracoide oder Clavi- culae (Cope 1870)'). Endlich sei noch erwahnt, dafi' SeELey (1894) vermutet, da bei den Plesiosauriern ein vollkommener Verlust der — bei den Nothosauriern wahrscheinlich knorpelig vorhandenen — Procoracoide stattgefunden habe. Hinsichtlich der Deutung der Mittelstiicke (m) schlieBe ich mich den Autoren an, welche in ihnen Episternum (Inter- clavicula) und Clavicula, in getrenntem oder anchylosiertem oder C1 Est Cl Fig. 94. Fig. 94. Clavicula und Episternum von Plesiosaurus arcuatus. Ventral- ansicht. Dorsale Grenzlinie des “st in Punktlinien angegeben. (Frei nach SEELEY.) Fig. 95. Clavicula und Episternum von Muraenosaurus platyclis. (Nach SEELEY.) teilweise zuriickgebildetem Zustande erblickten; Struktur und An- ordnung, namentlich in den Fallen, wo ein unpaares Episternum und paarige Clavikeln vorhanden sind, sprechen durchaus fiir diese Deutung”), wenn ich auch nicht verkenne, daf die dorsale Lage 1) Corr spricht 1889 den Plesiosauria jede Clavicula ab. 2) Bei Anwesenheit eines unpaaren und paariger, also dreier Stiicke ist in der Deutung kein Zweifel méglich. Bei nur paarigen Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 331 an der Innenfliche des vorderen Bogens (c) Schwierigkeiten be- reiten und auch an andere Homologien, wie z. B. an das Omoster- num, denken lassen kann. Letzterer Homologie kann ich indessen nicht das Wort reden, da sie fiir das Vorkommen dreier Stiicke und ihre fiir Deckknochen charakteristische Verbindung keine Er- klirung giebt; auch erblicke ich in der dorsalen (inneren) Lage der in Frage kommenden Teile, wie auffallend sie auch auf den ersten Blick erscheint, kein ernsthaftes Hindernis gegen die Homo- logie mit Episternum und Clavicula. Zunichst ist hervorzuheben, da’ die genannten Knochen nicht rein dorsal, sondern vielmehr rostro-dorsal vor den vorderen Schenkeln (c) des priméren Schulter- giirtels liegen, dann aber auch nicht auBer acht zu lassen, dal diese Skelettteile, speciell die Clavikeln sich durchaus nicht immer an der Ventral- oder AuSenseite des primaren Schultergiirtels finden, sondern bei Anamniern (die hierfiir zugleich Ausgang gebend ist) gerade an der vorderen oder rostralen Flache des- selben, nicht selten von hier rinnenformig auf seine ventrale oder iufere und seine dorsale oder innere Fliche gleich weit tiber- creifend. Bei Anura und Mammalia e. p. ist dieses rinnen- formige Umfassen gewahrt geblieben, bei den meisten Reptilien und Monotremen hat sich der au8ere, bei den Plesiosauriern da- gegen der innere Teil mehr entwickelt und erhalten. Dazu kommen noch die weiteren Lageverschiebungen, denen gerade in Riick- bildung begriffene Teile infolge der michtigeren Entfaltung der Nachbargebilde unterliegen. Welche funktionellen Beziehungen diese Differenzen herbeifiihrten, ist gré8tenteils unbekannt. Hervor- eehoben sei, daf gerade in diesem Stiicke die Chelonier und Plesiosaurier, wie viele Aehnlichkeiten sie sonst auch darbieten, Extreme bilden. Die gréften Schwierigkeiten bereitet die Homologisierung des vorderen Bogens (c). Hier entscheide ich mich fiir die von HULKE und LypeKKEer gegebene Deutung als Procoracoid. Nach Lage und Verhalten zu Scapula und Coracoid existieren wesent- Stiicken wird man an eine Homologie mit den Clavikeln denken und annehmen, daf das —- schon bei den Nothosauria kleine — Episternum ganz in Riickbildung trat (falls es nicht doch als kleines Rudiment persistierte und nur am aufgefundenen Fossil verloren ging). Bei nur einem Stiicke ist an eine Anchylosierung episternaler und clavicularer Elemente oder — weniger wahrscheinlich an eine relativ héhere Entfaltung des Episternum unter vélliger Reduktion der clavicularen Rudimente zu denken. 332 Max Firbringer, liche Uebereinstimmungen mit dem vorderen Schenkel der Chelo- nier. Das ist wohl der Mehrzahl der Autoren nicht zweifelhaft, und die gleiche Bezeichnung (als Prascapular-Fortsatz oder Acro- mion) bei Cheloniern wie Plesiosauriern giebt deutlich davon Kunde!). Ich habe diesen Schenkel, und ich hoffe mit gutem Grunde, bei den Cheloniern mit GeEGENBAUR u. A. als Procoracoid gedeutet. Da steht m. E. nichts im Wege, diese Deutung auch auf die Verhaltnisse bei den Plesiosauriern zu tibertragen. Diese Uebertragung giebt jedoch nur die Vergleichung von zwei hoch- entwickelten Endformen, geht aber nicht auf die Genese des Pro- coracoides bei den Sauropterygiern iiberhaupt ein. Zu diesem Zwecke mul auf den primitiveren Schultergiirtel der Nothosaurier zuriickgegriffen werden. Hier hatte ich mit SrmLey die Existenz eines knorpeligen Procoracoides supponiert, mich aber aller An- gaben tiber seine Gestalt und Ausdehnung enthalten. Fitir dieses Procoracoid bot bei Nothosaurus mirabilis der besondere Fortsatz des Coracoides und eine groéfere Beriihrungsfliche der Scapula den Ausgangspunkt, wahrend bei anderen Arten von Nothosaurus und bei Lariosaurus mit nicht ausgeprigtem coracoidalen Fort- satze wohl die Scapula die hauptsachlichste Basis fiir dasselbe bildete. Lariosaurus steht dem urspriinglichen Stocke der Sauro- pterygier wohl naher als Nothosaurus (mirabilis) mit seinen schirfer markierten ormen. Es diirfte sonach gerechtfertigt sein, fiir die friihesten Vorfahren des Plesiosaurier-Zweiges ein knorpeliges Procoracoid zu postulieren, das wie bei den Embryonen der Chelonier, mit ihrer ontogenetischen Parallele fir die friiheren phylogenetischen Zustinde des Chelonier-Schultergiirtels, ganz tiberwiegend von der Scapula ausging und sich successive aus- schlieBlich auf diesen Ausgangspunkt beschrankte, wobei die eigentiimliche Liingsausdehnung des ventralen Teiles der Scapula (s. p. 827, 328) als korrelatives Moment mit in Frage kam. Dieses knorpelige, bis nahe zur Medianlinie der Brust erstreckte Pro- coracoid ist dann bei der weiteren Ausbildung der Plesiosaurier — wie bei den Cheloniern — in rasche Verknécherung und in synostotischen Verband mit der Scapula getreten, wodurch seine funktionelle Leistungsfahigkeit erheblich zunahm, und damit war auch das Kausalmoment fiir die schnelle und ausgiebige Reduktion der Clavicula — gegeniiber der hochausgebildeten Clavicula der 1) Die Deutung als Clavicula fallt von selber mit dem ander- weitigen Nachweis der wahren Clavicula. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. isis) Nothosaurier — gegeben. In der von ANDREWS mitgeteilten in- teressanten ontogenetischen Reihe des elasmosauren Cryptoclidus oxoniensis ist dieser medialwairts vorschreitende Ossifikations- prozef8 successive zu verfolgen (s. Fig. 91—93 auf p. 329); die hier abgebildeten medialen Enden seiner Proscapularfortsatze stellen meiner Ansicht nach keine freien Enden dieser Fortsatze dar, Fig. 96. Pliosaurus planus eyansi. Kombination von Pl. planus und evansi (Pliosauridae). (Nach LYDEKKER.) Fig. 97. Plesiosaurus hawkinsi (Plesiosauridae). (Aus LYDEKKER.) Fig. 98. Cryptoclidus oxonien- sis (Elasmosauridae). (Kombination nach ANDREWS.) Ventralansichten von Brust- schulterapparaten von Plesiosauriern. Cr Coracoid (b). Her Epicoracoid. F. gl Fossa glenoidalis pro humero. m Mittelstiick (Clavicula, Episternum). In Fig. 98 bedeutet die Punktlinie ae die caudale Grenze des von Per be- \, deckten Teiles. Per Procoracoid (c). Ne Sc@ dorsaler Teil der Scapula (a). et Sev ventraler Teil der Scapula (a’). Fig. 98. Or sondern setzen sich in die nicht mehr erhaltenen medialen Knorpel- tele der von Anfang an bis nahe zur Mittellinie ausgedehnten Procoracoide fort. Es handelt sich also hier nicht um ein succes- sives freies Auswachsen eines urspriinglich lateral gelegenen kurzen Acromion (Nothosaurier) in der Richtung nach der Medianlinie zu, sondern um ein in dieser Richtung gehendes Fortschreiten der Ossifikation unter Verkiirzung der von Anfang an vorhandenen 334 Max Fiirbringer, Knorpelteile'). Mit dieser Erklarung steht in bestem Kinklange das Verhalten der Clavikeln, die bei langen oder kurzen knéchernen Procoracoiden, auch bei Pliosauridae und Plesiosauridae, diesen immer nur (dorsal) angelagert sind, aber nicht — wie das der Fall bei zwei acromialen Fortsatzen sein sollte — zwischen ihnen liegen ; dieses Dazwischenliegen wurde durch den im Leben vorhandenen medialen Knorpelteil des Procoracoides unméglich gemacht. Auf Grund dieser Darlegungen besteht der primaire Brust- giirtel der Plesiosaurier aus einer verkiirzten, in ihrem yventralen Bereiche verbreiterten und etwas umgebildeten Scapula, aus einem ihr durch Naht verbundenen, sehr breit und machtig ent- wickelten Coracoid und aus einem synostotisch mit ihr ver- schmolzenen und ebenfalls durch Naht sich gegen das Coracoid ab- setzenden Procoracoid; bei der héchsten Ausbildung k6énnen Coracoid und Procoracoid durch Vermittelung eines vom Coracoid ausgehenden Proc. epicoracoideus auch medial sich durch Sutur verbinden. Der sekundire Schultergiirtel wird durch eine Clavicula reprasentiert, die — im Vergleiche zu den Nothosauriern — sich in verschiedenem Grade riickgebildet zeigt und, wie es scheint, sich auch mit dem Episternum synostotisch verbinden kann, in welchem Falle die Grenzbestimmung zwischen beiden Knochen erofen Schwierigkeiten unterliegt. Ein primares Brustbein, Sternum, ist bisher nicht auf- gefunden worden. Auf Grund der Konfiguration des Coracoides und des Episternum darf wohl als sicher angenommen werden, daf es vollig riickgebildet ist. Das sekundare Brustbein, Episternum, zeigt bei den tiefer stehenden Plesiosauriern noch eine mehr oder minder gute Ent- wickelung als breites, dem medialen Bereiche des Procoracoides dorsal angelagertes Mittelstiick 2), bei den héheren ist es betrachtlich riickgebildet, in Gestalt und Lage verandert und kann auch fehlen. Das Parasternum ist gut und kraftig entwickelt und be- stcht aus einer maSigen Anzahl kriftiger, vorwiegend quer ge- 1) Da eine solche medialwiarts vorschreitende Verknécherung der ventralen (coracoidalen) Bestandteile des Schultergiirtels eine alleemeine Erscheinung bei Sauropsiden bildet, ist bekannt. 2) Auch hier ist mit Verwachsungen mit den Clavikeln zu rechnen, so daf es sich zum Teil méglicherweise um Episternum + Clavicula handelt. Das hintere Ende kann ventral von den Proc. epicoracoidei gedeckt werden resp. sich mit ihnen verbinden (Plesio- sauridae). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. O30 lagerter Metameren, von denen jedes wohl je einem Rumpfmetamer entspricht. Jedes parasternale Metamer besteht aus Gliedern, die bis zur Siebenzahl entwickelt sind, einem unpaaren Mittelstiick und seitlichen Stabchen, die bis zu 3 Paar rechts und links sich finden kénnen. In dieser Konfiguration mengen sich primitivere und héhere Entwickelungszustinde; als relativ primitiv ist die Vielgliedrigkeit jedes parasternalen Metamers zu beurteilen (falls hier nicht sekundére Gliederungen vorliegen), als héhere Differen- zierung die geringe Zahl der parasternalen Metameren an sich und im Vergleich zu den Rumpfmetameren. Prem Fig. 99. Fig. 100. Fig. 99. Linker Humerus von Cimoliosaurus cf. trochantericus. Ventral- ansicht. (Nach HULKE.) Fig. 100. Linker Humerus von Cimoliosaurus eurymerus. Ventralansicht. (Aus LYDEKKER.) Der Humerus reprasentiert in der Anpassung an das Wasser- leben einen namentlich im distalen Bereiche abgeflachten Knochen, bei dem die Lange die gréfte Breite etwa 2—3mal iibertrifft. Nervenkanale sind meines Wissens an ihm nicht beobachtet worden. Wie schon erwahnt, bietet namentlich der Plesiosaurier-Zweig der Sauropterygier eine Konfiguration des primairen Schultergiirtels dar, die in wesentlichen Ziigen an die der Chelonier erinnert; damit harmoniert die véllige Riickbildung des primaren Brust- beins. Abweichend verhalten sich die Elemente des sekundiren Brustschulterapparates, bei beiden Abteilungen reduziert, aber bei den Cheloniern in das Plastron aufgenommen, bei den Plesiosauriern dagegen der Vorderinnenseite des primiren Schultergiirtels an- 336 Max Firbringer, liegend. Noch gréfSer sind die Differenzen betreffend den Notho- saurier-Zweig, von den Mesosauria ganz zu schweigen. Alles dies eréffnet zahlreiche Fragestellungen betreffend die Vorgeschichte dieser Bildungen und insbesondere die progressiven und _ retro- graden Wege, welche ihre Entwickelung einschlug; — neuen gliick- lichen Funden der Zukunft wird vorbehalten sein, hier manches Dunkel zu lichten. Fiir zunichst méchte ich eine leidlich nahe, aber nicht zu tiberschaitzende Verwandtschaft in der Bildung des Brustschulterapparates der Chelonier und Sauropterygier befiir- worten. IV. Mesosauria. Die Mesosaurier sind eine kleine Gruppe altester, in dem unteren Perm gefundener Reptilien, die aus der von GERVAIS 1856 begriindeten Gattung Mesosaurus (aus der unteren Karroo- formation) und dem von Corr 1885 aufgestellten nahe verwandten, vielleicht nicht einmal generisch von Mesosaurus verschiedenen Stereosternum (aus dem Permo-Carbon Brasiliens) bestehen; spiter wurden, namentlich durch SEELEY, noch andere Vertreter von Mesosaurus aus dem Karroo bekannt. Ueber ihre systematische Stellung differieren die Anschau- ungen noch sehr. Baur (1887), Cope (1887) und Zirren (1889) verbinden sie mit Proterosaurus und anderen Rhynchocephaliern zu dem Subordo Proganosauria. SEELEY vereinigt sie 1892 als Division Proganosauria mit der Div. Neusticosauria (= Lario- sauridae) zu dem Ordo Mesosauria, rechnet sie aber 1894 mit Wahrscheinlichkeit als besondere Ordnung Proganosauria s. Meso- sauria zu seinen Anomodontia (Theromorpha im weitesten Sinne). BouLENGER (1896) dagegen verleibt sie als erste Unterordnung seinem Ordo Plesiosauria (mit den 3 Subordines 1) Mesosauria, 2) Nothosauria und 3) Sauropterygia [= Plesiosauria d. Aut.]) ein. Die Zahl ihrer Halswirbel betriigt mehr als 9, wie es scheint 10—11 (BoULENGER), zeigt also Vermehrungen gegentiber den Rhynchocephaliern und Theromorphen, erreicht aber nicht die bei den Sauropterygiern beobachteten Zahlen. Die Untersuchung ergiebt zur Geniige sehr primitive EKigen- schaften, die zum Teil an Rhynchocephalier erinnern, und manche Aehnlichkeiten mit primitiven Sauropterygia und Theromorpha. Die hier gegebene relativ selbstandige Stellung in der Nahe der Stécke der Rynchocephalia, Theromorpha und namentlich Sauro- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 337 pterygia soll nur eine vorlaufige sein und nichts hinsichtlich der specielleren Affinititen prajudizieren. Der Brustschulterapparat der Mesosauria ist unvoll- kommen bekannt. Der primiire Schultergiirtel besteht aus Scapula und Coracoid, die beide synostotisch miteinander verbunden sind und die Gelenk- flaiche fiir den Humerus bilden. Ueber die Scapula konnte ich nach den vorliegenden Beschreibungen und Abbildungen keine Klarheit gewinnen; es ist méglich, daf Teile des Coracoides s. lat. ihr zugerechnet wurden. Auch tiber das Coracoid gehen Ca.n.m Ee.u Cu Fig. 101. Fig. 101. Brustschulterapparat von Mesosaurus tenuidens. Ventralansicht. 4, (Freie Kombination nach SEELEY.) Cl Clavicula. Cr Coracoid. er Epi- coracoid. F. gl Fossa glenoidalis pro humero. Per Procoracoid. Se Scapula. Fig. 102. Linker Humerus von Mesosaurus tenuidens. Verletzt. Ventral- ansicht. 3. (Nach SEELEY.) C.r Condylus radialis. C.w Cond. ulnaris. Ca. n.m Canalis nervi mediani (entepicondyloideus). Ze. Epicondylus radialis. Ze. u Epicond. ulnaris. die Angaben (Stereosternum Corr, Mesosaurus SEELEY) im Detail sehr auseinander. Es bildet eine breite und lange Knochenplatte, die mit medialem Einschnitt (Cope) oder mit Oeffnung (SEELEY) versehen ist und entweder (Stereosternum) mit dem der Gegen- seite im Verband tritt oder (Mesosaurus) es nach der Art wie bei Urodelen, Lacertiliern und Rhynchocephaliern iberlagert. Der hinter der Oeffnung liegende Teil kann als Coracoid, der vor ihr befindliche als Procoracoid und der medial von ihr ge- legene als Epicoracoid gedeutet werden. Fragmente eines sekundaren Schultergiirtels, Clavicula, sind vorhanden; ihre Gestalt wird von SEELEY als unpaarer, nach vorn konvexer Bogen rekonstruiert, also abweichend von den Bildungen anderer Reptilien. 338 Max Firbringer, Ein primares Brustbein, Sternum, ist nicht bekannt; ver- mutlich reprisentierte es eine sehr kleine Knorpelplatte, wenn es iiberhaupt vorhanden war. Vom sekundaren Brustbein, Epi- sternum (Interclavicula), sind Fragmente gefunden worden, die aber nichts tiber seine Gestalt aussagen lassen. Kin Parasternum!) existiert bei Stereosternum wie dem kaum generisch von ihm unterschiedenen Mesosaurus. Bei Stereo- sternum werden von Cope zahlreiche sehr feine Staébchen ab- gebildet, die, zu mehreren gliederartig aufgereiht, ein paraster- nales Metamer bilden; gegen 5—6 solche Metameren kamen auf 1 Rumpfmetamer. Auch Sretey bildet von Mesosaurus zahl- reiche aufeinander folgende und an einander gereihte, spindel- formige Stibchen ab, an denen man je ein unpaares und mehr- fache paarige unterscheiden kann. Dieser Befund ist sehr primitiv und reiht sich nach Entwickelungshéhe den tiefer stehenden Proto- sauriern (Kadaliosaurus, Hyperodapedon) an. Der Humerus (s. p. 337) reprisentiert einen ziemlich langen Knochen, dessen Liinge die gré8te Breite reichlich 3 mal iibertrifft. Er erreicht im distalen Bereiche seine gréfte Breite, hat mifig entwickelte Muskelfortsitze und einen Canalis n. mediani. Die betreffenden Teile bieten verschiedene mehr allgemeine Anklange an Rhynchocephalier, Theromorphen und namentlich primitive Sauropterygier dar, sind aber noch zu divergent dar- gestellt, um sichere systematische Folgerungen zu gestatten. V. Theromorpha. Die Theromorpha [Theromora Corr ?), Anomodontia SEELEY °)| reprasentieren bekanntlich mit den Proterosauria und Mesosauria die iltesten Reptilienreste: ihr Schwerpunkt fallt in den Perm und Buntsandstein; nur einzelne Vertreter haben sich bis in die mittlere Trias erhalten‘), sie sind von sehr verschiedener Gro8e 1) Abdominal protective Armature: Corp. — Ventral Armour: SEELEY. 2) Nach Ausschluf der Subordines Parasuchia und Progano- sauria, von welch letzteren aber die Procolophontidae den Thero- mora verbleiben (Corr 1889). 3) Nach Entfernung des O. Mesosauria (Sumtmy 1894). 4) Die Placodontia des Muschelkalkes. — Ob die vereinzelten Pareiosauria und Dicynodontia aus dem Elgin-Sandstein dem Keuper oder tieferen Lagen des Trias angehéren, scheint noch nicht end- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 339 und namentlich in ihren gréferen Formen von grofer Massigkeit. Dabei zeigen sie mit dem Skelettsystem der Saugetiere mancherlei Aehnlichkeiten, die seit alter Zeit aufgefallen sind und viele Au- toren veranlafit haben, sie fiir die Vorfahren der Mammalia zu halten oder wenigstens in ihnen diejenigen Reptilien zu erblicken, welche sich von dem gemeinsamen (sauro-mammalen) Stamme der Reptilien und Mammalia am friihesten und den Siugetieren am meisten benachbart abgezweigt haben. Ueber die Theromorphen ist mehr als tiber viele andere Rep- tilien-Abteilungen gearbeitet worden — vor allen sei an Owen, Huxtey, Cope und S£eLey erinnert — aber die mafige Erhal- tung der fossilen Reste, namentlich ihr so oft geléster Zusammen- hang, hat der Untersuchung grofie Schranken und Schwierigkeiten auferlegt. Die verdflentlichten Systeme (OwEN, Copr, ZITTEL, SEELEY, LyDEKKER, HAECKEL), bei denen aus nahe_ liegenden Griinden der Schwerpunkt auf der Beschaffenheit des Schadels und Gebisses, sowie des Sacrum liegt, differieren namentlich in der Reihefolge der einzelnen Unterabteilungen erheblich. Ich schlieSe mich im wesentlichen SEELEY und HAECKEL an und unter- scheide danach, ohne irgendwie in das Detail einzugehen, die pri- mitivere Ordnung der Therosuchia (Theriodontia, mastocephale Theromora) und die specialisiertere der Therochelonia (Anom- odontia Owern, chelycephale Theromora), Die Therosuchia setzen sich zusammen aus dem homodonten Subordo Pareio- sauria (mit den Familien der Pareiotichidae s. Procolophontidae, Pareiosauridae, Clepsydropidae und wohl auch Diadectidae), den Uebergangs-Unterordnungen Gorgonopsia und Dino- cephalia und den heterodonten Subordines Deuterosauria (vielleicht auch mit den Placodontia), Theriodontia (Pelyco- sauria CopE mit den Lycosauridae, Cynodontidae und Gomph- odontidae) und Endothiodontia. DieTherochelonia werden von den dicynodonten (nur mit 2 Eckziihnen versehenen) oder udenodonten (zahnlosen) Subordines Dicynodontia und K isto- cephalia gebildet, wobei noch nicht véllig gesichert ist, ob die Existenz oder der Mangel dieser Eckzihne als Familiencharakter oder, was wahrscheinlicher, als blofe Differenz der Geschlechter (dicynodonter $, udenodonte @) zu gelten hat. giltig entschieden zu sein. Ebenso differieren die Auffassungen tiber das Alter der einzelnen Stufen der Karrooformation (Perm, Buntsandstein) nicht unerheblich. 340 Max Fiirbringer, Die Kenntnis des Brustschulterapparates der Thero- morphen lift noch zu wiinschen tibrig; doch sind bei Vertretern der verschiedensten Abteilungen besser erhaltene Stiicke oder wenigstens Fragmente des priméren und sekundaren Schulter- siirtels und des Episternum gefunden worden. Ueber die Existenz eines Parasternum wissen wir nichts Sicheres und Genaues. Der primare Schultergtirtel besteht aus einer ziemlich langen, mibig breiten und, abgesehen von dem verdickten ven- tralen Ende, ziemlich diinnen Scapula, die ventral durch feste Sutur oder Anchylose mit dem Coracoid und Procoracoid (Kpi- coracoid) verbunden ist'). Die Breite der Scapula ist miafig bei Pareiosaurus und Keirognathus, dagegen im dorsalen Bereiche Fig. 103. Fig. 105. Fig. 103. Brustschulterapparat von Procolophon trigoniceps. Ventral- ansicht. %. (Frei nach SEELEY.) Fig. 104. Fragment des Brustschulterapparates von Pareiosaurus bombi- dens. Linke Seite, Ventralansicht. 4. (Frei nach SEELEY.) Fig. 105. Desgl. Durchschnitt von Clavicula und Episternum. (Nach SEELEY.) Ql Clavicula. Cr Coracoid. Zs¢ Episternum. F. gl Fossa glenoidalis. Per Procoracoid (Epicoracoid). recht ansehnlich bei Deuterosaurus; die iibrigen Scapulae haben mittlere Dimensionen. Ihre Richtung wird sehr verschieden an- gegeben; in den meisten Fiillen mag sie eine der transversalen nahekommende gewesen sein, doch werden auch von SEELEY Restaurationen mit erheblich descendenter (Keirognathus) oder ascendenter Richtung (Deuterosaurus und der ihm nahe verwandte Rhopalodon) angegeben. Am Vorderrand findet sich nicht selten ein Acromion”) (Pareiosaurus, Dicynodontia), mitunter (Cyno- 1) Bei Aristodesmus ist der Verband, wie es scheint, ein ein- fach synchondrotischer. 2) Acromion: LypEKKer 1893. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 341 enathus) auch eine férmliche Crista scapulae’), wahrscheinlich fiir den Verband mit der Clavicula. Das ventrale Ende beteiligt sich mit dem Coracoid und mitunter auch Procoracoid an der Bildung der Gelenkfliche fiir den Humerus. Ein, wie es scheint, bei den tiefsten Theromorphen nicht oder nur wenig entwickelter Fortsatz an der yorderen ventralen Ecke der Scapula, Proc. procoracoideus scapulae ?), dient dem Verbande mit dem Procoracoid und_bildet dann mit diesem die vordere Begrenzung eines Foramen coraco- scapulare, das somit bei den primitiveren Formen durch eine In- cisura (Semifenestra) coraco-scapularis vertreten wird. Clth Cl Per Est Per Cl Clth YY Sc £.cse))|. Or Per F’. spe Fig. 106. Restauration des Brustschulterapparates von Pareiosaurus baini. Cl Clayicula. Clth Cleithrum? (Epiclavicle or Mesoscapula SEELEY). Zs¢ Epi- sternum. F.gl Fossa glenoidalis pro humero. F.spe Foramen supracoracoideum. I.cse Incisura (Fenestra?) coraco-scapularis. Per Procoracoid (Epicoracoid). Sc Scapula. (Nach SEELEY.) Der ventrale Teil des primiren Schultergiirtels ist in der trans- versalen Dimension viel schmiler, in der sagittalen aber breiter als die Scapula; in gewissem Gegensatze zu der Mehrzahl der Rep- tilien *) wird er durch zwei separat verknéchernde Teile, ein hin- teres Coracoid und ein vorderes Procoracoid (Epicoracoid), beide durch eine transversale Naht voneinander getrennt, repriisentiert. Kin ahnliches Verbalten findet sich auch bei Monotremen (und in reduzierten Zustande auch bei den Jugendstadien der meisten anderen Siiugetiere), und diese Aehnlichkeit ist mit anderen Aehnlichkeiten von zahlreichen Autoren fiir die Begriindung der 1) Prescapular ridge: Srey. 2) Von verschiedenen Autoren irrtiimlich als Acromion be- zeichnet, worauf schon LyppKker aufmerksam macht. — Bei den Procolophontidae (Procolophon, Aristodesmus) und Pareiosauridae (Pareiosaurus) wird nichts davon beschrieben oder abgebildet. 3) Wie bereits im Vorgehenden ausgefiihrt, sind auch bei den Chelonia und Sauropterygia Procoracoid und Coracoid durch Naht geteilt. 342 Max Firbringer, nahen Verwandtschaft der Theromorpha und Mammalia verwertet worden); ich vermag darin nicht mehr als eine ziemlich ober- flichliche Parallelitét resp. Konvergenzanalogie und auch nichts nur fiir Theromorpha und Mammalia Charakteristisches zu er- blicken, da, wie schon hervorgehoben, auch Chelonia und Sauro- pterygia eine Scheidung des Procoracoides durch Naht aufweisen. Das Coracoid?) bildet den hinteren, mit der Scapula_ sich hauptsichlich an der Bildung der Gelenkhéhle fiir den Humerus beteiligenden Teil des ventralen Schultergiirtels und kommt dem Per Cr F. gl Se Per Cr| F.gl Se F’. spe Fig. 107. Fig. 108. Fig. 107. Restauration des linken primiren Schultergiirtels von Deutero- saurus. Lateralansicht. (Nach SEELEY.) Fig. 108. Restauration des linken primiren Schultergiirtels von Rhopal- odon. Lateralansicht. (Nach SEELEY.) Procoracoid an Gréfe gleich; mitunter kann es gréfer, mitunter kleiner als dieses sein. Medialwarts wird es etwas breiter und bildet einen konvexen oder winkelig gebogenen Rand, der in seinem hinteren Teile mit dem Sternum in gelenkige Verbindung getreten ist. Das Procoracoid (Epicoracoid)*) ist der vordere Teil des 1) Howns (1893) scheidet danaech die coracoidalen Bildungen der Tetrapoden in unicoracoidale (Amphibien, alle lebenden Rep- tilien, Végel) und bicoracoidale (einige Anomodontia, Mammalia, Ichthyosauria und Nothosauria [?]). Ich kann diese Verteilung nur zum ‘Teil anerkennen. 2) Coracoid gs. str. der meisten Autoren. — Metacoracoid: LypekKker, Howes, Osporn. 3) Clavicula coracoidea anterior: Mecxs (bei Ornithorhynchus). — Epicoracoid: Cuvier, GrecenBpAur, Huxtry, W. K. PArksr, Howes, Corn, LypeKkKrer, Ossporn. — Procoracoid, Praecoracoid : Sapatipr, Hurxs, Sepnny. — Coracoid: Lyprxxer 1893. — Ver- gleichbar der das Foramen supracoracoideum lateral begrenzenden, bisher gewoéhnlich der Wurzel des Procoracoides zugeteilten Partie Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 345 ventralen Schultergiirtels und partizipiert, wie es scheint aber nicht immer, mit einem kleineren Anteile an der Gelenkhohle fiir den Humerus’). Bei den am tiefsten stehenden Theromorphen Aristodesmus ?), Procolophon und Pareiosaurus ragt es rostral- wirts erheblich tiber das Niveau des vorderen Randes der Scapula vor und ist von dieser durch eine ansehnliche, hinten von Coracoid Se i | WM \ Cr. se VD), wobei die letzteren etwas starker als die ersteren sind. Der Ein- tritt erfolgt allenthalben an der Innenflache der Muskeln. b) Nn. levatores et serrati profundi (N.lsprf)*). In wechselnder Weise von den Nn. thoracici superiores IV—VIII oder V—VIII abgegeben, von denen die drei letzten groSenteils zwischen der oberflachlichen und tiefen Schicht des M. levator et serratus profundus verlaufen. Die oberflachliche Schicht wird von den Nn. thor. sup. VI = VII oder VI < VII von der Innenseite her versorgt (N.lsprfi), wahrend die Nn. thor. sup. IV—VIII oder V—VIII in die AuSenseite der tiefen Schicht eintreten (N.lsprfii), wobei der von IV abgegebene Faden minimal und 1) Auf allen Figuren der Taf. XIV schwarz gezeichnet. 2) Eventuell und fraglich auch vom» 3. Spinalnerven (vergl. Anum. 3 auf p. 375). 3) Nach Osawa gleichfalls von IV, V und VI gebildet, aber in anderer Verteilung, als ich es fand, indem Osawa den M. levator scap. spf. superior von VI, den M. levator scap. spf. inferior von IV und V versorgen laft. Eine derartige Innervation des erst- genannten Muskels weicht ganz von meinen Beobachtungen an 4 Exemplaren ab. 4) Nach Osawa (Nerven fiir dessen Mm. collo-thoraci-scapularis und collo-seapularis) auch von V—VII versorgt. 380 Max Firbringer, unbestindig ist, die von V und VIII gebildeten schwach und die von VI und VII stammenden am besten entwickelt sind. c) Nn. serrati superficiales (N.sspf)*). Von den Nn. thoracici superiores VII, VIII und IX in variabler Weise ge- bildet (VIL < VIII, VII < VII > IX, VIII > IX) und an der Aufenfliiche des M. serratus superficialis eintretend. Einzelne Zweige schieben sich so in den Muskel ein, daf sie eine schwichere tiefe und eine starkere und ausgebreitetere oberflaichliche Lage desselben unvollstindig sondern. B-+C-+D. Hauptplexus. Der die Nn. brachiales superiores und inferiores und die Nn. thoracici inferiores abgebende Hauptplexus ist, wie bereits aus der vorhergehenden Beschreibung der einzelnen hierfiir in Betracht kommenden ventralen Aeste der Spinalnerven ersichtlich, von den Nn. spinales VI.—XI. (seltener VI.—X.) in wechselnder Weise, sowohl was das Stirkeverhaltnis der einzelnen Wurzeln als ihre gegenseitige Verbindung anlangt, gebildet. Die beobachteten Gréfenverhaltnisse lassen sich in ihren wesentlichen Ziigen durch: VI =< VIb= VIN. — 1k] XS ViE= Vib Sa Vix XS VO= Vil— Vil =] KX > xX Veal = Vil 1k Xa ausdriicken?), wobei die in den beiden ersten Zeilen wieder- gegebenen Verhaltnisse (Fig. 121, 122) mehr jiingeren, die in den beiden letzten (Fig. 123, 116) mehr alteren Tieren entsprechen. Zur Begriindung der naheliegenden Annahme, daf es sich hierbei um eine retrograde, kopfwarts gehende Wanderung und Umbildung des Plexus handle, ist (wie bereits p. 377, Anm. 1 erwahnt) die untersuchte Reihe viel zu klein. — Ueber das wechselnde Ver- halten der Ansenbildungen orientieren die beigegebenen Ab- bildungen besser als viele Worte. Fiir die von dem Hauptplexus abgehenden Nerven gilt folgendes: 1) Nach Osawa allein von VII versorgt. Meine Exemplare ergeben VIII als den konstanten, VII als den selten fehlenden und IX als den haufig vermiften Nervenanteil. 2) Die von Osawa von seinem Plexus gegebene Abbildung zeigt VI < VII S VIII = IX >X. Angaben iiber die Grife des be- ziiglichen Tieres sind nicht gemacht. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 381 B. Nn. brachiales superiores ‘). Sie bilden die dorsale Schicht des Hauptplexus. Die vorderen (rostralen) Nerven sind fiir den dorsalen Bereich der Schulter bestimmt, wobei der erste (a) am Abgange von dem Plexus in der Regel mit dem ersten N. brachialis inferior in innigem Konnexe steht?) und die drei nachstfolgenden (c, d und e) gewoéhnlich zu einem kurzen Stamme miteinander verbunden sind, wahrend der zweite und letzte (b und f) in dieser Hinsicht ein wechselndes Verhalten darbieten; der hinterste (caudalste, g) erstreckt sich auf den dorsalen Bereich des Armes und sondert sich sehr bald voll- kommen von dem hintersten N. brachialis inferior, wobei zugleich das Caput coracoideum m. anconaei sich zwischen beide ein- schiebt. a) N. dorsalis scapulae (N. axillaris posterior) (NV. dsc)*). Ziemlich starker Nery, der sich in der Regel gemeinsam mit dem N. supracoracoideus von dem Plexus ablést?), wobei seine Fasern je nach der Starke der ersten Plexuswurzel VI und VII oder nur VI entstammen. Nach ganz kurzem Verlaufe trennt er sich von dem N. supracoracoideus und verliuft nach hinten zur Achsel- hohlengegend, wobei er die nachst zu erwahnenden Nn. brachiales superiores dorsal kreuzt; im Bereiche der Achselhoéhle tritt er dorsal (oberhalb) von dem M. anconaeus scapularis zwischen die Mm. dorsalis scapulae und latissimus dorsi, wobei er sich in eine Anzahl Zweige (4—5) teilt, von denen die oberflachlichen (Nn. cu- tanei axillares supraanconaei, N.cut.spa)*) an die Haut im ventralen Bereiche der beiden letztgenannten Muskeln und im proximalen lateralen Gebiete des Oberarmes (bis zur Mitte des- 1) Auf allen Abbildungen von Taf. XIV grau wiedergegeben. — Diese Nerven entsprechen Osawa’s N. axillaris (I. 2) aus dem N. coraco-scapularis und dem N. brachialis longus superior Ftr- BRINGER (II). 2) So fand es Osawa und auch ich in 4 Fallen; nur einmal schlo8 sich dieser erste N. brachialis superior den folgenden naher an und zeigte dem N. supracoracoideus gegeniiber griéfere Selb- stindigkeit. Damit kam das sonst bei den Sauropsiden gewéhn- liche Verhalten zum Ausdruck, wahrend der Zusammenschluf der beiden heterogenen Nn. dorsalis scapulae und supracoracoideus eine Besonderheit von Sphenodon bildet. 3) Aufer den Gesamtbildern des Plexus vergl. insbesondere Fig. 117 und 120. — N. axillaris: Osawa (I. 2). 4) Nn. cutanei brachii superiores laterales: Osawa. 382 Max Fiirbringer, selben) gelangen, der tiefere aber Anastomosen mit dem N. del- toides clavicularis s. cleido-humeralis (axillaris inferior) eingeht und gemeinsam mit ihm, bedeckt von dem M. dorsalis scapulae, nach vorn in der Richtung nach dem M. deltoides clavicularis verlauft, indem er hierbei den M. dorsalis scapulae mit motorischen Nerven versorgt (NV. dsc) '). Der Nerv entspricht dem hinteren Aste des N. dorsalis sca- pulae (inkl. N. cutaneus brachii superior lateralis s. axillaris supraanconaeus) der Lacertilier (Schultermuskeln, III, p. 662 und p. 370, Anm. 1) resp. dem N. dorsalis scapulae (posterior) der Cro- codile, weicht jedoch von letzterem etwas in der Hautversorgung ab, wobei aber das besondere Verhalten des M. anconaeus scapu- laris desselben die Hauptschuld der Inkompletitat der Homologie trigt. — Von menschlichen Bildungen stehen die Nn. teres minor und cutaneus n. axillaris (cutaneus humeri posterior s. brachii lateralis) dem vorliegenden Nerven am nachsten, wobei gleichfalls das abweichende Verhalten des M. anconaeus scapularis zu be- riicksichtigen ist. b) N. subcoracoscapularis (N.sbesc)?). Mabig starker Ast, der den am meisten ventralen Nerv der Nn. brachiales supe- riores reprasentiert und VI < VII oder VII > VIII entstammt. Er lést sich entweder selbstindig (mit 2—38 Wurzeln) von der Ventralflache des dorsalen Hauptplexus ab oder geht gemeinsam mit den Nn. deltoides clavicularis, scapulo-humeralis und cutaneus brachii et antibrachii infraanconaeus von ihm ab, um sich aber auch in letzterem Falle recht friihzeitig von dem gemeinsamen Stamme abzulésen, und gelangt nach mafig langem Verlaufe, in mehrere Zweige zerfallend, zu dem scapularen und coracoidalen Anteile des M. subcoracoscapularis. Ersterer wird von den zuerst abgehenden Seitenzweigen (V.sbsc) versorgt, letzterer (V.sbe) von den zahlreichen Endausbreitungen des Nerven, wobei die vordersten derselben an dem dorsal (innen) von ihnen gelegenen Lig. sterno- scapulare internum vorbeiziehen. Der N. subcoracescapularis von Sphenodon entspricht dem gleichnamigen Nerven der Lacertilier und enthalt Homologa des 1) Entsprechend lautet die von Osawa gegebene Beschreibung. — Auch eine partielle Versorgung des M. cleido-humeralis wurde in einigen Fallen gefunden; sie war aber eine minimale. 2) Osawa’s N. subscapulo-coraco-brachialis (II. 1) mit dem R. subscapularis und R. coracoidalis. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 383 N. subscapularis der Crocodile und des N. subscapularis superior der menschlichen Anatomie in sich. c) N. scapulo-humeralis (Nsch)1). Mabig starker Nerv, der von VII oder VII > VIII stammt und in ziemlich langer Strecke mit dem N. deltoides clavicularis verbunden ist, um erst unweit des axillaren Randes der Mm. subcoracoscapularis und scapulo-humeralis posterior sich von ihm abzutrennen. Er tritt dann zwischen diese beiden Muskeln ein, wobei er den letzteren von seiner Innenseite her mit einem oder zwei schwachen Zweigen, N. scapulo-humeralis posterior (V.schp), versorgt und dann weiter nach vorn gehend sich zu der Innenfliche des M. scapulo-hunieralis anterior begiebt, den er mit seinem mehrfach verzweigten Endteil, N. scapulo-humeralis anterior (N.scha), innerviert. Der N. scapulo- humeralis anterior ist erheblich starker als der N. scapulo-hume- ralis posterior; sein erster feiner Seitenzweig (N.scha;) tritt zu dem besonderen kleinen tiefen Muskelbande des M. scapulo-hume- ralis anterior (siehe dessen Beschreibung). Enthalt die Elemente des N. scapulo-humeralis profundus (anterior) der Lacertilier und des M. scapulo-humeralis profundus (posterior) der Crocodilier in sich. d) N. deltoides clavicularis s. cleido-humeralis (N. axillaris anterior) (N.dcl)?). Ziemlich kraftiger, VII oder VII und VIII entstammender Nerv, der nach seiner Abzweigung von dem vorhergehenden und unter Anastomosenbildung mit dem N., dorsalis scapulae unter dem M. dorsalis scapulae sich nach vorn wendet, um schlieflich in ventro-rostralwarts gehendem Verlaufe auch unter den M. deltoides clavicularis zu gelangen. Beide Muskeln versorgt er von ihrer Innenfliche her mit Zweigen, den M. dorsalis scapulae nur zum kleinsten Teile (indem hier der N. dorsalis scapulae die Hauptinnervation tibernimmt), den M. deltoides clavicularis, wenn nicht ausschlieBlich, so doch in ganz tiberwiegen- dem MafSe (N.dcl). Von seinem Endteile zweigt sich ein sehr feiner langer Faden ab, der von dem ventralen Teile des M. del- toides clavicularis bedeckt und an dem dorsalen Rande des M. supracoracoideus wieder nach hinten (caudalwarts) verlaiuft, um 1) N. scapulo-humeralis: Osawa (II. 3), der gleichfalls die Ver- sorgung beider Muskeln beschreibt. 2) Vergl. namentlich Fig. 117 und 120. — N. dorsalis scapulae: Osawa (II. 2). Osawa giebt ebenfalls die Innervation der Mm. dorsalis scapulae und deltoides clavicularis an, erwihnt aber den N. humero-radialis proximalis nicht. 384 Max Fiirbringer, den ersten Anfang des M. humero-radialis mit einer mafigen Anzahl von Nervenfasern zu versehen (N. humero-radialis proximalis, N.hrpz). Dieser Nerv entspricht im grofen und ganzen dem vorderen Aste des N. dorsalis scapulae (axillaris) der Lacertilier resp. mit der durch das besondere Verhalten des M. anconaeus scapularis gegebenen Abweichung dem N. axillaris (exkl. N. cutaneus brachii et antibrachii superior lateralis) der Crocodile. Eine allgemeinere Homologie besteht ferner mit dem R. deltoides n. axillaris der mensch- lichen Anatomie. — Der N. humero-radialis proximalis ist eine be- sondere Bildung der Rhyuchocephalier, die den Lacertiliern fehlt; doch existieren mit dem N. humero-radialis der Crocodile und dem N. deltoides propatagialis der Végel gewisse Beriihrungspunkte. e) N. cutaneus brachii et antibrachii superior lateralis (infraanconaeus) (N.c.latifa)*). Nicht schwacher Nerv, der in der Regel VII und VIII oder VIII entstammt und sich friiher oder spiter von den vereinigten Nn. scapulo-humeralis und deltoides clavicularis ablést, um im dorsalen Bereiche der Achselhéhle sich nach hinten und unten zu wenden und ventral von dem M. anconaeus scapularis, zwischen ihm und M. anconaeus humeralis lateralis durchtretend, an die Lateralseite des Oberarms zu gelangen, wo er sich mit mehreren Zweigen an der Haut ver- zweigt und auch in den Bereich der Streckseite des Vorderarms gelangt. Der N. cutaneus brachii et antibrachii superior lateralis kommt dem gleichnamigen Nerven der Lacertilier (p. 370, Anm. 1) und Crocodilier (Schultermuskeln, III, p. 678) am nachsten. Bei den Lacertiliern verteilt sich sein Verbreitungsgebiet einerseits in den in gleicher Weise zwischen die Mm. anconaei scapularis und humeralis lateralis durchtretenden N. cutaneus brachii superior lateralis infraanconaeus (p. 370, Anm. 1) und andererseits in den abweichend davon durch den ventralen und distalen Teil des M. anconaeus humeralis lateralis nach aufen tretenden N. cutaneus antibrachii lateralis (Schultermuskeln, III, p. 664). — Noch grofer sind die Abweichungen der hierher zu rechnenden Nerven der menschlichen Anatomie (R. cutaneus medialis s. internus n. radialis s. N. cutaneus brachii posterior superior und R. cutaneus late- ralis s. externus n. radialis s. N. cutaneus brachii posterior inferior) ; hier kann nur von sehr inkompleten Homologien gesprochen werden. 1) N. cutaneus brachii et antibrachii lateralis: Osawa (II. 4). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 385 fy Ne latissimus dorsi CNeid)*). “Hin (Pigvil2ie 122) oder zwei (Fig. 117, 123) Nerven, welche VII < VIII oder VIII entstammen, von denen der vordere dem von b—e gebildeten Stamme auf kurze Zeit angeschlossen sein kann, die aber dem- selben gegentiber meist eine selbstindige Stellung einnehmen. Geht nur ein N. latissimus dorsi von der dorsalen Lage des Hauptplexus ab, so teilt sich derselbe doch friihzeitig in zwei langere Aeste, so daf auch hier bald zwei Nn. latissimi dorsi resultieren. Die beiden Nerven (Aeste) gelangen in nach hinten und oben gerichtetem Verlaufe, die ventralen von ihnen befindlichen langen Nerven des Plexus kreuzend, an die Innenflache des M. latissimus dorsi, wobei der erste, in der Regel etwas schwachere den vorderen Teil desselben mit dorsal aufsteigenden Zweigen versorgt, wihrend der meist starkere hintere, lings des ventralen Innensaumes seines Muskels verlaufend, mit einer Anzahl dorsal- warts aufstrebender Seitenzweige und seinem Endzweige den mitt- leren und hinteren Teil des Muskels versorgt. Entspricht dem gleichnamigen Nerven der Lacertilier, Cro- codilier und der menschlichen Anatomie. s)ON. brachialis! longus swperior)radiadis) (N.brisp) ?).- Von VII < VIII 2 IX > X oder VIII 2 IX > X ge- bildeter Hauptstamm des Plexus. Er verlauft neben (dorsal und rostral von) dem N. brachialis longus inferior und seinen Teilasten nach dem Oberarm und tritt, von diesen Nerven durch die Ursprungssehne des Anconaeus coracoideus geschieden, in den dorsalen Oberarmbereich ein, um zuerst zwischen Anconaeus coracoideus und Anc. scapularis, dann zwischen medialem und late- ralem humeralen Kopfe des M. anconaeus und in der Tiefe des letz- teren distalwarts weiter zu verlaufen, wobei er in einer lateralwarts gerichteten Windung (Teil einer Spirale) nach der dorsalen Oetf- nung des Canalis nervi radialis s. ectepicondyloideus gelangt, um denselben zu durchsetzen und, aus seiner ventralen Oeffnung aus- tretend, in den proximalen Bereich der radialen Extensorengruppe des Vorderarms zu gelangen und von da aus sich weiterhin im dorsalen Gebiete von Vorderarm und Hand zu verzweigen*). Auf ‘seinem Verlaufe (Fig. 117) giebt der N. radialis da, wo er die 1) N. latissimus dorsi: Osawa (II. 5). Auch Osawa giebt einen einfachen oder doppelten Ursprung an. 2) Musculo-spiral Nerve: Brooxs. — N. radialis: Osawa (II. 6). 3) N. radialis medialis von Osawa (II. 6. B.). 386 Max Firbringer, Ursprungssehne des Anconaeus coracoideus kreuzt, oder friiher einen sehr kraftigen, etwa ?/, seiner Dicke ausmachender Nerven, N. anconaeo-extensorius (N.ae), ab, der gleichfalls in die dorsale Muskulatur des Oberarms (M. anconaeus) eintritt, sie mit einer grofien Anzahl von Aesten (Nn. anconaei, JN.a)*) ver- sorgend, und sie weiterhin durchsetzt. Hierbei verliuft er parallel zu dem Stamme des N. radialis, aber durch eine ziemlich an- sehnliche Partie des M. anconaeus humeralis lateralis von ihm geschieden, distalwarts und gelangt schlieBlich auch an die Streck- seite des Vorderarms, um diese mit Muskel- und Hautzweigen zu versorgen; er liegt im ganzen mehr ulnarwarts als der Haupt- stamm und endet bereits im dorsalen Bereiche der Handwurzel ”). — Von den nach dem Durchtritte durch den Canalis nervi radialis abgegebenen Vorderarmisten kommt fiir die vorliegende Dar- stellung noch der zuerst, d. h. bald nach dem Austritt aus dem Kanal abgegebene N. brachio-radialis (supinator) (V.brr) fiir den M. bra- chio-radialis (supinator) in Betracht, weil dieser einen feinen Nerven abgiebt, der, den proximalen Teil des genannten Muskels durch- brechend, riicklaufig in den Bereich des Oberarms gelangt, in dessen distalem 1/, er, von dem M. humero-radialis bedeckt, ver- lauft, um in die Innenseite dieses Muskels am Ende von dessen zweitem Drittel einzutreten (N. humero-radialis distalis, (N.hrdt)*); er ist der Hauptnerv des M. humero-radialis. Der N. radialis entspricht im grofen und ganzen dem gleich- namigen Nerven der Lacertilier, zeigt aber einige Besonderheiten ihm gegeniiber. Der N. humero-radialis distalis ist ein Gebilde, 1) Nn. anconaei: Osawa. 2) Brooxs giebt eine ziemlich gute Beschreibung des Nerven, wobei er aber seine Hautverastelung ignoriert und den Schwer- punkt auf die Versorgung des M. anconaeus IV. legt (Nerve to the Anconaeus of Human Anatomy). — Genauer ist Osawa’s Darstellung. Er bezeichnet den Nerven mit Inbegriff der Nn. anconaei als N. radialis lateralis (II. 6. A) und stellt ihn dem Hauptstamm des N. radialis (N. radialis medialis Osawa) gegeniiber. Ich méchte das nicht unterstiitzen. Auch die Bezeichnungen lateralis‘ und ,»medialis*, wenn auch an sich nicht inkorrekt, geben leicht zu irrigen Vorstellungen iiber Lage und Verlauf dieser Nerven Anlaf, da man gemeinhin nicht gewéhnt ist, der Ulna mehr genaherte Teile als laterale und dem radialen Bereiche zugehérende als mediale zu bezeichnen. 3) Von keinem Autor erwabnt. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 387 das meines Wissens sich bei keinem anderen Tetrapoden !) wieder- findet. — Zu dem menschlichen N. radialis bestehen allgemeine Homologien. C. und D. Nn. brachialis inferiores 2) und Nn. thoracici inferiores *). Sie reprisentieren die ventrale Schicht des Hauptplexus. Wie bei den Nn. brachiales superiores sind die vorderen (rostralen) fiir Schulter und Brust bestimmt, wobei der erste (a) in der Regel am Abgange mit dem N. dorsalis scapulae verbunden ist, die nachsten (b) sich ziemlich friih als selbstindige ventralste Nerven des Plexus ablésen, die folgenden (c, d) dies erst im Bereiche der letzten Ansae thun oder schon die ersten Seiteniste der Nn. bra- chiales longi inferiores darstellen; die hinteren (caudalen) (e, f) bilden die langen ventralen Nerven des Armes und gelangen, durch die Sehne des Anconaeus coracoideus von den dorsalen Nerven getrennt, in den Bereich der freien Extremitat. a) N. supracoracoideus (N.spe)*). Ansehnlicher Nerv, der VI oder VI und VII entstammt und gemeinsam mit dem N. dorsalis scapulae als erster von dem Hauptplexus sich ablost. Er trennt sich sehr bald von seinem caudalwarts strebenden dor- salen Genossen, wendet sich, rein transversal oder zugleich etwas rostralwarts gerichtet, nach der vom Coracoid gebildeten Brust- wand und tritt, ventral (aufen) an dem Lig. sterno-scapulare in- ternum vorbei, nach dem Foramen supracoracoideum und durch dasselbe, also diazonal, nach aufen. Auf der Aufenfliche des Coracoides versorgt er den M. supracoracoideus mit der Haupt- 1) Doch soll die Méglichkeit, da ein im allgemeinen ent- sprechender Nery bei gewissen Végeln (Rhinochetus u. A.) vorkomme, nicht von der Hand gewiesen werden. Der daselbst von Brpparp gefundene und als ,Accessory biceps“ bezeichnete Muskel zeigt nach Lage gewisse Uebereinstimmungen mit dem distalen Teile des M. humero-radialis von Sphenodon und wird méglicherweise auch von einem entsprechenden Nerven versorgt. Brpparp giebt nichts tiber seine Innervierung an (vergl. auch den nichsten die Végel behandelnden Teil dieser Untersuchungen). 2) Auf allen Abbildungen von Taf. XIV weil wiedergegeben. — Diese Nerven entsprechen Osawa’s N. supracoracoideus (I. 1) aus dem N. coraco-scapularis und N. brachialis longus inferior (III). 3) Auf allen Figuren von Taf. XIV wei gezeichnet. — R. sterno-coracoideus und R. costo-sterno-scapularis: Osawa. 4) N. supracoracoideus: Osawa, der auch den Hautast auffihrt. 388 Max Firbringer, masse seiner Aeste, wihrend ein feinerer Zweig, R. cutaneus supracoracoideus (N.c.spe), den M. supracoracoideus durch- bohrend und danach zwischen den Mm. deltoides clavicularis und pectoralis an des letzteren Vorderrande nach aufen tretend, die den Anfangsteil der Brust und Schulter deckende Haut innerviert. Der Nerv entspricht dem gleichnamigen Nerven der Lacertilier und Crocodilier. — Von Gebilden der menschlichen Anatomie kommt, wie ich bereits friher (Schultermuskeln, I, 1873, p. 270) hervorgehoben, der N. suprascapularis als partielles Homologon in Betracht; die Monotremen mit gut entwickeltem N. supra- coracoideus sind hierbei die Vermittler. b) Nn. thoracici inferiores‘). Feine, in ihrem Abgange und Verlaufe wechselnde Nerven (vergl. Fig. 116, 121, 122, 123), die mit 2—4 Wurzeln von VII, VIII und IX abgehen?), wobei die gegenseitige Starke derselben ganz von dem metamerischen Verhalten des Hauptplexus beherrscht wird; meist ist der von IX abgegebene Anteil etwas stiirker als der von VII stammende, wahrend der von VIII kommende auch den von IX abkémm- lichen etwas tibertrifft. Ueber einige der zahlreichen Variierungen des Abganges, die meist davon abhaingen, ob die einzelnen Wurzeln friiher oder spiter sich verbinden, orientieren die beigegebenen Abbildungen. Aus dem so gebildeten Plexus thoracicus in- ferior resultieren schlieflich zwei Nerven oder ein Nerv, der sich bald wieder in zwei Aeste teilt. Der vordere und _ stéirkere derselben reprasentiert den von VII und VIII oder VII, VIII und IX gebildeten N. sterno-coracoideus internus (N.séez) *), der, ventral (aufen) an dem M. sterno-costo-scapularis vorbei- ziehend, nach der ventralen Brustwand gelangt und sich hier mit einer Anzahl von Zweigen an den beiden Mm. sterno-coracoidei interni superficialis und profundus verteilt, wobei er zwischen beide Muskeln eindringt und somit den ersteren von der Innen- seite (N.stcispf), den letzteren von der Aufenseite her versorgt (N.siciprf). Der hintere schwichere Nerv (Ast) bildet den VIII und 1) Vergleiche Anm. 3 auf p. 387. 2) In den Fallen mit starker Plexuswurzel VI ist die Még- lichkeit einer sehr schwachen — Beteiligung derselben nicht vollig ausgeschlossen. Osawa aft die Nerven nur von VIII und IX abgegeben werden. 3) Osawa’s N. sterno-coracoideus, der mit 2 Wurzeln von VIII und IX abgegeben wird und die Mm. sterno-coracoidei interni sowie den M. costo-coracoideus dieses Autors versorgt. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 389 IX entstammenden N. sternocosto-scapularis (N.sfesc) *) und gelangt nach kiirzerem Verlaufe zu dem gleichnamigen von ihm innervierten Muskel. Entspricht den gleichnamigen Nerven der Lacertilier. Doch weicht die Lage zu dem M. sternocosto-scapularis zum Teil ab, indem derselbe bei Lacerta ventral (auSen) von dem N. sterno- coracoideus externus liegt. Zu den Crocodiliern existieren minder intime Beziehungen. — Von den Gebilden der menschlichen Ana- tomie kommt nur der N. subclavius als inkompletes Homologon in Betracht. c) N. pectoralis (N.p.)?). Sehr kraftiger Nerv, der VIII und IX oder VII, VIII und IX entstammt und entweder noch im Bereiche der letzten Ansen des Hauptplexus oder von dem Anfange des gemeinschaftlichen N. brachialis longus inferior neben dem N. coraco-brachialis proximalis oder mit demselben ver- bunden abgeht (vergl. Fig. 116, 121, 122, 123). Er wendet sich am hinteren Rande des M. coraco-brachialis longus nach aufen und unten, wobei er in zwei ansehnliche, stark divergierende Aeste sich teilt, einen meist etwas kraftigeren vorderen und etwas schwicheren hinteren, die beide in die Innenfliche des M. pecto- ralis eintreten, wobei vorwiegend der vordere den episternalen und sternalen, der hintere den parasternalen Teil desselben versorgt. Der N. pectoralis entspricht den gleichnamigen Nerven der iibrigen Sauropsiden und zugleich im wesentlichen den zu den Mm. pectoralis major und minor gelangenden Nn. thoracici anteriores der menschlichen Anatomie. d) N. coraco-brachialis et biceps proximalis (N.chbrpx, N.bipx)*). MaBig starker Nerv, der von VII und VIII oder VIII kommt‘) und in der bereits bei dem vorhergehenden 1) Osawa’s N. costo-sterno-scapularis, der aus IX stammt und den M. costo-sterno-scapularis innerviert. 2) N. pectoralis: Osawa (III. 1). 3) N. coraco-brachialis: Osawa (III. 2). Osawa findet wie ich die Versorgung des M. coraco-brachialis brevis und des proximalen Kopfes des M. biceps, giebt aber auferdem noch einen Zweig fiir das Caput coracoideum des M. subcoracoscapularis (seines M. sub- scapulo-coraco-brachialis) an, den ich niemals fand. Stets wurde, wie es auch nicht anders zu erwarten war, bei allen mir vorliegen- den Exemplaren dieser Kopf ausschlieBlich von dem N. subcoraco- scapularis versorgt. 4) Selbst eine Beteiligung von VI, wenn stark entwickelt, ist nicht ginzlich auszuschliefen. Doch gelang wir dieser Nachweis an meinem Materiale nicht. 390 Max Firbringer, Nerven angegebenen Weise von dem Plexus oder dem Anfang des N. brachialis longus internus sich ablést. Hierbei kann er bald etwas spiter, bald etwas friiher als der N. pectoralis, bald mit ihm ge- meinsam abgehen; im letzten Falle trennen sich beide Nerven nach kurzem Verlaufe voneinander. Er wendet sich direkt am hinteren Rande des Coracoides, also rostraler als der N. pectoralis nach unten und vorn (ventro-rostralwarts), durchbricht den pro- ximalen Bereich des M. coraco-brachialis brevis, den er hierbei mit Zweigen versorgt (N. coraco-brachialis proximalis, N.cbrpx), und endet danach in dem proximalen Bauche des M. bi- ceps, in dessen Innenfliche eintretend (N. biceps proximalis, N.bipx). Er ist ein Homologon der gleichnamigen Nerven der Lacer- tilier (in den Schultermuskeln, III, 1875, als Nn. coraco-brachialis und coraco-antibrachialis sub £, p. 660 neschrieben). Zu den ent- sprechenden Nerven der anderen Sauropsiden existieren minder innige Beziehungen. — Ganz im allgemeinen und sehr inkomplet vergleichbar ist der Nerv mit den proximalsten zu dem M. coraco- brachialis gelangenden Rr. musculares des menschlichen N. mus- culo-cutaneus; die Hauptsache des Nerven fehlt dem Menschen. e) N. cutaneus brachii et antibrachii inferior medialis (N.c.abim, N.cut.abim)'). Gut entwickelter Hautnerv, der IX, X und wohl X12) entstammt und in sehr variabler Weise, bald vor Bildung des N. brachialis longus inferior, bald als einer der ersten Zweige desselben Nerven, von dem Hauptplexus abgeht und, friiher oder spiter in mehrere Zweige zerfallend, an der Medialseite des Oberarms (den Mm. anconaeus scapularis, coraco- brachialis longus und biceps medial aufliegend) und des Vorderarms (auf der Beugemuskulatur derselben) distalwarts zieht und hierbei die Haut der betreffenden Strecken bis herab zur Hand versorgt. Entspricht dem gleichnamigen Nerven der Lacertilier und Crocodilier (in den Schultermuskeln, III, 1875, p. 660 sub y als N. cutaneus brachii et antibrachii medialis angefiihrt) und ent- halt Elemente des N. cutaneus brachii internus minor et major (N. cutaneus brachii et antibrachii medialis) der menschlichen Anatomie in sich, wobei er zugleich einen Teil des von dem 1) N. cutaneus brachii et antibrachii medialis: Osawa (III. 4). 2) Wegen der Zartheit der von XI abgegebenen Wurzel und ihrer friihen Vereinigung mit X war an dem mir disponibeln Materiale der direkte Nachweis nicht zu fiihren; per exclusionem ist aber die Beteiligung von XI sehr wahrscheinlich., Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. oul menschlichen N. cutaneus brachii externus (cutaneus antibrachii lateralis) versorgten Gebietes vikariierend tibernimmt. f) N. brachialis longus inferior (N.bri)'). Der kraf- tige Hauptstamm der Nn. brachiales inferiores des Plexus, der von VII, VIII, IX, X und wohl auch XI?) abstammt. Er giebt zuerst, falls dieselben nicht schon friiher sich vom Plexus losgelést haben, die Nn. pectoralis (c), coraco-brachialis proximalis (d) und cutaneus brachii et antibrachii inferior medialis (e) ab und zer- fallt nach kurzem Verlaufe *) in drei Hauptaste, die von dem N. brachialis longus superior zuerst nur durch die Sehne des Anconaeus coracoideus geschieden werden, dann aber, auf die Ventralseite des Armes gelangend, sich weiter von dem dorsalen Nerven entfernen. Von den drei Hauptasten (Fig. 116) zweigt sich der schwachste derselben, N. brachialis longus inferior lateralis (N. musculo-cutaneus et medianus e. p.) (N.briilt)4), zuerst ab*) und begiebt sich, durch den Spalt zwischen den Mm. coraco-brachiales brevis und longus hindurchtretend, zur Beugeseite des Oberarms, wobei er die benachbarten Mm. coraco-brachiales, biceps (distaler Bauch) und brachialis inferior mit mehreren zum Teil ganz an- sehnlichen Zweigen (Nn. coraco-brachiales distales, N.cbrdi; N. biceps distalis, N.osdi; N. brachialis in- ferior, N.bri) versorgt und mit einem den M. brachialis inferior schrag durchsetzenden schwachen Zweige an die Haut der Radial- seite des Vorderarms im Bereiche des M. brachio-radialis (supina- tor) gelangt (N. cutaneus antibrachii lateralis, N.c.ablt) *). 1) Umfaft Osawa’s Nervuli coraco-brachiales (III. 3), N. hume- ralis superior (III. 5), N. musculo cutaneus (III. 6), N. humeralis inferior (III. 7), N. medianus (III. 8) und N. ulnaris (infolge eines Schreibfehlers auch mit III. 8 bezeichnet). 2) Siehe Anm. 2 auf p. 390. 3) Diese Teilung kann sehr friih, noch ehe der Nerv in den Bereich des Oberarms gelangte, oder im proximalen Gebiete des- selben erfolgen. 4) Entspricht Osawa’s No. III. 3, 5, 6 und Anteil von 8. 5) Auch hier ist ein Wechsel zu konstatieren, indem dieser Abgang viel friiher als die Sonderung der beiden anderen Aeste oder auch nahezu in derselben Hohe erfolgen kann (vergl. Anm. 3). 6) Dieser Teil des N. brachialis longus inferior lateralis, der die 3 Beugemuskeln im Bereiche des Oberarms versorgt und mit dem N. cutaneus antibrachii lateralis endet, kann als N. musculo-_ cutaneus bezeichnet werden. Dem entspricht auch in der Haupt- Bd, XXXIV. N. F. XXVII. 26 392 Max Firbringer, Nach Abgabe aller dieser Zweige gelangt der wesentlich dinner gewordene Nerv‘), von dem distalen Bauche des M. biceps brachii bedeckt, in den Bereich des Ellenbogengelenkes, wo er medial neben der Insertionssehne der vereinigten Mm. biceps brachii und brachialis inferior zum proximalen Teile des Vorderarms geht, um sich in dessen Beugemuskulatur einzusenken. Hierbei giebt er Zweige an den M. pronator und N. brachialis longus inferior medialis (ulnaris) ab und tritt gleich darauf unter intimer Ana- stomosenbildung mit dem N. brachialis longus inferior medianus (medianus brachii) zusammen, um gemeinsam mit ihm den Haupt- bereich der Beugeseite von Vorderarm und Hand (Muskeln und Haut) zu versorgen. Dieser gemeinsame Nerv (Nervenkomplex) kann als N. medianus (antibrachii et manus)') bezeichnet werden. Von den beiden anderen, in ihrer Dicke einander sehr nahe kommenden Hauptisten verlauft der meist ein wenig schwachere N. brachials longus inferior medianus (N. medianus brachil) N.brlime?) an der Medialseite des Oberarms zwischen Anconaeus coracoideus resp. den vereinigten K6épfen und Bauchen des M. anconaeus einerseits und dem M. coraco-brachialis longus anderer- seits langs des Humerus, ohne einen Zweig abzugeben; an der sache die Nomenklatur von Osawa (III. 6), der nur die fiir die Mm. coraco-brachialis bestimmten Zweige von dem Hauptteile als Nervuli coraco-brachiales (III. 3) sondert. Der Hautast ist richtig von ihm dargestellt. Dagegen giebt er auch eine Versorgung des M. humero-radialis (M. humero-antebrachialis lateralis Osawa) durch den N. musculo-cutaneus an, die nach meinen Beobachtungen nicht existiert. Bei allen daraufhin untersuchten Exemplaren sah ich nur feine Gefafzweige aus dem medialen und ventralen Gebiete des Oberarms (wo der N. musculo-cutaneus sich befand) zu dem M. humero-radialis treten. Die wirklichen Nerven dieses Muskels entstammten aber dem Gebiete des N. deltoides clavicularis und des N. brachio-radialis aus dem N. radialis. 1) Dieser Teil des N. brachialis longus inferior lateralis ent- spricht in der Hauptsache dem N. humeralis superior Osawa’s (III. 5). Osawa findet im wesentlichen gleich mir die Vereinigung mit dem N. brachialis longus inferior medianus (seinem N. hume- ralis inferior, III. 7) zu einem gemeinsamen Stamm fiir die Beuge- seite des Worderarms und der Hand, den er als N. medianus (III. 8) bezeichnet. Dieser ist identisch mit meinem N. medianus antibrachii et manus. 2) Osawa’s N. humeralis inferior (III. 7); nach der Vereinigung mit dem Endteil des N. humeralis superior (III. 5) als N. medianus (III. 8) bezeichnet (siehe die vorhergehende Anmerkung). 9 Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 393 hinteren Oeffnung des Canalis nervi mediani s. entepicondyloideus angelangt, tritt er durch diesen Kanal hindurch in den Bereich der Ellenbogenhéhle, worauf er, bedeckt von dem gleichfalls hier liegenden N. brachialis longus inferior lateralis, zum Anfang der Beugeregion des Vorderarms geht und hier mit diesem Nerven die soeben beschriebenen Verbindungen eingeht, welche zur Bildung des N. medianus (antibrachii et manus) (N.meam) fiihren‘). Der dritte Hauptast wird durch den N. brachialis longus inferior ulnaris (N. ulnaris) (N.brliw)?) reprasentiert, der ein wenig kraftiger als der N. brach. longus inf. medianus (medianus brachii) und etwa doppelt so dick wie der N. brachialis longus inferior lateralis ist. Er verlauft neben dem zuvor beschriebenen Nerven und vom Humerus etwas mehr entfernt als dieser zwischen dem M. anconaeus und dem M. coraco-brachialis longus und ge- langt, am meisten ulnar gelegen, zwischen Epicondylus medialis und Olecranon in den proximalen Bereich der Beugemuskulatur des Vorderarms. Von da aus geht er im ulnaren Bereiche des Vorderarms und der Hand weiter, um hier Muskulatur und Haut zu versorgen. : Der N. brachialis longus inferior entspricht im grofen und ganzen dem gleichnamigen Nerven der anderen Sauropsiden, zeigt aber eine Verteilung, die in verschiedenen Punkten abweicht und gewisse gemeinsame Ziige mit derjenigen der menschlichen Anatomie aufweist. Wie bereits die gewahlte Nomenklatur zeigt, enthilt er die Elemente der menschlichen Nn. musculo-antaneus, medianus und ulnaris in sich, derart verteilt, daS der N. brach. long. inf. lateralis dem N. musculo-cutaneus und einem Teile (einer Wurzel) des N. medianus entspricht, der N. brach. long. inf. medianus den anderen Teil (andere Wurzel) des N. medianus darstellt und der N. brach. long. inf. medialis s. ulnaris in der Hauptsache dem N. ulnaris homolog ist. Auch in dem Durchtritt des N. brach. long. inf. medianus durch einen Canalis nervi mediani (entepicon- dyloideus) spricht sich eine Aehnlichkeit mit dem Verhalten bei den Saugetieren aus, die tibrigens mit den Rhynchocephaliern auch gewisse Theromorphen und Sauropterygier teilen. Man darf aber darauf nicht nahere verwandtschaftliche Beziehungen dieser Reptilien mit den Mammalia griinden, sondern kann hier nur von parallelen Bildungen sprechen. 1) Vergl. die beiden vorhergehenden Anmerkungen. 2) N. ulnaris: Osawa (III. 8; soll II. 9 heifen). 26 * 394 Max Firbringer, E. Crocodilia. Das Verhalten der Plexuswurzeln bei den Crocodiliern hat v. JHERING bei Crocodilus americanus (acutus), Caiman sclerops (Jacare sclerops) und Caiman trigonatus studiert. Genau so wie bei den von mir untersuchten Crocodilus americanus (acutus) und Alligator mississippiensis (lucius) fand er eine Zusammensetzung des Plexus aus dem 7. bis 11. Spinalnerven und eine Bildung des N. supracoracoideus durch die dem 7. und einem Teile des 8. Nerven angehérenden Wurzeln. Die Crocodile reihen sich somit, wie schon 1875 und 1879 von mir betont, in dieser Hinsicht den Varanidae und (wie ich auf Grund des von JHERING gemachten Befundes bei Agama stellio zufiigen kann) vielleicht gewissen Agamidae an. Mit der Riick- wartswanderung des Plexus verbindet sich die metamerische Um- bildung der Wirbelsiule, welche (gleich den meisten Varanidae und v. JHERING’s Exemplar von Agama stellio) 9 Cervikalwirbel zahlit. § 15. Muskeln der Schulter und des Oberarms'). Litteratur ”), Gtnrner, A., Contribution to the Anatomy of Hatteria (Rhyncho- cephalus Owen). Phil. Trans. Roy. Soc., CLVII, P. Il, p. 595 —629. London 1867. 1) Zur neueren eigenen Untersuchung dienten: Lacertilia. Geckonidae: Hemidactylus mabouia Mor., Gecko verticillatus Laur., Ptychozoon homalocephalum Crev.; Uropla- tidae: Uroplates fimbriatus Scun.; Scincidae: Lygosoma oliva- ceum Gray; Gerrhosauridae: Zonosaurus madagascariensis Gray; Lacertidae: Lacerta ocellata Daup.; Tejidae: Ameiva surinamensis Laur.; Zonuridae: Zonurus cordylus L.; Igua- nidae: Phrynosoma cornutum Haru.; Agamidae: Calotes jubatus D. et B.; Varanidae: Varanus niloticus L.; Chamaeleontidae: Chamaeleo vulgaris Daup., Brookesia superciliaris Kunn. — Rhyn- chocephalia. Sphenodontidae: Sphenodon punctatus Gray (6 Exemplare in der Groéfe von 7,5 bis 50 cm; vergl. p. 365, Anm. 2). — Crocodilia. Alligatoridae: Alligator mississippi- ensis Daun. (All. lucius, 3 Exemplare). 2) Hinsichtlich der friiheren Litteratur verweise ich auf die Abhandlung von 1875 (Zur vergleichenden Anatomie der Schulter- muskeln, III, Morph. Jahrb., I, p. 688 f.). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 395 Forsricer, Zur vergleichenden Anatomie der Schultermuskeln. I. Jenaische Zeitschrift, VII, p. 237-320. Leipzig 1873. — II, Ibidem, VIII, p. 175—280. Jena 1874. — III. Morpholog. Jahrb., I, 1875, p. 636—818. Leipzig 1876. Aurx, E., Sur la détermination du muscle long supinateur chez les oiseaux. Journ. d. Zoologie p. P. Gervais, III, p. 21—25. Paris 1874. -— Essai sur l’appareil locomoteur des oiseaux. Paris 1874. (Enthalt auf p. 424—427 eine zum Vergleiche mit der Flugmuskulatur der Vogel herangezogene Beschreibung der Schultermuskeln von Monitor, wahrscheinlich Varanus niloticus.) Newman, A. K., Notes on the Physiology and Anatomy of the Tuatara (Sphenodon giintheri). Trans. and Proc. New. Zealand Inst., X, 1877, p. 222—239. Wellington 1878 (read 22. IX. 1877). (Beschreibung mehrerer Muskeln.) SauvacE, H. E., Etude sur le membre antérieur du Pseudope de Patias. Ann. sc. nat. (6. sér.) Zoologie, VII, Art. 15 (13 pp.). Paris 1878. (Diirftige und unrichtige Angaben iiber einzelne beziigliche Muskeln von Ophisaurus apus.) Furperincer, M., Zur Lehre von den Umbildungen der Nervenplexus. Morph. Jahrb., V, p. 324—394. Leipzig 1879. Sapatipr, A., Comparaison des ceintures et des membres antérieurs et postérieurs dans la série des Vertébrés. Extr. d. Mém. d. PAcad. d. Sc. et Lettr. de Montpellier, LX (437 pp.). Mont- pelher et Paris 1880. (Vergleichend-anatomische Untersuchung und Beurteilung der entsprechenden Arbeiten anderer Autoren; einzelne eigene Untersuchungen an Alligator lucius; Innervation nur ganz nebensichlich beriicksichtigt.) bE Vis, Cu. W., Myology of Chlamydosaurus kingii. Proc. Linn. Soc. N. 8S. Wales, 1883, p. 300—320. Sydney 1884. (Kurze und zum Teil gute Beschreibung ohne Beriicksichtigung der Nerven.) Carusson, A., Untersuchungen iiber die Gliedmafenreste bei Schlangen. Bihang till K. Svenska Vet. Akad. Handl., XI, 1885, No. 11 (38 pp.). (Notiz tiber die Innervation einiger Muskeln bei Pygopus lepidopus und Amphisbaena vermicularis). Smauian, O., Beitrage zur Anatomie der Amphisbaenoiden. Zeitschr. f. wiss. Zool., XLII, p. 126—202. Leipzig 1885. (Gute Angaben iiber die Muskulatur von Blanus cinereus, Amphisbaena fuligi- ‘nosa, Anops kingii und Trogonophis wiegmanni.) Sauvace, H. E., Note sur le plexus brachial et le plexus sacro- lombaire du Zonure géant. Bull. Soc. Zoolog. de France, p. 489 —499. Paris 1887. (Angaben iiber Innervation einiger Schulter- muskeln von Zonurus giganteus.) Brooks, H. Sr. J.. On the Morphology of the Extensor Muscles. Stud. Mus. Zool. Dundee, I, No. 5 (17 pp.). Dundee 1889. (Ver- halten des N. radialis zum M. anconaeus etc. von Sphenodon punctatus. ) 396 Max Fiirbringer, Snuretpt, R. W., Contributions to the Study of Heloderma suspectum. Proc. Zool. Soc. London, 1890, p. 148—244. (Ziemlich genaue Beschreibung der Schulter- und Oberarmmuskeln, ohne Beriick- sichtigung der Innervation. ) Oruanpi, S., Note anatomiche sul Macroscincus coctei. Atti Soe. Ligust. Sc. Nat. Genova, V, Fasc. 2. Genova 1894. (Kurze und zum Teil unrichtige Angaben iiber einige Schultermuskeln und ihre Funktion von Macroscincus coctaei; die Innervierung wurde nicht beriicksichtigt. ) Maurer, Fr., Die ventrale Rumpfmuskulatur einiger Reptilien. Festschr. fiir Graunspaur, I, p. 181—258. Leipzig 1896. (Gute Bemerkungen itiber Ursprung und Lage der Mm. pectoralis, sterno-coracoideus, sternocosto-scapularis etc. bei Cyclodus [wahr- scheinlich Tiliqua scincoides}, Lacerta agilis, muralis und viridis, Sphenodon punctatus und Crocodilus sp.) Osawa, G., Beitrage zur Anatomie der Hatteria punctata. Arch. f. mikr. Anat., LX, p. 481—691. Bonn 1898. (Gute Beschreibung der Muskulatur von Sphenodon punctatus nebst Innervation derselben. ) Die folgenden Ausfiihrungen zeigen, wie das durch ihren Charakter als Nachtrige bedingt ist, eine gewisse Ungleichmiabig- keit der Bearbeitung. Die Abschnitte iiber die kionokranen Lacer- tilier und Chamaeleontier schliefen sich den entsprechenden Dar- stellungen von 1875 an, gehen aber mit Riicksicht auf ihre syste- matische Verwertung mehr in das Detail bei den einzelnen neu untersuchten Vertretern ein. Auf eine Behandlung der betreffen- den Teile bei den Amphisbaeniern mute ich zunachst ver- zichten, da mir von dieser Abteilung nur Formen mit weit vor- geschrittener Reduktion des Brustschulterapparates zu Gebote standen, welche nur eine ganz allgemeine Vergleichung mit den Verhiltnissen der mit Gliedmafen versehenen Lacertilier erlaubten ; erst eine rationelle Untersuchung von Chirotes, kombiniert mit derjenigen gewisser Tejidae, wird speciellere Aufklarungen zu Tage fordern. Die Bearbeitung der Schultermuskeln des lebenden Ver- treters der Rhynchocephalier, Sphenodon, ist ausfithrlich gegeben. Der die Crocodilier betreffende Abschnitt kniipft an die Beschrei- bung von 1875 an und ist wesentlich polemischer Natur, indem er ganz vorwiegend die damals von mir gegebenen Darstellungen und Deutungen gegentiber den ziemlich weit zuriickliegenden, von mir bisher aber nicht beantworteten Angriffen SABATIER’S ver- teidigt und aufrecht erhalt, — eine recht unerquickliche Arbeit, die aber notwendig erschien, da es sich hier nicht blof um ein Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 397 paar specielle Reptilienmuskeln, sondern namentlich um sehr ab- weichende Methoden in der vergleichend-myologischen Untersuchung handelt. A. Kionokrane Lacertilia. (Vergl. Taf. XV, Fig. 124—160.) Die seit 1874 veréffentlichte Litteratur tiber die Sehulter- muskeln der kionokranen Lacertilier enthalt eine ausfiihrlichere Untersuchung von SHUFELDT tiber Heloderma (Helodermatidae), zum Teil brauchbare Beschreibungen und Deutungen der Muskeln von Attx bei Monitor (Varanidae) und von pe Vis bei Chlamydo- saurus (Agamidae), diirftige Mitteilungen von SAUVAGE tiber Ophi- saurus (Anguidae) und OrLANDI tiber Macroscincus (Scincidae), beilaufige Bemerkungen tiber den M. pectoralis von Maurer bei Tiliqua (Scincidae) und Lacerta (Lacertidae), kurze, aber gute An- gaben tiber die Innervation der hierher gehérigen Muskeln von Cartsson bei Pygopus (Pygopodidae) und eine zusammenfassende kritische Besprechung und Deutung von Sapatrer. — Ich habe zu dem friiher (1870 und 1875) von mir untersuchten Materiale noch die oben (p. 365, Anm. 2) angefiihrten Vertreter der Gecko- nidae, Uroplatidae, Scincidae, Gerrhosauridae, Lacertidae, Tejidae, Zonuridae, Iguanidae, Agamidae und Varanidae zugefiigt, wobei mich hauptsachlich die Verwertung der Untersuchung der be- treffenden Muskeln — deren hohe Bedeutung hierfiir mir meine Untersuchungen iiber die Morphologie und Systematik der Vogel 1888 ergeben hatten — zu systematischen Zwecken leitete. Ob- wohl die Zahl der dafiir zur Verfiigung stehenden Tiere eine recht kleine, lange nicht alle Klassen der kionokranen Lacertilier um- fassende war, ergab die Untersuchung doch Resultate, die um- fassenderen Arbeiten auf diesem Gebiete eine gute Prognose stellen lassen. In der folgenden Darstellung vermeide ich, soweit nicht be- sondere Griinde zum Gegenteil gegeben sind, alle Detailangaben der Untersuchungen und beziehe mich in der Hauptsache auf meine friihere Darstellung von 1875. Von der Litteratur verwerte ich im wesentlichen nur die wichtigeren und gesicherteren Mit- teilungen seit dieser Zeit und stelle auch nur die Nomenklatur seit 1875 zusammen. 398 Max Firbringer, 1. Cucullaris s. Trapezius und Sterno-episterno-cleido-mastoideus (Capiti-dorso-clavicularis und Capiti-cleido-episternalis) (cw). Capiti-dorso-clavicularis (Cucullaris) und Capiti- cleido-episternalis (EH pisterno -cleido-mastoi- © deus): FUrRBRINGER. Trapéze et Cléido-mastoidien: Atrx. Cléido-mastoidien: Sauvage 1878. Sterno(cleido)-mastoideus und Trapezius, Sterno- mastoideus und Trapezius: bse Vis, SHurenpr (No. 15 und 16). Cucullare: Oruanpi. Mehr oder minder einheitliche oder in Partien gesonderte Muskelausbreitung am Halse und am Anfang des Riickens und der Schulter, welche von dem Hinterteile des Kopfes, sowie dem dorsalen Bereiche des Halses und Riickens bis zum 10.—13. Wirbel entspringt und an Episternum, Sternum, Clavicula und Scapula resp. Suprascapulare inseriert. Der vom Kopf kommende und zu Episternum, Sternum und dem mittleren Bereiche der Clavicula gehende Teil mége als Episterno-cleido-mastoideus, der vom Hals und Riicken beginnende und an dem dorsalen Teile der Clavicula und der dariiber gelegenen Scapula (Suprascapulare) endende als Cucullaris betrachtet werden. Der gesamte Muskel wird in seinem gréBeren vorderen Bereiche in wechselnder Ausdehnung von dem M. depressor mandibulae et sphincter colli bedeckt (am weitesten nach hinten bei Zonosaurus, Lacerta, Ameiva, am eigenartigsten bei Phrynosoma), und deckt andererseits im Halsbereiche die Mm. levator scapulae superficialis, cleido-hyoideus und episterno-hyo- ideus, am Riicken den Anfang des M. latissimus dorsi und an der Schulter zum Teil die Mm. dorsalis scapulae und deltoides clavi- cularis, sowie bei Varanus im Brustbereiche den Anfang des M. pectoralis, wihrend bei allen anderen Lacertiliern dieser das ventrale insertive Ende des M. sterno-episterno-cleido-mastoideus deckt. Der vordere und ventrale Teil wird vorwiegend vom N. acces- sorius, die tibrige Hauptpartie von Nn. spinales (cervicales) inne r- viert, bei den primitiveren Formen ist der Accessorius-Anteil voluminéser entwickelt als der Spinalis-Anteil, der bei den héheren Typen betrachtlich tiberwiegt. Der Ursprung beginnt in wechselnder Weise vom Parietale und Squamosum, von der Dorsalkante des Halses (Dornfortsatzen der Halswirbel), wobei der Muskel oft mit dem der Gegenseite verwachsen ist, und von dem dorsalen Bereiche des Anfangsteiles Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 399 des Riickens, und zwar hier meist aponeurotisch, bei relativ guter Ausbildung frei und selbstandig von den Proc. spinosi der 4 bis 5 ersten Dorsalwirbel, bei gréferer Riickbildung nicht so deutlich bis dahin verfolgbar, sondern mit dem aponeurotischen Ursprungs- teil des M. latissimus dorsi verschmolzen. Die Insertion geschieht, vom ventralen Gebiete ab ge- rechnet, am Episternum (Querschenkel in wechselnder Ausdehnung), an dem AuSensaume des Labrum coracoideum des Sternum (gleich- falls in variabler Strecke), sehr ausgedehnt an der Clavicula (auf- steigender Schenkel) und endlich an dem Acromion und dem supraacromialen Bereiche der Scapula resp. des Suprascapulare (meist in senkrechter, vor dem Ursprunge des M. dorsalis scapulae gelegener Linie). Die Insertion an dem Querschenkel des Epi- sternum (cw.ep) findet, der Mittellinie bald naher kommend, bald weiter von ihr entfernt, sehnig-muskulés, entweder mit Ueber- wiegen des muskulésen oder mit Ueberwiegen des sehnigen Gewebes, statt; in der caudalen Fortsetzung desselben ist zwischen dem Querschenkel des Episternum und dem auferen Saume des cora- coidalen Labrum des Sternum die diinne Membrana sterno- episternalis (JMstest) ausgespannt. Lateral schlieSt sich direkt die sternale Insertion (cw.st) des Muskels an, die in Gestalt einer Insertionsaponeurose lateral an der Spitze des episternalen Querschenkels vorbei nach dem coracoidalen Labrum des Sternum zieht. Diese sternale Insertionsaponeurose und die Membrana sterno-episternalis sind zusammengehorige und ganz gleich gebaute Gebilde, die je nach der Lange des episternalen Querschenkels in einem korrelativen GréSenverhaltnis stehen: bei relativ kiirzeren Schenkeln (Gecko, Hemidactylus) ist die mediale Membrana sterno- episternalis schmaler als die laterale Insertionsaponeurose (Fig. 124), bei mafig langen Schenkeln (Zonosaurus) sind beide gleich breit (Fig. 125), bei noch langer werdenden Schenkeln (Lygosoma |Fig. 126], namentlich aber Lacerta, Ameiva, Zonurus) ist die Membran breiter als die Aponeurose, die schlieflich bei den Lacertiliern mit T-férmigem oder dieser Form sich naherndem Episternum (Iguanidae, Agamidae, doch mit Ausnahmen) gegen- iiber der Membran ganz in Riickbildung tritt. In diesem letzten Falle existiert keine sternale Insertion mehr, und Muskel und Membrana sterno-episternalis sind durch den Querschenkel des Episternum getrennte Dinge. Bei Phrynosoma fand sich an Stelle der sehnigen Sternalaponeurose eine muskulése Ausbreitung. Bei Uroplates fehlt die episternale Insertion; das kleine Rudiment des 400 Max Firbringer, Episternum dient hier dem Ursprunge des M. episterno-hyoideus. Alle diese episternalen und sternalen Insertionsteile des Muskels nebst der Membrana sterno-episternalis schieben sich zwischen M. pectoralis und M. deltoides clavicularis ein, wobei sie von ersterem iiberdeckt werden; bei gewissen Scincidae mit rudimentiren Glied- maBen und anderen schlangenahnlichen Lacertiliern kommt es hierbei zu mehr oder minder ausgedehnten und auch tiber die AuBenflache des M. pectoralis sich ausbreitenden Verbanden beider Muskeln, die sich als sekundare Differenzierungen von den typischen Befunden bei den mit guten Extremitaten versehenen Lacertiliern ableiten lassen. Auch Aberrationen an andere benachbarte Muskeln (Kpisterno-hyoideus, Deltoides clavicularis) lassen sich beobachten (Phrynosoma). Diese oberflichlichen Verbénde sind unter teilweiser Aufgabe der tiefen in extremer Weise bei Varanus entwickelt: hier endet der episternale Teil nur zum kleinsten Teile vor dem M. pectoralis, zieht aber in der Hauptsache oberflachlich tiber diesen Muskel hinweg (nicht von ihm gedeckt) nach seiner Insertion am Liingsschenkel des Episternum. Die claviculare Insertion (cu.cl), in den meisten Fallen die ausgedehntere des Muskels, findet an dem ganzen aufsteigenden (lateralen) Schenkel der Clavi- cula statt; mitunter (Lacerta, Ameiva) wird sie durch das Kin- ereifen des Ursprunges des M. dorsalis scapulae in eine kleinere dorsale Abteilung, die sich dem scapularen Insertionsteile naher anschliekt, und eine breitere ventrale Portion gesondert. Auch findet sich ein Weitergreifeu oberflachlicher Teile auf die Fascie des M. deltoides clavicularis, gewissermafen in der lateralen Ver- breiterung der oben beschriebenen sternalen Insertionsaponeurose (z. B. bei Zonosaurus, Lacerta, Ameiva). An diesen drei Insertions- stellen (Episternum, Sternum und Clavicula) endet in der Haupt- sache der von Kopf und Hals entspringende, descendent bis trans- versal verlaufende Hauptteil des Muskels; der vom Ricken kommende Teil geht in transversaler bis ascendenter Richtung an die oben angegebene Stelle der Scapula (Suprascapulare) und zum Teil an das dorsale Ende der Clavicula. In primitiver Ausbildung bildet der Muskel eine mehr oder minder einheitliche Ausbreitung (Cucullaris 4+- Episterno-cleido- mastoideus: Gecko individuell, Lygosoma, Zonosaurus, Lacerta ind., Ameiva, Tupinambis). Daran schlieBen sich Sonderungen mifigen Grades an, entweder innerhalb des Cucullaris zwischen Hals- und Riickenteil (Gecko ind., Varanus ind.) oder zwischen Kopf- und Halsteil, d. i. zwischen Episterno-cleido-mastoideus et Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 401 und Cucullaris (Tarentola, Trachysaurus, Lacerta ind., Zonurus, Iguana, Liolepis, Uromastix); erstere sind die variableren und unwichtigeren, letzteren kommt eine héhere Bedeutung zu. Weiter- hin fiihrt der Sonderungsprozef unter Ausfall (Riickbildung) ge- wisser Muskelpartien zur vollkommenen Scheidung des Sterno-episterno-cleido-mastoideus und Cucullaris (Uroplates, gewisse schlangenahnliche Scincidae und Anguidae, Heloderma [SHuretpr], Phrynosoma, Calotes, Chlamydosaurus [pE Vis], Lophyrus, Varanus ind.), wobei bei Varanus die Schei- dung am Ursprungsteile sehr ausgeprigt, am Insertionsteile wenig ausgeprigt ist, wahrend Phrynosoma den héchsten Grad der Sonderung der beiden ganz weit voneinander entfernten Muskeln reprisentiert. Der Sterno-episterno-cleido-mastoideus bildet hierbei ein gut oder mabig entwickeltes Muskelband, der meistens viel diinnere Cucullaris zeigt alle méglichen Riickbildungsgrade bis zu erheblicher Verschmalerung (bei Phrynosoma von den 35 bis 4 ersten Dorsalwirbeln entspringend: vélliger Schwund des Hals- teiles) oder Zerfall in eine vordere Hals- und eine hintere Riicken- partie (Varanus [ALrx], Uroplates); selbst vollkommener Schwund des Cucullaris wird angegeben (Phrynosoma nach SANDERS). Bei Uroplates kommt der vordere Teil des Cucullaris (Cu. anterior s. cervicalis) von dem Parietale und den 6 ersten Wirbeln und geht zum dorsalen Teile der Clavicula und zum Acromion, der hintere Teil (Cu. posterior s. dorsalis) vom 8. bis zur Mitte des 11. Wirbels und endet, der Insertion des vorderen Teiles nahe kommend, sie aber nicht erreichend, an dem supraacromialen Be- reiche des Suprascapulare. Auf Grund dieser Befunde kennzeichnet, soweit untersucht, die Geckonidae, die Mehrzahl der Scincidae und die Gerrho- sauridae, danach die Lacertidae und Tejidae ein mehr primitives Verhalten des Muskels; gewisse Scincidae, die Zonuridae, Anguidae und gewisse Agamidae bieten eine etwas weiter vorgeschrittene Differenzierung (progressiver oder retrograder Natur) dar; dieselbe erreicht bei den Uroplatidae, Helodermidae, Iguanidae, gewissen Agamidae und den Varanidae e. p. den héchsten Grad. Uroplates weicht voéllig von den Geckonidae ab und zeigt ein Quale, das in weiterer Differenzierung zu Verhiiltnissen fiihrt, wie sie sich bei den Chamaeleontiden finden. Varanus stellt sich im Verhalten des Episterno-cleido-mastoideus zum Pectoralis allen anderen Lacertiliern (inkl. die Chamaeleontidae) und — wie noch hinzu- 402 Max Firbringer, gefiigt werden mag — Sphenodon gegeniiber, nihert sich aber dabei mehr den Crocodiliern. 2. Levator scapulae superficialis (Collo-scapularis superficialis). Collo-scapularis superficialis (Levator scapulae superficialis): FUrRBRINGER. Angulaire No. 1 et No. 2 (omo-basilaire): Anrx. Levator scapulae: pr Vis, SHureipt (No. 18). Collo-scapularis: Carusson. Ansehnlicher Muskel an der Seitenfliche des Halses, der eréftenteils von dem M. episterno-cleido-mastoideus, im hinteren ventralen ‘eile auch haufig von dem dorsalen, von Scapula, Supra- scapulare und acromialen Ende der Clavicula kommenden Saume des M. episterno-cleiduv-hyoideus resp. episterno - cleido - omo- hyoideus bedeckt wird. Er beginnt sehnig muskulés oder vorwiegend sehnig bei der Mehrzahl der untersuchten Tiere vom Seitenteil des 1. Wirbels, wozu bei einigen (Gecko, Uroplates, Ameiva) noch ein kleiner von dem Proc. transversus des 2. Wirbels entspringender Zipfel kommt’), und gebt in einen Muskelbauch iiber, der immer breiter werdend und von einigen Cervikalnerven bald in seinem mittleren, bald in seinem ventralen Bereiche durchbohrt, nach hinten verlauft und in erokem Wechsel an der Aufenfliche der Suprascapulare (vor oder iiber dem M. cucullaris), an dem Vorderrand und vorderen Innen- saum der Scapula, von da aus mitunter recht weit auf die Innen- flache iibergreifend (namentlich bei Phrynosoma)’, am Acromion und hiiufig am dorsalen Ende der Clavicula (wenig bei Gecko, Lacerta, Ameiva, Zonurus, mehr bei Uroplates, Lygosoma) inseriert. Der Muskel zeigt mit Riicksicht auf seine Kontinuitaét einen 1) Die von verschiedenen Autoren gemachten Angaben iiber einen Ursprung vom Occipitale (vergl. Schultermuskeln, 1875, die p. 702, Anm. 1 gegebene Litteratur-Zusammenstellung, wozu noch Ortanpt 1894 hinzukommt) erscheinen bis auf weiteres, bis nicht sicherer beglaubigte Untersuchungen vorliegen, zweifelhaft. Auch die Mitteilungen tiber Urspriinge von den auf den 2. folgenden Halswirbeln (vergl. pe Vis, Ortanpr) beruhen wohl in der Haupt- sache darauf, daf man Teile des M. levator scapulae profundus dem vorliegenden Muskel zurechnete. (Doch vergleiche die Text- beschreibung, Varanus betreffend.) Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 403 grofen Wechsel: er ist ganz oder fast einheitlich bei Gecko, Uro- plates, Ameiva, Phrynosoma, wenig gespalten bei Zonosaurus, Zonurus und Uromastix, fast ganz in einen dorsalen und ventralen Teil (Levator scapulae superficialis superior und inferior) zerfallen bei Lygosoma und anderen Scincidae, sowie Lacerta, vielleicht auch bei Chlamydosaurus (DE Vis). Bei _ selb- standiger Ausbildung der beiden Teile endet der etwas breitere und oberflichlichere Levator scapulae spf. superior an der Aufen- flache des Suprascapulare, an demselben namentlich bei Scincidae oft recht weit nach hinten greifend, der etwas schmalere und tiefere Levator scapulae spf. inferior an der Scapula und Clavicula; die Nn. cervicales treten zwischen beiden oder durch den letzteren hindurch. Aus diesen Mitteilungen ist ersichtlich, da dem Muskel eine héhere systematische Bedeutung nicht zukommt. Ganz abweichend von allen anderen Lacertiliern — und auch von Sphenodon — verhalt sich der Levator scapulae supertficialis von Varanus. Hier entspringt der schlanke und lange Muskel von den Proc. transversi resp. Rippen der 6 ersten Halswirbel, wobei die von dem 1., 2., 3. und einem Teile des 4. kommende schwachere vordere Partie an dem Vorderrande des Suprascapulare (Levator scapulae superficialis superior), der vom 4., 5. und 6. Wirbel kommende kraftigere Teil an dem Vorderrande des dorsalen Teiles der Scapula endet (Levator sc. spf. inferior). Angesichts dieses sehr eigentiimlichen Befundes und der ginzlich davon differierenden Beschreibung von Atix*) sind weitere Unter- suchungen an Varaniden sehr erwiinscht. 3. Serratus superficialis (Thoraci-scapularis superficialis). Thoraci-scapularis superficialis (Serratus super- ficialis): Firprincer. Grand dentelé, No. 1: Aux. Wohl 1. Portion des Serratus: bE VIs. Serratus superficialis: Saurexipr (No. 24). 1) Aurx, der auch den M. omo- resp. cleido-hyoideus seinem Angulaire einfiigt, unterscheidet ein kleines, von der Rippe des 6. Wirbels entspringendes Biindel und einen enormen Omo-basilaire, der von der Basis des Occipitale komme. Ich fand bei dem yon mir untersuchten Exemplare nichts dergleichen. 404 Max Firbringer, sreiter und ansehnlicher, an der Seitenflache des Rumpfes hinter der Scapula s. lat. gelegener Muskel, der grofenteils von dem M. latissimus dorsi gedeckt wird. Er entspringt bald (seltener) mit deutlicher gesonderten, bald (haiufiger) mit mehr zusammen- fliekenden Zacken meist von 2, minder oft von 3 (Phrynosoma, Varanus) oder 4 (Uroplates) Rippen in der hinteren Hals- oder vorderen Brustregion!) und geht in descendenter Richtung (von hinten und unten nach vorn und oben) an den hinteren Rand des Suprascapulare (in der ganzen Ausdehnung desselben) und meist auch des dorsalen Endes der knéchernen Scapula; gewohnlich ereift er hierbei auch etwas auf den Aufensaum, mehr noch auf den Innensaum tiber. Die Insertion an der Scapula s. str. fehlt oder ist minimal bei Ameiva, Zonurus, Varanus, relativ recht an- sehnlich (dorsale ?/, derselben) bei Uroplates, wahrend sich die anderen untersuchten Lacertilier, wie erwaihnt, auf eine sehr mafkige Ausdehnung am dorsalen Ende der Scapula beschranken; bei Zon- urus bleibt das dorsale Ende des Suprascapulare frei. Bei der Mehrzahl der kionokranen Lacertilier hat der Muskel gewisse Beziehungen zur Sonderung der M. subscapularis in eine innere und aufere Partie (s. unten bei dem M. subscapularis). In der Regel zeigt sich der M. serratus superficialis deutlich von dem M. serratus profundus getrennt; bei Uroplates ist, infolge der Existenz einer Uebergangspartie, diese Scheidung minder aus- gepragt. ee 1) Unter Zufiigung friiherer Befunde ergiebt sich ein Ursprung von den beiden letzten Halsrippen (7, 8) bei Tarentola, Lacerta, Ameiva, Tupinambis, Zonurus, Iguana, Phrynosoma individuell, Lio- lepis, — von der letzten Hals- und 1. Brustrippe (8, 9) bei Gecko, den untersuchten Scincidae, Zonosaurus, Ophiodes, Pygopus, Uro- mastix, — von den 2 ersten Brustrippen (9, 10) bei Heloderma (SuureLpT), — von den 3 letzten Halsrippen (6, 7, 8) bei Phrynosoma ind., von den 2 letzten Hals- und der 1. Brustrippe (7, 8, 9) bei Chlamydosaurus (pz Vis), — von den 2 letzten Hals- und der 1. Brust- rippe resp. von der letzten Hals- und den 2 ersten Brustrippen (8, 9, 1 oder 9, 1, 2) bei Varanus ind., — von den 3 ersten Brust- rippen (1, 2, 3) bei Varanus (Aurx), — von den 2 letzten Hals- und 2 ersten Brustrippen (7, 8, 9, 10) bei Uroplates. Die grofe Verschiedenheit von Uroplates und den untersuchten Geckonidae ist in die Augen fallend. — In der Hauptsache sind aber diese Vari- ierungen weniger ein Zeichen generischer Differenzen, als der Aus- druck der sich deutlich an diesem Muskel ausdriickenden meta- merischen Verschiebungen der vorderen Extremitit. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 405 4. Levator scapulae et Serratus profundus (Collo-thoraci-scapularis profundus). Collo-thoraci-scapularis profundus (Levator sca- pulae et Serratus profundus), a) oberflachliche Schicht, b) tiefe Schicht: Firprineer. Grand dentelé, No. 2: Anrx (vielleicht auch einen Teil des Angulaire No. 1 enthaltend). Wohl 2., 3. und 4. Portion des Serratus: bE Vis. Serratus profundus und Serratus III.: Ssure.pr (No. 25 und 26). Samtliche untersuchte Tiere, mit Ausnahme von Varanus, lassen die typischen 1875 beschriebenen Verhaltnisse erkennen. a) Die kleinere oberflachliche Schicht kennzeichnet sich durch ziemlich schmale und voneinander getrennte Zacken odcr Biindel, descendenten resp. descendent-longitudinalen Verlauf derselben und eine in der Regel am vorderen Teile der Innenflache des Suprascapulare stattfindende Insertion; nur bei Uroplates fand sich ein Ansatz des hinteren schwacheren, gewissermafen eine tiefere Lage des Serratus superficialis resp. eine Uebergangspartie zwischen diesem und dem Serratus profundus bildenden, Biindels an dem hinteren Innensaum des dorsalen Teiles der knéchernen Scapula s. str. Der Ursprung dieser Schicht beginnt in der Regel in grokem Wechsel von 2, seltener 3 Halsrippen '). b) Die meist ansehnlichere tiefe Schicht bildet eine mehr zusammenhangende Lage von vorwiegend transversalem (vorn transversal-ascendentem) Verlaufe und inseriert ausgedehnt am dor- salen Bereiche der Innenflache des Suprascapulare. Sie entspringt dorsal von der oberflichlichen Schicht in sehr wechselnder Weise von den (freien oder verbundenen) Rippen von 2—5 Halswirbeln ?), 1) Von 5 und 6 bei Tarentola, Lacerta, Ameiva, Zonurus, — 6 und 7 bei Gecko, Trachysaurus, Uromastix, — 7 und 8 bei Iguana (Mrvarr), — 8 und 1 bei Heloderma (SuureLpr), — 4, 5, 6 bei Tupinambis, Phrynosoma, — 5, 6, 7 bei Uroplates. — Ebenso- wenig wie bei der tiefen Schicht kommt diesen Zahlen eine tiefere systematische Bedeutung zu; ihr Wechsel ist der Ausdruck der Variabilitat der metamerischen Verschiebungen und Umbildungen (vergl. auch die vorhergehende Anmerkung). 2) Von 5 und 6 bei Phrynosoma, Liolepis, — von 6 und 7% bei Iguana (Mivart), — von 4, 5, 6 bei Tarentola, Zonosaurus, Lacerta ind., Ameiva, Tupinambis, — von 5, 6, 7 bei Gongylus, Trachysaurus, Heloderma (SuureLpt), Uromastix, — von 4, 5, 6, 7 bei Gecko, Lacerta ind. — von 3, 4, 5, 6, 7 bei Uroplates. 406 Max Firbringer, wobei die Randzacken schwiacher sind als die in der Mitte des Muskels befindlichen. Ganz einseitig ist der Muskel bei Varanus gebildet, indem hier eine oberflachliche Lage nicht nachweisbar ist, die tiefe aber eine besondere Differenzierung darbietet. Er entspringt von dem 3. bis 8. Halswirbel resp. deren Rippen mit 6 Zacken, von denen die beiden vordersten unbedeutend sind, die beiden mitt- leren zu einem sehr kraftigen Muskelbauche zusammenfliefen und die beiden hintersten durch besondere Breite sich kennzeichnen. Der von dem 3. bis 6. Wirbel resp. Rippe kommende Teil liegt vor der Scapula und wird zum Teil durch den M. levator scapulae superficialis bedeckt; er verliuft in ascendenter resp. ascendent- longitudinaler Richtung und geht in eine mittelstarke Aponeurose iiber, welche an die AufSenfliche des Suprascapulare gelangt und hier dorsal von dem vorderen Teile des M. dorsalis scapulae in- seriert. Der von der 7. und 8. Halsrippe entspringende Teil wird von Scapula und Suprascapulare bedeckt und geht in transver- salem Verlaufe an den breiten Dorsalsaum* der Innenflache der Scapula. Wahrend somit der hintere Teil des Muskels den nor- malen Bildungen der kionokranen Lacertilier eutspricht, hat der vordere durch Vermittelung einer offenbar von ihm neu (sekundar) gebildeten Aponcurose (eroberten Fascie) eine von dem Verhalten aller anderen Kionokranier (und auch Sphenodon) abweichende Insertion an der AuSenflache (statt an der Innenfliche) des Supra- scapulare gewonnen, die ihn auf den ersten Blick leicht als einen Teil des M. levator scapulae superficialis (superior) ansprechen lassen kiénnte, wenn eine solche Deutung nicht durch die genauere Untersuchung verboten wiirde *). 5. Sterno-coracoideus internus superficialis und profundus °). Sterno-scapulaire (welcher den Sterno-coracoidien profond zu ersetzen scheint): ALrx. 1) Aurx thut dieser eigentiimlichen Verhaltnisse keine Er- wahnung. Auch hier sind bei der Eigenartigkeit der Bildung Untersuchungen an weiteren Varaniden geboten. 2) Sauvace beschreibt und bildet bei Ophisaurus apus (Pseudo- pus pallasii) einen M. costo-claviculaire ab, der von den Randern der 2., 3. und 4. Rippe komme, an der Innenflache des Sternum und dem hinteren Rande des Episternum inseriere und ein ,, Analogon“ des Subclavius zu sein scheine. Einen solchen Muskel finde ich weder bei Ophisaurus noch einem anderen Lacertilier. Vielleicht handelt es sich um zum Teil unrichtig beschriebene Teile des M. obliquus abdominis internus resp. der Mm. intercostales. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 407 Sterno-coracoideus internus superficialis und Sterno-coracoideus internus profundus: Ftr- BRINGER, SHUFELDT (No. 27 u. 28). Sterno-costo-coracoidiens (faisceaux coracoidiens du petit pectoral des Mammiferes): SABATIER. Sterno-coracoid: DE VIS. Sterno-coracoideus internus: Carusson. An der Innenflaiche des Sternum und des Coracoides liegende Muskeln, die bei den Geckonidae eine wenig getrennte Muskelmasse, Sterno-coracoideus internus, bilden, bei Zonosaurus, Lacerta, Ameiva, Varanus in die beiden Mm. sterno-coracoidei interni superficialis und profundus gesondert sind, aber noch mannigfache Zusammen- hange hier aufweisen, und endlich bei Zonurus und den unter- suchten Iguanidae und Agamidae groéfere Selbstandigkeit zeigen. Bei Uroplates ist der M. sternocoracoideus internus profundus ganz zurtickgebildet, der M. stc. int. superficialis ziemlich gut ent- wickelt. I. Sterno-coracoideus internus (communis). Die von mir 1875 fir Tarentola annularis (Platydactylus aegyptiacus) gegebene Beschreibung gilt auch fiir Hemidactylus mabouia. Der Muskel entspringt hier mehr oder minder einheitlich von der Innenfliche des Sternum, namentlich auch des Labium internum des Sulcus coracoideus desselben, sowie der sternalen Anfange der mit dem Brustbein verbundenen Sternocostalien, und inseriert vorwiegend muskulés an dem vorderen und medialen Bereiche der Innenflache des Coracoides (Epicoracoid). Eine wenig ein- greifende Scheidung in einen lateralen oberflichlicheren und einen medialen tieferen Teil wird durch die sternale Insertion des M. transversus abdominis und des sehr zarten Lig. sterno-scapulare internum bedingt. Bei Gecko ist diese Sonderung weiter durch- gefiihrt, wobei zugleich auch die tiefere Portion sich geweblich durch eine in ihrem caudalen Bereiche schrage Insertion (recht kurze Endsehne) gegentiber der muskulés inserierenden oberflach- lichen Portion heraushebt. Damit ist der Uebergang zu zwei Mm. sternocoracoidei interni gegeben. Il. Sterno-coracoideus internus superficialis und Sterno-coracoideus internus profundus. Zwei in verschiedenen Graden der Sonderung begriffene Muskeln, die in ihrer groferen hinteren Halfte durch die sternale Anheftung des M. transversus abdominis und des hier besser ausgebildeten Lig. sterno-scapulare internum gut geschieden sind, im Anfangsbereiche Bd, XXXIV. N, F. XXVIL. 27 408 Max Firbringer, des Sternum dagegen alle Grade von Zusammengehdorigkeit bis zu vollkommener Trennung aufweisen; damit geht auch eine scharfere Differenzierung der Insertion Hand in Hand, die bei dem M. ste. int. superficialis vorwiegend oder rein muskulés, bei dem M. ste. int. profundus gemischt oder vorwiegend resp. rein sehnig, bis zur Ausbildung einer schlanken platten Sehne, stattfindet. a) Sterno-coracoideus internus superficialis. Der kleinere und kiirzere, aber breitere laterale Muskel, der in wechselnder Ausdehnung von dem Labium internum des Sulcus coracoideus sterni, bei einigen auch von dem sternalen Ende der ersten Sternocostalien (bei Varanus sehr ausgedehnt vom 1., bei Heloderma [nach SuuretpT] vom 1. und 2. Sternocostale), sowie von dem ihn innen deckenden und vom M. sterno-coracoideus in- ternus profundus scheidenden sternalen Anfange des Lig. sterno- scapulare internum (Lygosoma, Phrynosoma, namentlich aber Va- ranus) entspringt und mit longitudinalen resp. longitudinal-descen- denten, in der Hauptsache parallelen Fasern an die Innenflache des medialen Teiles des Coracoides (Epicoracoid) geht, wo er rein oder vorwiegend muskulés medial neben dem Ursprunge des M. sub- coracoideus und medial neben der Sehne des M. ste. int. profundus, aber viel ausgebreiteter als sie, im Bereiche der gréferen (Lygo- soma, Zonosaurus, Lacerta, Varanus) oder kleineren (Uroplates, Phrynosoma) vorderen Halfte oder, vorwiegend hinter dieser Sehne, am mittleren Drittel des Epicoracoides (Zonurus) inseriert. Dem- entsprechend zeigt der Muskel auch bei den ersterwahnten Lacer- tiliern, vor allen bei Varanus'), eine ansehnliche, bei Uroplates, Zonurus und Phrynosoma eine mabige Entfaltung. 1) Hier bei Varanus kann man von einem miachtigen M. sterno- coracoideus internus superficialis sprechen, der mit mehreren In- sertionszipfeln (welche die Endsehne des M. ste. int. superficialis umfassen, also zum Teil auch lateral von ihr inserieren) an der Innenflaiche des Epicoracoides medial neben dem M. subcoracoideus endet. Auch ist hier der Ursprung von dem Lig. sterno-scapulare internum und namentlich dem 1. Sternocostale in grofer Ausdehnung entwickelt. Die Bezichungen zu Sternocostale und Ligament mégen Autx veranlaft haben, ihn als Sterno-scapulaire (,,Le sterno-cora- coidien profond semble étre remplacé par un sterno-scapulaire qui va de la premiére céte & la face profonde de l’omoplate, et qui est rejoint par une expansion tendineuse de la longue portion du triceps“) zu deuten. Die genaue Untersuchung lehrt, daf hier nicht die dem Sternocosto-scapularis eigentiimliche Insertion an dem Lig. sterno-scapulare internum (offenbar Axx’ Expansion tendi- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 409 b) Sterno-coracoideus internus profundus. Der gréBere, von der sternalen Innenflache resp. ihrem hinteren Ab- schnitte und in wechselnder Zahl und Ausdehnung von den mit dem Sternum artikulierenden Sternocostalien entspringende, mediale Muskel*), der in seinem hinteren und mittleren Bereiche durch den M. transversus abdominis und das Lig. sterno-scapulare in- ternum von dem lateralen M. sterno-coracoideus internus super- ficialis geschieden ist, weiter vorn aber bald mehr oder minder mit ihm zusammenhaingt (Zonosaurus, Ameiva, mehr noch bei Gecko, Lacerta und Varanus), bald mehr oder minder vollkommen von ihm getrennt ist (Zonurus, Phrynosoma, Uromastix, Calotes). Die Insertion geschieht in der Regel sehnig-muskulés resp. mit kiirzerer Sehne (primitive Formen) oder schlankerer Sehne (hohere Formen) lateral oder kraniolateral neben der Insertion des M. ste. int. superficialis 2) vor der Mitte (meist im Bereiche des 2. Viertels, bei Phrynosoma noch weiter vorn) der Innenfliche des Epicora- coides. In der Regel ist der Muskel recht kraftig, bei Varanus héchst ansehnlich entwickelt; bei Uroplates ist er ganzlich zuriick- gebildet. SABATIER (1880, p. 154—156) wirft mir, weil ich die beiden Mm. sterno-coracoidei scharf von dem M. pectoralis abgetrennt hatte, eine Konfusion vor, die er zerstéren miisse, und vergleicht sie danach mit den Faisceaux coracoidiens des M. pectoralis minor der Saugetiere, welche bei gewissen Vertretern derselben eine besonders tiefe Lage des M. pectoralis minor bilden. SapaTrer’s Ausfiihrungen haben mich in keiner Weise von der Unrichtigkeit meiner Homologisierung tiberzeugt ; seine Argumentation vernach- lassigt die sehr verschiedene Innervation der Sterno-coracoideus- neuse), sondern vielmehr ein Ursprung von demselbe: vorliegt, welcher dem Sterno-coracoideus internus superficialis zukommt. Auch nach seiner sonstigen Lage kann kein Zweifel bestehen, daf es sich um einen M. sterno-coracoideus internus sunerficialis und nicht um einen M. sternocosto-scapularis handelt. 1) Meist ist der Ursprung von dem 1. Sterncostale ganz minimal oder fehlt ganz; wenig ausgedehnt entspringt der Muskel von dem 2. Sternocostale, ausgedehnter von den nichstfolgenden. pE Vis beschreibt bei Chlamydosaurus einen Ursprung von allen sternocostalen Articulationen. 2) Bei Gecko verticillatus auch von einem lateralen Insertions- zipfel des M. stc. int. superficialis umfaft. Das Gleiche findet sich, obschon minder entwickelt, bei Varanus. 27 * 410 Max Firbringer, (Subclavius-) und der Pectoralis-Gruppe, beachtet nicht genug die Lagebeziehungen und zieht Differenzierungen zum Beweise herbei, welche sich erst innerhalb der Saugetierreihe ausgebildet haben. Eine Ankniipfung an niedrigere Zustande als bei den Rep- tilien ist schwierig und mit den jetzigen Materialien kaum zu geben, weil bei den daraufhin untersuchten (und wohl allein noch iibergebliebenen) Amphibien direkte Homologa dieser Muskeln nicht existieren. Nach Faserrichtung und Lage kénnen sie nur zu dem Rectus abdominis oder zu den Intercostales (externi und interni) in homodyname Beziehungen gebracht resp. deren Systemen zugerechnet werden. Beide Systeme stehen, wie Maurer (1896) nachgewiesen hat, in engem genetischen Zusammenhange mitein- ander, und MAurer (p. 196 und p. 200) faBt beide Mm. sterno- coracoidei von Sphenodon, ohne sie zu benennen (der M. sterno- coracoideus int. spf. wird mit x, der M. sterno-coracoideus int. prf. mit z bezeichnet), als Teile des prasternalen Rectus-Systemes auf, hierbei zugleich angebend, da’ z auch Fasern aus den ventralen Intercostales (gleichwertig den Intercostales externi und interni) aufnehme. Das ist in der Hauptsache auch meine Anschauung. Ich rechne sie zum Rectus-System des Rumpfes, ohne hierbei zu unterscheiden, ob und wie viel Material ihnen von den nahe ver- wandten Intercostales ventrales beigemengt sei‘). Bei Urodelen fehlt, zufolge der weitgehenden Reduktion in dieser K6rpergegend, jede specieller darauf beziigliche Bildung ‘). Bei den Anuren existieren geringfiigige Insertionen des M. rectus abdominis am ventralen Schultergiirtel, die meist in Gestalt von feinen Sehnenziigen an der hinteren medialen Ecke des Coracoides sich anheften; zu diesen bestehen gewisse, aber sehr wenig kom- plette Homologien ”). 1) Auch das mammale Diaphragma gehért zu diesem System und ist dem M. sterno-coracoideus internus verwandt. 2) Die von mir friiher (Schultermuskeln, III, 1875, S. 710) an- gebene Homologie ,im weitesten Sinne“ mit dem M. abdomini- scapularis der Anuren méchte ich trotz ihrer schon damals sehr vorsichtig gehaltenen Fassung nicht mehr festhalten; dieser Muskel steht nicht zu den Mm. sterno-coracoidei interni, sondern zu dem M. sternocosto-scapularis (p. 411 f.) in gewisser Relation. Der M. pectori-scapularis internus der Urodelen (Schultermuskeln, I, 1873) kommt auch nicht in Frage, sondern hat zum System der zum Zungenbein gehenden Muskels (Omo-hyoideus) nahere Beziehungen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 411 6. M. sternocosto-scapularis und Lig. sterno-scapulare internum. a) M. sternocosto-scapularis: Sternocosto-scapularis (Costo-coracoideus): Fir- BRINGER. Sternocosto-scapulaire (Faisceau scapulaire du petit pecto- ral des Mammiferes): SaBATIER. Costo-coracoid, Costo-coracoideo: pr Vis, ORLANDI. Sternocosto-scapularis: Carusson, SHuretpt (No. 29). b) Lig. sterno-scapulare internum: Expansion tendineuse de la longue portion du triceps: ALIx. Lig. sterno-scapulare internum: FURBRINGER. Sterno-coracoid ligament: pr Vis. Ziemlich schmaler und miifig entwickelter Muskel, dessen Existenz immer an die Ausbildung des Lig. sterno-scapulare in- ternum gebunden ist und der hiufig fehlt. Er liegt viel dorsaler als die Mm. sterno-coracoidei interni. Er entspringt in gréferer (Lygosoma, Trachysaurus, Lacerta) oder geringerer Ausdehnung (Zonosaurus, Ameiva, Zonurus, Lo- phyrus, Uromastix) von dem Vorderrande des 1. Sternocostale ') und geht in longitudinalem Verlaufe, ohne sich wesentlich zu verschmiilern, nach vorn an das Lig. sterno-scapulare internum, um sich breiter oder schmaler, im Bereiche von dessen mittlerem Drittel, an dasselbe in schrigem Winkel in der Richtung nach der Scapula zu anzuheften (vergl. Fig. 143 u. 144, stesci). Dement- sprechend wirkt sein Zug vorwiegend auf die scapulare Strecke dieses Bandes, das damit die Stelle einer an der Scapula endenden Insertionssehne dieses Muskels tibernimmt’). Bei Lygosoma, Trachysaurus und Lacerta ist der Muskel relativ am besten, bei Ameiva, Zonurus, Lophyrus und Uromastix miakig, bei Zonosaurus recht schwach entwickelt; bei Hemidactylus, Tarentola, Gecko, Uroplates, Phrynosoma, Varanus*) fehlt er ganz. 1) Bei Macroscincus nach OrLanpr von den 3 ersten Sterno- costalien, was noch nachzuuntersuchen ist. 2) Saurenpt und Ornanpr lassen daher auch den Muskel an der Scapula direkt inserieren. 3) Nach Aurx bei Varanus (Monitor) gut entwickelt, den M. sterno-coracoideus profundus ersetzend und von dem 1. Sternocostale nach der Scapula erstreckt. Ich glaube, daf hier eine Verwechslung mit dem M. sterno-coracoideus internus superficialis vorliegt (vergl. Anm. 1 auf p. 408). 412 Max Firbringer, Das Lig. sterno-scapulare internum (Fig. 143—146, L.stsci) bildet eine sehnige Briicke, die an der Innenfliche des Brustschulterapparates von der Mitte des Labium internum des Sulcus coracoideus sterni (vor der sternalen Insertion des M. trans- versus abdominis) (sé) nach dem ventralen vor dem Acetabulum befindlichen Teile der Scapula (sc¢;), an der Grenze gegen das Cora- coid (in der Regel zwischen dem Caput scapulare und dem Caput coracoideum des M. subcoracoscapularis) ausgespannt ist!) und hierbei die Mm. sterno-coracoideus internus superficialis und sub- coracoideus (Caput coracoideum m. subcoracoscapularis) innen iiberbriickt. Die sternale Strecke dieses Bandes ist stets diinner, breiter und mehr nach Art einer zarten Aponeurose gebildet als die kraftiger, schmaler und mehr wie ein schlankes Ligament ge- staltete. Seine Starke hingt meistens zu einem guten Teile von dem Grade der Entfaltung des M. sternocosto-scapularis ab: wo dieser Muskel einen kraftigeren Zug auf das Ligament ausiibt, ist es namentlich in seiner scapularen, der Hauptwirkung der- selben ausgesetzten Strecke kraftig ausgebildet, und umgekehrt; doch kann es auch bei schwacher Ausbildung des Muskels un- verhaltnismavig stark sein (Zonurus). Auch bei ginzlichem Mangel des M. sternocosto-scapularis existiert das Lig. sterno-scapulare internum, meistens schwach (untersuchte Geckonidae, Uroplates), doch auch in ganz guter Ausbildung (Phrynosoma, Fig. 146, Va- ranus, Fig. 145), weil die Reduktion aus Stiitzgewebe geformter Gebilde einem trageren Entwickelungsgange unterliegt als die- jenige von Muskeln, und weil bier noch von anderen Instanzen (Verbindungen mit Sterno-coracoideus internus superficialis und Anconaeus coracoideus) die Inanspruchnahme und Erhaltung dieses Bandes abhangt. Die geringste Entfaltung zeigt das Lig. sterno-scapulare in- ternum bei Uroplates und den Geckonidae: hier bildet es einen zarten Zug, der in schleierartiger Diinnheit, und teilweise selbst nicht leicht erkennbar von dem Sternum (sé) (Labium internum der Sulcus coracoideus) ausgeht und sich in seinem weiteren Ver- laufe zu einer diinnen, schmalen und schlanken Sehne konzentriert, (lie zwischen den Anfaingen der Mm. subscapularis und subcoraco- ideus (Hemidactylus, Gecko) oder vor denselben (Uroplates) an 1) Nach Aurx bei Monitor an der Innenfliche ,du scapulum sur son union avee le sus-scapulaire“ angeheftet; ich kann dies nicht bestatigen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 413 dem coracoidalen Ende der Scapula sich anheftet (sc'). Kraf- tiger, aber noch einfach, lediglich mit sternaler und scapularer Insertion, ist das Band bei Lygosoma gebildet. Weiterhin kommt dazu eine coracoidale Ankerung (cv), welche die Mitte des Bandes mit der hinteren Ecke des Coracoides verbindet (err) und meist auch mit der Ursprungssehne des Anconaeus coracoideus (ac) vereinigt ist (sehr wenig bei Zonurus, besser bei Mabuia cari- nata, Zonosaurus, Lacerta, Ameiva, Iguana, Uromastix, Varanus, in hohem Grade bei Phrynosoma), ihr partiell als Ausgangspunkt dienend.* Ueber die sehr wechselnden Verhaltnisse orientieren die beigegebenen Abbildungen (Fig. 143— 146) besser als weitliufige Beschreibungen ; stets ist hierbei die scapulare Strecke des Bandes die kraftigste. Endlich kann die coracoidale Ankerung auch dem M. coraco-brachialis longus teilweisen Ursprung gewihren (Phrynosoma, Varanus). SABATIER (p. 154—156) vergleicht den M. sternocosto-scapu- laris, unter den entsprechenden Argumenten wie bei den vorher- gehenden Muskeln, mit den Faisceaux scapulaires des Pectoralis minor der Mammalia. Daf ich ihm nicht zustimmen kann, ergiebt sich aus meinen Bemerkungen sub Sterno-coracoidei p. (409, 410). Ueber seine Homologisierung mit Gebilden der Saugetiere — soweit tiberhaupt Elemente des Sternocosto-scapularis sich noch bei den Saugern finden, kann nur an die Subclaviusgruppe derselben gedacht werden -— werde ich mich specieller bei diesen iufern. Auch hier ist die Genese und Ableitung des M. sternocosto- scapularis und des Lig. sterno-scapulare internum, mangels aus- reichender Zwischenformen zwischen und bei Amphibien und Rep- tilien, nicht direkt zu demonstrieren. Der M. sternocosto-scapularis diirfte, wie Maurer bei Sphenodon (der betreffende Muskel ist hier ebenfalls nicht benannt, sondern mit z’ bezeichnet) dargethan hat und wie auf den ersten Blick einleuchtet, eine vordere Fortzetzung der Mm. inter- costales ventrales (externi, interni) darstellen. Bei den iiber- lebenden Urodelen fehlt aber jede ahnliche Bildung. Bei den Anuren existiert allerdings ein Muskel (M. abdomini-scapularis FURBRINGER, vergl. Schultermuskeln, I, 1873, p. 303, Pars ab- dominalis s. omo-abdominalis s. scapularis des M. obliquus externus der Autoren), der in der Faserrichtung und in der Anheftung an der Scapula (hinteres ventrales Ende des Suprascapulare) eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Sternocosto-scapularis hat, aber durch seine Zugehérigkeit zu dem M. obliquus externus und durch 414 Max Firbringer, seine speciellere Anordnung sich weiter von ibm entfernt; sehr inkomplette Beziehungen allgemeinster Art diirfen jedoch zwischen beiden Muskeln angenommen werden, da aueh der Obliquus_ ex- ternus ultima ratione von primitiven Intercostales ableitbar ist. Etwas dem Lig. sterno-scapulare internum Ver- eleichbares fehlt allen daraufhin untersuchten Amphibien. Es kann jedoch zum vorderen sehnigen Rande der inneren Bauch- muskeln der Lacertilier (Transversus und Obliquus internus) in Beziehung gebracht werden. Dieser Rand lauft im ventralen Bereiche parallel zu dem Bande und inseriert direkt nebén seiner sternalen Anheftung, derselben innen aufliegend. Man kann so- nach an eine sekundare, erst bei den Reptilien erfolgte Ausbrei- tung von der auBeren Flache dieses Randes nach der Innenflaéche des Schultergiirtels unter Heranziichtung des hier befindlichen Bindegewebes zu einer festen Sehnenbriicke durch den EinfluS des M. sternocosto-scapularis oder auch an partiell umgebildete und — ebenfalls unter dem Einflusse dieses Muskels!) — noch in Resten erhaltene primordiale Bildungen denken, welche aber wegen der in jener Gegend bei den Amphibien viel weiter als bei den Reptilien vor sich gegangenen Verkiimmerungen noch weniger er- halten geblieben sind als bei den primitiven Reptilien, denen die kionokranen Lacertilier ziemlich nahe stehen. Eine Begriindung und Entscheidung zwischen beiden Annahmen ist indessen zur Zeit nicht zu geben; es handelt sich zunachst um nicht mehr als um aufgeworfene Fragen. 7. Pectoralis. Pectoralis, Pectorale: Firprincer, Carisson, SHUFELDT (No. 19), Ortanpi, Maurer. Grand pectoral, Pectoralis major: Attx, DE VIs. Grand pectoral (Grand pectoral et faisceaux huméraux du petit pectoral des Mammiféres): SaBaTrer. Breiter und ansehnlicher Muskel an der Ventralfliiche der Brust und des Bauches, der hinten von dem M. obliquus abdominis externus superficialis und M. rectus abdominis lateralis *) tiberdeckt 1) Warum das Band auch nach dem Schwunde dieses Muskels wie so viele Gebilde aus Stiitzgewebe erhalten geblieben ist, wurde schon oben (p. 412) besprochen. 2) Dieser den M. pectoralis lateral iiberlagernde vordere End- teil des M. rectus lateralis wurde von mir 1875 als Supra- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 415 ist, vorn gréftenteils frei unter der Haut liegt, soweit nicht bei einigen Lacertiliern (gewisse Scincidae, namentlich aber Varanus) der hintere Teil des M. episterno-cleido-mastoideus ihm auflagert. Andererseits deckt er den M. obliquus abdominis externus pro- fundus, die Anfiinge der Mm. coracobrachiales, biceps brachii und supracoracoideus, den hinteren Saum des M. deltoides clavicularis und bei den meisten Lacertiliern den hinteren Teil des M. epi- sterno-cleido-mastoideus und die Membrana sterno-episternalis (cf. p. 400). In der Regel ist sein mittlerer Teil am stirksten; von da aus schwiacht sich der Muskel nach vorn und nach hinten ab. Der M. pectoralis entspringt vom Episternum, Sternum nebst Sternocostalien und lést sich hinten von dem M. rectus abdominis medialis ab, wobei zugleich geringere Zusammenhainge mit den anderen angrenzenden Bauchmuskeln existieren. Wie schon 1875 von mir angegeben, ist der hintere Ursprung der alte, urspriing- liche, bei den Amphibien den Schwerpunkt des Muskels aus- machende, der vordere, namentlich der vom Episternum, der neu erworbene; letzterer befindet sich bei den Lacertiliern noch in der Ausbreitung nach vorn begriffen. Der episternale Ursprung beschrankt sich bei Hemidactylus, Gecko, Lygosoma, Ameiva auf den hinteren Langsschenkel des Episternum, bei Lacerta, Zonurus, Calotes, Uromastix, Varanus greift er in verschieden grofer Aus- dehnung auf den Querschenkel tiber; infolge von sekundarer Re- duktion des Episternum kann der von diesem beginnende Ursprung recht zuriicktreten (Phrynosoma) oder ganz ausscheiden (Uroplates). Bei Heloderma (SHuFELDT), Liolepis (SANDERS) und Chlamydo- saurus (DE Vis) wird auch ein clavicularer Ursprung an- gegeben '); die von mir untersuchten Lacertilier zeigten ihn nicht. Der sternale und sternocostale Ursprung ist der am meisten ausgebreitete und geschieht in der ganzen Linge des Sternum, vorn mehr im medialen Bereiche desselben, hinten in pectoralis bezeichnet. Ich lasse diesen Namen jetzt fallen und folee der Nomenclatur von Maurer (1896), der die Beziehungen des M. pectoralis zur Bauchmuskulatur bei Lacerta und Tiliqua genau und eingehend beschreibt. 1) Ich kann diese Angaben weder bestitigen noch beanstanden, da mir die angefiihrten héheren Lacertilier nicht zur Untersuchung vorlagen. Die entsprechenden Mitteilungen Rtpineur’s von einem clavicularen Ursprunge bei Scincidae und Lacertidae halte ich teils, soweit ich nachuntersuchte, fiir irrig, teils fiir recht unwahr- scheinlich. 416 Max Firbringer, seiner gréferen bis ganzen Breite und erstreckt sich von da auf die mit dem Sternum verbundenen Sternocostalien mit Ausnahme des ersten, das an diesem Ursprunge nicht participiert. Meist beschrinkt sich der Ursprung vom 2. Sternocostale auf dessen sternales Ende, greift bei dem 3. weiter und erreicht in der Regel, aber nicht ausnahmslos, am 4. die griéf%te Ausdehnung ‘), wihrend die folgenden 2 bis 3 Sternocostalien nur bei einzelnen Lacertiliern (Uroplates, Zonurus) in ausgedehnterem Mafe daran participieren. Der hintere Teil des Pectoralis steht bei den nie- deren und mittelhoch stehenden Formen in direktem Zusammen- hange mit dem Rectus abdominis medialis, wihrend bei den héheren Familien und den Gattungen mit median verbundenen Sterno- costalien gewisse Modifikationen dieser Beziehung existieren. Die Insertion des Muskels geschieht kraftig fleischig-sehnig an der Beugeflache des Proc. lateralis humeri, wozu nicht selten eine schwache Ankerung an der Ventralfliche des Tuberculum mediale humeri kommt; letztere ist bei Uroplates recht kraftig entwickelt und bildet zusammen mit der Hauptinsertion des Muskels eine feste Scheide um die Ursprungssehne des M. biceps. brachii. Meist reprasentiert der Muskel eine einheitliche Ausbreitung ; veringere Unterbrechungen des Zusammenhanges werden aber nicht selten beobachtet. Den 1875 angegebenen Fallen kann ich noch Varanus anreihen, wo die vom vorderen Teil des Kpisternum entspringende Partie des Muskels eine gewisse Selbstindigkeit gewinnt und mit separater tiefer Endsehne dicht neben dem supracoracoideus und mit ihm verbunden an dem proximalen Teil des Proc. lateralis inseriert. Bei Lygosoma fand ich eine von dem Insertionsteil des M. pectoralis ausgehende Aberration an die Haut der Beugeflache des proximalen Oberarmbereiches in Gestalt eines diinnen sehnigen Zipfels. SABATIER (p. 156) erblickt in dem Pectoralis der Lacertilier ein Homologon des Grand pectoral und der Faisceaux humeraux du petit pectoral der Saiugetiere; das stimmt mit meiner 1875 dar rgelegien Vergleichung tiberein. 1) Die Verhiltnisse sind sehr wechselnde. Bei Phrynosoma bildet das 3. (von seinem iibrigen Rippenteile abgeléste und einen langen hinteren Seitenfortsatz ‘des Sternum bildende) Sternocostale den Schwerpunkt, bei den meisten Lacertiliern das 4., bei Zonurus (wo die 4 ersten Sternocostalien gar nicht am Ursprunge des Pectoralis participieren) das 5. und 6. Sternocostale. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 417 8. Supracoracoideus '). Supracoracoideus: FURBRINGER. EK picoraco-huméral, Epicoraco-humeralis: ALix, DE VIS. Chef (faisseau) coraco-huméral et précoraco-humé- ral de l’obturateur externe thoracique: SaspaTInr. Supraspinatus: Sxaurenpt (No. 21). Kraftiger Muskel an der vorderen Ventralfliche der Brust- schultergegend, der von den Mm. deltoides clavicularis und pecto- ralis gedeckt, dorso-lateral von dem M. scapulo-humeralis anterior und hinten (caudal) von den Mm. biceps brachii und coraco- brachialis brevis begrenzt wird; hierbei kommt es auch zu Deckungen oder Verwachsungen, welche bei den einzelnen Lacer- tiliern verschiedene Verhiltnisse zeigen. Er entspringt von der Aufenfliche des vorderen Teiles des Coracoides im Bereiche des Hauptfensters (No. 1) und seiner Um- rahmung (Procoracoid, vorderes Epicoracoid und vorderer Saum des Coracoid s. str.)?) resp. von der diesem Fenster entsprechen- den soliden Stelle (Heloderma) und kann bei breiter Entwickelung auch lateral auf den medialen Bereich des coraco-scapularen Fensters (No. 3) tibergreifen (Geckonidae, Phrynosoma); bei Uro- plates, dessen Coracoid in sagittaler Richtung betréchtlich ver- kiirzt und nur von einem kleinen Fenster (Hauptfenster +- Foramen supracoracoideum) durchbrochen ist, reicht er dorsolateral bis zur scapularen Grenze des Coracoides und schlagt sich vorn um den Vorderrand des Coracoides bis auf den schmalen Vordersaum der Innenfliche desselben um. Mit stark konvergierenden Fasern ver- liuft der Muskel nach dem Humerus, um an dem _ proximalen Teil des Proc. lateralis, proximal von dem M. pectoralis, ventral resp. ventro-proximal von den Mm. dorsalis scapulae und deltoides clavicularis mit kraftiger, sehnig-muskuléser Insertion zu enden; 1) Der von Oxtanp1 bei Macroscinius unter dem Namen Supra- coracoideo beschriebene Muskel gehért nicht hierher, sondern ent- spricht wohl dem M. dorsalis scapulae (s. bei diesem p. 427). 2) Bei Gecko und Lygosoma, deren M. coraco-brachialis brevis sehr kraftig (kraftiger als der M. supracoracoideus) entwickelt ist, nimmt dessen vorderer Abschnitt den hinteren Teil der gewoéhnlich von dem M. supracoracoideus eingenommenen Strecke ein (ins- besondere das Epicoracoid und selbst bei Lygosoma den kleineren disto-medialen Bereich des Hauptfensters). — Aurx giebt bei Monitor nur das Epicoraceid als Ursprungsstelle an, was irrig ist. 418 Max Firbringer, bei einzelnen Lacertiliern (Gecko, Ameiva) finden sich schwache Zusammenhange mit einem Teil des Lig. scapulo-humerale laterale. Wechselnd sind die Beziehungen zu den Nachbarmuskeln. Von dem M. scapulo-humeralis anterior ist der M. supra- coracoideus meist gut abzutrennen; nicht selten finden sich aber innige Verwachsungen durch Vermittelung einer kraftigen inter- mediaéren Fascie (untersuchte Geckonidae, Uroplates, Lygosoma, Phrynosoma), wobei der M. scapulo-humeralis anterior die Tendenz zeigt, tiber den M. supracoracoideus hertiberzugreifen und seinen dorsalen Saum zu decken. Die Mm. coraco-brachialis brevis und biceps brachii werden in der Regel in ihrem vorderem Bereiche von dem hinteren Saum des M. supracoracoideus gedeckt, wobei haufig in der Tiefe in- timere Beziehungen zwischen Supracoracoideus und _ Coraco- brachialis brevis existieren. Bei den untersuchten Geckonidae und Scincidae, aber auch bei Varanus ist die Verbindung beider so innig, daf nur unter Beriicksichtigung der Innervation (diazo- naler N. supracoracoideus und postzonaler N. coraco-brachialis) die Scheidung beider Muskeln gelingt; zugleich wurde bei Varanus ein vicariierendes Uebergreifen des M. supracoracoideus beobachtet, indem die von dem muskulésen Ursprungskopfe des M. biceps brachii bedeckte Muskelmasse — bei allen anderen untersuchten Lacertiliern dem M. coraco-brachialis brevis angehérig — _ hier von dem N. supracoracoideus versorgt, wurde, somit dem M. supra- coracoideus zuzurechnen ist. Dieser Zusammenhang des Supra- coracoideus und Coraco-brachialis ist bei den Geckonidae und Scincidae als ein primitiver zu beurteilen; das Vicariieren bei Varanus stellt eine Besonderheit dieser Lacertilier dar, die wahr- scheinlich von einem primitiven Verbande beider Muskeln ausging und am Ende der mit Gecko und Lygosoma (mit den Supracora- coideus iiberwiegender Ausbildung des Coraco-brachialis, s. Anm. 2 auf p. 417) beginnenden Reihe steht. Kine partielle Scheidung des M. supracoracoideus, die aber noch nicht zur Ausbildung von gesonderten Képfen gegangen ist, wird von SHUFELDT bei Heloderma angegeben. — Ein deutlicher Zerfall des Muskels in eine breitere ventrale und eine schmialere dorso-laterale Abteilung (Supracoracoideus inferior und superior) wurde bei Uroplates beobachtet; letzterer geht bis zur scapularen Grenze des Coracoid. Die Insertion beider Abteilungen ist ein- heitlich. In diesem Verhalten sind Anklinge an die weiter aus- gebildete Sonderung bei den Chamaeleontidae gegeben. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 419 SABATIER (p. 192—194) findet eine Innervation des M. supra- coracoideus durch die Nervi supracoracoideus und scapulo-hume- ralis profundus und faft diesen Muskel als Chef (faisceau) coraco- huméral et précoraco-huméral des M. obturateur externe thoracique auf, wobei er ihn zu dem gleichnamigen Obturator externus des Beckens in seriale Homologie bringt. Der von mir namentlich auf Grund der Versorgung durch ahnlich laufende (prozonale resp. diazonale) Nerven angenommenen Verwandtschaft mit dem M. supraspinatus der Saéugetiere ist er geneigt zuzustimmen, aber weniger wegen der Innervation (welcher er nicht die gleiche Be- deutung fiir die Bestimmung der Muskelhomologien zuerkennt wie ich), sondern wegen der gemeinsamen tieferen Lage beider Muskeln. SHUFELDT homologisiert ihn gleich SANDERS mit dem Supra- spinatus. — Ich kann nur festhalten, was ich friiher (1873, p. 270 und 1875, p. 717, 718) iiber die Deutung dieses Muskels aus- gefiihrt habe: Der Muskel ist kein direktes Homologon des M. supraspinatus, der erst innerhalb der Saugetiere zur Ausbildung velangt, sondern nur ein ventral liegender Verwandter desselben, der bei den Monotremen noch als kraftig entwickelter Muskel neben dem M. supraspinatus existiert, bei den anderen Mammalia aber Hand in Hand mit der Riickbildung des Coracoides reduziert wurde. Die von SABATIER angegebene partielle Innervation durch einen prozonalen Nerven (N. scapulo-humeralis profundus) habe ich bei Lacertiliern nicht gefunden; die in dieser Weise inner- vierten Teile wiirden zu dem M. teres minor der Saugetiere in eine ganz allgemeine Homologie zu bringen sein. 9. Coraco-brachialis brevis und longus‘) (cbrb und cbr/). Coraco-brachialis brevis: Coraco-brachialis brevis: FUrsRinceR, SABATIUR, DE VISs, Suuretpr (No. 32). Premier faisceau du coraco-brachial: Atrix. Coraco-brachialis longus: Coraco-brachialis longus: Fwtrsrincer, SABATIER, DE VIS, Suuretpt (No. 33). Second faisceau du coraco-brachial: Atrix. 1) Coraco-brachialis: Ortanpr (ohne Unterscheidung seiner beiden Teile). 420 Max Firbringer, Von dem gréferen oder kleineren hinteren Teile der cora- coidalen Aufenflache ausgehende Muskelmasse, die sich nach der Beuge- und Medialseite des Humerus erstreckt, wobei sie im Be- reiche des Schultergiirtels von den Mm. pectoralis, supracoracoideus und biceps brachii, im Bereiche des Oberarms von dem distalen Bauche des letzteren Muskels bedeckt wird; kranial grenzt sie zugleich an den M. supracoracoideus an, mit ihm haufig die bei dessen Besprechung angegebenen Zusammenhiange bildend (s. p. 418). Meistens entspringt der M. coraco-brachialis einheitlich und wird erst in seinem weiteren Verlaufe, namentlich durch den durch- tretenden Nervus brachialis longus inferior‘), in den M. cbr. brevis und longus geteilt; haufig (Uroplates, Ameiva, Zonurus, Heloderma [SHuFELpT], Varanus) sind beide Muskeln von Anfang an mehr oder minder gut gesondert. Coraco-brachialis brevis (ebrb). Der kiirzere, dickere und breitere Muskel von beiden. Er entspringt caudal vom M. supracoracoideus, lateral vom M. biceps brachii und kranial vom M. coraco-brachialis longus muskulés von der Aufenflache des Coracoid, und zwar in der Regel von dem Coracoid s. str.2), wo- bei der Grad seiner Ausdehnung nach yvorn durch die geringere oder gréBere Entfaltung des M. supracoracoideus bedingt wird; zwischen den Extremen der Geckonidae und Scincidae mit grofer Breitenentfaltung des M. coraco-brachialis brevis und des Varanus mit schmalem M. cbr. brevis finden sich alle Zwischenstufen (vergl. auch p. 418). Von da aus verlaiuft der Muskel, direkt der Kapsel des Schultergelenkes aufliegend und mit ihr verbunden, nach der Beugefliiche des Humerus (zwischen den Vorragungen des Proc. lateralis und Proc. medialis) und inseriert fleischig an den Basen beider Processus und an dem Schaft des Humerus bis zur Mitte desselben (Anfang des 3. 1/; bei Ameiva, Ende der ersten Halfte bei Uroplates, Uromastix, Varanus, Anfang der zweiten Halfte bei Phrynosoma) oder weiter hinab (Ende des 3. 1/; bei Gecko, Ende des 2. 1/, bei Tarentola, Lygosoma, Zonosaurus, Zonurus, Ende > des 5. 1/, bei Lacerta), wobei er sich zugleich zusehends ver- 1) Anrx’ Angabe, daf beide Muskeln bei Varanus durch die Sehne des M. latissimus dorsi getrennt seien, ist irrtiimlich. 2) Die Angabe von px Vis, daf der Muskel bei Chlamydo- saurus auch von dem Humeruskopfe entspringe, beruht wohl auf einer Ueberschatzung des Verbandes mit der Kapsel des Schulter- gelenkes. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 421 schmalert. Im grofen und ganzen zeigen die primitiveren Lacer- tilier die gréfere Ausbreitung des Muskels, der sich sonach bei der Mehrzahl der héheren successive verkiirzte. Coraco-brachialis longus (cbrl). Der langere, schlankere und diinnere Muskel. Er beginnt muskulés oder sehnig-muskulés von der hinteren Ecke des Coracoides, wobei er zumeist auch auf den hinteren Rand und Innensaum desselben iibergreift, mitunter, bei kraftiger Entwickelung der coracoidalen Ankerung des Lig. sterno-scapulare internum, auch zum Teil von dieser entspringen kann (Phrynosoma, Varanus). Mit parallelen Fasern verlauft er medial neben dem M. coraco-brachialis brevis, ihm zuerst ver- bunden oder dicht anliegend, nach und nach sich immer mehr von ihm entfernend, an der Medialseite des Humerus bis hinab zum Epicondylus medialis, wo er in der Regel rein oder vor- wiegend muskulés, seltener mit mehr oder minder schlanker Sehne (einzelne Scincidae, Uroplates) inseriert. Seine Dicke ist meist gering, seltener (Zonosaurus, namentlich Ameiva) betrachtlicher. Bei Ameiva inseriert nur die kleinere laterale Hilfte am Epicon- dylus; die gréfere mediale Hialfte aberriert an die Fascie des ersten Anfanges des M. pronator, sich ziemlich fest mit ihr verbindend (Lacertus fibrosus m. coraco-brachialis longi). SABATIER (p. 235) gebraucht die gleichen Namen wie ich (Coraco-brachialis brevis und longus). 10. Biceps brachii (Coraco-antibrachialis) (47). Coraco-antebrachialis (Biceps brachii): Firprinerr. Biceps: Aurx, DE Vis, Suurentpr (No. 31). Biceps brachial: Sasatier. Langer vom Coracoid bis zum Vorderarm erstreckter Muskel, der proximal vom mittleren und hinteren Bereiche der Aufenflache des Epicoracoid beginnt, wobei er in der Regel von den Mm. pectoralis und supracoracoideus gedeckt wird und seinerseits den M. coraco-brachialis deckt, dann an der Beugefliiche des Humerus, medial neben dem M. brachialis inferior und auf dem M. coraco- brachialis aufliegend, distalwarts verlauft und endlich gemeinsam mit dem M. brachialis inferior zwischen die Streck- und Beuge- muskulatur am Vorderarm eintretend an den Anfingen von Radius und Ulna endet. 422 Max Firbringer, In der Kontinuitét des im tbrigen einheitlichen Muskels !) findet ein Wechsel des Gewebes statt, indem der Muskel mit einem rein muskulésen oder fleischig-sehnigen proximalen Bauch (der schlieflich zur einfachen Ursprungssehne sich umbilden kann) be- ginnt, darauf im Niveau des Schultergelenkes in eine breite Zwischensehne tibergeht und endlich wieder einen in der Regel kraftigen distalen Muskelbauch bildet, der am Ende des Oberarms sich mit dem M. brachialis inferior verbindet und mit ihm in die beiden gemeinschaftlichen Endsehnen tibergeht. Der proximale Muskelbauch (bu) reprasentiert in seiner wechselnden Ausbildung ein ausgezeichnetes systematisches Merkmal und zugleich einen guten Gradmesser fiir die Héhe der Entwicke- lung. 1) Bei guter Entfaltung, welche zugleich dem primitiven Verhalten entspricht, bildet er einen breiten, platten Muskel, welcher, medial vom M. coraco-brachialis brevis von der Aufen- flache des mittleren und hinteren Bereiches (exkl. hinteres Ende) des medialen Teiles des Coracoid (Epicoracoid), sowie, wenn das- selbe vorhanden ist, dem hinteren coracoidalen Fenster (No. 2) entspringt (untersuchte Geckonidae, meiste Scincidae, Zonosaurus) und in der Gegend des Schultergelenkes in die Zwischensehne ibergeht. Die gréf%te Entfaltung wies dieser Muskel bei Lygosoma auf, dann folgten Hemidactylus, Gecko (Fig. 127), Tarentola, Ptychozoon, Gongylus, Zonosaurus in der Ausbildung des hier auch noch ansehnlichen Muskels. 2) Das nachste Stadium kenn- zeichnet sich durch partielle Umwandelung in eine Ursprungssehne oder Ursprungsaponeurose (b2.¢); dies findet stets im hinteren (caudalen) Bereiche des Muskels statt, wahrend der vordere (kraniale) noch als schmialerer Muskelbauch persistiert. Hierbei kann der muskulése Teil desselben noch tiberwiegen (Trachy- saurus, Lacerta (Fig. 128), Ameiva, Tupinambis, Zonurus) oder ihm annahernd gleich sein (Phrynosoma (Fig. 130) [SANpERS, ich], Liolepis [SanpERS], Uromastix)”) oder gegen ihn in mafigem 1) Meine 1875 p. 724 und p. 726 Anm. 1 gemachten ab- weichenden Angaben betreffend Sphenodon (Hatteria), die mangels eigener Beobachtungen auf der zum Teil irrtiimlichen Beschreibung und Deutung von GinrHeEr basierten, nehme ich nach gewonnener besserer Kenntnis durch eigene Untersuchung zuriick und verweise im ibrigen auf die unten bei den Rhynchocephaliern gegebene Dar- stellung der Mm. biceps brachii und humero-radialis. 2) Bei Phrynosoma reicht, entsprechend der sagittalen Ver- kiirzung des vorderen (kranialen) Teiles des Coracoides, der Ursprung Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 423 Grade zuriicktreten (Varanus, Fig. 129). 8) Endlich bleibt unter volliger Reduktion des Muskelgewebes und Umwandlung des inter- muskuliren Bindegewebes in Sehnengewebe nur ein sehniger Ur- sprung tibrig (Heloderma [Suureitpr|, Iguana [Mrtvart], Phryno- soma |RUpINGER], Stellio [RipINGER], Calotes, Uroplates, Fig. 131). — Es bieten sonach von den untersuchten kionokranen Lacer- tiliern die Geckonidae, die meisten Scincidae und Gerrhosauridae einen rein muskulésen, einzelne Scincidae, die Lacertidae, Tejidae und Zonuridae einen vorwiegend muskulésen, die Iguanidae und Agamidae einen muskulés-sehnigen oder rein sehnigen, die Helo- dermatidae und Uroplatidae einen rein sehnigen Ursprung dar. Die grofe Distanz zwischen den Geckonidae und Uroplatidae ist er- sichtlich; Lygosoma und Gecko zeigten das primitivste, Uroplates das sich am weitesten davon entfernende Verhalten. Weitere Untersuchungen werden diese Reihe in mancher Hinsicht noch vervollstandigen und vermutlich auch modifizieren. Die Zwischensehne (bi) bietet sich bei Lygosoma als kurze breite Inscriptio tendinea dar, welche den Biceps brachii derartig durchsetzt, daf der distale Muskelbauch an der tiefen Flache (Innenfliche) beginnt, ehe der proximale an der Oberflache geendigt hat; ein Querschnitt an dieser Stelle zeigt also das inter- mediare Sehnengewebe an der Oberflaiche und an der tiefen Flaiche (Innenflache) von dem Muskelgewebe des proximalen und des distalen Muskelbauches begrenzt. Bei den anderen Lacertiliern verlingert sich die Inscriptio zur breiten Zwischensehne (Zwischen- aponeurose), die bei Gecko und Zonosaurus noch von mabiger Lange, bei Hemidactylus und Ptychozoon ziemlich lang, breit und diinn, bei Lacerta und den anderen Formen mit sehnig-muskulésem Ursprunge des biceps in entsprechender Liinge und etwas kraftiger entwickelt ist. Bei den Lacertiliern mit rein sehnigem Ursprunge bildet sie naturgemaS den distalen Teil der Ursprungsebene und ist hier, wie diese, meist etwas verschmialert. Diese Verschmile- rung ist bei Uroplates recht betrachtlich; hier ist die Sehne auch von der durch die Hauptinsertion und die Ankerung des M. pecto- des muskulésen Kopfes relativ sehr weit nach vorn (2. bis 4. Achtel der sagittalen Linge des Epicoracoides); der von dem 3. Viertel des Epicoracoides ausgehende sehnige Teil ist in mehrere Faserziige zerfallen (Fig. 130). — Auch Chlamydosaurus gehért nach pe Vis zu den Lacertiliern mit muskulés-sehnigem Anfange des Biceps brachii; doch giebt dieser Autor nichts tiber das gegenseitige Gréfenverhiltnis des muskulésen und des sehnigen Kopfes an. Bd. XXXIV. N. F. XVII. 28 424 Max Firbringer, ralis gebildeten Scheide eingeschlossen (vergl. sub M. pectoralis p. 416). Der distale Muskelbauch (bi) bildet den im Bereiche des Oberarmes befindlichen auf dem Querschnitte rundlichen Muskel, der bei keinem untersuchten Lacertilier fehlt und bei den meisten recht kraftig ist; Ameiva, mehr noch Phrynosoma und Uroplates kennzeichnet ein schmalerer distaler Bauch. Am Ende des Humerus geht er den oben angegebenen Verband mit dem lateral gelegenen M. brachialis inferior ein und inseriert gemeinschaftlich mit ihm mit 2 Zipfeln an dem proximalen Bereiche des Radius und der Ulna. — Bevor er gemeinsam mit dem M. brachialis inferior zwischen die Streck- und Beugemuskulatur des Vorderarmes ein- tritt, kann von seiner freien medialen Seite aus eine fleischig- sehnige Aberration an den Anfang der oberflachlichen Fascie der Beugemuskulatur des Vorderarmes gehen und sich hier anheften. Dieses, nach Lage einem Lacertus fibrosus (Aponeurosis) bicipitis vergleichbare, Gebilde wurde als ganz ansehnliche, etwa dem dritten Teile des M. biceps entsprechende Muskel- aberration bei Lygosoma gefunden, die ausgebreitet muskulds an der Beugefascie des Vorderarmes endete; viel kleiner, aber auch deutlich an der genannten Strecke inserierend, war sie bei Gecko; bei Zonosaurus und Lacerta léste sich ein minimaler Zipfel an der entsprechenden Stelle des M. biceps ab, endete aber bereits in dem proximal von den Beugemuskeln des Vorderarmes ge- legenen Bindegewebe; bei Ptychozoon und Zonurus fand sich hier nur eine Lockerung der oberflichlichen Fasern des Biceps mit Adhasion an dem benachbarten Bindegewebe. Die tibrigen jetzt von mir untersuchten Lacertilier (darunter auch Hemidactylus) zeigten nichts derartiges'). Die betreffende Aberration ist somit eine mehr den tiefer stehenden Lacertiliern zukommende Bildung. SABATIER (p. 261 f.) stimmt in der Deutung des Muskels und der Homologisierung seines Ursprungsteiles mit dem Caput longum des M. biceps brachii der Saiugetiere in der Hauptsache mir bei, findet aber in dem Lacertilier-Muskel nur die coracoidale Partie (Portion coracoidienne) des langen Bicepskopfes der Mammalia wieder. Diese Vergleichung geht von korrekten logischen Er- wigungen aus, betrachtet aber die Muskelurspriinge als etwas zu 1) Wahrscheinlich hat die Aberration eine gréfere Verbreituug und wurde vermutlich von den friiheren Untersuchern, denen auch ich mich beirechne (1875), bei manchem Lacertilier tibersehen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 425 Starres, Unveranderliches und stets ihre Stelle genau Behauptendes. (Weiteres s. bei den Saugetieren.) 11. Brachialis inferior (Humero-antibrachialis inferior). Humero-antebrachialis inferior (Brachialis in- ferior): FURBRINGER. Brachial antérieur, Brachialis anticus: Aur, Sapa- TIHR, DE Vis, SuureLpt (No. 34). Ziemlich kurzer, aber nicht unkraftiger Muskel an der Beuge- seite des Oberarmes, der medial von dem M. biceps brachii, latero-dorsal von dem M. anconaeus humeralis lateralis begrenzt wird und in wechselnder Weise, mehr oder minder ausgedehnt, mit den proximal von ihm endenden Mm. supracoracoideus und deltoides clavicularis verwachsen sein kann. Er entspringt von der Beugeseite der Diaphyse des Humerus, wobei er lateral auf den distalen Bereich der Dorsolateralfliche des Proc. lateralis ibergreift, und verbindet sich im unteren Abschnitte des Oberarmes in der Regel mit dem M. biceps brachii in der bei diesem angegebenen Weise (p. 422), um danach mit zwei, beiden Muskeln gemeinsamen Sehnen an den Anfangen des Radius und der Ulna zu enden. Dieser Verband zeigt bei den Lacertiliern verschiedene Grade von Intimitaét; bei Heloderma (SHure.pt) ist dieselbe sehr gering. SABATIER (p. 295) folgt der allgemeinen Anschauung hinsicht- lich der Homologie dieses Muskels. 12. Latissimus dorsi (Dorso-humeralis) (/d). Dorso humeralis (Latissimus dorsi): Firsrinerr. Grand dorsal, Latissimus dorsi: Atix, SaBaTisr, pE Vis, SuurEupt (No. 17). Dorso-omerale: ORLANDI. Sehr breiter und ausgedehnter Muskel an der Seitenflache des Thorax, der vorn von dem hinteren Teile des Ursprunges des Cucullaris bedeckt wird'), wahrend er andererseits den hinteren Bereich der Scapula s. lat. mit dem M. dorsalis scapulae, den M. 1) In der Ausdehnung von 2—3 Wirbeln bei Uroplates, von 4 bei Gecko und Varanus, von 5 bei Zonurus, von 6 bei Phryno- soma, von 7 bei Zonosaurus und Lacerta, von 8 bei Ameiva. 28* 426 Max Firbringer, serratus superficialis, die spino-dorsalen Riickenmuskeln und die oberflachliche Bauchmuskulatur deckt. Mit dem M. cucullaris, so- wie der Riicken- und Bauchmuskulatur kann er mehr oder minder ausgedehnt verwachsen sein. Vorn oder in der Mitte ist er am kraftigsten, hinten wird er in zunehmendem Mafe schwacher und gveht meist in eine ausgebreitete, diinne Aponeurose iiber. Er entspringt vorwiegend oder rein aponeurotisch in wechseln- der Weise von dem letzten oder den (2—83) letzten Halswirbeln ‘) und einer Anzahl (5—16) darauf folgender Dorsalwirbel, wobei der Ursprung des vorderen Teiles des Muskels deutlich von den Proc. spinosi der Wirbel beginnt, wihrend es in der Regel nicht gelingt, die fest mit ihrer Unterlage (Fascie der spino-dorsalen Muskulatur) verwachsene Aponeurose des hinteren Teiles sicher bis zu den Wirbeldornen zu verfolgen?); man kann hier ebenso gut von einem Ursprunge des M. latissimus dorsi von der Fascia dorsalis sprechen. Dies ist ganz besonders der Fall bei Zonurus, Varanus, Phrynosoma und Uroplates; bei den beiden letzteren entspringt der untere und hintere Teil des Muskels in der Haupt- sache von Rippen (6. Dorsalrippe bei Phrynosoma, 4. und 5. bei Uroplates) *). 1) Mitunter, bei Heloderma (Suurxnpr), Phrynosoma und Uro- plates, entspringt der Muskel gar nicht von Halswirbeln, sondern beginnt erst mit dem 1. oder einem folgenden Dorsalwirbel. — Ueberhaupt wurde der Anfang des Ursprunges gefunden: vom 6. Wirbel (drittletzter Halswirbel) bei Ameiva (frithere und neuere Untersuchung), Iguana (Mivarr), Liolepis (SANDERS); vom 7. Wirbel (vorletzter Halswirbel) bei Tarentola, Lacerta; vom 8. Wirbel (letzter resp. bei Varanus vorletzter Halswirbel) bei Gecko, Lygosoma, Euprepes, Zonosaurus, Zonurus, Uromastix, Varanus; vom 9. Wirbel (1. Dorsalwirbel resp. bei Varanus letzter Halswirbel) bei Uro- plates, Trachysaurus, Phrynosoma, Varanus (Aix, eigene Beobach- tung); vom 10. Wirbel (2. Dorsalwirbel) bei Heloderma (Suure.pr) ; vom 11. Wirbel (3. Dorsalwirbel) bei Phrynosoma (friithere Beob- achtung). 2) Die hintere Grenze des Muskels wurde, in Verfolgung der Richtung der letzten Muskelfasern, bis zum 13. bis 24. Wirbel, also innerhalb sehr weitgehender Grenzen der Variierung bestimmt, wobei die untersuchten Scincidae, Gerrhosauridae, Lacertidae, Tejidae, Heloderma (Suureipr), einzelne Iguanidae und Agamidae, meist die grékere, die Geckonidae, Zonurus, gewisse Iguanidae und Agamidae, Varanus, Uroplates meist die geringere Ausdehnung nach _hinten zeigten. Wie schon im Texte hervorgehoben, ist aber eine sichere und genaue Bestimmung der hinteren Grenze nicht moglich. 3) Auch bei Varanus sind gewisse, wenn auch minder intime, Beziehungen zu Rippen erkennbar. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 427 Von diesem ausgedehnten Ursprunge konvergieren die Fasern, von denen die vorderen je nach dem Beginn des Ursprunges in descendent-transversaler oder transversaler, die hinteren je nach der hinteren Ausdehnung des Muskels in longitudinaler oder longitudinal-ascendenter Richtung verlaufen, schnell und erheblich zu dem verhaltnismifig schmalen Insertionsteile, der zwischen dem scapularen und coracoidalen, danach dem lateralen und medialen humeralen Kopfe des M. anconaeus in die Tiefe der Streck- muskulatur des Oberarmes eindringt und seltener relativ ziemlich breit (Gecko), in der Regel ziemlich schmal an der Streckflache des proximalen Bereiches des Humerus, distal vom M. scapulo- humeralis anterior mit fleischig-sehniger (Gecko, Lacerta) oder mit rein sehniger und dann meist schmalerer Insertion (iiber- wiegende Mehrzahl der Lacertilier) endet. Der dreieckige Muskel ist danach von sehr ansehnlicher Aus- breitung bei den meisten Scincidae, Zonosaurus, den Lacertidae, Tejidae, den meisten Iguanidae und Agamidae, dagegen schmialer und minder ausgedehnt bei Trachysaurus, Zonurus, Phrynosoma, Varanus, Uroplates. Wahrscheinlich beruhen diese Faille von ge- ringerer Entwickelung hauptsichlich auf einer sekundaren Riick- bildung; bei Phrynosoma und Varanus ist dies nicht zu verkennen. Der Insertionsteil des M. latissimus dorsi kann mehr oder minder intime Zusammenhaénge mit dem M. anconaeus scapularis, der von ihm eine Ankerung erhalt (Gecko), oder mit der Ursprungs- sehne des Anconaeus coracoideus (von den untersuchten Tieren besonders bei Heloderma [SHureLptT|, Phrynosoma und Varanus |vergl. Fig. 145 und 146] entwickelt) darbieten. Hinsichtlich des Weiteren verweise ich auf meine friihere Darstellung (Schulter- muskeln, III, 1875, p. 729). 13. Dorsalis scapulae (Deltoides scapularis s. superior). Dorsalis scapulae (Deltoides scapularis s. supe- rior): FURBRINGER. Sous-épineux, Infraspinatus: Aix, SHuretpr (No. 22). Chef (faisceau) scapulo-huméral de l’obturateur externe thoracique: SABATIER. First part of the Deltoideus: p& Vis. Vielleicht Supracoracoideo: Orwannr!). 1) Hine sichere Identifizierung ist wegen der sehr allgemein gehaltenen Beschreibung Oruanpi’s nicht méglich. 428 Max Firbringer, Ansehnlicher Muskel, der zu dem folgenden Deltoides clavi- cularis in so innigen Relationen steht, daf’ Beide urspring- lich als Képfe eines einzigen Muskels (Deltoides s. lat.) aufzufassen sind, die sich nach und nach zu gréferer Sonderung und Selbstaindigkeit ausgebildet haben. Diese successive Sonde- rung vollzieht sich innerhalb der Abteilung der kionokranen Saurier in folgender Weise: 1) Den Ausgang bildet ein einheitlicher Muskel, der von der Scapula und Clavicula beginnt und ohne jede Sonde- rung im dorso-lateralen Bereiche des Proc. lateralis humeri in- seriert, wobei die von der Clavicula kommenden Fasern im grofen und ganzen proximaler inseriren als die von der Scapula ent- springenden (Lygosoma). 2) Die erste Sonderung vollzieht sich am Ursprunge, indem sich hier ein kiirzerer (Gecko) oder langerer (Varanus) Spalt zwischen dem dorsalen scapularen (Dorsalis scapulae) und dem ventralen clavicularen Teile (Deltoides clavi- cularis) bildet, waihrend der Muskel sonst einheitlich ist und in der gleichen Weise wie bei Lygosoma inseriert (Gecko, Varanus). 3) Die Sonderung am Ursprunge geht weiter, aber auch der, iibrigens noch ungetrennt bleibende, Insertionsteil zeigt eine héhere Differenzierung, indem die Fasern des Deltoides clavi- cularis distalwarts weitergreifen, so da% nun ein Muskel (Muskel- paar) entsteht, bei dem der ventrale Deltoides clavicularis sich am Proc. lateralis ebenso weit distal erstreckt wie der dorsale Dorsalis scapulae und mit seiner muskulésen Insertion ventral und oberflachlich die tiefere, vorwiegend sehnige Insertion des letzteren deckt (Hemidactylus, Zonurus). 4) Der weitere Fortschritt dieses Differenzierungsganges fiihrt zu zwei unvollkommen gesonderten Muskeln, von denen der ventrale Deltoides clavicularis den dorsalen Dorsalis scapulae nicht allein bei der Insertion am Proc. lateralis humeri deckt, sondern selbst distalwirts etwas weiter greift als dieser (in sehr geringem Grade bei Ptychozoon, Zonosaurus, wenig bei Lacerta, etwas mehr bei Ameiva und Uromastix). 5) Endlich resultiert eine mehr oder minder vollkommene Trennung beider Muskeln vom Anfang bis zum Ende, wobei zugleich die muskulése oberflichliche Insertion des ventralen Deltoides clavicularis am Proc. lateralis erheblich weiter greift als die von ihm bedeckte sehnige Endigung des dorsalen Dorsalis scapulae (Phrynosoma, mehr noch bei Calotes, am meisten bei Uroplates) *). 1) Bei Uroplates ist die Sonderung beider Muskeln weniger durchgefiihrt als bei Phrynosoma und Calotes; das distale Ueber- greifen des Deltoides clavicularis erreicht aber den héchsten Grad. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 429 Diese Entwickelungsreihe ist an einer recht geringen Anzahl untersuchter Tiere gewonnen und bedarf der Komplettierung durch ein reicheres Untersuchungsmaterial, woraus voraussichtlich ver- schiedene Modifizierungen resultieren werden. Immerhin fallt die systematische Verwertbarkeit dieses Merkmals in die Augen: Scin- cidae und gewisse Geckonidae kennzeichnet ein primitiver Zu- sammenhang des Dorsalis scapulae -+ Deltoides clavicularis, auch die Varanidae zeigen in dieser Hinsicht urspriingliche Verhaltnisse ; — andere Geckonidae, Zonurus, die Gerrhosauridae, Lacertidae, Tejidae und gewisse Agamidae bieten die verschiedensten Grade der beginnenden und mehr und mehr sich ausbildenden Sonderung dar, und auch Heloderma (SHuFeLpT) und Iguana (Mivart) diirften hierher gehéren; — bei anderen Iguanidae und Agamidae ist dieser Sonderungsprozef vollendet, und diesen reiht sich in ge- wisser Beziehung (héchste einseitige Differenzierung der Inser- tionen) Uroplates an. Auch hier stellt sich somit Uroplates weit- ab von den Geckonidae. Der M. dorsalis scapulae bildet einen meist recht breiten und Jangen dreieckigen Muskel an der Oberfliche der Scapula s. lat., der in seinem dorsalen Bereiche von den Mm. cucullaris und latissimus dorsi gedeckt wird und andererseits die Mm. sca- pulo-humeralis anterior, subscapularis externus und den Anfang des M. anconaeus scapularis deckt; dorsal und kranial grenzt er zugleich an die Mm. cucullaris und levator scapulae, ventral an den M. deltoides clavicularis an. Er entspringt bei den verschiedenen Lacertiliern in recht wechselnder Ausdehnung von dem Suprascapulare, wobei die In- sertionen der Mm. cucullaris und levator scapulae seine vordere und obere Grenze bilden, von dem Acromion und meist in gerin- gerer (Lygosoma, Zonosaurus, Lacerta, Phrynosoma, Varanus) oder gréferer (Gecko, Hemidactylus, Ptychozoon, Ameiva, Uro- plates) Ausdehnung von dem dorsalen Ende der Clavicula; ein Ursprung von der knéchernen Scapula findet nur bei relativ weit dorsal hinaufreichender Verknécherung derselben statt (z. B. bei Calotes, Varanus, Uroplates). Mit konvergierenden, transversal bis descendent verlaufenden Fasern geht er in den Insertionsteil tiber, der lateral an den An- fangen des M. anconaeus‘') vorbeizieht und vorwiegend oder rein 1) Mitunter kann ihn eine kleine laterale Zacke dieses Muskels auch aufen umgreifen (z. B. bei Gecko). 430 Max Fiirbringer, sehnig an dem mittleren dorsalen Bereiche des Proc. lateralis humeri endet, wobei er zugleich — in den oben sub 3 bis 5 auf- gefiihrten Fallen — oberflichlich von dem muskulésen Insertions- teil des Deltoides clavicularis gedeckt sein kann. Gewo6hnlich bildet er eine einheitliche Muskelausbreitung, die hie und da eine leise Andeutung einer weiteren Sonderung darbietet (Lacerta ind., Uromastix), mitunter aber auch zu einer recht aus- gedehnten Trennung in deutlich geschiedene Teile (vorderer und hinterer Muskel bei Phrynosoma und Calotes) zerfallen ist. Atrx und SHUFELDT wiederholen die alte Deutung von PFEIFFER, STANNIUS und SANDERS als Infraspinatus, die sofort bei Beriick- sichtigung der Innervation fallt; in der Lage besteht aller- dings eine gewisse Aehnlichkeit zwischen dem Dorsalis scapulae und Infraspinatus, die aber nur die Bedeutung einer Analogie hat. SABATIER (p. 195) deutet den Muskel als Chef (faisceau) scapulo-huméral des M. obturateur externe thoracique, bringt ihn somit zu dem M. supracoracoideus (Chefs coracoidien et précora- coidien des M. obturateur externe thoracique) in naihere Beziehung, negiert aber jedwede Homologien mit dem Deltoides oder Infra- spinatus der Siugetiere, weil diejenigen Teile der Scapula, welche diesen beiden mammalen Muskeln Ursprung geben, den Sauriern fehlten. — Ich werde durch diese Ausfiihrungen SABATIER’S, die einerseits zwei ginzlich verschieden innervierte Muskeln zusummen- bringen, andererseits der Scapula der Lacertilier Teile absprechen, die sie in Wirklichkeit besitzt, in keiner Weise veranlaft, meine Auffassung von der Zusammengehirigkeit der Mm. dorsalis sca- pulae und deltoides clavicularis und meine bisherige Deutung des Muskels aufzugeben. Die oben (p. 428) mitgeteilte Entwickelungs- reihe laft meines Erachtens gar keine andere Auffassung auf- kommen. Der Muskel hat zu den Mm. supracoracoideus, supra- spinatus und infraspinatus keine Bezichungen, sondern gehért zur Deltoides-Gruppe (Deltoides und Teres minor der Siugetiere), wo- bei nihere, aber nicht ganz komplette Homologien zu dem Teres minor anzunehmen sind. In dieser letzteren Vergleichung stimme ich mit SABATIER gern tiberein. 14. Deltoides clavicularis s. inferior (Cleido-humeralis). Cleido-humeralis (Deltoides clavicularis s. infe- rior): FURBRINGER. Sus-épineux: ALrx. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 451 Deltoide, Deltoideus: Sanatier, Suurentpr (No. 20). Second part of the Deltoideus: pr Vis. Cleido-omerale: OR.anpt. Der M. deltoides clavicularis ist in der Regel schmaler als der M. dorsalis scapulae, reprasentiert aber einen ganz ansehn- lichen Muskel im ventralen resp. ventro-lateralen Bereiche des Schulterapparates, der einerseits zum Teil von den Anfangen der Mm. pectoralis und episterno-hyoideus, von dem Insertionsteile des M. sterno-episterno-cleido-mastoideus, von dem ventralen Teile der Clavicula und der zwischen ihr und dem episternalen Quer- schenkel (namentlich bei kreuzférmigem Episternum) ausgebreiteten Membrana episterno-clavicularis gedeckt wird, andererseits teil- weise die Mm. scapulo-humeralis anterior, supracoracoideus und — bei weiter vorgeschrittener Sonderung von dem M. dorsalis scapulae (s. p. 428) — auch diesen an der Insertion deckt. Der Ursprung beginnt von dem ventralen oder ventralen und ventro-lateralen Bereiche der Clavicula und kann von da auch in geringem Grade (Lygosoma, Phrynosoma [SANDERS, ich|) oder in ausgedehnterem MaSe (Heloderma |[SHuFreLpT|, Calotes, Varanus [ALrx, ich]) auf den vorderen Teil des Episternum (Spitze oder bei T-formigem Episternum kleinerer oder gréferer medialer Teil des Querschenkels) tibergreifen'). Die Hauptursprungsstelle bildet immer die Clavicula, die in dem hauptsichlich in Frage kommenden ventralen Bereiche bald von gewéhnlicher Schmalheit (Uroplates, Heloderma, meiste Agamidae und Iguanidae, Varanidae), bald wenig verbreitert (Zonurus), bald zur ansehnlichen, breiten, in der Regel mit Fenster versehenen Platte (meiste Geckonidae, Scincidae, Ger- rhosauridae, Lacertidae, Tejidae) ausgebildet ist”). Zu dieser Ausbildung steht die Entwickelung des M. deltoides clavicularis in direkter Korrelation*). Die mediale Halfte des Muskels_ ent- springt von der Innenflaiche (Dorsalflache) inkl. der das claviculare Fenster schlieSenden Membran der betreffenden Strecke der Clavi- 1) Auch ein minimales Uebergreifen auf das angrenzende Sternum wurde beobachtet (Heloderma (Suuretpt|, Phrynosoma). 2) Genaueres siehe im osteologischen Abschnitt (p. 241 f.). 3) Die héchste Entwickelung des namentlich von der Aufen- fliche kommenden Ursprunges bieten die Lacertilier mit verbreiterter Clavicula dar, wihrend bei den Arten mit wenig oder nicht ver- breiterter Clavicula der Ursprung sich meist auf die Innenflache, die Rander und den Vordersaum der Aufenfliche beschrinkt, jeden- falls aber von der Aufenfliche nur in viel geringerer Breite statt- finden kann. 432 Max Fiirbringer, cula'); die laterale langere Halfte beginnt von der Aufenflache (Ventralflache) der gleichen Strecke nebst Fenster‘), schlaigt sich um den vorderen Rand der Clavicula herum, hier weitere Ur- sprungsfasern empfangend, und tritt dann, von der Clavicula_ be- deckt, nach hinten und lateralwarts, um sich noch im Niveau der Clavicula mit der medialen Halfte zu dem einheitlichen Muskel zu verbinden, der mit konvergierenden Fasern nach dem Proc. lateralis humeri geht, wo er bei Lygosoma, Gecko, Varanus proxi- mal von dem ihm innig verbundenen M. dorsalis scapulae, bei Zonurus ihn deckend und ventral von ihm, bei Zonosaurus, Lacerta, Ameiva, Uromastix ventral und etwas distal von dem hier mehr gesonderten Muskel und bei Uroplates, Phrynosoma, Calotes ven- tral und ausgedehnt distal von dem meist gut von ihm separierten M. dorsalis scapulae inseriert. Die Insertion des M. deltoides clavicularis ist eine rein oder vorwiegend muskulése. Hiaufig existieren Zusammenhainge der oberflachlichen Insertionsfasern mit den oberflachlichen Ursprungs- fasern des M. anconaeus humeralis lateralis. Nicht selten schiebt sich zwischen sein Ende und die Insertion des M. supracoracoideus der Anfang des M. brachialis inferior ein. Bei Lygosoma wurde auf einer Seite ein kleiner, von dem Insertionsteil ausgehender Aberrationszipfel an das _ benachbarte Unterhautbindegewebe beobachtet. Die Vergleichung von ALIx mit dem Supraspinatus der Sauge- tiere (und dem Pectoralis II. der Végel) traigt ganz einseitig und auch nicht fehlerfrei der Lage des Muskels Rechnung, ignoriert aber vollstiéndig die Innervation. Sie ist durchaus unannehmbar. SABATIER, DE Vis und SHureLpT vergleichen den Muskel dem Deltoides der Saugetiere, was meiner Deutung (1875) ent- spricht. Doch ist in dem vorliegenden Muskel nur die claviculare Portion des menschlichen Deltoides enthalten, die Homologie so- mit keine ganz komplette. 15. Scapulo-humeralis anterior (Coraco-scapulo-humeralis anterior) *) (scha). Scapulo-humeralis profundus: FUrBrRINGER. Chefs précoracoidien et scapulaire antérieur de l’obturateur interne thoracique: SABATIER. 1) Von der Innen- und Aufenfliche der Clavicula namentlich bei Varanus breit auf die Innen- und Aufenfliche des episternalen Querschenkels iibergreifend. 2) Das Epitheton ,profundus“ meiner friiheren Bezeichnung Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 433 Infraspinatus: pe VIs. Teres minor: SuHurevpt (No. 23). Rotatore o piccolo rotondo: Orwanpt. MittelgroBer bis kleiner Muskel, der von der Aufenflache des ventralen Teiles der Scapula und des angrenzenden _lateralen Abschnittes des Coracoides, sowie von der Membran der zwischen beiden befindlichen Fenestra oder Semifenestra coraco-scapularis entspringt und, der Kapsel des Schultergelenkes dicht aufliegend und mit ihr verbunden, mit konvergierenden Fasern distalwirts zieht, um sich zwischen dem medial vorbeiziehenden M. anconaeus scapularis und dem lateral liegenden M. anconaeus humeralis lateralis an die Dorsalflache des proximalen Teiles des Humerus zu begeben, wo er zwischen den Anfaingen der humeralen Képfe des M. anconaeus und proximal von der Insertion des M. latissi- mus dorsi inseriert. Er wird in seinem gréferen proximalen Be- reiche von den Mm. dorsalis scapulae und deltoides clavicularis, in seinem distalen, vor der Insertion befindlichen Teile von der humeralen Ankerung des M. anconaeus scapularis (resp. dem Lig. scapulare laterale, siehe bei M. anconaeus scapularis p. 439 f.) ge- deckt und grenzt ventral an den M. supracoracoideus sowie dorsal an den Anfangsteil des M. subscapularis externus an, beide meist etwas deckend. Bei guter Entwickelung (Scincidae, Gerrhosauridae, Lacertidae, Tejidae, Zonuridae, Fig. 134—137) bildet er einen zweiképfigen und nach dem Zusammentritt der beiden Képfe gefiederten Muskel ; der scapulare Kopf (sha.s) ist der breitere, kiirzere und etwas kraftigere, der coracoidale (sha.c) der schlankere und kann sich am lateralen Aufensaume des Coracoides (Procoracoides) fast so weit nach vorn erstrecken wie der medial direkt an ihn angrenzende M. supracoracoideus. Nicht selten ist er hierbei mit letzterem Muskel mehr oder minder fest verwachsen und entspringt, seinen lateralen Bereich deckend, auch von dessen Fascie (am meisten bei Lygosoma). Kiirzer sind die Képfe bei den untersuchten (1875) lasse ich, weil unnétig, fallen, fiige aber das Epitheton ,anterior“, weil zur Unterscheidung von dem Scapulo-humeralis posterior der Crocodile notwendig, hinzu. — Auxtx beschreibt den Muskel am Ende von p. 426 und fiihrt an, da’ er von den Autoren als Petit rond bezeichnet werde, womit er aber nichts zu thun habe; einen Namen giebt er ihm nicht. 434 Max Firbringer, Geckonidae (Fig. 133), Iguanidae und Agamidae!); der M. sca- pulo-humeralis anterior représentiert damit eine mehr einheitliche, bei den Iguanidae und Agamidae noch ganz ansehnliche, bei den Geckonidae schwiichere Bildung. Noch kleiner ist er bei Uroplates (Fig. 140) und Varanus. Verwachsungen mit dem M. supracoraco- ideus finden sich auch hier in wechselnder Weise (p. 418). Auf Grund seines nie vermiften coracoidalen (procoracoidalen) Ursprunges verdient er den Namen Coraco-scapulo-hume- ralis anterior (Procoraco-scapulo-humeralis anterior), den ich oben auch in Parenthese beigefiigt habe. Insofern ist auch die Bezeichnung SABATIER’sS (p. 196) als Chefs précoracoidien et sca- pulaire antérieur des M. obturateur interne thoracique eine durchaus korrekte. SaBaTier schlieSt zugleich eine Verglei- chung mit Supraspinatus, Infraspinatus und Deltoides aus, homologisiert aber den scapularen Anteil des Muskels mit einem Teile des menschlichen Subscapularis. — Wie ich bereits 1875 ausgefiihrt, sind von den zum Vergleiche kommenden Muskeln Supraspinatus und Infraspinatus ohne weiteres wegen ihrer Innervation durch einen prozonalen Nerven auszuschliefen, wahrend ein Vergleich mit Deltoides und Teres minor wegen der sehr abweichenden Insertion dieser Muskeln auch unannehmbar ist. Es bleibt somit nur die Méglichkeit, den Scapulo-humeralis profundus der Lacertilier entweder, wie SABATIER will, mit Teilen des menschlichen Subscapularis (Subscapularis minor s. acces- sorius?) zu vergleichen oder ihn als eine Bildung zu_ erklaren, die sich bei Amphibien und Sauropsiden findet, aber als normales Gebilde bei den Siugetieren in Schwund gekommen ist. Bei der Besprechung der Schultermuskeln der Mammalia wird naher auf diese Frage einzugehen sein. Die Bezeichnung Obturator internus thoracicus fiir diesen lediglich von der AufSenseite des Schulter- giirtels entspringenden Muskels halte ich nicht fiir ganz gliicklich ; auch bringt sie ihn zu dem an der Innenfliche des Schultergiirtels liegenden und in einiger Entfernung von ihm am Humerus in- serierenden Subcoracoscapularis in zu nahe Beziehung. — ALIx weist gleich mir die Homologisierung mit dem Teres minor ab, SnureLpr und, wie es scheint, auch OrLANDI treten fiir dieselbe ein, diirften aber damit nicht Recht behalten. 1) Aus Suurenptr’s und pe Vis’ tibrigens guten und korrekten Beschreibungen der Muskeln yon Heloderma und Chlamydosaurus ist nicht zu ersehen, ob der Muskel hier lingere oder kiirzere Kopfe hat. (sh) or Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 4: 16. Teres major. Teres major, Grand rond: Ftrsrincrer, SABATIER. Bei keinem der von mir neuerdings untersuchten Lacertilier finde ich eine Spur dieses Muskels') und halte seine Existenz in der typischen Anordnung (Insertion mit oder neben dem M. la- tissimus dorsi) zunichst, soweit mir Material zur Untersuchung zur Verfiigung stand, auf gewisse Agamidae beschrankt ’). SABATIER bezeichnet den Muskel eleichfalls als Teres major und weist wie ich und andere Autoren auf die Beziehungen zum Latissimus dorsi hin. 17. Subcoracoscapularis *). Subcoracoscapularis: FURBRINGER. Sous-scapulaire, Subscapularis, Sottoscapolare: Auix, DE Vis, SHuretpr (No. 30), Orvanpt. Chefs coracoidien et scapulaire postérieur de l’obturateur interne thoracique: SABATIER. Breiter und ansehnlicher Muskel an der Innenfliche des Schultergiirtels, soweit dieselbe nicht von den Muskeln der Levator- 1) Der von Aurx bei Monitor beschriebene Grand rond ist ver- mutlich ein Teil des M. subscapularis. — Ortanpi’s Angaben iiber einen Grande rotondo genannten Muskel bei Macroscincus, der vom Schultergelenk nach dem distalen Ende des Humerus und dem proximalen der Ulna sich erstrecken soll, sind mir unverstindlich ; diese Beschreibung palit eher auf den M. anconaeus scapularis, aber auch nur zum Teil, da dieser Muskel nicht am Humerus _inseriert. 2) Sicher, individuell oder generell, bei Uromastix (Schulter- muskeln von 1875, p. 737 vielleicht auch bei Stellio (RipinGER). Meine alteren Angaben iiber sein Vorkommen bei gewissen Scincidae (1870, 1875), wonach er aber nicht mit dem M. latissimus dorsi, sondern fiir sich in der Nahe des Proc. medialis humeri inserierte, konnte ich leider nicht durch Nachuntersuchung kontrollieren, um die Frage zu entscheiden, ob hier eine dem M. teres major oder einem Scapulo-humeralis posterior (Rhynchocephalier, Crocodile, Vogel) oder dem Subscapularis externus vergleichbare Bildung vor- hegt. Weitere auf diesen Punkt gerichtete Untersuchungen halte ich fiir sehr erwiinscht. 3) Bei diesem Muskel beschreibt pe Vis bei Chlamydosaurus noch einen ,M. coraco-humeralis“, den er mit dem External sterno- coracoid Mivarv’s identifiziert und der gerade wie der Subcoraco- scapularis (Subscapularis pe Vis) von der ganzen Innenflaiche des Coracoides und Epicoracoides kommen solle. Vermutlich liegt hier ein Irrtum resp. eine Vermengung des M. sterno-coracoideus internus superficialis mit Teilen des M. subcoracoideus vor. 436 Max Firbringer, Serratus-Gruppe, den Mm. sterno-coracoidei interni und dem M. coraco-brachialis longus eingenommen ist; zum Teil kann sie auch tiber den Hinterrand der Scapula auf den hinteren Bereich von deren Aufenfliche tibergreifen. Alle diese ausgebreiteten Ursprungsteile sammeln sich facherférmig in einer einheitlichen, den Proc. medialis umgreifenden Insertion. Man kann an dem M. subcoracoscapularis eine Pars coracoidea (M. subcoracoideus s. lat.) und eine Pars scapularis (M. subscapularis) unter- scheiden '), welche zumeist durch die scapulare Insertion des Lig. sterno-scapulare internum getrennt sind, aber auch da, wo diese Insertion direkt vor dem proximalen Rande des M. sub- coracoscapularis stattfindet (Uroplates), gesondert erscheinen; die Pars coracoidea greift auch in der Regel auf den vorderen unteren Bereich der Scapula tiber, ist also, streng genommen, eine Pars coracoscapularis. Pars coracoidea s. coracoscapularis (M. subcora- coideus s. lat.) (sbe). Meistens der breitere und ansehnlichere Teil des Muskels, der von der Innenfliche des gré8ten Teiles des Coracoides nebst Fenstern (mit Ausnahme des medialen Drittels | Epi- coracoid], an dem die Mm. sterno-coracoidei interni inserieren und von dem der M. coraco-brachialis longus entspringt), der die Fenestra s. Semifenestra coraco-scapularis fiillenden Membran und des ventro-proximalen Bereiches der knéchernen Scapula s. str. entspringt, mit konvergierenden Fasern nach der Gegend des Schultergelenkes verliuft und tiber dessen Innenfliche hinweg, hierbei zugleich innig mit seiner Kapsel verbunden, nach dem Proc. medialis humeri geht, wo er gemeinsam mit der Pars sca- pularis kraftig sehnig-muskulés inseriert. Bei den Lacertidae und bei Zonurus ist die P. coracoscapularis erheblich gréfer als die P. scapularis, bei der tiberwiegenden Mehrzahl der Lacertilier nur wenig grofer oder annihernd gleich, bei Uroplates von gleicher Starke, aber etwas schmiiler, bei Phrynosoma und Varanus kitrzer und etwas schwacher. Der vom Coracoid (inkl. Procoracoid) kommende Teil kann als Subcoracoideus s. str., der von dem ventro-proximalen Bereiche der Scapula entspringende als Subscapularis anterior unterschieden werden; diese Unter- 1) Beide Teile werden von Atrx bei Monitor, pre Vis_ bei Chlamydosaurus, und Snurevpr bei Heloderma ganz richtig be- schrieben; SHurenpr thut auch des Lig. sterno-scapulare internum, das er als Endsehne des M. sternocosto-scapularis auffaSt, dabei Erwahnung. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 437 scheidung ist aber im wesentlichen nur eine regionale, denn in der Regel bildet der ganze Subcoracoideus s. lat. eine einheitliche Masse. Pars scapularis (M. subscapularis) (sbsc). Der schmalere und meistens etwas gegen die Pars coracoidea zuriick- tretende Teil des Muskels. Er entspringt in sehr wechselnder Ausdehnung von der Innenflache des dorsal resp. dorso-distal von dem Lig. sterno-scapulare internum befindlichen Teiles der kné- chernen Scapula und des ventralen Teiles des Suprascapulare, soweit an denselben nicht die Mm. levator scapulae superficialis, seratus superficialis und namentlich levator scapulae et serratus profundus Anheftung nehmen, ferner von dem Hinterrande der Scapula s. str. und des ventralen Bereiches des Suprascapulare und, bald mehr, bald weniger, von dem angrenzenden hinteren Bereiche der Aufenfliche; hierbei kann er auch geringgradige und unbestindige Urspriinge von dem scapularen Ende des Lig. sterno-scapulare internum, von der Ursprungssehne des M. anco- naeus scapularis, sowie dem distalen Teile des Lig. scapulo-hume- rale laterale nehmen. Die von der Innenfliche und die von der Aufenfliche kommenden Teile kénnen am Ursprunge eine gewisse Selbstandigkeit gewinnen, wobei haufig die Insertion des M. serratus superficialis sich etwas zwischen sie einschiebt; dann kann man von einem Subscapularis posterior internus und einem Subscapularis externus sprechen, von denen der erstere den ansehnlicheren und konstanteren Teil bildet, der letztere zwischen den Grenzen einer ziemlich weit tiber den hinteren Be- reich der scapularen Aufenflaiche ausgedehnten Entfaltung (Gecko- nidae, Scincidae) und einer sehr geringen, in der Hauptsache auf den hinteren Rand der Scapula beschrinkten und kaum yon dem Subscapularis internus gesonderten Ausbildung (Varanus) alle méglichen Entwickelungszustande aufweist. Beide Teile konvergieren nach der Insertion zu einem ganz einheitlichen Subscapularis, der, vollkommen mit dem Subcoraco- ideus verbunden, am Proc. medialis humeri sich anheftet. Die einfachere Ausbildung ist nicht als der rein erhaltene urspriing- liche Zustand des Muskels zu beurteilen, sondern beruht zu einem guten Teile auf partiellen Reduktionen der Muskelmasse. Nach SABATIER (p. 196—198) reprisentieren der coracoidale und scapulare Anteil die Chefs coracoidien et scapulaire postérieur des M. obturateur interne thoracique; ersterer sei beim Menschen riickgebildet, letzterer entspreche der axillaren (von dem hinteren 438 Max Firbringer, resp. unteren Teile der Scapula kommenden) Portion der mensch- lichen Subscapularis. — In der allgemeinen Vergleichung mit dem menschlichen Subscapularis folgen SaABATIER und SHureLpt der iiblichen, auch von mir geteilten Annahme. Die Beschrankung der direkter vergleichbaren Elemente des Subscapularis der Lacer- tilier auf den hinteren (axillaren) Teil des menschlichen Subscapu- laris scheint mir dagegen auf eine allzu grofe Specialisierung und kiinstliche Sonderung des Muskels der Mammalia hinauszukommen. 18. Anconaeus. a) Caput scapulare: Caput scapulare m. anconaei s. M. anconaeus scapu- laris lateralis: Firerincer (18a). Longue portion du triceps brachial: Aux. Chef scapulaire du long triceps brachial: Sasatinmr. External long head of the Triceps: bE Vis. Third head of the Triceps (Strong, cord-like tendon of the Triceps from the Scapula): SuHuretpr (No. 35). b) Caput coracoideum: Caput coracoideum m. anconaei s. M. anconaeus coracoideus: Firsrincer (18b). Expression tendineuse ete. de la longue portion du triceps brachial: Atrix. Chef coracoidien du long triceps brachial: Saparimr. Internal long head of the Triceps: ps Vis. Fourth head of the Triceps (Long flat tendon of the Triceps from the Coracoid): Suurenpt (No. 35). c) Caput humerale laterale: Caput humerale laterale m. anconaei s. M. anco- naeus humeralis lateralis: Firsrincer (18c). Faisceau huméro-cubital externe (Vaste externe): ALrx, Vaste externe: SABATIER. External humeral head of the Triceps: pr Vis. First head of the Triceps: Suurexnpr (No. 35). d) Caput humerale mediale: Caput humerale mediale m. anconaei s. M. anco- naeus humeralis medialis: Firsrrmcer (184d). Faisceau huméro-cubital interne (Vaste interne): AULIx, Vaste interne: SaBATIER. [Internal humeral head of the Triceps: pr Vis. Second (another) head of the Triceps: Suurenpr (No. 35). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 439 An der Streckseite des Oberarms befindliche kriftige oder sehr kraftige und ansehnliche Muskelmasse, die mit zwei langeren Képfen, Caput scapulare und C. coracoideum, von dem dorsalen und ventralen Bereiche des Schultergiirtels, mit zwei kiirzeren K6épfen, Caput humerale laterale und C. humerale mediale, von der Dorsalfliche des Humerus entspringt und nach der Vereinigung derselben einen meistens sehr voluminédsen Muskelbauch bildet, der kraftig an dem proximalen Bereiche der Ulna inseriert. a) Caput scapulare s. M. anconaeus scapularis (lateralis) (asc). Der dorsale, laterale und weitaus ansehn- lichere der beiden langen Képfe. Es entspringt, bedeckt von dem M. dorsalis scapulae und zwischen den Mm. scapulo-humeralis anterior und subscapularis externus, mit einer in der Regel kraf- tigen Sehne von dem hinteren Rande und dem angrenzenden hin- teren Bereiche der AuSenflache ') des direkt tiber der Gelenkhéhle gelegenen (supraglenoidalen) Teiles der Scapula und geht in einen meist recht kraftigen Muskel tiber, der, den M. latissimus dorsi lateral deckend, an der Dorsolateralseite des Oberarms distalwarts zieht und sich, meist vor der Mitte desselben, mit dem Caput coracoideum und bald darauf mit den humeralen K6épfen vereinigt. Bevor er den M. latissimus dorsi passiert, tritt er zu den hier befindlichen Nn. brachiales superiores in bemerkenswerte Bezie- hungen: dorsal von ihm verlaufen die Nn. dorsalis scapulae und cutaneus brachii superior lateralis (supraanconaeus), ventral die Nn. scapulo-humeralis anterior und cutaneus brachii et antibrachii superior lateralis (infraanconaeus). Die Ursprungssehne (Hauptsehne) (ascr) des Anconaeus scapularis zeigt bei allen von mir neuerdings untersuchten Lacer- tiliern eine humerale Ankerung (asen), welche als ein sehr verschiedenartig entwickeltes Gebilde den ventralen Rand der Sehne mit dem gleich an den Gelenkkopf anschliefenden Anfang des Proc. lateralis humeri verbindet und hierbei den M. scapulo- humeralis anterior tiberbriickt. Am haufigsten beginnt diese Anke- rung mit dem Ursprunge der Hauptsehne: ihre am meisten proximalen Ziige verlaufen dann von dem hinteren Teile der scapularen Aufenfliche nach dem ersten Anfange des Proc. 1) Meist greift der Ursprung nicht iiber das hintere 1/, der scapularen Aufenfliche vor; durch den am weitesten vorn beginnen- den Ursprung sind die untersuchten Iguanidae und Agamidae ge- kennzeichnet. Bd, XXXIV. N. F. XXVIL 99 ~_ 440 Max Firbringer, lateralis humeri und bilden damit eine nicht direkt von dem Zuge des M. anconaeus scapularis abhangige Sehnenbriicke, welche Lig. scapulo-humerale laterale (L.schit) heiben mége'). Ur- spriinglich als sehr diinnes bis diinnes, gegeniiber der Hauptsehne und der Ankerung recht zuriicktretendes Gebilde auftretend (Gecko, Fig. 135), dann kraftiger werdend und der hier nicht unbedeuten- den Ankerung an Starke gleichkommend (Lygosoma und Zono- saurus, Fig. 134, 155), gewinnt sie weiterhin eine hodhere Ent- faltung als die Ankerung (Varanus, Fig. 138, Zonurus, Fig. 136, Lacerta, Fig. 187) und bildet sich zu einem kraftigen, den An- fang der Hauptsehne deckenden Bande aus, das schlieBlich sich erdktenteils von der Hauptsehne ablést und eine dieser gegentiber mehr oder minder selbstandige, zwischen Scapula und Proc. late- ralis humeri ausgespannte Sehnenbriicke tiber dem M. scapulo- humeralis anterior reprisentiert (Lacerta). Die humerale An- kerung kann aber auch erst im weiteren Verlaufe der Hauptsehne von deren ventralem Rande ausgehen: dann bildet sie einen rechtwinkelig von dieser sich abzweigenden, meist schmalen, aber nicht unkraftigen Sehnenzug, der in der gewohnten Weise den M. scapulo-humeralis tiberbriickt; ein Lig. scapulo-humerale laterale fehlt aber. Dies ist der Fall bei Uroplates, Fig. 140, und Phrynosoma, ,Fig. 139; bei letzterem dient die humerale Anke- rung zugleich dem ventralen Teile des Muskelbauches des Anco- naeus scapularis als Ursprungsstelle. Kine andere, schwacher und viel unbestandiger entwickelte Ankerung findet sich etwas distaler und verbindet die dorso- mediale Flaiche des Anconaeus scapularis mit dem Insertionsteile des M. latissimus dorsi (am besten bei Geckonidae, Fig. 133 asein, ausgepragt). Mitunter, bei gewissen Iguanidae und Agamidae, kann der Ursprung des Anconaeus scapularis in zwei Zipfel gespalten sein ; besonders hochgradig ist dieser Zerfall bei Calotes, wo zwei vollig 1) Ankerung und Sehnenbriicke wurden auch in der Be- schreibung von 1875 (p. 742) als sehr hiufige Bildungen angefiihrt, aber nicht weiter im Detail behandelt. Da die meisten Autoren ihrer nicht Erwahnung thaten, konnte ich fir ihre durchgehende Existenz bei den Lacertiliern nicht eintreten: ich vermute aber, daf die genauere Untersuchung dieselbe erweisen wird. — SHUFELDT thut ihrer bei Heloderma ganz richtig Erwihnung, doch nicht so eingehend, dai ich diesen Lacertilier den im obigen Texte be- schriebenen Formen einreihen kann. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 441 getrennte Kopfe bestehen, ein kriftigerer dorsaler und oberflaich- licher, dessen durch eine dorsale scapulare Ankerung verstarkter Ursprung recht breit an der Scapula hinaufreicht, und ein schwicherer ventraler und tiefer, der, von dem dorsalen Saume des M. scapulo-humeralis anterior bedeckt, gleich neben der Gelenk- héhle von dem Rande der Scapula entspringt und weiterhin die diinne und ziemlich breite humerale Ankerung abgiebt, die iibrigens in der gewodhnlichen Weise den distalen Teil des M. scapulo- humeralis anterior iiberbriickt !). b) Caput coracoideum s. Anconaeus coracoideus (ac). Der coracoidale Kopf wird durch eine schlanke Sehne reprisentiert, welche von der hinteren Ecke des Coracoides oder von dieser und dem Lig. sterno-scapulare internum entspringt ”) und an der Medialflache des Oberarmes zwischen den Nervi brachiales longi superior und inferior und an der Innenseite (Medialseite) des M. latissimus dorsi distalwarts verlauft, um ent- weder in einen kurzen und schmalen Muskelbauch tiberzugehen (Geckonidae, Phrynosoma, Varanus), der sich darauf mit der Medialseite des Caput scapulare verbindet, oder direkt als Sehne diese Verbindung mit dem Caput scapulare zu vollziehen. Dem Verhalten des Caput coracoideum, namentlich seinem Ursprunge, kommt eine gewisse Bedeutung als partieller Grad- messer der tieferen oder héheren systematischen Stellung der be- trettenden Lacertilier zu: 1) Bei den Geckonidae entspringt die ziemlich kraftige (Gecko) oder mifig schwache (Hemidactylus) oder sehr® diinne Sehne (Tarentola) wie bei den Urodelen ledig- lich vom Rande und dem Innensaume der hinteren Ecke des Coracoides und geht nach langem Verlaufe erst in der distalen Halfte des Oberarmes in den kleinen, schmalen Muskelbauch iiber, 1) Da der M. seapulo-humeralis anterior zuerst die Hauptsehne deckt, dann aber von der humeralen Ankerung gedeckt wird, ver- lauft diese, aus der Tiefe kommend und oberflichlich endend, in medio-lateraler Richtung. 2) pe Vis laft den Internal long head bei Chlamydosaurus auf der einen Seite ventral vom External long head von der Scapula, auf der anderen von dem Kapselbande des Schultergelenkes kommen und sich durch eine schlanke, von dem Sehnenbogen unter dem Subscapularis (Lig. sterno-scapulare internum mihi) ausgehende Sehne verstirken. Dieser Befund ist sehr eigentiimlich und laft weitere Untersuchungen wiinschenswert erscheinen. 29* 442 Max Firbringer, der sich bald darauf mit dem Caput scapulare verbindet '). 2) Bei Lygosoma, Zonosaurus, Lacerta (Fig. 145) und Zonurus (Fig. 144) entspringt die bei den beiden ersten Lacertiliern schwachere, bei den beiden letzten kraftigere Sehne hauptsachlich von der hinteren Ecke des Coracoides (er;), neben der coracoidalen Ankerung des Lig. sterno-scapulare internum (e711) und mit ihr verbunden, steht aber auch durch eine breitere, jedoch sehr diinne, an diese Anke- rung anschliefende Sehnenausbreitung mit dem Lig. sterno-scapu- lare internum (L.stscz) in Verband; ohne in einen Muskelbauch iiberzugehen, verbindet sie sich direkt, und zwar vor der Mitte des Oberarmes, meist gleich distal von dem hinteren Rande des M. latissimus dorsi, mit dem Caput scapulare. 3) Bei den unter- suchten Iguanidae, Agamidae und Varanidae hat sich der Verband mit dem Lig. sterno-scapulare internum (Z.séscz) zu einem kraftigen Sehnenzuge entwickelt, so daf man hier von zwei gleichwertigen schlanken und festen Ursprungszipfeln des Caput coracoideum sprechen kann, von denen der eine von der Ecke des Coracoides (cr;), der andere von dem Ligamentum ausgeht; beide Zipfel hangen zugleich mit der coracoidalen Ankerung zusammen, die zum Teil als diinne aponeurotische Membran zwischen ihnen aus- gespannt ist, und bei Phrynosoma (Fig. 146) la8t sich der vom Lig. sterno-scapulare kommende Zipfel zugleich als leidlich selb- standiger schmaler Zug bis zur Scapula verfolgen. Bei Varanus (Fig. 145) und Phrynosoma (Fig. 146) gehen die Sehnen (ac) vor der Verbindung mit dem Caput scapulare in ziemlich kleine Muskelbauche (acm) ”) tiber, die zugleich von dem insertiven Teile des M. latissimus dorsi abgehende accessorische Ursprungszipfel (acy) bekommen; auch bei Heloderma ist dies nach SHUFELDT der Fall. — Uroplates wies einen negativen Befund auf: das Caput coracoideum ist bei ihm, allein unter allen untersuchten kionokranen Lacertiliern, wie bei den Chamaeleontiden géanzlich riickgebildet. c) Caput humerale laterale s.M.anconaeus hume- ralis lateralis (ahl). Er bildet den kraftigeren von den hume- 1) Snuretpr erwahnt bei Heloderma keinen Verband des Anconaeus coracoideus mit dem Lig. sterno-scapulare internum. Ich vermute, nach dem sonstigen Verhalten von Heloderma, daf der- selbe hier existiert, daf somit Heloderma unter 2 (oder 3) ein- zureihen ist. 2) Die Muskelbauche sind hier gréfer als bei den Geckonidae; ihre primitive Natur kann angezweifelt werden. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 443 ralen Képfen und nimmt Ursprung von der dorso-lateralen Cirkum- ferenz des Mittelstiickes des Humerus, wobei er am Anfange mit den Mm. dorsalis scapulae, deltoides clavicularis und brachialis inferior mannigfache Verbinde eingehen, auch mit einem kleineren lateralen Zipfel iiber das Ende der Insertion des M. dorsalis scapulae iibergreifen kann (so namentlich bei Gecko). Dem distalen Bereiche seiner Fliche ist mitunter (specieller beobachtet bei Lygosoma und Lacerta, wahrscheinlich aber weiter verbreitet) ein schlanker Sehnenstreifen eingewebt, der an den proximalen Teil der Fascie der Streckseite des Vorderarmes sich ansetzt. d) Caput humerale mediale s. M. anconaeus hume- ralis medialis. Der kleinere humerale Kopf, der von der dorso-medialen Cirkumferenz des humeralen Schaftes entspringt. Im proximalen Drittel des Oberarmes durch die Insertionen des M. scapulo-humeralis anterior und latissimus dorsi von dem Caput humerale laterale getrennt, tritt er bald darauf mit ihm zu einem mehr oder minder einheitlichen Muskel zusammen, mit dem sich bald danach die vereinigten langen K6épfe verbinden. Die Verbindung aller 4 K6épfe ist meist um die Mitte des Oberarmes, seltener weiter distal von ihr vollzogen. Der daraus resultierende kriftige Muskelbauch') zieht tiber die Dorsalflache des Oberarmes und der Kapsel des Ellenbogengelenkes, mit ihr fest verbunden und zu einem kleinen Teile an ihr endend (M. sub- anconaeus), hier zugleich eine verschieden entwickelte Patella ulnaris (Pa.u)”) einschlieBend, nach der Ulna, an deren proxi- malem Ende (Olecranon) er mit kraftiger Sehne endet. 1) Derselbe ist bei der Mehrzahl der untersuchten Kionokranier sehr ansehnlich; bei Uroplates und Calotes wurde er relativ am schwiichsten gefunden. 2) Ich habe die Patella ulnaris bei keinem von mir unter- suchten Lacertilier vermift; sie besteht bald aus Knochen und Knorpel, bald nur aus Knorpel. Eine knorpelige und knécherne Patella findet sich bei den untersuchten Geckonidae, bei Uroplates, Lacerta, Phrynosoma und Calotes; sie bildet hier eine rundliche oder lingliche, distalwirts meist etwas schmialer, aber dicker werdende Platte, deren proximaler Teil von Knorpelgewebe, deren distaler Abschnitt von Knochengewebe gebildet ist; hierbei tritt der knécherne Anteil gegen den knorpeligen meist mehr oder minder erheblich zuriick (am schwichsten und noch ganz von Knorpel um- schlossen ist er bei Lacerta, etwas ansehnlicher bei Ptychozoon, Uroplates und Phrynosoma) oder er kommt dem knorpeligen in der Flachenausbreitung gleich (Gecko, Calotes) oder er iibertrifft ibn 444 Max Firbringer, B. Amphisbaenia. Ueber die Muskeln der Amphisbaenidae ist seit meiner 1870 veroffentlichten Arbeit tiber die Knochen und Muskeln bei den schlangenaihnlichen Sauriern, die auch tiber Amphisbaena fuliginosa und Lepidosternon microcephalum Mitteilungen machte, 1885 eine verdienstvolle Untersuchung von SMALIAN erschienen, welche die Muskulatur von Trogonophis wiegmanni, Blanus cinereus, Amphis- baena fuliginosa und Anops kingii behandelt und im Anschlu8 an meine Erstlingsarbeit, die sie in mancher Hinsicht tiberholt, auch tiber die Schultermuskel-Rudimente bei Blanus und Amphisbaena berichtet. Ich habe seitdem meine friiheren Beobachtungen an Trogon- ophis, Blanus, Amphisbaena und Lepidosternon fortgesetzt, ziehe aber vor, mit der Veréffentlichung derselben zu warten, bis es mir gelungen ist, fiir die betreffenden Untersuchungen noch Chirotes zu erhalten. Erst damit und mit der eventuellen vergleichenden Herbeiziehung von gewissen Tejidae diirfte die Untersuchung eine eréBere und auch speciellere systematische Bedeutung gewinnen ; bis dahin hat sie nur den beschrainkten Wert, die Rudimente bei den extremitétenlosen Amphisbaenidae durch den Vergleich mit ferner stehenden Kionokraniern in ganz allgemeiner Weise zu analysieren. selbst nicht unerhebllch (Hemidactylus). Eine nur knorpelige (resp. faserknorpelige) Patella wurde bei Lygosoma, Zonosaurus, Zonurus, Ameiva und Varanus gefunden; bei Lygosoma, Zonosaurus und Varanus bildet sie eine rundliche, bei Zonurus eine abgerundet viereckige, bei Ameiva eine abgerundet fiinfeckige Platte, die bei Varanus ziemlich schwach, bei Ameiva degeneriert und von mikro- skopischer Diinnheit ist. Ptychozoon, Uroplates und Phrynosoma kennzeichnet eine relativ grofe Patella, bei den anderen Kiono- kraniern ist sie von mittlerer oder geringerer, bei Ameiva von minimaler Grife. pm Vis erwahnt bei Chlamydosaurus eine knécherne Patella, SHurrnpr vermift sie bei Heloderma. — Die genauere Kenntnis der Patella kann nur durch Beobachtung der inneren, der Gelenkhéhle zugekehrten Flache und durch die Patella gelegter Schnitte gewonnen werden; die Aufenfliche gewihrt em ganz unvollkommenes Bild und laft den gréBeren Teil der knorpe- ligen Abschnitte iibersehen (vergl. die inneren auf Fig. 147—158 dargestellten Ansichten; die Knorpelteile sind etwas dunkler. wieder- gegeben als die Knochenteile). Von gréiferer systematischer Be- deutung scheint ihr Vorkommen und ihre Bildung nicht zu sein. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 445 C. Chamaeleontia (Rhiptoglossa). (Vergl. Taf. XV, Fig. 132, 141, 142, 159, 160.) Neuere Untersuchungen oder Darstellungen der Schulter- muskeln der Chamaeleontidae seit 1875 sind mir nicht bekannt geworden. SABATIER giebt in seinem Werke 1880 zum Teil neue Deutungen derselben, wie es scheint, nicht auf Grund eigener Be- obachtungen. Ich wurde durch die bei Uroplates gemachten Be- funde angeregt, Chamaeleo vulgaris nochmals, sowie Brookesia supericiliaris neu zu untersuchen. Aus Sapatier’s Deutungen hebe ich nur diejenigen hervor, welche von den von mir aufge- stellten Homologisierungen abweichen. 1. Sterno-mastoideus (Capiti-sternalis) und Cucullaris (Dorso- scapularis). Capiti-sternalis (Stero-mastoideus) und VDorso- scapularis (Cucullaris): Firprincer (No. 1 und 2). Bei den Chamaeleontiden ist der bei gewissen Vertretern der kionokranen Lacertilier beobachtete Zerfall des urspriinglich ein- heitlichen Muskels in zwei ganz getrennte und voneinander ent- fernte Partien (vornehmlich bei Uroplates und gewissen Iguanidae und Agamidae, s. p. 401) in extremer Weise, graduell mit Phryno- soma rangierend, entwickelt. Der Sterno-mastoideus verliuft als schmales und mabig schwaches (Chamaeleo) oder sehr schmales und zartes (Brookesia) Muskelband vom Kopfe nach dem vorderen Teile des Sternum, wobei er sich wie die Mehrzahl der Kionokranier zwischen den M. deltoides inferior (clavicularis) und den ersten Anfang des M. pectoralis einschiebt. Zwischen ihm und dem _ entsprechenden Muskel von Uroplates bestehen qualitative Uebereinstimmungen. Der Cucullaris repriisentiert einen schmalen und diinnen Muskel, der bei Chamaeleo, wie es scheint in wechselnder Weise, von den Proc. spinosi 2 oder 3 vorderer Dorsalwirbel entspringt (verg]l. Schultermuskeln, 1875, p. 751, Anm. 3; ich beobachtete neuerlich einen Ursprung vom 2. und 3. oder 3. und 4. Dorsal- wirbel) und in transversal-ascendenter Richtung zur Aufenfliche des Suprascapulare gleich hinter der Insertion des M. levator scapulae superficialis geht. Bei Brookesia ist der Muskel noch 446 Max Firbringer, schmiler und dinner und entspringt nur vom 2. Dorsalwirbel. Er entspricht im wesentlichen einem sehr reduzierten M. cucullaris | posterior von Uroplates. 2. Levator scapulae superficialis (Collo-scapularis superficialis). Collo (Capiti)-scapularis superficialis (Levator scapulae superficialis: Firprincrer (No. 3). Ansehnlicher, vom 1. Halswirbel kommender Muskel‘), der bei Chamaeleo entweder eine ganz einheitliche Masse bildet oder nur unvollkommen gesondert ist, bei Brookesia dagegen einen deut- licheren Zerfall in eine dorsale und ventrale Partie (Levator scapulae superficialis superior und inferior), beide von anniihernd eleicher Gréfe, zeigt. Der dorsale Muskel geht an den vorderen Teil der Aufenfliche des Suprascapulare, der ventrale an den Vorderrand des dorsalen Bereiches der knéchernen Scapula. 3. Serratus superficialis (Thoraci-scapularis superficialis). Thoraci-scapularis superficialis (Serratus super- ficialis): Firprincer (No. 4). Ansehnlicher, von den beiden letzten Halsrippen und der 1. Brustrippe (4, 5, 1) entspringender Muskel, der an den ganzen Hinterrand des kurzen Suprascapulare und an die dorsalen ?/,; bis 7/, des Hinterrandes der ziemlich langen knéchernen Scapula s. str. geht. In dieser ausgedehnten Insertion an der Scapula s. str., die mit der weiter fortgeschrittenen Verknécherung der Scapula s. lat. (wodurch der speciell scapulare Anteil derselben sich ver- orikert, der suprascapulare sich vermindert) zusammenhinet, offenbart sich eine weitere Entwickelung des beziiglichen Ver- haltens bei Uroplates (p. 404). Auch in der wenig deutlichen Scheidung von dem M. serratus profundus zeigen sich verwandt- schaftliche Beziehungen zu diesem Kionokranier. 4. Levator scapulae et Serratus profundus (Collo-thoraci-scapularis profundus). Collo-thoraci-suprascapularis profundus (Serra- tus profundus): Firerincer (No. 5). ] | 1) Der von Mivarr angebene occipitale Ursprung fand sich bei keinem der mir vorliegenden Exemplare. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 447 Relativ schwach entwickelter Muskel, den ich nur bei Cha- maeleo genauer untersuchte. Er bietet die beiden Schichten der Kionokranier gleichfalls dar und nahert sich in seinem specifischen Verhalten etwas dem Muskel von Uroplates, der aber bei diesem viel ansehnlicher entwickelt ist. a) Oberflaichliche Schicht. Kommt mit zwei zusammen- hangenden Zacken von den beiden letzten Halsrippen (4 und 5) und geht in descendenter Richtung an die hintere Hilfte der Innenfliche des Suprascapulare, wobei (wie bei Uroplates) recht nahe Beziehungen zu dem M. serratus superficialis existieren (Uebergangsbiindel). Das bei Uroplates entwickelte vordere (an dem vorderen Teile der suprascapularen Innenfliche endende) Biindel ist bei Chamaeleo minimal oder fehlt ganz. b) Tiefe Schicht. Breite, aber recht schwache Lage, die hauptsichlich von der yorletzten, mit einem geringen Anteile auch von der drittletzten Halsrippe (5 und 4) entspringt und in trans- versalem Laufe an den dorsalen Teil des Suprascapulare geht. 5. Sterno-coracoideus internus profundus. Sterno-coracoideus internus: Firprincer (No. 6). Der Sterno-coracoideus internus der Chamaeleontiden liegt medial und innerhalb des M. transversus abdominis, ist somit ein profundus. Er reprasentiert einen maig entwickelten Muskel, der von der Innenflaiche des Sternum und, minimal, von den angrenzenden Enden der beiden ersten Sternocostalien entspringt und nach longitudinalem Verlaufe sehnig-muskuliés mit Ueberwiegen des sehnigen Charakters an der Innenfliche der vorderen medialen Ecke des Coracoides inseriert. ; Ein M. sterno-coracoideus internus superficialis wurde vermilst. Durch diese Existenz des M. stc. int. profundus und den Mangel des M. stc. int. superficialis treten die Chamaeleontiden in Gegen- satz zu Uroplates, bei dem das Umgekehrte der Fall ist. Solche auf der blofSen Existenz oder Nichtexistenz (Verkiimmerung) von Muskeln beruhende, rein quantitative Ditferenzen sind aber in systematischer Beziehung nicht zu itiberschitzen, da sie an sich keine Verschiedenheit des Quale, welches das Ausschlaggebende ist, bedeuten. 448 Max Firbringer, 6. Lig. sterno-scapulare internum. Der M. sternocosto-scapularis fehlt den Chamaeleontiden ihn- lich wie den Geckonidae und Uroplates ganzlich. Das Lig. sterno- scapulare internum dagegen ist vorhanden als ein mifig entwickelter Sehnenzug, der breit und diinn von dem Sternum (Lab. internum sulci coracoidei) entspringt und, schmiiler, aber etwas kraftiger geworden, sich an der Scapula (an der Grenze gegen das Coracoid) anheftet. Bei Brookesia ist das Band etwas schwicher als bei Chamaeleo. Im Vergleich mit den kionokranen Lacertiliern stellen sich die Chamaeleontiden hinsichtlich der quantitativen Ausbildung des Bandes zwischen die Geckonidae und Uroplates einerseits und Lacerta andererseits; bei ersteren ist dasselbe schwacher, bei letzterem kraftiger. 7. Pectoralis. Pectoralis: FURBRINGER. MittelgroBer, zufolge der komprimierten Form des Rumpfes an der ventralen Seitenflaiche der Brust und des Bauches gelegener Muskel, der in Ermangelung eines Episternum nur von dem Sternum und einigen Sternocostalien entspringt und den urspriing- lichen Zusammenhang mit der Bauchmuskulatur (insbesondere Rectus abdominis) sehr modifiziert zeigt. Ventral ist er gréftenteils von der eigentiimlich entwickelten hyoidalen Muskulatur iiberlagert. Der sternale Ursprung beginnt von dessen ganzer Linge mit Ausnahme des vorderen (Chamaeleo) und hinteren (Chamaeleo, Brookesia) Endes, die von den Urspriingen resp. Insertionen der Mm. sterno-mastoideus (vorn) und sterno-hyoideus (hinten) ein- genommen sind, der sternocostale von dem 2. und 3. Sterno- costale, bei Chamaeleo iiberwiegend von dem 2., bei Brookesia hauptsichlich von dem 3.; auch kommt bei Chamaeleo noch ein sehr kleiner, von dem Ende des 1. Sternocostale entspringender Zipfel hinzu. Die Insertion geschieht in der gewéhnlichen Weise an dem Proc. lateralis humeri, wobei die Ankerung an dem Tuberculum mediale und die Umscheidung der Ursprungssehne des M. biceps brachii gerade so wie bei Uroplates sehr ansehnlich ausgebildet ist. Dieses tibereinstimmende Verhalten, sowie der wie bei den Cha- maeleontidae auch bei Uroplates fehlende episternale Ursprung des Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 449 Pectoralis ergeben zwischen beiden Abteilungen nihere specifische Beziehungen. Bei Chamaeleo hat der von dem 2., bei Brookesia der von dem 3. Sternocostale kommende Teil des Muskels eine gewisse Selbstiindigkeit, die bei Brookesia sehr ausgebildet ist und das Recht giebt, bei dieser Art von einer gegeniiber dem iibrigen Pectoralis gesonderten Pars abdominalis zu sprechen. 8. Supracoracoscapularis. Supracoracoideus und Suprascapularis: Firprincer (No. 8 und 9). Chef coracoidien (et précoracoidien) de l’obtura- teur externe thoracique und Chef scapulaire anté- rieur de l’obturateur interne thoracique: SABATIER. Bei den Chamaeleontiden hat sich der — durch den auf den Vordersaum der coracoidalen AuSenflaiche iibergewanderten Ur- sprung des M. deltoides inferior beeintrichtigte — M. supracora- coideus der kionokranen Lacertilier dorso -lateralwirts auf den ventralen Bereich der Scapula ausgebreitet und ist damit ein M. supracoracoscapularis geworden. Beide Teile, der alte coracoidale und der neu erworbene scapulare, haben sich zugleich durch einen Spalt gesondert, so dai sie, obwohl gemeinschaftlich am Anfange des Proc. lateralis humeri inserierend, doch in ihrer gréferen Ausdehnung als mehr oder minder separate Mm. supracoracoideus und suprascapularis sich préasentieren. Der breitere ventrale Supracoracoideus entspringt von der Auenfliche des vorderen Teiles des Coracoides mit Ausnahme des Vordersaumes, der von dem Ursprunge des M. deltoides inferior eingenommen ist, wird von diesem und dem M. pectoralis gedeckt und deckt anderseits den M. coraco-brachialis brevis und den sehnigen Ursprung des M. biceps brachii. Der schlankere dorso-laterale Suprascapularis beginnt von dem vorderen Teile der Au8enflache der ventralen */; (Brookesia) bis ?/, (Chamaeleo) der knéchernen Scapula s. str. (mit Ausnahme von deren unterstem Ende), deckt den M. scapulo- humeralis anterior und wird von dem dorsalen Rande des M. deltoides inferior bedeckt und von dem vorderen des M. dorsalis scapulae dorsal begrenzt. Die Mm. supracoracoideus und suprascapularis wurden von mir (1875, p. 756, 757) auf Grund ihrer gleichen Innervation 450 Max Firbringer, durch den diazonalen N. supracoracoideus (supracoracoscapularis), ihrer gemeinsamen Insertion am Anfange des Tuberculum laterale, ihrer intimen Nachbarschaft und mehr oder minder innigen Ver- bindung miteinander als Glieder desselben Systemes behandelt. SABATIER (1880, p. 198 f.) list ohne jede wirkliche Begriindung seinerseits — denn die auch hier wiederholte Behauptung, dal ich mit meiner Deutung eine Konfusion begangen, kann doch nicht als sachliche Begriindung gelten — diese natiirliche Verbindung auf und deutet den Supracoracoideus als Chef coracoidien et précoracoidien des M. obturateur externe thoracique, den Supra- scapularis dagegen als Chef scapulaire antérieur des M. obturateur interne thoracique, wobei er zugleich den M. scapulo-humeralis profundus (den auch Mrvarr und RUDINGER nicht besonders unter- schieden hiitten) mit dem M. suprascapularis als kleines und undeutlich gesondertes Biindel desselben vereinigt (p. 199, Anm. 1). — Diese neue Deutung Sapatier’s zerreift einerseits willkirlich den natiirlichen Zusammenhang der durch die gleiche Innervation und Insertion, sowie durch gegenseitigen Verband vereinigten beiden Muskeln (M. supracoracoideus und suprascapularis) und bringt andererseits zwei Muskelbildungen (M. suprascapularis und M. scapulo-humeralis profundus) zusammen, welche grundverschie- den (der erstere durch den diazonalen N. supracoracoscapularis, der letztere durch den postzonalen N. scapulo-humeralis profundus) innerviert sind und entfernt von einander (der erstere am Tuber- culum laterale, der letztere an der Dorsalflache des Humerus zwischen den beiden humeralen Képfen des Anconaeus) inserieren. Daf der M. scapulo-humeralis profundus anterior der Chamaeleon- tiden von Mrivarr und Ripinger tibersehen resp. abgeleugnet wurde!), ist doch wohl kein Grund gegen seine selbstandige Kxistenz; Mecke., Pretrrer und Rotieston haben ihn gleich mir sehr wohl gesehen, und ein wirklich genauer Untersucher kann gar nicht auf den Gedanken kommen, diesen Muskel, der tiberdies noch durch das Lig. scapulo-humerale laterale von dem M. supra- scapularis vollkommen geschieden ist, mit dem ganz anders ge- arteten M. suprascapularis zu verschmelzen. Der Umdeutung SABATIER’S fehlt jeder Grund und Boden. 1) Die Rtpinerr’sche Abhandlung zeigt alle Merkmale einer fliichtig vorgenommenen Untersuchung. Eventuell ware auch, wenn- gleich mit grofer Unwahrscheinlichkeit, mit einem individuellen Mangel des Muskels zu rechnen. Ich habe mehrere Exemplare von Chamaeleo auf seine Existenz untersucht, ihn aber niemals vermibt. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 451 9. Coraco-brachialis brevis und longus (cbrb und cbri). Coraco-brachialis (brevis und longus): FURBRINGER (No. 10). Die Mm. coraco-brachiales brevis und longus der Chamaelecn- tidae (Fig. 132) sind von Anfang an getrennt und im ganzen gering entwickelt. Coraco-brachialis brevis (cbrb). Makig grofer, kurzer Muskel, der von dem hinteren Teile der coracoidalen Aufenflache entspringt und bei Chamaeleo bis zur Mitte des Humerus herab- reicht. Bei Brookesia ist er etwas schwacher als bei Chamaeleo und reicht bis zum Ende des 2. 1/; des Oberarmknochens. Coraco-brachialis longus (chrl). Diinner und schmaler Muskel, der von der hinteren Ecke des Coracoides entspringt und, ihnlich wie bei Uroplates, mit schlanker Sehne an dem Epicon- dylus medialis inseriert. 10. Biceps brachii (Coraco-antibrachialis) (02). Coraco-antebrachialis (Biceps): Fursrincer (No. 11). Mabig entwickelter bis schwacher Muskel (Fig. 132), der rein sehnig von der Mitte des Epicoracoides entspringt, im proximalen Bereiche des Oberarmes in den Muskelbauch iibergeht und distal am Radius und an der Ulna endet. Die lange und schlanke Sehne (07.¢) ist ganz zwischen dem sie deckenden M. supracoracoideus und dem yon ihr gedeckten M. co- raco-brachialis brevis eingegraben und wird dann am Anfange des Oberarmes im Sulcus bicipitalis von der durch die Haupt- insertion und die Ankerung des M. pectoralis gebildeten Scheide umgeben (p. 448). Der schlanke, rundliche Muskelbauch (b7;) teilt sich bei dem untersuchten Exemplar von Chamaeleo hinter der Mitte des Oberarmes in zwei Teile, einen gréBeren lateralen, der, dem M. brachialis inferior dicht anliegend, aber nicht eigentlich mit ihm verschmolzen, in eine Sehne tibergeht, die mit 2 Zipfeln an Radius und Ulna endet, und einen kleineren medialen, der mit dem sehnigen Anfange des M. pronator (nicht mit seiner ober- flachlichen Fascie) verschmilzt, somit dem Lacertus fibrosus der kionokranen Lacertilier (p. 424) nicht direkt verglichen werden kann'). Brookesia zeigt eine schwachere und einfachere Aus- 1) Vielleicht handelt es sich hier um eine individuelle Be- sonderheit des medialen Sehnenzipfeis. Ich entsinne mich nicht, 452 Max Firbringer, bildung des Muskels; ob auch hier ein Verband mit dem M. pro- nator existiert, konnte wegen zu schlechter Erhaltung der _be- treffenden Stelle beider vorderen Extremitaten des untersuchten Tieres nicht entschieden werden. Die mancherlei Uebereinstimmungen mit Uroplates, nament- lich im Verhalten der Ursprungssehne, sind sehr in die Augen fallend '). li. Brachialis inferior (Humero-antibrachialis inferior). Humero-antebrachialis inferior (Brachialis infe- ferior): Fursricer (No. 12). Bei den Chamaeleontiden ist der M. brachialis inferior etwas schwiicher als bei den kionokranen Lacertiliern entwickelt, tiber- trifft aber den medial neben ihm verlaufenden M. biceps brachii eanz erheblich an Starke; beide Muskeln stehen in ihrem in- sertiven Bereiche in minder innigen Beziehungen als bei der Mehrzahl der Kionokranier und wahren mehr oder minder ihre Selbstaindigkeit. Bei Chamaeleo teilt sich der M. brachialis in- ferior in eine schlanke, aber nicht unkraftige laterale Sehne, die ganz fiir sich an dem Radius inseriert, und einen dickeren, fleischig- sehnigen Bauch, der mit kurzer Sehne direkt neben der beziig- lichen Biceps-Insertion an dem Anfang der Ulna endet. 12. Latissimus dorsi (Dorso-humeralis). Dorso-humeralis (Latissimus dorsi): Fwrsringer (No. 13), ihr bei frither untersuchten Chamaeleontiden begegnet zu sein; auch die anderen Untersucher erwiihnen nichts davon. 1) Auch die sowohl dem Biceps, wie den anderen im Bereiche der freien Extremitaten (vorderer wie hinterer) befindlichen Muskeln zukommende Schwiache der Ent- wickelung zeigt bei Uroplates und den Chamaeleontidae etwas Gemeinsames, das sich schon juferlich in dem schwachen und schlanken Gliedmafenbau dieser Tiere kundgiebt; doch will ich auf dieses Verhalten — weil es sich hier um ein quantitatives Merkmal handelt — nicht zu viel Gewicht legen. Uroplates zeigt noch die am leidlichsten entwickelte Muskulatur, darauf folgt Chamaeleo, Brookesia mit sehr schwachen Muskeln (und einem nur aus 3 Wurzeln bestehenden Plexus brachialis) beschlieft die Reihe. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 455 Der M. latissimus dorsi der Chamaeleontiden tritt in Aus- breitung und Stirke erheblich gegen den Latissimus dorsi der meisten Kionokranier zuriick; nur Uroplates, Phrynosoma und Varanus zeigten dort Reduktionszustande, welche denen bei den Chamaeleontidae nahekommen. Er entspringt von dem Niveau der 4 bis 5 ersten Dorsal- wirbel (6. bis 10. Wirbel)‘), vorn deutlich von den Dornen kom- mend, hinten mit der Fascie der spino-dorsalen Riickenmuskulatur verwachsen, sowie relativ recht ausgebreitet von der 3. und 4. Brustrippe (Vertebrocostale), wobei der unterste und _ hinterste Teil des Muskels bei Chamaeleo vorwiegend von der 3., bei Broo- kesia von der 4. Rippe ausgeht ”). Von da aus konvergieren die Fasern, die vorderen spinalen in transversaler, die hinteren costalen in longitudinaler bis longi- tudinal-ascendenter Richtung zu der schmalen, an der gewéhn- lichen Stelle stattfindenden Insertion, wobei zugleich eine partielle Faserkreuzung stattfindet, indem die costalen proximaler als die spinalen sich an den Humerus ansetzen. Auch hier sind die nahen Relationen zu Uroplates (ent- sprechendes Verhalten der Rippenurspriinge) unverkennbar. 13. Dorsalis scapulae (Deltoides scapularis s. superior). Dorsalis scapulae (Deltoides scapularis s. supe- rior): Furprincer (No. 14). Chef scapulaire de l’obturateur externe thora- cique: SABATIER. Die Chamaeleontiden stellen sich hinsichtlich der gegenseitigen insertiven Beziehungen der Mm. dorsalis scapulae und deltoides coraco-sternalis s. inferior in gewisser Hinsicht in die Reihe der sub 4 angefiihrten Kionokranier (p. 428): beide Muskeln sind vrobtenteils voneinander gesondert, und der vorwiegend muskulés inserierende M. deltoides inferior lagert sich an der Insertion iiber den vorwiegend sehnig endenden M. dorsalis scapulae, wobei er 1) Bei Chamaeleo auch individuell erst mit dem 2. Dorsalwirbel (7. Wirbel) beginnend. 2) Gugleich nahm der dorsal daran angrenzende Teil des Muskels bei Chamaeleo Ausgang von der 4. bei Brookesia von der 3. Rippe — somit eine umgekehrte Verteilung bei diesen beiden Gattungen der Chamaeleontiden, falls nicht rein individuelle Ver- haltnisse vorliegen. 454 Max Firbringer, zugleich bei Brookesia nur minimal (= Zonosaurus), bei Cha- maeleo in mabigem Grade (= Ameiva oder Uromastix) distalwarts weiter greift als dieser Muskel. Eine Besonderheit bieten die Chamaeleontiden insofern dar, als beide Muskeln in ihrem Anfange und dem gréferen Teile ihres Verlaufes nicht nur von einander gesondert, sondern durch einen breiten (von dem M. suprascapu- laris ausgefillten) Spalt voneinander getrennt und entfernt sind. Der M. dorsalis scapulae bildet entsprechend der Lange und Schmalheit der Scapula einen langen, aber mabig breiten Muskel, der von dem hinteren und ventralen Bereiche des kurzen Suprascapulare (hinter und ventral von den Insertionen der Mm. cucullaris und levator scapulae), sowie von dem dorsalen '/, (Chamaeleo) bis ?/, (Brookesia) der langen knéchernen Scapula ‘) entspringt und mit konvergierenden Fasern am dorsalen mittleren Teile des Proc. lateralis humeri, dorsal von dem M. deltoides in- ferior inseriert. Die Beziehungen zu den Nachbarmuskeln entsprechen im eroken und ganzen denen bei den kionokranen Lacertiliern; den Chamaeleontiden eigentiimlich ist die direkte Nachbarschaft mit dem — sekundir ausgebildeten — M. suprascapularis (p. 449), dessen hinterer Rand an den vorderen unteren des M. dorsalis scapulae angrenzt. SABATIER (p. 198) bezeichnet den M. dorsalis scapulae in Uebereinstinmung mit dem entsprechenden Muskel der kiono- kranen Lacertilier als Chef scapulaire des M. obturateur externe thoracique und bringt ihn damit in viel zu nahe Beziehungen zu dem anders gearteten M. supracoracoideus (Chefs coracoidien et précoracoidien des M. obturateur externe thoracique). Die von ihm im Anschluf an Ripincer betonte Vergleichbarkeit mit dem menschlichen Teres minor entspricht, falls damit nicht eime specielle komplette Homologie behauptet werden soll, meinen Anschauungen (vergl. auch meine Ausfiihrungen bei dem Dorsalis scapulae der kionokranen Lacertilier p. 731 f.). 14. Deltoides coraco-sternalis s. inferior. Coraco-humeralis anterior und Sterno-humeralis anterior (Deltoides coraco-sternalis s. inferior): Fisrprincer (No. 15). " 1) Dieser Bereich entspricht dem ventralen Abschnitte des Suprascapulare der meisten kionokranen Lacertilier. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 455 Der M. deltoides clavicularis der kionokranen Lacertilier hat bei den Chamaeleontiden eine mit der Riickbildung der Clavicula Hand in Hand gehende Umbildung erfahren: er ist auf den vor- deren Rand und den Vordersaum der Aufenfliiche des Coracoides, sowie den benachbarten vorderen Teil des Sternum tibergewandert '). Er reprisentiert einen mittelgrofen und ziemlich diinnen, also schwaicheren Muskel als bei den kionokranen Lacertiliern, der, von dem M. dorsalis scapulae durch einen weiten (durch den M. suprascapularis ausgefiillten) Zwischenraum getrennt, von der angegebenen Ursprungsstelle entspringt und nach dem Proc. late- ralis humeri verlauft, wo er sich mit dem Insertionsteile des M. dorsalis scapulae trifft und ventral und etwas distal von ihm muskulés oder vorwiegend fleischig inseriert. Die untersuchten Exemplare von Chamaeleo zeigten den sternalen Ursprung in ver- schiedener Ausdehnung, wahrend derselbe bei Brookesia nur ganz minimal ausgebildet war. Bei dem neuerdings untersuchten Exemplare von Chamaeleo aberrierte von der Oberfliche des lateralen Teiles des Muskels ein schmales und sehr diinnes Muskelband in descendenter Rich- tung nach dem medialen, den M. sterno-hyoideus deckenden Bereiche der Brusthaut. Darin, wie in den von MEcKEL und PFEIFFER mitgeteilten (vergl. Schultermuskeln, III, 1875 p. 763) und dem von mir bei Lygosoma gemachten Befunde (p. 432 der vorliegenden Arbeit) spricht sich eine besondere Tendenz dieses Muskels zu Aberrationen aus, die bei den Végeln in noch weit héherem Grade (in der Ausbildung des M. deltoides propatagialis) in Erscheinung tritt, aber auch, wenngleich in eigentiimlicher Differenzierung, bei den Rhynchocephaliern und _ Crocodiliern 1) Diese Ueberwanderung ist nicht so zu denken, als ob die gleichen erst von der Clavicula entspringenden Fasern danach auf das Coracoid iibergewandert seien. Es handelt sich vielmehr um eine Neubildung tiefer Fasern, welche an Coracoid und Sternum unter teilweisem Zuriickweichen des M. supracoracoideus Platz griffen, wahrend die alten clavicularen mit der Reduktion der Clavicula sich riickbildeten. Ueberginge, die diesen Prozef im Detail ad oculos demonstrieren kénnten, sind noch nicht _ be- obachtet. Fir die Entwickelung der vom Sternum kommenden Fasern kann entweder der neuerworbene coracoidale oder der altere episternale Ursprung (wie er sich bei manchen Kionokraniern findet, cf. p. 431) den Ausgang gebildet haben. An der Hand der Be- funde von Uroplates, Brookesia und Chamaeleo halte ich das erstere fiir wahrscheinlicher. Bd, XXXIV, N. F, XXVI. 30 456 Max Firbringer, (M. humero-radialis resp. proximaler Teil desselben) zur Beobach- tung kommt. Alle diese Gebilde zeigen eine allgemeine Verwandt- schaft, sind aber nicht ohne weiteres zusammenzuwerfen (vergl. die specielleren Ausfiihrungen bei den betreffenden Sauropsiden- Abteilungen). 15. Scapulo-humeralis anterior (Coraco-scapulo-humeralis anterior) ‘) (scha). Scapulo-humeralis profundus: Ftrsrincer (No. 16). Der 1875 gegebenen Beschreibung habe ich nichts Wesent- liches zuzufiigen. Der Muskel von Chamaeleo (Fig. 141) ist klein, auf den hinteren, direkt vor dem Schultergelenk gelegenen Bereich der Auf enfliche der Scapula und des Coracoides retrahiert und geht, der Kapsel des Schultergelenkes dicht anliegend und_ver- bunden und von der humeralen Ankerung des M. anconaeus sca- pularis (s. diesen p. 458) bedeckt, in der iiblichen Weise an den Humerus. Seine sekundire Verkiirzung spricht sich auch darin aus, da8 er gianzlich von dem M. supracoracoscapularis (supra- scapularis) bedeckt wird, wahrend er bei den kionokranen Lacer- tiliern neben dem M. supracoracoideus, mit der Tendenz, den- selben zu decken, liegt. Noch kleiner als bei Chamaeleo ist er bei Brookesia (Fig. 142), so daf es hier einiger Aufmerksamkeit bedarf, ihn nicht zu tibersehen. Doch habe ich ihn bei keinem untersuchten Chamaeleontiden vermibt. SABATIER (p. 199, Anm. 1) vereinigt ihn mit dem Supra- scapularis zu dem Chef scapulaire antérieur des M. obturateur interne thoracique. Gegen die Annehmbarkeit dieser Proposition habe ich mich bereits bei dem M. supracoracoscapularis aus- gesprochen (p. 450). 16. Teres major. Ein Teres major wurde bei keinem Chamaeleontiden gefunden. 1) Wie bei den kionokranen Lacertiliern lasse ich das Epitheton ,profundus* der Bezeichnung von 1875 fallen, fiige aber ,,anterior“ hinzu (vergl. p. 432, 433 Anm. 2). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 457 17. Subcoracoscapularis. Subcoracoscapularis: Ftrsrincer (No. 17). Wie bereits 1875 hervorgehoben, kennzeichnet den M. sub- coracoscapularis der Chamaeleontiden die im ganzen einfachere Ausbildung desselben, der Mangel eines besonderen Subscapularis externus und die Trennung und relativ weite Entfernung des Subcoracoideus s. str. von dem Subscapularis (posterior) internus, indem der bei den kionokranen Lacertiliern zwischen beiden be- findliche Subscapularis anterior ausgefallen ist. Der Subcoraco- ideus ist der breitere, aber kiirzere Teil, der mit Ausnahme des medialen Teiles von der Innenflache des Coracoides entspringt, der Subscapularis internus der langere und etwas schmalere, an seiner dem Thoraxraum zugekehrten Flaiche teilweise sehnig umgebildete Abschnitt, der von der Innenfliche der Scapula kommt. Beide Teile (K6pfe) treten in ihrem insertiven Bereiche zu einem ein- heitlichen Muskel zusammen, der in der gewéhnlichen Weise am Proc. medialis humeri endet. Alle diese Verhaltnisse finden ihre Erklairung in partiellen Riickbildungen des Muskels, die zugleich mit der Reduktion und Verschmalerung des primaren Schultergiirtels Hand in Hand gehen. 18. Anconaeus. a) Caput scapulare: Caput scapulare laterale m. anconaei s. M. anco naeus scapularis lateralis: Ftrsrincer (18a). b) Caput humerale laterale: Caput humerale laterale m. anconaei s. Anconaeus humeralis lateralis: Firsrincer (18b). c) Caput humerale mediale: Caput humerale mediale m. anconaei s. Anconaeus humeralis medialis: Fursrincer (18c). Kraftiger resp. ziemlich kraftiger (Chamaeleo) oder mabig entwickelter (Brookesia), im ganzen also dem der kionokranen Lacertilier an Gréf%e nachstehender Muskel, der aus einem sca- pularen und zwei humeralen Képfen sich zusammensetzt, die sich unterhalb der Mitte des Oberarmes zu einem Muskelbauche ver- binden, der an dem proximalen Bereiche der Ulna inseriert. Ein 30 * 458 Max Firbringer, Caput coracoideum fehlt bei den Chamaeleontiden gerade so wie bei Uroplates, der in dieser Hinsicht sich von allen anderen unter- suchten Kionokraniern unterscheidet. a) Caput scapulare s. M. anconaeus scapularis (lateralis) (asc). Starkster Kopf des Muskels, der mit zwei getrennten Portionen, einer gréferen oberflachlichen und dorsalen (asc\spf) und einer kleineren tiefen und ventralen (asc;pr), vom Hinterrand der supraglenoidalen Scapula entspringt. Bei dem neuerdings untersuchten Exemplar von Chamaeleo finden sich im wesentlichen die gleichen Verhaltnisse wie 1875 (Schultermuskeln, III, p. 765 f.) beschrieben; doch wird hier die tiefe, rein sehnig entspringende Portion (Kopf) nur an ihrem ventralen Anfange von dem M. scapulo-humeralis anterior gedeckt. Die in der gewoéhn- lichen Weise den M. scapulo-humeralis anterior distal itiber- briickende humerale Ankerung (ase) ') geht — wie bei Uroplates (und Phrynosoma) — erst im weiteren Verlaufe der tiefen Haupt- sehne von dieser ab, ist aber breiter als bei den genannten Kiono- kraniern. Ein Lig. scapulo-humerale laterale fehlt gleichfalls wie bei diesen Lacertiliern. Bei Brookesia sind die Verhaltnisse in der Hauptsache dieselben wie bei Chamaeleo; die dorsale, vor- wiegend muskulés entspringende Portion (Kopf, ascjspf) des im iibrigen ziemlich schwachen Caput scapulare ist aber hier von ungewohnlicher Entwickelung und zu einem kurzen und dicken Muskelbauche angeschwollen; die erheblich schwachere ventrale, einen rein sehnigen Ursprung nehmende Portion (Kopf, aseipr) entspricht in dem Verhalten ihrer Ankerung (asc) Chamaeleo, wird aber gar nicht von dem hier erheblich schmaleren M. sca- pulo-humeralis anterior gedeckt. Beide Portionen (Koépfe) ver- binden sich am Ende des proximalen resp. am Anfange des 2. Drittels des Oberarmes miteinander. b) Caput humerale laterales. M. anconaeus hume- ralis lateralis (ahl). Der gréfere humerale Kopf. Entspricht der 1875 p. 766 gegebenen Beschreibung. c) Caput humerale mediale s. M. anconaeus hume- ralis medialis. Der kleinste Kopf des Muskels (siehe tibrigens die Beschreibung von 1875 p. 766). Die beiden humeralen K6pfe verbinden sich etwa in der Mitte des Oberarmes miteinander und am Ende des mittleren 1) In der friiheren Beschreibung von 1875 als den M. scapulo- humeralis profundus iiberbriickender Sehnenschenkel angegeben. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 459 oder am Anfang des distalen Drittels mit dem scapularen Kopfe zu einem bei Chamaeleo ziemlich kraftigen, bei Brookesia ziem- lich schwachen einheitlichen Muskelbauche, der, der Dorsalfliche des Humerus und der Kapsel des Ellenbogengelenkes dicht an- liegend und mit ihr verbunden (M. subanconaeus), hier zugleich eine Patella ulnaris (Pauw, Fig. 159, 160) *) einschlieBend, distal- warts zum proximalen Ende der Ulna (Olecranon) geht, wo er mit ziemlich breiter und ziemlich kraftiger Sehne inseriert. D. Rhynchocephalia. (Taf. XVI, XVII, Fig. 161—179.) Seit GiinTHER’s erster Beschreibung der Muskeln von Spheno- don punctatus (1867) ist die Kenntnis der Myologie dieses Tieres von NeEwmAN (1878), Brooks (1889), Maurer (1896) und Osawa (1898) bereichert worden. Brooks und Maurer handeln iiber einzelne der hier in Betracht kommenden Muskeln; NEwMAN und Osawa geben eine umfassendere Untersuchung, von denen sich die Osawa’s durch Vollstindigkeit, Genauigkeit und Beriick- sichtigung der Nerven hervorhebt und _ beziiglich der Schulter- muskulatur an meine Darstellung der Schultermuskeln der Lacertilier anschliefit. SABATIER (1880) bespricht die Deutung des M. biceps. Meinen Untersuchungen dienten die bereits oben (p. 365) an- gegebenen 6 Exemplare von 7,5 bis 50 cm Linge als Grundlage. Die Muskeln der Schulter und des Oberarmes von Sphenodon lassen sich in folgender Weise einteilen: A. Durch N. vago-accessorius und Nn. thoracici anteriores innerviert: Ursprung vom Hinterkopfe und Riicken, Inser- tion an der Clavicula und dem Acromion: Cucullaris s. Trapezius et Cleido-mastoideus (Capiti-dorso- clawicularis). 1) Die Patella wurde bei Chamaeleo (Fig. 159) als eine ziem- lich ansehnliche Knorpelplatte von ahnlicher langlicher Form wie bei Uroplates, aber ohne jede Verknécherung, bei Brookesia (Fig. 160) als kleines und sehr diinnes Knorpelplattchen gefunden. 460 Max Firbringer, B. Durch Nn. thoracici superiores innerviert. Ursprung von Rippen und Proc. transversi, In- sertion am dorsalen Abschnitte des Schultergiirtels (Scapula und dorsales Ende der Clavicula): a) Insertion am Vorder- und Hinterende sowie der Aufenflache (und nur mit wenig tibergreifenden Fasern der Innenflache) der Scapula (und Clavi- cula); oberflaichliche Schicht: a) Ursprung vom Anfang des Halses: Levator scapulae superficialis (Collo- scapularis super- ficialis) supertor und inferior. 3) Ursprung vom Rumpfe. Serratus superficialis (Thoraci-scapularis superficialis). b) Insertion an der Innenflache der Scapula; tiefe Schacht: Levator scapulae et Serratus profundus (Collo-thoraci-sca- pularis profundus). C. Durch Nn. thoraici inferiores innerviert. a) Ursprung von der Innenfliche des Sternum, Insertion an der Innenflache des Coracoides: Sterno-coracoideus internus superficialis. Sterno-coracoideus internus profundus. b) Ursprung von der ersten Sternocostalleiste, In- sertion mittelbar an der Scapula (vermittelst des Lig. sterno-scapulare internum): Sternocosto-scapularis. D. Durch Nn. brachiales inferiores innerviert. a) Ursprung vom Rumpfe (Episternum, Sternum und Para- sternum), Insertion am Oberarm: Pectorals. b) Ursprung vom ventralen Teile des primaren Schultergtirtels (Coracoid). a) Innervation durch den diazonalen N. supracoracoideus, Insertion am Oberarm: Supracoracoideus. 3) Innervation durch postzonale Aeste des N. brachialis longus (Nn. coraco-brachiales und coraco-antibrachiales) : Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 461 aa) Insertion am Oberarm: Coraco-brachialis brevis. Coraco-brachialis longus. bb) Insertion am Vorderarm : Biceps brachii (Coraco-antibrachialis). c) Ursprung vom Oberarm, Insertion am Vorder- arm: Brachialis internus (Humero-antibrachalis). E. Durch Nn. brachiales superiores innerviert. a) Ursprung vom Rumpfe (obere Dornfortsiitze der Riicken- wirbel), Insertion am Oberarm: Latissimus dorsi (Dorso-humeralis). b) Ursprung von der AuSenfliche des Schulter- giirtels, Insertion am Oberarm: a) Insertion am Processus lateralis humeri. aa) Ursprung von der Scapula: Dorsalis scapulae (Deltoides scapularis s. superior). bb) Ursprung von der Clavicula und dem Episternum: Deltoides clavicularis s. inferior (Cleido-humeralis). 8) Insertion an der Streckfliche des Humerus zwischen Proc. lateralis und medialis, Verlauf lateral vom Caput scapu- lare m. anconaei: Scapulo-humeralis (profundus) anterior. y) Insertion an der Streckfliche des Humerus distal vom Processus medialis, Verlauf medial vom Caput scapulare m. anconaei: Scapulo-humeralis (profundus) posterior. c) Ursprung von der Innenflaiche des primaren Schultergiirtels (Scapula und Coracoid), Insertion am Processus medialis humeri: Subcoracoscapularis. d) Ursprung vom primiren Schultergirtel (Scapula und Coracoid) und vom Oberarm, Insertion am Vorderarm. a) Innervation durch Rr. musculares n. brachialis longi supe- rioris (Nn. anconaei), Ursprung vom Schultergiirtel und dem Humerus, Insertion an der Ulna: Anconaeus s. Triceps brachir. 462 Max Firbringer, 3) Innervation durch einen Zweig des N. axillaris (N. humero- radialis proximalis) und einen vom Vorderarm zuriick- laufenden Zweig des N. radialis (N. humero - radialis distalis), Ursprung vom Lig. acromio-humerale, Insertion am M. brachio-radialis (supinator) und an der Vorderarm- fascie : Humero-radialis. 1. Cleido-mastoideus et Cucullaris s. Trapezius (Capiti-dorso- clavicularis) (clm -+- cu). Capiti-dorso-clavicularis (Cucullaris) und Capiti- cleido-episternalis (Episterno-cleido - mastoi- deus): Firprincer (Lacertilier). Sterno-cleido-mastoideus: Newman. Capiti-dorso-claviculariss. Cucullaris: Osawa (No. 1). Der M. capiti-dorso-clavicularis von Sphenodon bildet eine in der Hauptsache einheitliche!) ansehnliche Muskelausbreitung am Halse und am Anfange des Riickens, welche in ihren vorderen 2/, von den Mm. depressor mandibulae und sphincter colli gedeckt wird, im hinteren !/, direkt unter der Haut liegt; andererseits deckt sie die Mm. levatores scapulae und omo-hyoideus, sowie die Anfinge der Mm. dorsalis scapulae und latissimus dorsi. Diese im vorderen Bereiche ziemlich dicke, nach hinten diinner werdende Muskelmasse entspringt kraftig und vorwiegend muskulés in ansehnlicher Ausdehnung von dem hinteren Teile des Schaidels, und zwar von dem Parietale, Squamosum und — bei einem Exemplare — von der Spitze des am Squamosum hinauf- 1) So fand ich den Muskel bei 2 Exemplaren, wahrend ein drittes daraufhin untersuchtes — abgebildetes — Individuum rechterseits eine deutliche Sonderung des Ursprunges aufwies, indem hier ein ziemlich schmales ventrales Biindel von dem unteren Ende des Squamosum entsprang, um sich nach miafig langem Verlaufe mit der iibrigen Masse zu verbinden. Linkerseits war diese Spaltung nicht angedeutet. —- Osawa fand in einem Falle eine kleine Spaltung des Insertionsteiles. Newman giebt an, dafi der Muskel leicht in mehrere, distinkten Muskeln gleichende Portionen getrennt werden kann; ich vermute, daf er hierbei den M. sphincter colli mitrechnet. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 463 ragenden hinteren oberen Schenkels des Quadratojugale'), sowie schwacher und aponeurotisch von der Dorsalkante des Halses und Riickens bis zum. Bereiche des 8. bis 9. Wirbels?), wobei die Ursprungsaponeurose mit der der Gegenseite zusammenhiingt, auch hinten (caudal) mit der des Anfanges des M. latissimus dorsi ver- wachsen ist. Von diesem Ursprunge aus konvergieren die Fasern, wobei die vorderen einen descendenten, die hinteren einen trans- versalen und ascendenten Verlauf aufweisen, zum Insertionsteile, der in mifiger Breite an den lateralen ?/, der Clavicula — so- mit ziemlich weit von dem Muskel der Gegenseite entfernt — und an dem Acromion sich anheftet. An der Clavicula inseriert der vom Kopfe und vom Anfang des Halses kommende Hauptteil mit vorwiegend fleischigen Fasern, an dem Acromion die hintere diinne Partie des Muskels, nachdem sie schon zuvor sehnig ge- worden und so tiber das Acromion hinweggezogen war. Innerviert durch den Ramus accessorius externus s. posterior nervi vago-accessorii (N.acc.p) und Zweige des 4., 5. und mit- unter 6. Spinalnerven*). Der R. accessorius ist ein ansehnlicher Nerv und tritt zuerst in den ventralen Kopfteil ein, um von da aus sich mit dorsalwirts strebenden Aesten im dorsalen Kopf- teil und dem ersten Anfange des Halsteiles zu verbreiten. Die Spinalnervenzweige, die vom 4. bis zum 6. an Starke abnehmen, sind fiir den Hals- und Rumpfteil bestimmt. Der Muskel entspricht im allgemeinen dem Cucullaris +- Sterno- episterno - cleido-mastoideus derjenigen Lacertilier, welche diese Muskelausbreitung noch mehr oder minder einheitlich aufweisen, unterscheidet sich aber von ihm im besonderen dadurch, da8 er sowohl ventral wie caudal eine geringere Ausdehnung zeigt, ins- besondere nicht mehr an episternalen und sternalen Teilen des Brustschulterapparates inseriert. Diese Differenz beruht in der Hauptsache auf einer sekundéiren Reduktion des Muskels, die so- wohl von vorn wie von hinten ihren Ausgang genommen hat; zum Teil — soweit der dorsale Abschnitt des Muskels in Frage kommt — mag sie auch ein primitiveres Verhalten des Muskels aus- 1) Osawa giebt auch einen Urspung vom Supraoccipitale an. Bei allen von mir untersuchten Exemplaren war dieses so_ voll- stiindig von der spino-dorsalen Riickenmuskulatur eingenommen und auch von dem Parietale und Squamosum so weit entfernt, daf mir diese Angabe auf einem Irrtum zu beruhen scheint. 2) Nach Osawa bis zum Niveau des 11. Wirbels reichend. 3) Osawa giebt gleichfalls den 4. bis 6. Spinalnerven an. 464 Max Firbringer, driicken, der noch nicht jene weite Ausdehnung in das Gebiet des Riickens gewonnen hat, welches viele Lacertilier aufweisen. Kine relativ primitive Bezichung zeigt auch die starke Anteil- nahme des N. accessorius an der Innervation des Muskels, und damit stellt sich Sphenodon mit den am tiefsten stehenden Lacer- tiliern in eine Reihe, wihrend bei der Mehrzahl derselben diese Versorgung tiberwiegend von Spinalnerven iibernommen wird: bei Sphenodon tritt somit der alte Kopfteil des Muskels (Fische, Amphibien) noch nicht in dem Grade gegeniiber dem neu hinzu- gekommenen Spinalteil zuriick, wie bei der Mehrzahl der Lacer- tilier oder gar bei den Végeln, bei welchen letzteren der Kopfteil im Verhaltnis zum Spinalteil fast verschwindend klein werden kann. Auch lift die Art des Nerveneintrittes mit einiger Wahrschein- lichkeit darauf schliefen, da der ventralste Teil des Kopf- abschnittes der alteste Teil des Muskels ist. Die bei einzelnen Exemplaren von Sphenodon beobachteten Sonderungen am Ursprunge und an der Insertion entsprechen ungefaihr der bei den Lacertiliern beobachteten und hier bei vielen Vertretern desselben in weit héherem Grade vorgeschrittenen Sonderung des Muskels in den M. trapezius und M. cleido-masto- ideus; eine speciellere Vergleichung wird durch die andere Art der Innervation und des Zerfalles ausgeschlossen. Wie bei den Lacertiliern ist der Muskel von Sphenodon im grofen und ganzen den Mm. trapezius und sterno-cleido-mastoideus des Menschen vergleichbar, ohne daf auch hier eine komplete Homologisierung dieser beiden Teile des gemeinsamen Muskels angenommen werden kann. 2. Levator scapulae superficialis (Collo-scapularis) superior et inferior (/sspfs, Isspfi). Collo-scapularis superficialis (Levator scapulae superficialis): FUrBRinGER. Dorsaler und ventraler Bauch des Levator sca- pulae (Collo-scapularis und Collo-clavicularis): Osawa (No. 3a u. b). Ansehnlicher von dem M. trapezius et cleido-mastoideus be- deckter Muskel, der nur am Ursprunge einheitlich ist, in der Hauptausdehnung seines Verlaufes jedoch durch zwei vollig ge- trennte, selbstiindige Muskeln von annihernd gleicher Starke, einen oberen (dorsalen) und unteren (ventralen) M. levator scapulae Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 465 superior und inferior reprasentiert wird. Der gemeinschaftliche Ursprung beider findet an den Proc. transversi des 1. und 2. Hals- wirbels und zwar vorwiegend von dem 1. statt"); gleich darauf beginnt der Zerfall in die beiden Teile. a) Levator scapulae superficialis superior (dsspfs). Kriiftiger, vom Proc. transversus I. beginnender Teil, der, an Breite zunehmend, nach hinten resp. nach hinten und etwas nach oben verlaiuft, wobei er sich von dem M. levator scapulae inferior immer mehr entfernt und an der Aufenflache des knorpeligen Supra- scapulare, an dem oberen Bereiche der vorderen */, desselben dorsal von dem M. dorsalis scapulae sich inseriert. b) Levator scapulae superficialis inferior (lsspf?). Er ist etwas schwiicher, aber kraftiger als der M. levator scapulae superior. Von den Proc. transversi I. und II. (hauptsachlich von I.) entspringend, geht er longitudinal und ein wenig absteigend nach hinten, wobei er gleichfalls breiter wird, und endet, sich unter den vorderen Rand des M. dorsalis scapulae einschiebend, zu etwa gleichen Teilen an dem vorderen Rande der knéchernen Scapula nebst Acromion, sowie an dem dorsalen Ende der Clavicula?). Oberhalb des M. omo-hyoideus, der ihn hier ventral begrenzt, greift die Insertion auch auf den vorderen Innensaum der kné- chernen Scapula tiber. Innerviert durch Zweige der Nn. spinales IV. und V., die zum Teil Ansen bilden und an die Unterflaiche der beiden Muskeln eintreten (N./sspfs, N.Jsspfz); einmal fand ich auch ein feines, von dem 6. Spinalnerv abgehendes Fiadchen, welches das hintere Ende des M. levator scapulae inferior versorgte*). Letz- terer Muskel wird zugleich von den ventralen Hauptstimmen (nebst den zum M. trapezius et cleidomastoideus tretenden 1) Ich zaéhle von dem 1. vollstiindigen Wirbel an und ignoriere die von manchen Autoren als Proatlas gedeuteten Stiicke. — Nach Osawa entspringt der Muskel nur vom 2. Wirbel. 2) Der an der Clavicula endende Teil bildete in der Mehrzahl der Fille die etwas grifere Halfte. Osawa Ja8t den ventralen Teil (seinen M. collo-clavicularis) nur an der Clavicula inserieren. Ich vermifte niemals die scapulare Insertion. 3) Osawa laft den oberen Muskel vom 6., den unteren vom 4. und 5. Cervicalnerven aus versorgt werden. Das deckt sich hin- sichtlich des letzteren mit meinen Befunden, weicht aber beziiglich des ersteren ab; ich konnte fiir den Levator scapulae superior bei den 4 darauf untersuchten Tieren nur eine Versorgung durch N. spinalis [V. und V. nachweisen. 466 Max Firbringer, Zweigen) des 4., 5. und 6. Spinalnerven (IV, V, VI; N.cv. LV, V, VI) durchbohrt. Entspricht dem gleichnamigen Muskel der Lacertilier und Crocodilier. Auch bei diesen waren Sonderungen des M. levator scapulae superficialis in eine obere und untere Partie zu erkennen, die aber dort, zum Teil auch in einer etwas anderen Weise er- folgt, nur bei gewissen Vertretern so vorgeschritten waren, wie hier bei Sphenodon (cf. p. 403). Sphenodon zeigt damit eine einseitige Differenzierung des M. levator scapulae superficialis innerhalb des Sauropsidenstammes in hoher Ausbildung 4). 3. Serratus superficialis (Thoraci-scapularis superficialis) *) (ssp/). Serratus magnus: NEwman. Thoraci-scapularis superficialis (Serratus super- ficialis): FURBRINGER. Serratus superficialis s. Thoraci-scapularis super- ficialis Firprincer: Osawa (No. 4). Ziemlich breiter und nicht unkraftiger Muskel, welcher zum Teil von dem M. latissimus dorsi gedeckt wird, seinerseits einen Teil des M. serratus profundus deckt und am Ursprung mit dem M. obliquus abdominis externus profundus alterniert und dabei mit ihm zum Teil zusammenhangt. Er beginnt mit zwei Zacken von der letzten Cervical- und ersten Sternalrippe (Rippen des 8. und 9. Wirbels) *) und zwar von den Strecken, welche sich von den Basen der Processus uncinati bis herab zur unteren Spitze (letzte Hals- rippe) oder bis auf das angrenzende Ende des Sternocostale (1. Brustrippe) ausdehnen. Beide Zacken, von denen die hintere die viel ansehnlichere, breitere ist und die vordere deckt, schliefen sich zu einem einheitlichen (durch den Nerveneintritt aber doch in zwei den beiden Zacken entsprechende Lagen, sspf und sspf, etwas gesonderten) Muskel zusammen, der mit parallelen resp. nur wenig divergierenden Fasern nach vorn und oben zur Scapula verliuft, an deren Hinterrande er sowohl im Bereiche des knor- 1) Einen noch weiter fortgeschrittenen Zerfall zeigt der M. levator scapulae superficialis der Anuren. Die Differenzierung bei diesen ist aber in ganz abweichender Weise vor sich gegangen und hat nichts mit derjenigen bei den Rhynchocephalen gemein. 2) Von Maurer (1896) auf p. 194 erwahnt und auf Taf. I, Fig. 1, 2 abgebildet, aber nicht benannt. 3) Nach Newman von der 4. und 5. Rippe (d. h. den beiden letzten Halsrippen), nach Osawa von den beiden ersten Brustrippen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 467 peligen Suprascapulare als des oberen Abschnittes der knéchernen Scapula (dorsal vom M. subscapularis) inseriert, wobei er zugleich nicht unansehnlich auf den hinteren Innensaum iibergreift. Innerviert entweder nur von dem N. thoracicus superior, welcher dem 8. Spinalnerven entstammt, oder von Nn. thora- cici superiores, welche vom 7. und 8. oder vom 8. und 9. Spinalnerven abgegeben werden (N.sspf); aber auch in diesen Fallen ist der vom N. spinalis VIII. abgegebene Anteil der ganz iiberwiegende !). Die versorgenden Nervenadste treten an der Innenseite des Muskels ein. Der M. serratus superficialis ist ein Homologon des _ gleich- namigen Muskels der Lacertilier und Crocodilier und steht hierbei der Bildung der Crocodilier naiher als derjenigen der Lacertilier. Die differenten Angaben betreffs der Urspriinge von Newman und Osawa (bei denen ein Irrtum wohl kaum méglich ist) unterein- ander und gegeniiber meinen Befunden deuten auf eine gewisse individuelle Flissigkeit in den metamerischen Umbildungen. 4. Levator scapulae et Serratus profundus (Collo-thoraci-scapularis profundus) (/sprf). Collo-thoraci-scapularis profundus (Levator sca- pulae et Serratus profundus): FUrsrrcer. Serratus profundus s. Collo-thoraci-scapularis Ftr- BRINGER und Collo-scapularis: Osawa (No. 7 und 8)?). Mittelgrofer, von der Scapula und den Mm. levatores scapulae superficiales und serratus superficialis bedeckter Muskelkomplex, der deutlich aus zwei ziemlich selbstandigen Schichten zusammen- gesetzt ist. 1) Osawa giebt eine Versorgung durch den R. thoracicus des N. cervicalis VII. an, was mit meinen Befunden nicht iiberein- kommt und angesichts der sehr caudalen Lage seines M. serratus superficialis (der von der 1. und 2. Sternalrippe komme) wenig Wabhrscheinlichkeit hat. 2) Osawa halt es fiir naturgemif, die beiden Schichten als 2 Muskeln zu unterscheiden und die tiefe besonders zu benennen, weil sie von der oberflachlichen sehr leicht und deutlich abzu- priparieren sei. Das ist Geschmackssache, aber kaum ein Fort- schritt. Jedenfalls wird mit der Einfiihrung einer besonderen — zudem wenig markanten — Bezeichnung der genetische Zusammen- hang beider Schichten sehr geldst. 468 Max Fiirbringer, Die oberflachliche Schicht (lsprf;)) ist die schwachere und minder kompakte und besteht aus 2—2 diinnen, annadhernd gleich grofen Zacken, welche von den Spitzen der Rippen des 6. und 7. resp. 5., 6. und 7. Wirbels entspringen und, ohne zu- sammenzuflieBen, nach oben und vorn an die Innenfliche des knorpeligen Suprascapulare gehen, an dessen vorderen ?/, sie im Bereiche des knappen 2. vertikalen '/, (vom dorsalen Rande des Suprascapulare ab gerechnet) inserieren. Die tiefe Schicht (Ilsprfy)”) ist ausgebreiteter und kraf- tiger und beginnt von den Rippen der 5 bis 6 letzten Halswirbel (des 4. bis 8. resp. 3. bis 8. Wirbels) oberhalb der Enden der- selben, am letzten in der Hohe des Proc. uncinatus. Die getrennt entspringenden Zacken schliefen sich, konvergierend, zu einem ein- heitlichen Muskel zusammen, der in der Hauptsache in transver- saler Richtung an die Innenfliche des knorpeligen Suprascapulare geht, wo er an den vorderen °/, oder annihernd der ganzen sagittalen Breite desselben im Bereiche seines dorsalen 1/, (exkl. Dorsalsaum), dorsal von der oberflachlichen Schicht sich anheftet. Innerviert von Nn. thoracici superiores, welche von dem 5. bis 8. resp. 4. bis 8. Spinalnerven abgegeben werden (N./sprf). Der von N. spinalis IV. kommende Zweig ist, wenn vorhanden, stets sehr unbedeutend. Die oberflichliche Schicht wird von den Nn. spinales VI. und VII. (N./sprf;), die tiefe von (IV.), V., VI., VU. und VIII. (NV.lsprfin) versorgt *). Der gleichnamigen Bildung der Lacertilier und mehr noch der Crocodile nahestehend. Auch hier weisen die individuellen Variierungen auf eine grofe Fliissigkeit in dem metamerischen Umbildungsprozef hin. 1) Osawa’s No. 7; nach demselben aber von den 2 unteren Halsrippen und der 1. Brustrippe (also den Rippen des 7. bis 9. Wirbels) entspringend und nahe der Grenze der knéchernen Scapula an die knorpelige Scapula sich ansetzend, was beides zu meinen Befunden im Widerspruche steht. 2) Osawa’s No. 8 (Collo-scapularis), nach diesem Autor nur von den 4 letzten Halsrippen (Rippen des 5. bis 8. Wirbels) ent- springend. Die erste resp. die beiden ersten Zacken werden von Osawa nicht angegeben. 3) Nach Osawa wird die oberflichliche Schicht vom 6. und 7., die tiefe vom 5. und 6. Spinalnerven aus versorgt. Hierbei wurde offenbar die Innervation der hintersten Zacken der tiefen Schicht iibersehen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 469 5. Sterno-coracoideus internus superficialis und Sterno-coracoideus internus profundus‘') (stcispf und stciprf). Sterno-coracoideus internus superficialis und Sterno-coracoideus internus profundus: Firsrincer. Sterno-coracoideus internus superficialis Fwir- BRINGER und Sterno-coracoideus internus profun- dus FUrpringer, sowie Costo-coracoideus: Osawa (No. 9 und 10, sowie No. 6). Das System der Mm. sterno-coracoidei wird bei Sphenodon durch zwei vollkommen voneinander gesonderte Muskeln repra- sentiert. M. sterno-coracoideus internus superficialis (steispf). Kurzer, aber ziemlich breiter und dicker Muskel, der fleischig von der Innenflache des vorderen Sternalbereiches (Innen- flache in der ganzen Ausdehnung des Labium internum sulci coracoidei) und — nicht immer — von dem mit dem Sternum artikulierenden medialen Abschnitte des 1. Sternocostale ent- springt?), innen tiber das breite Sterno-Coracoidal-Gelenk hinweg- zieht und fleischig an den medialen 2/, der dem Gelenk benach- barten Innenflaiche des Coracoides, medial neben dem von den Mm. sterno-coracoileus internus profundus und subcoracoideus einge- nommenen Bereiche inseriert. M. sterno-coracoideus internus profundus (sétciprf). Langer und breiter, aber nicht dicker Muskel, der fleischig von der Innenfliche der hinteren Halfte des Sternum bis zum Rande (hierbei auch mit den Mm. intercostales verbunden) und medial an den Muskel der Gegenseite angrenzend, entspringt und sich ver- schmalernd nach vorn zieht, um an der Grenze von Sternum und Coracoid in eine platte und ziemlich diinne Sehne iiberzugehen, 1) Von Maurer auf p. 200 und auf Tafel III, Fig. 12 gut beschrieben und abgebildet, aber nicht benannt. Beide werden dem prasternalen Rectus-System zugerechnet. Der M. sterno-coracoideus internus superficialis ist mit x, der M. sterno-coracoideus internus profundus mit z bezeichnet. Letzterer nimmt zum Teil Fasern aus dem ventralen Ende des M. intercostalis externus und internus auf. 2) Osawa unterscheidet den vom Sternum kommenden Haupt- teil als Sterno-coracoideus internus superficialis und die von dem Sternocostale kommenden Fasern als Costo-coracoideus. Letztere scheinen bei dem von ihm untersuchten Exemplare eine weit gréfere Entfaltung und Selbstandigkeit gehabt zu haben als bei den meinigen. 470 Max Firbringer, welche, innen an dem M. sterno-coracoideus internus superficialis vorbeiziehend, zur Innenflache des Coracoides gelangt, wo sie zwischen den Mm. sterno-coracoideus, lateral und rostral von ersterem, etwa an der Grenze des medialen und mittleren 1/, der transversalen Coracoidbreite und in der Mitte der sagittalen Cora- coidlinge inseriert. Innerviert von dem gleichnamigen, von den Nn. spinales VI. und VIII. oder VIL, VIII. und IX. (wobei der N. spinalis VIII. stets den tiberwiegenden Hauptanteil bildet)') abgegebenen Nerven (N.stcz), der von dem M. sternocosto-scapularis gedeckt, nach den Mm. sterno-coracoidei interni zieht und sich derart zwischen beide einsenkt, daf der M. sterno-coracoideus internus superficialis von seiner Innenseite her, der M. sterno-coracoideus internus profundus von seiner AuSenseite her mit Zweigen (N.stcispf, N.stciprf) versorgt werden. Beide Muskeln gleichen in der Hauptsache den gleichnamigen Bildungen der hodheren Lacertilier; der M. sterno-coracoideus internus superficialis zeigt in seinem auch zum Teil von dem 1. Sternocostale kommenden Ursprunge Aehnlichkeit mit Varanus. Zu dem M. costo-coracoideus der Crocodilier (denen specifische Mm. sterno-coracoidei interni bekanntlich abgehen) bestehen nur ent- fernte Beziehungen. Die Sterno-coracoidei interni gehéren, wie bereits MAURER (1896) gezeigt hat, zum prasternalen Rectus-System (vergl. auch p. 410 und Anm. 1 auf p. 469). 6. Sternocosto-scapularis (Costo-coracoideus) ”) (sécsc). Sternocosto-scapularis (Costo-coracoideus): Fwtr- BRINGER. Costo-sterno-scapularis: Osawa (No. 5). Kleiner und schlanker Muskel, der ziemlich frei in der Brust- hohle, dorsal von dem Plexus brachialis und den von ihm ab- gehenden Nerven ausgespannt ist. Er entspringt von der lateralen 1) Nach Osawa nur von VIII. Ich will nicht bestreiten, daf auch eine derartige einfache Bildung vorkommen kann. 2) Von Maurer auf p. 200 und 201 und Taf. III, Fig. 12 unter der Bezeichnung z' beschrieben und abgebildet. Er verhalte sich wie eine direkte Fortsetzung der den Mm. intercostales ext. und int. gleichwertigen Mm. intercostales ventrales nach vorn. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 471 Halfte des 1. Sternocostale (knapp bis zur Grenze mit dem Vertebro- costale) und geht in longitudinaler Richtung und sich etwas ver- schmalernd nach vorn, um sich in der Hoéhe des Sterno-Coracoid- Gelenkes spitzwinkelig (in der Richtung nach der Scapula zu) an die Sehnenbriicke (Ligamentum sterno-scapulare in- ternum, JL.stsci) anzusetzen, welche von der Innenfliche des Sternum (Labium internum des Sulcus coracoideus, dicht medial neben der Mitte des Ursprunges des M. sterno-coracoideus internus superficialis) nach der Innenfliche der Scapula (caudal hinter dem Ursprung des M. omo-hyoideus, dorso-rostral vor dem Schulter- gelenk und zwischen dem coracoidalen und scapularen Ursprung des M. subcoracoscapularis resp. rostral vor dem scapularen und lateral von dem coracoidalen Kopfe dieses Muskels) ausgespannt ist und zugleich durch eine seitliche Sehnenausbreitung (coracoi dale Ankerung) mit dem Coracoid (gleich medial neben dem Schulter- gelenk) verbunden ist !). Innerviert von dem gleichnamigen Nerven (NV.s¢esc), der von dem 8. und 9. Spinalnerven gebildet wird ”). Der M. sternocosto-scapularis gleicht in der Hauptsache dem gleichnamigen Muskel der Lacertilier und unterscheidet sich nur unwesentlich von ibm durch die etwas geringere, auf den lateralen Bereich des 1. Sternocostale beschrankte Breite des Ursprunges °). Auch hinsichtlich des noch bei den Végein nachweisbaren Lig. sterno-scapulare internum besteht grofe Uebereinstimmung mit den héheren Lacertiliern. Zu dem M. costo-coracoideus der Crocodilier existieren gewisse, aber viel weniger nahe Beziehungen. Wie Maurer (1896) bereits hervorgehoben, bildet der M. sterno- costo-scapularis eine Fortsetzung der Mm. intercostales nach vorn (vergl. auch p. 413 und Anm. 2 auf p. 470). 7. Pectoralis (p). Pectoralis major: GinruHpr (mit hinder portion und clavi- cular portion), Maurer (Text). 1) Osawa erwahnt diesen Verband mit dem Coracoid nicht. 2) Nach Osawa von dem vom 9. Spinalnerven abgegebenen gleichnamigen Nerven versorsgt. 3) Eine gewisse Abweichung bietet die Lage zu dem N. sterno- eoracoideus dar. Bei Lacerta zog dieser Nery abweichend von den iibrigen Plexusnerven dorsal vom M. sternocostoscapularis zu seinen Muskeln, bei Sphenodon gleich den anderen Nerven des Plexus ventral von diesem Muskel weiter. Bd, XXXIV. N. F. XXVIL. 31 A472 Max Firbringer, Pectoralis: Firprincer, Maurer (Tafelerklarung). Pectoralis (mit 4 Portionen: claviculare, episternale, sternale und abdominale Portion): Osawa (No. 11). Sehr ausgedehnter und michtiger Muskel, welcher die ganze Ventralfliche der Brust und die vordere Halfte des Bauches ein- nimmt und in seiner vorderen Hauptausbreitung direkt unter der Haut liegt, waihrend die kleinere hintere Partie von dem M. obliquus abdominis externus superficialis gedeckt wird. Er entspringt, von vorn nach hinten verfolgt, 1) von dem Episternum (Pars episternalis, pe), und zwar von der ganzen Linge des Querschenkels‘) wie Lingsschenkels, wobei aber in der Mitte ein schmaler Vordersaum des ersteren und ein schmaler Medianstreif des letzteren (der also zwischen dem rechten und linken M. pectoralis direkt unter der Haut zu Tage tritt) frei bleibt, 2) von dem angrenzenden ‘Teile des Sternum (Pars sternalis, pst), und zwar im hinteren Bereiche desselben in gréBerer Breite, mit Ausnahme des caudalen Saumes des Brust- beines, und 3) von dem lateralen Rande des Parasternum (Pars parasternalis s. abdominalis, pa) im Bereiche der ersten 16 bis 17 Knochenspangen desselben. Dieser letzte abdominale Teil bildet die hinteren */, der ganzen Linge des Muskels, wird groBtenteils von dem M. obliquus abdominis externus superficialis gedeckt, deckt seinerseits den ventralen Bereich des M. obliquus abdominis externus profundus?), mit dem er zugleich etwas ver- wachsen ist, und steht zugleich mit dem im ganzen Gebiete des Parasternum erstreckten M. rectus abdominis in Verbindung. Die vorderen Partien des M. pectoralis decken die Mm. deltoides clavicularis, supracoracoideus, biceps brachii und coraco-brachialis, sowie den gréferen hinteren Teil der Membrana sterno-episternalis. 1) Osawa unterscheidet noch eine von der auferen Fliche der Clavicula kommende claviculaire Portion. Ich habe bei genau darauf gerichteter Untersuchung gefunden, daf der Ursprung sich auf die Querschenkel des Episternum beschrinkt und nicht auf die den- selben vorn anliegenden Clavikeln tibergreift. Nur in einem Falle sah ich, in lateraler Verlingerung der Spitzen des episternalen Seitenschenkels, einige ganz wenige Fasern auch von der angrenzen- den Stelle der Clavicula ausgehen; die Bezeichnung einer be- sonderen clavicularen Portion verdienten sie nicht. 2) Diese Lage zwischen dem oberflichlichen und tiefen M. obliquus abdominis externus und die sonstigen Beziehungen zur Bauchmuskulatur werden auch von Maurer gut beschrieben und abgebildet (p. 193, Taf. III, Fig. 12). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 473 Von diesem sehr ausgedehnten Ursprunge konvergieren die Fasern derart, daf die P. episternalis vorn descendent, hinten trans- versal und die Pp. sternalis und abdominalis ascendent bis longi- tudinal verlaufen, so daS die Hauptmasse des Muskels lateralwiirts und nach vorn gerichtet ist, und enden kraftig an der Ventral- flache des michtigen Proc. lateralis humeri, die sie ganz um- fassen. Innerviert durch den N. pectoralis (N.p), der mit einem stiirkeren vorderen (V.p[e + s¢|), in der Hauptsache fiir die beiden ersten Portionen bestimmten und einem mehr oder minder schwiicheren hinteren (N.pa), namentlich zur dritten Portion gehenden Zweigkomplexe in die Innenflache des Muskels eintritt. Der Muskel ist ein Homologon der gleichnamigen Bildungen der Lacertilier und Crocodilier, nimmt aber gegeniiber diesen durch die Beziehungen des hinteren Teiles zu dem Parasternum eine bemerkenswerte Stellung ein. Diese Beziehungen sind, entsprechend der Abstammung des Parasternum aus dem Integumente, als sekundir erworbene aufzufassen: in dem Male, als die para- sternalen Gebilde sich tiefer einsenkten und unter die Haut ge- langten, entwickelte sich successive der Verband mit dem M. pectoralis und den anderen an ihnen Befestigung gewinnenden Bauchmuskeln. Aehnliche Verhaltnisse haben vielleicht auch die Ichthyopterygier, Sauropterygier und gewisse alte Crocodilier und Dinosaurier mit hoch entfaltetem Parasternum dargeboten; die neueren Crocodilier mit ihren rudimentiaren Parasternalien zeigen nichts mehr davon‘). Doch ist hier der ausschlieSlich von der Innenfliiche des Brustschildes (Plastron) entspringende M. pecto- ralis der Chelonier (vergl. ,,Zur vergleichenden Anatomie der Schultermuskeln“, II, Jenaische Zeitschrift, VIII, p. 251 f., Jena 1874) anzureihen, insofern die demselben hier Ursprung gebende Flache mit gréfter Wahrscheinlichkeit von primitiven episternalen und parasternalen Skelettelementen des Integumentes abstammt. 1) Ein mittelbarer, sehniger (fascidser) Zusammenhang mit den beiden ersten Parasternalien wurde bei einem 50 cm langen Exem- plare von Alligator lucius beobachtet, bei anderen untersuchten Individuen nicht (siehe unten sub M. pectoralis der Crocodilier). Ich wage daraufhin nicht zu entscheiden, ob dieser Verband als Rudi- ment Alterer intimerer Beziehungen zwischen M. pectoralis und Parasternum der Crocodilier aufzufassen sei, oder ob er einen mehr sekundaren Befund bedeutet. — Bei den Lacertiliern sind sichere parasternale Gebilde bisher nicht bekannt geworden. 3 474 Max Firbringer, Die Ausbildung desselben ist aber bei den Cheloniern recht ab- weichende Wege von jener bei den Rhynchocephaliern gegangen, so daS hier nur von ganz allgemeinen und inkompleten Homo- logien gesprochen werden kann. Ob die Vorfahren der Lacertilier auch einstmals ein Parasternum zur Entwickelung brachten, von dem der hintere Teil ihres M. pectoralis partiellen Ursprung nahm, kann zur Zeit nur als Frage aufgeworfen werden. Im _ iibrigen stellt der M. pectoralis von Sphenodon mit seinem hoch aus- gebildeten Ursprunge vom Episternum eine Bildung dar, welche derjenigen der am héchsten stehenden Lacertilier mindestens gleich- kommt. 8. Supracoracoideus (spc). Vorderer \Teil. der Anterior Portion of: the Coraco-— brachialis: Gtnruer. Supracoracoideus: FURBRINGER. Vorderer Teil des Epicoraco-humeral: Newman. Wahrscheinlich oberflachliche Portion und Teil der tiefen Portion des M. supracoracoideus FURBRINGER: Osawa (No. 14). Ganz ansehnlicher, vorn von dem M. deltoides clavicularis, hinten von dem M. pectoralis und medial von der Membrana sterno-episternalis (JZ.stest) gedeckter Muskel im vorderen Be- reiche der Brust, der seinerseits wieder die benachbarten Saume des dorsal von ihm befindlichen M. scapulo-humeralis profundus anterior und der caudal hinter ihm gelegenen Mm. biceps brachii (ganz geringe Bedeckung) und coraco-brachialis brevis deckt. Er ist hierbei mit diesen Muskeln verwachsen, mit dem M. coraco- brachialis brevis so innig, dafs’ eine Scheidung beider nur unter Beriicksichtigung der Innervation (M. supracoracoideus durch den diazonalen, M. coraco-brachialis brevis durch den postzonalen ent- sprechenden Nerven) méglich ist. Von der gemeinsamen Muskel- masse des M. supracoracoideus -+ coraco-brachialis brevis bildet er somit die vordere, meist etwas kleinere Hilfte. Er entspringt von der vorderen Hilfte der coracoidalen Aufen- fliche mit Ausnahme einer dorsal an die Scapula angrenzenden Strecke derselben (welche dem M. scapulo-humeralis prof. anterior als Ursprungsstelle dient) und einer medialen (von welcher der M. biceps brachii beginnt) und geht mit transversalen bis. de- scendenten und etwas konvergierenden Fasern teils an den Anfang des Proc. lateralis humeri (Tuberculum laterale), teils an die Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 475 humeralen 2/; des vom Acromion zu dem Proc. lateralis humeri ausgespannten und den M. scapulo-humeralis prof. anterior tiber- briickenden kraftigen Fascienzuges (Lig. scapulo-humerale laterale)*) ; der an den Knochen inserierende Teil ist etwas starker als der am Bande endende. Innerviert durch den diazonalen N. supracoracoideus (N.spe). Der M. supracoracoideus von Sphenodon entspricht dem gleichnamigen Muskel der Lacertilier —- und zwar diesem mehr als dem der Crocodilier — zeigt jedoch nicht die ansehnliche Ent- wickelung wie bei der Mehrzahl der Lacertilier. Charakteristisch ist die vollkommene Vereinigung mit dem M. coraco-brachialis brevis, die beide Muskeln ohne genauere Beriicksichtigung der Innervation irrtiimlich als einen einzigen erscheinen laft?); doch finden sich ahnliche Verbinde beider Muskeln auch schon bei den Lacertiliern, bieten somit nichts Unvermitteltes dar. Mit den bis- her gegebenen Materialien ist nicht zu entscheiden, ob dieser intime Verband beider Muskeln bei Sphenodon als etwas Primi- tives (noch nicht vollzogene Sonderung) oder etwas Sekundares (spitere Verschmelzung friiher getrennter Muskeln) zu _beurteilen sei. Ich neige dazu, der ersteren Auffassung den Vorzug zu geben. — Die Insertion an dem aus Fascienziigen zu einer ziem- lich ansehnlichen Starke herausgebildeten Lig. scapulo-humerale laterale reprasentiert einen sekundiren Charakter, der in dieser Ausbildung fiir Sphenodon specifisch zu sein scheint und die An- heftungsfliche des im iibrigen durch seine Nachbarmuskeln be- eintrichtigten M. supracoracoideus dieses Tieres ausgiebiger ge- staltet; Andeutungen dieses Verhaltnisses finden sich aber auch schon bei gewissen Lacertiliern (p. 418). 9. Coraco-brachialis brevis (cbrb) und Coraco-brachialis longus (cbr). Coraco-brachialis brevis: Hinterer Teil der Anterior Portion of the Coraco- brachialis: GUNTHER. 1) Der Insertion an dem Lig. scapulo-humerale laterale thut kein Autor Erwahnung; ich vermifte sie niemals. 2) Gonrner, Newman und Osawa haben auch beide Muskeln als einheitliches Gebilde beschrieben, wobei indessen Osawa die doppelte Innervation nicht entging. 476 Max Fiirbringer., Coraco-brachialis brevis: FURBRINGER. Teil der tieferen Portion des Supracoracoideus FURBRINGER: Osawa (No. 14). Coraco-brachialis longus: Inferior Portion of the Coraco-brachialis: Gtnruer. Coraco-brachialis longus: FURBRINGER. Coraco-brachialis: Newman, Osawa (No. 15). Ansehnliche, von den Mm. pectoralis, supracoracoideus und biceps brachii bedeckte und mit dem M. supracoracoideus innig verschmolzene Muskelmasse, welche, wenn auch nicht vollkommen, in die beiden Mm. coraco-brachialis brevis und longus gesondert. Ist); M. coraco-brachialis brevis (cbrb). Recht ansehn- licher, dicker und breiter, aber miig langer Muskel, welcher, wie schon erwahnt, vollkommen mit dem M. supracoracoideus (s. auch diesen p. 474) verwachsen ist. Er entspringt fleischig von der Aufenfliche der hinteren Hialfte des Coracoides (mit Ausnahme der medial von dem Ursprunge des M. biceps brachii und caudal von dem des M. coraco-brachialis longus eingenommenen Stellen) und verlauft, bedeckt von dem M. biceps brachii und direkt auf dem Schultergelenke liegend, nach der Beugeflache des Humerus, wo er, zwischen Proc. lateralis und medialis mit schriger Grenz- linie bis tiber die Mitte des Humerus hinabreichend, inseriert. M. coraco-brachialis longus (ebrl). Ziemlich ansehn- licher, schlanker Muskel, der, dem M. coraco-brachialis brevis dicht angeschlossen, von der hinteren Ecke des Coracoides sehnig-mus- kulés entspringt und darauf, sich deutlicher von seinem Nachbar sondernd, im Bereiche des Oberarmes auch durch den N. brachialis longus inferior lateralis und die zu den Mm. biceps brachii und brachialis inferior gehenden Nn. bicipitis distalis und brachialis in- ferior von ihm getrennt, an der Medialfliche des Humerus distal- warts verlauft und schlieflich an dem 4. und 5. Sechstel des- selben, proximal vom Epicondylus medialis”), namentlich aber an der den Canalis nervi mediani (entepicondyloideus) medial be- erenzenden Spange endet. Ueber die einmal beobachtete, zum M. biceps gehende Aberration s. bei diesem (p. 478). 1) Osawa findet den Grad der Sonderung beider Muskeln individuell verschieden, womit ich iibereinstimme. 2) Von Newman wohl infolge Schreibfehlers als External Condyle angegeben. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 477 Innerviert durch die zumeist an der Innenseite (dem Knochen zugekehrten Unterfliche) der Muskeln eintretenden Nn. coraco-brachialis proximalis et distalis (N.cbrpz und N.cbrdi). Beide Muskeln entsprechen den gleichnamigen der Lacertilier und gehéren zusammen, was durch die Innervation und auch durch das Verhalten der zwischen ihnen durchtretenden Rr. mus- culares (teilweise Homologa des N. perforans Casseri der mensch- lichen Anatomie) bestiatigt wird. Dal trotz der intimen Ver- wachsung mit dem M. supracoracoideus die von GUNTHER, NEWMAN und Osawa angegebene Zugehérigkeit zu diesem Muskel nicht angenommen werden darf, wurde bereits oben (p. 475) dargethan. 10. Biceps brachii (Coraco-antibrachialis) (07). The inner Muscle of the Biceps brachii (Homologon des Caput breve des menschlichen Biceps): Ginruer. Coraco-antebrachialis (Biceps brachii, Homologon des Caput longum des menschlichen Biceps): Firerrerr. Zweiter Kopf des Biceps brachii: Newman. Portion coracoidienne du long chef du Biceps humain: SABATIER. Coraco-antebrachialis Ftrpringer, Biceps brachii GinTHER: Osawa (No. 19). Ansehnlicher, zweibiuchiger Muskel an der Ventralseite des Schultergiirtels und Oberarmes, der in seinem proximalen Bereiche von dem M. pectoralis und der Membrana sterno-episternalis ge- deckt wird, vorn und lateral an den M. supracoracoideus angrenzt (wobei er von dessen hinterem Saume ganz wenig gedeckt sein kann) und den Mm. coraco-brachialis und brachialis inferior aufliegt. Der proximale Muskelbauch (bz) entspringt von dem sagittalen mittleren 1/, der AuSenflache des Coracoides, medial neben den Urspriingen der Mm. supracoracoideus und coraco- brachialis brevis, wobei er namentlich mit dem ersteren ziemlich ’ ausgedehnt verwachsen ist, und verliuft als breiter, aber miibig dicker Muskel auf dem M. coraco-brachialis brevis bis zum Niveau des Schultergelenkes, wo er in die ziemlich breite, aber recht dinne Zwischensehne (Zwischenaponeurose) tibergeht, die sich in der Hohe des Proc. lateralis humeri in den distalen Muskel- bauch (bt) fortsetzt. Dieser bildet einen rundlichen und ziemlich kraftigen Muskel, welcher, sich successive verjiingend, an der Beugeseite des Oberarmes in der von den Mm. brachialis in- 478 Max Fiirbringer, ferior und coraco-brachialis longus gebildeten Rinne distalwirts zieht und in der Gegend des Ellenbogengelenkes, mehr und mehr sehnig werdend sich mit dem M. brachialis inferior verbindet, um gemeinsam mit ihm in die Tiefe der Beuge- und Streckmuskeln am Anfange des Vorderarmes sich einzusenken und mit zwei Sehnen- zipfeln am proximalen Bereiche von Radius und Ulna zu enden}). Einmal fand sich ein feiner, von dem M. coraco-bra- chialis longus sich ablésender und somit von der hinteren Ecke des Coracoides ausgehender Muskelstreifen, welcher den distalen Muskelbauch des Biceps brachii an seiner medialen Seite begleitete und schliefSlich im distalen Bereiche des Oberarmes sich mit ihm verband (Caput breve m. bicipitis). Innerviert durch zwei Nerven, von denen der erste, etwas schwachere (N. bicipitis proximalis, N.bipx) durch deu M. coraco- brachialis brevis hindurch an die diesem Muskel zugekehrte Innenflache des proximalen Bauches tritt, wihrend der zweite, etwas stirkere (N. bicipitis distalis, N.bédi), durch den Schlitz zwischen M. coraco-brachialis brevis und longus durchtretend, mit mehreren Zweigen an die Innenfliche des distalen Bauches gelangt und diesen versorgt. Der M. biceps brachii von Sphenodon entspricht dem gleich- namigen Muskel der Lacertilier, namentlich derjenigen Bildung, die einen gut ausgebildeten, rein muskulésen proximalen Muskelbauch aufweist (Geckonidae, viele Scincidae, Zonosaurus). Bereits 1875 (p. 724) wurde von mir an dem Muskel von Tarentola (Platy- dactylus) dargethan, dafi damit ein sehr urspriingliches Verhalten (primitiver als das Verhalten bei den meisten anderen Lacertiliern) gegeben sei; dasselbe gilt somit auch fiir Sphenodon (vergl. auch p. 422 f.). Dafi der M. biceps der Lacertilier dem Caput longum des menschlichen Biceps entspreche, habe ich auch damals (p. 726, 727) ausgefiihrt und halte diese Homologie auch fiir den Muskel von Sphenodon gegentiber den anders lautenden Deutungen von GUNTHER und Newman aufrecht; diese Autoren wurden sehr ge- tiuscht, indem sie ganz anderswohin gehodrende Bildungen (M. humero-radialis und Lig. acromio-humerale) mit dem Caput longum des Biceps hominis verglichen und danach zur Homologi- 1) Ginrner und Newman geben irrtiimlich nur eine Insertion an der Ulna an; Osawa beschreibt richtig, daf die Endsehne an Radius und Ulna sich ansetzt. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 479 sierung des wirklichen Biceps brachii von Sphenodon mit dem Caput breve bicipitis hominis gelangten'). SaBaTipr (p. 262) folgte mir in der Vergleichung mit dem langen Kopfe des Menschen, erblickte aber in dem vorliegenden Muskel von Sphenodon nur das Homologon des coracoidalen Anteiles desselben, welche Deu- tung mir zu eng gezogen erscheint und den freien, lebendigen Muskelbildungen eine zu starre Begrenzung zuerteilt (siehe auch p. 424 f.). Das wahre Homologon des Caput breve des menschlichen Biceps brachii vermifte ich bei den Cheloniern, Lacertiliern und Crocodiliern und gab an (1875 p. 727), dab es erst bei den Saugetieren zu der Bildung desselben — als einer sich mit dem alten Caput longum bicipitis verbindenden neuen Aberration des M. coraco-brachialis — kommt. In dieser Hinsicht ist der oben beschriebene, bisher von mir nur als einmalige Varietit beobachtete Befund des von dem M. coraco-brachialis longus sich ablésenden und mit der Medialseite des M. biceps sich verbindenden feinen Muskelstreifens von grofem Interesse, insofern er bereits bei Sp he - nodon, also innerhalb der Sauropsiden, die erste Ausbildung eines Caput breve bicipitis zur Erschei- nung bringt. In diesem sporadischen Falle kann von einem wirk- lich zweiképfigen Biceps mit machtigem Caput longum und zartem Caput breve auch bei Sphenodon gesprochen werden. Es liegt mir aber fern, damit behaupten zu wollen, da Sphenodon sich in diesem Stiicke als direkter Verwandter der Saéugetiere erweise ; vielmehr handelt es sich um eine vereinzelte Parallele zu dem bei den Mammalia zu allgemeinerer Verbreitung gelangten Bil- dungsprozesse. 11. Brachialis inferior (Humero-antibrachialis inferior) (077). Brachialis internus: GUNTHER. Humero-antebrachialis inferior (Brachialis infe- rior): FiRBRINGER. Humero-antibrachialis: Osawa (No. 20). 1) Die mir damals unverstiindliche Beschreibung Gtnrner’s (vergl. meine Rekapitulation, 1875, p. 724, Anm. 3) ist mir jetzt, nachdem ich Sphenodon selbst untersucht, anschaulich und seine Deutung zugleich unannehmbar geworden (Weiteres s. unten bei M. humero-radialis). 480 Max Firbringer, Ganz kriftiger, an der Beuge- und Lateralflache des Ober- armes gelegener Muskel, der ventral von dem distalen Bauche des M. biceps brachii, lateral zum Teil (an seinem dorsalen Saume) von dem M. humero-radialis gedeckt wird, dorsal an den M. an- conaeus humeralis lateralis angrenzt, im tibrigen aber, namentlich mit dem griften Teile seiner Lateralflache, frei unter der Haut liegt. Er entspringt von dem 2. bis 4. Fiinftel der Lateral- und Ventralfliche des Humerus, wobei er zugleich lateral ziemlich weit auf die laterale Fliche des Proc. lateralis humeri hinaufgreift, und verliuft unter mafiger Verjiingung distalwarts, um sich in der Hohe des Ellenbogengelenkes mit dem hier medial neben ihm gelegenen M. biceps brachii zu vereinigen. Die gemeinsame Masse senkt sich zwischen Extensoren und Flexoren in die Tiefe der Vorderarmmuskulatur ein, setzt sich zum Teil an den ventralen Bereich der Kapsel des Ellenbogengelenkes an (hierbei ist der vom M. brachialis inferior stammende Anteil ganz tiberwiegend, wenn nicht ausschlieSlich beteiligt) und geht endlich in zwei kraf- tige Sehnenzipfel iiber, von denen der kiirzere an dem Anfange des Radius, der etwas langere an der entsprechenden Stelle der Ulna inseriert. Da, wo der Muskel an den Extensoren des Vorder- armes vorbeizieht, findet sich eine mitunter leidlich feste binde- sewebige Verbindung mit dem M. brachio-radialis (supinator), die sich jedoch nicht zum Range einer Ankerung erhebt; von einer Art Insertion an diesem Muskel kann aber keine Rede sein. Innerviert von dem N. brachialis inferioris (N.bri), der, nachdem er mit dem N. bicipitis zwischen den Mm. coraco- brachiales brevis und longus durchgetreten, mit mehreren Zweigen sich in die Oberflache seines Muskels einsenkt. Die Homologie mit dem gleichnamigen Muskel der Lacertilier und Crocodilier ist nicht zweifelhaft. Der von Osawa gewihlte Zusatz ,medialis“ erscheint mir nicht gliicklich, weil damit der M. brachialis inferior zum Socius des zu einem ganz anderen Systeme gehérenden M. humero-radialis (M. humero-antibrachialis lateralis OsAwA) gemacht wird — ein Irrtum, der schon 1866 Hauauton bei der Beschreibung der Muskeln des Crocodiles passierte. 12. Latissimus dorsi (Dorso-humeralis) (/.d). Latissimus dorsi: GUNTHER. Dorso-humeralis (Latissimus dorsi): FURBRINGER. Latissimus dorsi s. Dorso-humeralis: Osawa (No. 2). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 481 Sehr breiter und ausgedehnter, aber malig starker Muskel an der dorsalen Lateralfliche des Rumpfes, der nur an seiner dorso- rostralen Ecke yon dem caudalen Ende des M. trapezius gedeckt wird, wobei er mit ihm verwachsen ist, im tibrigen aber direkt unter der Haut liegt. Er entspringt in bedeutender Lange aponeurotisch von den Proc. spinosi der 3 letzten Hals- und 9 ersten Dorsalwirbel (6. bis 17. Wirbel) +), wobei die Ursprungsapeneurose in dem Bereiche des 6. und 7. Wirbels bald in den Muskelbauch tibergeht, in dem darauf folgenden Hauptteile des Muskels aber erheblich langer ist und hier auch ziemlich feste Verbindungen mit den von ihr be- deckten Teilen (Riickenmuskeln mit ihren Fascien) aufweist. Von dem Ursprungsteile aus konvergieren die Muskelfasern sehr erheb- lich, wobei die vordersten in transversal-descendenter, die hinter- sten in longitudinal-ascendenter Richtung verlaufen, und bilden einen dreieckigen Muskel, dessen ziemlich schmaler, sehnig-mus- kulés gewordener Insertionsteil zwischen den lateral vorbeiziehenden Capita scapulare (insbesondere seiner humeralen Ankerung) und humerale laterale m. anconaei und den medial befindlichen Capita coracoideum und humerale mediale m. anconaei sowie dem M. scapulo-humeralis profundus anterior sich in die Tiefe der Streck- seite des Oberarmes einsenkt und hier etwa im Bereiche des 3. Achtels des Oberarmes zwischen dem lateral gelegenen Ursprung des M. anconaecus humeralis lateralis und der proximo - medial befindlichen Insertion des M. scapulo-humeralis prof. anterior mit kurzer und maig schmaler Sehne sich an den Humerus ansetzt. Innerviert durch den gleichnamigen Nerven (N./d, der auch durch zwei selbstaindige Nn. latissimi vertreten sein kann) ”), der, von vorn und unten nach hinten und oben verlaufend, den Muskel mit zahlreichen in seine Innenfliche eindringenden Zweigen versorgt. Der M. latissimus dorsi von Sphenodon entspricht der gleich- namigen Bildung der Lacertilier und teilt auch mit der Mehrzahl derselben die mangelnden Beziehungen zu einem M. teres major, der hier wie dort in Riickbildung getreten ist. 1) Osawa fand annahernd das Gleiche (Urspung von den Proc. spinosi des 5. bis 17. Wirbels). 2) Auch Osawa thut des einfachen oder doppelten Ursprunges der Nn. latissimi dorsi Erwihnung. Haufiger fand ich das erstere. 482 Max Firbringer, 13. Dorsalis scapulae (Deltoides scapularis s. superior) (dsc). Deltoideus: GtnrHpr, Newman. Dorsalis scapulae (Deltoides scapularis s. superior): FURBRINGER. Dorsalis scapulae s. Deltoides scapularis FUrBrincEr: Osawa (No. 13). Ganz ansehnlicher, dreieckiger Muskel an der Seitenflache der Scapula, der im dorsalen Bereiche von den Mm. trapezius und (nur wenig) levator scapulae spf. superior, an seinem ventralen in- sertiven Ende von dem M. deltoides clavicularis und an seinem hinteren Saume dorsal und ganz schmal von dem M. latissimus dorsi gedeckt wird, tibrigens aber frei unter der Haut liegt. Er entspringt von den vorderen 3/, des ventralen Bereiches (knappe ventrale ?/,) des knorpeligen Suprascapulare, wobei er vorn ventralwairts auf die dorsale Ecke der knéchernen Scapula s. str. tibergreift, hinten aber den ventralen Saum des Supra- scapulare frei laft, geht mit konvergierenden Fasern in trans- versal-descendenter Richtung nach unten und hinten, wobei er die Mm. scapulo-humeralis profundus posterior nnd anconaeus scapu- laris deckt, und senkt sich schlieflich, in eine makig starke platte Sehne iibergehend, zwischen dem ihn lateral deckenden Endteil des M. deltoides clavicularis und dem medial an ihm yorbeiziehenden M. anconaeus scapularis in die Tiefe des Oberarmes ein, um an dem dorsalen Bereiche des Proc. lateralis humeri, dorso-distal von dem M. supracoracoideus, sowie dorsal und dorso-proximal von dem M. deltoides clavicularis') zu inserieren. Innerviert von den an seiner Innenflaiche eintretenden Nn. dorsalis scapulae (N.dsc) und cleido-humeralis (N.dcel), von denen der erstere weitaus den Hauptteil des Muskels versorgt. Der Muskel entspricht, ungeachtet gewisser speciellerer Ab- weichungen, dem M. dorsalis scapulae der Lacertilier und Croco- dilier und nimmt in seinem Verhalten zu dem ihm nahe verwandten M. deltoides clavicularis eine Zwischenstellung zwischen dem Ver- halten der tiefer und héher stehenden unter den Lacertiliern (p. 428f.) ein: wihrend bei den primitiveren Lacertiliern die Mm. dorsalis scapulae und deltoides clavicularis dicht nebeneinander (resp. gemeinsam) inserieren, wobei der erstere urspriinglich etwas mehr 1) Auch Osawa bildet dies annahernd richtig auf Fig. 13 (p. 527) ab, vertauscht aber infolge eines Schreibfehlers die Inser- tionsstellen beider Muskeln. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 483 distal sich an den Proc. lateralis humeri ansetzt als der letztere, hat sich bei Sphenodon der M. deltoides clavicularis mit seinem Insertionsteil in mafigem Grade tiber den M. dorsalis scapulae hinweggeschoben, um hier ventral und mit seinem Ende ventro- distal von dem letzteren an den Humerus sich anzusetzen; bei gewissen hoheren Lacertiliera (einige Iguanidae und Agamidae, doch auch Uroplates) und vor allem bei den Crocodiliern ist diese distal gehende Wanderung der Insertion des M. deltoides clavi- cularis gegentiber der proximal stehen gebliebenen Insertion des M. dorsalis scapulae in noch weit erheblicherem Grade als bei Sphenodon zur Ausbildung gekommen. Daf der M. dorsalis scapulae zu der Deltoides-Gruppe (Delto- ides und Teres minor der menschlichen Anatomie) gehért und zu dem Teres minor des Menschen die nachsten, wenngleich nicht ganz kompleten Beziehungen aufweist, wurde bereits oben (p. 430) von mir hervorgehoben. Die speciellere Homologisierung mit dem menschlichen Deltoides (GiNTHER, NEWMAN) ist abzuweisen. 14. Deltoides clavicularis s. inferior (Cleido-humeralis) (dc/). Claviculo-brachialis (of Emys): Ginruer. Cleido-humeralis (Deltoides clavicularis s. infe- rior): FURBRINGER. Cleido-humeralis s. Deltoides clavicularis Fir- BRINGER: Osawa (No. 12). Ganz gut entwickelter, dem M. dorsalis scapulae aber an Masse nachstehender Muskel, der im ventro-lateralen Gebiete der Schulter sich befindet, zum gréferen Teile frei unter der Haut liegt nnd nur im ventralen Bereiche von dem M. pectoralis sowie an der Insertion etwas von dem Anfange des M. humero-radialis ge- deckt wird; andererseits deckt er Teile der Mm. supracoracoideus, scapulo-humeralis (profundus) anterior und dorsalis scapulae und der Membrana sterno-episternalis'), sowie nahezu das ganze Lig. 1) Die Membrana sterno-episternalis bildet bei Sphen- odon eine membranise Ausbreitung, welche zwischen der Aulen- flache des Labium externum des Sulcus coracoideus sterni und dem Querschenkel des Episternum ausgespannt ist, aber zu dem bei Sphenodon lediglich an der Clavicula inserierenden M. cleido-masto- ideus gar keine Beziehungen mehr darbietet. Darin driickt sich ein durchaus sekundarer Zustand aus, der an das Verhalten der in dieser Hinsicht am héchsten differenzierten Formen unter den 484 Max Firbringer, acromio-humerale, das ihn zugleich véllig von dem M. scapulo- humeralis anterior scheidet. Er entspringt ziemlich ausgedehnt von dem Episternum 4), und zwar, direkt angrenzend an den Ursprung des ihn deckenden M. pectoralis, von dem Lateralsaume des vorderen 1/,—'/, des Lings- schenkels und dem hinteren Saume der ganzen Linge des Quer- schenkels, sowie von der reichlichen distalen Halfte der Clavicula, d. h. dem zwischen der Spitze des Querschenkels und dem Acro- mion erstreckten Teile derselben; der claviculare Teil des Muskels ist der schwiichste?). Der anfangs recht breite Muskel konvergiert zu dem kraftigen Insertionsteile, der zwischen dem lateral von ihm befindlichen M. humero-radialis und dem medial gelegenen M. dorsalis scapulae in die Tiefe geht und vorwiegend muskulés an dem dorso-lateralen Bereiche des Proc. lateralis humeri und distal etwas dariiber hinaus sich anheftet, wobei seine Insertions- stelle proximal von der Insertion des M. supracoracoideus, lateral und distal von den Urspriingen der Mm. brachialis internus und anconaeus humeralis lateralis und medial von der Insertion des M. dorsalis scapulae begrenzt wird. Mit dem M. anconaeus hume- ralis ist er hierbei ausgedehnt und recht innig verwachsen, mit dem M. humero-radialis haingt er durch eine aponeurotische Aus- breitung zusammen. Innerviert von demN. cleido-humeralis (NV.dcl), der, eventuell durch einige Fasern des N. dorsalis scapulae (N.dsc.) verstarkt, kionokranen Lacertiliern (Iguanidae, Agamidae) anschlieft (vergl. die beziiglichen Ausfiihrungen bei dem M. cucullaris der Kionokranier p. 399 f.), dasselbe aber noch an weiter fortgeschrittener einseitiger Entwickelung iibertrifft, indem bei Sphenodon der M. cleido-masto- ideus seine sternale und episternale Insertion aufgegeben, der M. deltoides clavicularis dagegen sekundare Ursprungsbeziehungen zum Episternum gewonnen hat und mit diesen ihm neu zuge- kommenen episternalen Ursprungsfasern den Anfang der Membrana sterno-episternalis deckt, wahrend er urspriinglich (bei den primi- tiveren Lacertiliern) von ihr gedeckt wurde (p. 398). 1) Der episternale Ursprung wird von Osawa im Texte seiner Beschreibung nicht erwahnt und in der Abbildung Fig 5 (p. 491) nur auf einen kleinen Teil des Querschenkels beschriinkt und zu weit auf den medialen Bereich der Clavicula verlegt. 2) Uebrigens individuell von verschiedener Ausbildung: bei den meisten untersuchten Exemplaren von mittlerer Entfaltung, bei einem sehr schwach entwickelt und von dem iibrigen Muskel durch einen schmalen Spalt getrennt. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 485 oberflichlich am Lig. scapulo-humerale laterale (LZ. schlt) vor- beizieht und seinen Muskel von der Innenseite her versorgt. Der M. deltoides clavicularis s. inferior steht dem gleich- namigen Muskel der Lacertilier naher, wihrend er sich von seinem Homologon bei den Crocodiliern weiter entfernt. Charakteristisch fiir Sphenodon ist die weitgehende ventrale Entwickelung, die in dem ausgedehnten Ursprunge von dem Episternum ihren Schwer- punkt findet, wahrend bei den meisten Lacertiliern der Ursprung sich auf die Clavicula beschrankt, bei den Crocodiliern selbst — infolge der sekundaren Reduktion der Clavicula und der eigen- artigen Ausbildung des M. supracoracoscapularis — sich dorsal auf die Scapula lokalisiert hat. Doch findet sich auch bei den Lacertiliern ein Ursprung von dem Episternum (Heloderma [Sau- FELDT |, Phrynosoma, Calotes, Monitor u. a.) (p. 431), der bei diesen indessen nicht wie bei Sphenodon oberflachlich tiber die Membrana sterno-episternalis hinweggreift (vergl. Anm. 1 auf p. 483 und 484) Der Anfang des M. deltoides clavicularis von Sphenodon zeigt somit in dieser Hinsicht eine einseitige Ausbildung ‘), fiir die jedoch gewisse Lacertilier vermittelnde Zustande aufweisen, wahrend bei den Crocodiliern die ganz entgegengesetzte Entwickelungsrichtung zur Erscheinung kommt’): der Ursprung des Muskels der lebenden Rhynchocephalier und lebenden Crocodilier hat nicht einen einzigen Skelettteil gemeinsam, und doch besteht kein Zweifel, da es sich um die gleiche Bildung handelt, die bei den ersteren von der Clavicula aus (meiste Lacertilier) ventralwarts auf das Episternum, bei den letzteren dorsalwarts auf die Scapula (unter sekundirem Verlust der Clavicula und des clavicularen Ursprunges) iiberwanderte — ein besonders anschauliches Beispiel, eine wie geringe Bedeutung fiir die Bestimmung der Muskelhomologien dem specielleren Ver- halten der Muskelurspriinge zukommt und wie sehr Diejenigen irren, welche starren Beziehungen zwischen den Muskeln und den ihnen Ursprung gebenden Knochenstellen das Wort reden*). 1) Bei Heloderma wird selbst ein Uebergreifen auf das Ster- num angegeben (SHureLptT); doch bedarf dies noch der Bestitigung. 2) Etwas dem episternalen Ursprunge des M. deltoides clavi- cularis von Sphenodon Vergleichbares existiert auch in der Pars plastro-humeralis des M. deltoides der Chelonier (vergl. Schulter- muskeln, II, 1874, p. 267 f.). 3) Noch gréfer wird die Variabilitat bei Mitberiicksichtigung der Verhiltnisse der Chamaeleontiden (1875, p. 762 f. und diese Ab- handlung p. 455), bei denen der Ursprung des Muskels auf Coracoid und Sternum iibergewandert ist. 486 Max Firbringer, In der Insertion des M. deltoides clavicularis hat sich auch eine Wanderung vollzogen (die bereits bei dem M. dorsalis sca- pulae p. 482f. besprochen wurde), die hier die erste Etappe eines Bildungsganges zeigt, welcher bei den hodheren Lacertiliern und Crocodiliern in derselben Richtung noch weiter entwickelt ist. Daf die Homologie mit dem menschlichen M. deltoides eine recht nahe, wenn auch nicht vollkommen komplete ist, wurde von mir bereits fiir den Muskel der Lacertilier hervorgehoben (1875, p. 734) und dabei gleichzeitig die noch stringentere Ver wandtschaft der entsprechenden Bildungen der Crocodilier und Vogel mit dem Deltoides hominis betont (1875, p. 798). Ich verstehe nicht, was GUNTHER dazu fihrte, diese Homologie zu bestreiten, — falls er nicht die specielle Ausbildung des Ursprunges als Hindernis tiber- schatzte und durch seine (irrtiimliche) Vergleichung des M. dor- salis scapulae von Sphenodon mit dem menschlichen Deltoides verhindert wurde, die wahre Homologie zu erkennen. 15. Scapulo-humeralis anterior (Coraco-scapulo-humeralis anterior) ') (scha). Wahrscheinlich ganz oder zum gréferen Teile Supra- and In- fraspinatus et Teretes: Ginrner, NEWMAN. Scapulo-humeralis profundus (der Lacertilier): Fur- BRINGER. Scapulo-humeralis profundus Ftrprincer: Osawa (No. 16). Ziemlich kraftiger Muskel, der hauptsachlich von dem M. deltoides clavicularis, an seinen Randern auch von den Mm. dor- salis scapulae und supracoracoideus gedeckt und auferdem von dem kraftigen, zwischen ihm und diesen 4 Muskeln sich hindurch- ziehenden Lig. scapulo-humerale laterale (L.schlt)?) tiberbriickt wird. Er entspringt von dem dorsalen Bereiche des Coracoides (direkt iiber dem M. supracoracoideus) und dem ventralen der knéchernen Scapula (rostral und ventral von dem Ursprunge des M. scapulo-humeralis posterior), zieht zwischen diesen beiden 1) Das frither (1875) bei den Lacertiliern gebrauchte Epitheton »profundus“ lasse ich im folgenden als unnétig weg (vergl. auch Anm. 2 auf p. 432 und 433). 2) Weiteres tiber das Lig. seapulo-humerale laterale enthalten die Ausfiihrungen bei dem M. anconaeus scapularis (siehe unten p. 492). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 487 Muskeln, hierbei anfangs etwas mit dem M. supracoracoideus ver- wachsen, nach hinten und gelangt, dem dorsalen Bereiche der Kapsel des Schultergelenkes direkt aufliegend und partiell mit ihr verbunden, dorsalwarts an den Anfang der Streckfliche des Humerus. Hier findet seine vorwiegend muskulése Insertion im Bereiche des 2. 1/,—1/, der Humeruslinge an einer ziemlich ausgedehnten Stelle statt, welche lateral resp. latero-distal von den Insertionen der Mm. dorsalis scapulae und latissimus dorsi und dem Ursprunge des M. anconaeus humeralis lateralis, medial von der Insertion des M. scapulo-humeralis posterior und dem Ursprunge des M. anconaeus humeralis medialis begrenzt wird. Gréftenteils unter ihm liegend findet sich ganz in der Tiefe ein feines und schmales Muskelband (scha;), welches, direkt neben dem M. anconaeus scapularis und bedeckt von dem M. scapulo-humeralis posterior, von dem Rande der Scapula entspringt und sich dann sofort unter den M. scapulo-humeralis anterior begiebt, um, mit ihm verbunden und der Kapsel innig angeschmiegt, nach dem Humerus zu verlaufen, wo es als am meisten proximaler tiefer Teil dieses Muskels am Anfange des 2. 1/, inseriert. Innerviert durch den N. scapulo-humeralis anterior (NV.scha), der, zwischen den Mm. scapulo-humeralis posterior und sub- scapularis, sowie ventral unter dem M. anconaeus scapularis hindurchtretend, zum oberen und hinteren Rande seines Muskels gelangt, um ihn von da aus zu versorgen. Das unter ihm liegende Muskelband wird durch einen feinen, waihrend des Durchtrittes durch die beiden oben genannten Muskeln von dem N. scapulo- humeralis anterior abgehenden Seitenzweig dieses Nerven (NV.scha;) innerviert. Der M. scapulo-humeralis anterior entspricht dem M. scapulo- humeralis profundus der Lacertilier und hat demzufolge weder in den Mm. supra- und infraspinatus, noch in den Mm. teretes (major und minor) ein Homologon; die diesbeziiglichen Deutungen von GUNTHER und NEWMAN, wenn ich diese Autoren recht verstehe, sind daher zurtickzuweisen. Den Crocodiliern geht der M. scapulo- humeralis anterior ab. Dagegen besteht zu dem M. scapulo- humeralis der Végel eine direkte Homologie. Das oben beschriebene feine und schmale Muskelband in der Tiefe des M. scapulo-humeralis anterior rechne ich auf Grund seiner Insertion diesem Muskel zu; es ist ein etwas selbstandiger gewordenes tiefstes Biindelchen desselben, das namentlich in der Art seines Ursprunges (Nachbarschaft zum M. anconaeus scapu- Bd, XXXIV, N, F. XXVI. 32 488 Max Firbringer, laris) besonders nahe Beziehungen zu dem M. scapulo-humeralis anterior der Végel aufweist, der bekanntlich bei diesen allent- halben recht schwach entwickelt, haufig zu einem sehr feinen Muskelfaden reduziert und nicht selten ginzlich riickgebildet ist. 16. Scapulo-humeralis posterior *) (schp). Scapulo-humeralis profundus (der Crocodilier): Ftr- BRINGER. Scapulo-humeralis posterior s. teres major Fir- BRINGER: Osawa (No. 17). Ziemlich kleiner Muskel, der dorsal von dem vorhergehenden, von ihm durch den Ursprungskopf des M. anconaeus scapularis getrennt, sich befindet, von dem M. dorsalis scapulae gedeckt wird und der duferen Flache des M. subscapularis aufliegt. Er entspringt von der AuSenflache der knéchernen Scapula (von den vorderen */, der ventralen Halfte derselben) direkt tiber dem Ursprunge des M. anconaeus scapularis und des kleinen tiefen Muskelbandes des M. scapulo-humeralis anterior und zieht zwischen den lateral von ihm liegenden Mm. anconaeus scapularis und scapulo-humeralis anterior und dem medial von ihm befindlichen M. subscapularis tiber das Schultergelenk hinweg an den Anfang der Streckflache des Humerus, wo er an dem distalen Ende des Tuberculum mediale, medial neben der Insertion des M. scapulo- humeralis anterior, disto-lateral neben der Insertion des M. sub- coracoscapularis und proximal von dem Anfange des Ursprunges des M. anconaeus humeralis medialis endet. Innerviert von dem N. scapulo-humeralis posterior (N.schp), einem feinen Nerven, der sich am hinteren Rande des M. sub- scapularis d. h. knapp vor dem Kintritte zwischen diesem und dem M. scapulo-humeralis posterior von dem gemeinsamen N. scapulo-humeralis (profundus) abzweigt. Der M. scapulo-humeralis posterior hat die direktesten Be- ziehungen zu dem M. scapulo-humeralis profundus der Crocodilier (1875, p. 799f.) und dementsprechend auch zu dem M. scapulo- humeralis posterior der Végel; letztere zeigen eine sehr michtige 1) Auch hier lasse ich den Zusatz ,profundus* in der Folge weg. — Von Ginter und Newman, wie es scheint, nicht erwahnt. Mir ist der Muskel 1875, da ich damals Sphenodon nicht selbst praparieren konnte, unbekannt geblieben; er entspricht aber dem dort angefiihrten M. scapulo-humeralis profundus der Crocodile. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 489 Entfaltung des bei den Reptilien noch relativ unbedeutend aus- gebildeten Muskels. In der Koexistenz zweier Mm. scapulo-humerales (anterior und posterior), welche tiberdies noch durch das eigen verlaufende tiefe und feine Muskelband des M. scapulo-humeralis anterior in naheren Verband gebracht werden, bietet Sphenodon gewisser- mafen den Schliissel fiir die Erklarung der sich nicht ganz deckenden Bildungen der Scapulo-humerales (profundi) der Lacer- tilier und der Crocodilier, sowie des Auftretens der beiden Scapulo- humerales (anterior und posterior) der Végel. Ich bin daraufhin geneigt, in erheblicher Modifizierung meiner friiheren Auffassung des M. scapulo-humeralis profundus der Crocodilier (1875, p. 799 f.), die urspriingliche Existenz zweier Mm. scapulo-humerales (pro- fundi), eines anterior und eines posterior — die vermutlich aus einem ecinfachen primordialen M. scapulo-humeralis (profundus) hervorgegangen sein mégen — bei den Vorfahren der hier in Frage kommenden Abteilungen anzunehmen *). Diese beiden Muskeln wurden von Sphenodon bewahrt und bei den Végeln selbst — in einseitiger Differenzierung (beginnende oder vollendete Riickbildung des M. scapulo-humeralis anterior, hohe Entfaltung des M. scapulo-humeralis posterior) — zur weiteren Ausbildung gebracht; bei den kionokranen Lacertiliern dagegen trat der M. scapulo-humeralis posterior, bei den Crocodiliern der M. scapulo-humeralis anterior in Reduktion, so da erstere nur den M. scapulo-humeralis anterior, letztere den M. scapulo-hume- ralis posterior bewahrten. 17. Subcoracoscapularis (sbesc). Subcoracoscapularis: FURBRINGER. Subscapularis: Newman. Subscapulo-coraco-brachialis: Osawa (No. 18). Ansehnlicher einheitlicher Muskel an der Innenflache des Schultergiirtels, der sich aus einer scapularen und coracoidalen Portion zusammensetzt, die indessen kaum voneinander geschieden sind. 1) Auch bei zahlreichen Anuren konnte ich zwei Mm. scapulo- humerales profundi (anterior und posterior) beobachten (Schulter- muskeln, II, 1874, p. 217—220); es liegt mir aber fern, in diesem Verhalten einen Vorlaufer fiir die Rhynchocephalier und Vogel zu erblicken. 32 * 490 Max Firbringer, Pars scapularis s. Caput scapulare (Subscapu- laris) (sbse). Kleiner dorsaler Teil, der von dem hinteren Be- reiche (Hinterrand und daran grenzender Innen- und Aufensaum) der ventralen Halfte der knéchernen Scapula hinter der Anheftung des Lig. sterno-scapulare internum entspringt und mit ziemlich kurzen Fasern nach der Insertion zu verlauft, wobei er an seiner Aufenflache von dem M. scapulo-humeralis posterior ge- deckt wird‘). Pars coracoidea s. Caput coracoideum (Subcora- coideus) (sbc). Viel (5 bis 6mal) gréfere ventrale Portion, die nahezu von dem ganzen, nicht von den Befestigungsstellen der Mm. sterno-coracoidei interni und coraco-brachialis longus eingenommenen Teile der Innenflaiche des Coracoides, d. h. reichlich von den lateralen 3/, desselben, entspringt (wobei sie von den durch das Foramen supracoracoideum durchtretenden gleichnamigen Nerven und Gefafen durchbohrt wird) und einen aus recht langen Fasern gebildeten breiten Muskel bildet, der lateral véllig mit der Pars scapularis verschmolzen ist und, stark konvergierend, tiber das Schultergelenk (mit dessen Kapsel verbunden) hinweg an das Tuber- culum mediale humeri geht, wo er kraftig sehnig-muskulés inseriert. Innerviert durch den N. subcoracoscapularis (N.sbesc), der mit mehreren ziemlich friih selbstaéndig werdenden Zweigen sich an der Innenflaiche des Muskels verbreitet ”). Der Muskel entspricht dem M. subcoracoscapularis der Lacer- tilier und zwar am meisten jener Vertreter derselben, bei welchen die Pars scapularis gegen die Pars coracoidea in Entwickelung zuriicktritt. Bei Sphenodon erreicht dieses Mifverhaltnis zu Un- gunsten der P. scapularis den héchsten Grad; dasselbe ist, wie die Verkiirzung der betreffenden Fasern und die Beschrankung 1) Damit deckt sich Newman’s Beschreibung, der den Muskel von der Innen- und Aufenflache nicht nur der knéchernen, sondern auch der knorpeligen Scapula (Suprascapulare) entspringen last und den Ursprung vom Coracoid gar nicht erwiahnt, in keiner Weise. Diese Angaben wiirden eher auf den Subscapularis der Crocodile passen. — Osawa giebt eine richtige Beschreibung des Muskels. 2) Osawa lakt das Caput coracoideum (Caput coracoides Osawa) auger durch den N. subcoracoscapularis (N. subscapulo - coraco- brachialis Osawa) auch noch durch einen Ast aus dem N. coraco- brachialis innerviert werden. Ich fand bei keinem der von mir untersuchten Exemplare etwas derartiges und halte die reine Ver- sorgung durch den N. subcoracoscapularis fest. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 491 des Ursprunges auf den hintersten Teil der knéchernen Scapula zeigt, auf eine weitgehende sekundire Reduktion der scapularen Portion zuriickzufiihren. Sphenodon tritt. damit zugleich in einen diametralen Gegensatz zu den Crocodiliern, bei denen die Pars scapularis als ein ausgedehnt von der Innenfliche der Scapula entspringender M. subscapularis erhalten geblieben ist, wahrend die Pars coracoidea vollkommen in Riickbildung trat. 18. Anconaeus (Triceps brachii) (a). Triceps: Gtntuer, Newman!), Brooxs. Anconaeus: FURBRINGER. Anconaeus Ftrsrincer: Osawa (No. 22). a) Caput scapulare laterale m. anconaei: Superficial Portion of the Triceps: Guntur. Caput scapulare anconaei s. M. anconaeus scapu- laris: FURBRINGER. Cap. L of the Triceps: Newman. Caput scapulare: Osawa (No. 22a). b) Caput coracoideum m. anconaer: Additional Tendon of the Superficial Portion of the Triceps: GUNTHER. Caput coracoideum m. anconaei s. M. anconaeus co- racoideus: FUrRBRINGER. Cap. II of the Triceps: Newman. Caput coracoideum: Osawa (No. 22b). ¢) Caput humerale laterale m. anconaei: Teil der _ Inner Portion of the Triceps: GUntTHEr. Caput humerale laterale m. anconaei s. M.anconaeus humeralis lateralis: FUrerincer. Caput humerale laterale: Osawa (No. 22c). ad) Caput humerale mediale m. anconaei: Teil der Inner Portion of the Triceps: GtnTuHer. Caput humerale mediale m. anconaei s.M. anconaeus humeralis medialis: FURBRINGER. Caput humerale mediale: Osawa (No. 22d). 1) Newman 1laft den M. triceps nur aus zwei Képfen (scapularer und coracoidaler) bestehen, die aufer an dem Olecranon auch an der hinteren Flache des Humerus inserieren sollen. Kein anderer Untersucher fand dergleichen. 492 Max Fiirbringer, Sehr kraftiger Muskelkomplex an der Streckseite des Ober- armes, welcher mit zwei weit getrennten Képfen, Caput scapulare und C. coracoideum, von dem Schultergiirtel entspringt, wahrend die von dem Humerus kommenden Teile eine mit zwei kurzen Zipfeln, Caput humerale laterale und C. humerale mediale, be- ginnende Masse bilden. a) Caput scapulare laterales. M. anconaeus scapu- laris lateralis (ase). Ansehnlicher Kopf, der mit kraftiger Sehne von dem ventralen Bereiche der Aufenflache der Scapula zwischen den Urspriingen der Mm. scapulo-humerales anterior und posterior, sowie dem Anfange des Lig. scapulo-humerale laterale, also von der Basis des Acromions beginnend, entspringt und hierauf zwischen den beiden genannten Muskeln, zugleich lateral von dem M. dorsalis scapulae gedeckt, nach dem Oberarm ver- lauft, wobei er successive in einen starken, lateral am Endteil des M. latissimus dorsi vorbeiziehenden Muskelbauch iibergeht,. der sich zuerst mit dem Caput coracoideum, dann mit dem Caput humerale laterale verbindet. Das Lig. scapulo-humerale laterale (L.schlt) bildet. einen sehr kraftigen Sehnenzug, der von dem Acromion und dem caudal davon befindlichen Teile der Scapula beginnt und sich an den Anfang des Proc. lateralis humeri, dicht.neben der Insertion des M. supracoracoideus ansetzt. Hierbei spannt es sich in de- scendenter Richtung briickenartig tiber den M. scapulo-humeralis anterior aus, steht mit seinem Anfangsteile mit der Ursprungs- sehne des Caput scapulare m. anconaei in ausgedehntem Verbande und ist mit seinem Endteile breit mit dem M. supracoraco- ideus, schmal mit dem M. humero-radialis verbunden; der M. supracoracoideus inseriert mit seinem dorsalen Teile an ihm, der M. humero-radialis nimmt seinen Hauptursprung von ihm. — Das Lig. scapulo-humerale laterale von Sphenodon kniipft an die gleich- namige Bildung der kionokranen Lacertilier an, zeigt aber in seiner sehr starken Ausbildung, in seinem bis zum Acromion nach vorn erstreckten Ursprunge (der die Bezeichnung eines Lig. acromio-humerale laterale rechtfertigen wiirde) und in seinen Verbindungen mit den Mm. supracoracoideus und humero- radialis eine Héhe der Entwickelung, die kein Lacertilier er- reicht und die als eine Besonderheit des Rhynchocephaliers auf- zufassen ist. Weiter hinten, in der Hohe des proximalen Teiles der End- sehne des M. latissimus dorsi, besitzt der Anconaeus scapularis Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 493 auch eine ziemlich kraftige, mit seiner Unterfliiche verbundene humerale Ankerung, die somit in einer mehr distalen Lage als bei den Lacertiliern sich befindet. Der von dieser Ankerung lateral begrenzte Spalt (zwischen ihr und dem sehnigen Caput coracoideum) bildet die Durchtrittsstelle fiir die weiterhin am Oberarm verlaufenden Nn. brachiales superiores. b) Caput coracoideum s. Anconaeus coracoideus (ac). Entspringt mit langer und schlanker, aber nicht unkraftiger Sehne') von dem lateralen Rande (und von da minimal auf die Innenfliche iibergreifend) des Coracoides in der Mitte zwischen Acetabulum und hintererer Ecke, wobei er anfangs aufen von dem M. coraco-brachialis brevis bedeckt wird, und geht, die Nn. brachiales superiores und inferiores voneinander scheidend, nach dem Ober- arm, wo er sich, sehnig bleibend, mit dem Caput scapulare ver- einigt. c) Caput humerale laterale s. M. anconaeus hume- ralis lateralis (q@hl). Lateraler, gréferer und lingerer Kopf der humeralen Masse des Anconaeus, der von dem lateralen Be- reiche der Streckfliche des Humerus entspringt und sich sehr bald mit dem Caput humerale mediale verbindet, von dem er nur am Anfange namentlich durch die Insertionen der Mm. latissimus dorsi und scapulo-humeralis anterior geschieden war. Distal be- grenzt er die Insertion des M. deltoides clavicularis, mit dem er zugleich ziemlich innig verbunden sein kann. Zweimal wurde ein ihn in einen gréferen lateralen und kleineren medialen Zipfel trennender feiner Spalt gefunden; doch war diese Sonderung eine durchaus unvollkommene und in beiden Fallen nicht ganz tiberein- stimmende. d) Caput humerale mediale s. M. anconaeus hume- ralis medialis (ahm). Medialer, kleinerer und kiirzerer Kopf, der, unterhalb des Proc. medialis beginnend, von dem medialen Bereiche der Streckseite des Humerus entspringt, wobei er von 1) Newman beschreibt den coracoidalen Kopf als langes flei- schiges Biindel, was sicher auf einem Irrtum beruht. Osawa hebt die rein sehnige Natur richtig hervor, spricht aber von einer sehr diinnen Sehne, die vom’ caudalen Winkel der Innenflaiche des Cora- coides ausgehe. Ich fand die Sehne zwar erheblich diinner als die des Caput scapulare, aber nicht eigentlich schwach und sah sie auch stets proximal von dem caudalen Winkel des Coracoides ent- springen. 494 Max Firbringer, dem Caput humerale laterale durch die bei diesem angefiihrten Muskelinsertionen getrennt wird und distal zugleich die Inser- tionen der Mm. subcoracoscapularis und scapulo-humeralis posterior begrenzt. Direkt oberhalb der Mitte des Oberarmes verbinden sich das Caput scapulare und C. coracoideum miteinander, und unterhalb derselben, in schrager von oben und aufen nach unten und innen (disto-medialwarts) absteigender Linie, geschieht die Vereinigung der coraco-scapularen Masse mit der humeralen zu einem mach- tigen Muskel, der, tiber die Dorsalseite des Ellenbogengelenkes hinwegziehend und auch hier mit der Kapsel zusammenhangend, nach der Ulna geht, an deren proximalem Finftel er kraftig sehnig-muskulés inseriert, den Anfang derselben zugleich zu einem hervortretenden Olecranon ausbildend. Am Insertionsteile tiber- wiegen oberflichlich die Sehnenfasern, in der Tiefe finden. sich noch zahlreiche Muskelelemente. Eine Patella ulnaris ist nicht ausgebildet. Innerviert durch den kraftigen N. anconaeus (N.a), der nach seiner Abzweigung von dem N. brachialis longus superior bald in mehrere Aeste (N.asc, N.ahl, N.ahm) fiir die einzelnen Abteilungen des Muskels, soweit sie aus Muskelgewebe bestehen, zerfallt. Der M. anconaeus entspricht, ungeachtet einiger speciel- leren Differenzierungen, im grofen und ganzen dem _ gleich- namigen Muskel der kionokranen Lacertilier, namentlich ist dies bei den tief stehenden Geckonidae der Fall, wo die vom Cora- coid kommende ziemlich kraftige (Gecko) oder mehr oder minder reduzierte (Hemidactylus, Tarentola) Sehne noch in einen kleinen Muskelbauch tibergeht, der sich dann erst mit dem Caput scapulare verbindet. Bei Sphenodon ist die Sehne kraftig ge- blieben, der Muskelbauch aber unterdriickt, das Verhalten somit nicht ganz auf der niedrigen Stufe wie bei diesen Lacertiliern. Dazu kommt der weit nach vorn erstreckte Ursprung des Caput scapulare und die Ausbildung des Lig. scapulo-humerale laterale, die in der Hauptsache ein hoéheres einseitiges Entwickelungsstadium als bei den meisten Lacertiliern bekunden. Der M. anconaeus von Sphenodon zeigt somit, im Vergleich mit den Lacertiliern, ein Gemisch primitiver und hoéher differenzierter Ziige. Zu dem M. anconaeus der Crocodilier bestehen fernere Be- ziehungen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 495 19. Humero-radialis (hr). The outer Muscle of the Biceps brachii (Homologon des Caput longum des menschlichen Biceps) und wahr- scheinlich auch The very slender muscle accom- panying this part of the M. biceps (third detached part of the biceps): GtnruEr!). Wahrscheinlich erster Kopf des Biceps: Newman. Portion scapulaire du long chef du Biceps humain: SABATIER (p. 262) 1). Humero-antibrachialis lateralis: Osawa (No. 21). Ein schwacher Muskel, der oberflaichlich an der Lateralseite des Oberarmes liegt. Er beginnt mit kurzer und schmaler, mit- unter auch von einigen Muskelfasern begleiteter Sehne (hrj) von dem Endteile des Lig. scapulo-humerale laterale, wobei er der In- sertion des M. supracoracoideus ganz benachbart ist, und geht bald in den Muskelbauch iiber, der noch einen zweiten mehr dor- salen Ursprung in Gestalt einer etwas breiteren, aber viel diinneren Aponeurose (hii), die mit dem Endteile des M. deltoides clavi- cularis zusammenhiingt, besitzt ?). Der platte, bandférmige Muskel- 1) GtnrneR rechnet zu dem Muskel auch das ihm Ursprung gewihrende Lig. scapulo-humerale laterale (a strong ligament run- ning from the tuberculum majus humeri to the scapula) als eigent- liche Ursprungssehne desselben und lift ihn sonach von der Scapula entspringen und nur seitliche Anheftung am Proce. lateralis humeri (Tuberculum majus) gewinnen (it is arrested in its course by the tuberculum majus humeri, to which it is attached by the side of the pectoralis major). SaBATIER stimmt ihm in dieser Auffassung bei und rechnet daraufhin den vorliegenden Muskel zu den muscles interrompus; wahrend aber Ginrner ihn dem ganzen Caput longum des menschlichen Biceps vergleicht, homologisiert er ihn nur dem speciell scapularen Anteile desselben. Der very slender muscle accompanying this part of the M. biceps scheint eine gerade bei dem von GtnrHer untersuchten Exemplare von Sphenodon vorhandene Varietit (Abspaltung von der Hauptmasse) vorzustellen; weder die anderen Untersucher noch ich fanden ihn bei den uns vorliegenden ‘Tieren. 2) Auch mit der darunter liegenden Lateralfliche des Proc. lateralis humeralis existieren ziemlich lockere bindegewebige Zu- sammenhinge, die sich aber bei keinem der von mir untersuchten Tiere zur Bedeutung wirklicher Urspriinge erheben. GtnrHER wie Osawa lassen den Muskel auch von diesem Knochenfortsatz des Humerus entspringen, wobei ich nicht entscheiden kann, ob es sich bei den ihnen vorliegenden Exemplaren um gut angebildete Ur- spriinge handelte oder ob die angegebenen bindegewebigen Zu- sammenhiange von ihnen iiberschitzt wurden. 496 Max Firbringer, bauch zieht, die Mm. brachialis inferior und anconaeus humeralis lateralis teilweise deckend, lings des Oberarmes nach der Streck- flache und dem Radialrande des proximalen Vorderarmbereiches und endet hier mit einer diinnen und ziemlich breiten, in zwei Blatter gespaltenen Aponeurose. Das oberflichliche!) Blatt (hr') zieht tiber die Streckseite des M. brachio-radialis (supinator) ”) hinweg und verbindet sich mit der die Mm. extensores metacarpi radialis und digitorum deckenden Vorderarmfascie; das tiefe ') Blatt (hr") dringt teilweise (mit einem diinnen und breiten Zuge) zwischen die beiden Portionen des M. brachio-radialis (brr) ein, um hauptsichlich an dessen oberflichlicher Portion zu enden *), teilweise (mit kraftiger, tiefer Sehnenausbreitung) verbindet es sich direkt mit dem Radialrande der tiefen, hier zum Teil sehnigen Portion des M. brachio-radialis (supinator), Mit den Mm. brachialis inferior und biceps brachii besteht kein Zusammenhang; die In- sertion dieser Muskeln (an Radius und Ulna) findet an einer von der Insertion des M. humero-radialis ganz entfernten Stelle statt. Innerviert durch die zwei weit voneinander entfernten Nn. humero-radiales proximalis und distalis. Der N. humero- radialis proximalis (N.krpx) ist ein sehr feiner+) Zweig des N. deltoides (axillaris), der, von dem ventralen Teile des M. del- toides clavicularis bedeckt, bis zum Anfange des M. humero- radialis zieht und hier in dessen Innenflaiche eindringt. Der minder schwache N. humero-radialis distalis (N.Ardi) reprasen- tiert einen friih abgehenden Seitenzweig des (erst im Ellen- bogenbereiche, nach dem Durchtritte durch den Canalis ectepi- 1) Die Bezeichnungen ,,oberflachlich* und ,tief* gelten mit Bezug auf die Ansicht von der Streckseite her. 2) Supinator longus: GUnrHEeR. — Supinator longus et brevis: Brooxs. — Supinator: Osawa. 3) Einige diimne Sehnenfasern konnten auch bis zum Radius verfolet werden; doch ist dieser Verband ein so schwacher und variabler, daf man hier kaum von einer eigentlichen Insertion sprechen kann. Die Angaben GtnrHer’s, der den Muskel aus- schlieflich am Radius enden lift, beruhen auf ungenauer Unter- suchung. Osawa lift den Muskel lediglich in die radiale Vorder- armfascie ausstrahlen, was der Wahrheit nahe kommt, ihr aber nicht ganz entspricht. 4) Bei der speciell daraufhin vorgenommenen Untersuchung eines Exemplares von 50cm Linge fand ich den Nerven aus 11 Nervenfasern bestehend; bei jiingeren Tieren schien er etwas dicker zu sein. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 497 condyloideus von dem Radius abgezweigten) N. brachio-radialis (N. supinator) (NV.brr), der den M. brachio-radialis durchbricht und riicklaufig (proximalwarts) am Oberarm, von dem M. humero- radialis bedeckt, verlauft, um am Ende von dessen zweitem Drittel in seine Innenfliche einzudringen; er ist der Hauptnerv des Muskels !). Der M. humero-radialis reprasentiert eine der eigenartigsten Muskelbildungen von Sphenodon: durch seine doppelte Innervation dokumentiert er sich als ein zusammengesetztes Gebilde, das in seinem kleineren proximalen Abschnitte dem Deltoides-System, in seinem gréSeren distalen Bereiche der radialen Extensoren-Gruppe des Vorderarmes entstammt. Beide Teile sind in so innigen Ver- band miteinander getreten, da’ eine auSerlich sichtbare Grenz- marke zwischen beiden nicht mehr aufzufinden ist ?); auch zeigen die von dem Lig. acromio-humerale beginnenden Ursprungsfasern und der an die Vorderarmfascie ausstrahlende Teil der Endapo- neurose, die beide als sekundaére Erwerbungen aufgefafit werden miissen, daf’ der vorliegende Doppelmuskel von seinem urspriing- lichen Ausgange bedeutend abgewichen ist und einen komplizierten Entwickelungsgang durchgemacht hat. Primitivere Ziige oftfen- baren die Verbindungen mit dem M. deltoides clavicularis und dem M. brachio-radialis (supinator); diese koincidieren auch mit der Nervenversorgung. Vermutlich hat auch friiher ein festerer Verband mit dem Proc. lateralis humeri bestanden *). Den Lacertiliern fehlt, soweit mir bekannt, véllig etwas dem M. humero-radialis Vergleichbares ; doch besitzen die Crocodilier und Végel Bildungen, welche ihm wenigstens zum Teil entsprechen. Der M. humero-radialis der Crocodilier (vergl. 1875, p. 807 f., sowie die weiter unten bei den Crocodiliern folgenden Ausfiihrungen) hat 1) Osawa laft den ganzen Muskel gerade so wie den M. bra- chialis inferior (Humero-antibrachialis medialis Osawa) lediglich von dem N. musculo-cutaneus her versorgt werden. Diese Angabe be- ruht auf einem Irrtum; alles, was von der Gegend dieses Nerven oder von dem M. brachialis inferior her in den M. humero-radialis eintrat, erwies sich bei mikroskopischer Untersuchung als zu dem Gefalsystem gehdrig oder als blokes Bindegewebe. 2) Diese véllige Verschmelzung der genetisch verschiedenen Anteile ist tibrigens eine haufige Erscheinung bei doppelt inner- vierten Muskeln. 3) In diesem Sinne lassen sich vielleicht auch die Angaben von GinrHeR und Osawa, falls sie dem thatsachlichen Verhalten entsprechen, verwerten. 498 Max Firbringer, eine ihnliche Lage, entspringt vom M. deltoides scapularis in- ferior (Homologon des M. deltoides clavicularis von Sphenodon) und dem distalen Bereiche des Proc. lateralis humeri, zeigt in- sertive Verbindungen oder daraus ableitbaren Zusammenhang mit Radius, Fascie der Streckfliiche des Vorderarmes und M. brachio- radialis s. supinator (Sehnenschlinge) und wird von einem Zweige des N. axillaris versorgt: dieser Muskel entspricht, soweit aktives Muskelgewebe in Frage kommt, dem proximalen (axillaren) Anteil des M. humero-radialis von Sphenodon, wiihrend der distale Anteil dieses Rhynchocephaliers bei den Crocodiliern als Muskel nicht nachweisbar ist!); doch zeigt die Endigung des M. humero-radialis der Crocodilier, bei allen sonstigen Abweichungen und Besonder- heiten, gewisse Ziige, die sich auf das insertive Verhalten des M. humero-radialis von Sphenodon zum Teil beziehen lassen. Bei den Vigeln existiert ein Deltoides propatagialis brevis, dessen Muskelbauch dem Deltoides-System angehért und von einem Teile des N. axillaris innerviert wird, und dessen Sehne in grofer Manniefaltigkeit mit der Fascie der Radial- und Streckseite des Vorderarmes und mit dem Homologon des M. brachio-radialis s. supinator (bei den Végeln wegen der veranderten Insertion ge- meinhin als M. extensor metacarpi radialis benannt, eine Bezeich- nung, die durchaus keine Homologie mit dem gleichnamigen Muskel von Sphenodon ausdriickt) verbunden ist. Der Muskelbauch dieses Deltoides propatagialis ist ebenso wie der des Humero-radialis der Crocodilier dem proximalen Anteile des M. humero-radialis von Sphenodon vergleichbar; seine Endsehne aber zeigt in ihren Ver- binden mit der Vorderarmfascie und dem M. brachio-radialis (sog. M. extensor metacarpi radialis) eine ganz aulerordentliche Uebereinstimmung mit der Insertion des M. humero-radialis von Sphenodon, so dafS man mit Grund annehmen darf, daf die Vor- fahren der Vogel dereinst einen — damals allerdings noch nicht diesen Namen verdienenden — Propatagialis brevis besafen, der auch distale, von dem N. brachio-radialis (supinator) aus ver- sorgte muskulise Elemente enthielt, die aber vollkommen in Riick- bildung traten, wihrend ihr sehniger Verband mit dem M. brachio- radialis und der Vorderarmfascie erhalten blieb ”). 1) Mit den bis jetzt gegebenen Materialien laft sich nicht einmal mutmafen, ob ein solcher distaler Muskelanteil jemals bei den Vorfahren der heutigen Crocodilier vorhanden war oder nicht. 2) Aufverdem sei noch auf den kleinen, als seltenes Vorkommnis (zweimal) beobachteten Muskel aufmerksam gemacht, den Bspparp Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 499 Alle Autoren, denen der M. humero-radialis von Sphenodon bisher bekannt geworden ist, haben ihn entweder dem M. biceps brachii zugerechnet (GUNTHER, SABATIER) oder als lateralen M. humero-antibrachialis beschrieben (OSAwa). Beide Deutungen widerlegen sich ohne weiteres durch die ganz abweichende Innervation des M. humero-radialis durch Nerven, welche dem System des N. brachialis longus superior zugehdéren, wahrend die Mm. biceps brachii und brachialis inferior (humero-anti- brachialis medialis Osawa) durch Zweige des N. brachialis longus inferior versorgt werden‘). AuSerdem ist aber die Art und Weise, wie von GUNTHER und SABATIER ein kiinstliches Caput longum bicipitis aus dem M. humero-radialis in Verband mit dem ihm Ursprung gebenden Lig. scapulo-humerale laterale herauskon- struiert wurde, zuriickzuweisen. Das Lig. scapulo-humerale laterale wie der Ursprung des M. humero-radialis von demselben sind sekundaire Differenzierungen, und das Ligament verdankt seine Ausbildung nur zu einem kleinen Teile dem sekundair mit dem M. humero-radialis gewonnenen Verbande. Aber selbst wenn man sich mit den beiden genannten Autoren auf den (rein fiktiven und in Wirklichkeit ganz irrigen) Standpunkt stellen wollte, daf Lig. scapulo-humerale laterale und M. humero-radialis von Anfang an zusammengehoérende Gebilde reprasentierten, so wiirde daraus ein Caput longum bicipitis resultieren, das vom Acromion entspringt, den M. scapulo-humeralis anterior tiberbriickt und durch den- Selben von dem Schultergelenke weit abgetrennt wird, an der Dorsalflache des Proc. lateralis humeri, und mit demselben dorsal verbunden, vorbeizieht, immer in Entfernung von dem echten M. biceps brachii (Caput breve bicipitis GUNTHER, Portio coracoidea capitis longi bicipitis SaBatreR) bleibt, im Streckbereiche des Vorderarmes an dessen dorsaler Fascie und am M. brachio-radialis (supinator), also an ganzlich anderen Stellen als der wahre Biceps brachii inseriert und von durchaus verschiedenen Nerven versorgt wird — somit ein kiinstlich konstruiertes Caput longum bicipitis, das nach Ursprung, Verhalten zum Schultergelenk, Verlauf und als Accessory Biceps beschrieben hat, der aber offenbar zu dem System der dorsalen Muskeln des Fliigels gehért (siehe spiter bei Beschreibung der Schultermuskeln der Végel). 1) Osawa’s Deutung ist auf Grund des von ihm angegebenen Untersuchungsbefundes — Innervation des Muskels durch den N, musculo-cutaneus — eine theoretisch korrekte, aber der Unter- suchungsbefund ist ein irrtiimlicher (siehe Anm. 1 auf p. 497). 500 Max Firbringer, Lage am Oberarm, Entfernung von dem sicher als Biceps brachii erkannten Muskel, Insertion und Innervation von dem wirklichen Caput longum bicipitis toto caelo verschieden ist. E. Crocodilia. Eine vergleichend-anatomische Besprechung der meisten Schultermuskeln der Crocodilier im Anschluf8 an meine Angaben von 1875, zum Teil aber auch auf Grund eigener Untersuchungen giebt SABATIER (1880). Ich habe, wie schon erwiahnt, infolge der- selben eine — meine damaligen Befunde in allem Wesentlichen bestatigende — Nachuntersuchung an zwei Exemplaren von Alli- gator mississippiensis von 50 cm und 147 cm Lange vor- genommen 4). . In der Folge fiihre ich nur die Muskeln an, beziiglich deren Kontroversen zwischen SABATIER und mir bestehen, sowie die- jenigen, wo meine Nachuntersuchung bemerkenswerte Erganzungen ergab. 3. Levator scapulae superficialis (Collo-scapularis superficialis). Collo-scapularis superficialis (Levator scapulae superficialis): FUrBRincer. Die genaue Nachuntersuchung ergab, daf der Muskel von der Hauptinsertion aus, die sich (dorsal gleich an den Ursprung des M. omo-hyoideus anschliefend) tber den ganzen Vorderrand der knéchernen Scapula und das untere Ende des Suprascapulare er- streckt, auch auf die Innenflaiche des Schultergiirtels tbergreift, und zwar im Hauptbereiche der Scapula tiber den Vordersaum derselben, im unteren Teile derselben aber in weiterer Ausdehnung (etwa bis zur Mitte ihrer Breite) und selbst tiber die coracoidale Innenflaiche rund um das Foramen supracoracoideum. Diese ventrale Insertion liegt hinter (caudal von) dem Ursprunge des M. supracoracoideus. 1) Fiir den M. supracoracoideus untersuchte ich auferdem noch ein 23 cm langes Exemplar von Alligator mississippiensis sowie einen 3,8 cm langen Embryo von Crocodilus americanus und einen 7 cm langen Embryo von Cr. porosus. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 501 4. Serratus superficialis (Thoraci-scapularis superficialis). Thoraci-scapularis superficialis (Serratus super- ficialis): Firprincer. Auer den Haupturspriingen von der letzten Cervical- und den drei ersten Dorsalrippen konnte bei dem jiingeren Exemplare (50 cm Lange) ein Uebergreifen auf die Fascie bis zum Bereiche der 4. Rippe nachgewiesen werden. Der vordere Saum der In- sertion schiebt sich ein wenig in den M. subscapularis ein, die erste Andeutung einer Sonderung desselben in eine Pars scapularis externa und interna einleitend. 5. Levator scapulae et Serratus profundus (Collo-thoraci-scapularis profundus). Collo-thoraci-suprascapularis profundus (Levator scapulae et Serratus profundus): FURBRINGER. Bei den beiden untersuchten Exemplaren von Alligator ent- sprang die gemeinsame, aus zwei Lagen bestehende Muskelmasse von den Rippen resp. Querfortsatzen (vergl. die genauere Be- schreibung von 1875, p. 778) des 5. bis 10. resp. 6. bis 10. Wir- bels und inserirte aufer an dem ventralen Teile der Innenfliche des Suprascapulare auch an dem Dorsalsaume der Innenflache der Scapula s. str. 6. Rhomboides. Rhomboideus: FURBRINGER. Bei beiden Exemplaren von Alligator aus zwei Biindeln be- stehend, deren Insertion bei dem 50 cm langen Individuum tiber die vorderen ?/, der dorsalen Innenflaiche der Suprascapulare, bei dem 147 cm langen Tiere noch etwas weiter caudalwarts sich erstreckte. Die 1875 von mir angegebene Insertion an der Innen- flache des vorderen oberen Winkels des Suprascapulare war etwas zu kurz bemessen. 7. Costo-coracoideus. Costo-coracoideus: FURrBRIncER. Costo-coracoidien (faisceau coracoidien du petit pectoral des Mammiferes): Saparrer. 502 Max Firbringer, Genau so, wie 1875 angegeben. Bei dem kleineren Exemplare wurde auch eine unbedeutende accessorische Anheftung an den Seitenrand des Sternum gefunden. SABATIER (p. 154—156) rechnet den Muskel, gleich den Mm. sterno-coracoidei und dem M. sternocosto-scapularis der Lacertilier zu dem M. pectoralis. Ich habe mich bereits oben (p. 409 f.) gegen diese Homologisierung ausgesprochen und kann nur eine Zugehérigkeit zu dem System der Mm. thoracici in- feriores wiederholt betonen, wobei zugleich dem M. sterno-coraco- ideus internus superficialis von Sphenodon eine in mahigem Grade vermittelnde Bedeutung zukommt (vergl. p. 469 f.). 8. Pectoralis. Pectoralis: FURBRINGER. Grand pectoral (Grand pectoral et faisceaux huméraux du petit pectoral des Mammiféres): Sapatier. Bei dem 50 cm langen Exemplare von Alligator wurde auch ein iibrigens nur mittelbar durch Sehnengewebe (Fascie) herge- stellter Zusammenhang mit den beiden ersten Parasternalien be- obachtet; bei den 23 cm und 147 cm langen Individuen war der- selbe nicht nachweisbar. Ob dieser Zusammenhang eine urspring- liche intime Beziehung andeatet oder eine sekundire Ditferenzierung von wenig Gewicht darstellt, kann ich nicht entscheiden (vergl. auch p. 473, Anm. 1). Hinsichtlich des Verhaltens zu dem M. obliquus abdominis externus superficialis fand ich meine alteren Angaben (1875) und die neueren Maurer’s (1896) bestatigt. Das nach der Innenseite des Oberarmes aberrierende Bindel (1875) beobachtete ich nur bei dem alteren Exemplare. 9. Supracoracoideus (Supracoracoscapularis). Supracoracoideus (Supracoracoscapularis): Fwtr- BRINGER. Chefs précoracoidien et scapulaire antérieur dé l’obturateur interne thoracique: SABATIER. Ich unterschied 1875 (p. 785) an diesem ansehnlichen Muskel einen kraftigeren ventralen Teil, Pars coracoidea (inferior), welcher, soweit nicht vom M. pectoralis gedeckt, direkt unter der Haut liegt, und einen schwiacheren dorsalen Teil, Pars scapu- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 503 laris (superior), welcher vom M. deltoides scapularis inferior bedeckt wird. Der erstere entspringt von der ganzen vorderen Hilfte des Coracoides, und zwar von dessen Aufenfliche, Vorder- (resp. Medial-)Rand und Innenfliche, wobei die von der Innen- fliche kommenden Fasern sich um den Vorderrand (Medialrand) herumschlagen und die oberflaichliche Schicht des Muskels bilden, und geht gemeinsam mit der Pars scapularis an den proximalen, wenig entwickelten Teil des Proc. lateralis humeri; der letztere entspringt von der Aufenfliche des unteren Drittels der Scapula hinter der Spina scapulae (Ursprungsstelle des M. deltoides sca- pularis inferior) und vor dem Ursprunge der Mm. anconaeus sca- pularis externus und scapulo-humeralis posterior, vereinigt sich mit der Pars coracoidea zu einem homogenen Muskel und in- seriert am proximalen Teile des Proc. lateralis humeri, wobei seine Fasern mehr proximal liegen als die des coracoidalen Teiles (p. 785). Gegen diese Beschreibung hat SABATIER (p. 206) auf Grund der Untersuchung eines 21/, m langen Alligator‘) und einiger kleineren (deren Lange nicht angegeben wird) Einspruch erhoben, indem er bei seinen Exemplaren nur einen Ursprung von dem Vorderrande und der Innenfliche der Scapula und des Coracoides fand, dagegen von der Aufenflache des Coracoides (inkl. Procora- coides) kommende Fasern durchaus vermifite; falls Urspriinge von der Aufenflaiche des Coracoides (wie ich sie angegeben) wirklich existierten, so miifiten sie als sekundire Verbindungen (adhérences consécutives) aufgefaft werden. Ich habe daraufhin den Muskel bei 3 verschieden grofen Alligator mississippiensis (von 23 cm, 50 cm und 147 cm Linge) nochmals untersucht und erhalte bei den beiden kleineren Exem- plaren Befunde, welche mit meiner friiheren Beschreibung tiber- einstimmen, also einen Ursprung der Pars superior lediglich von der Aufenfliche der Scapula (nicht aber von dem Vorderrande und der Innenfliiche derselben, die von dem Ursprunge des M. deltoides scapularis inferior und der Insertion des M. levator sca- pulae superficialis in dem hierfiir eventuell in Betracht kommenden Bereiche eingenommen werden) und einen Ursprung der Pars in- ferior von der Aufenfliche, dem Vorderrande (Medialrande) und der Innenfliche des Coracoides und der daran angrenzenden der 1) Species wird nicht angegeben. Bd, XXXIV. N. F. XXVII, 33 504 Max Firbringer, ventralen vordéren Ecke der Scapula (Acromion)‘), sowie eine gemeinsame Insertion beider innig zusammenhangenden Portionen am proximalsten Teile des Proc. lateralis humeri (Tuberculum laterale), noch vor derjenigen des M. dorsalis scapulae. Bei dem erdfheren Exemplare sind die Verhaltnisse im wesentlichen die gleichen: Ursprung von der Aufenflache der Scapula und von der AuBenflaiche, dem Vorderrande und der Innenflaiche des Coracoides und der angrenzenden Ecke des Acromion und Insertion am proximalen Teile des Proc. lateralis humeri; der einzige Unter- schied beruht darauf, dafi der Ursprung von der coracoidalen AuSenflache sich verkiirzt hat und nur noch von dem Vordersaum derselben (in einer Breite von ca. 2'/, mm) stattfindet 2). — Auf Grund dieser Befunde muf ich der Angabe Sapatrier’s, daf der Muskel nicht von der Auf enflaiche des Coracoides entspringe, so- weit seine kleineren Exemplare (falls dieselben nicht tiber 1*/, m ero waren) in Frage kommen, widersprechen und vermute, dai eine ungewohnlich schlechte Beschaffenheit des untersuchten Materiales (hochgradige Maceration mit Ablésung der betreffenden Fasern von ihrem Ursprunge) ihn diesen auferen Ursprung tiber- sehen lief. Beziiglich des grofen Exemplares von 21/, m Lange enthalte ich mich einer Entscheidung, da mir ein gleich langes nicht zur Disposition stand; ich halte es aber fiir méglich, da’ bei einem solchen das — bereits bei meinem 11?/, m langen Alli- gator begonnene — proximale Zurtickweichen resp. Vorgreifen der aufen entspringenden Fasern zum Aufgeben des gesamten Ur- 1) Dieser Ursprung der Pars inferior von der Aufenfliche des Coracoides ist namentlich in deren dorsalem (lateral von der Biceps- sehne liegendem) Gebiete recht breit und reicht nach hinten bis zum Foramen supracoracoideum; im ventralen (medialen) Teile, wo die Ursprungssehne des M. biceps nahe bis zum Rande des Coraco- ides reicht, ist er erheblich schmialer. Der Ursprung von der Innenfliche der acromialen Ecke entstand vermutlich durch ein dorsales Weitergreifen der urspriinglich coracoidalen Fasern. 2) Ich fiige hinzu, daf auch Roiiueston in seinem 1875 von mir citierten Werke (On the Homologies of certain Muscles connected with the Shoulder-joint, Trans. Linn. Soc. London, XXVI, p. 626, 1868) bei Crocodilus und Alligator neben dem inneren Kopfe auch einen duferen von der Aufenfliche des Pricoracoides angiebt; die beigefiigte Abbildung entspricht, falls sie das Praparat in natiir- licher Gréfe wiedergiebt, nach Linge des Schultergiirtels und Humerus einem Tiere von ungefahr 11/, m Kérperlinge. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 505 sprunges von der Aufenflache des Coracoides gefiihrt haben kann, will somit die Richtigkeit von SABATrER’s beziiglicher Beobachtung nicht beanstanden ‘). Die vergleichende Betrachtung der Befunde bei den 4 Tieren von 23, 50, 147 und 250 cm Lange lehrt, daf die Pars scapularis ihren Ursprung von der Au8enflaiche der Scapula im wesentlichen unverriickt festhilt?), wihrend dagegen der coracoidale von der Aufenfliche und dem Vorderrande (Medialrande) des Coracoides auf die Innenflaiche desselben iibergegriffen hat*), sich in dem neu gewonnenen Ursprungsbereiche, der ihm langere und daher leistungs- fihigere Fasern gewahrt, mehr und mehr etabliert, dagegen die iilteren, nicht so giinstig situierten Urspriinge von der coracoidalen Aufenfliche zusehends vermindert und schlieSlich — die Richtig- keit von SABATIER’s Befunde an dem 2'/, m langen Alligator vorausgesetzt — ganz aufgiebt. Dieses Verhalten, das auch durch den Verlauf des N. supracoracoideus nach dem Muskel und in dem Muskel des weiteren illustriert wird, zeigt somit eine gewisse Parallele zu der Bildung des M. gemello-obturator internus, bei welchem die beiden Mm. gemelli den Ursprung von der Aufen- fliche des Beckens noch gewahrt haben, wahrend der M. obturator internus auf die Innenflache des Beckens iibergriff und schlieBlich seinen auleren Ursprung ganz aufgab‘). Daf der M. supracora- 1) Daf Sasatrer nur von einem Ursprunge des Muskels von der Innenfliche der Scapula, nicht aber von einem solchen von der Aufenflaiche derselben spricht, kann ich nur auf einen Schreib- fehler oder eine Liicke in seinen Notizen zuriickfiihren; die Existenz von der scapularen Aufenflache kommender Fasern (die gesamte Pars superior) bedarf keiner Diskussion. 2) Ich sehe hierbei ab von der schon in der vorhergehenden Anmerkung hervorgehobenen unvollstindigen Angabe Sasarier’s beziiglich des auBeren Ursprunges der Pars scapularis. 3) Dieses Uebergreifen des Ursprunges von der Ausenflache auf die Innenflache kénnte méglicherweise zufolge der ontogene- tischen Rekapitulation durch die genauere Untersuchung von jiingeren Embryonen ad oculos demonstriert werden. Mein verfiigbares Material, das aus einem Embryo von Crocodilus americanus von 38 mm und einem Embryo von Cr. porosus von 70 mm Kérperlinge (gemessen an einem der Achsenkriimmung entsprechend gelegten und danach gestreckten Faden) bestand, reichte dafiir nicht aus. Bei dem ailteren Embryo entsprang der Muskel bereits zum Teil von der. coracoidalen Innenflaiche, bei dem jiingeren war Erhaltung und Schnittrichtung zu unginstig, um Sicherheit beziiglich dieses Ur- sprunges zu erhalten. 4) Selbstverstindlich liegt es mir ganz fern, damit irgendwelche 33 * 506 Max Firbringer, coideus (supracoracoscapularis) der Crocodile seiner urspriinglichen Natur nach ein eminent ‘iuferer, aber nicht innerer Muskel des Schultergiirtels ist, wird (ganz abgesehen von dem Vergleiche mit den Cheloniern, Lacertiliern und Rhynchocephaliern) auch durch die korrelative Lage der Insertion des M. levator scapulae superficialis und des Ursprunges des M. deltoides scapularis inferior bewiesen, welche unter Annahme einer urspriinglich inneren Lage des Supra- coracoideus nicht verstiindlich ware. Indem Sapatrer (p. 205—207) den Schwerpunkt auf den inneren Ursprung des M. supracoracoideus legt, kommt er dazu, diesen Muskel nicht — wie er bei dem M. supracoracoideus der kionokranen Lacertilier thut — zu dem M. obturateur externe thoracique, sondern vielmehr zu dem M. obturateur interne thora- cique zu rechnen und den Chefs scapulaire antérieur et précora- coidien desselben zu vergleichen. Er homologiert ihn damit dem M. scapulo-humeralis anterior der kionokranen Lacertilier und bringt ihn zu dem M. subcoracoscapularis (Chefs scapulaire posté- rieur et coracoidien) derselben in die nachste Beziehung, wahrend er das Homologon des M. supracoracoideus (Chefs coracoidien et précoracoidien des M. obturateur externe thoracique) der Lacer- tilier in dem M. coraco-brachialis brevis der Crocodilier erblickt. Gegen diese Deutung und Vergleichung habe ich das Folgende zu bemerken: 1) Sie ignoriert vollsténdig die Innervation, denn die Mm. supracoracoidei (supracoracoscapularis) der Lacertilier und Croco- dilier werden durch den diazonalen N. supracoracoideus, die Mm. scapulo-humeralis anterior, subcoracoscapularis (subscapularis) und coraco-brachialis durch die postzonal verlaufenden gleich- namigen Nerven versorgt. 2) Sie iibersieht géianzlich die klaren Verhaltnisse der Inser- tion. Dieselbe findet statt bei dem M. supracoracoideus (supracoraco- scapularis) der Lacertilier und Crocodilier an dem proximalen Teil des Processus lateralis humeri (Tuberculum laterale), bei den Mm. scapulo-humerales beider an der Dorsalfliiche des Humerus (von der Insertion des M. supracoracoideus durch die Mm. anconaei humerales lateralis und posticus getrennt, aber in Homodynamie zu behaupten. Der Supracoracoideus ist ein pro- resp. diazonaler, der Gemello-Obturator internus ein postzonaler Muskel, die Stellen der Ueberwanderung der Muskelfasern auf die Innenflaichen der Giirtel entsprechen einander nicht und das Ver- halten der Nerven ist nicht adiquat. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 5O7 der Nahe der Insertion des M. subcoracoscapularis), bei dem M. subcoracoscapularis (subscapularis) beider an dem Proc. medialis, bei dem M. coraco-brachialis brevis beider an der Ventralflache des Humerus (von der Insertion des M. supracoracoideus durch den M. pectoralis geschieden). 3) Sie bringt Muskeln zusammen, welche durch den ganzen Schultergiirtel voneinander getrennt nach ihren Insertionen ver- laufen, denn der M. supracoracoscapularis (Chef scapulaire antérieur et précoracoidien de Pobturateur interne) der Crocodilier geht pro- zonal, der ihm direkt verglichene M. scapulo-humeralis anterior der Lacertilier dagegen, ebenso wie die Mm. subcorascapularis (subscapularis) und coraco-brachialis der Lacertilier und Crocodilier, verlaufen postzonal von ihren Urspriingen am Schultergiirtel nach ihren Insertionen am Humerus. 4) Sie beachtet nicht die Lageverhaltnisse, denn der M. supra- coracoideus (supracoracoscapularis) der Lacertilier und Crocodilier deckt die Mm. biceps brachii und coraco-brachialis derselben, wihrend der M. coraco-brachialis beider nicht nur unter dem M. supracoracoideus (supracoracoscapularis), sondern auch unter dem M. biceps liegt. Somit wird ein Muskel, der bei den Lacertiliern direkt unter dem M. pectoralis, also in der 2. Schicht der Schultermuskeln liegt und den M. biceps deckt, einem Muskel verglichen, der bei den Crocodiliern unter den Mm. pectoralis, supracoracoscapularis und biceps sich befindet, also die 4. Schicht der Schultermuskeln bildet. 5) Sie erblickt in offenbar sekundar erworbenen Ausbreitungen des Ursprunges auf die Innenfliche des Schultergiirtels das Ur- spriingliche, bestreitet die Existenz der auferen Ausgang gebenden Urspriinge und verkennt die prinzipielle, primitive Bedeutung der- selben, indem sie diese Urspriinge (falls sie tiberhaupt existieren sollten) zu sekundairen Anheftungen degradiert. Diese Vergleichung von SABATIER verleugnet somit die Ver- haltnisse der Innervierung, der Insertion, des prozonalen oder postzonalen Verlaufes, der oberflichlicheren oder tieferen Lage und der priméren oder sekundaéren Ursprungsverhialtnisse, somit alles, was man gewohnt war, als das wesentliche Besitztum einer sorgfaltigen und rationellen Muskelhomologisierung zu er- kennen. In dieser Eigenart diirfte sie ein Paradigma bilden. Auch werden die folgenden Besprechungen ergeben, wie verhangnisvoll sie fiir seine weiteren Muskelvergleichungen wurde. 508 Max Purbrine sr, Daf ich meine bisherige Homologisierung SABATIER gegen- iiber vollkommen festhalte, bedarf danach keiner weiteren Be- tonung. 10. Coraco-brachialis (brevis). Coraco-brachialis (brevis): Ftrprincer. Chef coracoidien de l’obturateur externe thora- cique et Coraco-brachialis brevis: SaBatinr. Das kleinere, 50 cm lange Exemplar von Alligator zeigte genau dieselben Verhaltnisse, wie ich 1875 angegeben'). Bei dem oréferen, 147 cm langen Tiere ist der Muskel etwas kraftiger und dementsprechend sein coracoidaler Ursprung etwas ausgedehnter, die Insertion aber dieselbe wie bei dem kleineren Alligator. Stets nimmt der Muskel eine ansehnliche Strecke des Coracoides ein, wird in seinem kleineren vorderen Teile (ca. '/;) von der Ur- sprungssehne des M. biceps gedeckt ”), liegt aber in seinem gréferen hinteren Teile (hintere */,) unter dem M. pectoralis und zum Teil dem M. supracoracoideus. SABATIER (p. 203, 204) wird vornehmlich durch den weit nach vorn ausgedehnten coracoidalen Ursprung des Muskels ver- fiihrt, denselben in der Hauptsache als Chef coracoidien des M. obturateur externe thoracique zu deuten und somit dem M. supracoracoideus der Lacertilier zu homologisieren. Beziiglich der hinteren, vom sternalen Ende des Coracoids entspringenden Fasern tritt er auch fiir die Méglichkeit einer Vergleichung mit dem M. coraco-brachialis brevis der kionokranen Lacertilier ein, fait somit den Muskel, wenn ich ihn recht verstehe, als ein Ver- schmelzungsprodukt der Mm. supracoracoideus (Chef coracoidien de Pobturateur externe thoracique SABATIER) und coraco-brachialis brevis der Lacertilier auf *). 1) In der Beschreibung von 1875 (p. 791) ist infolge eines Schreib- oder Druckfehlers auf Zeile 2 eine Bedeckung des M. coraco-brachialis durch die Sehne des M. coraco-brachialis ange- geben; selbstverstandlich muf es Sehne des M. coraco-antibrachialis (biceps brachii) heifen. 2) Der vordere, Teil des M. coraco-brachialis wird iibrigens nicht vollstandig von der Biceps-Sehne gedeckt; ein schmaler Saum desselben ragt proximo-lateral noch iiber und legt direkt unter dem M. supracoracoscapularis. 3) Cette extension trés-marquée ..... , ainsi que le lieu de Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 509 Gegen diese Annahme SABATIER’s spricht 1) die ausschlief- liche Innervation des vorliegenden Muskels der Crocodilier durch nur einen Nerven, den postzonalen M. coraco-brachialis, 2) die Insertion, welche nichts mit der typischen Insertionsstelle des M. supracoracoideus am Anfang des Proc. lateralis zu thun hat. Da- gegen zeigt derselbe alle wesentlichen Merkmale des M. coraco- brachialis brevis der kionokranen Lacertilier. Die Verbreiterung und proximo-laterale Ausdehnung seines Ursprunges steht zu der Verlingerung und Richtungsinderung des Coracoides (s. p. 298) in engstem Kausalkonnexe und ist so erfolgt, wie sie in Korre- lation dazu erfolgen mu8te. Bei den Végeln finden sich noch ganz andere Differenzierungen des M. coraco-brachialis. Aus alledem diirfte zur Geniige hervorgehen, daf der ganze M. coraco-brachialis brevis der Crocodilier lediglich dem gleich- namigen Muskel der Lacertilier zu vergleichen ist. 11. Biceps brachii (Coraco-antibrachialis). Coraco-antebrachialis (Biceps): Firprinaer. Biceps brachial: Sasatier. Mafig grofer Muskel, der in der 1875 beschriebenen Weise (p. 793) vom Coracoid nach dem Vorderarm geht, wo er, mit dem M. brachialis inferior verbunden, mit gleich grofen Sehnenzipfeln an Radius und Ulna inseriert. Bei dem gréferen Exemplare von Alligator wurde eine kleine muskulése, an dem Anfang des 4. 1/, der humeralen Medialkante zwischen M. brachialis inferior und M. anconaeus humeralis medialis inserierende Aberration (Coraco- brachialis longus ?) beobachtet, sowie ferner ein kleiner Sehnenzipfel, der mit der Fascie des M. pronator teres sich verband (Andeutung der Aponeurosis bicipitis s. Lacertus fibrosus). SABATIER (p. 203f.), der in der Deutung des Muskels mit mir tibereinstimmt, hebt den nach vorn geriickten Ursprung des Muskels mit Recht als eine nach den Verhaltnissen bei den Végeln tendierende Bildung hervor und giebt tiber die specielleren Homo- logien des Biceps brachii bei Reptilien und Saugetieren Aus- einandersetzungen (p. 264, 274), denen ich gréBtenteils zustimme. ses insertions, qui occupent toute la face extérieure du coracoide, me portent a considérer ce muscle comme représentant par sa portion postérieure la partie proximale (coraco-brachialis brevis) du coraco-brachial des Sauriens, c’est-a-dire le carré huméral, et par sa portion antérieure le chef coracoidien de lob- turateur externe (p. 204). 510 Max Firbringer, 12. Brachialis inferior (Humero-antibrachialis inferior). Humero-antebrachialis inferior (Brachialis infe- rior): FURBRINGER. . Brachial antérieur: SABATIER. Meiner friiheren Beschreibung dieses vom Humerus zu Radius und Ulna gehenden Muskels (1875, p. 794) habe ich nichts hinzu- zufiigen. Derselbe hangt proximal mit dem M. humero-radialis zusammen, um sich bald wieder von ihm zu trennen, verschmilzt aber im Insertionsteile vollkommen mit dem M. biceps, so daf man Biceps und Brachialis inferior als coracoidalen und humeralen Kopf eines gemeinsamen Muskels auffassen kann. SABATIER (p. 296) vereinigt ihn gleich HauautTon (s. meine friihere Darstellung 1875, p. 794) mit dem M. humero-radialis zu einem Muskel, ihn als dessen Portion interne benennend. Ich kann diese Vereinigung nach wie vor nur als wenig gliicklich be- zeichnen. Nach Ursprung, Lage, Verlauf und namentlich nach Innervation und Insertion sind beide Muskeln durchaus zu scheiden. Mit dem gleichen Rechte kénnte man Brachialis inferior und An- conaeus humeralis auch zu einem Muskel verbinden. 13. Latissimus dorsi (Dorso-humeralis). Dorso-humeralis (Latissimus dorsi): FURBRINGER. Grand dorsal: Saparimr. Wie 1875 (p. 794f.) beschrieben. Der Muskel war bei den untersuchten Exemplaren von Alligator einheitlich, wies aber axillare Aberrationen auf. Verband mit dem M. teres major recht innig. 14. Dorsalis scapulae (Deltoides scapularis superior). Dorsalis scapulae (Deltoides scapularis superior): FURBRINGER. Chef scapulaire de l’obturateur externe thoracique: SABATIER. Verhalt sich bei den beiden Exemplaren von Alligator gleich der Beschreibung von 1875 (p. 796). Auf die betrachtliche Ver- schmialerung gegeniiber dem M. dorsalis scapulae der Lacertilier und Rhynchocephalier méchte ich besonders aufmerksam machen; Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 511 es driickt sich darin eine Tendenz aus, welche bei den Végeln zu ihrem Endziele — dem vyilligen Schwunde des Muskels — gelangt ist. SABATIER (p. 204 f.) fait den Muskel wie bei den Lacertiliern als Chef scapulaire des M. obturateur externe thoracique auf und bringt ihn damit zu dem M. coraco-brachialis des Crocodiles (Chef coracoidien des M. obturateur externe thoracique) in nachsten Verband. Von eventuell fiir einen Vergleich in Frage kommenden menschlichen Bildungen schlieSt er wie bei den Lacertiliern die Mm. supraspinatus, infraspinatus und deltoides wegen ihres Ur- sprunges von einem Teile der Scapula, welcher den Reptilien fehle, ganz aus, erklart sich aber mit BurrmMann und ROLueston fiir eine Homologisierung mit dem M. teres minor. Die von SABATIER durchgefiihrte Vereinigung der Mm. dorsalis scapulae und coraco-brachialis unter der gemeinsamen Rubrik des M. obturator externus thoracicus ist eine irrige, wobei der Hauptfehler an der unrichtigen Deutung des M. coraco-brachialis (s. p. 509) liegt. — In der Abweisung einer Homologie mit den Mm. supraspinatus und infraspinatus kommt SABATIER zu dem- selben Resultate wie ich, jedoch auf anderem Wege: fiir mich war hierbei die sehr verschiedene Innervation ausschlaggebend, fiir ihn ist es die Differenz in der schmaleren oder breiteren Ausbildung der Scapula der Reptilien und Saugetiere, die ich aber — soweit der Ursprung des M. infraspinatus, also die Fossa infraspinata in Frage kommt — nicht anerkennen kann. Aus dem_ gleichen Grunde wird von Sapatrer jede Verwandtschaft mit dem M. deltoides ausgeschlossen, womit ich somit auch nicht tibereinstimme. Nur in der Annahme einer Homologisierung mit dem M. teres minor finden wir uns. Fiir mich bilden aber — auf Grund der Untersuchung an Amphibien und den tibrigen Reptilien — nach wie vor Deltoides und Teres minor sehr nahe verwandte Muskeln, die sich erst allmaihlich zu nach Lage und Insertion voneinander mehr unabhiingigen Bildungen differenziert haben (vergl. auch p. 430); daf der Dorsalis scapulae gerade mit dem Teres minor mehr Beriihrungspunkte aufweist als mit dem Deltoides, ist auch meine Ueberzeugung !). 1) Ich bin jetzt einer direkten, wenngleich nicht ganz kom- pleten Homologisierung des M. dorsalis scapulae der Reptilien mit dem M. teres minor der Saugetiere mehr zugeneigt als 1875. 512 Max Firbringer, 15. Deltoides scapularis inferior. Deltoides scapularis inferior: Firprincer. Deltoide: Sapatrer. Entsprechend meiner friitheren Beschreibung (1875, p. 797). Bei dem gréferen Exemplare war eine ziemlich innige Verbindung Seines ventralen Randes mit dem von ihm gedeckten ventralen Teile der Pars scapularis des M. supracoracoscapularis zu beob- achten, konnte aber unter Beriicksichtigung der sehr verschieden- artigen Innervation beider Muskeln gelést werden. Dieses Ver- halten ist von einigem Interesse, da auch bei gewissen Végeln mehr oder minder intime Zusammenhinge zwischen M. supra- coracoideus und M. deltoides minor gefunden werden (s. Kap. V sub Deltoides minor der Végel). Der partielle Uebergang in den M. humero-radialis fand sich ebenso, wie 1875 angegeben, bei beiden Alligatoren. Die Deutung des Muskels durch Sapatier als Deltoides (p. 228) stimmt mit der meinigen tiberein. 16. Scapulo-humeralis posterior ‘). Scapulo-humeralis profundus: FUrBRINGER. La 1. portion du chef scapulaire postérieur de l’ob- turateur interne thoracique: SABATIER. Die Untersuchung der beiden Exemplare von Alligator ergab hier eine ansehnlichere Ausbildung des Muskels als bei Crocodilus (americanus), welchem die 1875, p. 799 gegebene Beschreibung entstammt. Der M. scapulo-humeralis posterior ist bei Alligator, namentlich bei dem kleineren Exemplare, ein nicht unansehnlich ausgebildeter Muskel, der nicht nur vom Hinterrande, sondern auch von dem hinteren Teile der Aufenfliche (bei dem Alligator von 50 cm Lange etwa vom hinteren !/,, bei demjenigen von 147 cm von den hinteren ?/,) in ganz ansehnlicher Ausdehnung (im Bereiche des ventralen 1/,—*/, der knéchernen Scapula) ent- springt, der Kapsel dicht anliegend nach dem Humerus verlauft und hier zwischen den Anfingen des Caput humerale posticum 1) Das Epitheton ,profundus“ meiner friiheren Bezeichnung lasse ich, weil unnétig, hinweg, fiige aber ,posterior“ hinzu, um die speciellere Homologie mit dem M. scapulo-humeralis posterior von Sphenodon genauer zu pracisieren. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 513 und mediale m. anconaei tief eingreifend und zugleich in naher Nachbarschaft zu der proximo-medial davon gelegenen Insertion des M. subscapularis — also im wesentlichen so, wie 1875 an- gegeben — inseriert. SABATIER (p. 199, Anm. 1, und p. 209, 210) faBt den M. scapulo-humeralis posterior der Crocodilier als Teil des M. sub- scapularis derselben auf und deutet ihn zusammen mit diesem Muskel als Chef scapulaire postérieur des M. obturateur interne thoracique. Zugleich wirft er mir vor, da’ ich eine Konfusion begangen habe, die viel Dunkelheit auf die Muskelhomologien werfe, weil ich den Muskel dem M. scapulo-humeralis profundus der kionokranen Lacertlier verglich, der nach SABATiEr’s Anschauung einen Chef coracoidien et scapulaire antérieur des M. obturateur interne thoracique vorstellt und bei den Crocodiliern durch meinen M. supracoracoideus (supracoracoscapularis) reprasentiert wird. Ueber diese letztere Homologisierung SaABaTier’s habe ich mich bereits bei dem M. supracoracoideus (supracoracoscapularis) der Crocodilier zur Gentige geiiufert und sie auf das bestimmteste zuriickgewiesen (p. 503—507). Daf der M. scapulo-humeralis pro- fundus der Lacertilier und namentlich der Crocodilier nahe Beziehun- gen zu dem M. subcapularis aufweist, habe ich von allem Anfang an hervorgehoben, stehe somit in diesem Punkte SapatTrer nicht so fern. Gleichwohl vermag ich den M. scapulo-humeralis posterior der Crocodilier nicht ohne weiteres mit dem M. subscapularis der- selben zu identifizieren, denn beide Muskeln haben trotz ihrer nahen Nachbarschaft nicht allein separate Urspriinge, sondern auch separate Insertionen, sind auch zum Teil durch den Ursprung des M. anconaeus coracoscapularis voneinander geschieden, Dazu kommt, daf aus dem ziemlich unscheinbaren M. scapulo-humeralis posterior der Crocodilier sich bei den Végeln der miichtige M. sca- pulo-humeralis posterior entwickelt hat, welcher gegentiber dem M. subcoracoscapularis derselben als eine durchaus selbstandige, sehr ansehnliche Muskelbildung auftritt; eine derartige hoch- gradige Difterenzierung und Ausbildung geschieht gewoéhnlich nicht mit einem Schlage aus einem bereits in sich abgerundeten Muskel, sondern bereitet sich schon bei den tiefer stehenden Verwandten als bildsamerem und entwickelungsfihigerem Material vor. Was nun das gegenseitige Verhalten der Mm. scapulo-hume- rales (profundi) der kionokranen Lacertilier und Crocodilier an- langt, so habe ich nie verkannt, dal zwischen den Bildungen beider Reptilien-Abteilungen eine sehr auffallende Differenz der Lage zu 514 Max Firbringer, dem M. anconaeus scapularis lateralis besteht: bei den Lacertiliern zieht dieser Muskel an der Innenseite, bei den Crocodiliern an der Aufenseite des M. scapulo-humeralis (profundus) vorbei; und ich kann sehr wohl begreifen, daf’ SaABATIeER darin eine untiberwind- liche Schwierigkeit fand, beide Muskeln miteinander zu homolo- gisicren. Ich habe selbst diese Schwierigkeit bei meinen friiheren Ueberlegungen lebhaft empfunden, habe mich aber bemiiht, sie aus dem Wege zu raiumen, indem ich eine inkomplete Homologie der Mm. anconaei scapulares laterales der Lacertilier und Cro- codilier statuierte und den betreffenden Anconaeus scapularis der Crocodilier als eine von dem Anconaeus scapularis lateralis der Lacertilier ausgehende laterale Neubildung mit der besonderen Bezeichnung eines M. anconaeus scapularis lateralis externus deter- minierte. Gleichwohl habe ich das durchaus Hypothetische dieses Erklarungsversuches nicht verschwiegen (1875, p. 806) und auch spaiter, als ich (in den Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Végel, 1888, p. 707, 708) fiir den M. anconaeus scapularis der Vogel, welcher in der Hauptsache mit dem M. an- conaeus scapularis lateralis externus der Crocodile identisch ist, einige weitere Instanzen zu Gunsten dieser Deutung beibrachte, nicht behauptet, einen sicheren Beweis fiir dieselbe zu geben. Zur Entscheidung dieser Frage hat nun Sphenodon eine neue, von mir nicht erwartete, aber sehr erwiinschte Instanz gebracht, indem hier (cf. p. 486—489) zwei M. scapulo-humerales (profundi) nebeneinander existieren, von denen der eine (M. scapulo-humeralis anterior) nach Ursprung, Insertion und Lage zu dem M. anconaeus scapularis lateralis dem Scapulo-humeralis (profundus) der kiono- kranen Lacertilier gleicht, der andere (M. scapulo-humeralis po- sterior) in entsprechender Weise mehr mit dem Scapulo-humeralis (profundus) der Crocodilier iibereinstimmt. Damit ist ein neues Faktum gegeben, welches geeignet erscheint, die Frage in dem Sinne zu beantworten, daf allerdings keine komplete Homologie zwischen den in Frage stehenden Muskeln der Lacertilier und Crocodilier besteht, sondern daB die ersteren den M. scapulo-hume- ralis anterior, die letzteren den M. scapulo-humeralis posterior von Sphenodon besitzen (vergl. auch p. 489). Wenn mir auch das verschiedene Verhalten der Mm. anconaei scapulares und der dorsal oder ventral von ihnen vorbeiziehenden Nerven noch nicht vollig ceklirt erscheint, so bin ich jetzt doch gern geneigt, diesem einen Punkte von Sasatrer’s Argumentation zuzustimmen, alle anderen Folgerungen dieses Autors hinsichtlich der beiden Scapulo-hume- rales muf ich dagegen, wie ausfiihrlich dargethan, ablehnen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 515 17. Teres major. Teres major, Grand rond: Férsrincer, SABATIER. Wie 1875 (p. 800) beschrieben. An der ihm und dem M. latissimus dorsi gemeinsamen Insertionssehne, welche durch einen namentlich bei dem gréferen Exemplare von Alligator wohl- ausgebildeten Sehnenbogen (des Anconaeus) verlief, wird der ober- flichliche (laterale) und rein sehnige Teil von dem Latissimus dorsi, der tiefe (mediale) und vorwiegend muskulése Teil vom Teres major gebildet. In der Deutung des Muskels besteht zwischen SABATIER und mir keine Kontroverse. 18. Subscapularis. Subscapaul ris: FiRBRINGEr. La 2. portion du chef scapulaire postérieur del’ob- turateur interne thoracique: SABATIER. Von der Innenflache der knéchernen Scapula (exkl. den vor- deren Teil derselben) zu dem Proc. medialis humeris, wo er medial und proximal gleich neben dem M. scapulo-humeralis posterior inseriert (verg]l. 1875, p. 801). Dieser Muskel liegt ihm, wie schon erwihnt, dicht an, soweit nicht der dorsale Ursprungszipfel des M. anconaeus coraco-scapularis sich zwischen beide einschiebt. Durch das vordere insertive Ende des M. serratus superficialis wird ein kleinerer oberflichlicherer Teil (Subscapularis externus), welcher zu dem M. scapulo-humeralis posterior die intimeren Be- ziehungen aufweist, von der tibrigen Hauptmasse (Subscapularis internus) partiell abgesondert. SABATIER (p. 209), der in dem Muskel den Hauptteil seines Chef scapulaire postérieur des M. obturateur interne thoracique wiederfindet, vertritt damit im wesentlichen dieselbe Homologie wie ich. 19. Anconaeus (Triceps brachii) '). a) Caput scapulare laterale externum: Caput scapulare laterale externum m. anconaeis. M. anconaeus scapularis lateralis externus: Fir- BRINGER. 1) Sapatier geht auf das Verhalten der humeralen Kipfe des Triceps der Crocodilier nicht naher ein; er spricht mehr im allge- meinen nur von einem Vaste externe et interne. 516 Max Firbringer, Chef scapulaire ou portion scapulaire externe du long triceps brachial: Saparizr. b) Caput coraco-scapulare : Caput coraco-scapulare m. anconaei s. M. anconaeus coraco-scapularis: Firprinerr. Portion scapulaire interne du long triceps bra- chial: Saparirr. c) Caput humerale laterale : Caput humerale laterale m. anconaei s. M. anco- naeus humeralis lateralis: FURBRINGER. d) Caput humerale posticum: Caput humerale posticum m. anconaei s. M. anco- naeus humeralis posticus: Firprrerr. e) Caput humerale mediale: Caput humerale mediale m. anconaeis. M.anconaeus humeralis medialis: FUrBRinGeEr. Meiner 1875 gegebenen Beschreibung (p. 803--805) habe ich kaum etwas Wesentliches hinzuzufiigen. Beziiglich des Caput scapulare laterale externum verweise ich auf diese Darstellung. Die Gréfe und das Verhalten der beiden Ursprungszipfel des Caput coraco-scapulare wechselt: bei dem kleineren Exem- plare ist der scapulare (der hier direkt vor der Insertion des M. serratus superficialis beginnt) viel schmaéler und nur wenig stiirker als der breite coracoidale; bei dem gréf%eren Tiere ist der erstere (der hier gerade von dem vorderen Teile der Inser- tionssehne des M. serratus superficialis bedeckt wird) auch viel schmiler, aber betrachtlich starker als der diinne und _ breite coracoidale Ursprungszipfel. Von den drei humeralen Képfen ist das Caput hume- rale der schwachste und lingste Kopf und beginnt zwischen den Insertionen des lateral davon liegenden M. dorsalis scapulae und des medial von ihm befindlichen M. latissimus dorsi + teres major; das Caput humerale posticum reprdasentiert den kraftigsten, aber an Linge ein wenig hinter dem lateralen Kopfe zuriicktretenden Teil und beginnt zwischen den Insertionen des M. latissimus dorsi + teres major und des M. scapulo-humeralis posterior, wobei ihn nur ein schmaler Spalt vom lateralen, ein erheblich breiter Zwischenraum vom medialen Kopfe trennt; das Caput humerale mediale ist noch kiirzer und schwacher Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 517 als der hintere Kopf, aber etwas stirker als der laterale, und beginnt medial von der Insertion des M. scapulo-humeralis po- sterior, der ihn, tief und breit eingreifend, von dem hinteren Kopfe scheidet, sowie gleich distal von der Insertion des M. subscapularis. Hinsichtlich der Vergleichung der einzelnen Teile verweise ich auf meine fritheren Ausfiihrungen (1875, p. 805, 806) und die jetzt bei dem M. scapulo-humeralis posterior gegebenen Be- sprechungen (p. 514); auf das Verhalten der dorsalen Ursprungs- zipfel zu den Mm. scapulo-humeralis posterior und subscapularis moéchte ich einigen Nachdruck legen. Die einerseits durch die vereinigten Mm. latissimus dorsi +- teres major, andererseits durch den M. scapulo-humeralis posterior bewirkte Dreiteilung der hu- meralen Muskelmasse reprisentiert eine héhere Differenz als bei den Lacertiliern und Rhynchocephaliern, findet sich aber vereinzelt bei den Végeln (gewissen Gallidae) wieder. SABATIER dufert sich nicht iiber die Differenzen im Verhalten des Muskels bei den Lacertiliern und Crocodiliern. 20. Humero-radialis. Humero-radialis: FUrBrinGer. Portion (Vaste) externe du brachial antérieur: SABATIER. © Die Untersuchung der beiden Exemplare von Alligator be- stitigte, daB der ventrale oberfliichliche Teil des Muskels (ca. 1/,—?/,) so innig mit dem M. deltoides scapularis inferior zusammenhangt, daf er als dessen Fortsetzung betrachtet werden kann, wahrend die dorsale und tiefere Hauptmasse von dem Hu- merus distal von der Insertion des M. deltoides scapularis inferior vom Humerus beginnt. Der Muskel endet, wie 1875 angegeben, mit runder Sehne am Radius; bei dem kleineren Exemplare schien auberdem eine schwache sehnige Aberration an die Fascie der Streckseite des Vorderarmes zu existieren, ahnlich wie dieselbe von BUTTMANN angegeben wird. Ich habe den von einem Zweige des N. axillaris innervierten Muskel 1875 von dem M. brachialis inferior abgetrennt, mit welchem er namentlich von HAUGHTON vereinigt worden war, und auf seine viel niheren Beziehungen zu dem M. deltoides hin- gewiesen. SABATIER greift wieder, ohne sich auf eine Diskussion gegen meine Deutung einzulassen, auf die altere Hauauron’sche Auffassung zuriick und bezeichnet danach den Muskel als Portion 518 Max Fiirbringer, (Vaste) externe des M. brachial antérieur. Ich kann nur nach wie vor diese Verbindung so heterogener Muskeln als eine unnatiir- liche bezeichnen; der M. humero-radialis gehért zu der Gruppe der Extensoren (Mm. brachiales superiores), der M. brachialis inferior zu derjenigen der Flexoren (Mm. brachiales inferiores) '). Die Bestimmung der specielleren Homologien des M. humero- radialis unterliegt allerdings erheblichen Schwierigkeiten; daf er wenigstens zum Teil zum Deltoides-System gehért, médchte ich auch heute noch festhalten?), doch sind auch gewisse homologe Beziehungen zu dem M. brachio-radialis (supinator longus) sicher nicht von der Hand zu weisen. In dieser Hinsicht treffe ich mich mit Aurx, der bereits 1874 den M. humero-radialis der Crocodilier von dem M. brachialis inferior abtrennte*) und M. supinateur externe supérieur benannte. Auf diese Frage wird bei Besprechung der Schultermuskeln der Séiugetiere noch einzugehen sein. Anhangsweise sei hier noch ein kleiner M. coraco-scapu- laris erwahnt, den ich bei dem kleineren, 50 cm langen Exemplar von Alligator fand. Derselbe entspringt muskulés neben dem 1) Ich will nicht unterlassen zu erwahnen, daf die mensch- liche Anatomie den M. brachialis anticus (M. brachialis inferior) ausschlieBlich oder in der Hauptsache durch ventrale Nerven (N. musculo-cutaneus), mitunter und accessorisch auch durch einige Fiiden des N. radialis versorgen laft. Darin kénnten die Anhanger der Haveuton’schen Auffassung, falls sie tiberhaupt die Inner- vationsfrage in den Bereich ihrer Erwigungen ziehen sollten, eine Stiitze fiir ihre Ansicht erblicken. Dem ist indessen nicht so; die hier zur Beurteilung gestellten Gebilde der Sauropsiden und der Mammalia miissen auseinandergehalten werden. Des naheren ver- weise ich auf die spatere Besprechung bei den Siugetieren. 2) Hierbei ist auch an den M. deltoides propatagialis brevis der Vogel zu denken, der mit dem M. humero-radialis der Crocodilier, ohne ihm direkt homolog zu sein, doch einige Beziehungen teilt, an der Fascie der Streckseite des Vorderarmes endet und unter Um- stiinden auch am Radius (Upupa) inserieren kann. Ferner sei auf einen von Brpparp bei Rhinochetus (und einem nicht benannten anderen Vogel) gefundenen Muskel hingewiesen, der méglicherweise die Beschreibung giebt nichts Sicheres iiber Innervation und Insertion an — hierher gehért (siehe Cap. V. Vogel sub M. biceps und M. deltoides). 3) Auf Grund des Mangels seiner Insertion an der Ulna. Der Innervation wird keine Erwaihnung gethan. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 519 Acetabulum (Gelenkhohle fiir den Humerus) von dem disto-late- ralen Rande und, mit wenigen Fasern, von dem daran angrenzen- den Innensaum des Coracoides (im Bereiche von dessen lateralem Viertel, neben dem ventralen Ursprungszipfel des M. anconaeus coraco-scapularis) und geht nach kurzem Verlaufe an den hinteren Rand der Scapula, wo er direkt vor (proximal von) dem dorsalen Ursprungszipfel des M. anconaeus coraco-scapularis mit schlanker Sehne inseriert. Der gesamte Muskel, dessen Innervation nicht eruiert werden konnte, liegt somit im Bereiche der Urspriinge des coraco-scapularen Anconaeus-Kopfes. Nachtrag. Nach Abschluf von § 13—15 fand ich noch Gelegenheit, zwei zum Teil hierher Bezug habende Veréffentlichungen einzusehen: Verstuys, J., Die mittlere und aufere Ohrsphire der Lacertilia und Rhynchocephaha, Jena 1898. Osporn, H. F., A Complete Mosasaur Skeleton, Osseous and Cartila- ginous. Mem. Amer. Mus, Nat. Hist., No. I, 4, October 25, 1899 (New York). Ad p. 271—273. Bei dem von Osporn beschriebenen, auch in seinen Knorpelteilen sehr wohlerhaltenen Skelette von Tylo- saurus dyspelor Core entspricht der primare Schultergirtel im wesentlichen demjenigen anderer Mosasauridae. Die knécherne Scapula ist breit, aber ein wenig schmaler, als von mir nach MarsH und Wixuistron bei Clidastes abgebildet (p. 271), das knor- pelige Suprascapulare zeigt eine erheblichere Breite als die Sca- pula, ist aber nicht vollkommen erhalten. Das knécherne Coracoid nimmt eine Mittelstellung zwischen Clidastes dispar und westii ein (cf. p. 271), indem der bei ersterer Art gut ausgebildete mediale Eiuschnitt nur schwach angedeutet ist, das knorpelige Coracoid (Epicoracoid) ist sehr breit entwickelt und mag wohl in ausge- dehntem Mafe iiber das der Gegenseite tibergegriffen haben‘). 1) Auf der Abbildung Osporn’s Fig. 9 (p. 180) beriithren sich die medialen Rander der beiden Knorpelcoracoide in der Mittel- linie, greifen aber nicht iibereinander iiber. Damit kommen die Bd, XXXIV, N. F. XXVIL 34 520 Max Firbringer, Von einem sekundaren Schultergiirtel, Clavicula, wird nichts erwahnt. Das primaire Brustbein, Sternun, ist zu einem grofen Teile erhalten, und zwar in ahnlicher Form, wie dies Marsu abbildet (cf. meine Kopie Fig. 46 auf p. 271); doch lauft es hinten spitz aus und wird mit 10 Sternocostalleisten ver- bunden angegeben (wahrend bisher nur 5 bei den Mosasauriern bekannt waren). Einsekundares Brustbein, Episternum, wurde gleichfalls an dem Osporn vorliegenden Exemplar vermift. Der Humerus ist schlanker als bei Clidastes (cf. p. 273); seine Lange betragt etwa ®/, seiner gré8ten Breite, sein Proc. lateralis ist kurz, aber gut entwickelt. — Hinsichtlich der systema- tischen Stellung der Mosasaurier entscheidet sich OsBorn gegen eine nahe Verwandtschaft mit den Varanidae (mit denen am Schadel einige wenige Aehnlichkeiten sich finden) und halt sie fiir einen sehr alten, primitive und generelle Merkmale wahrenden Zweig der Lacertilier (eine distinkte Subdivision der O. Lacertilia), der sich in hohem Grade dem Wasserleben ange- pabt habe. Ad p. 398. VeErstuys beschreibt bei den Geckonidae (p. 11) und bei Uroplates (p. 28) neben dem gewoéhnlichen Kopfursprunge des M. sterno-episterno-cleido-mastoideus auch einen solchen von der dorsalen Endplatte des Hyoidbogens, welche der hinteren Um- erenzung des Trommelfelles angelagert ist. Ich kann diese Angaben bestatigen. Auch sonst enthalt seine Abhandlung (auf p. 127 und 128) speciellere Angaben tiber den Kopfteil des genannten Muskels. § 16. Zusammenfassung. Genealogische Schlisse. In diesem Teile soll eine zusammenfassende Uebersicht der in den vorhergehenden Abschnitten behandelten Skelettteile, Nerven und Muskeln der Reptilien gegeben und dabei zugleich der Schwer- knéchernen Coracoide in eine bei Lacertiliern ungewohnliche gegen- seitige Entfernung voneinander, jedenfalls auch weiter, als ich in Korrektur von Marsn’s Abbildung auf Fig. 46 (p. 271) angegeben hatte. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 521 punkt auf die Systematik und Genealogie derselben gelegt werden. Die betreffenden Skeletteile sind mit Auswahl bereits wiederholt fiir systematische Zwecke verwertet worden, entsprechend den ver- schiedenen Auffassungen der Untersucher mit verschiedenen Re- sultaten. Den entsprechenden Nerven und Muskeln wurde bisher nicht die gleiche Beriicksichtigung zu teil; aber auch sie liefern ein fiir genealogische Zwecke sehr brauchbares Material, von dem man um so fleifiger Nutzen ziehen sollte, als leider das, was von der grofen Reptilienabteilung noch lebend tibrig geblieben ist, nur einen relativ kleinen Bruchteil der einstmals in so grofer Reich- haltigkeit vertretenen Abteilung reprasentiert. Morphologische und genealogische Momente durchdringen sich auf das innigste und verleihen sich gegenseitig Kraft und Er- ganzung. Je mehr die Systematik von der Peripherie ins Centrum dringt und hier, entsprechend den mannigfaltigen Korrelationen der inneren Organe, ihr reiches und dankbares Arbeitsfeld findet, desto gréfer ist der Gewinn fiir die Morphologie; und anderer- seits wird nur die mit strengen morphologischen und_ physio- logischen Grundsitzen arbeitende Systematik sich zu einer wirk- lichen wissenschaftlichen Genealogie vertiefen. Selbstverstandlich liefern diese Untersuchungen nur einen verschwindend kleinen Beitrag zu der groben Aufgabe. A. Brustschulterapparat und Humerus. Nach GEGENBAUR’s scharfer Formulierung und ausgiebiger Begriindung besteht der Brustschulterapparat der Wirbeltiere bei guter vollstindiger Ausbildung aus einem primaren und sekundaren Anteile. Der primaire Brustschulterapparat ist knorpelig angelegt und wird reprasentiert durch die heterogenen Bestandteile des primaren Schultergiirtels, der von dem Visceral- skelet ableitbar ist'), und des primaren Brustbeines, das zu den Rumpfrippen in nachster genetischer Beziehung steht; seine Verknécherung erfolgt auch bei oberflichlicherem Beginne enchondral unter Verdrangung des Knorpelgewebes und_ fiihrt zu der Ausbildung von Scapula und Coracoid. Der sekundare 1) Von verschiedenen Seiten wird das bekanntlich bestritten. 34* 522 Max Firbringer, Brustschulterapparat ist ganz direkt dermaler Abkunft*) und bildet sich aus dem Hautskelette zunichst in Gestalt von zahlreichen Hautplatten (Hautzahnen), die successive mit den da- runter liegenden primaren Bestandteilen als Deckknochen der- selben in einen zunichst minder intimen Zusammenhang treten; was sich auf den primaren Schultergiirtel auflagert, reprasentiert den sekundaren Schultergiirtel, die verschiedenen Clavi- cularia, was sich mit dem priméren Brustbein verbindet, das sekun - dire Brustbein, Episternum (Interclavicula); dazu kommt noch ein hauptsachlich hinter dem Brustschulterapparat, also im abdominalen Bereiche gelegener Komplex dermogener Knochen- platten oder Knochenstabe, die meistens mit den ventralen Teilen der Rippen sich verbinden, das Parasternum (Plastron, Gastralia). Der Humerus bildet den proximalen Teil der freien Extremitat und artikuliert mit dem primaren Schultergiirtel (Scapula und Coracoid); seiner Genese und Ossifikation nach steht er zu diesem in innigem Konnexe ”). In dieser Zusammensetzung aus primiren (chondralen, chondro- stotischen) und sekundaren (dermalen) Bestandteilen zeigt sich somit im wesentlichen das gleiche Verhalten wie an anderen Stellen des Wirbeltierkérpers, namentlich wie am Kopfe. Auch die Schicksale der beiderlei Komponenten bieten hier wie dort manche Parallelen, die natiirlich entsprechend der sehr ver- schiedenen Funktionierung sehr wechselnd und different modifiziert sein kénnen. Bei den Reptilien besteht der Brustschulterapparat in seiner vollkommensten Ausbildung aus dem primaren Schulter- giirtel, der mit zwei (Scapula und Coracoid) oder drei (Scapula, Coracoid und Procoracoid) Knochenkernen ossifiziert und unter Beteiligung der beiden oder auch zum Teil der 3 Knochen die Gelenkhohle fiir den Humerus bildet, aus dem sekundaren Schulter- giirtel, der in der Regel nur noch ein Claviculare, die Clavicula, 1) Schlieflich ist auch der primare Knochen auf die Ossi- fikationen der Haut zuriickzufiihren; er hat sich aber schon friih- zeitig in der direkten Nachbarschaft resp. innerhalb des Knorpel- skelettes lokalisiert, wihrend der sekundire seine Heimatsstitte besser erhalten hat. 2) Beziiglich aller dieser Verhaltnisse verweise ich den minder Orientierten auf die uniibertreffliche Darstellung in GeGENBaAuR’s Ver- gleichender Anatomie der Wirbeltiere, I, Leipzig 1898 p. 294 f. und p. 467 f. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 523 gewahrt hat, aus dem primiren Brustbein oder Sternum, welches mit dem Coracoid artikuliert und zugleich mit einer Anzahl von Rippen (Sternocostalien) in Verband steht, und dem sekundiren Brustbein oder Episternum, das mit seinem hinteren Teile mit dem Sternum, mit seinem vorderen mit den beiden Clavikeln ver- bunden ist. Ihm reiht sich hinten das aus zahlreichen metamer resp. hypermetamer') angeordneten Staben (Platten, Stabreihen) zusammengesetzte Parasternum an. Alle diese Teile sind in ihrer Gestalt und Existenz einem eroBen Wechsel unterworfen. Mit der zunehmenden Hohe der Differenzierung verbindet sich aber keine Vermehrung der Bestand- teile, sondern in der Regel eine Verminderung bei hoéherer Ausbildung und Specialisierung der tiberbleibenden. Bei den Reptilien mit gut entwickelten Extremititen bilden der die vorderen Gliedmafen tragende primare Schultergiirtel und das mit dem- selben verbundene primire Sternum die bestandigeren Elemente, wihrend die sekundaren (Clavicula, Episternum, Parasternum) weit mehr zur Riickbildung neigen und schlieflich in vélligen Schwund treten kénnen. Bei allgemeiner Reduktion der Extremitiaten, wie sie bei schlangenahnlichen Lacertiliern und in ihrem extremen Ausgange bei Ophidiern beobachtet werden, verfallt mit oder nach der freien Gliedmafe auch der Brustschulterapparat der successiven Verkiimmerung, wobei auch meist die sekundaren Elemente friiher vergehen als die primaren und von letzteren der primare Schulter- giirtel noch Rudimente aufweist, nachdem das Sternum bereits vollig geschwunden ist (p. 232f.). Bei einzelnen Lacertiliern und bei den Ophidiern verschwindet der ganze Apparat vollkommen, doch deutet, sicher bei ersteren, eine besondere Inscriptio tendinea, mit der sich aufer echten Rumpfmuskeln auch die letzten Rudi- mente der Mm. thoracici superiores und inferiores verbinden, noch die Stelle an, wo der Schultergiirtel sich einstmals befand. 1. Primarer Schultergiirtel. a) Allgemeine Zusammensetzung und gegenseitiger Verband der Hauptabschnitte. Die Ontogenese der lebenden Reptilien lehrt, daf derselbe, im groBen und ganzen ahnlich dem primitiven Schultergiirtel der 1) Metamer: den zugehérigen Rumpfmetameren an Zahl ent- sprechend; hypermetamer: in gréferer Anzahl auf je 1 zugehériges Rumpfmetamer kommend. 524 Max Firbringer, Selachier'), als einheitliche, im Winkel gebogene und in einen dorsalen (scapularen) und ventralen (coracoidalem) Schenkel aus- laufende Knorpelplatte beginnt, die im hinteren Bereiche der winkeligen Vereinigungsstelle die Gelenkflache fiir den Humerus triigt und mit dem hinteren medialen Teile der ventralen Platte sich mit dem Sternum verbindet. Bei der Mehrzahl der Reptilien ossifiziert dieselbe mit zwei Knochenkernen, Scapula und Coracoid, die beide in der Nahe der Gelenkhéhle beginnen und von da aus dorsalwirts -— die Scapula — und medialwarts resp. mediorostralwirts — das Cora- coid -— sich vergréfern; einige Ordnungen (Chelonier, wahrschein- lich Plesiosaurier, Theromorphen) zeigen drei Knochenkerne, in- dem zu den beiden genannten noch ein dritter fiir den vorderen Teil des Coracoides, das Procoracoid, hinzukommt, das unter Umstanden (bei Theromorphen) an der Bildung der Gelenkhoéhle fiir den Humerus participieren kann. Darin spricht sich bei den genannten Reptilienordnungen eine héhere physiologische Dignitiit des Procoracoides im Vergleich zu der Mehrzahl der Reptilien aus. Ueberhaupt beherrscht das physiologische Moment den Gang der Verknécherung und namentlich auch die Art der Verbindung der drei Knochenkerne: die urspriingliche Synchondrose kann zur festen, aber den Komponenten des Schultergiirtels eine gewisse Selbstandigkeit und gegenseitige Beweglichkeit gewaihrenden Symphyse sich umbilden, sie kann auch zu der keine Bewegung mehr gestattenden Sutur werden, sie kann endlich zur vollkomme- nen synostotischen Verwachsung (Anchylosierung) fiihren. Diese verschiedenen Arten der Verbindung finden sich im gréSten Wechsel bei den niedrigsten und héchsten Ordnungen der Reptilien ?), selbst innerhalb der engsten Abteilungen (z. B. bei Lacertiliern, Patagio- sauriern, Végeln). Auch k6nnen bei dreifach verknécherndem Schultergiirtel die drei Bestandteile in gleichwertige Verbindung treten (Theromorphen), oder die Verbindung von Procoracoid und Scapula wird eine innigere als die mit dem Coracoid (Chelonier, Plesiosaurier). Ueberall ist die funktionelle Zweckmaigkeit im Kampfe ums Dasein das ziichtende Prinzip. Weitergehende morpho- logische und systematische Folgerungen sind aus diesen gegen- 1) Von den Abghederungen an den Enden, wie z. B. dem Suprascapulare vieler Haifische, abgesehen. 2) Das Gleiche gilt auch fiir Amphibien und Végel. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 525 seitigen Verbindungen von Scapula, Coracoid und Procoracoid nur mit Vorsicht zu ziehen. b) Relative Ausdehnung der knéchernen und knorpeligen Bestandteile. Ein wichtigeres graduelles Moment bildet die relative Aus- dehnung der knéchernen und knorpeligen Bestandteile des pri- miren Schultergiirtels in der Richtung nach dessen freien Enden oder Randern: in der auf Kosten der letzteren fortschreitenden Ausdehnung der ersteren spricht sich die zunehmende héhere Aus- bildung des Schultergiirtels als Gradmesser der hoéheren Ent- wickelung der verschiedenen Abteilungen aus. Die Lacertilier mit sehr ausgedehnten Knorpelmassen (Suprascapulare, Procoracoid, Epicoracoid) geben sich auf den ersten Blick als primitive Formen zu erkennen, und unter ihnen stehen wieder die Kionokrania (p. 236f.)+) tiefer als die Chamaeleontia, bei denen das Verhaltnis mehr zu Gunsten des knéchernen An- teiles liegt. Mit der Reduktion des Schultergiirtels kommt es zu abortiven Retardationen des Ossifikationsprozesses, wodurch schein- bar wieder primitivere Verhialtnisse eintreten (schlangenahnliche Kionokranier, namentlich aus den Familien der Scincidae und Anguidae). Hierher gehéren aueh die Amphisbaenia, die aber innerhalb ihres Bereiches sehr differente Verhaltnisse darbieten: bei Chirotes?) (p. 260, 266) erinnert der primaire Schultergiirtel etwas an den von Chamaeleo; bei den mediterranen Gattungen Trogon- ophis (p. 261) und Blanus (p. 262 f.) bildet der Knorpelbestandteil einen hervorragenden Faktor (bei Blanus strauchi etwa ‘/, des ganzen Schultergiirtels betragend); bei den untersuchten neotro- 1) Unter den kionokranen Lacertiliern stehen nach dieser Ver- teilung die Geckonidae am tiefsten, die Mehrzahl der Agamidae und Iguanidae, sowie Uroplates am héchsten, worin sich die systema- tischen Beziehungen — auf Uroplates, der hierin den Chamaeleon- tiden nahe kommt, sei speciell hingewiesen — auch gut wider- spiegeln. Doch liefern die aberranten Formen, z. B. Phrynosoma, auch Ausnahmen. 2) Zugleich weicht er mit seinem fast rein knéchernen Cora- coid ziemlich erheblich von dem in eigentiimlicher Weise aus alternierenden Knochen- und Knorpelpartien bestehenden Coracoid von Ophiognomon vermiforme (Tejidae) ab (Corr, Journ. of Morph., 1892, p; 231, Pl. XVE Bigs 10). 526 Max Kirbrin per, pischen Arten von Amphisbaena (p. 263 f.) tritt er dagegen ganz zurtick, indem hier das coracoscapulare Rudiment ganz aus Knochen besteht (s. auch Taf. XIII). Bei den meisten fossilen Dolichosauria und Mosasauria (p. 270, 271 f.) aus der Kreide lat sich auf Grund direkter Beobachtungen nichts tiber diese Verhaltnisse aussagen; doch macht es die Konfiguration der erhaltenen Knochenteile wahr- scheinlich, daf sie in der Ausdehnung der knorpeligen Anteile nicht wesentlich von den Lacertiliern, vermutlich gewissen héheren Formen derselben (Varanidae) abwichen. Vereinzelt sind gré8ere Knorpelausbreitungen direkt beobachtet worden (cf. p. 519). Bei den Telerpetidae aus dem Keuper sind die knéchernen Teile nicht gut genug erhalten, um Schliisse tiber die knorpeligen zu gestatten. Selbst- verstindlich mufi angenommen werden, dafi} das Reich der Lacer- tilier in friiheren Perioden ein sehr grofes war; morphologische Er- wigungen und vereinzelte Reste (Hylonomus, Petrobates, Kadalio- saurus, die vielleicht mit dem gleichen Rechte als primitive Rhyncho- cephaiier anzusprechen sind) weisen ihm ein Alter bis in die Karbon- zeit zu. Von diesen uralten Vorfahren kénnen wir nur postulieren, daf’ hier die Knochenelemente noch mehr gegen die Knorpelteile zuriicktraten. Von den Rhynchocephaliern (p. 277 f.) stellt sich Sphe- nodon in der graduellen Verteilung seiner Knochen- und Knorpelsub- stanz mit den tiefer stehenden (aber nicht den am tiefsten stehen- den) etwa auf die gleiche Stufe. Von den fossilen Vertretern der- selben lat Palaeohattteria aus dem unteren Rotliegenden nach der Beschaffenheit seines kleinen und rundlichen coracoidalen Knochenkerns auf ein erhebliches Vorwiegen des Knorpels im Coracoid schliefen, wahrend auch der langere und hoher ent- wickelte scapulare Knochenkern ein sehr ansehnliches knorpeliges Suprascapulare und eine breite Knorpelgrenze zwischen Scapula und Coracoid nicht ausschlieSt. Palaeohatteria bietet in dieser Hinsicht die primitivsten Verhaltnisse unter allen bisher bekannten Reptilien dar. Bei den anderen ausgestorbenen Rhynchocephaliern von dem oberpermischen Proterosaurus bis herauf zu den kreta- ceischen und untertertiaren Champsosauridae nimmt die Knochen- ausbreitung zu und erreicht nicht nur die von Sphenodon bekannten Verhaltnisse, sondern scheint sie sogar zum Teil zu tbertreften. In toto darf man aber die Rhynchocephalia etwa auf die gleiche tiefe Stufe wie die Lacertilia stellen. Etwas hoéher diirften die Ichthyopterygier (p. 309) stehen. An die gut ausgebildeten Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 527 Knochenteile von Scapula und namentlich Coracoid!) haben sich augenscheinlich ein ansehnliches knorpeliges Suprascapulare und Procoracoid angeschlossen, vielleicht auch ein mafig ausgedehntes knorpeliges Epicoracoid, doch ist tiber diesen Punkt zur Zeit nichts einer gréferen Wahrscheinlichkeit Nahekommendes auszusagen. Die Chelonier (p. 312 f.) stellen sich mit der weitgehenden Ossifikation ihres eigen gestalteten Schultergiirtels ein gutes Stiick héher als die bisher behandelten Reptilien, doch zeigen die Enden von Scapula, Procoracoid und namentlich Coracoid noch in verschiedenem Grade mabig ausgedehnte Knorpelteile 2). Aehnlich verhielten sich wohl auch die Sauropterygier (p. 323 f., 328 f.), deren altere und primitivere Formen (Nothosaurier) aber vermutlich (nach SEELEY’s und meiner Deutung und Rekonstruk- tion) ein noch ausgedehntes knorpeliges Procoracoid aufwiesen, wih- rend dasselbe bei den spateren und héheren (Plesiosauriern) in zu- nehmendem Mafe in medialwairts gehender Richtung in Ver- knécherung trat und bei den héchsten Formen (Elasmosauridae) vollstandig (einschlieSlich des epicoracoidalen Anteiles) ossifizierte . und fiir keine oder nur ganz gerinegfiigige Knorpelreste Platz lief. Gleichfalls tiberwiegen, wie es scheint, die Knochenteile an dem noch nicht vollkommen bekannten Schultergiirtel der Mesosaurier (p. 337), und dasselbe gilt fiir die ebenso alten oder wenig jiingeren Theromorphen (p. 340f.). Namentlich bei den letzteren erreicht der Schultergiirtel in dieser Hinsicht eine einseitige Héhe der Entwickelung, die bei dem grofen Alter dieser Tiere wunder nimmt. Auch die Crocodilier (p. 298 f., 502 f.), deren Scapula einen schmalen Knorpelsaum (Suprascapulare) aufweist, wahrend am Cora- coid die Knorpelteile noch viel mehr zuriicktreten, bekunden in der Ausbreitung ihrer Verknécherung von ihren Altesten bekannten Vertretern ab einen hchen Entwickelungsgrad. Nicht tiefer, zum Teil selbst héher stehen die Dinosaurier (p. 349 f.). Noch hoher, alle anderen Reptilien tiberragend, ist die von den Patagio- sauriern (p. 357f.) erreichte Stufe; hier scheint der Schulter- 1) In der relativ hohen Ausdehnung des Knochenteiles des Coracoides gegeniiber dem der Scapula zeigt sich eine erhebliche graduelle Differenz von Palaeohatteria, wo gerade der coracoidale Knochenkern gegeniiber dem scapularen sehr zuriicktrat. 2) Vermutlich unterlag auch das knorpelige Epicoracoid einer sekundaren Riickbildung und teilweisen Umbildung in ein Liga- mentum. 528 Max Firbringer, giirtel, abgesehen von der bei gewissen Vertretern existierenden freieren Verbindung von Scapula und Coracoid, ganzlich verknéchert zu sein, womit eine Entwickelungshohe erreicht wurde, welche die Patagiosaurier in diesem Stiicke den Végeln graduell gleichstellt. c) Speciellere Gestaltung und Grofe. Noch bedeutsamer als diese relative Ausdehnung der knorpe- ligen und knéchernen Gebiete des Schultergiirtels erweist sich in systematischer Beziehung die speciellere Gestaltung und Gré8e desselben; in dieser spricht sich nicht bloS ein quantitatives, sondern nach mehreren Richtungen hin ein hodheres qualitatives Ditferentialmoment aus. Bei der tiberwiegenden Mehrzahl der kionokranen Lacer- tilier (p. 233f. u. 236 f.) stellen der scapulare und coracoidale Anteil des Schultergtirtels breite und ansehnliche Platten dar, von denen die Scapula (inkl. das knorpelige Suprascapulare) die gréBte transversale!), das Coracoid (inkl. Procoracoid und Epicoracoid) die ansehnlichere sagittale') Dimension aufweist; doch kann sich auch der dorsale Bereich der im Knochenteile nicht sehr breiten Scapula zu ansehnlicher Ausdehnung des Knorpelteiles in die Breite entfalten. Der Wechsel dieser verschiedenen Dimen- sionen ist bei den verschiedenen Familien der Kionokranier sehr erheblich; zu den gréSten Schultergiirteln gehért der der Varanidae und Mosasauridae, zu den kleinsten der von Uro- plates, sowie Phrynosoma und anderen aberranten Iguanidae und Agamidae, waihrend die primitiveren Formen sich durch mittlere Gréfen kennzeichnen. Die erheblichere sagittale Verschmile- rung, welche das Coracoid und die Scapula von Uroplates kenn- zeichnet, ist in noch weiterem Grade bei den Chamaeleontia (p. 266 f.) ausgebildet, wo insbesondere die ausgiebig verknécherte Scapula eine grofe Schlankheit zeigt; gewisse specifische Besonderheiten weisen auf speciellere genealogische Beziehungen zwischen Uro- platidae und Chamaeleontidae hin. Bei guter transversaler Ent- faltung der Coracoide greifen diese bekanntlich bei den kiono- kranen Lacertiliern in der Mittellinie tibereinander tiber+); auch hier kann ein Zuriickweichen der medialen Rander infolge von 1) Transversal und sagittal im Sinne der Ebenen des ganzen Korpers. s Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 529 transversaler Verschmiilerung der Coracoide stattfinden, wobei wieder die von Uroplates zu den Chamaeleontia fiihrende Richtung Beachtung verdient. Weitere Verschmilerung und Verkiirzung tritt ein bei der Reduktion des Brustschulterapparates bei den schlangenahnlichen Lacertiliern. In sehr einseitiger Weise ist die- selbe bei Trogonophis entwickelt (p. 261), wo das Scapulacoracoid einen relativ langen, aber sehr diinnen Stab bildet, der bei Blanus (p. 262 f.) sich weiter verkiirzt, wahrend eine in von den beiden genannten Amphisbaeniden ganz abweichender Weise vorge- schrittene Reduktion sich bei Amphisbaena (p. 263 f.) findet. Diese Riickbildungen fiihren bei gewissen Scincidae, bei den Anelytropidae, Dibamidae, Anniellidae und verschiedenen Amphisbaenidae zum volligen Schwunde des Schultergiirtels'!), — Ein auffallendes Charakteristikum des primaren Schultergtirtels der kionokranen Lacertilier ist seine Fensterbildung: friih auftretende Rare- fikationen des Knorpelgewebes fiihren schlieBlich zu Durchbriichen in der Knorpelsubstanz, die von dem zur bindegewebigen Membran verschmolzenen und umgebildeten auBeren und inneren Perichon- drium ausgefiillt werden. Am ausgebildeten Schultergiirtel fallen diese Fenster meist in die Grenze des Knochen- und Knorpel- teiles von Scapula und Coracoid, so dal sie hinten von Knochen, vorn von Knorpel umrahmt werden; finden sie sich weit vorn am Vorderrande des Schultergiirtels, so kann die vordere Knorpel- umrahmung fehlen resp. durch Bindegewebe ersetzt werden, und es kommt dann zu mit Membran verschlossenen Einschnitten (In- cisurae obturatae s. Semifenestrae). Die Fensterbildungen kénnen bis zu 4 steigen, von denen 2, ein vorderes (Fenestra coracoidea anterior, No. 1 GEGENBAUR’s) und ein hinteres (I. coracoidea posterior, No. 2 GEGENBAUR’S) im Coracoid, im Bereiche des M. supracoracoideus (No. 1) und der Urspriinge der Mm. biceps brachii und coraco-brachialis brevis (No. 2) sich befinden; ein weiteres liegt an der Grenze von Coracoid und Scapula (F. coraco-scapu- laris, No. 3 GrGENBAUR’s), dient hauptsichlich dem Ursprunge des M. scapulo-humeralis anterior (resp. dieses Muskels und des M. supracoracoideus) und tritt sehr hiufig als Incisura obturata (Semifenestra) coraco-scapularis auf; ein letztes, am seltensten vorkommendes Fenster beschrankt sich auf den Bereich der Scapula (I. scapularis, No. 4 Ge@ENBAUR’s), kann auch zur Incisura ob- 1) Bekanntlich ist auch bei den Ophidiern der Brustschulter- apparat ginzlich geschwunden. 530 Max Firbringer, turata umgebildet sein und entspricht dem scapularen Kopfe des M. scapulo-humeralis anterior. Nach GrcGENnBAur’s Nachweisen tritt No. 1, auch als Hauptfenster bezeichnet, als wichtigstes und bestindigstes ganz in den Vordergrund; die es umrahmenden Teile des Coracoides sind Coracoid s. str., Epicoracoid und Procoracoid. Auf dieses folgt an Bedeutung die Fenestra (Semifenestra) coraco- scapularis. Die beiden anderen Fenster sind speciellere und minder wichtige Bildungen. Zwischen dem Hauptfenster und der Gelenk- héhle fiir den Humerus findet sich das Foramen supracora- coideum als Durchtrittsstelle fiir die gleichnamigen Nerven und Gefifie; seltener (Uroplates, Phrynosoma u. a.) fallt dasselbe mit dem Hauptfenster zusammen. Die speciellere Gestaltung und Anordnung dieser Fenster ist fiir die einzelnen Familien der Kiono- kranier von diagnostischer Bedeutung, wobei aber nicht aufer acht zu lassen ist, daf sie (abgesehen von No. 1) als variable Gebilde innerhalb derselben Familie auch durch blof verdiinnte Stellen der Scapula und des Coracoides vertreten sein kénnen. Bei den am tiefsten stehenden kionokranen Lacertiliern (Gecko- nidae) treten sie bereits in voller Ausbildung auf; ein primordial imperforiertes Scapulo-coracoid hat kein lebender kionokraner Lacertilier mehr bewahrt. Doch kommt es haufig wieder zu sekun- daren Ausfiillungen dieses oder jenes Fensters durch Skeletgewebe und hierfiir bieten die meisten Familien charakteristische Belege dar; insbesondere sei auf Varanidae und Mosasauridae hingewiesen. Das Hauptfenster leistet dieser sekundaren Ausfillung am langsten Widerstand und ist nicht selten als alleiniges Fenster vorhanden (so auch bei den fossilen Telerpetidae); bei Phrynosoma, nament- lich aber Uroplates ist es sehr eingeengt, bei Heloderma endlich vollkommen verschlossen; die hier wieder eingetretene Fenster- losigkeit ist somit nicht als etwas primordiales, sondern wohl als etwas sekundires aufzufassen +). Die Einengung des Hauptfensters 1) Ueber die primare oder sekundire Natur der Fensterlosig- keit des primaren Schultergiirtels bei Lacertiliern und Rhyncho- cephaliern sind allerdings die Akten noch nicht geschlossen. Den ersten Ausgang gaben imperforierte Schultergiirtel, die danach Fensterbildungen zur Entwickelung brachten, die schlieflich wieder sich fillen konnten. Es ist aber die Méglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daf gewisse fensterlose Schultergtirtel noch jetzt lebender Formen direkt von imperforierten primordialen Formen abstammen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 531 bei Uroplates leitet tiber zu den Chamaeleontidae, bei denen es durch vélligen Verschluf desselben zu einem gleichfalls imperforierten Schultergiirtel kommt. Aehnlich verhalt sich Chirotes. Mit der durch die Riickbildung des Schultergiirtels bei den schlangen- ahnlichen Lacertiliern bedingten Verschmalerung desselben kommt es auch hinsichtlich der Fensterbildung zu Vereinfachungen, indem diese teils sich ausfiillen, teils durch Reduktion der vorderen Um- randung zu Incisuren sich umgestalten und schlieflich ganz ab- flachen; der hier fensterlose primére Schultergiirtel ist es meistens durch Reduktion seines ganzen fensterfiihrenden Bereiches ge- worden. — Das Acromion wird in seiner Ausbildung von der- jenigen der Clavicula beherrscht, doch nicht ausschlieBlich. Seine Lage variiert: bei langerer Clavicula liegt es mehr dorsal, bei kiirzerer mehr ventral, meist am vorderen Rande des ventralen Bereiches des knorpeligen Suprascapulare, seltener an dessen Aufenflaiche. Bei den héheren Formen fallt es mit der zunehmen- den Verknécherung der Scapula an die Grenze von Knorpel- und Knochenteil oder selbst in das Gebiet des letzteren. Bei Riick- bildung der Clavicula, wie sie bei den Chamaeleontia, Dei Chirotes und verschiedenen schlangenartigen kionokranen Lacer- tiliern sich findet, schwindet meistens auch das Acromion. — Ueber die Verbindung des Coracoides mit dem Sternum soll bei letzterem gesprochen werden (siehe unten sub Sternum p. 536 f.). — In allen diesen Verhaltnissen der Konfiguration des primaren Schultergtirtels kann sich keine andere Reptilienordnung an Bedeutung nur annahernd mit den Lacertiliern messen; sie bieten den Schlissel fiir alle weiteren Differenzierungen desselben inner- halb der Sauropsiden dar. Unter den Rhynchocephalia (p. 277 f.) schlieft sich der primare Schultergiirtel von Sphenodon dem der kionokranen Lacer- tilier ziemlich nahe an. Er reprasentiert ein relativ sehr ansehn- liches, den gréften Schultergiirteln der kionokranen Lacertilier nicht nachstehendes Gebilde, dessen coracoidaler Anteil wie bei diesen in der ventralen Mittellinie tiber den der Gegenseite greift, und ist, abgesehen von einer mabig entwickelten Semifenestra (Incisura obturata) coraco-scapularis und dem iiblichen Foramen supracoracoideum, imperforiert. Diese Fensterlosigkeit méchte ich aber auch nicht als eine primordiale ansprechen, sondern neige, namentlich unter Beriicksichtigung der Existenz des er- wahnten Halbfensters und anderer nicht ganz primitiver Ziige im 5352 Max Firbringer, Schultergiirtel von Sphenodon, dazu, sie als eine sekundire Er- scheinung zu bezeichnen. Das Acromion findet sich entsprechend der relativ ktirzeren Clavicula mitten im Bereiche des vorderen Randes der knéchernen Scapula; auch das ist kein primitiver Zug. Einfacher gebildet war vermutlich der Schultergiirtel von Palaeo- hatteria. Auffallend ist die breite Ausbildung und der vor- springende Kontur des vorderen Randes der knéchernen Scapula; ihre Gestalt und die des coracoidalen Knochenkernes lassen fragen, ob hier der primordial imperforierte Schultergiirtel wirklich vor- liegt. Eine naihere Antwort ist nicht zu geben und die Existenz einer Fenestra oder Incisura coraco-scapularis, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, doch nach der Konfiguration der in Frage kommenden Stelle der Scapula keineswegs ausgeschlossen. Die noch nicht ausreichend bekannten Schultergiirtel der iibrigen fossilen Rhynchocephalier und Acrosaurier bieten nichts dar, was Sphenodon gegentiber wesentlich neue Ziige offenbarte. Das Coracoid der- selben scheint imperforiert gewesen zu sein, wihrend eine Incisura resp. Fenestra coraco-scapularis existiert haben mag; bei den Champsosauridae diirfte dasselbe wohl zugleich die Durchgangs- stelle fiir die supracoracoidalen Gefafe und Nerven gebildet haben. Im Gegensatze zu den Lacertiliern tritt somit bei den Rhyncho- cephaliern das coraco-scapulare Fenster oder Halbfenster in den Vordergrund, wihrend das coracoidale Hauptfenster bei ihnen nicht zu rechter Entfaltung gelangte resp. sich bald wieder schlof. Dem priméaren Schultergirtel der Rhynchocephalier kommt in wesentlichen Ztigen der der Ichthyopterygier (p. 309 f.) nahe. Auch hier findet sich ein imperforiertes Coracoid und eine imper- forierte Scapula, aber eine wohl entwickelte, héchst wahrscheinlich vorn von einer ansehnlichen Knorpelspange (Procoracoid) abge- schlossene Fenestra coraco-scapularis, mit der zugleich das _ in Gestalt einer coracoidalen Incisur in sie einmiindende Foramen supracoracoideum zusammengeflossen ist. Ob die beiden Coracoide in der Mittellinie iibereinander griffen oder in gegenseitigen Kon- takt traten, ist noch nicht véllig aufgeklirt. Die Clavicula lag der knéchernen Scapula in grofer Ausdehnung auf. Die Chelonier (p. 312f.) kennzeichnet ein ganz anderer Typus als die Rhynchocephalier und Ichthyosaurier; derselbe wird aber ultima ratione aus den primordialen Verhiiltnissen bei den Lacertiliern verstandlich, die auch hierin im Vergleich mit den Rhynchocephaliern ihre centralere Stellung bekunden. Bei den Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 533 Cheloniern tritt das, den supracoracoidalen Nerven und Gefaen zugleich Durchgang gebende, coracoidale Hauptfenster ganz domi- nierend in den Vordergrund, wahrend alle anderen Fensterbildungen fehlen, und beherrscht damit die ganze Gestalt. des schlank und kraftig zugleich gebildeten primaren Schultergiirtels. Dieser er- halt damit ein erheblich anderes Ansehen als der Schultergiirtel der bisher besprochenen Reptilienordnungen, wozu noch die par- tielle Riickbildung des das Hauptfenster medial begrenzenden Epicoracoides unter Lésung der medialen Verbindung von Coracoid und Procoracoid und der durch die Funktion beherrschte (s. p. 524) besondere Verband der drei Elemente dieses Schultergiirtels (Sca- pula + Procoracoid; Coracoid) hinzukommt. Neu gewonnene Ver- bindungen mit dem Riickenschild (1. Dorsalwirbel) und Bauch- schild (Entoplastron) vollenden die eigenartige Specialisierung dieses Gebildes, das vermutlich schon in sehr friiher Zeit seine besondere Entwickelungsbahn eingeschlagen hat. Keine den lebenden La- certiliern — von den Rhynchocephaliern ist ganzlich abzusehen — nahestehende Form kann ihnen als Ausgangspunkt gedient haben; doch kann die kombinierende Beurteilung primordiale lacertilierartige Bildungen sich unschwer vorstellen, die hier den Anfang gaben. Dali gewisse Parallelitaten mit dem Schultergiirtel der Anuren nicht als Verwandtschaften zu nehmen sind, bedarf keiner Aus- fiihrung. Nicht allzu fern von den Cheloniern steht die Bildung des primiren Schultergiirtels der Sauropterygier (p. 323f., 327f.); bei allen Besonderheiten, die derselbe darbietet, ist sein Abstand von dem der Chelonier relativ geringer als derjenige von den anderen Reptilien. Auch hier dominiert das zwischen Coracoid und Pro- coracoid befindliche Hauptfenster; die Scapula ist in ihrem dor- salen Bereiche kiirzer, vermutlich riickgebildet, im ventralen breiter gestaltet; das rechte und linke Coracoid treten in ihrem ganzen medialen Bereiche in zunehmend sich verbreiternde Ver- bindung miteinander; die bei den Nothosauriern wohl noch ganz knorpeligen, bei den Plesiosauriern successive mehr und mehr ver- knéchernden Procoracoide stehen bei letzteren wie bei den Che- loniern mit der Scapula in synostotischem, mit dem Coracoid in symphytischem resp. suturalem Verbande, und schliefSlich — in héchster Ausbildung dieser gleichfalls sehr eigenartigen Ent- wickelungsrichtung — kommt (bei den Elasmosauridae) eine aufer- ordentlich ausgedehnte mediane Verbindung des zu sehr erheblicher sagittaler Dimension gestalteten ventralen Schultergiirtels (Pro- 534 Max Fiirbringer, coracoid, Epicoracoid und Coracoid) der rechten und linken Seite zustande. Der noch ungentigend bekannte Schultergiirtel der Meso- saurier (p. 337f.) enthielt in dem ausgedehnten ventralen Bereiche eine ziemlich kleine Oeffnung, die wahrscheinlich auch als cora- coidales Hauptfenster (wohl inkl. Foramen supracoracoideum) an- zusprechen ist. Insofern bestehen gewisse relativ niihere Bezie- hungen zu den Sauropterygiern. Andere Ziige weisen, weniger nah, auf die Theromorphen hin. In dem gegenseitigen, iibrigens noch nicht gesicherten Verhalten der beiden Coracoide von Meso- saurus scheinen primitive, an Lacertilier und Rhynchocephalier erinnernde Ziige sich zu offenbaren'). Eine Ableitung des Schulter- giirtels der Sauropterygier von dem der Mesosaurier — wie er bis jetzt bekannt ist — macht Schwierigkeiten, jedoch nicht un- iiberwindliche. Wie namentlich SEELEY und BOULENGER hervor- hoben, bieten andere Teile des Skelettes recht grofe Aehnlich- keiten dar, die naheren genealogischen Beziehungen zwischen Mesosauriern und Sauropterygiern das Wort reden. Einen anderen Entwickelungsgang haben die Theromorphen (p. 340 f.) eingeschlagen, doch befand sich sein Anfang in der Nahe derjenigen der Mesosaurier und damit der Sauropterygier; zugleich weisen gewisse Ziige, insbesondere die Ausbildung eines (manch- mal sekundir unterdriickten) coraco-scapularen Fensters sowie der lang ausgedehnte Verband der Scapula und Clavicula auch auf nachbarliche Wurzeln der Rhynchocephalier nnd Ichthyopterygier hin. In der Hauptsache kennzeichnet aber die innerhalb der Ord- nung immer anselnlicher werdende Ausbildung der langen und mehr und mehr dominierenden Scapula gegeniiber den successive mehr und mehr zuriicktretenden ventralen Elementen (Coracoid und Procoracoid) nicht nur die im Vergleich mit den Rhyncho- cephaliern und Ichthyopterygiern héhere Entwickelungsstufe der Theromorphen, sondern namentlich auch ein ginzlich differentes Quale in der Ausbildung gegeniiber den Sauropterygiern, bei denen gerade die ventralen Elemente des Schultergtirtels bedeutend vor- 1) Die von Corr (Stereosternum) und Srenrey (Mesosaurus) abgebildeten und beschriebenen Schultergiirtel zeigen namentlich im medialen Bereiche des Coracoides Abweichungen, die sich mit der nahen Stellung dieser beiden, vielleicht gar nicht generisch ver- schiedenen Gattungen kaum vereinigen lassen. Vermutlich liegen in dem Copr’schen Exemplare erhebliche Defekte vor. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 535 wiegen. In dieser Hinsicht kommt es zu Anklaingen an die Ver- haltnisse bei den Dinosauriern und bei den Saugetieren, welche letzteren auch durch die Existenz ihrer drei Verknécherungscentren im Schultergiirtel eine gewisse Aehnlichkeit mit den Theromorphen darbieten ; alle diese Aehnlichkeiten bedeuten aber, wie so manche andere geltend gemachten Uebereinstimmungen, nur parallele Ent- wickelungsgainge, Analogien, welche nihere Verwandtschaften nur vortiuschen. Ganz allgemeiner Art sind die Beziebungen der Theromorphen zu den Crocodiliern (p. 298f.), die hingegen etwas priignantere Uebereinstinmungen mit den Dinosauriern, auch einige, jedoch nicht zu tiberschatzende, Aehnlichkeiten mit den Patagiosauriern und Végeln darbieten. Bei den alteren Crocodiliern (Parasuchia) zeigt sich eine betrachtliche Entwickelung der Scapula in die Linge‘) und ein beginnendes Zuriicktreten des Coracoides, das aber mit einer (bei Phytosaurus) vorhandenen Incisur auf die Existenz einer Fenestra (Semifenestra?) coraco-scapularis, die vorwiegend von dem Coracoid begrenzt wurde, schliefen lat. Damit, mehr aber noch mit der in Korrelation zu der Riickbildung der Clavicula erfolgten Gewinnung neuer gréferer Ursprungsflichen steht die ansehnliche Entfaltung des ventralen Endes der Scapula im Zu- sammenhang. Bei den neueren Crocodiliern (Kusuchia) zeigt die Scapula keine wesentliche Verinderung, dagegen hat sich das Coracoid zugleich unter Riickbildung des rostro-medialen Teiles des parasuchen Coracoides schlanker gestaltet und ist eine Rich- tungsiinderung eingegangen, welche auch auf die Richtung der Scapula nicht ohne Einfluf blieb und zu einer auch in sagittaler Richtung winkeligen Vereinigung beider Elemente und zur Aus- bildung einer rostral vorragenden Eminentia scapulo-coracoidea fiihrte. Aehnliches ist zum Teil in noch héherem Grade bei den Patagiosauriern und carinaten Végeln ausgebildet. Ein echtes Acromion fehlt entsprechend der Riickbildung der Clavicula; die seine Stelle einnehmende Leiste kann nur als Crista deltoidea bezeichnet werden. Derselben Entwickelungsrichtung wie die Crocodilier gehért der Schultergiirtel der Dinosaurier (p. 349f.) an und bekundet 1) Diese Formentwickelung iiberschritt keineswegs die schon innerhalb der Lacertilier bei den Chamaeleontia vorhandene, wie auch Newron die Form der Scapula von Erpetosuchus mit der von Chamaeleo vergleicht. Bd, XXXIV. N. F. XXVIL. 35 536 Max Firbringer, in seinem ersten Auftreten bei den bekannten Vertretern derselben in der ganz vorwiegenden Entfaltung der Scapula, in dem be- trachtlichen Zuriicktreten des Coracoides und in dem Mangel jeder Fensterbildung — lediglich ein im Coracoid, mitunter ganz nahe an der Grenze gegen die Scapula liegendes Foramen supra- coracoideum durchbohrt ihn — eine héhere Entwickelung als bei den parasuchen, aber eine etwas tiefere als bei den eusuchen Crocodiliern. Damit koincidiert die in verschiedenem Grade schriige Stellung der Scapula, die an ihrem ansehnlicher gestalteten ventralen Teile ganz vereinzelt einen vielleicht als Acromion zu deutenden Vorsprung, regelmalig dagegen eine Crista deltoidea aufweist. | Bei den Patagiosauriern (p. 357f.) ist die von den jiingeren Crocodiliern eingeschlagene Richtung in parallelem Entwickelungs- gange zur hoéchsten Ausbildung gebracht. Scapula und Coracoid reprasentieren schlanke und lange Knochen, die sich im sagittalen Winkel an der Prominentia scapulo-coracoidea verbinden und ab- gesehen von einigen specifischen Differenzierungen eine grofe Ver- einfachung ihrer Gestalt aufweisen. Eine ganz einseitige Differen- zierung weisen die am _ héchsten entwickelten Patagiosaurier (Ornithocheiridae) auf, indem sich bei ihnen, in einiger Aehnlich- keit mit den Rochen und Schildkréten, die dorsalen Enden der Scapula mit der Wirbelsiule verbinden. Zwischen dem Schulter- giirtel der Patagiosaurier und Végel bestehen gewisse Parallelen, die aber im wesentlichen nur analoger Natur (Konvergenz-Analo- gien) sind. 2. Primares Brustbein’). a) Gestalt und Verbinde des Sternum. Das primaire Brustbein, Sternum, ist bekanntlich ein Pro- dukt der Rippen und hat sich aus miteinander verschmolzenen ventralen Enden desselben zu einem unpaaren Skeletteil ausge- bildet, der mit seinem vorderen Teile, mit den Coracoiden arti- kulierend, Traiger des primaren Schultergiirtels wurde, mit seinem seitlichen und hinteren Bereiche die alten Beziehungen zu den 1) Inkl. metamerische Lage desselben resp. Linge der Hals- wirbelsiule, sowie metasternale Rippen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. Sait Rippen (Sternocostalien), meist unter gelenkiger Abgliederung von denselben gewahrt hat; zugleich ist es in seiner Medianlinie meistens mit dem ihm ventral (aufen) auflagernden Langsschenkel des Episternum fest verbunden. Das genetische Moment fiir seine Entstehung bildet, wie GEGENBAUR dargethan, der direkte Kontakt des nach hinten ge- wanderten Schultergiirtels mit einer Sternalrippe, der hierdurch die neue Aufgabe eines Stiitzapparates fiir denselben wurde, wobei sie zum Zwecke gréferer Leistungsfaikigkeit mit einer Zahl ihr folgender Rippen in Verband und Verschmelzung trat. Ich méchte einen zweiten, diese Verschmelzung urspriinglich getrennter und durch Muskulatur in gegenseitiger Bewegung stehender Elemente zu einer langen und breiten unpaaren Platte noch weiter er- klarenden Faktor in der Ausdehnung des Episternum nach hinten und der Verbindung seines hinteren Fortsatzes mit den ventralen Rippenenden erblicken, wodurch deren gegenseitige Beweglichkeit und Selbstindigkeit aufgehoben und der Prozef ihrer Vereinigung begiinstigt wurde *). Bei den typischen Lacertiliern (p. 244f.) bildet das Sternum eine ansehnliche unpaare rhombische Knorpelplatte (Prosternum), die meistens in einen hinteren schmaleren paarigen oder unpaar 1) Aehnliche Verschmelzungen unter dem beginstigenden — aber ebenfalls nicht allein hierbei in Frage kommenden — Einflusse von lang ausgedehnten Deckknochen zeigt uns die vergleichende Anatomie an verschiedenen Stellen des Schidels und des Anfanges der Wirbelsiule. — Das costale Brustbein beginnt nicht erst mit den Reptilien, sondern bereits mit den Amphibien, insbesondere den Stegocephalen, deren Reste aus dem unteren Rotliegenden wegen seiner knorpeligen Beschaffenheit zwar nichts mehr davon erhalten zeigen, deren zum Teil sehr lang nach hinten erstrecktes Episternum (,mittlere Kehlbrustplatte*) aber bei vielen Gattungen (z. B. Melan- erpeton, Urocordylus, Archegosaurus, Discosaurus, Stereorhachis und Verwandte) seine schon damals erfolgte Ausbildung mit grofer Wabrscheinlichkeit vermuten lassen. Unter den damaligen und den spiteren Stegocephalen finden sich auch solche mit kurzem oder fehlendem hinteren Schenkel des Episternum (z. B. Branchiosaurus, Pelosaurus, Metopias, Mastodonsaurus); ein Teil von diesen kiirzeren Formen diirfte auf sekundarer Reduktion des hinteren Schenkels beruhen, und bei diesen ist wohl auch das Sternum in partielle Riickbildung getreten. Ein vollkommener Schwund des Episternum findet sich bei den Urodelen und Anuren, und damit koincidirt auch eine mehr oder minder erhebliche Reduktion des Sternum, die namentlich auch in der Lisung des sternalen Rudimentes von den Sternalrippen und in der Riickbildung dieser Ausdruck findet. ool, 538 Max Firbringer, gewordenen Fortsatz auslauft (Metasternum s. Xiphisternum), der zum Teil noch die Entstehung aus Rippen in nuce aufweist oder auf retrogradem Wege illustriert, als eine sekundiire Angliederung des Prosternum zu beurteilen ist und itibrigens einen auch in systematischer Beziehung interessanten Wechsel in seiner Bildung darbietet (p. 245f.). Die breiten vorderen Sulci coracoidei des Prosternum dienen der Artikulation mit den Coracoiden, der Medianlinie desselben ist das Episternum in verschiedener Aus- dehnung angewachsen. Der Verband mit den Rippen geschieht jederseits durch 3—6 Facetten'), die sich in sehr ungleicher Weise auf Prosternum und Metasternum verteilen, wobei die héheren Zahlen (5—6 Rippen) die gréfere Verbreitung unter den kionokranen Lacertiliern, namentlich unter tieferen und mittel- hohen Vertretern derselben, aufweisen, wihrend die niederen, nicht selten mit sehr geringgradiger Ausbildung oder selbst Mangel des Metasternum einhergehenden Zahlen (3—4 Rippen) vereinzelter und mehr, wenn auch nicht ausschlieflich, bei den héher stehenden Familien (Eublepharis, Uroplates, Zonurus, Heloderma, viele Agamidae, einzelne Iguanidae, Varanidae) sich finden. Das giebt an die Hand, anzunehmen, daf die Ausbildung des Sternum bei den Lacertiliern schon friihzeitig ihren Héhepunkt erreichte und zum Teil wieder mit Riicksicht auf die ihm verbundenen Rippen in retrogradem Entwickelungsgange sich befindet 2). Die Chamae- leontia (p. 267 f.) weisen auch nur Verbinde mit 4 oder 3 Rippen auf. Bei Riickbildung des Brustschulterapparates beginnt die Reduktion des Sternum meistens im hinteren Bereiche, der sich dementsprechend mehr oder minder erheblich verkiirzt*) und die Anzahl seiner Rippenverbande successive auf 3, 2 und 1 ver- mindert (verschiedene Scincidae, Tejidae, Zonuridae, Anguidae, Pygo- podidae, s. p. 248, 249) und schlieflich zu einer an die Verhiltnisse bei den Urodelen erinnernden volligen Lésung des Verbandes mit 1) Eine ganz erhebliche Ausnahme bildet Tylosaurus dyspelor auf Grund der Abbildung und Beschreibung von Osporn (cf. p. 519), wo jederseits 10 Rippen sich mit dem Sternum verbinden. 2) Die Gréfe kann dabei erheblich sein, z. B. bei den Varanidae, wo das Sternum nicht kleiner ist als das mit 5 Rippen verbundene Brustbein der Dolichosaurier. Sehr abweichend verhalt sich nach Ossorn’s Angaben Tylosaurus (cf. die vorhergehende Anmerkung). 3) Ausnahmen bilden Ophiognomon und Chirotes mit lingerem Sternum. Bei letzterem ist die costale Natur des Xiphosternum deutlich erkennbar. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 539 Rippen fiihrt (gewisse Scincidae und Anguidae, Chirotes, Trogon- ophis). Bei weiterer Reduktion zerfallt das stark verkiirzte Ster- num in kleine paarige Knorpelkerne (Blanus [p. 262, 263], durch fort- schreitende Verkiimmerung aus dem querstabférmigen Sternum von Trogonophis ableitbar) und schwindet schlieSlich vollstaindig gewisse Arten von Acontias [?], Anelytropidae, Dibamidae, Anni- ellidae, meiste Amphisbaenidae). — In der Regel ist das Sternum eine plane oder nur ganz wenig nach aufSfen konvexe Platte; bei Uroplates zeigt sein vorderer Teil, bei den Chamaeleontidae seine ganze Ausdehnung eine ansehnliche Wélbung nach aufen. — Bei simtlichen lebenden Lacertiliern, sowie bei den Dolichosauria und Telerpetidae besteht das Sternum aus Knorpel, der allerdings mehr oder minder ausgiebig verkalken kann, und offenbart damit eine tiefere histologische Entwickelungsstufe als der immer, wenn auch nur teilweise, ossifizierende primare Schultergiirtel. Bei den fossilen Mosasauriern wird bald ein knorpeliges, bald ein knéchernes Sternum angegeben, iiber dessen Gestalt die Mitteilungen differieren (p. 272, 519). — Sternale Fensterbildungen sind bei den Lacertiliern eine hiufige Erscheinung, die aber nicht von gréferer systematischer Bedeutung ist. Unter den Rhynchocephaliern (p. 279) besitzt Sphen- odon ein ansehnliches planes, rhombisches, knorpeliges Ster- num, das mit dem lacertilen Typus tibereinstimmt, nur mit 3—4 Rippen verbunden ist und nur einem Prosternum verglichen werden kann. Die Frage, ob hier eine sehr urspriingliche Bildung vorliegt, die noch nicht zur Entwickelung eines Metasternum fiihrte, oder ob es sich um eine sekundire Riickbildung eines einstmals bestandenen Metasternum handelt, ist eine offene; ich neige dazu, den primitiven Zustand eines noch nicht ausgebildeten Metasternum anzunehmen, da die auf die 3—4 sternalen Rippen folgende nichste Rippe bereits mit dem Anfange des Parasternum in Verbindung steht und dieser Verband wohl als ein primitiver, nicht erst sekundir herausgebildeter zu betrachten ist. Sphenodon stellt sich damit auf eine tiefere Stufe als die Lacertilier, deren Metasternum vielleicht in dem Male zu successiver Ausbildung gelangte, als die auf das Prosternum folgenden Rippen Freiheit yon einem vermutlich urspriinglich vorhandenen, aber allmahlich in Riickbildung tretenden Parasternum gewannen, diese aber bald wieder verloren, indem sie sich dem Prosternum angliederten. Das ist lediglich eine Hypothese, die mit mehr als einer Unbekannten oder wenigstens nicht geniigend Bekannten rechnet. Die fossilen 540 Max Firbringer, Rhynchocephalier und Acrosaurier zeigen zufolge der Knorpel- beschaffenheit ihres Sternum nichts mehr von demselben erhalten ; es besteht aber kein besonderer Grund, sich dasselbe sehr ab- weichend von Sphenodon zu denken. Auch von dem knorpeligen Sternum der Ichthyopterygier (p. 310) ist nichts mehr erhalten; das Verhalten des Episternum, namentlich aber der Coracoide macht wahrscheinlich, da es sich in Rickbildung befand. Bei den Cheloniern (p. 318, 319) fehlt ein Sternum ganzlich. Es ist fiir mich keine Frage, da8 dieser Mangel auf totaler Riick- bildung eines bei den alteren Vorfahren noch existierenden Sternum beruht. Das Gleiche darf fiir die Sauropterygier (p. 325, 334) angenommen werden, bei denen die Konfiguration der Coracoide mit sehr groBer Wahrscheinlichkeit, wenn nicht Sicherheit die Existenz eines Sternum ausschlieSt. Wenn die Mesosaurier (p. 338) ein Sternum besafen, so war es jedenfalls sehr klein; die Frage seiner Existenz befindet sich bei der Unsicherheit tiber das Verhalten der Coracoide in der ventralen Mittellinie des Kérpers kaum im Vorstadium der Behandlung. Unter den Theromorphen (p. 345) ist bei den héheren Vertretern derselben ein nicht unansehnliches, in der iiblichen Weise mit dem Coracoid verbundenes und zu einem gro8en Teile knéchernes Sternum nachgewiesen worden, tiber dessen Rippen- verbindung wegen der vermutlich knorpeligen Beschaffenheit seiner costalen Randpartien nichts bekannt ist. Damit stellen sich die Theromorphen etwas hoher als die vorher behandelten Ordnungen, was init der Ausbildung ihres Schultergiirtels gut harmoniert. Die primitiveren Formen besafen ein knorpeliges Sternum, iiber dessen speciellere Form nichts ausgesagt werden kann. Eine mit Riicksicht auf seine gewebliche Beschaffenheit gra- duell tiefere Stufe als das Sternum der hoéheren Theromorphen nimmt dasjenige der Crocodilier (p. 299f.) ein. Es bildet eine in der tiblichen Weise mit Episternum, Coracoiden und Rippen verbundene Knorpelplatte, an welcher in der Art wie bei den Lacertiliern ein vorderes, rhombusahnlich gestaltetes Prosternum und ein hinteres schmales und langes Metasternum (Xiphisternum) unterschieden werden kann; beide zusammen sind mit 6—9 Rippen, also mit einer gréferen Zahl als bei den Lacertiliern *) 1) Abgesehen von dem von Ossorn abgebildeten Exemplar von Tylosaurus dyspelor, Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 541 und Rhynchocephaliern verbunden, was mit der weiter vorge- schrittenen Ausbildung des Metasternum koincidiert. Ueber das Sternum der fossilen Crocodilier ist nichts bekannt. Die Dinosaurier (p. 352 f.) besaben vermutlich ein ansehn- liches, breites Sternum, tiber dessen Gestalt und sonstige Verbinde mit den Nachbarknochen aber sehr wenig bekannt ist, da es ent- weder rein knorpelig war oder nur in unvollkommener Weise ver- knécherte. Beginnende Ossifikationen sind bei gewissen Sauro- poden in Gestalt kleiner paariger Kerne, weiter ausgebildete bei den hédheren Ornithopoden in Gestalt gréferer paariger Stiicke, die (bei Hypsilophodon) selbst zu einer ziemlich ansehnlichen un- paaren Platte verschmelzen, nachgewiesen worden. Die rippen- tragenden Rander waren knorpelig. Durch seine Ossifikationen stellt sich das dinosaure Sternum hoher als das crocodile und etwa in das gleiche graduelle Stadium wie das theromorphe. Die hichste Entwickelungsstufe unter den Reptilien erreichte das Sternum der Patagiosaurier (p. 360f.). Dasselbe repra- sentiert eine nicht lange, aber relativ breite, mehr oder minder stark nach unten gew6lbte Knochenplatte, deren Rander entweder noch knorpelig waren oder die in ihrer ganzen Breite verknéchert ist und damit genaue Aufschliisse tiber die Zahl der mit ihm ver- bundenen Rippen (4 bei Ornithostoma) giebt; iiber die Beschaffen- heit seines vermutlich verschiedenartig ausgebildeten hinteren Randes ist noch keine sichere Kenntnis erzielt. Mit dieser Konfiguration verbindet sich, in Korrelation zur Ausbildung der Flugmuskulatur, die Ausbildung einer ansehnlichen unpaaren Spina resp. Cristo- spina in seinem vorderen Bereiche, welche einige Aehnlichkeit mit den entsprechenden Bildungen der Vogel aufweist, aber in der eigentiimlichen Lokalisierung der coracoidalen Gelenkfliche an der Basis dieser Spina (Ornithostoma) eine ganz specifische Kon- figuration darbietet. Das Verhalten der coracoidalen Artiku- lation bei den tiefer stehenden Patagiosauriern ist nicht geniigend aufgehellt. b) Metamerische Lage des Sternum, Lange der Halswirbelsaule. Von besonderem Interesse ist die metamerische Lage des Sternum’, die zu derjenigen des Brustgiirtels und der ganzen vorderen Extremitait im direkten Kausalkonnexe steht. Wie von 542 Max Firbringer, GEGENBAUR und seiner Schule wiederholt dargethan‘') und wie namentlich von Braus und mir im Detail nachgewiesen worden, nehmen die Extremitaéten keine konstante metamerische Lage ein, sondern machen Verschiebungen von verschiedener Ausgiebigkeit lings des Rumpfes durch, welche ihre jeweilige Lage bestimmen. Diese Verschiebungen oder Wanderungen sind, da die primaren Extremitaitengiirtel (Schulter- und Beckengiirtel) von dem _ vis- ceralen Kopfskelette Ausgang nehmen, zuerst in caudaler Richtung erfolet, bei der hinteren in weit ausgedehnterem Mae als bei der vorderen, haben aber dann, nachdem die ersten Etappen bei den primitiven Pterygiern (Selachier) erreicht worden waren, keinen Stillstand erfahren, sondern sind bald in der gleichen (progressiven), caudalwarts gerichteten Bewegung noch weiter gegangen, bald auch in riicklaufiger (regressiver), rostralwairts gewandter Richtung wieder mehr nach dem Kopfe zu geriickt. Da die Extremitatengiirtel zum Rumpfskelette, zu den vom Rumpfe ausgehenden Muskeln und zu den Spinalnerven im innigsten Konnexe stehen, hat sich diese Wanderung natiirlich auch mit den mannigfaltigsten Um- bildungen der genannten Teile verbunden. Zu derjenigen der vorderen Extremitait steht die metamere Lage des mit dem Cora- coid verbundenen Sternum in direktem Konnexe und diese wieder wird der Wirbelsiule gegeniiber durch die mit dem Sternum ver- bundenen Rippen bestimmt. Bei caudalwarts gehenden (progres- siven) Wanderungen werden successive immer neue hintere Rippen fiir den Verband mit dem Sternum gewonnen, wahrend die bis- herigen vorderen Sternalrippen aus diesem Verbande ausscheiden, zu Cervicalrippen werden und mit ihren Wirbeln das Gebiet der Halswirbelsiule vergréfern; bei rostralwirts gerichteter (regres- siver) Wanderung kommt es umgekehrt zur Ausbildung vorderer Sternalrippen aus bisherigen Cervicalrippen und zu einer ent- sprechenden Verkiirzung der Halswirbelsdaule. Wahrend die Zahl der die Wirbelsiule und ihre einzelnen Abschnitte zusammensetzenden Wirbel bei den Wirbeltieren und im speciellen bei den Reptilien einem so grofen Wechsel unter- worfen ist”), da’ sie als differential-diagnostisches Moment fir 1) Das Verdienst, diese Frage zuerst auf die rechte Bahn ge- lenkt und fiir die hintere Extremitit der Primaten eine Verschiebung langs der Wirbelsiiule nachgewiesen zu haben, gebihrt EK. Rosrn- BERG. 2) Selbst innerhalb desselben Genus kann es zu ganz erheb- lichen Differenzen kommen: so hat nach Simpenrock (1895) Lygo- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 543 erdBere Abteilungen keinen Wert hat, macht davon gerade der erste Abschnitt der Wirbelsiule, die cervicale, d. h. die vor dem die 1. Sternalrippe tragenden Dorsalwirbel befindliche Region’), eine Ausnahme: hier finden sich im grofen und ganzen wesentlich konstantere Verhaltnisse, und damit erheben sich die bei dieser oder jener Abteilung auch zu beobachtenden ausgiebigeren Vari- ierungen zu groéferer systematischer Bedeutung?). Als Ausgangspunkt fiir die Reptilien dient die aus 8 Wirbeln zusammengesetzte Halswirbelsaule®*); der 9. Wirbel tragt die erste Sternalrippe. Bei der tiberwiegenden Mehrzahl der lebenden kionokranen Lacertilier bleibt diese Zahl gewahrt; desgleichen findet sie sich bei Sphenodon und wahrscheinlich den meisten, wenn nicht allen Rhynchocephaliern*) und Acrosauriern, ferner den Cheloniern, den primitiveren Theromorphen (Pareiasauria) und Patagiosauriern *®). Ob sie bei allen diesen primitive Verhaltnisse darbietet, ist zur Zeit nicht sicher zu sagen. Diese Zahl verkleinert sich durch regressive oder vergroéfert soma 68—81, Chalcides 76—116 Wirbel. Noch gréfer werden die Differenzen innerhalb der Anguidae, wo Ophisaurus 2—3mal mehr Wirbel aufweist als Gerrhonotus. 1) In der allgemein iiblichen Weise ziahle ich hier nur die gut entwickelten freien Wirbel und sehe von den in die Schiidelregion aufgenommenen, occipitalen Wirbeln ab. 2) Auch das durch den Beckengiirtel herangeziichtete Sacrum bietet im ganzen bei den Reptilien minder variable Wirbelzahlen dar; seine metamere Lage ist aber einem grofen Wechsel uterworfen. 3) Wie lang die MHalswirbelsiule der amphibischen Vor- fahren der Reptilien war, ist zur Zeit nicht anzugeben. Die Bildung der Plexus brachiales der Urodelen und anuren Amphibien kann hierbei nicht zur Bestimmung der einstmaligen Lage heran- gezogen werden, weil bei diesen regressive, rostralwirts gerichtete Wanderungen von verschiedener Ausgiebigkeit im Verein mit sekundérer Riickbildung und Lésung des Sternum aus seinen urspriinglichen Rippenverbinden vorliegen. 4) Bei den fossilen Formen mit nicht erhaltenen Sterna und Sternocostalia ist die direkte Bestimmung der Zahl] der Halswirbel nicht méglich; dann wahlt man zur Determination des 1. Dorsal- wirbels die dorsolaterale Lage seiner Artikulation mit der Rippe, wobei jedoch Irrtiimer in der Ziahlung nicht ausgeschlossen sind. — Bei Palaeohatteria, die in dieser Hinsicht besonders interessiert, fehlen sichere Angaben iiber die Halswirbelzahlen gerade so wie bei den Ichthyosauriern. 5) Den Patagiosauriern werden meist 7 MHalswirbel zuge- sprochen, doch nur bei Ornithostoma ist meines Wissens bisher die direkte Bestimmung der 1. Sternalrippe méglich gewesen (WILLI- 544 Max Fiirbringer, sich durch progressive Wanderung der vorderen Extremitat. Beides findet sich bei den Lacertiliern, und daraus erhellt aufs neue die hohe Bedeutung dieser primitiven Gruppe. Die regressive, rostralwarts gehende Wanderung fihrt zu der aus nur 5 Wirbeln bestehenden Halswirbelsiule der Chamaeleontia‘). Entsprechende Wanderungen bietet auch der verkiimmernde Brustschulterapparat, namentlich nach seiner Ab- lésung von den Rippen dar’); in diesen Fallen ist der Nachweis der Verschiebung durch das feinere Reagens der metamerischen Umbildungen des Plexus brachialis oder seines Rudimentes zu geben, die auch schon bei noch festgehaltener Achtzahl der Hals- wirbel eine rostralwirts gerichtete Tendenz zeigen koénnen (siehe p. 369, sowie die weiteren Ausfiihrungen unten sub B Nerven etc.). Fir den Ausgang der Lage der vorderen Extremitit bei den Amphisbaenia ist die Untersuchung der betreffenden Teile bei Chirotes unerlafSlich. Auch bei den Mosasauria'), sowie bei ge- wissen héheren Theromorphen (Cynodontia) scheint eine rostral- warts gehende Wanderung vorzukommen (bei Cynognathus werden 6 Halswirbel angegeben) *). ston); dieselbe gehért aber, wie ich wenigstens den Angaben dieses Autors entnehme, dem 9. Wirbel an (s. p. 359 Anm. 3). 1) Es kann auch daran gedacht werden, da’ die gemeinsamen Vorfahren der kionokranen Lacertilier und Chamaeleontier dereinst mehr als 5 und weniger als 8 Halswirbel darboten und daf von da aus durch progressieve Wanderung die Achtzahl der lebenden Kionokranier, durch retrograde Wanderung die Fiinfzahl der lebenden Chamaeleontier erreicht wurde (vergl. auch p. 373). Ich halte in- dessen einen Ausgang der Chamaeleontier von der Achtzahl fiir das Wahrscheinlichere. — Aehnliches gilt fiir die Mosasaurier, deren 7 Cervicalwirbel als urspriinglich oder als von 8 Halswirbeln ab- geleitet gelten konnen. 2) Siehe Anm. 3 auf p. 543. 3) Auch ist die Méglichkeit wenigstens zur Zeit nicht ausge- schlossen, da bei den Vorfahren der Chelonier und der Patagio- saurier einstmals eine lingere Halswirbelsiiule vorlag, die sich durch retrograde Wanderung der vorderen Extremitit auf die Achtzahl ihrer Wirbel verkiirzte. Beziiglich der Chelonier sei angefiihrt, dai W. K. Parker (Development of the Green Turtle. Rep. Sc. Res. Voyage of Challenger, Zoology I, London 1880, p. 3f., Pl. T) bei 61/,—9 lines (133/,—19 mm) langen Embryonen von Chelone viridis 15 cervicale Myotome beobachtete (wihrend das erwachsene Tier und die alteren Embryonen 8 Cervicalwirbel darbieten) und daraufhin mit Baur (1887) den Schluf zieht, dai eine sekundire Verkiirzung der einst langeren Halswirbelsiule der sauropterygier- artigen Vorfahren der Chelonier um ca. 7 Wirbel stattgefunden Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 545 Eine viel gréfere Verbreitung besitzt die progressive caudalwarts gerichtete Wanderung der vorderen Extremitit. Sie fiihrt unter den Lacertiliern bei den Varanidae zu 9'), bei den Mosasauria eventuell zu 9—10?), bei den Dolichosauria zu 9—17 Halswirbeln (Aigialosauridae mit 9—10, Dolichosauridae mit15—17 Cervicalwirbeln). Offenbar haben die neuen Anpassungen an das Wasserleben und die verinderten Aufgaben der Extremitaten eine Gleichgewichtsstérung in den bisherigen Verhaltnissen zuwege gebracht. Aber auch hier darf keine einseitige Betrachtung der Dinge Platz greifen; die mehr an das Wasser angepassten Mosasaurier haben eine kiirzere Halswirbelsiule als die Dolicho- saurier, deren Extremitaten von der terrestren Ausgangsform sich weniger weit entfernten*). — Eine andere, zu noch gréferer Linge der Halswirbelsiiule sich steigernde Reihe zeigen die Mesosaurier und Sauropterygier, bei denen gleichfalls die Anpassung an das Wasserleben koincidiert: die Mesosauria haben 11, die Nothosauria 16—21, die Plesiosauria 20—72 Cervicalwirbel (Pliosauridae mit 20, Plesiosauridae mit 28—40, Elasmosauridae mit 35—72 Hals- wirbeln). — Eine miakige Verschiebung nach hinten bieten noch die ee mit 9 und die Dinosaurier mit wohl meistens Hace Mir scheint indessen Parxur’s Beobachtung nicht eindeutig genug zu sein, um damit eine Verkiirzung der Halswirbelsiule dusch Ausfall (Expolation oder Exkalation) cervikaler Wirbel oder durch kranialwirts vorschreitende Verschiebung der vorderen Ex- tremitit zu beweisen; die Aufnahme einer Anzahl erster Cervical- wirbel in das Cranium ist nicht ausgeschlossen. Jedenfalls sind erneute Untersuchungen nétig, um den Fund und seine Deutung zu sichern. An eine Verkiirzung der Halswirbelsiule bei den Pata- giosauriern kann deshalb gedacht werden, weil dieselben ver- mutlich von primitiven dinosaurierartigen Vorfahren ausgegangen sind, die bekannten Dinosaurier aber 10—11 Cervicalwirbel be- sitzen. Doch ist ebenso gut méglich, daf der primitive Ahne der Patagiosaurier noch nicht so viel Halswirbel hatte wie die spiteren Wineasurier und daf die Patagiosaurier die kiirzere Halswirbelsiule wahrten, die Dinosaurier sie verlangerten. 1) v. JHprinG giebt auch fiir Agama stellio 9 Halswirbel an, wahrend Simsenrock bei dieser Art wie Wei den anderen Agamidae nur 8 Cervicalwirbel findet. In dem v. Jumrina’schen Falle handelt es sich vermutlch um eine vereinzelte individuelle Variation. 2) Die Akten iiber die Halswirbelzahlen der passe ues (7 nach Dotio, Wiiiisron und Osporn, 9 ) diirften noch nicht geschlossen sein. Bei 7 Halewstbaln ist eine eee Wanderung “oder ein urspriingliches Verhalten anzunehmen. 3) Auch sei an die brachytrachelen Ichthyosaurier und Ceta- ceen erinnert. 546 Max Firbringer, 10—11 Halswirbeln dar. — Bei den Vogeln, bei denen die Um- wandelung der vorderen Extremititen in Fliigel koincidiert, hat die Halswirbelsiule eine Zusammensetzung aus 10—25 Wirbeln ‘). c) Metasternale Rippenknorpel. Schlie{lich sei in Kiirze der ventralen Teile der auf das Sternum folgenden metasternalen (abdominalen) Rippen gedacht. Bei dem rhynchocephalen Sphenodon verbinden sich die- selben in der Zahl von 11 mit den durch unpaare Zahlen bezeich- neten Metameren des Parasternum (d. h. mit dem 1., 3,5... ., 21. parasternalen Metamer) und zwar durch Band mit dem late- ralen Bereiche dieser Querspangen (p. 281). Bei den meisten fossilen Rhynchocephaliern wiegen die von dem Parasternum ge- lieferten Verbindungsstiicke vor (p. 288 f.). Bei den Lacertiliern, wo parasternale Gebilde fehlen, enden die ventralen Knorpelendeu der abdominalen Rippen ent- weder frei, oder sie treten in ligamentésen antimeren Verband, oder sie vereinigen sich in geringerer oder gréferer Zahl synchon- drotisch in der ventralen Mittellinie mit denen der Gegenseite (gewisse Geckonidae, Uroplatidae, einige Scincidae, Anelytropidae, eewisse Iguanidae, Chamaeleontidae), wobei mancherlei Wechsel in der Zahl und Anordnung dieser Verbindungen existiert (p. 249, 250, 268). Abgesehen von den schlangenartigen Scincidae und Anelytropidae ist dieses System abdominaler Knorpelstangen besonders eindrucks- voll bei Uroplates und den Chamaeleontidae und zeigt hier auch im Quale grofe, fiir einen niheren genealogischen Zusammenhang sprechende Uebereinstimmungen. Bei den Crocodiliern enden die Knorpel der metasternalen Rippen frei und stehea mit dem hier verbundenen, aber in De- generation begriffenen Parasternum in keinem Zusammenhange. Ueber die Beschaffenheit der metasternalen Rippen bei den fossilen Reptilien fehlt wegen der knorpeligen Textur derselben, die eine Erhaltung nicht gestattete, jede genauere Kenntnis. 1) Bei den Végeln stehen gleichfalls die Flugfahigkeit und Halslinge durchaus nicht in einem direkten Verhialtnis zu einander. Gute und schlechte Flieger mit kurzen und langen Halsen wechseln in bunter Reihe miteinander ab. Aber auch hier kann erkannt werden, daf die Anpassung an den Flug mit ausgiebigeren meta- merischen Verschiebungen der vorderen Extremitat sich verband. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 547 3. Sekundarer Brustschulterapparat (Clavicularia, Episternum, Parasternum). Siimtliche hier zusammengefaSten Skelettteile sind dermaler Abkunft und bilden Deckknochen, von denen die paarigen Clavi- cularia den sekundiren Schultergiirtel, das unpaare Episternum das sekundire Brustbein und das Parasternum einen Komplex zahlreicher metasternaler Deckknochengebilde in der hinteren Brustregion und in der Bauchgegend reprasentieren '). A. Sekundiarer Schultergiirtel (Cleithrum, Clavicula). Durch GEGENBAUR wissen wir, da der sekundire Schulter- giirtel bei den Fischen (Ganoiden) mit einer ganzen Kette paariger Clavicularia beginnt, deren dorsale Elemente (Supraclavicularia, Supracleithralia) zugleich dem Verbande des Schultergiirtels mit dem Schidel dienen (Ganoiden, Crossopterygier, Teleostier, Dipnoer) und in Zahl und speciellerem Verhalten mannigfachen Wechsel darbieten. Diese Zahl hat sich bei den Stegocephalen?) infolge von Riickbildung der Supracleithralia vermindert, womit zugleich eine Lockerung resp. Lésung des erwahnten Verbandes mit dem Schadel eintrat; es existieren hier nur noch zwei Paare von Clavi- cularia, ein laterales, das GrGENBAUR Cleithrum benannte, und ein ventrales, von den Paliontologen meist als seitliche Kehl- brustplatte bezeichnetes, GrEGENBAUR’S Clavicula. Hinter, zum Teil auch zwischen den beiden Claviculae findet sich noch die un- paare mittlere Kehlbrustplatte, kein neuer Erwerb der Stego- cephalen — denn mit ihr vergleichbare Gebilde finden sich schon 1) Grofe Verdienste um die Kenntnis der primiren Zustiinde dieser Gebilde bei Stegocephalen und Rhynchocephaliern besitzt H. Crepner (Die Stegocephalen und Saurier aus dem Rotliegenden des Plauenschen Grundes bei Dresden, I—X, Zeitschr. d. Deutsch. Geolog. Gesellsch. 1881—1893). 2) Wenn ich hier, wie auch vorher und in der Folge, die Stegocephalen zum Vergleiche herbeiziehe, so denke ich damit nicht daran, sie etwa als die direkten Vorfahren der Reptilien aufzufassen. Sie stehen aber den Vorfahren derselben vermége ihrer niedrigeren Organisation graduell ziemlich nahe und gewihren damit ein primi- tives paralleles Stadium, dessen Kenntnis viel zur Aufklirung der Verhiltnisse der Reptilien beitriigt. Dabei ist es wahrscheinlich, daf in dem, was man Stegocephalen nennt, namentlich in den karbonischen Microsauriern auch ein Teil sehr primitiver, aber noch ungentigend erkannter Reptilien steckt (siehe unten sub D),. 548 Max Firbringer, bei Fischen —, aber hier zum ersten Male zu héherer Bedeutung fiir den Brustschulterapparat gestaltet, das Episternum. Von den beiden Clavicularia der Stegocephalen tritt das bei den Fischen noch ansehnlich entwickelte Cleithrum an Gréf%e und Bedeutung mehr und mehr zuriick, so daf die Clavicula, ohne sich absolut irgendwie zu vergréfern, von nun an das Hauptelement des sekundiiren Schultergiirtels bildet. a) Cleithrum. Bei den Reptilien ist diese Riickbildung des Cleithrum noch weiter gegangen und hat in der tiberwiegenden Mehrzahl der Falle zum volligen Schwunde desselben gefiihrt. Doch steht die Frage offen, ob nicht nach Baur’s Deutung bei gewissen primitiven Theromorphen (Pareiasaurus) in Seevtey’s Epiclavicle or Mesoscapula ein umgewandeltes Rudiment des gleichen Skelet- elementes vorliegt (p. 345). b) Clavicula. Die Clavicula ist mehr oder minder intakt von den Vorfahren iibernommen, zeigt aber innerhalb der Reptilien einen Ent- wickelungsgang, der in der Hauptsache auch als ein regressiver anzusprechen ist; bei der Mehrzahl der héheren Formen ist sie in zunehmendem Mage in Riickbildung und schlieflich totalen Schwund getreten. Die urspriingliche Form der Clavicula, wie sie uns von den Stegocephalen iiberliefert worden ist, reprisentiert einen langlichen, winkelig gebogenen Skelettteil, der medial mehr oder minder ver- breitert sich dem Episternum auflagert resp. mit der Clavicula der Gegenseite in Verbindung tritt, lateral dagegen schmaler aus- lauft und hier wahrscheinlich dem noch knorpeligen Vorderrande der Scapula verbunden war. Dieser Gegensatz von medialer Breite und lateraler Schmal- heit besteht noch bei den auf Grund ihres Sacrum als primi- tive Reptilien anzusprechenden Hylonomus und Petrobates (p. 296), er findet sich aber unter allen anderen Reptilien nur noch bei gewissen Familien der Lacertilier und bei den protero- sauren Rhynchocephaliern gewahrt, die damit aufs neue ihre primi- tive Stellung bekunden. Von den kionokranen Lacertiliern (p. 241f.) zeigen 1) die Geckonidae, Eublepharidae, Scincidae, Gerrhosauridae, Lacertidae, Tejidae und Xantusiidae, also die tief und mittelhoch stehenden Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 549 Familien derselben, dazu noch einige aberrante Gattungen héherer Familien (vergl. p. 242) diese breite Gestaltung des medialen Teiles der Clavicula, der hier allerdings durch das Auftreten eines Fensters (das aber namentlich bei den tiefer stehenden Scincidae nicht selten unterdriickt oder wieder ausgefiillt ist) eine gracilere und leichtere Ausbildung erfuhr. 2) Bei den anderen kionokranen Lacertiliern (z. B. einzelnen Vertretern der Geckonidae, Scincidae, Zonuridae, Anguidae, Iguanidae und Agamidae) hat sich der mediale Abschnitt verschmilert, wobei er aber immer noch den lateralen an Breite iibertrifit. Endlich 5) bei der Mehrzahl der Zonuridae, Anguidae, Iguanidae und Agamidae, sowie den Uro- platidae, Pygopodidae, Xenosauridae, Helodermatidae und Vara- nidae, also vorwiegend Vertretern der héheren Lacertilier, denen noch vereinzelte aberrante Formen tiefer stehender Abteilungen eingereiht werden kénnen, ist die Clavicula durch noch weiter gegangene Reduktion der medialen Breitendimension ein schlanker, medial und lateral etwa gleich starker Knochenstab geworden. Diese Verhaitnisse sind so typisch, da sie schon seit langem zu systematischen Zwecken verwendet werden. Zugleich bildet die Clavicula einen in querer Richtung lang ausgestreckten Skeletteil, der von der ventralen Mittellinie meistens bis in das Gebiet des Suprascapulare, dem von diesem gebildeten Acromion sich ver- bindend (p. 529), reicht, wobei er einen dem lateralen Rumpfcontur entsprechenden Winkel bildet. Die fossilen Dolichosaurier und wahrscheinlich auch die Mosasaurier besafen eine schlanke Clavi- cula nach Art der Varanidae; die der Mosasaurier, wohl in weit mehr vorgeschrittener Verkiimmerung befindlich, ist nicht sicher bekannt. Weiterhin fiihrt dieser regressive Prozefi zur ganzlichen Riickbildung der Clavicula, wie sie bei den Am phis- baenia (p. 260f.) und Chamaeleontia (p. 266) in Er- scheinung tritt. Auch die allgemeine Verkiimmerung des Schulter- giirtels fiihrt schlieSlich bei den im typischen Zustande eine gut entwickelte Clavicula besitzenden Familien unter successiver Lésung des Verbandes mit dem Episternum zum totalen Schwunde der Clavicula, der in der Reduktion des primaren Schultergiirtels vorauseilt oder wenigstens gleichzeitig mit ihm stattfindet (gewisse Scincidae, Anelytropidae'), Dibamidae, Anniellidae und Amphis- baenidae). Bemerkenswert ist die tiefgehende Differenz,- die 1) So bei Typhlosaurus. Feylinia, wenn von Corr recht beob- achtet, bildet eine Ausnahme, indem hier die Clavicula bei ver- schwundenem Scapulocoracoid noch persistiert (p. 232, Anm. 2, p. 240, Anm, 2). 550 : Max Fiirbringer, Ophiognomon vermiforme (Tejidae) in dieser Hinsicht von Chirotes canaliculatus (Amphisbaenia) scheidet: bei ersterem persistieren Clavicula und Episternum wie bei den kionokranen Lacertiliern in noch guter Ausbildung, obwohl die freie vordere Extremitit zu einem Rudimente von Humerus und Vorderarmknochen zuriick- gebildet ist, wahrend der akionokrane Chirotes, der noch 4 Finger aufweist, keine Spur von Clavicula und Episternum besitzt. — Ganz abgesehen von den mit der allgemeinen Riickbildung des srustschulterapparates zusammenhiingenden Reduktionen, zeigen somit auch die mit gut entwickelten Extremitaéten versehenen Lacertilier eine ungemeine Mannigfaltigkeit von den primitivsten Stadien bis zu hoher Differenzie- rung, von der vollkommensten Ausbildung der Cla- vicula bis zu ihrer vélligen Rickbildung, welche letztere aber keineswegs einen niederen Stand- punkt bekundet. Keine andere Reptilienordnung kann sich auch hierin an Reichtum und Bedeutung mit ihnen messen. Die Rhynchocephalier (p. 278f., 287f, 290 f., 292), ob- wohl auch hinsichtlich des sekundéren Schultergiirtels zu den primitiveren Formen zu rechnen, stehen — abgesehen von der primordialen Palaeohatteria — im ganzen doch etwas hoher als die niedrigeren Vertreter der Lacertilier. Palaeohatteria besitzt eine im medialen Bereiche ziemlich ausgedehnt verbreiterte Cla- vicula; Proterosaurus zeigt nur das mediale Ende verbreitert und schlieft sich damit dem zweiten Stadium der kionokranen Lacer- tilier (p. 549) an; bei Champsosaurus, den Rhynchocephalia vera (inkl. Sphenodon) und den Acrosauria hat sie sich medial zu- sehends verschmalert und kommt damit in die gleiche Reihe wie das dritte Stadium der kionokranen Lacertilier (p. 549). Zugleich bietet Sphenodon eine relativ verkiirzte Clavicula dar, welche die Mittellinie und die Clavicula der Gegenseite nicht mehr erreicht und lateral nur bis zur Mitte der knéchernen Scapula sich er- streckt. Auch darin spricht sich eine reduktive Verkiirzung aus, die bei den Acrosauriern noch weiter vorgeschritten ist. Die Ichthyopterygier (p. 310) schlieBen sich in der schlanken Gestaltung der Clavicula graduell den héheren kiono- kranen Lacertilia und den Rhynchocephalia vera an; ihre Clavi- cula ist aber langer als bei letzteren, indem sie wie bei den Lacertiliern von der Mittellinie (wo sie sich mit der Clavicula der Gegenseite verbindet) dorsolateralwirts in ziemlich grofer Aus- dehnung lings des scapularen Vorderrandes sich erstreckt. Repriisen- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 5 tieren somit die Ichthyosaurier in diesem Stiicke ein etwas primi- tiveres Stadium als die Rhynchocephalia s. str., so zeigt dagegen ihr Episternum eine erheblich weiter fortgeschrittene Reduktion (s. unten p. 556). Bei den uns bekannten Cheloniern (p. 318) liegt eine ganz einseitig entwickelte und in ihrer Eigenart weit vorgeschrittene Bildung vor. Die Clavicula steht ganz oder fast ganz auSer Ver- band mit dem primiiren Schultergiirtel und findet sich als kleines und verschieden gestaltetes Element (Epiplastron), hierbei zugleich die tiblichen Lagebeziehungen zur Clavicula der Gegenseite und zum Episternum (Entoplastron) wahrend, in dem Bauchschilde. Ob diese eigenartige Differenzierung von einem einstmaligen Sta- dium ausging, wo direktere, wenn gleich wenig innige Beziehungen zu dem primiren Schultergitirtel bestanden, oder ob sie sich aus- bildete, bevor die dermalen Platten noch in Kontakt mit den pri- miiren Elementen des Brustschulterapparates getreten waren, ist mit dem jetzt vorliegenden osteologischen Materiale nicht zu ent- scheiden; die Vergleichung mit entsprechenden Formen und unter Heranziehung der myologischen Verhaltnisse (s. unten sub Muskeln der Schulter und des proximalen Armbereiches, 4. Chelonier) der lebenden Formen giebt an die Hand, die ersterwahnte Modalitat fiir die weitaus wahrscheinlichere zu halten. Kaum weniger eigenartig verhalten sich die Sauropterygier. Hier ist der Entwickelungsgang zum Teil noch zu _ verfolgen. Die Nothosaurier (p. 324 f.) zeigen eine kraftig entwickelte Clavi- cula, die sich medial mit der der Gegenseite und mit einem er- heblich reduzierten Episternum, lateral mit dem vorderen ven- tralen Ende der Scapula verbindet; wie es hinsichtlich eines eventuellen Verbandes mit dem postulierten knorpeligen Procora- coid stand, ist nicht anzugeben. Bei den Plesiosauriern (p. 330 f.) ist die Clavicula in erheblicherem Grade in Riickbildung und zugleich in eine eigenartige — von den Cheloniern ganzlich verschiedene — Umbildung getreten, welche sie als vorwiegend inneres Deck- knochenstiick an die Visceralfliche des Procoracoides fiihrte. Zeigt, wie oben (p. 535) ausgefiihrt, der primaire Schultergiirtel der Plesiosaurier mit dem der Chelonier wesentliche Ueberein- stimmungen, so tritt der sekundire bei beiden Ordnungen in diametralen Gegensatz, wobei indessen die beiden divergenten Ent- wickelungsbahnen in der rinnenfoérmigen Umschliefung des Pro- coracoides durch die Clavicula, wie sie z. B. von den Anuren noch heutzutage dargeboten wird, eine einigermafen autklarende Parallele Bd, XXXIV. N. F. XXVIL 36 552 Max Firbringer, finden (p. 331). Hierbei liegt es mir selbstverstindlich fern, die Anuren genealogisch zwischen die Ahnen der Chelonier und Plesio- saurier zu stellen. Die Clavicula der Mesosaurier (p. 337), die gerade fiir die Genese und die friiheren Entwickelungsstufen der Clavicula der Sauropterygier manche Aufklirungen darbieten diirfte, ist nicht geniigend bekannt, um darauf weiter zu bauen. Die Theromorphen (p. 344f.) bieten minder abweichende Entwickelungsbahnen ihres sekundiren Schultergiirtels dar. An- kniipfungen an die entsprechenden Verhiltnisse bei den Lacer- tiliern, Rhynchocephaliern und Ichthyosauriern ergeben sich ohne grofe Schwierigkeit. Bei den primitiveren Formen (Pareiasauria) bildet er einen langen und kraftigen Knochen, der medial bis zur Mittellinie ausgedehnt mit dem Episternum, latero-dorsal in nicht minderer Ausdehnung mit dem Vorderrand der Scapula verbunden ist und hier auch dorsal an das bereits erwihnte, vielleicht als Cleithrum zu deutende Skelettstiick (Fig. 106 auf p. 341) angrenzt. Bei den héheren Abteilungen (Dicynodontia) ist der mediale Teil ver- kiirzt und nur noch mit dem lateralen Bereiche des Episternum in Verband, wihrend der latero-dorsale, falls die Funde allenthalben sicher erkannt sind, entweder noch in bedeutender Linge (Keiro- egnathus) oder in erheblicher Verkiirzung (Gordonia) der Scapula anliegt. Die Clavicula kann hierbei an beiden Enden oder nur an einem Ende verschmiilert sein; es ist nicht unwahrscheinlich, da das episternale hier das schmalere Ende vorstellt. Alle diese Befunde reden einer an die oben angegebenen Ordnungen an- schlieBenden, aber doch in besonderer Weise weiter gegangenen Entwickelung das Wort. Bei den Crocodiliern ist die Clavicula erheblich in Riick- bildung getreten, und darin bekundet sich eine hédhere Ent- wickelungsstufe dieser Ordnung. Bei den Parasuchia (Phyto- sauria) und Pseudosuchia (Aétosaurus) (p. 303, 305) bestand noch eine kleine reduzierte Clavicula, bei den Eusuchia (Crocodilia vera) ist dieselbe giinzlich geschwunden (p. 299, 306). Das Gleiche scheint bei den noch hoéher stehenden Dino- Sauriern (p. 352) und Patagiosauriern (p. 357) eingetreten zu sein; bei beiden Ordnungen wurde bisher keine Clavicula ge- funden, doch ist die Méglichkeit der Existenz einer sehr zuriick- gebildeten Clavicula bei gewissen Dinosauriern nicht von der Hand zu weisen; eine Art Acromion wurde bei einzelnen beobachtet (p. 350). Bei den Végeln endlich hat die Clavicula, im scharfen Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 553 Gegensatze zu den Dinosauriern und Patagiosauriern, unter der besonderen Heranziichtung durch die Flugmuskulatur vermehrtes Volumen und erhéhte Bedeutung gewonnen. Den Ausgang dafiir miissen urspriingliche Formen gebildet haben, deren claviculare Gebilde nach Art der héheren kionokranen Lacertilier in mittlerem Grade entwickelt waren. Eine Ableitung von Crocodiliern, Dino- sauriern oder Patagiosauriern ist auch durch das Verhalten der Clavicula ausgeschlossen; der Mangel derselben bei gewissen Végeln (viele Ratiten, einige Carinaten) wurde erst sekundir innerhalb dieser Ordnung erworben, und es darf mit guten Griinden an- genommen werden, daf simtliche der Clavicula entbehrende Végel von solchen mit Clavicula abstammen. B. Sekundares Brustbein (Kpisternum). Ein dem Episternum homologes Gebilde ist bekanntlich in der Gestalt der mittleren Kehlbrustplatte bereits bei Ganoiden und Crossopterygiern vorhanden, bei den Stegocephalen!) aber in héherem Grade entfaltet. Die dort vorkommenden Gebilde treten in Gestalt mehr oder minder ansehnlicher unpaarer rhombischer oder ahnlich gestalteter Platten auf, die sich haufig in einen schmiileren stabférmigen nach hinten gerichteten Fortsatz ver- lingern (Melanerpeton, Urocordylus, Discosaurus, Stereorhachis u.a.). Thr breiter vorderer Teil schlieft sich der rechten und linken Clavicula direkt an und kann sich auch teilweise zwischen beide lagern; der hintere Teil (Fortsatz), der sich caudalwirts bis ins Niveau der Coracoide oder selbst hinter dieselben erstrecken kann, diirfte einem knorpeligen costalen Sternum zum Teil als Deck- knochen aufgelegen haben, zu einem wesentlichen Teile dessen Ausbildung bedingend (p. 536). Je nachdem die Lage und Be- ziehung zu den beiden Claviculae oder zu dem Sternum in den Vordergrund gestellt wurde, ist das vorliegende Gebilde als Inter- clavicula oder Episternum bezeichnet worden. Ich ziehe den _hi- storisch alteren und bedeutungsvolleren Namen Episternum vor. Neben solchen verlingerten oder langgestielten Episterna, siimtlich Stegocephalen aus dem unteren Rotliegenden angehérend, finden sich auch kiirzere, mehr auf den interclaviculiiren Bereich beschrankte, und zwar sowohl bei gleichalterigen Stegocephalen (z. B. den lepospondylen Branchiosaurus und Pelosaurus) als bei solchen aus dem Keuper (z. B. den stereospondylen Metopias, 1) Vergl. Anm. 2 auf p. 547. 36 * 554 Max Firbringer, Mastodonsaurus u. a.). Diese letzteren Formen aus der oberen Trias halte ich ftir Reduktionsprodukte'); bei den kurzen Epi- sterna aus dem unteren Perm und aus dem Carbon wird es noch eingehender Untersuchungen bediirfen, um zu entscheiden, wie viele hierbei primitivere, d. h. caudalwarts noch nicht verlingerte, wie viele reduktive, d. h. sekundiir verkiirzte Gebilde vorstellen. Bei den Altesten bisher bekannten Reptilien, Palaeo- hatteria (p. 287 und 296), Hylonomus (p. 296) und Petro- bates (p. 296) aus dem unteren Rothliegenden, besitzt das sehr an- sehnliche, vorn rhombisch verbreiterte und hinten in einen langen stabférmigen Fortsatz auslaufende Episternum im wesentlichen die gleiche Gestalt wie die langeren Formen desselben bei den Stego- cephalen. Bei Palaeohatteria ist die vordere rhombische Platte ungefahr so lang wie breit, bei Hylonomus und Petrobates iiber- wiegt die Breitendimension derselben. Alle drei sind Rhyncho- cephalier oder primitive Zwischenformen zwischen Rhynchocephaliern und Lacertiliern. In ihren Episterna liegen in nuce die Formen aller anderen Episterna der Amnioten; das von Palaeohatteria er- scheint mir als das am meisten primitive. In der rhombischen Platte desselben findet sich bereits in den verdickten Partien die Kreuzform angedeutet; durch weitere Aussparung der diinneren und hoéhere Differenzierung der dickeren Stellen kann sie sich zur gracilen Kreuzgestalt umformen, sie, wie die von Hylonomus und Petrobates, kann aber auch durch weitere Verbreiterung und Verkiirzung ihres vorderen Endes zur T-Form gelangen. Damit sind die beiden Hauptformen des Episternum der kionokranen Lacertilier (p. 250f.) in Erscheinung getreten, die bekanntlich gleich der Clavicula durch ihre charakteristische Ge- staltung zum seit langem gebrauchten diagnostischen Differential- merkmal wurden. Dal dabei die Korrelationen zu dem medialen Teile der Clavicula, je nachdem derselbe verbreitert oder ver- schmilert ist, bestimmend auf die Ausbildung der Kreuz- und T-Form einwirkten, ist augenfillig. Dementsprechend finden wir auch bei den tiefer und mittelhoch stehenden Familien (Gecko- nidae, Scincidae, Gerrhosauridae, Lacertidae, Tejidae, Xantusiidae, Anguidae) die Kreuzform oder eine ihr nahestehende Gestalt tiber- wiegend, wobei zugleich der vordere Schenkel kiirzer werden und das Episternum in zunehmendem Male der T-Form sich annihern 1) Noch weiter, bis zum vélligen Schwunde des Episternum, ist die Reduktion bei den lebenden Amphibien gegangen, Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 5d5 kann (gewisse Geckonidae, Zonuridae, Anguidae, Xantusiidae, Xenosauridae, einzelne Agamidae); bei den héheren Abteilungen (iiberwiegende Mehrzahl der Iguanidae und Agamidaec; Varanidae, Dolichosauria, Mosasauria) zeigt das Episternum die T- oder Anker- Form, die auch unter den mancherlei speciellen Formverinderungen, die sich namentlich bei Iguanidae und Agamidae finden, doch er- kannt werden kann. Der hintere, mit dem Sternum (Prosternum) verbundene und fiir dessen Grenze besonders bedeutungsvolle Langsschenkel ist von verschiedener Lange und reicht nicht mehr bis zum hinteren Ende desselben, worin ich eine bereits beginnende Riickbildung erblicke; bei einigen und zwar nicht gerade tiefer stehenden Lacertiliern (z. B. bei gewissen Agamidae und Varanidae) erstreckt er sich noch in ansehnlicher Ausdehnung lings des Pro- sternum. Weiterhin kénnen sich die Querschenkel des T betricht- lich verkiirzen (vereinzelte Iguanidae, Mosasauria) oder ganz ver- schwinden (Heloderma), woraus die Form eines einfachen Lings- Stabes resultiert; umgekehrt kann der hintere Liingsschenkel sich ganz oder fast ganz reduzieren, wodurch das Episternum zum Querstabe wird (Phrynosoma); bei noch weiterer Riickbildung per- sistiert ein kleines, dem vorderen Sternalende angefiigtes Knochen- plittchen (Uroplates); endlich verschwindet es ganz (Chirotidae, Cha- maeleontidae). Entsprechende Reduktionen, die zur Liingsstabform (Ophiognomon, Acontias) oder zur Querstabform (gewisse Anguidae) neigen, im letzten Falle unter Lésung des Verbandes mit der Clavicula, verbinden sich auch mit der allgemeinen Riickbildung des Brustschulterapparates ; bei noch weiter fortschreitender Ver- kiimmerung tritt es giénzlich in Riickbildung bei gleichzeitiger Persistenz des Sternum und des Schultergiirtels (gewisse Anguidae, Pygopodidae, Trogonophis und andere Amphisbaenidae) oder bei vollkommenem Schwunde aller Teile des Brustschulterapparates (einzelne Scincidae, Anelytropsis, Dibamidae, Anniellidae und meiste Amphisbaenidae). Auch hier ist der Reichtum mannig- faltiger Differenzierungen der Lacertilier auSer- ordentlich; alle anderen Reptilienordnungen kommen ihnen darin nicht gleich. Speciell sei auch auf die ahnlichen Entwickelungs- ginge der Uroplatidae und Chamaeleontidae und die recht diver- genten Wege von Ophiognomon und Chirotes aufmerksam gemacht. Unter den Rhynchocephaliern (p. 279f.) schlieft sich an die oben (p. 554) geschilderte Gestalt des Episternum von Palaeo- hatteria auch Proterosaurus an, bei dem die rhombische Platte aber schon mehr in die Breite gezogen ist. Das fiihrt zu dem 556 Max Fiirbringer, T-formigen Episternum von Champsosaurus, den Rhynchocephalia vera und Acrosauria. Bei Palaeohatteria und Proterosaurus ist der Lingsschenkel sehr ansehnlich und erstreckte sich vermutlich in der ganzen Lange des Sternum (Prosternum); bei Sphenodon dehnt er sich noch tiber die vorderen ?/, desselben aus; bei Pleurosaurus (Acrosauria) ist er nur noch so lang wie der Quer- schenkel. Aber bei allen Rhynchocephaliern reprasentiert das Episternum ein sehr gut entfaltetes Gebilde. Zeigen die Rhynchocephalier gegentiber den Lacertiliern bereits eine grofe EKinseitigkeit und Verarmung der episternalen Bildungen, so ist die Einténigkeit derselben bei den anderen Reptiliern noch betrachtlicher: die T-form, der Lingsstab, das kleiner gewordene Rudiment und der vollige Schwund bilden zumeist den engen Kreis, in welchem sich die meist retrograde Entwickelung des Episternum bewegt. Das Episternum der Ichthyopterygier (p. 311) schlieft sich in seiner T-form dem der Rhynchocephalier an. Es hat aber hier an Volumen abgenommen, tritt gegen die weit ansehnlicheren Claviculae mehr zuriick, indem es den medialen Enden derselben hinten anliegt oder zwischen sie eingeschaltet ist, und hat zugleich seinen Langsschenkel erheblich verkiirzt, so daf dieser, wenn hier tiberhaupt noch ein bemerkenswertes Sternum vorhanden war, héchstens bis zum ersten Anfange desselben gereicht haben kann. Einen gleichfalls degenerativen Charakter zeigt das Episternum der Chelonier (p. 319f.). Als Entoplastron ist es in den Bauch- schild aufgenommen, befindet sich in der tiblichen Lage zwischen und hinter den Clavikeln (Epiplastra) in demselben und ist zugleich ligamentés mit dem medialen Ende des Procoracoides yverbunden. Fir seme verschiedenen rudimentiiren Formen (kurzes T, Lings- stab, Rhomboid) bildet die T-form den Ausgang; auch kann die Reduktion bis zum voélligen Schwunde fiihren. Noch weiter als bei den Cheloniern ist der reduktive Prozef bei den Sauropterygiern vorgeschritten. Bei den Nothosauriern (p. 325) reprasentiert das Episternum ein ziemlich kleines, zwischen die ansehnlichen Claviculae eingeschobenes Mittelstiick, etwas an die Ichthyosaurier erinnernd; bei den Plesiosauriern (p. 330 und 334) ist es bald minder bald mehr verkiimmert und entweder zwischen die schon genugsam riickgebildeten und an der Visceralseite der Pro- coracoide befindlichen Clavikeln eingeschaltet oder mit ihnen syno- stotisch verwachsen, so daf die Grenzbestimmung unter Umstanden schwierig resp. unméglich wird, oder endlich ganz geschwunden. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 557 Das Episternum der Mesosauria (p. 338) ist noch unbe- kannt; seine Kenntnis wiirde fiir die Bestimmung der systematischen Stellung dieser Abteilung von besonderem Werte sein. Abweichend von den Ichthyosauriern, Cheloniern und Sauro- pterygiern bildet das Episternum der Theromorpha (p. 345) ein ansehnliches, direkt an das der Lacertilier und Rhyncho- cephalier anschlieBendes Gebilde. Durchweg von T-Form, zeigt es bei den primitiveren Theromorphen (Pareiosauria) einen sehr ausgedehnten hinteren Liingsschenkel und verschieden ausgebildete, meist auch gut entwickelte Querschenkel; ersterer war vermutlich ausgiebig mit dem Sternum verbunden, letztere weisen meistens einen nicht minder ausgiebigen Verband mit den Claviculae auf. Bei den héheren Theromorphen (Dicynodontia) scheint eine Ver- kiirzung und teilweise Verbreiterung der Schenkel mit plumperer Gestaltung des ganzen Episternum Platz gegriffen zu haben, wobei die Verbindung mit Sternum und Clavicula nicht aufgegeben, aber in ihrer Ausdehnung vermindert wurde. Bei den Crocodiliern (p. 300, 303f., 305) begegnen wir wieder vorwiegend reduktiven Formen des Episternum, die sich aber ganz von denen der Ichthyosaurier, Chelonier und Sauropterygier unterscheiden. Das crocodile Episternum ist vermutlich von einer T-Form mit sehr ausgedehntem Langsschenkel und _ verkiirzten Querschenkeln ausgegangen, wie sie bei einzelnen lebenden Lacer- tiliern noch gefunden wird, und hat mit weiterer Riickbildung der Querschenkel in Korrelation zur Reduktion der mit ihnen ver- bundenen Claviculae zur Gestalt des Lingsstabes gefiihrt, der mit seinem hinteren Teile ausgedehnt dem Sternum aufliegt, mit seinem vorderen frei iiber dasselbe vorragt. Bei den Parasuchia und Pseudo- suchia lassen gewisse Konfigurationen am vorderen Ende des Epi- sternum noch auf einen Verband mit rudimentiren Clavikeln schliefen, bei den Eusuchia sind dieselben mit dem gianzlichen Schwunde der Claviculae gleichfalls in Riickbildung getreten. Bei den Dinosauria (p. 353) hat der RiickbildungsprozeB bei dem Episternum, gerade so wie bei der Clavicula, zum volligen Schwunde gefiihrt; wenigstens ist bisher noch kein Rudiment eines solchen mit Sicherheit nachgewiesen worden. Dasselbe ist der Fall bei den Patagiosauriern (p. 357); die Spina resp. Cristo-spina derselben hat nichts mit einem Epi- sternum zu thun, sondern ist eine sternale Bildung. Auch bei den Végeln ist das Episternum zumeist in voll- kommene Riickbildung getreten; ob dem interclaviculairen, mit- 558 Max Fiirbringer, unter selbstindig ossifizierenden Schlufstiicke der Furcula eine primitive Bedeutung als Rudiment eines Episternum oder ein sekundirer Charakter als mit der spateren Vergréferung der Fur- cula neu erworbener accessorischer Knochenkern zukommt, ist erst noch zu entscheiden. C. Parasternum. Parasternale Gebilde sind gleichfalls bei den Stegocephalen in hoher Ausbildung nachgewiesen'). In primitiver Anordnung bilden sie schrage, von lateral und hinten nach medial und vorn, also in ascendenter Richtung verlaufende Schuppenreihen (parasternale Metameren) von symmetrischer Anordnung, die sich vorn in der ventralen Mittellinie im Winkel treffen und die ganze Bauchseite zwischen Schulter- und Beckengiirtel bekleiden, wobei sie sich dachziegelartig decken. Jede Reihe setzt sich aus einer eréferen Anzahl nebeneinander gereihter und sich gleichfalls mit ihren Randern deckender, ziemlich breiter Schuppen, deren Hinter- rinder oder Mitten meist etwas verdickt sind, zusammen. Ks ist wahrscheinlich, daf diese Schuppen echte, noch im Gebiete des Integumentes gelegene Hautschuppen reprasentierten. In héherer Ausbildung ist bei den Stegocephalen eine Differenzierung ein- getreten, derart, da die breiten Schuppen vermutlich unter stirkerer Entwickelung ihrer verdickten Stellen und unter Reduk- tion ihrer diinneren Partien sich zu kurzen Stabchen umbildeten, die sich in der alten Schrigstellung in aufeinander folgenden Stabchenreihen (parasternalen Metameren) zusammenschlossen, sich aber entsprechend ihrer schlankeren Gestaltung nicht mehr deckten. Sehr méglich haben sich diese Stibchenreihen zugleich tiefer, in das subkutane Gebiet, eingesenkt und sind vielleicht auch zu den oberflachlichen Schichten der ventralen Bauch- 1) Vergl. H. v. Meyrr, Ueber die Reptilien aus der Stein- kohlenformation Deutschlands, I, Cassel 1857; A. Frirscu, Die Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der Permformation Béh- mens, J, II, Prag 1883—85, und vor allem H. Crepner, Die Stegocephalen und Saurier aus dem Rotliegenden des Plauenschen Grundes bei Dresden, III—X, Zeitschr. d. Deutsch. geol. Gesellsch., Berlin 1882—93. — Grarnpaur (Vergleichende Anatomie, I, Leipzig 1898, p. 168 f.) hat in tiefsinniger und geistvoller Weise die Genese und Erhaltung dieser Gebilde unter Vergleichung mit der Struktur der Haut der den Stegocephalen verwandten Gymnophionen be- griindet. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 559 muskulatur in direktere Beziehung getreten'). Die Zahl dieser parasternalen Metameren iibertraf die der entsprechenden Rumpf- metameren wohl stets mindestens um das Doppelte. Hier setzen die primitiven Formen unter den Reptilien ein. Die als Reptilien angesprochenen microsauren Gattungen Hylonomus und Petrobates (p. 296f.) bieten entsprechende Bildungen dar, ersterer in der primitiveren Gestalt von Schuppen- reihen, letzterer in der héheren Form von aufgereihten spindel- formigen Staibchen; je zwei dieser parasternalen Metameren kommen auf 1 Rumpfmetamer. Ob die Schuppenreihen von Hylonomus sich noch in cutaner oder bereits in subcutaner Lage befinden, kann nur als Frage aufgeworfen werden ”). Bei den Rhynchocephaliern (p. 280f.) erreicht dieser, nun nicht mehr aus in der Haut befindlichen Schuppen, sondern aus tiefer gelagerten Stabchenreihen oder Stabchen bestehende, parasternale Apparat die reichste Ausbildung und mannigfaltigste Gestaltung unter den Reptilien, wobei die héheren und spiteren Formen eine Vereinfachung desselben darbieten. Bei den Pro- terosauria (p. 288), vor allen bei Kadaliosaurus (p. 289), ist die absolute Zahl seiner Metameren sehr ansehnlich (ca. 80. bei Kadaliosaurus), auf je 1 Rumpfmetamer kommen 3—6_paraster- nale Metameren (5—6 bei Kadaliosaurus und Hyperodapedon *), 3 bei Palaeohatteria und Proterosaurus), endlich besteht jedes Metamer aus vielen Gliedern, einem unpaaren Medianstiick und zahlreichen paarigen Stabchen; lateral sind dieselben durch be- sondere, sehr feine, gegliederte Knochenfaiden mit den Enden der zugehérigen Rippen verbunden. Diese reiche Anordnung hat aber schon mannigfache Riickbildungen erfahren: bei Kadaliosaurus sind 1) Der Gegensatz zwischen Schuppenreihen und Stibchenreihen erscheint bei dem jetzigen Stande unseres Wissens, wo vermittelnde Zwischenformen noch nicht sicher bekannt sind, als ein tiefgehender und diirfte auch fiir die Systematik der Stegocephalen als be- deutungsvoll sich erweisen. 2) Auch diese Differenz zwischen Hylonomus mit seinem mehr stegocephalen und Petrobates mit seinem mehr rhynchocephalen Parasternum erscheint bedeutsam und laft weitere eingehende Unter- suchungen iiber den Bau und die systematische Stellung beider als sehr wiinschenswert erscheinen. 3) Baur (Kadaliosaurus 1890), dem ich folge, trennt Hypero- dapedon (als Vertreter der Hyperodapedontidae) von Rhynchosaurus (als Vertreter der Rhynchosauridae) ab und rechnet ersteren zu den Proterosauria, letzteren zu den Rhynchocephalia vera, 560 Max Firbringer, im hinteren Teile des Parasternum die Medianstiicke ausgefallen und auch die paarigen Stabchen an Zahl vermindert, bei Protero- saurus und Champsosaurus scheint der Ausfall der Medianstiicke im ganzen Bereiche des Parasternum zur Regel geworden zu sein, Champsosaurus, der letzte, sehr spite Ausliufer der proterosauren Reihe, zeigt eine noch weitere Verminderung in der Zahl der late- ralen Stiicke. Bei den Rhynchocephalia vera (p. 280f., 293), denen sich die Acrosaurier (p. 295) anreihen, besitzt der Apparat noch eine sehr ansehnliche Ausdehnung; das relative Zahlen- verhiltnis der parasternalen Metameren zu den Rumpfmetameren betragt aber in der Regel 2:1 (Sphenodon, Homaeosaurus, Rhyn- chosaurus, Acrosaurus)') und die Anzahl der Glieder, aus denen jedes parasternale Metamer besteht, ist nur noch 3, ein ausge- dehntes, winkelférmiges mittleres unpaares und ein Paar lingere Seitenstiibe — somit eine erhebliche Verminderung der Zahl der Glieder, aber gegentiber verschiedenen Proterosauria eine gréSere Bestindigkeit der unpaaren Stiicke. Auch die Art der Verbindung mit den Rippen (durch Vermittelung von eigentiimlich gestalteten Homodynamen der Sternocostalien, die immer je 1 mit dem Rumpf- skelette nicht verbundenes parasternales Metamer tiberspringen) ist eine wesentlich andere als diejenige bei den Proterosauria. Sphenodon lehrt uns, daf hier der parasternale Apparat in die Bauchmuskulatur eingesenkt ist, indem er den M. rectus abdominis in seinem ober- flachlichen Teile (M. rectus superficialis MAurEr’s) in lauter quere resp. schrage Segmente zerlegt und lateral zugleich ausgedehnte Verbande mit den Mm. obliqui externi abdominis superficialis und profundus, sowie dem M. pectoralis darbietet; es ist wohl be- rechtigt, alle diese Verbiinde als sekundare, erst mit dem Tiefer- riicken des Parasternum ausgebildete zu erkliren. — Der para- sternale Apparat der Rhynchocephalier la8t bei seiner grofen Mannigfaltigkeit, die von keiner anderen Reptilienordnung wieder erreicht wird, und seinen vielen durchgreifenden Differenzen bei den verschiedenen Vertretern der Rhynchocephalier eine ganze Reihe von Fragen entstehen, fiir die auch — rein theoretisch — gréBere oder geringere Wahrscheinlichkeiten angefiihrt werden kénnen; doch enthalten dieselben keine thatsichlichen Lésungen. Diese sind nur von neuen gliicklichen Funden, von einer sehr 1) Hyperodapedon wird von Bavr von Rhynchosaurus abge- trennt und zu den Proterosauria gestellt (vergl. die vorhergehende Anmerkung). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 561 sorefaltigen Detailuntersuchung der bereits vorliegenden Original- objekte, vielleicht auch zum Teil von der Ontogenie von Sphenodon zu erwarten. Es wird sich hierbei hauptsiachlich um die Fragen handeln: 1) Welches Zahlenverhiltnis der parasternalen zu den Rumpf-Metameren (2:1 oder 3:1 oder 5—6: 1) war das urspriing- liche, und auf welche Weise entwickelten sich die sekundaéren Ver- haltnisse aus den primitiven')? 2) Ist die Verminderung der Glieder- zahl der einzelnen parasternalen Metameren bei den Rhyncho- cephalia vera durch Verschmelzung der kiirzeren Stabchen von proterosaurier-artigen Vorfahren oder durch Verlangerung gewisser Glieder derselben unter Schwund der Nachbarglieder erfolgt? 3) Wie sind die Differenzen in der Verbindung der parasternalen Metameren mit den Rippen zu erkliren und zu vereinigen ? Dagegen ist bei den Lacertiliern (p. 255) und Ophi- diern, wenigstens den zweifellos als solche anzusprechenden Formen, bisher noch keine sichere Spur eines Parasternum auf- gefunden worden’). Ist ein solches hier nie zur Entwickelung eekommen oder bereits in friiher Zeit in Riickbildung getreten ¢ Hylonomus und Petrobates, vielleicht auch die altesten Rhyncho- cephalier Palaeohatteria und Kadaliosaurus kann man _ eventuell ebenso gut fiir Vorginger der Lacertilier wie der spateren Rhyn- chocephalier halten. Ihre Skelettverhiltnisse, namentlich das fiir diese Frage Wesentlichste derselben, die Knorpelformation des Schiadels und Kieferapparates, sind nicht geniigend bekannt, und es bedarf nur der Annahme eines gréferen oder geringeren Ausfalles von Deckknochen und yon mafigen Umbildungen an den anderen Skelettteilen, um entweder zu typischen Lacertiliern oder zu typischen Rhynchocephaliern zu gelangen. Dann aber ist auch an die dermalen Ossifikationen bei relativ tiefstehenden Lacertiliern (z. B. Scincidae) zu erinnern, von denen erst noch zu entscheiden st, ob sie rein sekundare, spat entstandene Gebilde darstellen, was mir wahrscheinlicher ist, oder ob sie schon mit den friihesten Zustinden einer Umbildung und dermalen Retention unterworfen 1) Die Annahme einer polyphyletischen Genese der ver- schiedenen Formen lést die Frage nicht, sondern verschiebt sie nur in friihere Zeit (stegocephalen-ahnliches Stadium). 2) Bei vereinzelten Lacertiliern werden auch ossifizierte und zum Teil selbstiindige Abdominalrippen angegeben. Ich méchte die- selben nicht mit Parasternalia, sondern mit Rippen in Verband bringen (vergl. auch p. 249, Anm. 2). Jedenfalls sind hier noch eingehende Untersuchungen sehr erwiinscht, 562 Max Fiirbringer, wurden, was HArckeL (1895, p. 346) zu vertreten scheint. Nicht zu vergessen ist hierbei die oberflachliche Lage des M. rectus lateralis (MAurrER) der Lacertilier, sein Verband mit der Haut und seine oberflichliche Segmentierung'). Wenn somit den aus- gebildeten echten Lacertiliern auch ein typisches Parasternum ab- zusprechen ist, so sind doch Momente vorhanden, um der Existenz desselben bei ihren friihesten Vorfahren eine gewisse Wahrschein- lichkeit zu geben”), Eine wirkliche Entscheidung dieser Frage bleibt den Arbeiten der Zukunft tiberlassen (vergl. auch p. 539). Die Ichthyopterygia (p. 311) schlieBen sich in der Zu- _ sammensetzung jedes parasternalen Metamers aus nur 3 Stiicken den Rhynchocephalia vera an, doch sind die Metameren an Zahl verringert, indem auf je 1 Rumpfmetamer nur je 1 parasternales Metamer kommt. Auch hier ist die Verminderung — ob durch Ausfall der nicht mit den Rippen verbundenen Metameren oder ob durch Riickbildung der terminalen Strecken des Parasternum mit metamerischer Verschicbung seiner tiberbleibenden Metameren herbeigefiihrt — noch thatsiichlich zu begriinden; jedenfalls kenn- zeichnen sich die Ichthyopterygier durch dieselbe als héher stehende Formen gegeniiber den Rhynchocephaliern. Die Chelonier (p. 320f.) bieten den parasternalen Apparat nach Zahl seiner Metameren hocheradig riickgebildet und nach Art seiner Zusammensetzung zugleich erheblich umgebildet dar; der aus ihm hervorgegangene hintere Hauptteil des Plastron baut sich aus wenigen paarigen Parasternalien auf, die allerdings zu breiten, durch Sutur miteinander verbundenen Knochenplatten herangewachsen sind. 1) Maurer (1898, Diskussion zu Osawa p. 105, 106) hebt auch hervor, daf die beziiglichen Verhiltnisse bei den Lacertiliern durch Riickbildung der betreffenden Skeletteile von Sphenodon erklarbar seien. 2) Auch auf die bis zur Ausbildung von wirklichen winkelig nach vorn (also ganz abnlich wie die parasternalen Metameren) gerichteten Querspangen vorgeschrittene hohe Entwickelung der Rippenknorpel verschiedener Lacertilier (p. 249 f., 268) sei auf- merksam gemacht. Liegen hier auch vom Parasternum morphogenetisch ganz differente Gebilde vor, so ist ihr Verhalten zur ventralen Bauchmuskulatur ein analoges oder fahnliches, und der Gedanke, daf sie eventuell als funktioneller Ersatz fiir in Riickbildung tretende parasternale Metameren sich successive entwickelten, kann wenigstens mit der nétigen Vorsicht ausgesprochen werden. Mehr als eine Frage bedeutet er allerdings zur Zeit nicht. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 563 Umegekehrt zeigen die Sauropterygier (p. 325, 334f.) in ihrem Parasternum viel zahlreichere Komponenten und erheblich primitivere Verhaltnisse. Bei den Lariosauridae kommen je 2 para- sternale Metameren auf 1 Rumpfmetamer, bei den Nothosauridae und den Plesiosauria ist die Zahl der parasternalen und der Rumpf-Metameren die gleiche; letztere bekunden damit ihre hohere Stellung gegentiber den Lariosauridae. An der Zusammensetzung der einzelnen Metameren fehit niemals das unpaare winkelig ge- bogene Mittelstiick, wahrend die paarigen Lateralstiicke jederseits in der Zahl von 2 (Lariosauridae), 1 (Nothosauridae) und 1—3 (Plesiosauria) vorkommen. Auch hierin stehen die Lariosauridae tiefer als die Nothosauridae, wihrend die mehrfache Gliederung der im itibrigen hdher stehenden Plesiosauria, ob primitiv oder sekundir, noch zu erkliren ist. Ein sehr primitives, an das des Proterosauria erinnerndes Verhalten bietet das aus sehr zahlreichen Elementen zusammen- gesetzte Parasternum der Mesosauria (p. 338) dar; jedes Meta- mer besteht aus vielen kurzen Stibchen, und auf 1 Rumpf- metamer kommen wie bei Kadaliosaurus und Hyperodapedon 5—6 parasternale Metameren. Bei den Theromorpha (p. 340) sind parasternale Gebilde meines Wissens bisher nicht in ausreichender Weise nachgewiesen worden; doch besteht kein Grund, ihre Existenz véllig abzuleugnen. Das Parasternum der Crocodilia (p. 300f., 304, 306) be- findet sich in weit vorgeschrittener Reduktion, auch darin die relativ hohe Stellung dieser Reptilien bekundend. Wie es scheint, ent- spricht allenthalben 1 parasternales Metamer 1 Rumpfmetamer, und an der Zusammensetzung jedes parasternalen Metamers_ be- teiligen sich bei den Parasuchia gerade so wie bei Sphenodon und den Ichthyosauria ein unpaares winkeliges Medianstiick und ein rechter und linker paariger Lateralstab, wihrend bei den Eu- suchia an Stelle des unpaaren Medianstiickes auch paarige Medial- stiibe sich finden, so da das parasternale Metamer bei ihnen jederseits aus 2 miteinander verbundenen Stiiben, die mit den Rippen keinen direkten Verband mehr aufweisen, besteht. Ob es sich hierbei um einen Zerfall des unpaaren Mittelstiickes oder um von Anfang an paarig angelegte Medialstiicke handelt, ist noch zu entscheiden; erstere Annahme hat manche Wahrscheinlichkeit fiir sich. Bei den lebenden Crocodiliern sind noch 7—8 paraster- nale Metameren erhalten. An die Crocodilier schlieBen sich die Dinosaurier (p. 353) 564 Max Firbringer, an. Das hier nur bei einigen Theropoden bisher gefundene Para- sternum ist sehr reduziert und besteht nur aus paarigen Staben, wobei, wie es scheint, die relative Zahl der parasternalen Meta- meren derjenigen der Rumpfmetameren entspricht. Die Patagiosaurier (p. 362 f.) besitzen ein vollkommneres Parasternum, das aus einem unpaaren Mittelstiicke und einem rechten und linken daran anschliefenden stabformigen Seitenstiick besteht, welches letztere aber mit den zugehérigen Rippenenden gelenkig verbunden ist. Auch hier entsprechen sich parasternale und Rumpf-Metameren in ihrer relativen Zahl. Daf auch bei den jurassischen Végeln (Archaeopteryx) parasternale Bildungen sich finden, sei in Kiirze zugefiigt. Das hier bekannt gewordene Parasternum besteht aus 12—13 paarig angeordneten stabférmigen Metameren, die an Zahl den Rumpf- metameren entsprechen, aber mit den Rippen nicht mehr ver- bunden sind; es befindet sich somit im Zustande einer sehr weit vorgeschrittenen Reduktion und weicht ganz erheblich von dem der Patagiosaurier ab. 4. Humerus. Der Humerus der Reptilien zeigt, soweit er nicht erheblich riickgebildet ist, bei allen Vertretern derselben die charakteristischen Ziige: Er beginnt 1) mit einem verbreiterten proximalen Teile, der durch einen meist ellipsoidisch geformten Gelenkkopf (Caput humeri) mit der von Scapula und Coracoid gebildeten Gelenkhéhle artikuliert und, daran anschliefend, zwei Fortsitze aufweist, einen breiten und langen, lateral und ventral vor- springenden Proc. lateralis, welcher vornehmlich den Mm. pectoralis, supracoracoideus (supracoracoscapularis), dorsalis sca- pulae und deltoides clavicularis s. inferior als Insertionsstelle dient, und einen kiirzeren, proximaler gelegenen (somit direkter an das Caput anschliefenden) Proc. medialis, an dem namentlich die Mm. subcoracoscapularis und scapulo-humeralis posterior inserieren. Zwischen beiden Fortsitzen finden sich an der Ventral- fliche die Konkavitét fiir die Insertion des M. coraco-brachialis brevis und den Verlauf des M. biceps brachii (Sulcus s. Fossa bicipitalis), an der Dorsalflaiche die Insertionsstellen des M. sca- pulo-humeralis anterior und des M. latissimus dorsi (letztere nicht selten durch eine besondere Linea s. Eminentia latissimi dorsi gekennzeichnet), sowie die Anfiinge der Urspriinge der humeralen Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 565 Képfe des M. anconaeus. Daran schlieft sich 2) das Mittelstiick, die weitere Insertionsstelle des M. coraco-brachialis, sowie die Ursprungsstatte der Mm. brachialis inferior und anconaeus hume- ralis, an, in der Regel der schmilste und keine besonders mar- kanten Ziige aufweisende Abschnitt des Humerus. Endlich folgt 3) der distale Teil, der sich wieder bald zu gleicher Breite wie der proximale Teil, bald zu geringerer oder gréBerer Breite als dieser verbreitert, wobei die Ebene dieser Verbreiterung in der Regel einen mehr oder minder ansehnlichen Winkel (bis zu annahernd 90°) mit der Ebene der proximalen Verbreiterung macht. Der distale Teil artikuliert medial (ulnar) durch den Condylus ulnaris mit der Ulna, lateral (radial) durch den Condylus radialis mit dem Radius; proximal von diesen Ge- lenkfliichen springen — an der Stelle der gréften Breite — die beiden Muskelhécker (Epicondylen) hervor, von denen der Epi- condylus radialis (Ursprungsstelle der Extensoren am Vor- derarm) meist schwicher, aber in gréferer Linge und darum etwas weiter proximalwirts hinaufreichend ausgebildet ist als der Epicondylus ulnaris (Ursprungsstelle der Flexoren). Ge- wohnlich im Bereiche dieser Epicondylen, nicht selten aber auch proximal von ihnen kénnen Kandale oder Furchen fiir die Nn. radials und medianus und die mit ihnen verlaufenden GefaSe sich finden ; der fiir den N. radialis liegt an der Radialseite (Canalis resp. Sulcus nervi radialis s. ectepicondyloideus), der fiir den N. medianus an der Ulnarseite des Humerus (Canalis nervi medianis. entepicondyloideus). Zu diesen durch die Beziehungen zu dem Schultergiirtel und dem Vorderarm, sowie zu den sich hier ansetzenden Muskeln und hier verlaufenden Nerven und GefifSen ohne weiteres verstiindlichen specielleren Bildungen kommen noch allgemeinere Konfigu- rationen, wie Verlingerung und Verkiirzung, Abflachune und Verbreiterung, Kriimmung des Humerus u. s. w., die auch den be- wegenden Kraften, den Beziehungen zu den Nachbarknochen und den Korrelationen zu den umgebenden Medien (Erdleben, Baum- leben, Anpassung an das Wasser, Flugbewegung etc.) ihre Ent- stehung yerdanken, die sich somit aus vielen Detailwirkungen und Detailanpassungen aufbauen und deren Analyse eine dank- bare, aber keineswegs einfache Aufgabe ist. Ein geitibtes Auge und ein durch Nachdenken gescharfter Blick findet in dem Humerus der Reptilien zahlreiche Momente, welche von mehr oder minder grofer systematischer Bedeutung 566 Max Firbringer, sind, welche aber, was noch wichtiger ist, zugleich ein Stiick Genealogie ablesen lassen. Auf diese Fragen naiher einzugehen, verbietet sich durch die Grenzen dieser Arbeit. Nur einige in systematischer Beziehung bemerkenswertere Momente sollen herausgegriffen werden; zu einem groken Teile bieten sie nichts Neues dar. a) Allgemeine Dimensionen des Humerus. Fiir die allgemeinen Dimensionen des Humerus — Verhialtnis von Linge zu gréfter Breite — bilden die kionokranen Lacer- tilier (p. 255f., 269, 271, 273, 520) und die Rhynchocephalier (p. 281f., 288 f., 290, 291, 292, 295) wieder den Ausgang: erstere weisen vorwiegend, aber mit markanten Ausnahmen, schlankere Formen [Laingen-Index +) 2°/,—6°/,], letztere kompaktere Humeri (Lingen-Index 2!/,—3) auf; der den Rhynchocephaliern proviso- risch eingereihte Kadaliosaurus (Lingen-Index 3—31/,) gleicht in dieser Hinsicht mehr einem Lacertilier. Unter den Lacertiliern zeigen im grofen und ganzen die baumlebenden Vertreter (den- drobate Agamidae und Iguanidae, Uroplatidae, Chamaeleontidae) die schlanksten und mit den schwéachsten Muskelfortsitzen ver- sehenen Humeri (Langen-Index 4—6*/,), die erdjebenden und wasserbewohnenden (nebst den Dolichosauria) relativ kiirzere und kraftigere Formen (L.I. 23/,—4)?), endlich die vollkommen an das Wasserleben angepaSten Mosasauria ganz auferordentlich kurze und platte Oberarmknochen (L. I. 1—1?/,). Es finden sich somit bei den Lacertilia s. lat. (inkl. Chamaeleontia, Dolicho- sauria und Mosasauria) die gré{ten Extreme der relativen Lange (LI. 1—7) und dabei eine Vielgestaltigkeit, wie sie keine andere Reptilienordnung annihernd wieder darbictet. Das kennzeichnet aufs neue die tiefe Stellung derselben, zugleich aber auch die ungemeine Variabilitiit und Anpassungsfihigkeit des Humerus, welche beziiglich der systematischen und genealogischen Verwertung zu gréSter Vorsicht auffordert. Man wird von mitt- leren Dimensionen (L.I. 21!/,—31/,) Ausgang zu nehmen haben *) und yon da aus die specialisierten Extreme der betreffenden 1) Lange dividiert durch die grifte Breite. 2) Varanus hat den kleinsten Lingen-Index (2°/,) unter den lebenden kionokranen Lacertiliern. 3) Auch die microsauren Hylonomus und Petrobates, ersterer mit L.I. 3, letzterer mit L.I. 21/3, reihen sich hier an. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 567 Agamidae, Iguanidae, Uroplatidae und Chamaeleontidae auf der einen und der Mosasauridae auf der anderen Seite ableiten. Von der Verkiimmerung des Humerus bei den schlangenahnlichen Lacertiliern sei hier abgesehen. Die wasserlebenden rhyncho- cephalen Acrosaurier zeigen eine nur mifige Verkiirzung (L.I. 3), dagegen ist dieselbe bei den den Rhynchocephaliern nahestehenden Ichthyopterygiern (p. 311, LI. 11/,—1'/,) wieder recht extrem geworden, wenn sie auch die héheren Grade der Mosasaurier nicht ganz erreicht ‘). Der Humerus der Chelonier (p. 321) geht von mittleren Mafien (L.I. 21/,—351'/;) aus und verkiirzt resp. verbreitert sich bei den wasserlebenden Chelonidae und Sphargidae in mafigem Grade (L.I. 2!/,—2). Bei den Sauropterygiern (p. 326 und 335) bilden wieder langere Formen den Ausgang (Nothosauria mit L.I. 3—4), um bei den wasserlebenden Plesiosauriern zu mafiger Verkiirzung (L.I. 2—3) zu kommen. Die Mesosaurier (p. 338, LI. 3—31/,) schliefen sich den primitiven Sauropterygiern gut an. Die Theromorphen (p. 338f.) kennzeichnet ein kurzer, stimmiger Humerus mit geringem Lingen-Index (1°/,—21/,); die kleineren Tiere besitzen minder plumpe, die gréSeren bieten un- gemein massig entwickelte Formen mit gewaltigen Muskelfortsatzen dar. Alles weist auf vorgeschrittene Specialisierung hin ; die Ausgang gebenden Formen sind uns noch unbekannt. Auffallend schlank und mit malig entwickelten Muskelfort- sitzen verschen ist der Humerus der 4lteren und jiingeren Cro- codilier (p. 301, 304, 305, 306, L.I. im Mittel 4). Bei den in der Entwickelung und dem Gebrauche ihrer vor- deren Extremitit sehr variierenden Dinosauriern (p.353f.) finden sich neben ziemlich schlanken (namentlich unter den kleineren Dinosauriern) kolossal plumpe Formen; letztere (Palaeosaurus, Stegosaurus, Triceratops u. a.) kénnen die Massigkeit der Thero- morphen erreichen (L.I. 1°/,); erstere (mit einem L.I. von 3 und dariiber) sind wohl erst durch sekundare Reduktion der Muskel- 1) Die peripheren Partien der Ichthyopterygier-Flosse zeigen eine viel héhere Umbildung fiir das Wasser (Homéomerie, Hyper- phalangie, Hyperdactylie) als die Mosasaurier; doch greift zum Teil bei letzteren die Verkiirzung weiter proximal (bis zum Oberarm) hinauf als bei den ersteren. Bd, XXXIV. N, F. XXVIL. 37 568 Max Firbringer, fortsitze zu ihrer Schlankheit gelangt. Diese Verhiltnisse der Dinosaurier weichen wesentlich von denen der Crocodilier ab. Die Patagiosaurier (p. 363 f.) zeigen im allgemeinen einen schlankeren Humerus, dessen Index sich aber durch die michtige proximale Entwickelung des Proc. lateralis verringert (mit dem Proc. lateralis ist der Index 2—3, ohne ihn, also unter alleiniger Beriicksichtigung der Breite des distalen Endes, 4—7). b) Ausbildung der Muskelfortsitze. Die Ausbildung der Muskelfortsitze bietet im Detail bei den verschiedenen Abteilungen einen ganz auferordentlichen Wechsel dar, auf den hier nicht eingegangen werden kann. Die Altesten Rhynchocephalier und Microsaurier zeigen eine makige Entwicke- lung; das Gleiche gilt fiir die schlankeren (gewisse Lacertilier, Crocodilier), sowie fiir die platteren Humeri der an das Wasser angepaBten Formen (Mosasauria, Ichthyosauria, Plesiosauria), bei welchen aber die Vereinfachung durch sekundare Riickbildung zu- stande kam. Eine bessere Entwickelung der Fortsitze kenn- zeichnet die meisten kionokranen Lacertilier; noch héher ist die- selbe bei den jiingeren Rhynchocephaliern und Cheloniern ‘) aus- gebildet; extreme Grade erreicht sie bei gewissen Theromorphen und Dinosauriern, sowie — mehr auf den proximalen Bereich des Humerus beschrinkt — bei den Patagiosauriern. Die genauere Vergleichung dieser Abteilungen lehrt zugleich sehr charakteristische Ziige der einzelnen in Frage kommenden Fortsitze. So zeigt z. B. der Proc. lateralis bei Lacertiliern und Rhynchocephaliern eine makig lange, erst im 2. Fiinftel des Humerus seine gré’te Hervorragung erreichende Entwickelung, bei den Theromorphen ist er von seinem Anfange an in den proxi- malen 1/,—*/, des Humerus enorm ausgebildet, bei den Dino- sauriern in der proximalen Halfte, wobei er bald von Anfang an, bald erst im weiteren Verlaufe des Humerus seine Hauptentfal- tung gewinnt; bei den Patagiosauriern endlich beschrankt er sich in der Regel auf das proximale 1/;—1/, des Humerus, springt aber hier von Anfang an, selbst proximalwarts tiber das Caput humeri, michtig hervor. Man kann danach beurteilen, in wie ver- 1) Bei den Cheloniern aber vorwiegend am proximalen Ab- schnitte des Humerus. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 569 schiedenem Grade die an ihm inserierenden Muskeln (s. p. 564) bei diesen verschiedenen Reptilienordnungen entwickelt sind. Aehnlich wechselnde Beziehungen lassen sich fiir den Proc. medialis und die beiden Epicondyli nachweisen. Kine besondere Entwickelung der Linea m. latissimi dorsi zeichnet gewisse Rhynchocephalier, namentlich aber Sauropterygier und Theromorphen aus; durch die Vergleichung wird der sekundare Charakter dieser auffallenden Prominenz erkannt. c) Nervenkandle im distalen Bereiche des Humerus. Dem Verhalten der Nervenlécher im distalen Bereiche des Humerus ist von jeher eine besondere Beachtung geschenkt wor- den. Der Canalis nervi radialis (ectepicondyloideus), der auch durch eine blofe Furche (Sulcus nervi radialis s. ectepicon- dyloideus) vertreten sein kann, zeigt sich in relativ weitester Ver- breitung, und zwar bei den meisten kionokranen Lacertiliern, Rhynchocephaliern (exkl. Palaeohatteria)') nebst Acrosauriern, meisten Cheloniern, Nothosauriern (wie es scheint, nicht ganz kon- stant), einzelnen Theromorphen, gewissen parasuchen Crocodiliern (Sulcus n. radialis)?). Der Canalis nervi mediani (entepi- condyloideus) ist minder verbreitet und findet sich bei Palaeo- hatteria, Sphenodon, vielleicht Homoeosaurus, den Acrosauriern, Nothosauriern, Mesosauriern und Theromorphen. Dementsprechend kennzeichnet eine Koexistenz beider Kandale (resp. von Kanal und Furche) Sphenodon, vielleicht Homoeosaurus, die Acro- saurier, Nothosaurier und einige Theromorphen (Deuterosaurus s. Brithopus, Gomphognathus und wohl noch mehrere andere). Jed- wede Kanalbildung fehlt (oder wird als fehlend angegeben) bei mehreren Lacertiliern (gewisse kionokrane Lacertilier, alle Cha- maeleontia, wie es scheint, die Dolichosauria und Mosasauria), Hylonomus, vielleicht Petrobates, den Ichthyopterygiern, einzelnen Cheloniern, den Plesiosauriern, den meisten Crocodiliern, den Dino- sauriern und Patagiosauriern; doch ist nicht unwahrscheinlich, daf bei manchen der hier angefiihrten Abteilungen bei giinstigeren 1) Auch die Nervenéffnung von Homoeosaurus wird von Zirren und Bouteneer fiir eine entepicondylare erklart. 2) Andeutungen eines Sulcus nervi radialis bieten auch ge- wisse Vogel (Casuarius, Macrochires) dar. ate 570 Max Firbringer, Objekten noch Nervenkanile oder Andeutungen derselben gefunden werden mégen. Auf die Verteilung dieser Kanale ist in systematischer Hin- sicht viel Wert gelegt worden; namentlich wurde auch die Aus- bildung des Canalis nervi mediani bei den Theromorphen benutzt, um damit deren behauptete Verwandtschaft mit den Mammalia (die den gleichen Kanal in grofer Verbreitung zeigen) zu stititzen. Die auferordentlich wechselnden Verhaltnisse bei den Rhyncho- See cephaliern und anderen Ordnungen geben an die Hand, dieses — systematische Merkmal nicht zu iiberschitzen und mit grofer Vorsicht zu benutzen. Auch ist diesen Kaniilen eine tiefere primitive Bedeutung, als iibrig bleibende Spaltbildungen bei der Konkrescenz des Humerus aus mehreren Radien, zuerteilt worden (W1EDERSHEIM 1892). Wie ich bereits bei der Besprechung des Humerus von Sphenodon (p. 283, 284, Anm. 7) ausgefiihrt, kann davon keine Rede sein, da einmal jeder Nachweis fiir den (in jeder Hinsicht mehr als un- wahrscheinlichen) Aufbau des Humerus aus mehreren Radien fehlt, dann aber, weil — selbst bei der Annahme, daf er statt- gefunden hatte — die Nerven an der polymeren Flosse die ihnen zukommenden Seiten derselben wahren und nicht belicbig zwischen deren Gliedern von der Ventralseite nach der Dorsalseite und umgekehrt hindurchtreten'). Aehnlich wie schon Rugs fiir den Canalis nervi mediani der Saéugetiere betont hat (1884), kann ich diese Nervenkanale, die bei den Amphibien noch durchaus fehlen, nur als Produkte einer progressiven Vergréferung des Volumens des Humerus (die ihrerseits wieder der erheblichen Verstairkung der Muskulatur ihre Entstehung verdankte) erklaren: in dem Make, als die Oberfliiche des Humerus zunahm, wurden die an ihr verlaufenden Nerven (und Gefafe) zunaichst in Rinnen, dann in Kanaile durch iiberbriickende Skeletmassen eingeschlossen; und umgekehrt, wie das z. B. die Lacertilier und Crocodilier zeigen, 1) An der vom proximalen Ende her verkiimmernden Bauch- flosse der Ganoiden kommt es, wie Braus wahrscheinlich gemacht, zu Nervendurchtritten durch die Glieder; hier liegen aber ganz sekundire und einseitige Umbildungs- und Reduktionserscheinungen vor, die nur infolge des Schwundes des Beckengiirtels und Meta- pterygoides méglich wurden und zur Erkliirung der Nervendurchtritte durch den Humerus von Sphenodon im Sinne von WrppERsHEIM nicht verwendet werden kénnen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 571 konnte es wieder bei der sekundaren Verschmachtigung des Humerus und Riickbildung dieser Skeletteile zu einer Umwandlung der Kanale in Furchen und zu einem villigen Schwunde derselben kommen. Bei den héheren Reptilien, denen, wie es scheint, die Kanile fast durchweg abgehen (manche Crocodilier, Dinosaurier, Patagiosaurier) wird es durch den Vergleich mit den primitiven Lacertiliern, Rhynchocephaliern und Phytosauriern nicht unwahr- scheinlich, daf’ ihre zur Zeit gré8tenteils unbekannten Vorfahren entsprechende Bildungen noch aufwiesen. B. Nerven fiir die Schulter und den proximalen Armbereich. Alle diesbeziiglichen Untersuchungen, die ich seit 1873 aus- gefiihrt, haben mir die grundlegende morphologische Bedeu- tung des Nervensystemes fiir die wahre Erkenntnis der Muskulatur und fiir die Bestimmung der Muskel-Homologien dargethan. Jede myologische Arbeit, welche die betreffenden motorischen Nerven vernachlassigt, ist eine liickenhafte und, soweit sie beabsichtigt, die vergleichende Myologie derselben zu geben, ihr Ziel ver- fehlende. Bei dem grofen Wechsel und den oft ganz gewaltigen Umbildungen der Muskulatur ist die Nervenversorgung derselben oft der einzige sichere Punkt und diejenige hohere Instanz, welche — mit der nétigen Kritik angewendet — niemals tauscht und niemals auf Irrwege fiihrt. Diese Erkenntnis wird von der tiber- wiegenden Mehrzahl der in diesem Gebiete arbeitenden Forscher geteilt und ist sozusagen Allgemeingut geworden. Die dagegen angefiihrten Griinde einzelner Stimmen kénnen als stichhaltige nicht anerkannt werden‘). Besonders beweisend fiir die Unerlaf- lichkeit der Nervenberiicksichtigung bei myologischen Arbeiten waren aber die negativen Resultate, welche ohne dieselbe von diesem oder jenem Autor erhalten wurden. Wie hoch somit die morphologische Bedeutung der motorischen 1) Wie schon erwahnt, wird der allgemeine Teil dieser ganzen Untersuchungsreihe, nachdem die Végel und Saugetiere behandelnden Abschnitte erledigt sind, sich auch mit diesen Arbeiten beschaftigen und die ganze Frage der Innervation der Muskeln in zusammen- fassender Weise behandeln. 572 Max Firbringer, Nerven zu stellen ist, so ist der Gewinn, den die Systematik aus ihr ziehen konnte, kein bedeutender. In den Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Végel habe ich mich bereits dariiber ausgesprochen (1888, p. 1068) und konnte dabei zeigen, da8 die Plexusbildungen der Nerven, teils wegen der einfachen Gestaltung, die das Nervensystem gegeniiber der reich differen- zierten Muskulatur aufweist, teils wegen der metamerischen Um- bildungen und der damit zusammenhangenden Variierungen in der Zahl der Plexuswurzeln, fiir eine systematische Verwertung nicht sehr geeignet sind!). Ein getibtes Auge erkennt auch im Wechsel die Ziige der Verwandtschaft, dieselben sind aber oft schwer zu sehen und werden von dem verwirrenden Hin und Her der metamerischen Umbildungen recht haufig sehr verdeckt. So schwankt die Zahl und Starke der Wurzeln des Plexus brachialis bei demselben Tiere nicht unerheblich (z. B. bei Sphenodon, p. 380), und ganz nahe Verwandte kénnen in der Wurzelzahl bedeutend differieren (z. B. Chamaeleo vulgaris mit 5, Brookesia superciliaris mit 3 Wurzeln, p. 372). Doch mége der Untersucher namentlich auf das Verhalten der Ansenbildungen und auf die Ab- gange der peripherischen Nerven vom Plexus achten, und gewisse Resultate werden seine Sorgfalt lohnen. Einige Beispiele, in denen die betreffenden peripherischen Nerven sich zu etwas hoherer systematischer Bedeutung erheben, moégen weiter ausgefiihrt werden. a) N. accessorius posterior. Die Anteilnahme des Ramus accessorius posterior nervi vago- accessorii (cf. Schultermuskeln, I, 1874, p. 229; III, 1875, p. 649 f., 667, 671 f.; Untersuch. z. Morph. und Systematik d. Végel, 1888, p- 236 f., und diese Abhandlung p. 374 f.) an der Innervation des (von ihm und gewissen Cervicalnerven versorgten) M. trapezius + sterno - episterno- cleido-mastoideus (cleido- mastoideus) giebt einen gewissen Gradmesser fiir die tiefere oder héhere Stellung der betreffenden Sauropsiden : 1) Meine damalige pessimistische Prognose méchte ich aber nicht mehr in ihrem ganzen Umfange festhalten. Fiir die Sonde- rung engerer Gruppen erweist sich das Verhalten des Plexus bra- chialis allerdings nicht sehr hoffnungsreich, fiir gréfere Abteilungen hingegen bietet es gute Differentialmomente dar. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 573 1) Bei Sphenodon, einzelnen Geckonidae und Scin- cidae ist der N. accessorius posterior ziemlich stark und in- nerviert einen recht ansehnlichen Teil dieses Muskels. 2) Bei gewissen Agamidae, Iguanidae, Uroplates, namentlich aber Chamaecleontidae wird er recht fein und der von ihm versorgte Muskelteil klein. 3) Auch bei den Cheloniern ist er fein bis sehr fein. 4) Bei den Crocodiliern geht er bei gleicher Feinheit intime Anastomosierungen mit dem 1. Cervicalnerven ein. 5) Bei den Vé6geln endlich kann er so fein werden, daf er oft recht schwer nachzuweisen ist und da der von ihm innervierte Teil des Muskels ganzlich gegen den von Cervicalnerven versorgten zuriicktritt. b) Metamerische Lage des Plexus brachialis., Die — aus dem Gewirre der metamerischen Umbildungen doch sicher erkennbare — metamerische Lage des Plexus brachialis, ob mehr rostral oder mehr caudal befindlich, bildet eine nicht zu unterschitzende systematische Marke fiir die einzelnen Abteilungen, mit der in charakteristischer Weise die Liinge der Halswirbel- siule koincidiert : 1) Bei der tiberwiegenden Menge der kionokranen Lacer- tilier (Schultermuskeln, II, 1875, p. 650f.; Zur Lehre von den Umbildungen der Nervenplexus, 1879, p. 329f., und diese Abhand- lung p. 8366—369) bilden der 6. bis 9. Nerv (VI—IX) die alleinigen oder die hauptsachlichsten Wurzeln des Plexus brachialis'), zu denen haufiger der 10. Nerv (X), seltener der 5. Nerv (V) sich in einer, wie es scheint, systematisch regellosen Weise zugesellen kann. Damit ist zugleich eine caudalwarts oder rostralwarts gehende metamerische Bewegung des Plexus angebahnt. Die Hals- wirbelsiule besteht aus 8 Wirbeln. 2) Diesem Plexus ist der von Sphenodon (diese Abhand- lung p. 869, 380) anzuschliefen. Derselbe besteht aus VI—X oder VI—XI, zeigt somit gegeniiber den kionokranen Lacertiliern eine 1) Die angegebenen Zahlen der Nerven beziehen sich durchweg auf die Hauptplexus (s. p. 366). — Abweichend von den meisten kionokranen Lacertiliern verhalt sich Heloderma, dessen Plexus nach Suuretpt von dem 5. bis 8. Cervicalnerven gebildet ist. Mir erscheint hier eine Nachuntersuchung sehr erwiinscht. 574 Max Firbringer, erhebliche caudalwarts gehende Ausbreitung (um 1—2 Nerven) unter Erhaltung des rostralen Anfanges (VI). Mit der Zahl von 6 Wurzeln erreicht zugleich Sphenodon das héchste yon den lebenden Sauropsiden erreichte Maf+). Die genauere Untersuchung der 5- oder 6-wurzeligen Plexus zeigt aber, daf der Schwerpunkt des sphenodonten Plexus auf VIJ—X liegt, somit im Vergleich zu der Mehrzahl der kionokranen Lacertilier eine um 1 Metamer caudalwarts verschobene Zusammensetzung aufweist. Die Hals- wirbelsiule besteht aus 8 Wirbeln. 3) In Parallele zu dem Plexus brachialis der kionokranen Lacertilier steht der der Chelonier (Schultermuskeln, II, 1874, p. 230f.), der auch in der Regel (Chrysemys, Clemmys, Emys, Testudo) von VI—IX, bei Trionyx (ob individuell?) aber nur von VI—VIII gebildet wird. Das letzterwahnte Verhalten eines nur 3-wurzeligen Plexus kann als primitiveres oder als sekundires (Riickbildung mit rostralwirts gehender Bewegung) angesehen werden. Bei der bis jetzt vorliegenden sparlichen Untersuchungs- reihe ist zur Zeit keine Entscheidung zu geben. 8 Halswirbel. 4) Die caudalwarts gerichtete Bewegung bei den kiono- kranen Lacertiliern fiihrt unter ganzlicher Reduktion von VI und unter Kraftigung von X zu einem von VII—X gebildeten Plexus (diese Abhandlung p. 367, 369). Derselbe steht somit ungefahr in der gleichen metameren Reihe wie der von Sphenodon. Das wird von vy. JHERING fiir einzelne Agamidae (Draco volans und _lineatus, Agama stellio) angegeben ”), wird aber zur Regel bei den Vara- nidae*). Hierbei weisen Draco volans und lineatus 8, Agama stellio (nach v. JHERING)?) und die Varanidae 9 Halswirbel auf. 1) Kein anderes untersuchtes lebendes Reptil zeigt mehr als 5 Wurzeln fiir den Hauptplexus, und nur einzelne Vogel (Cha- radrius, Columba) erreichen auch die Sechszah] der Wurzeln. 2) Hierbei handelt es sich offenbar um individuelle Variationen der von y. JHERING untersuchten Exemplare von Draco volans und lineatus; bei beiden Arten fand ich wie bei den kionokranen Lacer- tiliern eine Zusammensetzung von VI—X. Agama stellio, bei dem Srepenrock 8 Halswirbel angiebt (vergl. p. 545 Anm. 1) konnte ich nicht untersuchen. 3) Einmal unter den Varanidae, bei Varanus salvator, wird hier von v. JHERING eine Zusammensetzung aus VI—IX angegeben. Alle anderen von ihm, sowie simtliche von mir untersuchten Vara- nidae ergaben stets einen von VII—X_ gebildeten Plexus. Der Befund bei Varanus salvator ist wohl ein individueller. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. (3) Namentlich die Varanidae heben sich somit durch die ausgebildete Wanderung ihres Plexus brachialis und Verlingerung ihrer Hals- wirbelsiule um 1 Metamer nach hinten deutlich vor den anderen kionokranen Lacertiliern hervor. Ihnen reihten sich vielleicht auch die mit 9—10 Halswirbeln versehenen Aigialosauridae und gewisse Mosasauridae (?) an. 5) Eine noch weiter caudalwarts gehende Ausbildung des Plexus brachialis zeichnet die Crocodilier (Schultermuskeln, III, 1875, p. 682f.; diese Abhandlung p. 394) aus, bei denen der Haupt- plexus von VII—XI zusammengesetzt ist und die Halswirbelsiule wie bei den Varanidae aus 9 Halswirbeln besteht. 6) Bei den V6geln (Untersuchungen z. Morph. u. System. der Végel, 1888, p. 238f.) mit Plexuszahlen von X—XIV bis XXII—XXVI und Halswirbelzahlen von 10—25 erreicht diese caudalwarts gehende Bewegung unter den noch lebenden Sauro- psiden ihren Hoéhepunkt *). 7) Die rostralwairts gerichtete Bewegung ist bei den bisher untersuchten Chamaeleontia (Schultermuskeln, III, 1875, p. 667f.; diese Abhandlung p. 372 f.) bis zu einem Plexus von IV—VI (Brookesia) oder III—VII resp. HI—VI (Chamaeleo) angelangt. Die Halswirbelzahl betragt hier 5. Gegentiber den typischen kionokranen Lacertiliern existiert somit eine nach vorn gehende Umbildung und Wanderung um ca. 3 Metameren. Zwischen- stadien zwischen ihnen und den typischen kionokranen Lacertiliern sind nicht bekannt?”). 8) Eine gleichfalls rostralwarts gehende Bewegung der vorderen Extremitaét und des Plexus brachialis verbindet sich be- kanntlich zugleich mit der ausgiebigeren Riickbildung der 1) In den von den Vogeln eingenommenen Wirbelbereich fielen auch die Bildungen der Plexus brachiales bei den Dolichosauridae (mit 15—17) und den Nothosauria (mit 16—21 Halswirbeln), wihrend bei den héheren Formen der Plesiosauria (mit 20—72 Cer- vicalwirbeln) der Plexus brachialis zu noch betrachtlich weiter gehender Wanderung nach hinten gelangte (vergl. auch p. 545 f.). 2) Die von V—IX gebildeten Plexus einzelner kionokranen Lacertilier kénnen nicht eigentlich als Zwischenformen angesprochen werden; ebensowenig der Plexus brachialis von Heloderma mit seiner meines Erachtens nicht vollkommen gesicherten Zusammen- setzung aus V-—VIII. — Eine beginnende retrograde Bewegung rostralwarts kennzeichnete méglicherweise auch den Plexus der Mosasauria mit 7 Halswirbeln. 576 Max Firbringer, Extremitaten bei den kionokranen Lacertiliern (Schulter- muskeln, III, 1875, p. 665 f.; Umbildungen d. Nervenplexus, 1879, p. 829 f., diese Abhandlung p. 367 f., 369). Bei Chalcides tridactylus hat der Plexus noch seine normale Lage (VI—IX), bei Anguis wird sein Rudiment von V und VI, bei Pygopus lepidopus (Carts- SON) und Ophisaurus apus von IV—VI gebildet'). Noch weiter kann die rostral gerichtete Wanderung bei den Amphisbae- nia (diese Abhandlung p. 369, 371 f.) gehen, indem die hier viel- leicht als Rudiment eines Plexus brachialis anzusprechenden Nerven bei Trogonophis aus IV und V, bei Amphisbaena aus lif und IV resp. (Cartsson) I[—IV sich zusammensetzen 2), — Bei allen diesen Tieren bildet zugleich das Verhalten dieses rudi- mentaren Plexus mit seinen prozonal und metazonal verlaufenden Nerven das Mittel, um die metamere Lage des rudimentaren Schultergiirtels resp. seiner einstigen Stelle zu bestimmen. Den Ausgang fiir die ganze Reihe bildet der von VI—X oder von VI—XI gebildete Hauptplexus der kionckranen Lacer- tilier und von Sphenodon und die aus 8 Wirbeln bestehende Halswirbelsaule dieser Tiere. Ob hierbei der Schwerpunkt des Plexus urspriinglich*) auf der an erster oder zweiter Stelle ge- gebenen Zusammensetzung lag, ob Sphenodon oder die Lacertilier die primitivere Stufe hierbei einnehmen, ist mit den zur Zeit ge- gebenen Materialien nicht zu entscheiden. Ueber schr viele Ver- treter ausgebreitete und namentlich auf zahlreiche ontogenetische Stadien ausgedehnte Untersuchungen an Sphenodon, Geckonidae und Scincidae diirften aber diese Frage lésen oder wenigstens der Lésung naher bringen. 1) Diese Rudimente sind nur den ersten Wurzeln des Plexus brachialis der Lacertilier mit ausgebildeten Extremitaten zu ver- gleichen; die hinteren Wurzeln sind mit Riickbildung der peripheren Abschnitte der Extremititen vélliig reduziert. 2) Von gréftem Interesse wire die Kenntnis des Plexus bra- chialis von Chirotes als desjenigen Amphisbaeniers, dessen vordere Extremitaét nur in makigem Grade zuriickgebildet ist. 3) Selbstverstandlich habe ich die bereits Reptilien gewordenen Vorfahren dieser Tiere im Auge; die noch friiheren (amphibien- artigen) Vorstufen desselben hatten vermutlich einen mehr rostral hegenden Plexus, der mit der vorderen Extremitit successive caudalwarts wanderte. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 577 Von da aus geschah entweder die caudalwirts gehende (pro- gressive) oder rostralwairts gerichtete (regressive) Wanderung und Umbildung. Die caudalwarts gehende Wanderung reprasentiert die weitere Fortsetzung des von Anfang an eingeschlagenen Weges der vorderen Extremitaét der Reptilien und bildet mit der Eroberung des 11. Nerven (Sphenodon, Crocodilier), mit dem Verluste des 5. Nerven (die sub 4 angefiihrten Lacertilier, namentlich die Vara- nidae, sowie die Crocodilier) und mit der durch die Umbildung des bisherigen ersten Dorsalwirbels in einen Cervicalwirbel und der damit bedingten Verlingerung der Halswirbelsiule auf 9 Wirbel (Varanidae, Crocodilia) verschiedene Etappen dieses Weges dar. Die Crocodilier stehen am Ende der von den lebenden Reptilien gebildeten Reihe; zwischen sie und die meisten kionokranen Lacer- tilier stellen sich Sphenodon und die Varanidae, ersterer den Lacertiliern, letztere den Crocodiliern mehr genahert. Die Che- lonier stehen den Lacertiliern in dieser Hinsicht gleichwertig da und zeigen keine ausgiebigere Bewegung des Plexus; bei den Dolicho- sauriern, namentlich aber bei den Vogeln und Sauropterygiern ist die caudalwirts gerichtete Wanderung noch in erheblichem Grade weiter geschritten. Umgekehrt bezeichnet die rostralwarts gehende Be- wegung die regressive, d. h. die von den Vorfahren in alter Zeit schon durchlaufenen Wege wieder rickwirts einschlagende Richtung und reprasentiert mit der Aufnahme des 5. Nerven in den Hauptplexus (einzelne kionokrane Lacertilier)!) und mit der bei den Chamaeleontia und verschiedenen schlangenartigen Lacertiliern und Amphisbaeniern weiter nach vorn bis zum 3. (vielleicht selbst 2.) Nerven gegangenen Umbildung des Plexus und der durch die Umwandlung der 3 letzten Halswirbel in Dorsalwirbel bedingten Verkiirzung der MHalswirbelsiule auf 5 Wirbel gleichfalls verschiedene Etappen dieses Weges. Hierbei ist aber wohl zwischen den Eidechsen mit und ohne Extremitateu 1) Méglicherweise bildet schon die Verstarkung von VI (Sphen- odon, p. 380) den ersten Schritt auf diesem Wege. Zwischen diesem Anfange und dem von den Chamaeleontiern erreichten Endziel befindet sich aber eine noch unvermittelte, unbekannte Strecke. Es ist daher auch mit der Méglichkeit einer einstmaligen Mittelstellung des Ausgang gebenden Plexus der Lacertilier s. lat. zu rechnen (vergl. p. 373); der sichere Beweis fiir das eine oder andere ist zur Zeit nicht zu fiihren. 578 Max Firbringer, zu unterscheiden; im ersteren Falle (Chamaeleontia) hat sie grifere systematische Bedeutung als im letzteren, wo die Wan- derung des Brustschulterapparates nach vorn mit der Lésung des Sternum von den Rippen koincidiert. Die Beurteilung der Ver- haltnisse bei den Amphisbaenia kann erst nach Untersuchung des Plexus von Chirotes (und Ophiognomon) geschehen. Nach unserer jetzigen Kenntnis bilden die Chamaeleontia unter allen bisher genauer bekannten lebenden und ausgestorbenen Sauro- psiden mit ausgebildeten Extremitéten den Endpunkt der rostral- warts gerichteten Reihe 4). c) Verhalten der vom Plexus brachialis abgehenden peripheren Nerven. Endlich bietet das Verhalten der von dem Plexus abgehenden peripheren Nerven zahlreiche Ziige dar, welche von differential- diagnostischer Bedeutung sind. Besonders markant sind dieselben bei Sphenodon und zeigen mehr noch als das Skeletsystem die besondere Stellung dieses Rhynchocephaliers. 1) Der gemeinsame Abgang der Nn. dorsalis scapulae und supracoracoideus von dem Plexus (p. 381), 2) die Existenz der Nn. scapulo-humerales anterior und posterior (p. 383), 3) die Entwickelung der Nn. humero-radiales proximalis und distalis (p. 383, 384 und 386), 4) die Art der Sonderung des N. bra- chialis longus superior (p. 385 f.), vor allem aber 5) die friihe Tei- lung des N. brachialis longus inferior (p. 391 f.) in die 3 Haupt- ‘iste des N. brachialis longus inferior lateralis (N. musculo-cuta- neus ++ medianus e. p.), medianus (N. medianus e. p.) und ulnaris (N. ulnaris) und 6) der besondere Verlauf des N. brach. long. inf. medianus durch den Canalis n. mediani (p. 393) sind lauter Mo- mente, durch die sich Sphenodon ganz wesentlich sowohl von den Lacertiliern wie von den Crocodiliern unterscheidet. Die sub 2) angefiihrte Koexistenz der beiden Nn. scapulo-humerales findet sich unter den Sauropsiden nur noch bei den Végeln, aber hier in ab- weichender Entwickelung wieder; den Nn. humero-radiales ganz 1) Die Angaben, wonach auch gewisse Rhynchocephalier nur 5 Halswirbel haben sollen, beruhen auf der abweichenden Zahlart dieser Halswirbel; alle diese Formen diirften wohl nicht weniger als 8 Cervicalwirbel haben. Ueber die Verhiltnisse bei den Amphis- baeniern und Ophidiern ist das Urteil zunachst noch zu vertagen; das Gleiche gilt fiir die reptilischen Microsaurier (Hylonomus, Petrobates), sowie vielleicht fiir die Mosasaurier. a Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 579 inkomplett homologe Gebilde existieren bei Crocodilen und Végeln ; das sub 5) und 6) hervorgehobene Verhalten des N. brachialis longus inferior erinnert an die bei den Saéugeticren noch zu_be- schreibenden Verhiltnisse. Man wiirde aber sehr fehlgehen, wenn man daraufhin gewisse intimere verwandtschaftliche Beziehungen yon Sphenodon zu den Végeln oder gar Siugetieren griinden wollte ; es handelt sich nur um Parallelitaéten, die im weitesten Sinne des Wortes ganz allgemeine Affinitiiten bedeuten. Das aber beweisen die angegebenen Befunde mit hinreichender Deutlichkeit, dal ein Tier, das allein in einem ganz kleinen Abschnitte seines Nerven- systemes solche prinzipielle Besonderheiten darbietet, nicht den Lacertiliern eingerechnet werden darf. Zum Schlusse sei noch das Verhalten der Nn. thoracici inferiores (Schultermuskeln, III, 1875, p. 658 f., 675; diese Ab- handlung p. 388) hervorgehoben, die bei den kionokranen Lacer- tiliern in wechselnder Weise von VI, VII und VIII, bei Sphenodon von VII, VIII und IX, bei den Crocodiliern von VIII, IX und X abgegeben werden, beziiglich welcher somit Sphenodon wie fiir den ganzen Plexus brachialis eine mittlere Stellung zwischen den Lacertiliern und Crocodiliern einnimmt. Aehnliche, minder ausgepraigte, metamerische Verhiiltnisse bieten die Nn. thoracici superiores (Schultermuskeln, ILI, 1875, p. 651f. und 672 f.; diese Abhandlung p. 379f.) dar. Betrefis der besonderen Stellung der Chelonier und Cro- codilier bedarf es keiner Erérterung. Dieselbe spricht sich auch im Plexus aus, wie ein Blick auf die Abbildungen desselben (verg]. Schultermuskeln, II, 1874, Taf. V resp. VI; III, 1875, Taf. XXIII) lehrt. Namentlich sei auf die friihe Trennung der Nn. brachiales inferior und superior bei den Cheloniern, ein Merk- mal, das keine primitive Stellung derselben bekundet, hingewiesen. C. Muskeln der Schulter und des proximalen Armbereiches. Die hohe systematische Bedeutung der Muskulatur der Schulter und des proximalen Armbereiches hatte sich mir schon in den Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vogel 1888 zur Geniige gezeigt 1); fiir die daselbst gegebene systematische 1) Neuerdings auch durch R. Buri (Zur Anatomie des Fliigels von Micropus melba und einigen anderen Coracornithes, Jenaische Zeitschr., XX XIII, Jena 1900, p. 602) bestatigt. 580 Max Firbringer, Kinteilung der Vogel bildeten speciell diese Muskeln einen der am meisten in den Vordergrund tretenden Faktoren. Das Gleiche ergiebt die Untersuchung der entsprechenden Muskulatur bei den Reptilien!). Wie sehr gering auch die Zahl der von mir daraufhin bearbeiteten Tiere ist, so sind die Ergeb- nisse doch derartige, daf sie zur Erginzung, zur Sicherung und zur niheren Beschrankung der durch die betreffenden Skelettteile gewonnenen systematischen Erkenntnisse sehr wesentliche Momente hinzufiigen. Jede in dieser Richtung vorgenommene, mit Treue und Verstandnis ausgefiihrte weitere Untersuchung wird dankenswerte Resultate habien und die systematische und genealogische Kenntnis der hier in Betracht kommenden Tiere férdern. Von den hierfiir besonders verwertbaren Muskeln (beziiglich deren aufer der vorliegenden Arbeit, p. 398—519, auch die Teile II, 1874, p. 243—276, und III, 1875, p. 693—808 einzu- sehen sind) stehen an erster Linie: der M. cucullaris + sterno- episterno-cleido-mastoideus (cleido-mastoideus) nebst der Mem- brana sterno-episternalis, das mit dem M. sternocosto-scapularis in Verbindung stehende Lig. sterno-scapulare internum, der M. biceps, die Mm. dorsalis scapulae und deltoides clavicularis s. in- ferior, der M. anconaeus scapularis mit seinen Ankerungen und dem Lig. scapulo-humerale laterale, der Anconaeus coracoideus und der M. humero-radialis. Ihnen folgen, mannigfaltige dif- ferential-diagnostisch wichtige Ziige offenbarend, die Mm. levator scapulae superficialis, sterno-coracoidei, sternocosto - scapularis, latissimus dorsi, scapulo-humerales anterior und posterior, sub- coracoscapularis. Minder bedeutsam, aber doch nicht ganz zu unterschitzen, sind die anderen in den vorhergehenden Ab- schnitten beschriebenen Muskeln. Die zusammenfassende Beurteilung der betreffenden Bildungen ergiebt das folgende. 1. Kionokrane Lacertilia. Unter den auf die Muskulatur untersuchten Abteilungen *) der kionokranen Lacertilier (Schultermuskeln, III, 1875, p. 695—746; 1) Damit soll nicht gesagt sein, daf nicht auch andere Teile des Muskelsystemes gute taxonomische Resultate darbieten kénnen. Eine — allerdings nicht sehr eingehende — Durcharbeitung der gesamten Muskulatur ergab mir aber gerade diesen Abschnitt als einen dafiir besonders geeigneten. 2) Infolge von Mangel an Material ist die Untersuchungsreihe Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 581 diese Abhandlung p. 8398—443) zeigen einerseits die Geckonidae, andererseits die Scincidae, welchen letzteren sich in mancher Hinsicht die Gerrhosauridae anreihen, das relative Maximum ') an primitiven Ziigen: einheitlicher M. cucullaris + sterno-episterno- cleido-mastoideus, gut entwickelte sternale Insertion desselben und relatives Zuriicktreten der Membrana sterno-episternalis; mafige Sonderung der Mm. sterno-coracoidei interni; schwache Entwicke- lung oder einfache Ausbildung des Lig. sterno-scapulare internum ; ausgedehnter Zusammenhang des M. pectoralis mit der Bauch- muskulatur und Beschrinkung seines episternalen Ursprunges auf den hinteren Liingsschenkel des Episternum; unvollstandige Sonde- rung der Mm. supracoracoideus und coraco-brachialis voneinander; ansehnliche Langsentfaltung des M. coraco-brachialis brevis; starke und rein muskulése Entwickelung des proximalen Biceps-Bauches ; einheitliche Ausbildung der Mm. dorsalis scapulae und deltoides clavicularis resp. noch in den ersten Anfaingen begriffene Sonde- rung derselben; unbedeutende oder mafige Entwickelung des Lig. scapulo-humerale laterale, das von der scapularen Ursprungssehne und der humeralen Ankerung des M. anconaeus scapularis noch nicht gesondert ist; allein oder vorwiegend (bei geringer Ver- bindung mit dem Lig. sterno-scapulare internum) vom Coracoid selbst stattfindender Ursprung des Anconaeus coracoideus. Hierbei ergiebt sich zwischen den Geckonidae und den Scin- cidae eine Anzahl prignanter Unterschiede, insbesondere im Ver- halten des M. cucullaris + sterno-episterno-cleido-mastoideus, des M. sternocosto-scapularis (bei den Geckonidae fehlend), des M. scapulo-humeralis anterior und des Anconaeus coracoideus (der bei den Geckonidae noch einen kleinen distalen Muskelbauch dar- bietet), welche eine nahe Verwandtschaft beider ausschlieben. Die Geckonidae nehmen eine relativ separate Stellung ein. sehr unvollstindig. Vertreter der Eublepharidae, Xantusidae, Helo- dermatidae, Anguidae, Xenosauridae und Anolidae in ihren mit Extre- mitaten versehenen Reprisentanten standen mir nicht zu Gebote; auch verfiigte ich hinsichtlich mancher Familien, namentlich der Tejidae, Iguanidae und Agamidae, nicht tiber die gentigende Anzahl typischer Gattungen. 1) Daneben finden sich auch vereinzelte hihere Differenzierungen, z. B. die hohe Entfaltung der Patella ulnaris, des M. latissimus dorsi. — Eine in jeder Hinsicht tiefere Differenzierung bietet die Natur selten dar; die gréfere oder geringere Summe bestimmt. 582 Max Fiirbringer, Dagegen lift sich von den Scincidae aus die Entwicke- lungsreihe durch die Gerrhosauridae zu den Lacertidae und zum Teil auch den Tejidae verfolgen. Graduell existiert zwischen den ersteren und letzteren ein ziemlich grofer Unterschied, das Quale gestattet die Ableitung von gemeinsamem Zweige. Gewisse Besonderheiten, namentlich eine Vereinigung von graduell recht divergenten (primitiven und relativ hohen) Ziigen, charakterisieren die Tejidae und lassen sie mehr als einen Seitenzweig der Reihe auffassen. Hier ist indessen noch viel an einem reicheren Material zu untersuchen; namentlich die Tejidae mit ihren mannigfach aus- eebildeten Vertretern verlangen noch manche Arbeit. Charakte- ristisch fiir die genannten Familien (Gerrhosauridae, Lacertidae, Tejidae) verhalten sich: Der M. cucullaris + sterno-episterno-cleido- mastoideus, bei dem die Membrana sterno-episternalis mehr und mehr in den Vordergrund tritt; das Lig. sterno-scapulare internum, dessen Verband mit der coracoidalen Ecke sich mehr und mehr entwickelt; der M. pectoralis, dessen Ursprung auf den medialen Bereich des episternalen Querschenkels (nicht bei Ameiva) iiber- ereift; die beginnende Verkiirzung des M. coraco-brachialis brevis; der proximale Bauch des Biceps, der bei den Scincidae und Gerrhosauridae noch rein muskulés ist, bei den Lacertidae und Ameiva in beginnender Degeneration sich befindet und zum kleineren Teile durch Ursprungssehne ersetzt wird; die hohe Entwickelung des M. latissimus dorsi; der ausgiebig zweiképfige Ursprung des M. scapulo-humeralis anterior; das Ueberwiegen der Pars coraco- scapularis tiber die Pars scapularis des M. subcoracoscapularis; die bessere Entfaltung des Lig. scapulo-humerale laterale und der zunehmend, aber immer noch mafig entwickelte Verband der Ur- sprungssehne des Anconaeus coracoideus mit der coracoidalen Ankerung des Lig. sterno-scapulare internum. Zonurus teilt die Mehrzahl der Charaktere mit den vier erwahnten leptoglossen Familien, zeigt aber namentlich in -dem Verhalten des M. cucullaris +- sterno-episterno-cleido-mastoideus, des Lig. sterno-scapulare internum, des M. pectoralis (vergréferter episternaler Ursprung), des M. latissimus dorsi gewisse Ziige, durch die er sich abseits von ihnen und zum Teil auch héher stellt. Eine rationelle Vergleichung mit den Anguidae, Xeno- sauridae und Iguanidae war durch Mangel an Material verboten. Heloderma wird — auf Grund der von SHUFELDT ge- gebenen Beschreibung; eigene Untersuchungen fehlen aus Mangel Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 583 an Material — charakterisiert durch die Scheidung der Mm. cucullaris und sterno-episterno-cleido-mastoideus (episterno-masto- ideus), durch den ausgedehnten sternocostalen Ursprung des M. sternocosto-scapularis, durch das Uebergreifen des Ursprunges des M. pectoralis auf die Clavicula, durch den rein sehnigen Anfang des M. biceps brachii, durch den ausgedehnten Ursprung des M. deltoides clavicularis von dem Episternum, durch die Verbindung des Anconaeus coracoideus mit dem Insertionsteil des M. latis- simus dorsi — Charaktere, welche ihm teils eine besondere (zum Teil zu der besonderen Konfiguration des Episternum in Kor- relation stehende) Position, teils eine héhere Stellung als den vor- genannten Lacertilier- Familien anweisen. Neben der eigenen Untersuchung von Heloderma wurde auch diejenige eines mit gut entwickelten Extremitiiten versehenen Vertreters der Anguidae sehr vermiBt. Fiir die wirkliche Kenntnis der Verhaltnisse bei den gerade hinsichtlich der vorliegenden Muskeln recht vielgestaltigen Igua- nidae (inkl. Anolidae) und Agamidae reichen die bisherigen Untersuchungen an so wenigen, zum Teil auch aberranten Ver- tretern bei weitem nicht aus. Doch ergeben sich markante Dif- ferenzen von den mit kreuzformigem Episternum und medial ver- breiterter und gefensterter Clavicula versehenen Lacertiliern. Weiterhin zeigte sich, da beide Familien Vertreter aufweisen, deren Muskulatur teils einen mittleren (Iguana, Uromastix, Lio- lepis), teils einen héheren Rang (Phrynosoma, Chlamydosaurus, Calotes) in der Differenzierung bekunden. Die mit mabiger Sonde- rung beginnende und zur vollkommenen Trennung und Entfernung durchgefiihrte Scheidung der Mm. cucullaris und sterno-episterno- cleido-mastoideus; die in zunehmendem Mae ausgebildete Ent- wickelung der coracoidalen Ankerung des Lig. sterno-scapulare internum; das bald nicht, bald successive zunehmende Uebergreifen des pectoralen Ursprunges auf die Clavicula; die partielle Ver- bindung des Anfanges des M. coraco-brachialis longus mit der coracoidalen Ankerung des Lig. sterno-scapulare internum; das Verhalten des M. biceps brachii, der bei Uromastix und Liolepis etwa zu gleichen Teilen muskulés und sehnig entspringt, bei Phrynosoma einen bald mafig, bald gar nicht entwickelten fleischigen Ursprung zeigt (waihrend der sehnige speciellere Sonderungen auf- weisen kann), bei Iguana, Agama stellio und Calotes rein sehnig beginnt; die gegenseitigen Beziehungen der Mm. dorsalis scapulae Bd. XXXIV. N. F. XXVII, 38 584 Max Firbringer, und deltoides clavicularis, die bei Iguana und Uromastix noch in mivigem Grade gesondert, bei Phrynosoma und Calotes ganz und gar geschieden und in ihren Insertionen in hohem Grade ver- schoben sind (wozu bei Phrynosoma und Calotes noch eine weitere Sonderung des M. dorsalis scapulae, bei Calotes ein weit auf das Episternum iibergreifender Ursprung des M. deltoides clavicularis kommt); die hohe Entwickelung, zum Teil (besonders bei Calotes) auch Verdoppelung des scapularen Ursprunges des M. anconaeus scapularis und die besondere Gestaltung seiner humeralen Anke- rung (die bei Phrynosoma auch einem Teile des Muskelbauches des Anconaeus scapularis als Ursprung dient); die hohe Entfaltung des Verbandes der Ursprungssehne des Anconaeus coracoideus mit dem Lig. sterno-scapulare internum (wozu bei Phrynosoma noch der Verband mit dem M. latissimus und die sekundére Heraus- differenzierung eines kleinen Muskelbauches des Anconaeus coraco- ideus kommt) — alle diese Befunde ergeben eine Differenzierung, welche die tiefer stehenden Iguanidae und Agamidae den héchsten der bisher besprochenen Familien gleichstellt, die hdher entwickelten aber mehr oder minder weit iiber deren Niveau erhebt. Dabei er- geben sich bei dieser oder jener Form progressive Differenzierungen und aberrante Charaktere (vergl. hinsichtlich des Details die Unter- suchungen von 1875, p. 693—744 und die vorliegende speciellere Muskelbeschreibung p. 398—443), welche die Iguanidae und Agamidae, wie schon deren Skelettsystem bekundete, als ausgebildete Specialisten unter den kionokranen Lacertiliern erkennen lassen. Markante Differential-Charaktere zwischen beiden Familien konnten nicht aufgefunden werden; ob die grofe Aehnlichkeit der beider- seitigen Stadien Parallelitit oder nihere Verwandtschaft bedeutet, kann erst nach ausgedehnteren Untersuchungen entschieden werden. Auf Grund der vorliegenden bin ich der Annahme naher genetischer Beziehungen zugeneigt. Eine durchaus selbstiindige Stellung unter den kionokranen Lacertiliern, namentlich gegeniiber den Geckonidae, nimmt Uro- plates auch in seinen Muskelverhiltnissen ein, damit zugleich auf diesem Gebiete die Richtigkeit der von BOULENGER vollzogenen Abtrennung von den Geckonidae und die bereits bei dem Skelett- system hervorgehobenen Differenzen bestatigend. Einige Aehn- lichkeiten mit den Geckonidae sind vorhanden: Mangel des M. sternocosto-scapularis, sehr schwache Entwickelung des Lig. sterno- scapulare internum, Verhalten des M. scapulo-humeralis anterior Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 585 zu dem benachbarten M. supracoracoideus, Ursprung des M. dor- salis scapulae von dem Ende der Clavicula; dieselben sind aber von wenig specifischer (qualitativer) Bedeutung, und die gleiche oder selbst gréfere Anzahl von Uebereinstimmungen kann fiir be- liebige andere Lacertilier- Familien zusammengestellt werden. Ihnen tritt eine iiberwaltigende Fille von ausgepragten Differenzen zu den Geckonidae gegeniiber: Zerfall und Sonderung der Mm. cucullaris und sterno-cleido-mastoideus **); Ursprung des M. ser- ratus superficialis von 4 Rippen und ausgedehnte Insertion des- selben an der knéchernen Scapula; Uebergangspartie zwischen den Mm. serrati superficialis und profundus *; sehr ausgeprigter Ursprung des M. pectoralis von Sternocostalleisten * und Aufgabe des episternalen Ursprunges *; Zerfall des M. supracoracoideus, Kiirze des M. coraco-brachialis brevis *; Schlankheit und sehnige Insertion des M. coraco-brachialis longus *; rein sehniger Ursprung des M. biceps * und Umfassung seiner Ursprungssehne beim Pas- sieren iiber die Fossa bicipitalis humeri durch die Insertionssehne und Ankerung des M. pectoralis *; ausgedehnter costaler Ur- sprung des M. latissimus dorsi *; scharfe Scheidung der Mm. dorsalis scapulae und deltoides clavicularis * und weites gegen- seitiges Uebergreifen ihrer Insertionen *; abweichendes Verhalten des clavicularen Ursprunges des M. deltoides clavicularis; speciellere Anordnung der humeralen Ankerung des M. anconaeus scapularis *, vollige Reduktion des Anconaeus coracoideus *; schwache Ent- faltung des gesamten M. anconaeus *; Gestalt der Patella ulnaris *, — Differenzen, durch welche sich Uroplates weitab von den Geckonidae stellt und zugleich trotz des primitiv gebliebenen Zustandes seiner Wirbelsiule zu den h6her stehenden Lacer- tiliern rechnen la8t. Und damit verbindet sich zugleich fiir die meisten — mit * markierten — Merkmale eine so auffallende Aehnlichkeit resp. Uebereinstimmung’?) mit den entsprechenden Verhiltnissen der Chamaeleontidae, daf hier nicht mit blofen Parallelitaten oder Konvergenzerscheinungen, sondern mit einem wirklichen nahen genetischen Zusammenhange zu rechnen ist. Ganz durchgreifend ist diese Uebereinstimmung nicht; ver- 1) In den mit Stern markierten Punkten niahert sich Uroplates zugleich den Chamaeleontidae. 2) Auch der Uroplates mit den Chamaeleontidae und Geckonidae gemeinsame Mangel des M. sternocosto-scapularis kann noch bei- gefiigt werden. 38 * 586 Max Firbringer, einzelte abweichende Verhaltnisse in der Anwesenheit oder Ab- wesenheit der Mm. sterno-coracoidei interni superficialis und pro- fundus, in dem (bei Uroplates um den Vorderrand des Coracoides nach der Innenfliche desselben herumgreifenden, bei den Chamaeleon- tidae durch den mit Reduktion der Clavicula auf den Vorderrand des Coracoides iibergewanderten Ursprung des M. deltoides inferior von diesem getrennten) Ursprunge des M. supracoracoideus und in der Ausbildung des (bei Uroplates gut entwickelten und ober- flachlich von dem M. supracoracoideus liegenden, bei den Chamae- leontidae auf den Hinterrand der Scapula retrahierten und von dem M. supracoracoideus gedeckten) M. scapulo-humeralis anterior zeigen, daf Uroplates immerhin etwas von der von den Chamae- leontidae durchlaufenen Bahn abgewichen ist. Doch sind diese Differenzen vorwiegend nur gradueller Natur, wohl geeignet, um — abgesehen von wichtigeren Differenzen auf anderen Gebieten — eine Vereinigung der Uroplatidae mit den Chamaeleontidae zu verbieten (denn erstere stehen noch vollig im Bereiche der kiono- kranen Lacertilier), aber nicht derartig, um Zweifel an der durch die Uebereinstimmungen bewiesenen gemeinsamen genealogischen Wurzel zu erwecken. Endlich die Varanidae. Deutlicher noch als die betretfenden Skelet- und Nervenverhaltnisse zeigt die Muskulatur prignante Besonderheiten gegeniiber den anderen kionokranen Lacertiliern. Ueber die Stellung der Helodermatidae zu ihnen kann ich auf Grund eigener Beobachtungen nichts aussagen. Das, was SHUFELDT iiber die betreffende Muskulatur von Heloderma und namentlich iiber die Wurzeln des Plexus brachialis dieses Tieres mitteilt, ist einer Verwandtschaft beider nicht giinstig; doch sind dessen be- ziigliche Untersuchungen mit Riicksicht auf diese Frage keine er- schépfenden. Die Differenzen, welche die Muskulatur von Varanus gegeniiber allen anderen von mir untersuchten kionokranen Lacer- tiliern darbietet (insbesondere die den M. pectoralis deckende episternale Insertion des M. episterno-cleido-mastoideus, der von 6 Halswirbeln kommende Ursprung und die eigentiimliche Insertion des M. levator scapulae superficialis, der Mangel der oberflich- lichen Schicht des M. levator scapulae et serratus profundus und die Umbildung der tiefen Schicht dieses Muskels, die sehr kriif- tige und eigenartige Ausbildung der Mm. sterno-coracoidei interni, das Vikariieren des M. supracoracoideus fiir einen Teil des M. coraco-brachialis brevis und die damit zusammenhingende par- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 587 tielle Deckung des ersteren durch den M. biceps brachii) ver- binden sich mit einzelnen Ziigen seiner Muskulatur, welche als primitive oder miiSig hohe anzusehen sind (Verhalten der Mm. dorsalis scapulae und deltoides clavicularis, muskulés-sehniger Ursprung des M. biceps brachii, wobei der muskulése Teil etwas gegen den sehnigen zuriicktritt), und mit einer etwas gréfSeren Anzahl solcher, welche eine hohere Differenzierung bekunden (Riickbildung des M. sternocosto-scapularis, hohe Ausbildung des Lig. sterno-scapulare internum, ausgedehnter Ursprung des M. pe- ctoralis am Querschenkel des Episternum, Kleinheit des M. coraco- brachialis brevis, ausgebreiteter episternaler Ursprung des M. del- toides clavicularis, Vereinfachung des M. subscapularis externus, eigenartige an Phrynosoma etwas anklingende Differenzierung des Anconaeus coracoideus). Die Beurteilung aller dieser Kigentiimlich- keiten weist den Varanidae eine hohe und isolierte Stel- lung unter den kionokranen Lacertiliern an; gewisse Besonder- heiten sind so eigenartig, da sie bei keinem anderen Lacertilier und auch bei Sphenodon sich nicht wiederfinden, wihrend in ein- zelnen Differenzierungsrichtungen (M. cucullaris, M. levator sca- pulae) ein Weg eingeschlagen erscheint, der etwas an die von den Crocodiliern in hoéherer Vervollkommnung ausgebildeten Verhalt- nisse erinnert. Es erscheint nicht zulassig, daraufhin die Varanidae von den kionokranen Lacertiliern abzutrennen und zwischen die- selben und die Crocodilier zu stellen, aber wohl gestatten diese Verhaltnisse, sie innerhalb der kionokranen Lacertilier zum Range einer héheren Abteilung (Subordo) zu erheben. Ueber die systematische Bedeutung der betreffenden Mus- kulatur der Amphisbaenier werden, wie schon oben (p. 444) betont, mangels des dafiir nétigen Materiales (namentlich Chiro- tidae) keine Untersuchungen mitgeteilt. 2. Chamaeleontia. Gegeniiber den bei den kionokranen Lacertiliern (exkl. Uroplates) beobachteten Verhaltnissen gewaihrt die Muskulatur der Schulter und des proximalen Teiles der vorderen Extremitat der Chamae- leontia (Schultermuskeln, III, 1875, p. 746—767; diese Abhandlung p. 445—459) ein besonderes Geprige, welches — zusammen mit anderen Merkmalen — das Recht giebt, diese Lacertilier als be- 588 Max Fiirbringer, sondere Unterordnung von den kionokranen Lacertiliern abzutrennen. Diese Besonderheiten der Muskulatur, die indessen der Ankniipf- ungen an die kionokranen Lacertilier nicht entbehren, sind unter anderem: die eigenartige Sonderung der Mm. cucullaris und sterno- mastoideus, mit der sich eine hochgradige Riickbildung des M. cucullaris verbindet; die Insertion des M. serratus superficialis an der knéchernen Scapula und die innige Beziehung dieses Muskels zu dem M. serratus profundus; die Reduktion des M. sterno-cora- coideus internus superficialis; die Beschrinkung des Ursprunges des M. pectoralis auf das Sternum und die Sternocostalien, wobei die von letzteren kommende Partie sich von besonderer Differen- zierung und Starke erweist; die Ausbreitung des M. supracora- coideus auf das scapulare Gebiet (M. supracoracoscapularis); die extreme Verkiirzung des M. coraco-brachialis brevis; die Um- fassung der schlanken Ursprungssehne des M. biceps brachii durch die Insertion und Ankerung des M. pectoralis; der namentlich an der 3. und 4. Rippe stattfindende Ursprung des M. latissimus dorsi; die weitgehende proximale Trennung und Entfernung der Mm. dorsalis scapulae und deltoides inferior, sowie die mit der volligen Reduktion der Clavicula und des Episternum zusammen- hangende Ueberwanderung des Ursprunges des M. deltoides inferior auf Sternum und Vorderrand des Coracoides; die betrichtliche Retraktion und Reduktion des M. scapulo-humeralis anterior und Seine von dem M. supracoracoscapularis bedeckte Lage; die Re- duktion des M. subscapularis externus; der eigenartige zweiképfige Ursprung des M. anconaeus scapularis von der Scapula und die Verbindung der humeralen Ankerung mit dem tiefen Kopfe; die vollige Riickbildung des Anconaeus coracoideus; die schwache Ge- staltung der am Oberarm befindlichen Muskulatur (besonders bei Brookesia). Mit einigen dieser Differenzierungen (Riickbildung des M. sterno-coracoideus internus superficialis, Ausbildung eines M. supra- coracoscapularis, weitgehende proximale Trennung der Mm. dor- salis scapulae und deltoides inferior, Ursprung des M. deltoides inferior vom Coracoid und Sternum, Retraktion des M. scapulo- humeralis anterior auf den hinteren Rand des Schultergiirtels) stehen die Chamaeleontia allen untersuchten kionokranen Lacer- tiliern ohne Ausnahme gegeniiber; weitaus die meisten Besonder- heiten teilen sie mit den Uroplatidae (p. 585 f.), so daf diese, wie schon oben erwihnt, als tiefer stehende, kionokrane Verwandte der Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 589 zu hoherer einseitiger Entwickelung gelangten Chamaeleontia anzusprechen sind. 3. Sphenodon (Rhynchocephalia). Die weitaus zahlreichsten Charaktere der Muskulatur der Schulter und des proximalen Bereiches der vorderen Extremitat teilt Sphenodon (diese Abhandlung p. 462—500) mit den kionokranen Lacertiliern, und unter diesen sind es wieder die mit T-formigem Episternum und schlanker Clavicula versehenen Formen, insbe- sondere die Agamidae, welche vielfache Uebereinstimmungen mit Sphenodon bekunden. Es ist daher sehr wohl erklarlich, da (ab- gesehen von anderen ahnliche systematische Resultate vertretenden Autoren) neuerdings auch Osawa (1898), der unter anderen diese Muskeln untersucht’ hat, zu dem Schlusse kam, Sphenodon den Lacertiliern einzureihen und als ein den Agamidae angehdriges oder wenigstens ihnen nahe stehendes Reptil zu bezeichnen. Die genauere Betrachtung der in Frage kommenden Musku- latur von Sphenodon zeigt aber, daf dieselbe gegeniiber allen Lacertiliern gewisse Besonderheiten (Beschrankung der Insertion des M. cucullaris + cleido-mastoideus auf Acromion und Clavicula; ausgebreiteter parasternaler Ursprung des M. pectoralis ; ausgedehnter und die Membrana sterno-episternalis deckender Ur- sprung des M. deltoides clavicularis von dem Episternum; Koexistenz der Mm. scapulo-humeralis anterior und posterior; eigenartige Ent- wickelung des Lig. scapulo-humerale laterale, welches nach vorn bis zum Acromion sich erstreckt und an seinem humeralen Ende dem M. supracoracoideus zu einem grofen Teile als Insertions- fliche und dem M. humero-radialis ganz vorwiegend als Ursprungs- stelle dient; Existenz des diploneuren, den Lacertiliern fehlenden M. humero-radialis) darbieten, die zwar nicht an Zahl, um so mehr aber an qualitativer Bedeutung hervortreten. Die mit den kionokranen Lacertiliern itiberein- stimmenden Charaktere teilt Sphenodon einerseits mit den primitiveren Formen derselben (allgemeines Verhalten des M. cucullaris + cleido-mastoideus; muskuléser Ursprung des M. biceps brachii; Ursprungsverhaltnisse des gut entwickelten Anconaeus coracoideus), andererseits mit ihren mafig hoch entwickelten Vertretern (Verhalten des Lig. sterno-scapulare internum; M. latis- simus dorsi; M. dorsalis scapulae) und wieder andererseits mit 590 Max Firbringer, den héchsten kionokranen Lacertiliern (Grad der Ausbildung der Membrana sterno-episternalis; Mm. sterno-coracoidei interni ; ausgedehnter episternaler Ursprung des M. pectoralis; hohe Dif- ferenzierung des M. scapulo-humeralis anterior; partielle Reduktion der Pars scapularis m. subcoracoscapularis; Verhalten des M. an- conaeus scapularis)'). Weiterhin gewahren gewisse Differen- zierungen des M. serratus superficialis und M. levator scapulae et serratus profundus, sowie die Existenz des M. scapulo-humeralis posterior und M. humero-radialis unverkennbare Anklange an die entsprechenden Bildungen bei den Crocodiliern. Endlich sei auf die (nur einmal gefundene) erste Ausbildung eines Caput breve m. bicipitis brachii (p. 478) hingewiesen ’”). Die in Frage kommende Muskulatur von Sphenodon zeigt somit zahlreiche Uebereinstimmungen mit den kionokranen Lacer- tiliern, vereinzelte mit den Crocodiliern, zugleich aber eindrucks- volle Ziige, welche sich nicht mit dem Lacertilier-Typus vereinigen lassen und dem vorliegenden Rhynchocephalier eine besondere Stellung anweisen. Sphenodon, als lebender Vertreter der Rhyncho- cephalier, steht auf Grund der vorliegenden muskulésen Bildungen auferhalb der Ordnung der Lacertilier, derselben aber viel mehr genihert als der Ordnung der Crocodilier. AuSerdem aber zeigt die besprochene Muskulatur, dai Sphenodon auf diesem Organgebiete durchaus nicht ein rein oder tiberwiegend primitives Verhalten darbietet, sondern daf sich. mit primitiven Ziigen ein gréferes Plus sekundarer, mittelhoch oder hoch differenzierter Gebilde mengt, welches ihn hoher stellen laSt als die primitiveren Familien unter den kionokranen Lacertiliern. Wie weit sich Sphenodon in diesem Stiicke den kionokranen Lacertiliern nahert oder von ihnen entfernt, hangt von der quali- tativen und quantitativen Bedeutung der oben angegebenen Dif- ferentialmerkmale ab. Daf er einige Bildungen darbietet, welche 1) Auch die oben erwahnten, jenseits des Bereiches der Lacer- tilier stehenden Bildungen des M. deltoides clavicularis (namentlich im Verhalten zu der Membrana sterno-episternalis), sowie des Lig. scapulo-humerale laterale sind nicht als etwas Primitives, sondern als héhere Differenzierungen zu beurteilen. 2) Bekanntlich erst bei den Saugetieren in allgemeinerer Ver- breitung ausgebildet. Selbstverstiindlich denke ich aber nicht daran, in dieser an sich interessanten Parallelerscheinung bei Sphenodon einen direkten Vorlaufer der betreffenden mammalen Differenzierung zu erblicken. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 591 jenen abgehen, somit eines gréferen Reichtumes in seinem Muskel- system sich erfreut, kann an sich als primitives, Ausgang gebendes Merkmal aufgefaSt werden; doch ist es nétig,; damit zu rechnen, da diese Muskelbildungen zum Teil auch auf spateren, wahrend der weiteren Entwickelungsphasen der Rhynchocephalier-Ordnung erworbenen Differenzierungen beruhen kénnen: 1) Ob der parasternale Ursprung des M. pectoralis von Sphenodon eine absolute oder relative Differenz gegentiber den Lacertiliern darstelle, hangt zusammen mit der Entscheidung, ob die Vorfahren der Lacertilier dereinst parasternale Gebilde besafien oder nicht. War dies der Fall, so wiegt dieses Differential- merkmal nicht so schwer, wie es auf den ersten Blick scheint. Wie schon im Vorhergehenden (p. 561 f.) erwaihnt, kann aber bei der Unvollkommenheit der jetzigen Materialien tiber die eventuelle einstmalige Existenz eines Parasternum bei den Vorfahren der jetzigen Lacertilier zur Zeit keine sichere Entscheidung gegeben werden. Ganz abgesehen von der allgemeinen Erfahrung, daf das Parasternum ein bei den héheren Typen verschiedener Sauropsiden- Ordnungen in Schwund tretendes Gebilde ist, konnten auch fiir die Lacertilier im speciellen gewisse Wahrscheinlichkeitsgriinde fiir eine einstmalige Existenz bei den friihesten Vorfahren der- selben angefiihrt werden, und unter diesen wurde namentlich auch auf das besondere Verhalten des M. rectus lateralis der Lacertilier hingewiesen. Es besteht somit die Mdéglichkeit, selbst Wahr- scheinlichkeit, da dereinst auch der M. pectoralis der friihesten Vorfahren der Lacertilier zum Teil mit parasternalen Bildungen in Zusammenhang stand, da8 aber dieser Verband frithzeitig in vollkommene Riickbildung und damit zu dem Verhalten der Rhyn- chocephalier in recht scharfen Gegensatz trat. 2) Der sehr ausgedehnte episternale Ursprung des M. deltoides clavicularis von Sphenodon steht nicht unver- mittelt da, weil auch bei Lacertiliern dieser Muskel in geringer Ausdehnung auf das Episternum iibergreifen kann; etwas sehr Abweichendes ergiebt aber die Bedeckung der Membrana sterno-episternalis durch diesen episternalen Teil des M. deltoides, denn bei den kionckranen Lacertiliern befindet sich die sternale Insertion des M. sterno-episterno-cleido-mastoideus und die mit ihr in genetischem Konnexe stehende Membrana sterno- episternalis oberflachlich vom M. deltoides clavicularis. Hier liegt bei Sphenodon eine lange, woh] an primitive Zustinde der Lacer- 592 Max Fiirbringer, tilier ankniipfende, aber eine sehr abweichende Richtung ein- schlagende und zu sehr heterogenem Endziele gelangte Ent- wickelungsbahn yor. 3) Durch die Koéxistenz der beiden Mm. scapulo- humerales (p. 486 f.) stellt sich Sphenodon einerseits allen Lacertiliern (die nur einen M. scapulo-humeralis anterior haben), andererseits den Crocodiliern (die nur den M. scapulo-humeralis posterior aufweisen) gegeniiber, wahrend er diesen doppelten Besitz mit den Végeln teilt. Ich erblicke darin ein primitives Moment, das auch bei den Amphibien nicht ohne Parallele ist. 4) Die Entwickelung des Lig. scapulo-humerale laterale zu einem formlichen Lig. acromio-humerale (p. 492), das mit seinem humeralen Ende dem M. supracoracoideus Insertion, dem M. humero-radialis Ursprung gewahrt, lift sich von lacertilierartigen Verhialtnissen ableiten, steht aber im Grade seiner Ausbildung nicht allein hoch tiber diesen, sondern prasentiert sich auch in einer Eigenart, welche unter den bekannten Formen keine Ver- mittelung darbietet und Sphenodon ein in dieser Hinsicht ganz singulares Geprige verleiht. 5) Endlich reprasentiert der M. humero-radialis (p. 495 f.) ein ganz besonderes Gebilde von Sphenodon, fiir welches die Cro- codilier und Végel partielle Homologe, die Lacertilier aber nichts irgendwie Vergleichbares darbieten. Bei dem eigentiimlich kom- plexen, diploneuren Charakter dieses Muskels ist es nicht wahr- scheinlich, daf er eine uralte, generelle Bildung darstelle, die auch den Vorfahren der Lacertilier zukam und spiter bei ihnen in Schwund trat; im Gegenteil ist eine gréfere Wahrscheinlichkeit dafiir vorhanden, daf die Lacertilier niemals etwas derartiges besaBen, daf somit auch dieser Muskel eine praignante Differenz von Sphenodon gegentiber den Lacertiliern bekundet. Mag somit auch hinsichtlich des einen oder des anderen Faktors bei genauerer Betrachtung die Scharfe des Gegensatzes sich mildern, die Summe der Faktoren gentigt jedenfalls, um Sp he - nodon auferhalb des Bereiches der Lacertilier, wenn auch in ihre Nahe, zu stellen und seine Differenzierung nicht einseitig als eine primitive und allgemeine, sondern viel- mehr als ein Gemisch primarer, genereller Ziige mit sekundadren, specialisierten zu betrachten. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 593 4, Chelonier. In hohem Grade abweichend von den Verhaltnissen bei den Lacertiliern und bei Sphenodon verhalt sich die Schulter- und Oberarm - Muskulatur der Chelonier (Schultermuskeln, II, 1874 p. 239—276); infolge der eigenartigen Ausbildung des Riicken- und Bauchschildes ist sie zugleich in ihren zu einem grofen Teile auf diese Schilder tibertragenen Urspriingen so specifisch und weitgehend umgebildet, daf} es nicht leicht fallt, das urspriingliche Gesicht dieser Muskulatur, wie es sich bei den primitiven atheken Vorfahren‘) der Chelonier gezeigt haben mag, herauszuliésen. Was nach Abzug dieser speciellen Anpassungen tibrig bleibt, be- kundet ein Gemisch primitiver Verhaltnisse und hoherer Ditfe- renzierungen, von denen aber die letzteren wesentlich iiber- wiegen. In Summa darf man den betreffenden Bildungen der Chelonier unbeschadet gewisser primordialer Ziige eine erheblich hohere Entwickelungsstufe anweisen als den Lacertiliern und als Sphenodon. Die mit der Bildung des Riicken- und Bauchschildes zusammenhangenden besonderen Differenzierungen betreffen vornehmlich: die Mm. cucullaris und episterno-mastoideus, die zum M. testo-scapulo-procoracoideus und zum M. capiti-pla- stralis umgebildet wurden; den M. costo-coracoideus, der sich in eigentiimlicher Weise zum M. testo-coracoideus umgestaltete; den M. pectoralis, der seine sternalen und costalen Urspriinge ginzlich verlor und die an dem hinteren Bereiche des Episternum und an dem Parasternum stattfindenden zu einem breiten Anfange vom Plastron ausbildete; den M. latissimus dorsi, der seine Urspriinge 1) Die jetzt lebenden Atheca (Sphargidae mit Dermochelys coriacea) sind keine primordialen Atheca, sondern sind zu ihrem scheinbar primitiven Verhalten sehr wahrscheinlich zu einem guten Teile durch sekundare Riickbildungen des bei ihren Vorfahren vermutlich besser ausgebildeten Riicken- und Bauchschildes ge- kommen. Zahlreiche Besonderheiten im Skelettbau und in der An- ordnung der Muskulatur bezeugen teilweise eine hodhere Stellung der Sphargidae, als es nach der geringen Entwickelung ihres Panzers aussieht, und mancherlei Beriihrungspunkte bekunden nicht zu ferne verwandtschaftliche Beziehungen zu den cryptodiren Che- lonidae. 594 Max Firbringer, nicht auf die Wirbeldornen, sondern auf die Rippen lokalisierte und damit unter weiteren Umbildungen und Reduktionen auf den Anfang des Riickenscheidels verlegte; sowie endlich den M. delto- ides clavicularis, dessen dereinstiger clavicularer Ursprung auf den Anfang des Plastron, ungefahr da, wo Clavicula und Epister- num sich befinden, sowie auf das Procoracoid sich itbertrug (M. scapulo-procoraco-plastro-humeralis). | Namentlich fiir das Verstiindnis der Urspriinge der beiden letzten Muskeln gewahren die Verhiiltnisse bei den Chamaeleontia einzelne instruktive Parallelen; selbstverstandlich liegt es mir aber in jeder Hinsicht eiinzlich fern, irgend welche niheren Beziehungen zwischen den beiden durchaus heterogenen und divergenten Typen anzunehmen, sondern ich will durch die Heranzichung der Chamaeleontia nur die Ueberwanderung und Lokalisierung der urspriinglichen spinalen und clavicularen Urspriinge auf Rippen und Procoracoid demon- Strieren. Primitive Charaktere, aber nicht ganz rein, sondern mit sekundaren vermischt, zeigen: der M. pectoralis in seinem nicht weiter als bis auf den hinteren Langsschenkel des Episternum reichenden Ursprunge; der wenigstens bei gewissen Cheloniern (Trionyx) intimere Zusammenhang des M. supracoracoideus mit dem M. deltoides inferior (M. procoraco-plastro-humeralis); der M. biceps in seinem allenthalben muskulésen Anfange von dem Coracoid; die Mm. brachialis inferior und anconaeus in ihrer kraftigen, aber im ganzen einfachen Ausbildung. Diesen nicht zahlreichen primitiven Ziigen tritt eine tiber- wiegende Fille héherer und einseitiger Differen- zierungen gegeniiber, welche auch auf diesem Gebiete die Che- lonier als ausgebildete Specialisten charakterisicren: Der M. epi- sterno-cleido-mastoideus gewinnt nicht nur neue Anheftung an dem Plastron, sondern aberriert auch an die Fascie der Schulter (ver- mutlich infolge der Riickbildung und Ablésung der Clavicula von dem primaren Schultergiirtel); der M. cucullaris verliert in zu- nehmendem Mafe seine alten Urspriinge und bildet schlieSlich bei den hdheren Cheloniern eine zwischen Scapula und Procoracoid erstreckte, nur noch in ihrer Mitte muskulés gebliebene binde- gewebige Membran; das System der Mm. thoracici superiores (levator scapulae et serratus) befindet sich, in Korrelation zu der festeren Anheftung der Scapula am Riickenschilde, allenthalben Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 595 im Zustande einer mehr oder minder weit vorgeschrittenen Riick- bildung; der M. supracoracoideus ist bei den meisten Cheloniern (exkl. Trionyx, wo nur ein leichter Spalt die beginnende Sonderung andeutet) in zwei erst an der Insertion zusammentretende Muskeln (M. supraprocoracoideus und M. supracoracoideus) zerfallen; der M. coraco-brachialis ist in seiner Insertion auf den proximalen Teil des Humerus beschriinkt, dabei aber in besonderer (zu den Verhaltnissen bei Anuren und Voégeln eine gewisse Parallele dar- bietender) Weise in einen M. coraco-brachialis brevis externus und M. cbr. brevis internus differenziert, wobei ersterer dem M. coraco- brachialis brevis der Lacertilier und Rhynchocephalier, letzterer dem M. coraco-brachialis longus derselben naher steht; der M. biceps brachii zeigt eigentiimliche Spaltungen und in weiterer ein- seitiger Entwickelung des Lacertus fibrosus weit am Vorderarme und selbst bis zur Hand hinabreichende Insertionen; der M. del- toides inferior hat, wie schon oben angegeben, infolge der Riick- bildung und Aufnahme der Clavicula in das Plastron seine Ur- sprungsverhaltnisse erheblich verandert; die Mm. scapulo-humerales sind gréftenteils geschwunden; dem M. subcoracoscapularis fehlt vollkommen der coracoidale Teil, dessen Ursprungsstelle von dem M. coraco-brachialis brevis internus eingenommen wird, wihrend der scapulare (M. subscapularis) eine sehr machtige, aber infolge der Verkiimmerung des M. serratus einheitliche Entwickelung ge- nommen hat. Bei der tiberwiegenden Mehrzahl dieser Differen- zierungen zeigt Trionyx primitivere Verhaltnisse, wihrend sich Sphargis, bei unverkennbaren Besonderheiten, mehr den héheren Cheloniern, insbesondere Chelone anschlieBt. Eine Ableitung der entsprechenden Muskeln der Lacertilier und Rhynchocephalier von denen der Chelonier ist véllig unméglich, wohl aber gelingt es, letztere auf die der beiden ersteren zuriick- zufiihren und damit zu begreifen. Nach den sehr tiefgreifenden Veranderungen ist anzunehmen, daf die Sonderung und Ausbildung der Chelonier bereits in sehr friiher Zeit statthatte ‘). 1) Auch sei nicht unterlassen, auf die mancherlei Aehnlichkeiten mit anuren Bildungen hinzuweisen, welche mich 1873 und 1874 veranlaften, die Behandlung der Schultermuskeln der Chelonier auf die der Anuren folgen und derjenigen der Lacertilier vorausgehen zu lassen. Ich méchte dieselben jetzt nicht mehr so hoch stellen wie damals und in der Hauptsache nur Parallelbildungen in ihnen erblicken, welche keine Verwandtschaft zwischen Anuren und Che- 596 Max Firbringer, 5. Crocodilier. Die Schulter- und Oberarmmuskeln der Crocodilier (Schulter- muskeln, II, 1875 p. 767—808; diese Abhandlung p. 500—519) weichen gleichfalls erheblich von denen der Lacertilier und Rhyncho- cephalier ab, doch ist ihr Typus lange nicht so abweichend und einseitig gestaltet wie der der Chelonier, so daf die Ankniipfungen an die Lacertilier und Rhynchocephalier sich ohne Schwierigkeit ergeben. Unter den ersteren kehren die Varanidae (p. 586 f.), ohne aus dem Verbande der Lacertilier herauszutreten, ihr Gesicht den Crocodiliern zu, und Sphenodon zeigt gleichfalls einige gemein- same Charaktere mit den Crocodiliern (p. 590), wenn er auch den Lacertiliern viel naher steht als diesen. Wesentliche Differentialmomente bieten dar: der ganz eigen- artig differenzierte M. sterno-mastoideus (M. atlanti-mastoideus und M. sterno-atlanticus); der allen anderen Reptilien abgehende, aber bei den Végeln in noch héherem Grade entwickelte M. rhom- boides; der M. costo-coracoideus, der mit keiner Bildung der Lacertilier und Rhynchocephalier einen direkten Vergleich ge- stattet, wihrend die Mm. sterno-coracoidei interni und sterno- costo-scapularis nebst dem Lig. sterno-scapulare internum der Lacertilier und Rhynchocephalier (die sich auch teilweise bei den Voégeln wiederfinden) den Crocodiliern géinzlich abgehen; der M. supracoracoideus (supracoracoscapularis), der in seinem Ueber- greifen auf die Innenseite des Coracoides und die Aufenflache der Scapula allerdings gewisse Parallelen mit dem Verhalten bei den Uroplatidae (Uebergreifen auf die Innenseite des Coracoides) und den Chamaeleontidae (Ausbreitung auf die Scapula) darbietet; der nur durch den Cbr. brevis reprasentierte kurze M. coraco-brachialis ; der nicht mehr von dem M. cucullaris bedeckte und recht re- duzierte M. latissimus dorsi; der zufolge der Riickbildung der Cla- vicula abweichende (aber etwas an die Verhiltnisse bei den Cha- maeleontidae erinnernde) Ursprungsverhiltnisse darbietende M. del- toides clavicularis (M. deltoides inferior); der Mangel des M. sca- loniern begriinden, aber immerhin zeigen, daf der bei den Amphibien von urodelen- zu anurenartigen Formen fiihrende Entwickelungs- weg auch innerhalb der Reptilien in der schlieflichen Ausbildung der primitivsten Vertreter derselben zu chelonierartigen Formen eine gewisse Parallele besitzt. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 597 pulo-humeralis anterior und die Existenz des M. scapulo-humeralis posterior; die ginzliche Riickbildung der Pars coracoidea des M. subcoracoscapularis (M. subscapularis); die nach ganz anderem Typus erfolgte Ausbildung des M. anconaeus mit allen seinen K6épfen; die besondere Differenzierung des M. humero-radialis. Hier liegen Ditferenzierungen vor, die sich meistens weit tiber das Bildungsniveau bei den Lacertiliern und bei Sphenodon er- heben, zum Teil in ihren mutmaflichen Anfangen direkte An- kniipfungen an diese gestatten, zum Teil aber als Bildungen sui generis sich zu erkennen geben, fiir welche die bekannten Dif- ferenzierungen der lebenden Lacertilier und Rhynchocephalier nicht als ausganggebend angesehen werden kénnen. Die Wurzel der Crocodilicer kann somit auf Grund dieser muskulésen Differen- zierungen nicht direkt auf bekannte lebende Formen derselben zu- riickgefiihrt werden; sie ist aber auf etwas mehr generalisierte Muskelgebilde leicht zu beziehen. Solche mégen die Vorfahren der Lacertilier und Rhynchocephalier dargeboten haben; doch hat eine solche Konstruktion und Ableitung, weil ihr die thatsichlichen, direkt ad oculos zu demonstrierenden Unterlagen fehlen, nur die Bedeutung von Wahrscheinlichkeiten, aber nicht die Kraft reeller Beweise. D. Systematische und genealogische Schliisse’). I. Stellung der primitivsten Reptilien (Lacertilia und Rhynchocephalia), Abstammung der Sauropsiden. Die vorhergehenden Mitteilungen ergaben, daf die ihnen zu Grunde liegenden genauer untersuchten Skelet-, Muskel- nnd 1) Der rein zusammenfassende Charakter dieser kurzen Mit- teilungen schlieSt jedes genauere Hingehen auf die Litteratur aus. Es sei zu diesem Zwecke namentlich auf die bekannten systema- tischen und genealogischen Werke von Owen, Corn, Baur, Marsu, Bou- LENGER, Zirrer, LypEKKerR, SEpLEY und HaxrcKen und die wenigstens mit den Jahreszahlen markierten sonstigen Verdffentlichungen in diesem Gebiete verwiesen. Der mit denselben vertraute oder in sie Einsicht nehmende Leser wird die Uebereinstimmungen und Ab- weichungen meiner Auffassung und Darstellung ohne weiteres er- kennen. 598 Max Firbringer, Nervenverhaltnisse des Brustschulterapparates und der vorderen Extremitét bei den Ordnungen der Lacertilier und Rhyncho- cephalier die am meisten primitive Entwickelung unter den Sauropsiden bekunden. Dies wird auch durch die Resultate fremder und eigener Untersuchungen an zahlreichen anderen Teilen des Kérpers dieser Tiere bestitigt. Von den Rhynchocephaliern ist nur noch ein Reprasentant, Sphenodon, tibrig geblieben; um so gréfer ist der Reichtum und die Mannigfaltigkeit der noch mehr als 1600 lebende Vertreter zihlenden Lacertilier. Diese Mannigfaltigkeit ist auf den ersten Blick verwirrend und laf%t zuniachst leicht den Gedanken entstehen, daf hier ein Heer von recht divergenten Specialisten vorliege; bei sehr gattungs- und familienreichen Abteilungen fallen stets zuerst die Divergenzen auf, und erst die tiefer gehende Vergleichung aft das Gemeinsame erkennen. Diese zeigt hier, dafi alle diese ver- schiedenartigen und zum Teil sehr fein ausgearbeiteten Differen- zierungen — beispielsweise sei an die zahlreichen Fensterbildungen und die ungemein gracile Gestaltung vieler Skeletelemente') er- innert — keineswegs einen héheren Standpunkt bekunden, sondern sich vielmebr innerhalb relativ tieferer Entwickelungsstufen be- wegen und ungezwungen auf einen sehr primitiven Typus des Reptilienkérpers zuriickfiihren Jassen, welchem die tiefsten Vertreter der kionokranen Lacertilier (Geckonidae, danach die in mancher Hinsicht schon héher entwickelten Scincidae) recht nahe stehen. Der rhynchocephale Sphenodon giebt sich auch in der iiberwiegenden Summe seiner Merkmale als ein recht primitives Reptil von genereller Struktur und Erhaltung verschiedener, sehr alten fossilen Reptilien eigenthiimlicher Charaktere (die zum Teil von den Lacertiliern aufgegeben wurden) zu erkennen; andere Merkmale, am Kopf und. an den Extremititen, bekunden eine hohere und speciellere Differenzierung, als wir bei den primitiveren Formen der Lacertilier finden. Die gewissenhafte Abschitzung aller Instanzen wird ihn tiefer als die héheren Typen unter den Lacertiliern, aber héher als die tieferen Vertreter derselben stellen. Ganz besonders sei auf den Kieferstiel (Quadratum) hingewiesen, 1) Fensterbildungen und gracile Gestaltungen dieses oder jenes Skeletteiles finden sich bereits bei Selachiern, ohne daf damit der primitiven Stellung dieser Vertebraten Eintrag geschieht. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 599 dessen streptostyles Verhalten bei den Lacertiliern gegentiber dem monimostylen bei Sphenodon ein primitiveres Merkmal bildet'). Die Beurteilung der systematischen und genealogischen Stellung der Lacertilier und Rhynchocephalier innerhalb des Sauropsiden- stammes ist aber selbstverstindlich ohne Kenntnis der palionto- logischen Geschichte derselben unvollstandig. 1) Das primordiale Verhalten der Streptostylie beweist auch der M. spheno-pterygoquadratus (partielles Homologon des M. levator maxillae superioris Verrer der Selachier und des M. tensor veli palatini der menschlichen Anatomie) der Lacertilier (Tensor tym- pani Sanpers) und Végel (zum Teil dem Orbito-quadratus Gapow’s entsprechend), der hier einen ansehnlichen, in der Hauptsache am Pterygoid, aber bei gewissen Lacertiliern (Hemidactylus, Gehyra, Varanus) und Végeln auch am Quadratum inserierenden Muskel reprasentiert, bei Sphenodon sehr reduziert, aber auch zum Teil noch zum Quadratum verfolgbar ist. Die Annahme einer der Streptostylie vorausgehenden Monimostylie bei allen diesen Tieren wiirde die Existenz dieses Muskels und seiner Insertion am Qua- dratum nicht recht verstiindlich machen. —- Von anderer Seite (Atprecut, Cope u. A.) ist die gelenkige Verbindung des Quadratum mit dem Schiidel aus der unbeweglichem Vereinigung beider Teile abgeleitet worden. Das diirfte eine Umkehrung der thatsiachlichen Entwickelungsverhiltnisse sein (vergl. unter anderen auch Kinestry 1900). Wie uns die Selachier und die Ontogenese der tiefer- stehenden Gnathostomen lehren, bildet die bewegliche gelenkige Verbindung des Kieferstieles mit dem Kranium den Ausgangspunkt, wihrend die bei gewissen Formen der Anamnia (z. B. Holocephala, Dipnoa, Amphibia) sich findende Verschmelzung beider Teile erweisbar der abzuleitende Zustand ist. Durch die reiche und michtige Deck- knochenausbildung in jenem Schidelbereiche mag diese Verschmelzung begiinstigt worden sein. Damit ist aber noch kein Recht gegeben, an die erste Hypothese einer sekundiren Reduktion jener Deck- knochen (gegen die ich, wenn mit Ma8 vertreten, gar nichts einzu- wenden habe) auch die zweite Annahme eines wieder beweglich werdenden Quadratum anzukniipfen. So lange, trotz sonstiger Fixation durch die Temporalbogen, das dorsale Ende des Qua- dratum noch eine diarthrotische Verbindung mit dem Schadel dar- bietet, ist die Wiederherstellung der einstigen Streptostylie unter Riickbildung jener Temporalbogen méglich. Die Untersuchung eines ausgewachsenen Sphenodon, sowie jiingerer Exemplare von Emys orbicularis und Alligator mississippiensis zeigte mir aber keine Ge- lenkhéhle in jener Gegend mehr, sondern einen syndesmotischen resp. suturalen Verband (bei Sphenodon noch mit partiller Erhaltung des urspriinglichen Gelenkknorpels, bei Emys und Alligator unter Verlust desselben). Daf jiingere Embryonen von Cheloniern und Crocodiliern ein knorpeliges, durch Bindegewebe locker mit dem Primordialcranium verbundenes Quadratum darbieten, ist seit RATHKE und W. K. Parker bekannt; die Ontogenese von Sphenodon wird Bd, XXXIV. N. F. XXVIL 39 600 Max Firbringer, Bei den Lacertiliern lat uns diese im Stich; was wir als sicher erkannte fossile Vertreter derselben ansprechen kénnen, gehért nicht den alteren Schichten an und steht morphologisch nicht tiefer als viele Familien der noch lebenden Lacertilier. Un- zweifelhaft ist dieses Deficit nur der Ausdruck unserer mangel- haften paliontologischen Kenntnis der vielleicht auch zu einem erofen Teile nicht erhaltenen Reste der altesten Lacertilier, die vermutlich aus sehr kleinen, im Gesellschaftsleben der Reptilien urspriinglich sehr zuriicktretenden Tieren bestanden'). Auf Grund des morphologischen Baues der lebenden Lacertilier und aus der Vergleichung entnommenen Griinden miissen wir annehmen, dal echte Lacertilier bereits in paléozoischer Zeit existierten; vielleicht gehérten Kadaliosaurus und gewisse Microsaurier zu ihnen. Anders und besser steht es hinsichtlich der paliontologischen Reste der Rhynchocephalier. Neben naheren Verwandten von Sphenodon (Rhynchocephalia vera), die zum Teil einige héhere Ziige aufweisen als dieser und uns eine nur geringe Aufklarung hinsichtlich der phylogenetischen Entwickelung gewahren, besitzen wir in den vorwiegend permischen Proterosauria eine sehr wichtige Quelle der genealogischen Erkenntnis. In ihnen begegnen uns Formen, die in der Hauptsache primitiver sind als Sphenodon, und der alteste Vertreter derselben, die dem unteren Rotliegenden ange- horende Palaeohatteria, ist auf Grund mehrfacher Ziige ihrer Organisation wohl als das am tiefsten stehende oder wenigstens als eines der am tiefsten stehenden bisher bekannt gewordenen Reptilien anzusprechen. Andere, gleichfalls aus dem Rotliegenden stammende Formen, wie Hylonomus?), Petrobates?), Kadaliosaurus, vermutlich ahnliches, vielleicht auch noch eine embryonale Gelenk- héhle zwischen dem dorsalen Ende des Quadratum und der Temporal- region des Cranium (Streptostylie) aufweisen. 1) In der Kleinheit und dem Zuriicktreten dieser Tiere lag auch ihre Zukunft, Entwickelungsfahigkeit und ihr Schutz. Grobe, fertig ausgebildete Tiere sind durch ihre festgelegte Entwickelung und ihr betrachtliches Koérpervolumen nicht mehr anpassungsfahig, schwerer zu ernihren und Gefahren viel mehr exponiert; die Phylo- genie der Tiere und Menschen zeigt uns allenthalben, daf Gréfe und Hohe der Entwickelung zugleich den Keim des Niederganges in sich tragt. Sie gewihrt eine groke Gegenwart, verbiirgt aber keine lange Zukunft (vergl. auch das Kapitel iiber das Verhiltnis der Kérpergréfe in den Untersuchungen zur Morphologie und Syste- matik der Végel, 1888, p. 991—995). 2) Crepner (1890) hat bekanntlich bei Petrobates auf Ueber- einstimmungen mit den Rhynchocephaliern hingewiesen, aber ihn wie Hylonomus doch als Stegocephalen angesprochen. Von Baur Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 601 zeigen gleichfalls eine sehr tiefe Organisation, die selbst, wie schon angedeutet, die Frage offen lat, ob hier primitive Vorfahren der Rhynchocephalier oder der Lacertilier vorliegen resp. ob in ihnen die gemeinsamen Vorfahren dieser beiden zu dieser Zeit noch nicht gesonderten Reptilienordnungen gegeben sind. Diese Frage diirfte wohl im wesentlichen zu beantworten sein, wenn uns erst besser erhaltene Exemplare dieser Fossilien vorliegen. Trotz der verschiedenen erheblichen Differenzen, welche Lacertilier und Rhynchocephalier in ihren bisher genauer bekannten Vertretern trennen, scheint mir die Annahme eines gemeinsamen Stammes beider Abteilungen durch die weit gréSere Anzahl tibereinstimmen- der Merkmale gerechtfertigt zu sein. Selbstverstaindlich wird hier das genauere Verhalten des Quadratum von gréfter Bedeutung sein; hier oder in noch alteren Schichten (Karbon, vielleicht noch friiher) liegt die Wurzel, welche den primitiveren streptostylen und den von ihnen abzuleitenden monimostylen Reptilien Ausgang gab, und dieses Moment, d. h. die Art der Verbindung des dorsalen Endes des Quadratum mit dem Cranium, halte ich in diagnostischer Beziehung fiir wichtiger als das Verhalten der Deckknochen in der Schlafengegend oder der Parasternalien in der Bauchgegend. Damit méchte ich keineswegs die Bedeutung jener Deck- knochen gering achten. Zur Zeit, wo uns die Kenntnis der meisten und wichtigsten primordialen Teile des Skelettes zufolge ihrer grofenteils knorpeligen Beschaffenheit fehlt, und wohl auf lange Zeit hinaus miissen wir uns mit jenen gut erhaltenen Deck- knochen begniigen, da wir nichts Besseres haben; sie bilden in der Gegenwart immer noch die relativ besten Werkzeuge unserer phylogenetischen Erkenntnis. Von den Meisten ist angenommen, da8 jene Deckknochen mit zahlreichen einzelnen Hautplatten be- gannen und sich an den exponierteren Stellen des Kérpers unter héherer Differenzierung zu festeren Panzern') zusammmenschlossen, (1897) dagegen wurden weitere Reptilienthnlichkeiten dieser beiden Microsaurier, namentlich das Verhalten der Sacralgegend der Wirbel- siule und der ventralen Wirbelbogen, hervorgehoben, welche nach der Entscheidung dieses Autors die Stellung beider innerhalb der Reptilien bestimmten. Ob damit eine endgiltige systematische Erkenntnis begriindet wurde, bleibt abzuwarten. 1) Gaupp hat hierfiir die guten Namen stegocrotaph, zygo- crotaph (di-zygocrotaph und mono-zygocrotaph) und gymnocrotaph eingefiihrt. Man kann noch die Termini anazygocrotaph und kata- zygocrotaph zufiigen, um damit die Anwesenheit eines oberen oder unteren Schlafenbogens zu bezeichnen. og” 602 Max Fiirbringer, daf danach eine mit Schwund gewisser Teile einhergehende Ver- minderung der Zahl der zusammensetzenden Skelettelemente und eine Abnahme ihres Volumens stattfand und in der Schlaifengegend zu gesonderten Temporalbogen!), in der Bauchgegend zu_stab- formigen parasternalen Spangen fiihrte und daf es schlieflich zu weiterer Rarefizierung, Riickbildung und schlieflich Schwund *) jener Bogen und Spangen in grokem Wechsel und grofer Mannigfaltig- keit kam. Namentlich Baur (1889, 1894), Cops (1892) und Gaupp (1894) haben diese Verhiltnisse in der Schlafengegend mit Sorgfalt untersucht; ersterer nimmt sie als Ausgangspunkt fiir seine letzte systematische Anordnung der Sauropsiden (1894). Mit GeGENBAUR (1898) erkenne ich gern das Gesunde und Richtige der diese Entwickelungsreihe fordernden Gedankengange an. Ks besteht auch fiir mich kein Zweifel, dafi zahlreichere Elemente und plumpere und massigere Konfigurationen der Auslese der notwendig- sten Teile und ihrer schlankeren Gestaltung vorausgingen. Es ist, um einen naheliegenden Vergleich zu ziehen, dieselbe erst nach und nach entwickelte Materialersparnis, wie sie z. B. bei dem Uebergange des romanischen Baustiles in den gotischen und bei dessen héherer Aus- bildung sich vollzog. Verdénderungen der Bedingungen im Kampfe ums Dasein mit feindlichen Tieren und feindlichen Klimaten, welche vielleicht friiher einen héheren Schutz gegen die Aufenwelt nétig machten, denselben aber spiter leichter entbehren liefen, mégen auch bei dieser Rarefizierung und Auslese mitgewirkt haben. Immerhin aber méchte ich sehr zur Vorsicht raten, diese Lehre von der fortschreitenden Reduktion des Deckknochensystemes nicht zu einem starren Schematismus ausarten zu lassen. Es ist még- lich, daf simtliche alteste Reptilien einen nach Art der Stego- cephalen geschlossenen Deckknochenpanzer besafen und daf der- selbe nach und nach, je nach der Ausbildung dieser oder jener ihrer Vertreter, bald in dieser bald in jener Weise sich modifizierte und verminderte, da’ im speciellen die Ordnungen mit keinem oder nur mit einem schlanken Temporalbogen von solchen mit breitem Temporalknochenkomplexe oder mit zwei Bogen ab- stammen und daf alle Vorfahren der lebenden Sauropsiden ein hoch und voluminés entwickeltes Parasternum besafen, das nach und nach in Reduktion und bei vielen Vertretern derselben selbst in vélligen Schwund trat — es ist aber ebenso gut méglich, daf die direkten Altesten Vorfahren der deckknochenirmeren Sauropsiden (z. B. Squamata) jene Deckknochenbildung wohl in etwas reicherer 1) S. Anm. 1 auf p. 601% Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 603 Gestaltung besafen als die jetzt lebenden Vertreter, aber lange nicht in der voluminésen Ausbildung, welche uns Stegocephalier und viele andere Reptilien zeigen). Wir kennen die direkten Vorfahren der Lacertilier nicht, wir wissen nicht einmal genug von den fossilen Lacertiliern, um uns ganz direkte Schliisse iiber deren Konfiguration zu gestatten, und aus diesem Grunde ist auch hier grofie Vorsicht und geduldige Zuriickhaltung geboten. Zum Teil mit dieser Frage hangt auch die viel allgemeinere von der Abstammung der Sauropsiden von tiefer stehenden Wirbeltieren ab. Dal die Vorfahren derselben eine Entwickelungs- stufe durchlaufen haben, welche graduell mit derjenigen der Am- phibien gleichwertig war, ist nicht zu bezweifeln. Wie aber das Quale der direkten amphibienartigen Vorfahren der Sauropsiden thatsachlich beschaffen war, entzieht sich zunachst noch unserer Kenntnis. Konstruieren kann man sich dieselben sehr leicht; aber solche Konstruktionen sind keine reelle Lésung, keine Erkenntnis. Da die lebenden Amphibien mit ihren vielen besonderen Differen- ~ zierungen progressiver und regressiver Natur eine direkte An- kniipfung der Sauropsiden an sie nicht gestatten, so sind wir auf die altesten fossilen Amphibien, die Stegocephalen angewiesen, die bereits im Karbon und im unteren Perm in grofem Reichtum und in grofer Mannigfaltigkeit entwickelt waren; vermutlich lebten auch primitive Vertreter von ihnen schon im Devon. Zahlreiche Ziige in ihrem Skelettsystem zeigen Uebereinstimmung mit dem der altesten Reptilien (Palaeohatteria, Hylonomus, Petrobates), und namentlich die Konfiguration des Deckknochenapparates am Schadel, Brustschulterapparat und Rumpf erhebt sich bei allen zu grofer Aehnlichkeit. Aber gerade die wichtigeren typischen Konfigura- tionen in ihren Knorpelteilen, unter anderem das genauere Ver- halten des primordialen Kiefergaumenapparates, sind uns noch un- bekannt; unsere Vergleichung arbeitet mit Bruchstiicken und hat daher nur bedingten Wert. Nichts hindert anzunehmen, dafi das, was man jetzt unter dem Namen Stegocephalen zusammenfaft, neben echten stego- cephalen Amphibien auch Formen enthalt, die diesen auferlich wohl ahneln, in ihrem innersten Wesen und in ihrer Entwickelung aber ganz heterogen von ihnen sich verhalten. Und ebenso gut kann man annehmen, daf die wahren Proreptilien sich gar nicht 1) Ich nehme dabei an, daf diese Vorfahren bei ihrer Klein- heit und dem versteckten Leben, das sie fiihrten (vergl. p. 600 Anm. 1), jenes Schutzes nicht so sehr bedurften wie die gréferen und mehr exponierten Formen. 604 Max Firbringer, unter den bis jetzt bekannten ,,Stegocephalen“ befinden, da sie erst noch aufgefunden werden miissen. Und dies ist nur ein Teil der Frage, welche die Genese der den Proreptilia gleichwertigen Promammalia natiirlich auch im Auge behalten muf (siehe die weiter unten folgenden Ausfiihrungen bei den Theromorpha). Die meiner Ansicht nach zu postulierende streptostyle Beschaffen- heit der Proreptilia und Promammalia gestattet keine direkte An- kniipfung an die bisher bekannten monimostylen Amphibien oder Dipnoer, ebensowenig aber eine solche an die wieder in anderer Weise — hyostyl — erfolgende Verbindung des Kieferapparates bei den Crossopterygiern, sondern laBt sich direkt nur zu solchen primitivsten Vorfahren der Amphibien zuriickfiihren, deren Qua- dratum nach Art der Selachier, und speciell der tiefsten Vertreter derselben (Notidanidae), beweglich mit dem Schadel verbunden war. Daf solche primitive streptostyle Amphibien einstmals existiert haben, wird uns auch durch die bekannten onto- -genetischen Befunde bei den jetzt lebenden Amphibien wahrschein- lich gemacht. Vermutlich wandelte sich bei ihnen die Streptostylie in dem Mage in Monimostylie um, als phylogenetisch ihr urspriing- lich oberflachlich gelegener Deckknochenapparat mit dem Quadratum in intimeren Verband trat und damit dessen freie Beweglichkeit beeintrachtigte und schlieBlich bis zur Unbeweglichkeit aufhob. Dazu kommen aber noch die vielen anderen wichtigen Dif- ferentialmerkmale, nicht zum mindesten das Verhalten der Flossen, die sich bei Amphibia, Sauropsida und Mammalia zu dem Cheiro- pterygium ausbildeten, ohne daf wir tiber die demselben speciell Ausgang gebende Flossenform tiefer stehender, noch nicht cheiro- pteryger Tiere volle Klarheit besitzen. Zusammenfassend wiirde folgendes zu sagen sein: Lacertilia und Rhynchocephalia sind die am ticfsten stehenden Reptilien und in der Hohe der Entwickelung im grofen und ganzen einander gleichwertig, indem bei den einen bald diese, bei den anderen bald jene Faktoren ihres morphologischen Baues tiefer oder héher entwickelt sind. Die Streptostylie der ersteren ist als Beibehaltung eines primordialen Zustandes, die Monimostylie der letzteren als eine sekundare Differenzierung aus urspriinglicher Streptostylie zu beurteilen. Eine Ableitung der Lacertilier von rhynchocephalier- artigen Vorfahren wird durch das morphologische Verhalten beider Abteilungen nicht unterstiitzt, wohl aber entspringen beide dem- selben gemeinsamen streptostylen Stamme, welcher als die mehr oder minder direkte Fortsetzung der hypothetischen Proreptilia Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 605 angesehen werden kann. Die streptostylen Proreptilia aber haben sich neben den streptostylen Promammalia aus tiefer stehenden streptostylen Tieren entwickelt, welche im Grade ihrer Ausbildung amphibienartigen Tieren gleichzusetzen sind, in ihrem Quale aber von allen bisher genauer bekannt gewordenen fossilen und leben- den — monimostylen — Amphibien mehr oder minder verschieden sich verhalten. Diese monimostylen Amphibien bilden einen Komplex von Seitenzweigen aus dem urspriinglichen streptostylen Amphi- bien-Stamme. Ob Reste der direkten Vorfahren der Amnioten in der Stegocephalen genannten Sammelgruppe, in den noch unzu- reichend bekannten Typen derselben sich finden oder nicht, ent- zieht sich zur Zeit unserer Kenntnis. — Ich wende mich jetzt zu einer kurzen Besprechung der einzelnen Abteilungen der Reptilien ‘). Il. Streptostylia s. Squamata (Lacertilia und Op hidia) ”). Die Ordnung der Lacertilier ist bekanntlich in alter Zeit (ins- besondere von Stannius 1856) in die drei Unterordnungen der kionokranen Lacertilia, Amphisbaenoidea und Chamaeleonidea (Rhiptoglossa) gesondert worden; ihr wurde als gleichwertige Ord- nung die der Ophidier zur Seite gestellt. Beide zusammen bildeten den Superordo oder die Subclassis der Squamata s. Lepidosauria s. Streptostylica *). Zwischen Lacertilia und Ophidia wurden dann, namentlich nach Copsr’s Begriindung (1869), die Mosasauria s. Pythonomorpha als gleichwertige Abteilung eingefiigt, eine syste- matische Anordnung, die viel Beifall fand, aber auch mannig- fachen Angriffen, namentlich von Seiten Baur’s (1890—1896, der nach Cuvier’s und Anderer Vorgange die Mosasaurier den Lacertiliern einverleibte und neben die Varanidae stellte) be- gegnete. Fernerhin gaben BouLENGER’s bekannte systematische Arbeiten (1884—1893) den Anstof zu weiteren Veranderungen, wonach der Superordo Squamata zum Ordo Squamata mit den Subordines Dolichosauria, Pythonomorpha, Lacertilia (kionokrane 1) Den kurz summierenden, zum Teil selbst skizzenhaften Charakter dieser systematischen Uebersicht brauche ich nicht noch besonders zu betonen und zu entschuldigen, 2) Vergl. auch p. 231—276, p. 366—374, p. 397459 und die betreffenden Ausfiihrungen sub § 16 A—C, p. 521—589. 3) Nicht zusammenfallend mit der Ausdehnung, die LypEKKER den Streptostylica giebt, indem er diesen auch die (nicht strepto- stylen) Rhynchocephalia und Proterosauria einreiht. 606 Max Firbringer, Lacertilia nebst Amphisbaenia, welche als einfache Familie neben die Tejidae gestellt wurden), Rhiptoglossa und Ophidia degradiert wurde; die Dolichosauria dienten BoULENGER als der Ausgang gebende Subordo der Squamata, von dem die Pythono- morpha, Lacertilia und Ophidia abstammten, wahrend die Lacer- tilia ihrerseits wieder den Rhiptoglossa Ausgang gaben. Auch gegen diese Einteilung, namentlich betreffend die Stellung der Dolichosauria und Pythonomorpha, wurden Einwinde erhoben, insbesondere von Baur (1890) und Dotio (1892), die in den Dolichosauria nicht den Stammzweig, sondern nur einen Seiten- zweig der Gruppe zu erkennen vermochten. Meine — sich nicht blo8 auf die in den vorhergehenden Ab- schnitten beschriebenen Kérpergebiete beschrankenden, sondern iiber verschiedene Organsysteme erstreckenden — Untersuchungen lassen mich der alten Einteilung unserer alten grofen Morphologen, namentlich derjenigen von STaANNius (1856), den Vorzug geben. Mit ihnen mochte ich Lacertilia im weitesten Sinne und Ophidia unterscheiden, beide nahe verwandt, aber doch selbstandige Ord- nungen, und die letzteren als héhere Specialisten von primitiven Lacertiliern ableitbar. Hinsichtlich des Ordo der Ophidia habe ich nichts weiter zu bemerken und verweise im tibrigen auf die bereits von STANNIUS und Huxtey angegebenen anatomischen Differentialmerkmale gegeniiber den Lacertilia, sowie auf das treffliche System derselben von BouLENGER (1892—96). Speciellere anatomische Untersuchun- gen iiber die Vertreter derselben habe ich nicht angestellt. Ein weit gréferes genealogisches Interesse kniipft sich an die im grofen und ganzen tiefer stehende Ordnung der Lacer- tilia (sensu latiori). Hier schlage ich die 5 Unterordnungen Lacertilia vera, Varano-Dolichosauria, Mosasauria, Amphisbaenia und Chamaeleontia vor. a) Lacertilia vera‘). Die Lacertilia vera bilden den Ausgang. Kionokrane Lacer- tilier mit einer bei den typischen Vertretern”) aus 8 Halswirbeln zusammengesetzten Halswirbelsiule, stehen sie durch eine grofe Summe von primitiven Ziigen in ihrer Organisation tiefer als die 1) Lacertilia vera Bounmncer nach Ausschlu8 der Varanidae und Amphisbaenidae. 2) Bei den schlangenartigen Formen tritt nicht selten eine Ver- kiirzung der Halswirbelsiule ein. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 607 anderen angefiihrten Unterordnungen und erweisen sich zugleich bei der grofen Fiille ihrer Formen als. eine reiche Fundgrube des Verstindnisses der bei den Sauropsiden sich vollziehenden Entwickelungsginge (vergl. auch p. 531, 550, 555, 581 f.)'). Unter den Sauropsiden nehmen sie eine ahnliche Stellung ein wie die Selachier unter den Fischen, und es ist als ein gliickliches Ge- schick zu preisen, dafi uns diese reiche primitive Abteilung in solcher Fiille bis zum heutigen Tage fiir die Untersuchung er- halten geblieben ist. Die vielen Familien derselben, beziiglich deren Definition und Folge namentlich auf BouLeNnGEerR (1884—87) und Cope (1889) verwiesen sei, lassen sich in den folgenden Gruppen oder Gentes verteilen : 1) Nyctisaura s. Geckonomorpha. Die primitivsten Formen mit den zahlreichen amphicélen Geckonidae und den aus wenigen Vertretern bestehenden, etwas héher entwickelten procélen Eublepharidae, beide kosmopolitisch. Mit der Pro- célie der Eublepharidae beginnt eine héhere Entwickelungsstufe der Lacertilier, die von nun an — nur mit Ausnahme der Uro- platidae — durch procéle Wirbel gekennzeichnet sind. Die Be- deutung dieses Merkmales, das gewil} nicht zu tibersehen ist, darf aber, wie die nahe Verwandtschaft der Geckonidae und Euble- pharidae beweist, nicht iiberschatzt werden 2). — Von verschiedenen Autoren sind die Geckonomorphae zu einer besonderen AbDtei- lung héherer Ordnung erhoben worden (abgesehen von Alteren Herpetologen teilt z. B. GGnrneR 1867 die Lacertilia in die Sub- ordines der Amphisbaenoidea, Cionocrania, Chamaeleonoidea und Nyctisaura ein); meines Erachtens liegen dafiir nicht geniigende Griinde vor. 2) Pygopodomorpha. Durch die BouLENGER’sche Familie der Pygopodidae reprasentierte, tiefstehende schlangenahnliche 1) Man denke unter anderem auch an die Verschiedenartigkeit im Vorkommen und Verhalten der Zahnbildungen, die in ihrem Wechsel von Palatodontie (mit der variierenden Auslese des Palatinum und Pterygoides) und Maxillodontie, Pleurodontie und Acrodontie, Homé- odontie und Heterodontie, Isodontie und Anisodontie die grofe Mannigfaltigkeit und bei allem Reichtum der Bildungen zugleich vorwiegend primitive Stellung der Lacertilier bekunden; die Am- phisbaenia und Chamaeleontia sind lediglich maxillodont (vergl. tiber diese Verhiltnisse unter Anderen auch Burckuarpt 1895). 2) Bekanntlich wechseln auch bei tiefer stehenden Wirbeltieren, z. B. bei den Ganoiden, die Verhaltnisse der Wirbelverbindung innerhalb naher Verwandter sehr erheblich. 608 Max Firbringer, procéle Lacertilier, welche saimtlich Australien bewohnen und friiher in mehrere Familien (die Gray’schen Pygopidae, Apra- siadae und Lialisidae) gesondert und in die Nahe der Scincidae gestellt wurden. Sie haben aber fast mehr mit den Geckono- morpha gemeinsam und zeigen im tibrigen an den verschiedensten Teilen ihres K6rpers zahlreiche degenerative Merkmale. Auch Anklinge an die Ophidier bestehen. Eine genaue anatomische Durcharbeitung der Gruppe ist nach wie vor Desiderat. Mir fehlte das Material dafiir. 3) Leptoglossa s.Autosauromorpha. Eine aus ziem- lich zahlreichen procélen Familien zusammengesetzte Gruppe, die durch gemeinsame Schiadelcharaktere, die Kombination einer medial verbreiterten und meist gefensterten Clavicula mit einem kreuzformigen Episternum und eine beschuppte Zunge verbunden werden. Am tiefsten unter ihnen steht die primitive kosmopoli- tische, aber am reichsten in Australien entwickelte Familie der Scincidae, welche durch zahlreiche und recht mannigfaltig organisierte Vertreter gebildet wird und zum Teil auch zu Reduk- tionen der Extremitaéten mit schlangenaihnlicher Gestaltung des Koérpers neigt (zum Teil den Acontiadae Cope’s entsprechend) ; ihre nahen Verwandten und in der angegebenen Richtung re- duzierten Familien sind die Anelytropidae und wohl auch Dibamidae'). Etwas héher als die Scincidae stehen die verwandten Gerrhosauridae, die zugleich zu den noch hoher entwickelten Lacertidae fiihren; diese beiden Familien sind altweltliche Formen; mit den Scincidae (und deren Verwandten) zusammen bilden sie die zicmlich gute Familiengruppe (Super- familie) der Scinco-Lacertae. Eine gewisse Parallele zu ihnen bildet die neuweltliche Superfamilie Teji mit den Tejidae und den ihnen nahestehenden Xantusiidae (mit T-férmigem Epister- num), welche sich den héheren Scinco-Lacertae gleichwertig gegen- iiberstellen und durch zahlreiche Besonderheiten in der Haut, im Ske- lett und den Muskeln, sowie den Eingeweiden (vergl. unter anderen auch BurLer 1889) yon diesen unterscheiden. Die Tejidae bilden eine formenreiche Familie mit einer groBen Fiille von Arten, unter denen auch schlangenahnliche Formen mit rtickgebildeten Extremititen und in beginnender Verkiimmerung begriffener Colu- 1) Teste Bountencer; mir lagen keine Vertreter derselben vor. Auch in der angegebenen Degeneration der Columella offenbart sich eine ziemlich weitgehende Reduktion des Kopfskelettes. Ferner sei aut die Gattung O phioseps BocacsE (Ophiopsiseps) hingewiesen, die lacertile und ophide Charaktere in sich vereinigen soll. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 609 mella und Orbitalregion des Schadels (Ophiognomon) eine gewisse Aehnlichkeit mit den Amphisbaenidae zeigen; BOULENGER schlieft letztere bekanntlich den Tejidae an. 4) Diploglossa s. Anguimorpha. Eine von mehreren, zum Teil lose zusammenhingenden procélen Familien gebildete Gruppe, welche zwischen der vorhergehenden und der _ folgen- den Gruppe, der letzteren naher, steht, wobei gewisse Vertreter eine vollkommen intermediare Stellung zwischen beiden einnehmen. Kine medial nicht oder nur ganz wenig verbreiterte Clavicula, ein kreuzformiges oder von der Kreuzform zur T-Form tibergehendes Episternum und eine mit Papillen besetzte Zungenschleimhaut verbindet die einzelnen Familien der Gruppe. Im grofen und ganzen sind dieselben durch eine etwas héhere Ausbildung als die vorhergehende Abteilung gekennzeichnet, jedenfalls stehen sie durchweg hoéher als die Scincidae. Die sie zusammensetzenden Familien kénnen in die Superfamilien Zonuri, Angues, Helodermates und Xenosauri gruppiert werden. Die Zonuri werden durch die afrikanischen Zonuridae gekennzeichnet, die in ihrem ana- tomischen Bau sich zwischen Scinci, Angues und Iguanae stellen. Die Angues reprasentiert die umfangreichere kosmopolitische, aber ihre meisten Vertreter in Amerika zaihlende Familie der Anguidae, welche den Nachbarfamilien gegentiber eine gewisse Selbstandigkeit darbietet und viele degenerierte (schlangenahnliche) Formen aufweist; von ihnen ist die ebenfalls schlangenahnliche kleine Familie der Anniellidae ableitbar. Die Helodermates werden durch die amerikanischen Helodermatidae'), welche neben zahlreichen anguimorphen und selbst an die Xantusiidae erinnernden Merkmalen auch sehr selbstandige Konfigurationen (Schadelstrukturen, fensterloser primarer Schultergiirtel, stabf6r- miges Episternum, Giftdriisen und ophide Dentition) und einzelne Aehnlichkeiten mit den Varanidae verbinden. Die Xenosauri endlich werden durch die nur einen Vertreter zahlende ameri- kanische Familie der Xenosauridae reprasentiert, die in zahl- reichen Charakteren (namentlich auch in ihrem Brustschulter- apparat mit ausgesprochenem T-formigen Episternum) sich den Iguanidae anschlieBt, aber auch so viel anguimorphe Charaktere aufweist, daf sie als vollkommen intermediaire Familie zwischen Anguidae und Iguanidae anzusprechen ist’). Mit Riicksicht auf 1) Die Stellung des asiatischen Lanthanotus ist dunkel; viel- leicht bildet er eine besondere Familie neben den Helodermatidae. 2) Nach Mitteilung der Autoren. Ich hatte keine Gelegenheit, Xenosaurus zu untersuchen. 610 Max Firbringer, den Grad ihrer Ausbildung gehéren alle diese diploglossen Familien zu den mittelhoch stehenden Formen der Lacertilier. 5) Pachyglossa (Crassilingues) s. Eunota s. Igu- anomorpha. Diese Gens, der man auch die soeben besprochenen pleurodonten Xenosauridae') anschliefen kann, besteht aus den beiden zahlreichen Familien der Iguanidae und Agamidae, erstere reprasentiert durch pleurodonte, fast durchweg (mit Aus- nahme von Chalarodon, Hoplurus und Brachylophus) neuweltliche Formen, letztere durch akrodonte, ausschlieBlich altweltliche Ver- treter. Beide gleichen einander in allen wesentlichen auferen und inneren Merkmalen; nur der auffallende Unterschied der pleuro- donten und akrodonten Verbindung der Zahne mit den Kiefern trennt sie. Dieser Unterschied ist von vielen Autoren, namentlich auch von Cops, erheblich tiberschatzt worden?) und hat den er- wahnten Untersucher, wenn ich ihn recht verstehe, veranlaft, die akrodonten Agamidae von den pleurodonten Iguanidae (Iguania Cope mit den Familien der Iguanidae und Anolidae) ganzlich zu entfernen und den Chamaeleontidae niher zu stellen, was durch die Anatomie dieser Tiere in keiner Weise gestiitzt wird. Be- kanntlich ist der Unterschied der vorliegenden Pleurodontie und Akrodontie ein nur gradueller resp. ontogenetischer, wie unter Anderen SIEBENROCK (1895) und CARLSSON (1896) bei den Agamidae gezeigt haben und wie wir auch von anderen Lacertiliern (z. B. den Tejidae und Chamaeleontidae) durch BouLenGrR (1885) und R6sE (1893) wissen: aus der loseren Pleurodontie bildet sich unter Zunahme der Knochensubstanz der alveolaren Rander die Akro- dontie aus. Die Agamidae nehmen somit hinsichtlich ihrer Den- tition eine héhere Stufe ein als die Iguanidae (und Xenosauridae). Dies gilt aber nicht hinsichtlich der anderen morphologischen Charaktere, wo mittelhohe und hohe Formen sich vermischt bei diesen grofen und darum recht vielgestaltigen, auch an aberranten Vertretern reichen Familien finden. Die Columella (Proc. ascendens quadrati) ist bei den Agamidae in der Regel etwas zuriickgebildet, bei gewissen Arten (Draco, Lyriocephalus) selbst in vorgeschrittenerem Grade. 6) Gecko-Chamaeleontes s. Uroplatimorpha. Die nur wenige Vertreter zihlende madagassische Familie der Uro- platidae zeigt mit den Geckonidae eine grofe Aehnlichkeit im 1) Als nachste Nachbarn der Iguanidae. 2) Auch Burcxnarnpt (1895) spricht sehr mit Recht der Differenz zwischen Pleurodontie und Akrodontie eine grifere genealogische Bedeutung fiir weitere Formenkreise ab. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 611 iuferen Aussehen und teilt mit ihnen die primitive Beschaffenheit der Wirbelsiiule (Amphicélie) und des V- oder nierenférmigen occipitalen Condylus, sowie eine Anzahl ziemlich bedeutsamer oder minder wichtiger oder ganz allgemein bei den Lacertiliern ver- breiteter Strukturen, weicht aber hinsichtlich gewisser Ziige wesentlich von ihnen ab. BouLEncer (1884) hat auf die sehr differente Bildung ihres Episternum und ihres Nasale hingewiesen und auf Grund dieser Verschiedenheiten die Uroplatidae von den Geckonidae abgetrennt, aber in seinem System auf sie und die Eublepharidae direkt folgen lassen. Corr (1889) hat sie wegen der varanus-iihnlichen Beschaffenheit des Nasale als Subordo Gecco- varani neben die Varanidae (zwischen sie und die Nyctisaura) ge- stellt. SreBeENROcK (1893) verdanken wir eine genaue Darstellung ihrer Osteologie, die aber keine systematischen Folgerungen ent- halt. VersLtuys (1898) macht auf grofe Aehnlichkeiten des Mittelohres der Geckonidae und Uroplatidae aufmerksam. In der vorliegenden Untersuchung habe ich den Brustschulterapparat nebst dem proximalen Abschnitte der vorderen Extremitaét und seine Muskulatur nebst benachbarten Teilen eingehender behandelt, und die damit erhaltenen Resultate haben mir ergeben, einmal, dal die BouLENGER’sche Abtrennung von den Geckonidae eine sehr richtige ist, dann aber auch, daf die Uroplatidae trotz der oben angegebenen und anderer primitiver Ziige in der Summe ihrer Merkmale eine relativ hohe Stellung unter den kionokranen La- certiliern einnehmen und dabei zugleich recht tiberraschende Ziige von Verwandtscheft mit den Chamaeleontidae darbieten (p. 525° Anm: 1, 531, 539; 546; 555, 566;. 585f.): Diesen Ziigen kann man noch eine ziemlich grofe Anzahl anderer innerer Strukturen anreihen, die trotz der augenfalligen auferen Ver- schiedenheit beider Abteilungen doch mit einem der Sicherheit sehr nahe kommenden Grade von Wabhrscheinlichkeit darthun, daf die Wurzel der Chamaeleontia in gréfter Nahe derjenigen der Uroplatidae sich befand. Hinzugefiigt sei, da die iiberwiegende Mehrzahl der Chamaeleontidae gleichfalls Madagascar bewohnt, daf hier wohl der Ausgangspunkt fiir die Verbreitung dieser Familie sich befindet, ferner, dafi die Uroplatidae Baumkletterer nach Art der Chamaeleonten sind, eine bereits zur Kletterhand dieser tendierende Stellung der Finger ihrer vorderen Extremitat aufweisen und den gleichen hoch ausgebildeten Farbenwechsel wie die Chamaeleontidae zeigen. — Auf Grund dieser Erkenntnis (Aehnlichkeit und manches Uebereinstimmende mit den Geckonidae und innere Verwandtschaft mit den Chamaeleontidae) schlage ich 612 Max Firbringer, die Bezeichnung Gecko-Chamaelecontes fiir die Uroplatidae vor. Die Copr’sche Bezeichnung Geccovarani erscheint mir nicht sehr gliicklich; die den Uroplatidae und Varanidae gemeinsame Verbindung der beiden Nasalia zn einem unpaaren Skelettstiick ist kein qualitatives, sondern nur ein graduelles und zudem recht vereinzeltes Merkmal, dem sich eine sehr grofe Summe von durch- ereifenden Differenzen gegeniiberstellt, welche die géiinzliche Di- vergenz der Uroplatidae und Varanidae zur Gentige begriindet. Die genauer bekannten fossilen kionokranen Lacertilier mit 8 Halswirbeln lassen sich samtlich den angefiihrten Familien einreihen. Daneben existieren zahlreiche Reste unvollkommen er- kannter Lacertilier, tiber deren genauere Stellung sich zur Zeit noch nichts aussagen abt. Noch am besten sind unter diesen die amphicélen akrodonten Telerpetidae aus der Trias erhalten (p. 273—276). Die meisten Autoren rechnen sie den Rhynchocephaliern zu, wahrend ich (im An- schlusse an HuxLey’s Originalabhandlung von 1866) weit mehr dazu neige, sie den kionokranen Lacertiliern einzufiigen; und zwar scheinen sie mir eine selbstandige Familie in der Nahe des Anfanges der Agamidae zu bilden, entsprechend ihrem ziemlich hohen Alter vermutlich auch von tieferer Stellung als die lebenden Vertreter der Agamidae. Auch die jurassischen Acrosauria seien als Zwischenformen zwischen Lacertilia und Rhynchocephalia hier erwihnt; ihre weitere Besprechung wird bei den letzteren stattfinden (p. 626, 627). Dali unsere Kenntnis der fossilen Lacertilia vera eine sehr diirftige ist, braucht nicht besonders versichert zu werden. Es besteht gar kein Zweifel, da einer jetzt aus so divergenten Fa- milien bestehenden Abteilung eine Fiille von verbindenden Formen vorausgegangen sein mu, kionokranen Lacertiliern von geringer Kérpergréfe, von denen wohl die meisten zufolge ihres vorwiegen- den Landlebens und zufolge der zarten und leicht zerstérbaren Beschatienheit ihres Skelettsystems uns immer unbekannt oder ganz ungentigend bekannt bleiben werden. b) Platynota s. Varano-Dolichosauria. In dieser Unterordnung verbinde ich eine Anzahl procdéler kionokraner Lacertilier miteinander, deren Halswirbelsiule die iibliche Zahl von 8 Wirbeln iiberschritten hat und von 9—17 Wirbeln eebildet wird. Im Vorhergehenden (p. 545f., 573f.) habe ich aus- gefiihrt, dali die oktospondyle Halswirbelsiule wohl einen Ausgang Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 613 gebenden Markstein fiir die Reptilien bildet und von der Mehrzahl der Ordnungen derselben festgehalten wird. Jede durch Wanderung der vorderen Extremitit erzeugte Veriainderung dieser Zahl ist sonach als Ditferentialmerkmal von gréferer diagnostischer Bedeutung zu beurteilen. Ist einmal die typische Achtzahl tiberschritten und so- zusagen eine gréfere Fliissigkeit in die caudalwirts gerichtete Bewegung der vorderen Extremitiét und die successive Umbildung von Thorakalwirbeln in Cervicalwirbel eingeleitet, so kommt es gewohnlich zu mehr oder minder weitgehenden Fortschritten in dieser Verlingerung der Halswirbelsaule. Die hier in Betracht kommenden Lacertilier werden durch die 2 Gentes der Varanomorpha und der Dolichosauromorpha, die erstere noch in lebenden, die letztere nur in ausgestorbenen Formen vorhanden, gebildet. 1) Varanomorpha. Die Vertreter derselben bilden die V a - ranidae, eine sehr eng geschlossene, streng genommen nur durch eine Gattung (Varanus) reprisentierte altweltliche Familie terrestrer, aber meistens wasserliebender, zum Teil recht grofer Lacertilier, welche mit verschiedenen Besonderheiten im Schidelbau, 9 Hals- wirbeln, sehr schlanker Clavicula und auferordentlich gracilem T-formigen Episternum, glatter, tiefgespaltener und hinten mit Scheide versehener Zunge (Thecaglossa), zahlreiche von den tibrigen kionokranen Lacertiliern abweichende LEigentiimlichkeiten im Muskelsystem, eine besondere Gestaltung der peritonealen Struk- turen (BEDDARD 1888), eine anderen Lacertilier tiberragende Aus- bildung der Lunge (Minanr 1894) etc. verbinden. Durch alle diese Charaktere bekunden die Varanidae ihre grofe Isolation von den Lacertilia vera. Die namentlich von WAGLER (1830), DuMERIL et Brpron (1836) und Baur (1890)*') vertretenen Ankniipfungen an die Helodermatidae sowie an die Anguidae griinden sich auf eine zu geringe Anzahl von Uebereinstimmungen und halten gegeniiber der Fille divergenter Merkmale nicht stand; man kann hochstens annehmen, dali die Anguimorpha diejenigen Lacertilier bezeichnen, deren Stamm in der Nahe der Wurzel der Varanomorpha sich befand. Die graduelle Stellung der Varanidae ist im ganzen eine hohe, was einzelne ziemlich tiefe Ziige nicht ausschlieft. Manches tendiert in der Richtung nach den Crocodiliern zu; doch kann ich Brepparp nicht folgen, der sie als eine den Lacertiliern und Rhyn- 1) Baur (1890, 1892) vereinigt bekanntlich Varanidae und Mosasauridae zu den Varanoidea und diese mit den Helodermatoidea zur Subordo Platynota (Dumérit et Breron). 614 Max Firbringer, chocephaliern aquivalente Gruppe auffafte und den Crocodiliern niher brachte als den Lacertiliern. Ueber ihre Zugehérigkeit zu den Lacertiliern besteht fiir mich kein Zweifel. 2) Dolichosauromorpha. Diese Gruppe (Ophiosauria von GORJANOVIG-KRAMBERGER, 1892) wird von langgestreckten (schlangenartigen) Lacertiliern mit verkleinerten Extremititen ge- bildet, welche in verschicdener Kérpergréfe die Kreide bewohnten. Die alteren und primitiveren Vertreter derselben, die Aigialo- sauridae aus der unteren Kreide, besitzen 9—10 Halswirbel und Gliedmafen, die auf terrestre Lebensweise schliefen lassen ; bei den jiingeren und etwas hoher entwickelten Dolichosau- ridae aus der oberen Kreide mit 15—17 Halswirbeln zeigen die Extremititen vereinfachte Strukturen, die auf eine beginnende resp. mehr und mehr sich ausbildende Anpassung an das Wasser- leben schliefien lassen. Die nahen Beziehungen der Aigialosau- ridae zu den Varanidae werden durch sehr zahlreiche Merkmale im Skelettbau gestiitzt, derart, dafi gewisse Vertreter derselben (Carsosaurus- von KORNHUBER 1893) von den genauesten Kennern bald den Varanomorpha, bald den Dolichosauromorpha zugerechnet werden. Die intimen Beziehungen der Dolichosauridae zu den Aigialosauridae sind aber trotz der sehr verlangerten Halswirbel- siule der ersteren einleuchtend. BouLencer (1891, 1893) hat bekanntlich die Dolichosaurier auf Grund der einfachen, den Am- phibien sich annaihernden Struktur ihrer Extremitaéten als sehr primitive Formen, ja selbst als die Stammformen der anderen Squamata (Pythonomorpha, Lacertilia, Rhiptoglossa, Ophidia) an- gesprochen, ist aber bei BAur (1892) und Dotio (1892), welche namentlich in der wirbelreichen Halswirbelsiule der Dolichosauria kein primitives, sondern ein sekundaéres Moment erblickten, auf Widerstand gestofen. Ich teile durchaus diese Bedenken und Auffassungen der beiden letzteren Autoren. Wenn ich auch, wie aus meinen friiheren und auch aus dieser Verdffentlichung zur Geniige erhellt, im allgemeinen der Ansicht bin, dal die Ex- tremitaten bald caudalwirts, bald rostralwirts gehende Wanderungen einschlagen kénnen und dafi in der Entwickelungsreihe der Tiere die einmal eingeschlagenen Richtungen keineswegs unabinderlich festgehalten werden, so besteht fiir mich im vorliegenden Falle doch kein Zweifel, da’ die verlingerte Halswirbelsiule der Dolicho- sauridae nicht fiir die kiirzere der Aigialosauridae und der anderen Lacertilia den Ausgang giebt, sondern da sie von der aus 9—10 Hals- wirbeln bestehenden Halswirbelsiule aigialosaurierartiger Vor- fahren und diese wieder von der oktospondylen Halswirbelsiule Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 615 primitiver lacertiler Vorfahren sich ableitet'), und ebenso kann ich in der Extremitaét der Dolichosauridae keine rein primitive Form, sondern nur eine in Anpassung an das Wasserleben ver- einfachte resp. scheinbar vereinfachte Form 2) erblicken. Ich be- trachte die Dolichosauromorpha als recht hochstehende kiono- krane Lacertilier, die gemeinsam mit den Varanidae von dem primitiven Stocke der Lacertilier ausgingen, leite aber weder die Varanidae von ihnen ab, noch sie von den Varanidae. Diese An- schauung kommt der von DoLLo vertretenen am nachsten. c) Mosasauria. Die Unterordnung der Mosasauria wird durch die Gens der Mosasauromorpha mit der Familie der Mosasauridae (mit den von den Autoren angegebenen Subfamilien der T'ylosaurinae, Platecarpinae und Mosasaurinae) repriisentiert. Dieselben bilden langgestreckte, véllig an das Wasserleben angepafte und mit durch- aus flossenartigen Extremitaten versehene Lacertilier von meist sehr ansehnlicher Kérpergréfe, welche sich vorwiegend in der oberen Kreide finden. Die Zahl ihrer Halswirbel wird von den einen zu 7, von den anderen zu 9—10 angegeben; erstere Zahl erscheint gesichert, beziiglich der letzteren ist dies noch zu ent- scheiden. Wenn dies der Fall ist, so diirften wohl zwei Familien der Mosasauromorpha, solche mit kiirzerem und solche mit langerem Halse anzunehmen sein. Gewisse Uebereinstimmungen mit den Varanidae sind schon von Cuvier hervorgehoben worden; Cope (1869—1896) hat da- gegen auf ophidierartige Strukturen insbesondere am Schadel und am Quadratum aufmerksam gemacht, hat daraufhin die Mosasaurier zu einem besonderen zwischen Lacertiliern und Ophidiern stehenden Subordo Pythonomorpha erhoben und hat in dieser systematischen Anordnung auch zahlreiche Anhanger (LYDEKKER, ZITTEL, Bovu- LENGER, HAFCKEL u. A.) gefunden. Gegen diese von CopE ge- machten Angaben und vertretenen systematischen Anschauungen ist namentlich Baur (1890, 1895, 1896) aufgetreten und hat in fiir mich iiberzeugender Weise dargethan, dafi die wesentlichen der behaupteten ophidierartigen Strukturen resp. Abweichungen 1) Parallele, zu noch viel gréferen Halswirbelzahlen fihrende Verhiltnisse finden wir bei den Sauropterygiern, wo auch, namentlich innerhalb der Plesiosaurier, die héhere Organisation mit der gréferen Halswirbelsiulenlange im grofen und ganzen koincidiert. : 2) Die genauere Betrachtung lift bei vielen Lacertiliern pri- mitivere Ziige als bei den Mosasauriern erkennen. Bd, XXXIV, N. F, XXVIL 40 616 Max Firbringer, von den Lacertiliern bei den Mosasauriern in der Hauptsache scheinbare resp. irrtiimlich behauptete sind und dafi die Mosa- saurier durchaus den kionokranen Lacertiliern angehéren; dieselbe Ansicht vertritt Dotto. Zugleich, wie schon erwihnt, vereinigt Baur unsere Gruppe mit den Varanidae und Helodermatidae zum Subordo Platynota. Osporn (1899) erkennt gewisse kraniale Ueber- einstimmungen mit den Varanidae an, findet aber im Verhalten des Basioccipitale, der Halswirbelsiule (7 Halswirbel), der Rippen (10 mit dem Sternum in Verband stehende Sternocostalien) und anderer Merkmale der amerikanischen Mosasaurier (speciell Tylo- saurus) Abweichungen, die fiir ihn die nahere Verwandtschaft mit den Varanidae ausschliefen; fiir ihn sind die Mosasauria sehr alte Lacertilier mit primitiven und generalisierten Strukturen, die sich sehr friih und in ausgedehntem Grade dem Wasserleben an- gepaft haben und eine besondere Subdivision der Ordo Lacertilia bilden. Auf Grund eigener Beobachtungen stimme ich Baur, DOLLO u. A. hinsichtlich der Zugehérigkeit zu den Lacertilia bei, méchte aber angesichts der von WILLISTON und Osporn hervorgehobenen Verhaltnisse die Subordo Platynota Baur’s oder die intimen Ver- wandtschaften zu den Varanidae nicht aufrecht erhalten. Anderer- seits diirfte aber auch die irrefiihrende Copr’sche Bezeichnung Pythonomorpha am besten einzuziehen sein. Die Mosasaurier sind schon friihzeitig pelagisch gewordene kionokrane Lacertilier mit verkiirzter (oder primitiv gebliebener oder makig verlaingerter ?) Halswirbelséule, deren Entwickelungsbahn sich in ziemlich alter Zeit von derjenigen der kionokranen Lacertilier und wohl in der Nahe der Varano - Dolichosauria abzweigte und zu _ einseitiger, zu ziemlicher Hohe fiihrender Ausbildung gelangte. Das deckt sich im wesentlichen mit den systematischen Ergebnissen, zu denen Osporn gekommen ist. Doch bleibt zur voélligen Sicherung noch manches zu untersuchen. d) Amphisbaenia. Die Amphisbaenia bilden eine mafig groke Gruppe erdlebender, schlangenahnlicher, kurzschwanziger, procéler Lacertilier, welche entweder nur vordere Extremitaten in reduziertem Zustande be- sitzen (Chirotes resp. Copr’s Euchirotidae)‘) oder auch diese ver- missen lassen (iibrige Gattungen der Amphisbaenia), wobei die 1) Corn (1892) bildet auch ein minimales Knorpelrudiment des Femur ab, ohne desselben im Texte Erwaihnung zu thun. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 617 Degeneration des Brustschulterapparates und Beckengiirtels bis zu minimalen Rudimenten resp. (hinsichtlich des Brustschulterapparates) zum volligen Schwunde fortschreiten kann. Auf Grund der Organi- sation kann man alle Vertreter in einer Familie, Amphisbae- nidae, zusammenfassen. Die Amphisbaenidae finden sich vor- wiegend in Amerika, danach auch in Afrika; einige wenige Arten (Blanus, Trogonophis) sind cirkummediterran. Charakteristisch ist der Mangel einer Columella, welche zugleich den ilteren Morpho- logen, insbesondere Stannius (1856), Anlaf zur Abtrennung von den kionokranen Lacertiliern gab. Gray (1844) war zuvor noch weiter gegangen, indem er sie giinzlich von allen anderen Lacer- tiliern entfernt und als eine den Lacertiliern, Cheloniern und Crocodiliern gleichwertige Abteilung hinter die Crocodilier gestellt hatte; Dumérit und Bipron (1839) hatten sie dagegen als einfache Subfamilie (Cyclosaures glyptodermes) mit dem von ihnen als Cyclosaures ptychopleures bezeichneten Familiengemisch (Zonuri- dae, Gerrhosauridae, Anguidae, Tejidae, Scincidae) zu der Familie der Cyclosauria vereinigt. BOouLENGER (1884, 1885) faBt sie als hochgradig degenerierte Verwandte der Tejidae auf und stellt sie innerhalb der Lacertilia vera direkt neben diese Familie. Fiir ihre weitere Einteilung in Unterfamilien resp. Familien ist gemein- hin die Art der Verbindung der Zaihne mit den Kiefern und die An- oder Abwesenheit der Priaanalporen verwendet worden und hat zur Unterscheidung der Prosphyodontes (Chirotes und Ver- wandte, Blanus und eigentliche Amphisbaenen) und Emphyodontes (Trogonophis und Verwandte) gefiihrt. Mir war es leider nicht méglich, den am wenigsten degene- rierten und darum fir die Systematik weitaus wichtigsten Ver- treter der Amphisbaenia, Chirotes oder irgend einen Vertreter der Euchirotidae, zu untersuchen; desgleichen stand mir das fiir die Kontrolle der von BouLENGER aufgestellten verwandtschaftlichen Beziehungen bedeutsame tejide Genus Ophiognomon nicht zu Ge- bote. Auch von der durch ihre Schadelstrukturen wichtigen fossilen Gattung Hyporhina (BAuR 1893) hatte ich nicht einmal eine Ab- bildung zur Verfiigung. Ich kann daher beziiglich dieser Tiere nur auf die Einzelangaben der dariiber berichtenden Autoren bauen und damit nur in bedingter Weise tiber die systematische Stellung derselben mich déufern. Nach einer gewissenhaften Ab- schitzung der mir vorliegenden Materialien gebe ich, bis nicht eigene oder fremde weitere Untersuchungen mich anders belehren, der systematischen Anschauung von STANNIUS (der auch HAECKEL folgt), welche die Amphisbaenier als besondere Unterordnung oder 40 * 618 Max Firbringer, Superfamilia von den kionokranen Lacertiliern trennt, den Vorzug, wobei mir verschiedene von BEDRIAGA (1884) hervorgehobene Schidel- charaktere, der decidierte Mangel einer Columella (deren Schwund allerdings auch bei Ophiognomon und einzelnen anderen kiono- kranen Lacertiliern angegeben wird), einige splanchnologische Merkmale (BepRIAGA), worunter vor allem die unter simtlichen lebenden Reptilien nur den Amphisbaenen zukommende Riickbildung der rechten Lunge (wahrend bei allen schlangenahnlichen Lacer- tiliern inkl. den tejiden Ophiognomon und allen Ophidiern stets die linke Lunge sich riickbildet, cf. Meckrn 1818, Beprtaca 1884, Taf. IV, SmautaAn 1885, Minant 1894, Cope 1896 und namentlich Burier 1895) und das sehr verschiedene Quale in der Degeneration des Brustschulterapparates (Copr 1892, Taf. XIII), ferner die An- gaben von VERSLUYS (1898) iiber das Mittelohr und von EK. FIscHER (1900) iiber die Nasenhéhle als Grundlage dienen. Aber gern stimme ich BOULENGER insoweit bei, als mir von allen kionokranen Lacertiliern die Tejidae die den Amphisbaenia relativ am nachsten stehende Familie zu bilden scheinen; letztere haben sich sonach in der Nahe derselben vom kionokranen Stocke abgezweigt und unter Degeneration der einen, unter héherer Entwickelung der anderen Strukturen einseitig weiter entwickelt. Die Amphisbaenia sind jedenfalls zu den héher stehenden Abteilungen der Lacertilier zu rechnen. Sie haben von kiono- kranen Lacertiliern mit einer aus 8 Wirbeln bestehenden Hals- wirbelsiule Ausgang genommen; aber vermutlich hat sich, worauf die Verhaltnisse der Plexus brachiales und die Lage der coraco- scapularen Rudimente bei den untersuchten Trogonophidae und Amphisbaenidae mit Wahrscheinlichkeit hinweisen, in ihrer weiteren Entwickelung eine rostralwirts gehende Wanderung der vorderen Extremitat mit Verminderung der Zahl der Halswirbel vollzogen. Die Untersuchung von Chirotes wird diese Frage mit Sicherheit lésen (vergl. auch p. 544, 576). Zu der iblichen Einteilung der Amphisbaenia, deren Dif- ferentialmerkmale der Zahneinfiigung und der praéanalen Poren an sich keinen grofen diagnostischen Wert haben, stehen gewisse osteologische Charaktere, namentlich die Art der Degeneration des Brustschulterapparates (p. 259—265) nicht im Einvernehmen. Danach schliefen sich die mit relativ spitzem Schwanze versehenen mediterranen Gattungen Trogonophis und Blanus naiher zusammen und stellen sich den stumpfschwanzigen Genera Amphisbaena, Anops, Monopeltis, Rhineura und Lepidosternon aus Amerika Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 619 und dem tropischen Afrika gegeniiber'). Bereits Beprraca (1884) und SMALIAN (1885) haben auf Besonderheiten der mediterranen Vertreter der Amphisbaenia aufmerksam gemacht und ich konnte auf den von mir genauer untersuchten Gebieten diese Anschauungen bestatigen. Eine Revision des Systemes der Amphisbaenia scheint mir erwitinscht zu sein. Provisorisch, mehr in der Form einer noch genauer zu priifenden Frage, schlage ich vor, die extremitaten- losen Amphisbaenier in die Subfamilien der Trogonophinae s, Amphisbaenidae oxyurae (die mediterranen Gattungen Trogonophis und Blanus) und Amphisbaeninae s. Amphis- baenidae amblyurae (die tibrigen Amphisbaenen aus dem amerikanischen und afrikanischen Faunengebiet) zu sondern; ob Chirotes zu diesen zu rechnen sei oder eine Subfamilie fiir sich (Chirotinae) bilde, kann ich wegen mangelnder eigener Unter- suchung nicht angeben. e) Chamaeleontia. Die Chamaeleontia oder Rhiptoglossa werden durch die eng geschlossene procéle, akionokrane?), akrodonte Familie der Cha- maeleontidae gebildet, welche ganz vorwiegend Afrika be- wohnen und nur mit wenigen Species sich nach Westasien und Siideuropa ausgebreitet haben; als eigentliche Ausgangsstatte ist Madagaskar anzusprechen, wo die weitaus gréfere Halfte derselben lebt. Die ganze Organisation der Chamaeleontidae zeigt mit sehr zahlreichen inneren und éuferen Merkmalen die durchaus selb- standige Stellung dieser Abteilung gegeniiber den anderen Lacer- tiliern; die Halswirbelsaule besteht aus nur 5 Wirbeln. Weitaus die meisten Autoren haben die Chamaeleontier mehr oder minder weit von den tibrigen Lacertiliern entfernt, einige sogar (worunter namentlich BouLENGER 1887, 1891) zu einem den Lacertilia vera und Ophidia gleichwertigen Subordo (Rhiptoglossa WrEGMANN) er- hoben. Andere, z. B. Cope (1889), treten fiir eine nahere Be- ziehung zu den anderen Lacertiliern ein, Cope stellt sie als ein- fache lacertile Superfamilie Rhiptoglossa gleich neben die Acro- dontia (Agamidae). Ich folge gleich HaArcKEL (1895) vornehmlich der von STannius (1856) gegebenen Aufstellung, wonach sie eine 1) Ueber die zwischen Anops und Monopeltis stehende Gattung Geocalamus sowie iiber die Trogonophis verwandten Genera Pachy- calamus und Agamodon habe ich keine Erfahrung. 2) Die Angabe Dotuo’s (1884) von der Anwesenheit einer Columella konnte nicht bestitigt werden (vergl. auch Baur 1889). 620 Max Firbringer, besondere, den Lacertilia vera gegeniiberstehende Unterordnung der Lacertilier bilden, welche sich durch eine relativ hohe Dif- ferenzierung und eigenartige, einseitige Entwickelung von diesen abhebt. Ankniipfungen an die kionokranen Lacertilier waren bisher unbekannt geblieben, bis mir die geradezu erstaunliche Fiille ge- meinsamer Merkmale von demselben Quale, wenn auch von ver- schiedener gradueller Ausbildung die kionokranen und amphicdélen Uroplatidae als unverkeunbare Verwandte der Chamaeleontidae ergab (p. 610 f.). Wenn auch die héher stehenden Chamaeleontidae nicht als direkte Descendenten der tieferen Uroplatidae ange- sprochen werden kénnen, so zeigen doch die letzteren einen Reichtum von Charakteren aus allen Organsystemen, die bei hoherer Ent- wickelung direkt zu der Organisation der Chamaeleontidae fiihren. Die Heimat beider ist dieselbe. Bemerkenswert erscheint mir auch, daf die Uroplatidae auf den ersten Blick durchaus nicht die specifische Differenzierungsrichtung erkennen lassen, welche in héherer Ausbildung zu den Chamaeleontidae fiihrte; in diesem unscheinbaren, primitiven Verhalten spricht sich leise, aber ein- dringlich der vorbereitende Ausgang fiir die markant ausgebildeten und fixierten Eigentiimlichkeiten der Chamaeleontia aus. Zusammenfassung: Der Superordo der Streptostylica (Squamata, Lepidosauria) besteht aus den beiden Ordnungen der Lacertilia und Ophidia, von denen die erstere die viel- gestaltigste ist und zugleich die primitiveren Formen enthalt, waihrend die letztere (die hier nicht weiter behandelt wird) einen einseitig und relativ héher entwickelten Zweig darstellt. Ordo Lacertilia. I. Subordo Lacertilia vera. Schr mannigfaltig gestaltete und zugleich die primitivsten Lacertilier enthaltende Unterord- nung. Bei den typischen Vertretern 8 Halswirbel; amphi- céle (Geckonidae, Telerpetidae, Uroplatidae) oder procdle Wirbel (iibrige Lacertilia vera). In der Regel mit Co- lumella. Clavicula und Episternum bei den typischen Ver- tretern (mit gut ausgebildeten Gliedmafen) meist gut ent- wickelt. 1. Gens Nyctisaura s. Geckonomorpha. Fam. Geckonidae. » Eublepharidae. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 621 2. Gens Py gopodomor pha. Fam. Pygopodidae. 3. Gens Leptoglossa s. Autosauromorpha. o) Superfam. Scinco-Lacertae. Fam. Scincidae, Anelytropidae, Dibamidae. » Gerrhosauridae. » Lacertidae. 3) Superfam. Teji. Fam. Tejidae. » Aantusiidae. 4. Gens Diploglossa s. Anguimorpha. a) Superfam. Zonuri. Fam. Zonuridae. - £) Superfam. Angues. Fam. Anguidae. » Anniellidae. vy) Superfam. Helodermates. Fam. Helodermatidae. 0) Superfam. Xenosauri *). Fam. Xenosauridae. 5. Gens Pachyglossa s. Eunota s. lguanomorpha. Fam. Telerpetidae ”). Tguanidae. Agamidae. 6. Gens Gecko-Chamaeleontes s. Uroplatimorpha. Fam. Uroplatidae. II. Subordo Platynota s. Varano-Dolichosauria. Terrestre, aber meist wasserliebende oder dem Wasserleben mehr oder minder angepafte procéle und kionokrane Lacertilier mit 9—17 Halswirbeln. Hoéher stehend als die meisten Lacer- tilia vera. Wahrscheinlich von primitiven Anguimorpha ab- gezweigt. Clavicula und Episternum gut entwickelt. 1. Gens Varanomorpha. Fam. Varanidae. 1) Die Xenosauri bilden eine intermediare Superfamilie zwischen , Anguimorpha und Iguanomorpha. 2) Die systematische Position der Telerpetidae an dieser Stelle erscheint nicht gesichert. 3) Eventuell auch 2 oder mehr Familien. 622 Max Firbringer, 2. Gens Dolichosauromorpha. Fam. Aigialosauridae. », Dolichosauridae. III. Subordo Mosasauria. Dem Wasserleben vollkommen ange- paBte procéle und kionokrane Lacertilier mit 7—10 (?) Hals- wirbeln. Wohl tiefer stehend als der vorhergehende Subordo. Vermutlich in der Nahe derselben, aber friiher vom gemein- samen Stock der Lacertilia abgezweigt. Clavicula erheblich oder ganzlich riickgebildet, Episternum vorhanden. Gens Mosasauromorpha. Fam. Mosasauridae 4). IV. Subordo Amphisbaenia. Erdlebende, schlangenahnliche, procdéle Lacertilier ohne Columella und wahrscheinlich durchweg mit weniger als 8 Halswirbeln. Héher stehend als die Mehrzahl der Lacertilia vera. Wahrscheinlich von primi- tiven Autosauromorpha (Teji) abgezweigt. Clavicula und Epi- sternum ganzlich reduziert. Gens Amphisbaenomorp ha. Fam. Amphisbaenidae (vielleicht mit den Sub- familien Chirotinae, Trogonophinae s. Amphis- baenidae oxyurae und Amphisbaeninae s. Amphisbaenidae amblyurae). V. Subordo Chamaeleontia. Baumlebende procdéle Lacertilier ohne Columella und mit 5 Halswirbeln. Hoher stehend als die Lacertilia vera. Von primitiven Uroplatimorpha abgezweigt. Clavicula und Episternum vollkommen riickgebildet. Gens Chamaeleontomorpha. Fam. Chamaeleontidae. II. Rhynchocephalia, Acrosauria, Microsauria}), Der einzige tiberlebende Reprasentant der Rhynchocephalier, der neuseelindische Sphenodon (Hatteria), ist wohl von simt- lichen Untersuchern als ein mehr oder minder primitives Reptil beurteilt worden; als die wesentlichsten Charaktere seines Baues hat man amphicéle Wirbel, 8 Halswirbel, 2 Schlafenbogen, Moni- mostylie, ziemlich breite Columella, gut und primitiv ausgebildete 1) Vergl. auch p. 276—297, p. 369, 374—393, p. 459, sowie die betreffenden Ausfiihrungen sub § 16 A—C, p. 521—592. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 623 Extremitatengiirtel und Extremitaéten, sehr entwickeltes Para- sternum, Humerus mit 2 Nervenkanalen, akrodonte Zahne und eine lacertilierartige Afteréffnung angegeben. Gray (1842, 1845), Perers (1870) und Osawa (1898—99) haben ihn den kionokranen Lacertiliern und zwar den Agamidae einverleibt oder wenigstens dieser Familie ganz nahe_ gestellt; andere haben ihn bei den Lacertiliern (im weiteren Sinne) belassen, aber ihn von den Agamidae entfernt, so z. B. Huxiey (1873), der ihn mit den Ascalabota (Geckonidae), Homoeosauria und Pro- terosauria zu den Kionokrania amphicoelia verband und den an- deren Lacertiliern gegentiberstellte, oder Horrmann (1890), der ihn als Vertreter einer selbstandigen Familie an den Anfang der Lacertilia sensu lat. brachte. Eine Abtrennung von den Lacer- tiliern erfolgte durch GUNTHER (1867), der ihn zum Reprisen- tanten des besonderen Ordo Rhynchocephalia erhob und mit den ihm gleichwertigen Ordnungen der Ophidia und Lacertilia zu den Squamata verband. Die im wesentlichen gleichen systematischen Anschauungen wurden von Baur (1887), LyDEKKER (1888), ZITTEL (1889), D6pERLEIN (1890) und, wenn ich recht verstehe, Bou- LENGER (1895), sowie HAECKEL (1895) vertreten1); und ebenso entschieden sich Rerzrus (1884, 1899), Gaupp (1899) und ScHau- INSLAND (1899) fiir die selbstandige Stellung von Sphenodon in der nachsten Nahe der Lacertilier (,mit sehr starkem Ueberwiegen 1) Baur (1887) betont zugleich die sehr nahen Beziehungen der Rhynchocephalia zu den Ichthyopterygia und Squamata. LyprKKEr (1888) verbindet die Ordines Squamata (mit den Subordines Ophidia, Pythonomorpha, Dolichosauria und Lacertilia), Rhynchocephalia (mit den Subord. Homoeosauria und Sphenodontina) und Proterosauria zu dem Streptostylic Branch, wobei allerdings beziiglich der Rhyncho- cephalia und Proterosauria die Bezeichnung Streptostylica nicht ganz glicklich gewahlt ist. Zrrren, (1889) stellt die Rhynchocephalia im System zwischen die Theromorpha und Lepidosauria und hebt ihre nahe Stellung zu den letzteren unter Mitteilung der Thatsache, dab sich alle alteren Vorlaufer der Lepidosaurier an die Rhynchocephalier mehr oder weniger eng anschliefen, hervor. Aehnliche Anschau- ungen vertreten DépErLEIN (1890) und HakrcKken (1895), welcher letztere die Rhynchocephalia als Tocosauria, d. h. Stammformen der Saurier, an den Antang der Reptilien stellt und zusammen mit den Squamata als tiefen Seitenast von den Proreptilia entspringen laft. BouLencer (1893) hebt als vermittelnde Zwischenform zwischen den Squamata und Rhynchocephalia die Acrosauria hervor. Baur scheint spaiter (1895) auf Grund der Bildung der Schlafengegend zur Anschauung einer noch selbstandigeren Stellung der Rhyncho- cephalia gegeniiber den Lacertilia und Ophidia gekommen zu sein. 624 Max Firbringer, der Sauriercharaktere“ ScHAavurnstAnp). BOoULENGER (1889) be- tonte, da die Affinitéten zu den Lacertiliern und Cheloniern gleich grofke seien, Gapow (1899), daB er weder zu den Crocodiliern noch zu den Lacertiliern gehére, aber der Wurzel beider nahestehe. Cope (1887, 1889) entfernte ihn resp. die Rhynchocephalier giinz- lich von den Squamata (Streptostylica) und vereinigte sie mit den Cheloniern und Sauropterygiern auf Grund der Verbindung des Quadratum mit dem Schidel zu den Synaptosauria (1887) oder stellte sie zwischen die Crocodilier und Chelonier (1889). Die sehr primitive Stellung von Sphenodon ist namentlich von Baur und Haxcker (die aber Palaeohatteria und Protero- saurus als noch tiefer stehende Rhynchocephalier anfiihren) sowie von Gapow (welcher Sphenodon als niederstes Reptil, welches wir kennen, bezeichnet) betont worden ; auf primitive Ziige und Reten- tionen im Skelettsystem haben unter Anderen ZirreL (1889), Bou- LENGER (1889) und GeGENBAUR (1898), auf primitive Verhaltnisse in der Muskulatur (ungeteilte Muskeln, Existenz verschiedener kleiner, bei Lacertiliern fehlender Muskeln) Perrin (1894) hingewiesen. Ich konnte gleichfalls eine grofBe Anzahl primitiver Ziige namhaft machen, fand aber zugleich im Skelet, namentlich aber in der Muskulatur Bildungen, die zum Teil héher standen als die entsprechenden der tieferen unter den kionokranen Lacertiliern und nicht durchweg als nur generelle zu beurteilen waren. Die Lacertilier zeigten zudem, vermége der gréferen noch vorhandenen Zahl ihrer lebenden Vertreter, eine weit grifere Mannigfaltigkeit primitiver Bildungen als Sphenodon, der ziemlich friihzeitig schon seinen bestimmten und in gewissem Sinne besonderen Weg ein- geschlagen haben mag (p. 531, 550, 555 f., 589—592). Kin Blick auf die Gesamtheit der Organisation ergicbt auch mir Sphenodon als einen sehr tiefstehenden Vertreter der Rep- tilien, der eine tiberwiegende Summe primitiver Merkmale gewahrt hat; aber ich glaube, daf diese Merkmale von einzelnen Autoren etwas tiberschitzt und einseitig allzu sehr in den Vordergrund gestellt worden sind. Andere Merkmale, wie z. B. die Unbeweg- lichkeit des Quadratum (Monimostylie), die Akrodontie, die Be- schaffenheit von Clavicula, Episternum und Parasternum, sowie die besondere Bildung mehrerer Muskeln an Schulter- und Becken- giirtel, vorderer und hinterer Extremitit (vergl. p. 591, 592, sowie Perrin 1894) zeigen eine Differenzierung, die nicht mehr als eine primitive und generelle, sondern als eine héher stehende, sekun- dare und einseitig specialisierte anzusprechen ist. Jedes tiefer Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 625 stehende Tier kann vereinzelte héhere Ziige aufweisen, die sich aber gegeniiber der viel gréferen Summe primitiver Differen- zierungen nicht hervorheben und den in toto primitiven Cha- rakter nicht zu beeintrachtigen imstande sind. Dies gilt fiir Sphenodon nicht. Hier beeintriichtigen und modifizieren die specialisierten Ziige den gewil} vorwiegend primitiven Charakter doch derart, daf es mir unméglich erscheint, von ihm die Lacer- tilier oder irgend welche anderen mir bekannten Reptilien direkt abzuleiten; bei den Geckonidae z. B. tiberwiegen — trotz ver- schiedener Specialisierungen, die es auch verbieten, sie zum Aus- gange fiir Sphenodon zu machen — die primitiveren Ziige mehr und weisen ihnen unter den lebenden Reptilien eine tiefere Stelle als Sphenodon an. Hinsichtlich der verwandtschaftlichen Stellung von Sphenodon zu den Lacertiliern komme ich in der Hauptsache zu den gleichen Resultaten wie diejenigen unter den oben angefiihrten Autoren, welche ihn als nahen Verwandten der Lacertilier an- fiihren, erblicke aber allein schon in der Monimostylie') eine Barricre, welche jede Vereinigung beider unmdglich macht und eine friihe Scheidung anzunehmen zwingt. Von einer Einver- leibung in die Lacertilier und insbesondere in oder in die Nahe der Agamidae kann fiir mich keine Rede sein; auBer der Monimo- stylie, deren trennende Bedeutung Osawa’s diesbeziigliche Aus- fiihrungen nicht zu erschiittern vermochten, existiert eine Fiille von grundlegenden Differenzen im Skelett-, Muskel- und Nerven- system, welche die Annahme so intimer Beziehungen durchaus verbietet. Mehrfache grofe Aehnlichkeiten zwischen Sphenodon und den Agamidae existieren; der gréBere Reichtum bedeutsamer Differenzen la8t sie jedoch nur als Parallel- resp. Konvergenz- Analogien beurteilen. Muf somit Sphenodon trotz der erwahnten relativ nahen Beziehungen zu den Streptostylia, speciell den kionokranen Lacertilia, doch scharf von ihnen auseinanderge- halten, in die gleiche Héhe oder selbst hoéher als deren tiefere Vertreter gestellt und in mancher Be- ziehung sogar als Specialist aufgefaft werden, so gilt nicht dasselbe von den noch primitiveren und alteren fossilen 1) Die Existenz von Knorpel am dorsalen Ende des Quadratum (p. 599 Anm. 1) bezeugt iibrigens, das die Monimostylhe von Sphenodon jiingeren Datums ist. 626 Max Firbringer, Vertretern der Rhynchocephalia. Die mesozoischen Rhynchocephalia vera (mit den Familien der Homoeo- sauridae, Rhynchosauridae [nach Entfernung von Hyperodapedon| *) und Sauranodontidae) stehen nicht tiefer als Sphenodon (Hatteriidae), die Sauranodontidae zufolge der Procélie ihrer Wirbel und anderer Specialisierungen im Schidel und Gebifi (Riickbildung) ?) selbst héher als dieser. Dagegen nehmen die in der Hauptsache per- mischen Proterosauria (mit den Familien der Palaeohatteriidae, Kadaliosauridae(?), Proterosauridae, Hyperodapedontidae‘) und Champsosauridae) abgesehen von den — auch jiingeren — Champso- sauridae (Kreide und Eocan) in zahlreichen ihrer Merkmale eine unverkennbar tiefere Stufe als der noch lebende Vertreter ein, und unter diesen ist es wieder die alteste P&laeohatteria aus dem untersten Perm, welche durch eine grofe Summe von Merkmalen eine wesentlich primitivere Organisation als Sphenodon aufweist und sich unter den bisher besser bekannten Reptilien mit als tiefstes dokumentiert *). Immerhin reprasentiert Palaeohatteria nicht den tiefsten denkbaren Reptilientypus (der von den Geckonidae aus auf direktem Wege zu gewinnen ist), auch sind wichtige Ziige ihres Baues, so das Verhalten ihres Quadratum noch nicht be- kannt; da aber nach Anordnung der Schlafenbogen eine Ver- wachsung desselben mit dem Schadel wahrscheinlich ist, liegt auch hier eine monimostyle, also nicht primitive, Differenzierung vor. Intermediare Formen zwischen Rhynchocepha- liern und Lacertiliern sind aus 4lteren und _ jiingeren Schichten mit Wahrscheinlichkeit bekannt, aber als solche noch nicht ausreichend und sicher erkannt worden. Die Acrosauria sind, soweit bekannt, jiingeren Datums (Jura) und reprasentieren dem Wasser angepafte, schlangenartige 1) Vergl. Anm. 3 auf p. 559. 2) Im iibrigen zeigt das Gebif der Rhynchocephalia hinsicht- lich ihres auch palatodonten Vorkommens (Kiefer, Vomer, Palatinum, Pterygoid) eine fast noch tiefere Stufe als das der Lacertilier und und Ophidier, verhalt sich aber hinsichtlich der Einfiigung der Zahne (Akrodontie) gleichmafiger. 3) Harcken (1895) giebt bei Palaeohatteria gegeniiber den anderen monocondylen Rhynchocephaliern paarige occipitale Con- dylen an, somit ein Verhalten, das, wie es scheint, demjenigen der Geckonidae nahekommt, falls nicht damit eine amphibienihnliche Struktur gegeben ist. Ich habe iiber diese Dicondylie von Palaeo- hatteria keine eigene Erfahrung. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 627 Reptilien, bei denen sich lacertile Schadelstrukturen mit rhyncho- cephalen Differenzierungen des Parasternum und der Gliedmafen verbinden. Sie scheinen danach als besonderer Zweig zwischen Lacertiliern und Rhynchocephaliern zu stehen. Doch ist auch méglich, daf spatere Degenerationen an den Temporalbogen und dem Parasternum nur zu einer sekundéren, genealogisch nicht viel bedeutenden Parallele mit den Lacertiliern fiihrten. Ueber ihre Anfange und ihre Entstehung aus terrestren Formen ist nichts bekannt. Viel wichtiger sind die Formen aus dem unteren Perm, wie Kadaliosaurus und wie die mit Wahrscheinlichkeit als Reptilien erkannten Microsaurier Hylonomus und Petrobates, deren uns bisher bekannte Organisation vorwiegend rhynchocephale Strukturen zeigt, mit denen sich aber auch lacertile Merkmale mengen. Dabei sei nicht unerwabnt gelassen, daf die reptilische Natur von Hylonomus noch nicht so gesichert ist wie die von Kadalio- saurus und Petrobates, und daf Petrobates als sehr kleines Wirbel- tier mit relativ kurzem Halse (wie es scheint, mit weniger Hals- wirbeln als die oktospondylen Rhynchocephalier) ein besonderes Interesse als vielleicht am tiefsten stehendes bekanntes Reptil be- anspruchen darf. Da uns jedoch die Kenntnis fiir die Differential- diagnose wesentlicher Teile noch abgeht, so ist es, wie schon oben bemerkt, zur Zeit unméglich zu entscheiden, ob hier primitive Rhynchocephalier oder Lacertilier oder Zwischenformen zwischen beiden vorliegen, ob eventuell gemeinsame Ahnen beider Ord- nungen unter ihnen sich finden. Hier liegen noch ungehobene Quellen reichster Erkenntuis, und es sei hinzugefiigt, da’ Fahrten- abdriicke aus dem Karbon (Dromopus MArsn 1894) der bisher nur theoretisch gerechtfertigten Annahme, daf schon hier primitive Lacertilier oder gemeinsame Stammformen *von Lacer- tiliern und Rhynchocephaliern existieren, einen gewissen thatsich- lichen Untergrund geben. IV. Ichthyopterygia’). Die Ichthyopterygier repriisentieren meistens grofe, kurz- halsige, vollig an das Wasserleben angepafte amphicéle Reptilien mit maxillodonten, thekodont oder holkodont dem Kiefer einge- fiigten, bei einzelnen auch ginzlich riickgebildeten Zahnen, die 1) Vergl. auch p. 307—311 und die betreffenden Ausfihrungen sub § 16 A, p. 521—571. 628 Max Firbringer, bisher nur im mesozoischen Zeitalter (Muschelkalk bis Kreide), von Anfang an in mehr oder minder vollkommener Ausbildung ihrer Gestalt gefunden wurden. Auf den ersten Blick zeigen die Ichthyopterygier eine unge- mein einfache Gestaltung ihrer flossenartigen Extremitaten, die sie friiher als sehr primitive Formen auffassen und tiefer als die iibrigen Reptilien stellen lie’ (BLAINVILLE 1835, GeGENBAUR 1865, 1870, Harckent 1868, 1870 und folgende Jahre u. A.)"); auch spiter sind sie noch von Cope (1887, 1889) allen anderen Rep- tilien gegentiber und an deren Anfang gestellt worden. Es ist das grofe Verdienst von HAECKEL, mit diesen Anschauungen einer primitiven Gestaltung der Ichthyopterygier gebrochen zu haben, indem er bereits 1866 den Gedanken aussprach, daf die Hali- saurier (Ichthyopterygier und Sauropterygier) von terrestren Ahnen abstammten; diese Anschauung ist von Voer (1881) und nament- lich von Baur (1886 —1894) des weiteren verfolgt und begriindet worden und hat sich jetzt wohl allgemeine Geltung erworben. Baur hat insbesondere auch auf zahlreiche Uebereinstimmungen des morphologischen Baues der Ichthyopterygier mit den Rhyncho- cephaliern aufmerksam gemacht und gegenitiber der mit véllig aus- gebildeten, homéomeren Flossen versehenen Hauptmasse der Ichthyo- saurier (Ichthyosauridae) auf alteste Formen aus der Trias (Mixo- sauridae) hingewiesen, bei denen diese Homoéomerie noch nicht auf den noch verlangerten und seinen terrestren Ursprung ver- ratenden Vorderarm sich ausgedehnt hatte. CoNYBEARE (1821) hat bekanntlich die kurzhalsigen Ichthyo- pterygier und die langhalsigen Sauropterygier (siehe unten sub VI) zu einer gemeinsamen Abteilung vereinigt, die er Enaliosaurier benannte. Owen (1839) begriindete die grofen Differenzen beider und schied sie in die beiden Ordnungen der Ichthyopterygier und Sauropterygier. H. v. Meyer (1847—1855) bezeichnete die Enalio- saurier (Halisaurier) als Nexipodes, wies aber gleichfalls auf die fundamentale Verschiedenheit der von ihnen umfaften Ichthyo- pterygier (Brachytracheli) und Sauropterygier (Macrotracheli) hin. In der Zeit danach sind Ichthyopterygier und Sauropterygier von den verschiedenen Autoren einander bald mehr genahert, bald mehr entfernt worden. HarckEL (1895), der dieser Frage viel Nach- 3) Hour (1814—1819) rechnete sie sogar den Fischen zu. Buarnvittn (1835) stellte sie allen Amphibien und Reptilien gegen- iiber. Ihre Reptiliennatur ist bekanntlich bereits von Cuvimr (1826) in tiberzeugender Weise dargethan worden, Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 629 denken gewidmet, halt trotz der von ihm vollkommen anerkannten grofen Differenz in dem Baue beider Abteilungen doch ihre Ab- stammung von einem gemeinsamen mesosaurier-artigen Ahnen fiir das Wahrscheinlichere; ihm folgt BurckHArRDr (1895). Baur (1886 und folgende Jahre) andererseits tritt wohl am_ ent- schiedensten fiir eine vollkommene Trennung beider ein. Nach eigener Priifung bin ich geneigt, in der Hauptsache Baur zu folgen. Sowohl die relativ nahe Verwandtschaft der Ichthyopterygier mit den Rhynchocephaliern wie die weite Entfernung von den Sauropterygiern scheinen mir hinreichend begriindet zu sein. Mit den Ichthyopterygiern beginnt die Reihe der monimostylen Reptilienordnungen, die fast durchweg ') als ausgemachte Specialisten zu bezeichnen sind. Unter diesen nehmen sie aber die relativ primitivste Stellung ein; friihzeitig, wohl schon im unteren Perm, haben sie sich vermutlich von alten rhynchocephalier-artigen ter- restren Formen’) abgezweigt und in zunehmendem Ma8e in marine umgeformt. Die uns erhaltenen Reste zeigen bereits die vdllige Anpassung an das Wasserleben; immerhin kénnen wir bei ihnen noch einige spatere Stufen dieser Ausbildung wahrnehmen: 1) Mixosauria (Baptosauria HAECKEL) mit noch nicht auf Vorder- arm und Unterschenkel (Zeugopodien HaArckEL) ausgedehnter Homéomerie, 2) Longipinnata (Pontosauria HAEKEL) mit iiber die Zeugopodien ausgedehnter Homéomerie, Hyperphalangie und noch nicht oder erst in den Anfiingen in Erscheinung getretener Hyper- daktylie, 3) Latipinnata (Ichthyosauria und Baptanodontia HAECKEL) mit ausgebildeter Homéomerie, Hyperphalangie und Hyperdaktylie (mit zum Teil gegenseitiger Verschiebung der einzelnen Ab- schnitte)*). Damit geht eine zunehmende Vereinfachung der Konfiguration der einzelnen Komponenten (ahnlich wie wir sie an der Cetaceen-Flosse finden) Hand in Hand, welche allerdings das Bild einer héchst primitiven Gliedmafe entstehen lift; doch finden sich die ,,primitiven’’ Gliedmafen bei den spiiteren, nicht bei den friiheren Ichthyopterygiern. Zugleich dominiert die vordere Extre- 1) Eine Ausnahme mache ich mit den generelle Ziige auf- weisenden Mesosauria (s. u. sub VII). 2) Die Mesosaurier, welche zu den Sauropterygiern gewisse speciellere Beziehungen besitzen, kommen fiir die Ichthyopterygier nicht in Frage. 3) Verschiedene Reduktionen kénnen dieses Bild wohl triiben, aber nicht ausléschen. 630 Max Firbringer, mitét in ihrem am meisten ausgebildcten Zustande erheblich tiber die hintere; auch das ist ein Zeichen der sekundéren Anpassung an das Wasserleben. Diese specielle Anpassung erreicht bei den héchsten Formen der Ichthyopterygier eine Vollkommenheit, die von keinem Amnioten erreicht wird; auch darin liegt ein morpho- logischer Grund, der ein friihes Einsetzen der beginnenden An- passung bei noch recht primitiven und darum in ausgiebigem Mage umbildungsfahigen Tieren mit einigem Rechte voraussetzen laBt. Der genauere Grad der Verwandtschaft zu den Rhyncho- cephaliern ist zur Zeit schwer, jedenfalls nicht mit Sicherheit zu bestimmen. So nahe, wie z. B. die Mosasauria den Varano- Dolichosauria, stehen sie den Rhynchocephaliern nicht. Der Diffe- renzen sind im Einzelnen zu viele und zum Teil zu_tiefliegende, als dafS man dieselben durchweg auf sekundare Anpassungen zurickfiihren kénnte. Gliickliche Funde, welche uns die Vor- geschichte der Ichthyopterygier in der unteren Trias und im Perm enthiillen, miissen abgewartet werden. Bis dahin ist es ge- raten, sie als selbstandige Ordnung neben die Rhynchocephalier zu Stellen. V. Chelonia’). Wie klar uns auch der Bau der ausgebildeten Chelonier vor Augen liegt, so dunkel ist die phylogenetische Entwickelung der- selben. Die Altesten bekannten Reste begegnen uns erst in der oberen Trias, und diese stehen nicht tiefer als die noch lebenden Formen, gehéren zum Teil selbst den héchsten Typen derselben an. Alle bekannten Chelonier, auch die relativ am tiefsten stehen- den Vertreter derselben, kennzeichnen sich neben gewissen primi- tiven Ziigen, namentlich im distalen Bereiche der Extremititen, die etwas an Rhynchocephalier erinnern, durch eine grofe Fille sekundarer und besonderer Differenzierungen, die einen langen oder energischen einseitigen Entwickelungsgang voraussetzen lassen. Es sei unter anderem an die Bildung des Riicken- und Bauchschildes und die in Korrelation dazu héchst mannigfaltigen Gelenkungen der frei bleibenden Wirbel, die Reduktion der Zahne, die vielen Besonderheiten der Kingeweide erinnert. Wenig andere Reptilienordnungen sind zu solcher Specialisierung gelangt. 1) Vergl. auch p. 311—321 und die betreffenden Ausfiihrungen sub § 16 A—C, p. 521—595. _” Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 631 An die Stelle der alteren, zum Teil unzulinglichen Einteilungen der Chelonier sind die vollkommeneren taxonomischen Arbeiten namentlich RGTIMEYER’s (1872, 1873), Copr’s (1871 —1875), DoLLo’s (1886) nnd Baur’s (1889—1896) getreten und von den mafgeben- den neueren Systematikern unter Vorkehrung bald dieses, bald jenes Punktes angenommen worden. Cope (1889), BoULENGER (1889) und Lyprekker (1889), unterscheiden die beiden Haupt- abteilungen (Subordines) der primitiven lederhiiutigen Athecae !) und der héher stehenden panzerhiutigen Thecophora; die kleine Abteilung der Athecae wird durch die Familie der Sphargidae reprisentiert, die grofe der Thecophora durch die Superfamilien oder Sektionen der Trionychoidea, Cryptodira?) und Pleurodira 2), denen LypEKKER noch die rein fossilen Amphichelydidae zufiigt. Die Pleurodira werden allgemein gegentiber den Cryptodira als die héheren Formen angesehen, die Trionychoidea bald (Corr, LYDEKKER) vor die Cryptodira als tiefste, bald (BouULENGER, Ly- DEKKER) hinter die Pleurodira als héchste Chelonier gestellt. HaArckeL (1895) verbindet Athecae (Dermochelya HAarckeL) und Trionychoidea (Diacostalia Baur, HArckeL, Chilotae WrEGMANN, Baur) zu der tiefer stehenden Sublegion der Bursochelya, Cryptodira und Pleurodira zu der héheren Sublegion der Cerachelya. Baur (1889, 1890) und Zirren. (1889) ziehen die Abteilung der Athecae wieder ginzlich ein*), indem sie dieselben als einfache Familie den Cryptodira einreihen, und unterscheiden somit nur die 3 Unter- ordnungen der am tiefsten stehenden Trionychia, der Cryptodira und der am héchsten stehenden Pleurodira; Zrrren. betrachtet hierbei, wenn ich ihn recht verstehe, die Sphargidae als die primi- tivste Familie der Cryptodira und stellt sie vor die Chelonidae, Baur geht noch weiter, indem er die Sphargidae von den Chelo- nidae ableitet und als unter Riickbildung ihres Panzers speciali- sierte Abkémmlinge derselben auffaBt. 1) Fiir die primitive und isolierte Stellung der Sphargidae sind auch Spenxy (1880), Dotno (1886, als hauptsichlichster Begriinder dieser Stellung), Smuira Woopwarp (1887) und GinruEr (1888) eingetreten. 2) Bekanntlich hat Srannius schon vor nahezu 50 Jahren auf die differente Befestigungsweise des Beckens der Chelonier auf- merksam gemacht und die Cryptodira als Emydea streptopelyca von den Pleurodira, den Emydea monimopelyca, unterschieden. 3) Auch Srannius (1856), Rirmeyer (1873), Huxiey (1873), Van Bemmecen (1896), Case (1897), Hay (1898) u. A. erkennen die separate und tiefe Stellung der Sphargidae nicht an; Srannius ver- einigt sie mit den Chelonidae zu den EKuereta. Bd, XXXIV. N, F. XXVIL 41 632 Max Firbringer, Hinsichtlich der genealogischen Beziehungen der Chelonier zu anderen Wirbeltieren sind, wie schon erwahnt, die generalisierten und tiefstehenden Rhynchocephalier herangezogen worden. OWEN (1839), Corr (1871, 1887), Parker (1880), Baur (1887, 1888), LypEKKER (1889), HuLKr (1892) u. A. haben namentlich im Bau des Kopfes, sowie des Brustschulter- und Beckengiirtels Zeichen der Verwandtschaft mit den Sauropterygierp gefunden. Von Zirren (1889) und Harcken (1875) wurde auf grofe Aehnlichkeiten im Schadel der theromorphen Anomodontia (Therochelonia SEELEY, chelycephale Theromora HAEcKEL) hingewiesen; Zirret halt es fiir tiberaus wahrscheinlich, da’ Theromorphen und Chelonier von ge- meinsamen Ahnen entsprungen sind, HArEcKEL hat selbst die direkte Abstammung der Chelonier von den Anomodontia vermutungsweise ausgesprochen. Baur (1894) findet in der specielleren Zusammen- setzung und Anordnung des einen (dem ganzen Komplex der Stegocephalen homologen) Schlafenbogens tibereinstimmende Ver- haltnisse bei Cheloniern, Sauropterygiern, Theromorphen und Mammalia. Rivimeyer (1873) endlich weist auf die Batrachier als den mutmaflichen Ausgang der Chelonier hin. Gegeniiber den verschiedenen Anschauungen tiber die Ein- teilung der Chelonier kann ich mich mit derjenigen, welche den Sphargidae einen besonders primitiven und isolierten Platz in der Reihe derselben anweist, nicht vereinigen. Eigene Unter- suchungen an Dermochelys coriacea haben mich tiberzeugt, daf das, was hier einfach erscheint, nur zum kleinsten Teile als wirk- lich primitiv beurteilt werden darf, dafi das meiste nur infolge von sekundiren Anpassungen an das Wasserleben und von Riick- bildungen der einstmals gewili hodher entfalteten Hautpanzer- bildungen sich vereinfacht hat. Dazu kommen zahlreiche Einzel- merkmale, welche Sphargis ein héhere Stellung anweisen als vielen anderen namentlich land- und sumpflebenden Cryptodira. Auch ich befiirworte mit Srannius, Baur, ZirreL u. A. eine nahere Verwandtschaft mit den Chelonidae, wenn ich auch nicht so weit gehen kann wie STannivs, der beide Familien zur Subordo Euereta, wenn ich recht verstehe seiner héchsten Abteilung der Chelonier, zusammenfaft. Meine Auffassung kommt am nachsten mit BAaur’s Anschauungen iiberein. Fiir mich bilden die Sphargidae und Chelonidae Familien der Cryptodira und stehen hier nicht unter den tiefsten Formen derselben. Auch Minani (1897) macht darauf auf- merksam, daf} Thalassochelys — Dermochelys konnte er nicht unter- suchen — den héchsten Typus der Chlelonierlunge reprisentiere. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 633 Daf die Pleurodira héher stehen als die Cryptodira, daf fossile Zwischenformen beide verbinden, ist allgemein bekannt und aner- kannt und bedarf keiner besonderen Bekraftigung. Die Triony- choidea zeigten mir namentlich auch im Muskelsystem (p. 593 f.) gewisse Ziige, welche denen der anderen Chelonier gegentiber als primitiv zu beurteilen sind; damit verbinden sich aber wieder verschiedene sekundare Differenzierungen, welche das Bild ihrer relativ einfacheren Organisation gegeniiber den Cryptodira und Pleurodira etwas verwischen; immerhin bin ich geneigt, ihnen eine mehr isolierte Stellung zu geben und sie zu den tiefer stehenden Cheloniern zu rechnen. Doch ist hier noch viel zu untersuchen. Beziiglich der Stellungder Chelonierinder Reiheder Reptilien ist wohl alssicher anzunehmen, dal dieselben ausgemachte Specialisten von mittlerer Hohe reprasentieren; einzelne Ziige ihrer Organisation (Ausbildung von Riicken- und Bauchschild und die korrelativen Umbildungen dazu) sind selbst zu einem auferordent- lichen Grad von einseitiger Differenzierung gelangt. Sie stehen hoher als die bisher besprochenen Reptilien‘) und ihr morphologi- scher Bau ist zum tiberwiegenden Teil ohne grofe Miihe auf primitiv lacertile oder rhynchocephale Strukturen zuriickzufiihren. Manches erscheint von ganz abweichender und besonderer Art (z. B. der Brustschulterapparat), so daf es begreiflich und entschuldbar erscheint, wenn hier an direkte Anschliisse an Amphibien gedacht worden ist; doch geben auch hier die leider noch ungeniigend bekannten und auch nicht ganz primitiven Mesosaurier wenigstens einiges Licht. Von allen Reptilien-Ordnungen scheinen mir die Meso- saurier und Sauropterygier relativ die meisten Aehnlich- keiten mit den Cheloniern zu gewahren, und ich kann — zum Teil auf Grund eigener Untersuchung — den oben citierten Autoren von Owen bis HuLke nur folgen, wenn sie diese Aehnlichkeiten zum Ausdruck wirklicher Verwandtschaften machten ?). LYDEKKER hat 1) Ihre Monimostylie ist eine intensivere und friither erworbene als die der Rhynchocephalier (cf. p. 599 Anm. 1 und p. 625 Anm. 1). 2) Von Interesse ist der in noch ungeniigenden Resten bekannte Eunotosaurus aus dem Karroo (SrEtey 1892), dessen Pubis dem von Mesosaurus dhnlich ist, wihrend sein Rumpfskelett nach Sretey zu den Cheloniern tendirt. — Fir die Verwandtschaft der Chelonier mit den Sauropterygiern zieht auch Baur (1887) eine Beobachtung W. K. Parkur’s (1880) heran, der zufolge 61/, —§ lines (13 %/,—19 mm) lange Embryonen von Chelone viridis 41 * 634 Max Firbringer, dem auch darin Ausdruck verliehen, daf er diese drei Ordnungen zu dem Synaptosaurier Zweig!) der Reptilien vereinigte. Doch moéchte ich davor warnen, diese Verwandtschaften zu eng zu ziehen. Was die namentlich von Zirre, und Harcket behauptete Verwandtschaft mit den Theromorphen angeht, so existieren, wie wir namentlich auch durch SeeLtey (1894) und Baur (1894) wissen, gewisse gemeinsame Ziige in der Konfiguration beider Abteilungen, insbesondere am Schéidel; dieselben sind aber nicht ausschlieSlich auf Theromorphen und Chelonier beschrankt, sondern werden mit denselben auch von anderen Reptilien und selbst von den Siugetieren geteilt. Dem steht aber eine grofe Fiille von Charakteren gegeniiber, welche der Aufstellung speciellerer Ver- wandtschaftsverhaltnisse nichts weniger als giinstig sind. Ich kann daher nur recht allgemeine Relationen beider Ordnungen annehmen und kann mit dieser Annahme héchstens so weit gehen, dai ich die Synaptosaurier durch Vermittelung der Mesosaurier in sehr friiher Zeit in der Nihe der Theromorphen — méglicherweise! — entspringen lasse. Dagegen ist es mir unmoglich, auf den Schadel- bau der Anomodontia (chelygnathe Theromora), der am héchsten entwickelten und am meisten specialisierten Abteilung der Thero- morpha, specicllere Verwandtschaften mit den Cheloniern zu griinden resp. die letzteren von diesen héchsten Theromorphen abzuleiten. Die Theromorphen enden, soweit unsere paliontologische Kenntnis reicht, bereits in der altesten Trias”), die Chelonier treten, soweit wir uns auf wirklich vorhandene Reste berufen kénnen, erst in der 15 cervicale Myotome zeigten, wihrend die Halswirbelsiule der erwachsenen Chelone aus nur 8 Wirbeln besteht, und denkt hierbei mit Parker an ein friiheres Sauropterygier-Stadium der Halslinge der embryonalen Chelone mit sekundirer Verkiirzung derselben. Wie schon oben (p. 544 f., Anm. 3) ausgefiihrt, erscheint die Parxer’sche Beobachtung und seine Deutung noch nicht geniigend gesichert. 1) Urspriinglich von Corn mit den Ordnungen der Chelonia, Rhynchocephalia und Sauropterygia aufgestellt. Spatere Unter- suchungen, namentlich von Baur (1887), haben gezeigt, dal die dieser Benennung zu Grunde legenden Diagnosen eine Korrektur verlangten. 2) Abgesehen von den noch bis zur Mitte der Trias reichenden Placodontia, die aber wegen ganz abweichender Organisation und ungeniigender Kenntnis nicht in Frage kommen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 635 oberen Trias als ganz fertig ausgebildete Formen auf. Fiir den Anhianger der Kontinuitiétstheorie liegt darum gewil} etwas Ver- lockendes in dem Gedanken, daf die Theromorpha doch nicht vollig ausgestorben sind, sondern daf ihre letzten mehr oder minder zahnlos gewordenen Reste sich unter gewissen Umbildungen in die gleichfalls durch massigen Schidelbau charakterisierten und gewisse Schidelstrukturen mit ihnen teilenden Chelonia fort- gesetzt haben. Ich vermag indessen in der Aehnlichkeit der im Wesentlichen als plumpe Endformen zu _ beurteilenden Schadel- charaktere der Anomodontia nicht viel mehr aJs eine Analogie zu finden und erblicke in der sonstigen Organisation derselben eine Fiille von festgelegten Specialisierungen, die weder einen naheren Vergleich mit den entsprechenden Gebilden der Chelonier gestatten, noch es als wahrscheinlich erscheinen lassen, da’ von solchen Bildungen diejenigen der Chelonier sich hatten entwickeln kénnen. Weit mehr neige ich der Anschauung zu, daf die Theromorpha und namentlich die Anomodontia zufolge ihrer weit fortgeschrittenen Specialisierung nicht mehr imstande waren, sich in so erheblichem Grade Lebensbedingungen, wie sie die Chelonier-Existenz verlangt, noch anzupassen und so tief eingreifende Umbildungen einzu- eehen, wie hier vermutungsweise behauptet wird. Ihrer ganzen Organisation nach waren sie wegen mangelnder Anpassungsfahig- keit dem Untergange geweiht, und ich glaube, bis nicht weitere Funde mich anders belehren, nicht, da’ irgend ein Theromorphe die Trias oder das Secundir tberlebte. Die. speciellere Phylogenese der Chelonier ist somit meines Erachtens nach wie vor in Dunkel gehiillt und bleibt noch ein Problem. Hoffen wir, daf gliickliche paliontologische Funde in der friihen Trias und im Perm uns die wahren atheken Vor- fahren der bekannten Thecophora und die Abstammung und Wurzel derselben von dem gemeinsamen Reptilienstocke kennen lehren mégen! Vi. Sauroptery gia): Aehnlich den ihnen im grofen und ganzen gleichalterigen Ichthyopterygia sind die auf die mesozoische Zeit beschrankten Sauropterygier an das Wasser angepalte Reptilien, unterscheiden 1) Vergleiche auch p. 321—336 und die betreffenden Aus- fiihrungen sub § 16 A, p. 521—571. 636 Max Firbringer, sich aber durch ihren verlingerten Hals, durch die Bildung des Schidels und Schultergiirtels, sowie die ausgeprigte Heteromerie der einzelnen Abschnitte ihrer flossenartigen Extremitaten auf den ersten Blick wesentlich von ihnen. Auch die Wirbel mit ihren mibig konkaven oder nahezu planen Verbindungsflaichen, sowie zahlreiche andere Skeletteile sind nicht vom gleichen Typus wie die Ichthyopterygier. Ich habe mich darum bereits bei diesen ausgesprochen (p. 308 Anm. 1, 629), daf ich nahere Verwandt- schaften beider Ordnungen oder ihre Vereinigung zum Superordo (Legio) der Enaliosaurier (Halisaurier) nicht annehmen kann. Grover sind, wie bei den Cheloniern angegeben (p. 633 f.), die verwandtschaftlichen Beziehungen zu dieser Ordnung; doch habe ich gewarnt, dieselben nicht zu eng zu ziehen, und dies auch in den specielleren Ausfiihrungen dieser Abhandlung (p. 336) an dem Beispiele des Brustschulterapparates und der vorderen Ex- tremitat darzulegen versucht. Es ist nicht schwer, diese Gesichts- punkte auch auf Schadel, Rumpfskelet, Beckengiirtel und hintere Extremitat anzuwenden. Auch zu den Theromorpha existieren, wie namentlich SEELEY hervorgehoben hat, gewisse Beziehungen, welche zum Teil durch die Mesosauria vermittelt werden; dieselben sind aber noch fernere als die zu den Cheloniern. Endlich noch die Rhynchocephalia, die in verschiedener Hinsicht, insbesondere in der Bildung des Parasternum und ge- wisser Merkmale der Extremitaiten, recht deutliche Beziehungen darbieten, aber als nahe Verwandte der Sauropterygier gleichfalls nicht anzusehen sind. Daf die Sauropterygier von terrestren Formen abstammen, diirfte nach den Ausfiihrungen von HArEcKEL, VoaT und nament- lich Baur wohl allgemein angenommen sein. Den Ausgang bilden die triassischen Nothosauria (mit den Alteren Lariosauridae und den jiingeren Nothosauridae), deren Extremitiéten erst in be- ginnender Umbildung zur Flosse sich befinden und, namentlich bei den Lariosauridae, noch die Méglichkeit einer terrestren Lebensweise gestatten; die volle Ausbildung und Anpassung an das Wasser gewinnt die Ordnung mit den Plesiosauria (mit den Familien der Pliosauridae, Plesiosauridae und Elasmosauridae), bei denen die Flosse nur noch fiir Schwimmbewegungen tauglich erscheint. Damit verbindet sich die successive Verlingerung des Halses, die bei den Nothosauria 16—21, bei den Plesiosauria 20—72 (wovon die niedrigeren Zahlen fiir die Phosauridae, die Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 637 mittleren fiir die Plesiosauridae, die héheren fiir die Klasmosau- ridae gelten) betragt, somit Grade erreicht, die alles, was wir sonst in dieser Richtung bei Sauropsiden kennen, bei weitem tiber- steigt (p. 545 u. 575). Manche Autoren, z. B. Seeney (1892) und BouLENGER (1896), ziehen die Mesosauria noch in die gréfte Nahe der Sauropterygia oder als tiefste Abteilung in den Bereich derselben. Damit werden den Sauropterygia rein terrestre Formen von maliger Halslinge (10—11 Halswirbel) aus noch alteren Schichten (Perm und unterste Trias) zugefiigt. Die angefiihrte Reihe — Mesosauria, Nothosauria, Plesio- sauria resp. Mesosauridae, Lariosauridae, Nothosauridae, Plio- sauridae, Plesiosauridae, Elasmosauridae — _ verlockt foérmlich dazu, in ihr die wahre phylogenetische Entwickelungsreihe der héchsten marinen Formen von den niedrigsten terrestren zu er- blicken. Doch ist hier grofe Vorsicht geboten. Die genauere Untersuchung ergiebt noch nicht mit zweifelloser Sicherheit, daf die Mesosaurier wirklich zu den Sauropterygiern gehéren, und deckt auch verschiedene Ziige (einzelne Schaidelmerkmale, nament- lich aber Wirbelsiule, Schultergiirtel und Parasternum) auf, welche die Nothosaurier nicht in jeder Hinsicht als die primitiveren, die Plesiosaurier als die hochstehenden Vertreter der Sauropterygier beurteilen lassen. Ja selbst beziiglich der gegenseitigen Organisations- beziehungen der Notbosaurier und Plesiosaurier ist noch nicht alles aufgehellt. Wenn Srevey beide als selbstandige Ordnungen Nothosauria und Sauropterygia nebeneinander stellt, so ist dies von einem so genauen Kenner dieser Verhaltnisse gewi8 nicht ohne guten Grund geschehen. Die ganze Organisation und paldontologische Geschichte der Sauropterygier zeigt, daf dieselben bereits in wesentlich héherer Organisation im Vergleich zu den Ichthyopterygiern') sich dem Wasserleben anpaliten. Dementsprechend ist diese Anpassung bei ihnen keine so vollkommene wie bei den Ichthyopterygiern. Wahrend diese zu homéomeren, hyperphalangen und hyperdaktylen Flossen gelangten, kommt es bei den Sauropterygiern nur zur Hyperphalangie, und selbst bei den in erheblich spaterer palionto- logischer Zeit dem Wasserleben angepaften Mosasauriern (p. 615 f.) 1) Auch die iibrigens einfach maxillodonten Zahne mit wechseln- der Thekodontie und Holkodontie bei den Nothosauriern und Plesio- sauriern kénnen hierfiir herangezogen werden (vergl. auch Burcx- HARDT 1895). 638 Max Fiirbringer, ist die Umbildung der Extremitat zur Flosse keine unvollkomme- nere als bei den Plesiosauriern, sondern zeigt sich hinsichtlich der homéomeren Verkiirzung des Humerus und Femur trotz der fiir die Umbildung gegebenen kiirzeren Zeit weiter fortgeschritten als bei diesen. Dieses Verhalten findet seine Begriindung in der tieferen Stellung und gréBeren Bildsamkeit der den Mosasauriern Ausgang gebenden kionokranen Lacertilier. In einem Punkte zeigen die Sauropterygier einen Grad der Umbildung, welcher unter den Tetrapoden unerreicht dasteht: es ist dies die bereits oben hervorgehobene hochgradige Wan- derung der Extremitaten nach hinten. Solche Wan- derungen sind aber an sich keine Zeichen einer tieferen Organi- sationsstufe, sondern finden sich, wie das Beispiel der Végel zeigt, auch bei héheren Formen, welche neuen, machtig einwirkenden Lebensbedingungen unterworfen wurden. Der Anfang der terrestren Vorfahren der Sauropterygier ist noch in Dunkel gehiillt. Daf hierbei die Mesosaurier wesentlich mit in Frage kommen, ist gewifi berechtigt; aber auch diese sind keine primordialen Formen mehr. Gewif wird man annehmen diirfen, dafi die altesten Sauropterygier von rhynchocephalenartigen Vorfahren Ausgang nahmen, aber mit diesem in seiner Allgemeinheit nahezu trivialen Ausspruche ist wenig gesagt; derjenige Rhyncho- cephale, von dem sich die Sauropterygier und die ihnen ver- wandten Ordnungen direkt ableiten, ist zur Zeit unbekannt. SchlieBlich sei noch erwihnt, daf§ ahnlich wie bei den Cheloniern auch bei den Plesiosauriern gewisse Strukturen existieren, welche an diejenigen der Amphibien erinnern (p. 331); aber weder Che- lonier noch Sauropterygier méchte ich auf Grund derselben direkt von den Amphibien ableiten. VII. Mesosauria’). Die Mesosauria reprasentieren eine kleine Gruppe alter Land- tiere aus dem Perm und den subtriassischen Schichten, die man bald (Baur 1887, Cope 1887, ZirreL 1889, Harcken 1895) den Rhynchocephaliern, mit den Proterosauria die Subordo Progano- sauria Baur (Progonosauria HAarckKeL) bildend, ecinreihte, bald (BOULENGER 1896) mit den Sauropterygiern zur Ordo Plesio- sauria verband, bald (SEELEY 1892) mit den Lariosauria (Neustico- sauria SEELEY) zur selbstaindigen Ordo Mesosauria vereinte, bald 1) Vergl. auch p. 336—838 und die betreffenden Ausfiihrungen sub § 16 A, p. 521—571. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 639 (SeELEY 1894) den Theromorpha niiher anschlof resp. in die Theromorpha im weitesten Sinne des Wortes (Anomodontia SEELEY) aufnahm, endlich (HAEcKEL 1895) als die mutmaflichen Stamm- eltern der Halisaurier (Ichthyopterygier ++ Sauropterygier) er- klarte. Sie haben amphicéle Wirbel und einen miafig verlingerten (aus 10—12 Wirbeln bestehenden) Hals. Aus diesen grofen Differenzen in den Anschauungen tiber ihre Stellung geht zur Geniige hervor, daf entweder die Kenntnis ihrer Organisation noch keine geniigende ist oder daf sie eine in be- sonders ausgepragtem Grade intermediare Abteilung (Sammeltypus, Konnektivform) reprisentieren. Dali die Mesosaurier zu den primitiveren unter den Reptilien gehéren, wird durch zahlreiche Ziige ihrer Organisation bezeugt. Dies zusammen mit ihrem hohen Alter hat dazu gefiihrt, sie den Rhynchocephaliern einzureihen. Die genauere Betrachtung ergiebt ‘aber so viel Specifisches in ihrer Organisation, daf sie, will man den Rhynchocephalia nicht einen viel weiteren Umfang als bisher geben, aus diesen zu entfernen sind. Mit den Ichthyopte- rygiern besitzen sie so gut wie nichts Gemeinsames. Dagegen finden sich zahlreiche Aehnlichkeiten mit den Sauropterygiern (Schadelform und gewisse Schiadelstrukturen, Halslainge, Rippen, vordere Extremitat), aber auch einzelne allgemeinere Ueberein- stimmungen mit den Theromorphen, namentlich eine gewisse Plumpheit in der Konfiguration, welche an diese Reptilienordnung erinnert. Der Schultergiirtel ist von primitiver eigener Art, steht aber dem der Sauropterygier, Chelonier und Theromorphen naher als der entsprechenden Bildung der anderen Reptilien-Ordnungen. Bei dem jetzigen Stande unserer Kenntnis bin ich geneigt, den Mesosauria eine provisorische Stellung in der Nahe der An- fange der Sauropterygia, Chelonia und Theromorpha zu geben, wobei die Entwickelung in der Richtung nach den Sauropterygia iiberwiegt, aber doch so viel Besonderes zeigt, dafi ich einer voll- stiindigen Einreihung in diese nicht zustimmen, dagegen eine inter- mediare Steilung zwischen ihnen und den Theromorphen (den Sauropterygia hierbei am meisten gendhert) befiirworten mdéchte. VIII. Theromorpha’). In den Theromorpha (Theromora Cope) begegnet uns eine sehr alte, im Perm und der unteren Trias sehr reich und mannig- 1) Vergl. auch p. 338—347, sowie die betreffenden Ausfiih- rungen sub § 16 A, p. 521—571. 640 Max Fiirbringer, faltig vertretene, in der mittleren Trias nur noch wenige Repriisen- tanten darbietende und danach, wie es scheint, ausgestorbene Ab- teilung von amphicélen, meist kurzhalsigen und mit wenigen Aus- nahmen landlebenden Reptilien, die neben gewissen primitiven Ziigen sich durch zahlreiche hohe und specielle Strukturen aus- zeichnen'). Bei den primitiveren Formen (Procolophontidae, Pareiasauridae, Diadectidae, Clepsydropidae etc.) finden sich neben mancherlei specifischen Konfigurationen noch Anklinge an die Rhynchocephalier und Mesosaurier, bei den héheren (viele Therio- dontia, namentlich aber die Therochelonia) ist es zu einer ganz einseitigen Hohe der Specialisierung gekommen, die zugleich eine Anzahl von oft ganz tiberraschenden Aehnlichkeiten mit den Saiuge- tieren aufweist?). Doch zeigt sich diese Aehnlichkeit mit den Mammalia zum Teil, wenn auch minder eindringlich, auch bei tiefer stehenden Theromorphen. Die hdheren und kérperlich groéferen Vertreter kennzeichnet meist auch eine hochgradige Plumpheit und Massigkeit der Kérperform und ihrer einzelnen Komponenten. Primitivere und héhere Typen finden sich, wie es scheint, in den gleichen Schichten vermischt. Die systematische Einteilung der Theromorpha ist eine Sache von groBer Schwierigkeit. Owkrn (1876), CopE (1878—92) und Seenry (1887—96) haben vor Allen das Ver- dienst, in sehr zahlreichen Untersuchungen dieselbe immer mehr ausgebaut zu haben. Zirrren (1889), LypeEKKER (1890), SEELEY (1894) und Harcken (1895) haben dem Standpunkte unserer zeit- lichen Kenntnisse entsprechende Systeme derselben aufgestellt. Den beiden letzteren habe ich mich in der Hauptsache ange- schlossen (p. 339); doch bin ich nicht in der Lage, auf Grund eigener Untersuchungen etwas Neues hinzuzufiigen. Ich enthalte mich somit einer weiteren Besprechung dieser Frage. 1) Kin sehr hochgradiges Gemisch tiefer und hoher Merk- male zeigt namentlich auch die bald gnathodonte, bald maxillo- donte Bezahnung mit ihrer reichen Mannigfaltigkeit und ihrem eroken Wechsel an Zahl und Form dieser Zahne; durch Riick- bildung und Auslese kommt es auch zu dicynodonten und an- odonten Formen. 2) Diese Aehnlichkeit einzelner Teile kann so grof werden, daf daraufhin gewisse Theromorphen (Tritylodon, Theriodesmus) frither (Tritylodon von OwrEn 1884, Theriodesmus von SEELEY 1887) den Mammalia zugerechnet und erst spiter (Smpnuy 1894) als Theromorpha erkannt wurden. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 641 Beziiglich der genealogischen Beziehungen der Theromorpha zu anderen Reptilien oder Vertebraten sind, wie erwahnt, die Rhynchocephalia, Mesosauria, Chelonia und die Mammalia in Frage gekommen. Ich habe mich bereits dahin entschieden, dafi die Meso- sauria gewisse verwandtschaftliche Ziige darbieten. Auch unter- liegt die Ankniipfung der primitivsten Theromorpha an die Rhynchocephalia keiner allzu groken Schwierigkeit; die als moglich zu bezeichnende Existenz eines Cleithrum bei den Pareia- sauria (p. 345, 548), zum Teil auch die grofe dorsolaterale Aus- dehnung der Clavicula bei gewissen niedriger stehenden Thero- morphen bekunden selbst primitive Ziige, welche bei den bisher bekannten Rhynchocephaliern nicht mehr erhalten geblieben resp. bekannt geworden sind. Manches erinnert selbst an die Stego- cephalier. Doch sind hier die reellen Grundlagen noch nicht ge- niigend gesichert und bediirfen weiterer Funde zur Aufklarung. Auch das Auftreten des ersten procoracoidalen Knochenkerns, der den Streptostylia, Rhynchocephalia und Verwandten noch abgeht, ist eine noch ungeléste Frage. Dafi ich einer Ankniipfung der Chelonier an die hoch specialisierten Therochelonia resp. einer Weiterentwickelung und Umbildung der letzteren in die ersteren nicht zuzustimmen ver- mag, habe ich bereits bei den Cheloniern (p. 634 f.) ausgefiihrt. Daf Verwandtschaftsbeziehungen recht allgemeiner Natur zwischen beiden Ordnungen existieren, gebe ich zu; die gemeinsame Wurzel beider liegt aber sehr tief und beschrinkt sich nicht blos auf diese beiden Abteilungen (p. 634). Von besonderem Interesse ist die Frage der Beziehungen der Theromorpha zu den Mammalia; hier liegt eines der cin- ereifendsten Probleme der Phylogenie der héheren Wirbeltiere vor. Die tiberraschenden und weitgehenden Aehnlichkeiten, welche dieser oder jener Skeletteil (gewisse Schadelverhaltnisse, Sacrum, Rippen, Schultergiirtel, Ober- und Vorderarm, Becken, Fuf etc.), sowie die Bezahnung darbieten, sind bereits Owen (1859—76) und Anderen aufgefallen und haben Owrn (1876), insbesondere aber Cope (1884) dazu gefiihrt, die Theromorpha, speciell die Abteilung der Pelycosauria, unter Zugrundelegung einer Anzahl specieller Uebereinstimmungen im Skelettbau als die direkten Vorfahren der Mammalia anzusprechen. Diese Anschauung wurde von Baur (1886—97) dahin modifiziert, da8 die Theromorpha nicht eigent- lich den Mammalia Ursprung giiben, sondern dafi beide von einem 642 Max Fiirbringer alten gemeinsamen Stocke, den supponierten ,,Sauro-Mammalia‘, abstammten und von da aus in paralleler Entwickelungsreihe sich weiter ausgebildet hitten. Dieser Anschauung von Baur scheint die Mehrzahl der Zoologen und Paliontologen, von denen ich unter Anderen SEELEY (1887—96), OsBorn (1888—98), LypEKKER (1890), KUKENTHAL (1892), Howes (1893), Hascken (1895), Case (1897) erwahne, gefolgt zu sein. KiKenruHat betont, daf die Siuge- tiere nicht von den Theromorpha, sondern von uralten palio- zoischen Formen mit wenig specialisiertem Gebisse (von denen die Theromorpha ebenfalls ihren Ausgang genommen haben kénnen) Ursprung nahmen. Harcken fiihrt den gemeinsamen Ursprung beider Abteilungen zu den Proreptilia (Tocosauria), indem er von diesen durch die Zwischenstufe der Proterosauria die Theromorpha, durch die -Zwischenstufe der supponierten Sauromammalia die Siugetiere abstammen lat"). Noch tiefer ziehen Marsn (1898) und Kinestry (1899, 1900) die Abstammungslinie, indem sie Mammalia wie Reptilia von den altesten Formen der Amphibien ausgehen lassen; dieser die Reptilien also gar nicht beriihrende Ursprung der Siugetiere von alten Amphibien ist bekanntlich auch seit langer Zeit von Huxtey (1864, 1880), Gecenspaur (1864—98), und neuerdings namentlich von Maurer (1892—95), KLAaATscH (1892), Husrecut (1897), GAupp (1899) u. A. vertreten oder durch wichtige anatomische Argumente gestiitzt worden. Kine Abstammung der Mammaliavon ausgebildeten Theromorpha in dem Sinne, wie Corr behauptete, wird heut- zutage wohl von Niemand mehr vertreten. Die Theromorpha waren bereits in paliozoischer Zeit so weit specialisierte und in ihrer Organisation festgelegte Tiere, da8 eine Umbildung derselben in die kleinen und zierlichen Formen, wie sie uns die ersten be- kannten Siugetiere darbieten, schwer zu denken ist. Auch stellt sich den auffallenden Uebereinstimmungen, die sich zum Teil aber gar nicht blof auf Theromorpha und Mammalia beschranken, eine 1) Zu besonderen Anschauungen gelangten auch Mivarr (1888) und Sretey (1896). Ersterer nimmt fiir die Mammalia einen diphy- letischen Ursprung an, indem er die Monotrema von sauropsiden (sauro-mammalen), die Marsupialia und Placentalia von amphibien- artigen Vorfahren ableitet. Letzterer hebt bei der Besprechung von Aristodesmus hervor, daf die Monotremen mit diesem Thero- morphen mehr Uebereinstimmung darbieten als mit anderen Mam- malia und daf eine Gruppe Theropsida gebildet werden kénne, welche Monotrema und Theromorpha (Anomodontia SuEtey) einschliefe. Vergleich, Anatomie des Brustschulterapparates etc. 645 nicht geringere Zahl schwerwiegender Abweichungen gegeniiber. Es kann demnach nur von Parallel- oder Konvergenz-Analogien zwischen beiden Abteilungen gesprochen werden. Dieselben sind aber immerhin bedeutsam genug, um die weit- verbreitete Annahme einer benachbarten genealogischen Stellung der Theromorpha und Mammalia, mit anderen Worten, einer Ab- stammung beider von einem gemeinsamen repti- lischen Ahnen, mag derselbe nun Sauro-Mammale oder Pro- reptil heifben, als sehr begreiflich erscheinen zu lassen. OsBorn (Americ. Naturalist, XXXII, 1898, p. 331—332) hat in seiner mit Recht viel bemerkten Eréffnungsrede die wesentlichsten Aehn- lichkeiten zwischen Theromorpha und eocinen Prommalia zu- sammengestellt und ist zu dem Schlusse gekommen, daf kein Amphib oder Reptil den Promammalia so nahe komme wie die Theriodontia und dal die Ursiugetiere von primitiven Reptilien, welche eine Anzahl primitiver Amphibien- oder Stegocephalen- Merkmale gewahrt hatten, ausgegangen sind. Andererseits ist KINGSLEY (1899, 1900) in lichtvollen und zahlreiche gewichtige Argumente darbietenden Verdttentlichungen gegen die nahe Ver- wandtschaft der Mammalia mit den 'Theromorpha und fiir ihre Abstammung von primitiven Amphibien (primitiver als die be- kannten Stegocephalen) eingetreten. Ohne im Detail auf die von Osporn angefiihrten Charaktere weiter einzugehen'!), médchte ich betonen, da8 die sub 1 (Zahn- bildung), 2—5 (Schadelmerkmale), LO—12 (Rippen), 13 und 14 (Schulter- und Beckengiirtel), 16 (Humerus mit Foramen ente- picondyloideum) teils recht allgemeiner Natur sind, indem sie auch bei vielen anderen, von den Séugetieren tibrigens ganz ab- weichenden, Reptilien vorkommen, teils keine primitiven Merk- male, sondern weit vorgeschrittene ‘Differenzierungen darstellen. Dieselben sind sonach mit sehr groBer Wahrscheinlichkeit nicht als urspriingliche gemeinsame Charaktere, sondern in der Hauptsache als sekundire Konvergenzerscheinungen zu beurteilen. Dann aber reicht auch die Summe derselben — viele kleine Zahlen kénnen ja an sich eine ganz stattliche Summe ergeben — doch nicht aus, um damit einen specielleren genealogischen Zusammenhang mit zWingender Sicherheit zu begriinden. Beziiglich der anderen Punkte 6, 7, 8, 9 und 15 méchte ich aber folgendes hervorheben. 1) Eine ausfiihrlichere Behandlung der ganzen Frage, wenn dann noch nétig, behalte ich mir bei der Besprechung der Sauge- tiere (Kap. VI) vor. 644 Max Firbringer, 6 (Reduktion des Quadratum und Ueberdachung desselben durch das Squamosum bei den Theriodonten, wahrscheinliche Ver- wachsung von Quadratum und Squamosum bei den Promammalia) wiirde erst dann zu Gunsten der behaupteten Verwandtschaft an- gefiihrt werden kénnen, wenn die von verschiedenen Autoren be- hauptete Homologie des Squamosum der Saugetiere mit dem Squamosum + Quadratum der Reptilien und die ALBREcHT’sche Angabe, dai beide Skelettelemente durch Riickschlag auch bei den Siugetieren getrennt bleiben kénnen, bewiesen wiire. Dies ist bis jetzt keineswegs der Fall und wird — wie man ohne be- sondere Kihnheit behaupten kann — auch nie der Fall werden; dagegen kenne ich keinen schlagenden Kinwurf, der die Homologie des Quadratum der Reptilien mit dem Incus der Saugetiere irgend- wie erschiittert hatte’. — 8 (Occipitale Condylen). Die Monocondylie der Sauropsiden und die Dicondylie der Amphibien und Siugetiere gilt seit langer Zeit als wesentlicher, meiner An- sicht nach sehr tiberschatzter Differentialcharakter dieser Tiere 2). 1) Die Frage der Homologie des Quadratum der Sauropsida und Anamnia mit Gebilden der Saéugetiere ist seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts bis zur jiingsten Zeit von ungemein vielen Autoren behandelt und dementsprechend sehr verschieden beantwortet worden: Proc. zygomaticus des Squamosum oder der Gelenkteil desselben, Os tympanicum, Incus, Malleus wurden als seine Homologa ange- fiihrt, auch wurde ein besonderer, von dem Mandibularbogen unter- schiedener Arcus palato-quadratus als Entstehungsort des Quadratum angenommen. Es legt mir fern, auf diese ausgedehnte Frage einzugehen, und verweise ich beztiglich der Litteratur vornehmlich auf die genauen Arbeiten von Gapow (1883), Gaupr (1898) und Krnestey (1900), Hier sei nur hervorgehoben, daf zur Zeit die iiberwiegende Mehrzahl der Autoren, denen ich beistimme, sich fiir die Homologie des Quadratum mit dem Incus entschieden hat, daf aber im Laufe der beiden letzten Decennien die Homologie mit dem Gelenkteil des Squamosum oder mit dem Tympanicum noch Ver- treter fand (Squamosum: Atsrecut, Dotto, Baur, Corr, in _ be- dingter Weise Ossporn u. A.; Tympanicum: Gapow, VERSLUYs). 2) Die Dicondylie der Amphibien steht fiir sich, indem hier das Palaeocranium resp. vorderste (am meisten rostrale) demselben assimilierte Wirbel die beiden lateralen Condylen bilden, wahrend bei den Sauropsida und Mammalia mehr hintere (mehr caudale) Wirbel das Material fir die occipitalen Condylen liefern. Auch ist der Unterschied zwischen den beiden letzteren Abteilungen kein absoluter, indem bei beiden in der Regel die gleichen Kom- ponenten, das Occipitale basilare und die beiden Occipitalia lateralia an der Bildung dieser Condylen sich beteiligen; die Difterenz besteht darin, daf der basilare Anteil an den unpaaren Condylen bei den Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 645 Bei verschiedenen Theromorphen sind Uebergangsformen zwischen Monocondylie und Dicondylie (nierenformig bis U-formig aus- gezogene Monocondylen, zweiteilige [Theriodontia] und dreiteilige [ Dicynodontia| Condylen) beschrieben worden; die genaue Ansicht der von den Autoren beigefiigten Abbildungen beweist noch keineswegs, dal wirklich zwei getrennte Condylen vorliegen '!) — von entfernten Condylen wie bei der Mammalia kann keine Rede sein —, und fernerhin wissen wir, dal} solche nierenformige oder U-férmig ausgezogene Condylen auch bei Lacertiliern (Geckonidae, Uroplatidae, Varanidae etc.) und Sphenodon vorkommen. Bis auf weiteres halte ich mit MArsm und KInGsLEy an der Monocondylie aller Reptilien inklusive die Theromorpha fest. — 7 (Transversum und Vomer) und 15 (Carpus und Tarsus). Die hier angegebenen Merkmale kénnen nicht als Uebereinstimmungen gelten, da es sich im ersteren Falle um géanzlich reduzierte Knochen bei den Mam- malia, im letzteren um ungentigend bekannte Komponenten der Hand- und Fufwurzel handelt?). — Endlich 9 (Zusammensetzung des Unterkiefers). Hier liegt eine Difterenz vom gré’ten Gewichte und eine Kluft zwischen Theromorpha und Mammalia vor, iiber die keine Briicke fiihrt. Der theromorphe Unterkiefer besteht nach Reptilienart aus Articulare, Dentale, Angulare und dem nicht immer vorhandenen Operculare und artikuliert durch das Articulare mit dem Quadratum; der mammale Unterkiefer wird allein von dem Dentale vertreten, das eine neue dem Deckknochen- Gebiete angehérende Artikulation mit dem Squamosum gewonnen Sauropsiden ein ansehnlicher, an den paarigen der Saugetiere ein — bei gewissen Vertretern bis zur vélligen Unterdriickung, bei anderen ein im maligen Grade — zuriicktretender ist. Das Condylus-Merkmal ist somit streng genommen weder fiir die Verwandtschaft der Mammalia mit den Amphibia noch fiir diejenige mit den Reptilia verwertbar. 1) Bei den sogenannten paarigen Condylen von Cynognathus und Gomphognathus ist die einschneidende Medianfurche schmal und scheidet den zu einem wesentlichen Teile von dem Occipitale basilare gebildeten Condylus nur unvollkommen in zwei Hialiten. Andere Species der gleichen Gattungen besitzen einen ganz ein- heitlichen Condylus (vergl. die Abbildungen bei Srenny 1894), woraus die geringe Bedeutung dieser Furche erhellt. Auferdem aber sei darauf hingewiesen, daf der nierenférmige Condylus verschie- dener Geckonidae, sowie von Uroplates und Varanus auch eine tiefe und breite Medianfurche besitzt. 2) Mit Recht hebt Krnesnuy (1900) hervor, daf die Tarsen von Clepsydrops (Corz 1889) und Pareiasaurus (Smrtey 1892) eine sauro- pside, aber nicht mammale Anordnung ihrer Hauptgelenke darbieten, 646 Max Firbringer, hat, wihrend das alte von Articulare und Quadratum gebildete Kiefergelenk unter Reduktion, Ablisung von dem mammalen Unterkiefer und Funktionsiinderung sich in die Hammer-Ambob- Artikulation umegebildet hat‘). Es ist von zahlreichen Autoren versucht worden, diese Ditferenz durch die Annahme der Homologie des sauropsiden Quadratum mit einem Teile des mammalen Squa- mnosum (s. p. 644) auszugleichen; diese Homologisierung entspricht aber nicht den thatsichlichen Verhiltnissen. Diese sind unerbitt- lich und zeigen hier eine so fundamentale Verschiedenheit, dal — selbst wenn alle anderen Differenzen beseitigt werden kénnten — diese eine geniigen wiirde, um die speciellere Ver- wandtschaft der Mammalia mit den Theromorpha, iiberhaupt mit den Reptilia, zu verbieten. Zu diesen gegen eine direkte Verwandtschaft zwischen Thero- inorphen und Saugetieren gerichteten Instanzen kommen aber noch zahlreiche andere, welche unzweideutig darthun, da8 eine Ableitung der Siugetiere von uns bekannten Reptilien nicht aus- fiihrbar ist. Von den Knorpelstrukturen und sonstigen Weich- teilen der Theromorpha wissen wir allerdings nichts; wir kennen aber ziemlich genau den Bau von Reptilien, wie Lacertilia und Rhynchocephalia, die in der Hauptsumme ihrer Merkmale tiefer und generalisierter dastehen als die Theromorpha, die uns einen Kinblick gestatten, wie etwa die Kérperbeschaffenheit jener schon in friiher Sekundirzeit ausgestorbenen Reptilien gewesen sein mag, und die uns jedenfalls den Schluf$ erlauben, da wirkliche naihere genealogische Beziehungen zwischen Theromorpha und Mammalia nicht angenommen werden diirfen, da die Vergleichung der Lacer- tilier und Rhynchocephalier mit den Siiugetieren im Stiche 1aBt. Die specielleren Relationen zwischen Stapes und Incus der Sauge- tiere 2), ihre Integumentgebilde [Haare’), cf. GrGenBAUR 1870 —96, Maurer 1892—93; mammare Bildungen], ihr Diaphragma und verschiedene andere Muskeln, ihre Mesenterien (KLAATSCH 1892) 2), ihre Venae abdominales und umbilicales (BEDDARD 1884) ”), ihr Ductus thoracicus (LAMBERT, cf. KINGSLEY) ?), ihr vom Hyoid aus gebildeter auerer Ohrknorpel (RuGE 1897)*), die speciellere Anordnung ihrer fétalen Hiillen (HuBREcHr 1897)?) etc. bekunden 1) Auch Homologa der Deckknochen des reptilen Unterkiefers, z. B. des Angulare, sind bekanntlich im Bereiche des Malleus noch erhalten (Proc. Folianus etc.). 2) Alle mit dieser Zahl markierten Differenzpunkte zwischen Mammalia und Reptilia werden besonders von Kinesiuy (1900) Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 647 eine einschneidende Differenz zwischen Mammalia und Reptilia, gestatten aber zugleich zu einem grofen Teile eine Ableitung der Ersteren von Bildungen, welchen diejenigen noch jetzt lebender Amphibien nahe stehen. Alles dies weist auf eine sehr alte Des- cendenz der Mammalia von amphibienartigen Vor- fahren hin, wihrend die Reptilien resp. Sauropsiden eine be- sondere Entwickelungsbahn jenseits der Saugetiere einschlugen. Unsere Kenntnis der fossilen Reste der Saiugetiere ist eine sehr diirftige; sie reicht nur bis zur oberen Trias zuriick'), aus welcher Zaihne (Triglyphus, Microlestes, Microconodon) und ein sehr kleiner bezahnter Unterkiefer (Dromatherium) uns vorliegen. Dieser trigt bereits alle Merkmale des ausgebildeten Siugetier- typus an sich. Zirren (1893) und Marsa (1898) heben aus- driicklich hervor, da& bisher nicht die mindesten Uebergangs- formen zwischen Reptilia und Mammalia gefunden worden sind. Es ist aber klar, daf diese bereits so hoch entwickelten Sauge- tiergebilde eine ungemein lange Vorgeschichte gehabt haben miissen. Die Kleinheit aller dieser Formen macht wahrscheinlich, daS auch die Vorfahren derselben von geringer oder ziemlich geringer Kérpergré8e und Zartheit ihrer Skelettelemente und dar- um nicht leicht erhaltungsfahig waren. Vielleicht werden Teile von ihnen noch gefunden werden, vielleicht auch nicht. Wo uns die Stammesgeschichte der Tiere genauer erschlossen ist, sind es in der Regel die kleineren Formen, die den Anfang machen und sich successive zu gréferen entwickeln. Schon an anderer Stelle (1888 resp. 1887) und im Vorhergehenden (p. 600 Anm. 1) habe ich mich tiber diese Verhiltnisse ausgesprochen und in der Kleinheit der sich entwickelnden Formen auch ein Schutz- mittel fiir die Erhaltung derselben im Kampfe ums Dasein gefunden. angefiihrt. Auf die Aehnlichkeit der Gelenkverbindung des Stapes und Incus bei den Saugetieren mit der Gelenkverbindung der Colu- mella mit dem Quadratum bei gewissen Urodelen und Gymnophionen weisen namentlich auch Hasse (1873), Traurmann (1876), WixEDERs- HEIM (1877), Kinuian (1890), GreEnpaur (1898), Kinestny (1899, 1900) und Gavrr (1899) hin (vergl. insb. Gaupp 1899). — Jede neue anatomische Untersuchung der Mammalia deckt sozusagen neue Differenzen gegeniiber den Sauropsiden und Aehnlichkeiten mit den Amphibien auf. 1) Die friher zu den Mammalia gerechneten Gattungen Therio- desmus und Tritylodon aus der unteren Trias (Karroo) haben sich bei genauerer Untersuchung (Sretey 1894) als Theromorpha er- geben (cf. p. 640 Anm. 2). Bd, XXXIV, N. F. XXVIL. 42 “= 648 Max Firbringer, Die Kleinheit ist aber auch eingreifenderen Umbildungen, wie die hervorgehobene Umformung.des Siiugetier-Kiefers aus einem alteren, aus mehreren Komponenten zusammengesetzten Kiefer giinstig, wihrend massigere Skelettteile fiir solche Umwandlungen bereits verdorben sind. So liegt in den kleinen und mittelkleinen, un- bedeutend erscheinenden paldontologischen Formen die eigentliche phylogenetische Aufklairung, nicht aber in den grofen, welche, wie auffallend und dominierend sie auch auftreten mégen, meist schon eingeschlagene Seitenwege bedeuten und fiir die wahre Erkenntnis der Vorfahren der jetzt noch iibrig gebliebenen Tiere kein reines und reiches Licht geben. So nehme ich an, daf jene Umbildungen zum Siugetier- Kiefer, die uns GEGENBAUR (1898, p. 398) in so lichtvoller und iiberzeugender Weise dargestellt und mit vorausgegangenen ahnlichen Umbildungen bei Fischen und Amphibien belegt hat, in sehr friiher palaontologischer Zeit bei kleinen, versteckt lebenden amphibien- artigen Vorfahren der Siugetiere statthatten !), und ich befinde mich mit dieser Annahme auch mit Marsa (1898) und Kina@siey (1900) in erfreulicher Uebereinstimmung. Ob dies erst im Karbon oder schon im Devon stattfand, wage ich nicht zu sagen; Mars ist der Annahme des friihesten Zeitraumes fiir die Entstehung der Séugetiere zugeneigt ?). Fiir die direkte Abstammung aller Mam- malia von amphibienartigen Vorfahren*) sprechen die oben an- gefiihrten, leicht zu vermehrenden Dokumente, welche der ana- tomische Bau der Siiugetiere uns erhalten hat; die Abstammung von Reptilien wiirde einen phylogenetischen Umweg bedeuten, der durch kein morphologisches Merkmal angezeigt oder unterstiitzt wird. Welcher Gruppe diese amphibienartigen Voreltern der Sauge- tiere angehérten, ist bei dem jetzigen Stande unserer Kenntnis schwer zu sagen. Sicherlich — die vergleichende Anatomie und Ontogenese der Amphibien geben uns hierfiir bemerkenswerte An- 1) Voraussichtlich begann die Umbildung des Unterkiefers mit einer Lockerung des Dentale und des von ihm umschlossenen Ab- schnittes des Mrcxnt’schen Knorpels gegeniiber den anderen Unter- kieferteilen, wofiir in der Tierreihe gleichfalls Analogien existieren. 2) Bekanntlich sind von ihm auch deutlich ausgebildete Fub- spuren von Amphibien im Devon gefunden worden. 3) Der oben (p. 642, Anm. 1) erwihnten Ansicht Mrvart’s von einem diphyletischen Ursprunge der Mammalia, der Monotremen von Sauropsiden, der Marsupialia und Placentalia yon amphibien- artigen Vorfahren, kann ich nicht zustimmen. Fir mich steht der monophyletische Anfang der Siugetiere nicht in Frage. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 649 deutungen — waren es streptostyle Formen mit freibeweg- lichem, vorwiegend knorpeligem Quadratum‘) und wahrscheinlich auch solche, bei denen das Panzerskelett des Kopfes eine mafigere Entfaltung zeigte als bei der Mehrzahl der Stegocephalen. Die- jenigen Stegocephalen, die uns genauer bekannt sind und bei denen die Anordnung ihrer Deckknochen im temporalen Schadel- bereiche ein monimostyles Quadratum voraussetzen laSt, kommen hierbei nicht in Frage. Mdéglicherweise kénnen aber unter den sogenannten microsauren Formen des unter dem Terminus Stego- cephala vereinigten Gemisches palaéozoischer Tiere, deren zartere Schidel grofenteils zerstért, in ihre einzelnen Komponenten auf- gelést und daher fiir eine systematische Diagnose unbrauchbar geworden sind, nahere Verwandte der Vorfahren der Saugetiere vorhanden sein, médglicherweise sind sie noch zu finden. Dies die rein theoretischen Grundziige dieser Frage. Die reelle Lésung derselben liegt in der Zukunft. IX. Crocodilia?). Mit den Crocodiliern beginnt eine Reihe von Reptilien, die wieder eine Stufe héher stehen, als die bisher behandelten Ord- nungen, und gemeinhin als Archosauria*) verbunden werden. Die- selben enthalten aufer den Crocodilia noch die Dinosauria und Patagiosauria (Pterosauria); SEELEY (1891) und HArcken (1895) haben dieselben mit den Végeln zu den Ornithomorpha SEELEY oder Ornithocrania HAECKEL Vereinigt. Die Crocodilier reprisentigren eine Abteilung terrestrer, aber wasserliebender oder in miafigem Grade an das Wasserleben an- gepalter Reptilien, meist von mittlerer bis bedeutender Grofe, welche in ihrer allgemeinen Koérperform einen rhynchocephalier- ihnlichen Habitus zeigen, aber durch zahlreiche tief eingreifende Merkmale von diesen beiden Ordnungen geschieden sind. Ihr 1) Wie schon hervorgehoben (p. 599 Anm. 1), glaube ich nicht daran, daf ein einmal fest und ausgedehnt mit dem Schiadel ver- bundenes Quadratum wieder gelenkig mit ihm wird. 2) Vergl. auch p. 297—3806, p. 369, 396, p. 500—519, sowie die betreffenden Ausfiihrungen sub § 16 A—C, p. 521—597. 3) Die Bezahnung ist bei ihnen eine maxillodonte und theko- donte, zum Teil auch in holkodonte und anodonte (gewisse Patagio- saurier) Formen iibergehendé. Bei verschiedenen Dinosauriern findet sich augeprigte Heterodontie. 42 * 650 Max Firbringer, Integument ist in der Regel mit mehr oder weniger entwickelten Hautknochen versehen, die Halswirbelsiule besteht aus 9 Wirbeln, der im Hirnteil kleine, im Gesichtsteil aber sehr ausgedehnte Schidel zeigt ein kriaftiges und massiges Gefiige, das Quadratum ist mit ihm besonders fest und unbeweglich verbunden und zwischen andere Skelettelemente eingekeilt'), der sekundére Brustschulter- apparat befindet sich in vorgeschrittener Degeneration, die Glied- magen sind verhiltnismaBSig schlank und hoch differenziert, aber bieten verschiedene Zeichen einer partiellen Riickbildung dar. Die ilteren Crocodilier (Parasuchia, Pseudosuchia) finden sich in der oberen Trias und sind, soweit bekannt, Amphicdlier oder Platycélier; die neueren, den im Aussterben begriffenen noch lebenden Resten in der Hauptsache gleichenden Vertreter (Kusuchia s. Crocodilia vera) haben in ihren friiheren Formen aus dem Jura und der unteren Kreide (Mesosuchia) amphicéle, in ihren spateren aus der oberen Kreide bis in die Jetztzeit (Eusuchia s. str.) procéle Wirbel. Die Amphicélie und Procdlie der Crocodilier ist somit ein nur graduelles Merkmal; den natiirlichen Verwandtschaften entspricht besser ihre Unterscheidung in Longirostres und Brevi- rostres (vergl. auch ZirreL 1890). Einige Autoren, unter den neueren insbesondere Baur (1894), haben namentlich im Schadelbau der Parasuchia, Pseudosuchia und Eusuchia so hochgradige Dif- ferenzen gefunden, da sie dieselben als drei getrennte Ordnungen (Phytosauria, Aétosauria und Crocodilia) aufgefait haben. Der Bau der Crocodilia ist ein eigenartiger, zeigt aber gewisse Beziehungen zu den Rhynchocephalia, Lacertilia und Dinosauria. Bepparp (1888) hat auf Grund gewisser visceraler Strukturen eine speciellere Verwandtschaft zwischen Varanidae und Crocodilia be- fiirwortet; Marsu (1884, 1895) ist geneigt, intimere Verhaltnisse zwischen Aétosauria und Dinosauria anzunehmen. Soweit ich ohne genauere Kenntnis der fossilen Originale urteilen darf — speciellere Untersuchungen derselben konnte ich nicht anstellen —, halte ich die verwandtschaftlichen Beziehungen der Parasuchia, Pseudosuchia und Eusuchia im grofen und ganzen fiir gesichert und befiirwortete ihre Vereinigung zur gemeinsamen Ordnung der Crocodilia. Die innerhalb der Abteilung der Lacertilier beobachteten Divergenzen sind noch gréfere. Die 1) Nach der Ontogenese zu schlieSen, scheint die Monimostylie der Crocodilier friiher als die der Rhiynchocephalier, aber spiter als diejenige der Chelonier erworben zu sein. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 651 genauere Kenntnis der Pseudosuchia laft indessen zu wiinschen iibrig, so da’ man eventuell bei diesen auf eine andere Stellung, als zur Zeit von den Meisten angenommen wird, gefaBt sein darf. Die relativ hohe Stellung der Crocodilier wird aus der tiberwiegenden Summe ihrer Merkmale erkannt; auch das cen- trale Nervensystem, wie wenig voluminés es auch gegeniiber dem Gesamtschidel und Kérper entfaltet ist, nimmt gegeniiber den iibrigen lebenden Reptilien die héchste Stufe ein. Von den in Frage kommenden Verwandtschaften sind die zu den Rhynchocephalia und Lacertilia recht allgemeiner Art, doch hindert nichts, anzunehmen, da die noch unbekannten, primi- tiven und darum nach Art jener primitiven Reptilien gebauten Vorfahren der Crocodilia in der Nahe der Wurzel derselben ent- sprangen. Speciellere Beziehungen zwischen Varanidae und Croco- dilia sind nicht haltbar; man kann héchstens sagen, daf von allen Lacertiliern die Varanidae ihr Gesicht am meisten den Crocodiliern zugekehrt haben (vergl. p. 574f. und p. 6135 f.). Die Rhynchocepha- lier stehen den alten Crocodiliern etwas naher als die Lacertilier. Auch die namentlich von Marsn (1878, 1884, 1895) an das Licht gesetzten Beziehungen zu den hoher stehenden Dino- sauriern') leuchten ein; die Verwandtschaft der Crocodilier mit den Dinosauriern ist zwar keine sehr intime, aber doch eine grébere als zu den anderen Reptilien. X. Dinosauria?). Hoher und mannigfaltiger als die Crocodilier erscheinen die Dinosaurier entwickelt. Ueberwiegend durch grofe bis riesige, zum Teil sehr massig gebaute Vertreter charakterisiert, zum Teil aber auch kleinere und schlankere Formen aufweisend, sind uns diese landlebenden, zum Teil aber auch wasserliebenden Reptilien in einer grossen Fiille wohlerhaltener Reste von der oberen Trias *) bis zur oberen Kreide bekannt geworden; weniger gute und _ gesicherte Fragmente, namentlich aber Fufspuren lassen auch auf ein reiches Leben gut ausgebildeter Dinosaurier in der unteren Trias schlieSen. 1) Huxnry (1882) scheint die Crocodilier (und Végel) von den Dinosauriern abzuleiten. 2) Vergl. auch p. 347—355, sowie die betreffenden Ausfiihrungen sub § 16 A, p. 521—571. 3) Nicht gesicherte Reste werden auch aus der unteren Trias (Karrooformation) beschrieben. . 652 Max Firbringer, Ob die von Marsu (1894) eventuell auch als primitive Dinosaurier- Fahrten von Dromopus aus dem Karbon angesprochenen Fufspuren hierher gehéren, erscheint mir sehr fraglich; ich habe sie, worauf auch Marsu als zweite Méglichkeit hinweist, als Fahrten von primitiven Lacertiliern angefiihrt (p. 627). Im Bau ihres Skelettes zeigen die Dinosaurier manche An- schliisse an die Crocodilier, aber auch viele Besonderheiten. Die Halswirbelsiule ist in der Regel bis zu 10—11 Halswirbeln verlingert, der bald massiger, bald graciler gestaltete Schidel in mannigfaltiger Weise hoch entwickelt, aber wie bei den Croco- diliern mit kleinem Hirnraum versehen, das Quadratum dem Schadel fest eingefiigt, aber nur in maBiger Ausdehnung, mit seinem oberen Teile, mit dem Squamosum verbunden, das Sternum in wechselnder Ausdehnung ossifiziert, die Degeneration des secun- daren Brustschulterapparates noch weiter als bei den Crocodiliern fortgeschritten, die Gliedmafen zum Teil noch hoher differenziert und specialisiert als bei den Crocodiliern. Alles weist auf eine relativ hohe Stellung der Dinosaurier in der Reihe der Reptilien hin. Zwei Charaktere namentlich erheben die Dino- saurier, wenigstens in ihren héher ausgebildeten Formen, weit iiber die Crocodilier ; einmal die bei ihnen beginnende und bis zur héchsten Ausbildung sich steigernde Tendenz eines aufrechten Ganges (Theropoda und namentlich Ornithopoda), womit eine quantitative Riickbildung der vorderen Extremitaéten und eine hoch- gradige Differenzierung und Umformung des Beckens (mit Sacrum) und der hinteren Extremitat Hand in Hand geht, dann die bei so vielen ihrer Vertreter mehr oder minder bedeutend entfaltete Hohlraumbildung des Skelettes’). Diese Besonderheiten, namentlich aber die letzterwahnte, haben HAECKEL (1895) veranlafit, den Dinosauriern eine besondere Stellung gegeniiber den iibrigen Reptilien (exkl. die Patagiosaurier) zu geben. Indem er den Satz aufstellte, dafi die Hohlraumbildung 1) Stegosauria und Ceratopsia besitzen ein solides Skelett; bei den Ornithopoda ist das Rumpfskelett massiv, aber das der Extre- mititen hohl, bei den Sauropoda das Rumpfskelett hohl und das der Gliedmafen solid, bei gewissen Theropoda Rumpf- und Extre- mititen-Skelett hohl (in besonders hohem Grade bei den Coeluria, Compsognatha und Hallopoda). Bei den quadrupeden Formen wiegt zumeist die Soliditat, bei den bipeden, aufrecht gehenden, die Hohl- heit des Skelettes vor; doch finden sich auch mancherlei Aus- nahmen. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 653 des Skelettes, die bekanntlich in hohem Grade auch den Patagio- sauriern (Pterosauriern) und Végeln zukommt, als Pneumaticitiat desselben und zugleich als ein Zeichen von Warmbliitigkeit aufzu- fassen sei, vereinigte er Dinosaurier und Patagiosaurier zu der besonderen hédheren Abteilung Dracones, die er zwischen Croco- dilier und Végel stellte und als warmbliitige, mit vierkammerigen Herzen versehene, aber der Fliigel und Schwungfedern entbehrende Sauropsiden von den tbrigen Reptilien und den Végeln unter- schied. Fiir die Einteilung der Dinosaurier sind die systematischen Arbeiten von Marsu, die in dem letzten von diesem Autor aufge- stellten Systeme (1895) ihren Abschlufi fanden, mafgebend. Danach verteilt Mars die Subklasse der Dinosaurier in die 3 Ordnungen Theropoda, Sauropoda und Praedentata (—Orthopoda Copr, mit den 3 Subordines Stegosauria, Ceratopsia und Ornithopoda) ‘). Tiefgehendere Einteilungen, welche die ganze Abteilung auflésen, sind namentlich von SEELEY (1887) und Baur (1891) gegeben worden. SEELEY stellte die Theropoda und Sauropoda als Saur- ischia den Orthopoda, Ornithischia SreLry, gegeniiber, und ich selbst (1888) gelangte unabhingig von ihm zu einer gleichen Scheidung; Baur léste die Dinosaurier in die drei selbststandigen Ordnungen der Megalosauria (Theropoda), Cetiosauria (Sauropoda) und Iguanodontia (Orthopoda) auf. Als fiir Verwandtschaften in Frage kommende Abteilungen sind, soweit es sich um Anschliisse der Dinosaurier an_ tiefer stehende Reptilien handelt, Rhynchocephalia, Theromorpha und Crocodilia, soweit héher stehende Abteilungen in Frage kommen, Patagiosauria und Aves angefiihrt worden. Hinsichtlich der Einteilung der Dinosaurier bin ich jetzt geneigt, Marsa in der Zusammengehodrigkeit aller Dinosaurier zu folgen. Die von SEELEY und yon mir friiher selbst vertretene Auflésung in zwei selbstaindige Abteilungen auf Grund der Beckenbildung, wie sehr auch dieselbe als markante Differenzierung ins Auge fallt, wird durch den iibrigen, bei allem Wechsel im Detail der héheren Specialisierungen doch in den Grundziigen etwas einténigen Bau der Dinosaurier nicht gestiitzt. Dieser weist den Ornithosuchia s. Orthopoda (Praedentata) einen 1) Corr (1889) unterschied nur 2 Subordines, indem er die Theropoda und Sauropoda zu dem SO. Saurischia vereinigte und dem SO. Orthopoda gegeniiberstellte. 654 Max Firbringer, Platz innerhalb der Dinosaurier an. Ebensowenig finde ich die von Baur ausgefiihrte Zerteilung der Dinosaurier in drei vollig selbstandige Ordnungen gerechtfertigt. Ich erkenne vollkommen an, da in dieser grofen, hoch und reich differenzierten Abteilung eine grofe Mannigfaltigkeit auffallender und divergenter Erschei- nungen zur Entwickelung kommt und zu Tage tritt; die Ausgang gebende Basis derselben ist aber eine verhaltnismafig schmale. Fiir die Verwandtschaft zu den Rhynchocephaliern gilt hier im wesentlichen das Gleiche wie fiir die meisten schon be- sprochenen Ordnungen: bei der primitiven generalisierten Bildung und centralen phylogenetischen Stellung derselben kann ein Ur- sprung der Dinosaurier-Vorfabren in der Nahe des Stockes der altesten Rhynchocephalier angenommen werden. Speciellere Be- ziehungen zwischen beiden Ordnungen sind damit nicht behauptet. Die Relationen der Dinosaurier zu den Theromorphen erscheinen mir so lose und so allgemeiner Art zu sein, daf man hier nur so weit von Verwandtschaften sprechen kann, als beide Ordnungen Reptilien sind. Dagegen handelt es sich beziiglich der Crocodilier und Dinosaurier um eine beachtenswerte specielle Verwandtschaft. Eine Fiille von gemeinsamen Ziigen verbindet beide und giebt der Annahme eines Ausganges von gemeinsamen Voreltern reellen Untergrund. Die Trennung geschah aber jedenfalls friih, und die Dinosaurier gelangten zu einer hdheren Stufe der Entwickelung als die Crocodilier. Mit den Patagiosauriern bestehen mancherlei Ueberein- stimmungen, vorwiegend gradueller Natur und zum Teil nur Zeichen der Dinosauriern und Patagiosauriern gemeinsamen hohen Stellung. Dieselben finden sich in den verschiedensten Abschnitten des Kopf- und Rumpfskelettes, weniger des Extremitatenskelettes, wo die sehr abweichende Funktionierung zum Teil ganz divergente Dif- ferenzierungen, wie namentlich die ganz verschiedene Hand, heraus- ziichtete. Dazu kommt die weit verbreitete Rarefizierung des mit Hohlriumen versehenen Skelettes. Doch weisen gewisse Charaktere (s. bei Patagiosauria, p. 663 f.) auch auf speciellere Relationen hin. Man darf annehmen, daf die Dinosaurier mit den Patagiosauriern durch eine gemeinsame, ziemlich tiefliegende Wurzel verbunden sind, und dafi bei beiden schon friih die differente Entwickelungsrichtung in Erscheinung trat, welche die Dinosaurier zum Landleben und zu einem groBen Teile zum aufrechten Gange, die Patagiosaurier zum Luftleben und einer ganz eigenartigen Flugentwickelung fiihrte. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 655 Die mannigfachen Uebereinstimmungen im Bau des Skelettes der Dinosaurier und Végel sind von zahlreichen Untersuchern (von denen hier nur Owen 1841, GeGENBAUR 1863, 1864, HuXxLEY 1868—1871, 1879, 1882, Marsa 1877—1895, Baur 1883, 1885 genannt seien) hervorgehoben worden. Viele Autoren haben sich fiir die Abstammung der Voégel oder eines Teiles derselben (Ratiten) von den Dinosauriern resp. fiir einen gemeinsamen Ur- sprung beider von demselben Ahnen ausgesprochen; aufer Huxtey, Marsa und Baur mégen noch u. A. Cope [1867'), 1884, 1885], Mivarr (1871, 1881)4, Woopwarp (1874, 1883), WiEpERSHEIM (1878—1886) '), Vogt (1879) 4), Dotto (1881), T. J. Parkrr (1882), Horernes (1884), Menzpier (1887) angefiihrt werden. Auch HArcKEL (1875) deutet in seinem Stammbaum der Dracones, jedoch init ?, die Méglichkeit einer Abstammung der Voégel von den ornithopoden Dinosauriern oder von Compsognathus an. Ich habe mich 1888 ausftihrlich tiber die Frage der Verwandtschaft der Vogel mit den verschiedenen Reptilienordnungen geaufert und bin dabei, hinsichtlich des Dinosaurier- und Vogelbeckens in teilweiser Uebereinstimmung mit Mennert (1888), zu dem Resultate ge- kommen, daf die verschiedenen Aehnlichkeiten im Bau (namentlich des Beckens und der hinteren Extremitiat) in der Hauptsache nur Parallel- oder Konvergenz-Analogien bedeuten, daf eine direkte Abstammuug der Végel von irgend einem bekannten Dinosaurier oder demselben sehr nahe stehenden Typus eine Unméglichkeit ist, da’ alle Thatsachen fiir eine monophyletische Entstehung der Vogel sprechen, da’ gewisse Verwandtschaften, aber nur mittleren Grades, zwischen Végeln und Dinosauriern angenommen werden diirfen, dafi hinsichtlich der Genese der Végel auch an primitive Lacertilier zu denken sei, da’ aber der Bau der Végel so eigen- artig sei, dafi er eine direkte Ableitung von irgend einer deter- minierten Reptilienabteilung nicht gestatte. Diesen damaligen Schliissen habe ich wenig zuzufiigen. Nur einen Punkt méchte ich noch in helleres Licht stellen: die beweg- liche Artikulation des Quadratum der Végel mit dem Schadel. Da ich die streptostyle Anordnung des Kieferapparates als das primitivere, die monimostyle als das sekundaére Verhalten an- spreche und nicht in der Lage bin, die sekundare Loésung eines 1) Corr 1867, Mivart, WiepersHerm und Voar sind fiir eine diphyletische Entstehung der Végel eingetreten, wobei sie die Ratiten von Dinosauriern, die Carinaten von Patagiosauriern ab- leiteten. 656 Max Firbringer, einmal fest und ausgedehnt dem Schadel eingefiigten (monimostylen) Quadratum und die Neubildung eines Gelenkes zwischen Schadel und Quadratum (Streptostylie) zu statuieren, so sind fiir mich von vornherein alle monimostylen Reptilien, d. h. alle Reptilien aufSer den streptostylen Squamata (Lacertilia und Ophidia)') und den — erst noch zu findenden — streptostylen Vorfahren der Rhyncho- cephalia') von der direkten Ahnenschaft der Végel ausgeschlossen. Damit vertieft sich die Wurzel der Végel weit in das palaiozoische Gebiet (wohl Karbon) hinein, ein Schluf’, den auch bereits MaArsu gezogen hat’). Kleine reptilische, am meisten an Lacertilier er- innernde, aber auch nicht unwesentlich von ihnen abweichende 3), Vorfahren mégen damals den Ausgang fiir den miachtig auftretenden und im Laufe der Zeit in zahlreich und mannigfach entwickelten Zweigen sich veraistelnden Stamm oder Sprof der Végel gegeben haben. Danach méchte ich die von mir zugegebene Verwandtschaft mittleren Grades zwischen Dinosauriern und Végeln noch mehr einschrinken und die ihr als Untergrund dienenden morphologischen Aehnlichkeiten tiberwiegend als bloSe Analogien beurteilen. Der Hypothese Harcker’s (1895), daf’ die Dinosaurier und Patagiosaurier Warmbliiter gewesen seien, stehe ich von vornherein sympathisch gegentiber, habe auch beziiglich der Patagiosaurier im Anschlu8 an SreLry’s Annahme von der Warmbliitigkeit dieser Flugsaurier (1870) mich 1888 ausfiihrlich tiber diese Frage ge- iufert. Ich kam damals zu dem Schlusse, dafi man mit Wahr- scheinlichkeit eine Pneumatisierung des Skelettes gewisser Dino- saurier, sowie der Patagiosaurier annehmen diirfe, daf aber fiir die Entscheidung der Homéothermie der Patagiosaurier — tiber die der Dinosaurier aéuferte ich mich damals nicht —- unsere bis- herigen physiologischen Grundlagen und Kenntnisse noch nicht ge- niigten; gegen die Méglichkeit sei aber nichts einzuwenden. Die Hohlraumbildungen im Skelett der Dinosaurier lassen an eine Ausfiillung mit Mark oder an Luftraume denken; beide An- 1) Hierbei ist an die streptostylen dizygocrotaphen gemeinschaft- lichen Vorfahren der Lacertilier und Rhynchocephalier zu denken. Eine Ableitung von den anazygocrotaphen Lacertiliern wird durch die Katazygocrotaphie der Végel verboten (vergl. auch p. 601 Anm. 1). 2) Auch die hochgradige Ausbildung der Clavicula bei den typischen Végeln giebt gegeniiber dem Schwunde derselben bei den Dinosauriern und Patagiosauriern ein Hindernis fiir die Ab- leitung der ersteren von den letzteren. Die Vorfahren der Végel miissen Sauropsiden mit gut entwickelter Clavicula gewesen sein. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 657 nahmen haben auch ihre Vertreter gefunden. Die Foramina, welche zu diesen Hoéhlen fiihren, erinnern in ihrer Lage und Be- schaffenheit bald an die Foramina nutritia anderer Reptilien, bald an die Foramina pneumatica der Vogel. Namentlich da, wo grofe Eingangséffnungen und weite, mit glatten Wandungen versehene Hohlriume zur Beobachtung kommen, kann man sich der Auf- fassung nicht entschlagen, daf hier eine wirkliche Pneumatisierung des Skelettes vorliegt; andererseits darf man bei kleineren Oeff- nungen und bei von zahlreichen spongidsen Balken durchsetzten unregelmafigeren Lakunen im Innern der Knochen eine Myelini- sierung derselben annehmen. Bei den einen Dinosauriern scheint dieses, bei den anderen jenes Verhalten in den Vordergrund zu treten. Mir scheinen also fiir die Annahme einer partiellen oder mehr oder minder kompletten Osteopneumaticitat vieler Dinosaurier gute Griinde zu bestehen; auch laf%t die Analogie der in Frage kommenden Foramina pneumatica mit denen der Vogel darauf schlieBen, da’ die Pneumatisation in der Hauptsache eine von den Lungen ausgehende ist’). Wie die durch die Osteopneumaticitat erzielte Leichtigkeit des Skelettes bei den Patagiosauriern ohne weiteres erhellt, so liegt es auch nahe, bei den Dinosauriern, diesen Gewaltigsten unter den terrestren Reptilien, daran zu denken, daf bei solchen Massen eine Erleichterung des Skelettes durch Lufterfiillung eine leichtere Bewegung und giinstigere Bedingungen im Kampfe um das Dasein gewahrte, daf damit auch die successive Aufrichtung des Koérpers und die Ausbildung der bipeden Stellung erleichtert wurde. Die genauere Beobachtung zeigt indessen, dali — sehr im Gegensatze zu den in ihrer Pneumaticitét ziemlich gut erkannten Vogeln — gerade die kleinsten Dinosaurier, wie der mit einer Lacerta ocellata an K6érpervolumen iibereinkommende Compso- gnathus, die gréfSeren Varaniden an Grofe gleichenden Coeluria und der kaninchengrof8e Hallopus, die am héchsten entwickelte Pneumatici- tat ihres Skelettes aufweisen, daf dagegen unter den riesigsten Formen 1) In den Untersuchungen yon 1888 habe ich darauf auf- merksam gemacht, daf von den drei Pneumatisierungen des Skelettes, welche bald von der Nasenhéhle (nasale Pneumaticitit), bald von der Paukenhohle (tympanale Pneumaticitit), bald von den Lungen (pulmonale Pneumaticitiéit) ausgehen, die pulmonale in der Tier- reihe ein engeres Begrenzungsgebiet als die beiden anderen, bei Reptilien und Mammalien in wechselnder Weise verbreiteten zeigt, insofern sie im ausgebildeten Zustande, wie es scheint, nur den Dinosauriern, Patagiosauriern und Vogeln zukommt. 658 Max Firbringer, sich solche finden, welche, wie z. B. die 7—10m langen Stegosaurus und Triceratops, ein durchaus solides Knochensystem besitzen. Auch zeiet die Wirbelsiule bei zahlreichen aufrecht gehenden Dino- sauriern (z. B. den meisten Ornithopoden) ebensowenig eine Pneu- matisierung wie bei den bipeden Anthropomorphen'). Das deckt sich somit nur zu einem kleinen Teile mit den theoretischen Vor- aussetzungen fiir die Pneumaticitét als Ueberwinder massiger Kérperformen und nétigt zu dem Gedanken, dafi bei den Dino- sauriern fiir die Ausbildung ihrer Osteopneumaticitaét noch andere, uns zur Zeit in der Hauptsache noch unbekannte Faktoren und Instanzen thatig waren. Eine dieser Instanzen war — méglicherweise — die Ent- wickelung der Warmbliitigkeit bei den Dinosauriern. W arm- blitigkeit (Homéothermie) findet sich bei den Végeln bald mit pulmonaler Pneumaticitét des Skelettes gepaart (mittelgrofe und grofe Végel), bald ohne dieselbe (kleine Végel); bei den Saugetieren ist sie allenthalben mit einem pulmonal apneumatischen Skelette verbunden. Die Osteopneumaticitat ist somit an sich kein notwendiger, bedingender Faktor fiir die Homéothermie, aber sie kann, wie zahlreiche Végel zeigen, Begleiterscheinung der- selben sein. In den Untersuchungen von 1888 wurde von mir darauf hin- gewiesen, daf bekanntermafen die Warmeabgabe durch die Lunge bei den daraufhin genauer untersuchten Saugetieren einen nicht unbetrichtlichen Prozentsatz der gesamten Warmeausstrahlung ausmache und daf darum das bei mittelgrofen und grofen Vigeln ausgebildete Hohlraumsystem, welches, von den Lungen ausgehend, das Skelettsystem und den iibrigen Kérper durchziehe, in noch héherem Maie geeignet erscheine, den bei diesen Tieren produ- zierten starken Ueberschuf an Wirme und Spannung aus dem Kérper zu entfernen, wihrend bei den kleineren Végeln mit ihrer im Verhaltnis zum Kérpervolumen relativ gréferen Kérperober- flache die Warmeausstrahlung durch die Oberhaut mehr in den Vordergrund trete und auch ohne oder bei nur geringer pul- monaler Pneumatisation des Kérpers sich fiir die Erfiillung dieser Aufgabe ausreichend erweise?). Damals hob ich zugleich hervor, 1) Eine gewisse Entlastung wird bei den Ornithopoden durch die Pneumatisierung der meist nicht unerheblich reducierten vorderen Extremitat gegeben; sehr viel bedeutet dieselbe nicht. 2) In diesen Arbeiten geiibte Untersucher diirften leicht im Stande sein, die Warmeausstrahlung durch die Lunge bei kleinen, Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 659 da8 die homéothermen Tiere durch einen héher ausgebildeten Hautschutz, eine vollkommenere Sonderung des K6rper- und Lungenkreislaufes, eine einfache, einseitige Ausbildung des Aorten- bogens, zahlreichere und feiner differenzierte Blutkérperchen und ein gréferes Vorderhirn vor den pokilothermen ausgezeichnet seien und dal verschiedene physiologische Untersuchungsbefunde der Annahme eines cerebralen Warmecentrums sich giinstig er- wiesen. Alle diese Angaben sollten keine Erklarung fiir die Aus- bildung der héheren Homéothermie aus der tieferen Pékilothermie geben, sondern wollten als einfache Fragestellungen angesehen sein, deren Beantwortung der physiologischen Forschung anheim- gegeben wurde. Seitdem ist auf diesem Gebiete von physiologischer Seite manche Arbeit gethan, manches bedeutsame Resultat gewonnen worden. Diese oder jene ialtere Angabe konnte bestitigt oder richtig gestellt werden, auch die Untersuchungen tiber das cere- brale Wirmecentrum (wahrscheinlich im Corpus striatum) sind weiter gefordert worden. Und die bedeutendste neuere Arbeit auf diesem Gebiete (von KreEHL und SOETBEER 1899) hat durch ihre zielbewubte und umsichtige Fragestellung und durch die Genauig- keit und Zuverlassigkeit der experimentellen Untersuchung und der durch sie erhaltenen Resultate einen grofen Schritt zur Lésung gethan und wesentlich zur Vertiefung des Problems bei- getragen, zugleich aber auch erkennen lassen, wie grof die Fiille der noch zu lésenden Aufgaben der vergleichenden Warmetheorie des Kérpers ist. Bei den Dinosauriern zeigt die bei vielen kleinsten Formen besonders hoch entwickelte, bei vielen gréSten Vertretern fehlende oder nur gering ausgebildete Osteopneumaticitit, daf} sie den bei den Végeln gewonnenen Voraussetzungen fiir die Homéothermie wenig entsprechen. Dazu kommt noch die auffallende Kleinheit des Hirnraumes ihres Schidels, die auch der Annahme einer dino- sauren Homéothermie zunichst nicht giinstig ist. Es ist méglich, daf jene bisherigen Voraussetzungen irrige sind oder auf ganz einseitiger Basis beruhen, es kann sein, daf die Dinosaurier trotz alledem Warmbliiter waren oder dal sich innerhalb ihrer Grenzen mittelgrofen und grofen, d. h. bei wenig, mafig oder ausgebreitet pneumatisierten Végeln procentualiter zu bestimmen und damit die obigen theoretischen Angaben experimentell zu ergiinzen und zu priifen, 660 Max Firbringer, die Homéothermie von bescheidenen Anfangen bis zu einer groferen Vollkommenheit entwickelte. Mit unseren bisherigen Grundlagen stehen wir aber vor dieser Frage als vor einer noch offenen. XI. Patagiosauria (Pterosauria) 4)?). Noch hoéher als die Entwickelung der Dinosaurier steht die- jenige der Patagiosaurier. Als kleine bis sehr grofe, dem Flug- leben ungefihr nach Art der Fledermause angepate Reptilien finden sich dieselben vom unteren Jura bis zur oberen Kreide ; vereinzelte nicht sicher erkannte Ueberreste, sowie Abdriicke von Fluefingergliedern aus dem Keuper (Rhamphodontia HAEcKEL) lassen auf die bereits zu dieser Zeit erfolgte Ausbildung der Ordnung schlieBen. Auch legt die gewonnene Hohe der specifischen 1) Zur Begriindung dieses von mir zuerst 1888 an die Stelle der alteren Benennungen Pterosauria oder Ornithosauria gebrauchten Terminus Patagiosauria sei das Folgende angefiihrt. Ich huldige durchaus dem Grundsatze, daf man die historisch gegebenen Namen nach Moéglichkeit beibehalten und nur dann durch neue ersetzen soll, wenn die alten den thatsichlich bestehenden Verhaltnissen zu- widerlaufen oder zu irrigen Vorstellungen Veranlassung geben. Dieser Fall scheint mir hier gegeben zu sein. Der erstere von den ilteren Namen ist nicht scharf pracisiert, indem die Bezeichnung Pterosaurier auch an einen vogelihnlichen, mit Federn versehenen Fliigel bei den vorliegenden Reptilien denken laft, der letztere aber in jeder Hinsicht irrefiihrend, indem er die Vorstellung erweckt, als ob die Patagiosaurier intime verwandtschaftliche Beziehungen zu den Végeln hatten. Nichts aber kann verschiedener sein, als die Flugwerkzeuge beider Abteilungen: bei den Patagiosauriern nackte oder mit minimalen Schuppen bekleidete Flughaute, welche haupt- siichlich von dem ganz exklusiv hoch ausgebildeten 5, Finger der Hand, dem machtigsten Komplexe des ganzen Extremitatenskelettes dieser Tiere getragen werden, wahrend die 4 ersten Finger ganz zuriicktretende Anhange dieses Fingers bilden — bei den Végeln dagegen mit hochentwickelten Federn ausgestattete Fliigel, welche aus einer Umbildung der vorderen Extremitit hervorgehen, deren distaler Bereich allein aus den 3 ersten Fingern besteht, wiahrend die einstmalige Existenz des 4. Fingers nur noch aus bald sich riick- bildenden embryonalen Rudimenten sich erkennen laft, der 5. (bei den Patagiosauriern miachtigste) Finger aber spurlos verschwunden ist. — Die Bezeichnung Patagium (ateysiov) ist iibrigens eine schon seit alten Zeiten in die Morphologie eingefiihrte, um Haut- siume, Flugsiume oder Flughiute zu bezeichnen. 2) Vergl. auch p. 355—364, sowie die betreffenden Ausfih- rungen sub § 16 A, p. 521—571. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 661 Differenzierung den Schluf nahe, da die erste Entwickelung der Patagiosausier in noch friiherer Zeit stattgefunden hat. Das Ge- nauere dieser Vorgeschichte ist in ginzliches Dunkel gehiillt. Die Organisation der Patagiosaurier giebt sich als die h6chste unterden Reptilien und als cine der am meisten specialisierten unter allen Wirbelticren zu erkennen. Die Halswirbelsiule zeigt in ihrer Zusammensetzung aus 7—8 Wirbeln!) primitivere Ver- hiltnisse, doch sind die gleich den Riickenwirbeln procélen Hals- wirbel gewoéhnlich erheblich langer als die Wirbel der anderen Regionen und geben dem Halse gegeniiber dem tibrigen kompakteren K6rper eine relativ grofe Schlankheit und Beweglichkeit; bei den héchsten Patagiosauriern (Ornithocheiroidea SEELEY, Ornitho- cheiridae WiLLIston) kommt es zugleich zu sacrumartigen Anchy- losen einiger vorderen Dorsalwirbel, mit denen das dorsale Ende der Scapula sich nach Art eines Beckens gelenkig verbindet; das Sacrum besteht aus 3—5 Wirbeln. Der (wie bei den héheren Dinosauriern) im rechten Winkel gegen die Wirbelsiule abgesetzte Schadel ist hoch entwickelt mit zu einem grofen Teil synostotisch verschmolzenen Schidelknochen und einem Gehirnraum, welcher denjenigen der Reptilien an Groéfe tibertrifft und dem der Végel sich anniihert; das Quadratum ist schlank, aber mit seinem oberen Ende fest mit dem Schiidel verbunden. Das gewoélbte und mit langer Spina oder Cristo-spina versehene Sternum zeigt sich in aus- gedehntem Mase verknéchert, der nur aus Scapula und Coracoid be- stehende primaire Schultergirtel ergiebt gewisse Uebereinstimmungen mit dem der Crocodilier und Dinosaurier und ahnelt zugleich dem- jenigen der carinaten Végel; die sekundiren Elemente des Brust- schulterapparates (Clavicula, Episternum) sind ganzlich verkiimmert, das Parasternum ist zart und erheblich reduziert. Die Carpalia sind vermindert; ganz eigenartig und mit nichts zu vergleichen ist die michtige und hoch specialisierte Umbildung des 5. Fingers, der sich zur Hauptstiitze der Flughaut entwickelt hat; die 3 mittleren Finger sind von gewoéhnlicher Lange?), frei und mit Krallen verschen, der 1. gréftenteils oder vollkommen reduziert und sein Metacarpus zu dem sogenannten Spannknochen umge- 1) Gemeinhin werden 7 Halswirbel angegeben; dies thut auch Wiuiston, aus dessen sonstigen Mitteilungen ich aber gerade eine Achtzahl der Halswirbel bei Ornithostoma entnehme (vergl. auch p. 359 Anm. 3, 543 Anm. 5). 2) Bei den Fledermiusen sind bekanntlich der 2. bis 5. Finger verlangert und Triger der Flughaut. 662 Max Firbringer, bildet. Am Becken zeigt das Heum entsprechend dem grofen Sacrum eine betraéchtliche sagittale Verlingerung, welche an die Verhaltnisse bei den ornithopoden Dinosauriern erinnert und an die Méglichkeit einer aufrechten Stellung denken laBt; der ventrale Abschnitt des Beckens ergiebt Besonderheiten, die noch nicht tiber- einstimmend gedeutet werden, aber auch manche Aehniichkeit mit den Ornithopoden darbieten; die hintere Extremitat zeigt gleichtalls eine Specialisierung fiir die aufrechte Stellung, eine erhebliche Reduktion des Tarsus und ein allgemeines Zuriicktreten ihrer Gréfe gegeniiber der vorderen. Das Skelett zeichnet sich durch eine hochgradige Pneumaticitét und Leichtigkeit bei ganz und gar dominierender Ossifikation aus und bietet darin eine grobe graduelle Uebereinstimmung mit dem Vogelskelett dar; auch beziiglich der bald thekodont-maxillodonten, bald (bei den héchsten Formen) in Riickbildung getretenen Bezahnungen bestehen Parallelen zu den Végeln. Die systematische Einteilung der Patagiosaurier ist nament- lich durch die speciellen Untersuchungen von H. von Meryerr (1859—65), Owen (1863—74), SEELEY (1870—91), Marsu (1871 —84), ZirTeL (1882, 1890) und Winiiston (1892—98) geférdert worden. Insbesondere auf Grund von SEELEY’s und WILLISTON’s Nachweisen wird die im ganzen eng geschlossene Ordnung in die beiden Unterordnungen Rhamphorhynchia (Pterodermata SEELEY, Draconura HArECKEL) und Ornithocheiria s. Pterodactyla (Draco- chira HArcKEL) verteilt; die tieferen langschwanzigen Rham- phorhynchia beginnen im unteren Jura, wahrscheinlich aber schon im Keuper, mit den durch eine noch miabige Ausbildung des Flughautfingers gekennzeichneten Dimorphodontidae und ent- falten sich zu den im ganzen Jura verbreiteten Rhamphorhyn- chidae mit machtig entwickeltem Flughautfinger; die héheren kurz- schwanzigen Pterodactyla s. Ornithocheiria treten mit den noch mit freier Scapula versehenen Pterodactylidae (mit den bezahnten Pterodactylinae und den zahnlosen Nyctodactylinae) im oberen Jura auf und reichen bis zur mittleren Kreide, wahrend die durch eine mit der Wirbelsiule verbundene Scapula gekennzeichneten Ornithocheiridae (mit den bezahnten Ornithocheirinae und den zabnlosen Ornithostomatinae) im Wealden und in der Kreide lebten. Als speciellere Verwandte der Patagiosaurier sind Rhyncho- cephalier, Crocodilier, Dinosaurier und Végel in Frage gekommen. Zu der oben angefiihrten Klassifikation der Patagio- saurier habe ich wenig zu bemerken. In derselben tritt das Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 663 friiher namentlich von Copr und LypEKKER allzusehr iiberschitzte Differentialmoment der Bezahnung mit Recht mehr in den Hinter- grund, wahrend neben der seit alters verwerteten Schwanzlinge namentlich auch das Verhalten des dorsalen Endes der Scapula zur Unterscheidung der tieferen und héheren Patagiosaurier ver- wendet wird. Im ganzen ist der Verband der Patagiosaurier ein relativ eng geschlossener, so daf die Abteilungen desselben kaum die Bedeutung von Subordines besitzen. Betrefis der verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Rhyn- chocephaliern gilt das Gleiche wie fiir die Dinosaurier (p. 654) und die meisten von ihnen besprochenen Ordnungen: dieselben kénnen zufolge der generalisierten Organisation und centralen Stellung der Rhynchocephalia angenommen werden, sind aber nur von allgemeiner Art. Speciellerer Natur sind die Relationen zu den Crocodiliern, und manche Verhaltnisse am Rumpf- und Extremitiatenskelett (inkl. Giirtel) bieten gewisse auf gemeinsame Stammeltern zuriickfiihr- bare Aehnlichkeiten dar. Die gemeinschaftliche Wurzel liegt aber sehr tief, die Verwandtschaft ist nur eine solche mittleren Grades. Von gréferer Bedeutung erweisen sich die genealogischen Be- ziehungen zwischen Dinosauriern und Patagiosauriern. Diese verhiltnismibig nahen Relationen sind auch von zahlreichen Autoren erkannt worden, wobei namentlich gewisse gemeinschaft- liche Ztige in der Struktur des Beckens und der hinteren Extremi- tit, sowie die beiden Ordnungen zukommende Osteo-Pneumaticitat als Vergleichungspunkte dienten. SEELEY und insbesondere HAECKEL haben dieser Verwandtschaft schairfsten Ausdruck verlichen: ersterer vereinigte beide mit den Crocodilia und Aves zu den Ornitho- morpha; letzterer verband beide zur Klasse der Dracones, d. h. warmbliitiger, mit 4kammerigen Herzen versehener Sauropsiden, und stellte sie zwischen Crocodilier und Végel, mit denen zusammen sie die Ornithocrania (= Ornithomorpha SEELEY) bilden. — Wie auch die Differenzen zwischen Dinosauriern und Patagiosauriern in die Augen fallen, so bin ich doch gleichfalls geneigt, nihere Be- ziehungen zwischen beiden anzunehmen. Doch mochte ich hierbei nicht die beiden gemeinsame Osteo-Pneumaticitaét in den Vorder- gerund stellen — denn diese reprasentiert nur ein graduelles Moment, ein Endstadium der héheren funktionellen Entwickelung beider Ordnungen, klart nichts hinsichtlich des phylogenetischen Anfanges auf, kann Verwandtschaft bedeuten, kann aber ebenso gut nur ein Kennzeichen blofer Parallel- oder Konvergenz- Bd, XXXIV. N. F. XXVII. 43 664 Max Fiirbringer, Analogie sein‘), Weitaus bedeutsamer erscheinen mir die Kon- figuration des Schiidels, insbesondere das Verhalten der Temporal- gegend und des blof’ mit seinem dorsalen Ende fest mit dem Schidel verbundenen Quadratum, gewisse Bildungen des Rumpft- skelettes, des Schulter- und Beckengiirtels und der hinteren Extremitit. Hier ergeben sich zwischen beiden Abteilungen specifische Beriihrungspunkte, die zugleich einiges Licht auf die Vorgeschichte der Patagiosaurier werfen. Das lang ausgedehnte Sacrum und Ileum und gewisse Ziige in der Struktur des Unter- schenkels und Fufes ergeben mit hinreichender Sicherheit, dal der erste Schritt zur Ausbildung der Patagiosaurier mit einer Aufrichtung des Kérpers begann, in ahnlicher Weise, wie wir sie auch bei zahlreichen Dinosauriern antreffen, bei diesen meist in noch héherer Entwickelung als bei den Patagiosauriern. Damit ging naturgemaf eine abweichende Differenzierung der vorderen Extremitét Hand in Hand. Bei den bipeden, insbesondere den. ornithopoden Dinosauriern fiihrte dieselbe zur Ausbildung der Greifhand, wobei namentlich der 1. und 5. Finger mehrfachen, zum Teil regressiven Umbildungen unterlagen; bei den Patagio- sauriern entwickelte sich neben dieser Funktion der Hand noch diejenige einer Hauptstiitze fiir die successive zu hoher Entfaltung kommende Flughaut, wobei gleichfalls der 1. und 5. Finger — letzterer aber in Anpassung an das Patagium hochgradig progres- siv — weitere Differenzierungen eingingen. Zwischen den héher ausgebildeten Formen der Dinosaurier und Patagiosaurier existiert in dieser Beziehung eine fast diametrale Verschiedenheit: bei den ersteren zeigt der 5. Finger eine mehr oder minder vorgeschrittene Verdiinnung und Phalangenverminderung bis zur vollkommenen Reduktion (so namentlich, wie es scheint, bei Compsognathus, Ornithomimus, Claosaurus u. a.); bei den letzteren behalt er seine 4 Phalangen und entfaltet diese zur hochgradigsten Verlingerung und Volumensvermehrung, die wir innerhalb des Tierreichs kennen. Verschiedene Dinosaurier zeigen aber Verhaltnisse der Hand, welche von denen bei den Patagiosauriern nicht so fundamental differieren. Bei den Patagiosauriern ist die tibliche Phalangenzahl der 5 Finger der Hand 0, 2, 3, 4, 4; der ornithopode Iguanodon bietet 1 (0), 3, 3, 4 dar, somit hinsichtlich des 1. und 5. Fingers betrachtliche Uebereinstimmungen, welche durch die besondere 1) Ich verweise auch auf meine diesbeziiglichen Ausfiihrungen von 1888. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 665 Stellung und Differenzierung derselben') noch erhéhte Bedeutung gewinnen, und es ist wohl méglich, da8 die fiinffingerigen Hinde triassischer Dinosaurier (z. B. aus den Familien der Zanclodontidae und Anchisauridae, namentlich der noch unbekannten triassischen Ornithopoda) an ihrem 5. Finger die volle Vierzahl der Phalangen aufwiesen, die ihnen jetzt zu einem groSen Teile auf Grund der bisher bekannt gewordenen Erhaltung ihrer Reste abgesprochen wird. Ich denke nicht daran, intimere Verwandtschaften zwischen Iguanodon oder den zur Zeit bekannten triassischen Dinosauriern mit den Patagiosauriern zu behaupten; alle diese Formen befinden sich bereits in weit vorgeschrittener specifischer Differenzierung und sind in ihrer Organisation so festgelegt und sozusagen er- starrt, dafi eine Umbildung der Greithand der ersteren in die Greifflughand der letzteren nicht mehr méglich erscheint?). Dazu kommen gewisse Ziige, wie z. B. die Zahl der Halswirbel*), in denen die in der tiberwiegenden Summe ihrer Merkmale hoher stehenden 1) Bei beiden (Iguanodon und den Patagiosauriern) zeigt der 1. Finger resp. bei vollkommener Reduktion desselben der 1. Meta- carpus eine besondere Umbildung, indem er bei Iguanodon als abstehender dolchartiger Stachel, bei vielen Patagiosauriern als abstehender bezw. zuriickgebogener Spannknochen entwickelt ist; bei beiden bietet auch der aus 4 Phalangen bestehende 5. Finger eine von den iibrigen Fingern abstehende Stellung dar. 2) Seetey und Harcken sind geneigt, die Coeluria als die den Patagiosauriern am meisten verwandten Dinosaurier anzusehen. Das Tertium comparationis scheint hierbei die namentlich bei diesen Dinosauriern hochgradig entwickelte Osteopneumaticitat zu bilden. Wie bereits oben erwahnt, halte ich diesen Faktor nicht fiir geeignet, um daraufhin speciellere Verwandtschaften zu griinden. Im iibrigen lait unsere Kenntnis der Organisation der Coeluria noch zu wiinschen iibrig. 3) Bei den Patagiosauriern 7—8, bei den Dinosauriern meist 10—11 und mehr. Damit stellen sich die ersteren der primitiven, bei kionokranen Lacertiliern und Rhynchocephaliern beobachteten Halswirbelzahl der Reptilien (8) naéher als die letzteren, bei denen eine weiter gehende Verschiebung der vorderen Extremitat nach hinten die Halswirbelsiule um 2—3 oder mehr Wirbel verlingerte. Falls die Patagiosaurier zum Teil nur 7 Halswirbel besitzen, wie allgemein behauptet wird, aber meines Erachtens erst noch zu er- weisen ist (s. p. 661 Anm. 1), so wire eventuell anzunehmen, daf dieselben durch eine geringgradige kranial gerichtete Wanderung der vorderen Extremitat ihren urspriinglich aus 8 Wirbeln bestehen- den Hals um 1 in das thorakale Gebiet iibergehenden Wirbel ver- kiirzten (vergl. auch p. 544). 43 * 666 Max Firbringer, Patagiosaurier doch noch primitivere Verhaltnisse gewahrt haben. Die herangezogene Parallele soll nur demonstrieren, dal selbst da, wo auf den ersten Blick die gré%te Divergenz zu bestehen scheint, doch Bertihrungspunkte der sonst so verschiedenartig ausgebildeten Abteilungen der Dinosaurier und Patagiosaurier bestehen und dab diese auf einen wirklichen genetischen Zusammenhang, auf ge- meinsame Vorfahren _ hinweisen. Diese Vorfahren waren vielleicht durch folgende gemeinsame Ztige gekennzeichnet: Be- ginnende Aufrichtung des Koérpers, beginnende Pneumaticitiit, ver- schmolzenes Squamosum und Prosquamosum, 2 Schlafenbogen und 2 Schlafengruben, Quadratojugale anwesend, Quadratum nur mit dem oberen Teile fest mit dem Schiadel verbunden, 8 Hals- wirbel, lange Schwanzwirbelsiule, verlangerter und schrag nach vorn gerichteter primiarer Schultergiirtel, sekundirer Brustschulter- apparat in Riickbildung begriffen, fiinffingerige Greifhand mit gut ausgebildetem, aus 4 Phalangen bestehendem 5. Finger, in sagittaler Richtung verlangertes, ornithopodenahnliches Neum, zur Orthopodie tendierende Entwickelung der hinteren Extremitaét. Von da aus begann die sehr divergierende Ausbildung der beiden Abteilungen, die bei den aufrecht schreitenden Dinosauriern zur héchsten Ent- faltung der hinteren Extremitaéit und der Lauffaihigkeit unter relativem Zuriicktreten der vorderen Extremitit, bei den Pata- giosauriern zur hoch und einseitig specialisierten Ausbildung der vorderen Gliedmafe und des Flugvermégens unter sekundéirem Zuriickbleiben der hinteren Gliedmafe fiihrte. Gleich den Dinosauriern sind auch die Patagiosaurier zu den Voégeln in nachste Beziehung gebracht worden. Wie bereits oben (p. 655 Anm. 1) mitgeteilt, haben mehrere Autoren (Corr, Mivart, WIEDERSHEIM, VoGtT) einen diphyletischen Ursprung der Vogel be- hauptet und die Ratiten von den Dinosauriern, die Carinaten von den Patagiosauriern abgeleitet. Owen (1866—78) hat sich fiir eine Abstammung der ganzen Vogelklasse von den Patagiosauriern aus- gesprochen, hat aber diesen Standpunkt in seinen spéteren Mit- teilungen mit minderer Bestimmtheit vertreten. SEELEY (1866—91) ist der Annahme intimer Verwandtschaft mit den Végeln zuge- neigt, verbindet Végel, Patagiosaurier, Dinosaurier und Crocodilier zu den Ornithomorpha.und erblickt in den Patagiosauriern eine den Végeln parallele Subklasse (Saurornia), welche auf Grund ihres relativ grofen Gehirnes und ihrer ausgedehnten Pneuma- ticitat auf eine héher entwickelte Atmungs- und Pulsfrequenz, auf ein mit getrennten Kammern versehenes Herz und auf Warm- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 667 bliitigkeit schliefen lasse; die Patagiosaurier gehérten nicht mehr zu den Reptilien, sondern stellten sich gleich den Végeln zwischen Reptilien und Saugetiere. Aehnliche Anschauungen vertritt HAECKEL (1895) und dehnt diese auch auf die Dinosaurier aus, die er, wie schon erwihnt, mit den Patagiosauriern zu den Dracones ver- bindet. Ich habe mich 1888 eingehender iiber die supponierte Verwandtschaft der Patagiosaurier mit den Végeln geiufert und eine Abstammung der letzteren von den ersteren abgelehnt; das streptostyle Quadratum der Végel aft sich nicht von dem monimo- stylen der Patagiosaurier ableiten, und zwischen der Bildung der Vogel- und Patagiosaurier-Hand gihnt eine Kluft, tiber die keine von den Patagiosauriern kommende Briicke fiihrt — ganz von anderen nicht minder erheblichen Differenzen zu schweigen. Aber auch fiir eine Abstammung der Végel und Patagiosaurier von einem gemeinsamen Vorfahren erweisen sich die positiven Instanzen, die daftir herangezogen werden kénnten, nicht pragnant genug, um den negativen gegeniiber das Uebergewicht zu bilden; meist sind die Aehnlichkeiten Parallel- oder Konvergenz-Analogien und halten einer gescharften Beobachtung und Beurteilung nicht stand. Entferntere Verwandtschaften sind gewif vorhanden, die gemeinsame Wurzel liegt aber sehr tief, und nach wie vor bin ich geneigt, die Patagiosaurier, wie hoch und einseitig und in unver- kennbarer Analogie zu den Végeln sie entwickelt sind, doch zu den Reptilien zu rechnen und nicht zwischen diese oder die Végel zu stellen. Die von SeeLey und HArcKkeL behauptete und von mir 1888 besprochene Warmblitigkeit der Patagiosaurier halte ich nach wie vor fiir eine sehr diskutable Hypothese, finde auch bei den Patagiosauriern mit ihrem relativ grofen Gehirn, ihrer hohen Organisation, der recht vogelaihnlichen Anordnung und Verteilung ihrer Osteopneumaticitét und ihren vermutlich recht kraftigen und intensiven Flugbewegungen eine Anzahl Instanzen, welche dieser Vermutung sich nicht ungiinstig erweisen; wie es mit dem Warme- schutz ihrer Haut stand, ob die Schuppenbekleidung derselben bereits zur Bildung haarahnlicher Federn tendierte, ist noch nicht aufgeklirt. Die Annahme der Homéothermie der Patagiosaurier verfiigt aber jedenfalls tiber bessere Faktoren als diejenige der Homéothermie der Dinosaurier. Daf’ Harcket aber diese Hypo- these nicht blo& auf die ersteren beschrinkte, sondern auch auf die letzteren ausdehnte, war eine durchaus berechtigte, konsequente Handlung. Beide Abteilungen verfiigen tiber die gleichen Momente, 668 Max Firbringer, welche fiir die Warmbliitigkeit geltend gemacht werden kénnen, und es ist nur der verschiedene Grad ihrer Entwickelung — ge- ringer und beginnend bei den Dinosauriern, héher ausgebildet bei den Patagiosauriern — welcher beide relativ unterscheidet. Aber wie bei den Dinosauriern (cf. p. 658 f.) halte ich auch bei den Pata- giosauriern die bis jetzt verfiigbaren Materialien nicht fiir aus- reichend, uns eine Entscheidung fiir oder wider zu geben. XII. Hauptgruppen der Reptilien, genealogisches Verhalten zu den tibrigen Tetrapoden. Die in den vorhergehenden Abschnitten II—XI besprochenen Abteilungen der Reptilien lassen sich auf Grund ihrer naheren oder ferneren Verwandtschaften in 4 Gruppen sondern: 1) Streptostylia s. Squamata (Lacertilia et Ophidia), Rhyncho- cephalia, Ichthyopterygia, 2) Theromorpha, 3) Mesosauria, Sauropterygia, Chelonia, 4) Crocodilia, Dinosauria, Patagiosauria. Diese Gruppierung entspricht, abgesehen von einigen minder bedeutsamen Abweichungen, in den Hauptziigen der von LYDEKKER (1888—90) gegebenen, hat auch vieles mit der von Baur 1887 proponierten Verteilung (die LypEKKER in den meisten Punkten zum Vorbild diente) gemeinsam‘), weicht aber erheblicher von den genealogischen und systematischen Anordnungen von Cope (1887, 1889), HarckEeL (1895) und Baur (1895) ab‘). Die erste Gruppe oder Subklasse, von LypDEKKER nicht ganz gliicklich als Streptostylic Branch bezeichnet ’), enthalt diejenigen streptostylen und monimostylen Reptilien, welche in ihrer Organi- 1) Ein fundamentaler Unterschied gegeniiber den Systemen Baur’s und Harckev’s ist in der ginzlichen Abtrennung der Vogel und Siugetiere von den Reptilien gegeben, womit ich mich im Einklange mit der systematischen Anordnung der meisten Zoologen und Paliontologen, insbesondere auch yon Huxtny, GEGENBAUR, Corr, Zirrey u. A. befinde. 2) Nur die Squamata sind Streptostylier, wahrend bei den Rhynchocephaliern und Ichthyopterygiern Monimostylie — besteht, wobei nicht verkannt werden soll, da die Monimostylie der Rhynchocephalier jiingeren Datums und nicht so intensiv ausgebildet ist als die der Synaptosaurier und Archosaurier (p. 599 Anm. 1, 625 Anm. 1). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 669 sation die gréfte Summe yon primitiven Charakteren darbieten und sich damit zugleich als genereller, der Stammform der Reptilien relativ am niachsten stehender resp. von ihr mit den relativ ge- ringsten Abanderungen fortgesetzter Zweig dokumentieren. Damit gewadhren sie resp. ihre gemeinschaftlichen Vorfahren zugleich fiir die anderen Reptilien-Abteilungen Ankniipfung, lassen sich aber nicht von diesen ableiten. Unter Benutzung des von HArcKEL den Rhynchocephaliern s. lat. gegebenen Namens, also unter erweiterter Anwendung desselben, bezeichne ich sie als Tocosauria. Die zweite Gruppe oder Subklasse kennzeichnet sich als eine sehr alte, friih ausgestorbene, monimostyle Abteilung, welche in ihrer Organisation ein Gemisch von zahlreichen primitiven Ziigen mit teilweise ziemlich weit vorgeschrittenen Specialisationen dar- bietet. Sie reprisentiert damit einen sehr friih von dem gemein- samen Reptilienstocke abgegangenen Seitenzweig, der zugleich einen isolierten Endzweig darstellt und keiner anderen Abteilung als Ausgang dient. Ftir diese Subklasse tibernehme ich den gleichen Namen wie fiir die in ihr enthaltene Ordnung und bezeichne sie als Theromorpha oder Theromora!?). Die dritte, ebenfalls monimostyle Gruppe oder Subklasse hat sich gleichermafien sehr friih und zwar in der Nahe der Theromorpha von dem gemeinsamen Reptilienstocke abgezweigt und verbindet ahnlich den Theromorphen, aber in etwas anderer Verteilung, primitivere und héher specificierte Merkmale. Auch sie reprasentiert mit ihren Ordnungen einen Komplex von seit- lichen Endzweigen, die, bis auf die in noch ziemlich zahlreichen Gliedern erhalten gebliebenen Chelonier, ausgestorben sind (Meso- saurier und Sauropterygier). Ich wahle fiir diese Gruppe die Cope’sche Bezeichnung Synaptosauria. Bei der vierten, gleichfalls monimostylen 2) Gruppe wiegen die héheren Differenzierungen tiber die primitiveren Ziige bei weitem vor. Die Vertreter derselben dokumentieren sich als héchste, recht einseitig und divergent specialisierte Reptilien, die 1) In dieser Benennung ist der — keine nahere Verwandt- schaft, sondern nur eine Analogie bedeutenden — Aehnlichkeit des Skelettes mit dem der Séugetiere zu sehr Ausdruck gegeben; doch ist der Name so eingebiirgert und verstindlich, daf fiir mich keine Veranlassung vorlag, einen anderen neuen zu bilden. 2) Bei den primitiveren Typen dieser Gruppe ist die Moni- mostylie des Quadratum in ausgedehnterem Mage entwickelt als bei den héheren, aber auch bei den letzteren nirgends aufgegeben. 670 Max Fiirbringer, sich spiter als die Theromorphen und Synaptosaurier von dem alten Reptilienstamme resp. den Vorfahren der Tocosaurier ab- gezweigt haben und die, mit Ausnahme spirlicher noch lebender Reste (einige Crocodilier), durchweg ausgestorben sind. Auch fiir diese Subklasse tibernehme ich den ihre hohe Stellung be- kundenden Copr’schen Namen Archosauria. 1. Tocosauria. Die Subklasse der Tocosaurier besteht aus dem streptostylen Superordo der Streptostylia s. Squamata mit den beiden Ordines Lacertilia und Ophidia, aus der, soweit genauer bekannt, monimostylen Ordnung (Superordo ?) der Rhynchocephalia mit den Unterordnungen (Ordnungen ?) der Proterosauria und Rhyncho- cephalia vera und aus der monimostylen Ordnung der Ichthyo- pterygia. Alle diese geben sich in verschiedenem Grade als die primitivsten Vertreter der Reptilien zu erkennen; die ersten befinden sich in der Jetztzeit mit tiber 3000 lebenden Species in der gréften Bliite, von den zweiten ist nur noch eine Art (Sphenodon punctatus) iibergeblieben, die letzten starben bereits am Ende der meso- zoischen Zeit ganzlich aus. Daf die Vorfahren der monimostylen Ordnungen einstmals streptostyle Tiere waren, darf ohne weiteres behauptet werden und wird wohl auch durch die Ontogenese von Sphenodon zu stiitzen sein. Unter den Streptostylia (vergl. Il, p. 605—622) reprasen- tieren die Lacertilia in ihrer Mehrheit die den urspriinglichen Formen naher stehenden Typen, wahrend die meisten Ophidia sich von dem lacertilen Stamme aus als einseitige Specialisten weitergebildet haben. Aber auch die Lacertilier enthalten in der grofen Fiille und Mannigfaltigkeit ihrer Differenzierungen nicht ausschlieBlich tiefstehende, generelle Formen, sondern auch solche, welche — immer innerhalb gewisser Grenzen — zu einer gewissen einseitigen Entwickelungshéhe gelangt sind (insbesondere die Va- rano - Dolichosauria, Mosasauria, Amphisbaenia und namentlich Chamaeleontia). Die primitivsten Typen finden sich unter den Lacertilia vera (Kionokrania); gewisse Vertreter derselben stellen sich tiefer als der iibergebliebene rhynchocephale Sphenodon. Eine so reich und mannigfaltig entwickelte und dabei zugleich so viel primitive Ziige darbietende Abteilung hat eine grofe und lange Vorgeschichte. Von derselben sind uns aber, wegen der relativ zarten Organisation der meist kleinen und nur ausnahms- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 671 weise gréferen Tiere, zur Zeit nur geringe, wenig Aufklirung darbietende Bruchstiicke bekannt geworden. Aber andererseits hat die relativ primitive Organisation und die geringe Kérpergréfe diesen Tieren eine gréfere Bildsamkeit und Anpassungsfihiekeit, sowie leichtere Bedingungen im Kampfe um das Dasein gewihrt als den gréferen und in ihrer héheren und einseitigen Organisation mehr festgelegten Tieren. Darin dirfte der Hauptgrund ihrer ausgiebigen Erhaltung in der Jetztzeit liegen, die uns zugleich in gewissem Sinne fiir die Liickenhaftigkeit unserer palaontologischen Kenntnisse derselben zu entschadigen vermag!). — Hinsichtlich der zahlreichen Unterabteilungen der Lacertilia verweise ich auf die Ausfiihrungen sub II (p. 605f.). Der lebende Vertreter der Rhynchocephalia (vergl. III, p. 622—627), Sphenodon, dokumentiert sich in der tiberwiegenden Summe seiner Organisationsmerkmale als ein primitives Tier, zeigt aber verschiedene Charaktere, die ihn héher stellen als die tiefsten unter den lebenden Lacertiliern. Die meisten der in der Tertiar- und Sekundirzeit lebenden Rhynchocephalier nehmen keine wesent- lich tiefere Stellung als Sphenodon ein; anders bei den _ palio- zoischen Formen (primitive Proterosauria, insbesondere Palaeo- hatteria), welche nicht allein das tiefe Niveau der primitivsten lebenden Lacertilier erreichen, sondern zum Teil selbst tiefer als diese stehen. Eine genauere Vergleichung und Abschatzung der relativen Organisationshéhe der einzelnen Charaktere wird durch unsere unzureichende Kenntnis jener alten Formen (namentlich die Zerstérung der Knorpelteile) unméglich gemacht. Auch ist nicht zu tibersehen, da eine Vergleichung paliozoischer Rhyncho- cephalier und recenter Lacertilier von sehr verschiedenen Horizonten ausgeht und dadurch in ihrer Giltigkeit und ihrem Werte einiger- mafen beeintrachtigt wird. Erst die Heranziehung gut erhaltener paliozoischer Lacertilierreste wird eine korrekte, rationelle Ver- eleichung erméglichen; diese liegt jedoch im Schofe der Zukunft. Die palaozoischen Vorfahren der Lacertilier werden aber ver- mutlich keine héhere Stellung als die pal&ozoischen Rhyncho- cephalier eingenommen haben; es besteht wenigstens meines Erachtens 1) Umgekehrt entschadigt uns fiir den Mangel der in der Jetzt- zeit so zahlreich ausgestorbenen Reptilienordnungen ihre meistens hohere, gréfere und massigere Organisation, welche sich der Er- haltung ihrer fossilen Reste giinstiger erwies. Es braucht nicht besonders betont zu werden, daf dieser Erfahrung eine weit iiber die Reptilien hinausgehende Geltung zukommt. 672 Max Firbringer, nicht der mindeste Grund fiir das Gegenteil. Die Ursachen fir das Aussterben der Rhynchocephalier sind noch dunkel. Ich neige dazu, ihre etwas mehr als bei den primitivsten Lacertiliern fest- gelegte Organisation, insbesondere ihre Monimostylie und ihren schweren Deckknochenapparat, der nicht rechtzeitig zur Riick- bildung gelangte, zu einem guten Teile diifiir verantwortlich zu machen; damit verbanden sich selbstverstindlich gewisse Organi- sationsmingel in den Weichteilen, auf die naher einzugehen aber zu sehr in das Reich der Hypothesen und Vermutungen fiihren wiirde. Die uns bisher nur aus der mesozoischen Zeit bekannten Ichthyopterygia (vergl. III. p. 627—630) sind im hiéchsten Grade an das Wasser angepaB8te Specialisten und damit zugleich die am vorgeschrittensten und speciellsten differenzierten Tocosaurier ; ihre ganze Organisation weist auf eine Abstammung von terrestren Rhynchocephaliern, vermutlich Proterosauriern, hin. Diese rhyncho- cephalen Stammeltern sind uns noch unbekannt; wahrscheinlich begann die Ausbildung zum ichthyopterygen Typus schon am Ende der palaozoischen Zeit. Das friihe Aussterben der Ichthyoptery- gier ist wohl in der Hauptsache auf die bereits bei den Rhyncho- cephaliern angefiihrten Ursachen (s. oben), neben der schweren und einseitig festgelegten Organisation, die keine gentigend ausgiebigen neuen Anpassungen an die verinderten aéuferen Verhiltnisse er- laubte, namentlich auch auf ihre nach und nach gewonnene Kéorper- gréfe, welche ihnen den Kampf um das Dasein erheblich erschwerte, zuriickzufiihren. Als ausgesprochener Seitenzweig der Rhyncho- cephalier gewihren sie keinen Aufschluf8 iiber die primitiven Ver- haltnisse derselben; was bei ihnen primitiv erscheint (insbesondere der Bau ihrer Flossen), ist in Wirklichkeit sekundare Umbildung und Vereinfachung. Insofern ist ihr Aussterben weniger zu beklagen als dasjenige der friihesten Lacertilier und Rhynchocephalier. Die Organisation der Lacertilier und Rhynchocephalier zeigt, trotz verschiedener einschneidender Differenzen, so viel Gemein- sames, daf eine direkte Abstammung beider von einem gemeinsamen Ahnen nicht zweifelhaft ist. Die auffallendsten Differenzen beruhen insbesondere in dem Verhalten des Qua- dratum (streptostyl bei den Lacertiliern; monimostyl bei den Rhynchocephaliern), des Schlafenbogens (oberer und unterer bei den Rhynchocephaliern; oberer bei den Lacertiliern, der bei ge- wissen Vertretern derselben auch in Riickbildung treten kann) und des Parasternum (anwesend bei den Rhynchocephaliern, zuriick- vebildet bei den Lacertiliern). Daraufhin bestehen gute Griinde Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 673 zu der Annahme, dafi diese gemeinsamen Vorfahren (Tocosaurier- ahnen) mit zwei oberflaichlichen, die Gelenkbildung des Quadratum mit dem Schiadel noch nicht unter- drickenden'), Schlafenbogen und mit Parasternum versehene Streptostylier waren. Die gemeinsame Abstammung von solchen Vorfahren macht zugleich die einstmalige Existenz von Zwischenformen, Kon- nektivtypen zwischen Lacertiliern und Rhynchocephaliern wahr- scheinlich. Als solche Zwischenformen sind auch die mesozoischen Acrosaurier (p. 626f.) angesprochen worden; méglicherweise reprisentieren auch die gleichfalls mesozoischen Telerpetidae (p. 612) in anderer Richtuug gehende intermediaére Typen zwischen Lacertiliern und Rhynchocephaliern 2), Aber von diesen schon ziemlich spaten Formen fallt kein reines Licht auf die einstmaligen gemeinsamen Vorfahren; wenn auch in intermediiirer resp. konnektenter Stellung zwischen Lacer- tiliern und Rhynchocephaliern, ist doch ihre Organisation, soweit bekannt, in ihrer Weise bereits gerade so hoch ausgebildet und gerade so hoch differenziert, wie diejenige der mesozoischen Lacer- tilier oder Rhynchocephalier. Eine wirkliche Aufklarung ist nur von alteren, palaozoischen Vertretern zu erhoffen, und hierbei richtet sich der Blick auf jene permischen Typen, deren Reste in Kadaliosaurus, Palaeohatteria, Petrobates und Hylonomus’®) erhalten sind, sowie auf jene noch alteren Formen aus dem Karbon, wie Dromopus, deren einstmalige Existenz uns wenigstens durch Fahrtenabdriicke wahrscheinlich gemacht wird (p. 627). Unsere jetzige Kenntnis dieser Reste ist hinsicht- lich des Kardinalpunktes der Frage — streptostyle oder monimo- style Verbindung des Quadratum mit dem Schidel — eine noch ginzlich unzureichende. Von den urspriinglichen Tocosaurierahnen ist Streptostylie zu fordern, und nur wenn diese Bedingung von 1) Gaupp (1894) nimmt an, daf bei den dizygocrotaphen Vor- fahren der Lacertilier das Quadratum unbeweglich gewesen sel. Meiner Ansicht nach diirfte ein maifiger Grad von Beweglichkeit des- selben sich mit 2 lose angeordneten Temporalbogen vereinigen lassen. 2) Ich bin geneigt, die Acrosaurier den Rhynchocephaliern, die Telerpetidae den Lacertiliern naiher zu stellen; andere Autoren sind zum Teil anderer Ansicht. Zur Zeit verfiigen wir nicht iiber ausreichende Kenntnisse, um diese Fragen zu entscheiden. 3) Hylonomus gehért méglicherweise nicht hierher, sondern zu den Stegocephalen (p. 627). 674. Max Firbringer, den angefiihrten oder von anderen noch aufzufindenden Reptilien jener alten Schichten erfiillt wird, darf gesagt werden, daf wir der Lésung dieser Aufgabe naher gekommen sind. Das alles bleibt noch abzuwarten, 2. Theromorpha s. Theromora. Die Subklasse der Theromorpha s. Theromora wird durch die ausgeprigt monimostyle Ordnung der Theromorpha (Anomo- dontia SEELEY) mit den vorliufigen Subordines der Therosuchia und Therochelonia reprasentiert ‘) (verg]. VIII, p. 639—649); beide werden von den Autoren auch zu dem héheren Range von Ordines erhoben. Die Theromorphen kennzeichnen sich gegeniiber den Toco- sauriern durch ein gréferes Hervortreten specialistischer Ziige auf iibrigens primitiver Basis. Als sehr alte, in den jiingeren palaozoischen und den dlteren mesozoischen Schichten (Perm, Karroo, untere und mittlere Trias) reich und in verschiedenen Entwickelungsstufen vertretene Formen lassen sie eine sehr friihe Abzweigung von dem primitiven Reptilienstamme, vermutlich bereits in mittlerer paliozoischer Zeit (Karbon), voraussetzen und haben sich von da aus kleineren, mit den primitivsten Tocosauriern mannigfache Aehnlichkeiten darbietenden und noch ziemlich genera- lisierten Typen successive zu meistens gréferen und massigeren Specialisten entwickelt, welche infolge ihrer schwerfilligen und erofenteils anpassungsunfaihigen Organisation friiher als die meisten anderen Reptilienordnungen dem Kampfe um das Dasein unter- lagen und bereits um die Mitte der Trias ihr Ende erreicht haben mogen. Mehr oder minder auffallende Parallelen im Habitus und in der Bildung dieses oder jenes Skeletteiles haben verschiedene Autoren dazu gefiihrt, eine Umbildung der Theromorphen, sei es in die Chelonier, sei es in die Mammalier, oder wenigstens speciellere genealogische Relationen zu den ersteren oder zu den letzteren (Abstammung von gemeinsamen Stammeltern) anzunehmen. Diese Anschauungen halten indessen einer eingehenderen kritischen Betrachtung der gesamten Organisation dieser Tiere nicht stand, indem eine Anzahl fundamentaler Differenzen das Bestehen wirk- 1) Die Stellung der Placodontia, sowie der Diadectidae (Cotylo- sauria) erscheint hierbei noch zweifelhaft. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 675 licher na&herer Verwandtschaften der Theromorphen mit den Cheloniern (p. 634 f.) oder den Séugetieren (p. 641 f.) ausschlieBt. Die Aehnlichkeiten des Skelettes der Theromorpha mit demjenigen der Mammalia, wie sehr sie zum Teil auch in die Augen fallen, sind meines Erachtens doch nur als Parallel- oder Konvergenz- Analogien aufzufassen, verwandtschaftliche Beziehungen der Thero- morpha zu den Chelonia aber héchstens so weit anzunehmen, als ein recht weit zuriickliegender Vorfahre Theromorphen und Synaptosauriern (von denen die Chelonier eine specialisierte Ord- nung bilden) Ursprung gab. 3. Synaptosauria. Die Subklasse der Synaptosauria wird durch die ausgepriet monimostylen Ordnungen der Mesosauria, Sauropterygia (mit den Subordines der Nothosauria und Plesiosauria) und Che- lonia gebildet. Die Mesosaurier stehen, wie sehr wahrscheinlich ist, zu den Sauropterygiern und danach den Cheloniern‘) in niheren verwandtschaftlichen Beziehungen, weshalb sie auch von BouLENGER mit diesen zu einer héheren Ordnung vereinigt wurden ; zugleich bieten sie auch gewisse genealogische Relationen zu den primitiven Typen der Theromorphen dar und vermitteln damit einen freieren Verband zwischen den Subklassen der Thero- morpha und Synaptosauria. Man kann danach auch von einer Subklasse Synaptosauria sensu latiori (von héherem Range) sprechen, welche die Synaptosauria sensu strictiori (Mesosauria, Sauropterygia, Chelonia) und die Theromorpha umfabt ?). Aehnlich den Theromorphen erweisen sich die Synaptosaurier (s. str.) im grofen und ganzen als Specialisten mit zahlreich er- haltenen primitiven Ziigen. Ihr Stamm diirfte recht friih (Karbon ?) in groBer Nahe zu den Theromorpha dem primitiven Reptilien- stocke entsprossen sein und hat sich dann bald in seine Zweige gesondert*). Die bisher nur in ganz sparlichen, kleinen Ver- 1) Es sei auf Eunotosaurus Sueiey hingewiesen (cf. p.653 Anm. 2). 2) Diese erweiterte Subclassis der Synaptosauria kénnte man auch unter Benutzung eines von Howns, allerdings in anderer Aus- dehnung, gebrauchten Namens als Bicoracoidalia bezeichnen, da bei ihnen, soweit der Schultergiirtel genauer bekannt ist, das Procoracoid dem Coracoid gegeniiber eine relativ grobe Selbstindig- keit aufweist. Der Werth dieser Benennung ist kein grofer (ef. p. 524). 3) Die einstmalige Streptostylie der friihesten Vorfahren erhialt auch hier durch die Ontogenese der Chelonier eine gewisse Grundlage. 676 Max Firbringer, tretern aus dem Perm und Karroo bekannten Mesosaurier bilden die altesten Synaptosaurier und waren, soweit unsere jetzige Kennt- nis reicht, bereits am Anfange der mesozoischen Periode aus- gestorben; die Sauropterygier erreichten in der mesozoischen Zeit eine reiche, bis zu riesigen Formen ansteigende Entwickelung, endeten aber vor dem Beginn der Tertiarzeit; die Chelonier sind in sicher erkannten Resten, welche aber den Typus der Ordnung bereits vollkommen ausgebildet zeigen und somit eine lange voraus- gehende Entwickelungsperiode voraussetzen lassen, erst seit der oberen Trias gefunden worden und haben sich in guter Entfaltung bis zur Jetztzeit erhalten. Die Ursachen des Aussterbens der Sauropterygier diirften die gleichen wie bei den Ichthyopterygiern gewesen sein. Die Mesosauria (vergl. VII, p. 638, 639) reprisentieren die primitivsten Synaptosaurier und damit die fiir die genealogische Erkenntnis wichtigste Abteilung derselben. Als kleine und sehr alte Formen zeigen sie noch viele primitive und allgemeine Ziige, die einerseits ihre Ankniipfung an primitive Tocosaurier (mit denen sie auch von mehreren Autoren enger verkniipft worden sind)‘), andererseits mit einiger Wahrscheinlichkeit eine Ableitung der Sauropterygier und vielleicht auch der Chelonier von ihnen oder richtiger von ihren Vorfahren gestatten. Aehnliches gilt méglicher- weise auch fiir die Stellung der Theromorphen gegeniiber den Mesosauriern. Doch verbietet die noch unzureichende Kenntnis der Organisation der Mesosaurier eine wirkliche Begriindung dieser Wahrscheinlichkeiten und Méglichkeiten. Die Sauropterygia (vergl. VI, p. 635—638) haben sich, wie seit langem mit guten Griinden angenommen, von urspriinglichen, ziemlich kleinen, terrestren und vermutlich mesosaurier-ahnlichen Vorfahren zu successive mehr und mehr dem Wasserleben an- gepaften, an Gréfe und Halslange zunehmenden Formen ent- wickelt. Ihre alteren Vertreter, die Nothosaurier, zeigen in ihrer in der Hauptsache bereits recht specialisierten Organisation noch manchen generellen Zug, ihre jiingeren Vertreter, die Plesio- sauria, Sind ausgemachte und hochstehende, dabei in ihrer Bbliite- zeit recht zahlreich entwickelte Specialisten. Nothosaurier und Plesiosaurier bilden aber keine Entwickelungsreihe, sondern ziem- lich divergente und voneinander unabhangige Zweige; eine direktere 1) Bavr’s Proganosauria (im grofen und ganzen mit den Pro- gonosauria HancKe.’s tibereinstimmend). Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 677 Ableitung der letzteren von den ersteren wird durch die Organi- sation beider nicht unterstiitzt. Manche Autoren haben dieser genealoglschen Selbstindigkeit schon damit Ausdruck verliehen, indem sie beide Subordines, mit guten Griinden, zum Range von Ordines erhoben. Die Chelonia (vergl. V, p. 630—635) bilden eine enger ge- schlossene Abteilung, deren Organisation im allgemeinen auf eine gemeinsame Wurzel mit den vorgenannten Ordnungen hinweist, zugleich aber auch eine friihe Selbstandigkeit vor denselben tnd einen ziemlich langen, ganz einseitig eingeschlagenen Entwickelungs- gang wahrscheinlich macht. Ihre Halswirbelzahl entspricht, im Gegensatz zu derjenigen der Mesosaurier und namentlich Sauropte- rygier, derjenigen der Tocosaurier; ob damit ein primitives Ver- halten oder eine Riickkehr zu demselben aus vorher wirbelreicherer Cervicalregion durch eine rostralwirts gerichtete Riickwanderung der vorderen Extremitaét gegeben ist (vergl. auch p. 633 Anm. 2), diirfte noch zu entscheiden sein. 4, Archosauria. Die Subklasse der Archosauria besteht aus den monimostylen Ordnungen der Crocodilia (mit den SO. der Parasuchia, Pseudo- suchia und Eusuchia), Dinosauria (mit den SO. der Theropoda, Sauropoda und Orthopoda) und Patagiosauria, welche drei Abteilungen von verschiedenen Autoren in noch mehr Ordines gesondert werden 4). Die Archosaurier dokumentieren sich, wie auch ihr Name be- sagt, als die Fiirsten der Reptilien, als die am héchsten und eréfkten entwickelten und am meisten specialisierten Typen der- selben und weisen in ihrer Konfiguration nur noch wenige und recht zuriicktretende urspriingliche Ziige auf. Ihre Ablésung vom primitiven Reptilienstamme (vielleicht von alten Tocosauriern) diirfte erst spiter als die der Theromorphen und Synaptosaurier moglicherweise erst gegen das Ende der paliozoischen Periode (alteres Perm?) erfolgt sein; doch handelt es sich hinsichtlich dieser letzteren Annahme zunachst nur um Vermutungen, fiir welche die Morphologie dieser Tiere einige Wahrscheinlichkeit giebt, welche aber durch keine wirklichen Funde gestiitzt werden. Von den 1) Die Crocodilia in 2—3, die Dinosaurier gleichfalls in 2—3 selbstandige Ordnungen. 678 Max Firbringer, Archosauriern ist wenig in der Jctztzeit tibrig geblieben. Die Crocodilier, seit der oberen Trias bekannt, héchst wahrscheinlich aber schon friiher ausgebildet, zeigen wihrend der ganzen darauf folgenden mesozoischen Zeit eine gute und reiche Entwickelung, um danach mehr und mehr abzunehmen, und existieren in der Jetztzeit nur in einigen, auf dem Aussterbeetat stehenden Ver- tretern. Dagegen sind die gleichfalls in der Sekundirzeit, nament- lich in dem Jura und in der Kreide, in sehr zahlreichen, mannig- faltig differenzierten und zum Teil riesigen Formen vertretenen Dinosaurier mit dem Ende der Kreide ausgestorben, und dasselbe gilt fiir die zur gleichen Zeit lebenden, wenn auch in geringerer Zahl und GréfSe entwickelten Patagiosaurier. Die geringe An- passungsfihigkeit dieser Tiere an neue Lebensbedingungen (nament- lich bei dem Uebergange aus der Sekundarzeit in die Tertiarzeit) infolge ihrer hohen und einseitig festgelegten Specialisation und ihre schwere Stellung im Kampfe um das Dasein infolge ihres ansehn- lichen, sehr exponierten und grofe Bediirfnisse erheischenden Kér- pervolumens diirften namentlich ihr Aussterben beschleunigt haben. Die héchsten Formen (Dinosaurier und Patagiosaurier) zeigen in ihrem allgemeinen und speciellen Skelettbau mancherlei Aehn- lichkeiten mit den streptostylen V6geln und mégen auch in ihren Lebensgewohnheiten manches diesen Analoge zum Ausdruck gebracht haben. Die daraufhin von vielen Autoren behauptete nihere Verwandtschaft mit diesen resp. die Verbindung der Vogel mit den Archosauriern zu der héheren Abteilung der Ornitho- morpha oder Ornithocrania beruht aber meines Erachtens auf einer zu grofen Wertschitzung dieser Aehnlichkeiten und einer Unterschitzung der erheblichen Differenzen, welche die Végel und diese Reptilien von einander scheiden. Auch hier vermag ich nicht mehr als Parallel- oder Konvergenzanalogien der Végel mit den Dinosauriern und Patagiosauriern anzunehmen (p. 655f., 660 Anm. 1, 666 f.) Die Crocodilia (vergl. IX, p. 649—651) sind die tiefste Abteilung der Archosauria und diirften sich am friihesten von dem gemeinsamen Stamme derselben abgelést haben. Auch zeigen sie eine recht divergente Entwickelung, die sich in der friihen Sonde- rung ihrer 3 Subordines Parasuchia (Phytosauria), Pseudosuchia (Aétosauria) und Eusuchia (Crocodilia vera) ausspricht. Manche Autoren haben diese 3 Abteilungen resp. die eine oder andere von ihnen darum auch mit guten Griinden zu mehr oder minder selbstindigen Ordnungen erhoben. Die Monimostylie der Croco- Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 679 dilier ist eine sehr ausgedehnte, an die der Synaptosaurier er- innernde; aber auch hier weisen die ontogenetischen Befunde mit groBer Wahrscheinlichkeit auf eine einstmalige Streptostylie hin. Hoéher als die Crocodilia stehen die Dinosauria (vergl. X, p. 651— 660); gleich diesen sind sie auch in grofer Mannigfaltig- keit und Divergenz entwickelt, so da8 sie von relativ einfacher ge- bildeten, den Crocodiliern noch na&her kommenden bis hinauf zu hoch organisierten und specialisierten Typen eine reiche Zahl von Formen aufweisen. Auch sie sind von verschiedenen Untersuchern, gleichfalls nicht ohne gute Griinde, in 2 (Saurischia und Ornithischia) oder 3 Ordnungen (Megalosauria, Cetiosauria und Iguanodontia) gesondert worden; doch bin ich geneigt, diese Divergenz als eine erst spiter, mit der reichen Entfaltung der Ordnung in Erscheinung getretene aufzufassen und eine gemeinsame Wurzel fiir alle Dino- saurier anzunehmen, somit die 2 bis 3 genannten Abteilungen nur als in sehr pragnantem Mage zur Entfaltung gekommene Subordines zu unterscheiden. In den bipeden, oft eine hoch- gradige Pneumatisierung ihres Skelettes aufweisenden, Formen ge- langt der Dinosaurier-Typus zur héchsten Entwickelung. Auch ver- bindet sich hiermit, gegeniiber den in vielen Stiicken massiger ge- bauten Crocodiliern und tieferen Vertretern der Dinosaurier, eine successive zunehmende schlankere Gestaltung des Skelettes, die sich unter anderem auch in einer minder ausgedehnten Monimo- stylie des nur noch in seinem proximalen Abschnitte vom Schadel umschlossenen Quadratum ausspricht. Die Patagiosauria (vergl. XI, p. 660—668) reprasentieren eine weit enger als die Crocodilier oder Dinosaurier geschlossene Ordnung der Archosaurier und zugleich die am héchsten und am eigenartigsten entwickelten Specialisten derselben. Vermutlich von dinosaurier-ahnlichen bipeden Vorfahren von geringem Ké6rper- volumen mégen sich diese Formen unter hoher und ganz einseitiger Ausbildung ihrer vorderen Extremitait zur Flugfihigkeit, ungefahr nach Art der Fledermiuse, entwickelt haben. In dieser Bewegungs- art liegt auch der Grund, daf ihre GréBe, wenn auch bei den Patagiosauriern der Kreide zum Teil ein recht ansehnliches Maf erreichend, im grofien und ganzen doch innerhalb mabiger Dimen- sionen blieb, denn auch die héchste Pneumaticitat wiirde nicht gentigt haben, einen sehr grofen Korper fiir das Flugleben ge- schickt zu machen. Mit dieser Fahigkeit verband sich eine weitere Gracilisierung und Pneumatisierung des Skelettes, die unter Anderem auch in der Beschrankung der Monimostylie ihres Qua- Bd, XXXIV, N, F, XXVI. 4A 680 Max Firbringer, dratum auf dessen proximales Ende zum Ausdruck kam; wie schlank aber auch das Quadratum und wie wenig ausgedehnt seine Verbindungsflache mit dem Kranium sich gestaltete, so ist es doch nicht zu einer sekundaren Ablésung von dem Schadel mit Gelenk- bildung (Deuterostreptostylie) gelangt. Wie in diesem Punkte zeigen die Patagiosaurier in vielen anderen noch weit pragnanteren eine vollkommene Verschiedenheit von den Végeln. Aus diesen und den weiter oben gegebenen Darlegungen resultiert, daf ich die Klasse der Reptilien mit ihren 4 (resp. 3) Subklassen von den Klassen der Végel und der Saugetiere ab- erenzen muf und nicht in der Lage bin, speciellere Verwandt- schaften der Archosaurier mit den Végeln oder der Theromorphen mit den Saéugetieren anzunehmen. Die streptostylen Aves sind meines Erachtens nicht von den monimostylen Archosauriern abzuleiten, sondern bilden einen selbstindigen Stamm, der sich in sehr friiher Zeit (wohl im Karbon) mit dem den Reptilien Ursprung gebenden Stamme von der ge- meinsamen Wurzel abzweigte und im Laufe der Zeit zu einer noch héheren Entwickelung, als sie die héchsten Archosaurier aufweisen, gelangte. Die gemeinsamen, realiter noch unbekannten, aber vermutlich nach Art primitivster streptostyler Tocosaurier organisierten Vorfahren der Reptilien mégen mit dem lingst in der Wissenschaft eingebiirgerten Namen Proreptilia, die Vor- fahren der Végel in entsprechender Weise als Proaves und die gemeinsamen Stammeltern beider als Prosauropsida bezeichnet werden '). Alle diese waren kleine, streptostyle, tocosaurier-ahnliche Tiere, deren eventuelle (im Vorhergehenden an verschiedenen Stellen angedeutete) sonstige Organisation mit Hilfe morphologischer Er- wigungen als mehr oder minder wahrscheinlich konstruiert werden kann, deren reale Existenz aber bisher noch durch keinen pali- ontologischen Fund erwiesen worden ist. Noch tiefer gehend (vielleicht zum untersten Karbon, wenn nicht zum obersten Devon) gelangt die Hypothesen machende Genealogie 1) Selbstverstandlich wird mit allen diesen Namen fiir hypo- thetische Tiere nicht das Mindeste priatendiert. Sie sollen lediglich vorliufige Begriffe fiir eine konstruierte Organisation vorstellen, die erst mit hinreichend erkannten, sie deckenden palaontologischen Funden Wesenheit gewinnen werden. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 681 zu den gemeinsamen Ahnen der Vorfahren der Sauropsiden und der Saugetiere, d. h. der Prosauropsida und Promammalia. Diese waren ebenfalls kleine primitive Streptostylier, von einer Organisation, die noch nicht zum reptilen Typus gelangt war; sie kénnen darum auch nicht mit dem von anderen Autoren vor- geschlagenen Namen Sauro-Mammalia bezeichnet werden, sondern miissen — so verlangt es die genauere Kenntnis des morphologischen Baues der Saugetiere — tiefer stehende streptostyle Tiere von der Organisationsstufe der Amphibien, also streptostyle Am- phibia, gewesen sein. Von solchen streptostylen Amphibien ist aber bisher nicht der geringste reale Rest bekannt geworden, denn alle Amphibien, die wir aus altester bis in die neueste Zeit genauer kennen, besitzen monimostyle Quadrata. Diese monimostylen Amphibia sind aber nicht die urspriinglichen Amphibien, sondern reprasentieren nur Seitenzweige, die von streptostylen, mit einer mafigen Panzerung resp. mit einer losen Schuppenbekleidung ver- sehenen Amphibien abzuleiten sind. Diese Annahme ist keine fiktive, sondern erhalt von der Anatomie und Ontogenie der lebenden Amphibien die hinreichenden Unterlagen. Es ist sonach mit gutem Grunde zu postulieren, da streptostyle Prosauropsida, streptostyle Promammalia und monimostyle Amphibia von kleinen streptostylen amphibienartigen Vorfahren entstammten, die als die gemeinsamen Vorfahren aller dieser VierfiiBer als Pro- amphibia oder Protetrapoda_ bezeichnet werden médgen. Fiir diese versagt, wie bereits hervorgehoben, unsere bisherige paliontologische Kenntnis gleichfalls vollkommen. Ob _ ihnen aihnelnde Reste noch unter den nur fragmentarisch bekannten lepospondylen Stegocephaliern resp. Microsauriern als Relikten iibergeblieben sein mégen, ob wir ihre Existenz nur in friiheren Schichten (Devon, altestes Karbon) erwarten diirfen, ob wir tiber- haupt jemals etwas Konkretes von ihnen kennen lernen werden, ist jetzt nicht zu sagen. Die teilweise Knorpelstruktur der hierfiir als wichtigste Instanzen in Frage kommenden Skelettteile giebt leider recht wenig Hoffnung, daf reelle Funde diesen Hypothesen den kérperlichen, jedes Auge tiberzeugenden Riickhalt geben werden. Daf die Proamphibia s. Protetrapoda schlieSlich, durch ver- schiedene Zwischenstadien hindurch, auf nach primitivem Se- lachier-Typus gebaute Vorfahren (bei denen aber das primitive Pterygium noch nicht zum Ichthyopterygium entwickelt, sondern noch yon indifferenter, auch der Ausbildung eines Cheiropterygium 44* 682 Max Firbringer, Moéglichkeit gebender Struktur war) zuriickzufiihren sind, ist morphologisches Postulat, hier aber nicht im Detail zu verfolgen. Es fallt nicht schwer, die in diesem und den vorhergehenden Abschnitten gegebenen Ausfiihrungen in der Form eines kérper- lichen Stammbaumes graphisch oder stereoskopisch darzustellen und damit besonders anschaulich zur Darstellung zu bringen. Bei dem jetzigen Stande unserer Erkenntnis verzichte ich darauf. Die trotz grofer und erfolgreicher Arbeit hervorragender Forscher doch noch bestehende erhebliche Liickenhaftigkeit unserer palii- ontologischen Kenntnisse, welche neben vielen gesicherten That- sachen noch zahlreichen Hypothesen und Vermutungen Raum gewihrt, wiirde in das Bild des Stammbaumes noch allzu viele Fragezeichen, unterbrochene Linien und Unklarheiten bringen. Ein solcher Stammbaum kénnte nur ein kurzes Leben haben. Mége es den von Jahr zu Jahr sich mehrenden paliontologi- schen Funden im Verband mit vergleichender Anatomie und Ontogenie gelingen, allmiahlich jene breite und gesicherte Kenntnis herbeizufiihren, welche eine klare und genaue Ausarbeitung im grofen und im kleinen gestattet und dem kritisierenden, eine heilsame Auslese haltenden Einflusse der Zeit einen Bestand von Dauer entgegenzusetzen vermag! Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 683 Genauere Nachweise zu den Textfiguren und Erklirung der Tafeln'). Textfiguren., Fig. 1. Brustschulterapparat von Iguana tuberculata. Ventral- ansicht, laterale Teile (Scapula, Suprascapulare etc.) auf die Ventral- flache projiziert. Grdfeverhaltnis 4. Nach W. K. Parker, Mono- graph on the Structure and Development of the Shoulder-Girdle and Sternum. London 1868. Combination von Plate IX, Fig. 1 und 2. Fig. 2. Brustschulterapparat von Hemidactylus sp. juv. 4. Nach W. K. Parker, Monograph etc. Pl. XIII, Fig. 1. Fig. 3. Brustschulterapparat von Heloderma suspectum. 3. Nach R. W. Sxurenpt, Contributions to the Study of Heloderma suspectum. Proc. Zool. Soc. London, 1890, Pl. XVIII, Fig. 5. Fig. 4. Brustschulterapparat von Gerrhonotus imbricatus. Nach Fr. Stepenrock, Zur Kenntnis des Rumpfskelettes der Scincoiden, Anguiden und Gerrhosauriden. Annal. d. K. K. naturhist. Hof- museums X, Wien 1895, Taf. III, Fig. 1. Fig. 5. Brustschulterapparat von Varanus bengalensis (Monitor dracaena) juv. 2. Nach W. K. Parxer, Monograph etc. Pl. X, Fig. 10 und nach der Natur. Fig. 6. Brustschulterapparat von Zonosaurus ornatus. Nach Fr. Sresenrocr, Zur Kenntnis des Rumpfskelettes der Scincoiden etc. Wien 1895, Taf. IIL, Fig. 7. Fig. 7. Brustschulterapparat von Iguana tuberculata. $ = Bioved. Fig. 8. Brustschulterapparat von Phrynosoma cornutum. 2. Nach der Natur. Fig. 9. Brustschulterapparat von Gerrhonotus imbricatus = Fig. 4. Fig. 10. Clavicula, Sternum und Episternum von Zonurus cor- dylus. 4+. Nach der Natur. 1) Fiir die Herstellung der Textfiguren und die Verbesserung meiner Zeichnungen zu den Tafelfiguren bin ich Herrn Lithograph Avotr GiurscH in Jena zum lebhaftesten Danke verptlichtet. 684 Max Fiirbringer, Fig. 11. Brustschulterapparat von Heloderma suspectum. 3 ==) Wigeeah. Fig. 12. Clavicula, Sternum und Episternum von Agama atra. Nach Fr. Siepenrock, Das Skelett der Agamidae. Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wiss. zu Wien, math.- nat. Kl]. CIV, 1. Abt. 1895, Taf. V, Fig. 33. Fig. 13. Brustschulterapparat von Varanus bengalensis juv. 9 — Fig. 5. 5 Fig. 14. Clavicula und Episternum von Laemanctus longipes. Nach W. K. Parker, Monograph of the Shoulder-Girdle and Sternum. London 1868, Pl. [X, Fig. 8. Fig. 15. Brustschulterapparat von Tiliqua (Cyclodus) nigrolutea. 8. Nach W. K. Parker, Monograph etc. Combination von Pl. X, Fig. 1 und 2. Fig. 16. Clavicula und Episternum von Mabuia multifasciata. Nach Fr. Srepenrocx, Zur Kenntnis des Rumpfskelettes der Scin- coiden etc. Wien 1895, Taf. ITI, Fig. 11. Fig. 17. Brustschulterapparat von Hemidactylus sp. juv. — Fig. 2. Fig. 18. Clavicula und Episternum von Trachysaurus rugosus. 2, Nach W. K. Parker, Monograph etc. London 1868, Pl. X, Fig. 4. Fig. 19. Brustschulterapparat von Zonosaurus ornatus = Fig. 6. Fig. 20. Brustschulterapparat von Lacerta simonyi. Nach Fr. Sispenrock, Das Skelett der Lacerta Simonyi Steind. und der Lacertidenfamilie tiberhaupt. Sitzungsber. d. K. Akad. der Wiss. zu Wien, math.-nat. Kl. CIII, 1. Abt., Wien 1894, Taf. IV, Fig. 24. Fig. 21. Brustschulterapparat von Lacerta simonyi = Fig. 20. Fig. 22. Brustschulterapparat von Zonosaurus ornatus = Fig. 6. Fig. 23. Brustschulterapparat von Phrynosoma cornutum. = Wig. 8. Fig. 24. Clavicula, Sternum und Episternum von Agama stellio (Stellio cordylinus). 4. Nach W. K. Parker, Monograph ete., London 1868, Taf. XI, Fig. 2. Fig. 25. Clavicula, Sternum und Episternum von Agama atra eamiipl ogee Fig. 26. Brustschulterapparat von Varanus bengalensis juv. 2 = Fig. 5. Fig. 27. Clavicula und Episternum von Mabuia multifasciata —— Hig. io, Fig. 28. Brustschulterapparat von Tuiliqua (Cyclodus) nigro- lutea. & = Fig. 15. Fig. 29. Clavicula und Episternum von Trachysaurus rugosus. 7 == Migs 18. Fig. 30. Brustschulterapparat von Hemidactylus sp. juv. + Lo 2, Fig. 31. Clavicula, Sternum und Episternum von Zonurus cor- dylus.! ==. Wig..10: ND Q 5 Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 685 Fig. 32. Clavicula, Sternum und Episternum von Goniocephalus kuhlii. Nach Fr. Sresenrock, Das Skelett der Agamidae. Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wiss. zu Wien, math.-nat. Kl. CIV, 1. Abt., Wien 1895, Taf. V, Fig.31. Fig. 33. Clavicula, Sternum und Episternum von Lyriocephalus scutatus. Nach Fr. Srepenrocx, Das Skelett der Agamidae, Wien 1895, Taf. V, Fig. 35. Fig. 34. Clavicula, Sternum und Episternum von Liolepis belli. Nach Fr. Srepenrocx, Das Skelett der Agamidae, Wien 1895, Taf. V, Fig. 36. Fig. 35. Clavicula, Sternum und KEpisternum von Moloch horridus. Nach Fr. Srrpenrocx, Das Skelett der Agamidae, Wien 1895)-Taf. TV, Figs 27. Fig. 36. Clavicula, Sternum und Episternum von Agama stellio —— Fig. 24. Fig. 37. Brustschulterapparat von Phrynosoma cornutum. 3 = Fig. 8. Fig. 38. Brustschulterapparat von Heloderma suspectum. +} == Fig. 3. Fig. 39. Brustschulterapparat und erste Bauchrippen von Uro- plates fimbriatus. 3. Teils nach Fr. Srmppnrocx, Das Skelett von Uroplates fimbriatus Schneid. Annal. d. k. k. naturh. Hofmuseums VII. Wien 1893. Kombination der Textfiguren auf p. 531 und 533, teils nach der Natur. Fig. 40. Linker Humerus von Varanus niloticus. Ventral- ansicht. 2. Nach der Natur. Fig. 41. Brustschulterapparat von Chirotes canaliculatus. 7. Nach W. K. Parker, Monograph of the Shoulder-Girdle and Ster- num. London 1868. Kombination von Pl. VIII, Fig. 8 und 9. Fig. 42. Brustschulterapparat und erste Bauchrippen von Brookesia superciliaris. 4. Teils nach Fr. Stesenrocrk, Das Skelett von Brookesia superciliaris. Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wiss. zu Wien, math.-nat. Kl. CII, 1. Abt., Wien 1893, Taf. III, Fig. 19, teils nach der Natur. Fig. 43. Brustschulterapparat und erste Bauchrippen von Uro- plates fimbriatus. 3 = Fig. 39. Fig. 44. Clavicula und Episternum von Carsosaurus marche- settii. 4. Nach A. Kornuvuser, Carsosaurus Marchesettii, ein neuer fossiler Lacertilier aus den Kreideschichten des Karstes bei Komen. Abh. K. K. Geolog. Reichsanst., XVII, 3. Wien 1893. Taf. IT. Fig. 45. Brustschulterapparat von Varanus bengalensis Juv. 2 = Fig. 5. Fig. 46. Knécherne Teile des Brustschulterapparates von Cli- dastes dispar. Frei nach O. C. Marsu, New Characters of Mosa- sauroid Reptiles. Amer. Journ. Sc. XIX. New Haven 1880. Pl. I, Fig. 1. Stellung des Schultergiirtels verindert. Fig. 47. Knécherne Teile des Schultergiirtels von Clidastes westiil. 34. Nach S. W. Winuisron and E. C. Case, Kansas Mosa- saurs. Kansas Univers. Quart. I. 1892/93. Lawrence 1893, Pl. IV. 686 Max Fiirbringer, Fig. 48. Linker Humerus von Clidastes westii. Ventralansicht. t. Nach 8S. W. Wivutsron and E. C. Casr, Kansas Mosasaurs. Ibidem 1893, Pl. IV. Fig. 49. Schultergiirtel von Telerpeton elginense. 4. Nach T. H. Huxiny, On a New Specimen of Telerpeton Elginense. Quart. Journ. Geol. Soc. XXIII, London 1866/67, p. 78, D. Fig. 50. Brustschulterapparat von Sphenodon punctatus. 4. Nach der Natur. Fig. 51. Linker Humerus von Sphenodon punctatus. Ventral- ansicht. +. Nach der Natur. Fig. 52. Linker Humerus von Sphenodon punctatus. Lateral- ansicht. +. Nach der Natur. Fig. 53. Brustschulterapparat und Humerus von Palaeohatteria longicaudata. In einer Ebene ausgebreitet. #. Nach H. Crepner, Die Stegocephalen und Saurier aus dem Rotliegenden des Plauen- schen Grundes bei Dresden. VII. Palaeohatteria longicaudata Cred. Zeitschr. d. Deutsch. Geolog. Ges. XL. SBerlin 1888, p. 517 (Canalis n. mediani eingezeichnet). Fig. 54. Clavicula und Episternum von Proterosaurus speneri, Freiberger Exemplar. 3. Nach H. Crepner, Ibidem. Berlin 1888, p- 520. Fig. 55. Linker Humerus von Proterosaurus speneri (verletzt). Ventralansicht. #3. Nach H. v. Meyer, Zur Fauna der Vorwelt. III. Die Saurier aus dem Kupferschiefer der Zechsteinformation. Frankfurt a. M. 1856, Taf. II, Fig. 1. Fig. 56. Clavicula und Episternum von Champsosaurus. 1. Nach L. Dotto, Premiére note sur le Simoedosaurien d’Erquelinnes. Bull. Mus. Royal d’Hist. nat. de Belgique. II]. Bruxelles 1884, Pl) Exo Hig. 219. Fig. 57. Linker Humerus von Champsosaurus. Dorsalansicht. 2, Nach L. Dotno, Ibidem. Bruxelles 1884, Pl. IX, Fig. 3. Fig. 58. Knochenteile des Coracoides und der Scapula von Pleurosaurus minor Wagn. sp. #. Frei nach W. Damrs, Beitrag zur Kenntnis der Gattung Pleurosaurus H. vy. Meyer. Sitzungsber. d. K. Preug. Akad. d. Wiss. zu Berlin, 1896, Taf. XII, Fig. 3. (Gegenseitige Lage von Coracoid und Scapula verandert.) Fig. 59. Clavicula und Episternum von Pleurosaurus Gold- fussi H. v. Mryer var. minor. (Haarlemer Exemplar.) 4. Nach Dames, Ibidem. Berlin 1896, Taf. XII, Fig. 2. Fig. 60. Linker Humerus von Pleurosaurus minor. Ventral- ansicht. 3. Nach Damus, Ibidem. Berlin 1896, Taf. XII, Fig. 3. Fig. 61. Episternum von Palaeohatteria longicaudata. 4+. Nach H. Crepner, Die Stegocephalen etc. VII. Palaeohatteria longi- caudata Crep. Zeitschr. d. Deutschen Geol. Ges. XL. Berlin 1888. Aus Tafyeex Vi5Hig, 1. Fig. 62. Episternum von Petrobates truncatus. 3. Nach H. Crepner, Die Stegocephalen etc. IX. Hylonomus Geinitzi Crep., Petrobates truncatus Crep., Discosaurus permianus Crep., Ibidem XLII. Berlin 1890. Kombination aus Taf. X, Fig. 3 und Fig. 6. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 687 Fig. 63. Episternum von Hylonomus geinitzi. 4. Nach H. Crepner, Ibidem. Berlin 1890. Kombination Taf. IX, Fig. 3 und Fig. 9. Fig. 64. Linker primiarer Schultergirtel von Crocodilus ameri- canus. lLateralansicht; Coracoid auf die Lateralflache projiziert. 4. Nach der Natur. Fig. 65. Brustschulterapparat von Caiman sclerops. 4. Teils nach C. B. Briurt, Das Skelett der Krokodilinen. Wien 1862, Taf. IV, Fig. 1, teils nach der Natur. Fig. 66. Linker Humerus von Alligator mississippiensis juv. Ventralansicht. 3. Nach der Natur. Fig. 67. Linker primarer Schultergiirtel von Phytosaurus plieningeri. Lateralansicht. ~;. Kombination nach H. v. Meyer, Reptilien aus dem Stubensandstein des oberen Keupers. I. II. Pa- laeontographica VII. Cassel 1859—61, Taf. XXXV, Fig. 2 (Sca- pula) und III. Palaeontogr. XIV. Cassel 1865—66, Taf. X XVII, Fig. 10 (Coracoid). Fig. 68. Linker Humerus und Phytosaurus plieningeri. Ven- tralansicht. +. Nach H. v. Meyer, Ibidem. Palaeontogr. VII. Cassel 1859—61, Taf. XL, Fig. 2. Fig. 69. Unteres Ende des linken Humerus von Phytosaurus plieningeri. Dorsalansicht. 4. Nach H. v. Meyer, Ibidem, Taf. XL, Fig. 1 zum Teil. Fig. 70. Linker Schultergiirtel von Erpetosuchus granti. Late- ralansicht. +. Nach EK. T. Newron, Reptiles from the Elgin Sand- stone. Phil. Trans. Vol. CLXXXV, B. London 1893/94, Pl. LIT, Fig. 9. Fig. 71. Episternum von Erpetosuchus granti. Dorsalansicht. 1, Nach E. T. Newton, Ibidem. London 1893/94, Pl. LITI, Fig. 14. Fig. 72. Linker Humerus von Erpetosuchus granti. Ventral- ansicht. 1. Nach E. T, Newton, Ibidem. London 1893/94, Pl. LIII, Fig. 10. Fig. 73. Episternum von Aétosaurus ferratus. +. Nach A. Fraas, Aétosaurus ferratus Fr., die gepanzerte Vogel-Echse aus dem Stubensandstein bei Stuttgart. Stuttgart 1877, Taf. III, Fig. 5. Fig. 74. Brustschulterapparat von Ophthalmosaurus icenicus. Ventralansicht (dorsale Grenze von Clavicula und Episternum mit Punktlinie eingezeichnet). Gré8e der Originalabbildung. Kom- bination nach H. G. Sexnny, Further Observations on the Shoulder Girdle and Clavicular Arch. in the Ichthyosauria and Sauropterygia. Proc. Roy. Soc. LIV, London 1893/94, p. 151. Fig. 75. Linker Humerus von Ichthyosaurus intermedius (?). Ventralansicht (?). Aus R. LypexKer, Catalogue of the Fossil Reptilia and Amphibia in the British Museum (Natural History). Part IZ. London 1889, Fig. 24 (p. 60). Fig. 76—%78. Brustschulterapparat und vorderer Teil des Plastron von Chelone mydas juv. Dorsalansicht. ?. Nach W. K. Parker, Monograph of the Shoulder Girdle and Sternum. London 1868, Pl. XII, Fig: £ 688 Max Firbringer, Fig. 79. Linker Humerus von Testudo. Ventralansicht. Nach L. Dotio, Premiére note sur les Chéloniens oligocénes et néogénes de la Belgique. Bull. Mus. Roy. d’Hist. nat. d. Belgique V. Bruxelles 1888, Pl. IV, Fig. 5. Fig. 80. Linker Humerus von Trionyx. Ventralansicht. Nach L. Dotto, Ibidem. Bruxelles 1888, Pl. IV, Fig. 4. Fig. 81. Linker Humerus von Chelone. Ventralansicht. Nach L. Dotto, Ibidem. Bruxelles 1888, Pl. IV, Fig. 3. Fig. 82. Linker Humerus von Dermochelys (Sphargis). Ventral- ansicht. Nach L. Dotto, Ibidem. Bruxelles 1888, Pl. IV, Fig. 2. Fig. 83. Brustschulterapparat von Lariosaurus balsami. Ventral- ansicht. 3. Nach W. Drrcxe, Ueber Lariosaurus und einige andere Saurier der lombardischen Trias. Zeitschr. d. Deutsch. Geolog. Ges., XXXVIII. Berlin 1886. Fig. 84. Brustschulterapparat von Nothosaurus mirabilis. Dorsalansicht. +. Nach H. v. Meyer, Zur Fauna der Vorwelt. II. Die Saurier des Muschelkalkes. Frankfurt a. M. 1847—52, Tal, XXL) igs: Fig. 85. Desgl. Ventralansicht des vorderen mittleren Teiles. +, Nach H. v. Meyer, Ibidem. Frankfurt a. M. 1847—52, Daf, OX TV, Wiis. 02: Fig. 86. Linker Humerus von Conchiosaurus clavatus (?). Ventralansicht. Nach H. v. Mrynr, Beitrage zur Petrefactenkunde. Museum Senckenbergianum, I, 1. Frankfurt 1833. Kopiert in R. LyprKKer, Catalogue of the Fossil Reptilia etc. II. London 1889, Fig. 84 (p. 296). Spiegelbild der dortigen Abbildung. Fig. 87. Linker Humerus von Nothosaurus sp. Ventralansicht. !| Nach H. v. Meynr, Die Saurier des Muschelkalkes. Frank- furt a. M. 1847—52, Taf. XLV, Fig. 1b. Fig. 88. Brustschulterapparat von Pliosaurus planus X evansi (kombinatorische Abbildung LyprKKer’s von PI. planus [Scapula] und Pl. evansi {[Coracoid]). Ventralansicht. Nach R. LypexKer, Catalogue of Fossil Reptilia etc. II. London 1889, Fig. 36 (p. 122). Fig. 89. Brustschulterapparat von Plesiosaurus hawkinsi. Ventralansicht. Nach R. Lyprxxsr, Ibidem, II. London 1889, Fig. 77 (p. 251). Fig. 90. Brustschulterapparat von Cryptoclidus oxoniensis. Ventralansicht. ,. Frei nach einer von C. W. AnprREews, On the Development of the Shoulder Girdle of Plesiosaur (Cryptoclidus oxoniensis) from the Oxford Clay. Ann. Mag. Nat. Hist. (6) XV, London 1895, p. 336 gegebenen Dorsalansicht. Fig. 91—93. Entwickelungsstadien des Brustschulterapparates von Cryptoclidus oxoniensis. Dorsalansichten. ;4. Frei nach C. W. Anprews, Ibidem. London 1895, p. 343 (Fig. 91), p. 341 (Fig. 92) und p. 336 (Fig. 93). Fig. 94. Clavicula und Episternum von Plesiosaurus arcuatus. Ventralansicht. + der Originalabbildung. Nach H. G. Sesney, The Nature of the Shoulder Girdle and Clavicular Arch in Sauropterygia. Proc. Roy. Soc. LI, London 1892/93, p. 129. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 689 Fig. 95. Clavicula und Episternum von Muraenosaurus platy- clis. 4 der Originalabbildung. Nach H. G. Ser.ey, Ibidem. London 1892/93, p. 140. Fig. 96. Brustschulterapparat von Pliosaurus planus X evansi. Ventralansicht = Fig. 88. Fig. 97. Brustschulterapparat von Plesiosaurus hawkinsi. Ventralansicht = Fig. 89. Fig. 98. Brustschulterapparat von Cryptoclidus oxoniensis. Ventralansicht —= Fig. 90. Fig. 99. Linker Humerus von Cimoliosaurus cf. trochantericus. Ventralansicht. Nach Hurxe. Kopie aus R. Lypexxer, Catalogue of Fossil Reptilia etc. II. London 1889, Fig. 62 (p. 198). Spiegelbild. Fig. 100. Linker Humerus von Cimoliosaurus eurymerus. Nach R. Lyprexxer, Ibidem. II. London 1889, Fig. 66 (p. 205). Spiegelbild. Fig. 101. Brustschulterapparat von Mesosaurus ~ tenuidens. Ventralansicht. 4. Frei nach H. G. Serney, The Mesosauria of South Africa. Quart. Journ. Geolog. Soc, XULVIII, Proc. London 1892. Kombination von Textfigur Fig. 5 (p. 601) und Pl. XVIII, Bee 5, Fig. 102. Linker Humerus von Mesosaurus tenuidens. Verletzt. Ventralansicht. 3. Nach H. G. Sexenny, Ibidem. London 1892, Pl. XVIII, Fig. 5. Spiegelbild. Fig. 103. Brustschulterapparat von Procolophon trigoniceps. Ventralansicht. 5. Frei nach H. G. Srerzy, Researches on the Structure, Organization, and Classification of the Fossil Reptilia. VI. On the Anomodont Reptilia and their Allies. Phil. Trans., Vol. CLXXX, B. London 1888/89, Pl. IX, Fig. 9. Fig. 104 und 105. Fragment des Brustschulterapparates von Pareiasaurus bombidens. Linke Seite. Ventralansicht (Fig. 104) und Durchschnitt von Clavicula und Episternum (Fig. 105). Frei nach H. G. Supney, Researches ete. II. On Pareiasaurus bombidens (Owen) etc. Phil. Trans., Vol. CLXXIX, B. London 1887/88, Pl. XX, Fig. 2 und Fig. 3. Fig. 106. Restauration des Brustschulterapparates von Pareia- saurus baini. Nach H. G. Suerey, Further Observations on the Shoulder Girdle and Clavicular Arch in the Ichthyosauria and Sauropterygia. Proc. Roy. Soc. LIV, London 1893/94, Fig. 2 (p. 153). Fig. 107. Restauration des linken primiren Schultergiirtels von Deuterosaurus. Lateralansicht. Nach H. G. Szrney, Researches etc. VIII. Further Evidences of the Skeleton in Deuterosaurus and Rhopalodon, from the Permian Rocks of Russia. Phil. Trans., Vol. CLXXXV, II. London 1893/95, p. 666. Fig. 108. Restauration des linken primaren Schultergiirtels von Rhopalodon. Lateralansicht. Nach H. G. Srsxrey, Ibidem, VIII. London 1893/95, p. 703. Fig. 109 und 110. Linker primarer Schultergiirtel von Cy- nognathus crateronotus. Ansicht von vorn (Fig. 109) und von der 690 Max Fiirbringer, Seite (Fig. 110). 3. Nach H. G. Smeney, Researches etc. IX, 5. On the Skeleton in new Cynodontia from the Karroo Rocks. Phil. Trans., Vol. CLXXXVI, I. B. London 1894/95. Textfiguren auf p- 93. Fig. 111. Linke Scapula von Gordonia huxleyana. Lateral- ansicht. $. Nach E. T. Newton, Reptiles from the Elgin Sand- stone. Phil. Trans., Vol. CLXXXV, B.I. London 1893/94, Pl. XXX, Fig. 7. Spiegelbild. Fig. 112. Clavicula (?) von Gordonia huxleyana. 4. Nach E. T. Newron, Ibidem. London 1893/94, Pl. XXX, Fig. 4. Fig. 113. Linker primarer Schultergiirtel eines Dicynodonten (Ptychosiagum?). 4. Nach R. Lypexxer, Catalogue of Fossil Reptilia etc. IV. London 1890, Fig. 2 (p. 16). Spiegelbild. Fig. 114. Restauration des Brustschulterapparates von Keiro- gnathus cordylus. Dorsalansicht. 4 der Originalabbildung. Nach H. G. Sretey, Researches etc. V. On associated Bones of a small Anomodont Reptile, Keirognathus cordylus (Smeiey) etc. Phil. Trans., Vol. CLX XIX, B. London 1888. Textfigur 2 (p. 494). Fig. 115. Linker Humerus von Gomphognathus. Ventral- ansicht. 2. Nach H. G. Snurny, Researches etc. IX, 4. On the Gomphodontia. Phil. Trans., Vol. CLXXXVI, I, B. London 1894/95. Textfigur 13 (p. 29). Spiegelbild. Fig. 116. Linker Humerus von Cynodraco. Ventralansicht. Nach R. Owen. Aus L. Dotto, Premiére note sur le Simoedosaurien @Erquelinnes. Bull. Mus. Royal d’Hist. nat. de Belgique. III. Bruxelles 1884, Pl. IX, Fig. 8. Freie Nachbildung der Original- abbildung. 4. Fig. 117. Linker Humerus von Platypodosaurus robustus. Nach R. Owrmn. Aus K. A. Zirrer, Handbuch der Palaontologie I. Palaozoologie. III. Miinchen und Leipzig 1887—1890. Textfigur 512 (p. 564). 4. Fig. 118. Linker Schultergiirtel von Thecodontosaurus platy- odon. Lateralansicht. 1. Nach O. C. Marsu, Notes on Triassic Dinosauria. Amer. Journ. Sc. XLITI. New Haven 1892, Pl. XVI, Fig. 5. Fig. 119. Linker Schultergiirtel von Anchisaurus colurus. Lateralansicht. 4. Nach O. C. Marsu, Ibidem, Pl. XV, Fig. 2. Fig. 120, Linker Schultergiirtel von Brontosaurus excelsus. Lateralansicht. ,;. Nach O. C. Marsu, Principal Characters of American Jurassic Dinosaurs. V. Amer. Journ. Sc. XXI. New Haven 1881, Pl. XII. Fig. 121. Linker Schultergiirtel von Stegosaurus ungulatus. Lateralansicht. ;. Nach O. C. Marsu, Principal Characters of American Jurassic Dinosaurs. III. Amer. Journ. Sc. XIX. New Haven 1880, Pl. VIII, Fig. 1. Fig. 122. Linker Schultergiirtel von ‘Triceratops prorsus. Lateralansicht. .4. Nach O. C. Marsu, The Gigantic Ceratopsidae, or horned Dinosaurs, of North America. Amer. Journ. Sc. XLI. New Haven 1891, Pl. VII, Fig. 1. Spiegelbild. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 691 Fig. 123. Linker Schultergiirtel von Claosaurus annectens. Lateralansicht. 515. Nach O. C. Marsu, Restorations of Claosaurus and Ceratosaurus. Amer. Journ. Sc. XLIV. New Haven 1892, BieeiisHig.: 1. Fig. 124. Sternale Ossifikationen von Brontosaurus excelsus. si. Nach O. C. Marsu, Principal Characters of American Jurassic Dinosaurs. V. Amer. Journ. Sc. XXII. New Haven 1881, Pl. XIII, Fig. 2. Fig. 125. Sternale Ossifikationen von Claosaurus annecteus. jiz- Nach O. C. Marsn, Notes on Mesozoic Vertebrate Fossils. Amer. Journ. Sc. XLIV. New Haven 1892, Pl. III, Fig. 1. Fig. 126. Linker Humerus von Stegosaurus ungulatus. Dorsal- ansicht. ;4. Nach O. C. Marsu, Principal Characters of American Jurassic Dinosaurs. Amer. Journ. Sc. XIV. New Haven 1880, Phe VibL Figs :2: Fig. 127. Linker Humerus von Triceratops prorsus. Dorsal- ancht. 3%. Nach O. C. Marsu, The Gigantic Ceratopsidae ete. Amer; Journ;|. Se;, XL; New . Haven. 1891, .Pl., VIL; Figt 1. Spiegelbild. Fig. 128. Linker Humerus von Claosaurus annectens. Lateral- ansicht. 4. Nach O. C. Marsu, Restorations of Claosaurus and Ceratosaurus. Amer. Journ. Sc. XLIV. New Haven 1892, Pl. I, Hig, i: Fig. 129. Linker Humerus von Thecodontosaurus platyodon. Lateralansicht. #2. Nach O. C. Marsu, Notes on Triassic Dino- sauria. Amer. Journ. Sc. XLII. New Haven 1892, Pl. XVI, Fig. 5. Fig. 130. Linker Humerus von Anchisaurus colurus. Lateral- ansicht. 4. Nach O. C. Marsn, Ibidem. New Haven 1892, PL UXY,. Fig. (2. Fig. 131. Linker Humerus von Compsognathus longipes. Frag- ment. Lateralansicht. +. Nach O. C. Marsn, Restoration of some Europaean Dinosaurs, with Suggestions as to their Place among the Reptilia. Amer. Journ. Sc. L. New Haven 1895, Pl. V. Fig. 132. Rechter Schultergiirtel von Rhamphorhynchus phyl- lurus. Medialansicht. $. Nach O. C. Marsu, The Wings of Pterodactyles. Amer. Journ. Sc. XXIII. New Haven 1882, Pl. III. Fig. 133. Linker Schultergiirtel von Pterodactylus crassirostris. Lateralansicht. 3. Nach H. v. Meyer, Zur Fauna der Vorwelt. IV. Reptilien aus dem lithographischen Schiefer des Jura in Deutschland und Frankreich. Frankfurt a. M. 1860, Taf. V, Fig. 1. Spiegelbild. Fig. 134. Rechter Schultergiirtel von Pterodactylus longicollum. Medialansicht. +. Nach H. v. Meyer, Ibidem. Frankfurt a. M. 1860, Taf. VII, Fig. 1. Fig. 135. Restauration des Brustschulterapparates von Ornitho- cheirus. Frontalansicht. 3. Nach H. G. Sextny, On the Shoulder Girdle in Cretaceous Ornithosauria. Ann. Nat. Hist. (6) VII. London 1891, Textfigur 2 (p. 441). 692 Max Fiirbringer, Fig. 136. Sternum yon Pterodactylus longicollum. Ventral- ansicht. 4. Nach H. v. Mryrer, Zur Fauna der Vorwelt. IV. teptilien aus dem lithographischen Schiefer des Jura ete. Frank- furt a. M. 1860, Taf. VIL, Fig. 3. Fig. 1387. Sternum von Rhamphorhynchus phyllurus. Ventral- ansicht. #$. Nach O. C. Marsa, The Wings of Pterodactyles. Amer. Journ. Sc. XXIII. New Haven 1882, Pl. III. Fig. 138. Sternum von Ornithostoma sp. Ventralansicht. 1. Nach 8S. W. Wituisron, Restoration of Ornithostoma (Pteranodon). Kansas Univ. Quart. VI, A. Lawrence 1897. Textfigur auf p. 42. Fig. 139. Restauration des Brustschulterapparates nebst Hu- merus von Ornithostoma ingens. Ventralansicht. =). Frei nach S. W. Wixtiston, Ibidem. Lawrence 1897, Pl. II. Fig. 140. Linker Humerus von Rhamphorhynchus gemmingi. Dorsolateralansicht. §$. Nach H. v. Meyer, Zur Fauna der Vor- welt. IV. Reptilien aus dem lithographischen Schiefer des Jura ete. Frankfurt a. M. 1860, Taf. [X, Fig. 1. Fig. 141. Linker Humerus von Pterodactylus kochi. Dorsal- ansicht. 8. Nach H. v. Meyer, Ibidem. Frankfurt a. M. 1860, Tafs ih. Rie. i; Tafelerklirung. Taf. XIII bildet Brustschulterrudimente von einigen Amphis- baenia ab, Taf. XIV einige Plexus brachiales von Lacertiliern und von Sphenodon punctatus, Taf. XV verschiedenes Detail der Mus- kulatur der Lacertilier, Taf. XVI und XVII die Schultermuskeln der rechten Seite von Sphenodon punctatus. Auf Taf. XIII sind die Knorpelteile blau und die Knochenteile gelblich, auf Taf. XV—XVII das Skelett durchweg ohne Unter- schied von Knochen und Knorpel blau, die Muskeln matt rot (mit lebhafterer Markierung des Rot an den Schnittflachen und den Ur- sprungs- und Insertionsstellen der Muskulatur) und die Nerven gelb wiedergegeben. Auf Taf. XIV wurden, wie bei den entsprechenden Figuren der friiheren Abschnitte dieser Arbeit, die Nn. brachiales inferiores und thoracici inferiores weil, die Nn. brachiales superiores grau, die Nn. thoracici schwarz dargestellt. Ebenso sind die Plexus brachiales der Uebersichtlichkeit wegen nicht vollkommen in ihrem natiirlichen Verlaufe, sondern in einer Lage abgebildet, wo die ventralen Teile des Brustgiirtels mit ihren Weichteilen eine Zerrung lateralwarts erlitten haben. Danach sind die in Wirklichkeit medialwarts gerichteten Nerven (z. B. N. supracoracoideus, thora- cicus inferior u. a.) mit ihren distalen Teilen laleralwarts in eine gréfere Entfernung von der Ursprungsstelle der Nerven gekommen, als sonst die Horizontalprojektion ergeben wiirde. Ebenfalls der Uebersichtlichkeit wegen sind alle Elemente sympathischer Nerven auf den Abbildungen weggelassen worden. Fir alle Figuren der Tafeln giiltige Bezeichnungen: Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 693 A. Knochen und Bander. A Acromion (Processus clavicularis). Canm, Canme Canalis nervi mediani (entepicondyloideus). Canr Canalis nervi radialis (ectepicondyloideus). CGl Cavitas glenoidalis des Schultergelenks. CH Caput humeri. Cl Clavicula. Co Costa. Co I—IV Costa thoracica prima—quarta (I.—IV.). Co cv. (VILL) Costa cervicalis (VIII). Co th. (I—IV) Costa thoracica (I.—IV.). Cr Coracoid. Cr’ Knorpelende des Coracoides (Taf. XIII). ER Epicondylus radialis s. lateralis. ES¢ Episternum. EU Epicondylus ulnaris s. medialis. F'Cr Foramen coracoideum (supracoracoideum). H Humerus. Hy Os hyoideum (in Fig. 162 und 163 bezeichnet die hintere von Hy ausgehende Punktlinie das hintere Horn des Hyoids nebst seiner Muskulatur. L.pa Ligamentum patellare. L.schlt Ligamentum scapulo-humerale laterale. L.ste Ligamentum sterno-coracoideum (Fig. 110—112). L.stsci Ligamentum sterno-scapulare internum. lt Laterales Ende des Schultergiirtelrudimentes (Fig. 107—109). lic Lateralrand des Kérpers (Fig. 103). Ma Mandibula. MC Myocomma, Inscriptio tendinea der Rumpfmuskulatur (Taf. X ITI). md Mediales Ende des Schultergiirtelrudimentes (Fig. 107—109). mdm Mediale Grenze der Rumpfmuskulatur (Fig. 103—106). Ole Olecranon. OZ Schultergirtel, Omozonium (Taf. XIV). Pa Parietale. Pa.u. Patella ulnaris (Fig. 147—160). PL Processus lateralis humeri. PM Processus medialis humeri. PSt Parasternum. Pu Processus uncinatus costae. QJ Quadratojugale. R Radius. Sc Scapula. Sc’ Knorpelende der Scapula (Suprascapulare) (Taf. XIII). ScCr Rudiment des primiren Schultergiirtels, Scapulo - Coracoid (Taf. XITT). 694 Max Firbringer, Sq Squamosum. SS Suprascapulare. Sé Sternum, Rudiment des Sternum. Sta Stapes. Stco Sternocostale, Sternalteil der Rippe. U Ulna. Vbeo Vertebrocostale, Vertebralteil der Rippe. Xst Xiphisternum (Metasternum). B. Nerven. Auf Taf. XIV sind die Nerven ohne weitere Zuthat mit ihren Anfangsbuchstaben, auf Taf. XV—XVII mit vorgesetztem N. be- zeichnet a, N.a Nervus anconaeus. acc.p, N.acc.p Nervus accessorius posterior. ae, N.ae Nervus anconaeo-extensorius. ax, N.ax Nervus axillaris (N. dorsalis scapulae + N. deltoides clavicularis + N. cutaneus axillaris supraanconaeus). bi, N.bt Nervus muse. bicipitis. Nerv fiir den M. biceps brachii. bidi, N.bidi Nerv fir den distalen Bauch des M. biceps brachii. bipx. N.bipx Nerv fiir den proximalen Bauch des M. biceps brachii. bri, N.bri Nervus muse. brachialis inferioris, Nerv fiir den M. bra- chialis inferior. brli, N.brli Nervus brachialis longus inferior. N.brlilt Nervus brachialis longus inferior lateralis (N. musculo- cutaneus et medianus e. p.). N.brlime Nervus brachialis longus inferior medianus (N. medianus brachii). N.brliu Nervus brachialis longus inferior ulnaris (N. ulnaris). N.brli(me 4+- “) Vereinigter N. brach. long. inf. medianus + ul- naris. brisp, N.brisp Nervus brachialis longus superior. brr Nervus muse. brachio-radialis. c, N.c Nervi cutanei des Rumpfes (Taf. XVI). N.c. IV—VI Nervi cervicales IV—VI (Taf. XVI). cabim, N.cabim, N.cut.abim Nervus cutaneus brachii et antibrachii inferior medialis. cablt, N.cablt Nervus cutaneus antebrachii lateralis. cbr, N.cbr Nervi musc. coraco-brachialis. N.cbrdi Distaler Nerv fiir den Muse. coraco-brachialis. N.cbrpx Proximaler Nerv fiir den Muse. coraco-brachialis. cltifa, Neltifa, N.cut.lat.ifa Nervus cutaneus brachii et antibrachii superior lateralis infraanconaeus. espa, N.cspa Nervus cutaneus axillaris supraanconaeus. cspc, N.c.spe Ramus cutaneus nervi supracoracoidei. cut Nervi cutanei trunci, Hautnerven des Rumpfes (Taf. XIV, Fig. 113—115). | Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates etc. 695 cut.abifa, cut.latifa, N.cut.latifa Nervus cutaneus brachii et anti- brachii superior lateralis infraanconaeus. cv.cu, N.cv.cu Von den Cervicalnerven abgegebene Rami musc. cucullaris. del, N.dcl Nervus muse. deltoidis clavicularis (N. axillaris anterior). dsc, N.dsc Nervus musc. dorsalis scapulae (N. axillaris posterior). fac, N.fac Nervus facialis. hr, N.hkr Nervus muse. humero-radialis. N.hrdi Distaler Nerv fiir den Muse. humero-radialis. N.hrpx Proximaler Nerv fiir den Muse. humero-radialis. hyp, N.hyp Nervus hypoglossus. ic, Nic Nervus intercostalis. Id, Nid Nervus muse. latissimi dorsi. Isprf, N.lsprf Nerv fiir den Muse. levator scapulae et serratus pro- fundus. lsspfi, N.lsspfi Nerv fiir den Musc. levator scapulae superficialis inferior. Isspfs, N.lsspfs Nerv fiir den Muse. levator scapulae superficialis superior. meam Nervus medianus (antibrachii et manus). p, N.p Nervus muse. pectoralis. pa, N.pa Nerv fiir die Pars abdominalis musc. pectoralis. ple -+ st), N.p(e + st) Nerv fiir die Pars et episternalis sternalis muse. pectoralis. ri, N.ri Nervus muse. radialis internus. sch, N.sch Nervus muse. scapulo-humeralis. scha, N.scha Nervus musc. scapulo-humeralis anterioris. N.scha;, Nerv fiir das tiefe Muskelband des M. scapulo- humeralis anterior. schp, N.schp Nervus muse. scapulo-humeralis posterioris. spc, N.spe Nervus muse. supracoracoidei. sspf, N.sspf Nervus musc. serrati superficialis. stci, N.stei Nervus musc. sterno-coracoidei interni. N.stciprf Nerv fiir den M. ste. int. profundus. N.stci.spf Nerv fiir den M. ste. int. superficialis. stesc, N.stcsc Nervus muse. sternocosto-scapularis. thinf, N.th.inf, N.thorinf Nervus thoracicus inferior, Nervi thora- cici inferiores. th.sp, N.th.sup, N.thor.sup Nervus thoracicus superior, Nervi thora- cicl superiores. tr, N.tr Nervi trunci, Nerven fiir die Rumpfmuskulatur. trig, N.trig Nervus trigeminus. SL PRT ETN 603.5) 45 5s XI Nervi spinales I, If, III ..... XI. Augerdem enthalt die Nerventafel XIV noch die Abkirzungen: Ca.n.me Canalis nervi mediani. Camn.r. Canalis nervi radialis. Bd, XXXIV N, F. XXVIL. 45 696 Max Firbringer, Co.th.I Costa thoracica I, erste Thoracalrippe. OZ Omozonion, Stelle, wo das Rudiment des Schultergiirtels sich befindet. C. Muskeln und dazu gehérende Gebilde aus Stiitzgewebe. a M. anconaeus, M. triceps brachii. ac Caput coracoideum m. anconaei, Musculus resp. Tendo ancon. coracoideus resp. coracoidea. acy, Accessorischer, vom M. latissimus dorsi kommender Zipfel des Anconaeus coracoideus (Fig. 146). acm Muskelbauch des Anconaeus coracoideus (Fig. 145, 146). ahl Caput humerale laterale m. anconaei, M. anconaeus humeralis lateralis. ahm Caput humerale mediale m. anconaei, M. anconaeus humeralis medialis. asc, ascl Caput scapulare (laterale) m. anconaei, M. anconaeus scapularis (lateralis). asc; Hauptsehne des M. anconaeus scapularis. ascjpr 'Tiefer Kopf der Hauptsehne des M. anconaeus scapularis (Fig. 141, 142). ascispf Oberflachlicher Kopf der Hauptsehne des M. anconaeus scapularis (Fig. 141, 142). asc; Humerale Ankerung des M. anconaeus scapularis. asc; Vom M. latissimus dorsi ausgehende Ankerung des M. anconaeus scapularis. bi M. biceps brachii. bi; Proximaler Muskelbauch des M. biceps brachii. biz, Distaler Muskelbauch des M. biceps brachii. biti Zwischensehne des M. biceps brachii. bit Ursprungssehne des M. biceps brachii. bri M. brachialis inferior. brr M. brachio-radialis (M. supinator longus). cbrb M. coraco-brachialis brevis. cbrl M. coraco-brachialis longus. clesthy M. cleido-episterno-hyoideus. clm M. cleido-mastoideus. clm, Separat entspringendes ventrales Biindel des M. cleido- mastoideus (Fig. 162). clm + cu M. cleido-mastoideus + cucullaris (trapezius). cr; Coracoidale Insertion des Lig. sterno-scapulare internum. er; Diinne coracoidale Ankerung des Lig. sterno-scapulare internum. cu M. cucullaris (trapezius). cu.cl Clavicularer Insertionsteil des M. cuculiaris (Fig. 124—126). cu.epst Episternaler und sternaler Insertionsteil des M. cucullaris (Fig. 124—126). cust Sternale Insertionssehne des M. cucullaris (Fig. 124—126). dcl M. deltoides clavicularis s. M. cleido-humeralis. Vergleich. Anatomie des Brustschulterapparates ete. 697 dpm M. depressor mandibulae. dsc M. dorsalis scapulae. hr M. humero-radialis. hr; Ursprung des M. humero-radialis von dem Lig. scapulo- humerale laterale (Fig. 164). hr}, Ursprung des M. humero-radialis von dem M. deltoides clavi- cularis (Fig. 164). hr! Oberflachliches Blatt der Insertion des M. humero-radialis (Fig. 163) 1). hr" Tiefes Blatt der Insertion des M. humero-radialis (Fig. 164) 1), ic M. intercostalis. ld M. latissimus dorsi. ld! Endsehne des M. latissimus dorsi. L.pa Ligamentum patellae ulnaris (Endsehne des M. anconaeus). L.schlt Ligamentum scapulo-humerale laterale. lsprf M. levator scapulae et serratus profundus. Isprf; Oberflachliche Schicht desselben. Isprfi: Tiefe Schicht desselben. Isspfi M. levator scapulae superficialis inferior. Isspfs M. levator scapulae superficialis superior. L.stsci Ligamentum sterno-scapulare internum (Fig. 143—146, 169, 170-179); er; Coracoidale Anheftung desselben. ery, Diimne coracoidale Ankerung desselben. sc; Scapulare Anheftung desselben. st; Sternale Anheftung desselben. Mstest Membrana sterno-episternalis (Fig. 124—126, 163, 164, 173, 174). oaepr M. obliquus abdominis externus profundus. oaespf M. obliquus abdominis externus superficialis. ohy M. omo-hyoideus. p M. pectoralis. p.a Pars abdominalis (parasternalis) des M. pectoralis. p.e Pars episternalis des M. pectoralis. p.st Pars sternalis des M. pectoralis. Pau Patella ulnaris (Fig. 147—160). ; . ra M. rectus abdominis. sbese M. subcoracoscapularis. sbe Pars coracoidea des M. subcoracoscapularis (M. subcoracoideus). sbsc Pars scapularis des M. subcoracoscapularis (M. subscapularis). sc; Scapulare Anheftung des Lig. sterno-scapulare internum (Fig. 143 —146). scha M. scapulo-humeralis (profundus) anterior. scha, Tiefes Muskelband desselben (Fig. 166) ”). 1) Durch ein Versehen ist an den betreffenden Stellen anstatt br! und hr": hr; und hry angegeben. 2) Auf einigen Exemplaren der Tafel fehlt der Strich, so dab nur scha an der betreffenden Stelle steht. 45 * 698 Max Firbringer, scha.c Coracoidaler Kopf desselben (Fig. 134, 135). scha.s Scapularer Kopf desselben (Fig. 134, 135). schp M. scapulo-humeralis (profundus) posterior. spe M. supracoracoideus. @ sphe M. sphincter colli. st; Sternale Anheftung des Ligamentum sterno-scapulare internum (Fig. 143—146). stciprf M. sterno-coracoideus internus profundus. stcispf M. sterno-coracoideus internus superficialis. stese M. sternocosto-scapularis. stesc; Insertion des M. sternocosto-scapularis am Lig. sterno- scapulare internum (Fig. 143, 144). tm M. temporo-masseter. Patel =n o ' *) @ , 7 — fl a ‘ 17 7 J . 1) - : an a a * ; 7 , : : a ie - a i, “4 ; £ : : - 7 - t a 6 a _ t 1 oe - ; — ae — a ie ~~ LS ae = Ne - oe ‘ a : 1 a P g° - 7 7 Jenaische Zeitschrift Bd. XXX. Tah 1. NW, sim sul psp. psp. eae WV. 4 H vay.all. ap ball zal CO. zy pl. ba Ve zy.plv. VW. ‘ pel. , Vi j a “a N ; fal wpNn spl, a ba oF. tev, a= ain rngpV nh ge s Gustav Fischer, Jena AG j ye Verlv Gustav Fischer, Jena Lith Anstv A Giltsch, Jena Jenaische Zeitschritt, Bd. NVXIV. Taf, 2. ; 7 ia LBioch gez Verl v Gustav Fischer Jena. LithAnstwA Gilisch, Jena i! 5 aM one [2 - » ” Jenaische Zeitschrift Bd. XAYW. Lith.Anstv.J Arndt Jena cher, Jena Verlv GustavFische NA Jenaische Zeitschrift Ba. XXXIV. | Tat. 4. Bosshard gez Verl.v Gustav Fisclier, /2n = = Tih Anst ene Lith Anstv.J.ArndtJena “ = 7 : - 7 7 Lie on 4 a > - = — 7 wo = - =) a » a ; y te a 7 ar a 4 ' c- r an a7 \ = a 7 i oy) 1 ~ o] ( > a 7 7 - : ; J : : 7 - ‘ to - ty 7 in # - : - - 2 13 - : 7 ee , - a) ra ' af 7 Raische Zeitsc Arif Ba XNXN- Fig.7. Ligament} tic wlat Gustav Fischer t Fh i Hh Ligam. denticulatum Taf. XX. ——— —ik* vise L. kan = —— Mh? “4 ran —/ \ vise L kan 4 a) a aay © Finmindung: Ve ‘ fig.3 0 ae ae A e ‘ © Nas te —_—_\ 5 y/ A ly \ eo ] i ——~_ ps j ; ] se 7 a Verlag von Guster ie. Se _ Lith Ansty B Weise.Jena ’ a erie Ml. Fig. /4. Serie lll. Serie lf. bigs. os t = —— (4k <_)Hk? 2 = ) Hk? 7 £7 \ Mk? ie / Serie Mf, Sevie ll. Fig. a £ ve Kg d. WhMil, ‘es 1 | if s Wkt N53 4 5 Ss i — Serie Ml Fig W. — i 4 ay? yar DS Zk? | — . Hk? Awe 7 = ‘ V7 Sene If, i ; rz tp — arg ; ‘ Fig 2 y a | G | cs Verl Knd “A y i i i ' | ; { lerl Knl Q \ ke , = ; = tks Hk? <= iG t ‘, | Serre Hl, Fig W. Serie ii] hig /Z Serie Fig. 21 Hk? ~\ Hk? - - Pe tea, : ag TO)? Verl Knl Wks S | Ne = Ops : WiKi & ) Hk? K coel “COmk+ SS 13 ‘ = ue vise L. kan C3 : Roy Serie W 119.26. ) f . SS Po . F, a oy é af f ; r st { 9 iy A F es ~ 4 4 ) } 2 i Fig. 19. ae Wu. kan. vise. kit. «\ “ tay sh or Serie W bg OL wesc). kan. Fig. Jb. Qu. kan ‘6 a ~ I ).- Koel. tes = fu kan f CO” Fig. 37. ¢ een visch. kan Gustav Fischoy Serie VI Serie VL Fig. = Serie VI Fig. Z. Fig. 3. ohms =. Big Serie" Fig 5 Serie WV. @ "5 _. Pig 1. Mes: a) @ if : = Serie V" Fig. 3 Pete oe a4 Ou.kan.2 Serie VFig. 16. i . | Serie VI Ou. tent a Serie V1. Fig. 22 Fig. 24. QaFanid: | Serie V1. Ee % . SerieV Qukan.2 : SL Fig 20. _® Ou.kan.3.od.vise.L.kan. Ves oe | Ou kanal SoderviscLangskanal WY, aig WI “Wy, iy, —e aL, rn) aS Kh. Gi // “E An ee Serie V1. Serie V1. | YIN erie i Hl Kg 43. Fig. = Ee \ \\ } hig. 4 ili RN { \ | HH | | yp HiTLZ 3 ia \ | A case WY Kh. : | Hf, | te ff BW Sevie V yy HN ae erie Vs; pS e fy Fig. 2. Wi) ee YAO , MW Af Kh _ ra WN we Serie V. Fig. 32, Hu kan.3 VG oder : | | vise L.kan. Verlag von Gustatfischen in. Jena Lith Ansty P Weise.dena. mm ail ® _ aische Leitschrifé Bd. XXXIV Serve VIL Vig, [4. Save VT j Qin purl kean. ligl0 : mes? Kh. Save Vil a Re, = ,. er Ven.gen. er? ! a Saw VM, ae - pak kan. & | \ : Lig Hd. Serie vi, Sate VL Save lt Val ( tN daghewp! L Sate vl Save VL Hig Hb hig @i Hig YS. Fig ZY Figs Kh #) paclkan - i (FI Lith Anst.v PWeise, Jena. i Ba - o i] - , n p>’, — = = 7 ~ mY : ‘yo i ae a = a) 7 ¢ : , i : : io a - Bes J 7 7 = - 7 ' 7 ’ ™ 7 x% Jenaische Zeitschrift Bd. NAXIV Fig. 3. subchord.Coel | a Mi kin, v ri Verlag von Gustaylischer in Jena LithAcstv PWeise dena ee : », J , a ie id ——— Senaischeteitschrift Bd. XXXIV: . on Taf XM Serie I, V1G.53.— Prisimozoon neapolitanum. N : | ; a. "Se Serie lM big. 28. y a vise. ka. Saiex, Fig. 9a. subchord Coel, } Ven.hep. (Lf subchord.Coel , WY = } Leber Burchardt gez Verlag von Gustav Fischer in Jena ‘ Pm i? enuische Letsduit BAX Loweq Tal XXL ) ee : — Verlay von Gustav Fischer in Jena. Tithographie v2 ' Lo Cc i 0) ae bs rc} ESS { eH ra Ul f ~ 7 | {) %/ Lee} IC yOr sy \ ° »)\ Y . St Jena, Schaal E Tithographie v, tay Fischer in Jena. Verlag vm Gus Loweq VLA 263 098 Date Due FEB—5 1056 JUN 30-1998 Poms Lae ssnen asprin tet eect eis pest Mie ep A RIES GS ER AEN Fe 3 A EIRENE ot neck a anin Sas ah KARI Mae Ra SHITE Ea aati ale : Ne moet EN Shee atest. SN PSS we